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German Pages 455 Year 1996
HEIKO PLASSMEIER
Ungerechtfertigte Bereicherung im Internationalen Privatrecht und aus rechtsvergleichender Sicht
Schriften zum Internationalen Recht Band 81
Ungerechtfertigte Bereicherung im Internationalen Privatrecht und aus rechtsvergleichender Sicht
Von
Heiko Plaßmeier LL.M. (Cantab.)
Duncker & Humblot · Berlin
Die Deutsche Bibliothek - CIP-Einheitsaufnahme
Plassmeier, Heiko:
Ungerechtfertigte Bereicherung im internationalen Privatrecht und aus rechtsvergleichender Sicht I von Heiko Plassmeier. Berlin : Duncker und Humblot, 1996 (Schriften zum Internationalen Recht ; Bd. 81) Zugl.: Göttingen, Univ., Diss., 1995 ISBN 3-428-08584-1 NE:GT
Alle Rechte vorbehalten
© 1996 Duncker & Humblot GmbH, Berlin
Fotoprint: Berliner Buchdruckerei Union GmbH, Berlin Printed in Germany ISSN 0720-7646 ISBN 3-428-08584-1 Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier entsprechend ISO 9706 @)
Vorwort Diese Arbeit enthält eine geringfügig veränderte Fassung meiner Dissertation, die im Sommersemester 1995 der Juristischen Fakultät der GeorgAugust-Universität Göttingen vorgelegen hat. Rechtsprechung und Literatur konnten weitestgehend bis November 1995 berücksichtigt werden. Mein Dank gilt an dieser Stelle in erster Linie meinen Eltern, ohne deren vieliältige Hilfe und Unterstützung mir Studium und Promotion nicht möglich gewesen wären. Des weiteren danke ich meinem akademischen Lehrer, Herrn Professor Dr. Dr. h.c. mult. Erwin Deutsch M.C.L., für die Aufnahme in den Kreis seiner Mitarbeiter, die Gelegenheit zur Anfertigung der vorliegenden Arbeit und die mir dabei gewährte akademische Freiheit, die weit über das Maß des heute Üblichen hinausging. Herrn Professor Dr. Uwe Blaurock schulde ich Dank für die Übernahme des Zweitreferats. Nicht unerwähnt bleiben sollen auch meine Kollegen am Lehrstuhl, insbesondere Dr. Ina Wiedemann und Dr. Andreas Spickhoff, die mir für hilfreiche Gespräche zur Verfügung standen. Für die Unterstützung bei zwei Forschungsaufenthalten an der Universität Cambridge bin ich besonders Herrn Professor Dr. Kurt Lipstein, aber auch Dr. Maleolm Clarke sowie Keith McVeigh und den Mitarbeitern der Squire Law Library zu Dank verpflichtet.
Cambridge, im November 1995
Heiko Plaßmeier
Inhaltsverzeichnis Einleitung
21
Erster Teil
Rechtshistorische Entwicklung
26
A Frühe Literaturansichten \Dld das Gesetzgeb\Dlgsverfahren zum BGB ...............
27
I. Die Iex loci actus .............. ....... ... .... .............................................. ...........
27
ll. Die Iex patriae bzw. Iex domicilii debitoris, insbesondere die "Gebhardschen Entwiilfe" zum BGB .... ......... ............ ... .............. .. ............... .... .......
30
ill. Das internationale Bereichenmgsrecht im GesetzgeblDlgsverfahren zum BGB ........................................................................................................ 32
1. Der erste Entwurf .... ..... .... .. .... .................. .............................. .... ...... ... 33 2. Der zweite Entwuif... ...........................................................................
34
B. Die weitere Entwickl\Dlg nach dem Inkrafttreten des BGB ...............................
37
I. Differenzienmg zwischen verschiedenen Kondiktionsaiten .......................
37
II. Einheitliche Anknüpfimg ... ..... ...... .. ................ ... ............ .... ......... ... ...........
39
ill. Die Begründ\Dlg der Anwend\Dlg der Iex causae condictionis durch Zweigert ································································································· ········· 41 IV. Die Fortentwickl\Dlg der Iex causae-Anknüpfung durch von Caemmerer ... 43
V. Der EG-Vorentwuif eines Übereinkommens über das auf vertragliche \Dld außervertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht ............. ... .... ...
45
C. Die Entwickl\Dlg in der deutschen Rechtsprech\Dlg ...........................................
47
I. Die international-privatrechtliche Behandl\Dlg der Leistl.mgskondiktion ....
47
1. Die quasikontraktuelle Anknüpfung ......................................................
47
2. Die Hinwend\Dlg zur Iex causae condictionis .... .................... ..... ...........
51
3. Probleme bei der Abgrenzung der Kondiktionsaiten im Anknüpfimgssinn ......................................................................................................
54
4. Durchbrech\Dlg der lex-causae-Anknüpfimg bei Warentermingeschäften
56
II. Die international-privatrechtliche Behandl\Dlg der Nichtleist\Dlgskondiktionen ......................................................................................................
58
ill. Zusammenfass\Dlg ....... ............................... ... ....... ............ .. .... ... ......... ... ..
72
8
Inhaltsverzeichnis Zweiter Teil
Ausgangspunkt der Untersuc:huog und lnternational-privatrec:htHc:he Interessen
74
A. Die Bedeutung der Interessen ffir die Wahl eines Anknüpfimgsmoments ..........
74
B. Ordnungsinteressen, innerer und äußerer Entscheidungseinklang .... .. .. .. .. .. .. .. ....
15
I. Innerer Entscheidungseinklang .... .... .. ............ ...... ............ .............. ...... .. .. .
76
II. Äußerer Entscheidungseinklang ...................... .... .. .. .. .. .. .. .......... .... ...... .. .. ..
77
C. ,,Heimwärtsstreben" und Interesse an einer ,,realen Entscheidung'' .. ... .. .. .. .... .. ..
78
D. Verkehrsinteressen ............................................................................... ...........
81
E. Parteünteressen ...................................................... ............... :............... ...........
82
I. Gegensätzlichkeit der Parteiinteressen .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. ..
82
Il. Interessenermittlung nach kollisionsrechtlichen Kategorien .. .. .. .. .. .. .. ... .. .. .
83
ill. Sachrechtliehe Interessenbewertungen .. .. .. .. .. .. . .. ... .. .. .. .. .. .... .... .. .. .. .. ... .. .. .. .
87
l. Der Gedanke des ,,faktischen Synallagmas" .. ... .. .. .. .. .. .. ... .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. ..
88
2. Die dem Leistungsbegriffzugnmde liegenden Wertungen .....................
89
F. Bewertung und Gewichtung der betroffenen Interessen .. .. .. .. .. .. .. .. .. ... .. .. .. .. . .. ... ..
91
Dritter Teil
Rechtsvergleichende Betrachtung
94
A. Grundlegung ....... .... .... .. .... .. ........ . ..... .......... ...... . ....... ............... ...... ... ... ...... ......
94
B. England ... ................ ... ....... .. .......... .... ......... ........ .............................. ... ....... .....
96
I. Das Sachrecht .. .............. ............................... ........ ....................... ...... ......
96
I. Die historischen forms of actiou als Grundlage des heutigen englischen Bereicherungsrechts ....... ................ ........ .... ................... ...... ...
I 00
a) Die indebitatus counts .. .. .. ... .. ... .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. . .. .. .. .. .
100
aa) Action for money had and received .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. ... .. .. . .. .
100
bb) Action for money paid .. ..... .. .. .. .. .. .. .. . .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .... .. .. .. ... .. .
I0 I
b) Quantum meruit und quantum valebat .......................... ..................
102
2. Allgemeine Voraussetzungen eines Bereicherungsanspruchs .. .. ............ 103 a) Enrichment by the receipt of a benefit ... .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. 103 b) Enrichment at the plaintifl's expense .. .. ... .. .. .. .. ................... ... .. .. .. .... . I 05 c) Unjust retention ofthe benefit .............................................. ........... 105 aa) Leistung aufgrund einer wirksamen vertraglichen oder gesetzlichen Verpflichtung.. ........................................................... ........ 106 bb) Officious transfer ....................................................................... 108
Inhaltsverzeichnis
9
cc) Public Policy ................................. ........................................... 109 3. Bereichenmgsrechtliche Fallgruppen .. ........ ... .. ..................................... Il 0 a) Ungerechtfertigte Bereichenmg durch Übertragung des Bereiche-nmgsgegenstandes direkt vom Kläger an den Beklagten .. .. .. .. .. .. .. .. .. . 11I aa) ,,Mistake" in Fällen der LeistwJ.g einer Geldsumme.................... II2 (1) Mistake offact ...................................................................... 1I2 (2) Mistake oflaw ...................................................................... 114 bb) ,,Mistake" in Fällen von Warenliefenmgen oder DienstieistwJ.gen 1I9 (I) Free acceptance ..................................................................... I20 (2) Incontrovertible benefit ......................................................... 120 cc) Anfechtung von Verträgen, die unter dem Einfluß eines Irrtums geschlossen wurden ............... ........... ................... ........... . ...... .. ... 122 dd) Duress .......................................................................... ............. 123 (1) Anerkannte Formen..................................................... .......... 124 (2) Economic duress .. .. .. ... .. .... ...... .. ... .. .. .. .. .. ......................... ...... I25 (3) Compulsion oflaw ................................................................ 126 (a) The right to contribution ................................................... I28 (b) The right to recoupment .................................................... I28 ee) Necessity ................................................................................... I29 (1) Agency ofnecessity .............................................................. 130 (2) Necessitous intervention by a stranger ................................... I30 ft) Ineffective transactions .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. ... .. .. .. .. .. .. . 13I
(I) Rückgewähr von Geldleistungen .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. . .. .. .. .. .. .. . .. .. .. .. .. . 131 (2) Rückgewähr von Waren und Dienstleistungen ........................ 133 (3) Illegal contracts ...................................................................... 133 (4) lncapacity .............................................................................. 135 (5) Breach of contract .................................................................. 137 (a) Rückgewähr von GeldieistwJ.gen ........................................ I37 (b) Rückgewähr von Waren und Dienstleistungen ................... 138 (6) Frustration . ................................... ......................................... I39 b) Ungerechtfertigte Bereichenmg durch Eingriff in fremde Rechte ...... I42 aa) Waiver oftort ........................................ ..................................... 143 bb) Rule offorfeiture ....................................................................... I48 cc) Sonstige Fälle ............................................................................. I48 4. Defences ... .. ... ........... ........................... ....... ........... ............ ....... ...... ..... 149
10
Inhaltsverzeichnis a) Change ofposition ........................................................................... 149 aa) Die frühere Position des englischen Rechts zum BereichenmgswegfaU ............................................................... ~..................... . . 149 bb) Die Entscheidung des House ofLords im Fall Lipkin Gorman v. Karpnale Ltd. .............................................................................. 150 cc) Exkurs: Parallelen zwischen Lipkin Gorman und den "Spielbankfallen" des BGH ................................................................. 152 b) Unmöglichkeit der counter-restitution ............................................. 154 c) Bona fide purchase und Estoppel .................................................. ... 155 ll. Das Internationale Privatrecht ................................................................ 158 1. Die Entwicklung in der Literatur............. ............................................ 158
a) Die Iex loci actus ............................................................................. 158 b) Die Iex causae condictionis .. .. .. .. .. .. .. .. ... .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. 160 c) Differenzierte Anknüpfung ............................................................... 161 aa) Die Rückabwicklung von Vermögensverschiebungen, die mit einem Vertrag in Verbindung stehen ............................................. 162 bb) Die Rückabwicklung von Vermögensverschiebungen, die sich auf unbewegliche Sachen beziehen .. . .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. . ... .. .. .. .. 164 cc) Die Rückabwicklung von Vermögensverschiebungen in sonstigen Fällen ........................................................................................ 165
( l) Grundregel ..... ........................... .. .. .............................. .......... 165 (2) Bereicherungsansprüche nach "waiver oftort" ....................... 165 (3) Rückgriffsanprüche zwischen mehreren Schuldnern .............. 168
d) Die Kritik von Burrows an der Anknüpfung bei Dicey/Morris .......... 168
2. Die Entwicklung in der Rechtsprechung .. .. . .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. 170 3. Einzelne gesetzliche Bestimmungen .................................................... 175
ill. Zusammenfassung .... .... ...... ................. .......... .... ......................... ...... ....... 177 C. Schottland . .................. ... ....... .............. ... ... .. ........... .......... .. ................. ............ 178
I. Das Sachrecht ..... .. .. .. .. .. . .... .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. . .. .. . .... .. .. .. . .. . .... .... .. .. ... .. .. . .. .. 179 1. Restitution . ..... .. .. .. ... .. .. ... .... .. .. .. .. .. .. .. . .... .. .. . ... .. .. .. .. .. .. . ... .. . ... .. . ..... .. .. .. .. 179
2. Repetition ............................................................................................ 180 3. Recompense .................. ....................................................................... 182 ll. Das Internationale Privatrecht .................................................................. 182 D. USA ...................................................................... ......................................... 186 I. Das Sachrecht ......................................................................................... 186 1. Ansprüche, die in Verbindung mit einem Vertrag entstehen ................. 187
Inhaltsverzeichnis
11
a) Mis\Dlderstanding, Mutual mistake .................................................. 188 b) Unilateral mistake ........................................................................... 189 aa) Mistake offact ........................................................................... 189 bb) Mistake oflaw ........................................................................... 192 c) Coercion .......................................................................................... 194 aa) Duress \Dld Undue Influence .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. . 194 bb) Indemnity \Dld Contribution ............................................ ........... 196 d) Vertrags\Dlwirksam.keit aus anderen Gründen \Dld nachträglicher Wegfall des Vertrages ...................................................................... 197 aa) Illegality ... ...... ... ................................ ..................... .... ..... ... ... .. .. 198 bb) Incapacity ...... .................... ............. ............................. ............. 198 cc) Breach of contract ... .. .. .. .. .. .. .. ... .. .. .. . .. .. .. .. .. .. .. .. .. ... .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. . 199 dd) Impossibility ... ............... ............. .... ............................... ........... 20 I 2. Ansprüche, die sich aus freiwilligen Zuwend\Dlgen ergeben .. .. .. .. .. .. .. .. . 203
3. Ansprüche, die mit einer \Dlerlaubten Handl\Dlg in Verbind\Dlg stehen . 205 4. Defe:nces .................... .................... .......... ... ..... .. ........................ ..... ..... 209 a) Change of circumstances ................................................................. 209 b) Andere Einwend\Dlgen \Dld Einreden des Bereicher\Dlgsschuldners .. 213 aa) Estoppel ..................................................................................... 213
bb) Unmöglichkeit der co\Dlter-restitution ........................................ 213 cc) Purehase for value ...................................................................... 214
ll. Das Internationale Privatrecht ................................................................. 215 1. Das erste Restatement .. .............................................................. .......... 215 2. Das Restatement Second .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. 219 a) Die ,,most significant relationship" ................................................... 219 b) Die Anknüpfimg von Bereicher\Dlgstatbeständen im Restatement Second .....................................:........................................................... 220 3. Die Kritik in der Literatur am Restatement Second .. .. .. .... .. .. .. .. .. .. .... .... 226 a) Ehrenzweigs lex-fori-Theorie ........................................................... 226 b) Die Kritik von Scoles/Hay ............................................................... 230 4. Die Anknüpfimg von BereicherlDlgsansprüchen in der neueren OSamerikanischen Rechtsprechung ............... ................ .. .... ........ ... ........ .. 231
5. Die neue !PR-Kodifikation in Louisiana .............................................. 236 ill. Zusammenfassung .................................................................................... 238 E. Kanada ............................................................................................................ 239
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Inhaltsverzeichnis I. Das Sachrecht .. .......... .. .. ... .. .. ...................... ....................... .. ...... ... .. ........ 240 I. Die gnmdsätzliche Anerkennung des Prinzips der ungerechtfertigten Bereicherung ............. ............................... ....................... ......... .... ....... 240 2. Die kanadische Rechtslage in ausgewählten Detailfragen . ....... .... ......... 242 a) Mistake offact im Fall der Direktkondiktion einer auf eine unwirksame Anweisung geleisteten Zahlung ............................ ...... ... ... ....... 242 b) Mistake oflaw ..... ............................... .......................... ..... ...... ....... 243 c) Waiver oftort .................................................................................. 244 d) Change ofposition ........................................................................... 245 II. Das Internationale Privatrecht ................................................................. 247
F. Frankreich............................................................ ........................................... 251
I. Das Sachrecht .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. . ... .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. ... .. .. .. .. .. .. .. .. 25 1 1. Repetition de l'indu ............................................................................. 252
2. Enrichissement sans cause- Die actio dein rem verso ......................... 255 II. Das Internationale Privatrecht .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. ...... .. .. .. .. .... .. . 258 1. Die bisherige Rechtslage .. .. ...................... .... .... ...... .. .. .. .. .. .... .. .. .. .. ...... .. 258
a) Die Literaturansichten .......................................................... ............ 258 b) Die Rechtsprechung .............................. .................................... ....... 261 2. Die Rechtslage nach der Umsetzung des Rom-Übereinkommens über das aufvertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht .............. 264 G. Das internationale Bereicherungsrecht in Österreich und der Schweiz .. ........... 265
I. Das 'internationale Bereicherungsrecht Österreichs .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. 265 1. Die frühere Rechtslage .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. . 265
2. Die Lehre vom "Vernichtungsstatut" .................................................... 267 3. Die Rechtslage seit Inkrafttreten der Regelung des§ 46 IPRG .............. 271 4. Renvoi im Österreichischen internationalen Bereicherungsrecht - Das Verhältnis zwischen § 46 S. 2 und § 5 Abs. l IPRG ............................. 275 II. Das internationale Bereicherungsrecht der Schweiz................................. 276 1. Die Entwicklung bis zur heutigen Rechtslage ....................................... 277
2. Die heutige gesetzliche Regelung in Art. 128 !PR-Gesetz..................... 281 a) Die Anknüpfimg der Leistungskondiktion .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. . 283 b) Die Anknüpfimg der Nichtleistungskondiktionen .. .... .. .. .. .... .. .. .. .. .. .. .. 284 c) Die Rechtswahlklausel in Art. 128 Abs. 2 S. 2 ................................. 286 d) Renvoi . .. .. .... .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .... .. . ... .. .. .. .. .. .. .. ...... .. .. ...... .. .... .. .. .. 288
Inhaltsverzeichnis
13
Vierter Teil
Lösqsvorschlag
289
A. Fragen des aUgemeinen Teils des IPR ............................................................. 291
I. Qualifikation ...................... .. ............ .. .... .... .. ... .... ....... .. .. .. ... . ......... .... .... .. 291
l. Qualifikation auf der Tatbestandsebene ..... ... ........................... .... ......... 292 a) Qualifikation nach der Iex causae ........................................ ............ 293 b) Rechtsvergleichende Qualifikation .. ....... ............. ................ ...... .. ... . 295 c) Funktionelle Qualifikation ............................................................... 296 aa) Grundlagen ..................................... ........................................... 296 bb) AnwendWlgsbeispiele ............. ... .. ..... ............... ........... ........ .. .. .... 297 cc) Qualifikationsstatut ....................... .................................. ........... 298 dd) "Offene" oder ,,kanalisierte VerweisWlg"? ................................ .. 300 2. Qualifikation auf der Rechtsfolgenebene - Das Problem der Rückverweisung kraft abweichender Qualifikation ...... .............. .. ....... ..... .. .... ... 300 3. Abgrenzung des AnwendWlgsbereichs zu anderen KoUisionsnormen, insbesondere zum Statut der Geschäftsfiihrung ohne Auftrag .... ...... ..... 302
ll. Vorfrage ................. ....... ............................... ...................... .. ................... 305 l. Die im Rahmen des BereichefWlgsstatuts erheblichen Voifragen ......... 305 a) Der Eintritt einer BereichefWlg ........................................................ 305 b) Der RechtsgrWid .... ..... ..... .......... .............. ......... ...... ...... .. ...... .. .... ..... 306 2. Die BehandlWlg der Vorfrage nach dem RechtsgrWid: selbständige oder unselbständige Anknüpfimg? ................................................................ 306 3. Selbständige Anknüpfung der Vorfrage nach dem RechtsgTWld oder vorfragenakzessorische Anknüpfimg des BereichefWlgsstatuts? ..... ..... .. 308 4. KonkretisieTWlg der Anknüpfimg an den RechtsgTWld ........ ........ .... ...... 311 a) Der Begriff des RechtsgrWides ............. ... ......................... ... ............. 311 aa) LeislWlgskondiktion ................ .......... .......................... .... ........... 312 bb) N ichtleislWlgskondiktionen ............. ......................... .. ..... ..... ...... 312 b) Das Statut des Anknüpfimgsmoments ..... ......................... ..... ........... 313
5. Vermeidung der depeyage durch vorfragenakzessorische Anknüpfimg .. 316 6. Abgrenzung zur Lehre vom "VemichtWlgsstatut" ................................. 317 a) Grundsätzliche Unterschiede, vor allem im Bereich der sog. Eingriffsnormen ............ .............................. ..................... .... ...... ........... 317 b) Anwendung des "VertragsvemichtWlgsstatuts" in Fällen mangelnder Geschäftsflihigkeit? .. ............................ ... ......................................... 322
m. Renvoi
.................................................................................................... 323
14
Inhaltsverzeichnis 1. Die bisherige Behandlung der Renvoi-Problematik .............................. 323
a) Stellungnahmen in der Literatur....................................................... 323 b) Vorgaben der Iex lata ....................................................................... 324 2. Der Renvoi bei vorfragenakzessorischer Anknüpfung und der "Sinn der Verweisung"............... .......................................................................... 325 a) Bei objektiver Anknüpfung des Grundstatuts .................................... 325 b) Bei Bestimmung des Grundstatuts dW"Ch Rechtswahl der Parteien ... 330 B. Die Anknüpfung der Kondiktionsaften im einzelnen .............................. .......... 332 I. Leistungskondiktionen . ................... ........ .. ..... ..... .... ..... .. ..... .... .. ........ ... ... 333 1. Condictio indebiti im Zweipersonenverhältnis .. .. .. .. .. .. .. .... .... .. .. .. .. .. .. .. . 333
a) Leistungen auf der Grundlage eines vertraglichen oder gesetzlichen Schuldverhältnisses .......... ......................... ........ .......................... .... 333. b) Anwendung der Saldotheorie ........................................................... 336 c) Anknüpfung der Leistungskondiktion bei unklarer Zuordnung einer Leistung .......................................................................................... 337 2. Condictio ob rem im Zweipersonenverhältnis .... .. .. .. .... .. .. ...... .. .... .. .. .. .. 339 3. Leistungskondiktion im Drei- oder Mehrpersonenverhältnis .... .. .... .. .. .. 340 a) Vertrag zugunsten Dritter ................................................................. 341 b) Anweisungsfälle ..... .. ................................ .............................. .......... 343 c) ,,Abgeirrte Leistungen" .................................................................... 348 d) Zessionsfälle ............ ............................. ............................ .. ... ... ....... 351 e)' Kondiktion des freiwilligen Drittzahlers beim Gläubiger der Hauptschuld .............................................................................................. 353 f) Kondiktion des Bürgen oder Garanten beim Gläubiger der Hauptschuld .............................................................................................. 354
g) Zusammenfassung und rechtsvergleichende Überprüfung der Anknüpfung von Leistungskondiktionen im Drei- oder Mehrpersonenverhältnis ......................................................................................... 356 II. Rückgriffskondiktionen ...................................................... ........... .......... 358 1. Begriffund Qualifikation ..................................................................... 358
2. Kollisionsrechtliche Parallelen zwischen Rückgriffskondiktion und Legalzession ....................................................................................... 359 3. Rückgriff des freiwilligen Drittzahlers beim Schuldner ........................ 362 a) l. Fall: Zwischen dem Schuldner und dem zahlenden Dritten besteht im Zeitpunkt der Zahlung kein Kausalverhältnis ..... ...... ......... .......... 362
Inhaltsverzeichnis
15
b) 2. Fall: Zwischen dem Schuldner lDld dem zahlenden Dritten besteht im Zeitpunkt der ZahllDlg ein aufTilglDlg der Schuld durch den Dritten gerichtetes lDlwirksames Kausalverhältnis ...... .. .... ............ ....... ... 365
4. Rückgriff des Bürgen oder Garanten beim Hauptschuldner ........ ........... 366
5. Regreßansprüche zwischen mehreren gleichstufig verpflichteten Schuldnern ..................................................................................................... 368 a) 1. Fall: Die VerpflichtlDlg aller Schuldner lDlterliegt derselben RechtsordnlDlg ............... ... ... ..... ... .................. .... ...................... ... .... 369 b) 2. Fall: Die VerpflichtlDlg der Schuldner lDlterliegt verschiedenen RechtsordnlDlgen . .............................. .. .............................. ............. 3 70 6. ZusammenfasslDlg lDld rechtsvergleichende Überprüfimg der Anknüpfimg von Rückgriffskondiktionen ......................................................... 372
ill. Nichtleistungskondiktionen ..................................................................... 374
1. Die Konkretisief\Dlg des ,,ZuweislDlgsgebalts" als Anknüpfimgsbegriff. 377 2. Kondiktionen mit BeziehlDlgen zum Sachstatut ................................... 379 a) Eigentumserwerb kraft Gesetzes ........... ............................. ... ........... 3 79 b) Verfügungen über fremdes Eigentum ... ............................................ 381 c) Sonderfalle der Verfiigung über fremdes Eigentum................ ........... 384 aa) Res in transitu . ............................... ................................. ........... 384 bb) Verfiigungen mittels Traditionspapiers ....................................... 386 d) VerfolglDlgsansprüche (§§ 816 Abs. l S. 2, 822) .............................. 388 e) VerwendlDlgskondiktionen ...................... ......................................... 391 3. Kondiktionen mit BeziehlDlgen zum Deliktsstatut ................................ 392 a) Gemeinsame AnknüpfimgsgflDldsätze- Die Reichweite der Tatortregel ................................................................................................... 393 aa) AnwendlDlg der Ubiquitätsregel im Fall des Auseinanderfallens von HandllDlgs- lDld Erfolgsort .. ................. ... ...... ........ .... ..... ..... 394 bb) AnwendlDlg der Ubiquitätsregel im Fall mehrerer Erfolgsorte (,,multi-state-Delikte") ........................... ................................... 396 cc) BereicheflDlgsstatut bei "aufgelockertem" Deliktsstatut ............. 399 b) Einzelfalle ........... ............................... ....................... ... ... ..... ....... .... 401 aa) Eingriffe in Sachenrechte ................. ............................. .... .. ........ 401 bb) Eingriffe in Immaterialgüterrechte ... ........................................... 402 cc) Eingriffe in Persönlichkeitsrechte ..... .............................. ............ 403 dd) Wettbewerbsverstöße ...................................................... ........... 405 4. Erforderlichkeit einer Ausweichklausel zur Anknüpfimg der Eingriffskondiktionen ............ ............................... .. ......................... ......... ........ 408
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Inhaltsveneichnis 5. ZusammenfassWlg Wld rechtsvergleichende Überprüfimg der Anknüpftmg von Eingriffs- Wld sonstigen Nichtleist\Dlgskondiktionen ....... ....... 412 IV. Nachträgliche Rechtswahl .. ............................................. :..................... .. 414
Zusammenfassung und Entwurf einer Kollisionsnorm fiir das deutsche IPR Anhang: Materialien und Geseaestexte zum internationalen Bereicherungsrecht
417
422
Uteratur
428
Register ausländischer Entscheidungen
442
Stichwortregister
452
Abkürzungsverzeichnis A
Atlantic Reporter
A.C. I App. Cas.
Appeal Cases
All E.R.
All England Law Reports
A.L.R.
American Law Reports
Am.J.Comp.Law
American Journal ofComparative Law
AmJur
American Jurisprudence
App.
Cour d' Appel
Atk.
Atkyns Law Reports
B.&C.
Harnewall & Cresswell Law Reports
Beav.
Beavan Law Reports
BGE
Entscheidungen des schweizerischen Bundesgerichts
Bull. Civ.
Bulletin des Arrc~ts
B.U.L.Rev.
Boston University Law Review
Burr.
Burrow Law Reports
Camb.L.J.
Cambridge Law Journal
Can. Bar Rev.
Canadian Bar Review
Cass. Civ.
Cour de Cassation, Chambre Civile
Cass. Com.
Cour de Cassation, Chambre Commerciales
Cass. Requ.
Cour de Cassation, Chambre des Requetes
Cass. Soc.
Cour de Cassation, Chambre Sociales
eh.
chapter
Ch. /Ch.D.
Chancery Division
Chron.
Chronique (Recueil Dalloz-Sirey)
C.J.S.
Corpus Juris Secundum (USA)
Clunet
Journal du droit international prive et de lajurisprudence comparee
Columbia L.Rev.
Columbia Law Review
Cowp.
Cowper Law Reports
c.p.
Consultation paper der Law Commission (England)
2 Plaßmeier
18
Abkürzungsverzeichnis
C.P. I C.P.D.
Common Pleas Division
D.
Recueil Dalloz-Sirey
D.L.R.
Dominion Law Reports (Kanada)
Doug.
Douglas Law Reports
E.G.L.R.
Estates Gazette Law Reports
E.R.
English Reports
EvBI.
Evidenzblatt (ÖJZ)
Ex.
Court ofExchequer
F.
F ederal Reporter
F. Supp.
Federal Supplement
Gaz. Pal.
Gazette du Palais
Harv. L.Rev.
Harvard Law Review
HL.
House of Lords
H&N.
Huristone & Norman Law Reports
Int.Comp.L.Q.
International and Comparative Law Quarterly
Int.Encycl.Comp.L.
International Encyclopedia of Comparative Law
IPRax
Praxis des Internationalen Privat- Wld Verfahrensrechts
IPRspr.
Die deutsche RechtsprechWlg auf dem Gebiete des Internationalen Privatrechts
l.R.
Informations rapides (Recueil Dalloz-Sirey)
J.
Jurisprudence (Gazette du Palais I Recueil Dalloz-Sirey)
JBI.
Juristische Blätter (Österreich)
JherJB
Jahrbücher fiir die Dogmatik des heutigen römischen Wld deutschen Privatrechts (Jherings Jahrbücher)
K.B.
King's Bench Division
Ld.Raym.
Lord Raymond Law Reports
LEd
Lawyer's Edition
Lloyd's
Lloyd's Law Reports
LMCLQ
Lloyd's Maritime and Commercial Law Quarterly
L.Q.R.
Law Quarterly Review
L.R.
LawReports
Mich. L.Rev.
Michigan Law Review
M.L.R.
Modem Law Review
Mor.
W.M. Morison's Dictionary ofDecisions
M&S
Maule & Selwyn Law Reports
Abkürzungsverzeichnis M&W
Meeson & Welsby (English Reports)
m.w.N.
mit weiteren Nachweisen
N.E.
North Eastern Reporter
N.L.J.
New Law Journal
N.W.
North Western Reporter
N.Y. Supp.
New York Supplement
N.Y.U. LawRev.
New York University Law Review
ÖJZ
Österreichische Juristen Zeitschrift
OGH
Oberster Gerichtshof (Österreich)
P.
Pacific Reporter
Q.B. I Q.B.D.
Queen's Bench Division
19
R.
Rettie Law Reports (Schottland)
RabelsZ
Zeitschrift für ausländisches ID:ld internationales Privatrecht
Rev. crit. dr. i. p.
Revue critique de droit international prive
Rev.trim.dr.civ.
Revue trimestrielle de droit civil
s.
section
S.C.
Session Cases (Schottland)
S.C.R.
Supreme Court Reports (Kanada)
SeuffArch.
Seufferts Archiv für die EntscheidiDlgen der obersten Gerichte in den deutschen Staaten
SJZ
Süddeutsche Juristen Zeit\Dlg
S.L.T.
Scots Law Times
S.W.
South Western Reporter
Sydney L.R.
Sydney Law Review
sz
EntscheidiDlgen des Österreichischen Obersten Gerichtshofes in Zivilsachen
Taunt.
TaiD:lton Law Reports
T.L.
Times Law
T.L.R.
Times Law Reports
TulaneL.R.
Tulane Law Review
U.C.Q.B.
Upper Canada Queen's Bench Reports (1844- 1881)
Ves.
Vesey, Jr. Law Reports
WBl.
Wirtschaftsrechtliche Blätter (Österreich)
W.L.R.
W eekly Law Reports
WuB
EntscheidiDlgssammliDlg zum Wirtschafts- ID:ld Bankrecht
20
Abkürzungsverzeichnis
ZEuP
Zeitschrift fiir Europäisches Privatrecht
ZfRV
Zeitschrift fiir Rechtsvergleichung (Österreich)
ZfVglRWiss
Zeitschrift fiir vergleichende Rechtswissenschaft
ZIP
Zeitschrift fiir Wirtschaftsrecht und Insolvenzpraxis
ZSR
Zeitschrift fiir Schweizerisches Recht (neue Folge)
Im übrigen wird Bezug genommen auf Kirchner, Hildebert: Abkürzungsverzeichnis der Rechtssprache, 4. Auß., Berlin- New York 1993.
Einleitung Gegenstand der nachfolgenden Untersuchung ist das Internationale Privatrecht der ungerechtfertigten Bereicherung oder - genauer ausgedrückt - die Frage, welche Anknüpfungsmomente zu wählen sind, um eine möglichst interessengerechte Lösung bereicherungsrechtlicher Sachverhalte mit Auslandsberührung zu erreichen. Es handelt sich hierbei um eine Materie, die bisher in der kollisionsrechtlichen Literatur und Rechtsprechung ein Schattendasein führtet, deren Bedeutung für die Zukunft aber nicht zu unterschätzen ist, nicht zuletzt mit Blick auf die zunehmenden wirtschaftlichen Verflechtungen innerhalb der Europäischen Union sowie die zusätzliche Ausweitung auf den Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) und die dadurch zu erwartende weitere Zunahme grenzüberschreitender Geschäftsbeziehungen2. Das Spektrum der in Betracht kanuneoden tatsächlichen Situationen ist nicht zuletzt aufgrund der Unterschiede zwischen den Sachrechten der ungerechtfertigten Bereicherung in verschiedenen Rechtsordnungen - sehr breit gefächert, wie anband hier vereinfacht wiedergegebener Sachverhalte zu erkennen ist, die der Rechtsprechung verschiedener Länder entnommen sind: Nach welcher Rechtsordnung ist die Frage zu beurteilen, ob ein englischer Reeder, dessen unter der Flagge von Panama fahrendes Schiff, auf dem überwiegend philippinische und griechische Matrosen arbeiten, in einem schwedischen Hafen von der Streikdrohung eines internationalen Gewerkschaftsverbandes betroffen ist, die dazu dient, vom Reeder eine bestimmte Geldsunune zu erpressen, wenn er die Summe unter dem Eindruck dieser Drohung auf ein
Vgl. Hay, Ungerechtfertigte Bereichenmg im internationalen Privatrecht (1978), S. 3: ,,Bis in die jüngste Zeit sind Literatur Wld RechtsprechWig spärlich geblieben."; so auch Knoch, Die Aufgliedenmg der Kondiktionen (1963), S. I; Reuter/Martinek, Ungerechtfertigte Bereichenmg, S. 764. 2 Vgl. Dicey/Morris (Lipstein), The conflict of laws, llth ed., Vol. 2, S. 1351: "growing irnportance of this branch of the law''; Reuter!Martinek, S. 765; Degner, Kollisionsrechtliche Anknüpfwtg der GoA, des Bereichenmgsrechts und der c.i.c., RlW 1983, 825.
