Vertraute Geschichte der Sächsischen Höfe und Staaten seit Beendung des Dreißigjährigen Krieges [3]


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Vertraute Geschichte der Sächsischen Höfe und Staaten seit Beendung des Dreißigjährigen Krieges [3]

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Vertraute

Geſchichte

der

Sächſiſchen

Höfe

Staaten

und

ſeit Beendung des dreißigjährigen Krieges.

Von Stanislaus Graf Grabowski.

ee

Dritter Band complet.

Preis 25

Sgr.

Vollftändig in 4 Sänden à 25 Sgr. oder 20 Lieferungen à 5 Sgr.

colo Berlin

1861.

Julius Abelsdorff's Verlag .

Die Rückſeite der

Lieferung zur Beachtung empfohlen .

‫و‬

‫ترک‬

‫اململے‬

7

Vertraute

Geſchichte

der

Enropäiſchen

Höfe

Staaten

und

ſeit Beendung des dreißigjährigen Krieges.

Von

Stanislaus Graf Grabowski.

Zweite Abtheilung. 5

à

ch ſ Writter Band .

e

n.

so

Berlin

1861.

Julius A belsdorff's

Verlag.

Vertraute

Geſchichte

ber

Sächſiſchen

Höfe

und

Staaten

ſeit Beendung des dreißigjährigen Krieges.

Von Stanislaus Graf Grabowski.

britter Band.

Berlin

1861.

Julius Abelsdorff's

Verlag.

a pitel.

Er ft e 8

Friedrich Augafi III. und der Graf Albrecht Chriftian Crng von Schör burg. - Streit wegen fünf fhönburg'ſcher Lebensherrſchaften . – Der Graf Die milt Der Graf von Finkenftein . von Schönburg wird katholiſch . tatriſche Grecutton . Defterreichiſche Sruppen in Glaudau . Proclamation dtr kaiſerin vor Defterreich . Karl Theodor von der Pfalz und dit. Mon vention mit staria Ghereſia . Der batriſche Orbfolge - Arieg . frieden zu deſden . Die Freundſchaft zwiſchen den Herrſchern Preußens und Sachſens war durch das Intermezzo Marta Antonias natür ltd

nod

inniger geworden .

geſtrebt hatte, mit Sachſen

Friedrich II., der immer darnach verbündet zu bleiben , wað ihm

aber erft unter der Regierung dieſes Kurfürſten gelang, gab demſelben

bald wieder

einen

Beweis

von

der Herzlichkeit

ſeiner Freundes - Gefühle . Das Haus Schönburg , oder die Fürſten , Grafen und Herren zu Schönburg , ein reichsunmittelbares Geſchlecht, im Königreiche Sachſen , evangelifd -lutheriſcher Confeffion, hatte ehenals mit auf der wetterauiſchen Stimme auf dem

Grafenbank Siß und

Retchstage, befaß aber nte

ein unmittel

Bates Reichbland, ſondern böhmiſche und ſachſen -meißenſche Leheng-Standesherrſchaften

oder Feuda majora , mit eigenen

Vafallen -Rittergütern unter fächfiſchemeißenfcher Landeshobeit. Fene Feuda mājota nebſt den

dazu

gehörenden

Vafallen :

6

die mit

gütern (die alten Stammgüter des Hauſes) bildeten den Geſammtregierungsrechten

oder mit der untergeordneten

Landeshoheit nach dem mit Kurſachſen abgeſchloſſenen Receffe von 1740 Beliebenen fünf Receßherrſchaften : Glauchau, Waldenburg, Lichtenſtein , Hartenſtein

und Stein ,

welche neun Städte und achtzig Dörfer mit ungefähr funfzig gewerbfleißigen

tauſend

Einwohnern

einem

in

enthielten ,

an der zwiđauer Mulde, im fäch ſchönen fruchtbaren ſchen Erzgebirge fi Erzgebirge liegen le cose , und kommiſſionsweiſe an das kur fiſchen Die zuerſt

fürſtlich -Sächſiſche Amt Zwiđau gewieſen waren .

genannten drei Herrſchaften , alſo Glauchau , Waldenburg und Lichtenſtein waren alte böhmiſche , Hartenſtein und Stein

aber jachſen -meißen dhe

Leben .

Jahre

Die erſt im

1700 in den Reichsgrafenſtand erhobenen Herren von Schön burg , an

deren Spiße jeßt Albrecht Chriſtian Ernſt ſtand,

verſuchten , fid

unter dem

Vorwande, daß der Receß

Könige von

Kaiſer , noch Reich, noch vom

1740 weder vom

von

ſei, der fach

Böhmen als Oberlehnsherrn beſtätigt worden

fiſchen Landes- und Lebenshoheit zu entziehen , und wurden in dieſem Beginnen

der deutſchen Lebenshauptmannſchaft in

von

ſprach

ſogar

einer

in

Citatation

Reichshof

Der

Prag natürlicher Weiſe kräftig unterſtügt. rath

ad

videndum

et

audiendum cassari et anullari transactiones de anno 1740 die Ungiltigkeit von

Schönburg

des

Receſſes aus , „ weil

darin

gelaffene

die

Reichsſtandſchaft

Landeshoheit getrennt und ihnen dadurch troß laſten die Reichsunmittelbarkeit genommen ſei.“

Grafen

den

von

der

Dies Alles geſchah übrigens nur hauptſächlich um halb, weil Sachſen ſich von Deſterreich Preußen

verbunden

hatte .

Nun

kam

der

Reichs

desa

emancipirt und mit noch obenein

hinzu ,

daß Preußen ſeine Macht überall geltend zu machen bemüht

7

war und ſeinen

der

Verbündeten , Sachſen , unterſtüzte und von

wieder unterſtüßt wurde. Ein

dieſem

obigen

Dem

Erklärung

preußiſchen

Reichsgraf "Ernſt Geld ,

deren

wandte fich

des

Grafen von

an

Reichshofraths

von

verſchuldete

derſelbe verweigerte.

des

der

eine bedeutende Summe

die Landesregierung zu

verfügte auf Grund

vorhergegangen .

Finkenſtein

Schönburg

Bezahlung

ſolcher Fall war gerade

Finkenſtein

Dresden und dieſe

Receffes vom

4. Mai 1740. von

Zwickau aus die militairiſche Erecution .

Dadurch nahm

die

ganze Angelegenheit einen ziemlich ernſten

Charakter an .

Der

Graf Albrecht Chriſtian Hilfe beim

Schönburg ſuchte neue

Ernſt von

prager Lehenshof und dieſer erließ eine Abmah

nung an die fächſiſche Regierung .

Als auch dies ohne jega

lichen Erfolg blieb , ging Schönburg Deſterreich , entſagte dort wurde katholiſch.

der

felbſt zur Kaiſerin von

evangeliſchen

Religion

und

Dies wirkte auf Maria Thereſia ungemein ;

fie miſchte ſich hinein und verlangte von Friedrich Auguſt III. die ſofortige Einſtellung

der Wider den Grafen

Schönburg verhängten Maßregel.

Ernſt von

Dagegen erklärte der Kur

fürſt von Sachſen : „ Ich habe nur die mir von

Rechtswegen

zuſtehenden

Hoheitsrechte gewahrt, ohne die böhmiſchen Lebensrechte einer Gefahr auszufeßen !

Der Gang des Geſeges kann gegen den

Grafen von Schönburg nicht unterbrochen werden .“ Mit dieſer Antwort erklärte fich die Kaiſerin von Defters reich nicht einverſtanden . Sie befahl dem böhmiſchen Lebens commiffar von Eſcherich mit 200 Soldaten und vier Stia nonen (nach Vehre ſind es nur 150 Mann geweſen ) Glauchau zu beſeßen fchüßen .

und Ernſt von Schönburg Friedrich

Auguſt

III., der

in in

ſeinen Rechten zu dieſem

Falle

ohne

-

den König von Preußen

nichts

Entſchiedenes

thun wollte,

zog ſeine militairiſche Erecution zurück . Maria Thereſia , die es auf einen wirklichen Brudy abs gefeher zu haben

ficheint, ging noch weiter . Dert von Eiche

rich befaß eine von ihr unterzeichnete Proclamation , die er in

Glauchau

zur öffentlichen

Inhalt dahin

Kenntniß

brachte

lautete: daß der Receß vom

und

aufgehoben , daß Niemand der fädlifden rung Gehorſam

deren

4. Mai 1740 Itegies

fauldig fei und daß fie fowohl die

Dberlandels, als aud Oberlehens- Herrlichkeit über dieſe Herrſchaften als ihr allein gebührend anſehel Um

dieſen

Worten

den

ließ Herr von Gſcherich entfernen

und an

gehörigen

Nachdruck

überall die

ihre Stelle

gu verleihen ,

kurſächſiſchen

Wappen

die Reichsadler aufpflanzen .

Sämmtliche Unterthanen wurden

an

die Krone Böhment

gewieſen und ihnen verboten , fich nicht ferner nach den fächs fiſchen

Verordnungen zu

richten .

Friedrich Auguſt III. ließ

in

Wien wegen

diefer Ans

gelegenheit durch ſeinen Geſandten diplomatiſch unterhandelt ; doch führte auch dies der Miniſter Rauniß

zu

keinem

anderen Reſultat, als das

das Verſprechen

gab , die öſterreichiſchen

Soldaten von Glauchau zurückrufen zu wollen . konnte dem

Kurfürſten nicht gedient fein .

Damit allein

Seine alten ber

kömmlichen und neuerdings wiederum beſtätigten Rechte waren nicht nur gefährdet, ſondern Maria Thereſia batte ſogar den Unterthanen verkünden laſſen , daß fie ihrem keinen

Gehorſam

zu

leiſten

brauchen .

mußte alſo auf eine entſprechendere Fegt legte fich

Oberlehnsheren

Die Angelegenheit

Weiſe geregelt werden .

Friedrich II. von Preußen

ins Mittel, und

da Maria Thereſia , allem

Anſcheine nach

fich von

Gegner einzulaſſen , deſſen Macht

Neuem

mit einem

keine Luſt hatte,

-

-

-

und kriegsherrliches

9

Talent ihr im

ſtebenjährigen

Kriege fo

manche Wunde geſchlagen , fo fügte fie fich, obwohl mit ftohta lichem

Widerſtreben, den Vorſchlägen des Königs von Preußen ,

wonach Schönburg unter fächſiſcher Lebenshoheit verblieb. Es war jedenfalls nicht bloß Furcht vor Macht, ſondern mehr wohl wieder

Friedrich II.

eine feine Politik der

Kaiſerin von Deſterreich , daß fie fich den Anordnungen Preu : Bens fügte.

Am

30. December 1777 war nämlich der Kurs

fürſt von Baiern , Maximilian Joſeph, einer der vorzüglichſten bairiſchen den

Regenten , mit

Tobe abgegangen .

Verträgen des wittelsbachiſchen

der Beſtimmung Kurfürſten

von

Batern , da

mit

des weſtphäliſchen der

Hauſes , als

Abſterben

auch nach

Friedens, gehörte dem

Pfalz unbeſtreitbar

dem

Sowohl nach

die

Nachfolge

itt

Joſephs

die

Maximilian

wittelsbachiſch-bairiſche finte erloſchen war. Nun auf einmal trat aber Deſterreich mit verroſteten Anſprüchen

auf Nieders

batern hervor , die es noch vor einer beſtimmten mit bewaffneter Hand zur Geltung bringen Theodor ,

Sturfürft von

unebeliche Kinder, doch hätte hinterlaffen

Erklärung

wollte.

Karl

der Pfalz, hatte zwar eine Menge kein einziges legitimes, dem er Batern

können ; außerdem

zeigte er nicht die get

ringſte Luft , fein geliebtes Mannheim mit München zu ver tauſchen . am

Er weigerte fich

3. Januar 1778

deßhalb

mit Maria

auch keinen

Augenblic ,

Thereſia

Wien

zu

eine

Convention abzuſchließen , der zufolge ganz Niederbatern , die Herrſchaft Mindelheim , die böhmiſchen Leben

in

der Obers

pfalz und die Landgrafſchaft Leuchtenberg an Deſterreich über's geben

ſollten .

Maria

Thereſia ging nog weiter

und ſprach

den Wunſch aus, fich ſpäter mit Karl Theodor auch wegen der übrigen

bairiſchen

Wie geſagt, dem

Landestheile verſtändigen

zu wollen .

Kurfürſten von der Pfalz lag an dem Befik

10

Baierns nicht ſo unendlich viel, daß er deshalb

einen

Strieg

hätte beginnen ſollen, deſſen Ausgang immer doch zweifelhaft blieb und nur geeignet geweſen wäre, die legten Tage feines Lebens zu verbittern .

*-

Die Sache wäre, ganz gut gegangen und zur Zufrieden

heit der Kaiſerin

von Defterreich erledigt worden , wenn nicht

noch andere Leute, als Karl Theodor, mitzuſprechen

gehabt

hätten .

Bald nach der am

und am

14. deſſelben Monats und Jahres wiederholten Con

vention zwiſchen Maria Proteft dagegen vom

3. Januar 1778 abgeſchloſſenen

Thereſia und Karl Theodor lief ein

Herzoge Karl von Zweibrücen

ein , der

nach Karl Theodor von der Pfalz der nächſte Agnat und präſumtiver Erbe des bairiſchen Kurhauſes war, der auch ſo klug war, preußiſche Hilfe und Vermittelung anzurufen . Aber auch

Friedrich

Auguſt III. von

von

Deſterreich

beliebten

legenheit nicht müßig

Sachſen

dürfte

Wendung der bairiſchen

bleiben .

Er ſelbſt

hatte

Vertrag mit ſeiner Mutter Maria Antonia wichtigere Anſprüche an

bei

dieſer

Erbangea durch

den

jedenfalls weit

Baiern , als Maria Thereſia, denn

er hatte dieſe Anſprüche bezahlt. Maria Antonia , die Schweſter des

30. December

am

1777 verſtorbenen

Kurfürſten

von

Baiern war die Allodialerbin deſſelben und hatte vor noch nicht zwei Jahren , am jegt

regierenden

Kurfürſten

förmlich abgetreten . ſelben

1. Mai 1776 , ihrem von

Friedrich

Tage, an welchem Maria

Sohne, dem

Sachſen , ihre Anſprüche

Auguſt III. fandte an

dem

Thereſia mit Karl Theodor

von der Pfalz contrahirte, feinen geheimen Rath von Zehmen nach München in

Beſit

zu

ab , um nehmen

die Alodialgüter und die

in

ſeinem

Namen

Verſiegelung der Mobiliar

und Archiv - Verhältniſſe zu veranlaffen . den; mittler Weile erſt eingetretenen

Unter den vorliegen

Verhältniſſen , konnte es

11

ihm in

nicht gelingen , die Befehle feines kurfürſtlichen Gebieters Ausführung zu bringen ; er mußte fich deshalb mit einem

Proteſt begnügen , den er. Namens Friedrich Auguſt III. er ließ und in welchem

rechtsbegründete Anſprüche an

er deffen

den bairiſchen Alodialgütern feierlichſt verwahrte. Zu gleicher Zeit übergab die Kaiſerin von Deſterreich dem weſenden

fächſiſchen

in Wien an

Geſandten

eine Erklärung derart, daß

ſie als älteſte Regredient-Erbin

fich von einer jüngeren Erbin

(Maria Antonia ) nicht verdrängen ihre Erbanſprüche von

laſſen werde.

Sie leitete

ihrer Abſtammung von der Gemahlin

Ferdinands II., Maria Anna , Tochter des Kurfürſten Wil helms V. von Baiern , ab . dem

im

Indeß

Jahre 1740 erfolgtem

vergaß fie , daß

fie bei

Tode ihres Vaters den näch

ften oder legten Erben anerkannt hatte, und da Maria An tonia , reſpective

der

Kurfürſt

Sachſen , als legter Erbe zu Maria

Friedrich

Auguſt III. von

betrachten war, ſo befand ſich

Thereſia in offenbarem

Unrecht.

Bald gerieth die ganze Erbangelegenheit noch mehr

in

Konfuſion ; denn ſelbſt auch Mecklenburg meldete fich wegen ſeiner

Anſprüche

auf

Böttiger ſagt über dieſen

die

Landgrafſchaft

unerquidlichen

„ So fah Deutſchland den merkwürdigen fünf in

Fall , daß von

dieſe Erbfolge verflochtenen Mächten die eine größte

mit guter Macht und ſchlechtem in

Leuchtenberg.

Erbſtreit :

Rechte das Land gewaltſam

Befiß nahm , die andere bei gutem

Recht aber ſchlechter

Macht das Land gern hingab , eine dritte wegen des künftigen Anfalles

des

Ganzen , eine vierte wegen

der Aloden , eine

fünfte wegen einer einzelnen Landſchaft Anſprüche erhob, und eine ſechſte größere , ſcheinbar uneigennüßig, jeder der übrigen zu dem

Ihrigen zu verhelfen

Die von

Böttiger

verſprach."

erwähnte fechſte Macht war Fried

12

rich II . von

Preußen .

Nicht nur Zweibrücken und Medlen

burg , ſondern auch und vornehmlich Kurſachſen

hatte feine

Vermittelung nachgeſucht und zugeſagt erhalten . Auguſt III. hatte von der Viel erwartet.

Friedrich

Vermittelung Preußens beſonders

Es war bekannt , daß

Joſeph

II., römiſche

deutſcher Kaiſer , in ſehr inniger Beziehung zu Frtedrich ftand, und man hoffte, daß

II .

derſelbe bereit fein würde, diefer

Freundſchaft ein Opfer zu bringen .

Joſeph II., welcher am

13. März 1741 geboren wurde, hatte während des fleben jährigen Krieges Veranlaffung gehabt, aufmerkſam

auf den

großen Gegner ſeines Hauſeß zu werden , ihn zu bewundern und Fich nach ihm

zu

richten .

Von dieſer Abſicht durchdrungen ,

trat er ſeinen erhabenen Beruf an ; da thm jedoch fetne Mutter Maria Thereſta wenig frete Hand ließ und nur das Kriegsweſen übergab , ſo konnte folgen

und benugte daher

Staaten einer

er ſeinen

Neigungen wenig

ſeine Zeit zum

Reiſen , um

ſeine

und ſeine Unterthanen ſelbſt kennen zu lernen . Auf

dieſer Reiſen

beſuchte er auch am

25. Auguſt 1768

Friedrich II., welcher fich zu jener Zeit gerade im Neiſſe befand.

Die beiden

Lager bei

Monarchen festen ſich über den

Zwang des Ceremoniels hinweg, unterhtelten ſich geheim

und

vertraut, und man fah ſte wie zärtliche Freunde mit einan der umgeben .

Im

nächſten

Beſuch des Kaiſers im

Jahre erwiderte Friedrich II. dett

Lager zu Mähriſch -Neuſtadt, wo auch

über die Theilung Polens debattirt wurde. So ſtanden

die Verhältniſſe zwiſchen

den beiden Fürſten ,

von denen man mit Sicherheit eine zufriedenſtellende Löſung ber Verhältniffe erwartete. Man hatte ſich indeß wenigſtens theilweis geirrt. Weder die vertraulichen Briefe ſeines könige lichen Freundes in Sansſouci, noch die Diplomatte führte bei Joſeph

II. das gewünſchte friedliche

Reſultat herbet.

Wir

13

haben

oben bereits darauf hingewieſen , daß er von

ſeiner

Mutter, die ſelber ſo gern regierte , zur vollendetſten Untha tigkeit verurtheilt war und ſie übergeben

ihm

nur das Militairweſen

Jofeph erwartete ſehnſuchtsvoll den Augen : vergönnt ſein würde, aus ſeiner peinlichen

1

hatte.

blick , wo es ihm

Unthätigkeit herauszutreten

und ſeinem

kriegeriſchen und lö

niglichen Freunde gegenüber den Degen ziehen zu

dürfen, um

demſelben zu zeigen , daß auch er kein unbefähigter Feldherr ſei.

Dies war der Grund, weshalb alle mit Joſeph II. be

gonnene Verhandlungen

ſcheiterten . Am

Meiſten war Fried

ridy Auguſt III, darüber betrübt, der mit Vergnügen einem beil ſeiner Förderung entſagt hätte, wenn dadurch der Krieg hätte vermieden

werden können .

Als Defterreich

fich bereit

erklärte, auf die kurſächfiſchen Propofitionen eingeben zu wol len , verlangte eß vor allen Dingen

Neutralität von

Friedrich

Auguſt, welche derſelbe unter den von Maria Thereſia vor geſchlagenen

Bedingungen

verſagen mußte.

Dieſe Bedingun

gen beſtanden darin , daß den Deſterreichern freier und unbe hinderter Durchmarſch

durch Sachſen

zu

geſtatten

fet

und

ihnen der Königſtein auf zwei Jahre überlaſſen werden ſolle ; außerdem

aber ſollte Friedrich Auguſt III . ſeine Armee bis

auf 4000 Mann

reduziren .

Dieſe Bedingungen ſcheinen die

Anſicht nicht unwahrſcheinlich zu machen , daß Maria Thereſia erſt Baiern

und auf ihrem

Rückzuge dann auch Sachſen

nehmen wollte . Por Preußen hatten Maria

Thereſia und ihre Miniſter

am Meiſten Furcht. Man mußte den Verſuch machen , Preu Ben

und Sachſen

zu entzweien , weil dann erſt auf das er

wünſchte Reſultat mit Beſtimmtheit zu rechnen fet.

Der Mi

niſter Kauniß trat deshalb, natürlich ohne ſeine wirklichen Ab fichten zu verrathen , mit einem

Tauſproject vor. Friedrich II .

14

follte fich von laſſen

und

Fürſtenthümer da

Sachſen

dagegen

die Ober- und

an

daſſelbe feine

Ansbach und

Niederlaufig

geben

Anſprüche auf

die

Baireuth abtreten , wozu

er,

der legte Markgraf kinderlos und er (Friedrich II.) näch

ſter Erbe war, auch vollſtändig berechtigt zu fein ſchien. König von

Preußen

erfaßte die Idee mit

dem

ihm

Der eigen

thümlichen Feuer und unterbreitete Friedrich Auguſt III. ſein Project.

Kurfürſt Friedrich Auguſt von Sachſen , den man

mit Recht den

, Edlen " nennen

rechtlichen Sinn , um

kann , hatte aber

einen

zu

ſich auf derartige Geſchäfte einzulaſſen ,

die er , ſeiner Meinung nach, für unſittlich halten mochte, da ſie einem Menſchenhandel gleichkamen .

Dieſe Meinung wird durch

ſeine an Friedrich II. ertheilte Antwort auch ziemlich klar docu mentirt.

Er ſagte nämlich :

Ich kann mich nicht entſchließen , mir ergebene und völ lig treue Unterthanen abzutreten und gegen andere zu ver tauſchen .“ Deſterreich, das den Charakter des Kurfürſten von Sach fen vielleicht beffer ſtudirt hatte , als

Friedrich der Große,

hatte die Weigerung deſſelben vorausgeſehen und jubelte nun , als ſie wirklich erfolgt war.

Es konnte keinem

Zweifel unter

liegen , daß Preußen ſich dies von Sachſen nicht gefallen fen , mindeſtens doch feine freundſchaftlichen demſelben abbrechen

würde.

Friedrich

dies ſelbſt, da er ſonſt wegen Neutralitätsvorſchläge hätte . wenn

dem

Vielleicht wäre es Friedrich

Adlerblick

das

wiener

II. nicht rechtzeitig Gewebe

Auguſt III. glaubte

der bairiſchen Kabinet

auch wirklich

durchſchaute.

auch nicht die geringſte Abneigung

laſ

Beziehungen zu

Erbfolge die nicht gemacht

ſo weit

gekommen ,

genug noch mit ſeinem Er zeigte nicht nur gegen Sachfen , ſondern

.15

erklärte

ſich noch obenein

Waffen zu ſeinem No Die

bereit , demſelben mit preußiſchen

wohlbegründeten Rechte zu

Zurüſtungen

zu dem

verhelfen .

Striege wurden mit der an

Friedrich II. gewohnten Schnelligkeit ausgeführt . ſollte

der

Prinz Heinrich von

Preußen

Ein Heer

durdy Sachſen über

Rumburg nach Böhmen führen ; ein zweites wollte Friedrich der Große ſelbſt von Schleſien aus, nach Böhmen dirigiren , während Friedrich

Auguſt

fich verpflichtet hatte , die

Armee

des Prinzen Heinrich mit 22,000 Mann fächfiſcher Truppen zu verſtärken , welche den Grafen von Solms zum Anführer bekamen . Defterreich war übrigens ebenſo ſchnell auf dem Der bekannte Laudon ſtand an

der böhmiſchen

Plaße.

Grenze mit

einer Heeresabtheilung, von wo aus er Sachſen durch Streif corps fortwährend in Unruhe erhielt . Eines dieſer Korps wurde gleich Anfangs abgeſchnitten und gefangen genommen , ohne daß

Jemand dabei um's Leben

Friedrich dem

II. war funfzehn

gekommen wäre.

Jahre älter geworden

Hubertsburger Frieden und nicht mehr ſo

ſeit

kriegšluſtig,

wie ehedem , auch mochte er eingeſehen haben , daß ein Menſch im

Frieden

einen gößeren Werth habe, als im

fer

Joſeph

II. ſtand mit dem

Kriege.

Kat

Hauptcorps der öſterreichiſchen

Armee bei Jaromirzin , einer beinahe uneinnehmbaren Stel lung und zeigte keine Neigung , den

ihm

gegenüber befind

lichen preußiſchen König anzugreifen , obgleich er vor Kurzem noch darnach geſtrebt hatte , fich mit demſelben

zu meſſen .

Friedrich der Große , der , wie geſagt, jegt bedeutend tälteres Blut in ſeinen

Adern hatte , blieb ebenfalls müßig in ſeiner

Poſition . Wir können weder von dem

Einen , noch von dem

Andern behaupten, daß Furcht die Urſache ihrer Unthätigkeit war ; vielmehr ſind wir geneigt anzunehmen , daß dieſe Tha tenloſigkeit der gegenſeitigen Achtung und Liebe entſprungen

-

16 .

-

Der General Möllendorf war mit einem

war.

Korps im

Erzgebirge zurückgelaſſen , um

preußiſchen

unter dem

Beiſtande

einiger fächfiſcher Regimenter etwaige Einfälle der Deſterrei dher in Sachſen achtet

dieſer

abzuhalten

oder zurück zu fchlagen .

Vorſichtsmaßregel

öſterreichiſche

brandſchaßten

Unge

dennoch

Regimenter , das Sauerſche und

zwei

das Ottoſche,

in Oberwieſenthal, Jöftadt, Scheibenberg, Solet: tau , Buchholz ,

Annaberg , Marienberg,

Anſprung, Olbernbau und Barenſtein. forderten

und

in

Zöbliß ,

Wo die ge

der Regel nicht unbedeutenden

Kontribu

tionen nicht ſofort herbeigeſchafft wurden , da

ſchleppten

ſtets

Geißeln

einige

der angeſehenſten

Einwohner als

fie fort

und fandten ſie unter militairiſcher Bededung nach Ofen in Ungarn .

In Zöbliß, wo ebenfalls nicht ſofort die beanſpruchte

Summe Geld filbernen

gezaht werden

Altargefäße mit

konnte, nahm man ſogar die

fich

öſterreichiſchen Armee waren

fort.

Die Forderungen

der

ſo bedeutend , daß deren Erfül

lung bei der überall herrſchenden Armuth zuweilen eine dis recte Unmöglichkeit war.

So ſollte z. B. Annaberg 50,000,

Schlettau 40,000 , Marienberg , Dlbernbau , Zöbliß und die übrigen oben bereits angeführten Orte jeder 20—30,000 Thlr. zahlen ;

Jöhſtadt und Bärenſtein

dagegen nur 15,000 , was

aber für ſie immerhin eine bedeutende Summe zu nennen war. die

Preußiſche und fächſiſche Armeecorps eilten herbei, um

bedrohten

die Bewohner

Städte zu beſchüßen . derſelben wenig

Doch war damit für

gewonnen .

Kontributionen

brauchten fie freilich nicht mehr zu zahlen , Einquartierung aber hatten ſie deſto mehr!

Das ganze Jahr verſtrich, ohne daß es

zu einer Schlacht gekommen haupt nur ein von

irgend

war.

Das Ganze ſchien über

großes Luſtſpiel zu ſein , ſo wenig Ernſt war

einer Seite zu bemerken .

Hieraus geht hervor,

-

17

-

daß nicht nur Friedrich der Große feine kriegeriſchen Gefin nungen geändert hatte, ſondern daß die inzwiſchen vorüber gegangene Zeit auch lenden

Einfluß

auf Maria

geblieben war.

Thereſia nicht ohne auffal Sie

ſah

fich endlich durch

verſchiedene Umſtände zum Frieden veranlaßt.

Ludwig XVI.

von Frankreich, bekannt durch ſeinen unglüdlichen Tod , hatte fich

geweigert , Deſterreich

gegen

unterſtüßen , obgleich Maria auf gerechnet hatte . Maria Antonia

Thereſia

mit Beſtimmtheit dar

Ludwig XVI. war mit ihrer

feit dem

unbezweifelt die von

Jahre 1770 vermählt und würde

ſeine Gemahlin

liebevoll und zärtlich zu begegnen.

feinen

Tochter

ſeiner Schwiegermutter erbetene

gewährt haben , wenn ihm

Preußen und Sachſen , zu

Hilfe

eß verſtanden

hätte,

So aber ging Jeder

eigenen Weg. Während Ludwig fich felbft große Ent

behrungen auferlegte, um die Schuldenlaſt feines Landes nicht

1

noch mehr zu leicht

vergrößern , verbrauchte feine Gemahlin viel

das Zehnfache

von

dem , was er erſpart hatte.

hatte alſo nicht das mindeſte

mutter gefällig zu zeigen , obgleich die Politik ihm radezu hieß . Defterreich

Er

Intereffe, fich feiner Schwieger

Denn eben dieſer Fall , daß

dies ge

er ſich nicht mit

verbunden , bildete einen Hauptpunkt der wider

ihn erhobenen Anklage, welche mit ſeiner Guillotinirung am 21.

Januar 1793

endete.

Ludwig XVI. war

einer der

rechtlichſten Monarchen Europas, zu rechtlich für einen König , und erklärte unverholen

an Maria

Thereſia , daß

er ihre

vorgeſchobenen Anſprüche an der bairiſchen Erbſchaft für uſur pirt halte .

Die Kaiſerin von Deſterreich kannte ihren Schwie

gerſohn zu genau , als daß fie hätte unternehmen ſollen .

bei ihm noch einen

Verſuch

Sie wandte fich deshalb nun an

Katharina von Rußland, von der ſie übrigens eine noch weit 2 Bertraute Geſchichte. Sadiſen . 3. BD.

16 . re

war. for

etene

Derawrepl

ort

Antw

lbe autete icht ur b lt l n a n erbie ; diefe

rina ge on reußen in Hilfs e v P II .) dem Köni fie (Katha 0 ern aria 0 f n tellen ürde 0 o n f , n a त n 0 o M Thes f , giten w w 6 M hen ferti t c h g ü i c r l e l p Anſ an ihren / unger wwfla niøt freiwi t n f e a entfage. Erbſch der baivifd n ft owohl er ranzöſiſche f f Nad Ankun d , als audy der ien en ntwort hloffen d e f h i t f r f e ru fc A di dPa am 7. März 1779 lſtan i t g f i tens n f u e einen Waff vorlä ab , umen wenigſ einen d ießen t l ang ſ h g n h c r e c ſ e d ä u b Ue zu dem zun abz Frie zu haben . n e ens n n 9 m e am 10. Mai 177 nah Scho die Fried zu Teſch n e g e n t u ne s dl Sachſen ihren Anfang. Der Abgeord unterhan

eir

daß s corp

ſpannte anfänglich ſeine Forderung ſo überaus hoch , daß man von der anderen Seite füglich nicht darauf eingehen konnte . Gegen die fädfiſchen Forderungen ſprach ſich beſonders der Kurfürſt von der Pfalz aus und erklärte dreift und laut, lieber an der am

3. Januar 1778 mit Deſterreich abgeſchlof

fenen Konvention halten , als bewilligen zu wollen .

wenn auch nur mittelbar Theil an gen zu Teſchen

Anforderungen

die fächſiſchen

Rußland , ja, ſelbſt die Türkei nahmen

und verlangten

den

Friedensverhandlun Thereſia , dafür

von Maria

zu ſorgen, daß Karl Theodor fich gefügiger zeige. Dies ei nerſeits und die Herabſegungen der fächfiſchen Forderungen andererſeits brachten

endlich eine Einigung der contrahiren

den Mächte zu Stande und zwar am Geburtstage der Kais ſerin von Deſterreich, alſo am 13. Mai 1770. Die Bedin gungen

des

Friedens nach

einem

Kriege,

in

welchem

auch

nicht eine Schlacht geliefert worden , waren folgende: Defter reich erhielt Braunau und das Innviertel. Karl Theodor von der Pfalz machte ſich anbeiſchig , an

Friedrich

Auguſt

2

19 für die bairiſche Alodialerbſchaft ſechs Millionen Gulden zu zahlen und dieſelben

überließ er ihm

Berdem

die während des Friedens von Böh

Lebens-Rechte auf die drei fchönburg'ſchen

men abgetretenen

und Lichtenſtein

Glauchau , Waldenburg

Herrſchaften allen

Raten abzutragen ; au

in halbjährigen

Vorbehalt.

Auf dieſe Weiſe kam

ohne

Friedrich Auguſt III.

ziemlich leicht zu ſeinem vollgiltigen und durch Urkunden ver bürgten

Rechte und erhielt den

Frieden wieder, der unter fo

drohenden Umſtänden unterbrochen worden war. Indeß ſchien doch noch nicht Alles ins Gleichgewicht gebracht worden zu ſein .

Die Grafen von Schönburg erklärten ſich mit den Tea

îchener Entſcheidungen nicht einverſtanden , führten neue Be ſchwerde

Reichshofrathe und verlangten , daß die drei

beim

Reichsafterlehen Erfolg vom

fächfiſche

höchſtens nur als

Standesherrſchaften

genannten

betrachtet werden folten .

gewünſchten

Den

Reichshofrathe nicht erlangend, fügten auch

fie

fich endlich , und als der Graf Otto Karl Friedrich von Schön burg im

Jahre 1790 am

9. October zum

Reichsfürſten er

hoben wurde, erklärte derſelbe fogar, daß dieſe Standeßerhö Verhältniſſe zum

hung eine Veränderung der

kurſächſiſchen

Hauſe nicht herbeiführen ſolle.

Friedrich Auguſt hatte für die Alodialerbſchaft an ſeine Thaler bezahlt und jeft

Mutter, wie wir wiſſen , 800,000 ſechs Millionen

dafür

Reichsgulden

empfangen .

Er hätte

dies Geld nach Abzug jener 800,000 Thaler unbedingt als ſein wohlerworbenes Eigenthum nicht geſchah.

betrachten können , was jedoch

Er vertheilte es auf eine höchſt edle und un

eigennüßige Weiſe.

Jedes

50,000 Gulben , und mit dem

ſeiner

Geſchwiſter bekam

davon

Reſte tilgte er das 1744, 1745

und 1750 bei Hannover aufgenommene und viertehalb Mil 2*

18

enſchiedenere Antwort erhielt ; dieſelbe lautete nicht nur ab ſchläglich , ſondern

enthielt gleichzeitig auch die Verſicherung,

daß fie (Katharina II.) dem

Könige von Preußen ein Hilfs

corps von 60,000 Mann ſtellen würde, inſofern Maria reſia nicht freiwillig ihren der bairiſchen #

an

Erbſchaft entfage.

Nach Ankunft ſowohl

der franzöſiſchen , als auch der

ruſſiſchen Antwort ſchloffen die Partheien am vorläufig

The

ungerechtfertigten Anſprüchen

einen

Waffenſtillſtand ab , um

7. März 1779 wenigſtens

einen

Uebergang zu dem zunächſt abzuſchließenden Frieden zu haben . Schon am

10. Mai 1779 nahmen zu

unterhandlungen ihren Anfang.

Teſchen

die Friedens

Der Abgeordnete Sachſens

ſpannte anfänglich ſeine Forderung ſo überaus hoch, daß man von der anderen Seite füglich nicht darauf eingehen konnte. Gegen

die fächfiſchen

Kurfürſt von der lieber an der am

Forderungen

Pfalz

ſprach

aus und

fich beſonders der

erklärte dreiſt und laut,

3. Januar 1778 mit Deſterreich abgeſchloſ

fenen Konvention halten , als die fächſiſchen bewilligen zu wollen .

Rußland, ja , ſelbſt die Türkei nahmen

wenn auch nur mittelbar Theil an den gen zu

Anforderungen

Teſchen und verlangten

Friedensverhandlun

von Maria Thereſia , dafür

zu ſorgen , daß Karl Theodor fich gefügiger zeige. nerſeits und die Herabſeßungen andererſeits brachten

der

von Deſterreich, alſo am

gungen

des

Friedens nach

Geburtstage der Kai

13. Mai 1770.

einem

Die Bedin

Kriege , in welchem

nicht eine Schlacht geliefert worden , waren folgende : reich erhielt

Braunau

Dies ei

Forderungen

endlich eine Einigung der contrahiren

den Mächte zu Stande und zwar am ſerin

fächfiſchen

und das

Innviertel.

von der Pfalz machte fich anhetſchig , an

Karl Friedrich

auch Deſter

Theodor Auguſt

19

für die bairiſche Alodialerbſchaft ſechs Millionen Gulden zu zahlen und dieſelben in halbjährigen Raten abzutragen ; au Berdem

überließ

er ihm

die während des Friedens von Böh

men abgetretenen Lebens -Rechte auf die drei ſchönburg'ſchen Herrſchaften

Glauchau , Waldenburg und Lichtenſtein

allen Vorbehalt. Auf dieſe Weiſe kam

ohne

Friedrich Auguſt III.

ziemlich leicht zu ſeinem vollgiltigen und durch Urkunden ver bürgten Rechte und erhielt den

Frieden wieder, der unter fo

drohenden Umſtänden unterbrochen worden war. doch noch nicht alles ſein .

Indeß ſchien

ins Gleichgewicht gebracht worden

Die Grafen von Schönburg erklärten ſich mit den

zu Tes

ſchener Entſcheidungen nicht einverſtanden , führten neue Bes ſchwerde beim genannten

Reichshofrathe und verlangten , daß die drei

Standesherrſchaften

Reichsafterlehen Erfolg vom

höchſtens nur

betrachtet werden

ſollten .

als

fächfiſche

Den gewünſchten

Reichshofrathe nicht erlangend, fügten auch fie

fich endlich , und als der Graf Otto Karl Friedrich von Schön burg , im

Jahre 1790 am

9. October zum

Reichsfürſten

er

hoben wurde, erklärte derſelbe fogar, daß dieſe Standeserhö kung

eine Veränderung der Verhältniſſe

zum

kurſächſiſchen

Hauſe nicht herbeiführen ſolle .

Friedrich Auguſt hatte für die Alodialerbſchaft an ſeine Thaler bezahlt und jegt

Mutter , wie wir wiſſen , 800,000 ſeche Millionen dies Geld

Reichsgulden

dafür

nach Abzug jener 800,000

empfangen .

Er hätte

Thaler unbedingt als

ſein woblerworbenes Eigenthum betrachten können , was jedoch nicht geſchah. Er vertheilte es auf eine höchſt edle und uns eigennüßige Weiſe.

Jedes

ſeiner

Geſchwiſter bekam

davon

50,000 Gulden , und mit dem Reſte tilgte er das 1744, 1745 und 1750 bei Hannover aufgenommene und viertehalb Mil 2*

***

18

enſchiedenere Antwort erhielt; dieſelbe

lautete nicht nur ab

fdläglich, ſondern enthielt gleichzeitig auch die Verſicherung, daß fie (Katharina II.) dem

Könige von Preußen ein Hilfs

corps von 60,000 Mann ſtellen würde, inſofern Maria The reſia ' nicht freiwillig der bairiſchen Nach

ihren

ungerechtfertigten

Anſprüchen

Ankunft ſowohl der franzöſiſchen , als auch der

ruſſiſchen Antwort ſchloſſen die Partheten am vorläufig

an

Erbſchaft entſage.

einen

Waffenſtilſtand ab , um

7. März 1779

wenigſtens

einen

Uebergang zu dem zunächſt abzuſchließenden Frieden zu haben . Schon am

10. Mai 1779 nahmen

unterhandlungen ihren Anfang.

zu

Teſchen die Friedens

Der Abgeordnete Sachſens

ſpannte anfänglich ſeine Forderung ſo überaus hoch , daß man von der anderen Seite füglich nicht darauf eingehen Gegen die fächfiſchen

Forderungen

Kurfürſt von der Pfalz lieber an der am

ſprach ſich

konnte.

beſonders der

aus und erklärte dreiſt und laut,

3. Januar 1778 mit Deſterreich abgeſchloſ

fenen Ronvention halten , als

die fächſiſchen

Anforderungen

bewilligen zu wollen . Rußland, ja, ſelbſt die Türkei nahmen wenn auch nur mittelbar gen zu

Teſchen

Theil an den Friedensverhandlun

und verlangten

von Maria

Thereſia, dafür

zu ſorgen , daß Karl Theodor fich gefügiger zeige. nerſeits und die Herabſeßungen der andererſeits brachten

ſerin von Deſterreichy, alſo am

Geburtstage der Kais

13. Mai 1770.

Friedens nach einem

Kriege,

Die Bedin

in welchem

nicht eine Schlacht geliefert worden , waren folgende: reid; erhielt Braunau von der

Dies ei

Forderungen

endlich eine Einigung der contrahiren

den Mächte zu Stande und zwar am

gungen des

fächfiſchen

und

das

Innviertel.

Pfalz machte ficy anheiſchig , an

audy Deſter

Karl Theodor

Friedrich

Auguſt

19

für die bairiſche Allodialerbſchaft ſechs Millionen

Gulden zu

zahlen und dieſelben in

halbjährigen Raten abzutragen ; au

überließ er ihm

die während des Friedens von Böh

ßerdem

men abgetretenen Lebens-Rechte auf die drei ſchönburg'ſchen Herrſchaften

Glauchau , Waldenburg

allen Vorbehalt .

und Lichtenſtein

Auf dieſe Weiſe kam

ohne

Friedrich Auguſt III.

ziemlich leicht zu ſeinem vollgiltigen und durcy Urkunden ver bürgten Rechte und erhielt den Frieden wieder, der unter ſo drohenden Umſtänden unterbrochen worden war.

ins Gleichgewicht gebracht worden

zu

Die Grafen von Schönburg erklärten ſich mit den

Tes

doch noch fein .

Indeß ſchien

nicht alles

fchener Entſcheidungen nicht einverſtanden , führten neue Be ſchwerde beim genannten

Reichshofrathe und verlangten , daß die drei

Standesherrſchaften

Reichsafterlehen Erfolg vom

höchſtens nur als

betrachtet werden

ſollten .

Den

fächfiſche

gewünſchten

Reichshofrathe nicht erlangend, fügten

auch fie

ſich endlich , und als der Graf Otto Karl Friedrich von Schön burg , im

Jahre 1790 am

9. October zum

Reichsfürſten er

hoben wurde, erklärte derſelbe fogar, daß dieſe Standeserhö hung eine Veränderung der Verhältniſſe zum

kurſächfiſchen

Hauſe nicht herbeiführen folle. Friedrich Auguſt hatte für die Alodialerbſchaft an Mutter , wie wir wiſſen , 800,000 ſechs Millionen dies Geld

Reichsgulden

ſeine

Thaler bezahlt und jept

dafür empfangen .

nach Abzug jener 800,000

Er hätte

Thaler unbedingt als

ſein wohlerworbenes Eigenthum betrachten können , was jedoch nicht geſchah .

Er vertheilte es auf eine höchſt edle und un

eigennüßige Weiſe.

Jedes

50,000 Gulden , und mit dem

ſeiner Geſchwiſter

bekam

davon

Reſte tilgte er das 1744, 1745

und 1750 bei Hannover aufgenommene und viertehalb Mil *** 2*

-

18

enſchiedenere Antwort erhielt; dieſelbe lautete nicht nur ab ſchläglich , ſondern enthielt gleichzeitig auch die Verſicherung, daß ſie (Katharina II.) dem

Könige von Preußen

ein Hilfs

corps von 60,000 Mann ſtellen würde, inſofern Maria The reſia nicht freiwillig ihren ungerechtfertigten Anſprüchen der bairiſchen

Erbſchaft entfage.

Nach Ankunft ſowohl der franzöſiſchen , ruſſiſchen Antwort ſchloffen die Partheien am vorläufig

an

einen

Waffenſtilſtand ab , um

als auch der 7. März 1779

wenigſtens

einen

Uebergang zu dem zunächſt abzuſchließenden Frieden zu haben . Schon am

10. Mai 1779 nahmen zu Teſchen die Friedens

unterhandlungen ihren

Anfang.

Der Abgeordnete Sachſens

ſpannte anfänglich ſeine Forderung ſo überaus hoch, daß man von der anderen Seite füglich nicht darauf eingehen konnte. Gegen die fächſiſchen

Forderungen

ſprad

fich beſonders der

Kurfürſt von der Pfalz aus und erklärte dreiſt und laut, lieber an der am

3. Januar 1778 mit Deſterreich abgeſchloſ

fenen Konvention halten , als die fächſiſchen Anforderungen bewilligen zu wollen .

Rußland, ja, ſelbſt die Türkei nahmen

wenn auch nur mittelbar gen zu

Theil an den

Teſchen und verlangten

Friedensverhandlun

von Maria Thereſia, dafür

zu ſorgen , daß Karl Theodor ſich gefügiger zeige. nerſeits und die Herabſegungen andererſeits

brachten

der fächſiſchen

endlich eine Einigung der contrahiren

den Mächte zu Stande und zwar am ferin von gungen

Deſterreich, alſo am

Geburtstage der Kais

13. Mai 1770.

des Friedens nach einem

Kriege,

in

Die Bedin welchem

nicht eine Schlacht geliefert worden , waren folgende : reich erhielt Braunau von

der

Dies ei

Forderungen

und das

Innviertel.

Pfalz machte ' fich anheiſchig , an

auch Deſter

Karl Theodor Friedrich

Auguſt

19

-

für die bairiſche Allodialerbſchaft ſechs Millionen zahlen

Gulden zu

und dieſelben in halbjährigen Raten abzutragen ; au

Berdem

überließ er ihm

die während des Friedens von Böh

men abgetretenen Lebens-Rechte auf die drei Herrſchaften

Glauchau , Waldenburg

allen Vorbehalt . Auf dieſe Weiſe kam ziemlich leicht zu ſeinem bürgten

ſchönburg'ſchen

und Lichtenſtein

ohne

Friedrich Auguſt III.

vollgiltigen und durch Urkunden ver

Rechte und erhielt den Frieden wieder, der unter ſo

drohenden Umſtänden unterbrochen worden war.

Indeß ſchien

doch noch nicht Alles ins Gleichgewicht gebracht worden zu ſein.

Die Grafen

von Schönburg erklärten ſich mit den Tes

ſchener Entſcheidungen nicht einverſtanden , führten neue Be ſchwerde beim genannten

Reichshofrathe und verlangten , daß

Standesherrſchaften

Reichsafterleben Erfolg vom

höchſtens nur als

betrachtet werden

ſollten .

Den

die drei fächfiſche

gewünſchten

Reichshofrathe nicht erlangend, fügten auch

fie

ſich endlich, und als der Graf Otto Karl Friedrich von Schön burg im

Jahre 1790 am

9. October zum

Reichsfürſten

er

hoben wurde, erklärte derſelbe fogar, daß dieſe Standeserhö hung eine Veränderung der Verhältniſſe zum

kurſächfiſchen

Hauſe nicht herbeiführen ſolle. Friedrich Auguſt hatte für die Alodialerbſchaft an ſeine Mutter, wie wir wiſſen , 800,000 ſechs Millionen dies

Geld

Reichsgulden

Thaler bezahlt und jeft

dafür

nach Abzug jener 800,000

ſein wohlerworbenes Eigenthum nicht geſchah .

empfangen .

Er hätte

Thaler unbedingt als

betrachten können , was jedoch

Er vertheilte es auf eine höchſt edle und un

eigennüßige Weiſe.

Jedes

50,000 Gulden , und mit dem

ſeiner Geſchwiſter

bekam

davon

Reſte tilgte er das 1744, 1745

und 1750, bei Hannover aufgenommene und viertehalb Mil 2*

18

enſchiedenere Antwort erhielt ; dieſelbe lautete nicht nur ab ſchläglich, ſondern enthielt gleichzeitig auch die Verſicherung, daß fie (Katharina II.) dem

Könige von Preußen

ein Hilfs

corps von 60,000 Mann ſtellen würde, inſofern Maria The reſia nicht freiwillig

ihren

ungerechtfertigten

Anſprüchen

an

der bairiſchen Erbſchaft entſage. Nach Ankunft ſowohl der franzöſiſchen , ruſſiſchen Antwort ſchloffen die Partheten am einen

Schon am

I

vorläufig

Waffenſtilſtand ab , um

Uebergang zu dem

als auch der

7. März 1779

wenigſtens

einen

zunächſt abzuſchließenden Frieden zu haben .

10. Mai 1779 nahmen

unterhandlungen ihren Anfang.

zu

Teſchen die Friedens

Der Abgeordnete Sachſens

ſpannte anfänglich ſeine Forderung ſo überaus hoch, daß man von der anderen Seite füglich nicht darauf eingehen konnte . Gegen die fächſiſchen Kurfürſt von

der

lieber an der am

Forderungen

ſprach

ſich

Pfalz aus und erklärte

beſonders der

dreiſt und laut,

3. Januar 1778 mit Deſterreich abgeſchloſ

fenen Konvention halten , als die fächſiſchen Anforderungen bewilligen zu wollen .

Rußland, ja, ſelbſt die Türkei nahmen

wenn auch nur mittelbar Theil an den Friedensverhandlun gen zu zu

Teſchen und verlangten

von Maria

Thereſia , dafür

ſorgen , daß Karl Theodor fich gefügiger zeige.

nerſeits

und

die Herabſegungen

andererſeits brachten

der

gungen

Deſterreich, alſo am des

Geburtstage der Kai

13. Mai 1770.

Friedens nach einem

Die Bedin

Kriege , in welchem

nicht eine Schlacht geliefert worden , waren folgende: reich erhielt von

der

Braunau

Dies ei

Forderungen

endlich eine Einigung der contrahiren

den Mächte zu Stande und zwar am ferin von

ſächſiſchen

und das

Innviertel.

Pfalz machte ſich an heiſchig , an

auch Deſter

Karl

Theodor

Friedrich

Auguſt

19

für die bairiſche Allodialerbſchaft ſechs Millionen

Gulden zu

zahlen und dieſelben in halbjährigen Raten abzutragen ; au ßerdem men

überließ er ihm

abgetretenen Lebens- Rechte auf die drei ſchönburg'ſchen

1

Herrſchaften allen

die während des Friedens von Böh

Glauchau , Waldenburg

Vorbehalt.

und Lichtenſtein ohne Auf dieſe Weiſe kam Friedrich Auguſt III.

ziemlich leicht zu ſeinem

vollgiltigen und durch Urkunden ver

bürgten Rechte und erhielt den

Frieden wieder, der unter fo

drohenden Umſtänden unterbrochen worden war. doch noch ſein .

nicht Alles

ins

Indeß ſchien

Gleichgewicht gebracht worden zu

Die Grafen von Schönburg erklärten ſich mit den Te

ſchener Entſcheidungen nicht einverſtanden , führten ſchwerde

beim

genannten

Standesherrſchaften

Reichsafterleben Erfolg vom

neue Bes

Reichshofrathe und verlangten , daß höchſtens nur

betrachtet werden ſollten .

die

als

Den

drei

fächfiſche

gewünſchten

Reichshofrathe nicht erlangend , fügten

auch fie

ſich endlich, und als der Graf Otto Karl Friedrich von Schön burg , im

Jahre 1790 am

9. October zum

Reichsfürſten

er

hoben wurde, erklärte derſelbe fogar, daß dieſe Standeserhö hung eine Veränderung der Verhältniſſe zum

kurſächſiſchen

Hauſe nicht herbeiführen ſolle. Friedrich Auguſt hatte für die Alodialerbſchaft an ſeine

Mutter, wie wir wiſſen , 800,000 ſechs Millionen dies

Geld

Reichsgulden

Thaler bezahlt und jeft

dafür

nach Abzug jener 800,000

empfangen .

Er hätte

Thaler unbedingt als

fein wohlerworbenes Eigenthum betrachten können , was jedoch nicht geſchah.

Er vertheilte es auf eine höchſt edle und un

eigennüßige Weiſe.

Jedes

ſeiner Geſchwiſter bekam

davon

50,000 Gulden , und mit dem

--

tem

Reſte tilgte er das 1744 , 1745 und 1750 bei Hannover aufgenommene und viertehalb Mil 2*

20

honen

betragende Darlehn und löfte dadurch die an

Kur

braunſchweig verpfändeten Aemter und Einkünfte wieder ein. Dies geſchah in

den

Jahren von 1781 bis 1790 .

3 weites Kapitel. Die Landes - Einkünfte. Joſeph II. Graf Joſeph Wenzel von Cheilung der Mansfeld . - Perſonalien des Mansfeld'[chen Hauſes . Mansfeld'ſchen Erbſchaft unter Sachſen und Preußen . – Die Bergakademie Abraham Gottlob Werner. Herr von Charpentier . zu Freiberg. Karl Maria von Joſeph Schufter. Sohann Gottlieb Maumann . Weber. Friedrich

II. von Preußen

hatte nach Beendung des fie

benjährigen Krieges erklärt, daß kein Land durch dieſen Krieg mehr gelitten habe , als Sachſen .

Dies war leider nur all

zuwahr , und ein großes Glück für das entnervte Land war es, daß es Friedrich Auguſt III. zum Hochherzigkeit wir beim dachten .

Schluffe

Die Regierungen vor ihm

Herrſcher erhielt, deffen

des vorigen

Kapitels

ge

hatten für Sachſen wenig

thun können , der Ausſpruch : es läßt fich leichter niederreißen , als aufbauen , beſtätigte fich auch hier wieder .

Auch

Auguſt III. gelang dies erſt nach vielen Jahren . lagen die Gegenden

zwiſchen

wo fonft eine üppige

Noch 1770

Leipzig und Wittenberg wüſte,

Vegetation

war auch ganz natürlich !

Friedrich

vorhanden

geweſen .

Es

Die größeren Gutsbefißer waren

durch die ungeheuren Militairlaſten , insbeſondere aber durdy die ſchweren Kontributionen dergeſtalt erſchöpft , daß es ihnen

21

ſchlechterdings unmöglich war, Etwas für die Kultur zu thun ; ja , viele von

ihnen hatten nicht nur ihre baaren

Gelder,

fondern auch ihre Gehöfte und die darauf errichteten Schlöffer und Häuſer verloren .

Der engliſche Reiſende Hall giebt nach

Vehſe eine Beſchreibung der fächſiſchen Kulturverhältniſſe in folgenden

Worten : Ergreifend

kungen

iſt der erſtaunliche Unterſchied der Wira

des Krieges, die er auf Brandenburg und Sachſen

gemacht hat: Sachſen iſt ruinitt und erſchöpft ; weder die Bevölkerung, noch das Einkommen , noch Handel,und Hilfs quellen , die es jeßt hat, ſind mit denen es vor dem

Kriege hatte .

Der König

Gegentheil hat größere Einkünfte, als nere Armee, als vor dem auch , aber die Wunden

zu vergleichen , die

Artege.

von

Preußen

im

jemala! eine ſchör

Allerdings litt fein Land

ſcheinen nicht fo tief in's Fleiſch

gegangen zu fein ; ficherlich waren ſeine Staaten nicht in dem Maße der Kriegsſchauplaß, wie er Sachſen dazu machte . Der Contraft iſt in

der

That ſo ergreifend, daß , wenn

jemals wieder ein Krieg zwiſchen

Deſterreich und Preußen

ausbrechen folte , Sachſen ganz unzweifelhaft ſich nicht wies der mit Defterreich verbinden wird ." Hal hat in

dieſer Schilderung nicht übertrieben.

ſens Einkünfte beliefen

ſich vor dem

auf etwa zehn Millionen

fiebenjährigen Kriege

Thaler, bei Antritt der Regier

rung Friedrich Auguſt III. betrugen dieſelben mal die Hälfte , und

Sachs

nody nicht eins

obenein war das Land, noch

ſehr ver

ſchuldet.

Şall gedenkt auch der Verminderung des fächfiſchen Bola kes und giebt dieſelbe auf eine Million an . ift offenbar unrichtig.

Dieſe Angabe

Der ſiebenjährige Krieg fol . Sadalen

nicht viel über 100,000 Menſchenleben

gekoſtet haben , und

-

22

wenn es auch

Thatfache

iſt , daß nach Beendung deſſelben

Viele den heimathlichen Boden verlaſſen haben, fo können es doch immer nicht ſo viel geweſen ſein , daß die runde Summe einer

Million

herauskäme.

Berechnung nach dieſer

Eine

Seite hin wird auch immer etwas Precäres bleiben . , Friedrich Auguſt III. war der eigentliche Mann , durdy den

Sachſen wieder emporgehoben

der That verdankt es ihm

Am

werden

konnte , und in

allein feinen ganzen Wohlſtand.

29. November 1780 war Deſterreichs Kaiſerin

ſtorben.

Ihr Sohn

zeigte ſehr bald , daß

Joſeph übernahm

ſeine Erblande und

er freien Spielraum

erhalten habe. Mit allem

ge

für ſeine Pläne

Eifer ſtrebte er darnach, das Beſte

für feine Staaten zu erzielen und ſeine Unterthanen ſo glück lich , als möglich zu machen .

Wer weiß , wie weit Joſeph II.

gegangen wäre und welche Kalamitäten er hervorgerufen hätte, wenn nicht der König von Preußen ihn fortwährend beobach tet haben würde, vor dem er einiger Maßen Reſpect hatte. Wenn wir auf der einen Seite behaupteten , der Kaiſer von Deſterreich habe das

Beſte

feiner

Unterthanen zu

erſtreben

geſucht, und auf der andern Seite, wer weiß, in welche Sta lamitäten er Deutſchland ohne die Beobadytung Friedrich II . geſtürzt haben würde, fo fcheint dies ein Widerſpruch in felbſt zu ſein . man

einen

Das war es

indeß nicht!

fich

Joſeph II. kann

fühnen Reformator nennen , der da glaubte, es

möglich machen zu können , das noch in tiefer Unwiffenheit fich bewegende deutſche Volt zu fich empor zu ziehen . Joſeph war ſeiner Zeit vorangeſchritten , und ſolche Menſchen in

taugen

der Regel nicht für die Entwicelung ſtaatlicher und volks

wirthſchaftlicher trauen

von

Verhältniſſe.

Sie werden überall mit Miß

Denjenigen 'betrachtet,

zweden , weil dieſe nicht

im

Stande

deren

Beftes

find , ſte zu

fie

be

verſtehen

23

jede Neuerung , und mag ſie auch noch

und

ſo vorzüglich

fein , von vornherein von der Hand weiſen. Das war nicht damals allein fo ; das iſt zu allen Zeiten geweſen und iſt es noch heute. Joſeph II. wollte ſchon in

demſelben

Augenblick ernten ,

wo er gefäet hatte, und das iſt unmöglich. Zeit haben .

Reformationen

durch

einen guten Unterricht vor

laffen : er wäre

von

ganz Deutſchland vergöttert

auf feine bereiten

Jedes will ſeine

Hätte er ſein Volk mit der gehörigen Weisheit

worden . Unter dieſen Umſtänden

konnte Deutſchland von Glück

ſagen , daß ein Friedrich der Große in ſeiner Mitte fich be fand.

Wenn derſelbe auch früher als ein

Eroberer aufgetres

ten war, ſo hatte er fich jest, wo er alt und weiß geworden , bedeutend geändert.

Sein

Charakter war derſelbe geblieben .

Er wollte Deutſchland . Beherrſchen

und

beherrſchte es aucy,

ungeachtet er nicht ſein Kaiſer war.

Wenn andere Geſchichts

ſchreiber die Herrſchſucht Friedrichs

II. „ Gewährleiſtung des

deutſchen Staatenſyſtems" . nennen , fo die

Schonung, welche

ſie

dem

zeigen

ſie damit nur

Rieſengeiſte

ſchuldig zu ſein glauben . Sachſen

dieſes

Fürſten

betrachtete den preußiſchen

König als feinen Schußengel gegen

das immer mehr hervor

tretende Uebergewicht Deſterreichs.

Im Uebrigen hatte Fried

rich

II. bereits auch

Protektion

dem

fo viele Beweiſe feiner unzweideutigen

ſächſiſchen

Herrſcher gegeben , daß

es

kein

Wunder iſt, wenn derſelbe, namentlich bei ſeinem hochherzigen Charakter, ihm

außerordentlich gewogen war.

Auch jest wie

der trat ein Fall ein , wo Friedrich II. ſeine Freundſchaft von Neuem Am

bethätigte. 31. März 1780 war der Graf. Joſeph Wenzel von

Mansfeld ,

Fürſt

von

Fondi,

geſtorben .

Inwiefern

dieſes

24

Ereigniß

auf die kurſächſiſchen

war, iſt aus Folgendem

Verhältniffe von Bedeutung

zu erſehen :

Mansfeld , eines der älteſten Gefdlechter in

Deutſhland , das von den

Querfurt abftammt und von dem Namen

hat.

mehrere Unter

Es ift

verdienftvolle

den

alten

Jahre 1115

gräflichen

in

fürftlichen

edlen Herren von

Schloſſe Mansfeld feinen

viele Linien

Helden

und

und

getheilt

und brachte

Staatsmänner

Mansfeld’ſchen Grafen

hat fich

hervor.

fchon

einer , Namens Hojer , bekannt und um

Kaiſer Heinrich V. verdient gemacht. Mansfeld , welcher zur Zeit

Der Graf Albrecht von

der Reformation

fich für Martin Luther und war in

im den

dem

lebte, erklärte

Religionsfriege eine

der vornehmſten Stüßen des Proteſtantismus. Derſelbe zwang 1547 Heinrich von Braunſhweig, die Belagerung von Bres men aufzuheben , und ſtarb 1560 im hinterließ fünf Söhne, von denen Volrath , gedenken wollen .

achtzigſten wir

nur

Jahre.

Gr

des jüngſten ,

Derfelbe war , wie überhaupt

alle Grafen von Mansfeld , Soldat, diente mit Auszeichnung, befand fich

im

Treffen von Montcontour uud rettete durdy

ſeinen meiſterhaften Mückzug einen großen Theil der deutſchen Retterei.

Viele verwechſeln ihn mit dem Grafen Peter Ernſt

von Mansfeld , der 1552 nad Monteontour den

dem

erwähnten

Oberbefehl hatte und bei

Treffen von

Jury

gefangen

1

wurde.

Volrath ſtarb am

dagegen

erft 1604 als Statthalter von Brüffel und Lurem

burg , nachdem

er noch den

Reichs empfangen hatte. durch

feine

30. December 1578, Peter Ernft

Titel eines Fürſten

des römiſchen

Der Sohn des Legtern , Karl, ift

Theilnahme am

flanderiſchen

und ungariſchen

Kriege bekannt geworden und ſtarb 1595 ohne ſeibliche Erben . Ernſt von Mansfeld , ein natürlicher Bruder des Legtern , den fein Vater mit einem adligen Fräulein , das zu Mecheln wohnte,

25

erzeugt hatte, wurde von ſeinem Taufpathen , dem Erzherzog Ernſt von Deſterreich , in der katholiſchen Religion erzogen und leiſtete dem

Könige von Spanien und dem

Ungarn wichtige

Dienſte , weshalb

Rudolph II. für legitim troßdem

Saifer in

er dann auch von Kaiſer

erklärt wurde. Man behandelte ihn

höchſt unmanierlich , man verweigerte ihm

nicht nur

die Würde, ſondern auch die Güter ſeines Vaters, welche dies fer in den

ſpaniſchen Niederlanden

mißvergnügt, entſagte Religion , nahm

er

im

beſeffen hatte.

Jahre 1610

Darüber

der katholiſcheut

die reformirte an und verband ſich mit den

proteſtantiſchen Fürſten Deutſchlands und ward dadurch einer der gefährlichſten ſem

Feinde Deſterreichs , weshalb

er von

dies

auch der Attila der Chriſtenheit genannt wurde. an die Spiße der empörten

Böh

men , eroberte 1619 Pilfen , ging in die Pfalz , nahm

viele

1618

Er ſtellte ſich

Pläße daſelbſt, verheerte Elſaß , nahm Hagenau ein und ſchlug Indeß ward er zulegt von Wallens

endlich auch die Baiern . ſtein

bei Deffau

vollſtändig

beſiegt.

gebliebene Heer übergab er dem

Das

Herzoge von Weimar und Staaten zu reiſen ,

hatte die Abſicht, nach den venetianiſchen wurde aber

ihm

in

einem

Dorfe bei

Jahre alt, an

ſtarb , 46

ihm noch übrig

Zara plößlich

krank und

Vergiftung, wie man ſagt, das Er war unbedingt

feine Feinde hatte beibringen laſſen .

einer der geſchickteſten Feldherren ſeines Die Grafſchaft.Mansfeld

liegt in

Jahrhunderts. Oberſachſen , wo ſie

nördlich das anhalt'ſche, öftlich das magdeburg'iche, weſtlich das gräflich Stolberg'ſche und jüdlich das thüring'iche Gebiet berührt.

Schon

verſchuldet.

im

fechszehnten

Sahrhundert war

ſie ſehr

Die Folge davon war, daß die beiden Lebeno

herren , Kurſachſen und Magdeburg, die Grafſchaft 1570 in Sequeſtration nahmen , jedoch den

Grafen

an

ihrer Reichs

-

26

ftandſchaft und Reichs- und Im

an Siz und Stimme, welche ſie auf den

oberſächſiſchen

Jahre 1716

ward

Kreistagen

hatten , unbeſchadet.

die Sequeſtration

in Anſehung des

unter magdeburg'ſcher Landeshoheit ſtehenden Antheils aufge hoben , dagegen

dauerte die kurſächſiſche Adminiſtration

Graf Heinrich Franz von Mansfeld erhielt vom

Könige von Spanien , Karl

Fürſtenthum

Fondi, und vom

im

fort.

Jahre 1690

II., das neapolitaniſche

Kaiſer

Leopold die Reichsfür

ſtenwürde, welche 1696 und 1709 beſtätigt und 1711 öffent lich bekannt gemacht wurde.en stillips sia wa Mit dem ſtorbenen

vorn

Grafen

erwähnten , am

maisha

31. März 1780 ver

Joſeph Wenzel von Mansfeld erloſch dieſer

Stamm , aus dem , wie wir bewieſen , fo mancher verdienſtvolle Mann hervorgegangen war. hängten Sequeſtration

Seit der im

Jahre 1570 ver

befand ſich das kurſächſiſche Oberauf

feber-Amt in Eisleben , das die Einkünfte zu verwalten hatte. Von

demſelben bekamen

die jedes Mal vorhandenen

Grafen

von Mansfeld eine genügende Summe Geld zu ihrem desgemäßen Schulden

Unterhalt, und mit dem

abgetragen .

Bis

zum

Uebrigen

übrig.

wurden

Jahre 1783 waren

erſt etwa 200,000 Thaler alter Schulden immer noch

eine Schuldenlaft von

ſtan die

jedoch

getilgt, und es blieb

ungefähr einer Milton

Da unter derartigen Umſtänden an eine vollſtändige

Dedung der vorhandenen Schulden

faſt gar nicht zu denken

1

war, fo flug fich

Friedrich II. von

des Kurfürſten

Sachſen , ins Mittel.

von

Preußen , auf Wunſch Nach dem

Tode

des legten männlichen Erben trat die Gräfin Colloredo, eine geborene Fürſtin von

Fondi und Gräfin von Mansfeld , die

Alodialerbjchaft an ; die Grafſchaft ſelbſt aber nahm rich

II . für ſich und

Auguſt III. in Beſig .

ſeinen

kurfürſtlichen

Fried

Freund Friedrich

Das Land felbſt iſt auf der Nordſeite

27

fehr gebirgig, daher auch wenig fruchtbar. Es hat aber viele Bergwerke auf Kupfer , auch auf Silber, deren Ausbeute in früheren Zeiten nicht unbedeutend war. und eine vortreffliche Schaafzucht.

Es hat vielen Wald

Sadyſen bekam

durch

die

Entſcheidung des Königs von Preußen 64 Quadratmeilen Land mit etwa 24,000 Einwohner, während ihm ſelbſt 6

Quadratmeilen mit 26,000 Einwohnern

nahrungszweig

beiden

in

Theilen

Zweig

der

Haupt

iſt der Bergbau , was für

Friedrich Auguſt III, nur angenehm haupt für dieſen

zufielen .

ſein konnte, da er über

Induſtrie ' in

ſeinem

Lande una

gemein großes Intereſſe an den Tag legte. Er hatte bereits im Jahre 1765 dafür geſorgt , daß zu Freiberg eine Berg akademte gegründet wurde, wodurch er zwei ſehr wichtige ſtitute ins Leben Praris .

In

rief : eins für die Theorie und eins für die

Der Ruf der Freiberger Bergacademie erſtredte fich

bald über die Grenzen Sachſens , beſonders aber geſchah dies durch die vortreffliche Verwaltung des Kammer- und Berg raths von

Heyniß.

Berlin , dem Akademie dem

Derſelbe erhielt

er auch folgte. Herrn

Ruf nachy

die Direktion der

Johann Friedrich Wilhelm

pentier, deſſen Ahnherr ſchon vor dem Frankreich verlaſſen

ſpäter einen

Er überließ

von Char

dreißigjährigen Kriege

und ſich in Sachſen angeſiedelt hatte.

Herr von Charpentier, ein um

die wiſſenſchaftliche

Betreibung des Bergbaues höchft verdienter Mann , war am 24. Juni 1738 geboren und ſtarb am 27. Juli 1805.

Schon

1766 wurde er als Lehrer der Mathematik an der Bergaka demie zu Freiberg angeſtellt.

Später machte er ſich mit dem

praktiſchen Grubenbau bekannt. 1784 ward er Direktor des Alaunwerks zu Schmemſal; 1785 begab er ſich nach Ungarn ,um die Anwendbarkeit der neuen prüfen .

Amalgamirmethode felbft

zu

Nach ſeiner Zurücfunft wurde in Freiberg das große

-.

28

Amalgamirwerk nach einem gelegt.

Um

den Reichsadelſtand erhob . wurde

die

ſehr weiſe durchdachten Plane an

dieſe Zeit war es auch , wo ihm

Gemahlin

Joſeph II. in

Er hinterließ zwei Töchter.

des

preußiſchen

Eine

Generallieutenants

Freiherrn von Thielemann , der zugleich auch .Militair gouverneur der zwiſchen der Weſer und dem königlich preußiſchen weſtphäliſchen

Rhein belegenen

Provinzen

war und von

einer bürgerlichen Familie abſtammte, von welcher fich meh rere

Mitglieder

haben .

Die

im

ſächſiſchen

zweite Tochter

Staatsdienſte

ausgezeichnet

Charpentiers verheirathete ſich

mit Franz Volkmar Reinhard, Oberhofprediger , Kirchen rath und Oberkonſiſtorialaffeſſor in Dresden , wofelbſt er auch am

6. September 1712 ſtarb. Nach

ſeinem

Tode wurde fie

die Gemahlin des Miniſters Grafen von Hohenthal. mit

Der berühmteſte Mann

an

der

Bergakademie zu Frei

berg war jedoch unzweifelhaft der Bergrath Abraham Gott Lob Werner . Er war im Jahre 1750 am 25. September in

der Oberlauſig geboren , wo ſein

Vater Aufſeher

eines

Eiſenhammers und er von dieſem bereits zu einem ähnlichen Geſchäftsleben beſtimmt war. empfinger feine

Auf der Sdule zu Bunzlau

erſte wiſſenſchaftliche

Bildung.

Einige

Jahre darauf beſuchte er als Schüler diejenige Anſtalt, an der er ſpäter als Lehrer fungirte und die ihre Berühmt heit ihm

mit zu verdanken

hat.

Von

Freiberg ging er zur

Univerſität nach Leipzig , wo er vorzugsweiſe naturhiſtoriſche Studien trieb. Scion hier beſchäftigte ihn die Lehre von den

äußeren Kennzeichen der Foſſilien

im

Jahre 1774

und er gab

daſelbſt

ſein Werk von den äußerlichen Kenns

zeichen der Foſſilien heraus , das 1790 franzöſiſchen Ueberſebung erſchien. er einen Ruf nach Freiberg, um

auch in

einer

Kurze Zeit darauf erhielt das dortige Naturalien - Kia

29

binet unter ſeine Aufſicht zu halten .

nehmen

und Vorleſungen

Hier fand er Gelegenheit, ſich zum

neuen Mineralogie zu Forſter

ſchrieb

Heyne, beffen

am

machen .

Schöpfer einer

Johann

10. Juli 1784 an

Tochter er im

zu

Georg Adam

Chriſtian Gottlob

Jahre 1775 geheirathet hatte ,

über Werner Folgendes : „ Werner iſt als Mineralog ſehr groß , ich möchte ſagen , ohne feines Gleichen , ſo

ein ſyſtematiſcher Kopf

war ſelbſt linnè nicht ; dabei iſt er ein guter gründ licher Philoſoph kunde , die ihn

und hat Kenntniſſe

in

der

Bergwerks

ſehr brauchbar machen würden , wenn er

Vorgeſepte hätte,

die mit ihm

umzugehen

wüßten .

Er

wird hier vernachläſſigt , ſchlecht befoldet , nicht geehrt und von Leuten , die er überſehen feßt.

kann , gedrückt und zurückge

Könnte er ſich überwinden , fo fleißig zu publiziren

wie er fleißig arbeitet, beobachtet und aufſchreibt, und hätte er dann Luſt , ſein

Vaterland (an dem

loſophie

Unbilligkeit doch hängt) zu verlaffen ,

und

aller

er trotz aller Phi

fo würde man ihn in der ganzen Welt mit offenen Armen aufnehmen .

Ueber die

er eigene, und mich

Bearbeitung der

Naturkunde hat

dünft, fehr richtige

Ideen , ſo wie

über den Umfang dieſer Wiſſenſchaft und die Anzahl der dazu gehörigen verſchiedenen Disciplinen

ihren

Inhalt, ihre

Grenzen , ihren ihnen angemeſſenen Vortrag, oder die Ein theilung und Ordnung der Lehrfäße u . f. w . tiſche des

Bergbaues

ſcheint Charpentiers

I der jegt Bergrath geworden

Das Prak

Fach zu

iſt und faſt immer

fchäften bald hier, bald dorthin verreiſt.

ſein ,

in Ge

Der Kammerherr

von Heyniß , jegt Berghauptmann , iſt nur einige Tage hier geweſen , ſonſt hält er fich Sommers auf ſeinem nige Meilen gelegenen Landgute auf.“

eta

--

30

Der preußiſche geheime Hofrath zwanzig

Karl Müller urtheilt

Jahre ſpäter über Werner folgendergeſtalt: „ Auf Graf's

Kaffehaus fand

ichen , meiſt Bergoffizianten

in

ich eine Menge Men

heiterer Laune und unter

ihnen den großen Minerologen, Bergrath Werner, den ich ſchon von Perſon etwas kannte. Sein geſellſchaftliches Betragen

entſpricht ſeinem

Rufe, er iſt nicht nur ein ge

lehrter, ſondern auch ein freier Mann und lodt vielleicht durch beides die Ausländer herbei, welche auf der hieſigen Bergakademie ſtudiren . geweſen

und ſprach

Er iſt vor einiger Zeit in

darüber in

wiſſenſchaftlicher

Paris Hinſicht

ſehr inſtructiv, in politiſcher aber ſehr kalt und zurüchal tend.

Ich ließ mir von

Collegium einander

ihm

ein

kleines metalurgiſches

leſen , wobei er die Güte hatte, auf zwei an gerückten

Tiſchen

mir mit Kreide die

ganzen

Hauptſtollen des Freiberger Reviers vorzuzeichnen u . f. w ." In

gleicher Weiſe

erhielt auch die Dresdener Kapelle

eine größere Bedeutſamkeit. Der Kurfürſt Friedrich Auguſt III. ähnelte in Bezug auf Kirchenmuſik ſeinem Vorfahren Auguſt III. Zwar hatte

er nicht ſo viele Sänger angeſtellt, wie dieſer,

dodh machte

deren

Zahl mit Einſchluß der Prima-Donnen ,

immer noch ein gutes Dußend aus.

Im

Jahre 1755 waren

elf Sopraniſten angeſtellt, darunter die ſchöne Fauſtina , Mai treffe Auguſt III., die Albuzzi, die Pilaja ; im

Jahre 1769

waren nur noch zwei Soprane vorhanden und zwar Dome nico Annibali, welcher 1200 Thaler Gehalt bezog , und des Grafen von Brühls ehemahlige Maitreſſe Demoiſelle Denner Beide rührten mit 1500. Thaler jährlichem Einkommen .

noch vom

Etat vor dem

ſiebenjährigen

Kriege her.

Auffal

lend iſt , daß auch Haffe noch aufgeführt gefunden wird, der dody ſchon lange in

Wien

fungirte und mit Sachſen

keine

31

Gemeinſchaft mehr hatte.

Daß der Sopran unter der Re

gierung Friedrich Auguſts III. ſo ſchwach vertreten war, lag vornehmlich in der geringen Neigung, welche dieſer Monarch für den Sopran empfand ; er liebtemehr den Baß und zeich nete deshalb auch Bonnaveſi und Giowachino Benin caſa , zwei ganz vorzügliche Baffiften , ganz beſonders aus. Legterer ſtammt aus Perugia, trat erſt 1815 ein und ſtarb An Gehalt bezog derſelbe nur funfzig

1835 .

Thaler monatlich.

Während der Regierungszeit Friedrich Auguſts III. find Kapellmeiſter daſelbſt angeſtellt geweſen ,

drei Männer als

denen wir einige Worte bejonders widmen müſſen , weil ihre Tüchtigkeit und ihr talentvolles

Streben

ihnen

einen

Ruf

verſchafft hat, der nicht nur über die Grenzen Sachſens bin aus ging, ſondern auch für ewige Zeiten bleiben wird . Der erſte dieſer Männer war in

Johann

der Nähe Dresdens zu

Gottlieb Naumann ,

Blaſewiß

1741 geboren .

Sein

Vater, der ſich von einer mehr,alsmittelmäßigen Aderwirthſchaft ernährte, war hinſichtlich des Verſtandes ſeinen Standesgenoſ ſen überlegen und hatte nicht ſobald die hervorragenden higkeiten



ſeines Sohnes zur Mufik bemerkt , als er auch be

ſchloß , denſelben nicht in die Schule des Dorfes , wo dieſen Fähigkeiten in

keine Rechnung getragen werden

eine Schule Dresdens zu

konnte, ſondern

ſenden .

Der alte Naumann beſaß ein ziemlich bedeutendes Vera mögen und hatte in niſſe erworben.

feiner

Jugend manch nüßliche Kennt

Dieſe zwei bedeutſamen Umſtände zuſammen

genommen veranlaßten dann auch , daß mancher dem

höheren

Stande angehörender Mann

So era

ſchien

auch einmal ein

in

ſein

Haus kam .

Mitglied der königlich

ſchwediſchen

Kapelle bei ihm und war ſehr erſtaunt, hier ein Klavier und Muſikſtücke zu finden , deren Ausführung er für außerordent

32

lich ſchwer erklärte.

Er fragte, wer dieſe Stüde ſpiele und

erfuhr, daß dies der dreizehnjährige Schn ſeines Wirthes ſei. Ganz entzückt über das Talent des jungen Menſchen , erbot er

fich, denſelben

weiter ausbilden

koſtenfrei mit nach laſſen

zu

wollen .

Italien nehmen

und

Anfänglich wollte

der

Vater nichts davon wiſſen, doch endlid , gab er ſeine Einwil ligung. Bald ſtellte ſich aber heraus, daß der ſchwediſche Menſchenfreund im hohen Grade egoiſtiſch dachte. Naumann hatte in demſelben keinen Beſchüßer, ſondern nur einen gemein denkenden

Herrn

gefunden , dem

er

die niedrigſten

leiſten mußte und nebenbei auch noch oft dem geſegt

war.

Von

ſeiner weiteren

Wort mehr geſprochen , ja , ihm

er ſeinem

Herrn

Italien zu

nach

Mangel aus

Ausbildung wurde kein

kaum

ſo viel Zeit gelaffen ,

daß er ſich auf der Bratſche einüben konnte .

um

Dienſte

Zu

Fuß mußte

folgen , als derſelbe 1758 die Poſt beſtieg, reiſen , und während dieſer in Padua

den Unterricht Tartini's benußte, mußte der junge Nau mann mit Notenſchreiben feinen Unterhalt verdienen . Einſt, als

er, wie gewöhnlich , das Inſtrument feines Herrn zu Tartini trug , wagte er es , dieſen großen Virtuoſen um die

Erlaubniß zu bitten , an der Thür ſeines Zimmers der Lehr ſtunde zuhören zu dürfen . feine Schüler auf. Hunt einen

gütigeren

Eltern und ſein

Tartini nahm

Herrn .

Der

Wunſch

Italien

endlich , ſeine

Vaterland wiederzuſehen , wo er angeſtellt

zu werden hoffte, bewog ihn , nach einem enthalt in

ihn fogleich unter

Bald darauf erhielt er auch in Herrn

ſeinen

Eltern

achtjährigen Auf

eine feiner Kompoſitionen ,

mit der Bitte zu überſenden , fie dem fächfiſchen Hofe vor legen zu laſſen . Damals war noch Maria Antonia in Flor; thr überbrachte die Mutter des jungen Künſtlers dieſe Som = poſition .

Die Kurfürſtin -Wittwe hatte ſelbſt, wie wir wiſſen,

33

viel muſikaliſches Talent; fie bezweifelte, daß der Sohn der ihr ſtehenden

einfachen

Sie ließ

in

Bäuerin

die

Kompoſition

Italien Erkündigungen ‫܀܀‬

vor

macht habe.

ge

darüber

einziehen , und da dieſelben höchſt befriedigend ausfielen , ſo berief ſie den

jungen Naumann im

Jahre 1765 als kurfürft=

lichen Kirchenkomponiſt nach Dresden , in eri ein

jährliches Gehalt von

220

welcher Stellung

Thalern bezog.

ſchnell in der Gunſt des fächſiſchen Hofes und ſchon 1200

Thaler, ſpäter fogar 2000

Er ſtieg

erhielt 1772

Thaler jährlich .

bekannte Kapellmeiſter Himmel und die ebenſo

Der

bekannte

Demoiſelle Schmalz ſind zwei feiner vorzüglichſten Schüler. Naumann

ſtarb

am

Tage zuvor von einem

23. October 1801, nachdem

er

drei

Schlaganfall betroffen worden war.

Der zweite Kapellmeiſter unter der Regierung Friedrich Auguſt III . war Joſeph Schuſter , 1748 zu Dresden boren .

ge

Derſelbe wurde 1772 Kirchen- und Kammerkompo

ſiteur , und 1787 wirklicher kurfürſtlicher Kapellmeiſter.

Er

ſtarb 1812. Karl Maria von Weber war der dritte Kapellmeiſter in der Regierungszeit des genannten

Fürſten . „ Er war kein

geborener Sachſe, ſondern erblickte in Eutin , im Holſteinſchen , das Licht der Welt 1786.

In demſelben

Jahre, wo dieſer

große Geiſt geboren , ſtarb ein anderer großer Geiſt : rich II. von

Preußen .

Fried

Weber , unvergeßlicy Allen , die ſeine

Mufik kennen , brady durch ſeine Opern eine ganz neue Bahn . Er erhielt deshalb nach Dresden auch einen Ruf zur Bils dung Opern

einer deutſchen ſind

bezeichnen .

Oper.

Als

die bedeutendſten

ſeiner

unbezweifelt Silvana und Abu -Haſſan zu Er ſchrieb : mehrere

Symphonieen ,

Conzerte,

Harmonieſtüde und Cantaten ,

Ungeachtet dieſer und vieler andrer bedeutender Männer, 3 Bertraute Geſchichte. Sachſen . 3. Bb.

34

welche Sachſen unter Friedrich Auguſts. III. Regierung auf zuweiſen

hatte , wurden

die Koſten

des

Theaters doch ſehr Zur Vermählungsfeier dieſes Kurfürſten wurde

vermindert.

die legte Oper Clemenza di Tito aufgeführt, welche jeden Abend die enorme Summe von funfzigtauſend Thalern koſtete . Später ward macht.

Die

aus dem ſoeben

Opernhauſe

genannte

ein

Oper war

Nedoutenſaal get Naumanns erſtes

bedeutſames Werk, das er für Sachſen lieferte und zu Anfertigung ihm

Flaſchen Wein verabfolgen allerdings

deren

der Kurfürſt , auf ſeine Bitte, täglich gwei ließ.

Bei geiſtigen Arbeiten

iſt

eine ſolche Anregung oft“ unerläßlich , wenn afte Umfange nothwendig ſein dürfte.

།༣

auch nicht immer in dieſem

Dritte &

kapitel.

Der beabfichtigte Ländertauſch Joſeph II. Der Herzog Harl Auguft von Bweibrücken . Der Graf Romanzow . Der deutſche Fürſtenbund. Friedrich der Große ftirbt. - Joſeph II. ftirbt. Die beiden Reichsvica rien . Leopold II. wird deutſcher Kaiſer. Wie Joſeph II. einen gewiſſen Reſpect vor Friedrich II,

1 hatte , ebenſo hatte auch einen größeren begründet. von

Reſpect.

Dieſer

vor ihm und vielleicht noch

Das war auch in der Natur wohl

Friedrich der Große war nicht mehr der Mann

1740 ; er war bedeutend älter und ruhiger und über

legender geworden .

Joſeph II.

dagegen

war zu der Zeit,

wo Friedrich II. zur Regierung kam , noch nicht einmal ges boren , außerdem

war er immer von ſeiner kaiſerlichen Mutter

35

To ſehr in Zwang gehalten , daß man es ihm

eigentlich nicht

verdenken konnte, wenn er jegt , wo er frei und ſelbſtſtändig regieren ſchon

that.

konnte , dies auch wirklich

Wir haben früher

geſagt, daß er ſeiner Zeit weit voraus war und ſich

deshalb viele Gegner ſchuf. Er hatte auch bereits gezeigt, daß er eroberungsſüchtig war , und hatte ſich nur von Friedrich II. Bei alledem

zurückhalten laſſen .

hatte

er keineswegs ſeiner

für ſich zu gewinnen , entſagt; er jann nur

Neigung; Baiern

darüber nach, mit andern Mitteln ſein Ziel zu erreichen , da der König von Preußen wie ein geharniſchter Ritter uner : müdlich Poſten ſtand .

Joſeph offerirte deshalb einen

Januar des Jahres

dem

Kurfürſten von Baiern

Antrag machen , ihm

den

Baiern , die Oberpfalz , die

Herzogthum

Tauſdy.

1785 ließ er durch ſeinen Geſandten

Im

das

Fürſtenthümer

Neuenburg und Sulzbach, ſowie die Grafſchaft Leuchten berg zu übergeben , wogegen ' er demſelben die öſterreichiſchen Niederlande den

(mit

Titel eines

Ausſchluß : don Luremburg und Namur) Königs von Burgund und drei Millionen

Gulden baar offerirte.

Wer Luſt zu tauſchen hat, hat auch

Luſt zu betrügen , heißt ein altes deutſches Sprüchwort, und wir möchten beinahe behaupten , daß dies auf Joſeph II. ſehr gut angewendet geweſen iſt.

