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German Pages 292 Year 2002
FABIO SIEBENEICHLER DE ANDRADE
Vertraglicher Verbraucherschutz: Brasilianische und deutsche Regelungen im Vergleich
Schriften zum Internationalen Recht Band 129
Vertraglicher Verbraucherschutz: Brasilianische und deutsche Regelungen im Vergleich Von Fabio Siebeneiehier de Andrade
Duncker & Humblot · Berlin
Die Deutsche Bibliothek- CIP-Einheitsaufnahme Siebeneiehier de Andrade, Fabio: Vertraglicher Verbraucherschutz : brasilianische und deutsche Regelungen im Vergleich I Fiibio Siebeneiehier de Andrade. Berlin : Duncker und Humblot, 2002 (Schriften zum Internationalen Recht ; Bd. 129) Zugl.: Regensburg, Univ., Diss., 2000 ISBN 3-428-10445-5
Alle Rechte vorbehalten
© 2002 Duncker & Humb1ot GmbH, Berlin
Fremddatenübernahme und Druck: Berliner Buchdruckerei Union GmbH, Berlin Printed in Germany ISSN 0720-7646 ISBN 3-428-10445-5 Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier entsprechend ISO 9706@
Vorwort Die vorliegende Arbeit wurde im Sommersemester 2000 von der Juristischen Fakultät der Universität Regensburg als Dissertation angenommen. Literatur und Rechtsprechung entsprechen dem Stand Januar 2001. Mein besonderer Dank gilt meinem Doktorvater, Herrn Prof. Dr. Schwab. Er hat mir die Möglichkeit gegeben, die Arbeit an seinem Lehrstuhl anzufertigen. Besonderen Dank schulde ich ihm auch für die zügige Erstellung des Erstgutachtens. Letzteres gilt gleichfalls für den Zweitgutachter Herrn Prof. Dr. Dr. h. c. Dieter Henrich Mein herzlicher Dank gilt auch allen, die zum Gelingen der Arbeit beigetragen haben. Für die Ermutigung möchte ich besonders meinen Eltern danken. Für die Geduld und Hilfe meiner Frau Adriana möchte ich an dieser Stelle auch danken. Meinem Sohn Heitor, der in Regensburg geboren wurde, widme ich diese Arbeit. Ohne die finanzielle Unterstützung von DAAD und der Katholischen Universität von Porto Alegre (PU C-RS) wäre diese Arbeit nicht möglich gewesen. Regensburg, Januar 2001
Fabio Siebeneiehier de Andrade
Inhaltsverzeichnis Einleitung A. Problemstellung und Zielsetzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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B. Gang der Untersuchung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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Allgemeiner Teil Die Grundlage des vertraglichen Verbrauerschutzes im brasilianischen und deutschen Recht
26
A. Das Spannungsverhältnis von Vertragsparität und Vertragsfreiheit im deutschen und brasilianischen Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
26
I. Vertragsparität als untergeordnetes Problem der Rechtsordnung . . . . . . . . . . . . . . . . .
26
1. Vertragsfreiheit Ausdruck der Privatautonomie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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2. Vertragsparität und Vertragsfreiheit: Eine selbstverständliche Verbindung . . . .
27
a) Historische Grundlage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
27
b) Die deutsche Lage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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c) Die brasilianische Lage . . . .. . .. .. . . . . . . .. .. . . . . .. . .. .. . . . .. .. . . . . . . . . .. .. .
29
II. Vertragsparität als gleichrangiges Problem der Rechtsordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . .
32
1. Krise des Musters der Vertragsparität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
32
2. Die Suche nach Vertragsgerechtigkeit als Mittel zur Wiederherstellung der Vertragsparität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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a) Der deutsche Weg . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
33
aa) Notwendigkeit der Einschränkung der Vertragsfreiheit . . . . . . . . . . . . . . .
33
bb) Die Gerechtigkeit als herrschendes Prinzip . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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cc) Das Ergänzungsmodell. .. ............. . ... . ..... .. .......... . ..... . ..
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b) Der brasilianische Weg . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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111. Zwischenergebnis und Ausblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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8
Inhaltsverzeichnis
B. Verbraucherschutz: Von der Wirtschaftsordnung zur Rechtsordnung
41
I. Die Entstehung des Verbraucherschutzgedankens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
41
1. Die ökonomische Herkunft: Überflüssigkeit des Verbraucherschutzes . . . . . . . .
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2. Verbraucherschutz als Problem der Wirtschaftsordnung ..............
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II. Die Entwicklung des Verbraucherschutzes ..
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l. Die Durchsetzung des Verbraucherschutzes durch die Politik . . . . . . . . . . . . . . . . .
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2. Die Anerkennung des Verbraucherschutzes in der deutschen und brasilianischen Rechtsordnung ..... . .. . .
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a) Die deutsche Lage ..
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b) Die brasilianische Lage... . ................. . .. . .. . .......... . .......... . .
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3. Verbraucherschutz und Vertragsparität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
49
a) Schutzbedürftigkeit des Verbrauchers als Fall der Vertragsimparität . . . . . . .
49
b) Reaktion gegen den Verbraucherschutz
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aa) Kritik an der Lehre der Vertragsparität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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bb) Das Effizienzkriterium als Voraussetzung für den Verbraucherschutz .
51
c) Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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III. Zwischenergebnis ........ .
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C. Die dogmatische Einordnung des Verbraucherrechts .. .. . ..... . .. . ..... I. Verbraucherrecht im Spiegel der Meinung ..
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l. Verbraucherrecht als selbständiges Rechtsgebiet . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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2. Verbraucherrecht als Sonderprivatrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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3. Verbraucherrecht als Allgemeines Bürgerliches Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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4. Verbraucherrecht als "intermediäres Gebiet" . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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II. Die Elemente des Verbraucherrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
58
l. Der Begriff des Verbrauchers als subjektives Element . ..............
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a) Der Begriff des Verbrauchers in der Rechtstheorie
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b) Der Begriff des Verbrauchers im deutschen Recht
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aa) Die Zeit vor dem Einfluß des europäischen Rechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
60
bb) Die Zeit nach dem Einfluß des europäischen Rechts . . . . . . . . . . . . . . . . . .
61
Inhaltsverzeichnis c) Der Begriff des Verbrauchers im brasilianischen Recht
9 64
aa) Die Definition des Endadressaten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
64
bb) Die analoge Definition des Verbrauchers .. . .. .. .. .. .. .. .. .. . . .. .. .. ..
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2. Die Schutzwürdigkeit des Verbrauchers als einschränkendes Element? . . . . . . .
67
a) Das brasilianische System: Verwundbarkeit des Verbrauchers als gesetzliches Prinzip . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
67
b) Das deutsche System: Von abstrakter Regulierung des situativen Ungleichgewichts zur allgemeinen Anerkennung der strukturellen Unterlegenheit?. .. . . .. . . . . . . .. . . . .. . . .. . . . .. . .. . . . . . . . . . .. . . . . .. . . . . . . . . . . . .. . . ..
68
aa) Schutzbedürftigkeit als konkretes Synonym des Verbraucherschutzes .
68
bb) Schutzbedürftigkeit als Grundlage des Zivilrechts? . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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70
3. Zwischenergebnis III. Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
73
1. Anpassungsfähigkeit zwischen Verbraucherschutz und Zivilrecht . . . . . . . . . . . .
73
2. Verbraucherrecht als Legitimationsfaktor für den Fortschritt des Zivilrechts . .
74
IV. Die systematische Stellung des Verbraucherrechts im Privatrecht . . . . . . . . . . . . . . .
77
1. Die Entwicklung der Sondergesetze . . . .. . . . . . . . . .. .. .. . .. . . . . .. . .. . . . . .. . .. . .
77
2. Verbraucherrecht im Rahmen der Sondergesetze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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a) Der deutsche Weg: Zersplitterung in Sondergesetze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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b) Der brasilianische Weg: Ein globales Sondergesetz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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c) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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3. Die systematische Stellung des Verbraucherrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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Besonderer Teil Situationen der Schutzbedürftigkeit einer Vertragspartei und die Instrumente für ihren Schutz
88
Kapitel 1 Die deutschen und brasilianischen Regelungen für die materieBe Kontrolle der Vertragsbedingungen- AGB-Gesetz und Verbraucherschutzgesetz im Vergleich A. Die Schutzbedürftigkeit vor AGB und mißbräuchlichen Klauseln als Problem I. Die Feststellung des Problems im deutschen und brasilianischen Recht . . . . . . . . .
88 88 88
10
Inhaltsverzeichnis I. Der deutsche Weg: AGB als Problem in der zivilrechtliehen Lehre . . . . . . . . . . .
88
a) Die Entstehung der Problematik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
88
b) Die Diskussion über die Rechtsnatur der AGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
90
c) Die Entwicklung der richterlichen Inhaltskontrolle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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aa) Die Durchsetzung einer offenen Inhaltskontrolle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
91
bb) Die Probleme der richterlichen Inhaltskontrolle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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2. Die brasilianische Lage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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II. Die gesetzliche Lösung in Deutschland und Brasilien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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I. Die Regelung des Problems durch Sondergesetz in Deutschland . . . . . . . . . . . . . .
95
a) Die Entstehungsgeschichte des ABO-Gesetzes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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b) Beschreibung des AGB-Gesetzes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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c) Persönlicher Anwendungsbereich und Schutzkonzeption des AGB-Gesetzes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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2. Die Regelung des Problems durch Globalgesetz in Brasilien . . . . . . . . . . . . . . . . . 100 a) Die Fassung der brasilianischen Normen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 100 b) Persönlicher Anwendungsbereich der brasilianischen Regelung . . . . . . . . . . . 100 III. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 102
B. Die Charakteristika der Vertragsbedingungen in den deutschen und brasiliani· sehen Gesetzen . . . . .. .. . . . . .. . . . .. . . . . . .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. . . . . . . . .. . . . .. . . . .. . 103 I. Das Charakteristikum der AGB und der Vertragsbedingungen i.S.d. AGB-Gesetzes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 103
1. Die gemeinsamen Merkmale von AGB und Verbrauchervertragsbedingungen
104
a) Die Vorformulierung .. . . . . . .. . . .. . . .. . . .. . . . . .. . . .. . . .. . . . . . .. . . . . . . . . . . . 104 b) Das Erfordernis des "Stellens" . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 105 c) Das Fehlen einer Individualvereinbarung . .. . .. . . . . .. . . .. . . . .. . . .. . . . .. . . . 108 2. Vielzahl von Verträgen: Einziges besonderes Merkmal der AGB . . . . . . . . . . . . . 110 Il. Die mißbräuchliche Klausel und die Adhäsionsverträge i.S.d. brasilianischen Verbraucherschutzgesetzes .. . .. . .. . . .. . . . .. .. . .. .. .. . .. .. . .. .. . .. .. .. . .. .. . . . .. 112
1. Die Bedeutung der Begriffsbestimmung "mißbräuchliche Klausel" . . . . . . . . . . . 112
Inhaltsverzeichnis
11
a) Die Begründung für die Einführung des Begriffs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 112 b) Äquivalenzverhältnis als Mittelpunkt des Begriffs der mißbräuchlichen Klauseln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 114 2. Die Begriffsbestimmung von Adhäsionsverträgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 116 a) Die Definition von Adhäsionsverträgen . .. . . . . . . . . . . . . .. .. . . . . . . . . .. . . . . . . 116 b) Das Verhältnis von Adhäsionsverträgen und mißbräuchlichen Klauseln . . . 117 III. Zwischenergebnis ..... 00 ... . ............ 00 00 00... . ..................... . ....... 118
C. Die Regelung der Einbeziehung .. . . . .. . . . .. .. .. .. . . . . .. .. . . . . . .. . .. .. . . . . .. . . .. . .. 119 I. Das deutsche Recht . . . . . . . . . . .. . .. . . . . . .. .. . .. . . . . . . .. . . . . . . .. . . .. .. . .. .. .. . . . . 119
1. Zweck . . .. . . . .. . . . .. . . . . . . .. .. . . .. . . . .. . .. . . .. . . . . . . .. . . . .. . . . . .. . . . . .. . . . . . . 119 2. Begrenzter Anwendungsbereich ..
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3. Die allgemeinen Elemente der deutschen Regelung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 120 a) Die Hinweisobliegenheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 120 b) Möglichkeit zurnutbarer Kenntnisnahme . . . . . . . .. . . . . . . .. . . .. . .. .. .. .. . . . . 121 c) Das Einverständnis des Kunden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 122 4. Der besondere Schutz gegen überraschende Klauseln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 123 a) Der Begriff der Ungewöhnlichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 123 b) Die Rolle der Ungewöhnlichkeitskontroll . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 123 II. Die brasilianische Regelung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 125 1. Zweck und Herkunft der Vorschrift . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 125 2. Die Voraussetzungen der brasilianischen Regelung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 126 a) Vorherige Kenntnis des Vertragsinhalts .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. . .. .. .. .. .. 126 b) Verständlichkeit des Vertrages . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 127
111. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 128 D. Die Auslegungsregel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 129 I. Allgemeine Auslegungsproblematik . .. . . . . . . .. .. . .. . . .. . . . . . . . .. .. . .. . . . .. . .. . . 129 1. Auslegungskriterien in Deutschland... . . .. . . . . . . . ... . . .... . .. .. . . ..... ... . ... 129 2. Auslegungskriterien in Brasilien . . . . . . . . . . .. .. . . . . .. .. . .. . . . .. .. . .. .. . .. . .. . . 130
12
Inhaltsverzeichnis II. Die Auslegungsregelungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 131 1. Die Regelungcontra proferenfern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 131 a) Funktion der Regelung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 131 b) Die deutsche Lösung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 133 c) Die brasilianische Lösung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 134 2. Der Vorrang der Individualabrede . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 135 a) Dogmatische Stellung des Vorrangprinzips . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 135 b) Die Regelung des Prinzips . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 136 c) Anwendung des Vorrangprinzips . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 137 aa) Vorrangprinzip und Schriftfonnklausel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 137 bb) Vorrangprinzip und Regelung contra proferenfern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 138 III. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 139
E. Das System der Inhaltskontrolle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 140 I. Generalklauseln als Regelungsfaktor für neue mißbräuchliche Situationen . . . . . . 140
1. Das deutsche System . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 140 a) Die Stellung der Regelung im deutschen Privatrechtssystem . . . . . . . . . . . . . . 140 b) Die Merkmale der unangemessenen Benachteiligung wider Treu und Glauben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 143 aa) Das Gebot von Treu und Glauben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 143 bb) Abwägungskriterien . .................... . ... . ...... . .......... . ... . .. 143 cc) Das Transparenzgebot............ .. ..... . ... . ... . ............. . .. .. .. 144 c) Die gesetzlich konkretisierten Faktoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 146 aa) Die wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung . . . . . . . . . 146 bb) Gefahrdung des Vertragszwecks wegen Einschränkung wesentlicher Rechte oder Pflichten aus der Natur des Vertrages . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 146 cc) Die den Vertragsschluß begleitenden Umstände . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 147 2. Die brasilianische Lösung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 148 a) Das Gebot von Treu und Glauben als Maßstab für die Mißbräuchlichkeitskontrolle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 148
Inhaltsverzeichnis
13
b) Die gesetzlich konkretisierten Faktoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 150 aa) Die "wesentlichen Grundgedanken" der brasilianischen Rechtsordnung ... . .......... . . ......... . .......... . ... . ......... . .... . .. . .. . ... 150 bb) Gefahrdung des Vertragsgegenstands wegen Einschränkung der wesentlichen Rechte oder Pflichten aus der Natur des Vertrages . . . . . . . . . 151 cc) Die außerordentliche Belastung durch den Vertragsschluß begleitende Umstände . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 152 II. Der Klauselkatalog als Typisierung mißbräuchlicher Situationen . . . . . . . . . . . . . . . 153 1. Charakteristiken des deutschen Klauselkatalogs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 153 2. Charakteristiken des brasilianischen Klauselkatalogs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 154 3. Der Überschneidungsbereich zwischen dem AGB-Gesetz und dem Verbraucherschutzgesetz bezüglich der verbotenen Klauseln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 154 a) Schutz gegen Gewährleistungsbeschränkungen (§ 11 Nr. 10 (a-f) = Artikel 51 Abs. 1) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 154 b) Schutz gegen Rechtsverzicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 155 c) Preiserhöhungen (§ 11 Nr. 1 AGBG =Artikel 51 , X) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 156 d) Beweislast (§ 11 Nr. 15 AGBG =Artikel 51, VI) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 156 e) Verbot des Rücktrittsvorbehalts (§ 10 Nr. 3 AGBG =Artikel 51, XI) . . . . . 157 aa) Die deutsche Lösung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 157 bb) Die brasilianische Lösung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 158 f) Verbot des Änderungsvorbehalts (§ 10 Nr. 4 AGBG =Artikel 51 , XIII) . . . 159 aa) Die deutsche Lösung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 159 bb) Die brasilianische Lösung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 159 4. Vertragsstrafe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 160 a) Die deutsche Lösung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 160 b) Die brasilianische Lösung
161
111. Die Grenze der Inhaltskontrolle
162
1. Die deutsche Lösung: Eine begrenzte Inhaltskontrolle . ..... . ...... .. .. . ...... 163 a) Einführung in die deutsche Regelung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 163 b) Die Grundlage der Abweichung und Ergänzung vom dispositiven Recht . . 163 aa) Die Kontrollfreiheit der Hauptleistung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 163 bb) Kontrollfreiheit der deklaratorischen Klausel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 165 c) Die Grundlage der Transparenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 166
14
Inhaltsverzeichnis 2. Die brasilianische Lösung: Unbegrenzte Inhaltskontrolle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 166 a) Kontrollfähigkeit der Hauptleistungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 166 b) Die deklaratorischen Klauseln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 168 IV. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 168
F. Die Rechtsfolge der Einbeziehungs- und Inhaltskontrolle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 170 I. Fortbestehen des Vertrages im deutschen und brasilianischen Recht . . . . . . . . . . . . . 170 l. Die deutsche Lösung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 170
2. Die brasilianische Lösung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 172 II. Die Unwirksamkeit des Vertrages . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 172 l. Die deutsche Regelung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 172
2. Die brasilianische Regelung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 173 a) Unwirksamkeit als Ausnahme im Rahmen der Inhaltskontrolle . . . . . . . . . . . 173 b) Unwirksamkeit als Regel im Bereich der Einbeziehungskontrolle . . . . . . . . . 174
111. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 175
Kapitel II Die brasilianischen und deutschen Regelungen bei Haustürgeschäften
175
A. Die Schutzbedürftigkeit der schwächeren Partei bei Haustürgeschäften. . . . . . . . . 175 I. Die Haustürgeschäfte: Von der traditionellen Geschäftspraxis zum rechtlichen Problem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 175 l. Der Direktvertrieb . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 175
2. Die Feststellung des Problems . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 176 II. Unzulänglichkeit der schon bestehenden Instrumente . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 178 l. Die Instrumente des Zivilrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 178
a) Das Prinzip von Treu und Glauben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 178 b) Die arglistige Täuschung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 179 c) Die Culpa in Contrahendo . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 179 d) Die Guten Sitten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 180
Inhaltsverzeichnis
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2. Die Sonderregelungen im deutschen Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 180 a) Das Gewerberecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 180 b) Wettbewerbsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 181 III. Zwischenergebnis und Darstellung der Lösung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 181
B. Die gesetzlichen Regeln zu Haustürgeschäften im deutschen und brasilianischen Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 183 I. Das deutsche Haustürwiderrufsgesetz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 183 l. Entstehungsgeschichte des HWiG.............. .. . .. . ................. . .. . .. . 183
2. Die Entstehung einer Reihe neuer Widerrufsrechte im deutschen Recht . . . . . . 185 3. Allgerneine Kennzeichen des Haustürwiderrufsgesetzes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 186 a) HWiG als Sondergesetz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 186 b) HWiG als subsidiäres Gesetz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 187 II. Die brasilianische Regelung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 188 l. Die Situation vor dem Inkrafttreten des Verbraucherschutzgesetzes.... .. ..... 188
2. Regelung durch Generalklausel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 189 III. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 190
C. Der Mechanismus des Schutzinstruments des Verbrauchers bei Haustürgeschäften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 191 I. Das Wirksamwerden der Willenserklärung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 191 l. Das deutsche Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 191
2. Das brasilianische Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 192 a) Meinungsstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 192 b) Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 192 II. Das Rechtsgeschäft während der Überlegungsfrist . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 193 l. Das deutsche Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 193
2. Das brasilianische Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 196
16
Inhaltsverzeichnis 111. Die Ausübung des Schutzinstruments . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 196 1. Die Frist
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2. Die Form ..........
