Untersuchungen zur handschriftlichen Überlieferung von Platons Menon 3515098119, 9783515098113

Diese Untersuchung bietet einen Überblick über die vielverzweigte Textüberlieferung von Platons 'Menon' bis zu

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German Pages 115 [118] Year 2010

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Table of contents :
INHALTSVERZEICHNIS
VORWORT
EINLEITUNG
KAPITEL I – DIE PAPYRI
KAPITEL II – DIE BYZANTINISCHE ÜBERLIEFERUNG
KAPITEL III – DIE LATEINISCHE FASSUNGDES ARISTIPPUS
KAPITEL IV – DIE EXZERPTHANDSCHRIFTEN
KAPITEL V – DIE SCHOLIEN
KAPITEL VI – DIE INDIREKTE ÜBERLIEFERUNG
KAPITEL VII – FICINOS EIGENHÄNDIGE HANDSCHRIFTUND LATEINISCHE ÜBERTRAGUNG
KAPITEL VIII – DER DIALOG DE VIRTUTE
KAPITEL IX – DIE EDITIO PRINCEPS ALDINA
SCHLUSSBEMERKUNG
LITERATURVERZEICHNIS
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Untersuchungen zur handschriftlichen Überlieferung von Platons Menon
 3515098119, 9783515098113

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Bruno Vancamp Untersuchungen zur handschriftlichen Überlieferung von Platons Menon

PALINGENESIA Schriftenreihe für Klassische Altertumswissenschaft

Begründet von Rudolf Stark nach Otto Lendle und Peter Steinmetz herausgegeben von SEVERIN KOSTER –––– Band 97

Bruno Vancamp

Untersuchungen zur handschriftlichen Überlieferung von Platons Menon

Franz Steiner Verlag Stuttgart 2010

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek: Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über abrufbar. ISBN 978-3-515-09811-3 Jede Verwertung des Werkes außerhalb der Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist unzulässig und strafbar. Dies gilt insbesondere für Übersetzung, Nachdruck, Mikroverfilmung oder vergleichbare Verfahren sowie für die Speicherung in Datenverarbeitungsanlagen. Gedruckt auf säurefreiem, alterungsbeständigem Papier. © 2010 Franz Steiner Verlag, Stuttgart Druck: Offsetdruck Bokor, Bad Tölz Printed in Germany

VORWORT Das Entstehen der vorliegenden Untersuchung haben in vieler Hinsicht verschiedene Personen und Einrichtungen unterstützt und gefördert. Mein Dank gilt der griechischen sowie der lateinischen Abteilung des französischen Instituts für Texterforschung zu Paris (I.R.H.T., C.N.R.S.), die mir mit ständiger Hilfsbereitschaft mehrere Mikrofilme zur Verfügung gestellt haben. Gleichfalls danke ich den Herren und Frauen Direktoren und den Mitarbeitern der europäischen Bibliotheken, insbesondere der Bibliothèque Nationale in Paris, der Königlichen Bibliothek in Brüssel, der Biblioteca Nazionale Marciana in Venedig, der Veneranda Biblioteca Ambrosiana in Mailand, der Biblioteca Apostolica Vaticana in Rom und der Österreichischen Nationalbibliothek in Wien. Dem verewigten Jean Irigoin († 2006; Collège de France, Paris), der mir oftmals mit Rat und Tat geholfen hat, bin ich zu großem Dank verpflichtet. Mein herzlicher Dank gilt auch Herrn Dr. Bruce Barker–Benfield sowie Frau Eva Oledzka von der Bodleian Library (Oxford), und ganz besonders Herrn Dr. Lorenzo Ferroni (Rignano sull’Arno, Florenz), dem ich mehr verdanke, als sich hier im Einzelnen verzeichnen ließe. Herrn Prof. em. Dr. Severin Koster (Friedrich–Alexander–Universität Erlangen–Nürnberg) bin ich für die Aufnahme der Arbeit in die Reihe Palingenesia sehr dankbar. Schließlich danke ich meiner Frau Dominique und meiner Tochter Isabelle für ihre wertvolle technische Hilfe.

Brüssel, im Juni 2010

Bruno Vancamp

EINLEITUNG Vor fünfzig Jahren hat Richard S. Bluck im Kielwasser seines berühmten Vorgängers Eric R. Dodds eine bewundernswerte Ausgabe des wichtigen platonischen Dialogs Menon veröffentlicht1. Für die Textherstellung dieser Ausgabe konnte der englische Philologe die Haupthandschriften größernteils revidieren: unter den fünf primären griechischen Textzeugen hat er drei Manuskripte gewählt und neu kollationiert: den Vaticanus Palatinus gr. 173 (=P) sowie die Wiener Handschriften Suppl. gr. 7 (=W) und 39 (=F) (die letzten beiden hat er sogar in situ untersucht). Er konnte auch die mittelalterliche lateinische Fassung des Henricus Aristippus auf der Grundlage von Kordeuters Ausgabe studieren. Dafür mußte er aber auf die Untersuchung der übrigen Handschriften und der aus der Renaissance stammenden Ausgaben (ausgenommen Ficinos Übertragung) fast völlig verzichten. Auf der anderen Seite hat in den letzten Jahrzehnten die Erforschung der Textgeschichte der platonischen Dialoge große Fortschritte gemacht. Es schien also an der Zeit, auch die Textgeschichte des Dialogs Menon ins Auge zu fassen. Die vorliegende Untersuchung zielt auf die Erarbeitung der gesamten Textüberlieferung dieses Dialogs (unter Einschluß der Papyri, der lateinischen Fassung des Aristippus und der ersten Ausgaben der Renaissance). Wie zu erwarten war, hat die Erarbeitung der vollständigen Überlieferung manches Neue auch bezüglich der Primärhandschriften ans Licht gebracht. Daß damit nicht alle Fragen berührt – geschweige denn gelöst – werden konnten, weiß der Einsichtige. Soviel wir heute wissen2, überliefern etwa fünfzig Handschriften – vollständig oder in Teilen – den griechischen Text des Menon. Um ein volles Bild dieser Überlieferung zu gewinnen, habe ich mich zuerst darum bemüht, alle Textzeugen zu kollationieren. Im Idealfall wäre es natürlich wünschenswert gewesen, jedes Manuskript in situ einzusehen; doch muß man sich hier mit dem praktisch Möglichen abfinden. Im Original konnte ich folgende Handschriften untersuchen: Ambrosiani gr. D 56 Sup., E 113 Sup. und F 19 Sup.; Bruxellensis 11360–63; Venetus Marcianus Append. Cl. IV 1 (coll. 542); Parisini gr.1808 und 1812; Vaticani gr. 225 und Pal. 173; Vindobonenses Suppl. gr. 7 und 39. Alle anderen Handschriften habe ich auf Mikrofilmen bzw. Fotografien kollationiert; den Clarkianus 39 (B) habe ich im zweiten Band der Ausgabe von Thomas W. Allen sowie auch anhand der heute zur Verfügung stehenden digitalen Kopie der Bodleian Digital Image Library verglichen; den Text des pseudo–platonischen Dialogs de Virtute im Parisinus gr. 1807 (A) konnte ich im zweiten Band der von Henri Omont veröffentlichten Faksimileausgabe kollationieren; für den 1 2

R. S. Bluck, Plato’s Meno. Edited with Introduction and Commentary, Cambridge 1961. Dodds’bahnbrechende Ausgabe des Gorgias erschien 1959 in Oxford. Vgl. R.S. Brumbaugh and R. Wells, The Plato Manuscripts. A New Index, New Haven– London 1968, 98–100. Diese Liste ist in mehreren Hinsichten zu ergänzen (s. unten Kap. IV).

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Einleitung

Oxyrhynchus–Papyrus Nr. 2662 wurde die Abbildung IV am Ende des betreffenden Bandes der Oxyrhynchus Papyri verwendet. Die lateinische Übersetzung des Aristippus war mir in der Ausgabe von Viktor Kordeuter zugänglich 3; ich habe aber das wichtigste Manuskript dieser aus dem 12. Jahrhundert datierenden lateinischen Fassung – den Codex Oxoniensis Collegii Corporis Christi 243 – anhand eines im französischen Institut für Texterforschung aufbewahrten Mikrofilms studiert. An einer wohlbekannten Stelle seines Dialogs Phaidon lässt Platon die Gesprächspartner des Sokrates Simmias und Kebes wie folgt reden: « Ja fürwahr », nahm nun Kebes das Wort, « das entspricht auch – wenn anders sie wahr ist– deiner Behauptung, Sokrates, die du häufig aufzustellen pflegtest, daß unser Lernen nichts anderes als ein Sicherinnern sei (ὅτι ἡμῖν ἡ μάθησις οὐκ ἄλλο τι ἢ ἀνάμνησις τυγχάνει οὖσα). Nach diesem Satz müssen wir doch in einer früheren Zeit das gelernt haben, woran wir uns jetzt wieder erinnern. Das wäre aber unmöglich, wenn unsere Seele nicht irgendwo gewesen wäre, bevor sie in dieser menschlichen Gestalt geboren wurde, so daß auch aus diesem Grunde die Seele offenbar etwas Unsterbliches ist. » « Aber, mein Kebes », fiel da Simmias ein, « was gibt es denn für Beweise dafür ? Rufe sie mir wieder ins Gedächtnis zurück; ich besinne mich gegenwärtig nicht mehr genau daran. » « Ein einziger Beweis mag genügen », sprach Kebes, « und zwar ein sehr schöner. Die Menschen geben, wenn man sie richtig fragt (ἐάν τις καλῶς ἐρωτᾷ), von selbst über alles die richtige Auskunft. Und doch wären sie dazu nicht imstande, wenn sie nicht in ihrem Innern ein Wissen besäßen und einen richtigen Begriff. Und wenn man sie auf geometrische Figuren (ἐπὶ τὰ διαγράμματα) oder sonst so etwas führt, so stellt man den deutlichsten Beweis dafür auf, daß dem so ist. »4 Nach allgemeiner Überzeugung5 verweist da Platon auf die eigene Darstellung der sogenannten Reminiszenzlehre, wie sie vor allem im Menon (81b–d) begegnet. Die Echtheit unseres Dialogs kann also nicht angefochten werden. In den Analytica weist auch Aristoteles zweimal explizit auf den Menon hin. Die erste Stelle findet sich in den Analytica priora B, 21, 67a 21–22 (dort wird auf die Reminiszenzlehre angespielt: ὁμοίως δὲ καὶ ὁ ἐν τῷ Μένωνι λόγος, ὅτι ἡ μάθησις ἀνάμνησις); an der zweiten Stelle (Analytica posteriora A, 1, 71a 27–30 ἀλλὰ δῆλον ὡς ὡδὶ μὲν ἐπίσταται, ὅτι καθόλου ἐπίσταται, ἁπλῶς δ’οὐκ ἐπίσταται. Εἰ δὲ μή, τὸ ἐν τῷ Μένωνι ἀπόρημα συμβήσεται. Ἢ γὰρ οὐδὲν μαθήσεται ἢ ἃ οἶδεν) faßt Aristoteles die sophistische Aporie, die im Menon 80e erwähnt wird, knapp zusammen. Am wichtigsten ist aber der Text, den man in Ciceros Tusculanae disputationes (I, 57) liest: « Habet primum (sc. animus hominis) memoriam, et eam infinitam rerum innumerabilium, quam quidem Plato recordationem esse volt vitae superioris. Nam in illo libro qui inscribitur Menon, pusionem quendam Socrates interrogat quaedam geometrica de dimensione 3 4 5

Plato Latinus ed. R. Klibansky, vol. 1: Meno interprete Henrico Aristippo, edidit V. Kordeuter, recognovit et praefatione instruxit C. Labowsky, London 1940. Phaidon, 72e3 – 73b2 (übersetzt von Rudolf Rufener, München–Zürich 1991, 358). Vgl. u.a. J. Burnet, Plato’s Phaedo, Oxford 1911, 51–52; W.K.C. Guthrie, A History of Greek Philosophy IV: Plato: The Man and his Dialogues. Earlier Period, Cambridge 1975, 345; C.J. Rowe, Plato, Phaedo, Cambridge 1993, 163.

Einleitung

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quadrati. » Im ersten Jahrhundert vor Christi Geburt stand also für den römischen Leser außer Zweifel, daß der Menon von der Hand Platons stammt. Im dritten Jahrhundert nach Christi Geburt erwähnt dann Diogenes Laertius zweimal den Menon, den er als πειραστικός (d.h. « kritisch ») bezeichnet (III, 51 u. 59); diese Bezeichnung begegnet noch in den byzantinischen Handschriften E.D. Clarke 39 (= B) und Vindob. phil. 21 (=Y). Daneben findet sich der Titel Περὶ ἀρετῆς in allen unabhängigen Handschriften BTWPF. Dieser Titel war allem Anschein nach schon in frühhellenistischer Zeit üblich geworden (etwa wie die Benennung Περὶ ψυχῆς für den Phaidon), so daß der pseudoplatonische Dialog De virtute schlechthin als Περὶ ἀρετῆς bezeichnet werden konnte. Die Zeilenzählung der Stephanus–Ausgabe konnte nicht eingehalten werden; in der vorliegenden Untersuchung bezieht sie sich auf die Textausgabe von Alfred Croiset (Paris 1923). Eine Gesamtliste der den Menon enthaltenden Manuskripte (samt den dazugehörigen sigla) wird man am Ende des Bandes finden. In das Stemma codicum sind die Exzerpt–Handschriften nicht mit einbezogen worden; die lateinische Version von Aristippus konnte ebensowenig in diesem Schema vermerkt werden (s.u. Kap. III und IV). Abkürzungen: a.c. = ante correctionem e.c. = e correctione fec. = fecit in mg. = in margine in ras. = in rasura man. alt. = manus altera man. pr. = manus prima man. rec. = manus recentior p. not. = puncto (vel punctis) notavit (vel notatum) coniec. = coniecit hoc ord. = hoc ordine spat. rel. = spatio relicto sv. = supra versum corr. = correxit del. = delevit ut vid. = ut videtur suppl. = supplevit p.c. = post correctionem om. = omisit (vel omiserunt) in lac. = in lacuna ras. = rasura facta compend. = compendio γρ. = γράφεται add. = addidit acc. del. = accentum delevit

KAPITEL I – DIE PAPYRI Richard Bluck war ein einziger Papyrus – der Oxyrhynchus–Papyrus Nr.1611 – bekannt. Seitdem ist aber ein zweiter papyrologischer Textzeuge aufgetaucht, so daß wir heute mit den folgenden Fragmenten zu rechnen haben: 1.1. P. Oxy. XIII. 1611 (= Pack 2290 = CPF 1.1*** Plato 102T): Das 5 Kolumnen umfassende Papyrusfragment gehört nach Grenfell und Hunt in das dritte Jahrhundert n. Chr. Es dürfte sich um einen literarischen Traktat bzw. um einen Kommentar (vielleicht des Didymos) zu einem Komiker handeln; der Menon wird herangezogen, um zu bestätigen, daß der Politiker Thukydides (Sohn des Melesias) einen Sohn namens Stephanos hatte6. Angeführt wird da (Kol. V, Z. 112–119) eine Zeile aus dem Menon 94c1–2, wobei das αὖ (vor δύο, c1) und das καὶ (vor τούτους, c2) ausgelassen wurden. Ich möchte nur hinzufügen, daß die erstere Auslassung auf einem Majuskelfehler beruhen könnte (ΑΥΔΥ>ΔΥ). Sonst bringt dieser Text –wenigstens was den Menon anbetrifft – nichts auf. 1.2. P. Oxy. XXXIII. 2662 (=Mertens–Pack 1417.1 = CPF 1.1***Plato34): Aus paläographischen Gründen datiert der Editor dieses die Mitte einer Kolumne enthaltende Bruchstück in das frühe römische Zeitalter (etwa Ende des ersten vorchristlichen Jahrhunderts bzw. Anfang des ersten Jahrhunderts n. Chr.). Es enthält Men. 92 e8–93c2 (παρ’οὐδενὸς–οὐκ ἀγα–), mit Korrekturen von erster und zweiter Hand. Der Papyrus läßt 93a6 das Adverb ὦ aus und weist 93b5 folgende Transposition auf: ἄνδρες ἐνθάδε codd.: ἐνθάδε ἄνδρες P.Oxy 2662. Wichtiger ist wohl, das dieser Papyrus (93a2) die Lesart von BTF ἔμαθον teilt, während doch WP7 ἐξέμαθον haben. 93b4 liest der Papyrus ἄλλωι (statt ἀλλὰ F primitus; dabei muß bemerkt werden, daß es sich bei diesem Fehler in F keineswegs um einen Unzialfehler handeln kann). Aus dem Gesagten erhellt, daß die ans Licht getretenen Papyri kaum etwas Brauchbares zur Textgeschichte des Menon liefern können. Sie bestätigen aber die – an sich schon sehr wahrscheinliche – Vermutung, daß Platons Menon im römischen Zeitalter immer wieder gelesen und studiert wurde. 6

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Vgl. CPF 1.1***, 498–499 (mit Literaturhinweis). Es sei hier darauf hingewiesen, daß der Titel Menon auch in einem aus dem 3. Jh. nach Chr. datierenden Oxyrhynchus–Papyrus, der eine Liste von Werken enthält (= PSI Laur inv. 19662 v = Pack² 2087 = CPF I 1* 3, Z. 10), erscheint. Und nicht nur W, wie der erste Editor des Papyrus meinte (vgl. ebendaselbst, 82 u. 83, Anm. 4). Dagegen schreibt Carlini richtig: WP Aristippus (vgl. CPF 1.1***, S. 141).

KAPITEL II – DIE BYZANTINISCHE ÜBERLIEFERUNG II.1. Die Familie des Clarkianus 39: 2.1. Das älteste byzantinische Manuskript, das den Menon (ff. 405–418v) überliefert, ist der Oxoniensis Bodleianus E.D. Clarke 39 (=B), eine Pergamenthandschrift aus dem Jahre 895. Dieser wohlbekannte Codex, der vom Kalligraphen Ioannes8 für Arethas, den damaligen Diakon von Patrai, geschrieben wurde und nur die Tetralogien I bis VI enthält, ist der Anführer der ersten Handschriftenfamilie. Was unseren Dialog angeht, umfaßt diese Familie außer B nur eine weitere Handschrift: den Vaticanus gr. 225; in anderen Dialogen (etwa Phaidon, Symposion, Criton, Parmenides, Phaidros) ist die erste Familie beträchtlich größer9. Diesem ersten Überlieferungszweig liegt wahrscheinlich eine eigene Transliteration zugrunde, wie aus folgenden Varianten erhellt: 78d9–10 δικαιοσύνην ἢ TWPF: δικαιοσύνῃ B (Ν/Η) 79d7 οἴου F: σὺ TWP: οὐ B (Ϲ / Ο) 84a6 γ’ αὐτὴν Β: ταύτην TWPF (Γ / Τ) 88e3 ὀρθῶς δέ γε TFPWmg (man. rec.): om. Wa.c.: ὀρθῶς λέγε B (Δ / Λ) Außer diesen Lesarten, die auf die Unzialschrift zurückzuführen sind, weist B eine Reihe von charakteristischen Sonderlesungen auf: 72e7 εἶ ἄντε B (pro ἐάν τε) 75c4 σχῆμα TWPF: σχήματα B 75d4–5 ἀποκρίνεσθαι–διαλεκτικώτερον om. B (id. per id.) 76a4 μάθοις B: μάθης F: μανθάνοις TWP 76c7 λέγετε TWPF: λέγεται B 81e5 με TWPF: μετὰ B 83b4 τούτῳ ῷ sic B: τούτῳ TWP, (–ω) F 83e6 τριῶν τρὶς TPF, (–ὶ in ras.) W: τριῶν τρεῖς B 87e2 πάντα γὰρ τἀγαθὰ TWPF: πάντα τὰ γὰρ ἀγαθὰ B 8 9

Vgl. E. Gamillscheg und D. Harlfinger, Repertorium der griechischen Kopisten, 1. Teil: Handschriften aus Bibliotheken Großbritanniens, Wien 1981, Nr. 193 (Subskription fol. 418v). Vgl. A. Carlini, Su alcuni manoscritti platonici del Fedone, SCO (15) 1966, 198–209; E. Berti, I manoscritti del Critone di Platone. La prima famiglia dei Mss., Hermes (104) 1976, 129–140; C. Brockmann, Die handschriftliche Überlieferung von Platons Symposion, Wiesbaden 1992, 37–149; C. Moreschini, Studi sulla tradizione manoscritta del Parmenide e del Fedro di Platone, ASNSP, II, 34, 1965, 173–176. S. auch A. Carlini, Platone, Alcibiade, Alcibiade secondo, Ipparco, Rivali, Introduzione, testo critico e traduzione, Turin 1964, 12–15, 26–28; D.J. Murphy, The Manuscripts of Plato’s Charmides, Mnemosyne (43), 3–4, 1990, 317–318; S. Martinelli Tempesta, La tradizione testuale del Liside di Platone, Florenz 1997, 7–27.

II. Die byzantinische Überlieferung

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91c5 οὗτοι TWPF: οὔτοι B 92a4 οὕτω TWPF: οὐ τῷ B 94a6 δοκεῖ σοι TWPF: δοκεῖς σοι B 94d4 φίλοι om.B 95b6 τούτου τοῦ TWPF: τούτου B 97a10 Λάρισαν TWPF: Λάρισα B 97c2 ἀληθής TWPF: ἀληθές B An zwei Stellen hat eine unbekannte Hand eine Rasur vorgenommen, so daß der Text nunmehr mit dem Wortlaut von TP übereinstimmt: 70c1 αὐτὸς WF: αὐτοῖς TP,F (sv man.rec.), B corr. (–ς in ras.) 85b6 γίγνοιτ’ἂν TP, post ἂν ras. unius litter. (prim. ὃ ut vid.) B: γίγνετ’ἂν W: γίγνοιτο F Der erste Schreiber (wenn nicht sogar Arethas selbst) hat einige Korrekturen angebracht, z.B.: 83c5 ἡμισέας BTPF: ἡμισείας W Bcorr. 87a5 ἐλλιπεῖν B e corr.: ἐλλείπειν TWPF 92c6 μάντις TPFBcorr.: μάτις sic W: μάντης B a.c 99a3 ἡγεμονίᾳ Bcorr.: ἡγεμονείᾳ B a.c. Darüber hinaus gibt es Korrekturen von späteren Händen (= b), z.B.: 74d9 κατέχει et B] del. b man. rec. 79a9 σου μὴ] σου ο μὴ sic B (τὸν supra ο b man. rec.) 79b4 τὸ] τὰ Ba.c. (ο fec. b man. rec.) Von diesen späteren Händen stammt auch manches den beschädigten Text wiederherzustellendes Eingreifen, z.B.: 99e2–3 (ἄχθε–)ται λέγοντι. Οὐδὲν μέλει rescripsit b man. rec. 99e4 –λε– in διαλεξόμεθα rescripsit b man. rec. 99e5 –τήσ– in ἐζητήσαμεν rescripsit b man. rec. Burnet hat selbst die Tetralogien V–VI sehr sorgfältig im Clarkianus kollationiert10; doch ist ihm im Menon ein Fehler unterlaufen, der sich sogar bis in das Wörterbuch von Liddell–Scott–Jones einen Weg gebahnt hat (und von späteren Editoren immer wiederholt wurde): 81e1 ἐργατικούς TWPF et revera B (ἐργαστικούς erscheint erst in Y!). Die Angabe v.l. (= varia lectio) im Menon–Zitat in LSJ (s.v. ἐργαστικός) ist also zu tilgen (sowie die Angabe « with v.l. » s.v. ἐργατικός ebendaselbst, S. 682, Kol. B) ! Andererseits muß man hervorheben, daß in der Faksimileausgabe von Allen die normale Aufeinanderfolge der Seiten gestört worden ist: auf f. 412v folgt 10

Vgl. Platonis Opera, tomus III Tetralogias V–VII continens, recognovit brevique adnotatione critica instruxit Ioannes Burnet, Oxford 1903, Praefatio, 1.

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II. Die byzantinische Überlieferung

überraschenderweise f. 416v (gleicherweise auf f. 416r folgt f. 413r sowie auf f. 413r folgt f. 417r). Dies entspricht aber keineswegs der tatsächlichen Lage der Dinge: in der Handschrift selbst sind die Folien überhaupt nicht durcheinandergeraten11. 2.2. Der Vaticanus gr. 225 (=V; Bekker Δ), eine große Pergamenthandschrift, gehörte dem Humanisten Cristoforo Garatone (fol. 487v); den Text des Menon liest man auf den Folien 153v–172v. Der Titel und der erste Buchstabe des Dialogs sind mit roter Tinte geschrieben worden. Der Name des Kopisten ist unbekannt; trotzdem steht fest, dass die ff. 1–12v (Albini Didascalicus) sowie zahlreiche Marginalien (ff. 27–356) von der Hand des Matthaios von Ephesos stammen12. Das Manuskript bildete einst mit dem Vatic. 226 einen einzigen Band; heute sind diese Bände getrennt13. Seit dem 19. Jahrhundert wird über die Datierung dieser Handschrift heftig diskutiert. Giovanni Mercati war der Meinung, daß der Vaticanus ins 12. Jahrhundert zu datieren ist, und die Editoren der neuen Oxforder Ausgabe sind ihm in dieser Sachfrage gefolgt14. In neuerer Zeit konnte aber Giancarlo Prato überzeugend zeigen, daß es sich bei einem derartigen Manuskript um ein Beispiel archaisierenden Stils aus der frühen Palaiologenzeit handelt15 . Der Vaticanus 225 (+226) ist also vielmehr in den Anfang des XIV. Jahrhunderts zu datieren. Obwohl der Vaticanus 225 in der ersten Tetralogie als ein unabhängiger Textzeuge angesehen werden muß16, ist er im Menon – wie in anderen Dialogen17 – ein Nachkomme des Clarkianus 39. Einerseits teilt nämlich der Vaticanus die Sonderlesungen18 von B und weist gegenüber ihm viele weitere Fehler auf, z.B.: 75a5 εὐθὺ falso (pro εὐθεῖ) V 80d4 οὐ θέλω falso (pro ἐθέλω) V 81c6 καὶ τὰ ἐνθάδε om. V 85d9 αὐτὸς falso (pro οὗτος) V 11 12 13 14 15

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Den Hinweis verdanke ich Herrn Dr. Bruce Barker–Benfield von der Bodleian Library zu Oxford, der mich auf das farbige elektronische Faksimile (Bodleian Digital Image Library) aufmerksam gemacht hat. E. Gamillscheg und D. Harlfinger, Repertorium der griechischen Kopisten: 3. Teil, Wien 1997, Nr. 445. Vgl. M. Schanz, Studien zur Geschichte des platonischen Textes, Würzburg 1874, 2; G. Mercati und P. Franchi de’ Cavalieri, Codices Vaticani Graeci 1–329, Rom 1923, 295–297. G. Mercati und P. Franchi de’ Cavalieri (1923), 295. Vgl. A. Carlini (1966), 200; E. Berti, Contributo allo studio dei manoscritti platonici del Critone, SCO (15), 1966, 212; Platonis Opera, tomus 1 Tetralogias I–II continens, recogn. E.Duke et al., Oxford 1995, VIII. Vgl. G. Prato, I manoscritti greci dei secoli XIII e XIV: note paleografiche, in Paleografia e codicologia, Atti del II Colloquio Internazionale di Berlino, a cura di G. Prato e D. Harlfinger, Alessandria 1991, 139–140; C. Brockmann (1992), 86. S. schon G. Prato, Scritture librarie arcaizzanti della prima età dei Paleologi e loro modelli, Scrittura e Civiltà 3 (1979), 151– 193. Vgl. A. Carlini, Studi sulla tradizione antica e medievale del Fedone, Rom 1972, 187–195. Vgl. C. Brockmann (1992), 85–89 (Symposion); A. Carlini (1964), 26 (IV. Tetralogie). S. o. 2.1.

II. Die byzantinische Überlieferung

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87a9–b1 εἴτε ἀδύνατον om. V 92a5 ἀνθρώπων om. V 99a3 γοῦν V: γὰρ B recte 99d1 ἅπαντας καὶ τοὺς πολιτικοὺς om. V Es gibt keinen klaren Trennfehler von B gegenüber V . Nur an einer Stelle ist V (wahrscheinlich zufällig) gegenüber B richtig: 95b6 τούτου τοῦ V recte: τοῦ om. B Solche, den Artikel betreffende Fälle sind aber kaum beweiskräftig. Andererseits stellt man auch fest, daß der erste Schreiber des Vaticanus spätere Korrekturen in B noch nicht vorgefunden hat, denn sie werden von ihm systematisch ausgelassen: 74d8 κατέχει et V: del. rec. b 75a5 Τίς ὲστιν Ba.c.V: Τί ἐστιν (–ς del.) b recte 78c5 εὖ λέγοις. τἀγαθὰ BV: τὸ post λέγοις add. b Unabhängig voneinander dürften folgende Korrekturen in beiden Handschriften erfolgt sein: 79a9 σου ο μὴ sic BV: τὸ (τ supra ο) V p.c.: τὸν rec. b supra lineam. Zweifelhaft bleibt Folgendes: 79b4 τὰ B V (sed fort. α e corr. V): τὸ corr. b Der Vaticanus selbst weist Korrekturen auf, die mit lichtgrauer Tinte angebracht wurden, z.B.: 71e7 τὴν ante οἰκίαν suppl. V supra lin. man. rec. (om. V a.c.) 75b9 ἀποδέχει V (η supra lin. add. man. rec.) 78d4 καὶ ὁσίως suppl. V in mg. man. rec. (om. V a.c.) 88a8 τὰ ante κατὰ suppl. V supra lin. man. rec. (om. V a .c.) Komplexer erscheint folgender Sachverhalt . 79d7 heißt es richtig in F ἐστὶν οἴου. Das letzte Verb ist weder in B noch in V zu lesen; dafür hat aber B das Wörtchen οὐ. Ein Korrektor des Vaticanus hat wahrscheinlich diese Buchstaben ausgenutzt, um eine weitere Auslassung in V zu beseitigen: ἐστὶν οὐ B: ἐστὶν om. V a.c. (suppl. V p.c. in contextu, duas litteras –fort.οὐ – refingens) An einer Stelle hat der erste Schreiber des Vaticanus eine Lücke unbeschrieben gelassen, wo doch der Text in B vollständig und gut lesbar ist; es fehlt aber auch kein Wort im Vaticanus selbst: 79d7 post μορίων spatium 4 fere litterarum reliquit V

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II. Die byzantinische Überlieferung

Was den Menon anbetrifft, hat man also wohl auch Gründe, eine verlorene Zwischenstufe (=η) zwischen B und V anzusetzen19. II.2. Die Familie des Marcianus 542: 3.1. Der in die Mitte des 10. Jahrhunderts zu datierende20 Venetus Marcianus gr. Append. Class. IV 1 (coll. 542) (= T) enthält in seinem älteren Teil (ff. 5–212v) die sieben ersten Tetralogien Platons in traditioneller Reihenfolge sowie den Kleitophon und den Anfang der Politeia (1–3, 389d7); der Text wurde vom Kopisten, dem Mönch Ephraïm21, in zwei Kolumnen angeordnet (Menon ff. 178v– 184v). Dieser gewichtigen Pergamenthandschrift eignet eine große Bedeutung, denn einerseits ist T der Stammvater von zahlreichen Manuskripten, andererseits ist dieser Codex sehr wahrscheinlich als eine (direkte oder indirekte) Abschrift des verlorenen ersten Teils des Parisinus gr. 1807 (= A; s.IX), der heute nur noch die Tetralogien VIII–IX (samt den Spuria) überliefert, zu beurteilen22. Daß T als ein unabhängiger Textzeuge anzusehen ist, hat seinerzeit Martin Schanz erkannt23. T enthält (wie W) die sogenannten scholia vetera (siehe unten, Kapitel V.). Der Marcianus ist vom ersten Schreiber durchgesehen und von mehreren späteren Korrektoren (= t) revidiert worden, vgl.: a) 71d2 ἀνάμνησον οὖν με πῶς ἔλεγεν punctis not. Tcorr. 72a4 ἡ suppl. T supra lin. man. prima: om. T a.c. 74a2 κελεύεις T (sed οι supra lin. add.. man. prima) 74d8 τοῦτο et T a.c.: τοῦτο ὃ (ο supra lin., acc. et spir. add. man. prima) Tcorr. 84d4 οὐ om. T a.c. (suppl. supra lin. T man. prima)24 81d4 ἀποκάμῃ TWPF: ἀποκάμνῃ (ν supra lin. WT man. prima) 93b4 αὐτοὶ οἱ ἀγαθοὶ T a.c.: οἱ punctis del. Tcorr. b) 70b2 Λαρισαῖοι F: Λαρισαίου BTWP: Λαρισσαίου (σ supra lin.) t 75e1 λέγω T: λέγων (compend. supra lin.) t 86b10 οἰοίμεθα PFcorr., (οί in ras.) t ut v.: οἰόμεθα BWFa.c. 19 20

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Nach Moreschini (1965), 173 ist im Phaidros eine Zwischenstufe zwischen B und V erforderlich. Vgl. auch Martinelli Tempesta (1997), 17–20. Vgl. B.L. Fonkitsch, Notes paléographiques sur les manuscrits grecs des bibliothèques italiennes, Thesaurismata 16(1979), 153–169, bes.158; A. Diller, Codex T of Plato, Classical Philology 75(1980), 322–324. Siehe schon J. Burnet, Plato’s Phaedo. Edited with Introduction and Notes, Oxford 1911, LVII. B.L. Fonkitsch, a.a.O.; A. Diller (1980), 323; G. Prato, Il monaco Efrem e la sua scrittura, Scrittura e Civiltà 6 (1982), 99–115, bes.100. Vgl. G. Boter, The Venetus T of Plato, Mnemosyne 39(1986), 102–111; S.R. Slings, A Commentary on the Platonic Clitophon, Amsterdam 1981, 273–274; A. Carlini (1972), 160. Vgl. M. Schanz, Über den Platocodex der Markusbibliothek in Venedig Append. Class. 4 Nr. 1, Leipzig 1877. Da das unmittelbar vorangehende Wort σύ lautet, ist vielleicht auch an dieser Stelle ein Unzialfehler (Haplographie) in der Vorlage von T (somit auch von A, s.o. Anm. 22) anzunehmen (CΥ/ΟΥ).

II. Die byzantinische Überlieferung

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Rasuren sind an folgenden Stellen nachweisbar: 88b5 ante ἄνθρωπος ras. unius litterae T 92b5 post ω in οὕτως ras. unius litterae T 93a8 spiritum in αὑτῶν corr. per ras. T 96a6 post του in ὁτουοῦν ras. T Auch in T sind Spuren einer eigenen Transliteration erkennbar: 94b9 ἀδυνάτους BWPF recte: δυνατοὺς T (ΑΔ/Δ) 97b1 ἥτις ἐστὶν BWPF recte: ἥτι ἐστὶν T (CєC/єC) Darüber hinaus ist es in textgeschichtlicher Hinsicht besonders wichtig zu bemerken, daß allen auf T zurückgehenden Manuskripten folgende charakteristische Lesarten gemeinsam sind: 75b10 τοῦτο τὸ T (cf. τοῦ**το, ras. 2 litter. fact. et accent. supra τὸ eras. Wcorr.) 76a1 Τό (pro Τί) T 76d6 σχημάτων et T: γρ. χρημάτων T in mg 79c3 δεῖ (pro δεῖται) T 81d7 πέσθαι (pro πείθεσθαι) T 94b9 δυνατοὺς (pro ἀδυνάτους) T 96b6 εἰ om. T 97b1 ἥτι (pro ἥτις) T Denn obwohl einige dieser Sonderlesungen auf unterschiedliche Weise in den auf T zurückzuführenden Handschriften korrigiert wurden, lassen sich doch aufgrund der genannten Besonderheiten die Apographa des Marcianus genau bestimmen. Siebzehn Manuskripte gehen nämlich (mittelbar oder unmittelbar) auf T zurück; unter ihnen werden aber fünfzehn (ganz oder nur teilweise25) durch den Parisinus 1808 vermittelt; das einzige Manuskript, das unabhängig vom Parisinus aus T geflossen ist, ist der Codex Coislinianus 155. 3.2. Parisinus Coislinianus gr. 155 (= Γ). Es handelt sich um eine Papierhandschrift, die wahrscheinlich in den Anfang des 14. Jahrhunderts gehört (Menon ff. 278v–287). Sie wurde durch die Feuchtigkeit ziemlich stark beschädigt und ist im Nachhinein von mehreren späteren Händen vervollständigt und korrigiert worden. Nur eins steht fest: die Folien Av–1v stammen von der Hand des Bessarion.26 Der Coislinianus weist alle oben genannten Sonderlesungen von T auf, mit Ausnahme der abweichenden Lesart von 76d6 (σχημάτων Γ: nulla lect. in mg). Der Text ist aber erstaunlich fehlerhaft. Man vergleiche:

25 26

S. unten. E. Gamillscheg und D. Harlfinger, Repertorium der griechischen Kopisten: 2. Teil, Wien 1989, Nr. 61.

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a) Auslassungen (Auswahl): 82b10–c1 ὅτι–χωρίον om.Γ 86e3–4 αὐτὸ–ὑποθέσεως om.Γ 87e1–3 εἰ δὲ–Ναί om.Γ 91a1–2 ἔξεστι–ξένου om.Γ 93b5–6 ἀνθρώπῳ–τοῦτ’ἔστιν om.Γ 95c8 μοι–δοκεῖ om.Γ b) Transpositionen: 71e4 τοὺς ἐχθροὺς δὲ hoc ord.Γ 72b1–2 εἶναι ἔλεγες αὐτὰς hoc ord.Γ 78a1–2 εἶναι ἀθλίους hoc ord.Γ 79c5 πρᾶξις πᾶσα hoc ord.Γ 80b3–4 γε ὡς hoc ord.Γ 82d9 τὰς γραμμὰς πάσας hoc ord.Γ 82e4 ὡς οὐδὲν τούτων ἐγὼ hoc ord.Γ 83c12 ἥμισυ δὲ τούτου hoc ord.Γ 89b3 ἂν ἡμεῖς hoc ord.Γ 90e6 μαθητὴς αὐτῶν hoc ord.Γ Ibid. τοῦ μαθήματος τούτου hoc ord.Γ 91c1 σοφιστὰς καλοῦσιν hoc ord.Γ 92c2 ἂν οὖν hoc ord.Γ 92d5 δὴ νῦν hoc ord.Γ 92e5 βελτίω οὐκ hoc ord.Γ 93a3 ἀξιῶ ἔγωγε hoc ord.Γ 93c9 αὐτῷ φθονεῖν αὐτὸν hoc ord.Γ 94b5 χείρους Ἀθηναίων οὐδενός hoc ord.Γ 98a9 τινὶ τοιούτῳ hoc ord.Γ 99b1 ὄντοιν ἄρ’ hoc ord.Γ Ibid. τὸ ἕτερον μὲν hoc ord.Γ 99d8 οὗτος φασὶ hoc ord.Γ c) Wiederholungen: 75c9 τἀληθῆ ἔγωγε bis Γ (corr. man. alter.) Ibid. εἴη bis Γ (corr. man. alter.) 79a4 ἔφαμεν εἶναι bis Γ 86b9–c1 ἃ μὴ–ζητεῖν bis Γ (corr. man. alter.) 97b2 οὐ καὶ bis Γ d) Hinzufügungen: 72d8 post ἢ add. καὶ Γ 74b2 post ὥσπερ add. καὶ Γ 78a11 post ἢ add. καὶ Γ 78b3–4 post ἀρετὴ add. βούλεσθαί τε τὰ κακὰ Γ

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85ε6 post οἶδ(α) add. εὖ Γ 94a3 ante γεγονέναι add. εἶναί τε καὶ Γ 95c5 post δεῖν add. που Γ 97c3 ante ἔοικε add. οὐ e) Sonstiges: 74a7 οὖν pro αὖ Γ 93a3 περὶ pro παρὰ Γ 93c3 μᾶλλον pro μάλιστα Γ 94b9 ὁ λόγος pro ὀλίγους Γ 94e6 ἢ pro ὡς Γ 97a8 ὡμολογήκασι pro ὡμολογηκόσι Γ 97c2 ἡ pro καί Γ 99e1 φαίνεταί γε pro φαίνονταί γε Γ 99e3 μέλλει pro μέλει Γ An mehreren durch die Feuchtigkeit beschädigten Stellen hat eine unbekannte Hand versucht, den Text – wie auch immer – wieder in Ordnung zu bringen, z.B.: 91c7 Τί in lac. marg. (pro πῶς) Γ 93b4 ἄλλοις in lac. marg. (pro ἄλλῳ) Γ 94e6 διαλέγεσθαι in lac. marg. (pro πείθεσθαι) Γ Auf diese Weise wurde sogar eine gute Konjektur angebracht: 88a1 δὲ in lac. marg. Γ: δὴ BTWPF Zwischen T und Γ ist höchstwahrscheinlich eine Zwischenstufe (= θ) anzusetzen, denn an folgenden Stellen schließt sich Γ – und zwar von erster Hand – der Überlieferung von F an: 75a5 σε Γ F: om. BTWP 86c9 ἀλλ’ ἔγωγε Γ F: ἂν λέγω γε BTWP 92c5 οἷοί εἰσιν Γ F: οἵ εἰσιν BTWP 95a327 κατηγορεῖν Γ F: κακηγορεῖν BTWP An einer Stelle hat der Coislinianus eine Lesart, die sich in Y findet, übernommen: 82c11–12 ἄλλο τι ἢ Y, ἢ add. supra lin. man. alt. Γ: ἄλλο τι BTWPF Darüber hinaus hat erst nachträglich eine zweite Hand Lesarten von F in den Text eingesetzt: 79d7 οἴου FY, –ιου e corr. Γ: οὐ B: σὺ TWP 81e3 ἀλλὰ πῶς FR Stobaeus, corr. Γ per ras.: ἀλλ’ἁπλῶς BTWP 83c4 ἢ οὐχί F, ἢ add. supra lin. man. alt. Γ: οὐχί BTWP 27

S. aber Dodds (1959), 179, not. crit. ad Gorg. 522b8: diese Verwechslung kommt öfters vor, so daß es sich dabei um eine reine Koinzidenz handeln könnte.