22
Einleitlmg
Londoner Konto gezahlt hat, einen Anspruch auf Rückzahlung des Geldes hat3? Eine italienische Bank überweist auf Anweisung eines italienischen Unternehmens an dessen deutschen Vertreter versehentlich das Zehnfache des eigentlich angewiesenen Betrages. Nach welcher Rechtsordnung beurteilt sich die Frage, ob der Bank gegen den deutschen Empfänger ein Direktanspruch wegen ungerechtfertigter Bereicherung zusteht, wenn für das Vertragsverhältnis zwischen dem italienischen Unternehmen und dem deutschen Vertreter die Anwendung italienischen Rechts vereinbart war4? Ein Schweizer schließt mit einem spanischen Unternehmen einen Kaufvorvertrag über ein in Spanien belegenes Grundstück, wobei die Geltung Schweizer Rechts vereinbart wird. Nach welchem Recht erhält er die Rückzahlung einer bereits geleisteten Anzahlung, wenn sich der Vertrag als formnichtig herausstellt5? Welche Rechtsordnung ist zur Entscheidung berufen, wenn ein kanadisches Unternehmen von einem Unternehmen mit Sitz im OS-Bundesstaat Delaware, mit dem gemeinsam es Förderungsrechte an einem in Equador belegeneo Ölfeld hat, die Herausgabe eines Anteils an der Summe verlangt, die der Staat Equador an die Beklagte als Enteignungsentschädigung gezahlt hat6? Diese und viele andere Fragen? gilt es, da es sich jeweils um Sachverhalte handelt, die Beziehungen zu mehr als einer Rechtsordnung aufweisen, mit Hilfe des Internationalen Privatrechts zu lösen. Eine gesetzliche Kodifizierung von Kollisionsnormen, die Anknüpfungsmomente für solche Fragen des Bereicherungsrechts zur Verfügung stellen würden, ist bisher nicht erfolgt. Auch das IPR-Neuregelungsgesetz vom 25.07. 1986 hat diesen Problemkreis überwiegend8 ausdrücklich ausgeklammert. Bei den Ausschußberatungen lag zwar der Referentenentwurf eines Art. 38 zur Regelung des internationalen Berei3 Sachvemalt nach Dimslwl Shipping Co. S. A. v. International Transport Workers' Federation (,. TheEviaLuck") (No. 2) 3 W.L.R. 1991, 875, s. dazu unten S. 172. 4 Sachverhalt nach BGH, NJW 1987, 185, s. dazu UDten S. 68. 5 Sachverhalt nach BGE 10211 143, s. dazu UDten S. 279. 6 Sachverhalt nach einer EntscheidUDg des District Court of Delaware, Phoenix Canada Oil v. Texaco lnc., 560 F.Supp. , 1372, s. dazu UDten S. 232. 7 Weitere Fallbeispielen in der RechtsprechUDgsübersicht, UDten S. 47 ff. 8 Die einzige Ausnahme bildet die Übernahme des Art. 10 Abs. 1 e) des Römischen Übereinkommens über das auf vertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht vom 19.06.1980 in Art. 32 Abs. 1 Nr. 5 EGBGB n.F.
Einleitung
23
cherungsrechts9 vor, der aber nicht in die endgültige Gesetzesfassung übernommen wurde. Literaturstimmen, die sich des internationalen Bereicherungsrechts angenommen haben, sind vereinzelt gebliebeniO, und auch die deutschen Obergerichte hatten nur vergleichsweise wenige Möglichkeiten, auf diesem Sektor ein Gebäude richterrechtlicher Regeln zu errichten. Eine überstaatliche Vereinheitlichung der sachrechtliehen Normen, die Kollisionen verschiedener nationaler Rechtsordnungen ausschließen würde und damit international-privatrechtliche Regelungen obsolet werden ließe, hat auf dem Gebiet des Bereicherungsrechts bisher nicht stattgefunden. Angesichts der nachfolgend11 noch näher zu verdeutlichenden vielfältigen Unterschiede, die die nationalen Rechte auf diesem Gebiet sowohl in ihren Grundkonzeptionen als auch ihren Einzelausprägungen aufweisen, erscheint eine solche Vereinheitlichung auch annähernd unmöglich; überdies ist grundsätzlich zu bezweifeln, ob eine überstaatliche Harmonisierung privatrechtlicher Regelungen im Wege der Sachrechtsvereinheitlichung einer solchen im Wege der Kollisionsrechtsvereinheitlichung vorzuziehen wäre12. Es ist bereits der Versuch unternommen worden, das Kollisionsrecht der ungerechtfertigten Bereicherung im Rahmen des 1972 vorgelegten Vorentwurfs eines EG-Übereinkommens über das auf vertragliche und außervertragliche Schuldverhältnisse anwendbare Recht13 zu regeln. Das aus diesem VorS. dazu Anhang D. I. (S. 423) Zu nennen sind hier in erster Linie der richtungsweisende Beitrag von Zweigert, Bereichenmgsansprüche im internationalen Privatrecht, in: SJZ 1947, Sp. 247 - 253 sowie die Arbeit v. Caemmerers, Bereicherung und unerlaubte Handlung, in: Festschrift Rabe! (1954), Bd. 1, S. 333- 401; ausführlich haben sich des weiteren mit dem Thema befaßt: Ba/aster, Die ungerechtfertigte Bereicherung im internationalen Privatrecht, Wintertbur 1955; Degner, Kollisionsrechtliche Probleme zum Quasi-Kontrakt, Tübingen 1984; Glienke, Die intemationalprivatrechtliche Behandlung von Ausgleichsansprüchen wegen ungerechtfertigter Vermögensverschiebtmgen, Diss. Bem 1956; Grawehr, Die ungerechtfertigte Bereicherung im Internationalen Privatrecht der Schweiz, Diss. , St. Gallen 1991; Knoch, Die Aufgliederung der Kondiktionen in der modernen Zivilrechtsdogmatik in ihren Auswirkungen auf das internationale Privatrecht, Diss. Münster 1963. 11 Vgl. dazu die rechtsvergleichende Betrachtung verschiedener Kollisions- tmd Sachrechtsordntmgen im Dritten Teil, S. 93 ff. 9
10
12 S. zu dieser Frage eingehend Taupitz, Privatrechtsvereinheitlichung durch die EG- Sachrechts- oder Kollisionsrechtsvereinheitlichung?, JZ 1993, 533. 13 Art. 13 Vorentwwf eines EG-Übereinkommens über das auf vertragliche und außervertragliche Schuldverhältnisse anwendbare Recht (1972), deutsche Fassung abgedruckt in: RabelsZ 38 (1974), S. 211 ff. ; vgl. Anhang C. (S. 423).
24
Einleitwtg
entwurf resultierende Übereinkommen ist am 19.06.1980 als Rom-Übereinkommen über das auf vertragliche Schuldverhältnisse anwendbare Recht in Kraft getreten und bildet heute die Basis des internationalen Vertragsrechts in der neuen Fassung des deutschen EGBGB. Der im Vorentwurf ausgearbeitete Vorschlag einer Regelung der außervertraglichen Schuldverhältnisse wurde allerdings bei der Überarbeitung des Entwurfs 1978 wieder verworfen 14, eine Tatsache, die nicht zuletzt auf die bereits angesprochenen Systemunterschiede zurückzuführen ist15 Als jüngster Schritt in Richtung einer nationalen Kodifizierung des Internationalen Privatrechts der ungerechtfertigten Bereicherung ist der Vorschlag der zweiten Kommission des deutschen Rates für IPR zu verzeichnen16, der 1984 mit geringfügigen Modifikationen in den ,,Referentenentwurf eines Gesetzes zur Ergänzung des Internationalen Privatrechts (außervertragliche Schuldverhältnisse und Sachen)" I? übernommen wurde. Am 01.12. 1993 wurde der zweite Referentenentwurf vorgelegt, der wiederum marginale Änderungen gegenüber dem ersten aufweist. Die vorliegende Untersuchung versteht sich u.a. auch als kritische Würdigung der dort gefundenen Ergebnisse zur Wahl geeigneter Anknüpfungsmomente für international-bereicherungsrechtliche Sachverhalte. Im folgenden soll zunächst die rechtshistorische Entwicklung der Frage nach der richtigen Anknüpfung fur Bereicherungstatbestände mit Auslandsbeziehung in der deutschen Literatur und Rechtsprechung nachgezeichnet werden. Daran anschließend wird die Frage nach den Interessen, die bei der Wahl eines Anknüpfungsmoments Berücksichtigung verdienen, zu klären 14 Vgl. Reithmann!Martiny, Internationales Vertragsrecht. Rdnr. 242; Reuter!Martinek, S. 797; Kreuzer, ZtRV 1992, 168 (178); Einsele, Das Kollisionsrecht der wtgerechtfertigten Bereicherwtg, JZ 1993, 1025. 15 Die Aufgabe der urspriinglich im Entwurf eines EG-Übereinkornmens über das auf vertragliche wtd außervertragliche Schuldverhältnisse anwendbare Recht vorgesehenen Bestirnmwtgen über das internationale Bereicherwtgsrecht erfolgte in WliDittelbarer zeitlicher Folge des EG-Beitritts Großbritanniens. Dänemarks wtd Irlands, vgl. Einsele, S. 1025; MünchKomm-Mar1iny, Rdnr. 10 vor Art. 27 EGBGB; Bernhard, Das IPR des wtlauteren Wettbewerbs in den Mitgliedstaaten der EG, S. 135. 16 Schlechtriem, Bereicherwtgsansprüche im Internationalen Privatrecht. in: v. Caernmerer (Hrsg.). Vorschläge wtd Gutachten zur Reform des deutschen Internationalen Privatrechts der außervertraglichen Schuldverhältnisse ( 1983), S. 29 - 79; fortgeführt in einem "ErgänZwtgsgutachten" von Schlechtriem, IPRax 1995, 65 . 17 Zum Wortlaut des Entwurfs vgl. Anhang D. I. (S. 423).
Einleitung
25
sein, um schließlich rechtsvergleichend festzustellen, wie das Sachrecht der ungerechtfertigten Bereicherung und entsprechende Kollisionsnormen in ausländischen Rechtsordnungen gefaßt sind. Auf dieser Grundlage soll dann - nach der Klärung einiger Fragen, die dem ,,Allgemeinen Teil" des IPR zuzurechnen sind - der Versuch einer differenzierten und interessengerechten Anknüpfung der Vielfalt verschiedener Bereicherungsansprüche unternommen werden, wie sie im heutigen deutschen Sachrecht vorzufinden sind.
Erster Teil
Rechtshistorische Entwicklung Die bisherige kollisionsrechtliche Behandlung von Ansprüchen wegen ungerechtfertigter Bereicherung durch die deutsche Rechtsprechung und Literatur läßt die Verwendung fast aller denkbaren Anknüpfungsgrundsätze erkennen; Walker sah hier schon 1926 zu Recht "ein buntes Bild von Meinungen, ein Kreuz und Quer von Ansichten"l: Rechtssubjektsbezogene Anknüpfungen wurden ebenso vertreten wie rechtsobjektsbezogene2, es finden sich aber auch handlungsbezogene und neuerdings solche, die sich an der Privatautonomie orientieren. Die Entwicklungslinien lassen sich grob in drei verschiedenen Ansätze einteilen, nämlich die Anwendung der Iex loci actus, der Iex domicilii bzw. der Iex patriae debitoris und der Iex causae condictionis. Diese Ansätze folgen nicht in streng chronologischer Reihenfolge aufeinander, vielmehr überschneiden sich die Phasen, in denen die verschiedenen Ansichten als herrschend angesehen werden können, zum Teil erheblich. Dennoch ist in der o.g. Abfolge aber zumindest eine grobe Chronologie zu erkennen. Eine entscheidende Zäsur trat mit der Erkenntnis ein, daß es nicht zu befriedigenden Ergebnissen fuhrt, fiir sämtliche Kondiktionsaiten eine einheitliche Anknüpfung zu wählen. Anband der nachfolgenden Darstellung, die sich zunächst der Literatur und später der Rechtsprechung widmet, soll auch aufgezeigt werden, wie sehr die Genese des IPR auf dem Sektor der ungerechtfertigten Bereicherung von der fortschreitenden Entwicklung der bereicherungsrechtlichen Dogmatik im nationalen Sachrecht geprägt ist3.
1
Internationales Privatrecht, S. 477.
Zur Systematik der Anknüpfimgsmomente im aUgemeinen v. Bar, IPR I, Rdnr. 516ff. 2
3
Vgl. hierzu Knoch, S. 2 ff.
A. Frühe Literatur tmd Gesetzgebtmgsveifahren zum BGB
27
A. Frohe Literaturansichten und das Gesetzgebungsverfahren zum BGB I. Die Iex locl actus
Soweit ersichtlich, hat sich mit der hier interessierenden Frage im deutschen Schrifttum als erster Schaejfner4 befaßt. Nach seiner Ansicht haben ,,hinsichtlich der Verbindlichkeiten aus Quasicontracten dieselben Gesetze zu entscheiden", die die Verbindlichkeiten aus Verträgen beherrschen, also die Rechtsordnung desjenigen Ortes, an dem die Verbindlichkeit "existent geworden" ist5. Diese Ansicht ist repräsentativ für eine ganze Periode der Entwicklung des Kollisionsrechts der ungerechtfertigten Bereicherung, das sich insofern nur als kleiner Ausschnitt der allgemeinen kollisionsrechtlichen Entwicklung darstellt, die durch Savignys "Sitztheorie" begründet oder zumindest maßgeblich begünstigt6 wurde, nach der bekanntlich "die gesamte Aufgabe" des Internationalen Privatrechts darin zu sehen sein sollte, "daß bei jedem Rechtsverhältniß dasjenige Rechtsgebiet aufgesucht werde, welchem dieses Rechtsverhältniß seiner eigenthümlichen Natur nach angehört oder unterworfen ist (worin dasselbe seinen Sitz hat)"?. Diese Ansicht, die das anwendbare Recht vom Begriff des ,,Rechtsverhältnisses" her zu bestimmen sucht, begünstigt nicht nur ihrem Wortlaut nach ("Sitz") eine territoriale Anknüpfung8. Besonders deutlich wird diese Tatsache anband der zusammenfassenden Darstellung der Sitztheorie von Savigny, wie sie WindscheüfJ vornimmt: In ,jedem Raume" sei "das Recht dieses Raumes nur insoweit zur Anwendung zu bringen, als auch das zu beurteilende Rechtsverhältnis diesem Raume angehört, dagegen fremdes Recht, wenn das zu beurteilende Rechtsverhältnis einem fremden Raume angehört". Zwar sind die von Savigny verwendeten Anknüpfungsmomente alles andere als ausschließlich territorialer Natur; jedoch findet sich eine starke Betonung dieser Art der Anknüpfung vor allem im Obligationenrecht, wie schon anband 4 5
Entwickltmg des IPR ( 1841 ). Schaeffner, S. 123 f
6 Nach v. Roth, System (1880), Erster Teil, S. 283, wurde die Theorie Savignys ,,fast allgemein angenommen".
Savigny, System, Bd. VIU, S. 28, 108. Niederer, Allgemeine Lehren, S. 61 f , sieht im Vorrang der territorialen Anknüpfimg einen der Leitgedanken der Theorie Savignys. 9 Pandektenrecht, Bd. 1, S. 141; ebenso v. Roth, System, Erster Teil, S. 283. 7 8
28
Erster Teil: Rechtshistorische EntwicklWlg
der einleitenden Fragen, die Savigny im Zusammenhang mit diesem Rechtsgebiet stelltiO, deutlich zu erkennen ist. Anband dieser ersten Phase der Entwicklung des internationalen Bereicherungsrechts - der Anwendung der lex loci actus - werden auch bereits die Interdependenzen deutlich, die zwischen Kollisions- und Sachrecht bestehen: Ausgehend vom - noch erkennbar vom römisch-rechtlichen Systemdenken geprägten- sachrechtliehen Verständnis des Bereicherungsanspruchs als "quasikontraktuell"ll wird er wie ein vertraglicher Anspruch behandelt und konsequenterweise auch derselben Kollisionsnorm unterworfen. So stellt Mommsen12 fest, es sei "allgemein das Prinzip anerkannt, daß sie (Obligationen "quasi ex contractu") nach dem Recht des Ortes zu beurteilen sind, an welchem die die Verpflichtung begründende Thatsache eingetreten ist"13 Dieselbe Ansicht findet sich auch bei v. Ciierke14: "Gesetzliche Verbindlichkeiten beherrscht das Gesetz des Ortes, an dem das Verhältnis, dem sie entspringen, besteht oder aber der Tatbestand, an den sie geknüpft sind, sich verwirklicht hat." Hierbei handelt es sich also um eine noch recht undifferenzierte territoriale Anknüpfung, die zu einer Anwendung der Iex loci actus führt, wie sie uns heute jedenfalls im Grundsatz noch im internationalen Deliktsrecht geläufig ist. An die Entwicklung des heutigen internationalen Deliktsrechts erinnern
10 System, Bd. Vlll, S. 205 a.E. f: "Wo ist der Sitz einer Obligation? Wo ist der Gerichtsstand derselben? Wo ist das örtliche Recht aufzusuchen, welches auf sie anzuwenden ist?" II Der Begriff des "Quasikontrakts" ist auf Gaius zurückzuführen, der als erster erkannte, daß neben vertraglichen Wld deliktischennoch eine dritte Form von Obligationen bestehen muß: "Obligationes aut ex contractu nascWltur aut ex maleficio aut proprio quodam iure ex variis causarum figuris. "(D. 44. 7. 1.). Aus diesen "verschiede-nen anderen Gründen" wurden später Quasi-Delikte und Quasi-Kontrakte: D. 44. 7. 5; vgl. dazu Bennett, Choice of law rules in claims of Wljust enrichment, 39 Int.Comp. L.Q. (1990), 136, 138; Walker, Internationales Privatrecht, S. 471 ff. 12 AcP 61 (1878), S. 149 ff.
13 Ebd., S. 178; im Wortlaut identisch auch Mommsens Entwurf einer Kodifizie-nmg des internationalen Bereichenmgsrechts (aaO., S. 199, § 8): "Sonstige Fordenmgen werden nach dem Recht des Ortes beurteilt, an welchem die die VerpflichtWlg be-gründenden Tatsachen eingetreten sind." 14 Deutsches Privatrecht, Bd. I (1895), S. 234.
A. Frühe Literatur wtd Gesetzgebwtgsveifahren zum BGB
29
auch einige Versuche einer ,,Auflockerung" der starren Systematik international-bereicherungsrechtlicher Anknüpfung am Ende des letzten Jahrhunderts. So erkennt zwar auch CL. v. Bar15 die von der ,,gemeinen Meinung" vorgenommene Gleichbehandlung von "Quasi-Contracten und Quasi-Delikten" und ihre Unterwerfung unter die Iex loci actus grundsätzlich an. Er hält jedoch Ausnahmen für möglich, wenn beide Parteien gleicher Staatsangehörigkeit sind, ohne hieraus eine "unbeugsame Regel" machen zu wollen16. Zu erkennen ist hierin die erste Flexibilisierung der Anknüpfung zugunsten der Anwendung des gemeinsamen Personalstatuts der Parteien. Ein weiterer Auflockerungsansatz findet sich bei Böhm17, der nicht nur einen Rekurs auf die Iex causae des anzuknüpfenden Anspruchs zulassen will, sondern auch eine teilweise Anwendung der Iex patriae debitoris befürwortet. Im einzelnen will er die Anknüpfung der Frage, "ob das Gegebene wirklich eine Nichtschuld war oder jetzt ohne Rechtsgrund in den Händen des Empfängers ist, mit Rücksicht auf die für das Verhältnis, welches die Zahlung oder Hingabe veranlaßte, geltenden Gesetze" vornehmen. Böhm hat damit erkannt, daß im Bereich des internationalen Bereicherungsrechts Vorfragen auftauchen können, die im Interesse einer gerechten Anknüpfung möglicherweise von der Hauptfrage abweichend zu beurteilen sein können, hier die Vorfrage nach dem Rechtsgrund. Die Anwendung des Heimatrechts des Schuldners befürwortet Böhm für den Fall, daß ein Bereicherungsanspruch aus einer "einseitigen Handlung" des späteren Gläubigers entsteht, da "die Verpflichtung des Gegenbelheiligten ohne dessen Zuthun nach einem anderen als dem Gesetze seines Wohnortes" nicht begründet werden könne18. Damit war der erste Schritt in Richtung auf eine Ablösung der Iex loci actus als Anknüpfungsmoment durch die Iex patriae bzw. Iex domicilii debitoris getan, eine Entwicklung, die sich in den folgenden Jahren, also in der Zeit der Vorarbeiten zu einer Kodifikation des deutschen Bürgerlichen Rechts, verstärken sollte.
15 Theorie wtd Praxis des Internationalen Privatrechts, Bd. 2 (1889), S. 123 ff
16 AaO., S. 124. 17
Die räumliche Herrschaft der Rechtsnormen (1890), S. 138 (
I 8 AaO., S. 138.
30
Erster Teil: Rechtshistorische EntwicklWlg
D. Die Iex patriae bzw. Iex domicilii debitoris, insbesondere die "Gebhardscheo Entwürfe" zum BGB
Auch in seiner weiteren Entwicklung erwies sich das hier behandelte Kollisionsrechtsgebiet gleichsam als Mikrokosmos der international-privatrechtliehen Gesamtentwicklung: Der insbesondere von Mancini initiierten Betonung der Staatsangehörigkeit19 als wesentliches Anknüpfungsmoment folgend, vollzog sich eine Ablösung des territorialen durch ein personal geprägtes Denken. So konnte im ausgehenden 19. Jahrhundert die Anknüpfung an das Personalstatut des Schuldners, sei es in Form der Anwendung des Rechts seiner Staatsangehörigkeit oder seines Aufenthalts, in der deutschen Literatur immer mehr Anhänger gewinnen, wenn auch bezweifelt werden muß, ob diese Ansicht als seinerzeit herrschend bezeichnet werden kann. Als einer der wichtigsten Exponenten dieser neuen Entwicklung sind die "Gebhardschen Entwürfe" zum BGB20 zu nennen, also die Vorschläge, die der Redaktor Gebhard, der in der ersten vom Bundesrat am 02.07.187421 eingesetzten Gesetzgebungskommission zur Erarbeitung des BGB für den Allgemeinen Teil zuständig war, dieser Kommission unterbreitete. Der erste Entwurf aus dem Jahre 188122 sah als Grundsatz die Beurteilung von Forderungen aus Schuldverhältnissen, "welche aufvertragsähnlichen Vorgängen oder unmittelbar auf dem Gesetz beruhen", nach dem Recht des Schuldnerwohnsitzes, ersatzweise nach dem Aufenthaltsrecht des Schuldners, vor. Eine Ausnahme sollte gelten für Forderungen, denen ein "dauerndes Verhältnis" zugrunde liegt: Über sie sei nach dem Recht des Ortes zu entscheiden, "an welchem das Verhältnis besteht". Auffällig ist hierbei zunächst die Tatsache, daß auch dieser Entwurf noch stark dem römischrechtlichen Denken in der Kategorie der Quasikontrakte verhaftet bleibt, obwohl den Motiven zu entnehmen ist, daß der erste Gebhard19 Mancini, ClWlet 1 (1874), S. 221 ff. 285 ff. , insbes. S. 293 ff. ; vgl. dazu auch v. Bar, IPR I, Rdnr. 477 f. ; Kegel, IPR, S. 147 f. ; Jayme, Pasquale Stanislao Mancini (1817- 1888)- Die Nation als Rechtsbegriff im Internationalen Privatrecht, JuS 1988, 933 (935).
20 Wiedergegeben bei Niemeyer, Zur Vorgeschichte des Internationalen Privatrechts, 1915. 21 Vgl. Hartwieg, in: Hartwieg/Korkisch, Geheime Materialien, S. 27. 22 Vgl. Anhang A. I. (S. 422).
A. Frühe Literatur und Gesetzgebungsverfahren zum BGB
31
sehe Entwurf sich bewußt gegen die seinerzeit herrschende Ansicht gestellt hat23, jedenfalls soweit es die Wahl des Anknüpfungsmoments betrifft. Insgesamt sei es nicht angängig, anzunehmen, "der Gesetzgeber wolle .. . alle in seinem Gebiete sich verwirklichenden Vorgänge ... in den Bereich der von ihm aufgestellten Normen ziehen"24; vielmehr sollte das personale Element der grundsätzlich bestimmende Faktor der Anknüpfung sein. Hiermit wird die o.g. Ansicht CL. v. Bars, wonach im Fall des gemeinsamen Personalstatuts der Parteien dieses der Anknüpfung an den Ort des Eintritts der Bereicherung vorzuziehen sei, erweitert und zum allgemeinen Prinzip erhoben. Die im zweiten Absatz des ersten Entwurfes enthaltene Ausnahme für Forderungen aus "dauernden Verhältnissen''25 ist auf Windscheüf26 zurückzuführen und kann bereits als - wenn auch nicht vordergründige - Berücksichtigung der Iex causae condictionis gewertet werden, zumal hierin ein Rückgriff auf das das Grundverhältnis beherrschende Recht zum Zweck der Anknüpfung eines Bereicherungsanspruchs vorgenommen wird. In erster Linie stellt sich diese Ausnahme allerdings als ein Relikt der territorial geprägten Anknüpfung dar, denn es wird die Anwendung des Rechts des Ortes, an dem das Verhältnis besteht, also der Iex loci actus, postuliert. Aufgenommen wird im übrigen auch die bei Böhm anklingende Einordnung der Frage, ob das Erlangte ein indebitum war, als Vorfrage27 Der zweite Gebhardsche Entwurf, der aus dem Jahre 1887 datiert28 und vom Redaktor vorgelegt wurde, um den Vorentwurf den inzwischen fortgeschrittenen Beratungen der Kommission anzupassen29, enthält - soweit er das internationale Bereicherungsrecht betrifft - gegenüber dem ersten keine wesentlichen Veränderungen. Es wurde lediglich die in Absatz zwei vorgesehene Ausnahme gestrichen und durch den Vorbehalt "soweit nicht für sonstige Schuldverhältnisse aus deren besonderer Natur sich ein anderes ergibt" er-
23 Niemeyer, Vorgeschichte, S. 155. 24 Ders., aaO., S. 156. 25 Beispielhaft werden "Vennögensgemeinschaft tmd Vonnundschaftsfiihrung" genannt. 26 Pandektenrecht I, § 35 (S. 87). 27 Niemeyer, Vorgeschichte, S. 156, Fn. I. 28 Vgl. Anhang A. ll. (S. 426). 29 Vgl. Hartwieg, aaO., S. 31.
32
Erster Teil: Rechtshistorische Entwicklung
setzt30, wodurch die im ersten Entwurf vorgesehene Differenzierung zwischen allgemeinen außervertraglichen Schuldverhältnissen und solchen, die auf einem "dauernden Verhältnis" beruhen, wegfiel. Es blieb also bei der Anwendung des am Ort des Wohnsitzes, ersatzweise des Aufenthalts des Schuldners geltenden Rechts, die jetzt auf alle immer noch sogenannten quasikontraktuellen Ansprüche ausgedehnt wurde. Eine ähnliche Ansicht vertritt Zitelmann3I, der die bis dahin umfangreichste Stellungnahme zur Behandlung außervertraglicher Ansprüche im IPR vorlegte. Für ihn ist "der Haupt- und Grundsatz zweifellos: Das Personalstatut dessen, der Schuldner sein soll, ist es, das allein zu entscheiden hat", wobei hier im Unterschied zu den Gebhardschen Entwürfen unter dem Begriff des ,,Personalstatuts" das Heimatrecht verstanden wird32. Das Bereicherungsrecht sieht Zitelmann als "ein typisches Beispiel für die reine Durchführung dieses Grundsatzes"33 an, den er auf alle Kondiktionsarten angewendet wissen will. Beispielhaft genannt werden so verschieden gelagerte Fälle wie die condictio causa data causa non secuta hinsichtlich einer Mitgift bei Nichtigkeit der Ehe und der Wertersatzanspruch aufgrund von Verbindung oder Vermischung, § 951 BGB34. Vorfragen werden erkannt und selbständig angeknüpft, so die Wirksamkeit der Ehe (zu beurteilen nach dem Personalstatut der Ehegatten) oder der Eintritt eines Rechtsverlustes aufgrund von Verbindung oder Vermischung, der nach der Iex rei sitae ermittelt werden soU35. Die Frage, ob der Bereicherte zur Herausgabe verpflichtet ist, soll sich aber auch nach Zitelmann jedenfalls nach dessen Personalstatut richten.
m. Das internationale Bereicberungsrecbt im Gesetzgebungsverfahren zum BGB
Die Entstehungsgeschichte der Kollisionsnormen, die das EGBGB zum Zeitpunkt seines Inkrafttretens enthielt, ist insgesamt sehr unstetig36 und von 30 Motive bei Niemeyer, aaO., S. 334 f 31
Internationales Privatrecht, Zweiter Band.
32 AaO., S. 513; im Ergebnis ähnlich, aber unter Anwendung des Wohnsitzrechtes
v. Roth, System, 1. Teil, S. 297. 33 s. 525. 34 s. 526. 35 Ebd.
36 So zu Recht Hartwieg, in: Hartwieg/Korkisch, S. 23.
A. Frühe Literatur Wld GesetzgebWlgsverfahren zum BGB
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vielen Zufallen und Unwe~amkeiten geprägt. Dies gilt in besonderem Maße fiir das Kollisionsrecht der ungerechtfertigten Bereicherung. Zur Verdeutlichung der Genese dieses Gebietes des IPR im Gesetzgebungsverfahren zum BGB und vor allem der Gründe, die dazu fiihrten, daß das internationale Bereicherun~recht schließlich nicht in die abschließende Kodifikation aufgenommen wurde, soll ein kurzer Blick geworfen werden auf die Entstehun~ge schichte des IPR in der Form, wie es in Deutschland bis zur Reform des Jahres 1986 gegolten hat. 1. Der erste Entwurf Die erste Kommission zur Erarbeitung des BGB, die am 02.07.1874 eingesetzt wurde und am 17.09. desselben Jahres ihre erste Sitzung absolvierte, kam erst arn Ende ihrer Arbeit (in den Sitzungen vom 09. bis 28.09.188737) dazu, sich mit den von Gebhard vorgelegten Entwürfen zur Kodifizierung des IPR zu befassen. Grundlage der Beratungen war inzwischen der überarbeitete zweite Gebhardsche Entwurf38 Das Ergebnis der Beratung war der im Januar 1888 veröffentlichte Entwurf, in dem das IPR in den §§ 1 - 26, also als Bestandteil des Allgemeinen Teils, unter der Überschrift ,,Räumliche Herrschaft der Rechtsnormen"39 geregelt wurde. Dieser Entwurf enthielt in § 7 auch eine Bestimmung hinsichtlich der außervertraglichen Schuldverhältnisse, nach der ein Schuldverhältnis "aus einem anderen Grunde" (also nicht aufgrund eines Rechtsgeschäfts oder einer unerlaubten Handlung) ,,nach den Gesetzen des Ortes" beurteilt werden sollte, "an welchem der fiir die Entstehung des Schuldverhältnisses maßgebende Thatbestand sich verwirklicht hat"40. Auffaltig und überraschend an dieser Bestimmung ist die Tatsache, daß hierin nicht, wie von Gebhard vorgeschlagen, eine Anknüpfung an den Wohnsitz, ersatzweise den Aufenthalt des Schuldners im Zeitpunkt der Entstehung des Schuldverhältnisses normiert wurde, sondern statt dessen ein Rückgriff auf das eigentlich schon überwunden geglaubte Anknüpfun~moment der Iex loci actus stattfand. Diese Anknüpfung wurde zur damaligen Zeit noch vereinzelt
37 Daten nach Hartwieg!Korkisch, S. 27 bzw. 3 L Niemeyer, Das IPR im Entwurf eines Bürgerlichen Gesetzbuchs, S. 5. 38 Vgl. Reatz, Die zweite LesWlg des Entwurfs eines Bürgerlichen Gesetzbuchs, Bd. 2, S. 475; Hartwieg in: Hartwieg!Korkisch, S. 3 1. 39 Abgedruckt bei Reatz, S. 478 ff.; Hartwieg!Korkisch, S. 178 ff
40 Zwn vollständigen Wortlaut vgl. Anhang B. I. (S. 422). 3 Plaßmeier
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Erster Teil: Rechtshistorische Entwickhmg
in der kollisionsrechtlichen Literatur vertreten, so z.B. von Barazetfi4l, der zur Begründung auf den Grundsatz ,)ocus regit actum" abstellte. Regelsberger42 schlug eine Differenzierung vor: Auf die Haftung wegen rechtsgrundlosen, aber nicht verwerflichen Vermögenserwerbs (condictio indebiti, condictio causa data causa non secuta) solle das Gesetz am Wohnort des Erwerbers Anwendung finden, auf die Rückabwicklung eines verwerflichen Vermögenserwerbs (condictio ob turpem vel iniustam causam) die Iex loci actus. Er war damit - soweit ersichtlich - der Erste, der die Möglichkeit unterschiedlicher Anknüpfungen für verschiedene Kondiktionsaften erkannt hatte.
