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German Pages 331 Year 1861
Vertraute
Geſchichte
der
Sächſiſchen
Höfe
Staaten
und
ſeit Beendung des dreißigjährigen Krieges.
Von Stanislaus Graf Grabowski.
ee
Dritter Band complet.
Preis 25
Sgr.
Vollftändig in 4 Sänden à 25 Sgr. oder 20 Lieferungen à 5 Sgr.
colo Berlin
1861.
Julius Abelsdorff's Verlag .
Die Rückſeite der
Lieferung zur Beachtung empfohlen .
و
ترک
اململے
7
Vertraute
Geſchichte
der
Enropäiſchen
Höfe
Staaten
und
ſeit Beendung des dreißigjährigen Krieges.
Von
Stanislaus Graf Grabowski.
Zweite Abtheilung. 5
à
ch ſ Writter Band .
e
n.
so
Berlin
1861.
Julius A belsdorff's
Verlag.
Vertraute
Geſchichte
ber
Sächſiſchen
Höfe
und
Staaten
ſeit Beendung des dreißigjährigen Krieges.
Von Stanislaus Graf Grabowski.
britter Band.
Berlin
1861.
Julius Abelsdorff's
Verlag.
a pitel.
Er ft e 8
Friedrich Augafi III. und der Graf Albrecht Chriftian Crng von Schör burg. - Streit wegen fünf fhönburg'ſcher Lebensherrſchaften . – Der Graf Die milt Der Graf von Finkenftein . von Schönburg wird katholiſch . tatriſche Grecutton . Defterreichiſche Sruppen in Glaudau . Proclamation dtr kaiſerin vor Defterreich . Karl Theodor von der Pfalz und dit. Mon vention mit staria Ghereſia . Der batriſche Orbfolge - Arieg . frieden zu deſden . Die Freundſchaft zwiſchen den Herrſchern Preußens und Sachſens war durch das Intermezzo Marta Antonias natür ltd
nod
inniger geworden .
geſtrebt hatte, mit Sachſen
Friedrich II., der immer darnach verbündet zu bleiben , wað ihm
aber erft unter der Regierung dieſes Kurfürſten gelang, gab demſelben
bald wieder
einen
Beweis
von
der Herzlichkeit
ſeiner Freundes - Gefühle . Das Haus Schönburg , oder die Fürſten , Grafen und Herren zu Schönburg , ein reichsunmittelbares Geſchlecht, im Königreiche Sachſen , evangelifd -lutheriſcher Confeffion, hatte ehenals mit auf der wetterauiſchen Stimme auf dem
Grafenbank Siß und
Retchstage, befaß aber nte
ein unmittel
Bates Reichbland, ſondern böhmiſche und ſachſen -meißenſche Leheng-Standesherrſchaften
oder Feuda majora , mit eigenen
Vafallen -Rittergütern unter fächfiſchemeißenfcher Landeshobeit. Fene Feuda mājota nebſt den
dazu
gehörenden
Vafallen :
6
die mit
gütern (die alten Stammgüter des Hauſes) bildeten den Geſammtregierungsrechten
oder mit der untergeordneten
Landeshoheit nach dem mit Kurſachſen abgeſchloſſenen Receffe von 1740 Beliebenen fünf Receßherrſchaften : Glauchau, Waldenburg, Lichtenſtein , Hartenſtein
und Stein ,
welche neun Städte und achtzig Dörfer mit ungefähr funfzig gewerbfleißigen
tauſend
Einwohnern
einem
in
enthielten ,
an der zwiđauer Mulde, im fäch ſchönen fruchtbaren ſchen Erzgebirge fi Erzgebirge liegen le cose , und kommiſſionsweiſe an das kur fiſchen Die zuerſt
fürſtlich -Sächſiſche Amt Zwiđau gewieſen waren .
genannten drei Herrſchaften , alſo Glauchau , Waldenburg und Lichtenſtein waren alte böhmiſche , Hartenſtein und Stein
aber jachſen -meißen dhe
Leben .
Jahre
Die erſt im
1700 in den Reichsgrafenſtand erhobenen Herren von Schön burg , an
deren Spiße jeßt Albrecht Chriſtian Ernſt ſtand,
verſuchten , fid
unter dem
Vorwande, daß der Receß
Könige von
Kaiſer , noch Reich, noch vom
1740 weder vom
von
ſei, der fach
Böhmen als Oberlehnsherrn beſtätigt worden
fiſchen Landes- und Lebenshoheit zu entziehen , und wurden in dieſem Beginnen
der deutſchen Lebenshauptmannſchaft in
von
ſprach
ſogar
einer
in
Citatation
Reichshof
Der
Prag natürlicher Weiſe kräftig unterſtügt. rath
ad
videndum
et
audiendum cassari et anullari transactiones de anno 1740 die Ungiltigkeit von
Schönburg
des
Receſſes aus , „ weil
darin
gelaffene
die
Reichsſtandſchaft
Landeshoheit getrennt und ihnen dadurch troß laſten die Reichsunmittelbarkeit genommen ſei.“
Grafen
den
von
der
Dies Alles geſchah übrigens nur hauptſächlich um halb, weil Sachſen ſich von Deſterreich Preußen
verbunden
hatte .
Nun
kam
der
Reichs
desa
emancipirt und mit noch obenein
hinzu ,
daß Preußen ſeine Macht überall geltend zu machen bemüht
7
war und ſeinen
der
Verbündeten , Sachſen , unterſtüzte und von
wieder unterſtüßt wurde. Ein
dieſem
obigen
Dem
Erklärung
preußiſchen
Reichsgraf "Ernſt Geld ,
deren
wandte fich
des
Grafen von
an
Reichshofraths
von
verſchuldete
derſelbe verweigerte.
des
der
eine bedeutende Summe
die Landesregierung zu
verfügte auf Grund
vorhergegangen .
Finkenſtein
Schönburg
Bezahlung
ſolcher Fall war gerade
Finkenſtein
Dresden und dieſe
Receffes vom
4. Mai 1740. von
Zwickau aus die militairiſche Erecution .
Dadurch nahm
die
ganze Angelegenheit einen ziemlich ernſten
Charakter an .
Der
Graf Albrecht Chriſtian Hilfe beim
Schönburg ſuchte neue
Ernſt von
prager Lehenshof und dieſer erließ eine Abmah
nung an die fächſiſche Regierung .
Als auch dies ohne jega
lichen Erfolg blieb , ging Schönburg Deſterreich , entſagte dort wurde katholiſch.
der
felbſt zur Kaiſerin von
evangeliſchen
Religion
und
Dies wirkte auf Maria Thereſia ungemein ;
fie miſchte ſich hinein und verlangte von Friedrich Auguſt III. die ſofortige Einſtellung
der Wider den Grafen
Schönburg verhängten Maßregel.
Ernſt von
Dagegen erklärte der Kur
fürſt von Sachſen : „ Ich habe nur die mir von
Rechtswegen
zuſtehenden
Hoheitsrechte gewahrt, ohne die böhmiſchen Lebensrechte einer Gefahr auszufeßen !
Der Gang des Geſeges kann gegen den
Grafen von Schönburg nicht unterbrochen werden .“ Mit dieſer Antwort erklärte fich die Kaiſerin von Defters reich nicht einverſtanden . Sie befahl dem böhmiſchen Lebens commiffar von Eſcherich mit 200 Soldaten und vier Stia nonen (nach Vehre ſind es nur 150 Mann geweſen ) Glauchau zu beſeßen fchüßen .
und Ernſt von Schönburg Friedrich
Auguſt
III., der
in in
ſeinen Rechten zu dieſem
Falle
ohne
-
den König von Preußen
nichts
Entſchiedenes
thun wollte,
zog ſeine militairiſche Erecution zurück . Maria Thereſia , die es auf einen wirklichen Brudy abs gefeher zu haben
ficheint, ging noch weiter . Dert von Eiche
rich befaß eine von ihr unterzeichnete Proclamation , die er in
Glauchau
zur öffentlichen
Inhalt dahin
Kenntniß
brachte
lautete: daß der Receß vom
und
aufgehoben , daß Niemand der fädlifden rung Gehorſam
deren
4. Mai 1740 Itegies
fauldig fei und daß fie fowohl die
Dberlandels, als aud Oberlehens- Herrlichkeit über dieſe Herrſchaften als ihr allein gebührend anſehel Um
dieſen
Worten
den
ließ Herr von Gſcherich entfernen
und an
gehörigen
Nachdruck
überall die
ihre Stelle
gu verleihen ,
kurſächſiſchen
Wappen
die Reichsadler aufpflanzen .
Sämmtliche Unterthanen wurden
an
die Krone Böhment
gewieſen und ihnen verboten , fich nicht ferner nach den fächs fiſchen
Verordnungen zu
richten .
Friedrich Auguſt III. ließ
in
Wien wegen
diefer Ans
gelegenheit durch ſeinen Geſandten diplomatiſch unterhandelt ; doch führte auch dies der Miniſter Rauniß
zu
keinem
anderen Reſultat, als das
das Verſprechen
gab , die öſterreichiſchen
Soldaten von Glauchau zurückrufen zu wollen . konnte dem
Kurfürſten nicht gedient fein .
Damit allein
Seine alten ber
kömmlichen und neuerdings wiederum beſtätigten Rechte waren nicht nur gefährdet, ſondern Maria Thereſia batte ſogar den Unterthanen verkünden laſſen , daß fie ihrem keinen
Gehorſam
zu
leiſten
brauchen .
mußte alſo auf eine entſprechendere Fegt legte fich
Oberlehnsheren
Die Angelegenheit
Weiſe geregelt werden .
Friedrich II. von Preußen
ins Mittel, und
da Maria Thereſia , allem
Anſcheine nach
fich von
Gegner einzulaſſen , deſſen Macht
Neuem
mit einem
keine Luſt hatte,
-
-
-
und kriegsherrliches
9
Talent ihr im
ſtebenjährigen
Kriege fo
manche Wunde geſchlagen , fo fügte fie fich, obwohl mit ftohta lichem
Widerſtreben, den Vorſchlägen des Königs von Preußen ,
wonach Schönburg unter fächſiſcher Lebenshoheit verblieb. Es war jedenfalls nicht bloß Furcht vor Macht, ſondern mehr wohl wieder
Friedrich II.
eine feine Politik der
Kaiſerin von Deſterreich , daß fie fich den Anordnungen Preu : Bens fügte.
Am
30. December 1777 war nämlich der Kurs
fürſt von Baiern , Maximilian Joſeph, einer der vorzüglichſten bairiſchen den
Regenten , mit
Tobe abgegangen .
Verträgen des wittelsbachiſchen
der Beſtimmung Kurfürſten
von
Batern , da
mit
des weſtphäliſchen der
Hauſes , als
Abſterben
auch nach
Friedens, gehörte dem
Pfalz unbeſtreitbar
dem
Sowohl nach
die
Nachfolge
itt
Joſephs
die
Maximilian
wittelsbachiſch-bairiſche finte erloſchen war. Nun auf einmal trat aber Deſterreich mit verroſteten Anſprüchen
auf Nieders
batern hervor , die es noch vor einer beſtimmten mit bewaffneter Hand zur Geltung bringen Theodor ,
Sturfürft von
unebeliche Kinder, doch hätte hinterlaffen
Erklärung
wollte.
Karl
der Pfalz, hatte zwar eine Menge kein einziges legitimes, dem er Batern
können ; außerdem
zeigte er nicht die get
ringſte Luft , fein geliebtes Mannheim mit München zu ver tauſchen . am
Er weigerte fich
3. Januar 1778
deßhalb
mit Maria
auch keinen
Augenblic ,
Thereſia
Wien
zu
eine
Convention abzuſchließen , der zufolge ganz Niederbatern , die Herrſchaft Mindelheim , die böhmiſchen Leben
in
der Obers
pfalz und die Landgrafſchaft Leuchtenberg an Deſterreich über's geben
ſollten .
Maria
Thereſia ging nog weiter
und ſprach
den Wunſch aus, fich ſpäter mit Karl Theodor auch wegen der übrigen
bairiſchen
Wie geſagt, dem
Landestheile verſtändigen
zu wollen .
Kurfürſten von der Pfalz lag an dem Befik
10
Baierns nicht ſo unendlich viel, daß er deshalb
einen
Strieg
hätte beginnen ſollen, deſſen Ausgang immer doch zweifelhaft blieb und nur geeignet geweſen wäre, die legten Tage feines Lebens zu verbittern .
*-
Die Sache wäre, ganz gut gegangen und zur Zufrieden
heit der Kaiſerin
von Defterreich erledigt worden , wenn nicht
noch andere Leute, als Karl Theodor, mitzuſprechen
gehabt
hätten .
Bald nach der am
und am
14. deſſelben Monats und Jahres wiederholten Con
vention zwiſchen Maria Proteft dagegen vom
3. Januar 1778 abgeſchloſſenen
Thereſia und Karl Theodor lief ein
Herzoge Karl von Zweibrücen
ein , der
nach Karl Theodor von der Pfalz der nächſte Agnat und präſumtiver Erbe des bairiſchen Kurhauſes war, der auch ſo klug war, preußiſche Hilfe und Vermittelung anzurufen . Aber auch
Friedrich
Auguſt III. von
von
Deſterreich
beliebten
legenheit nicht müßig
Sachſen
dürfte
Wendung der bairiſchen
bleiben .
Er ſelbſt
hatte
Vertrag mit ſeiner Mutter Maria Antonia wichtigere Anſprüche an
bei
dieſer
Erbangea durch
den
jedenfalls weit
Baiern , als Maria Thereſia, denn
er hatte dieſe Anſprüche bezahlt. Maria Antonia , die Schweſter des
30. December
am
1777 verſtorbenen
Kurfürſten
von
Baiern war die Allodialerbin deſſelben und hatte vor noch nicht zwei Jahren , am jegt
regierenden
Kurfürſten
förmlich abgetreten . ſelben
1. Mai 1776 , ihrem von
Friedrich
Tage, an welchem Maria
Sohne, dem
Sachſen , ihre Anſprüche
Auguſt III. fandte an
dem
Thereſia mit Karl Theodor
von der Pfalz contrahirte, feinen geheimen Rath von Zehmen nach München in
Beſit
zu
ab , um nehmen
die Alodialgüter und die
in
ſeinem
Namen
Verſiegelung der Mobiliar
und Archiv - Verhältniſſe zu veranlaffen . den; mittler Weile erſt eingetretenen
Unter den vorliegen
Verhältniſſen , konnte es
11
ihm in
nicht gelingen , die Befehle feines kurfürſtlichen Gebieters Ausführung zu bringen ; er mußte fich deshalb mit einem
Proteſt begnügen , den er. Namens Friedrich Auguſt III. er ließ und in welchem
rechtsbegründete Anſprüche an
er deffen
den bairiſchen Alodialgütern feierlichſt verwahrte. Zu gleicher Zeit übergab die Kaiſerin von Deſterreich dem weſenden
fächſiſchen
in Wien an
Geſandten
eine Erklärung derart, daß
ſie als älteſte Regredient-Erbin
fich von einer jüngeren Erbin
(Maria Antonia ) nicht verdrängen ihre Erbanſprüche von
laſſen werde.
Sie leitete
ihrer Abſtammung von der Gemahlin
Ferdinands II., Maria Anna , Tochter des Kurfürſten Wil helms V. von Baiern , ab . dem
im
Indeß
Jahre 1740 erfolgtem
vergaß fie , daß
fie bei
Tode ihres Vaters den näch
ften oder legten Erben anerkannt hatte, und da Maria An tonia , reſpective
der
Kurfürſt
Sachſen , als legter Erbe zu Maria
Friedrich
Auguſt III. von
betrachten war, ſo befand ſich
Thereſia in offenbarem
Unrecht.
Bald gerieth die ganze Erbangelegenheit noch mehr
in
Konfuſion ; denn ſelbſt auch Mecklenburg meldete fich wegen ſeiner
Anſprüche
auf
Böttiger ſagt über dieſen
die
Landgrafſchaft
unerquidlichen
„ So fah Deutſchland den merkwürdigen fünf in
Fall , daß von
dieſe Erbfolge verflochtenen Mächten die eine größte
mit guter Macht und ſchlechtem in
Leuchtenberg.
Erbſtreit :
Rechte das Land gewaltſam
Befiß nahm , die andere bei gutem
Recht aber ſchlechter
Macht das Land gern hingab , eine dritte wegen des künftigen Anfalles
des
Ganzen , eine vierte wegen
der Aloden , eine
fünfte wegen einer einzelnen Landſchaft Anſprüche erhob, und eine ſechſte größere , ſcheinbar uneigennüßig, jeder der übrigen zu dem
Ihrigen zu verhelfen
Die von
Böttiger
verſprach."
erwähnte fechſte Macht war Fried
12
rich II . von
Preußen .
Nicht nur Zweibrücken und Medlen
burg , ſondern auch und vornehmlich Kurſachſen
hatte feine
Vermittelung nachgeſucht und zugeſagt erhalten . Auguſt III. hatte von der Viel erwartet.
Friedrich
Vermittelung Preußens beſonders
Es war bekannt , daß
Joſeph
II., römiſche
deutſcher Kaiſer , in ſehr inniger Beziehung zu Frtedrich ftand, und man hoffte, daß
II .
derſelbe bereit fein würde, diefer
Freundſchaft ein Opfer zu bringen .
Joſeph II., welcher am
13. März 1741 geboren wurde, hatte während des fleben jährigen Krieges Veranlaffung gehabt, aufmerkſam
auf den
großen Gegner ſeines Hauſeß zu werden , ihn zu bewundern und Fich nach ihm
zu
richten .
Von dieſer Abſicht durchdrungen ,
trat er ſeinen erhabenen Beruf an ; da thm jedoch fetne Mutter Maria Thereſta wenig frete Hand ließ und nur das Kriegsweſen übergab , ſo konnte folgen
und benugte daher
Staaten einer
er ſeinen
Neigungen wenig
ſeine Zeit zum
Reiſen , um
ſeine
und ſeine Unterthanen ſelbſt kennen zu lernen . Auf
dieſer Reiſen
beſuchte er auch am
25. Auguſt 1768
Friedrich II., welcher fich zu jener Zeit gerade im Neiſſe befand.
Die beiden
Lager bei
Monarchen festen ſich über den
Zwang des Ceremoniels hinweg, unterhtelten ſich geheim
und
vertraut, und man fah ſte wie zärtliche Freunde mit einan der umgeben .
Im
nächſten
Beſuch des Kaiſers im
Jahre erwiderte Friedrich II. dett
Lager zu Mähriſch -Neuſtadt, wo auch
über die Theilung Polens debattirt wurde. So ſtanden
die Verhältniſſe zwiſchen
den beiden Fürſten ,
von denen man mit Sicherheit eine zufriedenſtellende Löſung ber Verhältniffe erwartete. Man hatte ſich indeß wenigſtens theilweis geirrt. Weder die vertraulichen Briefe ſeines könige lichen Freundes in Sansſouci, noch die Diplomatte führte bei Joſeph
II. das gewünſchte friedliche
Reſultat herbet.
Wir
13
haben
oben bereits darauf hingewieſen , daß er von
ſeiner
Mutter, die ſelber ſo gern regierte , zur vollendetſten Untha tigkeit verurtheilt war und ſie übergeben
ihm
nur das Militairweſen
Jofeph erwartete ſehnſuchtsvoll den Augen : vergönnt ſein würde, aus ſeiner peinlichen
1
hatte.
blick , wo es ihm
Unthätigkeit herauszutreten
und ſeinem
kriegeriſchen und lö
niglichen Freunde gegenüber den Degen ziehen zu
dürfen, um
demſelben zu zeigen , daß auch er kein unbefähigter Feldherr ſei.
Dies war der Grund, weshalb alle mit Joſeph II. be
gonnene Verhandlungen
ſcheiterten . Am
Meiſten war Fried
ridy Auguſt III, darüber betrübt, der mit Vergnügen einem beil ſeiner Förderung entſagt hätte, wenn dadurch der Krieg hätte vermieden
werden können .
Als Defterreich
fich bereit
erklärte, auf die kurſächfiſchen Propofitionen eingeben zu wol len , verlangte eß vor allen Dingen
Neutralität von
Friedrich
Auguſt, welche derſelbe unter den von Maria Thereſia vor geſchlagenen
Bedingungen
verſagen mußte.
Dieſe Bedingun
gen beſtanden darin , daß den Deſterreichern freier und unbe hinderter Durchmarſch
durch Sachſen
zu
geſtatten
fet
und
ihnen der Königſtein auf zwei Jahre überlaſſen werden ſolle ; außerdem
aber ſollte Friedrich Auguſt III . ſeine Armee bis
auf 4000 Mann
reduziren .
Dieſe Bedingungen ſcheinen die
Anſicht nicht unwahrſcheinlich zu machen , daß Maria Thereſia erſt Baiern
und auf ihrem
Rückzuge dann auch Sachſen
nehmen wollte . Por Preußen hatten Maria
Thereſia und ihre Miniſter
am Meiſten Furcht. Man mußte den Verſuch machen , Preu Ben
und Sachſen
zu entzweien , weil dann erſt auf das er
wünſchte Reſultat mit Beſtimmtheit zu rechnen fet.
Der Mi
niſter Kauniß trat deshalb, natürlich ohne ſeine wirklichen Ab fichten zu verrathen , mit einem
Tauſproject vor. Friedrich II .
14
follte fich von laſſen
und
Fürſtenthümer da
Sachſen
dagegen
die Ober- und
an
daſſelbe feine
Ansbach und
Niederlaufig
geben
Anſprüche auf
die
Baireuth abtreten , wozu
er,
der legte Markgraf kinderlos und er (Friedrich II.) näch
ſter Erbe war, auch vollſtändig berechtigt zu fein ſchien. König von
Preußen
erfaßte die Idee mit
dem
ihm
Der eigen
thümlichen Feuer und unterbreitete Friedrich Auguſt III. ſein Project.
Kurfürſt Friedrich Auguſt von Sachſen , den man
mit Recht den
, Edlen " nennen
rechtlichen Sinn , um
kann , hatte aber
einen
zu
ſich auf derartige Geſchäfte einzulaſſen ,
die er , ſeiner Meinung nach, für unſittlich halten mochte, da ſie einem Menſchenhandel gleichkamen .
Dieſe Meinung wird durch
ſeine an Friedrich II. ertheilte Antwort auch ziemlich klar docu mentirt.
Er ſagte nämlich :
Ich kann mich nicht entſchließen , mir ergebene und völ lig treue Unterthanen abzutreten und gegen andere zu ver tauſchen .“ Deſterreich, das den Charakter des Kurfürſten von Sach fen vielleicht beffer ſtudirt hatte , als
Friedrich der Große,
hatte die Weigerung deſſelben vorausgeſehen und jubelte nun , als ſie wirklich erfolgt war.
Es konnte keinem
Zweifel unter
liegen , daß Preußen ſich dies von Sachſen nicht gefallen fen , mindeſtens doch feine freundſchaftlichen demſelben abbrechen
würde.
Friedrich
dies ſelbſt, da er ſonſt wegen Neutralitätsvorſchläge hätte . wenn
dem
Vielleicht wäre es Friedrich
Adlerblick
das
wiener
II. nicht rechtzeitig Gewebe
Auguſt III. glaubte
der bairiſchen Kabinet
auch wirklich
durchſchaute.
auch nicht die geringſte Abneigung
laſ
Beziehungen zu
Erbfolge die nicht gemacht
ſo weit
gekommen ,
genug noch mit ſeinem Er zeigte nicht nur gegen Sachfen , ſondern
.15
erklärte
ſich noch obenein
Waffen zu ſeinem No Die
bereit , demſelben mit preußiſchen
wohlbegründeten Rechte zu
Zurüſtungen
zu dem
verhelfen .
Striege wurden mit der an
Friedrich II. gewohnten Schnelligkeit ausgeführt . ſollte
der
Prinz Heinrich von
Preußen
Ein Heer
durdy Sachſen über
Rumburg nach Böhmen führen ; ein zweites wollte Friedrich der Große ſelbſt von Schleſien aus, nach Böhmen dirigiren , während Friedrich
Auguſt
fich verpflichtet hatte , die
Armee
des Prinzen Heinrich mit 22,000 Mann fächfiſcher Truppen zu verſtärken , welche den Grafen von Solms zum Anführer bekamen . Defterreich war übrigens ebenſo ſchnell auf dem Der bekannte Laudon ſtand an
der böhmiſchen
Plaße.
Grenze mit
einer Heeresabtheilung, von wo aus er Sachſen durch Streif corps fortwährend in Unruhe erhielt . Eines dieſer Korps wurde gleich Anfangs abgeſchnitten und gefangen genommen , ohne daß
Jemand dabei um's Leben
Friedrich dem
II. war funfzehn
gekommen wäre.
Jahre älter geworden
Hubertsburger Frieden und nicht mehr ſo
ſeit
kriegšluſtig,
wie ehedem , auch mochte er eingeſehen haben , daß ein Menſch im
Frieden
einen gößeren Werth habe, als im
fer
Joſeph
II. ſtand mit dem
Kriege.
Kat
Hauptcorps der öſterreichiſchen
Armee bei Jaromirzin , einer beinahe uneinnehmbaren Stel lung und zeigte keine Neigung , den
ihm
gegenüber befind
lichen preußiſchen König anzugreifen , obgleich er vor Kurzem noch darnach geſtrebt hatte , fich mit demſelben
zu meſſen .
Friedrich der Große , der , wie geſagt, jegt bedeutend tälteres Blut in ſeinen
Adern hatte , blieb ebenfalls müßig in ſeiner
Poſition . Wir können weder von dem
Einen , noch von dem
Andern behaupten, daß Furcht die Urſache ihrer Unthätigkeit war ; vielmehr ſind wir geneigt anzunehmen , daß dieſe Tha tenloſigkeit der gegenſeitigen Achtung und Liebe entſprungen
-
16 .
-
Der General Möllendorf war mit einem
war.
Korps im
Erzgebirge zurückgelaſſen , um
preußiſchen
unter dem
Beiſtande
einiger fächfiſcher Regimenter etwaige Einfälle der Deſterrei dher in Sachſen achtet
dieſer
abzuhalten
oder zurück zu fchlagen .
Vorſichtsmaßregel
öſterreichiſche
brandſchaßten
Unge
dennoch
Regimenter , das Sauerſche und
zwei
das Ottoſche,
in Oberwieſenthal, Jöftadt, Scheibenberg, Solet: tau , Buchholz ,
Annaberg , Marienberg,
Anſprung, Olbernbau und Barenſtein. forderten
und
in
Zöbliß ,
Wo die ge
der Regel nicht unbedeutenden
Kontribu
tionen nicht ſofort herbeigeſchafft wurden , da
ſchleppten
ſtets
Geißeln
einige
der angeſehenſten
Einwohner als
fie fort
und fandten ſie unter militairiſcher Bededung nach Ofen in Ungarn .
In Zöbliß, wo ebenfalls nicht ſofort die beanſpruchte
Summe Geld filbernen
gezaht werden
Altargefäße mit
konnte, nahm man ſogar die
fich
öſterreichiſchen Armee waren
fort.
Die Forderungen
der
ſo bedeutend , daß deren Erfül
lung bei der überall herrſchenden Armuth zuweilen eine dis recte Unmöglichkeit war.
So ſollte z. B. Annaberg 50,000,
Schlettau 40,000 , Marienberg , Dlbernbau , Zöbliß und die übrigen oben bereits angeführten Orte jeder 20—30,000 Thlr. zahlen ;
Jöhſtadt und Bärenſtein
dagegen nur 15,000 , was
aber für ſie immerhin eine bedeutende Summe zu nennen war. die
Preußiſche und fächſiſche Armeecorps eilten herbei, um
bedrohten
die Bewohner
Städte zu beſchüßen . derſelben wenig
Doch war damit für
gewonnen .
Kontributionen
brauchten fie freilich nicht mehr zu zahlen , Einquartierung aber hatten ſie deſto mehr!
Das ganze Jahr verſtrich, ohne daß es
zu einer Schlacht gekommen haupt nur ein von
irgend
war.
Das Ganze ſchien über
großes Luſtſpiel zu ſein , ſo wenig Ernſt war
einer Seite zu bemerken .
Hieraus geht hervor,
-
17
-
daß nicht nur Friedrich der Große feine kriegeriſchen Gefin nungen geändert hatte, ſondern daß die inzwiſchen vorüber gegangene Zeit auch lenden
Einfluß
auf Maria
geblieben war.
Thereſia nicht ohne auffal Sie
ſah
fich endlich durch
verſchiedene Umſtände zum Frieden veranlaßt.
Ludwig XVI.
von Frankreich, bekannt durch ſeinen unglüdlichen Tod , hatte fich
geweigert , Deſterreich
gegen
unterſtüßen , obgleich Maria auf gerechnet hatte . Maria Antonia
Thereſia
mit Beſtimmtheit dar
Ludwig XVI. war mit ihrer
feit dem
unbezweifelt die von
Jahre 1770 vermählt und würde
ſeine Gemahlin
liebevoll und zärtlich zu begegnen.
feinen
Tochter
ſeiner Schwiegermutter erbetene
gewährt haben , wenn ihm
Preußen und Sachſen , zu
Hilfe
eß verſtanden
hätte,
So aber ging Jeder
eigenen Weg. Während Ludwig fich felbft große Ent
behrungen auferlegte, um die Schuldenlaſt feines Landes nicht
1
noch mehr zu leicht
vergrößern , verbrauchte feine Gemahlin viel
das Zehnfache
von
dem , was er erſpart hatte.
hatte alſo nicht das mindeſte
mutter gefällig zu zeigen , obgleich die Politik ihm radezu hieß . Defterreich
Er
Intereffe, fich feiner Schwieger
Denn eben dieſer Fall , daß
dies ge
er ſich nicht mit
verbunden , bildete einen Hauptpunkt der wider
ihn erhobenen Anklage, welche mit ſeiner Guillotinirung am 21.
Januar 1793
endete.
Ludwig XVI. war
einer der
rechtlichſten Monarchen Europas, zu rechtlich für einen König , und erklärte unverholen
an Maria
Thereſia , daß
er ihre
vorgeſchobenen Anſprüche an der bairiſchen Erbſchaft für uſur pirt halte .
Die Kaiſerin von Deſterreich kannte ihren Schwie
gerſohn zu genau , als daß fie hätte unternehmen ſollen .
bei ihm noch einen
Verſuch
Sie wandte fich deshalb nun an
Katharina von Rußland, von der ſie übrigens eine noch weit 2 Bertraute Geſchichte. Sadiſen . 3. BD.
16 . re
war. for
etene
Derawrepl
ort
Antw
lbe autete icht ur b lt l n a n erbie ; diefe
rina ge on reußen in Hilfs e v P II .) dem Köni fie (Katha 0 ern aria 0 f n tellen ürde 0 o n f , n a त n 0 o M Thes f , giten w w 6 M hen ferti t c h g ü i c r l e l p Anſ an ihren / unger wwfla niøt freiwi t n f e a entfage. Erbſch der baivifd n ft owohl er ranzöſiſche f f Nad Ankun d , als audy der ien en ntwort hloffen d e f h i t f r f e ru fc A di dPa am 7. März 1779 lſtan i t g f i tens n f u e einen Waff vorlä ab , umen wenigſ einen d ießen t l ang ſ h g n h c r e c ſ e d ä u b Ue zu dem zun abz Frie zu haben . n e ens n n 9 m e am 10. Mai 177 nah Scho die Fried zu Teſch n e g e n t u ne s dl Sachſen ihren Anfang. Der Abgeord unterhan
eir
daß s corp
ſpannte anfänglich ſeine Forderung ſo überaus hoch , daß man von der anderen Seite füglich nicht darauf eingehen konnte . Gegen die fädfiſchen Forderungen ſprach ſich beſonders der Kurfürſt von der Pfalz aus und erklärte dreift und laut, lieber an der am
3. Januar 1778 mit Deſterreich abgeſchlof
fenen Konvention halten , als bewilligen zu wollen .
wenn auch nur mittelbar Theil an gen zu Teſchen
Anforderungen
die fächſiſchen
Rußland , ja, ſelbſt die Türkei nahmen
und verlangten
den
Friedensverhandlun Thereſia , dafür
von Maria
zu ſorgen, daß Karl Theodor fich gefügiger zeige. Dies ei nerſeits und die Herabſegungen der fächfiſchen Forderungen andererſeits brachten
endlich eine Einigung der contrahiren
den Mächte zu Stande und zwar am Geburtstage der Kais ſerin von Deſterreich, alſo am 13. Mai 1770. Die Bedin gungen
des
Friedens nach
einem
Kriege,
in
welchem
auch
nicht eine Schlacht geliefert worden , waren folgende: Defter reich erhielt Braunau und das Innviertel. Karl Theodor von der Pfalz machte ſich anbeiſchig , an
Friedrich
Auguſt
2
19 für die bairiſche Alodialerbſchaft ſechs Millionen Gulden zu zahlen und dieſelben
überließ er ihm
Berdem
die während des Friedens von Böh
Lebens-Rechte auf die drei fchönburg'ſchen
men abgetretenen
und Lichtenſtein
Glauchau , Waldenburg
Herrſchaften allen
Raten abzutragen ; au
in halbjährigen
Vorbehalt.
Auf dieſe Weiſe kam
ohne
Friedrich Auguſt III.
ziemlich leicht zu ſeinem vollgiltigen und durch Urkunden ver bürgten
Rechte und erhielt den
Frieden wieder, der unter fo
drohenden Umſtänden unterbrochen worden war. Indeß ſchien doch noch nicht Alles ins Gleichgewicht gebracht worden zu ſein .
Die Grafen von Schönburg erklärten ſich mit den Tea
îchener Entſcheidungen nicht einverſtanden , führten neue Be ſchwerde
Reichshofrathe und verlangten , daß die drei
beim
Reichsafterlehen Erfolg vom
fächfiſche
höchſtens nur als
Standesherrſchaften
genannten
betrachtet werden folten .
gewünſchten
Den
Reichshofrathe nicht erlangend, fügten auch
fie
fich endlich , und als der Graf Otto Karl Friedrich von Schön burg im
Jahre 1790 am
9. October zum
Reichsfürſten er
hoben wurde, erklärte derſelbe fogar, daß dieſe Standeßerhö Verhältniſſe zum
hung eine Veränderung der
kurſächſiſchen
Hauſe nicht herbeiführen ſolle.
Friedrich Auguſt hatte für die Alodialerbſchaft an ſeine Thaler bezahlt und jeft
Mutter, wie wir wiſſen , 800,000 ſechs Millionen
dafür
Reichsgulden
empfangen .
Er hätte
dies Geld nach Abzug jener 800,000 Thaler unbedingt als ſein wohlerworbenes Eigenthum nicht geſchah.
betrachten können , was jedoch
Er vertheilte es auf eine höchſt edle und un
eigennüßige Weiſe.
Jedes
50,000 Gulben , und mit dem
ſeiner
Geſchwiſter bekam
davon
Reſte tilgte er das 1744, 1745
und 1750 bei Hannover aufgenommene und viertehalb Mil 2*
18
enſchiedenere Antwort erhielt ; dieſelbe lautete nicht nur ab ſchläglich , ſondern
enthielt gleichzeitig auch die Verſicherung,
daß fie (Katharina II.) dem
Könige von Preußen ein Hilfs
corps von 60,000 Mann ſtellen würde, inſofern Maria reſia nicht freiwillig ihren der bairiſchen #
an
Erbſchaft entfage.
Nach Ankunft ſowohl
der franzöſiſchen , als auch der
ruſſiſchen Antwort ſchloffen die Partheien am vorläufig
The
ungerechtfertigten Anſprüchen
einen
Waffenſtillſtand ab , um
7. März 1779 wenigſtens
einen
Uebergang zu dem zunächſt abzuſchließenden Frieden zu haben . Schon am
10. Mai 1779 nahmen zu
unterhandlungen ihren Anfang.
Teſchen
die Friedens
Der Abgeordnete Sachſens
ſpannte anfänglich ſeine Forderung ſo überaus hoch, daß man von der anderen Seite füglich nicht darauf eingehen konnte. Gegen
die fächfiſchen
Kurfürſt von der lieber an der am
Forderungen
Pfalz
ſprach
aus und
fich beſonders der
erklärte dreiſt und laut,
3. Januar 1778 mit Deſterreich abgeſchloſ
fenen Konvention halten , als die fächſiſchen bewilligen zu wollen .
Rußland, ja , ſelbſt die Türkei nahmen
wenn auch nur mittelbar Theil an den gen zu
Anforderungen
Teſchen und verlangten
Friedensverhandlun
von Maria Thereſia , dafür
zu ſorgen , daß Karl Theodor fich gefügiger zeige. nerſeits und die Herabſeßungen andererſeits brachten
der
von Deſterreich, alſo am
gungen
des
Friedens nach
Geburtstage der Kai
13. Mai 1770.
einem
Die Bedin
Kriege , in welchem
nicht eine Schlacht geliefert worden , waren folgende : reich erhielt
Braunau
Dies ei
Forderungen
endlich eine Einigung der contrahiren
den Mächte zu Stande und zwar am ſerin
fächfiſchen
und das
Innviertel.
von der Pfalz machte fich anhetſchig , an
Karl Friedrich
auch Deſter
Theodor Auguſt
19
für die bairiſche Alodialerbſchaft ſechs Millionen Gulden zu zahlen und dieſelben in halbjährigen Raten abzutragen ; au Berdem
überließ
er ihm
die während des Friedens von Böh
men abgetretenen Lebens -Rechte auf die drei ſchönburg'ſchen Herrſchaften
Glauchau , Waldenburg und Lichtenſtein
allen Vorbehalt. Auf dieſe Weiſe kam
ohne
Friedrich Auguſt III.
ziemlich leicht zu ſeinem vollgiltigen und durch Urkunden ver bürgten Rechte und erhielt den
Frieden wieder, der unter fo
drohenden Umſtänden unterbrochen worden war. doch noch nicht alles ſein .
Indeß ſchien
ins Gleichgewicht gebracht worden
Die Grafen von Schönburg erklärten ſich mit den
zu Tes
ſchener Entſcheidungen nicht einverſtanden , führten neue Bes ſchwerde beim genannten
Reichshofrathe und verlangten , daß die drei
Standesherrſchaften
Reichsafterlehen Erfolg vom
höchſtens nur
betrachtet werden
ſollten .
als
fächfiſche
Den gewünſchten
Reichshofrathe nicht erlangend, fügten auch fie
fich endlich , und als der Graf Otto Karl Friedrich von Schön burg , im
Jahre 1790 am
9. October zum
Reichsfürſten
er
hoben wurde, erklärte derſelbe fogar, daß dieſe Standeserhö kung
eine Veränderung der Verhältniſſe
zum
kurſächſiſchen
Hauſe nicht herbeiführen ſolle .
Friedrich Auguſt hatte für die Alodialerbſchaft an ſeine Thaler bezahlt und jegt
Mutter , wie wir wiſſen , 800,000 ſeche Millionen dies Geld
Reichsgulden
dafür
nach Abzug jener 800,000
empfangen .
Er hätte
Thaler unbedingt als
ſein woblerworbenes Eigenthum betrachten können , was jedoch nicht geſchah. Er vertheilte es auf eine höchſt edle und uns eigennüßige Weiſe.
Jedes
ſeiner
Geſchwiſter bekam
davon
50,000 Gulden , und mit dem Reſte tilgte er das 1744, 1745 und 1750 bei Hannover aufgenommene und viertehalb Mil 2*
***
18
enſchiedenere Antwort erhielt; dieſelbe
lautete nicht nur ab
fdläglich, ſondern enthielt gleichzeitig auch die Verſicherung, daß fie (Katharina II.) dem
Könige von Preußen ein Hilfs
corps von 60,000 Mann ſtellen würde, inſofern Maria The reſia ' nicht freiwillig der bairiſchen Nach
ihren
ungerechtfertigten
Anſprüchen
Ankunft ſowohl der franzöſiſchen , als auch der
ruſſiſchen Antwort ſchloſſen die Partheten am vorläufig
an
Erbſchaft entſage.
einen
Waffenſtilſtand ab , um
7. März 1779
wenigſtens
einen
Uebergang zu dem zunächſt abzuſchließenden Frieden zu haben . Schon am
10. Mai 1779 nahmen
unterhandlungen ihren Anfang.
zu
Teſchen die Friedens
Der Abgeordnete Sachſens
ſpannte anfänglich ſeine Forderung ſo überaus hoch , daß man von der anderen Seite füglich nicht darauf eingehen Gegen die fächfiſchen
Forderungen
Kurfürſt von der Pfalz lieber an der am
ſprach ſich
konnte.
beſonders der
aus und erklärte dreiſt und laut,
3. Januar 1778 mit Deſterreich abgeſchloſ
fenen Ronvention halten , als
die fächſiſchen
Anforderungen
bewilligen zu wollen . Rußland, ja, ſelbſt die Türkei nahmen wenn auch nur mittelbar gen zu
Teſchen
Theil an den Friedensverhandlun
und verlangten
von Maria
Thereſia, dafür
zu ſorgen , daß Karl Theodor fich gefügiger zeige. nerſeits und die Herabſeßungen der andererſeits brachten
ſerin von Deſterreichy, alſo am
Geburtstage der Kais
13. Mai 1770.
Friedens nach einem
Kriege,
Die Bedin
in welchem
nicht eine Schlacht geliefert worden , waren folgende: reid; erhielt Braunau von der
Dies ei
Forderungen
endlich eine Einigung der contrahiren
den Mächte zu Stande und zwar am
gungen des
fächfiſchen
und
das
Innviertel.
Pfalz machte ficy anheiſchig , an
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Karl Theodor
Friedrich
Auguſt
19
für die bairiſche Allodialerbſchaft ſechs Millionen
Gulden zu
zahlen und dieſelben in
halbjährigen Raten abzutragen ; au
überließ er ihm
die während des Friedens von Böh
ßerdem
men abgetretenen Lebens-Rechte auf die drei ſchönburg'ſchen Herrſchaften
Glauchau , Waldenburg
allen Vorbehalt .
und Lichtenſtein
Auf dieſe Weiſe kam
ohne
Friedrich Auguſt III.
ziemlich leicht zu ſeinem vollgiltigen und durcy Urkunden ver bürgten Rechte und erhielt den Frieden wieder, der unter ſo drohenden Umſtänden unterbrochen worden war.
ins Gleichgewicht gebracht worden
zu
Die Grafen von Schönburg erklärten ſich mit den
Tes
doch noch fein .
Indeß ſchien
nicht alles
fchener Entſcheidungen nicht einverſtanden , führten neue Be ſchwerde beim genannten
Reichshofrathe und verlangten , daß die drei
Standesherrſchaften
Reichsafterlehen Erfolg vom
höchſtens nur als
betrachtet werden
ſollten .
Den
fächfiſche
gewünſchten
Reichshofrathe nicht erlangend, fügten
auch fie
ſich endlich , und als der Graf Otto Karl Friedrich von Schön burg , im
Jahre 1790 am
9. October zum
Reichsfürſten er
hoben wurde, erklärte derſelbe fogar, daß dieſe Standeserhö hung eine Veränderung der Verhältniſſe zum
kurſächfiſchen
Hauſe nicht herbeiführen folle. Friedrich Auguſt hatte für die Alodialerbſchaft an Mutter , wie wir wiſſen , 800,000 ſechs Millionen dies Geld
Reichsgulden
ſeine
Thaler bezahlt und jept
dafür empfangen .
nach Abzug jener 800,000
Er hätte
Thaler unbedingt als
ſein wohlerworbenes Eigenthum betrachten können , was jedoch nicht geſchah .
Er vertheilte es auf eine höchſt edle und un
eigennüßige Weiſe.
Jedes
50,000 Gulden , und mit dem
ſeiner Geſchwiſter
bekam
davon
Reſte tilgte er das 1744, 1745
und 1750 bei Hannover aufgenommene und viertehalb Mil *** 2*
-
18
enſchiedenere Antwort erhielt; dieſelbe lautete nicht nur ab ſchläglich , ſondern enthielt gleichzeitig auch die Verſicherung, daß ſie (Katharina II.) dem
Könige von Preußen
ein Hilfs
corps von 60,000 Mann ſtellen würde, inſofern Maria The reſia nicht freiwillig ihren ungerechtfertigten Anſprüchen der bairiſchen
Erbſchaft entfage.
Nach Ankunft ſowohl der franzöſiſchen , ruſſiſchen Antwort ſchloffen die Partheien am vorläufig
an
einen
Waffenſtilſtand ab , um
als auch der 7. März 1779
wenigſtens
einen
Uebergang zu dem zunächſt abzuſchließenden Frieden zu haben . Schon am
10. Mai 1779 nahmen zu Teſchen die Friedens
unterhandlungen ihren
Anfang.
Der Abgeordnete Sachſens
ſpannte anfänglich ſeine Forderung ſo überaus hoch, daß man von der anderen Seite füglich nicht darauf eingehen konnte. Gegen die fächſiſchen
Forderungen
ſprad
fich beſonders der
Kurfürſt von der Pfalz aus und erklärte dreiſt und laut, lieber an der am
3. Januar 1778 mit Deſterreich abgeſchloſ
fenen Konvention halten , als die fächſiſchen Anforderungen bewilligen zu wollen .
Rußland, ja, ſelbſt die Türkei nahmen
wenn auch nur mittelbar gen zu
Theil an den
Teſchen und verlangten
Friedensverhandlun
von Maria Thereſia, dafür
zu ſorgen , daß Karl Theodor ſich gefügiger zeige. nerſeits und die Herabſegungen andererſeits
brachten
der fächſiſchen
endlich eine Einigung der contrahiren
den Mächte zu Stande und zwar am ferin von gungen
Deſterreich, alſo am
Geburtstage der Kais
13. Mai 1770.
des Friedens nach einem
Kriege,
in
Die Bedin welchem
nicht eine Schlacht geliefert worden , waren folgende : reich erhielt Braunau von
der
Dies ei
Forderungen
und das
Innviertel.
Pfalz machte ' fich anheiſchig , an
auch Deſter
Karl Theodor Friedrich
Auguſt
19
-
für die bairiſche Allodialerbſchaft ſechs Millionen zahlen
Gulden zu
und dieſelben in halbjährigen Raten abzutragen ; au
Berdem
überließ er ihm
die während des Friedens von Böh
men abgetretenen Lebens-Rechte auf die drei Herrſchaften
Glauchau , Waldenburg
allen Vorbehalt . Auf dieſe Weiſe kam ziemlich leicht zu ſeinem bürgten
ſchönburg'ſchen
und Lichtenſtein
ohne
Friedrich Auguſt III.
vollgiltigen und durch Urkunden ver
Rechte und erhielt den Frieden wieder, der unter ſo
drohenden Umſtänden unterbrochen worden war.
Indeß ſchien
doch noch nicht Alles ins Gleichgewicht gebracht worden zu ſein.
Die Grafen
von Schönburg erklärten ſich mit den Tes
ſchener Entſcheidungen nicht einverſtanden , führten neue Be ſchwerde beim genannten
Reichshofrathe und verlangten , daß
Standesherrſchaften
Reichsafterleben Erfolg vom
höchſtens nur als
betrachtet werden
ſollten .
Den
die drei fächfiſche
gewünſchten
Reichshofrathe nicht erlangend, fügten auch
fie
ſich endlich, und als der Graf Otto Karl Friedrich von Schön burg im
Jahre 1790 am
9. October zum
Reichsfürſten
er
hoben wurde, erklärte derſelbe fogar, daß dieſe Standeserhö hung eine Veränderung der Verhältniſſe zum
kurſächfiſchen
Hauſe nicht herbeiführen ſolle. Friedrich Auguſt hatte für die Alodialerbſchaft an ſeine Mutter, wie wir wiſſen , 800,000 ſechs Millionen dies
Geld
Reichsgulden
Thaler bezahlt und jeft
dafür
nach Abzug jener 800,000
ſein wohlerworbenes Eigenthum nicht geſchah .
empfangen .
Er hätte
Thaler unbedingt als
betrachten können , was jedoch
Er vertheilte es auf eine höchſt edle und un
eigennüßige Weiſe.
Jedes
50,000 Gulden , und mit dem
ſeiner Geſchwiſter
bekam
davon
Reſte tilgte er das 1744, 1745
und 1750, bei Hannover aufgenommene und viertehalb Mil 2*
18
enſchiedenere Antwort erhielt ; dieſelbe lautete nicht nur ab ſchläglich, ſondern enthielt gleichzeitig auch die Verſicherung, daß fie (Katharina II.) dem
Könige von Preußen
ein Hilfs
corps von 60,000 Mann ſtellen würde, inſofern Maria The reſia nicht freiwillig
ihren
ungerechtfertigten
Anſprüchen
an
der bairiſchen Erbſchaft entſage. Nach Ankunft ſowohl der franzöſiſchen , ruſſiſchen Antwort ſchloffen die Partheten am einen
Schon am
I
vorläufig
Waffenſtilſtand ab , um
Uebergang zu dem
als auch der
7. März 1779
wenigſtens
einen
zunächſt abzuſchließenden Frieden zu haben .
10. Mai 1779 nahmen
unterhandlungen ihren Anfang.
zu
Teſchen die Friedens
Der Abgeordnete Sachſens
ſpannte anfänglich ſeine Forderung ſo überaus hoch, daß man von der anderen Seite füglich nicht darauf eingehen konnte . Gegen die fächſiſchen Kurfürſt von
der
lieber an der am
Forderungen
ſprach
ſich
Pfalz aus und erklärte
beſonders der
dreiſt und laut,
3. Januar 1778 mit Deſterreich abgeſchloſ
fenen Konvention halten , als die fächſiſchen Anforderungen bewilligen zu wollen .
Rußland, ja, ſelbſt die Türkei nahmen
wenn auch nur mittelbar Theil an den Friedensverhandlun gen zu zu
Teſchen und verlangten
von Maria
Thereſia , dafür
ſorgen , daß Karl Theodor fich gefügiger zeige.
nerſeits
und
die Herabſegungen
andererſeits brachten
der
gungen
Deſterreich, alſo am des
Geburtstage der Kai
13. Mai 1770.
Friedens nach einem
Die Bedin
Kriege , in welchem
nicht eine Schlacht geliefert worden , waren folgende: reich erhielt von
der
Braunau
Dies ei
Forderungen
endlich eine Einigung der contrahiren
den Mächte zu Stande und zwar am ferin von
ſächſiſchen
und das
Innviertel.
Pfalz machte ſich an heiſchig , an
auch Deſter
Karl
Theodor
Friedrich
Auguſt
19
für die bairiſche Allodialerbſchaft ſechs Millionen
Gulden zu
zahlen und dieſelben in halbjährigen Raten abzutragen ; au ßerdem men
überließ er ihm
abgetretenen Lebens- Rechte auf die drei ſchönburg'ſchen
1
Herrſchaften allen
die während des Friedens von Böh
Glauchau , Waldenburg
Vorbehalt.
und Lichtenſtein ohne Auf dieſe Weiſe kam Friedrich Auguſt III.
ziemlich leicht zu ſeinem
vollgiltigen und durch Urkunden ver
bürgten Rechte und erhielt den
Frieden wieder, der unter fo
drohenden Umſtänden unterbrochen worden war. doch noch ſein .
nicht Alles
ins
Indeß ſchien
Gleichgewicht gebracht worden zu
Die Grafen von Schönburg erklärten ſich mit den Te
ſchener Entſcheidungen nicht einverſtanden , führten ſchwerde
beim
genannten
Standesherrſchaften
Reichsafterleben Erfolg vom
neue Bes
Reichshofrathe und verlangten , daß höchſtens nur
betrachtet werden ſollten .
die
als
Den
drei
fächfiſche
gewünſchten
Reichshofrathe nicht erlangend , fügten
auch fie
ſich endlich, und als der Graf Otto Karl Friedrich von Schön burg , im
Jahre 1790 am
9. October zum
Reichsfürſten
er
hoben wurde, erklärte derſelbe fogar, daß dieſe Standeserhö hung eine Veränderung der Verhältniſſe zum
kurſächſiſchen
Hauſe nicht herbeiführen ſolle. Friedrich Auguſt hatte für die Alodialerbſchaft an ſeine
Mutter, wie wir wiſſen , 800,000 ſechs Millionen dies
Geld
Reichsgulden
Thaler bezahlt und jeft
dafür
nach Abzug jener 800,000
empfangen .
Er hätte
Thaler unbedingt als
fein wohlerworbenes Eigenthum betrachten können , was jedoch nicht geſchah.
Er vertheilte es auf eine höchſt edle und un
eigennüßige Weiſe.
Jedes
ſeiner Geſchwiſter bekam
davon
50,000 Gulden , und mit dem
--
tem
Reſte tilgte er das 1744 , 1745 und 1750 bei Hannover aufgenommene und viertehalb Mil 2*
20
honen
betragende Darlehn und löfte dadurch die an
Kur
braunſchweig verpfändeten Aemter und Einkünfte wieder ein. Dies geſchah in
den
Jahren von 1781 bis 1790 .
3 weites Kapitel. Die Landes - Einkünfte. Joſeph II. Graf Joſeph Wenzel von Cheilung der Mansfeld . - Perſonalien des Mansfeld'[chen Hauſes . Mansfeld'ſchen Erbſchaft unter Sachſen und Preußen . – Die Bergakademie Abraham Gottlob Werner. Herr von Charpentier . zu Freiberg. Karl Maria von Joſeph Schufter. Sohann Gottlieb Maumann . Weber. Friedrich
II. von Preußen
hatte nach Beendung des fie
benjährigen Krieges erklärt, daß kein Land durch dieſen Krieg mehr gelitten habe , als Sachſen .
Dies war leider nur all
zuwahr , und ein großes Glück für das entnervte Land war es, daß es Friedrich Auguſt III. zum Hochherzigkeit wir beim dachten .
Schluffe
Die Regierungen vor ihm
Herrſcher erhielt, deffen
des vorigen
Kapitels
ge
hatten für Sachſen wenig
thun können , der Ausſpruch : es läßt fich leichter niederreißen , als aufbauen , beſtätigte fich auch hier wieder .
Auch
Auguſt III. gelang dies erſt nach vielen Jahren . lagen die Gegenden
zwiſchen
wo fonft eine üppige
Noch 1770
Leipzig und Wittenberg wüſte,
Vegetation
war auch ganz natürlich !
Friedrich
vorhanden
geweſen .
Es
Die größeren Gutsbefißer waren
durch die ungeheuren Militairlaſten , insbeſondere aber durdy die ſchweren Kontributionen dergeſtalt erſchöpft , daß es ihnen
21
ſchlechterdings unmöglich war, Etwas für die Kultur zu thun ; ja , viele von
ihnen hatten nicht nur ihre baaren
Gelder,
fondern auch ihre Gehöfte und die darauf errichteten Schlöffer und Häuſer verloren .
Der engliſche Reiſende Hall giebt nach
Vehſe eine Beſchreibung der fächſiſchen Kulturverhältniſſe in folgenden
Worten : Ergreifend
kungen
iſt der erſtaunliche Unterſchied der Wira
des Krieges, die er auf Brandenburg und Sachſen
gemacht hat: Sachſen iſt ruinitt und erſchöpft ; weder die Bevölkerung, noch das Einkommen , noch Handel,und Hilfs quellen , die es jeßt hat, ſind mit denen es vor dem
Kriege hatte .
Der König
Gegentheil hat größere Einkünfte, als nere Armee, als vor dem auch , aber die Wunden
zu vergleichen , die
Artege.
von
Preußen
im
jemala! eine ſchör
Allerdings litt fein Land
ſcheinen nicht fo tief in's Fleiſch
gegangen zu fein ; ficherlich waren ſeine Staaten nicht in dem Maße der Kriegsſchauplaß, wie er Sachſen dazu machte . Der Contraft iſt in
der
That ſo ergreifend, daß , wenn
jemals wieder ein Krieg zwiſchen
Deſterreich und Preußen
ausbrechen folte , Sachſen ganz unzweifelhaft ſich nicht wies der mit Defterreich verbinden wird ." Hal hat in
dieſer Schilderung nicht übertrieben.
ſens Einkünfte beliefen
ſich vor dem
auf etwa zehn Millionen
fiebenjährigen Kriege
Thaler, bei Antritt der Regier
rung Friedrich Auguſt III. betrugen dieſelben mal die Hälfte , und
Sachs
nody nicht eins
obenein war das Land, noch
ſehr ver
ſchuldet.
Şall gedenkt auch der Verminderung des fächfiſchen Bola kes und giebt dieſelbe auf eine Million an . ift offenbar unrichtig.
Dieſe Angabe
Der ſiebenjährige Krieg fol . Sadalen
nicht viel über 100,000 Menſchenleben
gekoſtet haben , und
-
22
wenn es auch
Thatfache
iſt , daß nach Beendung deſſelben
Viele den heimathlichen Boden verlaſſen haben, fo können es doch immer nicht ſo viel geweſen ſein , daß die runde Summe einer
Million
herauskäme.
Berechnung nach dieſer
Eine
Seite hin wird auch immer etwas Precäres bleiben . , Friedrich Auguſt III. war der eigentliche Mann , durdy den
Sachſen wieder emporgehoben
der That verdankt es ihm
Am
werden
konnte , und in
allein feinen ganzen Wohlſtand.
29. November 1780 war Deſterreichs Kaiſerin
ſtorben.
Ihr Sohn
zeigte ſehr bald , daß
Joſeph übernahm
ſeine Erblande und
er freien Spielraum
erhalten habe. Mit allem
ge
für ſeine Pläne
Eifer ſtrebte er darnach, das Beſte
für feine Staaten zu erzielen und ſeine Unterthanen ſo glück lich , als möglich zu machen .
Wer weiß , wie weit Joſeph II.
gegangen wäre und welche Kalamitäten er hervorgerufen hätte, wenn nicht der König von Preußen ihn fortwährend beobach tet haben würde, vor dem er einiger Maßen Reſpect hatte. Wenn wir auf der einen Seite behaupteten , der Kaiſer von Deſterreich habe das
Beſte
feiner
Unterthanen zu
erſtreben
geſucht, und auf der andern Seite, wer weiß, in welche Sta lamitäten er Deutſchland ohne die Beobadytung Friedrich II . geſtürzt haben würde, fo fcheint dies ein Widerſpruch in felbſt zu ſein . man
einen
Das war es
indeß nicht!
fich
Joſeph II. kann
fühnen Reformator nennen , der da glaubte, es
möglich machen zu können , das noch in tiefer Unwiffenheit fich bewegende deutſche Volt zu fich empor zu ziehen . Joſeph war ſeiner Zeit vorangeſchritten , und ſolche Menſchen in
taugen
der Regel nicht für die Entwicelung ſtaatlicher und volks
wirthſchaftlicher trauen
von
Verhältniſſe.
Sie werden überall mit Miß
Denjenigen 'betrachtet,
zweden , weil dieſe nicht
im
Stande
deren
Beftes
find , ſte zu
fie
be
verſtehen
23
jede Neuerung , und mag ſie auch noch
und
ſo vorzüglich
fein , von vornherein von der Hand weiſen. Das war nicht damals allein fo ; das iſt zu allen Zeiten geweſen und iſt es noch heute. Joſeph II. wollte ſchon in
demſelben
Augenblick ernten ,
wo er gefäet hatte, und das iſt unmöglich. Zeit haben .
Reformationen
durch
einen guten Unterricht vor
laffen : er wäre
von
ganz Deutſchland vergöttert
auf feine bereiten
Jedes will ſeine
Hätte er ſein Volk mit der gehörigen Weisheit
worden . Unter dieſen Umſtänden
konnte Deutſchland von Glück
ſagen , daß ein Friedrich der Große in ſeiner Mitte fich be fand.
Wenn derſelbe auch früher als ein
Eroberer aufgetres
ten war, ſo hatte er fich jest, wo er alt und weiß geworden , bedeutend geändert.
Sein
Charakter war derſelbe geblieben .
Er wollte Deutſchland . Beherrſchen
und
beherrſchte es aucy,
ungeachtet er nicht ſein Kaiſer war.
Wenn andere Geſchichts
ſchreiber die Herrſchſucht Friedrichs
II. „ Gewährleiſtung des
deutſchen Staatenſyſtems" . nennen , fo die
Schonung, welche
ſie
dem
zeigen
ſie damit nur
Rieſengeiſte
ſchuldig zu ſein glauben . Sachſen
dieſes
Fürſten
betrachtete den preußiſchen
König als feinen Schußengel gegen
das immer mehr hervor
tretende Uebergewicht Deſterreichs.
Im Uebrigen hatte Fried
rich
II. bereits auch
Protektion
dem
fo viele Beweiſe feiner unzweideutigen
ſächſiſchen
Herrſcher gegeben , daß
es
kein
Wunder iſt, wenn derſelbe, namentlich bei ſeinem hochherzigen Charakter, ihm
außerordentlich gewogen war.
Auch jest wie
der trat ein Fall ein , wo Friedrich II. ſeine Freundſchaft von Neuem Am
bethätigte. 31. März 1780 war der Graf. Joſeph Wenzel von
Mansfeld ,
Fürſt
von
Fondi,
geſtorben .
Inwiefern
dieſes
24
Ereigniß
auf die kurſächſiſchen
war, iſt aus Folgendem
Verhältniffe von Bedeutung
zu erſehen :
Mansfeld , eines der älteſten Gefdlechter in
Deutſhland , das von den
Querfurt abftammt und von dem Namen
hat.
mehrere Unter
Es ift
verdienftvolle
den
alten
Jahre 1115
gräflichen
in
fürftlichen
edlen Herren von
Schloſſe Mansfeld feinen
viele Linien
Helden
und
und
getheilt
und brachte
Staatsmänner
Mansfeld’ſchen Grafen
hat fich
hervor.
fchon
einer , Namens Hojer , bekannt und um
Kaiſer Heinrich V. verdient gemacht. Mansfeld , welcher zur Zeit
Der Graf Albrecht von
der Reformation
fich für Martin Luther und war in
im den
dem
lebte, erklärte
Religionsfriege eine
der vornehmſten Stüßen des Proteſtantismus. Derſelbe zwang 1547 Heinrich von Braunſhweig, die Belagerung von Bres men aufzuheben , und ſtarb 1560 im hinterließ fünf Söhne, von denen Volrath , gedenken wollen .
achtzigſten wir
nur
Jahre.
Gr
des jüngſten ,
Derfelbe war , wie überhaupt
alle Grafen von Mansfeld , Soldat, diente mit Auszeichnung, befand fich
im
Treffen von Montcontour uud rettete durdy
ſeinen meiſterhaften Mückzug einen großen Theil der deutſchen Retterei.
Viele verwechſeln ihn mit dem Grafen Peter Ernſt
von Mansfeld , der 1552 nad Monteontour den
dem
erwähnten
Oberbefehl hatte und bei
Treffen von
Jury
gefangen
1
wurde.
Volrath ſtarb am
dagegen
erft 1604 als Statthalter von Brüffel und Lurem
burg , nachdem
er noch den
Reichs empfangen hatte. durch
feine
30. December 1578, Peter Ernft
Titel eines Fürſten
des römiſchen
Der Sohn des Legtern , Karl, ift
Theilnahme am
flanderiſchen
und ungariſchen
Kriege bekannt geworden und ſtarb 1595 ohne ſeibliche Erben . Ernſt von Mansfeld , ein natürlicher Bruder des Legtern , den fein Vater mit einem adligen Fräulein , das zu Mecheln wohnte,
25
erzeugt hatte, wurde von ſeinem Taufpathen , dem Erzherzog Ernſt von Deſterreich , in der katholiſchen Religion erzogen und leiſtete dem
Könige von Spanien und dem
Ungarn wichtige
Dienſte , weshalb
Rudolph II. für legitim troßdem
Saifer in
er dann auch von Kaiſer
erklärt wurde. Man behandelte ihn
höchſt unmanierlich , man verweigerte ihm
nicht nur
die Würde, ſondern auch die Güter ſeines Vaters, welche dies fer in den
ſpaniſchen Niederlanden
mißvergnügt, entſagte Religion , nahm
er
im
beſeffen hatte.
Jahre 1610
Darüber
der katholiſcheut
die reformirte an und verband ſich mit den
proteſtantiſchen Fürſten Deutſchlands und ward dadurch einer der gefährlichſten ſem
Feinde Deſterreichs , weshalb
er von
dies
auch der Attila der Chriſtenheit genannt wurde. an die Spiße der empörten
Böh
men , eroberte 1619 Pilfen , ging in die Pfalz , nahm
viele
1618
Er ſtellte ſich
Pläße daſelbſt, verheerte Elſaß , nahm Hagenau ein und ſchlug Indeß ward er zulegt von Wallens
endlich auch die Baiern . ſtein
bei Deffau
vollſtändig
beſiegt.
gebliebene Heer übergab er dem
Das
Herzoge von Weimar und Staaten zu reiſen ,
hatte die Abſicht, nach den venetianiſchen wurde aber
ihm
in
einem
Dorfe bei
Jahre alt, an
ſtarb , 46
ihm noch übrig
Zara plößlich
krank und
Vergiftung, wie man ſagt, das Er war unbedingt
feine Feinde hatte beibringen laſſen .
einer der geſchickteſten Feldherren ſeines Die Grafſchaft.Mansfeld
liegt in
Jahrhunderts. Oberſachſen , wo ſie
nördlich das anhalt'ſche, öftlich das magdeburg'iche, weſtlich das gräflich Stolberg'ſche und jüdlich das thüring'iche Gebiet berührt.
Schon
verſchuldet.
im
fechszehnten
Sahrhundert war
ſie ſehr
Die Folge davon war, daß die beiden Lebeno
herren , Kurſachſen und Magdeburg, die Grafſchaft 1570 in Sequeſtration nahmen , jedoch den
Grafen
an
ihrer Reichs
-
26
ftandſchaft und Reichs- und Im
an Siz und Stimme, welche ſie auf den
oberſächſiſchen
Jahre 1716
ward
Kreistagen
hatten , unbeſchadet.
die Sequeſtration
in Anſehung des
unter magdeburg'ſcher Landeshoheit ſtehenden Antheils aufge hoben , dagegen
dauerte die kurſächſiſche Adminiſtration
Graf Heinrich Franz von Mansfeld erhielt vom
Könige von Spanien , Karl
Fürſtenthum
Fondi, und vom
im
fort.
Jahre 1690
II., das neapolitaniſche
Kaiſer
Leopold die Reichsfür
ſtenwürde, welche 1696 und 1709 beſtätigt und 1711 öffent lich bekannt gemacht wurde.en stillips sia wa Mit dem ſtorbenen
vorn
Grafen
erwähnten , am
maisha
31. März 1780 ver
Joſeph Wenzel von Mansfeld erloſch dieſer
Stamm , aus dem , wie wir bewieſen , fo mancher verdienſtvolle Mann hervorgegangen war. hängten Sequeſtration
Seit der im
Jahre 1570 ver
befand ſich das kurſächſiſche Oberauf
feber-Amt in Eisleben , das die Einkünfte zu verwalten hatte. Von
demſelben bekamen
die jedes Mal vorhandenen
Grafen
von Mansfeld eine genügende Summe Geld zu ihrem desgemäßen Schulden
Unterhalt, und mit dem
abgetragen .
Bis
zum
Uebrigen
übrig.
wurden
Jahre 1783 waren
erſt etwa 200,000 Thaler alter Schulden immer noch
eine Schuldenlaft von
ſtan die
jedoch
getilgt, und es blieb
ungefähr einer Milton
Da unter derartigen Umſtänden an eine vollſtändige
Dedung der vorhandenen Schulden
faſt gar nicht zu denken
1
war, fo flug fich
Friedrich II. von
des Kurfürſten
Sachſen , ins Mittel.
von
Preußen , auf Wunſch Nach dem
Tode
des legten männlichen Erben trat die Gräfin Colloredo, eine geborene Fürſtin von
Fondi und Gräfin von Mansfeld , die
Alodialerbjchaft an ; die Grafſchaft ſelbſt aber nahm rich
II . für ſich und
Auguſt III. in Beſig .
ſeinen
kurfürſtlichen
Fried
Freund Friedrich
Das Land felbſt iſt auf der Nordſeite
27
fehr gebirgig, daher auch wenig fruchtbar. Es hat aber viele Bergwerke auf Kupfer , auch auf Silber, deren Ausbeute in früheren Zeiten nicht unbedeutend war. und eine vortreffliche Schaafzucht.
Es hat vielen Wald
Sadyſen bekam
durch
die
Entſcheidung des Königs von Preußen 64 Quadratmeilen Land mit etwa 24,000 Einwohner, während ihm ſelbſt 6
Quadratmeilen mit 26,000 Einwohnern
nahrungszweig
beiden
in
Theilen
Zweig
der
Haupt
iſt der Bergbau , was für
Friedrich Auguſt III, nur angenehm haupt für dieſen
zufielen .
ſein konnte, da er über
Induſtrie ' in
ſeinem
Lande una
gemein großes Intereſſe an den Tag legte. Er hatte bereits im Jahre 1765 dafür geſorgt , daß zu Freiberg eine Berg akademte gegründet wurde, wodurch er zwei ſehr wichtige ſtitute ins Leben Praris .
In
rief : eins für die Theorie und eins für die
Der Ruf der Freiberger Bergacademie erſtredte fich
bald über die Grenzen Sachſens , beſonders aber geſchah dies durch die vortreffliche Verwaltung des Kammer- und Berg raths von
Heyniß.
Berlin , dem Akademie dem
Derſelbe erhielt
er auch folgte. Herrn
Ruf nachy
die Direktion der
Johann Friedrich Wilhelm
pentier, deſſen Ahnherr ſchon vor dem Frankreich verlaſſen
ſpäter einen
Er überließ
von Char
dreißigjährigen Kriege
und ſich in Sachſen angeſiedelt hatte.
Herr von Charpentier, ein um
die wiſſenſchaftliche
Betreibung des Bergbaues höchft verdienter Mann , war am 24. Juni 1738 geboren und ſtarb am 27. Juli 1805.
Schon
1766 wurde er als Lehrer der Mathematik an der Bergaka demie zu Freiberg angeſtellt.
Später machte er ſich mit dem
praktiſchen Grubenbau bekannt. 1784 ward er Direktor des Alaunwerks zu Schmemſal; 1785 begab er ſich nach Ungarn ,um die Anwendbarkeit der neuen prüfen .
Amalgamirmethode felbft
zu
Nach ſeiner Zurücfunft wurde in Freiberg das große
-.
28
Amalgamirwerk nach einem gelegt.
Um
den Reichsadelſtand erhob . wurde
die
ſehr weiſe durchdachten Plane an
dieſe Zeit war es auch , wo ihm
Gemahlin
Joſeph II. in
Er hinterließ zwei Töchter.
des
preußiſchen
Eine
Generallieutenants
Freiherrn von Thielemann , der zugleich auch .Militair gouverneur der zwiſchen der Weſer und dem königlich preußiſchen weſtphäliſchen
Rhein belegenen
Provinzen
war und von
einer bürgerlichen Familie abſtammte, von welcher fich meh rere
Mitglieder
haben .
Die
im
ſächſiſchen
zweite Tochter
Staatsdienſte
ausgezeichnet
Charpentiers verheirathete ſich
mit Franz Volkmar Reinhard, Oberhofprediger , Kirchen rath und Oberkonſiſtorialaffeſſor in Dresden , wofelbſt er auch am
6. September 1712 ſtarb. Nach
ſeinem
Tode wurde fie
die Gemahlin des Miniſters Grafen von Hohenthal. mit
Der berühmteſte Mann
an
der
Bergakademie zu Frei
berg war jedoch unzweifelhaft der Bergrath Abraham Gott Lob Werner . Er war im Jahre 1750 am 25. September in
der Oberlauſig geboren , wo ſein
Vater Aufſeher
eines
Eiſenhammers und er von dieſem bereits zu einem ähnlichen Geſchäftsleben beſtimmt war. empfinger feine
Auf der Sdule zu Bunzlau
erſte wiſſenſchaftliche
Bildung.
Einige
Jahre darauf beſuchte er als Schüler diejenige Anſtalt, an der er ſpäter als Lehrer fungirte und die ihre Berühmt heit ihm
mit zu verdanken
hat.
Von
Freiberg ging er zur
Univerſität nach Leipzig , wo er vorzugsweiſe naturhiſtoriſche Studien trieb. Scion hier beſchäftigte ihn die Lehre von den
äußeren Kennzeichen der Foſſilien
im
Jahre 1774
und er gab
daſelbſt
ſein Werk von den äußerlichen Kenns
zeichen der Foſſilien heraus , das 1790 franzöſiſchen Ueberſebung erſchien. er einen Ruf nach Freiberg, um
auch in
einer
Kurze Zeit darauf erhielt das dortige Naturalien - Kia
29
binet unter ſeine Aufſicht zu halten .
nehmen
und Vorleſungen
Hier fand er Gelegenheit, ſich zum
neuen Mineralogie zu Forſter
ſchrieb
Heyne, beffen
am
machen .
Schöpfer einer
Johann
10. Juli 1784 an
Tochter er im
zu
Georg Adam
Chriſtian Gottlob
Jahre 1775 geheirathet hatte ,
über Werner Folgendes : „ Werner iſt als Mineralog ſehr groß , ich möchte ſagen , ohne feines Gleichen , ſo
ein ſyſtematiſcher Kopf
war ſelbſt linnè nicht ; dabei iſt er ein guter gründ licher Philoſoph kunde , die ihn
und hat Kenntniſſe
in
der
Bergwerks
ſehr brauchbar machen würden , wenn er
Vorgeſepte hätte,
die mit ihm
umzugehen
wüßten .
Er
wird hier vernachläſſigt , ſchlecht befoldet , nicht geehrt und von Leuten , die er überſehen feßt.
kann , gedrückt und zurückge
Könnte er ſich überwinden , fo fleißig zu publiziren
wie er fleißig arbeitet, beobachtet und aufſchreibt, und hätte er dann Luſt , ſein
Vaterland (an dem
loſophie
Unbilligkeit doch hängt) zu verlaffen ,
und
aller
er trotz aller Phi
fo würde man ihn in der ganzen Welt mit offenen Armen aufnehmen .
Ueber die
er eigene, und mich
Bearbeitung der
Naturkunde hat
dünft, fehr richtige
Ideen , ſo wie
über den Umfang dieſer Wiſſenſchaft und die Anzahl der dazu gehörigen verſchiedenen Disciplinen
ihren
Inhalt, ihre
Grenzen , ihren ihnen angemeſſenen Vortrag, oder die Ein theilung und Ordnung der Lehrfäße u . f. w . tiſche des
Bergbaues
ſcheint Charpentiers
I der jegt Bergrath geworden
Das Prak
Fach zu
iſt und faſt immer
fchäften bald hier, bald dorthin verreiſt.
ſein ,
in Ge
Der Kammerherr
von Heyniß , jegt Berghauptmann , iſt nur einige Tage hier geweſen , ſonſt hält er fich Sommers auf ſeinem nige Meilen gelegenen Landgute auf.“
eta
--
30
Der preußiſche geheime Hofrath zwanzig
Karl Müller urtheilt
Jahre ſpäter über Werner folgendergeſtalt: „ Auf Graf's
Kaffehaus fand
ichen , meiſt Bergoffizianten
in
ich eine Menge Men
heiterer Laune und unter
ihnen den großen Minerologen, Bergrath Werner, den ich ſchon von Perſon etwas kannte. Sein geſellſchaftliches Betragen
entſpricht ſeinem
Rufe, er iſt nicht nur ein ge
lehrter, ſondern auch ein freier Mann und lodt vielleicht durch beides die Ausländer herbei, welche auf der hieſigen Bergakademie ſtudiren . geweſen
und ſprach
Er iſt vor einiger Zeit in
darüber in
wiſſenſchaftlicher
Paris Hinſicht
ſehr inſtructiv, in politiſcher aber ſehr kalt und zurüchal tend.
Ich ließ mir von
Collegium einander
ihm
ein
kleines metalurgiſches
leſen , wobei er die Güte hatte, auf zwei an gerückten
Tiſchen
mir mit Kreide die
ganzen
Hauptſtollen des Freiberger Reviers vorzuzeichnen u . f. w ." In
gleicher Weiſe
erhielt auch die Dresdener Kapelle
eine größere Bedeutſamkeit. Der Kurfürſt Friedrich Auguſt III. ähnelte in Bezug auf Kirchenmuſik ſeinem Vorfahren Auguſt III. Zwar hatte
er nicht ſo viele Sänger angeſtellt, wie dieſer,
dodh machte
deren
Zahl mit Einſchluß der Prima-Donnen ,
immer noch ein gutes Dußend aus.
Im
Jahre 1755 waren
elf Sopraniſten angeſtellt, darunter die ſchöne Fauſtina , Mai treffe Auguſt III., die Albuzzi, die Pilaja ; im
Jahre 1769
waren nur noch zwei Soprane vorhanden und zwar Dome nico Annibali, welcher 1200 Thaler Gehalt bezog , und des Grafen von Brühls ehemahlige Maitreſſe Demoiſelle Denner Beide rührten mit 1500. Thaler jährlichem Einkommen .
noch vom
Etat vor dem
ſiebenjährigen
Kriege her.
Auffal
lend iſt , daß auch Haffe noch aufgeführt gefunden wird, der dody ſchon lange in
Wien
fungirte und mit Sachſen
keine
31
Gemeinſchaft mehr hatte.
Daß der Sopran unter der Re
gierung Friedrich Auguſts III. ſo ſchwach vertreten war, lag vornehmlich in der geringen Neigung, welche dieſer Monarch für den Sopran empfand ; er liebtemehr den Baß und zeich nete deshalb auch Bonnaveſi und Giowachino Benin caſa , zwei ganz vorzügliche Baffiften , ganz beſonders aus. Legterer ſtammt aus Perugia, trat erſt 1815 ein und ſtarb An Gehalt bezog derſelbe nur funfzig
1835 .
Thaler monatlich.
Während der Regierungszeit Friedrich Auguſts III. find Kapellmeiſter daſelbſt angeſtellt geweſen ,
drei Männer als
denen wir einige Worte bejonders widmen müſſen , weil ihre Tüchtigkeit und ihr talentvolles
Streben
ihnen
einen
Ruf
verſchafft hat, der nicht nur über die Grenzen Sachſens bin aus ging, ſondern auch für ewige Zeiten bleiben wird . Der erſte dieſer Männer war in
Johann
der Nähe Dresdens zu
Gottlieb Naumann ,
Blaſewiß
1741 geboren .
Sein
Vater, der ſich von einer mehr,alsmittelmäßigen Aderwirthſchaft ernährte, war hinſichtlich des Verſtandes ſeinen Standesgenoſ ſen überlegen und hatte nicht ſobald die hervorragenden higkeiten
Fä
ſeines Sohnes zur Mufik bemerkt , als er auch be
ſchloß , denſelben nicht in die Schule des Dorfes , wo dieſen Fähigkeiten in
keine Rechnung getragen werden
eine Schule Dresdens zu
konnte, ſondern
ſenden .
Der alte Naumann beſaß ein ziemlich bedeutendes Vera mögen und hatte in niſſe erworben.
feiner
Jugend manch nüßliche Kennt
Dieſe zwei bedeutſamen Umſtände zuſammen
genommen veranlaßten dann auch , daß mancher dem
höheren
Stande angehörender Mann
So era
ſchien
auch einmal ein
in
ſein
Haus kam .
Mitglied der königlich
ſchwediſchen
Kapelle bei ihm und war ſehr erſtaunt, hier ein Klavier und Muſikſtücke zu finden , deren Ausführung er für außerordent
32
lich ſchwer erklärte.
Er fragte, wer dieſe Stüde ſpiele und
erfuhr, daß dies der dreizehnjährige Schn ſeines Wirthes ſei. Ganz entzückt über das Talent des jungen Menſchen , erbot er
fich, denſelben
weiter ausbilden
koſtenfrei mit nach laſſen
zu
wollen .
Italien nehmen
und
Anfänglich wollte
der
Vater nichts davon wiſſen, doch endlid , gab er ſeine Einwil ligung. Bald ſtellte ſich aber heraus, daß der ſchwediſche Menſchenfreund im hohen Grade egoiſtiſch dachte. Naumann hatte in demſelben keinen Beſchüßer, ſondern nur einen gemein denkenden
Herrn
gefunden , dem
er
die niedrigſten
leiſten mußte und nebenbei auch noch oft dem geſegt
war.
Von
ſeiner weiteren
Wort mehr geſprochen , ja , ihm
er ſeinem
Herrn
Italien zu
nach
Mangel aus
Ausbildung wurde kein
kaum
ſo viel Zeit gelaffen ,
daß er ſich auf der Bratſche einüben konnte .
um
Dienſte
Zu
Fuß mußte
folgen , als derſelbe 1758 die Poſt beſtieg, reiſen , und während dieſer in Padua
den Unterricht Tartini's benußte, mußte der junge Nau mann mit Notenſchreiben feinen Unterhalt verdienen . Einſt, als
er, wie gewöhnlich , das Inſtrument feines Herrn zu Tartini trug , wagte er es , dieſen großen Virtuoſen um die
Erlaubniß zu bitten , an der Thür ſeines Zimmers der Lehr ſtunde zuhören zu dürfen . feine Schüler auf. Hunt einen
gütigeren
Eltern und ſein
Tartini nahm
Herrn .
Der
Wunſch
Italien
endlich , ſeine
Vaterland wiederzuſehen , wo er angeſtellt
zu werden hoffte, bewog ihn , nach einem enthalt in
ihn fogleich unter
Bald darauf erhielt er auch in Herrn
ſeinen
Eltern
achtjährigen Auf
eine feiner Kompoſitionen ,
mit der Bitte zu überſenden , fie dem fächfiſchen Hofe vor legen zu laſſen . Damals war noch Maria Antonia in Flor; thr überbrachte die Mutter des jungen Künſtlers dieſe Som = poſition .
Die Kurfürſtin -Wittwe hatte ſelbſt, wie wir wiſſen,
33
viel muſikaliſches Talent; fie bezweifelte, daß der Sohn der ihr ſtehenden
einfachen
Sie ließ
in
Bäuerin
die
Kompoſition
Italien Erkündigungen ܀܀
vor
macht habe.
ge
darüber
einziehen , und da dieſelben höchſt befriedigend ausfielen , ſo berief ſie den
jungen Naumann im
Jahre 1765 als kurfürft=
lichen Kirchenkomponiſt nach Dresden , in eri ein
jährliches Gehalt von
220
welcher Stellung
Thalern bezog.
ſchnell in der Gunſt des fächſiſchen Hofes und ſchon 1200
Thaler, ſpäter fogar 2000
Er ſtieg
erhielt 1772
Thaler jährlich .
bekannte Kapellmeiſter Himmel und die ebenſo
Der
bekannte
Demoiſelle Schmalz ſind zwei feiner vorzüglichſten Schüler. Naumann
ſtarb
am
Tage zuvor von einem
23. October 1801, nachdem
er
drei
Schlaganfall betroffen worden war.
Der zweite Kapellmeiſter unter der Regierung Friedrich Auguſt III . war Joſeph Schuſter , 1748 zu Dresden boren .
ge
Derſelbe wurde 1772 Kirchen- und Kammerkompo
ſiteur , und 1787 wirklicher kurfürſtlicher Kapellmeiſter.
Er
ſtarb 1812. Karl Maria von Weber war der dritte Kapellmeiſter in der Regierungszeit des genannten
Fürſten . „ Er war kein
geborener Sachſe, ſondern erblickte in Eutin , im Holſteinſchen , das Licht der Welt 1786.
In demſelben
Jahre, wo dieſer
große Geiſt geboren , ſtarb ein anderer großer Geiſt : rich II. von
Preußen .
Fried
Weber , unvergeßlicy Allen , die ſeine
Mufik kennen , brady durch ſeine Opern eine ganz neue Bahn . Er erhielt deshalb nach Dresden auch einen Ruf zur Bils dung Opern
einer deutſchen ſind
bezeichnen .
Oper.
Als
die bedeutendſten
ſeiner
unbezweifelt Silvana und Abu -Haſſan zu Er ſchrieb : mehrere
Symphonieen ,
Conzerte,
Harmonieſtüde und Cantaten ,
Ungeachtet dieſer und vieler andrer bedeutender Männer, 3 Bertraute Geſchichte. Sachſen . 3. Bb.
34
welche Sachſen unter Friedrich Auguſts. III. Regierung auf zuweiſen
hatte , wurden
die Koſten
des
Theaters doch ſehr Zur Vermählungsfeier dieſes Kurfürſten wurde
vermindert.
die legte Oper Clemenza di Tito aufgeführt, welche jeden Abend die enorme Summe von funfzigtauſend Thalern koſtete . Später ward macht.
Die
aus dem ſoeben
Opernhauſe
genannte
ein
Oper war
Nedoutenſaal get Naumanns erſtes
bedeutſames Werk, das er für Sachſen lieferte und zu Anfertigung ihm
Flaſchen Wein verabfolgen allerdings
deren
der Kurfürſt , auf ſeine Bitte, täglich gwei ließ.
Bei geiſtigen Arbeiten
iſt
eine ſolche Anregung oft“ unerläßlich , wenn afte Umfange nothwendig ſein dürfte.
།༣
auch nicht immer in dieſem
Dritte &
kapitel.
Der beabfichtigte Ländertauſch Joſeph II. Der Herzog Harl Auguft von Bweibrücken . Der Graf Romanzow . Der deutſche Fürſtenbund. Friedrich der Große ftirbt. - Joſeph II. ftirbt. Die beiden Reichsvica rien . Leopold II. wird deutſcher Kaiſer. Wie Joſeph II. einen gewiſſen Reſpect vor Friedrich II,
1 hatte , ebenſo hatte auch einen größeren begründet. von
Reſpect.
Dieſer
vor ihm und vielleicht noch
Das war auch in der Natur wohl
Friedrich der Große war nicht mehr der Mann
1740 ; er war bedeutend älter und ruhiger und über
legender geworden .
Joſeph II.
dagegen
war zu der Zeit,
wo Friedrich II. zur Regierung kam , noch nicht einmal ges boren , außerdem
war er immer von ſeiner kaiſerlichen Mutter
35
To ſehr in Zwang gehalten , daß man es ihm
eigentlich nicht
verdenken konnte, wenn er jegt , wo er frei und ſelbſtſtändig regieren ſchon
that.
konnte , dies auch wirklich
Wir haben früher
geſagt, daß er ſeiner Zeit weit voraus war und ſich
deshalb viele Gegner ſchuf. Er hatte auch bereits gezeigt, daß er eroberungsſüchtig war , und hatte ſich nur von Friedrich II. Bei alledem
zurückhalten laſſen .
hatte
er keineswegs ſeiner
für ſich zu gewinnen , entſagt; er jann nur
Neigung; Baiern
darüber nach, mit andern Mitteln ſein Ziel zu erreichen , da der König von Preußen wie ein geharniſchter Ritter uner : müdlich Poſten ſtand .
Joſeph offerirte deshalb einen
Januar des Jahres
dem
Kurfürſten von Baiern
Antrag machen , ihm
den
Baiern , die Oberpfalz , die
Herzogthum
Tauſdy.
1785 ließ er durch ſeinen Geſandten
Im
das
Fürſtenthümer
Neuenburg und Sulzbach, ſowie die Grafſchaft Leuchten berg zu übergeben , wogegen ' er demſelben die öſterreichiſchen Niederlande den
(mit
Titel eines
Ausſchluß : don Luremburg und Namur) Königs von Burgund und drei Millionen
Gulden baar offerirte.
Wer Luſt zu tauſchen hat, hat auch
Luſt zu betrügen , heißt ein altes deutſches Sprüchwort, und wir möchten beinahe behaupten , daß dies auf Joſeph II. ſehr gut angewendet geweſen iſt.