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II. Die byzantinische Überlieferung

92c3 ἐν αὐτῷ F, ἐν (add. supra lin. man. alt.) ἑαυτῷ Γ: ἑαυτῷ BTWP Es ist zu bemerken, daß drei der oben zitierten Lesarten (79d7, 86c9 post corr. – sed ἀλλ’ omiss. – und 92c3 post corr.) auch im Marcianus 186, dem Arbeitsexemplar des Bessarion, zu finden sind; man erinnere sich dabei, daß Bessarion den Coislinianus in Händen gehabt hat, denn er hat den Pinax sowie die ersten beiden Seiten dieser Handschrift selbst geschrieben28. Wie dem auch sei, dürfte der Coislinianus nicht direkt aus T abgeschrieben worden sein29. 3.3. Parisinus gr. 1808 (bombycinus; Menon ff. 307v–317v; Par). Vor nicht langer Zeit war noch die Datierung dieses Manuskriptes stark umstritten. In seiner Vorarbeit zu einem Katalog der griechischen Handschriften der Nationalbibliothek zu Paris hatte Omont vorgeschlagen, den Parisinus dem 13. Jahrhundert zuzuweisen.30 Diese Datierung, die von den Philologen – wenn auch manchmal mit leisem Zweifel31 – angenommen worden war, hat Christian Brockmann zum ersten Mal erschüttert, indem er das Pariser Manuskript eher ins 12., ja sogar ins 11. Jahrhundert datieren wollte32. Bei so voneinander abweichenden Datierungen ist mit Recht Stefano Martinelli Tempesta etwas ratlos geblieben33. Inmaculada Pérez Martin konnte aber ihrerseits überzeugend zeigen, das der Parisinus der zweiten Hälfte des 11. Jahrhunderts zugewiesen werden muß34. Der Pinax (f. Av) ist von Georgios Baiophoros, einem im 14. Jh. in Petra auf dem Athos tätigen Gelehrten, geschrieben worden35. Schanz hat gezeigt, daß Par ein Abkömmling des Marcianus T ist36. Ob diese Abhängigkeit direkt oder indirekt ist, bleibt nach wie vor unsicher 37. Im Menon zumindest gibt es keinen Anlaß, ein indirektes Abhängigkeitsverhältnis anzunehmen: einerseits gibt der Parisinus den Text des Marcianus getreu wieder; andererseits muß man feststellen, daß im Menon Par an keiner Stelle die Lesart eines anderen unabhängigen Textzeugen gegen T teilt38. Dazu kommt, daß in unserem 28 29 30 31 32 33 34 35 36 37 38

S. oben, Anm. 26. Dasselbe vermutet auch L. Ferroni (mit Bezugnahme auf F) für den Ion. Vgl. Per una nuova edizione dello Ione platonico: la discendenza del Marc. Gr. App. Class. IV 1 (T), Bollettino dei Classici, s. 3, 27(2006), 19–20. H. Omont, Inventaire sommaire des manuscrits grecs de la Bibliothèque Nationale, II. Band, Paris 1888, 146. Vgl. R.S. Bluck (1961), 147. C. Brockmann (1992), 162 (unter Hinweis auf den Vindob. Phil. gr. 315). Vgl. S. Martinelli Tempesta (1997), 35–36, Anm. 43. Inm. Pérez Martin, Estetica e ideologia nei manoscritti bizantini di Platone, Rivista di Studi Bizantini e Neoellenici (42) 2005, 116–117. E. Gamillscheg und D. Harlfinger, Repertorium der griechischen Kopisten: 2. Teil, Wien 1989, Nr. 74. M. Schanz (1877), 47–52. S. zuletzt eine gute Zusammenfassung bei L. Ferroni (2006), 23–26. 82b2 liest Par richtig τουτωὶ mit WP (statt τουτωιὶ T), aber die Korrektur konnte leicht in scribendo entstehen.

II. Die byzantinische Überlieferung

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Dialog die im Parisinus befindlichen Korrekturstufen etwas einfacher als in anderen Dialogen beschaffen sind: wie Bluck schon bemerkt hat39, ist im Menon keine Spur der Tätigkeit der durch Par3 bezeichneten Korrektoren zu finden. Der Parisinus übernimmt in der Regel die Korrekturen der ersten Hand bzw. des Diorthotes des Marcianus, z.B.: 72a4 ἡ ante ἀρετὴ T supra lin.: ἡ habet Par in contextu 74a2 κελεύοις T(corr.supra lin.) Par: κελεύεις T 74d8 τοῦτο ὃ Tcorr. Par: τοῦτο Ta.c. 93b4 αὐτοὶ οἱ ἀγαθοὶ T (sed οἱ punctis not.): αὐτοὶ ἀγαθοὶ Par 71d1–2 läßt Par die in T expungierten Worte ἀνάμνησον–ἔλεγεν aus; es liegt aber hier Homoioteleuton vor, so daß diese Stelle nicht sehr beweiskräftig ist. Erstaunlicher ist, daß 75b2 Par den Wortlaut von T ante correctionem hält: 75b2 χαρίσομαι Ta.c. Par: χαρίσωμαι Tcorr. man. incerta. Der Parisinus kennt aber auch Korrekturen von t, z. B.: 70b2 Λαρισαίου T: Λαρισσαίου (σ supra lin.) t Λαρισσαίου Par in contextu 75e1 λέγων T (comp. supra lin.) Par: λέγω T Nur an einer Stelle hat eine spätere Hand eine Sonderlesung des Marcianus korrigiert (die übrigen lectiones singulares von T40 sind nicht verändert worden): 97b1 ἥτι T: ἥτις (–ς in lin. add. man. rec.) Par Par weist fünfzehn Sonderlesungen auf, die – gegebenenfalls nur teilweise – von seinen Abkömmlingen übernommen wurden: 70c3 δὲ om. Par 74a2 ἐμοὶ om. Par 74d9 τὸ (posterius) om. Par 76a2 ταῖς om. Par 76e1 ὅ ἐστι καὶ φωνὴν ὅ ἐστι Par 79b1 ἀγαθὰ (pro τἀγαθὰ) Par 80c8–d1 ἀλλὰ–ἀπορεῖν om. Par 81a10 τῶν (posterius) om. Par 85b5 τῆς τετράποδος (pro τοῦ τετράποδος) Par 86d7 αὐτὸ ἐζητήσαμεν hoc ordine Par (signis transpos. Par corr.) 93b1 πάλαι om. Par 93b3 πρότερον (pro προτέρων) Par 94a7 ὁτωιοῦν (pro ὁτουοῦν) Par 94a8 σὺ ante συγγέγονας add. Par 95a7 ἡμῖν (pro ὑμῖν) Par

39 40

R.S. Bluck (1961), 141 (samt Anmerkung 2). S. oben 3.1

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Die angeführten Verlesungen ermöglichen eine genaue Abgrenzung der auf Par zurückgehenden Handschriften. Diese lassen sich in fünf Gruppen41 aufteilen: 1° Parisinus 1809, Ambrosianus D 56 Sup, Malatestianus D. XXVIII. 4; 2° Laurentianus 59.1, Laurent. 85.9, Laurent. Conv. Soppr. 180; 3° Scorialensis Y.1.13, Parisinus 1811, Parisinus 1812, Dunelmensis C.IV.2, Vaticanus 1030; 4° Laurentianus 85.6, Neapolitanus III. E. 15; 5° Angelicanus 107. 3.4. Parisinus gr. 1809. Dieser aus dem Kloster Vatopedi auf dem Athos (cf. f. 1) stammende Codex (s. XIV42; membranaceus; Menon ff. 267–276v; C) ist aus Par post correctionem abgeschrieben worden. C teilt nämlich die oben (3.3.) angeführten Sonderlesungen des Parisinus 1808, mit Ausnahme der Transposition von 86d7: an dieser Stelle hat C die in Par befindlichen Transpositionszeichen berücksichtigt: 86d7 αὐτὸ ἐζητήσαμεν hoc ordine Par: ἐζητήσαμεν αὐτὸ recto ordine Par (corr.) C Gegenüber Par weist C weitere Fehler auf: 71b4 τί ἐστιν om. C 72d6 καὶ (prius) om. C 72d6 περὶ (tert. vic.) om. C 75a1 περὶ χρώματος C 75c8 εἴη σοι ut vid. C 79a1043 κατακερματίζειν (pro κερματίζειν) C 81d8 ἔτι (pro ἔστιν) C (Fehlerkoinzidenz mit WR!) 91c3 μηδὲ οἰκείων om. C 97c8–9 τότε δ’–τυγχάνοι om. C 3.5. Aus C hängt wiederum der Ambrosianus D 56 Sup. (= 238 Martini–Bassi; Sigel Am), eine Papierhandschrift aus dem XIV. Jahrhundert (Menon ff. 344v– 361v), die Manuel Bulotes gehört hat (cf. f. 1v). Die Abhängigkeit des Ambrosianus vom Parisinus 1809 wird durch eine Reihe von zusätzlichen Fehlern gegenüber dem Letztgenannten belegt, z.B.: 70b3 Γοργίας ἐστίν hoc ordine Am 76c8 τινας om. Am 41 42 43

Vom Scorialensis Ψ.I.1, der z.T. auf Par zurückgeht, wird unten die Rede sein (s. Kap. IV: die Exzerpthandschriften). Cf. S. Martinelli Tempesta (1997), 107; C. Brockmann (1992), 210. Die paläographische Vorlage des Parisinus hat vielleicht Anlaß zu dieser Verlesung gegeben: am Ende der Zeile in Par (fol. 310v, Z. 11 v. o. μηδὲ – δὲ compend. – κερ–) kann die Verbindung der ersten beiden Bestandteile (μὴ und δὲ) den Eindruck erwecken, es handle sich dabei um ein geläufiges Kürzel für κατὰ .

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83e6 τοῦτο om. Am 85a3 αὗται om. Am 86b7 ἐγὼ om. Am 86e6 αὐτοὺς om. Am 93d2 ἱππέω (pro ἱππέα) Am 93e8 γε om. Am 94b7 ἄρα om. Am 95d3 ταὐτὰ om. Am 96e4–5 τρόπον ποτὲ hoc ordine Am 100b2 τοῦ λογισμοῦ τούτου hoc ordine Am In dieser Hinsicht ist auch folgende Verlesung bemerkenswert: 93e2 Κλεόφαντος T Par: Θεόφαντος falso C Am Eine der auf Par zurückgehenden Sonderlesungen ist in Am von einer zweiten Hand beseitigt worden: 70c3 δὲ om. Par C Am a.c.: suppl. sv manus altera (compendio). An drei Stellen hat Am – wohl zufällig, aus reinem Itazismus – den richtigen Text gegenüber C (bzw. C Par): 83e1 δὴ recte Par Am: δεῖ C 95a7 ὑμῖν recte Am: ἡμῖν Par C 95d1 σοί recte Par Am: σύ C An einer Stelle konnte aber der erste Schreiber von Am den Text von T C Par sinnvoll korrigieren; die Quelle dieser Korrektur ist nicht deutlich: 81d7 πέσθαι T Par C: ἕπεσθαι Am cum M Flor J H U (in mg.) f (sv) Eine spätere, mit sehr blasser Tinte schreibende Hand ist an einigen Stellen tätig gewesen, z.B.: 72d5 ἄλλη μὲν om. Am: suppl. sv man. rec. 81 e3 ἀλλ’ ἁπλῶς Am a. c.: ἁπλῶς p. del. et πῶς in mg. add. man. rec. (compend.)44 3.6. Eine andere Abschrift des Parisinus 1809 ist der Codex Malatestianus Caesenas D. XXVIII. 4 (=M). Diese Papierhandschrift ist allem Anschein nach ins XIV. Jh. zu datieren45 (Menon ff. 268–276v = 266–274v). Zwar steht heute 44

45

Offensichtlich konnte dieser Korrektor auf andere Quellen zurückgreifen: ἀλλὰ πῶς ist u.a. in F R L und Stobaeus zu lesen (s. unten Kap. VI). Dabei ist zu beachten, daß für das Symposion, den Parmenides sowie den Phaidros die Mailander Handschrift aus dem Vaticanus 1029 (=R) geflossen ist; vgl. Brockmann (1992), 245–246; C. Moreschini (1965), 176. In dem Charmides hängt Am teilweise (und zwar nur bis 165a) von R; für den Rest des Dialogs folgt sie C, vgl. D.J. Murphy (1990), 333–334. Cf. C. Brockmann (1992), 210 (nach Ansicht von Dieter Harlfinger und Giancarlo Prato).

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noch nicht fest, wie viele Hände am Text gearbeitet haben46; im Menon sind aber wenigstens zwei verschiedene Hände tätig gewesen: an den Fol. 268–276v haben zwei Kopisten gearbeitet, die einander ablösten47. Der Malatestianus wiederholt (ante correctionem) die Sonderfehler des Parisinus 180948; der Erwähnung wert ist die Textstelle 93 e2, an der M richtig Κλεόφαντος hat (Θεόφαντος C): bei näherem Zusehen zeigt sich aber, daß die Buchstaben Κλ– im Malatestianus in rasura geschrieben wurden (f. 272v, letzte Zeile), so daß der ursprüngliche Text sehr wahrscheinlich mit dem Wortlaut von C übereinstimmte. Die Handschrift der Biblioteca Malatestiana wurde also aus dem Parisinus gr. 1809 abgeschrieben, und zwar unabhängig vom Ambrosianus 23849, wie aus folgendem Befund erhellt: a) M hängt nicht von Am ab: 73c6 τῷ αὐτῷ ἂν τρόπῳ ἀγαθοὶ ἦσαν M: τῷ αὐτῷ τρόπῳ ἀγαθοὶ ἂν ἦσαν Am 76c8 τινας M: om. Am 83e6 τοῦτο M: om. Am 85a3 αὗται M: om. Am 86b7 ἐγὼ M: om. Am 86e6 αὐτοὺς M: om. Am 94b7 ἄρα M: om. Am 95d3 ταὐτὰ M: om. Am b) Am hängt nicht von M ab: 73d3 δούλω M: δούλου Am 86e2 ἀλλὰ σμικρόν M: ἀλλὰ σὺ σμικρόν Am 81d4 ἀποκάμῃ M: ἀποκάμνῃ Am 87a6 παρατεταγμένον M: παρατεταμένον Am 91c5 διαφορὰ M: διαφθορὰ Am 100a6 τοὶ δὲ M (et in schol.): αἱ δὲ Am Das Manuskript wurde – wahrscheinlich vom Kopisten selber50 – intensiv revidiert: der Korrektor konnte einen Teil der auf Par zurückgehenden Fehler korrigieren: 70c3 δὲ om. Par M a.c.: suppl. M corr. sv 74a2 ἐμοὶ om. Par M a.c.: suppl. M in fine versus (s. acc.) 76e1 *****καὶ φωνὴν ὅ ἐστι M ras. 80c8–d1 ἀλλὰ–ἀπορεῖν om. Par M a.c.: suppl. M corr. in mg. 46 47 48 49 50

Vgl. Brockmann, loc.cit.; S. Martinelli Tempesta (1997), 109–111. Der Wechsel ist besonders erkennbar zwischen den ff. 271v–272 sowie zwischen den ff. 275v–276 (im Hippias maior), wie Lorenzo Ferroni trefflich beobachtet hat (2006), 38, Anm.114; s. auch S. Martinelli Tempesta (1997), 110–111. S. oben, 3.4. Die Verlesungen von 72d6 (περὶ), 75a1, 75c8, 79a10 und 81d8 sind nicht verbessert worden. M und Am sind unabhängig voneinander, vgl. auch M. Diaz de Cerio und R. Serrano, Die Descendenz der Handschrift Venetus Marcianus Append. Class 4.1 (T) in der Überlieferung des platonischen Gorgias, RhM 144 (2001), 363. S. L. Ferroni (2006), 38.

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93b1 πάλαι om. Par M a.c.: suppl. M corr. Sv Er konnte sogar auch Verlesungen berichtigen, die auf den Marcianus T zurückzuführen sind: 71d1–2 ἀνάμνησον–ἔλεγεν p. del. T , om. Par M a.c.: suppl. M corr. in mg. 75b10 τοῦτο τὸ T Par M a.c.: τοῦτο ** M ras. 91e1 παρέλαβόν τε T Par M a.c.: παρέλαβον ** M ras. 94b9 δυνατοὺς T Par M a.c.: ἀ– suppl. M corr. sv (i.e. ἀδυνάτους) Im Menon (wie in anderen Dialogen51) wurden Korrekturen angebracht, die auf eine Handschrift der W–Gruppe als Korrektivexemplar hindeuten: 81a11 οἷος TPC: οἷον (–ν sv) P corr.: οἵοις BF: οἷοι WR, (–οι e corr. uv) M corr. 82d6 δύο δὶς et M a.c.: signis transpos. M corr. sv (δὶς δύο hoc ordine R) 83e11 τρεῖς δὲ τρὶς et M a.c.: signis transpos. M corr. sv (τρὶς δὲ τρεῖς hoc ordine R) Eine Lesart stammt aber aus der T–Gruppe: 83b11 πολλαπλάσιον Γ Flor M: σ add. M corr. sv (ποσαπλάσιον reliqui codd.) Eine weitere Abweichung deutet entweder auf R oder auf die Apographa des Vindobonensis phil.gr. 21(=Y)52; ihre Herkunft bleibt also zum Teil unbestimmt: 91a1 σε BTWPCM (in contextu): σοι FYURM corr. (sv) 3.7. Der Florentinus Laurentianus gr. 59.1 (chartaceus; Menon ff. 310–317v; Sigel: a) datiert aus dem Anfang des XIV. Jahrhunderts53. Dieser Codex, der das gesamte Corpus Platonicum enthält, ist – wie Mariella Menchelli überzeugend erwiesen hat54 – von zwei Kopisten geschrieben worden; der Menon stammt aus

51

52 53 54

Vgl. C. Brockmann (1992), 213 (für das Symposion); M. Joyal, The Textual Tradition of [Plato], Theages, RHT 28 (1998), 13–14, L. Ferroni (2006), 37–39 (für den Ion). S. auch E. Berti, I manoscritti del Critone di Platone: Gli apografi del Venetus Append. Cl. IV I, coll. 542, Hermes 97 (1969), 430–431; C. Moreschini (1965), 180 (für den Phaidros). S. dazu L. Ferroni (2006), 41, Anm.135. U = Venetus Marcianus gr. 186 (Arbeitsexemplar des Bessarion). Cf. C. Brockmann (1992), 210 (der die Auffassung von D. Harlfinger und G. Prato zitiert). M. Menchelli, Appunti su manoscritti di Platone, Aristide e Dione di Prusa della prima età dei Paleologi tra Teodoro Metochite e Niceforo Gregora, SCO 47 (2000), 183–185. Die Hand dieses Kopisten « A » ist dann von Inm. Pérez Martin mit der Hand des patriarchalen Notars K6, dessen Tätigkeit auch im Malatestianus 28.4 identifiziert wurde, gleichgesetzt worden (Estetica e ideologia nei manoscritti bizantini di Platone, Rivista di Studi Bizantini e Neoellenici, 42 (2005), 122).

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der Feder des Kopisten A. Die Handschrift a enthält die Sonderlesungen des Parisinus 180855; gegenüber diesem weist sie aber auch weitere Fehler auf, z.B.: 82b10–c1 ὅτι–χωρίον om. a (id. per id.) 85a13 πόδα (pro πόσα) a 91d5 δέκους (pro δέκα) a 98e4–10 ἀλλὰ μὴν–ἀλλὰ μὴν om. a (id. per id.) Eine Verlesung in a liefert sogar einen klaren paläographischen Beweis für die Abhängigkeit des Laurentianus von Par: 77b1 εἴληφας et Par: εἰλήφασι a Im Parisinus (fol. 309v, Z. 3 von unten) ist unmittelbar nach dem Wort εἴληφας ein vertikaler, längerer Strich zu sehen, der einem Iôta ähnelt: so dürfte die Form, die in a zu lesen ist, entstanden sein. Die Einwirkung von Lesarten aus der dritten Familie ist an folgenden Stellen erkennbar: 91d7 ἐξακούμενοι BTWF Par: ἐξασκούμενοι P a 92a5 ἀξιώσωμεν BTF Par: ἀξιώσομεν WP a Erstaunlicherweise hat a (wie F) 96e5 die richtige Lesart διαφεύγει. Diese Lesart ist dann vom Laur. c übernommen worden, so daß Ficino hier den richtigen Text subterfugit bietet. Das Manuskript wurde im Jahre 1492 von Johannes Laskaris im Auftrag von Lorenzo de’ Medici in Kreta (Candia) erworben.56 Damit wird also ausgeschlossen, daß Ficino – dessen Übersetzung 1484 in Florenz erschien – a für seine lateinische Version der platonischen Dialoge benutzt hätte.57 Die Hauptvorlage des florentinischen Humanisten war vielmehr folgende Handschrift: 3.8. Florentinus Laurentianus gr. 85.9 (membranaceus, s. XIV, Menon fol. 187– 192v; Sigel c). Drei Kopisten haben an diesem Manuskript gearbeitet. Aus paläographischen Gründen haben in neuerer Zeit Spezialisten vorgeschlagen, dieses Manuskript ins 14. Jh. zu datieren58 . Dieser Vorschlag ist in der Tat am besten 55 56 57

58

Mit Ausnahme von πρότερον (93b3); s.o. 3.3. Die Kenntnis der Textpartie 90 e2 (καὶ μισθὸν) – 94b6 (ἀγωνίαν) verdanke ich einer direkten Kollation von Lorenzo Ferroni, dem ich hierfür herzlich danken möchte. Vgl. D. Blank, Anmerkungen zu Marsilio Ficinos Platonhandschriften, in Symbolae Berolinenses für Dieter Harlfinger, hrsg. von Fr. Berger u.a., Amsterdam 1993, 3. Vgl. S. Gentile, Note sui manoscritti greci di Platone utilizzati da Marsilio Ficino, in Scritti in onore di Eugenio Garin, Pisa 1987, 55; A. Diller, Studies in Greek Manuscript Tradition, Amsterdam 1983, 257; s. schon En. Piccolomini, Due documenti relativi ad acquisti di codici greci fatti da Giovanni Lascaris per conto di Lorenzo de’ Medici, RFIC II (1874), 401–423. Es sei hier schon betont, daß Ficinos Übersetzung den eben angeführten Leitfehler des Laurentianus a εἰλήφασι (77b1) nicht aufweist (accepisti Ficinus). S. u. Kap. VII. Vgl. M. Menchelli (2000), 155–162; s. auch S. Azzarà, Note su alcuni codici di Platone e Diogene Laerzio: la datazione del Laur. LXXXV 9 e il Marc. gr. 189, Res Publica Litterarum

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mit verschiedenen historischen Überlegungen in Einklang zu bringen: wie Sebastiano Gentile gezeigt hat59, dürfte das « (volumen) Platonis unum, ubi omnia ipsius verba venustissime scripta haberentur »60, von dem Ambrogio Traversari in einem an seinen Freund Ugolino Pieruzzi geschickten Brief berichtet, er habe das Manuskript 1438 in Ferrara beim byzantinischen Kaiser Johannes dem VIII. Palaeologus einsehen dürfen, höchstwahrscheinlich mit dem Laurentianus c identisch sein. Das Manuskript ist also schon vor dem Unionskonzil von 1438–1439 – und zwar vom Laur. a – im Orient abgeschrieben worden: in seinem Argumentum (...) in decem a se traductos dialogos ad Cosmum Medicem spricht nämlich Ficino von Platons Geist mit folgenden Worten: « quippe iam pridem e Bizantia Florentiam spiritus eius [vivens cartis] ipsis in litteris vivens, attica voce resonans ad Cosmum Medicem advolavit »61. Es ist darüber hinaus zu vermuten, daß der Codex vom Kaiser dem Cosimo geschenkt wurde, und daß dieser die prachtvolle Handschrift später (anscheinend 1462) dem Ficino im Verhältnis zu dessen Übersetzungsaufgabe überreicht hat62. Die byzantinische Herkunft des Laur. c wird außerdem von der Tatsache bestätigt, daß c sowohl im X. Buch der Politeia wie auch im Timaios Lokros als die Quelle des Vindobonensis philos. gr. 109 (=Φ), einer Handschrift aus der zweiten Hälfte des XIV. Jh., anzusehen ist63. Daß c von a abhängt, ist heutzutage –und zwar zu Recht– die communis opinio64. Im Menon stellt man fest, daß c wie a 85d12 das Wörtchen καὶ ausläßt und 86b9 eine Korrektur, die sich in a über der Zeile findet, in den Text eingesetzt hat: εἶμεν (sed η sv) a: ἦμεν c. Ein Fehler, der sich in c 73b10 befindet, rührt vielleicht von der paläographischen Form der Vorlage a her: καὶ ἄδικοι ἀγαθοὶ] καὶ ἄδικοι καὶ ἀγαθοὶ falso c. Im Laurentianus a (Fol. 311, Z.15 v.o.) sind die beiden Teile des Wortes ἄδι–κοι durch eine kleine, leere Stelle getrennt, was den Eindruck erwecken konnte, es handle sich beim zweiten Element um das Wort καὶ. An einer Stelle hat der Schreiber von c den fehlerhaften Text seines Modells auf kuriοse Weise korrigiert: 81d7 πέσθαι T Par a: πιθέσθαι c: πείθεσθαι BWPF recte: ἕπεσθαι f sv 3.9. Zu derselben Gruppe von Handschriften gehört der Laurentianus Conv. Soppr. 180 (membranaceus, s. XV in., Menon Fol. 142–151v; Sigel o). Dieser

59 60 61 62 63 64

25 (2002), 164–171. Früher datierte man den Laur. c ins XV. Jahrhundert; diese Datierung ist heute nicht mehr haltbar. Vgl. S. Gentile (1987), 56–58. G. Mercati, Ultimi contributi alla storia degli umanisti, I: Traversariana, Città del Vaticano 1939, 24. Vgl. P.O. Kristeller, Supplementum Ficinianum, Florenz 1973, II, 104; Gentile (1987), 59– 60. Vgl. Gentile (1987), 53; 58; A. Diller (1983), 257; D. Blank (1993), 4–5. Vgl. W. Marg (Hrsg.), Timaeus Locrus, De natura mundi et animae, Leiden 1972, 12 (Wasserzeichen!); G. Boter, The Textual Tradition of Plato’s Republic, Leiden New York Kopenhagen Köln, 1989, 60. S. auch J. Moore–Blunt (Hrsg.), Platonis Epistulae, Leipzig 1985, X. S. L. Ferroni (2006), 32. Selbstverständlich enthält c den oben erwähnten Leitfehler von a: 77b1 εἰλήφασι ac.

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Codex gehörte Antonio Corbinelli 65; er enthält u.a. Randbemerkungen von der Hand des Francesco Filelfo66. Zwei Hände sind am Text des Menon tätig gewesen: 96b2 (unmittelbar nach ὁμολογούμενοι) hat ein zweiter Kopist den ersten abgelöst, so daß die letzten beiden Seiten (151r–v) von einer anderen Hand stammen. Diese Feststellung ist um so wichtiger, als jener Wechsel mit einem Wechsel der Vorlage einhergeht; ab 96b2 kann o nicht mehr aus a stammen: 96c10 ἄρα ἄρα sic a: ἀρετὴ ἄρα recte o 96e4–5 διαφεύγει recte F a c: διαφεύγειν o 98e4–e10 ἀλλὰ μὴν––ἀλλὰ μὴν om. a: habet o Das Antigraphon dieser Seiten läßt sich leider nicht genau bestimmen; ein Indiz liefert vielleicht 97b11: 97b11 παρελείπομεν BTF: παρελίπομεν WPR o Wie dem auch sei, sind diese Folien besonders fehlerhaft; man vergleiche: 96b3–5 τότε δὲ––εἶναι om. o: suppl. o corr. in mg., σὺ κυρίως omiss. 97d6 Δαιδάλου] διδασκάλου o 99a2–4 ὀρθῶς––ἄνθρωπoς om o: suppl. o corr. in mg., qui ὀρθὸς et ὅδε (pro ᾧ δὲ) scrips. 100c1–2 πρᾳότερος] πρότερος o Der Laurentianus o enthält die charakteristischen Lesarten des Parisinus 180867 und teilt den wichtigen Leitfehler des Laurentianus a (77b1 εἰλήφασι a o c), aus dem er – wie c –abgeschrieben worden ist68; vgl. noch: 82b10–c1 ὅτι––χωρίον om. a o c 85d12 καὶ] om. a o c Die Laurentiani 85.9 (= c) und Conv. Soppr. 180 (= o) sind unabhängig voneinander: 1° c hängt nicht von o ab: 74c8 εἶπες ἂν ὅτι χρῶμά τι om. o: habet c 76d6 σχημάτων (γρ. χρημάτων sv) c: χρωμάτων o 80e2 ἐριστικὸν c: ὁριστικὸν o 2° o hängt nicht von c ab: 77c8–10 ἀμφότερα––αὐτῶν om. c: habet o 89c8–9 ἀλλὰ μὴ–––λέγεσθαι om. c: habet o 91a7 ἀποπέμψασθαι c: ἀποπέμψαι o 65 66 67 68

Olim Abbatiae Florentiae 2552. Corbinelli starb 1425, vgl. L.A. Post, The Vatican Plato and its Relations, Middletown 1934, 38; S. Gentile (1987), 58–59, 70–71. Vgl. D.L. Blank (1993), 13–14, der einige Annotationen zum Menon anführt (ff. 144r–v, 147, 148 und 149). S.o. 3.3. Nur 95a7 ist eine Verlesung von Par korrigiert worden: ὑμῖν recte o (sed ὑ– e corr.). Wenigstens bis 96b2 (s.o.). Vgl. D.J. Murphy (1990), 330; S. Martinelli Tempesta (1997), 120; A. Carlini (1964), 33–34.

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Außer c hat Marsilio Ficino auch o zu seiner Übersetzung der platonischen Dialoge verwendet (s. unten Kap. VII)69. 3.10. Der Scorialensis gr. y. I. 13 (bombycinus; s. XIII; Menon ff. 228–236; Sigel Scor) ist der Anführer einer dritten Gruppe, die insgesamt fünf Handschriften umfaßt: Scor.y. I .13, Par. 1811, Par. 1812, Vaticanus 1030 und Dunelmensis C. IV. 2. Die Abschrift ist von zwei Kopisten erstellt worden; der Text des Menon stammt aus der Feder des Kopisten A, der von Inmaculada Pérez Martin überzeugenderweise mit der Hand γ des Laurent. Conv. Soppr. 54 gleichgesetzt wurde70; Scor datiert also zweifellos aus dem 13. Jahrhundert71. Außerdem konnte Pérez Martin zeigen, daß der Patriarch von Konstantinopel Gregor der II. aus Zypern (gest. 1289) zahlreiche Korrekturen, Varianten und Scholien in Scor eingesetzt hat72. An manchen Stellen ist der Text dieses Manuskripts sehr beschädigt und daher auch kaum lesbar. Trotzdem läßt sich folgendes sagen: 1° Scor enthält (ante correctionem) sämtliche charakteristischen Sonderlesungen des Parisinus 180873. 2° Gegenüber dem Parisinus weist Scor weitere Fehler auf: 73d2–3 ἡ αὐτὴ ἀρετὴ] ἀρετὴ ἡ αὐτὴ hoc ordine Scor 73d6 ὦ] om. Scor 80b174 στόμα] σῶμα Scor 86b7 καὶ τὰ] κατὰ (compend.) Scor 98b1–2 εἰκάζων] εἰκάζω Scor 100b575 ἀρετή] ἡ ἀρετή Scor Diese Fehler sind ausnahmslos in jeder der auf Scor zurückzuführenden Handschriften nachweisbar. Daraus ergibt sich: (1) daß Scor aus dem Parisinus abgeschrieben wurde; (2) daß Scor seinerseits die Quelle der restlichen Handschriften Par. 1811, 1812, Dunelm. und Vat. 1030 ist. 69 70 71 72 73

74 75

Cf. S. Gentile (1987), 71–75; D.L. Blank (1993), 11. Vgl. Inm. Pérez–Martin, Estetica e ideologia nei manoscritti bizantini di Platone, RSBN, 42 (2005), 118. Der Laurentianus Conv. Soppr . 54 stammt aus dem 13. Jh., vgl. C. Brockmann (1992), 20. S. auch G. de Andrès, Catàlogo de los códices griegos de la Real Biblioteca de el Escorial, Bd.II, Madrid 1965, 190; S. Martinelli Tempesta (1997), 95, Anm. 274. Inm. Pérez Martin, El patriarca Gregorio de Chipre (ca. 1240–1290) y la transmisión de los textos clàsicos en Bizancio, Madrid 1996, 28–31. S.o. 3.3. Die Auslassung von 80c8–d1 ἀλλὰ––ἀπορεῖν ist aber in Esc von anderer Hand am Rande ergänzt worden. Außerdem scheint die Verlesung des Parisinus 79b9 auch von einer späteren Hand im Scorialensis verbessert worden zu sein: ἀγαθὰ Par Scor(a.c.): τ· add. ut vid. man. sec. Scor corr. Fehlerkoinzidenz mit PF. ἡ ante ἀρετή add. f.

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3° Nun aber stellt man fest, daß diese Apographa gegenüber Scor Bindefehler aufweisen76: 81d777 πείθεσθαι BWPF: πέσθαι T Par Scor] ἕπεσθαι Par. 1811, 1812 Dun. 82c12 ἂν ἦν] ἦν ἂν hoc ordine Par. 1811 Par. 1812 (ἂν om. Dunelm.) 85c11 πολλαχῇ] πολλαχοῦ Par. 1811 Par. 1812 Dunelm. 94b778 ἄρα ἄνδρας] ἄνδρας ἄρα Par. 1811 Par. 1812 Dunelm. 95d3 ταὐτὰ] om. Par. 1811 Par. 1812 Dunelm. 96d1 ἐσκέμμεθα] ἐσκεψάμεθα Par. 1811 Par. 1812 Dunelm. Darüber hinaus ist die auf Par zurückgehende Verlesung ὅ ἐστι καὶ φωνὴν ὅ ἐστι (76e1), die ja auch in Scor erscheint, in keiner der genannten Abschriften mehr vorhanden (καὶ φωνὴν ὅ ἐστι recte Par. 1811 Par. 1812 Dunelm.). Diese Fakten lassen den Schluß zu, daß es zwischen Scor und seinen Apographa eine nicht mehr erhaltene Zwischenstufe (= ζ) gegeben hat, in der die genannten Neuerungen zum ersten Mal aufgetaucht sind. Es ist nicht auszuschließen, daß es zwischen ζ und den erhaltenen Apographa noch weitere vermittelnde Glieder gegeben hat79; im Parisinus 1811 merkt man z.B., daß drei unter den Leitfehlern von Par überhaupt nicht mehr erscheinen; anstelle dieser Sonderlesungen ist jeweils der richtige Text zu lesen: 70c380 δέ om. Par] habet Par. 1811 81a10 τῶν ante ἱερειῶν om. Par] habet Par. 1811 85b5 τῆς τετράποδος Par] τοῦ τετράποδος recte Par. 1811 Doch läßt sich – wenigstens was den Menon anlangt – die Existenz solcher zusätzlicher Vermittler nicht zwingend demonstrieren. Auf diese verlorene Zwischenstufe (=ζ) gehen folgende Handschriften zurück: 3.11. Parisinus gr. 1811 (chartaceus, s. XIV, Menon ff. 200–210v; Sigel H). Inm. Pérez Martin hat vorgeschlagen, die Hand des Kopisten mit der ersten Hand des Laurentianus gr. 31.18 (ff. 3–128) des Aischylos gleichzusetzen81: unsere Handschrift würde also aus Saloniki stammen, einer Stadt, in der bekannterweise auch Demetrios Triklinios in der ersten Hälfte des XIV. Jahrhunderts tätig war. Das

76 77 78 79 80 81

Der Vaticanus 1030 ist eine Abschrift des Parisinus 1811 (s. unten) und enthält erwartungsgemäß genau die gleichen Verlesungen. ἕπεσθαι Laurent. 85.6 et f sv; γρ. καὶ ἕπεσθαι Ven. 186 (man. rec. in mg.). Hier gibt es Fehlerkoinzidenz mit F. Eine solche Möglichkeit erwägt zu Recht Lorenzo Ferroni für den Ion (2007, 50; 53; 59–60); vgl. auch M. Diaz de Cerio und R. Serrano–Cantarin (2001), 341–346; 370. Der Dunelmensis C.IV.2 bietet auch den richtigen Text ἐνθάδε δέ. El « estilo Salonicense »: un modo de escribir en la Salonica del siglo XIV, in I manoscritti greci tra riflessione e dibattito. Atti del V Colloquio Internazionale di paleografia greca (Cremona 4–10 ottobre 1998), hrsg. von G. Prato, Florenz 2000, 325–327. Vgl. Aeschyli Tragoediae cum incerti poetae Prometheo, ed. M.L. West, 2. Auflage, Stuttgart 1998, XIV.

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Manuskript enthält Marginalien von Andronikos Kallistos82 wie auch von Manuel Chrysoloras83. Dieser Codex hat also seinen Ursprung in einem gelehrten Umkreis, und es ist nicht verwunderlich, daß er einige wichtige Κonjekturen zum Text des Menon enthält, z.B.: 85a1 τινὰ et Ha.c.] τείνουσα corr. H² coniec. Cornarius (verbum del. Schleiermacher) 98c11 οὔτ’ ἐπίκτητα et H] ἀλλ’ H² sv (verba del. Cornarius) Es finden sich bemerkenswerte Beziehungen zu anderen Teilen der Überlieferung, vgl.: 79d8 αὐτὴν] post αὐτὴν add. οἴου H² sv (hab. 79d7 FYU: σὺ pro οἴου T Par Scor) 85e9 οὐκ ᾔδει fere BTWPF: οὐκ ἤδη (sed –η e corr.) H², Ven. 186 Ven. 184 86a7 ἐρωτήσεις BTWPFHa.c.: ἐρωτήσεσι (–εσι sv) H², sciscitando Ficinus84, ἐρωτήσει corr. Par. 1812 98b2 οὐ FYXUH² (sv): οὐ om. BTWP 3.12. Vaticanus gr. 1030 (chartaceus, s. XIV, Menon ff. 222–233v; Sigel Vat). Nach Martinelli Tempesta haben zwei Kopisten an diesem Manuskript gearbeitet; der Text des Menon ist vom Kopisten « b » (ff. 137v–329v) abgeschrieben worden.85 Vat weist alle oben angeführten Sonderlesungen von Scor sowie all die Bindefehler von H J Dur gegenüber Scor auf86; darüber hinaus enthält es Trennfehler von H, z.B.: 74a2 εἴ με κελεύοις] εἴ γε κελεύοις H Vat 76d6 χρημάτων] χρωμάτων H Vat 77a2 λέγοις] λέγεις H Vat 78a11 κτᾶσθαι] ἡττᾶσθαι H Vat 89e7 εἶεν αὐτῆς] αὐτῆς εἶεν hoc ordine H Vat Es ist merkwürdig, daß der Vaticanus 85b5 den Fehler von Par Scor wiederaufgenommen hat87: 82 83 84 85

86 87

E. Gamillscheg und D. Harlfinger, Repertorium der griechischen Kopisten, 2. Teil, Wien 1989, Nr. 25 (ff. 69v–264v). Vgl. L. Ferroni (2006), 51 (samt Anm. 176 u. 178). Der Codex Parisinus 1811 gehörte Carlo Valgulio da Brescia (cf. f. 1), der eben enge Beziehungen zu Ficino hatte. Vgl. J. Hankins, Plato in the Italian Renaissance, Leiden New York Kopenhagen Köln 1990, 302, Anm. 87; S. Martinelli Tempesta (1997), 171–172. Vgl. S. Martinelli Tempesta (1997), 90–92. Es sei hier auch darauf hingewiesen, daß Inm. Pérez–Martin (2000, 327) die andere Hand des Vaticanus (den Kopisten « a ») mit der ersten Hand des berühmten Laurentianus 32.2 des Euripides (= L) gleichsetzen möchte. Vgl. auch J. Diggle (Hrsg.), Euripidis Fabulae, 2. Band, Oxford 1981, V–VI, der den Laur. dem Anfang des XIV. Jh. zuschreibt. Der Laurent. 32.2 enthält u. a. die sogenannten « alphabetischen » Theaterstücke des Euripides. S. oben, 3.10, 1° u. 2°. 70c3 und 81a10 bietet aber Vat jeweils mit H die richtige Lesart (s. oben 3.10).