Die undifferenzierte Verwendung der Iex loci actus im ersten Gesetzesentwurf ist daher auch vom damaligen Standpunkt aus als Rückschritt in der Entwicklung des internationalen Bereicherungsrechts zu werten. Aufgrund einer Intervention des Auswärtigen Amtes, die auf grundsätzliche Bedenken Bismarcks gegen die Kodifikation des IPR im BGB zurückzuführen ist43, wurde später allerdings der Entwurf zum Kollisionsrecht aus dem BGB herausgenommen und getrennt dem Reichskanzler vorgelegt. Der so vorgelegte BGB-Entwurf wurde entweder durch Bismarck ohne seinen kollisionsrechtlichen Teil dem Bundesrat zugeleitet44 oder aber vollständig weitergegeben, vom Bundesrat aber ohne den Entwurf zum IPR veröffentlicht45. Jedenfalls wird das Internationale Privatrecht weder in der veröffentlichten Fassung des ersten BGB-Entwurfs noch in den Motiven erwähnt. 2. Der zweite Entwurf
Nachdem der erste Entwurf des BGB - nicht zuletzt aufgrund des Fehlens kollisionsrechtlipher Regelungen - allgemein auf heftige Kritik gestoßen
41 Das IPR
im BGB, S. 57 f.
42 Pandekten, Erster Band, S. 175.
43 Schreiben des Auswärtigen Amtes an das Reichs-Justizamt vom 30.09.1887, abgedruckt in: Hartwieg!Korkisch, S. 159 f. Wörtlich heißt es dort: "Fürst Bismarck ist der Meimmg, daß Bestimmungen über das internationale Privatrecht auch nicht in ein Gesetzbuch hineingehören, sondern dem Völkerrecht ... zu überlassen sind." 44 So Niemeyer, Das IPR im Entwwf eines Bürgerlichen Gesetzbuchs, S. 5. 45 So Harlwieg, in: Hartwieg!Korkisch, S. 33.
A. Frühe Literatur tmd Gesetzgebtmgsverfahren zum BGB
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war46, setzte der Bundesrat am 04.12.1890 eine zweite Kommission ein, die
im Gegensatz zur ersten teilweise mit Nichtjuristen besetzt wurde und die Aufgabe erhielt, den ersten Entwurf einer Revision zu unterziehen. Das Ergebnis dieser Revision- der zweite Entwurf zum BGB- wurde im Jahre 1898 veröffentlicht. Die zweite Kommission verfaßte zwei Entwürfe, nämlich einerseits eine intern gebliebene Fassung und andererseits eine Fassung, die als Vorlage dem Bundesrat zugeleitet wurde. In beiden Fassungen war das IPR als sechstes Buch des BGB unter der neuen Überschrift ,,Anwendung ausländischer Gesetze" enthalten(§§ 2236 - 2265 der ersten Fassung, §§ 2361 - 2390 der Bundesratsvorlage). Beide Fassungen enthielten auch jeweils eine Regelung der außervertraglichen Schuldverhältnisse. § 2244 der ersten Fassung, der später fast unverändert zu § 2368 der Bundesratsvorlage wurde, sah für außervertragliche Schuldverhältnisse dieselbe Anknüpfung vor, die auch schon in § 7 des Entwurfs der ersten Kommission favorisiert worden war47. Der erste Entwurf diente der zweiten Kommission als Beratungsgrundlage48, so daß es nicht verwundert, daß hinsichtlich der gesetzlichen Schuldverhältnisse die Anwendung der Gesetze des Ortes, "an welchem der für die Entstehung des Schuldverhältnisses in Betracht kommende Thatbestand sich verwirklicht hat"49 wörtlich übernommen wurde. Im weiteren Gesetzgebungsverfahren wurde gerade der Entwurf der !PRKodifikation nochmals so umfangreichen Änderungen unterworfen, daß am Ende nur noch diejenigen rudimentären Bestimmungen erhalten blieben, die schließlich als Art. 7 - 31 EGBGB Gesetzeskraft erhielten. Dieses Ergebnis wurde als ,,klägliches Machwerk" bezeichnet50 und es wurden Zweifel laut, ob angesichts der Lückenhaftigkeit des Regelungswerkes "die Bezeichnung Kodifikation zutreffend sei"51. Verantwortlich :fiir die zahlreichen Streichungen war eine "!PR-Kommission", bestehend aus Vertretern des Auswärtigen Am46 Eine vom Reichs-Justizamt 1890 veröffentlichte Zusammenstelltmg der (ablehnenden) gutachtlichen Äußertmgen zum ersten BGB-Entwwf ist bei Harlwieg/ Korkisch, S. 184 ff wiedergegeben.
47 Zustimmend Niedner, Einfiihrungsgesetz (1899), S. 34. 48 Reatz, S. 475. 49 Zwn vollständigen Wortlaut vgl. Anhang B. 11. (S. 427). 50 Frankenstein, IPR (Grenzrecht), Bd. I, S. 30.
51 Niemeyer, Das IPR im Entwwf eines Bürgerlichen Gesetzbuchs, S. 6; ebenso Barazetti, IPR, S. l. 3*
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Erster Teil: Rechtshistorische Entwicklmtg
tes, des Reichsjustizamtes und des Justizausschusses des Bundesrates52, deren Einrichtung auf dieselben Bedenken gegen eine !PR-Kodifikation zurückzuführen ist, durch die schon die Streichung des IPR aus dem ersten Entwurf verursacht wurde. Grundsätzliche Einwände bestanden in dieser Kommission offenbar nicht nur gegen die Kodifikation des IPR im Allgemeinen, sondern auch gegen die Aufnahme einer Regelung des internationalen Bereicherungsrecht im Besonderen. Die Bedenken gegen die gesamte Kodifikation haben ihren Ausdruck in der Tatsache gefunden, daß das IPR schließlich nicht, wie ursprünglich vorgesehen, als sechstes Buch des BGB verabschiedet wurde, sondern seinen Platz im Einführungsgesetz fand. Hinsichtlich des internationalen Bereicherungsrechts waren schon Zweifel in bezug auf § 13 des zweiten Gebhardschen Entwurfs aufgekommen. Niemeyer53 fragte sich, ob ,,im Hinblick auf die Schwierigkeiten, eine erschöpfende und zutreffende Fassung zu finden" ... "die Vorschrift nicht besser zu streichen und das Erforderliche der Auslegung beziehungsweise der analogen Gesetzesanwendung zu überlassen sei". Er hielt eine "einheitliche Regel" des internationalen Bereicherungsrechts für "augenscheinlich nicht am Platze", da die hiermit zu erfassenden Fälle "aufs verschiedenartigste gelagert" seien, "so daß eine allen Situationen gerecht werdende Regel nicht auffindbar ist". Es sei vielmehr sinnvoller, "dem freien Ermessen unserer Rechtspflegeorgane" eine größeren Spielraum einzuräumen und die ,,Hinzufügung einer subsidiären Regel" zu unterlassen54. Solche und ähnliche Erwägungen mögen es gewesen sein, die zur Streichung des § 2368 der Bundesratsvorlage geführt haben. Jedenfalls wurde dieser Entwurf in der Bundesratsberatung unter anderem auch um diese Norm verkürzt, so daß das internationale Bereicherungsrecht im E(JBGB keine Regelung erfuhr.
52 Harlwieg, in: Hartwieg!Korkisch, S. 42.
53 Vorgeschichte, S. 335. 54 Niemeyer, Vorschläge mtd Materialien, S. 244.
B. Die weitere Entwickhmg nach dem Inkrafttreten des BGB
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B. Die weitere Entwicklung nach dem lokrafttreten des BGB
Durch das lokrafttreten des BGB trat keine Zäsur in der Entwicklung des internationalen Bereicherungsrechts ein. Die Wahl des richtigen Anknüpfungsmoments blieb weiterhin Rechtsprechung und Lehre überlassen; das Gesetz erleichterte diese Aufgabe nicht, "denn es hat sich in diesen Fragen eine vielleicht über das Maß des Notwendigen hinausgehende Reserve auferlegt"!. In der Folgezeit ist eine Flexibilisierung der Anknüpfung derart festzustellen, daß einerseits von manchen Autoren eine Differenzierung zwischen den verschiedenen KondiktionsaTten vorgenommen und andererseits zum Teil mit mehreren gesondert angeknüpften Vorfragen operiert wurde. I. Differenzierung zwischen verschiedenen Kondiktionsarten
Die Bedenken, die Niemeyer hinsichtlich einer einheitlichen Anknüpfung sämtlicher Bereicherungsansprüche geäußert hatte, führten nunmehr dazu, daß Ansprüche aus rechtsgeschäftlicher Bereicherung und solche aus einer Bereicherung "in sonstiger Weise", der im neugeschaffenen § 812 Abs. 1 S. 1 BGB aufgestellten Systematik folgend, getrennt behandelt wurden. So stellt z.B. v. Mayr2, ausgehend von der im zweiten Entwurf zum BGB enthaltenen Kollisionsnorm, nach der - wie oben gesehen - bei außervertraglichen Schuldverhältnissen die Iex loci actus Anwendung finden sollte, eine "Verschiedenheit der rechtsgeschäftliehen und nichtrechtsgeschäftliehen Bereicherung" fest. Dieser Unterschied ergibt sich nach seiner Ansicht aus der Tatsache, daß in Fällen der Bereicherung aufgrund einer Leistung die Ermittlung des Anknüpfungsmoments "nach zweierlei Recht" zu erfolgen hat, während dieses bei sonstigen Bereicherungsansprüchen nicht der Fall ist. Dieser Ansicht liegt die bereits bei Böhm und CL. v. Bar3 angetroffene Bewertung der Frage nach dem Rechtsgrund als Vorfrage zugrunde, die auch in den Gebhardschen Entwürfen zum Ausdruck kam, und die v. Mayr auf der Grundlage der "Sitztheorie" Savignys begründet: Bei einer durch Leistung eingetretenen Bereicherung müßten zwei Schuldverhältnisse voneinander ge-
V. Mayr, Bereichenmgsanspruch (1903), S. 99. 2
S. 104 ti
3
Vgl. oben S. 29.
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Erster Teil: Rechtshistorische Entwickhmg
trennt werden, nämlich das Grundverhältnis, aus dem die rückgängig zu machende Leistung entstanden ist und das zwischen den Parteien bestehende Rückabwicklungsverhältnis selbst. Für jedes dieser Schuldverhältnisse sei ihr "Sitz" eigens zu bestimmen, wobei die Iex loci actus nur fiir das zweite Schuldverhältnis Geltung beanspruchen könne, während das erste nach dem Recht des Ortes zu beurteilen sei, an dem das der Leistung zugrunde liegende Rechtsverhältnis seinen Sitz habe4. Im Fall nichtrechtsgeschäftlicher Bereicherung, also etwa bei Ansprüchen aufgrundder Verarbeitung fremder Rohstoffe, entfalle diese Differenzierung, da hier "beide Fragen zusammen" fallen5. Eine noch weitergehende Differenzierung vertritt Neumeyer6, der nicht nur die Frage nach dem Rechtsgrund als Vorfrage getrennt anknüpft, sondern zusätzlich die Frage, ob überhaupt eine Bereicherung eingetreten ist, einer eigenständigen Beurteilung unterwerfen will. Alle diese Vorfragen haben nach seiner Ansicht ,,ihr eigenes Recht"7, das ohne Rücksicht auf das Recht der Hauptfrage zu ermitteln sei. Die Hauptfrage selbst, nämlich die Anknüpfung des eigentlichen Bereicherungsanspruchs, richtet sich nach Neumeyer nach dem Recht des Ortes, an dem der Gegenstand, der ohne Rechtsgrund übergegangen wurde, im Zeitpunkt des Übergangs belegen war. Ist Kondiktionsgegenstand eine Forderung, so sei das Recht am Wohnsitz des Schuldners anzuwenden8. Hier trifft man somit auf eine Vermischung beider Anknüpfungsprinzipien, nämlich auf eine personal geprägte Anknüpfung bezüglich der Kondiktion einer Forderung und auf eine territoriale in allen übrigen Fällen, verbunden mit einer weitgehenden Differenzierung möglicher Vorfragen. Völlig auf Vorfragen verzichten will Neubecker9. Er ist zwar auch der Ansicht, daß zwischen rechtsgeschäftlicher Bereicherung und Bereicherung in
4
V. Mayr, S. 104.
5
Ebd.
6
IPR, S. 33 f.
7
Neumeyer, S. 34.
8
Ebd.
9
Internationales Privatrecht (1912), S. 86.
B. Die weitere Entwickltm.g nach dem Inkrafttreten des BGB
39
sonstiger Weise unterschieden werden muß10, unterwirft jedoch ohne Sonderanknüpftlog von Vorfragen den gesamten Anspruch einer einzigen Rechtsordnung. Eine zwischen der Sonderanknüpftlog und dem völligen Verzicht auf Vorfragen vermittelnde Ansicht findet sich bei Neunerll, der seine Betrachtung auf die condictio indebiti beschränkt, aber zum Ausdruck bringt, daß andere Kondiktionsarten einer anderen Anknüpfung bedürfen. Neuner unterscheidet zwischen der Kondiktion einer Leistung, die aufgrund eines von vornherein unwirksamen Vertrages erbracht wurde und der Rückforderung eines aufgrund eines erst später vernichteten Vertragsverhältnisses geleisteten Bereicherungsgegenstandes. Im ersten Fall soll die Frage nach dem Bestehen der Schuld dem Recht des Vertragsverhältnisses unterstehen, während der Umfang des Bereicherungsanspruchs sich nach dem Wohnsitzrecht des Empfangers richten soll. Im zweiten Fall sei auf den gesamten Anspruch das für das Kausalverhältnis geltende Recht anzuwenden. Die von Neuner vorgeschlagene Lösung läßt sich nur schwer mit dem Postulat des inneren Entscheidungseinklangs vereinbaren, da sie zumindest für die von ihm erstgenannten Fälle eine Aufspaltung (depe~age) des Bereicherungsstatuts mit sich bringt. Eine solche Aufspaltung birgt aufgrund der damit verbundenen möglichen Anwendung zweier Rechtsordnungen auf denselben Sachverhalt generell die Gefahr von Normwidersprüchen12. Vorzuziehen ist daher eine Anknüpfung, die das gesamte Bereicherungsstatut einer einzigen Rechtsordnung unterwirft. D. Einheitliebe Anknüpfung
Eine andere Art der Differenzierung, die auf der einheitlichen Anknüpfung aller Kondiktionsansprüche, verbunden mit einer Sonderanknüpfung der Frage nach der Rechtmäßigkeit der eingetretenen Bereicherung beruht, wurde von Frankenstein und grundsätzlich auch von Nussbaum vertreten.
10 Ausdrücklich genannt werden Bereicherungsansprüche als Folge eines Vertragsverhältnisses (Anwendung des Rechts des Hauptverhältnisses) und solche aufgrund einer unerlaubten Handlung (Anwendung der Iex loci delicti commissi). 11 RabelsZ 2 (1928), S. 122, Fn. l. 12 S. dazu unten S. 77.
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Erster Teil: Rechtshistorische Entwickltmg
Als Grundregel gilt für Frankenstein 13 "der allgemeine Grundsatz, daß jeder für alle seine Verpflichtungen primär dem Rechte seines Heimatstaates untersteht"I4, der auch schon den Gebhardschen Entwürfen zugrunde lag. Das Heimatrecht (also wohl das Recht der Staatsangehörigkeit) entscheide dann darüber, "welches Statut das des Bereicherten ist"15, es beruft also entweder das Recht derStaatsangehörigkeit selbst oder das Wohnsitzrecht Ausgehend von diesem Grundsatz meint Frankenstein, das Statut des Bereicherten überlasse "die Vorentscheidung darüber, ob der Rechtsgrund fehlt, dem Statut des Grundgeschäfts" und entscheide selbst nur über den Umfang der Haftung16. Derselben Auffassung ist auch Nussbaum, für den es ,,der natürlichen Gerechtigkeit" entspricht, den Bereicherungsschuldner, der ohne sein Zutun in diese Rolle geraten sei, nur nach seinem Heimatrecht (seiner Iex domicilii) haften zu lassen17 Die Vorfrage, ob eine Leistung geschuldet war, soll aber auch nach dieser Ansicht vom ursprünglichen Schuldstatut beantwortet werden18. Nussbaums Ansicht weicht insofern von der Frankensteins ab, als er für Verträge, die infolge Anfechtung, Rücktritts und dergleichen aufgehoben wurden, insgesamt das Recht des Grundstatuts anwenden will19. Insofern ist hier eine gewisse Differenzierung nach den Kondiktionsaften zu erkennen.
Der von Frankenstein und Nussbaum vertretene Ansatz ist jedoch insgesamt als rückschrittlich zu bewerten, da hier grundsätzlich eine einheitliche Behandlung aller Kondiktionen vorgeschlagen wird, die zu dieser Zeit bereits überwunden war. Gleichwohl ist in der Rechtslehre seit lokrafttreten des BGB eine kontinuierliche Entwicklung zu verfolgen, die sich von der Anwendung des Heimatrechts des Schuldners und damit von einer personalen oder territorialen Ankrlüpfung hin zu einer verstärkten Anwendung der Iex causae bewegt. In den bisher zusammengefaßten Stellungnahmen manifestiert sich diese Entwicklung zwar lediglich durch eine Berücksichtigung der Iex causae im Rah13
Internationales Privatrecht (Grenzrecht), Bd. 2, Berlin 1929.
14 Frankens/ein, S. 391. 15 Frankens/ein, S. 392. 16 Ebd. Nussbaum, Deutsches Internationales Privatrecht ( 1932), S. 294. 18 Ders. , S. 294f 17
19 Ders., S. 295.
B. Die weitere Entwicklung nach dem lnkrafttreten des BGB
41
men einer gesonderten Anknüpfung der Vorfrage, ob eine eingetretene Bereicherung als rechtmäßig anzusehen ist oder nicht. Doch schon 1931 schlägt Ciutzwiller20 und zwei Jahre später Marhn WolfPI die ausschließliche Beurteilung von Bereicherungsansprüchen nach der Iex causae vor. Wo?ffverwirft damit ausdrücklich die bis dahin herrschende Anwendung des Rechts des Erfüllungsortes oder des Wohnsitzes des Schuldners, da er es für angemessen hält, einen Anspruch, der sich auf die Rückgewähr einer Vermögensverschiebung richtet. "dem Recht zu unterwerfen, nach welchem sichjene Vermögensverschiebung selbst beurteilt". Damit dürfte Wo?ff den Weg bereitet haben für die einige Jahre später eingeleitete Änderung der herrschenden Literaturmeinung in Richtung auf die Anwendung der Iex causae. ill. Die Begründung der Anwendung der Iex causae condictionis durch Zweigert
Mit einem im Jahre 1947 erschienenen Aufsatz von Zweigert22 begann sich die Iex causa condictionis als herrschende Anknüpfung im IPR der ungerechtfertigten Bereicherung durchzusetzen. Zweigert geht von der rechtsvergleichenden Erkenntnis aus, daß der gemeinsame Faktor der Bereicherungsansprüche in verschiedenen Rechtsordnungen das Ziel der Rückabwicklung von der Rechtsordnung mißbilligter Vermögensverschiebungen sei, im einzelnen aber erhebliche Unterschiede in der Ausgestaltung dieser Ansprüche bestehen. So könne die Rückabwicklung einer Wertverschiebung in einer fremden Rechtsordnung - etwa aufgrund des FehJens des Bereicherungsrechts als eigenständiges Rechtsinstitut - vertraglich zu qualifizieren sein, ebenso aber auch deliktisch oder dinglich. Da einerseits auf diese unterschiedlichen Qualifikationen Rücksicht zu nehmen und andererseits als höchstes Ziel bei der Bildung einer Kollisionsnorm der äußere Entscheidungseinklang anzustreben sei, müsse sich der ,,Rückweg" einer Vermögensverschiebung auf dieselbe Art vollziehen wie der ,,Hinweg", weil zwischen beiden eine enge innere Verbindung bestehe. Das Bereicherungsstatut habe sich daher nach derjenigen
20 International-Privatrecht, S. 1624. 21
Internationales Privatrecht, S. I 04 f
22 Bereicherungsansprüche im Internationalen Privatrecht. SJZ 1947, 247.
42
Erster Teil: Rechtshistorische EntwicklWlg
Rechtsordnung zu richten, der die rückgängig zu machende Vermögensverschiebung unterlag23. Vor diesem Hintergrund abstrahiert Zweigert bereicherungsrechtliche Sachverhalte von den in der eigenen Rechtsordnung hierfür vorgesehenen Rechtsbehelfen, geht von ,jeder Dogmatik vorgelagerten, gleichsam ontologischen Bereicherungssachverhalten"24 aus und teilt die Vermögensverschiebungen, die durch einen Bereicherungsausgleich rückgängig zu machen sind, zum Zweck der Anknüpfung in zwei Kategorien ein: solche, in denen bereits vor dem Eintritt einer ungerechtfertigten Bereicherung zwischen den Parteien eine obligatorische Beziehung bestand und solche, in denen ein solches Verhältnis fehlt, die von ihm sogenannten isolierten dinglichen Wertverschiebungen. In der ersten Kategorie ist nach Zweigert unproblematisch das Recht, das die Leistungsbeziehung beherrschte, auch auf den Bereicherungsanspruch anzuwenden. Schwieriger gestalten sich jedoch die Fälle, in denen eine solche Beziehung fehlt: Sie sollen entweder in Form eines Rechtsgeschäfts oder eines Realaktes auftreten. Leiste z.B. ein Deutscher eine Zahlung an einen Franzosen, den er irrtümlich für seinen Gläubiger hält, obwohl der Anspruch einem Landsmann des Empfcingers zusteht, so soll sich die Rückabwicklung dieser Zahlung nach den für res in transitu geltenden Regeln richten. Führen Realakte zu einer ungerechtfertigten Bereicherung, so sei zur Entscheidung über den Bereicherungsausgleich regelmäßig die Iex rei sitae der betroffenen Sache berufen. Zumindest die letztgenannte Rechtswahl erscheint in dieser Generalität jedoch nicht zweifelsfrei: In dem von Zweigert genannten Fall der irrtümlichen Zahlung von Deutschland nach Frankreich kommt neben der Iex rei sitae etwa auch das Schuldstatut der wirklich bestehenden Forderung in Betracht, auf die der Schuldner zu zahlen glaubte. Die von Zweigert postulierte Beurteilung von Bereicherungsfallen mit internationalem Bezug nach der Iex causa condictionis führt also einerseits zur Anwendung des Schuldstatuts, andererseits (bei isolierter Wertverschiebung) zur Anwendung des Realstatuts. Diese Behandlung soll allerdings nicht für das gesamte Bereicherungsstatut einheitlich erfolgen: Zweigert will nämlich die Frage, ob der Bereicherte das
23 s. 251 f 24 Reuter!Marlinek, S. 774.
B. Die weitere Entwicklung nach dem lnkrafttreten des BGB
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Empfangene mit Rechtsgrund innehat, einer Sonderanknüpftlog unterziehen, die einer selbständigen Anknüpftlog der Vorfrage nach dem Rechtsgrund entspricht25. Dies soll vor allem für diejenigen Fälle gelten, in denen sich der Rechtsgrund aus einem außerhalb der rückgängig zu machenden Beziehung stehenden Verhältnis zwischen den Parteien ergeben kann, etwa aus einer gesetzlichen Leistungspflicht des Entreicherten oder aus einem nach der Iex fori anerkannten rechtskräftigen Urteil. Abgesehen davon, daß die Praxisrelevanz dieser Sonderfällen eher gering einzuschätzen ist, wird die von Zweigert vorgeschlagene Sonderanknüpftlog der Vorfrage nach dem Rechtsgrund nur aus ihrem Kontext heraus verständlich. Die genannten Erwägungen finden sich nämlich im Zusammenhang mit zitierten Entscheidungen, in denen auf einen Bereicherungsanspruch die Iex fori angewandt wurde. Zweigert nennt die Sonderanknüpftlog des Rechtsgrundes als einzige Frage, in der sich die "Gerichtsentscheidungen aller Länder einig" sind. Aus der Sicht der Iex-causae-Theorie erscheint es jedoch grundsätzlich systemwidrig, die Frage der Rechtfertigung einer eingetretenen Vermögensverschiebung als Kernfrage eines Bereicherungsanspruchs einer anderen Rechtsordnung zuzuweisen als derjenigen, die über die Hauptfrage befindet. Wenn der ,,Rückweg" einer Bereicherung wie der ,,Hinweg" behandelt werden soll, so muß die so ermittelte Rechtsordnung auch über die Frage der Rechtmäßigkeit der eingetretenen Vermögensmehrung befinden. W. Die Fortentwicklung der Iex causae-Anknüpfung
durcb von Caemmerer
Mit der fortschreitenden Differenzierung zwischen den verschiedenen Kondiktionsarten, die im deutschen Sachrecht der ungerechtfertigten Bereicherung vorzufinden sind, ging in der Folgezeit auch eine nähere Konkretisierung des Grundsatzes der international-privatrechtliehen Anknüpftlog von Bereicherungsansprüchen nach der Iex causae einher. Einen wesentlichen Beitrag zur Entwicklung sowohl des Sach- als auch des Kollisionsrechts der ungerechtfertigten Bereicherung leistete 1954 v. Caemmerer mit seiner Arbeit über ,,Bereicherung und unerlaubte Handlung"26. Auf dem Gebiet des internationalen Bereicherungsrechts27 schlug er eine Diffe25 S. 250. 26 Festschrift Rabe! I, S. 333- 401. 27 S. 388.
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Erster Teil: Rechtshistorische Entwickhmg
renzierung vor, die weiter geht als die noch von Zweigert angenommene Zweiteilung in Bereicherungsansprüche, die auf der Grundlage einer vorangegangenen obligatorischen Beziehung zwischen den Parteien entstehen, und "isolierte Vermögensverschiebungen": Daß sich das auf die Leistungskondiktion anzuwendende Recht, soweit es um die Rückabwicklung eines Vertragsverhältnisses geht, nach dem für den Vertrag maßgeblichen Recht richten sollte, entsprach auch zur damaligen Zeit bereits der herrschenden Ansicht28. Ebenfalls dem Schuldstatut sollen die Fragen unterliegen, ob ein Ausgleich zwischen Gesamtschuldnern geschuldet wird, und ob der Zahler fremder Schuld für den Fall, daß seiner Zahlung Erfüllungswirkung zukommt, bei dem derart Befreiten Rückgriff nehmen kann. Zur Rückabwicklung einer "abgeirrten Leistung" will v. Caemmerer auf den Wohnsitz oder die Niederlassung des Empfängers abstellen29, Fälle des' Eingriffserwerbs sollten nach seiner Ansicht "in Analogie zum Deliktsrecht dem Recht des Tatortes" unterworfen werden. Einen besonders interessanten Ansatz wählt v. Caemmerer in bezug auf Leistungsverhältnisse, an denen mehr als zwei Personen beteiligt sind. In solchen Fällen soll die Frage, ob dem Bereicherungsgläubiger gegen den Dritten, dem die Vertragsleistung letztlich zugute gekommen ist, eine Durchgriffskondiktion zusteht, nach der Rechtsordnung beantwortet werden, die das Verhältnis zwischen dem Dritten und seinem Vertragspartner beherrscht. Ob die hierdurch begründete Bevorzugung des Bereicherungsschuldners gegenüber dem Entreicherten insbesondere unter Aspekten der Interessenjurisprudenz sachlich gerechtfertigt ist, wird im folgenden noch näher zu untersuchen sein. Festzustellen ist jedenfalls, daß der Beitrag v. Caemmerers die wünschenswerte Differenzierung der international-bereicherungsrechtlichen Anknüpfung entscheidend gefordert hat.
28 Ebenso etwa Rabe/, Conflict oflaw, Vol. Ill, S. 372 ff. 29 Dieser Anknüpfimg liegt wohl bereits die zutreffende Qualifikation der Rückfor-
denmg einer "abgeirrten Leistlmg" als Nichtleist\Ulgskondiktion zugnmde.
B. Die weitere Entwickhmg nach dem Inkrafttreten des BGB
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V. Der EG-Vorentwurf eines Übereinkommens über das auf vertragHebe und außervertragliebe ScbuJdverbältnisse anzuwendende Recht
Abschließend zur Darstellung der Entwicklung des internationalen Bereicherungsrechts in Literaturund Gesetzgebung30 ist auf den ersten und bisher auch letzten Versuch einzugehen, diesen Bereich des IPR im Rahmen überstaatlicher Rechtsvereinheitlichung zu erfassen. Ein Vorentwurf des EG-Übereinkommens31 , das später als das ,,Römische EWG-Übereinkommen über das auf vertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht" am 19. Juni 1980 verabschiedet werden sollte, enthielt im Jahre 1972 noch einen Art. 13, der sich mit der Anknüpfung aller außervertraglichen Schuldverhältnisse mit Ausnahme der in Art. 10- 12 geregelten Obligationen aus unerlaubter Handlung beschäftigte. Alle "durch ein anderes als ein Schadensereignis begründeten außervertraglichen Ansprüche", somit auch Bereicherungsansprüche, unterwarf diese Vorschrift einheitlich dem Recht des Staates, "in dem das Ereignis eingetreten ist". Diese starre Anknüpfung, die ihrer Formulierung nach dem Systemdenken des romanischen Rechtskreises zu entstammen scheint32, versuchte der Vorentwurf durch eine undeutlich gehaltene Ausweichklausel aufzulockern, wonach fur den Fall, daß ein "den betroffenen Parteien gemeinsamen Anknüpfungspunkt" vorhanden ist, der "eine stärkere Beziehung zu dem Recht eines anderen Staates" aufweist, das Recht dieses Staates anzuwenden sei33. Art. 13 des Vorentwurfs ist Gegenstand vielfältiger berechtigter Kritik34 gewesen. In einer ausfuhrliehen Auseinandersetzung mit dieser Bestimmung hat vor allem Collier35 beanstandet, schon die Formulierung sei ungenau und
30 Der weiterfuhrende Ansatz von Lorenz, Festschrift Zweigert, S. 199 ff., die Referentenentwfufe eines Gesetzes zur Ergänzung des deutschen IPR sowie das diese Entwfufe vorbereitende Gutachten von Schlechtriem, die das deutsche internationale Bereichenmgsrecht auf seinen heutigen Stand gebracht haben, werden an dieser Stelle noch nicht behandelt. Sie sind Gegenstand des abschließenden Lös\Dlgsvorschlages. 31 Vgl. zur Entsteh\Dlgsgeschichte \Dld zum AnwendWlgsbereich des Vorentwurfs Siehr, Zum Vorentwurf eines EWG-Übereinkommens über das Internationale Schuldrecht RlW/AWD 1973, S. 569-587. 32 S. zu ähnlich lautenden Kollisionsnormen aus Frankreich \Dld Italien \Dlten S. 259 bzw. 260. 33 Zum vollständigen Wortlaut vgl. Anhang C. (S. 423). 34 Vgl. etwa Reuter!Martinek, S. 797. 35 The Draft Convention and Restitution or Quasi-Contract, in: Lipstein (Hrsg. ): Harmonisation ofPrivate International Law by the EEC, S. 81 ff.
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Erster Teil: Rechtshistorische Entwicklung
lasse nicht zweifelsfrei den Anwendungsbereich der Vorschrift erkennen. Des weiteren werden mit der Anknüpfung an den Ort, an dem das die außervertragliche Haftung auslösende Ereignis eingetreten ist, vielfach keine eindeutigen Ergebnisse erzielt, weil hiermit nicht geklärt ist, ob der Ort der Entreicherung oder derjenige des Bereicherungseintritts in Bezug genommen wird36. Neben der systematisch unzutreffenden Parallele, die der Entwurf zwischen Bereicherungsansprüchen und Ansprüchen aus unerlaubter Handlung zieht, indem er beide derselben Anknüpfung unterwirft, und der "monolithischen Natur" der Anknüpfungsregel37 kritisiert Collier das Verhältnis zwischen Regelanknüpfung und AusweichklauseL Der Entwurf geht nach seiner Ansicht methodisch ,,falsch herum" vor; richtigerweise hätte vorrangig dasjenige Recht aufgesucht werden müssen, zu dem ein den betroffenen Parteien gemeinsamer Anknüpfungspunkt die stärkste Beziehung aufweist, und nur in Ermangelung eines solchen Anknüpfungspunktes auf das Recht des Staates zurückgegriffen werden dürfen, "in dem das Ereignis eingetreten ist"38. Siehr strebt ein ähnliches Ergebnis an und spricht sich für die Anwendung von Art. 13 S. 2 des Entwurfs auch dann aus, wenn kein gemeinsamer Anknüpfungspunkt der Parteien zu einer anderen Rechtsordnung besteht39. Ein Vergleich der als Art. 13 des Übereinkommens vorgesehenen Regel mit dem damaligen Rechtszustand im deutschen IPR zeigt deutlich, daß eine Verabschiedung und Umsetzung des EG-Vorentwurfs einen erheblichen Rückschritt für das deutsche Kollisionsrecht bedeutet hätte. Der Gedanke, daß alle Kondiktionsaften einer gemeinsamen Anknüpfung fahig wären, war zum damaligen Zeitpunkt aufgrund der weitgehenden Differenzierung der Kondiktionen im deutschen Sachrecht, die auch die kollisionsrechtliche Behandlung maßgeblich beeinflußte, längst als nicht sachgerecht aufgegeben worden. Eine einheitliche Anknüpfung, die auf einer Parallele zum internationalen Deliktsrecht aufbaut und nicht einmal bestimmt, ob der maßgebliche Ort derjenige der Entreicherung oder der des Bereicherungseintritts sein soll, wurde für das deutsche Kollisionsrecht schon seit der Erarbeitung des ersten Gebhardschen Entwurfes 1881 nicht mehr ernsthaft vertreten.
36 37 38 39
Collier, aaO., S. 82. Vgl. zu beiden Einwänden Collier, aaO., S. 83 ff
Collier, aaO., S. 85 ff Siehr, General Report on Non-Contractual Obligations (Arts. 10 - 14), General Problems (Arts. 21 - 23) and the Final Provisions (Arts. 24- 36), in: Lando/von Hoffmann/ Siehr (Hrsg.): European Private International Law ofObligations, S. 63.
C. Die Entwicklwtg in der deutschen Rechtsprechwtg
47
Des weiteren entsprach es der seinerzeit schon ganz herrschenden Ansicht, daß für Fälle der Leistungskondiktion nur eine Anknüpfung in Betracht kommt, die sich an dem Verhältnis orientiert, zu dessen Rückabwicklung der Bereicherungsausgleich dient. Unter Berücksichtigung aller gegen eine Kodifikation des internationalen Bereicherungsrechts nach Art des EG-Vorentwurfs sprechenden Gründe ist es zu begrüßen, daß Art. 13 bei der Überarbeitung des Entwurfs im Jahre 1978 ersatzlos gestrichen wurde.