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196 197
IV. Das Erfordernis der Belehrung für das deutsche System . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 198 1. Zweck der Regelung ... . .... . ........
2. Die Rechtsnatur der Belehrung
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a) Die Belehrung als Obliegenheit............... . . .. . ................. .. .... 199 b) Die Belehrung als eine Entwicklung in der Theorie der Aufklärungspflicht 200 aa) Der Schutz der schwachen Vertragspartei: Eine neue Obliegenheit für die andere Partei . .. 200 00
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bb) Die Belehrung und das Prinzip ,,Jeder muß das Gesetz kennen" . . . . . . 202 3. Bedingungen der Belehrung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 203 a) Die Form . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 203 b) Das Deutlichkeitsgebot . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 203 c) Das Verbindungsverbot .. .
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4. Folgen fehlender Belehrung ..
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a) Die Verlängerung der Frist . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 204 b) Die Haftung für Culpa in Contrahendo
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V. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 206 D. Die Einordnung des Schutzinstruments des Verbrauchers bei Haustürgeschäften im deutschen und brasilianischen Recht . .. 206 00
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I. Die rechtliche Einordnung der Willenserklärung in der Theorie des subjektiven Rechts ..... .. . .. . . .. ... . .. . ... . ... . . .. ... ... . ... . ... . .. . ...... .. .. . ............ 206 1. Das deutsche Recht .
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a) Die Willenserklärung als Gestaltungsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 206 b) Das Widerrufsrecht als rechtshindernde Einwendung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 207 c) Stellungnahme ..
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2. Das brasilianische Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 208
Inhaltsverzeichnis
17
II. Die rechtliche Einordnung des Instruments in der Theorie der Abstandnahme vom Vertrag . . .. . . . . . . . . .. . . . . . . . . . . . . .. . .. . . . . . . . . .. . . .. .. .. . . . .. . . . . . . . . . . .. . . 209 1. Beschreibung der schon bestehenden Instrumentarien für die Loslösung vom Vertrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 209
a) Anfechtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 210 b) Rücktritt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 211 c) Kündigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 212 d) Widerruf .. . .... . .... . . . .. ...... .. .. . ... .. . .... . ..... . .......... . . .... . ... 212 e) Reurecht (Direito de arrependimento)? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 213 2. Die deutsche Lösung: Das Schutzinstrument des Verbrauchers als Widerruf . . 215 a) Überprüfung des Charakters des Widerrufsrechts nach § 36la BGB bei Haustürgeschäften . . . .. . . .. . . . . .. . . . . . . . . . . . .. . . .. .. .. . . . .. . . . . . . . . . . . . . . 215 aa) Widerruf bei Haustürgeschäften: Von der Sonderstellung im deutschen Recht zur Einordnung als gesetzlicher Rücktritt? . . . . . . . . . . . . . . . 215 bb) Kriterien für eine Systematisierung des Widerrufsrechts . . . . . . . . . . . . . . 217 b) Stellungnahme: Anpassung des Sonderwiderrufsrechts an die allgemeine Lehre ....... . ... . .. . ... . . ................. . .. . ... . ................... . . .. 219 aa) Widerrufsrecht nach§ 36la BGB als Exempel des Pendenzwiderrufs . 219 bb) Widerrufsrecht als Schutzinstrument der Entscheidungsfreiheit . . . . . . . 221 3. Die brasilianische Lösung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 222 a) Meinungsstand: Reurecht als neuer Fall von Rücktrittsrecht . . . . . . . . . . . . . . 222 b) Stellungnahme: Reurecht als neues Beispiel des Widerrufs......... . .. . ... 222 4. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 223 E. Der Anwendungsbereich des Vertragslösungsrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 224 I. Die allgemeinen Einschränkungen im deutschen und brasilianischen Recht . . . . . 224
1. Entgeltliche Leistung als allgemeine Einschränkung im deutschen Recht? . . . . 224 a) Bürgschaftsvertrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 225 aa) Meinungsstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 225 bb) Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 227 b) Vereinsmitgliedschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 228 2. Verbrauchervertrag als allgemeine Einschränkung im brasilianischen Recht? . 228 3. Änderung von Verträgen . .. . .. .... .. ..... .. ... .. . . ... . ..... .. . . .. .. . . .. . .. . .. 230 2 Siebeneiehier
18
Inhaltsverzeichnis II. Die besonderen Einschränkungen des deutschen Rechts
231
1. Die Versicherungsverträge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 231
2. Eine quantitative Einschränkung: Die Bagatellgeschäfte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 232 F. Die Voraussetzungen des Vertragslösungsrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 234
I. Das situative Kriterium . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 234 1. Das deutsche Recht . . . .. . . . . .. . . . . . . . . . .. . . . . . . . . . . . . . .. . . .. . . .. .. . . . . .. . .. . . 234
a) Allgemeine Beschreibung der deutschen Lösung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 234 b) Konkrete Probleme des HWiG ........... . . . . . . .................... . ... . . 235 aa) Der frühere Meinungstand bezüglich der fernmündlichen Bestimmung, Teleshopping und Internetshopping . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 236 (1) Fernmündliche Bestimmung .. . .. ... . .. . .. . ... .. ...... .. . .. ... . .. 236 (2) Teleshopping . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 237 (3) Internetshopping . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 238 bb) Neue Regelung durch das Fernabsatzgesetz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 238 cc) Stellungnahme .. . . .. . ............ .. .......... . ..................... . . 239 dd) Die Partyverkäufe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 240 2. Das brasilianische Recht . . . . .. .. .. . . .. . . . .. . . . . . . . .. . . .. .. . .. .. . . . . . . . .. .. .. . 241 a) Internetshopping . . . . .. . . . .. .. . . . .. . . . . . . . . . . . .. . .. . .. . . . . .. . . . . . . . . . . . .. . 241 b) Partyverkäufe
242
II. Die Bestimmung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 242 1. Das Erfordernis der Kausalität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 242 a) Das deutsche Recht .. ..... . ............. . .. .... . .......... ... .... . .. . ... . . 242 b) Das brasilianische Recht .. .. . .. .. . . . .. . . . . . .. .. . . .. . . .. .. . . .. . .. .. .. .. . . . 243
2. Ausnahme hinsichtlich der Bestimmung der Vertragspartei . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 243 a) Die vorhergehende Bestellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 243 aa) Inhaltliche Anforderung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 245 bb) Subjektive Anforderung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 245 cc) Zeitliche Anforderung .. . . .. . . . .. . . . .. . .. . . . .. . . . . . . . . . .. . . . . . . . .. . . . 246 dd) Anforderung der freien Entscheidung: Die provozierte Bestellung . . . . 246 b) Notariell beurkundete Verträge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 247 III. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 248
Inhaltsverzeichnis
19
G. Rechtsfolgen des Vertragslösungsrechts
249
I. Ansprüche der anderen Vertragspartei
249
1. Die Rückgewährpflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 249 2. Wertersatzanspruch .. . . . . . . .. . . . .. .. . . .. .. .. . . . .. . .. . . . . . . . . . . . . . . . .. . .. . .. . . 251 3. Überiassungsvergütung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 252 a) Allgernein . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 252 b) Sonstige Leistung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 253 4. Wertminderung . . . . .. . . . . . . . . . .. .. .. . .. . . .. . . .. . . . . .. .. .. . . . . . .. .. . . .. . .. .. . . 255 II. Ansprüche des Verbrauchers .. .. .. .. .. .. .. . .. .. . .. .. .. .. .. .. . .. . .. . .. .. . .. . .. .. 255
1. Die Rückgewährpflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 255 2. Überiassungsvergütung .. . . . . . . . . . .. . . . . . . .. . . . . .. .. .. . . . . . . .. . . .. . . . . . . . . . . . 255 3. Aufwendungsersatz .. ...... . . ... ... .. .. . .. ..... .. . .. . . ... . . . .... ... ...... .... 256 111. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 257
Zusammenfassung der wichtigsten Ergebnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 259
Literaturverzeichnis . . . . .. . . . .. . .. . . .. . . . . . . . . . . .. . .. .. . .. .. . .. . .. . . . . .. . .. .. .. .. .. . . . 265
Sachwortregister . . .. . . . .. . . . . .. . . . . . . . . . . . . . . . . .. . .. . . . . .. .. . .. . . . . . .. .. .. . . .. .. .. .. . 290
2*
Abkürzungsverzeichnis AcP
Archiv für die civilistiche Praxis
AG
Die Aktiengesellschaft
AnwBI
Anwaltsblatt Betriebs-Berater (Recht und Wirtschaft)
BB BJM DB
Basler Juristische Mitteilung
DNotZ
Deutsche Notar-Zeischrift
DR
Deutsches Recht
Der Betrieb
DriZ
Deutsche Richterzeitung
DUR EWiR
Demokratie und Recht Entscheidung zum Wirtschaftsrecht
GRUR
Gewerblicher Rechtschutz und Urheberrecht
JA
Juristische Arbeitsblätter
JCP
Juris-classeur Periodique -La Semaine Juridique
JCP
Journal of Consumer Policy
IR Jura
Juristische Rundschau Juristische Ausbildung
JuS
Juristische Schulung
JZ
Juristenzeitung
KritV
Kritische Vierteljahreschrift für Gesetzgebung und Rechtswissenschaft
MDR
Monatschrift für Deutsches Recht
NJW NJW-RR
Neue Juristische Wochenschrift NJW-Rechtsprechung-Report Zivilrecht
RabelsZ
Raheis Zeitschrift für ausländisches und internationales Privatrecht
RdA
Recht der Arbeit
RDC
Revista do Direito do Consumidor
RIL
Revista de lnforma«äo Legislativa Revue Trimestrielle de Droit Civil
RTDC STF
Supremo Tribunal Federal
STI
Superior Tribunal de Justi«a
VuR
Verbraucher und Recht
WM
Wertpapiermitteilungen, Zeitschrift für Wirtschafts- und Bankrecht
WRP ZBB
Wettbewerb in Recht und Praxis Zeitschrift für Bankrecht und Bankwirtschaft
ZEuP
Zeitschrift für Europäisches Privatrecht
Abkürzungsverzeichnis ZHR
Zeitschrift für das gesamte Handelsrecht und Wirtschaftsrecht
ZIP
Zeitschrift für Wirtschaftsrecht
ZRP ZfSchr
Zeitschrift für Rechtspolitik Zeitschrift für Schweizerisches Recht
ZVP
Zeitschrift für Verbraucherpolitik
21
Einleitung A. Problemstellung und Zielsetzung
Das Thema der Arbeit soll der Vergleich des vertraglichen Verbraucherschutzes in Deutschland und Brasilien sein. Ausgangspunkt der Entwicklung des Verbraucherschutzes ist eine Verminderung der Vertragsparität 1, nämlich der gleichen Stellung der Vertragsparteien 2 • Der Gedanke, der sich hinter dem Verbraucherschutz verbirgt, ist vornehmlich der Schutz des Schwächeren3 ; der Schwächere ist der Verbraucher4 , und es wird vertreten, daß der Verbraucherschutz das beste Mittel sei, die Vertragsparität wieder herzustellen5. Eine Einschränkung der Vertragsfreiheit ist allerdings die Folge. Aus diesem Grund wird von einer Krise des Vertrags und der Privatautonomie geredet6 . Der Umfang des Verbraucherschutzes ist so groß, seine Entwicklung so bedeutend, daß bereits von einer Entstehung des Verbraucherrechts die Rede isr1, denn es werden seit den siebziger Jahren in Deutschland und den achtziger Jahren in Brasilien bestimmte Probleme des Schuldrechts nicht mehr in den Zivilgesetzbüchern selbst, sondern in Sondergesetzen geregelt. Deshalb kommt es auch entscheidend auf die Frage an, welche Rolle das Zivilrecht im Rahmen des Verbraucherschutzes spielt, und ob die Regulierung dieser Problematik in Sondergesetzen notwendig ist. Ein Vergleich zwischen dem brasilianischen und dem deutschem Recht bezüglich dieser Fragen erscheint wichtig, weil diese Problematik schon seit langer Zeit in Deutschland diskutiert wird. Er gibt eine gute Gelegenheit zur Analyse einiger gemeinsamer Gesichtspunkte des Schuldrechts beider Rechtsordnungen. Einerseits kann die Erfahrung, die das deutsche Schrifttum und die Rechtsprechung im diesem Bereich gesammelt haben, einige Bereiche des brasilianischen Rechts beleuchten. Andererseits ist es möglich, daß ein Vergleich mit dem brasilianischen E. von Hippe[, Verbraucherschutz, S 3. G. Hönn, Kompensation gestörter Vertragsparität, S. 2. 3 E. von Hippe[, Der Schutz des Schwächeren, S. 213. 4 N. Reich, ZRP 1974, S. 187 ff. 5 N. Reich, ZRP 1974, S. 187. 6 E. A. Kramer; Die Krise des liberalen Vertragsdenkens, S. 9 ff. 7 In Deutschland N. Reich, ZRP, 1974, S. 187 ff.; ders., Markt und Recht (1977), 49 ff. Über das Thema vgl. auch T. Bourgoignie, Elements pour une theorie du droit de Ja consommation, S. 185 ff.; ders., JCP 1991, S. 293 - 315; Cas/Ferrier; Traite de Droit de Ia consommation, S. 3 ff.; J. Calais-Auloy, Droit de Ia Consommation, S. 16; Benjamin/Nery Junior; C6digo do Consumidor comentado pelos autores, S. 272. I
2
24
Einleitung
Recht auch für das deutsche Recht Nutzen bringt. Ziel der Arbeit ist die Darstellung der Vor- und Nachteile der beiden Lösungswege, die Suche nach Gemeinsamkeiten und die Erklärung der Verschiedenheiten. Die Arbeit ist entsprechend dieser Zielsetzung auch auf einen Vergleich des Kapitels VI des brasilianischen Verbraucherschutzgesetzes mit dem deutschen System gerichtet. Der Titel dieses Kapitels ist bezeichnend: Schutz des Vertrags (Da Proter;äo contratual). Das deutsche und das brasilianische System sind aber nicht identisch. Es gibt sowohl systematische als auch inhaltliche Unterschiede. Es ist demnach folgerichtig, nicht alle Regelungen des brasilianischen und deutschen vertraglichen Verbraucherschutzes in die Untersuchung miteinzubeziehen. Wesentlich ist ein Vergleich zwischen den zentralen Problemfeldern im Bereich des vertraglichen Verbraucherschutzes: Die Kontrolle der vorformulierten Klauseln und die Regelung bei Haustürgeschäften. Das Thema der Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) und der mißbräuchlichen Klauseln spielt heutzutage in Deutschland und in Brasilien noch eine wesentliche Rolle. Ein Grund dafür ist, daß es sich um eine Problematik handelt, die eng mit der Frage der Vertragsparität in Verbindung steht8 . Die verbreitete Möglichkeit einer Partei, des Verwenders, für zahlreiche Geschäfte vorformulierte Vertragsbedingungen der anderen Partei aufzuerlegen (Allgemeine Geschäftsbedingungen), wurde seit Jahrzehnten als unvereinbar mit dem Gebot einer materiellen Vertragsfreiheit angesehen9 . Beide Länder haben das Problem in Sondergesetzenim deutschen Gesetz zur Regelung des Rechts der Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB-Gesetz) und im brasilianischen Verbraucherschutzgesetz- normiert. Es soll damit eine Möglichkeit der Kontrolle des Vertragsinhalts geschaffen werden. Bemerkenswert ist aber auch, daß diese Kontrolle des Vertragsinhalts heutzutage mit dem Gedanken des Verbraucherschutzes in Verbindung steht 10. Im engeren Sinne stellen die Haustürgeschäfte eine Art von Praxis dar, bei der eine Person in seiner Privatwohnung von einem nicht eingeladenen Vertreter aufgesucht wird. Da der Käufer in dieser Situation normalerweise nicht auf das Angebot des Verkäufers vorbereitet war, wird vom sogenannten Überraschungseffekt gesprochen. Für den Käufer ist die Initiative seitens des Verkäufers ganz unerwartet, und die Verkaufsmethode daher so effektiv, weil die Beeinflussung dahin geht, Verträge sofort abzuschließen. Der Kunde hat in dieser Situation kaum Möglichkeiten, gründlicher zu reflektieren, oder die Preise zu vergleichen. Auch hier steht die Frage der Vertragsfreiheit und der Vertragsparität im Mittelpunkt 11 • Der Grundsatz "pacta sunt servanda" wird eingeschränkt, um die intellektuelle Überlegenheit der anderen Vertragspartei zu kompensieren. In Deutschland und Brasilien ist
8
Vgl. G. Hönn, Kompensation gestörter Vertragsparität, S. 147 ff.