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τῆς τετράποδος Par Scor Vat: τοῦ τετράποδος recte H Vat übernimmt in der Regel die Lesart von H ante correctionem, z.B.: 86a7 ἐρωτήσεις et H Vat: ἐρωτήσεσι (–εσι sv) H² 94b9 δυνατοὺς T Par Scor H Vat: α suppl. H² sv (i.e. ἀδυνάτους) 96b7 εἰ om. T Par Scor H Vat: suppl. H² sv Besonders signifikant ist folgende Tatsache: 84a8 ἀπορεῖν] ἀποχωρεῖν H(a.c.) Vat: –χω– del. H corr. Es zeigt sich also, daß Vat aus dem Parisinus 1811 (vor der Korrektur) abgeschrieben wurde. Nur selten konnte Vat den richtigen Text gegen H wiederherstellen, z.B.: 98e10 ὡμολογοῦμεν Par Scor H: ὁμολογοῦμεν Vat cum BTWPF Vgl. auch 78d3 τι τοῦτο falso H Vat a.c.: τι τούτῳ corr. Vat² 3.13. Parisinus gr. 1812 (chartaceus, s. XIV, Menon ff. 217–226v; Sigel J). Die oben angeführten charakteristischen Lesarten88 zeigen, daß diese Handschrift ebenso aus Scor – und zwar über die nicht mehr erhaltene Zwischenstufe ζ – geflossen ist. Ihr Text wurde aber intensiv revidiert; insbesondere sind einige der auf Par zurückzuführenden Verlesungen von zweiter Hand am Rande oder über der Zeile berichtigt worden: 70c3 ἐνθάδε δέ J² (δέ sv add. man. rec.) 94a7 ὁτῳοῦν J] ὁτουοῦν recte J² in mg. 95a7 ἡμῖν] ὑμῖν recte J² in mg. Wichtige Korrekturen sind von dieser Hand89 angebracht worden: 79c5 ἢ T: ἡ BWPF: εἰ J² sv (compend.) 83c13 Ναί suppl. J² sv: om. BTWPF 86a7 ἐρωτήσεις BTWPF: ἐρωτήσει* (ras. unius litterae) J corr. 87d8 τι BTWPF: τιν’ (ν sv) J² Ven. 186 Ven. 184 Der Parisinus J weist bei weitem mehr Fehler als der Paris. H auf; hier nur einige Beispiele: 71d9 ἐντετυχηκέναι] ἐντετυχημέναι sic J 76c1 κατέγνωκας] κατέγνωμαι J 78a3–4 καὶ–––κακοδαίμονας om. J 85c10 ἀνερήσεται] ἀναιρήσεται J 88 89

S. oben, 3. 10, 2° u. 3°. Nach Dieter Harlfinger könnte es sich um Paulos Dekanaleus (Paolo Canal) handeln, cf. C. Brockmann (1992), 181; contra, E. Berti, Osservazioni filologiche alla versione del Filebo di Marsilio Ficino, in Il Filebo di Platone e la sua fortuna, Atti del Convegno di Napoli (4–6 Novembre 1993) a cura di P. Cosenza, Neapel 1996, 160–161, Anm. 155.

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86c1 μηδὲ δυνατὸν εἶναι εὑρεῖν om. J (id. per id.) 87a6 χωρίῳ] χωρίον J 87d2 φαμὲν αὐτὸ hoc ord. J (signis transpos. J corr.) 96e5 τὸ γνῶναι om. J Der Korrektor (J²) konnte viele dieser groben Fehler beseitigen, z.B.: 84c1 τοῦτο pro τότε] τότε corr. J² in mg. 86d8 δὲ pro δὴ J] δὴ corr. in mg. J² 87b6 ἀλλ· οἷον sic J] ἀλλοῖον J² in mg. 90e3 ἐθέλη...ἄλλα] ἐθέλειν...ἄλλοις recte J² in mg. 92c3 λαῦρον sic J] φαῦλον J² in mg. 93c5 κἀκείνου falso J] κἀκεῖνον J² in mg. 98a3 ἄξιαί σιν sic J] εἰ– suppl. J² sv (i.e. ἄξιαί εἰσιν) Er hat aber auch einige Konjekturen ope ingenii angebracht: 71e7 οἰκεῖν et J] διοικεῖν J² in mg. 77c11–12 μάλιστα. Τί ἐπιθυμεῖν λέγεις; Ἦ γενέσθαι αὐτῷ; om. J] δοκεῖ. τί οὖν φὴς ἐπιθυμεῖν αὐτῷ γενέσθαι; add. J² in mg. 79e1 δηλώσειν et J (qui σὺ cum TWP, pro οἴου F, d7)90] δηλώσεις J² in mg. 99c10 ἄρα F: ἂν BTWP] ἄρα om. J οὖν add. J² sv 3.14. Dunelmensis C. IV. 2 (membranaceus et chartaceus; s. XV; Menon ff. 11– 33v; Sigel Dur). Diese in Durham (Cathedral Library) aufbewahrte Handschrift stammt aus der Feder von Immanuel Konstantinopolitanos, der in der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts in England im Auftrag von George Neville gearbeitet hat91. Die Feuchtigkeit hat den Codex so stark beschädigt, daß einige Sätze – besonders am unteren Teil der Seiten – dadurch unlesbar geworden sind. Nichtsdestoweniger stellt man fest, daß Dur indirekt von Scor abstammt, denn der erstgenannte enthält sämtliche Sonderlesungen des Scorialensis92 und weist darüber hinaus gegenüber Scor genau die gleichen charakteristischen Bindefehler93 wie die Parisini H und J. Man merkt auch, daß unter den charakteristischen Lesarten vom Parisinus 1808 eine vom Kopisten korrigiert werden konnte, eine andere aber weiter verderbt worden ist: 70c3 ἐνθάδε Par] ἐνθάδε δέ recte Dur 86d7 αὐτὸ ἐζητήσαμεν hoc ord. Par] αὐτοῦ ἐζητήσαμεν sic Dur Außerdem ist der Text des Dunelmensis sehr fehlerhaft, vgl.: 79a9 καταγνύναι] καταμιγνύναι Dur 90 91 92 93

Der Korrektor hat also eingesehen, es fehle beim überlieferten Text (in der ersten Familie) ein Verb, und er hat demzufolge die Konjektur δηλώσεις gewagt. Vgl. E. Gamillscheg und D. Harlfinger, Repertorium der griechischen Kopisten, 1. Teil, Wien 1981, Nr. 115. S. o. 3. 10, 2°. S. o. 3. 10, 3°.

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92e3 ὅτῳ] οὕτω Dur 95a394 κακηγορεῖν] κατηγορεῖν Dur Die drei Handschriften (H J Dur), die über die Zwischenstufe ζ auf den Scorialensis y. I. 13 zurückgehen, sind unabhängig voneinander: a) J hängt weder von H noch von Dur ab: 76d6 χρωμάτων H: σχημάτων J 78a11 ἡττᾶσθαι H: κτᾶσθαι recte J 79a9 καταμιγνύναι Dur: καταγνύναι recte J 99e3 μὲν οὖν Μένων H: μέν, ὦ Μένων J b) H hängt weder von J noch von Dur ab: 72a4 πρὸς ἑκάστους ἔργον Dur:πρὸς ἕκαστον ἔργον recte H 73d7 προσθήσομαι J: προσθήσομεν H 78a3–4 καὶ–––κακοδαίμονας om. J: hab. H 80a8 πεποιημέναι J: πεποιηκέναι H 92e3 οὕτω Dur: ὅτῳ recte H c) Dur hängt weder von H noch von J ab: 70b3 ἡμῖν J H: ὑμῖν recte Dur 71d9 ἐντετυχημέναι J: ἐντετυχηκέναι recte Dur 76d6 χρωμάτων H: σχημάτων Dur 78a3–4 καὶ–––κακοδαίμονας om. J: habet Dur 78a11 ἡττᾶσθαι H: κτᾶσθαι recte Dur 99e3 μὲν οὖν Μένων H: μέν, ὦ Μένων recte Dur 3.15. Florentinus Laurentianus gr. 85.6 (membranaceus; s. XIII; Menon ff. 189– 196v; Sigel Flor). Diese Handschrift gehört zu der T–Gruppe, denn sie weist die charakteristischen Merkmale des Marcianus95 auf, unter Ausschluß der abweichenden Lesart von 76d6 sowie der Sonderlesung von 81d7: 76d6 σχημάτων et T Flor: γρ. χρημάτων T in mg. (om. Flor) 81d796 πέσθαι T: ἕπεσθαι Flor Bis auf 94a7 enthält Flor sämtliche Sonderlesungen von Par97. Ab 94a8 (τούτῳ γάρ που, f. 195, Z. 13 v.o.) ist aber ein Wechsel der Vorlage festzustellen: von da an hängt Flor nicht mehr von Par ab, vgl.: 94a8 καὶ σὺ συγγέγονας Par: καὶ συγγέγονας recte Flor 95a7 ἡμῖν Par: ὑμῖν recte Flor

94 95 96 97

Fehlerkoinzidenz mit F und Γ (s.o., Anm. 27). S.o. 3.1. S.o. Anm. 77. S.o. 3.3.

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Nun geht aber dieser Wechsel mit einem Wechsel des Schreibers einher: die ff. 195–196v stammen gewiß nicht von der Hand, welche die ff. 189–195 (Z. 13) abgeschrieben hat. Das Antigraphon der letzten beiden Folien läßt sich nur teilweise bestimmen; wichtige Trennfehler98 deuten daraufhin, daß dieses Modell eine Handschrift aus der T–Gruppe sein dürfte: 96b7 εἰ BPF: οἱ W: om. T Flor 97b199 ἥτι T Flor: ἥτις (–ς in lin. add.) Flor² 98a1 πάντα τἀγαθὰ BTPF Flor: πάντ· ἀγαθὰ W 98a4 ὦ F: om. BTWP Flor 98b2 οὐ F: om. BTWP Flor Dabei ist hervorzuheben, daß diese Handschrift eine enge Beziehung zu f – d.h. zu einer Korrekturstufe des Vindobonensis F – aufweist100, vgl.: 84c12 ἀνευρήσει] ἀνερευνήσει Flor cum f 94e7 ἀνθρώπους] Ἀθηναίους Flor cum f sv 95c6 Οὐδ’ ἄρα σοὶ] Οὐδέ σοι Flor cum f sv 98b7 ὅτι] ἐστὶν ex ὅτι ut vid. f: ἐστὶν pro ὅτι Flor Laur. 85.7 Vgl. auch 70c1 τῷ βουλομένῳ] τῷ βουλευομένῳ Flor cum F (prima manu). Gegenüber Par weist Flor weitere Fehler auf, z.B.: 73a5 τούτοις et Par] τοιούτοις Flor 77a8 τι et Par] τε Flor 85b5 εἰς γωνίαν et Par] om. Flor 3.16. Neapolitanus gr. 337 = III. E. 15 (chartaceus; s. XIII ex.–XIV in.; Menon ff. 201–208v; binis columnis; Sigel Neap). Zwei Kopisten haben am Text des Menon gearbeitet: von 86b5 (οὐκ οἶδ’) an (= f. 207) hat eine zweite Hand die erstere abgelöst101. Auch diese Handschrift ist ein Abkömmling des Parisinus 1808, denn sie enthält all die oben genannten Sonderlesungen desselben.102 Das Wichtigste ist aber, daß der Text des Neapolitanus genau am selben Punkt abbricht, an dem im Laur. 85.6 ein Wechsel von Schreiber und Vorlage festgestellt worden ist103: unmittelbar nach πεποιηκέναι (94a7), noch vor dem Ende der zweiten Kolumne, hört der durch Neap überlieferte Text auf. Die enge Beziehung zu Flor wird durch folgende Bindefehler belegt: 71c1 οὐδ’] οἶδ’ Flor Neap 98 99 100 101 102 103

S.o. 3.1. Auch im Par. 1808 ist diese für T charakteristische Sonderlesung von zweiter Hand korrigiert worden. Eine ähnliche Beziehung wurde auch von Dodds (1959, 44) sowie von Diaz de Cerio und Serrano (2001, 353) für den Gorgias festgestellt. S. auch Martinelli Tempesta (1997), 83, Anm. 229. S.o. 3. 3. S.o. 3.15.

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76a4 μανθάνοις Par] μανθάνεις Flor Neap 81d4 ἀνευρεῖν et Par] ἀνερευνεῖν sic Flor Neap 84c12 ἀνευρήσει et Par] ἀνερευνήσει sic Flor Neap 87e1–3 Εἰ δὲ–––Ναί et Par] om. Flor Neap (id. per id.) 88a8 τὴν et Par] om. Flor Neap 91e2 τὰ ante ὑποδήματα add. Flor Neap Dazu kommt, daß ein auf T zurückgehender Trennfehler in keiner der beiden Handschriften mehr erscheint: 91e1 παρέλαβόν τε T Par παρέλαβον recte Flor Neap Es ist also anzunehmen, daß Flor und Neap über eine nicht mehr erhaltene Zwischenstufe (=ω ω) aus Par stammen104. Beide Handschriften sind unabhängig voneinander: a) Flor hängt nicht von Neap an: 72c1 μοι Flor (recte): με Neap 73a2 παιδὶ Flor (recte): παισὶν Neap 78e10 πάντων Flor (recte): πραγμάτων Neap 83b7 (et mox b9) τοσοῦτον Flor (recte): τόσον Neap 92a3 καὶ λωβᾶσθαι τοὺς νέους Flor (recte): τοὺς νέους καὶ λωβᾶσθαι hoc ord. Neap 92e8 παρ’ οὐδενὸς Flor (recte): παρὰ μηδενὸς Neap b) Neap hängt nicht von Flor ab: 72e6 τῇ αὐτῇ Neap (recte): τῇ αὐτοῦ Flor 80e5 ζητήσεως Neap (recte): ζητήσεις Flor 81d7 ἕπεσθαι Flor: π σθαι sic Neap (paene evanid.) 83b11 πολλαπλάσιον Flor: ποσαπλάσιον Neap (recte) 85b5 εἰς γωνίαν om. Flor: hab. Neap 92a3 ἐξαπαντᾶν Flor: ἐξαπατᾶν Neap (recte) 3.17. Romanus Angelicanus gr. 107 (chartaceus; s. XIII ex.– XIV in.; Menon ff. 306–316; Sigel Ang). Dieses von der Feuchtigkeit schwer beschädigte Manuskript ist von der Fettaugenmode beeinflußt worden105. Es handelt sich um ein Apographon des Parisinus 1808: einerseits enthält Ang sämtliche Sonderlesungen von Par106; andererseits weist es gegenüber diesem weitere Fehler auf, vgl.: 71a4 μακάριος] μα / μακάριος Ang 71e3 καὶ] om. Ang 104 Das gleiche Abhängigkeitsverhältnis gilt auch im Charmides und im Theages, vgl. D.J. Murphy (1990), 326–327; M. Joyal (1998), 20. S. auch E. Berti (1969), 420; C. Moreschini (1965), 184; S. Martinelli Tempesta (1997), 84; M. Diaz de Cerio und R. Serrano (2001), 350–353; A. Carlini (1964), 45–46. 105 Vgl. S. Martinelli Tempesta (1997), 97–98; C. Brockmann (1992), 28; L.A. Post (1934), 73. 106 S.o. 3.3.

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76c10 πόρους] πόρρους sic Ang 91e7 ἔτη] ἔτι sic Ang Ein Teil dieser Fehler ist von einer späteren Hand (= Ang²) korrigiert worden, z.B.: 72d3 κατέχω om. Ang: suppl. Ang² in mg. 76c4–5 βούλει οὖν–––ἀκολουθήσαις om. Ang: suppl. Ang² in mg. 90d8 καὶ (prius) om. Ang: suppl. Ang² supra lin. 93e8 ἦν om. Ang: suppl. Ang² supra lin. 97c4 ὀρθὴ καὶ δόξα Ang: καὶ expunx. Ang² Ang ist wahrscheinlich aus dem Parisinus 1808 ante correctionem abgeschrieben worden, vgl.: 97b1 ἥτις] ἥτι T Par (a.c.) Ang (–ς in lin. add. Par²) 91d7 hat der Korrektor (Ang²) eine abweichende Lesart aus der dritten Familie über der Zeile eingefügt: 91d7 ἐξακούμενοι et Ang] σ supra lin. Ang² (ἐξασκούμενοι P a) Anders als in anderen Dialogen107 gibt es im Menon keine direkte Beziehung zwischen Ang² und Flor. II.3. Die Familie des Vindobonensis Suppl. gr. 7: Im Menon zählt diese dritte Gruppe von Handschriften vier Mitglieder. Zwei dieser Handschriften (W und P) sind unabhängige Textzeugen. 4.1. Vindobonensis Suppl. gr. 7 (membranaceus; s. XI; Menon ff. 410v–425v; Sigel W). Dieser große Codex gehörte dem Florentiner Donato Nerio Acciaiuoli; der ältere Teil (ff. 1–3, 5–138, 140–255, 257–485, 489–514) datiert aus der zweiten Hälfte des 11. Jahrhunderts108. Nach Antonio Carlini könnte W aus dem Kreis des byzantinischen Gelehrten und Schriftstellers Michael Psellos stammen; der Codex befand sich im Laufe des 12. Jh. in Sizilien; von da aus könnte er dann (nach der Auffassung des italienischen Gelehrten) von Johannes Argyropulos nach Florenz gebracht worden sein109. Die Unabhängigkeit der Handschrift für die 107 Vgl. C. Brockmann (1992), 202–204; M. Joyal (1998), 22; M. Diaz de Cerio und R. Serrano Cantarin (2001), 350, Anm. 28. 108 Vgl. H. Hunger (unter Mitarbeit von C. Hannick), Katalog der griechischen Handschriften der Österreichischen Nationalbibliothek, Teil 4: Supplementum Graecum, Wien 1994, 14–15. 109 A. Carlini (1972), 169–173; Ders., Le vicende storico–tradizionale del Vind. W e i suoi rapporti con il Lobcoviciano e il Ven. Gr. Z 185, in Studi su papiri e codici filosofici. Platone, Aristotele, Ierocle, Florenz 1992, 11–35; 16–21; Ders., Marsilio Ficino e il testo di Platone, Rinascimento, 39 (1999), 3–36; neue Aufl. mit Ergänzungen in Marsilio Ficino. Fonti, Testi,

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Tetralogien I–VII wurde von Josef Kràl bewiesen110. Der Codex wurde vom ersten Schreiber und von mehreren späteren Händen revidiert111. Das Blatt 423 (= f. 423 r–v) ist am rechten Rand beschädigt worden, so daß ein Teil des Textes verlorengegangen ist. W weist folgende Sonderlesungen auf: 71d7 εὐτυχέστατον] εὐτυχέστατος W 74a7 ταὐτὸν BTPF Λ: ταῦτα W 74e7 δήπου] δῆτα (sed που supra lin.) W 75a7 καὶ] om. W 76b5 σοι ἔτι BTP: ἔτι σοι W: σοι F 76d1 τὰς BTPF: τοὺς W 77b3 καλοῖσι] καλοῦσι primitus W 77b4 λέγω BTF: λέγω εἶναι P: εἶναι λέγω W 77b7 ἐπιθυμητὴν] ἐπιθυμητὴς W 79c2 ὅλον BTPWF: η supra lin. prim. man. (i.e.ὅλην)W 81a10 τε] om. W 81a11 οἵοις BF: οἷός TP: οἷόν (ν supra lin.) P: οἷοί W 81c1112 τᾶν] τῶν W Stobaeus (IV, 59) 81d8 ἔστιν] ἔτι W 81e1 πιστεύων BTPF, (ν supra lin. man. rec.) Wcorr.: πιστεύω W 82d14 τις] τι W 82e6 ὀκτώπουν] ὀκτάπουν W (et mox 83a3, a9, b2 c6, c11) 84a6 ἐστιν] om. Wa.c. (suppl. in mg. man. prim.) 84c8 τὸ] om. Wa.c. (suppl. supra lin.) 85b10 γίγνοιτ’ ἂν TPB ras.: γίγνοιτο F: γίγνετ’ ἂν W 85b6–7 ἀληθεῖς δόξαι] δόξαι ἀληθεῖς hoc ord. W 85d9 οὐ] om. W (ras. duar. litter.) 85d13 ἔν γε τῷ νῦν] ἕν γε τῶν *ῦν W (ras. unius litter.) 86a6 ὅν τ·ἂν coniec. Baiter: ὅ*τ·ἂν W (ras. unius litter.): ὅταν fere BTPF 87e7 φαμέν] μέν W 88b3 εἰ supra lin. prim. man. W] ἣ B: ἦ T: ἢ W(in contextu) PF 88d1 ἢ BTP: ἡ F] καὶ W 88d2 γε BTPF] τε W 89e7 πολλάκις] οὐ πολλάκις W 90c8 παρὰ] πρὸς W Fortuna. Atti del convegno internazionale (Firenze, 1–3 ottobre 1999), hrsg. von S. Gentile und St. Toussaint, Rom 2006, 25–64, bes. 55–56. 110 Über den Platocodex der Wiener Hofbibliothek suppl. phil. gr. 7, Wiener Studien (14) 1892, 161–208. 111 S. Hunger, a.a. O. 112 Es sei darauf hingewiesen, daß W in dem betreffenden pindarischen Vers (Fr. 133) das Wort ψυχὰς nicht aufweist, wie doch von H. Maehler (Pindari carmina, Pars II, Leipzig 1989, 119) fälschlicherweise angegeben wird (ψυχὰν revera BTWPF Stobaeus). Zwar ist die Angabe von Burnet ad loc.falsch, aber sowohl Croiset wie Bluck geben hier die richtige Lesart des Vindobonensis an. ψυχὰς ist durchaus eine Konjektur von August Boeckh.

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90c9 ἐπέμπομεν] ἐκπέμπομεν W 91c10 διαφθείρουσιν] διαφέρουσιν W 93c8 που] om. W 94c4 τὸν μὲν] τὸ μὲν W 95a2 Ἄνυτος μέν μοι] Ἄνυτον μέ μοι W 95b9 σοι οὗτοι] οὗτοι σοι hoc ord. W 95d3 ταῦτα] ταῦ sic W 95d8 διδάξεαι] διδάξεται W 96a6 ἄλλου] om. W 96b7 εἰ BPF: om. T: οἱ W 96e4 εὖ] ἐν W 97a10 τίς εἰδὼς fere BTP: om. F in lac.] τίς δ’ εἰδὼς W 97e5 καλὰ] καλῶς W 98a1 πάντ’ ἀγαθὰ W, πάντα ἀγαθὰ Stobaeus: πάντα τἀγαθὰ BTPF 98a6 πρῶτον] πρῶται W 100b6 ἐπιχειρήσωμεν] ἐπιζητήσωμεν W W weist wahrscheinlich eigene Unzialfehler auf: 85b10 γίγνοιτ(ο) BTPF: γίγνετο W (Ο > є) 88d2 γε BTPF: τε W (Γ > Τ) Die Unabhängigkeit dieser Handschrift im Menon geht aber vor allem aus folgenden Stellen hervor: 86a6 ὅ*τ·ἂν W: ὅταν BTPF, quando Aristippus Allem Anschein nach bot W vor der Rasur das richtige ὅν τ’ἂν, das von Baiter (und gewissermaßen schon von Cornarius, Ecl. 83, der ὃν ἂν konjiziert hatte) wiederhergestellt worden ist113. 98a1 πάντ’ ἀγαθὰ W recte cum Stobaeo (II, 162): πάντα τἀγαθὰ BTPF 4.2. Vaticanus Palatinus gr. 173 (membranaceus; s. X; Menon ff. 86–98v; Sigel P). Dieser kleinere Codex ist im 10. Jahrhundert von einem gelehrten Schreiber, der fast systematisch Kürzel verwendet hat, abgeschrieben worden. Mariella Menchelli, die den Codex gründlich untersucht hat, schreibt: « Il Palatino greco 173 della Biblioteca Vaticana è un codice di Platone del X secolo, scritto in una minuscola corsiveggiante di tipo erudito, richissima di abbreviazioni, che contiene una scelta dei dialoghi platonici e di seguito due serie di estratti ampi e brevi »114. Die italienische Wissenschaftlerin schlug darüber hinaus überzeugenderweise vor, den – unbekannten – Schreiber des Palatinus P nicht nur mit dem Kopisten des Parisinus gr. 1665 (R) von Diodorus Siculus, sondern auch mit dem Schreiber der 113 Vgl. R.S. Bluck (1961), 131. 114 M. Menchelli, Il Vaticano Palatino gr. 173 (P) di Platone e il Parigino gr. 1665 di Diodoro, Bollettino dei Classici (1991) 3, 12, 93.

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ff. 146–148 des Parisinus gr. 1678 von Plutarch gleichzusetzen115. Nach ihrer Auffassung sind die ersten beiden Handschriften in Konstantinopel abgeschrieben worden: « Le caratteristiche codicologiche e sopratutto la scrittura fluida e disinvolta suggeriscono di collocare la produzione del Palatino e del codice di Diodoro nella capitale. La presenza nel codice della Vaticana di tutta una serie di estratti, in questo caso dall’opera di Platone, ha suggerito una relazione con iniziative analoghe intraprese negli anni intorno alla metà del secolo a Costantino VII Porfirogenito. A questo stesso ambito sembra rinviare il testo di Diodoro, che compare negli Excerpta Constantiniana e la cui conservazione, come per altri storici ‘moderni’ è legata alla corte bizantina, alla biblioteca di Palazzo »116. W und P gehen auf eine gemeinsame Vorlage (= δ) zurück. Dies wird durch folgende gemeinsame Neuerungen belegt117: 71b7 καὶ (prius) om. WP 74c3 προσανηρώτα σε] προσανηρώτησεν WP 74d9 ὀνομάζεις] ὀνομάζει WP 76b2 σὺ om. WP 77c8–10 ἀμφότερα–––αὐτῶν om. WP (suppl. in mg. man. rec. in W) 78c4 ἀληθὲς] ἀληθῶς WP 82a8 προσκάλεσον] προσκάλεσαι WP 88d3 δεῖ] δὴ WP 92a5 ἀξιώσωμεν] ἀξιώσομεν WP 93a2118 ἔμαθον] ἐξέμαθον WP 97b10–11 παρελείπομεν] παρελίπομεν WP 98c7 Ναί om. WP Besonders lehrreich ist auch folgender Sachverhalt: 76d7 αἰσθητός BTW (in contextu): ἐσθῆτος F: αἰσθήσει P, –σει supra –τός W αἰσθήσει war also schon als abweichende Lesart am Rande oder über der Zeile in der Vorlage von WP vermerkt; der Kopist von P hat geradezu diese Variante in den Text anstelle der ursprünglichen Lesart eingefügt. Die Handschriften W und P sind voneinander unabhängig. Dies wird durch zahlreiche Fälle bewiesen; es seien hier darunter folgende zitiert119: 72a6 κεχρῆσθαι BTW: χρῆσθαι PF 72b2 τούτῳ BTP: τοῦτο WF 72b5 οἷον et W] om. P 115 Vgl. M. Menchelli, Note sulla corsiveggiante del X secolo, Bollettino dei Classici (1996) 3, 17, 140. 116 M. Menchelli (1991), 104. 117 81 e 2 liest W πιστεύω; eine spätere Hand hat aber den Buchstaben ν supra lineam hinzugefügt. Dafür hat P das richtige πιστεύων. 85 e 1 bietet W οὕτως für οὗτος (BTF); P weist aber richtig οὗτος auf (das Kürzel für –ος ist mit dem folgenden Wort γὰρ verbunden). Die Angabe von Bluck (1961, 174) ist hier ziemlich zweideutig. 118 S.o. 1.2, Anm. 7. 119 S. auch oben, 4.1

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72e2 γε F: τε BTW: om. P Ibid. καὶ et W] om. P 74a6 πάμπολλαι et W] πάμπολλοι P 74b6 ὦ Μένων et W] om. P 74a7 ταὐτὸν BTPF Λ: ταῦτα W 74c7 ὁ ἐρωτῶν et W] om. P 74e11 οὗ τοῦτο ὄνομα et W] τοῦτο οὗ τοὔνομα P 75a7 καὶ BTPF: om. W Ibid. περὶ et W] om. P 76a5 γὰρ παντὸς et W] παντὸς γὰρ hoc ord. P 76c3 πάνυ μὲν οὖν χάρισαι et W] om. P 78a3 καὶ τοῦτο ἀνάγκη et W] om. P 78a5 οἶμαι ἔγωγε et W] om. P 80b1 στόμα BTW: σῶμα PF 81a10 τε et P] om. W 82e3 δὴ et W] om. P 82e4 τοῦτον BPF: τούτων TW 83b1 ἀναγραψώμεθα et W] ἀναγραψόμεθα P 84a7 τότε et W] om. P 84d3 τούτου WF: τούτων BTP 85c4 γε et W] om. P 86b9 καὶ et W] om. P 87b5 τὴν et W] om. P 87c9 πάνυ γε et W] om. P 87e2–3 Οὐχί; Ναί et W] om. P 87e6 σκεψώμεθα et W] σκεψόμεθα P 88d1 ἢ et P] καὶ W 88d5 μὲν et W] μὴν P 89a5 ἀρετὴν εἶναι ἤτοι et W] εἶναι ἀρετὴν εἴτε P 89e2 αὖ et W] om. P 90b9 ἂν et W] om. P 90c7 πάνυ γε et W] om. P 90d3 μισθὸν et W] μισθοὺς P 91b4 κοινοὺς et W] κοινωνοὺς P 91b8 οὓς WF: οἵους BTP 91d7 ἐξακούμενοι BTWF: ἐξασκούμενοι P 93e3 του BTW: τοῦτ· F τοῦτο P istud Λ 94a2 σκεψώμεθα et W] σκεψόμεθα P 94a5 τὸν αὑτοῦ et W] αὑτοῦ τὸν P 95e1 ἐόντα et W] ἐνόντα P inherentem Λ 95e6 ἔνθετον et W] θετὸν P 97c7–9 δόξαν–––ὀρθὴν et P] om. W 99a8 ἔτι γίγνεται F: ἐπιγίγνεται BTW: ἐγγί– (compendio) P 100b5 ἐπιχειρήσωμεν BTF: ἐπιχειρήσομεν P: ἐπιζητήσωμεν W

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Obwohl es kein Zweifel darüber bestehen kann, daß beide Handschriften voneinander unabhängig sind und somit auch als primäre Textzeugen angesehen werden müssen, überliefert doch P niemals allein die richtige Lesart; das einzige von Bluck angeführte Beispiel120 scheidet leider als Kollationsfehler aus121: 86a7 αἳ ἐρωτήσει corr. Par. 1812 sciscitando Ficinus: αἳ ἐρωτήσεσι corr. Par. 1811: αἱ ἐρωτήσεις BTWF et revera P (compendio). Die Handschrift P hat keine Deszendenz gehabt. W hingegen ist der Ursprung von zwei weiteren Abschriften: 4.3. Lobcovicianus (sive Raudnitiensis) VI. F a. 1 (membranaceus; s. XIV; Menon ff. 709–738; binis columnis; Sigel L). Die korrekte Signatur ist heute wieder Codex Lobcovicianus VI. Fa. 1: « Die Handschrift gehört in die Sammlung der Lobkowitzschen Bibliothek aus dem Schloß Roudnice. Diese Sammlung wurde nach dem Kriege in der Nationalbibliothek der Tschechischen Republik deponiert. Die ganze Sammlung wurde vor einigen Jahren dem damaligen Besitzer zurückgegeben und ist jetzt auf dem Schloß Nelahozeves aufbewahrt »122. Lange Jahre hindurch wurde die Datierung dieser Handschrift diskutiert. In ihrem maßgeblichen Katalog datierten Olivier und Monégier du Sorbier den Lobcovicianus ins späte XII. Jahrhundert.123 Darauf hat Lidia Perria vorgeschlagen, den Lobcovicianus dem Hauptkopisten des Vindobonensis W – dem sogenannten Anonymus K – zuzuweisen und somit L ins XI. Jahrhundert zu datieren.124 Diese Gleichsetzung, die in paläographischer Hinsicht besonders überzeugend schien, ist aber aus philologischer Seite in Zweifel gezogen worden, indem es sich in zunehmenden Maße zeigte, daß L eine Abschrift des von späteren Händen korrigierten und vervollständigten Vindobonensis W ist125. Heute kann es kaum noch 120 Vgl. R.S. Bluck, ed. cit., 134, 174 u. 315. 121 Fol. 93, Z. 2 von oben. Das hier verwendete Kürzel für –εις erscheint mehrmals in P, z.B. f. 94v, Z. 5 von unten (ἡμεῖς) und Z. 2 von unten (πόλεις). 122 Mitteilung von Frau Alena Richterova (Abteilung der Handschriften und alten Drucke der Nationalbibliothek der Tschechischen Republik) vom 3. Dezember 2004. L kann also entweder Lobcovicianus oder Raudnitiensis heißen (im jeden Fall olim Pragensis). 123 J.–M. Olivier u. M.–A. Monégier du Sorbier, Catalogue des manuscrits grecs de Tchécoslovaquie, Paris 1983, 97. 124 L. Perria, Il codice W di Platone e il Vat. gr. 407, RSBN, n. F. XX–XXI (1983–84), 93–101; Dies., Note paleografiche, II: Altre testimonianze sul copista di W, RSBN, n. F. XXII–XXIII (1985–86), 82–90. 125 Walter Marg vermutete schon, daß im Timaios Lokros die Hand W3 von dem korrigierten Scorialensis y.I.13 abhängig ist und somit frühestens ins XIII. Jh. zu datieren ist (Marg dachte an den Anfang des XIV. Jhs., vgl. Timaeus Locrus de natura mundi et animae, ed. W. Marg, Leiden 1972, 20). Siehe D.J. Murphy, The Plato Manuscripts W and Lobcovicianus, Greek, Roman and Byzantine Studies 33, 1 (1992), 99–104; A. Carlini (Hrsg.), Il Lobcoviciano di Platone sotto analisi paleografica e filologica, Studi su codici e papiri filosofici: Platone, Aristotele, Ierocle, Florenz 1992, 9–143; N. Wilson, The Prague Manuscript of Plato, SCO 44 (1994), 23–32. Fol. 139 (im Theaetetos) stammt von der Feder des Kopisten W3 und ist aus dem Marcianus 185 post correctionem abgeschrieben worden, vgl. Murphy in Bryn Mawr Classical Review IV 6 (1993), 433; H. Hunger (2004), 14–15. Fol. 256 (im Sympo-

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Zweifel darüber bestehen, daß der Lobcovicianus aus dem XIV. Jahrhundert datiert. Im Menon hängt L zweifellos von dem Vindobonensis post correctionem ab. Dies wurde von Ernesto Berti endgültig bewiesen126: 1° Das Fol. 423r–v (= Menon 94b δοκῶ μὲν – 96c οὗ μήτε) des Vindobonensis W ist mit Textverlust am rechten (bzw. am linken) Rand restauriert worden127. L hat den so beschädigten Text abgeschrieben oder zu lesen versucht, z.B.: 94c4 Ἐ/οδώρῳ (υ periit) W: Θεοδώρῳ L 94d4 ἴσως] ι (–σως periit) sic W: om. L rel. spat. 94e2 ἑταῖρε] –ρε (ἑταῖ– periit) sic W: om. L rel. spat. 95d3 οἶσθ·] οἶ /θ· (σ periit) sic W: οἶμαι L 95d7 τοῖς] –ῖς (το– periit) sic W: om. L rel. spat. 2° L enthält die Textpartien, die vom ersten Schreiber des Vindobonensis ausgelassen und von W3 am Rande ergänzt worden sind: 77c8–10128 ἀμφότερα–––αὐτῶν om. Wa.c.: hab. (man. rec. in mg) W (in contextu) L 88e3 ὀρθῶς δέ γε om. Wa.c.: hab. (man. rec. in mg.) W (in contextu) L Unter den charakteristischen Lesarten von W, die von L übernommen wurden, sind u.a. folgende zu zitieren: 71e7 αὐτὴν BTPF: αὐτῆς WL 74a7 ταὐτὸν BTPF: ταῦτα WL 77b2 καλοῖσι] καλοῦσι primitus W, (sed –οῖσι sv man. rec. L²) L 81d8 ἔστιν] ἔτι WL 91c10–d1 διαφθείρουσιν] διαφέρουσιν WL 91e2 ὑποδήματα] τὰ ὑποδήματα WL 95b9 σοι οὗτοι] οὗτοί σοι WL 96e4 εὖ] ἐν WL Nichtsdestoweniger stimmt L einmal (wohl in dem Geläufigeren) mit P gegen W überein: 91d7 ἐξακούμενοι BTWF: ἐξασκούμενοι PL Außerdem könnte der Itazismus für folgende Übereinstimmung gesorgt haben: sion) sowie Fol. 486–488 (im Laches) sind von der Hand W3 aus dem Scorialensis y.I.13 abgeschrieben worden, vgl. Murphy in GRBS 33, 1 (1992), 100–104; A. Carlini (Hrsg.) (1992), 25–29. Hunger, loc. cit. (datiert W3 in die erste Hälfte des 14. Jhs.). Vgl. auch G. Jonkers, The Manuscript Tradition of Plato’s Timaeus and Critias, Amsterdam 1989, 203–207. Grundlegend über die ganze Frage E. Berti, Ancora sul codice Lobcoviciano di Platone in Le vie della ricerca. Studi in onore di Francesco Adorno, Florenz 1996, 95–106. 126 Vgl. Berti und De Leo in A. Carlini (Hrsg.) (1992), 46–48; 91–94; Berti (1996), 103. 127 H. Hunger (1994), 14. S.o. 4.1. 128 S. dazu Berti (1996), 103, Anm. 27: L hat das in W befindliche Ergänzungszeichen (ν) als das Wörtchen ναί interpretiert und demgemäß ναὶ ἀμφότερα geschrieben (ναὶ p. not. L corr.).