Die Staaten , welche er vom
Aur:
fürſten vpn Baiern beanſpruchte, betrugen bei 1,300,000 Gin wohnern mit ſechs Millionen Gulden 784 Quadratmeilen , während nur 340 Quadratmeilen , Millionen Gülden
nod
Einkünften ,
1,200,000
Einwohner
und
Einkünfte in fich faßten . Außerdem
er fich ausbedungen , in Belieben
jährlichen
diejenigen , welche er anbot,
dem
abgetretenen
Geld negociren zu
drei hatte
Ländertheil nad
dürfen ; auch sollte
ihm
ſämmtliches Militair mit der Artillerie:-übergeben werden . and Mit dem Kurfürſten von Batern , der fich bei andern
36
Gelegenheiten
ſchon
leicht fertig werden Herzog von
willfährig zu
gezeigt , glaubte man , ſehr
können ; dagegen
fürchtete man
den
Zweibrücken .
Wohlweislich hatte Joſeph vorher dafür Sorge getragen , daß er der Zuſtimmung Rußlands und Frankreichs verſichert war , obwohl beide Mächte ihre Einwilligung nur unter der Vorausfeßung, daß alle betheiligten Perſonen damit zufrieden feien , gegeben hatten .
Es wäre auch Alles nad Wunſch des
Kaiſers gegangen , wenn der Herzog Karl Auguſt von Zwete brücken nicht vorhanden
geweſen ſein würde.
Dieſer erklärte
ſofort dem
ruſſiſchen Geſandten , Grafen Romanzow , daß er
mit dieſem
Project keineswegs einverſtanden ſei .
erwiderte der Vertreter
Katharinas , , die Zeit
„ Ei, was!" iſt kurz ; der
Kurfürſt will eß, und die Sache wird geſchehen , ſelbſt wenn Sie nicht wollen !
In acht Tagen wird's entſchieden ſein !"
Diefe Antwort verlegte dergeftalt, daß die
ihm
aud
Zweibrücken
preußiſche Hilfe nachſuchte,
er augenblicklich verſprochen
Herzog von
den
Als
wurde.
die
Intervention
Friedrich II. erfolgt war, nahmen auch Rußland und Frank reich ihre Beiſtimmung zurück. Andres übrig, als ſeinen dings wieder
aufgegebene ,
Preußen auf den
Dies, aller
Project brachte den König von
Gedanken , einen Bund zu "ftiften , der die
Pflicht habe , über die
Ruhe Europas zu
deffen Spiße er ſelber ſtand. an
Dem Kaiſer blieb nun nichts
Plan fallen zu laſſen .
Im
wachen
Frühjahr 1785
und an erltea er
Braunſchweig und das Kúrfürſtenthum Sachſen eine Auf
forderung, fich mit ihm
zu einem Sdußbündniß zu vereinen .
Friedrich II. hatte in
der früheren
Zeit ſeiner Regierung
eß verſtanden , ſich zu einer Autorität empor zu ſchwingen ; mit derſelben ſeinem
politiſchen Klugheit hielt er Tode aufrecht.' Was
er
dieſe Autorität bis zu
ſagte oder beftimmte, das
37 erkannte der größte Theil der übrigen
Fürſten
Ießt , wo er von
als für ſie bindend an .
Deutſchlands Fürſten
einem
bunde ſprach, vereinigten ſich ſofort Sachſen und Braunſchweig * mit
ihm , während ſpäter demſelben Zweibrücken,
Herzoge von
beiden
auch noch die
die fürſtlich - fächſiſchen
Häuſer , der Markgraf von Brandenburg - Ansbad , und der Sandgraf von Heſſen - Kaſſel beitraten . on Friedrich ten
II. hatte am
24. October 1784
feine Anſich
Papier gebracht und dieſes Schriftſtück feinen bei Kabinetsminiſtern Finkenſtein und Herzberg zugefandt ,
zu
den
daſſelbe lautete im
Weſentlichen folgender Maßen :
...Da die Verbindung kein
Trugbündniß ſein
ſoll, ſo
kann ihr Zweck nur ſein , die Rechte und Freiheiten der :: deutſchen
Fürſten
der Religion .
zu
behaupten
und das ohne Unterſchied
Alles muß auf den
Rechten und Privile
a gien ruhen, die durch altes Herkommen und durch die gol 1 dene Bulle feſtgeſept find. Sigur von dem
Ich darf hier nicht die alte man
Pferdeſchweif wiederholen , aus dem
Haar für Haar mit leichter Mühe ziehen kann, indeß das ganze
jeder
Kraft widerſteht.
o die Beſißungen eines
Unſer
Bündniß
ſoll nur
Jeden fichern , und verhindern , daß
1. nicht ein herefchfüchtiger und unternehmender Staiſer ein mal die ganze deutſche Verfaſſung umſtürzt, indem 5 ftüdweife zerbricht.
Wenn man nicht in
Zeiten
er fie
vorkehrt,
info wird der Kaiſer alle feine Vettern mit deutſchen Bis thümern , Erzbisthümern und Abteien verſorgen , *) biefelben !15 y Dieſe Bemerkung Friedrich II."' iſt keineswegs als die Geburt eines müßigen Augenblickes zu betrachten . Joſeph II. ſuchte in der That die geiſtlichen Fürſtenhüte auf das Baupt der Prinzen ſeines Hanfes zu brin gen und hatte es bereits im Jahre 1780 durchgeſegt, daß die Domcapitel zu Möln und zu Mitnfter ſeinen Bender , den Erzherzog Dagimifian, zum Coadjutor bell idamaligen Rurfürſten und Biſchof& erwählten .
-
ondann feculariſiren
38
und auf allen
Reichstagen durch die
Stimmen ſeiner Vettern das Uebergewicht behaupten . wäre für die geiſtlichen haben ein den
Intereffe, einem
Kaiſer
in
allen
Baiern
Bündniſfe beizutreten , welches
ſeinen
auf ihre Staaten machen
ſtand
Das
Fürſten . Aber auch die weltlichen
geſehen haben .
Anſprüchen
hemmte, "die er
könnte, wie wir
neuerlichy in
Ein nicht minder wichtiger Gegenz
iſt der Reichstag in Regensburg und das Kammer
gericht zu
Weßlar.
Nimmt man nicht bei Zeiten
. Maßregeln , dieſe alten
Einrichtungen
in
ihrer Kraft zu
erhalten , ſo wird der Kaiſer ſie benugen , um a potišmus in n wären
im
ganz Deutſchland geltend zu
Allgemeinen die Punkte , die
gute
feinen
Dega
machen .
Das
alle Fürſten
zu
einem Bündniſſe vereinigen müßten ; denn Aller Intereffen ſind dieſelben , und wenn ſie erſt einige von ihnen zertre ten laſſen , ſo kommt unfehlbar die Reihe auch an fie, und die Stärkſten werden nur das Vorrecht des Ulyffes in * Höhle Der
des
Polyphem
haben ,
der
verſchlungen
zu werden .
Vortheil des Bündniſſes beſtände eben
darin , Daß ,
suiwenn der Kaiſer feine Macht mißbrauchen wollte, die ver reinigte Stimme des ganzen Reichskörpers ihm ander ": Mäßigung einflößen
könnte ; oder
brauchte, daß er ſeine Leute fände.
Geſinnung
wenn er
Gewalt
So viel in der Kürze.
Mit Kenntniß der Sache ließe ſich darüber noch manches einzelne Intereffante beibringen , und ich glaube, daß Herr s'don Herzberg ganz der Mann ſein wird, dieſe Ideen wei ter auszuführen und denſelben die legte Begründung zu 115 Esbildningar pas Sigeben ." , 1 st start.11 atoo Der 23. Fült un 1785 iſt der Gründungsta g Des deutſchen Fürſtenbundes , deſſen Urkunde von Friedrich II.,, dem Gras fen
von
Zinzendorf, (für Kurſachſen ) und von
Herrn
39
von Beulwiß (für Hannover) unterzeichnet wurde. weſentlichen
Ihrem
Inhalte nach lautete fie dabin , daß die kontra
hirenden Mächte
für die
Aufrechthaltung der deutſchen
Vera
faffung und für die nöthige Abwehr einer möglichen Verlegung derſelben verpflichtet feien . Wie es bei allen fürſtlichen Ver trägen
geſchieht, ſo waren auch hier : einige geheime Para
graphen . "« Im
zweiten dieſer
geheimen Paragraphen
man vorzugsweiſe darauf hin , daß dem proponirten
Beutete
vom Kaiſer Joſeph II.
bairiſchen Ländertauſch , ebenſo
einer noch etwa
zu verſuchenden Zerſplitterung geiſtlicher Stifte mit aller Ent: fchiedenheit entgegen zu
arbeiten
fet; follte
gleichwohl alles
Bemühen , auf gütlichem
Wege eine Ausgleichung zu erzielen , erfolglos bleiben und dies nach einem Zeitraum von etwa dret
Monaten fich mit Beſtimmtheit herausſtellen , dann wären die Mitglieder des Fürſtenbundeg verpflichtet, bewaffnet zu inter: veniren . Odlus 1000 Man ließ jeßt aud
Einladungen
an die übrigen deut
Fürften ergehen , und es unterzeichneten noch außer deri
fchen
oben angegebenen Staaten :
Der Markgraf von Baden ,
der Biſdof von Osnabrück und die drei anhalt'fhen Fürften .”
Zuleft
nebſt feinem
trat auch
dereinſtigen
der Kurfürft von Mainz
Nachfolger dem
Fürſtenbunde bet.:":
Durch dieſen Fürſtenbund war nicht nur Sachfen
für
Defterreich verloren , ſondern der Name Friedrich Auguſt III., welcher unter dem 1
den Magnet
Akte fich
befand, bildete auch hauptſächlich
für alle übrigen
deutſchen
die wohl
Fürſten ,
wußten , daß Friedrich Auguſt III. und Ehrenhaftigkeit une zertrennlich feien .
Es läßt ſich denken, daß Joſeph II ,, wel
cher vermöge ſeines feiner Zeit vorangeeilten Geiftes fo will kürlich ſowie in
oder despotiſch , wenn man will , in
ſeinem
Deutſchland wirthſchaftete, Widerſpruch
Staate,
gegen
den
40 Fürſtenbund erheben würde.
Dies geſchah auch und zwar in
einer Weiſe , welche wohl geeignet ſchien , ein gehäffiges Licht auf Friedrich
II. zu werfen .
Dieſer unterließ nicht, por die
Deffentlichkeit zu treten und die Nothwendigkeit eines Bünda
es und Unter andern ſagte er : IOONTE „Man habe das deutſche Reich vor der Gefahr ſchüßen wollen , daß die Sicherheit ſeiner Glieder jemals blos, por der Mäßigung des Hauſes Defterreich abhängig würde.
Die
deshalb geſchloſſene Verbindung ſei den Reichsgeſeßen gemäß namentlich bem
Artikel des osnabrüd'iden
achten
und dem
neunten Artikel des münſter'ſchen Friedens , welche den Reichs ſtänden die Befugniß zu dergleichen Conföderationen zu präs chen ; ſie habe keinen andern Reichs bei dem
jedes Mitglied des
Zweck , als
freien und ruhigen Genuffe feiner Befißun
gen und Rechte zu erhalten , und ſich jeder widerrechtlichen und willkürlichen Unternehmung zu widerſeken . Die Würde des faiſerlichen Hofeð fönne durd einen Bund , der dte Gre haltung der deutſchen Verfaffung zum Zwecke habe, unmöglich beletdigt werden , wenn die Abſichten ſes Hofes
ſo
beſchaffen
und
feien , wie man
Geſinnungen
dies
es von der Groß
muth und Rechtſdjaffenheit des Reichsoberhauptes erwarten könne und auch zuverſichtlich erwarte." 18 moloji bi
!! Der Fürſtenbund , obwohl ihn Friedrich II. ale ziemlic unſchuldig hinftellt, war dennoch immer als eine Oppoſition gegen den Kaiſer Joſeph H. zu betrachten , und es iſt natür lich, daß ihm
dadurch das Regieren
So ſagte er z. B. im ſtenbund noch
den
Fürs
denken , er aber ſchon inners Preußen " gewachſen war, zu dem
gar nicht zu
lich fühlte, wie fehr lihm Geſandten
ganz überdrüffig wurde.
Jahre 1779 (chon , wo an
des franzöſiſchen
Gofe , Baron von Breteuil.si
41
Wenn ich
Kapuzinerkloſter Recht gebe, weil
einem
ich glaube, daß es Recht hat, 10
die Proteſtanten ,
ſagen
- ich gehe damit um , ihre Religion
unterdrücken ; finde
zu
Sound
ich dagegen einmal die Klage der Proteſtanten gegründet, ſo
ſchreien alle Prieſter und Mönche, daß das Reichs ober
haupt die Religion iverlaffe !" -
Fürſtenbund war die
Der
welche Friedrich
II. berrichtete .
legte
politiſche Wichtigkeit,
Sein am
17. Auguſt 1786
erfolgter - Tod brachte Trauer
über ganz Deutſchland ; am Meiſten aber fühlte den Verluſt deſfelben Friedrich Auguſt HII.,
weil er am
in wirklicher Liebe mit ihm
20. Februar ſtarb auch
verbunden war,
Joſeph
II.
dem
1790
ſeine Krone
mehr eine Dornenkrone geweſen war. Durch den niffe ein .
Tod
des
Staiſers traten wieder neue Greige
Durch die goldene Bulle waren
für den
Fall des
Abſterbeng, der Minderjährigkeit oder langer Abweſenheit des Kaiſers
der
Kurfürſt
von
Sachſen
und der Kurfürſt pon
Pfalzbatern zu Retchsvicarien beſtimmt. Sie übten während einer ſplchen Beit alle kaiſerlichen Rechte, mit Ausſchluß der
Fürſten- und
Thronbelehnungen ,
die am
Kaiſerthron
felbſt gemacht werden mußten , aus, hatten die Einkünfte des Reiches , die oberſte Gerichtspflege und ſepten Teder in ſeinem Diſtrikte eine Vicariatsregierung des Reichshofraths , deſſen Kaiſers aufhörten , verſah.
ein , welche die Befugniſfe
Funktionen mit Auch
hatten
dem
die
Tode
des
Vicarien
das
Recht, neue Reichstage zu berufen und die angefangenen fort zuſeßen . riat an .
Deſterreich und Baiern
erkannten
kein Reichsvica
Friedrich Auguſt III. machte nady dem
Tode des Rat
Er ließ
eine Vicariats
fers von ſeinem commiſſion
Rechte Gebrauch.
in Dresden bilden , welche aus den Miniſtern des
42
Conſiliums, dem
geheimen
dem
Kanzler ,
Präſidenten
des
Appellationsgerichts, zwei Hof- und Juſtiz- und zwei Appel es bald wegen der Jndeß kam lations - Räthen beſtand. Grenzen der Reichsvicartate zwiſchen und Karl Theodor von „ Der Kurfürſt
Sachſen ,"
,,vertheidigte nachdrüdlich die der
Verfaffung
und den
ihm
Streit.
zum
Pfalzbatern
von
Auguſt III .
Friedrich
ſagt
C. W. Böttiger,
als Reichsvicarius nach
Wahlkapitulationen
zukommenden
g Rechte fügte htſich daher dem aSchluß 0 rien wdes r Reichstages uniund tun vom 179 des z a die Lei nic , daß die Vic 7 c
Reichstages 1haben , ſich aber auch den
Reſultaten der Comic
tialberathſchlagungen unbedingt unterwerfen ſollten . klärte vielmehr und nach ſeinem
Er era
Vorgang bald auch
ſein
Vicariató + College, daß er nurliðann den Reichstag fortſeßen werde, wenn er bei Verſchiedenheit ſeiner Anſicht von der des Reichstages dieſe vorlegen dürfte.
den Ständen zur weiteren
Da indeß : ſchon am
Leopold II. gewählt wurde, fo kam zweiten nac
Berathung
30. September 1990
diefe Sache erſt bei dem
fo Idneli kaum wieder zu erwartenden Reichsvicariate
Leopolds
Sprache.
zu
frühem
Tode am
1. März 1792 zur
Aber jegt ſah man wirklich ein , daß nichts nöthiger
fet, als Einigkeit und baldige Kaiſerwahl, und dieſe geſchah idon am
5. Juli 1792. .tv
T
...'; '
31"
: " ...
43
Vier tes Sapitel. Sein Auftreten gegen die Freimaurer. Johann Georg Schröpfer. Shrõpfer und der Büttel. Gewaltſames Eindringen in ihre Loge. Shrõpfer wird vom Oberflieutenant von Sydow gezüchtigt, worüber er noch Der Graf von Saint obenein eine ſchriftliche Quittung ausſtellen muß . Germain . - I Herzog Karl von Kurland. - Baron von Steinbach. Schröpfer. Die Abbitte des Herzogs Harl Monſieur de marbots . Die Beifterſcheinung des Chevaliers von Sadſen .
pon Kurland. -
Es« iſt eine Unmöglichkeit , daß brave und edle Menſchen
in
einem
Staate nur
angetroffen werden , wie es auch
eine Unmöglichkeit iſt, ausſchließlich nur ſchlechte Subjecte zu
finden .
Es
iſt juft ebenſo wie mit
Armen ; wie nicht Ade arm
Reichen
ſein können , können
und
auch nicht
Audy zur Zeit Friedrich Auguſt III. gab es
Alle reich fein in ſeinem
den
Staate nicht nur ehrenhafte und biedere, ſondern
auch laſterhafte, verbrecherifdhe und betrügeriſche Charaktere. Beſonders iſt hier eines Mannes zu gedenken , der, den Aber glauben
ſeiner Zeit benußend, vorgab , die Geiſter der ge
ſtorbenen Menſchen citiren zu können. und
dennod
Es iſt faſt unglaublich
wahr, daß derſelbe nicht nur in
Maffe ſeine Anhänger fand; ſondern auch in
der großen den
feineren ,
gebildeteren Kreiſen , ſogar bei Hofe und in der kurfürftlichen Familie waren dergleichen vorhanden . " ..
Johann
ſchwörer, von
Georg dem
man
si in
Schröpfer war' dieſer eigentlich , wenn man
will, behaupten könnte, daß
er das Publikum
Geiſterbes gerecht ſein
nur deshalb
4
44
betrog, um
fich ſatt effen zu können .
Im eigentlichen Sinne
des Worts wollte er gar nicht betrügen , ſondern
nur ſeine
Eriſtenz fichern .
ſeine Zu
Daß er zu
fo albernen Mitteln
flucht nahm , iſt allerdings nicht löblich , aber jedenfalls doch zu entſchuldigen . Schröpfer wurde im Jahre 1730 in Nürn berg geboren, wo ſein Vater Rathhausvoigt und Weinhändler war . Der bekannte gelehrte berliner Buchhändler Nicolai ſchreibt über Schröpfer : , Schröpfer war in ſeinen Bekannter von mir. ſuchte in
Alem , auch in
ti feine Bekannten
zu
Jünglingsjahren ein guter
Er las gern , hatte vielen
Stolz ,
Kleidern und Aufwand fich über
erheben , obfchon
ſtände damit nicht übereinſtimmten .
ſeines Vaters Um
Derſelbe war in Nürn =
Siberg Rathhauspoigt, verfiel in Schulden und wurde feines
dern
von
Nun mußte er fidh mit ſeinen vielen Kina
einem
gewiſſen
Balſam ,
• Schröpferſchen Lebensbalſam Dies, ſtand dem 2, in
die Fremde.
den man
mere
+ Amtes entſeßt.
nur den
nannte, fümmerlich ernähren .
jungen Schröpfer nicht an , er ging alſo Er war
ſchon
in ſeiner Jugend ſehr an
fich haltend , ſprach nicht viel, ſchien immer etwas müthig, war es aber nicht. ein
deternitter Wolüſtling und liebte
ſehr fein einen
wera
Im männlichen Alter war er
anzuſpinnen und zu verſteden
Intriguen , die er wußte.
Er hatte
ſchönen Wudyo, war lang, jedoch hager, faubern An
r geſichts mit
ſtark hervortretenden Augenknochen und einer
feinen , etwas gebogenen Naſe.“
Johann Georg Schröpfer wollte , wie wir Nicolai gehört, wandernd nach ſeinem
dies auch fehon Manchem idor und nach ihm ihm
ſpeber
pon
Glücke ſuchenz,wenn gelungen
iſt,
gelang es nicht.
1, Schröpfer war damals , wo er das efterliche Haus verr
45
Jahre alt.
Iteß , vielleicht fteben - oder achtundzwanzig Arieg war ſchon
fiebenjährige
erſten
ſeinem
in
Der
Stadium .
Unter fo unruhigen Verhältniffen , von denen damals Deutſch land heimgeſucht wurde, blteb unſerm Abenteurër keine große Wahl, der jegt mindeſtens noch die Abficht hätte, auf eine erlaubte Weiſe fein
geſeglich
Der
Brot zu verdienen .
Ruf
des Königs von Preußen und ſeiner Truppen , beſonders der Zietenſchen Huſaren , hatte unſern Schröpfer fo ſtark eraltitt, daß derſelbe beſchloß, fich unter den Zietenſchen Huſaren auf
Das Kriegerleben behagte ihm
u laffen . nehmen zu
ſehr , und er foll wirklich ſehr tapfer" geweſen Plündern .
Bis
audy gåt
ſein beim
1763 blieb er bet der preußiſchen
á
Armee,
ohne jedoch avancirt! zu ſein . Er nahm ſeinen Abſchied einem Stande Valet ſagend, von dem er nichts Erſprießliches mehr für ſich
erwarten könnte .
Plündern hörte im
Das Lagerleben , ſowie das
Frieden auf, ſtatt ihrer traten Kamaſchen
dienſt und eine ſtrenge Disciplin war. Wo Sdröpfer vom zu feiner im
ges bis
ein , wovon
er kein Freund
Söluſſe des fiebenjährigen
Jahre 1768
in
Krie
Leipzig erfolgten An
kunft fich befunden , was er getrieben und wovon er gelebt, darüber fehlen alle Nachrichten . Jährer täuchte er Kaffeehauſe auf. ſeinen
beſcheidenen
plöglich
als
In
dem
Kellner
einem
auf und errichtete Kaffeehaus.
in seinem
Leipziger
Die Sucht, ſich hervor zu thun , konnte bet Einkünften , welche er in
Stellung bezog , nicht befriedigt werden . ſchon nach
zulegt genannten
Jahre in
ſeiner neuen
Er gab
deshalb
die neu gewählte Karriere wieder
der Kloſtergaffe zu
Leipzig felbſt ein
Da er aber keine Hinreichenden
Mittel befaß,
auch wenig Luſt zeigte, felbft thätig zu
ſein , fo machte er
etwa ein
Aber was'nun an
Jahr darauf ſchon Bankerott.
fangen ? Seine ganze Baarſchaft beſtand in kaum
einhundert
46
Thalern , die dennoch ausreichend geweſen wären zur Grün = dung eines
er redliche Abſichten
neuen Broterwerbs ;;1 wenn
Er war jegt vierzig Jahre alt und befaß auch
gehabt hatte.
nicht die geringſte Neigung, die Kräfte feines Körpers
in
*
nupbringender Weiſe zu verwenden ; da gerieth er auf den eine Freimaurerloge
-
Gedanken , ſich als dienender Bruder in
Projekt war
zu dieſem
Folgendes : er hatte immer gehört, daß die Mitglieder des Bundes keinen ihrer Brüder untergehen laſſen , ſondern zu ſeinem die große
Jedem
Emporkommen behilflich ſeien . Dies iſt allerdings Idee dieſer Verbrüderung , doch wird ſie in ganz
anderer Weiſe zur Geltung gebracht, als Schröpfer fich ein= Er glaubte, man werde ihn mit Geld
bildete .
unterſtüßen ,
und dies Geld wollte er anwenden , ein neues, rentables Ge Die Unterſtüßung der Freimaurer unter
ſchäft zu etabliren.
einander läuft indeß nur darauf hinaus, daß fie Einer vom Andern diejenigen Bedürfniſſe entnehmen , deren ſie gebrauchen . Søröpfer war aber aus r auch
der Loge
nichts; man konnte ihn deshalb nidyt
beſchäftigen .
Darüber
von
entrüſtet,
verſuchte er, durch Schmähiøriften die Mauerei zu verdächtigen und ſprach davon , daß fie reformirt werden müſſe und daß er dieſer Reformator ſein wolle und werde. haben
von
je
an ,
Intereſſe beim
Geheimnißthuerei wegen ,
unbetheiligten
Wenn nun
erregt.
ihrer
Die Freimaurer
und ungebildeten
gar Einer aus ihrer Mitte
großes
Publikum behauptet,
die Verbindung ſei ſchlecht und müſſe derbeſſert werden , dann wird man ſich kaum wundern dürfen , wenn er Anhang ge 3 winnt.
Auch Schröpfer
bald
einen
ſolchen .
Gines
den Genuß von Spirituöſen ſich bes -
Abende, wo er durch
Hatte
ſonders eraltirt hatte, drang er, von einem
Haufen Geſindel
geladenes
Terzerol haltende
begleitet , und in
der Hand ein
3
zu
aufnehmen
Das Motiv
laſſen .
deffen -Hahn geſpannt war, in Er drohte ,
Jeden
das Logenzimmer zu Leipzig.
niederſchießen
augenblicklich entferne.
Man
zu wollen , der fich nicht
war in
der Loge
auf einen
ſolchen Auftritt nicht vorbereitet und entfernte ficheilig und ſchweigend.
Die räuberiſche Kotte demolirte Alles , was
in
1 der Loge vorgefunden ſogar ,
purde, und Schröpfer erdreiſtete
inmitten ſeiner Begleitung ein
Freimaueret auszuſprechen . den von
ihm
gewünſchten
fich
Anathema über
die
Da dies aber, ſeiner Anſicht nady, Erfolg nicht hervorbringen konnte,
ſo verfaßte er mehrere Schriften , durch deren
Inhalt er fich
bemühte, den Beweis darüber anzutreten , daß die Freimauerei ihre urſprüngliche Reinheit verloren habe, ihr
nur Männer
angehören , mit denen umzugehen , eine Schande fet; und daß die Nothwendigkeit einer Reform werden könne. « Um
nicht mehr zurückgewieſen ſeinen Worten mehr Glaubhaftigkeit zu
geben , berief er ſich in
ſeinen Schmähſchriften auf das Zeug
niß des ehemaligen Herzogs von Kurland, Bruders Friedrich Chriſtians , der ſchieden
gleich ihm , aus dem
Orden wieder ausges
ſet, weil er es unter feiner Würde gehalten , länger
Mitglied deſſelben zu bleiben . Eine ſolche Aeußerung mußte ihrer Frechheit wegen ungeheuerſte Aufſehen
hervorrufen .
Kurland war in hohem von dieſem
das
Der Herzog Karl von
Grade entrüſtet, als er Mittheilung
Pamphlet empfing .
liche Beſtrafung , die ihm
auch
Er beantragte feine gericht durch einen
Büttel zu
Theil
Schröpfer , der
inzwiſchen
-
werden und in einer gehörigen Portion Prügel beſtehen ſollte. auch ſchon
mit der Behauptung
hervorgetreten war, daß er ſich von allem Sinnlichen emanzi pirt habe, nur noch eine rein geiſtige Natur befiße uno dega halb von Gott beſonders begnadigt-ſet, mit den Geſtorbenen verkehren und ihre Geiſter citiren zu können, hatte nicht ſos
48
bald von der ihn bedrohenden Strafe erfahren , als er auch ſofort alle nöthigen poniren . mitten
Vorkehrungen " traf, dem
Als derſelbe zu
feines
ihm
Büttel zu
im
eintrat, ſtand Schröpfer in
Gemaches , mit dem
Rüden
gegen
die
Thür
gekehrt und haranguirte in der haarſträubendſten Weiſe. „ Laß , Almächtiger,“ rief er, s, den Donner Deines Zornes auf das Haupt der Deines
Gottloſen
Blißes ihre
ſchwarzen
niederſinken
und das Feuer
und verderbten
Herzen ver zehren , wenn ſie es wagen ſollten , die "Reinen Deiner Welt kränken, beleidigen oder vernichten zu wollen !
Laß Feuer und
Schwefel regnen , damit die Haare auf ihren
Häuptern Wer
fengt werden ; mache werden , daß
fie
fie
Nichts vermögen ! daß
meine
zu
ohne Deinen
Krüppeln , auf daß
Ich weiß
Feinde " es
Söldlinge zu mir zu Soldknechte zu ihm
fie
Willen und Deinen
inne
Beiſtand
es , mein Gott und Herr ,
verſuchen werden , ihre Diener und fenden , wie die Feinde
geſendet haben , um
mich zu
Chriſti ihre vernichten ;
aber ich weiß auch , daß der Rachen der Hölle fie in
dem
felben Augenblick verſchlingen wird, wo ſie es wagen wollen , ihre frevelnde Hand an mich Deinen Auserwählten , zu
legen ....4 Der Aberglaube der damaligen ſtärker , als jeßt.
Der
Zeit war
Büttel war, als
Wørte Schröpfers bernahm , wie vom konnte 'weder rücs, noch
vorwärts .
noch
etwas
er die entſeglichen Blig
getroffen .
Er
Doch als plöglich ein
dichter Raudy aus den Dielen des Zimmers heraufzukommen ſchien , da enteilte er mit ſchredlichem liſchen
Geſchrei dieſem
teuf
Gemach .
Unterdeffen mit dem
befand fich der Herzog Karl von Kurland
Adjutanten des
Chevaliers ' von
keutenant von Sydow , in ſeinem
Sachſen ,
Oberft
prinzlichen Palais .
Sie
49
erwarteten die Rückehr des Büttels , welcher Auftrag erſt Sdröpfern ftatten .
durchzuprügeln und
Leichenblaß und am
hatte,
darauf Rapport abzu
ganzen Körper bebend, betrat
derſelbe das fürſtliche Gemach . Nun ,“ rief der Herzog , „ wie iſt's abgelaufen mit dem Betrüger ?" „ Durchlaucht,"
verſeşte der Büttel, dem
fingerſtarker
Schweiß auf der Stirn ſtand, „ Schröpfer rief Gottes Donner gericht auf mein Haupt herab , und wäre ich nicht vorher davon gegangen , fo hätte mich unbezweifelt die Hölle ver fdlungen ; denn einen
dichten
ſchon verbreitete die
Rauch ,
ſowie
einen
Gluth
der Unterwelt
entfeßlichen
Schwefel
geruch ." Herrn ab , in ein
von Sydow
hielt die Anweſenheit des Herzogs
schallendes Gelächter auszubrechen .
ſchien unſchlüſſig , wie er ſich
Herzog Karl
bei dieſer Nachricht benehmen
folle ; plößlich aber lachte er laut auf und ſagte :
, Der Schröpfer iſt ein vermaledeiter Menſch ! Alſo du meinſt, die Hölle ſtände ihm zur Verfügung?" Ich habe das
Feuer und den Rauch geſehen , und der
Schwefelgeruch ſtegt mir noch jegt in der Naſe !" entgegnete der Büttel.: „Und du meinſt auch, daß , wenn du deinem
Auftrage
nachgekommen wäreft , die Hölle dich verſchlungen hätte ?" ,, Ia , wohl, Durchlaucht ... ,, Die Hölle nimmt nur -ſchlechte Menſchen , folglich biſt du ſchlecht...."
Durchlaucht ...,."
ſagte
Jener , betreten
einige Fuß
breit zurüdgehend. Der Herzog machte eine Bertraute Geſchichte. Sachfen. 3. Bb.
entlaffende Handbewegung.
50
-
Der
Diener der Gerechtigkeit entfernte Fich .
Karl von
Kur
land und der Oberſtlieutenant von Sydow waren allein . Ein alberner
Thor, dieſer Menſch,"
bemerkte nach ge
raumer Pauſe der Legtere. Was iſt dabei zu wir zu ihm
ſenden , um
thun ?
Schröpfer wird
ihn zu
beſtrafen , zu täuſchen wiffent,
und wir gelangen nicht zu unſrem find furchtſam Schach halten.
Ziel.
Jeden , den
Dieſe Art Menſchen
und laffen fich leicht durch
einen Betrüger in
Was machen wir ?"
Eure Durchlaucht haben Recht,“ erwiderte von Sydow ; haber
dennod
muß diefer
freche Gauller ganz eremplariſch
gezüchtigt werden !" Allerdings , aber wie ?"
verſeşte der Herzog von
Kurs
land. „Wenn
Gure
Durchlaucht erlauben , dann
werde
ich
felbft dieſe Züchtigung ausführen !“ Der Herzog von Kurland lächelte und drückte in einigen gewählten
Worten
feinen
Zweifel aus.
Dert von
Sydow
dagegen , der ein entſchiedener Gegner alter Charlantane war, verpflichtete fich mit ſeinem und machte ſich
zuleben
Ehrenworte, die Erecution nur zur Bedingung, daß
durch er von
Niemandem begleitet werden dürfe, da es ſonſt bekannt werdent würde, daß er Bättel- Dienſte verrichtet habe. Dieſe Bedingung kann Herzog. rede ſtellen macht.
ich
nicht erfüllen ,“
ſagte der
„ Schröpfer würde die ganze Angelegenheit in Ab und Sie beleidigen , indem
Nein , nein !
Das geht nicht.
er Sie zum Lügner Unbedingt müfſen Ste
einige Begleiter haben , die nothwendig ſind, um über die ihm
den Beweis
zuertheilte Züchtigung antreten zu können ."
Ich felber werde Gurer Durchlaucht den
Bewets vor
legen ," verſeşte der Oberſtlieutenant von Sydom .
51
„ In welcher Weiſe ?" fragte der Herzog . „ Ich
zahle an
Niemand
eine Schuld ab , ohne mir
darüber quittiren zu laſſen ." „ Ah," rief Karl von Kurland lachend, „ Sie wollen ..." will und werde mir eine Quittung über die ; I empfangenen
Prügel von Sdröpfer ausſtellen laſſen ."
Und wenn er fich weigerte ?" Er wird ſich nicht weigern . .
ſagte Sydow
beſtimmt.
Nun aber , wenn er eg thut ? " „ Wenn er eg thut?
I, nun , ſo werde ich
prügeln , bis er Fids zur Ausſtellung
ihn fo lange
einer Quittung bereit
erklärt, ſelbſt wenn ich ihn toðtſchlagen ſollte .
Ich glaube
nicht, daß mich Eure Durchlaucht wegen eines ſolchen erbärm lichen Menſchen , Immer
beſtrafen laſſen werden . ein
entgegnete der Herzog
Morð , Sydow !"
bedenklich .
11 Aber ein Selbſtmord o Wenn Sie ihn
todtſchlagen
-
„ Er ſchlägt ſichy felber todt, indem Bedingung zu erfüllen , die unter
er fich weigert, eine
vorliegenden
Umſtänden
ünerläßlich iſt ..." Endlich willigte der Herzog von Kurland in die Erecu tion . Herr von Sydow
begab fich zu
dem
Geiſterbeſchwörer,
den er auch richtig ſo antraf, wie ihn der Büttel beſchrieben Hatte .
Derſelbe that, als wenn er auch ihn nicht ſähe und
brachte ſeine Formel von dem vor.
Donner des göttlichen
Eine Weile blieb Herr von Sydow
Zuſchauer, obne jedod Plößlich aber
Zornes
nur ein müßiger
die geringſte Befürchtung zu empfinden .
ſchlug er auf Schröpfer dergeftalt
ein , daß
dieſer fich Anfangs gar nicht zu helfen wußte und ſchreiend das Zimmer verlaſſen wollte. Der Oberſtlteutenant von Sydow
52
rief ,
indem
er dem
Betrüger immer
neue Schläge- appli
cirte :
„ Auf deinen Wunſch, Vermeſſener ! ſinkt der Donner
Haupt , und er fol dir zeigen , wie ein feuriger
auf dein
Schwefelregen auch ohne Betrügereien vom kann , um
fallen
Kinotenſtodes,
der Geſtalt eines
des göttlichen Zornes , in
Himmel herab
ſchwarzes und verderbtes
dein
Herz zu
verzehren !" Ungeachtet der ſeltenen Frechheit, welche Schröpfer befaß , hatte er doch nicht ſo viele Kourage, fidi ſeinem zu
widerſeßen ,
Selten
den
er
ohnehin
hat wohl ein Menſch ſo
auch
Angreifer
gekannt haben
mag.
viel Prügel auf ein Mal
bekommen , wie Schröpfer, und um
nur endlich feines Peints
gers los zu werden ,
ohne Bedenken
quittirte er
über
die
empfangenen Sto &-Thaler, zumal da ihm Sydow ſagte, daß es ja einerlei fei , ob er Reichs- oder Stock -Thaler erhalte . Das war nicht blos ein Kurland ,
Gaudium
für den Herzog von
ſondern auch für alle übrigen Menſchen , die nur
irgend in einer Weiſe dabei betheiligt fchienen ; ſo z. B. die Mitglieder der Freimaurer -Loge. Nach einem Leipzig nicht thum
Er verließ
und begab ſich nach Kaum
als
ſolchen Auftritt war Schröpfers Bleiben
länger.
das
in
fächfiſche Kurfürſten
Frankreich.
hatte Schröpfer Deutſchland den
Rücken
gekehrt,
eine andere und zwar vornehme Perſönlichkeit unter faſt
gleichen Verhältniſſen in der kurfürſtlichen Reſidenz auftauchte. Es war dies der Graf von Saint- Germain , welcher ſich auch
zuweilen Aymar oder auch Marquis
nannte, ein geborener Portugieſe. auch
er
ſich
in
de Betmar
Dieſer Mann , wenn gleich
betrügeriſcher Weiſe mit
Geiſtercitirungen ,
Wahrſagen u . dgl. m . beſchäftigte, ſtand in wiſſenſchaftlicher
53
Beziehung auf einer ſo hohen Stufe, daß er ſehr leicht hätte berühmt werden können , wenn er es nicht vorgezogen hätte, berüchtigt zu werden , wie Einer feiner Biographen berichtet . Der Graf von St. Germain beſaß außerordentlich vor treffliche chemiſche Kenntniſſe und hatte in der That auch die Gabe, die Zukunft vorher zu verkünden . Einen geſchichtlichen Beweis über dieſe Geſchicklichkeit lieferte er dadurch, daß er Tod Ludwigs XV. von Frankreich wirklich vorher ver
den
tündete und dies nach der Ausſage ſeiner Zeitgenoſſen auch eintraf.
Er war beſtändig auf Reiſen
und verſchaffte fich
durch ſeinen
Namen , durch Dreiſtigkeit und Großſprecherei, auch durch die Gabe, Jedem die ſchwache Seite abzugewinnen , fogar Zutritt an Höfen . Er behauptete auch , die Geſchicklich keit zu beſigen ,
Edelſteine fabriciren
zu
können , und
Schlangen Gefühl für Mufik beigebracht zu franzöſiſchen Geſandten im
haben .
Haag hatte er ſchon im
den
Beim
Jahre 1755
zwei koſtbare
Diamanten vorgezeigt, die er gemacht haben
wollte ; einen
davon
verkaufte er
felbft für 5500 Louisd'or , den um
gewiſſermaßen
zu
im
Salon des Geſandten
andern zerſchlug er eben da ,
zeigen , daß er für ihn , der ihn
ge
macht, gar keinen Werth habe. Der Graf von St. Germain
hatte übrigens auch wirk
lich ſeltene Gaben . So verſtand er z. B.mit beiden Händen zugleich auf zwei verſchiedene Bogen zuſchreiben , das man ihm tirte.
Papier etwas nieder
von zwei verſchiedenen Seiten dic
Es fehlte Nichts an dem
Inhalt und beide Schriften
hatten eine ſo große Aehnlichkeit mit einander , daß
es un
möglich iwar, zu beſtimmen , welche mit der rechten und welche mit der linken Hand geſchrieben
war.
Die Violine ſpielte
er mit ſo überraſchendem Geſchic , wie Keiner nach ihm , noch
54
vor ihm , und man glaubte ſtets, verſchiedene Inſtrumente in der ſchönſten Harmonie zu vernehmen . Als der Graf von St. Germain bei dem von
Kurland
Herzoge Starl derſelbe , dem
eingeführt worden war , fragte
ſein friſches und geſundes Geſicht auffiel, wie alt er ſei. Graf erwiderte : „ Ich bin 350
Jahre alt !"
Der Herzog
Der be
zweifelte lachend dieſe Angabe. „ Zum Angaben Haben
großen
Theil kann ich Eurer Durchlaucht meine
beweiſen ,“
verſeßte St.
Germain
mit
Würde,
Sie ſchon von Michel de Montaigne gehört ?
1
HV Hm ,“ machte der Herzog von Kurland , , der, welcher um
die Mitte des ſechszehnten „ Ganz Mecht.
geboren 200
Er wurde im
und ſtarb
Jahre her.
Jahrhunderts lebte ?"
1592.
Jahre 1538 in Périgord
Seit ſeinem
Tode ſind ziemlich
Dieſer Montaigne, mit dem
ich innig be
freundet geweſen , hat ſich in mein Stammbuch eingeſchrieben und zwar jene merkwürdigen Worte, die auch laucht nicht fremd ſein werden .“ Der
Graf winkte ſeinen
Diener
Herbeiholung ſeines Stammbuches.
Eurer
und befahl
Durch
ihm
die
Daſſelbe ward gebracht.
St. Germain blätterte eine geraume Zeit darin , legte es dar nach dem
Herzoge vor und ſagte :
r leſen Eure Durchlaucht.“ Karl von Kurland, der eigentlich felber nicht wußte, was er ſagen ſollte, las : ,,Was fitr ein Philofoph ich auch ſein mag , ich will es ander . wärts ſein , als auf dem Bapier.“ Dieſer Spruch , der nach
ſeinem
Anſehn
zu
urtheilen ,
allerdings ſchon alt ſein mochte, war mit der Jahreszahl 1571 und mit dem und da
Namen Michel de Montaigne unterzeichnet,
er in der That von
Demjenigen
herrührte, deſſen
55
Namen darunterſtand , der Graf überhaupt ein höchſt kennt nißreicher, vielſeitig gebildeter und würdevoll (deinender Mann war ; ſo wußte der Herzog von Kurland nicht, was er von der Sache zu halten auf an einem
habe.
St. Germain feßte fich bald dar
Spieltiſche nieder, wo er zwar hoch, doch ſehr
vorſichtig ſpielte. Während deſſen beſprach der Herzog von Kur land mit einer andern hochgeſtellten Perſon dieſe Angelegenheit, welche entſchieden die Glaubwürdigkeit des Grafen und ihn gradeweg mit dem
bezweifelte
wenig ehrenhaften Namens eines
Betrügers belegte. Der
Herzog ,
welcher
Freund
alles
Ungewöhn
und Abenteuerlichen war , behauptete, man müſſe fich
lichen
zuvor überzeugen , ehe man Gut," wollen
uns
Jemand verurtheile.
ſagte der Andere, ,, das iſt bald geſchehen . ſeinen
auf ſeinen Herrn
Diener
Stunde
kommen
ausfragen .
davon wiſſen , gab aber lichen
ein
fand
laffen
in
Wir Bezug
Anfänglich wollte Karl nichts
endlich nach.
folgende
Herzoge von Kurland und St. Germain Statt :
und
dem
Noch in
Unterredung Diener
des
der näm
zwiſchen Grafen
„ Iſt es möglich, daß Dein Herr ſchon über 350
dem von
Jahre
alt iſt ?" fragte der Herzog . „ Möglich , allerdings !
Doch wie alt er wirklich iſt, kann
ich nicht genau angeben ; nur ſoviel weiß ich, daß ſchon mein Großvater in ſeinem
Dienſte ſtand, und ſeitdem
ich ihn kenne,
er nie anders ausgeſehen hat." ,,Und wie alt war Dein Großvater, als Du feine Stelle übernahmeft." „ Einhundertundzehn Jahre." Und wie alt biſt Du ? „ Ich ? I, nun, ſo genau weiß ich es nicht. .
.
Seit
56
einhundertunddreißig Jahren befinde ich mich in ſeinen Dien ſten , und ich mag
damals vielleicht ſechszehn oder ſiebzehn
Jahre alt geweſen ſein .“ „ Mein Gott!" rief der Herzog , über all dies Wunder hohem
bare in
aus, als wäret
Grade erſtaunt. Ihr kaum
vierzig
„ Ihr ſehet ja alle Beide Jahre alt !"
„ Dieſe Wirkung kommt bei Jedem , der felbft
fabrizirten
kauft.
Schönheitserhaltungsmittel
ſich von dem meines
Herrn
Freilich iſt es ſehr theuer, weil es aus Gold hergeſtellt
wird , welches der Graf troß ſeiner vielen nicht hat erzeugen können .
Kenntniſſe bisher
Die Marquiſe von Pompas
dour gebraucht ebenfalls dieſes Schönheitsmittel !" Dem
Herzog Karl ſchwirrte es im
unwohl und mußte fich zu andern
Kopfe ; er fühlte ſich
Bett begeben , ſtand indeß
am
Tage wieder wohl auf.
Die Damen des Hofes und Adels waren raſend in den Grafen von
St. Germain verliebt.
Sie ſind zu
gen , denn der Graf war nicht nur ein ein reicher Mann . da er ſie
entſchuldi
ſchöner, ſondern auch
Edelſteine hatten für ihn keinen Werth ,
ſelber machen konnte, wie er vorgab , weshalb er
auch bald dieſer, bald jener Dame einen zum Präſent machte. Daß dieſe Steine genau unterſucht wurden , verſteht ſich von felbft; fie wurden
aber alle für echt erklärt, und man muß
ſich daher wundern , woher er das Gelb genommen, ſie an ſich zu kaufen . Mit ſeinem Schönheitswaſſer, von dem
in der That
die bekannteMarquiſe von Pompadour immer Etwas in Gebrauch hatte, und das er ſich von
Jedermann außerordentlich theuer
bezahlen ließ , verdiente er freilich eine bedeutende Summe Geld . Daſſelbe konnte aber unmöglich ihn in den Stand ſeßen , echte Edelſteine zu verſchenken , als hätten ſie für ihn nur einige
57
Groſchen
Werth .
Das Myſteriöſe aber
Anhang ſolcher Leute von
Tag zu
iſt's
eben , was den
Tag vergrößert.
Auch der famoſe Germain verſchwand wieder von fächli fchem Boden , um in andern Staaten ſein Glück zu ſuchen . Ein anderer Mann nahm bald darauf in Leipzig ſeine Stelle ein .
Es war einmal die
Dummheit.
Zeit des
Dieſer nach dem
Aberglaubens und der
Grafen
von
St.
angekommene Geiſterbeſchwörer trat gleichfalls Namen und anſtändigem
Titel auf.
auf, der bedürfe
unter
der franzöſiſchen
Er trat zuerſt mit der Behauptung
Freimaurerbund ſei fehr in Verfal höchſt
nothwendig
Dieſer Baron
einer
von Steinbach
1772 eine neue
Gold- und Roſenkreuzordens.
ſtiftete dann aud
Reform .
um's
Dresden , die
Eigentlich war dies keine neue
ſchon in
ſelbſt die Logen
zu
ſeinem
Vaterlande ge
Berlin
correſpondirten .
Steinbach brachte deshalb nur etwas Aufgewärmtes . lang ihm
deshalb auch nicht, mit ſeinen
fen , und ſein
Es ge
Ideen durchzugrei
Biograph behauptet , eg habe ihm
Geſchick gefehlt.
Jahr
Loge des
Jeſuit in Ungarn , Namens Groſſinger ,
hatte dieſen Orden vor ihm ſtiftet , mit dem
gerathen und
durchgreifenden
Freimaurerloge zu
Stiftung, denn ein
feinem
Er nannte fich Baron
von Steinbach und gab vor , Oberſt in Armee geweſen zu ſein .
Germain
hierzu an
Der Baron von Steinbach begab ſich nach
Dresden , wo er den Leuten erzählte, er ſtände mit den See len
der
welt in Geiſt den
Menſchen
ſo
wie
Verbindung und Augen
überhaupt
der
habe die Gabe, jeden
der Lebenden
Zugleich aber ſagte er, um
mit
Geiſter beliebigen
vorüber führen zu
ſich auch die nöthigen
können .
Hinterthü
ren aufzulaſſen , daß diejenigen , welche fich durch ſeine Ver mittlung mit
der Geiſterwelt in
Verbindung ſeben wollten ,
reinen und edlen Charakters ſein müßten. "Kam
es nun vor,
58
daß
es
ihm
nicht gelang, ſeine Zuhörer
täuſchen , fo lag dies nicht im
und
Zuſchauer zu
Mangel ſeiner eigenen geiſti
gen Befähigung, ſondern im Mangel eines reinen und edlen Gemüthes
eines oder des
andern
der Zuſchauer.
Das
iſt
an und für fich nichts Auffallendes ; hat man ſich dieſes Aus helfungsmittels
ja
ſelbſt noch vor wenigen
Jahren bei An
wendung des Pſychographen bedient. Der Baron bei ſeinen
von Steinbach
hatte übrigens viel Glück
Geiſtercitirungen , inſofern
er es verſtand, durch
künſtliche Vorkehrungen , ein von dunklem
Nebel erfülltes, nur
durd das matte Licht hin- und hergetragener Kerzen erbell tes Zimmer den ſtand ſeiner
durch berauſchende Getränke eraltirten
Jünger bis zu einem
höhen , daß fie in ihrem wurden . Wahrſcheinlich
ſo enormen
Glauben hat er
Zu
Grade zu er
ſtark und unerſchütterlich ſich , um feinen Zweck
volftändig zu erreichen , auch optiſcher Spiegel und der Elef trizität bedient. Zu denjenigen
Perſonen , welche er citirte, gehörten
audi
der Graf Johann Friedrich von Struenſee und deſſen Freund Ewald von Brand, welche Beide erſt vor wenigen Monaten in Kopenhagen unſchuldiger Weiſe hingerichtet worden waren . Dieſe beiden Männer kannte Steiner in Dresden , außerdem erſchien
Jeder mit ſeinem
welche Art dann
auch
eigenen Kopf unter dem Arm , auf eine Entdeckung
Andere Perſönlichkeiten , die man zu Jedermann in
Dresden
unmöglich wurde.
ſehen wünſchte und die
genau kannte, z. B. Gellert, citirte
er nicht, angeblich, weil ſie in
Bezug auf die Verſammelten
viel zu hoch ſtänden .
Der Baron von Steinbach Mühe gegeben , dem zu werden , was ihm
hatte
fich ſchon
unſägliche
Kurfürſten von Sachſen ſelbſt vorgeſtellt jedoch ſchlechterdings nicht gelingen zu
59
wollen ſchien .
Er begab ſich deshalb in
das Hotel des fran
zöſiſchen
Geſandten , der zwar verreiſt war, doch in der Per
ſon
Herrn
auch
des hier
pon Marbois
hatte Steinbach
fick
vertreten
falſdy ſpeculirt .
ließ .
Aber
Herr von Mar
bois weigerte ſich nicht nur , ihn bei Hofe einzuführen , ſon dern ſagte ihm geradezu, daß er ihn gar nicht für den Ober ſten Baron von Steinbach halte. Monſieur," rief der Geiſterſeher entrüſtet, „ noch eine ſolche Neußerung und iď
kann nicht dafür einſtehen , was
geſchieht." Lächelnd betrachtete ihn
der Vertreter des franzöſiſchen
Geſandten und ſagte darauf: „ Glauben Sie nicht, daß es durch
ein
herausforderndes
Ihnen gelingen wird, mir
Benehmen
zu
imponiren !
Się
ſind nicht der Baron von Steinbach und waren niemals Oberſt in der franzöſiſchen Armee ! Den Baron von Steinbach kenne ich ſelbſt zu genau , um nicht zu wiſſen , daß Sie nur ein Pfeudo -Steinbad
ſind.“
Der Geiſterſeher wollte zornig ſcheinen , und mit aufein ander gepreßten Lippen rief er : Und wer könnte ich ſein nach Ihrer Anſicht? " Johann Georg Schröpfer und fein Anderer !" perſepte
Monſieur de Marbois. „ Nun ,“ ſprach er weiter, „ Sie zit Sie werden bleich, warum ? Habe ich den Schleier tern, gelüftet ? Ah, ſehen Sie, mein Herr, man muß niemals glau ben , daß man das Geſchick habe, alle Welt täuſchen zu kön In einem
nen . lungen ,
andern Staate wäre es Ihnen vielleicht gee
in Sachſen
nicht.“
Der Baron von Steinbach, der ſich auf einmal entlarvt ſah , nahm
ſeine ganze frühere Frechheit wieder an und hoch
müthig rief er :
60
Nun wohl, ja ! ich bin Schröpfer !" Darauf entfernte er fich mit der Abſicht, nun erſt recht ſein
abenteuerliches Leben
fortzuſeßen .
Wie
ein
Lauffeuer
eilte die Nachricht, daß der Baron von Steinbach Oberſtlieutenant von
Sydow
durch alle Salons und kam
der vom
durchgeprügelte Schröpfer ſei, auch in das Palais des Herzogs
Starl von Kurland , der ſoeben mit einem
ſeiner Vertrauten
ſprach , wie es möglich zu machen ſei, den Baron von Stein bach, ohne großes Aufſehen zu erregen , nach ſeinem men
zu
laſſen .
Die
Nachricht, daß
Schröpfer fei , vernichtete alle
Palais kom
derſelbe der bekannte
Hoffnung des Herzogs Karl.
Denn nun war wohl gar nicht daran
zu denken , daß man
denſelben jemals bewegen würde können , ſeinen Fuß berzogliche Palais zu
ſeßen .
Und dennod
in das
ſchien ſeine Ge
genwart ſo überaus nothwendig, daß man ſie ſelbſt mit gro Ben
Opfern erkaufen
zu müſſen glaubte.
welche die Anweſenheit Shröpfers zu zu machen
Die Angelegenheit,
einer Nothwendigkeit
ſchien , war folgende:
Vor Kurzem
war der
legte natürliche Sohn Kurfürſt
Auguſt des Starken, der Chevalier von Sachſen , in dem reits erwähnten als
Duell
geſtorben .
Er war Maltheſerritter,
ſolcher unvermählt und ohne Leibeserben .
Karl von Kurland war ſein
be
Der Herzog
nächſter Erbe , hatte auch feine
Erbſchaft gebührender Maßen angetreten . Man gerieth aber auf die Vermuthung, da der Chevalier ziemlich einträgliche Stel lungen
inne gehabt, daß derſelbe auch nicht unbedeutende
Summen
baares
Geld
hinterlaſſen
vielleicht an irgend einem verborgen habe. dieſen
geheimen
einen
Orte
und dieſe
in ſeinem
Palais
Auf eine natürliche Weiſe war bisher von
Geldern nichts aufzufinden
daher nun
haben müſſe
geweſen
und man wollte
übernatürlichen Weg betreten .
Zu dieſem
61
-
Zwede ſollte der Baron um
von
Steinbach eingeladen werden ,
den Geiſt des Chevaliers von Sachſen zu citiren und zu
befragen , wohin er das Geld gebracht habe. daß derfelbe fich als der vom
Dadurch aber,
Herzoge Starl mit einer ſo
in
famirenden Strafe belegte Schröpfer präſentirte, erhielt die ganze Angelegenheit eine andere und für Karl von Rurland unerfreuliche Wendung.
Derſelbe hätte
fich
vielleicht noch
nicht ſo viel daraus gemacht, wenn
eben nicht zu der näm
lichen
immer mehr verbreitete.
Zeit der Ruf Schröpfers fich
Hier war guter Rath theuer.
Der Herzog fann lange nach ,
bis er endlich beſchloß , fich ſelbſt in das Hôtel de Pologne, in welchem
der famoſe Schröpfer logirte, zu begeben und den
felben wegen um
der ihm
von Sydow
Verzeihung zu bitten .
applicirten Stock - Thaler
Wenn eine fürſtliche Perſon fich
ſo weit herabläßt, ſo muß dieſelbe ſchon ſehr ſtark vom glauben befangen ſein .
Mit mehreren
ſtaates verfügte ſich Karl von
Perſonen
Kurland zu dem
Aber
ſeines Hof Geiſterſeher,
that wirklich Abbitte und erklärte fich nebenbei zu jeder, ge wünſchten dieſen
Genugthuung bereit.
Doktor Vehre
ſagt, über
Fall erzähle der engliſche Reiſende Wrarall Folgendes :
„ Das Meiſterſtück der Magie zu allen Zeiten war, abge ſchiedene Geiſter aus dem fer machte kein
Grabe heraufzubeſchwören ; Schröp
Geheimniß daraus , daß ihm
die Macht bei
wohne, dies Wunder zu bewirken . Herzog Karl bat dringend und wiederholt darum
und erlangte endlich nach langer ernſt
licher und verſtellter Weigerung ein nur mit Widerſtreben ge gebenes Verſprechen, vor ſeinen Augen eine Erſcheinung ſehen zu laſſen .
Aber Schröpfer gab dabei mit größter Verſchla
genheit ſeine äußerſte Abneigung und ſeinen Widerwillen zu erkennen , indem
er erklärte, daß dies ihm ſelbſt gefahrbringend
und mit verſchiedenen Schrecensumſtänden verbunden
ſei.
Es
62
blteb nur noch übrig , den
Geiſt namhaft zu machen , der
heraufbeſchworen werden Folle.
Nach langer Erwägung nannte
man den Chevalier von Sachſen
und Schröpfer
unternahm
es, den Geiſt deffelben vor einer ausgewählten Geſellfdaft zu citiren .
Zum Schauplaß
des Prinzen
der Beſchwörung war das Palais
in Dresden beſtimmt.
Da
es aber
ſehr wohl
bekannt war, daß der Kurfürft, der unglüdlicher Weiſe weder felbſt abergläubiſch war, noch geneigt, folche Dinge in ſeiner Reſidenz geſchehen zu laſſen , die Sache mißbilligen und ver hindern werde, fo ward die ftrengſte Verſchwiegenheit darüber beobachtet.
Die Geſellſchaft verſammelte fich in der beſtimm
ten Nacht: denn Schröpfer zog natürlich die Dunkelheit vor, als welche nicht nur an und für fich zu net ſei, ſondern
der Sache mehr geeig
auch für die Wirkung der Befchwörungen
beſſer berechnet. „ Die Geſellſchaft beſtand aus neunzehn
Perſonen , von
denen ich , ſagt Wrarall ausdrüdlich, mehrere perſönlid kenne, welche Leute von Confideration, Charakter und Refpectabilttät ſind.
Als ſie in
der
großen
Ga
kerte des Palais zuſammen gekommen waren , war das erſte Gefchäft aller
Anweſenden , Fenſter und
Thüren
Feſt zuzu
machen , um ſowohl eine Eindrängung , als eine Täuſchung zu verhindern . im
So viel als Vorſicht dies zu bewerkſtelligen
Stande war , geſchah es, und man war berſichert, daß
nichts als Gewalt eine Annäherung oder einen Eingang vera fchaffen könne.
Søröpfer eröffnete der Geſellſchaft hierauf,
daß die Handlung , die er zu unternehmen
in
Begriff ftehe,
alle ihre Feſtigkeit in Anſpruch nehme und rieth ihnen , um ihre Nerven zu
ftärken , von einer Bovle Punſd), die auf der
Tafel ftand , zu nehmen . Mehrere aus der Geſellſchaft (etz gentlich glaube ichy, Ale, ausgenommen einen
oder zwei) fan
-
63
den dieſe Anermahnung vernünftig und entſprachen ihr wirf lich.
Der Herr aber , von dem
ich dieſe Umſtände vernahm ,
weigerte ſich , von dem Rathe Gebrauch zu machen . Er äußerte zu Schröpfern :
hierher gekommen , um
Ich bin beizuwohnen . Mein
Entweder will ich
Erfcheinung
einer
Alles ſehen
oder Nichts.
Entſchluß iſt gefaßt, und kein Zureden kaun mich der
mögen , einen
Tropfen auf meine Lippen zu nehmen !
„ Ein anderer Herr von
der Gefellſchaft , der ſeine Gei
ftesgegenwart beibehalten hatte , ſtellte fich an den Haupteingang, um
darüber
zu wachen ,
daß
oder mit Gewalt zu öffnen . regeln
Niemand wage , ihu heimlich Als dieſe vorbereitenden
Maß =
getroffen waren , begann das große Werk mit der größ
ten Feierlichkeit.
Schröpfer fing es damit an , daß er ſich in
eine Ede der Galerie zurüdzog, hier auf feine Kniee nieder fiel und mit einer Menge geheimniſvoller
Seremonien die
Geifter anrief -zu erſcheinen oder wenigftens ihm kommen . Crucifir
Er pflegte in
bei den
den Händen
zu
zu Hilfe zu
Beſchwörungen
beſtändig ein
halten , bediente
fich geweihter
Lidhter , ſchlug Streuze und fang.
Es verging eine geraume
Zeit , ebe die Geiſter gehorchten ; während dieſer Zwifchenzeit arbeitete er, fichtlich
unter großer Anſtrengung von Körper
und Geiſt ; er war mit einem lag meift in
heftigen Schweiß bedeckt und
Konvulſionen , wie die Pythia der alten Wett.
Endlich ließ fichy ein lautes Ptaffeln an der Außenſeite aller Fenſter hören , darauf folgte bald ein
andres Geräuſdy and
dieſes glich mehr als irgend etwas Anderem
der
welche waffe Finger, über den Rand von Gläſern hervorbringen .
hingezogen ,
Diefer Ton , fagte Schröpfer, verkündige die
Ankunft ſeiner guten und Schuggeifter, er fidhten Feuern , weiter
Wirkung,
zu
arbeiten .
ihn anzu
Kurze Zeit nachher hörte man
64
ein Gebeul von fürchterlicher und ungewöhnlicher Art. Schröp = fer erklärte, dies komme von den böſen Geiſtern , deren Gegen wart, wie es ſcheint, nöthig und unerläßlich war zur Vollen dung der Kataſtrophe. , Die Geſellſchaft war jeßt, wenigſtens der größere Theil, durch
Erſtaunen
elektriſirt oder durch
Schauder verſteinert
und alſo vollkommen auf Alles , was ſich ihr darſtellen konnte, vorbereitet.
Schröpfer
ſeşte feine Beſchwörungen
fort und
auf einmal öffnete ſich nun plößlich die Thür mit und
Etwas , das einem
glich , rollte ins
schwarzen
Zimmer.
Ball oder
Gewalt
einer
Es war mit Rauch oder
Kugel einer
Wolke umgeben und in der Mitte ſtellte ſich ein menſchliches Geſicht dar, deſſen
Züge dem
wahrſcheinlich ſo , wie racci den Von
Chevalier von Sachſen glichen ,
Correggio
oder Hannibale Ca :
Jupiter darſtellen , wie er der Semele erſcheint.
dieſer
Geſtalt
aus, welche rief:
ging
eine laute und zornige Stimme
Karl, was wilft Du mit mir ?
Warum
ſtöreft Du mich ? Die Zuſchauer, entweder feft überzeugt, daß die Erſchei nung, die ſie ſahen , ein Geiſt und unantaſtbar ſei, oder des Entſchluſſes nicht mächtig, an fie heran zu treten und zu ver ſuchen , ſie zu greifen , machten keinen unförperlichen deſfen
Beſchaffenheit
zu
Verſuch, ſich von ihrer
überzeugen .
Der Herzog,
gottloſe Neugierde ſeines Dheims Geiſt heraufbeſchwo:
ren hatte und
an den , als
die vornehmlich
verantwortliche
Perſon , das Geſpenſt fich wandte, weit entfernt davon , Kalt blütigkeit zu
zeigen , oder eine Antwort zu
die
Zeichen
ſtärkſten
Er ſchleppte fich ihm
zu
des
Schredens und der
auf den Knieen
herum
geben , verrieth Zerknirſchung.
und rief Gott an ,
verzeihen , während Andere von der
erſchreckten Ge
fellſchaft den Magier flebendlicy baten, die einzige Probe feia
65
ner furchtbaren Kunft, die noch übrig bleibe, zu geben , indem er die Erſcheinung entlaſſe. Schröpfer aber, obgleich anſchet nend dazu willig , fand oder gab wenigſtens vor , zu finden, daß dieſes über
ſeine Macht gehe.
reimt oder lächerlich
So unglaublich, unge
es auch ſcheinen mag, Augenzeugen der
Scene haben mir verfichert, daß nahe an eine Stunde ver ging, ehe durch die Macht von Schröpfers Beſchwörungen das Geſpenſt genöthigt werden konnte, zu verſchwinden . es endlich dieſem genblid , als
Ja, als
gelungen war, es zu entlaſſen , in dem Au
die Geſellſchaft fich wieder etwas zu
erheitern
begann , ſprang die Thür , die verſchloſſen worden war, noch einmal auf und dieſelbe
ſchreckliche Geſtalt ſtellte fich noch
einmal unter die Augen der Geſellſchaft.
Dem
Entſchloſſen
ften und Gefaßten derſelben entfiel der Muth bei dieſer zwei ten
Erſcheinung und es folgte nun
Verzagtheit.
eine Scene allgemeiner
Endlich entließ Söröpfer durch wiederholte Be
ſchwörungen oder Verwünſchungen die Erſcheinung .
Die er
ſchütterten Zuſchauer gingen bald aus einander , von Erſtau nen übermannt und von Schröpfers übernatürlichen
Kräften
vollſtändig überzeugt.“ Unter den Perſonen , welche der Geiſtcitirung im lichen Palais beigewohnt, befanden zoge Karl: der Miniſter von Baron Peter Friedrich von
ſich auch außer dem
Wurmb, der
prinz Her
geheime Rath
Hohenthal-Dölkau , die
Gemahlin dieſes Barons, der Kriegsrath und Kammerherr Heinrich
Chriſtian von Hopfgarten , der Oberſt Baron
Karl Friedrich Benjamin von Fröden , Generaladjutant des Herzogs Karl von Kurland , und der ſpätere preußiſche Mi niſter
Johann Rudolph von Biſchofswerder , welcher im
Jahre 1803 auf feinem Landgute bei Berlin ſtarh.
Es waren
zwar alle Standesperſonen , doch nicht frei vom Aberglauben 5 Bertraute Geſchichte. Sachſen . 3. Bd.
66
ihrer Zeit.
Herr von Biſchofswerder gehörte z. B. dem
luminatenorden an , glaubte ſich im ſalmittels , das er allen ſeinen
fl
Beſig eines Univer
Freunden empfahl, ihm
aber
felbft kein langes Leben erhalten konnte.
Fü nfte s
ka p it e I.
Schröpfer. - Ein Brief des Herrn de Marbois. – Seſuiten . - Wurmb. Hopfgarten . Dubosc. Biſchofswerder. Das frankfurter Beld Schröpfers Reiſe nach Leipzig , wohin ihm feine Freunde folgen . paket. Dr. Celler. Verſiegelung ſeiner Bimmer. Schröpfer erſchießt ſich . Eine Miniſterialordre . Dr. Celler erbricht die Schröpfer'ſche Woh
nung und bemächtigt ſich ſeiner Papiere. Der Schneider- Kravall in Dresden . Wir haben im
Die ſächſiſchen Bauernunruhen .
vorigen Kapitel die Mittheilung gebracht,
daß Schröpfer fich zu Monſieur de Morbois verfügt und den felben gebeten habe , ihn dem von Steinbach vorzuſtellen .
kurfürſtlichen
Hofe als Oberſt
Derſelbe hatte es ihm
abgeſchla
gen , weil er eben nicht Derjenige war , für den er fich aus gab.
Er erſtaunte daher nicht wenig , als er in
brachte, daß Schröpfer beim
Herzoge von
Erfahrung
Aurland geweſen
und ſich noch immer Oberſt von Steinbach nenne. fogar nicht nur erſtaunt , er war in darüber und beſchloß , ihm terſagen .
Noch um
erhielt Schröpfer Marbois:
hohem
Er war
Grade entrüſtet
dies Kraft ſeines Amtes
zu
un
zehn Uhr Abends des 21. Auguſt 1774 nachfolgenden
Brief
von
Monſieur de
67
-
,, Entweder habe ich mich in der Unterredung, die ich mit Ihnen hatte, in oder man
Ihrer Sprache nicht recht ausgedrückt,
hat mich hintergangen , indem
man mir auf's
Neue verſicherte , daß Sie fortfahren , Sich den Charakter eines Oberſten
in
franzöſiſchen
Dienſten beizulegen .
ſei aber, wie ihm wolle, ſo muß ich
Dem
Ihnen hier nochmals
wiederholen , daß ich Sie nicht für einen Solchen erkenne, und daß, wenn ich erfahre, daß Sie fortfahren , dieſen Cha rakter anzunehmen , ohne Sich darüber bei mir zu legiti miren , Sie mich zwingen werden , Maßregeln zu ergreifen , die
Ihnen äußerſt unangenehm
ſein
werden .
Uebrigens
warne ich Sie nochmals und zwar ſehr ernſtlich , daß Sie hinfüro in
Ihren Reden
jener hohen
Perſon nicht wieder
erwähnen , von der Sie mit mir vorigen Montag geſpro chen haben .
Da Sie ferner einen
haben , den ich nicht an
Ihnen
1
mir nicht verübeln , daß
Charakter angenommen
erkenne, ſo werden Sie es
ich meine Verneinung deſſelben
gleichfalls öffentlich bekannt mache und daher dieſen Brief Jedem
nady Gutdünken
vorzeige. Sobald Sie mir werden
erwieſen haben , daß Sie wirklicher franzöfiſcher Oberſt ſind, werde ich der Erſte und Eifrigſte ſein , es bekannt zu machen und dann werde ich ſein
Ihr u . 1. w ."
Herr von Marbois zeigte in der That dieſen Brief meh ren Perſonen des Hofes , wodurch Schröpfer nur Nachtheil ernten konnte . Dieſer Geiſterſeher ſtand übrigens nicht allein , ſondern war das Werkzeug der katholiſchen Parthet , die ihn nicht hin reichend unterſtüßte und zulegt fogar ganz fallen ließ .
Deß
halb behauptete er auch öfter , als katholiſcher Geiſtlicher die Weihe erhalten zu haben .
Im
Jahre
1773 war der
Jeſuitenorden
aufgehoben ,
68
und da die Mitglieder deſſelben zu
den
klügſten , ſchlaueſten
und geiſtreichſten Menſchen gehörten , denen die Schwächen der übrigen Menſchen
ſehr gut bekannt waren , ſo kann man ſich
nicht wundern , wenn
ſie fich eines Mannes zur Erreichung
ihrer Zwede bedienten , der es verſtand , den Jahrhunderts auszubeuten . fer ihren
Zwecken nicht volftändig zu
war, von ihm
Aberglauben
des
Daß fie ſich nachher, als Schröp entſprechen im
Stande
zurückzogen , kann auch Niemand in Erſtaunen
verſeßen , der die Deviſe des Ordens:
Der Zwed heiligt
die Mittel kennt. Monſieur de Marhois hatte mit dem theilten Briefe nur wenig
erreicht.
vorſtehend mitge
Durch die Geiſteitirung
des Chevalier von Sachſen war Schröpfers Ruf bei den theiligten
Perſonen
ungemein geſtiegen , obwohl er
derartigen Geſchäften jegt weniger abgab, als früher. gen trat er mit ſeinen Reformideen maurerorden von vom
Neuem
Herzoge Ferdi ſein.
Er
der Herzog Ferdinand ſchriftlich befohlen ,
eine Vereinigung des aufgehobenen Freimaurerorden
Dage
er verſicherte, hierzu
Braunſchweig , bevollmächtigt zu
ſolle , ſo habe ihm
ſich mit
in Bezug auf den Frei
hervor, indem
Großmeiſter aller deutſchen Logen , dem
nand von
bes
zu
erſtreben
Jeſuitenordens mit dem
ſuchen .
Schröpfer producirte
auch einige Briefe des Herzogs von Chartres, welcher ſpä ter Herzog von Orleans wurde, die über dieſelbe Angelegen heit ſprachen , von ihm ſelbſt aber fabrizirt waren . Er bes hauptete ferner, durch
Vermittelung
Herzogs zum
der
Oberſten
des
zulegt genannten
franzöſiſchen Armee ernannt und
nebenbei autoriſirt worden zu ſein, ſich Baron von Steinbach zu nennen , um
Eingang in die höheren geſellſchaftlichen Kreiſe
zu gewinnen . Mit dieſem
Manöver glaubte er, die Angriffe
des Herrn von Marbois mit Erfolg zurückweiſen zu können .
69
jedoch wenig nüßen können , wenn er
Dies Alles hätte ihm
nicht zugleich auch über Millionen zu durch allein es ihm
verfügen gehabt, wo
erſt möglich werden konnte, der Protet
tion der Vertreter des fächfiſchen Staates theilhaftig zu wer den . Er trat daher gleich darauf mit der Behauptung her vor, die Jeſuiten haben unermeßliche Schäße bei Seite gebracht, die, wenn es gelänge, ihren Orden wieder herzuſtellen und ſet es auch nur in zum
der Verbindung mit
Freimaurerorden ,
dem
ſeinen
Beſten Kurſachfens verwendet werden ſollte . Um
Verehrern , wozu
beſonders die ſchon genannten Herren von
Wurmb, von Biſchofswerder , von Hopfgarten , Her zog Karl von Kurland und 1. f. gehörten , vollends Sand in
die Augen zu ſtreuen , gab er vor , das Bankierhaus der
Gebrüder Bethmann in
Frankfurt am
Main
fei von dem
Ordensgeneral in den Stand gefegt, ſofort einige Milionen herzugeben und er ſelber erklärte ſich bereit , diefelben in Kut: zem
herbeizuſchaffen . Aus allem
Dieſem
ging deutlich hervor , daß Schröpfer
ein Werkzeug des aufgelöſten einmal andeuteten .
Drðens war , wie wir
Der Orden
beſtand aus über
Mitgliedern , als Papſt Klemens vom
ſchon
22,000
XIV. durch ſeine Bulle
21. Juli 1773 ſeine Auflöſung ausſprach und dieſelbe
mit den Worten begann : „ Dominus ac redemptor noster !“ Im
Verfolg dieſer Bulle hieß es :
fie überließen ſich der Ausübung und Interpreta von
Geſinnungen ,
welche
der
apoſtoliſche
Stuhl aus Gründen als ſchändlich und der beſſeren Ordnung der Sitten ren muß.
offenkundig
Wenn der Papſt, der Höchſte alſo Kirche, auf dieſe Weiſe
ein
dhjadend erklä
in
der katholiſchen
VernichtungBurtheil über den
70
Seſuiten - Orden ausſprach, ſo konnten
ſeine Mitglieder in ket
nem
katholiſchen Lande auf einen Erfolg ihrer Beſtrebun
gen
rechnen
lange in
und mußten
ſich
Proteſtantismus ſo
dem
ſie ſeines Beiſtan
die Arme werfen , bis vonnöthen
des nicht mehr
Schauplaß ſeiner Thätigkeit wählen
zum
Schröpfer Sachſen
hatte
Deshalb
hatten.
müſſen . Die ſchon mehrmals
genannten Herren von Wurmbi
von Hopfgarten und von Biſchofswerder gingen
ohne
Bedenken auf die Propoſitionen Schröpfers ein und ſchloſſen ein enges Freundſchaftsbündniß mit ihm
ab.
Herr von
Bi
ſchofswerder trieb dies ſogar noch weiter und nannte fich mit Schröpfer Du und Du. Schröpfer, Adreſſe in
der
inzwiſchen
wirklich
Frankfurt geſchrieben und von
Paket , angeblich mit Steuerſcheinen , im
an
die
genannte
derſelben auch ein Werthe von mehre
ren Millionen , gefüllt, empfangen hatte, war durch dies Ales eine der hervorragendſten den .
Perſönlichkeiten
Er logirte noch immer im
Dresden gewor
in
Hôtel de Pologne und fah
fortwährend die vornehmſten Perfonen, männlichen und weib lichen Geſchlechts, in den
ſeinen Zimmern .
Am
ofteſten fand man
Herzog Karl von Kurland und den Herrn von Biſchofs
werder bei ihm .
Dieſe Herren
hatten
einen
fo gewaltigen
Reſpect vor ihm , daß Schröpfer es nicht einmal der Mühe für werth hielt, ſich empor zu heben , wenn ſie bei ihm ſchienen .
Dem
er
Herzoge Starl nidte er nur freundlich zu und
deutete mit der Hand auf einen
Seſſel, deſſen er fich bedie
nen ſolle , und er wurde von dieſen nie anders , als lieber Schröpfer ,“
mein
dharmanter
mein
Freund "
und ſo ähnlich genannt. Von dieſer Freundſchaft allein
konnte Schröpfer indeß
71
die theuren Gaſthofsrechnungen nicht bezahlen , auch ſeine Fa milie
aus
nähren .
Frau und mehreren Kindern beſtehend , nicht er
Er mußte deshalb verſchiedene Darlehne aufnehmen ,
die felten unbedeutend waren .
So hatte er z. B. von
einem
gewiffen Dubosc, der ein ſehr bedeutendes Vermögen als Seidenwaarenbändler zuſammengebracht, ein Kapital von fünf Tauſend Thalern entnommen .
Dubosc war einer der eifa
rigſten Freimaurer und von Schröpfers Talent, Geiſter citiren zu können , vollſtändig überzeugt.
Auch Herr von Biſchofs
werder ſoll ein Gläubiger Schröpfers geweſen ſein .
Trofdem
nun dieſe Gläubiger ſeine Freunde waren , ſo ward Schröpa fer von
hart gedrängt.
ihnen dod
Tag, an welchem den ſollte.
Er vertröſtete ſie auf den
das Paket mit Steuerſcheinen geöffnet wer Sicherheit hatte
Zur größeren
er daſſelbe dem
Miniſter von Wurmb in. Verwahrung gegeben . nung des Paketes ſollte am
Die Eröff
30. September 1774 in Gegen
wart von Wurmb, Biſchofswerder , Hopfgarten
und Dubosc
durch ihn felbft vorgenommen werden . Der Tag war Herren
in dem
endlich
Hôtel
herangerügt und
die genannten
des Miniſters bereits verſammelt, da
langte plößlich von Schröpfer ein
Brief an , worin derſelbe
ſchrieb, er habe ſchleunigft nach Leipzig reiſen und ſogar Poſts pferde nehmen müſſen , um
die Stunde nicht zu verſäumen ,
zu welcher er daſelbſt einzutreffen ſchuldigung und So unlieb den
um
habe.
einen Aufſchub von
Er hat um
Ent
etwa acht Tagen .
betheiligten Herren dieſe Störung auch war,
der Urlaub wurde ihm ſtillſchweigend bewilligt, und Niemand wagte, auch nur entfernt darauf hinzudeuten , das Geldpaket ohne Schröpfers Gegenwart zu noch an dem
öffnen .
nämlichen Tage nach ſeinem
während die drei anderen
Herren
Der Miniſter reiſte Gute Großfurra ,
ſich nach Leipzig zu
ihrem
-
Freunde begaben .
Sie
72
trafen auch mit ihm zuſammen und
fanden in ſeiner Geſellſchaft einen damals nicht unbekannten Winkeladvocaten , den Dr. jur. Teller, mit dem er in
legter
Zeit überhaupt ſehr viel umgegangen war.
Teller
ebenfalls
und wird als
zu Schröpfers eifrigſten Anhängern
ein Mann geſchildert, der
gehörte
bei vieler Rourage auch tüchtige
Rechtskenntniſſe befaß.
Söröpfer zeigte fich ſehr erfreut über die Ankunft ſeis ner Freunde und bewirthete fie mit der größten Freigebigkeit. So verſtrichen mehrere Tage, bis endlich auch der 7. October erſchienen war, an welchem digen
zu
wollen verſprochen
fehr wichtig ſcheinenden
Tage er ſeine Gläubiger befrie hatte . Er wußte fie indeß mit
Gründen
nächſten Tages zu vertröſten , indem am
anderen
Tage erſt noch
noch bis
zum
eine außerordentliche Merkwür
digkeit zu zeigen ; gleichzeitig überreichte er Jedem geltes Billet mit dem
Abend des
er ſagte , er habe ihnen
Auftrage, es, nachdem
ein verfie
ſie die in Aus
ficht geſtellte Merkwürdigkeit geſehen haben würden , zu öffnen . Am Morgen
des
8. October
1774
begab er ſich
mit
den Herren Bifchofswerder , $ opfgarten , Dubosc und Dr. Teller in das Roſenthal bei Leipzig, bat fte, hier einen Augenblick zu verweilen, bis er zurüd ſei, er habe nur noch einige Vorkehrungen zu keit zu treffen .
der ihnen verſprochenen Merkwürdig
Die drei erſtgenannten Perſonen
überließen
fich einer erwartungsvollen Spannung, während auf dem Ge Fichte des Lestern ein unverkennbares Lächeln der Fronie zu erbliden war. Sie waren ſo ſehr in Gedanken verſunken , daß ſie nicht einmal einen Schuß vernahmen , der in ihrer únmittelbaren Nähe gehört und durch welchen Dr. Teller, obgleich er darauf vorbereitet fchten , heftig erſchüttert wurde. Nachdem
die vier Herren wohl gegen zwanzig Minuten ver
73
geblich auf die Rückunft Schröpfers Teller endlich ſelben
gewartet hatte, machte
den Vorſchlag , eine Nachforſchung nach dem
anzuſtellen .
Man drang auf derjenigen Seite , wohin
Schröpfer fich begeben hatte, in das Gehölz und fand nach . • . Leiche, die des Geiſterciti wenigen Sekunden eine rers Schröpfers.
Mit einem
Taſchenpiſtol hatte er ſich ins
Herz geſchoffen , und auf dieſe Weiſe feine Freunde um alle ihre Hoffnungen und ihr Geld gebracht. Gine geraume Zeit umſtanden die vier Herren , in Sinnen verſunken , den
Cadaver des
in
tiefes
der Blüthe ſeiner
Jahre fich felbft gemordeten Mannes , der bei ſeiner Gewandt beit und Geſchidlichkeit unter anderen Verhältniſſen
ein wohl
habender Mann hätte werden können , jeßt aber als Bettler geſtorben war.
Er mochte wohl eingeſehen
haben , daß
er
endlich doch entlarvt werden und dann feine gerichtliche und außergerichtliche würde. fich.
Dies
Strafe nur
eine höchft
infamirende
konnte er nicht ertragen , deshalb
tödtete
fein er
Endlich machte Herr von Biſchofswerder den Vorſchlag ,
zurück nach Leipzig zu über den
gehen und dem
Selbſtmord zu machen .
Magiſtrat Anzeige
An die Briefe, die er und
ſeine Freunde von Schröpfer empfangen , dachte in dieſem Augenblick Niemand. fich
derfelben
lanteten
im
Erft auf dem Rathhauſe erinnerte man
und beſchloß
ihre Eröffnuug .
Dieſe
Briefe
Inhalte übereinſtimmend ; es hieß darin : Wenn
Sie dieſes lefen , werde ich nicht mehr fein !"
Zu
gleicher Zeit hatte Schröpfer auch an einen ſeiner Brüder, der fich ebenfalls in Sachſen befand, ein Billet gerichtet , in welchem
er
behauptete: „ W. (Wurmb) und D. ( Dubosc)
find Schuld an meinen Unglüd !
Nimm Did meis
ner Frau und Stinder an !" Der Magiſtrat von
Leipzig ließ
in
Uebereinſtimmung
74
mit der daſelbſt befindlichen
Polizei-Commiſſion , die Zimmer
des Selbſtmörders unter Siegel legen , da wohl zu vermuthen ſtand , daß man
in
ſeinen Papieren
Aufſchluß über ſein ge
heimnißvolles Treiben erhalten würde ; man durfte jedoch dem Miniſter Wurmb nicht vorgreifen und erſt deſſen Ordre ab = warten .
Dieſer befand ſich inzwiſchen
nach Dresden .
Er empfing eine Stafette, vom
abgeſendet , welche ihm meldete.
Durch
den traurigen
dieſelbe Stafette
piere Schröpfers unter fichern.
ſchon auf der Rüdreiſe Dr. Teller
Vorfall mit Schröpfer
befahl er, ſich der Pa
allen Umſtänden
Die Stafette , welche von Dr. Teller
zu ver .
wohl beſſer
bezahlt ſein mochte , als von Wurmb , machte zuerſt dieſem von der miniſteriellen Ordre Mittheilung.
Derſelbe verfügte
fich ſofort nach Schröpfers Wohnung , erbrach die magiſtra tualiſchen
Siegel
und
bemächtigte ſich aller
Schröpferſchen
Papiere , welche nur irgend eine Wichtigkeit haben konnten . Natürlich konnte ein
ſolches willkürliches und geſeßwidriges
Benehmen nicht ungeahndet bleiben ; doch vermochte die Strafe, welche über
Teller
verhängt wurde, die Sache nicht unge
ſchehen machen . Schröpfer hatte ausgeſpielt.
Seine Gläubiger blieben
unbefriedigt, zu denen auch der Beſiger des Hôtels de Pologne gehörte.
Das geheimnißvolle, angeblich aus
Frankfurt am
Main angekommene, Paket, welches mehrere Millionen Steuer ſcheine enthalten
ſollte, enthielt nur Streifen weißes Papier
und einige beſchriebene Zettel , welche auf Documente verwie fen , über deren Vorhandenſein Niemand Auskunft zu ertheilen vermochte und die konnten .
deshalb
auch nie
herbeigeſchafft werden
Herr von Biſchofswerder war noch am Meiſten digt worden
dadurch , daß er ſich in den
entſchä
Befiß des Schröp
75
vor
jeden
Zauberapparats ſegte , was
ferſchen
nachherigen
dem
Falls nicht ohne
Er ging zurück nach Preußen und citirte damit
Werth war.
Könige Friedrich Wilhelm
II., gegen
den er ſchon als Kronprinz eine unwandelbare Neigung be wieſen hatte, die Geiſter Marc Aurels , Leibnißis und ſelbſt des großen Kurfürften . Er begleitete ſeinen König
wieder
Frankreich , um
1792 nach
Jahre
im
ſeine Regierung einſeßen
in
dortigen König
den zu
helfen , machte den
Feldzug in die Champage mit und kehrte mit Friedrich Wil zurück.
II. nach Berlin
helm
Darauf ward er nach Frank
reich als Geſandter geſchickt, verließ 1794 dieſes Land wieder und ſtarb 1803. „ Feinheit des Geiſtes," ſagt fein Biograph, „,bei aller anſcheinenden ihm
nicht abgeſprochen
jedoch
beſchränkte
übrigens
Gutmüthigkeit und Plumpheit kann werden , als Staatsmann hatte
Anſichten .
eine ftete
Er bewies
Rechtſchaffenheit
in
Leben
feinem
und war
er
frei
von
Rachſucht." Schröpfer muß übrigens ein außerordentlicher Menſchen kenner geweſen ſein , wie man tanen
und
Betrügern
dies
Talent bei allen
antrifft, denn
durfte Niemand beiwohnen , von
denen
feinen er
Charla
Productionen
eine Entdecnng
ſeiner Schwindeleien zu befürchten hatte. So wies er z. B. Ferber, den Marcheſe d'Agdolo und den General von Ben nigſen
alle Mal, wenn ſie um
den zurück unter dem genug , ſondern
Zutritt gebeten , ganz entſchie
lächerlichen
noch zu
Grunde, daß fie nicht rein
ſehr mit
der Körperwelt verbun
den feien .
Der
von
uns
ſchon
einmal herangezogene
berühmte
Nicolai ſagt über Schröpfer noch : , Solche Avanturiers ſieht man in allen Ländern er ſcheinen , eine Zeit lang Aufſehen machen , und hernach wie
76 der
verſchwinden
wie die
Sternſchnuppen .
kommt nicht von ungefähr. ſucht.
Man
ift theils
in
Aber
Dies alles
ſelten wird es unter :
Deutſchland zu
unaufmerkſam
auf Sachen dieſer Art, die doch wichtig ſind, theils ſind gewöhnlich Perſonen ſchonen
darin verwickelt , die man
zu müſſen glaubt.
Das gewaltige Aufſehen ,
das Schröpfers Künſte, die er Arbeiten nannte, machten , war gewiß die Urſache feines Todes.