9
L. Raiser, Das Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen, S. 277.
lO
tt
K. Similis, Verbraucherschutz, Schlagwort oder Rechtsprinzip?, S. 39. Vgl. S. Lorenz, Der Schutz vor dem unerwünschten Vertrag, S. 4.
B. Gang der Untersuchung
25
eine Vertragspartei im Bereich der Haustürgeschäfte berechtigt, vom Vertrag Abstand zu nehmen (Vertragslösungsrecht). Es handelt sich um ein Problem, das auch für den Verbraucherschutz von Interesse ist 12 . B. Gang der Untersuchung
Die Arbeit umfaßt zwei Abschnitte: der erste (Allgemeiner Teil) erörtert zunächst die Entwicklung der Vertragsfreiheit und der Vertragsparität in Deutschland und Brasilien. Darüber hinaus wird die Entstehung der Verbraucherschutzbewegung sowie ihre Durchsetzung in Deutschland und Brasilien dargestellt. Ferner wird die dogmatische Bedeutung des Verbraucherrechts präzisiert. Schwerpunkt bildet sein Verhältnis zum Zivilrecht und seine systematische Stellung. Im zweiten Abschnitt (Besonderer Teil) werden zunächst die materiellen Regelungen der vorformulierten Vertragsbedingungen erörtert (Kapitel I). Es wird zuerst die Entwicklung der Problematik im deutschen und brasilianischen Recht und ihre gesetzliche Regelung dargestellt. Im Mittelpunkt des Vergleichs stehen hier die Merkmale der allgemeinen Geschäftsbedingungen und der mißbräuchlichen Klauseln, die Probleme der Einbeziehung, der Auslegung, der Inhaltskontrolle sowie ihre Rechtsfolgen. Im Kapitel II werden die Regelungen über Haustürgeschäfte verglichen. Nach der Darstellung der Thematik der Haustürgeschäfte und der Beschreibung der beiden Gesetze ist die rechtliche Konstruktion des Vertragslösungsrechts in Deutschland und in Brasilien zu präzisieren. Die Einordnung dieses Vertragslösungsrechts als subjektives Recht und seine Eingliederung in die Theorie von der Abstandnahme des Vertrags wird erörtert. Schließlich werden die Voraussetzungen des Vertragslösungsrechts und seiner Rechtsfolgen dargestellt.
12
S. Lorenz, Der Schutz vor dem unerwünschten Vertrag, S. 4.
Allgemeiner Teil
Die Grundlage des vertraglichen Verbraucherschutzes im brasilianischen und deutschen Recht A. Das Spannungsverhältnis von Vertragsparität und Vertragsfreiheit im deutschen und brasilianischen Recht I. Vertragsparität als untergeordnetes Problem der Rechtsordnung
1. Vertragsfreiheit Ausdruck der Privatautonomie
Die Idee der Privatautonomie und der Vertragsfreiheit spielen im Zivilrecht eine große Rolle. Unter Privatautonomie versteht man die Möglichkeit des Einzelnen, seine eigenen Interessen im Rahmen des staatlichen Rechts selbständig zu regeln und zu organisieren 1. Die Privatautonomie strahlt ihre Wirkung auf Bereiche des Zivilrechts aus, wie z. B. auf die Verfügungsfreiheit, die Testierfreiheit und die Vereinigungsfreiheit 2 • Besonders im Bereich der Vertragsfreiheit bedeutet dies aber, daß die Personen die Freiheit haben, Rechtsbindungen miteinander einzugehen. Hierbei kann man sowohl den Inhalt des Vertrags festlegen als auch die Vertragsparteien wählen 3 . Auch wenn der Staat die Voraussetzungen und Grenzen dieser vertraglichen Gestaltungsfreiheit festlegt, soll er den Vertragsparteien einen möglichst großen Handlungsspielraum lassen4 • Unter diesen Umständen stehen diese beiden Begriffe, Privatautonomie und Vertragsfreiheit, in engem Zusammenhang, und die Vertragsfreiheit stellt sich als Hauptfall der Privatautonomie dar5 . I Vgl. Amara/ Neto, Estudos Ferrer Correa, S. 13; Couto e Silva, Obriga~äo corno Processo, S. 17; W Flume, Allgemeiner Teil, S. 1; H. Merz, Privatautonomie heute, S. I; L. Raiser, Vertragsfreiheit heute, JZ 1958, S. 1 ff., auch in Die Aufgabe des Privatrechts, S. 39; W Scherrer, Die geschichtliche Entwicklung des Prinzips der Vertragsfreiheit, S. 7; M. Wolf, Grundlagen, S. 20. 2 Amara/ Neto, Estudos Ferrer Correa, S. 27; W Flume, Allgerneiner Teil, S. 13; H. Merz, Privatautonomie heute, S. 2; W Scherrer; Die geschichtliche Entwicklung des Prinzips der Vertragsfreiheit, S. 53, Fn. 4; D. Schwab, Einführung in das Zivilrecht, Rn. 383; M. Wolf, Grundlagen, S. 20. 3 Amara/ Neto, Estudos Ferrer Correa, S. 28; Couto e Silva, Obriga~äo corno Processo, S. 19; W Flume, Allgerneiner Teil, S. 12; H. Merz, Privatautonomie heute, S. 2; L. Raiser, Die Aufgabe des Privatrechts, S. 39; W Scherrer, Die geschichtliche Entwicklung des Prinzips der Vertragsfreiheit, S. 9; M. Wolf, Grundlagen, S. 31 . 4 H. Merz, Privatautonomie heute, S. 3; L. Raiser; Die Aufgabe des Privatrechts, S. 39.
A. Das Spannungsverhältnis von Vertragsparität und Vertragsfreiheit
27
2. Vertragsparität und Vertragsfreiheit Eine selbstverständliche Verbindung a) Historische Grundlage
Die Grundlage der Vertragsfreiheit war ursprünglich fest mit dem Gedanken der Vertragsparität verbunden. Eine präzise Definition der Vertragsparität läßt sich aber nicht geben6 . Insoweit wird im Folgenden eine Annäherung vorgenommen. Es wird davon ausgegangen, daß die Vertragsparteien über die gleichen Möglichkeiten verfügen, ihre Interessen zu vertreten. Sie haben grundsätzlich dieselbe Machtposition. Die Vertragsparität zwischen den Partnern liegt stets vor. Demzufolge nimmt man an, daß die Verträge im wesentlichen als ausgeglichen erachtet werden können7 . Als rechtliches Instrument beruht der Vertrag einerseits auf dem freien Willen der Parteien8 . Andererseits verpflichtet der Vertrag, weil die Rechtsordnung ihn gewährleistet. Aufgrund dieser beiden verschiedenen Elemente, dem subjektiven und objektiven9 , müssen die Vertragsparteien den Kontrakt achten und ihre Pflichten erfüllen (Vertragstreue) 10. Einer der Gründe für dieses Verständnis der Vertragsparität und der Vertragsfreiheit könnte in historischen und politischen Elementen liegen, die für die Entwicklung von beiden Grundlagen, Vertragsfreiheit und Vertragsparität, eine wesentliche Rolle gespielt haben 11 . Die Verbindung zwischen der Idee der Freiheit und der der Vertragsparität ist besonders vom Gedanken des Liberalismus beeinflußt worden 12. Was man unter Liberalismus versteht, kann hier nur kurz zusammengefaßt werden. Wichtig ist, daß dieser Begriff politische und wirtschaftliche Merkmale aufweist 13 . 5 Amara[ Neto, Estudos Ferrer Correa, S. 27; W Flume, Allgemeiner Teil, S. 12; G. Hönn, Jura 1984, S. 57; W Grunsky, Vertragsfreiheit und Kräftegleichgewicht, S. 5; H. Merz. Privatautonomie heute, S. 3; Palandtl Heinrichs, Einführung v. § 145, Rn. 7; L. Raiser; Die Aufgabe des Privatrechts, S. 39; Soergel/Wolf, Vor§ 145 Rn. 3; M. Wolf, Grundlagen, S. 20. 6 G. Hönn, Kompensation gestörter Vertragsparität, S. 100. 7 Nach Fouillee "Qui dit contractuel dit juste". Vgl. E. Kramer; Die Krise des liberalen Vertragsdenkens,S.9,Fn.3. 8 Über die klassische Erörterung zwischen Willens- und Erklärungstheorie vgl. W Flume, Allgemeiner Teil, II, S. 54; W Scherrer; Die geschichtliche Entwicklung des Prinzips der Vertragsfreiheit, S. 54, Fn. 5. 9 Vgl. H. Merz, Privatautonomie heute, S. 4; R. Reinhardt, FS Schmidt-Rimpler, S. 115 ff. IO Vgl. H. Merz, Privatautonomie heute, S. 4; W Scherer; Die geschichtliche Entwicklung des Prinzips der Vertragsfreiheit, S. 12, S. 61, Fn. 23; A. Steinwenter; in Juristische Blätter, 1950, s. 173 ff. 11 Vgl. K. P. Nanz, Die Entstehung des allgemeinen Vertragsbegriffs, S. 135 ff.; W Scherrer; Die geschichtliche Entwicklung des Prinzips der Vertragsfreiheit, S. 9 ff.; N. Tosch, Entwicklung und Auflösung der Lehre vom Vertrag, S. 5 ff.; F. Wiacker; Privatrechtsgeschichte, s. 293 ff. 12 Vgl. Amara[ Neto, Estudos Ferrer Correia, S. 25 ff.; Couto e Silva, Estudos de Direito Civil brasileiro e portugues, S. 46; E. Kramer; Die Krise des liberalen Vertragsdenkens, S. 22; R. Fischer; DriZ 1974, S. 210; Mayer-Maly, FS Merk!, S. 247 ff.; D. Schwab, Einführung in das Zivilrecht, Rn. 69; M. Wolf, Grundlagen, S. 25.
28
Allg. Teil: Die Grundlage des vertraglichen Verbraucherschutzes
Politischer Gesichtspunkt des Liberalismus ist besonders der Schutz der Freiheit der Menschen vor dem Staat. Es handelte sich vor allem um eine Reaktion der Gesellschaft gegen eine feudale und absolutistische Rechtsordnung. Nicht nur war die Macht in der Person des Monarchen konzentriert - Absolutismus - , sondern die Menschen wurden nicht als gleichwertig betrachtet - Feudalismus. Bestimmte Gruppen, besonders Adelsfamilien, wurden gegenüber weniger vermögenden bevorzugt. Dies führte schließlich zur Entwicklung der Theorie der Grundrechte und zum Grundsatz der Rechtsgleichheit Nach der sich in diesem Rahmen entwickelnden liberalen Wirtschaftslehre sollte der Staat von der Wirtschaft Abstand nehmen. Es sei nicht Aufgabe des Staats, in die wirtschaftliche Betätigung einzugreifen. Dagegen sollte die Steuerung der Wirtschaft von selbst erfolgen, damit jeder Bürger einen möglichst freien wirtschaftlichen Spielraum haben könnte. Die Begrenzungen wirtschaftlicher Freiheiten sollten minimal sein. Deswegen gab es wenige Beschränkungen bezüglich wichtiger Rechtsfiguren wie z. B. der des Eigentums, der Arbeitsverhältnisse oder der Gewerbefreiheit. Aufgrund dieses Gedankens hat sich die Konzeption der Marktwirtschaft durchgesetzt. In diesem Zusammenhang ergänzten sich die zwei Grundlagen Liberalismus und Vertragsfreiheit gut. Der Liberalismus war das ideologische Fundament der Vertragsfreiheit 14• Infolgedessen konkretisierte das Prinzip der Vertragsfreiheit im Bereich des Zivilrechts den Gedanken, daß Private ohne Hilfe oder Einmischung des Staates ihre Beziehung rechtlich regeln können. Von Interesse ist jetzt herauszufinden, wie das deutsche und brasilianische Recht im System des Zivilrechts diese Grundlage konkretisiert haben. b) Die deutsche Lage
Ausgangspunkt der Vertragsfreiheit war also das Nichteingreifen des Staats in private Vertragsverhältnisse. Aus diesem Grund hat sich der BOB-Gesetzgeber grundsätzlich nicht darum gesorgt, ob ein reales Kräfteverhältnis zwischen den Vertragsparteien besteht. Wesentlich war für ihn vor allem die Konkretisierung der Vertragsfreiheit, die er selbst als herrschendes Prinzip im Bereich des Schuldrechts bezeichnete 15 • 13 Dazu: J. Canotilho, Direito Constitucional, S. 103; E. Heuß, Evangelisches Staatslexicon, Band 1, S. 2006-2018; M. Kriele, Einführung in die Staatslehre, S. 177 ff.; MayerMaly, FS Merkl, S. 247 ff.; D. Schwab, Einführung in das Zivilrecht, Rn. 59 ff. 14 Der Liberalismus hat aber Widerstand erfahren. Schon in dem 19. Jahrhundert hat z. B. der Sozialgedanke in Deutschland die Verbindung zwischen Liberalismus und Vertragsfreiheit kritisiert. (Über die juristische sozialistische Kritik an Liberalismus, vgl. Thilo Ramm, Quaderni Fiorentini, Band 3-4, S. 3-23.) Aber in Deutschland und auch in anderen Länder Europas war die Zeit noch nicht reif, um diese Kritik zu würdigen. Ein Beweis dafür ist, wie im Jahre 1904 in Frankreich die hunderte Jahre des Code Civil noch mit Euphorie gefeiert wurden (vgl. Code civil, Livre du Centennaire, Bände I u. II, 1904).