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96b7 εἰ BPFL recte: οἱ W: om. T Überraschenderweise bietet aber L den richtigen Text an einer Stelle, an der die anderen Textzeugen des ersten Überlieferungszweigs unterschiedslos denselben Fehler aufweisen: 81e3 ἀλλὰ πῶς F L (compend.) Stobaeus: ἀλλ· ἁπλῶς BTWP Diese richtige Lesart – wo sie auch herkommen mag– erscheint noch im folgendem Manuskript, das aus dem Lobcovicianus abgeschrieben wurde: 4.4. Vaticanus gr. 1029 (membranaceus; s. XIV; Menon ff. 452v–466; binis columnis; Sigel: R). Dieser zweibändige Codex ist im Menon wie in anderen Dialogen129 eine Abschrift des Lobcovicianus L, denn er weist gegenüber dem letztgenannten weitere Fehler auf, z.B.: 70b3 ὑμῖν L recte: ἡμῖν R 71a3 ἐθέλεις L: ἐθέλοις R 71e6 χαλεπὸν L: χαλεπῶς L 73b2 δικαίως καὶ σωφρόνως L: σωφρόνως καὶ δικαίως hoc ordine R 73e1 ἢ ἀρετή τις L: ἡ ἀρετή τις sic R 76c10 καὶ δι· ὧν et L: om. R 82a2 εὐθὺς et L: om. R 95b5 τότε δὲ L: ποτὲ δὲ R 96d7 μᾶλλον οὖν L: οὖν μᾶλλον hoc ordine R Die Abhängigkeit von R wird von der Tatsache bestätigt, daß an einer Stelle der Vaticanus den fehlerhaften Text des Lobcovicianus ante correctionem widerspiegelt: 95e6 καὶ ἔνθετον ἀνδρὶ] καὶ ἐν ἀνδρὶ L(a.c.) R: –θε– in lin. suppl. et ἔνθετον in mg. man. rec. scr. L² Erwähnenswert sind noch folgende Stellen, an denen der Kopist von R den Text seiner Vorlage currente calamo korrigiert hat: 92a8–9 τούτους (utrobique) WL: τούτοις (utrobique) recte R 92c3 ἐν αὐτῷ F: ἑαυτῷ BTPWL: ἐν ἑαυτῷ recte R Dieser Gruppe schließt sich teilweise eine Handschrift der Biblioteca Laurenziana an: 4.5. Florentinus Laurentianus 85.14 (chartaceus; s. XV–XVI; Menon ff. 302–327; Sigel n). Der erste Teil der Handschrift (70a–79b) gehört in die Gruppe des 129 Die Abhängigkeit des Vaticanus 1029 von L wurde überzeugend von Ernesto Berti erwiesen, der als erster zeigen konnte, daß im Hippias maior der Kopist von R einen beträchtlichen Teil des Textes (der genau zwei Fol. von L entspricht: 291b3–293b6 = ff. 371v–372) eben darum ausgelassen hat, weil er zwei Seiten seines Modells zugleich gewendet hat, vgl. Berti apud Carlini (Hrsg.) (1992), Florenz 1992, 52–53.

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Vindobonensis W, und zwar muß n als eine Kopie von W – nicht etwa von P, L oder R – angesehen werden; man vergleiche: a) 74a7 ταὐτὸν BTPF: ταῦτα W RL n 74e7 δήπου BTPF R: δῆτα (sed που suprascripto) W: δῆτα n 76b5 σοι ἔτι BTP: σοι F: ἔτι σοι W RL n 76d1 τὰς δὲ BTPF: τοὺς δὲ W LR n 77b4 λέγω BTF: λέγω εἶναι P: εἶναι λέγω W R n b) 71a2 τόπων et W n] τρόπων RL 73c5 ἡ αὐτὴ ἀρετὴ et W n] ἡ αὐτὴ ἡ ἀρετὴ RL 74b2 λαβεῖν et W n] om. RL Erwähnenswert ist eine Konjektur zu 71d7: 71d7 φθονήσῃς] ὀκνήσῃς n 79b1 (ab ἀγαθὰ; f. 308, Z. 3 v.o.) ist aber ein Wechsel des Kopisten festzustellen: von da an stammt der Text von der Feder des Florentiner Kopisten Camillus Venetus130. Zugleich stellt man auch fest, daß die Gesprächsteilnehmer nunmehr bei Sprecherwechseln in abgekürzter Form genannt werden: Μέ.=Μένων; Σω.=Σωκράτης; Π.=Παῖς. Dies Verfahren, das sonst in mittelalterlichen Handschriften nicht üblich ist, deutet daraufhin, daß von 79b an der Text des Dialogs aus einer Platon–Edition abgeschrieben wurde. Auch die Tatsache, daß gelegentlich beim Wechsel der Seite der erste Teil eines Wortes am Seitenfuß wiederholt wird, läßt auf ein Antigraphon dieser Art schließen131. Die Vorlage von Camillus Venetus dürfte die erste Basler Ausgabe (aus dem Jahre 1534) gewesen sein, denn die Handschrift n enthält charakteristische Sonderlesungen der ersten Basileensis (=Bas.1)132, z.B.: 79d2 ἀπεβάλλομέν που] ἀποβάλλομέν που Bas.1 n 82e9 οἶδεν] εἶδεν Bas.1 n 93d3 ἐπέμενε] ἐπέμονε Bas.1 n 100a6 ἀίσσουσι] ἀίσθουσι Bas.1 n

130 Vgl. E. Gamillscheg u. D. Harlfinger, Repertorium der griechischen Kopisten, 1. Teil, 212; 2. Teil, 299. 131 Vgl. 100b6 ἐπιχειρήσωμεν] ἐπιχειρή– (senkrecht zur letzten Zeile der Seite) ἐπιχειρήσωμεν sic n. 132 S. auch (für das Symposion) C. Brockmann (1992), 191–192.

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II.4. Die Familie des Vindobonensis Suppl. Gr. 39: 5.1. Vindobonensis Suppl. gr. 39 (bombycinus; s. XIII ex.–XIV in.; ff. 34–47v; Sigel: F). Diese Handschrift, deren Zeugnis wir nun zu besprechen haben, weicht in ihrer Eigenart von allen oben untersuchten Manuskripten ab. F überliefert die Tetralogien VI 3 (Gorgias) – IX 1 (Minos).133 Die antike Ausgabe von Platons Werken, auf die der Vindobonensis letzten Endes zurückgeht, ist aber nachweislich grundsätzlich verschieden von dem Hyparchetyp, auf den die Handschriften des anderen hauptsächlichen Überlieferungszweigs (BTWP) zurückzuführen sind. John Burnet hat nämlich als erster erkannt, daß diese byzantinische Handschrift aus einer eigenen, von denen des ersten Überlieferungszweigs durchaus verschiedenen Transliteration geflossen ist.134 Andererseits hat Dodds die Philologen darauf aufmerksam gemacht, daß F mehrmals unbeschriebene Stellen (omissiones in lacuna) aufweist, die auf die Existenz einer beschädigten Vorlage schließen lassen; mit anderen Worten: F wäre die Abschrift eines uralten Unzialexemplars135. Nach Dodds136 dürfte dieses Exemplar ein Papyrus–Codex aus dem 3. Jh. nach Christi Geburt gewesen sein. Aus der ungleichen Länge der regelmäßig wiederkehrenden Lücken (je in einem Abstand von etwa 22 Zeilen) hat Jean Irigoin geschlossen, daß die Vorlage des Vindobonensis F eher eine Papyrusrolle (die am oberen Teil der Kolumnen beschädigt worden wäre) gewesen sein dürfte137; da aber der Umfang des von den genannten Lücken (die in den ersten drei Dialogen Gorgias, Menon und Hippias maior vorkommen) betroffenen Texts den Inhalt einer einzigen Rolle (volumen) bei weitem überschreitet, hat dann der französische Wissenschaftler seinen Standpunkt revidiert, indem er annahm, daß die betreffenden Dialoge (die zusammen fünf Rollen beanspruchten) in einem einzelnen Topf aufbewahrt worden sind, weshalb sie auch allein den genannten materiellen Schaden erlitten.138

133 Vgl. H. Hunger und C. Hannick, Katalog der griechischen Handschriften der Österreichischen Nationalbibliothek, 4. Teil: Supplementum Graecum, Wien 1994, 74–77. Die Handschrift hat Francesco Barbaro gehört (f. 262v: ex libris aus dem Jahre 1420). 134 Vgl. A Neglected Ms. of Plato, CR 16 (1902), 98–101; Ders., Vindobonensis F and The Text of Plato, CR 17 (1903), 12–14; Ders., Platonis Opera, tomus III, Oxford 1903, II–IV; tomus V, Oxford 1907, II–III. Die Feststellung ist noch von E. Deneke bestätigt und erweitert worden (De Platonis Dialogorum libri Vindobonensis F memoria, Diss. Göttingen 1922). 135 E.R. Dodds, Plato, Gorgias. A Revised Text with Introduction and Commentary, Oxford 1959, 43; 45–46; Ders., Notes on Some Manuscripts of Plato, JHS 77 (1957), 26–27. 136 Der die Ansicht von C.H. Roberts anführt (1959, 46). 137 Vgl. J. Irigoin, Accidents matériels et critique des textes, RHT 16 (1986), 28–29. 138 Vgl. J. Irigoin, Traces de livres antiques dans trois manuscrits byzantins de Platon (B D F), in Studies in Plato and The Platonic Tradition. Essays Presented to John Whittaker, edited by Mark Joyal, Aldershot 1997, 229–244.

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Die unbeschriebenen Stellen, die den betreffenden Lücken entsprechen, escheinen wie folgt139: Men.70a1 Men.76b7 Men.77a4,5,6 Men.78c4 Men.79a8 Men.82d9 Men.84e4 Men.85c10 Men.86b7 Men.87a2 Men.87d3 Men.91b7–8 Men.93b4–5 Men.94a1–3 Men.95c7 Men.96b8 Men.97a10 Men.97e3 Men.99b6–7 Men.100a1–2

Fol. 34, Z.10 v.o. Fol. 36v, Z.14 v.u. Fol. 37, Z. 7 u. 9 v.o. Fol. 37v, Z. 12 v.o. Fol. 37v, Z. 3 v.u. Fol. 39v, Z. 1 v.o. Fol. 40, Z. 4 v.u. Fol. 40v, Z. 16 v.o. Fol. 41, Z. 9 v.o. Fol. 41, Z.1 v.u. Fol. 41v, Z.23 v.o. Fol. 43v, Z. 6–7 v.o. Fol. 44v, Z. 1 v.o. Fol. 44v, Z. 6–7 v.u. Fol. 45v, Z.12 v.o. Fol. 46, Z. 4 v.o. Fol. 46, Z. 7 v.u. Fol. 46v, Z. 16 v.o. Fol. 47, Z. 8 v.u. Fol. 47v, Z. 16 v.o.

8 Buchstaben 10+ 3 Buchstaben 5+5+2 Buchstaben 6 Buchstaben 3 Buchstaben 10 Buchstaben 5 (+2:comp.) Buchstaben 5 Buchstaben 3 Buchstaben 4 Buchstaben 9 Buchstaben 5+7+1 Buchstaben 23+9 Buchstaben 23+18 Buchstaben 8 Buchstaben 18 Buchstaben 23 Buchstaben //// (ohne Textverlust) 10 Buchstaben 11 Buchstaben

Es seien hier Beispiele von Majuskelfehlern, die in F (im Menon) vorkommen, zitiert140: 70b6 εἴθικεν] ἔοικεν F (Θ > O) 71a3 τινα ἐθέλεις] τινὰς θέλεις F (є> C) 71b4 γέ τι] ἐστὶν F ( є > EC) 72b7 τοῦτ·] τοῦγ· F (Τ > Γ) 73d7 αὐτόσε] αὐτός σε F (C > CC) 74b5 τίς σε] τις F (CCє > C) 75c3 εὔηθες] εὐήθως F (єC > C) 77a3 γε] τε F (Γ > Τ) 78e9 ἂν] ἂν δὴ F (ΑΝ > ΑΝΔΗ ) 139 Für diese Liste, die ich nur leicht korrigieren mußte (3. u. 7. Lücken sind m.E. etwas länger), s. Bluck (1961), 137 (samt Anm. 3). Diese Lücken sind von späteren Händen (= f) gefüllt worden. 140 F weist aber auch Fehler auf, die man eher als Minuskelfehler deuten möchte, z. B. 87a5 παρατείναντα] παρατείνοντα F (α > ο); 93b6 ἄλλῳ] ἀλλὰ Fa.c. (ω>α); 94e1 ἐσχόλαζεν] ἐσχάλαζε F (ο>α); 96e1 ἑνί γε] εὖ γε F (ν> υ); 99d6 Μένων ex Μέναν corr. f (ω>α). Zwischen F und dem Unzialmanuskript, auf das der Vindobonensis zurückgeht, wäre dann eine nicht mehr erhaltene Zwischenstufe (die schon in Minuskel geschrieben worden wäre) anzusetzen. – Die Korrekturen, die von späteren Händen in den Text von F eingebracht worden sind, werden im folgenden nicht erwähnt, da sie zu der F–Tradition gar nicht gehören.

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II. Die byzantinische Überlieferung

80b6 εἰ] οὐ F (єΙ > ΟΥ) 80d9 εἴσῃ] ἴσθι F (C > CΘ) 82d13 ἔσται] ἐστιν F (ΑΙ > Ν) 85e1 δεδίδαχεν] δεδίχαμεν F (Δ > Χ) 86b9 οἶδεν] οὐδὲν F (Ι > Υ) 90b6 σαυτοῦ] ἑαυτοῦ F (C > є) 93b5 παραληπτὸν] γὰρ ἀληπτὸν F (Π > Γ) 94e5 ἐθέλεις] θέλεις F (єΘ > Θ) 95e1 συμμίσγῃς] ἐμμισγῆς F (C > є) 98b8 ἀπεργάζεται] ἀποργάζεται ut v. F (є > O) 98c5 γε] τε F (Γ > Τ) 98c8–9 ἀγαθοὶ ἄνδρες] ἀνδρὸς ἀγαθοῦ F (ΟΙ > ΟΥ et є > Ο) Der Text des Vindobonensis ist (a) besonders verderbt und zeigt unbestreitbar (b) eine Neigung zur Banalisation des Textes, vgl.: (a) 70c1 τῷ βουλομένῳ] τῷ βουλευομένῳ F 74d6 ἑνί τινι] ἔν τινι F 75c10 ὁ ἐρόμενος] ὁ ἐρώμενος F 76d1 πόρων] πόρνων sic F 76d7 αἰσθητός] ἐσθῆτος F 78c12 οὔκ, ἀλλὰ πάντα λέγω τὰ τοιαῦτα om. F (id. per id.) 90d2–3 ἢ τοὺς μή] ἡμᾶς F 95c3 ἀκούσαις] ἀκούσας F 97b5 Καὶ ἕως γ’ ἄν] Καί πως ἄν ut v. F 98a4141 αἰτίας λογισμῷ] αἰτίας λογισμῶν F (b)75c8 Τἀληθῆ ἔγωγε] Τἀληθῆ λέγων F 86a1 ἐμεμάθηκει] μεμάθηκε F 86b7 ἐγὼ ἐμοί] ἐγῶμαι F 88a9 Σωφροσύνην τι καλεῖς] Σωφροσύνην γάρ τι καλεῖς F 91b2 Ἢ δῆλον δή] Ἢ δηλαδὴ F 90e9 Ναὶ μὰ Δία ἔμοιγε] Ναὶ μὰ Δία ἔμοιγε δοκεῖ F 94c6 ἀκοῇ] ἀκήκοα F 96a3 αὐτὸς] ὁ αὐτὸς F 96d3 τρόπος] ὁ τρόπος F 98c11 τοῖς ἀνθρώποις] ἐν τοῖς ἀνθρώποις F Trotz dieser Verderbnisse ist nicht zu bezweifeln, daß der Vindobonensis F von der größten Bedeutung ist. Wenn wir nämlich über sein Zeugnis nicht verfügten,

141 Hier ist wahrscheinlich ein Kürzel (für –ῳ ) falsch aufgelöst worden.

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wären folgende Lesarten, die zweifelsfrei korrekt sind und die nur von F überliefert werden, überhaupt nicht bezeugt142: 79d7 οἴου F: οὐ B: σύ TWP: neu Aristippi O non Aristippi LCAE (ex ceu L²) 82c6 εἰ ἦν F (coniecerat F.A. Wolf): εἰ ἐν BTWP: esto Aristippus 89e11 ὁ Ἄνυτος F: αὐτὸς BTWP ipse Aristippus 89e12 Ἄνυτος F: ἂν αὐτὸς BTWP ipse Aristippus 91c2–3 γ’ ἐμῶν Burnet ex γεμῶν F: συγγενῶν BTWP cognatorum Aristippus 92c3 ἐν αὐτῷ F (unde ἐν αὑτῷ Burnet): ἑαυτῷ BTWP sibi ipsi Aristippus 92e1 δὴ F: δὲ BTWP 96e5 διαφεύγει F (coniecerat Madvig): διαφεύγειν BTWP subterfugisse Aristippus 98b2 οὐ F: om. BTWP Aristippus Dazu kommen sechs gute Lesarten, die noch von anderer Seite her bestätigt werden: 80e3 ὅ γε F Stobaeus: γε ὃ BTWP 81e3 ἀλλὰ πῶς F πῶς Stobaeus (unde ἀλλὰ πῶς Gesnerus): ἀλλ’ ἁπλῶς BTWP verum simpliciter Aristippus 86c9 ἀλλ’ ἔγωγε F sed ego quidem Aristippi LCAE (quid O): ἂν λέγω γε BTWP 88b3 τότε (τοτὲ corr. f) μὲν ...τοτὲ δὲ F interdum...interdumque Aristippus: ποτὲ μὲν... τοτὲ δὲ BTWP 99a4 ὧν F Stobaeus: ᾧ BTWP quo Aristippus 99a8 ἔτι γίγνεται F adhuc fit Aristippus (coniec. Schleiermacher): ἐπιγίγνεται BTW: ἐγγί– P Auf den Vindobonensis F sind drei Handschriften zurückzuführen: 5.2. Florentinus Laurentianus gr. 85. 7 (membranaceus; anno 1420; ff. 35v–47v; Sigel: x). Das Manuskript stammt von der Hand des Gyrardos von Patras (bzw. von Methone), der aus dem Kreis des Vittorino da Feltre stammt. Er war am 9. Dezember 1420 mit der Abschrift fertig (Subskription Fol. 224v).143 Der Text wurde auf zwei Kolumnen angeordnet; der erste Buchstabe jedes Paragraphen (sowie jedes Dialogs) ist rot geschrieben worden. x ist durchaus in die Deszendenz von F zu stellen, vgl.:

142 Wenn auch einige wenige von modernen Kritikern ope ingenii wiederhergestellt wurden. S. auch o. 3.7. 143 Vgl. E. Gamillscheg und D. Harlfinger, Repertorium der griechischen Kopisten, 1. Bd., Nr. 80. Das Datum interpretiert richtig L. Ferroni, Lo Ione platonico, Introduzione, testo, traduzione, note, Florenz 2006, 85, Anm. 373.

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70b6 ἔοικεν x cum Fa.c. 70c1 βουλομένῳ] βουλο///μένῳ x (βουλευομένῳ F) 71c4 πω] που F x 72a8 κείμενον x cum F 73b8 Φαίνονται] Φαίνεται x cum F 75a4 Ἢ οὐδὲ ἐπὶ] Ἢ ἔτι οὐδ· ἐπὶ x cum F 75c9 ἔγωγε] λέγων x cum F 77a8 συντρίβοντας] συνδιατρίβοντας x cum F 77c8 δοκεῖ] δοκοῦσιν x cum F 77d8 οἱ ἡγούμενοι] διηγούμενοι x cum F 78e9 ἂν] ἂν δὴ x cum F 79d7 οἴου x cum F 80d9 εἴσῃ] ἴσθι x cum F 82b5 οἰκογενής] οἰκογενής γε x cum F 82c11 ἦν x cum F (recte) 82e6 ἧς] ἧς που x cum F 83b5 τούτῳ ἐστὶν] ἐστὶ τούτῳ hoc ord. x cum F 83e18 ἀλλ· ἀπὸ ποίας] ἀλλὰ ποίας x cum F 85d6 ἀναλαμβάνειν] ἀναλαβεῖν x cum F 86a1 ἐμεμαθήκει] μεμάθηκε x cum F 87b6 μὲν] μὲν δὴ x cum F 87e6 ἀναλαμβάνοντες] ἀναλαβόντες x cum F 89e7–8 αὐτῆς διδάσκαλοι] διδάσκαλοι αὐτῆς hoc ord. x cum F 89e11 (et mox e12) Ἄνυτος (recte pro αὐτὸς) x cum F 91b3 ὑπισχνουμένους] ὑπισχνημένους x cum F 91c3 γ· ἐμῶν x cum F (pro συγγενῶν) 91e4 συγγιγνομένους] συνηγμένους x cum F 91e7τετταράκοντα δὲ ἐν τῇ τέχνῃ]τετταράκοντα δὲ ἔτη ἀνίη τέχνῃ sic x cum F 92a9 οἱ προσήκοντες] om. x F 92c3 ἐν αὐτῷ (pro ἑαυτῷ) x cum F 93a1 ὄντες] ἔσονται x cum F 93d3 ἐπέμενε] ἐπέμεινε x cum F 94c7 οὗτος] ὁ τοιοῦτος x cum F 95a3 κακηγορεῖν] κατηγορεῖν x cum F 96d3 τρόπος] ὁ τρόπος x cum F 96e5 διαφεύγει (pro διαφεύγειν ) recte x cum F 97a1 ὡμολογοῦμεν] ὁμολογοῦμεν x cum F 97c9–10 ἂν τυγχάνοι] ἂν τυγχάνοιε x cum F a.c. 98a4 λογισμῷ] λογισμῶν x cum F 98c9 ὠφέλιμοι] ὠφέλιμον x cum F 99a3 τύχης] τύχης τινὸς ὀρθῶς x cum F 99a 4 ὧν (pro ᾧ) x cum F 99c7 πολλὰ καὶ] πολλάκις x cum F 100a6 εὐθὺς] ἐνθάδε ὁ x cum F

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100b8 ταῦτα] ταὐτὰ ταῦτα x cum F 100c2 ὅ τι] ὅτε x cum F Daß x von F abhängt wird sofort klar, wenn man bemerkt, daß an folgenden Stellen der Kopist von x Korrekturen von f in seinen Text einbezogen hat: 76a1 Τί δ’] Τὸ f sv: Τί τὸδ’ sic x 82b1 ὅντινα βούλει] τινὰ ὃν hoc ord. Fa.c. (signis transpos. f): ὃν βούλει τινὰ falso x 84e2 τοῦδε] τούτου Fa.c. (–δε sv f): τούτου δὲ x 92c9 ἐζητοῦμεν] ἐπιζητοῦμεν F a.c.: ἐπεζητοῦμεν x cum f 93b5 παραληπτὸν] γὰρ ἀληπτὸν F a.c. (παρ– f sv): γὰρ παραληπτὸν sic x 94a7 ὁτουοῦν et F] ω supra ου f ὁτωοῦν x (cum Par) 94c6 ἀκοῇ] ἀκήκοα F (ἀκοῇ f sv): ἀκοῇ ἀκήκοα x 98d9 εἰ φρόνησις] εἰ (ἢ sv) φρόνησις F: εἰ ἡ φρόνησις x An einigen Stellen folgt aber x dem Text von F ante correctionem, z.B.: 78c5 ἂν εὖ λέγοις] ἂν λέγοιμι (εὖ omiss.) x cum Fa.c.: corr. f in mg. 93b6 ἄλλῳ] ἀλλὰ x cum Fa.c.: ἄλλῳ corr. f (–α refinx.) 75a1 Ἀλλ’ οὐδὲ] ἄλλου Fa.c. ἄλλ’ οὐ sic x ( ἀλλ· οὐδὲ corr. f in mg.) 75d6 ὧν ἂν] ἂν ὧν hoc ord. x cum Fa.c. (signis transpos. f) 76b6 Τί δή;] ἔστι δή x cum Fa.c. (τί δὴ sv f) 78d1–2 ἀρετὴ ἐστίν] ἔστιν ἀρετή hoc ord. x cum Fa.c. (signis transpos. f) 82d9 ὥσπερ] ὡς περὶ x cum Fa.c. (corr. f) 84a5 μὲν οὔ] μὲν οὖν x cum Fa.c. (οὐ corr. f in mg.) 86a8 ἆρ· οὖν] ἆρ· οὐ x cum Fa.c. (–ν add. f) 87d3 αὐτὸ] αὐτὸν x cum Fa.c. (–ν p. not. f) 89e11 ἡμῖν] om. x cum Fa.c. (ἡμῖν suppl. f in mg.) 92a2 καὶ] om. x cum Fa.c. (suppl. f sv compend.) 92c3 οὗ] εἰ x cum Fa.c. (οὗ sv f) 94b8 Ἵνα δὲ μὴ] δὲ om. x cum Fa.c. (suppl. f sv compend.) 99e2 Ἄνυτος] ἂν οὗτος sic x cum Fa.c. (corr. f) Es ist anzunehmen, daß x einen Teil dieser Korrekturen einfach übersehen hat, einen anderen Teil aber überhaupt nicht vorgefunden hat. In dieser Hinsicht ist auch hervorzuheben, daß x die Korrekturen von f, die aus dem Laurent. 85. 6 (= Flor) geflossen sind144, nicht übernommen hat: 84c12 ἀνευρήσει] ἐὰν εὑρήση (–σει x) x cum Fa.c.: ἀνερευνήσει f cum Flor 94e7 ἀνθρώπους] ἀνθρώπους x cum F in lin.: Ἀθηναίους f (sv) cum Flor 95c6 Οὐδ’ ἄρα σοὶ x cum F in lin.: Οὐδέ σοι f (sv) cum Flor Vom Laurentianus 85.7 hängt wiederum folgendes Manuskript ab: 144 S.o. 3. 15. 98b7 hat aber x die Lesart von f Flor übernommen: ὅτι] ἔστιν f x (cum Flor). Bluck (1961, 140, Anm. 2), der Flor nicht kollationiert hat, hält einige dieser Korrekturen für Glossen (94e7) bzw. für reine Fehler (95c6).

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II. Die byzantinische Überlieferung

5.3. Romanus Angelicanus gr. 101 (olim C.I.7; membranaceus; s. XVI in.; ff. 2– 17v; Sigel: v). Der Angelicanus145 gehört zweifellos zu der Familie von F, vgl. u.a.: 72a8 κείμενον F x v 73b2 σωφρόνως καὶ δικαίως hoc ord. F x v 77c8 δοκοῦσι F x v 79d7 οἴου F x v 80e3 ὅ γε F x v 81e3 Ἀλλὰ πῶς F x v 82c11 ἦν F x v 84d2 οὐ om. F x v 86c9 ἀλλ· ἔγωγε F x v 88b3 ἢ οὐχ ὅτι τότε (fere) F x v 89e11 Ἄνυτος F x v (et mox e12) 91a1 σοι F x v 91c5 γ· ἐμῶν F x v 92c3 ἐν αὐτῷ F x v 96c4 μὴ F x v 96e5 διαφεύγει F x v 97d4 θαυμάζεις F x v 98a4 ὦ F x v 99a3 τύχης τινὸς ὀρθῶς F x v 99a4 ὧν F x v 99b7 διὸ δὴ F x v 99c3 οὗτοι ἐνθουσιῶντες F x 99d7 τινὰ om. F x v 100a6 καὶ ἐνθάδε ὁ F x v 100b8 ταὐτὰ ταῦτα F x v 100c2 ὅτε F x v Der Codex Angelicanus ist als eine Abschrift des Laur. 85.7 zu beurteilen, denn er hat Korrekturen, die sich in x über der Zeile befinden, in den Text auf charakteristische Weise aufgenommen: 81c4 ἁγνοὶ] ἀγανοὶ (υ supra ο) x ἀγαννοὶ sic v 82c9 αὕτη] αὐτὴ Fa.c.: αὕτ (η sv) ὶ x: αὐτὴι sic v 86b10 ἃ] ἂν Fa.c.: ἃν x (ὃ sv x²): ὃ ἂν v 93c8 που τὸν] τούτου τὸν Fa.c.: που (refinx.) του τὸν sic f που τουτὸν (τὸν sscr. x²): που ποντον τὸν sic v

145 Als Kopisten der ff. 161 – 466 wurde Constantinos Mesobotes nachgewiesen, vgl. E. Gamillscheg und D. Harlfinger, Repertorium der griechischen Kopisten, 3. Bd., Nr. 363 (16. Jh., erste Hälfte).

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5.4. Ambrosianus gr. E 113 Sup. (= 316) (chartaceus; ann. 1482; ff. 89–106v; Sigel: Amb). Unabhängig vom Laurent. 85.7 ist diese Mailander Handschrift Ambros. 316 aus F abgeschrieben worden. Der Kopist ist Johannes Rhosos (Subskription fol. 224). Am Kopf jeder Seite weist Amb im Menon Kolumnentitel auf (Μένων ἢ περὶ ἀρετῆς, aber περὶ ῥητορικῆς auf f. 97r); die Erwiderungen sind durch braune Punkte getrennt. Es gibt Ergänzungen von erster Hand (z.B. 74d8–d9 οὐδὲν–––σχῆμα om. Amb a.c.: suppl. Amb in mg./ 92b6–7 πώποτε–––οὐδένα om. Amb a.c.: suppl. Amb in mg.) sowie Verbesserungen von späterer Hand (z. B. 94c6 ἀκήκοα Amb cum F: ἀκοῇ sv man. rec./ 95b2 οὐδ’ ἄρα σοὶ F x Amb: οὐδέ σοι Amb sv man. rec. cum f sv Flor). Es steht außer Zweifel, daß der Ambrosianus ebenso in die Deszendenz von F gehört, vgl.u.a.: 71a3 τινὰς θέλεις, Amb cum F 72a8 κείμενον Amb cum F 73b8 φαίνεται Amb cum F 74b1 πω] πως Amb cum F 77a8 συνδιατρίβοντας Amb cum F 80d9 ἴσθι Amb cum F 82b5 οἰκογενής γε Amb cum F 82c11 ἦν Amb cum F 86a1 μεμάθηκε Amb cum F 86c9 ἀλλ’ ἔγωγε Amb cum F 92b1 μάλιστα τούτων Amb cum F 92b2 ξένος ὢν ἐπιχειρεῖ Amb cum F 92c3 ἐν αὐτῷ Amb cum F 93a1 ἔσονται (ὄντες) Amb cum F 93c7 ἐβουλήθην Amb cum F 95a3 κατηγορεῖν Amb cum F 98c11 ἐν τοῖς Amb cum F 99a3 τύχης τινὸς ὀρθῶς Amb cum F 100b3 ἡγεμὼν ἐπιστήμη hoc ord. Amb cum F Daß Amb von x (v) unabhängig ist, beweisen folgende Stellen: 70b6 ἔοικεν x v cum Fa.c.: εἴθικεν Amb recte 76b1 Γοργίας om. x v: hab. Amb 93a10 οὐδ· εἰ om. x v: hab. Amb 93b5 ἢ οὐ παραδωτὸν (sed ο supra ω x) x v: ἢ οὐ παρὰ τὸν τοῦτο sic Amb 93c6 οἶμαι om. x v: hab. Amb 93d2 Κλεόφαντα x: Κλεόφοντα v: Κλεόφαντον Amb recte 95a5 οὕτως x v: οὗτος Amb recte

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Auffällig ist, daß Amb an folgender Stelle die Lesart von F ante correctionem hält, wo doch der Laurent. x die Korrektur von f (die über der Zeile steht und gut lesbar ist) in den Text eingefügt hat146: 99a8 ἔτι γίγνεται F Amb: ἐπιγίγνεται BTW x v (ἐπι– sv f): ἐγγί– P Die Einwirkung von Lesarten aus der T–Familie ist an folgenden Stellen deutlich: 81d7 πείθεσθαι BWPF: πέσθαι T: γρ. ἕπεσθαι Amb (in mg.) cum f (sv) Flor Am M ζ U² (in mg.) 94b9 ἀδυνάτους BWPF Amb (a.c.): δυνατοὺς T ἀ– punctis not. et acc. corr. Amb (man. rec.) II.5. Die Y–Reihe: Noch vor 1305 entstand in Konstantinopel im Umkreis bedeutender byzantinischer Gelehrter eine Handschrift, die gewissermaßen als eine Ausgabe angesehen werden kann und die im weiteren Verlauf der Überlieferung (bis hin zu der Aldina) eine zentrale Rolle gespielt hat: 6. 1. Vindobonensis phil. gr. 21 (membranaceus; s. XIII ex.–XIV in.; ff. 146–155; Sigel: Y). Schon die Auswahl der Dialoge, die in Y gesammelt wurden, zeigt von einer bewußt durchgeführten Zusammenstellung: Tetralogien I–II, Parmenides, Gorgias, Menon, Hippias maior, Symposion, Timaios, Alkibiades I, Alkibiades II, Axiochos, De Iusto, De Virtute, Demodokos, Sisyphos, Halkyon. Auf den ff. 30v– 39v konnte nämlich Alexander Turyn die Hand des Maximos Planudes (gest. 1305) feststellen.147 Andererseits hat Ernst Gamillscheg gezeigt, daß der Pinax sowie die ff. 122 und 184–212 von der Hand des Nikephoros Moschopoulos (der 1283 bis 1328 Metropolit von Kreta war) stammen148. Y gehört also in die frühe Palaiologenzeit. Die Handschrift, die zahlreiche Marginalien von der Hand des Simon Atumanos enthält149, gehörte Johannes Sambucus (Ex libris aus dem Jahre 146 Es zeigt sich also, daß Amb nicht schon darum, weil er relativ jünger ist, mehr Korrekturen von F in den Text aufnehmen mußte als der relativ ältere Laurent. x. In solchen Fällen muß man mit anderen Faktoren rechnen, z.B: hat hier Rhosos die Korrektur von f übersehen ? Hat er sie absichtlich außer Acht gelassen ? Hat anderseits Gyrardos die Korrektur von f noch nicht vorgefunden und den Text von F ante correctionem einfach falsch gelesen ? Oder konnte er etwa die Lesart von BTW ope ingenii wiederherstellen ? 147 Dated Greek Manuscripts of The Thirteenth and Fourteenth Centuries in The Libraries of Italy, 1.Bd., Urbana Chicago London 1972, 214. 148 Eine Platonhandschrift des Nikephoros Moschopoulos (Vind. Phil. gr. 21), in Byzantios. Festschrift für Herbert Hunger zum 70. Geburtstag, hrsg. von H. Hörandner, J. Koder, O. Kresten und E. Trapp, Wien 1984, 95–100. S. auch A. D’Acunto, Su un edizione platonica di Niceforo Moscopulo e Massimo Planude: il Vindobonensis Phil. gr. 21(Y), SCO 45 (1996), 261–279. 149 Vgl. Al. Turyn, loc. cit. Atumanos hat z.B. auch den Laurent. 32.2 des Euripides annotiert (ibid., 209).

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1551, f. 1). Der Menon ist von Gamillscheg’s Kopisten G abgeschrieben worden150. Da diese Handschrift sozusagen einen Knotenpunkt in der Überlieferung bildet, ist es wohl auch der Mühe wert, zunächst alle Auslassungen von Y darzustellen: 70c2 οὐκ om. Y 71e7 εὖ οἰκεῖν om. Y 74d8 ὃ om. Y 75a5 σε om. Y 75a7 καὶ om. Y Ibid. περὶ om. Y 76a2 ταῖς om. Y 76b2 σὺ om. Y 76d5 δὴ om. Y 82d14–84a5 εἰπεῖν–––μὲν οὔ om. Y 84c5 ἂν om. Y 84d9–10 καὶ τρίτον–––ναί om. Y 85a4 τὸ om. Y 86a6 ᾖ (posterius) om. Y 86b7 ἐμοὶ om. Y Ibid. καὶ (posterius) om. Y 86d9 τε om. Y 87d2–3 τὴν (d2)–––(d3) εἶναι om. Y 88a2 ἢ οὕτως om. Y 90d7 Ναί om. Y 91c5 τε om. Y 91d4 ἔργα om. Y 94a1–3 ἐν–––ὁμολογεῖς om. Y 94a7–8 που om. Y 96c7–8 ἔστι–––διδάσκαλοι om. Y 96d3 εἴη om. Y (suppl. sv Y rec.) 97c9 ἂν om. Y 97d9–10 μὲν μὴ et ἀποδιδράσκει–––δεδεμένα (d10) om. Y 98a4 ὦ om. Y 98a8 ἐστίν–––δόξης om. Y 98b2 τι om. Y 98b8 τῆς om. Y 98c10 δι· om. Y 100a5 εἶναι om. Y Y teilt zwei dieser Auslassungen mit P (75a7 secunda vice und 88a2) und eine andere mit Par (76a2); eine vierte Auslassung findet man auch in W (75a7), eine fünfte in WP (76b2). Anderseits stimmt Y zweimal mit F (vor der Korrektur) in 150 Vgl. E. Gamillscheg (1984), 96. Insgesamt neun Kopisten haben nach Gamillscheg am Manuskript mitgearbeitet.

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Auslassungen (86a6 und 86b7 secunda vice) überein, die aber im Vindobonensis Suppl. gr. 39 von späterer Hand über der Zeile geheilt worden sind. Aufgrund der Auslassungen ließe sich also kaum entscheiden, auf welche Handschrift Y zurückzuführen ist. Daß aber Planudes’ Handschrift vornehmlich von der Familie von W abhängt, wird klar, wenn man folgende Varianten in Betracht zieht: (1) Y bietet Lesarten, die auf die gemeinsame Vorlage von WP zurückgehen: 74c3 προσανηρώτησεν Y cum WP 74d9 ὀνομάζει Y cum WP 82a8 προσκάλεσαι Y cum WP 93a2 ἐξέμαθον Y cum WP 97b10–11 παρελίπομεν Y cum WP (2) Entscheidend ist aber, daß Y darüber hinaus nur mit W in folgenden Verlesungen bzw. Varianten übereinstimmt: 71e7 αὐτὴν] αὐτῆς Y cum W 74a7 ταὐτὸν] ταῦτα Y cum W 76b5 σοι ἔτι] ἔτι σοι hoc ord. Y cum W 76d1 τὰς] τοὺς Y cum W 77b3 καλοῖσι] καλοῦσι Y cum W (primitus) 77b4151 λέγω] εἶναι λέγω Y cum W 79b8 ὅλον] ὅλην Y cum W (η supra ο) Auf der anderen Seite sind wichtige Lesarten aus der Familie des Vindobonensis F entlehnt worden, vgl.: 73b2 σωφρόνως καὶ δικαίως Y hoc ord. cum F 79d7 οἴου Y cum F: σὺ TWP: οὐ B 86a6 καὶ (pro ἢ καὶ) Y cum F 89b4 ἂν ἐν Y cum F (sed ἂν p. not. f) 91a1 σοι Y cum F 97a5 ὁμολογοῦμεν Y cum F 98b2 οὐ (ante πάνυ) Y cum F (sed οὐ p. not. f) 98d9 εἰ ἡ Y cum F (εἰ suprascripto ἡ) 100c2 ὅτε (pro ὅτι) Y cum F Wenn man nun diese beiden Gruppen von Lesarten (d.h. die Varianten, die auf W zurückgehen, und diejenigen, die aus F geflossen sind) miteinander vergleicht, so leuchtet sofort ein, daß die Lesungen, die aus dem Vindobonensis F entnommen wurden, in der Regel lectiones potiores sind. Dies legt die Vermutung nahe, daß sie bei der Konstitution des Textes von Planudes und seinen Mitarbeitern bewußt gewählt wurden, während die Elemente, die auf W zurückzuführen sind und die meistens lectiones deteriores sind, keiner solchen Wahl entsprechen, sondern eher den Hintergrund bilden, von dem sich die erwähnten abweichenden Lesarten von 151 P hat λέγω εἶναι (f. 89, Z. 9 v.u.), nicht etwa εἶναι λέγω wie Bluck fälschlicherweise annimmt (1961, 142 und 162).