Die Staaten , welche er vom

Aur:

fürſten vpn Baiern beanſpruchte, betrugen bei 1,300,000 Gin wohnern mit ſechs Millionen Gulden 784 Quadratmeilen , während nur 340 Quadratmeilen , Millionen Gülden

nod

Einkünften ,

1,200,000

Einwohner

und

Einkünfte in fich faßten . Außerdem

er fich ausbedungen , in Belieben

jährlichen

diejenigen , welche er anbot,

dem

abgetretenen

Geld negociren zu

drei hatte

Ländertheil nad

dürfen ; auch sollte

ihm

ſämmtliches Militair mit der Artillerie:-übergeben werden . and Mit dem Kurfürſten von Batern , der fich bei andern

36

Gelegenheiten

ſchon

leicht fertig werden Herzog von

willfährig zu

gezeigt , glaubte man , ſehr

können ; dagegen

fürchtete man

den

Zweibrücken .

Wohlweislich hatte Joſeph vorher dafür Sorge getragen , daß er der Zuſtimmung Rußlands und Frankreichs verſichert war , obwohl beide Mächte ihre Einwilligung nur unter der Vorausfeßung, daß alle betheiligten Perſonen damit zufrieden feien , gegeben hatten .

Es wäre auch Alles nad Wunſch des

Kaiſers gegangen , wenn der Herzog Karl Auguſt von Zwete brücken nicht vorhanden

geweſen ſein würde.

Dieſer erklärte

ſofort dem

ruſſiſchen Geſandten , Grafen Romanzow , daß er

mit dieſem

Project keineswegs einverſtanden ſei .

erwiderte der Vertreter

Katharinas , , die Zeit

„ Ei, was!" iſt kurz ; der

Kurfürſt will eß, und die Sache wird geſchehen , ſelbſt wenn Sie nicht wollen !

In acht Tagen wird's entſchieden ſein !"

Diefe Antwort verlegte dergeftalt, daß die

ihm

aud

Zweibrücken

preußiſche Hilfe nachſuchte,

er augenblicklich verſprochen

Herzog von

den

Als

wurde.

die

Intervention

Friedrich II. erfolgt war, nahmen auch Rußland und Frank reich ihre Beiſtimmung zurück. Andres übrig, als ſeinen dings wieder

aufgegebene ,

Preußen auf den

Dies, aller

Project brachte den König von

Gedanken , einen Bund zu "ftiften , der die

Pflicht habe , über die

Ruhe Europas zu

deffen Spiße er ſelber ſtand. an

Dem Kaiſer blieb nun nichts

Plan fallen zu laſſen .

Im

wachen

Frühjahr 1785

und an erltea er

Braunſchweig und das Kúrfürſtenthum Sachſen eine Auf

forderung, fich mit ihm

zu einem Sdußbündniß zu vereinen .

Friedrich II. hatte in

der früheren

Zeit ſeiner Regierung

eß verſtanden , ſich zu einer Autorität empor zu ſchwingen ; mit derſelben ſeinem

politiſchen Klugheit hielt er Tode aufrecht.' Was

er

dieſe Autorität bis zu

ſagte oder beftimmte, das

37 erkannte der größte Theil der übrigen

Fürſten

Ießt , wo er von

als für ſie bindend an .

Deutſchlands Fürſten

einem

bunde ſprach, vereinigten ſich ſofort Sachſen und Braunſchweig * mit

ihm , während ſpäter demſelben Zweibrücken,

Herzoge von

beiden

auch noch die

die fürſtlich - fächſiſchen

Häuſer , der Markgraf von Brandenburg - Ansbad , und der Sandgraf von Heſſen - Kaſſel beitraten . on Friedrich ten

II. hatte am

24. October 1784

feine Anſich

Papier gebracht und dieſes Schriftſtück feinen bei Kabinetsminiſtern Finkenſtein und Herzberg zugefandt ,

zu

den

daſſelbe lautete im

Weſentlichen folgender Maßen :

...Da die Verbindung kein

Trugbündniß ſein

ſoll, ſo

kann ihr Zweck nur ſein , die Rechte und Freiheiten der :: deutſchen

Fürſten

der Religion .

zu

behaupten

und das ohne Unterſchied

Alles muß auf den

Rechten und Privile

a gien ruhen, die durch altes Herkommen und durch die gol 1 dene Bulle feſtgeſept find. Sigur von dem

Ich darf hier nicht die alte man

Pferdeſchweif wiederholen , aus dem

Haar für Haar mit leichter Mühe ziehen kann, indeß das ganze

jeder

Kraft widerſteht.

o die Beſißungen eines

Unſer

Bündniß

ſoll nur

Jeden fichern , und verhindern , daß

1. nicht ein herefchfüchtiger und unternehmender Staiſer ein mal die ganze deutſche Verfaſſung umſtürzt, indem 5 ftüdweife zerbricht.

Wenn man nicht in

Zeiten

er fie

vorkehrt,

info wird der Kaiſer alle feine Vettern mit deutſchen Bis thümern , Erzbisthümern und Abteien verſorgen , *) biefelben !15 y Dieſe Bemerkung Friedrich II."' iſt keineswegs als die Geburt eines müßigen Augenblickes zu betrachten . Joſeph II. ſuchte in der That die geiſtlichen Fürſtenhüte auf das Baupt der Prinzen ſeines Hanfes zu brin gen und hatte es bereits im Jahre 1780 durchgeſegt, daß die Domcapitel zu Möln und zu Mitnfter ſeinen Bender , den Erzherzog Dagimifian, zum Coadjutor bell idamaligen Rurfürſten und Biſchof& erwählten .

-

ondann feculariſiren

38

und auf allen

Reichstagen durch die

Stimmen ſeiner Vettern das Uebergewicht behaupten . wäre für die geiſtlichen haben ein den

Intereffe, einem

Kaiſer

in

allen

Baiern

Bündniſfe beizutreten , welches

ſeinen

auf ihre Staaten machen

ſtand

Das

Fürſten . Aber auch die weltlichen

geſehen haben .

Anſprüchen

hemmte, "die er

könnte, wie wir

neuerlichy in

Ein nicht minder wichtiger Gegenz

iſt der Reichstag in Regensburg und das Kammer

gericht zu

Weßlar.

Nimmt man nicht bei Zeiten

. Maßregeln , dieſe alten

Einrichtungen

in

ihrer Kraft zu

erhalten , ſo wird der Kaiſer ſie benugen , um a potišmus in n wären

im

ganz Deutſchland geltend zu

Allgemeinen die Punkte , die

gute

feinen

Dega

machen .

Das

alle Fürſten

zu

einem Bündniſſe vereinigen müßten ; denn Aller Intereffen ſind dieſelben , und wenn ſie erſt einige von ihnen zertre ten laſſen , ſo kommt unfehlbar die Reihe auch an fie, und die Stärkſten werden nur das Vorrecht des Ulyffes in * Höhle Der

des

Polyphem

haben ,

der

verſchlungen

zu werden .

Vortheil des Bündniſſes beſtände eben

darin , Daß ,

suiwenn der Kaiſer feine Macht mißbrauchen wollte, die ver reinigte Stimme des ganzen Reichskörpers ihm ander ": Mäßigung einflößen

könnte ; oder

brauchte, daß er ſeine Leute fände.

Geſinnung

wenn er

Gewalt

So viel in der Kürze.

Mit Kenntniß der Sache ließe ſich darüber noch manches einzelne Intereffante beibringen , und ich glaube, daß Herr s'don Herzberg ganz der Mann ſein wird, dieſe Ideen wei ter auszuführen und denſelben die legte Begründung zu 115 Esbildningar pas Sigeben ." , 1 st start.11 atoo Der 23. Fült un 1785 iſt der Gründungsta g Des deutſchen Fürſtenbundes , deſſen Urkunde von Friedrich II.,, dem Gras fen

von

Zinzendorf, (für Kurſachſen ) und von

Herrn

39

von Beulwiß (für Hannover) unterzeichnet wurde. weſentlichen

Ihrem

Inhalte nach lautete fie dabin , daß die kontra

hirenden Mächte

für die

Aufrechthaltung der deutſchen

Vera

faffung und für die nöthige Abwehr einer möglichen Verlegung derſelben verpflichtet feien . Wie es bei allen fürſtlichen Ver trägen

geſchieht, ſo waren auch hier : einige geheime Para

graphen . "« Im

zweiten dieſer

geheimen Paragraphen

man vorzugsweiſe darauf hin , daß dem proponirten

Beutete

vom Kaiſer Joſeph II.

bairiſchen Ländertauſch , ebenſo

einer noch etwa

zu verſuchenden Zerſplitterung geiſtlicher Stifte mit aller Ent: fchiedenheit entgegen zu

arbeiten

fet; follte

gleichwohl alles

Bemühen , auf gütlichem

Wege eine Ausgleichung zu erzielen , erfolglos bleiben und dies nach einem Zeitraum von etwa dret

Monaten fich mit Beſtimmtheit herausſtellen , dann wären die Mitglieder des Fürſtenbundeg verpflichtet, bewaffnet zu inter: veniren . Odlus 1000 Man ließ jeßt aud

Einladungen

an die übrigen deut

Fürften ergehen , und es unterzeichneten noch außer deri

fchen

oben angegebenen Staaten :

Der Markgraf von Baden ,

der Biſdof von Osnabrück und die drei anhalt'fhen Fürften .”

Zuleft

nebſt feinem

trat auch

dereinſtigen

der Kurfürft von Mainz

Nachfolger dem

Fürſtenbunde bet.:":

Durch dieſen Fürſtenbund war nicht nur Sachfen

für

Defterreich verloren , ſondern der Name Friedrich Auguſt III., welcher unter dem 1

den Magnet

Akte fich

befand, bildete auch hauptſächlich

für alle übrigen

deutſchen

die wohl

Fürſten ,

wußten , daß Friedrich Auguſt III. und Ehrenhaftigkeit une zertrennlich feien .

Es läßt ſich denken, daß Joſeph II ,, wel

cher vermöge ſeines feiner Zeit vorangeeilten Geiftes fo will kürlich ſowie in

oder despotiſch , wenn man will , in

ſeinem

Deutſchland wirthſchaftete, Widerſpruch

Staate,

gegen

den

40 Fürſtenbund erheben würde.

Dies geſchah auch und zwar in

einer Weiſe , welche wohl geeignet ſchien , ein gehäffiges Licht auf Friedrich

II. zu werfen .

Dieſer unterließ nicht, por die

Deffentlichkeit zu treten und die Nothwendigkeit eines Bünda

es und Unter andern ſagte er : IOONTE „Man habe das deutſche Reich vor der Gefahr ſchüßen wollen , daß die Sicherheit ſeiner Glieder jemals blos, por der Mäßigung des Hauſes Defterreich abhängig würde.

Die

deshalb geſchloſſene Verbindung ſei den Reichsgeſeßen gemäß namentlich bem

Artikel des osnabrüd'iden

achten

und dem

neunten Artikel des münſter'ſchen Friedens , welche den Reichs ſtänden die Befugniß zu dergleichen Conföderationen zu präs chen ; ſie habe keinen andern Reichs bei dem

jedes Mitglied des

Zweck , als

freien und ruhigen Genuffe feiner Befißun

gen und Rechte zu erhalten , und ſich jeder widerrechtlichen und willkürlichen Unternehmung zu widerſeken . Die Würde des faiſerlichen Hofeð fönne durd einen Bund , der dte Gre haltung der deutſchen Verfaffung zum Zwecke habe, unmöglich beletdigt werden , wenn die Abſichten ſes Hofes

ſo

beſchaffen

und

feien , wie man

Geſinnungen

dies

es von der Groß

muth und Rechtſdjaffenheit des Reichsoberhauptes erwarten könne und auch zuverſichtlich erwarte." 18 moloji bi

!! Der Fürſtenbund , obwohl ihn Friedrich II. ale ziemlic unſchuldig hinftellt, war dennoch immer als eine Oppoſition gegen den Kaiſer Joſeph H. zu betrachten , und es iſt natür lich, daß ihm

dadurch das Regieren

So ſagte er z. B. im ſtenbund noch

den

Fürs

denken , er aber ſchon inners Preußen " gewachſen war, zu dem

gar nicht zu

lich fühlte, wie fehr lihm Geſandten

ganz überdrüffig wurde.

Jahre 1779 (chon , wo an

des franzöſiſchen

Gofe , Baron von Breteuil.si

41

Wenn ich

Kapuzinerkloſter Recht gebe, weil

einem

ich glaube, daß es Recht hat, 10

die Proteſtanten ,

ſagen

- ich gehe damit um , ihre Religion

unterdrücken ; finde

zu

Sound

ich dagegen einmal die Klage der Proteſtanten gegründet, ſo

ſchreien alle Prieſter und Mönche, daß das Reichs ober

haupt die Religion iverlaffe !" -

Fürſtenbund war die

Der

welche Friedrich

II. berrichtete .

legte

politiſche Wichtigkeit,

Sein am

17. Auguſt 1786

erfolgter - Tod brachte Trauer

über ganz Deutſchland ; am Meiſten aber fühlte den Verluſt deſfelben Friedrich Auguſt HII.,

weil er am

in wirklicher Liebe mit ihm

20. Februar ſtarb auch

verbunden war,

Joſeph

II.

dem

1790

ſeine Krone

mehr eine Dornenkrone geweſen war. Durch den niffe ein .

Tod

des

Staiſers traten wieder neue Greige

Durch die goldene Bulle waren

für den

Fall des

Abſterbeng, der Minderjährigkeit oder langer Abweſenheit des Kaiſers

der

Kurfürſt

von

Sachſen

und der Kurfürſt pon

Pfalzbatern zu Retchsvicarien beſtimmt. Sie übten während einer ſplchen Beit alle kaiſerlichen Rechte, mit Ausſchluß der

Fürſten- und

Thronbelehnungen ,

die am

Kaiſerthron

felbſt gemacht werden mußten , aus, hatten die Einkünfte des Reiches , die oberſte Gerichtspflege und ſepten Teder in ſeinem Diſtrikte eine Vicariatsregierung des Reichshofraths , deſſen Kaiſers aufhörten , verſah.

ein , welche die Befugniſfe

Funktionen mit Auch

hatten

dem

die

Tode

des

Vicarien

das

Recht, neue Reichstage zu berufen und die angefangenen fort zuſeßen . riat an .

Deſterreich und Baiern

erkannten

kein Reichsvica

Friedrich Auguſt III. machte nady dem

Tode des Rat

Er ließ

eine Vicariats

fers von ſeinem commiſſion

Rechte Gebrauch.

in Dresden bilden , welche aus den Miniſtern des

42

Conſiliums, dem

geheimen

dem

Kanzler ,

Präſidenten

des

Appellationsgerichts, zwei Hof- und Juſtiz- und zwei Appel es bald wegen der Jndeß kam lations - Räthen beſtand. Grenzen der Reichsvicartate zwiſchen und Karl Theodor von „ Der Kurfürſt

Sachſen ,"

,,vertheidigte nachdrüdlich die der

Verfaffung

und den

ihm

Streit.

zum

Pfalzbatern

von

Auguſt III .

Friedrich

ſagt

C. W. Böttiger,

als Reichsvicarius nach

Wahlkapitulationen

zukommenden

g Rechte fügte htſich daher dem aSchluß 0 rien wdes r Reichstages uniund tun vom 179 des z a die Lei nic , daß die Vic 7 c

Reichstages 1haben , ſich aber auch den

Reſultaten der Comic

tialberathſchlagungen unbedingt unterwerfen ſollten . klärte vielmehr und nach ſeinem

Er era

Vorgang bald auch

ſein

Vicariató + College, daß er nurliðann den Reichstag fortſeßen werde, wenn er bei Verſchiedenheit ſeiner Anſicht von der des Reichstages dieſe vorlegen dürfte.

den Ständen zur weiteren

Da indeß : ſchon am

Leopold II. gewählt wurde, fo kam zweiten nac

Berathung

30. September 1990

diefe Sache erſt bei dem

fo Idneli kaum wieder zu erwartenden Reichsvicariate

Leopolds

Sprache.

zu

frühem

Tode am

1. März 1792 zur

Aber jegt ſah man wirklich ein , daß nichts nöthiger

fet, als Einigkeit und baldige Kaiſerwahl, und dieſe geſchah idon am

5. Juli 1792. .tv

T

...'; '

31"

: " ...

43

Vier tes Sapitel. Sein Auftreten gegen die Freimaurer. Johann Georg Schröpfer. Shrõpfer und der Büttel. Gewaltſames Eindringen in ihre Loge. Shrõpfer wird vom Oberflieutenant von Sydow gezüchtigt, worüber er noch Der Graf von Saint obenein eine ſchriftliche Quittung ausſtellen muß . Germain . - I Herzog Karl von Kurland. - Baron von Steinbach. Schröpfer. Die Abbitte des Herzogs Harl Monſieur de marbots . Die Beifterſcheinung des Chevaliers von Sadſen .

pon Kurland. -

Es« iſt eine Unmöglichkeit , daß brave und edle Menſchen

in

einem

Staate nur

angetroffen werden , wie es auch

eine Unmöglichkeit iſt, ausſchließlich nur ſchlechte Subjecte zu

finden .

Es

iſt juft ebenſo wie mit

Armen ; wie nicht Ade arm

Reichen

ſein können , können

und

auch nicht

Audy zur Zeit Friedrich Auguſt III. gab es

Alle reich fein in ſeinem

den

Staate nicht nur ehrenhafte und biedere, ſondern

auch laſterhafte, verbrecherifdhe und betrügeriſche Charaktere. Beſonders iſt hier eines Mannes zu gedenken , der, den Aber glauben

ſeiner Zeit benußend, vorgab , die Geiſter der ge

ſtorbenen Menſchen citiren zu können. und

dennod

Es iſt faſt unglaublich

wahr, daß derſelbe nicht nur in

Maffe ſeine Anhänger fand; ſondern auch in

der großen den

feineren ,

gebildeteren Kreiſen , ſogar bei Hofe und in der kurfürftlichen Familie waren dergleichen vorhanden . " ..

Johann

ſchwörer, von

Georg dem

man

si in

Schröpfer war' dieſer eigentlich , wenn man

will, behaupten könnte, daß

er das Publikum

Geiſterbes gerecht ſein

nur deshalb

4

44

betrog, um

fich ſatt effen zu können .

Im eigentlichen Sinne

des Worts wollte er gar nicht betrügen , ſondern

nur ſeine

Eriſtenz fichern .

ſeine Zu

Daß er zu

fo albernen Mitteln

flucht nahm , iſt allerdings nicht löblich , aber jedenfalls doch zu entſchuldigen . Schröpfer wurde im Jahre 1730 in Nürn berg geboren, wo ſein Vater Rathhausvoigt und Weinhändler war . Der bekannte gelehrte berliner Buchhändler Nicolai ſchreibt über Schröpfer : , Schröpfer war in ſeinen Bekannter von mir. ſuchte in

Alem , auch in

ti feine Bekannten

zu

Jünglingsjahren ein guter

Er las gern , hatte vielen

Stolz ,

Kleidern und Aufwand fich über

erheben , obfchon

ſtände damit nicht übereinſtimmten .

ſeines Vaters Um

Derſelbe war in Nürn =

Siberg Rathhauspoigt, verfiel in Schulden und wurde feines

dern

von

Nun mußte er fidh mit ſeinen vielen Kina

einem

gewiſſen

Balſam ,

• Schröpferſchen Lebensbalſam Dies, ſtand dem 2, in

die Fremde.

den man

mere

+ Amtes entſeßt.

nur den

nannte, fümmerlich ernähren .

jungen Schröpfer nicht an , er ging alſo Er war

ſchon

in ſeiner Jugend ſehr an

fich haltend , ſprach nicht viel, ſchien immer etwas müthig, war es aber nicht. ein

deternitter Wolüſtling und liebte

ſehr fein einen

wera

Im männlichen Alter war er

anzuſpinnen und zu verſteden

Intriguen , die er wußte.

Er hatte

ſchönen Wudyo, war lang, jedoch hager, faubern An

r geſichts mit

ſtark hervortretenden Augenknochen und einer

feinen , etwas gebogenen Naſe.“

Johann Georg Schröpfer wollte , wie wir Nicolai gehört, wandernd nach ſeinem

dies auch fehon Manchem idor und nach ihm ihm

ſpeber

pon

Glücke ſuchenz,wenn gelungen

iſt,

gelang es nicht.

1, Schröpfer war damals , wo er das efterliche Haus verr

45

Jahre alt.

Iteß , vielleicht fteben - oder achtundzwanzig Arieg war ſchon

fiebenjährige

erſten

ſeinem

in

Der

Stadium .

Unter fo unruhigen Verhältniffen , von denen damals Deutſch land heimgeſucht wurde, blteb unſerm Abenteurër keine große Wahl, der jegt mindeſtens noch die Abficht hätte, auf eine erlaubte Weiſe fein

geſeglich

Der

Brot zu verdienen .

Ruf

des Königs von Preußen und ſeiner Truppen , beſonders der Zietenſchen Huſaren , hatte unſern Schröpfer fo ſtark eraltitt, daß derſelbe beſchloß, fich unter den Zietenſchen Huſaren auf

Das Kriegerleben behagte ihm

u laffen . nehmen zu

ſehr , und er foll wirklich ſehr tapfer" geweſen Plündern .

Bis

audy gåt

ſein beim

1763 blieb er bet der preußiſchen

á

Armee,

ohne jedoch avancirt! zu ſein . Er nahm ſeinen Abſchied einem Stande Valet ſagend, von dem er nichts Erſprießliches mehr für ſich

erwarten könnte .

Plündern hörte im

Das Lagerleben , ſowie das

Frieden auf, ſtatt ihrer traten Kamaſchen

dienſt und eine ſtrenge Disciplin war. Wo Sdröpfer vom zu feiner im

ges bis

ein , wovon

er kein Freund

Söluſſe des fiebenjährigen

Jahre 1768

in

Krie

Leipzig erfolgten An

kunft fich befunden , was er getrieben und wovon er gelebt, darüber fehlen alle Nachrichten . Jährer täuchte er Kaffeehauſe auf. ſeinen

beſcheidenen

plöglich

als

In

dem

Kellner

einem

auf und errichtete Kaffeehaus.

in seinem

Leipziger

Die Sucht, ſich hervor zu thun , konnte bet Einkünften , welche er in

Stellung bezog , nicht befriedigt werden . ſchon nach

zulegt genannten

Jahre in

ſeiner neuen

Er gab

deshalb

die neu gewählte Karriere wieder

der Kloſtergaffe zu

Leipzig felbſt ein

Da er aber keine Hinreichenden

Mittel befaß,

auch wenig Luſt zeigte, felbft thätig zu

ſein , fo machte er

etwa ein

Aber was'nun an

Jahr darauf ſchon Bankerott.

fangen ? Seine ganze Baarſchaft beſtand in kaum

einhundert

46

Thalern , die dennoch ausreichend geweſen wären zur Grün = dung eines

er redliche Abſichten

neuen Broterwerbs ;;1 wenn

Er war jegt vierzig Jahre alt und befaß auch

gehabt hatte.

nicht die geringſte Neigung, die Kräfte feines Körpers

in

*

nupbringender Weiſe zu verwenden ; da gerieth er auf den eine Freimaurerloge

-

Gedanken , ſich als dienender Bruder in

Projekt war

zu dieſem

Folgendes : er hatte immer gehört, daß die Mitglieder des Bundes keinen ihrer Brüder untergehen laſſen , ſondern zu ſeinem die große

Jedem

Emporkommen behilflich ſeien . Dies iſt allerdings Idee dieſer Verbrüderung , doch wird ſie in ganz

anderer Weiſe zur Geltung gebracht, als Schröpfer fich ein= Er glaubte, man werde ihn mit Geld

bildete .

unterſtüßen ,

und dies Geld wollte er anwenden , ein neues, rentables Ge Die Unterſtüßung der Freimaurer unter

ſchäft zu etabliren.

einander läuft indeß nur darauf hinaus, daß fie Einer vom Andern diejenigen Bedürfniſſe entnehmen , deren ſie gebrauchen . Søröpfer war aber aus r auch

der Loge

nichts; man konnte ihn deshalb nidyt

beſchäftigen .

Darüber

von

entrüſtet,

verſuchte er, durch Schmähiøriften die Mauerei zu verdächtigen und ſprach davon , daß fie reformirt werden müſſe und daß er dieſer Reformator ſein wolle und werde. haben

von

je

an ,

Intereſſe beim

Geheimnißthuerei wegen ,

unbetheiligten

Wenn nun

erregt.

ihrer

Die Freimaurer

und ungebildeten

gar Einer aus ihrer Mitte

großes

Publikum behauptet,

die Verbindung ſei ſchlecht und müſſe derbeſſert werden , dann wird man ſich kaum wundern dürfen , wenn er Anhang ge 3 winnt.

Auch Schröpfer

bald

einen

ſolchen .

Gines

den Genuß von Spirituöſen ſich bes -

Abende, wo er durch

Hatte

ſonders eraltirt hatte, drang er, von einem

Haufen Geſindel

geladenes

Terzerol haltende

begleitet , und in

der Hand ein

3

zu

aufnehmen

Das Motiv

laſſen .

deffen -Hahn geſpannt war, in Er drohte ,

Jeden

das Logenzimmer zu Leipzig.

niederſchießen

augenblicklich entferne.

Man

zu wollen , der fich nicht

war in

der Loge

auf einen

ſolchen Auftritt nicht vorbereitet und entfernte ficheilig und ſchweigend.

Die räuberiſche Kotte demolirte Alles , was

in

1 der Loge vorgefunden ſogar ,

purde, und Schröpfer erdreiſtete

inmitten ſeiner Begleitung ein

Freimaueret auszuſprechen . den von

ihm

gewünſchten

fich

Anathema über

die

Da dies aber, ſeiner Anſicht nady, Erfolg nicht hervorbringen konnte,

ſo verfaßte er mehrere Schriften , durch deren

Inhalt er fich

bemühte, den Beweis darüber anzutreten , daß die Freimauerei ihre urſprüngliche Reinheit verloren habe, ihr

nur Männer

angehören , mit denen umzugehen , eine Schande fet; und daß die Nothwendigkeit einer Reform werden könne. « Um

nicht mehr zurückgewieſen ſeinen Worten mehr Glaubhaftigkeit zu

geben , berief er ſich in

ſeinen Schmähſchriften auf das Zeug

niß des ehemaligen Herzogs von Kurland, Bruders Friedrich Chriſtians , der ſchieden

gleich ihm , aus dem

Orden wieder ausges

ſet, weil er es unter feiner Würde gehalten , länger

Mitglied deſſelben zu bleiben . Eine ſolche Aeußerung mußte ihrer Frechheit wegen ungeheuerſte Aufſehen

hervorrufen .

Kurland war in hohem von dieſem

das

Der Herzog Karl von

Grade entrüſtet, als er Mittheilung

Pamphlet empfing .

liche Beſtrafung , die ihm

auch

Er beantragte feine gericht durch einen

Büttel zu

Theil

Schröpfer , der

inzwiſchen

-

werden und in einer gehörigen Portion Prügel beſtehen ſollte. auch ſchon

mit der Behauptung

hervorgetreten war, daß er ſich von allem Sinnlichen emanzi pirt habe, nur noch eine rein geiſtige Natur befiße uno dega halb von Gott beſonders begnadigt-ſet, mit den Geſtorbenen verkehren und ihre Geiſter citiren zu können, hatte nicht ſos

48

bald von der ihn bedrohenden Strafe erfahren , als er auch ſofort alle nöthigen poniren . mitten

Vorkehrungen " traf, dem

Als derſelbe zu

feines

ihm

Büttel zu

im

eintrat, ſtand Schröpfer in

Gemaches , mit dem

Rüden

gegen

die

Thür

gekehrt und haranguirte in der haarſträubendſten Weiſe. „ Laß , Almächtiger,“ rief er, s, den Donner Deines Zornes auf das Haupt der Deines

Gottloſen

Blißes ihre

ſchwarzen

niederſinken

und das Feuer

und verderbten

Herzen ver zehren , wenn ſie es wagen ſollten , die "Reinen Deiner Welt kränken, beleidigen oder vernichten zu wollen !

Laß Feuer und

Schwefel regnen , damit die Haare auf ihren

Häuptern Wer

fengt werden ; mache werden , daß

fie

fie

Nichts vermögen ! daß

meine

zu

ohne Deinen

Krüppeln , auf daß

Ich weiß

Feinde " es

Söldlinge zu mir zu Soldknechte zu ihm

fie

Willen und Deinen

inne

Beiſtand

es , mein Gott und Herr ,

verſuchen werden , ihre Diener und fenden , wie die Feinde

geſendet haben , um

mich zu

Chriſti ihre vernichten ;

aber ich weiß auch , daß der Rachen der Hölle fie in

dem

felben Augenblick verſchlingen wird, wo ſie es wagen wollen , ihre frevelnde Hand an mich Deinen Auserwählten , zu

legen ....4 Der Aberglaube der damaligen ſtärker , als jeßt.

Der

Zeit war

Büttel war, als

Wørte Schröpfers bernahm , wie vom konnte 'weder rücs, noch

vorwärts .

noch

etwas

er die entſeglichen Blig

getroffen .

Er

Doch als plöglich ein

dichter Raudy aus den Dielen des Zimmers heraufzukommen ſchien , da enteilte er mit ſchredlichem liſchen

Geſchrei dieſem

teuf

Gemach .

Unterdeffen mit dem

befand fich der Herzog Karl von Kurland

Adjutanten des

Chevaliers ' von

keutenant von Sydow , in ſeinem

Sachſen ,

Oberft

prinzlichen Palais .

Sie

49

erwarteten die Rückehr des Büttels , welcher Auftrag erſt Sdröpfern ftatten .

durchzuprügeln und

Leichenblaß und am

hatte,

darauf Rapport abzu

ganzen Körper bebend, betrat

derſelbe das fürſtliche Gemach . Nun ,“ rief der Herzog , „ wie iſt's abgelaufen mit dem Betrüger ?" „ Durchlaucht,"

verſeşte der Büttel, dem

fingerſtarker

Schweiß auf der Stirn ſtand, „ Schröpfer rief Gottes Donner gericht auf mein Haupt herab , und wäre ich nicht vorher davon gegangen , fo hätte mich unbezweifelt die Hölle ver fdlungen ; denn einen

dichten

ſchon verbreitete die

Rauch ,

ſowie

einen

Gluth

der Unterwelt

entfeßlichen

Schwefel

geruch ." Herrn ab , in ein

von Sydow

hielt die Anweſenheit des Herzogs

schallendes Gelächter auszubrechen .

ſchien unſchlüſſig , wie er ſich

Herzog Karl

bei dieſer Nachricht benehmen

folle ; plößlich aber lachte er laut auf und ſagte :

, Der Schröpfer iſt ein vermaledeiter Menſch ! Alſo du meinſt, die Hölle ſtände ihm zur Verfügung?" Ich habe das

Feuer und den Rauch geſehen , und der

Schwefelgeruch ſtegt mir noch jegt in der Naſe !" entgegnete der Büttel.: „Und du meinſt auch, daß , wenn du deinem

Auftrage

nachgekommen wäreft , die Hölle dich verſchlungen hätte ?" ,, Ia , wohl, Durchlaucht ... ,, Die Hölle nimmt nur -ſchlechte Menſchen , folglich biſt du ſchlecht...."

Durchlaucht ...,."

ſagte

Jener , betreten

einige Fuß

breit zurüdgehend. Der Herzog machte eine Bertraute Geſchichte. Sachfen. 3. Bb.

entlaffende Handbewegung.

50

-

Der

Diener der Gerechtigkeit entfernte Fich .

Karl von

Kur

land und der Oberſtlieutenant von Sydow waren allein . Ein alberner

Thor, dieſer Menſch,"

bemerkte nach ge

raumer Pauſe der Legtere. Was iſt dabei zu wir zu ihm

ſenden , um

thun ?

Schröpfer wird

ihn zu

beſtrafen , zu täuſchen wiffent,

und wir gelangen nicht zu unſrem find furchtſam Schach halten.

Ziel.

Jeden , den

Dieſe Art Menſchen

und laffen fich leicht durch

einen Betrüger in

Was machen wir ?"

Eure Durchlaucht haben Recht,“ erwiderte von Sydow ; haber

dennod

muß diefer

freche Gauller ganz eremplariſch

gezüchtigt werden !" Allerdings , aber wie ?"

verſeşte der Herzog von

Kurs

land. „Wenn

Gure

Durchlaucht erlauben , dann

werde

ich

felbft dieſe Züchtigung ausführen !“ Der Herzog von Kurland lächelte und drückte in einigen gewählten

Worten

feinen

Zweifel aus.

Dert von

Sydow

dagegen , der ein entſchiedener Gegner alter Charlantane war, verpflichtete fich mit ſeinem und machte ſich

zuleben

Ehrenworte, die Erecution nur zur Bedingung, daß

durch er von

Niemandem begleitet werden dürfe, da es ſonſt bekannt werdent würde, daß er Bättel- Dienſte verrichtet habe. Dieſe Bedingung kann Herzog. rede ſtellen macht.

ich

nicht erfüllen ,“

ſagte der

„ Schröpfer würde die ganze Angelegenheit in Ab und Sie beleidigen , indem

Nein , nein !

Das geht nicht.

er Sie zum Lügner Unbedingt müfſen Ste

einige Begleiter haben , die nothwendig ſind, um über die ihm

den Beweis

zuertheilte Züchtigung antreten zu können ."

Ich felber werde Gurer Durchlaucht den

Bewets vor

legen ," verſeşte der Oberſtlieutenant von Sydom .

51

„ In welcher Weiſe ?" fragte der Herzog . „ Ich

zahle an

Niemand

eine Schuld ab , ohne mir

darüber quittiren zu laſſen ." „ Ah," rief Karl von Kurland lachend, „ Sie wollen ..." will und werde mir eine Quittung über die ; I empfangenen

Prügel von Sdröpfer ausſtellen laſſen ."

Und wenn er fich weigerte ?" Er wird ſich nicht weigern . .

ſagte Sydow

beſtimmt.

Nun aber , wenn er eg thut ? " „ Wenn er eg thut?

I, nun , ſo werde ich

prügeln , bis er Fids zur Ausſtellung

ihn fo lange

einer Quittung bereit

erklärt, ſelbſt wenn ich ihn toðtſchlagen ſollte .

Ich glaube

nicht, daß mich Eure Durchlaucht wegen eines ſolchen erbärm lichen Menſchen , Immer

beſtrafen laſſen werden . ein

entgegnete der Herzog

Morð , Sydow !"

bedenklich .

11 Aber ein Selbſtmord o Wenn Sie ihn

todtſchlagen

-

„ Er ſchlägt ſichy felber todt, indem Bedingung zu erfüllen , die unter

er fich weigert, eine

vorliegenden

Umſtänden

ünerläßlich iſt ..." Endlich willigte der Herzog von Kurland in die Erecu tion . Herr von Sydow

begab fich zu

dem

Geiſterbeſchwörer,

den er auch richtig ſo antraf, wie ihn der Büttel beſchrieben Hatte .

Derſelbe that, als wenn er auch ihn nicht ſähe und

brachte ſeine Formel von dem vor.

Donner des göttlichen

Eine Weile blieb Herr von Sydow

Zuſchauer, obne jedod Plößlich aber

Zornes

nur ein müßiger

die geringſte Befürchtung zu empfinden .

ſchlug er auf Schröpfer dergeftalt

ein , daß

dieſer fich Anfangs gar nicht zu helfen wußte und ſchreiend das Zimmer verlaſſen wollte. Der Oberſtlteutenant von Sydow

52

rief ,

indem

er dem

Betrüger immer

neue Schläge- appli

cirte :

„ Auf deinen Wunſch, Vermeſſener ! ſinkt der Donner

Haupt , und er fol dir zeigen , wie ein feuriger

auf dein

Schwefelregen auch ohne Betrügereien vom kann , um

fallen

Kinotenſtodes,

der Geſtalt eines

des göttlichen Zornes , in

Himmel herab

ſchwarzes und verderbtes

dein

Herz zu

verzehren !" Ungeachtet der ſeltenen Frechheit, welche Schröpfer befaß , hatte er doch nicht ſo viele Kourage, fidi ſeinem zu

widerſeßen ,

Selten

den

er

ohnehin

hat wohl ein Menſch ſo

auch

Angreifer

gekannt haben

mag.

viel Prügel auf ein Mal

bekommen , wie Schröpfer, und um

nur endlich feines Peints

gers los zu werden ,

ohne Bedenken

quittirte er

über

die

empfangenen Sto &-Thaler, zumal da ihm Sydow ſagte, daß es ja einerlei fei , ob er Reichs- oder Stock -Thaler erhalte . Das war nicht blos ein Kurland ,

Gaudium

für den Herzog von

ſondern auch für alle übrigen Menſchen , die nur

irgend in einer Weiſe dabei betheiligt fchienen ; ſo z. B. die Mitglieder der Freimaurer -Loge. Nach einem Leipzig nicht thum

Er verließ

und begab ſich nach Kaum

als

ſolchen Auftritt war Schröpfers Bleiben

länger.

das

in

fächfiſche Kurfürſten

Frankreich.

hatte Schröpfer Deutſchland den

Rücken

gekehrt,

eine andere und zwar vornehme Perſönlichkeit unter faſt

gleichen Verhältniſſen in der kurfürſtlichen Reſidenz auftauchte. Es war dies der Graf von Saint- Germain , welcher ſich auch

zuweilen Aymar oder auch Marquis

nannte, ein geborener Portugieſe. auch

er

ſich

in

de Betmar

Dieſer Mann , wenn gleich

betrügeriſcher Weiſe mit

Geiſtercitirungen ,

Wahrſagen u . dgl. m . beſchäftigte, ſtand in wiſſenſchaftlicher

53

Beziehung auf einer ſo hohen Stufe, daß er ſehr leicht hätte berühmt werden können , wenn er es nicht vorgezogen hätte, berüchtigt zu werden , wie Einer feiner Biographen berichtet . Der Graf von St. Germain beſaß außerordentlich vor treffliche chemiſche Kenntniſſe und hatte in der That auch die Gabe, die Zukunft vorher zu verkünden . Einen geſchichtlichen Beweis über dieſe Geſchicklichkeit lieferte er dadurch, daß er Tod Ludwigs XV. von Frankreich wirklich vorher ver

den

tündete und dies nach der Ausſage ſeiner Zeitgenoſſen auch eintraf.

Er war beſtändig auf Reiſen

und verſchaffte fich

durch ſeinen

Namen , durch Dreiſtigkeit und Großſprecherei, auch durch die Gabe, Jedem die ſchwache Seite abzugewinnen , fogar Zutritt an Höfen . Er behauptete auch , die Geſchicklich keit zu beſigen ,

Edelſteine fabriciren

zu

können , und

Schlangen Gefühl für Mufik beigebracht zu franzöſiſchen Geſandten im

haben .

Haag hatte er ſchon im

den

Beim

Jahre 1755

zwei koſtbare

Diamanten vorgezeigt, die er gemacht haben

wollte ; einen

davon

verkaufte er

felbft für 5500 Louisd'or , den um

gewiſſermaßen

zu

im

Salon des Geſandten

andern zerſchlug er eben da ,

zeigen , daß er für ihn , der ihn

ge

macht, gar keinen Werth habe. Der Graf von St. Germain

hatte übrigens auch wirk

lich ſeltene Gaben . So verſtand er z. B.mit beiden Händen zugleich auf zwei verſchiedene Bogen zuſchreiben , das man ihm tirte.

Papier etwas nieder

von zwei verſchiedenen Seiten dic

Es fehlte Nichts an dem

Inhalt und beide Schriften

hatten eine ſo große Aehnlichkeit mit einander , daß

es un

möglich iwar, zu beſtimmen , welche mit der rechten und welche mit der linken Hand geſchrieben

war.

Die Violine ſpielte

er mit ſo überraſchendem Geſchic , wie Keiner nach ihm , noch

54

vor ihm , und man glaubte ſtets, verſchiedene Inſtrumente in der ſchönſten Harmonie zu vernehmen . Als der Graf von St. Germain bei dem von

Kurland

Herzoge Starl derſelbe , dem

eingeführt worden war , fragte

ſein friſches und geſundes Geſicht auffiel, wie alt er ſei. Graf erwiderte : „ Ich bin 350

Jahre alt !"

Der Herzog

Der be

zweifelte lachend dieſe Angabe. „ Zum Angaben Haben

großen

Theil kann ich Eurer Durchlaucht meine

beweiſen ,“

verſeßte St.

Germain

mit

Würde,

Sie ſchon von Michel de Montaigne gehört ?

1

HV Hm ,“ machte der Herzog von Kurland , , der, welcher um

die Mitte des ſechszehnten „ Ganz Mecht.

geboren 200

Er wurde im

und ſtarb

Jahre her.

Jahrhunderts lebte ?"

1592.

Jahre 1538 in Périgord

Seit ſeinem

Tode ſind ziemlich

Dieſer Montaigne, mit dem

ich innig be

freundet geweſen , hat ſich in mein Stammbuch eingeſchrieben und zwar jene merkwürdigen Worte, die auch laucht nicht fremd ſein werden .“ Der

Graf winkte ſeinen

Diener

Herbeiholung ſeines Stammbuches.

Eurer

und befahl

Durch

ihm

die

Daſſelbe ward gebracht.

St. Germain blätterte eine geraume Zeit darin , legte es dar nach dem

Herzoge vor und ſagte :

r leſen Eure Durchlaucht.“ Karl von Kurland, der eigentlich felber nicht wußte, was er ſagen ſollte, las : ,,Was fitr ein Philofoph ich auch ſein mag , ich will es ander . wärts ſein , als auf dem Bapier.“ Dieſer Spruch , der nach

ſeinem

Anſehn

zu

urtheilen ,

allerdings ſchon alt ſein mochte, war mit der Jahreszahl 1571 und mit dem und da

Namen Michel de Montaigne unterzeichnet,

er in der That von

Demjenigen

herrührte, deſſen

55

Namen darunterſtand , der Graf überhaupt ein höchſt kennt nißreicher, vielſeitig gebildeter und würdevoll (deinender Mann war ; ſo wußte der Herzog von Kurland nicht, was er von der Sache zu halten auf an einem

habe.

St. Germain feßte fich bald dar

Spieltiſche nieder, wo er zwar hoch, doch ſehr

vorſichtig ſpielte. Während deſſen beſprach der Herzog von Kur land mit einer andern hochgeſtellten Perſon dieſe Angelegenheit, welche entſchieden die Glaubwürdigkeit des Grafen und ihn gradeweg mit dem

bezweifelte

wenig ehrenhaften Namens eines

Betrügers belegte. Der

Herzog ,

welcher

Freund

alles

Ungewöhn

und Abenteuerlichen war , behauptete, man müſſe fich

lichen

zuvor überzeugen , ehe man Gut," wollen

uns

Jemand verurtheile.

ſagte der Andere, ,, das iſt bald geſchehen . ſeinen

auf ſeinen Herrn

Diener

Stunde

kommen

ausfragen .

davon wiſſen , gab aber lichen

ein

fand

laffen

in

Wir Bezug

Anfänglich wollte Karl nichts

endlich nach.

folgende

Herzoge von Kurland und St. Germain Statt :

und

dem

Noch in

Unterredung Diener

des

der näm

zwiſchen Grafen

„ Iſt es möglich, daß Dein Herr ſchon über 350

dem von

Jahre

alt iſt ?" fragte der Herzog . „ Möglich , allerdings !

Doch wie alt er wirklich iſt, kann

ich nicht genau angeben ; nur ſoviel weiß ich, daß ſchon mein Großvater in ſeinem

Dienſte ſtand, und ſeitdem

ich ihn kenne,

er nie anders ausgeſehen hat." ,,Und wie alt war Dein Großvater, als Du feine Stelle übernahmeft." „ Einhundertundzehn Jahre." Und wie alt biſt Du ? „ Ich ? I, nun, ſo genau weiß ich es nicht. .

.

Seit

56

einhundertunddreißig Jahren befinde ich mich in ſeinen Dien ſten , und ich mag

damals vielleicht ſechszehn oder ſiebzehn

Jahre alt geweſen ſein .“ „ Mein Gott!" rief der Herzog , über all dies Wunder hohem

bare in

aus, als wäret

Grade erſtaunt. Ihr kaum

vierzig

„ Ihr ſehet ja alle Beide Jahre alt !"

„ Dieſe Wirkung kommt bei Jedem , der felbft

fabrizirten

kauft.

Schönheitserhaltungsmittel

ſich von dem meines

Herrn

Freilich iſt es ſehr theuer, weil es aus Gold hergeſtellt

wird , welches der Graf troß ſeiner vielen nicht hat erzeugen können .

Kenntniſſe bisher

Die Marquiſe von Pompas

dour gebraucht ebenfalls dieſes Schönheitsmittel !" Dem

Herzog Karl ſchwirrte es im

unwohl und mußte fich zu andern

Kopfe ; er fühlte ſich

Bett begeben , ſtand indeß

am

Tage wieder wohl auf.

Die Damen des Hofes und Adels waren raſend in den Grafen von

St. Germain verliebt.

Sie ſind zu

gen , denn der Graf war nicht nur ein ein reicher Mann . da er ſie

entſchuldi

ſchöner, ſondern auch

Edelſteine hatten für ihn keinen Werth ,

ſelber machen konnte, wie er vorgab , weshalb er

auch bald dieſer, bald jener Dame einen zum Präſent machte. Daß dieſe Steine genau unterſucht wurden , verſteht ſich von felbft; fie wurden

aber alle für echt erklärt, und man muß

ſich daher wundern , woher er das Gelb genommen, ſie an ſich zu kaufen . Mit ſeinem Schönheitswaſſer, von dem

in der That

die bekannteMarquiſe von Pompadour immer Etwas in Gebrauch hatte, und das er ſich von

Jedermann außerordentlich theuer

bezahlen ließ , verdiente er freilich eine bedeutende Summe Geld . Daſſelbe konnte aber unmöglich ihn in den Stand ſeßen , echte Edelſteine zu verſchenken , als hätten ſie für ihn nur einige

57

Groſchen

Werth .

Das Myſteriöſe aber

Anhang ſolcher Leute von

Tag zu

iſt's

eben , was den

Tag vergrößert.

Auch der famoſe Germain verſchwand wieder von fächli fchem Boden , um in andern Staaten ſein Glück zu ſuchen . Ein anderer Mann nahm bald darauf in Leipzig ſeine Stelle ein .

Es war einmal die

Dummheit.

Zeit des

Dieſer nach dem

Aberglaubens und der

Grafen

von

St.

angekommene Geiſterbeſchwörer trat gleichfalls Namen und anſtändigem

Titel auf.

auf, der bedürfe

unter

der franzöſiſchen

Er trat zuerſt mit der Behauptung

Freimaurerbund ſei fehr in Verfal höchſt

nothwendig

Dieſer Baron

einer

von Steinbach

1772 eine neue

Gold- und Roſenkreuzordens.

ſtiftete dann aud

Reform .

um's

Dresden , die

Eigentlich war dies keine neue

ſchon in

ſelbſt die Logen

zu

ſeinem

Vaterlande ge

Berlin

correſpondirten .

Steinbach brachte deshalb nur etwas Aufgewärmtes . lang ihm

deshalb auch nicht, mit ſeinen

fen , und ſein

Es ge

Ideen durchzugrei

Biograph behauptet , eg habe ihm

Geſchick gefehlt.

Jahr

Loge des

Jeſuit in Ungarn , Namens Groſſinger ,

hatte dieſen Orden vor ihm ſtiftet , mit dem

gerathen und

durchgreifenden

Freimaurerloge zu

Stiftung, denn ein

feinem

Er nannte fich Baron

von Steinbach und gab vor , Oberſt in Armee geweſen zu ſein .

Germain

hierzu an

Der Baron von Steinbach begab ſich nach

Dresden , wo er den Leuten erzählte, er ſtände mit den See len

der

welt in Geiſt den

Menſchen

ſo

wie

Verbindung und Augen

überhaupt

der

habe die Gabe, jeden

der Lebenden

Zugleich aber ſagte er, um

mit

Geiſter beliebigen

vorüber führen zu

ſich auch die nöthigen

können .

Hinterthü

ren aufzulaſſen , daß diejenigen , welche fich durch ſeine Ver mittlung mit

der Geiſterwelt in

Verbindung ſeben wollten ,

reinen und edlen Charakters ſein müßten. "Kam

es nun vor,

58

daß

es

ihm

nicht gelang, ſeine Zuhörer

täuſchen , fo lag dies nicht im

und

Zuſchauer zu

Mangel ſeiner eigenen geiſti

gen Befähigung, ſondern im Mangel eines reinen und edlen Gemüthes

eines oder des

andern

der Zuſchauer.

Das

iſt

an und für fich nichts Auffallendes ; hat man ſich dieſes Aus helfungsmittels

ja

ſelbſt noch vor wenigen

Jahren bei An

wendung des Pſychographen bedient. Der Baron bei ſeinen

von Steinbach

hatte übrigens viel Glück

Geiſtercitirungen , inſofern

er es verſtand, durch

künſtliche Vorkehrungen , ein von dunklem

Nebel erfülltes, nur

durd das matte Licht hin- und hergetragener Kerzen erbell tes Zimmer den ſtand ſeiner

durch berauſchende Getränke eraltirten

Jünger bis zu einem

höhen , daß fie in ihrem wurden . Wahrſcheinlich

ſo enormen

Glauben hat er

Zu

Grade zu er

ſtark und unerſchütterlich ſich , um feinen Zweck

volftändig zu erreichen , auch optiſcher Spiegel und der Elef trizität bedient. Zu denjenigen

Perſonen , welche er citirte, gehörten

audi

der Graf Johann Friedrich von Struenſee und deſſen Freund Ewald von Brand, welche Beide erſt vor wenigen Monaten in Kopenhagen unſchuldiger Weiſe hingerichtet worden waren . Dieſe beiden Männer kannte Steiner in Dresden , außerdem erſchien

Jeder mit ſeinem

welche Art dann

auch

eigenen Kopf unter dem Arm , auf eine Entdeckung

Andere Perſönlichkeiten , die man zu Jedermann in

Dresden

unmöglich wurde.

ſehen wünſchte und die

genau kannte, z. B. Gellert, citirte

er nicht, angeblich, weil ſie in

Bezug auf die Verſammelten

viel zu hoch ſtänden .

Der Baron von Steinbach Mühe gegeben , dem zu werden , was ihm

hatte

fich ſchon

unſägliche

Kurfürſten von Sachſen ſelbſt vorgeſtellt jedoch ſchlechterdings nicht gelingen zu

59

wollen ſchien .

Er begab ſich deshalb in

das Hotel des fran

zöſiſchen

Geſandten , der zwar verreiſt war, doch in der Per

ſon

Herrn

auch

des hier

pon Marbois

hatte Steinbach

fick

vertreten

falſdy ſpeculirt .

ließ .

Aber

Herr von Mar

bois weigerte ſich nicht nur , ihn bei Hofe einzuführen , ſon dern ſagte ihm geradezu, daß er ihn gar nicht für den Ober ſten Baron von Steinbach halte. Monſieur," rief der Geiſterſeher entrüſtet, „ noch eine ſolche Neußerung und iď

kann nicht dafür einſtehen , was

geſchieht." Lächelnd betrachtete ihn

der Vertreter des franzöſiſchen

Geſandten und ſagte darauf: „ Glauben Sie nicht, daß es durch

ein

herausforderndes

Ihnen gelingen wird, mir

Benehmen

zu

imponiren !

Się

ſind nicht der Baron von Steinbach und waren niemals Oberſt in der franzöſiſchen Armee ! Den Baron von Steinbach kenne ich ſelbſt zu genau , um nicht zu wiſſen , daß Sie nur ein Pfeudo -Steinbad

ſind.“

Der Geiſterſeher wollte zornig ſcheinen , und mit aufein ander gepreßten Lippen rief er : Und wer könnte ich ſein nach Ihrer Anſicht? " Johann Georg Schröpfer und fein Anderer !" perſepte

Monſieur de Marbois. „ Nun ,“ ſprach er weiter, „ Sie zit Sie werden bleich, warum ? Habe ich den Schleier tern, gelüftet ? Ah, ſehen Sie, mein Herr, man muß niemals glau ben , daß man das Geſchick habe, alle Welt täuſchen zu kön In einem

nen . lungen ,

andern Staate wäre es Ihnen vielleicht gee

in Sachſen

nicht.“

Der Baron von Steinbach, der ſich auf einmal entlarvt ſah , nahm

ſeine ganze frühere Frechheit wieder an und hoch

müthig rief er :

60

Nun wohl, ja ! ich bin Schröpfer !" Darauf entfernte er fich mit der Abſicht, nun erſt recht ſein

abenteuerliches Leben

fortzuſeßen .

Wie

ein

Lauffeuer

eilte die Nachricht, daß der Baron von Steinbach Oberſtlieutenant von

Sydow

durch alle Salons und kam

der vom

durchgeprügelte Schröpfer ſei, auch in das Palais des Herzogs

Starl von Kurland , der ſoeben mit einem

ſeiner Vertrauten

ſprach , wie es möglich zu machen ſei, den Baron von Stein bach, ohne großes Aufſehen zu erregen , nach ſeinem men

zu

laſſen .

Die

Nachricht, daß

Schröpfer fei , vernichtete alle

Palais kom

derſelbe der bekannte

Hoffnung des Herzogs Karl.

Denn nun war wohl gar nicht daran

zu denken , daß man

denſelben jemals bewegen würde können , ſeinen Fuß berzogliche Palais zu

ſeßen .

Und dennod

in das

ſchien ſeine Ge

genwart ſo überaus nothwendig, daß man ſie ſelbſt mit gro Ben

Opfern erkaufen

zu müſſen glaubte.

welche die Anweſenheit Shröpfers zu zu machen

Die Angelegenheit,

einer Nothwendigkeit

ſchien , war folgende:

Vor Kurzem

war der

legte natürliche Sohn Kurfürſt

Auguſt des Starken, der Chevalier von Sachſen , in dem reits erwähnten als

Duell

geſtorben .

Er war Maltheſerritter,

ſolcher unvermählt und ohne Leibeserben .

Karl von Kurland war ſein

be

Der Herzog

nächſter Erbe , hatte auch feine

Erbſchaft gebührender Maßen angetreten . Man gerieth aber auf die Vermuthung, da der Chevalier ziemlich einträgliche Stel lungen

inne gehabt, daß derſelbe auch nicht unbedeutende

Summen

baares

Geld

hinterlaſſen

vielleicht an irgend einem verborgen habe. dieſen

geheimen

einen

Orte

und dieſe

in ſeinem

Palais

Auf eine natürliche Weiſe war bisher von

Geldern nichts aufzufinden

daher nun

haben müſſe

geweſen

und man wollte

übernatürlichen Weg betreten .

Zu dieſem

61

-

Zwede ſollte der Baron um

von

Steinbach eingeladen werden ,

den Geiſt des Chevaliers von Sachſen zu citiren und zu

befragen , wohin er das Geld gebracht habe. daß derfelbe fich als der vom

Dadurch aber,

Herzoge Starl mit einer ſo

in

famirenden Strafe belegte Schröpfer präſentirte, erhielt die ganze Angelegenheit eine andere und für Karl von Rurland unerfreuliche Wendung.

Derſelbe hätte

fich

vielleicht noch

nicht ſo viel daraus gemacht, wenn

eben nicht zu der näm

lichen

immer mehr verbreitete.

Zeit der Ruf Schröpfers fich

Hier war guter Rath theuer.

Der Herzog fann lange nach ,

bis er endlich beſchloß , fich ſelbſt in das Hôtel de Pologne, in welchem

der famoſe Schröpfer logirte, zu begeben und den

felben wegen um

der ihm

von Sydow

Verzeihung zu bitten .

applicirten Stock - Thaler

Wenn eine fürſtliche Perſon fich

ſo weit herabläßt, ſo muß dieſelbe ſchon ſehr ſtark vom glauben befangen ſein .

Mit mehreren

ſtaates verfügte ſich Karl von

Perſonen

Kurland zu dem

Aber

ſeines Hof Geiſterſeher,

that wirklich Abbitte und erklärte fich nebenbei zu jeder, ge wünſchten dieſen

Genugthuung bereit.

Doktor Vehre

ſagt, über

Fall erzähle der engliſche Reiſende Wrarall Folgendes :

„ Das Meiſterſtück der Magie zu allen Zeiten war, abge ſchiedene Geiſter aus dem fer machte kein

Grabe heraufzubeſchwören ; Schröp

Geheimniß daraus , daß ihm

die Macht bei

wohne, dies Wunder zu bewirken . Herzog Karl bat dringend und wiederholt darum

und erlangte endlich nach langer ernſt

licher und verſtellter Weigerung ein nur mit Widerſtreben ge gebenes Verſprechen, vor ſeinen Augen eine Erſcheinung ſehen zu laſſen .

Aber Schröpfer gab dabei mit größter Verſchla

genheit ſeine äußerſte Abneigung und ſeinen Widerwillen zu erkennen , indem

er erklärte, daß dies ihm ſelbſt gefahrbringend

und mit verſchiedenen Schrecensumſtänden verbunden

ſei.

Es

62

blteb nur noch übrig , den

Geiſt namhaft zu machen , der

heraufbeſchworen werden Folle.

Nach langer Erwägung nannte

man den Chevalier von Sachſen

und Schröpfer

unternahm

es, den Geiſt deffelben vor einer ausgewählten Geſellfdaft zu citiren .

Zum Schauplaß

des Prinzen

der Beſchwörung war das Palais

in Dresden beſtimmt.

Da

es aber

ſehr wohl

bekannt war, daß der Kurfürft, der unglüdlicher Weiſe weder felbſt abergläubiſch war, noch geneigt, folche Dinge in ſeiner Reſidenz geſchehen zu laſſen , die Sache mißbilligen und ver hindern werde, fo ward die ftrengſte Verſchwiegenheit darüber beobachtet.

Die Geſellſchaft verſammelte fich in der beſtimm

ten Nacht: denn Schröpfer zog natürlich die Dunkelheit vor, als welche nicht nur an und für fich zu net ſei, ſondern

der Sache mehr geeig

auch für die Wirkung der Befchwörungen

beſſer berechnet. „ Die Geſellſchaft beſtand aus neunzehn

Perſonen , von

denen ich , ſagt Wrarall ausdrüdlich, mehrere perſönlid kenne, welche Leute von Confideration, Charakter und Refpectabilttät ſind.

Als ſie in

der

großen

Ga

kerte des Palais zuſammen gekommen waren , war das erſte Gefchäft aller

Anweſenden , Fenſter und

Thüren

Feſt zuzu

machen , um ſowohl eine Eindrängung , als eine Täuſchung zu verhindern . im

So viel als Vorſicht dies zu bewerkſtelligen

Stande war , geſchah es, und man war berſichert, daß

nichts als Gewalt eine Annäherung oder einen Eingang vera fchaffen könne.

Søröpfer eröffnete der Geſellſchaft hierauf,

daß die Handlung , die er zu unternehmen

in

Begriff ftehe,

alle ihre Feſtigkeit in Anſpruch nehme und rieth ihnen , um ihre Nerven zu

ftärken , von einer Bovle Punſd), die auf der

Tafel ftand , zu nehmen . Mehrere aus der Geſellſchaft (etz gentlich glaube ichy, Ale, ausgenommen einen

oder zwei) fan

-

63

den dieſe Anermahnung vernünftig und entſprachen ihr wirf lich.

Der Herr aber , von dem

ich dieſe Umſtände vernahm ,

weigerte ſich , von dem Rathe Gebrauch zu machen . Er äußerte zu Schröpfern :

hierher gekommen , um

Ich bin beizuwohnen . Mein

Entweder will ich

Erfcheinung

einer

Alles ſehen

oder Nichts.

Entſchluß iſt gefaßt, und kein Zureden kaun mich der

mögen , einen

Tropfen auf meine Lippen zu nehmen !

„ Ein anderer Herr von

der Gefellſchaft , der ſeine Gei

ftesgegenwart beibehalten hatte , ſtellte fich an den Haupteingang, um

darüber

zu wachen ,

daß

oder mit Gewalt zu öffnen . regeln

Niemand wage , ihu heimlich Als dieſe vorbereitenden

Maß =

getroffen waren , begann das große Werk mit der größ

ten Feierlichkeit.

Schröpfer fing es damit an , daß er ſich in

eine Ede der Galerie zurüdzog, hier auf feine Kniee nieder fiel und mit einer Menge geheimniſvoller

Seremonien die

Geifter anrief -zu erſcheinen oder wenigftens ihm kommen . Crucifir

Er pflegte in

bei den

den Händen

zu

zu Hilfe zu

Beſchwörungen

beſtändig ein

halten , bediente

fich geweihter

Lidhter , ſchlug Streuze und fang.

Es verging eine geraume

Zeit , ebe die Geiſter gehorchten ; während dieſer Zwifchenzeit arbeitete er, fichtlich

unter großer Anſtrengung von Körper

und Geiſt ; er war mit einem lag meift in

heftigen Schweiß bedeckt und

Konvulſionen , wie die Pythia der alten Wett.

Endlich ließ fichy ein lautes Ptaffeln an der Außenſeite aller Fenſter hören , darauf folgte bald ein

andres Geräuſdy and

dieſes glich mehr als irgend etwas Anderem

der

welche waffe Finger, über den Rand von Gläſern hervorbringen .

hingezogen ,

Diefer Ton , fagte Schröpfer, verkündige die

Ankunft ſeiner guten und Schuggeifter, er fidhten Feuern , weiter

Wirkung,

zu

arbeiten .

ihn anzu

Kurze Zeit nachher hörte man

64

ein Gebeul von fürchterlicher und ungewöhnlicher Art. Schröp = fer erklärte, dies komme von den böſen Geiſtern , deren Gegen wart, wie es ſcheint, nöthig und unerläßlich war zur Vollen dung der Kataſtrophe. , Die Geſellſchaft war jeßt, wenigſtens der größere Theil, durch

Erſtaunen

elektriſirt oder durch

Schauder verſteinert

und alſo vollkommen auf Alles , was ſich ihr darſtellen konnte, vorbereitet.

Schröpfer

ſeşte feine Beſchwörungen

fort und

auf einmal öffnete ſich nun plößlich die Thür mit und

Etwas , das einem

glich , rollte ins

schwarzen

Zimmer.

Ball oder

Gewalt

einer

Es war mit Rauch oder

Kugel einer

Wolke umgeben und in der Mitte ſtellte ſich ein menſchliches Geſicht dar, deſſen

Züge dem

wahrſcheinlich ſo , wie racci den Von

Chevalier von Sachſen glichen ,

Correggio

oder Hannibale Ca :

Jupiter darſtellen , wie er der Semele erſcheint.

dieſer

Geſtalt

aus, welche rief:

ging

eine laute und zornige Stimme

Karl, was wilft Du mit mir ?

Warum

ſtöreft Du mich ? Die Zuſchauer, entweder feft überzeugt, daß die Erſchei nung, die ſie ſahen , ein Geiſt und unantaſtbar ſei, oder des Entſchluſſes nicht mächtig, an fie heran zu treten und zu ver ſuchen , ſie zu greifen , machten keinen unförperlichen deſfen

Beſchaffenheit

zu

Verſuch, ſich von ihrer

überzeugen .

Der Herzog,

gottloſe Neugierde ſeines Dheims Geiſt heraufbeſchwo:

ren hatte und

an den , als

die vornehmlich

verantwortliche

Perſon , das Geſpenſt fich wandte, weit entfernt davon , Kalt blütigkeit zu

zeigen , oder eine Antwort zu

die

Zeichen

ſtärkſten

Er ſchleppte fich ihm

zu

des

Schredens und der

auf den Knieen

herum

geben , verrieth Zerknirſchung.

und rief Gott an ,

verzeihen , während Andere von der

erſchreckten Ge

fellſchaft den Magier flebendlicy baten, die einzige Probe feia

65

ner furchtbaren Kunft, die noch übrig bleibe, zu geben , indem er die Erſcheinung entlaſſe. Schröpfer aber, obgleich anſchet nend dazu willig , fand oder gab wenigſtens vor , zu finden, daß dieſes über

ſeine Macht gehe.

reimt oder lächerlich

So unglaublich, unge

es auch ſcheinen mag, Augenzeugen der

Scene haben mir verfichert, daß nahe an eine Stunde ver ging, ehe durch die Macht von Schröpfers Beſchwörungen das Geſpenſt genöthigt werden konnte, zu verſchwinden . es endlich dieſem genblid , als

Ja, als

gelungen war, es zu entlaſſen , in dem Au

die Geſellſchaft fich wieder etwas zu

erheitern

begann , ſprang die Thür , die verſchloſſen worden war, noch einmal auf und dieſelbe

ſchreckliche Geſtalt ſtellte fich noch

einmal unter die Augen der Geſellſchaft.

Dem

Entſchloſſen

ften und Gefaßten derſelben entfiel der Muth bei dieſer zwei ten

Erſcheinung und es folgte nun

Verzagtheit.

eine Scene allgemeiner

Endlich entließ Söröpfer durch wiederholte Be

ſchwörungen oder Verwünſchungen die Erſcheinung .

Die er

ſchütterten Zuſchauer gingen bald aus einander , von Erſtau nen übermannt und von Schröpfers übernatürlichen

Kräften

vollſtändig überzeugt.“ Unter den Perſonen , welche der Geiſtcitirung im lichen Palais beigewohnt, befanden zoge Karl: der Miniſter von Baron Peter Friedrich von

ſich auch außer dem

Wurmb, der

prinz Her

geheime Rath

Hohenthal-Dölkau , die

Gemahlin dieſes Barons, der Kriegsrath und Kammerherr Heinrich

Chriſtian von Hopfgarten , der Oberſt Baron

Karl Friedrich Benjamin von Fröden , Generaladjutant des Herzogs Karl von Kurland , und der ſpätere preußiſche Mi niſter

Johann Rudolph von Biſchofswerder , welcher im

Jahre 1803 auf feinem Landgute bei Berlin ſtarh.

Es waren

zwar alle Standesperſonen , doch nicht frei vom Aberglauben 5 Bertraute Geſchichte. Sachſen . 3. Bd.

66

ihrer Zeit.

Herr von Biſchofswerder gehörte z. B. dem

luminatenorden an , glaubte ſich im ſalmittels , das er allen ſeinen

fl

Beſig eines Univer

Freunden empfahl, ihm

aber

felbft kein langes Leben erhalten konnte.

Fü nfte s

ka p it e I.

Schröpfer. - Ein Brief des Herrn de Marbois. – Seſuiten . - Wurmb. Hopfgarten . Dubosc. Biſchofswerder. Das frankfurter Beld Schröpfers Reiſe nach Leipzig , wohin ihm feine Freunde folgen . paket. Dr. Celler. Verſiegelung ſeiner Bimmer. Schröpfer erſchießt ſich . Eine Miniſterialordre . Dr. Celler erbricht die Schröpfer'ſche Woh

nung und bemächtigt ſich ſeiner Papiere. Der Schneider- Kravall in Dresden . Wir haben im

Die ſächſiſchen Bauernunruhen .

vorigen Kapitel die Mittheilung gebracht,

daß Schröpfer fich zu Monſieur de Morbois verfügt und den felben gebeten habe , ihn dem von Steinbach vorzuſtellen .

kurfürſtlichen

Hofe als Oberſt

Derſelbe hatte es ihm

abgeſchla

gen , weil er eben nicht Derjenige war , für den er fich aus gab.

Er erſtaunte daher nicht wenig , als er in

brachte, daß Schröpfer beim

Herzoge von

Erfahrung

Aurland geweſen

und ſich noch immer Oberſt von Steinbach nenne. fogar nicht nur erſtaunt , er war in darüber und beſchloß , ihm terſagen .

Noch um

erhielt Schröpfer Marbois:

hohem

Er war

Grade entrüſtet

dies Kraft ſeines Amtes

zu

un

zehn Uhr Abends des 21. Auguſt 1774 nachfolgenden

Brief

von

Monſieur de

67

-

,, Entweder habe ich mich in der Unterredung, die ich mit Ihnen hatte, in oder man

Ihrer Sprache nicht recht ausgedrückt,

hat mich hintergangen , indem

man mir auf's

Neue verſicherte , daß Sie fortfahren , Sich den Charakter eines Oberſten

in

franzöſiſchen

Dienſten beizulegen .

ſei aber, wie ihm wolle, ſo muß ich

Dem

Ihnen hier nochmals

wiederholen , daß ich Sie nicht für einen Solchen erkenne, und daß, wenn ich erfahre, daß Sie fortfahren , dieſen Cha rakter anzunehmen , ohne Sich darüber bei mir zu legiti miren , Sie mich zwingen werden , Maßregeln zu ergreifen , die

Ihnen äußerſt unangenehm

ſein

werden .

Uebrigens

warne ich Sie nochmals und zwar ſehr ernſtlich , daß Sie hinfüro in

Ihren Reden

jener hohen

Perſon nicht wieder

erwähnen , von der Sie mit mir vorigen Montag geſpro chen haben .

Da Sie ferner einen

haben , den ich nicht an

Ihnen

1

mir nicht verübeln , daß

Charakter angenommen

erkenne, ſo werden Sie es

ich meine Verneinung deſſelben

gleichfalls öffentlich bekannt mache und daher dieſen Brief Jedem

nady Gutdünken

vorzeige. Sobald Sie mir werden

erwieſen haben , daß Sie wirklicher franzöfiſcher Oberſt ſind, werde ich der Erſte und Eifrigſte ſein , es bekannt zu machen und dann werde ich ſein

Ihr u . 1. w ."

Herr von Marbois zeigte in der That dieſen Brief meh ren Perſonen des Hofes , wodurch Schröpfer nur Nachtheil ernten konnte . Dieſer Geiſterſeher ſtand übrigens nicht allein , ſondern war das Werkzeug der katholiſchen Parthet , die ihn nicht hin reichend unterſtüßte und zulegt fogar ganz fallen ließ .

Deß

halb behauptete er auch öfter , als katholiſcher Geiſtlicher die Weihe erhalten zu haben .

Im

Jahre

1773 war der

Jeſuitenorden

aufgehoben ,

68

und da die Mitglieder deſſelben zu

den

klügſten , ſchlaueſten

und geiſtreichſten Menſchen gehörten , denen die Schwächen der übrigen Menſchen

ſehr gut bekannt waren , ſo kann man ſich

nicht wundern , wenn

ſie fich eines Mannes zur Erreichung

ihrer Zwede bedienten , der es verſtand , den Jahrhunderts auszubeuten . fer ihren

Zwecken nicht volftändig zu

war, von ihm

Aberglauben

des

Daß fie ſich nachher, als Schröp entſprechen im

Stande

zurückzogen , kann auch Niemand in Erſtaunen

verſeßen , der die Deviſe des Ordens:

Der Zwed heiligt

die Mittel kennt. Monſieur de Marhois hatte mit dem theilten Briefe nur wenig

erreicht.

vorſtehend mitge

Durch die Geiſteitirung

des Chevalier von Sachſen war Schröpfers Ruf bei den theiligten

Perſonen

ungemein geſtiegen , obwohl er

derartigen Geſchäften jegt weniger abgab, als früher. gen trat er mit ſeinen Reformideen maurerorden von vom

Neuem

Herzoge Ferdi ſein.

Er

der Herzog Ferdinand ſchriftlich befohlen ,

eine Vereinigung des aufgehobenen Freimaurerorden

Dage

er verſicherte, hierzu

Braunſchweig , bevollmächtigt zu

ſolle , ſo habe ihm

ſich mit

in Bezug auf den Frei

hervor, indem

Großmeiſter aller deutſchen Logen , dem

nand von

bes

zu

erſtreben

Jeſuitenordens mit dem

ſuchen .

Schröpfer producirte

auch einige Briefe des Herzogs von Chartres, welcher ſpä ter Herzog von Orleans wurde, die über dieſelbe Angelegen heit ſprachen , von ihm ſelbſt aber fabrizirt waren . Er bes hauptete ferner, durch

Vermittelung

Herzogs zum

der

Oberſten

des

zulegt genannten

franzöſiſchen Armee ernannt und

nebenbei autoriſirt worden zu ſein, ſich Baron von Steinbach zu nennen , um

Eingang in die höheren geſellſchaftlichen Kreiſe

zu gewinnen . Mit dieſem

Manöver glaubte er, die Angriffe

des Herrn von Marbois mit Erfolg zurückweiſen zu können .

69

jedoch wenig nüßen können , wenn er

Dies Alles hätte ihm

nicht zugleich auch über Millionen zu durch allein es ihm

verfügen gehabt, wo

erſt möglich werden konnte, der Protet

tion der Vertreter des fächfiſchen Staates theilhaftig zu wer den . Er trat daher gleich darauf mit der Behauptung her vor, die Jeſuiten haben unermeßliche Schäße bei Seite gebracht, die, wenn es gelänge, ihren Orden wieder herzuſtellen und ſet es auch nur in zum

der Verbindung mit

Freimaurerorden ,

dem

ſeinen

Beſten Kurſachfens verwendet werden ſollte . Um

Verehrern , wozu

beſonders die ſchon genannten Herren von

Wurmb, von Biſchofswerder , von Hopfgarten , Her zog Karl von Kurland und 1. f. gehörten , vollends Sand in

die Augen zu ſtreuen , gab er vor , das Bankierhaus der

Gebrüder Bethmann in

Frankfurt am

Main

fei von dem

Ordensgeneral in den Stand gefegt, ſofort einige Milionen herzugeben und er ſelber erklärte ſich bereit , diefelben in Kut: zem

herbeizuſchaffen . Aus allem

Dieſem

ging deutlich hervor , daß Schröpfer

ein Werkzeug des aufgelöſten einmal andeuteten .

Drðens war , wie wir

Der Orden

beſtand aus über

Mitgliedern , als Papſt Klemens vom

ſchon

22,000

XIV. durch ſeine Bulle

21. Juli 1773 ſeine Auflöſung ausſprach und dieſelbe

mit den Worten begann : „ Dominus ac redemptor noster !“ Im

Verfolg dieſer Bulle hieß es :

fie überließen ſich der Ausübung und Interpreta von

Geſinnungen ,

welche

der

apoſtoliſche

Stuhl aus Gründen als ſchändlich und der beſſeren Ordnung der Sitten ren muß.

offenkundig

Wenn der Papſt, der Höchſte alſo Kirche, auf dieſe Weiſe

ein

dhjadend erklä

in

der katholiſchen

VernichtungBurtheil über den

70

Seſuiten - Orden ausſprach, ſo konnten

ſeine Mitglieder in ket

nem

katholiſchen Lande auf einen Erfolg ihrer Beſtrebun

gen

rechnen

lange in

und mußten

ſich

Proteſtantismus ſo

dem

ſie ſeines Beiſtan

die Arme werfen , bis vonnöthen

des nicht mehr

Schauplaß ſeiner Thätigkeit wählen

zum

Schröpfer Sachſen

hatte

Deshalb

hatten.

müſſen . Die ſchon mehrmals

genannten Herren von Wurmbi

von Hopfgarten und von Biſchofswerder gingen

ohne

Bedenken auf die Propoſitionen Schröpfers ein und ſchloſſen ein enges Freundſchaftsbündniß mit ihm

ab.

Herr von

Bi

ſchofswerder trieb dies ſogar noch weiter und nannte fich mit Schröpfer Du und Du. Schröpfer, Adreſſe in

der

inzwiſchen

wirklich

Frankfurt geſchrieben und von

Paket , angeblich mit Steuerſcheinen , im

an

die

genannte

derſelben auch ein Werthe von mehre

ren Millionen , gefüllt, empfangen hatte, war durch dies Ales eine der hervorragendſten den .

Perſönlichkeiten

Er logirte noch immer im

Dresden gewor

in

Hôtel de Pologne und fah

fortwährend die vornehmſten Perfonen, männlichen und weib lichen Geſchlechts, in den

ſeinen Zimmern .

Am

ofteſten fand man

Herzog Karl von Kurland und den Herrn von Biſchofs

werder bei ihm .

Dieſe Herren

hatten

einen

fo gewaltigen

Reſpect vor ihm , daß Schröpfer es nicht einmal der Mühe für werth hielt, ſich empor zu heben , wenn ſie bei ihm ſchienen .

Dem

er

Herzoge Starl nidte er nur freundlich zu und

deutete mit der Hand auf einen

Seſſel, deſſen er fich bedie

nen ſolle , und er wurde von dieſen nie anders , als lieber Schröpfer ,“

mein

dharmanter

mein

Freund "

und ſo ähnlich genannt. Von dieſer Freundſchaft allein

konnte Schröpfer indeß

71

die theuren Gaſthofsrechnungen nicht bezahlen , auch ſeine Fa milie

aus

nähren .

Frau und mehreren Kindern beſtehend , nicht er

Er mußte deshalb verſchiedene Darlehne aufnehmen ,

die felten unbedeutend waren .

So hatte er z. B. von

einem

gewiffen Dubosc, der ein ſehr bedeutendes Vermögen als Seidenwaarenbändler zuſammengebracht, ein Kapital von fünf Tauſend Thalern entnommen .

Dubosc war einer der eifa

rigſten Freimaurer und von Schröpfers Talent, Geiſter citiren zu können , vollſtändig überzeugt.

Auch Herr von Biſchofs

werder ſoll ein Gläubiger Schröpfers geweſen ſein .

Trofdem

nun dieſe Gläubiger ſeine Freunde waren , ſo ward Schröpa fer von

hart gedrängt.

ihnen dod

Tag, an welchem den ſollte.

Er vertröſtete ſie auf den

das Paket mit Steuerſcheinen geöffnet wer Sicherheit hatte

Zur größeren

er daſſelbe dem

Miniſter von Wurmb in. Verwahrung gegeben . nung des Paketes ſollte am

Die Eröff

30. September 1774 in Gegen

wart von Wurmb, Biſchofswerder , Hopfgarten

und Dubosc

durch ihn felbft vorgenommen werden . Der Tag war Herren

in dem

endlich

Hôtel

herangerügt und

die genannten

des Miniſters bereits verſammelt, da

langte plößlich von Schröpfer ein

Brief an , worin derſelbe

ſchrieb, er habe ſchleunigft nach Leipzig reiſen und ſogar Poſts pferde nehmen müſſen , um

die Stunde nicht zu verſäumen ,

zu welcher er daſelbſt einzutreffen ſchuldigung und So unlieb den

um

habe.

einen Aufſchub von

Er hat um

Ent

etwa acht Tagen .

betheiligten Herren dieſe Störung auch war,

der Urlaub wurde ihm ſtillſchweigend bewilligt, und Niemand wagte, auch nur entfernt darauf hinzudeuten , das Geldpaket ohne Schröpfers Gegenwart zu noch an dem

öffnen .

nämlichen Tage nach ſeinem

während die drei anderen

Herren

Der Miniſter reiſte Gute Großfurra ,

ſich nach Leipzig zu

ihrem

-

Freunde begaben .

Sie

72

trafen auch mit ihm zuſammen und

fanden in ſeiner Geſellſchaft einen damals nicht unbekannten Winkeladvocaten , den Dr. jur. Teller, mit dem er in

legter

Zeit überhaupt ſehr viel umgegangen war.

Teller

ebenfalls

und wird als

zu Schröpfers eifrigſten Anhängern

ein Mann geſchildert, der

gehörte

bei vieler Rourage auch tüchtige

Rechtskenntniſſe befaß.

Söröpfer zeigte fich ſehr erfreut über die Ankunft ſeis ner Freunde und bewirthete fie mit der größten Freigebigkeit. So verſtrichen mehrere Tage, bis endlich auch der 7. October erſchienen war, an welchem digen

zu

wollen verſprochen

fehr wichtig ſcheinenden

Tage er ſeine Gläubiger befrie hatte . Er wußte fie indeß mit

Gründen

nächſten Tages zu vertröſten , indem am

anderen

Tage erſt noch

noch bis

zum

eine außerordentliche Merkwür

digkeit zu zeigen ; gleichzeitig überreichte er Jedem geltes Billet mit dem

Abend des

er ſagte , er habe ihnen

Auftrage, es, nachdem

ein verfie

ſie die in Aus

ficht geſtellte Merkwürdigkeit geſehen haben würden , zu öffnen . Am Morgen

des

8. October

1774

begab er ſich

mit

den Herren Bifchofswerder , $ opfgarten , Dubosc und Dr. Teller in das Roſenthal bei Leipzig, bat fte, hier einen Augenblick zu verweilen, bis er zurüd ſei, er habe nur noch einige Vorkehrungen zu keit zu treffen .

der ihnen verſprochenen Merkwürdig

Die drei erſtgenannten Perſonen

überließen

fich einer erwartungsvollen Spannung, während auf dem Ge Fichte des Lestern ein unverkennbares Lächeln der Fronie zu erbliden war. Sie waren ſo ſehr in Gedanken verſunken , daß ſie nicht einmal einen Schuß vernahmen , der in ihrer únmittelbaren Nähe gehört und durch welchen Dr. Teller, obgleich er darauf vorbereitet fchten , heftig erſchüttert wurde. Nachdem

die vier Herren wohl gegen zwanzig Minuten ver

73

geblich auf die Rückunft Schröpfers Teller endlich ſelben

gewartet hatte, machte

den Vorſchlag , eine Nachforſchung nach dem

anzuſtellen .

Man drang auf derjenigen Seite , wohin

Schröpfer fich begeben hatte, in das Gehölz und fand nach . • . Leiche, die des Geiſterciti wenigen Sekunden eine rers Schröpfers.

Mit einem

Taſchenpiſtol hatte er ſich ins

Herz geſchoffen , und auf dieſe Weiſe feine Freunde um alle ihre Hoffnungen und ihr Geld gebracht. Gine geraume Zeit umſtanden die vier Herren , in Sinnen verſunken , den

Cadaver des

in

tiefes

der Blüthe ſeiner

Jahre fich felbft gemordeten Mannes , der bei ſeiner Gewandt beit und Geſchidlichkeit unter anderen Verhältniſſen

ein wohl

habender Mann hätte werden können , jeßt aber als Bettler geſtorben war.

Er mochte wohl eingeſehen

haben , daß

er

endlich doch entlarvt werden und dann feine gerichtliche und außergerichtliche würde. fich.

Dies

Strafe nur

eine höchft

infamirende

konnte er nicht ertragen , deshalb

tödtete

fein er

Endlich machte Herr von Biſchofswerder den Vorſchlag ,

zurück nach Leipzig zu über den

gehen und dem

Selbſtmord zu machen .

Magiſtrat Anzeige

An die Briefe, die er und

ſeine Freunde von Schröpfer empfangen , dachte in dieſem Augenblick Niemand. fich

derfelben

lanteten

im

Erft auf dem Rathhauſe erinnerte man

und beſchloß

ihre Eröffnuug .

Dieſe

Briefe

Inhalte übereinſtimmend ; es hieß darin : Wenn

Sie dieſes lefen , werde ich nicht mehr fein !"

Zu

gleicher Zeit hatte Schröpfer auch an einen ſeiner Brüder, der fich ebenfalls in Sachſen befand, ein Billet gerichtet , in welchem

er

behauptete: „ W. (Wurmb) und D. ( Dubosc)

find Schuld an meinen Unglüd !

Nimm Did meis

ner Frau und Stinder an !" Der Magiſtrat von

Leipzig ließ

in

Uebereinſtimmung

74

mit der daſelbſt befindlichen

Polizei-Commiſſion , die Zimmer

des Selbſtmörders unter Siegel legen , da wohl zu vermuthen ſtand , daß man

in

ſeinen Papieren

Aufſchluß über ſein ge

heimnißvolles Treiben erhalten würde ; man durfte jedoch dem Miniſter Wurmb nicht vorgreifen und erſt deſſen Ordre ab = warten .

Dieſer befand ſich inzwiſchen

nach Dresden .

Er empfing eine Stafette, vom

abgeſendet , welche ihm meldete.

Durch

den traurigen

dieſelbe Stafette

piere Schröpfers unter fichern.

ſchon auf der Rüdreiſe Dr. Teller

Vorfall mit Schröpfer

befahl er, ſich der Pa

allen Umſtänden

Die Stafette , welche von Dr. Teller

zu ver .

wohl beſſer

bezahlt ſein mochte , als von Wurmb , machte zuerſt dieſem von der miniſteriellen Ordre Mittheilung.

Derſelbe verfügte

fich ſofort nach Schröpfers Wohnung , erbrach die magiſtra tualiſchen

Siegel

und

bemächtigte ſich aller

Schröpferſchen

Papiere , welche nur irgend eine Wichtigkeit haben konnten . Natürlich konnte ein

ſolches willkürliches und geſeßwidriges

Benehmen nicht ungeahndet bleiben ; doch vermochte die Strafe, welche über

Teller

verhängt wurde, die Sache nicht unge

ſchehen machen . Schröpfer hatte ausgeſpielt.

Seine Gläubiger blieben

unbefriedigt, zu denen auch der Beſiger des Hôtels de Pologne gehörte.

Das geheimnißvolle, angeblich aus

Frankfurt am

Main angekommene, Paket, welches mehrere Millionen Steuer ſcheine enthalten

ſollte, enthielt nur Streifen weißes Papier

und einige beſchriebene Zettel , welche auf Documente verwie fen , über deren Vorhandenſein Niemand Auskunft zu ertheilen vermochte und die konnten .

deshalb

auch nie

herbeigeſchafft werden

Herr von Biſchofswerder war noch am Meiſten digt worden

dadurch , daß er ſich in den

entſchä

Befiß des Schröp

75

vor

jeden

Zauberapparats ſegte , was

ferſchen

nachherigen

dem

Falls nicht ohne

Er ging zurück nach Preußen und citirte damit

Werth war.

Könige Friedrich Wilhelm

II., gegen

den er ſchon als Kronprinz eine unwandelbare Neigung be wieſen hatte, die Geiſter Marc Aurels , Leibnißis und ſelbſt des großen Kurfürften . Er begleitete ſeinen König

wieder

Frankreich , um

1792 nach

Jahre

im

ſeine Regierung einſeßen

in

dortigen König

den zu

helfen , machte den

Feldzug in die Champage mit und kehrte mit Friedrich Wil zurück.

II. nach Berlin

helm

Darauf ward er nach Frank

reich als Geſandter geſchickt, verließ 1794 dieſes Land wieder und ſtarb 1803. „ Feinheit des Geiſtes," ſagt fein Biograph, „,bei aller anſcheinenden ihm

nicht abgeſprochen

jedoch

beſchränkte

übrigens

Gutmüthigkeit und Plumpheit kann werden , als Staatsmann hatte

Anſichten .

eine ftete

Er bewies

Rechtſchaffenheit

in

Leben

feinem

und war

er

frei

von

Rachſucht." Schröpfer muß übrigens ein außerordentlicher Menſchen kenner geweſen ſein , wie man tanen

und

Betrügern

dies

Talent bei allen

antrifft, denn

durfte Niemand beiwohnen , von

denen

feinen er

Charla

Productionen

eine Entdecnng

ſeiner Schwindeleien zu befürchten hatte. So wies er z. B. Ferber, den Marcheſe d'Agdolo und den General von Ben nigſen

alle Mal, wenn ſie um

den zurück unter dem genug , ſondern

Zutritt gebeten , ganz entſchie

lächerlichen

noch zu

Grunde, daß fie nicht rein

ſehr mit

der Körperwelt verbun

den feien .

Der

von

uns

ſchon

einmal herangezogene

berühmte

Nicolai ſagt über Schröpfer noch : , Solche Avanturiers ſieht man in allen Ländern er ſcheinen , eine Zeit lang Aufſehen machen , und hernach wie

76 der

verſchwinden

wie die

Sternſchnuppen .

kommt nicht von ungefähr. ſucht.

Man

ift theils

in

Aber

Dies alles

ſelten wird es unter :

Deutſchland zu

unaufmerkſam

auf Sachen dieſer Art, die doch wichtig ſind, theils ſind gewöhnlich Perſonen ſchonen

darin verwickelt , die man

zu müſſen glaubt.

