Verfassungsrechtliche Fragen der Richterwahl: Zu den Möglichkeiten und Grenzen der Bildung von Richterwahlausschüssen [1 ed.] 9783428494019, 9783428094011

Da der Gerichtsbarkeit im heutigen Gemeinwesen eine außerordentlich große Bedeutung zukommt, muß der Auswahl der Richter

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German Pages 92 Year 1998

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Verfassungsrechtliche Fragen der Richterwahl: Zu den Möglichkeiten und Grenzen der Bildung von Richterwahlausschüssen [1 ed.]
 9783428494019, 9783428094011

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DIRK EHLERS

Verfassungsrechtliche Fragen der Richterwahl

Münsterische Beiträge zur Rechtswissenschaft Herausgegeben im Auftrag der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Westf&lischen Wilhelms-Universität in Münster durch die Professoren Dr. Hans-Uwe Erichsen Dr. Helmut Kollhosser Dr. Jürgen Welp

Band 116

Verfassungsrechtliche Fragen der Richterwahl Zu den Möglichkeiten und Grenzen der Bildung von Richterwahlausschüssen

Von

Dirk Ehlers

Duncker & Humblot · Berlin

Die Deutsche Bibliothek - CIP-Einheitsaufnahme

Ehlers, Dirk:

Verfassungsrechtliche Fragen der Richterwahl : zu den Möglichkeiten und Grenzen der Bildung von Richterwahlausschüssen I von Dirk Ehlers. - Berlin : Duncker und Humblot, 1998 (Münsterische Beiträge zur Rechtswissenschaft; Bd. 116) ISBN 3-428-09401-8

Alle Rechte vorbehalten

© 1998 Duncker & Humblot GmbH, Berlin

Fotoprint: Berliner Buchdruckerei Union GmbH, Berlin Printed in Germany ISSN 0935-5383 ISBN 3-428-09401-8

Vorwort In der heutigen Zeit werden die meisten Kontroversen mit den Mitteln des Rechts ausgetragen. Da Rechtsstreitigkeiten von den Gerichten verbindlich zu entscheiden sind, kommt diesen eine erhebliche Macht zu. Es ist deshalb verständlich, daß nicht nur in Deutschland, sondern auch in vielen anderen Staaten seit langem eine lebhafte Diskussion darüber stattfindet, nach welchen Kriterien Richter ausgewählt werden sollen und wem die Personalauswahl zu übertragen ist. Als Auswahlinstanzen kommen die Exekutive, die Legislative, die Judikative (der dann ein Selbstergänzungsrecht zukäme) sowie das Volk in Betracht. Daneben sind Mischformen denkbar. So entscheidet über die Berufung von Bundesrichtern gemäß Art. 95 Abs. 2 GG der für das jeweilige Sachgebiet zuständige Bundesminister gemeinsam mit einem Richterwahlausschuß, dem unter anderem auch Parlamentarier angehören. Sieht man von der Bestellung der Verfassungsrichter ab, erfolgt die Auswahl der Richter in den Ländern teilweise ausschließlich durch die Landesregierung oder bestimmte Minister, im übrigen müssen die genannten Organe im Einvernehmen mit einem Richterwahlausschuß entscheiden. In Nordrhein-Westfalen gab und gibt es Bestrebungen, die Entscheidungskompetenz maßgeblich auf einen Richterwahlausschuß zu übertragen, wobei sich dieser Ausschuß ausschließlich aus Parlamentariem zusammensetzen soll. Dies wirft gnmdsätzliche Fragen der Abgrenzung von Legislative und Exekutive auf, denen in dieser Schrift nachgegangen wird. Die Ausführungen beruhen auf einem Gutachten, das der Verfasser im Auftrag des Justizministers des Landes Nordrhein-Westfalen erstattet hat. Die Ergebnisse der Arbeit sind aber nicht nur für Nordrhein-Westfalen bedeutsam. Vielmehr ergeben sich aus dem Grundgesetz Grenzen für die Errichtung und Ausgestaltung von Richterwahlausschüssen, die für alle Länder in gleicher Weise gelten. Münster, im Mai 1997

DirkEhlers

Inhaltsverzeichnis A. Gegenstand der Untenuchung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

ll

I. Problemstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

11

li. Gang der Untersuchung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13

III. Terminologie .......... . ............ . .. . . . . .... . .. . . .. . . . . .. 14

B. Die sich aus Art. 98 Abs. 4 GG ergebenden Grenzen rur die Errichtung und Ausgestaltung von Richtenvahlausschüssen der Länder I.

15

Die Bindung der Länder an das in Att. 98 Abs. 4 GG vorgesehene Vert'ahren 15 1. Die Darstellung des Meinungsstandes

.. . .......... . .. . .... 15

2. Die Auslegung des Att. 98 Abs. 4 GG . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

17

a) Der Wortlaut der Bestimmung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17 b) Die Entstehungsgeschichte des Att. 98 Abs. 4 GG . . . . . . .

18

aa) Der Gang der Verhandlungen im Parlamentarischen Rat

18

bb) Die Würdigung der parlamentarischen Beratungen . . . . . . . . . .

23

c) Die systematische Stellung des Att. 98 Abs. 4 GG .

27

aa) Die Stellung des Att. 98 Abs. 4 GG im IX. Abschnitt des Grundgesetzes. . . . . . . . . . . .

27

bb) Att. 98 Abs. 4 GG und Gewaltenteilungsprinzip . . .

28

( 1) Die Geltung des im Grundgesetz geregelten Gewaltenteilungsprinzips in den Ländern .

29

(2) Der Bindungsgehalt des Gewaltenteilungsp1inzips .

30

(a) Der bloße Prinzipiencharakter der Gewaltenteilung

30

(b) Der positive Gehalt des Gewaltenteilungsp1inzips

32

(aa) Die normative Verbindlichkeit des Prinzips

32

8

Inhaltsverzeichnis

(bb) Allgemeine Umschreibungen des dem Gewaltenteilungsprinzip zukommenden Bindungsgehalts .

33

(cc) Die grundsätzliche Vollzugshoheit und Personalhoheit der Exekutive im organisatorischen Sinne .

35

(3) Folgerungen fur die Auslegung des Art 98 Abs. 4 GG . . . .

39

39

cc) Art 98 Abs. 4 GG und Bundesstaatsprinzip dd) Art 98 Abs. 4 GG und Demokratieprinzip

... .... .. . 40

ee) Art. 98 Abs. 4 GG und Rechtsstaatsprinzip

43

c) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . .

43

II. Der Bindungsgehalt im einzelnen ...

44

1. Die angesprochenen Richter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

44

2. Die "Anstellung" von Richtern als Bezugspunkt der Mitwirkungsbefugnisse des Richtetwahlausschusses . . .

46

3. Der Landesjustizminister als Entscheidungsträger

49

4. Die Zusammensetzung des Richterwahlausschusses ..

52

5. Das Etfordernis einer gemeinsamen Entscheidung . ... .. . . . .

54

III. Ergebnis.

55

C. Die sich aus der Verfassung des Landes Nordrhein-Westfalen ergeben-

den Grenzen für die Errichtung von Richtenvahlausschüssen durch Landesgesetz ................

56

Die Bindung des Landesgesetzgebers an die Landesvetfassung . . . . . . ..

56

I.

ll. Die Vereinbarkeit einer Einfuhrung der Richterwahl durch einfaches . ..... .. ... ...... Landesgesetz mit Art 58 LV NW .

57

1. Die Geltung des Att. 58 LV NW fur die Emennung von Richtem im Landesdienst .

58

a) Der Wmt1aut der Bestimmung

58

b) Die Entstehungsgeschichte des Art. 58 LV NW ... ...... .

60

c) Vetfassungssystematik

62

Inhaltsverzeichnis

9

d) Ergebnis .

63

2. Der Umfang des Emennwtgsrechts der Landesregierwtg nach Art. 58LVNW .............. . .......... . .. . .. . ... .. . . . . .. 63 a) Der Wortlaut der Bestimmwtg . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 63 b) Die Entstehwtgsgeschichte des Art. 58 LV NW . . . . . . . . . . . . . . .

64

c) V exfasSW1gssystematik . . . .

65

d) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . .

67

3. Die Zulässigkeit einer Übcrtragwtg der Regienmgsbefugnisse auf andere Stellen durch einfaches Landesgesetz

67

a) Der Wortlaut des Art. 58 Satz 2 LV NW b) Die Entstehwtgsgeschichte der Vorschrift . . . . . . . . . .

67

. . . . . . . . 68

c) Das Recht der Landesregierwtg zur Übertragwtg ihrer Befugnisse auf den Landesgesetzgeber . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Ergebnis . . .

72 73

III. Die Vereinbarkeit der Einfuhrwtg einer Richterwahl durch einfaches Landesgesetz mit Alt. 3 Abs. 2 LV NW . . . . . . .

D. Die notwendigen Verfassungsänderungen zum Zwecke der Einführung einer Richterwahl in Nordrhein-Westfalen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

73

75

E. Zur Zulässigkeif der Einsetzung eines Parlamentsausschusses zum Zwecke der Abgabe von Empfehlungen für die Ernennung von Richtern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ... . . 77 I. Die Vereinbarkeit mit Art. 98 Abs. 4 GG .

77

II. Die Vcr·einbarkeit mit Art. 58 LV NW

78

III. Die Vereinbarkeit mit dem Gnmdsatz der Wirtschaftlichkeit . . . .. . .... . 79

80

IV. Ergebnis .

F. Zusammenfassung der Ergebnisse . .. . . . . ..... . .. .

. . .. . . . .. 81

Iiteraturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 83 Stichwortverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

90

A. Gegenstand der Untersuchung I. Problemstellung In Nordrhein-Westfalen gibt es seit langem eine Diskussion über die Frage, wem die Entscheidung über die Einstellung (Ernennung unter Begründung eines Beamtenverhältnisses) und Beförderung (Ernennung unter Verleihung eines anderen Amtes mit höheren Endgrundgehalt oder gleichem Endgrundgehalt und anderer Amtsbezeichnung beim Wechsel der Laufbahngruppe) der Richterinnen und Richter des Landes Nordrhein-Westfalen obliegen soll. 1 Nach geltendem Recht erfolgt die Ernennung2 - also Begründung oder wesentliche Veränderung des Richterverhältnisses - ebenso wie die Entlassung und Versetzung in den Ruhestand grundsätzlich durch die Landesregierung. 3 Teilweise hat diese ihre Befugnisse aufbestimmte oberste Landesbehörden übertragen. 4 Die Mitglieder des Verfassungsgerichtshofs für das Land Nordrhein-Westfalen werden vom Landtag gewählt. 5 Soweit es um die Einstellung oder Anstellung (Ernennung unter erster Verleihung eines Amtes) 6 von Richtern der Besoldungsgruppe R 1 und R 2 geht, liegt die Zuständigkeit beim Minister für Arbeit, Gesundheit und Soziales (Einstellung und

1 Vgl. zu den Begriffen§ 4 Abs. I LRiG NW i.V.m. § I5 Abs. I LBG NW und§ 3 Abs. I und 3 der Verordnung über die Laufbahnen der Beamten im Lande Nordrhein-Westfalen (LVO) i.d.F. der Bekanntmachung v. 23. November I995 (GVNW 1996, S. 1). 2 Im Sinne der Terminologie des§ 8 Beamtengesetz für das Land Nordrhein-Westfalen (LBGNW) i.d.F. der Bekanntmachung vom 1. Mai 1981 (GVNW S. 234). 3 Vgi.Art. 58 S. 1 LVNWi.V.m. den§§ 4 Abs. 1 LRiG NW; 10 Abs. I S. I LBG NW; § 1 der Verordnung über die Ernennung, Entlassung und Zurruhesetzung der Beamten und Richter des Landes Nordrhein-Westfalen v. 27. Juli 1978 (GV NW, S. 286), geändert durch VO v. l. Juli 1980 (GV NW, S. 700), 30. November 1993 (GVNW, S. 990), 16. April1996 (GV NW, S. 156)- ErnennungsVO NW, § 10 Abs. 1 Nr. 1 Geschäftsordnung der Landesregierung Nordrhein-Westfalen (GO LR) v. 30. November 1993 (GV NW, S. 1876). 4 Art. 58 S. 2 LV NW i. V.m. den §§ 4 Abs. 1 LRiG NW, 10 Abs. 1 S. 2 LBG NW und 2 ErnennungsVO NW.

5 Art. 6

76 LV NW; § 4 Abs. 1 VGHG NW.

Zum Begriff vgl. § 3 Abs. 2 L VO NW.

12

A. Gegenstand der Untersuchung

Anstellung von Richtem der Sozial- und Arbeitsgerichtsbarkeit? sowie beim Justizminister (Einstellung und Anstellung aller anderen Richter) 8 Die genannten obersten Landesbehörden üben die übertragenen Befugnisse im Namen der Landesregierung aus. 9 Sie bedienen sich der vorbereitenden Hilfe der Gerichtsve1waltungen. 10 Zum Beispiel bearbeitet für den Bereich der Ve1waltungsgerichtsbarkeit der Präsident des Oberverwaltungsgerichts die Anträge auf Einstellung in den Probedienst für das Amt des Richters und äußert sich in einem Bericht über die Eignung des Bewerbers. 11 Bezieht sich die Ernennung auf ein Amt der Besoldungsgruppe R 3 oder ein Amt mit höherem Grundgehalt, entscheidet die Landesregierung12 auf der Grundlage eines Vorschlags des zuständigen Ministers 13 unter Mitteilung der Stellungnahmen des Innenministers und des Finanzministers. 14 Dies bedeutet, daß die Landesregierung vor allem über die Beförderung von Richtern zu befinden hat. An der Entscheidung sind die Präsidialräte der einzelnen Gerichtszweige zu beteiligen. 15 Sie geben eine schriftlich begründete Stellungnahme über die persönliche und fachliche Eignung des für eine Beförderung oder eine sonstige Ernennung in Betracht kommenden Richters ab. Die Stellungnahme entfaltet aber keine Bindungswirkungen. Insbesondere steht den Präsidialräten kein Mitbestimmungsrecht zu. Vielmehr handelt es sich um ein bloßes Anhörungsrecht 16

7 §4Abs. 1 LRiGNW, § lOAbs. I S. 2 LBGNW, § 2 ErnennungsVONW i.V.m. Nr. 6.5 und 6.6 der Bekanntmachung der Geschäftsbereiche der obersten Landesbehörden v. 8. Januar 1963 (GV NW, S. 7), neugefaßt durch Bekanntmachung v. 20. Januar 1996 (GV NW, S. 68).

8 Vgl. die zuvorgenannten Bestimmungen i.V.m. Nr. 4.2, 4.3, 4.4 und 4.5 der Bekanntmachung der Geschäftsbereiche der obersten Landesbehörden, a.a.O. (Fn. 7). 9 § 4 Verordnung über die öffentliche Bekanntmachung von kommunalem Ortsrecht (BekanntmVO) vom 7. April1981 (GVNW S. 224).

°

1 Kritisch zur Mitwirkung der Gerichtsverwaltungen wegen der "Gefahr der verfassungswidrigen Kooptation" Bu/1, Richterwahl unter Konkurrentenaufsicht, ZRP 1996, 335 (336). 11 Vgl. AV d. JM v. 13. November 1978 (2201- I C . 69)- JMBI. NW, S. 282 -; zur Besetzung von Planstellen s. AV d. JM v. 25. Oktober 1973 (2010- I B . 41)- JMBI. NW, S. 265- i.d.F. v. 3. Juni 1986- JMBI. NW, S. 153 -. 12

§ I ErnennungsVO NW; § 10 Abs. I u. 2 GO LR NW.

13

D.h. des Justizministers oder des Ministers für Arbeit, Gesundheit und Soziales.

14

Vgl. § 10 Abs. 3 GO LR NW.

15

§§ 55, 74, 75 DRiG; 22, 32 ff. LRiG NW.

Vgl. Stern, Das Staatsrecht der Bundesrepublik Deutschland, Bd. II, 1980, § 43 II 5 (S. 915); Schmidt-Räntsch, Deutsches Richtergesetz, 5. Aufl. 1995, § 75 Rn. 4 . 16

II. Gang der Untersuchung

13

Bereits in den siebziger Jahren gab es in Nordrhein-Westfalen Bestrebungen, die Ernennung der Richter des Landes neu zu regeln und die Kompetenz fur die erstmalige Berufung in ein Richteramt auf Lebenszeit sowie fur die Berufung eines Richters auf Lebenszeit in ein anderes, gleich- oder höherbesoldetes Richteramt dem Justizminister gemeinsam mit einem Richterwahlausschuß zu übertragen. Die Mitglieder des Richterwahlausschusses sollten vom Landtag gewählt werden. Entsprechende Gesetzentwürfe sind von der CDU-Landtagsfraktion17 und der SPD-Landtagsfraktion18 vorgelegt, aber nicht als Gesetz verabschiedet worden. 19 Anfang der neunziger Jahre erstellte der Arbeitskreis "Recht" der SPD-Landtagsfraktion einen erneuten Gesetzentwurf, der die Einrichtung eines Richterwahlausschusses zum Ziel hat. Der Ausschuß soll sich ausschließlich aus Landtagsabgeordneten zusammensetzen und über die Einstellung der Richterinnen und Richter sowie ihre Berufungen in ein Amt mit höherem Endgrundgehalt (Beförderung) entscheiden. Es wird davon ausgegangen, daß im Ausschuß alle Fraktionen des Landtages vertreten sind und die Wahl der Ausschußmitglieder nach der Geschäftsordnung des Landtages erfolgt. Die (formelle) Ernennung soll beim zuständigen Minister verbleiben. Macht dieser Bedenken gegen die Wahl geltend, ist vorgesehen, daß der Richterwahlausschuß die Bedenken mit Zweidrittelmehrheit der anwesenden Mitglieder zurückweisen kann. Kommt eine solche Mehrheit nicht zustande, soll die Landesregierung über die Ernennung entscheiden.

Auch diese Vorschläge sind bisher nicht in geltendes Recht überfuhrt worden. Dies heißt aber nicht, daß von ihnen Abstand genommen wurde. Der Umstand, daß sich seit Jahrzehnten maßgebliche politische Kräfte fur die Installierung eines Richterwahlausschusses eingesetzt haben, macht vielmehr deutlich, daß ein entsprechender Gesetzesentwurfjederzeit wieder eingereicht werden könnte. Im folgenden soll daherüberprüft werden, ob die Vorstellungen des Arbeitskreises "Recht" der SPDLandtagsfraktion mit dem Grundgesetz und der Verfassung des Landes NordrheinWestfalen vereinbar sind.

II. Gang der Untersuchung Da dem Grundgesetz nach Art. 3 I GG ein Geltungsvorrang vor dem Landesrecht einschließlich des Landesverfassungsrechts zukommt, empfiehlt es sich, zuerst zu untersuchen, welche Grenzen sich aus Art. 98 Abs. 4 GG für die Errichtung und die 17

Gesetzentwurfv. 4. Mai 1971- LI -Drucks. NW 71726.

18

Gesetzentwurfv. 13. September 1971- LI-Drucks. NW 7/1066.

19

Vgl. eingehend dazu Böckenförde, Verfassungsfragen der Richterwahl, 1974, S. 13 ff.

14

A. Gegenstand der Untersuchung

Ausgestaltung von Richterwahlausschüssen der Länder ergeben (B.). Sodann wird der Frage nachgegangen, ob die Verfassung des Landes Nordrhein-Westfalen der Errichtung eines Richterwahlausschusses entgegensteht (C.). Sollte sich zeigen, daß sich aus den Verfassungsbestimmungen SpeiTwirkungen für den einfachen Gesetzgeber ergeben, ist das Augenmerk auf die notwendigen Verfassungsänderungen zu richten (D.). Ferner ist zu untersuchen, ob auch die Einschaltung eines Parlamentsausschusses zum Zwecke der Abgabe von Empfehlungen für die Ernennung von Richtern aufrechtliche Bedenken stößt (E.). Abschließend werden die Ergebnisse der Untersuchung zusarnrnengefaßt (F.).

111. Terminologie Im folgenden soll aus Vereinfachungsgründen nicht von Richterinnen und Richtern, sondern nur von Richtern gesprochen werden. Damit wird an den Sprachgebrauch des Deutschen Richtergesetzes und des Landesrichtergesetzes angeknüpft. Der Sache nach werden von der Bezeichnung sowohl die weiblichen als auch die männlichen Amtsinhaber erfaßt.

B. Die sich aus Art. 98 Abs. 4 GG ergebenden Grenzen für die Errichtung und Ausgestaltung von Richterwahlausschüssen der Länder I. Die Bindung der Länder an das in Art. 98 Abs. 4 GG vorgesehene Verfahren Nach Art. 98 Abs. 4 GG können die Länder bestimmen, daß über die Anstellung der Richter in den Ländem der Landesjustizminister gemeinsam mit einem Richterwahlausschuß entscheidet. Einigkeit besteht darüber, daß Art. 98 Abs. 4 GG einerseits die Länder nicht zur Einfiihrung der Richterwahl verpflichtet, andererseits dem Bund verbietet, in Ausübung seiner Rahmenkompetenz gemäß Art. 75 Nr. I GG den Ländern die Möglichkeit der Errichtung von Richterwahlausschüssen zu untersagen?0 Umstritten ist dagegen die Frage, ob Art. 98 Abs. 4 GG die Regelungskompetenz der Länder bei der Errichtung und Ausgestaltung von Richterwahlausschüssen beschränkt.

I. Die Darstellung des Meinungsstandes

Die Rechtsprechung'- 1 und die ganz herrschende Auffassung im Schrifttum22 bejahen eine Bindung der Länder an das in Art. 98 Abs. 4 GG vorgesehene 20 Vgl. hierzu ausfuhrlieh Böckenförde (Fn. 19), S. 40 ff.; Herzog, in: Maunv'DOrig, Grundgesetz, Loseblatt-Sammlung, Stand: Sept. 1991, Art. 98 (Bearb. 1977), Rn. 35 ff.; Stern (Fn. 16), § 33 V (S. 405 f.). 11 BVerwG, Urteil v. 15.11.1984-2 C 29.83 -, DVBI. 1985,452 f.; HessVGH, Urteil v. 20.12.1989 - 1 UE2123/87 - , DVBI. 1990, 306; OVG Sachsen-Anhalt, Urteil v. 28.4.1993 - 3 OVG L 11191 - , DVBI. 1993,960 (962); OVG Schleswig, Beschluß v. 1.2.1996-3 M 89/85 - , DVBI. 1996. 521 (524)

22 Vgl. im einzelnen Glosse von UM.. AöR 76 (1950/51), 232 ff.; v. Mango/dt, Das Bonner Grundgesetz, 1953, Anrn. 5 zu Art. 98; Beuermann, Die Grundrechte, Bd. 3, 2. Hb., 1959, S. 608 f ; L. Schäfer, Grundfragen der richterlichen Unabhängigkeit, BayVBI. 1970, 85 (88 f.); Uhlitz, Zu einigen verfassungsrechtlichen Problemen der Einrichtung von RichterwahlausschOssen, DRiZ 1970, 219 ff.; H o/tkotten, in: Bonner Kommentar zum Grundgesetz, Loseblattkommentar, Stand: Nov. 1991,Art. 98 (Bearb. 1971), Anm. IIA 2 n); Enzian, Verfassungsrechtliche Zwänge für die Richterwahlgesetze, DRiZ 1974, 118 (119); Herzog, in:

16

B. Die sich aus Art. 98 Abs. 4 GG ergebenden Grenzen

Verfahren. Die Länder dürfen danach nicht eine reine Richterwahl einfuhren, sondern allenfalls ein Kondominium von Richterwahlausschuß und Landesjustizminister gemäß dem Prinzip der Übereinstimmung ("duae conformes sententiae"). In diesem Sinne wird man auch das Bundesverfassungsgericht verstehen müssen, das in seiner Entscheidung vom 16. Dezember 1975 davon spricht, das Grundgesetz habe die Einstellung und Beförderung der Richter den gewählten Volksvertretern und den von der Volksvertretung bestellten und ihr verantwortlichen Ministern übertragen 23 Hierbei bezieht sich das Bundesve1fassungsgericht nicht nur auf Art. 95 Abs. 2 GG, sondern ausdrücklich auch auf Art. 98 Abs. 4 GG und weist zudem auf eine Entscheidung hin, in der die Regierungsverantwortlichkeit für Personalmaßnahmen deutlich hervorgehoben worden ist. 24 Demgegenüber wird von einer Mindenneinung die Ansicht vertreten, der normative Gehalt des Art. 98 Abs. 4 GG erschöpfe sich in der Schutzwirkung zugunsten der Länder gegenüber der Regelungsbefugnis des Bundesrahmengesetzgebers. Eine weitere Bindungswirkung lasse sich aus der Vorschrift nicht herleiten. Insbesondere ermächtige Art. 98 Abs. 4 GG nicht die Länder zur Einführung einer RichterwahL Vielmehr ergebe sich eine derartige Befugnis der Länder bereits aus ihrer Justizhoheit Art. 98 Abs. 4 GG füge dem Kompetenzbestand der Länder also nichts hinzu, sondern habe nur eine deklaratorische Bedeutung. Demgemäß seien die Länder auch nicht auf eine Mitwirkung des Richterwahlausschusses nach Maßgabe des Art. 98 Abs. 4 GG beschränkt. Es stehe ihnen frei, ein Ve1fahren einzuführen, bei dem der Richterwahlausschuß - unter Ausschluß des Landesjustizministers- allein über die Berufung und Beförderung der Richter entscheidet.25 Maunz/Dürig (Fn. 20), Art. 98 Rn. 35 f.~ Stern (Fn. 16), § 33 V (S. 405 f.); Strelitz, Entstehung und Problematik von Richterwahlausschüssen in Bund und Ländern, in: Festschrift für Martin Hirsch, 1981, S. 355 (363); Teubner, Die Bestellung zum Berufsrichter in Bund und Ländern, 1984, S. 48 ff. ~ Badura, Staatsrecht, 2. Aufl. 1996, H 10 (S. 575); Meyer, in: v. Münch (Hrsg.), Grundgesetz-Kommentar, Bd. 3, 3. Aufl. 1996, Art. 98 Rn. 12. 23

BVerfG, Urteil v. 16.12.1975-2 BvL 7174 - , BVerfGE 41, 1 (10).

24

Vgl. BVerfG, Urteil v. 27.4.1959-2 Bv F 2/58 - , BVerfGE 9, 268 (278 ff.).

So vor allem Böckenförde (Fn. 19), S. 48 f., 55 f. Ihm folgend auch Thomas, Richterrecht, 1986, S. 68; Wassermann , in: Kommentar zum Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland (Alternativkommentar), Bd. 2, 2. Aufl. 1989, Art. 98 Rn. 28 ff Vgl. auch die unveröffentlichte gutachtliche Äußerung der Professoren Blomeyer und Wengier für das Abgeordnetenhaus Berlin v. 18. Oktober 1954, S. 9~ Oppemwnn, Richterberufung und richterliche Unabhängigkeit, 1966, S. 157; Vhlitz, DRiZ 1970,219 (220); Drexelius/Weber, Die Verfassung der Freien und Hansestadt Hamburg, 2. Auf!. 1972, Bem. 3 zu Art. 63 . Vgl. auch Bull, ZRP 1996, 335 (338), deres-ohne auf Art. 98 Abs. 4 GG einzugehen - für denkbar hält, daß der zuständige Landesminister dem Richterwahlausschuß eine Dreier-Liste vorlegt, wobei die Auswahl dann dem Richterwahlausschuß obliegen soll, ohne daß dem Minister noch ein Vetorecht zukommt. Dies hätte zur Folge, daß der Richterwahlausschuß den auf 25

I. Bindung an Art. 98 Abs. 4 GG

17

Welcher der beiden vertretenen Auffassungen zu folgen ist, läßt sich nur durch Auslegung des Art. 98 Abs. 4 GG ermitteln.

2. Die Auslegung des Art. 98 Abs. 4 GG a) Der Wortlaut der Bestimmung Der Wortlaut des Art. 98 Abs. 4 GG spricht eindeutig für eine Auslegung der Vorschrift im Sinne der herrschenden Ansicht. Die Bestimmung enthält gerade keine unbeschränkte Ermessensermächtigung der Länder. Vielmehr ist ihnen ein eigenverantwortlicher Entscheidungsspielraum lediglich insoweit eingeräumt worden, als das in Art. 98 Abs. 4 GG näher bezeichnete Verfahren der Richteranstellung - gemeinsame Entscheidung von Landesjustizminister und Richterwahlausschuß - beachtet wird. Dies kann nur im Sinne einer Obergrenze für die Einbeziehung von Richterwahlausschüssen verstanden werden. Hätte das Grundgesetzjede beliebige Form der Richterwahl zulassen wollen, hätte es sich darauf beschränken müssen, die Länder allgemein zw- Einführung der Richterwahl zu ermächtigen beziehungsweise (deklaratorisch) klarzustellen, daß die Bundesverfassung einer Wahl der Landesrichter durch einen Wahlausschuß nicht entgegensteht. Das Abstellen auf eine bestimmte Verfahrensmodalität gibt keinen Sinn, wenn alle anderen in Betracht kommenden Verfahrensgestaltungen ebenfalls zulässig sein sollen. Gegen die bloß beispielhafte Hervorhebung einer Ved"ahrensa11 spricht, daß AI1. 98 Abs. 4 GG nicht die Entscheidung des Richterwahlausschusses neben diejenige des Landesjustizministers gestellt hat, sondern nw· die Möglichkeit einer gemeinsamen Entscheidung erwähnt Daraus muß geschlossen werden, daß Verfahrensgestaltungen, die eine Beteiligung des Landesjustizministers an der Entscheidung nicht vorsehen, unzulässig sind. Soweit die Auffassungvertreten wird, die Länder könnten auch eine reine Richterwahl ohne jede Mitwirkung des Landesjustizministers einfuhren, wird auf den Wortlaut des Art. 98 Abs. 4 GG nicht- oder jedenfalls nicht näher- eingegangen. 26 Nach herrschender Meinung ist die Auslegung einer Norm gegen ihren eindeutigen

Platz 3 Plazierten auswählen könnte, obwohl der Landesminister den Erst- und Zweitplazierten für geeigneter hält. 26 So erwähnt Böckenförde (Fn. 19), S. 48, zwar am Rande, daß der Wortsinn des Art. 98 Abs. 4 GG auf eine Ermächtigung an die Länder hindeute, geht dieser Frage aber nicht weiter nach, sondern stützt sich ganz auf den Kontext, in dem Art. 98 Abs. 4 GG steht (S. 43 ff.), sowie auf die Entstehungsgeschichte (S. 50 ff. ).