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F sozusagen abheben; mit anderen Worten: W152 lieferte den Haupttext, der dann mit Hilfe anderer Quellen bearbeitet worden ist. Man kann also Bluck durchaus zustimmen, wenn er schreibt, im Menon gehe Y auf eine Handschrift zurück, die aus W über eine nicht mehr erhaltene, auf der Basis von F korrigierte Zwischenstufe geflossen ist153. Es muß noch bemerkt werden, daß weitere auf W zurückgehende Verlesungen schon vor der Reinschrift Y beseitigt worden sind, z.B.: 87e7 φαμέν et Y recte: μέν W 88d2 γε et Y recte: τε W 89e9 τούτων et Y recte: τῶν W 91c10–11 διαφθείρουσι et Y recte: διαφέρουσιν W 98a6 πρῶτον et Y recte: πρῶται W Dazu kommt 98c7 Ναί et Y recte: om. WP Aus der Familie von T kommt nur eine (wenn auch wichtige) Lesart: 79c3 δεῖ Y cum T: δεῖται BWP: δεῖ τι F Die Handschrift von Planudes und Moschopoulos enthält aber auch Konjekturen, die wahrscheinlich schon in der Zwischenstufe eingesetzt worden sind154: 70b2 Λαρισαῖοι F: Λαρισαίου BTWP: Λαρισσαίου (σ sv) t: τοῦ Λαρισσαίου Y 84d2 οὐ BTWP: om. F: μὴ Y 87c8 τοιοῦδε BTWPF: μὴ τοιοῦδε Y 87e5 ἀνάγκη BTWPF: ἀνάγκη δὴ Y 89a2 φρόνησις BTWPF: καὶ φρόνησις Y 90d8 τὰ αὐτὰ ταῦτα BTWPF: τὰ τοιαῦτα Y 92a1 πρότερον BTWPF: πρότεροι Y 96c4 μήτε διδακτὸν BTWP: μὴ διδακτὸν F: διδακτὸν μὴ Y: μηδὲ διδακτὸν coniec. Bekker 97b1 μὲν BTWPF: μὲν εἴη Y 97c9 ἂν τυγχάνοι F: τυγχάνοι BTWP: τυγχάνει Y 97c10 ὀρθὰ BTWPF: ὀρθῶς Y 98b10 ἀληθῆ BTWPf (sv): ἀληθ(ᾶ) F (compend.): ἀληθῶς Y 100a6 εὐθὺς τοιοῦτος BTWP: εὐθὺς οὗτος τοιοῦτος Y: ἐνθάδε ὁ F Vom Vindobonensis Y stammen im Menon sechs Handschriften155:

152 Bzw. eine nicht mehr erhaltene, auf W zurückgehende Handschrift. 153 Vgl. Bluck (1961), 141–142. Zu ähnlichen Ergebnissen kommen auch in neuerer Zeit M. Diaz de Cerio Diez und R. Serrano Cantarin, Die Stellung der Handschrift Vindobonensis phil. gr. 21 (Y) in der Überlieferung von Platons ‘Gorgias’, WS 113 (2000), 75–105. 154 Die Quelle folgender Korrektur bleibt dagegen weitgehend unbestimmt: 91d7 ἐξακούμενοι] ἐξασκούμενοι Y cum P M C Γ Am Ang² (sv) c o. Auffällig ist noch 78c5 τὸ ante τἀγαθὰ add. Y cum b. 155 Dazu kommt der Bruxellensis 11360–63, der aber nur zwei kurze Exzerpte überliefert. S. unten. 6.4.

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6.2. Monacensis gr. 408 (chartaceus; anno 1490; ff. 280v–297v; Sigel: Mo). Diese Handschrift ist von Antonios Damilas 1490 auf Kreta aus Y abgeschrieben worden (Subskription ff. 440v–441). Es handelt sich um eine getreue Wiedergabe von dem Vindobonensis Y: (1) Mo weist alle Auslassungen von Y auf, mit Ausnahme von 96d3, wo das vom ersten Schreiber des Vindobonensis ausgelassene Wörtchen εἴη schon von anderer Hand in Y über der Zeile hinzugefügt worden war. (2) Mo enthält all die charakteristischen Lesarten, die Y von seinen Quellen (T W F) übernommen hat156. Er teilt auch alle Neuerungen von Y gegenüber seiner Vorlage. Außer den oben157 erwähnten Tatsachen kann man noch folgendes zitieren: 78a10 ἄθλιον] ἄθλιος Mo cum Y 79b9 φῂς πρᾶξιν] πρᾶξιν φῂς hoc ord. Mo cum Y 79e6 πάλιν ἐξ ἀρχῆς] ἐξ ἀρχῆς πάλιν hoc ord. Mo cum Y 84d4 οὐ τὸ] αὐτὸ Mo cum Y 86b8 ὑπὲρ τοῦ λόγου διισχυρισαίμην] διισχυρισαίμην ὑπὲρ τοῦ λόγου hoc. ord. Mo cum Y 87c10 δεῖ σκέψασθαι] διασκέψασθαι Mo cum Y 88e1 αὖ] ἂν Mo cum Y 93c2 ἂν φαίης] φαίης ἂν hoc ord. Mo cum Y (3) Gegenüber seiner Vorlage Y weist der Monacensis weitere Fehler auf, z.B.: 73b6 ἀνήρ et Y] ἀήρ Mo 74b4 ἡμᾶς et Y] om. Mo 78b4 τε et Y] om. Mo 87a1 τὸ et Y] om. Mo 90b2 δοκεῖ et Y] δοκεῖς Mo 90b3 δὴ et Y] δὲ Mo 6.3. Zittaviensis gr. A 2 (chartaceus; s.XV ex.; ff. 254v–268v; Sigel: Z). Der Kopist dieser Handschrift war Thomas Bitzimanos, ein Mitarbeiter von Damilas158. Dieser Umstand rückt mithin den Zittauer Codex in die unmittelbare Nähe des von Damilas geschriebenen Monacensis. Diese Annahme wird durchaus durch das Ergebnis der Kollationen bestätigt: (1) Z weist die Trennfehler von Mo auf: 73b6 ἀνήρ] ἀήρ Mo Z 156 Nur an einer Stelle ist in Mo eine auf W zurückgehende Verlesung berichtigt worden, aber diese Berichtigung ist wahrscheinlich nicht dem ersten Schreiber des Monacensis zuzuweisen: 77b3 καλοῦσι WY] καλοῖσι Mo recte (sed –οι– e correctione ut vid.). 157 S.o. 6.1. (Konjekturen, die schon in dem Antigraphon von Y eingesetzt worden sind). 158 Nach einer Identifizierung von Anna Clara Palau apud Brockmann (1992), 125.

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74b4 ἡμᾶς] om. Mo Z 78b4 τε] om. Mo Z 87a1 τὸ] om. Mo Z 90b2 δοκεῖ] δοκεῖς Mo Z 90b3 δὴ] δὲ Mo Z (2) Der Zittaviensis reproduziert die Randglosse159 zu 84a, die Mo von Y (in mg.) schon übernommen und in den Text eingefügt hat: 84a7 (post εἰδέναι) λέγων εἶναι τὴν διπλασίαν τῆς δίποδος add. Mo Z: signis del. Mo² (3) Gegenüber seiner Vorlage bietet der Zittaviensis weitere Fehler: 70b6 εἴθικεν et Mo] ἔθικεν sic Z 86a3 ὅτ’ et Mo] ὅτι Z 86b4 ἐπιχειρεῖν et Mo] ἐπιχειρεῖ Z 6.4. Bruxellensis 11360–63 (olim Antverpiensis societatis Iesu; chartaceus; s. XIV–XV; ff. 93–97v; Sigel Brux). Dieser kleine Codex160 überliefert zwei Passagen aus dem Menon: 70a1 – 71c4 und 95b9 – 100c3 (Anfang und Ende des Dialogs). Die Kollation zeigt, daß Brux in die Deszendenz des Vindobonensis Y zu stellen ist: (1) Brux teilt wichtige charakteristische Lesarten des Vindobonensis: 70c2 οὐκ] om. Y Brux 71c1 καὶ ante σὺ add. Y Brux 96c4 διδακτὸν μὴ εἶναι Y Brux 97a11 ἄλλο τι] ἄλλο τι ἢ Y Brux 98b2 τι] om. Y Brux Ibid. οὐ ante πάνυ habent Y Brux 98b8 τῆς] om. Y Brux 100c2 ὅτι] ὅτε Y Brux (2) Gegenüber Y bietet Brux eigene Fehler, z.B.: 71c5 δοκῶ] δοκεῖ Brux 96a6 περὶ ante ἄλλου add. Brux 96b4 τεταραγμένους] τετραμμένους (–ραμ– in ras.) Brux 96d1 ὀρθῶς ἡμεῖς] ἡμεῖς ὀρθῶς hoc ord. Brux 97a11 βούλει] om. Brux 97b6 χείρων] χεῖρον Brux 97c3 γε] om. Brux 159 Diese Glosse gehört zu den scholia vetera (=W, f. 417v). S. unten Kap. V. 160 22, 5 + 15, 8 cm. Vgl. L.A. Post, The Vatican Plato and its Relations, Middletown 1934, 89; A. Carlini (1964), 39; C. Brockmann (1992), 120–121.

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97d9 ἐὰν μὲν (μὴ omiss.) λελυμένα (–λυ– in ras.) Brux 98b4 οὖν] om. Brux (3) Ein Teil der auf Y zurückgehenden Sonderlesungen ist aber in Brux beseitigt worden: 95b9 σου οὗτοι Y] σοι οὗτοι recte Brux 97c9 τυγχάνει Y] τυγχάνοι recte Brux 98a8 ἐστίν–––δόξης om. Y] hab. Brux 98b3 εἰκάζων Y] εἰκάζειν recte Brux 98b10 ἀληθῶς Y] ἀληθῆ Brux 98c10 δι· om. Y] hab. Brux 98d1 αὐτὸν Y] αὐτοῖν recte Brux 98d9 εἰ ἡ Y] εἰ recte Brux 100a5 εἶναι om. Y] hab. Brux 100a6 εὐθὺς οὗτος Y] εὐθὺς Brux 100b8 που ἰέναι] ποι ἰέναι recte Brux (4) Darüber hinaus weist Brux eine Reihe von Sonderlesungen, die auch im Paris. Coislinianus 155 (= Γ) auftauchen161: 95c5 που post δεῖν add. Γ Brux 98a9 τοιούτῳ τινί] τινὶ τοιούτῳ hoc ord. Γ Brux 98b1 καὶ (posterius) om. Γ Brux 99b1 δυοῖν ἄρα ὄντοιν] δυοῖν ὄντοιν ἄρ· hoc ord. Γ Brux 99b1–2 τὸ μὲν ἕτερον] τὸ ἕτερον μὲν hoc ord. Γ Brux 99d4 εἰδότες] εἰδότας Γ Brux 99d8 φασίν, οὗτος] οὗτός φασι hoc ord. Γ Brux 99e1 φαίνονται] φαίνεται Γ Brux 98e10 bietet Brux eine Variante des Paris. 1808: ὡμολογοῦμεν Brux cum Par. 97d8 teilt Brux eine Auslassung des Marc. 186 (a.c.): δὲ om. Brux cum Ua.c. 99e3 handelt es sich wohl nur um Fehlerkoinzidenz: μέλει] μέλλει Brux cum Γ x V(a.c.) Diese Tatsachen lassen den Schluß zu, daß der Bruxellensis aus Y über einen nicht mehr erhaltenen Vermittler (= ι) geflossen ist, der vorwiegend mit Hilfe von Γ korrigiert wurde. 6.5. Venetus Marcianus gr. 590 (coll. 908) (chartaceus; s. XIVin.; ff. 202–214; Sigel: X)162. Dieses Manuskript wurde ebenso aus dem Vindobonensis Y abge-

161 S.o. 3. 2. 162 Vgl. Elp. Mioni, Bibliothecae Divi Marci Venetiarum Codices Graeci manuscripti, Thesaurus antiquus, 2. Bd.: Codices 300–625, Rom 1985, 511–512.

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schrieben. Der Marcianus X teilt nämlich alle oben erwähnten Auslassungen von Y.163 Er weist darüber hinaus die Sonderlesungen des Vindobonensis auf, z.B.: (1) Leitfehler: 77a3 προθυμίας] προμηθείας (–θυμί– sv) Y X 78a10 ἄθλιον] ἄθλιος Y X 79b9 φῂς πρᾶξιν] πρᾶξιν φῂς Y X 84d4 οὐ τὸ] αὐτὸ Y X 86d7 σαυτοῦ] αὐτοῦ Y X 87c10 δεῖ σκέψασθαι] διασκέψασθαι Y X 88e1 αὖ] ἂν Y X 93c2 ἂν φαίης] φαίης ἂν Y X 97a11 βούλει] βούλοιο Y X (2) Konjekturen: 87c8 τοιοῦδε] μὴ τοιοῦδε Y X 90d8 τὰ αὐτὰ ταῦτα] τὰ τοιαῦτα Y X 92a1 πρότερον πρότεροι Y X 96c4 διδακτὸν μὴ Y X 97c10 ὀρθὰ] ὀρθῶς Y X 98b10 ἀληθῆ] ἀληθῶς Y X 100a6 εὐθὺς] εὐθὺς οὗτος Y X Gegenüber seiner Vorlage Y weist der Marcianus X einige weitere Fehler auf: 71e4 πράττοντα] πράτοντα sic X 72a9 περὶ ante οὐσίας] om. X 78a10 μὴ βούλεται] μὴ βούται sic X Zwei Auslassungen des Marcianus sind besonders wichtig, denn sie bestätigen geradezu die Vermutung, daß Mo von X unabhängig ist: (a) 75d4 (ἔστι)– d5 (ἀποκρίνεσθαι) om. X (id. per id.): hab. Mo 76c2 (καὶ ἀποκρινοῦμαι) – c4 (οὖν σοι) om. X (id. per id.): hab. Mo Umgekehrt ist X von Mo unabhängig: (b) 72c3 δήπου om. Mo: hab. X 72d3 πω om. Mo: hab. X 72d6 καὶ ante περὶ ὑγιείας om. Mo: hab. X 73a10 διοικοῦντες Mo: διοικοῦντα recte X 73b6 ἀὴρ falso Mo: ἀνὴρ recte X Von X hängt wiederum folgendes Manuskript ab:

163 S.o. 6.1.

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6.6. Venetus Marcianus gr. 189 (coll. 704) (bombycinus; s. XIVin.; ff. 169–178v; Sigel: S). Dieser wichtige Codex gehört ins XIV. Jahrhundert, wie Jean Irigoin endgültig bewiesen hat: S besteht aus orientalischem Papier, wodurch das XV. Jh. praktisch ausgeschlossen ist; man muß also die von Mioni vorgeschlagene Datierung wiederaufgreifen164. S gehörte Johannes Bessarion (f. 1v) und enthält Marginalien von der Hand von Bessarions Meister, Georgios Gemistos Plethon165. Zu der Y– Reihe sind zusätzliche Dialoge hinzugekommen: Hippias minor, Menexenos, Ion, Kleitophon, Phaidros, Kritias, Philebos, Hipparchos, Amatores, Theages, Charmides, Laches, Lysis, Euthydemos, Protagoras, Eryxias (dazu noch, vor dem Euthyphron, Diogenis Laertii Vita Platonis et Albini Prologus). Der ganze Codex stammt aus der Feder eines und desselben Kopisten166. Der Text wurde auf zwei Kolumnen angeordnet. S kann als « Mischcodex » bezeichnet werden, denn seine Quellen wechseln bekanntlich von Dialog zu Dialog167. Im Menon ist er eindeutig als eine Abschrift des Marc. 590 zu beurteilen, vgl.: 1° S teilt die Auslassungen, die den Marc. 590 charakterisieren: 71a2 ἡ] om. X S 72a9 περὶ] om. X S 75d4–5 ἔστι––––ἀποκρίνεσθαι om. X S(a.c.): suppl. S² in mg. infer. 76c2–4 καὶ ἀποκρινοῦμαι––––σοι om. X S 2° Gegenüber X weist S viele weitere Fehler auf, z.B.: 74d9–e 1 ἢ τὸ εὐθὺ–––στρογγύλον] om. S 74e5–e9 τὸ στρογγύλον–––φῂς] om. S 79b2–5 εἶναι–––ἀρετῆς] om. S 80d3–4 ἐμοῦ–––σοῦ] om. S 82c4 ἐστὶν] om. S 85d9 νῦν] om. S 86d1 δεῖ] om. S 87d6 ἡ] om. S 92c3 φλαῦρον] φαῦλον S 92c7 γε ἄλλως] γε ἄλλως γε S 92e3 ἂν] om. S 93a1–2 οὐκ] om. S 95a3 μὲν] om. S 164 Vgl. E. Mioni, Bibliothecae Divi Marci Venetiarum Codices Graeci manuscripti, Thesaurus antiquus, 1. Bd.: Codices 1–299, Rom 1981, 301–302, der schon auf den schlechten Erhaltungszustand des Manuskripts hingewiesen hatte. S. u.a. M. Joyal, The Textual Tradition of (Plato) Theages, RHT 28 (1998), 18, Anm. 64; S. Azzarà, Note su alcuni codici di Platone e Diogene Laerzio: la datazione del Laur. LXXXV 9 e il Marc. gr. 189, Res Publica Litterarum 25 (2002), 164–171. 165 Vgl. C. Brockmann (1992), 33 u. 126. 166 Vgl. E. Mioni, loc. cit.: unus idemque scriba totum volumen exaravit. 167 S. L. Ferroni, Per una nuova edizione dello Ione platonico: i manoscritti primari e l’indipendenza del Marc. Gr. 189 (S), Revue de philologie LXXXI, 2 (2007), 278–281.

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97b7 τοῦ] om. S Die Auslassung 80d3–4 verdient besondere Beachtung: der Kopist hat die Worte ἐμοῦ ἅψασθαι: νῦν μέντοι ὅμοιος εἶ οὐκ εἰδότι. ὅμως δὲ ἐθέλω μετὰ σοῦ , die in X genau eine Linie bilden (f. 206v, Z. 6 v.o.), übersehen, und zwar darum, weil sich dabei das Wort σκέψασθαι gerade unter den Wörtchen ἐμοῦ ἅψασθαι findet; das Homoeoteleuton (–ψασθαι) hat allem Anschein nach diesen Zeilensprung verursacht168. Von S hängt wiederum folgende Handschrift ab: 6.7. Venetus Marcianus gr. 186 (coll. 601) (chartaceus; s.XV; ff. 165–175; Sigel: U). Dieser Codex hat ebenso Johannes Bessarion gehört. Sechs Kopisten haben sich an dem Abschreiben beteiligt; die Abschrift der ff. 10–255 (welche die Y– Reihe samt dem Kleineren Hippias enthalten) ist von einem einzelnen Kopisten, dem scriba a von Mioni, gemacht worden169. Die Handschrift ist von Bessarion durchgearbeitet worden (= U²). Es läßt sich zeigen, wie Bessarion sein Arbeitsexemplar durchkorrigiert hat, indem er Sonderlesungen, die auf die verschiedenen Vorfahren des Marcianus U zurückgehen, Schritt für Schritt zu beseitigen versuchte. 1° Bessarion konnte Trennfehler heilen, die auf S zurückzuführen sind: 74d9 –e1 εὐθὺ––––στρογγύλον om. S U(a.c.): suppl. U² in mg. 74e5 –e8 τὸ στρογγύλον–––φῂς om. S U(a.c.): suppl. U² in mg. infer. 79b2 – b5 εἶναι–––ἀρετῆς om. S U(a.c.): suppl. U² in mg. 80d3–4 πρὶν–––σοῦ om. S U(a.c.): suppl. U² in mg. 82c4 ἐστὶν om. S U(a.c.): suppl. U² supra lin. 85d9 νῦν om. S U(a.c.): suppl. U² in mg. 86d1 δεῖ om. S U(a.c.): suppl. U² supra lin. 87d6 ἡ om. S U(a.c.): suppl. U² supra lin. 92c3 φαῦλον S U(a.c.): φλαῦρον U² supra lin. 92e3 ἂν om. S U(a.c.): suppl. U² supra lin. Besonders signifikant ist 93a1–2 οὐκ om. S U(a.c.): suppl. U² in rasura. Indem er die Korrektur durch Rasur anbrachte, hat der Korrektor zugleich eine Variante, die sich schon in W Y (und daher auch in X S) findet, aus dem Text entfernt, denn er schreibt: ἔμαθον (ἐξέμαθον WPYXSMoZ). Das Korrektivexemplar muß also aus einem anderen Überlieferungszweig stammen.

168 Es sei darauf hingewiesen, daß in anderen Dialogen eine nicht mehr erhaltene Zwischenstufe zwischen X und S erforderlich ist, vgl. E. Berti, I manoscritti del Critone di Platone: gli Apografi del Venetus Append. Cl. IV 1, coll. 542, Hermes 97 (1969), 423–424. In dem betreffenden Falle wäre dann anzunehmen, daß der Zeilensprung schon in dem verlorenen Vermittler zwischen X und S stattgefunden hätte. 169 Vgl. E. Mioni, Bibliothecae Divi Marci Venetiarum Codices Graeci manuscripti, Thesaurus antiquus, 1. Bd.: Codices 1–299, Rom 1981, 297–298.

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2° Es wurden auch Sonderlesungen beseitigt, die in X entstanden sind170: 71a2 ἡ om. X S U(a.c.): suppl. U² supra lin. 72a9 πέρι om. X S U(a.c.): suppl. U² supra lin. 76c2–4 ἀποκρινοῦμαι–––οὖν σοι om. X S U(a.c.): suppl. U² in mg. 3° Bessarion konnte aber auch die Mehrzahl der auf Y zurückzuführenden Auslassungen171 ergänzen (darunter zum ersten Mal in diesem Überlieferungszweig die größere Lücke 82d14–84a5); nur folgende hat er nicht heilen können: 75a5 σε om. YXSU: hab. F Γ 75a7 περὶ om. YXSU 76a2 ταῖς om. YXSU 86b7 καὶ (posterius) om. YXSU 97c9 ἂν om. YXSU (qui τυγχάνει) 98a4 ὦ om. YXSU (ὦ F: om. BTWP) 98b2 τι om. YXSU 98c10 δι· om. YXSU 100a5 εἶναι om. YXSU Daß Bessarion 75a5 das Pronomen nicht ergänzte, hat vielleicht seinen Grund in Γ), einer textkritischen Entscheidung, denn er hätte das Wort im Coislinianus 155 (Γ die ja in seinen Händen gewesen ist, finden können172. 4° Bessarion hat sogar Verlesungen, die sich auf den Vindobonensis W zurückführen lassen, berichtigen können173: 74a7 ταῦτα W YXSU(a.c.): –α punctis not. U² et fec.ταὐτὸν cum BTPF Daß das von Bessarion herangezogene Korrektivexemplar nicht aus der W– Familie stammt, beweist noch die Stelle 75a7, an der Bessarion das in W Y fehlende Wörtchen καὶ unmittelbar nach ἵνα supra lineam eingefügt hat. Dazu kommt noch: 79b8 ὅλον BTPF, (η supra ο) W: ὅλην YXS, (ον supra ην) U Dieses Exemplar dürfte aus der Familie von T stammen, vgl.: 74d8 τοῦτο U cum Y BT(a.c.)WPF: τοῦτο ὃ U² (supra lin) cum T² Par Γ Natürlich hat auch Bessarion (bzw. der διορθωτής) eigene Fehler des Marc. U korrigiert, z.B.: 71c4 πω] om. U(a.c.): suppl. U² supra lin. 75d5 ἴσως] om. U(a.c.): suppl. U² supra lin. 170 Wie erwartet erscheint die in X festgestellte Auslassung 75d4–5 eben darum nicht im Marcianus U, weil sie schon von zweiter Hand in S ergänzt worden ist. S.o. 6.6. 171 S.o. 6.1. Vgl. auch 94a8 σὺ γέγονας YXSU(a.c.): συγγέγονας (γ in lin. add.) U². 172 S.o. 3.2. 173 Vgl. auch oben 1° (zu 93a1–2).

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78c5 λέγοις] λέγεις U(a.c.): –οις supra lin. U² 78c11174 οὔκ–––τοιαῦτα] om. U(a .c.): suppl. U² in mg. 85e3 ἔστιν–––δεδίδαχε om. U(a.c.): suppl. U² in mg. Diese letzte Stelle beweist geradezu die Abhängigkeit des Marc. U vom Marc. S: in dem letztgenannten bilden die Worte ἔστιν οὖν ὅστις τοῦτον πάντα δεδίδαχε genau eine Linie (f. 173v, Kol. B, Z. 10 v.o.). Der Kopist von U hat diese Linie in seiner Vorlage übersprungen (es liegt kein Homoeoteleuton vor!). 6.8. Venetus Marcianus gr. 184 (coll. 326) (membranaceus; s.XV; ff. 236–243v; Sigel: E). Dieser großartige Codex enthält das Gesamtwerk Platons175 in traditioneller Reihenfolge. Er wurde von Johannes Rhosos im Auftrag des Bessarion abgeschrieben176. An bestimmten Beispielen läßt sich zeigen, wie Rhosos wichtige Korrekturen, die Bessarion in sein Handexemplar eingetragen hatte, in den Text integriert hat: 87d8 τι BTWPF YXS: τιν’ (–ν supra lin.) corr. J² U² τιν’ E in contextu 91d7177 ἐξασκούμενοι YXS: ἐξα*κούμενοι (ras. unius litt.) U² ἐξακούμενοι E 97a10 τίς εἰδὼς BTPY: τίς δ’ εἰδὼς W: om. F in lacuna: εἴ τις εἰδὼς f U²E An einigen Stellen hat er anscheinend den Text und die Korrektur einfach reproduziert: 79b8 ὅλην (–ον supra lin.) U E 80b1 σῶμα (στόμα supra lin.) U (στό– supra lin.) E Es sei hervorgehoben, daß mehrere Korrekturen erst nachträglich vom Korrektor in die beiden Handschriften U und E eingearbeitet wurden. Es darf also angenommen werden, daß Bessarion mit der Korrekturarbeit im Marc. U noch nicht fertig war, als Rhosos den Marc. E aus dem Handexemplar des Kardinals abgeschrieben hat. Man vergleiche:178 71c4 πω om. U(a .c.) E(a.c.): suppl. U² E² supra lin. 74a7 ταῦτα U(a.c.) ταὐτὰ E(a.c.): ταὐτὸν corr. U² –ὸν supra lin. E² 75d5 ἴσως om. U(a.c.) E(a.c.): suppl. U² (supra lin.) E² (in mg.) 91c5 τε om. U(a.c.) E(a.c.): suppl. U² E² supra lin. 92c3 φαῦλον U(a.c.) E(a.c.): φλαῦρον U² (supra lin.) E² (in mg.) 98a8 ἐστὶν–––δόξης om. U(a.c.) E(a.c.): suppl. U² E² in mg. Nur selten ist Rhosos bei der Abschrift ein Fehler unterlaufen: 174 Hier liegt zwar Homoeoteleuton vor (τοιαῦτα/τοιαῦτα). Ebenso gibt es Fehlerkoinzidenz mit F, der diese Worte auch (ante correctionem) ausläßt. 175 Außer dem Ven. 184 gibt es nur zwei griechische Kodizes, die sämtliche Dialoge Platons enthalten: die Laurent. 59.1 und 85.9. S.o. 3.7 u. 3.8. 176 Vgl. E. Mioni (1981), 1. Bd., 295–296. 177 S.o. Anm. 154. 178 S. dazu E. Berti (1969), 425–426.

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71d7 ἐψευσμένος] ἐψεσμένος sic E 75b10 τοῦτο recte U: τοῦτο τὸ falso E 86a1 ἐμεμαθήκει] ἐμὲ μαθήκει sic E Der Venetus 184 bildet sozusagen den Gipfel der handschriftlichen Überlieferung und ist auch im 16. Jahrhundert nicht übertroffen worden.

KAPITEL III – DIE LATEINISCHE FASSUNG DES ARISTIPPUS Die lateinischen Versionen der platonischen Dialoge Phaidon und Menon, die Henricus Aristippus, Archidiakon von Catania, in den Jahren 1154–1160 verfaßt hat, gehören der Blütezeit des normannischen Königtums in Sizilien. Vom Leben des Geistlichen ist freilich nur weniges bekannt. Aristippus wurde zwischen 1105 und 1110 in der griechisch–normannischen Calabria (vielleicht in der Nähe von Santa Severina) geboren. Er dürfte seine Bildung in der Umgebung der griechischen Abtei von Santa Maria del Patire (unweit von Rossano) erworben haben. 1155 wurde er Achidiakon von Catania, und 1160 ist er zum ersten Minister vom König Wilhelm dem Ersten ernannt worden. Für ihn war aber diese Teilnahme am politischen Leben Siziliens schicksalhaft: nach zwei Jahren kam er schon ins Gefängnis, wo er auch gestorben ist179. Die lateinische Übersetzung des Menon, die Aristippus erstellt hat, wird von fünf Handschriften überliefert: 1° Codex Amplonianus Erfordiensis O 7 (membranaceus; inter ann. 1403– 1406; A), geschrieben von Ioh. Wijssen de Bercka im Autrag des Amplonius. 2° Codex Cusanus Hospitalis Sancti Nicolai 177 (chartaceus; c. 1430; C). Das Manuskript gehörte dem berühmten Kardinal Nikolaus aus Kues (1401– 1464), dem Verfasser der Traktate De pace fidei und De docta ignorantia, der zahlreiche Marginalien am Rand angebracht hat. 3° Codex Berolinensis lat. qu. 821 (chartaceus; inter ann. 1450–1470; E). 4° Codex Leidensis Bibl. Univers. publ. lat. 64 (membranaceus; s. XIV in.; L). Die Dialoge Menon und Phaidon finden sich im jüngeren Teil dieser Handschrift, die einst dem Philologen Franciscus Nansius gehörte180. 5° Codex Oxoniensis Collegii Corporis Christi 243 (membranaceus; binis columnis; anno 1423; O). Dieses Manuskript gehörte John Whethamstede, einem Vorsteher der Abtei von Sint Albans, der es dann dem Herzog Humphrey von Gloucester überreichte; 1557 gelangte es in den Besitz des Alchimisten John Dee. Die Editoren der lateinischen Fassung sind der Ansicht, daß die genannten Textzeugen aus einer einzigen Abschrift des von Aristippus verfaßten lateinischen Textes geflossen sind (=Λ Λ). Diese Textzeugen zerfallen in zwei Teile: der erste Teil enthält den Codex O; die zweite Gruppe umfaßt die restlichen Handschriften LCAE, die aus einem gemeinsamen, korrupten Hyparchetyp (=Π) hervorgegangen sind; es ist weiter anzunehmen, daß dieser Hyparchetyp wiederum aus einer 179 Vgl. M.T. Mandalari in Enciclopedia Cattolica, Vatikanstadt 1949, 1. Bd., Kol. 1909. 180 Nansius hat selbst eine bruchstückhafte Übersetzung des Menon verfaßt. Diese Übersetzung wurde von ihm am Rande einer c. 1550 in Paris veröffentlichten Ausgabe des griechischen Textes des Dialogs geschrieben (Leiden, B.P.G. 5). Vgl. James Hankins, Plato in the Italian Renaissance, 2. Band, New York 1990, 801.

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Handschrift geflossen ist, die von einem unbekannten Korrektor an vielen Orten abgeändert wurde181; man vergleiche: 70a1 διδακτὸν] docibile O: docibile quid sit Π 86a6–8 Εἰ οὖν–γίγνονται] vertit O: locum difficilem intellectu exemplar classis Π verbis interpretari conatum est (vide apparatum editionis laudatae ad loc., p.28) 89b9 ἐπειδὴ οὐ φύσει οἱ ἀγαθοὶ ἀγαθοὶ γίγνονται] quandoquidem non natura boni {boni} fiunt O: quandoquidem illi qui non sunt natura boni boni fiunt Π Daraus, daß diese Änderungen und sonstigen Erläuterungen im direkten Vorfahren der Handschriften LCAE völlig unmethodisch vorgenommen worden sind, ja sogar oft jeden Sinnes entbehren, ist zu schließen, daß der Korrektor, der sie einsetzte, überhaupt auf kein griechisches Manuskript zurückgreifen konnte, so daß das Zeugnis der genannten Handschriften nur mit großer Vorsicht verwendet werden kann. Das Fazit der Editoren lautet also: « Nobis Aristippi translationem edituris codex O maxime sequendus est. Qui liber quamquam satis accurate scriptus est, tamen mendis non caret. Quod in Phaedone edendo, ubi cum Florentino Palatino 639 eum comparare licet, melius cognoscitur. Quare, si a ceteris ita differt, ut error quidam librarii causa dissensionis esse putandus sit, ex altera memoria eum supplere licet ».182 Im Phaidon gehört die lateinische Übersetzung des Aristippus zu der dritten Handschriftenfamilie183. Im Menon dagegen ist die lateinische Version des Dialogs keiner bestimmten Familie zuzuordnen.184 Bevor wir uns mit dieser Frage befassen, ist es aber vonnöten zu betonen, daß Aristippus als ein unabhängiger Textzeuge angesehen werden muß. Was den Menon betrifft, geht diese Unabhängigkeit vor allem aus einer Stelle am Ende des Dialogs hervor: « atque mulieres, o Menon, bonos viros divos vocant; necnon Lacones quotiens quempiam preconio extollunt bonum virum: ‘tios vir’, inquiunt, ‘iste’ » (99d6–8 = p. 44, 9–11 K.). Obwohl der Text in der griechischen Überlieferung (BTWPF) einheitlich θεῖος ἀνήρ lautet, deuten die Handschriften der lateinischen Fassung auf etwas anderes hin: 181 S. Plato Latinus ed. R. Klibansky, vol. I: Meno interprete Henrico Aristippo, ed. V. Kordeuter, recogn. et praefat. instrux. C. Labowsky, London 1940, XVI–XVII. 182 Ed. cit., XVII (vgl. Plato Latinus II: Phaedo interprete Henrico Aristippo, ed. L. Minio– Paluello adiuvante H.J. Drossaart Lulofs, London 1950). Kordeuters Kollation des Oxoniensis O im Menon kann als zuverlässig bezeichnet werden. Ich habe nur einige geringe Ungenauigkeiten gefunden: (S.) 12, (Z.) 10 (=73a) ac] aut suprascr.revera O; 21, 4 (=80d) sed] ceterum revera O; 27, 15 (= 85d) igitur] itaque revera O; 28, 10 (=86b) est (posterius) om. O/ et (ante reminiscens) add. O; 39, 6 (=95d) et om. O; 39, 10 (=95d) quoque] quorum revera O. 183 Cf. A. Carlini, La traduzione latina del Fedone di Enrico Aristippo e i codici PW di Platone, Studi Medievali, 3, V 2 (1964), 603–612; Ders. (1972), 193; Platonis Opera, tomus I tetralogias I–II continens, recognoverunt brevique adnotatione critica instruxerunt E.A. Duke et alii, Oxford 1995, XII–XIII. 184 Cf. Plato Latinus, vol. I, XX: « variis lectionibus, quas exempli gratia in apparatu afferimus, Aristippi codicem modo huic, modo illi codicum classi consentire demonstramus ».

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Si hos vel trinos O (trinos del. et tios in mg. corr.): si os L (est deus in mg. L²): si es CAE Dazu schreiben die Editoren in einem Zusatz: « Non tios sed sios scribendum est; nam littera s omnibus codicibus traditur. Quo primum confirmatur Aristippi exemplar Graecum ab omnibus quae extant diversum fuisse. Secundo contra recentiores Platonis editores coniectura Casauboni185 probatur, qui Platonem ex ore Laconum σεῖος ἀνήρ, non θεῖος ἀνήρ scripsisse asseruit (cf. etiam Aristotelis Ethica Nicom. VII 1, 1145 a 29). Aristippus inusitatum dialecti Spartanae verbum σεῖος non transtulit, sed Graecis litteris transcripsit; quod librarius qui Aristippum exscripsit Latinis litteris reddere temptavit. Unde si hos vel trinos exhibet O, qui trinos postea interpungendo delevit et tios in margine correxit ».186 Da das Wort σεῖος echt Lakonisch ist187 und Aristippus kaum eine solche Konjektur hätte erfinden können188, ist wohl anzunehmen, daß seine griechische Vorlage dieses Wort tatsächlich bot, so daß die lateinische Version die Stelle eines unabhängigen Textzeugen einnimmt. Nach meiner Auffassung beweist geradezu eine andere Stelle, daß Aristippus von unserer griechischen Überlieferung nicht abhängig ist189: 94e7 ῥᾷον coniec. Buttmann facilius Λ: ῥᾴδιον BTWPF Aus ΡΑΟΝ ist ΡΑΔΙΟΝ wahrscheinlich durch einen bloßen Majuskelfehler entstanden: Α>ΑΔ (dabei wird erfahrungsgemäß ein I leicht hinzugefügt bzw. übersehen). Wenn wir rein logisch verführen, müßten wir daraus schließen, daß Λ auf ein altes Exemplar, das schon vor dem gemeinsamen Ursprung von β γ entstanden ist, zurückzuführen ist; doch ist wohl die tatsächliche Basis hier zu gering, um einen solchen Schluß zu erlauben. Dazu kommen andere, weniger beweiskräftige Stellen: 74b4190 προσβιβάσαι BTWPF: προβιβάσαι Scor.Ψ. I.1, Laur.85.14 preinstruere Λ 191 79c5 εἰ Parisinus 1812 (post correctionem) si Λ: ἢ T: ἡ BWPF 81d2192 τῆς ψυχῆς ἅπαντα BTWPF: ἅπαντα τῆς ψυχῆς hoc ordine Stobaeus (IV 59), Λ (qui: ‘quasi enim nature totius cognata existente anima et que didicerit universa’) 185 186 187 188 189

Animadversiones in Athenaei Dipnos. VIII 16, Lugduni 1600, 396–397. Ed. cit., 45 (addendum). Die Editoren danken Paul Maas für den Hinweis. Siehe C.D. Buck, The Greek Dialects, 2. Auflage, Chicago 1955, 59, § 64. Vgl. Bluck (1961), 143, 430–431. Bluck (1961, 385) meint, Aristippus habe hier den Text in vertendo korrigieren können; das ist aber sehr unwahrscheinlich, indem Aristippus nirgends derartige Konjekturen anzubringen scheint (Bluck führt ja auch kein Beispiel solchen Vorgehens bei Aristippus an). 190 Es ist nicht ganz klar, ob man den Text der Primärhandschriften zu halten hat oder nicht, s. Bluck ad loc., 236–237. 191 Es kann hier Itazismus vorliegen, so daß das richtige ‘si’ der lateinischen Fassung reiner Zufall sein könnte. 192 Transpositionen sind aber kaum beweiskräftig; außerdem ist hier die Übersetzung des Aristippus besonders konfus (cf. Bluck ad loc., 287).

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83e6193 τριῶν τρὶς ποδῶν TPF, (–ὶ in ras.) W: τριῶν τρεῖς ποδῶν B: trium tripedum ACL: tripedum E: trium pedum O In dieser Hinsicht ist es wichtig zu bemerken, daß die griechische Vorlage des Aristippus sehr wahrscheinlich eigene Unzialfehler aufweist: 71c4 πω BTWP: που F: aliquem (an ex τῳ ?) Λ (Π >Τ) 78e6 ἐστὶν BTWPF: erit (an ex ἔσται ?) Λ (ΙΝ >ΑΙ) 78e10 ἔσται BTWPF: est (an ex ἐστιν ?) Λ (ΑΙ > ΙΝ) 79d5194 ἀπεβάλλομεν BTWP, (–μην F): abiciemus (an ex ἀποβαλοῦμεν ?) Λ (ΑΠє > ΑΠΟ) 83b4 ἐστιν ταυτὶ codd.] erunt hec (an ex ἔσται ταυτὶ ?) Λ (ΙΝ >ΑΙ) 83b5 τούτῳ ἐστὶν TWP: τούτῳ ᾧ ἐστιν B: ἐστὶ τούτῳ F: erit huic (an ex ἔσται τούτῳ ?) Λ (ΙΝ > ΑΙ) 86b3 τυγχάνεις ἐπιστάμενος codd.] est sciens Λ (an ex τυγχάνει ?) (–єICє– > –єIє–) 86c10–d1 ὅπερ ἠρόμην τὸ πρῶτον, καὶ σκεψαίμην codd.] quod indagavi primum et contemplatus sum (an ex ἐσκεψάμην ?) Λ (CK > єCK) 195 87a7 ἀδύνατον BTWPF: possibile (an ex δυνατὸν ?) Λ (ΑΔ >Δ) 95b2196 τε εἶναι καὶ F: τε εἶναι ἢ BTP: τε εἶναι W (verbum periit): quidem esse si Λ (an ex γε εἶναι εἰ ?) (Τ > Γ) 97c4 ἐστιν BTWPF: erit (an ex ἔσται ?) Λ (ΙΝ >ΑΙ) 98d6 ἐσκοποῦμεν BTWPF: consideramus (an ex σκοποῦμεν ?) Λ (єCK– > CK–) Obwohl Aristippus sich bemühte, den griechischen Text des Dialogs ad verbum zu übersetzen, konnte er es doch nicht vermeiden, einiges – absichtlich oder nicht – zu ändern: (1) selbstverständlich mußte er manche Partikeln auslassen; hier nur einige Beispiele: 71c2 ἀλλὰ ταῦτα περὶ σοῦ καὶ οἴκαδε ἀπαγγέλλωμεν; codd.] verum hec de te domi nuntiabimus ?Λ (καὶ omiss.) 72c7 εἰς ὃ καλῶς που ἔχει ἀποβλέψαντα codd.] in quam bene se habet respicientem Λ (που omiss.) 83e1 πειρῶ δὴ λέγειν πηλίκην τινὰ φῂς αὐτὴν εἶναι codd.] tempta dicere, quantam ais ipsam esse Λ (δὴ omiss.) 94c1 αὖ codd.] om. Λ 193 Es könnte sein, daß die griechische Vorlage des Aristippus τριῶν τριπόδων hatte, s. Bluck ad loc., 301–302. 194 Die gleiche Abweichung findet man auch 79d2 ἀπεβάλλομεν BTWP: ἀπεβάλομεν F: abiciemus Λ 195 Kordeuter hat den Text korrigiert (possibile, 29, Z. 16). Vgl. o. 3.1 (94b9 δυνατοὺς T pro ἀδυνάτους). 196 Cf. Bluck ad loc., 389: « If Aristippus read γε , that will have been a mistake for τε »; Kordeuter, 38, Z.21.