Das gewaltige Aufſehen ,

das Schröpfers Künſte, die er Arbeiten nannte, machten , war gewiß die Urſache feines Todes.

Er hatte eine kleine

Gährung erwecken ſollen , die den Abſichten Andrer *) diente . Er verwickelte

ſich

aber dagegen

in weitläuftige Künſte

und Verſprechungen , die er nicht halten konnte, und das wußten auch die wohl, die ihn geſendet hatten . Ben ihn : er

alſo ganz fahren .

ſich mit angeſehenen

Sie lie

Von

der andren Seite hatte

Perſonen

eingelaſſen , von denen

er recht wohl wußte , daß er ſie nicht ungeſtraft neden durfte. Auftritte

Er

ſah

voraus .

ftraft werden

und

alſo

von

allen

Seiten

in

die elendeften

Umſtände

Aus dieſer Verwirrung wußte er keinen als einen Piſtolenſchuß . welche genießen wollen zu

ſehen

unangenehme

Er ſab , er würde beſchimpft und bez

andren

kommen . Ausweg ,

Es iſt ganz gewöhnlich, daß Leute, und keinen Genuß weiter vor fich

glauben , oder welche verwickelt ſind und keinen

Ausweg finden

können , ſich ermorden .

welche fagten , Schröpfer worden , daß

Es gab aber Leute,

fet von den Geiſtern fo geplagt

er fich habe ermorden müſſen .

Die Dinge,

welche Schröpfer fürchtete, waren nicht von geiſtiger, fona dern von ſehr körperlicher Natur : das Zuchthaus ſtand darunter oben an ." Solche Wundermänner , wie Schröpfer, der Graf von Saint-Germain und noch mehrere Andre, welche in Sachſen

* ) Den Seſuiten .

77

ihr unheilvolles Weſen

trieben

und von

denen

nod

befon :

1

ders. der Magiſter Maſius, ein höchft überſpanntes Sub ject, zu nennen iſt, konnten

auf Sachſens politiſche Verhält

niffe keinen Einfluß gewinnen , zumal da man ſie ganz un behindert wirken

ließ .

Derartige Perſonen ſind nie gefähr

lich, wie wir dies auch im jeßigen lin erfahren haben .

Jahrhundert ſelbſt in Ber:

Dagegen nahmen die in dem meiffener,

oldaper , lommatſchen , noffenſchen und großenhayn iden Kreiſe um's Jahr 1796 ausgebrochenen Bauernunruhen einen weit gefährlicheren wirklich

leibeigen ,

Charakter an .

Viele Bauern waren

oder mußten wenigſtens ſo viele : Zinſen ,

Zölle , Steuern und Frohnen entrichten , daß ihnen

dieſelben

nach und nach unerſchwinglich ſchienen und ſie ſich nad freiung fehnten . gen

Gutsbefißer von

ihren

Gerechtſamen

wollten und der Landesherr ſelbſt, beim im

Bes

Da jedoch weder der Adel, noch die fonſti

Stande war , die zum

etwas nachlaſſen

beſten Willen , nicht Herkommen

be

ruhende Abentrichtungen plößlich aufzuheben, ſo glaubten

Theil auf altem

die

Bedrückten , daß ihnen kein andres Mittel übrig geblieben fei, als fich das mit bewaffneter Hand zu verſchaffen , was man ihnen

nach

mußte.

den

noch

vorhandenen

Umſtänden

verweigern

Es waren dies vornehmlich die Bauern der Grafen

von loß, von Einſiedel, der Freiherren von Taube, von Ende , des von

Kammerherrn

Weißenbach ,

der

von

Zehmen , des Oberft

Rittmeiſter

von

Bomsdorf

von Proß und des Rechtsgelehrten Herrmann. Die Unruhen nicht entſtanden

in

Sachſen

würden vielleicht jegt nody

ſein , wenn nicht die damals

Bauernzeitung von

den

fehr geleſene

Ereigniſſen , welche in

Fankreich

fich zugetragen , tagtäglich ausführliche Mittheilungen gebracht und

dadurch das ackerbautreibende Publicum

in

Aufregung

78

verſegt' hätte.

Wer unverhältnißmäßig gedrückt wird, wie es

von den bereits genannten ſchah , der fühlt ein zu

entledigen .

vermehrten ten

Gutsherrſchaften

in der That ge

innerliches Streben , dieſes Druckes fich

Böttiger

ſagt darüber :

„ Die

Gutsherren

oft gegen die Erbregiſter ihre Heerden , oder kauf

Bauerngrundſtücke zum

Gute, die nun

auch

durch

die

Fröhner mit bearbeitet werden ſollten , oder ſie theilten die Frohntage in

halbe oder viertel Tage und plagten dadurch

die Leute noch weit mehr.

In Klagefachen gegen

den Guts

herrn hatte der um ſeinen Dienſt beſorgte abfeßbare Gerichts Intereffe mehr , als

dem

das der Bauern

-

halter ſeines Patrons

vor Augen , und vor die höhere

Inſtanz zu geben , fehlte es

Bauer an Geld , Zeit oder Muth !" Zu dem

Druď , der den landsleuten

und Gerichtsherren

von ihren

zukam , geſellte ſich auch

noch

Guts

eine vom

Kurfürſten ausgehende Unannehmlichkeit. Friedrich Auguſt III . war nämlich ein paſſionirter

Jäger, und ſeine Forſtbeamten ,

welche ſich bei ihm in Gunſt ſeßen wollten , ſorgten für nichts eifriger ,

als

für

einen

ungemein

reichhaltigen

Nun iſt aber bekannt, daß den Feldern

vom

Wildſtand.

Wilde ein uns

geheurer Schaden zugefügt wird und daß Niemand das Recht hat, daſſelbe unſchädlich zu machen . fiſchen

Bauern unbenommen , ihren

einem

Zaune zu

umgeben , da

Zwar war es den fäch Grund und Boden mit

aber dieſe

Zäune koſtſpielig

find und ſie ohne beſonderes Vermögen waren , ſo mußte es ſelbſtredend, unterbleiben . den

kurfürſtlichen

Auf dieſe Weiſe waren zwiſchen

Jagdbeamten

und

den

Landleuten

eine

Spannung und ein Haß eingetreten , die ſich unmöglich noch längere Zeit unterdrücken ließen . Häufig kamen Conflicte vor, die jedes Mal die Beſtrafung des armen -Bauern hervorrie fen . Da' auf einmal rotteten ſich die Bauern aus vierzehn

79

verſchiedenen

Dörfern zuſammen und beſchloſſen , gewaltſam

das Wild zu

verjagen .

Sie fanden

war das ganze Amt Hohenſtein nur durch das Verſprechen bracht werden .

in

Nachahmer, und Aufruhr.

bald

Sie konnten

ſchleuniger Abhilfe zur Ruhe ge

Der Kurfürſt ſelbſt hatte dies

Verſprechen

gegeben , und ſeine Unterthanen wußten , daß er jedes Ver (prechen erfüllte. Er ließ auch ſofort eine Commiſſion bilden , welche. Befehl hatte , zu nehmen gemeinen

und ihm

die Beſchwerden der Bauern

entgegen

darüber Bericht abzuſtatten .

lautete dieſer Bericht

günſtig

für die

Im

Al

Landleute .

Friedrich Auguſt befahl, das Wild unbedingt niederzuſchießen und den Bauern den ihnen durch daſſelbe verurſachten Schaden mit baarem

Gelde zu

erſegen ; zugleich aber erließ

er auch

ein ſtrenges Geſeß, dem

zufolge jedes eigenmächtige Handeln der Landleute mit harter Strafe geahndet werden ſollte. Es iſt manchmal nicht gut, wenn der

Fürft des Landes

den Klagen ſeines Volkes ſo bereitwillig abhilft.

Der Muth

der Betheiligten ſteigt und verwandelt ſich zulegt in Ueber muth .

Die Bauern

in Bezug auf das kurfürſtliche

waren

Wild nicht ſobald zu ihrem

Rechte gelangt, als ſie auch alles

Uebrige , welches eine- Feffel für ſie war , über den werfen wollten .

Haufen

Die Gutsbefißer, von denen wir vorhin ſchon

einige genannt, waren allerdings nicht ſo gerecht und billig , wie ihr kurfürſtlicher Gebieter. Eine alte Gerechtfame er laubte ihnen , auf der Bauern laffen . Sie vermehrten

Felder ihre Heerden

hüten zu

nicht nur, wie das vorſtehende Citat

von Böttiger erzählt, ihre Heerden, wozu ſie kein Recht hat ten , fondern ſie nahmen auch eingetretene

Miſjahr, das dem

keine Rückſicht auf das 1790 Bauer nicht einmal ſo viel

Futter eingebracht hatte , ſein eigenes Vieh ernähren Daß dergleichen

1

nen .

zu

Uebelſtände auf der einen , und

kön die

80

ungeheuerſte

Müdſichtsloſigkeit auf der

anderen

größte Unzufriedenheit hervorrufen mußten ,

Seite die und für

iſt an

ſich wohl begründet; allein man kann deffen ungeachtet nicht mit den Mitteln

übereinſtimmen, welcher ſich die Bauern be

dienten , um zu ihrem

Rechte zu gelangen .

nünftiger Weiſe zum

Kurfürſten

auch hier eine Abhilfe erfahren haben . Abgeordneten aus ihrer Mitte, der dem fchwerden

und Vorſchläge zu

hältniſſe vorlegen

ſollte.

Wären ſie ver

gegangen , fo würden

ſie

einen

Sie wählten

Kurfürſten ihre Be

einer Verbeſſerung ihrer Ver

Sie blieben

indeß

nicht bei der

eigentlichen Sache ſtehen , ſondern gingen viel weiter , als ur ſprünglich beſtimmt war und nahmen einen vollſtändig revo lutionären

Charakter

an.

Man

Mann ſtark, bewaffnet ſeinen gleiten

wollte ,

20,000

beinahe

Abgeordneten nach Dreßden

be

und dieſer ſollte folgende Punkte Friedrich Auguſt III.

vorlegen : Abfeßung aller mißliebiger Perſonen von ihrem

Amte, weil

ſie Sadfen nur unglüdlich

ge

macht hätten ; Errichtung einer Nationalgarde zu Pferde und zu Fuß; Verbeſſerung der Steuerver : hältniſſe; ferner ſollten

die Gutsbefißer zur Ver

antwortung wegen ihreg rüdfichtsloſen Betragens gezogen , resp . beſtraft werden ; und Andere.tag her Solche Forderungen “ waren hörtes , daß

Friedrich

Auguſt

noch

unzählige

mur den in Sachſen ſo etwas Uner

III . den

Ueberbringer dieſer

Bedingungen für wahnſinnig hielt und ihn von einem unterſuchen ließ .

Arzte

Derſelbe beſtätigte des Kurfürften. Anſicht

vollſtändig, und diefer ließ darauf den „ Narren “ , wie er ihn nannte, nach Torgau bringen , wo er über feinen neunzehn

Jahre nachdenken

wieder entlaffen .

konnte.

Aberwig

Erſt 1809 ward er

81

Dies

fand Mitte

Juli 1790

Statt.

ſpäter brachen die wirklichen Unruhen aus.

Einen

Monat

Daß man ihren

Geſandten für einen Wahnſinnigen nicht nur erklärte, ſondern

1

auch

demgemäß

behandelt hatte , brachte die ganze Bauern

welt in die größte Aufregung .

Aber man wollte noch immer

Kurfürften felbſt einſchreiten , da er , ihrer

nicht gegen den

Anſicht nach, von ihrem

bisherigen Unglück nichts wiſſe; fon

1

dern

gegen ihre unmittelbaren Herren , die Gutsbeſißer, rich

tete ſich erſten

ihr ganzer Zorn .

Da ſchon vier Wochen

ſeit dem

Verſuch verfloſſen waren, ſo glaubte man Seitens der

Regierung nicht mehr an

eine ernſtliche Demonſtration und

hatte deshalb

die geringſten

getroffen .

auch

nicht

Vorſichtsmaßregeln

Es wurde daher auch manche Geſegwidrigkeit be

gangen , noch ſcheint man

ehe die Regierung

einſchreiten

konnte ; doch

eine abſonderliche Furcht vor Blutvergießen ge

habt zu haben . Man begnügte fich einfach damit, den Guts herren idie

Frohnen zu

verweigern ,

bäuerlichen Aeckern zu treiben , früher Schimpfwörter

fich

bezahlen

deren

Vieh

von

den

erhaltene Schläge und

und von

den

Gutsbeſikern

ſchriftlich verfichern zu laſſen , daß die bisherige Zeit vorüber ſei. Der Aufſtand griff jchnell um

ſich , weil überal die nämlichen

Mißverhältniſſe beſtanden , und wo man nicht freiwillig fich betheiligte, da trat ein Zwangsverfahren

ein .

, !1."

Indeffen hatte die Regierung wohl eingeſehen , daß hier ein

ernſtliches

Einſchreiten

unerläßlich

ſei. -

Der General

Boblikwurde beauftragt, mit zehn Schwadronen Kavallerie; fünf Bataillonen

Infanterie, zehn Kanonen und der nöthi

gen Artillerie die

Tumultuanten ran ihre Unterthanenpflicht

zu:" erinnern .

Der Anblic

men , ſie auseinander zu

des Militairs genügte 'volkom =

treiben .

ganzen Aufſtandes nicht gegeben . Bertraute Geſchichte. Saoſen . 3. Bb.

Todte Hat's während des Nur auf dem 6

Schloffe

5

82

des Grafen von Schönburg war es zum Conflikt gekommen , der aber ebenfalls , wenn auch nicht ohne Blutvergießen , ſo doch ohne Leichen

beigelegt wurde.

Viele von

die Aufrührer ausgeſandten Soldaten wurden

den

gegeri

wegen ihrer

meiſterhaft ruhigen Haltung vom Kurfürſten belohnt. 630 Bi cariatsſpeziesthaler und fünf goldene Medaillen famen gur Vertheilung . Darauf wurden gegen zweihundert gefänglich eingezogen und denſelben auf Grund des eigends zu dieſem öffentlichten

von

Tumultgeſebes

der Prozeß gemacht.

1720

Einige Dreißig der aufrühreriſchen

Bauern

kamen

Jahre wieder begnadigt und demgemäß in

nächſten

auf die icon

Kurfürſten

aber vom

Feſtung Königſtein , wurden

Zwede vera

im

Freiheit

geſeßt. Um diefelbe Zeit gährte es auch in Ein Senator hatte ſich von

Dresden .

Anzug machen laffen , der

ihm

der Bürgerſchaft zu

einein Schneider einen

nicht gefiel

und deſſen

Au

er ſich bei dieſer Wei: dass ganze da Ausdrüde gegen

nahme er deshalb verweigerte , indem gerung

einiger

beleidigender

Schneidergewert bediente. der Nadel aufrühreriſdh , gebrauchen

zu

fönnen

Dadurch

wurden

die Herden von

glaubten , die Nadel als Schwert

und wollten

wurden ihnen darauf auf dem

darunter fichlagen .

Es

Almarkt einige Stanonen zur

Anficht vorgezeigt und ſie zogen fid ſtumm zurüc , jedenfalls im Innern denkend , daß es gefährlich fei, mit Schießgewebs ren zu fpielen . Es läßt fich kaum

annehmen , daß der injurtöfen Deuße

rung eines einzelnen Senators wegen dieſer Schneider Stra vall entſtanden war, wielmehr muß man ſich der Anſicht hin neigen , daß die dadurch entſtandene Unzufriedenheit von fo: genannten

Putid madern ausgebeutet werden

ſollte , um

83

der allgemeinen Unzufriedenheit über die ſtaatlichen niſſe

einen Ausdruck zu

geben ; daß es

Verhält

nicht

ihnen

gelang

und daß die Mitglieder der Sdyneiderinnung ſobald ihr Un recht einſahen , giebt genügendes Zeugniß Urtheilskraft der ſächſiſchen

Nation .

von der geſunden

Was konnten ſie denn

Hatte Friedrich Auguſt III. nicht bereits Dole in ſeiner kurzen Regterungszeit ges weit mehr für ſein ' auch noch wollen ?

than , als die meiſten ſeiner Vorgänger während ihrer ganzen

den Handel durch

Gewerbe und

Der Kurfürſt hatte die

Regierungsperiode ?

liberale Grundfäße geſtüßt und

gehoben .

Emporblühen ; der Wohlſtand der Der Ackerbau war im mittleren und der niederen Volksklaffen ſtieg immer höher, Friedrich Auguſt III. hatte eingeſehen , daß ein wohl babendes Voll des Fürſten beſte Schagkammer iſt. Auch er

denn

füllte er die nach Außen eingegangenen Verbindlichkeiten auf Die Tortur hatte er für eine Verhöhnung

das Pünktlichſte .

aller menſblidhen Gefühle und ber bürgerlichen Geſeke erklärt und fte . 1770 ſchon

aufgehoben .

Zwiſchen

1772 und 1776

hatte er mehrere Zucht- und Arbeitshäuſer errichten

laſſen

zu

Torgau und Zwidau ; een Arbeitshaus für Bettler und Vagabunden legte er auch noch

1803 in Coldigi an. Xudy

einte allgemeine Brandaffecura ng'war

im

erſchienen .

6 *

Jahre

1787

84

a pitel.

Sechs tes

Friedrich Auguſt III. wird die Krone Po Erfte & heilung Polens. Bweite Theilung Po lens angetragen . – Der Fürft Adam Czartoryski. lens . – Deutſchlands Bündniß gegen Frankreich. - Die Buſammenkunft in Friedrich Auguft III . unterſtüßt die Grafen von Artois und von Pillniß. Der deutſche Reichskrieg gegen Die Buſammenkunft in Belig . Provence. Unfrieden Frankreichs Siege. - Die frommen Sachſen . Frankreich Der lúne Der Frieden zu Campo Formio. der deutſchen Reichsſtaaten , Deutſchlands Berftückelung.

piller Frieden . st

T. Vor dem

Jahre 1770 nahm

Rußland, ſich der Sache der

Diſſidenten in Polen an ; eine Generałconföderation entſtand, aber der Reichstag ſah ſich ganz unteri ruſſiſchem Dagegen hob fich die Conföderation zu

Einfluß ..

Baar, von Frankreich

unterſtüßt, und ein Krieg zwiſchen Polen und Rußland brach auß.

Die fremden

Truppen verwüſteten das Land, und das

wilde, ſinnloſe Verfahren

einiger polniſcher Partheihäupter

erregte bei den drei großen Nachbarmächten eine ſolche Nichta, achtung der natürlichen Rechte des polniſchen Volkes, daß fie, wie Katharina ſich ausdrückte, Polen für ein indem

man

Bei dieſer

ſich

nur bücken

inneren

dürfe, um

Zerrüttung ſchien

Land hielten ,

Etwas aufzuheben .

eß dem

öſterreichiſchen

Hofe zeitgemäß zu ſein , die zipſer Städte, welche im 1402 von

Ungarn an

Polen verpfändet waren , in

Jahre

Befiß zu

nehmen , und die ſchlaue Politik des öſterreichiſchen Miniſters Kauniß leitete endlich das petersburger und dieſes wieder das preußiſche Kabinet auf den Gedanken einer Theilung Polens.

85

Der ruffiſche Miniſter machte am

2. September

1772. den

Beſchluß der drei Mächte bekannt, und Polen genehmigte end lich am

18. September 1773 dieſen ſchon vollzogenen

Thet

lungsakt, nach welchem eß 3000 Quadratmeilen Flächeninhalt verlor. " Das preußiſche Polen und der Negdiſtrikt fielen an das - Röntgreich

Preußen , wodurch

Preußen abhängig wurde.

Polens

Oſtſeehandel von

Rußland beſtimmte jeßt die

nere Verfaſſung des unglüđlichen

Polens, welchem

in =

eß nun

erſt klar wurde, worin fein Staatszweck eigentlich beſtehe, und wie es demſelben entgegen gehandelt habe.

Die "Polen woll

ten ſich empor raffen und ihre Unabhängigkeit fichern . Sie baten den neuen König Preußens, Friedrich Wilhelm II., fie bei Bildung einer neuen Verfaſſung zu unterſtüßen .

Dieſer

Schuß ward ihnen auch verſprochen in dem Vertrage vom 29. März 1790.

Die

am

3. Mai 1791 angenom

mene neue Verfaſſung ſchuf vor allem in der polniſchen Na tion einen Bürgerſtand, den ſie bis jept noch nicht hatte; hob das Wahlreich auf und geſtattete auch dem feine Repräſention auf dem die vollziehende Gewalt.

Reichstage.

dritten Stande

Der König

Der Thron :wird ein

bleibt

Familienwahl

thron , nach dem ben

Gefeß der Erbfolge, und ſollte nach Abſter des Königs Staiftslaus Auguft auf den Kurfürften von

Sachſen ,

Friedrich

Uuguſt

III., übertragen werden .

Die

neue Verfaſſung drückte ſich hierüber ganz beſtimmt aus und ſagte : ,, Die Dynaſtie der fünftigen Könige von Polen wird alſo mit der Perſon

Friedrich

Auguſts , jeßigen Kurfürften

von Sachſen , ihren Anfang nehmen , deſſen Nachkommen de lumbis

männlichen

beſtimmen . dem

Geſchlechtes

Der älteſte Sohn des

Vater auf dem

den

wir

polniſchen

regierenden

Thron nachfolgen.

Thron

Königs

ſoll

Sollte aber der jeßige

86

Kurfürſt von

Sachfen

keine

Nachkommen männlichen

ſchlechtes erhalten , ſo foll auf den Fall der vom

Ge

Kurfürſten

mit Genehmigung der verſammelten Stände für feine Prin jeffin

Tochter gewählten

Erbfolge auf dem

Gemahl die Linie

polniſchen

Thron

der männlichen

empfangen .

Daher er

klären wir nun auch die Marta Auguſta Nepomucena, Prin zelfin: Tochter deg Kurfürften , für die Infantin

von

Polen ,

behalten aber dabei der Nation das keiner Verjährung unter worfene Recht vor , nach Grlöfdung des erſten dem Dr

Throne ein

Sodann wurde in der Verfaſſungsurkunde beſtimmat, ſagt

Böttiger,

daß der König Gott und der Nation

die Erhaltung gegenwärtiger dem

Hauſeß auf 19 20 sigt

anderes zu wählen ."

Kurfürften

Stonftitution

den Eid auf

und auf die mit

Thronfolger noch abzuſchließenden pacta con

venta , in denen auch die Einkünfte deſſelben feſtgefeßt wer den ſollen , zu leiften habe.

E

97 98951

1371. Nachdem die polniſche Reichsverſammlung das vorſtehend Meitgetheilte, beſchloffen ihrer Mitte, der im Dresden

hatte , wählte ſie

einen

Mann aus

Namen des polniſchen Reichstages nach

ſich begeben und die Krone ſeines Vaterlanded dem

Kurfürſten Friedrich Auguſt III. anbieten ſollte.

Dieſer Ge

fandte des polniſchen Reichotages war der Fürſt Adam Gzar toryski, ein Greis von ſechzig fie einen

Würdigeren

einſt nach dem

wählen

Jahren . können .

Tode Auguſts III. um

Nicht leicht hätten Er ſelbſt hatte fich

den polniſchen

Thron

beworben , und wäre statharina II. nicht für ihren Liebling Poniatowski in die Schranken Fichtlich König von Polen Es Fürſten

getreten , ſo würde er.: zuver

geworden ſein .

iſt immer eine eigenthümliche Sadhe, wenn einem von einem

Bofke die Strone angetragen wird.

lidh; zeugt dieſer Umſtand von großem

Frei

Vertrauen, und großer

87

Liebe der Nation , welche ihn zu hat, aber damit allein

Oberhaupt erforen

ihrem

läßt ſich nicht glüdlich regieren , wenn -

zu gleicher Zeit mächtige Nachbaven fidy dem Befdlufſe des betreffenden Volkes widerſeßen .' Sachfeno Herrſcher hatten feit hundert Jahren fich ſtets um bemüht und denfelben

den polniſchen Königsthron

auch inne gehabt; Friedrich Auguſt III.

würde alſo , wenn er die ihm

jeßt angetragene Krone entge

gen nahm , nur, fo zu ſagen , ein

altes Recht benugt haben . Dennoch konnte er ſich, mit Hinblick auf Rußland und Defter

reich , dazu nicht entidließen .' Er bat ſichy eine vierwöchent liche Bedenfzeit aus, um

den greifen

Fürſten

Adam

Czartos

ryskt, den er perfönlich liebte und hochachtete, durch eine Ab lehnung nicht zu

kränken .

Nach feinem

Dafürhalten mußten

während der erbetenen Friſt Greigniffe eintreten , die ſeine Abe lehnung überflüſſig machten .

Friedrid

Auguft III., wenn

gleichy er gewiß.gern für die Polen gewirkt haben würde, fah ein , daß er noch ſo mancherlei für ſein eigenes Volk zu thun habe, um es auf diejenige Stufe der Wohlhabenbett zu heben , die zum Glüce fowohl des Fürſten , als der Unterthanen noth wendig iſt... Durch die Annahme der polniſchen Königskrone hätte er mit Rußland und Deſterreich in einer Krieg ver widelt werden können, deffen Ausgang nur von Nachtheil für ihn

und ſein Volt fein

konnte.

Wäre noch Friedrich II. am

Leben geweſen , dann würde die ganze Angelegenheit fich ane ders geſtaltet haben.

Im

Uebrigen blieb

Friedrich

während der Bedenkzeit nicht müßig ; er zog Petersburg

am

Auguſt Hofe zu

Erkundigungen ein , wie man dort geſonnen

ſein

würde, wenn er die Krone Polens annähme; fodann machte er auch einige Modifitationen der von ihm zu beſdwörenden Ver faffung, worin er fich beſonders nur zu einem dyen Aufenthalt in Polen für jedes

dreimonatlie

Jahr verpflichtete.

88

Die Nachrichten , welche der Kurfürſt von Sachſen Petersburg empfing,muß man als ungünſtig bezeichnen . land verwarf die Grundlagen

der neuen

polniſchen

auß Ruß

Verfaf

ſung , und als dies geſchehen , erklärte auch Preußen fich fei ner Verpflichtung gegen Polen

für entbunden , da

es keine

Neigung hatte, ſich der gewaltigen Macht Rußlands zu wi derſeßen.

Zu allen dieſen für Polen großen

Fatalitäten fam

nun noch, daß Leopold II. ſtarb und dadurch Statharina freien

Spielraum

bekam .

einen nicht unbedeutenden

In -Polen

II.

ſelbſt hatte Rußland

Anhang , und es bildete ſich dort

eine förmliche Verſchwörung gegen

die neue Konſtitution , die

man ſich nicht entblödete, für entſchieden revolutionär zu er: klären . der

So ſtanden

übrigen

polniſchen

die Angelegenheiten des zum

europäiſchen

Mächte

gewordenen

Spielball

unglücklichen

Reiches , als Friedrich Auguſt III . einen außeror

dentlichen Geſandten

in

nach Warſchau ſchickte.

der Perſon

des Grafen von Löben

Dieſer kehrte alsbald um , als er von

der drohenden Stellung, welche Rußland gegen

die neue Ver

faſſung eingenommen hatte , Kenntniß erhielt, und ſein kur fürſtlicher Gebieter fab fich auf Grund ſeiner ihm

gemachten

Mittheilungen veranlaßt, die Krone Polens von

der Hand

zu weiſen .

Im

Jahre 1793 erfolgte die zweite Theilung

Poleng. $ Rußland bekam

nahm

4000

Quadratmeilen ,

1000 Quadratmeilen und außerdem

Preußen

noch die Städte,

Danzig und Thorn . Am

25. Juli 1791 hatten ſich der öſterreichiſche Mini

ſter Wenßel Anton , Fürſt von Kauniß , ein Mann , der von Rom

aus nie anders, als il ministro eretico (der kepe

riſche Miniſter) genannt wurde, mit

dem

inzwiſchen

zum

preußiſchen Miniſter ernannten Herrn von Bildhofswerder im

Namen

ihrer beiderſeitigen Souveraine zum Schuße des

89

unglüdlichen

Ludwig XVI. verbunden .

Auch der

von Sachſen ward nebſt andern deutſchen Fürſten dem

Bündniß beizutreten .

Murfürſt

eingeladen ,

Friedrich Auguſt III., der es ſich

einmal zur Aufgabe gemacht hatte , überall eine gewiſſe Neu tralität zu beobachten , verweigerte eine thätige Mitwirkung feiner Seits, und machte den

deutſche Reichstag in dem

Könige

Vorſchlag zu einer

ſeiner Sißung vom

Frankreich

von

nur

gefunde Vernunft baſicte Vorſtellungen

fämmtlichen Geſandten

6. Auguſt 1791 ,

einige eindringliche

rich Auguſt ermangelte auch nicht, in

zu

friedlichen

Nach ſeinem Antrage beſtimmte dann auch der

**

Intervention .

zu machen. dieſem

auf

Fried

Sinne feinen

eine beſondere Inſtruktion zukommen

laſſen , während er auf neues Andringen Deſterreichs und

Preußens eine engere (bewaffnete) Vereinigung ablehnen zu müſſen glaubte. Weder Defterreich, nods Preußen hatten eine folche Entſchiedenheit von dem

kleinen Sachſen erwartet, und

nicht glaubend,

daß

Kurfürſten

ausgeſprochenen

Anſicht

ihm

es

einen perſönlichen

dem

ſei, beſchloſſen

Ernſt ſie

Beſuch zu machen .

unter

mit feiner einander,

Sie hofften , ihn

durch Ueberredungskünfte dennoch für ihre Idee zu gewinnen . Um Friedrich Auguſt ganz in die Enge zu zu der Zuſammenfunft mit ihm

treiben , hatten ſie

auch noch den Vertreter Ruß =

lands, Prinzen von Naſſau , und den Grafen Philipp von Artois , zweiter Bruder Ludwig XVI., der ſpäter als Karl X. Frankreichs Krone trug ind: 1830 als Flüchtling an den europäiſchen Höfen erſchien. Revolution war

Zu Anfang der franzöſiſchen

er einer, der eifrigſten Vertheidiger der fö

niglichen Vorrechte:

Dadurch machte er ſich natürlich bei der

franzöſiſchen Nation verhaßt, die ihn für vogelfrei erklärte und einen hohen Preis auf ſeinen Kopfifeste. Er floh aus Frank reich und begab ſich mit feiner Familie an den Hof feines

90

Schwiegervaters zu

Turin .

Im

Jahre 1790 hatte er eine 1791

Raijer von Deſterreich und

Zuſammenkunft mit dem

begab er fich mit dem Marfidh all Broglio und dem

Prin

zen von Condè nach Wormg, wodurch er die Auswanderung einer großen

Anzahl franzöſiſcher Offiziere, deranlaßte.. Er

hielt fich darauf einige Zeit in Born auf, ging

dann nach

Brüffel, wo die Grzherzogin Maria Chriſtine ihm

zu Ehren

>

Feſte gab , und eilte hierauf nach Wien , um Verhandlungen

Zeit ſchwebenden

zu

Ende zu

die Feit langer führen .

Er

war auch die Haupturſache von der von uns bereits erwähns ten

Zuſammenkunft Deſterreichs .

Preußengi und Sachſene,

der auch er, wie geſagt, beiwohnte und welche in der kurfürft lich -fächfiſchen Sommerreſidenz Pillnis Statt fand. Der Franzoſe befißt von Haufe aus ein ziemliches Heba nertalent, weil er Alles , über das Cerrufpricht, mit Feuer und Enthuſiasmus ergreift. Artois nicht

Es konnte auch bei dem Grafen von

fehlen , daß er den Fluß ſeiner

Mede- fprudeln

und keine Ueberredungstünfte fehlen ließ , Friedrich Auguft für die Idee eines bewaffneten Zuges nach ſten 971

deg wačelnden

Frankreich, zu Guns

Königthums zu gewinnen . 641090 " LING

Ich verſichere Eurer Durchlaucht,"

fagte er " , ce n'est

1

qu'une promenade !

(Es iſt nichts weiter, als ein Spa

ziergång.)

verfekte ein

D , ho ," derber Weiſe,

alter öfterreichiſcher General in

elle sera bien longues (Der aber ziemlich

lang fein wird.) Friedrich Auguſt HI. antwortete nur mit einem zucken, um

Achſel

fich gar nicht auf die Unterhandlung einzulaffen .

Dagegent verſäumte er nichts , feinen Gäſten ihren Aufenthalt in Pillniß und nachher in

Dresden

for angenehm , ' als mög=

lich zu machen , woran denſelben allerdingê wenig gelegen ſein

91

-

mochte. der

Alles , was er ohne erheblichen

That von

ihm

geliebten Volkes

So händigte er z. B. dem kannten den

von

Nachtheil ſeines in

thun

ſeinem

konnte, geſchah.

Fürften ſo ſehr per

Miniſter Charles Alerandre de Calonne für

Grafen

von Artois 12,000

Thaler und eben ſoviel für

den Grafen von Provence (nachherigen König Ludwig XVIII), ein .

Wie wenig übrigens die beiden Großmächte Deutſch

lands über die Weigerung Sachſens , dem

Bunde gegen das

franzöſiſche Volt beizutreten , erzürntwaren , er helt fchon aus dem

Umſtande, daß der Kaiſer Leopold II. gleich nach den

beendeten zu

Verhandlungen

1000

Ducaten

beim

Konſiſtorium

Dresden niederlegte, von denen arme öſterreichiſche Predi

den folken .

Sachſen ſtudiren wollten , unterſtüßt wer

.

gerföhne, welche in

Friedrich Auguſt III. verſtand es , fich überall

eine unbegrenzte Hochachtung zu verſchaffen . Am gingen die europäiſchen einander, nachdem mit dem

Fürſten und

Geſandten wieder aus

der Kaiſer von Deſterreid

Könige von Preußen

27. Auguſt

in Gemeinſchaft

noch eine Erklärung veröffent

licht hatten , nach welcher fie die Angelegenheit des Königs von

Frankreich zu einem

Gegenſtande des allgemeinen

effe für alle europäiſche Souverains erhoben ſprachen

in

Inter Sie

dieſer Erklärung , die Hoffnung aus, daß kein eu

ropäiſcher Fürſt ſich weigern würde , fich Betheiligen und machten ſich in dieſem aller ihnen zu zugehen .

hatten .

an dem

Bunde;zu

Falle verbindlich, mit

Gebote ſtehenden Macht auf ihren Zweck los

Indep - konnten fie es doch nicht ſo leicht perſchmec

zen , daß der Kurfürſt von Sachſen unbetheiligt bleiben wollte. Deshalb

fand eine abermalige Zuſammenkunft am

vember

in

zwiſchen

Preußens und Sachſens Herrſchern

Beliß ,

einem

kleiner

preußiſchen

25. No Städtchen ,

Statt , die jedoch

ebenſo erfolglos war, wie die in Pillniß abgehaltene.

92

TIH 6 Am 22. März 1793 ward publik der Reichskrieg erklärt.

der neuen franzöſiſchen Re Jeßt mußte fich Sachſen be

theiligen und es ſtellte zuerſt ein dreifaches , ſpäter aber ein fünffaches

Reichscontingent.

Schon am

hatte Friedrich Auguſt III. ſeinen

10.

Februar 1793

General von Lindt zum

Kommandeur der fächfiſchen aus 6000 Mann beſtehenden Trup pen ernannt, mit der Weiſung, fich unter den Oberbefehl des Hérzogs von Braunſchweig zu ſtellen . auch in dieſem

Die Sachſen haben ſich

Feldzuge; der allerdings nicht zu den glänzenden

gehört, rühmlich ausgezeichnet.

Am

14. April 1793 begann

der preußiſche Feldmarſchall Graf Friedrich Adolph von Kalt reuth die Belagerung der von ten Stadt Mainz.

franzöſiſchen

Den ſächſiſchen

Truppen beſef =

Truppen , welche bei die

fer Belagerungsarmee fich befanden , gebührt ohne Frage ein großes Verdienſt bei Eroberung dieſes Plages, welche mittelft Kapitulation vom

22.

Juli 1793 erfolgte . Sie halfen

auch

die unter Moreau's Befehl ſtehenden Franzoſen beſiegen, und bis an die Saar zurückdrängen . Zu dem Siege Möllendorf's bei Kaiſerslautern am lich bet; indem

23. Mai 1794

trug Kalkreuth weſent

er die' gegen Pirmaſens vordringende fran

zöſiſche Heeresabtheilung gänzlich ſchlug, was ihm

vielleicht

nicht gelungen wäre, hätte er das fächfiſche Contingent nicht bei fich gehabt.

Darauf wurden die Franzoſen bis Saar

louis zurückgedrängt.

Der Graf von

Kalkreuth

konnte

indeß nicht verhindern , daß die damals faſt unüberwindliche franzöſiſche Armee Trier einnahm . Man machte ihm

darü

ber aber Seitens der öſterreichiſchen Feldherren die bitterſten Vorwürfe. “ Er

rechtfertigte

ſich und ſeine Armee

durch eine öffentliche Erklärung vom er bewies, daß nach einer am

dagegen

25. Auguſt, in welcher

26. Juli getroffenen

Ueberein

kunft Trier gar nicht zur Defenfionslinie der Preußen

gehört

93

habe, daß er aber gleichwohl Trier zur Hilfe geeilt wäre, es aber nicht habe retten können , weil die Deſterreicher ſo ſchnell den Plaß geräumt hätten .

1

Der Feldzug von 1794 wurde bei lautern , am Ober rhein

eröffnet.

Die Reichsbeere wurden vom

von Sachſen - Teſchen befehligt. Feldzuges zu den

Obgleich

Herzoge Albrecht

der Anfang dieſes

ſchönſten Hoffnungen berechtigte ,

fo verur

fachte die Uneinigkeit der Feldherren unter einander, daß Alles vom

Monat Juli an nicht nur rückwärts ging , ſondern daß

fogar Preußen ſich ganz zurückzog und mit der franzöſiſchen Republik allein unterhandeln zu wollen

erklärte. Dies geſchah

auch in der

im

That am

Hauptſächlich war

5. April 1795

Frieden zu Baſel.

dieſer Unfrieden unter den

Verbündeten

dadurch gekommen , daß die preußiſchen Truppen

ſich mit den

fächſiſchen nicht recht befreunden klärten

in

zu fromm ging

konnten .

Die Preußen er

ihrer Naivetät: , weil der jächſiſche Soldat fei!

Es iſt wahr , das fächfiſche Militair be

keinen Marſch:

ohne nicht vorher

ſeinem

Gott durch

ein andächtiges Gebet oder durch das Abſingen frommer lies der gedient und ſich damit zu ihrem ſtärkt

zu

haben .

Wie man

greiflich .

Die Grenzlinie zwiſchen Deutſdlands umfaßte auch den jenigen

fo : Etwas

tadeln

und

als

einer Entzweiung betrachten kann , iſt unbes

གབརྡོངས་

eine Urſache zu

traurigen Tagewerk ges

dem

nördlichen

und

ſüdlichen

oberfächfiſchen Kreis.

Den

Fürſten , welche ihr Contingent zurückziehen wollten ,

wurde der

Frieden

zugeſagt.

Braunſchweig und Hannover

verſuchten , aus dieſem : Umſtande Vortheil zu ziehen ; Heſſen Kaffel ſchloß ſogar Frieden : dagegen wollte Friedrich Auguſt nichts von dem erklärte in

ihm

gebotenen Vortheile wiſſen , ſondern er

ſeiner Ehrenhaftigkeit laut und dreiſt, daß er ficy

94

dadurch von

ſeinen Pflichten gegen Deutjchland nicht für ent

hoben anſehen könne, weil es mit der Verfaſſung des deut ſchen Reiches nicht in Mächte allein Um

Einklang zu bringen ſei, daß einzelne

unterhandeln

und einen

Frieden

abſchließen .

feine Grundjäge thatſächlich zu beweiſen , bewirkte er eine

Vereinigung ſeiner Armee mit der öſterreichiſchen im Septem = ber 1795.

Indeß ſchien

es , als habe man

gar nicht die

Abſicht gehabt, noch weiter vorzugehen ; man ließ die fächfi ſhen Truppen müßig bei Mannheim lich Friedrich Auguſt in einem zurüđzog. über den

Unterdeffen waren Rhein

gekommen

aus drohende Poſition Kurfürft von

ſtehen , von wo ſie end

Augenblick gerechter Entrüſtung die

kriegsluftigen

und nahmen

Franzoſen

dadurch eine über

gegen das deutſche Reich

ein .

Der

Sachſen ließ ſofort ſeine -Armee wieder nach

dem Rhein marſchieren und ſich mit den öſterreichiſchen , welche der Erzherzog farl befehligte, vereinigen .

Die Franzo

fen , 'von Lefebvre commandirt, wurden nun wirklich auch bei Weßlar geſchlagen .

Ein

eigentlicher Gewinn war dies

jer Steg jedoch nicht für Deutſchland.

Eine andere französ

fiſche Armee unter Moreau und Jourdan drang biß nach Franken und Baiern vor, wodurch Sachſen beſonders tu Nach theil

gerieth . ' Friedrich Auguft

erkannte bald mit flarem

Blick das Mißliche ſeiner Lage und die Unmöglichkeit , noch länger der jungen franzöſiſden

Republik zu widerftehen. Er

befahl daher raſil ſeinen Truppen , den Kriegsſchauplaş zu verlaſſen und ſchloß ohne jeglichesAutor einen Waffen ſtillftande

und Neutralitäts- Bertrag mit Frankreich ab .

war uur noch Defterreich im Felbe. megvere Siege über die Franzöſiſchen

Fegt

Wenngleich baſſelbe audi Waffen

erkämpft hatte,

fo ſah es ſich dennoch zu einem Friedeu febr bald genöthigt,

95

da Frankreichs Hauptgenie, Napoleon Bonaparte;' von Italien kommend, mit Windeseile auf Wien zumarſdierte. Für Oſterreich war der mit Frankreich am 17. Octo ber 1797 zu Campo Formio abgeſchloſſene Frieden wenig eh renhaft. n. Außerdem

ſollte das deutſche Reich noch beſonders

zu Raſtadt mit Frankreich verhandeln . putation zu wählt.

dieſem

Zwede pon

Es wurde eine Des

den deutſchen

Der Kurfüvſt von Sachſen ſchitte

Ständen

den

ge

bereits von

Polen her bekannten Grafen von Löben als Geſandten dahin ab, dem

er privatim

einſchärfte, alles Mögliche für Deutſch

lands Unabhängigkeit zu verſuchen .: 1 op zen

Es war damals ein Europa's.

höcyſt unſinniges Gebaren

des gana

Man konnte ſich nicht entſchließen , die fran

zöſiſche Republik anzuerkennen , und dennoch ſchien man weder Muth, noch Talent genug zu befißen , ſich mit Erfolg derfel ben zu widerſeßen .

'

Napoleon Bonaparte war ein göttliches Genie , das ge= fendet worden war , alle übrigen noch etwa porhandenen zu verbunkeln

und eine neue Drbnung der Welt

Man hatte ihm

nicht erkannt und wollte ihn

einzuführen . ſchlechterdings

nicht erkennen oder troßte endlich woch zu ſehr auf eine Macht, die gar nicht vorhanden war und der Phantafie der deutſchen

eigentlich

immer nur in

fürften exiſtiot hatte.

Man la

burirbe bamala ebenſo vergeblich an einer Einigung Deutſch lands, wie hundert Jahre fpäter, und die niemals erreicht werden wird... Was konnte es

für einen Nußen

wenn ein Ehrenmann , wie Friedrich Auguſt von Unterhandlung tvat und Begt zu einem

gewähven , Sacjen , in

das übrige Catopa fich zu gleidyer

neuen Kriege rüſtete ?

Deutſchland wurde gea

idhlagen bei Marengo und Hohenlindien und mußte fidh zu dem

lüneviller Frieden am

9. Februar 1801 bequemen .

96

Das linke Rheinufer fiel an Frankreich , die Reichsfürften wur den

durch Säculariſationen : entſchädigt.

Friedrich Auguſts

Rechtlichkeit trat bei dieſen Entſchädigungsvorſchlägen wieder glänzend hervor.

Er machte ebenſo vortreffliche, als gutge

meinte und ſchlecht befolgte Rathſchläge; der Egoismus ein zelner Fürſten ließ ſie gar nicht zur Geltung kommen .

In

Mathieus Dachſtübchen in Paris," bemerkt Böttiger, ,war Alles ſchon im brachten

den

Voraus entſchieden ; Laforeſt und Klüpfel

Reichsdeputationshauptſchluß in

der Taſche mit.

der Deputationsreceß zu Stande ;

Am

25. Februar 1803 kam

am

10. Mai löfte ſich die Deputation nach ihrer funfzigſten

Sißung auf. wonnen .

Kurſachſen hatte

Nichts verloren , Nichts ge

Aber immer konnte es

nicht gleichgiltig ſein ,

ihm

Provinzen und Gebiete, mit denen es in

ehemaligen Verhält

niſſen geſtanden hatte, wie Erfurt, Untergleichen , Eichse feld , Treffurt, Quedlinburg, Mühlhauſen , Nord hauſen , außer vielem

Anderen , was den

Verluſt mehr, als

reichlich aufwog, jeßt in Preußens Hände übergehen zu ſehen , deffen

Uebermacht

Frankreichs Ganzen

im

nördlichen

Deutſchland mit Willen

bedenklich geſteigert wurde. 1 Sachfen

nur

einige

Prätenſionstitel

von

büßte nim

Jülid ,

Cleve

u . faw . einz: aber ſchon die Art, wie Preußen , auf Separat: verträge mit Rußland und Deſterreich geſtüzt, noch während der Verhandlung zugriff, wie dies ein Signal für Alle, die Etwas bekamen , wurde , mußten den an der alten Ordnung hängenden im

Fürſten

ſchmerzen.

Kurfürſtenrath , aber

noch 6 !

von

Er bekam

nun neun Kollegen

51 Reichsſtädten blieben i nur

Umſonſt hatte Friedrich Auguſt für ſie geſprochen ,

die keine andere Schuld hatten , als die der Ohnmacht gegen dieiUebermacht. Und doch war es noch nicht das Schlimmſte ?? . c !!!

97

und Gewaltſamſte , was Wer

es mit

Deutſchland

über

Deutſchland, kommen

redlich

meinte,

ſollte .

konnte nur mit

trüber Beſorgniß in die nächſte Zukunft ſchauen .“

Siebe u te

fapitel.

Baron Thomas von fritſch . Friedrich Ludwig von Wurmb. Ignak Edler von Born . Deſſen Brief an Johann Georg Jorfter. Der Charakter des Grafen von Wallwiß . Auguft de l'eftocq, ſeine Geliebte und deren Kammerzofe. L'Effocq's Intriguen , deren Entdeckung und Be ftrafung. Johann Auguft von Moftiz. Eine zehnjährige Wutter. Dr. Waiz bekommt von Herrn von Moftiz Prügel. Herr von Biſſing Mirabeaus Urtheil über Friedrich Auguft III. – Friedrich Auguft's Adel Hofgebräuche. tolz. Dutens. Montbé. Wie es in der Regierung eines jeden Fürſten vorkommt und gewiſſer Maßen auch vorkommen muß, daß einige Män ner vorhanden ſind, die ſich des beſonderen Vertrauens ihres Gebieters in

zu

erfreuen haben , fo fehlte dieſer Umſtand auch

der Regierungszeit Friedrich

Auguſt

III. nicht.

Hauptvertrauten , des Grafen Marcolini, haben

Seines

wir bereits

früher des Ausführlicheren gedacht , dod der Anderen nur vorübergehend erwähnt. Fritſch , Gutſchmid , Wurmb und Wallwiß ſind vier Ramen , die nicht ohne Bedeutung für die Entwickelung Sachſens geblieben Der im

ſind.

Jahre 1742 von Kaiſer Karl VII. zum

Baron

ernannte Thomas Fritſch, ſtammte aus einer bürgerlichen , handeltreibenden

Familie, und

zwar war ſein

Buchhändler in Leipzig . Da dieſer Vertraute Geſchichte. Sachſen . 3. Bb.

Vater - ein

ein kenntnißreicher und 7

98

zugleich auch ein vermögender Mann war, fo ward an nes Sohnes Ausbildung Nichts verabſäumt. von Fritſch war im

Jahre 1700

fet

Thomas, Baron

in Leipzig geboren, entwik

kelte fich ſehr fchnell, beſuchte die meißener Fürſtenſchule und begab ſich dann auf die Univerſität in ſeiner Vaterſtadt, um Cameralia zu ſtudiren . ferendar im

Schon

1730 ward er geheimer Re

Geheimen Rath , ein

darauf wurde er zum

Jahr ſpäter Hofrath.

Direktor

Bald

des Münzcabinets ernannt.

1

Im

Jahre 1740 endete der erſte Abſchnitt ſeiner politiſchen

Thätigkeit in ſeinem nad

Paris

ſchloß .

Vaterlande , der mit einer Sendung Der Kaiſer Karl

VII. ernannte

ihn

nicht nur zum

Reichshofrath, ſondern machte ihn , wie ſchon geſagt, auch gleicher Zeit zum Karl VII. ſtarb Baron.

1745 und Fritſch ging nad zurück, wo man verwendete. fchen

deſſem

Tode in

ihn abermals für den

ſein

Vaterland

öffentlichen

Dienſt

Hier beginnt der zweite Abſchnitt ſeiner politi

Wirkſamkeit

in

Sachſen .

Anfänglich

ſcheint er zwar

die Abſicht gehabt zu haben , ſich nicht wieder in die Politik zu miſchen ; doch

die beſondere Gunſt, welche ihm

Seitens

des damaligen Kurprinzen Friedrich Chriſtian zu Theil wurde, mochte ihn bewogen haben , ſeiner Abſicht untreu zu werden . Er war es , wie wir wiſſen , der im bertsburger

Frieden

unterzeichnete.

als

Bevollmächtigter

Bald darauf ward er zum

ernannt und erhielt von Friedrich achten

Jahre 1763 den Hu Kurſachfens mit Conferenzminiſter

II., der ihn ſchäßen und

gelernt hatte , eine Einladung zu einem

Sansſouci.

Lange konnte fich Fritſch

bei dem

Beſuch nach Könige von

Preußen nicht aufhalten , da die traurigen Verhältniſſe feines Vaterlandes

eine

geſtatteten .

Da er aber

längere Abweſenheit

ſeiner Perſon

nicht

einmal unterwegs war, fo wollte

er doch auch den trefflichen 'Moſes Mendelſohn, welcher

99

in

Berlin fich befand, perſönlich kennen lernen . Kaum hatte großen

er dem

Friedrich feinen Wunſch zu erkennen gegeben ,

als dieſer mit der größten

Bereitwilligkeit erklärte :

„ Wenn ich dadurch Ihren Aufenthalt bei mir verlängern kann , dann

ich Moſes Mendelſohn

werde

hierher kommen

laffen ." Dies geſchah dann auch in der That. Und dieſer Um ſtand beweiſt ziemlich deutlich, wie hoch die Achtung war, in welcher

der Baron von

Fritſch auch bei Friedrich II. ſtand .

Nach einer fünfundvierzigjährigen öffentlichen Thätigkeit ſtarb dieſer würdige Mann

im

Jahre 1775.

Für Sachſen war ſein

Verluſt, wenn auch nicht unerfeßlich, ſo doch mindeſtens ſehr fchmerzlich. Ueber den Baron von Gutſchmid und merherrn von Burgsdorf haben wir im pitel des zweiten

Bandes

dieſes Werkes geſprochen , und es

iſt nicht nöthig , hier auf ſie zurückzukommen . fen wir noch der Grafen

beiden Miniſter

kennen wir zwar

ſchon

aber

ausführlich ,

nicht

Dagegen müſa

von Wurmb und des

von Wallwiß gedenken .

noch

den Ram

vierzehnten Stas

Den

zuerſt Genannten

aus der Schröpferſchen daher

noch

Geſchichte,

einige

Worte

über ihn . Friedrich Ludwig Wurmb war

im

Thüringſchen

geboren und nicht mittellos. Er war Eigenthümer des eben falls

ſchon

erwähnten

Rittergutes Großſurra , das übrigens

noch jept im Beſig feines Sohnes Theodor von Wurmb fich befindet, der Oberſtallmeiſter

des Fürſten

von

Sondershau

ſen iſt.

Unter

der Adminiſtration

Herr von Wurmb zum tion , und im

erſten

des

Prinzen

Xaver wurde

Direktor der Kommerzien - Deputa

Regierungsjahre

Friedrich Auguſt'S

7*

III .

100

zum

Kabinets-Miniſter ernannt.

Conferenz- und ſpäter zum durch

Schröpfer hat

ſeinen

an

ſeinen

Bruder gerichteten

Brief ein eigenthümliches Licht auf Wurmb geworfen , und es iſt niemals genügend aufgedect worden , ob ſeine Beſchul digung gegründet geweſen .

Ludwig von Wurmb

Friedrich

beſaß eine ungewöhnliche Lebhaftigkeit , namentlich trat dies felbe bei allen

abenteuerlichen Geſchichten

auffallend

hervor.

Unter ſolchen Umſtänden vergaß er faſt alle Mal feine hohe Stellung, die eigentlich an und für ſich ihm ſchon gebot, fich von derartigen Treiben " fern ein

reiner Naturmenſch, dem

zu halten ; er war dann es vor allen Dingen

darum

nur zu

thun war, das Myſteriöſe der Weltordnung mit ſeinen Augen zu durchdringen .

Dabei war er ein äußerſt ſtrenggläubiger

Mann , bezweifelte Nichts, was in deshalb auch

ein

obgleich er gegen das

Gegner aller freier

denkenden Menſchen ,

ſie nte amtlich auftrat. ſeinem

Jahr 1800 und war bis zu

rer Günſtling ſeines Monarchen Gegenbeweiß

Theil ein

der Bibel ſtand, und war.

Wurmb ftarh um Tode ein beſonde

geblieben , was zum

großen

der ganz allein ſtehenden Schröpfera

ſchen Behauptung zu ſein ſcheint. Im

Jahre 1782 errichtete Friedrich

Auguſt

III. ein

Finanz-Collegium , das die Stelle der alten Rammer vertre ten ſollte und worüber wir ſpäter ausführlicher reden werden . Der Graf Georg Reinhard von von ihm

zum

Director

Wallwiß

war

oder Präſidenten dieſes Collegii er

nannt, der es verſtand, es bald zu einer Lieblingsbehörde des Kurfürſten

zu machen .

In

dieſem

Finanzcollegio

wurden

die Acciſe -Berg- und Stammer-Collegien und ihrer bis dahin vereinzelten Kaſſen pereinigt.

Der

Graf von Wallwiß ge

hörte zu den reichen Leuten und beſaß mehrere Güter, 3. B. das bei Dichas gelegene Schmorkau, auch Schweikershayn ,Wieſe,

101

Gepülzig

u . f. w .; auch beim

Bade Radeberg lag eine fet

ner Befißungen , Liegau, wo er ſehr häufig einen Sommers

zubrachte .

machten gräflichen

Er gehört ebenfalls zu

Familien ,

Theil des

den neu

gee

obgleich er aus altem , adligen

Geſchlecht ſtammt, das mehrere Miniſter und hohe Dffiziere aufzuweiſen

hat.

Auch der Vater

des

in

Rede

ſtehenden

Grafen von Walwiß war Oberſtlieutenant , er felbft Gene raladjutant

des Grafen

von

wirklicher Soldat zu ſein .

Brühl geweſen ,

ohne jemals

Denn bekanntlich war Brühl nur

General der Einkünfte wegen.

Im

fich Graf Walniß mit Fräulein

Jahre 1757 vermählte

von Poigk , Tochter

des

fächfiſchen Kammerpräſidenten , die jedoch ſchon , vermuthlich im

Kindbett , 1758 ſtarb.

mit der

1759 fchloß

er eine zweite She

Tochter des Grafen Adolph von Loß , aus wel=

cher zwei Söhne und zwei Töchter hervorgingen . 1762 machte ihn Kaiſer Franz 1. zum

Im

Jahre

Reichøgrafen .

Walniß war ein ſtolzer, hochmüthiger, oft auch ein un höflicher, ſogar grober Mann , dabei aber ein überaus treuer Anhänger feines wurf, daß ausdehnte. wenig

Audy macht man

Daß

er unter

ſolchen

ihm

den

Vor

ekelhafteſten Geize

Verhältniffen

nun

auf

Freunde rechnen konnte , ift leicht erklärlich, da man

einem beim

Fürften .

er feine Sparſamkeit bis zum

Geizhals überhaupt nicht gut iſt. Indeß müſſen wir Grafen Walwiz lobend anerkennen , daß feine Spar

ſamkeit ſich nicht allein auf ſeine eigene Vermögensverhält niffe, ſondern

auch auf die ihm

Kaffen

erftredte.

fonders

bei ſtaatlichen

Abzuleugnen

anvertrauten

ift allerdings nicht, daß bes

Inftituten

die Sparſamkeit eine gree

wiffe Grenze haben muß , wir glauben diefe Grenze eingehalten hat.

kurfürftlichen

aber , daß Walmiß

Geſchenke oder dergleichen wur

den von ſeiner Seite als turfächfiſcher Staatsbeamter freilich

102

gemacht, und wenn dieſelben

wenig

Nothwendigkeit geboten

werden

treuer Dienſte, ſo ſcheinen

auch zuweilen

von der

zur Aufmunterung weiterer Allgemeinen ſehr be

ſie doch im

ſchränkt werden zu können , da häufig Perſonen mit derarti gen Präſenten bedacht werden , denen ſie eigentlich nicht zu Den Grafen

kommen .

von Wallwiß trifft ein ſolcher Vor

wurf nicht, und dies dient zu er mit den , wie wir ſoeben

ſeinem

beſonderen

Lobe.

Daß

ſagten , von dér Nothwendigkeit

gebotenen klingenden Ermunterungen “ zuweilen zu knickerig umging , iſt zwar keineswegs zu loben , der Vorwurf aber, ihm

den man fertigt. auch

deshalb macht, iſt dadurch noch nicht gerecht

Eine Urſache zu

Ignaß Edler von

einem

derartigen

Born

Vorwurfe will Dieſer

gehabt haben .

Herr , berühmt als Naturforſcher , am

26. Dezember 1742

zu Karlsburg in Siebenbürgen geboren , wurde 1770 Beiſißer in

dem

oberſten Münz- und Bergmeiſter-Amte zu Prag, und

demſelben Jahre noch Bergrath. Um das öſterreichiſche Naturaliencabinet zu ordnen und zu beſchreiben rief ihn Maria Thereſia 1776 nad Wien ; drei Jahre ſpäter , ein in

Jahr vor ihrem

Tode, ernannte ſie ihm

zum wirklichen Hof

rath bei der Hofkammer in Münz- und Bergwerkſachen . von Born

hatte

fich

beſonders

dadurch

Heer

einen europäiſchen

Ruf erworben , daß er ein Werk über die Verbeſſerung und Erweiterung der Amalgamationsmethode. ( Verbindung der Metalle mit Queckſilber) unter dem Titel: Ueber das An quiden der gold- und filberhaltigen Erze, Rohſteine, Schwarz Kupfer und Hüttenſpeiſe , herausgab. mehrere Fürſten

Dadurch kam

Deutſchlands Beamten zu ihm

dieſe Wiſſenſchaft

bei ihm

zu ſtudiren .

Auch

es , daß

ſandten , um Kurſachſen

hatte dies gethan , und durch die ſpäter zurückgekehrten Born fchen Schüler bereits ſehr erhebliche Vortheile erreicht. Man

103

Edlen

glaubte deshalb , dem

von Born

ſeines Monarchen

Erlaubniß

verpflichtet zu ſein ,

nach vorher eingebolter

und Herr von Wallwiß fandte ihm

eine goldene Tabakdoſe, deren

Werth auf hundert Thaler angegeben wird. ſchen

Für die Born

Bemühungen bei Ausbildungen ſeiner fächſiſchen Eleben

war dies allerdings nur ein unbedeutendes war darüber ſo entrüſtet, daß er in einem Georg Forſter am Hab' ich

Geſchenk.

Born

Johann

Briefe an

20. November 1787 deshalb ſchrieb :

Ihnen

ſchon geſagt, daß mir der Kurfürſt

von Sachfen ,welcher bei der Anquidung jährlich 60,000 Tha ler erſpart hat, für die Mühe, die ich mir gab, die Beamten , die er hierher zur Erlernung der Amalgamirung ſchickte, zu unterrichten , als ein Merkmal ſeiner höchſten Zufrie denheit eine goldene Doſe von dreißig Ducaten ſchickte, die ſeine Herrn

Chiffer hatte ?

Ich

habe ſie

auf

der Stelle dem

Finanzminiſter Grafen von Wallwiß zurückgeſchickt,

unter dem

Vorwand, daß ich kein Geſchenk ohne Vorwiſ

jen meines Monarchen höchſt unangenehm

annehmen

dürfe, und

daß ich es

für Seine kurfürſtliche Durchlaucht und

höchſt unanſtändig für einen

kaiſerlichen Hofrath gehalten

habe, einer ſolchen Kleinigkeit wegen bei Seiner Majeſtät anzufragen . für einen Leben

hungerigen

keine

goldene

fangs Willens , dem

Der Herr Kurfürſt muß mich

Gelehrten

anſehen , der

Doſe gehabt

hat.

Ich

in

ſeinem

war An

Herrn Finanzminiſter funfzig Du

katen für ſeine Bemübung zurückzuſch iden , u . ſ. w ." Dieſer Brief giebt eben dhen

für die Genügſamkeit des

und allem

kein

beſonderes günſtiges Zei

in Rede ſtehenden Gelehrten ,

Anſcheine nach iſt er ebenſo geizig, wie der Graf

von Walniß geweſen . zu ſparen ,

Nur daß der

Jener aber , um

Legtere geizig war, um

ſich zu bereichern .

Wenn

104

fich freilich

bereichert man

ſpart, jo

man

auch ;

einem

in

Lande jedoch, deffen Kriegswunden noch immer nicht vernarbt waren , kann man

ég fchlechterdings nicht bereichern nennen . Land und deſſen Bewohner

Friedrich Auguſt III, wollte ſein

glüdlich machen , und dazu war deren Wohlhabenheit unet läßlich ; je mehr er bei den öffentlichen Ausgaben ſpart, deſto ihm

er von

ſein , die

zu

die Steuern

geringer brauchten einzog . Wir

haben

auch

ſchon

Stolze des Miniſters

von

geſprochen .

der

Grobheit

Hier ein

und

dem

Betſptel :

Dresdener Adel hatte eine Reſſource geſtiftet.

Der

Wer einmal

einen gemüthlichen Abend verleben wollte, eilte in die Ref ſource und konnte verſichert ſein , hier auch ſtets einige Be kannte

zu

treffen .

Waren

langt, ſo wurden auch geſchehen .

nun

Fremde in

ſie eingeführt.

Dresden

ange

Eines Abends war dies

Der Fremde benugte einen Plag, der gewöhn

lich nur vom

Grafert von Walwiß in Anſpruch genommen

und , welcher

deshalb

von

der

det

Fremde

Mitgliedern

betrachtete dennod daß einem

fich

man

auch der

auf fich

gleichſam

wie

ein

Heiligthum

Reſſource betrachtet wurde. dieſen

Plaß

gegenſeitig

wagte Keiner, die

niedergelaſſen

mit

ängſtlichen

Als hatte,

Bliden,

Etiquette ſo ſtark zu verlegen ,

er den fremden Gaſt aufgefordert hätte, ſeinen Siß mit andern

zu vertauſchen .

Endlich

erſcheint auch der

Graf von Wallwit . Seine äugen hefteten fich auf den Frem den , der in fich befand.

einer Weiteren Unterhaltung mit einem Das Blut ſteigt ihm

Rückſichtsloftgkeit war ihm lich brach der Sturm

in's Geſicht.

Anderen

Eine ſolche

noch nicht vorgekommen .

Plöße

(og.

Wie können Sie es wagen ,“ ruft er laut aus, meines Plaßes zu bedienen

"

Sich

105

Verſammlungszimmer .

Eine Grabesſtille Herrſchte in dem Man hätte den

eines jeden

Athem

Einzelnen hören können ,

wenn der Miniſter , als keine Antwort erfolgte , nicht fortges fahren wäre in

ſeinen

„ Ich frage Ste,"

Erclamationen . begann er von Neuem

und womöglich

noch lauter , als zuvor , , ich frage Sie, wer hat Ihnen die Erlaubniß gegeben , Sich auf einen Plaz niederzuſeßen , der mir gebührt ?" Jedermanns Belieben , zu fragen , und in " entgegnete falt Jebetmanns Belieben , zu antworten . Fremde der .

11 Es ſteht in

„ Nein , wenn man gefragt wird , dann muß man worten !

ant

Das will ich !"

Der Andere zuckte die Achſeln und fchwieg . im Ste ficheinen nicht zu wiſſen , wer ich bin !" fuhr ihn Walmiß noch zorniger an . 1.„ Es giebt nur einen unhöflichen Adligen in Sachſen ," verfekte der Fremde , „ und

dies

iſt der Graf von Walwiß.

Sollten Sie dieſer ſein ?

„ Allerdings , allerdings bin fürſtlichen

ich

der Miniſter Sr. kur :

Durchlaucht!" tobte Wallwiß.

„Und Sie .. i ? "

Ich habe zwar keine Verpflichtung , mich zu nennen ; indeß da

ich nie unbeſcheiden

fein will, ſo

Darauf knöpfte er ſeinen Roď auf und zeigte ihm

eine

Art Karte ... Herr von Wallwig ſtieß einen Schredensruf aus , wurde bleich , und ſtotterte einige unverſtändliche Worte hervor.

Auf der Karte , welche ihm

der Fremde präſentiet

hatte , befand ſich der Name eines deutſchen Fürſten , dem

es

Spaß machte, incognito zu reiſen .

„ Hengſtigen Sie Stch nicht, Herr Graf,"

bemerkte lä

chelnd der Fremde. „ Ich muß Sie freilich wegen

Ihrer Un

106

höflichkeit beſtrafen, indeß wird dieſe Strafe eine allzuftrenge eben nicht ſein .

Ich

verlange von

Ihnen nur , darüber zu

ſchweigen , was Sie auf dieſer Karte geleſen haben !" Dieſem

Umſtande

iſt

es

auch

zuzuſchreiben ,

daß

der

Namen jenes Fürſten nicht bekannt geworden . Wäre der Graf von Walwig frei von Geiz, Hochmuth und Grobheit geweſen , ſo müßte man ſten

Blumen

in

der

ihn als eine der ſchön

Krone Friedrich

Auguſts

bezeichnen .

Alein kein Menſch iſt ohne Fehler; ſie ſind auch zu verzei hen , wenn ſie nicht gerade zum

Nachtheil derjenigen Perſo

nen und Verhältniſſe, mit denen man zu verkehren hat, an gewendet werden .

Das kann nun vom Grafen Wallwiß eben

nicht behauptet werden . Fürſten

Er vergaß nie, daß

Diener demſelben

er

Treue und Gehorſam

als ſeines fhuldig ſei.

Friedrich Auguft hatte in der That Glück bei der Wahl ſei ner höheren zu

ſeinem

Beamten , was er übrigens auch verdiente.

Tode lebte er nur für ſein

Bis

Volk und wo er dem =

ſelben eine Erleichterung verſchaffen konnte, that er es gern . Von

ſeiner

ausnehmend

landesväterlichen

Fürſorge

zeugen

die ſchredlichen Jahre der Theuerung 1772 , 1804 und 1805 , und

ebenſo

die

gräßlichen

Ueberſchwemmungen von

1784,

1799 und 1804 , wobei er ſich als wahrer Vater. ſeines Vol kes nicht nur durch unmittelbare Wohlthaten , fondern auch durch die Arbeit bewies , die nahrungsloſen Unterthanen an : gewieſen daß

wurde.

für die

Die Magazine aber ließ er ſo einrichten ,

Zukunft ähnlichem

begegnet werden völlig ungeſtörtes

konnte .

Elende mit

Wenn

immer erhöhtes

Glück ſeinem

ſchaffte, fo lag dies nicht an ihm , ſondern trugen

die Schuld daran .

Im

Entſchiedenheit

Friedrich Auguſt nicht ein Volke ver

die Zeitumſtände

Intereſſe feines Landes hielt

er es auch für nothwendig , ſich mit Preußen eng zu

verbin =

107

den , und wir haben früher ſchon über die Vortheile geſprochen , welche er für ſich und ſein

Land durch dieſe Verbindung ge

Johannes Müller urtheilte ſehr richtig hierüber, indem

wann .

er ſagte : „ Daß dieſe Maßregel, der väterlichen Sorgfalt gemäß war, mit welcher Friedrich Auguſt die Wunden

des Vater

landes immer glüdlicher heilte, und gleich gemäß dem

In

tereſſe des Hauſes , deſſen Schild wider grundloſe Anſprüche in

Traktaten

Stände in

iſt, und ſeines Volkes , deſſen vielvermögende ihren zum

gemeinen Beſten

ein Kleinod beſißen , deſſen

geübten Vorrechten

Verluſt beim

Untergange der

Gefeße gewiß und unerſeglich wäre." Wenn

Friedrich

Auguſt III. ſeiner vielen

vorzüglichen

Eigenſchaften wegen von der Geſchichte „ der Gerechte" genannt wird, ſo erfüllt ſie hiermit nur eine ernſte Pflicht. fürwahr felten

einen

gerechteren Monarchen !

Es gab

Daß er auch

Eigenthümlichkeiten befaß , die feine Gerechtigkeitsliebe theil weiß

verdunkeln , darf man

zumal da

fie ohne

nicht ſo ſehr

beſonderen

Nachtheil

hoch anrechnen , für

das

Auge

meine geübt wurden und überhaupt , wie wir bei Wallwiß fchon behaupteten , kein Menſch ohne Fehler iſt. gen darf man

Vertheidi

ſie allerdings nicht, ſie aber zu entſchuldigen ,

gebietet nicht nur die chriftliche Liebe, ſondern das ganze viel bewegte Leben

Friedrich Auguſts .

ſeine auffallende Nachficht

gegen

Zu dieſen

Fehlern gehörte

die von Mitgliedern

des

Adels verübten Ungeſeßlichkeiten , worunter oft ſogar wirkliche Verbrechen ſich befanden .

Der Vollſtändigkeit wegen müſſen

wir einige Beiſpiele anführen . In tant

des

der fächfiſchen Armee diente als Oberſt und Adju Gouverneurs

von

Dresden

ein

Herr

Auguſt

108

de l'Eſtocq *).

Derſelbe war ein höchft leichtſinniger und ver

ſchwendriſcher Mann; er liebte „ Wein , Weib und Geſang," und brauchte, um dieſer Liebe Rechnung zu tragen, weit mehr, als ſein Amt ihm felten .

einbrachte .

Solche Menſchen

ſind nicht

Herr de l'Eſtocq verſtand es , auf verſchiedene Weiſe

fich Gelder zu verſchaffen . unterſtüßt.

Die Gemahlin

welcher er in einem

Beſonders wurde er von Damen eines höheren Hofbeamten , mit

intereſſanten Verhältniß ftand, hatte dies

gethan , und da die ihr bewilligten

bereits vielfach

der nicht ausreichten , ſo unternahm Gemahls von dem

Nadelgel

ſie es, die Börſe ihres

unnüßen Ballaſt zu befreien .

Männer ſich in der Regel auch wenig darum

Wenn die

fümmern , wie

viel Geld fie in der Börſe Haben , ſo werden ſie endlich doch aufmerkſam werden , wenn dies fortwährend und auffallend vermindert wird. den

Dieb

in

Der Gemahl jener Dame ſuchte Anfangs

einem

neugeworbenen Kammermädchen .

Ein

deshalb mit demſelben unter vier Augen angeſtelltes Eramen führte zu keinem

anderen Reſultat, als daß daſſelbe fich vor

nahm , um

ſich gewiffer Maßen zu reinigen , den Beobachter

zu ſpielen .

Ihr Verdacht fiel zuerſt auf ihre Gebieterin , da

fte diefelbe in einer verrätheriſchen Attitüde in dem von

derem

Gemahl überraſchte .

Kabinet

Die Kammerzofe war erſt,

wie erwähnt, fürzlich engagirt, hatte aber dennoch ſchon die Bemerkung gemacht, daß Madame regelmäßig des Abends in das Gemach ihres Gemahls fich fer Zeit niemals zu Hauſe war. hinter ſtecken ; dies zu dem

begab, welcher indeß zu die Ein Geheimniß mußte da

entdecken , weil es die Reinigung von

Verdachte , der auf ihr laſtete, fein konnte, beſchloß fte,

fich vorher ebenfalls dahin zu begeben , fich zu

verſtecken

und

* ) Nicht zu verwechſeln mit dem preußiſchen 1815 verſtorbenen Ges neral Anton Wilhelm l’Eſtocq.

109

zu

beobachten .

eintrat.

Sie lag

Bald

unter dem

darauf kam

auch

Bette , als ihre Herrin

Herr

Kammerzofe nicht kannte und der zu

de l’Eftocg , den die ſeinem

Eintritte eine

Hinterthür benugt hatte, von deren Vorhandenſein fie gleich falls keine Ahnung hatte.

Was jest folgte, erlaube uns der

Leſer , der Delicateffe wegen , zu

verſchweigen .

Akt des Luſtſpiels begann damit, daß Anbeter von dem ihrem

die gnädige Frau ihrem

Verdachte, in welchen ihre Kammerzofe bei

Gemahl

machte,

Der zweite

gekommen

war ,

die

nöthige

Mittheilung

L'Eftocq, ein leichtſinniger Patron , rief lachend aus :

„ Das iſt ja wunderſchön ! Sie werden mir deshalb heute: auch ohne Bedenken

eine kleine Summe vorſchießen können ,

deren ich ganz nothwendig bedarf.“ ..." verſegte die Dame, ,,bedenken Sie, das arme Mädchen würde höchſt unglücklich ſein . . . Mein Gemahl würde ſie als fie den

der Polizei übergeben , da kein Anderer,

Diebſtahl

begangen haben

der Dienerſchaft befindet ſich in unſerem ,,Nun , was würde es

kann .

Denn Keiner

Hôtel."

Ihnen und mir ſchaden ?" fragte

leichthin l’Eftocq. „ Aber bedenken Sie doch das arme Mädchen , ſchuldig und im Aus dem Nichts

ſo un

Gefängniß ..." ſie wieder

entlaſſen

werden muß, weil ihr

bewieſen werden kann ..."

,, Aber ihre Ehre iſt dahin !" Herr de l'Eſtocq lachte laut auf, umarmte darauf feine

Dame und ſagte konnte : „ Ehre ?

fo laut, daß

es

D , meine Verehrteſte, was die Ehre dieſer kleta

nen Leute betrifft, ſo ift's nicht weit damit her ! gen werden

verſtehen .

die Horcherin

wir uns ihrer nach überſtandenem

Im

Uebris.

Gefängniß.

110

annehmen und ſie mit unſerem nicht gar zu häßlich iſt.

Jäger verheirathen , wenn ſie

Ich verſichere Ste , ich muß Geld

haben , und wenn Sie es mir , um

einer ſolchen Lappalie

willen verweigern , werde ich mich erſchießen !" Eine ſolche Sünde durfte die Dame nicht auf fich laden ; fie bewilligte endlich das Erbetene. Die unter dem

Bette befindliche Zofe war wüthend über

die Menge von Beleidigungen , welche der Herr de l'Eſtocq über ſie ausgeſprochen , und fie beſchloß

deshalb , ihrem

bieter ſofort die nöthigen Mittheilungen zu machen . wohl einſehend, daß

ihr nicht unbedingt geglaubt werden

würde, beabſichtigte fie, fich irgend eines dem Herrin zugehörenden

Gea

Indeß ,

Gegenſtandes zu

Geliebten ihrer

bemächtigen , um

das

durch den Beweis über die Anweſenheit l’Eſtocqs zu führen . Dieſen

Plan

auszuführen , war nun

eben

nicht ſo

leicht.

Herr de l'Eſtocq hatte Hut und Handſchuhe auf einen gelegt, den die Zofe von vermochte.

Ein

ihrem

Plaße aus nicht zu erreichen

feiner Spazierſtock

Bett gelehnt, und konnte fie fich aus aller Verlegenheit. wartung .

Tiſch

ſtand

aber gegen

das

dieſes verſichern , war fie

Es gelang ihr auch über alle Er

Herr de l'Eſtocq wollte ſich endlich wieder entfer

nen , und vermißte

ſeinen

Stod .

Madame behauptete, er

habe keinen gehabt, während er von dem Gegentheil vollſtän dig überzeugt war und den Verdacht ausſprach , derſelbe wäre vielleicht unter das Bett gefallen . Die Angſt der Zofe war in dieſem Augenblick entfeßlich. Aber feſt entſchloſſen , den einzigen Beweiß ihrer Unſchuld nicht wieder von ſich zu laſ fen , ſtieß de

fie denſelben in die Unterlagen

l'Eſtocq

nahm

des Bettes.

Licht und leuchtete überall im

Herr

Zimmer

umber, auch unter das Bett. : ... Wie von einer Viper ges ſtochen , ſprang er von der Erde empor.

111

„Madame,"

ſagte er laut,

wir find verrafhen .

Bette liegt Jemand, der uns belauſcht hat.“

hier unter dem

" Die Dame konnte vor Schreck kein

Wort hervorbrin

eine Ede des Sopha's

gen . ... Sie war in

Dieſer ging

heftete ihr gläſernes Auge auf ihren Geliebten . einige Male

Zimmer auf und nieder , nahm

im

und

gefallen

dann ein

Piſtol von der Wand und ſagte : „ Ich werde den Menſchen erſchießen. ..." Um Gottes Willen nicht!" flehte die Dame, indem aufſprang und den Arm

l'Eſtocqs

ergriff , deſſen

ſie

Hand das

Piſtol krampfhaft umſchloß . „ Ich werde es

thun , wenn ich nicht auf eine andere

Weiſe für unſere Sicherheit ſorgen

kann !"

verſeşte er ; und

ſich nun ſpeziell an die unter dem

Bette befindliche Perſon

wendend, rief er : , Rommen Sie hervor, wenn Stehen

Sie in

Ihnen Ihr Leben lieb iſt.

zwei Minuten mir nicht gegenüber,

dann

fchieße ich unter das Bett." Die Horcherin kam

und ward von ihrer Gebieterin

er

kannt, Herrn de l'Eſtocq war ſie fremd. Auf einige Fragen , die ihre Herrin an fie richtete und die ihren Aufenthalt unter dem

Bette betrafen , antwortete ſie mit einem

hübſch erſonne

nen Märchen , deffen Pointe darin beſtand, daß fie ihren Ges liebten hier erwartet habe, ihr aber , von

ihrer

überraſcht , nichts

ſei , als fich zu

verſtecken . Fällen

Anderes übrig

Madame,

die , wie

zur Nachficht für die

geblieben alle

Frauen

in

Gebieterin

ähnlichen

Schwäche ihrer Zofe geftimmt

wurde, weil ſie auch deren Nachricht für ſich ſelber brauchte, ſchien

mit dieſer Auskunft vollſtändig befriedigt; nicht ſo

Herr de l'Eſtocq.

Er ſah weiter, als Madame, und behaup

tete , er habe gehört, ihr Herr habe ſie beauftragt, ſeine Ges

112

mahlin zu

beobachten

ihrer Anweſenheit.

der Grund

und dies allein ſei auch

Die Angeklagte widerſtritt dem , verweis

gerte aber ganz entſchieden einen Eid, den l’Eſtocq verlangte, Vorgeben , daß

unter dem fie, fich den

Stock angeeignet zu haben .

Die

Das ganze Gemach jedoch nicht ge

durchſucht, der Stod

ward ſehr aufmerkſam funden .

fie niemals ſchwöre; auch beſtritt

Verweigerung des verlangten Schwurs brachte

eine Aenderung des l'Eſtocq'ſchen

Planes hervor.

„ Ich kann die Ehre dieſer Dame nicht Ihrer Gutmű thigkeit anvertrauen ,"

ſagte er , „ und da Sie Verſchwiegen

heit nicht eidlich angeloben wollen , ſo werde ich mich der Von ſelben auf andere Weiſe zu verſichern verſtehen . .

dieſem

Augenblic

an

betrachte

ich

Sie

als

meine

Ge

fangene." und ohne noch weiter Etwas zu ein

Taſchentuch

den

in

ſprechen , ſteďte er ihr

Mund , band ihre Hände auf dem

Rüden zuſammen und führte fie ab , nachdem

er vorher ſets

ner Geliebten noch einige Worte zugeraunt hatte .

Daß dies

Alles nicht ohne erheblichen Widerſtand Seitens. Der Zofe und ohne Proteſt der

Dame geſchehen war , iſt klar ; allein

auch

ebenſo klar , daß l'Eſtocq ſeinen Willen mit raſcher Entſchies denheit

durchſepte .

Einige Meilen

beſaß er ein kleines Gut, deffen delbarer Treue ergeben war.

von

Dresden

entfernt

Verwalter ihm mit unwan

Ihm überbrachte er noch in der

nämlichen Nacht mittelft eines verſchloſſenen Wagens die Ge fangene , befahl ihm , fie zwar anſtändig zu behandeln , aber jeden etwaigen Fluchtverſuch unbedingt zu vereiteln , ſelbſt wenn er dabei weiter gehen müßte, als es die fächfiſchen Gefeße ge Das hieß mit andern Worten : er konnte ſie töds ftatteten . ten , wenn

ihre Widerſpenſtigkeit

beſeitigen fet.

in

anderer Weiſe nicht zu .

113

Herr de

zurüc , bezahlte

kehrte nachy Dresden

l'Eſtocq

mit dem von ſeiner Dame empfangenen Gelde eine ſogenannte Ehrenſchuld und hatte mit ihr am nächſten Abende wiederum

ſich

hatte

die

den

In

Rendezvous.

ein

legten

vierundzwanzig Stunden

Dame merklich verändert.

Ein folches

Aben

teuer hatte ſie noch nicht durchgemacht, weshalb es auch einen Der

nachtheiligen Eindruck auf fie hervorbrachte. luſt war von

ihrem

Polizei von ihm

in

Geldver

Gemahle bereits entdeckt und die ganze Bewegung geſegt, um

die flüchtige und

durch ihre Flucht höchſt verdächtige Kammerzofe zur Haft zu bringen .

Herr de l'Eſtocq ſcherzte über die Bemühungen der

Polizei, und verlangte von ſeiner Geliebten eine ebenſo hohe vorigen Abend , um damit den erſtern

Summe Geld, wie am

Verluſt ihres Gemahls zu decken . fich vollſtändig geirrt.

Dies Mal aber hatte er

Sie verweigerte ganz entſchieden die

Erfüllung ſeines Verlangens. Tropig entfernte er ſich. Einige Tage blieb er in ſeinem Zimmer eingeſchloſſen , um nachzu denken über einen Weg, der ihn ren

im Stande fei . Endlich ſchien er dieſen Weg gefunden zu

haben .

Pfeifend durchſchritt er ſein Gemach.

lidh bejglofſen , ſein zu

aus dieſer Kalamität zu füh

Er hatte näm

dießmaliges monatliches Gehalt doppelt

erheben , was ihm

Oberſt der fächfiſchen

Als

eben nicht ſchwer werden konnte.

Armee und Adjutant des Gouverneurs

glaubte er, würde kein Verdacht gegen

ihn aufkommen , wenn

er bei zwei zwar verſchiedenen , doch zuſammenhängenden Kaf ſen

ſein Gehalt gegen die übliche Quittung entnehmen würde.

Es gelang auch über

alle Erwartung, und es war

möglich, daß es niemals entdeckt werden würde.

ſogar

Als dies ge

ſchehen, ritt er nach ſeinem Gute, wohin er die Zofe gebracht hatte.

Er trat in ihr Zimmer, verſchloß es , und ſagte :

Es thut mir unendlich leid , daß ich Bertraute Geſchichte. Sadſen . 3. Bb.

Ihnen 8

ſo vielen

--

114

Rummer und ſonſtige Unannehmlichkeiten bereiten mußte. Al es in der Ordnung finden , daß man , der

ſein Sie werden

Ehre ſeiner Dame wegen , ſelbſt das Ungewöhnlichſte verſucht ; vielleicht wird es, Ihr Anbeter auch einſt thun, wenn die Ums, ſtände es gebieten ... zu

Ich komme, um

mir

Ihre Verzeihung

erbitten ..." „ Herr Oberft ,"

entgegnete die

Angeredete mit einem

Blide , als fühle fie ſich von der Herablaſſung dieſes Befus dhes , in hohem verzeihen .

Grade beſchämt, „ idy habe Ihnen nichts zu Ich bin Zeuge einer Unterhaltung geworden ,

deren

Inhalt , wenn er bekannt würde, nicht nur Ihnen, ſon

dern

auch meiner

Gebieterin

von

höchſtem

Sie mußten

Ihre Vorkehrungen

derſelben zu

verhindern , und da ich einen

nen

Grundſäßen ,

iſt :

Eid , nach mei

verweigern mußte, fo

vielleicht kein anderer Weg

Nachtheil

treffen , das Bekanntwerden

blieb

Ihnen

offen, als den, welchen Sie betres,

ten haben .

„ Göttliches Mädchen ," rief der Oberſt; entzüđt über die überaus vernünftige Sprache ſeiner Gefangenen. „ Aber achy," fuhr er fort, Sie

glauben

ich habe Ihnen mehr Nachtheil zugefügt, als werden .

Hören Sie mich an , ehe Sie mich

verdammen , meine Liebe, und nehmen

Sie die Verſicherung

entgegen , daß es mein eifrigſtes Beſtreben ſein wird, das wie Ihre Gebieterin

hat

Schulden , das werden Sie wiſſen ; ſie gab mir an dem

un-,

der gut zu machen , was ich verdarb .

glüdlichen Abend eine Summe Geld , um bezahlen .

Es

iſt auch, geſchehen .

dieſe Schulden zu

Das Geld iſt jedoch von

ihrem . Gemahle entnommen , und dieſer, der den

eigentlichen

Dieb nicht kennt, und niemals kennen lernen darf, glaubt, daß Sie derſelbe ſeien ."

115

„ Ich weiß es," bemerkte die Zofe weinend.

„ Aber was

iſt dagegen zu thun ? " , Es giebt zwei Auswege," verfekte wird

von

Ihrem

len werden .

In

Belieben

l'Eftocq , „und es

abhängen , welchen

beiden Fällen können

eifrigſte Unterſtüßung rechnen .

Sie wäha

Sie jedoch auf meine

Es wird Ihnen ſchwer werden ,

Ihre Unſchuld genügend darzuthun , da man Ihrer Herrſchaft mehr glauben wird, als Ihnen .

Ich würde Ihnen daher an

rathen , Sich nach dem Auslande zu begeben , wohin man Sie nicht verfolgen wird." „ D , mein Gott,“ ſeufzte das junge Mädchen , „ alſo man verfolgt mich ?"

11 Leider . . . . Indef

können Sie ganz ſicher ſein ; man

bringt nicht bis hierher, weil man Sie hier nicht vermuthet. Wenn Sie ins Ausland geben wollen , werde ich Sie mit hin Gelde verſehen

reichendem

Ihre Sicherheit durch

und über

eine entſprechende Begleitung wachen ,

Ihnen auch

Empfeh

lungen an vornehme Häuſer mitgeben .“ „ Aber ich werde immerhin eine Diebin in den Augen . der Welt bleiben .. Nein , nennen Ste mir den andes ten Weg." „ Der

andere Weg beſteht darin , daß Sie das Geld,

welches Ihrem

Herrn

von ſeiner Gemahlin 'entwendet worá

den , zurüdfchicken und ihn um

Verzeihung bitten . Das Ver

-

fahren würde gegen Sie eingeſtellt werden .“ ***** Åber idy, werde immerhin eine Diebin der Welt bleiben ..." wiederholte fle. Nein .