2 Ehlers

18

B. Die sich aus Art. 98 Abs. 4 GG ergebenden Grenzen

Wortsinn aber nicht möglich 27 Der Wortsinn bilde eine unüberwindbare Schranke der Gesetzesauslegung. Wer den Wortsinn ignoriere, betreibe nicht mehr Gesetzesauslegung, sondern Rechtsfortbildung oder Umdeutung. 28 Will man dieser Ansicht nicht folgen, müßte zumindest der Nachweis erbracht werden, daß man bei Zugrundelegung anderer Auslegungsmethoden zu einem abweichenden Ergebnis kommt. Als andere Auslegungsmethode kommt hier die geschichtliche und die systematische Interpretation in Betracht.

b) Die Entstehungsgeschichte des Art. 98 Abs. 4 GG aa) Der Gang der Verhandlungen im Parlamentarischen Rat Ausgangspunkt für die Beratungen im Parlamentarischen Rat über den jetzigen Art. 98 Abs. 4 GG war eine Vorlage des Allgemeinen Redaktionsausschusses für den Abschnitt "Gerichtsbarkeit und Rechtspflege". Diese Vorlage - damals noch als Art. 129a formuliert- sah in Parallele zu der Berufung der Bundesrichter auch für die Anstellung der Landesrichter die Beteiligung eines Richterwahlausschusses zwingend vor. Die Bestimmung hatte folgenden Wortlaut: "Über die vorläufige und endgültige Anstellung der Richter in den Ländern entscheidet nach Maßgabe näherer landesgesetzlicher Regelung der Landesjustizminister gemeinsam mit einem Richterwahlausschuß des Landes. "29

27 Müller, Normstruktur und Normativität, 1966, S. 160 f.; ders., Juristische Methodik, 5. Aufl. 1993, S. 183 ff.; Hesse, Grundzüge des Verfassungsrechts der Bundesrepublik Deutschland, 20. Aufl. 1995, Rn. 34, 77. 28 Vgl. BGH, Urteil v. 30.6.1966 - BGH KZR 5/65 - , BGHZ 46, 74 (76); Blasius!Büchner, Verwaltungsrechtliche Methodenlehre, 2 . Aufl. 1984, S. 157; Bydlinski, Juristische Methodenlehre und Rechts begriffe, 2 . Aufl. 1991 , S. 441; Larenz, Methodenlehre der Rechtswissenschaft, 6. Aufl. 1991 , S. 322; Schmalz, Methodenlehre für das juristische Studium, 3 . Aufl. 1992, Rn. 234 f. ; Schach, Übungen im Öffentlichen Recht ll, Verwaltungsrecht und Verwaltungsprozeßrecht, 1992, S. 35. 29 Parlamentarischer Rat, Ausschuß für Verfassungsgerichtshof und Rechtspflege, 7. Sitzung v. 6. Dezember 1948, Steno.-Prot., S. 111 - Drucks. Nr. 343 v. 5. Dezember 1948. Zur Entstehungsgeschichte vgl. auch umfassend JöR, N.F., Bd. 1 (1951), S. 718 ff.; Holtkotten, in: Bonner Kommentar (Fn. 22), Art. 98 (Bearb. 1971), Anm. I.

I. Bindung an Art. 98 Abs. 4 GG

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Der Ausschuß für Verfassungsgerichtshof und Rechtspflege befaßte sich in seinen Sitzungen am 6. 30 und 7. Dezember 194831 mit diesem Vorschlag. Insbesondere der Abgeordnete Dr. Laforet (CSU) äußerte Bedenken gegen die zwingende Einführung von Richterwahlausschüssen auf Landesebene, weil es sich hierbei um einen W1Zulässigen Eingriff in die Justizhoheit der Länder handele. 32 Auch die Abgeordneten Dr. Becker (FDP), Dr. de Chapeaurouge (CDU) und Dr. Strauß (CDU) sprachen sich gegen die Aufnahme der Bestimmung aus. Die Bedenken von Dr. de Chapeaurouge und Dr. Becker richteten sich grundsätzlich gegen die Beteiligung von Richterwahlausschüssen bei der Anstellung der Richter, weil sie hierin eine Durchbrechung der Personalhoheit der Exekutive sahen. Der Landesjustizminister könne die Verantwortung für die Richter nicht mehr tragen, "wenn seine Entscheidungsgewalt durch einen Richterwahlausschuß des Landes eingeschränkt" werde. 33 Dr. Strauß befürwortete zwar die Richterwahl, war jedoch mit Rücksicht auf die Einwendungen des Abgeordneten Dr. Laforet bereit, auf die Aufnahme der Bestimmung in das Gmndgesetz zu verzichten, um eine einheitliche Stellungnahme des Parlamentarischen Rates zu dem Abschnitt "Rechtspflege" nicht zu gefährden. 34 Demgegenüber sprachen sich die SPD-Abgeordneten Zinn (Vorsitzender des Ausschusses für Verfassungsgerichtshofund Rechtspflege) und Dr. Seibert mit der Begründung fur die Vorlage aus, es müsse wieder eine Vertrauensgrundlage für die Justiz geschaffen werden. Dazu bedürfe es der Einrichtung eines Richterwahlausschusses. Auch müsse die Anstellung der Richter in Bund und Ländern einheitlich geregelt werdenJ~ Den Einwand, daß der Justizminister zu sehr eingeschränkt werde, versuchte der Vorsitzende Zinn mit dem Hinweis auf die große Machtfülle des Ministers zu entkräften. "Er entscheidet gemeinsam mit dem Richterwahlausschuß. 30 Parlamentarischer Rat, Ausschuß für Verfassungsgerichtshof und Rechtspflege (Fn. 29), S. 111-114.

31 Parlamentarischer Rat, Ausschuß flir Verfassungsgerichtshofund Rechtspflege, 8. Sitzung v. 7. Dezember 1948, Steno.-Prot., S. 61-67. 32 Parlamentarischer Rat, Ausschuß für Verfassungsgerichtshofund Rechtspflege, 7. Sitzung v. 6. Dezember 1948, Steno.-Prot., S. 111 f.; 8. Sitzung v. 7. Dezember 1948, Steno.Prot., S. 63 f. 33 Dr. Becker, Parlamentarischer Rat (Fn. 32), 8. Sitzung v. 7. Dezember 1948, Steno.Prot., S. 63; nahezu wortgleich Dr. de Chapeaurouge, a.a.O., S. 62 (es sei flir einen Landesjustizminister völlig unmöglich, wenn er "bei der Ernennung in seinem Mitwirkungsrecht beschränkt" werde). 34 Parlamentarischer Rat, Ausschuß für Verfassungsgerichtshof und Rechtspflege, 7. Sitzung v. 6. Dezember 1948, Steno.-Prot., S. 113 f.; 8. Sitzung v. 7. Dezember 1948, Steno.-Prot., S. 61. H Parlamentarischer Rat, Ausschuß für Verfassungsgerichtshof und Rechtspflege, 8. Sitzung v. 7. Dezember 1948, Steno.-Prot., S. 61,65 f.

2•

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B. Die sich aus Art. 98 Abs. 4 GG ergebenden Grenzen

Erhebt er Einspruch, dann kommt der Richterwahlausschuß überhaupt nicht zur Wahl des betreffenden Richters. Im Grunde genommen wird ein Richter, den der Minister nicht haben will, nicht ernannt 1136 Die Abgeordnete Dr. Seibert konnte sich vorstellen, "daß ein Richter sich freier fühlt, wenn er nicht allein an das Urteil seines Ministers gebunden ist, sondern vom Richterwahlausschuß ernannt wird. 1137 Aufgrund dieser abweichenden Auffassungen beschloß der Ausschuß (ohne Abstimmung), dem Hauptausschuß Alternativen zu unterbreiten. 38 Zum einen wurde die Vorlage des Allgemeinen Redaktionsausschusses mit einer redaktionellen Änderungl9, zum anderen die Streichung des Art. 129a empfohlen.

In der I. Lesung des Hauptausschusses am 9. Dezember 1948 konnte erneut keine Einigung über die Frage der Einrichtung von Richterwahlausschüssen in den Ländern erzielt werden. 40 Ebenso wie im Ausschuß für Verfassungsgerichtshof und Rechtspflege lehnte der Abgeordnete Laforet (CSU) mit Hinweis auf die Justizhoheit der Länder eine Verpflichtung zur Einrichtung von Richterwahlausschüssen auf Länderebene ab. 41 Dem stimmte Dr. Süsterhenn (CDU) zu 42 Die AbgeordnetenDr. Dehler (FDP), Dr. Seebohm (DP) und Wessei (Z) wandten sich grundsätzlich gegen die Einrichtung von Richterwahlausschüssen, weil sie hierin eine Gefahrdung der richterlichen Unabhängigkeit sahen. Dr. Dehler hielt die Festlegung des Grundsatzes, daß Richter gewählt werden sollen, nicht für tragbar. Das WÜrde zu einer völligen 11 Verwischung der Verantwortungen11 führen. Die Ernennung der Richter sei Sache der zuständigen Stellen der Exekutive. Die Behördenleiter müßten gegenüber dem Parlament die Verantwortung für ihre Entscheidung in Personalsachen tragen. Setze man einen Richterwahlausschuß ein, WÜrde ihnen diese Verantwortung genommen werden. Statt dessen entstehe eine anonyme Verantwortlichkeit Daneben bestehe noch die erhebliche Gefahr, daß die Auswahl 36 Parlamentarischer Rat, Ausschuß für Verfassungsgerichtshofund Rechtspflege (Fn. 35), S. 63. 37 Parlamentarischer Rat, Ausschuß für Verfassungsgerichtshofund Rechtspflege (Fn. 35), S. 66.

38 Parlamentarischer Rat, Ausschuß für Verfassungsgerichtshofund Rechtspflege (Fn. 35), S. 67 . 39 An Stelle von "Über die vorläufige und endgültige Anstellung der Richter in den Ländern entscheidet .. '' hieß es nun "Über die vorläufige und die Anstellung der Richter auf Lebenszeit entscheidet in den Ländern ... ". 40 Parlamentarischer Rat, Hauptausschuß, 24. Sitzung v. 9. Dezember 1948, Steno.-Prot., S. 287.

41

Siehe Parlamentarischer Rat, Hauptausschuß (Fn. 40), S. 287-294.

42

Parlamentarischer Rat, Hauptausschuß (Fn. 40), S. 287.

I. Bindung an Art. 98 Abs. 4 GG

21

von Richtern nach politischen Gesichtspunkten, nicht nach rein fachlichen und charakterlichen Gesichtspunkten erfolge. 43 In die gleiche Richtung wiesen die Bedenken des Abgeordneten Dr. Seebolun (DP). Er sprach sich gegen eine Vermischung der exekutiven und legislativen Gewalten aus. Es müsse bedacht werden, daß die Regierung und die in ihr befindlichen Justizminister dem Parlament verantwortlich seien. Es stelle eine Merkwürdigkeit dar, daß man für ein Ressort dem zuständigen, vom Vertrauen des Parlaments getragenen Minister die Fähigkeit aberkennen wolle, die entsprechenden Berufungen auf vorläufige oder endgültige Anstellungen vorzunelunen, die er je nach den Bestimmungen in der Geschäftsordnung seines Kabinetts bei den höheren Stellen stets nur mit ausdrücklicher Zustimmung der Staatsregierung vornelunen könne. Es müsse als außerordentliches Mißtrauensvotum gegen das gesamte parlamentarische System angesehen werden, wenn man neben der Regierung und ihrem Ressortminister noch einen besonderen Richterwahlausschuß einsetzen WÜrde. 44 Die Abgeordnete Wessei (Z) betonte, daß man die Richter auf Dauer nicht durch ein sogenanntes Kollegium wählen könne. Es bleibe dann nämlich nicht aus, daß doch von parteipolitischen Gesichtspunkten aus mitentschieden werde. 45 Dr. de Chapeaurouge (CDU) bezeichnete es als verfehlt, die Frage der Richterwahl durch das Grundgesetz zu entscheiden. 46 Für die Fassung der Vorlage setzten sich die SPD-Abgeordneten Dr. Greve, Dr. Seibert, Stock, Dr. Katz und Schönfelder sowie der Abgeordnete Renner (KPD) mit dem Hinweis ein, es komme darauf an, das Vertrauen des Volkes in die Justiz wieder herzustellen. 47 Der Abgeordnete Renner vertrat die Auffassung, daß man die Richterschaft am ehesten mit einem neuen demokratischen Geist erfüllen könne, wenn man die Auslese den gewählten Vertretern des Volkes in den Landesparlamenten überlasse. Bei allen Bedenken gegen den in Art. 129a vorgesehenen Richterwahlausschuß, der ilun keineswegs genüge, stimme er doch für diesen A.rtikel. 48 Dr. Katz (SPD) ging davon aus, daß die Länderregierungen das Recht zur Ernennung der Richter nicht falsch ausgeübt hätten. Seitdem die Länderregierungen diese Funktion besäßen, sei die Sache im großen und ganzen in Ordnung. Aber es habe die Erbschaft der Übergangszeit übernommen werden müssen, weil von der Besatzungsmacht ohne eine genügende Nachprüfung in großer Eile die richterliche 43

Parlamentarischer Rat, Hauptausschuß (Fn. 40), S. 287.

44

Parlamentarischer Rat, Hauptausschuß (Fn. 40), S. 288.

45

Parlamentarischer Rat, Hauptausschuß (Fn. 40), S. 290.

46

Parlamentarischer Rat, Hauptausschuß (Fn. 40), S. 288.

47

Parlamentarischer Rat, Hauptausschuß (Fn. 40), S. 287-292.

4g

Parlamentarischer Rat, Hauptausschuß (Fn. 40), S. 287 und S. 292.

22

B. Die sich aus Art. 98 Abs. 4 GG ergebenden Grenzen

Gewalt wiederhergestellt worden sei. Es könne daher nicht geleugnet werden, daß eine Vertrauenskrise der Justiz bestehe. Um diese Krise zu beheben, bedürfe es des Art. 129a. 49 Bei der Abstimmung wurde die Aufuahme des Art. 129a mit 12 gegen 9 Stimmen ab gelehnt. ~0 Daraufhin schlug der Abgeordnete Dr. Katz (SPD) vor, die "Muß-Vorschrift" der Ausschußvorlage in eine Ermächtigung für die Länder zur Einführung der Richterwahl umzuwandeln. Gleichzeitig sollten die Länder auch über die Fortdauer des Amtes bereits angestellter Richter entscheiden können.~ 1 Der Abgeordnete Dr. Löwenthal (SPD) stimmte dem mit der Begründung zu, daß von einem Richterwahlausschuß, der zusammen mit dem Landesjustizminister die Nachprüfung vorzunehmen habe, erwartet werden könne, daß er die Tatsachen wirklich prüfe und auch gerecht abwäge.s 2 Jedoch konnte über den Vorschlag des Abgeordneten Dr. Katz zunächst keine Einigung erzielt werden. Der Hauptausschuß beschloß daher, die Beschlußfassung bis zur 2. Lesung zurückzustellenD

In der Zwischenzeit befaßte sich der Allgemeine Redaktionsausschuß erneut mit

der Bestimmung und griffhierbei auf Vorschläge des Abgeordneten Dr. Katz (SPD) zurück. Dieser hatte folgenden Antrag eingebracht:

"Die Länder sind ermächtigt, Bestimmungen zu erlassen, nach denen die Landesregierungen oder Landesjustizminister, gegebenenfalls unter Beteiligung eines Richterwahlausschusses eines Landes, berechtigt sind, über die Anstellung der Richter und über die Fortdauer des Amtes bereits im Amt befindlicher Richter zu entscheiden. "~4

Wie der Vorsitzende des Ausschusses für Verfassungsgerichtshof und Rechtspflege und Mitglied des Allgemeinen Redaktionsausschusses Zinn erläute1te, habe der Redaktionsausschuß dem Gedanken des Abgeordneten Dr. Katz "Rechnung getragen". Der Redaktionausschuß habe daher den Art. 129 a wie folgt gefaßt:

49

Parlamentarischer Rat, Hauptausschuß (Fn. 40), S. 290 f.

50

Parlamentarischer Rat, Hauptausschuß (Fn . 40), S. 292.

51

Parlamentarischer Rat, Hauptausschuß (fn. 40), S. 292 .

52

Parlamentarischer Rat, Hauptausschuß (Fn. 40), S. 294.

53

Parlamentarischer Rat, Hauptausschuß (Fn. 40), S. 294.

Parlamentarischer Rat, Ausschuß für Verfassungsgerichtshof und Rechtspflege, 9. Sitzung v. 17. Dezember 1948, Steno.-Prot., S. 11. 54

I. Bindung an Art. 98 Abs. 4 GG

23

"Die Länder können bestimmen, daß über die Anstellung der Richter in den Ländern der Landesjustizminister gemeinsam mit einem Richterwahlausschuß entscheidet." 55

DieFormulierung entspricht dem heutigen Art. 98 Abs. 4 GG. Die Bedeutung der Bestimmung sollte nach den Worten des Vorsitzenden Zinn darin bestehen, "daß der Bundesgesetzgeber den Ländern einen solchen Weg, wenn er in den Landesverfassungen oder Landesgesetzen vorgesehen ist, nicht mehr verbauen kann. "56 Der zweite Gesichtspunkt des Antrags von Dr. Katz (Überprüfung der bereits im Amt befindlichen Richter) solle in einer Übergangsvorschrift berücksichtigt werden. Dr. Katz zog nach dieser Erklärung seinen Antrag zurück, da er glaubte, sein Antrag habe sich erledigt. 57 Der Vorschlag des Allgemeinen Redaktionsausschusses wurde daraufhin vom Ausschuß gebilligt und fand unter dem ausdrücklichen Hinweis auf den Charakter einer "Kann-Bestimmung" auch die Zustimmung der Abgeordneten Dr. Laforet (CSU) undDr. de Chapeaurouge (CDU). 58 Inder 2. Lesungnahmder Hauptausschuß am 13. Januar 1949 den Vorschlag des Allgemeinen Redaktionsausschusses ohne weitere Erörterung an.59

bb) Die Würdigung der parlamentarischen Beratungen Der Blick auf die Entstehungsgeschichte des Art. 98 Abs. 4 GG zeigt in erster Linie die Entwicklung von einer reinen "Muß-Bestimmung", nach der die Länder verpflichtet sein sollten, Richterwahlausschüsse einzurichten, zu der heutigen "Kann-Bestimmung". Bereits dies deutet darauf hin, daß von Anfang an nur eine höchstens paritätische Beteiligung des Richterwahlausschusses in Betracht gezogen worden ist. Wie der heutige Art. 98 Abs. 4 GG enthielt schon der vom Allgemeinen Redaktionsausschuß ursprünglich erarbeitete Art. 129 a die Formulierung, daß "der Landesjustizminister gemeinsam mit einem Richterwahlausschuß" entscheidet. Mußte nach der ursprünglichen Fassung aber eine "gemeinsame" Entscheidung getroffen werden, kann nicht davon ausgegangen werden, daß der Parlamentarische 55 Parlamentarischer

S. 12.

Rat, Ausschuß flir Verfassungsgerichtshofund Rechtspflege (Fn. 54),

56 Parlamentarischer Rat, Ausschuß für Verfassungsgerichtshof und Rechtspflege (Fn. 54), S. 12.

57 Parlamentarischer Rat, Ausschuß flir Verfassungsgerichtshof und Rechtspflege (Fn. 54), S. 13. 58 Parlamentarischer Rat, Ausschuß für Verfassungsgerichtshof und Rechtspflege (Fn. 54), S. 13.

59 Parlamentarischer Rat, Hauptausschuß, 38. Sitzung v. 13. Januar 1949, Steno.-Prot., S. 480- Drucks. 535 v. 20. Januar 1949.

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B. Die sich aus Art. 98 Abs. 4 GG ergebenden Grenzen

Rat stattdessen ein Übergewicht des Richterwahlausschusses oder eine reine Richterwahl billigen wollte. An der Zuständigkeitsregelung ("Landesjustizminister gemeinsam mit einem Richterwahlausschuß") hat sich im Verlaufe der Beratungen nichts geändert. Der Umstand, daß die Justizhoheit der Länder gewahrt bleiben sollte, bedeutet also keineswegs, daß den Ländern auch die Freiheit zugestanden worden ist, das Verfahren der Richteranstellung nach Belieben zu bestimmen.60 Für die Annahme, daß der Parlamentarische Rat eine höchstens gleichgewichtige Mitwirkung der Richte1wahlausschüsse zulassen wollte, spricht ferner das ursprüngliche Bestreben, die Anstellung der Richter in Bund und Ländern einheitlich zu regeln.61 Da Art. 95 Abs. 2 GG für die Berufung der Bundesrichter eine gemeinsame Entscheidung des zuständigen Bundesministers mit einem Richterwahlausschuß vorsieht und weder im Parlamentarischen Rat noch später62 streitig gewesen ist, daß der Bundesminister nicht überstimmt werden kann, muß für den Landesminister dasselbe angenommen werden. Anhaltspunkte dafür, daß der Parlamentarische Rat das Gemeinsamkeitserfordernis des Art. 95 Abs. 2 GG und des Art. 98 Abs. 4 GG unterschiedlich interpretieren wollte, sind nicht ersichtlich. Auch ergibt sich eindeutig aus zahlreichen Einzeläußerungen, daß nw· an eine (höchstens) gemeinsame Entscheidung der Landesjustizminister und Richterwahlausschüsse, nicht aber an ein weitergehendes Mitwirkungsrecht der Richterwahlausschüsse gedacht worden ist. Wenn schon von Seiten der CDU und FDP Bedenken gegen eine "Einschränkung" der Entscheidungsgewalt des Justizministers durch den Richterwahlausschuß geltend gemacht wurden63 , so zeigt dies, daß man sich eine vollständige Verdrängung des Ministers überhaupt nicht vorstellen konnte. Auch die kritisierte "Verwischung" beziehungsweise "Vermischung" der exekutiven und legislativen Gewalten64 setzt voraus, daß mindestens zwei Organe an dem Entscheidungsprozeß beteiligt sind.

60

Vgl. auch Herzog, in: Maunz!Dürig (Fn. 20), Art. 98 (Bearb. 1977), Rn. 35.

61 Besonders deutlich die Stellungnahmen der Abgeordneten Zinn (SPD) und Dr. Seibert

(SPD), Parlamentarischer Rat, Ausschuß für Verfassungsgerichtshofund Rechtspflege, 8. Sitzung v. 7. Dezember 1948, Steno.-Prot. , S. 61 , 65 und 66.

62 Vgl. § 13 Richterwahlgesetz des Bundes v. 25. August 1950 (BGBI. I S. 368), zuletzt geändert durch Gesetz vom 30.07.1968. 63 Vgl. die Stellungnahmen der Abgeordneten Dr. de Chapeaurouge (CDU) und Dr. Becker (FDP), Parlamentarischer Rat, Ausschuß für Verfassungsgerichtshof und Rechtsptlege, 8. Sitzung v. 7. Dezember 1948, Steno.-Prot. , S. 62 und 63 .

64 Vgl. Dr. Deider (FDP) und Dr. Seebohm (DP), Parlamentarischer Rat, Hauptausschuß, 24. Sitzung v. 9. Dezember 1948, Steno.-Prot., S. 287, 288.

I. Bindung an Art. 98 Abs. 4 GG

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Selbst die Abgeordneten, die sich besonders für den Richterwahlausschuß einsetzten, gingen nicht von einem Alleinentscheidungsrecht dieses Ausschusses aus. Besonders deutlich ist dies in der Erklärung des Vorsitzenden des Ausschusses für VeifassungsgerichtshofundRechtspflege Zinn zum Ausdruck gekommen, der Richterwahlausschuß könne keinen Richter wählen, den der Minister nicht haben wolle. 65 Ferner ist im Hauptausschuß daraufhingewiesen worden, die Aufgabe eines Richterwahlausschusses solle nur darin bestehen, die demokratische Zuverlässigkeit der Richter zu prüfen, nicht etwa auch die sachliche Qualifikation. 66 Es gehe nur um einen Richterwahlausschuß, der "zusammen mit dem Landesjustizminister" die Nachpliifung vomehme. 67 Der von Dr. Katz (SPD) in der 9. Sitzung des Ausschusses für Verfassungsgerichtshof und Rechtspflege eingebrachte Antrag sah eine primäre Zuständigkeit der "Landesregierungen oder Landesjustizminister" vor68 und wurde nur deshalb ZUiiickgezogen, weil der Abgeordnete von der sachlichen Übereinstimmung seines Antrags mit der Fassung ausging, die in das Grundgesetz übernommen wurde. Ausdtücklich ist eine rein parlamentarische Auswahl der Richter nur von dem Abgeordneten Renner (KPD) befürwortet worden. Doch räumte dieser Abgeordnete selbst ein69, daß der vorgesehene Richterwahlausschuß dem nicht entsprach ("mir keineswegs genügt"). 70 65 Parlamentarischer Rat, Ausschuß für Verfassungsgerichtshof und Rechtspflege, 8. Sitzung v. 7. Dezember 1948, Steno.-Prot., S. 63 . 66 Dr. Seibert (SPD), Parlamentarischer Rat, Hauptausschuß, 24. Sitzung v. 9 . Dezember 1948, Steno.-Prot., S. 289. 67

Dr. Löwenthai (SPD) (Fn. 66), S. 294.

Parlamentarischer Rat, Ausschuß für Verfassungsgerichtshof und Rechtspflege, 9 . Sitzung v. 17. Dezember 1948, Steno.-Prot., S. 13 ("gegebenenfalls" unter Beteiligung eines Richterwahlausschusses). 68

69 Vgl. Parlamentarischer Rat, Hauptausschuß, 24. Sitzung v. 9 . Dezember 1948, Steno.Prot., S. 292. 70 Böckenfdrde (Fn. 19), S. 50 ff, gelangt zu einer anderen Wertung der Entstehungsgeschichte, geht auf die hier aufgeführten Erklärungen der Mitglieder des Parlamentarischen Rates aber nicht ein. Er erwähnt lediglich die Äußerung des Vorsitzenden Zinn (SPD), wonach die Bedeutung des Alt 129 a (heute Art. 98 Abs. 4 GG) darin bestehe, daß der Bundesgesetzgeber den Ländern einen solchen Weg, wenn er in den Landesverfassungen oder Landesgesetzen vorgesehen sei, nicht mehr verbauen könne. Diese Meinungsäußerung darf aber nicht aus dem Zusammenhang gerissen werden. Sie knüpft an die Ausführungen des Abgeordneten Dr. Katz (SPD) an, daß sich der vorgeschlagene Grundgesetzartikel nicht gegen die Justizhoheit der Länder richte. Damit ist nochmals klargesteßt worden, daß den föderativen Bedenken Rechnung getragen werden sollte. Dies schließt aber keineswegs aus, daß Art. 98 Abs. 4 GG "gleichzeitig gewisse Homogenisierungseffekte" bezweckte (so auch Herzog, in: MaunzJDürig, Fn. 20, Art. 98, Bearb. 1977, Rn. 35). Letzteres liegt umso näher, als gerade der Vorsitzende Zinn unmißverständlich zum Ausdruck gebracht hat, daß es dem Richterwahlausschuß nicht möglich sei, eine Richterernennung gegen den Willen des Ministers durchzusetzen.

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B. Die sich aus Art. 98 Abs. 4 GG ergebenden Grenzen

Für die Annahme, daß der Parlamentarische Rat die Länder in keiner Weise binden wollte, könnte allenfalls sprechen, daß zwn Zeitpunkt der Beratungen die Länder Bremen, Harnburg und Hessen bereits Richterwahlausschüsse kannten 71 Jedoch dürfen in Harnburg und Hessen die Richter gegen den Willen des Senats beziehungsweise des Justizministers gerade nicht ernannt werden. 72 Allein in Bremen ist ein Konsens zwischen Senat beziehungsweise zuständigem Senator und Richterwahlausschuß nicht vorgeschrieben. 73 Zu berücksichtigen ist hierbei aber, daß der Richterwahlausschuß in Bremen weder über die Einstellung von Richtern auf Probe und Richtern kraft Auftrags noch über die Beförderung von Richtern entscheidet. 74 Ihm kommt also nur ein Mitentscheidungsrecht im Hinblick auf die Anstellung zu. Damit wird zugleich gewährleistet, daß sich der Riebterwahlausschuß nur mit solchen Bewerbern befassen kann, die in einem anderen Verfahren (nämlich der Einstellung) zuvor bereits von der Exekutive gebilligt worden sind. Die besondere Rechtslage in Bremen ist dem Parlamentarischen Rat offenbar nicht- jedenfalls nicht in den Einzelheiten - bekannt gewesen. Zwnindest hat sie in den Beratungen keine Rolle gespielt. 75 Hinzu kommt, daß die Mitglieder des Parlamentarischen Rates vor allem an einen

gedacht haben, der "von den Parteien unter Berücksichtigung der Parteiverhältnisse zusammengesetzt wird" 76 Durch eine derartige "politische" Ausrichtung sollte der Gefahr der Ernennung von Nationalsozialisten zu Richtern

Richte~wahlausschuß

71 Vgl. Art. 136 Abs. 1 LV Brem. v. 21. Oktober 1947; Art. 127 Abs. 3 LV Hess. v. 1. Dezember 1946 (GVBI. I S. 229), zuletzt geändert durch Gesetz vom 20.03.1994. Zur Rechtslage in Harnburg vgl. die Hinweise der Abgeordneten Schönfelder (SPD) und Dr. de Chapeaurouge (CDU), Parlamentarischer Rat, Hauptausschuß, 24. Sitzung v. 9. Dezember 1948, Steno.-Prot., S. 291,292.