A. Das Spannungsverhältnis von Vertragsparität und Vertragsfreiheit
29
Auch wenn das BGB Generalklauseln enthält, die den Begriff der Guten Sitten (§ 138 BGB) und das Gebot von Treu und Glauben in§ 242 positivieren, war für die Gültigkeit des Vertrags wichtig, daß die formalen Bedingungen des Vertrags erfüllt waren. Die formale Vertragsfreiheit setze voraus, daß beide Parteien die gesetzlichen Voraussetzungen erfüllen, um ein Rechtsgeschäft abzuschließen. Die Voraussetzung der Geschäftsfähigkeit ist ein wesentliches Beispiel dieser formalen Kriterien(§§ 2 und 104 ff. BGB). Wenn die Parteien volljährig sind, geht der Gesetzgeber davon aus, daß sie geschäftsfähig sind, einen wirksamen Vertrag zu schließen. Die im BGB für das Zustandekommen von Rechtsgeschäften normierten§§ 145 ff. machen auf darüberhinausgehende Bedingungen nicht ausdrücklich aufmerksam. In der deutschen Lehre stellt Flumes Theorie im Hinblick auf das Verhältnis der Vertragsfreiheit zu der Problematik der Vertragsparität ein Vorbild bezüglich der Erläuterungen zur vorherrschenden Rolle der Vertragsfreiheit dar 16. Seine Maxime lautet: "Stat pro ratione voluntas" 17 • Das bedeutet, daß das Fundament der Privatautonomie für Flume nur im Willen der Parteien begründet liegt. Selbstbestimmung sei das wichtigste Prinzip einer zivilrechtliehen Rechtsordnung. Aus diesem Grund sei es nicht Aufgabe der Rechtsordnung, bzw. der Richter, eine Suche nach Gerechtigkeit oder Ungerechtigkeit des Vertragsinhalts durchzuführen 18 • Nach seiner Auffassung solle jeder der Vertragschließenden für sich sorgen 19 • Es sei eigene Verantwortung der Menschen zu überprüfen, ob ihre Interessen bei dem Vertragsabschluß in gerechter Weise berücksichtigt seien 20. Es komme nicht darauf an, ob die Möglichkeit zur Selbstbestimmung wirklich effektiv ist. c) Die brasilianische Lage Das brasilianische Recht ist in Deutschland noch relativ unbekannt21 . Aus diesem Grund ist es angebracht, die entscheidenden Punkte des brasilianischen Rechts hier zu erläutern. 15 Die Vorstellung des Gesetzgebers wird sehr deutlich in diesem Kommentar: "Auch in dem mit einzelnen Rechtsgeschäften sich befassenden Teile des Entwurfes sind selbstverständlich nicht alle denkbaren Verträge normiert. Dies wäre bei der Vielgestaltigkeit der Verkehrsbeziehungen an sich unmöglich. Vermöge des Prinzips der Vertragsfreiheit, von welchem das Recht der Schuldverhältnisse beherrscht wird, können die Parteien ihre Rechts- und Verkehrsbeziehungen nach ihrem Ermessen mit obligatorischer Wirkung unter sich bestimmen, soweit nicht allgemeine oder bestimmte einzelne absolute Gesetzesvorschriften entgegenstehen (z. B. §§ 106, 107, 344 ff., 295 Abs. 2, 683)". Vgl. Motive zum Entwurf des BGB, Bd. II, Recht der Schuldverhältnisse, S. 2. 16 W Flume, FS deutscher Juristentag, S. 135 ff.; Allgemeiner Teil, B, S. 6. 17 W Flume, FS deutscher Juristentag, S. 141; Allgemeiner Teil, B, S. 6. 18 W Flume, FS deutscher Juristentag, S. 141; Allgemeiner Teil, B, S. 6. 19 W Flume, Allgemeiner Teil, B, S. 7 . 2o W Flume, Allgemeiner Teil, B, S. 7. 21 In Zweigert/ Kötz, Einführung in die Rechtsvergleichung, S. 114, findet man nur 6 Zeilen über das brasilianische Recht.
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Allg. Teil: Die Grundlage des vertraglichen Verbraucherschutzes
Wegen des enormen Einflusses des portugiesischen Rechts 22 auf das brasilianische Recht gehört Letzteres wie das portugiesische zur Familie des römischen Rechts. Das brasilianische Zivilgesetzbuch ist im Jahre 1917 in Kraft getreten. Aber seine Entwürfe reichen bis zur Mitte des I 9. Jahrhunderts zurück23 , als Brasilien noch ein Kaiserreich war. Das brasilianische Zivilgesetzbuch ähnelt in seiner äußeren Struktur dem BGB. Es hat einen allgemeinen und einen besonderen Teil. Aber inhaltlich sind bedeutende Regelungen unterschiedlich ausgestaltet. Für diese Arbeit ist es wichtig, auf die folgenden Unterschiede näher einzugehen. Im Einklang mit dem BGB wird das brasilianische Zivilgesetzbuch auch von der Grundlage der formalen Vertragsfreiheit beherrscht. Grundsätzlich geht das brasilianische Zivilrecht davon aus, daß das Kräftegleichgewicht zwischen den Vertragsparteien immer die Regel ist. Die Sorge um Vertragsparität besteht nicht. In Artikel 82 des brasilianischen Zivilgesetzbuches wird vorgeschrieben, was gültiger Gegenstand des Rechtsgeschäfts sein kann und welche Form grundsätzlich notwendig beziehungsweise welche nicht erlaubt ist. In dieser noch nicht komplexen Privatrechtsgesellschaft bleibt die Vertragsfreiheit eine Säule des Privatrechts, ohne daß ein Gegenprinzip festlegt wird. Im Unterschied zum deutschen Recht ist aber das brasilianische Schuldrecht ein System, in dem man keine Generalklausel findet. Das mit den Wertungen des§ 138 BGB etwa vergleichbare Institut der Laesio enormis (Lesäo enorme), das in der alten Fassung des portugiesischen Rechts zu finden war, wurde nicht in das brasilianische Zivilgesetzbuch eingeführt, obwohl diese Rechtsfigur eine wichtige Rolle in der portugiesischen Gesetzgebung gespielt hatte24. Deshalb gibt es im brasiliani22 Dieser Einfluß ist nicht nur in der Zeit der Kolonisation wichtig, sondern ist auch nach der Unabhängigkeit (1822) bemerkbar. Für dieses Ergebnis war ein juristisches Werk besonders verantwortlich, nämlich die Ordonnanzen (Ordena~öes) . Es gab drei Ordonnanzen: Die Alfonsinischen (Ordena~öes Alfonsinas), von 1446, die Manuelinischen (Ordena~öes Manuelinas), von 1514, und die Philippinischen (Ordena~öes Filipinas), von 1603. Wichtig ist, daß die Philippinischen Ordonnanzen in Brasilien nicht nur nach 1822 bis 1916 gültig waren, sondern auch stark kommentiert wurden. Ein Beispiel dafür ist, daß die letzte Neuauflage der Philipinischen Ordonnanzen auf einen brasilianischen Kommentar zurückgeht (Ordena~öes Filipinas, mit Einleitung vorn Alrneida Costa, Band 1). Es handelt sich um ein wesentliches Merkmal des brasilianischen Rechts, das im Schriftturn stets hervorgehoben wird. V gl. T. Ascarelli, Studi di Diritto Cornparato, S. 82; Couto e Silva, in Quaderni Fiorentini, 1989, S. 147 ff.; M. Reale, in lnchieste di Diritto Cornparato, Brasil, S. 146. 23 Augusto Teixeira de Freitas war der erste Jurist, der im Jahre 1859 beauftragt worden war, ein brasilianisches Zivilgesetzbuch zu verfassen. Aber das Projekt scheiterte, weil er das Konzept hatte, daß das Gesetzbuch das Zivilrecht und das Handelsrecht umfassen sollte. Er hat es vorgeschlagen, aber seine Idee ist nicht akzeptiert worden. Die anderen Projekte aus den Jahren 1873, 1881 und 1893 scheiterten noch arn Anfang. Erst im Jahre 1899 ist Cl6vis Bevilaqua eingeladen worden, einen neuen Entwurf zu schreiben. Von 1900 bis 1915 ist der Entwurf im Bundestag geblieben. Erst arn 1. Dezember 1916 ist das Gesetzbuch verkündet worden. Vgl. Die Einleitung von Pontes de Miranda, in Zivilgesetze der Gegenwart, Bd. III, S. XVII-XLII; Couto e Silva, Quaderni Fiorenti, 1989, S. 147 ff.
A. Das Spannungsverhältnis von Vertragsparität und Vertragsfreiheit
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sehen Zivilgesetzbuch keine generelle Kontrolle über das Mißverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung. Das Prinzip von Treu und Glauben spielt ebenso keine wichtige Rolle25 . Im brasilianischen Zivilgesetzbuch besteht keine Regelung, die die Funktion einer generellen Schranke der Rechtsausübung erfüllen könnte. Im Bereich des Schuldrechts wird das Prinzip von Treu und Glauben lediglich beim Versicherungsvertrag vorgeschrieben26. In diesem Sinne finden sich keine Regelungen, die dem Richter ermöglichen, eine Kontrolle des Vertragsinhalts durchzuführen, wenn das Kräftegleichgewicht zwischen den Kontrahenten massiv gestört wird. Aus diesem Grund gibt es wenige Möglichkeiten, eine stetige Erneuerung des Zivilgesetzbuches durch die Rechtsprechung zu erreichen. Die Tatsache, daß sich in der brasilianischen Gesetzgebung keine generalklauselartige Normen finden, läßt sich vermutlich durch die folgenden Gründe erklären. Der Einfluß des Liberalismus war Ende des letzten Jahrhunderts in Südamerika sehr stark und hat die Mentalität der brasilianischen Juristen beeinflußt. Auch die wirtschaftlichen Umstände sind verantwortlich für ihre konservativen Lösungen. Im Gegensatz zu Deutschland gab es kaum Industrie und fast keine Mittelschicht im 19. Jahrhundert. Dies führte dazu, daß in Brasilien die Kritik durch Sozialisten an der Gesetzgebung ausblieb, weil sich die Sozialbewegung zu Beginn des 20. Jahrhunderts noch nicht entwickelt hatte. Das brasilianische Recht wurde vielmehr von einem sehr traditionellen Modell des Schuldrechts geprägt, obwohl die brasilianischen Juristen am Ende des 19. Jahrhunderts- wie z. B. Cl6vis Bevilaqua, Verfasser des Zivilgesetzbuches und Professor für Rechtsvergleichung -, bereits gute Kenntnisse des deutschen Rechts - und auch des BGB - hatten 27 . Vor diesem Hintergrund kann festgestellt werden, daß die Vertragsparität in beiden Rechtsordnungen eine untergeordnete Rolle im Vergleich zur Grundlage der Vertragsfreiheit spielte. Beide Länder wurden grundsätzlich von Liberalismus geprägt. Wichtig ist zu wissen, ob diese Vorstellung sich im Lauf der Zeit im deutschen und brasilianischen Privatrecht geändert hat.
24 Die ,.Lesäo enonne" war in der Zeit vor dem Inkrafttreten des brasilianischen Zivilgesetzbuches geltendes Recht. Diese Rechtsfigur wurde in der brasilianischen Consolida~äo das Leis Civis von 1854 in dem Artikel 359 positiviert. Vgl. Caio Mario da Silva Pereira, Lesao nos contratos bilaterais, S. 105 ff. 25 Vgl. Antonio Junqueira de Azevedo, in RDC 3, S. 78. 26 Es handelt sich um Artikel1443: "Der Versicherte und der Versicherer sind verpflichtet, sich im Vertrage des weitmöglichsten Treu und Glaubens und voller Wahrheit zu befleißigen, sowohl bezüglich des Gegenstandes, wie der sich auf ihn beziehenden Umstände und Erklärungen". 27 Hier ist besonders darauf aufmerksam zu machen, daß sich die Kenntnisse in Brasilien vom deutschen Zivilrecht von anderen südamerikanischen Ländern am Ende des 19. Jahrhunderts unterschieden haben. Letztere orientierten sich noch stark an dem Vorbild des französischen Zivilgesetzbuches. Vgl. M. Reale, in Inchieste di Diritto Comparato, Brasil, S. 146.
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Allg. Teil: Die Grundlage des vertraglichen Verbraucherschutzes
11. Vertragsparität als gleichrangiges Problem der Rechtsordnung 1. Krise des Musters der Vertragsparität Die Vertragstheorie wurde, wie auch andere Rechtsinstitute, von grundlegenden Änderungen der Gesellschaft beeinflußt28 . Juristen stellten fest, daß in bestimmten Situationen im Verhältnis der Vertragsparteien untereinander ein Gleichgewicht der Verhandlungsstärke fehlte. Das bedeutet, daß die Parität zwischen den Vertragsparteien nicht immer vorhanden war. Hieraus wird ersichtlich, daß ein Ungleichgewicht der vertraglichen Leistungen in irgendeiner Form entstehen konnte, wenn die Machtpositionen der beiden Vertragsparteien nicht auf dem gleichen Niveau waren. Daraus ergab sich, daß die selbstverständliche Verbindung zwischen Vertragsfreiheit und Parität der Vertragsparteien in Zweifel gezogen wurde. Als Ursache der Imparität einer Vertragspartei gegenüber der anderen werden vor allem wirtschaftliche und intellektuelle Ursachen angeführt29. Besonders deutlich wird die wirtschaftliche Überlegenheit des einen Vertragspartners, wenn z. B. ein Monopol vorliegt, oder wenn eine Ware knapp auf dem Markt geworden ist, und ein wichtiger Bedarf besteht. Dies führt dazu, daß die Vertragsparteien nicht oder nur in geringem Umfang in der Lage sind, einen Einfluß auf die inhaltliche Ausgestaltung der Verträge mit ihren Vertragspartnern auszuüben. Es besteht hier bereits eine wirtschaftliche Unterlegenheit, weil der stärkere Vertragspartner im Allgemeinen über das "Ob" und "Wie" des Vertragsschlusses entscheiden kann. Darüber hinaus wird von intellektueller Unterlegenheit gesprochen, wenn eine Vertragspartei die Bedeutung einer rechtsgeschäftliehen Entscheidung bei bestimmten Situationen nicht richtig wahrnehmen kann. Denn im Gegensatz zu jenen ist der andere Vertragspartner in der Regel besser vorbereitet. Dies kann sich schon daraus ergeben, daß er häufiger mit dieser Situation konfrontiert ist. Beispielsweise kommt es heute wie damals häufig vor, daß die Bestimmungen des Vertrags einseitig von einer Partei vorformuliert werden, ohne daß die andere Partei in der Lage ist, mitzubestimmen. Es handelt sich um die schon zu Anfang des 20. Jahrhunderts in Frankreich entdeckte Kategorie der "contrats d'adhesion"30, die mit den Allgemeinen Geschäftsbedingungen in Deutschland vergleich28 Solche Änderungen sind z. B. die Industrialisierung, die Weltkriege und wirtschaftliche Krisen. Vgl. W Friedmann, Law in achanging society, S . 129-133; L. Raiser, Die Aufgabe des Privatrechts, S. 41; F. Wieacker, Das Sozialmodell der klassischen Privatrechtsgesetzbücher, S. 18 ff. 29 Couto e Silva, Obrigayäo como Processo, S. 25; R. Fischer, DriZ 1974, S. 211; Larenzl Wolf, § 42, Rn. 6 ff.; D. Henrich, FS D . Medicus, S. 200; H. Merz, Privatautonomie heute, S. 14; L. Raiser, Richterliche Kontrolle v. AGB, S. 137; M. Wolf, Rechtsgeschäftliche Entscheidungsfreiheit, S. 9 ff. 30 "Sans doute, il y a contrats et contrats; et nous sommes loin dans Ia realite de cette unite de type contractuel que suppose Je droit. II faudra bien, töt ou tard, que Je droit s'incline devant !es nuances et !es divergences que !es rapports sociaux ont fait surgir. II y a des contrats
A. Das Spannungsverhältnis von Vertragsparität und Vertragsfreiheit
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bar ist31 und in Brasilien entsprechend als "Contrato de adesäo" bekannt ise 2 Auch die Thematik des Mietvertrags und die des Arbeitsrechts werden als Beispiele der Imparität zwischen den Vertragspartnern aufgeführt33 • Aufgrund dieser Feststellung hat die Zivilrechtstheorie ihre Verständnis der Vertragsfreiheit und ihre Stellung gegenüber der Vertragsparität geändert. Es wird versucht, die Vertragsfreiheit zu begrenzen und die Ungleichgewichtslage zwischen den Vertragsparteien wiederherzustellen. 2. Die Suche nach Vertragsgerechtigkeit als Mittel zur Wiederherstellung der Vertragsparität a) Der deutsche Weg
aa) Notwendigkeit der Einschränkung der Vertragsfreiheit In Deutschland wurde früher als in Brasilien versucht, die Problematik der Imparität zu lösen. Auch wenn die Bedeutung der Vertragsfreiheit als Mittel der freien Gestaltung der Rechtsbeziehungen nicht ignoriert werden konnte, wurde Ende des 19. Jahrhunderts vertreten, daß die Vertragsfreiheit nicht ohne Schranken angesehen werden könne, weil ein Mißbrauch ihrer selbst möglich sei34. So wurde teilweise angeführt, daß eine unbegrenzte Freiheit zu einer willkürlichen und nicht zu einer vernünftigen Freiheit führen würde35 . Dieser deutliche Vorwurf war aber im 19. Jahrhundert eine Ausnahme36. Im 20. Jahrhundert hingegen trat Kritik an der bestehenden Konzeption der Vertragsfreiheit häufiger auf und wurde schärfer. Die Rechtslehre bemühte sich folglich darum, neue Theorien zu entwickeln. qui n'ont du contrat que Je nom, et dont Ia construction juridique reste a faire; pour lesquels, en tOUS cas, !es regles d'interpretation individuelle qui viennent d' etre decrites devraient SUbir, sans doute, d'importantes modifications; ne serait-ce que pour ce que I' on pourrait appeler, faule de mieux, !es contrats d'adhesion, dans lesquels il y a Ia predominance exclusive d'une seule volonte, agissant comme volonte unilaterale, qui diele sa loi, non plus a un individu, mais a une collectivite indeterminee, et qui s'engage cteja par avance, unilateralement, sauf adhesion de ceux qui voudront accepter Ia loi du contrat, et s' emparer de cet engagement deja cree sur soi-meme". R. Salleilles, De Ia declaration de volonte, S. 229. 31 L. Raiser; Das Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen, S. 147 ff. 32 Couto e Silva, Obriga~äo como Processo, S. 25. 33 R. Fischer; DriZ 1974, S. 211 ; H. Merz, Privatautonomie heute, S. 14; L. Raiser, Die Aufgabe des Privatrechts, S. 44; Soergel!Wolf, Vor§ 145, Rn. 37; M. Wolf, Rechtsgeschäftliehe Entscheidungsfreiheit, S. 13. 34 Vgl. v. Gierke, Die soziale Aufgabe des Privatrechts, S. 23. 35 Dazu v. Gierke, Die soziale Aufgabe des Privatrechts, S. 23. 36 v. Gierke war nicht der Einzige, der sich gegen die unbegrenzte Vertragsfreiheit geäußert hat. Aber diese kritische Vorstellung war im 19. Jahrhundert eine Ausnahme. Dazu: D. Grimm, in La Formazione Storica del Diritto, S. 1220 ff.; A. Kaiser, Zum Verhältnis von Vertragsfreiheit und Gesellschaftsordnung, S. 199; J. Rückert, in Naturrecht im 19. Jahrhundert, S. 167. 3 Siebeneiehier
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Ein wichtiges Beispiel hierfür ist die Konzeption von Schmidt-Rimpler37 . Er weist darauf hin, daß "der Vertrag ein Mechanismus sei, der in begrenztem Rahmen eine richtige Regelung auch gegen unrichtigen Willen herbeiführt". Das bedeutet, daß eine wesentliche Garantie für die Parteien dahingehend bestehe, daß ihre gegensätzlichen Interessen letztlich eine sachliche Gewähr für die Richtigkeit der vereinbarten Rechtsfolge sei38 . Seine Auffassung geht davon aus, daß es in jedem Rechtsinstitut, d. h. auch im Vertrag, ein Tendenz zu Gerechtigkeit gebe39. Nach Schmidt-Rimplers Theorie ist die Verbundenheit zwischen Gerechtigkeit und Selbstbestimmung durch Vertrag schon festgelegt. Für ihn braucht der Vertrag demnach keine äußere Korrektur, um Gerechtigkeit zu verschaffen. Aber diese Theorie ist kritisiert worden. Es wird zum einen darauf hingewiesen, daß sie nur eine prozedurale Vertragsfreiheit darstelle40. Es sei gerade nicht gewährleistet, daß eine Äquivalenz der Interessen der Vertragsparteien durch die inhaltliche Struktur wirklich erreicht werde. Es sei notwendig, daß die Rechtsordnung sich um diesen Schutz bemühe41 . Flume wendet jedoch ein, daß eine Einschätzung über den Vertrag als "richtig" letztlich von der Selbstbestimmung der Vertragspartner selbst abhänge42. Im Übrigen sei das Urteil "richtig" oder "unrichtig" als rechtliches Urteil über den Inhalt der privatautonomen Gestaltung ein Widerspruch in sich, weil es im Falle der Gewährleistung der Privatautonomie ohnehin keine rechtliche Norm gebe, an der die privatautonome Gestaltung gemessen werden könne43 • Auch wenn die Auffassung von Schmidt-Rimpler hinsichtlich der Problematik der Vertragsfreiheit keine generelle Zustimmung bekommen hat, bleibt sie bis heute ein Kernpunkt der dogmatischen Lehre in Deutschland44 • Das liegt darin begründet, daß sie versucht hat, die Problematik der Vertragsimparität durch die interne Struktur des Vertrags zu lösen45 .