Sie bleiben

in

Ihrem

in den

Augen

Dienſte , was nicht ſein

würde, wären : Ste eine Diebin ."

1 „ Wer bürgt dafür?" 8*

116

„ Ich ! Außerdem

wird Ihre Herrin fich

Ihnen gegenüber

ewig für verpflichtet halten , da Sie ihre Ehre gerettet haben ." Ein kaum bemerkbares Naſenrümpfen folgte. Gleich

darauf ſagte ſie , daß ſie mit

dieſem

Arrangement zufrieden

ſei, dieſen

Ort aber nicht eher verlaffen könne, als bis fie

von ihrem

Herrn die ſchriftliche Verſicherung empfangen , fie

nicht weiter verfolgen und in ſeinem Hauſe behalten zu wol len . Der Oberſt war hiermit volftändig einverſtanden . Er diktirte ihr einen Brief, worin ſie ihrem

Herrn das Geſtänd

niß

einer

fem

Briefe wurde das betreffende Geld beigefügt und der

That ablegte , die ſie nicht begangen

hatte.

Die

ſelbe dann von Herrn de l'Eſtocq zur Poſt gegeben . So klug oder ſchlau auch der Oberſt zu Werke gegangen war, ſeine Gefangene war noch ſchlauer geweſen .

Erſtens hatte ſie ihn

vollſtändig getäuſcht dadurch, daß fie ſcheinbar ohne Wider ſtreben

auf feinen Vorſchlag einging; ſodann aber hatte ſie

dem Briefe, außer dem

Diktate, noch einige wenige, doch höchſt

wichtige Worte hinzugefügt, die allein ausreichend waren , fich mit ihrem legten

Gebieter auszuföhnen .

Zeilen :

Sie ſchrieb

zwiſchen

den

Sehr Wichtiges habe ich auszuſagen .

Herr de l'Eſtocq hatte dicht hinter der Schreiberin geſtanden , als ſie ſeine Worte zu

Papier brachte, und dennoch die Bes

merkung nicht geſehen .

Der Brief, deſſen Antwort durch Herrn

de l'Eſtocq erbeten wurde, machte einen merkwürdigen

Ein

druck auf den Empfänger , der wohl einfah, daß das: Sehr Wichtiges habe ich auszuſagen , nur etwas Eingeſchmug geltes ſei.

Er ſegte ſich

ſofort nieder und ſchrieb den

Ver

zeihung&brief, den de l'Eſtocq empfing und weiter beſorgte. Dann forderte er die Polizei auf, ihre Verfolgungen einzuſtellen , da die betreffende Perſon gangen habe.

Noch

an

demſelben Tage kam

-

ſofort

den Diebſtahl nicht be die Kammer

117

zofe zurück und machte ihrem ſtändniß .

Daß

fie

bei der

Gebieter ein ausführliches Ge reinen Wahrheit geblieben war,

bewies der Spazierſtoc des Oberſten, der noch an ſeinem

ihm

von dem Kammermädchen angewieſenen Plaße gefunden wurde. Herr de l'Eſtocq hatte einen

Feind bekommen , der , ihm

an

Macht gleich, an Energie ihn aber übertreffend, mit Beharr lichkeit ſeinen

Weg verfolgte, ohne, wie es vielleicht ein An

derer gethan haben würde, einen urſachen .

öffentlichen Scandal zu ver

Er begab ſich direkt zu

Kurfürſten und trug

dem

demſelben ſeine Anklage gegen l’Eſtocq vor. war ſtumm

vor Entrüſtung.

Friedrich Auguſt

Eine Entführung, ſo unter

ſei

nen eigenen Augen vollbracht, empörte ihn . Sofort ließ er den Oberſten kommen , um perſönlich über denſelben Gericht zu halten .

Im Laufe des Verhörs erſchien

auch der Gouver

neur von Dresden , der durch Zufall die doppelt ausgeſtellten Traktamentsquittungen des Oberſten gefunden und ſich über zeugt hatte, demſelben

da

ſie bei verſchiedenen

Kaffen und zwar an

Tage präſentirt und honorirt waren, daß hier ein

abſichtlicher Betrug vorlag . Der Kurfürſt verurtheilte den Betrü ger zu einem einjährigen Feſtungsarreſt, verabſchiedete ihn und be fahl ihm , fich nach abgebüßter Strafe nach Barby zu bege ben , welchen

Ort er ohne beſondere Erlaubniß

fen

Im

durfte.

Uebrigen waren gegen

Herrn

nicht verlaſ= de l'Eſtocq

noch vier oder fünf ähnliche Klagen vorgebracht, ſo daß ſeine Strafe als

außerordentlich gelinde

bezeichnet werden muß ,

zumal da er ſchon während ſeiner Feſtungshaft ſeine Penſion mit monatlich funfzig Thalern ausgezählt erhielt. Am 30. November 1772 war ſein

Feſtungsarreſt beendet.

Ein anderer Fall, der fich vierzehn Jahre ſpäter zutrug , zeugt von

eben

folcher Nachficht und Milde des Kurfürſten .

In Merſeburg wohnte Johann Auguſt von Noftiş, kurfürſt

-

118

lich fächſiſcher Kammerherr und Oberforſtmeiſter , mehr dürdy 1779 geborenen Sohn Karl, welcher Anfangs preußi

ſeinen

ſcher, dann öſterreichiſcher und zulegt ruffiſcher Offizier war, als durch ſich ſelbſt berühmt.

Johann Auguſt von Noſtiş hatte

das Unglück, eine zwar in

Deutſchland geborene , doch mit

italieniſchem

Blute verſehene Tochter zu befißen .

1784 , kaum

zehntehalb Jahre alt, doch körperlich bereits ſehr

entwickelt, ließ jungen

Im

Jahre

fie fich in ein galantes Verhältniß mit einem

adligen Herrn

platoniſche Liebe ein

ein , der ihr den Beweis lieferte, daß Unding

fet; fie achtete den

Herrn

fo

hoch und hielt ſeine Erfahrungen , von denen er ſprach, für fo wohl begründet, daß ihm

fie keinen

willenlos zu überlaſſen.

Augenblick

Dreiviertel

ihr Herr Papa das Glück , Großvater zu ſein . das arme Kind ,

trop feiner

ungeachtet feines

italieniſchen

jung geweſen

ſein.

frühzeitigen Blutes ,

Gleich nach

ſehr gefährlich frank.

anſtand , fich

Jahr darauf hatte Indeß mochte

Entwickelung und

doch wohl etwas zu

der Entbindung wurde fie

Der zu Rathe gezogene Dr. Waiz aus

Naumburg konnte ihren frühen

Tod nicht verhindern .

Sie

ftarb 1785. Herr von Noftiz fühlte fich ſehr unglücklich über die Schmach, welche durch die Aufführung feiner Tochter fei nem

ehrenhaften

die Urſache zu

Namen dem

zugefügt worden war, und ſuchte

Ganzen

in dem

Benehmen ſeiner eige

nen Gemahlin , von welcher er ſich auch kurze Zeit darauf ge richtlich ſcheiden ließ . Nichts .

Gewonnen hatte er dadurch allerdings

Dies ſah er audi ſelber ein , und weil er es einfah,

beshalb ward er immer mürriſcher , unfreundlicher und unzu gänglicher.

Dies allein

kann auch nur fein Benehmen erklä- '

ren, das er fich gegen den erwähnten Arzt zu Schulden kom men ließ.

Dr. Waiz, ein Mann, der zu denjenigen

welche niemals auf dem

Punkt ſtehen bleiben , den

gehörte , ſie ein

-

nehmen , ſondern

119

dafür be

immer weiter fortſchreiten , auch

forgt ſind, daß dies Anderen ebenfalls möglich wird, erkannte den Fall mit der kleinen Noftiz für einen merkwürdigen an .

der Medizin

eine beſondere Schrift,

Er verfaßte darüber

die freilich nur für das ärztliche Publikum

Db Waiz auch

Namen

den

beſtimmt war,

Žnhaltes wegen , ge

von aller Welt aber, ihres intereſſanten leſen wurde.

in

der betreffenden

Buche genannt hat, wiffen wir nicht, glau , da gemeinhin Perſonen unter ähnlichen kaum aber es

Perſon in dieſem ben

Verhältniſſen nur mit den Anfangsbuchſtaben ihres Namens be zeichnet werden . Mag nun das Eine oder das Andere Statt gefunden haben , kurz, Herr von Noſtiz fühlte ſich durch die Veröffentlichung des ſeine Familie betreffenden eben erwähn ten

Falles dergeſtalt beleidigt, daß er dem

Straße aufpaßte , ihm hörig durchprügelte.

beim

Doktor

auf der

faßte und ganz ge

Rodkragen

Ob er wieder Prügel bekommen

hat,

iſt nicht bekannt geworden , wohl aber , daß er über dies ei genmächtige und ganz ungerechtfertigte Betragen zur Verant wortung gezogen und am 16. Auguſt 1786 als Arreſtant auf den

Königſtein

Er blieb

gebracht wurde.

lange hier, ſondern erhielt ſchon am

jedoch nicht

15. Januar 1787 vom

Kurfürſten die Erlaubniß , den Königſtein verlaſſen und ſich . wegen ſeiner vom begeben zu

Krebs ergriffenen Zunge in ärztliche Kur

dürfen .

Friedrich Auguſt III. war übrigens dennoch gerecht, wenn er auch eine weit gelindere und kürzere Strafe über adlige Perſonen verfügte , als über bürgerliche.

Er blieb

ſich auch

zu allen Zeiten gleich und änderte ſeine Marimen nicht. Ein bereits verabſchiedeter ſing , hatte fich im ſchungen

Kavallerieoffizier , Namens von Bif Jahre 1801 verſchiedener Wechſelfäl

zu Schulden

kommen

laſſen

und wurde deshalb

120

mit beinahe zweijährigem 1804 vom

Feſtungsarreſt beſtraft.

Im

Jahre

Königſtein wieder entlaſſen , wo er zwanzig Mo

nate zugebracht, trieb dieſer Herr von Biſſing vagabondirend ſich im

Lande umber, bis er endlich 1807 wegen verſchiedener

Gelderpreſſungen abermals auf zwei Jahre nach dem nigſtein gebracht wurde. ſauberen

Herren

Da aber alle dieſe Strafen

nicht zu beſſern

Kö dieſen

vermochten , ſo wurde der

ſelbe nach Verübung neuer, den bisherigen ähnlicher , Verbre then

im

Jahre

1811

ſeines Adels

in das Zuchthaus zu Waldheim

für

verluſtig erklärt und

gebracht , wo er auch ge

ſtorben iſt. Wen die erkannte und verbüßte Strafe wirklich beſſerte, erhielt zwar feinen

der

Abſchied aus kurfürſtlichem

Dienſt,

ward aber jedes Mal mit einer entſprechenden Penſion ent laſſen . Friedrich einem

Auguſt fühlte

Fürſten

er ſelten

ſelber, wie

ungerecht es von

ſei, nur den Adel zu protegiren , wenngleich

unterließ , einen Bürgerlichen , den er zu fich empor

gezogen und brauchbar gefunden hatte , in den Adelſtand zu erheben . Hierzu u. dgl. m .

gehörten Gutſchmid, Ferber, Günther

Ueber Gutſchmid und Ferber haben wir unſern

Bericht bereits gemacht, und dem Leşteren mögen jegt einige Worte gewidmet ſein . Karl Gottlob Günther ſtarb im

als geheimer

Archivrath

Jahre 1832 und muß ziemlich bejahrt geweſen ſein , denn

er wird ſchon

bei der

Geſandtſchaft zu

Raſtadt aufgeführt.

und ſeiner Ehrenhaftigkeit gemäß ward Staatsdienſt nicht verwendet, was aber meiſt an ihm

Seinen Fähigkeiten er im

felbſt lag, da er es nicht verſtand, ſich vorzudrängen . kam

es auch , daß er von

vielen

ſeiner Amtsgenoſſen

Daher und

Vorgeſegten für unbedeutend angeſehen wurde, das er wahr

121

lich nicht war.

Mangel an

Vorwurf, den man

Ehrgeiz ift der

hauptſächlichſte

ihm machen muß .

Ueber alle Staatsgeſchäfte, von denen

manches

durch

den Kurfürſten ſelbſt und ohne Zuziehung eines Miniſters abge wickelt wurde, vergaß dieſer Monarch nicht, auch für die Wiſſen ſchaft zu ſorgen .

Dies erhellt deutlich aus einem Briefe Leſſings,

den derſelbe am 23. Januar 1775 von Dresden aus an ſeine da malige Braut, die Wittwe König in Wien , richtete. ſchrieb

derſelbe , „ ſehr mit

meinem

Ich habe

Aufenthalt zufrieden zu ſein .

alle Urſache,“

Ich habe den Kur

fürſten

ſelbſt

Miniſter

geſprochen ,

und

dem

Grafen

von S. (acken ) habe ich verſprechen müſſen , wenn ich jemals Wolfenbütttel verließe , nirgend anders , als nach Dresden zu kommen .

Der Kurfürſt hat mir die Stelle des Herrn

von Hagedorn ,*) die 1800

Thaler einträgt und welcher

blind und krank iſt, zugedacht, und bis dahin , wenn

ich

eher käme, ſollte auch für mich Rath werden .“ Der Graf Henoré Gabriel

Victor Riquetti von Mira

beau , welcher im

Jahre 1786 , noch vor dem

rich

II., von dem

franzöſiſchen Miniſter Calonne nach Preu

Ableben

Fried

Ben

verwieſen wurde und auf ſeiner Reiſe dahin

auch den

* ) Chriſtian Ludwig von Hagedorn war im Jahre 1712 zu Hamburg geboren und darf nicht mit ſeinem als Dichter bekannten Bruder Friedrich von Hagedorn verwechſelt werden . Der Erftere wurde 1764 turſächſiſcher Legationsſecretair,, darauf geheimer Legationsrath und Generaldirektor der Kunſtakademie zu Dresden und Leipzig. Sein Verſud von charakteriſtiſchen Röpfen und Landſchaften , die er theils aus eigener Erfindung , theils nach anderen Meiſtern in Kupfer geäßt hat, beweiſt, daß er nicht blos Dilettant und Renner , ſondern auch Ausüber der ſchönen Künſte war. Den meiſten Ruhm aber erwarb er ſich durch ſein Wert : Betrachtungen über die Malerei. Er ſtarb 1780 zu Dresden , und Lefſing folgte ihm 1781 in den Tod , ohne jemals deſſen Amt angetreten zu haben .

122

fächfiſchen Hof beſuchte, fagt nacı Vehſe in ſeinen Briefen über Preußen „ Der

in Bezug auf Kurſachſen

Kurfürft verfolgt ſeinen

beugſamen Feſtigkeit.

geheimen Folgendes :

Plan mit einer un

Er iſt langſam , aber er iſt nicht un

entſchieden , die Arbeit wird ihm

fchwer, aber er iſt ein

fichtsvoll , die guten Gedanken ſtehen ihm nicht auf den erſten Augenblick zu Gebote , aber er hat ſich zum

Nachdenken

gewöhnt, er hat keine Schwächen , als die Devotion und doch hindert ihn auch dieſe nicht, ſeiner Rechte eingedenk zu

ſein

und

ſeine Pflichten zu erfüllen .

Schritt weiter, fo würde er

Ginge er einen

devot fein , ginge er einen

Schritt zurück, fo wäre er nicht mehr devot. zweifelhaft, ob

ſein Beichtvater Herz einen

Es iſt ſehr

ſtärkeren Ein

fluß über ihn hat, als den , einige Hofſtellen zu befeßen." Was ſeinen

Beichtvater Herz

anbelangt ,

ſo

glauben

wir kaum , daß deffen Einfluß ſo groß war , einige Hofſtel len befeßen zu

können , es müßten

geweſen fein .

Friedrich Auguſt hatte

geſagt, daß er fich um ihm (dem

denn ganz untergeordnete ihm

ein für alle Mal

Politik nicht zu

fümmern und mit

Kurfürſten ) nur über Religions-Angelegenheiten

ſprechen habe. war , denn

Da er in allen übrigen

ſonſt würde man

ihn

Sachen

nicht den

zu

confoquent

„ Gerechten "

nennen , ſo läßt ſich kaum bezweifeln , daß er auch hier ſeinen Grundfäßen treu geblieben iſt. Friedrich Auguſt III. hatte in

allen ſtaatlichen

Verhält

niffen ebenſo vernünftige, als zeitgemäße Veränderungen vor genommen und durch ſeine Miniſter vornehmen laſſen . Man kann

von

daß eben

ihm

dreift behaupten , er ging mit der Zeit und

dieſer Umſtand beſonders dazu beitrug , ihm

nur die Liebe ſeines Volkes , ſondern auch übrigen

deutſchen

Fürſten

zu

erwerben

die Achtung und zu

nicht der

erhalten .

123

Nur in

einem einzigen Falle hielt er an dem

Alten unabän

derlich, feft, weil es herkömmlich war und durch eine Verän derung in dieſem

Falle

ein wirklicher

Vortheil

für Staat

und Volk nicht erzielt werden konnte. Dieſer Fall betraf die Hofetiquette. Er machte zwar, wenn es zum Beſten ſei nes Landes nothwendig ſchien , eine Ausnahme in gewiffer Be ziehung, und zwar dadurch , daß bürgerliche Perſon fofern

Namen war ihm

‫ܗܕ‬

hier und da eine Poſten berief , in

dieſelbe durch ihre geiſtige Befähigung bewieſen hatte,

daß fie über manchem

auch

er auch

auf einen der höheren

Adligen ſtand; allein

ihr bürgerlicher

immer etwas Widerliches , weshalb er dann

die erſte fchickliche Gelegenheit benußte , fie zu

Die hauptſächlichſten

von

ihm

nobilitirten

adeln .

oder baronifirten

Perſonen find Folgende : 1.

Chriſtian Gotthilf von Gutſchmid, welcher feit 1758 in Sachſen

als

Staatsbeamter

thätig war und

im

Jahre 1769 geadelt wurde. 2. Freiherr von

Thielemann ward beſonders wegen

nes ausgezeichneten Antheils an allen

fei

glänzenden Er

eigniſſen des Feldzuges gegen Rußland im

Jahre 1812

baroniſirt. 3.

Der

geheime Rath und

Direktor der

Deputation , Friedrich Wilhelm

kommerzien

Ferber , im

Jahre 1777

geadelt. 4.

Der geheime Finanzrath Wagner, 1792 geadelt.

5.

Der geheime Finanzrath Biedermann , 1802.

6. Blümner, Oberhofgerichtsrath in Leipzig, wurde 1811 in den Adelſtand erhoben . 7.

Griefinger, Legationsſecretaire in Wien , 1819 .

8. Wirſing, Geſchäftsträger in Stuttgart, in Jahre.

demſelben

124

ſind noch viele Andre mit dem

Perſonen

Außer dieſen

Wörtchen „ von “ von Friedrich Auguſt beſchenkt worden, z. B. Quand, Lorenz, Weld , Lindemann u . ſ. w . Wie ſchon

geſagt,

das Hofleben

ward von

Friedrich

Auguſt III. in keiner Weiſe geändert. Obgleich er ein

über

aus ſparſamer Mann war, ſo beſchränkte er ſich dennoch nicht hinſichtlich ſeiner Kammerherren , Kammerjunker, Kaſtellane, Kammerdiener und

ſonſtigen Hofbedienten .

Dieſelben

ten jährlich außerordentlich bedeutende Summen.

koſte

Er ging

offenbar von der Anſicht aus, daß ein Fürſt durch ſeine äu Bere Umgebung imponiren müſſe. Seite hin einen kaum

den

ſo auffallenden

menſchenfreundlichen

Auch zeigte er nach einer Stolz, daß man

Kurfürſten

wieder

in ihm erkennt.

So z. B. konnte er es nicht über fich gewinnen , mit irgend einem

bei ihm

Offiziere zu

zur perſönlichen ſprechen , wenn

Grad eines Oberſten hatte. krieges

Deutſchlands

nach dem

bei Berlin

Dienſtleiſtung commandirten derſelbe nicht mindeſtens den

Selbſt zur Zeit des Befreiungs

(1814 ) gelegenen

als er von

den

Verbündeten

Dorfe Friedrichsfelde verwie

fen war, behielt er dieſe Eigenthümlichkeit bei.

Sein dienſt

thuender Offizier war damals ein durch die Revolution aus feinem

Vaterlande

fort getriebener

Franzoſe, mit

Namen

Arthur von Montbé, den er zum fächſiſchen Kapitän gemacht und welcher aus reiner fangenſchaft in dicht neben

Anhänglichkeit und Treue die

Friedrichsfelde mit

dem

ihm

theilte.

Zimmer des Kurfürſten

Ge

Er wohnte

bis zum

Monat

März 1815 und weiß auch nicht ein Wort zu nennen , daß Jener an ihn

gerichtet hätte.

davon

hier noch

Der

Friedrich

Auguſt

fich überall

ein Beiſpiel , das wir

1

Wie gemeſſen

benahm ,

Vehſe entnehmen :

engliſche Reiſende Dutens , Hofmeiſter

des Lords

125

Algernon Peroy, erzählt, wie er es, als er durch den Gejand ten

Englands im

Jahre 1770 dem Kurfürſten Sachſens vor

geſtellt werden ſollte, ,, es ſeltſam gebräuchlich gefunden mahlin

ihn

im

und nur am fächſiſchen Hofe

habe, daß der Kurfürſt und ſeine Ge

Tafelzimmer warten

ließ .

lud uns zur Tafel ein und wir fepten Es waren außer den

beiden

Der

uns ſogleich

Kurfürſt daran.

Durchlauchten niemand Anders,

als die Oberhofmeiſterin und der Oberſtallmeiſter (Graf Lin denau ) bei der

Tafel gegenwärtig.

Stiefeln und Sporen bei.

Dieſer wohnte ihr in

Man ließ uns eines

Tages zum

Theater des Hofes zu , daß nur aus der Hofgeſellſchaft , aus lauter Perſonen ausgezeichneten Standes, beſtand . Sie führ ten dieſen

Tag eine Tragödie von

Racine auf, ſagten aber

ihre Rollen mit einer ſo deutſchen

und grellen

Ausſprache

her, daß ich wohl ein paar Dußend Mal die größte Mühe von der Welt hatte, mich zu enthalten , während der Vorſtel lung in lautes Lachen auszubrechen .“ Ueber das

fonderbare Deutſch , was am ' kurfürſtlichen

Hofe geſprochen wurde , hat ſich auch Wieland zu Böttiger luſtig gemacht.

Er behauptete, daß

der Kurfürſt Clemens

Wenzel von Trier fein Deutſch in einer Miſchung von dres: dener Beenklender und Wiener Halter zum Beften gegeben habe, und Vehſe fügt hinzu , daß noch 1848 der Premiermi niſter

Hochgeöhrte

Herren

geſagt habe.

indeß hierüber nicht allzuſehr wundern .

Man darf fich Das ſind Eigen

thümlichkeiten , die, wenn auch in anderer Weiſe, dennoch in jedem

andern Lande aud

vorkommen .

126

A

ch te $

Kapitel.

Graf Morit von Brühl. Baron von Uckermann und Margarethe Müller. Die Mesalliancen in Sachſen . Urtheile drei berühmter Män ner über den in Sachſen herrſchenden Haftengeift. Es iſt ebenſo bekannt, als natürlich , daß die Manieren , Anſichten , Grundjäge und dergl., welche an

dem

Herrſcher

eines Staates wahrgenommen werden, in deffen nächſter Um = gebung Nachahmung finden immer weiter verbreiten angenommen werden . rich Auguſt III.

und

und daß fie von hier aus ſich endlich als allgemein geltend

Ebenſo war es aucy am

Gr bevorzugte den

Hofe Fried

Adel und lies fich

fels

ten mit bürgerlichen Perſonen ein , außer wenn er nicht anders konnte oder die Abſicht hatte , fie , nachdem bar befunden , zu

nobilicen.

er fie für brauch

Dieſer Adelſtolz erſtreckte

fick

bald auf die in dieſer Weiſe bevorzugte Klaffe feiner Unter: thanen und brachte manch Mal wirkliche Nachtheile für das Familienleben hervor.

Es gehört zu

den ungeheuerſten Sel

tenheiten , daß ein adliger Sohn von ſeinem

Vater oder fets

ner Mutter die Erlaubniſ erhielt, ſich mit einem Fräulein zu vermählen . für einen Makel, in

dem

büngerlichen

Eine ſolche Mißheivath wurde immer Familienwappen

betrachtet:

Deni

noch kamen dergleichen Fälle vor; indeß, wie geſagt, fo über aus ſelten , daß wir ſie als Kurioſum der damaligen Zeit hier aufführen ften

können .

Während der Regierungszeit des Kurfür

Friedrich Auguſt III. war der Graf Moriß von Brühl,

jüngſter Sohn des allgewaltigen Premierminiſters Auguſt III .,

127

der Erſte, welcher die Schranke zwiſchen dem Bürgerſchaft durchbrach, indem Feldwebels

Schleierweber,

verheirathete.

Adel und der

er ſich mit einer Tochter des

Johanna Margaretha

Chriſtina ,

Zwar wird dieſe Dame an manchen Orten als

eine geborene Adlige aufgeführt , war es aber nicht.

Ihre

Kenntniſſe, ihre Gemüthlichkeit , ihre Schönheit und Tugend erſegten übrigens den Adel vollſtändig, was auch die Köni gin von Preußen , Louiſe, Gemahlin

Friedrich

Wilhelm

anerkannt zu haben ſcheint, mit der ſie bis in

einem

wahren

Graf Moriz von

freundſchaftlichen

zu

Verhältniß

III.,

deren

Tode

ſtand.

Der

Brühl befand ſich in der Lage, wie wir

wiſſen , wenig Rücficht auf den Kurfürſten von Sachſen neh men

zu brauchen ; allein

wäre, fo würde er

wenn

dies auch

nicht ſo geweſen

dennoch wahrſcheinlich diefe ſogenannte

Mißheirath geſchloſſen haben . Mehr Aufſehen , als die Brühl'ſche Vermählung machte dagegen

die des Barons von

Udermann .

Seine Geſchichte

iſt intereſſant, und wir werden deshalb etwas länger bei der = ſelben verweilen . Der Baron von Udermann ſtand als Kapitain bei der kurſächfiſchen Garde, war reich und inſofern als unabhängig zu betrachten , alsi ihm

kein

Vater mehr zur Seite ſtand.

Junge reiche Offiziere ſind auch lebensluſtig , heiter , jovial und verbringen

ihre Mußeſtunden , mit allerhand, kurzweiligen

Sachen , da in Friedenszeiten wenig bleibt.

Uđermann machte

für ſie zu thun übrig

keine Ausnahme.

Mit einigen

Freunden ,wars er bald hier , bald, da auf einer Parthie bes griffen , und daß dieſe Parthieen

immer

dahin

gingen , wo

guter Wein und hübſche Mädchen zu finden waren , verſtand fich von ſelbſt.

Das Hôtel zum

goldenen Engel Hatte dieſen

Engel nicht nur auf ſeinem Silde, ſondern

es war auch im

128

Innern deſſelben ein Solcher

der Geſtalt eines einfachen

in

Diefes Mädchen in natura vorhanden . durch ſeine in der That ſeltene Schönheit der Armuth,

Stubenmädchens ſchien

in welcher es geboren war, herausfordernd gegenüber getreten zu ſein , und

hatte auch zu dieſem

treuen Alliirten , welcher den

Kampfe fich mit einem

Namen Sittlichkeit führte, ver

Es iſt zwar nichts Selteneß , im

bunden .

ſogenannten

nie

deren Stande weibliche Weſen anzutreffen, welche in

fittlicher

Beziehung ſo ungemein hoch ſtehen , daß man nur

in einer

Verehrung zu ihnen hinaufzuſehen vermag und zu

gewiſſen

Ausſpruch

veranlaßt wird:

„ Dieſes Mädchen iſt zu ſchön für

einen Mann !"

unwillkürlich

weilen

zu

dem

Dadurch iſt auch der Glauben entſtanden , daß die Mädchen Engel feien , was ſie aber wohl nicht find. Margarethe Mül ler war kaum

fiebzehn Jahre alt, als der Kapitain von Ucker

mann von ihrer Schönheit hörte .

Mit einigen

ſeiner Waf

fengefährten fich verabredend, traf' er eines Tages ſchon in aller Frühe in dem Hôtel zum goldenen Engel in Dresden angeblich ſeinen

ein , um feiern .

Geburtstag in

Nur in den Morgenſtunden

Gaſtzimmer , um

folenner Weiſe zu

kam Margarethe in die

deren Reinigung zu

bewirken ; die übrige

Zeit des Tages wurde ſie in anderer Weiſe von ihrer Herr ſdhaft verwendet. von

Seinen

Vorhaben

ſeinem

aufgezogen oder

Freunden hatte der Baron

geſagt, um

Nichts

nicht durdy fie entweder

gehindert zu werden .

Margarethe war

im

Zimmer, als die jungen Herren erſchienen , entfernte fich aber ſo ſchnell , daß eben nur Uckermann vergönnt war, Kenntniß von ihrer Schönheit zu nehmen , da die Uebrigen keine Ah nung davon ſei.

Der

hatten , daß hier ein

Wein

floß in

ſolcher Engel vorhanden

Strömen , allein

der Baron

trank

nur ſehr wenig, da Margarethe Müller ſeine ganzen Gedan

129

ken

Sie erſchien übrigens nicht wieder.

Anſpruch nahm .

in

Als das Banquett Nachmittags aufgehoben wurde, waren alle dabei betheiligt Geweſenen

betrunken , Udermann von Liebe,

ſeine Freunde von

Es war überhaupt ein überaus

Wein .

theures Banquett !

Es

viel Geld , ſondern

auch Herz und

hatte den

jungen Baron nicht nur Verſtand

gekoſtet.

Er

mußte verſuchen, eine nähere Bekanntſchaft mit dem Mädchen erlangen .

zu

zen .

Das war aber der ſchwierigſte Punkt des Gan

Margarethe , welche kein

anderes

Erbtheil von

ihrer

Mutter empfangen hatte , als Schönheit und Tugend , ſchien die Abſicht zu haben , das Erbe mit der größten haftigkeit zu verwalten und floh ihr näherte. terte dem

Gewiſſen

daher jeden Mann, der fich

Alles , fich mit ihr in

Conner zu ſeßen , ſchei

Baron , zumal da der Befißer des Gaſthauſes kein

Seelenverkäufer war, wie man ſie heutzutage leider nur all zuoft antrifft und

tel finnen .

wie

ſie damals wahrſcheinlich

ebenfalls

Udermann mußte auf andere Mit Bald war er mit fich übereingekommen , fich in

vorhanden geweſen

Frauenkleider zu

ſind.

ſtecken

und auf dieſe Weiſe fich Eingang

bei Margarethe Müller zu verſchaffen . alle Erwartung vortrefflich.

Es gelang auch über

Er gab fich für eine Verwandte

von ihr aus und ward als Solche auch behandelt. des bei einer zweiten

Zuſammenkunft Statt

Im

Laufe

findenden

ſpräches deutete er leiſe darauf hin , ob fie nicht gefónnen fich bald zu verheirathen . entgegnete, daß man wenig

Ges ſet,

Margarethe wurde blutroth und

in Dresden nach einem

armen Mädchen

Fähe. 1

, Du irrſt Dich jeden Falls , meine liebe Muhme," ſepte Udermann herzlich . ren , welche neulich

vers

Ich weiß, daß unter den Offizie

hier bei Euch ein Banquett abhtelten , ſich

Einer befindet, der Dich über Alles liebt." Bertraute Geſchichte. Sadſen . 3. Bb.

9

130

rief das junge Mädchen .

„ Dummheiten ,"

kur

12 Ein

fürſtlicher Gardeoffizier und ein armes Dienſtmädchen !. „ Nun , nun , dergleichen Sachen ſind gar nicht ſo ſehr felten !

Hat nicht der Graf Moriß von Brühl auch ein bür

gerliches Mädchen geheirathet ?

Und der Graf Brühl iſt doch

weit mehr, als dieſer Kapitain." „ Heirathen ?" lächelte Margarethe.

rathen wil ?

Es heirathet fich

Wer ſagt Dir überdies, daß er mich hei

nicht ſo leicht.

Und wenn dem

fo wäre, würden es der Rur

fürft und die Eltern des Offiziers erlauben ? ..." ,, D ," rief der Baron , ſeine Rolle vergeffend, „ feine glü hende Liebe zu Dir wird alle Hinderniſſe zu beſeitigen vers ſtehen !" Die Art und Weiſe, wie Uckermann ſprach, fo wie ſeine Geberden, beſonders aber ſeine feurig glühende Augen der

endlich

Jungfrau

hatten

Aufmerkſamkeit herausgefordert .

Sie

blickte ihm eine Weile forſchend ins Angeſicht und ſagte dann gedehnt: „ Ich glaube gar, Muhme, Du biſt eine Abgeordnete die fes Offiziers. Wenn dem niemals entſchließen

ſo iſt, dann ſage ihm , daß ich mich

werde, ſeine Maitreffe zu werden , und

mich zu ſeiner Frau zu machen , dazu fehlt ihm Anſehn.

Sage ihm

Macht und

das und komm ' mir nicht wieder unter

die Augent, denn ich kann ein Frauenzimmer nicht achten , das fich zu derartigen

gemeinen Dienſten verwenden läßt." „ Gut,“ ſagte die Muhme, „ ja , der Baron von Uder

mann hat mich hierher geſendet, weil es ihm

ſelbſt durchaus

nicht gelungen iſt, einige Worte mit Dir zu wechſeln . – bitte

Dich nur um

Ich

die eine Gunſt, mich ruhig anzuhören ,

und findeſt Du auch dann noch , daß ich mich zu einer un

.

131

-

ehrenhaften Sendung habe gebrauchen

laſſen , dann mögeſt

Du mir in's Geſicht ſchlagen !" „ Gut, ſei es !" erwiderte nach einigem Nachſinnen Mar garethe ; „ ich werde hören . . . ." „ Der Baron von Uckermann, ein reicher und unabhän giger Mann, dem

die Güter Bendeleben und Weſenſtein

hören , liebt Dich ſo unausſprechlich, daß Verbindung mit

Dir Alles aufzuopfern

ge

er einer ehelichen bereit iſt.

Kannſt

Du ihn lieben , wie er Did liebt, ſo kann in wenigen Wochen die Hochzeit Statt finden . Das iſt Alles , was ich lagen habe, nun antworte. "

Dir zu

„ Ich kann es nicht glauben !" ſagte ſie endlich . , Verlangſt Du Beweiſe."

11 Nein , denn er würde ſie mir nicht geben können . . . Ich glaube feinen Worten nicht und damit iſt's abgemacht." ,,mein Gott,"

rief Uckermann , „ giebt es denn kein

Mittel, Dich von ſeiner Liebe zu ihm

überzeugen ? Erlaubſt Du

nicht, fich flehend zu Deinen Füßen zu werfen und Dich

feiner Liebe zu verſichern ? Lippen wird ihn dem

Ein

Ja von Deinen ſchuldloſen

Leben , ein Nein dem

Tode übergeben . ...

Tod und Leben haſt Du für ihn in Deinen Händen , gieb ihm das Eine oder das Andere, er bittet darum !" Sich nicht mehr felbft mächtig , warf ſich der nieder vor ſeiner Göttin und erwartete geduldig theilsſpruch.

Jüngling deren Ür

Sie konnte es jegt nicht mehr länger bezwei

feln , daß Udermann ſelber zu

ihren Füßen

lag , und wenn

fie Anfangs auch den Muth gehabt haben würde , ihn von fich zu weiſen , fo dachte ſie mindeſtens jeßt nicht mehr daran . ,,Steben Sie auf, Herr Baron ," ſagte ſie baftig , gebührt dieſer Plaß nicht!

Ihnen

Laſſen Sie uns vernünftig über

132

die Sache reden, und ich hoffe, Sie von einem den ſie gerathen

Abwege, auf

find, zurückzubringen ."

fich die Liebenden

Nach einer Viertelſtunde ſchon hatten

gegen Dieſe Verſtändigung beſtand in einem verſtändigt. ſeitigen Schwur ewiger Liebe und Treue. Der erſte Akt war vorüber, der zweite begann und endete bedeutend anders, als Perſonen des zweiten Aktes waren die Mut

man wünſchte. ter des

Barons von Udermann , der Kurfürſt von Sachſen

und der verliebte

Garde- Capitain .

Die verwittwete Baronin von Udermann febte feit dem geheimnißvollen Verſchwinden ihres Gemahls auf ihrem Gute Bendeleben ſchon den mit dem in den

in

ſtiller

Zurüdgezogenheit .

Zu ihr begab

fich

Tag nach der oben wiedergegebenen Unterredung ſchönen Stubenmädchen der verliebte Sohn , um

feurigften

Farben

ihr

nicht nur die Schönheit und Lies

benswürdigkeit ſeiner Dame zu

ſchildern , ſondern audy um

offen mit ihr von deren bürgerlichen Abkunft und ihrer un tergeordneten Stellung, welche ſie in der Geſellſchaft einnahm , zu

reden .

Die Frau Baronin war wie elektrifirt.

lich war ſie nicht im bringen .

Anfäng

Stande, auch nur ein Wort hervorzu

Nach und nach aber kam

ihr Blut wieder in die

ordnungsmäßige Bewegung, und ſie begann nun allen Ern ftes den Heren Sohn über das Unſinnige und Unmännliche ſeiner Abfichten zu belehren . Ein Baron dürfe fich nie fo weit vergeſſen , ſagte ſie, ſeine Liebe auf ein bürgerliches Mäd chen zu übertragen , ſelbſt wenn dies Mädchen zehn oder hun dert Mal reicher wäre, als er

ſelbſt.

Er

ſchände fich

und

ſeine ganze Familie und beweiſe, daß er ſeine hohe Stellung nicht begriffen habe.

Der Kapitain

unterbrach mit keinem

Worte feine Mutter , als dieſelbe jedoch ſchwieg ; fragte er in höchſt beſcheidener Weiſe, worin

denn eigentlich die Schande

133

läge, deren ſie erwähnt habe. Nach ſeiner Anſicht ſei Menſch Menſch, und der Adel habe gar keinen Werth, wenn der Menſch ſelbſt unadlige, d. h . unedle, Geſinnungen hege. Set ner Meinung nach ſei es aber unedel, ein Mädchen zurückzu weiſen , blos weil das Schickſal ihm zum

einen bürgerlichen Mann

Vater gegeben . „ Man muß ,"

entgegnete die Baronin -Mutter , „ ntes

mals vergeſſen , in welchem Stande man ſich bewegt, und darüber wachen , daß fich Niemand eindrängt, der dahin nicht gehört.

Als Mann von Adel kommſt Du in die beſten

Ge

fellſchaften , wo ein bürgerliches Mädchen fich nicht zu beneh men verſteht.“ „ Es giebt Ausnahmen !" wandte der Sohn ein . Nein !" ſagte die Dame, bereits im geregt über

den fortwährenden

Dieſe bürgerlichen Mädchen

höchſten Grade auf

Widerſpruch

ihres Sohnes.

haben gar keinen Begriff von dem

Tone, der in den feineren Geſellſchaften an der Tagesordnung iſt , da ihnen

jede Bildung fehlt, und ſie auch zu

einfältig

find, ſich noch zu vervollkommnen .“ „ Ich muß Mutter.

Ihnen

ganz entſchieden widerſprechen , meine

Es giebt bürgerliche Mädchen , die in jeder Bezie

hung höher , als ein adliges Fräulein ſtehen .

Sie brauchen

nur an fich ſelbſt zu denken , meine Mutter ! aud Ihr Vater gehörte dem ronin

Bürgerſtande an , und Sie wären niemals Ba

geworden , wenn Se. kurfürſtliche Durchlaucht die Ver

dienſte meines Vaters nicht durch ſeine Baroniſirung hätte an erkennen wollen . " Dieſe Bemerkung vorbringen hieß Del ins Feuer gießen . Frau Baronin von Uckermann

ſtammte aus Nordhauſen , wo

1

ihr Bater zwar Bürgermeiſter und ſehr reich war, dennoch aber zum Bürgerſtande

gehörte .

Ihr Sohn war der Erſte,

134

der es wagte, fie

an

ihre bürgerliche Abkunft zu

erinnern .

Ihr Zorn darüber war grenzenlos , wenngleich er nicht offen hervortrat. Sie erklärte dem jungen Mann mit einer bei: nahe teufliſchen

Ruhe , ſie werde , wenn

er

ihrem

Willen

entgegen ſich mit der „ Gaſthofsmagd," wie ſie Margarethe bezeichnete , verheirathen

würde, dieſelbe nie

als Schwie

gertochter anerkennen und ſie deshalb auch nie empfangen . C

Damit begnügte ſich

indeß die Baronin -Mutter

Sie fuhr ſofort nach Hofe und verſuchte, in dem

nicht.

Kurfürſten

felbſt einen Verbündeten gegen ihr eigenes Kind zu gewinnen . Friedrich Auguſt konnte bei ſeinem Uđermanns, fich mit einem

Adelſtolz über die Abſicht

bürgerlichen Mädchen ehelich ver

binden zu wollen , nur ungehalten ſein . Frevler" zu fich kommen .

geti„Sie wollen

Sich verheirathen ...."

Mit Erlaubniß Beste

Sofort ließ er den

Euer furfürſtlichen

fragte er. Durchlaucht, ja !"

Ich verbiete es Ihnen !“ ſagte der Kurfürſt und machte

eine Bewegung mit der Hand, die deutlich ſagte: Entfernen Sie Sich !

Udermann vielleicht glauben

ging, aber nicht niedergeſchlagen , wie man konnte , ſondern beiter und vergnügt.

Weigerung des Kurfürſten

hatte

Abſchiedsgeſuch aus kurfürſtlichem

er vorausgeſehen

Die

und ein

Militärdienſt bereits den

Tag zuvor dem Miniſter perſönlich übergeben .

Kaum

hatte

er das furfürſtliche Palais verlaſſen , als der Miniſter erſchien , um

ſeinem Monarchen Vortrag zu halten .

genheit kam

Bei dieſer Gele

audy das Abſchiedsgeſuch des Barons zur Sprache

und da er daſſelbe vor der Audienz mit Friedrich Auguſt III. eingereicht , ſo hatte dieſer

keinen Grund , es zurückzuweiſen . Herr von Uckermann ward als Major entlaffen . Vier Wochen

ſpäter fand ſeine Vermählung Statt, der nur ſehr wenig Per

135

ſonen

als Zeugen

adligen

beiwohnten ; die meiſten der eingeladenen

Herren und Damen entſchuldigten ihr Nichterſcheinen

mit nichtsſagenden , lächerlichen

Gründen .

des Majors war nicht gekommen .

Auch die Mutter

Gleich nach den Vermäh

lungsfeierlichkeiten ging das junge Ehepaar auf Reiſen , hielt fich längere Zeit in Paris auf und kehrte erſt nach Dresden zurüd , als die junge Baronin niſſe getreten war.

in beneidenswerthe Verhält= von Udermann , in

Die alte Baronin

Bendeleben wohnend, ſah ihre Schwiegertochter , welche mit ihrem

Gemahle auf Weſenſtein ein ebenſo gemüthliches , als

glüdliches Leben führte, während ihres Lebens nur ein Mal und zwar erſt dann , als

daſſelbe ſich

ſeinem

Ende nahte.

Jegt fah fie ein , wie Unrecht ſie gehabt und wie ſie dadurch ihr und

das Leben

ihrer Kinder verbittert habe.

eine Ausſöhnung Statt, die aber als daß ſie der alten

Es fand

keine andere Folge hatte,

Dame geſtattet, ein ruhiges Herz mit

hinüber in das Jenſeit zu nehmen . Die Ehe des Barons war, wie

angedeutet, eine höchſt

glüdliche geworden und von Gott mit vielen Kindern net, die meiſt Alle in ten .

den Dienſt außerhalbiger Staaten tra

Der älteſte Sohn z. B. war Oberhofmeiſter am

zu Sondershauſen . ben

geſega

Hofe

So lange die Eltern noch lebten , blie

die beiden Güter Bendeleben und Weſenſtein im

Befiß

der Familie, nach ihrem

Tode mußten dieſelben der Theilung

halber verkauft werden .

Bendeleben brachte ein Banquier in

Braunſchweig, deffen Namen wir nicht haben erfahren können , an fich, während Weſenſtein vom ſächſiſchen Könige Anton ge kauft wurde und auch jept noch im Beſiß der königlichen Fa milie ſich befindet. So ſtorr war im vorigen Jahrhundert der Adelſtolz, daß man darüber ſelbſt ſeine eigene bürgerliche Abkunft vergeſſen

136

und

das

Glück

ſeiner Kinder aufopfern

konnte.

Deshalb

werden in der damaligen Zeit auch nur äußerſt wenige Mesa alliancen angetroffen .

Unter der vorigen Regierung wurden

dergleichen

„ Unordentlichkeiten “

geahndet.

Nicht nur, daß Niemand vom Adel mit ihnen um

übrigens noch weit ſtärker

ging, ſondern der Kurfürſt beſtrafte fie fogar dadurch , daß er fie auf ihre Güter verwies, die ſie niemals verlaſſen Dies geſchah mit dem fen von der

Taube.

durften .

Baron von Rechenberg und dem Gras

Legterer hatte die Tochter des Burkertswal

Pfarrers Manitius geheirathet.

iſt übrigens keine Spur mehr in

Von

beiden

Familien

Sachſen zu finden . Wahr

ſcheinlich haben ſie ihre Güter verkauft und find nach Frank reich gegangen . Wie Alles durch die

Zeit verändert wird , ſo

erlitten

auch die Adelsverhältniſſe einen gewaltigen Umſchwung , und in unſerem nichts

jeßigen

Jahrhundert find Mesalliancen ſchon

gar

Seltenes mehr, die einzugehen, ſelbſt mehrere fürſtliche

Perſonen nicht zu

ſtolz waren .

In Sachſen ſind dergleichen

auch vielfach vorgekommen , hauptſächlich jedes Mal wegen des Geldes geſchloſſen , was man von den Medalliancen des vori gen

Jahrhunderts nicht behaupten

mählten ſich im 1,

Laufe dieſes

Graf von

kann .

In

Sachſen

ver

Jahrhunderts :

Boſe, Kammerherr

am

fächfiſchen

Hofe

und ſpäter Geſandter am Hofe zu Madrid, mit Fräu lein Clementine Blümner, einzige Tochter des reichen

Dr. Blümner zu Leipzig . 2.

Graf von liche

Ronow ,

Familie

in

Oberforſtmeiſter,

Sachſen ) mit

älteſte gräf

Fräulein

Johanna

Friedrich

. 3

Graf Marſchall von Biberſtein , Oberforſtmeiſter zu Morißburg , mit einem

engliſchen Fräulein Meliſh,

137

deren

Vater zuerſt Conſul in

merherr helm

am

preußiſchen

III. war.

Hamburg , ſpäter Kam

Hofe

unter Friedrich Wila

Die Familie des Grafen Marſchall ,

welche den Beinamen von Biberſtein von dem in ihrem Gute gleichen

Beſige befindlichen

Erzgebirge lag, ihr aber ſchon

Namens , das im

Ende des ſechszehnten

Jahrhunderts verloren ging, entlehnt hat, iſt auch mit dem

großen Reformator Dr. Martin Luther verwandt. Gutes ver

Nämlich der legte Beſiger des erwähnten

um die Mitte des ſechszehnten Jahrhun derts mit einer Enkelin dieſes berühmten Mannes.

mählte ſich

4.

Graf von Holzendorf, Bergcommiſſionsrath , mit Fräu

lein 5.

Thereſe Hänel.

Graf von Holzendorf, Amtshauptmann zu Pirna, mit Fräulein

6.

Antoniette Törner .

Gräfin von Holzendorf mit Dr. Hobeda . Der Adelſtolz ſtand

indeß nicht vereinzelt da.

auch einen Beamtenſtolz , einen gerftolz u . f. w .

Es gab

Staufmannsſtolz, einen Bür

Ganz wird ſich dieſer Kaſtengeiſt überhaupt

wohl niemals verlieren , wie es

auch keinen

Ort in

Europa

giebt, wo er nicht vorhanden wäre; allein es findet doch hier und da eine Verſchmelzung der Stände Statt.

In Sachſen

war dies zu der Zeit, von welcher wir reden , nicht der Fall . Jeder Stand bewegte fich in ſtreng abgeſonderten niſſen , und die Mitglieder des Einen in die Verſammlungen des Anderen .

hatten

Verhält

keinen

Zutritt

Eine Ausnahme hier

von machten nur die gelehrten , literariſchen und künſtleriſchen Männer , wenn

ſie etwas Großes leiſten

konnten

und Ruf

hatten . Sie lud man bald in dieſe, bald in jene Geſellſchaft ein , nicht aus Achtung vor der Größe ihres Geiſtes oder vor der

Gewandtheit ihres

künſtleriſchen

Genies,

ſondern

nur

138

um

ſich angenehm

unſer Friedrich Jahren im

unterhalten zu laſſen .

von Schiller , welcher ſich

in Dresden beim

Freiheitskampfe von 1813–15

des deutſchen

in

den achtziger

Appellationsrath Körner, Vater des

ner , aufhielt, daß die Kurſachſen würdigſten

Deshalb ſagte auch

gebliebenen Theodor Kör keineswegs zu

Volkes gehören .

den

liebens

Die Verhältniſſe

haben Alles zertreten und vernichtet, ſo daß man ſich in Sach ſen nie wohl befinden wird . Jean

Paul Richter , welcher im

Jahre 1798

in

Leipzig

fich aufhielt und einen Ausflug nach Dresden machte, ſchrieb an

einen

ſeiner Freunde:

„ Ich habe den Königſtein und ſeine natanda und vi denda geſehen , und war erfreut , aber nicht außer mir. Ueber die neuen Weltkugeln und Weltfonnen

in der Bil

dergalerie follſt Du noch aſtronomiſche Ephemeriden Ich habe die Antiken geſehen , gleichſam

haben .

die andere Hemis

phäre der Abgüſſe, die wir geſtern wieder verklärt bei Fackel ſchein

Nachts zehn Uhr beſuchten , ferner das Naturalienca

binet –

die

fürftliche heilige Familie nebſt dem

plattge

drücten Hoftroß in der katholiſchen Kirche an der Himmel fahrttagsfeier , wo zugleich das Kind einer Prinzeſſin hin eingetragen wurde, u . f. w .

Ich habe viele Bekanntſchaften

gemacht, aber keine von Bedeutung, u . f. w .

Ich kann

Dir aus Dresden nur meine Diner- und Souper-Wirthe, nicht ihre Gäſte nennen .

Geheimer

Kath

von

von Manteuffel , wo ich die originelle Frau von fah , welche die Freundin

Cuſtine's * ) war und

Broizem , Schlegel Böhmers

* ) Cuſtine, Graf 4. B. von, ein Mann , der ſchon in ſeinem ſiebenten Lebensjahre Lieutenant beim Regiment St. Chamans war. Mit dem Mar ſchall von Sachſen machte er den niederländiſchen Feldzug mit. Einen Theil des ftebenjährigen Krieges machte er als Hauptmann des Regimentes

139

Tochter ift. *) Miniſter von Wurmb, Einſtedel aus Wei mar Becker. Bei Radwig war ich und zu Hofmar ſchall von Boſe follt ' ich und zu anderen , konnt aber nicht. Tage hatt' ich allein vom Freitag bis zum

Meine ſchönen Pfingſttag

in

Königsbrück bei der Gräfin Münſter und

einer ungemein ſchönen Frau von Ledebur, in die ich mich drei lieblichen

in

Tagen

als

der einzig daſeiende Mann

gehörig verſchoß, mit welchen Beiden ich am Montag nach dem

himmliſchen Seifersdorfer Thale fuhr , wo die B.**)

auch ankam .“ u . f. w .

Daß Schriftſteller nur aus dem benen

Grunde zuweilen

von uns oben angege

eingeladen wurden , beſtätigt ſowohl

Theodor Körner, als auch Friedrich von Schiller.

Um

jene

Scomberg mit. In ſeinem zweiundzwanzigſten Jahre war er bereits Oberft eines Dragonerregiments , das nach ſeinem Namen genannt und von ihm bis 1780 commandirt wurde. 1793 war er in Mainz, wo er auch die Bekanntſchaft der Frau von Schlegel gemacht. Noch in demſelben Jahre wurde er vom Revolutionstribunal in Paris zum Tode verurtheilt, haupt fächlich durch die falſchen Anklagen Marats und Varemes. *) Frau von Schlegel war nicht die Tochter Dr. Böhmers, wie Jean Paul Richter angiebt , ſondern deſſen Gattin geweſen , der aber , wie es ſcheint, früh verſtarb. Auguſt Wilhelm Schlegel vermählte ſich erſt ſpäter mit ihr , ließ fich aber ſchon im Jahre 1801 von ihr gerichtlich ſcheiden. Da er nun erſt mehrere Jahre nach der Scheidung geadelt worden , ſo hatte die Dame unbezweifelt kein Recht', fich Frau von Schlegel zu nen nen . Im Jahre 1819, wo Schlegel bereits zweiundfunfzig Jahre alt war , verheirathete er ſich noch einmal mit der Tochter des Kirchenraths Paulus zu Heidelberg , allein auch dieſe She ward nach Jahresfriſt wiederum ges trennt. Frau Schlegel war die Tochter von Johann David Michaelis, geheimer Juſtizrath und Profeſſor der Philoſophie zu Göttingen , welcher 1791 daſelbſt ſtarb. **) Emilie von Barlepích , eine Dame, die von Jean Paul Richter beſonders hochverehrt wurde und welche auch ihn gern gehabt zu haben deint.

140

Beit

veröffentlichte

der

von Funk die von ihm ohae

feinen

Namen

ungeachtet man

ſpäter

zum

General ernannte Herr

verfaße Geſchichte Kaiſer Friedrich II., als Autor zu nennen , den man

fich

viele Mühe

auch ,

gab, nicht heraus bekam .

Körner ſchrieb deshalb an Schiller und ſagte beſonders : „ Halte ſeinen Namen geheim ; Schriftſtellerei iſt bei uns in Civil und Militair verrufen , und er (von Funk) muß jeßt auf's Avancement denken .“ u . 1. w . 4. October Schiller ſchreibt dagegen 1792 am

an

Körner : Dein wenn

Namen

muß durchaus unbekannt bleiben , auch

Du über Materien

fchriebeft, die mit Deinem

Amte

in der engſten Verbindung ſtehen und die Ariſtocratie auf's Tapferſte vertheidigteft; denn von jeder Linie, die Du drucken ließeſt, würde man

glauben , Du habeft die Zeit dazu Deinen

Geſchäften geſtohlen ." Einige

Jahre darauf erſchien

Johann

Gottfried von

Herder in Dresden , der kurz zuvor vom Kurfürſten von Bai ern

nobilirt worden war.

Körner ſchreibt am

5. Septem

ber 1803 an Schiller Folgendes über ihn : „ Ueber meine Erwartung

hat

Herder hier bei der

vornehmen Klaſſe und ſelbſt bei der herrnhutiſchen Parthei Glück gemacht.

Es war natürlich, daß er ſich bei Leuten

von Einfluß angenehm in

kurſächſiſchen

zu machen

Dienſten

ſuchte, da fein

Sohn

iſt ; *) aber er treibt dies

mit viel Leichtigkeit und Gewandtheit. Geſpräch bemerkt man bei ihm

Bei dem

keine Langeweile .

Etwas dazu , das beſſer iſt, aber doch nicht ſo

auch

platteſten Er ſagt ſehr fich

über das Gemeine erhebt, daß man darüber ſtußt.

Er iſt

* ) Derſelbe ſtarb am 29. Januar 1838 als Oberberghauptmann in Freiberg, nachdem er vorher noch zum Baron von Herder gemacht worden war.

141

noch hier und beſchäftigt ſich mit ſpaniſcher Literatur, wovon er Etwas auf der Bibliothek gefunden hat. Schilfers Antwort hierauf iſt originell: „ Deine Schilderung," ſchreibt derſelbe , ſtellt mir ihn ganz dar : er iſt zu einem liſchen Prälaten

don Herder

vornehmen katho

geboren , genialify flach und oratoriſch ge

ſchmeidig, wo er gefallen will."

Ne u n t es fa pite l. Marl Auguft Böttiger. Franz Volkmar Reinhard . Wilhelm Gott lieb Becker. Johann . Gottlieb Fichte. Der Beſandtenmord zu Kaftadt. Die fäch Fichte's Urtheil über Sachſen . Der Inſpector Matthāi. Staatsſchulden . fiſche Ständevertretung. Jahre 1804 ward Karl Auguſt Böttiger als Stu

Im

diendirektor der

Ritterakademie mit dem

Dresden berufen .

Hofrathstitel nach

Er hatte bis dahin in Weimar, dem Sam

melplaß der damaligen ſchönen Geiſter, verweilt.

Auch dieſer

Mann hat es unternommen , eine Kritik der fächfiſchen Ver hältniffe zu geben , und wenn dieſelbe auch urſprünglich nur für ſeinen gelehrten

Freund

Johannes von Müller

beſtimmt

geweſen iſt, ſo iſt ſie doch ſpäter in die Deffentlichkeit über gegangen . an den

Gleich zu

genannten

Anfang ſeiner Anweſenheit ſchreibt er

Freund :

„ Die Adelshierarchie iſt in Dresden eiſern. mit einer häßlichen

Rabale zu kämpfen

haben .

Ich werde Der erſte

142

Marſchall iſt ſehr dadurch aufgebracht, daß man ihn gar nicht, ſondern den

Oberhofprediger Reinhard

bei meiner

Anſtellung befragte. Der gute Wille des Miniſters Löben und des biederen Kurfürſten ſelbſt kann mich nicht ſchüßen , wo keine legale Klage möglich iſt.“ Etwa ein halbes

Jahr ſpäter ſchreibt er an denſelben

Gelehrten :

An einen ſchnellen

Ideenumlauf, an freie Diskuſſion ,

an rege Theilnahme für hiſtoriſche und äſthetiſche Kunſt fragen iſt hier, wo eigentlich nur Akten geleſen und deſtil lirt werden , gar nicht zu denken .*) Indeß genießt man doch der uneingeſchränkteſten Denk- und Preßfreiheit, und auf den Poſten werden

keine Briefe geöffnet.

Marcolini

iſt von ſaugenden Schmarozerpflanzen umſtrict. — Manſo aus Breslau konnte man zum Rektor der Kreuzſchule haben , legte aber ein

Landeskind, der

Bürgerſchule war, darum rath Ales bender

gefallen

Rektor

an

an , weil fich dieſer vom

laffen muß .

Thätigkeit und muthiger

Von

einer

Stadt

Reinhard's albele

Oppoſition erhält

der

Leuchter der Aufklärung faſt allein feine Lebensluft." Einige Monate ſpäter : „ Unterinſpector

von

Bedfer

Kinder des. Oberkammerherrn

iſt der

Hofmeiſter der

(Graf von

Marcolini) ge

worden ! Dieſer , als Chef der Sammlung, zahlt mit der Münze, die ihm

Nichts koſtete , und empfahl den , der nie

vorher von Antiken einen

Begriff gehabt hatte , zu

Beckers

Gehilfen und Nachfolger.“ Dieſe vertraulichen von uns citirten Mittheilungen man

darf

immer nur als die individuelle Anſchauung eines Eins

*) In dieſer Rede Böttigers liegt gerade eine Belobigung der bama ligen turſäcoftſden Gerechtigteit.

143

zelnen

betrachten .

Wenn

ſie aber auch überall aus einer

richtigen Anſchauung hervorgegangen ſind, ſo darf man doch nie vergeſſen , daß ähnliche Verhältniſſe angetroffen

wurden

und zum

in übrigen Landen

Theil noch

jeßt angetroffen

werden .

Will man alſo daraus folgern , daß das Leben in

Sachſen

etwas Unleidliches hatte oder daß

es unangenehmer

war , als irgend wo anders , ſo würde man mindeſtens den Vorwurf der Vorſchnelligkeit und der Partheilichkeit auf ſich laden .

Die Strenge, welche wir in den herangezogenen

Ur

theilen überall antreffen , dürfte wohl hauptſächlich dadurch entſtanden ſein , daß betrachtet wurden .

die Gelehrten

eben

nur als Gelehrten

Es giebt noch heute dergleichen Perſonen,

die da glauben , ſie feien wegen

ihres mehr ausgebildeten

Geiſtes, Talentes oder Genies, mehr noch, als Landes.

der Fürſt des

Karl Auguſt Böttiger, berühmt als Archäolog, iſt 1760 zu

Reichenbach

im

ſächſiſchen

Voigtlande geboren .

Sein

Vater war bei der dortigen Schule als Konrektor angeſtellt. Seine philologiſche Bildung empfing er zu Schulpforta und beſuchte nachher die Univerſitäten zu Leipzig und Göttingen . Später wurde er Hofmeiſter eines Herrn von Pfeilig.

Aus

dieſer Stellung ſcheidend , ward er Direktor des Gymnaſii zu Baußen , dann zu 'Weimar, woſelbſt er auch zum fiftorialrath ernannt wurde.

Ober-Con

1809 ward er , wie wir oben

ſchon geſagt, Studiendirektor der Ritterakademie in Dresden . Der Oberhofprediger Franz Volkmar Reinhard , deſſen Böttiger in war am im

ſeinem

Briefe an

12. März 1753 in

Herzogthum

geboren . theilte ihm

Johannes von Müller gedenkt, Vohenſtrauß, einem

Marktflecken

Sulzbach, woſelbſt ſein

Vater Prediger war,

Die erſte Erziehung und den

erſten Unterricht er

ſein Vater, welcher durch das ausſchließliche Leſen

144

der Bibel in

ſeinem

religiöſen

tiefen

Sohne einen

Sinn,

durch den gründlichſten Sprachunterricht eine genaue Bekannt ldhaft mit der

Philologie und durch

Gewöhnen

frühzeitiges

an logiſches Denken die bewundernswürdigſte Gewandtheit Im und Sicherheit im Denken und Handeln begründete. Jahre 1773 bezog er die Univerſität Wittenberg, 1777 ha bilitirte er ſich

Adjunctus der philoſophiſchen

1778

Fakultät.

Nachdem

vorzüglich durd feinen ward

philologiſche und philoſophiſche Vorleſungen

Scharfſinn und er zum

ſeine Gelehrſamkeit

ordentlichen Profeffor

bewieſen hatte ,

der Theologie ernannt.

Jahre 1792 ward er von der fächſiſchen Regierung nach

Dresden berufen und zum

Oberhofprediger , Kirchenrath und

Oberconſiſtorialaffor ernannt, was er auch bis zu ſeinem 6. September

1812

erfolgten

Tode blieb.

ftolz auf einen ſolchen Mann ſein . er

er

1780 an als außerordentlicher Profeffor der Philoſophie

von

Im

daſelbſt als Magister legens, und würde

Nichts , was mit

ſtritt.

den

klaren

Sachſen

am

konnte

In der Theologie billigte Behauptungen

der

Bibel

Er ſagte von ſich ſelbft : i Da ich die Bibel fchon als Kind geleſen , fie als

Wort Gottes an

die Menſchen

geleſen

und ſie ſo zu ge

brauchen nie aufgehört; ſo war ſie nur ſo heilig, ihr Anſehn mir ſo entſcheidend geworden , daß ein Saß, der ihr widers ſprach , mein Religionsgefühl ſo ſehr empörte, als eine un fittliche Behauptung meinen moraliſchen Sinn."

In

ſeinem

Sterbefahre, wo Tauſende threm

Glauben

untreu wurden , ſchrieb er : „ Der Glauben , daß eine höhere Macht die Begeben heiten der Welt lenkt und zulegt einen erwünſchten Ausgang

herbeiführt, iſt der Einzige, woran man ſich unter dieſen : Umſtänden halten kann .

Glüdlich, daß ich ihn habe, dies

145

ich

fen Glauben , ſonſt weiß würde."

Zweck ſeiner

Auch über den

nicht, wie

gehen

es mir

Predigten , hat fich dieſer Er ſagte , indem

merkwürdige Mann deutlich ausgeſprochen . er zu fich ſelbſt ſprach :

„ Könnteſt Du auf der Kanzel ſo ſprechen , daß Deine ſtrenggeordnetes , in allen ſeinen Theilen

Rede allezeit ein

feft verknüpftes und

in

der natürlichſten

Ordnung fort

fdhreitendes Ganzes wäre; fönnteſt Du allezeit einen effanten , in

einem

nahen

inter

Zuſammenhange mit den wich

tigſten Angelegenheiten Deinen Zuhörer ſtehenden und für das Leben

fruchtbaren Stoff behandeln ; könnteſt Du dies

ſo thun , daß kleideft, die ihn tigſten

und

Du jeden im

Gedanken

immer in

die Worte

ganzen Schaße der Sprache am

treffendſten

bezeichnen ; könnteſt Du

rich

folglich

beim Lebren immer den faßlichften , beim Beſchre is ben den anſchaulichften , beim

Ermahnen den kräf

tigſten , beim Warnen den erſchütterndſten , beim Tröſten den beruhigendſten Ausdruck finden ; könnteſt Du Dich

der Sprache ſo bedienen , daß jede Schattirung

der Begriffe, jeder Wechſel

der

Gefühle, jede Weigerung

des Affekts durch ſie ſichtbar würde, und immer die Seite des Herzens träfe, die angeregt werden endlich Deiner Rede

eine Fülle

foll ; könnteſt Du

ohne Wortſchwall , einen

Wohlflang ohne erkünſtelten Rhythmus, und einen leichten , ungehinderten , Ohr

und

Herz gleichſam

überſtrömenden

Fluß verſchaffen und ſo würde das Beredtſamkeit ſein , die fich für die Ranzel ſchickte ; *** für den Verſtand , behältlich

Dein

Vortrag würde deutlich

für das Gedächtniß , weckend

für das Gefühl, ergreifend für das Herz fein ; Du würdeſt von der Religion mit der hohen Vertraute Geſchichte. Sachſen . 3. Bd.

Einfalt, mit der edlen 10

146

Würde und mit der wohlthätigen der man von

ihr ſprechen

Wärme ſprechen , mit

ſoll."

Die beſte Biographie von Böttiger 1813 felbft geliefert.

Reinhard

hat Karl Auguſt

Reinhard war einer jener

Geiſtlichen , wie ſie ſo ſehr ſelten getroffen werden und wie fie Alle ſein ſollten . Wilhelm Gottlieb berg

im

Becker im Schönburg'ſchen zu

Jahre 1753

geboren

und am

Calem

3. Juni 1813

zu

Dresden als königlich fächfiſcher Hofrath und Antiken - Inſpec tor geſtorben ,

und

Dichter bekannt.

1773 bis 1776 ſtudirte er in Leipzig ; ein

iſt als

Shriftſteller

Jahr darauf er

hielt er einen Ruf als Lehrer am

Philanthropin nach Deſſau ,

den er auch annahm .

Jahr lang verweilte er in

dieſer Stellung. reiſte

Nur ein

Er begab

Frankreich und

ſich nach

Italien .

Im

der Schweiz und be Jahre 1782 erhielt er

die Stelle eines Profeſſors der Moral bei der Ritterakademie zu

Dresden , welcher er dreizehn Jahre mit beſtem

vorſtand; dann machte Antikengalerie und

ihn

des

der Kurfürft zum

Münzcabinets

Titel eines Inſpectors ; 1805 bekam

und

er auch

Erfolge

Aufſeher der gab

ihm

den

noch die Auf

ficht über das grüne Gewölbe. Seine Xemter behielt er bis zu ſeinem Tode bet. Wir haben Brühl'ſchen

früher ſchon einmal bei Beſchreibung des

Regiments

in

Sachſen die Behauptung

aufge

ſtellt, daß wenn dieſer Rurftaat es gewollt hätte, er ſich un bedingt zu einem

tonangebenden

Europas hätte machen

kön

nen , wenn er dafür beſorgt geweſen wäre, die großen Geiſter , ftatt ſie zu

vertreiben , an

ſich zu

feſſeln .

Ueberal

wir die Beläge für dieſe Behauptung , felbft unter gierung

Friedrich

felber Schuld an

Auguſt

III.

finden der Re

Der Fürſt des Landes hat

dergleichen Nachtheilen , dieſe trifft in der

147

Regel nur die Miniſter , die , aus Furcht, fie könnten ver drängt werden , die als Hinderniß fonen entfernen .

von ihnen betrachteten Per

Wende man uns nicht ein , dergleichen Un

gerechtigkeiten dürfen unter einem gerechten Monarchen nicht vorkommen . Sie tragen ſich überall zu . Der Fürſt kann unmöglich ſich um

jedes Einzelne ſpeziell fümmern ; er muß

fich bei den meiſten Angelegenheiten Diener verlaffen .

auf den Bericht ſeiner

Eine ſoldie vertriebene Perſönlichkeit war

auch der als Philofoph bekannte Johann Gottlieb Fichte, geboren ſchofswerda

in

der Oberlauſiß am

zu

Rammenau bei Bi

19. Mai 1762.

Er er

hielt feine Erziehung durch dieUnterſtüßung des Herrn von Miltiz. Später beſuchte er die Schlupforte, ſtudirte in und Wittenberg , hielt fich dann

einige

Jena, Leipzig

Jahre privatiſirend

in der Schweiz und in Preußen auf, wo er auch Kants Be kanntſchaft machte .

Nachher ward er in Jena

Profeſſor und

ſchrieb einen Aufſap : „ Ueber den Grund unſeres Glau benis an

eine göttliche Weltregierung.“

Shrift fiel er in den art.

Verdacht einer irreligiöſen

Durch dieſe Denkungs

Man leitete eine peinliche Unterſuchung gegen

ihn ein ,

in welcher er aber dennoch frei geſprochen wäre, wenn er nicht in dünkelhaftem Uebermuth der Regierung damit ges droht hätte, ſeine Stelle niederlegen zu wollen . Er wurde fofort aus feinem ſpäter

Amte entlaffen

und erhielt einige

Tage

ein

Ausweiſungsdekret, wie Einige behaupten , durch Nichts aber bewieſen wird, auf befondereg Andringen des am weimar’ſchen Hofe befindlichen Geſandten Sachfens. Er ſtarb am

29. Januar 1814

Berlin

in

als Profeſſor an der Univerſität zu

Folge eines Nervenfiebers .

Der Annahme, daß

ſeine Verweiſung Sachſen bewirkt

hatte , huldigte Fichte ſelbſt.

Es kann alſo

nicht wundern , 10 *

148

wenn ſein gefallen

Urtheil über ſein Vaterland ziemlich ſtrenge aus Es datirt überhaupt aus

iſt.

Europa- fich einem

verübten Geſandtenmordes überließ. des bereits

in dieſem

Formio zwiſchen am

einer Zeit, wo ganz

wohlgerechten Zorn wegen

Werke erwähnten

Friedens zu

Campo

Frankreich und Deſterreich ward zu Raſtadt

9. Dezember 1797 unter Preußens und Deſterreichs Mit

wirkung ein Congreß zur Abſchließung eines fchen

des zu Raſtadt

Nach der Abſchließung

Frankreich und dem

Friedens zwi

deutſchen Reiche eröffnet .

Erſtres

machte aber zu hohe Forderungen , Defterreich zog wieder eine Heeresmacht zuſammen und die Friedensunterhandlungen zer ſchlugen fich ohne andre Folgen , als daß hier zuerſt die Idee der nachmals vollzogenen Verweltlichung der geiſtlichen Reichs länder in Anregung gebracht wurde.

Dieſem Kongreß Wohn

ten drei franzöſiſche Geſandten bei, und zwar Roberjot, Bon nier und Jean de Bry . die

Deputation

franzöſiſchen

des

Am

23. April

deutſchen Reichs

Geſandten

ließen

für ſuspendirt.

ſich von

Direktorialgeſandten , Freiherrn von ſtellen und reiſten am

1799 erklärte fich

dem

Albini, ihre Päſſe auß

28. April Abends ab.

Kaum

fie die Vorſtadt etwa 200 Schritte hinter ſich , als dem

Wege nach Plittersdorf von einem

Huſaren überfallen wurden . ermordet.

Während man

ſtarken

hatten ſie auf

Trupp Szekler

Roberjot und Bonnier wurden

ſich ihrer Papiere bemächtigte und

ihre Leichname plünderte, floh

Jean

de Bry mit dem

ſandtſchafts -Secretair Roſenſtiel zurück nach Raſtadt. waren verwundet.

Ge Beide

So offen dieſe brutale That auch verübt

worden iſt, ſo hat ſich doch angeſtrengten

Die

kurmainz'ſchen

trotz

der vom

Unterſuchung nicht erweiſen

Erzherzog Karl laſſen , wer deren

Urheber war, mindeſtens wurde die Unterſuchung plöglich ge ichloſſen.

Man

hatte wahrſcheinlich

zu

tief

geſehen .

Der

149

preußiſche Wilhelm

geheime von

Rath

und

Dohm , welcher

Kongreß vortrat, mußte im fchen Korps einen veröffentlichen . von

Kammerpräſident Chriſtian auf dem

Raſtadter

Auftrage des ganzen

diplomati

authentiſchen

Preußen

Bericht über dieſe Gräulthat

Einige behaupten , die Huſaren

franzöfiſchen

Emigranten

gedungene

und

ſeien nur verkappte

Meuchelmörder geweſen , was dahin geſtellt bleiben muß. Fichte ſchreibt zu jener Zeit, am drei Wochen nach dem

22. Mai 1799 , alſo

Geſandtenmorde :

Ermattung und Ekel beſtimmen mich zu ſchluffe , für einige

Jahre ganz zu verſchwinden .

jeßt nicht verſtummen .

dem

Ent

Ich darf

Es war mir ſeit der Verbindung

Rußlands mit Deſterreich ſchon längſt wahrſcheinlich, was mir nunmehr durch die neueſten Begebenheiten und beſon bers

feit dem

hier

( in

gräßlichen

Geſandtenmorde (über den man

Weimar) jubelt und über welchen S. und G.

ausrufen :*) „ fo

iſt's Recht , dieſe Hunde muß man todt

ſchlagen !" ) völlig gewiß

iſt, daß der Despotismus fich von

nun an mit Verzweiflung vertheidigen wird, daß er durch Paul**) und Pitt***) conſequent wird, daß die Baſis fei nes Planes die iſt, die Geiftesfreiheit +) auszurotten daß die Deutſchen ihm erſchweren werden .

und

die Erreichung dieſes Zweckes nicht

Glaube nicht, daß der weimar'ſche Hof

* ) Dr. Vehſe deutet auf Schiller und Gothe hin . Sie können aber damit nicht gemeint ſein. Mindeſtens würden wir es nicht wagen , ihnen folche robe Aeußerung in den Mund zu legen . **) Kaiſer von Rußland. *** ) William

Pitt, engliſcher Miniſter.

†) Karl Auguft Böttiger Gegentheil.

behauptet in

Bezug auf Kurſachſen das

150

geglaubt hat, der Frequenz der Univerſität werde durch meine Gegenwart geſchadet werden ; er weiß zu wohl das Gegena ajitheil.

Er hat zufolge des allgemeinen beſonders von Kura

fachſen kräftigſt ergriffenen Planes mich entferen müſſen .*) Ein

Eingeweihter**)

gen , daß

dieſer

Geheimniſſe

ich zu Ende dieſes

Jahres

Burgsdorf +) ſchon

gewonnen

Vom

worden .

gegen

Erulant ſein würde.

Voigt ***) iſt durd

zu Dresden

iſt ſchon

Jahres eine anſehnliche Wette eingegan =

Ende des vorigen

längſt gegen mich

Departement der Wiſſenſchaften

iſt bekannt gemacht worden , daß Keiner, der

ſich auf die neuere Philoſophie lege, befördert werden , oder & wenn er es ſchon

iſt , weiter rücken folle.

In der Frei

a fchule zu Leipzig iſt ſogar die Roſenmüller'ſche Aufklärung bedenklich

gefunden worden ; Luthers Katechismus iſt dort

I wieder eingeführt und die Lehrer find von Neuem auf die ſymboliſchen Bücher confirmirt worden . Das wird weiter

gehen

und fich verbreiten .

In Summa , es

iſt nichts

54 gewiffer, als das Gewiſſeſte, daß , wenn die Franzoſen nicht die ungeheuerſte Uebermacht erringen und in zi wenigſtens einem sänderung

beträchtlichen

durchſeßen , in

Deutſchland,

Theil deffelben , eine Ver

einigen

Jahren

in

Deutſchland

kein Menſch mehr, der dafür bekannt iſt, in ſeinem einen

freien Gedanken

gehabt zu

Leben

haben , eine Ruheſtätte

* ) Durch Nichts bewieſen . ** ) Wer ? Würde diefe Behauptung gegründet ſein , ſo hätte auch Fichte wiffen müffen , wer der „ Eingeweihte“ war , und da dieſer Brief an eine Privatperſon gerichtet, ſo würde er keinen Augenblick angeftanden haben , den Namen zu nennen. So ſcheint es nur ein einfaches Weiberges ichwäß, das ihm hinterbracht war . ***) Miniſter am weimarſchen Hofe. +) Minifter und ehemals Lehrer Friedrich Auguſt III,

151

finden wird. -

Es iſt mir alſo gewiffer , als das Gewiſ

feſte , daß, fände ich auch jekt irgendwo ein Winkelchen , ich dodh in einem , höchſtens in zwei si werden würde ; und

es iſt

n Drten fortjagen zu laſſen ; dies Beiſpiel.

Jahren wieder fortgejagt

gefährlich , fich an mehreren lehrt hiſtoriſch Rouſſeaus

Geſegt, ich ſchweige ganz, ſchreibe nicht das Ge

1 ringfte mehr ; wird

man mich unter

dieſer

Bedingung

s ruhig laſſen ?

Ich glaube dies nicht, und gefegt; ich könnte

st dies von den

Höfen hoffen , wird nicht die Geiſtlichkeit,

sowohin ich mich auch wende , den Pöbel gegen mich auf li heben , mich von ihm ſteinigen laſſen , und nun die Regierung bitten , mich als einen Menſchen , der Unruhen erregt, zu entfernen ?

Aber darf ich denn ſchweigen ?

Nein ,

i das darf ich wahrlich nicht; denn ich habe Grund, zu glau ben , daß , wenn noch etwas gerettet werden kann des deut

sa fchen

Geiſtes, es durch meine Reden

rund durch mein Stillſchweigen pa zu

frühe

zu Grunde

-

traue, daß

fie mich

gehen würde. ſchweigend

gerettet werden kann ,

die Philoſophie ganz und ich nicht zu

Denen

würden

eriſtiren

laſſen ,

te traue ich noch weniger zu , daß fie mich werden reden laſ fen .

Aber ich werde fie von

Lehre überzeugen .

der Unſchädlichkeit meiner

Lieber Reinhold ! wie Du nur ſo gut

von dieſen Menſchen denken

kannſt !

Je klarer ich werde,

je unſchuldiger ich erſcheine, deſto ſchwärzer werden ſie und deſto größer wird überhaupt mein wahres

Vergehen .

Ich

habe nie geglaubt, daß fie meinen vorgeblichen Atheismus verfolgen ; ſie verfolgen in mir einen

Freidenker , der an

fängt, fich verſtändlich zu machen , und einen Demokraten ; es erſchrect fie, wie ein

verſchrieenen

Geſpenſt, die Selb

ftändigkeit, die, wie ſie dunkel ahnen , meine Philoſophie wirkt."

152

Es find freilich aus ſeiner Zeit auch wahre Mittheilun gen über Ungebührlichkeit vorhanden , welche ſich einzelne Be amten , beſonders aber die Gardeoffiziere haben zu Schulden kommen

laſſen .

Mann breit,

Von

den legteren ſagt man , daß fie neun

gefolgt von ihren

entlang geritten ſeien und den bis zu ihnen

den in

Häuſerreihen

Reitknechten , die Straßen friedlich wandelnden

zurückgedrängt und

Bürger

dem , welcher

gerechter Entrüſtung widerſprach, einige Peitſchen

biebe verabreicht hätten .

Unwahrſcheinlich iſt dies nun eben

nicht; daraus aber , daß einzelne Perſonen eines ehrenwerthen Standes unmannierlich fich betragen , den Schluß zu ziehen, daß daſſelbe bei allen Uebrigen der Fall ſei, würde mindeſtens vorſchnell fein. Karl Auguſt Böttiger erzählt auch , als im

Jahr 1791

bei Gelegenheit der Verſammlung deutſcher Fürſten niş , Friedrich Auguſt III. den Monarchen

zu

Pill

die Antikenſamm

lung habe zeigen wollen , er die Thür verſchloſſen und den damaligen Inſpektor Wader im

Weinhauſe fand .

In Georg

Förſters Tagebuch finden wir auch ein Stüchen von der Beamtenwillkür in Kurſachſen . Der Bildhauer und Inſpek tor des Meng'ſchen Gipscabinets zu Dresden Matthäi, Vater des im

Jahre

1809 bei der Dresdener Akademie als Pro

feffor angeſtellten genialen Friedrich Matthäi, war durch ſeine Grobheit und Ungezogenheit , welche er ſich beſonders gegen Fremde erlaubte, bekannt und durch ſeinen ſchmußigen Geiz ver rufen .

Dieſer Geiz erſtreckte fich ſogar ſo weit, daß er, um

reiche Trinkgelder zu

erzielen , die Bilder ohne Angabe der

Namen ihrer Verfertiger anhängen ren Drts hierzu daran .

ließ ; als er endlich höhe

gezwungen wurde, heftete er falſche Namen

Wenn nun

Jemand einmal kam

und ſeine Zweifel

153

laut werden ließ , daß das Gemälde von dem Künſtler herrührt, dann

angegebenen

ſagte er :

„ Es iſt möglich, und gern würde ich, um ſein , nach

fällig zu

Ihnen ge

wirklichen Verfertiger nachſehen ,

dem

wenn mir die Zeit nicht gar zu färglich zugemeſſen wäre, Geld . " und Zeit iſt nämlich die neu

Gewöhnlich erreichte er ſeinen Zweck

gierigen Kunſtfreunde zahlten ein anſtändiges Honorar er fand ſehr bald

den richtigen

Namen .

und

Dieſer Matthäi

machte nun auffallender Weiſe eine Ausnahme mit Cornelius (ießt noch

Direktor der Kunſtacademie zu Berlin ).

Als die

Jahre 1820 das Meng'ſche Gypscabinet beſuchte, em

fer im

pfing er ihn ſo ſtolz, wie es Cornelius felbft erzählt hat.

Der Kurfürſt wollte alle nicht.

kein

Fürſt ihm gethan , wie

dergleichen

Ungebürlichkeiten

Aber , wie wir ſchon einmal geſagt, es iſt für einen 1

Fürſten ſchlechterdings unmöglich,

ſich um

Zweig feiner Regierung zu kümmern . gewiß

die beſten

Abſichten , in

ſeinem

jeden

einzelnen

Friedrich Auguſt hatte Lande fo Etwas nicht

vorkommen zu laſſen , daß es ihm jedoch nicht gelang, bewie fen die von uns herangezogenen Urtheile verſchiedener Män ner aus verſchiedenen daß

es

dem

Zeiten .

Böttiger erzählt z. B. auch ,

gelehrteſten Münzkenner Gattaneo , als derſelbe

1812 das Münzkabinet zu

Dresden

beſuchen wollte, nicht

möglich wurde, Eintritt zu verlangen , ungeachtet der Kurfürft ganz entſchieden werden ſollte.

befohlen

trifft deshalb kein Streben

hatte , daß

es

Friedrich Auguſt III . oder Vorwurf.

Jedermann

gezeigt

ſeiner Regierung

Jeder Zeit war ſein eifrigſtes

dahin gerichtet , Alles anzuordnen und zu thun , was

das Beſte ſeines Volkes zu bezweden im Stande war. Ueberal

154

herrſchte

der

Geiſt der Verbeſſerung und der Gerechtigkeit.

Die ſtändiſche Verfaſſung hatte allerdings noch viele Mängel und Fehler.

Das konnte aber

werden und war hauptſächlich Rechten ſelbſt begründet.

nicht ſo raſch umgewandelt in

den

Ständen bewilligten

Die Stände hatten

Steuernbewilligung, durften

das Recht der

die für die Nation beſtimmten

Gefeße berathen , acceptiren oder verwerfen , und es lag ihnen auch die Berechtigung bei , für zeitgemäße Umänderung der Kirchen- und Schul-Sachen und für neue polizeiliche und ge richtliche Verbeſſerungen

zu wirken .

Wenn

ſie

im

Stande

geweſen wären , dieſe ihnen zuſtehenden , und vom Kurfürſten durchaus nicht verkümmerten , Rechte in gehöriger und noth wendiger Weiſe zu gebrauchen , dann hätten ſie überaus ſes gensreich wirken von

der

können ; fo aber hatten ſie keine Kenntniß

Geſammtverwaltung

des

Staats , forderten

Ueberſicht über Einnahmen und Ausgaben Kammer , noch

vom

Finanzcollegio ,

keine

weder von

der

und freiwillig würde

ihnen dieſelbe auch nicht gewährt, wie ſie auch nicht verſtan den hatten , ihr Recht zu behaupten , wegen Kriegserklärungen und Friedensſchlüſſen . Der

Bauernſtand hatte gar keine Vertreter , jehnte fich

auch nicht darnach, und der Rittergutsbeſiger, dem

eigentlich

die Verpflichtung oblag, die durch die Verhältniſſe felbft her vortretenden

Beſchwerden des Landmannes vorzubringen , be

kümmerte ſich nicht darum , aus Furcht, er könne dadurch Etwas von ſeinen

eigenen

Rechten

einbüßen .

Wenn

die Beſchwer

den des Bauers wirklich zur Sprache gebracht worden wären , dann würden Frohn- und Zwangsdienſte unbedingt zu Ende geweſen ſein , und der Verluſt, welcher dadurch dem Grundbeſißer erwuche, war manchmal unermeßlich .

großen

Außerdem

155

iſt wohl zu

bedenken , daß die Spigen der Grundbeſißer in

der Regel nicht blos

in

Sachſen , ſondern

in jedem

die höchſten Staatsämter inne haben , aus welchem dann auch der

Fürſt Nichts

kann , wenngleich er von

dem

erfahren

und Nichts

Lande, Grunde

verbeſſern

redlichſten Willen beſeelt iſt,

wie es bei Friedrich Auguſt III. der Fall war. njomptest af 20

Die Bewohner der Städte wurden durch die Magiſtrate

vertreten , aber auch nur mangelhaft, weil die von ihnen gewähl ten

Deputirten ſtets zu

ihrer Korporation gehörten und der

Befürchtung Raum gaben , daß wenn

ſie für die Intereſſen

des Bürgers in die Schranken treten würden , ihre Thätigkeit als Magiſtratsmitglied zu Ende fei. So beherrſchte der Egois mus nach

und nach alle ſtaatsgeſellſchaftliche Einrichtungen .

Hierzu kam nun nach der früherer Zeit allerdings bedeutungs loſe, unter der Regierung Friedrich Auguſt III . aber bedeu tungsvolle Umſtand , daß weil ihre Beſiber Herren

bekamen

ein

großer

Theil der Rittergüter,

verarmt waren , bürgerliche Perſonen und

den Landtagen vertreten

zu

dadurch das Recht verloren , fich auf zu laſſen .

Der Unterſchied nach die

ſer Seite hin war ſo bedeutend, daß z. B. im

Jahre 1728

noch 234 ritterſchaftliche Vertreter vorhanden waren , während etwa fiebzig Jahre ſpäter nur noch einige Siebzig als land tagfähig betrachtet werden 10)

konnten .

Der Kurfürſt ſah alle dieſe Mängel ein und da es ihm

um wirkliche Hebung feines Volkes zu thun war, ſo beſtimmte er von

durch

ein

Dekret vom

Rittergütern zum

6. April

1805, daß alle Befißer

Landtage berufen werden ſollten , in

fofern ſie für ihre Perſon zum Ericheinen auf lands tagen qualifizirt feien .