72 Dies ergibt sich fllr Hessen bereits aus Art. 127 Abs. 3 LV Hess. (inhaltsgleich mit Art. 98 Abs. 4 GG). In Harnburg wird aus Art. 63 Abs. 1 LV vom 6. Juni 1952 (BL I 100-a), zuletzt geändert am 20.06.1996 (GVBI. S. 133) hergeleitet, daß der Senat an den Vorschlag des Richterwahlausschusses nicht gebunden ist (vgl. Drexelius!Weber, Fn. 25, Bem. 5 zu Art. 63); Thomas (Fn. 25), S. 68, 72; Priepke, Die Richterwahl in Bund und Ländern, DRiZ 1989, 227 (228). Die Rechtslage zum Zeitpunkt der Beratungen im Parlamentarischen Rat entsprach deijenigen im Jahre 1952. Entgegen der Annahme von Böckenförde (Fn. 19), _S. 56, kollidieren die hamburgischen Bestimmungen also auch bei Zugrundelegung der herrschenden Auslegung des Art. 98 Abs. 4 GG nicht mit dem Grundgesetz. 73

Kritisch hierzu Teubner (Fn. 22), S. 81.

Vgl. Art. 136 Abs. 1 LV Brem. i.V.m. § 7 Abs. 1 LRiG Brem. Näher dazu Strelitz (Fn. 22), S. 355 (359); Thomas (Fn. 25), S. 70; Priepke, DRiZ 1989,225 (227). 74

75 Vgl. den Pauschalhinweis der Abgeordneten Dr. Seibert (SPD), Parlamentarischer Rat, Hauptausschuß, 24. Sitzung v. 9. Dezember 1948, Steno.-Prot., S. 290. 76

Abgeordneter Dr. Löwenthai (SPD) (Fn. 75), S. 294 .

I. Bindung an Art. 98 Abs. 4 GG

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entgegengewirkt werden. In Bremen lagen die Verhältnisse von vornherein etwas anders, weil der Richterwahlausschuß aus Mitgliedern des Senats, der Bürgerschaft und Richtern gebildet wird. Möglicherweise ist er auch aus diesem Grunde nicht in das Blickfeld geraten. Schließlich verbietet der Umstand, daß sowohl im Hauptausschuß als auch im Ausschuß für Verfassungsgerichtshof und Rechtspflege immer wieder Bedenken gegen eine weitgehende Einschränkung der· Verantwortlichkeit des Justizministers geäußert wurden, die Unterstellung, daß der Parlamentarische Rat die Bremer Lösung billigen wollte. Hätte der Parlamentarische Rat gar eine völlige Verdrängung der Regierung oder Minister für statthaft erachten wollen, wäre es erforderlich gewesen, dieses zum Ausdruck zu bringen. Da dies nicht geschehen ist, muß davon ausgegangen werden, daß der Parlamentarische Rat ein höchstens gleichgewichtiges Mitentscheidungsrecht des Richterwahlausschusses zulassen wollte.

c) Die systematische Stellung des Art. 98 Abs. 4 GG Da Art. 98 Abs. 4 GG in das Gesamtrechtsgefüge des Grundgesetzes eingeordnet ist, könnten sich aus dem Sinnzusammenhang Hinweise für die Auslegung der Vorschrift ergeben. 77 Hier kann die Stellung des Art. 98 Abs. 4 GG im IX. Abschnitt des Grundgesetzes (aa)) und der Zusammenhang, der zwischen Art. 98 Abs. 4 GG und dem Gewaltenteilungsprinzip (bb)), dem Bundesstaatsprinzip (cc)), dem Demokratieprinzip (dd)) sowie dem Rechtsstaatsprinzip (ee)) besteht, von Bedeutung sein.

aa) Die Stellung des Art. 98 Abs. 4 GG im IX. Abschnitt des Grundgesetzes Die Vorschrift des Art. 98 GG befaßt sich mit der Rechtsstellung der Richter in Bund und Ländern. Den in den ersten beiden Absätzen für die Bundesrichter getroffenen Regelungen korrespondieren die Bestimmungen der Absätze 3 und 5 für die Landesrichter. Dagegen findet der sich auf die Anstellung der Landesrichter beziehende Absatz 4 in Art. 98 GG selbst keine Parallele. Dies ist darauf zurückzuführen, daß die Berufung der Bundesrichter bereits in Art. 95 Abs. 2 GG angesprochen wird. Während nach Art. 95 Abs. 2 GG der für das jeweilige Sachgebiet zuständige Minister "gemeinsam mit einem Richterwahlausschuß" über die Berufung der Rich77 Vgl. zur Bedeutung der systematischen Interpretation: BVerfG, Urteil v. 9.5.1978 - 2 BvH 2/52 - , BVerfGE 1, 299 (312); BVerfG, Urteil v. 9.5 .1978 - 2 BvR 952175 - BVerfGE 48, 246 (257); Hesse (Fn. 27), Rn. 71 ("Einheit der Verfassung").

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B. Die sich aus Art. 98 Abs. 4 GG ergebenden Grenzen

ter an den obersten Bundesgerichten entscheiden muß, können die Länder für die Anstellung der Landesrichter ein entsprechendes Procedere vorsehen. Somit besteht einsachlicher Zusammenhang zwischen dem Art. 95 Abs. 2 und Art. 98Abs. 4 GG. Wie schon ausgeführt wurde78 , zwingt das Gemeinsamkeitserfordernis des Art. 95 Abs. 2 GG nach allgemeiner Auffassung79 den Minister und den Richterwahlausschuß zu einer Einigung. Beide Organe verfügen über das gleiche Gewicht. Ohne Zustimmung des Ministers ist die Berufung eines Richters selbst dann nicht zulässig, wenn der Richterwahlausschuß einstimmig entschieden hat. 80 Nichts anderes kann für das Gemeinsamkeitse1fordemis des Art. 98 Abs. 4 GG gelten. Ergänzend sei darauf hingewiesen, daß Art. 95 Abs. 2 GG die Zusammensetzung des Richterwahlausschusses nicht dem Bundesgesetzgeber überlassen, sondern veliassungsunmittelbar geregelt hat. Dem Richterwahlausschuß des Bundes gehören die für das jeweilige Sachgebiet zuständigen Minister der Länder und eine gleiche Anzahl von Mitgliedern an, die vom Bundestag gewählt werden. Es ist also zum Beispiel nicht möglich, den Richterwahlausschuß des Bundes nur mit Parlamentariern zu besetzen. Dies ist ein weiteres Indiz dafür, daß das Grundgesetz eine Ausschaltung der Exekutive verhindem will. Führen die Länder überhaupt Richterwahlausschüsse ein, ergibt sich auch aus dem Zusammenhang mit dem Gemeinsamkeitserfordernis des Art. 95 Abs. 2 GG, daß den Ausschüssen allenfalls ein gleichgewichtiges Entscheidungsrecht neben der Exekutive eingeräumt werden darf.

bb) Art. 98 Abs. 4 GG und Gewaltenteilungsprinzip Nach Art. 20 Abs. 2 Satz 2 GG wird die Staatsgewalt durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt. Das Grundgesetz bekennt sich damit zum Prinzip der Gewaltenteilung. Terminologisch wird statt von Gewaltenteilung auch von Funktionenordnung81 beziehungsweise Gewaltengliederung82 oder von Funktionenteilung83 gesprochen. Ob dieser Sprach-

78

Vgl B.I.2.b)(2), S. 24.

VgL Herzog, in: Maunz!Dürig (Fn. 20), Art. 95 (Bearb. 1973), Rn. 63; Achterberg, in: Bonner Kommentar (Fn. 22), Art. 95 (Bearb. 1985), Rn. 269; Wassermann , in: GrundgesetzAlternativkommentar (Fn. 25), Art. 95 Rn. 22; Meyer, in: v. Münch (Fn. 22), Art. 95 Rn. 9.



79

80

VgL Achterberg, in: Bonner Kommentar (Fn. 22), Art. 95 (Bearb. 1985), Rn. 261 .

81

VgL Achterberg, Probleme der Funktionenlehre, 1970, S. 109 ff.

Krauss, Die Gewaltengliederung bei Montesquieu, in: Festschrift für Carl Schmitt, 1959, S. 103 ff.; Böckenförde, Gesetz und gesetzgebende Gewalt, 2. Aufl. 1981 , S. 13,20 ff. 82

83

VgL Stern (Fn. 16), § 36 TI 1 (S. 522).

I. Bindung an Art. 98 Abs. 4 GG

29

gebrauch angemessener ist, mag hier dahinstehen. Da sich der Terminus Gewaltenteilung eingebürgert hat, soll er hier zugrundegelegt werden. Ordnet man die Anstellung von Richtern grundsätzlich dem Tätigkeitsbereich der vollziehenden Gewalt - das heißt der Exekutive - zu, können sich aus dem Gewaltenteilungsprinzip Hinweise für die Auslegung des Art. 98 Abs. 4 GG ergeben. Im folgenden soll zunächst geprüft werden, ob das Gewaltenteilungsprinzip des GIUndgesetzes überhaupt fur die Länder verbindlich ist ((I)). Sodann wird die Reichweite seines Bindungsgehalts untersucht ((2)). Anschließend können die FolgeiUngen fur die Auslegung des Art. 98 Abs. 4 GG gezogen werden ((3)).

(1) Die Geltung des im Grundgesetz geregelten Gewaltenteilungsprinzips in den Ländern

Die sogenannte Homogenitätsklausel des Art. 28 Abs. 1 Satz 1 GG, nach der die veJfa.ssungsmäßige Ordnung in den Ländem den GIUndsätzen des republikanischen, demokratischen und sozialen Rechtsstaats im Sinne dieses GIUndgesetzes entsprechen muß, nennt das Prinzip der Gewaltenteilung nicht ausdrücklich. Doch besteht Übereinstimmung darüber, daß es sich bei dem Gewaltenteilungsprinzip um einen elementaren Bestandteil des Rechtsstaatsprinzips handelt. 84 Da das Rechtsstaatsprinzip im Sinne des GIUndgesetzes den Ländern vorgegeben ist, kann fur das Gewaltenteilungsprinzip nichts anderes gelten. Dementsprechend spricht das Bundesverfassungsgericht davon, daß das Prinzip der Gewaltenteilung "auch fur die verfassungsmäßige Ordnung in den Ländern verbindlich ist (Art. 28 Abs. 1 Satz 1 GG)" 85

84 Vgl. Herzog, in: Maunz/Dürig (Fn. 20), Art. 20 V (Bearb. 1980), Rn. 124; Stern, Das Staatsrecht der Bundesrepublik Deutschland, Bd. I, 2. Aufl. 1984, § 20 IV 3 (S. 792 f.); Schmidt-Aßmann, Der Rechtsstaat, in: lsensee/Kirchhof (Hrsg.), Handbuch des Staatsrechts, Bd. I , 1987, § 24 Rn. 46 ff. Benda, in: Benda!MaihoferNogel (Hrsg.), Handbuch des Verfassungsrechts, 2. Aufl. 1994, S. 737; Badura (Fn. 22), D 48 (S. 205); Nach Kunig, Das Rechtsstaatsprinzip, Tübingen 1986, S. 457 ff., soll das Rechtsstaatsprinzip keinen eigenständigen normativen Gehalt haben. Diese Auffassung hat sich nicht durchsetzen können. Vgl. Schmidt-Aßmann, a.a.O. , § 24 Rn. 7 ff.

85 BVerfG, Urteil v. 10.6.1953 - l BVF 1153 -, BVerfGE 2, 307 (319); vgl. ferner BVerfG, Urteil v. 27.4.1 959 - 2 BvF 2/58 - , BVerfGE 9, 268 (279); BVerfG, Urteil v. 10.10.1972-2 BvL 51169 - , 34,52 (58).

30

B. Die sich aus Art. 98 Abs. 4 GG ergebenden Grenzen

(2) Der Bindungsgehalt des Gewaltenteilungsprinzips (a) Der bloße Prinzipiencharakter der Gewaltenteilung Nach ganz herrschender Meinung schreibt das Grundgesetz die Gewaltenteilung nur als Rechtsprinzip vor 86 Dies ist keine Besonderheit der Gewaltenteilung. Vielmehr weisen auch die sonstigen Bestimmungen des Art. 20 Abs. 1 bis Abs. 3 GG Prinzipiencharakter auf- also die Entscheidungen für die Demokratie, die Republik, den Bundesstaat, die Vertassungs- und Gesetzesbindung, den Rechtsstaat und den Sozialstaat.87 Teilweise wird angenommen, "daß es in Art. 20 GG neben den Prinzipien auch· Vollregelungen' geben kann, die wie jede andere veifassungsrechtliche Vorschrift grundsätzlich uneingeschränkte Gültigkeit beanspruchen und von denen infolgedessen allein beim Vorliegen einer entsprechenden veifassungsrechtlichen E1mächtigung abgewichen werden darf' 88 Selbst wenn man dieser Auffassung folgen würde, könnte das nichts daran ändem, daß das Grundgesetz die Gewaltenteilung jedenfalls in erster Linie nur als Rechtsprinzip ausgestaltet hat. Das Bundesveifassungsgericht erblickt den Sinngehalt des Gewaltenteilungsprinzips in einer Unterscheidung der Funktionen "Gesetzgebung", "Vollziehung" und "Rechtsprechung", in der Zuweisung dieser Funktionen an besondere Organisationseinheiten, dem Verbot des Übergriffs in den Funktionsbereich einer anderen Gewalt und der gegenseitigen Kontrolle und Mäßigung zum Schutze der Freiheit des einzelnen.89 Die Gewaltenteilung sei aber "nirgends rein verwirklicht". 90 Das Grrmd-

86 Vgl. z.B. BVerfG, Urteil v. 10.6.1953 - 1 BVF 1153 - , BVerfGE 2, 307 (319); BVerfG, Urteil v. 18.12.1953 - 1 BvL 106/53 -, BVerfGE 3, 225 (247 f.); BVerfG, Urteil v. 27.4.1959 - 2 BvF 2/58 - , BVerfGE 9, 268 (280); BVerfG, Urteil v. 15.12.1970 - 2 BvF 1169,2 BvR 629/68 und 308/69-, BVerfGE 30, 1 (27 f.); Stern (Fn. 16), § 36 (S. 511 ff.); Hesse (Fn. 27), Rn. 481 ff.

87

Vgl. statt vieler Herzog, in: Maunz!DOrig (Fn. 20), Art. 201 (Bearb. 1978), Rn. 10.

88

Herzog, in: Maunz!DOrig (Fn. 20), Art. 20 V (Bearb. 1980), Rn. 116.

89 Vgl. zu diesen Aspekten insbesondere BVerfG, Urteil v. 17.8.1956 - 1 BvB 2/51 -, BVerfGE 5, 85 (199); BVerfG, Urteil v. 27.4.1959 - 2 BvF 2/58 - , BVerfGE 9, 268 (279 f.); BVerfG, Urteil v. 20.6.1 967-2 BvL 10/64 -, BVerfGE 22, 106 (111); BVerfG, Urteil v. 15.12.1970 - 2 BvF 1/69,2 BvR 629/68 und 308/69 - , BVerfGE 30, 1 (27 f.); BVerfG, Urteil v. 10.10.1972-2 BvL 51169 - , BVerfGE 34, 52 (59); Maunz/Zippelius, Deutsches Staatsrecht, 29. Aufl. 1994, § 13 ill 1 (S. 89 ff.). Zur Kritik vgl. die Nachweise in Fn. 93. 90 BVerfG, Urteil v. 18.12.1953 - 1 BvL 106/53 - , BVerfGE 3, 225 (247); BVerfG, Urteil v. 28.11.1957 - 2 BvL 11/56 - , BVerfGE 7, 183 (188); BVerfG, Urteil v. 10.10.1972 2 BvL 51/69 - , BVerfGE 34, 52 (59).

I. Bindung an Art. 98 Abs. 4 GG

31

gesetzverlange auch keine scharfe oder gar absolute Trennung. 91 Vielmehr enthalte es selbst zahlreiche "Durchbrechungen" des Gewaltenteilungsprinzips92 Im Schrifttum ist die Annahme des Bundesverfassungsgerichts, das Grundgesetz habe einerseits ein bestimmtes Modell der Gewaltenteilung übernommen oder geschaffen, erlaube andererseits aber an vielen Stellen "Durchbrechungen", auf.Kritik gestoßen. 93 Art. 20 Abs. 2 Satz 2 GG gehe gerade nicht von einem festumrissenen Inhalt der Gewaltenteilung aus. Nehme man vielfältige "Durchbrechungen" in Kauf, bleibe unklar, wann die Grenze der verfassungsrechtlichen Zulässigkeit überschritten werde. Auch lasse die Vorstellung der Durchbrechung die Verfassung als eine Agglomeration von Pathologien erscheinen94 Wenn zum Beispiel das Parlament heute nicht nur gesetzgebende Gewalt sei, sondern von Verfassungs wegen auch die Aufgabe habe, die Regierung zu bestellen, den Haushalt zu verabschieden und die Staatsgewalt zu kontrollieren, dürfe man das nicht als Durchbrechung des Gewaltenteihmgsprinzips ansehen, sondern müsse es als die vom Grundgesetz so vorgesehene Aufgabenverteilung verstehen. 95 Betont wird von dieser Ansicht der bloße Prinzipiencharakter der Gewaltenteilung. Was unter einem Rechtsprinzip zu verstehen ist, konnte allerdings weder in der allgemeinen Rechtslehre noch im Verfassungsrecht bislang eindeutig geklärt werden. Rechtsprinzipien werden als Optimierungsgebote bezeichnet, die im Gegensatz zu Regeln nicht definitiven Charakter haben.96 Sie sollen "Richtlinien für 91 Vgl. etwa BVerfG, Urteil v. 28.11.1957-2 BvL 11/56-, BVerfGE 7, 183 (188); BVerfG, Urteil v. 27.4.1959-2 BvF 2/58 - , BVerfGE 9, 268 (279 f.); OVG NW, Beschluß v. 18.8.1977- VllA 338/74-, OVG NW, DVBI. 1978, 62 (63). 91

BVerfG, Urteil v. 2.6.1964 - 2 BvL 13/62 - , BVerfGE 18, 52 (59).

Vgl. Achterberg (Fn. 81 ), S. 189 ff.; Zimmer, Funktion - Kompetenz - Legitimation, Gewaltenteilung in der Ordnung des Grundgesetzes, 1979, S. 23 ff.; Degenhart, Der Verwaltungsvorbehalt, NJW 1984, 2184 (2186 ff.); Maurer, Der Verwaltungsvorbehalt, VVDStRL 43 (1985), S. 135 (150 f.); Wank, Gewaltenteilung- Theorie und Praxis in der Bundesrepublik Deutschland, Jura 1991,622 (624 f.); Hesse (Fn. 27), Rn. 477 ff. 93

94

Schnapp, Der Verwaltungsvorbehalt, VVDStRL 43 (1985), S. 172 (190).

95

Wank, Jura 1991 ,622 (624). Vgl. auch Maurer, VVDStRL 43 (1985), S. 135 (150).

Unterscheidung von Regeln und Prinzipien geht z urück auf Dworkin, BOrgerrechte emstgenommen, 1984 (Übersetzung von Taking rights seriously, 1977), S. 54 ff. Vgl. Alexy, Zum Begriff des Rechtsprinzips, Rechtstheorie, Beiheft 1 (1979), 59 ff.; dens., in: Alexy/Dreier/Neumann (Hrsg.), Rechts- und Sozialphilosophie in Deutschland heute, 1991 , S. 30 (40); dens., Theorie der Grundrechte, 2. Auf!. 1994, S. 75 f.; Koch!Rüßmann, JuristischeBegründungslehre, 1982, S. 97 ff.; kritisch hinsichtlich der Abgrenzbarkeit von Rechtsregeln und Rechtsprinzipien Enderlein, Abwägung in Recht und Moral, 1992, S. 81 ff., siehe hierzu Koch, Die normative B asis der Abwägung, in: Wilfried Erbguth u.a. (Hrsg.), Abwägung im Recht, 1996, S. 9 (17 f.). 96 Die

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B. Die sich aus Art. 98 Abs. 4 GG ergebenden Grenzen

die Gestaltung des Rechtszustandes" geben, aber selbst der individualisierenden Nonnienmg entbehren, "die eine unmittelbare Anwendung aufkonkrete Tatbestände ermöglicht" 97 Bezogen auf die Verfassungsentscheidung des Grundgesetzes für die Gewaltenteilung bedeutet dies negativ gesehen, daß das Grundgesetz keine strikte Gewaltenteilung im Sinne eines unbedingt zu befolgenden Rechtsbefehls beansprucht. Ungeachtet des verschiedenen Ansatzes sind sich Rechtsprechung und Schrifttum somit im Ergebnis darüber einig, daß das Gewaltenteilungsprinzip nicht abschließend über die Verteilung staatlicher Wahrnehmungszuständigkeiten aufbestimmte Organe entscheidet.

(b) Der positive Gehalt des Gewaltenteilungsprinzips (aa) Die normative Verbindlichkeit des Prinzips Der Umstand, daß das Gewaltenteilungsprinzip keine strikten Bindungswirkungen entfaltet, besagt nicht, daß es überhaupt keine Bindungswirkungen zu erzeugen vetmag. Rechtsprinzipien sind "N01men, die gebieten, daß etwas in einem relativ auf die rechtlichen und die tatsächlichen Möglichkeiten möglichst hohen Maße realisiert wird".98 Sie unterscheiden sich daher von rechtlich unverbindlichen Proklamationen. So leitet das Bundesverfassungsgericht in ständiger Rechtsprechung aus den in Art. 20 GG niedergelegten Prinzipien einschließlich des Gewaltenteilungsprinzips konkrete rechtliche Folgerungen ab. 99 Wollte man den Absätzen 1 bis 3 des Art. 20 GG jeden rechtlichen Gehalt absprechen, wäre auch nicht verständlich, warum Art. 28 Abs. 1 Satz 1 GG bestimmte, in Art. 20 GG angesprochene Prinzipien den Ländern verbindlich vorschreibt und Art. 79 Abs. 3 GG Verfassungsänderungen verbietet, welche die in Ati. 20 GG niedergelegten Grundsätze berühren. Soweit speziell das Verhältnis von Legislative und Exekutive angesprochen wird, gibt es allerdings Stimmen in der Literatur, die ein unbegrenztes legislatives Zu97 Vgl. Wolff!Bachof!Stober, Verwaltungsrecht I, 10. Auf!. 1994, § 25 ll 2. (Rn. 6). die insoweit Rechtsprinzipien und Rechtsgrundsätze gleichsetzen. 98

Alexy, in: AlexytDreier/Neumann (Fn. 96), S. 40.

Vgl. zum Demokratieprinzip etwa BVerfG, Urteil v. 12.10.1951 - 1 BvR 201/51 -, BVerfGE 1, 14 (33); BVerfG, Beschluß v. 27.7.1964-2 BvR 230/64 -, BVerfGE 18, 151 (154); zum Rechtsstaatsprinzip: BVerfG, Urteil v. 24.7.1957- 1 BvL 23/52-, BVerfGE 7, 89 (92); BVerfG, Beschluß v. 2.5.1967 - 2 BvR 391164 und 263/66 - , BVerfGE 21, 378 (388 ff); BVerfG, Beschluß v. 26.5.1970 - 1 BvR 668,710/68 und 337/69 - , BVcrfGE 28, 264 (277 f.) 99

I. Bindung an Art. 98 Abs. 4 GG

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griffsrecht bejahen. 100 Dies könnte dahingehend zu verstehen sein, daß das Gewaltenteilungsprinzip fur die Abgrenzung von Legislative und Exekutive nichts hergibt. Aber abgesehen davon, daß es sich bei den genannten Literaturstimmen um eine Mindermeinung handelt101 , lehnt diese Auffassung nur gesetzesfeste Eigenbereiche von Regierung und Verwaltung ab. Hier geht es aber nicht um die Gesetzgebungsbefugnis des Parlaments, sondern um Entscheidungsrechte, die ohne Inanspruchnahme der Handlungsform des Gesetzes zu treffen sind. Jedenfalls insoweit kann das Parlament nicht beanspruchen, alle Entscheidungen selbst treffen zu dürfen, soll die Exekutive eine Gewalt im Staate bleiben.

(bb) Allgemeine Umschreibungen des dem Gewaltenteilungsprinzip zukommenden Bindungsgehalts Nach Ansicht der herrschenden Meinung, insbesondere des Bundesverfassungsgerichts, ist der Kernbereich der einzelnen Gewalten absolut geschützt. 102 Die in der Vetfassung vorgenommene Verteilung der Gewichte zwischen den drei Gewalten müsse aufrecht erhalten bleiben. Keine Gewalt dürfe ein von der Verfassung nicht vorgesehenes Übergewicht über die andere Gewalt erhalten und der für die Erfüllung ihrer verfassungsmäßigen Aufgaben erforderlichen Zuständigkeiten beraubt werden. 103 Teilweise wird von der Notwendigkeit einer sachgerechten Aufgabenzuweisung104 beziehungsweise einer funktionsgerechten Organisationsstruktur105 ge100 Vgl. Vogel, Gesetzgeber und Verwaltung, VVDStRL 24 (1966), S. 125 (175); Achterberg (Fn. 81), S. 206 f.; dens., Soziokonformität, Kompetenzbereich und Leistungseffizienz des Parlaments, DVBI. 1972, 841 (843 f.). 101 Zur überwiegend vertretenen Ansicht vgl. Starck, Der Gesetzesbegriff des Grundgesetzes, 1970, S. 198 ff.; Schnapp, VVDStRL 43 (1985), S. 172 (182); Janssen, Über die Grenzen des legislativen Zugriffsrechts, 1990, S. 66 ff.

102 Vgl. BVerfG, Urteil v. 27.4.1959-2 BvF 2/58-, BVerfGE 9, 268 (280); BVerfG, Urteil v. 15.12.1970- 2 BvF 1169, 2 BvR 629/68 und 308/69 -, BVerfGE 30, 1 (28); BVerfG, Urteil v. 10.10.1972-2 BvL 51/69 - , BVerfGE 34, 52 (59); Bay.VerfGH, Entscheidung vom 27.11.1954 - Vf.50-V-53-, Bay.VerfGHE 7, 113 (121 f.); Bad.Württ.StGH, Utteil v. 24.02.1 973 - , Gesch. Reg. 2172 - , ESVGH 23, 135 (143); Hess.StGH, Urteil v. 4.12.1968 - p.st.514 und 520 - , ESVGH 19, 140 (146); OVG NW, Beschluß v. 18.8.1977 - Vll A 338174 - , OVG NW, DVBI. 1978, 62 (63); Stern (Fn. 16), § 36 IV 5 (S. 541 ff.); dens. (Fn. 84), § 20 IV 3 c (S. 795);Meyn, Kontrolle als Verfassungsprinzip, 1982, S. 215 f.; Stettner, Der Verwaltungsvorbehalt, DÖV 1984, 611 (620). 103

BVerfG, Urteil v. 27.4.1959-2 BvF 2/58 - , BVerfGE 9, 268 (279 f.).

104

Vgl. etwa Wank, Jura 1991,622 (625).

Vgl. Ossenbühl, Der Vorbehalt des Gesetzes und•seine Grenzen, in: Götz!Klein/Starck (Hrsg.), Die ölTentliehe Verwaltung zwischen Gesetzgebung und richterlicher Kontrolle, 105

3 Ehlers

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B. Die sich aus Art. 98 Abs. 4 GG ergebenden Grenzen

sprochen. Die in Art. 20 Abs. 2 GG normierte organisatorische und funktionelle Unterscheidung und Trennung der Gewalten ziele auch darauf ab, daß staatliche Entscheidungen möglichst richtig, das heißt von den Organen getroffen würden, die dafür nach ihrer Organisation, Zusammensetzilllg, Funktion lUld Verfahrensweise über die besten Voraussetzungen verfügten. 106 Nach einerneueren Auffassilllg soll es insbesondere darauf ankommen, eine sinnvolle (wirkungsvolle) demokratische Herrschaft zu gewährleisten. 107 Was speziell den Eigenbereich der zweiten Gewalt angeht, wird verschiedentlich ein Verwaltungsvorbehalt als Inbegriff eines verfassungskräftigen, gegen Zugriffe des Parlaments abgesicherten, Eigengestaltilllgsbereichs für die Exekutive reklamiert108, ohne das bisher deutlich geworden ist, wie dieser Vorbehalt konkretisiert werden soll. Die genannten Umschreibungen sind so allgemein gehalten, daß es kaum gelingen dürfte, auf ihrer GflUldlage den unveräußerlichen Gehalt der einzelnen Gewalten verläßlich zu bestimmen. So sind bisher alle Versuche, den Kernbereich der Exekutive losgelöst von einzelnen Fällen und Fragestellungen als unabhängige Größe gewissermaßen substanzhaft festzulegen, unergiebig geblieben. Des weiteren bestehen Zweifel, ob die angebotenen Abgrenzungskriterien überhaupt herangezogen werden dürfen. Stellt man zum Beispiel auf die Funktionsgerechtigkeit ab 109, bringt dies die Gefahr mit sich, daß in unkoutrollierter Weise außerrechtliche Wertungen einfließen. Methodisch muß (jedenfalls zunächst) von den einzelnen Kompetenzregelungen des Grundgesetzes ausgegangen werden. 110 Dies verdeutlicht zugleich, daß sich die Zuweisung der Aufgaben lUld Befugnisse an die verschiedenen Gewalten nicht mit flächendeckenden "Großformeln" erfassen, sondern nur bereichsspezifisch ermitteln läßt. Hier kommt es nur auf die Kompetenzen der Exekutive im Verhältnis zur Legislative an.

1985, S. 9 (27); Hili, ebd., S. 238; Schröder, Die Bereiche der Regierung und der Verwaltung, in: Isensee/Kirchhof(Hrsg.), Handbuch des Staatsrechts, Bd. ill, 1988, § 67 Rn. 25; Kuh/, Der Kernbereich der Exekutive, 1992, S. 33 f. ; Hesse (Fn. 27), Rn. 488 f. 106 Vgl. BVerfG, Urteil v. 18.12.1984-2 BvE 13/83 - , BVerfGE 68, 1 (84 ff.); ähnlich schon BVerfG, Urteil v. 8.8.1978 - 2 BvL 8177 - , BVerfGE 49, 89 (139). 107

Janssen (Fn. 101), S. 173.