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Καὶ ἕως γ’ἄν που ὀρθὴν δόξαν ἔχῃ codd.] Et quamdiu rectam opinionem habeat Λ (γ’ et που omiss.) (2) er führt ab und zu stilistische Variationen ein, z.B.: 74d6 προσαγορεύεις codd.] appellabas Λ 81a11 μεταχειρίζονται codd.] meditabantur (meditabitur O) Λ 84a8–9 ἀπορεῖν utrobique codd.] hesitare...ambigere Λ 94b2 et c2 ἔθρεψε utrobique codd.] enutrivit...aluit Λ (3) er hat die Wortstellung des griechischen Originals nicht immer beibehalten: 79b9197 πᾶσαν δὲ φῂς πρᾶξιν ἀρετὴν εἶναι codd.] omnemque actum inquis virtutem esse Λ 198 85d12 ἀεὶ καὶ ἦν ἐπιστήμων codd.] semper erat etiam (etiam om. O) sciens Λ (4) rein zufällige Auslassungen bzw. Hinzufügungen sind erkennbar, z.B.: 73b11–12 Οὐ δῆτα.– ἀλλὰ σώφρονες καὶ δίκαιοι; codd.] Nequaquam.–At sobrii atque iusti ?– Neutiquam.– Verum sobrii et iusti ? (bis transtulit) Λ 82b9–10 τετράγωνον χωρίον –– ἔστιν οὖν om. Λ (idem per idem) 84d5–6199 Ναί –– τούτων om. Λ (idem per idem) 87d2–3200 τὴν ἀρετὴν –– εἶναι om. Λ (idem per idem) 95c8–d2 τοτὲ δὲ οὔ –– διδακτόν om. Λ (idem per idem) 98a7–8201 ἐστίν –– δόξης om. Λ (idem per idem) (5) Übersetzungsfehler sind auch festzustellen, z.B.: 73c8 πειρῶ εἰπεῖν codd.] experior dicere Λ 75a1 πειρῶ λέγειν codd.] experiar dicere Λ 81b9 ἅλιον (i.e. ἥλιον dorice) codd.] maritimam Λ Es ist aber nicht zu leugnen, daß Aristippus gelegentlich auch einen geradezu abweichenden griechischen Text vor Augen hatte, z.B.202: 73c5 ἦν αὐτῶν codd.] omnium est Λ 74a7203 αὖ εὑρήκαμεν BTWPF] adinvenimus (an ex ἀνευρήκαμεν ?) Λ 75a2 ἂν codd.] autem Λ 197 198 199 200 201 202

Es gibt Fehlerkoinzidenz mit YMoZXSUE (πρᾶξιν φῂς hoc ord.). Auch hier gibt es Fehlerkoinzidenz mit YMoZXSUE (ἦν καὶ hoc ord.). Fehlerkoinzidenz mit YMoZXSU (a.c.). Fehlerkoinzidenz mit YMoZXSU (a.c.). Fehlerkoinzidenz mit YMoZXSU (a.c.) E (a.c.). Abgesehen natürlich von den oben zitierten Majuskelverlesungen bzw. auf Unabhängigkeit hinweisenden Textabweichungen. 203 Buttmann und Naber hatten zwar schon ἀνευρήκαμεν konjiziert (vgl. Bluck ad loc., 236), und der Parisinus 1812 liest auch ἂν εὑρήκαμεν. Es könnte sich aber dabei lediglich um einen Minuskelfehler υ > ν handeln.

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75c2 ὁ ἐρωτώμενος codd.] respondens Λ 75e5204 ὃ codd.] que Λ 76a4205 ἂν codd.] iterum (an ex αὖ ?) Λ 76c1–2 ἥττων τῶν καλῶν codd.] minus bonus Λ 77e6 Οἱ τῶν κακῶν μὲν ἐπιθυμοῦντες codd.] bonorum desiderantes Λ 78d2 ὥς φησι codd.] verum ait Aristippi codd. (velut ait corr. Kordeuter) 79a4 ἔφαμεν codd.] dicebas (om. O) Λ 79c2 ἤδη γνωσομένου codd.] iam non cognoscente (non secl. Kordeuter) Λ 80d1 Καὶ νῦν codd.] et nunc quidem Λ 80e1 οἷον βούλει λέγειν codd.] quid tu velis dicere Λ 80e2 κατάγεις] adducis Λ (cf. παράγεις Buttmann) 81b3 εἴ σοι δοκοῦσιν ἀληθῆ λέγειν codd.] si tibi videntur proferre ( vera ante proferre suppl. Kordeuter) 82d1–2 ἄλλο τι ἢ δὶς δυοῖν γίγνεται;] aliud quid quam bis efficitur ? Λ 82e6 ἀφ’ ἧς BTWP: ἀφ’ ἧς που F: qua Λ 84b1 οὐδ’ οἴεται εἰδέναι codd.] neque noscere Λ 84c6 ἢ codd.] ac Λ 89b1 οἱ ἀγαθοὶ] om. Λ 92b3 ἀστός codd.] ipse Λ (an ex αὐτός ?) 94b7 χείρους] deterius Λ 94d1 et 3 ταῦτα utrobique codd.] hoc Λ 96d3 γενέσεως codd.] notitie Λ (an ex γνώσεως ?)206 97a11 ἄλλοις] alius Λ 97e4 παραμένει] permanebit Λ (an ex παραμενεῖ ?) 98a1 οὐκ ἐθέλουσι] volentes Λ (nolentes corr. Kordeuter) 98b4 οἶδα] nescio Λ 98e2 οὐ] om. Λ (non suppl. Kordeuter) 98e9 ὁμολογοῦμεν] confessi sumus Λ 99b7 εἰσι] erant Λ 99b8 οὐ δι’ ἐπιστήμην BTWP: οὐκ ἐπιστήμη F] neque per scientiam (an ex οὐδὲ δι· ἐπιστήμην ?) Λ Darüber hinaus ist zu bemerken, daß in der lateinischen Übersetzung einige Erwiderungen unter den Gesprächspartnern anders als in der griechischen Überlieferung (bzw. in einem Teil derselben) verteilt werden, z.B.: 76d8–e2 Ἴσως––τοιούτων (d8–e1) Menoni et Πάνυ μὲν οὖν (e2) Socrati tribuit Λ 78e2 Πῶς γὰρ––γένοιτ’ ἂν Socrati tribuit Λ 79b7207 Τί οὖν δὴ τοῦτο λέγω; Socrati tribuit Λ 204 Auch hier könnte eine Minuskelverlesung in der griechischen Vorlage der Übersetzung stattgefunden haben (ἃ pro ὃ). 205 S.o. Anm. 203. 206 Notitie O L² mg: nocibile LCA: docibilis E. 207 Cum cod. W, vgl. Bluck (1961), 264–265.

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86b5 Οὐκ οἶδ’ ὅπως Socrati tribuit Λ 89c7 Καὶ μὴν––λέγεσθαι Socrati tribuit Λ 92e1208 Καὶ ἴσως τὶ λέγεις Anyto tribuit Λ 96c5 Ὡμολογήκαμεν Socrati tribuit Λ 99e1–2209 Καίτοι––λέγοντι Socrati tribuit Λ 99e3210 Οὐδὲν μέλει ἔμοιγε Menoni tribuit Λ Abweichungen zwischen den lateinischen Handschriften von Aristippus haben in der Regel ihre Ursache in Schreibfehlern, die erst innerhalb der lateinischen Überlieferung aufgetreten sind; doch scheinen einige Unterschiede einen tieferen Grund zu haben, und es ist nicht auszuschliessen, daß sie auf Aristippus selbst (bzw. auf seine griechische Vorlage) zurückgehen. Man vergleiche211: 73d3 οἵου τε Buttmann, οἷόν τε Madvig: οἵω τε WPF: οἵῳ τε BT sufficientem Aristippi ACEL (i.e. οἷόν τε ?): sufficientes Aristippi O (i.e. οἵω τε ?) 79d6 ἔστι οἴου F: ἐστιν οὐ B: ἐστι σὺ T, ἔστιν σὺ WP est non ACEL² Aristippi (i.e. ἐστιν οὐ ?): est ceu L Aristippi (i.e. ἐστιν οἷον ?): est neu O Aristippi 81a11 οἵοις τ’ BF: οἵους τ’ S Stobaei: οἷοί τ’ W: οἷός τ’ TP (in contextu): οἷόν τ’ (ν s.l.) P possibiles O Aristippi (i.e. οἵοις τ’ vel οἵους τ’ ?): possibile ACEL Aristippi (i.e. οἷόν τ’ ?) 93b2–3212 σκοποῦμεν codd. Platonis, examinamus L Aristippi, existimamus CAE Aristippi: examinavimus O Aristippi (an ex ἐσκοποῦμεν ?) An mehreren Stellen hat Kordeuter den lateinischen Text sehr vernünftig korrigiert. Mir scheint es aber, daß der Text noch an weiteren Stellen korrupt ist, z.B.: 85c4 Ἐνῆσαν δέ γε αὐτῷ αὗται αἱ δόξαι, ἢ οὔ;] Inerantque ipsi opiniones, necne ? Dazu bemerken die Editoren: αὗται om. Λ. Es dürfte aber hier eher eine Haplographie in der lateinischen Überlieferung selbst stattgefunden haben: ipsi {ipsae} (d.h. αὐτῷ αὐταὶ ); Aristippus hat wahrscheinlich αὐταὶ (falso pro αὗται) gelesen bzw. schon vorgefunden, und er hat dann dieses Wort durch ipsae (statt istae) übersetzt213.

208 209 210 211 212

Cum cod. F, vgl. Bluck (1961), 366. Personarum vicem notat W (vgl. Bluck ad loc., 431–432). Personarum vicem notant TWF. S. Bluck (1961), 144. Von Bluck nicht angeführt. Außerdem gibt es hier (93b2–3) eine dreifache stilistische Variation, indem das erstere σκοποῦμεν durch contemplamur, letzteres aber durch examinamus (bzw. existimamus) übersetzt wird; das Partizip σκοποῦντες wird seinerseits durch speculati wiedergegeben. 213 Vgl. oben, 85a3 αὗται γίγνονται γραμμαὶ ἴσαι] ipse fiunt linee equales Λ.

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III. Die lateinische Fassung des Aristippus

80a7–8 ναρκᾶν ποιεῖ ...ναρκᾶν] sopit et narcissare facit...obstupefieri et narcissare Λ. Hier ist wohl eine Glosse zu ναρκᾶν ποιεῖ (=sopit)/ ναρκᾶν (=obstupefieri) in den Text hineingeschlichen214. 96c10 Ἀρετὴ ἄρα οὐκ ἂν εἴη διδακτόν;] Virtus non itaque erit docibile ? Λ. An Virtus itaque non utique erit docibile ?215 Wenn wir uns nun zu der Frage hinwenden, welcher Handschriftenklasse die lateinische Fassung des Aristippus zuzuordnen ist, so müssen wir zugeben, daß diese Frage nicht eindeutig zu beantworten ist216. Es ist nicht einmal klar zu erkennen, ob Aristippus mehrere, oder nur eine griechische Handschrift verwendet hat. Am zahlreichsten sind allenfalls die Übereinstimmungen von Λ mit BTWP, z.B.:217 72a6 κειμένων BTWP positarum Λ: κείμενον F 73b2 δικαίως καὶ σωφρόνως BTWP iuste et sobrie Λ: σωφρόνως καὶ δικαίως F 75a5 σε F: om. BTWP Λ 75c9 ἔγωγε BTWP ego certe Λ: λέγων F 77d8 οἱ ἡγούμενοι BTWP qui arbitrantur Λ: διηγούμενοι F 78c11 λέγεις BTWP dicis: λέγει τις F 78d3 τούτῳ F: τι τούτῳ BTWP quid huic Λ 81e3218 ἀλλ’ ἁπλῶς BTWP verum simpliciter Λ: ἀλλὰ πῶς F Stobaeus 82d9 τοιοῦτον BTWP tale: τοῦτον F 85a3 γὰρ F: om. BTWP Λ 89b3 οὓς BTWP quos Λ: om. F 89e8 ἡμῖν αὐτὸς ὅδε BTWP (s.l.) nobis hic ipse Λ: ὁ Ἄνυτος ὅδε F 90a1 αὐτὸς BTWP ipse Λ: Ἄνυτος F 91c1 τῶν συγγενῶν BTWP cognatorum Λ: τῶν γ’ἐμῶν Burnet ex γεμῶν F 92c9219 ἐζητοῦμεν BTWP vestigavimus Λ: ἐπιζητοῦμεν F 94c6 ἀκοῇ BTWP auditu Λ: ἀκήκοα F 96c4 μήτε BTWP neque Λ: μὴ F: μηδὲ coniec. Bekker 96e4 διαφεύγειν BTWP subterfugisse Λ: διαφεύγει F (coniecerat Madvig) 98a4 λογισμῷ BTWP Stobaeus cogitatione Λ: λογισμῶν F 98a5 ὦ F: om. BTWP Λ 98b2 οὐ F (p. del. Fcorr.): om. BTWP Λ 99a4 ᾧ BTWP quo Λ: ὧν F Stobaeus 214 215 216 217

80a8 ναρκᾶν secl. Dobree. Itaque O: utique Π. S. oben, Anm. 184. Vgl. auch 73d7, 82a4, 82c6 (ut vid.), 87d7, 88b4, 89d2, 90d4 (Π Aristippi), 92c3, 93d4, 95b2, 97d1, 99a3. 218 Im Hippias maior 292c2 heißt es umgekehrt ἀλλὰ πῶς TWP: ἀλλ’ ἁπλῶς F. 219 vestigavimus O: negavimus LCA: negavi inquirendo E.

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99c3 οὗτοι BTWP isti Λ: οὗτοι ἐνθουσιῶντες F 99c7 μὴ BTWP non Λ: om. F 100a6 εὐθὺς BTWP statim Λ: ἐνθάδε ὁ F 100b8 ταῦτα BTWP hec Λ: ταὐτὰ ταῦτα F Dafür gibt es aber auch wichtige Übereinstimmungen von Aristippus mit F, z.B.:220 73b5 Φαίνεται F Videtur Λ: Φαίνονται BTWP 74b1 πως F quolibet pacto Λ: πω BTWP 76a4 μοι F michi Λ: μου BTWP 79d1 ὅτι ἐγώ F quid ego Λ: ὅτ’ ἐγώ BTWP 89b4 ἂν ἐν F utique in Λ: ἐν BTWP 92a3 αὐτούς F illos Λ: καὶ ἑαυτούς BTWP 95b2 ἀρετή F (a.c.) virtus Λ: ἀρετήν BTWPF(corr.) 97a4 ὁμολογοῦμεν F fatemur Λ: ὡμολογοῦμεν BTWP 99e3 τοῦτο F super hoc Λ: τούτῳ BTWP Besonders wichtig sind darunter die guten Lesarten, die von F und Λ allein behalten wurden: 77c4 δοκοῦσιν F videntur Λ: δοκεῖ BTW(man. rec.): om. P et (a.c.) W 86c6221 ἀλλ’ ἔγωγε F sed ego quidem (quid O) Λ: ἂν λέγω γε BTWP 97d4 θαυμάζεις F miraris Λ: θαυμάζοις BTWP 99a7–8 ἔτι γίγνεται F adhuc fit (sed non legitur O) Λ: ἐπιγίγνεται BTW: ἐγγί– P Es verdient auch Beachtung, daß Λ mit BTWP bzw. mit F in guten wie in falschen Lesarten übereinstimmt222. Mit anderen Worten: gegenüber dem einen wie dem anderen Zweig der direkten griechischen Überlieferung ist Λ von einigen, nicht aber von allen Fehlern frei. Übereinstimmungen von Λ mit einzelnen Textzeugen innerhalb der ersteren Gruppe (BTWP) sind ziemlich spärlich: Mit B: Mit W: Mit P:

79d6: ἐστιν οὐ B] est non ACEL² Aristippi 88b3 εἰ W (s.l.) seu Λ] ἣ B: ἦ T: ἢ WPF 100b6 ἐπιζητήσωμεν W investigaverimus Λ] ἐπιχειρήσωμεν BTF: ἐπιχειρήσομεν P 72e2 τε BTW: γε F: om. P Λ Ibid. καὶ (prius) om. P om. O Aristippi 72e6 ᾗ ἰσχὺς ἐάντε] iuxta quod robur Λ 81a11 οἷόν τ’ (ν s.l.) P] possibile ACLE Aristippi

220 Vgl. etwa auch 98d9 εἰ BTWP: εἰ (ἢ s.l.) F vel Λ. Itazismus ist aber hier wahrscheinlicher. 221 Druckfehler bei Bluck, 175 u. 320 (quis O ist falsch). 222 Vgl. die oben angeführten Stellen (bes. 75c9, 77d8 / 81e3, 90a1; 74b1, 79b1 / 86c6, 99a7–8).

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III. Die lateinische Fassung des Aristippus

95e1223 ἐνόντα P] inherentem Λ Mit WP: 74d9 ὀνομάζει WP nominat Λ] ὀνομάζεις BTF 92a5 ἀξιώσομεν WP asseremus Λ] ἀξιώσωμεν BTF 97b11 παρελίπομεν WP intermisimus Λ] παρελείπομεν BTF Mit TWP: 78b2 βούλεται TWP vult Λ] βούλεσθαι BF Mit BTW: 76d5 αἰσθητός BTW(in contextu) sensibilis Λ] αἰσθήσει P,(–σει s.l.)W: ἐσθῆτος F 80b1 στόμα BTW ore Λ] σῶμα PF Mit BTP: 76b5 σοι ἔτι BTP tibi adhuc Λ] ἔτι σοι W: σοι F 84d3 τούτων BTP istorum Λ] τούτου WF 92a8 τούτοις BTP hiis Λ] τούτους WF Mit TP: 86b9 οἰοίμεθα P et (–οί– in ras.) Tcorr. arbitremur Λ] οἰόμεθα BWF Andererseits finden sich Übereinstimmungen von Λ und F mit Textzeugen aus dem ersten Zweig unserer Überlieferung, und zwar in falschen Lesarten mit W: 85e4 ἄλλως τε καὶ WF aliterque et Λ] ἄλλως τε BTP in falschen Lesarten mit P: 93e3 του T τοῦ BW] τοῦτο P τοῦτ’ F istud Λ in falschen Lesarten mit TWP: 84a7224 γ’ αὐτὴν B] ταύτην TWPF istam Λ in guten Lesarten mit BP: 82e4 τοῦτον BPF hunc Λ] τούτων TW in guten Lesarten mit BT: 85e1 οὗτος BTF hic Λ] οὕτως WP in guten Lesarten mit BTW: 91d7 ἐξακούμενοι BTWF resarcientes Λ] ἐξασκούμενοι P in guten Lesarten mit BTP: 71e6 αὐτὴν BTPF eam Λ] αὐτῆς W 74a5 ταὐτὸν BTPF idem Λ] ταῦτα W 88d1 ἢ BTP vel Λ: ἡ F] καὶ W 89e7 πολλάκις BTPF sepe Λ] οὐ πολλάκις W 96a5 ἄλλου ὁτουοῦν TPFb (ref. man. rec.) alterius cuiusque Λ] ὁτουοῦν W 96e3 εὖ BTPF bene Λ] ἐν W in guten Lesarten mit W: 70b8 αὐτὸς WF ipse Λ] αὐτοῖς TP, (–ς in ras.) B e corr. 223 Es ist zu bemerken, daß in der Überlieferung des Theognis die Variante ἐνόντα ebenso im Codex A (= Paris. Gr. 1302; s. XIII) von Xenophons Memorabilia erscheint (I. 2. 20). Vgl. M.L. West, Iambi et Elegi Graeci ante Alexandrum cantati, 1.Bd., Oxford 1971, 175 (obwohl er das Zeugnis des Menon herangezogen hat, erwähnt doch West in diesem Zusammenhang die Lesart von P Λ nicht). 224 Recte B, vgl. J.D. Denniston, The Greek Particles, 2. Auflage, Oxford 1954, 444; Bluck (1961), 304.

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91b8 οὓς WF quos Λ] οἵους BTP Weiteres225: Mit BTP: 71d6 εὐτυχέστατον BTPF fortunatissimum Λ] εὐτυχέστατος W 85c6 ἀληθεῖς δόξαι BTPF vere opiniones (et add. O) Λ] δόξαι ἀληθεῖς W Mit WP: 73d3 οἵω WPF sufficientes Aristippi O] οἵῳ BT: sufficientem Aristippi LCAE οἷον Madvig οἵου Buttmann Mit TWP: 79d1 σοι ἄρτι TWPF tibi nunc Λ] σοι B Nach meiner Auffassung lassen die oben erwähnten Tatsachen folgende Schlüsse zu: 1° Da Λ eigene Unzialfehler aufweist und darüber hinaus mindestens zweimal226 die gute Lesart allein gegen die übrigen unabhängigen Textzeugen überliefert, ist es als eine unabhängige Quelle anzusehen. 2° Λ kann aber weder dem ersten (BTWP) noch dem zweiten (F) Überlieferungszweig zugewiesen werden. 3° Das Vorhandensein einiger klarer Minuskelfehler227 legt die Vermutung nahe, daß Λ aus einer Minuskelhandschrift geflossen ist. Die lateinische Übersetzung des Aristippus ist durchaus als ein unabhängiger Textzeuge zu betrachten und überliefert eine im 12. Jh. in Sizilien greifbare Fassung des Textes.

225 In den folgenden Fällen ist die textkritische Entscheidung nicht so leicht wie in den eben angeführten Beispielen. 226 94e7 u. 99d8 (s.o.). 227 74a7, 75e5, 76a4 (s.o.). Vgl. auch 80e1 οἷον] quid tu (an ex ὃ σὺ ?) Λ (Bluck 1961, 143, Anm. 7).

KAPITEL IV – DIE EXZERPTHANDSCHRIFTEN Auszüge aus dem Menon sind in neun Handschriften zu lesen. Wegen der Kürze dieser Exzerpte ist es meistens nicht gut möglich, jene Handschriften genau in das Stemma einzuordnen. Es läßt sich doch folgendes sagen: 7.1. Matritensis gr. 4573 (chartaceus; s. XV ex.; f. 153v; Sigel Mat). Der erste Teil dieser Handschrift stammt von der Hand des Konstantinos Laskaris (Subskription Fol. 148). Als Kopist des zweiten Teils wurde Philippos von Rhodos identifiziert228. Der Matritensis enthält Men. 97e6 – 98a8 (ὀρθῆς δόξης). 98a1 weist Mat folgende Variante auf: πάντα τὰ ἀγαθὰ Mat: πάντα τἀγαθὰ BTPF: πάντ’ ἀγαθὰ W: πάντα ἀγαθὰ Stobaeus. 98a4 läßt Mat den Vokativ ὦ Μένων ἑταῖρε aus. Der Auszug kann jedenfalls nicht aus dem Vindobonensis phil. gr. 21 (= Y) abgeschrieben worden sein, denn Y läßt die Worte ἐστὶν–––δόξης (a8) aus. Andererseits wurde in Mat der Anfang des Auszugs etwas abgeändert: αἱ δόξαι αἱ ἀληθεῖς] Αἱ ἀληθεῖς δόξαι Mat. Nun begegnet die gleiche Abänderung im folgenden Manuskript: 7.2. Londinensis Royal 16 C. XXV (chartaceus; s. XV ex.–XVI in.; ff. 57v–58; Sigel: Lond). Philippos von Rhodos hat die Fol. 62–66 dieser Handschrift geschrieben (Subskription Fol. 66)229. Lond überliefert genau denselben Auszug wie Mat. Der Matritensis ist vielleicht aus dem Londinensis abgeschrieben worden, denn 98a4 bietet Mat αἰπας (sic), das aus αἰτί(ας) (–ας compend.) des Londinensis entstanden sein könnte. Außerdem liest Mat ὡμολογήσεται, da Lond das richtige ὡμολόγηται hat230. 7.3. Neapolitanus gr. II. C. 32 (chartaceus; s. XV; Fol. 213v; Sigel: Nea). Dieses Manuskript überliefert folgende Passagen aus dem Menon: 1° 70c3 (ἐνθάδε) – 71a2(σοφία). 2° 71d6(Εἶπον) – 71d9(ἐντετυχηκέναι). 3° 72a6(πολλῇ) – 72a8(κειμένων). 4° 76b4(Κἂν) – 76b5(σοι ἔτι εἰσίν). 5° 76d5(Ἐκ τούτων δὴ σύνες). 228 Vgl. G. de Andrès, Catàlogo de los codices griegos de la Biblioteca Nacional, Madrid 1986, 50–52. 229 Vgl. D. Harlfinger – E. Gamillscheg, Repertorium der griechischen Kopisten, 1. Teil, Nr. 373. 230 Vgl. C. Brockmann (1992), 232–233.

IV. Die Exzerpthandschriften

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6° 77a7(καὶ παῦσαι) – 77a9(ἀρετή). 7° 78d1(Χρυσίον) – 78d3(ξένος). 8° 79b8(αὐτὴν πολλοῦ δεῖ εἰπεῖν). 9° 80a4(Καὶ δοκεῖς) – 80a7(ναρκᾶν ποιεῖ). 10° 89c8(ἀλλὰ μὴ οὐκ) – 89c9(ἔπειτα). Daß der Neapolitanus weder aus W noch aus F stammt, wird klar, wenn man folgende Varianten beachtet: 71d7 εὐτυχέστατον et Nea: εὐτυχέστατος W 76b5 σοι ἔτι Nea cum BTP: ἔτι σοι WY: σοι F 72a8 κειμένων Nea cum BTWP: κείμενον F Die Handschrift aus Neapel weist eine der Sonderlesungen, die für den Parisinus 1808 charakteristisch sind, auf: 70c3 Ἐνθάδε δέ] δέ om. Nea cum Par 7.4. Scorialensis gr. X. I. 13 (chartaceus; s. XIII ex.; f. 268v; Sigel Ex). Diese Handschrift stammt aus der Umgebung des Patriarchen Gregor des II. von Zypern; die platonischen Exzerpte sind vom dritten Kopisten abgeschrieben worden.231 Ex enthält folgende Auszüge aus dem Menon: 1° 88c3(συλλήβδην) – 88c5(τοὐναντίον). 2° 97e6 (αἱ δόξαι) – 98a8 (ὀρθῆς δόξης). 3° 88e8(τὰ μὲν ἄλλα) – 89a1(φρόνησιν). 4° 97b9 – 10 δόξα (ἄρα omiss.) ἀληθὴς πρὸς ὀρθότητα πράξεως οὐδὲν χείρων ἡγεμὼν φρονήσεως. 5° 99a4(ᾧ) – 99a5(ἐπιστήμη). δὲ (a5) et ἐστιν (ibid.) om. Ex, qui δόξα τε ἀληθὴς scr. Außerdem finden sich in Ex die Verse des Theognis (Θεόγνιδος ἔπη), die von Sokrates (95d6 – e1, e6 und e10 – 96a2) angeführt werden (καὶ, d6 om. et σώφροσιν pro σαόφροσιν Ex.)232. Es erhellt sofort, daß der zweite von Ex überlieferte Auszug (97e6–98a8) aus einer anderen Quelle geflossen ist als der von Lond und Mat gebotene Text, denn: (1) der Anfang des Exzerpts ist in Ex nicht abgeändert worden: αἱ δόξαι αἱ ἀληθεῖς et Ex] αἱ ἀληθεῖς δόξαι Lond Mat (2) 98a4 hat Ex die Worte Μένων ἑταῖρε, die von Lond und Mat ausgelassen werden;

231 Vgl. Inm. Pérez Martin, El patriarca Gregorio de Chipre ((ca. 1240–1290) y la transmisión de los textos clàsicos en Bizancio, Madrid 1996, 36–50. 232 Es fehlt aber der Vers πολλοὺς ἂν μισθοὺς καὶ μεγάλους ἔφερον (95e8). Vgl. M.L. West, Iambi et Elegi Graeci ante Alexandrum cantati, Bd. 1, Oxford 1971, 175 und 195.

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IV. Die Exzerpthandschriften

(3) 98a7–8 weicht der Text des Scorialensis von dem der beiden anderen völlig ab: τιμιώτερον ἐπιστήμη ὀρθῆς δόξης ἐστίν Lond Mat: τιμιωτέρα ἐπιστήμη Ex (ὀρθῆς δόξης ἐστίν omiss.) Die Vorlage des Scorialensis muß eine Handschrift aus dem ersten Überlieferungszweig gewesen sein, vgl.: (1) Μένων ἑταῖρε Ex cum BTWP: ὦ Μένων ἑταῖρε F (2) ᾧ Ex cum BTWP: ὧν F Stobaeus 7.5. Vaticanus Ottobonianus gr. 177 (chartaceus; s. XVI; ff. 66–69; Sigel: Ott). Dieses –allerdings sehr fehlerhafte – Manuskript enthält sechzehn Exzerpte aus dem Menon: 1° 75e1 (τελευτὴν) –e2 (ἔσχατον). 2° 76a5 (εἰς ὃ ) – a6 (σχῆμα). 3° 76d6 (ἔστι γὰρ) – d7(αἰσθητός). 4° 77b2 (Δοκεῖ τοίνυν μοι) – b5 (πορίζεσθαι). 5° 78a6 (ἔστιν οὖν) – a11 (κτᾶσθαι). 6° 79e8 (ὦ Σώκρατες) – 80a2 (ἀπορεῖν). 7° 80a4 (καὶ δοκεῖς μοι) – a6 (θαλαττίᾳ). 8° 80e2 (ὡς οὐκ ἄρα) –e5 (ζητήσει). 9° 81b1 (λέγει δὲ καὶ) – c7 (μεμάθηκεν). 10° 81d5 (Τὸ γὰρ) – d6 (ὅλον ἐστίν). 11° 85c9 (νῦν) – c10 (αὗται). 12° 86a6 (εἰ οὖν) – a8 (γίγνονται). 13° 88c6 (ἔοικεν) – c7 (εἶναι posterius). 14° 88c3 (οὐκοῦν) – c5 (τοὐναντίον). 15° 88c8 (ἐπειδήπερ) – d1 (γίγνεται). 16° 95d3 versus Theognidis (ἀλλὰ καὶ Θέογνιν) – 96a2 (ἀγαθόν). Im ersten Auszug liest Ott λέγων mit t. Im achten Auszug hat Ott γε ὃ mit BTWP (ὅ γε F Stobaeus). Im zwölften liest er ἢ καὶ mit BTWP (καὶ F)233. Der Ottobonianus geht also auf eine Handschrift aus dem ersten Überlieferungszweig –und zwar auf ein Manuskript der T–Gruppe– zurück. 7.6. Leidensis Vossianus gr. Q 54 (chartaceus; s. XV; ff. 444–445; Sigel: Q). Acht Auszüge aus dem Menon werden von dieser Handschrift überliefert: 1° 78b3 (ἀρετή ἐστι hoc ord., ἡ omisso) – b4 (δύνασθαι). 2° 78b6 (τούτου) – b8 (βελτίων). 3° 78b10 (ἀλλὰ) – b11 (ἀμείνων). 4° 78b13 (καὶ τοῦτ’ – καὶ addito) – c1 (τἀγαθά). 5° 88c3 (πάντα) – c5 (τοὐναντίον). 233 In diesem Exzerpt bietet Ott die Lesarten ὅτ’ ἂν (a6) und ἐρωτήσεις (a7).

IV. Die Exzerpthandschriften

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6° 88c7 (Εἰ – ἄρα omisso) – d3 (τιν’ εἶναι). 7° 88e7 (κατὰ πάντων) – 89a2 (ὠφέλιμον). Nach dem letzten Exzerpt liest man eine Paraphrase von 89a3–5: ἐπεὶ δὲ τὴν ἀρετὴν ὠφέλιμον εἶναί φαμεν (hoc ord.), φρόνησιν ἄρα φαμὲν ἀρετὴν εἶναι. Dasselbe gilt auch für die folgenden Worte: Καὶ Θέογνιν οἶδα τὸν ποιητὴν διδακτὸν ἀρετὴν εἶναι λέγοντα (cf. 95d3). 8° versus Theognidis 95d5 (ἐν) –e1 (νόον), omissis καὶ ἅνδανε τοῖς (d7). 95d6 liest Q παρὰ τοῖσιν ἵζε (vgl. noch d7: διδάξαι und e1: συμμιγῇς). Die Vorlage von Q ist nicht näher zu bestimmen. 7.7. Palatinus Heidelbergensis gr. 129 (chartaceus; s. XV ex.; f. 44; Sigel: Palat). Dieser Codex enthält folgende Exzerpte aus dem Menon: 1° 71a1–2: κινδυνεύει ἐκ τῶνδε τῶν τόπων παρὰ ὑμᾶς οἴχεσθαι ἡ σοφία. ὑ– (in ὑμᾶς) e correctione. 2° 72a6–8: πολλῇ γέ τινι εὐτυχίᾳ ἔοικα κεχρῆσθαι εἰ μίαν ζητῶν ἀρετὴν σμῆνός τι ἀνεύρηκα ἀρετῶν παρὰ σοὶ κειμένων. Auffällig ist, daß Palat die Lesart κεχρῆσθαι von BTW teilt (χρῆσθαι PF); er zeigt außerdem die Lesart κειμένων mit BTWP (κείμενον F). 3° 79b8: αὐτὴν δὲ (pro μὲν) πολλοῦ δεῖς εἰπεῖν. 4° 89c8–9 ἀλλὰ μὴ οὐκ ἐν τῷ ἄρτι μόνον δέῃ αὐτὸ δοκεῖν καλῶς λέγεσθαι, ἀλλὰ καὶ ἐν τῷ νῦν καὶ ἐν τῷ ἔπειτα. Die Auszüge 1°, 3° und 4° sind nicht einmal einem bestimmten Überlieferungszweig zuzuordnen. 7.8. Olomutensis M. 531 (chartaceus; s. XV ex.; ff. 170v–171v; Sigel: Olm). Diese aus Olmütz (Olomouc) stammende Handschrift234 überliefert den Anfang des Menon (70a – 72c3: desinit ἄν τί μοι εἰπεῖν). Der Erhaltungszustand des Manuskripts ist als schlecht zu beurteilen, so daß der Textbefund oft zweifelhaft bleiben muß. Trotzdem läßt sich folgendes feststellen: 71b6 τοῦτον Olm cum BWPF: τούτων T 71b7 καὶ (prius) om. Olm cum WPF: habent BT 71d1–2 ἀνάμνησον–––ἔλεγεν Olm cum BWPF: punctis not. T² om. Par 71d6 εἶπον Olm cum BTWPF: εἰπέ Laur. 85. 14 71d7 εὐτυχέστατον BTPF: εὐτυχέστατος Olm cum W 71e7 αὐτὴν BTPF: αὐτῆς Olm cum W 72a6 κεχρῆσθαι Olm cum BTW: χρῆσθαι PF 72b2 τοῦτο Olm cum WF: τούτῳ BTP

234 Vgl. J.– M. Olivier und M.–A. Monégier du Sorbier, Catalogue des manuscrits grecs de Tchécoslovaquie, Paris 1983, 37.

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IV. Die Exzerpthandschriften

Aus den gesammelten Tatsachen geht hervor, daß Olm zu der W–Gruppe gehört. Für eine genauere Bestimmung reicht leider das Textmaterial nicht aus. 7.9. Scorialensis gr. Ψ. I. 1. (chartaceus; anno 1462; ff. 72v–73v; Sigel: Esc). Diese Handschrift ist von Demetrios Trivolis im Jahre 1462 auf der Insel Kreta geschrieben worden (Subskr. Fol. 207v). Sie überliefert etwa ein Viertel des Menon (70a–77a5, desinit post λέγειν)235. Für dieses relativ kurze Exzerpt hat doch Trivolis mehrere Vorlagen benutzt236. Dies wird klar, wenn man folgendes beachtet: (1) im ersten Teil hat Trivolis eine Handschrift aus der W–Gruppe herangezogen. Dies wird durch folgende Übereinstimmungen bewiesen: 71b7 καὶ ante γενναῖος om. Esc cum WPF 71d7 εὐτυχέστατον] εὐτυχέστατος Esc cum W 71e7 αὐτὴν] αὐτῆς Esc cum W 72b2 τούτῳ] τοῦτο Esc cum WF Mehr läßt sich leider nicht sagen, denn die erhaltenen Apographa des Vindobonensis W237 zeigen jeweils die oben genannten Sonderlesungen und weisen andererseits auch eigene Verderbnisse auf, die in Esc überhaupt nicht auftauchen, z.B. 70c2 ὅτῳ et Esc] οὕτω LR /71a2 τόπων et Esc] τρόπων LR. (2) 74a ist aber ein auffälliger Wechsel der Vorlage festzustellen: Von da an kann W nicht mehr das Modell bilden, das von Trivolis für die Anfertigung seiner Kopie gewählt worden ist; man vergleiche: 74a7 ταὐτὸν Esc cum BTPF: ταῦτα W 74c3 προσανηρώτα σε Esc cum BTF προσανηρώρησεν WP Zugleich stellt man auch fest, daß Esc nunmehr die Sonderlesungen der T– Gruppe aufweist; insbesondere fällt auf, daß die Vorlage von Esc ein auf Par zurückzuführendes Manuskript gewesen sein muß: (a) 74d8 τοῦτο ὃ Esc cum T² 75b10 τοῦτο τὸ Esc cum T 76a1 Τὸ δ’ Esc cum T (b) 74a2 ἐμοὶ om. Par Esc 74d9 τὸ (posterius) om. Par Esc 76a2 ταῖς om. Par Esc 76d11–e1 ὅ ἐστι καὶ φωνὴν ὅ ἐστι καὶ Par Esc 235 Vgl. G. de Andrès, Catàlogo de los códices griegos de la Real Biblioteca de El Escorial, 3. Bd., Madrid 1967, 1–2. 236 Im Symposion sowie im Kleitophon und in der 4. Tetralogie hängt Esc vom Marcianus gr. 185 (= D), einer Hs., die den Menon nicht enthält, ab. Vgl. C. Brockmann (1992), 100–103; S.R. Slings, A Commentary on the Platonic Clitophon, Amsterdam 1981, 262; A. Carlini (1964), 27–28. 237 Insofern sie in dieser Angelegenheit in Frage kommen, nämlich der Lobcovicianus (=L) und der Vaticanus 1029 (=R). Der Laurentianus 85. 14 (=n) ist zu jung, als daß er in dieser Beziehung eine Rolle hätte spielen können. S. aber unten, Anm. 238.

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Esc läßt sich aber nicht in die Abhängigkeit eines bestimmten Apographon von Par stellen. Die einzige Fehlerkoinzidenz mit einem auf Par zurückgehendes Manuskript ist allem Anschein nach als reiner Zufall zu deuten: 76c10 πόρους] πόρρους sic Esc Ang. Erwähnenswert ist freilich eine der Sonderlesungen des Scorialensis Ψ. I. 1:238 74b4 προσβιβάσαι BTWPF: προβιβάσαι Esc cum Laur. 85. 14 preinstruere Λ

238 S. Bluck ad loc. (1961), 236–237. Es sei darauf hingewiesen, daß ebendaselbst die Lesart von x (=Laur. 85.7) προσβιβάσαι ist (nicht προβιβάσαι wie Bluck annimmt).