Er hatte eine kleine
Gährung erwecken ſollen , die den Abſichten Andrer *) diente . Er verwickelte
ſich
aber dagegen
in weitläuftige Künſte
und Verſprechungen , die er nicht halten konnte, und das wußten auch die wohl, die ihn geſendet hatten . Ben ihn : er
alſo ganz fahren .
ſich mit angeſehenen
Sie lie
Von
der andren Seite hatte
Perſonen
eingelaſſen , von denen
er recht wohl wußte , daß er ſie nicht ungeſtraft neden durfte. Auftritte
Er
ſah
voraus .
ftraft werden
und
alſo
von
allen
Seiten
in
die elendeften
Umſtände
Aus dieſer Verwirrung wußte er keinen als einen Piſtolenſchuß . welche genießen wollen zu
ſehen
unangenehme
Er ſab , er würde beſchimpft und bez
andren
kommen . Ausweg ,
Es iſt ganz gewöhnlich, daß Leute, und keinen Genuß weiter vor fich
glauben , oder welche verwickelt ſind und keinen
Ausweg finden
können , ſich ermorden .
welche fagten , Schröpfer worden , daß
Es gab aber Leute,
fet von den Geiſtern fo geplagt
er fich habe ermorden müſſen .
Die Dinge,
welche Schröpfer fürchtete, waren nicht von geiſtiger, fona dern von ſehr körperlicher Natur : das Zuchthaus ſtand darunter oben an ." Solche Wundermänner , wie Schröpfer, der Graf von Saint-Germain und noch mehrere Andre, welche in Sachſen
* ) Den Seſuiten .
77
ihr unheilvolles Weſen
trieben
und von
denen
nod
befon :
1
ders. der Magiſter Maſius, ein höchft überſpanntes Sub ject, zu nennen iſt, konnten
auf Sachſens politiſche Verhält
niffe keinen Einfluß gewinnen , zumal da man ſie ganz un behindert wirken
ließ .
Derartige Perſonen ſind nie gefähr
lich, wie wir dies auch im jeßigen lin erfahren haben .
Jahrhundert ſelbſt in Ber:
Dagegen nahmen die in dem meiffener,
oldaper , lommatſchen , noffenſchen und großenhayn iden Kreiſe um's Jahr 1796 ausgebrochenen Bauernunruhen einen weit gefährlicheren wirklich
leibeigen ,
Charakter an .
Viele Bauern waren
oder mußten wenigſtens ſo viele : Zinſen ,
Zölle , Steuern und Frohnen entrichten , daß ihnen
dieſelben
nach und nach unerſchwinglich ſchienen und ſie ſich nad freiung fehnten . gen
Gutsbefißer von
ihren
Gerechtſamen
wollten und der Landesherr ſelbſt, beim im
Bes
Da jedoch weder der Adel, noch die fonſti
Stande war , die zum
etwas nachlaſſen
beſten Willen , nicht Herkommen
be
ruhende Abentrichtungen plößlich aufzuheben, ſo glaubten
Theil auf altem
die
Bedrückten , daß ihnen kein andres Mittel übrig geblieben fei, als fich das mit bewaffneter Hand zu verſchaffen , was man ihnen
nach
mußte.
den
noch
vorhandenen
Umſtänden
verweigern
Es waren dies vornehmlich die Bauern der Grafen
von loß, von Einſiedel, der Freiherren von Taube, von Ende , des von
Kammerherrn
Weißenbach ,
der
von
Zehmen , des Oberft
Rittmeiſter
von
Bomsdorf
von Proß und des Rechtsgelehrten Herrmann. Die Unruhen nicht entſtanden
in
Sachſen
würden vielleicht jegt nody
ſein , wenn nicht die damals
Bauernzeitung von
den
fehr geleſene
Ereigniſſen , welche in
Fankreich
fich zugetragen , tagtäglich ausführliche Mittheilungen gebracht und
dadurch das ackerbautreibende Publicum
in
Aufregung
78
verſegt' hätte.
Wer unverhältnißmäßig gedrückt wird, wie es
von den bereits genannten ſchah , der fühlt ein zu
entledigen .
vermehrten ten
Gutsherrſchaften
in der That ge
innerliches Streben , dieſes Druckes fich
Böttiger
ſagt darüber :
„ Die
Gutsherren
oft gegen die Erbregiſter ihre Heerden , oder kauf
Bauerngrundſtücke zum
Gute, die nun
auch
durch
die
Fröhner mit bearbeitet werden ſollten , oder ſie theilten die Frohntage in
halbe oder viertel Tage und plagten dadurch
die Leute noch weit mehr.
In Klagefachen gegen
den Guts
herrn hatte der um ſeinen Dienſt beſorgte abfeßbare Gerichts Intereffe mehr , als
dem
das der Bauern
-
halter ſeines Patrons
vor Augen , und vor die höhere
Inſtanz zu geben , fehlte es
Bauer an Geld , Zeit oder Muth !" Zu dem
Druď , der den landsleuten
und Gerichtsherren
von ihren
zukam , geſellte ſich auch
noch
Guts
eine vom
Kurfürſten ausgehende Unannehmlichkeit. Friedrich Auguſt III . war nämlich ein paſſionirter
Jäger, und ſeine Forſtbeamten ,
welche ſich bei ihm in Gunſt ſeßen wollten , ſorgten für nichts eifriger ,
als
für
einen
ungemein
reichhaltigen
Nun iſt aber bekannt, daß den Feldern
vom
Wildſtand.
Wilde ein uns
geheurer Schaden zugefügt wird und daß Niemand das Recht hat, daſſelbe unſchädlich zu machen . fiſchen
Bauern unbenommen , ihren
einem
Zaune zu
umgeben , da
Zwar war es den fäch Grund und Boden mit
aber dieſe
Zäune koſtſpielig
find und ſie ohne beſonderes Vermögen waren , ſo mußte es ſelbſtredend, unterbleiben . den
kurfürſtlichen
Auf dieſe Weiſe waren zwiſchen
Jagdbeamten
und
den
Landleuten
eine
Spannung und ein Haß eingetreten , die ſich unmöglich noch längere Zeit unterdrücken ließen . Häufig kamen Conflicte vor, die jedes Mal die Beſtrafung des armen -Bauern hervorrie fen . Da' auf einmal rotteten ſich die Bauern aus vierzehn
79
verſchiedenen
Dörfern zuſammen und beſchloſſen , gewaltſam
das Wild zu
verjagen .
Sie fanden
war das ganze Amt Hohenſtein nur durch das Verſprechen bracht werden .
in
Nachahmer, und Aufruhr.
bald
Sie konnten
ſchleuniger Abhilfe zur Ruhe ge
Der Kurfürſt ſelbſt hatte dies
Verſprechen
gegeben , und ſeine Unterthanen wußten , daß er jedes Ver (prechen erfüllte. Er ließ auch ſofort eine Commiſſion bilden , welche. Befehl hatte , zu nehmen gemeinen
und ihm
die Beſchwerden der Bauern
entgegen
darüber Bericht abzuſtatten .
lautete dieſer Bericht
günſtig
für die
Im
Al
Landleute .
Friedrich Auguſt befahl, das Wild unbedingt niederzuſchießen und den Bauern den ihnen durch daſſelbe verurſachten Schaden mit baarem
Gelde zu
erſegen ; zugleich aber erließ
er auch
ein ſtrenges Geſeß, dem
zufolge jedes eigenmächtige Handeln der Landleute mit harter Strafe geahndet werden ſollte. Es iſt manchmal nicht gut, wenn der
Fürft des Landes
den Klagen ſeines Volkes ſo bereitwillig abhilft.
Der Muth
der Betheiligten ſteigt und verwandelt ſich zulegt in Ueber muth .
Die Bauern
in Bezug auf das kurfürſtliche
waren
Wild nicht ſobald zu ihrem
Rechte gelangt, als ſie auch alles
Uebrige , welches eine- Feffel für ſie war , über den werfen wollten .
Haufen
Die Gutsbefißer, von denen wir vorhin ſchon
einige genannt, waren allerdings nicht ſo gerecht und billig , wie ihr kurfürſtlicher Gebieter. Eine alte Gerechtfame er laubte ihnen , auf der Bauern laffen . Sie vermehrten
Felder ihre Heerden
hüten zu
nicht nur, wie das vorſtehende Citat
von Böttiger erzählt, ihre Heerden, wozu ſie kein Recht hat ten , fondern ſie nahmen auch eingetretene
Miſjahr, das dem
keine Rückſicht auf das 1790 Bauer nicht einmal ſo viel
Futter eingebracht hatte , ſein eigenes Vieh ernähren Daß dergleichen
1
nen .
zu
Uebelſtände auf der einen , und
kön die
80
ungeheuerſte
Müdſichtsloſigkeit auf der
anderen
größte Unzufriedenheit hervorrufen mußten ,
Seite die und für
iſt an
ſich wohl begründet; allein man kann deffen ungeachtet nicht mit den Mitteln
übereinſtimmen, welcher ſich die Bauern be
dienten , um zu ihrem
Rechte zu gelangen .
nünftiger Weiſe zum
Kurfürſten
auch hier eine Abhilfe erfahren haben . Abgeordneten aus ihrer Mitte, der dem fchwerden
und Vorſchläge zu
hältniſſe vorlegen
ſollte.
Wären ſie ver
gegangen , fo würden
ſie
einen
Sie wählten
Kurfürſten ihre Be
einer Verbeſſerung ihrer Ver
Sie blieben
indeß
nicht bei der
eigentlichen Sache ſtehen , ſondern gingen viel weiter , als ur ſprünglich beſtimmt war und nahmen einen vollſtändig revo lutionären
Charakter
an.
Man
Mann ſtark, bewaffnet ſeinen gleiten
wollte ,
20,000
beinahe
Abgeordneten nach Dreßden
be
und dieſer ſollte folgende Punkte Friedrich Auguſt III.
vorlegen : Abfeßung aller mißliebiger Perſonen von ihrem
Amte, weil
ſie Sadfen nur unglüdlich
ge
macht hätten ; Errichtung einer Nationalgarde zu Pferde und zu Fuß; Verbeſſerung der Steuerver : hältniſſe; ferner ſollten
die Gutsbefißer zur Ver
antwortung wegen ihreg rüdfichtsloſen Betragens gezogen , resp . beſtraft werden ; und Andere.tag her Solche Forderungen “ waren hörtes , daß
Friedrich
Auguſt
noch
unzählige
mur den in Sachſen ſo etwas Uner
III . den
Ueberbringer dieſer
Bedingungen für wahnſinnig hielt und ihn von einem unterſuchen ließ .
Arzte
Derſelbe beſtätigte des Kurfürften. Anſicht
vollſtändig, und diefer ließ darauf den „ Narren “ , wie er ihn nannte, nach Torgau bringen , wo er über feinen neunzehn
Jahre nachdenken
wieder entlaffen .
konnte.
Aberwig
Erſt 1809 ward er
81
Dies
fand Mitte
Juli 1790
Statt.
ſpäter brachen die wirklichen Unruhen aus.
Einen
Monat
Daß man ihren
Geſandten für einen Wahnſinnigen nicht nur erklärte, ſondern
1
auch
demgemäß
behandelt hatte , brachte die ganze Bauern
welt in die größte Aufregung .
Aber man wollte noch immer
Kurfürften felbſt einſchreiten , da er , ihrer
nicht gegen den
Anſicht nach, von ihrem
bisherigen Unglück nichts wiſſe; fon
1
dern
gegen ihre unmittelbaren Herren , die Gutsbeſißer, rich
tete ſich erſten
ihr ganzer Zorn .
Da ſchon vier Wochen
ſeit dem
Verſuch verfloſſen waren, ſo glaubte man Seitens der
Regierung nicht mehr an
eine ernſtliche Demonſtration und
hatte deshalb
die geringſten
getroffen .
auch
nicht
Vorſichtsmaßregeln
Es wurde daher auch manche Geſegwidrigkeit be
gangen , noch ſcheint man
ehe die Regierung
einſchreiten
konnte ; doch
eine abſonderliche Furcht vor Blutvergießen ge
habt zu haben . Man begnügte fich einfach damit, den Guts herren idie
Frohnen zu
verweigern ,
bäuerlichen Aeckern zu treiben , früher Schimpfwörter
fich
bezahlen
deren
Vieh
von
den
erhaltene Schläge und
und von
den
Gutsbeſikern
ſchriftlich verfichern zu laſſen , daß die bisherige Zeit vorüber ſei. Der Aufſtand griff jchnell um
ſich , weil überal die nämlichen
Mißverhältniſſe beſtanden , und wo man nicht freiwillig fich betheiligte, da trat ein Zwangsverfahren
ein .
, !1."
Indeffen hatte die Regierung wohl eingeſehen , daß hier ein
ernſtliches
Einſchreiten
unerläßlich
ſei. -
Der General
Boblikwurde beauftragt, mit zehn Schwadronen Kavallerie; fünf Bataillonen
Infanterie, zehn Kanonen und der nöthi
gen Artillerie die
Tumultuanten ran ihre Unterthanenpflicht
zu:" erinnern .
Der Anblic
men , ſie auseinander zu
des Militairs genügte 'volkom =
treiben .
ganzen Aufſtandes nicht gegeben . Bertraute Geſchichte. Saoſen . 3. Bb.
Todte Hat's während des Nur auf dem 6
Schloffe
5
82
des Grafen von Schönburg war es zum Conflikt gekommen , der aber ebenfalls , wenn auch nicht ohne Blutvergießen , ſo doch ohne Leichen
beigelegt wurde.
Viele von
die Aufrührer ausgeſandten Soldaten wurden
den
gegeri
wegen ihrer
meiſterhaft ruhigen Haltung vom Kurfürſten belohnt. 630 Bi cariatsſpeziesthaler und fünf goldene Medaillen famen gur Vertheilung . Darauf wurden gegen zweihundert gefänglich eingezogen und denſelben auf Grund des eigends zu dieſem öffentlichten
von
Tumultgeſebes
der Prozeß gemacht.
1720
Einige Dreißig der aufrühreriſchen
Bauern
kamen
Jahre wieder begnadigt und demgemäß in
nächſten
auf die icon
Kurfürſten
aber vom
Feſtung Königſtein , wurden
Zwede vera
im
Freiheit
geſeßt. Um diefelbe Zeit gährte es auch in Ein Senator hatte ſich von
Dresden .
Anzug machen laffen , der
ihm
der Bürgerſchaft zu
einein Schneider einen
nicht gefiel
und deſſen
Au
er ſich bei dieſer Wei: dass ganze da Ausdrüde gegen
nahme er deshalb verweigerte , indem gerung
einiger
beleidigender
Schneidergewert bediente. der Nadel aufrühreriſdh , gebrauchen
zu
fönnen
Dadurch
wurden
die Herden von
glaubten , die Nadel als Schwert
und wollten
wurden ihnen darauf auf dem
darunter fichlagen .
Es
Almarkt einige Stanonen zur
Anficht vorgezeigt und ſie zogen fid ſtumm zurüc , jedenfalls im Innern denkend , daß es gefährlich fei, mit Schießgewebs ren zu fpielen . Es läßt fich kaum
annehmen , daß der injurtöfen Deuße
rung eines einzelnen Senators wegen dieſer Schneider Stra vall entſtanden war, wielmehr muß man ſich der Anſicht hin neigen , daß die dadurch entſtandene Unzufriedenheit von fo: genannten
Putid madern ausgebeutet werden
ſollte , um
83
der allgemeinen Unzufriedenheit über die ſtaatlichen niſſe
einen Ausdruck zu
geben ; daß es
Verhält
nicht
ihnen
gelang
und daß die Mitglieder der Sdyneiderinnung ſobald ihr Un recht einſahen , giebt genügendes Zeugniß Urtheilskraft der ſächſiſchen
Nation .
von der geſunden
Was konnten ſie denn
Hatte Friedrich Auguſt III. nicht bereits Dole in ſeiner kurzen Regterungszeit ges weit mehr für ſein ' auch noch wollen ?
than , als die meiſten ſeiner Vorgänger während ihrer ganzen
den Handel durch
Gewerbe und
Der Kurfürſt hatte die
Regierungsperiode ?
liberale Grundfäße geſtüßt und
gehoben .
Emporblühen ; der Wohlſtand der Der Ackerbau war im mittleren und der niederen Volksklaffen ſtieg immer höher, Friedrich Auguſt III. hatte eingeſehen , daß ein wohl babendes Voll des Fürſten beſte Schagkammer iſt. Auch er
denn
füllte er die nach Außen eingegangenen Verbindlichkeiten auf Die Tortur hatte er für eine Verhöhnung
das Pünktlichſte .
aller menſblidhen Gefühle und ber bürgerlichen Geſeke erklärt und fte . 1770 ſchon
aufgehoben .
Zwiſchen
1772 und 1776
hatte er mehrere Zucht- und Arbeitshäuſer errichten
laſſen
zu
Torgau und Zwidau ; een Arbeitshaus für Bettler und Vagabunden legte er auch noch
1803 in Coldigi an. Xudy
einte allgemeine Brandaffecura ng'war
im
erſchienen .
6 *
Jahre
1787
84
a pitel.
Sechs tes
Friedrich Auguſt III. wird die Krone Po Erfte & heilung Polens. Bweite Theilung Po lens angetragen . – Der Fürft Adam Czartoryski. lens . – Deutſchlands Bündniß gegen Frankreich. - Die Buſammenkunft in Friedrich Auguft III . unterſtüßt die Grafen von Artois und von Pillniß. Der deutſche Reichskrieg gegen Die Buſammenkunft in Belig . Provence. Unfrieden Frankreichs Siege. - Die frommen Sachſen . Frankreich Der lúne Der Frieden zu Campo Formio. der deutſchen Reichsſtaaten , Deutſchlands Berftückelung.
piller Frieden . st
T. Vor dem
Jahre 1770 nahm
Rußland, ſich der Sache der
Diſſidenten in Polen an ; eine Generałconföderation entſtand, aber der Reichstag ſah ſich ganz unteri ruſſiſchem Dagegen hob fich die Conföderation zu
Einfluß ..
Baar, von Frankreich
unterſtüßt, und ein Krieg zwiſchen Polen und Rußland brach auß.
Die fremden
Truppen verwüſteten das Land, und das
wilde, ſinnloſe Verfahren
einiger polniſcher Partheihäupter
erregte bei den drei großen Nachbarmächten eine ſolche Nichta, achtung der natürlichen Rechte des polniſchen Volkes, daß fie, wie Katharina ſich ausdrückte, Polen für ein indem
man
Bei dieſer
ſich
nur bücken
inneren
dürfe, um
Zerrüttung ſchien
Land hielten ,
Etwas aufzuheben .
eß dem
öſterreichiſchen
Hofe zeitgemäß zu ſein , die zipſer Städte, welche im 1402 von
Ungarn an
Polen verpfändet waren , in
Jahre
Befiß zu
nehmen , und die ſchlaue Politik des öſterreichiſchen Miniſters Kauniß leitete endlich das petersburger und dieſes wieder das preußiſche Kabinet auf den Gedanken einer Theilung Polens.
85
Der ruffiſche Miniſter machte am
2. September
1772. den
Beſchluß der drei Mächte bekannt, und Polen genehmigte end lich am
18. September 1773 dieſen ſchon vollzogenen
Thet
lungsakt, nach welchem eß 3000 Quadratmeilen Flächeninhalt verlor. " Das preußiſche Polen und der Negdiſtrikt fielen an das - Röntgreich
Preußen , wodurch
Preußen abhängig wurde.
Polens
Oſtſeehandel von
Rußland beſtimmte jeßt die
nere Verfaſſung des unglüđlichen
Polens, welchem
in =
eß nun
erſt klar wurde, worin fein Staatszweck eigentlich beſtehe, und wie es demſelben entgegen gehandelt habe.
Die "Polen woll
ten ſich empor raffen und ihre Unabhängigkeit fichern . Sie baten den neuen König Preußens, Friedrich Wilhelm II., fie bei Bildung einer neuen Verfaſſung zu unterſtüßen .
Dieſer
Schuß ward ihnen auch verſprochen in dem Vertrage vom 29. März 1790.
Die
am
3. Mai 1791 angenom
mene neue Verfaſſung ſchuf vor allem in der polniſchen Na tion einen Bürgerſtand, den ſie bis jept noch nicht hatte; hob das Wahlreich auf und geſtattete auch dem feine Repräſention auf dem die vollziehende Gewalt.
Reichstage.
dritten Stande
Der König
Der Thron :wird ein
bleibt
Familienwahl
thron , nach dem ben
Gefeß der Erbfolge, und ſollte nach Abſter des Königs Staiftslaus Auguft auf den Kurfürften von
Sachſen ,
Friedrich
Uuguſt
III., übertragen werden .
Die
neue Verfaſſung drückte ſich hierüber ganz beſtimmt aus und ſagte : ,, Die Dynaſtie der fünftigen Könige von Polen wird alſo mit der Perſon
Friedrich
Auguſts , jeßigen Kurfürften
von Sachſen , ihren Anfang nehmen , deſſen Nachkommen de lumbis
männlichen
beſtimmen . dem
Geſchlechtes
Der älteſte Sohn des
Vater auf dem
den
wir
polniſchen
regierenden
Thron nachfolgen.
Thron
Königs
ſoll
Sollte aber der jeßige
86
Kurfürſt von
Sachfen
keine
Nachkommen männlichen
ſchlechtes erhalten , ſo foll auf den Fall der vom
Ge
Kurfürſten
mit Genehmigung der verſammelten Stände für feine Prin jeffin
Tochter gewählten
Erbfolge auf dem
Gemahl die Linie
polniſchen
Thron
der männlichen
empfangen .
Daher er
klären wir nun auch die Marta Auguſta Nepomucena, Prin zelfin: Tochter deg Kurfürften , für die Infantin
von
Polen ,
behalten aber dabei der Nation das keiner Verjährung unter worfene Recht vor , nach Grlöfdung des erſten dem Dr
Throne ein
Sodann wurde in der Verfaſſungsurkunde beſtimmat, ſagt
Böttiger,
daß der König Gott und der Nation
die Erhaltung gegenwärtiger dem
Hauſeß auf 19 20 sigt
anderes zu wählen ."
Kurfürften
Stonftitution
den Eid auf
und auf die mit
Thronfolger noch abzuſchließenden pacta con
venta , in denen auch die Einkünfte deſſelben feſtgefeßt wer den ſollen , zu leiften habe.
E
97 98951
1371. Nachdem die polniſche Reichsverſammlung das vorſtehend Meitgetheilte, beſchloffen ihrer Mitte, der im Dresden
hatte , wählte ſie
einen
Mann aus
Namen des polniſchen Reichstages nach
ſich begeben und die Krone ſeines Vaterlanded dem
Kurfürſten Friedrich Auguſt III. anbieten ſollte.
Dieſer Ge
fandte des polniſchen Reichotages war der Fürſt Adam Gzar toryski, ein Greis von ſechzig fie einen
Würdigeren
einſt nach dem
wählen
Jahren . können .
Tode Auguſts III. um
Nicht leicht hätten Er ſelbſt hatte fich
den polniſchen
Thron
beworben , und wäre statharina II. nicht für ihren Liebling Poniatowski in die Schranken Fichtlich König von Polen Es Fürſten
getreten , ſo würde er.: zuver
geworden ſein .
iſt immer eine eigenthümliche Sadhe, wenn einem von einem
Bofke die Strone angetragen wird.
lidh; zeugt dieſer Umſtand von großem
Frei
Vertrauen, und großer
87
Liebe der Nation , welche ihn zu hat, aber damit allein
Oberhaupt erforen
ihrem
läßt ſich nicht glüdlich regieren , wenn -
zu gleicher Zeit mächtige Nachbaven fidy dem Befdlufſe des betreffenden Volkes widerſeßen .' Sachfeno Herrſcher hatten feit hundert Jahren fich ſtets um bemüht und denfelben
den polniſchen Königsthron
auch inne gehabt; Friedrich Auguſt III.
würde alſo , wenn er die ihm
jeßt angetragene Krone entge
gen nahm , nur, fo zu ſagen , ein
altes Recht benugt haben . Dennoch konnte er ſich, mit Hinblick auf Rußland und Defter
reich , dazu nicht entidließen .' Er bat ſichy eine vierwöchent liche Bedenfzeit aus, um
den greifen
Fürſten
Adam
Czartos
ryskt, den er perfönlich liebte und hochachtete, durch eine Ab lehnung nicht zu
kränken .
Nach feinem
Dafürhalten mußten
während der erbetenen Friſt Greigniffe eintreten , die ſeine Abe lehnung überflüſſig machten .
Friedrid
Auguft III., wenn
gleichy er gewiß.gern für die Polen gewirkt haben würde, fah ein , daß er noch ſo mancherlei für ſein eigenes Volk zu thun habe, um es auf diejenige Stufe der Wohlhabenbett zu heben , die zum Glüce fowohl des Fürſten , als der Unterthanen noth wendig iſt... Durch die Annahme der polniſchen Königskrone hätte er mit Rußland und Deſterreich in einer Krieg ver widelt werden können, deffen Ausgang nur von Nachtheil für ihn
und ſein Volt fein
konnte.
Wäre noch Friedrich II. am
Leben geweſen , dann würde die ganze Angelegenheit fich ane ders geſtaltet haben.
Im
Uebrigen blieb
Friedrich
während der Bedenkzeit nicht müßig ; er zog Petersburg
am
Auguſt Hofe zu
Erkundigungen ein , wie man dort geſonnen
ſein
würde, wenn er die Krone Polens annähme; fodann machte er auch einige Modifitationen der von ihm zu beſdwörenden Ver faffung, worin er fich beſonders nur zu einem dyen Aufenthalt in Polen für jedes
dreimonatlie
Jahr verpflichtete.
88
Die Nachrichten , welche der Kurfürſt von Sachſen Petersburg empfing,muß man als ungünſtig bezeichnen . land verwarf die Grundlagen
der neuen
polniſchen
auß Ruß
Verfaf
ſung , und als dies geſchehen , erklärte auch Preußen fich fei ner Verpflichtung gegen Polen
für entbunden , da
es keine
Neigung hatte, ſich der gewaltigen Macht Rußlands zu wi derſeßen.
Zu allen dieſen für Polen großen
Fatalitäten fam
nun noch, daß Leopold II. ſtarb und dadurch Statharina freien
Spielraum
bekam .
einen nicht unbedeutenden
In -Polen
II.
ſelbſt hatte Rußland
Anhang , und es bildete ſich dort
eine förmliche Verſchwörung gegen
die neue Konſtitution , die
man ſich nicht entblödete, für entſchieden revolutionär zu er: klären . der
So ſtanden
übrigen
polniſchen
die Angelegenheiten des zum
europäiſchen
Mächte
gewordenen
Spielball
unglücklichen
Reiches , als Friedrich Auguſt III . einen außeror
dentlichen Geſandten
in
nach Warſchau ſchickte.
der Perſon
des Grafen von Löben
Dieſer kehrte alsbald um , als er von
der drohenden Stellung, welche Rußland gegen
die neue Ver
faſſung eingenommen hatte , Kenntniß erhielt, und ſein kur fürſtlicher Gebieter fab fich auf Grund ſeiner ihm
gemachten
Mittheilungen veranlaßt, die Krone Polens von
der Hand
zu weiſen .
Im
Jahre 1793 erfolgte die zweite Theilung
Poleng. $ Rußland bekam
nahm
4000
Quadratmeilen ,
1000 Quadratmeilen und außerdem
Preußen
noch die Städte,
Danzig und Thorn . Am
25. Juli 1791 hatten ſich der öſterreichiſche Mini
ſter Wenßel Anton , Fürſt von Kauniß , ein Mann , der von Rom
aus nie anders, als il ministro eretico (der kepe
riſche Miniſter) genannt wurde, mit
dem
inzwiſchen
zum
preußiſchen Miniſter ernannten Herrn von Bildhofswerder im
Namen
ihrer beiderſeitigen Souveraine zum Schuße des
89
unglüdlichen
Ludwig XVI. verbunden .
Auch der
von Sachſen ward nebſt andern deutſchen Fürſten dem
Bündniß beizutreten .
Murfürſt
eingeladen ,
Friedrich Auguſt III., der es ſich
einmal zur Aufgabe gemacht hatte , überall eine gewiſſe Neu tralität zu beobachten , verweigerte eine thätige Mitwirkung feiner Seits, und machte den
deutſche Reichstag in dem
Könige
Vorſchlag zu einer
ſeiner Sißung vom
Frankreich
von
nur
gefunde Vernunft baſicte Vorſtellungen
fämmtlichen Geſandten
6. Auguſt 1791 ,
einige eindringliche
rich Auguſt ermangelte auch nicht, in
zu
friedlichen
Nach ſeinem Antrage beſtimmte dann auch der
**
Intervention .
zu machen. dieſem
auf
Fried
Sinne feinen
eine beſondere Inſtruktion zukommen
laſſen , während er auf neues Andringen Deſterreichs und
Preußens eine engere (bewaffnete) Vereinigung ablehnen zu müſſen glaubte. Weder Defterreich, nods Preußen hatten eine folche Entſchiedenheit von dem
kleinen Sachſen erwartet, und
nicht glaubend,
daß
Kurfürſten
ausgeſprochenen
Anſicht
ihm
es
einen perſönlichen
dem
ſei, beſchloſſen
Ernſt ſie
Beſuch zu machen .
unter
mit feiner einander,
Sie hofften , ihn
durch Ueberredungskünfte dennoch für ihre Idee zu gewinnen . Um Friedrich Auguſt ganz in die Enge zu zu der Zuſammenfunft mit ihm
treiben , hatten ſie
auch noch den Vertreter Ruß =
lands, Prinzen von Naſſau , und den Grafen Philipp von Artois , zweiter Bruder Ludwig XVI., der ſpäter als Karl X. Frankreichs Krone trug ind: 1830 als Flüchtling an den europäiſchen Höfen erſchien. Revolution war
Zu Anfang der franzöſiſchen
er einer, der eifrigſten Vertheidiger der fö
niglichen Vorrechte:
Dadurch machte er ſich natürlich bei der
franzöſiſchen Nation verhaßt, die ihn für vogelfrei erklärte und einen hohen Preis auf ſeinen Kopfifeste. Er floh aus Frank reich und begab ſich mit feiner Familie an den Hof feines
90
Schwiegervaters zu
Turin .
Im
Jahre 1790 hatte er eine 1791
Raijer von Deſterreich und
Zuſammenkunft mit dem
begab er fich mit dem Marfidh all Broglio und dem
Prin
zen von Condè nach Wormg, wodurch er die Auswanderung einer großen
Anzahl franzöſiſcher Offiziere, deranlaßte.. Er
hielt fich darauf einige Zeit in Born auf, ging
dann nach
Brüffel, wo die Grzherzogin Maria Chriſtine ihm
zu Ehren
>
Feſte gab , und eilte hierauf nach Wien , um Verhandlungen
Zeit ſchwebenden
zu
Ende zu
die Feit langer führen .
Er
war auch die Haupturſache von der von uns bereits erwähns ten
Zuſammenkunft Deſterreichs .
Preußengi und Sachſene,
der auch er, wie geſagt, beiwohnte und welche in der kurfürft lich -fächfiſchen Sommerreſidenz Pillnis Statt fand. Der Franzoſe befißt von Haufe aus ein ziemliches Heba nertalent, weil er Alles , über das Cerrufpricht, mit Feuer und Enthuſiasmus ergreift. Artois nicht
Es konnte auch bei dem Grafen von
fehlen , daß er den Fluß ſeiner
Mede- fprudeln
und keine Ueberredungstünfte fehlen ließ , Friedrich Auguft für die Idee eines bewaffneten Zuges nach ſten 971
deg wačelnden
Frankreich, zu Guns
Königthums zu gewinnen . 641090 " LING
Ich verſichere Eurer Durchlaucht,"
fagte er " , ce n'est
1
qu'une promenade !
(Es iſt nichts weiter, als ein Spa
ziergång.)
verfekte ein
D , ho ," derber Weiſe,
alter öfterreichiſcher General in
elle sera bien longues (Der aber ziemlich
lang fein wird.) Friedrich Auguſt HI. antwortete nur mit einem zucken, um
Achſel
fich gar nicht auf die Unterhandlung einzulaffen .
Dagegent verſäumte er nichts , feinen Gäſten ihren Aufenthalt in Pillniß und nachher in
Dresden
for angenehm , ' als mög=
lich zu machen , woran denſelben allerdingê wenig gelegen ſein
91
-
mochte. der
Alles , was er ohne erheblichen
That von
ihm
geliebten Volkes
So händigte er z. B. dem kannten den
von
Nachtheil ſeines in
thun
ſeinem
konnte, geſchah.
Fürften ſo ſehr per
Miniſter Charles Alerandre de Calonne für
Grafen
von Artois 12,000
Thaler und eben ſoviel für
den Grafen von Provence (nachherigen König Ludwig XVIII), ein .
Wie wenig übrigens die beiden Großmächte Deutſch
lands über die Weigerung Sachſens , dem
Bunde gegen das
franzöſiſche Volt beizutreten , erzürntwaren , er helt fchon aus dem
Umſtande, daß der Kaiſer Leopold II. gleich nach den
beendeten zu
Verhandlungen
1000
Ducaten
beim
Konſiſtorium
Dresden niederlegte, von denen arme öſterreichiſche Predi
den folken .
Sachſen ſtudiren wollten , unterſtüßt wer
.
gerföhne, welche in
Friedrich Auguſt III. verſtand es , fich überall
eine unbegrenzte Hochachtung zu verſchaffen . Am gingen die europäiſchen einander, nachdem mit dem
Fürſten und
Geſandten wieder aus
der Kaiſer von Deſterreid
Könige von Preußen
27. Auguſt
in Gemeinſchaft
noch eine Erklärung veröffent
licht hatten , nach welcher fie die Angelegenheit des Königs von
Frankreich zu einem
Gegenſtande des allgemeinen
effe für alle europäiſche Souverains erhoben ſprachen
in
Inter Sie
dieſer Erklärung , die Hoffnung aus, daß kein eu
ropäiſcher Fürſt ſich weigern würde , fich Betheiligen und machten ſich in dieſem aller ihnen zu zugehen .
hatten .
an dem
Bunde;zu
Falle verbindlich, mit
Gebote ſtehenden Macht auf ihren Zweck los
Indep - konnten fie es doch nicht ſo leicht perſchmec
zen , daß der Kurfürſt von Sachſen unbetheiligt bleiben wollte. Deshalb
fand eine abermalige Zuſammenkunft am
vember
in
zwiſchen
Preußens und Sachſens Herrſchern
Beliß ,
einem
kleiner
preußiſchen
25. No Städtchen ,
Statt , die jedoch
ebenſo erfolglos war, wie die in Pillniß abgehaltene.
92
TIH 6 Am 22. März 1793 ward publik der Reichskrieg erklärt.
der neuen franzöſiſchen Re Jeßt mußte fich Sachſen be
theiligen und es ſtellte zuerſt ein dreifaches , ſpäter aber ein fünffaches
Reichscontingent.
Schon am
hatte Friedrich Auguſt III. ſeinen
10.
Februar 1793
General von Lindt zum
Kommandeur der fächfiſchen aus 6000 Mann beſtehenden Trup pen ernannt, mit der Weiſung, fich unter den Oberbefehl des Hérzogs von Braunſchweig zu ſtellen . auch in dieſem
Die Sachſen haben ſich
Feldzuge; der allerdings nicht zu den glänzenden
gehört, rühmlich ausgezeichnet.
Am
14. April 1793 begann
der preußiſche Feldmarſchall Graf Friedrich Adolph von Kalt reuth die Belagerung der von ten Stadt Mainz.
franzöſiſchen
Den ſächſiſchen
Truppen beſef =
Truppen , welche bei die
fer Belagerungsarmee fich befanden , gebührt ohne Frage ein großes Verdienſt bei Eroberung dieſes Plages, welche mittelft Kapitulation vom
22.
Juli 1793 erfolgte . Sie halfen
auch
die unter Moreau's Befehl ſtehenden Franzoſen beſiegen, und bis an die Saar zurückdrängen . Zu dem Siege Möllendorf's bei Kaiſerslautern am lich bet; indem
23. Mai 1794
trug Kalkreuth weſent
er die' gegen Pirmaſens vordringende fran
zöſiſche Heeresabtheilung gänzlich ſchlug, was ihm
vielleicht
nicht gelungen wäre, hätte er das fächfiſche Contingent nicht bei fich gehabt.
Darauf wurden die Franzoſen bis Saar
louis zurückgedrängt.
Der Graf von
Kalkreuth
konnte
indeß nicht verhindern , daß die damals faſt unüberwindliche franzöſiſche Armee Trier einnahm . Man machte ihm
darü
ber aber Seitens der öſterreichiſchen Feldherren die bitterſten Vorwürfe. “ Er
rechtfertigte
ſich und ſeine Armee
durch eine öffentliche Erklärung vom er bewies, daß nach einer am
dagegen
25. Auguſt, in welcher
26. Juli getroffenen
Ueberein
kunft Trier gar nicht zur Defenfionslinie der Preußen
gehört
93
habe, daß er aber gleichwohl Trier zur Hilfe geeilt wäre, es aber nicht habe retten können , weil die Deſterreicher ſo ſchnell den Plaß geräumt hätten .
1
Der Feldzug von 1794 wurde bei lautern , am Ober rhein
eröffnet.
Die Reichsbeere wurden vom
von Sachſen - Teſchen befehligt. Feldzuges zu den
Obgleich
Herzoge Albrecht
der Anfang dieſes
ſchönſten Hoffnungen berechtigte ,
fo verur
fachte die Uneinigkeit der Feldherren unter einander, daß Alles vom
Monat Juli an nicht nur rückwärts ging , ſondern daß
fogar Preußen ſich ganz zurückzog und mit der franzöſiſchen Republik allein unterhandeln zu wollen
erklärte. Dies geſchah
auch in der
im
That am
Hauptſächlich war
5. April 1795
Frieden zu Baſel.
dieſer Unfrieden unter den
Verbündeten
dadurch gekommen , daß die preußiſchen Truppen
ſich mit den
fächſiſchen nicht recht befreunden klärten
in
zu fromm ging
konnten .
Die Preußen er
ihrer Naivetät: , weil der jächſiſche Soldat fei!
Es iſt wahr , das fächfiſche Militair be
keinen Marſch:
ohne nicht vorher
ſeinem
Gott durch
ein andächtiges Gebet oder durch das Abſingen frommer lies der gedient und ſich damit zu ihrem ſtärkt
zu
haben .
Wie man
greiflich .
Die Grenzlinie zwiſchen Deutſdlands umfaßte auch den jenigen
fo : Etwas
tadeln
und
als
einer Entzweiung betrachten kann , iſt unbes
གབརྡོངས་
eine Urſache zu
traurigen Tagewerk ges
dem
nördlichen
und
ſüdlichen
oberfächfiſchen Kreis.
Den
Fürſten , welche ihr Contingent zurückziehen wollten ,
wurde der
Frieden
zugeſagt.
Braunſchweig und Hannover
verſuchten , aus dieſem : Umſtande Vortheil zu ziehen ; Heſſen Kaffel ſchloß ſogar Frieden : dagegen wollte Friedrich Auguſt nichts von dem erklärte in
ihm
gebotenen Vortheile wiſſen , ſondern er
ſeiner Ehrenhaftigkeit laut und dreiſt, daß er ficy
94
dadurch von
ſeinen Pflichten gegen Deutjchland nicht für ent
hoben anſehen könne, weil es mit der Verfaſſung des deut ſchen Reiches nicht in Mächte allein Um
Einklang zu bringen ſei, daß einzelne
unterhandeln
und einen
Frieden
abſchließen .
feine Grundjäge thatſächlich zu beweiſen , bewirkte er eine
Vereinigung ſeiner Armee mit der öſterreichiſchen im Septem = ber 1795.
Indeß ſchien
es , als habe man
gar nicht die
Abſicht gehabt, noch weiter vorzugehen ; man ließ die fächfi ſhen Truppen müßig bei Mannheim lich Friedrich Auguſt in einem zurüđzog. über den
Unterdeffen waren Rhein
gekommen
aus drohende Poſition Kurfürft von
ſtehen , von wo ſie end
Augenblick gerechter Entrüſtung die
kriegsluftigen
und nahmen
Franzoſen
dadurch eine über
gegen das deutſche Reich
ein .
Der
Sachſen ließ ſofort ſeine -Armee wieder nach
dem Rhein marſchieren und ſich mit den öſterreichiſchen , welche der Erzherzog farl befehligte, vereinigen .
Die Franzo
fen , 'von Lefebvre commandirt, wurden nun wirklich auch bei Weßlar geſchlagen .
Ein
eigentlicher Gewinn war dies
jer Steg jedoch nicht für Deutſchland.
Eine andere französ
fiſche Armee unter Moreau und Jourdan drang biß nach Franken und Baiern vor, wodurch Sachſen beſonders tu Nach theil
gerieth . ' Friedrich Auguft
erkannte bald mit flarem
Blick das Mißliche ſeiner Lage und die Unmöglichkeit , noch länger der jungen franzöſiſden
Republik zu widerftehen. Er
befahl daher raſil ſeinen Truppen , den Kriegsſchauplaş zu verlaſſen und ſchloß ohne jeglichesAutor einen Waffen ſtillftande
und Neutralitäts- Bertrag mit Frankreich ab .
war uur noch Defterreich im Felbe. megvere Siege über die Franzöſiſchen
Fegt
Wenngleich baſſelbe audi Waffen
erkämpft hatte,
fo ſah es ſich dennoch zu einem Friedeu febr bald genöthigt,
95
da Frankreichs Hauptgenie, Napoleon Bonaparte;' von Italien kommend, mit Windeseile auf Wien zumarſdierte. Für Oſterreich war der mit Frankreich am 17. Octo ber 1797 zu Campo Formio abgeſchloſſene Frieden wenig eh renhaft. n. Außerdem
ſollte das deutſche Reich noch beſonders
zu Raſtadt mit Frankreich verhandeln . putation zu wählt.
dieſem
Zwede pon
Es wurde eine Des
den deutſchen
Der Kurfüvſt von Sachſen ſchitte
Ständen
den
ge
bereits von
Polen her bekannten Grafen von Löben als Geſandten dahin ab, dem
er privatim
einſchärfte, alles Mögliche für Deutſch
lands Unabhängigkeit zu verſuchen .: 1 op zen
Es war damals ein Europa's.
höcyſt unſinniges Gebaren
des gana
Man konnte ſich nicht entſchließen , die fran
zöſiſche Republik anzuerkennen , und dennoch ſchien man weder Muth, noch Talent genug zu befißen , ſich mit Erfolg derfel ben zu widerſeßen .
'
Napoleon Bonaparte war ein göttliches Genie , das ge= fendet worden war , alle übrigen noch etwa porhandenen zu verbunkeln
und eine neue Drbnung der Welt
Man hatte ihm
nicht erkannt und wollte ihn
einzuführen . ſchlechterdings
nicht erkennen oder troßte endlich woch zu ſehr auf eine Macht, die gar nicht vorhanden war und der Phantafie der deutſchen
eigentlich
immer nur in
fürften exiſtiot hatte.
Man la
burirbe bamala ebenſo vergeblich an einer Einigung Deutſch lands, wie hundert Jahre fpäter, und die niemals erreicht werden wird... Was konnte es
für einen Nußen
wenn ein Ehrenmann , wie Friedrich Auguſt von Unterhandlung tvat und Begt zu einem
gewähven , Sacjen , in
das übrige Catopa fich zu gleidyer
neuen Kriege rüſtete ?
Deutſchland wurde gea
idhlagen bei Marengo und Hohenlindien und mußte fidh zu dem
lüneviller Frieden am
9. Februar 1801 bequemen .
96
Das linke Rheinufer fiel an Frankreich , die Reichsfürften wur den
durch Säculariſationen : entſchädigt.
Friedrich Auguſts
Rechtlichkeit trat bei dieſen Entſchädigungsvorſchlägen wieder glänzend hervor.
Er machte ebenſo vortreffliche, als gutge
meinte und ſchlecht befolgte Rathſchläge; der Egoismus ein zelner Fürſten ließ ſie gar nicht zur Geltung kommen .
In
Mathieus Dachſtübchen in Paris," bemerkt Böttiger, ,war Alles ſchon im brachten
den
Voraus entſchieden ; Laforeſt und Klüpfel
Reichsdeputationshauptſchluß in
der Taſche mit.
der Deputationsreceß zu Stande ;
Am
25. Februar 1803 kam
am
10. Mai löfte ſich die Deputation nach ihrer funfzigſten
Sißung auf. wonnen .
Kurſachſen hatte
Nichts verloren , Nichts ge
Aber immer konnte es
nicht gleichgiltig ſein ,
ihm
Provinzen und Gebiete, mit denen es in
ehemaligen Verhält
niſſen geſtanden hatte, wie Erfurt, Untergleichen , Eichse feld , Treffurt, Quedlinburg, Mühlhauſen , Nord hauſen , außer vielem
Anderen , was den
Verluſt mehr, als
reichlich aufwog, jeßt in Preußens Hände übergehen zu ſehen , deffen
Uebermacht
Frankreichs Ganzen
im
nördlichen
Deutſchland mit Willen
bedenklich geſteigert wurde. 1 Sachfen
nur
einige
Prätenſionstitel
von
büßte nim
Jülid ,
Cleve
u . faw . einz: aber ſchon die Art, wie Preußen , auf Separat: verträge mit Rußland und Deſterreich geſtüzt, noch während der Verhandlung zugriff, wie dies ein Signal für Alle, die Etwas bekamen , wurde , mußten den an der alten Ordnung hängenden im
Fürſten
ſchmerzen.
Kurfürſtenrath , aber
noch 6 !
von
Er bekam
nun neun Kollegen
51 Reichsſtädten blieben i nur
Umſonſt hatte Friedrich Auguſt für ſie geſprochen ,
die keine andere Schuld hatten , als die der Ohnmacht gegen dieiUebermacht. Und doch war es noch nicht das Schlimmſte ?? . c !!!
97
und Gewaltſamſte , was Wer
es mit
Deutſchland
über
Deutſchland, kommen
redlich
meinte,
ſollte .
konnte nur mit
trüber Beſorgniß in die nächſte Zukunft ſchauen .“
Siebe u te
fapitel.
Baron Thomas von fritſch . Friedrich Ludwig von Wurmb. Ignak Edler von Born . Deſſen Brief an Johann Georg Jorfter. Der Charakter des Grafen von Wallwiß . Auguft de l'eftocq, ſeine Geliebte und deren Kammerzofe. L'Effocq's Intriguen , deren Entdeckung und Be ftrafung. Johann Auguft von Moftiz. Eine zehnjährige Wutter. Dr. Waiz bekommt von Herrn von Moftiz Prügel. Herr von Biſſing Mirabeaus Urtheil über Friedrich Auguft III. – Friedrich Auguft's Adel Hofgebräuche. tolz. Dutens. Montbé. Wie es in der Regierung eines jeden Fürſten vorkommt und gewiſſer Maßen auch vorkommen muß, daß einige Män ner vorhanden ſind, die ſich des beſonderen Vertrauens ihres Gebieters in
zu
erfreuen haben , fo fehlte dieſer Umſtand auch
der Regierungszeit Friedrich
Auguſt
III. nicht.
Hauptvertrauten , des Grafen Marcolini, haben
Seines
wir bereits
früher des Ausführlicheren gedacht , dod der Anderen nur vorübergehend erwähnt. Fritſch , Gutſchmid , Wurmb und Wallwiß ſind vier Ramen , die nicht ohne Bedeutung für die Entwickelung Sachſens geblieben Der im
ſind.
Jahre 1742 von Kaiſer Karl VII. zum
Baron
ernannte Thomas Fritſch, ſtammte aus einer bürgerlichen , handeltreibenden
Familie, und
zwar war ſein
Buchhändler in Leipzig . Da dieſer Vertraute Geſchichte. Sachſen . 3. Bb.
Vater - ein
ein kenntnißreicher und 7
98
zugleich auch ein vermögender Mann war, fo ward an nes Sohnes Ausbildung Nichts verabſäumt. von Fritſch war im
Jahre 1700
fet
Thomas, Baron
in Leipzig geboren, entwik
kelte fich ſehr fchnell, beſuchte die meißener Fürſtenſchule und begab ſich dann auf die Univerſität in ſeiner Vaterſtadt, um Cameralia zu ſtudiren . ferendar im
Schon
1730 ward er geheimer Re
Geheimen Rath , ein
darauf wurde er zum
Jahr ſpäter Hofrath.
Direktor
Bald
des Münzcabinets ernannt.
1
Im
Jahre 1740 endete der erſte Abſchnitt ſeiner politiſchen
Thätigkeit in ſeinem nad
Paris
ſchloß .
Vaterlande , der mit einer Sendung Der Kaiſer Karl
VII. ernannte
ihn
nicht nur zum
Reichshofrath, ſondern machte ihn , wie ſchon geſagt, auch gleicher Zeit zum Karl VII. ſtarb Baron.
1745 und Fritſch ging nad zurück, wo man verwendete. fchen
deſſem
Tode in
ihn abermals für den
ſein
Vaterland
öffentlichen
Dienſt
Hier beginnt der zweite Abſchnitt ſeiner politi
Wirkſamkeit
in
Sachſen .
Anfänglich
ſcheint er zwar
die Abſicht gehabt zu haben , ſich nicht wieder in die Politik zu miſchen ; doch
die beſondere Gunſt, welche ihm
Seitens
des damaligen Kurprinzen Friedrich Chriſtian zu Theil wurde, mochte ihn bewogen haben , ſeiner Abſicht untreu zu werden . Er war es , wie wir wiſſen , der im bertsburger
Frieden
unterzeichnete.
als
Bevollmächtigter
Bald darauf ward er zum
ernannt und erhielt von Friedrich achten
Jahre 1763 den Hu Kurſachfens mit Conferenzminiſter
II., der ihn ſchäßen und
gelernt hatte , eine Einladung zu einem
Sansſouci.
Lange konnte fich Fritſch
bei dem
Beſuch nach Könige von
Preußen nicht aufhalten , da die traurigen Verhältniſſe feines Vaterlandes
eine
geſtatteten .
Da er aber
längere Abweſenheit
ſeiner Perſon
nicht
einmal unterwegs war, fo wollte
er doch auch den trefflichen 'Moſes Mendelſohn, welcher
99
in
Berlin fich befand, perſönlich kennen lernen . Kaum hatte großen
er dem
Friedrich feinen Wunſch zu erkennen gegeben ,
als dieſer mit der größten
Bereitwilligkeit erklärte :
„ Wenn ich dadurch Ihren Aufenthalt bei mir verlängern kann , dann
ich Moſes Mendelſohn
werde
hierher kommen
laffen ." Dies geſchah dann auch in der That. Und dieſer Um ſtand beweiſt ziemlich deutlich, wie hoch die Achtung war, in welcher
der Baron von
Fritſch auch bei Friedrich II. ſtand .
Nach einer fünfundvierzigjährigen öffentlichen Thätigkeit ſtarb dieſer würdige Mann
im
Jahre 1775.
Für Sachſen war ſein
Verluſt, wenn auch nicht unerfeßlich, ſo doch mindeſtens ſehr fchmerzlich. Ueber den Baron von Gutſchmid und merherrn von Burgsdorf haben wir im pitel des zweiten
Bandes
dieſes Werkes geſprochen , und es
iſt nicht nöthig , hier auf ſie zurückzukommen . fen wir noch der Grafen
beiden Miniſter
kennen wir zwar
ſchon
aber
ausführlich ,
nicht
Dagegen müſa
von Wurmb und des
von Wallwiß gedenken .
noch
den Ram
vierzehnten Stas
Den
zuerſt Genannten
aus der Schröpferſchen daher
noch
Geſchichte,
einige
Worte
über ihn . Friedrich Ludwig Wurmb war
im
Thüringſchen
geboren und nicht mittellos. Er war Eigenthümer des eben falls
ſchon
erwähnten
Rittergutes Großſurra , das übrigens
noch jept im Beſig feines Sohnes Theodor von Wurmb fich befindet, der Oberſtallmeiſter
des Fürſten
von
Sondershau
ſen iſt.
Unter
der Adminiſtration
Herr von Wurmb zum tion , und im
erſten
des
Prinzen
Xaver wurde
Direktor der Kommerzien - Deputa
Regierungsjahre
Friedrich Auguſt'S
7*
III .
100
zum
Kabinets-Miniſter ernannt.
Conferenz- und ſpäter zum durch
Schröpfer hat
ſeinen
an
ſeinen
Bruder gerichteten
Brief ein eigenthümliches Licht auf Wurmb geworfen , und es iſt niemals genügend aufgedect worden , ob ſeine Beſchul digung gegründet geweſen .
Ludwig von Wurmb
Friedrich
beſaß eine ungewöhnliche Lebhaftigkeit , namentlich trat dies felbe bei allen
abenteuerlichen Geſchichten
auffallend
hervor.
Unter ſolchen Umſtänden vergaß er faſt alle Mal feine hohe Stellung, die eigentlich an und für ſich ihm ſchon gebot, fich von derartigen Treiben " fern ein
reiner Naturmenſch, dem
zu halten ; er war dann es vor allen Dingen
darum
nur zu
thun war, das Myſteriöſe der Weltordnung mit ſeinen Augen zu durchdringen .
Dabei war er ein äußerſt ſtrenggläubiger
Mann , bezweifelte Nichts, was in deshalb auch
ein
obgleich er gegen das
Gegner aller freier
denkenden Menſchen ,
ſie nte amtlich auftrat. ſeinem
Jahr 1800 und war bis zu
rer Günſtling ſeines Monarchen Gegenbeweiß
Theil ein
der Bibel ſtand, und war.
Wurmb ftarh um Tode ein beſonde
geblieben , was zum
großen
der ganz allein ſtehenden Schröpfera
ſchen Behauptung zu ſein ſcheint. Im
Jahre 1782 errichtete Friedrich
Auguſt
III. ein
Finanz-Collegium , das die Stelle der alten Rammer vertre ten ſollte und worüber wir ſpäter ausführlicher reden werden . Der Graf Georg Reinhard von von ihm
zum
Director
Wallwiß
war
oder Präſidenten dieſes Collegii er
nannt, der es verſtand, es bald zu einer Lieblingsbehörde des Kurfürſten
zu machen .
In
dieſem
Finanzcollegio
wurden
die Acciſe -Berg- und Stammer-Collegien und ihrer bis dahin vereinzelten Kaſſen pereinigt.
Der
Graf von Wallwiß ge
hörte zu den reichen Leuten und beſaß mehrere Güter, 3. B. das bei Dichas gelegene Schmorkau, auch Schweikershayn ,Wieſe,
101
Gepülzig
u . f. w .; auch beim
Bade Radeberg lag eine fet
ner Befißungen , Liegau, wo er ſehr häufig einen Sommers
zubrachte .
machten gräflichen
Er gehört ebenfalls zu
Familien ,
Theil des
den neu
gee
obgleich er aus altem , adligen
Geſchlecht ſtammt, das mehrere Miniſter und hohe Dffiziere aufzuweiſen
hat.
Auch der Vater
des
in
Rede
ſtehenden
Grafen von Walwiß war Oberſtlieutenant , er felbft Gene raladjutant
des Grafen
von
wirklicher Soldat zu ſein .
Brühl geweſen ,
ohne jemals
Denn bekanntlich war Brühl nur
General der Einkünfte wegen.
Im
fich Graf Walniß mit Fräulein
Jahre 1757 vermählte
von Poigk , Tochter
des
fächfiſchen Kammerpräſidenten , die jedoch ſchon , vermuthlich im
Kindbett , 1758 ſtarb.
mit der
1759 fchloß
er eine zweite She
Tochter des Grafen Adolph von Loß , aus wel=
cher zwei Söhne und zwei Töchter hervorgingen . 1762 machte ihn Kaiſer Franz 1. zum
Im
Jahre
Reichøgrafen .
Walniß war ein ſtolzer, hochmüthiger, oft auch ein un höflicher, ſogar grober Mann , dabei aber ein überaus treuer Anhänger feines wurf, daß ausdehnte. wenig
Audy macht man
Daß
er unter
ſolchen
ihm
den
Vor
ekelhafteſten Geize
Verhältniffen
nun
auf
Freunde rechnen konnte , ift leicht erklärlich, da man
einem beim
Fürften .
er feine Sparſamkeit bis zum
Geizhals überhaupt nicht gut iſt. Indeß müſſen wir Grafen Walwiz lobend anerkennen , daß feine Spar
ſamkeit ſich nicht allein auf ſeine eigene Vermögensverhält niffe, ſondern
auch auf die ihm
Kaffen
erftredte.
fonders
bei ſtaatlichen
Abzuleugnen
anvertrauten
ift allerdings nicht, daß bes
Inftituten
die Sparſamkeit eine gree
wiffe Grenze haben muß , wir glauben diefe Grenze eingehalten hat.
kurfürftlichen
aber , daß Walmiß
Geſchenke oder dergleichen wur
den von ſeiner Seite als turfächfiſcher Staatsbeamter freilich
102
gemacht, und wenn dieſelben
wenig
Nothwendigkeit geboten
werden
treuer Dienſte, ſo ſcheinen
auch zuweilen
von der
zur Aufmunterung weiterer Allgemeinen ſehr be
ſie doch im
ſchränkt werden zu können , da häufig Perſonen mit derarti gen Präſenten bedacht werden , denen ſie eigentlich nicht zu Den Grafen
kommen .
von Wallwiß trifft ein ſolcher Vor
wurf nicht, und dies dient zu er mit den , wie wir ſoeben
ſeinem
beſonderen
Lobe.
Daß
ſagten , von dér Nothwendigkeit
gebotenen klingenden Ermunterungen “ zuweilen zu knickerig umging , iſt zwar keineswegs zu loben , der Vorwurf aber, ihm
den man fertigt. auch
deshalb macht, iſt dadurch noch nicht gerecht
Eine Urſache zu
Ignaß Edler von
einem
derartigen
Born
Vorwurfe will Dieſer
gehabt haben .
Herr , berühmt als Naturforſcher , am
26. Dezember 1742
zu Karlsburg in Siebenbürgen geboren , wurde 1770 Beiſißer in
dem
oberſten Münz- und Bergmeiſter-Amte zu Prag, und
demſelben Jahre noch Bergrath. Um das öſterreichiſche Naturaliencabinet zu ordnen und zu beſchreiben rief ihn Maria Thereſia 1776 nad Wien ; drei Jahre ſpäter , ein in
Jahr vor ihrem
Tode, ernannte ſie ihm
zum wirklichen Hof
rath bei der Hofkammer in Münz- und Bergwerkſachen . von Born
hatte
fich
beſonders
dadurch
Heer
einen europäiſchen
Ruf erworben , daß er ein Werk über die Verbeſſerung und Erweiterung der Amalgamationsmethode. ( Verbindung der Metalle mit Queckſilber) unter dem Titel: Ueber das An quiden der gold- und filberhaltigen Erze, Rohſteine, Schwarz Kupfer und Hüttenſpeiſe , herausgab. mehrere Fürſten
Dadurch kam
Deutſchlands Beamten zu ihm
dieſe Wiſſenſchaft
bei ihm
zu ſtudiren .
Auch
es , daß
ſandten , um Kurſachſen
hatte dies gethan , und durch die ſpäter zurückgekehrten Born fchen Schüler bereits ſehr erhebliche Vortheile erreicht. Man
103
Edlen
glaubte deshalb , dem
von Born
ſeines Monarchen
Erlaubniß
verpflichtet zu ſein ,
nach vorher eingebolter
und Herr von Wallwiß fandte ihm
eine goldene Tabakdoſe, deren
Werth auf hundert Thaler angegeben wird. ſchen
Für die Born
Bemühungen bei Ausbildungen ſeiner fächſiſchen Eleben
war dies allerdings nur ein unbedeutendes war darüber ſo entrüſtet, daß er in einem Georg Forſter am Hab' ich
Geſchenk.
Born
Johann
Briefe an
20. November 1787 deshalb ſchrieb :
Ihnen
ſchon geſagt, daß mir der Kurfürſt
von Sachfen ,welcher bei der Anquidung jährlich 60,000 Tha ler erſpart hat, für die Mühe, die ich mir gab, die Beamten , die er hierher zur Erlernung der Amalgamirung ſchickte, zu unterrichten , als ein Merkmal ſeiner höchſten Zufrie denheit eine goldene Doſe von dreißig Ducaten ſchickte, die ſeine Herrn
Chiffer hatte ?
Ich
habe ſie
auf
der Stelle dem
Finanzminiſter Grafen von Wallwiß zurückgeſchickt,
unter dem
Vorwand, daß ich kein Geſchenk ohne Vorwiſ
jen meines Monarchen höchſt unangenehm
annehmen
dürfe, und
daß ich es
für Seine kurfürſtliche Durchlaucht und
höchſt unanſtändig für einen
kaiſerlichen Hofrath gehalten
habe, einer ſolchen Kleinigkeit wegen bei Seiner Majeſtät anzufragen . für einen Leben
hungerigen
keine
goldene
fangs Willens , dem
Der Herr Kurfürſt muß mich
Gelehrten
anſehen , der
Doſe gehabt
hat.
Ich
in
ſeinem
war An
Herrn Finanzminiſter funfzig Du
katen für ſeine Bemübung zurückzuſch iden , u . ſ. w ." Dieſer Brief giebt eben dhen
für die Genügſamkeit des
und allem
kein
beſonderes günſtiges Zei
in Rede ſtehenden Gelehrten ,
Anſcheine nach iſt er ebenſo geizig, wie der Graf
von Walniß geweſen . zu ſparen ,
Nur daß der
Jener aber , um
Legtere geizig war, um
ſich zu bereichern .
Wenn
104
fich freilich
bereichert man
ſpart, jo
man
auch ;
einem
in
Lande jedoch, deffen Kriegswunden noch immer nicht vernarbt waren , kann man
ég fchlechterdings nicht bereichern nennen . Land und deſſen Bewohner
Friedrich Auguſt III, wollte ſein
glüdlich machen , und dazu war deren Wohlhabenheit unet läßlich ; je mehr er bei den öffentlichen Ausgaben ſpart, deſto ihm
er von
ſein , die
zu
die Steuern
geringer brauchten einzog . Wir
haben
auch
ſchon
Stolze des Miniſters
von
geſprochen .
der
Grobheit
Hier ein
und
dem
Betſptel :
Dresdener Adel hatte eine Reſſource geſtiftet.
Der
Wer einmal
einen gemüthlichen Abend verleben wollte, eilte in die Ref ſource und konnte verſichert ſein , hier auch ſtets einige Be kannte
zu
treffen .
Waren
langt, ſo wurden auch geſchehen .
nun
Fremde in
ſie eingeführt.
Dresden
ange
Eines Abends war dies
Der Fremde benugte einen Plag, der gewöhn
lich nur vom
Grafert von Walwiß in Anſpruch genommen
und , welcher
deshalb
von
der
det
Fremde
Mitgliedern
betrachtete dennod daß einem
fich
man
auch der
auf fich
gleichſam
wie
ein
Heiligthum
Reſſource betrachtet wurde. dieſen
Plaß
gegenſeitig
wagte Keiner, die
niedergelaſſen
mit
ängſtlichen
Als hatte,
Bliden,
Etiquette ſo ſtark zu verlegen ,
er den fremden Gaſt aufgefordert hätte, ſeinen Siß mit andern
zu vertauſchen .
Endlich
erſcheint auch der
Graf von Wallwit . Seine äugen hefteten fich auf den Frem den , der in fich befand.
einer Weiteren Unterhaltung mit einem Das Blut ſteigt ihm
Rückſichtsloftgkeit war ihm lich brach der Sturm
in's Geſicht.
Anderen
Eine ſolche
noch nicht vorgekommen .
Plöße
(og.
Wie können Sie es wagen ,“ ruft er laut aus, meines Plaßes zu bedienen
"
Sich
105
Verſammlungszimmer .
Eine Grabesſtille Herrſchte in dem Man hätte den
eines jeden
Athem
Einzelnen hören können ,
wenn der Miniſter , als keine Antwort erfolgte , nicht fortges fahren wäre in
ſeinen
„ Ich frage Ste,"
Erclamationen . begann er von Neuem
und womöglich
noch lauter , als zuvor , , ich frage Sie, wer hat Ihnen die Erlaubniß gegeben , Sich auf einen Plaz niederzuſeßen , der mir gebührt ?" Jedermanns Belieben , zu fragen , und in " entgegnete falt Jebetmanns Belieben , zu antworten . Fremde der .
11 Es ſteht in
„ Nein , wenn man gefragt wird , dann muß man worten !
ant
Das will ich !"
Der Andere zuckte die Achſeln und fchwieg . im Ste ficheinen nicht zu wiſſen , wer ich bin !" fuhr ihn Walmiß noch zorniger an . 1.„ Es giebt nur einen unhöflichen Adligen in Sachſen ," verfekte der Fremde , „ und
dies
iſt der Graf von Walwiß.
Sollten Sie dieſer ſein ?
„ Allerdings , allerdings bin fürſtlichen
ich
der Miniſter Sr. kur :
Durchlaucht!" tobte Wallwiß.
„Und Sie .. i ? "
Ich habe zwar keine Verpflichtung , mich zu nennen ; indeß da
ich nie unbeſcheiden
fein will, ſo
Darauf knöpfte er ſeinen Roď auf und zeigte ihm
eine
Art Karte ... Herr von Wallwig ſtieß einen Schredensruf aus , wurde bleich , und ſtotterte einige unverſtändliche Worte hervor.
Auf der Karte , welche ihm
der Fremde präſentiet
hatte , befand ſich der Name eines deutſchen Fürſten , dem
es
Spaß machte, incognito zu reiſen .
„ Hengſtigen Sie Stch nicht, Herr Graf,"
bemerkte lä
chelnd der Fremde. „ Ich muß Sie freilich wegen
Ihrer Un
106
höflichkeit beſtrafen, indeß wird dieſe Strafe eine allzuftrenge eben nicht ſein .
Ich
verlange von
Ihnen nur , darüber zu
ſchweigen , was Sie auf dieſer Karte geleſen haben !" Dieſem
Umſtande
iſt
es
auch
zuzuſchreiben ,
daß
der
Namen jenes Fürſten nicht bekannt geworden . Wäre der Graf von Walwig frei von Geiz, Hochmuth und Grobheit geweſen , ſo müßte man ſten
Blumen
in
der
ihn als eine der ſchön
Krone Friedrich
Auguſts
bezeichnen .
Alein kein Menſch iſt ohne Fehler; ſie ſind auch zu verzei hen , wenn ſie nicht gerade zum
Nachtheil derjenigen Perſo
nen und Verhältniſſe, mit denen man zu verkehren hat, an gewendet werden .
Das kann nun vom Grafen Wallwiß eben
nicht behauptet werden . Fürſten
Er vergaß nie, daß
Diener demſelben
er
Treue und Gehorſam
als ſeines fhuldig ſei.
Friedrich Auguft hatte in der That Glück bei der Wahl ſei ner höheren zu
ſeinem
Beamten , was er übrigens auch verdiente.
Tode lebte er nur für ſein
Bis
Volk und wo er dem =
ſelben eine Erleichterung verſchaffen konnte, that er es gern . Von
ſeiner
ausnehmend
landesväterlichen
Fürſorge
zeugen
die ſchredlichen Jahre der Theuerung 1772 , 1804 und 1805 , und
ebenſo
die
gräßlichen
Ueberſchwemmungen von
1784,
1799 und 1804 , wobei er ſich als wahrer Vater. ſeines Vol kes nicht nur durch unmittelbare Wohlthaten , fondern auch durch die Arbeit bewies , die nahrungsloſen Unterthanen an : gewieſen daß
wurde.
für die
Die Magazine aber ließ er ſo einrichten ,
Zukunft ähnlichem
begegnet werden völlig ungeſtörtes
konnte .
Elende mit
Wenn
immer erhöhtes
Glück ſeinem
ſchaffte, fo lag dies nicht an ihm , ſondern trugen
die Schuld daran .
Im
Entſchiedenheit
Friedrich Auguſt nicht ein Volke ver
die Zeitumſtände
Intereſſe feines Landes hielt
er es auch für nothwendig , ſich mit Preußen eng zu
verbin =
107
den , und wir haben früher ſchon über die Vortheile geſprochen , welche er für ſich und ſein
Land durch dieſe Verbindung ge
Johannes Müller urtheilte ſehr richtig hierüber, indem
wann .
er ſagte : „ Daß dieſe Maßregel, der väterlichen Sorgfalt gemäß war, mit welcher Friedrich Auguſt die Wunden
des Vater
landes immer glüdlicher heilte, und gleich gemäß dem
In
tereſſe des Hauſes , deſſen Schild wider grundloſe Anſprüche in
Traktaten
Stände in
iſt, und ſeines Volkes , deſſen vielvermögende ihren zum
gemeinen Beſten
ein Kleinod beſißen , deſſen
geübten Vorrechten
Verluſt beim
Untergange der
Gefeße gewiß und unerſeglich wäre." Wenn
Friedrich
Auguſt III. ſeiner vielen
vorzüglichen
Eigenſchaften wegen von der Geſchichte „ der Gerechte" genannt wird, ſo erfüllt ſie hiermit nur eine ernſte Pflicht. fürwahr felten
einen
gerechteren Monarchen !
Es gab
Daß er auch
Eigenthümlichkeiten befaß , die feine Gerechtigkeitsliebe theil weiß
verdunkeln , darf man
zumal da
fie ohne
nicht ſo ſehr
beſonderen
Nachtheil
hoch anrechnen , für
das
Auge
meine geübt wurden und überhaupt , wie wir bei Wallwiß fchon behaupteten , kein Menſch ohne Fehler iſt. gen darf man
Vertheidi
ſie allerdings nicht, ſie aber zu entſchuldigen ,
gebietet nicht nur die chriftliche Liebe, ſondern das ganze viel bewegte Leben
Friedrich Auguſts .
ſeine auffallende Nachficht
gegen
Zu dieſen
Fehlern gehörte
die von Mitgliedern
des
Adels verübten Ungeſeßlichkeiten , worunter oft ſogar wirkliche Verbrechen ſich befanden .
Der Vollſtändigkeit wegen müſſen
wir einige Beiſpiele anführen . In tant
des
der fächfiſchen Armee diente als Oberſt und Adju Gouverneurs
von
Dresden
ein
Herr
Auguſt
108
de l'Eſtocq *).
Derſelbe war ein höchft leichtſinniger und ver
ſchwendriſcher Mann; er liebte „ Wein , Weib und Geſang," und brauchte, um dieſer Liebe Rechnung zu tragen, weit mehr, als ſein Amt ihm felten .
einbrachte .
Solche Menſchen
ſind nicht
Herr de l'Eſtocq verſtand es , auf verſchiedene Weiſe
fich Gelder zu verſchaffen . unterſtüßt.
Die Gemahlin
welcher er in einem
Beſonders wurde er von Damen eines höheren Hofbeamten , mit
intereſſanten Verhältniß ftand, hatte dies
gethan , und da die ihr bewilligten
bereits vielfach
der nicht ausreichten , ſo unternahm Gemahls von dem
Nadelgel
ſie es, die Börſe ihres
unnüßen Ballaſt zu befreien .
Männer ſich in der Regel auch wenig darum
Wenn die
fümmern , wie
viel Geld fie in der Börſe Haben , ſo werden ſie endlich doch aufmerkſam werden , wenn dies fortwährend und auffallend vermindert wird. den
Dieb
in
Der Gemahl jener Dame ſuchte Anfangs
einem
neugeworbenen Kammermädchen .
Ein
deshalb mit demſelben unter vier Augen angeſtelltes Eramen führte zu keinem
anderen Reſultat, als daß daſſelbe fich vor
nahm , um
ſich gewiffer Maßen zu reinigen , den Beobachter
zu ſpielen .
Ihr Verdacht fiel zuerſt auf ihre Gebieterin , da
fte diefelbe in einer verrätheriſchen Attitüde in dem von
derem
Gemahl überraſchte .
Kabinet
Die Kammerzofe war erſt,
wie erwähnt, fürzlich engagirt, hatte aber dennoch ſchon die Bemerkung gemacht, daß Madame regelmäßig des Abends in das Gemach ihres Gemahls fich fer Zeit niemals zu Hauſe war. hinter ſtecken ; dies zu dem
begab, welcher indeß zu die Ein Geheimniß mußte da
entdecken , weil es die Reinigung von
Verdachte , der auf ihr laſtete, fein konnte, beſchloß fte,
fich vorher ebenfalls dahin zu begeben , fich zu
verſtecken
und
* ) Nicht zu verwechſeln mit dem preußiſchen 1815 verſtorbenen Ges neral Anton Wilhelm l’Eſtocq.
109
zu
beobachten .
eintrat.
Sie lag
Bald
unter dem
darauf kam
auch
Bette , als ihre Herrin
Herr
Kammerzofe nicht kannte und der zu
de l’Eftocg , den die ſeinem
Eintritte eine
Hinterthür benugt hatte, von deren Vorhandenſein fie gleich falls keine Ahnung hatte.
Was jest folgte, erlaube uns der
Leſer , der Delicateffe wegen , zu
verſchweigen .
Akt des Luſtſpiels begann damit, daß Anbeter von dem ihrem
die gnädige Frau ihrem
Verdachte, in welchen ihre Kammerzofe bei
Gemahl
machte,
Der zweite
gekommen
war ,
die
nöthige
Mittheilung
L'Eftocq, ein leichtſinniger Patron , rief lachend aus :
„ Das iſt ja wunderſchön ! Sie werden mir deshalb heute: auch ohne Bedenken
eine kleine Summe vorſchießen können ,
deren ich ganz nothwendig bedarf.“ ..." verſegte die Dame, ,,bedenken Sie, das arme Mädchen würde höchſt unglücklich ſein . . . Mein Gemahl würde ſie als fie den
der Polizei übergeben , da kein Anderer,
Diebſtahl
begangen haben
der Dienerſchaft befindet ſich in unſerem ,,Nun , was würde es
kann .
Denn Keiner
Hôtel."
Ihnen und mir ſchaden ?" fragte
leichthin l’Eftocq. „ Aber bedenken Sie doch das arme Mädchen , ſchuldig und im Aus dem Nichts
ſo un
Gefängniß ..." ſie wieder
entlaſſen
werden muß, weil ihr
bewieſen werden kann ..."
,, Aber ihre Ehre iſt dahin !" Herr de l'Eſtocq lachte laut auf, umarmte darauf feine
Dame und ſagte konnte : „ Ehre ?
fo laut, daß
es
D , meine Verehrteſte, was die Ehre dieſer kleta
nen Leute betrifft, ſo ift's nicht weit damit her ! gen werden
verſtehen .
die Horcherin
wir uns ihrer nach überſtandenem
Im
Uebris.
Gefängniß.
110
annehmen und ſie mit unſerem nicht gar zu häßlich iſt.
Jäger verheirathen , wenn ſie
Ich verſichere Ste , ich muß Geld
haben , und wenn Sie es mir , um
einer ſolchen Lappalie
willen verweigern , werde ich mich erſchießen !" Eine ſolche Sünde durfte die Dame nicht auf fich laden ; fie bewilligte endlich das Erbetene. Die unter dem
Bette befindliche Zofe war wüthend über
die Menge von Beleidigungen , welche der Herr de l'Eſtocq über ſie ausgeſprochen , und fie beſchloß
deshalb , ihrem
bieter ſofort die nöthigen Mittheilungen zu machen . wohl einſehend, daß
ihr nicht unbedingt geglaubt werden
würde, beabſichtigte fie, fich irgend eines dem Herrin zugehörenden
Gea
Indeß ,
Gegenſtandes zu
Geliebten ihrer
bemächtigen , um
das
durch den Beweis über die Anweſenheit l’Eſtocqs zu führen . Dieſen
Plan
auszuführen , war nun
eben
nicht ſo
leicht.
Herr de l'Eſtocq hatte Hut und Handſchuhe auf einen gelegt, den die Zofe von vermochte.
Ein
ihrem
Plaße aus nicht zu erreichen
feiner Spazierſtock
Bett gelehnt, und konnte fie fich aus aller Verlegenheit. wartung .
Tiſch
ſtand
aber gegen
das
dieſes verſichern , war fie
Es gelang ihr auch über alle Er
Herr de l'Eſtocq wollte ſich endlich wieder entfer
nen , und vermißte
ſeinen
Stod .
Madame behauptete, er
habe keinen gehabt, während er von dem Gegentheil vollſtän dig überzeugt war und den Verdacht ausſprach , derſelbe wäre vielleicht unter das Bett gefallen . Die Angſt der Zofe war in dieſem Augenblick entfeßlich. Aber feſt entſchloſſen , den einzigen Beweiß ihrer Unſchuld nicht wieder von ſich zu laſ fen , ſtieß de
fie denſelben in die Unterlagen
l'Eſtocq
nahm
des Bettes.
Licht und leuchtete überall im
Herr
Zimmer
umber, auch unter das Bett. : ... Wie von einer Viper ges ſtochen , ſprang er von der Erde empor.
111
„Madame,"
ſagte er laut,
wir find verrafhen .
Bette liegt Jemand, der uns belauſcht hat.“
hier unter dem
" Die Dame konnte vor Schreck kein
Wort hervorbrin
eine Ede des Sopha's
gen . ... Sie war in
Dieſer ging
heftete ihr gläſernes Auge auf ihren Geliebten . einige Male
Zimmer auf und nieder , nahm
im
und
gefallen
dann ein
Piſtol von der Wand und ſagte : „ Ich werde den Menſchen erſchießen. ..." Um Gottes Willen nicht!" flehte die Dame, indem aufſprang und den Arm
l'Eſtocqs
ergriff , deſſen
ſie
Hand das
Piſtol krampfhaft umſchloß . „ Ich werde es
thun , wenn ich nicht auf eine andere
Weiſe für unſere Sicherheit ſorgen
kann !"
verſeşte er ; und
ſich nun ſpeziell an die unter dem
Bette befindliche Perſon
wendend, rief er : , Rommen Sie hervor, wenn Stehen
Sie in
Ihnen Ihr Leben lieb iſt.
zwei Minuten mir nicht gegenüber,
dann
fchieße ich unter das Bett." Die Horcherin kam
und ward von ihrer Gebieterin
er
kannt, Herrn de l'Eſtocq war ſie fremd. Auf einige Fragen , die ihre Herrin an fie richtete und die ihren Aufenthalt unter dem
Bette betrafen , antwortete ſie mit einem
hübſch erſonne
nen Märchen , deffen Pointe darin beſtand, daß fie ihren Ges liebten hier erwartet habe, ihr aber , von
ihrer
überraſcht , nichts
ſei , als fich zu
verſtecken . Fällen
Anderes übrig
Madame,
die , wie
zur Nachficht für die
geblieben alle
Frauen
in
Gebieterin
ähnlichen
Schwäche ihrer Zofe geftimmt
wurde, weil ſie auch deren Nachricht für ſich ſelber brauchte, ſchien
mit dieſer Auskunft vollſtändig befriedigt; nicht ſo
Herr de l'Eſtocq.
Er ſah weiter, als Madame, und behaup
tete , er habe gehört, ihr Herr habe ſie beauftragt, ſeine Ges
112
mahlin zu
beobachten
ihrer Anweſenheit.
der Grund
und dies allein ſei auch
Die Angeklagte widerſtritt dem , verweis
gerte aber ganz entſchieden einen Eid, den l’Eſtocq verlangte, Vorgeben , daß
unter dem fie, fich den
Stock angeeignet zu haben .
Die
Das ganze Gemach jedoch nicht ge
durchſucht, der Stod
ward ſehr aufmerkſam funden .
fie niemals ſchwöre; auch beſtritt
Verweigerung des verlangten Schwurs brachte
eine Aenderung des l'Eſtocq'ſchen
Planes hervor.
„ Ich kann die Ehre dieſer Dame nicht Ihrer Gutmű thigkeit anvertrauen ,"
ſagte er , „ und da Sie Verſchwiegen
heit nicht eidlich angeloben wollen , ſo werde ich mich der Von ſelben auf andere Weiſe zu verſichern verſtehen . .
dieſem
Augenblic
an
betrachte
ich
Sie
als
meine
Ge
fangene." und ohne noch weiter Etwas zu ein
Taſchentuch
den
in
ſprechen , ſteďte er ihr
Mund , band ihre Hände auf dem
Rüden zuſammen und führte fie ab , nachdem
er vorher ſets
ner Geliebten noch einige Worte zugeraunt hatte .
Daß dies
Alles nicht ohne erheblichen Widerſtand Seitens. Der Zofe und ohne Proteſt der
Dame geſchehen war , iſt klar ; allein
auch
ebenſo klar , daß l'Eſtocq ſeinen Willen mit raſcher Entſchies denheit
durchſepte .
Einige Meilen
beſaß er ein kleines Gut, deffen delbarer Treue ergeben war.
von
Dresden
entfernt
Verwalter ihm mit unwan
Ihm überbrachte er noch in der
nämlichen Nacht mittelft eines verſchloſſenen Wagens die Ge fangene , befahl ihm , fie zwar anſtändig zu behandeln , aber jeden etwaigen Fluchtverſuch unbedingt zu vereiteln , ſelbſt wenn er dabei weiter gehen müßte, als es die fächfiſchen Gefeße ge Das hieß mit andern Worten : er konnte ſie töds ftatteten . ten , wenn
ihre Widerſpenſtigkeit
beſeitigen fet.
in
anderer Weiſe nicht zu .
113
Herr de
zurüc , bezahlte
kehrte nachy Dresden
l'Eſtocq
mit dem von ſeiner Dame empfangenen Gelde eine ſogenannte Ehrenſchuld und hatte mit ihr am nächſten Abende wiederum
ſich
hatte
die
den
In
Rendezvous.
ein
legten
vierundzwanzig Stunden
Dame merklich verändert.
Ein folches
Aben
teuer hatte ſie noch nicht durchgemacht, weshalb es auch einen Der
nachtheiligen Eindruck auf fie hervorbrachte. luſt war von
ihrem
Polizei von ihm
in
Geldver
Gemahle bereits entdeckt und die ganze Bewegung geſegt, um
die flüchtige und
durch ihre Flucht höchſt verdächtige Kammerzofe zur Haft zu bringen .
Herr de l'Eſtocq ſcherzte über die Bemühungen der
Polizei, und verlangte von ſeiner Geliebten eine ebenſo hohe vorigen Abend , um damit den erſtern
Summe Geld, wie am
Verluſt ihres Gemahls zu decken . fich vollſtändig geirrt.
Dies Mal aber hatte er
Sie verweigerte ganz entſchieden die
Erfüllung ſeines Verlangens. Tropig entfernte er ſich. Einige Tage blieb er in ſeinem Zimmer eingeſchloſſen , um nachzu denken über einen Weg, der ihn ren
im Stande fei . Endlich ſchien er dieſen Weg gefunden zu
haben .
Pfeifend durchſchritt er ſein Gemach.
lidh bejglofſen , ſein zu
aus dieſer Kalamität zu füh
Er hatte näm
dießmaliges monatliches Gehalt doppelt
erheben , was ihm
Oberſt der fächfiſchen
Als
eben nicht ſchwer werden konnte.
Armee und Adjutant des Gouverneurs
glaubte er, würde kein Verdacht gegen
ihn aufkommen , wenn
er bei zwei zwar verſchiedenen , doch zuſammenhängenden Kaf ſen
ſein Gehalt gegen die übliche Quittung entnehmen würde.
Es gelang auch über
alle Erwartung, und es war
möglich, daß es niemals entdeckt werden würde.
ſogar
Als dies ge
ſchehen, ritt er nach ſeinem Gute, wohin er die Zofe gebracht hatte.
Er trat in ihr Zimmer, verſchloß es , und ſagte :
Es thut mir unendlich leid , daß ich Bertraute Geſchichte. Sadſen . 3. Bb.
Ihnen 8
ſo vielen
--
114
Rummer und ſonſtige Unannehmlichkeiten bereiten mußte. Al es in der Ordnung finden , daß man , der
ſein Sie werden
Ehre ſeiner Dame wegen , ſelbſt das Ungewöhnlichſte verſucht ; vielleicht wird es, Ihr Anbeter auch einſt thun, wenn die Ums, ſtände es gebieten ... zu
Ich komme, um
mir
Ihre Verzeihung
erbitten ..." „ Herr Oberft ,"
entgegnete die
Angeredete mit einem
Blide , als fühle fie ſich von der Herablaſſung dieſes Befus dhes , in hohem verzeihen .
Grade beſchämt, „ idy habe Ihnen nichts zu Ich bin Zeuge einer Unterhaltung geworden ,
deren
Inhalt , wenn er bekannt würde, nicht nur Ihnen, ſon
dern
auch meiner
Gebieterin
von
höchſtem
Sie mußten
Ihre Vorkehrungen
derſelben zu
verhindern , und da ich einen
nen
Grundſäßen ,
iſt :
Eid , nach mei
verweigern mußte, fo
vielleicht kein anderer Weg
Nachtheil
treffen , das Bekanntwerden
blieb
Ihnen
offen, als den, welchen Sie betres,
ten haben .
„ Göttliches Mädchen ," rief der Oberſt; entzüđt über die überaus vernünftige Sprache ſeiner Gefangenen. „ Aber achy," fuhr er fort, Sie
glauben
ich habe Ihnen mehr Nachtheil zugefügt, als werden .
Hören Sie mich an , ehe Sie mich
verdammen , meine Liebe, und nehmen
Sie die Verſicherung
entgegen , daß es mein eifrigſtes Beſtreben ſein wird, das wie Ihre Gebieterin
hat
Schulden , das werden Sie wiſſen ; ſie gab mir an dem
un-,
der gut zu machen , was ich verdarb .
glüdlichen Abend eine Summe Geld , um bezahlen .
Es
iſt auch, geſchehen .
dieſe Schulden zu
Das Geld iſt jedoch von
ihrem . Gemahle entnommen , und dieſer, der den
eigentlichen
Dieb nicht kennt, und niemals kennen lernen darf, glaubt, daß Sie derſelbe ſeien ."
115
„ Ich weiß es," bemerkte die Zofe weinend.
„ Aber was
iſt dagegen zu thun ? " , Es giebt zwei Auswege," verfekte wird
von
Ihrem
len werden .
In
Belieben
l'Eftocq , „und es
abhängen , welchen
beiden Fällen können
eifrigſte Unterſtüßung rechnen .
Sie wäha
Sie jedoch auf meine
Es wird Ihnen ſchwer werden ,
Ihre Unſchuld genügend darzuthun , da man Ihrer Herrſchaft mehr glauben wird, als Ihnen .
Ich würde Ihnen daher an
rathen , Sich nach dem Auslande zu begeben , wohin man Sie nicht verfolgen wird." „ D , mein Gott,“ ſeufzte das junge Mädchen , „ alſo man verfolgt mich ?"
11 Leider . . . . Indef
können Sie ganz ſicher ſein ; man
bringt nicht bis hierher, weil man Sie hier nicht vermuthet. Wenn Sie ins Ausland geben wollen , werde ich Sie mit hin Gelde verſehen
reichendem
Ihre Sicherheit durch
und über
eine entſprechende Begleitung wachen ,
Ihnen auch
Empfeh
lungen an vornehme Häuſer mitgeben .“ „ Aber ich werde immerhin eine Diebin in den Augen . der Welt bleiben .. Nein , nennen Ste mir den andes ten Weg." „ Der
andere Weg beſteht darin , daß Sie das Geld,
welches Ihrem
Herrn
von ſeiner Gemahlin 'entwendet worá
den , zurüdfchicken und ihn um
Verzeihung bitten . Das Ver
-
fahren würde gegen Sie eingeſtellt werden .“ ***** Åber idy, werde immerhin eine Diebin der Welt bleiben ..." wiederholte fle. Nein .
Sie bleiben
in
Ihrem
in den
Augen
Dienſte , was nicht ſein
würde, wären : Ste eine Diebin ."