C. Die Entwicklung in der deutschen Rechtsprechung Die Entwicklung der Rechtsprechung auf dem Gebiet des internationalen Bereicherungsrechts verlief ebenso unstetigI wie die bereits verfolgte Entwicklung der in der Literatur geäußerten Ansichten. Es fällt schwer, die ohnedies nur spärlich vorhandenen und von "Unsicherheit und Konzeptionslosigkeit"2 geprägten Stellungnahmen deutscher Gerichte zur international-privatrechtliehen Anknüpfung von Bereicherungsansprüchen in einer zugleich systematischen und chronologischen Ordnung zusammenzufassen, so daß im folgenden lediglich grobe Entwicklungslinien nachgezeichnet werden können. Die Darstellung erfolgt dabei getrennt nach den Kategorien der Leistungs- und der Nichtleistungskondiktion, obwohl diese Trennung selbst in der moderneren Rechtsprechung oft nur schwer vorzunehmen ist, weil die Gerichte vielfach nicht hinreichend zwischen den Kondiktionsarten unterscheiden, so daß es nach dem Wortlaut der Entscheidungen gelegentlich zweifelhaft bleibt, ob die Anknüpfung einer Leistungskondiktion oder diejenige einer Nichtleistungskondiktion intendiert ist. I. Die international-privatrechtliche Behandlung der Leistungskondiktion
1. Die quaunedin konnte aufS. 125 f. sogar mit guten Gründen vermuten, daß der Fall nach schottischem Recht umgekehrt entschieden worden wäre.
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Dritter Teil: Rechtsvergleichende Betrachtung
den Vertrag Anwendung finden kanß422. Festgestellt werden kann jedenfalls, daß dieser Anspruch im schottischen Recht einen Anwendungsbereich hat, der sich weder mit seinem deutschen Äquivalent noch mit seinem römisch-rechtlichen Ursprung deckt423.
3. Recompense Die generalklauselartig gehaltene dritte Kategorie des ,,Recompense"424 schließlich bildet den allgemeinen Auffangtatbestand fur alle anderen Fälle der Herausgabe von "benefi.ts", die auf Kosten eines anderen ohne Rechtsgrund erlangt wurden425. Erfaßt sind hier vor allem die "quantum meruit"-Situationen, in denen ein Ausgleich fur ohne vertragliche Grundlage geleistete Dienste verlangt wird426, aber auch Fälle von Verwendungen auf fremdes Eigentum, die in Schottland mit dem Begriff "quantum lucratus" bezeichnet werden427. D. Das Internationale Privatrecht
Trotz der ungleich längeren sachrechtliehen Tradition428 hat das internationale Bereicherungsrecht bisher in Schottland noch weniger Beachtung gefunden als in England. Stellungnahmen der Rechtsprechung zum auf Bereicherungsansprüche anwendbaren Recht fehlen völlig429. Es hätten sich zwar be-
422 S. bierzuFaber, ZEuP 1993,279, 2931f 423 Evans-Jones, 109 L.Q.R. (1993), 663, 673. 424 Die allgemeine Definition aus Bell's Principles ist wiedergegeben bei Gloagl Henderson, S. 140: "Where one has gained by the lawful act of another, done without intention of donation, he is bound to recompense or indemnify that other to the extent ofthe gain." 425 Walker, Contracts, S. 587 ff.; anders zum Charakter dieser Anspruchsgrundlage Whitty, ZEuP 1995, 216, 225; Zusammenstellung der in Betracht kommenden Fälle bei Gloag/Henderson, S. 141. 426 Vgl. etwa Lawrence Building Co. Ltd. v. Lanarkshire County Council (1977) S. L.T. llO.
427 Walker, Contracts, S. 589; zum Begriff im einzelnen Ciloag/Henderson, S. 142 f; Whitty, ZEuP 1995, 216, 219. 428 Vgl. Cantiere San Rocco, S. A. v. Clyde Shipbuilding and Engineering Co., Ltd., aaO., S. ll8, wo vom römisch-rechtlichen Kondiktionensystem in Schottland die Rede ist als "adopted for centuries". 429 Anton, S. 310.
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reits einige Gelegenheiten dazu eröffnet430, die schottischen Gerichte wandten jedoch in diesen Fällen ohne nähere Diskussion mit einer Ausnahme431 die Iex fori an. In der Literatur hat allein Blaikie sich ausführlich mit dem Thema befaßt43:2. Die Darstellung der kollisionsrechtlichen Situation in Schottland folgt daher seinen Ausführungen. Blaikie setzt sich zunächst mit den "choice of law alternatives" auseinander: Die Anwendung der Iex fori hält er für ungeeignet, weil sie unnötigerweise zum forum shopping ermutigen würde. Die Tatsache, daß schottische Gerichte in Fällen bereicherungsrechtlicher Haftung mit Auslandsberührung bisher ausschließlich ihr eigenes Recht angewendet haben, will er nicht als ausdrückliche Stellungnahme zugunsten der Iex fori433 gelten lassen, weil sich in diesen Fällen keine der Parteien auf die Anwendbarkeit einer anderen Rechtsordnung berufen hatte434.
Ablehnend steht Blaikie auch der Anwendung des Heimatrechts einer oder beider Parteien gegenüber435, denn das Heimatrecht stehe u. U. in gar keiner Verbindung zu dem Rechtsverhältnis, aus dem die Bereicherung resultiere; außerdem sei nicht klar, welches der Heimatrechte der Parteien angewendet werden solle. Auch können durch eine derartige Anknüpfung die Erwartungen der Parteien mißachtet werden, so z.B. im Fall eines bereits vorher existierenden Vertrages: Die Parteien eines Vertrages hätten sich darauf eingerichtet,
430 Zu neoneo sind hier die Entscheidlmgeo Cantiere San Rocca, S. A. v. Clyde Shipbuilding and Engineering Ca., Ltd. (1923) S. C. 105, Boissevain v. Weil (1950) AC. 327, Duncan v. Motherwell Bridge and Engineering Co. (1952) S. C. 131 sowie die bereits oben angesprochene Entscheidlmg Credit Lyonnais v. George Stevensan & Co. Ltd. (1901) 9 S. L.T. 93. 431 Rae v. Wright (1717) Mor. 4506 (hier ww-de englisches Recht angewendet). 43:2 Unjust enrichment in the conflict oflaws, in: Juridical Review 1984, S. 112 ff. 433 So aber Ehrenzweig, Restitution in the Conflict of laws: Law and Reason versus the Restatement Second, in: N.Y.U. Law Rev. 1961, 1298, 1301 f.; s. dazu \Dlteo S. 226. 434ßfaikie, S. 117; tatsächlich hatte LordNormandin Boissevain v. Weil (1950) AC. 327, einem Fall, in dem es um die Rückzahl\Dlg eines Darlehens ging, das ein Holländer einer EngländeTin während des zweiten Weltkrieges im von den Deutschen besetzten Frankreich gewährt hatte, aufS. 336 ausdrücklich von der "impropriety of introducing a question of lmjust enrichment without specific notice in the pleadings" gesprochen, so daß sich hier die Frage schon sachrechtlieh nicht stellte. 435 S. 118.
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Dritter Teil: Rechtsvergleichende Betrachtung
daß das den Vertrag beherrschende Recht im Fall seiner Unwirksamkeit auch die Rückabwicklung bereits erbrachter Leistungen beherrschen würde436.
Der Einwand der mangelnden Verbindung zu den den Anspruch begründenden Tatsachen spricht nach Blaikie auch gegen eine generelle Anwendung der Iex loci actus im Sinne des am Ort des Bereicherungseintritts geltenden Rechts437_ Insgesamt ergebe sich daraus, daß eine einheitliche Anknüpfung zwar einfache und vorhersehbare Ergebnisse mit sich bringe, sie angesichts der sich vielfaltig voneinander unterscheidenden Bereicherungslagen aber nicht befriedigend könne, so daß differenzierende ,,flexible solutions" gefunden werden müssen438. Blaikie verfolgt als eine solche flexible Lösung den "proper law approach". Er unterscheidet hierbei zunächst zwischen dem "proper law" des Bereicherungsanspruchs selbst und dem "proper law" der dem Anspruch zugrunde liegenden Transaktion, also der Iex causae condictionis439. Im Ergebnis folgt er ausdrücklich dem von Lipstein in Dicey!Morris vertretenen ersten Ansatz, will aber die dort als Anknüpfungsmomente genannten Faktoren nicht allein über das anzuwendende Recht bestimmen lassen, sondern ihnen lediglich Indizwirkung zuerkennen440.
Die Anwendung der Iex causae als des Rechts der zugrunde liegenden Transaktion lehnt er ab, weil auch dieses Recht oft nicht die engste Verbindung zu dem Bereicherungsanspruch aufweise44 I. Als besonders kritisch wird hierbei offenbar die Situation angesehen, in der die Parteien eines Vertrages diesen im Wege der Rechtswahl einer bestimmten Rechtsordnung unterworfen haben. Zwischen der Iex causae und dem bei Unwirksamkeit des Vertrages entstehenden Bereicherungsanspruch bestehe keine wirkliche Verbindung442. Darüber hinaus fuhre die strenge Verbindung zwischen Bereicherungsanspruch und unterliegender Transaktion nicht zu der gewünschten Flexibilität der Anknüpfung, die einzig das "proper law of the obligation" gewährleiste, 436 Ebd. 437 S. 120. 438 S. 122. 439 Ebd. 440 S. 125. 441 S. 127; ebenso bereits Gutteridgei/Lipstein, die diese Anknüpfwtg als "Wllogisch" bezeichnet haben; vgl. dazu oben S. 159. 442 Blaikie, S. 122.
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das eine ursprünglich zwischen den Parteien bestehende Beziehung lediglich als Indiz für die Anknüpfung benutzt443. Zu Blaikies Vorschlag ist zunächst zu bemerken, daß die Unterscheidung zwischen dem "proper law of the obligation" und der Iex causae in aller Regel eine akademische Frage sein dürfte. Blaikie gesteht selbst zu444, daß die beiden Anknüpftlogsgrundsätze in der praktischen Anwendung nur selten unterschiedliche Ergebnisse zeitigen. Auch gehen die - grundsätzlich begrüßenswerten - Bemühungen um eine Flexibilisierung der Anknüpfung notwendigerweise auf Kosten der auch von Blaikie postulierten Vorhersehbarkeit des anzuwendenden Rechts. Der "proper law approach" ist an sich schon mit einem hohen Maß an Rechtsunsicherheit behaftet, das durch eine zusätzliche Flexibilisierung nur noch erhöht werden kann. Ein Beispiel für diese Unsicherheit bietet Blaikies Vorschlag zur Anknüpfung eines Bereicherungsanspruchs, der aufgrund der Unwirksamkeit eines Vertrages entsteht, für den eine Rechtswahl vereinbart war: Nicht einzusehen ist, wie sich Blaikies Ablehnung der Anwendung des Heimatrechts der Parteien im Fall einer bereits vorher bestehenden Beziehung wegen Mißachtung der Erwartungen der Beteiligten mit seiner ebenfalls ablehnenden Haltung gegenüber der Anwendung des von den Parteien für den ursprünglichen Vertrag gewählten Rechts auf den Bereicherungsanspruch vereinbaren läßt. Wenn in solchen Fällen berechtigte Parteiinteressen an der Anwendung einer bestimmten Rechtsordnung bestehen, so werden diese am ehesten durch eine konkrete Rechtswahl indiziert, auch wenn diese nicht den Bereicherungsanspruch, sondern die eigentliche Vertragsabwicklung betrifft. Eine über das Maß des Erforderlichen hinausgehende Flexibilisierung der Anknüpfung widerspricht dem berechtigten Parteiinteresse an der Vorhersehbarkeit des anzuwendenden Rechts. Hier vermag eine engere Anhindung an das ursprünglich zwischen den Parteien bestehende Verhältnis als stabilisierendes Korrektiv zu wirken.
443 S. 128. 444 S. 122.
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Dritter Teil: Rechtsvergleichende Betrachtung
D.USA Die Rechtslage in den USAI entspricht -jedenfalls hinsichtlich des Sachrechts - in vielen Bereichen derjenigen in England2. Es besteht allerdings auch hier eine bedeutend längere bereicherungsrechtliche Tradition im Sinne der Anerkennung des ,)aw of restitution" als eigenständige Regelungsmaterie3, basierend auf dem Prinzip des "unjust enrichment"4, was schon durch die Tatsache verdeutlicht wird, daß das American Law Institute bereits im ersten von ihm herausgegebenen Restaterneut aus dem Jahre 1937 diesem Rechtsgebiet einen eigenen Band widmete, der eine umfangreiche systematische Zusammenstellung des US-amerikanischen Bereicherungsrechts bietet. Die folgende Darstellung des Sachrechts vollzieht sich wesentlich anband dieses Restatements5, das bisher keine Neuauflage erfahren hat6, und sie beschränkt sich weitgehend auf die Darstellung der im Vergleich zum englischen Recht bestehenden Unterschiede. I. Das Sachrecht
Schon das erste Restaterneut erkannte in § 1 generalklauselartig das allgemeine Prinzip der ungerechtfertigten Bereicherung an: ,.,A person who has
I Soweit die BWldesstaaten der USA zum common-law-Rechtskreis zu rechnen sind, d.h. mit Ausnahme Louisianas (zum neuen IPR in Louisiana vgl. Wlten S. 236).
2 So gTWldsätzlich bereits Lord Wright in seiner Rezension des Restatements in: Harv. L.Rev. 51 (1937/38), S. 369, 370. 3 Palmer, The law ofRestitution, Vol. 1, § 1.1 (S. 2): ,,In present American law, the idea of Wljust enrichment has been generally accepted and widely applied. "; s. auch Dawson, Restitution without enrichment, 61 B.U.L.Rev. (1981), 563, 564 f
4
Palmer, aaO., S. 5; Dobbs, Law ofRemedies, Vol. 1, § 4.1 (S. 551 f).
5 Bei den vom American Law Institute herausgegebenen Restatements handelt es sich zwar lediglich um eine private DarstellWlg des jeweils herrschenden Rechtszustandes, die in Regeln Wld Erläutef\Dlgen gefaßt wird, aber keinerlei offiziellen Charakter besitzt. Sie haben jedoch einen bedeutenden Einfluß auf die US-amerikanische RechtsprechWlg, in der sie nicht selten so zitiert werden, als hätten sie Gesetzeskraft, Wld bieten daher nicht nur eine verläßliche DarstellWlg der Iex lata, sondern sie sind oft auch Indikatoren einer sich abzeichnenden RechtsentwickJWlg.
6 In den Jahren 1983 Wld 1984 sind aber zwei Entwürfe (Tentative Drafts) eines Restatement 2d erschienen, die eine teilweise Neubearbeitung enthalten. Soweit diese Entwürfe vom ersten Restatement abweichen, sind sie berücksichtigt worden (zit.: Restatement 2d, Tent. Draft No. 1 bzw. No. 2).
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been unjustly enriched at the expense of another is required to make restitution to the other". "Vor die Klammer gezogen" werden noch zwei weitere Grundsätze, die auch dem englischen Recht geläufig sind. Es ist dies zum einen die Regel, daß kein Ausgleich geschuldet wird im Fall eines "officious conferring" (§ 2), also der unberechtigten Einmischung in einen fremden Rechtskreis, die als allgemeiner Schutz vor aufgedrängten Bereicherungen dient, indem sie dem Leistenden den Bereicherungsausgleich versagt und damit den Empfänger vor unerwünschten Bereicherungen schützt, die nicht als "unjust" angesehen werden7, 8. Zum anderen besteht in den USA eine erweiterte Form des Grundsatzes, den die englische ,,rule of forfeiture''9 ausdrückt: Niemand darf einen Vorteil aus einer von ihm begangenen unerlaubten Handlung ziehen(§ 3). Ausgehend von dem in § 1 niedergelegten Prinzip läßt sich die Systematik des Restatements grob in drei Fallgruppen nachzeichnen: Bereicherungsansprüche, die aus einer früheren vertraglichen Beziehung erwachsen sind (eh. 2, 3), solche, die sich aus der Zuwendung eines Vorteils an einen anderen ergeben (eh. 4- 6), sowie solche, die mit einer unerlaubten Handlung in Verbindung stehen (eh. 7)10. 1. Ansprüche, die in Verbindung miteinem Vertrag entstehen
Diese erste Fallgruppe erfaßt den weitaus größten Teil aller Anwendungsfalle des Prinzips aus § 1 des Restatements, nämlich diejenigen Situationen, in denen ein Vorteil aufgrund einer von vornherein nicht bestehenden oder später weggefallenen vertraglichen Verpflichtung übertragen wird11: Irrtum, Dro-
7 Mehl v. Norton, 113 AL.R. 1055, 1057 f; Walliek v. First State Bank of Farmington, 532 S. W. 2d 520, 523; Warden, 66 Am Jur 2d, Restitution and Implied contracts, § 5; Dobbs, Vol. 1, § 4.9 (S. 680); so jetzt auch ausdrucklieh Restatement 2d, Tent. Draft No. 1, comment a. zu§ 2. 8 Zur entsprechenden Regel des englischen Rechts, die dem Fall Owen v. Tale (1976) Q.B. 402, 411 zu entnehmen ist, vgl. oben S. 109. 9 Die ,,rule offorfeiture" beschränkt sich auf Straftaten, vgl. hierzu oben S. 148. 10 Vgl. die Einteihmg bei Palmer, Vol. l, § 1.7 (S. 42); Hay, S. 14 ff.; Scoles!Hay, Conflict oflaws, § 18.43 (S. 729 f).
11 Mit Ausnahme der ,,necessity" sind hier dieselben Fälle angesprochen, die im System des englischen Rechts Wlter die Rubrik ,,BereichefiDlgsausgleich fiir die Übertragwg von Gegenständen direkt vom Kläger an den Beklagten" gehören, s. dazu oben s. 111 ff.
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Dritter Teil: Rechtsvergleichende Betrachtung
hung, Anfechtung wegen "misrepresentation", aber auch ,,frustration" oder "breach of contract"12. Im Bereich der aus ,,mistake" entstehenden Ansprüche besteht auch im USamerikanischen Recht die grundlegende Unterscheidungen zwischen "mistake offact" (§§ 15- 43) und ,,mistake of law" (§§ 44- 55)13 einerseits sowie zwischen einem gemeinsamen Irrtum beider Parteien (,,mutual mistake") und einem einseitigen ("unilateral mistake") andererseits14. Um kondiktionsrechtliche Wirkungen zu entfalten, muß ein grundlegender Irrtum ("basic mistake") vorliegen; ob dies der Fall ist, wird anband des Grades der Abweichung der Vorstellung von der Wirklichkeit sowie im Fall eines Austauschverhältnisses aufgrund der Ungleichwertigkeit der sich gegenüberstehenden Leistungen ermittelt15. a) Misunderstanding, Mutual mistake Beruht das Nichtzustandekommen eines Vertrages auf einem Dissens der zugrunde liegenden Willenserklärungen, so sind die gegenseitig bereits gewährten Leistungen ohne weiteres zurückzugeben16. Ein Dissens wird als gegeben angesehen, wenn eine von beiden Parteien geteilte Fehlvorstellung ("mutual mistake") vorliegt, die sich auf fur den Vertrag grundlegende Tatsachen ("basic facts") bezieht17, wie z.B. die Existenz oder die Identität des Vertragsgegenstandes18, nicht jedoch auf dessen Qualität oder Wert. Ein Beispiel hierfur bildet der Fall Wood v. Boynton19: 12 Die Bezeichmmg dieser Fallgruppe als "in Verbindung mit einem Vertrag st~ hend" ist zwar in der Literatur zum amerikanischen Recht gebräuchlich, vgl. Hay, S. 14 ff. , gleichwohl aber etwas unpräzise, denn es werden unter den Überschriften ,,mistake" und "coercion" auch Vermögensverschiebungen erfaßt, die keine Beziehung zu einem Vertrag aufweisen. 13 Palmer, Vol. 2, § 11.2 (S. 482 ff.) geht zwar einen methodisch anderen Weg, indem er vorschlägt, zwischen vier verschiedenen Irrtumsarten zu unterscheiden; im Ergebnis entstehen hieraus aber keine nennenswerten Unterschiede zu den im Restat~ ment of Restitution vorgesehenen Lösungen.
14 Palmer, Vol. 2, § 12.2 (S. 531). 15 Ders., aaO., S. 533 ff. 16 Dobbs, Vol. 2, § 11.1 (S. 712), § 11.3 (S. 723 ff.); Lake Gogebic Lumber Co. v. Burns, 40 A.L.R. 2d, 993, 995 f 17 Dobbs, Vol. 2, § 11.3 (S. 723). 18 Vgl. Dadourian Export Corp. v. United States, 291 F. 2d 178, 183. 19 25 N.W. 42; s. auch Reliance Finance Corp. v. Miller, 557 F.2d 674, 679.
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Der Kläger hatte an den Beklagten einen Edelstein zum Preis von $ I verkauft, den beide fiir einen Topas gehalten hatten. Später stellte sich heraus, daß es sich um einen Diamanten im Wert von $ 700 handelte.
Das angerufene Gericht verweigerte die Rückabwicklung des Vertrages mit der Begründung, der den Parteien unterlaufene beiderseitige Irrtum beziehe sich nur auf den Wert des Vertragsgegenstandes, nicht auf dessen Identität20. Wie schwierig im Einzelfall die Abgrenzung zwischen einem gemeinsamen Irrtum hinsichtlich der Existenz des Vertragsgegenstandes und einem solchen bezüglich seiner Qualität oder seines Wertes sein kann, offenbart der bekannte Fall Sherwood v. Walker21: Der Beklagte hatte dem Kläger eine Kuh verkauft, wobei beide Parteien davon ausgegangen waren, daß diese wtfruchtbar war. Der Kautpreis wurde daher auf der Grundlage des Preises fiir Schlachtvieh festgelegt. Noch vor der Übergabe der Kuh stellte sich heraus, daß sie im Zeitpunkt der Veräußerung bereits trächtig gewesen war, wodurch sich ihr Wert verzehnfachte. Der Kläger verlangte Lieferung; der Beklagte wandte einen gemeinsamen Intum der Parteien ein und focht den Kaufvertrag an.
Auch in diesem Fall hatte die Klage keinen Erfolg. Das Gericht schloß sich der Auffassung des Beklagten an, weil es die Ansicht vertrat, zwischen den Parteien sei kein Vertrag zustande gekommen, weil der ihnen gemeinsam unterlaufene Irrtum sich nicht nur auf den Wert des Vertragsgegenstandes beziehe: "the mistake went to the very existence of the thing", "the thing sold and bought bad in fact no existence"22. b) Unilateral mistake
aa) Mistake offact
Im Bereich der Rückforderung einer durch einen einseitigen Tatsachenirrtum hervorgerufenen Geldleistung weist das amerikaDisehe Recht keine mar20 Auffällig ist die Parallele zum Recht der einseitigen Anfechtung einer Willenserklärung in § 119 Abs. 2 BGB: Auch hier wird bekanntlich nach h.M. der Wert einer Sache nicht als "verkehrswesentliche Eigenschaft" anerkannt, so daß ein Intum hierüber kein Anfechtungsrecht begriindet. 21 33 N.W. 919 ("pregnant cow case"); s. dazu Palmer, Vol. 2, § 12.1 (S. 532); ebenso Gartner v. Eikill, 319 N. W. 397, 399. 22 Sherwood v. Walker, S. 923; zu Recht kritisch dazu Dobbs, Vol. 2, § 11.3 (S. 728 f).
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kanten Unterschiede zum englischen auf. Auch in den USA kann eine solche Leistung zurückgefordert werden, wenn sie etwa unter der irrtümlichen Annahme des Bestehens23 oder der Wirksamkeit24 einer entsprechenden Verpflichtung erbracht wurde, wobei es unerheblich ist, ob die vorgestellte Verpflichtung vertraglicher Natur ist oder nicht25. Dasselbe gilt für die irrtümliche Überzahlung einer bestehenden Verbindlichkeit26. Das Restatement of Restitution sieht zwar in § 12 eine Beschränkung der Rückforderbarkeit auf solche Fälle des einseitigen Irrtums vor, in denen der andere Teil positive Kenntnis von diesem Irrtum hat oder ihn wenigstens erkennen muß. Palmer weist jedoch darauf hin, daß das US-amerikanische Recht in dieser Hinsicht vom Restatement nicht korrekt wiedergegeben wird27. Ein wesentlicher Unterschied zum englischen Recht besteht jedoch im Be-. reich der Erbringung von Dienstleistungen oder der Verbesserung fremden Eigentums: Das amerikaDisehe Recht gestattet einen Bereicherungsausgleich in diesen Fällen zwar auch nur unter engeren Voraussetzungen als im Fall von Geldleistungen28, verzichtet hier aber nicht nur weitestgehend auf die Unterscheidung zwischen Tatsachen- und Rechtsirrtum29, sondern auch auf die dem englischen Recht eigene und mit einigen Fiktionen behaftete Voraussetzung, daß ein Ausgleich für irrtümlich erbrachte Dienstleistungen nur geschuldet wird, wenn auf seiten des Bereicherten ein ,,request" in Form einer ,jree acceptance" oder eines ,,incontrovertible bene:fit" entweder positiv festzustellen ist oder zumindest fingiert werden kanß30.
23 Restatement ofRestitution, § 15. 24 Ebd., § 16. 25 Ebd., § 19; Warden, 66 Am Jur Zd, §§ 119, 122; United States v. Bradley Bar-
low, 33 L Ed 346, 351.
26 Restatement ofRestitution, §§ 20, 21. 27 Palmer, Vol. 2, § 12.3 (S. 551): " ... the Restatement does not accurately reflect
the common law ofthis cmmtry."; vgl. zur entsprechenden Rechtsprechwtg statt vieler Rosenblum v. Manufacturers Trust Co., 200 N.E. 587, 588. 28 Ebd., comment a. zu § 40.
29 Für beide Irrtumsarten bestehen im Restatement identische Rege11mgen in §§ 39-43 (,,mistake of fact") bzw. §§53 , 54 (,,mistake of law") insofern, als der Rechtsirrtum hinsichtlich der Rechtsfolgen dieselbe Behandlung erfahrt wie der dem Bereicherten unbekannte Tatsachenirrtum, vgl. comment a. zu § 53. 30 S. zu diesen Voraussetzungen oben S. 120.
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Nach § 40 bzw. §53 des Restatements kann vielmehr ein Bereicherungsausgleich verlangt werden, wenn der Leistende sich auf eine fehlerhafte Aussage des anderen Teiles hinsichtlich einer Rechtsfrage verlassen hat(§ 40 (a) bzw. §53 (1) (a)) oder in der irrtümlichen Annahme eines synallagmatischen Verhältnisses handelte, die Vermögensverschiebung also vornahm, um eine Gegenleistung hierfür zu erhalten, die er aufgrund einer nichtvertraglichen Vereinbarung oder aufgrund eines Vertrages, der inzwischen angefochten wurde, beanspruchen zu können glaubte(§ 40 (b) bzw. §53 (l) (b)). Dasselbe gilt, wenn jemand Verwendungen auf fremdes Eigentum macht, weil er davon ausgeht, es sei sein eigenes(§ 40 (c) bzw. §53 (2)), sowie für den Fall, daß ein dingliches Recht an der Sache, auf die die Verwendungen gemacht wurden, zunächst tatsächlich übergangen war, die Übertragung aber später angefochten wurde (§ 42 (3) bzw. § 53 (3)). Bereicherungsansprüche, die sich aus solchen Situationen ergeben, sind heute in den meisten Bundesstaaten gesetzlich normiert, allerdings nicht als selbständige Anspruchsgrundlagen ausgestaltet worden; sie können lediglich einredeweise gegen den Herausgabeanspruch des tatsächlichen Eigentümers geltend gemacht werden31. Wurden Verwendungen auf ein fremdes Grundstück aufgrund eines Tatsachenirrtums vorgenommen, so schuldet der Bereicherte einen Ausgleich allerdings nur, wenn er den Irrtum des Leistenden erkannt und nicht aufgeklärt hatte, wie sich aus dem systematischen Zusammenhang zwischen§ 40 (c) und § 42 (1), (2) ergibt32. In anderen Irrtumsfällen, d.h. solchen, in denen der Irrtum nicht durch das Vertrauen auf eine Aussage des anderen Teil oder auf das Bestehen eines Vertrages hervorgerufen wurde, wird für die Erbringung von Dienstleistungen oder die Verbesserung fremden Eigentums kein Bereicherungsausgleich gewähft33.
31 Überblick bei Palmer, Vol. 2, § 10.9 (S. 442, Fn. 34). 32 Palmer, Vol. 2, § 10.9 (S. 441); Olin v. Reinecke, 168 N.E. 676, 678; dies ent-
spricht der in England geltenden Regel aus Ramsden v. Dyson (1866) l A.C. 129, 140 f., nach der in Fällen der AusmrtZWlg eines Tatsachenirrtums eine ,,free acceptance" fmgiert wird, vgl. dazu oben S. 120.
33 Lawson v. O'Kelley, 60 SE 2d 380, 382 f.; CiulfOil Corp. v. Forcum, 381 S. W. 2d 521. 527 f.
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bb) Mistake oflaw Der Begriff des ,,mistake of law" wird in § 7 definiert als Irrtum über die rechtlichen Konsequenzen einer angenommenen tatsächlichen Situation34. Die Kondiktion einer durch einen solchen Irrtum beeinflußte Leistung wurde auch in den USA bisher nur ausnahmsweise35 und unter engeren Voraussetzungen zugelassen als bei Vorliegen eines Tatsachenirrtums (§ 45). Als Grundregel galt auch hier die Unwiederbringlichkeit einer durch einen Rechtsirrtum beeinflußten Leistung36. Diese Regel wurde aber von jeher nicht so restriktiv gehandhabt wie im englischen Recht37, und neuere Entscheidungen lassen erkennen, daß in absehbarer Zeit mit ihrer vollständigen Aufgabe zu rechnen sein wird38 So können schon nach dem Restatement of Restitution z.B. Geldzahlungen zurückgefordert werden, die auf einen rechtsirrtümlich als bestehend angenommenen Vertrag geleistet wurden, wenn nicht die andere Partei ihre Gegenleistung erbracht hat (§ 47)39. Anders als in den Fällen von ,,frustration" oder "breach of contract", bei denen die wesentliche Frage dahin geht, ob eine ,,failure of consideration" eingetreten ist, besteht hier von vomherein ein ,,Iack of consideration"40. Im Gegensatz zum englischen läßt das amerikanische Recht grundsätzlich41 auch die Rückforderung einer Leistung zu, die aufgrund eines durch eine ,,misrepresentation" des anderen Teiles entstandenen "mistake of law'' er-
34 Warden. 66 Am Jur 2d, § 138. 35 Warden, 66 Am Jur 2d, § 138. 36 In älteren EntscheidWtgen amerikanischer Gerichte fmdet sich auch noch die aus
dem englischen Fall Bilbie v. Lumley (1802) 102 E.R. 448, 449 stammende Formuli~ TWlg ,,Every man must be taken tobe cognizant ofthe law''. vgl. Scott v. Ford, 78 P. 742; 80 P. 899.
37 Palmer, Vol. 3, § 16.4 (S. 466 ff.), plädiert fiir eine vollständige Abschaffimg der UnterscheidWlg zwischen Tatsachen- Wld Rechtsintum. 38 Vgl. Dobbs, Vol. 2, § 11.3 (S. 715 f); Gannett v. Merchants Mut. Ins. Co., 552 A. 2d 99, 103; Guardian State Bank v. Stangl, 778 P. 2d I, 6. 39 Diese Regel stellt die UmkehrWlg des in England immer noch herrschenden Prinzips aus Bilbie v. Lumley (1802) 102 E.R 448 dar, nach dem die RückfordeTWlg einer durch einen Rechtsirrtum ausgelösten ZahlWlg grWtdsätzlich ausgeschlossen ist, vgl. dazu oben S. 114. 40 Restatement ofRestitution, comment b. zu§ 47. 41 Etwas anderes gilt im 8Wtdesstaat Texas, vgl. Sawyer v. Pierce, 580 S. W. 2d
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bracht wurde(§ 55)42. Dies gilt sowohl für den Fall einer der arglistigen Täuschung entsprechenden ,,fraudulent misrepresentation" (§ 55 (a)) als auch dann, wenn zwar keine Arglist auf seiten der anderen Partei gegeben ist (,,innocent rnisrepresentation"), der Empfänger aber berechtigterweise auf die Wahrheit der Aussage vertraut hat(§ 55 (b))43. Bei unentgeltlichen Vermögensverschiebungen (,,gratituitous transactions") stellt § 49 an die Rückforderung noch geringere Anforderungen, die den Voraussetzungen des Bereicherungsausgleichs bei Vorliegen eines Tatsachenirrtums entsprechen44. Hierdurch die auch im amerikanischen Recht bestehende schwache Position des unentgeltlichen Erwerbers verdeutlicht. Eine interessante Regelung von möglicherweise auch kollisionsrechtlicher Relevanz, die in ähnlicher Form auch dem englischen Recht bekannt ist45, enthält § 46 (c): Danach löst ein "mistake of law'' einen Bereicherungsanspruch aus, wenn er sich auf das Recht eines (Bundes-) Staates bezieht, in dem der Leistende weder seine ,,residence" hat noch regelmäßig Geschäfte macht. Ob diese Regel tatsächlich eine international-privatrechtliche Komponente derart hat, daß sich Ausländer unter erleichterten Bedingungen auf einen Rechtsirrtum als Grundlage einer von ihnen erbrachten Leistung berufen und damit ihre Leistung herausverlangen können, kann der Fassung des Restatements nicht mit letzter Sicherheit entnommen werden. Möglicherweise ist hiermit auch nur der interlokale Verkehr von einem US-Bundesstaat in den anderen gemeint. Der "comment" zu § 46 (c) legt jedoch die erste Auslegung nahe, da hier nur von der Begünstigung eines Leistenden die Rede ist, der "unfarniliar with the law of the jurisdiction which controls the transaction" ist. Auch Koch46 scheint dieser Ansicht zu sein, wenn er im Hinblick auf § 46 ( c) des Restatements von einem ,)rrtum über ausländisches Recht" spricht. FestDer Court ofCivil Appeals zog sich in dieser EntscheidWlg auf die Vermutung allgemeiner Kenntnis des Rechts zurück, die aus der englischen EntscheidWlg Bilbie v. Lumley bekannt ist: "We recognize the generat rule that everyone is presumed to know the law and therefore has no right to rely upon representations by others as to what the law might be."