KAPITEL V – DIE SCHOLIEN Was die Tetralogien I–VI anbetrifft, unterscheidet man zwischen zwei Gruppen von Scholien: die scholia Arethae und die sogenannten scholia vetera.239 Die scholia Arethae bilden eine Gruppe von Randbemerkungen, die von Arethas selbst mit einer Halbunziale in den Bodleianus E.D. Clarke 39 (= B) eingetragen worden sind240. Diese Randbemerkungen können ebensowohl ein einziges Wort (bzw. einen Eigennamen) als auch eine Redeweise oder sogar einen ganzen Passus betreffen. Im Gegensatz etwa zum Gorgias oder zum Theaitetos sind sie im Menon besonders spärlich: 1° Fol. 405 (in calce): ἀντὶ εἰς τοῦτο τὸ πρᾶγμα ἢ ἀντὶ ἕνεκεν τούτου ἢ ἀντὶ ἀπόρως ἔχων. 2° Fol. 407v (de Gorgia, ad 75c4): Γοργίας ὁ Λεοντῖνος ἀκροατὴς γέγονεν Ἐμπεδοκλέους τοῦ Ἀκραγαντίνου. 3° Fol. 412v (ad 86e4): περὶ τῆς τοῦ Δ (=τριγώνου) εἰς τὸν Ο (=κύκλον) ἐντάσεως. Zwischen den Scholien des Arethas und den scholia vetera gibt es aber keinen absoluten Unterschied, denn das dritte von B (ad 86e4) überlieferte Scholion erscheint auch in T (f. 181v) sowie in W (f. 419), die im Unterschied zu B die andere Gruppe von Scholien bieten. Es ist also von vornherein anzunehmen, daß Arethas verschiedene Quellen ausnutzen konnte241. Es ist auch zu betonen, daß der Codex Vaticanus gr. 225 (=V), der im Menon eine Abschrift von B ist242, in diesem Dialog überhaupt keine Scholien enthält. Zahlreicher sind im Menon die scholia vetera. Diese Scholien sind in T, in W und zum Teil auch in P vorhanden. Sie sind ebensowenig aus einer einzelnen Quelle geflossen, sondern gehen auf verschiedenartige antike Lexika und Kommentare zurück243. Insbesondere sind in dieser Hinsicht das Lexicon des 239 Vgl. W.C. Greene, Scholia Platonica, Haverford 1938; D. Cufalo, Per il testo degli scoli platonici, Res publica litterarum 26 (2003), 5–38; Ders., Note sulla storia della tradizione degli scoli platonici, SCO 43 (2001), Heft 1; Ders., Scholia Graeca in Platonem, Bd. 1, Rom 2007. 240 Vgl. Greene (1938), Praefatio, XIX–XXXVIII; E. des Places, Platon, Les Lois, Livres I–II, Paris 1951, Einführung, CCVIII. Arethas hat auch die Scholien in den Vaticanus gr. 1 (=O) selber eingetragen, s. F. Lenz, Der Vaticanus Gr. 1, eine Handschrift des Arethas, Nachrichten von der Gesellschaft der Wissenschaften zu Göttingen (1933), Phil.–Hist. Klasse 1, 17, 193–218. Es sei daran erinnert, daß nach Lenz und des Places (a.a.O.) die Handschrift O als die (allerdings heute unvollständige) zweite Hälfte des Bodleianus (B) anzusehen ist. 241 Vgl. E.R. Dodds (1959), 60–61. 242 S.o. 2. 2. 243 Vgl. L. Cohn, Untersuchungen über die Quellen der Plato–Scholien, Jahrbücher für Klassische Philologie, 13. Supplementband, Leipzig 1884, 771–864; A. Carlini, Studi sulla tradizione antica e medievale del Fedone, Rom 1972, 148–149; H. Erbse, Untersuchungen zu den at-

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Diogenianos244 (aus dem 2. Jh. n. Chr.) sowie die Sprüchensammlung des Lucillus von Tarrha245 (aus dem 1. Jh. n. Chr.) zu nennen. Im Menon sind etwa dreiundzwanzig Bemerkungen dieser Art am Rande in TW(P) zu lesen; sie erscheinen am vollständigsten in W.246 Der Klarheit halber unterscheide ich folgende Kategorien von Glossen: 1° Erklärungen von einzelnen Wörtern bzw. von der Erläuterung bedürftigen Redeweisen. Zu dieser Klasse gehören folgende Scholien: a) Fol. 415 (W): ad πολλοῦ δεῖς: λείπῃ . καὶ ἐνδεὴς εἶ εἰπεῖν. οἷον πολλοῦ δέῃ. b) Fol. 415v (W): ad γόης: ὡς κακοῦργος παραδοθεὶς εἰς δεσμωτήριον. c) Fol. 417v (W): ad προύργου: συμφέρον ἢ πλέον ὡς νῦν. d) Fol. 421 (W): ad Ἡράκλεις: ἐπίφθεγμα θαυμαστικόν. e) Ibid.: ad εὐφήμει: σιώπα. μὴ ἀκαιρολόγει. 2° Erklärungen von Eigennamen. In diese Klasse gehören folgende Randglossen: a) Fol. 410v (W): ad Θετταλοί: Θεσσαλία χώρα τις ὑπὸ τὴν Μακεδονίας ἐπαρχίαν. Οἱ δ’ ἀπ’ αὐτῆς οὗτοι. b) Fol. 411 (W): ad Λαρισαίου: Λάρισα πόλις Θεσσαλίας. c) Ibid.: ad Ἀλευαδῶν: Ἀλευάδαι οἱ ἐν Λαρίσῃ τῆς Θεσσαλίας εὐγενέστατοι. Ἀπὸ Ἀλεύου βασιλέως τὸ γένος ἔχοντες. 3° Kürzere inhaltliche Erläuterungen. Dieser Kategorie gehören folgende Glossen an: a) Fol. 415 (W): ad ἀπεβάλλομέν που τὴν τοιαύτην ἀπόκρισιν: ἐλέγετο γὰρ ὅτι σχῆμά ἐστιν ὃ ἀεὶ χρόᾳ ἕπεται, αὕτη δὲ ἀγνοεῖσθαι ὑπέκειτο. b) Fol. 417 (W): ad τῇ δὲ βραχύ: οὕτω γὰρ ἑτερόμηκες εἴη. c) Ibid.: ad οὐ τοῦδε μὲν διπλάσιόν ἐστι: τοῦ τετράποδος. d) Ibid.: ad τούτου δὲ ἥμισυ: τοῦ ἓξ καὶ δεκάτου.

tizistischen Lexica, Abhandlungen der Berliner Akademie der Wissenschaften, Phil.–Hist. Klasse, 1949, Nr. 2. 244 Diogenianos muß als eine der wichtigsten Quellen des Hesychios betrachtet werden. Sein Name erscheint ab und zu in unseren Handschriften, z.B. im Scholion TW zu Hipp. Mai. 301b6 (διὰ παντὸς οὕτως Διογενιανός). 245 Vgl. Cohn (1884), 836–852. 246 In T sind einige kleinere Abweichungen feststellbar: 1° (a) enthält T lediglich λείπῃ (ceteris omiss.). 3° (a) liest T ἔλεγεν (pro ἐλέγετο). 3°(d) hat T δεκάποδος (pro δεκάτου). 4°(d) ἐντάσεως T. Auch bietet T (ad 95d sq.) die Worte τὰ Θεόγνιδος ἔπη. (im Wesentlichen gibt Par die in T enthaltenen Scholien wortgetreu wieder). P enthält die schol. 1° c (ὡς νῦν omiss.), 1° d, 1° e, 2° c (οἱ–––Θεσσαλίας et τὸ–––ἔχοντες omiss.), 3° c, 3° d (δεκάποδος pro δεκάτου), 3° h (ἐδιδάξατο δι’ἑτέρου, ceteris omiss.) sowie die Randbemerkung zu 100a (ad Hom. Od.X, 495, ὥς post σκιαὶ omiss.). Die übrigen von W gebotenen Scholien liest man in P nicht (einige Randbemerkungen sind aber so stark beschädigt, daß sie heute nicht mehr lesbar sind). Dafür hat P Bemerkungen zu 75d (f. 88v: τί ἐστι διαλεκτικῶς ἀποκρίνεσθαι) und 76a–d (f. 89: ὅρος χρόας), die ich zu der vierten Kategorie (« Anhaltspunkte ») rechnen würde.

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V. Die Scholien

e) Fol. 417v (W): ad τὸ ἥμισυ ταύτης: τῆς δίποδος δηλονότι. ἔστιν δ’ ἓν ὃ σὺν αὐτῇ τῇ δίποδι ληφθὲν τὴν τρίποδα ποιεῖ κατά τε μῆκος καὶ πλάτος. f) Ibid.: ad οὐδ’ οἴεται εἰδέναι: λέγων εἶναι τὴν διπλασίαν τῆς δίποδος. g) Fol. 420v (W): ad ἔθρεψε: ὁ πατὴρ δηλαδή. h) Fol. 422v (W): ad ἐδιδάξατο: ἐδιδάξατο καὶ ἐπαιδεύσατο δι’ ἑτέρου. αὐτὸς μέντοι Θεμιστοκλῆς δι’ ἑαυτοῦ οὐδὲν τούτων. i) Fol. 424v (W): ad ἐὰν μὴ δεδεμένα ᾖ: τῶν πάλαι δημιουργῶν πλαττόντων τὰ ζῷα συμμεμυκότας ἔχοντα τοὺς ὀφθαλμοὺς καὶ οὐ διεστηκότας τοὺς πόδας ἀλλ’ ἑστῶτα σύμποδα Δαίδαλος ἄριστος ἀγαλματοποιὸς ἐπιγεγονὼς πρῶτος ἀναπετάννυσί τε τὰ τούτων βλέφαρα, ὡς δόξαι βλέπειν αὐτὰ καὶ τοὺς πόδας ὡς νομίσαι βαδίζειν διίστησιν καὶ διὰ τοῦτο δεδέσθαι ἵνα μὴ φύγοιεν ὡς δῆθεν ἐμψύχων ἤδη γεγονότων αὐτῶν. τοῖς δεδεμένοις οὖν τὰς ἀληθεῖς ἐοικέναι δόξας φησί, τοῖς λελυμένοις δὲ τούτων τὰς ψευδεῖς. In diese Klasse kann man auch die Diagramme und geometrischen Figuren einordnen, die sich in W auf den ff. 416v, 417r–v sowie 418 finden.247 4° Anhaltspunkte, die einem ermöglichen, sich im Text zu orientieren. Unter diese Kategorie fallen folgende Randbemerkungen: a) Fol. 413r–v (W): ὅρος σχήματος. (semel T: bis WP). b) Fol. 415v (W): περὶ τῆς θαλαττίας νάρκης. c) Fol. 416v (W): ad initium geometrici excursus248: τὸν παρὰ τῷ Μένωνι λόγον, οὗ καὶ ὁ δαιμόνιος Ἀριστοτέλης μνημονεύει ἐν τῇ λογικῇ πραγματείᾳ. d) Fol. 419 (W)249: περὶ τῆς τοῦ τριγώνου εἰς τὸν κύκλον ἐνστάσεως. Obschon diese Glossen z.T. als die Überreste antiker Kommentare angesehen werden können, sind sie doch von sehr geringem textkritischem Wert. Eine Ausnahme bildet das Scholion ad versum Homericum Od. X, 495 (Men. 100a): Fol. 425v (W): ἐν τῇ Κ (= δεκάτῃ) τῆς Ὀδυσσείας φησὶν Ὅμηρος περὶ Τειρεσίου « μάντιος ἀλαοῦ τοῦ τε φρένες ἔμπεδοί εἰσι. τῷ καὶ τεθνειῶτι νόον πόρε Περσεφόνεια οἴῳ πεπνῦσθαι. τοὶ δὲ σκιαὶ ὥς ἀίσσουσιν ». Die Primärhandschriften des Menon haben αἱ δὲ (BTWP) bzw. οἵδε (F). Dieser Vers aus der Odyssee kommt noch in der Politeia vor (III, 387d); dort haben die 247 Die gleichen Figuren hat auch die Handschrift T bewahrt (ff. 181r–v). B weist überhaupt keine auf. P bietet Figuren auf den ff. 91r–v. Dagegen bietet F, der doch keine Scholien enthält, ein Diagramm ad 85a (f. 40v in margine superiore) dar. Gleichfalls haben die lateinischen Handschriften O und L von Aristippus ähnliche Figuren ad 82c bewahrt. Obwohl wir den genauen Ursprung dieser Figuren nicht kennen, ist es wahrscheinlich, daß man schon im Altertum das Bedürfnis zu spüren bekam, die Lektüre des geometrischen Passus des Menon anhand von Figuren und Schemata zu erleichtern. 248 Diese Anmerkung bezieht sich auf die Analytica priora B, 21, 67a 21–22. 249 Wie schon oben gesagt findet sich dieselbe Anmerkung in den scholia Arethae (B f. 412v).

V. Die Scholien

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Primärhandschriften ταὶ δὲ (AD) bzw. τὸ ιδὲ (F) (was offensichtlich als die von den Homerhandschriften gebotene Form τοὶ δὲ¨zu interpretieren ist). Hier hat also das in TWP befindliche Scholion die richtige homerische Lesart, die auch von den Handschriften der Politeia überliefert wird, aufbewahrt; die Platon– Handschriften des Menon dürften den Text dem attischen Dialekt angeglichen haben250.

250 Vgl. Bluck (1961), 437.

KAPITEL VI – DIE INDIREKTE ÜBERLIEFERUNG VI.1. In seiner Anthologie251 zitiert der makedonische Exzerptor Johannes Stobaeus (5. Jh. nach Christi Geburt) vier Stellen aus dem Menon: 1° Men. 77b5–78b2 (Ἆρα λέγεις–––τὰ κακά); 2° Men. 80e1–82a3 (Ὁρᾷς τοῦτον–––βλέψας); 3° Men. 97e6–98a7 (Αἱ δόξαι–––διαφέρει δεσμῷ, sed τοῦτο a4 ––– ὡμολόγηται a5 omiss.); 4° Men. 99a2–5 (τὰ γὰρ ἀπὸ τύχης–––ἐπιστήμη). Die Handschriften der Anthologie, die für die betreffenden Exzerpte von Belang sind, heißen wie folgt: 1. Codex Farnesianus 299 (s. XIV) = Stobaei F 2. Codex Parisinus gr. 2129 (s. XV) = Stobaei P 3. Codex Vindobonensis (Sambuci) 67 (s. XI in.) = Stobaei S Ich habe den Vindobonensis Sambuci in situ eingesehen und konnte feststellten, daß die Ausgabe von Wachsmuth und Hense als vertrauenswürdig bezeichnet werden kann. Im erstgenannten Auszug252 stimmt Stobaeus zweimal gegen F mit (B)TW(P) überein: 77c4 δοκοῦσιν F, videntur Λ: δοκεῖ BTW Stobaeus: om. P 78b2253 βούλεσθαι BF: βούλεται TWP Stobaeus, vult Λ Im zweiten Auszug254 hingegen findet man zwei wichtige Übereinstimmungen von Stobaeus mit der Handschrift F:255 80e3 ὅ γε οἶδε F Stobaeus: γε ὃ οἶδεν BTWP 81e3 ἀλλὰ πῶς F, πῶς Stobaei S (quo recepto πῶς Gesnerus): ἀλλ’ἁπλῶς BTWP, verum simpliciter Λ 81c4 findet sich dagegen eine bemerkenswerte Übereinstimmung mit BTWP gegen F: 251 Joannis Stobaei Anthologium ed. C. Wachsmuth – O. Hense, Berlin 1884–1923. Vgl. A. Carlini (1972), 122–125. 252 Ed. cit., Bd. III, 247–248. 253 Die Lesart von P (βούλεται, –αι compendio) ist nicht zweifelhaft, wie Bluck zu meinen scheint (1961), 163. 254 Ed. cit., Bd. IV, 58–60. 255 In diesem aus Papier bestehenden Teil (ff. 62 – 63) datiert S aus dem 14. Jahrhundert, s. H. Hunger, Katalog der griechischen Handschriften der Österreichischen Nationalbibliothek, 1. Teil: Codices historici, codices philosophici et philologici, Wien 1961, 184.–Vgl. noch –im Pindaros Zitat– 81b8 δέξεται εἰς BTWP: δέξηται ἐς F Stobaeus.

VI. Die indirekte Überlieferung

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καλέονται F: καλεῦνται BTWP Stobaeus Weniger wichtig (Itazismus !) ist 81e2 ἀληθεῖ BTWP(e corr.): ἀληθῆ FP(a.c.) Stobaeus Im vierten Auszug256 gibt es wiederum eine Übereinstimmung mit BTWP gegen F und umgekehrt eine –beachtliche– Übereinstimmung mit F gegen BTWP: 99a3 τύχης τινὸς ὀρθῶς F: τύχης BTWP Λ Stobaeus 99a4 ὧν F Stobaeus: ᾧ BTWP, quo Λ Es stellt sich also heraus, daß die Beziehung von Stobaeus zu der Handschrift F im Menon nicht so eng ist wie in anderen Dialogen (etwa dem Gorgias, dem Timaios oder der Politeia)257. Obwohl sein Zeugnis an drei Stellen (80e3, 81e3 und 99a4) besonders hilfreich ist, leistet doch Stobaeus allein nirgends für eine richtige Lesart Gewähr. Trotzdem sind einige isolierte Lesarten der Erwähnung wert: 78a5 ὦ Μένων, τὰ κακὰ BTWPF: τὰ κακά, ὦ Μένων Stobaeus 80e4 ζητήσεως BTWPF: ζητῆσαι Stobaei S 81a11258 οἵους τε Stobaei S 81c5 ἀθάνατός τε οὖσα BTWPF: ἀθάνατος οὖσα Stobaeus 81c6 χρήματα BTWPF: πράγματα Stobaeus 81d5 οὔκουν TWb: οὔκουν οὐ Stobaei S: οὐκοῦν BF 81e1259 ἐργατικούς BTWPF: ἐργαστικούς Stobaeus 81e2 ἀρετὴ ὅτι BTWPF: ὅτι ἀρετὴ Stobaeus 98a1 πάντ’ ἀγαθὰ W, πάντα ἀγαθὰ Stobaei FP: πάντα τἀγαθὰ BTPF Ibid. ἐργάζονται BTWPF: ἀπεργάζονται Stobaeus 98a5 δεθῶσιν BTWPF: δοθῶσι Stobaei P 98a7 ἐπιστήμη ὀρθῆς δόξης om. Stobaeus 99a4 δύο ταῦτα BTWPF: δύο ταῦτα ἡγεῖται Stobaeus Es ist also zu vermuten, daß Stobaeus verschiedenartige Quellen ausnutzen konnte260. VI.2. In seinen Stromata (V, 13) führt Clemens von Alexandrien (2. Jh. n. Chr.) zwei Stellen aus dem Menon an: 1° S. 381, Z. 23–24 Stählin–Früchtel = Menon 100b2–4: ἐκ μὲν τοίνυν––– παραγίνεται. Der Text von Clemens weist folgende Transposition auf: θείᾳ ἡμῖν φαίνεται μοίρᾳ hoc ordine Clemens: θείᾳ μοίρᾳ ἡμῖν φαίνεται Platonis codd. Wichti256 257 258 259 260

Ed. cit., Bd. II, 162. Vgl. schon Bluck (1961), 146; E.R. Dodds (1959), 65. S.o. S.o. S. Bluck (1961), loc. cit; A. Carlini (1972), loc. cit. (o. Anm. 251).

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VI. Die indirekte Überlieferung

ger ist, daß er dann ἡ ἀρετὴ (ἡ om. F) und οἷς (mit BTWP) παραγίνεται (παραγί– compend. P: παραγίγνηται W), nicht aber οἷς ἂν (mit F) liest. 2° S. 381, Z. 26–28 Stählin – Früchtel = Menon 99e4–100a1: εἰ δὲ νῦν––– παραγίγνηται. Clemens läßt 99e5 τε καὶ ἐλέγομεν aus und liest 99e6 παραγιγνόμενον οὐκ ἄνευ νοῦ (παραγιγνομένη ἄνευ νοῦ Platonis codd.), was an sich sinnlos ist. Obwohl Clemens’ Zitate in textkritischer Hinsicht von keinem Nutzen sind261, kann man doch bemerken, daß er sich 100b dem Überlieferungszweig von F nicht anschließt. Es ist zu bedauern, daß Eusebios aus Kaisareia in seiner Praeparatio evangelica262 keine einzige Stelle aus dem Menon zitiert hat; ist doch sein Zeugnis für viele Dialoge (man denke an den Gorgias, an die Nomoi) von grundlegender Bedeutung. Auch Plotin sah keinen Anlaß dazu, aus dem Menon zu zitieren263. VI. 3. In seinem Kommentar zum aristotelischen Traktat De sensu erwähnt Alexander von Aphrodisias (Ende des 2. Jh. nach Chr.) eine Stelle aus dem Menon (76d6): ταύτης τῆς δόξης καὶ Πλάτων μνημονεύει ώς οὔσης Ἐμπεδοκλέους ἐν Μένωνι, καὶ ὁρίζεται κατὰ τὴν δόξαν τὴν ἐκείνου τὸ χρῶμα « ἀπορροὴν σωμάτων ὄψει σύμμετρον καὶ αἰσθητόν » (CAG III 1, 24, 8 Wendland). Wichtig ist die Variante σωμάτων codd. Alex. (pro σχημάτων BTWPF: χρημάτων γρ. T in mg.) VI.4. Im 5. Jh. nach Chr. weist Proklos zweimal auf eine bestimmte Stelle des Menon auf; freilich handelt es sich nicht um wörtliche Zitate, sondern eher um Anspielungen:264 1° In Plat. Alc.I, 4, 25 – 5, 1: τοῖς τῆς αἰτίας λογισμοῖς cf. Men. 98a3–4 αἰτίας λογισμῷ (–μῶν F: λιγισμῷ sic Stobaei P). 2° Theol. Plat. I, 2 (= S. 9, Z. 25 Saffrey/Westerink): τοῖς τῆς αἰτίας (βασανίζοντες) λογισμοῖς cf. Men. 98a3–4. VI.5. Zu der indirekten Überlieferung gehören auch die Auszüge, die Maximos Planudes in seine Συναγωγή einbezogen hat. Diese platonischen Auszüge sind hauptsächlich im ersten Teil der Handschrift Florentinus Laurentianus gr. 59. 30 (chartaceus; s. XIIIex.–XIVin.; ff. 1–103) enthalten. Diese Sammlung wird von vier weiteren Handschriften überliefert: Neapolitanus gr. II. F 9 (= 165), Parisinus

261 S. Bluck (1961), 145–146. 262 Vgl. Die Praeparatio Evangelica, hrsg. von Karl Mras, Griechische christliche Schriftsteller 43, 1/2, Berlin 1954–1956 (Register im 2. Band). 263 Vgl. den Index fontium in der maßgeblichen Ausgabe von P. Henry und H.–R. Schwyzer, 3. Band, Oxford 1982, 349. 264 Vgl. auch Procl. In Rem Publicam I. 284. 28 (A .–Ph. Segonds). Außerdem verweist Proklos zweimal explizit auf den Menon: In Plat. Alc.I, 185, 15–17; 329, 4–6.

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gr. 1409, Vaticanus gr. 951 und Vaticanus Pal. Gr. 141. Die Exzerpte aus dem Menon, die in den Collectanea Planudea enthalten sind, lauten wie folgt 265: 1° Menon 75b9 – 76d5: ὅτι σχῆμά ἐστι, ὃ μόνον τῶν ὄντων τυγχάνει χρώματι ἀεὶ ἑπόμενον, ἢ οὕτως: στερεοῦ πέρας, χρόα δὲ ἀπορροὴ σχημάτων ὄψει σύμμετρος καὶ αἰσθητός. 75d5 liest Planudes σχημάτων mit BTWPF (χρημάτων T in mg.: σωμάτων Alex. Aphrod. In Arist. De Sensu, CAG III 1, 24, 8 Wendland) und αἰσθητός (BTWF²) statt αἰσθήσει W(supra lin.) P. 2° Menon 95d1–e 5:ὅτι καὶ Θέογνις, ὅτε μὲν διδακτόν φησι τὴν ἀρετὴν ἐν οἷς φησι: ἐσθλῶν (σθλῶν Neap) μὲν γὰρ ἄπ’ (ἀπ’ Pal. 141) ἐσθλὰ διδάξεαι, ἢν δὲ κακοῖσι συμμιχθῇς, ἀπολεῖς καὶ τὸν ἐόντα νόον, ὅτε δὲ φύσει ὡς ὅταν λέγῃ: εἰ δ’ ἦν ποιητόν τε καὶ ἔνθετον ἀνδρὶ νόημα. 95e1 liest Planudes συμμιχθῇς statt συμμιγῇς (BTWP) bzw.συμμίσγῃς (F). Wichtiger ist wohl die 95e1 von Neap und Pal gebotene Variante ἐνόντα (pro ἐόντα), die sich auch bei Aristippus, in der platonischen Handschrift P und in Xenophons Memorabilia (I 2, 20)266 findet. 3° Menon 96a5–96d1: ὅτι ἐπειδὴ ἐν ταῖς πόλεσι τῶν μὲν ἄλλων ἐπιστημῶν εἰσι διδάσκαλοί τε καὶ μαθηταὶ τῆς δ’ ἀρετῆς οὐκ εἰσίν, οὐκ ἄρα διδακτὸν ἡ ἀρετή. 4° Menon 97d6–98a7: ὅτι ἐπιστήμη καὶ ὀρθὴ δόξα, ταὐτόν εἰσι: διαφέρουσι δέ, ὅτι ἡ μὲν ἐπιστήμη ἀεὶ διαμένει, ἡ δὲ ὀρθὴ δόξα δραπετεύει ταχέως, ὥσπερ τὰ τοῦ Δαιδάλου ἀγάλματα ἐὰν μὲν δεδεμένα ᾖ, παραμένει, ἐὰν δὲ μή, ἀποδιδράσκει, δεθεῖσα μέντοι καὶ (N supra lin.: om. Na.c.) ἡ ὀρθὴ δόξα τῷ λογισμῷ ἐπιστήμη γίνεται. 5° Menon 99b4–99d9 (Ζ. 2–3 = 93c6sq.): ὅτι οἱ πολιτικοὶ ἄνδρες, οὐκ ἐπιστήμῃ ἀρετῆς χρώμενοι: ἦ γὰρ ἂν τούς γε υἱεῖς αὐτῶν ταύτην ἐδίδασκον, ἀλλ’εὐδοξίᾳ εἴτ’ οὖν ὀρθῇ δόξῃ, τὰς πόλεις ὀρθοῦσιν, οὕτως ἔχοντες πρὸς τὸ φρονεῖν, ὡς οἱ χρησμῳδοὶ καὶ οἱ θεομάντεις, καὶ γὰρ καὶ οὗτοι λέγουσι μὲν ἀληθῆ καὶ πολλά, ἴσασι δὲ οὐδὲν (om. Vat.) ὧν λέγουσι, τοιοῦτοι δὲ καὶ οἱ ποιηταὶ ἐπίπνους ὄντες ὑπὸ τῶν θεῶν καὶ κατεχόμενοι, οὓς ἅπαντας θείους καλεῖν δεῖ, ὥσπερ που καὶ αἱ γυναῖκες τοὺς ἀγαθοὺς καλοῦσι, καὶ οἱ Λάκωνες. Von vornherein ist klar, daß Planudes die Zitate gekürzt und umgestaltet hat: es handelt sich dabei um Verbindungen von Sätzen und Zusammenfassungen von Gedankengängen, weshalb man in diesem Falle mit Lorenzo Ferroni eher von compendia sprechen muß. Die einzige abweichende Lesart findet sich 95e1: συμμιχθῇς (pro συμμιγῇς vel συμμίσγῃς). Diese Lesart ist auch (ante correctionem) im Vaticanus 1336 (= Y; s. XV) von Xenophons Memorabilia (I 2, 20)267 zu lesen; im Vindobonensis Y (der platonischen Handschrift von Planudes und 265 Die Kenntnis dieser Exzerpte verdanke ich Lorenzo Ferroni. 266 Cod. A Xenophontis (= Paris. 1302, s. XIII) S.o. Kap. III. Anm. 223. 267 A bietet συμμίσγῃς wie F Plat. (e corr.).

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Moschopoulos) liest man aber συμμιγῇς. Die Collectanea Planudea zeigen vor allem, wie die Gelehrten der frühen Palaiologenzeit mit dem platonischen Text umgegangen sind; in unserem Falle bieten sie aber keine grundsätzlich neue Variante.

KAPITEL VII – FICINOS EIGENHÄNDIGE HANDSCHRIFT UND LATEINISCHE ÜBERTRAGUNG Nach jahrelanger Arbeit veröffentlichte 1484 in Florenz der berühmte Toskaner Humanist Marsilio Ficino eine glänzende lateinische Übertragung des Gesamtwerks Platons. Doch bevor er das vollständige Resultat seines Bemühens endgültig publizierte, hatte schon Ficino seinem Behüter Cosimo de’ Medici eine Auswahl von zehn Dialogen (mit den betreffenden Argumenta) in lateinischer Übersetzung vorgelegt: Hipparchos, Erastai, Theages, Menon, Alkibiades I, Alkibiades II, Minos, Euthyphron, Parmenides und Philebos. Da Cosimo am 1. August 1464 gestorben ist, muß diese erste Fassung schon vor diesem Datum fertig gewesen sein.268 Außer den beiden Kodizes Laurent. 85.9 und Conv. Soppr. 180, die dem Ficino nachweislich als Grundlage für diese Übersetzungsaufgabe gedient haben269, sind aber noch zwei kleinere Handschriften erhalten, die sogar von der Hand des Humanisten selbst stammen: der Florentinus Riccardianus 92 (der eine platonische Anthologie de amore enthält) sowie der Ambrosianus F. 19 Sup. (in welchem platonische Texte zur Unsterblichkeit der Seele gesammelt sind). Es ist des weiteren anzunehmen, daß Ficino diese Manuskripte – Ricc. 92 und Ambros. F. 19 Sup. – zum Teil aus heute nicht mehr bestehenden Arbeitsexemplaren abgeschrieben hat270, so daß diese beiden Sammlungen auch gewissermaßen die Vielfalt der von Ficino angefertigten Kollationen anderer Handschriften sowie der von ihm benutzten Quellen deutlich machen dürften. Die Überlieferungslage ist also in diesem Zusammenhang besonders komplex; für den Phaidon – den er in dieser Hinsicht sehr akkurat studiert hat – faßt Ernesto Berti die Entwicklung von Ficinos Übersetzungsprozeß wie folgt zusammen: « per la cronologia, se vale l’ipotesi che il codice Ambr vada ricondotto agli anni in cui Ficino era impegnato nella composizione della Theologia platonica, la sequenza viene a disporsi nella maniera seguente. Già prima del 4 settembre 1462 Ficino ebbe a disposizione il Laur. c grazie alla munificenza di Cosimo de’ Medici; su di una copia di esso ha lavorato all’ Fedone e lo ha tradotto tra il 1466 e il 1468–69; raccogliendo materiali per la Theologia platonica, cioè tra il 1470 e il 1474, ha ricopiato anche l’intero Fedone dal proprio esemplare di lavoro, che era già parzialmente corretto e corredato di varianti, ed è l’attuale codice Ambr. Negli anni successivi, sia revisionando la versione sia probabilmente in altre occasioni di lettura, Ficino 268 Vgl. S. Gentile, Note sui manoscritti greci di Platone utilizzati da Marsilio Ficino, Scritti in onore di Eugenio Garin, Pisa 1987, 59–60; P.O. Kristeller, Marsilio Ficino as a Beginning Student of Plato, Scriptorium 20 (1966), 41–54, bes. 43–44 u. 49. 269 S.o. Die byzantinische Überlieferung, 3.8 u. 3.9; S. Gentile (1987), 68–80. 270 Vgl. C. Brockmann (1992), 220–226; G. Jonkers (1989), 305–307; E. Berti, Marsilio Ficino e il testo greco del Fedone di Platone, in Les traducteurs au travail. Leurs manuscrits et leurs méthodes, Atti di Erice (30 settembre – 6 ottobre 1999), ed. J. Hamesse, Turnhout 2002, 349–423, bes. 377–382.

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deve essere ancora intervenuto su altri punti del testo e deve aver trasferito anche in Ambr molte, se non tutte, delle nuove correzioni »271. Ambrosianus F. 19 Sup. (=329) (chartaceus; s. XV; ff. 134–137, 238; Sigel: Mil). Es handelt sich um ein kleinformatiges Manuskript (14,4 + 10,8 cm), das völlig aus der Feder des Ficino geflossen ist272 (anfangs ist zu lesen: Platonis selectiora excerpta a Marsilio Florentino et manu ipsius exarata). Der Mailander Codex enthält drei Auszüge aus dem Menon. Die ersten beiden Passagen, die von Ficino abgeschrieben wurden, liest man auf ff. 134–137: A. 80d5 (καὶ τίνα τρόπον) – 81d6 (ὅλον ἐστίν). Auffällig ist, daß man auf f. 135 (nach ἀλλὰ σκό– am Ende des f. 134v) das Ende der Apologie plötzlich zu lesen bekommt (ἢ ἄλλου του, 41e4––– ἢ τῷ θεῷ, 42a5). Nun stammt gerade das in Mil unmittelbar vorhergehende Exzerpt aus der platonischen Apologie, und das Fol. 134r bietet schon genau den gleichen Auszug aus diesem Dialog (41e4 – 42a5)273. Die Erklärung dieses überraschenden Umstands könnte von der Form des verlorenen Antigraphon von Ficino herrühren: vielleicht waren die genannten Exzerpte aus irgendeinem Grund in dieser Quelle schon aneinandergereiht, so daß Ficino versehentlich – und zwar mitten im Schreibprozeß, denn das Wort σκό–πει (81b3) wurde getrennt auf zwei verschiedenen Seiten geschrieben – die zwölf Zeilen aus der Apologie zweimal kopiert hat (das zweite Exzerpt ist übrigens gestrichen worden). Wie dem auch sei, findet man in diesem ersten Exzerpt folgende Lesarten: 80e3 γε ὃ Mil cum BTWP: ὅ γε F Stobaeus 81a11 οἷοί (sed ι fort. e corr.) Mil cum W: οἵοις BF: οἷός T, (sed ν s.l.) P 81c1 τᾶν fere BTPF ταν (s. acc.) Mil: τῶν W 81d4 ἀποκάμνῃ BF: ἀποκάμῃ P Mil, (ν s.l.) TW Die nächste Variante ist besonders lehrreich, denn sie zeigt, daß Mil in die Deszendenz des Parisinus 1808 zu rücken ist: 81a10274 τῶν (posterius)] om. Mil Par Sonderlesungen des Ambrosianus begegnen außerdem noch 80d7 ὂν (pro ὧν) und 80e3 οὔτε ἃ οἶδεν οὔτε ἃ μὴ (ἃ utrobique pro ὃ). 271 E. Berti (2002), 423. 272 S. f. 2. Vgl. E. Martini – D. Bassi, Catalogus codicum Graecorum Bibliothecae Ambrosianae, Mailand 1906, 375–378. In diesem Manuskript sind auch Exzerpte aus Plotin und Proklos enthalten. 273 Und zwar ebenso am Anfang der Seite (42a1 ποιήσετε falso f. 134: ποιῆτε recte f. 135). 274 Es handelt sich bei dieser Auslassung um eine der charakteristischen Sonderlesungen von Par, s.o. 3.3 (H und Vat zeigen freilich den vollständigen Text: τῶν ἱερειῶν). Eine Beziehung zu Par ist auch von Lorenzo Ferroni für den Ion festgestellt worden (Lo Ione Platonico. Introduzione, testo, traduzione, note, Università degli studi di Firenze; Dipartimento di scienze dell’antichità « Giorgio Pasquali », Dottorato di ricerca in filologia greca e latina, XVII ciclo, Tutore Prof. Antonio Carlini, 2006, 107).

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B. 85b12 (τί σοι δοκεῖ, ὦ Μένων) – 86b4 (ἀναμιμνήσκεσθαι). In diesem zweiten Auszug erscheinen folgende abweichende Lesarten: 85d9 Ἆρ· οὖν οὐ τὴν ἐπιστήμην] Ἆρ· οὖν αὐτὴν ἐπιστήμην Mil cum J Diese Beziehung zum Parisinus 1812 ist wichtig, denn einerseits fallen einige Korrekturen, die Ficino am Text des Menon vorgenommen hat, mit Korrekturen des Parisinus J zusammen (s. unten), andererseits ist auch bekannt, daß Ficinos Fassung und der Korrektor des Parisinus auch in anderen Dialogen eine enge Beziehung zueinander aufweisen275, so daß es sich bei der angeführten Lesart (85d9) auch nicht um eine reine Koinzidenz handeln dürfte. 85e1 δεδίδαχέν τις] δίδαχέν τις Mil cum Marc. 590 ante correctionem 85e3 τοῦτον πάντα] πάντα τοῦτον hoc ord. Mil 85e4 τε Mil cum BTP: τε καὶ WF Wichtig ist wieder folgende Lesart:276 86a6 ὅν τ· ἂν (corr. Baiter) ᾖ χρόνον καὶ F] ὅταν ᾖ χρόνον ἢ καὶ BTWP (sed ὅ*τ’ ἂν Wras.): ὅταν ᾖ χρόνος ἢ καὶ Mil cum a o c C M Am Ang Gerade erstaunlich ist sogar folgender Befund: 86a7 ἐρωτήσεις Mil cum ceteris codd.: ἐρωτήσει (–ς eras.) J² –σεσι H² (s.l.) Es zeigt sich, daß zu der Zeit, da er den Codex Ambrosianus aus seiner – verlorenen– Vorlage abgeschrieben hat Ficino die Korrektur, die sich (in leicht abweichender Form) in den beiden Pariser Handschriften 1811 und 1812 post correctionem findet, noch nicht erfunden hatte277 (bzw. daß er sie in irgendeiner anderen handschriftlichen Quelle noch nicht vorgefunden hatte); in der editio princeps aus dem Jahre 1484 schreibt dagegen Ficino sciscitando (=ἐρωτήσει oder ἐρωτήσεσι) (s. unten). Weitere Sonderlesungen, die kein Gegenstück in den restlichen erhaltenen Handschriften haben, findet man noch in diesem Auszug: 86a11 Φαίνεται om. Mil (sed vertit Ficinus 1464, qui « videtur »). 86b1 ἡ om. Mil

275 Vgl. E. Berti, Osservazioni filologiche alla versione del Filebo di Marsilio Ficino, in Il Filebo di Platone e la sua fortuna, Atti del Convegno (Napoli, 4–6 novembre 1993), Neapel 1996, 93–172, bes. 146–147; A. Carlini, Marsilio Ficino e il testo di Platone, in Marsilio Ficino. Fonti, testi, fortuna. Atti del convegno internazionale (Firenze, 1–3 ottobre 1999), hrsg. von S. Gentile u. St. Toussaint, Rom 2006, 47. 276 Es sei daran erinnert, daß in der Politeia die Exzerpte aus dem Ambrosianus F. 19 Sup. auf den Laur. c zurückzuführen sind, während im Timaios die Auszüge über eine nicht mehr erhaltene Zwischenstufe auf den Laur. a zurückgehen., vgl. G. Boter, The Textual Tradition of Plato’s Republic, Leiden New York Kopenhagen Köln 1989, 139, 147–148; G. Jonkers (1989), 272–274. 277 Wenn wir (mit E. Berti und A. Carlini, a.a.O.) annehmen, daß dem Korrektor des Par. 1812 Ficinos Arbeitsexemplar zugänglich war.