Vgl. dazu Waller Schmidt, Der "Verwaltungsvorbehalt" - ein neuer Rechtsbegriff?, NVwZ 1984, 545 ff.; Maurer, VVDStRL 43 (1985), S. 135 ff.; Schnapp, ebd., S. 172 ff.; Ossenbühl, Vorrang und Vorbehalt des Gesetzes, in: Isensee/Kirchhof(Hrsg.), Handbuch des Staatsrechts, Bd. ill, 1988, § 62 Rn. 55 ff. - jeweils mit weiteren Nachweisen. 108

1"" Kritisch zumjuristischen Gehalt dieses Begriffs Leeheler, "Funktion" als Rechts begriff?, NJW 1979, 2273 ff.

11 "

Ebenso Maurer, VVDStRL43 (1985), S. 135 (151); Schnapp, ebd., S. 172 (189 ff.).

I. Bindung an Art. 98 Abs. 4 GG

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(cc) Die grundsätzliche Vollzugshoheit und Personalhoheit der Exekutive im organisatorischen Sinne Ungeachtet der divergierenden Ansichten im einzelnen besteht - soweit ersichtlich -Übereinstimmung dartiber, daß sowohl die Vollziehung der Gesetze 111 als auch die sogenannte Personalhoheit (Vergabe öffentlicher Ämter) 112 von Vetfassungs wegen grundsätzlich der Exekutive (im organisatorischen Sinne) vorbehalten sind. So ergibt sich bereits aus der in Art. 20 Abs. 2 Satz 2 GG und an anderen Stellen des Grundgesetzes113 verwendeten Bezeichnung "vollziehende Gewalt", daß der Vollzug der Gesetze prinzipiell der Exekutive anvertraut ist. Dies wird bestätigt durch die Regelungen der Art. 84 ff., 108 GG, die voraussetzen, daß die Ausführung der Gesetze in den Händen der Verwaltung liegt. Dieser Kompetenzverteilung liegt die Vorstellung zugrunde, daß sich das Parlament auf das politisch Wesentliche, das heißt vor allem die Entwicklung und Festlegung genereller Leitlinien in Gestalt des Erlasses von Parlamentsgesetzen konzentrieren soll, statt sich in der Prüfung und Entscheidung von Einzelfällen zu verschleißen. Um Gesetzesvollzug-zumBeispiel in Gestalt einer Anwendung der Beamtengesetze - handelt es sich auch, wenn über die Einstellung, Anstellung oder Beförderung von Personen zu befmden ist, die in einem öffentlich-rechtlichen Dienst- und Treueverhältnis stehen beziehungsweise in ein solches Verhältnis übernommen werden wollen. Betreffen die personellen Steuerungsmaßnahmen das Verwaltungspersonal, spricht vieles für die Annahme, daß die "Persona/hoheit" außerdem deshalb grundsätzlich der Exekutive zustehen muß, weil diese ansonsten ihre Eigenständigkeit verlieren WÜrde. Nicht von ungefähr werden nach Art. 64 Abs. I GG selbst die Bundesminister auf Vorschlag des Bundeskanzlers vom Bundespräsidenten, also gerade nicht vom Bundestag, ernannt und entlassen. Auch das Bundesverfassungsgericht hat davon gesprochen, daß die Personalhoheit über die Beamten ein wesentlicher Bestandteil der Regierungsgewalt ist und daß die Ent-

111 Vgl. Zimmer (Fn. 93), S. 223; Herzog, in: MaunzJDürig (Fn. 20), Art. 20 V (Bearb. 1980), Rn. II 0 ; Stern (Fn. 16), § 36 IV 5 a (S. 542); Schröder, Der Verwaltungsvorbehalt, DVBI. 1984, 814 (821); Maurer, VVDStRL 43 (1985), S. 135 (!56 ff.); Ossenbühl, in: Jscnsce/Kirchhof(Fn. 108), Rn. 58; Jnnssen (Fn. 101), S. 49. 112 Vgl. Lec/1eler, Die Personalgewalt ö!Tentlicher Dienstherren, 1977, S. 165 ff.; Schnapp , VVDStRL 43 (1985), S. 172 (196 f.); Jnnssen (Fn. 101), S. 66. 11 3

3*

Vgl. Art. l Abs. 3 GG.

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B. Die sich aus Art. 98 Abs. 4 GG ergebenden Grenzen

scheidung über Personalangelegenheiten der Beamten als Sache der Regierung betrachtet werden muß. 114 Die für das Verwaltungspersonal geltenden Grundsätze der Personalsteuerung lassen sich allerdings nicht ohne weiteres auf die Richter übertragen. Die Richter nehmen keine Aufgaben der vollziehenden, sondern der rechtsprechenden Gewalt wahr. Sie stehen in einem eigenständigen Richterdienstverhältnis und sind keine Beamten. 115 Dies ergibt sich bereits aus den Art. 60 Abs. 1, 92 ff., 137 Abs. 1 GG, die dem Richter eine vom Beamten abgehobene Stellung eingeräumt haben. Ferner verpflichtet Art. 98 Abs. 1 und 3 GG Bund und Länder, die Rechtsstellung der Richter in besonderen Gesetzen zu regeln. Dies ist für den Bund durch das Deutsche Richtergesetz vom 8. September 1961 116, für das LandNordrhein-Westfalen durch das Landesrichtergesetz vom 29. März 1966 117 geschehen. Nach beiden Gesetzen finden die Vorschriften des Beamtenrechts zum einen nur subsidiäre, zum anderen lediglich "entsprechende" Anwendung 118, gelten also gerade nicht unmittelbar. Bei der Ausübung ihrer Tätigkeit sind die Richter im Gegensatz zu den Beamten unabhängig und nur dem Gesetze unterworfen. 119 Soweit die Personalhoheit der Exekutive mit der "Hausgewalt" über die eigenen Bediensteten begründet wird, läßt sich diese Argumentation daher nicht auf die Richter übertragen.

Im üb1igen aber ist die Rechtslage grundsätzlich nicht anders als bei den Beamten. So handelt es sich bei der Einstellung, Anstellung und Beförderung der Richter ebenfalls um einen einzelfallbezogenen Gesetzesvollzug- nämlich hier um die Anwendung der Landesrichtergesetze. Da es bei den genannten Personalmaßnahmen nicht um die in besonders geregelten Verfahren zu letztverbindlichen Entscheidungen führende rechtliche Beurteilung von Sachverhalten in Anwendung des geltenden Rechts durch ein unbeteiligtes (Staats-)Organ120, mithin nicht um Recht114 Vgl. BVerfG, Urteil v. 27.4.1959 -2 BvF 2/58-, BVerfGE 9, 268 (283). Auch wenn es in der Entscheidung um die Befugnisse selbständiger Ausschüsse innerhalb der Exekutive, nicht um die Abgrenzung von Legislative und Exekutive geht, muß aus den Äußerungen des Gerichts geschlossen werden, daß grundsätzlich die Regierung und nicht die Legislative zuständig sein soll. 11 5 Vgl. BVerfG, Urteil v. 15.11.197 1 - 2 BvF 1170 - , BVerfGE 32 , 199 (213); Uhlitz, DRiZ 1970, 2 19 (221); Stern (Fn. 16), § 43 ll 3 (S. 906 mit zahlreichen weiteren Nachweisen).

11 6

In der Fassung der Bekanntmachung v. 19. April1972 (BGBI. I, S. 713).

117

GVNW, S. 217.

118

Vgl. §§ 4 6 DRiG; 4 LRiG NW.

119

Vgl. Art. 97 Abs. 1 GG.

Vgl. zu dieser materiellen Definition der Rechtsprechung Stern (Fn. 16), § 43 I 4 (S. 898). 120

I. Bindung an Art. 98 Abs. 4 GG

37

sprechung geht, ist nach dem Gesagten von der grundsätzlichen Zuständigkeit der Exekutive auszugehen. 121 Die Übertragung der Entscheidungsbefugnisse auf einen nur mit Abgeordneten zusammengesetzten Richterwahlausschuß würde nicht nur einen erheblichen Mehraufwand mit sich bringen, sondern auch die Gefahr heraufbeschwören, daß die in den Ausschuß berufenen Abgeordneten ihre "eigentlichen" Aufgaben - insbesondere die Gesetzgebung sowie die Kontrolle der Regierung - vernachlässigen. So hat es im Jahre 1990 im Land Nordrhein-Westfalen 433 Richterernennungen (das heißt Einstellungen, Anstellungen und Beförderungen) gegeben. Legt man die zum Teil nach Erfahrungswerten, zum Teil durch Auswertung von Personalvorgängen ermittelte Durchschnittszahl der Bewerber um eine Stelle zugrunde- Einstellungen: 1,2 Bewerber pro Stelle; Anstellungen: 3 Bewerber pro Stelle; Beförderungen: 4 Bewerber pro Stelle-, hätten sich die Abgeordneten mit insgesamt 1.020 Bewerbungen befassen müssen. Für die Auswahl der Bewerber gilt nach Art. 33 Abs. 2 GG in Verbindung mit§ 4 Abs. I Satz I LRiG NW in Verbindung mit§ 7 Abs. 1 LBG NW das Leistungsprinzip. Dies bedeutet, daß sich der Richterwahlausschuß eingehend mit jeder einzelnen Bewerbung auseinandersetzen müßte, um eine selbständige Eignungsbeurteilung vorzunehmen und eine Rangfolge unter den Bewerbern aufzustellen. 122 Notwendig wäre etwa ein intensives Studium der Bewerbungsunterlagen, insbesondere der Personalakten einschließlich der dienst-

121 Vgl. auch BVerwG, Urteil v. 15.11.1984- BVerwG 2 C 29.83 -, BVerwGE 70,270 (274 - "Die eigentliche Personalhoheit liegt bei der Exekutive, zumal der Richterwahlausschuß kein Vorschlags-, sondern lediglich ein begrenztes Vetorecht hat."); BVerwG, Urteil v. 24 .10.1996 - 2 C 1.96 - , DVBl. 1997, 371 (372), wonach die Entscheidungsbefugnis des Ministers "die Personalhoheit der Exekutive als Grundlage der parlamentarischen Verantwortlichkeit des zuständigen Ministers für die personelle Besetzung der zu seinem Geschäftsbereich gehörenden Gerichte" wahrt. Vgl. auch OVG Schleswig, Beschluß v. 1.2.1996 - 3 M 89/85 -, DVBI. 1996, 521 (523 f), wonach in Schleswig-Holstein bei der Besetzung von Richterstellen "-wie im Recht der Landesbeamten -grundsätzlich von der Personalhoheit der Ministerpräsidentin oder des Ministerpräsidenten bzw. der zuständigen Ministerien oder des zuständigen Ministers auszugehen" ist. "Dieser Grundsatz wird durch die Vorschriilen der§§ 10 ff LRiG über die Mitbestimmung des RiWA nur insoweit eingeschränkt, als die Auswahlentscheidung oder sonstige Entscheidung des MJ dann nicht umgesetzt werden kann, wenn deren Ergebnis der vorherausgehenden Wahlentscheidung des RiWA nicht entspricht." Das Gericht beruft sich hierbei auch auf Wuttke, in: v. Mutius/Wuttke/Hübner, Landesverfassung, Kommentar, 1995, Art. 31 Rn. 5. Kritisch dazuBu/1, ZRP 1996, 335 (337).

122 Vgl. HessVGH, Beschluß v. 13.8.1992 - 1 TG 924/92 - , NVwZ-RR 1993, 320; OVG Schleswig, Beschluß v. 1.2.1996 - 3M 89/85 - , DVBI. 1996, 521 f.; Schnellenbaclz , Die dienstliche Beurteilung der Beamten und der Richter, 2 . Aufl. 1995, Rn. 30.

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B. Die sich aus Art. 98 Abs. 4 GG ergebenden Grenzen

Iichen BeurteilWlgen123 , des BesetzWlgsberichts des Präsidenten des oberen Landesgerichts Wld der StellWlgnahme des Präsidialrats. Weiterer Arbeitsaufwand Wld Verfahrensverzögerungenwurden sich in den Fällen ergeben, in denen der Ausschuß die persönliche Anhörung von Bewerbern beschließt oder keine BewerbWlg die erforderliche Mehrheit erhält und daher die Stelle neu ausgeschrieben werden muß. Dies alles zeigt bereits zur Genüge, daß ein parlamentarisch zusammengesetzter Richterwahlausschuß in erheblichem Ausmaße die Kräfte der Abgeordneten für die WahrnehmWlg von Aufgaben binden wurde, deren Erledigilllg normalerweise der Exekutive anvertraut ist. Aus der Annahme einer bloß grundsätzlichen Vollzugs- beziehWlgsweise Personalhoheit der Exekutive ergibt sich bereits, daß die Rechtsordnung etwas anderes vorsehen kann. So werden nach Art. 94 Abs. 1 Satz 2 GG die Mitglieder des Bundesverfassungsgerichts je zur Hälfte vom Bundestage und vom BWldesrate gewählt. Ferner ist schon mehrfach darauf hingewiesen worden, daß über die Berufung der Bundesrichter nach Art. 95 Abs. 2 GG der jeweils zuständige BWldesminister gemeinsam mit einem Richterwahlausschuß entscheidet. Diese Bestimmungen machen deutlich, daß die Auswahl der Richter nicht der Exekutive vorbehalten bleiben muß. Doch wird die Verlagerung der Entscheidungskompetenzen keineswegs in beliebigem Umfang zugelassen. Schon der Umstand, daß das Grundgesetz die EinrichtWlg von Richte1wahlausschüssen nicht dem Gesetzgeber überlassen, sondern selbst geregelt hat, zeigt an, daß die Beteiligung von Entscheidungsträgern außerhalb der Exekutive nicht als selbstverständlich angesehen worden ist. Im übrigen lassen die Bestimmungen des Grundgesetzes eine Abstufung nach dem Gewicht der zu berufenden Richter erkennen. Je höher die Bedeutung eines Gerichts ist, desto größerer Einfluß wurde den Parlamentariern zugestanden. Daß die Richter des BundesverfassWlgsgerichts nur durch die gesetzgebenden Körperschaften berufen werden, dürfte auf die Stellung des Gerichts als Verfassungsorgan 124 zurückzuführen sein. Auf die Berufung von Richtern der obersten Bundesgerichte haben die Parlamentarier bereits nur noch einen Minderheiteneinfluß, da die Richterwahlausschüsse zwar gemeinsam mit dem Bundesminister entscheiden, sich aber zur Hälfte aus Vertretern der Exekutive (den Landesministern) zusammensetzen. Für die AnstellWlg der Richter in den Ländern bedmf es überhaupt keiner Mitwirkung anderer Personen als m Vgl. §§ 4 Abs. I S. I LRiG NW; 3 Abs. 4 S. I i.Y.m. 3 Abs. 3 Beamtengesetz für das Land Nordrhein-Westfalen (LBG NW) in der Fassung der Bekanntg. v. 1. Mai 1981 (GY NW S. 234) und I Abs. I, 4 Abs. I Nr. 9 der Verordnung über richter-und beamtenrechtliche Zuständigkeiten im Geschäftsbereich des Justizministers v. 19. November 1982 (GY NW, S. 757). 124

Stern (Fn. 16), § 32 II 3 (S. 345).

I. Bindung an Art. 98 Abs. 4 GG

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des "Justizministers". Dies alles zeigt, daß die Bestimmungen über die Richterwahl als Einschränkung der exekutiven Befugnisse, mit anderen Worten als Ausnahmen von der Regel angesehen werden müssen. Prinzipiell, das heißt soweit verfassungsrechtlich nichts anderes vorgesehen oder zugelassen ist, soll nach den Bestimmungen des Grundgesetzes die Entscheidungskompetenz in den Händen der Exekutive liegen.

(3) Folgerungen für die Auslegung des Art. 98 Abs. 4 GG Nach allgemeinen Grundsätzen müssen Ausnahmen eng ausgelegt werden. Stellt die Richterwahl eine solche Ausnahme dar, läßt sich das Gebot gemeinsamer Entscheidung des Ministers und des Richterwahlausschusses nicht im Sinne der Zulassung auch einer Oberparitätischen Beteiligung des Wahlausschusses interpretieren. Erst recht kann es dem Gesetzgeber nicht gestattet sein, die Entscheidungsmacht der Exekutive in vollem Umfang zu entziehen und sie auf ein nur aus Parlamentariern zusammengesetztes Organ zu verlagern.

cc) Art. 98 Abs. 4 GG und Bundesstaatsprinzip Nach Böckenförde soll die Annahme einer Bindungswirkung des Art. 98 Abs. 4 GG für die Länder mit der "bundesverfassungsrechtliche(n) Zuständigkeits-Verteilungsnorm des Art. 30 GG" nicht vereinbar sein. 125 Nach Art. 30 GG seien Kompetenzbeschränkungen der Länder nicht zu vermuten. Die Kompetenzen des Bundes mußten sich aus dem Grundgesetz selbst ergeben. Da es keine gemeinsame bundesrechtliche Grundsatznorm für die Richterbestellung gebe, entfalle für Art. 98 Abs. 4 GG die nonnative Funktion einer Abweichungsermächtigung von dieser Norm. Begründe Art. 98 Abs. 4 GG keine Kompetenzen der Länder, könne er auch keine Bindungs- und Begrenzungswirkung für die Länder haben. Eine Bindung der Länder an die in Art. 98 Abs. 4 GG festgelegte besondere Form der Richterwahl setze nämlich begriffsnotwendig die Ermächtigungsfunktion dieser Kann-Vorschrift voraus. Dieser Argumentation kann nicht gefolgt werden. Selbst wenn man die Prämisse akzeptiert - das heißt dem Art. 98 Abs. 4 GG jeden kompetenziellen Gehalt für die Länder absp1icht - und davon ausgeht, daß die Länder über die Anstellung der Richter "an sich" nach freiem Gutdünken entscheiden können, bliebe es dem Grundgesetz unbenommen, die Organisations- und Personalgewalt der Länder partiell 125

Vgl. Böckenförde (Fn. 19), S. 47; vgl. auch Uhlitz, DRiZ 1970, 219 (220).

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B. Die sich aus Art. 98 Abs. 4 GG ergebenden Grenzen

einzuschränken. Tatsächlich enthält der IX. Abschnitt des Grundgesetzes zahlreiche Festlegungen der Länder, wie schon der dem Art. 98 Abs. 4 GG vorangestellte Art. 98 Abs. 3 Satz 2 GG belegt. Die Bindung der Länder an ein bestimmtes Verfahren der Richterernennung behielte also auch dann seinen Sinn, wenn das Grundgesetz prinzipiell die Justizhoheit der Länder voraussetzt. Im übrigen ist ausführlich dargelegt worden, daß nach dem auch für die Länder verbindlichen Gewaltenteilungsprinzip grundsätzlich von einer Vollzugs- beziehungsweise Personalhoheit der Exekutive auszugehen ist, das Grundgesetz also die von Böckenförde vermißte Grundsatznorm enthält. Gäbe es die Art. 95 Abs. 2 und 98 Abs. 4 GG nicht, wäre bereits zweifelhaft, ob der Bundes- beziehungsweise die Landesgesetzgeber überhaupt Richterwahlausschüsse einführen dürften. 126 Jedenfalls bestünden Bedenken gegen die Einrichtung von Richterwahlausschüssen, denen das gleiche Gewicht wie dem zuständigen Minister eingeräumt werden sollte. Noch größer wären die Bedenken bei einem Übergewicht des Richterwahlausschusses. Art. 98 Abs. 4 GG sichert den Ländern somit bestimmte Möglichkeiten der Richterwahl zu, schließt andererseits aber eine Umgehung der Exekutive aus. Dies steht nicht im Widerspruch zur bundesstaatliehen Ordnung des Grundgesetzes.

dd) Art. 98 Abs. 4 GG und Demokratieprinzip In der Literatur ist vereinzelt bestritten worden, "daß sich eine demokratische Legitimation der Richter über den Justizminister begründen" lasse. Die richterliche Unabhängigkeit stehe dem entgegen. Notwendig sei eine unmittelbare Legitimation durch das Volk, "und das heißt in der repräsentativen Demokratie vermittelt über das Parlament". 127 Dementsprechend wird eine "Parlamentarisierung der rechtsprechenden Gewalt" befürwortet. 128 Nimmt man diese Ansicht beim Wort, müßten die Länder entgegen Art. 98 Abs. 4 GG nicht nur berechtigt, sondern auch verpflichtet sein, die Einstellung, Anstellung und Beförderung der Richter ausschließlich parlamentarisch besetzten oder bestimmten Richterwahlausschüssen zu überlassen. Indessen wird diese Konsequenz gerade nicht gezogen. Das Grundgesetz erlaube den Ländern, "den alten bürokratischen Weg zu gehen" und akzeptiere 126 A.A.

Uhlitz, DRiZ 1970, 21 9 (220).

Vgl. H.P. Schneider, Protokoll über die Öffentliche Anhörung zum Landesrichtergesetz Schleswig-Holstein am 6. April1989 im Landeshaus Kiel, S. 48 f. Vgl. auch Vultejus, Zugang zum Richterberuf, ArbuR 199 5, 251 (252), wonach die beste Lösung für die Auswahl der Richter die unmittelbare Volkswahl und die zweitbeste Lösung die unmittelbare Wahl durch die Parlamente sein soll. 127

128

H.P. Seimeider (Fn. 127), S. 98.

I. Bindung an Art. 98 Abs. 4 GG

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"noch" die "reine ErnennWlg durch die Justizminister".129Wie sich dies mit dem Demokratieprinzip in der zuvor genannten AuslegWlg vertragen soll, bleibt unklar. Möglicherweise wird davon ausgegangen, daß Art. 98 Abs. 4 GG das Demokratieprinzip einschränkt. Das Demokratieprinzip könnte bei ZugrWldeiegWlg dieser Ansicht dann aber für eine erweiternde AuslegWlg des Art. 98 Abs. 4 GG im Sinne der ZulassWlg einer weitgehenden "ParlamentarisiefW1g" der RichteranstellWlg sprechen, weil der parlamentarisch bestimmten Auswahl der Richter eine besondere "Dignität" zukommt. 130 Der dargestellten AuffassWlg kann schon im GrWldsatz nicht gefolgt werden. Das sich aus Art. 20 Abs. 1 Wld Abs. 2 Satz 1 in VerbindWlg mit Art. 28 Abs. 1 Satz 1 GG ergebende Gebot demokratischer Legitimation hat eine institutionelle, organisatorische Wld inhaltliche Seite. 131 Die institutionelle Komponente bezieht sich auf die KonstituiefW1g der drei Staatsgewalten. Die Notwendigkeit einer organisatorisch-demokratischen Legitimation betrifft einerseits die Existenz staatlicher Organe und ihre AusstattWlg mit Aufgaben, andererseits die personelle Legitimation der mit der WahrnehmWlg der staatlichen Angelegenheiten betrauten Amtswalter. Auf eine personell-demokratische Legitimation der Richter kann in keinem Falle verzichtet werden. Die Richter müssen entweder vom Volke berufen oder von einer Stelle eingesetzt werden, die ihrerseits auf eine WlWlterbrochene, auf das Volk zurückfuhrende Legitimationskette verweisen kann. 132 Die zuletzt genannte Voraussetzung ist sowohl bei einer Berufung durch einen Parlamentsausschuß als auch bei einer Berufung durch die RegiefW1g oder einen Minister gegeben. Die personelldemokratische Legitimation liegt daher sowohl in dem einen als auch in dem anderen Falle vor. Eine Notwendigkeit, die Legitimationskette möglichst kurz zu halten, läßt sich dem Grundgesetz nicht entnehmen. Ansonsten müßten alle Amtswalter vom Volk 129

H.P. Schneider (Fn. 127), S. 107.

Vgl. allgemein zur stärkeren Berücksichtigung der Parlamente im Zusammenhang mit der Richteranstellung Kühler, Amt und Stellung des Richters in der Gesellschaft von morgen, DRiZ 1969, 379 (383); Hennies, Richterwahlausschuß- Wege und Irrwege, DRiZ 1972, 410 (412); Wassermann, Der politische Richter, 1972, S. 98 f.; Teubner (Fn. 22), S. 67 f. Kritisch Böckenförde (Fn. 19), S. 114 f. 130

131 Vgl. Böckenforde, Demokratie als Verfassungsgebot, in: Isensee/Kirchhof (Hrsg.), Handbuch des Staatsrechts, Bd. I, 1987, § 22 Rn. 14 ff.; Ehlers, in: Erichsen/Martens (Hrsg.), Allgemeines Verwaltungsrecht, 9. Aufl. 1992, § 3 Rn. 38 ff. ' 32 Vgl. dazu BVerfG, Urteil v. 2.3 .1977-2 BvE 1176 - , BVerfGE 44, 125 (129); BVerfG, Beschluß v. 1.10.1987 -- 2 BvR 1178, 1179, 1191/86 - , BVerfGE 77, 1 (40); BVerfG, Urteil v. 3l.IO.l990 - 2 BvF 3/89 - , DVBI. 1990, 1401 f.; Hess.StGH, Urteil v. 30.4.1986- P.st 1023-, DVBL 1986,936 f; VerfGHNW, Urteil v. 15.9.1986-17/85 - , JZ 1987, 242 f.

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B. Die sich aus Art. 98 Abs. 4 GG ergebenden Grenzen

oder jedenfalls von der Volksvertretung bestellt werden. 133 Da die Exekutive ihre Legitimation als verfassungsunmittelbar konstituierte Gewalt direkt aus Art. 20 Abs. 2 GG erfährt 134 , stellt die Mittelbarkeit ihrer Legitimation in personeller Hinsicht aber kein verfassungsrechtliches Defizit in der Organstellung, sondern einen ve~fassungsimmanenten, vom Grundgesetz nonnativ angeordneten Baustein unserer Rechtsordnung dar. 135 Dem gewaltengegliederten Staat des Grundgesetzes ist die Denkfigur von der alleinigen Souveränität eines Organs fremd, da sie jede Gewaltenteilung wieder aushebein und letztlich zur Leugnung der rechtlich verbindlichen Kompetenzordnung fuhren müßte. 136 Demnach läßt sich dem Demokratiepinzip kein Argument für eine tendenzielle Allzuständigkeit des Parlaments entnehmen. Zum Zwecke einer personell-demokratischen Legitimation bedarf es somit keiner "Parlamentarisierung" der Richterberufung. Besonderheiten ergeben sich hinsichtlich der inhaltlich-demokratischen Legitimation, die eine Rückkopplung des staatlichen Handeins an den Willen des Volkes verlangt. Sie vollzieht sich bei den Richtern wegen der ihnen von Verfassungs wegen zugestandenen Unabhängigkeit (Art. 97 Abs. l GG) allein über die Gesetzesbindung, stellt die Richter bei der Wahrnehmung ihres richterlichen Amtes also von der rechtlichen Bindung an andere als durch Gesetz bestimmte Entscheidungsmaßstäbe frei. 137 Dies gilt aber nicht nur im Verhältnis zur Exekutive, sondern auch zur Legislative.138 Daher trägt die inhaltliche Komponente des Demokratieprinzips nichts zur Lösung der Frage bei, wer die Richter berufen soll. Bestehen unter dem Gesichtspunkt des Demokratieprinzips keinerlei Bedenken gegen eine Beruftmg der Richter nur durch die Exekutive, fehlt für eine "korrigierende" Auslegung des Art. 98 Abs. 4 GG aus demokratischen Erwägungen der Ansatzpunkt.

133 Gegen die Annahme, daß die Mittelbarkeil demokratischer Legitimation von Sachwaltern gleichsam ein Minus oder eine Organlegitimation zweiter Klasse bedeute, auch Magiera, Parlament und Staatsleitung in der Verfassungsordnung des Grundgesetzes, 1979, S. 101 ff.; Schnapp, VVDStRL43 (1985), S. 172 (183). Dagegen will Bu/1, ZRP 1996,335 (337), dem Richterwahlausschuß "wegen größerer Nähe zum Souverän" ein größeres Gewicht als dem Justizminister einräumen.

134 Vgl. Böckenförde, Die Organisationsgewalt im Bereich der Regierung, 1964, S. 79 ff.; Ossenbühl, Verwaltungsvorschriften und Grundgesetz, 1968, S. 199. 135

Vgl. Magiera (Fn. 133), S. 169 f.

136

Vgl. auch Kriele, Einflihrung in die Staatslehre, 5. Aufl. 1994, S. 121.

Vgl. Barbey, Der Status des Richters, in: Isensee/Kirchhof (Hrsg.), Handbuch des Staatsrechts, Bd. ill, 1988, § 74 Rn. 30. 137

m Vgl. auch Fimhaber, Zur Richterwahl, DRiZ 1969, 322 (323).

I. Bindung an Art. 98 Abs. 4 GG

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ee) Art. 98 Abs. 4 GG und Rechtsstaatsprinzip Schließlich gebietet das in Art. 20 Abs. 3, 28 Abs. I Satz I GG verankerte Rechtsstaatsprinzip keine reine RichterwahL Zum Rechtsstaatsprinzip gehört insbesondere die durch Art. 19 Abs. 4 GG näher ausgeformte Justizgewährungspflicht des Staates139, die dem einzelnen einen effektiven Rechtsschutz garantiert. 140 Ein solcher Schutz wird durch die Einschaltung von Richterwahlausschüssen nicht verbessert, sondern erschwert. Entscheidet allein die Exekutive, werden die maßgeblichen Erwägungen aktenmäßig festgehalten. Dies bedeutet, daß auch der nichtberücksichtigte Bewerber, der das Gericht anruft, ein Recht auf Akteneinsicht in die Besetzungsvorgänge erhält (§ l 00 Abs. l VwGO). Entscheidungen eines Richte!Wahlausschusseswerden dagegen in geheimer Abstimmung getroffen und nicht begründet. 141 Auch bleibt die Verantwortlichkeit unklar, weil die Mitglieder des Richterwahlausschusses unabhängig sind, ihre Entscheidung nicht zu rechtfertigen brauchen und eine Beweisaufnahme in dieser Richtung unzulässig wäre. 142 Dies schließt eine gerichtliche Kontrolle zwar nicht aus. Doch muß sich das Gericht damit begnügen, "die Entscheidungen nach den Indizien und Anhaltspunkten, die der jeweilige Fall im einzelnen zu bieten vermag, auf Feh!er nachzuprüfen". 143 Andere rechtsstaatliche Gründe, die dafür sprechen könnten, dem Richterwahlausschuß ein mehr als nur gleichgewichtiges Entscheidungsrecht zuzugestehen, sind nicht ersichtlich.

c) Ergebnis Zusanunenfassend läßt sich feststellen, daß alle allgemein anerkannten Interpretationsregeln hier zu dem Ergebnis fuhren, daß Art. 98 Abs. 4 GG eine Obergrenze für die Mitwirkung des Richterwahlausschusses festlegt. Dem Richterwahlausschuß darf höchstens das gleiche Entscheidungsgewicht wie dem "Justizminister" eingeräumt werden. Dies entspricht auch der Staatspraxis, weil- von gewissen Beson-

139 Vgl.

Schmidt-Aßmann, in: Maunz./Dürig (Fn. 19), Art. 19 Abs. N (Bearb. 1985),Rn. 16 ff

Näher dazu mit zahlreichen Hinweisen auf die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts: Pieroth/Schlink, Grundrechte, Staatsrecht li, 12. Aufl. 1996, Rn. 1092 f. 140

141

Vgl. BVerfG, Beschluß v. 22.10.1968-2 BvL 16/67 - , BVerfGE 24, 268 (277).