42 Das englische Recht kennt diese Möglichkeit nur im Zusammenhang mit der AnfechtWlg eines Vertrages Wld auch hier nur bei einer ,,misrepresentation" , die sich aufTatsachen bezieht, vgl. oben S. 122. 43 Taylor v. Hodges, 183 S. W . 2d 664; 186 S. W. 2d 61. 44 Restatement ofRestitution, Comment a. zu§ 49. 45 S. dazu oben S. 117. 46 BereicheTWlg Wld Irrtum, S. 72. 13 Plaßmeier
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Dritter Teil: Rechtsvergleichende BetrachtwJ.g
zustellen ist jedenfalls, daß in den USA ein Rechtssatz bekannt ist, nach dem in Fällen des ,,mistake of law'' nach dem Ursprung des Rechts, auf das sich dieser Fehler bezieht, zu differenzieren ist. Sollte diesem Rechtssatz die sowohl von Koch als auch hier angenommene Bedeutung zukommen, so würde das US-amerikanische Recht die kollisionsrechtliche Ungleichbehandlung von In- und Ausländern vermeiden, die oben47 am in England herrschenden Rechtszustand kritisiert wurde: Steht die Berufung auf einen Irrtum über ihm fremdes Recht unabhängig von der nationalen Herkunft des in Bezug genommenen Rechtssatzes jedermann offen, so kann sich ein Ausländer mit denselben Erfolgsaussichten auf einen Irrtum über das Recht eines US-amerikanischen Bundesstaates berufen wie ein Bürger der USA auf einen Irrtum über ausländisches Recht. Ein reiner Inländerschutz würde vermieden. c) Coercion aa) Duress und Undue lnfluence Unter dem Begriff der "coercion" werden im amerikanischen Recht einerseits diejenigen Fälle zusammengefaßt, in denen ein Willensmangel einer Partei, der durch eine Drohung oder Nötigung ("duress and undue influence") der anderen Partei hervorgerufen wurde, zur Unwirksamkeit einer- nicht notwendigerweise vertraglichen48 - Vermögensverschiebung führt. "Coercion" bildet somit das Funktionsäquivalent der englischen Fallgruppe "duress"49: die Begriffe werden in beiden Rechtsordnungen synonym gebraucht, und sie umfassen im wesentlichen dieselben tatsächlichen Situationen. Das amerikaDisehe Restatement of Restitution enthält in § 70 die Grundregel, nach der durch "coercion" beeinflußte Vermögensverschiebungen unter denselben Voraussetzungen rückgängig zu machen sind wie solche, bei denen der Willensmangel des Leistenden aufgrund einer Täuschung (,.fraud") der anderen Seite entstanden ist50
47 S. 118 48 Vgl. Restatement ofRestitution, Comment a. zu§ 70. 49 Vgl. dazu oben S. 123. 50 So auch Dobbs, Vol. 2, § 10.2 (1) (S. 636); hier fmdet also dieselbe GleichsetZlDlg zwischen Drohwtg der Täuschwtg statt, die auch das deutsche Recht hinsichtlich der AnfechtwJ.g von Willenserklärungen in § 123 Abs. 1 BGB kennt. Der systematische Zusammenhang ist zwar ein anderer, weil die dem Allgemeinen Teil des BGB zugrunde liegende Technik des "vor die Klammer Ziehens" gemeinsamer Regeln im
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Eine Folge dieser Verweisung auf die sich mit der Rückforderung einer durch Täuschung beeinflußte Leistung befassende Bestimmung des § 28 des Restatements ist es, daß unter dem Einfluß von "coercion" erbrachte Leistungen nur dann herausverlangt werden können, wenn der Bedrohte nicht seinerseits dasjenige erlangt hat, was er als Gegenleistung erwartet hatte. Beiderseils vollständig erfiillte synallagmatische Verhältnisse sollen also selbst dann nicht mehr einer Rückabwicklung zugänglich sein, wenn eine Partei von der anderen zur Leistung gezwungen wurde. Dieser aus kontinental-europäischer Sicht sonderbar anmutende Rechtszustand dürfte vielfach zu unbilligen Härten führen, nicht nur, aber vor allem in den Fällen, in denen ein auffaltiges Mißverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung besteht. Statt hier der bedrohten oder sonst gezwungenen Partei den Bereicherungsanspruch gänzlich zu versagen, würde es ausreichen, ihn ihr nur unter den einschränkenden Voraussetzungen der§§ 65 - 67 des Restatements, auf die § 70 ebenfalls verweist51, zu gewähren, den Bereicherungsausgleich also dann zu versagen, wenn der Anspruchsteller seinerseits nicht zur ,,restitutio in integrum" der Gegenpartei in der Lage ist. Dieselbe Ansicht vertritt auch Dawson52, der zusätzlich darauf hinweist, daß die Abwicklung des Bereicherungsausgleichs sich in den Fällen Ungleichwertiger Leistungen auf die Herausgabe des bei einer Partei vorhandenen Überschusses beschränken könne53. Angesichts dieser Literaturansicht und der großen Zahl derbereits vor dem Erscheinen des ersten Restatements ergangenen Rechtsprechung, die denselben Weg verfolgt54, erscheint es sehr zweifelhaft, ob das Restaterneut den seinerzeitigen Rechtszustand in den USA in dieser Hinsicht korrekt wiedergibt. Bestätigt werden diese Zweifel durch die Ausführungen von Palmer zu diesem Themenkreis: Er zieht zwar auch die Parallele zu den Fällen der Täuschung, betont aber, daß selbst dann eine rückgängig zu machende ungerechtfertigte Bereicherung eintrete, wenn ein aufgrund der Drohung einer anglo-amerikanischen Rechtskreis keine EntsprechWlg hat; in der Funktion sind die beiden BestimmWlgen aber durchaus vergleichbar. 51 Vgl. Restatement ofRestitution, Comment a. zu§ 70. 52 Economic duress- An essay in perspective, Mich. L.Rev. 45 (1946/47), S. 253, 284, mit zahlreichen gleichlautenden RechtsprechWlgsnachweisen.
53 Diese BescbränkWlg der Herausgabeverpflichtung auf einen noch vorhandenen Überschuß entspricht der deutschen Saldotheorie im Gegensatz zur Zweikondiktionenlebre, nach der die Herausgabe des jeweils Empfangenen Wlabhängig von der Gegenleistung erfolgen sollte. 54 Vgl. nur Graham v. Fis her, 278 N. Y. Supp. 982. 13*
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Dritter Teil: Rechtsvergleichende Betrachtung
Partei zustande gekommener Vertrag beiderseits vollständig erfüllt worden sei, wobei es auf das Verhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung nicht unbedingt ankomme55. Die im Restatement niedergelegte Auffassung kann somit heute wohl als überholt angesehen werden. Eine auch in den USA noch verhältnismäßig neue Kategorie bereicherungsrechtlicher Haftung stellt diejenige der "business compulsion" daf56, die der in England seit der "Universe Sentinel"-Entscheidung57 anerkannten Fallgruppe "economic duress" entspricht. Danach kann die Rückzahlung einer nicht geschuldeten Leistung verlangt werden, die aufgrund vom Empfänger der Leistung ausgehenden wirtschaftlichen Zwanges erbracht wurde, um das Eigentum oder wirtschaftlichen Interessen des Leistenden zu schützen58; eine solche Leistung wird als "unfreiwillig" erbracht angesehen59. bb) Jndemnity und Contribution
Wie das englische, so faßt auch das amerikanische Recht unter der Fallgruppe ,,Drohung und Zwang" nicht nur von Menschen ausgeübten, sondern auch ,,gesetzlichen Zwang" zusammen. Gemeint sind hiermit die im Restatement unter§§ 76- 102 behandelten Ansprüche auf Ausgleich ("indemnity and contribution") im Innenverhältnis zwischen Gesamtschuldnern. Der Anspruch auf "contribution" stellt das Äquivalent der gleichnamigen Figur des englischen Rechts60 dar, dient also dem anteiligen Ausgleich zwischen mehreren gleichstufig haftenden Gesamtschuldnern, wenn einer von ihnen mehr an den Gläubiger gezahlt hat, als er im Innenverhältnis zu zahlen verpflichtet gewesen wäre(§ 81)61 . "Indemnity" hingegen entspricht dem englischen ,,right to 55 Palmer, Vol. 2, § 9.4 (S. 261); einem auffaltigen Mißverhältnis zwischen Leistung Wid Gegenleistung kommt aber jedenfalls IndizwirkWig fiir das Vorliegen einer WIZUlässigen Willensbeeinflusswtg zu, vgl. Leeper v. Beltrami, 77 A.L.R. 2d 803. 56 Palmer, Vol. 2, § 9.1 (S. 239 ff) mit umfangreichen Rechtsprechungsnacbweisen; Warden, 66 Am Jur 2d, § 107; Dawson, Economic duress, S. 253.
57 Universe Tank Ships /nc. of Monrovia v. The International Transport Workers' Federation (1983) 1 A.C. 366, vgl. dazu oben S. 124. 58 Young v. Hoagland, 298 P 996; Illinois Merchants' Trust Co. v. Harvey, 167 N.E. 69, 72; Annotation, Doctrine of business compulsion, 79 A.L.R. 655, 651; Warden, 25 Am Jur 2d, Duress and Undue Influence, § 6. 59 79 A.L.R. 655, 658; Duke v. Force, 23 A.L.R. 1354, 1366. 60 S. dazu oben S. 128. 61 Cousens, 18 Am Jur 2d, Contribution, §§ 1, 7 ff; Parten v. First National Bank
& Trust Co., 120 A.L.R. 862, 867 f
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recoupment"62 und setzt somit die Zahlung durch einen im Innenverhältnis nicht primär verpflichteten Schuldner voraus, der dadurch einen Anspruch auf vollständigen Ersatz des Geleisteten gegen den primär Verpflichteten erwirbt (§ 76)63. Eine Sonderregelung gilt in der Mehrzahl der OS-amerikanischen Bundesstaaten64 hinsichtlich des Innenausgleichs zwischen mehreren aus einer unerlaubten HandJung Verantwortlichen. Hier wird nach den Verschuldeosbeiträgen der Beteiligten dahingehend differenziert, daß einem Täter, der den Eintritt einer Rechtsgutsverletzung im selben Maße verschuldet hat wie ein anderer, ein Anspruch auf "indemnity" versagt wird, wenn er dem Opfer mehr an Schadensersatz geleistet hat, als er im Innenverhältnis zu leisten verpflichtet gewesen wäre. ,,Indemnity" kann nur derjenige geltend machen, den im Vergleich zu dem in Anspruch Genonunenen anderen Täter ein geringeres Verschulden trifft65, 66. d) Vertragsunwirksamkeit aus anderen Gründen und nachträglicher Wegfall des Vertrages Das Restaterneut enthält in § l 08 sowie in einigen Spezialregelungen, teilweise unter Verweisung auf die Bestimmungen des Restaterneut of Contracts, Regeln über die bereicherungsrechtlichen Folgen der Unwirksamkeit eines Vertrages - soweit diese nicht auf einem Irrtum beruht - oder die Unmöglichkeit seiner Erfüllung im Hinblick auf die Rückabwicklung bereits auf den Vertrag erbrachter Leistungen.
62 S. dazu oben S. 128. 63 Oneida Indian Nation of New York v. Oneida County, 719 F.2d 525, 543; vgl. zur Abgrenzung zwischen "contribution" und "indemnity" Cousens, 18 Am Jw· 2d, § 2; Blunt v. Brown, 225 F. Supp. 326, 330; McFall v. Compagnie Mantime Beige, 107 N.E. 2d 463, 470 f 64 So Palmer, Vol. 2, § 10.6 (S. 410). 65 Palmer, ebd.; Prosser!Keeton on Torts, §51 (S. 341 ff.) mit wnfangreichen Rechtsprechungsnachweisen. 66 Hieraus ergibt sich u.a. eine dem deutschen § 840 Abs. 2 BGB entsprechende Regel: Ein "geringeres Verschulden" wird nämlich angenommen bei einem Geschäftsherrn im Verhältnis zu seinem Gehilfen, wenn der "servant" eine unerlaubte Handlung begangen hat, für die der ,,master" unter dem Gesichtspunkt der "vicarious liability" einzustehen hat, vgl. Restaterneut ofRestitution, § 96; Canadian Indemnity Co. v. United States Fidelity & Guaranty Co., 213 F.2d 658; Thomas v. Malco Rejlneries, 214 F.2d 884, 886.
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Dritter Teil: Rechtsvergleichende Betrachtung
aa) Illegality
§ 140 des Restatements befaßt sich unter Verweisung auf die §§ 598 - 609 des Restatement of Contracts67 mit den Fälle der ,)llegality", der Gesetzeswidrigkeit eines Vertrages. Auch hier gilt dieselbe Regel wie im englischen Recht: Befinden sich die Parteien nicht ,,in pari delicto''68, so kann die unschuldige Partei ihre im Zeitpunkt der Entdeckung der Gesetzeswidrigkeit69 bereits erbrachte Leistung zurückfordern. "Unschuldig" in diesem Sinne ist derjenige, der entweder die Gesetzeswidrigkeit des Vertrages nicht kannte70 oder dessen Schutz das die Illegalität begründende Gesetz bezweckt7I. Im Fall der Unkenntnis soll wiederum nach ihrem Grund zwischen ,,mistake of fact" und ,,mistake of law'' zu unterscheiden sein72; die Kriterien fiir diese Differenzierung sind im einzelnen allerdings noch ungeklärt73. bb) Jncapacity
Den Fall der Vertragsunwirksamkeit aufgrundmangelnder Geschäftsfähigkeit erfaßt das Restatement in§ 139. Danach sind Geschäftsunfähige einerseits
67 Restatement ofRestitution, comment a. zu§ 140. 68 Ein beiderseitiger Gesetzesverstoß schließt den Bereichenmgsausgleich aus, vgl.
Restatement of Contracts, § 604; Palmer, Vo1. 2, § 8.6 (S. 202); Warden, 66 Am Jur 2d, § 145; ders. , 17 Am Jur 2d, Contracts, § 221; Dobbs, Vol. 3, § 13.6 (S. 564); McFall v. Arkoosh, 215 P. 978, 979; Sherwood & Roberls-Yakima, lnc. v. Leach, 409 P. 2d, 160, 164: ,,In an action to recover on an illegal contract, this court leaves the parties (in pari delicto) wbere it finds them wbether or not the situation is Wiequal as to the parties. " 69 Leist\Ulgen, die von der Wischuldigen Partei in Kenntnis der Gesetzwidrigkeit erbracht werden, sind nicht rückgängig zu machen, vgl. Restatement of Contracts, comment b. zu § 599. 70 Restatement of Contracts, § 599; Drake v. Parkman, 54 SE 2d 714, 715 f; Graham v. Dean, 188 S. W. 2d 372, 373. 71 Palmer, Vol. 2, § 8.6 (S. 206 ff.); Dobbs, Vol. 3, § 13.6 (S. 568 ff.); Warden, 11 Am Jur 2d, Contracts, §§ 227, 228; Drake v. Parkman, ebd.
72 Differenzierend auch Restatement ofContracts, comment a. zu§ 599. 73 Nach Palmer, Vol. 2, § 8.6 (S. 205), soll der BereicherWlgsausgleich einer im
Rechtsirrtum befindlichen Partei dann zugestanden werden, wenn der Irrturn entweder von der anderen Partei hervorgerufen wurde oder die gesetzliche RegelWig, auf die er sich bezieht, schwer festzustellen ist Wld sich die andere Partei hinsichtlich dieser Gesetzeskenntnis in einer besseren Position befindet. Warden, 66 Am Jur 2d, § 147, verzichtet hier gänzlich auf eine UnterscheidWig zwischen Tatsachen- Wld Rechtsirrtum.
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berechtigt, das von ihnen Geleistete oder dessen objektiven Wert - auch von gutgläubigen Zweiterwerbern74 - herauszuverlangen75, andererseits aber grundsätzlich auch zur Herausgabe des aus einer unwirksamen Transaktion Erlangten verpflichtet76. Diese Verpflichtung wird in den meisten OS-Bundesstaaten77 aber beschränkt auf dasjenige, was sich vom Erlangten noch in specie in den Händen des Geschäftsunfähigen befindet78. Geschäftsunfähige können sich also unter erleichterten Voraussetzungen auf einen Wegfall der Bereicherung berufen; so genügt es beispielsweise zur Wiedererlangung des vollen Kaufpreises, wenn ein Mindetjähriger, der ein Auto erworben hat und sich später auf die Nichtigkeit des zugrunde liegenden Vertrages wegen seiner mangelnden Geschäftsfähigkeit beruft, das Auto selbst herausgibt, selbst wenn er nicht mehr zur Herausgabe der Wagenpapiere in der Lage ist79. Das USamerikanische Bereicherungsrecht gewährt Geschäftsunfähigen somit einen wesentlich weitergehenden Schutz als das englische80. Im Ergebnis dürften die in den USA auf diesem Gebiet erzielten Ergebnisse denjenigen des deutschen Rechts gleichkommen, die durch die Nichtanwendung der Saldotheorie81 in solchen Fällen entstehen. cc) Breach ofcontract
Wird ein Vertrag aufgrund des Vertragsbruches einer Partei aufgelöst, so steht der unschuldigen Partei ein Anspruch auf Herausgabe ihrer bereits erbrachten Leistung zu, sofern die Herausgabe in specie noch möglich ist82; anderenfalls wird Wertersatz geschuldet. Im Gegensatz zur Rechtslage in England sieht das US-amerikanische Recht denselben Anspruch grundsätzlich
74 75 76 77
Dobbs, Vol. 3, § 13.4 (2) (S. 550). Ders., ebd.; Carpenterv. Grow, 141 N.E. 859,861. Mosko v. Forsythe, 16 P. 2d 1106 (1107).
Vgl. Englard, Int.Encycl.Comp.L., Vol. X, eh. 5, S. 65 f.; Dobbs, Vol. 3, § 13.4 (2) (S. 550 f. ).
78 So auch Restatement ofRestitution, comment a. zu§ 139. 79 Keser v. Chagnon, 410 P. 2d 637, 640. 80 Dort ist als Voraussetzung der Rückfordenmg jedenfalls bei beschränkt Ge-
schäftsfähigen gnmdsätzlich immer noch eine "total failure of consideration" erforderlich, vgl. dazu oben S. 136.
81 S. hierzu Staudinger-Lorenz, Rdnr. 42 zu§ 818; Larenz!Canaris, S. 329 f. 82 Restatement of Restitution, § 108 (a) iVm. Restatement of Contracts, §§ 347,
348.
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Dritter Teil: Rechtsvergleichende Betrachtung
auch für die vertragsbrüchige Partei vor83. Es wird hierbei sowohl auf die Unterscheidung zwischen Geld- und anderen Leistungen als auch auf die Erschwernisse verzichtet, die sich für eine solche Rückforderung aus der englischen "doctrine of entire contracts"84 ergeben. Die gegenseitige Rückgewähr der von beiden Partei erlangten Leistungen wird statt dessen konstruktiv gesichert, indem eine entsprechende Pflicht als grundsätzliche85 Voraussetzung für die Geltendmachung eines eigenen Bereicherungsanspruchs statuiert wird86, so daß im Fall des "breach of contract" ein synallagmatisches Rückgewährverhältnis entsteht. Eine Ausnahme hiervon besteht für den Fall, daß der Entreicherte bereits vor dem Zeitpunkt des Vertragsbruches durch die andere Partei die von ihm geschuldete Leistung, die nicht in der Zahlung einer Geldsumme besteht, vollständig erbracht hat, so daß lediglich die Gegenleistung aussteht. Hier wird eine Rückforderung des Geleisteten nicht zugelassen87, der Leistende ist vielmehr auf die Durchsetzung seiner Schadensersatzansprüche aus "breach of contract" beschränkt88. Die vertraglich vereinbarte Gegenleistung begrenzt in diesen Fällen die Höhe des Ersatzes, d.h. der Anspruch kann nicht auf Ersatz des tatsächlichen Wertes der erbrachten Leistung gerichtet werden, wenn dieser die vereinbarte Gegenleistung übersteigt89. Ob dies auch gilt, wenn die den Bereicherungsanspruch erhebende Partei im Zeitpunkt des "breach" die von ihr geschuldete Leistung nur teilweise erbracht hatte, ist umstritten. Nach einer Ansicht, die vor allem in älteren Ent-
83 Restatement ofContracts, § 357; Palmer, Vol. 1, § 5.1 (S. 568 tf); differenziert wird hierbei nach dem Grad des Verschuldens der vertragsbrüchigen Partei. 84 Williams v. Butler, 105 N.E. 387, 390; vgl. zur "doctrine of entire contracts" oben S. 138. 85 Zu den Ausnahmen vgl. Restatement ofContracts, § 349 (2). 86 Restatement ofContracts, § 349; Restatement 2d, Tent. Draft No. 1, § 19. 87 Da/las Electric Supply Co. v. Branum Co., 185 S. W. 2d 427, 429; Kass v. Todd,
284 N.E. 2d 590, 594; Restatement of Contracts, § 350; Dobbs, Vol. 3, § 12.7 (1) (S. 163), § 12.7 (5) (S. 179 f.); Palmer, Vol. 1, § 4.3 (S. 378) m.w.N.. ; so nunmehr auch ausdrücklich Restatement 2d, Tent. Draft No. 1, § 17. 88 Etwas anderes gilt, wenn die vom Kläger vor dem Zeitpunkt des "breach of contract" vollständig erbrachte Leistung eine Geldleistung ist: Hier stehen ihm der Bereicherungs- und der Schadensersatzanspruch alternativ zur Verfiigung, vgl. Palmer, aaO., S. 381 ff. 89 Palmer, aaO., S. 379 f. ; Oliver v. Campbell, 273 P.2d 15, 20; Kass v. Todd, 284 N.E. 2d 590, 593 f.
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scheidungen vertreten wurde, bildet der der erbrachten Leistung entsprechende Teil der vertraglichen Gegenleistung auch hier die Obergrenze90 Die herrschende Meinung9I hingegen kehrt in diesen Fällen zur o.g. Grundregel zurück und bemißt die Höhe des Bereicherungsanspruchs ohne Einschränkung nach dem objektiven Marktwert der erbrachten Leistung92. Dieser Ansicht wird nunmehr wohl auch in § 6 des Tent. Draft No. 1 vertreten, der erstmals eine generalklauselartige Bestimmung enthält, nach der ein Bereicherungsausgleich für alle Leistungen vorgesehen ist, die im Vertrauen auf den Bestand einer Vereinbarung zwischen dem Leistenden und dem Empfänger vorgenommen wurden; unter diese Bestimmung soll auch der Anspruch des Vertragsbrüchigen fallen, der erst teilweise erfüllt hatte93. dd) lmpossibility
Im Bereich des Vertragswegfalls aufgrund der Unmöglichkeit der Erfüllung ist das US-amerikanische System dem deutschen Recht der Leistungsstörungen in der Sache ähnlicher als der englischen ,,failure of consideration"-Doktrin. Es wird unterschieden sowohl zwischen subjektiver und objektiver als auch zwischen anfänglicher ("existing impossibility"94) und nachträglicher Urunöglichkeit ("supervening impossibility"95). Die Differenzierung zwischen objektiver und subjektiver Unmöglichkeit ist von entscheidender Bedeutung, denn ein Freiwerden von der Verpflichtung zur Vertragserfüllung tritt grundsätzlich nur im Fall objektiver Unmöglichkeit ein, ausnahmsweise aber auch bei subjektiver Unmöglichkeit, wenn die unmöglich gewordene Handlung eine unvertretbare ist96, so daß auch der Anwendungsbereich bereicherungsrechtlicher Regelungen entsprechend auf die90 Kehoe v. Rutheiford, 27 A. 912; City ofChicago v. Sexton, 2 N.E. 263; Keeler v. Clifford, 46 N.E. 248; ebenso Restatement of Contracts, § 351 Wlter der Voraussetzung, daß fiir die bereits erbrachte Teilleistung vertraglich eine bestimmte Swnme als Gegen1eistwtg vorgesehen war; differenzierend auch Dobbs, Vol. 3, § 12.7 (5) (S. 179
ff.).
91 So Palmer, aaO., S. 389.
92 Vgl. nur United States v. Western Casualty & Surety Co., 498 F.2d 335, 338;
United States v. Algemon Blair, lnc. , 479 F. 2d 638, 641.
93 Restatement 2d, Tent. Draft No. 1, comment a. zu§ 6. 94 Defmiert im Restatement ofContracts, § 456. 95 Defmiert im Restatement ofContracts, § 457. 96
Restatement ofContracts, § 455; Williams v. Butler, 105 N.E. 387, 390.
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Dritter Teil: Rechtsvergleichende Betrachtung
jenigen Fälle beschränkt ist, in denen ein "discharge" der Leistungspflicht stattfindet. Das Restatement of Restitution nimmt in § 108 (c) überdies nur den Fall der nachträglichen Unmöglichkeit, der "supervening impossibility", in Bezug und verweist insofern auf § 468 des Restatement of Contracts. Nach dieser Bestimmung können beide Parteien, wenn eine von ihnen infolge der Unmöglichkeit der Leistung von ihrer vertraglichen Verpflichtung freigeworden ist, ihre bereits erbrachten Leistungen zurückfordern97. Dies gilt unabhängig davon, ob die Leistungen bereits vollständig oder nur teilweise erbracht wurden98. Auch die Natur des Bereicherungsgegenstandes- Geld oder andere Vorteile- ist hierbei ohne Bedeutung99. Der Anspruch richtet sich, ebenso wie in § 818 BGB, primär auf die Herausgabe des eigentlich Erlangten. Sollte diese nicht mehr möglich sein, so ist ein Wertersatz geschuldet, der sich nach dem Wert des jeweils Erlangten bemißt100, aber den der (Teil-) Leistung entsprechenden Anteil der vertraglich vereinbarten Gegenleistung nicht übersteigen darfl01. 102. Diese Art der Wertersatzberechnung führt zu einer der deutschen Saldotheorie ähnlichen Verrechnung der beiderseits erbrachten Leistungen derart, daß im Ergebnis nur diejenige Partei die Herausgabe des überschießenden Betrages schuldet, zu deren Gunsten ein positiver Saldo entstanden ist10J.
97 § 468 (I) betriftl den Herausgabeanspruch der Partei, der die (vollständige) Leistung unmöglich geworden ist, § 468 (2) denjenigen der anderen Partei. 98 Vgl. Restatement ofContracts, comment b. zu§ 468; Schopjlocher, AnnotationImpossibility ofperformance, in: 144 AL.R 1317, 1326; Williams v. Butler, 105 N.E.
387,390.
99 Vgl. Restatement ofContracts, comment c. zu§ 468; Schopjlocher, ebd. 100 Vgl. Waldheim v. Englewood Heights Estates, 179 A. 19, 22: ,,fair value". 101 Restatement of Contracts, § 468 (3); Palmer, Vol. 2, § 7.5 (S. 125), § 7.7
(S. 138); Buccini v. Paterno Constr. Co., 170 N.E. 910, 911.
102 Andererseits kann der Kläger aber auch die Zahhmg einer den Wert seiner Leistung übersteigenden Summe verlangen, wenn vertraglich eine über dem Marktwert der Leistung liegende Gegenleistung vereinbart worden war, vgl. Palmer, Vol. 2, § 7.5
(S. 125 f), § 7.7 (S. 139); Fidelity Trust Co. v. Whitehall Cement Mfg. Co. , 144 A 915, 916; anders wohl Restatement ofContracts, § 468. l03Vgl. Palmer, Vol. 2, § 7.1 (S. 101): " ... the ultimate result is to givejudgement in favor of the party to whom a balance is due."
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2. Ansprüche, die sich aus freiwilligen Zuwendungen ergeben Wie das englische, so ist auch das amerikanische Recht im Gegensatz zum deutschen nicht bestrebt, zur Hilfeleistung für andere im Wege der Geschäftsführung ohne Auftrag zu ermutigen, indem dem Hilfeleistenden Ansprüche auf Ersatz seiner Aufwendungen in Aussicht gestellt werden 104, sondern Eingriffe in fremde Rechtskreise möglichst zu verhindern 105. Das Restatement of Restitution drückt diesen Grundsatz in § 112 als ,,general rule" aus: Danach wird ein Ausgleich für eine freiwillig (d.h. unbeeinflußt von Irrtum oder Zwang, aber auch ohne den ausdrücklichen Willen des Bereicherten) vorgenommene Handlung nur ausnahmsweise in solchen Fällen geschuldet, in denen die Handlung zum Schutz der Interessen des in Anspruch Genommenen oder eines Dritten notwendig warl06. Aus dieser Grundregel, die die von Stoljar107 sogenannte orthodoxe Position des Common Law in bezugauf dienegotiorum gestio wiedergibt, wird ersichtlich, daß der Eintritt einer Bereicherung allein noch nicht zur Begründung eines Ersatzanspruchs ausreicht108. Es muß vielmehr ein weiteres Element hinzutreten, das die Vermögensverschiebung entweder als unfreiwillig oder- wie im Fall der negotiorum gestio - als dringend geboten erscheinen läßt. Dementsprechend wird auch die noch recht weite Formulierung des § 112 des Restatement of Restitution, die den in § 2 enthaltenen Gedanken wieder aufnimmt, nach dem für ein "officious conferring" kein Bereicherungsausgleich vorzunehmen ist, in § 113 - 117 näher dahingehend konkretisiert, daß es sich bei den geschützten Interessen um solche besonders elementarer, meist vitaler Natur handeln ("supply of necessaries", § 113) und der so Versorgte sich in einer Notlage befinden muß ("preservation of another's life or health", 104 So wurde bereits 1887 in Glenn v. Savage, 13 P. 442, 448 festgestellt: "The law will never permit a friendly act ... to be .afterwards converted into a pecwtiary demand". 105 Palmer, Vol. 2, § 10.1 (S. 360 f); einen rechtsvergleichenden Überblick über den grwtdlegenden Unterschied in der Bewertwtg fremder Hilfeleistwtgen im Wege der negotiorum gestio im anglo-amerikanischen wtd kontinental-europäischen Rechtskreis gibt Dawson, Negotiorum Gestio: The altruistic intenneddler, Harv. L.Rev. 74 (1960/61), S. 817 ff., 1073 ff. I 06 Dieser Gnmdsatz wird präzisiert wtd geringfiigig erweitert durch Restatement 2d, Tent. Draft No. I, § 3, der die Bestimmwtgen der§§ 112- 117 des ersten Restatements zusammenfaßt 107 Negotiorum Gestio, in: lnt.Encyci.Comp.L., Vol. X, Ch. 17, S. 33 ff. 108 Palmer, Vol. 2, S. 360; Bingham v. Walker Bros. Bankers, 283 P. I 055, I 062.
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Dritter Teil: Rechtsvergleichende Betrachtung
§ 116), um einen Anspruch aus "agency of necessity" auszulöseni09. Der Schutz anderer Rechtsgüter als des Lebens und der körperlichen Unversehrtheit, z.B. die Rettung fremden Eigentums in einer Gefahrenlagei IO, reicht hierfür grundsätzlich! I I nicht aus. In Anspruch genommen werden kann sowohl derjenige, dem die Hilfeleistung unmittelbar zugute kommt(§§ 116, 117), als auch jemand, der eine ihm gegenüber der Öffentlichkeit (§ 1151 12) oder einem Dritten obliegende Verpflichtung113 vernachlässigt, die an dessen Stelle durch den Eingreifenden erfüllt wird. Die Absicht des Hilfeleistenden, für seine Handlungen einen Ausgleich zu verlangen, muß hierbei bereits im Zeitpunkt der Vornahme bestanden haben; sie wird jedoch vermutet, wenn keine Anzeichen für eine Schenkungsabsicht bestehen114. Auch die konkrete Person des Geschäftsherrn. braucht dem Geschäftsführer - ebenso wie im deutschen Recht! 15 - nicht bekannt zu sein; er kann für denjenigen tätig werden, den die Geschäftsführung objektiv angeht! 16.
109 Vgl. z.B. Cotnam v. Wisdom, 104 S. W. 164 (ärztliche BehandllDlg eines Bewußtlosen); Beny v. Barbour, 279 P. 2d 335; Wilder Grain Co. v. Felkcr, 5 N.E. 2d 207, 208: "only where the need is immediate, absolute and imperative"; auch in Restatement 2d, Tent. Draft No. 1, § 3, wird noch entscheidend auf den Begriff der "emergency" abgestellt. I 10 Vgl. Palmer, Vol. 2, § 10.3 (S. 369 ff); Cilenn v. Savage, 13 P. 442. 1I I Nur in einigen Ausnahmefällen wurde von OS-amerikanischen Gerichten ein Ausgleichsanspruch gewährt; in diesen Fällen bestand allerdings schon vor dem Zeitpunkt der Geschäftsfiihrung ein Rechtsverhältnis zwischen den Parteien, so z.B. ein Werkvertrag in Beny v. Barbour, 279 P.2d 335 oder eine verwandtschaftliche BeziehlDlg in Estate ofBends, 589 S. W. 2d 330, 332. 112 Vgl. dazu Wyandotte Transportalion Co. v. United States, 19 L.Ed. 2d 407 (AnerkennlDlg eines BereicheflDlgsanspruchs des Staates fiir die ersatzweise Bergung eines geslDlkenen Schiffes, aus dem flüssiges Chlor auszutreten drohte, anstelle des sich weigernden Eigentümers); United States v. PIB STCO, 756 F.2d 364, 375. I 13 In Betracht kommen hier sowohl VerpflichtlDlgen vertraglicher (Restatement of Restitution,§ 114) als auch nichtvertraglicher Art (Restatement ofRestitution, § 113); § 113 elfaßt vor allem familienrechtliche Unterhaltspflichten, (vgl. comrnent a. zu § 113), so z.B. in McFerren v. Cioldsmith-Stern Co., 18 A.L.R. 1125 (Versorgung einer Frau, deren Ehemann seine Unterhaltspflichten vernachlässigte); Greenspan V. Slate, 97 A.2d 390, 397, 399 (ärztliche BehandllDlg eines Kindes); s. zum Ganzen Palmer, Vol. 2, § 10.4 (S. 377) m.w.N.
114 Restatement ofRestitution, comrnent e. zu§ 113; Stoljar, S. 80. I 15 MünchKomm-Seiler, Rdnr. 6 zu§ 677; BGHZ 43, 188, 191 f
II 6 Stoljar, S. 80.