1 „ Wer bürgt dafür?" 8*
116
„ Ich ! Außerdem
wird Ihre Herrin fich
Ihnen gegenüber
ewig für verpflichtet halten , da Sie ihre Ehre gerettet haben ." Ein kaum bemerkbares Naſenrümpfen folgte. Gleich
darauf ſagte ſie , daß ſie mit
dieſem
Arrangement zufrieden
ſei, dieſen
Ort aber nicht eher verlaffen könne, als bis fie
von ihrem
Herrn die ſchriftliche Verſicherung empfangen , fie
nicht weiter verfolgen und in ſeinem Hauſe behalten zu wol len . Der Oberſt war hiermit volftändig einverſtanden . Er diktirte ihr einen Brief, worin ſie ihrem
Herrn das Geſtänd
niß
einer
fem
Briefe wurde das betreffende Geld beigefügt und der
That ablegte , die ſie nicht begangen
hatte.
Die
ſelbe dann von Herrn de l'Eſtocq zur Poſt gegeben . So klug oder ſchlau auch der Oberſt zu Werke gegangen war, ſeine Gefangene war noch ſchlauer geweſen .
Erſtens hatte ſie ihn
vollſtändig getäuſcht dadurch, daß fie ſcheinbar ohne Wider ſtreben
auf feinen Vorſchlag einging; ſodann aber hatte ſie
dem Briefe, außer dem
Diktate, noch einige wenige, doch höchſt
wichtige Worte hinzugefügt, die allein ausreichend waren , fich mit ihrem legten
Gebieter auszuföhnen .
Zeilen :
Sie ſchrieb
zwiſchen
den
Sehr Wichtiges habe ich auszuſagen .
Herr de l'Eſtocq hatte dicht hinter der Schreiberin geſtanden , als ſie ſeine Worte zu
Papier brachte, und dennoch die Bes
merkung nicht geſehen .
Der Brief, deſſen Antwort durch Herrn
de l'Eſtocq erbeten wurde, machte einen merkwürdigen
Ein
druck auf den Empfänger , der wohl einfah, daß das: Sehr Wichtiges habe ich auszuſagen , nur etwas Eingeſchmug geltes ſei.
Er ſegte ſich
ſofort nieder und ſchrieb den
Ver
zeihung&brief, den de l'Eſtocq empfing und weiter beſorgte. Dann forderte er die Polizei auf, ihre Verfolgungen einzuſtellen , da die betreffende Perſon gangen habe.
Noch
an
demſelben Tage kam
-
ſofort
den Diebſtahl nicht be die Kammer
117
zofe zurück und machte ihrem ſtändniß .
Daß
fie
bei der
Gebieter ein ausführliches Ge reinen Wahrheit geblieben war,
bewies der Spazierſtoc des Oberſten, der noch an ſeinem
ihm
von dem Kammermädchen angewieſenen Plaße gefunden wurde. Herr de l'Eſtocq hatte einen
Feind bekommen , der , ihm
an
Macht gleich, an Energie ihn aber übertreffend, mit Beharr lichkeit ſeinen
Weg verfolgte, ohne, wie es vielleicht ein An
derer gethan haben würde, einen urſachen .
öffentlichen Scandal zu ver
Er begab ſich direkt zu
Kurfürſten und trug
dem
demſelben ſeine Anklage gegen l’Eſtocq vor. war ſtumm
vor Entrüſtung.
Friedrich Auguſt
Eine Entführung, ſo unter
ſei
nen eigenen Augen vollbracht, empörte ihn . Sofort ließ er den Oberſten kommen , um perſönlich über denſelben Gericht zu halten .
Im Laufe des Verhörs erſchien
auch der Gouver
neur von Dresden , der durch Zufall die doppelt ausgeſtellten Traktamentsquittungen des Oberſten gefunden und ſich über zeugt hatte, demſelben
da
ſie bei verſchiedenen
Kaffen und zwar an
Tage präſentirt und honorirt waren, daß hier ein
abſichtlicher Betrug vorlag . Der Kurfürſt verurtheilte den Betrü ger zu einem einjährigen Feſtungsarreſt, verabſchiedete ihn und be fahl ihm , fich nach abgebüßter Strafe nach Barby zu bege ben , welchen
Ort er ohne beſondere Erlaubniß
fen
Im
durfte.
Uebrigen waren gegen
Herrn
nicht verlaſ= de l'Eſtocq
noch vier oder fünf ähnliche Klagen vorgebracht, ſo daß ſeine Strafe als
außerordentlich gelinde
bezeichnet werden muß ,
zumal da er ſchon während ſeiner Feſtungshaft ſeine Penſion mit monatlich funfzig Thalern ausgezählt erhielt. Am 30. November 1772 war ſein
Feſtungsarreſt beendet.
Ein anderer Fall, der fich vierzehn Jahre ſpäter zutrug , zeugt von
eben
folcher Nachficht und Milde des Kurfürſten .
In Merſeburg wohnte Johann Auguſt von Noftiş, kurfürſt
-
118
lich fächſiſcher Kammerherr und Oberforſtmeiſter , mehr dürdy 1779 geborenen Sohn Karl, welcher Anfangs preußi
ſeinen
ſcher, dann öſterreichiſcher und zulegt ruffiſcher Offizier war, als durch ſich ſelbſt berühmt.
Johann Auguſt von Noſtiş hatte
das Unglück, eine zwar in
Deutſchland geborene , doch mit
italieniſchem
Blute verſehene Tochter zu befißen .
1784 , kaum
zehntehalb Jahre alt, doch körperlich bereits ſehr
entwickelt, ließ jungen
Im
Jahre
fie fich in ein galantes Verhältniß mit einem
adligen Herrn
platoniſche Liebe ein
ein , der ihr den Beweis lieferte, daß Unding
fet; fie achtete den
Herrn
fo
hoch und hielt ſeine Erfahrungen , von denen er ſprach, für fo wohl begründet, daß ihm
fie keinen
willenlos zu überlaſſen.
Augenblick
Dreiviertel
ihr Herr Papa das Glück , Großvater zu ſein . das arme Kind ,
trop feiner
ungeachtet feines
italieniſchen
jung geweſen
ſein.
frühzeitigen Blutes ,
Gleich nach
ſehr gefährlich frank.
anſtand , fich
Jahr darauf hatte Indeß mochte
Entwickelung und
doch wohl etwas zu
der Entbindung wurde fie
Der zu Rathe gezogene Dr. Waiz aus
Naumburg konnte ihren frühen
Tod nicht verhindern .
Sie
ftarb 1785. Herr von Noftiz fühlte fich ſehr unglücklich über die Schmach, welche durch die Aufführung feiner Tochter fei nem
ehrenhaften
die Urſache zu
Namen dem
zugefügt worden war, und ſuchte
Ganzen
in dem
Benehmen ſeiner eige
nen Gemahlin , von welcher er ſich auch kurze Zeit darauf ge richtlich ſcheiden ließ . Nichts .
Gewonnen hatte er dadurch allerdings
Dies ſah er audi ſelber ein , und weil er es einfah,
beshalb ward er immer mürriſcher , unfreundlicher und unzu gänglicher.
Dies allein
kann auch nur fein Benehmen erklä- '
ren, das er fich gegen den erwähnten Arzt zu Schulden kom men ließ.
Dr. Waiz, ein Mann, der zu denjenigen
welche niemals auf dem
Punkt ſtehen bleiben , den
gehörte , ſie ein
-
nehmen , ſondern
119
dafür be
immer weiter fortſchreiten , auch
forgt ſind, daß dies Anderen ebenfalls möglich wird, erkannte den Fall mit der kleinen Noftiz für einen merkwürdigen an .
der Medizin
eine beſondere Schrift,
Er verfaßte darüber
die freilich nur für das ärztliche Publikum
Db Waiz auch
Namen
den
beſtimmt war,
Žnhaltes wegen , ge
von aller Welt aber, ihres intereſſanten leſen wurde.
in
der betreffenden
Buche genannt hat, wiffen wir nicht, glau , da gemeinhin Perſonen unter ähnlichen kaum aber es
Perſon in dieſem ben
Verhältniſſen nur mit den Anfangsbuchſtaben ihres Namens be zeichnet werden . Mag nun das Eine oder das Andere Statt gefunden haben , kurz, Herr von Noſtiz fühlte ſich durch die Veröffentlichung des ſeine Familie betreffenden eben erwähn ten
Falles dergeſtalt beleidigt, daß er dem
Straße aufpaßte , ihm hörig durchprügelte.
beim
Doktor
auf der
faßte und ganz ge
Rodkragen
Ob er wieder Prügel bekommen
hat,
iſt nicht bekannt geworden , wohl aber , daß er über dies ei genmächtige und ganz ungerechtfertigte Betragen zur Verant wortung gezogen und am 16. Auguſt 1786 als Arreſtant auf den
Königſtein
Er blieb
gebracht wurde.
lange hier, ſondern erhielt ſchon am
jedoch nicht
15. Januar 1787 vom
Kurfürſten die Erlaubniß , den Königſtein verlaſſen und ſich . wegen ſeiner vom begeben zu
Krebs ergriffenen Zunge in ärztliche Kur
dürfen .
Friedrich Auguſt III. war übrigens dennoch gerecht, wenn er auch eine weit gelindere und kürzere Strafe über adlige Perſonen verfügte , als über bürgerliche.
Er blieb
ſich auch
zu allen Zeiten gleich und änderte ſeine Marimen nicht. Ein bereits verabſchiedeter ſing , hatte fich im ſchungen
Kavallerieoffizier , Namens von Bif Jahre 1801 verſchiedener Wechſelfäl
zu Schulden
kommen
laſſen
und wurde deshalb
120
mit beinahe zweijährigem 1804 vom
Feſtungsarreſt beſtraft.
Im
Jahre
Königſtein wieder entlaſſen , wo er zwanzig Mo
nate zugebracht, trieb dieſer Herr von Biſſing vagabondirend ſich im
Lande umber, bis er endlich 1807 wegen verſchiedener
Gelderpreſſungen abermals auf zwei Jahre nach dem nigſtein gebracht wurde. ſauberen
Herren
Da aber alle dieſe Strafen
nicht zu beſſern
Kö dieſen
vermochten , ſo wurde der
ſelbe nach Verübung neuer, den bisherigen ähnlicher , Verbre then
im
Jahre
1811
ſeines Adels
in das Zuchthaus zu Waldheim
für
verluſtig erklärt und
gebracht , wo er auch ge
ſtorben iſt. Wen die erkannte und verbüßte Strafe wirklich beſſerte, erhielt zwar feinen
der
Abſchied aus kurfürſtlichem
Dienſt,
ward aber jedes Mal mit einer entſprechenden Penſion ent laſſen . Friedrich einem
Auguſt fühlte
Fürſten
er ſelten
ſelber, wie
ungerecht es von
ſei, nur den Adel zu protegiren , wenngleich
unterließ , einen Bürgerlichen , den er zu fich empor
gezogen und brauchbar gefunden hatte , in den Adelſtand zu erheben . Hierzu u. dgl. m .
gehörten Gutſchmid, Ferber, Günther
Ueber Gutſchmid und Ferber haben wir unſern
Bericht bereits gemacht, und dem Leşteren mögen jegt einige Worte gewidmet ſein . Karl Gottlob Günther ſtarb im
als geheimer
Archivrath
Jahre 1832 und muß ziemlich bejahrt geweſen ſein , denn
er wird ſchon
bei der
Geſandtſchaft zu
Raſtadt aufgeführt.
und ſeiner Ehrenhaftigkeit gemäß ward Staatsdienſt nicht verwendet, was aber meiſt an ihm
Seinen Fähigkeiten er im
felbſt lag, da er es nicht verſtand, ſich vorzudrängen . kam
es auch , daß er von
vielen
ſeiner Amtsgenoſſen
Daher und
Vorgeſegten für unbedeutend angeſehen wurde, das er wahr
121
lich nicht war.
Mangel an
Vorwurf, den man
Ehrgeiz ift der
hauptſächlichſte
ihm machen muß .
Ueber alle Staatsgeſchäfte, von denen
manches
durch
den Kurfürſten ſelbſt und ohne Zuziehung eines Miniſters abge wickelt wurde, vergaß dieſer Monarch nicht, auch für die Wiſſen ſchaft zu ſorgen .
Dies erhellt deutlich aus einem Briefe Leſſings,
den derſelbe am 23. Januar 1775 von Dresden aus an ſeine da malige Braut, die Wittwe König in Wien , richtete. ſchrieb
derſelbe , „ ſehr mit
meinem
Ich habe
Aufenthalt zufrieden zu ſein .
alle Urſache,“
Ich habe den Kur
fürſten
ſelbſt
Miniſter
geſprochen ,
und
dem
Grafen
von S. (acken ) habe ich verſprechen müſſen , wenn ich jemals Wolfenbütttel verließe , nirgend anders , als nach Dresden zu kommen .
Der Kurfürſt hat mir die Stelle des Herrn
von Hagedorn ,*) die 1800
Thaler einträgt und welcher
blind und krank iſt, zugedacht, und bis dahin , wenn
ich
eher käme, ſollte auch für mich Rath werden .“ Der Graf Henoré Gabriel
Victor Riquetti von Mira
beau , welcher im
Jahre 1786 , noch vor dem
rich
II., von dem
franzöſiſchen Miniſter Calonne nach Preu
Ableben
Fried
Ben
verwieſen wurde und auf ſeiner Reiſe dahin
auch den
* ) Chriſtian Ludwig von Hagedorn war im Jahre 1712 zu Hamburg geboren und darf nicht mit ſeinem als Dichter bekannten Bruder Friedrich von Hagedorn verwechſelt werden . Der Erftere wurde 1764 turſächſiſcher Legationsſecretair,, darauf geheimer Legationsrath und Generaldirektor der Kunſtakademie zu Dresden und Leipzig. Sein Verſud von charakteriſtiſchen Röpfen und Landſchaften , die er theils aus eigener Erfindung , theils nach anderen Meiſtern in Kupfer geäßt hat, beweiſt, daß er nicht blos Dilettant und Renner , ſondern auch Ausüber der ſchönen Künſte war. Den meiſten Ruhm aber erwarb er ſich durch ſein Wert : Betrachtungen über die Malerei. Er ſtarb 1780 zu Dresden , und Lefſing folgte ihm 1781 in den Tod , ohne jemals deſſen Amt angetreten zu haben .
122
fächfiſchen Hof beſuchte, fagt nacı Vehſe in ſeinen Briefen über Preußen „ Der
in Bezug auf Kurſachſen
Kurfürft verfolgt ſeinen
beugſamen Feſtigkeit.
geheimen Folgendes :
Plan mit einer un
Er iſt langſam , aber er iſt nicht un
entſchieden , die Arbeit wird ihm
fchwer, aber er iſt ein
fichtsvoll , die guten Gedanken ſtehen ihm nicht auf den erſten Augenblick zu Gebote , aber er hat ſich zum
Nachdenken
gewöhnt, er hat keine Schwächen , als die Devotion und doch hindert ihn auch dieſe nicht, ſeiner Rechte eingedenk zu
ſein
und
ſeine Pflichten zu erfüllen .
Schritt weiter, fo würde er
Ginge er einen
devot fein , ginge er einen
Schritt zurück, fo wäre er nicht mehr devot. zweifelhaft, ob
ſein Beichtvater Herz einen
Es iſt ſehr
ſtärkeren Ein
fluß über ihn hat, als den , einige Hofſtellen zu befeßen." Was ſeinen
Beichtvater Herz
anbelangt ,
ſo
glauben
wir kaum , daß deffen Einfluß ſo groß war , einige Hofſtel len befeßen zu
können , es müßten
geweſen fein .
Friedrich Auguſt hatte
geſagt, daß er fich um ihm (dem
denn ganz untergeordnete ihm
ein für alle Mal
Politik nicht zu
fümmern und mit
Kurfürſten ) nur über Religions-Angelegenheiten
ſprechen habe. war , denn
Da er in allen übrigen
ſonſt würde man
ihn
Sachen
nicht den
zu
confoquent
„ Gerechten "
nennen , ſo läßt ſich kaum bezweifeln , daß er auch hier ſeinen Grundfäßen treu geblieben iſt. Friedrich Auguſt III. hatte in
allen ſtaatlichen
Verhält
niffen ebenſo vernünftige, als zeitgemäße Veränderungen vor genommen und durch ſeine Miniſter vornehmen laſſen . Man kann
von
daß eben
ihm
dreift behaupten , er ging mit der Zeit und
dieſer Umſtand beſonders dazu beitrug , ihm
nur die Liebe ſeines Volkes , ſondern auch übrigen
deutſchen
Fürſten
zu
erwerben
die Achtung und zu
nicht der
erhalten .
123
Nur in
einem einzigen Falle hielt er an dem
Alten unabän
derlich, feft, weil es herkömmlich war und durch eine Verän derung in dieſem
Falle
ein wirklicher
Vortheil
für Staat
und Volk nicht erzielt werden konnte. Dieſer Fall betraf die Hofetiquette. Er machte zwar, wenn es zum Beſten ſei nes Landes nothwendig ſchien , eine Ausnahme in gewiffer Be ziehung, und zwar dadurch , daß bürgerliche Perſon fofern
Namen war ihm
ܗܕ
hier und da eine Poſten berief , in
dieſelbe durch ihre geiſtige Befähigung bewieſen hatte,
daß fie über manchem
auch
er auch
auf einen der höheren
Adligen ſtand; allein
ihr bürgerlicher
immer etwas Widerliches , weshalb er dann
die erſte fchickliche Gelegenheit benußte , fie zu
Die hauptſächlichſten
von
ihm
nobilitirten
adeln .
oder baronifirten
Perſonen find Folgende : 1.
Chriſtian Gotthilf von Gutſchmid, welcher feit 1758 in Sachſen
als
Staatsbeamter
thätig war und
im
Jahre 1769 geadelt wurde. 2. Freiherr von
Thielemann ward beſonders wegen
nes ausgezeichneten Antheils an allen
fei
glänzenden Er
eigniſſen des Feldzuges gegen Rußland im
Jahre 1812
baroniſirt. 3.
Der
geheime Rath und
Direktor der
Deputation , Friedrich Wilhelm
kommerzien
Ferber , im
Jahre 1777
geadelt. 4.
Der geheime Finanzrath Wagner, 1792 geadelt.
5.
Der geheime Finanzrath Biedermann , 1802.
6. Blümner, Oberhofgerichtsrath in Leipzig, wurde 1811 in den Adelſtand erhoben . 7.
Griefinger, Legationsſecretaire in Wien , 1819 .
8. Wirſing, Geſchäftsträger in Stuttgart, in Jahre.
demſelben
124
ſind noch viele Andre mit dem
Perſonen
Außer dieſen
Wörtchen „ von “ von Friedrich Auguſt beſchenkt worden, z. B. Quand, Lorenz, Weld , Lindemann u . ſ. w . Wie ſchon
geſagt,
das Hofleben
ward von
Friedrich
Auguſt III. in keiner Weiſe geändert. Obgleich er ein
über
aus ſparſamer Mann war, ſo beſchränkte er ſich dennoch nicht hinſichtlich ſeiner Kammerherren , Kammerjunker, Kaſtellane, Kammerdiener und
ſonſtigen Hofbedienten .
Dieſelben
ten jährlich außerordentlich bedeutende Summen.
koſte
Er ging
offenbar von der Anſicht aus, daß ein Fürſt durch ſeine äu Bere Umgebung imponiren müſſe. Seite hin einen kaum
den
ſo auffallenden
menſchenfreundlichen
Auch zeigte er nach einer Stolz, daß man
Kurfürſten
wieder
in ihm erkennt.
So z. B. konnte er es nicht über fich gewinnen , mit irgend einem
bei ihm
Offiziere zu
zur perſönlichen ſprechen , wenn
Grad eines Oberſten hatte. krieges
Deutſchlands
nach dem
bei Berlin
Dienſtleiſtung commandirten derſelbe nicht mindeſtens den
Selbſt zur Zeit des Befreiungs
(1814 ) gelegenen
als er von
den
Verbündeten
Dorfe Friedrichsfelde verwie
fen war, behielt er dieſe Eigenthümlichkeit bei.
Sein dienſt
thuender Offizier war damals ein durch die Revolution aus feinem
Vaterlande
fort getriebener
Franzoſe, mit
Namen
Arthur von Montbé, den er zum fächſiſchen Kapitän gemacht und welcher aus reiner fangenſchaft in dicht neben
Anhänglichkeit und Treue die
Friedrichsfelde mit
dem
ihm
theilte.
Zimmer des Kurfürſten
Ge
Er wohnte
bis zum
Monat
März 1815 und weiß auch nicht ein Wort zu nennen , daß Jener an ihn
gerichtet hätte.
davon
hier noch
Der
Friedrich
Auguſt
fich überall
ein Beiſpiel , das wir
1
Wie gemeſſen
benahm ,
Vehſe entnehmen :
engliſche Reiſende Dutens , Hofmeiſter
des Lords
125
Algernon Peroy, erzählt, wie er es, als er durch den Gejand ten
Englands im
Jahre 1770 dem Kurfürſten Sachſens vor
geſtellt werden ſollte, ,, es ſeltſam gebräuchlich gefunden mahlin
ihn
im
und nur am fächſiſchen Hofe
habe, daß der Kurfürſt und ſeine Ge
Tafelzimmer warten
ließ .
lud uns zur Tafel ein und wir fepten Es waren außer den
beiden
Der
uns ſogleich
Kurfürſt daran.
Durchlauchten niemand Anders,
als die Oberhofmeiſterin und der Oberſtallmeiſter (Graf Lin denau ) bei der
Tafel gegenwärtig.
Stiefeln und Sporen bei.
Dieſer wohnte ihr in
Man ließ uns eines
Tages zum
Theater des Hofes zu , daß nur aus der Hofgeſellſchaft , aus lauter Perſonen ausgezeichneten Standes, beſtand . Sie führ ten dieſen
Tag eine Tragödie von
Racine auf, ſagten aber
ihre Rollen mit einer ſo deutſchen
und grellen
Ausſprache
her, daß ich wohl ein paar Dußend Mal die größte Mühe von der Welt hatte, mich zu enthalten , während der Vorſtel lung in lautes Lachen auszubrechen .“ Ueber das
fonderbare Deutſch , was am ' kurfürſtlichen
Hofe geſprochen wurde , hat ſich auch Wieland zu Böttiger luſtig gemacht.
Er behauptete, daß
der Kurfürſt Clemens
Wenzel von Trier fein Deutſch in einer Miſchung von dres: dener Beenklender und Wiener Halter zum Beften gegeben habe, und Vehſe fügt hinzu , daß noch 1848 der Premiermi niſter
Hochgeöhrte
Herren
geſagt habe.
indeß hierüber nicht allzuſehr wundern .
Man darf fich Das ſind Eigen
thümlichkeiten , die, wenn auch in anderer Weiſe, dennoch in jedem
andern Lande aud
vorkommen .
126
A
ch te $
Kapitel.
Graf Morit von Brühl. Baron von Uckermann und Margarethe Müller. Die Mesalliancen in Sachſen . Urtheile drei berühmter Män ner über den in Sachſen herrſchenden Haftengeift. Es iſt ebenſo bekannt, als natürlich , daß die Manieren , Anſichten , Grundjäge und dergl., welche an
dem
Herrſcher
eines Staates wahrgenommen werden, in deffen nächſter Um = gebung Nachahmung finden immer weiter verbreiten angenommen werden . rich Auguſt III.
und
und daß fie von hier aus ſich endlich als allgemein geltend
Ebenſo war es aucy am
Gr bevorzugte den
Hofe Fried
Adel und lies fich
fels
ten mit bürgerlichen Perſonen ein , außer wenn er nicht anders konnte oder die Abſicht hatte , fie , nachdem bar befunden , zu
nobilicen.
er fie für brauch
Dieſer Adelſtolz erſtreckte
fick
bald auf die in dieſer Weiſe bevorzugte Klaffe feiner Unter: thanen und brachte manch Mal wirkliche Nachtheile für das Familienleben hervor.
Es gehört zu
den ungeheuerſten Sel
tenheiten , daß ein adliger Sohn von ſeinem
Vater oder fets
ner Mutter die Erlaubniſ erhielt, ſich mit einem Fräulein zu vermählen . für einen Makel, in
dem
büngerlichen
Eine ſolche Mißheivath wurde immer Familienwappen
betrachtet:
Deni
noch kamen dergleichen Fälle vor; indeß, wie geſagt, fo über aus ſelten , daß wir ſie als Kurioſum der damaligen Zeit hier aufführen ften
können .
Während der Regierungszeit des Kurfür
Friedrich Auguſt III. war der Graf Moriß von Brühl,
jüngſter Sohn des allgewaltigen Premierminiſters Auguſt III .,
127
der Erſte, welcher die Schranke zwiſchen dem Bürgerſchaft durchbrach, indem Feldwebels
Schleierweber,
verheirathete.
Adel und der
er ſich mit einer Tochter des
Johanna Margaretha
Chriſtina ,
Zwar wird dieſe Dame an manchen Orten als
eine geborene Adlige aufgeführt , war es aber nicht.
Ihre
Kenntniſſe, ihre Gemüthlichkeit , ihre Schönheit und Tugend erſegten übrigens den Adel vollſtändig, was auch die Köni gin von Preußen , Louiſe, Gemahlin
Friedrich
Wilhelm
anerkannt zu haben ſcheint, mit der ſie bis in
einem
wahren
Graf Moriz von
freundſchaftlichen
zu
Verhältniß
III.,
deren
Tode
ſtand.
Der
Brühl befand ſich in der Lage, wie wir
wiſſen , wenig Rücficht auf den Kurfürſten von Sachſen neh men
zu brauchen ; allein
wäre, fo würde er
wenn
dies auch
nicht ſo geweſen
dennoch wahrſcheinlich diefe ſogenannte
Mißheirath geſchloſſen haben . Mehr Aufſehen , als die Brühl'ſche Vermählung machte dagegen
die des Barons von
Udermann .
Seine Geſchichte
iſt intereſſant, und wir werden deshalb etwas länger bei der = ſelben verweilen . Der Baron von Udermann ſtand als Kapitain bei der kurſächfiſchen Garde, war reich und inſofern als unabhängig zu betrachten , alsi ihm
kein
Vater mehr zur Seite ſtand.
Junge reiche Offiziere ſind auch lebensluſtig , heiter , jovial und verbringen
ihre Mußeſtunden , mit allerhand, kurzweiligen
Sachen , da in Friedenszeiten wenig bleibt.
Uđermann machte
für ſie zu thun übrig
keine Ausnahme.
Mit einigen
Freunden ,wars er bald hier , bald, da auf einer Parthie bes griffen , und daß dieſe Parthieen
immer
dahin
gingen , wo
guter Wein und hübſche Mädchen zu finden waren , verſtand fich von ſelbſt.
Das Hôtel zum
goldenen Engel Hatte dieſen
Engel nicht nur auf ſeinem Silde, ſondern
es war auch im
128
Innern deſſelben ein Solcher
der Geſtalt eines einfachen
in
Diefes Mädchen in natura vorhanden . durch ſeine in der That ſeltene Schönheit der Armuth,
Stubenmädchens ſchien
in welcher es geboren war, herausfordernd gegenüber getreten zu ſein , und
hatte auch zu dieſem
treuen Alliirten , welcher den
Kampfe fich mit einem
Namen Sittlichkeit führte, ver
Es iſt zwar nichts Selteneß , im
bunden .
ſogenannten
nie
deren Stande weibliche Weſen anzutreffen, welche in
fittlicher
Beziehung ſo ungemein hoch ſtehen , daß man nur
in einer
Verehrung zu ihnen hinaufzuſehen vermag und zu
gewiſſen
Ausſpruch
veranlaßt wird:
„ Dieſes Mädchen iſt zu ſchön für
einen Mann !"
unwillkürlich
weilen
zu
dem
Dadurch iſt auch der Glauben entſtanden , daß die Mädchen Engel feien , was ſie aber wohl nicht find. Margarethe Mül ler war kaum
fiebzehn Jahre alt, als der Kapitain von Ucker
mann von ihrer Schönheit hörte .
Mit einigen
ſeiner Waf
fengefährten fich verabredend, traf' er eines Tages ſchon in aller Frühe in dem Hôtel zum goldenen Engel in Dresden angeblich ſeinen
ein , um feiern .
Geburtstag in
Nur in den Morgenſtunden
Gaſtzimmer , um
folenner Weiſe zu
kam Margarethe in die
deren Reinigung zu
bewirken ; die übrige
Zeit des Tages wurde ſie in anderer Weiſe von ihrer Herr ſdhaft verwendet. von
Seinen
Vorhaben
ſeinem
aufgezogen oder
Freunden hatte der Baron
geſagt, um
Nichts
nicht durdy fie entweder
gehindert zu werden .
Margarethe war
im
Zimmer, als die jungen Herren erſchienen , entfernte fich aber ſo ſchnell , daß eben nur Uckermann vergönnt war, Kenntniß von ihrer Schönheit zu nehmen , da die Uebrigen keine Ah nung davon ſei.
Der
hatten , daß hier ein
Wein
floß in
ſolcher Engel vorhanden
Strömen , allein
der Baron
trank
nur ſehr wenig, da Margarethe Müller ſeine ganzen Gedan
129
ken
Sie erſchien übrigens nicht wieder.
Anſpruch nahm .
in
Als das Banquett Nachmittags aufgehoben wurde, waren alle dabei betheiligt Geweſenen
betrunken , Udermann von Liebe,
ſeine Freunde von
Es war überhaupt ein überaus
Wein .
theures Banquett !
Es
viel Geld , ſondern
auch Herz und
hatte den
jungen Baron nicht nur Verſtand
gekoſtet.
Er
mußte verſuchen, eine nähere Bekanntſchaft mit dem Mädchen erlangen .
zu
zen .
Das war aber der ſchwierigſte Punkt des Gan
Margarethe , welche kein
anderes
Erbtheil von
ihrer
Mutter empfangen hatte , als Schönheit und Tugend , ſchien die Abſicht zu haben , das Erbe mit der größten haftigkeit zu verwalten und floh ihr näherte. terte dem
Gewiſſen
daher jeden Mann, der fich
Alles , fich mit ihr in
Conner zu ſeßen , ſchei
Baron , zumal da der Befißer des Gaſthauſes kein
Seelenverkäufer war, wie man ſie heutzutage leider nur all zuoft antrifft und
tel finnen .
wie
ſie damals wahrſcheinlich
ebenfalls
Udermann mußte auf andere Mit Bald war er mit fich übereingekommen , fich in
vorhanden geweſen
Frauenkleider zu
ſind.
ſtecken
und auf dieſe Weiſe fich Eingang
bei Margarethe Müller zu verſchaffen . alle Erwartung vortrefflich.
Es gelang auch über
Er gab fich für eine Verwandte
von ihr aus und ward als Solche auch behandelt. des bei einer zweiten
Zuſammenkunft Statt
Im
Laufe
findenden
ſpräches deutete er leiſe darauf hin , ob fie nicht gefónnen fich bald zu verheirathen . entgegnete, daß man wenig
Ges ſet,
Margarethe wurde blutroth und
in Dresden nach einem
armen Mädchen
Fähe. 1
, Du irrſt Dich jeden Falls , meine liebe Muhme," ſepte Udermann herzlich . ren , welche neulich
vers
Ich weiß, daß unter den Offizie
hier bei Euch ein Banquett abhtelten , ſich
Einer befindet, der Dich über Alles liebt." Bertraute Geſchichte. Sadſen . 3. Bb.
9
130
rief das junge Mädchen .
„ Dummheiten ,"
kur
12 Ein
fürſtlicher Gardeoffizier und ein armes Dienſtmädchen !. „ Nun , nun , dergleichen Sachen ſind gar nicht ſo ſehr felten !
Hat nicht der Graf Moriß von Brühl auch ein bür
gerliches Mädchen geheirathet ?
Und der Graf Brühl iſt doch
weit mehr, als dieſer Kapitain." „ Heirathen ?" lächelte Margarethe.
rathen wil ?
Es heirathet fich
Wer ſagt Dir überdies, daß er mich hei
nicht ſo leicht.
Und wenn dem
fo wäre, würden es der Rur
fürft und die Eltern des Offiziers erlauben ? ..." ,, D ," rief der Baron , ſeine Rolle vergeffend, „ feine glü hende Liebe zu Dir wird alle Hinderniſſe zu beſeitigen vers ſtehen !" Die Art und Weiſe, wie Uckermann ſprach, fo wie ſeine Geberden, beſonders aber ſeine feurig glühende Augen der
endlich
Jungfrau
hatten
Aufmerkſamkeit herausgefordert .
Sie
blickte ihm eine Weile forſchend ins Angeſicht und ſagte dann gedehnt: „ Ich glaube gar, Muhme, Du biſt eine Abgeordnete die fes Offiziers. Wenn dem niemals entſchließen
ſo iſt, dann ſage ihm , daß ich mich
werde, ſeine Maitreffe zu werden , und
mich zu ſeiner Frau zu machen , dazu fehlt ihm Anſehn.
Sage ihm
Macht und
das und komm ' mir nicht wieder unter
die Augent, denn ich kann ein Frauenzimmer nicht achten , das fich zu derartigen
gemeinen Dienſten verwenden läßt." „ Gut,“ ſagte die Muhme, „ ja , der Baron von Uder
mann hat mich hierher geſendet, weil es ihm
ſelbſt durchaus
nicht gelungen iſt, einige Worte mit Dir zu wechſeln . – bitte
Dich nur um
Ich
die eine Gunſt, mich ruhig anzuhören ,
und findeſt Du auch dann noch , daß ich mich zu einer un
.
131
-
ehrenhaften Sendung habe gebrauchen
laſſen , dann mögeſt
Du mir in's Geſicht ſchlagen !" „ Gut, ſei es !" erwiderte nach einigem Nachſinnen Mar garethe ; „ ich werde hören . . . ." „ Der Baron von Uckermann, ein reicher und unabhän giger Mann, dem
die Güter Bendeleben und Weſenſtein
hören , liebt Dich ſo unausſprechlich, daß Verbindung mit
Dir Alles aufzuopfern
ge
er einer ehelichen bereit iſt.
Kannſt
Du ihn lieben , wie er Did liebt, ſo kann in wenigen Wochen die Hochzeit Statt finden . Das iſt Alles , was ich lagen habe, nun antworte. "
Dir zu
„ Ich kann es nicht glauben !" ſagte ſie endlich . , Verlangſt Du Beweiſe."
11 Nein , denn er würde ſie mir nicht geben können . . . Ich glaube feinen Worten nicht und damit iſt's abgemacht." ,,mein Gott,"
rief Uckermann , „ giebt es denn kein
Mittel, Dich von ſeiner Liebe zu ihm
überzeugen ? Erlaubſt Du
nicht, fich flehend zu Deinen Füßen zu werfen und Dich
feiner Liebe zu verſichern ? Lippen wird ihn dem
Ein
Ja von Deinen ſchuldloſen
Leben , ein Nein dem
Tode übergeben . ...
Tod und Leben haſt Du für ihn in Deinen Händen , gieb ihm das Eine oder das Andere, er bittet darum !" Sich nicht mehr felbft mächtig , warf ſich der nieder vor ſeiner Göttin und erwartete geduldig theilsſpruch.
Jüngling deren Ür
Sie konnte es jegt nicht mehr länger bezwei
feln , daß Udermann ſelber zu
ihren Füßen
lag , und wenn
fie Anfangs auch den Muth gehabt haben würde , ihn von fich zu weiſen , fo dachte ſie mindeſtens jeßt nicht mehr daran . ,,Steben Sie auf, Herr Baron ," ſagte ſie baftig , gebührt dieſer Plaß nicht!
Ihnen
Laſſen Sie uns vernünftig über
132
die Sache reden, und ich hoffe, Sie von einem den ſie gerathen
Abwege, auf
find, zurückzubringen ."
fich die Liebenden
Nach einer Viertelſtunde ſchon hatten
gegen Dieſe Verſtändigung beſtand in einem verſtändigt. ſeitigen Schwur ewiger Liebe und Treue. Der erſte Akt war vorüber, der zweite begann und endete bedeutend anders, als Perſonen des zweiten Aktes waren die Mut
man wünſchte. ter des
Barons von Udermann , der Kurfürſt von Sachſen
und der verliebte
Garde- Capitain .
Die verwittwete Baronin von Udermann febte feit dem geheimnißvollen Verſchwinden ihres Gemahls auf ihrem Gute Bendeleben ſchon den mit dem in den
in
ſtiller
Zurüdgezogenheit .
Zu ihr begab
fich
Tag nach der oben wiedergegebenen Unterredung ſchönen Stubenmädchen der verliebte Sohn , um
feurigften
Farben
ihr
nicht nur die Schönheit und Lies
benswürdigkeit ſeiner Dame zu
ſchildern , ſondern audy um
offen mit ihr von deren bürgerlichen Abkunft und ihrer un tergeordneten Stellung, welche ſie in der Geſellſchaft einnahm , zu
reden .
Die Frau Baronin war wie elektrifirt.
lich war ſie nicht im bringen .
Anfäng
Stande, auch nur ein Wort hervorzu
Nach und nach aber kam
ihr Blut wieder in die
ordnungsmäßige Bewegung, und ſie begann nun allen Ern ftes den Heren Sohn über das Unſinnige und Unmännliche ſeiner Abfichten zu belehren . Ein Baron dürfe fich nie fo weit vergeſſen , ſagte ſie, ſeine Liebe auf ein bürgerliches Mäd chen zu übertragen , ſelbſt wenn dies Mädchen zehn oder hun dert Mal reicher wäre, als er
ſelbſt.
Er
ſchände fich
und
ſeine ganze Familie und beweiſe, daß er ſeine hohe Stellung nicht begriffen habe.
Der Kapitain
unterbrach mit keinem
Worte feine Mutter , als dieſelbe jedoch ſchwieg ; fragte er in höchſt beſcheidener Weiſe, worin
denn eigentlich die Schande
133
läge, deren ſie erwähnt habe. Nach ſeiner Anſicht ſei Menſch Menſch, und der Adel habe gar keinen Werth, wenn der Menſch ſelbſt unadlige, d. h . unedle, Geſinnungen hege. Set ner Meinung nach ſei es aber unedel, ein Mädchen zurückzu weiſen , blos weil das Schickſal ihm zum
einen bürgerlichen Mann
Vater gegeben . „ Man muß ,"
entgegnete die Baronin -Mutter , „ ntes
mals vergeſſen , in welchem Stande man ſich bewegt, und darüber wachen , daß fich Niemand eindrängt, der dahin nicht gehört.
Als Mann von Adel kommſt Du in die beſten
Ge
fellſchaften , wo ein bürgerliches Mädchen fich nicht zu beneh men verſteht.“ „ Es giebt Ausnahmen !" wandte der Sohn ein . Nein !" ſagte die Dame, bereits im geregt über
den fortwährenden
Dieſe bürgerlichen Mädchen
höchſten Grade auf
Widerſpruch
ihres Sohnes.
haben gar keinen Begriff von dem
Tone, der in den feineren Geſellſchaften an der Tagesordnung iſt , da ihnen
jede Bildung fehlt, und ſie auch zu
einfältig
find, ſich noch zu vervollkommnen .“ „ Ich muß Mutter.
Ihnen
ganz entſchieden widerſprechen , meine
Es giebt bürgerliche Mädchen , die in jeder Bezie
hung höher , als ein adliges Fräulein ſtehen .
Sie brauchen
nur an fich ſelbſt zu denken , meine Mutter ! aud Ihr Vater gehörte dem ronin
Bürgerſtande an , und Sie wären niemals Ba
geworden , wenn Se. kurfürſtliche Durchlaucht die Ver
dienſte meines Vaters nicht durch ſeine Baroniſirung hätte an erkennen wollen . " Dieſe Bemerkung vorbringen hieß Del ins Feuer gießen . Frau Baronin von Uckermann
ſtammte aus Nordhauſen , wo
1
ihr Bater zwar Bürgermeiſter und ſehr reich war, dennoch aber zum Bürgerſtande
gehörte .
Ihr Sohn war der Erſte,
134
der es wagte, fie
an
ihre bürgerliche Abkunft zu
erinnern .
Ihr Zorn darüber war grenzenlos , wenngleich er nicht offen hervortrat. Sie erklärte dem jungen Mann mit einer bei: nahe teufliſchen
Ruhe , ſie werde , wenn
er
ihrem
Willen
entgegen ſich mit der „ Gaſthofsmagd," wie ſie Margarethe bezeichnete , verheirathen
würde, dieſelbe nie
als Schwie
gertochter anerkennen und ſie deshalb auch nie empfangen . C
Damit begnügte ſich
indeß die Baronin -Mutter
Sie fuhr ſofort nach Hofe und verſuchte, in dem
nicht.
Kurfürſten
felbſt einen Verbündeten gegen ihr eigenes Kind zu gewinnen . Friedrich Auguſt konnte bei ſeinem Uđermanns, fich mit einem
Adelſtolz über die Abſicht
bürgerlichen Mädchen ehelich ver
binden zu wollen , nur ungehalten ſein . Frevler" zu fich kommen .
geti„Sie wollen
Sich verheirathen ...."
Mit Erlaubniß Beste
Sofort ließ er den
Euer furfürſtlichen
fragte er. Durchlaucht, ja !"
Ich verbiete es Ihnen !“ ſagte der Kurfürſt und machte
eine Bewegung mit der Hand, die deutlich ſagte: Entfernen Sie Sich !
Udermann vielleicht glauben
ging, aber nicht niedergeſchlagen , wie man konnte , ſondern beiter und vergnügt.
Weigerung des Kurfürſten
hatte
Abſchiedsgeſuch aus kurfürſtlichem
er vorausgeſehen
Die
und ein
Militärdienſt bereits den
Tag zuvor dem Miniſter perſönlich übergeben .
Kaum
hatte
er das furfürſtliche Palais verlaſſen , als der Miniſter erſchien , um
ſeinem Monarchen Vortrag zu halten .
genheit kam
Bei dieſer Gele
audy das Abſchiedsgeſuch des Barons zur Sprache
und da er daſſelbe vor der Audienz mit Friedrich Auguſt III. eingereicht , ſo hatte dieſer
keinen Grund , es zurückzuweiſen . Herr von Uckermann ward als Major entlaffen . Vier Wochen
ſpäter fand ſeine Vermählung Statt, der nur ſehr wenig Per
135
ſonen
als Zeugen
adligen
beiwohnten ; die meiſten der eingeladenen
Herren und Damen entſchuldigten ihr Nichterſcheinen
mit nichtsſagenden , lächerlichen
Gründen .
des Majors war nicht gekommen .
Auch die Mutter
Gleich nach den Vermäh
lungsfeierlichkeiten ging das junge Ehepaar auf Reiſen , hielt fich längere Zeit in Paris auf und kehrte erſt nach Dresden zurüd , als die junge Baronin niſſe getreten war.
in beneidenswerthe Verhält= von Udermann , in
Die alte Baronin
Bendeleben wohnend, ſah ihre Schwiegertochter , welche mit ihrem
Gemahle auf Weſenſtein ein ebenſo gemüthliches , als
glüdliches Leben führte, während ihres Lebens nur ein Mal und zwar erſt dann , als
daſſelbe ſich
ſeinem
Ende nahte.
Jegt fah fie ein , wie Unrecht ſie gehabt und wie ſie dadurch ihr und
das Leben
ihrer Kinder verbittert habe.
eine Ausſöhnung Statt, die aber als daß ſie der alten
Es fand
keine andere Folge hatte,
Dame geſtattet, ein ruhiges Herz mit
hinüber in das Jenſeit zu nehmen . Die Ehe des Barons war, wie
angedeutet, eine höchſt
glüdliche geworden und von Gott mit vielen Kindern net, die meiſt Alle in ten .
den Dienſt außerhalbiger Staaten tra
Der älteſte Sohn z. B. war Oberhofmeiſter am
zu Sondershauſen . ben
geſega
Hofe
So lange die Eltern noch lebten , blie
die beiden Güter Bendeleben und Weſenſtein im
Befiß
der Familie, nach ihrem
Tode mußten dieſelben der Theilung
halber verkauft werden .
Bendeleben brachte ein Banquier in
Braunſchweig, deffen Namen wir nicht haben erfahren können , an fich, während Weſenſtein vom ſächſiſchen Könige Anton ge kauft wurde und auch jept noch im Beſiß der königlichen Fa milie ſich befindet. So ſtorr war im vorigen Jahrhundert der Adelſtolz, daß man darüber ſelbſt ſeine eigene bürgerliche Abkunft vergeſſen
136
und
das
Glück
ſeiner Kinder aufopfern
konnte.
Deshalb
werden in der damaligen Zeit auch nur äußerſt wenige Mesa alliancen angetroffen .
Unter der vorigen Regierung wurden
dergleichen
„ Unordentlichkeiten “
geahndet.
Nicht nur, daß Niemand vom Adel mit ihnen um
übrigens noch weit ſtärker
ging, ſondern der Kurfürſt beſtrafte fie fogar dadurch , daß er fie auf ihre Güter verwies, die ſie niemals verlaſſen Dies geſchah mit dem fen von der
Taube.
durften .
Baron von Rechenberg und dem Gras
Legterer hatte die Tochter des Burkertswal
Pfarrers Manitius geheirathet.
iſt übrigens keine Spur mehr in
Von
beiden
Familien
Sachſen zu finden . Wahr
ſcheinlich haben ſie ihre Güter verkauft und find nach Frank reich gegangen . Wie Alles durch die
Zeit verändert wird , ſo
erlitten
auch die Adelsverhältniſſe einen gewaltigen Umſchwung , und in unſerem nichts
jeßigen
Jahrhundert find Mesalliancen ſchon
gar
Seltenes mehr, die einzugehen, ſelbſt mehrere fürſtliche
Perſonen nicht zu
ſtolz waren .
In Sachſen ſind dergleichen
auch vielfach vorgekommen , hauptſächlich jedes Mal wegen des Geldes geſchloſſen , was man von den Medalliancen des vori gen
Jahrhunderts nicht behaupten
mählten ſich im 1,
Laufe dieſes
Graf von
kann .
In
Sachſen
ver
Jahrhunderts :
Boſe, Kammerherr
am
fächfiſchen
Hofe
und ſpäter Geſandter am Hofe zu Madrid, mit Fräu lein Clementine Blümner, einzige Tochter des reichen
Dr. Blümner zu Leipzig . 2.
Graf von liche
Ronow ,
Familie
in
Oberforſtmeiſter,
Sachſen ) mit
älteſte gräf
Fräulein
Johanna
Friedrich
. 3
Graf Marſchall von Biberſtein , Oberforſtmeiſter zu Morißburg , mit einem
engliſchen Fräulein Meliſh,
137
deren
Vater zuerſt Conſul in
merherr helm
am
preußiſchen
III. war.
Hamburg , ſpäter Kam
Hofe
unter Friedrich Wila
Die Familie des Grafen Marſchall ,
welche den Beinamen von Biberſtein von dem in ihrem Gute gleichen
Beſige befindlichen
Erzgebirge lag, ihr aber ſchon
Namens , das im
Ende des ſechszehnten
Jahrhunderts verloren ging, entlehnt hat, iſt auch mit dem
großen Reformator Dr. Martin Luther verwandt. Gutes ver
Nämlich der legte Beſiger des erwähnten
um die Mitte des ſechszehnten Jahrhun derts mit einer Enkelin dieſes berühmten Mannes.
mählte ſich
4.
Graf von Holzendorf, Bergcommiſſionsrath , mit Fräu
lein 5.
Thereſe Hänel.
Graf von Holzendorf, Amtshauptmann zu Pirna, mit Fräulein
6.
Antoniette Törner .
Gräfin von Holzendorf mit Dr. Hobeda . Der Adelſtolz ſtand
indeß nicht vereinzelt da.
auch einen Beamtenſtolz , einen gerftolz u . f. w .
Es gab
Staufmannsſtolz, einen Bür
Ganz wird ſich dieſer Kaſtengeiſt überhaupt
wohl niemals verlieren , wie es
auch keinen
Ort in
Europa
giebt, wo er nicht vorhanden wäre; allein es findet doch hier und da eine Verſchmelzung der Stände Statt.
In Sachſen
war dies zu der Zeit, von welcher wir reden , nicht der Fall . Jeder Stand bewegte fich in ſtreng abgeſonderten niſſen , und die Mitglieder des Einen in die Verſammlungen des Anderen .
hatten
Verhält
keinen
Zutritt
Eine Ausnahme hier
von machten nur die gelehrten , literariſchen und künſtleriſchen Männer , wenn
ſie etwas Großes leiſten
konnten
und Ruf
hatten . Sie lud man bald in dieſe, bald in jene Geſellſchaft ein , nicht aus Achtung vor der Größe ihres Geiſtes oder vor der
Gewandtheit ihres
künſtleriſchen
Genies,
ſondern
nur
138
um
ſich angenehm
unſer Friedrich Jahren im
unterhalten zu laſſen .
von Schiller , welcher ſich
in Dresden beim
Freiheitskampfe von 1813–15
des deutſchen
in
den achtziger
Appellationsrath Körner, Vater des
ner , aufhielt, daß die Kurſachſen würdigſten
Deshalb ſagte auch
gebliebenen Theodor Kör keineswegs zu
Volkes gehören .
den
liebens
Die Verhältniſſe
haben Alles zertreten und vernichtet, ſo daß man ſich in Sach ſen nie wohl befinden wird . Jean
Paul Richter , welcher im
Jahre 1798
in
Leipzig
fich aufhielt und einen Ausflug nach Dresden machte, ſchrieb an
einen
ſeiner Freunde:
„ Ich habe den Königſtein und ſeine natanda und vi denda geſehen , und war erfreut , aber nicht außer mir. Ueber die neuen Weltkugeln und Weltfonnen
in der Bil
dergalerie follſt Du noch aſtronomiſche Ephemeriden Ich habe die Antiken geſehen , gleichſam
haben .
die andere Hemis
phäre der Abgüſſe, die wir geſtern wieder verklärt bei Fackel ſchein
Nachts zehn Uhr beſuchten , ferner das Naturalienca
binet –
die
fürftliche heilige Familie nebſt dem
plattge
drücten Hoftroß in der katholiſchen Kirche an der Himmel fahrttagsfeier , wo zugleich das Kind einer Prinzeſſin hin eingetragen wurde, u . f. w .
Ich habe viele Bekanntſchaften
gemacht, aber keine von Bedeutung, u . f. w .
Ich kann
Dir aus Dresden nur meine Diner- und Souper-Wirthe, nicht ihre Gäſte nennen .
Geheimer
Kath
von
von Manteuffel , wo ich die originelle Frau von fah , welche die Freundin
Cuſtine's * ) war und
Broizem , Schlegel Böhmers
* ) Cuſtine, Graf 4. B. von, ein Mann , der ſchon in ſeinem ſiebenten Lebensjahre Lieutenant beim Regiment St. Chamans war. Mit dem Mar ſchall von Sachſen machte er den niederländiſchen Feldzug mit. Einen Theil des ftebenjährigen Krieges machte er als Hauptmann des Regimentes
139
Tochter ift. *) Miniſter von Wurmb, Einſtedel aus Wei mar Becker. Bei Radwig war ich und zu Hofmar ſchall von Boſe follt ' ich und zu anderen , konnt aber nicht. Tage hatt' ich allein vom Freitag bis zum
Meine ſchönen Pfingſttag
in
Königsbrück bei der Gräfin Münſter und
einer ungemein ſchönen Frau von Ledebur, in die ich mich drei lieblichen
in
Tagen
als
der einzig daſeiende Mann
gehörig verſchoß, mit welchen Beiden ich am Montag nach dem
himmliſchen Seifersdorfer Thale fuhr , wo die B.**)
auch ankam .“ u . f. w .
Daß Schriftſteller nur aus dem benen
Grunde zuweilen
von uns oben angege
eingeladen wurden , beſtätigt ſowohl
Theodor Körner, als auch Friedrich von Schiller.
Um
jene
Scomberg mit. In ſeinem zweiundzwanzigſten Jahre war er bereits Oberft eines Dragonerregiments , das nach ſeinem Namen genannt und von ihm bis 1780 commandirt wurde. 1793 war er in Mainz, wo er auch die Bekanntſchaft der Frau von Schlegel gemacht. Noch in demſelben Jahre wurde er vom Revolutionstribunal in Paris zum Tode verurtheilt, haupt fächlich durch die falſchen Anklagen Marats und Varemes. *) Frau von Schlegel war nicht die Tochter Dr. Böhmers, wie Jean Paul Richter angiebt , ſondern deſſen Gattin geweſen , der aber , wie es ſcheint, früh verſtarb. Auguſt Wilhelm Schlegel vermählte ſich erſt ſpäter mit ihr , ließ fich aber ſchon im Jahre 1801 von ihr gerichtlich ſcheiden. Da er nun erſt mehrere Jahre nach der Scheidung geadelt worden , ſo hatte die Dame unbezweifelt kein Recht', fich Frau von Schlegel zu nen nen . Im Jahre 1819, wo Schlegel bereits zweiundfunfzig Jahre alt war , verheirathete er ſich noch einmal mit der Tochter des Kirchenraths Paulus zu Heidelberg , allein auch dieſe She ward nach Jahresfriſt wiederum ges trennt. Frau Schlegel war die Tochter von Johann David Michaelis, geheimer Juſtizrath und Profeſſor der Philoſophie zu Göttingen , welcher 1791 daſelbſt ſtarb. **) Emilie von Barlepích , eine Dame, die von Jean Paul Richter beſonders hochverehrt wurde und welche auch ihn gern gehabt zu haben deint.
140
Beit
veröffentlichte
der
von Funk die von ihm ohae
feinen
Namen
ungeachtet man
ſpäter
zum
General ernannte Herr
verfaße Geſchichte Kaiſer Friedrich II., als Autor zu nennen , den man
fich
viele Mühe
auch ,
gab, nicht heraus bekam .
Körner ſchrieb deshalb an Schiller und ſagte beſonders : „ Halte ſeinen Namen geheim ; Schriftſtellerei iſt bei uns in Civil und Militair verrufen , und er (von Funk) muß jeßt auf's Avancement denken .“ u . 1. w . 4. October Schiller ſchreibt dagegen 1792 am
an
Körner : Dein wenn
Namen
muß durchaus unbekannt bleiben , auch
Du über Materien
fchriebeft, die mit Deinem
Amte
in der engſten Verbindung ſtehen und die Ariſtocratie auf's Tapferſte vertheidigteft; denn von jeder Linie, die Du drucken ließeſt, würde man
glauben , Du habeft die Zeit dazu Deinen
Geſchäften geſtohlen ." Einige
Jahre darauf erſchien
Johann
Gottfried von
Herder in Dresden , der kurz zuvor vom Kurfürſten von Bai ern
nobilirt worden war.
Körner ſchreibt am
5. Septem
ber 1803 an Schiller Folgendes über ihn : „ Ueber meine Erwartung
hat
Herder hier bei der
vornehmen Klaſſe und ſelbſt bei der herrnhutiſchen Parthei Glück gemacht.
Es war natürlich, daß er ſich bei Leuten
von Einfluß angenehm in
kurſächſiſchen
zu machen
Dienſten
ſuchte, da fein
Sohn
iſt ; *) aber er treibt dies
mit viel Leichtigkeit und Gewandtheit. Geſpräch bemerkt man bei ihm
Bei dem
keine Langeweile .
Etwas dazu , das beſſer iſt, aber doch nicht ſo
auch
platteſten Er ſagt ſehr fich
über das Gemeine erhebt, daß man darüber ſtußt.
Er iſt
* ) Derſelbe ſtarb am 29. Januar 1838 als Oberberghauptmann in Freiberg, nachdem er vorher noch zum Baron von Herder gemacht worden war.
141
noch hier und beſchäftigt ſich mit ſpaniſcher Literatur, wovon er Etwas auf der Bibliothek gefunden hat. Schilfers Antwort hierauf iſt originell: „ Deine Schilderung," ſchreibt derſelbe , ſtellt mir ihn ganz dar : er iſt zu einem liſchen Prälaten
don Herder
vornehmen katho
geboren , genialify flach und oratoriſch ge
ſchmeidig, wo er gefallen will."
Ne u n t es fa pite l. Marl Auguft Böttiger. Franz Volkmar Reinhard . Wilhelm Gott lieb Becker. Johann . Gottlieb Fichte. Der Beſandtenmord zu Kaftadt. Die fäch Fichte's Urtheil über Sachſen . Der Inſpector Matthāi. Staatsſchulden . fiſche Ständevertretung. Jahre 1804 ward Karl Auguſt Böttiger als Stu
Im
diendirektor der
Ritterakademie mit dem
Dresden berufen .
Hofrathstitel nach
Er hatte bis dahin in Weimar, dem Sam
melplaß der damaligen ſchönen Geiſter, verweilt.
Auch dieſer
Mann hat es unternommen , eine Kritik der fächfiſchen Ver hältniffe zu geben , und wenn dieſelbe auch urſprünglich nur für ſeinen gelehrten
Freund
Johannes von Müller
beſtimmt
geweſen iſt, ſo iſt ſie doch ſpäter in die Deffentlichkeit über gegangen . an den
Gleich zu
genannten
Anfang ſeiner Anweſenheit ſchreibt er
Freund :
„ Die Adelshierarchie iſt in Dresden eiſern. mit einer häßlichen
Rabale zu kämpfen
haben .
Ich werde Der erſte
142
Marſchall iſt ſehr dadurch aufgebracht, daß man ihn gar nicht, ſondern den
Oberhofprediger Reinhard
bei meiner
Anſtellung befragte. Der gute Wille des Miniſters Löben und des biederen Kurfürſten ſelbſt kann mich nicht ſchüßen , wo keine legale Klage möglich iſt.“ Etwa ein halbes
Jahr ſpäter ſchreibt er an denſelben
Gelehrten :
An einen ſchnellen
Ideenumlauf, an freie Diskuſſion ,
an rege Theilnahme für hiſtoriſche und äſthetiſche Kunſt fragen iſt hier, wo eigentlich nur Akten geleſen und deſtil lirt werden , gar nicht zu denken .*) Indeß genießt man doch der uneingeſchränkteſten Denk- und Preßfreiheit, und auf den Poſten werden
keine Briefe geöffnet.
Marcolini
iſt von ſaugenden Schmarozerpflanzen umſtrict. — Manſo aus Breslau konnte man zum Rektor der Kreuzſchule haben , legte aber ein
Landeskind, der
Bürgerſchule war, darum rath Ales bender
gefallen
Rektor
an
an , weil fich dieſer vom
laffen muß .
Thätigkeit und muthiger
Von
einer
Stadt
Reinhard's albele
Oppoſition erhält
der
Leuchter der Aufklärung faſt allein feine Lebensluft." Einige Monate ſpäter : „ Unterinſpector
von
Bedfer
Kinder des. Oberkammerherrn
iſt der
Hofmeiſter der
(Graf von
Marcolini) ge
worden ! Dieſer , als Chef der Sammlung, zahlt mit der Münze, die ihm
Nichts koſtete , und empfahl den , der nie
vorher von Antiken einen
Begriff gehabt hatte , zu
Beckers
Gehilfen und Nachfolger.“ Dieſe vertraulichen von uns citirten Mittheilungen man
darf
immer nur als die individuelle Anſchauung eines Eins
*) In dieſer Rede Böttigers liegt gerade eine Belobigung der bama ligen turſäcoftſden Gerechtigteit.
143
zelnen
betrachten .
Wenn
ſie aber auch überall aus einer
richtigen Anſchauung hervorgegangen ſind, ſo darf man doch nie vergeſſen , daß ähnliche Verhältniſſe angetroffen
wurden
und zum
in übrigen Landen
Theil noch
jeßt angetroffen
werden .
Will man alſo daraus folgern , daß das Leben in
Sachſen
etwas Unleidliches hatte oder daß
es unangenehmer
war , als irgend wo anders , ſo würde man mindeſtens den Vorwurf der Vorſchnelligkeit und der Partheilichkeit auf ſich laden .
Die Strenge, welche wir in den herangezogenen
Ur
theilen überall antreffen , dürfte wohl hauptſächlich dadurch entſtanden ſein , daß betrachtet wurden .
die Gelehrten
eben
nur als Gelehrten
Es giebt noch heute dergleichen Perſonen,
die da glauben , ſie feien wegen
ihres mehr ausgebildeten
Geiſtes, Talentes oder Genies, mehr noch, als Landes.
der Fürſt des
Karl Auguſt Böttiger, berühmt als Archäolog, iſt 1760 zu
Reichenbach
im
ſächſiſchen
Voigtlande geboren .
Sein
Vater war bei der dortigen Schule als Konrektor angeſtellt. Seine philologiſche Bildung empfing er zu Schulpforta und beſuchte nachher die Univerſitäten zu Leipzig und Göttingen . Später wurde er Hofmeiſter eines Herrn von Pfeilig.
Aus
dieſer Stellung ſcheidend , ward er Direktor des Gymnaſii zu Baußen , dann zu 'Weimar, woſelbſt er auch zum fiftorialrath ernannt wurde.
Ober-Con
1809 ward er , wie wir oben
ſchon geſagt, Studiendirektor der Ritterakademie in Dresden . Der Oberhofprediger Franz Volkmar Reinhard , deſſen Böttiger in war am im
ſeinem
Briefe an
12. März 1753 in
Herzogthum
geboren . theilte ihm
Johannes von Müller gedenkt, Vohenſtrauß, einem
Marktflecken
Sulzbach, woſelbſt ſein
Vater Prediger war,
Die erſte Erziehung und den
erſten Unterricht er
ſein Vater, welcher durch das ausſchließliche Leſen
144
der Bibel in
ſeinem
religiöſen
tiefen
Sohne einen
Sinn,
durch den gründlichſten Sprachunterricht eine genaue Bekannt ldhaft mit der
Philologie und durch
Gewöhnen
frühzeitiges
an logiſches Denken die bewundernswürdigſte Gewandtheit Im und Sicherheit im Denken und Handeln begründete. Jahre 1773 bezog er die Univerſität Wittenberg, 1777 ha bilitirte er ſich
Adjunctus der philoſophiſchen
1778
Fakultät.
Nachdem
vorzüglich durd feinen ward
philologiſche und philoſophiſche Vorleſungen
Scharfſinn und er zum
ſeine Gelehrſamkeit
ordentlichen Profeffor
bewieſen hatte ,
der Theologie ernannt.
Jahre 1792 ward er von der fächſiſchen Regierung nach
Dresden berufen und zum
Oberhofprediger , Kirchenrath und
Oberconſiſtorialaffor ernannt, was er auch bis zu ſeinem 6. September
1812
erfolgten
Tode blieb.
ftolz auf einen ſolchen Mann ſein . er
er
1780 an als außerordentlicher Profeffor der Philoſophie
von
Im
daſelbſt als Magister legens, und würde
Nichts , was mit
ſtritt.
den
klaren
Sachſen
am
konnte
In der Theologie billigte Behauptungen
der
Bibel
Er ſagte von ſich ſelbft : i Da ich die Bibel fchon als Kind geleſen , fie als
Wort Gottes an
die Menſchen
geleſen
und ſie ſo zu ge
brauchen nie aufgehört; ſo war ſie nur ſo heilig, ihr Anſehn mir ſo entſcheidend geworden , daß ein Saß, der ihr widers ſprach , mein Religionsgefühl ſo ſehr empörte, als eine un fittliche Behauptung meinen moraliſchen Sinn."
In
ſeinem
Sterbefahre, wo Tauſende threm
Glauben
untreu wurden , ſchrieb er : „ Der Glauben , daß eine höhere Macht die Begeben heiten der Welt lenkt und zulegt einen erwünſchten Ausgang
herbeiführt, iſt der Einzige, woran man ſich unter dieſen : Umſtänden halten kann .
Glüdlich, daß ich ihn habe, dies
145
ich
fen Glauben , ſonſt weiß würde."
Zweck ſeiner
Auch über den
nicht, wie
gehen
es mir
Predigten , hat fich dieſer Er ſagte , indem
merkwürdige Mann deutlich ausgeſprochen . er zu fich ſelbſt ſprach :
„ Könnteſt Du auf der Kanzel ſo ſprechen , daß Deine ſtrenggeordnetes , in allen ſeinen Theilen
Rede allezeit ein
feft verknüpftes und
in
der natürlichſten
Ordnung fort
fdhreitendes Ganzes wäre; fönnteſt Du allezeit einen effanten , in
einem
nahen
inter
Zuſammenhange mit den wich
tigſten Angelegenheiten Deinen Zuhörer ſtehenden und für das Leben
fruchtbaren Stoff behandeln ; könnteſt Du dies
ſo thun , daß kleideft, die ihn tigſten
und
Du jeden im
Gedanken
immer in
die Worte
ganzen Schaße der Sprache am
treffendſten
bezeichnen ; könnteſt Du
rich
folglich
beim Lebren immer den faßlichften , beim Beſchre is ben den anſchaulichften , beim
Ermahnen den kräf
tigſten , beim Warnen den erſchütterndſten , beim Tröſten den beruhigendſten Ausdruck finden ; könnteſt Du Dich
der Sprache ſo bedienen , daß jede Schattirung
der Begriffe, jeder Wechſel
der
Gefühle, jede Weigerung
des Affekts durch ſie ſichtbar würde, und immer die Seite des Herzens träfe, die angeregt werden endlich Deiner Rede
eine Fülle
foll ; könnteſt Du
ohne Wortſchwall , einen
Wohlflang ohne erkünſtelten Rhythmus, und einen leichten , ungehinderten , Ohr
und
Herz gleichſam
überſtrömenden
Fluß verſchaffen und ſo würde das Beredtſamkeit ſein , die fich für die Ranzel ſchickte ; *** für den Verſtand , behältlich
Dein
Vortrag würde deutlich
für das Gedächtniß , weckend
für das Gefühl, ergreifend für das Herz fein ; Du würdeſt von der Religion mit der hohen Vertraute Geſchichte. Sachſen . 3. Bd.
Einfalt, mit der edlen 10
146
Würde und mit der wohlthätigen der man von
ihr ſprechen
Wärme ſprechen , mit
ſoll."
Die beſte Biographie von Böttiger 1813 felbft geliefert.
Reinhard
hat Karl Auguſt
Reinhard war einer jener
Geiſtlichen , wie ſie ſo ſehr ſelten getroffen werden und wie fie Alle ſein ſollten . Wilhelm Gottlieb berg
im
Becker im Schönburg'ſchen zu
Jahre 1753
geboren
und am
Calem
3. Juni 1813
zu
Dresden als königlich fächfiſcher Hofrath und Antiken - Inſpec tor geſtorben ,
und
Dichter bekannt.
1773 bis 1776 ſtudirte er in Leipzig ; ein
iſt als
Shriftſteller
Jahr darauf er
hielt er einen Ruf als Lehrer am
Philanthropin nach Deſſau ,
den er auch annahm .
Jahr lang verweilte er in
dieſer Stellung. reiſte
Nur ein
Er begab
Frankreich und
ſich nach
Italien .
Im
der Schweiz und be Jahre 1782 erhielt er
die Stelle eines Profeſſors der Moral bei der Ritterakademie zu
Dresden , welcher er dreizehn Jahre mit beſtem
vorſtand; dann machte Antikengalerie und
ihn
des
der Kurfürft zum
Münzcabinets
Titel eines Inſpectors ; 1805 bekam
und
er auch
Erfolge
Aufſeher der gab
ihm
den
noch die Auf
ficht über das grüne Gewölbe. Seine Xemter behielt er bis zu ſeinem Tode bet. Wir haben Brühl'ſchen
früher ſchon einmal bei Beſchreibung des
Regiments
in
Sachſen die Behauptung
aufge
ſtellt, daß wenn dieſer Rurftaat es gewollt hätte, er ſich un bedingt zu einem
tonangebenden
Europas hätte machen
kön
nen , wenn er dafür beſorgt geweſen wäre, die großen Geiſter , ftatt ſie zu
vertreiben , an
ſich zu
feſſeln .
Ueberal
wir die Beläge für dieſe Behauptung , felbft unter gierung
Friedrich
felber Schuld an
Auguſt
III.
finden der Re
Der Fürſt des Landes hat
dergleichen Nachtheilen , dieſe trifft in der
147
Regel nur die Miniſter , die , aus Furcht, fie könnten ver drängt werden , die als Hinderniß fonen entfernen .
von ihnen betrachteten Per
Wende man uns nicht ein , dergleichen Un
gerechtigkeiten dürfen unter einem gerechten Monarchen nicht vorkommen . Sie tragen ſich überall zu . Der Fürſt kann unmöglich ſich um
jedes Einzelne ſpeziell fümmern ; er muß
fich bei den meiſten Angelegenheiten Diener verlaffen .
auf den Bericht ſeiner
Eine ſoldie vertriebene Perſönlichkeit war
auch der als Philofoph bekannte Johann Gottlieb Fichte, geboren ſchofswerda
in
der Oberlauſiß am
zu
Rammenau bei Bi
19. Mai 1762.
Er er
hielt feine Erziehung durch dieUnterſtüßung des Herrn von Miltiz. Später beſuchte er die Schlupforte, ſtudirte in und Wittenberg , hielt fich dann
einige
Jena, Leipzig
Jahre privatiſirend
in der Schweiz und in Preußen auf, wo er auch Kants Be kanntſchaft machte .
Nachher ward er in Jena
Profeſſor und
ſchrieb einen Aufſap : „ Ueber den Grund unſeres Glau benis an
eine göttliche Weltregierung.“
Shrift fiel er in den art.
Verdacht einer irreligiöſen
Durch dieſe Denkungs
Man leitete eine peinliche Unterſuchung gegen
ihn ein ,
in welcher er aber dennoch frei geſprochen wäre, wenn er nicht in dünkelhaftem Uebermuth der Regierung damit ges droht hätte, ſeine Stelle niederlegen zu wollen . Er wurde fofort aus feinem ſpäter
Amte entlaffen
und erhielt einige
Tage
ein
Ausweiſungsdekret, wie Einige behaupten , durch Nichts aber bewieſen wird, auf befondereg Andringen des am weimar’ſchen Hofe befindlichen Geſandten Sachfens. Er ſtarb am
29. Januar 1814
Berlin
in
als Profeſſor an der Univerſität zu
Folge eines Nervenfiebers .
Der Annahme, daß
ſeine Verweiſung Sachſen bewirkt
hatte , huldigte Fichte ſelbſt.
Es kann alſo
nicht wundern , 10 *
148
wenn ſein gefallen
Urtheil über ſein Vaterland ziemlich ſtrenge aus Es datirt überhaupt aus
iſt.
Europa- fich einem
verübten Geſandtenmordes überließ. des bereits
in dieſem
Formio zwiſchen am
einer Zeit, wo ganz
wohlgerechten Zorn wegen
Werke erwähnten
Friedens zu
Campo
Frankreich und Deſterreich ward zu Raſtadt
9. Dezember 1797 unter Preußens und Deſterreichs Mit
wirkung ein Congreß zur Abſchließung eines fchen
des zu Raſtadt
Nach der Abſchließung
Frankreich und dem
Friedens zwi
deutſchen Reiche eröffnet .
Erſtres
machte aber zu hohe Forderungen , Defterreich zog wieder eine Heeresmacht zuſammen und die Friedensunterhandlungen zer ſchlugen fich ohne andre Folgen , als daß hier zuerſt die Idee der nachmals vollzogenen Verweltlichung der geiſtlichen Reichs länder in Anregung gebracht wurde.
Dieſem Kongreß Wohn
ten drei franzöſiſche Geſandten bei, und zwar Roberjot, Bon nier und Jean de Bry . die
Deputation
franzöſiſchen
des
Am
23. April
deutſchen Reichs
Geſandten
ließen
für ſuspendirt.
ſich von
Direktorialgeſandten , Freiherrn von ſtellen und reiſten am
1799 erklärte fich
dem
Albini, ihre Päſſe auß
28. April Abends ab.
Kaum
fie die Vorſtadt etwa 200 Schritte hinter ſich , als dem
Wege nach Plittersdorf von einem
Huſaren überfallen wurden . ermordet.
Während man
ſtarken
hatten ſie auf
Trupp Szekler
Roberjot und Bonnier wurden
ſich ihrer Papiere bemächtigte und
ihre Leichname plünderte, floh
Jean
de Bry mit dem
ſandtſchafts -Secretair Roſenſtiel zurück nach Raſtadt. waren verwundet.
Ge Beide
So offen dieſe brutale That auch verübt
worden iſt, ſo hat ſich doch angeſtrengten
Die
kurmainz'ſchen
trotz
der vom
Unterſuchung nicht erweiſen
Erzherzog Karl laſſen , wer deren
Urheber war, mindeſtens wurde die Unterſuchung plöglich ge ichloſſen.
Man
hatte wahrſcheinlich
zu
tief
geſehen .
Der
149
preußiſche Wilhelm
geheime von
Rath
und
Dohm , welcher
Kongreß vortrat, mußte im fchen Korps einen veröffentlichen . von
Kammerpräſident Chriſtian auf dem
Raſtadter
Auftrage des ganzen
diplomati
authentiſchen
Preußen
Bericht über dieſe Gräulthat
Einige behaupten , die Huſaren
franzöfiſchen
Emigranten
gedungene
und
ſeien nur verkappte
Meuchelmörder geweſen , was dahin geſtellt bleiben muß. Fichte ſchreibt zu jener Zeit, am drei Wochen nach dem
22. Mai 1799 , alſo
Geſandtenmorde :
Ermattung und Ekel beſtimmen mich zu ſchluffe , für einige
Jahre ganz zu verſchwinden .
jeßt nicht verſtummen .
dem
Ent
Ich darf
Es war mir ſeit der Verbindung
Rußlands mit Deſterreich ſchon längſt wahrſcheinlich, was mir nunmehr durch die neueſten Begebenheiten und beſon bers
feit dem
hier
( in
gräßlichen
Geſandtenmorde (über den man
Weimar) jubelt und über welchen S. und G.
ausrufen :*) „ fo
iſt's Recht , dieſe Hunde muß man todt
ſchlagen !" ) völlig gewiß
iſt, daß der Despotismus fich von
nun an mit Verzweiflung vertheidigen wird, daß er durch Paul**) und Pitt***) conſequent wird, daß die Baſis fei nes Planes die iſt, die Geiftesfreiheit +) auszurotten daß die Deutſchen ihm erſchweren werden .
und
die Erreichung dieſes Zweckes nicht
Glaube nicht, daß der weimar'ſche Hof
* ) Dr. Vehſe deutet auf Schiller und Gothe hin . Sie können aber damit nicht gemeint ſein. Mindeſtens würden wir es nicht wagen , ihnen folche robe Aeußerung in den Mund zu legen . **) Kaiſer von Rußland. *** ) William
Pitt, engliſcher Miniſter.
†) Karl Auguft Böttiger Gegentheil.
behauptet in
Bezug auf Kurſachſen das
150
geglaubt hat, der Frequenz der Univerſität werde durch meine Gegenwart geſchadet werden ; er weiß zu wohl das Gegena ajitheil.
Er hat zufolge des allgemeinen beſonders von Kura
fachſen kräftigſt ergriffenen Planes mich entferen müſſen .*) Ein
Eingeweihter**)
gen , daß
dieſer
Geheimniſſe
ich zu Ende dieſes
Jahres
Burgsdorf +) ſchon
gewonnen
Vom
worden .
gegen
Erulant ſein würde.
Voigt ***) iſt durd
zu Dresden
iſt ſchon
Jahres eine anſehnliche Wette eingegan =
Ende des vorigen
längſt gegen mich
Departement der Wiſſenſchaften
iſt bekannt gemacht worden , daß Keiner, der
ſich auf die neuere Philoſophie lege, befördert werden , oder & wenn er es ſchon
iſt , weiter rücken folle.
In der Frei
a fchule zu Leipzig iſt ſogar die Roſenmüller'ſche Aufklärung bedenklich
gefunden worden ; Luthers Katechismus iſt dort
I wieder eingeführt und die Lehrer find von Neuem auf die ſymboliſchen Bücher confirmirt worden . Das wird weiter
gehen
und fich verbreiten .
In Summa , es
iſt nichts
54 gewiffer, als das Gewiſſeſte, daß , wenn die Franzoſen nicht die ungeheuerſte Uebermacht erringen und in zi wenigſtens einem sänderung
beträchtlichen
durchſeßen , in
Deutſchland,
Theil deffelben , eine Ver
einigen
Jahren
in
Deutſchland
kein Menſch mehr, der dafür bekannt iſt, in ſeinem einen
freien Gedanken
gehabt zu
Leben
haben , eine Ruheſtätte
* ) Durch Nichts bewieſen . ** ) Wer ? Würde diefe Behauptung gegründet ſein , ſo hätte auch Fichte wiffen müffen , wer der „ Eingeweihte“ war , und da dieſer Brief an eine Privatperſon gerichtet, ſo würde er keinen Augenblick angeftanden haben , den Namen zu nennen. So ſcheint es nur ein einfaches Weiberges ichwäß, das ihm hinterbracht war . ***) Miniſter am weimarſchen Hofe. +) Minifter und ehemals Lehrer Friedrich Auguſt III,
151
finden wird. -
Es iſt mir alſo gewiffer , als das Gewiſ
feſte , daß, fände ich auch jekt irgendwo ein Winkelchen , ich dodh in einem , höchſtens in zwei si werden würde ; und
es iſt
n Drten fortjagen zu laſſen ; dies Beiſpiel.
Jahren wieder fortgejagt
gefährlich , fich an mehreren lehrt hiſtoriſch Rouſſeaus
Geſegt, ich ſchweige ganz, ſchreibe nicht das Ge
1 ringfte mehr ; wird
man mich unter
dieſer
Bedingung
s ruhig laſſen ?
Ich glaube dies nicht, und gefegt; ich könnte
st dies von den
Höfen hoffen , wird nicht die Geiſtlichkeit,
sowohin ich mich auch wende , den Pöbel gegen mich auf li heben , mich von ihm ſteinigen laſſen , und nun die Regierung bitten , mich als einen Menſchen , der Unruhen erregt, zu entfernen ?
Aber darf ich denn ſchweigen ?
Nein ,
i das darf ich wahrlich nicht; denn ich habe Grund, zu glau ben , daß , wenn noch etwas gerettet werden kann des deut
sa fchen
Geiſtes, es durch meine Reden
rund durch mein Stillſchweigen pa zu
frühe
zu Grunde
-
traue, daß
fie mich
gehen würde. ſchweigend
gerettet werden kann ,
die Philoſophie ganz und ich nicht zu
Denen
würden
eriſtiren
laſſen ,
te traue ich noch weniger zu , daß fie mich werden reden laſ fen .
Aber ich werde fie von
Lehre überzeugen .
der Unſchädlichkeit meiner
Lieber Reinhold ! wie Du nur ſo gut
von dieſen Menſchen denken
kannſt !
Je klarer ich werde,
je unſchuldiger ich erſcheine, deſto ſchwärzer werden ſie und deſto größer wird überhaupt mein wahres
Vergehen .
Ich
habe nie geglaubt, daß fie meinen vorgeblichen Atheismus verfolgen ; ſie verfolgen in mir einen
Freidenker , der an
fängt, fich verſtändlich zu machen , und einen Demokraten ; es erſchrect fie, wie ein
verſchrieenen
Geſpenſt, die Selb
ftändigkeit, die, wie ſie dunkel ahnen , meine Philoſophie wirkt."
152
Es find freilich aus ſeiner Zeit auch wahre Mittheilun gen über Ungebührlichkeit vorhanden , welche ſich einzelne Be amten , beſonders aber die Gardeoffiziere haben zu Schulden kommen
laſſen .
Mann breit,
Von
den legteren ſagt man , daß fie neun
gefolgt von ihren
entlang geritten ſeien und den bis zu ihnen
den in
Häuſerreihen
Reitknechten , die Straßen friedlich wandelnden
zurückgedrängt und
Bürger
dem , welcher
gerechter Entrüſtung widerſprach, einige Peitſchen
biebe verabreicht hätten .
Unwahrſcheinlich iſt dies nun eben
nicht; daraus aber , daß einzelne Perſonen eines ehrenwerthen Standes unmannierlich fich betragen , den Schluß zu ziehen, daß daſſelbe bei allen Uebrigen der Fall ſei, würde mindeſtens vorſchnell fein. Karl Auguſt Böttiger erzählt auch , als im
Jahr 1791
bei Gelegenheit der Verſammlung deutſcher Fürſten niş , Friedrich Auguſt III. den Monarchen
zu
Pill
die Antikenſamm
lung habe zeigen wollen , er die Thür verſchloſſen und den damaligen Inſpektor Wader im
Weinhauſe fand .
In Georg
Förſters Tagebuch finden wir auch ein Stüchen von der Beamtenwillkür in Kurſachſen . Der Bildhauer und Inſpek tor des Meng'ſchen Gipscabinets zu Dresden Matthäi, Vater des im
Jahre
1809 bei der Dresdener Akademie als Pro
feffor angeſtellten genialen Friedrich Matthäi, war durch ſeine Grobheit und Ungezogenheit , welche er ſich beſonders gegen Fremde erlaubte, bekannt und durch ſeinen ſchmußigen Geiz ver rufen .
Dieſer Geiz erſtreckte fich ſogar ſo weit, daß er, um
reiche Trinkgelder zu
erzielen , die Bilder ohne Angabe der
Namen ihrer Verfertiger anhängen ren Drts hierzu daran .
ließ ; als er endlich höhe
gezwungen wurde, heftete er falſche Namen
Wenn nun
Jemand einmal kam
und ſeine Zweifel
153
laut werden ließ , daß das Gemälde von dem Künſtler herrührt, dann
angegebenen
ſagte er :
„ Es iſt möglich, und gern würde ich, um ſein , nach
fällig zu
Ihnen ge
wirklichen Verfertiger nachſehen ,
dem
wenn mir die Zeit nicht gar zu färglich zugemeſſen wäre, Geld . " und Zeit iſt nämlich die neu
Gewöhnlich erreichte er ſeinen Zweck
gierigen Kunſtfreunde zahlten ein anſtändiges Honorar er fand ſehr bald
den richtigen
Namen .
und
Dieſer Matthäi
machte nun auffallender Weiſe eine Ausnahme mit Cornelius (ießt noch
Direktor der Kunſtacademie zu Berlin ).
Als die
Jahre 1820 das Meng'ſche Gypscabinet beſuchte, em
fer im
pfing er ihn ſo ſtolz, wie es Cornelius felbft erzählt hat.
Der Kurfürſt wollte alle nicht.
kein
Fürſt ihm gethan , wie
dergleichen
Ungebürlichkeiten
Aber , wie wir ſchon einmal geſagt, es iſt für einen 1
Fürſten ſchlechterdings unmöglich,
ſich um
Zweig feiner Regierung zu kümmern . gewiß
die beſten
Abſichten , in
ſeinem
jeden
einzelnen
Friedrich Auguſt hatte Lande fo Etwas nicht
vorkommen zu laſſen , daß es ihm jedoch nicht gelang, bewie fen die von uns herangezogenen Urtheile verſchiedener Män ner aus verſchiedenen daß
es
dem
Zeiten .
Böttiger erzählt z. B. auch ,
gelehrteſten Münzkenner Gattaneo , als derſelbe
1812 das Münzkabinet zu
Dresden
beſuchen wollte, nicht
möglich wurde, Eintritt zu verlangen , ungeachtet der Kurfürft ganz entſchieden werden ſollte.
befohlen
trifft deshalb kein Streben
hatte , daß
es
Friedrich Auguſt III . oder Vorwurf.
Jedermann
gezeigt
ſeiner Regierung
Jeder Zeit war ſein eifrigſtes
dahin gerichtet , Alles anzuordnen und zu thun , was
das Beſte ſeines Volkes zu bezweden im Stande war. Ueberal
154
herrſchte
der
Geiſt der Verbeſſerung und der Gerechtigkeit.
Die ſtändiſche Verfaſſung hatte allerdings noch viele Mängel und Fehler.
Das konnte aber
werden und war hauptſächlich Rechten ſelbſt begründet.
nicht ſo raſch umgewandelt in
den
Ständen bewilligten
Die Stände hatten
Steuernbewilligung, durften
das Recht der
die für die Nation beſtimmten
Gefeße berathen , acceptiren oder verwerfen , und es lag ihnen auch die Berechtigung bei , für zeitgemäße Umänderung der Kirchen- und Schul-Sachen und für neue polizeiliche und ge richtliche Verbeſſerungen
zu wirken .
Wenn
ſie
im
Stande
geweſen wären , dieſe ihnen zuſtehenden , und vom Kurfürſten durchaus nicht verkümmerten , Rechte in gehöriger und noth wendiger Weiſe zu gebrauchen , dann hätten ſie überaus ſes gensreich wirken von
der
können ; fo aber hatten ſie keine Kenntniß
Geſammtverwaltung
des
Staats , forderten
Ueberſicht über Einnahmen und Ausgaben Kammer , noch
vom
Finanzcollegio ,
keine
weder von
der
und freiwillig würde
ihnen dieſelbe auch nicht gewährt, wie ſie auch nicht verſtan den hatten , ihr Recht zu behaupten , wegen Kriegserklärungen und Friedensſchlüſſen . Der
Bauernſtand hatte gar keine Vertreter , jehnte fich
auch nicht darnach, und der Rittergutsbeſiger, dem
eigentlich
die Verpflichtung oblag, die durch die Verhältniſſe felbft her vortretenden
Beſchwerden des Landmannes vorzubringen , be
kümmerte ſich nicht darum , aus Furcht, er könne dadurch Etwas von ſeinen
eigenen
Rechten
einbüßen .
Wenn
die Beſchwer
den des Bauers wirklich zur Sprache gebracht worden wären , dann würden Frohn- und Zwangsdienſte unbedingt zu Ende geweſen ſein , und der Verluſt, welcher dadurch dem Grundbeſißer erwuche, war manchmal unermeßlich .
großen
Außerdem
155
iſt wohl zu
bedenken , daß die Spigen der Grundbeſißer in
der Regel nicht blos
in
Sachſen , ſondern
in jedem
die höchſten Staatsämter inne haben , aus welchem dann auch der
Fürſt Nichts
kann , wenngleich er von
dem
erfahren
und Nichts
Lande, Grunde
verbeſſern
redlichſten Willen beſeelt iſt,
wie es bei Friedrich Auguſt III. der Fall war. njomptest af 20
Die Bewohner der Städte wurden durch die Magiſtrate
vertreten , aber auch nur mangelhaft, weil die von ihnen gewähl ten
Deputirten ſtets zu
ihrer Korporation gehörten und der
Befürchtung Raum gaben , daß wenn
ſie für die Intereſſen
des Bürgers in die Schranken treten würden , ihre Thätigkeit als Magiſtratsmitglied zu Ende fei. So beherrſchte der Egois mus nach
und nach alle ſtaatsgeſellſchaftliche Einrichtungen .
Hierzu kam nun nach der früherer Zeit allerdings bedeutungs loſe, unter der Regierung Friedrich Auguſt III . aber bedeu tungsvolle Umſtand , daß weil ihre Beſiber Herren
bekamen
ein
großer
Theil der Rittergüter,
verarmt waren , bürgerliche Perſonen und
den Landtagen vertreten
zu
dadurch das Recht verloren , fich auf zu laſſen .
Der Unterſchied nach die
ſer Seite hin war ſo bedeutend, daß z. B. im
Jahre 1728
noch 234 ritterſchaftliche Vertreter vorhanden waren , während etwa fiebzig Jahre ſpäter nur noch einige Siebzig als land tagfähig betrachtet werden 10)
konnten .
Der Kurfürſt ſah alle dieſe Mängel ein und da es ihm
um wirkliche Hebung feines Volkes zu thun war, ſo beſtimmte er von
durch
ein
Dekret vom
Rittergütern zum
6. April
1805, daß alle Befißer
Landtage berufen werden ſollten , in
fofern ſie für ihre Perſon zum Ericheinen auf lands tagen qualifizirt feien .