Vgl. AcP 147 (1941), S. 130 ff.; ders., FS. L. Raiser, S. 3 ff. W. Schmidt-Rimpler, AcP 147 (1941), S. 149-157. 39 W. Schmidt-Rimpler, FS Raiser, S. 13. 40 H. Bartholomeyczik, AcP 166 (1966), S. 58; E. Kramer, Die Krise des liberalen Vertragsdenkens, S. 21; L. Raiser, Die Aufgabe des Privatrechts, S. 76 ff. 41 L. Raiser, Die Aufgabe des Privatrechts, S. 76. 42 W. Flume, Allgemeiner Teil, S. 8. 43 W. Flume, Allgemeiner Teil, S. 8. 44 G. Hönn, Jura 1984, S. 62; M. Habersack, Vertragsfreiheit und Drittinteressen, S. 44; J. Limbach, JuS 1985, S. 12; R. Singer, Selbstbestimmung und Verkehrschutz im Recht der Willenserklärungen, S. 11. 45 Die Schmidt-Rimplers Lehre hat auch eine wesentliche Rolle für die Verteidigung des Vertrags als Rechtinstitut gespielt, gegen die Absicht des nationalsozialistischen Autoritarismus eine neue und antiindividualistische Auffassung des Vertragsrechts festzusetzen. Vgl. J. Limbach, KritV 1986, S. 176; Mayer-Maly, FS A. Merk!, S. 250; L. Raiser, Die Aufgabe des Privatrechts, S. 75. 37
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In der Suche nach einer äußeren Einschränkung der Vertragsfreiheit wird vertreten, daß es immanente Schranken der Vertragsfreiheit gebe, die von den Gerichten konkretisiert werden können und müssen, wenn ein wesentlicher Mißbrauch der Vertragsfreiheit festgestellt würde und die gesetzliche Vorschriften für diese Aufgabe nicht geeignet seien46. Andere sprechen von einem "Gegengewicht" zugunsten der schwächeren Vertragspartei, wenn das Kräftegleichgewicht zwischen den Parteien nicht vorliege, damit die Grundlage der Vertragsfreiheit nicht gestört werde47. In diesem Sinne unterscheidet man in Deutschland zwischen der oben erwähnten formalen und der materiellen Vertragsfreiheit48 . Während die formale Vertragsfreiheit erfordert, daß beide Parteien die gesetzlichen Voraussetzungen erfüllen, um ein wirksames Rechtsgeschäft abzuschließen, wird unter der materiellen Vertragsfreiheit verstanden, daß eine Partei keine erhebliche Macht über die andere haben soll. Folglich müsse eine reale Möglichkeit zur Selbstbestimmung für beide Parteien bestehen, die durch die Rechtsordnung gewährleistet werden soll49 . Nicht alle stimmen mit dieser Auffassung überein. Diese Entwicklung wird zum Teil bedauert. Die Frage, ob die Vertragsfreiheit beschränkt und aufgehoben werden müsse50, wurde bereits dahingehend beantwortet, daß die Vertragsfreiheit aufgrund der häufig bestehenden Einschränkungen im Ergebnis verneint wurde51 , weil Freiheit in erster Linie "das Nichtexistieren einer Beschränkung eines Gegenstands bedeutete"52 . Auch die Gegenüberstellung von formaler und materieller Vertragsfreiheit wird kritisiert, da dieser Unterschied nicht haltbar sei5 3 . Die kritischen Behauptungen können sich jedoch gegen das neue Verständnis der deutschen Juristen nicht mehr durchsetzen. Die Problematik der Vertragsparität wird ständig thematisiert, und es wird akzeptiert, daß eine Einschränkung der Vertragsfreiheil manchmal notwendig ist54. Vielleicht drängt sich aus diesem Grund 46 47
L. Raiser, Das Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen, S. 282. Vgl. H. Banholomeyczik, AcP 166 (1966) S. 31 ff.; Mayer-Maly, FS Korinek, S. 155.
48 Vgl. H. Banholomeyczick, AcP 166 (1966), S. 53 ff.; W. Grunsky, Vertragsfreiheit und Kräftegleichgewicht, S. 5; G. Hönn, Kompensation gestörter Vertragsparität, S. 298 ff. ; ders., Jura 1984, S. 72; E. Kramer, Die Krise des Liberalen Vertragsdenkens, S. 20; Larenz, AT§ 3 I, S. 52; H. Merz, Privatautonomie heute, S. 15; L. Raiser; Die Aufgabe des Privatrechts, S. 42; D. Schwab, Einführung in das Zivilrecht, Rn. 384. 49 G. Hönn, Kompensation gestörter Vertragsparität, S. 299. 50 H. Merz, Privatautonomie heute, S. 11. 51 E. Wolf, FS M. Keller, S. 359 ff. 52 E. Wolf, FS M. Keller, S. 359. 53 N. Tosch, Entwicklung und Auflösung der Lehre vom Vertrag, S. 208 ff. 54 W. Grunsky, Vertragsfreiheit und Kräftegleichgewicht, S. 5; W. Zöllner; AcP 188 (1988), S. 99.
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die Frage nach der Krise der Vertragsfreiheit auf55 . Die traditionelle Vorstellung, Vertragsfreiheit sei als grenzenloses und herrschendes Prinzip zu betrachten, ist unter Druck geraten. bb) Die Gerechtigkeit als herrschendes Prinzip Nach dem zweiten Weltkrieg nahm die Auseinandersetzung über den Stellenwert der Vertragsfreiheit in Deutschland zu. Auf die politische Änderung der privatrechtliehen Prinzipien wurde ständig aufmerksam gemacht: Der Sozialgedanke wurde in Artikel 20 I des Grundgesetzes manifestiert, und der Einfluß dieses Gedankens auf das Privatrecht wurde festgestellt 56 . Die Frage nach der Funktion der Vertragsfreiheit erreichte eine neue Dimension und einen erheblichen Umfang: Hierbei handelte es sich darum, aufzuzeigen, daß es Vertragsfunktion sei, die Vertragsgerechtigkeit zu erreichen57 . Das bedeutete, daß das Prinzip der Vertragsfreiheit nicht mehr als etwas, in der Rechtsordnung die herrschende Rolle Einnehmendes, erachtet wurde, sondern im Vergleich mit der Grundlage der Gerechtigkeit eine untergeordnete Rolle einzunehmen habe. Wesentlicher sei es, daß sich Leistung und Gegenleistung gleichwertig gegenüberstünden, und daß die Lasten und Risiken des Vertrags gerecht verteilt würden 58 . Aus diesem Grund habe die Rechtsordnung eine neue Aufgabe erhalten: Sie soll berücksichtigen, ob zwischen den Kontrahenten eine gleichwertige Position bestehe. Diese Entwicklung führte zu einem Vorwurf bezüglich des Prinzips der Vertragsfreiheit, das sogar als eine Utopie bezeichnet wurde59 , weil die Vertragsfreiheit die "ökonomische und soziale Gleichheit der verhandelnden Partner" voraussetze und diese Voraussetzung nicht vorhanden sei. In diesem Zusammenhang ordneten einige Autoren die Sorge um Vertragsgerechtigkeit dem Schlagwort "Sozialautonomie" zu60. Mit dieser Verbindung wird der Gedanke verdeutlicht, daß die Rechtsordnung nicht mehr einfach individualistische Interessen gewährleisten soll, sondern die gesellschaftlichen Interessen ebenso zu berücksichtigen habe61 • Das bedeute in erster Linie die Anerkennung, 55 E. Kramer; Die Krise des liberalen Vertragsdenkens, S. 9; R. Reinhardt, FS SchmidtRimpler, S. 115 ff. 56 Dazu, G. Radbruch, Der Mensch im Recht, S . 39; F. v. Hippe/, Zum Aufbau und Sinnwandel unseres Privatrecht, S. 58 ff.; F. Wieacker; Das Sozialmodell der klassischen Privatrechtsgesetzbücher, S. 18 ff. 57 L. Raiser; Die Aufgabe des Privatrechts, S. 42, und Vertragsfunktion und Vertragsfreiheit, in 100 Jahre Deutsches Rechtsleben, Bd. 101, S. 101 ff., auch in Die Aufgabe des Privatrechts, S. 85.