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C. Fol. 238. 76b4 (κἂν) – 76c2 (καλῶν): in diesem dritten Auszug findet sich nur eine, unbedeutende Divergenz: 76b5 ἐρασταί σοι ἔτι Mil cum BTPF² (ἔτι sv): ἐρασταὶ ἔτι σοι W: ἐρασταί σοι F Es sei noch darauf hingewiesen, daß Ficinos Text in orthographischer Hinsicht als ziemlich fehlerhaft278 bezeichnet werden muß, vgl.: 76c1 εἰμὶ] εἰ μὴ sic Mil: 80b9 δέξεται] δέξαιται sic Mil 85c6 οὐκ εἰδότι] οὐκ ἠδότι sic Mil ibid. μὴ εἰδῇ] μὴ ηδη sic Mil (sed εἰδῇ Fic. se ipsum corrigens) 85c9 νῦν] νὺν sic Mil (constanter Fic.) Charakteristich für Ficinos Hand279 sind unter anderen folgende Buchstaben bzw. Ligaturen:

ν

τ

στ

ευ

ει

υι

Wie gesagt finden sich Übereinstimmungen von Ficinos Übersetzung mit dem Korrektor des Parisinus 1812: 79c4 ἡ BWPF ἢ T] εἰ corr. J² (s. lin.) siquidem Ficinus 83c7 Ναί add. J² (s. lin.) immo Ficinus] om. BTWPF 86a7 ἐρωτήσει* J ras. –σεσι corr.H sciscitando Ficinus: ἐρωτήσεις BTWPF Erwähnenswert sind noch 72c7 ἀποκρινόμενον WPF: ἀποκρινάμενον BT qui responsurus sit Ficinus sowie 75d7 ὁ ἐρωτώμενος BTWPF: ὁ ἐρόμενος Cornarius qui rogat Ficinus. Aus den innerhalb der griechischen Überlieferung des Menon zur Verfügung stehenden Tatsachen kann man mit Sicherheit schließen, daß Ficino bei der Anfertigung seiner Übersetzung noch auf andere Handschriften als die Laurentiani c und o hat zurückgreifen müssen; an einer Stelle konnte er nämlich Worte übersetzen, die in c o durch Homoeoteleuton ausgelassen wurden: 80c8–d1 ἀλλὰ παντὸς μᾶλλον αὐτὸς ἀπορῶν οὕτως καὶ τοὺς ἄλλους ποιῶ ἀπορεῖν om. c o

278 Vgl. Berti (2002), 358. 279 Schriftproben des Ficino finden sich (abgesehen natürlich vom schönen Katalog: Marsilio Ficino e il ritorno di Platone. Mostra di manoscritti, stampe e documenti, a cura di S. Gentile, S. Niccoli e P. Viti, Premessa di E. Garin, Florenz 1984) auf Abbildungen z. B. bei Brockmann (1992), Abb. 57; Berti (2002), 542–543. Außerdem bietet der Laur. 87.3 des Plotin zahlreiche Beispiele der fizinianischen Schrift (= A3 in der Ausgabe von P. Henry und H.–R. Schwyzer).

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Wie wir sahen280 geht diese Auslassung auf den Parisinus 1808 zurück; in zwei Abkömmlingen von Par – dem Malatestianus D. XXVIII.4 sowie dem Scorialensis y. I. 13 – ist aber diese Auslassung von einem Korrektor am Rande ergänzt worden, und der Scorialensis hat dann den auf diese Weise wiederhergestellten Text (über die Zwischenstufe ζ) an seine Apographa weitergegeben: in den Handschriften Paris. 1811, Vat. 1030, Paris. 1812 und Dunelm. C. IV. 2 ist an dieser Stelle der Text lückenlos. Die genaue Quelle der von Ficino durchgeführten Ergänzung entzieht sich jeder weiteren Bestimmung, aber die oben dokumentierte Beziehung zum Parisinus 1812 legt auch hier die Vermutung nahe, daß Ficino den vollständigen Text in eben dieser Handschrift finden konnte. Andererseits steht auch fest, daß Ficino als Hauptbasis seiner Übersetzung eine Handschrift der T–Gruppe gewählt hat, denn der Florentiner Humanist hat gerade jene Worte nicht übersetzt, die im Marcianus expungiert worden sind und die damit in Par auch nicht mehr erscheinen: 71d1–2 ἀνάμνησον οὖν με πῶς ἔλεγεν et T] punctis del. T² om. Par non vertit Fic. Freilich liegt hier Homoeoteleuton vor; es ist aber sehr wahrscheinlich, daß Ficino an diesem Punkte keinen vollständigen Text vorgefunden hat, denn unter den Apographa des Parisinus hat einzig der Malatestianus D. XXVIII. 4 die fehlenden Worte wiederhergestellt; diese Ergänzung ist aber in M von einer zweiten Hand am Rande durchgeführt worden. Die Beziehung der versio Ficiniana zu den Florentiner Handschriften c o ist besonders an folgender Stelle sichtbar: 85d12 καὶ ante ἦν ἐπιστήμων om. a c o sciens semper extitit Canon. Der Laurentianus c weist drei weitere längere Auslassungen auf, die durch Homoeoteleuton entstanden sind. Da aber der Laurent. o jeweils den vollständigen Text hat, kann es einen gar nicht wundern, daß Ficino an den betreffenden Stellen eine lückenlose Übersetzung zu bieten hat: 77c8–1 ἀμφότερα–––αὐτῶν om. c: habet o vertit Ficinus 89c8–9 Ἀλλὰ μὴ–––λέγεσθαι om. c: habet o vertit Ficinus 98e4 –e10 ὡμολογήκαμεν–––ἀλλὰ μὴν om. c: habet o vertit Ficinus An einer Stelle aber weisen die beiden Laurentiani c und o eine Auslassung auf, die schon in ihrem gemeinsamen Antigraphon Laurent. a durch Homoeoteleuton entstanden ist: 82b10 – c1 ὅτι–––χωρίον om. a c o: suppl. in mg. c² vertit Ficinus Die in a o und c (ante correctionem) übersehenen Worte hat ein Korrektor am Rande im Laurent. c (fol. 189) ergänzt. Nach der Ansicht von David Blank, der diese Stelle im Laurent. c in situ eingesehen hat, handelt es sich dabei um die

280 S.o. 3.3.

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Hand des Bessarion.281 Daraus ergibt sich ein terminus ante quem für diese von Bessarion im Laurent. c vorgenommene Ergänzung, denn einerseits hat Ficino 1462 den Codex Laurent. 85.9 von Cosimo de’ Medici bekommen und andererseits lag die Übersetzung des Menon 1464 schon vor, denn der Menon befand sich unter den Dialogen, die spätestens in Juli 1464 in lateinischer Fassung von Ficino dem Cosimo vorgelegt worden sind.282 Da der lateinische Text (auch in der ersten Fassung) hier jeder Auslassung entbehrt, muß Bessarion – wenn er wirklich selbst diese Worte in c ergänzte – die Korrektur vor den angegebenen Daten (wenigstens vor 1464) durchgeführt haben283. Die aus dem Jahre 1464 datierende erste Fassung der fizinianischen Version liest man heute in dem Codex Oxoniensis Canonicianus lat. 163 (chartaceus; ff. 14v–30v), den ich anhand von guten Fotografien verglichen habe. Der Vergleich erweist sich als sehr lehrreich, denn: (1) er zeigt, daß die von Bluck (145) in der editio princeps schon nachgewiesene längere Auslassung 72e1–74a10 erst im Druckprozeß entstanden ist und als rein zufällig angesehen werden muß: der Canonicianus bietet an dieser Stelle den vollständigen Text. (2) er bestätigt die Vermutung von Blank, daß die 82b10 – c1 im Laur. c am Rande befindliche Korrektur (s.oben) vor 1464 durchgeführt wurde, da der Canonicianus hier einen lückenlosen Text bietet: « cognoscisne tale hoc spatium quadrangulum esse ? Puer: Equidem. Socr.: Habetne quadrangulus has omnes lineas quatuor equales ? Puer: Habet ». (3) zugleich bestätigt er auch das Vorhandensein eines nicht mehr erhaltenen Arbeitsexemplars zwischen dem Laurent. c und Ficinos Übersetzung: 80c8–d1 ἀλλὰ–––ἀπορεῖν om. c o: vertit Canon., qui: « sed maxime omnium ego dubitans dubitare quoque alios facio ». (4) 86a7 bietet schon der Canonicianus die Korrektur « sciscitando » (pro ἐρωτήσεις codd.), die wie oben gesagt auch in der editio princeps aus dem Jahre 1484 zu lesen ist und einen Reflex in den beiden Parisini 1811 (H) und 1812 (J) hat (ἐρωτήσεσι bzw. ἐρωτήσει). Da aber der Ambrosianus F. 19 Sup. an dieser Stelle ἐρωτήσεις hat, muß man annehmen, daß Ficino nicht jede in seinem Arbeitsexemplar eingesetzte Korrektur in den Ambrosianus eingefügt hat. Darüber hinaus sind die meisten aus diesem Überlieferungszweig stammenden Sonderlesungen in Ficinos Übersetzung beseitigt worden. Insbesondere284 wurde die auffälligste Sonderlesung der Laurent. c und o 77b1285 (εἰλήφασι) in der lateinischen Übersetzung völlig aufgehoben: Ficinus schreibt schon 1464 richtig « accepisti » (=εἴληφας). 281 Vgl. D.L. Blank, Anmerkungen zu Marsilio Ficinos Platonhandschriften, in Symbolae Berolinenses für Dieter Harlfinger, hrsg. von Fr. Berger u. a., Amsterdam 1993, 7. 282 S. o. Anm. 268. 283 Vgl. Blank (1993), 8. 284 S.o. 3. 8. 285 Dieser Fehler ist auf eine Verlesung des Antigraphon von c o (Laurent. a), die ihren Ursprung in der paläographischen Form der Vorlage desselben (Par. 1808) hat, zurückzuführen, s.o. 3.7.

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(5) Es findet sich doch ein bemerkenswerter Berührungspunkt zwischen dem Canonicianus und den Hss. J Mil: 85d9 Ἆρ’ οὖν οὐ τὴν ἐπιστήμην] Ἆρ’ οὖν αὐτὴν ἐπιστήμην J Mil « At vero scientiam (quam iste nunc habet aut accepit aliquando aut semper habuit) Canon. (s. oben, B.). Zur Verdeutlichung der in diesem Zusammenhang nur teilweise bestimmbaren Abhängigkeitsverhältnisse könnte man also folgendes Schema vorschlagen:

KAPITEL VIII – DER DIALOG DE VIRTUTE Der pseudo–platonische Dialog Περὶ ἀρετῆς (= De Virtute)286 enthält zwölf Auszüge aus dem platonischen Menon, wobei einige Sätze wörtlich übernommen, andere aber auf den Kontext abgestimmt worden sind. Da De Virtute – samt den anderen Spuria – der neunten platonischen Tetralogie hinzugefügt wurde, wird der Text dieses Dialogs zum Teil von anderen Handschriften überliefert; darunter sind folgende zu nennen: (1) Parisinus gr. 1807 (membranaceus; binis columnis; s. IX; A) (2) Vaticanus gr. 1 (membranaceus; s. IX–X; O) (3) Parisinus gr. 3009 (chartaceus; s. XV–XVI; Z) Ich habe den Text des Dialogs de Virtute im Paris. A (ff. 326v–328) in der Faksimileausgabe von Omont verglichen und konnte feststellen, daß Burnets Kollation durchaus Vertrauen verdient. Darüber hinaus ist hervorzuheben, daß Planudes und seine Mitarbeiter diesen Dialog (nebst vier anderen νοθευόμενοι) in ihre Auswahl von Platons Werken – den Vindobonensis phil. gr. 21 – mit einbezogen haben, so daß der Dialog De Virtute auch in Y und in dessen Apographa zu lesen ist. Es sei auch darauf hingewiesen, daß der Monacensis gr. 490 keine Auszüge aus dem Menon (wie im Katalog von Brumbaugh und Wells behauptet wird), sondern den Text des pseudoplatonischen Dialogs De Virtute enthält287. Den Imitator haben vor allem diejenigen Textpartien interessiert, in denen Sokrates das Beispiel einiger berühmter Athenischer Politiker bespricht (Men. 93 sqq.); die erste Hälfte des Dialogs und den geometrischen Teil hat er gar nicht berücksichtigt. Nur einige Worte aus dem Anfang sind vom Autor übernommen worden: Men. 70a1–4: ἆρα διδακτόν (ἐστιν) ἡ ἀρετή, ἢ οὐ 1° De Virt. 376a1–2 διδακτόν, ἀλλὰ φύσει (οἱ ἀγαθοὶ γίγνονται ἄνδρες), ἢ ἄλλῳ τινὶ τρόπῳ; (nulla varia lectio). Eine wirkliche Nachahmung gibt es aber erst ab 89b: 2° De Virt. 379a–b Men. 89b2–6: τῶν νέων τοὺς (μέλλοντας) ἀγαθοὺς (ἔσεσθαι ἔτι παῖδας ὄντας), οὓς ἂν ἡμεῖς παραλαβόντες ἐφυλάττομεν ἐν ἀκροπόλει (δημοσίᾳ, ὥσπερ τὸ ἀργύριον, καὶ) μᾶλλόν (τι)...ἐπειδή (γε) εἰς τὴν ἡλικίαν (ἀφίκοντο). 286 Stephanus, Bd. III, 376–379. Vgl. C.W. Müller, Die Kurzdialoge der Appendix Platonica, München 1975, 192–261; Ders., Eine spätbyzantinische Rezension des pseudoplatonischen Dialogs Περὶ ἀρετῆς, Würzburger Jahrbücher für die Altertumswissenschaft, N.F. 5 (1979), 237–251. 287 Vgl. R.S. Brumbaugh u. R. Wells, The Plato Manuscripts. A New Index, New Haven/London 1968, 98sq. Ich habe den Text des Monacensis 490 (ff. 291–292v) anhand einer Fotografie kollationiert.

VIII. Der Dialog De Virtute

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(ἂν ἡμεῖς hoc ordine De Virt.: ἡμεῖς ἂν Platonis codices) 3° De Virt. 377a–c bietet eine fast wortgetreue Wiederholung von Menon 93c–d dar: (οἶσθα οὖν) ὅτι Θεμιστοκλῆς τὸν ὑὸν ἱππέα μὲν ἐδιδάξατο––––ἂν κακὴν εἶναι. Dabei sind folgende Lesarten zu beachten288: 377b3 ἐπέμενε Platonis codices Menonis 93d3 (sed ἐπέμεινε F): ἐπέβαινε De Virt. /373b5 θαυμαστὰ Platonis codices Menonis 93d5: θαυμάσια De Virt. /373c1 ᾐτιάσατ’ Platonis codices Menonis 93d9: αἰτιάσαιτ’ De Virt. 4° De Virt. 377c Men. 93e–94b: Τί δὲ τόδε;––––πρεσβυτέρου; Auch hier ist die Wiederholung fast wörtlich. Beachtenswert ist die Variante De Virt. 377c4 τοῦτο, die mit τοῦτο P τοῦτ’ F istud Λ bei Platon übereinstimmt (pro τοῦ BW του T)289. 5° De Virt. 377c–d Men. 93 e: Ἆρ· οὖν––––ἀρετή; (μηδὲν De Virt.377c7: οὐδὲν Platonis codices Menonis 93e7, sed μηδὲ F a.c.) 6° De Virt. 377d Men. 93e– 94a: Οὗτος μὲν δή––––ἄνδρα δὲ (Platons Codex F weist 93e11 folgende Umstellung auf: διδάσκαλος τοιοῦτος). 7° De Virt. 377d–e Men. 94b: Οἶσθα––––μὴ οὐκ ᾖ διδακτόν. (ἄνδρας ἄρα hoc ordine Platonis F). 8° De Virt. 378a Men. 94c: Ἐπεὶ Θουκυδίδης––––παλαίειν. Der aus dem Menon fast wörtlich übernommene Text weist eine interessante Variante auf: τούτω De Virt. 378a5: τούτους Platonis codices Menonis 94c2. Da Sokrates von den beiden Söhnen des Thukydides spricht, ist hier der Dual vielleicht nicht fehl am Platz.290 Außerdem ist zu beachten, daß De Virt. 378a7 Εὐδώρῳ mit Plat. BF liest (Εὐοδώρῳ TP: de W non liquet). 9° De Virt. 378a8 – c4 Men. 94c7–e3: Eine längere Übernahme aus dem Menon Οὐκοῦν (c 7) ––––ἀρετή (e 3). Der Text des pseudo–platonischen Dialogs weist gegenüber dem Menon folgende Varianten auf: 378b1 (et mox b2) οἷ De Virt.: οὗ Platonis codices Menonis 94c7 et d2: ὅπου A²mg /378b3 τοῦτο De Virt.: ταῦτα Plat. codd. Menonis 94d3 /ibid. οὐκ ἂν De Virt.: οὐκ Plat. codd. Menonis 94d3 /378b4 Εἰκός γε post εἰ διδακτὸν ἦν add. De Virt.: om. codd. Plat. 94d3 /378b5 οὐχὶ De Virt.: οὐκ Plat. codd. Menonis 94d4 /378b6 ἦν μεγάλης hoc ordine De Virt.: μεγάλης ἦν Plat. codd. Menonis 94d5 /378c1 ἐξηῦρεν De Virt.: ἐξευρεῖν Plat. codd. Menonis 94d7 /378c1 αὐτοῦ ἔμελλεν hoc ordine De Virt.: ἔμελλεν αὐτοῦ Plat. codd. Menonis 94d7–8 /378c2 τις om. De Virt. /378c4 Ἄνυτε om. De Virt.(diese Auslassung hängt konsequenterweise mit der Abänderung des Kontexts zusammen) /378c4 ἡ ἀρετή De Virt. cum Platonis F: ἀρετή Plat. codd. BTWP (378e3). 10° De Virt. 379c–d Men. 99c–d: Τοπάζω μέντοι––––οἱ χρησμῳδοί. Eine lockere Nachahmung des platonischen Textes (nulla varia lectio).

288 Vgl. R.S. Bluck (1961), 372. 289 S. Bluck, loc.cit. (die Angabe τοῦτο W bei Bluck –1961, 184 – ist als reiner Druckfehler zu beseitigen). C.W. Müller betont mit Recht die Beziehung von De Virtute zu der F– Tradition Platons. 290 Nach C.W. Müller wäre diese isolierte Dualform eher als Hyperplatonismus zu deuten, was an sich natürlich auch möglich ist (1975, 260).

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VIII. Der Dialog De Virtute

11° De Virt. 379d Men. 99d: Λέγουσιν––––φασὶν εἶναι. Wörtlich übernommen sind nur die Worte θεῖος ἀνὴρ (...) οὗτος, wobei die Form des Wortes θεῖος von dem Wortlaut der platonischen Kodizes nicht abweicht (σεῖος Casaubon si(h)os fere Λ)291. 12° De Virt. 379d10 Men. 99e6 – 100a1 et 100b3: θείᾳ μοίρᾳ (παραγίγνεται sc. ἡ ἀρετή). Zwischen dem Textbestand des Dialogs De Virtute und der direkten griechischen Überlieferung des Menon sind also kaum signifikante Berührungspunkte festzustellen292, die auf einen gemeinsamen Ursprung deuten würden; es ist viel wahrscheinlicher, daß die betreffenden Passagen des De Virtute schon im Altertum (wohl in frühhellenistischer Zeit) aus dem Text des platonischen Dialogs abgeschrieben worden sind293. Es gibt eine Übersetzung vom Dialog De Virtute (samt dem Axiochos) durch Cencio de’ Rustici (1300 – c.1445). Nach der Angabe von James Hankins ist diese Übersetzung 1436/37 in Bologna erschienen294; sie ist Bornio da Scala gewidmet295.

291 292 293 294 295

S.o. Kap. III: die lateinische Fassung des Aristippus. S.o. 377c4 τοῦτο De Virt. cum Plat. codd. τοῦτο P τοῦτ· F; 378c4 ἡ ἀρετή De Virt. cum Plat. F. Das hatte schon Bluck angenommen (1961, 147, Anm. 1). Plato in The Italian Renaissance, Leiden NewYork Kopenhagen Köln 1990, 1. Bd., 84. Vgl. P.O. Kristeller in Storia e letteratura. Raccolta di studi e testi, Nr. 166, Rom 1985, 250– 255; A. Carlini, Sulla traduzione di Cencio de’ Rustici del De virtute di Ps.–Platone, in Scritti in memoria di D. Pieraccioni, hrsg. von M. Bandini u. F.G. Pericoli, Florenz 1993, 115–122; Ders., Giorgio Gemisto Pletone e il De virtute pseudo–platonico, SCO 44 (1994), 399– 402.

KAPITEL IX – DIE EDITIO PRINCEPS ALDINA 1513 erschien in Venedig die griechische Erstausgabe der gesammelten Werke Platons296. In textkritischer Hinsicht steht diese von Markos Mousouros erstellte Ausgabe auf hohem Niveau. Für die Textherstellung konnte Mousouros tatsächlich die wichtigsten Überlieferungszweige verwerten: die Familie des Marcianus T und die Y–Reihe (in der, wie wir sahen, das Zeugnis von W und F ausgenutzt worden ist). 1° Der Einfluß des Vindobonensis Y (und damit auch die Einwirkung seiner Quellen) ist an folgenden Orten der editio princeps feststellbar: 70b2 τοῦ Λαρισσαίου Y Ald 78c5 τὸ τἀγαθὰ Y Ald 79b8 ὅλην W(sv) Y Ald 79d7 οἴου FY Ald 81a11 οἵοις τ’ Y Ald 81d9 ἐργαστικούς Y Ald 84d2 μὴ διδάσκοντος Y Ald 87c8 μὴ τοιοῦδε Y Ald 89e9 οἵους Y Ald 91a1 σοι FY Ald 92a1 πρότεροι Y Ald 96c4 διδακτὸν μὴ Y Ald 98b2297 οὐ πάνυ FY Ald 98b10 ἀληθῶς Y Ald 100a6 εὐθὺς οὗτος τοιοῦτος Y Ald 2° Auf der anderen Seite stellt man die Einwirkung von Lesarten aus der Gruppe des Scorialensis y. I. 13 (welcher seinerseits über Par auf T zurückgeht298) an folgenden Stellen fest: (a) Sonderlesungen, die die Aldina mit Scor teilt: 73d2–3 ἡ αὐτὴ ἀρετὴ] ἀρετὴ ἡ αὐτὴ hoc ord. Scor Ald 86b7 καὶ τὰ] κατὰ Scor Ald 98b2 εἰκάζων] εἰκάζω Scor Ald 100b5 ἀρετὴ] ἡ ἀρετὴ Scor Ald (b) Sonderlesungen, die in der Zwischenstufe ζ entstanden sind: 296 Omnia Platonis Opera, Venetiis in aedibus Aldi et Andreae soceri, mense septembri 1513 (=Ald). Den Menon liest man im ersten Band, S. 453–468. 297 οὐ suppl. et H² supra lin. 298 S.o. 3. 10.

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IX. Die Editio princeps Aldina

78d3 τι τούτῳ τῷ] τι τοῦτο τῷ ζ Ald 82c12 ἂν ἦν] ἦν ἂν hoc ord. ζ Ald 85c11 πολλαχῇ] πολλαχοῦ ζ Ald 94b7 ἄρα ἄνδρας] ἄνδρας ἄρα hoc ord. ζ Ald 95d3 ταὐτὰ] om. ζ Ald 96d1 ἐσκέμμεθα] ἐσκεψάμεθα ζ Ald Es stellt sich also die Frage, welche Handschriften aus diesen beiden Gruppen (Y und Scor) von Mousouros herangezogen wurden. (1) Innerhalb der Y–Reihe sind folgende Korrekturen aus dem Marcianus 186 (bzw. aus seiner Abschrift Marc. 184) in den Text der Aldina gelangt: 87d8 τιν’ (ν sv) corr. U² J² τιν’ E Ald: τι BTWPF 97a10 εἴ τις corr. U² εἴ τις E Ald: τίς BTWPF 97c9 ἕωσπερ] ἕωσπερ ἂν (ἂν sv add. U²) U² E Ald (2) Unter den Handschriften der Scor–Gruppe stimmen die Textzeugen H (=Paris. 1811) und Vat (= Vatic. 1030) in folgenden Trennfehlern mit der Aldina überein: 70a8 ἀρετὴ] ἀρετὴν H Vat Ald 72d8 πανταχοῦ] πανταχῆ H Vat Ald 74a2 εἴ με] εἴ γε H Vat Ald 74d7 καὶ (tertia vice)] om. H Vat Ald 79b5 πράττῃ] πράττοι H Vat Ald 80b7 ποιοῖς] ποιεῖς H Vat Ald 82d6 δύο δὶς] δὶς δύο hoc ord. H Vat Ald Ausschlaggebend ist folgende Stelle, denn sie zeigt, daß Mousouros die Handschrift H (eher als ihre Abschrift Vat) herangezogen hat: 98e10299 ὁμολογοῦμεν Vat U E: ὡμολογοῦμεν H Ald Aus den genannten Quellen hat sich Mousouros ein Arbeitsexemplar anfertigen lassen, aus dem er dann den griechischen Text der Aldina hergestellt hat.300 Daß er damit kritisch verfahren ist, beweist vor allem folgende Stelle: 86c9 ἀλλ’ ἔγωγε Ald recte cum F x v Amb Γ Λ (sed ego quidem): ἂν λέγω γε BTWPH Vat: ἔγωγε (ras. ante ἔγωγε facta) U² (ἀλλ’ omiss.) E Es ist also nicht auszuschließen, daß Mousouros (außer U E H) noch andere Handschriften zu Rate gezogen hat. Überdies hat er nicht alle Korrekturen in den genannten Handschriften berücksichtigt, vgl.: 299 Die Lesart ὡμολογοῦμεν entstand in Par; sie ist dann über den Scorialensis y.I.13 und die Zwischenstufe ζ in den Paris. 1811 (= H) gelangt, in dem Mousouros sie gefunden haben dürfte. 300 Vgl. C. Brockmann (1992), 185–190; S. Martinelli Tempesta (1997), 182–189.

IX. Die Editio princeps Aldina

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85e9 ᾔδει fere BTWPF Ua.c. Ha.c. Ald: ἤδη Vat E, (–η e corr.) U² H² 85a1 τινὰ et Ald] τείνουσα corr. H² 86a7 ἐρωτήσεις et Ald] –σεσι corr. H² supra lin. Es sind einige Druckfehler übriggeblieben, z.B.: 72b1 αὐτὰς] αὐπὰς sic Ald 82e1 γραμμὴ] γραμμὶ sic Ald 88a8 σκεψώμεθα] σκηψώμεθα Ald 90b4 ἀρετῆς] ἀρητῆς sic Ald 95d4 ἔπεσιν] ἔμπεσιν sic Ald 99e3 μέλει] μέλλει Ald Von der Aldina hängt uneingeschränkt die erste editio Basileensis 301 ab, vgl.: 72d8 πανταχῇ Ald Bas.1 74a2 εἴ γε κελεύοις Ald Bas.1 76b4 κατακεκαλυμμένως Ald Bas.1 82d6 δὶς δύο Ald Bas.1 87d8 ἄν τιν’ Ald Bas.1 97a10 εἴ τις Ald Bas.1 98e10 ὡμολογοῦμεν Ald Bas.1 Entscheidend ist dabei eine – in den erhaltenen Handschriften nicht befindliche – Zufügung, die diese Ausgabe von der Aldina übernommen hat: 96e4 ante ἴσως καὶ διαφεύγειν add. ἢ εἰ μὴ τοῦτο δοίειμεν (sic), ὡς οὐ μόνον ἐπιστήμης ἀλλὰ καὶ ἄλλου τινὸς Ald Bas.1 Wie wir oben gesehen haben302, ist die erste Basler Ausgabe zum Teil auch die Grundlage der von Camillus Venetus vervollständigten Handschrift Laurent. 85. 14 (= n), die sonst (bis 79b) auf den Vindobonensis W zurückgeht.

301 Platonis omnia opera..., Basileae apud Ioann. Valderum, a. 1534, 334–345. 302 Vgl. o. 4.5.

Liste der Handschriften, die den Menon ganz oder in Teilen überliefern: P.Oxy. 1611 P.Oxy. 2662 PSILaur. inv.19662 v Ambrosianus D 56 Sup.(= Am) Ambrosianus E 113 Sup.(=Amb) Ambrosianus F 19 Sup.(= Mil) Angelicanus 101(= v) Angelicanus 107(=Ang) Bruxellensis 11360–63(= Brux) Dunelmensis C. IV. 2 (= Dur) Florentinus Laurentianus 59. 1(= a) Florentinus Laurentianus 85. 6(= Flor) Florentinus Laurentianus 85. 7(= x) Florentinus Laurentianus 85. 9(= c) Florentinus Laurentianus 85. 14(= n) Florentinus Laurentianus Conv. Suppr. 180(= o) Heidelbergensis Palatinus 129(= Palat) Lobcovicianus VI F. a. 1(= L) Londinensis Royal 16 C. XXV(= Lond) Malatestianus Caesenas D. 28. 4(= M) Matritensis 4573(= Mat) Monacensis 408(=Mo) Neapolitanus 337 = III E 15(= Neap) Neapolitanus 91 = II. C 32(=Nea) Olomutensis Ms. 531(= Olm) Oxoniensis Bodleianus E.D. Clarke 39(= B) Parisinus 1808(= Par) Parisinus 1809(= C) Parisinus 1811(= H) Parisinus 1812(= J) Parisinus Coislinianus 155(= Γ) Scorialensis Y. 1. 13(= Scor) Scorialensis Χ. 1. 13(=Ex) Scorialensis Ψ. 1. 1(= Esc) Vaticanus Ottobonianus 177(=Ott) Vaticanus Palatinus 173(=P) Vaticanus 225(= V) Vaticanus1029(=R) Vaticanus 1030(=Vat) Venetus Marcianus App.Cl. IV.1(=T) Venetus Marcianus 184(=E) Venetus Marcianus 186(=U) Venetus Marcianus 189(=S)

IX. Die Editio princeps Aldina

Venetus Marcianus 590(=X) Vindobonensis phil. 21(= Y) Vindobonensis Suppl.gr. 7(=W) Vindobonensis Suppl.gr. 39(=F) Vossianus Q. 54(=Q) Zittaviensis A 2(= Z) Stobaei Farnesianus 299 (=F) Parisinus 2129 (=P) Vindobonensis phil.67(=S) Lateinische Handschriften: Aristippi Amplonianus Erford. O 7(= A) Berolinensis lat. qu. 821(= E) Cusanus Hosp. S. Nicol. 177(=C) Leidensis Univ.Bibl. publ. 64(= L) Oxoniensis Coll.Corp.Chr.243(=O) Marsili Ficini Oxoniensis Canonicianus lat.163

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SCHLUSSBEMERKUNG Die Frage nach dem Ursprung der mittelalterlichen Überlieferung des platonischen Corpus kann zwar nicht auf der Basis eines einzelnen Dialogs erörtert werden. Trotzdem liefert die Textgeschichte des Menon einige Indizien, die in diesem Zusammenhang der Erwähnung wert sind. 1° Gegenüber F ist den Handschriften BTWP eine Reihe von Fehlern303 gemeinsam. Am wichtigsten sind in dieser Hinsicht folgende Lesarten: Λ 75a5 σε F: om. BTWPΛ 80e3 ὅ γε F Stobaeus: γε ὃ BTWP 81e3 ἀλλὰ πῶς F Stobaeus: ἀλλ’ ἁπλῶς BTWPΛ 82c11 εἰ ἦν F: εἰ ἐν BTWPΛ (ut vid.) 86a6 καὶ (ἢ sv) F: ἢ καὶ BTWP 86c9 ἀλλ’ ἔγωγε F Λ: ἂν λέγω γε BTWP 88b3 οὐχὶ τότε F Λ: οὐχὶ ποτὲ BTWP 89e11 Ἄνυτος F (et mox e12): αὐτὸς (et mox e12 ἂν αὐτὸς) BTWPΛ 91c3 γ’ἐμῶν Burnet ex F: συγγενῶν BTWP Λ 92c3 ἐν αὑτῷ Burnet ex F: ἑαυτῷ BTWPΛ 92e1 δὴ F: δὲ BTWP 95e1 συμμίσγῃς F (e corr.): συμμιγῇς BTWP 96e5 διαφεύγει F: διαφεύγειν BTWPΛ 97c9 ἂν τυγχάνοι F: τυγχάνοι BTWP 98b2 οὐ F: om. BTWP Λ 99a8 ἔτι γίγνεται F Λ: ἐπιγίγνεται BTW: ἐγγί– P (compend.) Diese Bindefehler deuten daraufhin, daß B T und δ (= WP) aus einem einzigen Exemplar geflossen sein dürften, das die genannten Merkmale aufwies. 2° Andererseits finden sich auch bei aller Homogenität in den Textzeugen des ersten Überlieferungszweigs je verschiedene Majuskelfehler. Besonders signifikant sind in diesem Betracht folgende Fälle: 79d7 οἴου recte F: οὐ B: σὺ TWP Ο > C 84a7 γ’ αὐτὴν recte B: ταύτην TWPF Γ > Τ 85b10 γιγνοιτ’ἂν recte BTP: γίγνετ’ἂν W: γίγνοιτο F Ο > є 88d2 ὠφέλιμόν γε recte BTPF: ὠφέλιμόν τε W Γ > Τ 88e3–4 Ὀρθῶς δέ γε recte TPFW (man.rec.): om. Wa.c.:Ὀρθῶς λέγε B Δ>Λ 94b9 ἀδυνάτους BWPF: δυνατοὺς T ΑΔ > Δ

303 Das Zeugnis von Λ wird nur dann angeführt, wenn es keinem Zweifel unterliegt.

Schlussbemerkung

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Diese Majuskelfehler sind spätestens bei der Transliteration entstanden. Es ist aber nicht auszuschließen, daß sie schon früher im Verlauf der Überlieferung aufgetreten sind. Im Grunde gibt es also zwei Möglichkeiten: (a) entweder sind diese Fehler Überreste uralter Verlesungen, die in einer nicht mehr bestimmbaren Stufe der platonischen Textüberlieferung entstanden sind; (b) oder sie sind bei der Transliteration selbst erschienen. Es wäre dann anzunehmen, daß es nicht eine einzige, sondern mehrere, voneinander verschiedene Transliterationen gegeben hat, die wiederum zu den Überlieferungszweigen von B, T und δ geführt haben.304 Zwar reicht das vom Menon aufgebrachte Material nicht aus, um diese Frage zu entscheiden. Es sei auch daran erinnert, daß die Zitate von Stobaeus einmal mit dem einen, ein andermal mit dem anderen Überlieferungszweig übereinstimmen; dies legt die Vermutung nahe, daß die oben genannten, voneinander abweichenden Überlieferungszweige relativ alt sind305. Bei aller gebotenen Vorsicht kann man es aber für wahrscheinlich halten, daß die mittelalterliche Überlieferung ihren Ursprung in einem alten, heute verlorenen Exemplar (= β), das in der Patriarchenbibliothek in Konstantinopel aufbewahrt worden war, gefunden hat. Diese Annahme bekräftigen die schon oben (1°) erwähnten Bindefehler von BTWP. Darüber hinaus gibt es aber auch mehrere Fehler, die allen unabhängigen Textzeugen gemeinsam sind: 74d8 ὅτι codd. quoniam Λ: τί corr. Gedike 78d5 αὐτὰ codd. ea Λ: αὐτὸ corr. Schneider secl. Ast 80a8 ναρκᾶν codd. obstupefieri et narcissare Λ: secl. Dobree 83c13 ναί add. Par. 1812 (sv): om. BTWPF Λ 85a1 τινὰ codd. quendam Λ (corr. Kor.)306: τείνουσα H² Cornarius Ecl.83 ἀντίαν Wex 86a6 ὅταν BTPF ὅ*τ’ ἂν Wras. quando Λ: ὅν τ’ ἂν corr. Baiter 86a7 ἐρωτήσεις codd. questiones Λ: ἐρωτήσει J² ἐρωτήσεσι H² sciscitando Ficinus 97a10 τις εἰδὼς BTP quis sciens Λ: τις δ’εἰδὼς W: om. F in lac.: εἴ τις εἰδὼς corr. U² 98d1 οὔτ’ἐπίκτητα BTWP neque acquisitiva Λ: ἐπίκτηται F: ἀλλ’ἐπίκτητα H² ὄντ’ἐπίκτητα Ast: secl. Cornarius Ecl. 84 Die F–Tradition ist (wie oben307 gesagt) auf ein von Grund aus verschiedenes Exemplar (= γ) zurückzuführen. Das bedeutet aber nicht, daß F und die anderen unabhängigen Textzeugen keine gemeinsamen Korruptelen aufweisen; die Zeit ihres Entstehens (= α) kann aber nicht genau bestimmt werden. 304 Eine solche Möglichkeit erwägt Antonio Carlini, Studi sulla tradizione antica e medievale del Fedone, Rom 1972, 133–138. Vgl. auch S. Martinelli Tempesta, La tradizione testuale del Liside di Platone, Florenz 1997, 258–278. 305 S. o. Kap. VI: die indirekte Überlieferung. 306 Quedam L: quidem OE: quoddam CAL²: corr. Kordeuter. Verbum τινὰ secl. Schleiermacher. 307 S.o. 5.1.

Stemma codicum descriptorum

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INHALTSVERZEICHNIS VORWORT ........................................................................................................ 5 EINLEITUNG .................................................................................................... 7 KAPITEL I – DIE PAPYRI.............................................................................. 11 KAPITEL II – DIE BYZANTINISCHE ÜBERLIEFERUNG......................... 12 II.1. Die Familie des Clarkianus 39 .................................................... 12 II.2. Die Familie des Marcianus 542 .................................................. 16 II.3. Die Familie des Vindobonensis Suppl. gr. 7 .............................. 37 II.4. Die Familie des Vindobonensis Suppl. Gr. 39 ............................ 46 II.5. Die Y–Reihe................................................................................ 54 KAPITEL III – DIE LATEINISCHE FASSUNG DES ARISTIPPUS ............ 67 KAPITEL IV – DIE EXZERPTHANDSCHRIFTEN ...................................... 78 KAPITEL V – DIE SCHOLIEN ...................................................................... 84 KAPITEL VI – DIE INDIREKTE ÜBERLIEFERUNG .................................. 88 KAPITEL VII – FICINOS EIGENHÄNDIGE HANDSCHRIFT UND LATEINISCHE ÜBERTRAGUNG ................................................................. 93 KAPITEL VIII – DER DIALOG DE VIRTUTE ............................................ 100 KAPITEL IX – DIE EDITIO PRINCEPS ALDINA...................................... 103 Liste der Handschriften ................................................................................... 106 SCHLUSSBEMERKUNG.............................................................................. 108 Stemma codicum descriptorum ...................................................................... 110 LITERATURVERZEICHNIS ........................................................................ 111

PALINGENESIA Schriftenreihe für Klassische Altertumswissenschaft

Begründet von Rudolf Stark, nach Otto Lendle und Peter Steinmetz herausgegeben von Severin Koster.

Franz Steiner Verlag

ISSN 0552–9638

82. Konstantin Boshnakov Pseudo-Skymnos (Semos von Delos?) 7DDMULVWHUDWRXC3RYQWRX Zeugnisse griechischer Schriftsteller über den westlichen Pontosraum 2004. X, 268 S., geb. ISBN 978-3-515-08393-5 83. Mirena Slavova Phonology of the Greek inscriptions in Bulgaria 2004. 149 S., geb. ISBN 978-3-515-08598-4 84. Annette Kledt Die Entführung Kores Studien zur athenisch-eleusinischen Demeterreligion 2004. 204 S., geb. ISBN 978-3-515-08615-8 85. Marietta Horster / Christiane Reitz (Hg.) Wissensvermittlung in dichterischer Gestalt 2005. 348 S., geb. ISBN 978-3-515-08698-1 86. Robert Gorman The Socratic Method in the Dialogues of Cicero 2005. 205 S., geb. ISBN 978-3-515-08749-0 87. Burkhard Scherer Mythos, Katalog und Prophezeiung Studien zu den Argonautika des Apollonios Rhodios 2006. VI, 232 S., geb. ISBN 978-3-515-08808-4 88. Mechthild Baar dolor und ingenium Untersuchungen zur römischen Liebeselegie 2006. 267 S., geb. ISBN 978-3-515-08813-8 89. Evanthia Tsitsibakou-Vasalos Ancient Poetic Etymology The Pelopids: Fathers and Sons 2007. 257 S., geb. ISBN 978-3-515-08939-5

90. Bernhard Koch Philosophie als Medizin für die Seele Untersuchungen zu Ciceros Tusculanae Disputationes 2007. 218 S., geb. ISBN 978-3-515-08951-7 91. Antonina Kalinina Der Horazkommentar des Pomponius Porphyrio Untersuchungen zu seiner Terminologie und Textgeschichte 2007. 154 S., geb. ISBN 978-3-515-09102-2 92. Efstratios Sarischoulis Schicksal, Götter und Handlungsfreiheit in den Epen Homers 2008. 312 S., geb. ISBN 978-3-515-09168-8 93. Ugo Martorelli Redeat verum Studi sulla tecnica poetica dell’Alethia di Mario Claudio Vittorio 2008. 240 S., geb. ISBN 978-3-515-09197-8 94. Adam Drozdek In the beginning was the apeiron Infinity in Greek philosophy 2008. 176 S. mit 11 Abb., geb. ISBN 978-3-515-09258-6 95. Eckart Schütrumpf Praxis und Lexis Ausgewählte Schriften zur Philosophie von Handeln und Reden in der klassischen Antike 2009. 368 S., geb. ISBN 978-3-515-09147-3 96. Theokritos Kouremenos Heavenly Stuff The constitution of the celestial objects and the theory of homocentric spheres in Aristotle’s cosmology 2010. 150 S., geb. ISBN 978-3-515-09733-8