Worin
dieſe Qualifikation
bes
ftand , iſt nicht recht erſichtlich, es fei denn, daß darunter eine
156
gewiffe wiſſenſchaftliche Bildung verſtanden werden ſoll. Wenn wir übrigens
die
ganze Landtags-Angelegenheit
von
allen
Seiten und mit unpartheiiſchen Augen betrachten , dann kom men wir in Gefahr , eingeſtehen zu müſſen , den Ständen es nicht verdenken zu können , wenn ſie ſich an ihrer Vertretung fo ungemein wenig betheiligten.
Bei
Eröffnung der Ver
fammlung hatten alle ſtädtiſche Deputirte, ſowie auch ein gro Ber Theil der Ritterſchaftsvertreter die Verpflichtung, außer halb der Schranken ſtehen zu bleiben , wie ſie auch alle Male Gelegenheit hatten, ſich über die baumhohen Gardiſten zu är gern ,welche vor ihnen aufgeſtellt waren .
Es kam deshalb auch
gar nicht
Jener ganz aus der
ſelten
vor, daß Dieſer oder
Verſammlung wegblieb, weil er durch ein ren ſich fühlte.
derartiges Verfah
in ſeiner menſchlifchen Würde gekränkt und verlegt Es wurde deshalb auch im Jahre 1781 eine Verord
nung erlaſſen , nach welcher diejenigen , welche drei Mal in der Verſammlung gefehlt und ſich nicht genügend entſchuldigt hatten , das Recht, fich als Deputirter wählen zu loren .
laſſen, ver
Dieſe Maßregel war freilich nicht die richtige, eine
andere indeß ließ
ſich gar nicht zur Geltung bringen.
Grund der ſo überaus lauen angeführten
Theilnahme lag in
den
Der oben
Verhältniſſen , den man entweder nicht erkannte
oder nicht erkennen wollte. An Friedrich Auguſt III. lag dies aber keineswegs !
Er
zeigte ſtets, wie ſehr er beſtrebt war, fich die Liebe feines Vol kes zu erwerben .
Trotz der ſich immer mehr ſteigernden Aus
gaben wurden die allgemeinen Steuern nicht erhöht, und wenn dem
Kurfürſten von den Ständen die Genehmigung ertheilt
wurde, mehrere Millionen auf Credit des Voltes zu erheben , ſo gab er oft eine ſolche Urkunde, ohne ſie gebraucht zu haben ,
157
zurück.
Ungeachtet deſſen
waren
die Landesſchulden , welche
bei Beendung des ſiebenjährigen Krieges ſichauf 29,028,424 Tha ler beliefen , bis zum
Jahre 1804 über die Hälfte bereits ab
getragen .
8
e h = te s
kapitel.
Die Forft Die Landes - Einkünfte. Das geheime Finanzcollegium . verwaltung. - Die Waldcultur. - Der Bergbau . - Die fabrikation des Papiergeldes . – Die kurfürſtliche Wechſelkaſſe . Die Geſetagebung. – Die Gefeßicommiffion . - Einzelne Verordnungen . - Bucht- und Beſſerungs- An ftalten . Die Gefängniſſe. Die landesfürſtlichen
Einkünfte, zu
deren
Erhebung die
Genehmigung der Ständeverſammlung nicht erforderlich war und welche durch die Benußung der Regalien , durch die Bes ſteuerung der Kammergüter und durch alle jene Abgaben zu ſammen gebracht wurden , welche zur Kathegorie der indirek ten Steuern gehören und über die Niemand ſpricht, weil ſich Niemand dadurch gedrückt fühlt, erhielten mancherlei wohlthä tige und zeitgemäße Veränderungen in ihrer Verwaltung. Vom Jahre 1773 bis 1782 wurde fortwährend daran gears beitet.
Friedrich Auguſt III. ſuchte überall Erſparungen ein
zuführen und erreichte es endlich auch, daß jährlich 150,000 Tha ler weniger verausgabt wurden . führte
er bei dieſer
Verwaltung
Schon
im
Jahre
1773
die doppelte Buchführung
ein ; audy errichtete er eine Generalhauptkaſſe , wozu der Graf Bolza den
Plan entworfen hatte und welche
er ſelbſt diri
158
girte unter Affiſtenz des jedesmaligen Miniſters des Innern .*) Dies geſchah fünf Jahre lang , da hatten ſich aber die Arbei ten
des Kurfürſten
dergeſtalt angebäuft, daß er es für noth
wendig hielt , ſich in dem Direktor
beizuordnen .
Kollegium
Grafen von Wallwiß einen Darnach
ſal das Kammer - Kollegium
ſchmolzenen
das
Vice
Generalacciſe
als ſelbſtändige Behörde aufgehoben und mit der
Generalhauptkaſſe verbunden .
Kollegium
wurde
1782 traf ein gleiches Schick und das Kammer- und Berg
und nun wurden Inſtitute vom
dieſe mit einander innig ver 7. November 1782 an das ge
heime Finanz- Kollegium
genannt.
empfing daſſelbe drei Direktoren , von
Im
denen
ſondere Abtheilung zu verwalten hatte .
Jahre
1800
Jeder eine be
Das erſte Departe
ment umfaßte alle Regalien , Verfaſſungsgegenſtände, Poft-, Münz-, Salz- und Berg -Sachen, außerdem gehörten noch der Straßenbau und alle Damm- und Ufer -Angelegenheiten dazu .
Zum
zweiten
Departement gehörten :
Conſumtions - Abgaben ; und
Handels- und
in die dritte Abtheilung fielen :
die Amts-Einkünfte, die Kammergüter mit ihren Einkünften , Forſt-, Floß- und Jagd -Angelegenheiten und der Rentenkam mer-Gewinn . bring 19784534
Das geheime Finanz - Kollegium
hatte vier verſchiedene
Kaffen ; erſtens , die Rentenkammerkaſſe , zweitens , die Gene ralacciſe-Hauptkaſſe, drittens, die Generalfriegskaffe, und vier tens, die Hauptkaffe. Am 5. November 1785 erließ der Kur fürſt eine beſondere Inſtruktion für dieſe Kaffen , worin haupt ſächlich darauf hingewieſen wurde , daß bei der Abwickelung finanzieller Angelegenheiten dem
Woble der Unterthanen
das landesfärftliche Intereſſe mit ſoviel wie möglich
Friedrich dung gehalten werden folle. * ) Damale der Graf von Wallwig .
in . Verbin =
Auguſt ſprach
fich
159
übrigens in Bezug hierauf auch ohne Rückhalt öffentlich aus . In der Landtagspropoſition des „ Wir haben bei jeglichem
dieſem
Jahres 1787 ſagte er :
Kollegium
vorzüglich
Gegenſtande vor allen
auf, was bei felbigem
aufgegeben ,
Dingen dara
Recht und Billigkeit und
der Wohlſtand der Unterthanen erfordert, fodann aber erſt auf die davon zu ziehenden
Nußungen
und Einkünfte das Abfehn zu richten ." 13
Kurfürſt Friedrich
Auguſt III. prüfte jedes
Jahr ſelbſt
den Stand der Einnahmen und Ausgaben für das nächſtfol gende Jahr, ſo wie ihm gelegt werden mußten .
auch monatliche Kaſſenauszüge vor Auf dieſe Weiſe erreichte er vollftän
dig ſeinen Zweck, daß er in der Kaſſenverwaltung überall zu Hauſe war. Er beſaß ein wirkliches kaufmänniſches Talent. Er wollte zwar nicht, wie ein Kaufmann, zulegt ein Millio : när fein , aber er forgte dafür , daß niemals eine Zahlungs einſtellung möglich wurde, aus welchem anbefohlen hatte, die Verwaltung
Grunde er dann auch
dergeſtalt zu
leiten , daß
immer ein Kaſſenbeſtand (eiferner Fonds ) von zwei Millionen Thalern vorhanden ſei. Es war aber faſt immer mehr, als dieſe zwei Millionen vorhanden .
Das kam
daher , daß da , wo eine Vermehrung der Einnahmen , ohne Nachtheil nach irgend welcher Seite, erzielt werden konnte, es auch geſchah .
So ließ
der Kurfürft z. B. feine Domainen
in einer entſprechenderen Weiſe verwalten , fu daß deren Ers trag , der fich von 1776 bis 1781 auf ungefähr neunhundert und funfzig Tauſend Thaler jährlich belief, von
1800 bis
1805 bis zur Höhe von jährlich einer Million und dreihuns dert
Tauſend
Friedrid
Thaler
Auguft fein
jährlich
geſtiegen war.
Auch
Augenmerk darauf, daß die
richtete Einfuhr
von fremdem Salz vermieden wurde. Aus dieſem Grunde be
160
ſtimmte er, daß
Jeder ſeiner Unterthanen , welcher das zehnte
Lebensjahr überſchritten , jährlich
14
Pfund , und Diejenia
gen , welche Vtehſtand hatten , mußten jährlich ſieben Pfund für jede
Kuh und eben
ſo viel für je zehn Schaafe ent
nehmen . Für eine zweďmäßige Bewirthſchaftung der Waldungen trug Friedrich Auguſt ebenfalls große Sorge, doch waren ſeine von
nach dieſer Seite hin
Bemühungen
beſonderen
keinem
hier gleich
Diebſtahl und Betrug ſcheinen
Erfolge gekrönt.
Als die wittenberger Brücke
ſtark vertreten geweſen zu ſein .
gebaut wurde, ſind die dazu verwendeten fächfiſchen Waldungen genommen als gekaufte böhmiſche in
Eichen , welche aus Kurfürſten
ſein ſollen , dem
Rechnung geſtellt.
Auch wird be
hauptet, daß einzelne Forſtbeamte der Beſtechung nicht fremd ſeien .
geweſen
ſage eines dem
Dieſe Behauptung entſtand
durch die Auß
Trunke ſtark ergebenen Holzlieferanten , welcher
meinte , Einen könnte er gewöhnlich mit 2000
Thalern be
friedigen , ein Anderer aber ſei ungeheuer ausverſchämt. Man kann
indeß
Allgemeinen wenig
im
auf dergleichen Reden
geben , und mit Rückſicht auf die Genauigkeit, mit welcher Friedrich Auguſt Alles ſelbſt controlirte, ſie beinahe für rein aus
der
Luft
gegriffen
Es mögen
bezeichnen .
ähnliche Betrügereien vorgekommen ſonſt nicht vorgekommen ?) in
ſein
immerhin
(und wo wären ſie
ſo umfangreicher Weiſe , wie
mitgetheilt, ſicherlich nicht. Friedrich Auguſt III., welcher, ſo zu machte , ſondern erließ
ſagen , Nichts halb
überall mit der größten Sorgfalt verfuhr,
verſchiedene
Beſtimmungen
über
Einrichtungen
der
Forſtrechnungen , vernunftgemäße und vortheilhafte Bewirth ſchaftung der Waldungen , beſonders aber ein
bei Befeßung
der höheren Forſtbeamten zu beobachtendes Verfahren .
Jeder,
161
der zu der Stellung eines Oberforſtmeiſters fich für qualifi cirt hielt und ſich um
eine ſolche Stellung bewarb , mußte
vorher ſeine Tüchtigkeit durch dem
geheimen Finanzminiſterio
eingereichte Probeſchriften genügend darthun .
Und es wurde
dabei etwas genauer zu Werke gegangen , als dies in ſpäte ren
Zeiten
in
anderen
Staaten
geſchah.
Deb Kurfürſten
Sorge erſtreckte fich fogar bis in die kleinſten
Details .
Er
überwachte den Holzhandel und controlirte ſelbſt die darüber geführten
Bücher.
Daß hierbei dennoch , wie
oben
erzählt ,
Betrügereien und Unterſchlagungen vorgekommen ſind, darf eben nicht zu ſehr wundern , da vervielfältigen
und
ein Menſch
ebenſo wenig
wärtig ſein kann.
ſich
allwiffend und
doch nicht allgegen
Es iſt z. B. öfter vorgekommen , daß
zelne Holzlieferanten
fich große Quantitäten
ein
Bauhölzer aus
den Waldungen geholt und dabei nur die Vorſicht gebraucht haben , dem betreffenden Revierforſtbeamten fo en passant zu ſagen , daß fie heute oder morgen hier- oder dorthin eine Parthie zu machen die Abſicht hätten .
Der Beamte verſtand
dieſen Wink und war gerade in der entgegengeſepten Rich tung zu finden .
Wäre er aber wirklich ſo unbeholfen gewe
fen , es nicht verſtehen zu können , dann hätte ihn
eine Klei
nigkeit von zwanzig oder dreißig Thalern , die er auf ſeinem Tiſche fand, unzweifelhaft belehrt. 7500 IU de 150 In dem
Zeitraume von
1783 bis 1796 wurden allein
über dreizehn Tauſend D.-Aecker mit Holz befäet, um immer fichon rich
größeren in
Sachſen
II. im
Uebrigen
Waldreichthum
zu
nicht unbedeutend war, wie" felbft
fiebenjährigen Kriege mehrfach bewieſen hat.
konnte tro
einen
gewinnen , der ohnedies
diefes Holzreichthums doch
Fried Im
nicht jeder
fächfiſche Unterthan Vortheil davon ziehen , weil die Verbina 1 Bertraute Geſchichte. Šachſen . 3. Bd. tygoto 1111 augytok
162
-
hin nodi ſebr
dungswege nach weniger bewaldeten Gegenden mangelhaft waren . Fortſchritte
Je weniger
III, in
Auguſt
Friedrich
Holzcultur erzielte, deſto mehr Freude machte ihm bau .
der
der Berg
Derſelbe wurde durchaus wiſſenſchaftlich betrieben und
berechtigte zu den ſchon über den
ſchönſten Hoffnungen . Ignaz von
Edlen
des Anquicens
der Erfinder
Wir
Born
früher
haben
geſprochen , welcher
der filberhaltigen
Queckfilber und der Lehrer, vieler jungen
Erze
durch
Leute aus Sachſen
war. Auch der Bergrath Gellert iſt einer ſeiner Schüler ge weſen und bewies durch ſeine Praris in Sachfen , daß er viel bei ihm
gelernt hatte.
manche
Derſelbe führte noch
Beſonders iſt des Amalgamirwerks
beſſerung ein.
Ver
bei Frei
berg zu gedenken, das Herr von Charpentier in Gemeinſchaft Hüttenmeiſter Wittig erbaut hatte, etwa ums Jahr
mit dem 1792 .
Dieſes
Werk erſparte dem
fächſiſchen
Staat gegen
10,000 Klafter Holz jährlich und erhöhte den
Ertrag des
Silbers ganz ungewöhnlich , und wenn Herr von Born Behauptung vorbrachte, der Kurfürſt von Sachfen feine Kunſt einen
jährlichen
Gewinn von
ſo dürfte dies keineswegs übertrieben der Ertrag von
ſein .
die
habe durch
60,000
Thalern ,
Zwar hatte ſich
Jahr zu Jahr vermehrt, ein wirklich nam
hafter Werth war aber erſt durch das Amalgamiren hervor gerufen . dagegen
Im
Jahre 1762 brachte der Bergbau nur 14,400 ,
1801 fchon
52,700 Mark
beachtenswerther Unterſchied !
Silber
Die übrigen
ein .
1,638,000 nannten
Thalern . deutſchen
Bergleute in
Bis
ſehr
Erzeugniſſe und
Fabrikate des fächfiſchen Bergbaues erreichten im die Summe von 742,000
Ein
Jahre 1791
Thalern , feche Jahre ſpäter ſchon kurz vor dem
Befreiungskrieges
Ausbruch des foges
waren
zwölf Tauſend
ſechs Hundert Gruben beſchäftigt; bei der Ver
163
edelung
der Mineralien
fanden
Arbeiter ihr Brot, außerdem feld
noch vierzehn
Sachſen
von
100,937
Kupferbergbau .
den
Abzug aller , nnd nicht unbedeutenden , Jahre 1768 bis 1815 einen Nettogewinn
Thalern
jährlich
im
Durchſchnitt.
gewonnenen Silber und Gold wurden Zeitraum fiebzehn Millionen Silber und ungefähr eine münzt.
in
dem
werden mußte .
noch
Wir werden
dem
angegebenen
Viertelmillion in Kupfer ausge
Der Bedarf des Geldes war
Bergwerken
Von
in Gold, ſechszig Millionen in
indeß für Sachſen
jener Periode ein weit größerer , ſo daß von fächſiſchen
Tauſend
betrieben in der Grafſchaft Mans
Hundert Menſchen
hatte nach
Betriebskoſten vom
ungefähr funfzig
faſt ebenſo
in
andern außer
viel herbeigeſchafft
ſpäter übrigens Gelegenheit neh
men , noch einmal auf den fächfiſchen Bergbau, beſonders aber auf die
Bergakademie
zu
Freiberg
zurückzukommen .
haben wir uns nur mit denjenigen Angelegenheiten zu chäftigen , die vorzugsweiſe unter der
Regierung
Jeßt be
Friedrich
Auguſt III. von Bedeutung ſind und durch welche das Em : porblühen Sachſens hervorgerufen und befördert wurde. 24-
In die erſte Zeit dieſer bewundernswürdigen Regierung
fällt auch die Fabrikation des
Papiergeldes , an welche die
früheren Herrſcher gar nicht gedacht hatten .
1
immer nur ein Sdeingeld , das Friedenszeiten wird es
Papiergeld iſt
iſt bekannt genug.
allerdings von
In
Jedermann ohne Bez
denken entgegen genommen , weil es Federmann ohne Verluft auch wieder ausgeben kann und es den Geldverkehr überhaupt ſehr erleichtert.
Tritt aber eine Kriegsperiode ein , dann der=
liert das Papiergeld fofort ſeinen Werth; derfelbe Finktmanchmal fo außerordentlich, daß er gleich Null iſt. werden wo man
ſich
noch der
Zeiten von
Viele unſerer Lefer
1813 bis 1815
häufig genöthigt war, einen
erinnern ,
Fünfthalerfchein 11 *
für
164
verkaufen , um
fünf Silbergroſchen zu
Stande zu
nur im
ſein, ſeine Bedürfniſſe bezahlen zu können . werden dadurch arm , Viele wieder reich.
Viele Menſchen ſelbſt
Wir kennen
Perſonen , die ihr ganzes nicht unbedeutendes Vermögen nur durch
Die Herr
Das Papier
trifft hierbei keine Schuld.
ſcher eines Landes
der
in
Handel mit Papiergeld
(gewiffenloſen )
den
angezogenen Kriegszeit zuſammen gebracht haben .
einlö
geld bei Ausbruch eines Krieges von den Landeskaffen
ſen zu laſſen, iſt unklug und unpolitiſch , weshalb dann auch gemeinhin jedes Geld in Papier zurüdgewieſen wird.
Dazu
gehören nicht blos die ſogenannte Kaſſenbillets , ſondern auch übrigen
1
alle
Papiere , als Staatsſchuldſcheine,
geldwerthen
Stadtobligationen u . f. w . TË Sachſen
dieſe
hatte
Papiergeldangelegenheit gelernt.
Schattenſeite noch nicht kennen
von
circulirende Geld zu vermehren , den allgemeinen
Verkehr zu
erleichtern und denjenigen Leuten , welche ihre Kapitalien und
ſicher anlegen wollten , Gelegenheit hierzu
Dieſe Zwecke wurden nach wurde man geln
aufmerkſam
auch vollſtändig
der
Es galt ja nur das
bieten .
zu
erreicht.
gut
Nach
und
auf die Mängel dieſer Maßre
in Sachſen
und gewahrte mit Schrecken , daß
eine gewiſſe Unzufriedenheit
im
dadurch
Volke unvermeidlich
war.
Jahre 1772 am 6. Mai
Der Kurfürſt erließ deshalb ſchon im
eine ſogenannte Kaſſenbilletsverordnung, ſeßte das circulirende Scheingeld auf 1,500,000 dieſelben
in
Papieren zum
und 100 Thalern
Thaler
feſt und beſtimmte , daß
Nennwerthe von 1, 2, 5, 10 , 50
ausgegeben werden
ſollten .
Um
den Bes
fißern dieſer Geldpapiere aber auch gewiſſer Maßen eine Sicher heit für ihre Kapitalien zu bieten , wurden die Einkünfte der Landesacciſe beſtimmt, die Einlöſung dieſer Papiere allmälig zü bewirken .
Außerdem
verordnete er , daß alle kurfürſtliche
--
165
Kaſſen verpflichtet ſeien , bei Zahlungen , die zwei Thaler über ſtiegen , die Hälfte der über zwei Thaler betragenden Sum men in
Papieren anzunehmen .
Indeß war auch eine beſon
dere Wechſelkaſſe errichtet, wo man ſeine Geldpapiere gegen Kourant jeder Zeit eintauſchen konnte und hierbei an jedem Thaler einen hatte.
Verluſt von ' nur neun
Dieſe neun Pfennige
der Wechſelkaffe deden .
ſollten
Pfennigen
zu
erleiden
die Verwaltungskoſten
Damit die Leştere jedoch
nicht in
die Verlegenheit gelangen konnte, erklären zu müſſen, daß fie nicht genügende Fonds zur Auswechſelung beſige, wurde der felben
ein
baares Kapital von
etwa 400,000
Thalern
zur
Dispoſition geſtellt.
Würde Friedrich Auguſt III. weniger reell zu Werke ge gangen
ſein , dann
hätte ſich
Volke fund gegeben .
ſchwerlich
ein
Mißtrauen
im
So aber trat gegen dieſe, unter dama
ligen Verhältniſſen gewiß ſehr vernünftige Maßregeln , eine all gemeine Abneigung hervor , die freilich wenig beachtet wer den konnte und durfte.
Der Kurfürſt verſtand es jedoch, den
Werth des Papiergeldes durch den Kredit, den er außerhalb feines Landes zwanzig
genoß , ungemein zu
erhöhen , ſo daß etwa Jahre ſpäter, daſſelbe zuweilen über ſeinen Nenn
werth bezahlt wurde. neun Pfennige pro fürſtlichen
Dadurch brauchte man auch nicht mehr
Thaler zu verlieren , wenn man zur fur
Wechſelkaffe ging,
ſondern
Unannehmlichkeiten , wie ſie felten piergeld ausbleiben, traten
nur einen
Pfennig.
oder vielleicht nie bei Pa
auch in
Sachſen ein.
Einige ge
ſchickte Leute hatten es verſtanden , daffelbe nachzumachen . Der Umlauf des dadurch entſtandenen falſchen Geldes konnte nur durch die Verausgabung neuer Kaffenſcheine beendet werden . Solche erſchienen
zuerſt
im
Jahre
1802.
In
den
Jahren
166
von 1807 fchen
bis 1815 verminderte fich der Werth
Papiergeldes ſo
weilen nur noch lag
aber nicht an
Staatsſchuld im
außerodentlid
ein
daſſelbe zu :
Viertel ſeines Nennwerthes galt. Sachſen
im
Allgemeinen
Beſonderen , ſondern
verhältniſſe, welche damals den zen
raſd , daß
des fächfi
Das
oder
an der
die traurigen
Kriegs
deutſchen Himmel mit ſchwar
Gewitterwolken umzogen hatten , bewirkten das in Sach
fen , worüber auch andere Staaten und nicht minder zu
kla
gen hatten . Wenn
Friedrich Auguſt nach allen
Wohl ſeines
Landes arbeitete
erreichte , ſo war doch
Seiten
und auch meiſt
auch wiederum
ein
hin
für das
ſeinen
Zweck
Zweig ſeiner Rea
gierung vorhanden , wo er allerdings auch viel, allein nichts für ſeine Vereinfachung gethan hat. Wir meinen gebung im
Ganzen .
die Geſeka
Es hält vielleicht ſchwer , für ein
Land
auf einmal eine ganz neue Gefeßgebung zu erlaſſen , und weil ſchwierig
es ſo überaus
erſcheint, deshalb
begnügt man ſich
damit, nur Einzelnes zu verändern und zu verbeſſern .
Daa
durch erreicht man aber ſchlechterdings gar Nichts ; man bringt Konfufionen in
die Verwaltung und verdrängt dadurch
die
Einfachheit, welcher bei der Rechtspflege ganz unumgänglich nothwendig rigen
ift .
Schon
gleich nach Beendung des fiebenjäh
Krieges unter der Adminiſtration
des
Prinzen
Xaver,
hatte die ſogenannte Reſtaurationscommiſſion erklärt und als ein beſonderes Bedürfniß hervorgehoben , daß gemeines Gefeßbuch geſchaffen es
aber ſein
erſchien
nicht.
Bewenden .
Ein
werden müſſe.
ein neues all Dabei behielt
folches allgemeines Gefeßbuch
Dagegen iſt der Codex Augusteus voll von
Mandaten , Patenten , Generalien , ſogenannten
Erledigungen
.der Landesgebrechen , Ordonnanzen , Regulativen , Conſtitutio
167
nen , Edikten , Ausſchreibungen , Befehlen , Reſkripten , Inſtruk: tionen u . f. w .
Daß
bei folchem
Wirrwar manche widerſprechende Ur
theile das Tageslicht erblickten , iſt erklärlich .
Um dergleichen
für die Zukunft fo wenig, wie möglich aufkommen zu laſſen , erließ
der Kurfürſt am
14. September 1777 ſchon
Rechtskollegien und auch meſſenen
Befehl, daß
an
an alle
die Appellationsgerichte den ges
, bei allen
zweifelhaften
Rechtsfragen
die vorgekommene Verſchiedenheit der Meinungen
mit allen
Zweifels- und Entſcheidungsgründen zum Behuf der Entſchei dung an
die höchſten
Behörden
einzuſenden
ſeien !"
Auch
wurde beſtimmt und angeordnet, daß alljährlich eine Ueber ficht der Prozeſſe eingereicht werden
ſollte .
Zu
Ende des
Jahres 1791 wurde auch eine Geſegkommiſſion in Dresden ernannt , „ zur
Vorbereitung der Sachen
neuen
oder Entſcheidungen wegen der über Rechts
Gefeßen
bei abzufaſſenden
fragen ſich äußernden Verſchiedenheit der Meinungen und zur Erörterung der bei den diesfalls gefertigten Entwürfen kommenden Zweifel und Bedenklichkeiten .“
vora
Zu dieſer Gefeßcommiſſion gehörten ein Conferenzmini ſter, ein Präſident des Appellationsgerichts, der Polizeidirektor Dresdens und ſechs geheime Räthe.
Im
Jahre 1819 ward
die Auflöſung dieſer Geſepcommiſſion dekretirt, welche in ihrer dreißigjährigen
Thätigkeit und bei der
öfteren
Wechſelung
ihrer Mitglieder dennoch nicht thätig geweſen war.
Es war
unthätige Thätigkeit. Die Urſache dieſer vollſtändig verfehlten Anordnung lag wohl
hauptſächlich
in
entſchließen wollte, ein dem
dem
Umſtande, daß man
dadurch gewonnenen Raum
Gefeßcommiſſion
fich nicht
altes Gebäude ntederzureißen und auf
wollte
nur
ein neues aufzuführen. reſtauriren
und
hätte
Die dega
168
halb auch füglich eine Reſtaurationscommiffion genannt wer den müſſen . Friedrich Auguſt III. hatte mit richtigem
Blicke
die
Mängel ſeines Landes erkannt und es geſchah von ſeiner Seite auch ſo unendlich viel, daß man zu ihm beinahe wie zu einem höheren Weſen hinaufſehen muß.
Daß er nicht alles erreichte,
wonach er ſtrebte, iſt zwar zu bedauern , allein deshalb went ger gerecht in
unſerm
Urtheil über
ihn zu
ſein , würde als
ein moraliſches Verbrechen erſcheinen . Neben der Aufhebung der Tortur, von welcher wir ſchon geſprochen , verbannte er auch den Staupenſchlag aus ſeinem Lande, und von Landesverweiſung fennt man auch nicht ein Beiſpiel während ſeiner langen
Regierung.
Zwar war ſchon 1716 den Ständen der Vorſchlag ge macht, Landesverweiſung und Staupenſólag aufzuheben , wie auch ſechs Jahre darauf eine neue Kriminalordnung vorges legt wurde.
Sowohl der Vorſchlag von 1716 , als auch die
Kriminalordnung von 1722 wurden
von dem
nehmigt, dennoch gelangte keines von allen
Landtage ge
dreien
in Kraft.
Auf Todesſtrafe ließ der Kurfürft nur noch in wenigen Fäl len erkennen, wo ſie unbedingt geboten ſchien . Der Ehebruch, der ſonſt mit dem Tode geahndet worden , mag dadurch frei lich wohl an Ausdehnung gewonnnen haben ; immerhin aber kann man dem
ihn nicht als ein Verbrechen bezeichnen , das mit
Leben gebüßt zu werden verdient.
vielen
Fällen
abgeſchaffte
Die in , wie geſagt,
Todesſtrafe wurde durch
Feſtungs
bau und Zuchthausſtrafe erſeßt, weshalb auch die Zuchthäuſer zu
Torgau und Waldheim
vergrößert wurden , auch in Zwi
dau ein ganz neues angelegt werden mußte. Beſſerungsanſtalten
erſtanden um
Auch ſogenannte
jene Zeit , wo man ſchon
inne geworden war, daß ein Zuchthaus wohl eine Straf- , aber
169
keine Beſſerungs-Anſtalt ſei.
Dahin
brachte man dann die
jenigen Perſonen , welche nach überſtandener Strafe die Ver muthung rechtfertigten , nicht gebeſſert zu ſein . kam
es im
Trop alledem
Verhältniß überaus häufig vor , daß die Zeitun
gen Nachrichten von entweder auf dem
Transport oder ſogar
aus den Gefängniſſen ſelbſt entſprungenen Verbrechern brach ten .
Dies
rührte
daher , daß man
für die Sicherheit und
Feſtigkeit der Gefängniſſe noch viel zu wenig forgte.
Einige
Geſchichtsſchreiber wollen behaupten, daß kleinere Ortichaften , denen
Obergerichtsbarkeit beilag , immer
zufrieden
geweſen
ſeien , wenn ihre Arreſtanten fich auf die Flucht begaben , weil das ganze prozeſſualiſche
Verfahren
gegen
einen
Verbrecher
nicht nur ſehr weitläuftig, ſondern auch ſehr koſtſpielig gewe ſen ſei und die Ortſchaften nicht im Stande waren , die Koſten hierzu aufzutreiben .
Einzelne ſolcher Fälle mögen allerdings
wohl vorgekommen ſein , fie aber als damals allgemein gel tend anzunehmen , wagen wir mindeſtens nicht.
Sachſen hatte
freilich keine Landeskriminalkaſſe, indeß würde dem Uebelſtande bei gehöriger und vernünftiger meinden vom Kurfürſten ja bei allen ſeinen
Vorſtellung ſeitens
ſicherlich abgeholfen ſein.
Beſtrebungen
der Ge Er hatte
immer nur den Wohlſtand
ſeines Volkes vor Augen , und es läßt ſich entſchieden nicht annehmen , daß er die Klagen der betreffenden Orte nicht reif lich erwogen , und wenn er ſie für begründet gehalten , dafür geſorgt haben würde, fie in Zukunftsfällen unmöglich zu machen .
170
Elft es
fa p it e l.
Polizeiverordnungen . - Rettungsprämien . Rettungsmedaillen . Die Prrenanſtalt zu Sonnenftein . Das Waiſenhaus zu Halle und ſein Stifter Auguſt Hermann Franke. Die Waiſenhäuſer zu Torgau und Waldheim . Ehrenfried Wagner und Karoline Gopel. Verwaltung der Verordnungen wegen der Armen-, Kranken-, Zrren- und Waiſenhäuſer. Umgeftaltung des Kriegs Strohdächer . Verbote für die Studenten . weſens. Wie wenig auch in der Civil- und Kriminalrechtspflege geſchah und aus
den von uns angedeuteten Gründen
geſche
hen konnte, und wie fehr wir hierüber auch unſer Bedauern ausſprechen müſſen ,
das Wenige war den allgemeinen Ver
hältniſſen mit bewunderungswürdiger Geſchidlichkeit angepaßt worden
Zeugniß von
und gab
Friedrich
Auguſt
dem
großen
denſelben
Fortſchrittsgeift
dennoch
der Regierungsperiode dieſes Kurfürſten erſchienen
ſind , leicht die Augen geöffnet werden können . ordnungen
wurden
zur beſſeren
Dieſe Ver
nicht zur Sicherheit des Kurfürſten und
Durchführung ſeiner Regierung erlaffen , ſondern
zur Sicherheit des Volkes ; wie überhaupt Sachfen nannte „ geheime" Gedanken fchen
bezweifeln
werden durch die vernünftigen Polizeivorſchriften ,
wollte, dem welche in
III.
Wer
Polizei (ein
eine ſoge
Ueberwachungsinſtitut aller
und Handlungen der Unterthanen ) vor dem
Befreiungskriege nicht beſaß .
Lande , wo Fürſt und Volf Hand dig überflüſſig.
Dresden
deut:
Sie war auch in einem in
Hand gingen , vollſtän
und Leipzig waren
bis jeßt die
einzigen Städte, welche beſondere Polizeicommiffionen hatten ;
171
in den übrigen Theilen des Landes war die Polizei entweder eine beſondere Abtheilung des Magiſtrats oder des Gerichts. geltende Polizeiverordnungen
Für das ganze Land
waren
übrigens auch bereits erlaffen . Hierher gehören vornehmlich das Tumult-Edikt von 1720 , welches im Jahre 1791 einige durch die Zeit gebotene Veränderungen erhielt ; eine Geſinde verordnung vom
16. November 1769; einige
für Künſtler und Handwerker im erweitert 1810 ; und
Vorſchriften
Jahre 1780 , verändert und
endlich noch eine beſondere Vorſchrift
über die Wanderbücher derjenigen Handwerker, welche fidy Be hufs der Vervollkommnung in derſchaft begeben wollten .
ihrem
Gewerbe auf die Wan
Beſonders aber müſſen
wir der
Verordnungen gedenken , welche wegen der Lebensrettungen , überhaupt wegen des Geſundheitszuſtandes der Menſchen er laffen wurden , weil gerade fie mit dem Un- und Aberglauben zu kämpfen
hatten .
Die Mandate aus den
Jahren
1773 ,
jeßten Prämien für diejenigen aus, welche
1784 und 1804
beweiſen konnten , einem Menſchen das Leben gerettet zu haben . Dieſe Prämien waren
je nach der dabei vorhanden geweſenen
Gefahr auf drei bis zehn der angeſtellten
Thaler feſtgeſeßt, und gelang trog
Verſuche die Rettung nicht oder wurde die
verunglücte Perſon , z. B. bei Ertrunkenen , nur todt wieder auf die Erde gebracht, ſo empfing derjenige, welcher den Ver fuch
zur Rettung
unternommen
hatte , drei
Thaler.
fagten ſoeben , dieſe lobenswerthen Verordnungen
Wir
hatten viel
durch den Aberglauben zu leiden , und ſind deshalb eine Er klärung
ſchuldig .
Bei
den
Mitgliedern
des
hatte ſich die Anſicht eingebürgert, daß man Jahre zuerſt
ins Waffer
gefallenen
Menſchen
Fiſchergewerks den in
einem
nicht retten
dürfe , weil jeder Fluß ſein Opfer verlange und die Menſchen verpflichtet ſeien , es ihm
zu laſſen .
Indeß
brachten
die vom
172
Kurfürſten ausgeworfenen tiger denkenden
Fiſchern
Belohnungen
es bei den vernünf
bald dahin , daß ſie ſich bemühten ,
ihre Kollegen von ihrer Thorheit zu heilen , was zwar nicht immer gelang, doch einen weſentlichen Einfluß dieſer Corrupt heit mindeſtens verhütet zu haben ſcheint.
Dies wird durch
die
über die Verunglückten angefertigten Tabellen großen Theils bewieſen . Darnach find in dem Zeitraume von 1773
bis
zu
Ende des achtzehnten
Jahrhunderts 4480 Perſonen
verunglückt, wovon 3963 gerettet, alſo nur 517 ums Leben gekommen waren .
Für dieſe 4480 Verunglückten
Staatsfonds 41,181 Thaler als Prämien Thaler pro Kopf , und es
ſind aus
gezahlt, alſo neun
ſcheint beinahe nach dieſer Auf
ſtellung, wenn wir erwägen , daß für einen
Todten nur drei
Thaler gezahlt wurden , daß für einen Geretteten mehr als zehn Thaler gezahlt worden ſind.
zuweilen
Es hat übrigens ,
ungeachtet der gezahlten Prämien ,
dem Kurfürſten dennoch große Mühe gekoſtet, ſeine Unterthanen nach dieſer Seite hin zur Vernunft zu bringen .
Abgeſehen von
bereits gerügten Aberglauben , wurden
dem
durch uns
fogar oft diejenigen ,
welche ihren Mitmenſchen das Leben gerettet hatten , von An deren verhöhnt und verfpottet, ja, man ging ihnen fogar aus dem
Wege , gleichſam
als wären ſie unehrliche oder von der
Peſt befallene Menſchen .
Dieſer Unfug hörte erſt dann auf,
als kräftige Gefeße zur Verhütung und zur Beſtrafung defa felben erlaſſen wurden . Rettungsmedaillen
Erſt ſpäter wurden die ſogenannten
eingeführt.
Nach und nad
kam
man
nämlich dahinter , daß öfter Einer der Studenten , beſonders von denen zu Halle, wenn ihre Börſen geleert und die Wech fel von Hauſe noch nicht angekommen waren , fo ganz zufäl lig ins Waſſer fiel und von anderen Studenten gerettet wurde. Der Retter begab ſich dann mit den nöthigen Zeugen aufs
173
Rathhaus, ließ ſich die Zehnthalerprämie auszahlen und ver jubelte Um
fie noch
dergleichen
an
demſelben
Unfug
Tage mit ſeinen
zu ſteuern , den man
Freunden .
übrigens nur
vermuthen , aber nicht beweiſen konnte, wurden die Rettungs medaillen
gegründet , anſtatt der zehn
eine folche Medaille.
Da
Thaler gab
aber einem
es dann
Bruder Studio an
einer Medaille nichts gelegen iſt , fo fiel ſeit jener Zeit kein Student mehr in die Saale. Crin
Auch um
verhüten ,
die zu
erſchienen
frühe Beerdigung der Geſtorbenen zu einige Verordnungen , in
denen
auf's
Strengſte anbefohlen wurde, eine Beſtattung der Leichen
erft
dann vorzunehmen , wenn die ſicheren in der Verordnung ſelbſt angegebenen St.
Todeszeichen
Mit dem
Patent vom
ſichtbarlich vorhanden ſeien . Lorem 20. Februar 1805 ward aud die
ſogenannte Ruhpocenimpfung eingeführt, doch war vernünf tiger Weiſe dabei ausdrüdlich
beſtimmt, daß kein
Menſch
hierzu gezwungen werden und derjenige, welcher ſich von der Wohlthätigkeit dieſer Methode nicht überzeugen könne, davon befreit ſein
ſollte .
Der Arzneihandel wurde ſtreng überwacht,
ebenſo der Weinhandel, weil beſonders in fache Verfälſchungen vorgekommen waren . den
auch Mittel gegen
einer Thierarzneiſchule fällt in dieſe in
Legtern viel
Hier und da wur
verſchiedene Krankheiten
und Thiere öffentlich bekannt gemacht.
Jahre. 1781
dem
der Menſchen
Auch die Errichtung
Zeit, die jedoch erſt im
eine Staats -Anſtalt umgeſchaffen
wurde.
1796 erſchien eine Verordnung über die Prüfungen der Chi rurgen . Eine beſondere Fürſorge aber traf Friedrich Auguſt III. für die Jeren , welche bis dahin mit Armen und Waiſen ge meinſchaftlich
in
Torgau die
untergebracht waren .
Antrag
beſtimmten
Landtage : Pon
daß zu
Torgau und Waldheim
1781
Auf ſeinen und
1787,
noch 200 beſondere Pläße
174
für geifteskranke Perſonen eingerichtet werden ſollten , und be willigten hierzu ein Capital von jährlich zehntauſend Thalern . Erſt viele Jahre nachher ( 1811) wurde der Sonnenſtein zu Irrenhauſe umgeſchaffen .
eigenen
einem
hat ſich der
Conferenzminiſter von Noſtiz beſonders verdient
Der Sonnenſtein
gemacht.
dieſe Anſtalt
Um
liegt bei Pirna und iſt eine An
ſtalt, welche man ſehr gut als Muſter für alle ähnliche ſtitute aufſtellen
In
kann.
Das Armenweſen , welches durch die Kriegsjahre nachher durch die Theuerung ungemein um
und
fich gegriffen und
für das man noch gar nichts gethan hatte, lenkte ebenfalls die
Aufmerkſamkeit des Monarchen auf ſich.
ſtimmte in
einem Mandate vom
Derſelbe bes
Jahre 1772 , daß die Sorge
für die Armen vornehmlich den Gemeinden obläge, in denen ſie entweder geboren geweſen wären .
oder doch mindeſtens lange Zeit anjäßig
Bei dieſer wohlthätigen Anordnung vergaß
Friedrich Auguſt III. indeß denken , welche Leben
durch
ein
erft verarmt waren
oder bei denen
kurz oder lang zuverſichtlich durd
nicht , auch an
jene Armen
zu
tüßiggängeriſches und liederliches
eintreten
dieſer Fall über
könnte.
Er ließ daher
feine Miniſter den Mitgliedern des Landtages von 1793
den Vorſchlag zur Errichtung von Arbeitshäuſern machen , und dieſen Antrag im Jahre 1799 wiederholen . Erſt in dem
legtern
Jahre kam
es
zum
Beſchluß .
Jeder
Befiger
Ritter- oder Freigutes mußte eine jährliche Beiſteuer
eines
von fünf Thalern zahlen , während die Regierung des Kur fürften
der Rentenkammer
anwies , den
dadurch
gebildeten
Fond durch
einen jährlichen Zuſchuß von 6000
vermehren .
Anfangs hatte man die Abſicht, gleich zwei fol
cher
Thalern zu
Inſtitute herzuſtellen ; die vorhandenen Mittel
jedoch nicht aus und es blieb vorläufig bei einem .
reichten Um nun
175
aber ſich auch gegen ler zu
die von dem
ſchüßen , beſtimmte der
Auslande kommenden Bett Kurfürſt, dieſelben
Grenze zwar anſtändig , doch entſchieden welchem
an
der
zurückzuweiſen , zu
Behufe dann auch eine ſchärfere Paßkontrole einge
führt und mit ziemlicher Strenge gehandhabt wurde. Ausländer , die in politiſcher Beziehung verdächtig
Auch
ſchienen ,
beſonders die franzöſiſchen Emigranten , wurden an der Grenze ſchon zurückgewieſen . Kinder kam
In
Bezug der vater- und mutterloſen
im Allgemeinen dieſelbe Maßregel in Anwendung,
welche bei der Erhaltung der Armen
galt.
Staats-Waiſen
häuſer hatte Sachſen zu jener Zeit nur zwei, eins in Torgau , ein
anderes in Waldheim .
im
Jahre 1811 ihre Vereinigung in
Dieſe beiden
Anſtalten
Langendorf.
fanden
Im
Jahre
1815 ward dies nunmehr vereinigte kurfürſtliche Waiſenhaus nach Bräunsdorf in Entſtehung
und
der Gegend von Freiburg verlegt.
Vervollkommnung der fädyfiſchen
häuſer iſt ſehr
Die
Waiſen
intereſſant und darf hier nicht übergangen
werden , wo es fich
um
eine möglichſt vollſtändige Geſchichte
dieſes Staates handelt. aimed Auguſt Hermann Franke 1663 zu Lübeck geboren , war der Erſte in
Sachſen , welcher an die Errichtung eines
ſenhauſes dachte .
Ungefähr
Profeffor nach Halle. ganz verſäumten zu unterrichten theilen .
Vom
Jahr 1681
Jahre
1694 an begann er, die
Armen und Kinder
auf ſeinem
kam
Wai
um's
er als
Hausflur
und hier und da Almoſen unter fie zu ver
Bald gewann ſeine Thätigkeit an Umfang ; er nahm
einige elternloſe Kinder in fein Haus, deren Zahl ſich ſchnell vermehrte. trägen . Gulden
Wohldenkende unterſtüßten
Als
ihn mit kleinen
er einft auf einmal ein
erhielt, rief
damit kann man
er aus :
Geſchenk von
Das iſt ein
etwas rechts anfangen !
Bei fieben
ehrlich Kapital,
Bon nun an wuch
176
ſen
feine Anſtalten für Erziehung , Erhaltung und Unterricht
von
Jahr zu
Jahr, und ſchon 1698 wurde der Grundſtein
zu allen den Gebäuden gelegt, die jeßt zwei Straßen von je 800
Fuß Länge bilden .
Von nun an bekam
er auch größere
Summen zugeſandt, von denen manche über tauſend betrug.
Thaler
Ein ungeheures, nie zu erſchöpfendes Kapital empfing
Franke von
einem
feiner gelehrten
Freunde, den
fen Sterbeſtunde noch beſuchte und welches in
er in
defa
einer Menge
Recepte , für die meiſten Krankheiten paffend, beſtand.
Der
Verkauf der nach dieſen Recepten fabrizirten Arzneien brachte einen
jährlichen Gewinn von ungefähr 40,000 Thalern ein ,
wodurch eß allein möglich werden konnte, ſeine Anſtalten fo ungemein zu heben . fyr
1.
Das Waiſenhaus, in welchem
fähr ſechs to
Dieſelben waren :
find.
die
de
feit der Stiftung unge
Tauſend Kinder ganz unentgeldlich erzogen
Es wurde auch nach der Konfirmation für
an
deren weiteres Fortkommen geſorgt, und nicht daran
Bitire
feſtgehalten , daß fie ausſchließlich Handwerker werden follten .
Wer
Fähigkeit
und Geſchidlichkeit
befaß ,
ward Künſtler oder Gelehrter, und mancher berühmte Mann iſt in Sin Igeweſen . 2. sulfat
des
Zögling part
of
Franke’ſchen Waiſenhauſes otthont dela mise meat
Das
(jekt königliche) Pädagogium ;
darin
über drei Tauſend Lehrer und Erzieher
u idet worden .Van
outs 1914
ſeit 1696
ſind gebil
demu
TH 3. Die lateiniſche Schule, ſeit 1697 , hat in der Regel Watchi 4—500
Penſionärs.
Seit 1809, womit ihr das
ja Eesti lutheriſche und das reformirte Gymnaſium it
verbunden
wurde, führt ſie den Namen : „ Halle'ſche Hauptſchule.“
In 4.
Die deutſchen
oder Bürgerſchulen , aus vier Abthei
hot
lungen , zwei für Knaben
und Mädden , die einiges
177
Schulgeld zahlen , und zwei für ganz arme Kinder, beſtehend. Daß
die Franke’ſchen Stiſtungen , beſonders das Wai
fenhaus, noch beſtehen , bedarf keiner Erwähnung. Muſter des legtren
legte Auguſt der Starke im
Nach dem Jahre 1730
zu Torgau das erſte kurfürſtliche Armen- und Waiſenhaus an . Im Allgemeinen wurde indeß außerordentlich wenig nach dieſer Seite hin gethan immer noch
und es fanden ſich in Sachſen
ſo unendliche viele Arme und Waiſen , daß es
kein Wunder iſt, wenn wir bei der Fortentwickelung derar tiger Beſtrebungen abermals auf einen Geiſtlichen ſtoßen , der fich
um
die
Verhältniſſe
hochverdient gemacht hat. war in
einzelnen
der elternloſen
Kinder
ebenfalls
Durch das Theuerungsjahr 1771
Diſtrikten
des
fächfiſchen Kurfürſtenthums
eine förmliche Hungersnoth ausgebrochen , unt wenn Friedrich Auguſt III. auch mancherlei wohlthätige Anordnungen
er
1
ließ , auf daß ähnliche Widerwärtigkeiten , wenn auch nicht gerade unmöglich, ſo doch wenigſtens ſeltener werden möchten, ſo geſchah doch für die hinterbliebenen Kinder der vom ger
dahingerafften
Torgauer
Menſchen
außerordentlich wenig.
Anſtalt hatte nur Raum
für etwa
Hun Die
dreihundert
Perſonen , von denen die Hälfte mindeſtens aus Verarmten beſtand. Die erwähnte Theuerung des Jahres 1771 machte fich , wie natürlich, vorzüglich in den niederen Ständen Auf einer Berghalde bei Pobershau lag ein Weib ohne die freundliche Pflege
fühlbar.
bleiches, krankes
eines andern
Menſchen ;
neben ihm erblicte man ein kleines menſchliches
Weſen , das
fich vergeblich abmühte , aus
Brüſten
Mutter
die zu
ſeinem
den
vertrockneten
der
Leben erforderliche Nahrung heraus
zuſaugen . Gott weiß, wie lange die Frau ſchon nichts gegeſ 12 Bertraute Geſchichte. Sagſen . 3. Bb.
178
fen hatte.
Ihr Ehemann war einige Tage vorher auf die
felbe Weiſe geſtorben , wie auch ſie vorausſichtlich ſterben mußte. Hunger
iſt
ſchlimmer als Gift, beſonders wenn man
ein
Kind neben ſich weiß , dem man auch nicht das Geringſte zu bieten vermag . Der Diaconus Ehrenfried Wagner hatte von der armen Frau Göpel gehört und es für ſeine Pflicht erkannt, ihr die legten
Tröſtungen
Religion zu
der
verabreichen
oder wenn
es möglich iſt, fie noch zu retten . Ein Blick auf die bleiche jedoch ſofort , daß der Tod dieſe Jammergeſtalt ſagte ihm Beute nicht wieder fahren laſſen werde.
Er reichte
ihr das
Abendmahl und betete für ſie und ihr Kind. Einige Mi Wagner nahm nuten darauf war das arme Weib todt. das Kind auf ſeine Arme und trug es in ſeine leider auch nur ärmliche Wohnung .
Er betrachtete ſich für das, was er Tröſter der Wittwen
und Waiſen ,
und deshalb beſchloß er , den Anfang zu einem
Waiſenhauſe
wirklich
Findling zu machen .
mit ſeinem würdigen
ſollte : ein
ſein
Selber arm , blieb dieſem
Geiſtlichen nichts andres übrig , als ſich an begü
terte Perſonen
um
wenden .
Unterſtüßung zu
Er hat man
chen vergeblichen Gang gemacht und manchen erfolgloſen Brief geſchrieben . Dresden
Endlich erhielt er von der Freimaurer-loge zu
eine nicht
einer Waiſenanſtalt.
unbedeutende Summe Geld zum Das feuerte
ſeinen
Muth
Bau
an und er
wandte ſich jeßt auch an den Kurfürſten , was er ſchon längſt hätte thun follen . Friedrich Auguſt III. kam ihm bereitwil lig entgegen und bald hatte man ein
Kapital von ungefähr
20,000 Thalern zuſammengebracht. Mit dieſem Gelde grün dete er das Karolinenſtift, dem ſpäter auch eine Freiſchule beigegeben wurde.
Er nannte dieſe Anſtalt deshalb „ Karo
linenſtift,“ weil das verhungerte bleiche Weib auf der Berg
179
halde Karoline Göpel hieß, und deſſen Kind die erſte zu einem aus
Waiſenhauſe hervor gerufen
Die Beſtrebungen
Perſonen bilden
Idee
Worstopu
hatte.
folcher einzelner menſchenfreundlicher
jedesmal eine Anregung für die Regierung .
So auch in Sachſen . Wir haben ſchon
geſagt, daß
die Tor
gauer Anſtalt nicht nur Waiſen , ſondern auch Arme aufnahm . Man erkannte bald das Nadytheilige dieſes Beiſammenſeins der Kinder mit alten , franken und verarmten
Perſonen , und
ſonderte fie 1801 nicht ohne großen Koſtenaufwand von ein ander, vorläufig jedoch nur in Bezug auf die Wohnzimmer ; im Uebrigen waren
ſie noch immer bei einander.
Staate iſt immer gar zu viel zu Alles auf einmal reformiren .
In einem
thun , und es läßt ſich nicht
Erſt im
Jahre 1811 , wie be
reits
geſagt, wurden
gau
durch ihre Vereinigung in Langendorf von ihren Uebel
ſtänden großen
die Waiſenhäuſer
Waldheim
und Tor
Theils befreit .
Sämmtliche unter einander fich ähnelnde Staatsinſtitute, Armen-, Kranken-, Irren- und Waiſenhäuſer , ſtanden unter einer aus Regierungsbeamten beſtehenden Kommifffon ,
als
an welcher ſich auch Landtagsmitglieder betheiligen durften . Um die Koſten , welche dieſe Anſtalten erforderten , nicht gar zu gewaltig anwachſen zu
laſſen , wurden die Sträflinge der
Zuchthäuſer mit entſprechenden Arbeiten dadurch erzielte Gewinn ſen ; troßdem
den betreffenden
war immer
noch ein
beſchäftigt und der Anſtalten überwie
jährliches Kapital von
über einhundert Tauſend Thalern (jeßt etwa 130,000 Thaler ) erforderlich . Wenn wir die nach tigkeit Friedrich Auguſt
allen Seiten
hin
entwickelte
III. verfolgen , ſo gerathen
Tha
wir in
das höchſte Erſtaunen , wie es ihm möglich geworden iſt, fich ſo vielſeitig zu machen .
Kaum
hatte er für die Waiſen ſeis 12 *
180
nes Landes
die nöthigen
Arrangements getroffen , als fein
Augenmerk auf einen vielleicht noch wichtigeren Gegenſtand gelenkt wurde.
Die damaligen
Dörfer beſtanden meiſt aus
mit Strohdächern verſehenen Häuſern, wie wir ſie ſogar heute noch an manchen Orten
antreffen . Wenngleich das Vortheil
hafte dieſer Art Bedachung hinſichtlich der Wärme und Trok kenheit nicht zu verkennen
iſt ,
ſo
iſt jedoch
wiederum
der
durch fie leicht entſtehbare Schaden ſo überwiegend, daß eine Verordnung, wie ſie Friedrich Auguſt III. erließ, kein Haus folle mehr mit Stroh gedeckt werden , als eine wahre Wohl that begrüßt werden mußte. Dörfern
Alle Augenblicke brach auf den
Feuer aus , meiſt durch Nachläſſigkeit oder Fahrläs
figkeit dieſes oder jenes Bewohners felbft entſtanden , ſeltener wurde es wohl abſichtlich hervorgerufen .
Die Löſchanſtalten
waren damals auch noch ſehr mangelhaft und ſo kam daß gewöhnlich das halbe Dorf abbrannte. ordnung von richteten thätigen
es denn ,
Die neue Feuer
1790 , welche eben die Strohdächer bei neuer
Gebäuden verbot, war nicht im Fittige ſogleich auszubreiten .
Stande, ihre wohl Man konnte und
wollte nicht die Leute zwingen , auf einmal alle Strohdächer zu entfernen ; dagegen
erklärte man ſich Seitens der Regie
rung freiwillig bereit, denjenigen , welcher ſein Strohdach mit einem
Ziegeldach vertauſchen wollte, mit einem
Geldgeſchenk zu
unterſtüßen .
entſprechenden
Dadurch war auch nicht ſehr
viel gewonnen ; ja , man behauptet, (doch iſt dieſe Behaup tung unerwiefen
geblieben ) daß
felbſt angezündet hatten , um den .
mehrt.
ihre Häuſer
nur das Strohdachy los zu wer
Die Feuersbrünfte hatten
der herangezogenen
viele Perſonen
fich
nach
Bekanntmachung
Feuerordnung allerdings erſtaunlich ver
Es läßt fich darüber wenig ſagen .
Verſichert waren
die Leute alle , weil jeder Eigenthümer, der aus dem
Jahre
181
1787 herrührenden verpflichtet war.
Brandverſicherungs - Societät beizutreten
Daß fich
Jeder ſelbſt abſchäßen konnte, war
ein Fehler des betreffenden Gefeßes , und mag dadurch wohl hier und da Giner veranlaßt worden ſein , fich hoch zu ver fichern
und dann fein
dies können
doch
Haus in
Brand zu ſtecken ,
Alein
immer nur ſehr vereinzelte Fälle geweſen
ſein , da man ſich nicht erinnern kann, daß irgend ein Menſch wegen Feueranlegens beſtraft worden wäre. Haupturſache der vielfachen
einer
Noch
der Nähe von Leipzig, Halle , und Wittenberg be:
auf den in
Dörfern
findlichen
Feuersbrünſte
müſſen
ihre
wir
gedenken .
Die Studenten
Trinkgelage gewöhnlich in den Dörfern
hielten
nämlich
ab , um
ungeſtört zu ſein . Waren ſie nun trunken geworden , ſie nicht mehr behutſam mit dem "Feuer um ,
dann gingen
Anzünden
das ſie zum Holzſpäne,
deren
fie
ihre Tabakpfeifen fich
gebrauchten .
Die
hierzu bedienten , wurden in der
Trunkenheit hoch in die Luft geworfen , und es foll zu wie derholten Malen vorgekommen ſein , daß dadurch ein ſehr bez deutendes Feuer entſtanden iſt. Deshalb befahl der Kurfürſt mit aller Strenge und unter Androhung entſprechender Stra fen , daß die Studenten ihre Trinkgelage ferner nicht mehr in den Dörfern abhalten ſollten ; mit dieſer Ver ordnung zugleich unterſagte er ihnen auch alles Lotterieſpiel , ſowohl im In-, als im Auslande, beſonders aber die Hazardſpiele. Auch die herumziehenden Schauſpielertruppen durften auf den Dörfern
keine Vorſtellungen mehr geben , weil man auch ſie
für eine Urſache der Feuersbrünſte betrachtete ; ebenſo ſollten Maskeraden und Redouten nach einer vorher einzuholenden landesherrlichen Genehmigung erſt abgehalten werden dürfen .
Friedrich
Auguſt
III., ungeachtet er kein
Mann
des
Krieges war, ſorgte dennoch für ſeine Armee mit großer Uma
182
ficht, Weisheit und Geſchicklichkeit.
Am
hierzu wohl durch
ſchon einmal gedachten
Grafen
ein
Urtheil des
von Mirabeaus veranlaßt worden
behauptete (iſt aber den
Beweis
oder beſſer vielleicht: den Sachſen zum
meiſten
ſein .
geblieben
Beweis des Gegentheils hat
ihm
vornherein
nicht und ſei mehr Handwerker oder land
mann, als irgend etwas anderes. das ackerbautreibende Publikum . Statt.)
Derſelbe
darüber ſchuldig
ſelbſt geliefert) der Sachſe tauge von
Soldaten
mochte er
Die beſten Rekruten
ſtelle
(Ein Gleiches findet überall
Nachdem Mirabeau noch eine Menge Tadel hervor
gebracht, läßt er ſich endlich auch zu einer Belobigung herab. Die Artillerie und Kavallerie ſeien muſterhaft, ſagte er, was dagegen die
Infanterie betreffe , fügt er hinzu, ſo könne
dieſelbe ohne Muſik nicht 200 Schritte weit marſchieren , ohne nicht die
Richtung verloren
zu
haben .
noch, daß alle Manövers bei der
Er behauptet auch
fächſiſchen Armee vollkom
men überflüffig feten, weil die oberen Offiziere es nicht ver ſtänden , durch eine geſchickte
Taktik den Soldaten zu beleh
ren . Mögen ſeine Behauptungen wahr ſein oder nicht, dar auf kommt es nicht an , genug , der Kurfürſt , den er darin noch perſönlich angegriffen hatte , bemühte fich , ſein verbeffern und ihm
eine achtunggebietende Stellung dem Aus
lande gegenüber zu geben . fechs Tauſend und die
Die Kavallerie
brachte er auf
Infanterie auf 21,000 Mann ; dazu
kamen nun aber noch die
Garniſon- und
pagnien , welche zuſammen
aus 600 Mann
dann noch
Heer zu
Invaliden -Com beſtanden ; fo
die Garden , Schweizer , Kadetten ,
Ingenieurs,
Feld- und Haus-Artillerie und die Pionire, welche zuſammen ein
Korps von 3572 Mann bildeten . Männer über vierzig
Jahre,
Studenten und
dispenſirt.
Auch
Schüler waren
vom
Militairdienſt
ward beſonders darauf geſehen , daß
Jeder
183
in der unmittelbaren
Nähe ſeines Geburtsortes
als
blieb, damit derſelbe auch ferner noch fich mit dem beſchäftigen
könne.
Auch
in
Soldat Landbau
wiſſenſchaftlich -militairiſcher
Hinſicht blieb Friedrich Auguſt nicht müßig.
Der Kadetten
anſtalt gab er den hochverdienten General Chriſtian i zum Direktor ; die Ingenieur- und Artillerieſchule wurde zweddien licher eingerichtet und für das Söhne verſtorbener Soldaten
Inſtitut zu Annaberg, in das untergebracht und die hier zu
Soldaten gebildet wurden , welches eine, aber nicht ausreichende Summe von 17,580 Thalern der Kurfürft
von
iegt
an
jährlich abſorbirte , bewilligte jährlich
25,000
Thaler.
Die
Spißeder Militairverwaltung bildete ein geheimes Kriegsratha collegium .
Durch
eine ſolche vollſtändige Umgeſtaltung des
ganzen Militairweſens mußte das ungerechte Urtheil des Gra fen Mirabeau
vernichtet werden .
behauptet, daß man
höheren
nachſichtig , ſondern gegen den ſtrenge ſei.
Orts
Derſelbe hatte nicht nur gegen
die Offiziere zu
gemeinen Soldaten
auch
zn
Hieran mag freilich etwas Wahres ſein , wenn
wir bedenken , daß die meiſten bergenommen
wurden
Offiziere aus dem
Adelſtand
und der Kurfürſt ein beſonderer Bea Er meinte aber auch , der gewöhn
ſchüßer des Adels war .
liche Soldat bekäme zu viel Prügel, die Hauptleute ſteden das
Traktament der Beurlaubten in ihre Taſche, und entblö
dete fich zuleßt auch nicht, noch zu ſagen , die fächſiſchen Sol daten hätten ſeit Kaiſer
Karl
V. auch nicht eine Schlacht
gewonnen . Friedrich
Auguſt
III. behielt ſtets feinen
erhabenen Zweck vor Augen .
großen
und
Er wollte den durch ihn re
präſentirten Staat vergrößern , d. h. mächtiger machen , dabei ſeine Unterthanen aber mit keinen neuen Selten werden wir in
Steuern
belegen .
der Weltgeſchichte einen Monarchen
184
finden , der dieſe beiden Hauptzwede zu vereinen bemüht ge weſen
iſt und
entworfenen Kurfürſten
der
ſie auch
ſo vollſtändig nach
Plane erreicht hat, wie dies
dem
gerade
einmal bei
dem
von Sachſen der Fall war.
Friedrich Auguſt unternahm
auch im
Jahre 1783 eine
Ausmeſſung ſeines Landes, womit er den General von After beauftragte und der 1804 Jahre 1825 beendet.
ſtarb.
Dieſelbe wurde
erſt im
Der General After ſtarb 1804. Sein
Sohn Karl Heinrich , geboren am 4. Februar 1782 zu Dreg den , trat ſehr früh in das
Ingenieurcorps und avancirte,
feiner vorzüglichen Fähigkeiten wegen , außerordentlich ſchnell. Er wurde
bald Hauptmann , Major und Oberſtlieutenant.
Als Solcher wurde er zum Dresden ernannt, aber ſchon ſuchen vom
Lehrer an der Artillerieſchule zu im
Jahre 1830 auf fein An
Könige Anton penſionirt.
Seine Verdienſte um
die Ausbildung der Offiziere , die er ſich
als Lehrer an der
Artillerieſchule erworben , wurden ſelbſt noch vom Könige von Sachſen , Friedrich Auguſt II . dadurch anerkannt , daß derſelbe ihm vierzehn
noch
im
Jahre 1844 , nachdem
Jahre nicht mehr im
er alſo ſchon
activen Dienſt fich befand, den
Titel eines Oberſten
der fächſiſchen Armee verlieh.
im
23. Dezember, dreiundſiebzig Jahre alt,
Jahre 1855 am
an Entkräftung.
Er ſtarb
185
3 wöIfte $
Kapitel.
Der Landbau. Spinn Die Wollen- und Baumwollenfabrikation . maſchinen in Chemnik . Schubart von Kleefeld . Berghauptmann von & re Rüdſchritte in der Leinewandfabrika Die kurfürſtlichen Geſtüte. bra . Marl Wilhelm Müller und die Bildungsanſtalten . – Die Univer tion . Schriftſteller.
fitäten zu Leipzig und Wittenberg.
Wenn Mirabeau ſagt, daß
Schauſpieler.
die Sachſen
beſonders
ein
acerbautreibendes Volk find, ſo iſt er mindeſtens nach dieſer Seite hin der Wahrheit treu geblieben . auch in Bere
Es eignet ſich aber
der That ganz vorzüglich dazu , zumal da der grö
Theil
des fächſiſchen
Landwirthſchaft iſt.
Landes vornehmlich
die alle verarbeitet und zu Holz hat es durch
Geld
behrliches
hin , die
erſcheinen
gemacht werden
können .
die weiſe Fürſorge ſeiner Fürſten in gro
Bem Ueberfluß und ſeine vielen chen vollſtändig
geſchidt zur
Es bringt eine Menge Produkte hervor,
zu
kleinen Flüſſe und Bäche rei
Dampfmaſchinen als etwas Ent laſſen .
Die Menſchen
Sachſen find thätig und rege und zeigen neben
ſelbſt
in
der Genüg
famkeit eine außerordentliche Ausdauer, wodurch hauptſächlich ihre deutſche
Abkunft documentirt wird.
Daß
jedoch
jeder
Staat auch ſeine Schattenſeiten hat, iſt ſo etwas Natürliches, daß man darüber gar nicht zu reden braucht. nicht frei davon
und konnte es um
fich ja gerade in ſeinem dium
Sachſen war
fo weniger ſein , als es
Entfaltungs- oder Entwicelungsſta
befand . Man ſuchte vergeblich nach Anſtalten , die vor
nehmlich auf die Veredlung des Geſchmads und weitere Aus
186
bildung der Handwerker gerichtet waren . ſeinen
hauptſächlichſten Grund darin
Das mochte freilich
haben , daß
die große
Maffe des Volkes im Allgemeinen gegen jede Neuerung , welche liebgewordene (wenn auch ſchlechte) Gebräuche zu reformiren oder gar abzuſchaffen gung hat. fidh
beſtimmt iſt, eine entſchiedene Abnei
Dieſe alten
Gebräuche,
von denen
längſt überlebt hatten , traf man am
Handwerkerſtande an . als auch
in
Dagegen wurden ſowohl im
den verſchiedenen
deutende Fortſchritte
die meiſten
Auffallendſten
Zweigen
gemacht.
Im
im
Handel,
der Fabrikation
be
Jahre 1765 ſorgte der
Kurfürſt für Einführung der Merino*) - und der ſpaniſchen Schaafe.
Dadurdy begründete er einen
werbszweig, daß
der in
Tauſende von
kurzer
Menſchen
Baumwollenfabrikation Sachſen
in
fam
Aufnahme.
ſehr bedeutenden
Er
Zeit ſo ſehr ausgedehnt wurde, ihr Brot dabei fanden . erſt zu
Die
erſte
einer
ſpäteren
Die
Zeit in
Baumwollſpinnmaſchine
ſtellte der Kaufmann Wöhler in den neunziger
Jahren
des
vorigen
Jahrhunderts in Chemniß, einer bedeutenden Fabrik
ſtadt im
fächfiſdhen Erzgebirge am
Fluſſe gleichen Namens, der
nicht weit davon in die Mulde fält, auf.
Sie war von dem
Engländer Whitefield erbaut, der vom Kurfürſten ſelbſt be foldet wurde, und ſpann 1802 in
Fäden
zugleich .
Die zweite
Chemniß aufgeſtellte Maſchine war ſchon bedeutend
vollkommener von dem hörte dem
1136
Kaufmann
lichen Zeitraum
Engländer James angefertigt und ge Bernhard.
Sie ſpann
in dem
näm
4800 Fäden . Wöhler hatte ein Kapital von
100,000 Thaler in ſein Unternehmen geſteckt und bekam Kurfürften noch außerdem
vom
eine Zubuße von 15,000 Thalern .
* ) Merino ſind die durch Vermiſchung der ſpaniſchen Schaafe mit afrikaniſchen entſtandene Race , wodurch allein erſt eine feinere Wolle als die deutſche erzielt werden kann.
187
Er brachte ein und welches
Fabrikat hervor, das er Water-twist nannte
von
tentirt wurde.
Friedrich Auguſt III. auf zehn Der bereits
Jahre pa erwähnte Kaufmann Bernhard
hatte ſchon bedeutend leichteres Arbeiten , weil er in England felbſt geweſen, dort die Baumwollenfabrikation kennen gelernt hatte und die Fehler vermeiden konnte , welche Wöhler fichi hatte zu Schulden kommen laſſen . Bernhard ſteckte ein Ver mögen von 80,000 Thalern in ſein Unternehmen und nannte fein
Geſpinſt Mule-twist.
Unter allen
Umſtänden war das
Wöhlerfche Fabrikat als das Beffere zu bezeichnen ; von dem ſelben von
gingen nur 60 bis 80 Zahl auf ein Pfund, während dem
Bernhard'ſchen
Erzeugniß
beinahe
300
Zahl zu
einem Pfunde erforderlich , alſo unzweideutig weit leichterer und lockerer waren . U 315 Der dritte Unternehmer von englichen Spinnmaſchinen in Chemnit war der Fabrikant Becker , welcher daſelbſt im Jahre 1820 ſtarb.
Durch ſeine großen Anlagen
und ſeine
unermüdliche Thätigkeit hat er ſich ganz entſchiedene Verdienſte in dieſem Zweige der Induſtrie erworben . In neuerer Zeit ſtieg
die
Zahl
Spinnmaſchinen fend Menſchen
der
auf
Sachſen
in
Thätigkeit
befindlichen
bis auf 600 , bei welchen über funfzig Tau beſchäftigt wurden . Vor dem ſiebenjährigen
Kriege hatte man tun ; allein
in
in Sachſen noch keinen inländiſchen Katz
fchon im
vierhundert
Jahre 1803 wurde allein in
Tiſchen
gedruckt.
Zur
Chemniß
Erfindung
neuer Muſter waren allein zwei kurfürſtliche Zeichnenmeiſter anges
ſtellt, denen auch die Aufgabe oblag, den
inländiſchen
Geſel
len und Lehrlingen unentgeldlichen Zeichnenunterricht zu erthetz len . Die Stadt Chemniß zeichnet ſich überhaupt durch eine ungemein lebendige Betriebſamkeit aus.
Sie hatte im Jahre 1810 etwa 1000 Häuſer mit 11,000 Einwohnern . Darunter
188
befanden fich
etwa
700 Meiſter und 500
Geſellen in
Kata
tun , Parchend, Strümpfen, Baumwollenzeugen , Drell, Pique's u.
. w .;
eine Anzahl Kattun- und
welche Waare liefern ,
die der engliſchen
* Audy die Mouffelinfabrikation der Zeit ſo bedeutend
im
ſind.
Am
in Sachſen erſt ſeit dem ches
faſt gleichkommt.
Vogtlande war mit
geworden , daß von
drei Millionen Stück , das Stück zu pelt worden
Callico - Druckereien ,
meiſten
1790 bis 1803
dreißig
Ellen , geſtem
indeß war die Fabrikation
franzöſiſchen Syſtem
gehoben , wel
alle engliſche Konkurrenz unmöglich machte .
für jenen Zeitraum
müſſen
wir auch der
Als neu
Strohmanufaktur
gedenken . Sie beſchäftigte nach und nach über 5000 Menſchen . 23
Der Landbau
Haupterwerbszweig des
bleibt immer ein
fächſiſchen Volkes ; auch er war im
vorigen Jahrhundert noch
nicht von ſo enormer Ausdehnung, wie wir ihn jest dort antref fen .
Im
Jahre 1755 waren
ſechs Millionen
in
ganz Sachſen
nur etwa
Scheffel Getreide geerntet, während funfzig
Fahre ſpäter die Ernte das Dreifache , alſo achtzehn Millio nen
Scheffel, betrug.
Allerdings hat die
und Eommerzien - Deputation den
Aderbau
Landesöconomie durch weiſe und
vernünftige Verordnungen überall zu heben geſucht und ihn dadurch
auch wirklich gehoben .
Wüſte Landſtreden wurden
urbar gemacht, und die Forſten , welche fich nicht als ein träglich herausſtellten , rottete man aus und richtete fie zum ********* Getreidebau her.
Einen
großen Nachtheil brachten
indeß für den Land
bau die Koppel- und Gemeindehütungen ; wo man
alſo nicht
mit allzugroßen Hinderniſſen zu kämpfen hatte, ſchaffte man fie auf ewige Zeiten ab und ſorgte dafür, daß die Landleute überall eine vernünftige Stallfütterung einführten . Um die ſen Zweck zu erreichen , mußte man freilich manche alte und
189
dadurch liebgewordene Gewohnheit beſeitigen , was zuweilen mit großen Schwierigkeiten verknüpft war. Beſonders in Flor kam
der Kartoffelbau ;
Sachſen
lieferte
verſchiedene,
meiſt gute, ſchmadhafte Sorten . den
Die meiſten Verdienſte um
ſaalfeld-coburgiſche
der
zweifelhaft
Acerbau hat ſich un Johann
geheime Nath
Friedrich Schubart von Kleefeld erworben . Derſelbe wurde in Zeiß ums Jahr 1734 geboren und ſtammt aus einer bür gerlichen Familie . von
Er begann , wie man
der Pike auf zu dienen .
eines dortigen
am
ungemein
Zuerſt trat er in die Dienſte er einige
verweilt hatte, trat er bei dem
Verhältniß ſandten
Amtmanns ; als
Hofe zu Wien
als
ſo zu ſagen pflegt,
Jahre in
dieſem
kurſächſiſchen
Haushofmeiſter ein .
Ges Sein
ftrebſamer Geiſt, der immer mehr vorwärts und
das Dunkel, was ihm
hier und da begegnete, durchdringen
wollte, veranlaßte ihn , ſich in die Freimaurerloge aufnehmen zu laſſen .
Hier machte er auch die Bekanntſchaft des Ba in
rons Hund und brachte ein
neues Syſtem
Obſervanz.
Verbindung mit dieſem
in die Mauerei, das Syſtem
Nach dem
Manne
der ſtricten
Ende des fiebenjährigen Krieges kam
er als großbritanniſcher Kriegscommiſſar und als heffendarm ſtädtiſcher Hofrath in ſein Vaterland zurück, und kaufte 1768 und 1774 die Güter Würdwig ,Pobles und Kreiſcha . Jegt richtete er
ſeine ganze Thätigkeit auf die Verbeſſerung der
Landwirthſchaft.
Sein Namen wurde höchſt vortheilhaft bez
kannt, als er im
Jahre 1782 den
Preis wegen der von der
Akademie der Wiſſenſchaften zu Berlin aufgeſtellten Preisauf gabe, über den Anbau der Futterkräuter, erhielt. allein ward er auch geadelt. der Landwirthſchaft auf; die Hütung
Dieſerhalb
Er ſtellte nun ein neues Syſtem
ſchaffte die Brache, beſonders aber
und Triftgerechtigkeit ab, wodurch er nicht nur
190
den Futterkräuterbau empor brachte, ſondern dadurch zugleich auch dem
Landmann
Viebſtände
in
die Mittel an
den
Ställen
zu
die Hand gab , größere
füttern .
Auf dieſe Weiſe
wurde natürlich mehr Dung gewonnen und der Getreideer trag mehr, als verdoppelt . Ebenſo hat ſich Schubart von Kleefeld um den Tabakbau , Strapp- und Runkelrübenbau ſehr verdient gemacht.
Er ging ſeinen
durch Beiſpiel voran , ſondern durch
ſeine guten
Vortheilhaftigkeit
Landsleuten, nicht nur
bemühte
landwirthſchaftlichen
fich auch, dieſelben Schriften
ſeiner Methode zu belehren .
über
die
Durch ſeine
ökonomiſch - cameraliſtiſche Schriften und durch ſeinen öcono miſchen Briefwechſel hat er ungemein ſtarb leider ſchon im
viel Gutes geſtiftet.
Er
Jahre 1787
Die Regierung Friedrich Auguſt III. gab ſich ſelbſt eine erſtaunliche Mühe, den Landbau zu heben und ſeşte deshalb auch
für
verſchiedene
Zweige
der Landwirthſchaft
Prämien
aus, beſonders fand dies bei der Obſtbaumzucht Statt. Im Jahre 1801 wurden allein über tauſend Thaler derartiger Prämien ausgezahlt.
Allein bei all
Regierung und bei der raſtloſen
den
thanen war man dennoch nicht dahin tungsrecht
des Adels abſchaffen
beinahe, daß Adel
ſeines
Bemühungen
zu
gelangt, auch das Hü können , und es ſcheint
der Kurfürſt auch nach dieſer Seite Landes
habe
der
Thätigkeit einzelner Unter
begünſtigen wollen .
hin
den
Auch hatte
man noch nicht für zweckmäßige Magazine geſorgt, in wel chen ein Theil der Ernte für das nächſte werden
konnte .
Erſt die von
uns ſchon
Jahr aufbewahrt erwähnten Ueber
ſchwemmungen der Jahre 1784, 1799 und 1804 waren Stande, der Regierung die Augen zu
öffnen .
im
Der Schaden
von 1784 und 1799 allein betrug nahe an 600,000 Thaler. Klüger hätte die Regierung allerdings ſchon
durch die um's
191
Jahr 1771–1772 vorhanden geweſene Theuerung geworden 1
fein müſſen , wo der Scheffel Roggen mit zwölf, ſogar mit funfzehn
Thalern
bezahlt wurde.
Die armen Menſchen im
Erzgebirge und im Vogtlande zerrieben Baumrinden zu Mehl um
daraus Brot zu baden , und aßen Kleie mit Sägeſpäne
vermiſcht, während noch Andere faktiſch verhungerten .
Ein
folcher entfeßlicher Zuſtand erzeugt auch alle Mal Seuchen und ſonſt verbeerende Krankheiten , und was der Hunger noch übrig ließ , das rafften dieſe hinweg . Jahre ſchäßt man die Zahl der
In
dem
angegebenen
auf dieſe Weiſe um's Leben
gekommenen Menſchen auf ungefähr 150,000. Es iſt nicht abzuleugnen , daß ſolche unglückliche Zeiten aud
ihr Gutes haben , denn ſie fordern den menſchlichen Geiſt
heraus, Sorge zu
tragen , dergleichen
Fatalitäten für die Zu
kunft unmöglich werden zu laſſen ; ſodann aber auch bringen fie Perſonen hervor, die durch Wohlthätigkeit für ewige Zei ten ſich ein
Denkmal errichten .
Ein ſolcher Mann war auch
der Berghauptmann von Trebra .
Derſelbe kaufte in Amſter
dam
große Maſſen von Getreide und verkaufte ſie nicht nur
zum
Einkaufspreiſe an die armen Bewohner Sachſens, ſon
dern verſchenkte davon auch ſehr viel an folche Menſchen , die ſchlechterdings nichts mehr bezahlen ſpiele folgten
bald
konnten .
andere reiche Leute.
Seinem
Bei
Auch der Kurfürſt
ſorgte mit wahrhaft väterlicher Liebe für ſeine Unterthanen . Troß dieſer ungeheuren berzloſe noch
Wucherer ,
vollends
Noth
die
ausſogen .
dem
traf man Armen
Ebenſo
dennoch auch auf das
bischen
Blut
wurde verhältnißmäßig
viel zu viel Getreide zur Branntweinfabrikation verwendet. Namentlich zeichneten größeren
ſich
Rittergutsbeſißer
ebenſo viel Korn
in
dieſer Rückſichtsloſigkeit die
aus.
zu Branntwein ,
Im
Jahre
1804
wurde
als zu Brot verbraucht.
192
Aus kurfürſtlichen
Kaſſen
wurden
in
dieſem
einzigen
Jahre
über zwei Millionen Thaler als Unterſtüßung vertheilt. Durch die Anlegung
von
Magazinen
wurde derartigen
künftigen
Unglücksfällen kräftigſt vorgebeugt. Ungeachtet aller dieſer höchſt nachtheiligen vergaß
Verhältniſſe
Friedrich Auguſt III. keinen Augenblick, auch für an
dere Zweige der Staatswirthſchaft Sorge zu tragen . So wur den 3 . B. vier kurfürſtliche Geſtüte errichtet, eins zu Gradis
bei Torgau, ein zweites zu Merſeburg , das dritte in Wen : delſtein
und das vierte in
Landbeſchälungsanſtalt verbunden .
in
Veßra ; damit ward dann eine
Alten celle und
In der Rindviehzuchtwurde um
in
Annaberg
dieſe Zeit wenig
oder gar nichts geleiſtet; dagegen hob man die Bienenzucht au Berordentlich dadurch, daß man der Bildung einer Bienengeſells ſchaft in der Oberlaufig nichts in den Weg legte und auch nach dieſer Seite hin Prämien zur Vertheilung kommen ließ . bildete fidy in Meißen ſchaft, welche die aber
zu
Jahre 1799
eine Weinbaugeſell
ſelbſt mit Champagnerreben glücklichen
keinem
ſcheinen , da man tigkeit dem
im
Reſultate
Auch
Verſuche machte, geführt zu
haben
ſie bald wieder fallen ließ und die Tha
inländiſchen Weinbau zugewendet wurde. *
Eine Erſcheinung , die man übrigens an allen Orten trifft , blieb auch ſich im
in
Sachſen
nicht aus.
an
Nämlich während
Allgemeinen faſt alle Zweige der Produktion erſtaun
lich hoben , blieb die Leinewandfabrikation nicht nur auf dem einmal eingenommenen Standpunkt ſtehen , ſondern ſie nahm felbft merklich ab. den
Das kam
meiſt daher, daß man ſich um
Flachsbau nur noch wenig fümmerte, weil der Kartoffel
und der Kornbau
ungleich wichtiger ſchienen , was ſie aber
nicht ſind, und er durch die Baumwollenfabrikation ſehr in den Hintergrund gedrängt wurde. er 1970
193
1500. Von Friedrich
Auguſt
unendlich viel für
III., der ſo
ſeine Unterthanen thun ließ und ſelber that, konnte man nicht anders erwarten , als daß er auch für deren geiſtiges Wohl ergehen beſorgt ſein würde. Sachſen hatte überhaupt immer feit der Reformation an zu den gebildetſten Staaten Deutſch lands gehört, und dieſe Stellung verſuđite auch der jebige Kurfürſt feſtzuhalten .
Das Kirchen- und Schulweſen
eine ſeiner Hauptſorgen .
war
Bekanntlich war ſchon 1763 eine
Verbeſſerung des Schulweſens verſprochen
und dieſem
Ver
audy feither von der kurfürſtlichen Regierung
ſprechen gemäß
Die Gehalte der Schullehrer waren das
gehandelt worden .
mals ſehr unbedeutend , wie ſie auch jegt noch nicht ihren Ar beiten
gemäß
Es gab zu jener Zeit aber 622 Lehrer
ſind.
in Sachſen , welche noch nicht einmal achtzig Thaler Einnahme pro Jahr hatten ; außerdem
lag ihnen noch die Verpflichtung
ob, das Sdulgeld der Kinder ſelbſt beizutreiben , was für ſie unbedingt mit vielen Unannehmlichkeiten
und Widerwärtigket
ten verbunden ſein mußte. Eine Verordnung vom 4. März 1805 erſt von dieſer Bedingung.
entband die Lehrer
Confi
Den
ſtorien wurde angedeutet, daß eine Aufſicht über die Schul angelegenheiten von ihrer Seite als wünſchenswerth erſcheine. Um
tüchtige Schulmänner zu gewinnen , ward 1788 in Fried
richsſtadt, bei Dresden , ein Schullehrerſeminar errichtet ; ein Privatſe
gleiches geſchah ſechs
Jahre ſpäter zu Weißenfels.
minare beſtanden
Zeiß , Luckau , Zwickau und Glauchau.
in
Ein Mangel an ſogenannten höheren Bürgerſchulen trat jedoch überall in Sachſen hervor. Demſelben wurde durch Errich tung ſolcher Schulen , zum
Theil aus den lateiniſchen
gebil
det, in Neuſtadt, bei Dresden, Naumburg, Zittau , Löbau und Leipzig, wenigſtens theilweiß abgeholfen .
Die Entſtehung der
höheren Bürgerſchulen hatte Sachſen beſonders dem Vertraute Geſchichte. Sachſen. 3. Bd. 13
damali
194
gen
Bürgermeifter von
Leipzig ,
Wilhelm Müller zu verdanken .
geheimen
tember 1728 in Knauthayn, einem von Leipzig , geboren , wo ſein
Kriegsrath
Dieſer Mann, am
Karl
15. Sep
Dörfchen , zwei Stunden
Vater Schöffer war, verdient
durch ſeine kräftige und umſichtsvolle Verwaltung des Bür germeiſter-Amtes, als Stifter und Begründer trefflicher Volks erziehungsanſtalten
und - als Verſchönerer Leipzigs ewig
im
Gedächtniſ eines jeden Sachſen zu bleiben .
In ſeinem
zehnten Lebensjahre befand fidh Müller ſchon
auf der Univer
ſität in eines
Leipzig, wohin ſein Vater, der hier unter dem
acht
Titel
königlich polniſchen Steuerprocurators practicirte, gezo
gen war.
Dadurch beſonders fühlte ſich der Sohn zur Rechts
wiſſenſchaft hingezogen , die er dann auch mit regem Eifer trieb . Schon im Jahre 1752 begann er ſeine Thätigkeit als Sachwalter und ward zum Jahre 1771 trat er in
Doktor jur. promovirt.
den Magiſtrat ein
Im
und ward 1778
Bürgermeiſter und Beifiger des Schöppenſtuhls
in Leipzig. Müller hatte fich die Liebe und Achtung der leipziger Bür gerſchaft in ſo hohem
Grade erworben , daß er zwölf Mal
zum Bürgermeiſter von Leipzig gewählt wurde. liches iſt unſeres Wiſſens nirgend vorgekommen .
Etwas Aehn Später er
nannte ihn der Kurfürſt zum geheimen Kriegsrath und wollte ihn
als wirklichen
Hofrath
nach Dresden
berufen , welche
Stellung er jedoch ausſchlug. Merkwürdig iſt, daß ſeine Ver mögensverhältniſſe bis zu ſeinem
Tode immer nur als mit
telmäßige bezeichnet werden können .
In Fleiß, Pünktlichkeit
und Gewiſſenhaftigkeit bei ſeinen Arbeiten , ſowie in der Ge nauigkeit
und Schnelle feiner Geſchäftsverwaltnng
er alle ſeine Unterbeamten .
Er foll jährlich im
übertraf
Durchſchnitt
140 Urtheile für den Schöppenſtuhl ſelbſt ausgearbeitet haben . Die Anſtalten , denen er vorgeſegt war, wozu die Stadtſchu
195
len , Kirchen , Bibliotheken und nachher auch die höheren Bür gerſchulen gehörten , verwaltete er mit großer Gerechtigkeits liebe , wobei er,
ohne despotiſch
und Amtsverlegungen der ihm
aufzutreten , Unordnungen
untergeordneten
Beamten mit
weiſer Strenge rügte . Müller war indeß keineswegs Pedant, wie man nach der von uns gegebenen Schilderung anzuneh men geneigt ſein dürfte; im
Gegentheil, er verſtand es , durch
Wiß und eine reiche Einbildungskraft ganze Geſellſchaften zu beleben , zu erheitern und zu unterhalten , wobei er ſich ſtets als ein
Bewunderer und Vertheidiger der Damen präſentirte,
obgleich
er fich nie entſchloſſen
heimzuführen .
hat, eine davon als Gattin
Er ſtand mit vielen geiſtreichen Männern in
Verbindung , mit Leſſing , mit dem mit Käſtner, von
er
audy correſpondirte ,
Blankenburg, Weiße, Morus , Roſenmüller
und mehrere andere.