142

BVerwG, Urteil v. 15.11.1984- BVerwG 2 C 29.83 - , BVerwGE 70,270 (275).

143 Vgl. BVerfG, Beschluß v. 22.10.1968 - 2 BvL 16/67 - , BVerfGE 24, 268 (277); BVerwG, Urteil v. 15.11.1984 - BVerwG 2 C 29.83-, BVerwGE 70,270 (275).

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B. Die sich aus Art. 98 Abs. 4 GG ergebenden Grenzen

derheiten in Bremen abgesehen 144 - in keinem Bundesland145 ein Richter gegen den Willen der Regierung beziehungsweise des Ministerpräsidenten oder des zuständigen Ministers ernannt werden kann.

II. Der Bindungsgehalt im einzelnen 1. Die angesprochenen Richter Art. 98 Abs. 4 GG bezieht sich auf die Anstellung "der Richter in den Ländern". Dies könnte bedeuten, daß sämtliche Richter des Landes erfaßt werden sollen. Indessen ist in zweierlei Hinsicht eine Einschränkung geboten.

Zum einen können zu den Richtern im Sinne des Art. 98 Abs. 4 GG von vornherein nicht die Landesveifassungsrichter gezählt werden. 146 Zwar handelt es sich auch bei der Verfassungsgerichtsbarkeit um Rechtsprechung. 147 Die Landesverfassungsgerichtsbarkeit basiert aber auf der Eigenständigkeil und daraus folgend der Verfassungsautonornie der Länder. 148 Wie das Bundesverfassungsgericht zutreffend herausgestellt hat, stehen die Verfassungen des Bundes und der Länder grundsätzlich selbständig nebeneinander. "Das Grundgesetz gibt für die Verfassung der Länder nur wenige Normativbestimmungen. Im übrigen können die Länder ihr Verfassungsrecht und damit auch ihre Verfassungsgerichtsbarkeit nach eigenem Ermessen

144

Vgl. B.l.2.b)bb), S. 26.

Vgl. § 43 Abs. 4, 5 LRiG Bad.-Württ.; Art. 94 LV Bay. i.V.m. § 2 Abs. 1 RiG u. Art. 13 Abs. 1 S. 2 BayBeamtG; Art. 82 Abs. 1 VvB i.V.m. § 2 Abs. 1 BRiG; Art. 109 Abs. 1 LV Brdbg i.V.m. § 12 Brdbg RiG u. § 63 Brdbg RiG; Art. 63 LV Hmb. i.V.m. § 8 LRiG Hmb.; Art. 127 Abs. 3 LV Hess. i.V.m. § 8 HessRiG; § 3 LRiG M-V i.V.m. § 11 Abs. 1 LBeamtG M-V; Art. 29 Abs. 2, 3 LV Nds. i.V.m. § 4 Abs. 1 LRiG Nds. u. § 15 BeamtG Nds. Art. 58 LV NW; Art. 102 LV Rh.-Pf. Art. 92 LV Saarl. i. V.m. § 4 LRiG Saarl.; § 3 LRiG Sachs. i.V.m. § 11 LBeamtG; Art. 83 Abs. 4 Verf. LSA u. § 3 RiG LSA i.V.m. § 10 BeamtG LSA; Art. 31,43 Abs. 2 LV Schi.-H. i.V.m. § 10 Abs. 1, 2 LRiG Schi.-H.; Art. 89 Abs. 2 Verf. Thür. i.V.m. § 13 ThürRiG. 145

146 So im Ergebnis auch Bettermann (Fn. 22), S. 607; Knöpfte, Richterbestellung und Richterbank bei den Landesverfassungsgerichten, in: Starck/Stern, Landesverfassungsgerichtsbarkeit, Teilband 1, 1983, S. 231 (243 f.). Vgl. auch Stern (Fn. 16), § 43 II 5 (S. 914).



147 Dies dürfte heute nicht mehr umstritten sein. Vgl. BVerfG, Beschluß v. 3.12.19752 BvL 7174 -, BVerfGE 40,356 (360); Korinek, Die Verfassungsgerichtsbarkeit im Gefüge der Staatsfunktionen, VVDStRL 39 (1980), S. 7 (15 ff.); Schlaich, Die Verfassungsgerichtsbarkeit im Gefüge der Staatsfunktionen, ebd., S. 99, 106, 126 ff., 145. 148

Vgl. Stern, Verfassungsgerichtsbarkeit des Bundes und der Länder, 1978, S. XXIX.

ll. Der Bindungsgehalt im einzelnen

45

ordnen. "149 Es ist schon deshalb "nicht anzunehmen, daß das Grundgesetz eine in einem Land getroffene Regelung der Landesverfassungsgerichtsbarkeit antasten will, wenn es dies nicht ausdrücklich ausspricht oder diese Regelung ihrer Struktur nach mit dem Grundgesetz unverträglich ist" .150 Ausdrücklich äußert sich Art. 98 Abs. 4 GG nicht zur Berufung der Landesverfassungsrichter. Auch widerspricht eine von Art. 98 Abs. 4 GG abweichende Berufung der Landesverfassungsrichter - etwa durch Wahl des Landtages 151 - nicht der Struktur des Grundgesetzes. Wie oben ausgefuhrt worden ist, weist Art. 98 Abs. 4 GG Parallelen mit der Regelung des Art. 95 Abs. 2 GG, nicht dagegen mit Art. 94 Abs. I Satz 2 GG auf. Schreibt das Grundgesetz sogar zwingend die Wahl der Mitglieder des Bundesverfassungsgerichts durch die gesetzgebenden Körperschaften vor, kann eine entsprechende Kreation der Landesverfassungsrichter nicht als systemwidrig angesehen werden. Für die Ausklammerung der Landesverfassungsrichter spricht ferner, daß einzelne Länder schon im Zeitpunkt der Schaffung des Grundgesetzes eine Wahl auch berufsrichterlicher Mitglieder des Landesverfassungsgerichts durch das Landesparlament kannten, 152 aber keine Anhaltspunkte dafur ersichtlich sind, daß sich der Verfassungsgeber hiervon habe distanzieren wollen. Zum anderen betriffi Art. 98 Abs. 4 GG lediglich die Berofsrichter, nicht aber die ehrenamtlichen Richter. Wie im folgenden noch zu erörtern sein wird 153 , regelt die Vorschrift unmittelbar nur die Anstellung der Richter, das heißt die Ernennung unter erster Verleihung eines Amtes im statusrechtlichen Sinne. 154 Da den ehrenamtlichen Richtern kein Amt in diesem Sinne verliehen wird, läßt dies darauf schließen, daß Art. 98 Abs. 4 GG nur die Berufsrichter erfassen will. Das stimmt auch mit der Entstehungsgeschichte der Vorschrift überein. So bezog sich die erste Fassung der Vorschrift (der damalige Art. 129 a) nur auf "die vorläufige und die Anstellung der Richter aufLebenszeit". Im weiteren Verlauf der Beratungen ist diese Formulierung 149 BVerfG, Beschluß v. 11.5.1955- 1 Bvü 1154 -, BVerfGE 4, 178 (189). Vgl. auch BVerfG,Beschluß v. 7.5.1957-2 BvR 2/56-, BVerfGE 6, 376 (381 f.); BVerfG, Beschluß v. 15.7.1967- 2 BvR 639/66 - , BVerfGE 22, 267 (270); BVerfG, Beschluß v. 29.1.1974 2 BvN 1169 -, BVerfGE 36, 342 (360 f.); BVerfG, Beschluß v. 17.12.1975- 1 BvR 548/68 - , BVerfGE 41 , 88 (118 f.). 150

BVerfG, Beschluß v. 11.5.1955 - 1 BvO 1154 - , BVerfGE 4, 178 (189).

151

Vgl. z.B . Art. 76 Abs. 1 LV NW; § 4 Abs. 1 VGHG NW.

152

Vgl. Art. 68 Abs. 2 und Abs. 3 LV Bay.; Art. 130 Abs. 2 LV Hess.

153

Vgl. B .ll.2., S. 46 ff.

Gemeint ist damit eine fllr einen Menschen bestimmter Befähigung abstrakt und allgemein umrissene Aufgabenart eines öffentlich-rechtlichen Dienstherrn, für die eine Amtsbezeichnung und Besoldung festgelegt ist. Vgl. Battis, Bundesbeamtengesetz, 1980, § 6 Anm. 4 c); WoljJ!Bachof/Stober, Verwaltungsrecht ll, 5. Aufl. 1987, § 109 Rn. 3. 154

46

B. Die sich aus Art. 98 Abs. 4 GG ergebenden Grenzen

zwar fallengelassen worden, jedoch geschah dies gerade nicht zwn Zwecke der Einbeziehung der ehrenamtlichen Richter. Vielmehr haben diese in den parlamentarischen Beratungen keine Rolle gespielt. Abgehoben wurde allein auf die "hauptamtlichen Richter" 155 , das heißt auf die Berufsrichter.

2. Die "Anstellung" von Richtern als Bezugspunkt der Mitwirkungsbefugnisse des Richterwahlausschusses Art. 98 Abs. 4 GG regelt die ''Anstellung" der Richter. Mit Anstellung ist nicht der Akt der formellen Ernennung, sondern die materielle Auswahlentscheidung gemeint. 136 Der Parlamentarische Rat versprach sich von der Einschaltung eines Richte1wahlausschusses vor allem, die Bewerber durch ein geeignetes Gremiwn auf ihre "demokratische Zuverlässigkeit" 157 überprüfen zu können. Es ging ihm also wn die Personalpolitik, nicht wn die Zuständigkeit für die Ausfertigung und die Aushändigung der Ernennungsurkunde. Auch hinsichtlich der Bundesrichter trennt das Grundgesetz deutlich zwischen der Wahl (Art. 94 Abs. 1 Satz 2 GG) beziehungsweise Berufung (Art. 95 Abs. 2 GG) der Richter und der Ernennung (Art. 60 Abs. 1 GG). Dies läßt den Schluß zu, daß auch Art. 98 Abs. 4 GG nur die materielle Seite der Entscheidung betrifft. Schließlich gibt die Beteiligung eines Richterwahlausschusses an einem rein formellen Vorgang keinen Sinn. UmstJitten ist dagegen die Frage, ob sich das Mitwirkungsrecht der Richterwahlausschüsse auf die Anstellung im technischen Sinne beschränkt (Ernennung unter erster Verleihung eines ArntesY 38 oder zugleich auf weitere Personalmaßnahmen wie insbesondere die Einstellung (Ernennung unter Begründung eines Beamtenverhältnisses) und Beförderung (Ernennung unter Verleihung eines anderen Amtes mit höherem Endgrundgehalt oder gleichem Endgrundgehalt in anderer Arntsbezeich-

155 Abgeordneter Dr. Katz, Parlamentarischer Rat, Ausschuß für Verfassungsgerichtshof und Rechtspflege, 9. Sitzung v. 17. Dezember 1948, Steno.-Prot., S. 11. 156 Herzog, in: Maunz!Dürig (Fn. 20), Art. 98 (Bearb. 1977), Rn. 46. So wohl auch Bettennann (Fn. 22), S. 608 f. 157 Vgl. Dr. Seibert (SPD), Parlamentarischer Rat, Hauptausschuß, 24. Sitzung v. 9. Dezember 1948, Steno.-Prot., S. 289. 158 Vgl. Wilhelm Schmidt, Bundesgesetzgebung und Länderrichter, JR 1950, 167; Enzian, DRiZ 1974, 118 (119). Siehe auch Uhlitz, DRiZ 1970, 219 (220 f.); Böckenförde (Fn. 19), S. 55; Thomas (Fn. 25), S. 69.

II. Der Bindungsgehalt im einzelnen

47

mmg beim Wechsel der Laufbahngruppe) erstreckt. 159 Im Schrifttum wird hierzu die Auffassung vertreten, auch eine Beförderung stelle eine "Anstellung" dar, nämlich eine Berufung in ein anderes Amt mit höherem Grundgehalt und unter Umständen einer anderen Amtsbezeichnung. 160 Dem ist jedoch entgegenzuhalten, daß der Begriff der Ansteilung so wie er in den Beamtengesetzen verwandt wird, seit langem festgelegt ist und auch schon vor 1945 in dem heute gebräuchlichen Sinne verwendet wurde. 161 Der juristische Sprachgebrauch, der zwischen Einstellung, Anstellung und Beförderung unterscheidet, muß daher auch den Mitgliedern des Parlamentarischen Rates bekannt gewesen sein. Dies wird weitgehend durch die Entstehungsgeschichte des Art. 98 Abs. 4 GG bestätigt. Die VorentWÜrfe differenzierten noch zwischen "vorläufiger Anstellung eines Richters und ... Berufung aufLebenszeit" 162 beziehungsweise nach "vorläufige(r) und endgültige(r) Anstellung". 163 Später brachte der Abgeordnete Dr. Katz (SPD) einen Entwurf ein, der die "Anstellung der Richter" und "die Fortdauer ihres Amtes" zum Gegenstand hatte. 164 In den Beratungen wurde vor allem die "lebenslängliche Anstellung" als regelungsbedürfig angesehen. 165 Dies alles zeigt, daß jedenfalls nicht an die Einbeziehung von Beförderungen gedacht worden ist. Dieselbe Aussage läßt sich fur die Einstellungen nicht mit derselben Sicherheit treffen. Der Umstand, daß von der zunächst vorgesehenen "vorläufigen Anstellung" Abstand 159 Furtner, Zur Mitwirkung bei der Ernennung und Beförderung von Richtern, DRiZ 1957, 157 (159); Bettermann (Fn. 22), S. 610; Holtkotten, in: Bonner Kommentar (Fn. 22), Art. 98 (Bearb. 1971), Anm. II B 2 b); Herzog, in: MaunzJDOrig (Fn. 20), Art. 98 (Bearb. 1977), Rn. 47; Strelitz (Fn. 22), S. 364; Teubner (Fn. 22), S. 51. 160 Te11bner (Fn. 22), S. 51 ; ähnlich Herzog, in: MaunzJDOrig (Fn. 20), Art. 98 (Bearb. 1977), Rn. 47. 161 VgL z.B. Fischbach, Deutsches Beamtengesetz, Teil I, 2 . Aufl. 1940, S. 476 (Im Sinne dieser Bestimmungen gilt als Einstellung .. . eine Ernennung zum außerplanmäßigen Beamten, als Anstellung ... eine Ernennung unter erstmaliger Einweisung in eine Planstelle, als Beförderung ... eine Ernennung unter Einweisung in eine neue Planstelle mit höherem Endgrundgehalt).

162 Vorschlag des Abgeordneten Zinn (SPD) v. 3. November 1948, Drucks. 243, Art. F Abs. 2, wiedergegeben in JöR, N .F., Bd. 1, 1951, S. 719 Fn. 2 . 163 So Art. 129 a,Parlamentarischer Rat, Hauptausschuß, 24. Sitzung v. 9. Dezember 1948, Steno.-Prot., S. 287.

VgL Parlamentarischer Rat, Ausschuß fOr Verfassungsgerichtshof und Rechtspflege, 9. Sitzung v. 17. Dezember 1948, Steno.-Prot., S. 11. 164

165 Vgl. Parlamentarischer Rat, Ausschuß for Verfassungsgerichtshof und Rechtspflege, 8. Sitzung v. 7. Dezember 1948, Steno.-Prot., S. 61 ; Parlamentarischer Rat, Hauptausschuß, 24. Sitzung v. 9. Dezember 1948, Steno.-Prot., S. 293 (Vorsitzender Dr. Schmid) und S. 294 (Waller, CDU).

48

B. Die sich aus Art. 98 Abs. 4 GG ergebenden Grenzen

genommen wurde, deutet aber daraufhin, daß Art. 98 Abs. 4 GG diesen Fall nicht regeln sollte. 166 Aus Art. 95 Abs. 2 GG läßt sich nichts Gegenteiliges herleiten. 167 Inbesondere erlaubt diese Vorschrift nicht den Schluß, daß das Grundgesetz "Anstellung" und "Beförderung" gleichsetzen wollte. Zum einen sp1icht Art. 95 Abs. 2 GG gerade nicht von Anstellung, sondern von Berufung. Zum anderen handelt es sich für Landesrichter, die an ein Bundesgericht berufen werden, nicht um eine Beförderung. Dasselbe ist für einen Wechsel der Richter anzunehmen, die bereits an einem Bundesgericht tätig sind (sofern insoweit überhaupt eine Richterwahl in Betracht kommt). Nimmt man mit der hier vertretenen Ansicht an, daß Art. 98 Abs. 4 GG nur die Anstellung der Richter im Sinne der Ernennung und der Erstverleihung eines Amtes beuiffi, bedeutet dies noch nicht, daß es den Ländern untersagt ist, auch für die Einstellung und Beförderung ihrer Richter eine gemeinsame Entscheidung des Justizministers mit einem Richterwahlausschuß vorzusehen. In Betracht kommen könnte eine analoge Anwendung des Art. 98 Abs. 4 GG. Die Anwendung setzt eine Regelungslücke, die Planwidrigkeit der Lücke und eine vergleichbare Interessenlage voraus. Bezieht sich Art. 98 Abs. 4 GG nur auf die Anstellung der Landesrichter, fehlt es an einer bundesrechtlichen Regelung, welche die Mitwirkung von Richterwahlausschüssen an der Einstellung und Beförderung von Landesrichtern zum Gegenstand hat. Vom Bestehen einer Lücke ist somit auszugehen. An der Planwidrigkeit der Lücke könnten zunächst deshalb Bedenken bestehen, weil der Parlamentarische Rat gerade auf die Anstellung und nicht auf die hier in Rede stehenden Personalmaßnahmen abgestellt hat. Doch hat der Parlamentarische Rat nur den Fall herausgegriffen, auf den es ihm besonders angekommen ist. Den Beratungen im Hauptausschuß und im Ausschuß für Verfassungsgerichtshof und Rechtspflege läßt sich nicht entnehmen, daß die Mitglieder des Parlamentarischen Rates die Mitwirkung der Richterwahlausschüsse an der Einstellung oder Beförderung der Richter ausschließen wollten. Schwerer wiegt der Umstand, daß sich Art. 98 Abs. 4 GG als Ausnahmevorschrift darstellt, die in besonders weitgehendem Maße die Kompetenzen der Exekutive einschränkt. Ausnahmebestimmungen können grundsätzlich nicht über den geregelten Fall hinaus erweiternd ausgelegt werden. Andererseits erscheint es nicht sonderlich sinnvoll, die Mitwirkungsbefugnisse 166 Vgl. aber auch die Äußerungen der Abgeordneten Wessels und Dr. Katz, Parlamentarischer Rat, Hauptausschuß, 24. Sitzung v. 9. Dezember 1948, Steno.-Prot., S. 293. 167

A.A. Teubner (Fn. 22), S. 51 f. Im Ergebnis wie hier Enzian, DRiZ 1974, 118 (119).

II. Der Bindungsgehalt im einzelnen

49

des RichteiWahlausschusses nw- auf die Anstellung zu begrenzen. Hat ein eingestellter Richter seine Probezeit abgeschlossen, wird er in der Praxis in aller Regel auch angestellt. 168 Die Einschaltung der Richterwahlausschüsse könnte dann leicht als bloße Formalität angesehen werden. Gerade wenn es um die Einstellung und Beförderung von Richtern geht- das heißt im Normalfall die Auswahl zwischen mehreren Personen-, kann der Richterwahlausschuß aber sein Gewicht bei der Bestenauslese einbringen. Erlaubt das Grundgesetz die Beteiligung von Richterwahlausschüssen an der Anstellung, müßte es als systemwidrig angesehen werden, wenn für die Einstellung und Beförderung gänzlich andere Regelungen gelten sollten. Deshalb wird man ungeachtet des Ausnahmecharakters des Art. 98 Abs. 4 GG annehmen können, daß es planwidrig wäre, wenn das Grundgesetz eine gemeinsame Entscheidung des Landesjustizministers mit einem Richterwahlausschuß über die Einstellung und Beförderung von Landesrichtern verbieten würde. Da die Interessenlage bei der Einstellung und Beförderung mit der Anstellung vergleichbar ist, liegen die Analogievoraussetzungen vor. Im Ergebnis läßt somit das Grundgesetz eine Mitwirkung des Richterwahlausschusses an der Entscheidung über die Einstellung und Beförderung der Landesrichter zu, verlangt aber zugleich, daß dem Landesjustizminister zumindest das gleiche Gewicht wie dem Richterwahlausschuß eingeräumt wird.

3. Der Landesjustizminister als Entscheidungsträger Alt. 98 Abs. 4 GG nennt als Entscheidungsträger auf seiten der Exekutive den "Landesjustizminister". Teilweise wird dies als Redaktionsversehen angesehen. Es könne nicht angenommen werden, daß die Entscheidung über die Anstellung aller Landesrichter- also auch der Richter der Verwaltungs-, Finanz-, Arbeits- und Sozialgerichtsbarkeit- tatsächlich in die Hände der Landesjustizminister gelegt werden sollte. Widrigenfalls läge ein offenkundiger, gänzlich unbegiiindeter Widerspruch zu Art. 96 Abs. 2 GG a.F. (heute: Art. 95 Abs. 2 GG) vor. 169

168 Wenn die Voraussetzungen erfüllt sind, hat der Richter spätestens nach fünf Jahren einen Anspruch auf Anstellung, vgl. z.B. § 4 Abs. 1 LRiG NW i. V.m. § 9 Abs. 3 LBG NW. 169 Vgl. Ule , Das Banner Grundgesetz und die Verwaltungsgerichtsbarkeit, 1950, S. 18 f.; dens., Das Banner Grundgesetz und die Justiz, DRiZ 1950, 225 (226); ebenso Bachof, Gedanken über die künftige Stellung der Verwaltungsgerichtsbarkeit, DRZ 1950, 169; Bettermann (Fn. 22), S. 609. Vgl. auch Dr. Kassmann, Verfassungsausschuß des Landtages Nordrhein-Westfalen, 39. Sitzung v. 17. Februar 1950, Steno.-Prot., S. 240, der von einer "echte(n) Panne" spricht.

4 Ehlers

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B. Die sich aus Art. 98 Abs. 4 GG ergebenden Grenzen

Diese AuffasSlUlg begegnet Bedenken. So kann über den eindeutigen Wortlaut des Art. 98 Abs. 4 GG nicht einfach hinweggegangen werden. Was die Entstehungsgeschichte angeht, läßt sich den Protokollen entnehmen, daß die Frage, welche Minister :fur die Berufung der Bundesrichter auf seiten der Exekutive zuständig sein sollten, äußerst umstritten war. Nach längeren Auseinandersetzungen hat man sich entschieden, an die Stelle des ursprünglich vorgesehenen Bundesjustizministers und des Landesjustizministers die für das jeweilige Sachgebiet zuständigen Minister treten zu lassen. 170 Hinsichtlich der Anstellung der Richter in den Ländern ist es im Hauptausschuß und im Ausschuß für Verfassungsgerichtshofund Rechtspflege zu keiner Kontroverse oder auch nur Debatte über Zuständigkeitsfragen auf seiten der Exekutive gekommen. Das erlaubt noch nicht den Schluß, daß es einfach vergessen worden ist, Art. 98 Abs. 4 an Art. 96 Abs. 2 GG (a.F.) anzugleichen. Gerade wegen des Streits über die Fassung des Art. 96 Abs. 2 GG (a.F.) ist anzunehmen, daß sich der Parlamentarische Rat der Bedeutung einer Kompetenzzuweisung an den Justizminister bewußt war. Andererseits fmden sich in den Beratungen verschiedene Anhaltspunkte dafür, daß die Länder in bezugauf die exekutiven Zuständigkeiten nicht auf bestimmte Organisationslösungenfestgelegt werden sollten. Insbesondere bestand Übereinstimmung darüber, daß die Justizhoheit der Länder gewahrt bleiben müsse. Ferner ist oben dargestellt worden, daß der Abgeordnete Dr. Katz (SPD) gegen Ende der Beratung einen Antrag eingebracht hatte, wonach "die Länderregierungen oder Landesjustizminister", gegebenenfalls unter Beteiligung eines Richterwahlausschusses, berechtigt sein sollten, über die Anstellung der Richter zu entscheiden. 171 Der Vorsitzende des Ausschusses für Verfassungsgerichtshofund Rechtspflege (Zinn, SPD) betonte, daß dem Antrag Dr. Katz' "vom Redaktionsausschuss Rechnung getragen worden" sei. Der Allgemeine Redaktionsausschuß schlug dann die heutige Fassung des Art. 98 Abs. 4 GG und eine Übergangsregelung vor, die eine erneute Prüfung der bereits im Amt befmdlichen Richter zulassen sollte.172 Er ist also offenbar davon ausgegangen, daß zwischen seinem Vorschlag (dem heutigen Art. 98 Abs. 4 GG) und dem Antrag Dr. Katz' kein sachlicher Unterschied bestand. Dementsprechend zog Dr. Katz seinen Antrag zurück, weil dieser sich "erledigt" habe. 173 Im Zusam170 Näher dazu Ule (Fn. 169), S. 18 f.; Holtkotten , in: Bonner Kommentar (Fn. 22), Art. 98 (Bearb. 1971 ), Anm. II B 3 b). 17 1 Vgl. Parlamentarischer Rat, Ausschuß für Verfassungsgerichtshof und Rechtspflege, 9. Sitzung v. 17. Dezember 1948, Steno.-Prot. , S. II.

172 Vgl. Parlamentarischer Rat, Ausschuß für Verfassungsgerichtshof und Rechtspflege (Fn. 171), S. 12 f. 173 Parlamentarische;;r Rat, Ausschuß für Verfassungsgerichtshof und Rechtspflege (Fn 171), S. 13.

li. Der Bindungsgehalt im einzelnen

51

menhang mit den Beratungen über den Entwwf eines Grundgesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen gingen die Mitglieder des Parlamentarischen Rates Dr. Menzel (SPD) Wld Brackmann (Z) im Jahre 1950 auch auf den Werdegang des Art. 98 Abs. 4 GG ein. Sie betonten, daß der Parlamentarische Rat den Ländern nicht das Recht habe absprechen wollen, bei der Einführung der Richterwahl den "Fachminister an die Stelle des Justizministers" treten zu lassen. 174 Die Entstehungsgeschichte spricht dafür, zwar nicht jeglichen Bindungsgehalt der Festlegung auf den Landesjustizminister zu leugnen, die Bindung aber gering zu veranschlagen. Der Begriff des Landesjustizministers ist in erster Linie funktionell und nicht organisatorisch zu verstehen. 175 Dem Art. 98 Abs. 4 GG kommt es darauf an, einen Ansprechpartner aufseitender Exekutive für die Zusammenarbeit mit dem Richterwahlausschuß zu benennen. Die Länder sollten aber grundsätzlich die Freiheit behalten, die zuständige Stelle selbst zu bestimmen. Insbesondere werden sie nicht durch Art. 98 Abs. 4 GG dazu angehalten, ein einheitliches Rechtsprechungsministerium zu errichten. Zunächst bietet die Entstehungsgeschichte für eine so weitreichende Festlegung der Länder keine Anhaltspunkte. 176 Des weiteren kann nicht angenommen werden, daß der Bund den Ländern etwas vorzuschreiben beabsichtigte, was er für sich selbst nicht zu akzeptieren bereit war. Schließlich ist zu bedenken, daß sich Art. 98 Abs. 4 GG von vornherein nur an diejenigen Länder wendet, die überhaupt einen Richterwahlausschuß kennen oder einführen wollen. Das "Ob" eines einheitlichen Rechtsprechungsministeriums kann aber nicht von dem Bestehen eines Richterwahlausschusses abhängen. Hätte das Grundgesetz die Länder auf ein solches Ministerium festlegen wollen, wäre eine eindeutige Bindung aller Länder erforderlich gewesen. Einen organisationsrechtlichen Bindungsgehalt wird man dem Art. 98 Abs. 4 GG nach alledem nw· insoweit entnehmen können, als es sich bei der Stelle auf seitender Exekutive um eine oberste Landesbehörde (und nicht eine andere Stelle) handeln muß. Unter dem "Landesjustizminister" im Sinne des Art. 98 Abs. 4 GG ist 174 Vgl. Dr. Me11Zel, Verfassungsausschuß des Landtages Nordrhein-Westfalen, 39. Sitzung v. 17. Februar 1950, Steno.-Prot., S. 241 (242). ÄhnlichBrodmann, ebd., S. 244. 175 Die Rechtslage ähnelt insoweit § 23 EGGVG. Die Vorschrift regelt, welche Gerichtsbarkeit über die Rechtmäßigkeit bestimmter Maßnahmen entscheidet, die von den Justizbehörden getroffen werden. Es besteht Übereinstimmung darüber, daß auch im Rahmen des§ 23 EGGVG der Begriff der Justizbehörde nicht im organisationsrechtlichen, sondern im funk1ionalen Sinne- im Gegensatz zu Rechtsprechungsorganen- zu verstehen ist (also z.B. Polizeibehörden, die auf dem Gebiet der Strafrechtspflege tätig werden, mitumfassen). Vgl. BVerwG, Urteil v. 3.12.1974 - BVerwG C II.73 - , BVerwGE 47,255 ff.; Kissel, Gerichtsverfassungsgesetz, 2. Aufl. 1994, § 23 EGGVG, Rn. 13 ff. 176 A.A.