Worin

dieſe Qualifikation

bes

ftand , iſt nicht recht erſichtlich, es fei denn, daß darunter eine

156

gewiffe wiſſenſchaftliche Bildung verſtanden werden ſoll. Wenn wir übrigens

die

ganze Landtags-Angelegenheit

von

allen

Seiten und mit unpartheiiſchen Augen betrachten , dann kom men wir in Gefahr , eingeſtehen zu müſſen , den Ständen es nicht verdenken zu können , wenn ſie ſich an ihrer Vertretung fo ungemein wenig betheiligten.

Bei

Eröffnung der Ver

fammlung hatten alle ſtädtiſche Deputirte, ſowie auch ein gro Ber Theil der Ritterſchaftsvertreter die Verpflichtung, außer halb der Schranken ſtehen zu bleiben , wie ſie auch alle Male Gelegenheit hatten, ſich über die baumhohen Gardiſten zu är gern ,welche vor ihnen aufgeſtellt waren .

Es kam deshalb auch

gar nicht

Jener ganz aus der

ſelten

vor, daß Dieſer oder

Verſammlung wegblieb, weil er durch ein ren ſich fühlte.

derartiges Verfah

in ſeiner menſchlifchen Würde gekränkt und verlegt Es wurde deshalb auch im Jahre 1781 eine Verord

nung erlaſſen , nach welcher diejenigen , welche drei Mal in der Verſammlung gefehlt und ſich nicht genügend entſchuldigt hatten , das Recht, fich als Deputirter wählen zu loren .

laſſen, ver

Dieſe Maßregel war freilich nicht die richtige, eine

andere indeß ließ

ſich gar nicht zur Geltung bringen.

Grund der ſo überaus lauen angeführten

Theilnahme lag in

den

Der oben

Verhältniſſen , den man entweder nicht erkannte

oder nicht erkennen wollte. An Friedrich Auguſt III. lag dies aber keineswegs !

Er

zeigte ſtets, wie ſehr er beſtrebt war, fich die Liebe feines Vol kes zu erwerben .

Trotz der ſich immer mehr ſteigernden Aus

gaben wurden die allgemeinen Steuern nicht erhöht, und wenn dem

Kurfürſten von den Ständen die Genehmigung ertheilt

wurde, mehrere Millionen auf Credit des Voltes zu erheben , ſo gab er oft eine ſolche Urkunde, ohne ſie gebraucht zu haben ,

157

zurück.

Ungeachtet deſſen

waren

die Landesſchulden , welche

bei Beendung des ſiebenjährigen Krieges ſichauf 29,028,424 Tha ler beliefen , bis zum

Jahre 1804 über die Hälfte bereits ab

getragen .

8

e h = te s

kapitel.

Die Forft Die Landes - Einkünfte. Das geheime Finanzcollegium . verwaltung. - Die Waldcultur. - Der Bergbau . - Die fabrikation des Papiergeldes . – Die kurfürſtliche Wechſelkaſſe . Die Geſetagebung. – Die Gefeßicommiffion . - Einzelne Verordnungen . - Bucht- und Beſſerungs- An ftalten . Die Gefängniſſe. Die landesfürſtlichen

Einkünfte, zu

deren

Erhebung die

Genehmigung der Ständeverſammlung nicht erforderlich war und welche durch die Benußung der Regalien , durch die Bes ſteuerung der Kammergüter und durch alle jene Abgaben zu ſammen gebracht wurden , welche zur Kathegorie der indirek ten Steuern gehören und über die Niemand ſpricht, weil ſich Niemand dadurch gedrückt fühlt, erhielten mancherlei wohlthä tige und zeitgemäße Veränderungen in ihrer Verwaltung. Vom Jahre 1773 bis 1782 wurde fortwährend daran gears beitet.

Friedrich Auguſt III. ſuchte überall Erſparungen ein

zuführen und erreichte es endlich auch, daß jährlich 150,000 Tha ler weniger verausgabt wurden . führte

er bei dieſer

Verwaltung

Schon

im

Jahre

1773

die doppelte Buchführung

ein ; audy errichtete er eine Generalhauptkaſſe , wozu der Graf Bolza den

Plan entworfen hatte und welche

er ſelbſt diri

158

girte unter Affiſtenz des jedesmaligen Miniſters des Innern .*) Dies geſchah fünf Jahre lang , da hatten ſich aber die Arbei ten

des Kurfürſten

dergeſtalt angebäuft, daß er es für noth

wendig hielt , ſich in dem Direktor

beizuordnen .

Kollegium

Grafen von Wallwiß einen Darnach

ſal das Kammer - Kollegium

ſchmolzenen

das

Vice

Generalacciſe

als ſelbſtändige Behörde aufgehoben und mit der

Generalhauptkaſſe verbunden .

Kollegium

wurde

1782 traf ein gleiches Schick und das Kammer- und Berg

und nun wurden Inſtitute vom

dieſe mit einander innig ver 7. November 1782 an das ge

heime Finanz- Kollegium

genannt.

empfing daſſelbe drei Direktoren , von

Im

denen

ſondere Abtheilung zu verwalten hatte .

Jahre

1800

Jeder eine be

Das erſte Departe

ment umfaßte alle Regalien , Verfaſſungsgegenſtände, Poft-, Münz-, Salz- und Berg -Sachen, außerdem gehörten noch der Straßenbau und alle Damm- und Ufer -Angelegenheiten dazu .

Zum

zweiten

Departement gehörten :

Conſumtions - Abgaben ; und

Handels- und

in die dritte Abtheilung fielen :

die Amts-Einkünfte, die Kammergüter mit ihren Einkünften , Forſt-, Floß- und Jagd -Angelegenheiten und der Rentenkam mer-Gewinn . bring 19784534

Das geheime Finanz - Kollegium

hatte vier verſchiedene

Kaffen ; erſtens , die Rentenkammerkaſſe , zweitens , die Gene ralacciſe-Hauptkaſſe, drittens, die Generalfriegskaffe, und vier tens, die Hauptkaffe. Am 5. November 1785 erließ der Kur fürſt eine beſondere Inſtruktion für dieſe Kaffen , worin haupt ſächlich darauf hingewieſen wurde , daß bei der Abwickelung finanzieller Angelegenheiten dem

Woble der Unterthanen

das landesfärftliche Intereſſe mit ſoviel wie möglich

Friedrich dung gehalten werden folle. * ) Damale der Graf von Wallwig .

in . Verbin =

Auguſt ſprach

fich

159

übrigens in Bezug hierauf auch ohne Rückhalt öffentlich aus . In der Landtagspropoſition des „ Wir haben bei jeglichem

dieſem

Jahres 1787 ſagte er :

Kollegium

vorzüglich

Gegenſtande vor allen

auf, was bei felbigem

aufgegeben ,

Dingen dara

Recht und Billigkeit und

der Wohlſtand der Unterthanen erfordert, fodann aber erſt auf die davon zu ziehenden

Nußungen

und Einkünfte das Abfehn zu richten ." 13

Kurfürſt Friedrich

Auguſt III. prüfte jedes

Jahr ſelbſt

den Stand der Einnahmen und Ausgaben für das nächſtfol gende Jahr, ſo wie ihm gelegt werden mußten .

auch monatliche Kaſſenauszüge vor Auf dieſe Weiſe erreichte er vollftän

dig ſeinen Zweck, daß er in der Kaſſenverwaltung überall zu Hauſe war. Er beſaß ein wirkliches kaufmänniſches Talent. Er wollte zwar nicht, wie ein Kaufmann, zulegt ein Millio : när fein , aber er forgte dafür , daß niemals eine Zahlungs einſtellung möglich wurde, aus welchem anbefohlen hatte, die Verwaltung

Grunde er dann auch

dergeſtalt zu

leiten , daß

immer ein Kaſſenbeſtand (eiferner Fonds ) von zwei Millionen Thalern vorhanden ſei. Es war aber faſt immer mehr, als dieſe zwei Millionen vorhanden .

Das kam

daher , daß da , wo eine Vermehrung der Einnahmen , ohne Nachtheil nach irgend welcher Seite, erzielt werden konnte, es auch geſchah .

So ließ

der Kurfürft z. B. feine Domainen

in einer entſprechenderen Weiſe verwalten , fu daß deren Ers trag , der fich von 1776 bis 1781 auf ungefähr neunhundert und funfzig Tauſend Thaler jährlich belief, von

1800 bis

1805 bis zur Höhe von jährlich einer Million und dreihuns dert

Tauſend

Friedrid

Thaler

Auguft fein

jährlich

geſtiegen war.

Auch

Augenmerk darauf, daß die

richtete Einfuhr

von fremdem Salz vermieden wurde. Aus dieſem Grunde be

160

ſtimmte er, daß

Jeder ſeiner Unterthanen , welcher das zehnte

Lebensjahr überſchritten , jährlich

14

Pfund , und Diejenia

gen , welche Vtehſtand hatten , mußten jährlich ſieben Pfund für jede

Kuh und eben

ſo viel für je zehn Schaafe ent

nehmen . Für eine zweďmäßige Bewirthſchaftung der Waldungen trug Friedrich Auguſt ebenfalls große Sorge, doch waren ſeine von

nach dieſer Seite hin

Bemühungen

beſonderen

keinem

hier gleich

Diebſtahl und Betrug ſcheinen

Erfolge gekrönt.

Als die wittenberger Brücke

ſtark vertreten geweſen zu ſein .

gebaut wurde, ſind die dazu verwendeten fächfiſchen Waldungen genommen als gekaufte böhmiſche in

Eichen , welche aus Kurfürſten

ſein ſollen , dem

Rechnung geſtellt.

Auch wird be

hauptet, daß einzelne Forſtbeamte der Beſtechung nicht fremd ſeien .

geweſen

ſage eines dem

Dieſe Behauptung entſtand

durch die Auß

Trunke ſtark ergebenen Holzlieferanten , welcher

meinte , Einen könnte er gewöhnlich mit 2000

Thalern be

friedigen , ein Anderer aber ſei ungeheuer ausverſchämt. Man kann

indeß

Allgemeinen wenig

im

auf dergleichen Reden

geben , und mit Rückſicht auf die Genauigkeit, mit welcher Friedrich Auguſt Alles ſelbſt controlirte, ſie beinahe für rein aus

der

Luft

gegriffen

Es mögen

bezeichnen .

ähnliche Betrügereien vorgekommen ſonſt nicht vorgekommen ?) in

ſein

immerhin

(und wo wären ſie

ſo umfangreicher Weiſe , wie

mitgetheilt, ſicherlich nicht. Friedrich Auguſt III., welcher, ſo zu machte , ſondern erließ

ſagen , Nichts halb

überall mit der größten Sorgfalt verfuhr,

verſchiedene

Beſtimmungen

über

Einrichtungen

der

Forſtrechnungen , vernunftgemäße und vortheilhafte Bewirth ſchaftung der Waldungen , beſonders aber ein

bei Befeßung

der höheren Forſtbeamten zu beobachtendes Verfahren .

Jeder,

161

der zu der Stellung eines Oberforſtmeiſters fich für qualifi cirt hielt und ſich um

eine ſolche Stellung bewarb , mußte

vorher ſeine Tüchtigkeit durch dem

geheimen Finanzminiſterio

eingereichte Probeſchriften genügend darthun .

Und es wurde

dabei etwas genauer zu Werke gegangen , als dies in ſpäte ren

Zeiten

in

anderen

Staaten

geſchah.

Deb Kurfürſten

Sorge erſtreckte fich fogar bis in die kleinſten

Details .

Er

überwachte den Holzhandel und controlirte ſelbſt die darüber geführten

Bücher.

Daß hierbei dennoch , wie

oben

erzählt ,

Betrügereien und Unterſchlagungen vorgekommen ſind, darf eben nicht zu ſehr wundern , da vervielfältigen

und

ein Menſch

ebenſo wenig

wärtig ſein kann.

ſich

allwiffend und

doch nicht allgegen

Es iſt z. B. öfter vorgekommen , daß

zelne Holzlieferanten

fich große Quantitäten

ein

Bauhölzer aus

den Waldungen geholt und dabei nur die Vorſicht gebraucht haben , dem betreffenden Revierforſtbeamten fo en passant zu ſagen , daß fie heute oder morgen hier- oder dorthin eine Parthie zu machen die Abſicht hätten .

Der Beamte verſtand

dieſen Wink und war gerade in der entgegengeſepten Rich tung zu finden .

Wäre er aber wirklich ſo unbeholfen gewe

fen , es nicht verſtehen zu können , dann hätte ihn

eine Klei

nigkeit von zwanzig oder dreißig Thalern , die er auf ſeinem Tiſche fand, unzweifelhaft belehrt. 7500 IU de 150 In dem

Zeitraume von

1783 bis 1796 wurden allein

über dreizehn Tauſend D.-Aecker mit Holz befäet, um immer fichon rich

größeren in

Sachſen

II. im

Uebrigen

Waldreichthum

zu

nicht unbedeutend war, wie" felbft

fiebenjährigen Kriege mehrfach bewieſen hat.

konnte tro

einen

gewinnen , der ohnedies

diefes Holzreichthums doch

Fried Im

nicht jeder

fächfiſche Unterthan Vortheil davon ziehen , weil die Verbina 1 Bertraute Geſchichte. Šachſen . 3. Bd. tygoto 1111 augytok

162

-

hin nodi ſebr

dungswege nach weniger bewaldeten Gegenden mangelhaft waren . Fortſchritte

Je weniger

III, in

Auguſt

Friedrich

Holzcultur erzielte, deſto mehr Freude machte ihm bau .

der

der Berg

Derſelbe wurde durchaus wiſſenſchaftlich betrieben und

berechtigte zu den ſchon über den

ſchönſten Hoffnungen . Ignaz von

Edlen

des Anquicens

der Erfinder

Wir

Born

früher

haben

geſprochen , welcher

der filberhaltigen

Queckfilber und der Lehrer, vieler jungen

Erze

durch

Leute aus Sachſen

war. Auch der Bergrath Gellert iſt einer ſeiner Schüler ge weſen und bewies durch ſeine Praris in Sachfen , daß er viel bei ihm

gelernt hatte.

manche

Derſelbe führte noch

Beſonders iſt des Amalgamirwerks

beſſerung ein.

Ver

bei Frei

berg zu gedenken, das Herr von Charpentier in Gemeinſchaft Hüttenmeiſter Wittig erbaut hatte, etwa ums Jahr

mit dem 1792 .

Dieſes

Werk erſparte dem

fächſiſchen

Staat gegen

10,000 Klafter Holz jährlich und erhöhte den

Ertrag des

Silbers ganz ungewöhnlich , und wenn Herr von Born Behauptung vorbrachte, der Kurfürſt von Sachfen feine Kunſt einen

jährlichen

Gewinn von

ſo dürfte dies keineswegs übertrieben der Ertrag von

ſein .

die

habe durch

60,000

Thalern ,

Zwar hatte ſich

Jahr zu Jahr vermehrt, ein wirklich nam

hafter Werth war aber erſt durch das Amalgamiren hervor gerufen . dagegen

Im

Jahre 1762 brachte der Bergbau nur 14,400 ,

1801 fchon

52,700 Mark

beachtenswerther Unterſchied !

Silber

Die übrigen

ein .

1,638,000 nannten

Thalern . deutſchen

Bergleute in

Bis

ſehr

Erzeugniſſe und

Fabrikate des fächfiſchen Bergbaues erreichten im die Summe von 742,000

Ein

Jahre 1791

Thalern , feche Jahre ſpäter ſchon kurz vor dem

Befreiungskrieges

Ausbruch des foges

waren

zwölf Tauſend

ſechs Hundert Gruben beſchäftigt; bei der Ver

163

edelung

der Mineralien

fanden

Arbeiter ihr Brot, außerdem feld

noch vierzehn

Sachſen

von

100,937

Kupferbergbau .

den

Abzug aller , nnd nicht unbedeutenden , Jahre 1768 bis 1815 einen Nettogewinn

Thalern

jährlich

im

Durchſchnitt.

gewonnenen Silber und Gold wurden Zeitraum fiebzehn Millionen Silber und ungefähr eine münzt.

in

dem

werden mußte .

noch

Wir werden

dem

angegebenen

Viertelmillion in Kupfer ausge

Der Bedarf des Geldes war

Bergwerken

Von

in Gold, ſechszig Millionen in

indeß für Sachſen

jener Periode ein weit größerer , ſo daß von fächſiſchen

Tauſend

betrieben in der Grafſchaft Mans

Hundert Menſchen

hatte nach

Betriebskoſten vom

ungefähr funfzig

faſt ebenſo

in

andern außer

viel herbeigeſchafft

ſpäter übrigens Gelegenheit neh

men , noch einmal auf den fächfiſchen Bergbau, beſonders aber auf die

Bergakademie

zu

Freiberg

zurückzukommen .

haben wir uns nur mit denjenigen Angelegenheiten zu chäftigen , die vorzugsweiſe unter der

Regierung

Jeßt be

Friedrich

Auguſt III. von Bedeutung ſind und durch welche das Em : porblühen Sachſens hervorgerufen und befördert wurde. 24-

In die erſte Zeit dieſer bewundernswürdigen Regierung

fällt auch die Fabrikation des

Papiergeldes , an welche die

früheren Herrſcher gar nicht gedacht hatten .

1

immer nur ein Sdeingeld , das Friedenszeiten wird es

Papiergeld iſt

iſt bekannt genug.

allerdings von

In

Jedermann ohne Bez

denken entgegen genommen , weil es Federmann ohne Verluft auch wieder ausgeben kann und es den Geldverkehr überhaupt ſehr erleichtert.

Tritt aber eine Kriegsperiode ein , dann der=

liert das Papiergeld fofort ſeinen Werth; derfelbe Finktmanchmal fo außerordentlich, daß er gleich Null iſt. werden wo man

ſich

noch der

Zeiten von

Viele unſerer Lefer

1813 bis 1815

häufig genöthigt war, einen

erinnern ,

Fünfthalerfchein 11 *

für

164

verkaufen , um

fünf Silbergroſchen zu

Stande zu

nur im

ſein, ſeine Bedürfniſſe bezahlen zu können . werden dadurch arm , Viele wieder reich.

Viele Menſchen ſelbſt

Wir kennen

Perſonen , die ihr ganzes nicht unbedeutendes Vermögen nur durch

Die Herr

Das Papier

trifft hierbei keine Schuld.

ſcher eines Landes

der

in

Handel mit Papiergeld

(gewiffenloſen )

den

angezogenen Kriegszeit zuſammen gebracht haben .

einlö

geld bei Ausbruch eines Krieges von den Landeskaffen

ſen zu laſſen, iſt unklug und unpolitiſch , weshalb dann auch gemeinhin jedes Geld in Papier zurüdgewieſen wird.

Dazu

gehören nicht blos die ſogenannte Kaſſenbillets , ſondern auch übrigen

1

alle

Papiere , als Staatsſchuldſcheine,

geldwerthen

Stadtobligationen u . f. w . TË Sachſen

dieſe

hatte

Papiergeldangelegenheit gelernt.

Schattenſeite noch nicht kennen

von

circulirende Geld zu vermehren , den allgemeinen

Verkehr zu

erleichtern und denjenigen Leuten , welche ihre Kapitalien und

ſicher anlegen wollten , Gelegenheit hierzu

Dieſe Zwecke wurden nach wurde man geln

aufmerkſam

auch vollſtändig

der

Es galt ja nur das

bieten .

zu

erreicht.

gut

Nach

und

auf die Mängel dieſer Maßre

in Sachſen

und gewahrte mit Schrecken , daß

eine gewiſſe Unzufriedenheit

im

dadurch

Volke unvermeidlich

war.

Jahre 1772 am 6. Mai

Der Kurfürſt erließ deshalb ſchon im

eine ſogenannte Kaſſenbilletsverordnung, ſeßte das circulirende Scheingeld auf 1,500,000 dieſelben

in

Papieren zum

und 100 Thalern

Thaler

feſt und beſtimmte , daß

Nennwerthe von 1, 2, 5, 10 , 50

ausgegeben werden

ſollten .

Um

den Bes

fißern dieſer Geldpapiere aber auch gewiſſer Maßen eine Sicher heit für ihre Kapitalien zu bieten , wurden die Einkünfte der Landesacciſe beſtimmt, die Einlöſung dieſer Papiere allmälig zü bewirken .

Außerdem

verordnete er , daß alle kurfürſtliche

--

165

Kaſſen verpflichtet ſeien , bei Zahlungen , die zwei Thaler über ſtiegen , die Hälfte der über zwei Thaler betragenden Sum men in

Papieren anzunehmen .

Indeß war auch eine beſon

dere Wechſelkaſſe errichtet, wo man ſeine Geldpapiere gegen Kourant jeder Zeit eintauſchen konnte und hierbei an jedem Thaler einen hatte.

Verluſt von ' nur neun

Dieſe neun Pfennige

der Wechſelkaffe deden .

ſollten

Pfennigen

zu

erleiden

die Verwaltungskoſten

Damit die Leştere jedoch

nicht in

die Verlegenheit gelangen konnte, erklären zu müſſen, daß fie nicht genügende Fonds zur Auswechſelung beſige, wurde der felben

ein

baares Kapital von

etwa 400,000

Thalern

zur

Dispoſition geſtellt.

Würde Friedrich Auguſt III. weniger reell zu Werke ge gangen

ſein , dann

hätte ſich

Volke fund gegeben .

ſchwerlich

ein

Mißtrauen

im

So aber trat gegen dieſe, unter dama

ligen Verhältniſſen gewiß ſehr vernünftige Maßregeln , eine all gemeine Abneigung hervor , die freilich wenig beachtet wer den konnte und durfte.

Der Kurfürſt verſtand es jedoch, den

Werth des Papiergeldes durch den Kredit, den er außerhalb feines Landes zwanzig

genoß , ungemein zu

erhöhen , ſo daß etwa Jahre ſpäter, daſſelbe zuweilen über ſeinen Nenn

werth bezahlt wurde. neun Pfennige pro fürſtlichen

Dadurch brauchte man auch nicht mehr

Thaler zu verlieren , wenn man zur fur

Wechſelkaffe ging,

ſondern

Unannehmlichkeiten , wie ſie felten piergeld ausbleiben, traten

nur einen

Pfennig.

oder vielleicht nie bei Pa

auch in

Sachſen ein.

Einige ge

ſchickte Leute hatten es verſtanden , daffelbe nachzumachen . Der Umlauf des dadurch entſtandenen falſchen Geldes konnte nur durch die Verausgabung neuer Kaffenſcheine beendet werden . Solche erſchienen

zuerſt

im

Jahre

1802.

In

den

Jahren

166

von 1807 fchen

bis 1815 verminderte fich der Werth

Papiergeldes ſo

weilen nur noch lag

aber nicht an

Staatsſchuld im

außerodentlid

ein

daſſelbe zu :

Viertel ſeines Nennwerthes galt. Sachſen

im

Allgemeinen

Beſonderen , ſondern

verhältniſſe, welche damals den zen

raſd , daß

des fächfi

Das

oder

an der

die traurigen

Kriegs

deutſchen Himmel mit ſchwar

Gewitterwolken umzogen hatten , bewirkten das in Sach

fen , worüber auch andere Staaten und nicht minder zu

kla

gen hatten . Wenn

Friedrich Auguſt nach allen

Wohl ſeines

Landes arbeitete

erreichte , ſo war doch

Seiten

und auch meiſt

auch wiederum

ein

hin

für das

ſeinen

Zweck

Zweig ſeiner Rea

gierung vorhanden , wo er allerdings auch viel, allein nichts für ſeine Vereinfachung gethan hat. Wir meinen gebung im

Ganzen .

die Geſeka

Es hält vielleicht ſchwer , für ein

Land

auf einmal eine ganz neue Gefeßgebung zu erlaſſen , und weil ſchwierig

es ſo überaus

erſcheint, deshalb

begnügt man ſich

damit, nur Einzelnes zu verändern und zu verbeſſern .

Daa

durch erreicht man aber ſchlechterdings gar Nichts ; man bringt Konfufionen in

die Verwaltung und verdrängt dadurch

die

Einfachheit, welcher bei der Rechtspflege ganz unumgänglich nothwendig rigen

ift .

Schon

gleich nach Beendung des fiebenjäh

Krieges unter der Adminiſtration

des

Prinzen

Xaver,

hatte die ſogenannte Reſtaurationscommiſſion erklärt und als ein beſonderes Bedürfniß hervorgehoben , daß gemeines Gefeßbuch geſchaffen es

aber ſein

erſchien

nicht.

Bewenden .

Ein

werden müſſe.

ein neues all Dabei behielt

folches allgemeines Gefeßbuch

Dagegen iſt der Codex Augusteus voll von

Mandaten , Patenten , Generalien , ſogenannten

Erledigungen

.der Landesgebrechen , Ordonnanzen , Regulativen , Conſtitutio

167

nen , Edikten , Ausſchreibungen , Befehlen , Reſkripten , Inſtruk: tionen u . f. w .

Daß

bei folchem

Wirrwar manche widerſprechende Ur

theile das Tageslicht erblickten , iſt erklärlich .

Um dergleichen

für die Zukunft fo wenig, wie möglich aufkommen zu laſſen , erließ

der Kurfürſt am

14. September 1777 ſchon

Rechtskollegien und auch meſſenen

Befehl, daß

an

an alle

die Appellationsgerichte den ges

, bei allen

zweifelhaften

Rechtsfragen

die vorgekommene Verſchiedenheit der Meinungen

mit allen

Zweifels- und Entſcheidungsgründen zum Behuf der Entſchei dung an

die höchſten

Behörden

einzuſenden

ſeien !"

Auch

wurde beſtimmt und angeordnet, daß alljährlich eine Ueber ficht der Prozeſſe eingereicht werden

ſollte .

Zu

Ende des

Jahres 1791 wurde auch eine Geſegkommiſſion in Dresden ernannt , „ zur

Vorbereitung der Sachen

neuen

oder Entſcheidungen wegen der über Rechts

Gefeßen

bei abzufaſſenden

fragen ſich äußernden Verſchiedenheit der Meinungen und zur Erörterung der bei den diesfalls gefertigten Entwürfen kommenden Zweifel und Bedenklichkeiten .“

vora

Zu dieſer Gefeßcommiſſion gehörten ein Conferenzmini ſter, ein Präſident des Appellationsgerichts, der Polizeidirektor Dresdens und ſechs geheime Räthe.

Im

Jahre 1819 ward

die Auflöſung dieſer Geſepcommiſſion dekretirt, welche in ihrer dreißigjährigen

Thätigkeit und bei der

öfteren

Wechſelung

ihrer Mitglieder dennoch nicht thätig geweſen war.

Es war

unthätige Thätigkeit. Die Urſache dieſer vollſtändig verfehlten Anordnung lag wohl

hauptſächlich

in

entſchließen wollte, ein dem

dem

Umſtande, daß man

dadurch gewonnenen Raum

Gefeßcommiſſion

fich nicht

altes Gebäude ntederzureißen und auf

wollte

nur

ein neues aufzuführen. reſtauriren

und

hätte

Die dega

168

halb auch füglich eine Reſtaurationscommiffion genannt wer den müſſen . Friedrich Auguſt III. hatte mit richtigem

Blicke

die

Mängel ſeines Landes erkannt und es geſchah von ſeiner Seite auch ſo unendlich viel, daß man zu ihm beinahe wie zu einem höheren Weſen hinaufſehen muß.

Daß er nicht alles erreichte,

wonach er ſtrebte, iſt zwar zu bedauern , allein deshalb went ger gerecht in

unſerm

Urtheil über

ihn zu

ſein , würde als

ein moraliſches Verbrechen erſcheinen . Neben der Aufhebung der Tortur, von welcher wir ſchon geſprochen , verbannte er auch den Staupenſchlag aus ſeinem Lande, und von Landesverweiſung fennt man auch nicht ein Beiſpiel während ſeiner langen

Regierung.

Zwar war ſchon 1716 den Ständen der Vorſchlag ge macht, Landesverweiſung und Staupenſólag aufzuheben , wie auch ſechs Jahre darauf eine neue Kriminalordnung vorges legt wurde.

Sowohl der Vorſchlag von 1716 , als auch die

Kriminalordnung von 1722 wurden

von dem

nehmigt, dennoch gelangte keines von allen

Landtage ge

dreien

in Kraft.

Auf Todesſtrafe ließ der Kurfürft nur noch in wenigen Fäl len erkennen, wo ſie unbedingt geboten ſchien . Der Ehebruch, der ſonſt mit dem Tode geahndet worden , mag dadurch frei lich wohl an Ausdehnung gewonnnen haben ; immerhin aber kann man dem

ihn nicht als ein Verbrechen bezeichnen , das mit

Leben gebüßt zu werden verdient.

vielen

Fällen

abgeſchaffte

Die in , wie geſagt,

Todesſtrafe wurde durch

Feſtungs

bau und Zuchthausſtrafe erſeßt, weshalb auch die Zuchthäuſer zu

Torgau und Waldheim

vergrößert wurden , auch in Zwi

dau ein ganz neues angelegt werden mußte. Beſſerungsanſtalten

erſtanden um

Auch ſogenannte

jene Zeit , wo man ſchon

inne geworden war, daß ein Zuchthaus wohl eine Straf- , aber

169

keine Beſſerungs-Anſtalt ſei.

Dahin

brachte man dann die

jenigen Perſonen , welche nach überſtandener Strafe die Ver muthung rechtfertigten , nicht gebeſſert zu ſein . kam

es im

Trop alledem

Verhältniß überaus häufig vor , daß die Zeitun

gen Nachrichten von entweder auf dem

Transport oder ſogar

aus den Gefängniſſen ſelbſt entſprungenen Verbrechern brach ten .

Dies

rührte

daher , daß man

für die Sicherheit und

Feſtigkeit der Gefängniſſe noch viel zu wenig forgte.

Einige

Geſchichtsſchreiber wollen behaupten, daß kleinere Ortichaften , denen

Obergerichtsbarkeit beilag , immer

zufrieden

geweſen

ſeien , wenn ihre Arreſtanten fich auf die Flucht begaben , weil das ganze prozeſſualiſche

Verfahren

gegen

einen

Verbrecher

nicht nur ſehr weitläuftig, ſondern auch ſehr koſtſpielig gewe ſen ſei und die Ortſchaften nicht im Stande waren , die Koſten hierzu aufzutreiben .

Einzelne ſolcher Fälle mögen allerdings

wohl vorgekommen ſein , fie aber als damals allgemein gel tend anzunehmen , wagen wir mindeſtens nicht.

Sachſen hatte

freilich keine Landeskriminalkaſſe, indeß würde dem Uebelſtande bei gehöriger und vernünftiger meinden vom Kurfürſten ja bei allen ſeinen

Vorſtellung ſeitens

ſicherlich abgeholfen ſein.

Beſtrebungen

der Ge Er hatte

immer nur den Wohlſtand

ſeines Volkes vor Augen , und es läßt ſich entſchieden nicht annehmen , daß er die Klagen der betreffenden Orte nicht reif lich erwogen , und wenn er ſie für begründet gehalten , dafür geſorgt haben würde, fie in Zukunftsfällen unmöglich zu machen .

170

Elft es

fa p it e l.

Polizeiverordnungen . - Rettungsprämien . Rettungsmedaillen . Die Prrenanſtalt zu Sonnenftein . Das Waiſenhaus zu Halle und ſein Stifter Auguſt Hermann Franke. Die Waiſenhäuſer zu Torgau und Waldheim . Ehrenfried Wagner und Karoline Gopel. Verwaltung der Verordnungen wegen der Armen-, Kranken-, Zrren- und Waiſenhäuſer. Umgeftaltung des Kriegs Strohdächer . Verbote für die Studenten . weſens. Wie wenig auch in der Civil- und Kriminalrechtspflege geſchah und aus

den von uns angedeuteten Gründen

geſche

hen konnte, und wie fehr wir hierüber auch unſer Bedauern ausſprechen müſſen ,

das Wenige war den allgemeinen Ver

hältniſſen mit bewunderungswürdiger Geſchidlichkeit angepaßt worden

Zeugniß von

und gab

Friedrich

Auguſt

dem

großen

denſelben

Fortſchrittsgeift

dennoch

der Regierungsperiode dieſes Kurfürſten erſchienen

ſind , leicht die Augen geöffnet werden können . ordnungen

wurden

zur beſſeren

Dieſe Ver

nicht zur Sicherheit des Kurfürſten und

Durchführung ſeiner Regierung erlaffen , ſondern

zur Sicherheit des Volkes ; wie überhaupt Sachfen nannte „ geheime" Gedanken fchen

bezweifeln

werden durch die vernünftigen Polizeivorſchriften ,

wollte, dem welche in

III.

Wer

Polizei (ein

eine ſoge

Ueberwachungsinſtitut aller

und Handlungen der Unterthanen ) vor dem

Befreiungskriege nicht beſaß .

Lande , wo Fürſt und Volf Hand dig überflüſſig.

Dresden

deut:

Sie war auch in einem in

Hand gingen , vollſtän

und Leipzig waren

bis jeßt die

einzigen Städte, welche beſondere Polizeicommiffionen hatten ;

171

in den übrigen Theilen des Landes war die Polizei entweder eine beſondere Abtheilung des Magiſtrats oder des Gerichts. geltende Polizeiverordnungen

Für das ganze Land

waren

übrigens auch bereits erlaffen . Hierher gehören vornehmlich das Tumult-Edikt von 1720 , welches im Jahre 1791 einige durch die Zeit gebotene Veränderungen erhielt ; eine Geſinde verordnung vom

16. November 1769; einige

für Künſtler und Handwerker im erweitert 1810 ; und

Vorſchriften

Jahre 1780 , verändert und

endlich noch eine beſondere Vorſchrift

über die Wanderbücher derjenigen Handwerker, welche fidy Be hufs der Vervollkommnung in derſchaft begeben wollten .

ihrem

Gewerbe auf die Wan

Beſonders aber müſſen

wir der

Verordnungen gedenken , welche wegen der Lebensrettungen , überhaupt wegen des Geſundheitszuſtandes der Menſchen er laffen wurden , weil gerade fie mit dem Un- und Aberglauben zu kämpfen

hatten .

Die Mandate aus den

Jahren

1773 ,

jeßten Prämien für diejenigen aus, welche

1784 und 1804

beweiſen konnten , einem Menſchen das Leben gerettet zu haben . Dieſe Prämien waren

je nach der dabei vorhanden geweſenen

Gefahr auf drei bis zehn der angeſtellten

Thaler feſtgeſeßt, und gelang trog

Verſuche die Rettung nicht oder wurde die

verunglücte Perſon , z. B. bei Ertrunkenen , nur todt wieder auf die Erde gebracht, ſo empfing derjenige, welcher den Ver fuch

zur Rettung

unternommen

hatte , drei

Thaler.

fagten ſoeben , dieſe lobenswerthen Verordnungen

Wir

hatten viel

durch den Aberglauben zu leiden , und ſind deshalb eine Er klärung

ſchuldig .

Bei

den

Mitgliedern

des

hatte ſich die Anſicht eingebürgert, daß man Jahre zuerſt

ins Waffer

gefallenen

Menſchen

Fiſchergewerks den in

einem

nicht retten

dürfe , weil jeder Fluß ſein Opfer verlange und die Menſchen verpflichtet ſeien , es ihm

zu laſſen .

Indeß

brachten

die vom

172

Kurfürſten ausgeworfenen tiger denkenden

Fiſchern

Belohnungen

es bei den vernünf

bald dahin , daß ſie ſich bemühten ,

ihre Kollegen von ihrer Thorheit zu heilen , was zwar nicht immer gelang, doch einen weſentlichen Einfluß dieſer Corrupt heit mindeſtens verhütet zu haben ſcheint.

Dies wird durch

die

über die Verunglückten angefertigten Tabellen großen Theils bewieſen . Darnach find in dem Zeitraume von 1773

bis

zu

Ende des achtzehnten

Jahrhunderts 4480 Perſonen

verunglückt, wovon 3963 gerettet, alſo nur 517 ums Leben gekommen waren .

Für dieſe 4480 Verunglückten

Staatsfonds 41,181 Thaler als Prämien Thaler pro Kopf , und es

ſind aus

gezahlt, alſo neun

ſcheint beinahe nach dieſer Auf

ſtellung, wenn wir erwägen , daß für einen

Todten nur drei

Thaler gezahlt wurden , daß für einen Geretteten mehr als zehn Thaler gezahlt worden ſind.

zuweilen

Es hat übrigens ,

ungeachtet der gezahlten Prämien ,

dem Kurfürſten dennoch große Mühe gekoſtet, ſeine Unterthanen nach dieſer Seite hin zur Vernunft zu bringen .

Abgeſehen von

bereits gerügten Aberglauben , wurden

dem

durch uns

fogar oft diejenigen ,

welche ihren Mitmenſchen das Leben gerettet hatten , von An deren verhöhnt und verfpottet, ja, man ging ihnen fogar aus dem

Wege , gleichſam

als wären ſie unehrliche oder von der

Peſt befallene Menſchen .

Dieſer Unfug hörte erſt dann auf,

als kräftige Gefeße zur Verhütung und zur Beſtrafung defa felben erlaſſen wurden . Rettungsmedaillen

Erſt ſpäter wurden die ſogenannten

eingeführt.

Nach und nad

kam

man

nämlich dahinter , daß öfter Einer der Studenten , beſonders von denen zu Halle, wenn ihre Börſen geleert und die Wech fel von Hauſe noch nicht angekommen waren , fo ganz zufäl lig ins Waſſer fiel und von anderen Studenten gerettet wurde. Der Retter begab ſich dann mit den nöthigen Zeugen aufs

173

Rathhaus, ließ ſich die Zehnthalerprämie auszahlen und ver jubelte Um

fie noch

dergleichen

an

demſelben

Unfug

Tage mit ſeinen

zu ſteuern , den man

Freunden .

übrigens nur

vermuthen , aber nicht beweiſen konnte, wurden die Rettungs medaillen

gegründet , anſtatt der zehn

eine folche Medaille.

Da

Thaler gab

aber einem

es dann

Bruder Studio an

einer Medaille nichts gelegen iſt , fo fiel ſeit jener Zeit kein Student mehr in die Saale. Crin

Auch um

verhüten ,

die zu

erſchienen

frühe Beerdigung der Geſtorbenen zu einige Verordnungen , in

denen

auf's

Strengſte anbefohlen wurde, eine Beſtattung der Leichen

erft

dann vorzunehmen , wenn die ſicheren in der Verordnung ſelbſt angegebenen St.

Todeszeichen

Mit dem

Patent vom

ſichtbarlich vorhanden ſeien . Lorem 20. Februar 1805 ward aud die

ſogenannte Ruhpocenimpfung eingeführt, doch war vernünf tiger Weiſe dabei ausdrüdlich

beſtimmt, daß kein

Menſch

hierzu gezwungen werden und derjenige, welcher ſich von der Wohlthätigkeit dieſer Methode nicht überzeugen könne, davon befreit ſein

ſollte .

Der Arzneihandel wurde ſtreng überwacht,

ebenſo der Weinhandel, weil beſonders in fache Verfälſchungen vorgekommen waren . den

auch Mittel gegen

einer Thierarzneiſchule fällt in dieſe in

Legtern viel

Hier und da wur

verſchiedene Krankheiten

und Thiere öffentlich bekannt gemacht.

Jahre. 1781

dem

der Menſchen

Auch die Errichtung

Zeit, die jedoch erſt im

eine Staats -Anſtalt umgeſchaffen

wurde.

1796 erſchien eine Verordnung über die Prüfungen der Chi rurgen . Eine beſondere Fürſorge aber traf Friedrich Auguſt III. für die Jeren , welche bis dahin mit Armen und Waiſen ge meinſchaftlich

in

Torgau die

untergebracht waren .

Antrag

beſtimmten

Landtage : Pon

daß zu

Torgau und Waldheim

1781

Auf ſeinen und

1787,

noch 200 beſondere Pläße

174

für geifteskranke Perſonen eingerichtet werden ſollten , und be willigten hierzu ein Capital von jährlich zehntauſend Thalern . Erſt viele Jahre nachher ( 1811) wurde der Sonnenſtein zu Irrenhauſe umgeſchaffen .

eigenen

einem

hat ſich der

Conferenzminiſter von Noſtiz beſonders verdient

Der Sonnenſtein

gemacht.

dieſe Anſtalt

Um

liegt bei Pirna und iſt eine An

ſtalt, welche man ſehr gut als Muſter für alle ähnliche ſtitute aufſtellen

In

kann.

Das Armenweſen , welches durch die Kriegsjahre nachher durch die Theuerung ungemein um

und

fich gegriffen und

für das man noch gar nichts gethan hatte, lenkte ebenfalls die

Aufmerkſamkeit des Monarchen auf ſich.

ſtimmte in

einem Mandate vom

Derſelbe bes

Jahre 1772 , daß die Sorge

für die Armen vornehmlich den Gemeinden obläge, in denen ſie entweder geboren geweſen wären .

oder doch mindeſtens lange Zeit anjäßig

Bei dieſer wohlthätigen Anordnung vergaß

Friedrich Auguſt III. indeß denken , welche Leben

durch

ein

erft verarmt waren

oder bei denen

kurz oder lang zuverſichtlich durd

nicht , auch an

jene Armen

zu

tüßiggängeriſches und liederliches

eintreten

dieſer Fall über

könnte.

Er ließ daher

feine Miniſter den Mitgliedern des Landtages von 1793

den Vorſchlag zur Errichtung von Arbeitshäuſern machen , und dieſen Antrag im Jahre 1799 wiederholen . Erſt in dem

legtern

Jahre kam

es

zum

Beſchluß .

Jeder

Befiger

Ritter- oder Freigutes mußte eine jährliche Beiſteuer

eines

von fünf Thalern zahlen , während die Regierung des Kur fürften

der Rentenkammer

anwies , den

dadurch

gebildeten

Fond durch

einen jährlichen Zuſchuß von 6000

vermehren .

Anfangs hatte man die Abſicht, gleich zwei fol

cher

Thalern zu

Inſtitute herzuſtellen ; die vorhandenen Mittel

jedoch nicht aus und es blieb vorläufig bei einem .

reichten Um nun

175

aber ſich auch gegen ler zu

die von dem

ſchüßen , beſtimmte der

Auslande kommenden Bett Kurfürſt, dieſelben

Grenze zwar anſtändig , doch entſchieden welchem

an

der

zurückzuweiſen , zu

Behufe dann auch eine ſchärfere Paßkontrole einge

führt und mit ziemlicher Strenge gehandhabt wurde. Ausländer , die in politiſcher Beziehung verdächtig

Auch

ſchienen ,

beſonders die franzöſiſchen Emigranten , wurden an der Grenze ſchon zurückgewieſen . Kinder kam

In

Bezug der vater- und mutterloſen

im Allgemeinen dieſelbe Maßregel in Anwendung,

welche bei der Erhaltung der Armen

galt.

Staats-Waiſen

häuſer hatte Sachſen zu jener Zeit nur zwei, eins in Torgau , ein

anderes in Waldheim .

im

Jahre 1811 ihre Vereinigung in

Dieſe beiden

Anſtalten

Langendorf.

fanden

Im

Jahre

1815 ward dies nunmehr vereinigte kurfürſtliche Waiſenhaus nach Bräunsdorf in Entſtehung

und

der Gegend von Freiburg verlegt.

Vervollkommnung der fädyfiſchen

häuſer iſt ſehr

Die

Waiſen

intereſſant und darf hier nicht übergangen

werden , wo es fich

um

eine möglichſt vollſtändige Geſchichte

dieſes Staates handelt. aimed Auguſt Hermann Franke 1663 zu Lübeck geboren , war der Erſte in

Sachſen , welcher an die Errichtung eines

ſenhauſes dachte .

Ungefähr

Profeffor nach Halle. ganz verſäumten zu unterrichten theilen .

Vom

Jahr 1681

Jahre

1694 an begann er, die

Armen und Kinder

auf ſeinem

kam

Wai

um's

er als

Hausflur

und hier und da Almoſen unter fie zu ver

Bald gewann ſeine Thätigkeit an Umfang ; er nahm

einige elternloſe Kinder in fein Haus, deren Zahl ſich ſchnell vermehrte. trägen . Gulden

Wohldenkende unterſtüßten

Als

ihn mit kleinen

er einft auf einmal ein

erhielt, rief

damit kann man

er aus :

Geſchenk von

Das iſt ein

etwas rechts anfangen !

Bei fieben

ehrlich Kapital,

Bon nun an wuch

176

ſen

feine Anſtalten für Erziehung , Erhaltung und Unterricht

von

Jahr zu

Jahr, und ſchon 1698 wurde der Grundſtein

zu allen den Gebäuden gelegt, die jeßt zwei Straßen von je 800

Fuß Länge bilden .

Von nun an bekam

er auch größere

Summen zugeſandt, von denen manche über tauſend betrug.

Thaler

Ein ungeheures, nie zu erſchöpfendes Kapital empfing

Franke von

einem

feiner gelehrten

Freunde, den

fen Sterbeſtunde noch beſuchte und welches in

er in

defa

einer Menge

Recepte , für die meiſten Krankheiten paffend, beſtand.

Der

Verkauf der nach dieſen Recepten fabrizirten Arzneien brachte einen

jährlichen Gewinn von ungefähr 40,000 Thalern ein ,

wodurch eß allein möglich werden konnte, ſeine Anſtalten fo ungemein zu heben . fyr

1.

Das Waiſenhaus, in welchem

fähr ſechs to

Dieſelben waren :

find.

die

de

feit der Stiftung unge

Tauſend Kinder ganz unentgeldlich erzogen

Es wurde auch nach der Konfirmation für

an

deren weiteres Fortkommen geſorgt, und nicht daran

Bitire

feſtgehalten , daß fie ausſchließlich Handwerker werden follten .

Wer

Fähigkeit

und Geſchidlichkeit

befaß ,

ward Künſtler oder Gelehrter, und mancher berühmte Mann iſt in Sin Igeweſen . 2. sulfat

des

Zögling part

of

Franke’ſchen Waiſenhauſes otthont dela mise meat

Das

(jekt königliche) Pädagogium ;

darin

über drei Tauſend Lehrer und Erzieher

u idet worden .Van

outs 1914

ſeit 1696

ſind gebil

demu

TH 3. Die lateiniſche Schule, ſeit 1697 , hat in der Regel Watchi 4—500

Penſionärs.

Seit 1809, womit ihr das

ja Eesti lutheriſche und das reformirte Gymnaſium it

verbunden

wurde, führt ſie den Namen : „ Halle'ſche Hauptſchule.“

In 4.

Die deutſchen

oder Bürgerſchulen , aus vier Abthei

hot

lungen , zwei für Knaben

und Mädden , die einiges

177

Schulgeld zahlen , und zwei für ganz arme Kinder, beſtehend. Daß

die Franke’ſchen Stiſtungen , beſonders das Wai

fenhaus, noch beſtehen , bedarf keiner Erwähnung. Muſter des legtren

legte Auguſt der Starke im

Nach dem Jahre 1730

zu Torgau das erſte kurfürſtliche Armen- und Waiſenhaus an . Im Allgemeinen wurde indeß außerordentlich wenig nach dieſer Seite hin gethan immer noch

und es fanden ſich in Sachſen

ſo unendliche viele Arme und Waiſen , daß es

kein Wunder iſt, wenn wir bei der Fortentwickelung derar tiger Beſtrebungen abermals auf einen Geiſtlichen ſtoßen , der fich

um

die

Verhältniſſe

hochverdient gemacht hat. war in

einzelnen

der elternloſen

Kinder

ebenfalls

Durch das Theuerungsjahr 1771

Diſtrikten

des

fächfiſchen Kurfürſtenthums

eine förmliche Hungersnoth ausgebrochen , unt wenn Friedrich Auguſt III. auch mancherlei wohlthätige Anordnungen

er

1

ließ , auf daß ähnliche Widerwärtigkeiten , wenn auch nicht gerade unmöglich, ſo doch wenigſtens ſeltener werden möchten, ſo geſchah doch für die hinterbliebenen Kinder der vom ger

dahingerafften

Torgauer

Menſchen

außerordentlich wenig.

Anſtalt hatte nur Raum

für etwa

Hun Die

dreihundert

Perſonen , von denen die Hälfte mindeſtens aus Verarmten beſtand. Die erwähnte Theuerung des Jahres 1771 machte fich , wie natürlich, vorzüglich in den niederen Ständen Auf einer Berghalde bei Pobershau lag ein Weib ohne die freundliche Pflege

fühlbar.

bleiches, krankes

eines andern

Menſchen ;

neben ihm erblicte man ein kleines menſchliches

Weſen , das

fich vergeblich abmühte , aus

Brüſten

Mutter

die zu

ſeinem

den

vertrockneten

der

Leben erforderliche Nahrung heraus

zuſaugen . Gott weiß, wie lange die Frau ſchon nichts gegeſ 12 Bertraute Geſchichte. Sagſen . 3. Bb.

178

fen hatte.

Ihr Ehemann war einige Tage vorher auf die

felbe Weiſe geſtorben , wie auch ſie vorausſichtlich ſterben mußte. Hunger

iſt

ſchlimmer als Gift, beſonders wenn man

ein

Kind neben ſich weiß , dem man auch nicht das Geringſte zu bieten vermag . Der Diaconus Ehrenfried Wagner hatte von der armen Frau Göpel gehört und es für ſeine Pflicht erkannt, ihr die legten

Tröſtungen

Religion zu

der

verabreichen

oder wenn

es möglich iſt, fie noch zu retten . Ein Blick auf die bleiche jedoch ſofort , daß der Tod dieſe Jammergeſtalt ſagte ihm Beute nicht wieder fahren laſſen werde.

Er reichte

ihr das

Abendmahl und betete für ſie und ihr Kind. Einige Mi Wagner nahm nuten darauf war das arme Weib todt. das Kind auf ſeine Arme und trug es in ſeine leider auch nur ärmliche Wohnung .

Er betrachtete ſich für das, was er Tröſter der Wittwen

und Waiſen ,

und deshalb beſchloß er , den Anfang zu einem

Waiſenhauſe

wirklich

Findling zu machen .

mit ſeinem würdigen

ſollte : ein

ſein

Selber arm , blieb dieſem

Geiſtlichen nichts andres übrig , als ſich an begü

terte Perſonen

um

wenden .

Unterſtüßung zu

Er hat man

chen vergeblichen Gang gemacht und manchen erfolgloſen Brief geſchrieben . Dresden

Endlich erhielt er von der Freimaurer-loge zu

eine nicht

einer Waiſenanſtalt.

unbedeutende Summe Geld zum Das feuerte

ſeinen

Muth

Bau

an und er

wandte ſich jeßt auch an den Kurfürſten , was er ſchon längſt hätte thun follen . Friedrich Auguſt III. kam ihm bereitwil lig entgegen und bald hatte man ein

Kapital von ungefähr

20,000 Thalern zuſammengebracht. Mit dieſem Gelde grün dete er das Karolinenſtift, dem ſpäter auch eine Freiſchule beigegeben wurde.

Er nannte dieſe Anſtalt deshalb „ Karo

linenſtift,“ weil das verhungerte bleiche Weib auf der Berg

179

halde Karoline Göpel hieß, und deſſen Kind die erſte zu einem aus

Waiſenhauſe hervor gerufen

Die Beſtrebungen

Perſonen bilden

Idee

Worstopu

hatte.

folcher einzelner menſchenfreundlicher

jedesmal eine Anregung für die Regierung .

So auch in Sachſen . Wir haben ſchon

geſagt, daß

die Tor

gauer Anſtalt nicht nur Waiſen , ſondern auch Arme aufnahm . Man erkannte bald das Nadytheilige dieſes Beiſammenſeins der Kinder mit alten , franken und verarmten

Perſonen , und

ſonderte fie 1801 nicht ohne großen Koſtenaufwand von ein ander, vorläufig jedoch nur in Bezug auf die Wohnzimmer ; im Uebrigen waren

ſie noch immer bei einander.

Staate iſt immer gar zu viel zu Alles auf einmal reformiren .

In einem

thun , und es läßt ſich nicht

Erſt im

Jahre 1811 , wie be

reits

geſagt, wurden

gau

durch ihre Vereinigung in Langendorf von ihren Uebel

ſtänden großen

die Waiſenhäuſer

Waldheim

und Tor

Theils befreit .

Sämmtliche unter einander fich ähnelnde Staatsinſtitute, Armen-, Kranken-, Irren- und Waiſenhäuſer , ſtanden unter einer aus Regierungsbeamten beſtehenden Kommifffon ,

als

an welcher ſich auch Landtagsmitglieder betheiligen durften . Um die Koſten , welche dieſe Anſtalten erforderten , nicht gar zu gewaltig anwachſen zu

laſſen , wurden die Sträflinge der

Zuchthäuſer mit entſprechenden Arbeiten dadurch erzielte Gewinn ſen ; troßdem

den betreffenden

war immer

noch ein

beſchäftigt und der Anſtalten überwie

jährliches Kapital von

über einhundert Tauſend Thalern (jeßt etwa 130,000 Thaler ) erforderlich . Wenn wir die nach tigkeit Friedrich Auguſt

allen Seiten

hin

entwickelte

III. verfolgen , ſo gerathen

Tha

wir in

das höchſte Erſtaunen , wie es ihm möglich geworden iſt, fich ſo vielſeitig zu machen .

Kaum

hatte er für die Waiſen ſeis 12 *

180

nes Landes

die nöthigen

Arrangements getroffen , als fein

Augenmerk auf einen vielleicht noch wichtigeren Gegenſtand gelenkt wurde.

Die damaligen

Dörfer beſtanden meiſt aus

mit Strohdächern verſehenen Häuſern, wie wir ſie ſogar heute noch an manchen Orten

antreffen . Wenngleich das Vortheil

hafte dieſer Art Bedachung hinſichtlich der Wärme und Trok kenheit nicht zu verkennen

iſt ,

ſo

iſt jedoch

wiederum

der

durch fie leicht entſtehbare Schaden ſo überwiegend, daß eine Verordnung, wie ſie Friedrich Auguſt III. erließ, kein Haus folle mehr mit Stroh gedeckt werden , als eine wahre Wohl that begrüßt werden mußte. Dörfern

Alle Augenblicke brach auf den

Feuer aus , meiſt durch Nachläſſigkeit oder Fahrläs

figkeit dieſes oder jenes Bewohners felbft entſtanden , ſeltener wurde es wohl abſichtlich hervorgerufen .

Die Löſchanſtalten

waren damals auch noch ſehr mangelhaft und ſo kam daß gewöhnlich das halbe Dorf abbrannte. ordnung von richteten thätigen

es denn ,

Die neue Feuer

1790 , welche eben die Strohdächer bei neuer

Gebäuden verbot, war nicht im Fittige ſogleich auszubreiten .

Stande, ihre wohl Man konnte und

wollte nicht die Leute zwingen , auf einmal alle Strohdächer zu entfernen ; dagegen

erklärte man ſich Seitens der Regie

rung freiwillig bereit, denjenigen , welcher ſein Strohdach mit einem

Ziegeldach vertauſchen wollte, mit einem

Geldgeſchenk zu

unterſtüßen .

entſprechenden

Dadurch war auch nicht ſehr

viel gewonnen ; ja , man behauptet, (doch iſt dieſe Behaup tung unerwiefen

geblieben ) daß

felbſt angezündet hatten , um den .

mehrt.

ihre Häuſer

nur das Strohdachy los zu wer

Die Feuersbrünfte hatten

der herangezogenen

viele Perſonen

fich

nach

Bekanntmachung

Feuerordnung allerdings erſtaunlich ver

Es läßt fich darüber wenig ſagen .

Verſichert waren

die Leute alle , weil jeder Eigenthümer, der aus dem

Jahre

181

1787 herrührenden verpflichtet war.

Brandverſicherungs - Societät beizutreten

Daß fich

Jeder ſelbſt abſchäßen konnte, war

ein Fehler des betreffenden Gefeßes , und mag dadurch wohl hier und da Giner veranlaßt worden ſein , fich hoch zu ver fichern

und dann fein

dies können

doch

Haus in

Brand zu ſtecken ,

Alein

immer nur ſehr vereinzelte Fälle geweſen

ſein , da man ſich nicht erinnern kann, daß irgend ein Menſch wegen Feueranlegens beſtraft worden wäre. Haupturſache der vielfachen

einer

Noch

der Nähe von Leipzig, Halle , und Wittenberg be:

auf den in

Dörfern

findlichen

Feuersbrünſte

müſſen

ihre

wir

gedenken .

Die Studenten

Trinkgelage gewöhnlich in den Dörfern

hielten

nämlich

ab , um

ungeſtört zu ſein . Waren ſie nun trunken geworden , ſie nicht mehr behutſam mit dem "Feuer um ,

dann gingen

Anzünden

das ſie zum Holzſpäne,

deren

fie

ihre Tabakpfeifen fich

gebrauchten .

Die

hierzu bedienten , wurden in der

Trunkenheit hoch in die Luft geworfen , und es foll zu wie derholten Malen vorgekommen ſein , daß dadurch ein ſehr bez deutendes Feuer entſtanden iſt. Deshalb befahl der Kurfürſt mit aller Strenge und unter Androhung entſprechender Stra fen , daß die Studenten ihre Trinkgelage ferner nicht mehr in den Dörfern abhalten ſollten ; mit dieſer Ver ordnung zugleich unterſagte er ihnen auch alles Lotterieſpiel , ſowohl im In-, als im Auslande, beſonders aber die Hazardſpiele. Auch die herumziehenden Schauſpielertruppen durften auf den Dörfern

keine Vorſtellungen mehr geben , weil man auch ſie

für eine Urſache der Feuersbrünſte betrachtete ; ebenſo ſollten Maskeraden und Redouten nach einer vorher einzuholenden landesherrlichen Genehmigung erſt abgehalten werden dürfen .

Friedrich

Auguſt

III., ungeachtet er kein

Mann

des

Krieges war, ſorgte dennoch für ſeine Armee mit großer Uma

182

ficht, Weisheit und Geſchicklichkeit.

Am

hierzu wohl durch

ſchon einmal gedachten

Grafen

ein

Urtheil des

von Mirabeaus veranlaßt worden

behauptete (iſt aber den

Beweis

oder beſſer vielleicht: den Sachſen zum

meiſten

ſein .

geblieben

Beweis des Gegentheils hat

ihm

vornherein

nicht und ſei mehr Handwerker oder land

mann, als irgend etwas anderes. das ackerbautreibende Publikum . Statt.)

Derſelbe

darüber ſchuldig

ſelbſt geliefert) der Sachſe tauge von

Soldaten

mochte er

Die beſten Rekruten

ſtelle

(Ein Gleiches findet überall

Nachdem Mirabeau noch eine Menge Tadel hervor

gebracht, läßt er ſich endlich auch zu einer Belobigung herab. Die Artillerie und Kavallerie ſeien muſterhaft, ſagte er, was dagegen die

Infanterie betreffe , fügt er hinzu, ſo könne

dieſelbe ohne Muſik nicht 200 Schritte weit marſchieren , ohne nicht die

Richtung verloren

zu

haben .

noch, daß alle Manövers bei der

Er behauptet auch

fächſiſchen Armee vollkom

men überflüffig feten, weil die oberen Offiziere es nicht ver ſtänden , durch eine geſchickte

Taktik den Soldaten zu beleh

ren . Mögen ſeine Behauptungen wahr ſein oder nicht, dar auf kommt es nicht an , genug , der Kurfürſt , den er darin noch perſönlich angegriffen hatte , bemühte fich , ſein verbeffern und ihm

eine achtunggebietende Stellung dem Aus

lande gegenüber zu geben . fechs Tauſend und die

Die Kavallerie

brachte er auf

Infanterie auf 21,000 Mann ; dazu

kamen nun aber noch die

Garniſon- und

pagnien , welche zuſammen

aus 600 Mann

dann noch

Heer zu

Invaliden -Com beſtanden ; fo

die Garden , Schweizer , Kadetten ,

Ingenieurs,

Feld- und Haus-Artillerie und die Pionire, welche zuſammen ein

Korps von 3572 Mann bildeten . Männer über vierzig

Jahre,

Studenten und

dispenſirt.

Auch

Schüler waren

vom

Militairdienſt

ward beſonders darauf geſehen , daß

Jeder

183

in der unmittelbaren

Nähe ſeines Geburtsortes

als

blieb, damit derſelbe auch ferner noch fich mit dem beſchäftigen

könne.

Auch

in

Soldat Landbau

wiſſenſchaftlich -militairiſcher

Hinſicht blieb Friedrich Auguſt nicht müßig.

Der Kadetten

anſtalt gab er den hochverdienten General Chriſtian i zum Direktor ; die Ingenieur- und Artillerieſchule wurde zweddien licher eingerichtet und für das Söhne verſtorbener Soldaten

Inſtitut zu Annaberg, in das untergebracht und die hier zu

Soldaten gebildet wurden , welches eine, aber nicht ausreichende Summe von 17,580 Thalern der Kurfürft

von

iegt

an

jährlich abſorbirte , bewilligte jährlich

25,000

Thaler.

Die

Spißeder Militairverwaltung bildete ein geheimes Kriegsratha collegium .

Durch

eine ſolche vollſtändige Umgeſtaltung des

ganzen Militairweſens mußte das ungerechte Urtheil des Gra fen Mirabeau

vernichtet werden .

behauptet, daß man

höheren

nachſichtig , ſondern gegen den ſtrenge ſei.

Orts

Derſelbe hatte nicht nur gegen

die Offiziere zu

gemeinen Soldaten

auch

zn

Hieran mag freilich etwas Wahres ſein , wenn

wir bedenken , daß die meiſten bergenommen

wurden

Offiziere aus dem

Adelſtand

und der Kurfürſt ein beſonderer Bea Er meinte aber auch , der gewöhn

ſchüßer des Adels war .

liche Soldat bekäme zu viel Prügel, die Hauptleute ſteden das

Traktament der Beurlaubten in ihre Taſche, und entblö

dete fich zuleßt auch nicht, noch zu ſagen , die fächſiſchen Sol daten hätten ſeit Kaiſer

Karl

V. auch nicht eine Schlacht

gewonnen . Friedrich

Auguſt

III. behielt ſtets feinen

erhabenen Zweck vor Augen .

großen

und

Er wollte den durch ihn re

präſentirten Staat vergrößern , d. h. mächtiger machen , dabei ſeine Unterthanen aber mit keinen neuen Selten werden wir in

Steuern

belegen .

der Weltgeſchichte einen Monarchen

184

finden , der dieſe beiden Hauptzwede zu vereinen bemüht ge weſen

iſt und

entworfenen Kurfürſten

der

ſie auch

ſo vollſtändig nach

Plane erreicht hat, wie dies

dem

gerade

einmal bei

dem

von Sachſen der Fall war.

Friedrich Auguſt unternahm

auch im

Jahre 1783 eine

Ausmeſſung ſeines Landes, womit er den General von After beauftragte und der 1804 Jahre 1825 beendet.

ſtarb.

Dieſelbe wurde

erſt im

Der General After ſtarb 1804. Sein

Sohn Karl Heinrich , geboren am 4. Februar 1782 zu Dreg den , trat ſehr früh in das

Ingenieurcorps und avancirte,

feiner vorzüglichen Fähigkeiten wegen , außerordentlich ſchnell. Er wurde

bald Hauptmann , Major und Oberſtlieutenant.

Als Solcher wurde er zum Dresden ernannt, aber ſchon ſuchen vom

Lehrer an der Artillerieſchule zu im

Jahre 1830 auf fein An

Könige Anton penſionirt.

Seine Verdienſte um

die Ausbildung der Offiziere , die er ſich

als Lehrer an der

Artillerieſchule erworben , wurden ſelbſt noch vom Könige von Sachſen , Friedrich Auguſt II . dadurch anerkannt , daß derſelbe ihm vierzehn

noch

im

Jahre 1844 , nachdem

Jahre nicht mehr im

er alſo ſchon

activen Dienſt fich befand, den

Titel eines Oberſten

der fächſiſchen Armee verlieh.

im

23. Dezember, dreiundſiebzig Jahre alt,

Jahre 1855 am

an Entkräftung.

Er ſtarb

185

3 wöIfte $

Kapitel.

Der Landbau. Spinn Die Wollen- und Baumwollenfabrikation . maſchinen in Chemnik . Schubart von Kleefeld . Berghauptmann von & re Rüdſchritte in der Leinewandfabrika Die kurfürſtlichen Geſtüte. bra . Marl Wilhelm Müller und die Bildungsanſtalten . – Die Univer tion . Schriftſteller.

fitäten zu Leipzig und Wittenberg.

Wenn Mirabeau ſagt, daß

Schauſpieler.

die Sachſen

beſonders

ein

acerbautreibendes Volk find, ſo iſt er mindeſtens nach dieſer Seite hin der Wahrheit treu geblieben . auch in Bere

Es eignet ſich aber

der That ganz vorzüglich dazu , zumal da der grö

Theil

des fächſiſchen

Landwirthſchaft iſt.

Landes vornehmlich

die alle verarbeitet und zu Holz hat es durch

Geld

behrliches

hin , die

erſcheinen

gemacht werden

können .

die weiſe Fürſorge ſeiner Fürſten in gro

Bem Ueberfluß und ſeine vielen chen vollſtändig

geſchidt zur

Es bringt eine Menge Produkte hervor,

zu

kleinen Flüſſe und Bäche rei

Dampfmaſchinen als etwas Ent laſſen .

Die Menſchen

Sachſen find thätig und rege und zeigen neben

ſelbſt

in

der Genüg

famkeit eine außerordentliche Ausdauer, wodurch hauptſächlich ihre deutſche

Abkunft documentirt wird.

Daß

jedoch

jeder

Staat auch ſeine Schattenſeiten hat, iſt ſo etwas Natürliches, daß man darüber gar nicht zu reden braucht. nicht frei davon

und konnte es um

fich ja gerade in ſeinem dium

Sachſen war

fo weniger ſein , als es

Entfaltungs- oder Entwicelungsſta

befand . Man ſuchte vergeblich nach Anſtalten , die vor

nehmlich auf die Veredlung des Geſchmads und weitere Aus

186

bildung der Handwerker gerichtet waren . ſeinen

hauptſächlichſten Grund darin

Das mochte freilich

haben , daß

die große

Maffe des Volkes im Allgemeinen gegen jede Neuerung , welche liebgewordene (wenn auch ſchlechte) Gebräuche zu reformiren oder gar abzuſchaffen gung hat. fidh

beſtimmt iſt, eine entſchiedene Abnei

Dieſe alten

Gebräuche,

von denen

längſt überlebt hatten , traf man am

Handwerkerſtande an . als auch

in

Dagegen wurden ſowohl im

den verſchiedenen

deutende Fortſchritte

die meiſten

Auffallendſten

Zweigen

gemacht.

Im

im

Handel,

der Fabrikation

be

Jahre 1765 ſorgte der

Kurfürſt für Einführung der Merino*) - und der ſpaniſchen Schaafe.

Dadurdy begründete er einen

werbszweig, daß

der in

Tauſende von

kurzer

Menſchen

Baumwollenfabrikation Sachſen

in

fam

Aufnahme.

ſehr bedeutenden

Er

Zeit ſo ſehr ausgedehnt wurde, ihr Brot dabei fanden . erſt zu

Die

erſte

einer

ſpäteren

Die

Zeit in

Baumwollſpinnmaſchine

ſtellte der Kaufmann Wöhler in den neunziger

Jahren

des

vorigen

Jahrhunderts in Chemniß, einer bedeutenden Fabrik

ſtadt im

fächfiſdhen Erzgebirge am

Fluſſe gleichen Namens, der

nicht weit davon in die Mulde fält, auf.

Sie war von dem

Engländer Whitefield erbaut, der vom Kurfürſten ſelbſt be foldet wurde, und ſpann 1802 in

Fäden

zugleich .

Die zweite

Chemniß aufgeſtellte Maſchine war ſchon bedeutend

vollkommener von dem hörte dem

1136

Kaufmann

lichen Zeitraum

Engländer James angefertigt und ge Bernhard.

Sie ſpann

in dem

näm

4800 Fäden . Wöhler hatte ein Kapital von

100,000 Thaler in ſein Unternehmen geſteckt und bekam Kurfürften noch außerdem

vom

eine Zubuße von 15,000 Thalern .

* ) Merino ſind die durch Vermiſchung der ſpaniſchen Schaafe mit afrikaniſchen entſtandene Race , wodurch allein erſt eine feinere Wolle als die deutſche erzielt werden kann.

187

Er brachte ein und welches

Fabrikat hervor, das er Water-twist nannte

von

tentirt wurde.

Friedrich Auguſt III. auf zehn Der bereits

Jahre pa erwähnte Kaufmann Bernhard

hatte ſchon bedeutend leichteres Arbeiten , weil er in England felbſt geweſen, dort die Baumwollenfabrikation kennen gelernt hatte und die Fehler vermeiden konnte , welche Wöhler fichi hatte zu Schulden kommen laſſen . Bernhard ſteckte ein Ver mögen von 80,000 Thalern in ſein Unternehmen und nannte fein

Geſpinſt Mule-twist.

Unter allen

Umſtänden war das

Wöhlerfche Fabrikat als das Beffere zu bezeichnen ; von dem ſelben von

gingen nur 60 bis 80 Zahl auf ein Pfund, während dem

Bernhard'ſchen

Erzeugniß

beinahe

300

Zahl zu

einem Pfunde erforderlich , alſo unzweideutig weit leichterer und lockerer waren . U 315 Der dritte Unternehmer von englichen Spinnmaſchinen in Chemnit war der Fabrikant Becker , welcher daſelbſt im Jahre 1820 ſtarb.

Durch ſeine großen Anlagen

und ſeine

unermüdliche Thätigkeit hat er ſich ganz entſchiedene Verdienſte in dieſem Zweige der Induſtrie erworben . In neuerer Zeit ſtieg

die

Zahl

Spinnmaſchinen fend Menſchen

der

auf

Sachſen

in

Thätigkeit

befindlichen

bis auf 600 , bei welchen über funfzig Tau beſchäftigt wurden . Vor dem ſiebenjährigen

Kriege hatte man tun ; allein

in

in Sachſen noch keinen inländiſchen Katz

fchon im

vierhundert

Jahre 1803 wurde allein in

Tiſchen

gedruckt.

Zur

Chemniß

Erfindung

neuer Muſter waren allein zwei kurfürſtliche Zeichnenmeiſter anges

ſtellt, denen auch die Aufgabe oblag, den

inländiſchen

Geſel

len und Lehrlingen unentgeldlichen Zeichnenunterricht zu erthetz len . Die Stadt Chemniß zeichnet ſich überhaupt durch eine ungemein lebendige Betriebſamkeit aus.

Sie hatte im Jahre 1810 etwa 1000 Häuſer mit 11,000 Einwohnern . Darunter

188

befanden fich

etwa

700 Meiſter und 500

Geſellen in

Kata

tun , Parchend, Strümpfen, Baumwollenzeugen , Drell, Pique's u.

. w .;

eine Anzahl Kattun- und

welche Waare liefern ,

die der engliſchen

* Audy die Mouffelinfabrikation der Zeit ſo bedeutend

im

ſind.

Am

in Sachſen erſt ſeit dem ches

faſt gleichkommt.

Vogtlande war mit

geworden , daß von

drei Millionen Stück , das Stück zu pelt worden

Callico - Druckereien ,

meiſten

1790 bis 1803

dreißig

Ellen , geſtem

indeß war die Fabrikation

franzöſiſchen Syſtem

gehoben , wel

alle engliſche Konkurrenz unmöglich machte .

für jenen Zeitraum

müſſen

wir auch der

Als neu

Strohmanufaktur

gedenken . Sie beſchäftigte nach und nach über 5000 Menſchen . 23

Der Landbau

Haupterwerbszweig des

bleibt immer ein

fächſiſchen Volkes ; auch er war im

vorigen Jahrhundert noch

nicht von ſo enormer Ausdehnung, wie wir ihn jest dort antref fen .

Im

Jahre 1755 waren

ſechs Millionen

in

ganz Sachſen

nur etwa

Scheffel Getreide geerntet, während funfzig

Fahre ſpäter die Ernte das Dreifache , alſo achtzehn Millio nen

Scheffel, betrug.

Allerdings hat die

und Eommerzien - Deputation den

Aderbau

Landesöconomie durch weiſe und

vernünftige Verordnungen überall zu heben geſucht und ihn dadurch

auch wirklich gehoben .

Wüſte Landſtreden wurden

urbar gemacht, und die Forſten , welche fich nicht als ein träglich herausſtellten , rottete man aus und richtete fie zum ********* Getreidebau her.

Einen

großen Nachtheil brachten

indeß für den Land

bau die Koppel- und Gemeindehütungen ; wo man

alſo nicht

mit allzugroßen Hinderniſſen zu kämpfen hatte, ſchaffte man fie auf ewige Zeiten ab und ſorgte dafür, daß die Landleute überall eine vernünftige Stallfütterung einführten . Um die ſen Zweck zu erreichen , mußte man freilich manche alte und

189

dadurch liebgewordene Gewohnheit beſeitigen , was zuweilen mit großen Schwierigkeiten verknüpft war. Beſonders in Flor kam

der Kartoffelbau ;

Sachſen

lieferte

verſchiedene,

meiſt gute, ſchmadhafte Sorten . den

Die meiſten Verdienſte um

ſaalfeld-coburgiſche

der

zweifelhaft

Acerbau hat ſich un Johann

geheime Nath

Friedrich Schubart von Kleefeld erworben . Derſelbe wurde in Zeiß ums Jahr 1734 geboren und ſtammt aus einer bür gerlichen Familie . von

Er begann , wie man

der Pike auf zu dienen .

eines dortigen

am

ungemein

Zuerſt trat er in die Dienſte er einige

verweilt hatte, trat er bei dem

Verhältniß ſandten

Amtmanns ; als

Hofe zu Wien

als

ſo zu ſagen pflegt,

Jahre in

dieſem

kurſächſiſchen

Haushofmeiſter ein .

Ges Sein

ftrebſamer Geiſt, der immer mehr vorwärts und

das Dunkel, was ihm

hier und da begegnete, durchdringen

wollte, veranlaßte ihn , ſich in die Freimaurerloge aufnehmen zu laſſen .

Hier machte er auch die Bekanntſchaft des Ba in

rons Hund und brachte ein

neues Syſtem

Obſervanz.

Verbindung mit dieſem

in die Mauerei, das Syſtem

Nach dem

Manne

der ſtricten

Ende des fiebenjährigen Krieges kam

er als großbritanniſcher Kriegscommiſſar und als heffendarm ſtädtiſcher Hofrath in ſein Vaterland zurück, und kaufte 1768 und 1774 die Güter Würdwig ,Pobles und Kreiſcha . Jegt richtete er

ſeine ganze Thätigkeit auf die Verbeſſerung der

Landwirthſchaft.

Sein Namen wurde höchſt vortheilhaft bez

kannt, als er im

Jahre 1782 den

Preis wegen der von der

Akademie der Wiſſenſchaften zu Berlin aufgeſtellten Preisauf gabe, über den Anbau der Futterkräuter, erhielt. allein ward er auch geadelt. der Landwirthſchaft auf; die Hütung

Dieſerhalb

Er ſtellte nun ein neues Syſtem

ſchaffte die Brache, beſonders aber

und Triftgerechtigkeit ab, wodurch er nicht nur

190

den Futterkräuterbau empor brachte, ſondern dadurch zugleich auch dem

Landmann

Viebſtände

in

die Mittel an

den

Ställen

zu

die Hand gab , größere

füttern .

Auf dieſe Weiſe

wurde natürlich mehr Dung gewonnen und der Getreideer trag mehr, als verdoppelt . Ebenſo hat ſich Schubart von Kleefeld um den Tabakbau , Strapp- und Runkelrübenbau ſehr verdient gemacht.

Er ging ſeinen

durch Beiſpiel voran , ſondern durch

ſeine guten

Vortheilhaftigkeit

Landsleuten, nicht nur

bemühte

landwirthſchaftlichen

fich auch, dieſelben Schriften

ſeiner Methode zu belehren .

über

die

Durch ſeine

ökonomiſch - cameraliſtiſche Schriften und durch ſeinen öcono miſchen Briefwechſel hat er ungemein ſtarb leider ſchon im

viel Gutes geſtiftet.

Er

Jahre 1787

Die Regierung Friedrich Auguſt III. gab ſich ſelbſt eine erſtaunliche Mühe, den Landbau zu heben und ſeşte deshalb auch

für

verſchiedene

Zweige

der Landwirthſchaft

Prämien

aus, beſonders fand dies bei der Obſtbaumzucht Statt. Im Jahre 1801 wurden allein über tauſend Thaler derartiger Prämien ausgezahlt.

Allein bei all

Regierung und bei der raſtloſen

den

thanen war man dennoch nicht dahin tungsrecht

des Adels abſchaffen

beinahe, daß Adel

ſeines

Bemühungen

zu

gelangt, auch das Hü können , und es ſcheint

der Kurfürſt auch nach dieſer Seite Landes

habe

der

Thätigkeit einzelner Unter

begünſtigen wollen .

hin

den

Auch hatte

man noch nicht für zweckmäßige Magazine geſorgt, in wel chen ein Theil der Ernte für das nächſte werden

konnte .

Erſt die von

uns ſchon

Jahr aufbewahrt erwähnten Ueber

ſchwemmungen der Jahre 1784, 1799 und 1804 waren Stande, der Regierung die Augen zu

öffnen .

im

Der Schaden

von 1784 und 1799 allein betrug nahe an 600,000 Thaler. Klüger hätte die Regierung allerdings ſchon

durch die um's

191

Jahr 1771–1772 vorhanden geweſene Theuerung geworden 1

fein müſſen , wo der Scheffel Roggen mit zwölf, ſogar mit funfzehn

Thalern

bezahlt wurde.

Die armen Menſchen im

Erzgebirge und im Vogtlande zerrieben Baumrinden zu Mehl um

daraus Brot zu baden , und aßen Kleie mit Sägeſpäne

vermiſcht, während noch Andere faktiſch verhungerten .

Ein

folcher entfeßlicher Zuſtand erzeugt auch alle Mal Seuchen und ſonſt verbeerende Krankheiten , und was der Hunger noch übrig ließ , das rafften dieſe hinweg . Jahre ſchäßt man die Zahl der

In

dem

angegebenen

auf dieſe Weiſe um's Leben

gekommenen Menſchen auf ungefähr 150,000. Es iſt nicht abzuleugnen , daß ſolche unglückliche Zeiten aud

ihr Gutes haben , denn ſie fordern den menſchlichen Geiſt

heraus, Sorge zu

tragen , dergleichen

Fatalitäten für die Zu

kunft unmöglich werden zu laſſen ; ſodann aber auch bringen fie Perſonen hervor, die durch Wohlthätigkeit für ewige Zei ten ſich ein

Denkmal errichten .

Ein ſolcher Mann war auch

der Berghauptmann von Trebra .

Derſelbe kaufte in Amſter

dam

große Maſſen von Getreide und verkaufte ſie nicht nur

zum

Einkaufspreiſe an die armen Bewohner Sachſens, ſon

dern verſchenkte davon auch ſehr viel an folche Menſchen , die ſchlechterdings nichts mehr bezahlen ſpiele folgten

bald

konnten .

andere reiche Leute.

Seinem

Bei

Auch der Kurfürſt

ſorgte mit wahrhaft väterlicher Liebe für ſeine Unterthanen . Troß dieſer ungeheuren berzloſe noch

Wucherer ,

vollends

Noth

die

ausſogen .

dem

traf man Armen

Ebenſo

dennoch auch auf das

bischen

Blut

wurde verhältnißmäßig

viel zu viel Getreide zur Branntweinfabrikation verwendet. Namentlich zeichneten größeren

ſich

Rittergutsbeſißer

ebenſo viel Korn

in

dieſer Rückſichtsloſigkeit die

aus.

zu Branntwein ,

Im

Jahre

1804

wurde

als zu Brot verbraucht.

192

Aus kurfürſtlichen

Kaſſen

wurden

in

dieſem

einzigen

Jahre

über zwei Millionen Thaler als Unterſtüßung vertheilt. Durch die Anlegung

von

Magazinen

wurde derartigen

künftigen

Unglücksfällen kräftigſt vorgebeugt. Ungeachtet aller dieſer höchſt nachtheiligen vergaß

Verhältniſſe

Friedrich Auguſt III. keinen Augenblick, auch für an

dere Zweige der Staatswirthſchaft Sorge zu tragen . So wur den 3 . B. vier kurfürſtliche Geſtüte errichtet, eins zu Gradis

bei Torgau, ein zweites zu Merſeburg , das dritte in Wen : delſtein

und das vierte in

Landbeſchälungsanſtalt verbunden .

in

Veßra ; damit ward dann eine

Alten celle und

In der Rindviehzuchtwurde um

in

Annaberg

dieſe Zeit wenig

oder gar nichts geleiſtet; dagegen hob man die Bienenzucht au Berordentlich dadurch, daß man der Bildung einer Bienengeſells ſchaft in der Oberlaufig nichts in den Weg legte und auch nach dieſer Seite hin Prämien zur Vertheilung kommen ließ . bildete fidy in Meißen ſchaft, welche die aber

zu

Jahre 1799

eine Weinbaugeſell

ſelbſt mit Champagnerreben glücklichen

keinem

ſcheinen , da man tigkeit dem

im

Reſultate

Auch

Verſuche machte, geführt zu

haben

ſie bald wieder fallen ließ und die Tha

inländiſchen Weinbau zugewendet wurde. *

Eine Erſcheinung , die man übrigens an allen Orten trifft , blieb auch ſich im

in

Sachſen

nicht aus.

an

Nämlich während

Allgemeinen faſt alle Zweige der Produktion erſtaun

lich hoben , blieb die Leinewandfabrikation nicht nur auf dem einmal eingenommenen Standpunkt ſtehen , ſondern ſie nahm felbft merklich ab. den

Das kam

meiſt daher, daß man ſich um

Flachsbau nur noch wenig fümmerte, weil der Kartoffel

und der Kornbau

ungleich wichtiger ſchienen , was ſie aber

nicht ſind, und er durch die Baumwollenfabrikation ſehr in den Hintergrund gedrängt wurde. er 1970

193

1500. Von Friedrich

Auguſt

unendlich viel für

III., der ſo

ſeine Unterthanen thun ließ und ſelber that, konnte man nicht anders erwarten , als daß er auch für deren geiſtiges Wohl ergehen beſorgt ſein würde. Sachſen hatte überhaupt immer feit der Reformation an zu den gebildetſten Staaten Deutſch lands gehört, und dieſe Stellung verſuđite auch der jebige Kurfürſt feſtzuhalten .

Das Kirchen- und Schulweſen

eine ſeiner Hauptſorgen .

war

Bekanntlich war ſchon 1763 eine

Verbeſſerung des Schulweſens verſprochen

und dieſem

Ver

audy feither von der kurfürſtlichen Regierung

ſprechen gemäß

Die Gehalte der Schullehrer waren das

gehandelt worden .

mals ſehr unbedeutend , wie ſie auch jegt noch nicht ihren Ar beiten

gemäß

Es gab zu jener Zeit aber 622 Lehrer

ſind.

in Sachſen , welche noch nicht einmal achtzig Thaler Einnahme pro Jahr hatten ; außerdem

lag ihnen noch die Verpflichtung

ob, das Sdulgeld der Kinder ſelbſt beizutreiben , was für ſie unbedingt mit vielen Unannehmlichkeiten

und Widerwärtigket

ten verbunden ſein mußte. Eine Verordnung vom 4. März 1805 erſt von dieſer Bedingung.

entband die Lehrer

Confi

Den

ſtorien wurde angedeutet, daß eine Aufſicht über die Schul angelegenheiten von ihrer Seite als wünſchenswerth erſcheine. Um

tüchtige Schulmänner zu gewinnen , ward 1788 in Fried

richsſtadt, bei Dresden , ein Schullehrerſeminar errichtet ; ein Privatſe

gleiches geſchah ſechs

Jahre ſpäter zu Weißenfels.

minare beſtanden

Zeiß , Luckau , Zwickau und Glauchau.

in

Ein Mangel an ſogenannten höheren Bürgerſchulen trat jedoch überall in Sachſen hervor. Demſelben wurde durch Errich tung ſolcher Schulen , zum

Theil aus den lateiniſchen

gebil

det, in Neuſtadt, bei Dresden, Naumburg, Zittau , Löbau und Leipzig, wenigſtens theilweiß abgeholfen .

Die Entſtehung der

höheren Bürgerſchulen hatte Sachſen beſonders dem Vertraute Geſchichte. Sachſen. 3. Bd. 13

damali

194

gen

Bürgermeifter von

Leipzig ,

Wilhelm Müller zu verdanken .

geheimen

tember 1728 in Knauthayn, einem von Leipzig , geboren , wo ſein

Kriegsrath

Dieſer Mann, am

Karl

15. Sep

Dörfchen , zwei Stunden

Vater Schöffer war, verdient

durch ſeine kräftige und umſichtsvolle Verwaltung des Bür germeiſter-Amtes, als Stifter und Begründer trefflicher Volks erziehungsanſtalten

und - als Verſchönerer Leipzigs ewig

im

Gedächtniſ eines jeden Sachſen zu bleiben .

In ſeinem

zehnten Lebensjahre befand fidh Müller ſchon

auf der Univer

ſität in eines

Leipzig, wohin ſein Vater, der hier unter dem

acht

Titel

königlich polniſchen Steuerprocurators practicirte, gezo

gen war.

Dadurch beſonders fühlte ſich der Sohn zur Rechts

wiſſenſchaft hingezogen , die er dann auch mit regem Eifer trieb . Schon im Jahre 1752 begann er ſeine Thätigkeit als Sachwalter und ward zum Jahre 1771 trat er in

Doktor jur. promovirt.

den Magiſtrat ein

Im

und ward 1778

Bürgermeiſter und Beifiger des Schöppenſtuhls

in Leipzig. Müller hatte fich die Liebe und Achtung der leipziger Bür gerſchaft in ſo hohem

Grade erworben , daß er zwölf Mal

zum Bürgermeiſter von Leipzig gewählt wurde. liches iſt unſeres Wiſſens nirgend vorgekommen .

Etwas Aehn Später er

nannte ihn der Kurfürſt zum geheimen Kriegsrath und wollte ihn

als wirklichen

Hofrath

nach Dresden

berufen , welche

Stellung er jedoch ausſchlug. Merkwürdig iſt, daß ſeine Ver mögensverhältniſſe bis zu ſeinem

Tode immer nur als mit

telmäßige bezeichnet werden können .

In Fleiß, Pünktlichkeit

und Gewiſſenhaftigkeit bei ſeinen Arbeiten , ſowie in der Ge nauigkeit

und Schnelle feiner Geſchäftsverwaltnng

er alle ſeine Unterbeamten .

Er foll jährlich im

übertraf

Durchſchnitt

140 Urtheile für den Schöppenſtuhl ſelbſt ausgearbeitet haben . Die Anſtalten , denen er vorgeſegt war, wozu die Stadtſchu

195

len , Kirchen , Bibliotheken und nachher auch die höheren Bür gerſchulen gehörten , verwaltete er mit großer Gerechtigkeits liebe , wobei er,

ohne despotiſch

und Amtsverlegungen der ihm

aufzutreten , Unordnungen

untergeordneten

Beamten mit

weiſer Strenge rügte . Müller war indeß keineswegs Pedant, wie man nach der von uns gegebenen Schilderung anzuneh men geneigt ſein dürfte; im

Gegentheil, er verſtand es , durch

Wiß und eine reiche Einbildungskraft ganze Geſellſchaften zu beleben , zu erheitern und zu unterhalten , wobei er ſich ſtets als ein

Bewunderer und Vertheidiger der Damen präſentirte,

obgleich

er fich nie entſchloſſen

heimzuführen .

hat, eine davon als Gattin

Er ſtand mit vielen geiſtreichen Männern in

Verbindung , mit Leſſing , mit dem mit Käſtner, von

er

audy correſpondirte ,

Blankenburg, Weiße, Morus , Roſenmüller

und mehrere andere.