Legterer kam
durch ſeine Vermittelung
als Superintendent nach Leipzig und mit ihm dann
den
deren
Errichtung er einige todte Kapitalien
Plan
zu
der
leipziger
hat er auch
Freiſdule entworfen , zu des Rathes, und
den Raum einiger alten bisher unbenuşten Baraden verwen det. ließ
1792 erfolgte ihre Einweihung. er auch 1796
Durch
Roſenmüller
die Einführung eines neuen , durch die
Zeitbedürfniſſe geforderten , wenn auch nicht ſehr glüdlich ge lungenen
leipziger Geſangbuches bewirken .
Auf der Morip
baſtei gründete er eine neue Bürgerſchule, vor deren Einwei bung er
leider verſtarb.
Sein
Tod trat am
27.
Februar
1801 ein . Man hat ſo vielen würdigen Männern ein Denk mal gefeßt, an Müller haben
die Sachſen bis jeßt, ſo viel
wir wiſſen , in dieſer Beziehung noch nicht gedacht.
Freilich
wird ſein Andenken aud ohne ein Solches im ſächſiſchen Volte
Im
1
fortleben .
Jahre 1804 wurde die von Müller geſtiftete Bürs 13 *
--
196
gerſchule eingeweiht, wobei der Superintendent Roſenmüller eine ſehr ergreifende Rede hielt , in welcher er vornehmlich ſeines zu früh dahingeſchiedenen Freundes gedachte und deffen viele Verdienſte um das Schulweſen überhaupt hervorhob . Erſt 1816 ſah Sachſen auch eine Sonntagsſchule zur Nach hilfe der jungen Handwerker.
Angeregt ward diefelbe durch
die Mitglieder der Loge Balduin .
1818 wurde die Friedrich
Auguſts-Schule in Dresden errichtet. An
der Spiße
des fächſiſchen Unterrichtsweſens ftanden
die beiden weltberühmten Univerſitäten Leipzig und Witten berg.
Die Dotationen der Erſtern wurden
1784 durch den
pfortatſchen Wiedereinlöſungsfonds , welcher 100,000 Gulden betrug, und 1811 durch die an Sachſen gefallenen
deutſchen
Ordensgüter , ſowie durch außerordentliche Bewilligungen des Landesherrn ſehr bedeutend erhöht. Dadurch wurden die Er richtungen
neuer
Profeſſuren
für Cameralia ,
Natur- und
Völkerrecht, Chemie , Naturgeſchichte undBotanik, Entbindungs kunde , Klinik , pſychiſche Heilkunde, pathologiſche Anatomie, Aſtronomie, Homiletik, Pädagogik, Katechetik möglich gemacht. Für die Aſtronomie wurde der pleißenburger Thurm
als Ob
fervatorium mit einem
Thalern
hergeſtellt. ſo daß
Wittenberg8 Dotationen wurden
bei deren
Preußen
Koftenaufwande: von
das
im
Jahre
Vermögen
1815
15,000
ebenfalls erhöht,
erfolgten
dei Hochſchule
in
Abtretung an acht Fifcis
auf
354,000 Thaler baar, ohne die bedeutenden Güter, Natura lien und Rechte, ſich belief. C. W. Böttiger, dem
wir einen großen
Theil obiger
Notizen entlehnt, fügt noch hinzu : ſchon
genannten
Geſellſchaften
kommen
mehrere neue hinzu .
„ Zu
So 1768
die von dem
in
benden
den
Fürſten
Jablonowski geſtiftete
noch
Leipzig lez
und 1774 beſtätigte
197
societas jablonoviana, welche nach der Stiftung jährlich drei Preiſe (zu 24 Dukaten ) für die beſte Beantwortung geſchicht licher , mathematiſch - phyſikaliſcher
oder ſtaatswirthſchaftlicher
Fragen vertheilt; ſo die 1778 zu Görliß gegründete oberlau fig'ſche Geſellſchaft der Wiſſenſchaften
und Künſte, mit wel
cher Bücher- und Kunſtſammlungen verbunden ſind. Endlich 1802 erhielt aud Sachſen in der Leipziger Literaturzeitung ein zeitgemäßeres kritiſches Inſtitut; dagegen blieb die einzige politiſche Zeitung hinter jeder auch der mäßigſten Erwartung zurück, während eine Menge anderer Blätter Kunſt und Unterhaltung in Vergnügen dürfte es hältniß
und keinen
Belehrung Staat in
allen
Theilen
geleſen
für Literatur,
Deutſchlands mit
wurden .
Ueberhaupt
Deutſchland geben , wo nach
Ver
ſeiner Größe ſo viel geleſen und geſchrieben würde,
als in Sachſen, was allerdings theils Folge, theils aber auch wieder Miturſache des fo mußte.
Denn
außer
den
fruchtbaren
Buchhandels
Fachgelehrten
von
werden
akademiſchem
Lehrſtande, welche Anzahl von ſchreibenden Geiſtlichen , Schul männern , Offizieren , von anderen höheren und niederen Beam Privatgelehrten und Belletriſten , Kaufleuten , felbft von Schriftſtellerinnen weiſet allein Landleuten , welche Anzahl von Sachſen nach ! Man könnte vielleicht ein Fünftel aller in ten , von
Deutſchland geſchriebenen kleine Sachſen rechnen .“
Werke auf
das
verhältniſmäßige 60111
Ueber das
Theater ſagt derſelbe Autor Folgendes :
„ Es dauerte lange, ehe ſich in Leipzig und Dresden eine Schauſpielergeſellſchaft bleibend erhalten konnte; eg wechſelten nicht ohne heftige Streitigkeiten unter ſich die Koch'ſche, Wä
.
fer’iche, Döbbelin'ſche , Seyler’ſche , Bondini'ſche, Gardafoni'ſche und andere Geſellſchaften ab. Auch war eß nod gewöhnlich , daß für jede einzelne Vorſtellung eine Abgabe an die Acciſe
198
entrichtet werden mußte. fellſchaften , theils im dem
Oft ſpielten
in Leipzig 2-3 Ges
Theater, theils felbft in
Thore, theils im
Reithauſe.
einer Bude vor
Endlich wechſelte die bona
dini- feconda'ſche Geſellſchaft und die des jüngeren Seconda zwiſchen
Leipzig und Dresden
ab.
Wenn Schauſpieler wie
Brandes , Reinecke (vielleicht der größte von allen deutſchen Schauſpielern des vorigen
Jahrhunderts), Großmann , Böd ,
Opiß, Thering , die Mecour hohen Genuß gewährten , fo war
1
es auch gewiß, daß fie felbft wieder durch ein hochgebildetes Publikum zu
ſolcher Kunſtvollkommenheit aufgeregt wurden."
Dreizeh n t e $
Napit e I.
Schlacht Der Krieg zwiſchen Defterreich und Frankreich von 1805. Meutralität Sachſens. Friedrich Auguſt wird zum Könige bei Jena. ernannt und erhält das Herzogthum Warſchau . Cintheilung des Leßtern . Der Congreß zu Erfurt. Fürft Poniatowski. Die Schlacht bei Wagram . Der Frieden zu Schönbrunn. Der Krieg gegen Ruſland. Rūdkehr der fächſiſchen Gruppen in ihr Vaterland. Mapoleon in Dresden . Allianz zwiſchen Rußland und Preußen . Friedrich Auguft verläßt Dresden . Der Miniſter Baron von Stein , Für Sachſen
trat
iegt eine ſchwere
Prüfungszeit
ein .
Es hatte ſich noch nicht einmal recht erholen können von den Wunden den
des ſiebenjährigen Krieges
und von dem
Schaden ,
Theuerung und Ueberſdwemmung hervorgebracht, und es
war noch lange nicht fertig mit ſeiner Wiedergeburt, als Napo leons Stern immer heller zu leuchten begann und mit ſeinen
199
Feuerſtrahlen auch Deutſchland zu verſengen drohte.
Es war
für Friedrich Auguſt III. der traurigſte Zeitabſchnitt ſeiner Regierung. für ſein
Er, der ſo ſehr den Frieden liebte und denſelben
Volk als
ganz
etwas Nothwendiges hielt, ſah die
Kriegsfurie über Deuſchland hereinbrechen , die auch ihn nicht unberührt laſſen konnte. 3*: *
Im
Jahre 1805 war der Krieg zwiſchen Deſterreich und
Frankreich ausgebrochen . poleon einen werden
Ganz Deutſchland erblickte in
Nas
Despoten , der unter allen Umſtänden geſtürzt
müßte.
Große Herrſcher werden
immer
Despoten
fein , Napoleon hatte aber noch zwei andere Fehler, die man ihm nicht verzieh. er ſich ſelbſt zu
er ein Genie war. ſich dem
Der eine dieſer Fehler beſtand darin , daß
dem
gemacht , was er war , der zweite, daß Auch das fächſiſche Volt hatte große Luft,
allgemeinen Kriege gegen
Ein von Böttiger an
ber 1805 gerichtetes Schreiben hin
Frankreich anzuſchließen .
Johannes Müller unterm fpricht fich nach
22. Dezem = dieſer Seite
folgender Maßen über Sachſen aus : , Kurſachſen war noch vor vier Wochen mit Eifer für
die gute Sache erfüllt, und die Soldaten brannten vor Bes gierde, ſich als Deutſche zu zeigen . Allein uns aufeſſenden und als Heere
in
Thüringen
Provinz betrachtenden preußiſchen
und
dem
das unbegreifliche Zögerungsſyſtem zugegoſſen .
das Betragen der
angrenzenden haben
Kreiſe und
viel faltes Waffer
Ich zweifle , daß heute unſer Kurfürſt über die
Stipulationen zur Neutralitätsbehauptung hinaus einen Mann gutwillig geben würde.
Napoleon iſt klug genug, um
folche
Stimmung zu benußen .“ Würde Friedrich Auguſt III. im
Stande geweſen
ſein,
fein Zögerungsſyſtem , wie es Böttiger nennt, feſtzuhalten , dann wäre ihm
we
unbezweifelt manche Unannehmlichkeit erſpart wor
200
den fein ; fo aber ſah er fich , von den riffen ,
endlich
Verhältniſſen fortge
dennoch genöthigt, eine Alianz mit Preu :
ßen einzugeben und 22,000 Soldaten
nach dem
Schlachtfelde
abzuſenden . Durch die verlorene Schlacht auf den Höhen am
bei
Jena
14. October 1806 war das Schickſal der preußiſchen Mo
narchie entſchieden
und Sachſen
Feinde preisgegeben .
zuerſt dem
eindringenden
Das Loos des Landes wäre gewiß auf
andere Weiſe entſchieden worden , hätten nicht Friedrich Au guſts perſönliche und Regententugenden dem Feinde ſelber Ach tung eingeffößt.
Der Sieger legte, außer mehreren
Requiſi
tionen , dem Lande eine Kontribution von 25 Millionen Franks auf, richtete eine proviſoriſche Verwaltung der in genommenen
Beſchlag
landesherrlichen Einkünfte ein , zu welchem
Be
hufe das Land in vier Arrondiſſement vertyfeilt ward, Naum burg, Leipzig, Dresden und Wittenberg, geſtand aber übrigens Napoleon ließ dem Lande Neutralität zu . auf ſeinem Zuge nach Berlin überall an den Grenzen der fächfiſchen Lande Tafeln aufſtellen , welche beſtimmt waren , den Vorübergehen den zuzurufen : „ Territoire de Saxe, pays neutre !“ am
18. Oktober 1806 kam
Schon
der franzöſiſche Marſchall Da
vouſt , damals erſt ſechsunddreißig Jahre alt, mit ſeiner Armee nach Leipzig , während fechs Tage ſpäter auch Armee unter dem Zum
Grafen Rechberg
eine bairiſche
Dresden
einrüdte.
Gouverneur Dresdens hatte Napoleon feinen
Kammer
herrn Thiard ernannt.
in
Der Kaiſer felbft hatte ſein
Haupt
quartier in Merſeburg genommen . Daß Deutſchland zum
Schauplaß
des Krieges gemacht
worden war , hatte Sachſens Lage ungemein
verſchlimmert.
Es war von Napoleon für neutral erklärt worden und hatte dadurch
von
allen Seiten
gleich viel zu
leiden .
Napoleon
201
war dadurch überhaupt noch nicht der Freund von Friedrich Auguſt geworden .
Das fab dieſer
auch ohne Schwierigkeit
ein , und er beſchloß deshalb , ſeine Hauptſtadt zu verlaſſen . Da er indeß augenſcheinlich von
der Gnade des franzöſiſchen
Kaiſers abhing, fo wagte er nicht, dieſen Entſchluß ohne deſa ſen Bewilligung in Ausführung zu bringen.
Er fandte deg
halb den Rittmeiſter von
Napoleon , um
Thielemann zu
dieſen von ſeiner Abſicht in Sagen Sie Ihrem leon ,
Kenntniß zu
ſeßen .
kurfürſtlichen Herrn,“ ſprach Napo :
ſeine Entfernung aus feinem Lande als ein
daß ich
Zeichen perſönlicher Feindſchaft betrachten werde." : Dieje Antwort des franzöſiſchen Kaiſers war vollſtändig Bleiben zu veranlaſ
ausreichend, Friedrich Auguſt III. zum fen . zu
Er verſuchte auch jest wieder, ſeinem
Hilfe zu
kommen , indem
und Lieferungen
bedrängten
er theils durch
ſeiner Kammergüter die
lande
Geldvorſchüffe
Leiſtungen
unter
ſtüşte , theils den Friedensabſchluß mit Napoleon möglichſt be Dieſer erfolgte dann auch ſchon am
ſchleunigte . ber deſſelben
11. Dezem
Jahres zu Poſen , und hatte auf das künftige
Schickſal von Sachſen und deſſen Regenten einen weſentlichen Einfluß.
Das bisherige Kurfürſtenthum Sachſen
Napoleon durch die Proclamation vom zum
Königreiche gemacht.
Sein
ward von
20. Dezember 1806
Herrſcher nannte ſich
jest
Friedrich Auguſt, König von Sachſen , trat als Solcher dem franzöſiſchen Kaiſer geſtifteten Rheinbunde bei und ſtellte ein Contingent von 20,000 Mann. Der in der Niederlaufik
vom
gehörige Kottbuſer Kreis wurde ihm
gelegene und Preußen zugeſichert , wogegen
er
an das von
Napoleon neu errichtete
Königreich Weſtphalen das Amt Gommern , die Grafſchaft Barby, Treffurt und einen Theil der Grafſchaft Mansfeld abtreten mußte .
Der Frieden zwiſchen
Preußen und
Frank
202
reich am
7. Juli 1807 zu
Tilfit brachte abermals eine Ver
änderung Sachſens hervor. Preußen
Theil von Neu - Oſtpreußen fien , unter dem ter im 1795
Friedrich Auguſt bekam
einige
abgenommene Landestheile, z. B. Südpreußen , einen und Weſtpreußen und Neu -Schle
Titel eines Herzogthums Warſchau , wozu ſpä
Frieden zu Wien am in
14. October 1809 , Alles , was
Neu- und Weſtgalizien
war, geſchlagen wurde.
an
Deſterreich gekommen
Durch das neu geſtiftete Herzogthum
Warſchau für den König von Sachſen wurden ſieben Tauſend preußiſche Unterthanen , die daſelbſt als Beamten waren , brotlog.
Als König von
Sachſen
angeſtellt
und Herzog von
Warſchau hatte nun aber Friedrich Auguſt doppelte Ver bindlichkeit, ſich an den Kriegen Frankreichs zu betheiligen . In
den durch den Frieden vom
14. October 1809 beendeten
Kriege gegen Defterreich hatte er fein Contingent geſtellt ; da gegen ward er von Napoleon von der Verpflichtung, auch nach Spanien
Truppen zu ſenden , dispenſirt .
13. Ein wirklicher Gewinn
war das Herzogthum
für Friedrich Auguſt nicht. überhaupt mit der ſo venue von gen
Stein
anderer
unbedeutenden
Warſchau
Fürſt hätte
dadurch erzielten
fich Re
ſieben Millionen polniſcher Gulden jährlich begnü
können , die zur Hälfte auf Landgüter und Domainen ,
zur Hälfte baar auf den öffentlichen Schaß angewieſen waren . Das ganze Herzogthum inhalt von 163,000
Warſchau enthielt bei einem Flächen
1851 Quadratmeilen Juden .
Durch
2,319,396 Seelen , darunter
die im
Jahre 1809 von
reits erwähnte Vergrößerung bekam dratmeilen und zählte nun im Im zum
Juli des
Jahres
erſten Male nach
es an Umfang 2770 Qua
Ganzen
1807 kam
Dresden
uns be
3,719,396 Menſchen . der Kaiſer Napoleon
und ward vom
Könige und
203
den
Mitgliedern
des Hofes , den
Spißen
der
verſchiedenen
Behörden u . f. w . feierlich empfangen . Zu Ehren dieſes glanzvollen Ereigniſſes ſtiftete der König von Sachſen den
Orden
der Rautenkrone, welcher die
Worte : „ Providentiae memor“ zur Inſchrift erhielt. Bei dieſer Gelegenheit wurde auch zwiſchen den beiden Herrſchern die neue Verfaſſung Warſchau's beſprochen und feſtgefegt.
Es wurde
in fechs Departements getheilt: Warſchau , Pofen , Kalifch mit Neufchleſien , Bromberg , Plock und Lomza.
Fünf
Miniſter bildeten den Staatsrath und dieSpißen der Verwaltung. Ein allgemeiner Reichstag wurde feſtgeſegt, welcher aus einer Kammer der auf Lebenszeit gewählten Senatoren , und aus einer stammer der Landboten und Gemeindevertreter beſtand. Zur erſten
Rammer gehörten
ſechs Biſchöfe, ſechs Kaſtellane
und fechs Woiwoden ; zur zweiten Kammer fechszig ten und vierzig Abgeordnete der Gemeinden .
Landbou
Alle drei Jahre
ſchied ein Drittel der Volksvertreter aus und wurde durch die Wahl von neuen Mitgliedern erſeßt. Alle neun Jahre wur: den ganz neue Wahlen war das Gefeßbuch
vorgenommen .
Der Coder Napoleon
für das Herzogthum
Warſchau .
Militairmacht beſtand aus 30,000 Mann .
Seine
Außerdem
hatte
Napoleon noch beſtimmt, daß die Verwaltung Warſchau's von der Verwaltung Sachſens- völlig getrennt und jedes Amt nur mit einem geborenen Polen befeßt ſein ſollte. Daher kam es auch , daß Broterwerb
jene 7000 preußiſche Beamte waren .
Erſt nachdem
dies
auf einmal ohne Alles
in
Dresden
geordnet worden war, reiſte Friedrich Auguſt nach ſeinem Hers zogthum
ab, von wo er nach Weihnachten 1807 nad; feinem
Königreich zurückkehrte.
Bevor der König von Sachſen
fich
feinen neuen " Unterthanen als Herrſcher präſentirte, hatte er den Grafen von Schönfeld , einen höchſt achtungswerthen
204
-
Mann , nach Warſchau geſandt (am
10. October 1807 ), welcher
in ſeines Königs Namen die bisherige Regierung &commiſfion auflöſte , einen neuen Staatsrath der Treue abnahm . Wir haben vorhin
einſegte und ihm
den
Eid
behauptet, daß aus der. Befißnahme
des Herzogthums Warſchau Vortheil nicht erwuchs .
dem
Könige von
Sachſen
ein
Indem wir dieſe Behauptung hier :
mit wiederholen, fügen wir noch hinzu, daß Friedrich Auguſt auch nicht einen polniſchen Gulden mit nach Sachſen genom men , ſondern von ſeinen polniſchen Einkünften nach und nach dreißig Millionen
polniſcher Gulden dem
ſchaße einverleibte , dem
er außerdem
dortigen Staats
noch von Sachſen aus
24 Millionen polniſcher Gulden zuwies , die aber erſt unter ſeinem
Nachfolger
briefen zum wurden . Das
im
Jahre
Werthe von
Jahr
1828
450,800
1808 machte
ein
in
polniſchen
Pfand
Thaler wieder erſtattet
ſehr bedenkliches Geſicht.
Deſterreich machte gewaltige Anſtrengungen zu einem
anſchei
nend neuen Triege gegen Napoleon , während derſelbe mit Pors tugal und Spanien zu ſten
des
thun hatte.
Rheinbundes. den
Truppen zuſammen zu ziehen. 13,406 Mann Sachſen diffin .
in
Derſelbe gab den
Befehl, fich zu Im
Für
rüſten und ihre
Auguſt ſchon finden wir
zwei Lagern bei Pirna und Bus
Napoleon hatte einen Congreß nach Erfurt berufen ,
wo Rußlands, Preußens und die dem renden Reiche durch
Rheinbunde angehör
ihre eigenen Herrſcher vertreten waren .
Es befanden ſich hier außer
dem
Kaiſer von
Rußland noch
1
vier Könige und 34 andere Fürſten und Prinzen , und man kann deshalb
den
Congreß
zu
Erfurt die glänzendſte Ver
fammlung des neunzehnten Jahrhundert: nennen . und Preußen waren auf dieſem
Deſterreich
Congreffe nur durch einen
205
Geſandten vertreten . reich
ſichern
wollte,
Napoleon , welcher fich bloß gegen Defter feinen
hatte
Zweck vollſtändig
in ihre Standquartiere entlaffen .
October wieder
im
Truppen wurden deshalb
Die fächſiſchen
erreicht.
Als dieſe drohende Wolfe
vom politiſchen Himmel Deutſchlandswieder verſchwunden war, begab fich Friedrich Auguſt Ende October 1808 zum
zweiten
31. März 1809
Male nach Warſchau, von wo er erſt am
nach Sachſen zurückkehrte. 1assuolo DEN 2001
Der Erfurter Congreß hatte, wie ſich nachher bis zur Evidenz herausſtellte, dennoch nichts erwirkt .
Defterreich ſchien
Anfangs die Abſicht gehabt zu haben , ſeine kriegeriſchen Pläne gegen Napoleon fallen laſſen zu wollen ; die Wahrheit aber war nur die, daß es mit ſeinen Rüſtungen noch nicht fertig war . Sie wurden im Stillen weiter betrieben und waren Mitte April 1809 ſo weit gediehen , daß der Krieg mit Frank reich und ſeinen
Verbündeten
beginnen
konnte.
Man
hatte
damals offenbar die Macht des talentvollen franzöſiſchen Kai fers
verkannt
deutſchen
und
Fürſten
vergeblich gerechnet.
auf Zwar
den
Beiſtand
erließ
Aufruf an dieſelben , der indeß von wurde.
keinem
Deſterreich
anderer einen
Erfolge gekrönt
Der Fürſt Poniatowski erhielt den Befehl, Warſchau zu vertheidigen , zu welchem
Behufe
ihm
außer der polniſchen
Armee noch 1500 Sachſen zur Verfügung geſtellt wurden , nachdem
vorher Friedrich Auguſt am
24. April
1809. auch
feiner Seits fich für einen Krieg mit Deſterreich öffentlich ausgeſprochen
hatte.
Der Marſchall Bernadotte erhielt vom
Kaiſer Napoleon den Oberbefehl über 18,000 Sachſen . Aufa fallend iſt, daß Bernadotte fich geweigert hatte , dieſen Befehl zu übernehmen . Er behauptete, kränklich zu ſein und bat feie
206
nen kaiſerlichen Herren um
ſeine Dispenſation , welche
ihm
jedoch mit napoleoniſcher Entſchiedenheit verweigert wurde. Wenn Bernadotte vielleicht geglaubt hatte , er könne mit fächſiſchen Soldaten nichts Erſprießliches erreichen , wie ſeine Weigerung zur Uebernahme des Kommando's beinahe zu be weiſen ſcheint , ſo hat er die Beleidigung, welche darin
für
den ſächſiſchen Soldaten lag, dadurch wieder gut gemacht, daß er am gram
6. Juli 1809 nach Beendung der Schlacht von Wa zu dem
General von Zeſchau fagte:
„ Geſtern wünſchte ich , fädyſiſcher Kavalleriſt zu ſein , heute zöge ich es vor, zu
Ihrer
Infanterie zu gehören !" :16
Friedrich Auguſt verließ am
18. Juni ſein Königreich
und begab ſich mit ſeiner Familie nach
Frankfurt am
Main ,
woſelbſt er auch bis zum 8. Auguſt deſſelben Jahres verblieb.. Gleich nach ſeiner Abreiſe übernahm der General Morand die Befeſtigung der ſächſiſchen Reſidenz. fepten dennoch Dresden .
Die Deſterreicher be
Der Fürſt Lobkowig ward Roma
mandant.: Der König von Weſtphalen vertrieb
ſie zwar bald
wieder, doch kehrten fie kurze Zeit nachher wieder zurück , wo fie nun
vom
Oberſt Thielemann zurückgedrängt wurden .
Inzwiſchen war am
5. und 6. Juli 1809 bei Wagram
Schlacht zwiſchen
öſterreichiſchen
truppen geſchlagen
und von den
und
franzöſiſchen
Leşteren
eine
Bundes
gewonnen worden .
Die Deſterreicher wurden vom Erzherzoge Karl und dem
Erz
herzoge Johann befehligt. Bernadotte führte die Sachſen ; auch waren Maſſena , Marmont, Davouſt und Dudinot bei dieſer Schlacht betheiligt. auf 150,000 Mann
Die franzöſiſche Bundesarmee wird
und 584
Geſchüße,
die öſterreichiſche
Armee auf 98,000 und 410 Geſchüße angegeben . hatte 23,000
Defterreich
Todte und Verwundete , darunter mehrere Ge
nerale , gehabt, nebenbei aber 7000
Gefangene gemacht und
207
12 Adler und Fahnen und 11 Kanonen luſt der Franzoſen
erobert.
haben auch ſie eine Menge Gefangene und lates
Friedrich Auguſt kehrte im
Königreich zurück , begab Wunſch des Kaiſers
ſich aber
verblieb.
abermals nach Warſchau .
ſchon im
Im
Paris , wo er bis ging er
N 119.3
Herzogthum
für Deſterreich keine Vortheile.
November auf
April 1810
30
der Krieg in dem
Trophäen gehabt.
Auguſt 1809 nady feinem
der Franzoſen nach
'kurz vor Weihnachten
Auch
Der Ver
iſt nicht geringer zu veranſchlagen , doch
Warſchau brachte
Wenn dies auch anfänglich ſo
ſchien , ſo mußte dennoch der Erzherzog Ferdinand , welcher die Deſterreicher commandirte,
unverrichteter Sache wieder
abziehen . SEFED
An eine ruhige Zeit war jeßt faſt nicht mehr zu denken .
Der Krieg von
1809, dem
bald andere folgen ſollten , hatte
den Mangel einer Feſtung in Sachſen recht fühlbar gemacht. Napoleon beauftragte deshalb feinen Geſandten am
Dresde
ner Hofe , dieſem Uebelſtande jo raſch , wie möglich abzuhelfen . Derſelbe nahm Wittenberg und Torgau in Augenſchein , hielt die legtere Stadt zweckmäßiger zu einer Feſtung und die dazu nöthigen
Arbeiten nahmen ſofort ihren Anfang.no 909
Da Friedrich Auguft, obgleich in entſchiedener Abhängigkeit von Napoleon , hatte dennod
allen
Grund , mit der Umge
ſtaltung ſeiner Verhältniſſe zufrieden zu
ſein, da ſie ihm
ftatteten , wieder eine europäiſche Rolle zu ſpielen .
Er war
jeßt Herrſcher über ſechs Millionen Menſchen und ſeine Lande hatten
einen
meilen.
Flächeninhalt von viertehalb
Tauſend Quadrat
Er hatte auch ein bedeutend größeres Heer, als Preu =
Ben , während
ſich das
des Leßtern nur auf 42,000 Mann
belief, erreichte das Seinige die Zahl von 60,000 Köpfen . del Im
September
1811
beſuchte Friedrich
Auguſt zum
208
zweiten Male im
Mai 1812 befand fich Napoleon zum niglichen
Dresden , wohin
Schloſſe zu
feine Gemahlin
Maria
hier übrigens wiederum gen abgehalten , die
Louiſe begleitet eine
12. bis 29.
Vom
legten Male ſein warſchauer Herzogthum .
ihn
kö :
dies Mal auch Es wurde
hatte .
Verſammlun
jener glänzenden
der franzöfiſche Kaiſer zur Erhöhung
feiner Macht und feines Anſehns für nothwendig hielt , und an
welcher Theil nahmen : der Kaiſer von Deſterreich nebſt
Gemahlin , der König und der Kronprinz von Preußen , die Königin von Weſtphalen , der Vicekönig von Italien und der Großherzog von Würzburg.
In dieſer Verſammlung wurde Kopfe Na
der Krieg gegen Rußland verabredet, der in dem poleons übrigens lange vorher ſchon fertig war.
Die Sachſen , von Lecoq geführt, waren 21,000 Mann ſtark und
erhielten
in
der
Perſon
des Generals Grafen
von Reynier einen franzöſiſchen Oberfeldherrn , welcher fich ganz entſchieden
zu
dieſer Stellung nicht eignete.
Er ver
band fich mit der öſterreichiſchen Armee des Fürſten Schwar zenberg und bildete deſſen rechten Flügel. einige Kavallerieregimenter
unter dem
Bald wurden ihm Oberſt
Thielemann
wieder abgenommen , die mit der Hauptarmee fich vereinigen follten , und was In Robryn 2500 Mann zum
für Reynier von
großem
Nachtheil war .
lag eine fächſiſche Brigade unter Blengel, etwa ſtark .
Sie erhielt Befehl, fich mindeſtens bts
28. Juli zu halten , wo der Graf von
dingt eintreffen und fie befreien würde. es indeß anders beſtimmt.
Reynier unbes
Das Schicfal hatte
Die Tormaſjow'ſche Armee griff
Kobryn heftig an , eroberte es am
27. Juli nach einem
zehn=
ſtündigen von beiden Seiten gleich hartnädig geführten Kampfe und machte
die ganze fächſiſche Beſaßung zu
Die Sachfen
zeichneten
fich in
dem
Gefangenen .
Kriege gegen
Rußland
209
zwar überall vortheilhaft aus, gewannen aber dadurch keinen be fonderen Ruhm , wag vielleicht an ihren aud, an dem der am
unbekannten
Führern , vielleicht aber
Terrain gelegen haben mag.
In
7. September an der Moskwa geſchlagenen Schlacht
leiſteten
die
Tapferkeit
fächfiſchen
Stavallerieregimenter
und Unerſchrockenheit.
todt nieder
und wurden
wieder ausgefüllt.
Ein
durch
Ganze
Wunder
Reihen
nachfolgenden
die
der
ſtürzten ſofort
einziger Angriff auf eine große ruſ
ſiſche Redoute foſtete auf einmal 550 Sachſen
das Leben .
Uebrigens zogen auch viele Sachfen mit in Moscau ein und wurden ſo Zeuge jenes ſchrecklichen
Feuermeeres, deſſen Ent
ſtehungsurſache niemals ermittelt werden wird.
Später der
Divifion Girard einverleibt, waren fie Einige der Legtren , welche über die Berezyna gingen . mentern
blieben
zuſammen
übrigens nur noch ein wieder aus
ſah.
70
Von zwei ganzen Regi
nur 60 Mann übrig , wovon
Drittel (alſo 20 Mann ) die Heimath
Das Garde du Corps Regiment beſtand noch
Offizieren und 4 Gemeinen , das Zaſtrow'ſche aus
13 Offizieren und 3 Gemeinen . Die fächſiſchen Truppen
hatten urſprünglich aus 21,000
Mann beſtanden, doch fandte ihnen Friedrich Auguſt mehrere Male Verſtärkungen nach , ſo daß man nicht übertreibt, wenn man die an auf etwa
dem
ruſſiſchen Feldzuge fich betheiligende Armee
35,000
Köpfen
angiebt.
Zurück
kamen nur ungefähr 4—5000 Mann.
nach
Sachſen
Am
14. Dezember
1812 Nachts drei Uhr langte der Kaiſer der
Franzoſen auf
einem Schlitten
in
Dresden an , ſtieg aber nicht im
fädfiſchen Sdloſſe, ſondern im
königlich
Palais feines Geſandten , des
Baron Serra, ab. Friedrich Auguſt mußte nach dem Ge ſandtſchaftshôtel kommen , hatte eine mehrſtündige Unterredung mit dem Kaiſer, von deren Inhalt Nichts bekannt geworden 14 Vertraute Geſchichte. Sachſen . 3. Bb.
210
und nach deren Beendung Napoleon weiter nach Paris reiſte. Nur einen
Tag hatte er ſich , von Morgens drei bis Abends
ſechs Uhr, in Dresden aufgehalten . I
Dit is duid "
Das Schidſal des allmächtigen
war durch
Kaiſers der Franzoſen
den vollſtändig verunglückten Feldzug nach Ruß
land auf einen Wendepunkt gelangt.
Das ſahen nicht nur
die Fürſten Deutſchlands, das ſah auch Friedrich Auguſt ein , Aber was deſſen Lage unzweifelhaft die idhlimmſte war. ſollte er machen ?
Schien das Unglüc Napoleons überhaupt
ſo groß, daß er ſich davon nicht hätte erholen können ? nicht !
Sicher
Kamen nicht andere Zufälligkeiten dazwiſchen , dann
ſtand er binnen einer kurzen
Zeit ebenſo glanzvoll da , wie
vor dem
Dies Alles erwog der König
ruſſiſchen Feldzuge.
von Sachſen ſehr wohl, und er konnte ſich deshalb auch jest noch nicht entfáließen , ſich
von
ihm
loszureißen .
Er erin
nerte ſich der denkwürdigen Worte , welche er nach der Schlacht bei Jena zu Herrn von Gagern geſagt; nämlich : „ Zwei Mal ſtand es in der Hand dieſes mächtigen Mannes , midy zu verderben , und er that es nicht!
Deſſen werde
ich immerdar eingedenk ſein !" SH07Ruſſen Frankreich auf.
und
Preußen
verbunden und
hatten
ſich mit einander gegen
forderten
Sachſen
zum
Beitritt
Friedrich Auguſt verweigerte denſelben und erklärte ſich
für neutral; den ihm Kalamität.
am
Beſten
ſcheinenden Weg aus dieſer
Von Napoleon aufgefordert, entweder nach Mainz
oder Frankfurt am Main zu gehen , ertheilte er auch dieſem einen
faſt
gleichen Beſcheid
und begab
ſeinen Miniſtern , dem Staatsſchage, einem
ſich mit dem
Hofe,
Theil ſeiner Garde
und 1500 Reitern zuerſt nach Plauen , darauf nach Regens burg , Linz und endlich nach Prag. Ben
fandte ihm
jeßt ein
Der König von
Preu
eigenhändiges Schreiben , mittelſt
211
deſſen er ihn nochmals aufforderte, ſich dem Bündniſſe gegen Frankreich anzuſchließen .
ſondern
Zwar beantwortete er am
16. April
Brief, machte fich aber zu Nichts verbindlich,
1813 diefen
hielt im
Allgemeinen
ſeine einmal abgegebene Er
klärung aufrecht und fügte nur noch hinzu , daß er, wenn es zum
Handeln käme, mit Deſterreich gemeinſchaftlich handeln
werde.
Gleichzeitig befahl er dem
neral Thielemann , die
in Torgau ſtehenden Gez
Feſtung keiner fremden
Macht
zu
übergeben .
Wir müſſen geſtehen , daß
Friedrich Auguſt nicht flüger
hätte handeln
können und daß man folgerichtig zu der Er wartung berechtigt war, die andren Fürſten würden ſein Bes nehmen billigen .
Daß dies nicht geſchah , werden wir ſpäter
fehen . Das fächſiſche Volk hatte fich übrigens allgemach einem gewiſſen
Franzoſenbaß überlaſſen und es
wartete nur auf
eine paſſende Gelegenheit, dieſem Haß den gebührendon Aus druck zu verleihen .
Dieſe Gelegenheit kam bald .
Der Graf
Reynier, welcher Dresden beſeft hielt, wollte, als ſich ruſſiſch preußiſche Truppen näherten , die Elbbrüde in
die Luft ſpren
gen , eine Maßregel, die durch die Kriegsverhältniffe immer gerechtfertigt erſcheint.
Die Bewohner Dresdens wollten aber
davon ſchlechterdings nichts wiſſen , warfen dem ten , der im ein im
Kommandan
Palais Brühl ſeine Wohnung hatte, die Fenſtern
und ſchrieen : „ Fort mit den Franzoſen !"
Reynier wagte
Angeſicht dieſer Demonſtration nicht, ſeinen Plan in Bezug
auf die Brücke in Ausführung zu bringen . Halb
von
Davouſt abgelöſt , der dann
Er wurde deg
ohne Weiteres
19. März acht uhr Morgens die Brücke vernichtete.
am Am
22. März nahmen die Ruſſen Beſig von der Neuſtadt und zwei
Tage darauf verließen
die
Franzoſen
Dresden . 14 *
Bei
212
den mit der ruſſiſchen Armee verbundenen preußiſchen
Trup
pen befanden fich zwei ewig denkwürdige Männer : Baron von Stein und Ernſt Moriß Arndt, Erſterer preußi fcher
Legtrer
Miniſter ,
Profeſſor
in
Greifswalde.
Theodor Körner und Göthe waren in Dresden .
Auch Legterer
ſagte die merkwürdigen Worte : „ Schüttelt nur an Euren Keta ten , der Mann (Napoleon ) iſt Euch zu groß , Ihr werdet fie nicht zerbrechen !“
Als man
dieſe Bemerkung dem
Miniſter
Stein hinterbrachte , erwiderte derſelbe: „ Laßt ihn , er iſt alt geworden !"
Stein
hatte für den
ruſſiſchen Staatskanzler Neſſel
rode einen Bericht über die Zuſtände Dresdens anzufertigen . Derſelbe iſt vom „ Ich
11. April datirt und lautete wörtlich :
befinde mich hier ſeit dem
9. d . M. und ich
halte mich verpflichtet, Ihnen , Herr Graf, meine Bemer kungen über
den Geiſt der Einwohner dieſes Landes und
der Angeſtellten und über die Maßregeln, die ich vorläufig nehmen zu müſſen glaubte , mitzutheilen . „ Die große Volksmaffe
iſt dem
König von Sachſen
ergeben und verlangt ſeine Rückkehr, jedoch hat man nicht zu
erwarten , daß
dieſe ihrem
weichen Wortkrämer zu einem ſtande fähig ſeien werden
Eigenthum
anhängenden
Aufſtande oder zum Wider es iſt widerwärtig zu ſehen ,
daß der Zuſtand der Herabwürdigung, worin
ſich ihr Va
terland befindet, die Unglücksfälle , die es überwältigen , fie weniger berühren , als die Unbequemlichkeiten
des Krieges,
die Entfernung des Königs und die Zerſtörung der Dress ..dener Brücke.
Nach der Meinung der geringen Zahl wohl
denkender Menſchen , mit denen ich habe ſprechen können , 6. ift es felbft fehr wahrſcheinlich , daß , falls der König auf ſeiner Hingebung gegen
Napoleon beſteht , man den ſtän
213
diſchen Ausſchuß an die Spiße der Geſchäfte bringen und die Kräfte des Landes für die gute Sache nüglich machen Es kann . Eine ſolche Anordnung wäre ſicherlich der Rückkehr eines ſtolzen Königs vorzuziehen , der Rückſichten und Scho => nungen fordert, worauf die Geſchäftsträger und ſeine Mi piniſter
keinen
Anſpruch machen
können
und
welcher den
Geſchäftsgang in jeder Hinſicht hemmt. latest ht) , Der König und ſeine Umgebungen fühlen , daß ihre Lage ſo gefährlich , als herabwürdigend iſt, daß das ganze Land erwartet , daß fie Schritte thun , um zu und
Preußen
zu nähern ;
aber
ſich
Nußland
ſie fürchten durch
ſolche
Schritte ſich gegen Napoleon bloßzuſtellen und dann gänzlicy * von dem Willen der verbündeten Mächte abzuhängen . Sie erwarten
daher, daß des Kaiſers von Rußland Majeftät
saihnen die erſten Eröffnungen machen laſſe.
Aber die Hart
samäckigkeit, womit fie dieſen Gang verfolgen , wird von 3. größten
Theil des
dem
Publikums getadelt, und Sie wiſſen
- ohne Zweifel, Herr Graf, daß der General Thielemann ſein Ehrenwort gegeben
hat, mit Graf Winzingerode einen
Fall ſein König dem
Vertrag zu unterzeichnen , im
Bünd
1 niß mit Rußland beizutreten verweigert oder darum nach sro zuſuchen zögerte.
To
dan
molt, Freiherr von Miltiz, *) ein wohlgeſinnter Gutsbeſiger, der eine große Hingebung an die gute Sache zeigt und eine * Feſtigkeit , die man
in
dieſem
wendet alle Mittel an , um 2
Lande nicht häufig findet,
die Unterhandlungen gelingen
zu machen und glaubt, daß Thielemann aus Anhänglichkeit an fein
Land, aus Haß gegen die Franzoſen , in
einen militairiſchen
jedem
Fall
Vertrag ſchließen wird, der die Ueber
3 *) Trat ſpäter als General in die preußiſche Armée ein .
214
“: gabe der Feſtung und die
Vereinigung der von ihm
be
fehligten Truppen unter die Fahnen der Ehre zur Folge habe. Im
Allgemeinen
Königs von Sachſen
ſcheint mir, daß die Zulaſſung des
zu der großen Sache nicht von über
wiegender Wichtigkeit iſt, daß , wenn er ſeinen wahren Vor theil hören will , der Brief, welchen Se. Majeſtät der König an
ihn gerichtet, ihm
wohl
es
ſeiner
und
eine Unterhandlung erleichtert , ob ſeines Miniſters Eigenliebe Etwas
koſten wird, die Eröffnung dazu der Großmuth eines Für ſten zu verdanken . , Das Bündniß mit Sachſen verſchaffte nur ein Korps von
8-10,000
und
:: werden , es würde in
Miltzen , die
ſich
langſam
bilden
der Verwaltung der Hilfsquellen des
Landes außerordentlich beengen und nur ſehr wenig Ein fluß auf die großen Erfolge des dem
Krieges haben , die von
Schickſal der Seere und der
abhängen .
Wenn
Zulaſſung Deſterreichs
der König fich zu erklären zögert, oder
nicht den Brief des Königs von Preußen auf eine befrie digende Weiſe beantwortet u . ſ. w ., man
ſo ſcheint mir , kann
einen ſtändiſchen Ausſchuß für die allgemeine Landes
verwaltung einrichten , von dem man einen entſchiedeneren Gang erwarten kann , als der der Immediat - Commiſſion ift.
Dieſe beſteht aus einem
Miniſter Herrn von Globig, *)
*) Hans Ernſt von Globig ward am 2. November 1755 auf dem väterlichen Gute Grauwinkel, bei Wittenberg, geboren , ſtudirte in Witten berg die Rechte und begann im Jahre 1774 ſeine juriſtiſche Laufbahn. Ein Fahr darauf wurde er bei der fächfiſchen Geſchäftskanzlei in Regensburg angeſtellt, mußte aber bald nach Dresden zurüdkehren , weil er im gebei men Rabinet verwendet werden ſollte. Im Jahre 1781 erhielt er nebenbei noch eine "Rathsſtelle beim Appellationsgericht, warð 1789 Beiſiger beim Reichskammergericht zu Weßlau und zehn Jahre ſpäter Reichstagsgeſandter unb evangeliſcher Direktorial in Regensburg. Nad Auflöſung des deuts
-
einem
ſchwachen ,
215
verlegenen ,
incruſtirten
Mann , deffen
ste Geiſt unter dem deutſchen Staatsrecht und den pedantiſchen 1 Schwierigkeiten
des Regensburger Reichstags vergraben
aus Herrn von
iſt;
Frieſen , *) der ein braver Mann iſt , aber
ti halb Landmann , halb Höfling , der
ſeine Unterredungen
al in jedem Augenblick mit dem Ausrufe unterbricht : „Schaf stifen Sie uns unſern König wieder!" HerrĽ von Man
31 teuffel**) einem
ehrgeizigen
Flachen Bureaukraten, der ſeine
Collegen durch Grobheiten und feine Heftigkeit beherrſcht, der ... zwiſchen den Ruffen und Preußen Zwietracht hervorzubrin gen
ſucht; Herrn
von
Zeſchwiß ,***) einem
wohlgeſinnten
Mann und guten Arbeiter. 119 ,, Der Geſchäftskreis
dieſer Kommiſſion beſchränkt ſich
ssseigentlich auf die Militairgeſchäfte, wie Lebensmittel,Märſche iu . f. w .
Die
innere
seln densiste
Verwaltung
reathad ndal
iſt
dem u
Geheimen
Torta
doit
ſchen Reiches wurde er zu zumm wirtlichen geheimen Rath und fächfijden Con ferenzminifter ernannt, nahm an den Verhandlungen des wiener Kongreffes am 21. April 1826. Herr von Globig war der Sohn Theil nur eine recht des aus der Brühl'ſden Regierungsepoche bekannten Oberconſiſtorialpräfi von Globig. Sigbra midt band be siamo
*) Johann Georg Friedrich , Baron von Frieſen war Oberkammer herr auf Rötha , bei Leipzig. Sein Sohn , Friedrich , vermählte ſich mit Tev Ginfiebel , beren Vater fächſiſcher Premierminiſter einer Gräfin von Detler war. Friedrichs Sdywefter führte der Oberſtallmeifter Graf Bitthum als Gemahlin heim . Eine Seitenlinie des Oberkammerherrn von Frieſen hatte in Frankreich von Frieſen Grafen den Titelat eines , führteFeldmarff eichdemangeſiedelt se bieres franzöſiſchen und ſtarb mit 1755 aus. **) War bis 1830 Finanzpräfident in Dresden, ging als Bundestags Geſandter nach Frankfurt, woſelbſt er auch ftarb. o seu 100 ie nt des An Kön ig ***) Adolph Johann von Zeſchwitz iſt als Kommandant ſteine geſtorben .
216
rath , welcher aus einigen Miniſtern beſteht, und dem Finanz collegio verblieben . wird
Ich glaube, dieſe Immediatcommiſſion
ſeiner Zeit wegen
Unzulänglichkeit aufgelöſt werden
und eine andere Behörde eingeſegt werden können und dieſe Zeit wird ſicher herbeikommen, da ich zweifle, daß man mit einem ſo ſchlecht zuſammengeſepten von einem großen Theile des Publikums wenig geachteten und in ſeinem Wirkungskreiſe ſo beſchränkten Ausſchuß die Geſchäfte könne. " Ein
vorwärts bringen
zweiter Brief des Baron von Stein , den
derſelbe
einige Tage darauf an Hardenberg nach Breslau ſandte, lautet : Nach meinen Briefen aus Regensburg ſuchen Senfft und langenau, welche die Wachen find, eine Stüße an Deſterreich und erwarten
Alles von ihm ; fie ſprechen
ſich
noch immer auf eine ſehr hochtrabende Weiſe aus, und glau ben , daß Torgau
ein
hochwichtiger Gegenſtand iſt.
Der
Kourier, den Thielemann nach Regensburg geſchickt hat, ein Herr von Mindwiß ,*) iſt zurüd , er hat dieſe Briefe zu rückgebracht, wahrſcheinlich ſind ſie für Thielemann in dem ſelben Sinne.
Ich habe ihm
eine vertraute Perſon
durch
fagen laſſen , er folle fich beeilen , abzuſáließen , er werde dadurch
die Shwankungen
des Königs beenden
Verdienſt dieſer Handlung werde ausſchließlich hören
und das ihm
ange
ich erwarte feine Antwort „ Die kleine Dentſchrift über
Deutſchland ward von
mir dem Kaiſer übergeben , und es iſt ſein Willen , in Deutſch land zwei Mächte zu bilden wenigſtens ihnen , jeder in *) Herr von Mindwiß wurde ſpäter zum Miniſter der äußeren An gelegenheiten ernannt.
217
dem
Kreiſe ihrer
Thätigkeit, einen überwiegenden
Einfluß
zu geben . „ Ich verlangte von
der
Immediat- ſtommiſſion
auf
die Kontribution eine Abſchlagszahlung von 500,000 Tha lern in
zehn Tagen zahlbar, die wir nothwendig bedürfen ,
da an allen Orten Geld fehlt, zu glaube, Sadýſen kann eine Kriegsſteuer von fünf Millionen Thalern bezahlen , 4000 Pferde liefern und die Heere während ihres Aufent
Haltes hier unterhalten ; es hat 1806
an
Napoleon fechs
und eine halbe Million bezahlt, monatlich 60,000 - zur Unterhaltung +
der
im
Lande befindlichen
Thaler
Hospitäler,
Garniſonen
u . f. w . gegeben und 6000 Mann Truppen often es hat ein Ein franzöſiſchen Heere unterhalteu : es hat
bei dem
kommen von
Heeres
Unterhalt feines eine Million bleiben
bei dem nur
ihm
anderthalb
Bau
zwei und
fern ." ut. f. w.bin mitisch
tot gadi,
trid
erſparen ,
Millionen
der Feſtung Torgau , mithin zu
eine halbe Million
lie
ins debates who medicina
Salonten nyitching viduistilistasi only
rudentamssur dhiption
votlino
beim
ſieben Millionen Thalern- eß kann
bist af
com
shiitali
istrado nahistória
21 thun
18. Jogos dentes omne 190 att stortar bretta und , sochiqishni that modtage noise oil dur
sduntain
Gunstytost
moisid
ni andserve
dine sia shimu ?
State House plin in
stad soola
sinistra
i mitt tidla 1993 TOTS
218
Vi e rzehnte 8
Rapitel
Der Kaiſer von Rußland und der König von Preußen in Dresden . Befehle des Königs von Sachſen an den General von Shielemann . Na poleon in Dresden . Friedrich Auguft in Prag . Braf Stadion . Der Belagerungs Baron von Serra. Oberſtlieutenant Montesquiou . zuftand von Leipzig. Napoleon und die Deputation des leipziger Magi Ein Brief ftrats. - Hofrath Mahlmann. Die Befeſtigung Dresdens. des General von Bülow an den General Beſchau. Die
Immediat -Kommiſſion , deren der Miniſter Baron
von Stein
in
ſeinem
Briefe gedenkt, leitete während der Ab
weſenheit des Königs von Sachſen deffen Lande, und wenn Stein derſelben
ein
die Regierungsgeſchäfte in
fich beklagt, daß man von
entſchiedenes Einſchreiten nicht erwarten
ſo hatte dies
ſeine vollſtändige Richtigkeit.
miniſter Graf Senfft von
könne,
Der Kabinets
Pilfach hatte ihr im
Namen fei
nes Souverains eine Erklärung zukommen laſſen, der zufolge fie Alles unterlaſſen
ſollte, was irgend wie ein Mißfallen
bei Napoleon erregen könnte , da
Friedrich Auguſt vorläufig
noch der franzöfiſchen Sache ergeben Der Kaiſer von Friedrich Wilhelm
Rußland zog am
III. in
Dresden
Palais Brühl, Legterer im tier.
Durch
bleiben wollte.
die Verbindung
24. April 1813 mit
ein .
Erſterer nahm
Rađnig'ſchen Hauſe
im
ſein Quar
dieſer beiden Monarchen
war
felbſt für den allgemeinen Zuſtand Deutſchlands noch Nichts gewonnen . gehabten
Napoleon hatte nicht nur trop der in Rußland
ungebeuren
Verluſte
immer noch
ein
ſtarkes Heer,
219
ſondern
ſein Genie war bis jeßt auch noch ganz ungeſchwächt,
und ſicherlich würde er den beiden
Verbündeten noch viel zu ſchaffen gemacht haben , wenn die Verhältniffe fich nicht bald anders geſtaltet hätten . für die
Bis jeßt hatte ſich erſt Medlenburg
Verbindung erklärt.
vereinzelte zu bringen .
Deſterreichs
ſchien
keinen
eine
Vortheil
Friedrich Auguſt wollte keine definitive Erklärung
abgeben , fo lange der Feind noch in fand.
Lage
ſein und konnte für Sachfen
Am
feinen Staaten
29. April zeigte er dies ſelber dem
ſich be
Könige von
Preußen an , der darüber zwar erſtaunt war, es aber früher nicht anders gemacht hatte. Dem Kommandanten von Tora gau, General Thielemann , befahr er, die Feſtung nur an den jenigen zu übergeben , den ihm ſein Monarch im Einverſtänd niß mit dem
Kaiſer von Deſterreich nennen würde.
Dadurch
wurde Thielemanns lage eine überaus ſchwierige, zumal da ihm
auch der Miniſter , Graf Senfft von
, daß jedes willkürliche Aufſtehen
Pilfadh , mittheilte ,
in Maffe oder im
Einzelnen
zu irgend einem militairiſchen Zwede dem Könige zu ernſtem Mißfallen gereichen , und daß dieſer jeden Theilnehmer an einer ſolchen geſegwidrigen Handlung als unfähig im ſächfiſchen Dienſte verwendet zu werden .“ Am erhielt
Thielemann einen
neuen
erkenne, 5. Mai
Befehl ſeines Souverains,
dahin lautend : „ auch dann die Feſtung an Frankreich nicht zu übergeben , wenn deffen Armee ſelbſt durch das Glück der Waffen an die Elbe geführt würde." 319fu Aus dieſem keine
ſchon
von am
dem
bisherigen
2. Mai waren
Napoleon bei Lüßen geſchlagen . morgens die beiden Monarchen Abends gegen
pod 1939ius ties
Befehl geht klar hervor, daß Friedrich Auguſt
Kenntniß
hatte , denn
Leona
ſechs
Am
Gange
der
Dinge
die Verbündeten von
8. Mai verließen früh
die fächſiſche Reſidenz und
Uhr traf der Kaiſer der Franzoſen
da
220
felbft ein . ſtadt.
Am
Inzwiſchen
franzöfiſchen ihm
10. Mai verließen
von
die Ruſſen auch die Neu
war auch der Marſchall
Ney mit einer
Armee vor Torgau angelangt, deren
Thielemann verweigert wurde.
Uebergabe
Als Napoleon dies
erfuhr, ward er zornig, fandte ſofort ein Mitglied der Imme diat - Kommiſſion an Friedrich Auguſt ab , das demſelben zu erklären hatte , er (Napoleon ) werde das Königreich Sachſen als das Land eines Feindes betrachten , wenn Friedrich Auguſt nicht augenblidlich die Feſtung Torgau an ihn übergeben und nach ſeinem Staate zurüdkehren würde, worüber er eine ganz definitive Erklärung erwarte. Dies und noch viele andere Uns annehmlichkeiten machten auf den Kaiſer der Franzoſen entſchieden
ſchlechten
Eindruck , dem
er bei dem
ihm
einen
Seitens
des Dresdener Magiſtrats veranſtalteten Empfangs auch einen entſprechenden
Ausdruck verlieh.
1
tion , als gehöre fie zu ſprach vom drüden .
Er behandelte die Deputa
feiner niedrigſten
König von Sachſen
in wenig
Dienerſchaft und gewählten Aus
Die Elbbrüde war von Davouſt , wie wir wiſſen , zers ſtört worden ; allein ſchon zwei Tage nady des Kaiſers An kunft in
Dresden hatte deſſen leichte Infanterie durch Holz
böđe die Verbindung ſo weit hergeſtellt, daß diefelbe mit Hilfe dieſer und einiger Sturmleitern paffiren konnte.
Es
war aber nothwendig, daß die Brücke innerhalb einer kurzen Zeit wieder dem öffentlichen Gebrauch übergeben werden konnte. Napoleon ließ und fragte :
Oberlandbaumeiſter zu
deshalb den
„ In welcher Zeit ſind Sie im
fich rufen
Stande, die Brüde wieder
herzuſtellen ?" „ In zwei Tagen , Majeſtät!" erwiderte derſelbe. Mit halb
unterdrücktem
-
Zorn , der
durch
die obwalten :
221
den
Verhältniffe ſehr zu entſchuldigen war, zupfte
Kaiſer am „ In
ſechs Stunden , mein
muß dies geſchehen
Als
ihm
der
Dhre und ſagte:
ſein !
Freund ! in
ſechs Stunden
Ich will es !"
der Oberlandbaumeiſter noch Einwendungen
dage
gen vorbringen wollte , ſagte der Kaiſer nur noch ein Mal: „ Ich will es !" Es wurde, wie ſich erwarten ließ , Alles aufgeboten , dem Befehl Napoleons nachzukommen , beſonders da bekannt war, daß derfelbe in ſtand. beiden
fo ernſten Angelegenheiten keinen Spaß der
in der Abendſtunde, von ſeinen Duroc begleitet, ſelbſt herbei, Berthier und Generalen übrigens
Er kam
beſichtigte nicht nur die Arbeiten , ſondern griff felbft thätig mit ein . zoſen
Bis zum nächſten Abend hatten bereits 80,000 Fran =
die Brücke überſchritten . Die Ereigniſſe folgten ſo ſchnell auf einander, daß man
fich gar nicht wundern kann , wenn Friedrich Auguſt davon nicht rechtzeitig Kenntniß erhielt. Als derſelbe von Napoleons Sieg
bei
Lügen
erfuhr,
änderte er
ſeinen
dem
General
Thielemann am 5. Mai überſchickten Befehl dergeſtalt um , daß er demſelben auftrug, die Feſtung Torgau an die Franzoſen zu übergeben .
Dies geſchah noch vor dem
Napoleon an ihn abgeſendeten gliedes , aber
Eintreffen des von
Immmediatcommiſſions-Mit
doch nicht ohne Nachricht von
Kaiſers erhalten zu
haben , der dieſen
Nuguſts wohl hauptſächlich
dem
Entſchluß
Zorne des Friedrich
hervorgerufen haben mag.
Als
derſelbe durch Weimar gekommen war und von dem dortigen Herzoge empfangen wurde, äußerte er zu daß der
König von Sachſen
fich
dieſem : „ Ich will,
erkläre und werde
dann
wiſſen , was ich zu thun habe; wenn er aber gegen mich iſt, wird er Ales. verlieren , was er hat!"
222
Der Herzog von Weimar hatte dies ſofort ſeinem könig lichen
Vetter nach Prag
gemeldet; faſt zu gleicher Zeit kam
die Nachricht von der durch Napoleon gewonnenen Schlacht
ihm
bei Lüßen zu und ſein bereits von uns erwähnter Befehl an Thielemann
in Bezug auf die Uebergabe Torgau's an
Franzoſen war die unmittelbare Folge davon . Thielemann , deſſen
die
Der General
hellſehender Geiſt übrigens ſchon
längſt
entſchloſſen war, der Zeit Rechnung zu tragen, gehorchte zwar feinem
königlichen Herrn , allein er zeigte demſelben auch zu
gleicher Zeit an , daß er aus ſeinen Dienſten ſcheide und zum Kaiſer von Rußland übergeben würde. mando der Feſtung, um übergeben
Er übergab das Kom
dieſelbe nicht ſelbſt an die Franzoſen
zu müſſen , an
den
General Steindel.
aber ſandte er dem Könige einen lautete :
Dann
ſchriftlichen Bericht, der da
Die Feſtung Torgau , die ich Eurer Majeſtät treu er halten habe, iſt übergeben . ich meine 32 jährigen
Eurer königlichen Majeſtät lege
Dienſte hiermit allerunterthänigſt zu
Füßen ."
rich
Der Verluſt durch
Thielemanns Abgang war für Fried
Auguſt ficher ein
ſehr bedeutender.
daran für den Augenblick gar nicht denken .
Jndeß mochte
er
Seine Lage war
inzwiſchen immer kritiſcher geworden ; auch Deſterreich ſchien ihn
im
Stiche laſſen
den er als ſeinen hatte, kam
zu wollen , denn der Graf Stadion ,
Geſandten an den wiener Hof abgeordnet
gar nicht wieder zurück.
Noch ehe Napoleon von der durch den König von Sach ſen bewilligten Uebergabe Torgau's Nachricht erhalten hatte, ſandte er abermals
einen Abgeordneten nach
Prag an Fried
rich Auguſt, und zwar den Baron Serra, welcher franzöſiſcher Geſandter in Dresden war.
Derſelbe mußte den König auf
223
fordern , ſeinem
Kaiſer ſämmtliche fächſiſche Truppen zur Ver
fügung zu
ſtellen , die Feſtung Torgau
wie vorhin
bemerkt, ſchon
Sachſen
zurückzukehren .
zu
übergeben
(war,
geſchehen ) und ungeſäumt nach
Nach
der
ihm
von
dem
Baron
Serra bewilligten , nur zwei Stunden betragenden Bedenkzeit fah Friedrich Auguſt kein friedigen , als deſſen in
anderes Mittel den Kaiſer zu be
Befehlen nachzukommen .
der That auch nichts Anderes übrig !
Es blieb ihm
Auch drängten
ihn
ſeine eigenen Miniſter, der Graf von Hohenthal und der Graf Detlev von Einſiedel, die zu ihm men waren .
mochte er ſelber einſehen . nun
ſchon 27
Stiche gelaſſen , das
Auf den Grafen Stadion hatte er
Tage vergeblich gewartet.
öſterreichiſcher Seits am
nach Prag ebenfalls gekom
Deſterreich hatte ihn im
Man wollte
ſich
zwar ſpäter entſchuldigen , daß derſelbe
Podagra frank darnieder gelegen habe ; allein dieſe Ent
ſchuldigung verliert jeglichen Werth , wenn wir erwägen , daß Deſterreich
unter ſolchen Umſtänden
verpflichtet war , einen
Andern an den König von Sachſen zu betrieb Deſterreich im fich, luyero dieſelben
Geheimen
beendet ſeien .
entſenden.
Vielleicht
ſeine Rüſtungen und ſcheute
Dennoch wird eß jeder Unpartheiiſche
für verpflichtet gehalten haben , Friedrich Auguſt durch einen geheimen Sendling
die nöthigen
Mittheilungen
zu machen .
Daß Friedrich Auguſt durch ein derartiges Verfahren
für die
Sache der
konnte,
Verbündeten nicht eingenommen
*
liegt offen auf der Hand ; im
werden
Gegentheil, es wird Jedermann
zu entſchuldigen wiffen , daß er bei Napoleon verblieb, dem er erſtens ſeine jepige höhere Stellung im
europäiſchen Staa
tenbunde zu verdanken batte und an deſſen endlichen Unter gang bei ſeinem
ſo ſehr hervorragenden Genie mindeſtens jegt
noch nicht zu denken war.
Den Verbündeten konnte der König
224
von Sachſen unter den
vorliegenden Verhältniſſen überhaupt
wenig nüßen , da eine Vereinigung mit ihnen
doch nicht ſo
ſchnell zu erreichen war. Man behauptete übrigens, daß der König von Sachſen fidh ſdon vor der drohenden
Erklärung des Barons von
Serra für Napoleon in einem vom
9. Mai 1813 datirten
an demſelben gerichteten und
Schreiben
erklärt habe.
Behauptung , welche fehr wahrſcheinlich und mit dem
Dieſe Charak
ter des fächſiſchen Monarchen auch ſehr vereinbar ſcheint, fins den wir in zum ren
einer Shrift , welche den General von Gersdorf
Verfaſſer Nähe
des
hat, Königs
fich in
damals Prag
in
Stande war, Genaues darüber zu wiffen. Werke z. B .:
unmittelba
der
befand
und
wohl
im
Er ſagt in ſeinem
Es iſt ganz falſch, wenn man behauptet, der König fei durch Napoleons. Drohungen bewogen worden , zurückzukehren . Welches Märchen ! Hätte der König von Sachſen Drohungen gefürchtet, fo würden die Blige gewirkt haben , die Napoleon von Mainz und von Weimar aus auf ihn föhleuderte. den
Nicht
geringſten Eindruck machten ſie auf den König und ſeine
Umgebungen .
Der General Gersdorf, der den
Brief an den
Kaiſer nach Dresden überbrachte, traf den Oberſtlieutenant Montesquiou ,*) welcher nach Prag ging, vor ſprach ihn nicht, in Tepliß den Grafen waren
Tepliß und
von Einſiedel.
Beide
vom Kaiſer abgeſendet . Ehe dieſe in Prag ſein konn
ten , war der General längſt in Dresden , der vol ften Kummers, alle Hoffnungen erſt eilte, um
dem
des bitter
geſcheitert zu ſehen , nunmehr
Staiſer zu beweiſen , daß
Friedrich Auguſt
das, was er that, wenigſtens freiwillig thue.
Es iſt ferner
* ) Nach Einigen ſoll nicht der Baron Serra , ſondern der Oberftlieu Montesquiou der Abgeordnete Napoleons geweſen ſein . -
225
falſch, daß der König zur Entlaſſung des Miniſters Grafen von Senfft, der Generale Baron von
Thielemann und lan
genau gezwungen worden ſei u . ſ. w ." Auffallend iſt noch, daß , nachdem 12. Mai wieder in
Dresden
Graf Stadion eintraf und von ſeinem (chien .
Tauſend Mann ſtieß
genommen haben .
an
den darauf folgenden Schlachten
Am
Napoleon
verweilte
15. Auguſt in Dresden und hatte ſein Quartier im
Marcolini'chen den
Palais genommen . Freiheitsbewegungen , welche in
den übrigen
Theilen Deutſchlands Statt fanden, blieb auch Sachſen verſchont.
Theil
5. Juni ward zu Pläswiß ein Waf
fenſtilſtand verabredet und geſchloſſen .
Von
der
franzöſiſchen Heere, foll aber nur mit auffallen
Widerwillen
bis zum
Prag
in
Podagra geheilt zu ſein
Eine fächfiſche Armee von neun
wieder zum dem
Friedrich Auguſt am
angelangt war ,
nicht
In Leipzig traten dieſelben zuerſt an den Tag und
Napoleon ſah ſich deshalb genöthigt, über dieſe Stadt den Belagerungszuſtand zu verhängen .
Das war für die ruhiger
geſonnenen Bewohner Leipzigs ein Donnerſchlag. Der Magiſtrat beſchloß in einer deshalb abgehaltenen Sigung, eine Deputa tion an Napoleon zu entſenden , um
geln zu erſuchen .
ihn um mildere Maßres
Zu dieſen Abgeordneten
der Stadt Leipzig
gehörte auch ein Dr. Groß , welcher Mitglied des Magiſtrats und von
dieſer Korporation zum
ernannt worden war. in
Am
3.
Dresden an und ward von
Palais empfangen . Nachdem
Sprecher bei dem
Juli langte die Napoleon
im
Staiſer
Deputation
Marcolini'ſchen
Dr. Groß ſeinen Vortrag geen
det, erwiderte der Kaiſer :
„ Ich bin fehr unzufrieden mit
Ihnen .
Man
beleidigt
mich bei Ihnen , man beleidigt meine Soldaten , man ſieht , 116 15 Bertraute Geſchichte. Sadſen. 3.Bb. amisi
226
meine Truppen mißgünſtig an .
Denkt, was
Ihr wollt, ſagt
es ganz laut, wenn Truppen
der Feind dort iſt ; aber jegt, wo meine Napos Lande ſind, fich ſo aufzuführen “ -
im
leon nahm
eine Priſe
,,das iſt dumm ,
das
iſt zu
dumm ! " Dr. Groß, der, wie jeder Vernünftige, innerlich zugeſte
1
hen mußte , daß es in der
That zu
dumm war , wie der
Kaiſer ſich ausdrücte, erwiderte zwar beſcheiden , aber dreiſt:
„ Vielleicht haben
einige Perſonen
Pöbel ein
aus dem
unnüßes Geſchrei erhoben , allein es hat kein ſolches Aufſehen gemacht, daß wir es hätten wahrnehmen können .“ Sie wiſſen niemals , was geſchieht, weil ſchläft!" verſeşte Napoleon raſch . ſam , nicht wachſam . ren bei
Vier- bis
Ihnen , und Sie
laſſen
Ihre Polizei
„ Sie ſind nicht aufmerk fünfhundert Schurken regie ſie gewähren .
Hätten Sie
ſie geſtraft, fo hätte ich nichts geſagt. Welche unvernünftige Geſchichte iſt von
das mit der
Colomb?
zwingen , in
den
Rittmeiſter
Man wird mich mit allen dieſen
Thorheiten
Deutſchland ein
Dankadreſſe an
Erempel zu ſtatuiren !
eine Stadt verbrennen müſſen , um
Ich werde
die übrigen zu
ſchreden .
Es würde mir leid thun ; alſo forgen Sie, daß es nicht die Ihrige ſei, denn ich werde verfahren , wie ich ſage. iſt der Hofrath Mahlmann worden ? " , Dazu waren
vom
wir nicht berechtigt, weil
Mahlmann zur Univerſität gehört.
Warum
Magiſtrat nicht verhaftet
der
Hofrath
Es giebt drei verſchiedene
Jurisdiktionen in Leipzig und die Polizei iſt dort ebenſo or ganiſirt, wie in
Dresden !"
„ D , die Polizei in Dresden iſt auch fehr ſchlecht,“ ver ſeşte mit einem bittren Lächeln der Kaiſer. Man könnte den
König entführen , während er bei der Königin
ſchläft.
-
227
Und Ihre drei Gerichtsbarkeiten colidiren ſtets mit einander. Das ſind veraltete Gebräuche ; fo Etwas war gut zur Zeit Karls des Großen !
Ihr habt keine Energie bei Euch !
Ihr
habt weder Polizei, noch Energie ! Ihr ſeid gute Leute , die Deutſchen ſind gut, - Eure Univerſität die Univerſität zu
Paris war ebenſo zur Zeit Karls V.
müſſen
bei Euch und im
Dieſe Privilegien
ganzen Rheinbunde geändert wer
den ... Ich ſage Euch, Ihr habt nicht die geringſte Ener gie, keine Polizei! und die
Ihr duldet Alles , die üblen Geſinnungen
Beleidigungen
Feinde da
gegen meine Soldaten .
Wenn meine
ſind , ſo möge man Vivat ſchreien , ſo
viel man
will, aber man foll immer bedenken , daß ich den andern Mor gen wieder als Sieger einziehen kann .
Für den Einwohner
iſt es das Beſte, nicht zu politifiren , und nachzugehen .
Außerdem
alle Annehmlichkeiten ren
zu
Geſchäften
muß man ven Muth haben , auf Lebens zu verzichten , Alles entbeh
können , was angenehm
felbft hinzugeben , feinem
des
ſeinen
mit einem
und bequem
iſt, das Leben
Worte : ſeine Meinung mit
Blute beſiegeln . Die, welche nicht dieſen Muth haben ,
thun beſſer , fich um Nichts zu bekümmern und die Welt ihren Gang gehen zu
laſſen ."
Was die Dankadreſſe an
den
Rittmeiſter von Colomb
betrifft, deren Napoleon gedenkt, ſo war diefelbe am in
der Leipziger Zeitung erſchienen und rührte vom
Mahlmann her.
14. Juni Hofrath
Diefelbe lautete :
Dem Herr Rittmeiſter Solomb unſern innigſten Dank, daß er ſein Verſprechen ihm
ſo ſchön gehalten . Wir haben von
und ſeinen Begleitern gehört!*)
Der biedere Mann
*) Damit iſt ſein Ueberfall vom 29. Mai 1813 gemeint. Auf der Chemnißer Straße bei Zwiđau überftel er mit nur 83 Mann einen fran zöftſchen Artilleriepark von 18 Kanonen und 6 Haubigen , der von über 15 *
228
E.*) unſere
edelmüthigen
dem
D. W.
Juni 1813.
5.
Den
und beſuche mit
zweites Verſprechen
halte auch einſt fein
Berge.
friedlichen
ſchönen
Die Familie S."
Mahlmann wurde auf Napoleons Befehl nach
Erfurt
1
geſchickt, wo er indeß nur bis Ende Juni gefangen gehalten wurde.
Die Feſtungswerke Dresdens ließ Napoleon möglichſt
ſchnell herſtellen ; vor allen Schlägen und Thoren wurden ges waltige Schanzen und Redouten
errichtet; ebenſo waren
um
den Lilienſtein und auf allen wichtigen Päſſen nach Böhmen Befeſtigungen angebracht und verſchiedene Abtheilungen fran zöfiſcher Truppen zu ihrer Bededung abgeſandt. Am 15. Auguſt , dem
Geburtstage des Kaiſers , wollte er
weshalb er jdon
am
ſelber
10. defſelben Monats
und fächfiſche Garde in
aufbrechen ,
die franzöſiſche
der Neuſtädter Allee auf der ſoge
nannten Oſtrawieſe Mittags ſpeiſen
ließ . Abends allgemeine
Beleuchtung und ein prachtvolles Feuerwerk.
Zwei Tage nach
her langte die Kriegserklärung Deſterreichs an . Am Napoleon
zur Armee nach
der Laufiß , um
15. ging
das verbündete
Heer anzugreifen . Während der Zeit marſchierte eine ruſſiſch öfterreichiſche Armee auf Dresden zu und lagerte ſich von Blaſe wiß bis
Prießniß
Rußland nahm
ſein
in
einem
Der Kaiſer von
Hauptquartier in Nötheniß , der König
bon Preußen in Lodwiß. Königreich Sachſen
Halbmonde.
Napoleon hatte kaum von der dem
drohenden
Gefahr die nöthigen Mittheir
lungen erhalten , als er auch fofort von Baußen nach den
zurückkehrte und
am
26. Auguſt
Dres
frühmorgens neun
300 Italienern eskortirt war. Die ganze Bedeđung wurde niedergehauen oder zu Gefangenen gemacht. Es wurden außer dem Geſchüt und der Munition auch 700 Pferde erbeutet. Colomb hatte nur einen Mann dabei verloren .
* ) Edardt, Lieutenant im
Colomb'idhen Streifcorpe.
229
Uhr eintraf.
Am
Tage darauf ſchon wurden
reicher unter dem nommen . von
12,000 Defter
General Mesko von Murat gefangen ges
Zwar hatte der Kampf um
Dresden dem
Kaiſer
Frankreich viel gekoſtet, dennoch war er Sieger gewor
den ; dagegen
hatte er
am
7. September die Schlacht bei
Dennewiß vollſtändig verloren . Bülow , dem
Der preußiſche General von
Napoleon hauptſächlich ſeine Niederlage zu ver
danken hatte, erließ noch am 7. September einen Aufruf an die mit Frankreich verbundenen fächfiſchen Truppen . Am 25. September ſchrieb
derſelbe
an den
fächſiſchen
General
Beſchau :
11 Sollten Sie nicht durchdrungen fein zeugung , daß die wahre Ehre dem
von der Ueber
Soldaten den Kampf
für die Freiheit und das Wohl des Vaterlandes gebietet, und daß , indem
ſie dem
erſtem
Bürger deſſelben den
Eid
der Treue leiſteten , derſelbe auf keine Art gebrochen wird, wenn ſie , treu dem denden
Woble des Vaterlandes, einen entſchei
ewig ruhmwürdigen
Schritt
für daſſelbe thun ?
Nein , gewiß ! Eure Ercellenz fühlen dies ebenſo ſehr , als Sie die Achtung nicht verkennen können , die Sie Sich durch dieſen Schritt bei dem
ganzen
freien
Europa
erwerben
würden , und als Ihnen die dauernde Dankbarkeit des gerette ten Vaterlandes werth ſein muß.
Ihr edler Monarch kann,
gefefſelt von dem Unterdrücker Ihrer Freiheit, nicht mehr aus der Fülle feines
Herzens zu
das , feine Befehle würden
Ihnen
ſprechen .
Könnte er
gewiß , mit meinen
Anſichten
übereinſtimmend, zur Befreiung des Vaterlandes Sie auf fordern . keit zu
Xud
ihn
befreien , iſt
aus dieſer ſchmachvollen Ihre Pflicht.
Unterwürfig
Es wird an Mitteln
Ihnen nicht fehlen , aus der Gemeinſchaft mit jenen Fremd
230
lingen zu treten .
Die Wege über Deffau und Wörlig und
die heilige Zuficherung unſerer Mitwirkung und Unterſtüßung, wo Sie ſolche wünſchenswerth finden , bieten dazu
dar !
Ich
aber , der
ich mir vorzüglich
ſich
Ihnen
die Ehre
wünſche, die braven Sachſen mit meinen Preußen vereinigt zu
ſehen
und
der
Königs meines
ich hierin
Herrn
nur die
Geſinnungen
des
und aller meiner
vaterländiſchen
Waffenbrüder ausſpreche, fichere Ihnen im
Namen meines
Monarchen
das ungetheilte Zuſammenbleiben Ihrer Mann
ſchaft unter Ihren Fahnen und die Beſtätigung eines Jeden in ſeinen Rang- und Gehaltsverhältniſſen zu . Werfen Sie dieſe Anerbietungen nicht zurück ; fie ſind mit Vertrauen, mit Achtung und Liebe gegeben und verdienen eine gleiche Aufnahme. Eure Ercellenz perſönlich aber bitte ich , die Verſicherung meiner hohen
Achtung und Ergebenheit zu
genehmigen .“ Es ſcheint außerordentlich lichen
hatte , einen
Feldherrn
und dennoch
hält es
von
leicht zu ſein , unter ſo miß
Verhältniſſen , unter denen Sachſen damals zu ſeufzen
ſeinem
eigenen
empfängt, wird er eingedenk bleiben . ſtand von
zum
Uebergehen bewegen zu können ,
ungemein
ſchwer.
Wenn dei General
Könige keine darauf hinzielende Ordre immer feines demſelben geleiſteten
Eides
In Sachſen war aber auch noch der Um =
beſonderer Wichtigkeit, daß
Friedrich
Auguſt
und gewiß nur aus Dankbarkeit gegen den großen Napoleon ein
treuer Anhänger deſſelben war und daß ſein
Vater
land in Deſterreichs Verbindung immer ſchon zu leiden ge habt. Würde der General von Zeſchau dem Inhalt des Bü low'ſchen Briefes nachgekommen ſein, ſein König hätte es ihm ſchwerlich je verziehen .
Er war übrigens Einer von denje
231
nigen Oberoffizieren , welcher am
längſten
bei den Franzoſen
aushielt und erſt dann zu den Verbündeten ein
längeres
Verweilen
Standpunkt ſeinem
einmal
auf dem
Monarchen
nur zum
überging , als eingenommenen
größten Nachtheil
gereichen konnte.
F u nfz e hntes
fa p i tel.
Mapoleons Rückſchritte. Friedrich Auguft in Leipzig. Die Schlacht bei Leipzig . Major After. Der Uebergang fädy fiſcher & ruppen zur Bun des - Armee. Große Gewiſſenhaftigkeit des Königs von Sachſen . Fried rich Auguft als Gefangener. Der Fürft Micolai Repnin , als Gouverneur Sachſens . Baron von Roſen . Der Frieden zu Paris am 30. Mai 1814. Die Drdre des Fürſten Repnin vom 10. April 1815. – Die Unterdrückung der Bittſchriften . General & hielemann und ſeine Aufforderung an die fach fiſche Armee. Die Entwaffnung zweier ſädfiſcher Grenadierbataillons . Theilung Sachſens . Napoleon vernichtet.
Der Stern
des
fich zu verdunkeln .
großen Kaiſers
der Franzoſen
Wir glauben , daß ſich
begann ,
ebenſo wie der
Körper des Menſchen , fein Geiſt abarbeiten kann , und daß dieſer Fall bei Napoleon offen vorlag. dieſer Mann in
Bedenken wir , was
der verhältniſmäßig kurzen Zeit feiner Tha
tigkeit bereits gethan hatte, fo werden wir es auch natürlich finden , daß er nicht mehr ſo glänzende Erfolge zu vermochte.
Was man von
verſchiedenen
erzielen
Seiten vorgebracht,
daß er ſich nicht mehr auf ſeine Soldaten und auf den En thuſiasmus feines
Volkes hätte
ſchma& t und wird durch den
verlaſſen
können , iſt abge
Erfolg bei ſeiner Rückkehr von
232
Elba auf das Vollſtändigſte widerlegt.
Auch der Umſtand,
daß er jegt mit ſo vielen Feinden zu thun hatte und dadurch in die Enge getrieben wurde, iſt von gar keiner Bedeutung . uls er in Frankreich als Mitglied der Revolutionsparthei ſein thatenreiches Leben begann, hatte er weit entſchiedenere Feinde zu beſiegen , und er hat damals weit mehr gethan , als er jegt überhaupt noch hätte thun können, denn er hatte ſich bis zum Kaiſer einer großen , lebendigen was ren
unbedingt
ein
größeres
Nation emporgeſchwungen , Genie,
einen
bedeutſames
Geiſt und eine weit eiſerne Energie erforderte , als mit
einem wohlgeübten Heere andere Heere zu beſiegen . Napoleon konnte weder das rechte Elbufer, nod die lau fiß mehr halten , ja , er mußte ſelbſt Dresden aufgeben , ob gleich er dort noch ſeine Feldherren Marſchall Gouvion St Cyr und Graf Lobau mit 30,000 Mann zurückließ . Er zog ſich mehr nach
Leipzig
hin .
Sein Marſchall Ney
mußte nach Deſſau , Reynier mit fächſiſchen Truppen nach Wittenberg zu marſchieren . Nebenbei ließ er die Elbbrücken bei Roßlau , Aken und Wittenberg vernichten , um den Ueber gang der Verbündeten zu verhindern . Am 7. Oktober 1813 Morgens ſieben Uhr verließ Napoleon die Reſidenz Friedrich Auguſts , von dem
er fich übrigens begleiten ließ , um niemals
dahin wieder zurückzukehren . den
Tag
vor der Abreiſe
Der König von Sachſen
ſeines kaiſerlichen
hatte
Freundes noch
keine Ahnung, daß er denſelben begleiten werde.
Nicht nur
die Königin , ſondern auch Friedrich Auguſts höchſte Beamten ganz entſchieden
gegen
1
waren
dieſe Begleitung, und mach
ten mehrere Verſuche, fie mindeſtens aufzuſchieben , da eine Entſcheidung von Napoleons Schickſal ſchon in den Tagen zu
erwarten ſtand.
nächſten
Beſonders war Marcolini über
-
233
aus geſdäftig , die Abreiſe feines Monarchen zu & r ſagte zum
verhindern .
Kaiſer :
„ Für die Perſonen , welche zum königlichen Hofſtaate ge hören ; beſonders aber für beide fächſiſche Majeſtäten , muß doch zuvor für paſſendes Quartier geſorgt werden .
Seine
Majeſtät, der König von Sachſen , kann in einigen
Tagen
nachkommen ." „ Et, was !“ verſekte Napoleon trocken ; ſo viele Umſtände dürfen
wir
im
Kriege gar
nicht machen .
Für den
König
und die Königin wird geſorgt werden , und deren Begleiter können bivouacquiren .“ Napoleon
duldete keinen Widerſpruch, das war bekannt.
Marcolini ſchwieg. den König dem zu
im
Dagegen verſuchte der General Gersdorf,
Geheim
zu ſprechen ; er gab
ihm
Kaiſer nicht zu folgen , ſondern ſich nach dem begeben
und
dort die
nächſten
den
Rath,
Königſtein
Ereigniſſe abzuwarten .
Friedrich Auguſt wollte hiervon ſchlechterdings und meinte, es wäre Beſſer, er befände
Nichts wiſſen ,
fich mitten
in
der
Gefahr, als daß er fich feig auf einer Feſtung verberge. Um
1
übrigens allen Eventualitäten begegnen zu können , errichtete er vor feiner Abreiſe noch eine Kommiſſion in Dresden , der die Befugniß oblag, in allen unaufſchiebbaren Fällen ſelbſtſtän dige Verfügungen zu treffen , und zu welcher die Conferenza miniſter und einige geheime Käthe gehörten . begab
ſich
über Dichaß und Wurzen nach Eilenburg
langte erft am daß
14. October in Leipzig an .
die fächſiſchen
befanden
Friedrich Auguſt
und von
Soldaten , welche in Napoleon , wie
und
Bezeichnend iſt ,
dieſer Gegend fich
es fein
Gebrauch war,
angeredet wurden , kein vive l'empereur mehr für ihn hatten . Die Kämpfe auf den
Ebenen bei Leipzig vom
14. bis
19. October entſchieden nicht nur Napoleons Schicfal, ſon
234
dern
das Schickſal von ganz Europa .
Es hatten hier über
400,000 Soldaten gekämpft und über 1000 Kanonen ihren feuerſprühenden
Donner entſendet!
Der achtzehnte October
war der Haupttag der Shlacht bei Leipzig .
Durch den
Er
folg, welchen die Verbündeten erzielten , ging des großen Hel den Stern vollends unter. mehreren
Offizieren
Friedrich Auguſt , welcher
ſich mit
und Hofbeamten in der Stadt aufhielt,
hatte den ſpäteren preußiſchen Generalinſpector After, welcher fich bei ihm
als Major befand , nach der Sternwarte geſen
det , um
ſich von ihm
abſtatten
zu
laſſen .
Rapport über den Als dieſer ihm
Gang der Schlacht
meldete , daß allem
Ans
ſcheine nach Napoleon beſiegt werden würde, ſchien ihm
dies
eine Unmöglichkeit und er beſtieg nun ſelbſt die Sternwarte. Nach einigen
auf das Schlachtfeld geworfenen Blicken , ent
färbte fich fein Antliß und Einige, die ihm wollen fogar eine Thräne in er über das Schidfal des
zunächft ſtanden ,
ſeinem Auge geſehen haben , die großen Napoleon weinte. Er
weinte aber vielleicht auch noch darüber , daß er jegt felber fehen mußte, wie feine eigenen
Truppen unter dem
General
Ryffel, die unter dem Oberbefehl des Marſchall Ney ſtanden , mitten auf dem Schlachtfelde zu den Verbündeten übergingen . Es war vielleicht von keinem Andern bemerkt worden , denn Ney ließ die dadurch entſtandene Lücke ſofort durch franzöſiſche Soldaten ausfüllen .
Im
Ganzen hatten ſich ſieben Batail
lons Infanterie, drei Schwadronen Ravallerie und drei Bat terien mit den verbündeten Am
Truppen vereinigt.*)
Vormittage deſſelben
Tages war bereits ein großer
* ) Am nächſten Morgen wurden die fächfiſchen Offiziere dem Könige von Preußen vorgeſtellt, welcher ſie in ſeiner kurzen , derben Manier mit folgenden Worten empfing : „ Die Herren Sachſen kommen etwas ſpät ; hätten uns viel Leute erſparen können .“
235
Theil der fächſiſchen Bataillon
Sahr zu
hatte verſucht , den im
Namen
des
Truppen , vorzüglich cavallerie und das den
Verbündeten
General Zeſchau Offiziercorps
übergegangen .
Man
zu bewegen , den
zu
bitten ,
ſich
König
mit ſeinen
* Truppen auf die Seite der Verbündeten zu begeben .
Dazu
aber war Zeſchau entſchieden nicht zu bringen ; er behauptete, der. Soldat habe die Pflicht, auf dem
ihm
von ſeinem
Für
angewieſenen Plaße auszuharren , bis er von ihm abgerufen würde.
ſelbſt
ſten
Nun, dann,“ erwiderte der General Ryffel, „ werde ich mit meiner Brigade allein übergehen .“ „ General Ryffel,“ rief Zeſchau zornig, „ Sie find mein Arreſtant." „ D , ho !" wandte ſein Truppen .
ſprach Dieſer, „ das geht ſo leicht nicht.“
Er
Pferd und bewirkte ſofort den Uebergang ſeiner Beſchau
behielt nur 600 Mann übrig, die er ſpä
ter auch nach Leipzig führte. den in Weißenfels von
Die fächfiſchen Küraffiere wur
Napoleon , die in
Torgau ſtehenden
fächſiſchen Truppen vom Grafen Narbonne entlaſſen . Napoleon trat feinen Rückzug an . Er fah felbft
ein ,
daß hier an einen Sieg auf ſeiner Seite nicht mehr zu den ken war, zumal da fich auch Baiern jeßt gegen ihn hatte.
Friedrich Auguſt logirte
Leipzig.