Holtkotten, in: Bonner Kommentar (Fn. 22), Art. 98 (Bearb. 1971 ), Anm. li B 3 b).

52

B. Die sich aus Art. 98 Abs. 4 GG ergebenden Grenzen

daher diejenige oberste Landesbehörde zu verstehen, die nach dem Landesrecht für denjeweiligen Gerichtszweig zuständig ist. 177 Als oberste Landesbehörde kommen sowohl der Justizminister (im organisatorischen Sinne) als auch ein sonstiger Minister oder die Landesregierung 178 in Betracht.

4. Die Zusammensetzung des Richterwahlausschusses Keine Vorgaben enthält Art. 98 Abs. 4 GG für die Zusammensetzung des RichterWahlausschusses. Selbstverständlich müssen aber die sonstigen Bestimmungen des Grundgesetzes beachtet werden. Besondere Bedeutung kommt hierbei dem Demokratieprinzip zu. Nach einer vielfach vertretenen Meinung müssen alle Mitglieder eines mit der Ausübung von Staatsgewalt befaßten Kollegialorgans demokratisch legitimiert sein, das heißt auf eine vom Volk ausgehende ununterbrochene Legitimationskette verweisen können.179 Da Bedienstete oder Gruppenvertretungen weder das Volk sind noch den Charakter eines vom Verfassungs- oder Gesetzgeber eingesetzten Teilvolkes haben180, verstoßen nach dieser Ansicht alle Richterwahlaus-

177 Ähnlich Herzog, in: Maun:dDürig (Fn. 20), Art. 98 (Bearb. 1977), Rn. 40. Für eine Ressortzuständigkeit allein des Justizministers (im organisatorischen Sinne) dagegen Arndt, Die ungeteilte Rechtsprechung, DRiZ 1950,229 (231); Ule (Fn. 169), S. 18 f.; Bettermann (Fn. 22), S. 608 f.; Holtkotten , in: Bonner Kommentar (Fn. 22), Art. 98 (Bearb. 1971), Anm. llB 3 b);Enzian,DRiZ 1974,118 (119); Teubner(Fn. 22), S. 51. 178 Daß auch die Landesregierung oberste Landesbehörde sein kann, ergibt sich z.B. aus § 3 LOG NW. Nach Herzog, in: Maun:dDürig (Fn. 20), Art. 98 (Bearb. 1977), Rn. 40, wird man sich auch "mit einem Votum der (gesamten) Landesregierung beruhigen können" . 179 Vgl. Hess.StGH, Urteil v. 30.4.1986 - P.st 1023 - , DVBI. 1986,936 (937 f.); VerfGH NW, Urteil v. 15.9.1986- 17/85 - , JZ 1987,242 f.; Herzog, in: Maun:dDürig (Fn. 20), Art. 20 ll (Bearb. 1978), Rn. 53; Püttner, Zur Mitbestimmung in öffentlich-rechtlich organisierten Unternehmen, DVBI. 1984, 165 (167); Stern (Fn. 83), § 18 ll 4; Oebbecke, Weisungs- und unterrichtungsfreie Räume in der Verwaltung, 1986, S. 92; ders., Demokratische Legitimation nicht-kommunaler Selbstverwaltung, VerwArch. 81 (1990), 349 (369); Ehlers, Die Grenzen der Mitbestimmung in öffentlichen Unternehmen, JZ 1987, 218 ff. ; dens., Mitbestimmung in der öffentlichen Verwaltung, Jura 1997, 180 (184 f.); Ossenbühl, Mitbestimmung und Mitverantwortung - ein verfassungsrechtliches Junktim, PersV 1989, 409 (412 f.); dens.,Mitbestimmung in Eigengesellschaften der öffentlichen Hand, ZGR 3 (1996), 504 (509 ff.);Jestaedt, Demokratieprinzip und Kondominialverwaltung, 1993, S. 267 f. , 281 , 373 m.w.N. Vgl. auch BVerfG, Urteil v. 10.12.1974 - 2 BvK 1173; 2 BvR 902173 -, BVerfGE 38, 258 (271); BVerfG, Beschluß v. 15.2.1978- 2 BvR 134, 268176 -, BVerfGE 47, 253 (275); BVerfG, Urteil v. 24.7 .1979 - 2 BvK 1178 - , BVerfGE 52,95 (130).

180

Vgl. dazu Herzog, in: Maun:dDürig (Fn. 20), Art. 20 ll (Bearb. 1978), Rn. 56 ff.

II. Der Bindungsgehalt im einzelnen

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schüsse gegen das Demokratieprinzip, bei denen auch nur ein Mitglied von Richtern oder Richtervertretungen181 gewählt, entsandt oder verbindlich vorgeschlagen wird. Nach anderer Auffassung reicht es aus, wenn so viele Mitglieder eines Kollegialorgans über eine individuelle demokratische Legitimation verfügen, daß dadurch die Entscheidung des Organs als solche ihre demokratische Legitimation erhält. Danach können Mitglieder, die nicht individuell demokratisch legitimiert sind, in dem Umfang an der Entscheidung des Organs mitwirken, der die Möglichkeit der demokratisch legitimierten Mitglieder, im Konfliktfall ihre Auffassung durchzusetzen, nicht beeinträchtigt.182 Das Bundesverfassungsgericht scheint der zuletzt genannten Auffassung zuzuneigen. Es spricht davon, daß bei einem besonders geringen Entscheidungsgehalt eine demokratische Legitimation ausreichen mag, bei der einzelne Legitimationselemente zurücktreten. "Das kann jedoch nur in Betracht kommen, wenn Kompetenzen gegenständlich im einzelnen und auch in ihrem Umfang nach eng begrenzt sind und die zu treffenden Entscheidungen inhaltlich so weit vorstrukturiert sind, daß sie sich etwa auf die meßbar richtige Plan- oder Gesetzesdurchführung beschränken" 183 Die verschiedenen Formen der demokratischen Legitimation müßten nicht je für sich, sondem nur in ihrem Zusammenhang einen hinreichenden Gehalt an demokratischer Legitimation erreichen. Aus verfassungsrechtlicher Sicht sei nicht die Form der demokratischen Legitimation staatlichen Handelns, sondern deren Effektivität entscheidend. Notwendig sei ein bestimmtes Legitimationsniveau. Dieses könne bei den verschiedenen Erscheinungsformen von Staatsgewalt im allgemeinen und der vollziehenden Gewalt im besonderen unterschiedlich ausgestaltet sein. Die Bestellung eines Amtsträgers dürfe daher unter bestimmten Voraussetzungen auf ein Gremium übertragen werden, das nur teils aus personell demokratisch legitimierten Amtsträgern zusammengesetzt ist. 184 181 Vorausgesetzt, die Richter werden als personelle Rechtssubjekte (statt als Amtswalter) oder Gruppenvertreter tätig, vgl. dazu Ehlers, JZ 1987,218 (221 f.).

182 So wörtlich Böckenförde, in: Isensee/Kirchhof (Fn. 131), § 22 Rn. 19. Vgl. auch K. Ipsen , Die Richterwahl in Bund und Ländern, DÖV 1971, 469 (474); Bieback, Die Mitwirkung der Beschäftigten in der öffentlichen Verwaltung, 1983, S. 46 f.; Nagel!Abel, Mitbestimmung in öffentlich-rechtlichen Unternehmen und Grundgesetz,AuR 1987, 15 (18); Emde, Die demokratische Legitimation der funktionalen Selbstverwaltung, 1991 , S. 46, 332, 517 f. Vgl. auch Papenfuß, Die personellen Grenzen der Autonomie öffentlich-rechtlicher Körperschaften, 1991, S. 162; Schuppert, Legitimation der Mitbestimmung im öffentlichen Dienst, PersR 1993, 1 (8 f.); Pieroth, in: Jarass/Pieroth, Grundgesetz, 3. Aufl. 1995, Art. 20 Rn. 8. 183

BVerfG, Urteil v. 31.10.1990 - 2 BvF 3/89 -, BVerfGE 83,60 (74).

184

BVerfG, Beschluß v. 24.5.1995 - 2 BvF 1192 - , BVerfGE 93,37 (67).

54

B. Die sich aus Art. 98 Abs. 4 GG ergebenden Grenzen

Den Fragen braucht hier nicht weiter nachgegangen zu werden, da bei einer Zusammensetzung des Richterwahlausschusses ausschließlich mit Landtagsabgeordneten, die nach den Grundsätzen der Verhältniswahl gewählt werden, die demokratische Legitimation über jeden Zweifel erhaben ist.

5. Das Erfordernis einer gemeinsamen Entscheidung Wie ausgeführt wurde, darf dem Richterwahlausschuß höchstens das gleiche Gewicht wie dem Landesjustizminister eingeräumt werden. Es ist also nicht zulässig, ihm die rechtliche Möglichkeit zu geben, den Landesjustizminister zu überstimmen.185 Die Regelung des Entscheidungsverfahrens im einzelnen bleibt den Ländern überlassen. Zum Beispiel kann bestimmt werden, daß der Richterwahlausschuß nur solche Bewerber wählen darf, die der Minister vorgeschlagen hat. 186 Ebenso ist es den Ländern erlaubt, den Richterwahlausschuß die Auswahl aus dem Kreis der Bewerber treffen zu lassen, die Ernennung aber davon abhängig zu machen, daß der Justizminister der Wahl zustimmt. 187 In diesem Falle muß der Justizminister aber eine selbständige Auswahlentscheidung treffen und darf sich nicht auf eine Rechtmäßigkeitskontrolle der Entscheidung des Richterwahlausschusses beschränken. 188 Dies bedeutet; daß sich der Justizminister auch mit den Bewerbern befassen muß, die der Richterwahlausschuß nicht vorgeschlagen oder in die engere Wahl gezogen hat. Verweigert der Minister seine Zustimmung, muß der Wahlausschuß dann einen anderen Bewerber wählen, der wiederum der Zustimmung des Ministers bedarf.

185 Zur Einstufung des Mitwirkungsaktes eines Richterwahlausschusses als Verwaltungsinternum siehe BVerwG, Urteil v. 6.11.1995- BVerwG 2 C 21.94 -, BVerwGE 99, 371 (374); ThürOVG, Urteil v. 2.3.1995 - 2 KO 279/94 - , ThürVBI. 1995, 232 ff.-236. 186 Vgl. z.B. § 19 Abs. 1 LRiG Hess. Lehnt der Richterwahlausschuß den vorgeschlagenen Bewerber ab, muß der Minister einen anderen Vorschlag unterbreiten.

187 Vgl. die Regelung in Hamburg (Art. 63 Abs. 1 LV), wonach die Berufsrichter vom Senat aufVorschlag eines Richterwahlausschusses ernannt werden. Zur Vereinbarkeil dieser Bestimmung mit dem Grundgesetz vgl. BVerfG, Beschluß v. 22.10.1968- 2 BvL 16/67 -, BVerfGE24, 268 (274) undBGHZ, Urteil v. 23.11.1982- RiZ (R) 3/82 -, BGHZE 85, 319 (326). 188 Ebenso OVG Schleswig, Beschluß v. 1.2.1996 - 3 M 89/85 - , DVBI. 1996, 521 (523 f.). A.A. Bull, ZRP 1996,335 (337 ff.).

III. Ergebnis

55

m. Ergebnis l. Art. 98 Abs. 4 GG legt eine Obergrenze für die Mitwirkung des Richterwahlausschusses fest. Dem Ausschuß darf höchstens das gleiche Entscheidungsgewicht wie dem Justizminister zukommen. 2. Richter im Sinne des Art. 98 Abs. 4 GG sind alle Richter mit Ausnahme der Verfassungsrichter und der ehrenamtlichen Richter. 3. Art. 98 Abs. 4 GG bezieht sich nur auf die "Anstellung" der Richter, ist aber entsprechend auf deren "Einstellung" und "Beförderung" anzuwenden. 4. Unter dem Landesjustizminister im Sinne des Art. 98 Abs. 4 GG ist diejenige oberste Landesbehörde zu verstehen, die nach dem Landesrecht für den j eweiligen Gerichtszweig zuständig ist. 5. Art. 98 Abs. 4 GG überläßt die Zusammensetzung des Richterwahlausschusses dem Gestaltungsspielraum der Länder, dispensiert aber nicht von den sonstigen Anforderungen des Grundgesetzes wie insbesondere dem Demokratieprinzip. 6. Die nähere Ausgestaltung des Entscheidungsveifahrens steht im Ermessen der Länder.

C. Die sich aus der Verfassung des Landes Nordrhein-Westfalen ergebenden Grenzen für die Errichtung von Richterwahlausschüssen durch Landesgesetz I. Die Bindung des Landesgesetzgebers an die Landesverfassung In dem durch Art. 98 Abs. 4 GG vorgegebenen Rahmen können die Länder selbst darüber befinden, ob sie eine Richterwahl einfuhren wollen. Umstritten ist, ob die Entscheidungskompetenz allein im Ermessen des Landesgesetzgebers liegt oder ob der Landesgesetzgeber auch das Landesvetfassungsrecht beachten muß. Nach einer im Schrifttum vertretenen Ansicht stellt Art. 98 Abs. 4 GG eine Durchgriffsermächtigung zugunsten des Landesgesetzgebers zur Einführung der Richterwahl unter Freistellung von entgegenstehendem Landesvetfassungsrecht dar. 189 Die Landesgesetzgeber seien zwar nicht zur Einfohrung der Richterwahl verpf1ichtet, sondern nur ermächtigt. Dies bedeute aber nur, daß die Länder die Möglichkeit hätten, das ihnen durch Art. 98 Abs. 4 GG eingeräumte Recht ruhen zu lassen. Sie besäßen nicht die Befugnis, auf die Einfohrung der Richterwahl allgemein zu verzichten. Wegen des Geltungsvorrangs des Bundesrechts dütfe das Landesvetfassungsrecht daher die Richterwahl nicht (allgemein) ausschließen. Die genannte Auslegung des A.I1. 98 Abs. 4 GG widerspricht bereits dem eindeutigen Wortlaut der Bestimmung. Die Vorschrift wendet sich an die Länder, nicht an die Landesgesetzgeber. Auch die Entstehungsgeschichte des Art. 98 Abs. 4 GG bietet nicht die geringsten Anhaltspunkte für eine Auslegung der Bestimmung als "Durchgriffsno1m". Das Besu·eben des Gnmdgesetzgebers war es gerade, die Justizhoheit der Länder möglichst weitgehend zu respektieren. Dementsprechend sollten die Länder über die Einführung von Richterwahlausschüssen frei entscheiden können. Dies schließt das Recht ein, zugleich über die Regelungstechnik (Vetfassung oder einfaches Gesetz) zu befinden. In den Beratungen des Hauptausschusses und des Ausschusses für Verfassungsgerichtshof und Rechtspflege ist nicht die Rede davon gewesen, daß es den LandesveJfassungsgebern verboten sein sollte, die Rich189 Uhlitz, DRiZ 1970, 219 (220); Holtkotten , in: Bonner Kommentar (Fn. 22), Art. 98 (Bearb. 1971), Anm. II B I a) und b). Vgl. auch L. Schäfer, BayVBI. 1970, 85 (87).

ll. Vereinbarkeit mit Art. 58 LV NW

57

terwahl auszuschließen. Der an den Beratungen maßgeblich beteiligte Vorsitzende des Ausschusses für Verfassungsgerichtshofund Rechtspflege Zinn legte den Art. 98 Abs. 4 GG später zwar in diesem Sinne aus, berief sich hierbei aber nicht auf die Entstehungsgeschichte. 190 Es wäre auch sonderbar gewesen, wenn das Grundgesetz die Wahlfreiheit der Länder im Hinblick auf die Einführung von Richterwahlausschüssen dadurch hätte sichern wollen, daß es unter Durchbrechung des Selbstorganisationsrechts der Länder und der landesstaatlichen Normenhierarchie das Landesverfassungsrecht hinter das einfache Gesetzesrecht der Länder zurücktreten läßt. Ferner überzeugt das Argument nicht, daß die Länder nur auf die Ausübung der Richterwahl, nicht aber auf die Richterwahl selbst verzichten könnten. Zum einen ist diese Unterscheidung im Grundgesetz nicht angelegt. Zum anderen basiert sie auf der unzutreffenden Prämisse, die Länder seien "an sich" zur Einführung einer Richterwahl verpflichtet. Somit ist davon auszugehen, daß der Landesgesetzgeber an die Landesverfassung gebunden bleibt. Verbietet die Landesverfassung die Einführung eines Richterwahlausschusses, muß dies vom Landesgesetzgeber hingenommen werden. 191

II. Die Vereinbarkeit einer Einführung der Richterwahl durch einfaches Landesgesetz mit Art. 58 LV NW Die Landesverfassung enthält keine Vorschrift, die sich ausdrücklich mit der Emennung von Richtern befaßt. Jedoch könnte sich der Regelungsgehalt des Art. 58 LV NW auch auf die Ernennung der Landesrichter erstrecken. Gemäß Art. 58 Satz 1 LV NW ernennt die Landesregierung die Landesbeamten. Nach Satz 2 der Vorschrift kann sie die Befugnis auf andere Stellen übertragen. Art. 58 LV NW steht der Einfuhnmg eines Richterwahlausschusses durch Landesgesetz entgegen, wenn

190 Wie schon mehrfach hervorgehoben wurde, sah Zinn den Sinn des Art. 98 Abs. 4 GG darin, daß der "Bundesgesetzgeber" den Ländern die Einführung der Richterwahl nicht verbauen könne - wenn die "Landesverfassung oder Landesgesetze" diesen Weg gehen (vgl. Parlamentarischer Rat, Ausschuß für Verfassungsgerichtshofund Rechtspflege, 9. Sitzung v. 17. Dezember 1948, Steno.-Prot., S. 12). Davon, daß der Landesverfassungsgeber in gleicher Weise wie der Bundesgesetzgeber gebunden werden solle, hat Zinn gerade nicht gesprochen. 19 1 So auch Böckenförde (Fn. 19), S. 49, 57 f.; Dickersbach, in: Geller/Kieinrahm, Die Verfassung des Landes Nordrhein-Westfalen, Loseblatt-Sammlung, 3. Auflage (Stand: 1994), Art. 58 (Bearb. 1981), Anm. 5 b), aa); Teubner (Fn. 22), S. 49.

58

C. Die sich aus der Landesverfassung ergebenden Grenzen

die Richter als Landesbeamte im Sinne der Verfassungsbestimmung anzusehen sind (1.), das Ernennungsrecht der Landesregierung sich nicht nur auf den Formalakt (Ausfertigung und Aushändigung der Urkunde) beschränkt, sondern auch das materielle Bestimmungsrecht einbezieht (2.) und die Regelung abschließend ist, das heißt eine Übertragung der Ernennungsbefugnis auf eine andere Stelle durch einfaches Landesgesetz nicht zuläßt (3.).

1. Die Geltung des Art. 58 LV NW für die Ernennung

von Richtern im Landesdienst

a) Der Wortlaut der Bestimmung Die Verfassung des Landes Nordrhein-Westfalen definiert nicht, welche Personengruppe sie zu den "Landesbeamten" rechnet. Wie oben ausgeführt worden istl 92, differenziert das Grundgesetz zwischen Beamten und Richtern, schließt es also aus, die Richter als Beamte zu qualifizieren. Das besagt aber noch nicht, daß dieser Sprachgebrauch auch der Landesverfassung zugrundeliegt. Der Begriff des Beamten hat keineswegs zu allen Zeiten denselben Bedeutungsgehalt gehabt. 193

Bis zumErlaß des Grundgesetzes galten auch Richter als Beamte im statusrechtlichen Sinne. 194 Erst das Grundgesetz hat die Unterscheidung zwischen Beamten und Richtern - wenn auch nur implizit - eingeführt. Dies ist aber noch nicht einmal allen Mitgliedern des Parlamentarischen Rates selbst klar gewesen. So sprach zum Beispiel der Abgeordnete Dr. Seebohm (DP) in den Beratungen des Hauptausschusses davon, daß alle Richter "ihrem Range nach höhere Beamte" seien. 195 Auch in den Bundesgesetzen hat sich nach Erlaß des Grundgesetzes nur sehr zögerlich die Erkenntnis durchgesetzt, daß die Richter aus dem Kreis der Beamten ausgeschieden sind. So sind nach 1950 in nicht wenigen Fällen Gesetze erlassen worden, die sich nur an die Beamten wenden, ihrem Sinngehalt nach aber auch die 192

Vgl. oben B.I.2.c)bb)(2)(b)(cc), S. 35 f.

Vgl. auch Isensee, Beamte, in: Görres-Gesellschaft (Hrsg.), Staatslexikon, Bd. 1, 7. Aufl. 1985, Spalte 584 (586). 193

194 Vgl. Mende, Die richterlichen und die ihnen gleichgestellten Beamten, in: Anschütz/Thoma, Handbuch des Deutschen Staatsrechts, 2. Bd., 1932, § 67 (S. 77 f.). 195 Parlamentarischer Rat, Hauptausschuß, 24. Sitzung v. 9. Dezember 1948, Steno.-Prot., S. 288.

II. Vereinbarkeil mit Art. 58 LV NW

59

Richter einbeziehen, also davon ausgehen, daß es sich bei den Richtern um Beamte handelt. 196 Ein anderes Beispiel für den uneinheitlichen Sprachgebrauch des Gesetzgebers bildet § 839 Abs. 2 BGB. Diese Bestimmung privilegiert "Beamte", die bei einem Urteil in einer Rechtssache einen Schaden verursachen. Obwohl offensichtlich nur Richter gemeint sind197, hat das Gesetz zur Wiederherstellung der Gesetzeseinheit auf dem Gebiet des Bürgerlichen Rechts vom 5. MärZ 1953 198 das Wort "Beamte" nicht durch den Terminus "Richter" ersetzt. Ferner ist nicht nur in der Verfassung des Landes Nordrhein-Westfalen, sondern in einer Reihe sonstiger Landesverfassungen allein die Beamtenernennung geregelt worden. Gleichwohl wird in diesen Ländern davon ausgegangen, daß die Verfassungen die Ernennung der Richter mit einschließen. 199 Schließlich ist im Schrifttum sogar noch bis Mitte der funfziger Jahre vielfach angenommen worden, daß das Richterdienstverhältnis seiner wahren Rechtsnatur nach ein Beamtenverhältnis darstellt200 Somit ist der Wortlaut des Art. 58 Satz 1 LV NW nicht eindeutig. Er läßt offen, ob der Beamtenbegriff im traditionellen Sinne oder im Sinne des Grundgesetzes zu verstehen ist. Aufschluß druüber können nur die anderen Auslegungsmethoden vermitteln.

196

Vgl. Bünger, Beamte und Richter, Recht im Amt 1954, 249 (251).

Papier, in: Münchner Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, Bd. 3, 2. Halbbd. (§§ 652-853), 2. Aufl. 1986, § 839 Rn. 276, 279; Ossenbühl, Staatshaftungsrecht, 4. Aufl. 1991, S. 83 ff; Thomas, in: Palandt, Bürgerliches Gesetzbuch, 56. Aufl. 1997, § 839 Rn. 67. 197

198

BGBI. I, S. 33.

V gl. zu Art. 55 Nr. 4 Bay. LV v. 2. Dezember 1946: Meder, Kommentar zur bayerischen Landesverfassung, 4. Aufl. 1992, Art. 55 Rn. 21 ; zu Art. 108 Hess. LV v. 1. Dezember 1946 (GVNW, S. 229): Zinn/Stein, Die Verfassung des Landes Hessen, 1954, Art. 108 Er!. 2 b). 199

200 Vgl. Giese, Grundgesetz, 3. Aufl. 1953, Art. 92 Anm. 2; Art. 96 Anm. 8; Art. 132 Anm. l;Biinger, Recht im Amt 1954,249 ff.; Fischbach, Bundesbeamtengesetz, 1954, § 1 Anm. B (S. 38); Geib, Gedanken zum Richterrahmengesetz, DVBI. 1955, 72; Kranz, Sind Richter Beamte?, DÖV 1955, 166 f. Vgl. auch H. Schäfer, Jeder Richter unmittelbar Träger der rechtsprechenden Gewalt, DRiZ 1953,210 (211). Kritisch Wagner, Sind Richter Beamte?, DÖV 1955, 167 ff (mit zahlreichen Nachweisen) - der aber konzediert, daß in der Gesetzes-

sprache die Richter teils als Beamte, teils nicht als Beamte bezeichnet werden.

60

C. Die sich aus der Landesverfassung ergebenden Grenzen

b) Die Entstehungsgeschichte des Art. 58 LV NW Der Regierungsentwmf eines "Grundgesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen" sah neben dem sich auf die Ernennung von Beamten beziehenden Art. 57 (heute Art. 58 LV NW) in Art. 72 eine gesonderte Regelung für die Richterwahl vor. Danach sollte über die Anstellung der Richter der Justizminister gemeinsam mit einem Richterwahlausschuß entscheiden. 201 Art. 72 des Entwmfs wurde jedoch später einstimmig verworfen, während Art. 57 (heute Art. 58 LV NW) einstimmig angenommen worden ist. 202 Die Gründe, die zu dieser Entwicklung geführt haben, waren unterschiedlich, lassen aber keinen Zweifel daran aufkommen, daß Art. 58 LVNW nach dem Willen des Verfassungsgebers auch das Recht der Landesregierung zur Ernennung der Richter erfassen sollte. Dies läßt sich anhand der Äußerungen und des Abstimmungsverhaltens der Abgeordneten und Regierungsmitglieder im Landtag und im Vetfassungsausschuß belegen. Die zunächst in der Entwmfsfassung der Landesregierung enthaltene, an Art. 98 Abs. 4 GG angelehnte Regelung, nach der die Richter aufgrund einer gemeinsamen Entscheidung des Justizministers mit einem Richterwahlausschuß angestellt werden, wurde fallengelassen, weil keine Einigkeit darüber erzielt werden konnte, ob der Justizminister auch bei der Wahl der Richter für die Sondergerichtsbarkeit beteiligt werden müsse, beziehungsweise ob in diesen Fällen der jeweilige Ressortminister zuständig sein sollte.203 Daraufhin wurde von einer weiteren Beratung des Art. 72 des Regierungsentwutfs abgesehen und für die 2. Lesung im Landtag kein Beschluß gefaßt204 Die ursprüngliche Absicht, eine eigenständige Regelung für die Berufung der Richter zu normieren, wurde endgültig aufgegeben, nachdem die Fassung des Alt. 57 (heute Art. 58 LV NW) auf Antrag der SPD-Fraktion205 so geändert worden war, daß nicht - wie zunächst vorgesehen - der Ministerpräsident die Landesbeamten aufVorschlag der Landesregierung ernennt und erläßt, sondern dies die Aufgabe der Landesregierung sein sollte. Die Äußerungen mehrerer Abgeordneter aus ver201

LI-Drucks. NW II-1359 v. 5. Dezember 1949.

Steno.-Prot. der 138. Sitzung des Landtages Nordrhein-Westfalen (1. Wahlperiode) v. 5. Juni 1950, S. 5043 f. und 5048. 202

203 Vgl. die Äußerungen des Abgeordneten Jacobi (SPD), des Innenministers Dr. Menzel und des Justizministers Dr. Sträter in der 39. Sitzung des Verfassungsausschusses des Landtages Nordrhein-Westfalen am 17. Februar 1950, Steno.-Prot., S. 239 B und 247 B (Dr. Sträter), S. 246 (Dr. Menzel), S. 248 A (Jacobi).



204 Vgl. Verfassungsausschuß des Landtages Nordrhein-Westfalen, 39. Sitzung v. 17. Februar 1950, Steno.-Prot., S. 248. 205 Vgl. LI -Drucks. NW 11-1647 v. 27. April 1950; Steno.-Prot. der 131. Sitzung des Landtages Nordrhein-Westfalen (1. Wahlperiode) v. 5. Mai 1950, S. 4594.

II. Vereinbarkeit mit Art. 58 LV NW

61

schiedeneo Fraktionen im Verfassungsausschuß und später, während der 2. und 3. Lesung des Verfassungsentwwfs, im Landtag zeigen, daß Art. 72 des Regierungsentwurfs damit als endgültig erledigt angesehen wurde. Der Vorschlag zur Streichung des Art. 72 Abs. 1 des Regierungsentwurfs ging von dem Abgeordneten Jacobi (SPD) als Berichterstatter des Verfassungsausschusses aus. Er wies daraufhin, daß es einer solchen Bestimmung nicht mehr bedürfe, "nachdem feststeht, daß durch die Fassung des Artikel 57 sowieso ein gewisses Prinzip der Prüfung vor der Ernennung von Richtern Platz greift, das eine objektive und sachliche Auswahl gewährleistet; denn nach Artikel 57 ernennt und entläßt die Landesregierung die Landesbeamten. Wir glauben, daß sich mit dieser der Landesregierung zuerkannten Befugnis eine Regelung, wie sie die Regierungsvorlage hinsichtlich des Richterwahlausschusses ursprünglich vorsah, erübrigen dürfte. "206

Dem schlossen sich die Abgeordneten Dr. Bollig (CDU)/07 und Dr. Krekeler (FDP) im Ergebnis an. Der Abgeordnete Dr. Krekeler führte aus: "Wir sind im Verfassungsausschuß zu der Auffassung gekommen, daß dort die Bestimmung eines vorhergehenden Artikels, der da sagt, daß die Beamten durch die Landesregierung ernannt werden, ausreicht. Das ist auch unsere Auffassung, obwohl wir die Streichung dieses Vorschlages nicht beantragt haben. "208

In der anschließenden Beratung des Verfassungsausschusses wurde erneut Einvernehmen über den Wegfall der Regelung über einen Richterwahlausschuß erzielt. Schließlich stellte der Berichterstatter des Ve1fassungsausschusses für die 3. Lesung des Verfassungsentwurfs im Landtag, der Abgeordnete Dr. Scholtissek, zusammenfassend fest, "Die Institution des Richterwahlausschusses ist gefallen. Die Regierung sah keine Veranlassung dazu, den Antrag zu erneuern, weil nach einer anderen Bestimmung der Verfassung die Beamten vom gesamten Kabinett angestellt werden, also auch die Richter. Man glaubte, es sei deshalb nicht mehr unbedingt nötig, die Institution eines Richterwahlausschusses in der Verfassung zu verankem." 209

Angesichts der wiederholten und im Ergebnis übereinstimmenden Äußerungen der Abgeordneten zur Ablehnung einer Regelung der Richterwahl unter Verweis auf 206 Steno.-Prot. der 130. Sitzung des Landtages Nordrhein-Westfalen (1 . Wahlperiode) v. 4.Mai 1950, S.4513. 207 Steno.-Prot. der 130. Sitzung des Landtages Nordrhein-Westfalen (1. Wahlperiode) v. 4. Mai 1950, S.4514. 208 Steno.-Prot. der 130. Sitzung des Landtages Nordrhein-Westfalen (1. Wahlperiode) v. 4. Mai 1950, S. 4520 (4521). 209 Steno.-Prot. der 135. Sitzung des Landtages Nordrhein-Westfalen (1 . Wahlperiode) v. 31. Mai 1950, S. 4854 (4861).