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Das Restatement behandelt die genannten Ausnahmesituationen jedoch nicht - wie das englische Recht - als abschließend, sondern es erkennt ausdrücklich an, daß daneben weitere Situationen denkbar sind, in die Zuerkennung eines Ausgleichsanspruchs für Hilfeleistungen interessengerecht sein kannll7. Stoljar118 sieht hierin eine Annäherung zwischen Common Law und Civil Law. Für ihn unterscheiden sich die beiden Rechtssysteme in bezug auf die Behandlung der negotiorum gestio heute nur noch darin, daß im angloamerikanischen Rechtskreis ein Ausgleich für die altruistische119 Begleichung fremder Geldschulden120 sowie ein Ersatz für durch die Geschäftsführung entstandene Schäden des Geschäftsführers nicht anerkannt werden. Auch Dawson hält die Voraussetzungen, unter denen im modernen OS-amerikanischen Recht Ausgleichsansprüche für freiwillige Hilfeleistungen anerkannt werden, für ,,not greatly different from those enforced on the continent of Europe"l21. Diesem Befund kann allerdings angesichts der hier aufgezeigten Unterschiede nur bedingt zugestimmt werden.
3. Ansprüche, die mit einer unerlaubten Handlung in Verbindung stehen Als letzte Fallgruppe im OS-amerikanischen law of restitution sind die vom Restatement in eh. 7 behandelten Ansprüche zu nennen, die einen Bezug zu einer unerlaubten Handlung aufweisen. Unter Bezugnahme auf die allgemeine Regel in § 3122 entwickelt das Restatement in §§ 128 - 138 im wesentlichen
117 Restatement of Restitution, comment b. zu § 112: "Other similar situations may arise in which the desirability ofpermitting restitution is equally great and, if so, restitution should be granted ...". ll8 S. 38 f; so auch Gallo, 40 Am.J.Comp.Law (1992), S. 431, 461. 119 Dem Geschäftsfiihrer, der mit der Begleichung fremder Schulden ein eigenes Interesse verfolgt, steht das US-amerikanische Recht interessanterweise wohlwollender gegenüber: Seine Intervention wird regelmäßig als durch das Eigeninteresse gerechtfertigt angesehen, so daß er einen Bereicherungsanspruch gegen den derart von seiner Verbindlichkeit Befreiten geltend machen kann, vgl. Palmer, Vol. 2, S. 367, 398 ff.; Employers Mutual Liability Insurance Co. v. Pacific lndemnity Co., 334 P.2d 658, 662; Atlantic Mutual /nsurance Co. v. Cooney, 303 F.2d 253; Estate of Bends, 589 s. w. 2d 330, 332. 120 S. hierzu im einzelnen Palmer, Vol. 2, S. 363 ff. ; Stoljar, S. 62 ff.; Sher v. Robin, 291 N.E. 2d 801, 804; Chicago Title Insurance Co. v. Eynard, 361 N.Y. Supp. 2d 399, 401 m.w.N. 121 Dawson, The self-serving intermeddler, Harv. L.Rev. 87 (1974), S. 1409. 122 ,,A person is not permitted to profit by bis own wrong at the expense of another.", vgl. dazu Restatement ofRestitution, eh. 7, Introductory note (S. 524 f).
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dieselben Regeln, die auch im englischen Recht für "waiver of tort" gelten123. Ausdrücklich wird klargestellt, daß es sich beim "waiver of tort" um die Auswahl zwischen zwei konkurrierenden Ansprüchen handelt124. Hierin kann zwar nicht, wie v. Caemmerer125 annimmt, der Versuch gesehen werden, "den Gedanken des 'waiver' abzustreifen"; richtig ist jedoch, daß dem Bereicherungsanspruch in den USA in diesem Zusammenhang nicht die Bedeutung zukommen dürfte, die er in England genießt, denn er bietet im Vergleich zu deliktischen Ansprüchen hier nicht dieselben Vorteile wie im Mutterland des anglo-amerikanischen Rechtskreises. Allerdings gelten auch hier für bereicherungsrechtliche Ansprüche längere Verjährungsfristen als für deliktische126. Darüber hinaus kann es aus prozessualen sowie konkursrechtlichen Gründen vorteilhaft sein, den Anspruch auf Restitution einem konkurrierenden deliktischen Anspruch vorzuziehen127. Das Prinzip des "waiver of tort", nach dem ein aus einer unerlaubten Handlung gezogener Gewinn an den dadurch Entreicherten herauszugeben ist, gilt, unabhängig von der Natur des Erlangten, sowohl für bewegliche Sachen (§ 128), die von einem Nichtberechtigten in Besitz genommen werden128, als auch für Dienstleistungen(§ 134). Voraussetzung istjeweils nur, daß dem Gewinn auf Erwerberseite129 ein korrespondierender Verlust auf seiten des 123 Vgl. dazu oben S. 137 ff 124 Restatement of Restitution, eh. 7, Introductory note (S. 525); Palmer, Vol. 1, § 2.1 (S. 51); Prosser/Keeton on Torts, § 94 (S. 673); Restatement 2d, Tent. Draft No. 1, § 16. 125 Festschrift Rabe! I, S. 333, 392. 126 Dentist Supply Co. v. Cornelius, 119 N.Y. Supp. 2d 570; 116 N.E. 2d 238; Bidleman v. National Feeders Service, lnc., 268 F. Supp. 904; United States v. PIB STCO, 756 F.2d 364, 375; Restatement 2d, Tent. Draft No. 2, eh. 4, Introductory note (S. 138); Palmer, Vol. 1, § 2.3 (S. 63); Hay, S. 16. 127 S. i.e. Palmer, Vol. 1, S. 61 f 128 Das Erlangen des Besitzes an einer fremden beweglichen Sachen wird hier als Mindestvoraussetzung verstanden, vgl. Restatement of Restitution, comment e. zu § 128. Der Besitzerlangung folgt im Regelfall der "conversion" die Veräußerung der Sache an einen Dritten oder jedenfalls deren Nutzung durch den unrechtmäßigen Besitzer. 129 Wie im englischen Recht kommt nicht nur die Inanspruchnahme des Erst-, sondern auch eines späteren Erwerbers in Betracht, vgl. Restatement of Restitution, comment c. zu§ 128. Wird ein Zweit- oder weiterer Erwerber in Anspruch genommen, so ist er zur Herausgabe verpflichtet, selbst wenn nicht er einen Gewinn auf Kosten des Anspruchstellers erzielt hat. sondern der vorangegangene Veräußerer, vgl. Restatement ofRestitution, comment f zu§ 128.
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Entreicherten gegenübersteht130. Gewinn und Verlust können hierbei in jeder vermögenswerten Position bestehen131 und müssen sich höhenmäßig nicht decken132, so daß - im Gegensatz zum in England herrschenden Rechtszustand133- im Fall der "conversion", also z.B. der unberechtigten Veräußerung fremder beweglicher Sachen, der Bereicherungsanspruch nicht nur auf die Herausgabe des Sachwertes gerichtet werden kann, sondern dem Entreicherten zusätzlich die Möglichkeit eröffnet wird, einen darüber hinausgehenden Gewinn aus der Veräußerung abzuschöpfen134, um eine ungerechtfertigte Bereicherung auf seiten des "converters" zu verhindern135. Das Restatement sieht zwar in § 154 eine Differenzierung nach dem Grad des Verschuldeos des in Anspruch Genommenen vor und will dem ,,innocent converter" den über den Sachwert hinausgehenden Veräußerungserlös belassen136; diese Ansicht hat sich jedoch weder in der OS-amerikanischen Literatur noch in der Rechtsprechung durchsetzen können137. Im umgekehrten Fall, also der Veräußerung einer fremden Sache unter ihrem Marktwert, kann der Anspruch im Wege des "waiver of tort" auch auf Herausgabe des Marktwertes gerichtet werden, selbst wenn der "converter" diesen nicht erzielt hat138, 139. 130 Swarthout, Trespass- contract implied upon, 167 A.L.R., 796, 805 ff. 131 Palmer, Vol. 1, § 2.10 (S. 133) nennt etwa die Möglichkeit zur NutZWlg einer Sache. 13:2 Prosser/Keeton, § 94 (S. 673); Artukovic & Sons, lnc. v. Reliance Truck Co., 614 P. 2d 327, 329. 133 Vgl. dazu oben S. 145. 134 Restatement ofRestitution, comment k. zu§ 128; Rock-Ola Mfg. Corp. v. Music & Television Corp. , 159 N.E. 2d 417, 423 f.; Shahood v. Cavin, 316 P. 2d 700. 135 Dobbs, Vol. 1, § 5.18 (1) (S. 923 f.). 136 Restatement of Restitution, comment a. zu § 154; Restatement 2d, Tent. Draft No. 2, comment c. zu§ 45. 137 Vgl. mu Palmer, Vol. 1, § 2.12 (S. 158) m.w.N. 138 Felder v. Reeth, 34 F. 2d 744, 746 f. ; vgl. auch Canepa v. Sun Pacific, lnc., 272 P. 2d 860, 864; Teny v. Munger, 24 N.E. 272; Restatement 2d, Tent. Draft No. 2, lllustration 10 zu§ 45. 139 Andererseits wird im Restatement of Restitution (S. 596) aber auch betont, daß ein Bereichenmgsanspruch keinen Strafcharakter habe ("actions of restitution are not punitive") und daß daher bei der Bemesswg der Anspruchshöhe auch die Frage zu berücksichtigen sei, ob der Bereichenmgsschuldner die Vermögensverschiebwg vorsätzlich, fahrlässig oder gänzlich schuldlos herbeigefuhrt habe. So auch Ringele v. Terteling , 305 P. 2d 314, 317.
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In der Regel, daß ein dem Gewinn auf Erwerberseite entsprechender Verlust auf seiten des Entreicherten gegenüberstehen muß, ist wohl auch einer der Gründe fur die traditionelle Sonderbehandlung unbeweglicher Sachen zu sehen, die das erste Restatement - entsprechend der auch in England heute grundsätzlich noch bestehenden Rechtslage140 - in § 129 vorsieht: Danach wird kein Bereicherungsausgleich geschuldet, wenn der Vermögensverschiebung eine Handlung zugrunde liegt, die den Deliktstatbestand "trespass to land" erfullt, mit der aber nur die Nutzung eines Grundstücks verbunden ist, ohne daß bewegliche Sachen von ihm entfernt worden wären. Die - neben rechtshistorischen Gründen141 - dahinterstehende ratio scheint es zu sein, im reinen Nutzen eines fremden Grundstücks zu eigenen Zwecken zwar einen Vorteil des "trespassers" zu sehen, aber keinen diesem Vorteil entsprechenden Schaden beim Berechtigten142. Anders wird die Rechtslage beurteilt, wenn Bestandteile des Grundstücks von diesem oder aus dem Erdreich entfernt werden: Hier hält sowohl das Restaterneut (§ 129 (3)143) als auch die Rechtsprechung144 eine Verpflichtung zur Herausgabe des Erlangten fur gegeben145. Die Sonderbehandlung des "trespass to land" ist in den meisten Bundesstaaten auch heute noch geltendes Recht146 Die Rechtsprechung weicht allerdings
140 Vgl. dazu oben S. 146. 141 Palmer, Vol. I, § 2.5 (S. 75 f); Restatement of Restitution, Reporters' Notes, s. 193. 142 Mit ähnlicher Argumentation wurde ein solcher Anspruch auch im englischen "leading case" Phillips v. Homfray (1883) 24 Ch.D. 439, 462 f abgelehnt, vgl. dazu oben S. 146. 143 Im Restatement 2d, Tent. Draft No.2: § 45 (4). 144 Franks v. Lockwood, 150 A. 2d 215; Shell Petroleum Corp. v. Scully, 71 F. 2d 772,773f 145 Diese Ansicht liegt in der Tatsache begründet, daß Sachen, die von einem Gnmdstück entfernt werden, durch den Akt des Entfernens ihre Bestandteilseigenschaft verlieren, also sachenrechtlich nicht mehr als ,,real property", sondern als "personal property" zu qualifiZieren sind mit der Folge, daß an ihnen eine "conversion" und damit eine "waiver-fähige" unerlaubte Handlung begangen werden kann, Palmer, Vol. I, § 2.5 (S. 73 f). 146 Vgl. Phillips Petroleum Co. v. Cowden, 241 F. 2d 586, 592: ,,It appears ... that Texas belongs to the minority of states that permit a landowner to waive the trespass and sue in assumpsit. .. "; zahlreiche Nachweise in Raven Red Ash Coal Co. v. Ball, 167 A.L.R. 785,791 sowie bei Swarlhout, S. 797 ff.; Dobbs, Vol. I,§ 5.10 (I) (S. 800 ff.); kritisch zur Differenzierung zwischen beweglichen und unbeweglichen Sachen Prosser!Keeton, § 94 (S. 674).
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zunehmend davon ab147 und auch das American Law Institute hat diese Regel in seinem Entwurf eines Restatement 2d ausdrücklich aufgegeben 148. Danach sollte zumindest für die unerlaubte wirtschaftliche Nutzung eines fremden Grundstücks, die nicht nur gelegentlich geschieht149, ein Bereicherungsausgleich zu leisten sein. Abgesehen von der - inzwischen unsicher gewordenen - Ausnahme des "trespass to land" kennt das US-amerikanische Recht, das auch insofern vom englischen abweicht, keine Beschränkung des Rechts des "waiver of tort" auf bestimmte Deliktstatbestände 150.
4. Defences a) Change of circumstances Unter den "defences", die der Bereicherungsschuldner zur völligen oder teilweisen Abwendung des gegen ihn erhobenen Anspruchs geltend machen kann, ist auch im OS-amerikanischen Recht die seit der Entscheidung im Fall Lipkin Gorman v. Karpnale Ltd.151 in England anerkannte Berufung auf den Wegfall der Bereicherung ("change of position or circumstances") von zentraler Bedeutung. Wie die Berücksichtigung des "change of circumstances" in § 142152 des Restatement of Restitution belegt, hat dieser Einwand in den USA aber bereits eine wesentlich längere Tradition153. Ihre Existenz verdankt
147Vgl. Raven Red Ash Coal Co. v. Ball, 161 A.L.R. 785, 791 ff.; Mederacke v. Becker, 205 N.E. 2d 519, 524; Monarch Accounting Supplies v. Prezioso, 368 A.2d 6, 10 vor dem Erscheinen des Restatements bereits De Camp v. Bullard, 54 N.E. 26, 28; Missouri Pac. Ry. v. Atchison, 23 P. 610; Edwards v. Lee ~~ Administrator, 96 S. W . 2d 1028, 1030 f; weitere Nachweise bei Palmer, Vol. 1, § 2.5 (S. 75). 148 Restatement 2d, Tent. Draft No. 2, § 46; Introductory notevor § 45, comment a. zu§ 46.
149 Vgl. zu den genannten Einschränkungen Restatement 2d, Tent. Draft No. 2, § 46 ( 1) bzw. comment d. zu § 46. 150 Die Frage, wie der Tatbestand der Verleitung zum Vertragsbruch in diesem Zusammenhang zu behandeln sei, wird im Restatement (S. 549) allerdings ausdrücklich offengelassen. 151 3 W.L.R. 1991 10, vgl. dazu oben S. 150 ff. 152 Das Restatement enthält außerdem eine spezielle Regehmg des change of circumstance in bezug auf Irrtumsfalle (§ 69), die sich aber inhaltlich mit § 142 deckt, vgl. comment a. zu§ 69. 153 So wurde bereits 1873 in der Entscheidung National Bank of Commerce v. National Mechanics' Banking Ass. , 55 N.Y. 211 festgestellt: " ... the payment has caused 14 Plaßmeier
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diese "defence" dem Equity-Ursprung des law of restitutionl54: Nach den Grundprinzipien des amerikanischen Bereicherungsrechts soll eine eingetretene ungerechtfertigte Bereicherung nur dann rückgängig gemacht werden, wenn dies der Billigkeit entsprichtl55. § 142 trägt somit der Tatsache Rechnung, daß veränderte Umstände nach dem Entstehen einer ungerechtfertigten Bereicherung es unter bestimmten Voraussetzungen als eher der Billigkeit entsprechend erscheinen lassen können, keinen oder keinen vollständigen Bereicherungsausgleich durchzuführen. Die einzelnen Voraussetzungen, unter denen die Berufung auf einen Bereicherungswegfall möglich ist, werden in § 142 (2), (3) negativ definiert: Danach darf dem Bereicherungsschuldner keine unerlaubte Handlung vorzuwerfen sein, und er darf das Entstehen der Vermögensverschiebung sowie die ausgebliebene Rückabwicklung nicht in höherem Maße verschuldet haben als der Anspruchsteller156. Zumindest die zweite Voraussetzung, die eine Abwägung der Verursachungsanteile der Beteiligten nach Art der "contributory negligence" zur Folge gehabt und daher nicht in das law of restitution gepaßt hätte, dem Verschuldenserwägungen grundsätzlich fremd sind, hat sich jedoch in der US-amerikanischen Rechtsprechung nicht durchsetzen könnenl57. Von vornherein ausgeschlossen ist damit die Berufung auf "change of circumstances" in allen Fällen, in denen ein Bereicherungsanspruch auf dem Recht des Klägers zum "waiver of tort" basiert, so daß sie nur noch in den beiden hier erstgenannten Fallgestaltungen, also bei Ansprüchen, die in Verbinsuch a change in the position of the other party that it would be mtjust to require him to refimd"; ebenso United States v. National Park Bank of New York (1881), 6 F. 852, 853; Cross, Annotation: Restitution- Payment mtder mistake, in: 40 A.L.R. 2d, 997, 1000 spricht von der "traditional defence of change of position". 154 So auch Flessner, Wegfall der BereicherWig, S. 78, 80; Cross, aaO., S. 1001; Cohen, Change of position in quasi-contracts, 45 Harv. L.Rev. (1931-32), S. 1333, 1344. 155 Restatement ofRestitution, comment a. zu§ 142: " ... restitution is granted only where it is equitable so to do"; s. auch Warden, 66 Am Jur 2d, § 8; Moritz v. Horsman, 147 A.L.R. 117, 121; City of Cincinnati v. Fox, 49 N.E. 2d 69, 73; Lake Gogebic Lumber Co. v. Burns, 40 A.L.R. 2d, 993, 996 m.w.N. zur amerikanischen Rechtsprechung. 156 § 142 (2): "Change of circumstances may be a defense or a partial defense ifthe conduct of the recipient was not tortious and he was no more at fault for his receipt, retention or dealing with the subject matter than was the claimant."; Warden, 66 Am Jur 2d, § 8. 157 Dawson,
Restitution without enrichment, 61 B.U.L.Rev. (1981), 563, 571 f
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dungmit einem Vertrag entstehen, sowie in Fällen der negotiorum gestio zum Tragen kommen kann. Für diese Fälle gilt die Regel des § 142 (3) (b), nach der sich der in Anspruch Genommene nur solange auf einen Wegfall der Bereicherung berufen kann, als er keine Kenntnis von den den Anspruch begründenden Tatsachen und keine Gelegenheit zur Rückgabe des Erlangten hattel 58. Hieraus folgt a fortiori, daß die "defence of change of circumstances" auch demjenigen nicht zur Verfugung steht, der den Bereicherungsgegenstand aufgrund einer Täuschung (,,fraud") bzw. einer Drohung oder der Ausübung von Zwang ("coercion"), begangen gegenüber dem Entreicherten, erlangt hat, denn in einem solchen Fall ist die Kenntnis der den Anspruch auf Rückübertragung begründenden Tatsachen von vornherein gegeben I 59. In allen anderen Fällen entfiillt die Berufung auf einen Bereicherungswegfall im Zeitpunkt der Kenntniserlangung160 und der Möglichkeit der Rückgabel61. Im Einzelfall hat das Gericht eine umfangreiche Würdigung der Gesamtumstände des Falles, insbesondere der Verursachungsbeiträge beider Parteien, vorzunehmen, bevor über die Möglichkeit der Berufung auf einen Bereicherungswegfall entschieden werden kann. Diese Gesamtwürdigung bedingt eine im Vergleich zum deutschen Recht größere Flexibilität und damit die Erhöhung der Einzelfallgerechtigkeit 162. Der Anwendungsbereich der "defence of change of circumstances" umfaßt den Untergang des Bereicherungssubstrats durch Zerstörung, den Verbrauch, bei dem keine Ersparnis von Aufwendungen eingetreten ist, sowie andere Fälle, die auch im deutschen Recht unter§ 818 Abs. 3 BGB zu subsumieren sindl63, insbesondere Ausgaben, die der Bereicherte ohne den Empfang der
158 § 142 (3) (b): "Change of circumstances is not a defense if the change occured after the recipient had knowledge of the facts entitling the other to restitution and had the opportmlity to make restitution." 159 Vgl. Palmer, Vol. 3, § 16.8 (S. 512); Jones, 73 L.Q.R. 48, 55; Oppenheimer v. Harriman Not/. Bank & Trost Co. , 85 F.2d 582, 584. 160Squibb & Sons v. Chemical Foundation, /nc., 93 F.2d 475. 161 So ausdrücklich fiir den Fall der irrtümlichen Übertragung Restatement ofRestitution, comment e. zu§ 142. 162 So zu Recht Flessner, Wegfall der Bereichenmg, S. 88 f.; Jones, 73 L.Q.R. 48, 55.
163 Vgl. Flessner, Wegfall der Bereichenmg, S. 78 ff mit umfangreichen Rechtspre-chungsnachweisen; Restatement of Restitution, comment b. zu § 142; Cross, 40 A.L.R. 2d, 997, 1006 ff; Eng/ard, Int.Encycl.Comp.L., Vol. X, Ch. 5, S. 170 ff. 14°
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Bereicherung nicht getätigt hätte164. Ebenfalls wie im deutschen Recht ist es nicht ausreichend, wenn eine zu Unrecht erlangte Geldsumme lediglich zur Begleichung im Zeitpunkt des Bereicherungseintritts bereits bestehender Schulden verwendet wird165. Fälle, in denen die "defence" besonders häufig zur praktischen Anwendung gelangt, sind vor allem diejenigen eines Stellvertreters ("agent"), der aufgrund einer unwirksamen Transaktion etwas vom Vertragspartner seines "principals" erhalten und das Erhaltene an den Vertretenen weitergegeben hat. Hatte der "agent" im Zeitpunkt der Weitergabe des Erlangten keine Kenntnis von der Rechtsgrundlosigkeit, so kann er einem Bereicherungsanspruch des Vertragspartners des "principals" den Entreicherungseinwand entgegensetzeni66. Auch die Voraussetzungen, unter denen die Berufung auf "change of circumstances" ausgeschlossen ist, entsprechen im wesentlichen denen der §§ 819, 818 Abs. 4 BGB. Dies gilt vor allem fur den gemeinsamen Ausschlußgrund der Kenntnis des mangelnden rechtlichen Grundes. Zu beachten ist allerdings, daß der als Ausschlußgrund herangezogene Begriff des "tortious conduct" im anglo-amerikanischen Recht weiter gefaßt ist als der deutsche Begriff der Bösgläubigkeit bzw. des Gesetzes- oder Sittenverstoßes. Er erfaßt z.B. auch Fälle wie die ,,innocent conversion"167, in denen dem Täter beim Eingriff in das Besitzrecht des Eigentümers einer Sache weder Vorsatz noch Fahrlässigkeit zur Last fäJ.It168 und ihm folglich der Mangel des rechtlichen
164 Vgl. hierzu Palmer, Vol. 3, § 16.8 (S. 523 ff.); Jones, 13 L.Q.R. 48, 55; SaMYer v. Mid-Continent Petroleum Corp., 236 F.2d 518, 521 f.; First National City Bank v. McManus, 223 S. E. 2nd 554, 558. 165 Dawson, B.U.L.Rev. 1981, 563, 573; Westamerica Securities v. Cornelius, 520
P. 2d 1262, 1270. 166Palmer, Vol. 3, § 16.8 (S. 511); Hullett v. Cadick Milling Co., 168 N.E. 610, 611; Ball v. Shepard, 95 N.E. 719, 121; dasselbe gilt im Fall eines "trustee", der eine in das Trustvermögen fallende Leistung an den durch den trust Begünstigten ("beneficiary") weitergegeben hat, vgl. Palmer, aaO., S. 514 f. 167 Restatement of Restitution, com.ment d. zu § 142: "Change of circumstances is not a defence to a person who, however innocently, has been guilty oftortious conduct ... ; ... a person who innocently converts the property or the things of another is not entitled to a defence"; Englard, Int.Encycl.Comp.L., Vol. X, Ch. 5, S. 170. I68Der Deliktstatbestand "conversion" gehört zwar zu den Vorsatzdelikten, den "intentional torts", er kann aber gleichwohl auch durch einen Täter erfüllt werden, der in Unkenntnis oder aufgnmd einer FehlvorstellWlg hinsichtlich der wahren Eigentumslage handelt, vgl. Fleming, The law of torts, S. 56; Prosser/Keeton on Torts, § 15 (S. 97): ,,lt is no answerthat the defendant acted in good faith ... ".
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Grundes verborgen bleibt. Eine "conversion" begeht nicht nur für den Erst-, sondern auch jeder nachfolgende Erwerber der Sache, selbst wenn der Erwerb in gutem Glauben stattfindet169. Die Berufung auf einen Wegfall der Bereicherung dürfte somit in den USA vor allem wegen des vollständigen Ausschlusses der Fälle deliktischer Besitzerlangung insgesamt einen geringeren Anwendungsbereich haben als nach deutschem Recht. b) Andere Einwendungen und Einreden des Bereicherungsschuldners aa) Estoppel
Die anderen im OS-amerikanischen Bereicherungsrecht anerkannten "defences" stellen sich im wesentlichen als spezielle Ausprägungen des mit dem Begriff "change of circumstances" ausgedrückten Prinzips dar170. Besonders augenfällig wird dies anband der "defence" des "estoppel", deren Prinzip bereits oben171 erörtert wurde: Zeichnet sich in England seit der Anerkennung des "change of position" als eigenständige Einwendung des Bereicherungsschuldners die Tendenz ab, daß "estoppel" nur noch einen Unterfall dieser allgemeineren Verteidigung darstellt, der sich von ihr lediglich dadurch unterscheidet, daß die Veränderung der Umstände auf eine konkrete Aussage der anderen Seite zurückzufuhren ist, so ist diese Entwicklung in den USA bereits abgeschlossen172, so daß dem "estoppel" kaum noch eine eigenständige Bedeutung zukommt. bb) Unmöglichkeit der counter-restitution
Auch die Unmöglichkeit der "Counter-restitution", die nur bei der Rückabwicklung synallagmatischer Verhältnisse einredeweise geltend gemacht wer169 Ausgeschlossen ist die deliktische Hathmg als "converter" nur, wenn der gutgläubige Zweit- oder Dritterwerber das Eigenturn an der Sache erlangt, vgl. zum Ganzen Prosser!Keeton, § 15 (S. 93 f). 170 Vgl. Dobbs, Ist ed., § 4.6 (S. 279), der über das Verhältnis zwischen "change of circurnstances" und anderen Ausschlußgründen für einen Bereicherungsausgleich anmerkt: ,,Each ofthese doctrines may operate in particular cases as speci.fic expressions of the general notion that changed circurnstances may warrant denial of restitution. "; ähnlich auch Dawson, 61 B.U.L.Rev. (1981), 563. 568 ff 171 S. 157. 172 Cross, 40 A.L.R. 2d, 997, 1000.
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den kannl73 und deshalb ihr Hauptanwendungsgebiet im Bereich der Vertragsanfechtung :findetl74, ist lediglich ein Spezialfall des Ausschlusses eines Bereicherungsanspruchs aufgrund der Tatsache, daß sich seit dem Eintritt der ungerechtfertigten Bereicherung die Umstände zu Ungunsten des Klägers verändert haben175. Ist er nicht mehr in der Lage, das seinerseits Empfangene176 zurückzugewähren, so kann auch der Beklagte die Erfüllung des gegen ihn erhobenen Bereicherungsanspruchs verweigern177, ohne daß es darauf ankäme, wie die ursprüngliche Bereicherung zustande gekommen war.
cc) Purehase for value Die defence "purchase for value", stellt das Korrelat zum "bona :fide purchase" des englischen Rechts dar: Sie kann von Zweit- oder weiteren Erwerbern geltend gemacht werden, die in Unkenntnis der Berechtigung eines anderen am Bereicherungsgegenstand diesen gutgläubig zu Eigentum erworben und hierfür eine Gegenleistung erbracht haben 178. Ein Anwendungsbeispiel dieses Einwands bildet etwa der Fall des Verkaufs einer Sache, der aufgrund einer durch den Käufer verübten Täuschung zustande gekommen ist: Hier geht zunächst ein ,)egal title" auf den Käufer über, der erst durch die Anfechtung des Vertrages durch den Verkäufer wieder beseitigt werden kann, wobei die Anfechtung lediglich ex nunc wirkt. Veräußert 173 Restatement ofRestitution, comment b. zu§ 65. 174 Das Restatement berücksichtigt sie daher auch im Zusammenhang mit den ,,mistake"-FäUen (§§ 65 - 67), wobei nicht gänzlich klar wird, ob die Möglichkeit zur Herausgabe des seinerseits Erlangten durch den AnspruchsteUer als Anspruchsvoraussetzung anzusehen ist oder die Unmöglichkeit vom Anspruchsgegner lediglich einredeweise geltend gemacht werden kann. Comment d. zu § 65 deutet jedoch darauf hin, daß dem Restatement die erstgenannte AuffassWlg zugrunde liegt. Vgl. zu der entsprechenden Kontroverse um die dogmatische EinordnWlg der "coWlter-restitution" im englischen Recht einerseits GojJ/Jones, S. 60 ff., andererseits Birks, Restitution, S. 415, sowie oben S. 154. 175 So ausdrücklich Dobbs, Ist ed., § 4.6 (S. 279). 176 Nach § 66 des Restatements ist das Empfangene grWldsätzlich in specie zurückzugeben, Wertersatz reicht nicht aus; zu den wenigen Ausnahmen s. Dobbs, Vol. 1, § 4.8 (S. 678); Warden, 66 Am Jur 2d, § 10. 177 Warden, 66 Am Jur 2d, § 10; Peny v. Woodall, 438 P. 2d 813; Bankers Trust Co. v. International Trust Co., 113 P. 2d 656. 118Palmer, Vol. 3, § 16.6 (S. 489); Dobbs, Vol. I,§ 4.7 (1) (S. 659 ff.); zum Vergleich zwischen "purchase for value" Wld § 818 Abs. 3 BGB s. Dawson, 61 B.U.L.Rev. (1981), 563, 565 f.
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der Käufer die Sache vor erfolgter Anfechtung entgeltlich an einen Dritten weiter, so geht der ,)egal title" auf diesen über und der Dritten kann mit dem Einwand des "purchase for value" ein Herausgabebegehren des ursprünglichen Eigentümers abwehren 179. Der Unterschied zwischen dieser "defence" und der allgemeinen Regel des "change of circumstances" liegt somit lediglich darin, daß die Veränderung der Umstände auf seiten des Erwerbers nicht nach dem Bereicherungseintritt vorgenommen wird, sonderngleichzeitig mit ihm. Im übrigen bestehen aber auch hier weitestgehende Gemeinsamkeiten, weshalb die defence des "purchase for value" auch bezeichnet wurde als "nothing more than an instance of change ofposition grown doctrinaire"180. D. Das I.oternationale Privatrecht
1. Das erste Restatement Entsprechend der im Verhältnis zu anderen Common-Law-Staaten vergleichsweise früh einsetzenden Herausbildung des law of restitution als eigenständiges sachrechtliebes Institut begann in den Vereinigten Staaten auch bereits in der ersten Hälfte dieses Jahrhunderts die Auseinandersetzung mit der Frage nach der richtigen kollisionsrechtlichen Anknüpfung von Bereicherungsansprüchen. Schon 1934, also drei Jahre vor dem Erscheinen des Restatement of Restitution, wurde vom American Law Institute ein erstes Restatement zum Internationalen Privatrecht herausgegeben, das sich dieses Themenkreises in den §§ 452, 453 annahm. Es enthielt eine noch sehr rudimentäre und undifferenzierte Regelung181 , die sich an einer streng territorialen Anknüpfung orientierte. Dieser territorial geprägte Ansatz hatte seinen Ursprung in der vom Verfasser des ersten Restatements, Joseph H. Beale, maßgeblich vertretenen Theorie der wohlerworbenen Rechte ("vested rights theory")182. Rechtsgeschäfte oder andere menschliche Handlungen konnten danach nur rechtliche Bedeutung erlangen, wenn das Recht des Ortes, an dem 179 Vgl. Baldwin v. Childs, 163 N.E. 737. 180 Cohen, 45 Harv. L.Rev. (1931-32), S. 1333, 1342; Daw.wn, 61 B.U.L.Rev. (1981), 563, 570. 181 Kropho/ler, IPR, S. 71, bezeichnet die Regeln des ersten Restatements nicht zu Unrecht als "zu primitiv Wld starr". 182 Vgl. zur "vested rights theory" Wld ihrer Vorgeschichte v. Bar, IPR I, Rdnr. 145 ff ; Kegel, IPR, S. 151 f
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die Handlungen vorgenommen wurden, ihnen diese Bedeutung beilegte; eine abweichende Rechtswahl durch die Parteien, etwa im Bereich des internationalen Vertragsrechts, wurde dadurch ausgeschlosseni83. Aus diesem Verständnis heraus definierte die "vested rights theory" die gesamte Aufgabe des Internationalen Privatrechts, die lediglich in der Anerkennung und Durchsetzung im Ausland erworbener Rechte zu sehen sein solltel84. Eine exterritoriale Geltung konnte danach nicht einer ausländischen Rechtsordnung als solcher zukommen, sondern nur den unter ihrer Herrschaft erworbenen Rechten. Nach § 452 des ersten Restatements, der schon in der Überschrift undeutlich von "right resulting from conferring benefit" spricht, sollte folglich ein Anspruch, der auf den Ausgleich für einen übertragenen Vorteil gerichtet ist, nach dem Recht des Ortes zu beurteilen sein, an dem die Übertragung stattgefunden hatte. In den "Illustrations" werden jedoch in zwei von drei Fällen Sachverhalte behandelt, in denen es nicht um die Übertragung eines Vermögensvorteils vom Entreicherten an den Bereicherten geht, sondern um Eingriffe in fremde Rechte an Immobilien. Im dritten Beispiel, das einen Fall von "breach of contract" zum Gegenstand hatl85, wird ohne jede Rücksicht auf die zwischen den Parteien bestehenden vertraglichen Verbindungen die Anwendung der Iex rei sitae vorgeschlagen, die hier allerdings zufallig mit dem Recht des Erfüllungsortes zusammenfallt. Die in § 452 vorgenommenen Anknüpfung an den Ort des Bereicherungseintritts wird in § 453 zur allgemeinen Regel erhoben, nach der auf die Rückabwicklung einer ungerechtfertigten Bereicherung "the law of the place of enrichment" angewendet werden soll. Wie sich diese Bestimmung zu § 452 verhält, wird angesichts der Tatsache, daß die ,)llustrations" über den Wortlaut
183 Beale, I 0 Harv. L.Rev. ( 1896/97), S. 168, 170. 184furen besonderen Ausdruck im Restatement fand diese Theorie in § 6 ("The rules of Conflict of Laws of a state are not affected by the attitude of another state toward rigbts or other interests created in the former state.") sowie in der die Nationalität des IPR betonenden Defmition des Begriffs "Conflict of laws" in § I (2) ("That part ofthe law of each state which determines whether in dealing with a legal situation the law of some other state will be recognized, be given effect or be applied is called the Conflict of Laws. "). 185 A verpflichtet sich gegenüber B vertraglich, auf dem Grundstück des B ein Haus zu errichten, bricht aber die Arbeiten unvollendet ab und verlangt von B die Vergütung fiir die bereits geleistete Arbeit und die verwendeten Materialien.