Am
im
Thomä'ſchen
erklärt
Hauſe in
19. October Morgens neun Uhr trat Napoleon ,
nur von Murat begleitet, zu ihm
ein .
Er traf ihn
in
der
Geſellſchaft der Königin , die weinend ein weißes Taſchentuch an ihre Augen drückte. abgeſehen zu wegen
In feiner Heftigkeit überſchüttete er ſie,
des Abfals des Königs von Baiern
mit den noch
haben .
Napoleon ſchien es beſonders auf fie
bitterſten
reichlicher
(ihres Bruders)
Vorwürfen , wodurch ihre
floſſen .
Dann
forderte
Thränen
nur
er Friedrich Auguſt
236
auf, mit ihm
nach Weißenfels zu gehen , von wo er mit den
verbündeten Mächten
unterhandeln
könne.
Der König wollte
dies nicht, ſondern er erklärte , er werde diefe Unterhandlun gen von Leipzig aus beginnen .
Napoleon widerſprach nicht. Eine alzugroße Gewiſſenhaftigkeit taugt bei einem Mo
narchen nicht.
Durch ſie verſchlimmerte Friedrich Auguſt nur
ſeine Lage. Nach der gewonnenen Schlacht bei Leipzig fandte der Kaiſer von nige von
Rußland in Uebereinſtimmung mit dem
Preußen
den
ruſſiſchen
Kö:
General Toll und
preußiſchen Oberftlieutenant von Naßmer an
den
den
König
von Sachſen , welche ihm Schonung der Stadt gelobten , wenn diefelbe
fofort von
den Franzoſen geräumt und ihre Thore
geöffnet werden würden . „ Ich habe hier Nichts zu befehlen," antwortete Friedrich Auguſt. „ Wenden Sie Sich an den General Bertrand, wel cher Gouverneur von Leipzig ift." Am
19. October Mittags
der Verbündeten
in Leipzig ein .
rückten
die
erſten
Truppen
Am Abend deſſelben
Tages
fandte der Kaiſer von Rußland den geheimen Rath von An ftetten
zu
Friedrich Auguſt, der ihm
ſagen mußte , daß er
( Alerander) ihn als Gefangenen betrachte. Morgens vier Uhr erſchien
Am
23. October
abermals Herr von Anſtetten
in
Begleitung des Fürſten Galizin * ) und 120 Rojaden und er : klärte ihm , daß er Befehl habe, ihn nach dem Schloß
in
Berlin abzuführen .
Xufenthalte im
Nach
einem
königlichen
neunmonatlichen
Schloffe des Königs von Preußen , kam
Fried
*) Nach einer anderen Mittheilung ſoll nicht der Fürſt Gallizin , ſon dern die beiden polniſchen Generaladjutanten Friedrich Augufts, von Turs now und Bleczinski , Begleiter des geheimen Raths von Anſtetten ge weſen ſein .
237
rich Auguft nach dem
dicht bei Berlin
gelegenen
Dorfe
Frie
drichsfelde. Durch
die Entfernung
konnte dem
Legtern
des Königs aus
keine Wohlthat
Auguſt felbſt war aber nicht im Anfang des walt; allein fein er
ſeinem
geſchehen .
Stande, es zu ändern .
Jahres 1813 lag dies allerdings in theils
Lande
Friedrich Zu
ſeiner Ge
aus Anhänglichkeit an Napoleon , theils
Glauben , derſelbe könne unmöglich beſiegt werden , hatte die
ihm
dargebotene Gelegenheit nicht benußt.
einbiegen wollte , war es zu ſpät.
jeßt mehr, als unter der Laft des fiebenjährigen bedingt aber mehr, als er ſelbſt. erſchöpft.
Als er
Sein Land litt vielleicht Strieges , un
Es war ohnehin ſchon ſehr
Die Schlacht bei Leipzig
allein hatte für die Bes
wohner dieſer Stadt einen Verluſt von zwei Millionen lern herbeigeführt. vierzig Millionen .
Das Jahr 1813 koſtete überhaupt gegen Es wurde nach Beendung des Krieges
amtlichy ermittelt und feſtgeſtellt, daß Sachſen vom 1813 bis
zum
15.
1. Januar
Juli 1814 über 67 Millionen
hatte auftreiben müſſen , um u . f. w . decken zu können . auch hervor, daß Friedric gewefen
Tha
Thaler
alle Lieferungen , Verpflegungen Aus dieſem
Umſtande geht aber
Auguſt ein ausgezeichneter Regent
iſt, der es während ſeiner Regierung möglich gemacht
hatte, daß ſein Volk fich einer ſolchen Wohlhabenheit erfreute. Wir glauben , kein tende Summen zu ruiniren. in
einem
anderes deutſches Volk hätte folche bedeu
herbeiſchaffen
können ,
ohne fich vollſtändig
Sachſen war allerdings auc ruinirt, aber nicht
ſo hohen Grade, daß es nicht bei einer weifen Ein
richtung bald wieder zur Wohlhabenheit hätte gelangen kön nen . Das Jahr 1813. hatte Sachſen auch beinahe um 100,000 Menſchen ärmer gemacht und die allgemeinen Staats ſchulden um
22 Millionen
erhöht.
238
Die verbündeten Monarchen Gouverneur, dem walten .
Er war der älteſte Sohn
Fürſten Wolkowski und von dem
ließen Sachſen von einem
ruſſiſchen General Fürſt Nicolai Repnin , ver
ſeinem
des ruſſiſchen mütterlichen
Generals Großvater,
Fürſten Repnin , der keinen Sohn hatte,adoptirt, wodurch er
deſſen Namen und Güter erhielt . Die Spiße der ſächſiſchen Poli zei bildete der ruſſiſche Oberſt Baron von Roſen . Das fächfiſche Gouvernement hatte mit großen Schwierigkeiten zu
kämpfen ,
beſonders da noch in drei verſchiedenen Gegenden des Landes der Krieg wüthete und Dresden fich noch vollſtändig Händen der Franzoſen befand .
in
Die Noth der legtgenannten
Stadt ſtieg immer höher, weil jede Zufuhr von Außen die Truppen der Verbündeten abgeſchnitten war.
durch
Die Privat
1
bewohner
den
Dresdens , welche gemeinhin
Meiſten zu leiden
in Kriegszeiten am haben , liefen Gefahr , buchſtäblich zu ver
hungern . Sie erhielten nicht nur Nichts von außerhalb , fon dern mußten das, was ſie hatten , zum
dritten Theile an die
Bejagung abliefern , wofür ſie nicht einmal bezahlt wurden ; auch wurden bereits, da anderes Fleiſch nicht vorhanden war, täglich vierzig Pferde für die Truppen
geſchlachtet.
Unmöga
lich konnte dies lange ſo fortgehen . Es gab Tumulte vor den Bäderlåden. Die gräßlichſten Erſcheinungen einer wirklichen Hungersnoth traten überall zu Tage. So iſt es z. B. faktiſch, daß ein Soldat die Kartoffeln gegeſſen , welcher ein Anderer als zu
ſchwer verdaulich wieder von ſich gegeben hatte.
Verluſt an 300. 11.
Todten
in
der Beſazung überſtieg täglich ſchon
Bei den übrigen Einwohnern war es daſſelbe. November kam
Der
Verwendung der 9.
Ge Des
zember aber traf erft der Fürſt Repnin in Dresden ein , um
ſich
mahlin
des Prinzen
felbft von dem
es endlich unter
Am
Anton
zur Kapitulation .
Am
daſelbſt herrſchenden Unglück zn überzeugen .
239
Wenn der Gouverneur nicht beſonders Großes geleiſtet hat, fo lag dies weniger an
ihm , als vielmehr an den
hältniſſen und an dem Mangel gehöriger Kenntniß des , das er verwaltete.
Sein
Ver
des Lan
Hauptaugenmerk richtete
natürlich auf die Reorganiſation der Armee.
Seinem
er
Eifer
und feinen Beſtrebungen allein war es auch nur zuzuſchieben , daß bereits
im
ebenſoviel und
Januar im
1814
ſechs
Tauſend,
im
Februar
März eine gleiche Anzahl Truppen
zur
Armee der Verbündeten abgehen konnten . Das fächſiſche Volk unterſtüßte den Fürſten - Gouverneur auf das Bereit willigſte ; Alles, was entbehrt werden konnte, ſelbſt die theuer ſten Gegenſtände, z. B. die Preismedaillen der Künſtler u . f. w ., auf den Altar des Vaterlandes niedergelegt. Man
ward
wollte das wieder gut machen , was die zu große Rechtlichkeit Friedrich Auguſts verdorben hatte. lieb
der
Gouverneur
von
Am 2. April 1814 ver
Sachſen
den
Katholiken
bürgerliche Rechte mit den übrigen Confeſſionen . anſtalt auf dem mein
gleiche
Die Irren
Sonnenſtein , welche durch den Krieg unge
gelitten hatte, ja , beinahe völlig
zerſtört war , ließ
Repnin wieder herſtellen ; ebenſo die Schifffahrt auf der Elbe, die Brücken um
bei Dresden , Weißenfels und Meißen .
Selbſt
das Theater bekümmerte dieſer Mann fidy, wie um Kunſt
und Wiſſenſchaft überhaupt.
Für die Bergakademie zu Frei
burg kaufte er das Mineraliencabinet des unſterblichen ner für 40,000 Der
Frieden zu
Paris vom
30. Mai 1814 brachte für
Sachſen keine andre Aenderung hervor, als daß ihm pflegung der zurückehrenden Millionen
Wer
Thaler.
Thaler koſtete !
ruſſiſchen Armee
Am
die Ver
beinahe dret
8. November 1814 übergab
der Fürſt Repnin das ſächſiſche Gouvernement an den preußi
240
fichen Staatsminiſter von der Reď Generalmajor von Gaudi. Napoleon kam
und den
preußiſchen
von Elba zurück, und der Enthuſiasmus
iſt bekannt, mit dem
er von ſeinem
Volke empfangen wurde.
Auch die Sachſen , die längſt der fremdherrlichen Verwaltung , obgleich dieſelbe mit außerordentlicher Milde und Weisheit gehandhabt wurde, überdrüffig waren , ſcheinen dem
Auftreten
Napoleons mit innerlicher Freude zugeſehen und den Wunſch gehabt zu haben , er möge wieder nach um
ihnen
nichts
ihren
König
Deutſchland kommen ,
zurückzugeben .
Wenn
Bemerkenswerthes nach dieſer Seite hin
audy felbft bekannt ge
worden , das Gouvernement fogar amtlich erklärte, es haben in Sachſen
keinerlei Unruhen Statt gefunden , fo beweiſt eine
Verordnung, welche am zum
großen
fürchtete.
10. April 1815 erlaſſen wurde, doch
Theil, daß man mindeſtens derlei Unruhen be
In dieſer Verordnung hieß es unter andrem : „ daß
gegenwärtig
jede in Worten
oder Werken
bezeigte Anhäng
lichkeit an die Perſon oder Sache Napoleons ein Verbrechen wider die Sicherheit des Staates ausmache, und der Ueber wieſene ſogleich
zur Unterſuchung
und
Beſtrafung an die
Polizei abgeliefert werden würde." ****
Nicht nur in Leipzig, ſondern auch zu
anderen
Orten hatten
ſich Klubs
Dresden und an
der verſchiedenſten Stände
gebildet, welche über die Schritte beriethen , auf welche Weiſe es
ermöglicht werden
könnte, die Monarchen
des königlichen Gefangenen von
zur Rücgabe
Friedrichsfelde zu veranlaſſen .
Sowohl die Verſammlung zu Leipzig , als auch die zu den wurde durch den Baron von ben ; und wagten von
dem
eß
Dres
Roſen auseinander getrie
doch einige andre Verbindungen , die
wachſamen Auge
des
Polizeipräſidenten nicht ent
dedt waren , betreffende Bittſchriften an den Kaiſer von Ruß
241
abzuſenden , ſo wurden
land oder den König von Preußen
dieſelben aufgefangen und unterdrückt. Gleiche Beſtrebungen fanden in der Armee Statt.
Am
erſten September wurde eine desfallfige Adreſſe, von fämmt lichen fächſiſchen
Generalen
Marburg übergeben . nur höchſt ungnädig
und Offizieren
Sie wurde von
General Lecoq im
den Monarchen
aufgenommen , ſondern
den Umſtand zur Folge,
noch
unterzeichnet, zu
daß der
nicht
ſie hatte auch
allgemein
geachtete
Frühjahr 1815 nach Sachſen und in eine
Feſtung verwieſen wurde. Wenn dergleichen auch gerade nicht zu loben iſt, ſo geſchah bald noch weit mehr, was unbedingt einen
Tadel verdiente .
Der von
neral Thielemann forderte von
Torgau her
bekannte Ge
Söln aus die fächſiſchen Gea
nerale von Ryffel und von Brauſe, ſowie die beiden Oberſten von
Brauſe und Leyſer auf, ihre Truppen zu
befragen , wel
chem
Könige fie für die Zukunft angehören wollten ; auch gab
er dabei zu verſtehen , daß der König von Sachſen wohl nie im
Stande ſein werde, feine Soldaten genügend belohnen zu
können .
Nur
Uebrigen
hielten
eine Antwort zu
Wenige entſchieden es
ſich
für Preußen ; alle
unter ihrer Würde , darauf überhaupt
geben , die
fie dann
auch ſchuldig blieben.
Im Monat April traten die Generale Ryffel und Brauſe in preußiſche Dienſte.
Der Fürſt Blücher war nun von ſeinem
Könige beauftragt, die ganze fächfiſche Armee in zwei Bri gaden zu theilen und ſie als preußiſche Truppen zu betrach, ten .
Die Offiziere proteſtirten
ringſten Erfolg .
dagegen , doch
ohne den ge
Da brachen dann endlich Unruhen im
fiſchen Heere aus , die bald zu
ſäch
Thätlichkeiten übergingen , ſo
daß fich der greife Blücher genöthigt ſah, mitten
in der Nacht
Lüttich , wo gerade die fächſiſche Armee ſich befand, zu laſſen . Er hatte vorher noch den Vertraute Geſchichte. Sachſen . 3. Bd.
ver:
Befehl gegeben , daß die 16
242
felbe auf verſchiedenen Wegen von Lüttich abmarſchieren ſollte. Nur die Garde fam dieſem Befehle nach . Zwei Grena dierbataillons. kehrten wieder um Namur belegenen
Dörfern
zum
blieben ſie bis
und bezogen
ſelbſtgewählte
in
den
Quartiere.
erſten Mai unangefochten , am
bei Dort
2. aber
wurden fie plößlich von preußiſchen Truppen umzingelt, nach dem auch noch Kanonen aufgeführt waren . Sie wurden entwaffnet und ſechs durch das Loos Tambour. erſchoſſen .
ſowie ein
trotz ſeines Gehorſams, die ihm fen
beſtimmte Grenadiere, Gardebataillon wurde ,
Dem
von der Königin von Sach
geſchenkte Fahne, welche dieſe Fürſtin ſelber geſtickt hatte ,
verbrannt.
Die nunmehr ihrer Waffen beraubten Truppen kamen theils nach Weſel, theils nach Magdeburg . Wir glau
ben kaum , daß ein ſolches Verfahren Seitens der verbündeten Monarchen nothwendig ſchien , und befinden uns deshalb auch außer Stande , es zu rechtfertigen . Wie ſehr das allen dieſen ſein
gefühlvolle Herz Friedrich
Volk betreffenden
Auguſts
bei
Ereigniſſen leiden mußte ,
kann nur der begreifen , dem das Benehmen dieſes edlen Mo narchen
überhaupt kein
Geheimniß
iſt.
Als die Beſchlag
nahme feines Staates durch die Preußen
erfolgt war, reichte
der Graf von Schulenburg Proteft gegen
im
Namen
Friedrich
ein derartiges Verfahren ein .
wörtlich , daß „ eine Theilnahme an dem
Auguſts
Darin hieß es
für Deutſchland un
ternommenen Kampfe ihm nur durch ſeine Lage und die Um ſtände
unmöglich
gemacht worden
ſei.
Wir
finden
uns
daher," ſprichy er wetter, „ durch Sie königl. preuß . Seits in tendirte proviſoriſche Befignahme unſerer fächfiſchen Staaten gedrungen , unſere heiligen und gegen
Rechte
alle daraus zu ziehenden
lichſte zu verwahren .
gegen
dieſe Befißnahme
Folgen
auf das Feier
Wir thun dies andurch, unter unſerer
243
eigenhändigen Unterſchrift, vor dem im
Kongreffe zu Wien und
Angeſichte von ganz Europa, und wir wiederholen dabei
öffentlich die gegen die verbündeten Monarchen ſchon früher -geſchehene Erklärung , unſeren
Ahnherren
daß
wir
ererbten
in
die
Staaten
Abtretung der von
niemals willigen
und
zur Annahme eines Aequivalents dafür uns unter keiner Be dingung verſtehen werden .“ toán Wir können nicht annehmen , daß es Abſicht der verbün deten Mächte geweſen , Friedrich Auguſt
ſo zu ſagen
feinen Staat abzukaufen , der bei ſeinem
Charakter ſich auch
nie damit einverſtanden
erklären
konnte.
andere ſogenannte Tauſchprojecte mit ihm auch dieſe kam
Projecte kamen
Aber man batte im
Sinne; allein
nicht zur Ausführung .
eine Verkleinerung Sachſens
acceptirt und durchgeführt wurde.
in
Endlich
Vorſchlag , die auch
Preußen bekam
385 Qua
dratmeilen mit ungefähr 900,000 Einwohnern , während von nun
an das eigentliche Königreich Sachſen
nur aus einem
Flächeninhalt von 362 Quadratmeilen mit 1,200,000 Seelen beſtand. 91192 Am
9. März 1815
wurden dem
durch die Fürſten Metternich zog Wellington
In einer Erklärung vom
fächfiſcher Miniſter daß
und Talleyrand und den Her
7. März gefaßten Beſchlüffe vorge
+
legt.
die am
Könige von Sachſen
11. März verſuchte der als
fungirende Graf Einſiedel zu
die verbündeten Mächte kein Recht zu
einer
beweiſen , derartigen
Beſchlußnahme hätten , da Sachſen keineswegs als ein erober tes land betrachtet werden könnte und dürfte, indeß rief dieſe Erklärung nur eine Gegenerklärung der verbündeten Monar chen hervor , und es blieb bei der erſten Beſtimmung. Am
18. Mai ward die Entſagungsakte in
Bezug auf das
Herzogthum Warſchau von Friedrich Auguft unterzeichnet, und 16 *
244
entband dadurch die dortigen Beamten und Privatperſonen yon dem ihm geleiſteten Eide der Treue.
Auffallend iſt, daß die euro
päiſchen Mächte ihn nicht auch der Königswürde für verluſtig erklärten , wie ſie es hinſichtlich des Kaiſertitels bei Napoleon gemacht haben .
Friedrich Auguſt trat zugleich der deutſchen
Bundesacte bei (am
8. Juni), ſtellte ſein Contingent gegen
Frankreich und kehrte am Die an Preußen aus einem
7. Juni 1815 nach Dresden zurück .
gekommenen
385 Quadratmeilen
Barby und Gommern , einem ziger Kreiſes , dem
größten
Theile des meißener und leip Theil der Stifte Merſeburg und
Naumburg- Zeiß , dem
ſächſiſchen
ringſchen Streis , dem
Fürſtenthum
Mansfeld, dem
ganzen thü
Querfurt, dem
Kreis, den vogtländiſchen Enclaven und dem ſchen
beſtanden
Theil der Oberlauſig , dem wittenberger Streis mit
neuſtädter ,
königlich fächſis
Antheil von Henneberg .
Eine glänzende Genugthuung für alle ihm widerfahrene Unbill und den bedeutenden Verluſt ward dem Könige von Sachſen durch den Empfang ſeiner ihm terthanen . ziger
Beſonders müſſen wir
treu
gebliebenen Un
des Fackelzuges der leip
Studenten erwähnen , der auch nur in ähnlicher Weiſe
noch nicht vorgekommen war. unterließ nicht, in einem baldige Abhilfe
Manifeft vom
7. Juli feinem Volke
der fich eingeſchlichenen Uebelſtände zu ver
ſprechen , und drüdte in aus , daß jeder
Der fo tief gebeugte Monarch
herzlichen
redliche Sachſe
Worten
ihn
in
nach beſten Kräften unterſtüßen werde.
die
ſeinen
Erwartung Beſtrebungen
Gleich darauf ſtiftete
er eine neue Nationalkokarde und den Drden für „ Verdienſt und
Treue,
mit
dem
bald manch ehrenhafte
Bruſt
gies
Napoleon mußte fich
der
ſchmüdt wurde. An dem
neuen
Striege gegen
König von Sachſen mit 16,000 Mann bethetligen , da aber
245
1
das Land, ſeiner
Erſchöpfung wegen , nicht im
Stande war,
die dadurch verurſachte Mehrausgabe zu decken , fo wurde bei England
eine Anlejhe von
etwa 900,000 Thalern
gemacht.
Die Schlacht bei Belle Alliance entſchied des großen franzö fiſchen Kaiſers Schidfal auf immer. Ein Beobachtungscorps der Verbündeten blieb in Frankreich, darunter auch 5000 Sach fen .
Frankreich mußte nach den Bedingungen des neuen Frie
dens eine Kriegskoſtenentſchädigung von 700 Millionen Franks zablen , wovon auf Sachſen
allein
6,804,746 Franks kamen
und wodurch die bei England aufgenommene Schuld gedet wurde. Selten mag, eine ſolche Einigkeit zwiſchen Volk angetroffen
worden
Kriege von 1813–15 . bote ſtehenden landes.
ſein , wie
Sachſen nach dem
Jeder verwendete die ihm
zu Ge
Kräfte zum Wiederemporbringen feines Vater
Durch ein
ſo uneigennüßiges Entgegenkommen ſeis
ner Unterthanen ward dem erleichtert.
in
Fürft und
Könige feine Arbeit ungemein
So lange indeß eine völlige Emanzipirung von
Preußen nicht erzielt war, konnte Friedrich Auguſt nicht ganz nach ſeinen Anſichten handeln . der
übrigen
Man begegnete ihm Seitens
europäiſchen Mächte unfreundlich
und zurück
ftoßend, und doch hatte Friedrich Auguſt Nichts gethan , was dieſe Begegnung nur einigermaßen hätte rechtfertigen können . Er hatte ſich mit
Napoleon , den
er perſönlich hochachtete,
ſchäfte und liebte, zu einer Zeit verbunden , wo dies auch von Preußen und anderen Mächten geſchehen war. ren
ſich
von dieſem
Bündniß
Als die Legte
losriſſen , blieb er
demſelben
treu , weil überhaupt Treue und Redlichkeit die Triebfedern aller
ſeiner Handlungen
waren .
Sein
ganzes
Verbrechen
beſtand alſo nur darin , daß er ſeine deutſche Abkunft dadurch
246
zu
behaupten
blieb.
ſuchte, daß er
feinem
Ob dieſes Benehmen
gegebenen
das gegen
Worte
treu
ihn eingeleitete und
mit ſo unnöthiger Strenge durchgeführte Verfahren rechtfer tigt, wollen wir dahin geſtellt ſein laſſen .
S
e ch z e h n te $
Kapitel.
Staatsſchulden . - Das geheime Die Geſandten am Dresdener Hofe. Volksſchulen , Bymnaſien und Die Polizeiverwaltung . Finanzcollegium Thielemanns Friedrich Augufts Krankheit und Sod. die Univerſität Urtheil über den König von Sachſen . Daß bei der neuen Geſtaltung Sachſens in Bezug auf ſeine innere Verwaltung und ſeine Vertretung nach außen hin , hauptſächlich Geſandten
viel auf die an ſeinem
der übrigen
Höfe ankam
Hofe befindlichen
und ankommen mußte,
dürfen wir nicht erſt befonders hervorheben . bung der damaligen Geſandten fern , würde ungemein
Eine Beſchrei
und ihrer Charakteren zu
ſchwer werden , wenn
lies
uns nicht die
Memoiren des damaligen preußiſchen Legationsſecretair Dorow von aller Verlegenheit befreiten .
Darin
heißt's wörtlich :
„ Dorows Furcht; ſchon in Berlin erwacht, daß es nur ein ſchwieriges und freudenloſes Verhältniß für eine preu Biſche Gefandtſchaft in Sachſen während der Zeit der Länder beſigausgleichung ſein könne, ward bald zur Gewißheit, und bei der Perſönlichkeit der handelnden Perſonen zog fich ſelbſt der kleinſte Umſtand, die geringfügigfte Begebenheit in einen
faſt unauflösbaren
Knäul zuſammen
und brachte
247
Der geiſtreiche Theil der Geſellſchaft
Verdruß und Aerger.
war bonapartiſh-franzöſiſch
geſinnt und die vornehmen
Sachſen , beſonders was zum
Hofe gehörte, ſah in Deſter allgemeinen Schiffbruch .
reich den Rettungsbalken bei dem
Dorow verſäumte keine Zeit, ſich in den größten Strudel des geſellſchaftlichen Lebens zu miſchen ; der Empfang war bei zuvorkommend, wahrſcheinlich
Partheien
allen
Gegenſaß zu
um
einen
bilden u . ſ. w .
„ Die t. k. öſterreichiſche Geſandtſchaft zerfiel eigent lich in zwei Theile, gleichwie die preußiſche; einmal in den Geſandten und den Legationsſecretair und dann wieder in das Perſonal der Ausgleichungscommiſſion zwiſchen Sach ſen und Preußen
wegen
der vom
nen Landestheile u . f. w .
leytren Staat erworbe
Graf Bombelles, von
phy
fiſcher Kürze und mit zeriffenem phyſiognomiſchen Ausdruck, wirkte durch
ſeine große Lebhaftigkeit und unerſchöpfliche
Redſeligkeit um
ſo verwidelnder und nachtheiliger ein, als
er Hoffnungen
erregte und nicht zu erfüllende Anſprüche
für ausführbar erklärte und ſo auch dem effe fdadete, indem
ſächſiſchen
Inter
nur von dieſer Seite Forderungen ge
ſtellt und Auslegungen
gemacht wurden , welche zurückzu
weiſen und zu berichtigen waren und wodurch das Geſchäft unnöthig in die Länge gezogen werden mußte. u . f. w . Gegen
die kaiſerlich ruſſiſche Geſandtſchaft übte Graf
Bombelles eine ähnliche unfreundliche Behandlungsweiſe , wie gegen die preußiſche aus . Sie beſtand aus dem Baron von Krüdener und dem Tolly , Neffen
des
Legationsſecretair Barclay de
Feldmarſchals.
Herr von Krüdener,
ein kleiner, ſtarker Mann von großer Reizbarkeit, empfind lich und pietiſtiſch , dabei ám Podagra leidend, wollte , dem Rath
ſeiner berühmten
Tante Krüdener- Valerie folgend,
248
dem
Weltleben entſagen und nach Herrnhut ziehen ; dahin
war alſo auch all ſein Denken und Streben gerichtet. Seine Gemahlin , verwachſen , ſenſible und kränklich, theilte dieſel ben Anſichten und Gefühle u . f. w . „ Graf Lurburg , der königlich bairiſche Geſandte , ein kleiner , bagerer , beweglicher, unverheiratheter Mann mit feinliſtig umherſchweifendem erſchien
Blick und markirtem
Geſicht,
offen und derb, wodurch er bei ſeiner jüddeutſchen
herzlichen Ausſprache den Biederkeit erhielt. Satyre ſprach
Schein von Unbefangenheit und
Aus ſeiner treffenden
etwas boshaften
Verſtand und ſcharfe Auffaſſungsgabe.
Der engliſde Geſandte Morier, ein Schweizer von Geburt, war ein
großer , wohlproportionirter Mann , der
fich mit wahrem
Anſtande zu
benehmen
gewußt haben
würde, wenn ihn nicht ſein unbändiger Stolz auf Abwege. geführt hätte . muth machte rent, um legten
Sein
ſchroffer - National- und Geld -Hoch
ihn gegen das
Treiben der Anderen
indiffe
ſo mehr, da er, ermüdet von den Geſchäften der
Jahre, Ruhe ſuchte. „ Fouché, der
franzöſiſche Geſandte , mit
ſeiner lie
benswürdigen , höchſt pikanten Frau mußte weichen ; er ward felbft durch Prag gelegt.
Dummheit und diplomatiſche Klatſcherei nach Sein
Nachfolger war der Schotte Dillon,
ein langer, hagerer Mann mit echt franzöſiſchem ausdruck : bei ihm länder
gegenſeitig
erſchienen
aufeinander
Wechſelwirkung begriffen .
gepfropft
auch in
und
in
fteter
Seine undiplomatiſche Heftigkeit
und Leidenſchaftlichkeit bekundete ſich bei einer Wohnung
Geſichts
der Franzoſe und der Eng
ganz beſonders.
Als
dem
Aufſuchen
man ihn zufällig
das ſchöne geräumige Haus , wo Fouché gewohnt,
führte , gerieth er über die
Indiscretion
ſeiner Begleiter,
249
daß fie ihn , wie er ſagte, „ in ein gebracht, in
folch verpeſtetes Haus"
den heftigſten Zorn , warf auch
Walung einen
Bedienten , der
in
fich bei ihm
ähnlicher
zum
Dienſt er
gemeldet, mit eigener Hand zur Thür hinaus, weil !
früher beim 112 Außer
Herzoge von Otranto geweſen ."
den Geſandten
und ihrem
Perſonale dominirten
in den fächſiſchen Verhältniſſen auch noch einige andere min der bedeutende Perſönlichkeiten , deren wir auch nur der Vollſtän digkeit wegen gedenken wollen .
Dazu gehören : Frau von Kno
belsdorf, die in den Memoiren Dorows als eine ſcharf urtheilende Frau bezeichnet wird .
Sie war eine geborene Preußin und
hatte fich
aus Abneigung gegen ihr Vaterland nach Sachſen
begeben .
Ferner : Graf Monbar, ein
Ehe linker Hand mit der Prinzeſſin treuer Anhänger welcher
Napoleons .
u . f. w .
fellſchaft conzentrirte fich nannten
Sodann
bis zulegt Adjutant des
Fürſt Gallizin
Prinzeſſin
Wir haben
Ein
der Graf Lubienski,
franzöſiſchen
Kaiſers war.
Der Brennpunkt dieſer guten Ge ſtets
Carignan ,
die Kinder des fächfiſchen
hinkender Franzoſe, in Carignan lebend .
in den Salons der ſchon ge in welchen man
auch
öfter
Prinzen Mar antraf.
früher ſchon einmal geſagt , daß Sachſen
nur unter der Regierung eines Friedrich Auguſt glücklich wer den konnte . holen , indem
Wir können dieſe Behauptung hier nur wieder wir hinzufügen , daß nach den
von 1813–1816 ben
ſein ließ , die
Unglücksfällen
Friedrich Auguft es ſein eifrigſtes Beſtre fo ſehr verwirrten
Ordnung zu bringen .
Verhältniſſe wieder in
Er traf verſchiedene Verordnungen in
Bezug auf die Verzinſung und Tilgung der Staatsſdulden , die ſich jeßt auf 22,504,802 Thaler beliefen ; Preußen hatte davon allerdings mit der Uebernahme des ſogenannten Her
250
zogthums Sachſen auch 6,196,854 Thaler Schulden mit über nehmen müſſen . Friedrich Auguſt forgte auch jest wieder für die pünkt lichſte Zinfenzahlung und hob den Kredit ſeines Landes das
1
durch
ſo ungemein , daß
Prozent über ihren
die fünfprozentigen
Papiere 8-9
Nennwerth bezahlt wurden .
Im
Sep
tember 1818 feierte der König ſein funfzigjähriges Regierungs jubiläum
und im
Januar 1819 feine goldene Hochzeit.
Eine wichtige Veränderung erhielt das geheime Finanz collegium , da
es nach dem
jegt geringeren
Landesgebiet in
ſeiner bisherigen Eintheilung nicht beibehalten werden konnte. Aus den bisherigen drei Departements wurden zwei gemacht. Die Zahl ſeiner aus den geheimen Räthen gewählten Mit glieder ward von dreizehn auf acht, die der Secretaire von 34 auf 20 hann
reduzirt.
Im
Jahre
1822 trat der Prinz Jo
als Director des erſten Departements ein , und wurde
drei Jahre darauf vom
Könige zum
Vicepräſidenten erhoben .
Ebenſo blieb auch die Polizeiverfaſſung von einer durch die Zeit bedingten Veränderung nicht verſchont. hielt im
Jahre 1817 ſchon
in Leipzig ward
1822
das
ein
1813 mit einander verbundene
Criminal- und Polizei-Amt neu organiſirt. Landestheile Das ganze
wurden
Kreis-
und
Für die übrigen
Amtshauptleute eingeſeßt.
Inſtitut der Land - Gensdarmen wurde Königreich
Dresden er
neues Polizeicollegium , und
ausgedehnt und durch
1820
die
über das
Stände mit
30,000 Thalern jährlich unterſtüßt. Die Mitglieder dieſes In ſtituts wurden unter die Befehle der Kreis- und Amtshaupt leute geſtellt .
Die
Thätigkeit der Legtern erſtredte fich übri
gens nicht blos auf reine Polizeifachen , ſondern auch über die Juſtiz-, Steuer-, Polizei- , Finanza, Handel-, Gewerbe- , Mili tair-, Kirchen-, Schul- , Stiftungs-, Kämmerei-, Kommunal-,
251
Grenz- und Hoheits -Angelegenheiten . reichen
und zugleich
ſo wichtigen
Bei einer ſo umfanga
Thätigkeit mußte es des
Königs vornehmſte Sorge ſein , die Stellen lichkeiten
gewiſſenhaft, als umſichtig
befeßen , die ebenſo
zu
ſtets mit Perſön
und thätig waren . Auch für den Handel erſchienen neue Verordnungen .
Im
Jahre 1816 ſchon hob Friedrich Auguſt verſchiedene Ein- und Ausfuhrverbote auf und unterſagte das Einführen von Salz , ſowie
das Ausführen von
Hader und Lumpen .
1824 wurden mehrere Handelsabgaben
theils
ſegung erleichtert, theils ganz beſeitigt.
Im
die Regierungen im
1820 und durch Herab
Buchhandel, wo
Allgemeinen bis jegt wenig gethan hat
ten , um vornehmlich den Nachdruck zu verhindern , der zuwei len mit einer ungeheuren Frechheit betrieben wurde, halfen fich die zu
ſeiner Korporation gehörenden Mitglieder dadurch
ſelbſt, daß ſie einen Nachdrucker für ehrlos erklärten und ihm den Zutritt zur Buchhändlerbörſe verweigerten. Sachſen al lein indeß konnte dieſem Unfug nicht mit dem gehörigen Nach druck begegnen , ſo
lange in
anderen Staaten
derſelbe ohne
Weiteres geſtattet wurde. Das Volksſchulweſen blieb bei den allgemeinen Vorwärts beſtrebungen nicht zurück.
Neue Anſtalten wurden
errichtet,
ältere reparirt oder vergrößert und den Lehrern eine entſpre chendere Beſoldung zugeſichert.
Auch ward zu Budiſſin noch
ein neues Lehrerſeminar zu 17 Zöglingen, von teſtantiſch und %3 katholiſch ſein
denen % 3 pro
ſollte, errichtet . Am Meiſten
indeß ſorgte die Regierung für die beiden Schulen zu Grimma und Meißen . Schulplan erſt nach
Grimma bekam
und dem
neue Lehrer , einen
anderen
neue Gebäude.
Ihre Einweihung geſchah
Tode des Königs.
Als neu gegründete Schu
len müſſen wir nennen : die Friedrid
Auguſts - Schule und
252
das katholiſche
Gymnaſium
zu Dresden , fowie das gräflich
vigthum'ſche Geſchlechtsgymnaſium . Die urſprüngliche Stiftung lautete auf zwölf junge Mitglieder der Vigthum'ſchen Familie, und auf ſechs Knaben aus dem
Bürgerſtande.
Alle follten
in dieſer Anſtalt nicht nur unterrichtet, ſondern auch verpflegt und
beköſtigt werden
und der Unterricht ſollte
dem
eines
Gymnaſti analog ſein . An Univerſitäten hatte Sachſen jeßt nur noch eine, und zwar die zu Leipzig , da Wittenberg , mit Halle verbunden , an
Preußen gekommen war.
verſität hatte in
Die Frequenz der leipziger Unt
ſo bedenklichem
Grade abgenommen , daß
man alles Mögliche verſuchte, den früheren Glanz wieder her: vorzurufen .
Hierzu
gehört, daß
nicht nur
die bisherigen
Profefforen beſſer befoldet, ſondern auch andere, deren Namen einen
guten Klang hatten , nach Leipzig berufen wurden und
die Geſeße für die Studenten im mäße Veränderungen erhielten .
Um
Jahre 1822 einige zeitge dieſelbe Zeit wurde auch
eine neue unentgeldliche Speiſeanſtalt für die armen Studen ten
gegründet, obgleich der hohentalſche Freitiſch bereits vor
handen war. Die harten Schickſalsſhläge, welche bis 1815 den König von Sachſen
getroffen , hatten
ſeinen Beſtrebungen , ſowie nicht
hervorgebracht.
prunkvoll
und
An
in
eine wirkliche Aenderung in ſeinem
ſeinem
glanzvollen Auftreten
Hof ging es
ceremoniös her, 'wie vor dem
jegt ebenſo Kriege.
Zu
Friedrich Auguſts Hofperſonale gehörten 1818 noch 84 Ram merjunker und ein erſter Hofmarſchall, der, wie es immer ſchon geweſen ſtand.
war, über
allen übrigen Beamten
im
Lande
Es würde überflüſſig ſein , hier aller jener Perſonen
zu gedenken , welche von Friedrich Auguſt während feiner gan zen
Regierungsperiode berufen wurden , feinen Hof verherr
253
lichen zu Meiſten
helfen . Wir übergeben ſie um fo leichter , als die auf Sachſen ganz ohne Einfluß geblieben ſind .
Wenden wir uns vielmehr nun den legten Lebenstagen Fried rich Auguſts zu . langes Leben und ſeine immerwährende Geſund
Sein
heit hatte er hauptſächlich der Regelmäßigkeit zu verdanken , mit welcher er überal , auch bei rein perſönlichen Angelegen C. W. Böttiger ſagt :
heiten zu Werke ging.
„ Andacht, Tafel, Selbſtſtudium , Erholung durch Muſik , Botanik ,Spaziergang, Theater, Jagd, Stunde oder feinen
Alles hatte ſeine
Tag , und weil Alles feine Zeit hatte,
fand er auch zu Alem
Zeit.
Bis in's hobe Alter war er
einer der fühnſten Parforcejäger und Reiter.
Ein
pünktliches Ceremoniel war gleichfalls für ihn und
Land höcft zeiterſparend.
warten , als der zum angemeldet war. man , mußten weil es
Die eigene Gemahlin und
fich
und
Prinzeſſin
Hof
mußte
König beſchiedene Bibliothekar ſchon
anmelden laſſen .
Tochter , ſagt
Das fiel nicht auf,
feit der nicht ganz vergeſſenen polniſchen König
zeit fo Brauch geweſen . nem
Gine
ſtreng
ehemaligen
Ein
Lehrer, dem
Beſuch des Königs bei ſei kranken Miniſter Gutſchmid,
war Gegenſtand langer Unterhandlung, bis endlich Mar colini dafür entſchied. anderen , als dem ter ſo
Nenne man es immerhin aus einem
Hofſtandpunkte, Schwäche , fie tritt hins
großen Eigenſchaften gern zurüd ; man wußte aus
tauſend
Zügen , wie warm
durch dieſe Formen hindurdy
ſein Herz für feine Unterthanen ſchlug, und vergönnte ihm gern in ſeiner Form
und Weiſe Sachſens beſter Monarch
zu fein .“ Friedrich Auguſt fing an zu kränkeln und mußte fich zu Bette legen .
Sein hohes Alter ließ bei keinem
Sachfen die
254
Hoffnung
mit
die Kirchen
waren
aufkommen .
auf Geneſung
Am .4 . Mai 1827 und in
überfüllt
Betenden
jedem
Auge erblickte man Thränen eines ungeheuchelten Schmerzes. Friedrich
Auguſt ſchied am
5. Mai 1827 nicht als König
ſeinem
nen Kindern.
Schwerlich hat der Tod eines Monarchen
ſchon
Trauer erregt.
irgendwo eine gleiche
Friedrich Auguſt hatte 58 Freud mit ſeinem
ſei
Volke , ſondern wie der Vater von
und Herr von
Jahre regiert und Leid und
Volk getheilt.
Er hatte für ſich nur das
ſteife und unbehagliche Hofleben , während er feinen Unter thanen
ſtets
ein
häusliches
Glück
zu
ſchaffen
bemüht war.
Er ſelbſt hatte dies nicht und konnte es nicht haben , da zwi ſchen
ſeinem
Charakter und dem
Charakter ſeiner Gemahlin
eine Kluft lag, die nur die angeſtrengtefte Thätigkeit Fried rich Auguſts ihm weniger fühlbar machen konnte. Wenn man
Friedrich II., ebenſo wie Napoleon den größten Mann
ſeiner
Zeit nennt, ſo wird man
haft den
Friedrich Auguſt unzweifel
gerechteſten nennen müſſen .
Friedrich Auguſt war 197
Jahr alt geworden , und es
läßt ſich denken, daß nur wenige vorhanden waren , die ſich ſeines Regierungs-Antritteß noch erinnerten . Seine Verdienſte wurden
allerſeits anerkannt;
ſeinen Gegnern nicht zurück .
ſelbſt Männer , welche
ſich
zu
gemacht hatten , blieben in dieſer Beziehung So ſagte z. B. der General Thielemann
einem Schreiben
in
an den preußiſchen Legationsſecretair Dorow ,
elf Jahre vor dem „ Der König
Tode Friedrich Auguſts : iſt trop ſeines in der Geſchichte unver
tilgbar geſchriebenen
Fehltritts *) ein edler, ein ausge
zeichneter Menſch ; etwas ſchwach von
Charakter, eigen
*) Seine Verbindung mit' Napoleon, die hiermit gemeint iđeint, kann unmöglich als ein Fehltritt bezeichnet werden .
255
finnig als Fürſt, findet er ſeiner Religion gemäß in Gebet und Buße nicht allein fertigung
für Ales.
Beruhigung, ſondern
auch
Recht
Scharfſinnig, welterfahren ,
tiefe , gründliche Gelehrſamkeit befißend , fehlt ihm nur der Muth zum Prag mit Ehren volles Leben lianz, zu
Handeln ,
darum
wagte er nicht, in
unterzugehen , ſondern zog ein vorwurfs
vor.*)
Selbſt während der preußiſchen Al
deren Abſchluß vielleicht Joſephs II.
Jrreligion
die wahre geheime Triebfeder ſeines Herzens war , fühlte er fich immer durch die Bande der Verwandtſchaft und der noch mächtigeren des gleichen Glaubens zu Deſterreich hin gezogen , ſo daß
der weltkluge Eliot **) von
ihm
ſagte :
„ Der Preuße iſt ſeine Frau , aber Oeſterreich iſt ſeine Geliebte !" u . f. w . Die Prinzeſſin Maria Auguſta , Tochter Friedrid , Auguſts, blieb unvermählt, ungeachtet ſie ſchon im
Jahre 1791 dem
Erzherzoge Karl, und im
Kaiſer Napoleon
Jahre 1810 dem
verſprochen worden war. * ) Worin hätte dies vorwurfsvolle Leben beſtanden ?
*
**) Engliſcher Geſandter am Hofe Friedrich Auguſts , Sohn des be rühmten engliſchen Feldherrn George Auguftus, Lord Heathfield .
Anton
I.
( 1827–1836 .)
Sie bzehnt es Kapitel. Anton und der Minifter Graf Einſiedel. Derminderung des Wildes . Die Bürgergarden . Die Kommunalgarden . Die Conflikte zwiſchen Polizei und Bürgerſchaft im Juni 1830 zu Leipzig. Die Septemberrevo lution von 1830 . Graf Einſiedel dankt ab. Freiherr von Lindenau wird Miniſter. Ein Brief des Fürften Metternich . - Prinz Friedrid
Auguft wird von Anton I. zum Mitregenten erwählt. Daß ein
Regent ſtirbt und ein Anderer in
ſeine Stelle
einrückt, iſt eine beinahe alltägliche Sache; ebenſo daß dadurch immer eine Veränderung der Verwaltung hervorgerufen wird, die alten Miniſter ab- und neue Miniſter eintreten
und daß
endlich dieſe Umwandlung des Regierungsweſens nicht ohne Einfluß auf die Bevölkerung bleibt. Seltener aber iſt ſchon der Umſtand, daß und im mit
ein König achtundfunfzig
Alter von ſiebenundfiebzig
Friedrich
Auguſt
ſein Nachfolger im
der
Tragen
Jahre regiert
Jahren verſtirbt, wie dies
Fall war;
noch
ſeltener ,
der Krone ſelbſt ſchon
fiebzig Jahre alt iſt, wie wir dies von ten haben .
Anton
daß
zweiund
I. zu
berich
König Anton I. war der Bruder Friedrich Auguſts und
257
hatte wahrſcheinlich nicht geglaubt, daß er je zur Regierung gelangen würde. ſchiedenen feinen ihm
Sein Charakter glich dem
ſeines dahin ges
königlichen Bruders ; wie dieſer , war auch er in
Geſchäften
höchſt pünktlich und regelmäßig ; auch bei
hatte Alles feine Zeit, und es iſt vielleicht nie oder doch
nur ſehr ſelten vorgekommen , daß eintreten ließ. Erzherzogin
er darin eine Aenderung
Er war mit der Tochter Kaiſer Leopold
II.,
Thereſe, vermählt und führte mit derſelben eine
zufriedene und gemüthliche Ehe. Nach dieſem
Allem , das
Jedermann in Sachſen bekannt
war, ward allgemein vermutbet, Anton werde die Regierung gar nicht mehr übernehmen , ſondern zu Gunſten ſeines Bru derſohnes auf die Krone Sachfens hatte fich
geirrt .
leiſten .
Man
Eine Königskrone hat ſelbſt für einen
zweiundſiebzigjährigen Von
Verzicht
Greis
etwas ungemein
Anziehendes.
der Regierung hatte Anton , der ſich bisher nicht im
Geringſten Kenntniſſe.
um
die
Geſchäfte
derſelben
gekümmert , keine
Friedrich Auguſt hatte dieſelben ftets
leitet und weder ihm , noch ſeinem nehmen laſſen .
ſelbſt ge
Bruder Marimilian Theil
In dieſem Sinne ſprach ſich der neue König
auch feinen Miniſtern gegenüber 'aus.
Er machte fie darauf
aufmerkſam , daß er zwar geringe Kenntniſſe, aber einen red lichen Willen mitbringe und ſich deshalb ganz auf ſeine Mi niſter und geheimen
Räthe verlaffen müſſe, zu denen er ein
volles und unbedingtes Vertrauen habe. Anton hatte nicht übertrieben, wenn er von ſeinem Willen ſprach.
Daß
ihm
Huldigungsfeierlichkeiten , welche ihm Plauen , Budiffin
guten
Jedermann glaubte, beweiſen in
die
Dresden , Freiberg,
und Leipzig im Monat October 1827 zu
Theil wurden . Den Antritt feiner Regierung bezeichnete ein Akt könig Bertraute Geſchichte. Sadſen . 3. Bb. 17
258
licher Gnade !
Er erließ allen Vafallen , Städten und Land
leuten , in deren Beſiz königliche Leben
ſich befanden , die ein
mal fällige Abgabe, welche über eine Million Thaler betrug. Eine zweite nicht minder wichtige Anordnung war der Befehl, alles überflüſſige Schwarzwild in den
königlichen Forſten nie
derzuſchießen , weil durch ihre ungeſtörte Vermehrung ein un geheurer Nachtheil für den Landmann entſtand .
Zu gleicher
Zeit wurden auch die nöthigen Vorkehrungen getroffen , daß eine Verminderung des
Rothwildes eintrat und das übrig
bleibende in paſſende Gehege eingeſchloſſen wurde. König Anton Erſparung in der
erreichte
hierdurch
zwei Vortheile: eine
Jagdverwaltung und einen Schuß für die
Früchte des Landeß, welche durch die große Maſſe des Wildes viel zu leiden Im
hatten .
Uebrigen waren keine Ausſichten vorhanden , daß in
der Regierung
ſelbſt eine Aenderung eintreten
Hof war bald zu Dresden , bald zu geheimen
Der
Pillnit ; die Miniſter ,
Räthe, Präſidenten u . ſ. w . blieben
lung , womit
werde.
in
ihrer Stel
freilich ein großer Theil des fächfiſchen
Volkes
nicht übereingeſtimmt haben mag . Im
Jahre 1828
erſchien eine vom
22. März datirte
Verordnung, welche die Errichtung von Bürgergarden in
den
fächſiſchen Städten , welche mindeſtens 10,000 Einwohner hat ten , befahl.
Bei einer ſolchen Einwohnerzahl ſollte die Bür
gergarde aus zehn Mann beſtehen , die von je 500 Seelen fich ſtets nicht.
um Ihre
5 Mann erhöhen ſollte. Funktionen waren
Befoldet wurde ſie
die aller übrigen
in anderen
Staaten beſtehenden Bürgergarden, und ihre Leiſtungen eben ſo gering, wie überal . Septemberrevolution Inſtituts in
des
Es trat deshalb auch ſchon nach der Jahres
1830 ein
Aufgeben
dieſes
das einer allgemeinen Kommunalgarde ein , die
259
übrigens nur dem Namen , aber nicht der Sache nach anders war. Der Prinz Johann von Sachſen war Kommandeur dieſer Kommunalgarde. Die
algemeinen
merkwürdiger Weiſe
Verhältniſſe feit dem
fehr bedenklich verändert. als vielmehr an ſeinem
in
Sachſen
hatten
Regierungs -Antritte
Das lag weniger an
ſich
Antons
dem Könige,
Grafen Einſiedel, der mehr für die
Ariſtokratie, als für das Volk that. Wenn auch manches in den verſchiedenen
Zweigen
der Staatsverwaltung, z. B. in der
Kirchen- und Schulverfaſſung , im
Polizeiweſen , für Kunſt
und Wiſſenſchaft u . T. f. geſchah, ſo glaubten doch die Mit telklaſſen des fächfiſchen
Volkes, an dem
fiedel keinen
Vertreter zu haben
gehörigen
Grafen
und zeigten
jeder paſſenden Gelegenheit ihren Haß, welchen ſen Miniſter empfanden .
Detlev Ein bei
ſie gegen die
Dieſen Haß bekommt in der Regel
die Polizei zu fühlen, weil ſie gerade beſtimmt iſt, für pünkt liche Befolgung der miniſteriellen So kam
Verordnungen zu
es z. B. ſchon bei Gelegenheit des im
ſorgen .
Juni 1830
zu Leipzig ſtattfindenden Reformationsfeſtes zu einem Conflikt zwiſchen der Polizei und dem
ernſten
Bürgerſtande.
Ein
allerdings ganz unſchuldiger Handlungsdiener, Namens Gott: ſchalk, wurde ſo gefährlich verwundet, daß er einige Tage dar auf ſtarb . blicken
Bei ſeiner Beerdigung
laſſen .
In Dresden
Mißverſtändniſſes , die
kam
durfte ſich
überhaupt im
dert eine hervorragende Stellung
Daß
Poliziſt
neunzehnten
eines
Jahrhun
einnehmen , ebenfalls zwi
ichen der bewaffneten Macht und dem blutigen
kein
es bald darauf wegen
Bürgerſtande zu einem
Zuſammenſtoß . dergleichen Auftritte nicht geeignet
ſind , die Ge
müther zu beruhigen , bedarf keines Beweiſes . Im Gegen theil, es werden dadurch immer neue Revolutionsmänner auf 17 *
1
260
den Kampfplaß gerufen ob vor.
und der lang verhaltene Ingrimm
gerecht oder nicht
Um
bricht endlich mit Gewalt ber
fo raſcher wird dies aber geſchehen , wenn die uns
ruhige Stimmung durch revolutionäre Erſcheinungen Nachbarländern einen Anſtoß empfängt. Frankreich, welche Karl X. zu einem in Sachſen einen Wiederhal . fich einbildete, vom
in
den
Die Revolution
in
Flüchtling machte , fand
Ein Advokat Mosdorf, der
Schickſal berufen zu ſein , ſeines Vater
landes politiſche Verhältniſſe umzugeſtalten , entwarf im
Gea
heimen eine neue Konſtitution für Sachſen , die er, wenn die alte Regierung geſtürzt , der neuen vorlegen wollte . auch an
anderen
eraltirten
Mühe verdrießen und
Köpfen
ließen , das
keine
Volk immer mehr aufzuregen
dieſe Aufregung endlich erplodiren zu
ploſion erfolgte am
Es fehlte
nicht, welche ſich
laſſen .
Die Er
2. September 1830 in Leipzig.
Wieder war es ein Unſchuldiger , ein Schmiedelehrling, der
von
mißhandelt worden
der Polizei blutig
Seine Kollegen eilten zu ſeinem fich der
Polizei gegenüber
in
ſein
ſoll.
Beiſtande herbei und ſtellten vollſtändige Schlachtordnung Polizeibeamten wurden
auf.
Mehrere untergeordnete
ihnen
gefangen genommen und mißhandelt .
von
Darauf zog die
ganze Rotte, der ſich jeßt auch Hunderte anderer
Perſonen
anſdloffen , vor das Polizeidirectorium und forderte von dem Director
Genugthuung .
Diefelbe ward
verweigert.
Jegt
hielt man fich zum Selbſtrichteramt für volftändig berechtigt. Man
zertrümmerte Thüren
ternen entzwei;
und Fenſter und ſchlug die La
doch als man nun auch in das
Innere des
Gebäudes dringen wollte, um an dem Polizeidirector von Ende ſelbſt Hand anzulegen , ward
ihnen
der Eintritt durch von
innen ſehr vortheilhaft angebrachte Barrikaden unmöglich ge macht.
Am
3. und 4. September wiederholten
fich die Auf
261
tritte des erſten Abends, und betheiligten ſich jeßt dabei auch andere ſonſt ganz ruhige Bürger. Erkel wurde demolirt.
Herrn
Das Landhaus des Ratho die Wohnungen mehrerer
In
verhaßter Polizeibeamten drang man ein
und zertrümmerte
Alles, was ſich vorfand ; auch die Buchdrucerei von F. X. Brod einen Beſuch von dem aufgeregten Volke , und
baus bekam
wäre Herr Brodhaus nicht ein
ſo entſchloſſener und umficha
tiger Mann , ſo würden ſeine ganzen Preſſen vernichtet wor den ſein . Am
5. September erſchien
ein
Maueranſchlag , welcher
alle wohlgeſinnten Bürger zu den Waffen rief, um die Stadt zu retten !"
Die Polizei mußte indeß
ihre Thätigkeit unter
der Firma „ Sicherheitsdeputation“ entfalten . In
Dresden
die Unruhen
begannen
am
9. September
und endeten mit der Eroberung des Polizeipräſidii. Sämmt liche Akten wurden am
Die zum
Löſchen
Tage zum
hellen
und das Gebäude
worfen
ſelbſt
den
Fenſter hinausges
Flammen
herbeieilenden Sprißen wurden
übergeben . von
den
Tumultuanten mit Gewalt zurückgehalten und erhielten nur Erlaubniß , die benachbarten Häuſer zu ſchüßen .
Die Bür
gergarde miſchte ſich nicht hinein und das Schüßenbataillon hatte. Ordre , nicht Ben .
Dagegen
gen und ein
darf oder über die Köpfe weg zu fchie Bajonnet einige Verwundun
kamen mit dem
Todesfall vor.
Die Ruhe ward erſt durch den
Prinzen Friedrich Auguſt, welcher ſich einer allgemeinen Bez liebtheit erfreute, dadurch wieder hergeſtellt , daß derſelbe eine Bürgergarde von etwa 8000 Mann bilden und Gewehre aus dem
Zeughauſe an fie vertheilen
ließ.
Dies Alles hatte wohl hauptſächlich die Abneigung, in welcher
der
Graf Detlev
hervorgerufen .
Einſiedel bei dem
Volke
ſtand ,
Der König , welcher ſich augenbli& lich in Pill:
262
niß aufhielt und ſchmerzlich ergriffen war von den Ereigniffen , ſagte deshalb zu demſelben : „ Ich habe geglaubt, daß fei; Sie haben mir dies
ich von meinem
Volke geliebt
immer verfichert, aber Sie haben
mich getäuſcht.“ „ Nicht abſichtlich, Majeſtät!" verſeşte der Miniſter. „ Ich ſelber bin
getäuſcht worden !“ .
Der Prinz Friedrich Auguft gehörte zu den Gegnern
des Grafen
Einſiedel, und dieſem
perſönlichen
Umſtande allein
iſt es zu verdanken , daß man gegen die Tumultuanten nicht mit derjenigen Energie und Strenge einſchritt , die ihrem nehmen vollſtändig anpaſſend war.
Be
Ja, man ging fogar -fo
weit, ſich auf Verſprechungen einzulaſſen , wozu beſonders die Entfernung des Schüßenbataillons gehörte, welches allein im Stande geweſen wäre , die wieder herzuſtellen . jährigen
gewaltſam
unterbrochene Ruhe
Graf Einſiedel mußte von ſeinem
Portefeuille
fcheiden
und daſſelbe an den
lang Baron
von lindenau übergeben .
Bernhard Auguſt von Lindenau war bis zum Miniſter dem
am
Hofe
erwähnten
er um
zu Sachſen - Gotha geweſen
Jahre 1826 und hatte in
Jahre einen Ruf nach Dresden erhalten , dem
ſo lieber folgte, als
ihm
hier ein weit größerer und
bedeutungsvollerer Wirkungskreis angewieſen ſchien. tefeuille bekam
er übrigens damals noch nicht ; zuerſt ging er
als Geſandter nach zum
Ein Por
Main und ward darauf
Frankfurt am
Director der Kommerziendeputation ernannt.
feinen Stellungen hatte er ſich während der kurzen zu der Septemberrevolution er nicht nur in dem
In allen Zeit bis
fo vortheilhaft ausgezeichnet , daß
Prinzen Friedrich einen wirklichen Freund
gefunden , ſondern auch bei dem meine Popularität errungen
fächfiſchen
hatte.
Volfe eine allge
Als er des Grafen Ein
263
fiedel Stelle übernahm , war
er zwar ſchon
Jahre alt, doch noch voll jugendlichen
einundfunfzig
Feuers, obgleich er in
feinen jüngeren Jahren ziemlich viel gelebt haben ſoll. Vermählt iſt er nie geweſen . Das Vertrauen der fächfiſchen Nation berief ihn im Jahre 1848 ins deutſche Parlament nach Frankfurt am
Main .
1852 machte er eine Reiſe nach
1853 nach ſeinem
ſelbſt, fünfundſiebzig Im
Paris , kehrte
Geburtsort Altenburg zurück und ſtarb da Jahre alt , am
21. Mai 1854 .
Allgemeinen konnte man mit der Miniſterwahl des
Freiherrn von Lindenau zufrieden ſein , und man war es auch. Deshalb bekümmerte man fich auch wenig um die Verfolgung derjenigen
Perſonen , welche ſich bei dem
oder denſelben der ſchon
fogar hervorgerufen
Aufſtande betheiligt
hatten .
erwähnte Advokat Mosdorf.
Hierzu
gehörte
Es wurde wegen hoch
verrätheriſcher Umtriebe der Prozeß gegen ihn eingeleitet und er ſelbſt zur Haft auf dem er dahin nem
Königſtein verurtheilt.
abgeführt, und ſchon 1833
Kerker erhängt.
Er hatte den
fand man
1831 ward ihn in fei
Tod einer wahrſcheinlich
ſehr langen Gefangenſchaft vorgezogen . An den übrigen Höfen
Deutſchlands war man über die
revolutionären Beſtrebungen in Sachſen ſehr ungehalten und
1
beſonders fand man ſich veranlaßt, die Nachficht zu mit welcher dort von Seiten
tadeln ,
des Königs verfahren wurde.
Bezeichnend nach dieſer Seite hin
iſt
ein
Brief des Fürſten
Metternich, den derſelbe an den in Dresden accredirten öſter reichiſchen
Geſandten
unterm
28. September 1830
richtete
und welcher folgendermaßen lautete:
„ Ew . Hochgeboren
Berichte bis
incl. 20 d. M. find
mir richtig zugekommen . „ Deren
Inhalt iſt von der bedauerlichſten Art. Seine
Majeſtät der Kaiſer haben mir zur Pflicht gemacht, das
264 königlich fächſiſche Kabinet durch E. H. in die volle Kennt Gefühle und Anſichten ſeßen zu laſſen .
niß Allerhöchſtdero
12 Es iſt ſchon lange her, daß Se. k. k. Majeſtät die Leichtigkeit zu +
bedauern
dortige Regierung dem
Urſache hatten , mit welcher die Aufkeimen
leidiger Symptome der
Bearbeitung des Volksgeiſtes die Hand geboten hat. Kein deutſcher Staat konnte ein beſſeres, dem ergebeneres
regierenden Hauſe
Volk aufweiſen , als der k. ſächfiſche.
Staat war ſeinerſeits mehr mit väterlichen ſegnet, als
eben
dieſer Staat !
Kein
Regenten ge
Daß ſich Ereigniſſe , wie
die gegenwärtigen, ergeben konnten , würde unerklärbar ſein , wenn es nicht deutlich vor Augen läge, daß die Regierung das, was vorging , nicht beachtete , und demnach am
Tage
des Ausbruchs völlig unvorbereitet war. Unter den Ereigniſſen unſerer verhängnißvollen Zeit könnten wir uns kaum faſſung
eines denken, welches in ſeiner Ver
ſeichter, und in
den Folgen
ſchwerer ſein könnte.
Von
jeher gewöhnt, das Königreich Sachſen , Regierung und Volt, als ein Muſter deutſcher Sitte zu betrach siten , wie ungedeihlich müſſen uns nicht die Folgen von Be gebenheiten erſcheinen , welche in Urſprung und Form reine Nachbild
der
Ereigniſſe
in
fremden
deren Geſchichte und Volksgeiſt ſo weſentlich von dem vaterländiſchen nicht Sachſen
abweichen ?
deutſch
Welches Beiſpiel liefert heute
andern deutſchen
Kaiſer, als erſter
das
Staaten ſind,
Stämmen ?
S. M. der
Bundesfürſt und als Nachbar, können
das Vorgefallene nie genug bedauern . Ich erfülle demnach den
eine
Pflicht, indem
ich E. H.
Auftrag ertheile, Sich über die Gefühle unſers aller
höchſten Herrn
gegen
den föniglich fächſiſchen Hof ſowohl,
265
als
gegen
das Kabinet rund und
unumwunden
auszu
ſprechen . Wenn E. H. nicht früher Weiſung erhielten , ſo war unſer Stillſchweigen nur die Folge der grenzenlos anarchi Ichen Lage der Dinge zu Dresden .
In ſolchen Momenten
iſt jeder Rath unnüş ; heute, wo die
Dinge entweder zur
gänzlichen Niederlage der königlichen Gewalt oder zur Rück kehr zur Ordnung führen müſſen , würden wir unſer Still fchweigen als die Verfäumniß einer heiligen Pflicht betrach ten müſſen . S. M.wollen und können es nicht als mög die königliche
lich betrachten , daß durch
einen
aufgeregten
Bürger verſchreiben
Regierung fich Geſege
Pöbel oder durch
irre
geführte
laſſe.“
Wenn der Aufruhr in Sachſen auch beſeitigt ſchien , ſo war
er
es
dennoch
nicht.
Es machten
ſich
immer
neue
Wünſche geltend, zu denen vornehmlich der gehörte, daß man den Prinzen Friedrich Auguſt wollte .
Man
verſprach
chon jeßt zum
ſich von
ihm , einem
Könige haben Manne, der
jung an Körper und Geiſt, ehrlich an Wilen und reich an Energie ſchien , eine weit beffere Zeit, als man ſie von einem Greiſe, wie König Anton war, erwarten
konnte.
Ja , man trat mit ſeinen Hoffnungen ſo ungenirt ber vor, daß felbft der Prinz Kenntniß davon erhielt. ihm mitgetheilt , daß man von ihm alten
Glauben
Als man
erwarte, er werde zum
der großen Reformationsfürſten
zurückehren ,
und daß man ihn gleich zum Könige ausrufen werde, da er: widerte dieſer edle Mann :
„Was die Religion betrifft, ſo muß dieß meiner inneren Ueberzeugung überlaſſen bleiben ; ſollte man aber gleichwohl verſuchen , mich auf den Thron meines Dheims, bevor derſelbe
266
feine Krone entweder freiwillig oder durch den Tod nieder gelegt hat, ſo werde ich ſofort das Land verlaſſen !“ Dadurch konnte König
Anton
im
ernannte
Allgemeinen wenig deshalb
am
gewonnen ſein .
13. September, mit
Uebergehung ſeines eigenen Bruders , der 'nebſt ſeiner Gemah lin Louiſe, voll hochherziger Entſagung, ſelbſt die Hand dazu bot, ſeinen Neffen , den allgemein geliebten Auguſt, zu großem
ſeinem Mitregenten.
Jubel von ſeinem
Prinzen
Friedrich
Dieſe Handlung warð mit
Volke aufgenommen und das all
gemeinſte Vertrauen
kehrte dadurch unmittelbar zurück.
erfolgte hierauf in
der Reſidenz eine
Hof fuhr durch die Straßen .
Flumination .
Die Pferde des Prinzen
Es Der
Fried
rich Auguſt wurden vom Volke ausgeſpannt und der Wagen von demſelben nach dem Schloffe gezogen . Im
April 1831 brachen zu
Dresden trotz alledem
Unruhen aus, die ſich im Auguſt deſſelben
1
wiederholten , dod
kann man
der Volksgeſinnung bezeichnen .
neue
Jahres in Leipzig
ſie keineswegs als Ausgeburt Auch in Chemniß
kam
der
gleichen vor ; alein hier, wie überall lenkte fich der Unwillen immer nur auf einzelne mißliebige Beamten , welche ſich durch eine unnatürliche Härte verhaßt gemacht hatten . Doch alle dieſe Unruhen gingen ohne Blutvergießen vorüber. Am 4. September 1831 wurde das Volt vom
Könige und Mit
regenten mit einer neuen Verfaſſung beſchenkt, welche bei der Uebergabe der König mit ſeinem
Fürſtenworte zu
ſchüßen
und zu bewahren verſprach und den Wunſch hinzufügte, daß fie ſeinem
Volke zum Heil und Segen werden möge. Einer
der wichtigſten Punkte der Verfaſſungsurkunde beſtand darin , daß
die vorher
in mannigfacher Hinſicht ſchwankende und
zweifelhafte Stellung der Stände zur Regierung nunmehr in beſtimmte Normen
gebracht wurde.
Auf dieſe Weiſe
kam
267
König Anton mit einer bewunderungswürdigen Uneigennüßig feit dem herrſchenden Zeitgeiſte bereitwilligſt entgegen , wodurdy das Vertrauen der fächſiſchen Nation vollends befeſtigt wurde. Um aber dergleichen bedauerlichen
Vorfällen für die
Zukunft
vorzubeugen , erbot ſich die Kommunalgarde , mit dem tair gemeinſchaftlich den Auguſt acceptirte dieſen
Dienſt zu verſehen .
Mili
Prinz Friedrich
Antrag und richtete bei dieſer Gele
genheit folgende Worte an die Vertreter der Bürgerſchaft : „ Ich habe mich nicht getäuſcht.
Das Vertrauen , welches
ich vom
erſten Augenblick in
währt!
Vertrauen erweďt wieder Vertrauen ; darum
Sie fepte, hat ſich herrlich be
bitte ich, meine Herren , vertrauen Sie mir ! zu verdienen ; mein ſten
Gefühlen , welche ich in meinem
die ich zu nur dahin
Glauben
Ihnen
liebevoll
Herzen von der Jugend
auf genährt , werde ich mit allen Kräften Staates forgen .
Ich glaube, es
Inneres ſagt es mir ! Mit den
für das Wohl des
Sie , es ſind nicht leere Worte,
ſage ; vielmehr fol mein künftiges Leben
gerichtet ſein , alles Gute zu
befördern und ſtets
für das Wohl des Landes zu ſorgen ."
Eine beſtimmtere und conzentrirtere Stellung gewannen die Verhältniſſe durch die Einſegung von fechs Miniſterialbe hörden .
Das Juſtizminiſterium
bekam
der Kanzler von Kön
neriß, das der Finanzen Herr von Zeſchau ; Freiherr von lin denau war Miniſter des Innern , General von Zezſchwig Mi niſter des Krieges , Dr. Müller *) Cultusminiſter und der Ge neral von Minkwiß Miniſter der auswärtigen Angelegenhei ten
geworden . * ) Starb am
7. März 1836 ; ihm
folgte Hans Georg von Carlowig .
268
Achtzehnt es fa pitel. Die Städteordnung von 1832 . Beſeß über die Ablöſungen und Be meinheitstheilungen . Die Eröffnung des Landtags. Antons vielſeitige & hätigkeit. - Der einundachtzigſte Geburtstag des Königs , ſein Dank und ſeine Ablehnung des ihm zugedachten Denkmals. Des Königs Arankheit und Cod. Nach dieſer hätte man meinen
Zuſammenſtellung
des Staatsminiſteriums
ſollen , daß ſich
das fächſiſche Volk recht
glüdlich hätte fühlen müſſen . Unzweifelhaft wäre es auch ſo geweſen , wenn der Präſident des Miniſteriums, Freiherr von Lindenau , es verſtanden haben würde, fich denjenigen Reſpect zu verſchaffen , der als eine Nothwendigkeit ſeiner hohen Stel lung bezeichnet werden muß.
Er erfreute ſich eines unbeding
ten Vertrauens, ſowohl Seitens des Prinz-Regenten , als auch des ganzen
Volkes , und er hatte einzig und allein
die Erhaltung dieſes Vertrauens zu er leider nicht. Man
trat ihm
gen , und er ſah ſich endlich
ſorgen .
nur für
Das verſtand
überall herausfordernd entge genöthigt, ſein Portefeuille in
die Hände eines andern Mannes übergehen zu laſſen . Am
2. Februar 1832 beſchenkte der König Fein
Land
mit einer Städteordnung, die noch in demſelben Jahre in den meiſten
Städten des Landes eingeführt wurde.
Dieſe Städ
teordnung entſtand eigentlich auf einen Antrag des
ehemali
gen Kreishauptmann von Wietersheim , der denſelben da durch motivirte , daß er ſagte , „ der nachtheilige Einfluß der altherkömmlichen Verfaſſung auf die innere Verwaltung ſege
269
dem
Emporkommen
entgegen .“
der Städte ein weſentliches Hinderniß
Sie bietet, indem
die Oberaufſicht des Staates
nirgend ſtörend eingreift ,
der Selbſtändigkeit der ſtädtiſchen
Gemeinden einen
Schuß.
Am
kräftigen
17. März 1832 erſchien ein Geſet über Ablöſungen
und Gemeinheitstheilungen , welches von ſo vorzüglicher Ge diegenheit war, daß es mit Recht ein nannt werden
konnte.
Mit
Erbunterthänigkeit ein .
dem
Triumph der
1. April 1832
Dieſelbe hatte darin beſtanden , daß
der Hörige verpflichtet war, wenn
er fidy anderswo nieder
laſſen wollte, das Recht dazu der bisherigen zukaufen und derſelben ſtellen .
Zeit ges ging die
ſeine Kinder zum
Herrſchaft ab
Zwangsdienſte zu
Der Herrſchaft ſtand das Recht zu , diejenigen ihrer
Unterthanen , welche ohne dafür bezahlt zu haben , ihren Wohnort verließen , überall zurückzufordern , fogar unter
Anwendung
von Zwangsmaßregeln . Sie konnte auch die Befißungen ihrer Unterthanen ohne deren Zuſtimmung verkaufen und ihnen ein anderes Zeit
im
pflichtiges Eigenthum grellen
Widerſpruch
durch den König
am
aufzwingen . ſtehenden
1. April 1832 aufgehoben , natürlich
nicht ohne eine heftige Oppoſition ten
hervorzurufen .
die Wahlen zum machung vom zum
Dieſe mit der
Verhältniffe wurden
Seitens der Bevorrechte
Im Laufe des Jahres 1832 wurden auch
Landtage vorgenommen und eine Bekannt
22. Dezember 1832
22. Januar 1833.
Zum
berief die Abgeordneten
Präftdenten
der erſten
Stam
mer wurde der Landesälteſte der Oberlaufig Herr von Gers dorf ernannt, während der General von Leyßer Präfident der zweiten öffnung wurden
stammer wurde.
beider Häuſer Statt
Am
27. Januar fand die Er
und am
30. October
1834
fie geſchloffen .
Wie wir aus den früheren Abſchnitten dieſes Werkes er
270
ſeben haben , fehlte es in Sachſen zwar nicht an einzelnen Verordnungen , Geſeßen , Patenten einem
wirklichen
Geſegbuch .
von 1833–1834 kam
u . ſ. w ., wohl aber an
Auf dem
erwähnten
Landtage
dieſer Gegenſtand lebhaft zur Sprache
und veranlaßte die Ausarbeitung eines Strafgeſezbuches, und bereits traten im
Einzelnen viele weiſe erwogene Gefeße in's
Leben , ſo daß die Regierungsperiode dieſes Monarchen die eigentlich legislative von Sachſen genannt werden muß. die Polizeiverwaltung ward mancher zweckmäßigen
Auch
Verände
rung unterworfen, und nach den meiſten Seiten hin
entſtan
den gemeinnüßige Anſtalten ; ſo z. B. die Gasbeleuchtung in Dresden , die Stadtpoſt, das Korrektionshaus für verwahrloſte Kinder u . f. w . Die Briefe vom
Behauptung
des
Fürſten
Metternich
in
ſeinem
28. September 1830 an den Grafen von Collo
redo , daß kein Staat mehr mit väterlichen Regenten geſega net ſei, als der fächſiſche, wurde vom Könige Anton vollſtän dig beſtätigt.
Er ſorgte für Hebung der inländiſchen
In
duſtrie durch verſchiedene weiſe Verordnungen . So befahl er z. B. im Jahre 1832 , daß fämmtliche für den Civil,- Hof und Militair-Etat nöthigen
Bedürfniſſe, die das Inland in
gleicher Güte, wie das Ausland liefere, auch im
Inlande be
zogen werden
Zweigen der
ſollten .
Unter den verſchiedenen
Gewerbethätigkeit erfreuten ſich unter der Regierung Antons I. eines beſonderen Aufblühens die Seidenmanufaktur , Maſchi nenkammwollſpinnerei , Leinewand, vorzüglich aber die Baum = wollenweberei, die Damaſtweberei und die Strumpfwirkerei. Auch für eine Verbeſſerung der Schaafzucht wurde un endlich viel gethan und dadurch belohnt, daß von den
hoch
veredelten
Spa
fächſiſchen
Schaafen
ſelbſt Gremplare nach
271
nien kamen , um
die dortigen ausgearteten königlichen Heer
den wieder zu veredeln . Mit
Innigkeit und Liebe erkannte das fächſiſche Volk
die reichen väterlichen Wohlthaten , welche Anton
I. ſeinem
Lande gewährt hatte , an , und mit der allgemeinſten nahme ſah man dem würdigen
einundachtzigſten
Greiſes entgegen , das
Statt finden
ſollte .
Am
am
Theil
Geburtsfeſte des ehr 27.
December
feſtlichſten wurde daſſelbe in
1835 der
Reſidenz begangen , wo durch die Gegenwart des Königs die herzlichen Gefühle der Unterthanen natürlich nur erhöht wer den konnten . Innig gerührt von ſo vielen Beweiſen einer treuen und liebereichen Anhänglichkeit, drückte der König ſeinen Dank in folgenden Worten aus : Die vielfachen
Beweiſe inniger Liebe und Anhänglich
feit, welche ich in dieſen
Tagen , auf Anlaß meines durch die
göttliche Gnade erlebten 81. Geburtsfeſtes , von meinen Un terthanen
aller Klaſſen
und Stände und
Landes , inſonderheit aber auch von
aller
Theile
des
den Bewohnern meiner
Reſidenz und der Dresdener Amtslandſchaft , auf's Neue er halten habe, find meinem ſen .
Herzen überaus wohlthuend gewe
Ich fühle mich gedrungen , dies hierdurch öffentlich aus
zuſprechen
und meinen herzlichen
väterlichen
Dank dafür zu
ſagen . Möge das ſchöne Band wechſelſeitiger Liebe Sachſens Fürſten und Volk umſchließen fort und fort!" Eine ſolche vom Herzen kommende Anſprache konnte nur wieder
zu
Herzen
glüdlich, unter dem narchen
gehen !
fächfiſche
Volt war
leben zu können . Man war aber hiermit noch nicht
zufrieden , ſondern man auch
Das ganze
Scepter eines fo braven und edlen Mo
einen
ehernen
wollte den
Ausdruck
Gefühlen
verleihen .
ſeines Glückes
Auf den
Wunſch
272
wohl aller Bewohner der Reſidenz ſollte auf dem
Altmarkte
in
an dieſen
Dresden
eine ſteinerne Säule zum
Tag errichtet werden , um Beweis von
Andenken
den ſpäteren Generationen
einen
der Liebe zwiſchen Fürft und Volt zu hinterlaſ
Indeß unterblieb dies auf des Königs beſonderen Wunſch ,
fen . der in
ſeiner Anſpruchsloſigkeit die dargebotene Anerkennung
ablehnte .
Er äußerte ſich
darüber
in
einem
Briefe vom
23. Februar 1836 an den Miniſter von Carlow iß *) fol gendermaßen : „ Die Abſicht der Bewohner meiner Reſidenz, die Er innerung an die wichtigſten Ereigniſſe meiner Regierung durch
Errichtung eines Monuments zu
fichern , habe
ich
als ein neues Zeichen der Liebe und Zuneigung aus Ihrem Vortrage gern vernommen . Die Liebe und Zunei gung aller meiner Unterthanen
iſt aber für mich
und mein Haus das einzige und ſchönſte Denk mal, auf welches keiner bildlichen
ich hohen Werth lege und das
Darſtellung fähig iſt , dieſer auch
um
ſo
weniger bedarf, als das , was ich unter Gottes Leitung zu thun berufen war, im
eigenen
Fortbeſtande mir ein
bendes Denkmal fichert, welches durch gebenheit meiner Unterthanen
blei
fortgeſepte treue Er
feſt und unerſchütterlich er
halten werden wird . Geleitet von dieſen
Anſichten , beauf
trage ich Sie, dies der hieſigen Stadtbehörde zu erkennen zu geben und im
geeigneten Wege zur Kenntniß
der Be
wohner meiner Reſidenz zu bringen . u . ſ. w ." Der Inhalt dieſes Schreibens zeugt von der glüdlichen Ruhe, welche das Gemüth des Königs erfreute , die
immer
ein Beſtandtheil feines ganzen Weſens geweſen war und der * ) Bekam erft durch den Tod des Dr. Müler ein Portefeuille , bis wohin er nur den Titel eines Minifters hatte.
273
er allein
ſo
auch hauptſächlich nur ein
hobes Alter zu ver
danken hatte, was ſo ſehr wenige Menſchen erreichen .
fühlte er , daß der Tod dennoch kommen würde , der
alledem
ſchon
überhaupt feinem
Troß
machte .
Andeutungen
verſchiedene
Geburtstage fing er an zu
Nach
kränkeln , und obgleich er
ein entſchiedener Gegner aller Arzneien war und fie bisher ſtets von der Hand gewieſen hatte, ſo ſah er ſich zulegt doch genöthigt, fich feinen Aerzten zu
Am 4. Juni 1836
vermochten .
nicht zu retten
ihn freilich
überlaſſen , die
erſchien deren
Derſelbe war Morgens
erſter Krankheitsbericht.
7 Uhr ge
und ſagte: „ daß der König bereits feit einiger
ſchrieben
Zeit
mit etwas mehr Athembeſchwerden behaftet , Tags vorher einen ſehr heftigen Anfall von Engbrüſtigkeit bekommen , welcher die
lebhafteſten
Beſorgniſſe
errege.
Auf
Mittel habe fich zwar der Zuſtand
die
angewandten
etwas gebeffert, nichts
deſto weniger ſei die Nacht unruhig , der Schlaf wenig und nicht erquicfend und auch heute ſei die Bruſt nicht weſentlich erleidstert. “ Am
5. Juni Morgens 64 Uhr ward
das zweite, am
6. Juni Morgens halb acht Uhr das dritte Bulletin veröffent licht.
Nach
dem
Inhalt
des
Legtern bezweifelte
Niemand
mehr, daß jegt der König ſterben werde, und wirklich erfolgte ſchon an dem nämlichen Tage Mittags halb zwölf Uhr ſein Tod. Er war ſanft und ohne Schmerzen
geſtorben .
Die demnächſt
vorgenommene Sektion ſeiner Leiche ergab, daß er an einer Verknöcherung der Klappen der linken Herzkammer geſtorben war. Am 9. Juni Abends acht Uhr ward er in die könig liche Familiengruft beigeſeßt. Man nannte ihn
ſchon bei ſeinen Lebzeiten Anton den
Gütigen , eine Bezeichnung, welche nicht die Schmeichelei hervorgerufen hatte, der er überhaupt fremd blieb. 18 Vertraute Geſchichte. Sadſen . 3. Bb.
274
Anton
Clemens Theodor vermählte fid
1781 mit der
fiebzehnjährigen Prinzeſſin Maria Karolina Antonia , ter des
Toch
Victor Amadeus III., Königs von Sardinien
Herzogs von Savoyen , die er aber ſchon am 1782 durch
den
Tod verlor.
mählte er fich zum
Am
und
28. Dezember
18. October 1787 ver
zweiten Male mit der Tochter des Rai
fers Leopold II., Maria Thereſia , einer mit den herrlichſten Vorzügen des Geiſtes und
Herzens
geſchmückten
Prinzeſſin .
Diefe Ehe war eine überaus glüdliche und wurde erſt durch 7. November
das am getrennt.
der
Königin
Zwar find vier Kinder aus dieſer Ehe hervorge
gangen , dieſelben Anton
1827 erfolgte Ableben
ſtarben
jedoch
ſchon
ſehr früh, fo daß
I. wahrer Vaterfreuden nicht theilhaftig wurde.
Bei
ſeinem Gemüth war dies aber auch keine Nothwendigkeit ! Seine Unterthanen waren ſeine Kinder und er deren Vater. Noch ehe er aus dieſer Welt ſchied , ſagte er zu regenten , der, dem
dem
Prinz
vollen Schmerze des Augenblics fich über
laſſend , weinend an ſeinem
Lager ſtand :
„Armer Friedrich !
ich mache Dir ſo viele Schmerzen und habe doch ſelbſt keine."
X.
Friedrich
Auguſt
II.
(1836—1854.) Ne u n ze hn te s
land.
kapitel.
Friedrich Auguft II. Dr. Lift und die erſte Eiſenbahn in Deutſch Die Miniſter von Kõnnerit , von Beſchau und von Moftiz. Das
Minifterium Braun -Pfordten . Der Mai- Aufſtand von 1849. Fried rich Auguſt II. ftirbt. Seine beiden Gemahlinnen . – Baron von Herder . Johann Karl Freiesleben. · Ernft Rudolph von Warnsdorff. - Freiberg. König Anton war am
6. Juni 1836 geſtorben .
Sein
Neffe, der ihn in den Regierungsgeſchäften fechs Jahre unter ftüßt hatte, trat unter dem
Namen
definitiv die Regierung an .
Friedrich Auguſt II. nun
Sachſen
den glücklichſten Völkern Deutſchlands.
gehört in der That zu Es erhielt in
Fried
rich Auguſt II. abermals einen Monarchen , der ſtets für das Wohl ſeiner Unterthanen lich
jung war
fo ließ ſich von warten .
beſorgt war, und da er noch ziem
er zählte ihm
jegt neununddreißig
Jahre
manche ſegensvolle Verbeſſerung
Friedrich Auguſt II., am
er
18. Mai 1797 geboren , war
der älteſte Sohn des Prinzen Marimilian , Bruders Friedrich Auguſts I. und Anton's I., und verlor ſchon in ſeinem ftebenten 18 *
276
Lebensjahre ſeine Mutter, von welcher er auf's Zärtlichſte ge liebt worden war. Seine Erziehung übernahm
nun der Be
fehlshaber der Schweizergarde, General von Forell, ein wohl in militairiſcher, als auch wiſſenſchaftlicher wohlgebildeter Mann . großen
franzöſiſchen
ſo
Hinſicht
Zu jener Zeit, wo das Schickſal des Kaiſers
bereits
von
ſchweren
Gewit
terwolken verdunkelt worden und Friedrich Auguſt I. die Lage der
Sache
in
Prag abwarten
wollte,
befand
ſich
Fried
rich Auguſt II. ebenfalls daſelbſt.
Nach Napoleons Rückkehr
von
feines königlichen Oheims
Elba mußte er, auf Wunſd
und durch die Verhältniſſe gezwungen , Theil nehmen an dem Kriege der Verbündeten gegen
Frankreich.
Nady der Schlacht
bei Waterloo, an welcher er ſich jedoch nicht betheiligt hatte, fehrte
er
nach
Dresden zurück .
Hier
widmete er ſich
gewiß, um weniger an die traurigen Verhältniſſe ſeines Va terlandes erinnert zu werden – unter Leitung des Generals von Waßdorff, des Majors von Cerrini uud des Hofraths Stübel militairiſchen , juriſtiſchen und ſtaatswiſſenſchaftlichen Studien , worauf ihn beſonders ſein Regentenberuf hinwies. Denn es konnte keinem Zweifel unterliegen , daß er dereinſt zur
Tragung
der
sächſiſchen
würde, da ſein Dheim
Königskrone berufen
Anton , welcher der Nächſte zum
werden Throne
war , keine Kinder hatte und er ſeines Vaters älteſter Sohn war.
Neben dieſen ernſten und für ſeinen Beruf höchſt noth
wendigen Studien
verſäumte er indeß
auch nicht, ſich mit
den übrigen
Wiſſenſchaften zu beſchäftigen . Daß er beſon ders Kunſt- und naturwiſſenſchaftliche Gegenſtände wählte, lag
vornehmlich daran , weil er gerade für ſie ein ganz vorzügli ches
Intereſſe
empfand.
Er brachte überhaupt
Mannigfaltigkeit in ſeine Arbeiten , um tig auszubilden , was ihm
eine große
ſich möglichſt vielſei
auch über alle Erwartung gelun
277
gen iſt.
Auch machte er
öftere Ausflüge, um
durch perſön
liche Anſchauung fich Kenntniß von ſeinem Lande und ſeinen Unterthanen zu verſchaffen , welche für einen edeldenkenden Fürſten von unberechenbarem
Vortheil ift.
er fich auch der Literatur zu .
Mit Herrn
von Göthe gemeinſchaftlich gab er ein und Mineralogie , unter dem fis heraus .
Johann Wilhelm
Werk über Botanik
Titel: Flora Marienbergens
Der Inhalt dieſes
Beweis , wie ſehr Friedrich Hauſe war.
Produktes giebt den
Auguſt
auf dieſem
Chef der Infanteriebrigade er
zum wirklichen dienſtthuenden In dem
nannt.
nämlichen
Jahre bekam
er auch Stimmrecht
geheimen Rath , deſſen Sigungen er ſchon
in dem
beſten
Gebiete zu
Jahre 1818 wurde er zum Generalmajor, und 1822
Im
Jahre
fächſiſchen
Armee
bis dahin der bekannte 1830
bekleidet hatte.
1830 , kurze Zeit
Mitregenten , ward er zum
ral und Chef der ganzen Stellung
König .