Legterer kam

durch ſeine Vermittelung

als Superintendent nach Leipzig und mit ihm dann

den

deren

Errichtung er einige todte Kapitalien

Plan

zu

der

leipziger

hat er auch

Freiſdule entworfen , zu des Rathes, und

den Raum einiger alten bisher unbenuşten Baraden verwen det. ließ

1792 erfolgte ihre Einweihung. er auch 1796

Durch

Roſenmüller

die Einführung eines neuen , durch die

Zeitbedürfniſſe geforderten , wenn auch nicht ſehr glüdlich ge lungenen

leipziger Geſangbuches bewirken .

Auf der Morip

baſtei gründete er eine neue Bürgerſchule, vor deren Einwei bung er

leider verſtarb.

Sein

Tod trat am

27.

Februar

1801 ein . Man hat ſo vielen würdigen Männern ein Denk mal gefeßt, an Müller haben

die Sachſen bis jeßt, ſo viel

wir wiſſen , in dieſer Beziehung noch nicht gedacht.

Freilich

wird ſein Andenken aud ohne ein Solches im ſächſiſchen Volte

Im

1

fortleben .

Jahre 1804 wurde die von Müller geſtiftete Bürs 13 *

--

196

gerſchule eingeweiht, wobei der Superintendent Roſenmüller eine ſehr ergreifende Rede hielt , in welcher er vornehmlich ſeines zu früh dahingeſchiedenen Freundes gedachte und deffen viele Verdienſte um das Schulweſen überhaupt hervorhob . Erſt 1816 ſah Sachſen auch eine Sonntagsſchule zur Nach hilfe der jungen Handwerker.

Angeregt ward diefelbe durch

die Mitglieder der Loge Balduin .

1818 wurde die Friedrich

Auguſts-Schule in Dresden errichtet. An

der Spiße

des fächſiſchen Unterrichtsweſens ftanden

die beiden weltberühmten Univerſitäten Leipzig und Witten berg.

Die Dotationen der Erſtern wurden

1784 durch den

pfortatſchen Wiedereinlöſungsfonds , welcher 100,000 Gulden betrug, und 1811 durch die an Sachſen gefallenen

deutſchen

Ordensgüter , ſowie durch außerordentliche Bewilligungen des Landesherrn ſehr bedeutend erhöht. Dadurch wurden die Er richtungen

neuer

Profeſſuren

für Cameralia ,

Natur- und

Völkerrecht, Chemie , Naturgeſchichte undBotanik, Entbindungs kunde , Klinik , pſychiſche Heilkunde, pathologiſche Anatomie, Aſtronomie, Homiletik, Pädagogik, Katechetik möglich gemacht. Für die Aſtronomie wurde der pleißenburger Thurm

als Ob

fervatorium mit einem

Thalern

hergeſtellt. ſo daß

Wittenberg8 Dotationen wurden

bei deren

Preußen

Koftenaufwande: von

das

im

Jahre

Vermögen

1815

15,000

ebenfalls erhöht,

erfolgten

dei Hochſchule

in

Abtretung an acht Fifcis

auf

354,000 Thaler baar, ohne die bedeutenden Güter, Natura lien und Rechte, ſich belief. C. W. Böttiger, dem

wir einen großen

Theil obiger

Notizen entlehnt, fügt noch hinzu : ſchon

genannten

Geſellſchaften

kommen

mehrere neue hinzu .

„ Zu

So 1768

die von dem

in

benden

den

Fürſten

Jablonowski geſtiftete

noch

Leipzig lez

und 1774 beſtätigte

197

societas jablonoviana, welche nach der Stiftung jährlich drei Preiſe (zu 24 Dukaten ) für die beſte Beantwortung geſchicht licher , mathematiſch - phyſikaliſcher

oder ſtaatswirthſchaftlicher

Fragen vertheilt; ſo die 1778 zu Görliß gegründete oberlau fig'ſche Geſellſchaft der Wiſſenſchaften

und Künſte, mit wel

cher Bücher- und Kunſtſammlungen verbunden ſind. Endlich 1802 erhielt aud Sachſen in der Leipziger Literaturzeitung ein zeitgemäßeres kritiſches Inſtitut; dagegen blieb die einzige politiſche Zeitung hinter jeder auch der mäßigſten Erwartung zurück, während eine Menge anderer Blätter Kunſt und Unterhaltung in Vergnügen dürfte es hältniß

und keinen

Belehrung Staat in

allen

Theilen

geleſen

für Literatur,

Deutſchlands mit

wurden .

Ueberhaupt

Deutſchland geben , wo nach

Ver

ſeiner Größe ſo viel geleſen und geſchrieben würde,

als in Sachſen, was allerdings theils Folge, theils aber auch wieder Miturſache des fo mußte.

Denn

außer

den

fruchtbaren

Buchhandels

Fachgelehrten

von

werden

akademiſchem

Lehrſtande, welche Anzahl von ſchreibenden Geiſtlichen , Schul männern , Offizieren , von anderen höheren und niederen Beam Privatgelehrten und Belletriſten , Kaufleuten , felbft von Schriftſtellerinnen weiſet allein Landleuten , welche Anzahl von Sachſen nach ! Man könnte vielleicht ein Fünftel aller in ten , von

Deutſchland geſchriebenen kleine Sachſen rechnen .“

Werke auf

das

verhältniſmäßige 60111

Ueber das

Theater ſagt derſelbe Autor Folgendes :

„ Es dauerte lange, ehe ſich in Leipzig und Dresden eine Schauſpielergeſellſchaft bleibend erhalten konnte; eg wechſelten nicht ohne heftige Streitigkeiten unter ſich die Koch'ſche, Wä

.

fer’iche, Döbbelin'ſche , Seyler’ſche , Bondini'ſche, Gardafoni'ſche und andere Geſellſchaften ab. Auch war eß nod gewöhnlich , daß für jede einzelne Vorſtellung eine Abgabe an die Acciſe

198

entrichtet werden mußte. fellſchaften , theils im dem

Oft ſpielten

in Leipzig 2-3 Ges

Theater, theils felbft in

Thore, theils im

Reithauſe.

einer Bude vor

Endlich wechſelte die bona

dini- feconda'ſche Geſellſchaft und die des jüngeren Seconda zwiſchen

Leipzig und Dresden

ab.

Wenn Schauſpieler wie

Brandes , Reinecke (vielleicht der größte von allen deutſchen Schauſpielern des vorigen

Jahrhunderts), Großmann , Böd ,

Opiß, Thering , die Mecour hohen Genuß gewährten , fo war

1

es auch gewiß, daß fie felbft wieder durch ein hochgebildetes Publikum zu

ſolcher Kunſtvollkommenheit aufgeregt wurden."

Dreizeh n t e $

Napit e I.

Schlacht Der Krieg zwiſchen Defterreich und Frankreich von 1805. Meutralität Sachſens. Friedrich Auguſt wird zum Könige bei Jena. ernannt und erhält das Herzogthum Warſchau . Cintheilung des Leßtern . Der Congreß zu Erfurt. Fürft Poniatowski. Die Schlacht bei Wagram . Der Frieden zu Schönbrunn. Der Krieg gegen Ruſland. Rūdkehr der fächſiſchen Gruppen in ihr Vaterland. Mapoleon in Dresden . Allianz zwiſchen Rußland und Preußen . Friedrich Auguft verläßt Dresden . Der Miniſter Baron von Stein , Für Sachſen

trat

iegt eine ſchwere

Prüfungszeit

ein .

Es hatte ſich noch nicht einmal recht erholen können von den Wunden den

des ſiebenjährigen Krieges

und von dem

Schaden ,

Theuerung und Ueberſdwemmung hervorgebracht, und es

war noch lange nicht fertig mit ſeiner Wiedergeburt, als Napo leons Stern immer heller zu leuchten begann und mit ſeinen

199

Feuerſtrahlen auch Deutſchland zu verſengen drohte.

Es war

für Friedrich Auguſt III. der traurigſte Zeitabſchnitt ſeiner Regierung. für ſein

Er, der ſo ſehr den Frieden liebte und denſelben

Volk als

ganz

etwas Nothwendiges hielt, ſah die

Kriegsfurie über Deuſchland hereinbrechen , die auch ihn nicht unberührt laſſen konnte. 3*: *

Im

Jahre 1805 war der Krieg zwiſchen Deſterreich und

Frankreich ausgebrochen . poleon einen werden

Ganz Deutſchland erblickte in

Nas

Despoten , der unter allen Umſtänden geſtürzt

müßte.

Große Herrſcher werden

immer

Despoten

fein , Napoleon hatte aber noch zwei andere Fehler, die man ihm nicht verzieh. er ſich ſelbſt zu

er ein Genie war. ſich dem

Der eine dieſer Fehler beſtand darin , daß

dem

gemacht , was er war , der zweite, daß Auch das fächſiſche Volt hatte große Luft,

allgemeinen Kriege gegen

Ein von Böttiger an

ber 1805 gerichtetes Schreiben hin

Frankreich anzuſchließen .

Johannes Müller unterm fpricht fich nach

22. Dezem = dieſer Seite

folgender Maßen über Sachſen aus : , Kurſachſen war noch vor vier Wochen mit Eifer für

die gute Sache erfüllt, und die Soldaten brannten vor Bes gierde, ſich als Deutſche zu zeigen . Allein uns aufeſſenden und als Heere

in

Thüringen

Provinz betrachtenden preußiſchen

und

dem

das unbegreifliche Zögerungsſyſtem zugegoſſen .

das Betragen der

angrenzenden haben

Kreiſe und

viel faltes Waffer

Ich zweifle , daß heute unſer Kurfürſt über die

Stipulationen zur Neutralitätsbehauptung hinaus einen Mann gutwillig geben würde.

Napoleon iſt klug genug, um

folche

Stimmung zu benußen .“ Würde Friedrich Auguſt III. im

Stande geweſen

ſein,

fein Zögerungsſyſtem , wie es Böttiger nennt, feſtzuhalten , dann wäre ihm

we

unbezweifelt manche Unannehmlichkeit erſpart wor

200

den fein ; fo aber ſah er fich , von den riffen ,

endlich

Verhältniſſen fortge

dennoch genöthigt, eine Alianz mit Preu :

ßen einzugeben und 22,000 Soldaten

nach dem

Schlachtfelde

abzuſenden . Durch die verlorene Schlacht auf den Höhen am

bei

Jena

14. October 1806 war das Schickſal der preußiſchen Mo

narchie entſchieden

und Sachſen

Feinde preisgegeben .

zuerſt dem

eindringenden

Das Loos des Landes wäre gewiß auf

andere Weiſe entſchieden worden , hätten nicht Friedrich Au guſts perſönliche und Regententugenden dem Feinde ſelber Ach tung eingeffößt.

Der Sieger legte, außer mehreren

Requiſi

tionen , dem Lande eine Kontribution von 25 Millionen Franks auf, richtete eine proviſoriſche Verwaltung der in genommenen

Beſchlag

landesherrlichen Einkünfte ein , zu welchem

Be

hufe das Land in vier Arrondiſſement vertyfeilt ward, Naum burg, Leipzig, Dresden und Wittenberg, geſtand aber übrigens Napoleon ließ dem Lande Neutralität zu . auf ſeinem Zuge nach Berlin überall an den Grenzen der fächfiſchen Lande Tafeln aufſtellen , welche beſtimmt waren , den Vorübergehen den zuzurufen : „ Territoire de Saxe, pays neutre !“ am

18. Oktober 1806 kam

Schon

der franzöſiſche Marſchall Da

vouſt , damals erſt ſechsunddreißig Jahre alt, mit ſeiner Armee nach Leipzig , während fechs Tage ſpäter auch Armee unter dem Zum

Grafen Rechberg

eine bairiſche

Dresden

einrüdte.

Gouverneur Dresdens hatte Napoleon feinen

Kammer

herrn Thiard ernannt.

in

Der Kaiſer felbft hatte ſein

Haupt

quartier in Merſeburg genommen . Daß Deutſchland zum

Schauplaß

des Krieges gemacht

worden war , hatte Sachſens Lage ungemein

verſchlimmert.

Es war von Napoleon für neutral erklärt worden und hatte dadurch

von

allen Seiten

gleich viel zu

leiden .

Napoleon

201

war dadurch überhaupt noch nicht der Freund von Friedrich Auguſt geworden .

Das fab dieſer

auch ohne Schwierigkeit

ein , und er beſchloß deshalb , ſeine Hauptſtadt zu verlaſſen . Da er indeß augenſcheinlich von

der Gnade des franzöſiſchen

Kaiſers abhing, fo wagte er nicht, dieſen Entſchluß ohne deſa ſen Bewilligung in Ausführung zu bringen.

Er fandte deg

halb den Rittmeiſter von

Napoleon , um

Thielemann zu

dieſen von ſeiner Abſicht in Sagen Sie Ihrem leon ,

Kenntniß zu

ſeßen .

kurfürſtlichen Herrn,“ ſprach Napo :

ſeine Entfernung aus feinem Lande als ein

daß ich

Zeichen perſönlicher Feindſchaft betrachten werde." : Dieje Antwort des franzöſiſchen Kaiſers war vollſtändig Bleiben zu veranlaſ

ausreichend, Friedrich Auguſt III. zum fen . zu

Er verſuchte auch jest wieder, ſeinem

Hilfe zu

kommen , indem

und Lieferungen

bedrängten

er theils durch

ſeiner Kammergüter die

lande

Geldvorſchüffe

Leiſtungen

unter

ſtüşte , theils den Friedensabſchluß mit Napoleon möglichſt be Dieſer erfolgte dann auch ſchon am

ſchleunigte . ber deſſelben

11. Dezem

Jahres zu Poſen , und hatte auf das künftige

Schickſal von Sachſen und deſſen Regenten einen weſentlichen Einfluß.

Das bisherige Kurfürſtenthum Sachſen

Napoleon durch die Proclamation vom zum

Königreiche gemacht.

Sein

ward von

20. Dezember 1806

Herrſcher nannte ſich

jest

Friedrich Auguſt, König von Sachſen , trat als Solcher dem franzöſiſchen Kaiſer geſtifteten Rheinbunde bei und ſtellte ein Contingent von 20,000 Mann. Der in der Niederlaufik

vom

gehörige Kottbuſer Kreis wurde ihm

gelegene und Preußen zugeſichert , wogegen

er

an das von

Napoleon neu errichtete

Königreich Weſtphalen das Amt Gommern , die Grafſchaft Barby, Treffurt und einen Theil der Grafſchaft Mansfeld abtreten mußte .

Der Frieden zwiſchen

Preußen und

Frank

202

reich am

7. Juli 1807 zu

Tilfit brachte abermals eine Ver

änderung Sachſens hervor. Preußen

Theil von Neu - Oſtpreußen fien , unter dem ter im 1795

Friedrich Auguſt bekam

einige

abgenommene Landestheile, z. B. Südpreußen , einen und Weſtpreußen und Neu -Schle

Titel eines Herzogthums Warſchau , wozu ſpä

Frieden zu Wien am in

14. October 1809 , Alles , was

Neu- und Weſtgalizien

war, geſchlagen wurde.

an

Deſterreich gekommen

Durch das neu geſtiftete Herzogthum

Warſchau für den König von Sachſen wurden ſieben Tauſend preußiſche Unterthanen , die daſelbſt als Beamten waren , brotlog.

Als König von

Sachſen

angeſtellt

und Herzog von

Warſchau hatte nun aber Friedrich Auguſt doppelte Ver bindlichkeit, ſich an den Kriegen Frankreichs zu betheiligen . In

den durch den Frieden vom

14. October 1809 beendeten

Kriege gegen Defterreich hatte er fein Contingent geſtellt ; da gegen ward er von Napoleon von der Verpflichtung, auch nach Spanien

Truppen zu ſenden , dispenſirt .

13. Ein wirklicher Gewinn

war das Herzogthum

für Friedrich Auguſt nicht. überhaupt mit der ſo venue von gen

Stein

anderer

unbedeutenden

Warſchau

Fürſt hätte

dadurch erzielten

fich Re

ſieben Millionen polniſcher Gulden jährlich begnü

können , die zur Hälfte auf Landgüter und Domainen ,

zur Hälfte baar auf den öffentlichen Schaß angewieſen waren . Das ganze Herzogthum inhalt von 163,000

Warſchau enthielt bei einem Flächen

1851 Quadratmeilen Juden .

Durch

2,319,396 Seelen , darunter

die im

Jahre 1809 von

reits erwähnte Vergrößerung bekam dratmeilen und zählte nun im Im zum

Juli des

Jahres

erſten Male nach

es an Umfang 2770 Qua

Ganzen

1807 kam

Dresden

uns be

3,719,396 Menſchen . der Kaiſer Napoleon

und ward vom

Könige und

203

den

Mitgliedern

des Hofes , den

Spißen

der

verſchiedenen

Behörden u . f. w . feierlich empfangen . Zu Ehren dieſes glanzvollen Ereigniſſes ſtiftete der König von Sachſen den

Orden

der Rautenkrone, welcher die

Worte : „ Providentiae memor“ zur Inſchrift erhielt. Bei dieſer Gelegenheit wurde auch zwiſchen den beiden Herrſchern die neue Verfaſſung Warſchau's beſprochen und feſtgefegt.

Es wurde

in fechs Departements getheilt: Warſchau , Pofen , Kalifch mit Neufchleſien , Bromberg , Plock und Lomza.

Fünf

Miniſter bildeten den Staatsrath und dieSpißen der Verwaltung. Ein allgemeiner Reichstag wurde feſtgeſegt, welcher aus einer Kammer der auf Lebenszeit gewählten Senatoren , und aus einer stammer der Landboten und Gemeindevertreter beſtand. Zur erſten

Rammer gehörten

ſechs Biſchöfe, ſechs Kaſtellane

und fechs Woiwoden ; zur zweiten Kammer fechszig ten und vierzig Abgeordnete der Gemeinden .

Landbou

Alle drei Jahre

ſchied ein Drittel der Volksvertreter aus und wurde durch die Wahl von neuen Mitgliedern erſeßt. Alle neun Jahre wur: den ganz neue Wahlen war das Gefeßbuch

vorgenommen .

Der Coder Napoleon

für das Herzogthum

Warſchau .

Militairmacht beſtand aus 30,000 Mann .

Seine

Außerdem

hatte

Napoleon noch beſtimmt, daß die Verwaltung Warſchau's von der Verwaltung Sachſens- völlig getrennt und jedes Amt nur mit einem geborenen Polen befeßt ſein ſollte. Daher kam es auch , daß Broterwerb

jene 7000 preußiſche Beamte waren .

Erſt nachdem

dies

auf einmal ohne Alles

in

Dresden

geordnet worden war, reiſte Friedrich Auguſt nach ſeinem Hers zogthum

ab, von wo er nach Weihnachten 1807 nad; feinem

Königreich zurückkehrte.

Bevor der König von Sachſen

fich

feinen neuen " Unterthanen als Herrſcher präſentirte, hatte er den Grafen von Schönfeld , einen höchſt achtungswerthen

204

-

Mann , nach Warſchau geſandt (am

10. October 1807 ), welcher

in ſeines Königs Namen die bisherige Regierung &commiſfion auflöſte , einen neuen Staatsrath der Treue abnahm . Wir haben vorhin

einſegte und ihm

den

Eid

behauptet, daß aus der. Befißnahme

des Herzogthums Warſchau Vortheil nicht erwuchs .

dem

Könige von

Sachſen

ein

Indem wir dieſe Behauptung hier :

mit wiederholen, fügen wir noch hinzu, daß Friedrich Auguſt auch nicht einen polniſchen Gulden mit nach Sachſen genom men , ſondern von ſeinen polniſchen Einkünften nach und nach dreißig Millionen

polniſcher Gulden dem

ſchaße einverleibte , dem

er außerdem

dortigen Staats

noch von Sachſen aus

24 Millionen polniſcher Gulden zuwies , die aber erſt unter ſeinem

Nachfolger

briefen zum wurden . Das

im

Jahre

Werthe von

Jahr

1828

450,800

1808 machte

ein

in

polniſchen

Pfand

Thaler wieder erſtattet

ſehr bedenkliches Geſicht.

Deſterreich machte gewaltige Anſtrengungen zu einem

anſchei

nend neuen Triege gegen Napoleon , während derſelbe mit Pors tugal und Spanien zu ſten

des

thun hatte.

Rheinbundes. den

Truppen zuſammen zu ziehen. 13,406 Mann Sachſen diffin .

in

Derſelbe gab den

Befehl, fich zu Im

Für

rüſten und ihre

Auguſt ſchon finden wir

zwei Lagern bei Pirna und Bus

Napoleon hatte einen Congreß nach Erfurt berufen ,

wo Rußlands, Preußens und die dem renden Reiche durch

Rheinbunde angehör

ihre eigenen Herrſcher vertreten waren .

Es befanden ſich hier außer

dem

Kaiſer von

Rußland noch

1

vier Könige und 34 andere Fürſten und Prinzen , und man kann deshalb

den

Congreß

zu

Erfurt die glänzendſte Ver

fammlung des neunzehnten Jahrhundert: nennen . und Preußen waren auf dieſem

Deſterreich

Congreffe nur durch einen

205

Geſandten vertreten . reich

ſichern

wollte,

Napoleon , welcher fich bloß gegen Defter feinen

hatte

Zweck vollſtändig

in ihre Standquartiere entlaffen .

October wieder

im

Truppen wurden deshalb

Die fächſiſchen

erreicht.

Als dieſe drohende Wolfe

vom politiſchen Himmel Deutſchlandswieder verſchwunden war, begab fich Friedrich Auguſt Ende October 1808 zum

zweiten

31. März 1809

Male nach Warſchau, von wo er erſt am

nach Sachſen zurückkehrte. 1assuolo DEN 2001

Der Erfurter Congreß hatte, wie ſich nachher bis zur Evidenz herausſtellte, dennoch nichts erwirkt .

Defterreich ſchien

Anfangs die Abſicht gehabt zu haben , ſeine kriegeriſchen Pläne gegen Napoleon fallen laſſen zu wollen ; die Wahrheit aber war nur die, daß es mit ſeinen Rüſtungen noch nicht fertig war . Sie wurden im Stillen weiter betrieben und waren Mitte April 1809 ſo weit gediehen , daß der Krieg mit Frank reich und ſeinen

Verbündeten

beginnen

konnte.

Man

hatte

damals offenbar die Macht des talentvollen franzöſiſchen Kai fers

verkannt

deutſchen

und

Fürſten

vergeblich gerechnet.

auf Zwar

den

Beiſtand

erließ

Aufruf an dieſelben , der indeß von wurde.

keinem

Deſterreich

anderer einen

Erfolge gekrönt

Der Fürſt Poniatowski erhielt den Befehl, Warſchau zu vertheidigen , zu welchem

Behufe

ihm

außer der polniſchen

Armee noch 1500 Sachſen zur Verfügung geſtellt wurden , nachdem

vorher Friedrich Auguſt am

24. April

1809. auch

feiner Seits fich für einen Krieg mit Deſterreich öffentlich ausgeſprochen

hatte.

Der Marſchall Bernadotte erhielt vom

Kaiſer Napoleon den Oberbefehl über 18,000 Sachſen . Aufa fallend iſt, daß Bernadotte fich geweigert hatte , dieſen Befehl zu übernehmen . Er behauptete, kränklich zu ſein und bat feie

206

nen kaiſerlichen Herren um

ſeine Dispenſation , welche

ihm

jedoch mit napoleoniſcher Entſchiedenheit verweigert wurde. Wenn Bernadotte vielleicht geglaubt hatte , er könne mit fächſiſchen Soldaten nichts Erſprießliches erreichen , wie ſeine Weigerung zur Uebernahme des Kommando's beinahe zu be weiſen ſcheint , ſo hat er die Beleidigung, welche darin

für

den ſächſiſchen Soldaten lag, dadurch wieder gut gemacht, daß er am gram

6. Juli 1809 nach Beendung der Schlacht von Wa zu dem

General von Zeſchau fagte:

„ Geſtern wünſchte ich , fädyſiſcher Kavalleriſt zu ſein , heute zöge ich es vor, zu

Ihrer

Infanterie zu gehören !" :16

Friedrich Auguſt verließ am

18. Juni ſein Königreich

und begab ſich mit ſeiner Familie nach

Frankfurt am

Main ,

woſelbſt er auch bis zum 8. Auguſt deſſelben Jahres verblieb.. Gleich nach ſeiner Abreiſe übernahm der General Morand die Befeſtigung der ſächſiſchen Reſidenz. fepten dennoch Dresden .

Die Deſterreicher be

Der Fürſt Lobkowig ward Roma

mandant.: Der König von Weſtphalen vertrieb

ſie zwar bald

wieder, doch kehrten fie kurze Zeit nachher wieder zurück , wo fie nun

vom

Oberſt Thielemann zurückgedrängt wurden .

Inzwiſchen war am

5. und 6. Juli 1809 bei Wagram

Schlacht zwiſchen

öſterreichiſchen

truppen geſchlagen

und von den

und

franzöſiſchen

Leşteren

eine

Bundes

gewonnen worden .

Die Deſterreicher wurden vom Erzherzoge Karl und dem

Erz

herzoge Johann befehligt. Bernadotte führte die Sachſen ; auch waren Maſſena , Marmont, Davouſt und Dudinot bei dieſer Schlacht betheiligt. auf 150,000 Mann

Die franzöſiſche Bundesarmee wird

und 584

Geſchüße,

die öſterreichiſche

Armee auf 98,000 und 410 Geſchüße angegeben . hatte 23,000

Defterreich

Todte und Verwundete , darunter mehrere Ge

nerale , gehabt, nebenbei aber 7000

Gefangene gemacht und

207

12 Adler und Fahnen und 11 Kanonen luſt der Franzoſen

erobert.

haben auch ſie eine Menge Gefangene und lates

Friedrich Auguſt kehrte im

Königreich zurück , begab Wunſch des Kaiſers

ſich aber

verblieb.

abermals nach Warſchau .

ſchon im

Im

Paris , wo er bis ging er

N 119.3

Herzogthum

für Deſterreich keine Vortheile.

November auf

April 1810

30

der Krieg in dem

Trophäen gehabt.

Auguſt 1809 nady feinem

der Franzoſen nach

'kurz vor Weihnachten

Auch

Der Ver

iſt nicht geringer zu veranſchlagen , doch

Warſchau brachte

Wenn dies auch anfänglich ſo

ſchien , ſo mußte dennoch der Erzherzog Ferdinand , welcher die Deſterreicher commandirte,

unverrichteter Sache wieder

abziehen . SEFED

An eine ruhige Zeit war jeßt faſt nicht mehr zu denken .

Der Krieg von

1809, dem

bald andere folgen ſollten , hatte

den Mangel einer Feſtung in Sachſen recht fühlbar gemacht. Napoleon beauftragte deshalb feinen Geſandten am

Dresde

ner Hofe , dieſem Uebelſtande jo raſch , wie möglich abzuhelfen . Derſelbe nahm Wittenberg und Torgau in Augenſchein , hielt die legtere Stadt zweckmäßiger zu einer Feſtung und die dazu nöthigen

Arbeiten nahmen ſofort ihren Anfang.no 909

Da Friedrich Auguft, obgleich in entſchiedener Abhängigkeit von Napoleon , hatte dennod

allen

Grund , mit der Umge

ſtaltung ſeiner Verhältniſſe zufrieden zu

ſein, da ſie ihm

ftatteten , wieder eine europäiſche Rolle zu ſpielen .

Er war

jeßt Herrſcher über ſechs Millionen Menſchen und ſeine Lande hatten

einen

meilen.

Flächeninhalt von viertehalb

Tauſend Quadrat

Er hatte auch ein bedeutend größeres Heer, als Preu =

Ben , während

ſich das

des Leßtern nur auf 42,000 Mann

belief, erreichte das Seinige die Zahl von 60,000 Köpfen . del Im

September

1811

beſuchte Friedrich

Auguſt zum

208

zweiten Male im

Mai 1812 befand fich Napoleon zum niglichen

Dresden , wohin

Schloſſe zu

feine Gemahlin

Maria

hier übrigens wiederum gen abgehalten , die

Louiſe begleitet eine

12. bis 29.

Vom

legten Male ſein warſchauer Herzogthum .

ihn

kö :

dies Mal auch Es wurde

hatte .

Verſammlun

jener glänzenden

der franzöfiſche Kaiſer zur Erhöhung

feiner Macht und feines Anſehns für nothwendig hielt , und an

welcher Theil nahmen : der Kaiſer von Deſterreich nebſt

Gemahlin , der König und der Kronprinz von Preußen , die Königin von Weſtphalen , der Vicekönig von Italien und der Großherzog von Würzburg.

In dieſer Verſammlung wurde Kopfe Na

der Krieg gegen Rußland verabredet, der in dem poleons übrigens lange vorher ſchon fertig war.

Die Sachſen , von Lecoq geführt, waren 21,000 Mann ſtark und

erhielten

in

der

Perſon

des Generals Grafen

von Reynier einen franzöſiſchen Oberfeldherrn , welcher fich ganz entſchieden

zu

dieſer Stellung nicht eignete.

Er ver

band fich mit der öſterreichiſchen Armee des Fürſten Schwar zenberg und bildete deſſen rechten Flügel. einige Kavallerieregimenter

unter dem

Bald wurden ihm Oberſt

Thielemann

wieder abgenommen , die mit der Hauptarmee fich vereinigen follten , und was In Robryn 2500 Mann zum

für Reynier von

großem

Nachtheil war .

lag eine fächſiſche Brigade unter Blengel, etwa ſtark .

Sie erhielt Befehl, fich mindeſtens bts

28. Juli zu halten , wo der Graf von

dingt eintreffen und fie befreien würde. es indeß anders beſtimmt.

Reynier unbes

Das Schicfal hatte

Die Tormaſjow'ſche Armee griff

Kobryn heftig an , eroberte es am

27. Juli nach einem

zehn=

ſtündigen von beiden Seiten gleich hartnädig geführten Kampfe und machte

die ganze fächſiſche Beſaßung zu

Die Sachfen

zeichneten

fich in

dem

Gefangenen .

Kriege gegen

Rußland

209

zwar überall vortheilhaft aus, gewannen aber dadurch keinen be fonderen Ruhm , wag vielleicht an ihren aud, an dem der am

unbekannten

Führern , vielleicht aber

Terrain gelegen haben mag.

In

7. September an der Moskwa geſchlagenen Schlacht

leiſteten

die

Tapferkeit

fächfiſchen

Stavallerieregimenter

und Unerſchrockenheit.

todt nieder

und wurden

wieder ausgefüllt.

Ein

durch

Ganze

Wunder

Reihen

nachfolgenden

die

der

ſtürzten ſofort

einziger Angriff auf eine große ruſ

ſiſche Redoute foſtete auf einmal 550 Sachſen

das Leben .

Uebrigens zogen auch viele Sachfen mit in Moscau ein und wurden ſo Zeuge jenes ſchrecklichen

Feuermeeres, deſſen Ent

ſtehungsurſache niemals ermittelt werden wird.

Später der

Divifion Girard einverleibt, waren fie Einige der Legtren , welche über die Berezyna gingen . mentern

blieben

zuſammen

übrigens nur noch ein wieder aus

ſah.

70

Von zwei ganzen Regi

nur 60 Mann übrig , wovon

Drittel (alſo 20 Mann ) die Heimath

Das Garde du Corps Regiment beſtand noch

Offizieren und 4 Gemeinen , das Zaſtrow'ſche aus

13 Offizieren und 3 Gemeinen . Die fächſiſchen Truppen

hatten urſprünglich aus 21,000

Mann beſtanden, doch fandte ihnen Friedrich Auguſt mehrere Male Verſtärkungen nach , ſo daß man nicht übertreibt, wenn man die an auf etwa

dem

ruſſiſchen Feldzuge fich betheiligende Armee

35,000

Köpfen

angiebt.

Zurück

kamen nur ungefähr 4—5000 Mann.

nach

Sachſen

Am

14. Dezember

1812 Nachts drei Uhr langte der Kaiſer der

Franzoſen auf

einem Schlitten

in

Dresden an , ſtieg aber nicht im

fädfiſchen Sdloſſe, ſondern im

königlich

Palais feines Geſandten , des

Baron Serra, ab. Friedrich Auguſt mußte nach dem Ge ſandtſchaftshôtel kommen , hatte eine mehrſtündige Unterredung mit dem Kaiſer, von deren Inhalt Nichts bekannt geworden 14 Vertraute Geſchichte. Sachſen . 3. Bb.

210

und nach deren Beendung Napoleon weiter nach Paris reiſte. Nur einen

Tag hatte er ſich , von Morgens drei bis Abends

ſechs Uhr, in Dresden aufgehalten . I

Dit is duid "

Das Schidſal des allmächtigen

war durch

Kaiſers der Franzoſen

den vollſtändig verunglückten Feldzug nach Ruß

land auf einen Wendepunkt gelangt.

Das ſahen nicht nur

die Fürſten Deutſchlands, das ſah auch Friedrich Auguſt ein , Aber was deſſen Lage unzweifelhaft die idhlimmſte war. ſollte er machen ?

Schien das Unglüc Napoleons überhaupt

ſo groß, daß er ſich davon nicht hätte erholen können ? nicht !

Sicher

Kamen nicht andere Zufälligkeiten dazwiſchen , dann

ſtand er binnen einer kurzen

Zeit ebenſo glanzvoll da , wie

vor dem

Dies Alles erwog der König

ruſſiſchen Feldzuge.

von Sachſen ſehr wohl, und er konnte ſich deshalb auch jest noch nicht entfáließen , ſich

von

ihm

loszureißen .

Er erin

nerte ſich der denkwürdigen Worte , welche er nach der Schlacht bei Jena zu Herrn von Gagern geſagt; nämlich : „ Zwei Mal ſtand es in der Hand dieſes mächtigen Mannes , midy zu verderben , und er that es nicht!

Deſſen werde

ich immerdar eingedenk ſein !" SH07Ruſſen Frankreich auf.

und

Preußen

verbunden und

hatten

ſich mit einander gegen

forderten

Sachſen

zum

Beitritt

Friedrich Auguſt verweigerte denſelben und erklärte ſich

für neutral; den ihm Kalamität.

am

Beſten

ſcheinenden Weg aus dieſer

Von Napoleon aufgefordert, entweder nach Mainz

oder Frankfurt am Main zu gehen , ertheilte er auch dieſem einen

faſt

gleichen Beſcheid

und begab

ſeinen Miniſtern , dem Staatsſchage, einem

ſich mit dem

Hofe,

Theil ſeiner Garde

und 1500 Reitern zuerſt nach Plauen , darauf nach Regens burg , Linz und endlich nach Prag. Ben

fandte ihm

jeßt ein

Der König von

Preu

eigenhändiges Schreiben , mittelſt

211

deſſen er ihn nochmals aufforderte, ſich dem Bündniſſe gegen Frankreich anzuſchließen .

ſondern

Zwar beantwortete er am

16. April

Brief, machte fich aber zu Nichts verbindlich,

1813 diefen

hielt im

Allgemeinen

ſeine einmal abgegebene Er

klärung aufrecht und fügte nur noch hinzu , daß er, wenn es zum

Handeln käme, mit Deſterreich gemeinſchaftlich handeln

werde.

Gleichzeitig befahl er dem

neral Thielemann , die

in Torgau ſtehenden Gez

Feſtung keiner fremden

Macht

zu

übergeben .

Wir müſſen geſtehen , daß

Friedrich Auguſt nicht flüger

hätte handeln

können und daß man folgerichtig zu der Er wartung berechtigt war, die andren Fürſten würden ſein Bes nehmen billigen .

Daß dies nicht geſchah , werden wir ſpäter

fehen . Das fächſiſche Volk hatte fich übrigens allgemach einem gewiſſen

Franzoſenbaß überlaſſen und es

wartete nur auf

eine paſſende Gelegenheit, dieſem Haß den gebührendon Aus druck zu verleihen .

Dieſe Gelegenheit kam bald .

Der Graf

Reynier, welcher Dresden beſeft hielt, wollte, als ſich ruſſiſch preußiſche Truppen näherten , die Elbbrüde in

die Luft ſpren

gen , eine Maßregel, die durch die Kriegsverhältniffe immer gerechtfertigt erſcheint.

Die Bewohner Dresdens wollten aber

davon ſchlechterdings nichts wiſſen , warfen dem ten , der im ein im

Kommandan

Palais Brühl ſeine Wohnung hatte, die Fenſtern

und ſchrieen : „ Fort mit den Franzoſen !"

Reynier wagte

Angeſicht dieſer Demonſtration nicht, ſeinen Plan in Bezug

auf die Brücke in Ausführung zu bringen . Halb

von

Davouſt abgelöſt , der dann

Er wurde deg

ohne Weiteres

19. März acht uhr Morgens die Brücke vernichtete.

am Am

22. März nahmen die Ruſſen Beſig von der Neuſtadt und zwei

Tage darauf verließen

die

Franzoſen

Dresden . 14 *

Bei

212

den mit der ruſſiſchen Armee verbundenen preußiſchen

Trup

pen befanden fich zwei ewig denkwürdige Männer : Baron von Stein und Ernſt Moriß Arndt, Erſterer preußi fcher

Legtrer

Miniſter ,

Profeſſor

in

Greifswalde.

Theodor Körner und Göthe waren in Dresden .

Auch Legterer

ſagte die merkwürdigen Worte : „ Schüttelt nur an Euren Keta ten , der Mann (Napoleon ) iſt Euch zu groß , Ihr werdet fie nicht zerbrechen !“

Als man

dieſe Bemerkung dem

Miniſter

Stein hinterbrachte , erwiderte derſelbe: „ Laßt ihn , er iſt alt geworden !"

Stein

hatte für den

ruſſiſchen Staatskanzler Neſſel

rode einen Bericht über die Zuſtände Dresdens anzufertigen . Derſelbe iſt vom „ Ich

11. April datirt und lautete wörtlich :

befinde mich hier ſeit dem

9. d . M. und ich

halte mich verpflichtet, Ihnen , Herr Graf, meine Bemer kungen über

den Geiſt der Einwohner dieſes Landes und

der Angeſtellten und über die Maßregeln, die ich vorläufig nehmen zu müſſen glaubte , mitzutheilen . „ Die große Volksmaffe

iſt dem

König von Sachſen

ergeben und verlangt ſeine Rückkehr, jedoch hat man nicht zu

erwarten , daß

dieſe ihrem

weichen Wortkrämer zu einem ſtande fähig ſeien werden

Eigenthum

anhängenden

Aufſtande oder zum Wider es iſt widerwärtig zu ſehen ,

daß der Zuſtand der Herabwürdigung, worin

ſich ihr Va

terland befindet, die Unglücksfälle , die es überwältigen , fie weniger berühren , als die Unbequemlichkeiten

des Krieges,

die Entfernung des Königs und die Zerſtörung der Dress ..dener Brücke.

Nach der Meinung der geringen Zahl wohl

denkender Menſchen , mit denen ich habe ſprechen können , 6. ift es felbft fehr wahrſcheinlich , daß , falls der König auf ſeiner Hingebung gegen

Napoleon beſteht , man den ſtän

213

diſchen Ausſchuß an die Spiße der Geſchäfte bringen und die Kräfte des Landes für die gute Sache nüglich machen Es kann . Eine ſolche Anordnung wäre ſicherlich der Rückkehr eines ſtolzen Königs vorzuziehen , der Rückſichten und Scho => nungen fordert, worauf die Geſchäftsträger und ſeine Mi piniſter

keinen

Anſpruch machen

können

und

welcher den

Geſchäftsgang in jeder Hinſicht hemmt. latest ht) , Der König und ſeine Umgebungen fühlen , daß ihre Lage ſo gefährlich , als herabwürdigend iſt, daß das ganze Land erwartet , daß fie Schritte thun , um zu und

Preußen

zu nähern ;

aber

ſich

Nußland

ſie fürchten durch

ſolche

Schritte ſich gegen Napoleon bloßzuſtellen und dann gänzlicy * von dem Willen der verbündeten Mächte abzuhängen . Sie erwarten

daher, daß des Kaiſers von Rußland Majeftät

saihnen die erſten Eröffnungen machen laſſe.

Aber die Hart

samäckigkeit, womit fie dieſen Gang verfolgen , wird von 3. größten

Theil des

dem

Publikums getadelt, und Sie wiſſen

- ohne Zweifel, Herr Graf, daß der General Thielemann ſein Ehrenwort gegeben

hat, mit Graf Winzingerode einen

Fall ſein König dem

Vertrag zu unterzeichnen , im

Bünd

1 niß mit Rußland beizutreten verweigert oder darum nach sro zuſuchen zögerte.

To

dan

molt, Freiherr von Miltiz, *) ein wohlgeſinnter Gutsbeſiger, der eine große Hingebung an die gute Sache zeigt und eine * Feſtigkeit , die man

in

dieſem

wendet alle Mittel an , um 2

Lande nicht häufig findet,

die Unterhandlungen gelingen

zu machen und glaubt, daß Thielemann aus Anhänglichkeit an fein

Land, aus Haß gegen die Franzoſen , in

einen militairiſchen

jedem

Fall

Vertrag ſchließen wird, der die Ueber

3 *) Trat ſpäter als General in die preußiſche Armée ein .

214

“: gabe der Feſtung und die

Vereinigung der von ihm

be

fehligten Truppen unter die Fahnen der Ehre zur Folge habe. Im

Allgemeinen

Königs von Sachſen

ſcheint mir, daß die Zulaſſung des

zu der großen Sache nicht von über

wiegender Wichtigkeit iſt, daß , wenn er ſeinen wahren Vor theil hören will , der Brief, welchen Se. Majeſtät der König an

ihn gerichtet, ihm

wohl

es

ſeiner

und

eine Unterhandlung erleichtert , ob ſeines Miniſters Eigenliebe Etwas

koſten wird, die Eröffnung dazu der Großmuth eines Für ſten zu verdanken . , Das Bündniß mit Sachſen verſchaffte nur ein Korps von

8-10,000

und

:: werden , es würde in

Miltzen , die

ſich

langſam

bilden

der Verwaltung der Hilfsquellen des

Landes außerordentlich beengen und nur ſehr wenig Ein fluß auf die großen Erfolge des dem

Krieges haben , die von

Schickſal der Seere und der

abhängen .

Wenn

Zulaſſung Deſterreichs

der König fich zu erklären zögert, oder

nicht den Brief des Königs von Preußen auf eine befrie digende Weiſe beantwortet u . ſ. w ., man

ſo ſcheint mir , kann

einen ſtändiſchen Ausſchuß für die allgemeine Landes

verwaltung einrichten , von dem man einen entſchiedeneren Gang erwarten kann , als der der Immediat - Commiſſion ift.

Dieſe beſteht aus einem

Miniſter Herrn von Globig, *)

*) Hans Ernſt von Globig ward am 2. November 1755 auf dem väterlichen Gute Grauwinkel, bei Wittenberg, geboren , ſtudirte in Witten berg die Rechte und begann im Jahre 1774 ſeine juriſtiſche Laufbahn. Ein Fahr darauf wurde er bei der fächfiſchen Geſchäftskanzlei in Regensburg angeſtellt, mußte aber bald nach Dresden zurüdkehren , weil er im gebei men Rabinet verwendet werden ſollte. Im Jahre 1781 erhielt er nebenbei noch eine "Rathsſtelle beim Appellationsgericht, warð 1789 Beiſiger beim Reichskammergericht zu Weßlau und zehn Jahre ſpäter Reichstagsgeſandter unb evangeliſcher Direktorial in Regensburg. Nad Auflöſung des deuts

-

einem

ſchwachen ,

215

verlegenen ,

incruſtirten

Mann , deffen

ste Geiſt unter dem deutſchen Staatsrecht und den pedantiſchen 1 Schwierigkeiten

des Regensburger Reichstags vergraben

aus Herrn von

iſt;

Frieſen , *) der ein braver Mann iſt , aber

ti halb Landmann , halb Höfling , der

ſeine Unterredungen

al in jedem Augenblick mit dem Ausrufe unterbricht : „Schaf stifen Sie uns unſern König wieder!" HerrĽ von Man

31 teuffel**) einem

ehrgeizigen

Flachen Bureaukraten, der ſeine

Collegen durch Grobheiten und feine Heftigkeit beherrſcht, der ... zwiſchen den Ruffen und Preußen Zwietracht hervorzubrin gen

ſucht; Herrn

von

Zeſchwiß ,***) einem

wohlgeſinnten

Mann und guten Arbeiter. 119 ,, Der Geſchäftskreis

dieſer Kommiſſion beſchränkt ſich

ssseigentlich auf die Militairgeſchäfte, wie Lebensmittel,Märſche iu . f. w .

Die

innere

seln densiste

Verwaltung

reathad ndal

iſt

dem u

Geheimen

Torta

doit

ſchen Reiches wurde er zu zumm wirtlichen geheimen Rath und fächfijden Con ferenzminifter ernannt, nahm an den Verhandlungen des wiener Kongreffes am 21. April 1826. Herr von Globig war der Sohn Theil nur eine recht des aus der Brühl'ſden Regierungsepoche bekannten Oberconſiſtorialpräfi von Globig. Sigbra midt band be siamo

*) Johann Georg Friedrich , Baron von Frieſen war Oberkammer herr auf Rötha , bei Leipzig. Sein Sohn , Friedrich , vermählte ſich mit Tev Ginfiebel , beren Vater fächſiſcher Premierminiſter einer Gräfin von Detler war. Friedrichs Sdywefter führte der Oberſtallmeifter Graf Bitthum als Gemahlin heim . Eine Seitenlinie des Oberkammerherrn von Frieſen hatte in Frankreich von Frieſen Grafen den Titelat eines , führteFeldmarff eichdemangeſiedelt se bieres franzöſiſchen und ſtarb mit 1755 aus. **) War bis 1830 Finanzpräfident in Dresden, ging als Bundestags Geſandter nach Frankfurt, woſelbſt er auch ftarb. o seu 100 ie nt des An Kön ig ***) Adolph Johann von Zeſchwitz iſt als Kommandant ſteine geſtorben .

216

rath , welcher aus einigen Miniſtern beſteht, und dem Finanz collegio verblieben . wird

Ich glaube, dieſe Immediatcommiſſion

ſeiner Zeit wegen

Unzulänglichkeit aufgelöſt werden

und eine andere Behörde eingeſegt werden können und dieſe Zeit wird ſicher herbeikommen, da ich zweifle, daß man mit einem ſo ſchlecht zuſammengeſepten von einem großen Theile des Publikums wenig geachteten und in ſeinem Wirkungskreiſe ſo beſchränkten Ausſchuß die Geſchäfte könne. " Ein

vorwärts bringen

zweiter Brief des Baron von Stein , den

derſelbe

einige Tage darauf an Hardenberg nach Breslau ſandte, lautet : Nach meinen Briefen aus Regensburg ſuchen Senfft und langenau, welche die Wachen find, eine Stüße an Deſterreich und erwarten

Alles von ihm ; fie ſprechen

ſich

noch immer auf eine ſehr hochtrabende Weiſe aus, und glau ben , daß Torgau

ein

hochwichtiger Gegenſtand iſt.

Der

Kourier, den Thielemann nach Regensburg geſchickt hat, ein Herr von Mindwiß ,*) iſt zurüd , er hat dieſe Briefe zu rückgebracht, wahrſcheinlich ſind ſie für Thielemann in dem ſelben Sinne.

Ich habe ihm

eine vertraute Perſon

durch

fagen laſſen , er folle fich beeilen , abzuſáließen , er werde dadurch

die Shwankungen

des Königs beenden

Verdienſt dieſer Handlung werde ausſchließlich hören

und das ihm

ange

ich erwarte feine Antwort „ Die kleine Dentſchrift über

Deutſchland ward von

mir dem Kaiſer übergeben , und es iſt ſein Willen , in Deutſch land zwei Mächte zu bilden wenigſtens ihnen , jeder in *) Herr von Mindwiß wurde ſpäter zum Miniſter der äußeren An gelegenheiten ernannt.

217

dem

Kreiſe ihrer

Thätigkeit, einen überwiegenden

Einfluß

zu geben . „ Ich verlangte von

der

Immediat- ſtommiſſion

auf

die Kontribution eine Abſchlagszahlung von 500,000 Tha lern in

zehn Tagen zahlbar, die wir nothwendig bedürfen ,

da an allen Orten Geld fehlt, zu glaube, Sadýſen kann eine Kriegsſteuer von fünf Millionen Thalern bezahlen , 4000 Pferde liefern und die Heere während ihres Aufent

Haltes hier unterhalten ; es hat 1806

an

Napoleon fechs

und eine halbe Million bezahlt, monatlich 60,000 - zur Unterhaltung +

der

im

Lande befindlichen

Thaler

Hospitäler,

Garniſonen

u . f. w . gegeben und 6000 Mann Truppen often es hat ein Ein franzöſiſchen Heere unterhalteu : es hat

bei dem

kommen von

Heeres

Unterhalt feines eine Million bleiben

bei dem nur

ihm

anderthalb

Bau

zwei und

fern ." ut. f. w.bin mitisch

tot gadi,

trid

erſparen ,

Millionen

der Feſtung Torgau , mithin zu

eine halbe Million

lie

ins debates who medicina

Salonten nyitching viduistilistasi only

rudentamssur dhiption

votlino

beim

ſieben Millionen Thalern- eß kann

bist af

com

shiitali

istrado nahistória

21 thun

18. Jogos dentes omne 190 att stortar bretta und , sochiqishni that modtage noise oil dur

sduntain

Gunstytost

moisid

ni andserve

dine sia shimu ?

State House plin in

stad soola

sinistra

i mitt tidla 1993 TOTS

218

Vi e rzehnte 8

Rapitel

Der Kaiſer von Rußland und der König von Preußen in Dresden . Befehle des Königs von Sachſen an den General von Shielemann . Na poleon in Dresden . Friedrich Auguft in Prag . Braf Stadion . Der Belagerungs Baron von Serra. Oberſtlieutenant Montesquiou . zuftand von Leipzig. Napoleon und die Deputation des leipziger Magi Ein Brief ftrats. - Hofrath Mahlmann. Die Befeſtigung Dresdens. des General von Bülow an den General Beſchau. Die

Immediat -Kommiſſion , deren der Miniſter Baron

von Stein

in

ſeinem

Briefe gedenkt, leitete während der Ab

weſenheit des Königs von Sachſen deffen Lande, und wenn Stein derſelben

ein

die Regierungsgeſchäfte in

fich beklagt, daß man von

entſchiedenes Einſchreiten nicht erwarten

ſo hatte dies

ſeine vollſtändige Richtigkeit.

miniſter Graf Senfft von

könne,

Der Kabinets

Pilfach hatte ihr im

Namen fei

nes Souverains eine Erklärung zukommen laſſen, der zufolge fie Alles unterlaſſen

ſollte, was irgend wie ein Mißfallen

bei Napoleon erregen könnte , da

Friedrich Auguſt vorläufig

noch der franzöfiſchen Sache ergeben Der Kaiſer von Friedrich Wilhelm

Rußland zog am

III. in

Dresden

Palais Brühl, Legterer im tier.

Durch

bleiben wollte.

die Verbindung

24. April 1813 mit

ein .

Erſterer nahm

Rađnig'ſchen Hauſe

im

ſein Quar

dieſer beiden Monarchen

war

felbſt für den allgemeinen Zuſtand Deutſchlands noch Nichts gewonnen . gehabten

Napoleon hatte nicht nur trop der in Rußland

ungebeuren

Verluſte

immer noch

ein

ſtarkes Heer,

219

ſondern

ſein Genie war bis jeßt auch noch ganz ungeſchwächt,

und ſicherlich würde er den beiden

Verbündeten noch viel zu ſchaffen gemacht haben , wenn die Verhältniffe fich nicht bald anders geſtaltet hätten . für die

Bis jeßt hatte ſich erſt Medlenburg

Verbindung erklärt.

vereinzelte zu bringen .

Deſterreichs

ſchien

keinen

eine

Vortheil

Friedrich Auguſt wollte keine definitive Erklärung

abgeben , fo lange der Feind noch in fand.

Lage

ſein und konnte für Sachfen

Am

feinen Staaten

29. April zeigte er dies ſelber dem

ſich be

Könige von

Preußen an , der darüber zwar erſtaunt war, es aber früher nicht anders gemacht hatte. Dem Kommandanten von Tora gau, General Thielemann , befahr er, die Feſtung nur an den jenigen zu übergeben , den ihm ſein Monarch im Einverſtänd niß mit dem

Kaiſer von Deſterreich nennen würde.

Dadurch

wurde Thielemanns lage eine überaus ſchwierige, zumal da ihm

auch der Miniſter , Graf Senfft von

, daß jedes willkürliche Aufſtehen

Pilfadh , mittheilte ,

in Maffe oder im

Einzelnen

zu irgend einem militairiſchen Zwede dem Könige zu ernſtem Mißfallen gereichen , und daß dieſer jeden Theilnehmer an einer ſolchen geſegwidrigen Handlung als unfähig im ſächfiſchen Dienſte verwendet zu werden .“ Am erhielt

Thielemann einen

neuen

erkenne, 5. Mai

Befehl ſeines Souverains,

dahin lautend : „ auch dann die Feſtung an Frankreich nicht zu übergeben , wenn deffen Armee ſelbſt durch das Glück der Waffen an die Elbe geführt würde." 319fu Aus dieſem keine

ſchon

von am

dem

bisherigen

2. Mai waren

Napoleon bei Lüßen geſchlagen . morgens die beiden Monarchen Abends gegen

pod 1939ius ties

Befehl geht klar hervor, daß Friedrich Auguſt

Kenntniß

hatte , denn

Leona

ſechs

Am

Gange

der

Dinge

die Verbündeten von

8. Mai verließen früh

die fächſiſche Reſidenz und

Uhr traf der Kaiſer der Franzoſen

da

220

felbft ein . ſtadt.

Am

Inzwiſchen

franzöfiſchen ihm

10. Mai verließen

von

die Ruſſen auch die Neu

war auch der Marſchall

Ney mit einer

Armee vor Torgau angelangt, deren

Thielemann verweigert wurde.

Uebergabe

Als Napoleon dies

erfuhr, ward er zornig, fandte ſofort ein Mitglied der Imme diat - Kommiſſion an Friedrich Auguſt ab , das demſelben zu erklären hatte , er (Napoleon ) werde das Königreich Sachſen als das Land eines Feindes betrachten , wenn Friedrich Auguſt nicht augenblidlich die Feſtung Torgau an ihn übergeben und nach ſeinem Staate zurüdkehren würde, worüber er eine ganz definitive Erklärung erwarte. Dies und noch viele andere Uns annehmlichkeiten machten auf den Kaiſer der Franzoſen entſchieden

ſchlechten

Eindruck , dem

er bei dem

ihm

einen

Seitens

des Dresdener Magiſtrats veranſtalteten Empfangs auch einen entſprechenden

Ausdruck verlieh.

1

tion , als gehöre fie zu ſprach vom drüden .

Er behandelte die Deputa

feiner niedrigſten

König von Sachſen

in wenig

Dienerſchaft und gewählten Aus

Die Elbbrüde war von Davouſt , wie wir wiſſen , zers ſtört worden ; allein ſchon zwei Tage nady des Kaiſers An kunft in

Dresden hatte deſſen leichte Infanterie durch Holz

böđe die Verbindung ſo weit hergeſtellt, daß diefelbe mit Hilfe dieſer und einiger Sturmleitern paffiren konnte.

Es

war aber nothwendig, daß die Brücke innerhalb einer kurzen Zeit wieder dem öffentlichen Gebrauch übergeben werden konnte. Napoleon ließ und fragte :

Oberlandbaumeiſter zu

deshalb den

„ In welcher Zeit ſind Sie im

fich rufen

Stande, die Brüde wieder

herzuſtellen ?" „ In zwei Tagen , Majeſtät!" erwiderte derſelbe. Mit halb

unterdrücktem

-

Zorn , der

durch

die obwalten :

221

den

Verhältniffe ſehr zu entſchuldigen war, zupfte

Kaiſer am „ In

ſechs Stunden , mein

muß dies geſchehen

Als

ihm

der

Dhre und ſagte:

ſein !

Freund ! in

ſechs Stunden

Ich will es !"

der Oberlandbaumeiſter noch Einwendungen

dage

gen vorbringen wollte , ſagte der Kaiſer nur noch ein Mal: „ Ich will es !" Es wurde, wie ſich erwarten ließ , Alles aufgeboten , dem Befehl Napoleons nachzukommen , beſonders da bekannt war, daß derfelbe in ſtand. beiden

fo ernſten Angelegenheiten keinen Spaß der

in der Abendſtunde, von ſeinen Duroc begleitet, ſelbſt herbei, Berthier und Generalen übrigens

Er kam

beſichtigte nicht nur die Arbeiten , ſondern griff felbft thätig mit ein . zoſen

Bis zum nächſten Abend hatten bereits 80,000 Fran =

die Brücke überſchritten . Die Ereigniſſe folgten ſo ſchnell auf einander, daß man

fich gar nicht wundern kann , wenn Friedrich Auguſt davon nicht rechtzeitig Kenntniß erhielt. Als derſelbe von Napoleons Sieg

bei

Lügen

erfuhr,

änderte er

ſeinen

dem

General

Thielemann am 5. Mai überſchickten Befehl dergeſtalt um , daß er demſelben auftrug, die Feſtung Torgau an die Franzoſen zu übergeben .

Dies geſchah noch vor dem

Napoleon an ihn abgeſendeten gliedes , aber

Eintreffen des von

Immmediatcommiſſions-Mit

doch nicht ohne Nachricht von

Kaiſers erhalten zu

haben , der dieſen

Nuguſts wohl hauptſächlich

dem

Entſchluß

Zorne des Friedrich

hervorgerufen haben mag.

Als

derſelbe durch Weimar gekommen war und von dem dortigen Herzoge empfangen wurde, äußerte er zu daß der

König von Sachſen

fich

dieſem : „ Ich will,

erkläre und werde

dann

wiſſen , was ich zu thun habe; wenn er aber gegen mich iſt, wird er Ales. verlieren , was er hat!"

222

Der Herzog von Weimar hatte dies ſofort ſeinem könig lichen

Vetter nach Prag

gemeldet; faſt zu gleicher Zeit kam

die Nachricht von der durch Napoleon gewonnenen Schlacht

ihm

bei Lüßen zu und ſein bereits von uns erwähnter Befehl an Thielemann

in Bezug auf die Uebergabe Torgau's an

Franzoſen war die unmittelbare Folge davon . Thielemann , deſſen

die

Der General

hellſehender Geiſt übrigens ſchon

längſt

entſchloſſen war, der Zeit Rechnung zu tragen, gehorchte zwar feinem

königlichen Herrn , allein er zeigte demſelben auch zu

gleicher Zeit an , daß er aus ſeinen Dienſten ſcheide und zum Kaiſer von Rußland übergeben würde. mando der Feſtung, um übergeben

Er übergab das Kom

dieſelbe nicht ſelbſt an die Franzoſen

zu müſſen , an

den

General Steindel.

aber ſandte er dem Könige einen lautete :

Dann

ſchriftlichen Bericht, der da

Die Feſtung Torgau , die ich Eurer Majeſtät treu er halten habe, iſt übergeben . ich meine 32 jährigen

Eurer königlichen Majeſtät lege

Dienſte hiermit allerunterthänigſt zu

Füßen ."

rich

Der Verluſt durch

Thielemanns Abgang war für Fried

Auguſt ficher ein

ſehr bedeutender.

daran für den Augenblick gar nicht denken .

Jndeß mochte

er

Seine Lage war

inzwiſchen immer kritiſcher geworden ; auch Deſterreich ſchien ihn

im

Stiche laſſen

den er als ſeinen hatte, kam

zu wollen , denn der Graf Stadion ,

Geſandten an den wiener Hof abgeordnet

gar nicht wieder zurück.

Noch ehe Napoleon von der durch den König von Sach ſen bewilligten Uebergabe Torgau's Nachricht erhalten hatte, ſandte er abermals

einen Abgeordneten nach

Prag an Fried

rich Auguſt, und zwar den Baron Serra, welcher franzöſiſcher Geſandter in Dresden war.

Derſelbe mußte den König auf

223

fordern , ſeinem

Kaiſer ſämmtliche fächſiſche Truppen zur Ver

fügung zu

ſtellen , die Feſtung Torgau

wie vorhin

bemerkt, ſchon

Sachſen

zurückzukehren .

zu

übergeben

(war,

geſchehen ) und ungeſäumt nach

Nach

der

ihm

von

dem

Baron

Serra bewilligten , nur zwei Stunden betragenden Bedenkzeit fah Friedrich Auguſt kein friedigen , als deſſen in

anderes Mittel den Kaiſer zu be

Befehlen nachzukommen .

der That auch nichts Anderes übrig !

Es blieb ihm

Auch drängten

ihn

ſeine eigenen Miniſter, der Graf von Hohenthal und der Graf Detlev von Einſiedel, die zu ihm men waren .

mochte er ſelber einſehen . nun

ſchon 27

Stiche gelaſſen , das

Auf den Grafen Stadion hatte er

Tage vergeblich gewartet.

öſterreichiſcher Seits am

nach Prag ebenfalls gekom

Deſterreich hatte ihn im

Man wollte

ſich

zwar ſpäter entſchuldigen , daß derſelbe

Podagra frank darnieder gelegen habe ; allein dieſe Ent

ſchuldigung verliert jeglichen Werth , wenn wir erwägen , daß Deſterreich

unter ſolchen Umſtänden

verpflichtet war , einen

Andern an den König von Sachſen zu betrieb Deſterreich im fich, luyero dieſelben

Geheimen

beendet ſeien .

entſenden.

Vielleicht

ſeine Rüſtungen und ſcheute

Dennoch wird eß jeder Unpartheiiſche

für verpflichtet gehalten haben , Friedrich Auguſt durch einen geheimen Sendling

die nöthigen

Mittheilungen

zu machen .

Daß Friedrich Auguſt durch ein derartiges Verfahren

für die

Sache der

konnte,

Verbündeten nicht eingenommen

*

liegt offen auf der Hand ; im

werden

Gegentheil, es wird Jedermann

zu entſchuldigen wiffen , daß er bei Napoleon verblieb, dem er erſtens ſeine jepige höhere Stellung im

europäiſchen Staa

tenbunde zu verdanken batte und an deſſen endlichen Unter gang bei ſeinem

ſo ſehr hervorragenden Genie mindeſtens jegt

noch nicht zu denken war.

Den Verbündeten konnte der König

224

von Sachſen unter den

vorliegenden Verhältniſſen überhaupt

wenig nüßen , da eine Vereinigung mit ihnen

doch nicht ſo

ſchnell zu erreichen war. Man behauptete übrigens, daß der König von Sachſen fidh ſdon vor der drohenden

Erklärung des Barons von

Serra für Napoleon in einem vom

9. Mai 1813 datirten

an demſelben gerichteten und

Schreiben

erklärt habe.

Behauptung , welche fehr wahrſcheinlich und mit dem

Dieſe Charak

ter des fächſiſchen Monarchen auch ſehr vereinbar ſcheint, fins den wir in zum ren

einer Shrift , welche den General von Gersdorf

Verfaſſer Nähe

des

hat, Königs

fich in

damals Prag

in

Stande war, Genaues darüber zu wiffen. Werke z. B .:

unmittelba

der

befand

und

wohl

im

Er ſagt in ſeinem

Es iſt ganz falſch, wenn man behauptet, der König fei durch Napoleons. Drohungen bewogen worden , zurückzukehren . Welches Märchen ! Hätte der König von Sachſen Drohungen gefürchtet, fo würden die Blige gewirkt haben , die Napoleon von Mainz und von Weimar aus auf ihn föhleuderte. den

Nicht

geringſten Eindruck machten ſie auf den König und ſeine

Umgebungen .

Der General Gersdorf, der den

Brief an den

Kaiſer nach Dresden überbrachte, traf den Oberſtlieutenant Montesquiou ,*) welcher nach Prag ging, vor ſprach ihn nicht, in Tepliß den Grafen waren

Tepliß und

von Einſiedel.

Beide

vom Kaiſer abgeſendet . Ehe dieſe in Prag ſein konn

ten , war der General längſt in Dresden , der vol ften Kummers, alle Hoffnungen erſt eilte, um

dem

des bitter

geſcheitert zu ſehen , nunmehr

Staiſer zu beweiſen , daß

Friedrich Auguſt

das, was er that, wenigſtens freiwillig thue.

Es iſt ferner

* ) Nach Einigen ſoll nicht der Baron Serra , ſondern der Oberftlieu Montesquiou der Abgeordnete Napoleons geweſen ſein . -

225

falſch, daß der König zur Entlaſſung des Miniſters Grafen von Senfft, der Generale Baron von

Thielemann und lan

genau gezwungen worden ſei u . ſ. w ." Auffallend iſt noch, daß , nachdem 12. Mai wieder in

Dresden

Graf Stadion eintraf und von ſeinem (chien .

Tauſend Mann ſtieß

genommen haben .

an

den darauf folgenden Schlachten

Am

Napoleon

verweilte

15. Auguſt in Dresden und hatte ſein Quartier im

Marcolini'chen den

Palais genommen . Freiheitsbewegungen , welche in

den übrigen

Theilen Deutſchlands Statt fanden, blieb auch Sachſen verſchont.

Theil

5. Juni ward zu Pläswiß ein Waf

fenſtilſtand verabredet und geſchloſſen .

Von

der

franzöſiſchen Heere, foll aber nur mit auffallen

Widerwillen

bis zum

Prag

in

Podagra geheilt zu ſein

Eine fächfiſche Armee von neun

wieder zum dem

Friedrich Auguſt am

angelangt war ,

nicht

In Leipzig traten dieſelben zuerſt an den Tag und

Napoleon ſah ſich deshalb genöthigt, über dieſe Stadt den Belagerungszuſtand zu verhängen .

Das war für die ruhiger

geſonnenen Bewohner Leipzigs ein Donnerſchlag. Der Magiſtrat beſchloß in einer deshalb abgehaltenen Sigung, eine Deputa tion an Napoleon zu entſenden , um

geln zu erſuchen .

ihn um mildere Maßres

Zu dieſen Abgeordneten

der Stadt Leipzig

gehörte auch ein Dr. Groß , welcher Mitglied des Magiſtrats und von

dieſer Korporation zum

ernannt worden war. in

Am

3.

Dresden an und ward von

Palais empfangen . Nachdem

Sprecher bei dem

Juli langte die Napoleon

im

Staiſer

Deputation

Marcolini'ſchen

Dr. Groß ſeinen Vortrag geen

det, erwiderte der Kaiſer :

„ Ich bin fehr unzufrieden mit

Ihnen .

Man

beleidigt

mich bei Ihnen , man beleidigt meine Soldaten , man ſieht , 116 15 Bertraute Geſchichte. Sadſen. 3.Bb. amisi

226

meine Truppen mißgünſtig an .

Denkt, was

Ihr wollt, ſagt

es ganz laut, wenn Truppen

der Feind dort iſt ; aber jegt, wo meine Napos Lande ſind, fich ſo aufzuführen “ -

im

leon nahm

eine Priſe

,,das iſt dumm ,

das

iſt zu

dumm ! " Dr. Groß, der, wie jeder Vernünftige, innerlich zugeſte

1

hen mußte , daß es in der

That zu

dumm war , wie der

Kaiſer ſich ausdrücte, erwiderte zwar beſcheiden , aber dreiſt:

„ Vielleicht haben

einige Perſonen

Pöbel ein

aus dem

unnüßes Geſchrei erhoben , allein es hat kein ſolches Aufſehen gemacht, daß wir es hätten wahrnehmen können .“ Sie wiſſen niemals , was geſchieht, weil ſchläft!" verſeşte Napoleon raſch . ſam , nicht wachſam . ren bei

Vier- bis

Ihnen , und Sie

laſſen

Ihre Polizei

„ Sie ſind nicht aufmerk fünfhundert Schurken regie ſie gewähren .

Hätten Sie

ſie geſtraft, fo hätte ich nichts geſagt. Welche unvernünftige Geſchichte iſt von

das mit der

Colomb?

zwingen , in

den

Rittmeiſter

Man wird mich mit allen dieſen

Thorheiten

Deutſchland ein

Dankadreſſe an

Erempel zu ſtatuiren !

eine Stadt verbrennen müſſen , um

Ich werde

die übrigen zu

ſchreden .

Es würde mir leid thun ; alſo forgen Sie, daß es nicht die Ihrige ſei, denn ich werde verfahren , wie ich ſage. iſt der Hofrath Mahlmann worden ? " , Dazu waren

vom

wir nicht berechtigt, weil

Mahlmann zur Univerſität gehört.

Warum

Magiſtrat nicht verhaftet

der

Hofrath

Es giebt drei verſchiedene

Jurisdiktionen in Leipzig und die Polizei iſt dort ebenſo or ganiſirt, wie in

Dresden !"

„ D , die Polizei in Dresden iſt auch fehr ſchlecht,“ ver ſeşte mit einem bittren Lächeln der Kaiſer. Man könnte den

König entführen , während er bei der Königin

ſchläft.

-

227

Und Ihre drei Gerichtsbarkeiten colidiren ſtets mit einander. Das ſind veraltete Gebräuche ; fo Etwas war gut zur Zeit Karls des Großen !

Ihr habt keine Energie bei Euch !

Ihr

habt weder Polizei, noch Energie ! Ihr ſeid gute Leute , die Deutſchen ſind gut, - Eure Univerſität die Univerſität zu

Paris war ebenſo zur Zeit Karls V.

müſſen

bei Euch und im

Dieſe Privilegien

ganzen Rheinbunde geändert wer

den ... Ich ſage Euch, Ihr habt nicht die geringſte Ener gie, keine Polizei! und die

Ihr duldet Alles , die üblen Geſinnungen

Beleidigungen

Feinde da

gegen meine Soldaten .

Wenn meine

ſind , ſo möge man Vivat ſchreien , ſo

viel man

will, aber man foll immer bedenken , daß ich den andern Mor gen wieder als Sieger einziehen kann .

Für den Einwohner

iſt es das Beſte, nicht zu politifiren , und nachzugehen .

Außerdem

alle Annehmlichkeiten ren

zu

Geſchäften

muß man ven Muth haben , auf Lebens zu verzichten , Alles entbeh

können , was angenehm

felbft hinzugeben , feinem

des

ſeinen

mit einem

und bequem

iſt, das Leben

Worte : ſeine Meinung mit

Blute beſiegeln . Die, welche nicht dieſen Muth haben ,

thun beſſer , fich um Nichts zu bekümmern und die Welt ihren Gang gehen zu

laſſen ."

Was die Dankadreſſe an

den

Rittmeiſter von Colomb

betrifft, deren Napoleon gedenkt, ſo war diefelbe am in

der Leipziger Zeitung erſchienen und rührte vom

Mahlmann her.

14. Juni Hofrath

Diefelbe lautete :

Dem Herr Rittmeiſter Solomb unſern innigſten Dank, daß er ſein Verſprechen ihm

ſo ſchön gehalten . Wir haben von

und ſeinen Begleitern gehört!*)

Der biedere Mann

*) Damit iſt ſein Ueberfall vom 29. Mai 1813 gemeint. Auf der Chemnißer Straße bei Zwiđau überftel er mit nur 83 Mann einen fran zöftſchen Artilleriepark von 18 Kanonen und 6 Haubigen , der von über 15 *

228

E.*) unſere

edelmüthigen

dem

D. W.

Juni 1813.

5.

Den

und beſuche mit

zweites Verſprechen

halte auch einſt fein

Berge.

friedlichen

ſchönen

Die Familie S."

Mahlmann wurde auf Napoleons Befehl nach

Erfurt

1

geſchickt, wo er indeß nur bis Ende Juni gefangen gehalten wurde.

Die Feſtungswerke Dresdens ließ Napoleon möglichſt

ſchnell herſtellen ; vor allen Schlägen und Thoren wurden ges waltige Schanzen und Redouten

errichtet; ebenſo waren

um

den Lilienſtein und auf allen wichtigen Päſſen nach Böhmen Befeſtigungen angebracht und verſchiedene Abtheilungen fran zöfiſcher Truppen zu ihrer Bededung abgeſandt. Am 15. Auguſt , dem

Geburtstage des Kaiſers , wollte er

weshalb er jdon

am

ſelber

10. defſelben Monats

und fächfiſche Garde in

aufbrechen ,

die franzöſiſche

der Neuſtädter Allee auf der ſoge

nannten Oſtrawieſe Mittags ſpeiſen

ließ . Abends allgemeine

Beleuchtung und ein prachtvolles Feuerwerk.

Zwei Tage nach

her langte die Kriegserklärung Deſterreichs an . Am Napoleon

zur Armee nach

der Laufiß , um

15. ging

das verbündete

Heer anzugreifen . Während der Zeit marſchierte eine ruſſiſch öfterreichiſche Armee auf Dresden zu und lagerte ſich von Blaſe wiß bis

Prießniß

Rußland nahm

ſein

in

einem

Der Kaiſer von

Hauptquartier in Nötheniß , der König

bon Preußen in Lodwiß. Königreich Sachſen

Halbmonde.

Napoleon hatte kaum von der dem

drohenden

Gefahr die nöthigen Mittheir

lungen erhalten , als er auch fofort von Baußen nach den

zurückkehrte und

am

26. Auguſt

Dres

frühmorgens neun

300 Italienern eskortirt war. Die ganze Bedeđung wurde niedergehauen oder zu Gefangenen gemacht. Es wurden außer dem Geſchüt und der Munition auch 700 Pferde erbeutet. Colomb hatte nur einen Mann dabei verloren .

* ) Edardt, Lieutenant im

Colomb'idhen Streifcorpe.

229

Uhr eintraf.

Am

Tage darauf ſchon wurden

reicher unter dem nommen . von

12,000 Defter

General Mesko von Murat gefangen ges

Zwar hatte der Kampf um

Dresden dem

Kaiſer

Frankreich viel gekoſtet, dennoch war er Sieger gewor

den ; dagegen

hatte er

am

7. September die Schlacht bei

Dennewiß vollſtändig verloren . Bülow , dem

Der preußiſche General von

Napoleon hauptſächlich ſeine Niederlage zu ver

danken hatte, erließ noch am 7. September einen Aufruf an die mit Frankreich verbundenen fächfiſchen Truppen . Am 25. September ſchrieb

derſelbe

an den

fächſiſchen

General

Beſchau :

11 Sollten Sie nicht durchdrungen fein zeugung , daß die wahre Ehre dem

von der Ueber

Soldaten den Kampf

für die Freiheit und das Wohl des Vaterlandes gebietet, und daß , indem

ſie dem

erſtem

Bürger deſſelben den

Eid

der Treue leiſteten , derſelbe auf keine Art gebrochen wird, wenn ſie , treu dem denden

Woble des Vaterlandes, einen entſchei

ewig ruhmwürdigen

Schritt

für daſſelbe thun ?

Nein , gewiß ! Eure Ercellenz fühlen dies ebenſo ſehr , als Sie die Achtung nicht verkennen können , die Sie Sich durch dieſen Schritt bei dem

ganzen

freien

Europa

erwerben

würden , und als Ihnen die dauernde Dankbarkeit des gerette ten Vaterlandes werth ſein muß.

Ihr edler Monarch kann,

gefefſelt von dem Unterdrücker Ihrer Freiheit, nicht mehr aus der Fülle feines

Herzens zu

das , feine Befehle würden

Ihnen

ſprechen .

Könnte er

gewiß , mit meinen

Anſichten

übereinſtimmend, zur Befreiung des Vaterlandes Sie auf fordern . keit zu

Xud

ihn

befreien , iſt

aus dieſer ſchmachvollen Ihre Pflicht.

Unterwürfig

Es wird an Mitteln

Ihnen nicht fehlen , aus der Gemeinſchaft mit jenen Fremd

230

lingen zu treten .

Die Wege über Deffau und Wörlig und

die heilige Zuficherung unſerer Mitwirkung und Unterſtüßung, wo Sie ſolche wünſchenswerth finden , bieten dazu

dar !

Ich

aber , der

ich mir vorzüglich

ſich

Ihnen

die Ehre

wünſche, die braven Sachſen mit meinen Preußen vereinigt zu

ſehen

und

der

Königs meines

ich hierin

Herrn

nur die

Geſinnungen

des

und aller meiner

vaterländiſchen

Waffenbrüder ausſpreche, fichere Ihnen im

Namen meines

Monarchen

das ungetheilte Zuſammenbleiben Ihrer Mann

ſchaft unter Ihren Fahnen und die Beſtätigung eines Jeden in ſeinen Rang- und Gehaltsverhältniſſen zu . Werfen Sie dieſe Anerbietungen nicht zurück ; fie ſind mit Vertrauen, mit Achtung und Liebe gegeben und verdienen eine gleiche Aufnahme. Eure Ercellenz perſönlich aber bitte ich , die Verſicherung meiner hohen

Achtung und Ergebenheit zu

genehmigen .“ Es ſcheint außerordentlich lichen

hatte , einen

Feldherrn

und dennoch

hält es

von

leicht zu ſein , unter ſo miß

Verhältniſſen , unter denen Sachſen damals zu ſeufzen

ſeinem

eigenen

empfängt, wird er eingedenk bleiben . ſtand von

zum

Uebergehen bewegen zu können ,

ungemein

ſchwer.

Wenn dei General

Könige keine darauf hinzielende Ordre immer feines demſelben geleiſteten

Eides

In Sachſen war aber auch noch der Um =

beſonderer Wichtigkeit, daß

Friedrich

Auguſt

und gewiß nur aus Dankbarkeit gegen den großen Napoleon ein

treuer Anhänger deſſelben war und daß ſein

Vater

land in Deſterreichs Verbindung immer ſchon zu leiden ge habt. Würde der General von Zeſchau dem Inhalt des Bü low'ſchen Briefes nachgekommen ſein, ſein König hätte es ihm ſchwerlich je verziehen .

Er war übrigens Einer von denje

231

nigen Oberoffizieren , welcher am

längſten

bei den Franzoſen

aushielt und erſt dann zu den Verbündeten ein

längeres

Verweilen

Standpunkt ſeinem

einmal

auf dem

Monarchen

nur zum

überging , als eingenommenen

größten Nachtheil

gereichen konnte.

F u nfz e hntes

fa p i tel.

Mapoleons Rückſchritte. Friedrich Auguft in Leipzig. Die Schlacht bei Leipzig . Major After. Der Uebergang fädy fiſcher & ruppen zur Bun des - Armee. Große Gewiſſenhaftigkeit des Königs von Sachſen . Fried rich Auguft als Gefangener. Der Fürft Micolai Repnin , als Gouverneur Sachſens . Baron von Roſen . Der Frieden zu Paris am 30. Mai 1814. Die Drdre des Fürſten Repnin vom 10. April 1815. – Die Unterdrückung der Bittſchriften . General & hielemann und ſeine Aufforderung an die fach fiſche Armee. Die Entwaffnung zweier ſädfiſcher Grenadierbataillons . Theilung Sachſens . Napoleon vernichtet.

Der Stern

des

fich zu verdunkeln .

großen Kaiſers

der Franzoſen

Wir glauben , daß ſich

begann ,

ebenſo wie der

Körper des Menſchen , fein Geiſt abarbeiten kann , und daß dieſer Fall bei Napoleon offen vorlag. dieſer Mann in

Bedenken wir , was

der verhältniſmäßig kurzen Zeit feiner Tha

tigkeit bereits gethan hatte, fo werden wir es auch natürlich finden , daß er nicht mehr ſo glänzende Erfolge zu vermochte.

Was man von

verſchiedenen

erzielen

Seiten vorgebracht,

daß er ſich nicht mehr auf ſeine Soldaten und auf den En thuſiasmus feines

Volkes hätte

ſchma& t und wird durch den

verlaſſen

können , iſt abge

Erfolg bei ſeiner Rückkehr von

232

Elba auf das Vollſtändigſte widerlegt.

Auch der Umſtand,

daß er jegt mit ſo vielen Feinden zu thun hatte und dadurch in die Enge getrieben wurde, iſt von gar keiner Bedeutung . uls er in Frankreich als Mitglied der Revolutionsparthei ſein thatenreiches Leben begann, hatte er weit entſchiedenere Feinde zu beſiegen , und er hat damals weit mehr gethan , als er jegt überhaupt noch hätte thun können, denn er hatte ſich bis zum Kaiſer einer großen , lebendigen was ren

unbedingt

ein

größeres

Nation emporgeſchwungen , Genie,

einen

bedeutſames

Geiſt und eine weit eiſerne Energie erforderte , als mit

einem wohlgeübten Heere andere Heere zu beſiegen . Napoleon konnte weder das rechte Elbufer, nod die lau fiß mehr halten , ja , er mußte ſelbſt Dresden aufgeben , ob gleich er dort noch ſeine Feldherren Marſchall Gouvion St Cyr und Graf Lobau mit 30,000 Mann zurückließ . Er zog ſich mehr nach

Leipzig

hin .

Sein Marſchall Ney

mußte nach Deſſau , Reynier mit fächſiſchen Truppen nach Wittenberg zu marſchieren . Nebenbei ließ er die Elbbrücken bei Roßlau , Aken und Wittenberg vernichten , um den Ueber gang der Verbündeten zu verhindern . Am 7. Oktober 1813 Morgens ſieben Uhr verließ Napoleon die Reſidenz Friedrich Auguſts , von dem

er fich übrigens begleiten ließ , um niemals

dahin wieder zurückzukehren . den

Tag

vor der Abreiſe

Der König von Sachſen

ſeines kaiſerlichen

hatte

Freundes noch

keine Ahnung, daß er denſelben begleiten werde.

Nicht nur

die Königin , ſondern auch Friedrich Auguſts höchſte Beamten ganz entſchieden

gegen

1

waren

dieſe Begleitung, und mach

ten mehrere Verſuche, fie mindeſtens aufzuſchieben , da eine Entſcheidung von Napoleons Schickſal ſchon in den Tagen zu

erwarten ſtand.

nächſten

Beſonders war Marcolini über

-

233

aus geſdäftig , die Abreiſe feines Monarchen zu & r ſagte zum

verhindern .

Kaiſer :

„ Für die Perſonen , welche zum königlichen Hofſtaate ge hören ; beſonders aber für beide fächſiſche Majeſtäten , muß doch zuvor für paſſendes Quartier geſorgt werden .

Seine

Majeſtät, der König von Sachſen , kann in einigen

Tagen

nachkommen ." „ Et, was !“ verſekte Napoleon trocken ; ſo viele Umſtände dürfen

wir

im

Kriege gar

nicht machen .

Für den

König

und die Königin wird geſorgt werden , und deren Begleiter können bivouacquiren .“ Napoleon

duldete keinen Widerſpruch, das war bekannt.

Marcolini ſchwieg. den König dem zu

im

Dagegen verſuchte der General Gersdorf,

Geheim

zu ſprechen ; er gab

ihm

Kaiſer nicht zu folgen , ſondern ſich nach dem begeben

und

dort die

nächſten

den

Rath,

Königſtein

Ereigniſſe abzuwarten .

Friedrich Auguſt wollte hiervon ſchlechterdings und meinte, es wäre Beſſer, er befände

Nichts wiſſen ,

fich mitten

in

der

Gefahr, als daß er fich feig auf einer Feſtung verberge. Um

1

übrigens allen Eventualitäten begegnen zu können , errichtete er vor feiner Abreiſe noch eine Kommiſſion in Dresden , der die Befugniß oblag, in allen unaufſchiebbaren Fällen ſelbſtſtän dige Verfügungen zu treffen , und zu welcher die Conferenza miniſter und einige geheime Käthe gehörten . begab

ſich

über Dichaß und Wurzen nach Eilenburg

langte erft am daß

14. October in Leipzig an .

die fächſiſchen

befanden

Friedrich Auguſt

und von

Soldaten , welche in Napoleon , wie

und

Bezeichnend iſt ,

dieſer Gegend fich

es fein

Gebrauch war,

angeredet wurden , kein vive l'empereur mehr für ihn hatten . Die Kämpfe auf den

Ebenen bei Leipzig vom

14. bis

19. October entſchieden nicht nur Napoleons Schicfal, ſon

234

dern

das Schickſal von ganz Europa .

Es hatten hier über

400,000 Soldaten gekämpft und über 1000 Kanonen ihren feuerſprühenden

Donner entſendet!

Der achtzehnte October

war der Haupttag der Shlacht bei Leipzig .

Durch den

Er

folg, welchen die Verbündeten erzielten , ging des großen Hel den Stern vollends unter. mehreren

Offizieren

Friedrich Auguſt , welcher

ſich mit

und Hofbeamten in der Stadt aufhielt,

hatte den ſpäteren preußiſchen Generalinſpector After, welcher fich bei ihm

als Major befand , nach der Sternwarte geſen

det , um

ſich von ihm

abſtatten

zu

laſſen .

Rapport über den Als dieſer ihm

Gang der Schlacht

meldete , daß allem

Ans

ſcheine nach Napoleon beſiegt werden würde, ſchien ihm

dies

eine Unmöglichkeit und er beſtieg nun ſelbſt die Sternwarte. Nach einigen

auf das Schlachtfeld geworfenen Blicken , ent

färbte fich fein Antliß und Einige, die ihm wollen fogar eine Thräne in er über das Schidfal des

zunächft ſtanden ,

ſeinem Auge geſehen haben , die großen Napoleon weinte. Er

weinte aber vielleicht auch noch darüber , daß er jegt felber fehen mußte, wie feine eigenen

Truppen unter dem

General

Ryffel, die unter dem Oberbefehl des Marſchall Ney ſtanden , mitten auf dem Schlachtfelde zu den Verbündeten übergingen . Es war vielleicht von keinem Andern bemerkt worden , denn Ney ließ die dadurch entſtandene Lücke ſofort durch franzöſiſche Soldaten ausfüllen .

Im

Ganzen hatten ſich ſieben Batail

lons Infanterie, drei Schwadronen Ravallerie und drei Bat terien mit den verbündeten Am

Truppen vereinigt.*)

Vormittage deſſelben

Tages war bereits ein großer

* ) Am nächſten Morgen wurden die fächfiſchen Offiziere dem Könige von Preußen vorgeſtellt, welcher ſie in ſeiner kurzen , derben Manier mit folgenden Worten empfing : „ Die Herren Sachſen kommen etwas ſpät ; hätten uns viel Leute erſparen können .“

235

Theil der fächſiſchen Bataillon

Sahr zu

hatte verſucht , den im

Namen

des

Truppen , vorzüglich cavallerie und das den

Verbündeten

General Zeſchau Offiziercorps

übergegangen .

Man

zu bewegen , den

zu

bitten ,

ſich

König

mit ſeinen

* Truppen auf die Seite der Verbündeten zu begeben .

Dazu

aber war Zeſchau entſchieden nicht zu bringen ; er behauptete, der. Soldat habe die Pflicht, auf dem

ihm

von ſeinem

Für

angewieſenen Plaße auszuharren , bis er von ihm abgerufen würde.

ſelbſt

ſten

Nun, dann,“ erwiderte der General Ryffel, „ werde ich mit meiner Brigade allein übergehen .“ „ General Ryffel,“ rief Zeſchau zornig, „ Sie find mein Arreſtant." „ D , ho !" wandte ſein Truppen .

ſprach Dieſer, „ das geht ſo leicht nicht.“

Er

Pferd und bewirkte ſofort den Uebergang ſeiner Beſchau

behielt nur 600 Mann übrig, die er ſpä

ter auch nach Leipzig führte. den in Weißenfels von

Die fächfiſchen Küraffiere wur

Napoleon , die in

Torgau ſtehenden

fächſiſchen Truppen vom Grafen Narbonne entlaſſen . Napoleon trat feinen Rückzug an . Er fah felbft

ein ,

daß hier an einen Sieg auf ſeiner Seite nicht mehr zu den ken war, zumal da fich auch Baiern jeßt gegen ihn hatte.