62

C. Die sich aus der Landesverfassung ergebenden Grenzen

Art. 57 (heute Art. 58 LV NW) ist es ausgeschlossen, das in der 3. Lesung vom Be~ichterstatter vorgetragene Resümee der Ausschußberatungen als "schlagwortartige Wendung eines einzelnen Abgeordneten" abzutun 210 Vielmehr wurde hier die einhellige, schon in der 2. Plenarlesung und in den Ausschußberatungen sichtbar gewordene Meinung aller Abgeordneten wiedergegeben, die durch die einstimmige Annahme von Art. 57 (heute Alt. 58 LV NW) und die einstimmige Ablehnung von Alt. 66 (vormals Art. 72 des Regierungsentwurfs) in der Schlußabstimmung bestätigt worden ist. 211 Die Entstehungsgeschichte belegt demnach eindeutig, daß durch die in Art. 58 LV NW enthaltene Regelung auch Richter erfaßt werden sollten. Dieses Ergebnis wird auch durch die Handhabung der Norm in der Staatspraxis bestätigt. Nach lokrafttreten der Landesverfassung im Jahre 1950 sind die Richter des Landes weiterhin "unter Berufung in das Beamtenverhältnis" ernannt worden. Erst nach Erlaß des Landesbeamtengesetzes vom 15. Juni 1954212 ist diese Praxis durch gemeinsamen Runderlaß des Innenministers und des Finanzministers vom 10. Februar 1955 im Sinne einer "Berufung in das Richteramt" geändert worden.213 Auch zu diesem Zeitpunkt bestand kein Zweifel daran, daß das der Landesregierung in Alt. 58 LV NW zugewiesene Ernennungsrecht auch die Richter erfaßt. Dementsprechend sind die Ernennungen der Richter seit jeher durch die Landesregierung oder in deren Namen vollzogen und ausgefertigt worden. Sie wurden somit auf Art. 58 LV NW und nicht auf die Ressortkompetenz des zuständigen Ministers nach Art. 55 Abs. 2 LV NW gestützt. 214

c) Verfassungssystematik Mit Ausnahme des die E1mächtigung des Alt. 98 Abs. 5 GG ausfuhrenden Art. 73 LV NW enthält die Verfassung des Landes Nordrhein-Westfalen keine ausdrücklichen Bestimmungen über die Rechtsstellung und Ernennung der Richter. Wollte man die Auffassung veitreten, daß sich Art. 58 LV NW nicht auf die Richter bezieht, 210

So aber Teubner (Fn. 22), S. 60.

Vgl. Steno.-Prot. der 138. Sitzung des Landtages Nordrhein-Westfalen (1. Wahlperiode) v. 5. Juni 1950, S. 5043 und 5047. 211

212

GVNW, S. 237.

Vgl. 1.3. des gern. RdErl. d. Innenministers- II A 1 - 25.21.22- 820/54- u.- ill A 3522/54- u. d. Finanzministers-B 1400- 14550/IV/54 v. 10. Februar 1955, :MB!. 1955, S. 422. 213

214 Vgl. §§ 1 ff. der Verordnung über die Ernennung, Entlassung und Zurruhesetzung der Beamten und Richter des Landes Nordrhein-Westfalen v. 7. September 1954 (GV NW, S. 307); §§ 1 und 4 ErnennungsVO NW in der geltenden Fassung.

II. Vereinbarkeit mit Art. 58 LV NW

63

hätte dies eine verfassungsrechtliche Regelungslücke zur Folge. Es kann aber nicht angenommen werden, daß die Landesverfassung zwar die Ernennung der Landtagsbeamten (Art. 39 Abs. 2 LV NW), der Minister (Art. 52 Abs. 3 LV NW), der Exekutivbeamten (Art. 58 LV NW) und der Mitglieder des Landesrechnungshofes (Art. 87 Abs. 2 LV NW) ausdrücklich normiert, die Ernennung der Funktionsträger der dritten Gewalt hingegen gänzlich ungeregelt gelassen hat. Dies wäre auch deshalb unverständlich gewesen, weil es der Landesverfassung genauso wie dem Grundgesetz in Abgrenzung von der Vergangenheit ganz wesentlich darauf angekommen ist, die dritte Gewalt zu stärken. Die Systematik der Landesverfassung legt somit eine Auslegung nahe, welche die Ernennung der Richter des Landes als von der Verfassung miterfaßt ansieht. Dies setzt notwendig die Erstreckung des Art. 58 LV NW auf die Richter voraus.

d) Ergebnis Als Ergebnis läßt sich festhalten, daß sich das Ernennungsrecht der Landesregiemng auch auf die Richter bezieht.m Aus dem Vergleich mit den Exekutivbeamten ergibt sich, daß mit den Richtern nur die Berufsrichter gemeint sein können, Art. 58 LV NW also ebenso wie Art. 98 Abs. 4 GG nicht die Ernennung der Landesverfassungsrichter und ehrenamtlichen Richter betrifft.

2. Der Umfang des Ernennungsrechts der Landesregierung nach Art. 58 LV NW a) Der Wortlaut der Bestimmung Die Aussage des Art. 58 Satz 1 LV NW, daß die Landesregiemng die Landesbeamten "ernennt", ist aus sich heraus nicht eindeutig. Unter "Ernennung" kann sowohl der Fonnalakt, das heißt die Ausfertigung und Aushändigung der Urkunde, als auch das diesem Akt vorangehende materielle Auswahlbestimmungsrecht verstanden werden.216 Nur in dem zuletzt genannten Fall kommt dem Kompetenzträger die Befugnis zu, aus dem Kreis der Bewerber eine bestimmte Person - zum Beispiel zum Zwecke der Einstellung, Anstellung oder Beförderung- auszuwählen. Da die Verfassung des Landes Nordrhein-Westfalen auch an anderer Stelle den Begriff der

21 5

Ebenso Böckenförde (Fn. 19), S. 16 ff.; Dickersbach (Fn. 191), Art. 58 Anm. 2 b).

216

Vgl. Böckenförde (Fn. 19), S. 20.

64

C. Die sich aus der Landesverfassung ergebenden Grenzen

Ernennung nicht erläutert, muß der Sinngehalt des Ernennungsrechts in anderer Weise ermittelt werden.

b) Die Entstehungsgeschichte des Art. 58 LV NW Es entspricht der Verfassungstradition, die schlichte Zuweisung des Ernennungsrechts an ein bestimmtes Organ im Sinne einer Übertragung der vollen Entscheidungsgewalt auszulegen, es sei denn, daß der Verfassung selbst gegenteilige Anhaltspunkte entnommen werden können. 217 Da solche Anhaltspunkte hier nicht ersichtlich sind218 , kann bereits aus diesem Grunde kaum angenommen werden, daß die Verfassung des Landes Nordrhein-Westfalen mit dieser Tradition brechen wollte. Darüber hinaus ergibt sich aus den Beratungen der Landesverfassung aber auch positiv, daß der Verfassungsgeber der Landesregierung das materielle Ernennungsrecht übertragen wollte. So ist auf die Regelung einer Richterwahl in der Landesverfassung nur deshalb verzichtet worden, weil die Zuständigkeit der Landesregierung als ausreichend angesehen wurde. 219 Da die Richterwahl aber die materielle Seite der Ernennung betrifft, kann:fiir die Zuständigkeit der Landesregierung nichts anderes gelten. Dementsprechend hob der Abgeordnete Jacobi (SPD) als Berichterstatter des Verfassungsausschusses in der Beratung ausdrücklich hervor, daß sich mit der Übertragung der Befugnisse auf die Regierung eine Richterwahl erübrige, weil eine "objek-

21 7 Vgl. auch Böckenförde (Fn. 19), S. 21 , mit Hinweis aufAnschütz, Die Verfassung des Deutschen Reiches, 14. Aufl. 1933, Art. 46 Anm. 3; Waldecker, Die Verfassung des Freistaates Preußen, 2 . Aufl. 1928, Erl. zu Art. 52; v. Mangoldt/Kiein , Das Bonner Grundgesetz, Bd. II, 2. Aufl. 1964, Art. 60 Anm. IIl 8 (S. 1178 f.); Nawiasky!Leußer!Schwaiger/Zacher, Die Verfassung des Freistaates Bayern, 2. Aufl. 1995, Art. 94 Rn. 6; Herzog, in: MaunzJDürig (Fn. 20),Art. 60 (Bearb. 1986), Rn. 2. SoweitBöckenförde (Fn. 19), S. 20, aus Art. 60 GG den Schluß herleitet, daß das dort normierte Ernennungsrecht des Bundespräsidenten für die Beamten und Offiziere grundsätzlich auch materiellen Charakter habe, kann dem nicht gefolgt werden. Art. 60 GG weist dem Bundespräsidenten nur notarielle Befugnisse zu (vgl.J lpsen, Staatsorganisationsrecht, 7. Aufl. 1995, Rn. 406), was nicht ausschließt, daß der Bundespräsident die ihm unterbreiteten Vorschläge im Hinblick auf ihre Rechtmäßigkeit überprüfen darf (sog. formelles und materielles Prüfungsrecht, vgl. Stern (Fn. 16), § 30 II14 a); Schlaich , Die Funktionen des Bundespräsidenten im Verfassungsgefüge, in: Isensee/Kirchhof (Hrsg.), Handbuch des Staatsrechts der Bundesrepublik Deutschland, Bd. ll, 1987, § 49 Rn. 44 ff.); Schmidt-Bleibtreu/Kiein, Grundgesetz, 8. Aufl. 1995, Art. 60, 4 . 218

Vgl. insbesondere auch die Ausführungen zu c).

219

Vgl. oben C.ll.l.b), S. 60 ff.

II. Vereinbarkeit mit Art. 58 LV NW

65

tive und sachliche Auswahl" gewährleistet sei. 220 Hinzu kommt, daß es den Abgeordneten gerade auf die Kompetenz der Landesregierung angekommen ist, weil über die Frage, welcher Minister zuständig sein sollte, keine Einigkeit erzielt werden konnte. Das mit der Zuweisung des Ernennungsrechts an die Landesregierung veifolgte Ziel der Kontrolle und der Schaffung eines Gegengewichts zur Stellung des Ressortministers ließe sich nur erreichen, wenn man bereit war, der Regierung auch die materielle Entscheidungsbefugnis zu übertragen 221 Dies fmdet seine Bestätigung darin, daß der Landtag im Jahre 1971 eine Änderung der Landesveifassung für elforderlieh gehalten hat, um hinsichtlich derjenigen Beamten, die Mitglieder des Landesrechnungshofes sind, die Ernennungsbefugnis der Landesregierung auf ein bloß formelles Ernennungsrecht zu beschränken. 222

c) Verfassungssystematik Der demokratische, sich zum Gewaltenteilungsprinzip bekennende Rechtsstaat im Sinne des Grundgesetzes (Art. 28 Abs. 1 Satz 1 GG) setzt eine funktionsfähige und verantwortliche Regierung voraus. Zu den Regierungsaufgaben, die nicht generell der Regierungsverantw011ung entzogen werden dürren, gehört nach der Rechtsprechung des Bundesveifassungsgerichts die Entscheidung über die personellen Angelegenheiten der Beamten.223 Es reiche daher nicht aus, der Regierung den formellen Akt der Ernennung oder Beförderung ihrer Beamten zu belassen, vielmehr müsse ihr diesbezüglich ein "freies Entscheidungsrecht" zukommen. Da das Landesrecht- einschließlich des Landesveifassungsrechts- an die Vorgaben des Art. 28 Abs. 1 Satz 1 GG gebunden ist, kann der Spitze der Exekutive hinsichtlich der Ernennung der Beamten im engeren Sinne (Exekutivbeamte) bereits aus diesem Grunde das materielle Entscheidungsrecht nicht bestritten werden. Damit übereinstimmend spricht der Veifassungsgerichtshof des Landes Nordrhein-Westfalen davon, das Ernennungsrecht der Landesregierung gemäß Art. 58 LV NW habe "nicht

220 Vgl. Steno.-Prot. der 130. Sitzung des Landtages Nordrhein-Westfalen (1 . Wahlperiode)) v. 4 . Mai 1950, S. 4512 (4513); ferner Dr. Krekeler (FDP), ebd., S. 4521 ; Innenminister Dr. Menzel, Verfassungsausschuß des Landtages Nordrhein-Westfalen, 59. Sitzung v. 17. Mai 1950, Steno.-Prot., S. 720 C. 221

Vgl. auch Böckenförde (Fn. 19), S. 25.

Vgl. LT-Drucks. NW 7/1188 v. 23. November 1971 und Gesetzänderung der Landesverfassung v. 14. Dezember 1971 (GVNW, S. 393). 222

223 BVer{G, Urteil v. 27.4.1959 - 2 BvF 2/58 - , BVerfGE 9, 268 (281 ff.); näher dazu die Ausführungen oben B.I.2.c)bb)(2XbXcc), S. 35 f.

5 Ehlers

66

C. Die sich aus der Landesverfassung ergebenden Grenzen

nur formellen, sondern auch materiellen Gehalt". 224 Besitzt die Regierung aber hinsichtlich der Exekutivbeamten das materielle Ernennungsrecht, kann für die Richter nichts anderes gelten. Zum einen fehlen Anhaltspunkte dafür, daß Art. 58 LV NW zwischen den verschiedenen "Landesbeamten" im Sinne dieser Vorschrift differenzieren wilL Zum anderen ist bereits ausführlich dargelegt worden, daß sich die Personalhoheit der Landesregierung auch auf die Richter erstrecken soll 225 Für die hier vertretene Ansicht läßt sich ferner anführen, daß Art. 58 LV NW in dem Abschnitt der Verfassung steht, der mit "Die Landesregierung" überschrieben ist und der die Vorschriften über die Bildung, Zusammensetzung und die hauptsächlichen Befugnisse der Landesregierung zum Gegenstand hat. In diesem Abschnitt werden die grundlegenden Befugnisse der Landesregierung festgelegt und abgegrenzt. Dies erfolgt einerseits gegenüber den Befugnissen des Ministerpräsidenten und der Einzelminister, indem in Art. 55 Abs. 1 und 2 beziehungsweise in Art. 59 LV NW deren Kompetenzen ausdrücklich festgelegt werden, andererseits gegenüber den Befugnissen des Landtags, indem der Landesregierung ausdrücklich bestimmte Rechte zugewiesen werden. Andere Regelungen über das Ernennungsrecht sieht die Verfassung des Landes Nordrhein-Westfalen aber nur in zwei Fällen an anderen Stellen vor. Diese betreffen das Ernennungsrecht der Landtagsbeamten durch den Landtagspräsidenten (Art. 39 Abs. 2 LV NW) sowie die Wahl der Mitglieder des Landesrechnungshofes durch den Landtag (Art. 87 Abs. 2 LV NW). Es handelt sich hierbei ersichtlich um Ausnahmebestimmungen, die das umfassende Ernennungsrecht der Landesregierung einschränken. Für diese Annahme spricht besonders deutlich Art. 87 Abs. 2 LV NW, der nicht nur dem Landtag die Kompetenz einräumt, die Mitglieder des Landesrechnungshofes zu wählen, sondern zugleich der Landesregierung das Ernennungsrecht zuspricht. Unter dem Ernennungsrecht kann in diesem Zusammenhang nur das formelle Recht verstanden werden. Der Bestimmung hätte es nicht bedurft, wenn Art. 58 LV NW ohnehin nur die formelle Seite der Ernennung regeln würde. Es läge dann keine Kollision mit Art. 87 Abs. 2 LV NW vor, so daß sich das formelle Ernennungsrecht bereits aus Art. 58 LV NW ergeben hätte. Der Ausnahmecharakter der Art. 39 Abs. 2, 87 Abs. 2 LV NW erlaubt den Rückschluß auf das materielle Bestimmungsrecht der Landesregierung bei den von Art. 58 LV NW erfaßten Angehörigen des öffentlichen Dienstes.226 Soll Alt. 58 LV NW die Personalhoheit der Landesregierung sichern, wird man zudem davon ausgehen müssen, daß sich die Ernennungsbefugnis der Landesregierung nicht nur auf die Ernennung im Sinne des § 8 Abs. I LBG NW, sondern 224

VGH NW, Urteil v. 23.2.1963 - VGH 6/62 - , OVGE 18, 316 (318).

225

Vgl. oben C.II.1., S. 58 ff.

226

Vgl. auch Dickersbach (Fn. 191), Art. 58 Anm. 3.

ll. Vereinbarkeit mit Art. 58 LV NW

67

aufweitere Personalmaßnahmen- wie insbesondere die Entlassung der Beamtenbezieht. 227

d) Ergebnis Art. 58 LV NW weist der Landesregierung nicht mrr das formelle, sondern auch das materielle Ernennungsrecht hinsichtlich der Richter im Landesdienst zu 228

3. Die Zulässigkeit einer "Übertragung der Regierungsbefugnisse auf andere Stellen durch einfaches Landesgesetz

a) Der Wortlaut des Art. 58 Satz 2 LV NW Der Landesgesetzgeber hat nur dann die Möglichkeit, die durch Art. 58 Satz I LV NW der Landesregierung zugewiesene Befugnis der Richterernennung auf andere Stellen zu übettragen, wenn die Verfassung des Landes dem nicht entgegensteht. Wie schon ausgefühlt worden ist229 , sind Kompetenzzuweisungen grundsätzlich exklusiv. Sie verpflichten zur Aufgabenwahrnehmung und implizieren für alle anderen Funktionseinheiten einen "arret de pouvoir", das heißt einen diesbezüglichen Ausschluß an Kompetenzen und Wahrnehmungsbefugnissen.230 Enthält die Verfassung selbst eine Zuständigkeitsregelung zugunsten der Exekutive, ist der einfache Gesetzgeber daran gebunden. Bereits dies spricht gegen ein legislatives Zugriffsrecht Hinzu kommt hier, daß die Verfassung des Landes Nordrhein-Westfalen die Frage, ob die Befugnis zur Ernennung der "Landesbeamten" auf andere Organisationseinheiten als die Landesregierung übertragen werden darf, ausdtücklich geregelt hat. Nach Alt. 58 Satz 2 LV NW kann sie (das heißt die Landesregierung) ihre Befugnis auf andere Stellen übertragen. Damit ist unmißverständlich klargestellt worden, daß die Delegationsbefugnis allein der Landesregierung zukommen soll. Einen Gesetzesvorbehalt enthält die Landesverfassung- im Unterschied etwa zu den 227 Dies wird durch die Entstehungsgeschichte bestätigt. Ursprünglich sollte Art. 57 (heute Art. 58 LV NW) die Ernennung und Entlassung der Beamten regeln. Auf eine Bestimmung über die Entlassung wurde später verzichtet, weil die Landesbehörden immer das Recht der Entlassung hätten. Vgl. näher dazu Dickersbaclz (Fn. 191), Art. 58 Anm. 3 c). 228

Ebenso Böckenförde (Fn. 19), S. 20 ff.; Dickersbach (Fn. 191).

m

Vgl. oben C.ll.2 .b), S. 64 (insbesondere die in Fn. 217 zitierten Nachweise).

23"

Vgl. Schnapp. VVDStRL 43 (1985), S. 172 (186).

5•

68

C. Die sich aus der Landesverfassung ergebenden Grenzen

vergleichbarenKompetenzzuweisi.Ulgen der Art. 46 WRV, 60 Abs. I GG, 108 Hess. Verf., I 02 Verf. Rh.-Pf., 92 Verf. Saarl. oder Art. 7 8 Abs. 1 Verf Thür. - gerade nicht. Das schließt zwar eine gesetzliche Normiefi.Ulg der Ernenni.Ulgsmodalitäten nicht aus. So darf das Parlament aufgfi.Uld seines allgemeinen Gesetzgebungsrechts etwa die Voraussetzungen der Ernennung (zum Beispiel die Zugangsvoraussetzungen undEignungsanfordefi.Ulgen) oder bestimmte Verfahrensfragen (wie die Anhöfi.Ulg des Bewerbers, die Pflicht zur Ausschreibi.Ulg der Stellen und die Beteiligung von Präsidialräten) regeln. Das Ernenni.Ulgsrecht als solches kann der Gesetzgeber der Landesregiefi.Ulg aber nicht nehmen. 231 Insbesondere ist das materielle Auswahlrecht zwischen den in Betracht kommenden Bewerbern einer vollständigen oder teilweisen gesetzgebensehen Übertragung auf andere Stellen als die Landesregiefi.Ulg nicht zugänglich. Damit läßt Art. 58 Satz 2 LV NW auch die Einführung einer Richterwahl durch Landesgesetz nicht zu.

b) Die Entstehungsgeschichte der Vorschrift Da sich der Sinngehalt des Art. 58 Satz 2 LV NW bereits aus dem klaren Wortlaut der Bestimmung entnehmen läßt, kommt es bei Zugfi.Uldelegung der herrschenden Meini.Ulg232 auf die Entstehungsgeschichte der Vorschrift an sich nicht an. Gleichwohl ist aus der Entstehi.Ulgsgeschichte des Art. 58 LV NW von einer Einzelstimme in der Literatur der Schluß gezogen worden, die Verfassung des Landes NordrheinWestfalen stehe der Einführung einer Richterwahl durch einfaches Landesgesetz nicht im Wege. 233 Es ist zumindest vorsorglich zu prüfen, ob diese Deutung der Entstehi.Ulgsgeschichte zutrifft I.Uld an der Wortlautinterpretation des Art. 58 LV NW etwas zu ändern vermag. Begründet wird die Annahme, daß der Verfassi.Ulgsgeber eine Präklusion des Landesgesetzgebers bezüglich des Rechts zur Regeli.Ulg der Richterernennung nicht beabsichtigt habe, mit den einschlägigenAusschußprotokollen. Diese ergäben, daß sämtliche Abgeordnete I.Uld die im Verfassungsausschuß vertretenen Regierungsmitglieder stets die als vorrangig zu betrachtenden Regelungen des Gfi.Uldgesetzes (Art. 98 Abs. 4 GG) und insbesondere dessen strikte Trennung zwischen Beamten I.Uld Richtern im Blick gehabt hätten. Sie seien der Auffassung gewesen, Art. 98 Abs. 4 GG biete dem Landesgesetzgeber die Möglichkeit, einen Richterwahlausschuß m Näher dazu Böckenförde (Fn. 19), S. 29 ff. Vgl. auch Dickersbach (Fn. 191), Art. 58 Anm. 5 b). 232

Vgl. oben B.I.2.a), S. 17 f. mit Fn. 28.

233

Vgl. Teubner (Fn. 22), S. 57 ff.

li. Vereinbarkeil mit Art. 58 LV NW

69

durch einfaches Landesgesetz einzuführen. Dementsprechend habe der Landesverfasstmgsgeber keinen dauernden Rechts-, sondern allenfalls einen Rechtsausübungsverzicht gewollt, wobei sich eine solche Interpretation schon deshalb aufdränge, weil jede Verlassung notwendigerweise fragmentarisch sei, das heißt nur die staatspolitischen Grundsuukturen bestimme, während ihre Ausgestaltung dem einfachen Recht überlassen bleibe. Nach der Entstehungsgeschichte müsse die Einrichtung eines Richterwahlausschusses durch einfaches Landesrecht ohne vorherige Verlassungsänderung daher als zulässig angesehen werden. Dieser Auffassung ist aus mehreren Gründen nicht zu folgen. Zunächst triffi: die Annahme nicht zu, daß kein Mitglied im Verlassungsausschuß bezweifelte, daß die Abhebung der Richterberufi.mg von der Ernennung der Beamten bereits im Hinblick auf die vom Grundgesetz vorgenommene Unterscheidung zwischen Richtern und Beamten geboten sei. Teubner beruft sich hierbei auf die Beratungen des Verfassungsausschusses in der 39. Sitzung am 17. Februar 1950 234 Das Protokoll zeigt aber, daß diese Frage nicht Gegenstand der Beratungen war und in keinem Diskussionsbeitrag auch nur angesprochen worden ist. Im übrigen wurde bereits ausfuhrlieh dargelegt, daß sowohl in der 2. Lesung des Verlassungsentwurfs im Landtag am 4. Mai 1950 als auch in der 3. Lesung am 31. Mai 1950 Einigkeit darüber bestand, daß die Ernennung der Richter genauso wie die der Exekutivbeamten durch Art. 57 (heute Art. 58 LV NW) miterlaßt werden sollte. 235 Der Landesverlassungsgeber ist somit der vom Grundgesetz vorgenommenen Statustrennung zwischen Richtern und Beamten gerade nicht gefolgt. Ebensowenig läßt sich aus den Materialien folgern, die Abgeordneten und die im Ve1fassungsausschuß ve1tretenen Regierungsmitglieder hätten Alt. 98 Abs. 4 GG als Ermächtigungsnorm für den einfachen Gesetzgeber angesehen, einen Riebterwahlausschuß durch einfaches Landesgesetz einzuführen. Art. 98 Abs. 4 GG war nur insoweit Gegenstand der Erörterungen, als es um die Frage ging, ob durch diese Norm verbindliche Vorgaben für das "Wie" der Ausgestaltung der Richterwahl geschaffen worden sind. Der Justizminister und der dem Geschäftsbereich des Justizministers unterstellte Senatspräsident Geller stellten sich hierbei auf den Standpunkt, Art. 98 Abs. 4 GG erlaube es im Falle der Zulassung einer Richterwahl nicht, an die Stelle des Justizministers bei der Ernennung der Richter für die Sondergerichtsbarkeiten den jeweiligen Ressortminister treten zu lassen. 236 Dem wurde 234 Teubner (Fn. 22), S. 58, mit Hinweis auf dieS. 238-248 des Steno.-Prot. der 39. Sitzung des Verfassungsausschusses des Landtages Nordrhein-Westfalen v. 17. Februar 1950.

m Vgl. oben C.II.l.b), S. 60. 236 Justizminister Dr.

Sträter, Verfassungsausschusses des Landtages Nordrhein-Westfalen, 39. Sitzung v. 17. Februar 1950, Steno.-Prot., S. 242 D; Senatspräsident Geiler, ebd., S. 241.

70

C. Die sich aus der Landesverfassung ergebenden Grenzen

insbesondere vom Innenminister und dessen Ministerialdirigenten unter Hinweis auf die Beratungen des Gtundgesetzes zu Art. 98 Abs. 4 GG im Parlamentarischen Rat widersprochen.237 Im übrigen betonten die Diskussionsteilnehmer die Freiheit des Landesveifassungsgebers, die Frage nach eigenemEtmessen zu regeln. So ging der Abgeordnete Jacobi als Vorsitzender des Verfassungsausschusses davon aus, daß es sich bei Art. 98 Abs. 4 GG um eine Ermächtigung an die Länder handele. "Wenn nun von dieser Ermächtigung kein Gebrauch gemacht wird, bleibt es bei der bisherigen Regelung238, ohne daß dies als ein Widerspruch zu der Regelung des Bonner Grundgesetzes betrachtet werden könnte. Bei der Regelung, die in den Ländern bisher schon üblich war, wird also beispielsweise Nordrhein-Westfalen keinen Richterwahlausschuß einsetzen. "239

Der Abgeordnete Brackmann (Z), der an den Beratungen des Art. 98 Abs. 4 GG im Parlamentarischen Rat beteiligt war, betrachtete Art. 98 Abs. 4 GG als eine "Konzession" an die Länder. "Wir können es also machen, wie wir wollen und sind nicht daran gebunden. Wir können es so und auch anders machen. "240

Der Gedanke, daß Art. 98 Abs. 4 GG nicht den Landesverfassungsgeber, sondern nur den einfachen Landesgesetzgeber ermächtigen könnte, die Einführung der Richterwahl abzulehnen, ist - soweit sich dies aus den Protokollen ersehen läßt von niemandem auch nur erwogen worden. Allerdings waren die Meinungsverschiedenheiten über die Frage, ob im Falle einer Einführung der Richterwahl der Justiz- oder jeweilige Fachminister gemeinsam mit dem Richterwahlausschuß entscheiden sollte, der Anlaß dafür, daß der Vorsitzende des Verfassungsausschusses den Vorschlag unterbreitete, "im Landesgrundgesetz darüber gar nichts (zu) sagen, sondern das Rahmengesetz abzuwarten und es dann der einfachen Gesetzgebung (zu) überlassen, hier eine Regelung, die mit den Bonner Grundsätzen übereinstimmt, zu treffen. Das scheint mir der glücklichste Ausweg zu sein, weil wir in der Zwischenzeit eine hoffentlich klare Deutung dieser Bestimmung errei-

237 Innenminister Dr. Menzel, Verfassungsausschuß des Landtages Nordrhein-Westfalen, 39. Sitzung v. 17. Februar 19 50, Steno.-Prot., S. 241 f. ; MinisterialdirigentDr. Vogel, ebd., S. 243.

m Das heißt der Anstellung der Richter durch die Exekutive. Verfassungsausschuß des Landtages Nordrhein-Westfalen, 39. Sitzung v. 17. Februar 1950, Steno.-Prot., S. 243. 23 9

240 Verfassungsausschuß des Landtages Nordrhein-Westfalen, 39. Sitzung v. 17. Februar 1950, Steno.-Prot., S. 244; ähnlich Brockmann, ebd., S. 247.