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des § 452 hinausgehen, nicht völlig kJarl86; gemeint ist in § 453 aber wohl jede ungerechtfertigte Bereicherung. die nicht auf der Übertragung eines Vermögensverteils vom Entreicherlen an den Bereicherten beruht. Die derart vom Restaterneut vorgegebene Anknüpfung wurde in einigen Entscheidungen sowohl von einzelstaatlichen als auch von Bundesgerichten in Bezug genommen. Ein interessantes Beispiel bildet der Fall Wilson & Co. , Jnc. v. Douredoure187: Die Parteien hatten einen Vertrag geschlossen, nach dem die Beklagte dem Kläger eine bestimmte Menge Talg verkaufen sollte. Ort des Vertragsschlusses war Philadelphia, Pennsylvania, der Sitz der Beklagten; die Liefenmg erfolgte an den Sitz des Klägers in New Jersey. Die Zahhmg des Kautpreises erfolgte in der Weise, daß die Beklagte Sichtwechsel ausstellte, die auf die Klägerin gezogen und an die Beklagte zahlbar gestellt wurden. Diese Wechsel indossierte die Beklagte an eine Bank in Pennsylvania, die die entsprechenden Beträge von der Bank des Klägers in New Jersey einzog. Der Kläger hatte auf diesem Wege angeblich aufgnmd eines ,,mistake of fact" einen höheren als den vertraglich vereinbarten Betrag als Kaufpreis gezahlt und verlangte die Rückzahlung des überzahlten Geldes.
Die kollisionsrechtliche Frage entschied der Circuit Court of Appeals in zweiter Instanz zugunsten der Anwendung des Rechts von New Jersey als des Rechtsam Zahlungsort188. Zu diesem Ergebnis gelangte das Gericht unter Berufung auf§ 453 des ersten Restatements, der hier allerdings fehlinterpretiert wurde: Zwar wird in § 452 noch nicht deutlich zwischen dem Zahlungsort und dem Ort des Bereicherungseintritts differenziert, der in Bezug genommene § 453 spricht aber eindeutig von der Anwendung des Rechts am Ort der Bereicherung, der von dem Ort der Zahlung zu unterscheiden ist. Beide Orte werden häufig zusammenfallen, in Wilson & Co., Jnc. v. Douredoure war aber gerade ein Fall der Zahlung über eine Staatsgrenze hinweg zu entscheiden, so daß bei korrekter Zugrundelegung des § 453 das Recht von Pennsylvania als Recht am Ort der Bereicherungseintritts anzuwenden gewesen wäre. Unterstützung für seine Rechtsauffassung konnte das Gericht allerdings in einem
186Rabel, Conflict oflaws, Vol. ID, S. 369, spricht von "two obscurely related sections"; ähnlich Zweigerl!Müller-Gindullis, Private International Law, Quasi-Contracts, in: Int. Encyci.Comp.L., Vol. ID, Ch. 30, sec. 9. 187 154 F. 2d 442. 188 aaO., S. 444.
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Zitat von Beale 189 finden, nach dem entscheidend abzustellen sein sollte auf den "place where the bene:fit or other enrichment is rendered". Hierunter kann auch der Ort der Zahlung verstanden werden. Beide Zitate werden in der Entscheidung allerdings synonym zur Unterstützung der dort gefundenen Anknüpfung genannt, was darauf schließen läßt, daß sich weder Beale, der ja auch das Restatement entworfen hatte, noch der Court of Appeals der Möglichkeit bewußt waren, daß der Zahlungsort und Ort des Bereicherungseintritts auseinanderfallen könnten. Der im Restatement vorgeschlagenen Anknüpfung wurde noch in einigen weiteren Entscheidungen gefolgt. Beispielhaft genannt sei hier der Fall Bond v. Oak Manufacturing Co.190, in dem der Kläger als Ausgleich für aufgrund eines formunwirksamen Vertrages erbrachte Arbeitsleistungen ein quantum meruit verlangte. Das Gericht wendete das Recht von Illinois an, wo nicht nur der Vertragsschluß stattgefunden hatte, sondern auch ein Großteil der Arbeit geleistet worden war. Insgesamt stießen die im ersten Restatement enthaltenen Regeln jedoch überwiegend auf Ablehnung. Vor allem in der Literatur wurden sie vieliältig kritisiert. Zu Recht bemängelt wurde insbesondere die mangelnde Differenzierung zwischen dem Ort des Bereicherungseintritts und dem Ort der Leistung191 . Des weiteren seien die vorgeschlagenen Regeln für solche Fälle unbefriedigend, in denen bereits vor dem Bereicherungseintritt ein Rechtsverhältnis zwischen den Parteien bestand, da das Recht des Ortes des Bereicherungseintritts eine allenfalls zufällige Verbindung zu diesem Verhältnis aufweise192. Morris verweist außerdem auf die Schwierigkeiten bei der Feststellung des genauen Ortes des Bereicherungseintritts193. Auch Rabe/ ist der Ansicht, das Recht des Ortes, an dem die Vermögensverschiebung stattgefunden
189 A treatise on the conflict oflaws, Vol. n, § 452.1 (S. 1429), in Wilson V. Douredoure zitiert aufS. 444. 190 293 F. 2d 752; vgl. auch Van Rensselaer v. General Motors Corp., 223 F.Supp. 323, 329. 191 Vgl. nur Scoles/Hay, § 18.44 (S. 731). 192 Dies., ebd.; Morris, The choice of law clause in statutes, in: 62 L.Q.R. (1946), S. 170, 182; Hay, aaO., m.w.N.; Die Zufälligkeit des Zusammentreffens des Ortes des Bereichenmgseintritts mit einem Anknüpfungspunkt, der aus einer zwischen den Parteien bestehenden Verbindung resultiert, wird anband des oben (S. 216) angesprochenen Beispiels zu § 452 des ersten Restatements deutlich. 193 Die Einwände von Morris wurden im einzelnen bereits oben (S. 160) dargelegt.
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hat, müsse bei der Anknüpfung bereicherungsrechtlicher Ansprüche außer Betracht bleiben194. Diese Bedenken und die Weiterentwicklung des US-amerikanischen IPR insgesamt führten dazu, daß die rein territoriale Anknüpfung in der Folgezeit aufgegeben wurde. 2. Das Restatement Second
a) Die ,,most significant relationship" Das im Jahre 1971 erschienene zweite Restatement folgt dem ,,most significant relationship test", der das auf einen Fall mit Beziehungen zu mehreren Rechtsordnungen anzuwendende Recht nicht anhand fester Regeln und einzelner Anknüpftlogsmomente zu ermitteln suchte, sondern sich einer Vielzahl verschiedener Faktoren bediente, die zudem von Fall zu Fall unterschiedlich gewichtet wurden. Das American Law Institute trug damit der allgemeinen Entwicklung im US-amerikanischen Kollisionsrecht Rechnung, als deren Exponenten vor allem der von Currie konzipierte ,,governmental interest approach"195 sowie Leflars "better law approach"196 zu nennen sind197 und ersetzte die noch im ersten Restatement vorgelegten ,,rules" durch einen "approach"-Ansatz, der sich darauf beschränkt, die Parameter der Anknüpfung aufzuzählen und dem Rechtsanwender selbst die Umsetzung dieser Richtlinien in eine konkrete kollisionsrechtliche Entscheidung überläßt198. Enthielt das erste Restatement noch zu rigide Anknüpfungsregeln, so verhält sich sein Nachfolger geradezu diametral entgegengesetzt: In dem Bestreben des ,jettisoning of a multiplicity of rigid rules in favor of standards of greater flexibility"199 wird unter bewußter Reduzierung von Sicherheit und Vorher194 Rabel, Conflict of laws, Vol. ill, S. 373: "The law ofthe place oftransfer has no importance whatever." 195 Vgl. dazu Kegel, Private International Law, Fwdamental approaches, in: Int. Encyci.Comp.L., Vol. ill, Ch. 3, S. 29 ff.; v. Bar, IPR I, Rdnr. 503; Spickhoff Der ordre public im Internationalen Privatrecht, S. 55 f. 196 Dazu Kegel, aaO. , S. 45 ff.; v. Bar, aaO., Rdnr. 502; Spickhoff S. 58 f. 197 Besonders anschaulich drückt dies Kegel, IPR, S. 163 aus, wenn er anmerkt, "im Fahrzeug" des most significant relationship testsfänden "alle Reformer einen Platz''. 198 Vgl. zum methodischen Hintergrund Sy meonides, RabelsZ 57 (1993), S. 460, 464, der § 6 des Restatement 2d als besonderes Beispiel für diese Art des methodischen Vorgehens nennt, sowie Bennett, 39Int.Comp.L.Q. (1990), S. 136, 154 f. 199 Restatement ofConflicts 2d, Introduction (S. VII).
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sehbarkeit200 der Anknüpfung die Wahl des anzuwendenden Rechts ganz den sieben in § 6201 aufgezählten "connecting factors" überlassen, die ein heterogenes Konglomerat mehr oder weniger präzise gefaßter Interessen darstellen. Als wichtigster Faktor werden die Bedürfnisse der interlokalen und internationalen Systeme ("needs of the interstate and international systems") genannt, womit eine möglichst reibungslose Abwicklung von Sachverhalten mit kollisionsrechtlichen Implikationen und damit die Berücksichtigung des äußeren Entscheidungseinklangs gemeint ist202. Weiterhin soll eine Abwägung zwischen den (Rechtsanwendungs-) Interessen des Forumstaates und anderer beteiligter Staaten stattfinden (,,relevant policies of the state of the forum and other states") und grundlegende Prinzipien des zur Anwendung kommenden Rechtsgebietes ("basic policies underlying the particular field of Iaw"), aber auch der Schutz berechtigter Parteiinteressen ("protection of justified expecta-· tions") und das Interesse an der Vorhersehbarkeit und Einheitlichkeit des Ergebnisses ("predictability and uniformity of result") zu berücksichtigen sein. Im Restaterneut wird ausdrücklich betont, daß die in § 6 genannte Aufzählung der Anknüpfungsfaktoren nicht als abschließend anzusehen sei und daß den Faktoren in verschiedenen Rechtsgebieten unterschiedliches Gewicht beigelegt werden könne203. Aufbauend auf diesen allgemeinen Grundsätzen werden in den folgenden Kapiteln des Restatements Regeln für alle Bereiche des Internationalen Privatrechts entworfen. b) Die Anknüpfung von Bereicherungstatbeständen im Restatement Second Die für das law of restitution vorgesehene Anknüpfung ist in § 22 )204 des Restatement 2d enthalten. Danach ist auch in diesen Fällen die "most significant relationship" zunächst unter Zugrundelegung der in § 6 genannten Faktoren zu ermitteln(§ 221 (1)), wobei allerdings den dort genannten Parametern unterschiedliches Gewicht zukommen soll. So sei z.B. der Schutz berechtigter Erwartungen der Parteien in restitution-Fällen von geringer Bedeutung205, 200Ebd. 201 Zwn vollständigen Wortlaut vgl. Anhang F. (S. 425). 202 Dies verdeutlicht comment d. zu § 6. 203 Restatement 2d, Conflict of Laws, comment c. zu § 6. 204 Zwn vollständigen Wortlaut vgl. Anhang F. (S. 425). 205 Anders zu Recht Le.flar, American Conflicts Law, § 156 (S. 321).
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während der Zweck, den eine potentiell anwendbare sachrechtliehe Regelung verfolgt, als für den Prozeß der Anknüpfung besonders wichtig hervorgehoben wird206. § 221 (2) zählt die bei der Anwendung der Prinzipien aus § 6 auf Bereicherungsansprüche zu berücksichtigenden "contacts" im einzelnen auf. In den hier erstgenannten Fällen, in denen sich der Bereicherungsanspruch aufgrund eines schon vorher zwischen den Parteien bestehenden vertraglichen oder sonstigen Verhältnisses ergibt, etwa weil ein einseitiger oder beiderseitiger Irrtum vorliegt, eine Partei durch Täuschung oder Drohung zum Vertragsschluß gebracht wurde, der Vertrag aus anderen Gründen unwirksam war oder später weggefallen ist, soll das Recht des Ortes anzuwenden sein, an dem dieses Verhältnis seinen Schwerpunkt207 hat ("the place where a relationship between the parties was centered"), sofern auch die rückabzuwickelnde Leistung zu diesem Ort eine besondere Beziehung aufweist (§ 221 (2) (a)). Es handelt sich bei der Anknüpfung nach § 221 (2) (a) um eine Anwendung der Iex causae condictionis208, denn dieselbe Anknüpfung wählt das Restatement auch für vertragliche Verhältnisse209, die dem deutlich überwiegenden Anteil der nach dieser Regel anzuknüpfenden Ansprüche zugrunde liegen dürften. Der Wortlaut läßt allerdings noch offen, ob dieser Grundsatz auch dann gilt, wenn die Vertragsparteien von der in § 187 des Restatements für vertragliche Verhältnisse vorrangig vorgesehenen Möglichkeit der Rechtswahl Gebrauch machen. Wenn von der Anwendung des Rechts desjenigen Ortes die Rede ist, an dem das Verhältnis zwischen den Parteien seinen Schwerpunkt hat, so könnte dies darauf hindeuten, daß auch ein im Zusammenhang mit einem Vertrag entstandener Bereicherungsanspruch nach rein objektiven Kriterien angeknüpft werden soll. Die international-privatrechtliche Behandlung ginge somit im Fall der ausdrücklichen Rechtswahl getrennte Wege: Während auf den Vertrag selbst das gewählte Recht anzuwenden wäre, müßte für einen Bereicherungsanspruch der Ort ermittelt. werden, an dem das ihn begründende Verhältnis - unabhängig von der Rechtswahl- seinen Schwerpunkt hat. Eine solche Inkonsistenz war aber nicht beabsichtigt, wie comment d. zu § 221
206 Restatement 2d, Conflict of Laws, comment b. zu § 221. 207 Gesucht wird also das "center of gravity", das gleichbedeutend ist mit der ,,most significant relationship", vgl. Hay, S. 27, Fn. 76; Bennett, 39 Int.Comp.L.Q.(1990), s. 136, 158. 208 So auch Hay, S. 21; Bennett, S. 157. 209 In§§ 187, 188.
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klarstellt, in dem darauf hingewiesen wird, daß auch das von den Parteien gewählte Recht bei der Bildung des Bereicherungsstatuts beachtet werden müsse. An diesem Beispiel wird ersichtlich, daß das Restatement durchaus - entgegen der vorgeblichen Geringschätzung der Parteiinteressen in diesem Zusammenhang - auf die berechtigten Erwartungen der Beteiligten hinsichtlich des auf einen Bereicherungsanspruch anzuwendenden Rechts Rücksicht nimmt. Für alle übrigen Fallgestaltungen, d.h. solche, in denen ein Vermögenswert übertragen wird, ohne daß zwischen den Parteien vorher eine darauf gerichtete Beziehung bestand, stellt das Restatement 2d in § 221 (2) (b- e) vier weitere Möglichkeiten der Anknüpfung zur Verfügung, denen abhängig von ihrer Wichtigkeit in bezug auf den jeweiligen Fall unterschiedliches Gewicht beigemessen werden soll, und die zur Anknüpfung alternativ oder kumulativ herangezogen werden können. Es handelt sich hierbei um den Ort, an dem die Bereicherung eingetreten ist, den Leistungsort2IO, das Personalstatut der Parteien sowie den Belegenheilsort einer Sache, die eine besondere Beziehung zu der eingetretenen Bereicherung aufweist. Im Gegensatz zu der noch bestimmbaren Anknüpfung von Bereicherungsansprüchen, die mit einem zwischen den Parteien bestehenden Verhältnis in Verbindung stehen, offenbart sich in diesen Fällen deutlich die aus der Methode des Aufsuchens der ,,most significant relationship" resultierende Rechtsunsicherheit, die auch in der OS-amerikanischen Rechtsprechung ihren Niederschlag gefunden hat, soweit sich die Gerichte mit den Grundsätzen des Restatements auseinandergesetzt haben. So wird· etwa die Anwendung des Rechts des Bereicherungsortes regelmäßig dann zum Tragen kommen, wenn die international-privatrechtliche Beurteilung der seltenen Ansprüche aus negotiorum gestio in Rede steht, die das US-amerikanische Recht gewährt2II, also etwa im Fall eines "supply of necessaries"212. Dem Restatement ist allerdings in dieser Hinsicht keine konkrete Lösung zu entnehmen.
210 Das Restatement 2d greift hier also die im ersten Restatement für sämtliche Bereichenmgsansprüche vorgeschlagene Anknüpfimg wieder auf, differenziert jetzt allerdings deutlich zwischen dem Ort des Bereichenmgseintritts wtd dem Leistwtgsort. 211 Hay, S. 37; Scoles/Hay, § 18.45 (S. 734 f). 212 Vgl. dazu oben S. 203.
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Die Iex situsist in solchen Fällen zur Anwendung zu bringen, in denen ein Ausgleich für irrtümliche Verwendungen auf ein fremdes Grundstück verlangt wird213. Noch weiter vergrößert wird die Unsicherheit bei der Frage der Behandlung der Ansprüchen, die im Zusammenhang mit einer unerlaubten Handlung entstehen, also im wesentlichen der aus "waiver of tort" resultierenden Ansprüche, aber wohl auch solcher auf "indemnity" zwischen mehreren aus demselben Delikt Verantwortlichen. Das Restatement nennt als Beispiel für die Anknüpfung der Rückabwicklung einer aus einer unerlaubten Handlung entstehenden Bereicherung einen Fall von "trespass to land''214: A, ein Bürger des Staates Y, überquert das im Staat X belegene Grundstück des B, um sein Boot, das führerlos an der Küste vor Bs Grundstück treibt, vor dem Kentern zu bewahren. Auf die Frage, ob B fur die Benutzung seines Grundstücks durch A einen Ausgleich verlangen kann, soll das Recht des Staates X angewendet werden, der zu diesem Sachverhalt die engste Beziehung aufweise. Abgesehen davon, daß sich nach US-amerikanischem Sachrecht nur in den seltensten Fälle im Wege des "waiver of tort" ein Bereicherungsanspruch aus dem Tatbestand des "trespass to land" herleiten läßt215, weisen hier alle unter § 221 (2) des Restatements genannten Faktoren mit Ausnahme des Personalstatuts der Parteien auf das Recht des Staates X, so daß die Anknüpfung insofern noch unproblematisch erscheint216. Schwierig wird es aber bereits, wenn etwa über die Anknüpfung im Fall einer "conversion" zu befinden ist, wie Illustration 6. offenbart: A., ein Angehöriger des Staates X, nimmt im Staat X Baumstämme an sich, die im Eigentum des B, eines Bürgers aus Y, stehen. Abringt die Stämme nach Y, wo er sie zu Kisten verarbeitet. B folgt dem A nach Y und verlangt dort erfolgreich die Herausgabe der Kisten von A. Auf den Anspruch des A gegen B auf Zahlung eines Ausgleichs für die durch die Verarbeitung entstandene Wertsteigerung soll nach der Lösung des Restatements das Recht des Staates X anzuwenden sein, weil hier der Schwerpunkt der zwischen den Parteien bestehenden Rechtsbeziehung liege. Diese Lösung erscheint jedoch schon nach den im Restatement selbst aufgestellten Kriterien zweifelhaft; vor dem Eintritt des den B
213 Illustration 14. zu§ 221, S. 733. 214 Illustration 12. zu§ 221, S. 732. 215 Vgl. dazu oben S. 208. 216 So auch Hay, S. 42 (Fn. 135).
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bereichernden Ereignisses, der Verarbeitung des Holzes und der Übergabe der Kisten an ihn, bestand kein Rechtsverhältnis zwischen den Parteien, so daß zur Anknüpfung nur die in § 221 Abs. 2 (b)- (e) genannten Faktoren herangezogen werden können. Eine gemeinsame Staatsangehörigkeit der Parteien besteht nicht; der Bereicherungseintritt geschah im Staat Y, denn er fiel zusammen mit der Übertragung des Bereicherungsgegenstandes durch A. In diesem Staat waren im Zeitpunkt des Bereicherungseintritts auch die Sachen belegen, die mit der Bereicherung verbunden sind, nämlich die von A hergestellten Kisten. Alle in Betracht kommenden Faktoren weisen somit nach Y, nicht nach X, so daß eine Anwendung des Rechts von X allenfalls mit einer Anknüpfung an den Eingriffsort gerechtfertigt werden könnte, die das Restaterneut jedoch nicht vorsieht. Das nach den Regeln des Restatement 2d als anwendbar ermittelte Recht muß nicht in jedem Fall das einzige auf einen konkreten Bereicherungsanspruch anzuwendende sein; es wird vielmehr ausdrücklich klargestellt217, daß eine depetrage etwa in der Form möglich bleiben soll, daß das Recht eines Staates darüber entscheidet, ob eine bestimmte Art des Irrtums geeignet ist, einen Bereicherungsanspruch auszulösen, während das Recht eines anderen Staates bestimmt, ob der Entreicherte einen aus diesem Irrtum entstehenden Bereicherungsanspruch auch gegen einen Zweiterwerber der Sache geltend machen kann. Eine Rück- oder Weiterverweisung schließt das Restaterneut bei der Anknüpfung von Bereicherungsansprüchen aus218. Es folgt damit einem allgemeinen Grundsatz des traditionell renvoi-feindlichen OS-amerikanischen Kollisionsrechts219 und bezweckt im Interesse der beteiligten Parteien eine möglichst effektive Durchsetzung der aufgrund der "center of gravity"-Methode gefundenen Anknüpfung. die durch eine erneute Suche nach dem
217 In comment c. zu § 221 (S. 729). 218 Comment e. zu § 221 (S. 734); Bauer, Renvoi im internationalen Schuld- \Dld Sachenrecht, S. 248. 219 Das Restatement 2d, Conflicts, definiert in § 4 die Begriffe "locallaw" im Sinne des Sachrechts \Dld "law" im Sinne des Rechts eines Staates einschließlich seines Kollisionsrecht Nach § 8 soll in der Regel nur das "local law" angewendet werden, d.h. die im Restatement ausgesprochenen Verweis\Dlgen verstehen sich gnmdsätzlich als Sachnormverweis\Dlgen; s. dazu auch Brooks, 16 Am Jur 2d, Conflict ofLaws, § 4 m.w.N.
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"center of gravity" durch das Recht, auf das verwiesen wurde, gefahrdet werden könnte22o. Wie die o.g. Beispiele belegen, schließt die Anknüpfungsmethode des Restatement 2d die gegen sie erhobenen Einwände in sich: Ein Rege!werk, das u.a. dem Schutz des Interesses an der Vorhersehbarkeit und Einheitlichkait des Ergebnisses ("predictability and uniformity of result") dienen will, kann nicht allein mit vagen "connecting factors" auskommen. Im Ergebnis kann somit festgestellt werden, daß das American Law Institute mit den im Restatement 2d vorgesehenen Regeln über sein Ziel hinausgeschossen ist: In dem Bestreben, die Anknüpfung möglichst zu flexibilisieren und mechanische Lösungen auszuschließen, ist in den meisten Fällen die Anknüpfungsunsicherheit unnötig erhöht worden. Dem Rechtsanwender werden mit einem solchen Ansatz, im IPR allgemein und im Kollisionsrecht der ungerechtfertigten Bereicherung im besonderen, Steine statt Brot gegeben. Nicht nur, daß mit international-privatrechtlichen Fragen befaßte Gerichte die anzuwendende Kollisionsnorm selbst bilden müssen, sie erhalten hierbei durch das Restatement auch keine wesentliche Hilfestellung. Die Normbildung wird zusätzlich erschwert durch unbestimmte Begriffe wie "substancially related" (§ 221 (2) (a) und (e)), durch diffuse Wertungskriterien wie die ,,relevant policies of all interested states" oder "purposes sought to be achieved by the relevant rules of the interested states"22l, 222 sowie die mehrdeutige Verwendung des Begriffs "relationship" als ,)egal relationship", also eine (vor dem Eintritt der Bereicherung) zwischen den Parteien bestehende Rechtsbeziehung einerseits und als Bezeichnung des "center of gravity", also des Zentrums der "connecting factors" und damit des Ergebnisses der Anknüpfung andererseits223. Im Interesse der Vorhersehbarkeit des Resultats und damit der Rechtssicherheit erscheint daher eine Rückkehr zu etwas "mechanischeren" Regeln angezeigt224.
220 So Hay, S. 30. 221 Restatement 2d, Conflicts, comment b., d. zu§ 221. 222 Selbst wenn diese Faktoren im Einzelfall zu einer konkreten Anknüpfimg fiihren, wird sich hieraus oft die Anwendbarkeit mehrerer Rechtsordmm.gen ergeben; so zu Recht Zweigert/Müller-Gindullis, sec. 19. 223 Auf letzteren Umstand weist Hay, S. 65, hin. Vgl. zur Kritik am Restatement 2d auch Zweigert/Müller-Ciindullis, sec. 19. 224 So auch Bennett, S. 158. 15 Plaßmeier
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Dritter Teil: Rechtsvergleichende Betrachtung 3. Die Kritik in der Literatur am Restatement Second
a) Ehrenzweigs lex-fori-Theorie Als wohl schärfster Kritiker der im Restatement 2d gefundenen Ergebnisse ist Ehrenzweig225 zu nennen. Er versteht die im law of restitution zusammengefaßten Ansprüche lediglich als ,,remedies"226 und erkennt das Bereicherungsrecht somit nicht als selbständigen Regelungsgegenstand im Sinne einer eigenen "cause of action" an227. Diese Einordnung kommt im Ergebnis einer prozessualen Qualifikation des Bereicherungsrechts gleich. Ausgehend von diesem Verständnis unterwirft er sämtliche Bereich~rungsansprüche konsequenterweise der ausschließlichen Behandlung durch die Iex fori, was für ,,remedies" im US-amerikanischen Recht ebenso üblich ist wie die entsprechende Behandlung des Prozeßrechts228. Für Ehrenzweig - der die Anwendung eines anderen Rechts als der Iex fori aufgrund einer "choice of law-rule" generell nur ausnahmsweise zulassen will229 - kann es folglich auf dem Gebiet des Bereicherungsrechts keine Kollisionsnormen geben, weil sich die Frage der Anwendbarkeit eines anderen als des Forumrechts nicht stellt230. Ehrenzweig gesteht allerdings zu, daß im Fall der Zahlung auf eine nicht bestehende Verbindlichkeit die Vorfrage nach dem Bestehen der Verbindlichkeit und damit nach dem Rechtsgrund der Zahlung einem anderen als dem Forurnrecht unterstehen kann231, wodurch eine depe~age begründet würde. Andererseits soll aber keine Rechtsordnung eine nähere Verbindung zu den sich aus einer solchen Zahlung oder anderen ungerechtfertigten Bereicherungen
225 Restitution in the Conflict of Laws, Law and Reason versus the Restatement 2d, in: 36 N.Y.U. Law Rev. (1961), S. 1298; ders., A treatise on the Conflict of Laws (1962), § 227 (S. 598 ff.). 226 Der Begriff ,,remedy" kann sinngemäß mit ,,Rechtsmittel" oder ,,Rechtsfolge" übersetzt werden. 227 Ehrenzweig, Treatise, S. 603, sieht bereichenmgsrechtliche Ansprüche nur als "devices by which a result conceived as right and just is made to square with principle". 228 Vgl. dazu Brooks, Conflict of Laws, 16 Am Jur 2d, § 118 mit umfangreichen Rechtsprech\Ulgsnachweisen; Restatement 2d, Conflict ofLaws, § 122. 229 S. dazu gr\Uldlegend Ehrenzweig, The Iex fori - Basic rule in the Conflict of Laws, 58 Mich. L.Rev. (1960), S. 637 ff.; ders., Restitution in the Conflict of Laws, S. 1298. 230 Vgl. Ehrenzweig, Treatise, S. 598: "There is no conflicts law of restitution. There can be none." 231 Treatise, S. 602; Restitution in Conflicts, S. 1306.
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ergebenden Rechtsfolgen haben als die Iex fori; eine Ausnahme hiervon sei nur zuzulassen, wenn sich beide Parteien übereinstimmend auf die Anwendung einer anderen Rechtsordnung verlassen haben2J2. Zur Begründung der grundsätzlichen Anwendbarkeit der Iex fori beruft sich Ehrenzweig auf den Sinn und Zweck von Bereicherungsansprüchen, der darin zu finden sein soll, einen der Gerechtigkeit entsprechenden Ausgleich für die Härten zu schaffen, die aus der formellen Anwendung "übergeneralisierter" Rechtsregeln entstehen233; aus diesem teleologischen Argument leitet er den generellen Vorrang der in der Iex fori zum Ausdruck kommenden Gerechtigkeitsvorstellungen vor anderen, aufgrund einer "choice of law-rule" potentiell anwendbaren, Rechtsordnungen a])234. Des weiteren führt Ehrenzweig die bis dahin ergangene US-amerikanische Rechtsprechung zum internationalen Bereicherungsrecht an. Er behauptet, in der großen Mehrheit der Fälle sei die Iex fori angewendet worden235. Sieht man davon ab, daß die empirische Richtigkeit dieses Befundes in Frage steht236 und Ehrenzweig selbst zugibt, daß in der Rechtsprechung kaum eine ausdrückliche Unterstützung für seine These zu finden ist237, so ist doch zu bemerken, daß die praktisch häufige Anwendung der Iex fori kaum ein taugliches Argument zur theoretischen Begründung derselben darstellt. Selbst in den Fällen, in denen tatsächlich die Iex fori auf international-bereicherungsrechtliche Fälle angewendet wurde, dürfte dies nämlich nur selten auf einer bewußten kollisionsrechtlichen Entscheidung des Gerichts beruhen, sondern vielmehr auf ein ,,Heimwärtsstreben" oder darauf zurückzuführen sein, daß die kollionsrechtlichen Implikationen nicht erkannt worden sind. Einige Besonderheiten des OS-amerikanischen Rechts, die größtenteils in der fooeralistischen Struktur der USA begründet liegen, begünstigen zusätzlich die Anwendung der Iex fori238.
232 Ebd. 233 So Rabe/, Conflict ofLaws, Vol. 3, S. 371. 234 Ehrenzweig, Treatise, S. 600; Restitution in Conflicts, S. 1305. 235 Treatise, S. 60 I f. ; Restitution in Conflicts, S. l3 05 f. 236 Vgl. hierzu die kritische Einzehmtersuch\Ulg von Hay, S. 22, Fn. 68 sowie Blaikie, Unjust Enrichment in the Conflict ofLaws, Juridical Review 1984, S. 112, 115 ff. 237 Treatise, S. 602; Restitution in Conflicts, S. 1306 f. 238 Einen instruktiven Überblick über diese besonderen Gegebenheiten gibt Siehr, Ehrenzweigs lex-fori-Theorie, RabelsZ 34 (1970), 585, 589 ff. Danach wird die Anwend\Ulg der Iex fori u.a. durch die garantierte Anerkenn\Ulg einer einzelstaatlichen 15*
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Dritter Teil: Rechtsvergleichende Betrachtung
Diese Tendenz würde durch die Anwendung von Ehrenzweigs lex-foriTheorie weiter bestärkt. Sein Ansatz, dem Bereicherungsrecht als Rechtsgebiet die Eigenständigkeil abzuerkennen, stellt sich als theoretische Untermauerung des ,,Heirnwärtsstrebens"239 dar, also als eine Methode, unter Ausnutzung einiger Besonderheiten im anglo-amerikanischen Kollisionsrecht zur ausschließlichen Anwendung der Iex fori zu gelangen, die im Ergebnis zu der von Rabe/240 zu Recht so bezeichneten "Verneinung des Kollisionsrechts" führt. Im übrigen kann auch der Ausgangspunkt der lex-fori-Theorie, soweit sie sich auf die Anknüpfung von Bereicherungsansprüchen bezieht, inzwischen als überholt gelten: Es ist allgernein anerkannt, daß ,,restitution" - spätestens seit § 1 des Restaternent of Restitution - eine eigene "cause of action" und nicht lediglich eine Zusammenstellung disparater ,,rernedies" darstellt241, die einer rein prozessualen Behandlung zugänglich wären; dies gibt Ehrenzweig in seiner Darstellung der von ihm sogenannten "official doctrine"242 auch offen zu. Eine Anknüpfung, die sich an den berührten Interessen und hierbei in erster Linie an den Parteiinteressen orientiert, kann nicht generell zu einem solchen Ergebnis kommen. Zum einen verbietet sichangesichtsder Vielzahl und Verschiedenartigkeit der unter der Überschrift des internationalen Bereicherungsrechts zu behandelnden Fälle jede schematische Lösung, die für sämtliche KondiktionsaTten dasselbe Anknüpfungsrnornent verwendet. Die von Ehrenzweig postulierte automatische Anwendung der Iex fori führt - worauf Siehr243 zu Recht hinweist- zu einer grundlegenden Verkennung der Funktion des Rechtsinstituts der ungerechtfertigten Bereicherung; bei der Anknüpfung von Ansprüchen, die auf dieses Institut gegründet werden, ist das Hauptaugenmerk auf diejenige Rechtsordnung zu richten, die über die Rechtfertigung einer eingetretenen Vermögensmehrung entscheidet.