K. Larenz. AT § 2 V. K. Zweigert, FS Rheinstein, S. 503. 60 E. Eichenopfer; JuS 1996, S. 857 ff.; Larenz!Wolf, AT§ 2 Rn. 19; T. Ramm, in Gerechtigkeit in der Industriegesellschaft, S . 40; E. Schmidt, JZ 1980, S. 153 ff. 61 G. Radbruch, Der Mensch im Recht, S. 37. 58
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daß eine individuelle Differenzierung der Vertragsfreiheit für jede Person vorgenommen werden müsse62. Es handele sich um eine von der distributiven Gerechtigkeit beherrschte Rechtsordnung 63 . cc) Das Ergänzungsmodell Die oben erwähnte radikalen Auffassungen - Vertragsfreiheit als Utopie - werden im AUgemeinen nicht anerkannt. Auch wenn die Bedeutung der Kritiken an der Theorie der formalen Vertragsfreiheit nicht geleugnet wird64, wird vertreten, daß das Vertragsrecht nicht von einem Prinzip beherrscht werde, sondern von verschiedenen Grundsätzen, die sich ergänzen65 : Hier werden das Prinzip von Vertragsfreiheit, Äquivalenz der vertraglichen Leistungen und Rechtsstellungen (Vertragsgerechtigkeit), Verkehrssicherheit und Vertragstreue aufgeführt66. Im voraus könne nicht entschieden werden, welches Prinzip die herrschende Rolle einnehmen müsse. Es handele sich im Endeffekt um ein Pendelsystem, in dem sich ein Prinzip für jede bestimmte Situation mehr als das andere auswirken könne67 • Diese Lösung wird in der deutschen Lehre fortgesetzt. Generell wird eine Tendenz zur "Materialisierung" des Schuldvertragsrechts festgestellt68. Gegenwärtig wird aber noch behauptet, daß einerseits eine Komplementarität zwischen der Grundlage der Freiheit und der der Gerechtigkeit bestehe69 und andererseits, daß es eine Kombination von Sozialstaatsgedanken und Elementen des Liberalismus gebe70 • Es wird auch von einer funktionalen Verbindung zwischen Selbstbestimmung und Gerechtigkeit geredet7 1 • Das führt dazu, daß hervorgehoben wird, die Funktion des Vertrags sei es, den Vertragspartnern beide Prinzipien zu ermöglichen 72 : Sie müsse als "ein Institut zur Sicherung und Ermöglichung der beiderseiG. Radbruch, Der Mensch im Recht, S. 37. G. Radbruch, Der Mensch im Recht, S. 39. 64 F. Bydlinski, BJM, S. 23. 65 F. Bydlinski, Privatautonomie und verpflichtendes Rechtsgeschäft, S. 122 ff.; ders. , BJM, S. 28. Dazu auch: K. Larenz, AT, § 2 V, S. 45; Larenz/Wolf, AT§ 2 Rn. 24. 66 Der Gedanke von Verkehrssicherheit bedeutet in erster Linie die Notwendigkeit der Rechtsbeteiligten, "sich auf das bis zu einem gewissen Grad voraussehbare Verhalten anderer einzurichten". Vgl. F. Bydlinski, Privatautonomie und verpflichtendes Rechtsgeschäft, S. 150. 67 F. Bydlinski, Privatautonomie und verpflichtendes Rechtsgeschäft S. 123, ders., BJM, S. 29. In diese Richtung auch: Larenz! Wolf, AT§ 2 Rn. 24. 68 C. W. Canaris, AcP 200 (2000), S. 276 ff. 69 Dazu: M. Habersack, Vertragsfreiheit und Drittinteressen, S. 47; Larenz /Wolf, § 2 Fn. 18; Palandtl Heinrichs, Einführung v. § 145 Rn. 7. 70 D. Schwab, Einführung in das Zivilrecht, Rn. 82; V. Spellenberg, in Recht im sozialen Rechtstaat, S. 60. 71 M. Wolf, Rechtsgeschäftliche Entscheidungsfreiheit, S. 69 ff. und auch R. Fischer; der von einer sozialen Schutzfunktion des Rechts spricht. Vgl. DRiZ 1974, S. 213. n M. Habersack, Vertragsfreiheit und Drittinteressen, S. 54. 62 63
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tigen Selbstbestimmungen" betrachtet werden73 . Diese Ergänzung sei nur aufgrund des Schutzes der Entscheidungsfreiheit zu erreichen. Wenn die Selbstbestimmungen der Vertragspartner gewährleistet werde, würde die neue Funktion der Vertragsfreiheit umgesetzt werden74 . Auch wer heutzutage in Deutschland vom Vorrang formaler Vertragsfreiheit redet75, sucht eine Art von Kompromiß. Dieser besteht dann, wenn einerseits vertreten wird, daß "die Verwirklichung materieller Vertragsgerechtigkeit eine berechtigte Forderung sei", die aber nicht verabsolutiert werden soll76 und wenn andererseits behauptet wird, "der liberale Glaube an die Vernunftfähigkeit des Menschen und die daraus resultierende Entscheidungsfreiheit" sei auch nicht zu verabsolutieren77. In dieselbe Richtung geht die Auffassung, daß eine Befürwortung der Vertragsfreiheit gleichzeitig die Notwendigkeit von Beschränkungsregelungen nicht ausschließe, wenn diese nicht unverhältnismäßig seien78, oder daß kein "Plädoyer" für unbegrenzte Vertragsfreiheit gemacht werde, sondern vielmehr die Ausmaße der Begrenzung in Frage gestellt würden79. b) Der brasilianische Weg
Die wirtschaftliche Entwicklung in Brasilien im 20. Jahrhundert hat nicht zu einer direkten Änderung des brasilianischen Schuldrechts geführt. Auch wenn einige neue Sondergesetze seit den sechziger Jahren in Kraft getreten sind80, wurde die Struktur des Schuldrechts im Zivilgesetzbuch grundsätzlich nicht geändert. In der Literatur haben einige Autoren die Notwendigkeit der Vertragsparität hervorgehoben81. Manchmal wird vertreten, daß das Gebot von Treu und Glauben als Einschränkung der Vertragsfreiheit im Schuldrecht Anwendung finden könnte82. Da keine Generalklausel dieses Prinzip positiviert, wird behauptet, daß das Prinzip von Treu und Glauben eine ethische Grundlage darstelle, das auch ohne Normen M. Wolf. Rechtsgeschäftliche Entscheidungsfreiheit, S. 60. M. Wolf. Rechtsgeschäftliche Entscheidungsfreiheit, S. 60. 75 C. W CaTUJris, FS Lerche, S. 886; R. Singer, Selbstbestimmung und Verkehrsschutz im Recht der Willenserklärungen, S. 39; W Zöllner, AcP 196 (1996), S. I ff. 76 R. Singer, Selbstbestimmung und Verkehrsschutz im Recht der Willenserklärungen, s. 248. 77 R. Singer, JZ 1995, S. ll40. 78 C. W CaTUJris, FS Lerche, S. 886. 79 W Zöllner, AcP 196 (1996), S. 33. 80 Die wichtigste Beispiele sind die Immobilienverträge (Gesetz Nr. 4380/64) und das Mietrecht (Gesetz Nr. 8.245 I 91 ), das häufig im 20. Jahrhundert geändert wurde. 81 Über das Prinzip der Privatautonornie: Amara/ Neto, Estudos Ferrer Correia, S. 29 ff. und 0. Gomes, Transforrnat;:öes do Direito das Obrigat;:öes, S. 42 ff. Über die Bedeutung des Prinzips von Treu und Glauben: Couto e Silva, A Obrigat;:äo como Processo, S. 27 ff.; ders., Estudos de Direito civil brasileiro e portugues, S. 50 ff. 82 Vgl. Couto e Silva, Estudos de Direito civil brasileiro e portugues, S. 50 ff. 73 74
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durch die Richter anwendbar sei83 . Auch wird davon ausgegangen, daß die Grundlage der Laesio enormis (Lesäo enorme) im brasilianischen Recht eine Rolle spielen könnte, obwohl das Zivilgesetzbuch sie nicht positiviert hat84. Wer das brasilianische Schrifttum untersucht, stellt aber fest, daß der Gedanke der Vertragsfreiheit sich in der Literatur im Laufe des 20. Jahrhunderts noch als das herrschende Prinzip dargestellt hat. Seit dem Zustandekommen des brasilianischen Zivilgesetzbuches im Jahre 1917 bezieht sich die Mehrheit der Autoren vornehmlich auf die Grundlage der Vertragsfreiheit, ohne einen Hinweis auf die Problematik der Vertragsparitätund auf die Grundlage der Gerechtigkeit zu geben85 . Im Jahre 1969 wurde aber ein neues Zivilgesetzbuch geplant. Der Entwurf enthielt Vorschriften, die eine Einschränkung der Vertragsfreiheit beabsichtigten. Ein wichtiges Beispiel dafür ist der Artikel 421: "Die Vertragsfreiheit wird nur innerhalb der Grenzen der Sozialfunktion des Vertrags ausgeübt"86. Das Problem besteht darin, daß der Entwurf des Zivilgesetzbuches noch nicht in Kraft getreten ist. 1975 wurde der Entwurf dem Parlament vorgelegt und erst 1997 wurde der Entwurf durch den Senat gebilligt. Zur Zeit wird über ihn im Abgeordnetenhaus diskutiert. Trotzdem stellt sich der Entwurf des Zivilgesetzbuches als ein Indiz einerneuen Tendenz im brasilianischen Zivilrecht dar. Es soll an einer zentralen Stelle des brasilianischen Zivilgesetzbuches eine Generalklausel aufgenommen werden, die eine allgemeine Lösung für die Problematik der Imparität zwischen den Vertragsparteien sein könnte (Artikel421 des Entwurfes). Diese Entwicklung wird in einem Teil des Schrifttums ausdrücklich befürwortet87 . Der Gedanke der Sozialfunktion des Vertrags sei ein allgemeines und notwendiges Prinzip, das das ursprüngliche individualistische Vorbild der Privatautonomie korrigiere und die materielle Gerechtigkeit fördere 88 . Darüber hinaus sei die Funktion dieser Vorschrift, das Prinzip von Treu und Glauben im neuen Zivilgesetzbuch zu konkretisieren 89. In diesem Sinne stellt dieser Lösungsweg auch als um einen Ausdruck des Ergänzungsmodells dar. III. Zwischenergebnis und Ausblick
In der griechischen Zeit war schon von Gerechtigkeit die Rede. Die Unterscheidung zwischen Austausch und Verteilungsgerechtigkeit geht auf diese Zeit zurück90. Es scheint demnach interessant zu sehen, daß die Entwicklung der ProbleCouto e Silva, Estudos de Direito civil brasileiro e portugues, S. 61. Caio Mario da Silva Pereira, Lesäo noscontratos bilaterais, S. 140. 85 Vgl. Femarulo Noronha, 0 Direito doscontratose seus principios fundamentais, S 61. 86 Vgl. GesetzentwurfNr. 634-8, von 1975, in www.senado.gov.br/Projeto. 87 Vgl. Amara/ Neto, Estudos Ferrer Correia, S. 29 ff.; 0. Gomes, Transforma~öes do Direito das Obriga~öes, S. 45; J. Baptista Villela, Revista Forense 1978, Band 261, S. 34. 88 Amara[ Neto, Estudos Ferrer Correia, S. 39-40; M. Reale, Projeto do C6digo civil, S. 71. 89 M. Reale, Projeto do C6digo civil, S. 71. 83
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matik der Vertragsfreiheit in der deutschen Lehre von einer formalen zu einer materiellen Vertragsfreiheit keine wirkliche Neuheit darstellt. Der Beweis, daß diese alte und bekannte philosophische Begriffsbestimmung noch eine Rolle spielt91 , hat jedoch Vor- und Nachteile. Zum einen bedeutet dieser Einfluß eine Rückkehr zu einem ethischen Gedankengerüst Die Autoren führen das Recht noch einmal auf den Begriff der Moral zurück. Zum anderen drückt aber diese Bewegung aus, daß die aktuelle privatrechtliche Lehre wirklich keinen neuen Weg beschreitet. Es kann eine "Erschöpfung" des Schrifttums festgestellt werden92 , da es sich in erster Linie auf dieses alte Modell bezieht. Sicher ist, daß die Idee der Vertragsfreiheit als herrschendes Prinzip in beiden Ländern endgültig verschwindet. Es wird anerkannt, daß sich die Vertragsparität nicht von selbst versteht. Es ist ein Schutzinstrumentarium nötig, damit die schwächere Partei 93 geschützt werden kann. Hierbei besteht das Problem einerseits darin, daß die theoretische Diskussion über die Parität der Vertragsparteien in erster Linie im Bereich des Zivilrechts geführt wurde. Das einzige konkrete Ergebnis ist die durch die Rechtsprechung in Deutschland erfolgte Legitimation, eine "richtige" Entscheidung für bestimmte Fälle treffen zu können 94 . Aber nicht alle Probleme können durch die Arbeit der Rechtsprechung gelöst werden95 . Andererseits gewinnt das Problem dadurch an Bedeutung, daß der Gesetzgeber der beiden Länder die Problematik der Vertragsparität lösen will. Nicht nur werden die gesetzlichen Regelungen für Schwächere nicht im Zivilgesetzbuch selbst integriert, sondern sie stehen jetzt unter einem anders lautenden Schlagwort: Es geht um die Entwicklung der Verbraucherschutzbewegung, die sich einerseits mit dem Schutz der Schwächeren zu identifizieren vermag96, und andererseits behauptet, Aristoteles, Nikomachische Ethik, Buch V, li, 6 ff. Dazu C. W Canaris, Die Bedeutung der justitia distributiva im deutschen Vertragsrecht, S. 35 ff. 92 Bemerkenswert ist, daß die Rückkehr zu einer aristotelischen Grundlage für die Vertragstheorieauch in anderen Ländern befürwortet wird. In Frankreich wird von einem wichtigen Autor (J. Ghestin, Recueil Dalloz, 1982, I, S. I ff.) aufmerksam auf die Rolle der Gerechtigkeit und der Zweckmäßigkeit für den Vertrag gemacht. Diese seien gegenwärtig die wesentliche Grundlage der Vertragstheorie. Nach seiner Meinung ist der Vertrag nur verbindlich, wenn er gleichzeitig gerecht und zweckmäßig ist. In der amerikanischen Lehre wird bereits darauf hingewiesen, daß die Vertragstheorie in eine Krise geraten ist, weil sie die Konzeption von Aristoteles vernachlässigt hat. Vgl. J. Gordley, The Philosophical Origins of Modern Contract Doctrine, S. 231. 93 Das Schrifttum beschäftigt sich mit diesem Argument nicht nur außerhalb des Schuldrechts, (H. Weitnauer, Der Schutz der Schwächeren im Zivilrecht, S. 63), sondern auch als ein generelles Schlagwort in der Gesellschaft. Dazu E. von Hippe/, Der Schutz des Schwächeren, S. 213. 94 Vgl. oben Besonderer Teil, Kapitel I. 95 Vgl. oben Besonderer Teil, Kapitel li. 96 Vgl. z. B. H. P. Westennann, AcP 178 (1978), S. 178: "Der Schutz des Schwächeren oder in einer ebenso schematisiert-rollenhaften Betrachtung des Verbrauchers". 90 91
B. Verbraucherschutz: Von der Wirtschaftsordnung zur Rechtsordnung
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daß das Zivilrecht sich nicht um den Schutz der Schwächen kümmern solle97 . Diese Aufgabe könne mit Hilfe des Verbraucherschutzes, seiner neuen Prinzipien und Methoden erreicht werden. Im folgenden wird gezeigt werden, daß es sich bei dem in Deutschland und Brasilien vollziehenden Prozeß um einen gleichen handelt. Trotz der enormen dogmatischen Entwicklung der deutschen Privatrechtsordnung steht sie bezüglich des Verbraucherschutzes im Vergleich mit der brasilianischen auf gleicher Stufe: Beide werden intensiv vom Verbraucherschutz geprägt. Beide Länder werden mit demselben Problem gegenwärtig konfrontiert: Die Rolle des Verbraucherschutzes im Verhältnis zum Zivilrecht.
B. Verbraucherschutz: Von der Wirtschaftsordnung zur Rechtsordnung I. Die Entstehung des Verbraucherschutzgedankens
1. Die ökonomische Herkunft: Überflüssigkeit des Verbraucherschutzes Verbraucherschutz wird oft wie im Folgenden allgemein formuliert: Es gehe darum, nicht nur die Interessen der Verbraucher in allen Bereichen zu verteidigen, sondern auch alle Maßnahmen zu ihren Gunsten zu bewahren98 . Wer sich aber mit dem Verbraucherschutz beschäftigt, soll beriicksichtigen, daß die Begriffsbestimmung "Verbraucher" seine Wurzel in der Wirtschaft hat. Das hänge mit den Ideen von Konsument und Konsum zusammen 99, die als notwendiger Untergang der Sache bezeichnet wurden 100. Aber auch wenn klassische Autoren auf die Bedeutung des Konsums aufmerksam gemacht haben 101 , war die Produktion ursprunglieh das wichtigste Thema der Wirtschaftslehre 102• Auf diesen Bereich hat sie sich konzentriert. Ein Grund für diese Situation könnte darin gesehen werden, daß es vorrangiges Ziel der Wirt97