TI. Vereinbarkeil mit Art. 58 LV NW

71

chen. Sollte inzwischen das Rahmengesetz vorliegen, das von Bundes wegen kommt, dann würden wir diese Frage später im Wege der einfachen Gesetzgebung regeln. "241

Diese Äußerung zeigt, daß die Sperrwirkung, die sich aus Art. 98 Abs. 4 GG für den Bundesgesetzgeber ergibt242 , im Verfassungsausschuß des Landtages Nordrhein-Westfalen verkannt worden ist. Sie rechtfertigt aber nicht den Schluß, der Verfassungsausschuß habe den einfachen Landesgesetzgeber ermächtigen wollen, ohne Bindung an andere Vorgaben über das "Ob" einer Richterwahl selber zu befmden. Viehnehr sollte der Landesgesetzgeber nur das Rahmengesetz des Bundes ausfüllen. Da das Deutsche Richtergesetz vom 8. September l96P43 aber keine rahmenrechtlichen Regelungen über die Richterwahl enthielt- und wegen der Bindung des Bundesgesetzgebers an Art. 98 Abs. 4 GG auch nicht enthalten durfte-, ging diese Erwartung "ins Leere". Die als vorläufige, einer Überholung durch Bundesrecht fur zugänglich erachtete Kompetenzzuweisung in der Landesverfassung erwies sich somit als dauerhaft und kam in ihrem Verfassungsrang voll zur Geltung. 244 Im übrigen kommt es nicht entscheidend auf die Frage an, welche Vorstellungen der Verfassungsausschuß mit Art. 72 der Regierungsvorlage eines Grundgesetzes für das LandNordrhein-Westfalen verband, da man sich später darüber einig war, die Richterernennung dem Art. 57 (heute Art. 58 LV NW) zu unterstellen. Daß Art. 57 Satz 2 (heute Art. 58 Satz 2 LV NW) dem Landesgesetzgeber keinerlei Regelungskompetenz einräumt, ist aber von Anfang an unstreitig gewesen. Erörtert worden ist nur, ob man statt des heutigen Art. 58 LV NW folgende Formulierung in die Landesverfassung aufnehmen sollte: "Der Ministerpräsident ernennt und erläßt die Landesbeamten aufVorschlag der Landesregierung. Diese Befugnis kann mit Zustimmung der Landesregierung übertragen werden."w

Beide Vorschläge ließen eine Übertragung des Ernennungsrechts durch den einfachen Landesgesetzgeber nicht zu. Dementsprechend ist im Verfassungsausschuß eindeutig klargestellt worden:

241 Verfassungsausschuß des Landtages Nordrhein-Westfalen, 39. Sitzung v. 17. Februar 1950, Steno.-Prot., S. 247. 242

Vgl. oben B.l., S. 15 mit Fn. 20.

243

BGBI. I, S. 1665.

244

Vgl. Böckenförde (Fn. 19), S. 26.

Vgl. Verfassungsausschuß des Landtages Nordrhein-Westfalen, 33. Sitzung v. 20. Januar 1950, Steno.-Prot., S. 90. 245

72

C. Die sich aus der Landesverfassung ergebenden Grenzen

"Der Landtag kann die Zuständigkeit nicht anders regeln. "246

Schließlich vermag das Argument, Verfassungen seien fragmenthaftund deshalb ausgestaltungsbedürftig, nicht zu überzeugen. Von einem fragmentarischen Charakter ließe sich hier nur dann sprechen, wenn die Frage der Zuständigkeit und der Möglichkeit einer Übertragung des Ernennungsrechts für Richter übersehen worden wäre und daher ungeregelt geblieben ist. Das Gegenteil triffi: zu. Die Entstehungsgeschichte belegt somit die Richtigkeit der Auslegung, die schon vom Wortlaut des Art. 58 LV NW her geboten ist.

c) Das Recht der Landesregierung zur Übertragung ihrer Befugnisse auf den Landesgesetzgeber Wird der einfache Landesgesetzgeber durch Art. 58 LV NW gehindert, der Landesregierung das Recht zur Ernennung der Landesrichter durch Einführung eines Richterwahlausschusses ganz oder teilweise zu entziehen, könnte die Landesregierung doch aus eigenem Recht befugt sein, ihre Ernennungsbefugnis auf den Landesgesetzgeber zu übertragen. Indessen schließt Art. 58 Satz 2 LV NW nicht nur eine Übertragung der Ernennungsbefugnis durch eine andere Stelle als die Landesregierung aus, sondern steht zugleich der Übertragung auf eine andere Stelle außerhalb der Exekutive entgegen. Da die Verfassung die Personalhoheit der Landesregierung zuweist, darf diese sich ihrer Kompetenz nicht durch Delegation der Entscheidungsgewalt auf von ihr unabhängige Stellen entledigen. Ebensowenig wie der Gesetzgeber die Regierung ihrer Regierungsverantwortung entkleiden kann, ist es der Landesregierung gestattet, sich selbst der Verantwortung zu entziehen.247 Andere Stellen im Sinne des Art. 58 Satz 2 LV NW können deshalb grundsätzlich nur Stellen sein, die in einem weisungsgebundenen Unterordnungsverhältnis zur Landesregierung stehen. 248 Dazu gehören insbesondere der Ministerpräsident und die Minister, nichtjedoch der Gesetzgeber.

246 Vgl. Abgeordnete Jöstingmeier (CDU), Steno.-Prot. der 33. Sitzung des Verfassungsausschusses des Landtages Nordrhein-Westfalen v. 20. Januar 1950, S. 93. Zustimmend Abgeordneter Dr. Middelhauve (FDP), ebd. 247

Vgl. Dickersbach (Fn. 191), Art. 58 Anm. 6.

Dickersbach (Fn. 191 ). Auf die Frage, in welcher Form die Übertragung vorzunehmen ist (Erlaß oder Verordnung), kommt es hier nicht an. 248

ill. Vereinbarkeit mit Art. 3 Abs. 2 LV NW

73

4. Ergebnis

Arl. 58 LVNWweist der Landesregierung die Befugnis zu, die Richter des Landes Nordrhein-Westfalen zu ernennen, da es sich bei den Richtern um "Landesbeamte" im Sinne dieser Vorschrift handeltDas Ernennungsrecht der Landesregierung gemäß Art. 58 LV NW erstreckt sich nicht nur auf den formellen Ernennungsakt (Ausfertigung und Aushändigung der Urkunde), sondern auch auf die materielle Auswahl zwischen den Bewerbern. Art. 58 LV NW läßt es nicht zu, die Ernennungsbefugnis der LandesregieJung durch einfaches Landesgesetz auf eine andere Stelle zu übertragen.

111. Die Vereinbarkeil der Einführung einer Richterwahl durch einfaches Landesgesetz mit Art. 3 Abs. 2 LV NW Die Verfassung des Landes Nordrhein-Westfalen bekennt sich in Art. 3 LV NW zum Prinzip der Gewaltenteilung. Nach Art. 3 Abs. 2 der Vorschrift liegt die Verwaltung in den Händen der Landesregierung, der Gemeinden und der Gemeindeverbände. Ordnet man die Ernennung der staatlichen Amtswalter grundsätzlich dem Funktionsbereich der Verwaltung zu, könnte auch diese Vorschrift der Einführung einer Richterwahl entgegenstehen. Jedoch lassen sich dem Art. 3 Abs. 2 LV NW nur dieselben Hindernisse gegen die EtTichtung eines Richterwahlausschusses wie dem Art. 98 Abs. 4 GG entnehmen. Wie oben ausgefuhrt worden ist, bindet das Gewaltenteilungsprinzip des Grundgesetzes auch die Länder.249 Aus dem bloßen Prinzipiencharakter ergibt sich, daß daraus keine strikte Bindung der Länder folgt. Anhaltspunkte dafür, daß dem Art. 3 LV NW ein anderes Gewaltenteilungsverständnis als den Art. 20 Abs. 2 Satz 2, 28 Abs. I Satz I GG zugrundeliegt, sind aber nicht ersichtlich. Insbesondere kann nicht angenommen werden, daß Art. 3 LV NW - vorbehaltlich abweichender Spezialnormierungen in der Landesvetfassung selbst - die Gewichte zwischen Legislative und Exekutive anders vetteilen will als die Bestimmungen des Grundgesetzes. Es ist daher davon auszugehen, daß Art. 3 LV NW das Gewaltenteilungsverständnis des Grundgesetzes rezipiert hat. Art. 98 Abs. 4 GG läßt in Konkretisierung des grundgesetzliehen Gewaltenteilungsprinzips zwar eine Richterwahl zu, verbietet aber, der Exekutive einen

249

Vgl. oben B.I.2.c)bb)(l), S. 29.

74

C. Die sich aus der Landesverfassung ergebenden Grenzen

geringeren Einfluß als dem Richtexwahlausschuß einzuräumen. Mißachtet der einfache Landesgesetzgeber diese Schranke - etwa indem er die Personalauswahl allein einem Richtexwahlausschuß überträgt -, verstößt er damit nicht nur gegen Art. 98 Abs. 4 GG, sondern zugleich auch gegen Art. 3 Abs. 2 LV NW. Dies hat prozessuale Konsequenzen, weil der Verfassungsverstoß auch vor dem Verfassungsgerichtshoffur das LandNordrhein-Westfalen gerügt werden kann (zum Beispiel im Organstreitverfahren gemäß Art. 75 Ziffer 2 LV NW, §§ 12 Ziffer 5, 43 ff. VGHG NW oder im Normenkontrollverfahren gemäß Art. 75 Ziffer 3 LV NW, §§ 12Ziffer 6, 47 ff. VGHG NW). Da Alt. 98 Abs. 4 GG es den Ländern überläßt, ob sie eine Richtexwahl einführen wollen, sich Art. 58 LV NW jedoch gegen eine Riebtexwahl entschieden und stattdessen die Befugnis der Richterernennung allein der Landesregierung zugewiesen hat, geht die Landesverfassung über das Grundgesetz hinaus. Diese weitergehende Rechtsfolge ergibt sich aber unmittelbar aus Art. 58 LV NW, so daß es des Rekurses auf Art. 3 Abs. 2 LV NW nicht bedarf. Im Ergebnis ist somit festzuhalten, daß Art. 3 LVNW die gleichen Vorgaben für die Errichtung und Ausgestaltung von Richterwahlausschüssen wie Art. 98 Abs. 4 GG enthält.

D. Die notwendigen Verfassungsänderungen zum Zwecke der Einführung einer Richterwahl in Nordrhein-Westfalen Wie sich gezeigt hat, ist die Einführung der Richterwahl in Nordrhein-Westfalen dw-ch einfaches Landesgesetz nicht möglich, da ein solches Gesetz wegen Verstoßes gegen höherrangiges Verfassungsrecht ungültig wäre. Soll die Entscheidung über die Personalauswahl allein einem - aus Abgeordneten zusammengesetzten Richterwahlausschuß übertragen werden, bedarf es vorab einer doppelten Verfassungsänderung. Zunächst müßte Art. 98 Abs. 4 GG durch Aufgabe des Gemeinsamkeitserfordernisses und Zulassung einer Wahl ausschließlich durch einen Richterwahlausschuß geändert werden. Fraglich ist, ob eine solche Verfassungsänderung überhaupt zulässig wäre. Nach Art. 79 Abs. 3 GG unterliegen auch Verfassungsänderungen bestimmten Begrenzungen, können also ihrerseits verfassungswidrig sein 250 Unter anderem ist eine Änderung des Grundgesetzes, durch welche die in Art. 20 GG niedergelegten Grundsätze betührt werden, unzulässig. Zu diesen Grundsätzen gehört auch das Gewaltenteilungsprinzip. 251 Wird die Personalauswahl der Richter in vollem Umfang der Entscheidungsmacht der Exekutive entzogen und auf ein dem Parlament zugeordnetes Organ übertragen, stellt dies eine empfmdliche Schwächung der Exekutive dar. Doch sind die in Art. 79 Abs. 3 GG genannten Verfassungsgrundsätze nicht in ihrer konkreten, positiven Ausgestaltung unabänderlichm, sondern nw- in ihrem materiellen Kerngehalt 253 Durch die Einführung einer rein parlamentarisch bestimmten Richterwahl wird die Gewaltenteilung als solche noch nicht aufgehoben oder in ihrer Substanz vollkommen ausgehöhlt. Im Ergebnis muß daher eine entsprechende Grundgesetzänderung als statthaft angesehen werden.

250

Vgl. Bachof, Verfassungswidrige Verfassungsnormen?, 1951 , S. 35 f.

m Vgl. auch Hesse (Fn. 27), Rn. 704. m Vgl. auch Degenhart, Staatsrecht I, 12. Aufl. 1996, Rn. 561. 253

Vgl. Hesse (Fn. 27), Rn. 702, 706.

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D. Die notwendigen Verfassungsänderungen

Des weiteren wäre eine Änderung des Art. 58 LVNW notwendig, um die Entscheidungsbefugnisse von der Landesregierung auf den Richterwahlausschuß zu verlagern. Sollte sich der Gesetzgeber mit einer gemeinsamen Entscheidung von Exekutive und Richterwahlausschuß zufriedengeben wollen, bedürfte es nur einer vorherigen Änderung des Art. 58 LV NW, nicht aber einer gleichzeitigen Änderung des Art. 3 LV NW. Zwar spricht vieles für die Annahme, daß die Einführung eines Richterwahlausschusses mit demselben Entscheidungsgewicht wie dem der Exekutive das Gewaltenteilungsprinzip so nachhaltig tangiert, daß eine verfassungsrechtliche Regelung geboten ist. Zum einen enthält aber bereits Art. 98 Abs. 4 GG eine derartige Regelung. Zum anderen wurde sich bei Änderung des Art. 58 LV NW das landesverfassungsrechtliche Plazet - zumindest implizit - aus dieser Vorschrift selbst ergeben.

E. Zur Zulässigkeit der Einsetzung eines Parlamentsausschusses zum Zwecke der Abgabe von Empfehlungen für die Ernennung von Richtern Ist es dem einfachen Gesetzgeber des Landes Nordrhein-Westfalen verwehrt, einen Richterwahlausschuß mit Entscheidungskompetenzen ohne vorherige Änderung des Grundgesetzes beziehungsweise der Landesverfassung zu konstituieren, könnte stattdessen erwogen werden, einen Ausschuß mit lediglich empfehlendem Charakter einzuführen. Auch bloßen Empfehlungen eines aus Abgeordneten zusammengesetzten Ausschusses kann in der Praxis ein erhebliches Gewicht zukommen. Ein Beispiel dafür bilden die Empfehlungen, die vom Petitionsausschuß des Landtages gegenüber der Landesregierung ausgesprochen werden. 254 Sie haben oftmals die Wirkung einer faktischen Bindung. Zu prüfen ist, ob ein entsprechendes Landesgesetz mit Art. 98 Abs. 4 GG (1.), Art. 58 LV NW (II.) und dem Grundsatz der Wirtschaftlichkeit (III.) vereinbar wäre. Abschließend soll das Ergebnis kurz zusarnmengefaßt werden (IV.).

I. Die Vereinbarkeil mit Art. 98 Abs. 4 GG Wie zuvor ausgeführt worden ist, läßt Art. 98 Abs. 4 GG die Beteiligung eines mit mateiiellen Entscheidungsbefugnissen ausgestatteten Richterwahlausschusses an der "Anstellung" der Richter in den Ländern zu, sofern dem Ausschuß nicht ein höheres Gewicht als dem "Justizminister" eingeräumt wird. Dies impliziert zugleich die Statthaftigkeit schwächerer Beteiligungsforrnen.m Dazu gehört die Einrichtung eines Parlamentsausschusses mit bloßem Empfehlungsrecht Zwar ließe sich in einem solchen Fall nicht mehr von einem Richterwahlausschuß im eigentlichen Sinne sprechen, da eine bloße Empfehlung von vornherein keinerlei rechtliche Bindungswirkungen zu entfalten vermag. Bleibt die Personalhoheit rechtlich gese254

Vgl. Art. 17 GG, 4 Abs. 1, 41 a LV NW.

m Vgl. auch Herzog, in: Maunz!Dürig (Fn. 20), Art. 98 (Bearb. 1977), Rn. 39, der ausdrücklich darauf hinweist, daß von der verfassungsrechtlichen Ermächtigung des Art. 98 Abs. 4 GG auch Lösungen gedeckt sind, die dem Richterwahlausschuß nur ein Anhörungsrecht oder ein Mitberatungsrecht einräumen.

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E. Zulässigkeil der Einsetzung eines Parlamentsausschusses

hen aber in vollem Umfang bei der Exekutive, muß diese Form der Beteiligung umso mehr als vereinbar mit Art. 98 Abs. 4 GG angesehen werden. Aus der Sicht des Grundgesetzes bestehen somit keine Bedenken gegen die Einsetzung eines Parlamentsausschusses mit der Aufgabe, Empfehlungen für die Ernennung der Landesrichter abzugeben.

II. Die Vereinbarkeit mit Art. 58 LV NW Gemäß Art. 58 LV NW hat die Landesregierung das Recht und die Pflicht, die "Landesbeamten" zu ernennen. Zu den Landesbeamten im Sinne dieser Vorschrift sind auch die Landesrichter zu zählen. Das Ernennungsrecht erstreckt sich nicht nur auf den Formalakt (Ausfertigung und Aushändigung der Urkunde), sondern auch auf das materielle Auswahlrecht Eine abweichende Regelung der Zuständigkeit ist dem einfachen Gesetzgeber untersagt, weil Art. 58 Satz 2 LV NW nur der Landesregierung selbst das Recht gibt, ihre Befugnisse auf andere Stellen zu verlagern. Die Zuständigkeitsregelung des Art. 58 LV NW hat somit abschließenden Charakter.m Als Verletzung der verfassungsunmittelbaren Zuständigkeitsregelung wäre es auch anzusehen, wenn der Gesetzgeber die Exekutive verpflichten WÜrde, vor jeder Ernennung eines Landesrichters einen Parlamentsausschuß anzuhören und die Empfehlung dieses Ausschusses bei der Entscheidungsbildung zu bedenken. Zwar schließt Art. 58 LV NW nicht jede Befassungskompetenz des Parlaments mit Fragen der Richterernennung aus. Da das Parlament zur Kontrolle der Regierung und der Minister berufen ist257 , muß es die Möglichkeit haben, die Ernennungsvorgänge nachzuprüfen, das heißt eine Feststellung über die Maßstabsgemäßheit oder -widrigkeitdes kontrollierten staatlichen Verhaltens treffen zu können 2 58 So bleibt es dem Landtag unbenommen, Untersuchungsausschüsse einzusetzen. 259 Femer wird man ihnen das Recht zubilligen müssen, nicht nur nachträglich, sondern "mitlaufend" zu kontrollieren260 , also aufnicht abgeschlossene Sachverhalte einzuwirken. Dies alles ändert aber nichts daran, daß die Kontrollkompetenz des Paria256

Vgl. zu dem Sinngehalt des Art. 58 LV NW die Ausführungen aufS. 57 ff.

Vgl. Dickersbach (Fn. 191), Art. 30 Anm. 2 c) dd); Stern (Fn. 16), § 26 II 2 (S. 47); Hesse (Fn. 27), Rn. 572. 257

258 Zum Inhalt der parlamentarischen Kontrolle vgl. Krebs, Kontrolle in den staatlichen Entscheidungsprozessen, 1984, S. 164. 259

Vgl. Art. 41 LV NW.

Vgl. zur "mitlaufenden" bzw. "mitwirkenden" Kontrolle H.H. Klein, Aufgaben des Bundestages, in: Isensee/Kirchhof (Hrsg.), Handbuch des Staatsrechts, Bd. II, 1987, § 40 Rn. 32 mit weiteren Nachweisen. 260

ill. Die Vereinbarkeil mit dem Grundsatz der Wirtschaftlichkeit

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ments im Verhältnis zur Entscheidungskompetenz der Exekutive akzessorisch und mit ihr weder ganz noch teilweise identisch ist. 261 Die Kontrollzuständigkeit verschafft dem Parlament kein allgemeines Mitspracherecht an jeder Entscheidung der Exekutive. Auch die mitlaufende Kontrolle dient nur dem Zweck, Mißstände rechtzeitig abstellen zu können, bevor irreparable Zustände geschaffen werden. Sie soll jedoch nicht dem Parlament die Befugnis einräumen, Einzelentscheidungen der Exekutive flächendeckend zu verhindern, bevor nicht das Parlament oder ein Parlamentsausschuß seine Meinung zum Einzelfall dargelegt haben. Demgemäß schließt Art. 58 LV NW nicht nur die Einrichtung eines Richterwahlausschusses mit Entscheidungskompetenzen, sondern ebenso die Schaffung eines Ausschusses mit Beratungsfunktionen gegen den Willen der Regierung aus. Soll ein entsprechender Ausschuß institutionalisiert werden, bedarf es in jedem Falle einer vorherigen Änderung des Art. 58 LV NW.

111. Die Vereinbarkeil mit dem Grundsatz der Wirtschaftlichkeit Nach Art 86 Abs. 2 LV NW prüft der Rechnungshof des Landes NordrheinWestfalen unter anderem die Wirtschaftlichkeit der Haushalts- und Wirtschaftsführung. Das erlaubt die Schlußfolgerung, daß sich alle Stellen des Landes von Verfassungs wegen wirtschaftlich verhalten müssen. Unter Wirtschaftlichkeit wird üblicherweise das Gebot verstanden, entweder mit den gegebenen Mitteln den größtmöglichen Nutzen zu erreichen (Maximalprinzip) oder einen bestimmten Nutzen mit den geringstmöglichen Mitteln zu erzielen (Minimalprinzip).262 Wie oben näher ausgeführt wurde263 , ist die Einschaltung eines Ausschusses vor jeder Ernennung eines Richters im Vergleich zu den bisherigen, nur durch die Exekutive bestimmten Verfahren mit einem beträchtlichen Mehraufwand verbunden. So dürfte die Einrichtung eines rein parlamentarisch zusammengesetzten Ausschusses im Landtag den Aufbau eines Verwaltungsapparats mit einer Geschäftsstelle und mit Mitarbeitern elforderlieh machen. Dies würde zu einer zusätzlichen Inanspruchnalune der ohnehin knappen Haushaltsmittel führen. Kommt den Empfehlungen des Aus-

261

Näher dazu Krebs (Fn. 5), S. 142 f.

Vgl. Stem (Fn. 16), § 34 ill 3 (S. 435 f.); Greifelds, Der Rechnungshof als Wirtschaftsprüfer, Ein Beitrag der Verwaltungslehre, 1981, S. 7; Grupp, Steuerung des Verwaltungshandeins durch Wirtschaftlichkeitskontrolle?, DÖV 1983,661 (662); Krebs (Fn. 258), S. 185: Erichse11, Kommunalrecht des Landes Nordrhein-Westfalen, 2. Aufl. 1997, S. 209 f. 262

263

Vgl. S. 37.

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E. Zulässigkeit der Einsetzung eines Parlamentsausschusses

schusses llllter Anlegung rechtlicher Kriterien aber ohnehin keine mitentscheidende Bedeutung zu, könnte die Inanspruchnahme dieser Mittel dem Gebot der Wirtschaftlichkeit widersprechen. Im Ergebnis dürfte diese Argumentation indessen nicht durchgreifen. Das Gebot der Wirtschaftlichkeit ist flexibel gestaltet, weil es dem Entscheidllllgsträger die Möglichkeit läßt, das anzustrebende Ziel selbst zu bestimmen und damit - innerhalb bestimmter Grenzen - zugleich den Nutzen zu gewichten. 264 Die Einschätzungsprärogative hinsichtlich der Zielsetzllllg und des anzustrebenden Nutzens ist besonders groß, wenn der Gesetzgeber tätig wird. Entscheidet dieser sich, an dem Verfahren der Richterernennung einen Ausschuß zum Zwecke der Abgabe von Empfehlungen zu beteiligen, müssen die dadurch verursachten Kosten in Kauf genommen werden. Das verfass\lllgsrechtliche Wirtschaftlichkeitsgebot steht somit der Einführung des angesprochenen Parlamentsausschusses nicht im Wege.

IV. Ergebnis Die Einsetzllllg eines Parlamentsausschusses zum Zwecke der Abgabe von Empfehlungen für die Ernennung der Richter des Landes Nordrhein-Westfalen ist nur zulässig, wenn zuvor Art. 58 LV NW geändert wird.

264 Vgl. näher dazu Weiß, Erwerb, Veräußerung und Verwaltung von Vermögensgegenständen durch die Gemeinden, 1991 , S. 40 ff.

F. Zusammenfassung der Ergebnisse Die Ergebnisse der Untersuchung lassen sich wie folgt zusammenfassen: 1. Art. 98 Abs. 4 GG legt eine Obergrenze für die Mitwirkung des Richterwahlausschusses fest. Dem Ausschuß darf höchstens das gleiche Entscheidungsgewicht wie dem Justizminister zukommen. 2. Richter im Sinne des Art. 98 Abs. 4 GG sind alle Richter mit Ausnahme der Verfassungsrichter und der ehrenamtlichen Richter.

3. Art. 98 Abs. 4 GG bezieht sich nur auf die "Anstellung" der Richter, ist aber entsprechend auf deren "Einstellung" und "Beförderung" anzuwenden. 4.

Unter dem Landesjustizminister im Sinne des Art. 98 Abs. 4 GG ist diejenige oberste Landesbehörde zu verstehen, die nach dem Landesrecht für denjeweiligen Gerichtszweig zuständig ist.

5. Art. 98 Abs. 4 GG überläßt die Zusammensetzung des Richterwahlausschusses dem Gestaltungsspielraum der Länder, dispensiert aber nicht von allen sonstigen Anforderungen des Grundgesetzes wie insbesondere dem Demokratiepnnzip.

6. Die nähere Ausgestaltung des Entscheidungsverfahrens steht nach Art. 98 Abs. 4 GG im Ermessen der Länder. 7. Art. 58 LV NW weist der Landesregierung die Befugnis zu, die Richter des Landes Nordrhein-Westfalen zu ernennen, da es sich bei den Richtern um "Landesbeamte" im Sinne dieser Vorschrift handelt. 8. Das Ernennungsrecht der Landesregierung gemäß Art. 58 LV NW erstreckt sich nicht nur auf den formellen Ernennungsakt (Ausfertigung und Aushändigung der Urkunde), sondern auch auf die materielle Auswahl zwischen den Bewerbern. 9. Art. 58 LV NW läßt es nicht zu, die Ernennungsbefugnis der Landesregierung durch einfaches Landesgesetz auf eine andere Stelle zu übertragen. I 0. Alt. 3 Abs. 2 LV NW orientiert sich an dem grundgesetzliehen Verständnis der Gewaltenteilung und enthält daher für die Errichtung und Ausgestaltung von Richterwahlausschüssen dieselben Vorgaben wie Art. 98 Abs. 4 GG. 6 Ehlers

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F. Zusammenfassung der Ergebnisse

11. Beabsichtigt der Landesgesetzgeber, die Entscheidung über die Personalauswahl der Richter in Nordrhein-Westfalen allein einem - aus Abgeordneten zusammengesetzten- Richterwahlausschuß zu übertragen, bedarf es einer vorherigen Änderung der Art. 98 Abs. 4 GG und 58 LV NW. Soll die Exekutive gemeinsam mit einem Richte1wahlausschuß über die Ernennung der Richter in Nordrhein-Westfalen entscheiden, reicht eine Änderung des Art. 58 LV NW aus. 12. Die Einsetzung eines Parlamentsausschusses zum Zwecke der Abgabe von Empfehlungen für die Ernennung der Richter des LandesNordrhein-Westfalen ist nur zulässig, wenn zuvor Art. 58 LV NW geändert wird.

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73f.

- Kernbereich der einzelnen Gewalten 33, 75 - Prinzipiencharakter der Gewaltenteilung 30 ff. - Verbindlichkeit für die Länder 29 Grundgesetz 15 - Änderung von Art. 98 Abs. 4 GG 75 - Bindung der Länder an Art. 98 Abs. 4 GG 15 ff. - Rahmenkompetenz des Bundes nach Art. 75 Nr. 1 GG 15 Grundsatz der Wirtschaftlichkeit 79 f. Justizhoheit der Länder 16 f. , 19, 39 f. Landesregierung 11 ff. - Ernennungsrecht 58 ff. - Parlamentarische Verantwortung 20 Landesverfassung 56 ff., 59 Landesverfassungsrichter 11 , 44 Oberste Landesbehörden 11 f., 49 ff. - Finanzminister 12 - Innenminister 12 - Justizminister 12, 15,24 tf., 49 ff., 54 ff. - Minister fllr Arbeit, Gesundheit und Soziales 11 Parlamentarischer Rat 18 ff. - Allgemeiner Redaktionsausschuß 18, 22 - Ausschuß für Verfassungsgerichtshof und Rechtspflege 19, 22 - Hauptausschuß 20 f., 23 Personalhoheit der Exekutive 19, 35 ff., 63 Präsidialräte 12 Rechtsstaatsprinzip 30, 43 Reformbestrebungen in Nordrhein-Westfalen 13 ff.

Stichwortverzeichnis Richterdienstverhältnis 36 - Unterscheidung von Beamten und Richtern 36, 58 f. Richterwahlausschuß 13, 15, 19 - Kondominium von Richterwahlausschuß und Landesjustizminister 16, 24,54 - Parlamentsausschuß mit bloßem Empfehlungsrecht 77 ff. - reine Richterwahl 16 ff, 17 f., 24, 75 f. - Richterwahlausschüsse in Bremen, Harnburg und Hessen 26 f., 54 - Zusammensetzung 55 ff. Sozialgerichtsbarkeit 12 Staatspraxis in den Bundesländern 43 f. , 54,67

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Terminologie 14 Übertragung von Regierungsbefugnissen 67 ff., 72 Vollzugshoheit der Exekutive 35 ff. Verfassung des Landes Nordrhein-Westfalen 56 ff. - Auslegung von Art. 3 LV NW 73 ff. Auslegung von Art. 58 LV NW 57 ff Bindung des Landesgesetzgebers an die Landesverfassung 56 ff. notwendige Verfassungsänderungen zum Zwecke der Einführung einer Richterwahl75 ff. Verfassungsausschuß des Landtages Nordrhein-Westfalen 68 ff. Versetzung in den Ruhestand 11