Friedrich Auguſt logirte

Leipzig.

Am

im

Thomä'ſchen

erklärt

Hauſe in

19. October Morgens neun Uhr trat Napoleon ,

nur von Murat begleitet, zu ihm

ein .

Er traf ihn

in

der

Geſellſchaft der Königin , die weinend ein weißes Taſchentuch an ihre Augen drückte. abgeſehen zu wegen

In feiner Heftigkeit überſchüttete er ſie,

des Abfals des Königs von Baiern

mit den noch

haben .

Napoleon ſchien es beſonders auf fie

bitterſten

reichlicher

(ihres Bruders)

Vorwürfen , wodurch ihre

floſſen .

Dann

forderte

Thränen

nur

er Friedrich Auguſt

236

auf, mit ihm

nach Weißenfels zu gehen , von wo er mit den

verbündeten Mächten

unterhandeln

könne.

Der König wollte

dies nicht, ſondern er erklärte , er werde diefe Unterhandlun gen von Leipzig aus beginnen .

Napoleon widerſprach nicht. Eine alzugroße Gewiſſenhaftigkeit taugt bei einem Mo

narchen nicht.

Durch ſie verſchlimmerte Friedrich Auguſt nur

ſeine Lage. Nach der gewonnenen Schlacht bei Leipzig fandte der Kaiſer von nige von

Rußland in Uebereinſtimmung mit dem

Preußen

den

ruſſiſchen

Kö:

General Toll und

preußiſchen Oberftlieutenant von Naßmer an

den

den

König

von Sachſen , welche ihm Schonung der Stadt gelobten , wenn diefelbe

fofort von

den Franzoſen geräumt und ihre Thore

geöffnet werden würden . „ Ich habe hier Nichts zu befehlen," antwortete Friedrich Auguſt. „ Wenden Sie Sich an den General Bertrand, wel cher Gouverneur von Leipzig ift." Am

19. October Mittags

der Verbündeten

in Leipzig ein .

rückten

die

erſten

Truppen

Am Abend deſſelben

Tages

fandte der Kaiſer von Rußland den geheimen Rath von An ftetten

zu

Friedrich Auguſt, der ihm

ſagen mußte , daß er

( Alerander) ihn als Gefangenen betrachte. Morgens vier Uhr erſchien

Am

23. October

abermals Herr von Anſtetten

in

Begleitung des Fürſten Galizin * ) und 120 Rojaden und er : klärte ihm , daß er Befehl habe, ihn nach dem Schloß

in

Berlin abzuführen .

Xufenthalte im

Nach

einem

königlichen

neunmonatlichen

Schloffe des Königs von Preußen , kam

Fried

*) Nach einer anderen Mittheilung ſoll nicht der Fürſt Gallizin , ſon dern die beiden polniſchen Generaladjutanten Friedrich Augufts, von Turs now und Bleczinski , Begleiter des geheimen Raths von Anſtetten ge weſen ſein .

237

rich Auguft nach dem

dicht bei Berlin

gelegenen

Dorfe

Frie

drichsfelde. Durch

die Entfernung

konnte dem

Legtern

des Königs aus

keine Wohlthat

Auguſt felbſt war aber nicht im Anfang des walt; allein fein er

ſeinem

geſchehen .

Stande, es zu ändern .

Jahres 1813 lag dies allerdings in theils

Lande

Friedrich Zu

ſeiner Ge

aus Anhänglichkeit an Napoleon , theils

Glauben , derſelbe könne unmöglich beſiegt werden , hatte die

ihm

dargebotene Gelegenheit nicht benußt.

einbiegen wollte , war es zu ſpät.

jeßt mehr, als unter der Laft des fiebenjährigen bedingt aber mehr, als er ſelbſt. erſchöpft.

Als er

Sein Land litt vielleicht Strieges , un

Es war ohnehin ſchon ſehr

Die Schlacht bei Leipzig

allein hatte für die Bes

wohner dieſer Stadt einen Verluſt von zwei Millionen lern herbeigeführt. vierzig Millionen .

Das Jahr 1813 koſtete überhaupt gegen Es wurde nach Beendung des Krieges

amtlichy ermittelt und feſtgeſtellt, daß Sachſen vom 1813 bis

zum

15.

1. Januar

Juli 1814 über 67 Millionen

hatte auftreiben müſſen , um u . f. w . decken zu können . auch hervor, daß Friedric gewefen

Tha

Thaler

alle Lieferungen , Verpflegungen Aus dieſem

Umſtande geht aber

Auguſt ein ausgezeichneter Regent

iſt, der es während ſeiner Regierung möglich gemacht

hatte, daß ſein Volk fich einer ſolchen Wohlhabenheit erfreute. Wir glauben , kein tende Summen zu ruiniren. in

einem

anderes deutſches Volk hätte folche bedeu

herbeiſchaffen

können ,

ohne fich vollſtändig

Sachſen war allerdings auc ruinirt, aber nicht

ſo hohen Grade, daß es nicht bei einer weifen Ein

richtung bald wieder zur Wohlhabenheit hätte gelangen kön nen . Das Jahr 1813. hatte Sachſen auch beinahe um 100,000 Menſchen ärmer gemacht und die allgemeinen Staats ſchulden um

22 Millionen

erhöht.

238

Die verbündeten Monarchen Gouverneur, dem walten .

Er war der älteſte Sohn

Fürſten Wolkowski und von dem

ließen Sachſen von einem

ruſſiſchen General Fürſt Nicolai Repnin , ver

ſeinem

des ruſſiſchen mütterlichen

Generals Großvater,

Fürſten Repnin , der keinen Sohn hatte,adoptirt, wodurch er

deſſen Namen und Güter erhielt . Die Spiße der ſächſiſchen Poli zei bildete der ruſſiſche Oberſt Baron von Roſen . Das fächfiſche Gouvernement hatte mit großen Schwierigkeiten zu

kämpfen ,

beſonders da noch in drei verſchiedenen Gegenden des Landes der Krieg wüthete und Dresden fich noch vollſtändig Händen der Franzoſen befand .

in

Die Noth der legtgenannten

Stadt ſtieg immer höher, weil jede Zufuhr von Außen die Truppen der Verbündeten abgeſchnitten war.

durch

Die Privat

1

bewohner

den

Dresdens , welche gemeinhin

Meiſten zu leiden

in Kriegszeiten am haben , liefen Gefahr , buchſtäblich zu ver

hungern . Sie erhielten nicht nur Nichts von außerhalb , fon dern mußten das, was ſie hatten , zum

dritten Theile an die

Bejagung abliefern , wofür ſie nicht einmal bezahlt wurden ; auch wurden bereits, da anderes Fleiſch nicht vorhanden war, täglich vierzig Pferde für die Truppen

geſchlachtet.

Unmöga

lich konnte dies lange ſo fortgehen . Es gab Tumulte vor den Bäderlåden. Die gräßlichſten Erſcheinungen einer wirklichen Hungersnoth traten überall zu Tage. So iſt es z. B. faktiſch, daß ein Soldat die Kartoffeln gegeſſen , welcher ein Anderer als zu

ſchwer verdaulich wieder von ſich gegeben hatte.

Verluſt an 300. 11.

Todten

in

der Beſazung überſtieg täglich ſchon

Bei den übrigen Einwohnern war es daſſelbe. November kam

Der

Verwendung der 9.

Ge Des

zember aber traf erft der Fürſt Repnin in Dresden ein , um

ſich

mahlin

des Prinzen

felbft von dem

es endlich unter

Am

Anton

zur Kapitulation .

Am

daſelbſt herrſchenden Unglück zn überzeugen .

239

Wenn der Gouverneur nicht beſonders Großes geleiſtet hat, fo lag dies weniger an

ihm , als vielmehr an den

hältniſſen und an dem Mangel gehöriger Kenntniß des , das er verwaltete.

Sein

Ver

des Lan

Hauptaugenmerk richtete

natürlich auf die Reorganiſation der Armee.

Seinem

er

Eifer

und feinen Beſtrebungen allein war es auch nur zuzuſchieben , daß bereits

im

ebenſoviel und

Januar im

1814

ſechs

Tauſend,

im

Februar

März eine gleiche Anzahl Truppen

zur

Armee der Verbündeten abgehen konnten . Das fächſiſche Volk unterſtüßte den Fürſten - Gouverneur auf das Bereit willigſte ; Alles, was entbehrt werden konnte, ſelbſt die theuer ſten Gegenſtände, z. B. die Preismedaillen der Künſtler u . f. w ., auf den Altar des Vaterlandes niedergelegt. Man

ward

wollte das wieder gut machen , was die zu große Rechtlichkeit Friedrich Auguſts verdorben hatte. lieb

der

Gouverneur

von

Am 2. April 1814 ver

Sachſen

den

Katholiken

bürgerliche Rechte mit den übrigen Confeſſionen . anſtalt auf dem mein

gleiche

Die Irren

Sonnenſtein , welche durch den Krieg unge

gelitten hatte, ja , beinahe völlig

zerſtört war , ließ

Repnin wieder herſtellen ; ebenſo die Schifffahrt auf der Elbe, die Brücken um

bei Dresden , Weißenfels und Meißen .

Selbſt

das Theater bekümmerte dieſer Mann fidy, wie um Kunſt

und Wiſſenſchaft überhaupt.

Für die Bergakademie zu Frei

burg kaufte er das Mineraliencabinet des unſterblichen ner für 40,000 Der

Frieden zu

Paris vom

30. Mai 1814 brachte für

Sachſen keine andre Aenderung hervor, als daß ihm pflegung der zurückehrenden Millionen

Wer

Thaler.

Thaler koſtete !

ruſſiſchen Armee

Am

die Ver

beinahe dret

8. November 1814 übergab

der Fürſt Repnin das ſächſiſche Gouvernement an den preußi

240

fichen Staatsminiſter von der Reď Generalmajor von Gaudi. Napoleon kam

und den

preußiſchen

von Elba zurück, und der Enthuſiasmus

iſt bekannt, mit dem

er von ſeinem

Volke empfangen wurde.

Auch die Sachſen , die längſt der fremdherrlichen Verwaltung , obgleich dieſelbe mit außerordentlicher Milde und Weisheit gehandhabt wurde, überdrüffig waren , ſcheinen dem

Auftreten

Napoleons mit innerlicher Freude zugeſehen und den Wunſch gehabt zu haben , er möge wieder nach um

ihnen

nichts

ihren

König

Deutſchland kommen ,

zurückzugeben .

Wenn

Bemerkenswerthes nach dieſer Seite hin

audy felbft bekannt ge

worden , das Gouvernement fogar amtlich erklärte, es haben in Sachſen

keinerlei Unruhen Statt gefunden , fo beweiſt eine

Verordnung, welche am zum

großen

fürchtete.

10. April 1815 erlaſſen wurde, doch

Theil, daß man mindeſtens derlei Unruhen be

In dieſer Verordnung hieß es unter andrem : „ daß

gegenwärtig

jede in Worten

oder Werken

bezeigte Anhäng

lichkeit an die Perſon oder Sache Napoleons ein Verbrechen wider die Sicherheit des Staates ausmache, und der Ueber wieſene ſogleich

zur Unterſuchung

und

Beſtrafung an die

Polizei abgeliefert werden würde." ****

Nicht nur in Leipzig, ſondern auch zu

anderen

Orten hatten

ſich Klubs

Dresden und an

der verſchiedenſten Stände

gebildet, welche über die Schritte beriethen , auf welche Weiſe es

ermöglicht werden

könnte, die Monarchen

des königlichen Gefangenen von

zur Rücgabe

Friedrichsfelde zu veranlaſſen .

Sowohl die Verſammlung zu Leipzig , als auch die zu den wurde durch den Baron von ben ; und wagten von

dem



Dres

Roſen auseinander getrie

doch einige andre Verbindungen , die

wachſamen Auge

des

Polizeipräſidenten nicht ent

dedt waren , betreffende Bittſchriften an den Kaiſer von Ruß

241

abzuſenden , ſo wurden

land oder den König von Preußen

dieſelben aufgefangen und unterdrückt. Gleiche Beſtrebungen fanden in der Armee Statt.

Am

erſten September wurde eine desfallfige Adreſſe, von fämmt lichen fächſiſchen

Generalen

Marburg übergeben . nur höchſt ungnädig

und Offizieren

Sie wurde von

General Lecoq im

den Monarchen

aufgenommen , ſondern

den Umſtand zur Folge,

noch

unterzeichnet, zu

daß der

nicht

ſie hatte auch

allgemein

geachtete

Frühjahr 1815 nach Sachſen und in eine

Feſtung verwieſen wurde. Wenn dergleichen auch gerade nicht zu loben iſt, ſo geſchah bald noch weit mehr, was unbedingt einen

Tadel verdiente .

Der von

neral Thielemann forderte von

Torgau her

bekannte Ge

Söln aus die fächſiſchen Gea

nerale von Ryffel und von Brauſe, ſowie die beiden Oberſten von

Brauſe und Leyſer auf, ihre Truppen zu

befragen , wel

chem

Könige fie für die Zukunft angehören wollten ; auch gab

er dabei zu verſtehen , daß der König von Sachſen wohl nie im

Stande ſein werde, feine Soldaten genügend belohnen zu

können .

Nur

Uebrigen

hielten

eine Antwort zu

Wenige entſchieden es

ſich

für Preußen ; alle

unter ihrer Würde , darauf überhaupt

geben , die

fie dann

auch ſchuldig blieben.

Im Monat April traten die Generale Ryffel und Brauſe in preußiſche Dienſte.

Der Fürſt Blücher war nun von ſeinem

Könige beauftragt, die ganze fächfiſche Armee in zwei Bri gaden zu theilen und ſie als preußiſche Truppen zu betrach, ten .

Die Offiziere proteſtirten

ringſten Erfolg .

dagegen , doch

ohne den ge

Da brachen dann endlich Unruhen im

fiſchen Heere aus , die bald zu

ſäch

Thätlichkeiten übergingen , ſo

daß fich der greife Blücher genöthigt ſah, mitten

in der Nacht

Lüttich , wo gerade die fächſiſche Armee ſich befand, zu laſſen . Er hatte vorher noch den Vertraute Geſchichte. Sachſen . 3. Bd.

ver:

Befehl gegeben , daß die 16

242

felbe auf verſchiedenen Wegen von Lüttich abmarſchieren ſollte. Nur die Garde fam dieſem Befehle nach . Zwei Grena dierbataillons. kehrten wieder um Namur belegenen

Dörfern

zum

blieben ſie bis

und bezogen

ſelbſtgewählte

in

den

Quartiere.

erſten Mai unangefochten , am

bei Dort

2. aber

wurden fie plößlich von preußiſchen Truppen umzingelt, nach dem auch noch Kanonen aufgeführt waren . Sie wurden entwaffnet und ſechs durch das Loos Tambour. erſchoſſen .

ſowie ein

trotz ſeines Gehorſams, die ihm fen

beſtimmte Grenadiere, Gardebataillon wurde ,

Dem

von der Königin von Sach

geſchenkte Fahne, welche dieſe Fürſtin ſelber geſtickt hatte ,

verbrannt.

Die nunmehr ihrer Waffen beraubten Truppen kamen theils nach Weſel, theils nach Magdeburg . Wir glau

ben kaum , daß ein ſolches Verfahren Seitens der verbündeten Monarchen nothwendig ſchien , und befinden uns deshalb auch außer Stande , es zu rechtfertigen . Wie ſehr das allen dieſen ſein

gefühlvolle Herz Friedrich

Volk betreffenden

Auguſts

bei

Ereigniſſen leiden mußte ,

kann nur der begreifen , dem das Benehmen dieſes edlen Mo narchen

überhaupt kein

Geheimniß

iſt.

Als die Beſchlag

nahme feines Staates durch die Preußen

erfolgt war, reichte

der Graf von Schulenburg Proteft gegen

im

Namen

Friedrich

ein derartiges Verfahren ein .

wörtlich , daß „ eine Theilnahme an dem

Auguſts

Darin hieß es

für Deutſchland un

ternommenen Kampfe ihm nur durch ſeine Lage und die Um ſtände

unmöglich

gemacht worden

ſei.

Wir

finden

uns

daher," ſprichy er wetter, „ durch Sie königl. preuß . Seits in tendirte proviſoriſche Befignahme unſerer fächfiſchen Staaten gedrungen , unſere heiligen und gegen

Rechte

alle daraus zu ziehenden

lichſte zu verwahren .

gegen

dieſe Befißnahme

Folgen

auf das Feier

Wir thun dies andurch, unter unſerer

243

eigenhändigen Unterſchrift, vor dem im

Kongreffe zu Wien und

Angeſichte von ganz Europa, und wir wiederholen dabei

öffentlich die gegen die verbündeten Monarchen ſchon früher -geſchehene Erklärung , unſeren

Ahnherren

daß

wir

ererbten

in

die

Staaten

Abtretung der von

niemals willigen

und

zur Annahme eines Aequivalents dafür uns unter keiner Be dingung verſtehen werden .“ toán Wir können nicht annehmen , daß es Abſicht der verbün deten Mächte geweſen , Friedrich Auguſt

ſo zu ſagen

feinen Staat abzukaufen , der bei ſeinem

Charakter ſich auch

nie damit einverſtanden

erklären

konnte.

andere ſogenannte Tauſchprojecte mit ihm auch dieſe kam

Projecte kamen

Aber man batte im

Sinne; allein

nicht zur Ausführung .

eine Verkleinerung Sachſens

acceptirt und durchgeführt wurde.

in

Endlich

Vorſchlag , die auch

Preußen bekam

385 Qua

dratmeilen mit ungefähr 900,000 Einwohnern , während von nun

an das eigentliche Königreich Sachſen

nur aus einem

Flächeninhalt von 362 Quadratmeilen mit 1,200,000 Seelen beſtand. 91192 Am

9. März 1815

wurden dem

durch die Fürſten Metternich zog Wellington

In einer Erklärung vom

fächfiſcher Miniſter daß

und Talleyrand und den Her

7. März gefaßten Beſchlüffe vorge

+

legt.

die am

Könige von Sachſen

11. März verſuchte der als

fungirende Graf Einſiedel zu

die verbündeten Mächte kein Recht zu

einer

beweiſen , derartigen

Beſchlußnahme hätten , da Sachſen keineswegs als ein erober tes land betrachtet werden könnte und dürfte, indeß rief dieſe Erklärung nur eine Gegenerklärung der verbündeten Monar chen hervor , und es blieb bei der erſten Beſtimmung. Am

18. Mai ward die Entſagungsakte in

Bezug auf das

Herzogthum Warſchau von Friedrich Auguft unterzeichnet, und 16 *

244

entband dadurch die dortigen Beamten und Privatperſonen yon dem ihm geleiſteten Eide der Treue.

Auffallend iſt, daß die euro

päiſchen Mächte ihn nicht auch der Königswürde für verluſtig erklärten , wie ſie es hinſichtlich des Kaiſertitels bei Napoleon gemacht haben .

Friedrich Auguſt trat zugleich der deutſchen

Bundesacte bei (am

8. Juni), ſtellte ſein Contingent gegen

Frankreich und kehrte am Die an Preußen aus einem

7. Juni 1815 nach Dresden zurück .

gekommenen

385 Quadratmeilen

Barby und Gommern , einem ziger Kreiſes , dem

größten

Theile des meißener und leip Theil der Stifte Merſeburg und

Naumburg- Zeiß , dem

ſächſiſchen

ringſchen Streis , dem

Fürſtenthum

Mansfeld, dem

ganzen thü

Querfurt, dem

Kreis, den vogtländiſchen Enclaven und dem ſchen

beſtanden

Theil der Oberlauſig , dem wittenberger Streis mit

neuſtädter ,

königlich fächſis

Antheil von Henneberg .

Eine glänzende Genugthuung für alle ihm widerfahrene Unbill und den bedeutenden Verluſt ward dem Könige von Sachſen durch den Empfang ſeiner ihm terthanen . ziger

Beſonders müſſen wir

treu

gebliebenen Un

des Fackelzuges der leip

Studenten erwähnen , der auch nur in ähnlicher Weiſe

noch nicht vorgekommen war. unterließ nicht, in einem baldige Abhilfe

Manifeft vom

7. Juli feinem Volke

der fich eingeſchlichenen Uebelſtände zu ver

ſprechen , und drüdte in aus , daß jeder

Der fo tief gebeugte Monarch

herzlichen

redliche Sachſe

Worten

ihn

in

nach beſten Kräften unterſtüßen werde.

die

ſeinen

Erwartung Beſtrebungen

Gleich darauf ſtiftete

er eine neue Nationalkokarde und den Drden für „ Verdienſt und

Treue,

mit

dem

bald manch ehrenhafte

Bruſt

gies

Napoleon mußte fich

der

ſchmüdt wurde. An dem

neuen

Striege gegen

König von Sachſen mit 16,000 Mann bethetligen , da aber

245

1

das Land, ſeiner

Erſchöpfung wegen , nicht im

Stande war,

die dadurch verurſachte Mehrausgabe zu decken , fo wurde bei England

eine Anlejhe von

etwa 900,000 Thalern

gemacht.

Die Schlacht bei Belle Alliance entſchied des großen franzö fiſchen Kaiſers Schidfal auf immer. Ein Beobachtungscorps der Verbündeten blieb in Frankreich, darunter auch 5000 Sach fen .

Frankreich mußte nach den Bedingungen des neuen Frie

dens eine Kriegskoſtenentſchädigung von 700 Millionen Franks zablen , wovon auf Sachſen

allein

6,804,746 Franks kamen

und wodurch die bei England aufgenommene Schuld gedet wurde. Selten mag, eine ſolche Einigkeit zwiſchen Volk angetroffen

worden

Kriege von 1813–15 . bote ſtehenden landes.

ſein , wie

Sachſen nach dem

Jeder verwendete die ihm

zu Ge

Kräfte zum Wiederemporbringen feines Vater

Durch ein

ſo uneigennüßiges Entgegenkommen ſeis

ner Unterthanen ward dem erleichtert.

in

Fürft und

Könige feine Arbeit ungemein

So lange indeß eine völlige Emanzipirung von

Preußen nicht erzielt war, konnte Friedrich Auguſt nicht ganz nach ſeinen Anſichten handeln . der

übrigen

Man begegnete ihm Seitens

europäiſchen Mächte unfreundlich

und zurück

ftoßend, und doch hatte Friedrich Auguſt Nichts gethan , was dieſe Begegnung nur einigermaßen hätte rechtfertigen können . Er hatte ſich mit

Napoleon , den

er perſönlich hochachtete,

ſchäfte und liebte, zu einer Zeit verbunden , wo dies auch von Preußen und anderen Mächten geſchehen war. ren

ſich

von dieſem

Bündniß

Als die Legte

losriſſen , blieb er

demſelben

treu , weil überhaupt Treue und Redlichkeit die Triebfedern aller

ſeiner Handlungen

waren .

Sein

ganzes

Verbrechen

beſtand alſo nur darin , daß er ſeine deutſche Abkunft dadurch

246

zu

behaupten

blieb.

ſuchte, daß er

feinem

Ob dieſes Benehmen

gegebenen

das gegen

Worte

treu

ihn eingeleitete und

mit ſo unnöthiger Strenge durchgeführte Verfahren rechtfer tigt, wollen wir dahin geſtellt ſein laſſen .

S

e ch z e h n te $

Kapitel.

Staatsſchulden . - Das geheime Die Geſandten am Dresdener Hofe. Volksſchulen , Bymnaſien und Die Polizeiverwaltung . Finanzcollegium Thielemanns Friedrich Augufts Krankheit und Sod. die Univerſität Urtheil über den König von Sachſen . Daß bei der neuen Geſtaltung Sachſens in Bezug auf ſeine innere Verwaltung und ſeine Vertretung nach außen hin , hauptſächlich Geſandten

viel auf die an ſeinem

der übrigen

Höfe ankam

Hofe befindlichen

und ankommen mußte,

dürfen wir nicht erſt befonders hervorheben . bung der damaligen Geſandten fern , würde ungemein

Eine Beſchrei

und ihrer Charakteren zu

ſchwer werden , wenn

lies

uns nicht die

Memoiren des damaligen preußiſchen Legationsſecretair Dorow von aller Verlegenheit befreiten .

Darin

heißt's wörtlich :

„ Dorows Furcht; ſchon in Berlin erwacht, daß es nur ein ſchwieriges und freudenloſes Verhältniß für eine preu Biſche Gefandtſchaft in Sachſen während der Zeit der Länder beſigausgleichung ſein könne, ward bald zur Gewißheit, und bei der Perſönlichkeit der handelnden Perſonen zog fich ſelbſt der kleinſte Umſtand, die geringfügigfte Begebenheit in einen

faſt unauflösbaren

Knäul zuſammen

und brachte

247

Der geiſtreiche Theil der Geſellſchaft

Verdruß und Aerger.

war bonapartiſh-franzöſiſch

geſinnt und die vornehmen

Sachſen , beſonders was zum

Hofe gehörte, ſah in Deſter allgemeinen Schiffbruch .

reich den Rettungsbalken bei dem

Dorow verſäumte keine Zeit, ſich in den größten Strudel des geſellſchaftlichen Lebens zu miſchen ; der Empfang war bei zuvorkommend, wahrſcheinlich

Partheien

allen

Gegenſaß zu

um

einen

bilden u . ſ. w .

„ Die t. k. öſterreichiſche Geſandtſchaft zerfiel eigent lich in zwei Theile, gleichwie die preußiſche; einmal in den Geſandten und den Legationsſecretair und dann wieder in das Perſonal der Ausgleichungscommiſſion zwiſchen Sach ſen und Preußen

wegen

der vom

nen Landestheile u . f. w .

leytren Staat erworbe

Graf Bombelles, von

phy

fiſcher Kürze und mit zeriffenem phyſiognomiſchen Ausdruck, wirkte durch

ſeine große Lebhaftigkeit und unerſchöpfliche

Redſeligkeit um

ſo verwidelnder und nachtheiliger ein, als

er Hoffnungen

erregte und nicht zu erfüllende Anſprüche

für ausführbar erklärte und ſo auch dem effe fdadete, indem

ſächſiſchen

Inter

nur von dieſer Seite Forderungen ge

ſtellt und Auslegungen

gemacht wurden , welche zurückzu

weiſen und zu berichtigen waren und wodurch das Geſchäft unnöthig in die Länge gezogen werden mußte. u . f. w . Gegen

die kaiſerlich ruſſiſche Geſandtſchaft übte Graf

Bombelles eine ähnliche unfreundliche Behandlungsweiſe , wie gegen die preußiſche aus . Sie beſtand aus dem Baron von Krüdener und dem Tolly , Neffen

des

Legationsſecretair Barclay de

Feldmarſchals.

Herr von Krüdener,

ein kleiner, ſtarker Mann von großer Reizbarkeit, empfind lich und pietiſtiſch , dabei ám Podagra leidend, wollte , dem Rath

ſeiner berühmten

Tante Krüdener- Valerie folgend,

248

dem

Weltleben entſagen und nach Herrnhut ziehen ; dahin

war alſo auch all ſein Denken und Streben gerichtet. Seine Gemahlin , verwachſen , ſenſible und kränklich, theilte dieſel ben Anſichten und Gefühle u . f. w . „ Graf Lurburg , der königlich bairiſche Geſandte , ein kleiner , bagerer , beweglicher, unverheiratheter Mann mit feinliſtig umherſchweifendem erſchien

Blick und markirtem

Geſicht,

offen und derb, wodurch er bei ſeiner jüddeutſchen

herzlichen Ausſprache den Biederkeit erhielt. Satyre ſprach

Schein von Unbefangenheit und

Aus ſeiner treffenden

etwas boshaften

Verſtand und ſcharfe Auffaſſungsgabe.

Der engliſde Geſandte Morier, ein Schweizer von Geburt, war ein

großer , wohlproportionirter Mann , der

fich mit wahrem

Anſtande zu

benehmen

gewußt haben

würde, wenn ihn nicht ſein unbändiger Stolz auf Abwege. geführt hätte . muth machte rent, um legten

Sein

ſchroffer - National- und Geld -Hoch

ihn gegen das

Treiben der Anderen

indiffe

ſo mehr, da er, ermüdet von den Geſchäften der

Jahre, Ruhe ſuchte. „ Fouché, der

franzöſiſche Geſandte , mit

ſeiner lie

benswürdigen , höchſt pikanten Frau mußte weichen ; er ward felbft durch Prag gelegt.

Dummheit und diplomatiſche Klatſcherei nach Sein

Nachfolger war der Schotte Dillon,

ein langer, hagerer Mann mit echt franzöſiſchem ausdruck : bei ihm länder

gegenſeitig

erſchienen

aufeinander

Wechſelwirkung begriffen .

gepfropft

auch in

und

in

fteter

Seine undiplomatiſche Heftigkeit

und Leidenſchaftlichkeit bekundete ſich bei einer Wohnung

Geſichts

der Franzoſe und der Eng

ganz beſonders.

Als

dem

Aufſuchen

man ihn zufällig

das ſchöne geräumige Haus , wo Fouché gewohnt,

führte , gerieth er über die

Indiscretion

ſeiner Begleiter,

249

daß fie ihn , wie er ſagte, „ in ein gebracht, in

folch verpeſtetes Haus"

den heftigſten Zorn , warf auch

Walung einen

Bedienten , der

in

fich bei ihm

ähnlicher

zum

Dienſt er

gemeldet, mit eigener Hand zur Thür hinaus, weil !

früher beim 112 Außer

Herzoge von Otranto geweſen ."

den Geſandten

und ihrem

Perſonale dominirten

in den fächſiſchen Verhältniſſen auch noch einige andere min der bedeutende Perſönlichkeiten , deren wir auch nur der Vollſtän digkeit wegen gedenken wollen .

Dazu gehören : Frau von Kno

belsdorf, die in den Memoiren Dorows als eine ſcharf urtheilende Frau bezeichnet wird .

Sie war eine geborene Preußin und

hatte fich

aus Abneigung gegen ihr Vaterland nach Sachſen

begeben .

Ferner : Graf Monbar, ein

Ehe linker Hand mit der Prinzeſſin treuer Anhänger welcher

Napoleons .

u . f. w .

fellſchaft conzentrirte fich nannten

Sodann

bis zulegt Adjutant des

Fürſt Gallizin

Prinzeſſin

Wir haben

Ein

der Graf Lubienski,

franzöſiſchen

Kaiſers war.

Der Brennpunkt dieſer guten Ge ſtets

Carignan ,

die Kinder des fächfiſchen

hinkender Franzoſe, in Carignan lebend .

in den Salons der ſchon ge in welchen man

auch

öfter

Prinzen Mar antraf.

früher ſchon einmal geſagt , daß Sachſen

nur unter der Regierung eines Friedrich Auguſt glücklich wer den konnte . holen , indem

Wir können dieſe Behauptung hier nur wieder wir hinzufügen , daß nach den

von 1813–1816 ben

ſein ließ , die

Unglücksfällen

Friedrich Auguft es ſein eifrigſtes Beſtre fo ſehr verwirrten

Ordnung zu bringen .

Verhältniſſe wieder in

Er traf verſchiedene Verordnungen in

Bezug auf die Verzinſung und Tilgung der Staatsſdulden , die ſich jeßt auf 22,504,802 Thaler beliefen ; Preußen hatte davon allerdings mit der Uebernahme des ſogenannten Her

250

zogthums Sachſen auch 6,196,854 Thaler Schulden mit über nehmen müſſen . Friedrich Auguſt forgte auch jest wieder für die pünkt lichſte Zinfenzahlung und hob den Kredit ſeines Landes das

1

durch

ſo ungemein , daß

Prozent über ihren

die fünfprozentigen

Papiere 8-9

Nennwerth bezahlt wurden .

Im

Sep

tember 1818 feierte der König ſein funfzigjähriges Regierungs jubiläum

und im

Januar 1819 feine goldene Hochzeit.

Eine wichtige Veränderung erhielt das geheime Finanz collegium , da

es nach dem

jegt geringeren

Landesgebiet in

ſeiner bisherigen Eintheilung nicht beibehalten werden konnte. Aus den bisherigen drei Departements wurden zwei gemacht. Die Zahl ſeiner aus den geheimen Räthen gewählten Mit glieder ward von dreizehn auf acht, die der Secretaire von 34 auf 20 hann

reduzirt.

Im

Jahre

1822 trat der Prinz Jo

als Director des erſten Departements ein , und wurde

drei Jahre darauf vom

Könige zum

Vicepräſidenten erhoben .

Ebenſo blieb auch die Polizeiverfaſſung von einer durch die Zeit bedingten Veränderung nicht verſchont. hielt im

Jahre 1817 ſchon

in Leipzig ward

1822

das

ein

1813 mit einander verbundene

Criminal- und Polizei-Amt neu organiſirt. Landestheile Das ganze

wurden

Kreis-

und

Für die übrigen

Amtshauptleute eingeſeßt.

Inſtitut der Land - Gensdarmen wurde Königreich

Dresden er

neues Polizeicollegium , und

ausgedehnt und durch

1820

die

über das

Stände mit

30,000 Thalern jährlich unterſtüßt. Die Mitglieder dieſes In ſtituts wurden unter die Befehle der Kreis- und Amtshaupt leute geſtellt .

Die

Thätigkeit der Legtern erſtredte fich übri

gens nicht blos auf reine Polizeifachen , ſondern auch über die Juſtiz-, Steuer-, Polizei- , Finanza, Handel-, Gewerbe- , Mili tair-, Kirchen-, Schul- , Stiftungs-, Kämmerei-, Kommunal-,

251

Grenz- und Hoheits -Angelegenheiten . reichen

und zugleich

ſo wichtigen

Bei einer ſo umfanga

Thätigkeit mußte es des

Königs vornehmſte Sorge ſein , die Stellen lichkeiten

gewiſſenhaft, als umſichtig

befeßen , die ebenſo

zu

ſtets mit Perſön

und thätig waren . Auch für den Handel erſchienen neue Verordnungen .

Im

Jahre 1816 ſchon hob Friedrich Auguſt verſchiedene Ein- und Ausfuhrverbote auf und unterſagte das Einführen von Salz , ſowie

das Ausführen von

Hader und Lumpen .

1824 wurden mehrere Handelsabgaben

theils

ſegung erleichtert, theils ganz beſeitigt.

Im

die Regierungen im

1820 und durch Herab

Buchhandel, wo

Allgemeinen bis jegt wenig gethan hat

ten , um vornehmlich den Nachdruck zu verhindern , der zuwei len mit einer ungeheuren Frechheit betrieben wurde, halfen fich die zu

ſeiner Korporation gehörenden Mitglieder dadurch

ſelbſt, daß ſie einen Nachdrucker für ehrlos erklärten und ihm den Zutritt zur Buchhändlerbörſe verweigerten. Sachſen al lein indeß konnte dieſem Unfug nicht mit dem gehörigen Nach druck begegnen , ſo

lange in

anderen Staaten

derſelbe ohne

Weiteres geſtattet wurde. Das Volksſchulweſen blieb bei den allgemeinen Vorwärts beſtrebungen nicht zurück.

Neue Anſtalten wurden

errichtet,

ältere reparirt oder vergrößert und den Lehrern eine entſpre chendere Beſoldung zugeſichert.

Auch ward zu Budiſſin noch

ein neues Lehrerſeminar zu 17 Zöglingen, von teſtantiſch und %3 katholiſch ſein

denen % 3 pro

ſollte, errichtet . Am Meiſten

indeß ſorgte die Regierung für die beiden Schulen zu Grimma und Meißen . Schulplan erſt nach

Grimma bekam

und dem

neue Lehrer , einen

anderen

neue Gebäude.

Ihre Einweihung geſchah

Tode des Königs.

Als neu gegründete Schu

len müſſen wir nennen : die Friedrid

Auguſts - Schule und

252

das katholiſche

Gymnaſium

zu Dresden , fowie das gräflich

vigthum'ſche Geſchlechtsgymnaſium . Die urſprüngliche Stiftung lautete auf zwölf junge Mitglieder der Vigthum'ſchen Familie, und auf ſechs Knaben aus dem

Bürgerſtande.

Alle follten

in dieſer Anſtalt nicht nur unterrichtet, ſondern auch verpflegt und

beköſtigt werden

und der Unterricht ſollte

dem

eines

Gymnaſti analog ſein . An Univerſitäten hatte Sachſen jeßt nur noch eine, und zwar die zu Leipzig , da Wittenberg , mit Halle verbunden , an

Preußen gekommen war.

verſität hatte in

Die Frequenz der leipziger Unt

ſo bedenklichem

Grade abgenommen , daß

man alles Mögliche verſuchte, den früheren Glanz wieder her: vorzurufen .

Hierzu

gehört, daß

nicht nur

die bisherigen

Profefforen beſſer befoldet, ſondern auch andere, deren Namen einen

guten Klang hatten , nach Leipzig berufen wurden und

die Geſeße für die Studenten im mäße Veränderungen erhielten .

Um

Jahre 1822 einige zeitge dieſelbe Zeit wurde auch

eine neue unentgeldliche Speiſeanſtalt für die armen Studen ten

gegründet, obgleich der hohentalſche Freitiſch bereits vor

handen war. Die harten Schickſalsſhläge, welche bis 1815 den König von Sachſen

getroffen , hatten

ſeinen Beſtrebungen , ſowie nicht

hervorgebracht.

prunkvoll

und

An

in

eine wirkliche Aenderung in ſeinem

ſeinem

glanzvollen Auftreten

Hof ging es

ceremoniös her, 'wie vor dem

jegt ebenſo Kriege.

Zu

Friedrich Auguſts Hofperſonale gehörten 1818 noch 84 Ram merjunker und ein erſter Hofmarſchall, der, wie es immer ſchon geweſen ſtand.

war, über

allen übrigen Beamten

im

Lande

Es würde überflüſſig ſein , hier aller jener Perſonen

zu gedenken , welche von Friedrich Auguſt während feiner gan zen

Regierungsperiode berufen wurden , feinen Hof verherr

253

lichen zu Meiſten

helfen . Wir übergeben ſie um fo leichter , als die auf Sachſen ganz ohne Einfluß geblieben ſind .

Wenden wir uns vielmehr nun den legten Lebenstagen Fried rich Auguſts zu . langes Leben und ſeine immerwährende Geſund

Sein

heit hatte er hauptſächlich der Regelmäßigkeit zu verdanken , mit welcher er überal , auch bei rein perſönlichen Angelegen C. W. Böttiger ſagt :

heiten zu Werke ging.

„ Andacht, Tafel, Selbſtſtudium , Erholung durch Muſik , Botanik ,Spaziergang, Theater, Jagd, Stunde oder feinen

Alles hatte ſeine

Tag , und weil Alles feine Zeit hatte,

fand er auch zu Alem

Zeit.

Bis in's hobe Alter war er

einer der fühnſten Parforcejäger und Reiter.

Ein

pünktliches Ceremoniel war gleichfalls für ihn und

Land höcft zeiterſparend.

warten , als der zum angemeldet war. man , mußten weil es

Die eigene Gemahlin und

fich

und

Prinzeſſin

Hof

mußte

König beſchiedene Bibliothekar ſchon

anmelden laſſen .

Tochter , ſagt

Das fiel nicht auf,

feit der nicht ganz vergeſſenen polniſchen König

zeit fo Brauch geweſen . nem

Gine

ſtreng

ehemaligen

Ein

Lehrer, dem

Beſuch des Königs bei ſei kranken Miniſter Gutſchmid,

war Gegenſtand langer Unterhandlung, bis endlich Mar colini dafür entſchied. anderen , als dem ter ſo

Nenne man es immerhin aus einem

Hofſtandpunkte, Schwäche , fie tritt hins

großen Eigenſchaften gern zurüd ; man wußte aus

tauſend

Zügen , wie warm

durch dieſe Formen hindurdy

ſein Herz für feine Unterthanen ſchlug, und vergönnte ihm gern in ſeiner Form

und Weiſe Sachſens beſter Monarch

zu fein .“ Friedrich Auguſt fing an zu kränkeln und mußte fich zu Bette legen .

Sein hohes Alter ließ bei keinem

Sachfen die

254

Hoffnung

mit

die Kirchen

waren

aufkommen .

auf Geneſung

Am .4 . Mai 1827 und in

überfüllt

Betenden

jedem

Auge erblickte man Thränen eines ungeheuchelten Schmerzes. Friedrich

Auguſt ſchied am

5. Mai 1827 nicht als König

ſeinem

nen Kindern.

Schwerlich hat der Tod eines Monarchen

ſchon

Trauer erregt.

irgendwo eine gleiche

Friedrich Auguſt hatte 58 Freud mit ſeinem

ſei

Volke , ſondern wie der Vater von

und Herr von

Jahre regiert und Leid und

Volk getheilt.

Er hatte für ſich nur das

ſteife und unbehagliche Hofleben , während er feinen Unter thanen

ſtets

ein

häusliches

Glück

zu

ſchaffen

bemüht war.

Er ſelbſt hatte dies nicht und konnte es nicht haben , da zwi ſchen

ſeinem

Charakter und dem

Charakter ſeiner Gemahlin

eine Kluft lag, die nur die angeſtrengtefte Thätigkeit Fried rich Auguſts ihm weniger fühlbar machen konnte. Wenn man

Friedrich II., ebenſo wie Napoleon den größten Mann

ſeiner

Zeit nennt, ſo wird man

haft den

Friedrich Auguſt unzweifel

gerechteſten nennen müſſen .

Friedrich Auguſt war 197

Jahr alt geworden , und es

läßt ſich denken, daß nur wenige vorhanden waren , die ſich ſeines Regierungs-Antritteß noch erinnerten . Seine Verdienſte wurden

allerſeits anerkannt;

ſeinen Gegnern nicht zurück .

ſelbſt Männer , welche

ſich

zu

gemacht hatten , blieben in dieſer Beziehung So ſagte z. B. der General Thielemann

einem Schreiben

in

an den preußiſchen Legationsſecretair Dorow ,

elf Jahre vor dem „ Der König

Tode Friedrich Auguſts : iſt trop ſeines in der Geſchichte unver

tilgbar geſchriebenen

Fehltritts *) ein edler, ein ausge

zeichneter Menſch ; etwas ſchwach von

Charakter, eigen

*) Seine Verbindung mit' Napoleon, die hiermit gemeint iđeint, kann unmöglich als ein Fehltritt bezeichnet werden .

255

finnig als Fürſt, findet er ſeiner Religion gemäß in Gebet und Buße nicht allein fertigung

für Ales.

Beruhigung, ſondern

auch

Recht

Scharfſinnig, welterfahren ,

tiefe , gründliche Gelehrſamkeit befißend , fehlt ihm nur der Muth zum Prag mit Ehren volles Leben lianz, zu

Handeln ,

darum

wagte er nicht, in

unterzugehen , ſondern zog ein vorwurfs

vor.*)

Selbſt während der preußiſchen Al

deren Abſchluß vielleicht Joſephs II.

Jrreligion

die wahre geheime Triebfeder ſeines Herzens war , fühlte er fich immer durch die Bande der Verwandtſchaft und der noch mächtigeren des gleichen Glaubens zu Deſterreich hin gezogen , ſo daß

der weltkluge Eliot **) von

ihm

ſagte :

„ Der Preuße iſt ſeine Frau , aber Oeſterreich iſt ſeine Geliebte !" u . f. w . Die Prinzeſſin Maria Auguſta , Tochter Friedrid , Auguſts, blieb unvermählt, ungeachtet ſie ſchon im

Jahre 1791 dem

Erzherzoge Karl, und im

Kaiſer Napoleon

Jahre 1810 dem

verſprochen worden war. * ) Worin hätte dies vorwurfsvolle Leben beſtanden ?

*

**) Engliſcher Geſandter am Hofe Friedrich Auguſts , Sohn des be rühmten engliſchen Feldherrn George Auguftus, Lord Heathfield .

Anton

I.

( 1827–1836 .)

Sie bzehnt es Kapitel. Anton und der Minifter Graf Einſiedel. Derminderung des Wildes . Die Bürgergarden . Die Kommunalgarden . Die Conflikte zwiſchen Polizei und Bürgerſchaft im Juni 1830 zu Leipzig. Die Septemberrevo lution von 1830 . Graf Einſiedel dankt ab. Freiherr von Lindenau wird Miniſter. Ein Brief des Fürften Metternich . - Prinz Friedrid

Auguft wird von Anton I. zum Mitregenten erwählt. Daß ein

Regent ſtirbt und ein Anderer in

ſeine Stelle

einrückt, iſt eine beinahe alltägliche Sache; ebenſo daß dadurch immer eine Veränderung der Verwaltung hervorgerufen wird, die alten Miniſter ab- und neue Miniſter eintreten

und daß

endlich dieſe Umwandlung des Regierungsweſens nicht ohne Einfluß auf die Bevölkerung bleibt. Seltener aber iſt ſchon der Umſtand, daß und im mit

ein König achtundfunfzig

Alter von ſiebenundfiebzig

Friedrich

Auguſt

ſein Nachfolger im

der

Tragen

Jahre regiert

Jahren verſtirbt, wie dies

Fall war;

noch

ſeltener ,

der Krone ſelbſt ſchon

fiebzig Jahre alt iſt, wie wir dies von ten haben .

Anton

daß

zweiund

I. zu

berich

König Anton I. war der Bruder Friedrich Auguſts und

257

hatte wahrſcheinlich nicht geglaubt, daß er je zur Regierung gelangen würde. ſchiedenen feinen ihm

Sein Charakter glich dem

ſeines dahin ges

königlichen Bruders ; wie dieſer , war auch er in

Geſchäften

höchſt pünktlich und regelmäßig ; auch bei

hatte Alles feine Zeit, und es iſt vielleicht nie oder doch

nur ſehr ſelten vorgekommen , daß eintreten ließ. Erzherzogin

er darin eine Aenderung

Er war mit der Tochter Kaiſer Leopold

II.,

Thereſe, vermählt und führte mit derſelben eine

zufriedene und gemüthliche Ehe. Nach dieſem

Allem , das

Jedermann in Sachſen bekannt

war, ward allgemein vermutbet, Anton werde die Regierung gar nicht mehr übernehmen , ſondern zu Gunſten ſeines Bru derſohnes auf die Krone Sachfens hatte fich

geirrt .

leiſten .

Man

Eine Königskrone hat ſelbſt für einen

zweiundſiebzigjährigen Von

Verzicht

Greis

etwas ungemein

Anziehendes.

der Regierung hatte Anton , der ſich bisher nicht im

Geringſten Kenntniſſe.

um

die

Geſchäfte

derſelben

gekümmert , keine

Friedrich Auguſt hatte dieſelben ftets

leitet und weder ihm , noch ſeinem nehmen laſſen .

ſelbſt ge

Bruder Marimilian Theil

In dieſem Sinne ſprach ſich der neue König

auch feinen Miniſtern gegenüber 'aus.

Er machte fie darauf

aufmerkſam , daß er zwar geringe Kenntniſſe, aber einen red lichen Willen mitbringe und ſich deshalb ganz auf ſeine Mi niſter und geheimen

Räthe verlaffen müſſe, zu denen er ein

volles und unbedingtes Vertrauen habe. Anton hatte nicht übertrieben, wenn er von ſeinem Willen ſprach.

Daß

ihm

Huldigungsfeierlichkeiten , welche ihm Plauen , Budiffin

guten

Jedermann glaubte, beweiſen in

die

Dresden , Freiberg,

und Leipzig im Monat October 1827 zu

Theil wurden . Den Antritt feiner Regierung bezeichnete ein Akt könig Bertraute Geſchichte. Sadſen . 3. Bb. 17

258

licher Gnade !

Er erließ allen Vafallen , Städten und Land

leuten , in deren Beſiz königliche Leben

ſich befanden , die ein

mal fällige Abgabe, welche über eine Million Thaler betrug. Eine zweite nicht minder wichtige Anordnung war der Befehl, alles überflüſſige Schwarzwild in den

königlichen Forſten nie

derzuſchießen , weil durch ihre ungeſtörte Vermehrung ein un geheurer Nachtheil für den Landmann entſtand .

Zu gleicher

Zeit wurden auch die nöthigen Vorkehrungen getroffen , daß eine Verminderung des

Rothwildes eintrat und das übrig

bleibende in paſſende Gehege eingeſchloſſen wurde. König Anton Erſparung in der

erreichte

hierdurch

zwei Vortheile: eine

Jagdverwaltung und einen Schuß für die

Früchte des Landeß, welche durch die große Maſſe des Wildes viel zu leiden Im

hatten .

Uebrigen waren keine Ausſichten vorhanden , daß in

der Regierung

ſelbſt eine Aenderung eintreten

Hof war bald zu Dresden , bald zu geheimen

Der

Pillnit ; die Miniſter ,

Räthe, Präſidenten u . ſ. w . blieben

lung , womit

werde.

in

ihrer Stel

freilich ein großer Theil des fächfiſchen

Volkes

nicht übereingeſtimmt haben mag . Im

Jahre 1828

erſchien eine vom

22. März datirte

Verordnung, welche die Errichtung von Bürgergarden in

den

fächſiſchen Städten , welche mindeſtens 10,000 Einwohner hat ten , befahl.

Bei einer ſolchen Einwohnerzahl ſollte die Bür

gergarde aus zehn Mann beſtehen , die von je 500 Seelen fich ſtets nicht.

um Ihre

5 Mann erhöhen ſollte. Funktionen waren

Befoldet wurde ſie

die aller übrigen

in anderen

Staaten beſtehenden Bürgergarden, und ihre Leiſtungen eben ſo gering, wie überal . Septemberrevolution Inſtituts in

des

Es trat deshalb auch ſchon nach der Jahres

1830 ein

Aufgeben

dieſes

das einer allgemeinen Kommunalgarde ein , die

259

übrigens nur dem Namen , aber nicht der Sache nach anders war. Der Prinz Johann von Sachſen war Kommandeur dieſer Kommunalgarde. Die

algemeinen

merkwürdiger Weiſe

Verhältniſſe feit dem

fehr bedenklich verändert. als vielmehr an ſeinem

in

Sachſen

hatten

Regierungs -Antritte

Das lag weniger an

ſich

Antons

dem Könige,

Grafen Einſiedel, der mehr für die

Ariſtokratie, als für das Volk that. Wenn auch manches in den verſchiedenen

Zweigen

der Staatsverwaltung, z. B. in der

Kirchen- und Schulverfaſſung , im

Polizeiweſen , für Kunſt

und Wiſſenſchaft u . T. f. geſchah, ſo glaubten doch die Mit telklaſſen des fächfiſchen

Volkes, an dem

fiedel keinen

Vertreter zu haben

gehörigen

Grafen

und zeigten

jeder paſſenden Gelegenheit ihren Haß, welchen ſen Miniſter empfanden .

Detlev Ein bei

ſie gegen die

Dieſen Haß bekommt in der Regel

die Polizei zu fühlen, weil ſie gerade beſtimmt iſt, für pünkt liche Befolgung der miniſteriellen So kam

Verordnungen zu

es z. B. ſchon bei Gelegenheit des im

ſorgen .

Juni 1830

zu Leipzig ſtattfindenden Reformationsfeſtes zu einem Conflikt zwiſchen der Polizei und dem

ernſten

Bürgerſtande.

Ein

allerdings ganz unſchuldiger Handlungsdiener, Namens Gott: ſchalk, wurde ſo gefährlich verwundet, daß er einige Tage dar auf ſtarb . blicken

Bei ſeiner Beerdigung

laſſen .

In Dresden

Mißverſtändniſſes , die

kam

durfte ſich

überhaupt im

dert eine hervorragende Stellung

Daß

Poliziſt

neunzehnten

eines

Jahrhun

einnehmen , ebenfalls zwi

ichen der bewaffneten Macht und dem blutigen

kein

es bald darauf wegen

Bürgerſtande zu einem

Zuſammenſtoß . dergleichen Auftritte nicht geeignet

ſind , die Ge

müther zu beruhigen , bedarf keines Beweiſes . Im Gegen theil, es werden dadurch immer neue Revolutionsmänner auf 17 *

1

260

den Kampfplaß gerufen ob vor.

und der lang verhaltene Ingrimm

gerecht oder nicht

Um

bricht endlich mit Gewalt ber

fo raſcher wird dies aber geſchehen , wenn die uns

ruhige Stimmung durch revolutionäre Erſcheinungen Nachbarländern einen Anſtoß empfängt. Frankreich, welche Karl X. zu einem in Sachſen einen Wiederhal . fich einbildete, vom

in

den

Die Revolution

in

Flüchtling machte , fand

Ein Advokat Mosdorf, der

Schickſal berufen zu ſein , ſeines Vater

landes politiſche Verhältniſſe umzugeſtalten , entwarf im

Gea

heimen eine neue Konſtitution für Sachſen , die er, wenn die alte Regierung geſtürzt , der neuen vorlegen wollte . auch an

anderen

eraltirten

Mühe verdrießen und

Köpfen

ließen , das

keine

Volk immer mehr aufzuregen

dieſe Aufregung endlich erplodiren zu

ploſion erfolgte am

Es fehlte

nicht, welche ſich

laſſen .

Die Er

2. September 1830 in Leipzig.

Wieder war es ein Unſchuldiger , ein Schmiedelehrling, der

von

mißhandelt worden

der Polizei blutig

Seine Kollegen eilten zu ſeinem fich der

Polizei gegenüber

in

ſein

ſoll.

Beiſtande herbei und ſtellten vollſtändige Schlachtordnung Polizeibeamten wurden

auf.

Mehrere untergeordnete

ihnen

gefangen genommen und mißhandelt .

von

Darauf zog die

ganze Rotte, der ſich jeßt auch Hunderte anderer

Perſonen

anſdloffen , vor das Polizeidirectorium und forderte von dem Director

Genugthuung .

Diefelbe ward

verweigert.

Jegt

hielt man fich zum Selbſtrichteramt für volftändig berechtigt. Man

zertrümmerte Thüren

ternen entzwei;

und Fenſter und ſchlug die La

doch als man nun auch in das

Innere des

Gebäudes dringen wollte, um an dem Polizeidirector von Ende ſelbſt Hand anzulegen , ward

ihnen

der Eintritt durch von

innen ſehr vortheilhaft angebrachte Barrikaden unmöglich ge macht.

Am

3. und 4. September wiederholten

fich die Auf

261

tritte des erſten Abends, und betheiligten ſich jeßt dabei auch andere ſonſt ganz ruhige Bürger. Erkel wurde demolirt.

Herrn

Das Landhaus des Ratho die Wohnungen mehrerer

In

verhaßter Polizeibeamten drang man ein

und zertrümmerte

Alles, was ſich vorfand ; auch die Buchdrucerei von F. X. Brod einen Beſuch von dem aufgeregten Volke , und

baus bekam

wäre Herr Brodhaus nicht ein

ſo entſchloſſener und umficha

tiger Mann , ſo würden ſeine ganzen Preſſen vernichtet wor den ſein . Am

5. September erſchien

ein

Maueranſchlag , welcher

alle wohlgeſinnten Bürger zu den Waffen rief, um die Stadt zu retten !"

Die Polizei mußte indeß

ihre Thätigkeit unter

der Firma „ Sicherheitsdeputation“ entfalten . In

Dresden

die Unruhen

begannen

am

9. September

und endeten mit der Eroberung des Polizeipräſidii. Sämmt liche Akten wurden am

Die zum

Löſchen

Tage zum

hellen

und das Gebäude

worfen

ſelbſt

den

Fenſter hinausges

Flammen

herbeieilenden Sprißen wurden

übergeben . von

den

Tumultuanten mit Gewalt zurückgehalten und erhielten nur Erlaubniß , die benachbarten Häuſer zu ſchüßen .

Die Bür

gergarde miſchte ſich nicht hinein und das Schüßenbataillon hatte. Ordre , nicht Ben .

Dagegen

gen und ein

darf oder über die Köpfe weg zu fchie Bajonnet einige Verwundun

kamen mit dem

Todesfall vor.

Die Ruhe ward erſt durch den

Prinzen Friedrich Auguſt, welcher ſich einer allgemeinen Bez liebtheit erfreute, dadurch wieder hergeſtellt , daß derſelbe eine Bürgergarde von etwa 8000 Mann bilden und Gewehre aus dem

Zeughauſe an fie vertheilen

ließ.

Dies Alles hatte wohl hauptſächlich die Abneigung, in welcher

der

Graf Detlev

hervorgerufen .

Einſiedel bei dem

Volke

ſtand ,

Der König , welcher ſich augenbli& lich in Pill:

262

niß aufhielt und ſchmerzlich ergriffen war von den Ereigniffen , ſagte deshalb zu demſelben : „ Ich habe geglaubt, daß fei; Sie haben mir dies

ich von meinem

Volke geliebt

immer verfichert, aber Sie haben

mich getäuſcht.“ „ Nicht abſichtlich, Majeſtät!" verſeşte der Miniſter. „ Ich ſelber bin

getäuſcht worden !“ .

Der Prinz Friedrich Auguft gehörte zu den Gegnern

des Grafen

Einſiedel, und dieſem

perſönlichen

Umſtande allein

iſt es zu verdanken , daß man gegen die Tumultuanten nicht mit derjenigen Energie und Strenge einſchritt , die ihrem nehmen vollſtändig anpaſſend war.

Be

Ja, man ging fogar -fo

weit, ſich auf Verſprechungen einzulaſſen , wozu beſonders die Entfernung des Schüßenbataillons gehörte, welches allein im Stande geweſen wäre , die wieder herzuſtellen . jährigen

gewaltſam

unterbrochene Ruhe

Graf Einſiedel mußte von ſeinem

Portefeuille

fcheiden

und daſſelbe an den

lang Baron

von lindenau übergeben .

Bernhard Auguſt von Lindenau war bis zum Miniſter dem

am

Hofe

erwähnten

er um

zu Sachſen - Gotha geweſen

Jahre 1826 und hatte in

Jahre einen Ruf nach Dresden erhalten , dem

ſo lieber folgte, als

ihm

hier ein weit größerer und

bedeutungsvollerer Wirkungskreis angewieſen ſchien. tefeuille bekam

er übrigens damals noch nicht ; zuerſt ging er

als Geſandter nach zum

Ein Por

Main und ward darauf

Frankfurt am

Director der Kommerziendeputation ernannt.

feinen Stellungen hatte er ſich während der kurzen zu der Septemberrevolution er nicht nur in dem

In allen Zeit bis

fo vortheilhaft ausgezeichnet , daß

Prinzen Friedrich einen wirklichen Freund

gefunden , ſondern auch bei dem meine Popularität errungen

fächfiſchen

hatte.

Volfe eine allge

Als er des Grafen Ein

263

fiedel Stelle übernahm , war

er zwar ſchon

Jahre alt, doch noch voll jugendlichen

einundfunfzig

Feuers, obgleich er in

feinen jüngeren Jahren ziemlich viel gelebt haben ſoll. Vermählt iſt er nie geweſen . Das Vertrauen der fächfiſchen Nation berief ihn im Jahre 1848 ins deutſche Parlament nach Frankfurt am

Main .

1852 machte er eine Reiſe nach

1853 nach ſeinem

ſelbſt, fünfundſiebzig Im

Paris , kehrte

Geburtsort Altenburg zurück und ſtarb da Jahre alt , am

21. Mai 1854 .

Allgemeinen konnte man mit der Miniſterwahl des

Freiherrn von Lindenau zufrieden ſein , und man war es auch. Deshalb bekümmerte man fich auch wenig um die Verfolgung derjenigen

Perſonen , welche ſich bei dem

oder denſelben der ſchon

fogar hervorgerufen

Aufſtande betheiligt

hatten .

erwähnte Advokat Mosdorf.

Hierzu

gehörte

Es wurde wegen hoch

verrätheriſcher Umtriebe der Prozeß gegen ihn eingeleitet und er ſelbſt zur Haft auf dem er dahin nem

Königſtein verurtheilt.

abgeführt, und ſchon 1833

Kerker erhängt.

Er hatte den

fand man

1831 ward ihn in fei

Tod einer wahrſcheinlich

ſehr langen Gefangenſchaft vorgezogen . An den übrigen Höfen

Deutſchlands war man über die

revolutionären Beſtrebungen in Sachſen ſehr ungehalten und

1

beſonders fand man ſich veranlaßt, die Nachficht zu mit welcher dort von Seiten

tadeln ,

des Königs verfahren wurde.

Bezeichnend nach dieſer Seite hin

iſt

ein

Brief des Fürſten

Metternich, den derſelbe an den in Dresden accredirten öſter reichiſchen

Geſandten

unterm

28. September 1830

richtete

und welcher folgendermaßen lautete:

„ Ew . Hochgeboren

Berichte bis

incl. 20 d. M. find

mir richtig zugekommen . „ Deren

Inhalt iſt von der bedauerlichſten Art. Seine

Majeſtät der Kaiſer haben mir zur Pflicht gemacht, das

264 königlich fächſiſche Kabinet durch E. H. in die volle Kennt Gefühle und Anſichten ſeßen zu laſſen .

niß Allerhöchſtdero

12 Es iſt ſchon lange her, daß Se. k. k. Majeſtät die Leichtigkeit zu +

bedauern

dortige Regierung dem

Urſache hatten , mit welcher die Aufkeimen

leidiger Symptome der

Bearbeitung des Volksgeiſtes die Hand geboten hat. Kein deutſcher Staat konnte ein beſſeres, dem ergebeneres

regierenden Hauſe

Volk aufweiſen , als der k. ſächfiſche.

Staat war ſeinerſeits mehr mit väterlichen ſegnet, als

eben

dieſer Staat !

Kein

Regenten ge

Daß ſich Ereigniſſe , wie

die gegenwärtigen, ergeben konnten , würde unerklärbar ſein , wenn es nicht deutlich vor Augen läge, daß die Regierung das, was vorging , nicht beachtete , und demnach am

Tage

des Ausbruchs völlig unvorbereitet war. Unter den Ereigniſſen unſerer verhängnißvollen Zeit könnten wir uns kaum faſſung

eines denken, welches in ſeiner Ver

ſeichter, und in

den Folgen

ſchwerer ſein könnte.

Von

jeher gewöhnt, das Königreich Sachſen , Regierung und Volt, als ein Muſter deutſcher Sitte zu betrach siten , wie ungedeihlich müſſen uns nicht die Folgen von Be gebenheiten erſcheinen , welche in Urſprung und Form reine Nachbild

der

Ereigniſſe

in

fremden

deren Geſchichte und Volksgeiſt ſo weſentlich von dem vaterländiſchen nicht Sachſen

abweichen ?

deutſch

Welches Beiſpiel liefert heute

andern deutſchen

Kaiſer, als erſter

das

Staaten ſind,

Stämmen ?

S. M. der

Bundesfürſt und als Nachbar, können

das Vorgefallene nie genug bedauern . Ich erfülle demnach den

eine

Pflicht, indem

ich E. H.

Auftrag ertheile, Sich über die Gefühle unſers aller

höchſten Herrn

gegen

den föniglich fächſiſchen Hof ſowohl,

265

als

gegen

das Kabinet rund und

unumwunden

auszu

ſprechen . Wenn E. H. nicht früher Weiſung erhielten , ſo war unſer Stillſchweigen nur die Folge der grenzenlos anarchi Ichen Lage der Dinge zu Dresden .

In ſolchen Momenten

iſt jeder Rath unnüş ; heute, wo die

Dinge entweder zur

gänzlichen Niederlage der königlichen Gewalt oder zur Rück kehr zur Ordnung führen müſſen , würden wir unſer Still fchweigen als die Verfäumniß einer heiligen Pflicht betrach ten müſſen . S. M.wollen und können es nicht als mög die königliche

lich betrachten , daß durch

einen

aufgeregten

Bürger verſchreiben

Regierung fich Geſege

Pöbel oder durch

irre

geführte

laſſe.“

Wenn der Aufruhr in Sachſen auch beſeitigt ſchien , ſo war

er

es

dennoch

nicht.

Es machten

ſich

immer

neue

Wünſche geltend, zu denen vornehmlich der gehörte, daß man den Prinzen Friedrich Auguſt wollte .

Man

verſprach

chon jeßt zum

ſich von

ihm , einem

Könige haben Manne, der

jung an Körper und Geiſt, ehrlich an Wilen und reich an Energie ſchien , eine weit beffere Zeit, als man ſie von einem Greiſe, wie König Anton war, erwarten

konnte.

Ja , man trat mit ſeinen Hoffnungen ſo ungenirt ber vor, daß felbft der Prinz Kenntniß davon erhielt. ihm mitgetheilt , daß man von ihm alten

Glauben

Als man

erwarte, er werde zum

der großen Reformationsfürſten

zurückehren ,

und daß man ihn gleich zum Könige ausrufen werde, da er: widerte dieſer edle Mann :

„Was die Religion betrifft, ſo muß dieß meiner inneren Ueberzeugung überlaſſen bleiben ; ſollte man aber gleichwohl verſuchen , mich auf den Thron meines Dheims, bevor derſelbe

266

feine Krone entweder freiwillig oder durch den Tod nieder gelegt hat, ſo werde ich ſofort das Land verlaſſen !“ Dadurch konnte König

Anton

im

ernannte

Allgemeinen wenig deshalb

am

gewonnen ſein .

13. September, mit

Uebergehung ſeines eigenen Bruders , der 'nebſt ſeiner Gemah lin Louiſe, voll hochherziger Entſagung, ſelbſt die Hand dazu bot, ſeinen Neffen , den allgemein geliebten Auguſt, zu großem

ſeinem Mitregenten.

Jubel von ſeinem

Prinzen

Friedrich

Dieſe Handlung warð mit

Volke aufgenommen und das all

gemeinſte Vertrauen

kehrte dadurch unmittelbar zurück.

erfolgte hierauf in

der Reſidenz eine

Hof fuhr durch die Straßen .

Flumination .

Die Pferde des Prinzen

Es Der

Fried

rich Auguſt wurden vom Volke ausgeſpannt und der Wagen von demſelben nach dem Schloffe gezogen . Im

April 1831 brachen zu

Dresden trotz alledem

Unruhen aus, die ſich im Auguſt deſſelben

1

wiederholten , dod

kann man

der Volksgeſinnung bezeichnen .

neue

Jahres in Leipzig

ſie keineswegs als Ausgeburt Auch in Chemniß

kam

der

gleichen vor ; alein hier, wie überall lenkte fich der Unwillen immer nur auf einzelne mißliebige Beamten , welche ſich durch eine unnatürliche Härte verhaßt gemacht hatten . Doch alle dieſe Unruhen gingen ohne Blutvergießen vorüber. Am 4. September 1831 wurde das Volt vom

Könige und Mit

regenten mit einer neuen Verfaſſung beſchenkt, welche bei der Uebergabe der König mit ſeinem

Fürſtenworte zu

ſchüßen

und zu bewahren verſprach und den Wunſch hinzufügte, daß fie ſeinem

Volke zum Heil und Segen werden möge. Einer

der wichtigſten Punkte der Verfaſſungsurkunde beſtand darin , daß

die vorher

in mannigfacher Hinſicht ſchwankende und

zweifelhafte Stellung der Stände zur Regierung nunmehr in beſtimmte Normen

gebracht wurde.

Auf dieſe Weiſe

kam

267

König Anton mit einer bewunderungswürdigen Uneigennüßig feit dem herrſchenden Zeitgeiſte bereitwilligſt entgegen , wodurdy das Vertrauen der fächſiſchen Nation vollends befeſtigt wurde. Um aber dergleichen bedauerlichen

Vorfällen für die

Zukunft

vorzubeugen , erbot ſich die Kommunalgarde , mit dem tair gemeinſchaftlich den Auguſt acceptirte dieſen

Dienſt zu verſehen .

Mili

Prinz Friedrich

Antrag und richtete bei dieſer Gele

genheit folgende Worte an die Vertreter der Bürgerſchaft : „ Ich habe mich nicht getäuſcht.

Das Vertrauen , welches

ich vom

erſten Augenblick in

währt!

Vertrauen erweďt wieder Vertrauen ; darum

Sie fepte, hat ſich herrlich be

bitte ich, meine Herren , vertrauen Sie mir ! zu verdienen ; mein ſten

Gefühlen , welche ich in meinem

die ich zu nur dahin

Glauben

Ihnen

liebevoll

Herzen von der Jugend

auf genährt , werde ich mit allen Kräften Staates forgen .

Ich glaube, es

Inneres ſagt es mir ! Mit den

für das Wohl des

Sie , es ſind nicht leere Worte,

ſage ; vielmehr fol mein künftiges Leben

gerichtet ſein , alles Gute zu

befördern und ſtets

für das Wohl des Landes zu ſorgen ."

Eine beſtimmtere und conzentrirtere Stellung gewannen die Verhältniſſe durch die Einſegung von fechs Miniſterialbe hörden .

Das Juſtizminiſterium

bekam

der Kanzler von Kön

neriß, das der Finanzen Herr von Zeſchau ; Freiherr von lin denau war Miniſter des Innern , General von Zezſchwig Mi niſter des Krieges , Dr. Müller *) Cultusminiſter und der Ge neral von Minkwiß Miniſter der auswärtigen Angelegenhei ten

geworden . * ) Starb am

7. März 1836 ; ihm

folgte Hans Georg von Carlowig .

268

Achtzehnt es fa pitel. Die Städteordnung von 1832 . Beſeß über die Ablöſungen und Be meinheitstheilungen . Die Eröffnung des Landtags. Antons vielſeitige & hätigkeit. - Der einundachtzigſte Geburtstag des Königs , ſein Dank und ſeine Ablehnung des ihm zugedachten Denkmals. Des Königs Arankheit und Cod. Nach dieſer hätte man meinen

Zuſammenſtellung

des Staatsminiſteriums

ſollen , daß ſich

das fächſiſche Volk recht

glüdlich hätte fühlen müſſen . Unzweifelhaft wäre es auch ſo geweſen , wenn der Präſident des Miniſteriums, Freiherr von Lindenau , es verſtanden haben würde, fich denjenigen Reſpect zu verſchaffen , der als eine Nothwendigkeit ſeiner hohen Stel lung bezeichnet werden muß.

Er erfreute ſich eines unbeding

ten Vertrauens, ſowohl Seitens des Prinz-Regenten , als auch des ganzen

Volkes , und er hatte einzig und allein

die Erhaltung dieſes Vertrauens zu er leider nicht. Man

trat ihm

gen , und er ſah ſich endlich

ſorgen .

nur für

Das verſtand

überall herausfordernd entge genöthigt, ſein Portefeuille in

die Hände eines andern Mannes übergehen zu laſſen . Am

2. Februar 1832 beſchenkte der König Fein

Land

mit einer Städteordnung, die noch in demſelben Jahre in den meiſten

Städten des Landes eingeführt wurde.

Dieſe Städ

teordnung entſtand eigentlich auf einen Antrag des

ehemali

gen Kreishauptmann von Wietersheim , der denſelben da durch motivirte , daß er ſagte , „ der nachtheilige Einfluß der altherkömmlichen Verfaſſung auf die innere Verwaltung ſege

269

dem

Emporkommen

entgegen .“

der Städte ein weſentliches Hinderniß

Sie bietet, indem

die Oberaufſicht des Staates

nirgend ſtörend eingreift ,

der Selbſtändigkeit der ſtädtiſchen

Gemeinden einen

Schuß.

Am

kräftigen

17. März 1832 erſchien ein Geſet über Ablöſungen

und Gemeinheitstheilungen , welches von ſo vorzüglicher Ge diegenheit war, daß es mit Recht ein nannt werden

konnte.

Mit

Erbunterthänigkeit ein .

dem

Triumph der

1. April 1832

Dieſelbe hatte darin beſtanden , daß

der Hörige verpflichtet war, wenn

er fidy anderswo nieder

laſſen wollte, das Recht dazu der bisherigen zukaufen und derſelben ſtellen .

Zeit ges ging die

ſeine Kinder zum

Herrſchaft ab

Zwangsdienſte zu

Der Herrſchaft ſtand das Recht zu , diejenigen ihrer

Unterthanen , welche ohne dafür bezahlt zu haben , ihren Wohnort verließen , überall zurückzufordern , fogar unter

Anwendung

von Zwangsmaßregeln . Sie konnte auch die Befißungen ihrer Unterthanen ohne deren Zuſtimmung verkaufen und ihnen ein anderes Zeit

im

pflichtiges Eigenthum grellen

Widerſpruch

durch den König

am

aufzwingen . ſtehenden

1. April 1832 aufgehoben , natürlich

nicht ohne eine heftige Oppoſition ten

hervorzurufen .

die Wahlen zum machung vom zum

Dieſe mit der

Verhältniffe wurden

Seitens der Bevorrechte

Im Laufe des Jahres 1832 wurden auch

Landtage vorgenommen und eine Bekannt

22. Dezember 1832

22. Januar 1833.

Zum

berief die Abgeordneten

Präftdenten

der erſten

Stam

mer wurde der Landesälteſte der Oberlaufig Herr von Gers dorf ernannt, während der General von Leyßer Präfident der zweiten öffnung wurden

stammer wurde.

beider Häuſer Statt

Am

27. Januar fand die Er

und am

30. October

1834

fie geſchloffen .

Wie wir aus den früheren Abſchnitten dieſes Werkes er

270

ſeben haben , fehlte es in Sachſen zwar nicht an einzelnen Verordnungen , Geſeßen , Patenten einem

wirklichen

Geſegbuch .

von 1833–1834 kam

u . ſ. w ., wohl aber an

Auf dem

erwähnten

Landtage

dieſer Gegenſtand lebhaft zur Sprache

und veranlaßte die Ausarbeitung eines Strafgeſezbuches, und bereits traten im

Einzelnen viele weiſe erwogene Gefeße in's

Leben , ſo daß die Regierungsperiode dieſes Monarchen die eigentlich legislative von Sachſen genannt werden muß. die Polizeiverwaltung ward mancher zweckmäßigen

Auch

Verände

rung unterworfen, und nach den meiſten Seiten hin

entſtan

den gemeinnüßige Anſtalten ; ſo z. B. die Gasbeleuchtung in Dresden , die Stadtpoſt, das Korrektionshaus für verwahrloſte Kinder u . f. w . Die Briefe vom

Behauptung

des

Fürſten

Metternich

in

ſeinem

28. September 1830 an den Grafen von Collo

redo , daß kein Staat mehr mit väterlichen Regenten geſega net ſei, als der fächſiſche, wurde vom Könige Anton vollſtän dig beſtätigt.

Er ſorgte für Hebung der inländiſchen

In

duſtrie durch verſchiedene weiſe Verordnungen . So befahl er z. B. im Jahre 1832 , daß fämmtliche für den Civil,- Hof und Militair-Etat nöthigen

Bedürfniſſe, die das Inland in

gleicher Güte, wie das Ausland liefere, auch im

Inlande be

zogen werden

Zweigen der

ſollten .

Unter den verſchiedenen

Gewerbethätigkeit erfreuten ſich unter der Regierung Antons I. eines beſonderen Aufblühens die Seidenmanufaktur , Maſchi nenkammwollſpinnerei , Leinewand, vorzüglich aber die Baum = wollenweberei, die Damaſtweberei und die Strumpfwirkerei. Auch für eine Verbeſſerung der Schaafzucht wurde un endlich viel gethan und dadurch belohnt, daß von den

hoch

veredelten

Spa

fächſiſchen

Schaafen

ſelbſt Gremplare nach

271

nien kamen , um

die dortigen ausgearteten königlichen Heer

den wieder zu veredeln . Mit

Innigkeit und Liebe erkannte das fächſiſche Volk

die reichen väterlichen Wohlthaten , welche Anton

I. ſeinem

Lande gewährt hatte , an , und mit der allgemeinſten nahme ſah man dem würdigen

einundachtzigſten

Greiſes entgegen , das

Statt finden

ſollte .

Am

am

Theil

Geburtsfeſte des ehr 27.

December

feſtlichſten wurde daſſelbe in

1835 der

Reſidenz begangen , wo durch die Gegenwart des Königs die herzlichen Gefühle der Unterthanen natürlich nur erhöht wer den konnten . Innig gerührt von ſo vielen Beweiſen einer treuen und liebereichen Anhänglichkeit, drückte der König ſeinen Dank in folgenden Worten aus : Die vielfachen

Beweiſe inniger Liebe und Anhänglich

feit, welche ich in dieſen

Tagen , auf Anlaß meines durch die

göttliche Gnade erlebten 81. Geburtsfeſtes , von meinen Un terthanen

aller Klaſſen

und Stände und

Landes , inſonderheit aber auch von

aller

Theile

des

den Bewohnern meiner

Reſidenz und der Dresdener Amtslandſchaft , auf's Neue er halten habe, find meinem ſen .

Herzen überaus wohlthuend gewe

Ich fühle mich gedrungen , dies hierdurch öffentlich aus

zuſprechen

und meinen herzlichen

väterlichen

Dank dafür zu

ſagen . Möge das ſchöne Band wechſelſeitiger Liebe Sachſens Fürſten und Volk umſchließen fort und fort!" Eine ſolche vom Herzen kommende Anſprache konnte nur wieder

zu

Herzen

glüdlich, unter dem narchen

gehen !

fächfiſche

Volt war

leben zu können . Man war aber hiermit noch nicht

zufrieden , ſondern man auch

Das ganze

Scepter eines fo braven und edlen Mo

einen

ehernen

wollte den

Ausdruck

Gefühlen

verleihen .

ſeines Glückes

Auf den

Wunſch

272

wohl aller Bewohner der Reſidenz ſollte auf dem

Altmarkte

in

an dieſen

Dresden

eine ſteinerne Säule zum

Tag errichtet werden , um Beweis von

Andenken

den ſpäteren Generationen

einen

der Liebe zwiſchen Fürft und Volt zu hinterlaſ

Indeß unterblieb dies auf des Königs beſonderen Wunſch ,

fen . der in

ſeiner Anſpruchsloſigkeit die dargebotene Anerkennung

ablehnte .

Er äußerte ſich

darüber

in

einem

Briefe vom

23. Februar 1836 an den Miniſter von Carlow iß *) fol gendermaßen : „ Die Abſicht der Bewohner meiner Reſidenz, die Er innerung an die wichtigſten Ereigniſſe meiner Regierung durch

Errichtung eines Monuments zu

fichern , habe

ich

als ein neues Zeichen der Liebe und Zuneigung aus Ihrem Vortrage gern vernommen . Die Liebe und Zunei gung aller meiner Unterthanen

iſt aber für mich

und mein Haus das einzige und ſchönſte Denk mal, auf welches keiner bildlichen

ich hohen Werth lege und das

Darſtellung fähig iſt , dieſer auch

um

ſo

weniger bedarf, als das , was ich unter Gottes Leitung zu thun berufen war, im

eigenen

Fortbeſtande mir ein

bendes Denkmal fichert, welches durch gebenheit meiner Unterthanen

blei

fortgeſepte treue Er

feſt und unerſchütterlich er

halten werden wird . Geleitet von dieſen

Anſichten , beauf

trage ich Sie, dies der hieſigen Stadtbehörde zu erkennen zu geben und im

geeigneten Wege zur Kenntniß

der Be

wohner meiner Reſidenz zu bringen . u . ſ. w ." Der Inhalt dieſes Schreibens zeugt von der glüdlichen Ruhe, welche das Gemüth des Königs erfreute , die

immer

ein Beſtandtheil feines ganzen Weſens geweſen war und der * ) Bekam erft durch den Tod des Dr. Müler ein Portefeuille , bis wohin er nur den Titel eines Minifters hatte.

273

er allein

ſo

auch hauptſächlich nur ein

hobes Alter zu ver

danken hatte, was ſo ſehr wenige Menſchen erreichen .

fühlte er , daß der Tod dennoch kommen würde , der

alledem

ſchon

überhaupt feinem

Troß

machte .

Andeutungen

verſchiedene

Geburtstage fing er an zu

Nach

kränkeln , und obgleich er

ein entſchiedener Gegner aller Arzneien war und fie bisher ſtets von der Hand gewieſen hatte, ſo ſah er ſich zulegt doch genöthigt, fich feinen Aerzten zu

Am 4. Juni 1836

vermochten .

nicht zu retten

ihn freilich

überlaſſen , die

erſchien deren

Derſelbe war Morgens

erſter Krankheitsbericht.

7 Uhr ge

und ſagte: „ daß der König bereits feit einiger

ſchrieben

Zeit

mit etwas mehr Athembeſchwerden behaftet , Tags vorher einen ſehr heftigen Anfall von Engbrüſtigkeit bekommen , welcher die

lebhafteſten

Beſorgniſſe

errege.

Auf

Mittel habe fich zwar der Zuſtand

die

angewandten

etwas gebeffert, nichts

deſto weniger ſei die Nacht unruhig , der Schlaf wenig und nicht erquicfend und auch heute ſei die Bruſt nicht weſentlich erleidstert. “ Am

5. Juni Morgens 64 Uhr ward

das zweite, am

6. Juni Morgens halb acht Uhr das dritte Bulletin veröffent licht.

Nach

dem

Inhalt

des

Legtern bezweifelte

Niemand

mehr, daß jegt der König ſterben werde, und wirklich erfolgte ſchon an dem nämlichen Tage Mittags halb zwölf Uhr ſein Tod. Er war ſanft und ohne Schmerzen

geſtorben .

Die demnächſt

vorgenommene Sektion ſeiner Leiche ergab, daß er an einer Verknöcherung der Klappen der linken Herzkammer geſtorben war. Am 9. Juni Abends acht Uhr ward er in die könig liche Familiengruft beigeſeßt. Man nannte ihn

ſchon bei ſeinen Lebzeiten Anton den

Gütigen , eine Bezeichnung, welche nicht die Schmeichelei hervorgerufen hatte, der er überhaupt fremd blieb. 18 Vertraute Geſchichte. Sadſen . 3. Bb.

274

Anton

Clemens Theodor vermählte fid

1781 mit der

fiebzehnjährigen Prinzeſſin Maria Karolina Antonia , ter des

Toch

Victor Amadeus III., Königs von Sardinien

Herzogs von Savoyen , die er aber ſchon am 1782 durch

den

Tod verlor.

mählte er fich zum

Am

und

28. Dezember

18. October 1787 ver

zweiten Male mit der Tochter des Rai

fers Leopold II., Maria Thereſia , einer mit den herrlichſten Vorzügen des Geiſtes und

Herzens

geſchmückten

Prinzeſſin .

Diefe Ehe war eine überaus glüdliche und wurde erſt durch 7. November

das am getrennt.

der

Königin

Zwar find vier Kinder aus dieſer Ehe hervorge

gangen , dieſelben Anton

1827 erfolgte Ableben

ſtarben

jedoch

ſchon

ſehr früh, fo daß

I. wahrer Vaterfreuden nicht theilhaftig wurde.

Bei

ſeinem Gemüth war dies aber auch keine Nothwendigkeit ! Seine Unterthanen waren ſeine Kinder und er deren Vater. Noch ehe er aus dieſer Welt ſchied , ſagte er zu regenten , der, dem

dem

Prinz

vollen Schmerze des Augenblics fich über

laſſend , weinend an ſeinem

Lager ſtand :

„Armer Friedrich !

ich mache Dir ſo viele Schmerzen und habe doch ſelbſt keine."

X.

Friedrich

Auguſt

II.

(1836—1854.) Ne u n ze hn te s

land.

kapitel.

Friedrich Auguft II. Dr. Lift und die erſte Eiſenbahn in Deutſch Die Miniſter von Kõnnerit , von Beſchau und von Moftiz. Das

Minifterium Braun -Pfordten . Der Mai- Aufſtand von 1849. Fried rich Auguſt II. ftirbt. Seine beiden Gemahlinnen . – Baron von Herder . Johann Karl Freiesleben. · Ernft Rudolph von Warnsdorff. - Freiberg. König Anton war am

6. Juni 1836 geſtorben .

Sein

Neffe, der ihn in den Regierungsgeſchäften fechs Jahre unter ftüßt hatte, trat unter dem

Namen

definitiv die Regierung an .

Friedrich Auguſt II. nun

Sachſen

den glücklichſten Völkern Deutſchlands.

gehört in der That zu Es erhielt in

Fried

rich Auguſt II. abermals einen Monarchen , der ſtets für das Wohl ſeiner Unterthanen lich

jung war

fo ließ ſich von warten .

beſorgt war, und da er noch ziem

er zählte ihm

jegt neununddreißig

Jahre

manche ſegensvolle Verbeſſerung

Friedrich Auguſt II., am

er

18. Mai 1797 geboren , war

der älteſte Sohn des Prinzen Marimilian , Bruders Friedrich Auguſts I. und Anton's I., und verlor ſchon in ſeinem ftebenten 18 *

276

Lebensjahre ſeine Mutter, von welcher er auf's Zärtlichſte ge liebt worden war. Seine Erziehung übernahm

nun der Be

fehlshaber der Schweizergarde, General von Forell, ein wohl in militairiſcher, als auch wiſſenſchaftlicher wohlgebildeter Mann . großen

franzöſiſchen

ſo

Hinſicht

Zu jener Zeit, wo das Schickſal des Kaiſers

bereits

von

ſchweren

Gewit

terwolken verdunkelt worden und Friedrich Auguſt I. die Lage der

Sache

in

Prag abwarten

wollte,

befand

ſich

Fried

rich Auguſt II. ebenfalls daſelbſt.

Nach Napoleons Rückkehr

von

feines königlichen Oheims

Elba mußte er, auf Wunſd

und durch die Verhältniſſe gezwungen , Theil nehmen an dem Kriege der Verbündeten gegen

Frankreich.

Nady der Schlacht

bei Waterloo, an welcher er ſich jedoch nicht betheiligt hatte, fehrte

er

nach

Dresden zurück .

Hier

widmete er ſich

gewiß, um weniger an die traurigen Verhältniſſe ſeines Va terlandes erinnert zu werden – unter Leitung des Generals von Waßdorff, des Majors von Cerrini uud des Hofraths Stübel militairiſchen , juriſtiſchen und ſtaatswiſſenſchaftlichen Studien , worauf ihn beſonders ſein Regentenberuf hinwies. Denn es konnte keinem Zweifel unterliegen , daß er dereinſt zur

Tragung

der

sächſiſchen

würde, da ſein Dheim

Königskrone berufen

Anton , welcher der Nächſte zum

werden Throne

war , keine Kinder hatte und er ſeines Vaters älteſter Sohn war.

Neben dieſen ernſten und für ſeinen Beruf höchſt noth

wendigen Studien

verſäumte er indeß

auch nicht, ſich mit

den übrigen

Wiſſenſchaften zu beſchäftigen . Daß er beſon ders Kunſt- und naturwiſſenſchaftliche Gegenſtände wählte, lag

vornehmlich daran , weil er gerade für ſie ein ganz vorzügli ches

Intereſſe

empfand.

Er brachte überhaupt

Mannigfaltigkeit in ſeine Arbeiten , um tig auszubilden , was ihm

eine große

ſich möglichſt vielſei

auch über alle Erwartung gelun

277

gen iſt.

Auch machte er

öftere Ausflüge, um

durch perſön

liche Anſchauung fich Kenntniß von ſeinem Lande und ſeinen Unterthanen zu verſchaffen , welche für einen edeldenkenden Fürſten von unberechenbarem

Vortheil ift.

er fich auch der Literatur zu .

Mit Herrn

von Göthe gemeinſchaftlich gab er ein und Mineralogie , unter dem fis heraus .

Johann Wilhelm

Werk über Botanik

Titel: Flora Marienbergens

Der Inhalt dieſes

Beweis , wie ſehr Friedrich Hauſe war.

Produktes giebt den

Auguſt

auf dieſem

Chef der Infanteriebrigade er

zum wirklichen dienſtthuenden In dem

nannt.

nämlichen

Jahre bekam

er auch Stimmrecht

geheimen Rath , deſſen Sigungen er ſchon

in dem

beſten

Gebiete zu

Jahre 1818 wurde er zum Generalmajor, und 1822

Im

Jahre

fächſiſchen

Armee

bis dahin der bekannte 1830

bekleidet hatte.

1830 , kurze Zeit

Mitregenten , ward er zum

ral und Chef der ganzen Stellung

König .