N. Reich, ZRP, 1974, S. 188 ff., ders., Markt und Recht (1977), 49 ff.
E. Egner, Handwörterbuch der Sozialwissenschaften, Band VI, S. 149; E. v. Hippe!, Verbraucherschutz, S. 21; G. Scherhom, Der mündige Verbraucher, S. 67; ders., Verbraucherinteresse, S. 126. 99 H. Kolms, Handwörterbuch der Sozialwissenschaften, Band VI, S. 142 ff. 1oo H. Kolms, Handwörterbuch der Sozialwissenschaften, Band VI, S. 149. IOI Bemerkenswert ist die Äußerung von A. Smith über die Wichtigkeit des Konsums in der Wirktschaftskette: "Consumption is the sole end and purpose of all production". Vgl. Wealth of Nations, Buch IV, Kapitel VIII. 102 M. J. Bo wman, American Economic Review, 1951, S. I; H. Kolms, Handwörterbuch der Sozialwissenschaften, S. 142. 98
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Allg. Teil: Die Grundlage des vertraglichen Verbraucherschutzes
schaft war, das Wachstum zu steigern 103 • Der Konsum war ursprünglich als Problemstellung nur ein Randargument Darüber hinaus beruht das Modell der Marktwirtschaft auf dem Konzept der Konsumentensouveränität Dies bedeutet: Es wird angenommen, daß die Konsumenten die Produktion durch ihre Nachfrage nach Konsumgütern steuern 104. Diese Konzeption verbindet sich mit der Figur des "homo oeconomicus", der vor jedem Einkauf Nutzen und Kosten sorgsam abwägt und Preise vergleicht, bevor er seine Entscheidung trifft 105 . Dieser Mechanismus funktioniere deshalb, weil ein vollkommener Wettbewerb gewährleiste, daß der Verbraucher richtig entscheiden könne 106. In diesem Zusammenhang kommt der Verbraucherschutz grundsätzlich nicht in Frage. 2. Verbraucherschutz als Problem der Wirtschaftsordnung Die Vorstellung des Verbrauchers in der Wirtschaftsordnung hat sich geändert. Aufgrund des unvollkommenen Wettbewerbs, der Unternehmenskonzentration und des Mangels an Transparenz wird darauf hingewiesen, daß der Markt nicht vollkommen funktionieren kann 107 . Daraus ergibt sich, daß die Bedingungen nicht optimal sind, damit der Verbraucher sich wirklich als "homo oeconomicus" verhalten könne. Der Verbraucher habe zunächst nicht genug Kenntnis für eine vollständige Entscheidung über das vielfältige Warenangebot 108 . Darüber hinaus fehlt es dem Verbraucher an objektiver Information 109• Im Gegensatz dazu sei der Anbieter besser organisiert und viele Mittel stehen ihm zur Verfügung, damit seine Interessen M. J. Bowman, American Economic Review, 1951, S. l. D. Jeschke, Konsumentensouveränität in der Marktwirtschaft, S. 15; Kroeber-Riel I Weinberg, Konsumentenverhalten, S. 651; E. Kuh/mann, Verbraucherpolitik, S. 30; MeyerDohm, Sozialökonomische Aspekte der Konsumfreiheit, S. 41 ff. 105 Kroeber-Riel I Weinberg, Konsumentenverhalten, S. 660; Meyer-Dohm, Sozialökonomische Aspekte der Konsumfreiheit, S. 99. 106 Der vollkommene Wettbewerb wird häufig durch die folgenden Merkmale bezeichnet: Unkonzentrierte Angebots- und Nachfragestruktur; bewegliche Güter und Produktionsfaktoren; freier Marktzutritt für neue Anbieter; vollkommener Markt, auf dem keine Art von Präferenzen wirksam sind und statistische Volkswirtschaft. Dazu: G. Hildebrand, American Economic Review, 1951, S. 21; E. Kuh/mann, Verbraucherpolitik, S. 30. 107 G. Magoulas, Recht und Ökonomie, S. 33 ff.; Meyer-Dohm, Sozialökonomische Aspekte der Konsumfreiheit, S. 270 ff.; G. Scherhom, Der mündige Verbraucher, S. 32; ders., Verbraucherinteresse und Verbraucherpolitik, S. 43; K. Simitis, Verbraucherschutz, Schlagwort oder Rechtsprinzip, S. 97 ff. 108 E. Egner, Handwörterbuch der Sozialwissenschaften, Band VI, S. 151; E. v. Hippe/, Verbraucherschutz, S. 4; M. Neumannm, Verbraucherschutz in der Marktwirtschaft; S. 15; G. Scherhom, Der mündige Verbraucher, S. 58; K. Simitis, Verbraucherschutz, Schlagwort oder Rechtsprinzip, S. 101. 109 P. Meyer-Döhm, Sozialökonomische Aspekte der Konsumfreiheit, S. 193 ff.; G. Scherhorn, Der mündige Verbraucher, S. 58; ders., Verbraucherinteresse und Verbraucherpolitik, S. 53 ff.; K. Simitis, Verbraucherschutz, Schlagwort oder Rechtsprinzip, S. 109 ff. 103
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B. Verbraucherschutz: Von der Wirtschaftsordnung zur Rechtsordnung
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besser vertreten werden 110• Es wird sogar von einem Konflikt zwischen Konsumenten- und Produzenteninteresse geredet: Je geringer die Freiheit des Konsumenten, desto leichter kann der Anbieter seine Marktpläne durchführen 111 • Auch wenn man dem entgegenhalten könne, daß sich der Verbraucher nicht als völlig machtlos gegenüber dem Anbieter darstelle, weil er letztlich die Entscheidung über die Güter und Dienstleistungen treffe 112, stellt sich der Konsument als kein richtiger Souverän mehr dar 113 . Deswegen sollen ihm die Bedingungen eingeräumt werden, eine optimale Entscheidung zu treffen. Hier befindet sich eine erste Ursache für das Bestehen des Verbraucherschutzes. Ein anderer Grund für den Verbraucherschutz liegt möglicherweise an unserer als Konsumgesellschaft 114 bezeichneten Zeit. Durch dieses Schlagwort wird die Idee ausgedruckt, daß die Menschen heutzutage in einer Gesellschaft leben, in der sie immer wieder neue materielle Wünsche haben müssen, damit die Produktion der Waren und Leistungen aufgenommen werden kann 115 • Deswegen sind die Menschen beeinflußt, z. B. durch die Werbung, diese neuen Produkte einzukaufen. Die Entwicklung von neuen und intensiven Verkaufstechniken führt zu einem neuen Verbraucherverhalten, das nicht als rationell bezeichnet werden kann (Rationale Bedarfsentscheidung), sondern einen impulsiven Charakter hat116• Anstattals "homo oeconomicus" zu handeln, ziehe der Konsument vor, planlos und sogar impulsiv anzuschaffen. Im Gegensatz zu skeptischen Behauptungen 117 verbreitet sich diese Tendenz gegenwärtig nicht nur in den entwickelten Ländern, sondern auch in den sogenannten Entwicklungsländern. Aus diesen zwei Griinden wird anerkannt, daß der Konsumentenschutz als ein allgemeines Problem der Wirtschaftsordnung zu verstehen ist 118. 11o In der Literatur wird z. B. auf die Reduktion der Angebotsmenge, auf die Unterlassung von Wettbewerbshandlungen oder auf das Verbleiben des Anbieters auf stagnierenden und rückläufigen Märkten (lmobilität) aufmerksam gemacht. Vgl. G. Scherhom, Der mündige Verbraucher, S. 31; ders., Verbraucherinteresse und Verbraucherpolitik, S. 47. 111 G. Scherhom, Der mündige Verbraucher, S. 9. 112 D. Jeschke, Konsumentensouveränität in der Marktwirtschaft, S. 216. 113 G. Hildebrandt, American Economic Review, 1951, S. 23; E. v. Hippe/, Verbraucherschutz, S. 3; Kroeber-Riel! Weinberg, Konsumenten verhalten, S. 660; N. Reich, Markt und Recht, S. 183; M. Neumann, in Verbraucherschutz in der Marktwirtschaft, S. 21. 114 Vgl. Jean Baudrillard, La Societe de Consommation, 1970. 115 Vgl. B. Rebe, Recht im sozialen Staat, S. 71 ; G. Scherhom, Verbraucherinteresse und Verbraucherpolitik, S. 21 ff. 116 Vgl. Kroeber-Riel/Weinberg, Konsumentenverhalten, S. 652; Meyer-Döhm, Sozialökonomische Aspekte der Konsurnfreiheit, S. 67; G. Scherhom, Der mündige Verbraucher, S. 18; K. Similis, Verbraucherschutz, Schlagwort oder Rechtsprinzip, S. 101. 117 So ist die Auffassung von Gärtner, JZ 1992, S. 74, der meint, daß das verbraucherpolitische Ziel in den Ländern der dritten Welt mit Fortschritten in der Trinkwasserversorgung und der Abwasserhygiene zu tun hat. 118 E. Dichtil, Verbraucherschutz in der Marktwirtschaft, S. 23; E. Egner, Handwörterbuch der Sozialwissenschaften, Band VI, S. 153; G. Hildebrandt, American Economic Review,
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Allg. Teil: Die Grundlage des vertraglichen Verbraucherschutzes
II. Die Entwicklung des Verbraucherschutzes
1. Die Durchsetzung des Verbraucherschutzes durch die Politik Über den Zeitpunkt der Entstehung des Verbraucherschutzes können zwei verschiedene Meinungen angeführt werden. Nach einer der beiden Meinung habe diese Idee schon in der Vergangenheit bestanden 119. Es wird darauf hingewiesen, daß es bereits im Mittelalter einen Markt gab, in dem Anbieter von Gütern und Dienstleistungen und Verbraucher einander gegenüber standen 120• Aufmerksam gemacht wird vor allem auf die, bei bestimmten Produkten, wie z. B. Nahrungsmitteln, bestehende besondere Kontrolle bezüglich der Qualität und Preise. Diese Maßnahmen seien ein Beispiel für Verbraucherschutz 121 • Andere Autoren neigen eher zu der Annahme, daß der Verbraucherschutz erst später, am Ende des 19. Jahrhunderts, in besonderen Gesetzen vorhanden war 122 • Vorherrschend ist im Schrifttum 123 anerkannt worden, daß diese Bewegung eine moderne Tendenz darstellt, deren Entwicklung in den Sechziger und siebziger Jahren des 20. Jahrhunderts begonnen hat. Es wird darauf aufmerksam gemacht, daß Präsident Kennedys Botschaft an das amerikanische Parlament im Jahre 1962 in besonderem Maße verantwortlich für den Erfolg dieser Idee war 124, obwohl die 1951, S. 24; P. Meyer-Döhm, Sozialökonomische Aspekte der Konsumfreiheit, S. 76 ff.; 322 ff.; M. Neumann, Verbraucherschutz in der Marktwirtschaft, S. 19. 119 E. Egner, Handwörterbuch der Sozialwissenschaften, Band VI, S. 150; Schuhmacher, Verbraucher und Recht in historischer Sicht, S. 11; Reichenbach, Verbraucherschutz in der Martktwirtschaft, S. 97 ff. 12o Reichenbach, Verbraucherschutz in der Marktwirtschaft, S. 98. 121 Reichenbach, Verbraucherschutz in der Marktwirtschaft, S. 105. 122 Diese Auffassung wird besonders in europäischen Ländern vertreten (H. P. Benöhr, ZHR 1974, S. 492; P. Ourliach, Le Passe du Consumerism, S. 219), in denen besondere Gesetze sich mit dem Schutz der Schwächeren bereitsamEnde des 19. Jahrhunderts beschäftigen. Im deutschen Schrifttum wird davon ausgegangen, daß das Gesetz betreffend die Abzahlungsgeschäfte (AbzG) vom 16. 05. 1894, schon als Verbraucherschutzgesetz angesehen werden kann (vgl. H. P. Benöhr, ZHR 1974, S 492; G. Hönn, Keio Law Review, 1990, S. 201; D. Medicus, FS Kitagawa, S. 473; ders. , JuS 1996, S. 766; D. Schwab, Einführung in das Zivilrecht, Rn. 32, 723). Das AbzG hat das Recht des Kreditkaufs geregelt. Sein Ziel war, die "verbrauchende Bevölkerung" zu schützen (vgl. H. P. Benöhr, ZHR 138, 1974, S. 493). In§ 8 des AbzG wurde sein Anwendungsbereich aber nur für eingetragene Kaufleute ausgeschlossen. Es handelt sich um ein Gesetz, das in seiner Fassung nicht auf den "Verbraucher" hinweist. Dies beweist, daß der Schutz der Schwächeren nicht unbedingt an die Verbraucherschutzbewegung und an die Verbraucherterminologie anknüpfen muß. 123 G. Alpa, II diritto dei consumatori, S. 6; Antonio Benjamin, Revista dos Tribunais 628, 1988, S. 70; Calais-Auloy, Droit de Ia Consommation, S. 21; E. v. Hippe!, Rabe1sZ 1981, S. 353 ff.; ders., Verbraucherschutz, S. 5; R. Gärtner, JZ 1992, S. 73; E. Hondius, Liber amicorum Norbert Reich, S. 312. 124 Vgl. F. Comparato, ROM 80, S. 66; E. v. Hippe/, RabelsZ 1981, S. 354; R. Gärtner, JZ 1992, S. 73; E. Hondius, Liber amicorum Norbert Reich, S. 312, Fn. 2; G. Hönn, in Keio Law Review 1990, S. 201 ; E. Kramer; ZfSchR, 1979, S. 69.
B. Verbraucherschutz: Von der Wirtschaftsordnung zur Rechtsordnung
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Verbraucherschutzbewegung in den Vereinigten Staaten schon in den Dreißiger Jahren existierte 125 , und die amerikanische Regierung, die sogenannte "New Deal Administration", schon in dieser Zeit nicht nur die Problematik erkannt hatte 126, sondern auch versucht hatte, den Verbraucher grundsätzlich zu schützen 127. Die Ziele des Verbraucherschutzes sind von Anfang an sehr umfassend gewesen. In der Botschaft des Präsidenten Kennedy werden die Folgenden formuliert: Das Recht auf Sicherheit, das Recht auf Information, das Recht auf Auswahl und das Recht auf Gehör (right to be heard). Weitere Ziele werden in anderen politischen Dokumenten genannt 128 : Schutz der Gesundheit und Sicherheit der Verbraucher; Schutz der wirtschaftlichen Interessen der Verbraucher; Unterrichtung und Bildung der Verbraucher; Anhörung und Vertretung der Verbraucher. Verbraucherschutz schließt hier sogar einen Anspruch auf Lebensqualität 129 und auf eine bessere Umwelt130 mit ein. In diesem Zusammenhang kann behauptet werden, daß die Sorge um Konsumfreiheit, ursprünglich nur eine Frage der Wirtschaftsordnung, sich nicht nur zu einem Problem der Politik entwickelte, sondern auch eine besondere Dimension erreicht hatte: Verbraucherschutz ist nicht nur der Schutz der Position des Konsumenten gegenüber dem Produzenten, sondern ist ein globales programmatisches Stichwort, in das sich viele Bereiche einordnen lassen. Verbraucherschutz stellt sich als einen politischen Begriff dar 131 , der in der Rechtsordnung manifestiert wurde und somit seine Wirkung zeigte.
125 K. Dameron, Harvard Business Review, vol. 17, 1939, S. 271. 126 Vgl. R. Barber, Michigan Law Review, vol. 64, 1966, S. 1203, in der man die folgende Proklamation von Franklin D . Roosevelt im Jahre 1932 liest: "1 believe we are on the threshold of a fundamental change in our popular economic throught, that in the future we are going tothink less about the producer and more about the consumer". 127 K. Dameron, Harvard Business Review, vol. 17, 1939, S. 278. 128 Wie z. B. in der Verbraucherschutz-Charta vom 17. 5. 1973 des Europarats, im zweiten Bericht der deutschen Bundesregierung zur Verbraucherpolitik vom 20. 10. 1975, in dem ersten Programm der Europäischen Gemeinschaft für eine Politik zum Schutz und zur Unterrichtung der Verbraucher, auch vom 14. 04. 1975, im zweiten Programm der Europäischen Gemeinschaft vom 19. 05. 1981, in der Resolution der Generalversammlung der Vereinten Nationen vom 9. 4. 1985 über Richtlinien für den Verbraucher. Für die Texte vgl. E. von Hippe[, Verbraucherschutz, S. 281 ff. 129 G. Scherhom, Verbraucherinteresse, S. 2. 130 E. v. Hippe[, Verbraucherschutz, S. 24; R. Gärtner, JZ 1992, S. 76. 13 1 W. Henke, Verbraucherschutz in der Marktwirtschaft, S. 54; J. Schmude, FS Ballersted, S. 480; T. Schneider, BB 1974, S. 767.
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Allg. Teil: Die Grundlage des vertraglichen Verbraucherschutzes
2. Die Anerkennung des Verbraucherschutzes in der deutschen und brasilianischen Rechtsordnung a) Die deutsche Lage
Die Entwicklung der Verbraucherschutzbewegung in Deutschland verbindet sich mit der Entwicklung dieses Gedankens in Europa. Aus diesem Grund ist hier auf sie hinzuweisen. In dem Vertrag zur Gründung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft (EWG), der im Jahre 1957 in Rom unterzeichnet wurde, war die EWG nicht zuständig für den Verbraucherschutz 132. Auf europäischer Ebene finden sich erste Marksteine des Verbraucherschutzes in den siebziger Jahren 133 • Entscheidend für den Erfolg des Verbraucherschutzes ist es, daß die Europäische Gemeinschaft gemäß Artikel 129a des EG Vertrags 134 Kompetenz im Bereich des Verbraucherschutzes hat 135 . Außerdem besteht ein Ziel der europäischen Gemeinschaft in der Harmonisierung der einzelnen Rechtsordnungen der Mitgliedstaaten 136 . Um diesen Zweck zu erreichen, wird vor allem ein bestimmtes Instrument, die Richtlinie, verwendet, die im Bereich des Verbraucherschutzes besonders produktiv ist 137. In Deutschland wurde ein erster Bericht zur Verbraucherpolitik bereits im Jahre 1971 vorbereitet 138. 1975 kam der zweite Bericht zur Verbraucherpolitik zustande139. Seit den 70er Jahren ist nicht nur eine Verbraucherpolitik 140 entworfen worVgl. Mortelmans/Watson, in Tijdschrift voor consumentenrecht 1995, S. 231. Vgl. z. B. Bericht der Organisation für wirtschaftliche Zusarnrnenarbeit und Entwicklung (OECD) über die Verbraucherpolitik in den Mitgliedstaaten (1972); Entschließung der Beratenden Versarnrnlung des Europarats über eine Verbraucherschutz-Charta (1973); das erste und zweite Prograrnrn der Europäischen Gemeinschaft zum Schutz und zur Unterrichtung der Verbraucher, in v. Hippe/, Verbraucherschutz, S. 414 ff. 134 Art. 153 n. Finder konsolidierten Fassung des Vertrags von Amsterdarn. 135 Einige kritisieren aber diese Vermutung, und fragen, was Verbraucherschutz mit einem guten Betrieb der europäischen Gemeinschaft zu tun hat. Vgl. M. Will, Mercado Comum e Harmoniza~äo do Direito Privado, S. 76. Kritisch auch: H. Roth, JZ 1999, S. 536. Andere hingegen gehen davon aus, daß "das Interesse an einheitlichem Verbraucherschutz in einem Binnenmarkt nicht zu bestreiten ist". Vgl. P. Ulmer, JZ 1992, S. 3. 136 Vgl. Artikel 100 des EG-Vertrags (Art. 94 n. Finder konsolidierten Fassung des Vertrags von Amsterdarn). 137 Wie z. B. RiL 85/577/EWG vom 20. 12. 1985 im Falle von außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen (Abi. EG Nr. L 372/31); RiL 87/102/EWG vom 22. 12. 1986 zur Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaten über den Verbraucherkredit (Abi. EG Nr. L 40/48); RiL 93/13/EWG vom 5. 4. 1993 über mißbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen (Abi. EG Nr. L 95/29). Für eine ausführliche Liste der Richtlinie betreffend Verbraucherschutz: N. Reich, Europäisches Vertragsrecht, S. 541 ff. 138 Vgl. BT-Drucks. 6/2724, vom 18. 10. 1971. 139 Vgl. BT-Drucks. 7/4181, vom 20. 10. 1975. 140 Es gab aber in den siebziger Jaliren in Deutschland eine Kontroverse über die Verbraucherschutzmodelle. Es wurde zum einen vertreten, daß die deutsche Verbraucherschutzpolitik eine einfache marktkomplementäre oder marktkonforme Verbraucherschutzkonzep132
133
B. Verbraucherschutz: Von der Wirtschaftsordnung zur Rechtsordnung
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den, sondern es sind auch eine Reihe von Gesetzen in Kraft getreten. Diese Gesetze umfassen einen sehr großen Bereich. Wenn man über Verbraucherschutz in Deutschland spricht, kann man zunächst an das Lebensmittelrecht oder das Arzneirnittelrecht oder das Wettbewerbsrecht denken 141 . Aber im Privatrecht sind die wichtigsten Beispiele: Das Gesetz zur Regelung des Rechts der Allgemeinen Geschäftsbedingungen vom 9. 12. 1976 (AGB-Gesetz) 142, das Gesetz zum Schutz der Teilnehmer am Fernunterricht vom 24. August 1976 (Fernunterrrichtsschutzgesetz)143, das Reisevertragsgesetz vom 4. 5. 1979 144 , das Gesetz über den Widerruf von Haustürgeschäften und ähnlichen Geschäften vom 16. 1. 1986 (HWiG) 145 , das Gesetz über die Haftung für fehlerhafte Produkte (Produkthaftungsgesetz) vom 15. 12. 1989 146; das Gesetz über Verbraucherkredite, zur Änderung der Zivilprozeßordnung und anderer Gesetze (Verbraucherkreditgesetz) vom 17. 12. 1990147 und auch das Gesetz über Fernabsatzverträge und andere Fragen des Verbraucherrechts sowie zur Umstellung vor Vorschriften auf Euro von 27. 6. 200 (Fernabsatzgesetz)148. Infolgedessen kann von Verbraucherrecht gesprochen werden, da sich so viele gesetzliche Vorschriften mit der Rechtsstellung des Verbrauchers beschäftigen.