Im
feit 1819
1
regelmäßig beigewohnt hatte. vor feiner Erhebung zum
Lecoq
Inzwiſchen neigte
Am
Gene
ernannt, welche
verſtorbene General
6. Juni 1836 ward er endlich
Wenngleich er auch während ſeiner Mitregentſchaft
nicht müßig geweſen war , ſo geſtatteten waltenden
Verhältniſſe
ihm
jedoch die ob
nicht, ganz nach ſeinen Anſichten
zu wirken , die unbedingt von
den Anſichten
ſeines Oheims,
ſchon der bedeutenden Verſchiedenheit des Alters wegen, welche zwiſchen Beiden vorlag , mindeſtens nach mancher Seite hin abweichen mußte .
Der viele
Dr. Liſt, ein
Jahre ſich im
geborener Würtemberger , welcher
nordamerikaniſchen Freiſtaat aufgehalten
und die Vortheile der daſelbſt befindlichen verſchiedenen
In ſtitute in Augenſchein genommen hatte, wurde zu Änfange der Regierung Friedrich Auguſts II. als nordamerikaniſcher Con
278
ſul nach Leipzig geſendet.
Er machte der. ſächſiſchen Regie
rung Vorſchläge zur Anlegung einer Eiſenbahn zwiſchen Dreg den und Leipzig . Man erfaßte dieſe herrliche
Idee mit dem
jenigen Feuer, welches zur Durchführung großer gemeinnüşi begannen Die Vorarbeiten ger Anlagen erforderlich iſt. und in
einer verhältnißmäßig kurzen Zeit konnte die erwähnte nebenbei geſagt , die allererſte auf
Eiſenbahn
welche
deutſchem
Boden war
ben werden .
dem
öffentlichen Verkehr überge
Die Vortheile derſelben
und man hätte deshalb auch meinen dem
leuchteten
bald
ein ,
ſollen , daß man
fich
Gründer ſehr dankbar zeigen werde.
Dies ſcheint indeß
nicht geſchehen zu ſein . Im Sommer
1838 machte der König eine Reiſe nach
Iſtrien und Dalmatien , wo er wiederum ſchäftigung, Botanik, trieb. Schottland.
feine Lieblingsbe
1844 ging er nach England und
Nicht nur der ihm vom
gewordene Empfang, ſondern
Hofe Englands zu Theil
auch die vielen
zur Verherr
lichung ſeines Aufenthaltes hervorgerufenen Ehrenbezeigungen muß man als überaus glänzend bezeichnen . Das Miniſterium fich nicht ihm
halten
des Jahres
Julius Jacob ſchon unter dem
Freiherrn von Lindenau
können , wie wir
folgte das Miniſterium
die Bewegungen
ſchen
des
bereits berichtet haben ;
Könneriß- 3eſchau , welches durch 1848 fortgedrängt wurde.
Traugott von
Miniſterium
hatte
Könneritz
Einſiedel im
befand ſich
königlich fächſi
Dienſte .
1830 Kanzler geworden , richtete er fich jeßt
ganz nach dem
Baron von Lindenau , deſſen Weſen er auch
außerordentlich freu nachzuahmen verſtand.
Der Vater Kön
nerit's war Stallmeiſter in Merſeburg und hatte in Gemein ſchaft mit ſeiner Gemahlin , einer Tochter des ehemaligen Mi niſters Grafen von Hohenthal, welcher aus der Schröpfer'ſchen
279
Geſchichte bekannt iſt, für eine ganz vorzügliche Ausbildung ſeines Sohnes geſorgt. Naturgaben des
Leßtern hatten
Lindenau genoß
tert.
Große Fähigkeiten und ungewöhnliche ihm
einer großen
die Arbeit ſehr erleich Popularität in Sachſen ,
und da dieſe zur Eriſtenz eines Miniſters nothwendig iſt, fo bemühte ſich Herr von Könneriß, fie ebenfalls zu Lindenau menden
verdankte
erhalten .
ſeine Popularität einer nicht nachzuah
Biederkeit , mit welcher
er
Jedermann
begegnete.
Rönnerig war beliebt durch ſeine gnädige Herablaſſung , die er ſeinen Beamten zu mit vielem
Theil werden ließ , welche er überhaupt
Geſchick zu wählen verſtand.
Der Finanzminiſter von Zeſcau , ein Neffe des Generals von Zeſchau, den
Bülow zum Uebergang hatte bewegen wol
len , war ein durch ſeine Einfachheit beliebt gewordener Mann . Gleichwohl beſaß
er auch einen
gewiſſen Stolz , eine Erha
benheit und Würde , die alle, denen er durch ſeine Einfach heit gefallen wollte , vor etwaigen Zutraulichkeiten zurüchielt. Dieſer Stolz war indeß nichts
Natürliches , ſondern
Einſtudirtes, weil er ihn als zu hörig betrachtete. aus dem
ſeiner hohen Stellung ge
Daß dies der Fall war, erhellt allein ſchon
Umſtande, daß er fich , als ſeine Gemahlin geſtor
ben war, mit ſeiner Gouvernante vermählte. Gemahlin
vorragender
Ihr Auftreten
1
als
etwas
des Miniſters , zeugte übrigens von fo
geſellſchaftlicher Bildung ,
daß
man
her
gern
ihre
Herr
von
frühere untergeordnete Stellung darüber vergaß . Zu
dieſem
Miniſterium
gehörte
auch
noch
Noftiz, der ſich jept Noftiz-Walwiß nannte, weil eine Enter lin des früheren Finanzpräſidenten feine Gemahlin war , und Albert von Miniſterium
geworden
Carlowig , unbedingt der Klügſte im
Könneriß - Zeſchau .
Das Jahr 1848
beendete
die Thätigkeit deſſelben
und
280
an ſeine Stelle
trat das Miniſterium
welches unter dem men war.
Braun - Pfordten ,
Beiſtande Lindenau's zu
Stande gekom
1848 und 1849 waren zwei ſchreckliche Jahre für Deutſch land .
Nicht
nur deshalb , weil
viele mittelmäßige
Leute
glaubten , das Geſchick zur Führung eines Miniſterii zu be fißen und dadurch die beſtehenden , meiſt rechtlichen Miniſte rien
in
die Enge trieben
und überal Wirrwar anrichteten ,
ſondern auch, weil mancher Ehrenmann Herzen in jener Zeit gewaltſam
ſein
mit tieffühlendem
Leben einbüßen mußte ,
und endlich die deutſchen Fürſten ſelbſt nicht im Stande waren , ſich raſch und geſchickt über die revolutionairen Ele mente zu ſtellen .
Während die eine Partei zu weit vorging,
trat die Andere viel
zu weit zurück .
Keine hatte
ihre ihr
durch die Zeit gewordene Aufgabe begriffen , weshalb alle ungelöſt blieben
auch
und theils noch ungelöſt find.
Friedrich Auguſt II., ein Mann , der es keineswegs ver diente , ſondern ſtets ſo gehandelt hatte, daß ihm ſeines Volkes zu glück, im
Mai 1849 abermals einen
fidenz ausbrechen
die Liebe
Theil hätte werden müſſen , hatte das Un
zu
ſehen .
übrig, als fremde Hilfe in lich war es, daß man
Aufſtand in ſeiner Re
Es blieb kein anderes Mittel Anſpruch zu nehmen, und natür
ſich zunächſt an Preußen wandte, weil
dies das meiſte Intereffe bei der Sache haben mußte. König
von
Sachſen
verließ
ſeine Reſidenz
Der
und preußiſche
Truppen .ſtellten die Ruhe mit Kugeln und Bajonneten wie der her.
Wir
fühlen uns nicht veranlaßt, näher auf die
Thätigkeit der preußiſchen Soldaten einzugehen , nur ſo viel glauben wir , bemerken zu müſſen , daß fie in der Weiſe , wie ſie geübt wurde, mindeſtens von uns nicht für durchaus nothwendig
gehalten worden
iſt.
281 Sobald Revolutionen in einem Lande vorkommen , kann Volke fühlen ,
der Fürſt keine beſondere Liebe mehr zu ſeinem
namentlich wenn dieſer Fürſt ſtets dasjenige gethan hat, was Beſten ſeines Landes gereichen mußte . Friedrich Auguſt II. änderte indeß ſeine wahrhaft väterliche Regierung nicht ; ſo zum
viel es ihm möglich war, vergaß er das Geſchehene und kam auch nach den unheilvollen Mat-Ereigniſſen von 1849 Jeder mann mit Freundlichkeit entgegen. Im
Jahre 1854 machte Friedrich Auguſt II . eine Reiſe
nach München , um
die dortige Induſtrie-Ausſtellung in Au
genſchein zu nehmen . einen
Bei dieſer Gelegenheit unternahm
Ausflug nach den
Tyroler Alpen , um
In der Gegend von Brennbühl, wo er am angelangt war, zwiſchen
zu botaniſiren . 9. Auguſt 1854
Jms und Wens wurden die vor ſei
ner Equipage befindlichen Pferde fcheu und warfen Der König ſtürzte heraus und wurde von einem ſo ſtark am
Hinterkopf verwundet , daß er ſchon
Stunde nach
dem
er
Unglücksfall im
Gaſthofe zu
dieſe um . der Pferde eine halbe Brennbühl,
wohin man ihn in der Eile gebracht hatte, ſeinen Geiſt auf geben mußte.
Zwar hat er vor ſeinem
Tode noch das Abend
mahl bekommen , doch konnte er davon Nichts wiſſen , da ſeine Beſinnung nicht hatte zurückgebracht werden können . Die königliche Leiche ward von Brennbühl nach Augsburg geführt, dort einbalſamirt und
dann
nach
Dresden
gebracht.
Hier
wurde ſie in die, in der katholiſchen Kirche befindliche, könig liche Familiengruft beigelegt.
Ein
Jahr ſpäter ließ der ihm
folgende König von Sachſen , Johann , an der Unglücksſtätte bei Brennbühl eine Kapelle erbauen .
*
Friedrich
Auguſt war zweimal vermählt.
Jahre 1819 mit der Tochter Kaiſers Karoline von
Deſterreich, welche
Zuerſt im
Franz I., Erzherzogin
1832 am
22. März kinder
282
los ſtarb ; dann mit der Prinzeſſin Maria
von Baiern am
24. April 1833, der Schweſter der Kaiſerin -Mutter von Defter reich, der Königin -Wittwe von Preußen und der jebigen Kö nigin von Sachſen.
Auch dieſer zweiten Ehe ſind keine Kin
der entſproſſen . Unſrem früheren im zehnten Kapitel dieſes Bandes ge gebenen Verſprechen gemäß , müſſen wir jeßt uns wieder zu der Bergakademie von
Freiberg wenden .
Jahre zurückgehen müſſen , um
die
Wir werden
einige
immer weiter vor fich
ſchreitende Entwickelung recht anſchaulich zu machen .
Beſon
ders gehoben wurde die Bergakademie durch den Baron Sieg mund Auguſt Wolfgang von Herder. 18. Auguſt 1776 Jahre 1797 in er zum
zu
Derſelbe war am
geboren
Freiberg ſeine Studien .
und begann
Schon
im
1802 wurde
Bergamtsaſſeſſor für Marienberg, Geyer und Ehrens
friedershof, 1803 zum nannt.
Bückeburg
Affeffor im
Bergamte Schneeberg er
1804 ward er als Oberbergamtsaſſeſſor und Berg
commiſſionsrath nach Freiberg zurückperſept. 1818 wurde er Berghauptmann und ein Jahr darauf trat er als Ober berghauptmann an die Spiße des Bergwerks in Er ſtarb nem
am
29.
Freiberg.
Januar 1838 und wurde nach ſei
Wunſche auf der Halde des alten Berggebäudes , Drei
königfundgrube“ zwiſchen Freiberg und Bultendorf begraben . Herr von Herder beſaß nicht nur außerordentliche Rennt niffe im
Bergfach, ſondern
auch eine ſo ungemeine Liebens
würdigkeit ſeinen Untergebenen verehrten . Tode ein
gegenüber, daß dieſe ihn hoch
Die Bergknappen haben
ihm
prächtiges mit einer paffenden
Denkmal errichtet , um
ſogar nach
ein Zeichen ihrer Liebe zu ihrem
der Nachwelt zu überliefern , In feine Stelle trat Johann
ſeinem
Inſchrift verſehenes Chef
Karl Freiesleben ,
283
bis 1790
unter Werner ſtudirte; dann ſich dem
die
Seine beſondere Vorliebe für
dortige Hochſchule zu beſuchen .
ihn
trieb
Berg- und Hüttenweſen
und
juriſtiſchen
ſich 1792 nach Leipzig , um
Fach zuwendend, begab er
jedoch wieder nach dieſer
1776 ward er Bergaffeffor zu Marien
Seite hin , und ſchon
er eine gleiche Stellung in den Berg
burg und 1797 nahm ämtern
ſelbſt geboren
Freiberg
in
14. Juli 1774
welcher am
Geyer und Ehrenfriedershof
1799 wurde er
ein .
Bergmeiſter in den Revieren Johanngeorgenſtadt, Schwarzen berg und Eibenſtock, 1800 Bergcommiſſionsrath und Direktor in
Bergbaues
des thüring'ſchen -mansfeld'ſchen
Eisleben
1808 Affeffor in Freiberg.
in den
peißer Eiſenwerk und leitete die Verkohlungsanlagen Aemtern Wolkenſtein
und
Von hier aus organiſirte er das
und Lauterſtein , ward
darauf Aſſeſſor
des Oberberg- und Oberhütten -Amts , 1816 Bergrath , 1820 Berghauptmann und beim
Tode Herders Oberberghauptmann Berg- und Hüttenwe
und als Solcher Chef des geſammten ſens im
indeß nur wenige
Es blieben ihm denn ſchon am
20. März 1846
einer andern Welt zu .
Freiberg
Jahre zur Ruhe übrig,
eilte ſein unſterblicher Geiſt
Er hinterließ zwei Töchter und einen
Enkel, Sohn ſeines am in
1842 ließ er ſich penſioniren .
Königreich Sachſen .
verſtorbenen
Juni 1836
2.
Sohnes
Karl
als Bergamtsaſſeſſor Friedrich
Gottlob .
Dieſer Enkel, Karl Freiesleben , ward geboren , als ſein ſtarb.
Ebenſo wenig iſt ihm
das Glück zu
Vater
Theil geworden ,
war ihr Tod. 1 Derſelbe hat die juriſtiſche Laufbahn gewählt, lebt als Dr. jur. in Dresden und iſt mit Fräulein Henriette Mathilde Irmen
ſeine Mutter kennen zu
lernen .
Sein Leben
garde von Warnsdorff, Səweſter des Oberbergraths von Warns dorff, vermählt .
Eine der beiden
Töchter führte der Ober
bergrath von Warnsdorff als Gemahlin heim , ſo daß derſelbe
284
der Dheim
ſeirer eigenen Schweſter geworden
dere vermählte ſich mit dem
iſt.
Die an
an der Freiberger Akademie fun
girenden Profeffor Scheerer , iſt aber ſchon
verſtorben . Schee
rer ſchloß eine zweite Ehe mit Fräulein Maquet aus Berlin . Der Oberbergrath Ernſt Rudolph von Warnsdorff, deffen wir ſoeben gedachten , iſt im
Jahre 1808 auf dem väterlichen
Gute Gersdorf , bei Lauban in der Lauſip , geboren . Vater , früher
fächſiſcher Huſarenoffizier, ließ
Sein
ſich durch den
allgemeinen
Enthuſiasmus, womit der Aufruf Friedrich Wil
helms
von
III .
Preußen
Volke
vom
entgegengenommen
wurde, wie ſo viele andere Edle, verleiten , Weib und Min der zu
verlaſſen und in
das Lüßow'ſche Freicorps einzutreten .
Nach etwa fechs Wochen ward er Offizier in dieſem Er war ſo ſich um
Corps .
ganz Soldat, daß er während der Striegsjahre
ſeine zurückgelaſſene Familie gar nicht kümmerte und
dieſelbe trop des erwähnten Gutes ohne den Beiſtand des Su perintendenten Schober ſicherlich
untergegangen wäre.
Frau
von Warnsdorff vergaß dies nie ihrem Gemahle, ließ fich nach beendeter Kriegsperiode auch von ihm heirathete den
ſchon
genannten
Herr von Warnsdorff ward nach Wilhelm
III. zum
gerichtlich ſcheiden und
Superintendenten dem
Plaßmajor von
Schober.
Kriege von
Jülich
Friedrich
ernannt und bald
darauf in gleicher Eigenſchaft nach Cöln verſeßt.
Er hat ſich
wieder verheirathet und iſt im April 1855 als königlich preu Biſcher Major in Berlin
verſtorben .
Seine erſte Gemahlin
ſtarb ein Jahr nach ihm , die zweite lebt mit ihren in Berlin .
Kindern
Als Herr von Warnsdorff ſich mit Fräulein Henriette Freiesleben
vermählte , war er noch
ſehr jung und
konnte
demnach auch noch keine bedeutende Stellung einnehmen .
Er
war Stollenfaktor, ſtieg dann aber bald aufwärts, ward Berg
285
amtsaffeffor, Oberbergamtsaſſeſſor, Bergrath und endlich Ober bergrath , was er augenblicklich noch iſt.
Er beſigt viele und
ſehr bedeutende Kenntniſſe, nicht nur im
Berg- und Hütten
fach, ſondern auch in den meiſten anderen Wiſſenſchaften , fo daß man ihn mit Recht einen vielſeitig gebildeten Mann nen nen kann.
Dies hat auch
die königlich fächfiſche Regierung
dadurch lobend anerkannt, daß fie ihm
die Anlage der Gra
benparthie bei Rheinsberg ſelbſtändig übertrug.
Er hat bei
Löſung dieſer Aufgabe es verſtanden , das Schöne mit dem Nüblichen zu verbinden . fließt, hat er durch auf den
Das Waſſer, das unten im
vorzüglich
Berg geführt, um
Thale
geſchickte Einrichtungen
hoch
es ſich dienſtbar zu machen
und
durch daſſelbe die zum Bergwerk gehörenden Maſchinen Bewegung feßen zu können . tung nach ſeinen
eigenen
Entwürfen ausgeführten
machen dieſe Grabenparthie zu muthigſten Land eben
Promenaden nicht arm
in
in
Die unter ſeiner ſpeciellen Lei
einer der ſchönſten
Anlagen und an
ganz Sachſen , ungeachtet dieſes
an ſchönen Parthieen
iſt.
Ob die Thä
tigkeit des Herrn von Warnsdorff auch noch in andrer Weiſe von
ſeinem
Monarchen
anerkannt
iſt oder noch
anerkannt
werden wird, das wiſſen wir nicht; wohl aber, daß kein Frem der jene Parthie beſucht, ohne nach dem
Namen
des Grün
ders zu fragen und fich in Lobegerhebuugen über den feinen Geſchmack und den gewandten Kunſtfinn deffelben auszulaſ fen .
Bei alledem
iſt Herr von Warnsdorff ein
1
ſpruchsloſer , als gefälliger Mann.
ebenſo an
Wir wiſſen , daß er , um
fremden Perſonen einen einigermaßen richtigen Ueberblick über das Ganze des Bergbaues zu gewähren und ihnen die Tiefe des Bergwerks recht anſchaulich zu machen , das Gefäß , mit telſt deffen das Erz heraufgewunden wird, rund um mit bren nenden Lichten beſeßen und hinuntergehen ließ.
Die dadurch
286
entſtehenden Unkoſten bezahlt er ſtets allein . einen
ſo hochſtehenden
nüßigen
Oft trifft man
Beamten mit einer folchen
uneigen
Gefälligkeit nicht.
Das
Gut Gersdorf , das dem
Vater
Warnsdorff gehörte und auf welchem nady dem
Tode des Legtern an ihn
daſſelbe, um
fich ganz feinem
können , verkauft ; allein er noch
des Herrn
von
er geboren worden , iſt gekommen , doch hat er
wichtigen
Berufe widmen
zu
da es ein Lebensgut iſt, ſo bezieht
alljährlich bedeutende Revenuen von dem
jedesmali
gen Befißer. Der fächfiſche Bergbau brachte , wie wir früher ſchon be
1
richteten , von
1768 bis 1815 einen
von ungefähr 100,937 Thalern . zum
Jahre
jährlich
1800 ,
im
jährlichen Reingewinn
Freiberg allein
immerwährenden
ſchon etwa 52,000
brachte bis
Steigen
Mark Silber.
Nun
begriffen , aber trat
ein Stillſtand ein , welcher durch die damaligen höchft trauri gen
Verhältniſſe Europa's bedingt war.
Von
1820
gann der Ertrag wieder ergiebiger zu werden .
an be
Im
Jahre
1831 belief ſich derſelbe ſchon auf 62,796 Mark ; im
Jahre
1850
ſogar auf 92,860 Mark (an Werth
ler.)
In
ſämmtlichen
zulegt genannten Kupfer , woniten .
3500
1,089,071 Tha
Bergwerken Sachſens wurden
in dem
Jahre 93,379 Mark Silber, 300 Gentner
Sentner Blei und 4000
Centner
Glöte ge
Nach Abzug ſämmtlicher Unkoſten hat der fächſiſche
Staat von Millionen
Freiberg Thalern .
baues iſt jegt in
allein
einen
jährlichen
Der Hauptfiß
des
Gewinn
von
Freiberger Berg
der Gegend von Brand und Erbisdorf; als
Direktor fungirt der Oberberghauptmann von Beuſt. In unmittelbarer Nähe der Stadt Freiberg befinden ſich außer mehreren anderen Anſtalten zur Förderung des Berg baues die großen Silberſchmelzhütten mit acht Hochöfen
und
287
vierzehn Reverberir-Defen ; ſowie das 1787 gegründete und 1793 nach
einem
zerſtörenden
Brande wieder
hergeſtellte
Amalgamir- Werk bei Halßbrücke, das vornehmlich durch Herrn von Charpentier ſehr vervollkommnet wurde.
Es iſt jeßt un
ſtreitig das vorzüglichſte derartige Werk auf der ganzen Erde. Wenn Sachſen jemals einen Monarchen bekommt, deſſen Charakter fich dem eines Napoleons oder eines Friedrich des Großen auch nur nähert, ſo kann es noch einſt eine bedeu tende, vielleicht ſogar ſtimmangebende, Role im Staatenbunde einnehmen . die beſten feinen
europäiſchen
Es iſt gut fituirt, forgt ſtets dafür,
geiſtigen Kräfte an
fich zu
ziehen und befißt
in
Bergwerken eine ſo überaus ergiebige Geldquelle, daß
eben nur ein mit Thatkraft, Energie und politiſchem gewicht ausgerüſteter Fürſt dazu
Ueber
gehört, es auf jene von uns
ſoeben angedeutete Höhe zu bringen .
Ob ſein Volk aber dann
glücklicher ſein wird, als es unter den Regierungen ſeiner bis herigen väterlichen Könige geweſen iſt, das bezweifeln wir.
---
XI.
Io ha n
n
I.
(Seit 1854.)
3 wanzig ft e $
Kapitel
Seine Erzieher . Johanns Jugend . Seine Wirkſamkeit als Staats mann, Schriftfteller und Familienvater , - Die Demonftration von 1845 . Johanns Regierungs- Antritt. - Der außerordentliche Landtag von 1854 und die Erhöhung der königlichen Civillifte. Der ordentliche Landtag von 1855 und die in feinen Sigungen vorgekommenen Geſetvorlagen . – Der Mothſtand im Erzgebirge. Der Hungertyphus . Johann I. und ſeine Kinder. Ein Urtheil über Johann I. Bei dem Auguſts wie im
ſo
unerwartet
eingetretenen
Tode Friedrich
II. waren in Sachſen faſt die nämlichen Verhältniſſe, Königreich Preußen beim
Tode Friedrich Wilhelm
IV .
Wie hier , ſo war auch dort ein nur wenige Jahre jüngerer Bruder, der Prinz Johann , vorhanden , für welchen die Krone beſtimmt war. Johann am
Nepomucenus Maria
Jofeph, geboren
12. Dezember 1801, war der jüngſte Sohn des Prinzen
Marimilian von
Sachſen.
mens, mit dem
er im
Sein ältefter Bruder, Prinz Cle
Jahre 1824 eine Reiſe nach
Italien
machte, war auf dieſer Reiſe geſtorben ; ſein zweiter Bruder war der foeben verſtorbene König Friedrich Auguſt II., und
289
er als dritter und jüngſter Sohn hatte
daher urſprünglich
gar keine Ausſichten , jemals zur Regierung zu gelangen . Seine erſten
Jugendjahre
wiſſenſchaftlich gebildete von
Horell und der
leiteten
zwei würdige
Männer , und zwar der
Freiherr von
der General von Wagdorff in nährten und förderten in ihm
und
General
Weſſenberg ; ſpäter trat Sie erweckten ,
ihre Stelle.
die Liebe zur Wiſſenſchaft, in
welcher dieſer geniale Fürſt eine ziemlich bedeutende Stellung einnimmt.
Am meiſten neigte er ſich jedoch der italieniſchen
Sprache und Literatur zu , wie dies beinahe nicht anders ſein konnte, da ſeine Mutter, eine geborene Prinzeſſin von Parma, ihn ſchon als Kind in dieſelbe eingeführt hatte. Kaum
zwanzig
Finanzcollegium felben .
ein
Nachdem
Jahre alt, trat er als Mitglied in das und erhielt Siß und Stimme in dem
ſein Bruder Klemens geſtorben und er von
Italien zurückgekehrt war, wurde er 1825 zum
Vicepräſiden
ten dieſes Kollegii ernannt, deſſen wirklicher Präſident Herr von Manteuffel war. ſeinen
Neffen
Im
Friedrich
Jahre 1830, als König Anton
Auguſt
zum
Mitregenten
ernannt,
trat er an die Spiße der fädfiſchen Kommunalgarden . darauf erhielt er Siß und Stimme im nadi deffen Auflöſung den er gleichzeitig zum
Vorfig
Präſidenten
ernannt wurde, was er bis zum dem
am
3. Januar
im
geheimen
Gleich
Rath und
Staatsrath , während
des geheimen
Finanzcollegii
Frühjahre 1831 blieb .
1838 erfolgten
I.
Nach
Tode ſeines Vaters trat
er in den Befiß der Sekundogenitur. Troß dieſer
ſeiner
Thätigkeit im
Staatsfach hatte
er
wenig Gelegenheit, ſich um die eigentlichen Regierungsgeſchäfte zu kümmern.
Er beſchäftigte fich deshalb
Wiffenſchaft und Literatur , theils mit dem der Erziehung ſeiner Kinder ; er trieb Vertraute Geldichte. Sachſen . 3. Bb.
theils mit Kunſt , Unterricht und
ſeine väterliche 19
Für
-
290
forge ſo weit, daß
er
den Unterricht nicht nur überwachte,
ſondern meiſt ſelbſt ertheilte, was er um als
er auf allen
den
Jahren
von
Philalethes “ mödie"
Gebieten
des
ſo leichter konnte,
Wiſſens zu
Hauſe iſt.
1839 bis 1849 gab er unter dem
eine Ueberſegung von
Dant's
In
Namen
göttlicher Ko
heraus und hat ſich dadurch ſelbſt in den weiteſten
wiſſenſchaftlichen Kreiſen einen vortheilhaften und bleibenden Ruf gegründet. Ungeachtet
ſeiner gelehrten
Arbeiten , ſeiner wahrhaft
väterlichen Liebe zu ſeinen Kindern und ſeiner ſonſtigen Thä tigkeit im
Dienſte
bis zu ſeinem
des Vaterlandes
Regierungs - Antritte
larität gewonnen zu rechteſten ganz
Demonſtration ,
Weiſe
nicht diejenige Popu
Im
Jahre 1845 war er ſogar
die Urſache
die ſchnell einen
annahm , daß ein
mindeſtens
haben , auf die er in der That die ge
Anſprüche hatte.
unſchuldiger
dig wurde.
ſcheint er
Einſchreiten
ſo
einer
unerquidlichen
gefährlichen
Charakter
der Militairmacht nothwen
Die Sache verhielt ſich folgendermaßen :
Die nach Freiheit ſtrebende Parthei von 1848 und 1849 machte ſchon damals eine ſehr ernſte Miene, um
ſich zur Gel
tung zu bringen .
Da ſie aber noch unſchlüſſig war, wo und
wie ſie beginnen
follte , ſo tauchte plößlich in
das Gerücht auf, der edle Prinz Johann dem einem
Jeſuitismus beizutreten .
König
ihrer Mitte die Abſicht,
Eine ſolche Behauptung von und feingebildete , edle
Manne, wie der kluge
achtungswerthe
habe
Johann ,
klingt albern
und
und
wenig
glaubhaft; dennoch fand fie in der großen Maſſe des Volkes viele Anhänger , das ohnehin
längſt mit einer gewiſſen Un
zufriedenheit auf die katholiſche Religion des Hofes geblickt hatte. Wer der urſprüngliche Erfinder dieſes abgeſchmackten Gerüchts geweſen , iſt nicht ermittelt worden ; wohl aber, daß
291
fich viele Mitglieder der deutſch -katholiſchen Parthei hergaben , daſſelbe weiter zu verbreiten und auszubeuten . Die Demonſtration wurde durch das Militair beſeitigt. Sie hatte übrigens dem geneigt und kräftig
fächſiſchen Volke gezeigt, daß Johann
zu
jedem
Widerſtande
ſei.
Und eine
folche Wahrnehmung wird immer den Anhang eines Fürſten vergrößern .
Selbſt ſeine etwaigen Gegner werden durch ſein
muthvolles und
entſchiedenes
Auftreten wider ihren
Willen
zu einer ſtillen Bewunderung hingeriſſen , der dann auch bald Liebe, Treue und Ergebenheit folgen .
Beim
Tode Friedrichs Auguſts
II. waren
nur
Wenige
in Sachſen vorhanden , welche glaubten , Johann werde die Regierung übernehmen ; meiſt Ale neigten
ſich
der
Anſicht
zu , er werde zu Gunſten ſeines älteſten Sohnes darauf Ver zicht leiſten .
Man
hatte fich
geirrt.
Es dürfte überhaupt
wohl ſelten vorkommen , daß ein Mann die Königskrone aus ſchlägt , die fein Sohn
einſt zu tragen beſtimmt iſt.
reiferes Alter und ſeine größere Erfahrung machen gewiſſermaßen Sohne in
zur
Pflicht , ſelber zu
regieren , um
Sein es
ihm
feinem
der Art und Weiſe ſeiner Regierung einen An
haltepunkt für deffen
dereinſtige Wirkſamkeit als Regent zu
gewähren . Sachſen hat bis jeßt meiſt nur Fürſten an ſeiner Spiße gehabt, deren vornehmſte Sorge dahin ging, Vater im Kreiſe ihrer Unterthanen zu ſein . ziehung ſeinen
Johann I. ſchließt ſich in dieſer Be
Vorfahren würdig an , und hat die Genug
thuung, dies durch die ihm
überall entgegen kommende Liebe
feines Volkes anerkannt zu
ſehen .
Sein
Regierungsantritt
brachte
keine Veränderung in
die Geſammtverwaltung des Staates; er wechſelte nicht ein mal das Miniſterium .
Von Anfang an zeigte er ein lebens 19 *
292
diges
Intereſſe
an
allen
Regierungs -Angelegenheiten
und
nahm perſönlich an den wöchentlichen Sißungen ſeines Staats miniſterii Theil.
Auch gab
er
eine öffentliche
Erklärung
derart ab : „ daß er alle Zeit ein wachſames Auge ſowohl auf ſeine höheren , als auch niederen
Beamten haben und dafür
forgen werde, daß Jedermann ſeine Pfllicht erfülle, in wel cher Beziehung er
ſelbſt mit einem
guten
Beiſpiele voran
geben wolle und werde." Eine derartige freimüthige Erklärung mußte einem
Volke , das man
muß, populär machen . ihm
Ernſt mit ſeinen
gemüthlich
und
Auch berief er, um Verſprechungen
gefühlvoll
ihn
bei
nennen
zu zeigen , daß es
ſei, einen außerordent
lichen Landtag , der ſchon am 11. October 1854 wurde. Derſelbe erhöhte die königliche Civilliſte um
eröffnet jährlich
56,111 Thaler und ſeşte deren Geſammtſumme auf jährlich 570,000
Thaler feft.
außerordentliche 5. Januar
1855
Am
Landtag
29. Dezember 1854 wurde dieſer geſchloſſen ,
doch
trat
ſchon
am
der ordentliche Landtag zuſammen , nach
dem
zuvor in der zweiten Kammer ein Drittel der Mitglie der durch neue Wahlen erſekt worden war. Die Vorlagen umfaßten diesmal nur das Nothwendigſte; ſie beſchränkten ſich neben dem Budget für 1855 1857 und der Staats rechnung von 1849 bis 1851 nur auf die Kreditforderungen für Eiſenbahnbauten , auf Eiſenbahn- und Telegraphen -An gelegenheiten . Auch wurden Maßregeln wegen der herrſchenden Theurung und deren Verhütung vorgeſchlagen und angenommen ; eine neue Landtagsordnung
und Geſeße über das
Inſtitut
der Friedensrichter, über Regulirung der Ausübung des Jagd rechts erlaſſen ; die körperliche Züchtigung, ſelbſt für Frauen , als Polizeiſtrafe wieder eingeführt, und eine Militairgerichts ordnung, ſowie Nachträge zum
Erpropriationsgeſe
veröffent
293
licht.
Am
und am
7. Auguſt
1855 wurde der Landtag geſchloſſen ,
11. deſſelben Monats ſchon
erfolgte die Publikation
des Gefeßes über die Organiſation der tungsbehörden
erſter
Juſtiz- und Verwal
Inſtanz und über die Einrichtung des
Friedensrichterinſtituts .
Am
5.
September
erſchienen
das
Strafgeſegbuch und das Militairſtrafgeſek . Durch eine ſo ſchnelle und der Zeit entſprechende Regu lirung der geſeblichen Verhältniſſe im Königreich Sachſen er warb fich Johann I. die Achtung des ganzen Europa's.
Dieſe
wurde noch durch ſeinen außerordentlichen Geſandten , welchen er in
der Perſon
ſeines Staatsminiſter von Beuſt nach Paris
fchickte, ungemein
erhöht. Als Erfolg dieſer Reiſe wird auchy
der bedeutende Einfluß betrachtet , welchen man der
im
De
cember 1855 erfolgten Miſſion des fächſiſchen Geſandten am Hofe zu Paris , von Seebach, nach
Petersburg mit volem
Rechte zuſchrieb.
Die Maßregeln , welche auf dem
am
5. Januar 1855
eröffneten ordentlichen Landtage zur Milderung der allgemei nen
Theuerung in Vorſchlag gebracht und angenommen waren ,
{ cheinen ſich nicht bewährt zu haben , oder die Theuerung hatte bereits ſo empfindlich das Mark des Volkes ergriffen , daß eine Abhilfe von ihnen erſt für eine ſpätere Zeit zu erwarten ſtand. Die allgemeine Noth hatte ſo ſtark um
ſich gegriffen und in
einzelnen Gegenden Sachſens, beſonders in den ten
des Erzgebirges, bis
zum
Weberdiſtrik
eine ſo enorme
Herbſt 1856
Höhe erreicht, daß überall der entfeßliche Hungertyphus aus brach, welcher mit ſo verheerender Schnelle um in vielen griffen
Orten
fidz griff, daß
der vierte Theil der Einwohner davon er
und großen Theils getödtet wurde.
dauerlicher Zuſtand eines Volkes tig laſſen kann , iſt begreiflich.
den
Daß ein ſo be
Fürſten nicht gleichgil
Seitens Johanns
I. wurden
294
die mannichfachſten Anordnungen zur Linderung dieſes Noth ſtandes erlaſſen , auch Lebensmittel und baare Unterſtüßungen an die Armen ertheilt; doch war dies Alles nicht im Stande, jene ſchredliche Krankheit aufzuhalten , die ihren Samen nicht erſt heute oder geſtern , ſondern vielleicht ſchon ſeit langer Zeit ausgeſtreut hatte . Johann I. litt entſeglich bei dem
Unglück ſeiner Unter
thanen , wie dies nicht anders ſein konnte, da das fächfiſche Königthum
immer mehr
ein Familienthum fein
–
wenn wir
ſo
ſagen dürfen
iſt, wo der Monarch fich als Vater und
Volk als feine Kinder
betrachtet.
doppelt angreifen , da er felber in
dem
Es mußte ihn aber Kreiſe feiner Gemah
lin und Kinder ein wahrhaft ſchönes Familienleben führt und ihm
als humanen
und wiffenſchaftlich gebildeten Mann die
Leiden feines Landes noch weit ſchwärzer und unheivoller er ſcheinen . Im
Monat April 1856 wurde in Dresden eine allge
meine deutſche Kreditbank gegründet, welche mittelſt eines kö niglichen
Patentes vom
2. Mai deſſelben
Jahres ihre Beſtä
tigung erhielt und fich in der Folge als ein höchſt wohlthä tiges
Inſtitut herausgeſtellt hat.
Anderen deutſchen am
Staaten vorangehend, ſchloß Sachſen
27. Auguſt 1856 mit Frankreich einen
Vertrag wegen .
eines gegenſeitigen Schußes des literariſchen Eigenthums ab . Die fächſiſchen Kommunalgarden haben dadurch , daß der jeßige König bei ihrer Gründung das Kommando übernom men hatte , ungemein viel gewonnen ; mit Recht müffen als
ein
Beſtandtheil der bewaffneten Macht des
trachtet werden und als Solchen wird man ges Leben vorherſagen
können . Um
dauern , daß es Anfangs
Juli
fie
Landes be
ihr auch ein lan
ſo mehr aber iſt zu be
1860 zwiſchen
ihr und der
295
leipziger Studentenſchaft zu ziemlich ernſten Conflikten gekom men war. Der zeitige Rektor der Univerſität, Herr von Wäch ter, befand ſich auf einer längeren Urlaubsreiſe, kehrte aber nach erhaltener Mittheilung von den vorgekommenen Reibungen zwiſchen den Studenten und der Kommunalgarde ſofort nach Leipzig zurück . er ſchon am
Daſelbſt am
10. Juli eintreffend , verſammelte
11. deſſelben Monats Nachmittags die Studen
tenſchaft um ſich und machte ſie in einer längeren , höchſt geiſt reichen Rede darauf aufmerkſam , daß man von Männern , die nach abſolvirten Studien durch ihren Beruf theils dem ten-, theils dem
Beam
höheren Bürgerſtande angehören , mit Recht
mehr Mäßigung und Ruhe erwarte, als ſie bisher
gezeigt.
Schließlich ermahnte er ſie noch, Alles zu vermeiden , was in irgend welcher Weiſe
zu einem
Conflikt führen
könnte und
ſprach die Hoffnung aus, daß feine Rede genügen werde, fie ihren ehrenhaften Standpunkt, welchen ſie in der Geſellſchaft
. einzunehmen berufen
ſeien , erkennen und feſthalten zu laſſen .
Die ganze Studentenſchaft brachte auf den Redner ein don nerndes Lebehoch aus, ein Beweis, wie ſehr ſie die Wahrheit ſeiner Worte erkannt hatten .
Es kam
auch kein Zuſammen
ftoß mit der Kommunalgarde wieder vor. Die Univerſität zu Leipzig wird übrigens nicht mehr ſo ſtark beſucht, als dies früher der Fall war ; die Zahl der dort Stugirenden beläuft ſich auf etwa 400 , worunter allerdings fich viele Ausländer befinden . Es würde innig bedauert werden müſſen , wenn ähnliche Ereigniſſe öfter einträten , zumal da dies nem muß.
feinfühlenden
Herzen
wirklichen
Johann
Rummer
I. bei ſei verurſachen
Ganz Deutſchland erkennt ſeine ungewöhnlich geiſtige
Befähigung an , und es muß auf ihn deshalb auch einen häß lichen
Eindruck machen , wenn bei aller dieſer
Befähigung
296
unter ſeinen eigenen Augen dergleichen bedauerliche Ereigniſſe eintreten . Darüber, daß der König von Sachſen gen
Fürften
Deutſchlands einer hohen
ſich von den übri
uud
ungewöhnlichen
Achtung zu erfreuen hat, lieferte die Badener Zuſammenkunft im
Jahre
1860 den
beſten
Beweis .
Hier im
Männern , die berufen ſind, ein ganzes
Kreiſe von
Volk zu
leiten
und
zu regieren und eine demgemäß entſprechende Ausbildung em pfangen haben , wurde
Johann
I. einſtimmig
erwählt, die
Protokolle zu redigiren, die von ſämmtlichen anweſenden Mo narchen unterzeichnet wurden .
Daß gerade auf den
König
von Sachſen die Wahl fiel, hatte ſeinen hauptſächlichſten Grund darin , daß derſelbe bei ſeiner früheren
Thätigkeit in der erſten
fächſiſchen Kammer eine Geſchäftsgewandtheit erlangt hat, wie ſie wohl keinem
anderen gekrönten Haupte in dem
wohnen mag.
-
Johann
die ſchwierigſten Referate
I., damals noch im
Maße bei
Prinz, hatte ſtets
ſächſiſchen Oberhauſe mit einer
Gründlichkeit und Klarheit ausgearbeitet und vorgetragen , die praktiſch gebildeten
einem
haben würde.
Juriſten zur höchſten
Ehre gereicht
Das war aber auch natürlich : von
jeher hat
er immer eine ungewöhnliche Neigung zu gerichtlichen Arbei ten gehabtund ganze Tage ſich mit Aktenleſen beſchäftigt, wodurch allein in niß
es ihm nur gelingen
der
konnte , theils felbſt Gewandtheit
Abfaſſung von Protokollen , theils aber auch Stennt
von den
langen .
Rechtsverhältniſſen ſeines
Vaterlandes zu
er
Unter der Regierung eines fo würdigen, allſeitig ge
bildeten und im
Geſchäftsleben
ſo gewandten
Fürſten
dürfte
ein ungerechtes Richterurtheil zu den Unmöglichkeiten gehören ! Glücklich
ein
Volk ,
über
das
ein
ſolcher Mann
ſeinen
Scepter führt. Johann
I. hat ſich am
21. November 1822 mit der
297
am
13. November 1801 geborenen
Prinzeſſin
Amalie von
Baiern vermählt, welche ihn mit drei Prinzen und ſechs Prin zeſſinnen beſchenkte. nur noch Leben : 1.
fünf ,
Von
dieſen neun Kindern find übrigens
zwei Prinze
und
drei Prinzeſſinnen , am
Albert , Kronprinz, geboren am
23. April 1828 , er
zogen von Herrn von Langen und vermählt ſeit dem 18. Juni 1853 mit der Prinzeſſin Karoline von Waſa , geboren am
5. Auguſt 1833;
2. Georg, geboren am 8. Auguſt 1832 und vermählt ſeit dem
11. Mai 1859 ;
Die Herzogin - Wittwe von Genua ;
3.
16. Auguſt 1834 ; und
4. Sidonie , geboren am 5. Sophia, geboren am Dem
15. März 1845 .
Frankfurter Muſeum
vollſtändigung
der
entnehmen wir noch zur Ver
Charakterſchilderung König
Johann's
I.
wörtlich Folgendes : Seine geiſtige Befähigung und die Vielſeitigkeit, wie Gründlichkeit ſeiner Bildung waren allgemein bekannt, nicht minder ſeines
die Feſtigkeit feines Sinnes Charakters.
und Selbſtändigkeit
Man glaubte, annehmen
zu
dürfen ,
daß mit König Johann eine perſönliche Regierung beginnen werde , daß fich neue Geſichtspunkte geltend machen , daß insbeſondere Wiſſenſchaft Pflege erfahren werden . ſten , die ſich genugſam dem
Regenten erſah man
und Kunſt eine
hervorragende
Der menſchlichen Seite des Für erprobt, war man gewiß , an fich Bedeutendes.
In der erſten
Beziehung hat ſich Sachſen nicht getäuſcht: es beſigt einen in
jeder Beziehung hochehrenwertben
Fürſten , der in Hin
ficht der Bildung, des Fleißes , des Wohlwollens, und als Familienvater wohl als ſeltenes Vorbild gelten darf. Mag
298
jene andere Erwartung zu
1
gewiß nur , daß ſie ſich außen hin
hoch
geſpannt geweſen
nicht ganz erfüllt hat.*)
iſt nur eine faſt zu
ſein , Nach
große Regſamkeit ſichtbar
geworden , von den Einrichtungen und Zuſtänden der öffent lichen
Anſtalten
im
Gerichts-, Verwaltungs- und Unter
richtsweſen perſönlich Kenntniß zu nehmen . „ Weſentliche
Veränderungen
der leitenden
Geſichts
punkte ſind nicht wahrnehmbar geworden , und ganz beſon ders - hat ſich die Hoffnung getäuſcht geſehen , daß Wiſſen ſchaft und Kunſt eine unmittelbare naddrückliche Förderung erfahren werden , ohne daß erſt die Kräfte des Landes her ausgezogen würden ; eine Hoffnung, der man
im
Hinblick
auf die Eigenſchaften des Fürſten , wie des Landes ihr gutes Recht wohl nicht beſtreiten könnte . Man kann darum nicht ſagen , daß König nießt , im daran
Johann, bei aller Verehrung , die er ge
guten Sinne des Wortes populär ſei.**)
iſt . zum
Und
Theil auch
jene nicht unbekannte Eigen
thümlichkeit des fächſiſchen
Hofes Schuld , die ihn durch
eine ſteife Etiquette und eine uralte Hofrangordnung ſo ziemlich unnahbar gemacht. in
dem
Uebermaß
fie' würden wahrlich
Wüßten die Fürſten , was ihnen
dieſer Abgeſchloffenheit verloren gerade da
reformiren , wo
geht,
es doch
nur eines entſchiedenen Willens zur Aenderung bedarf .“
Wir ſtimmen König
mit dem
Verfaſſer
dieſer Schilderung
Johann's I. in Bezug auf das ſteife Ceremoniel des
Hofes vollkommen
überein , doch läßt ſich
auch wiederum
* ) Sft auch beinahe eine Unmöglichkeit während dieſer bis jeßt kurzen Regierung. **) Die allgemeine Verehrung eines Fürſten , wie ſie der Verfaffer bei Johann I. zugiebt, ſcheint mir ſchon den Begriff der Popularität in fich zu vereinen .
299
keineswegs verkennen , daß auch die Fürſten
von Schwächen
nicht befreit ſind und daß alle wiſſenſchaftliche Bildung die Wir haben bei Fried
felben nicht unmöglich machen kann .
rich Auguſt I. geſehen, daß er ſelbſt in ſeiner Gefangenſchaft zu
Friedrichsfelde bei Berlin , wo ſein Unglück doch unzwei
felhaft die höchſte Stufe erreicht hatte, der unbehaglichen Hof etiquette treugeblieben zu bedenken
iſt.
geben , daß das
Außerdem
müſſen wir noch wohl
Ceremoniel des fächſiſchen Hofes
nicht vereinzelt daſteht, ſondern ohne Ausnahme überall an getroffen
wird .
Freilich ſollte man meinen , daß
einem
ſo
edlen Fürſten , wie Johann I. iſt, eine derartige Abgeſchloſſen heit zuwider und läſtig iſt und daß unter der Wucht derſel ben fein tieffühlendes Herz nur zu
leiden
hat; würde er es
jedoch unternehmen , die Schranke zu durchbrechen , dann wäre aller Nimbus verloren , ohne den ein Königsthron nicht recht denkbar ſcheint. Möge Gott den König Johann noch lange zum ſeines Volkes und zum
Glück ſeiner eigenen
ten , und der Kronprinz , wenn geſchmückt iſt , in
fein
Segen
Familie erhal
Haupt von
der Krone
demſelben Sinne da fortarbeiten , wo ſein
königlicher Vater ſtehen geblieben iſt.
300
Ein und z w
a uz i gft e $
Rap i tel.
Das Civil Die Kirchenordnung. Der Landtag von 1860--1861. Samm Schluß des Landtags und die königliche Shronrede. geſekbuch. Der Marine-Angelegenheiten . lungen für die Verwundeten von Gaeta . Rietſchel · Das Miniſterium von Beuft. Juriftentag in Dresden von 1861. Es iſt faſt eine Unmöglichkeit, jegt ſchon nach
einer ſo
kurzen Regierungszeit ein erſchöpfendes Urtheil über Johann I. zu fällen . Indem wir dies einer ſpäteren Zeit überlaſſen , wollen wir uns nur darauf beſchränken , eine klare Zuſammen ſtellung ſeiner
Thätigkeit und derjenigen ſeiner Miniſter und
des Landtages zu
liefern .
Anfangs November 1860 waren die des abermals zuſammen zum
Präſidenten
Vertreter des lan
berufen , der Baron
von Frieſen
der erſten , Haberkorn zum
Präſidenten
der zweiten Kammer ernannt und die Eröffnung beider Häu ſer auf den
7. November feſtgeſeßt, die dann auch mit einer
geiſtreichen Rede des Königs Statt fand.
Die Verhandlun
gen des Landtags erſtreckten fich hauptſächlich thungen
auf die Bera
einer neuen Kirchenordnung und auf die ſchleswig
holſtein'ſchen
Verhältniſſe .
Die Erſtere hat in einem
großen
Theile des Landes eine ſehr lebendige Oppoſition hervorgeru fen , und als beſonders die erſte Kammer nach den beendigten Weihnachtsferien beginnen
im
ließ , fand
Januar 1861
ihre Sißungen
fie große Maffen
von
wieder
Petitionen
und
Adreſſen vor, welche natürlich hinreichend Gelegenheit zu hef tigen Debatten boten und die wohl als Hauptgrund betrachtet werden müſſen , daß das Geſeg
durchfiel.
301
Günſtiger dagegen geſtaltete ſich die ſchleswig -holſtein'ſche Angelegenheit.
Der
ehemalige
Staatsminiſter
Dr. Braun
ſtellte einen Antrag , dahin gehend, daß die zweite Kammer mit der Erſten gemeinſchaftlich die Staatregierung erſuchen ſollte, im Bundeswege auf ehebaldige Herſtellung des in dem Friedensſchluſſe mit Dänemark in deſſen , unterm 29. Juli 1852 von Seiten
des deutſchen Bundes genehmigter Bekannt
machung vom 28. Januar 1852 verbürgten Rechtszuſtandes in den Herzogthümern Schleswig und Holſtein hinzuwirken , auch eintretenden Falles ihre Bereitwilligkeit zum Anſchluſſe an die in dieſer Angelegenheit zuläffigen Zwangsmaßregeln Bunde erklären . Der Staatminiſter von Beuſt.ſtimmte im königlichen Regierung dieſem
beim
Namen der
Antrage volſtändig bei, und der
vormalige Miniſter Georgi ſagte : das induſtrielle Sachſen habe
gewiß
ein
Intereſſe
an der Erhaltung des
Friedens ,
gleichwohl dürfe dieſe Rücficht allein nicht maßgebend ſein , und obgleich dieſe Angelegenheit zum
Theil eine völkerrecht
liche ſei, ſo müſſe der Bund doch Etwas darin thun , wolle er nicht an ſeinem Auch ein
Civilgeſezbuch kam
zur Verhandlung. 1861
Anſeben verlieren . in
ihre Spezialberathung darüber.
lagen wurden
dieſer Seſſion wieder
Die zweite Rammer beendete am 23. Juli Die Regierungsvor
angenommen mit Ausnahme des Verbots der
Vormundſchaft von Nichtchriften über Chriſten und der Aus ſchließung
der
Pflichttheilsberechtigung durch
ein
gemeines
Verbrechen mit 62 gegen 4 Stimmen . Am 6. Auguſt 1861 hielt
die erſte Stammer ihre legte
Sißung, in welcher noch das ganze Finanzgeſep über das Budget für 1861 bis 1863 einſtimmig angenommen wurde. Tags darauf fand der feierliche Schluß des zehnten ordent
302
lichen Landtags im Auftrage des Königs durch den Kron Die Thronrede prinzen im königlichen Schloffe Statt. lautete : Meine Herren Stände ! jährigen
ftändiſchen Wirkſamkeit
Am Schluſſe Ihrer dies
kann
ich nur mit wahrer
Befriedigung auf die erlangten Reſultate zurückblicken . große Anzahl wichtiger Gegenſtände
iſt zur
Eine
Verabſchiedung
gelangt, mehrere lang gefühlte Bedürfniſſe find befriedigt und vieljährige worden .
Bemühungen Beſonders
einem
erfreulich
glücklichen
Ziele zugeführt
iſt es Mir zunächſt
geweſen ,
daß bei Berathung der Gewerbeordnung das Princip der. Gewerbefreiheit mit ſo großer Einhelligkeit ange nommen
und
conſequent durchgeführt worden
einflußreichen
Vorſchritt
den
hat und daß das Geſez , kreuzenden mit
iſt.
Es ge
die Hoffnung , daß die Gefeßgebung für jenen
währt dies
Intereſſen , doch
der Ueberzeugung
werden wird.
richtigen
Augenblick
ungeachtet der vielen
in den betheiligten Kreiſen auch
von
Möge es zu
deſſen Nüßlichkeit aufgenommen fernerm
Gedeihen
und reichem
Aufblühen unſers, für das Vaterland ſo wichtigen weſens dienen .
getroffen dabei ficy
Gewerbe
Ich Mich dagegen bewogen gefunden ,
Habe
den Entwurf einer Kirchenordnung für die evangeliſch lutheriſche Kirche Sachfens noch vor
Beendigung der
Berathung in beiden Kammern zurückzuziehen , ſo geſchah dies in
der
Ueberzeugung, daß
bei der großen
der obwaltenden Meinungen ein bei nicht zu Reife
erwarten
Verſchiedenheit
gedeihliches Reſultat hier
ſtebe und eben der rechte Moment der
für dieſe tiefeingreifende Angelegenheit noch
nicht ge
kommen ſei, wogegen die Zukunft eine größere Abklärung der Anſichten Ihrer
hoffen
läßt.
Als
Berathungen betrachte
eins der Ich ferner
ſchönſten
Ergebniſſe
die Verabſchiedung
303
des neuen Wahlgeſeßes und des Geſeges, einige Abän derungen der Verfaſſungsurkunde betreffend, bei wel chen , ohne den bewährten Grundlagen unſerer Verfaſſung zu nabe zu
treten , dem wahrhaft praktiſchen Bedürfniſſe Rech
nung getragen worden
iſt.
Sie iſt ein
Zeugniß
der Reife
und Beſonnenheit, mit welcher auch ſchwierige und politiſche Fragen
von
werden .
der fächſiſchen
Ständeverſammlung
Nicht minder anerkennungswerth
behandelt
iſt auch die Ent:
ſchloſſenheit, mit der Sie, um
das Zuſtandekommen
zweier
großen Werke nicht zu
unter
indivi
ſtören ,
dueller Wünſche und Anſichten , zu
dem
Entwurfe
zu
dem
allgemeinen
gegeben haben.
Ihre ſtändiſche Zuſtimmung
eines bürgerlichen deutſchen
würdigen
in
Handelsgeſebuche
vielfach und zuerſt von
Aller Andenken
der Ständeverſammlung in
Geſepbuchs und
Durch das erſtere wird nicht nur ein feit
der Begründung unſerer Verfaſſung einem
Zurückſtellung
in
gebliebenen
Mitgliede
Anregung gekommener Wunſch
Erfüllung gebracht und die darauf verwendete lange und
ſchwierige Arbeit mit Erfolg gekrönt, ſondern auch die Hoff nung
begründet, Einheit
namhaften Theile legtere wird dieſe derſelben
am
des bürgerlichen
Rechts in einem
Deutſchlands herzuſtellen . Durch das Rechtseinheit auf einem Gebiete , das
meiſten bedarf, hoffentlich in allen Bundes
ſtaaten oder doch in hergeſtellt werden .
der überwiegenden Mehrzahl derſelben Das
Zuſtandekommen
Werkes auf bundesverfaſſungsmäßigem
dieſes
wichtigen
Wege begründet aber
zugleich die Erwartung , daß das Band, welches ganz Deutſch land umfaßt, auch ferner für die Wohlfahrt des Geſammt vaterlandes fich wirkſam erweiſen werde. Durch das Geſep , die
Gerichtsbehörden
bei
der
königlich
fächſiſchen
Armee betreffend, und die Militairgerichtsordnung wird das
304
Syſtem
unſeres Strafverfahrens vervollſtändigen .
Gefeß , die Erläuterung
einiger Artikel des
Durch das
Strafgeſeß
buchs und der Strafprozeßordnung betreffend , werden die weſentlichſten Uebelſtände, welche in der Praxis bei Hand habung dieſer Geſeße fich ergeben das Gefeß
haben , beſeitigt.
zu gütlicher und koſtenfreier
Durch
Vermittelung
tiger Civilanſprüche und das Gefeß zu
ſtrei
Abkürzung und
Vereinfachung des bürgerlichen Prozeßverfahrens wird dem
Lande, unerwartet des Erlaffes der in der Bearbeitung
begriffenen Civilprozeßordnung, die Wohlthat erleichterter und beſchleunigter
Rechtshülfe zu
Theil, ſowie
ſtimmung zu den von der Regierung dem offerirten dem
Bedingungen
hoffentlich
Gebiete des Strafverfahrens
die
durch
Ihre Zu
Hauſe Schönburg
leßte Anomalie auf
verſchwinden
wird.
gefühlte Bedürfniſſe werden auch durch das auf dem
Oft
Grund
faße der Claſſification beruhende neue Brandkaſſengeſetz und die Aufhebung der Cavillereigerechtſame ihre Be friedigung finden . Für die längſt als nöthig erkannte Me dizinalreform
iſt durch die ſtändiſchen Beſchlüſſe eine feſte
Grundlage gewonnen , auf welcher , in dadurch fchen
bedingten
Aufhebung
Verbindung mit der
der mediziniſch - chirurgi
Akademie, weiter gebaut werden
ſoll.
Durch
die
Errichtung einer Landeskulturrentenbank endlich wird dem
Gefeß
geſichert. haben
vom Den
15. Auguſt
1855
Sie meiner
gemacht, theils zu
Verbeſſerungen
Maaßregeln ; zu umfaſſenden
Zwecke.
benußend
Regierung reichliche Geldbewilligungen
Kirche, Schule und Univerſität zu
weſen , zu
ſeine volle Wirkſamkeit
günſtigen Stand unſrer Finanzen
im
Einzelnen , theils für Durchführung wichtiger
Verbefferungen im
Eiſenbahn
Erhaltung der Elbſchifffahrt und für militairiſche
Empfangen Sie dafür Meinen
Dank.
Wenn Sie
305
endlich noch in
den leßten
gierung den nöthigen
Tagen
Ihrer Wirkſamkeit der Re
Credit eröffnet und die erforderlichen
Ermächtigungen zu Herſtellung zweier neuer Eiſenbahnen unter angemeſſenen Bedingungen ertheilt haben , ſo wird dieſe Entſchließung , wie ich von
dem
zuverſichtlich
günſtigſten Erfolge
hoffe , in
der Zukunft
für Handel und Gewerbe be
gleitet ſein . So hat denn dieſerº Landtag den Beweis gelte fert, daß
ſelbſt in
einer Zeit mannigfacher politiſcher Auf
regung und bei zahlreichen Meinungsverſchiedenheiten
durch
ruhigen und aufrichtigen Austauſch der Anſichten und treues Feſthalten an dem Allen gemeinſamen Streben für das Beſte des
Vaterlandes die ſchwierigſten
glüdlichſten von dem
Reſultate erzielt werden
gelöſt und die
können .
Möge Gott,
alles Gedeihen kommt, unſre gemeinſchaftlichen Be
mühungen fegnen zum O !
Aufgaben
Wenn
Wohl des theuern Sachſenlandes !"
in den Regierungskreiſen , wie es unter Johann I.
der Fall iſt, ſich überall eine höhere Lebendigkeit fund giebt, fo bleibt in der Regel die Geſammtbevölkerung hinter dieſen Beſtrebungen nicht zurück . reges
Das fächfiſche Volk hat ſtets ein
Intereſſe nicht nur für ſeine eigenen Angelegenheiten ,
ſondern
auch
für die des
Tag gelegt.
ganzen
übrigen Europa's an den
Es wird ſich deshalb auch Niemand gewundert
haben , als zu
Anfange Februar’8 1861 im
Dresdner
Jour
nal ein Auffaß gefunden wurde, der Italien betraf und von dem dem
Oberforſtmeiſter von Berlepſdh, Herrn von Fabrice-Wolde, Baron
von
Frieſen -Rötha , Dr. A. Keil , Oberſt von
Röder und noch mehreren
anderen Männern
unterzeichnet
war. Das fächſiſche Volt ward durch denſelben aufgefordert, Geldbeiträge für die por Gaeta verwundeten Unterthanen des Königs Franz einzuſenden .
Sind wir behindert,“ heißt
es in jener Aufforderung, „mit der Kraft des Armes Beiſtand 20 Vertraute Geſchichte. Sadſen . 3. Bd.
---
306
zu
begeiſterten Zuruf
durch den
leiſten , ſo können wir doch
der Ehrfurcht und Bewunderung moraliſche Erfriſchung rei ſo können wir die Wahrheit, die Kraft unſeres Mit: chen gefühls
Darbringung edlen Metalles bethätigen ,
durch die
welches geeignet iſt,
ſowohl dem
Heldenarm
Waffen zu lie
fern , als auch den verwundeten Kriegern Linderung und Hei Bis zum 16. Februar waren lung zu verſchaffen . u . . w . drittehalb Tauſend Thaler eingelaufen , welche an
etwa die
Königin
von
Maria
ſind.
geſandt worden
Neapel
Faſt gleichzeitig mit dem vorſtehend erwähnten Aufruf erſchien auch ein Gouvernementsbefehl, legaliſirt durch die Unterſchrift des Gouvernementsadjutanten , worin die Verwundeten
von
zweite Aufruf bot dem
aufgefordert
Gaeta
wurde.
für
Dieſer
zur zweiten Kammer gewählten Ab
geordneten Riedel Gelegenheit zu er das Erſcheinen
Sammlungen
zu
einer Erklärung derart, daß
einer ſolchen Aufforderung bedauern und
Indem über die Echtheit derſelben Auskunft erbitten müſſe. der Staatsminiſter von Rabenhorſt darauf entgegnete , daß ihm
dieſelbe ganz fremd, fügte er nod
ſehr treffend hinzu :
daß er ſich darüber aber freue , weil darin von einer Hilfe für Verwundete die Rede.ſei, welche man ohne Anſehn der Perſon überall gewähren müſſe, wo man könne. Bei den
neueſten Beſtrebungen
Preußens , für fich be
Handelsvertrag mit
Frankreich abzuſchließen ,
ſonders
einen
tauchten
verſchiedene
meiſten
Gerüchte auf, nach deren
Mittelſtaaten
Deutſchlands
gegen
die
Inhalt
die
Abſchließung
eines ſolchen Vertrages ohne die Zuſtimmung der übrigen deut fchen Mächte Proteſt erhoben haben und Würtemberg
war
auch
Sacſen
ſollten . Neben genannt.
Baiern
Glücklicher
Weiſe waren es eben nur Gerüchte, mindeſtens erſcheint Sach fen ganz unbetheiligt dabei, Sachſen , das durch ſeinen Mi
307
niſter von Beuft in
der Kammerſißung vom
bei der Verhandlung
7. Januar 1861
ſchleswig- holſtein'ſchen
der
heiten frei und öffentlich erklären
Angelegen
ließ , daß man Preußen das
Recht der Führerſchaft weder beſtreiten wolle, noch werde.
Wenn
folche
Erklärungen
vorangegangen
ſind, ſo er
ſcheint jene Behauptung, auch Sachſen habe ſich jenem
Pro
teſt wegen des Handelsvertrages zwiſchen Preußen und Frank reich angeſchloſſen , vollſtändig eine
aus
darauf erfolgte Widerlegung
ganz überflüffig zu ſein.
der Luft gegriffen , und des Dresdener
Journals
Sachſen beweiſt übrigens auch nody
durch ſpätere Ereigniſſe, daß es den
Grundſaß, welchen Herr
von Beuſt in die
der erwähnten Kammerfißung , daß Preußen Führerſchaft zukomme, ausgeſprochen , aufrecht erhalten
wiſſen will.
Dies zeigt ſich vornehmlich
Angelegenheiten .
Es
ſind
in
in den
Leipzig Anfang8
Marine Juli 1861
Verſammlungen abgehalten worden, welche den Zweck hatten , für Anſchaffung einer Kanonenboot- Flottille zu ſorgen . r Die allgemeine Strömung ging dahin ,"
berichtet ein offizielles
Journal , ,,die zu erſchaffende deutſche Flotte nicht wieder ins Blaue hinein zu errichten , ſondern ſie unter den
fehr realen
Schuß der preußiſchen Flotte zu ſtellen u . f. w .
Die ſchließ =
liche Abſtimmung gab eine eminente Mehrheit für die zu Gun ften Preußens lautende Reſolution .“ Es wurde in der Ver fammlung vom
15. Juli die Sammlung von Beiträgen zur Anſchaffung einer Kanonenboot-Flottile beſchloſſen , und waren
bis zum
4. Auguſt 1861 bereits über eintauſend Thaler ein =
gegangen , während in dem Sammlungen zu gleichem
bei weitem
größeren Preußen die
Zwede in eben derſelben Zeit kaum
den vierten Theil derſelben ergeben
haben ! Ein Beweis , wie
ungemein rege das fächſiſche Volk Fiſt und mit welcher lebens 20 *
308
digen
ſich zum
Thätigkeit es
Verſammlung ten
dieſer
in
der
in
auch
dienender
Diefelbe erfreuliche Wahrnehmung
Beſtrebungen unterzieht. konnte man
Beſten
allgemeinen
deutſcher
zuſammenberufenen
Dresden
Juriſten
machen !
Präſiden
Zum
Juriſtenverſammlung iſt der Generalſtaatsanwalt
Dr. Schwarze in Dresden , ein Mann von gediegenen Kennt niſſen , und zu ſeinem
Stellvertreter der Graf von Wartens
leben aus Berlin einſtimmig erwählt worden . Als anweſende Mitglieder derſelben
find
beſonders zu nennen :
Profeſſor
Dr. Bluntſchli aus München , Juſtizrath Dr. Dorn aus Ber lin , Profeſſor Dr. Unger aus Wien, Oberappellationspräſident von
Düring aus Hannover , Advokat
Zenker aus Dresden ,
Kreisgerichtsdirektor von Kunowski aus aus Aſchaffenburg ,
Dr. Mayerſohn
Beuthen , Advokat
Obergerichtsrath
Bähr
Jaques aus Wien , Bezirksgerichtsdirektor
aus Kaſſel, Dr.
Neidhardt aus Zwickau , Obertribunalsrath Baron von Ster nenfels aus Stuttgart, Obertribunalsrath Waldeck aus Ber lin , und noch viele andre ehrenwerthe Männer. Der deutſche Juriſtentag in Dresden
iſt im
Ganzen von
721 Mitgliedern beſucht und bereits Ende Auguft geſchloffen worden . Es ſind viele für das deutſche Recht ſehr wichtige Angelegenheiten
Gegenſtand einer erſchöpfenden Debatte ge
worden , wie ſich dies von denjenigen Männern , welche den Juriſtentag beſucht haben , auch nicht anders erwarten Faſt Ale nehmen
ließ.
eine hervorragende Stellung ein und der
gute Klang ihres Namens reicht von die deutſchen Gauen
den Meiſten weit über
hinaus.
Daß gerade Dresden zum Verſammlungsort gewählt wors den war, mag feinen Grund wohl hauptſächlich darin weil der König
Johann I. von Sachſen
felbſt ein
habeu ,
tüchtiger
Rechtsgelehrter iſt, von deſſen Regierung am eheſten ein freund
309
liches
Entgegenkommen zu erwarten ſtand.
hat nicht getrügt! hat die Mitglieder
Dieſe Erwartung
Der ſächſiſche Staatsminiſter von Behr des
Plenums,
ſowie
der Abtheilungen
und auch noch ſonſt hervorragende Notabilitäten des Juriſten : tages zu einem eingeladen .
Diner im Meinhold'ſchen Saale am 29. Auguſt Daß es dabei nicht an
gefehlt, iſt begreiflich. tensleben wir ein
dem
Toaſten
Beſonders brachte der Graf von War
Könige Johann I. ein
Hoch.
Gern würden
Namensverzeichniß der Mitglieder des
geben , wenn erlauben
entſprechenden
Juriſtentags
der uns zur Verfügung ſtehende Raum
würde, zumal da wir
auch noch
einem
dies
Manne,
durch deſſen Tod nicht Sachſen allein , ſondern ganz Deutſche land unendlich viel verloren hat, einige Zeilen widmen müſſen . Dies
iſt der
berühmte Bildhauer Rietſchel, welcher
21. Februar 1861 zu
Dresden
verftarb.
Am
am
23. deſſelben
Monats hatten
ſeine Schüler die feierliche Ausſtellung ſeiner
Leiche in dem
großen
Mittelſaale
Der Saal war zu dieſer
des Ateliers veranſtaltet.
Todtenfeier mit ſchwarzem
Tuche
behangen und mit Topfgewächſen decorirt worden . Zu Häup ten
der Leiche des Meiſters ſtand ſeine Wormſer Lutherſtatue,
zur Linken die Wiclef's, zur Rechten zen
Reformationsmonuments.
das Kleinmodell des gan
Zahlreiche Lorbeer- und Blu
menkränze und Palmenzweige bedeckten von Zu
acht Kandelabern den
Füßen
umſtandenen
des Meiſters lagen
den
Stufen
des
Katafalks .
auf zwei weißen Atlas
kiſſen ſeine zahlreichen Ordenszeichen , unter den
Sarg und die
denen wir auch
Civil - Verdienſtorden Preußens und das Croix
neurs Frankreichs erblicten . Bes Gewand. wache.
d'hon
Die Leiche felbft trug ein wets
Vier Schüler hielten abwechſelnd die Todten
Die Leichenausſtellung
des
der die ganze Dresdener Kunſtwelt
gefeierten
Meiſters , zu
ſtrömte , um
einen
lega
310
ten Scheideblick auf das Antlig des großen
Todten zu wer Die feier
fen , war eine ernſtwürdevolle und ergreifende. liche Beſtattung erfolgte Sonntag um den
Künſten
11 Uhr.
Alles , was
angehört und huldigt, die Bühne nicht aus
genommen , folgte zu Fuß
dem
Sarge.
Zahlreiche Künſtler
trugen Palmenzweige mit Blumenkränzen, das geſammte Lei chengefolge Trauerſchleifen auf der linken Schulter. Auf dem Sarge ſelbſt ruhten zu Häupten und zu Füßen zwei Lorbeer kränze auf weißen Atlaskiffen .
Ein Militairmuſikcorps eröff
nete den Zug, den eine lange Wagenreihe, einige Hofgalawa gen
an
der Spiße , ſchloß .
Seit
Bérangers
Begräbniß in
Paris ſahen wir nie das eines ſchlichten Bürgers und Kunſt meiſters, welches
eine ſo allgemeine und tiefe
des Publikums fand.
Das Miniſterium
Beuſt , Frieſen und Falkenſtein .
Theilnahme
war vertreten
Außerdem
folgten
durch
Deputa
tionen von königl. und ſtädtiſchen Behörden , ſowie viele Ab geordnete des Landtages. vörderſt
Die Reden hielten , und zwar zu
eine kurze Anſprache am
felbft: der
Sarge in
der Werkſtatt
Diaconus Dr. Schulz, dann derſelbe auf dem
Friedhofe die eigentliche Grabs und Einſegnungsrede, der Geheime Rath Dr. Kohlſchütter und der Bildhauer Dondorf , welcher ſeinem erfülltes
geliebten
großen
Lebewohl nachrief.
wie auf dem
Meiſter ein
Die
herzliches dank
Trauergeſänge im
Hauſe,
Friedhofe führten die Kreuzſchüler , ſo wie die
Mitglieder des Opernchors auf. Nach allem
Dieſen geht hervor, daß Sachſen unter der
Regierung Reines jebigen Monarchen eine immer hervorra gender'werdende Stellung einnehmen wird und anderen Staa ten
als ein Muſter zur Nachahmung empfohlen werden kann .
Zwar iſt man
im
Augemeinen mit dem
Miniſterium
nicht zufrieden und es hat deshalb auch nicht an
Beuſt
heftigen
311
Angriffen gegen daffelbe gefehlt, indem man glaubt, es trage dem
herrſchenden
Zeitgeiſt keine genügende Rechnung; allein
wir haben die vollſtändige Ueberzeugung, daß ein anderes an die Stelle deg jepigen
berufenen Miniſteriums bald zu ähn
lichen Klagen Anlaß geben wird. es allen Partheien
zwar auf die Stimme der Nation neswegs von
Es iſt eine Unmöglichkeit ,
Recht zu machen .
Ein Miniſterium muß
hören , es darf indeß kei
ſeinen einmal für gut erkannten Prinzipien des
halb abgehen , weil es befürchtet, es mit dieſer oder jener Par thei zu verderben . es muß über den
Es muß gar keiner Parthei angehören ; Partheten
ſtehen .
Ein Volk , und mag eg das aufgeklärteſte und gebildetſte der ganzen
Erde fein , wird in feiner Geſammtmaſſe niemals
recht wiſſen , was Gelegenheit fehlt ,
ihm fich
gut oder ſchädlich iſt, weil ihm über
Alles
Jeder wird durdj ſeine gewerblichen
gehörig
orientireň .
Berufsgeſchäfte ſo voll
ſtändig in Anſpruch genommen , daß ihm eß redlich mit fich und ſeinem
zu
jede
eigentlich, wenn er
Nächſten meint, wenig Zeit
übrig bleibt, fich um die Politiť zu kümmern .
Deshalb ſagte
auch ſchon der große Napoleon zu den Sachfen , fie möchten fich in die ſtaatlichen Angelegenheiten nicht miſchen , weil dies nicht ihre Sache fet; und Friedrich Wilhelm
III. von
Preu
Ben behauptete, daß derjenige, welcher eine Verbeſſerung der allgemeinen
Verhältniffe zu erzielen wünſche, vorerſt bei fich
ſelber anfangen
folle und müſſe.
Staatliche Einrichtungen
zu kritiſtren , iſt keine Kunſt,
fie aber beſſer zu machen , dazu gehört ein
beſonderes Geſchick ,
das nur wenigen
iſt.
mals
ein
Menſch
Auserwählten geboren
verliehen
werden , der eg
Es wird nie Alen
recht zu
machen verſteht; kann dies doch ſelber der große Gott nicht !
Menſchen , die zum Lenken
eines Staates von der Gunſt
-
312
des Schicfals berufen worden ſind, haben nur dafür zu for= gen , daß fie es redlich mit der Welt meinen. Und das glau ben wir, von Johann I.und den von ihm gewählten Rathgebern der Krone entſchieden behaupten zu können .
Sie werden ſich
deshalb nicht beirren laſſen von den Stimmen einzelner Un zufriedener und fortarbeiten an dem haben !
Mögen
Bau , den ſie begonnen
fie nur bedenken , daß es der Nachwelt vor
behalten iſt , ein unparteiiſches und gerechtes Urtheil über fie zu fällen , und daß es gleidjviel iſt, ob unredliche Handlun gen
noch
während des
Lebens oder nach
dem
Tode
eines
Menſchen an das Tageslicht gezogen werden . Ein ſehr gediegener Staatsrechtsgelehrter ſagt: „ Die Politik muß den und von Seiten
Staat von
Seiten
der Klugheit betrachten .
In
des Rechts legterer Hins
ficht iſt ſie eine Erfahrungs -Wiſſenſchaft, aber gegründet auf die Idee der menſchlichen Beſtimmung , daher ihre Aufgabe unendlich iſt . Die angewandte Politik oder die Staatskunft begreift 1) die Politik der Staatsverfaſſung, oder wie die Gewalten im Staate zu ordnen und zu vereinigen find ; 2) die Politik der Staatsverwaltung, ſowohl die inneren , als äußeren
Verhältniſſe in
Hinſicht auf die geſeßgebende und
vollziehende Gewalt u . ſ. w . „ In der Ausübung iſt die Staatskunſt allemal von der Wirklichkeit bedingt, von der phyſiſchen und geiſtigen Eigen = thümlichkeit des Volkes. bers über ſeinem
Doch wird das Genie des Geſeßge
Zeitalter ſchweben
und
daſſelbe zu
emporheben , ſobald es ſelbſt fittlich veredelt iſt.“
(Ende des dritten Bandes. )
Druck von F. W. Nietađ in Berlin , Neue Friedrid8-Straße 34 .
fich
+
Inhalts - Verzeichniß .
Geſchichte der Sächſiſchen Höfe und Staaten ſeit Beendung des dreißigjährigen Krieges . Dritter
Band
Et fte & ka p itel. Friedrich Auguft III. und der Graf Albrecht Chriſtian Ernſt von Sons burg . - Streit wegen fünf fönburg'iớer Lebensherrſchaften. Der Graf von
Schönburg wird katholiſch .
Die militairiſche Execution.
Der Graf von
Finkenſtein .
Deſterreichiſche Truppen in Glauchau .
Proclamation der Kaiſerin von Deſterreich. und die Ronvention mit Maria Therefta .
Karl Theodor von der Pfalz Der bairiſche Erbfolge-frieg .
Der Frieden zu Teſchen .
3 weites Die Landes- Einkünfte . Mansfeld . --
Malpite do
Joſeph
II.
Perſonalien des Mansfeld'ichen
Graf Joſeph Wenzel von Hauſes.
Mansfeld'iden Erbſchaft unter Sachſen unb Preußen . -
Theilung der Die Bergatabe
II
mie zu Freiberg. Johann
þerr von Charpentier.
Abraham Gottlob Werner . Joſeph Schuſter. Karl Maria
Gottlieb Naumann.
von Weber.
W t i tte $
* a pitel.
Der beabſichtigte Ländertauſch Joſeph II. - Der Herzog Karl Auguft von Zweibrüden . Der Graf Romanzow . Der deutſche Fitr ftenbund. - Friedrid ber Große ſtirbt. Joſeph II. ſtirbt. Die beis den Reichsvicarien .
Leopold II. wird deutſcher Kaiſer.
pie rte $ Johann Georg Sdröpfer.
* a p i tel. Sein Auftreten
gegen die Freimaurer.
Gewaltſames Eindringen in ihre Loge. – Schröpfer und der Büttel. . Scripfer wird vom
Oberftlieutenant von Sydow
gezüdtigt, woritber
er noch obenein eine føriftliche Quittung ausſtellen muß . – Der Graf von Saint - Germain . Herzog Karl von Kurland . Baron von Stein bac . Schröpfer . Monſieur de Marbois, Die Abbitte des Hers zogs Karl von Rurland. - Die Geiſterſcheinung des Chevaliers von Sachſen .
fünftes Schröpfer. Wurmb.
* a pital.
Ein Brief bed berrn de Marboie.
Hopfgarten .
Biſchofswerder.
Seſuiten .
Dubosc.
Das franks
Sdröpfers Reiſe nach Leipzig , wohin ihm ſeine Freunde furter Geldpaket. Dr. Teller. Berriegelung ſeiner Schröpfer erſchießt fich. folgen . Zimmer , - Eine Minifterialordre. - Dr. Teller erbricht die Søröpfer'ide Wohnung und bemächtigt fich ſeiner Papiere. – Die fachlichen Bauern Der Schneider -Kravall in Dresden . *unruhen .
$ >
ich ste &
Erfte Theilung Polens.
Bolens angetragen .
kap i te 1 .
Friebrich Auguft III. wird die Krone
Der Fürft Abam
Czartoryski . *
Potens. - Deutſchlands Bündniß gegen Frantreich .
Zweite Ebeiling
Die Zuſammenkunft
III
in Pillniß . — Friedrich Auguft III. unterſtüßt die Grafen von Artois und Der deutſche Reichs von Provence. Die Zuſammenkunft in Beliß , trieg gegen Frankreich.
Frankreichs Siege. - Die frommen Sachſen .
Unfrieden der deutſchen Reichsſtaaten . Der Frieden zu Campo Fors Der lüneviller Frieden . mio . Deutſchlands Zerſtückelung . kapitel.
Siebente
Friedrich Ludwig von Wurmb.
Baron Thomas von Fritſch .
Deſſen Brief an Johann Georg Forſter.
Ignaß Edler von Born .
Auguſt de l'Eſtocq , ſeine Der Charakter des Grafen von Wallwiß . L’Eftocq's Intriguen , deren Entdedung Geliebte und deren Rammerzofe. Eine zehnjährige Muts Johann Auguſt von Noſtiz. und Beſtrafung. Herr ter. Dr. Waiz bekommt von Herrn von Noſtiz Prügel. Friedrich
Mirabeau's Urtheil über Friedrich Auguſt III. von Biffing. Dutens. Montbé. Hofgebräuche. Auguft's Adelſtolz.
Achtes kapitel. Graf Moritz von Brühl. Müller .
Die Mesalliancen
Baron von Udermann und Margarethe in
Sachſen .
Urtheile drei berithmter
Männer itber ben in Sachſen berridenden Kaſtengeift.
Ti e un tes ka pitel. Karl Auguſt Böttiger . lieb Beder .
Franz Volkmar Reinhard .
Wilhelm Gotts
Johann Gottlieb Fichte.
Der Geſandtenmord zu Raſtadt. Fichte's Urtheil über Sachſen . – Der Inſpector Matthäi. – Die fach 2
fiſche Ständevertretung. 3
Staatsſchulben . h nie
kapitel.
Die Landes - Einkünfte. – Das geheime Finanzcollegium . Forſtverwaltung. 4
Die Waldcultur. -
tion des Papiergeldes . þung.
Die kurfürſtliche Wechſelkaſſe.
Die Geſekcommiſſion .
und Befferungs -Anſtalten .
Der Bergbau .
Die Sefeßges
Einzelne Verordnungen . -
Die Gefängniffe.
Die
Die Fabrikas
Zuchts
IV
elfte $ * a pite l. Polizeiverordnungen . - Rettungeprämien . – Rettungsmedaillen . Die Irrenanſtalt zu Sonnenſtein . Stifter Auguſt Hermann Waldheim . -
Das Waiſenhaus zu Halle und ſein
Franke. - Die Waiſenhäuſer zu
Torgau und Ehrenfrieb Wagner und Karoline Göpel. - Verwaltung
Verordnungen wegen der Armen-, Kranken-, Irren- und Waiſenhäuſer. der Strohdächer. Verbote für die Studenten . Umgeſtaltung des Kriegsweſens.
3 w ö iftes Der Landbau.
* a p i tel.
Die Wollen- und Baumwollenfabrikation .
Spinn
maſchinen in Chemniß . Schubart von Kleefeld . Berghauptmann von Trebra. Die kurfürſtlichen Geſtüte . Rüdſchritte in der Leine wandfabrikation . Karl Wilhelm Müller und die Bildungsanſtalten . Die Univerſitäten zu Leipzig und Wittenberg. - Schriftſteller. – Schauſpieler .
W reizehnte $
* a p i tel.
Der Krieg zwiſchen Defterreich und Frankreich von 1805. - Schlacht Neutralität Sachſens. bei Jena. Friedrich Auguft wird zum Könige ernannt und erhält das Herzogthum Warſchau . - Eintheilung des Legtern . Die Schlacht bei Fürſt Poniatowski. Der Congreß zu Erfurt. Wagram .
Der Frieden zu Schönbrunn.
Der Krieg gegen Rußland.
Rüdkehr der ſächſiſchen Truppen in ihr Vaterland.
Napoleon in Dress
den . – Alianz zwiſchen Rußland und Preußen . – Friedrich Auguft ver Der Miniſter Baron von Stein . läßt Dresden .
bierzehnte $
* a pitel.
Der Kaiſer von Rußland und der König von Preußen in Dresden . - Befehle des Königs von Sachſen an den General von Thielemann. Napoleon in Dresden . Friedrich Xuguſt in Prag . Graf Stadion .
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- Baron von Serra . – Oberſtlieutenant Montesquiou . rungezuſtand von Leipzig. Magiſtrats. -
Der Belage
Napoleon und die Deputation des leipziger
Hofrath Mahlmann. - Die Befeſtigung Dresdens. - Ein
Brief des General von Bülow an den General Zeſchau . Fun fzehnte s Napoleons Rüdſchritte. bei Leipzig. Bundes-Armee.
kapitel.
Friedrich Auguft in Leipzig. - Die Schlacht
Major After. Der Uebergang fächfiſcher Truppen zur Große Gewiffenhaftigkeit des Königs von Sachſen .
Friedrich Auguſt als Gefangener. Der Fürſt Nicolai Repnin, als Gou Baron von Roſen . verneur Sachſens. Der Frieden zu Paris am 30. Mai 1814 .
Die Ordre des Fürſten Repnin vom 10. April 1815 .
Die Unterdrüdung der Bittſchriften. Aufforderung an die ſächſiſche Armee. Grenadierbataillons.
General Thielemann und feine Die Entwaffnung zweier fächfiſcher
Theilung Sachſens.
Napoleon vernichtet.
Se chehates Kapitel. Die Geſandten
am
Staatsſchulben .
dresdener Hofe.
Das ges
heime Finanzcollegium . Die Polizeiverwaltung . Volksſchulen , Gym naſien und die Univerſität. Friedrich Auguſts Krankheit und Tod . Thielemanns Urtheil über den König von Sachſen.
IX . An to n
I.
(1827–1836 .) Si è ba e hnte $
# a p i tre l.
Anton unb ber Minifter Graf Einſtebel. Berminderung des Wil Dier Conflikte des. Die Bürgergarden . - Die Kommunalgarden . zwiſchen Polizei und Bürgerſdaft im
Juni 1830 zu Leipzig. -
Die Sep
VI
temberrevolution von 1830 . Lindenau wird Miniſter.
Graf Einſiedel dankt ab.
Freiherr von
Ein Brief des Fürſten Metternich.
Prinz
Friedrich Auguſt wird von Anton I. zum Mitregenten erwählt. achtzehnte &
kapitel.
Die Städteordnung von 1832. = Geſetz über die Ablöſungen und Gemeinheitstheilungen . Die Eröffnung des Landtages. Antons viels ſeitige Thätigkeit.
Der einundachtzigſte Geburtstag des Königs , ſein Des Königs
Dant und ſeine Ablehnung des ihm zugedachten Denkmals . Krankheit und Tod.
X. Friedrich Auguſt II. (1836-1854.) * a pitel
De y nįeh n te $ Friedrich Auguſt II. Perſonalien .
Dr. liſt und die erſte Eiſenbahn
Die Miniſter von Könnerit , von Zeldhau und von Noſtiz : Der Mai - Aufſtand von 1849. - Das Miniſterium Braun - Pfordten . Baron Seine beiden Gemahlinnen . Friedrich Auguſt II. ftirbt.
in Deutſdland.
von Herder. dorff
Ernſt Rudolph von Warns
Johann Karl Freiesleben.
Freiberg.
ob a n
n
I.
(Seit 1854.) 8 má Johanns
Fugend.
ig teka poté Seine Erzieher. :-Seine Wirkſamkeit als
Staatsmann , Schriftſteller und Familienvater. Die Demonſtration von 1845 . Sohanns Regierungs-Antritt. Der außerordentliche Band
VII tag von 1854 und die Erhöhung der königlichen Civilliſte.
Der ordent
liche Landtag von 1855 und die in ſeinen Sißungen vorgekommenen Ges fekvorlagen . – Der Nothſtand im Erzgebirge. – Der Hungertyphus. Johann I. und ſeine Kinder. Ein Urtheil über Johann I.
et i n u n d { w a nii g ft ¢ $ Der Landtag von 1860—1861.
kapitel.
Die Kirchenordnung .
Das Civilges
ſetzbuch. – Soluß des Landtags und die königliche Thronrebe. - Samm lungen
für die Verwundeten von Gaeta. — Marine -Angelegenheiten . Der Juriſtentag in Dresden von 1861. Rietfchel. - Das Miniſterium von Beuft.