Im

feit 1819

1

regelmäßig beigewohnt hatte. vor feiner Erhebung zum

Lecoq

Inzwiſchen neigte

Am

Gene

ernannt, welche

verſtorbene General

6. Juni 1836 ward er endlich

Wenngleich er auch während ſeiner Mitregentſchaft

nicht müßig geweſen war , ſo geſtatteten waltenden

Verhältniſſe

ihm

jedoch die ob

nicht, ganz nach ſeinen Anſichten

zu wirken , die unbedingt von

den Anſichten

ſeines Oheims,

ſchon der bedeutenden Verſchiedenheit des Alters wegen, welche zwiſchen Beiden vorlag , mindeſtens nach mancher Seite hin abweichen mußte .

Der viele

Dr. Liſt, ein

Jahre ſich im

geborener Würtemberger , welcher

nordamerikaniſchen Freiſtaat aufgehalten

und die Vortheile der daſelbſt befindlichen verſchiedenen

In ſtitute in Augenſchein genommen hatte, wurde zu Änfange der Regierung Friedrich Auguſts II. als nordamerikaniſcher Con

278

ſul nach Leipzig geſendet.

Er machte der. ſächſiſchen Regie

rung Vorſchläge zur Anlegung einer Eiſenbahn zwiſchen Dreg den und Leipzig . Man erfaßte dieſe herrliche

Idee mit dem

jenigen Feuer, welches zur Durchführung großer gemeinnüşi begannen Die Vorarbeiten ger Anlagen erforderlich iſt. und in

einer verhältnißmäßig kurzen Zeit konnte die erwähnte nebenbei geſagt , die allererſte auf

Eiſenbahn

welche

deutſchem

Boden war

ben werden .

dem

öffentlichen Verkehr überge

Die Vortheile derſelben

und man hätte deshalb auch meinen dem

leuchteten

bald

ein ,

ſollen , daß man

fich

Gründer ſehr dankbar zeigen werde.

Dies ſcheint indeß

nicht geſchehen zu ſein . Im Sommer

1838 machte der König eine Reiſe nach

Iſtrien und Dalmatien , wo er wiederum ſchäftigung, Botanik, trieb. Schottland.

feine Lieblingsbe

1844 ging er nach England und

Nicht nur der ihm vom

gewordene Empfang, ſondern

Hofe Englands zu Theil

auch die vielen

zur Verherr

lichung ſeines Aufenthaltes hervorgerufenen Ehrenbezeigungen muß man als überaus glänzend bezeichnen . Das Miniſterium fich nicht ihm

halten

des Jahres

Julius Jacob ſchon unter dem

Freiherrn von Lindenau

können , wie wir

folgte das Miniſterium

die Bewegungen

ſchen

des

bereits berichtet haben ;

Könneriß- 3eſchau , welches durch 1848 fortgedrängt wurde.

Traugott von

Miniſterium

hatte

Könneritz

Einſiedel im

befand ſich

königlich fächſi

Dienſte .

1830 Kanzler geworden , richtete er fich jeßt

ganz nach dem

Baron von Lindenau , deſſen Weſen er auch

außerordentlich freu nachzuahmen verſtand.

Der Vater Kön

nerit's war Stallmeiſter in Merſeburg und hatte in Gemein ſchaft mit ſeiner Gemahlin , einer Tochter des ehemaligen Mi niſters Grafen von Hohenthal, welcher aus der Schröpfer'ſchen

279

Geſchichte bekannt iſt, für eine ganz vorzügliche Ausbildung ſeines Sohnes geſorgt. Naturgaben des

Leßtern hatten

Lindenau genoß

tert.

Große Fähigkeiten und ungewöhnliche ihm

einer großen

die Arbeit ſehr erleich Popularität in Sachſen ,

und da dieſe zur Eriſtenz eines Miniſters nothwendig iſt, fo bemühte ſich Herr von Könneriß, fie ebenfalls zu Lindenau menden

verdankte

erhalten .

ſeine Popularität einer nicht nachzuah

Biederkeit , mit welcher

er

Jedermann

begegnete.

Rönnerig war beliebt durch ſeine gnädige Herablaſſung , die er ſeinen Beamten zu mit vielem

Theil werden ließ , welche er überhaupt

Geſchick zu wählen verſtand.

Der Finanzminiſter von Zeſcau , ein Neffe des Generals von Zeſchau, den

Bülow zum Uebergang hatte bewegen wol

len , war ein durch ſeine Einfachheit beliebt gewordener Mann . Gleichwohl beſaß

er auch einen

gewiſſen Stolz , eine Erha

benheit und Würde , die alle, denen er durch ſeine Einfach heit gefallen wollte , vor etwaigen Zutraulichkeiten zurüchielt. Dieſer Stolz war indeß nichts

Natürliches , ſondern

Einſtudirtes, weil er ihn als zu hörig betrachtete. aus dem

ſeiner hohen Stellung ge

Daß dies der Fall war, erhellt allein ſchon

Umſtande, daß er fich , als ſeine Gemahlin geſtor

ben war, mit ſeiner Gouvernante vermählte. Gemahlin

vorragender

Ihr Auftreten

1

als

etwas

des Miniſters , zeugte übrigens von fo

geſellſchaftlicher Bildung ,

daß

man

her

gern

ihre

Herr

von

frühere untergeordnete Stellung darüber vergaß . Zu

dieſem

Miniſterium

gehörte

auch

noch

Noftiz, der ſich jept Noftiz-Walwiß nannte, weil eine Enter lin des früheren Finanzpräſidenten feine Gemahlin war , und Albert von Miniſterium

geworden

Carlowig , unbedingt der Klügſte im

Könneriß - Zeſchau .

Das Jahr 1848

beendete

die Thätigkeit deſſelben

und

280

an ſeine Stelle

trat das Miniſterium

welches unter dem men war.

Braun - Pfordten ,

Beiſtande Lindenau's zu

Stande gekom

1848 und 1849 waren zwei ſchreckliche Jahre für Deutſch land .

Nicht

nur deshalb , weil

viele mittelmäßige

Leute

glaubten , das Geſchick zur Führung eines Miniſterii zu be fißen und dadurch die beſtehenden , meiſt rechtlichen Miniſte rien

in

die Enge trieben

und überal Wirrwar anrichteten ,

ſondern auch, weil mancher Ehrenmann Herzen in jener Zeit gewaltſam

ſein

mit tieffühlendem

Leben einbüßen mußte ,

und endlich die deutſchen Fürſten ſelbſt nicht im Stande waren , ſich raſch und geſchickt über die revolutionairen Ele mente zu ſtellen .

Während die eine Partei zu weit vorging,

trat die Andere viel

zu weit zurück .

Keine hatte

ihre ihr

durch die Zeit gewordene Aufgabe begriffen , weshalb alle ungelöſt blieben

auch

und theils noch ungelöſt find.

Friedrich Auguſt II., ein Mann , der es keineswegs ver diente , ſondern ſtets ſo gehandelt hatte, daß ihm ſeines Volkes zu glück, im

Mai 1849 abermals einen

fidenz ausbrechen

die Liebe

Theil hätte werden müſſen , hatte das Un

zu

ſehen .

übrig, als fremde Hilfe in lich war es, daß man

Aufſtand in ſeiner Re

Es blieb kein anderes Mittel Anſpruch zu nehmen, und natür

ſich zunächſt an Preußen wandte, weil

dies das meiſte Intereffe bei der Sache haben mußte. König

von

Sachſen

verließ

ſeine Reſidenz

Der

und preußiſche

Truppen .ſtellten die Ruhe mit Kugeln und Bajonneten wie der her.

Wir

fühlen uns nicht veranlaßt, näher auf die

Thätigkeit der preußiſchen Soldaten einzugehen , nur ſo viel glauben wir , bemerken zu müſſen , daß fie in der Weiſe , wie ſie geübt wurde, mindeſtens von uns nicht für durchaus nothwendig

gehalten worden

iſt.

281 Sobald Revolutionen in einem Lande vorkommen , kann Volke fühlen ,

der Fürſt keine beſondere Liebe mehr zu ſeinem

namentlich wenn dieſer Fürſt ſtets dasjenige gethan hat, was Beſten ſeines Landes gereichen mußte . Friedrich Auguſt II. änderte indeß ſeine wahrhaft väterliche Regierung nicht ; ſo zum

viel es ihm möglich war, vergaß er das Geſchehene und kam auch nach den unheilvollen Mat-Ereigniſſen von 1849 Jeder mann mit Freundlichkeit entgegen. Im

Jahre 1854 machte Friedrich Auguſt II . eine Reiſe

nach München , um

die dortige Induſtrie-Ausſtellung in Au

genſchein zu nehmen . einen

Bei dieſer Gelegenheit unternahm

Ausflug nach den

Tyroler Alpen , um

In der Gegend von Brennbühl, wo er am angelangt war, zwiſchen

zu botaniſiren . 9. Auguſt 1854

Jms und Wens wurden die vor ſei

ner Equipage befindlichen Pferde fcheu und warfen Der König ſtürzte heraus und wurde von einem ſo ſtark am

Hinterkopf verwundet , daß er ſchon

Stunde nach

dem

er

Unglücksfall im

Gaſthofe zu

dieſe um . der Pferde eine halbe Brennbühl,

wohin man ihn in der Eile gebracht hatte, ſeinen Geiſt auf geben mußte.

Zwar hat er vor ſeinem

Tode noch das Abend

mahl bekommen , doch konnte er davon Nichts wiſſen , da ſeine Beſinnung nicht hatte zurückgebracht werden können . Die königliche Leiche ward von Brennbühl nach Augsburg geführt, dort einbalſamirt und

dann

nach

Dresden

gebracht.

Hier

wurde ſie in die, in der katholiſchen Kirche befindliche, könig liche Familiengruft beigelegt.

Ein

Jahr ſpäter ließ der ihm

folgende König von Sachſen , Johann , an der Unglücksſtätte bei Brennbühl eine Kapelle erbauen .

*

Friedrich

Auguſt war zweimal vermählt.

Jahre 1819 mit der Tochter Kaiſers Karoline von

Deſterreich, welche

Zuerſt im

Franz I., Erzherzogin

1832 am

22. März kinder

282

los ſtarb ; dann mit der Prinzeſſin Maria

von Baiern am

24. April 1833, der Schweſter der Kaiſerin -Mutter von Defter reich, der Königin -Wittwe von Preußen und der jebigen Kö nigin von Sachſen.

Auch dieſer zweiten Ehe ſind keine Kin

der entſproſſen . Unſrem früheren im zehnten Kapitel dieſes Bandes ge gebenen Verſprechen gemäß , müſſen wir jeßt uns wieder zu der Bergakademie von

Freiberg wenden .

Jahre zurückgehen müſſen , um

die

Wir werden

einige

immer weiter vor fich

ſchreitende Entwickelung recht anſchaulich zu machen .

Beſon

ders gehoben wurde die Bergakademie durch den Baron Sieg mund Auguſt Wolfgang von Herder. 18. Auguſt 1776 Jahre 1797 in er zum

zu

Derſelbe war am

geboren

Freiberg ſeine Studien .

und begann

Schon

im

1802 wurde

Bergamtsaſſeſſor für Marienberg, Geyer und Ehrens

friedershof, 1803 zum nannt.

Bückeburg

Affeffor im

Bergamte Schneeberg er

1804 ward er als Oberbergamtsaſſeſſor und Berg

commiſſionsrath nach Freiberg zurückperſept. 1818 wurde er Berghauptmann und ein Jahr darauf trat er als Ober berghauptmann an die Spiße des Bergwerks in Er ſtarb nem

am

29.

Freiberg.

Januar 1838 und wurde nach ſei

Wunſche auf der Halde des alten Berggebäudes , Drei

königfundgrube“ zwiſchen Freiberg und Bultendorf begraben . Herr von Herder beſaß nicht nur außerordentliche Rennt niffe im

Bergfach, ſondern

auch eine ſo ungemeine Liebens

würdigkeit ſeinen Untergebenen verehrten . Tode ein

gegenüber, daß dieſe ihn hoch

Die Bergknappen haben

ihm

prächtiges mit einer paffenden

Denkmal errichtet , um

ſogar nach

ein Zeichen ihrer Liebe zu ihrem

der Nachwelt zu überliefern , In feine Stelle trat Johann

ſeinem

Inſchrift verſehenes Chef

Karl Freiesleben ,

283

bis 1790

unter Werner ſtudirte; dann ſich dem

die

Seine beſondere Vorliebe für

dortige Hochſchule zu beſuchen .

ihn

trieb

Berg- und Hüttenweſen

und

juriſtiſchen

ſich 1792 nach Leipzig , um

Fach zuwendend, begab er

jedoch wieder nach dieſer

1776 ward er Bergaffeffor zu Marien

Seite hin , und ſchon

er eine gleiche Stellung in den Berg

burg und 1797 nahm ämtern

ſelbſt geboren

Freiberg

in

14. Juli 1774

welcher am

Geyer und Ehrenfriedershof

1799 wurde er

ein .

Bergmeiſter in den Revieren Johanngeorgenſtadt, Schwarzen berg und Eibenſtock, 1800 Bergcommiſſionsrath und Direktor in

Bergbaues

des thüring'ſchen -mansfeld'ſchen

Eisleben

1808 Affeffor in Freiberg.

in den

peißer Eiſenwerk und leitete die Verkohlungsanlagen Aemtern Wolkenſtein

und

Von hier aus organiſirte er das

und Lauterſtein , ward

darauf Aſſeſſor

des Oberberg- und Oberhütten -Amts , 1816 Bergrath , 1820 Berghauptmann und beim

Tode Herders Oberberghauptmann Berg- und Hüttenwe

und als Solcher Chef des geſammten ſens im

indeß nur wenige

Es blieben ihm denn ſchon am

20. März 1846

einer andern Welt zu .

Freiberg

Jahre zur Ruhe übrig,

eilte ſein unſterblicher Geiſt

Er hinterließ zwei Töchter und einen

Enkel, Sohn ſeines am in

1842 ließ er ſich penſioniren .

Königreich Sachſen .

verſtorbenen

Juni 1836

2.

Sohnes

Karl

als Bergamtsaſſeſſor Friedrich

Gottlob .

Dieſer Enkel, Karl Freiesleben , ward geboren , als ſein ſtarb.

Ebenſo wenig iſt ihm

das Glück zu

Vater

Theil geworden ,

war ihr Tod. 1 Derſelbe hat die juriſtiſche Laufbahn gewählt, lebt als Dr. jur. in Dresden und iſt mit Fräulein Henriette Mathilde Irmen

ſeine Mutter kennen zu

lernen .

Sein Leben

garde von Warnsdorff, Səweſter des Oberbergraths von Warns dorff, vermählt .

Eine der beiden

Töchter führte der Ober

bergrath von Warnsdorff als Gemahlin heim , ſo daß derſelbe

284

der Dheim

ſeirer eigenen Schweſter geworden

dere vermählte ſich mit dem

iſt.

Die an

an der Freiberger Akademie fun

girenden Profeffor Scheerer , iſt aber ſchon

verſtorben . Schee

rer ſchloß eine zweite Ehe mit Fräulein Maquet aus Berlin . Der Oberbergrath Ernſt Rudolph von Warnsdorff, deffen wir ſoeben gedachten , iſt im

Jahre 1808 auf dem väterlichen

Gute Gersdorf , bei Lauban in der Lauſip , geboren . Vater , früher

fächſiſcher Huſarenoffizier, ließ

Sein

ſich durch den

allgemeinen

Enthuſiasmus, womit der Aufruf Friedrich Wil

helms

von

III .

Preußen

Volke

vom

entgegengenommen

wurde, wie ſo viele andere Edle, verleiten , Weib und Min der zu

verlaſſen und in

das Lüßow'ſche Freicorps einzutreten .

Nach etwa fechs Wochen ward er Offizier in dieſem Er war ſo ſich um

Corps .

ganz Soldat, daß er während der Striegsjahre

ſeine zurückgelaſſene Familie gar nicht kümmerte und

dieſelbe trop des erwähnten Gutes ohne den Beiſtand des Su perintendenten Schober ſicherlich

untergegangen wäre.

Frau

von Warnsdorff vergaß dies nie ihrem Gemahle, ließ fich nach beendeter Kriegsperiode auch von ihm heirathete den

ſchon

genannten

Herr von Warnsdorff ward nach Wilhelm

III. zum

gerichtlich ſcheiden und

Superintendenten dem

Plaßmajor von

Schober.

Kriege von

Jülich

Friedrich

ernannt und bald

darauf in gleicher Eigenſchaft nach Cöln verſeßt.

Er hat ſich

wieder verheirathet und iſt im April 1855 als königlich preu Biſcher Major in Berlin

verſtorben .

Seine erſte Gemahlin

ſtarb ein Jahr nach ihm , die zweite lebt mit ihren in Berlin .

Kindern

Als Herr von Warnsdorff ſich mit Fräulein Henriette Freiesleben

vermählte , war er noch

ſehr jung und

konnte

demnach auch noch keine bedeutende Stellung einnehmen .

Er

war Stollenfaktor, ſtieg dann aber bald aufwärts, ward Berg

285

amtsaffeffor, Oberbergamtsaſſeſſor, Bergrath und endlich Ober bergrath , was er augenblicklich noch iſt.

Er beſigt viele und

ſehr bedeutende Kenntniſſe, nicht nur im

Berg- und Hütten

fach, ſondern auch in den meiſten anderen Wiſſenſchaften , fo daß man ihn mit Recht einen vielſeitig gebildeten Mann nen nen kann.

Dies hat auch

die königlich fächfiſche Regierung

dadurch lobend anerkannt, daß fie ihm

die Anlage der Gra

benparthie bei Rheinsberg ſelbſtändig übertrug.

Er hat bei

Löſung dieſer Aufgabe es verſtanden , das Schöne mit dem Nüblichen zu verbinden . fließt, hat er durch auf den

Das Waſſer, das unten im

vorzüglich

Berg geführt, um

Thale

geſchickte Einrichtungen

hoch

es ſich dienſtbar zu machen

und

durch daſſelbe die zum Bergwerk gehörenden Maſchinen Bewegung feßen zu können . tung nach ſeinen

eigenen

Entwürfen ausgeführten

machen dieſe Grabenparthie zu muthigſten Land eben

Promenaden nicht arm

in

in

Die unter ſeiner ſpeciellen Lei

einer der ſchönſten

Anlagen und an

ganz Sachſen , ungeachtet dieſes

an ſchönen Parthieen

iſt.

Ob die Thä

tigkeit des Herrn von Warnsdorff auch noch in andrer Weiſe von

ſeinem

Monarchen

anerkannt

iſt oder noch

anerkannt

werden wird, das wiſſen wir nicht; wohl aber, daß kein Frem der jene Parthie beſucht, ohne nach dem

Namen

des Grün

ders zu fragen und fich in Lobegerhebuugen über den feinen Geſchmack und den gewandten Kunſtfinn deffelben auszulaſ fen .

Bei alledem

iſt Herr von Warnsdorff ein

1

ſpruchsloſer , als gefälliger Mann.

ebenſo an

Wir wiſſen , daß er , um

fremden Perſonen einen einigermaßen richtigen Ueberblick über das Ganze des Bergbaues zu gewähren und ihnen die Tiefe des Bergwerks recht anſchaulich zu machen , das Gefäß , mit telſt deffen das Erz heraufgewunden wird, rund um mit bren nenden Lichten beſeßen und hinuntergehen ließ.

Die dadurch

286

entſtehenden Unkoſten bezahlt er ſtets allein . einen

ſo hochſtehenden

nüßigen

Oft trifft man

Beamten mit einer folchen

uneigen

Gefälligkeit nicht.

Das

Gut Gersdorf , das dem

Vater

Warnsdorff gehörte und auf welchem nady dem

Tode des Legtern an ihn

daſſelbe, um

fich ganz feinem

können , verkauft ; allein er noch

des Herrn

von

er geboren worden , iſt gekommen , doch hat er

wichtigen

Berufe widmen

zu

da es ein Lebensgut iſt, ſo bezieht

alljährlich bedeutende Revenuen von dem

jedesmali

gen Befißer. Der fächfiſche Bergbau brachte , wie wir früher ſchon be

1

richteten , von

1768 bis 1815 einen

von ungefähr 100,937 Thalern . zum

Jahre

jährlich

1800 ,

im

jährlichen Reingewinn

Freiberg allein

immerwährenden

ſchon etwa 52,000

brachte bis

Steigen

Mark Silber.

Nun

begriffen , aber trat

ein Stillſtand ein , welcher durch die damaligen höchft trauri gen

Verhältniſſe Europa's bedingt war.

Von

1820

gann der Ertrag wieder ergiebiger zu werden .

an be

Im

Jahre

1831 belief ſich derſelbe ſchon auf 62,796 Mark ; im

Jahre

1850

ſogar auf 92,860 Mark (an Werth

ler.)

In

ſämmtlichen

zulegt genannten Kupfer , woniten .

3500

1,089,071 Tha

Bergwerken Sachſens wurden

in dem

Jahre 93,379 Mark Silber, 300 Gentner

Sentner Blei und 4000

Centner

Glöte ge

Nach Abzug ſämmtlicher Unkoſten hat der fächſiſche

Staat von Millionen

Freiberg Thalern .

baues iſt jegt in

allein

einen

jährlichen

Der Hauptfiß

des

Gewinn

von

Freiberger Berg

der Gegend von Brand und Erbisdorf; als

Direktor fungirt der Oberberghauptmann von Beuſt. In unmittelbarer Nähe der Stadt Freiberg befinden ſich außer mehreren anderen Anſtalten zur Förderung des Berg baues die großen Silberſchmelzhütten mit acht Hochöfen

und

287

vierzehn Reverberir-Defen ; ſowie das 1787 gegründete und 1793 nach

einem

zerſtörenden

Brande wieder

hergeſtellte

Amalgamir- Werk bei Halßbrücke, das vornehmlich durch Herrn von Charpentier ſehr vervollkommnet wurde.

Es iſt jeßt un

ſtreitig das vorzüglichſte derartige Werk auf der ganzen Erde. Wenn Sachſen jemals einen Monarchen bekommt, deſſen Charakter fich dem eines Napoleons oder eines Friedrich des Großen auch nur nähert, ſo kann es noch einſt eine bedeu tende, vielleicht ſogar ſtimmangebende, Role im Staatenbunde einnehmen . die beſten feinen

europäiſchen

Es iſt gut fituirt, forgt ſtets dafür,

geiſtigen Kräfte an

fich zu

ziehen und befißt

in

Bergwerken eine ſo überaus ergiebige Geldquelle, daß

eben nur ein mit Thatkraft, Energie und politiſchem gewicht ausgerüſteter Fürſt dazu

Ueber

gehört, es auf jene von uns

ſoeben angedeutete Höhe zu bringen .

Ob ſein Volk aber dann

glücklicher ſein wird, als es unter den Regierungen ſeiner bis herigen väterlichen Könige geweſen iſt, das bezweifeln wir.

---

XI.

Io ha n

n

I.

(Seit 1854.)

3 wanzig ft e $

Kapitel

Seine Erzieher . Johanns Jugend . Seine Wirkſamkeit als Staats mann, Schriftfteller und Familienvater , - Die Demonftration von 1845 . Johanns Regierungs- Antritt. - Der außerordentliche Landtag von 1854 und die Erhöhung der königlichen Civillifte. Der ordentliche Landtag von 1855 und die in feinen Sigungen vorgekommenen Geſetvorlagen . – Der Mothſtand im Erzgebirge. Der Hungertyphus . Johann I. und ſeine Kinder. Ein Urtheil über Johann I. Bei dem Auguſts wie im

ſo

unerwartet

eingetretenen

Tode Friedrich

II. waren in Sachſen faſt die nämlichen Verhältniſſe, Königreich Preußen beim

Tode Friedrich Wilhelm

IV .

Wie hier , ſo war auch dort ein nur wenige Jahre jüngerer Bruder, der Prinz Johann , vorhanden , für welchen die Krone beſtimmt war. Johann am

Nepomucenus Maria

Jofeph, geboren

12. Dezember 1801, war der jüngſte Sohn des Prinzen

Marimilian von

Sachſen.

mens, mit dem

er im

Sein ältefter Bruder, Prinz Cle

Jahre 1824 eine Reiſe nach

Italien

machte, war auf dieſer Reiſe geſtorben ; ſein zweiter Bruder war der foeben verſtorbene König Friedrich Auguſt II., und

289

er als dritter und jüngſter Sohn hatte

daher urſprünglich

gar keine Ausſichten , jemals zur Regierung zu gelangen . Seine erſten

Jugendjahre

wiſſenſchaftlich gebildete von

Horell und der

leiteten

zwei würdige

Männer , und zwar der

Freiherr von

der General von Wagdorff in nährten und förderten in ihm

und

General

Weſſenberg ; ſpäter trat Sie erweckten ,

ihre Stelle.

die Liebe zur Wiſſenſchaft, in

welcher dieſer geniale Fürſt eine ziemlich bedeutende Stellung einnimmt.

Am meiſten neigte er ſich jedoch der italieniſchen

Sprache und Literatur zu , wie dies beinahe nicht anders ſein konnte, da ſeine Mutter, eine geborene Prinzeſſin von Parma, ihn ſchon als Kind in dieſelbe eingeführt hatte. Kaum

zwanzig

Finanzcollegium felben .

ein

Nachdem

Jahre alt, trat er als Mitglied in das und erhielt Siß und Stimme in dem

ſein Bruder Klemens geſtorben und er von

Italien zurückgekehrt war, wurde er 1825 zum

Vicepräſiden

ten dieſes Kollegii ernannt, deſſen wirklicher Präſident Herr von Manteuffel war. ſeinen

Neffen

Im

Friedrich

Jahre 1830, als König Anton

Auguſt

zum

Mitregenten

ernannt,

trat er an die Spiße der fädfiſchen Kommunalgarden . darauf erhielt er Siß und Stimme im nadi deffen Auflöſung den er gleichzeitig zum

Vorfig

Präſidenten

ernannt wurde, was er bis zum dem

am

3. Januar

im

geheimen

Gleich

Rath und

Staatsrath , während

des geheimen

Finanzcollegii

Frühjahre 1831 blieb .

1838 erfolgten

I.

Nach

Tode ſeines Vaters trat

er in den Befiß der Sekundogenitur. Troß dieſer

ſeiner

Thätigkeit im

Staatsfach hatte

er

wenig Gelegenheit, ſich um die eigentlichen Regierungsgeſchäfte zu kümmern.

Er beſchäftigte fich deshalb

Wiffenſchaft und Literatur , theils mit dem der Erziehung ſeiner Kinder ; er trieb Vertraute Geldichte. Sachſen . 3. Bb.

theils mit Kunſt , Unterricht und

ſeine väterliche 19

Für

-

290

forge ſo weit, daß

er

den Unterricht nicht nur überwachte,

ſondern meiſt ſelbſt ertheilte, was er um als

er auf allen

den

Jahren

von

Philalethes “ mödie"

Gebieten

des

ſo leichter konnte,

Wiſſens zu

Hauſe iſt.

1839 bis 1849 gab er unter dem

eine Ueberſegung von

Dant's

In

Namen

göttlicher Ko

heraus und hat ſich dadurch ſelbſt in den weiteſten

wiſſenſchaftlichen Kreiſen einen vortheilhaften und bleibenden Ruf gegründet. Ungeachtet

ſeiner gelehrten

Arbeiten , ſeiner wahrhaft

väterlichen Liebe zu ſeinen Kindern und ſeiner ſonſtigen Thä tigkeit im

Dienſte

bis zu ſeinem

des Vaterlandes

Regierungs - Antritte

larität gewonnen zu rechteſten ganz

Demonſtration ,

Weiſe

nicht diejenige Popu

Im

Jahre 1845 war er ſogar

die Urſache

die ſchnell einen

annahm , daß ein

mindeſtens

haben , auf die er in der That die ge

Anſprüche hatte.

unſchuldiger

dig wurde.

ſcheint er

Einſchreiten

ſo

einer

unerquidlichen

gefährlichen

Charakter

der Militairmacht nothwen

Die Sache verhielt ſich folgendermaßen :

Die nach Freiheit ſtrebende Parthei von 1848 und 1849 machte ſchon damals eine ſehr ernſte Miene, um

ſich zur Gel

tung zu bringen .

Da ſie aber noch unſchlüſſig war, wo und

wie ſie beginnen

follte , ſo tauchte plößlich in

das Gerücht auf, der edle Prinz Johann dem einem

Jeſuitismus beizutreten .

König

ihrer Mitte die Abſicht,

Eine ſolche Behauptung von und feingebildete , edle

Manne, wie der kluge

achtungswerthe

habe

Johann ,

klingt albern

und

und

wenig

glaubhaft; dennoch fand fie in der großen Maſſe des Volkes viele Anhänger , das ohnehin

längſt mit einer gewiſſen Un

zufriedenheit auf die katholiſche Religion des Hofes geblickt hatte. Wer der urſprüngliche Erfinder dieſes abgeſchmackten Gerüchts geweſen , iſt nicht ermittelt worden ; wohl aber, daß

291

fich viele Mitglieder der deutſch -katholiſchen Parthei hergaben , daſſelbe weiter zu verbreiten und auszubeuten . Die Demonſtration wurde durch das Militair beſeitigt. Sie hatte übrigens dem geneigt und kräftig

fächſiſchen Volke gezeigt, daß Johann

zu

jedem

Widerſtande

ſei.

Und eine

folche Wahrnehmung wird immer den Anhang eines Fürſten vergrößern .

Selbſt ſeine etwaigen Gegner werden durch ſein

muthvolles und

entſchiedenes

Auftreten wider ihren

Willen

zu einer ſtillen Bewunderung hingeriſſen , der dann auch bald Liebe, Treue und Ergebenheit folgen .

Beim

Tode Friedrichs Auguſts

II. waren

nur

Wenige

in Sachſen vorhanden , welche glaubten , Johann werde die Regierung übernehmen ; meiſt Ale neigten

ſich

der

Anſicht

zu , er werde zu Gunſten ſeines älteſten Sohnes darauf Ver zicht leiſten .

Man

hatte fich

geirrt.

Es dürfte überhaupt

wohl ſelten vorkommen , daß ein Mann die Königskrone aus ſchlägt , die fein Sohn

einſt zu tragen beſtimmt iſt.

reiferes Alter und ſeine größere Erfahrung machen gewiſſermaßen Sohne in

zur

Pflicht , ſelber zu

regieren , um

Sein es

ihm

feinem

der Art und Weiſe ſeiner Regierung einen An

haltepunkt für deffen

dereinſtige Wirkſamkeit als Regent zu

gewähren . Sachſen hat bis jeßt meiſt nur Fürſten an ſeiner Spiße gehabt, deren vornehmſte Sorge dahin ging, Vater im Kreiſe ihrer Unterthanen zu ſein . ziehung ſeinen

Johann I. ſchließt ſich in dieſer Be

Vorfahren würdig an , und hat die Genug

thuung, dies durch die ihm

überall entgegen kommende Liebe

feines Volkes anerkannt zu

ſehen .

Sein

Regierungsantritt

brachte

keine Veränderung in

die Geſammtverwaltung des Staates; er wechſelte nicht ein mal das Miniſterium .

Von Anfang an zeigte er ein lebens 19 *

292

diges

Intereſſe

an

allen

Regierungs -Angelegenheiten

und

nahm perſönlich an den wöchentlichen Sißungen ſeines Staats miniſterii Theil.

Auch gab

er

eine öffentliche

Erklärung

derart ab : „ daß er alle Zeit ein wachſames Auge ſowohl auf ſeine höheren , als auch niederen

Beamten haben und dafür

forgen werde, daß Jedermann ſeine Pfllicht erfülle, in wel cher Beziehung er

ſelbſt mit einem

guten

Beiſpiele voran

geben wolle und werde." Eine derartige freimüthige Erklärung mußte einem

Volke , das man

muß, populär machen . ihm

Ernſt mit ſeinen

gemüthlich

und

Auch berief er, um Verſprechungen

gefühlvoll

ihn

bei

nennen

zu zeigen , daß es

ſei, einen außerordent

lichen Landtag , der ſchon am 11. October 1854 wurde. Derſelbe erhöhte die königliche Civilliſte um

eröffnet jährlich

56,111 Thaler und ſeşte deren Geſammtſumme auf jährlich 570,000

Thaler feft.

außerordentliche 5. Januar

1855

Am

Landtag

29. Dezember 1854 wurde dieſer geſchloſſen ,

doch

trat

ſchon

am

der ordentliche Landtag zuſammen , nach

dem

zuvor in der zweiten Kammer ein Drittel der Mitglie der durch neue Wahlen erſekt worden war. Die Vorlagen umfaßten diesmal nur das Nothwendigſte; ſie beſchränkten ſich neben dem Budget für 1855 1857 und der Staats rechnung von 1849 bis 1851 nur auf die Kreditforderungen für Eiſenbahnbauten , auf Eiſenbahn- und Telegraphen -An gelegenheiten . Auch wurden Maßregeln wegen der herrſchenden Theurung und deren Verhütung vorgeſchlagen und angenommen ; eine neue Landtagsordnung

und Geſeße über das

Inſtitut

der Friedensrichter, über Regulirung der Ausübung des Jagd rechts erlaſſen ; die körperliche Züchtigung, ſelbſt für Frauen , als Polizeiſtrafe wieder eingeführt, und eine Militairgerichts ordnung, ſowie Nachträge zum

Erpropriationsgeſe

veröffent

293

licht.

Am

und am

7. Auguſt

1855 wurde der Landtag geſchloſſen ,

11. deſſelben Monats ſchon

erfolgte die Publikation

des Gefeßes über die Organiſation der tungsbehörden

erſter

Juſtiz- und Verwal

Inſtanz und über die Einrichtung des

Friedensrichterinſtituts .

Am

5.

September

erſchienen

das

Strafgeſegbuch und das Militairſtrafgeſek . Durch eine ſo ſchnelle und der Zeit entſprechende Regu lirung der geſeblichen Verhältniſſe im Königreich Sachſen er warb fich Johann I. die Achtung des ganzen Europa's.

Dieſe

wurde noch durch ſeinen außerordentlichen Geſandten , welchen er in

der Perſon

ſeines Staatsminiſter von Beuſt nach Paris

fchickte, ungemein

erhöht. Als Erfolg dieſer Reiſe wird auchy

der bedeutende Einfluß betrachtet , welchen man der

im

De

cember 1855 erfolgten Miſſion des fächſiſchen Geſandten am Hofe zu Paris , von Seebach, nach

Petersburg mit volem

Rechte zuſchrieb.

Die Maßregeln , welche auf dem

am

5. Januar 1855

eröffneten ordentlichen Landtage zur Milderung der allgemei nen

Theuerung in Vorſchlag gebracht und angenommen waren ,

{ cheinen ſich nicht bewährt zu haben , oder die Theuerung hatte bereits ſo empfindlich das Mark des Volkes ergriffen , daß eine Abhilfe von ihnen erſt für eine ſpätere Zeit zu erwarten ſtand. Die allgemeine Noth hatte ſo ſtark um

ſich gegriffen und in

einzelnen Gegenden Sachſens, beſonders in den ten

des Erzgebirges, bis

zum

Weberdiſtrik

eine ſo enorme

Herbſt 1856

Höhe erreicht, daß überall der entfeßliche Hungertyphus aus brach, welcher mit ſo verheerender Schnelle um in vielen griffen

Orten

fidz griff, daß

der vierte Theil der Einwohner davon er

und großen Theils getödtet wurde.

dauerlicher Zuſtand eines Volkes tig laſſen kann , iſt begreiflich.

den

Daß ein ſo be

Fürſten nicht gleichgil

Seitens Johanns

I. wurden

294

die mannichfachſten Anordnungen zur Linderung dieſes Noth ſtandes erlaſſen , auch Lebensmittel und baare Unterſtüßungen an die Armen ertheilt; doch war dies Alles nicht im Stande, jene ſchredliche Krankheit aufzuhalten , die ihren Samen nicht erſt heute oder geſtern , ſondern vielleicht ſchon ſeit langer Zeit ausgeſtreut hatte . Johann I. litt entſeglich bei dem

Unglück ſeiner Unter

thanen , wie dies nicht anders ſein konnte, da das fächfiſche Königthum

immer mehr

ein Familienthum fein



wenn wir

ſo

ſagen dürfen

iſt, wo der Monarch fich als Vater und

Volk als feine Kinder

betrachtet.

doppelt angreifen , da er felber in

dem

Es mußte ihn aber Kreiſe feiner Gemah

lin und Kinder ein wahrhaft ſchönes Familienleben führt und ihm

als humanen

und wiffenſchaftlich gebildeten Mann die

Leiden feines Landes noch weit ſchwärzer und unheivoller er ſcheinen . Im

Monat April 1856 wurde in Dresden eine allge

meine deutſche Kreditbank gegründet, welche mittelſt eines kö niglichen

Patentes vom

2. Mai deſſelben

Jahres ihre Beſtä

tigung erhielt und fich in der Folge als ein höchſt wohlthä tiges

Inſtitut herausgeſtellt hat.

Anderen deutſchen am

Staaten vorangehend, ſchloß Sachſen

27. Auguſt 1856 mit Frankreich einen

Vertrag wegen .

eines gegenſeitigen Schußes des literariſchen Eigenthums ab . Die fächſiſchen Kommunalgarden haben dadurch , daß der jeßige König bei ihrer Gründung das Kommando übernom men hatte , ungemein viel gewonnen ; mit Recht müffen als

ein

Beſtandtheil der bewaffneten Macht des

trachtet werden und als Solchen wird man ges Leben vorherſagen

können . Um

dauern , daß es Anfangs

Juli

fie

Landes be

ihr auch ein lan

ſo mehr aber iſt zu be

1860 zwiſchen

ihr und der

295

leipziger Studentenſchaft zu ziemlich ernſten Conflikten gekom men war. Der zeitige Rektor der Univerſität, Herr von Wäch ter, befand ſich auf einer längeren Urlaubsreiſe, kehrte aber nach erhaltener Mittheilung von den vorgekommenen Reibungen zwiſchen den Studenten und der Kommunalgarde ſofort nach Leipzig zurück . er ſchon am

Daſelbſt am

10. Juli eintreffend , verſammelte

11. deſſelben Monats Nachmittags die Studen

tenſchaft um ſich und machte ſie in einer längeren , höchſt geiſt reichen Rede darauf aufmerkſam , daß man von Männern , die nach abſolvirten Studien durch ihren Beruf theils dem ten-, theils dem

Beam

höheren Bürgerſtande angehören , mit Recht

mehr Mäßigung und Ruhe erwarte, als ſie bisher

gezeigt.

Schließlich ermahnte er ſie noch, Alles zu vermeiden , was in irgend welcher Weiſe

zu einem

Conflikt führen

könnte und

ſprach die Hoffnung aus, daß feine Rede genügen werde, fie ihren ehrenhaften Standpunkt, welchen ſie in der Geſellſchaft

. einzunehmen berufen

ſeien , erkennen und feſthalten zu laſſen .

Die ganze Studentenſchaft brachte auf den Redner ein don nerndes Lebehoch aus, ein Beweis, wie ſehr ſie die Wahrheit ſeiner Worte erkannt hatten .

Es kam

auch kein Zuſammen

ftoß mit der Kommunalgarde wieder vor. Die Univerſität zu Leipzig wird übrigens nicht mehr ſo ſtark beſucht, als dies früher der Fall war ; die Zahl der dort Stugirenden beläuft ſich auf etwa 400 , worunter allerdings fich viele Ausländer befinden . Es würde innig bedauert werden müſſen , wenn ähnliche Ereigniſſe öfter einträten , zumal da dies nem muß.

feinfühlenden

Herzen

wirklichen

Johann

Rummer

I. bei ſei verurſachen

Ganz Deutſchland erkennt ſeine ungewöhnlich geiſtige

Befähigung an , und es muß auf ihn deshalb auch einen häß lichen

Eindruck machen , wenn bei aller dieſer

Befähigung

296

unter ſeinen eigenen Augen dergleichen bedauerliche Ereigniſſe eintreten . Darüber, daß der König von Sachſen gen

Fürften

Deutſchlands einer hohen

ſich von den übri

uud

ungewöhnlichen

Achtung zu erfreuen hat, lieferte die Badener Zuſammenkunft im

Jahre

1860 den

beſten

Beweis .

Hier im

Männern , die berufen ſind, ein ganzes

Kreiſe von

Volk zu

leiten

und

zu regieren und eine demgemäß entſprechende Ausbildung em pfangen haben , wurde

Johann

I. einſtimmig

erwählt, die

Protokolle zu redigiren, die von ſämmtlichen anweſenden Mo narchen unterzeichnet wurden .

Daß gerade auf den

König

von Sachſen die Wahl fiel, hatte ſeinen hauptſächlichſten Grund darin , daß derſelbe bei ſeiner früheren

Thätigkeit in der erſten

fächſiſchen Kammer eine Geſchäftsgewandtheit erlangt hat, wie ſie wohl keinem

anderen gekrönten Haupte in dem

wohnen mag.

-

Johann

die ſchwierigſten Referate

I., damals noch im

Maße bei

Prinz, hatte ſtets

ſächſiſchen Oberhauſe mit einer

Gründlichkeit und Klarheit ausgearbeitet und vorgetragen , die praktiſch gebildeten

einem

haben würde.

Juriſten zur höchſten

Ehre gereicht

Das war aber auch natürlich : von

jeher hat

er immer eine ungewöhnliche Neigung zu gerichtlichen Arbei ten gehabtund ganze Tage ſich mit Aktenleſen beſchäftigt, wodurch allein in niß

es ihm nur gelingen

der

konnte , theils felbſt Gewandtheit

Abfaſſung von Protokollen , theils aber auch Stennt

von den

langen .

Rechtsverhältniſſen ſeines

Vaterlandes zu

er

Unter der Regierung eines fo würdigen, allſeitig ge

bildeten und im

Geſchäftsleben

ſo gewandten

Fürſten

dürfte

ein ungerechtes Richterurtheil zu den Unmöglichkeiten gehören ! Glücklich

ein

Volk ,

über

das

ein

ſolcher Mann

ſeinen

Scepter führt. Johann

I. hat ſich am

21. November 1822 mit der

297

am

13. November 1801 geborenen

Prinzeſſin

Amalie von

Baiern vermählt, welche ihn mit drei Prinzen und ſechs Prin zeſſinnen beſchenkte. nur noch Leben : 1.

fünf ,

Von

dieſen neun Kindern find übrigens

zwei Prinze

und

drei Prinzeſſinnen , am

Albert , Kronprinz, geboren am

23. April 1828 , er

zogen von Herrn von Langen und vermählt ſeit dem 18. Juni 1853 mit der Prinzeſſin Karoline von Waſa , geboren am

5. Auguſt 1833;

2. Georg, geboren am 8. Auguſt 1832 und vermählt ſeit dem

11. Mai 1859 ;

Die Herzogin - Wittwe von Genua ;

3.

16. Auguſt 1834 ; und

4. Sidonie , geboren am 5. Sophia, geboren am Dem

15. März 1845 .

Frankfurter Muſeum

vollſtändigung

der

entnehmen wir noch zur Ver

Charakterſchilderung König

Johann's

I.

wörtlich Folgendes : Seine geiſtige Befähigung und die Vielſeitigkeit, wie Gründlichkeit ſeiner Bildung waren allgemein bekannt, nicht minder ſeines

die Feſtigkeit feines Sinnes Charakters.

und Selbſtändigkeit

Man glaubte, annehmen

zu

dürfen ,

daß mit König Johann eine perſönliche Regierung beginnen werde , daß fich neue Geſichtspunkte geltend machen , daß insbeſondere Wiſſenſchaft Pflege erfahren werden . ſten , die ſich genugſam dem

Regenten erſah man

und Kunſt eine

hervorragende

Der menſchlichen Seite des Für erprobt, war man gewiß , an fich Bedeutendes.

In der erſten

Beziehung hat ſich Sachſen nicht getäuſcht: es beſigt einen in

jeder Beziehung hochehrenwertben

Fürſten , der in Hin

ficht der Bildung, des Fleißes , des Wohlwollens, und als Familienvater wohl als ſeltenes Vorbild gelten darf. Mag

298

jene andere Erwartung zu

1

gewiß nur , daß ſie ſich außen hin

hoch

geſpannt geweſen

nicht ganz erfüllt hat.*)

iſt nur eine faſt zu

ſein , Nach

große Regſamkeit ſichtbar

geworden , von den Einrichtungen und Zuſtänden der öffent lichen

Anſtalten

im

Gerichts-, Verwaltungs- und Unter

richtsweſen perſönlich Kenntniß zu nehmen . „ Weſentliche

Veränderungen

der leitenden

Geſichts

punkte ſind nicht wahrnehmbar geworden , und ganz beſon ders - hat ſich die Hoffnung getäuſcht geſehen , daß Wiſſen ſchaft und Kunſt eine unmittelbare naddrückliche Förderung erfahren werden , ohne daß erſt die Kräfte des Landes her ausgezogen würden ; eine Hoffnung, der man

im

Hinblick

auf die Eigenſchaften des Fürſten , wie des Landes ihr gutes Recht wohl nicht beſtreiten könnte . Man kann darum nicht ſagen , daß König nießt , im daran

Johann, bei aller Verehrung , die er ge

guten Sinne des Wortes populär ſei.**)

iſt . zum

Und

Theil auch

jene nicht unbekannte Eigen

thümlichkeit des fächſiſchen

Hofes Schuld , die ihn durch

eine ſteife Etiquette und eine uralte Hofrangordnung ſo ziemlich unnahbar gemacht. in

dem

Uebermaß

fie' würden wahrlich

Wüßten die Fürſten , was ihnen

dieſer Abgeſchloffenheit verloren gerade da

reformiren , wo

geht,

es doch

nur eines entſchiedenen Willens zur Aenderung bedarf .“

Wir ſtimmen König

mit dem

Verfaſſer

dieſer Schilderung

Johann's I. in Bezug auf das ſteife Ceremoniel des

Hofes vollkommen

überein , doch läßt ſich

auch wiederum

* ) Sft auch beinahe eine Unmöglichkeit während dieſer bis jeßt kurzen Regierung. **) Die allgemeine Verehrung eines Fürſten , wie ſie der Verfaffer bei Johann I. zugiebt, ſcheint mir ſchon den Begriff der Popularität in fich zu vereinen .

299

keineswegs verkennen , daß auch die Fürſten

von Schwächen

nicht befreit ſind und daß alle wiſſenſchaftliche Bildung die Wir haben bei Fried

felben nicht unmöglich machen kann .

rich Auguſt I. geſehen, daß er ſelbſt in ſeiner Gefangenſchaft zu

Friedrichsfelde bei Berlin , wo ſein Unglück doch unzwei

felhaft die höchſte Stufe erreicht hatte, der unbehaglichen Hof etiquette treugeblieben zu bedenken

iſt.

geben , daß das

Außerdem

müſſen wir noch wohl

Ceremoniel des fächſiſchen Hofes

nicht vereinzelt daſteht, ſondern ohne Ausnahme überall an getroffen

wird .

Freilich ſollte man meinen , daß

einem

ſo

edlen Fürſten , wie Johann I. iſt, eine derartige Abgeſchloſſen heit zuwider und läſtig iſt und daß unter der Wucht derſel ben fein tieffühlendes Herz nur zu

leiden

hat; würde er es

jedoch unternehmen , die Schranke zu durchbrechen , dann wäre aller Nimbus verloren , ohne den ein Königsthron nicht recht denkbar ſcheint. Möge Gott den König Johann noch lange zum ſeines Volkes und zum

Glück ſeiner eigenen

ten , und der Kronprinz , wenn geſchmückt iſt , in

fein

Segen

Familie erhal

Haupt von

der Krone

demſelben Sinne da fortarbeiten , wo ſein

königlicher Vater ſtehen geblieben iſt.

300

Ein und z w

a uz i gft e $

Rap i tel.

Das Civil Die Kirchenordnung. Der Landtag von 1860--1861. Samm Schluß des Landtags und die königliche Shronrede. geſekbuch. Der Marine-Angelegenheiten . lungen für die Verwundeten von Gaeta . Rietſchel · Das Miniſterium von Beuft. Juriftentag in Dresden von 1861. Es iſt faſt eine Unmöglichkeit, jegt ſchon nach

einer ſo

kurzen Regierungszeit ein erſchöpfendes Urtheil über Johann I. zu fällen . Indem wir dies einer ſpäteren Zeit überlaſſen , wollen wir uns nur darauf beſchränken , eine klare Zuſammen ſtellung ſeiner

Thätigkeit und derjenigen ſeiner Miniſter und

des Landtages zu

liefern .

Anfangs November 1860 waren die des abermals zuſammen zum

Präſidenten

Vertreter des lan

berufen , der Baron

von Frieſen

der erſten , Haberkorn zum

Präſidenten

der zweiten Kammer ernannt und die Eröffnung beider Häu ſer auf den

7. November feſtgeſeßt, die dann auch mit einer

geiſtreichen Rede des Königs Statt fand.

Die Verhandlun

gen des Landtags erſtreckten fich hauptſächlich thungen

auf die Bera

einer neuen Kirchenordnung und auf die ſchleswig

holſtein'ſchen

Verhältniſſe .

Die Erſtere hat in einem

großen

Theile des Landes eine ſehr lebendige Oppoſition hervorgeru fen , und als beſonders die erſte Kammer nach den beendigten Weihnachtsferien beginnen

im

ließ , fand

Januar 1861

ihre Sißungen

fie große Maffen

von

wieder

Petitionen

und

Adreſſen vor, welche natürlich hinreichend Gelegenheit zu hef tigen Debatten boten und die wohl als Hauptgrund betrachtet werden müſſen , daß das Geſeg

durchfiel.

301

Günſtiger dagegen geſtaltete ſich die ſchleswig -holſtein'ſche Angelegenheit.

Der

ehemalige

Staatsminiſter

Dr. Braun

ſtellte einen Antrag , dahin gehend, daß die zweite Kammer mit der Erſten gemeinſchaftlich die Staatregierung erſuchen ſollte, im Bundeswege auf ehebaldige Herſtellung des in dem Friedensſchluſſe mit Dänemark in deſſen , unterm 29. Juli 1852 von Seiten

des deutſchen Bundes genehmigter Bekannt

machung vom 28. Januar 1852 verbürgten Rechtszuſtandes in den Herzogthümern Schleswig und Holſtein hinzuwirken , auch eintretenden Falles ihre Bereitwilligkeit zum Anſchluſſe an die in dieſer Angelegenheit zuläffigen Zwangsmaßregeln Bunde erklären . Der Staatminiſter von Beuſt.ſtimmte im königlichen Regierung dieſem

beim

Namen der

Antrage volſtändig bei, und der

vormalige Miniſter Georgi ſagte : das induſtrielle Sachſen habe

gewiß

ein

Intereſſe

an der Erhaltung des

Friedens ,

gleichwohl dürfe dieſe Rücficht allein nicht maßgebend ſein , und obgleich dieſe Angelegenheit zum

Theil eine völkerrecht

liche ſei, ſo müſſe der Bund doch Etwas darin thun , wolle er nicht an ſeinem Auch ein

Civilgeſezbuch kam

zur Verhandlung. 1861

Anſeben verlieren . in

ihre Spezialberathung darüber.

lagen wurden

dieſer Seſſion wieder

Die zweite Rammer beendete am 23. Juli Die Regierungsvor

angenommen mit Ausnahme des Verbots der

Vormundſchaft von Nichtchriften über Chriſten und der Aus ſchließung

der

Pflichttheilsberechtigung durch

ein

gemeines

Verbrechen mit 62 gegen 4 Stimmen . Am 6. Auguſt 1861 hielt

die erſte Stammer ihre legte

Sißung, in welcher noch das ganze Finanzgeſep über das Budget für 1861 bis 1863 einſtimmig angenommen wurde. Tags darauf fand der feierliche Schluß des zehnten ordent

302

lichen Landtags im Auftrage des Königs durch den Kron Die Thronrede prinzen im königlichen Schloffe Statt. lautete : Meine Herren Stände ! jährigen

ftändiſchen Wirkſamkeit

Am Schluſſe Ihrer dies

kann

ich nur mit wahrer

Befriedigung auf die erlangten Reſultate zurückblicken . große Anzahl wichtiger Gegenſtände

iſt zur

Eine

Verabſchiedung

gelangt, mehrere lang gefühlte Bedürfniſſe find befriedigt und vieljährige worden .

Bemühungen Beſonders

einem

erfreulich

glücklichen

Ziele zugeführt

iſt es Mir zunächſt

geweſen ,

daß bei Berathung der Gewerbeordnung das Princip der. Gewerbefreiheit mit ſo großer Einhelligkeit ange nommen

und

conſequent durchgeführt worden

einflußreichen

Vorſchritt

den

hat und daß das Geſez , kreuzenden mit

iſt.

Es ge

die Hoffnung , daß die Gefeßgebung für jenen

währt dies

Intereſſen , doch

der Ueberzeugung

werden wird.

richtigen

Augenblick

ungeachtet der vielen

in den betheiligten Kreiſen auch

von

Möge es zu

deſſen Nüßlichkeit aufgenommen fernerm

Gedeihen

und reichem

Aufblühen unſers, für das Vaterland ſo wichtigen weſens dienen .

getroffen dabei ficy

Gewerbe

Ich Mich dagegen bewogen gefunden ,

Habe

den Entwurf einer Kirchenordnung für die evangeliſch lutheriſche Kirche Sachfens noch vor

Beendigung der

Berathung in beiden Kammern zurückzuziehen , ſo geſchah dies in

der

Ueberzeugung, daß

bei der großen

der obwaltenden Meinungen ein bei nicht zu Reife

erwarten

Verſchiedenheit

gedeihliches Reſultat hier

ſtebe und eben der rechte Moment der

für dieſe tiefeingreifende Angelegenheit noch

nicht ge

kommen ſei, wogegen die Zukunft eine größere Abklärung der Anſichten Ihrer

hoffen

läßt.

Als

Berathungen betrachte

eins der Ich ferner

ſchönſten

Ergebniſſe

die Verabſchiedung

303

des neuen Wahlgeſeßes und des Geſeges, einige Abän derungen der Verfaſſungsurkunde betreffend, bei wel chen , ohne den bewährten Grundlagen unſerer Verfaſſung zu nabe zu

treten , dem wahrhaft praktiſchen Bedürfniſſe Rech

nung getragen worden

iſt.

Sie iſt ein

Zeugniß

der Reife

und Beſonnenheit, mit welcher auch ſchwierige und politiſche Fragen

von

werden .

der fächſiſchen

Ständeverſammlung

Nicht minder anerkennungswerth

behandelt

iſt auch die Ent:

ſchloſſenheit, mit der Sie, um

das Zuſtandekommen

zweier

großen Werke nicht zu

unter

indivi

ſtören ,

dueller Wünſche und Anſichten , zu

dem

Entwurfe

zu

dem

allgemeinen

gegeben haben.

Ihre ſtändiſche Zuſtimmung

eines bürgerlichen deutſchen

würdigen

in

Handelsgeſebuche

vielfach und zuerſt von

Aller Andenken

der Ständeverſammlung in

Geſepbuchs und

Durch das erſtere wird nicht nur ein feit

der Begründung unſerer Verfaſſung einem

Zurückſtellung

in

gebliebenen

Mitgliede

Anregung gekommener Wunſch

Erfüllung gebracht und die darauf verwendete lange und

ſchwierige Arbeit mit Erfolg gekrönt, ſondern auch die Hoff nung

begründet, Einheit

namhaften Theile legtere wird dieſe derſelben

am

des bürgerlichen

Rechts in einem

Deutſchlands herzuſtellen . Durch das Rechtseinheit auf einem Gebiete , das

meiſten bedarf, hoffentlich in allen Bundes

ſtaaten oder doch in hergeſtellt werden .

der überwiegenden Mehrzahl derſelben Das

Zuſtandekommen

Werkes auf bundesverfaſſungsmäßigem

dieſes

wichtigen

Wege begründet aber

zugleich die Erwartung , daß das Band, welches ganz Deutſch land umfaßt, auch ferner für die Wohlfahrt des Geſammt vaterlandes fich wirkſam erweiſen werde. Durch das Geſep , die

Gerichtsbehörden

bei

der

königlich

fächſiſchen

Armee betreffend, und die Militairgerichtsordnung wird das

304

Syſtem

unſeres Strafverfahrens vervollſtändigen .

Gefeß , die Erläuterung

einiger Artikel des

Durch das

Strafgeſeß

buchs und der Strafprozeßordnung betreffend , werden die weſentlichſten Uebelſtände, welche in der Praxis bei Hand habung dieſer Geſeße fich ergeben das Gefeß

haben , beſeitigt.

zu gütlicher und koſtenfreier

Durch

Vermittelung

tiger Civilanſprüche und das Gefeß zu

ſtrei

Abkürzung und

Vereinfachung des bürgerlichen Prozeßverfahrens wird dem

Lande, unerwartet des Erlaffes der in der Bearbeitung

begriffenen Civilprozeßordnung, die Wohlthat erleichterter und beſchleunigter

Rechtshülfe zu

Theil, ſowie

ſtimmung zu den von der Regierung dem offerirten dem

Bedingungen

hoffentlich

Gebiete des Strafverfahrens

die

durch

Ihre Zu

Hauſe Schönburg

leßte Anomalie auf

verſchwinden

wird.

gefühlte Bedürfniſſe werden auch durch das auf dem

Oft

Grund

faße der Claſſification beruhende neue Brandkaſſengeſetz und die Aufhebung der Cavillereigerechtſame ihre Be friedigung finden . Für die längſt als nöthig erkannte Me dizinalreform

iſt durch die ſtändiſchen Beſchlüſſe eine feſte

Grundlage gewonnen , auf welcher , in dadurch fchen

bedingten

Aufhebung

Verbindung mit der

der mediziniſch - chirurgi

Akademie, weiter gebaut werden

ſoll.

Durch

die

Errichtung einer Landeskulturrentenbank endlich wird dem

Gefeß

geſichert. haben

vom Den

15. Auguſt

1855

Sie meiner

gemacht, theils zu

Verbeſſerungen

Maaßregeln ; zu umfaſſenden

Zwecke.

benußend

Regierung reichliche Geldbewilligungen

Kirche, Schule und Univerſität zu

weſen , zu

ſeine volle Wirkſamkeit

günſtigen Stand unſrer Finanzen

im

Einzelnen , theils für Durchführung wichtiger

Verbefferungen im

Eiſenbahn

Erhaltung der Elbſchifffahrt und für militairiſche

Empfangen Sie dafür Meinen

Dank.

Wenn Sie

305

endlich noch in

den leßten

gierung den nöthigen

Tagen

Ihrer Wirkſamkeit der Re

Credit eröffnet und die erforderlichen

Ermächtigungen zu Herſtellung zweier neuer Eiſenbahnen unter angemeſſenen Bedingungen ertheilt haben , ſo wird dieſe Entſchließung , wie ich von

dem

zuverſichtlich

günſtigſten Erfolge

hoffe , in

der Zukunft

für Handel und Gewerbe be

gleitet ſein . So hat denn dieſerº Landtag den Beweis gelte fert, daß

ſelbſt in

einer Zeit mannigfacher politiſcher Auf

regung und bei zahlreichen Meinungsverſchiedenheiten

durch

ruhigen und aufrichtigen Austauſch der Anſichten und treues Feſthalten an dem Allen gemeinſamen Streben für das Beſte des

Vaterlandes die ſchwierigſten

glüdlichſten von dem

Reſultate erzielt werden

gelöſt und die

können .

Möge Gott,

alles Gedeihen kommt, unſre gemeinſchaftlichen Be

mühungen fegnen zum O !

Aufgaben

Wenn

Wohl des theuern Sachſenlandes !"

in den Regierungskreiſen , wie es unter Johann I.

der Fall iſt, ſich überall eine höhere Lebendigkeit fund giebt, fo bleibt in der Regel die Geſammtbevölkerung hinter dieſen Beſtrebungen nicht zurück . reges

Das fächfiſche Volk hat ſtets ein

Intereſſe nicht nur für ſeine eigenen Angelegenheiten ,

ſondern

auch

für die des

Tag gelegt.

ganzen

übrigen Europa's an den

Es wird ſich deshalb auch Niemand gewundert

haben , als zu

Anfange Februar’8 1861 im

Dresdner

Jour

nal ein Auffaß gefunden wurde, der Italien betraf und von dem dem

Oberforſtmeiſter von Berlepſdh, Herrn von Fabrice-Wolde, Baron

von

Frieſen -Rötha , Dr. A. Keil , Oberſt von

Röder und noch mehreren

anderen Männern

unterzeichnet

war. Das fächſiſche Volt ward durch denſelben aufgefordert, Geldbeiträge für die por Gaeta verwundeten Unterthanen des Königs Franz einzuſenden .

Sind wir behindert,“ heißt

es in jener Aufforderung, „mit der Kraft des Armes Beiſtand 20 Vertraute Geſchichte. Sadſen . 3. Bd.

---

306

zu

begeiſterten Zuruf

durch den

leiſten , ſo können wir doch

der Ehrfurcht und Bewunderung moraliſche Erfriſchung rei ſo können wir die Wahrheit, die Kraft unſeres Mit: chen gefühls

Darbringung edlen Metalles bethätigen ,

durch die

welches geeignet iſt,

ſowohl dem

Heldenarm

Waffen zu lie

fern , als auch den verwundeten Kriegern Linderung und Hei Bis zum 16. Februar waren lung zu verſchaffen . u . . w . drittehalb Tauſend Thaler eingelaufen , welche an

etwa die

Königin

von

Maria

ſind.

geſandt worden

Neapel

Faſt gleichzeitig mit dem vorſtehend erwähnten Aufruf erſchien auch ein Gouvernementsbefehl, legaliſirt durch die Unterſchrift des Gouvernementsadjutanten , worin die Verwundeten

von

zweite Aufruf bot dem

aufgefordert

Gaeta

wurde.

für

Dieſer

zur zweiten Kammer gewählten Ab

geordneten Riedel Gelegenheit zu er das Erſcheinen

Sammlungen

zu

einer Erklärung derart, daß

einer ſolchen Aufforderung bedauern und

Indem über die Echtheit derſelben Auskunft erbitten müſſe. der Staatsminiſter von Rabenhorſt darauf entgegnete , daß ihm

dieſelbe ganz fremd, fügte er nod

ſehr treffend hinzu :

daß er ſich darüber aber freue , weil darin von einer Hilfe für Verwundete die Rede.ſei, welche man ohne Anſehn der Perſon überall gewähren müſſe, wo man könne. Bei den

neueſten Beſtrebungen

Preußens , für fich be

Handelsvertrag mit

Frankreich abzuſchließen ,

ſonders

einen

tauchten

verſchiedene

meiſten

Gerüchte auf, nach deren

Mittelſtaaten

Deutſchlands

gegen

die

Inhalt

die

Abſchließung

eines ſolchen Vertrages ohne die Zuſtimmung der übrigen deut fchen Mächte Proteſt erhoben haben und Würtemberg

war

auch

Sacſen

ſollten . Neben genannt.

Baiern

Glücklicher

Weiſe waren es eben nur Gerüchte, mindeſtens erſcheint Sach fen ganz unbetheiligt dabei, Sachſen , das durch ſeinen Mi

307

niſter von Beuft in

der Kammerſißung vom

bei der Verhandlung

7. Januar 1861

ſchleswig- holſtein'ſchen

der

heiten frei und öffentlich erklären

Angelegen

ließ , daß man Preußen das

Recht der Führerſchaft weder beſtreiten wolle, noch werde.

Wenn

folche

Erklärungen

vorangegangen

ſind, ſo er

ſcheint jene Behauptung, auch Sachſen habe ſich jenem

Pro

teſt wegen des Handelsvertrages zwiſchen Preußen und Frank reich angeſchloſſen , vollſtändig eine

aus

darauf erfolgte Widerlegung

ganz überflüffig zu ſein.

der Luft gegriffen , und des Dresdener

Journals

Sachſen beweiſt übrigens auch nody

durch ſpätere Ereigniſſe, daß es den

Grundſaß, welchen Herr

von Beuſt in die

der erwähnten Kammerfißung , daß Preußen Führerſchaft zukomme, ausgeſprochen , aufrecht erhalten

wiſſen will.

Dies zeigt ſich vornehmlich

Angelegenheiten .

Es

ſind

in

in den

Leipzig Anfang8

Marine Juli 1861

Verſammlungen abgehalten worden, welche den Zweck hatten , für Anſchaffung einer Kanonenboot- Flottille zu ſorgen . r Die allgemeine Strömung ging dahin ,"

berichtet ein offizielles

Journal , ,,die zu erſchaffende deutſche Flotte nicht wieder ins Blaue hinein zu errichten , ſondern ſie unter den

fehr realen

Schuß der preußiſchen Flotte zu ſtellen u . f. w .

Die ſchließ =

liche Abſtimmung gab eine eminente Mehrheit für die zu Gun ften Preußens lautende Reſolution .“ Es wurde in der Ver fammlung vom

15. Juli die Sammlung von Beiträgen zur Anſchaffung einer Kanonenboot-Flottile beſchloſſen , und waren

bis zum

4. Auguſt 1861 bereits über eintauſend Thaler ein =

gegangen , während in dem Sammlungen zu gleichem

bei weitem

größeren Preußen die

Zwede in eben derſelben Zeit kaum

den vierten Theil derſelben ergeben

haben ! Ein Beweis , wie

ungemein rege das fächſiſche Volk Fiſt und mit welcher lebens 20 *

308

digen

ſich zum

Thätigkeit es

Verſammlung ten

dieſer

in

der

in

auch

dienender

Diefelbe erfreuliche Wahrnehmung

Beſtrebungen unterzieht. konnte man

Beſten

allgemeinen

deutſcher

zuſammenberufenen

Dresden

Juriſten

machen !

Präſiden

Zum

Juriſtenverſammlung iſt der Generalſtaatsanwalt

Dr. Schwarze in Dresden , ein Mann von gediegenen Kennt niſſen , und zu ſeinem

Stellvertreter der Graf von Wartens

leben aus Berlin einſtimmig erwählt worden . Als anweſende Mitglieder derſelben

find

beſonders zu nennen :

Profeſſor

Dr. Bluntſchli aus München , Juſtizrath Dr. Dorn aus Ber lin , Profeſſor Dr. Unger aus Wien, Oberappellationspräſident von

Düring aus Hannover , Advokat

Zenker aus Dresden ,

Kreisgerichtsdirektor von Kunowski aus aus Aſchaffenburg ,

Dr. Mayerſohn

Beuthen , Advokat

Obergerichtsrath

Bähr

Jaques aus Wien , Bezirksgerichtsdirektor

aus Kaſſel, Dr.

Neidhardt aus Zwickau , Obertribunalsrath Baron von Ster nenfels aus Stuttgart, Obertribunalsrath Waldeck aus Ber lin , und noch viele andre ehrenwerthe Männer. Der deutſche Juriſtentag in Dresden

iſt im

Ganzen von

721 Mitgliedern beſucht und bereits Ende Auguft geſchloffen worden . Es ſind viele für das deutſche Recht ſehr wichtige Angelegenheiten

Gegenſtand einer erſchöpfenden Debatte ge

worden , wie ſich dies von denjenigen Männern , welche den Juriſtentag beſucht haben , auch nicht anders erwarten Faſt Ale nehmen

ließ.

eine hervorragende Stellung ein und der

gute Klang ihres Namens reicht von die deutſchen Gauen

den Meiſten weit über

hinaus.

Daß gerade Dresden zum Verſammlungsort gewählt wors den war, mag feinen Grund wohl hauptſächlich darin weil der König

Johann I. von Sachſen

felbſt ein

habeu ,

tüchtiger

Rechtsgelehrter iſt, von deſſen Regierung am eheſten ein freund

309

liches

Entgegenkommen zu erwarten ſtand.

hat nicht getrügt! hat die Mitglieder

Dieſe Erwartung

Der ſächſiſche Staatsminiſter von Behr des

Plenums,

ſowie

der Abtheilungen

und auch noch ſonſt hervorragende Notabilitäten des Juriſten : tages zu einem eingeladen .

Diner im Meinhold'ſchen Saale am 29. Auguſt Daß es dabei nicht an

gefehlt, iſt begreiflich. tensleben wir ein

dem

Toaſten

Beſonders brachte der Graf von War

Könige Johann I. ein

Hoch.

Gern würden

Namensverzeichniß der Mitglieder des

geben , wenn erlauben

entſprechenden

Juriſtentags

der uns zur Verfügung ſtehende Raum

würde, zumal da wir

auch noch

einem

dies

Manne,

durch deſſen Tod nicht Sachſen allein , ſondern ganz Deutſche land unendlich viel verloren hat, einige Zeilen widmen müſſen . Dies

iſt der

berühmte Bildhauer Rietſchel, welcher

21. Februar 1861 zu

Dresden

verftarb.

Am

am

23. deſſelben

Monats hatten

ſeine Schüler die feierliche Ausſtellung ſeiner

Leiche in dem

großen

Mittelſaale

Der Saal war zu dieſer

des Ateliers veranſtaltet.

Todtenfeier mit ſchwarzem

Tuche

behangen und mit Topfgewächſen decorirt worden . Zu Häup ten

der Leiche des Meiſters ſtand ſeine Wormſer Lutherſtatue,

zur Linken die Wiclef's, zur Rechten zen

Reformationsmonuments.

das Kleinmodell des gan

Zahlreiche Lorbeer- und Blu

menkränze und Palmenzweige bedeckten von Zu

acht Kandelabern den

Füßen

umſtandenen

des Meiſters lagen

den

Stufen

des

Katafalks .

auf zwei weißen Atlas

kiſſen ſeine zahlreichen Ordenszeichen , unter den

Sarg und die

denen wir auch

Civil - Verdienſtorden Preußens und das Croix

neurs Frankreichs erblicten . Bes Gewand. wache.

d'hon

Die Leiche felbft trug ein wets

Vier Schüler hielten abwechſelnd die Todten

Die Leichenausſtellung

des

der die ganze Dresdener Kunſtwelt

gefeierten

Meiſters , zu

ſtrömte , um

einen

lega

310

ten Scheideblick auf das Antlig des großen

Todten zu wer Die feier

fen , war eine ernſtwürdevolle und ergreifende. liche Beſtattung erfolgte Sonntag um den

Künſten

11 Uhr.

Alles , was

angehört und huldigt, die Bühne nicht aus

genommen , folgte zu Fuß

dem

Sarge.

Zahlreiche Künſtler

trugen Palmenzweige mit Blumenkränzen, das geſammte Lei chengefolge Trauerſchleifen auf der linken Schulter. Auf dem Sarge ſelbſt ruhten zu Häupten und zu Füßen zwei Lorbeer kränze auf weißen Atlaskiffen .

Ein Militairmuſikcorps eröff

nete den Zug, den eine lange Wagenreihe, einige Hofgalawa gen

an

der Spiße , ſchloß .

Seit

Bérangers

Begräbniß in

Paris ſahen wir nie das eines ſchlichten Bürgers und Kunſt meiſters, welches

eine ſo allgemeine und tiefe

des Publikums fand.

Das Miniſterium

Beuſt , Frieſen und Falkenſtein .

Theilnahme

war vertreten

Außerdem

folgten

durch

Deputa

tionen von königl. und ſtädtiſchen Behörden , ſowie viele Ab geordnete des Landtages. vörderſt

Die Reden hielten , und zwar zu

eine kurze Anſprache am

felbft: der

Sarge in

der Werkſtatt

Diaconus Dr. Schulz, dann derſelbe auf dem

Friedhofe die eigentliche Grabs und Einſegnungsrede, der Geheime Rath Dr. Kohlſchütter und der Bildhauer Dondorf , welcher ſeinem erfülltes

geliebten

großen

Lebewohl nachrief.

wie auf dem

Meiſter ein

Die

herzliches dank

Trauergeſänge im

Hauſe,

Friedhofe führten die Kreuzſchüler , ſo wie die

Mitglieder des Opernchors auf. Nach allem

Dieſen geht hervor, daß Sachſen unter der

Regierung Reines jebigen Monarchen eine immer hervorra gender'werdende Stellung einnehmen wird und anderen Staa ten

als ein Muſter zur Nachahmung empfohlen werden kann .

Zwar iſt man

im

Augemeinen mit dem

Miniſterium

nicht zufrieden und es hat deshalb auch nicht an

Beuſt

heftigen

311

Angriffen gegen daffelbe gefehlt, indem man glaubt, es trage dem

herrſchenden

Zeitgeiſt keine genügende Rechnung; allein

wir haben die vollſtändige Ueberzeugung, daß ein anderes an die Stelle deg jepigen

berufenen Miniſteriums bald zu ähn

lichen Klagen Anlaß geben wird. es allen Partheien

zwar auf die Stimme der Nation neswegs von

Es iſt eine Unmöglichkeit ,

Recht zu machen .

Ein Miniſterium muß

hören , es darf indeß kei

ſeinen einmal für gut erkannten Prinzipien des

halb abgehen , weil es befürchtet, es mit dieſer oder jener Par thei zu verderben . es muß über den

Es muß gar keiner Parthei angehören ; Partheten

ſtehen .

Ein Volk , und mag eg das aufgeklärteſte und gebildetſte der ganzen

Erde fein , wird in feiner Geſammtmaſſe niemals

recht wiſſen , was Gelegenheit fehlt ,

ihm fich

gut oder ſchädlich iſt, weil ihm über

Alles

Jeder wird durdj ſeine gewerblichen

gehörig

orientireň .

Berufsgeſchäfte ſo voll

ſtändig in Anſpruch genommen , daß ihm eß redlich mit fich und ſeinem

zu

jede

eigentlich, wenn er

Nächſten meint, wenig Zeit

übrig bleibt, fich um die Politiť zu kümmern .

Deshalb ſagte

auch ſchon der große Napoleon zu den Sachfen , fie möchten fich in die ſtaatlichen Angelegenheiten nicht miſchen , weil dies nicht ihre Sache fet; und Friedrich Wilhelm

III. von

Preu

Ben behauptete, daß derjenige, welcher eine Verbeſſerung der allgemeinen

Verhältniffe zu erzielen wünſche, vorerſt bei fich

ſelber anfangen

folle und müſſe.

Staatliche Einrichtungen

zu kritiſtren , iſt keine Kunſt,

fie aber beſſer zu machen , dazu gehört ein

beſonderes Geſchick ,

das nur wenigen

iſt.

mals

ein

Menſch

Auserwählten geboren

verliehen

werden , der eg

Es wird nie Alen

recht zu

machen verſteht; kann dies doch ſelber der große Gott nicht !

Menſchen , die zum Lenken

eines Staates von der Gunſt

-

312

des Schicfals berufen worden ſind, haben nur dafür zu for= gen , daß fie es redlich mit der Welt meinen. Und das glau ben wir, von Johann I.und den von ihm gewählten Rathgebern der Krone entſchieden behaupten zu können .

Sie werden ſich

deshalb nicht beirren laſſen von den Stimmen einzelner Un zufriedener und fortarbeiten an dem haben !

Mögen

Bau , den ſie begonnen

fie nur bedenken , daß es der Nachwelt vor

behalten iſt , ein unparteiiſches und gerechtes Urtheil über fie zu fällen , und daß es gleidjviel iſt, ob unredliche Handlun gen

noch

während des

Lebens oder nach

dem

Tode

eines

Menſchen an das Tageslicht gezogen werden . Ein ſehr gediegener Staatsrechtsgelehrter ſagt: „ Die Politik muß den und von Seiten

Staat von

Seiten

der Klugheit betrachten .

In

des Rechts legterer Hins

ficht iſt ſie eine Erfahrungs -Wiſſenſchaft, aber gegründet auf die Idee der menſchlichen Beſtimmung , daher ihre Aufgabe unendlich iſt . Die angewandte Politik oder die Staatskunft begreift 1) die Politik der Staatsverfaſſung, oder wie die Gewalten im Staate zu ordnen und zu vereinigen find ; 2) die Politik der Staatsverwaltung, ſowohl die inneren , als äußeren

Verhältniſſe in

Hinſicht auf die geſeßgebende und

vollziehende Gewalt u . ſ. w . „ In der Ausübung iſt die Staatskunſt allemal von der Wirklichkeit bedingt, von der phyſiſchen und geiſtigen Eigen = thümlichkeit des Volkes. bers über ſeinem

Doch wird das Genie des Geſeßge

Zeitalter ſchweben

und

daſſelbe zu

emporheben , ſobald es ſelbſt fittlich veredelt iſt.“

(Ende des dritten Bandes. )

Druck von F. W. Nietađ in Berlin , Neue Friedrid8-Straße 34 .

fich

+

Inhalts - Verzeichniß .

Geſchichte der Sächſiſchen Höfe und Staaten ſeit Beendung des dreißigjährigen Krieges . Dritter

Band

Et fte & ka p itel. Friedrich Auguft III. und der Graf Albrecht Chriſtian Ernſt von Sons burg . - Streit wegen fünf fönburg'iớer Lebensherrſchaften. Der Graf von

Schönburg wird katholiſch .

Die militairiſche Execution.

Der Graf von

Finkenſtein .

Deſterreichiſche Truppen in Glauchau .

Proclamation der Kaiſerin von Deſterreich. und die Ronvention mit Maria Therefta .

Karl Theodor von der Pfalz Der bairiſche Erbfolge-frieg .

Der Frieden zu Teſchen .

3 weites Die Landes- Einkünfte . Mansfeld . --

Malpite do

Joſeph

II.

Perſonalien des Mansfeld'ichen

Graf Joſeph Wenzel von Hauſes.

Mansfeld'iden Erbſchaft unter Sachſen unb Preußen . -

Theilung der Die Bergatabe

II

mie zu Freiberg. Johann

þerr von Charpentier.

Abraham Gottlob Werner . Joſeph Schuſter. Karl Maria

Gottlieb Naumann.

von Weber.

W t i tte $

* a pitel.

Der beabſichtigte Ländertauſch Joſeph II. - Der Herzog Karl Auguft von Zweibrüden . Der Graf Romanzow . Der deutſche Fitr ftenbund. - Friedrid ber Große ſtirbt. Joſeph II. ſtirbt. Die beis den Reichsvicarien .

Leopold II. wird deutſcher Kaiſer.

pie rte $ Johann Georg Sdröpfer.

* a p i tel. Sein Auftreten

gegen die Freimaurer.

Gewaltſames Eindringen in ihre Loge. – Schröpfer und der Büttel. . Scripfer wird vom

Oberftlieutenant von Sydow

gezüdtigt, woritber

er noch obenein eine føriftliche Quittung ausſtellen muß . – Der Graf von Saint - Germain . Herzog Karl von Kurland . Baron von Stein bac . Schröpfer . Monſieur de Marbois, Die Abbitte des Hers zogs Karl von Rurland. - Die Geiſterſcheinung des Chevaliers von Sachſen .

fünftes Schröpfer. Wurmb.

* a pital.

Ein Brief bed berrn de Marboie.

Hopfgarten .

Biſchofswerder.

Seſuiten .

Dubosc.

Das franks

Sdröpfers Reiſe nach Leipzig , wohin ihm ſeine Freunde furter Geldpaket. Dr. Teller. Berriegelung ſeiner Schröpfer erſchießt fich. folgen . Zimmer , - Eine Minifterialordre. - Dr. Teller erbricht die Søröpfer'ide Wohnung und bemächtigt fich ſeiner Papiere. – Die fachlichen Bauern Der Schneider -Kravall in Dresden . *unruhen .

$ >

ich ste &

Erfte Theilung Polens.

Bolens angetragen .

kap i te 1 .

Friebrich Auguft III. wird die Krone

Der Fürft Abam

Czartoryski . *

Potens. - Deutſchlands Bündniß gegen Frantreich .

Zweite Ebeiling

Die Zuſammenkunft

III

in Pillniß . — Friedrich Auguft III. unterſtüßt die Grafen von Artois und Der deutſche Reichs von Provence. Die Zuſammenkunft in Beliß , trieg gegen Frankreich.

Frankreichs Siege. - Die frommen Sachſen .

Unfrieden der deutſchen Reichsſtaaten . Der Frieden zu Campo Fors Der lüneviller Frieden . mio . Deutſchlands Zerſtückelung . kapitel.

Siebente

Friedrich Ludwig von Wurmb.

Baron Thomas von Fritſch .

Deſſen Brief an Johann Georg Forſter.

Ignaß Edler von Born .

Auguſt de l'Eſtocq , ſeine Der Charakter des Grafen von Wallwiß . L’Eftocq's Intriguen , deren Entdedung Geliebte und deren Rammerzofe. Eine zehnjährige Muts Johann Auguſt von Noſtiz. und Beſtrafung. Herr ter. Dr. Waiz bekommt von Herrn von Noſtiz Prügel. Friedrich

Mirabeau's Urtheil über Friedrich Auguſt III. von Biffing. Dutens. Montbé. Hofgebräuche. Auguft's Adelſtolz.

Achtes kapitel. Graf Moritz von Brühl. Müller .

Die Mesalliancen

Baron von Udermann und Margarethe in

Sachſen .

Urtheile drei berithmter

Männer itber ben in Sachſen berridenden Kaſtengeift.

Ti e un tes ka pitel. Karl Auguſt Böttiger . lieb Beder .

Franz Volkmar Reinhard .

Wilhelm Gotts

Johann Gottlieb Fichte.

Der Geſandtenmord zu Raſtadt. Fichte's Urtheil über Sachſen . – Der Inſpector Matthäi. – Die fach 2

fiſche Ständevertretung. 3

Staatsſchulben . h nie

kapitel.

Die Landes - Einkünfte. – Das geheime Finanzcollegium . Forſtverwaltung. 4

Die Waldcultur. -

tion des Papiergeldes . þung.

Die kurfürſtliche Wechſelkaſſe.

Die Geſekcommiſſion .

und Befferungs -Anſtalten .

Der Bergbau .

Die Sefeßges

Einzelne Verordnungen . -

Die Gefängniffe.

Die

Die Fabrikas

Zuchts

IV

elfte $ * a pite l. Polizeiverordnungen . - Rettungeprämien . – Rettungsmedaillen . Die Irrenanſtalt zu Sonnenſtein . Stifter Auguſt Hermann Waldheim . -

Das Waiſenhaus zu Halle und ſein

Franke. - Die Waiſenhäuſer zu

Torgau und Ehrenfrieb Wagner und Karoline Göpel. - Verwaltung

Verordnungen wegen der Armen-, Kranken-, Irren- und Waiſenhäuſer. der Strohdächer. Verbote für die Studenten . Umgeſtaltung des Kriegsweſens.

3 w ö iftes Der Landbau.

* a p i tel.

Die Wollen- und Baumwollenfabrikation .

Spinn

maſchinen in Chemniß . Schubart von Kleefeld . Berghauptmann von Trebra. Die kurfürſtlichen Geſtüte . Rüdſchritte in der Leine wandfabrikation . Karl Wilhelm Müller und die Bildungsanſtalten . Die Univerſitäten zu Leipzig und Wittenberg. - Schriftſteller. – Schauſpieler .

W reizehnte $

* a p i tel.

Der Krieg zwiſchen Defterreich und Frankreich von 1805. - Schlacht Neutralität Sachſens. bei Jena. Friedrich Auguft wird zum Könige ernannt und erhält das Herzogthum Warſchau . - Eintheilung des Legtern . Die Schlacht bei Fürſt Poniatowski. Der Congreß zu Erfurt. Wagram .

Der Frieden zu Schönbrunn.

Der Krieg gegen Rußland.

Rüdkehr der ſächſiſchen Truppen in ihr Vaterland.

Napoleon in Dress

den . – Alianz zwiſchen Rußland und Preußen . – Friedrich Auguft ver Der Miniſter Baron von Stein . läßt Dresden .

bierzehnte $

* a pitel.

Der Kaiſer von Rußland und der König von Preußen in Dresden . - Befehle des Königs von Sachſen an den General von Thielemann. Napoleon in Dresden . Friedrich Xuguſt in Prag . Graf Stadion .

$

- Baron von Serra . – Oberſtlieutenant Montesquiou . rungezuſtand von Leipzig. Magiſtrats. -

Der Belage

Napoleon und die Deputation des leipziger

Hofrath Mahlmann. - Die Befeſtigung Dresdens. - Ein

Brief des General von Bülow an den General Zeſchau . Fun fzehnte s Napoleons Rüdſchritte. bei Leipzig. Bundes-Armee.

kapitel.

Friedrich Auguft in Leipzig. - Die Schlacht

Major After. Der Uebergang fächfiſcher Truppen zur Große Gewiffenhaftigkeit des Königs von Sachſen .

Friedrich Auguſt als Gefangener. Der Fürſt Nicolai Repnin, als Gou Baron von Roſen . verneur Sachſens. Der Frieden zu Paris am 30. Mai 1814 .

Die Ordre des Fürſten Repnin vom 10. April 1815 .

Die Unterdrüdung der Bittſchriften. Aufforderung an die ſächſiſche Armee. Grenadierbataillons.

General Thielemann und feine Die Entwaffnung zweier fächfiſcher

Theilung Sachſens.

Napoleon vernichtet.

Se chehates Kapitel. Die Geſandten

am

Staatsſchulben .

dresdener Hofe.

Das ges

heime Finanzcollegium . Die Polizeiverwaltung . Volksſchulen , Gym naſien und die Univerſität. Friedrich Auguſts Krankheit und Tod . Thielemanns Urtheil über den König von Sachſen.

IX . An to n

I.

(1827–1836 .) Si è ba e hnte $

# a p i tre l.

Anton unb ber Minifter Graf Einſtebel. Berminderung des Wil Dier Conflikte des. Die Bürgergarden . - Die Kommunalgarden . zwiſchen Polizei und Bürgerſdaft im

Juni 1830 zu Leipzig. -

Die Sep

VI

temberrevolution von 1830 . Lindenau wird Miniſter.

Graf Einſiedel dankt ab.

Freiherr von

Ein Brief des Fürſten Metternich.

Prinz

Friedrich Auguſt wird von Anton I. zum Mitregenten erwählt. achtzehnte &

kapitel.

Die Städteordnung von 1832. = Geſetz über die Ablöſungen und Gemeinheitstheilungen . Die Eröffnung des Landtages. Antons viels ſeitige Thätigkeit.

Der einundachtzigſte Geburtstag des Königs , ſein Des Königs

Dant und ſeine Ablehnung des ihm zugedachten Denkmals . Krankheit und Tod.

X. Friedrich Auguſt II. (1836-1854.) * a pitel

De y nįeh n te $ Friedrich Auguſt II. Perſonalien .

Dr. liſt und die erſte Eiſenbahn

Die Miniſter von Könnerit , von Zeldhau und von Noſtiz : Der Mai - Aufſtand von 1849. - Das Miniſterium Braun - Pfordten . Baron Seine beiden Gemahlinnen . Friedrich Auguſt II. ftirbt.

in Deutſdland.

von Herder. dorff

Ernſt Rudolph von Warns

Johann Karl Freiesleben.

Freiberg.

ob a n

n

I.

(Seit 1854.) 8 má Johanns

Fugend.

ig teka poté Seine Erzieher. :-Seine Wirkſamkeit als

Staatsmann , Schriftſteller und Familienvater. Die Demonſtration von 1845 . Sohanns Regierungs-Antritt. Der außerordentliche Band

VII tag von 1854 und die Erhöhung der königlichen Civilliſte.

Der ordent

liche Landtag von 1855 und die in ſeinen Sißungen vorgekommenen Ges fekvorlagen . – Der Nothſtand im Erzgebirge. – Der Hungertyphus. Johann I. und ſeine Kinder. Ein Urtheil über Johann I.

et i n u n d { w a nii g ft ¢ $ Der Landtag von 1860—1861.

kapitel.

Die Kirchenordnung .

Das Civilges

ſetzbuch. – Soluß des Landtags und die königliche Thronrebe. - Samm lungen

für die Verwundeten von Gaeta. — Marine -Angelegenheiten . Der Juriſtentag in Dresden von 1861. Rietfchel. - Das Miniſterium von Beuft.