b) Die brasilianische Lage Die Verbraucherschutzbewegung entstand in Brasilien in der Mitte der siebziger Jahre. Ab dieser Zeit entwickelte sich eine Verbraucherschutzpolitik. Der Staat und die Länder griindeten besondere Ämter für den Verbraucherschutz, die sich vor allem mit der Auskunft des Verbrauchers beschäftigten 149. Die Problematik des Verbraucherschutzes wurde in der Literatur thematisiert 150. Im Jahre 1985 tritt z. B. tion hatte (N. Reich, Markt und Recht, S. 198 ff.). Andere meinten, daß es sich um ein Informationsmodell handele (K. Simitis, Verbraucherschutz, Schlagwort oder Rechtsprinzip, S. 95 ff.). Diese Politik habe nur eine Verbesserung der Verbraucherinformation und des Wettbewerbs gefördert. Gegen diese Lösung wurde eine marktkompensatorische Konzeption vorgeschlagen, wonach nicht nur eine einfache Verbesserung der Verbraucherposition, sondern vor allem ein soziales Verbraucherrecht befürwortet wurde. Nur so könne die Macht des Anbieters kontrolliert werden und die Gegenmacht der Verbraucher verstärkt. (Dazu T. Bourgoignie, Elements pour une tbeorie du droit de la consommation, S. 128; D. Hart/W. Köck, ZRP 1991, S. 62; Reich/Tonner/Wegener, Verbraucher und Recht, S. 19-20). 141 Dazu E. v. Hippe/, Verbraucherschutz, S. 62 ff.; K. Simitis, Verbraucherschutz, Schlagwort oder Rechtsprinzip, S. 64, 69. 142 BGBI.I 3317. 143 BGBI. I 2525. 144 BGBI. I 509. 145 BGBI. I .122. 146 BGBI. I 2198. 147 BGBI. I 2840. 148 BGBI. I, 897. 149 Vgl. Fabio Coelho, 0 Empres:iri.o e os Direitos do Consumidor, S. 26.
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Allg. Teil: Die Grundlage des vertraglichen Verbraucherschutzes
ein Gesetz in Kraft, das dem Staatsanwalt ermöglicht, Verbandsklagen zu führen, wenn es sich um die generellen Interessen des Verbrauchers handelt 151 • Diese Bewegung führte 1988 zu der Anerkennung des Verbraucherschutzes durch die neue Verfassung. Andere Länder hatten in ihren Verfassungen den Schutz des Verbrauchers als Verfassungsprinzip schon aufgenommen 152 • Das hat vielleicht dazu geführt, daß zwei Regelungen in der brasilianischen Verfassung den Schutz des Verbrauchers ausdrücklich vorschreiben. Einerseits wird in Artikel 5, Nr. XXXII vorgesehen, daß der Staat den Verbraucherschutz gesetzlich regeln wird 153 . Andererseits wird der Schutz des Verbrauchers in Artikel 170, Nr. V als Grundprinzip der Wirtschaftsordnung anerkannt 154 • In diesem Zusammenhang ist das brasilianische Verbraucherschutzgesetz (Lei de Defesa do Consumidor) am 11. 9. 90 in Kraft getreten 155 • Das Verbraucherschutzgesetz hat drei Titel und 119 Artikel. Im ersten Titel werden die materiellen Rechte des Verbrauchers dargestellt. Der zweite Titel enthält Strafanordnungen und der dritte bietet neue Verfahrensregeln. Entscheidend ist hier vor allem eine Beschreibung des ersten Titels: Kapitel I beinhaltet die Allgemeinen Begriffe (Verbraucher- und Lieferantenbegriff). In Kapitel II wird die brasilianische Verbraucherpolitik geschildert. Kapitel III enthält die Grundrechte des Verbrauchers. In Kapitel IV findet man insbesondere die Produkthaftungsregeln und die neue Regulierung über Verjährung in diesem Bereich. In Kapitel V werden neue Regeln über Antrag, Werbung und mißbräuchliche Tätigkeiten vorgesehen. In Kapitel VI geht es um Vertragsschutz, das heißt um Reurecht, Schutz gegen mißbräuchliche Klauseln und Adhäsionverträge. Kapitel VII behandelt die Verwaltungsstrafe. Der Anwendungsbereich des Verbraucherschutzgesetzes umfaßt den Erwerb und die Benutzung von Produkt und Dienstleistung. In Artikel 3 Abs. 3 wird vorgeschrieben, daß Dienstleistung jede Tätigkeit ist, die gegen Vergütung auf dem Verbrauchermarkt angeboten wird, einschließlich der Dienste des Bank- und Finanz150 Vgl. Antonio Benjamin, Revista dos Tribunais 628 ,1988, S. 69 ff.; F. Comparato, RDM, 1974, S. 89-105; 0. Comes, Defesa do Consumidor, S. 49 ff.; Luiz G. Paes de Barras Leäes, A Responsabilidade do Fabricante pelo fato do produto, S. 194-198. 151 Gesetz Nr. 7.347 vom 24. 7. 1985 (Lei daAr,;äo civil Publica). 152 Die brasilianische Verfassung hat sich wahrscheinlich die spanische ( 1978) und portugiesische (1982) Verfassung als Beispiel genommen, weil beide den Verbraucherschutz in den entsprechenden Artikeln 51 und 102 als Prinzip ausdrücklich angenommen haben. Vgl. F. Comparato, RDM 1980, S. 66. 153 Artikel 5 Nr. XXXII lautet: "Der Verbraucherschutz wird durch den Staat nach dem Gesetz geregelt" . 154 Artikel 170 Nr. V lautet: "Die Wirtschaftsordnung stützt sich auf die Forderung der menschlichen Arbeit und der freien Initiative; es ist ihr Ziel ein würdiges Dasein entsprechend den Gesetzes der sozialen Gerechtigkeit zu gewährleisten. Dabei sind die folgenden Grundsätze zu beachten: Nr. V - Verbraucherschutz". 155 In Südamerika sind auch in Venezuela, Colombia, und Argentinien Verbraucherschutzgesetze erlassen worden. Vgl. G. Stiglitz, JCP, 1994, S. 459 - 469.
B. Verbraucherschutz: Von der Wirtschaftsordnung zur Rechtsordnung
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wesens, des Versicherungs- und Kreditwesens. Die Arbeitsverhältnisse werden aber nicht als Dienstleistungen angesehen.
3. Verbraucherschutz und Vertragsparität a) Schutzbedürftigkeit des Verbrauchers als Fall der Vertragsimparität
Die in der Wirtschaftslehre geführte Diskussion über Verbraucherschutz und das neue Verständnis über die Rolle des Verbrauchers ist für das Schuldrecht im allgemeinen von Bedeutung 156 . Aus der Analyse der Wirtschaftslehre ergibt sich, daß die Machtposition dieser beiden Teilnehmer am Markt - Verbraucher und Anbieter -nicht die gleiche ist 157• Der Verbraucher wird allgemein als der schwächere Teilnehmer der Marktwirtschaft angesehen 158 . Die Risiken des modernen Wirtschaftslebens können sich negativ auf den Verbraucher auswirken 159. Daraus ergibt sich die Schutzbedürftigkeit des Verbrauchers. Er müsse hierbei nicht nur gegenüber den anderen Vertragspartnern intensiver geschützt werden, sondern auch in besonders gelagerten Fällen vor sich selbst 160. Es handelt sich um eine Ungleichgewichtslage, die auf der strukturellen Konzeption des Marktes beruht 161 . Schwierig ist es, daß der Verbraucher sich bei bestimmten Verträgen gegenüber der anderen Vertragspartei kaum wird durchsetzen können. Darüber hinaus kommt es auch vor, daß der Verbraucher nicht entscheiden kann, ob sich bestimmte Rechtslagen als günstig oder ungünstig darstellen. In diesem Sinne hat die strukturelle Unterlegenheit des Verbrauchers wirtschaftliche und intellektuelle Ursachen. Folglich kann hier von Imparität geredet werden. Demnach geht es vor allem um den Schutz der materiellen Freiheit des Verbrauchers. 156 In der deutschen Lehre wird darauf hingewiesen, daß der Verbraucherschutz sich mit einigen bestimmten Themen des Schuldrechts beschäftigen soll: a) Schutz des Verbrauchers vor defekten und gefährlichen Produkten; b) Schutz vor unlauterem Werbung; c) Schutz vor unlauteren Geschäftsbedingungen; d) Schutz vor überhöhten Preisen; e) Durchsetzung individueller Verbraucheransprüche. Vgl. E. v. Hippe/, Verbraucherschutz, S. 23 ff. 157 E. v. Hippe/, Verbraucherschutz, S. 4; G. Scherhom, Verbraucherinteresse und Verbraucherpolitik, S. 33 ff. 158 E. Dicht/, Verbraucherschutz in der Marktwirtschaft, S. 23; E. Egner, Handwörterbuch der Sozialwissenschaften, Band VI, S. 151 ; J. G. Helm, Verbraucherschutz in der Marktwirtschaft, S. 62; D. Henrich, FS D. Medicus, S. 200; E. Hondius, Liber amicorum N. Reich, S. 312; G. Hönn, Keio Law Review, 1990, S. 204; Larenz/Wolf, AT§ 42 3 Rn. 25; N. Reich, Europäisches Verbraucherrecht, S. 27; T. Schneider, BB 1974, S. 767; W. Teske, Recht und Ökonomie, S. 21. 159 G. Hönn, Keio Law Review, 1990, S. 222. 160 D. Leipold, Studi Liebmann, S. 2705; R. Singer, JZ 1995, S. 1133 ff. 161 E. Dicht/, Verbraucherschutz in der Martkwirtschaft, S. 41; J. G. Helm, Verbraucherschutz in der Martkwirtschaft, S. 63; R. Kemper, Verbraucherschutzinstrumente, S. 32; N. Reich, Markt und Recht, S. 182; W. Teske, Recht und Ökonomie, S. 20; V. Reifner, JCP 1978, s. 206.
4 Siebeneiehier
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Allg. Teil: Die Grundlage des vertraglichen Verbraucherschutzes
b) Reaktion gegen den Verbraucherschutz
aa) Kritik an der Lehre der Vertragsparität In Deutschland werden Bedenken bezüglich des Verbraucherschutzes, dessen Ausgangspunkt und Ungleichgewichtslagen geäußert 162• Es wird darauf hingewiesen, daß das Ziel des Verbraucherschutzes, die Parität zwischen der schwächeren und der stärkeren Vertragspartei zu schützen, kein Anlaß sein könne, die Privatautonomie zu weit einzuschränken 163 • Problematisch sei zunächst, daß die Selbstverantwortung des Menschen annulliert werden kann, wenn der Verbraucher grenzenlos geschützt werde. Anstatt ein mündiger Mensch werde eine entmündigte Person verursacht 164 . Hervorgehoben wird ferner 165 , daß die Suche nach der Parität letztlich nicht gänzlich durchführbar sei. Dabei sei es unmöglich, eine tatsächliche Gleichheit zwischen zwei Vertragspartnern zu erreichen, weil vielfältige Gründe für das Ungleichgewicht bestünden. Eine Kompensation, welche alle Faktoren der Imparität ausgleichen wollte, sei nicht realistisch 166• Es gäbe auch den Verbraucher, als typisch schutzwürdige Person, nicht 167 • Darüber hinaus könne der Machtunterschied zwischen den Vertragspartnern eine "verdiente" Begründung haben. Das sei dann der Fall, wenn ein Vertragspartner sich über ein Problem im Voraus, beispielsweise unter Zuhilfenahme der Dienste eines Rechtsanwalts, habe informieren lassen, und die andere Vertragspartei nichts mache, obwohl sie die Möglichkeit dafür hätte. Fragwürdig sei, ob die Rechtsordnung unter diesen Umständen die schwächere Partei schützen sollte 168• Möglich sei nur, bestimmte und evidente Ungleichgewichtslagen zu korrigieren 169, wie z. B. bei allgemeinen Geschäftsbedingungen, in denen eine typische Gefahr für das Vertragsgleichgewicht durch die einseitige Inanspruchnahme der Gestaltungsfreiheit bestehe 170• Schließlich wird betont 171 , daß die Ungleichgewichtslage der Vertragsparteien die Gleichwertigkeit des Vertragsinhalts nicht störe, wenn und solange ein effektiver Wettbewerb vorliege. 162 H. Hübner; FS Bömer, S. 717 ff.; M. Dreher; IZ 1997, S. 167 ff.; D. Medicus, Abschied von der Privatautonomie im Schuldrecht, S. 19 ff.; W Zöllner, AcP 196 (1996), S. 15 ff. 163 D. Kleindiek, Europäischer Binnenmarkt, S. 304; D. Medicus, Abschied von der Privatautonomie im Schuldrecht, S. 30, 35; H. Roth, IZ 1999, S. 531. 164 H. Hübner; FS Bömer, S. 720; ders., AT, Rn. 1040; in dieser Richtung auch W Schünemann, FS Brandner, S. 296. 165 D. Medicus, Abschied von der Privatautonomie im Schuldrecht, S. 19. 166 D. Medicus, Abschied von der Privatautonomie im Schu1drecht, S. 19. 167 W Zöllner, JuS 1988, S. 332.
D. Medicus, Abschied von der Privatautonomie im Schuldrecht, S. 21. D. Medicus, Abschied von der Privatautonomie im Schuldrecht, S. 24. 170 Vgl. Ulmer; AGBG, Einl. Rn. 28. 171 L. Fastricht, Richterliche Inhaltskontrolle, S. 82; W Grunsky, Vertragsfreiheit und Kräftegleichgewicht, S. 13; G. Hönn, Kompensation gestörter Vertragsparität, S. 260; D. Klein168 169
B. Verbraucherschutz: Von der Wirtschaftsordnung zur Rechtsordnung
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bb) Das Effizienzkriterium als Voraussetzung für den Verbraucherschutz Eine Kritik des Verbraucherschutzes wird auch durch die ökonomische Analyse des Rechts ausgeübt 172. Nach dieser Theorie sind alle Menschen fähig, sich auf dem Markt so zu verhalten 173 , daß kein Verbraucherschutz notwendig ist. Diese Lehre geht hier auf die Konzeption des "homo oeconomicus" zurück: Was den Verbraucher angeht, wird er als Nutzenmaxirnierer angesehen, weil er nicht nur seine Interessen richtig verteidige, sondern ebenso versuche, den Nutzen zu erweitem174. Dieser Auffassung nach ist wichtig, daß die Freiheit der Menschen nicht begrenzt wird. Aus diesem Grund soll vermieden werden, daß dieses Modell durch eine Intervention reguliert wird, weil die Teilnehmer versuchen werden, ihren Gewinn zu bewahren 175 . Das führe dazu, daß man theoretische Maßnahmen zugunsten des Verbrauchers im Endeffekt nicht wirklich als Vorteile qualifizieren könne, wenn der Produzent seine Kosten erhöht. Gerade das könnte am Ende des Prozesses ein Nachteil für den Verbraucher sein. In diesem Zusammenhang muß besondere Aufmerksamkeit der Frage zukommen, ob der Nutzen des Verbraucherschutzes im Einklang mit den Transaktionskosten steht. In den Vereinigten Staaten wird beispielsweise die Lehre der "Unconscionability" 176 unter diesen Umständen geprüft177. Es wird gefragt, ob eine bestimmte Entscheidung das Effizienzkriterium erfüllt 178•
diek, Europäischer Binnenmarkt, S. 302; D. Medicus, Abschied von der Privatautonomie im Schuldrecht, S. 21. 172 Allgemein dazu: R. Posner; Economic Analysis ofLaw, S. 4 ff.; in der deutschen Literatur: J. Drexl, Die wirtschaftliche Selbstbestimmung des Verbrauchers, S. 123 ff.; N. Horn, AcP 1976, S. 307 ff.; Schäfer/Ott, Lehrbuch der ökonomischen Analyse des Rechts, S. 7 ff. In der brasilianischen Lehre: G. Faria, Interpreta