EntscheidWlg in allen anderen B\Uldesstaaten aufgT\Uld der ,,full-faith-and-creditclause" gefördert. 239 Zur Kritik am ,,Heimwärtsstreben" Wld dem daran angeblich bestehenden Interesse vgl. oben S. 78. 240RabelsZ 3 (1929), S. 752,754. 241 Vgl. dazu nur Collier, The Draft Convention and Restitution or Quasi-Contract,
S. 86.
242 Treatise, S. 598 f 243 RabelsZ 34 (1970), S. 585, 620.
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Zum anderen besteht ein unabweisbares Interesse der Parteien an der Anwendung des sachlich besten Rechts. Dies kann die Iex fori sein; sie steht aber allenfalls gleichberechtigt neben anderen potentiell anwendbaren Rechtsordnungen und eignet sich lediglich als mögliches Ergebnis der Anknüpfung, nicht aber als deren Leitbild. Die ausschließliche Anwendung der Iex fori erzeugt zwar ein Höchstmaß an Vorhersehbarkeit, dies geschieht jedoch auf Kosten der Anknüpfungsgerechtigk:eit: Sie bildet einen unnötigen Anreiz zum ,,forum-shopping''244 und führt damit zu einer einseitigen Berücksichtigung der Interessen des Klägers245, obwohl es in Wirklichkeit um die Vermeidung einseitiger Bevorzugung und einen möglichst gerechten Ausgleich der widerstreitenden Interessen gehen muß. Ist danach die lex-fori-Theorie als Anknüpfungsmaxime im internationalen Bereicherungsrecht zwar grundsätzlich abzulehnen, so muß Ehrenzweig jedoch zumindest in einem Teil seiner Kritik am Restaterneut 2d zugestimmt werden: Zu Recht vermißt er eine klare Anknüpfung derjenigen Bereicherungsansprüche, die nicht in Verbindung mit einem Vertrag entstanden sind, etwa der Ansprüche auf "contribution" zwischen mehreren aus einer unerlaubten Handlung Verantwortlichen246.
244 So auch Siehr, RabelsZ 34 (1970), S. 585, 591 mit besonderer Berücksichtigung des internationalen Bereichenmgsrechts aufS. 609; Cheshire!North, Private International Law, S. 35; auch Ehrenzweig, Treatise, S. 108 f, hat dieses Problem erkannt und versucht, es mit Hilfe der ,,forum non conveniens"-Doktrin einzudämmen. 245 Diese einseitige Bevorzugung ist von Ehrenzweig teilweise sogar intendiert. So bemerkt er anband eines im Restatement 2d aufgefiih.rten Beispielsfalles, in dem der Kläger, der den Beklagten auf Herausgabe eines Gewinnes in Anspruch nimmt, den dieser aus der Veräußenmg einer von ihm in trust" gehaltenen und unterschlagenen Sache gezogen hat: "The plaintiff has chosen bis forum and, clearly, the defendant need not be heard with bis claim that he bad arranged bis theft in reliance on the ... law 'goveming' the validity ofthe trust" (Restitution in Conflicts, S. 1306). Im Restatement war fiir diesen Fall die Anwendung des dentrustbeherrschenden Rechts vorgesehen worden, vgl. Illustration 1 zu§ 221, S. 730. 246 Treatise, S. 601; Ehrenzweig befaßte sich hier zwar noch mit einem Entwurf des Restatement 2d, der in Übereinstimmung mit dem ersten Restatement die alleinige Anknüpfung an den Ort des Bereichenmgseintritts vorsah. Die Endfassung des Restatement 2d enthielt aber im Vergleich dazu keinen merklichen Fortschritt im Hinblick auf die Ansprüche auf "contribution".
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Dritter Teil: Rechtsvergleichende Betrachtung
b) Die Kritik von Scoles/Hay Auch bei anderen Vertretern der US-amerikanischen Literatur sind die Anknüpfungsgrundsätze des Restatement 2d auf Kritik gestoßen. Scoles!Hay stimmen den Ergebnissen des Restatement zwar insofern zu, als es um die Behandlung von Bereicherungsansprüchen geht, die in Verbindung zu einem Vertrag stehen. Ausdrücklich heben sie hervor, daß der ,,most significant relationship"-Ansatz und damit die Anwendung der Iex causae in diesem Zusammenhang zu einer ausgewogenen Berücksichtigung aller entscheidungserheblichen Faktoren führe und daher besonders der lex-fori-Theorie überlegen sei247.
Bemängelt wird jedoch bei Scoles/Hay die Anknüpfung der restlichen Bereicherungsfälle. Sie vermissen hier zu Recht die erforderliche Rechtssicherheit und fordern nach kontinental-europäischem Vorbild die allgemeine Anwendung des Rechts, dem die rückgängig zu machende Vermögensverschiebung unterlag. Dieser Ansatz entspricht demjenigen von Zweigert248, der auch ausdrücklich in Bezug genommen wird, und er führt im Ergebnis zu einer allgemeinen Anwendung der Iex causae condictionis. Im einzelnen werden die in Abweichung vom Restatement behandelten Ansprüche in folgende Fallgruppen eingeteilt: Fälle der freiwilligen Übertragung von Vermögenswerten, also etwa der negotiorum gestio (soweit diese im USamerikanischen Recht anerkannt wird) oder Ausgleichsansprüche wegen für Verwendungen auf ein fremdes Grundstück seien vorrangig nach dem Recht zu beurteilen, das eine zwischen den Parteien bestehende Beziehung beherrscht. Existiert eine solche nicht, so komme die Iex rei sitae als 9rt des Bereicherungseintritts zur Anwendung. Ausgleichsansprüche, die aus der Zahlung auf eine fremde Schuld entstehen, sollen sich nach dem Recht der getilgte Verbindlichkeit richten249. Ansprüche, die eine Verbindung zu einer unerlaubten Handlung aufweisen, sollen nach dem Recht beurteilt werden, das die Vermögensverschiebung ("shift of assets") beherrschte. Dieselbe territoriale Anknüpfung soll für alle sonstigen Ansprüche gelten25o. Scoles/Hay merken zu Recht an, daß vor allem die Anknüpfung an die Vermögensverschiebung 247 Scoles!Hay, § 18.44 (S. 733). 248 Bereichenmgsansprüche im internationalen Privatrecht, SJZ 1947, Sp.247- 253,
s. dazu oben S. 41 ff. 249 § 18.45 (S. 734).
250 § 18.46 (S. 736 ff. ).
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noch einer näheren Konkretisierung im Sinne einer Rangfolge der sie determinierenden "connecting factors" bedarf25I, die sie jedoch auch nicht anbieten. Die Iex causae soll nach diesem Vorschlag den Anspruch grundsätzlich vollständig beherrschen. Die Möglichkeit einer depe~age wird nur in solchen Fällen eingeräumt, in denen dem Forumrecht die von der Iex causae vorgesehene Rechtsfolge unbekannt ist252. Diese sollte dann durch eine funktionsäquivalente Rechtsfolge der Iex fori ersetzt werden .. 4. Die Anknüpfung von Bereicherungsansprüchen in der neueren US-amerikanischen Rechtsprechung
Die US-amerikanische Rechtsprechung hat seit dem Erscheinen des Restaterneut 2d noch zu keiner einheitlichen Behandlung von Bereicherungsfällen mit Beziehungen zu mehreren ,jurisdictions" gefunden. Diese Tatsache ist auf die geringe Anzahl der entschiedenen Fälle zurückzuführen, die wiederum darin begründet liegt, daß fast alle Ansprüche auf Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung, die das US-amerikanische Recht anerkennt, eine Beziehung zu einem anderen Rechtsgebiet (z.B. Vertrags- oder Deliktsrecht) aufweisen, so daß Ansprüche bereicherungsrechtlicher Natur oft anders qualifiziert worden sind253. Aus diesem Mangel an Präjudizien resultiert eine vergleichsweise große Bedeutung akademischer Stellungnahmen auch als Richtlinien für die Rechtsprechung254. In den wenigen berichteten Entscheidungen haben die amerikanischen Gerichte häufig die Iex fori zur Anwendung gebracht. Dies geschah allerdings aus verschiedenen Gründen. Einerseits finden sich Entscheidungen, in denen die Anwendung des Forumrechts daraus resultierte, daß weder das Gericht noch die Parteien die Möglichkeit der Anwendung einer anderen Rechtsordnung erkannt haben. Andererseits ist die Anwendung der Iex fori gelegentlich aber auch das Ergebnis eingehender kollisionsrechtlicher Untersuchungen, wie z.B. im Fall Aaron Ferer & Sons Ltd. v. ChaYe Manhatfan Bank255: 251 § 18.46 (S. 737). 252 § 18.48 (S. 740). 253 Lef/ar, S. 321. 254 Vgl. dazu Bennett, S. 156: "The courts cannot be expected to develop a coherent
theory ifthey hear so few cases; they are compelled to rely on academic opinion." 255 731 F.2d, 112.
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Dritter Teil: Rechtsvergleichende Betrachtung
Die Klägerin, ein Tochtenmtemehmen einer US-amerikanischen Firma mit Sitz in London, verlangte von der beklagten Bank die Herausgabe einer Geldsumme u.a. als ,,money had and received". Die streitgegenständliche Summe war ursprünglich von einer englischen Bank darlehenshalber an die Klägerin gezahlt worden; das amerikanische Muttenmtemehmen der Klägerin hatte dieses Geld aber fiir eigene Zwecke benutzt, nämlich zur Rückzahlung eines Darlehens, das dem Muttenmternehmen von der Beklagten gewährt worden war. Die Beklagte hatte die Zahlungen in Kenntnis des eigentlichen Verwendungszwecks des Geldes entgegengenommen. Der District Court von New York hatte in der Vorinstanz New Yorker Recht angewandt, und der Court of Appeals (Second Circuit) bestätigte diese RechtswahL Auf das Recht des Staates New York wiesen tatsächlich fast alle erheblichen Faktoren: Der Darlehensvertrag zwischen dem Mutterunternehmen und der beklagten Bank unterlag dieser Rechtsordnung, die Zahlung der streitbefangenen Summe war in New York erfolgt, die das Darlehen an das Tochterunternehmen gewährende englische Bank, die ebenfalls als Klägerin auftrat, hatte dort eine Niederlassung. Bei dieser Häufung der für die Anwendbarkeit New Yorker Rechts sprechenden Faktoren wäre auch das vom Court of Appeals zitierte Restaterneut 2d zu dieser Anknüpfung gekommen, so daß die Anwendung der Iex fori durch die New Yorker Vorinstanz bestätigt wurde256. Eine markante Abweichung von der Regel, daß US-amerikanische Gerichte stets ihr eigenes Recht anwenden, bildet die Entscheidung des District Court ofDelaware im Fall Phoenix Canada Oil v. Texaco lnc.257: Die Klägerin, ein kanadisches Unternehmen, verlangte von der Beklagten und einigen ihrer Tochtenmternehmen. die mit einer Ausnahme ihren Sitz im US-Bundesstaat Delaware hatten, die Zahlung von Förderahgaben (,,royalties") fiir die Ausbeutung eines in Equador belegenen Ölfeldes. Die ihr zustehenden Fördenmgsrechte hatte die Klägerin zum Teil vertraglich an die Beklagte abgetreten, die sich im Gegenzugverpflichtet hatte, 2% der Nettoeinnahmen aus diesen Fördenmgsrechten an die Klägerin zu zahlen. Später wurde ein Teil des den Beklagten übertragenen Anteils vom Staat Equador gegen Zahlung einer Entschädigung an die Beklagte enteig-
256 Ähnlich gelagert war der Fall Columbia Nastri & Carla Carbone v. Columbia R & C Mfg. Co., 367 F. 2d 308, in dem um die Frage der Berechtigung eines italienischen Unternehmens zur Führung des Warenzeichens seiner früheren amerikanischen Muttergesellschaft ging. Die kollisionsrechtlichen Probleme fuhren hier aber nur in einem obiter dieturn erwähnt, weil sich keine der Parteien auf die Anwendbarkeit einer anderen als der New Yorker Rechtsordnung berufen hatte. 257 560 F.Supp., 1372.
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net. Mit ihrer Klage aus ungerechtfertigter Bereicherung verlangte die Klägerin die Herausgabe eines zweiprozentigen Anteils an der Entschädigungssumme. Dem Gericht standen in diesem Fall zwei Möglichkeiten der Rechtswahl zur Verfügung: Das Recht Equadors, auf das sich die Beklagten berufen hatten, war das Rechts des Belegenheitsortes sowie das Recht, das die zwischen den Parteien bestehenden vertraglichen Beziehungen beherrschte. Die Klägerin hatte New Yorker Recht bevorzugt, weil hier die herausverlangten Zahlungen auf ein Konto der Beklagten geleistet worden waren. Der District Court of Delaware entschied sich richtigerweise und unter Zugrundelegung des § 221 des Restaterneut 2d fur die erste Möglichkeit: Der geltend gemachte Anspruch weise die "most significant relationship" zum Recht Equadors auf, während die Verbindung zum New Yorker Recht eher ,jlüchtig" sei258. Interessant ist diese Entscheidung in erster Linie, weil sie anschaulich die Schwächen der lex-fori-Theorie verdeutlicht: Das Recht des Forums, hier das Recht des Staates Delaware, hatte - abgesehen davon, daß es das Recht des Sitzes der Beklagten war259 - keine Beziehung zu dem zu entscheidenden Sachverhalt, so daß eine Anwendung der Iex fori im Widerspruch zur Maxime der internationalprivatrechtliehen Gerechtigkeit und den ausdrücklich geäußerten Parteiinteressen gestanden hätte. Auch eine weitere Entscheidung jüngeren Datums, die von einem District Court in Michigan getroffen wurde260, scheint darauf hinzudeuten, daß der Einfluß des Restatement 2d zu einer Flexibilisierung der Anknüpfung von Bereicherungsansprüchen gefuhrt hat: Ein amerikanischer Staatsangehöriger vietnamesischer Abstammung verlangte von einer Bank mit Hauptsitz in New York die Herausgabe einer Spareinlage, die sein Vater auf ein Konto bei der Filiale der beklagten Bank in Saigon geleistet hatte. Kurz vor der Einnahme Saigons durch die nordvietnamesischen Truppen im April 1975 hatte die Beklagte ihre südvietnamesische Filiale geschlossen; die Spareinlagen wurden von den neuen Machthabern enteignet. Der District Court verurteilte die Beklagte antragsgemäß. Das Gericht legte dieser Entscheidung sowohl hinsichtlich der Anspruchsvoraussetzungen als
258 AaO., S. 1382 f 259 Diese Verbindung des Sachverhalts zum Staat Delaware wurde zu Recht ausschließlich zur Begründung der ,jurisdiction" verwendet. 260 Trinh v. Citibank, NA ., 623 F. Supp. 1526 (1985).
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auch der von der Beklagten erhobenen Einreden261 die Anwendung vietnamesischen Recht zugrunde. Unter Berufung auf das Restatement 2d und die Entscheidung in Aaron Ferer & Sons Ltd. v. Chase Manhatfan Bank wurde ausgeführt, es bestünden zwar erhebliche Kontakte zum Staat New York; die Beziehungen des Falles zum Recht von Vietnam seien jedoch als überwiegend anzusehen, zumal hier die ursprüngliche Verbindung zwischen den Parteien hergestellt und die Leistungen erbracht worden seien. Der District Court zog also in einer für US-amerikanische Gerichte untypischen Weise die Anwendung ausländischen Recht derjenigen eines anderen Bundesstaates vor. Die Bedeutung dieser Entscheidung im Zusammenhang mit der Frage, inwieweit das Restatement 2d Einfluß auf die Praxis genommen hat, ist allerdings zu relativieren, zumal die Anwendung der Iex fori, also des Rechts von Michigan, unter keinem Aspekt in Betracht kam. Ansonsten ist jedoch die Anwendung der Iex fori in international-bereicherungsrechtlichen Fällen in den USA nach wie vor vorherrschend. Diese Tatsache kann grundsätzlich nicht im Sinne des Restatements sein, sie zeigt jedoch deutlich, daß das dort niedergelegte Regelwerk sich in der praktischen Anwendung wegen seines zu hohen Grades der ,,Flexibilisierung" der Anknüpfung, die auf Kosten der Rechtssicherheit und Vorhersehbarkeit des Ergebnisses geht, nicht bewähren konnte. Die praktischen Schwierigkeiten bei der Handhabung der Regeln des Restatements offenbaren Entscheidungen wie diejenige des Court of Appeals (Seventh Circuit) in Overseas Development Disc Corp. v. Sangamo Construction Co. 262, in dem sich das Gericht darauf beschränkte, im Fall der Klage auf ein quantum meruit den Wortlaut des § 221 des Restatements wiederzugeben263, ohne dem Instanzgericht, an das die Sache zurückverwiesen wurde, Hinweise zu geben, wie die Anknüpfung in concreto vorzunehmen sei. Wie unsicher die Umsetzung der international-bereicherungsrechtlichen Bestimmung des Restatement 2d in die Praxis selbst bei detaillierter Auseinandersetzung mit den einzelnen Faktoren ist, demon-
261 Zuvor hatte ein New Yorker Gericht in Vishipco Line v. Chase Manhatfan Bank, N.A., 660 F. 2d 854 in einem annähernd identischen Fall auf die Anspruchsvorausset-
ZWlgen das Recht von New York und auf die von der Bank erhobenen Einreden vietnamesisches Recht angewendet. 262 686 F.2d 498.
263 AaO., S. 511.
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striert anschaulich auch eine weitere Entscheidung desselben Gerichts im Fall First Wisconsin Trust Co. v. Schroud and Mayer264: Die Beklagten, Einwohner des US-BWldesstaat lllinois, hatten ein im Staat Indiana belegenes Gnmdstück erworben, das mit einer Hypothek zugunsten der Klägerin belastet war, die ihren Sitz in Wisconsin hatte. Als die Beklagten sich zur lastenfreien Veräußer\Ulg des Gnmdstücks an einen Dritten verpflichteten, fragten sie bei der Klägerin an, welche Beträge noch zur AblösWlg der Hypothek zu zahlen waren. Aufgnmd eines Rechenfehlers teilte die Klägerin den Beklagten eine um $ 105.709,46 zu niedrige Summe mit. Die Beklagten zahlten die ihnen mitgeteilte Summe, im Gegenzug erklärte die Klägerin die Freigabe des Gnmdstücks. Mit der auf ,,m.istake offact" gegründeten Klage verlangte sie die ZahlWlg des Restbetrages.
Der Court of Appeals hatte sich im kollisionsrechtlichen Teil der Entscheidung mit der Ansicht der Beklagten auseinanderzusetzen, der Disriet Court habe in erster Instanz zu Unrecht das Sachrecht des Staates Indiana angewendet. Das Gericht bestätigte diese Rechtswahl im Ergebnis, sah sich jedoch durch den Wortlaut des § 221 des Restatement 2d, den es zur Begründung heranzog, vor erhebliche Schwierigkeiten gestellt: Ein ,,Zentrum" der Beziehungen zwischen den Parteien im eigentlichen Sinn des ersten Faktors war nicht auszumachen; das Gericht lokalisierte das ,,Zentrum" daher am Belegenheitsort in Indiana. Der Bereicherungseintritt hatte durch den Eingang der Zahlung des Erwerbers des Grundstücks auf das Konto der Beklagten in Illinois stattgefunden. Der Court of Appeals gelangte nur mit Hilfe einer künstlichen Konstruktion auch in diesem Punkt zur Maßgeblichkeit des Rechts von Indiana: Die Beklagten hatten die Zahlung nicht selbst bei Vertragsschluß in Indiana empfangen, sondern es war ihnen zehn Tage später durch einen trustee, der den Vertrag als Stellvertreter für sie geschlossen und die Zahlung entgegengenommen hatte, überwiesen worden. Die Übertragung hatte am Ort des Vertragsschlusses in Indiana stattgefunden, das Schreiben derKlägerinan die Beklagte, auf das das Gericht in diesem Zusammenhang ebenfalls abstellte, war in Wisconsin verfaßt und abgeschickt worden. "domicile" oder ,,residence" der Parteien waren in diesem "diversity of citizenship"-Fall nicht aussagekräftig, so daß schließlich entscheidend auf den Ort der Belegenheit des Grundstücks abgestellt wurde. Im Ergebnis ist dieser Rechtswahl zuzustimmen. Sie hätte allerdings unter Zugrundelegung einer weniger ,,flexiblen"
264 916 F. 2d 394.
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Anknüpfungsregel, etwa nach Art der von Dicey!Morris vorgeschlagenen rule 201 (2) (b)265, auf einfacherem Wege erzielt werden können. Andere Entscheidungen, die sich auf das Restaterneut 2d berufen, benutzen ausschließlich den noch handhabbaren Begriff der "most significant relationship" und bilden hieraus die nötige Kollisionsnorm266, ohne näher auf die Anknüpfungsgrundsätze des § 6 oder die einzelnen in § 221 (2) genannten Faktoren einzugehen. In der überwiegenden praktischen Anwendung der Iex fori ist aber auch keine Bestätigung der These Ehrenzweigs zu sehen267: Die Iex fori wird nicht angewendet, weil sie die beste, sondern die bequemste Lösung in der Praxis bietet und die Literatur, auf die sich die OS-amerikanischen Gerichte bei kollisionsrechtlichen Fragen heute noch weitestgehend verlassen (müssen), außer. der vagen ,,most significant relationship" keine andere brauchbare Lösung zur Verfügung stellt. 5. Die neue /PR-Kodifikation in Louisiana
Im OS-Bundesstaat Louisiana, der aufgrund des heute noch starken Einflusses des französischen Rechts eine aus rechtsvergleichender Sicht interessante ,,mixed jurisdiction" zwischen anglo-amerikanischen und romanischen Rechtstraditionen darstellt, ist am 01.01.1992 eine neue umfassende !PR-Kodifikation in Kraft getreten268, die den letzten Stand der Kollisionsrechtswissenschaft in den USA widerspiegelt. Dieses Gesetzeswerk stellt eine interessante Mischform aus festen kollisionsrechtlichen Regeln einerseits und einer im Stil eines "approach" gehaltenen Aufzählung einzelner Parameter der Anknüpfung andererseits dar, die insgesamt deutliche Einflüsse des ,,governmental-interest-approach" erkennen läßt. So zeichnet bereits Art. 3515 als Einleitungsnorm die generelle methodische Vergehensweise vor: Danach ist 265 S. dazu oben S. 164. 266 So z.B. Gibbs-Brower International v. Kirchheimer Bros. Co., 611 F.Supp. 122, 125, sowie Caton v. Leach Corp., 896 F. 2d 939, 943, beide in "quantwn meruit"Fällen.
267 So auch Siehr, Die lex-fori-Theorie heute, in: Albert A. Ehrenzweig und das Internationale Privatrecht (1984), S. 35, 61: "Offenbar gibt es keine jüngere Entscheidung, die sich ausdrücklich zu ihr (der lex-fori-Theorie) und ihrem Urheber bekennt."; ebenso Spickhoff S. 60. 268 Act No. 923 of 1991, abgedruckt in: RabelsZ 57 (1993), S. 508 ff., faßt die Regelungen des vierten Buches des Civil Code von Louisiana neu (Art. 3515 - 3549).
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auf jeden Sachverhalt, der Beziehungen zu mehreren Rechtsordnungen aufweist, das Recht desjenigen Staates anzuwenden, "whose policies would be most seriously impaired if its law were not applied to the issue" (Art. 3515 Abs. 1). Abs. 2 konkretisiert diese Anknüpfung durch eine § 6 des Restatement 2d ähnelnde Aufzählung von Faktoren, die der Auftindung desjenigen Staates dienen soll, den die Nichtanwendung seines Rechts am meisten beeinträchtigen würde. Bereicherungsrechtliche Ansprüche haben in der neuen !PR-Kodifikation eine ausdrückliche, wenn auch untergeordnete Erwähnung am Ende des sich mit der Anknüpfung vertraglicher Ansprüche befassenden Titels in Art. 3541 gefunden; der Gesetzgeber in Louisiana hat sich also noch nicht vollständig von der vertragsähnlichen Qualifikation dieses Rechtsgebietes lösen können. Nach Art. 3541 soll die Anknüpfung quasikontraktueller Ansprüche "in accordance with the principles of this Title" vorgenommen werden, d.h. es sind hier dieselben "choice of law"-Faktoren zu berücksichtigen, die für vertragliche Ansprüche gelten. Diese ergeben sich aus Art. 3537 (2), der offenbart, daß sich hinter den "policies" des Staates, dessen Recht angewendet werden soll, vor allem Parteiinteressen verbergen. An erster Stelle unter den die Anknüpfung beherrschenden Faktoren, die nicht abschließend aufgezählt werden und deren Reihenfolge nicht im Sinne einer Rangfolge verstanden werden soll269, finden sich die "contacts" des Sachverhalts zu den verschiedenen beteiligten Staaten, wobei der Ort der Vertragsverhandlungen ebenso berücksichtigt werden soll wie der Ort des Vertragsschlusses, der Ort seiner Erfüllung, die Belegenheit einer vertragsgegenständlichen Sache oder das Personalstatut der Parteien. Als nächstes werden die Natur, die Art und der Zweck des Vertrages genannt, und schließlich verweist Art. 3537 (2) auf die bereits in Art. 3515 (2) genannten ,,needs of the interstate and international systems", zu denen auch die berechtigten Erwartungen der Parteien im Hinblick auf das anzuwendende Recht gehören sollen. Diese auf vertragliche Ansprüche zugeschnittenen Anknüpfungsregeln sind allerdings nur für solche Bereicherungsansprüche von uneingeschränkter Brauchbarkeit, die in Verbindung mit einem Vertrag entstehen. In allen anderen Fällen kann dagegen nur auf den Ort des Bereicherungseintritts, die Belegenheit der Sache, das Personalstatut der Parteien sowie mögliche Rechtsanwendungserwartungen abgestellt werden. 269 Symeonides, Louisiana P.I.L. Codification, RabelsZ 57 (1993), S. 460, 496 (Fn. 121).
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Trotz der formalen Anlehnung an den ,,govemmental-interest-approach" kommt die neue !PR-Kodifikation für Louisiana somit auf dem Gebiet des Bereicherungsrechts weitestgehend zu denselben Ergebnissen, die auch unter Zugrundelegung der Iex causaeerzielt werden: Auf Ansprüche, die eine Verbindung zu einem Vertragsverhältnis aufweisen, dürfte das dem Vertrag zugrunde liegende Recht angewendet werden, sonstige Ansprüche sind ebenfalls in Übereinstimmung mit dem das (rechtliche oder faktische) Grundverhältnis beherrschenden Recht zu beurteilen. Ob den Parteien eines Bereicherungsanspruchs auch die Möglichkeit der Wahl des anzuwendenden Rechts eröffnet ist, kann der Kodifikation nicht mit Sicherheit entnommen werden. Art. 3540 enthält allerdings eine Bestimmung, nach der für vertragliche Ansprüche eine Rechtswahl bis zur Grenze des Verstoßes gegen den ordre public der ohne diese Rechtswahl anzuwendenden Rechtsordnung gestattet ist270. Die generelle Unterstellung des Bereicherungsstatuts unter die für vertragliche Ansprüche geltende Anknüpfung muß wohl dahingehend verstanden werden, daß mit ihr auch in bezug auf einen Bereicherungsanspruch die Rechtswahl im gleichen Umfang zugelassen werden soll. ID. Zusammenfassung
Bedingt durch die längere sachrechtliehe Tradition hat das US-amerikanische Bereicherungsrecht bereits festere Konturen gewonnen als das englische, und es ist heute in der Lage, nicht interessengerechte Ergebnisse, etwa im Bereich des Rechtsirrtums, weitestgehend zu vermeiden. Es sind auch andere kaum nachvollziehbare Differenzierungen beseitigt worden, an deren Abschaffung das englische Recht gegenwärtig noch arbeitet, so z.B. hinsichtlich der Frage, welche Arten von Delikten die Möglichkeit zum "waiver of tort" eröffnen, oder ob auch der Vertragspartei ,,in breach" ein Anspruch auf Herausgabe bereits erbrachter Leistungen zusteht. Um die Berufung auf einen Wegfall der Bereicherung hat sich eine eher der deutschen Rechtslage ähnliche Kasuistik gebildet, während das englische Recht sich hier erst noch auf einer "case to case basis" entwickeln muß. Entscheidenden Anteil hieran hat sicherlich die vergleichsweise frühzeitig erfolgte Zusammenfassung bereicherungsrechtlicher Regeln durch das American Law Institute, die die Systematisierung vor-
270 Dazu Symeonides, S. 497 ff.
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wegnahm, um die sich die englische Literatur erst Mitte der 60er Jahre zu bemühen begann. Die kollisionsrechtliche Behandlung von Bereicherungsansprüchen ist hingegen nach wie vor weit von festen und praktisch brauchbaren Anknüpfungsgrundsätzen entfernt. Sie hat sich von den starren Regeln des ersten Restatements zu einer "approach-Lösung" gewandelt, nach der die ,,most significant relationship" des zwischen den Parteien bestehenden Verhältnisses ermittelt werden soll. Auch hier sind Ähnlichkeiten mit dem nach englischem Recht maßgebenden "proper law of the obligation" zumindest in bezug auf die Anknüpfung von Bereicherungsrechtsverhältnissen, denen ein Vertrag zugrunde liegt, unverkennbar. In diesem Bereich wird die ,,most significant relationship"-Methode zudem vielfach zu denselben Ergebnissen kommen, die aufgrund der Anwendung der Iex causae entstehen. Gleichwohl ist die Methode der Kritik der OS-amerikanischen Literatur ausgesetzt, die in erster Linie zu Recht bemängelt, daß sich die zur näheren Bestimmung des "center of gravity" verwendeten Faktoren und deren Gewichtung durch das Restatement als untauglich erweisen. Hier ist eine nähere Spezialisierung und Konkretisierung im Interesse der Vorhersehbarkeit des Anknüpfungsergebnisses sowie eine weitergehende Differenzierung zwischen den vom Sachrecht vorgegebenen Ansprüchen vonnöten. Auch die OS-amerikanische Rechtsprechung bietet auf dem Gebiet des internationalen Bereicherungsrechts ein eher verwirrendes Bild, aus dem kaum eine allgemeinverbindliche Tendenz zu ersehen ist. Als Grundsatz gilt auch heute noch die Anwendung der Iex fori, die jedoch unter dem Einfluß des Restatement 2d zugunsten der Iex causae zurückgedrängt wurde. Der letzte Schritt hin zur allgemeinen Anwendung der Iex causae, die im Restatement 2d theoretisch bereits angelegt ist und im Staate Louisiana durch die neue !PRKodifikation in Gesetzesform gebracht wurde, steht in der OS-amerikanischen Judikatur allerdings nach wie vor aus.
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Dritter Teil: Rechtsvergleichende Betrachtung
E. Kanada L Das Sachrecht
1. Die grundsätzliche Anerkennung des Prinzips der ungerechtfertigten Bereicherung In Kanada wurde - ähnlich wie in den USA - das Prinzip der ungerechtfertigten Bereicherung vergleichsweise früh als eigenständiger schuldrechtlicher Haftungsgrund anerkannt27I. Die Common-Law-Provinzen272 haben zwar das englische Recht, d.h. das alte law of quasi-contract, aus dem Mutterland dieses Rechtskreises ,,geerbt''273, die Weiterentwicklung schritt hier aber wesentlich schneller voran als in England. Dies belegt schon die Tatsache, daß das berühmte Diktum von Lord Mansfield, mit dem er in Moses v. Macferlan274 Inhalt und Anwendungsbereich der bereicherungsrechtlichen "action of assumpsit" umriß275, bereits im Jahre 1876 in Kanada als verbindlich behandelt wurde276. Die Absicherung durch die höchstrichterliche Rechtsprechung des Supreme Court of Canada erfolgte allerdings auch erst knapp vierzig Jahre vor der entsprechenden Anerkennung in England277 im bekannten Fall Deglman v. Guaranty Trust Co. and Constanhneau278: Der Kläger hatte seiner Tante, deren Nachlaßverwalter die Beklagte war, zu Lebzeiten einige Dienste geleistet. Als Gegenleistung hatte seine Tante ihm versprochen hatte, ihm ein Gnmdstück zu vererben. Durch dieses Versprechen kam
271 Klippert, Unjust enrichment, S. 18. 272 Also das kanadische Territorium mit Ausnahme des BlDldesstaates Quebec; trotz der \Dlterschiedlichen Herkunft des Rechts von Quebec aus dem französischen bzw. Römischen Recht entstehen allerdings im Ergebnis in bereicher\Dlgsrechtlichen Fällen nur selten Unterschiede zwischen Common-law- \Dld Civil-law-Doktrin, so Klippert, S. 356. 273 Fridman!McLeod, Restitution, S. 15. 274 (1760) 2 Burr. 1005 = 97 E.R. 676. 275 AaO., S. 1012 bzw. 681: " ... the gist oftbis kind of action is, that the defendant, upon the circumstances of the case, is obliged by the ties of natural justice and equity to reftmd the money." 276 In der EntscheidlDlg der Ontario Queen's Bench Division im Fall Wilson v. Mason (1876) 38 U.C.Q.B. 14, 25 f (Ont. C.A.); s. auch Saskatchewan Supreme Court in Can. Mortgage Assn. v. City ofRegina (1917) 33 D.L.R. 43. 277 Lipkin Gorman v. Karpnale Ltd., 3 W.L.R. 1991 10 = (1992) 4 All E.R. 512; s. dazu oben S. 97. 278 (1954) S. C.R. 725.
E. Kanada
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ein mündlicher Vertrag zustande, der auf Übereignung des Grundstücks gerichtet war; dieser Vertrag war allerdings mangels der Einhaltung der aufgrund des "Statute of Frauds" erforderlichen Schriftform unwirksam. Als die Tante starb, ohne ein Testament hinterlassen zu haben, ging der Neffe bei der gesetzlichen Erbfolge leer aus und verlangte vom Nachlaßverwalter die Erfiillung des mit seiner Tante geschlossenen Vertrages. In den ersten beiden Instanzen hatte die Klage auf Übereignung des Grundstüclcs Erfolg gehabt, weil ein Weg gefunden worden war, das "Statute of Frauds" nicht auf den Vertrag anzuwenden279 und ihn somit als formlos wirksam anzusehen. Der Supeme Court hielt diesen Weg zwar nicht fur gangbar und behandelte daher den Vertrag als formnichtig, erkannte dem Kläger aber gleichwohl ein quantum meruit fur die geleisteten Dienste zu. Den Rechtsgrund fur diesen Ausgleich fand der Supreme Court unter Berufung auf ein obiter dieturn von Lord Wright in Fibrosa Spolka Akcyjna v. Fairbaim Lawson Combe Barbour Ltd.280 im Prinzip der ungerechtfertigten Bereicherung281, und das Gericht legte damit die Grundlage fur die Entwicklung dieses Rechtsgebietes in Kanada. Diese Rechtsprechung wurde seither sowohl vom Supreme Court282 als auch - nach anfänglicher Zurückhaltung283 - von den Instanzgerichten284 kontinuierlich weiterverfolgt, so daß das kanadische Bereicherungsrecht heute als insgesamt weiter entwickelt angesehen wird als das englische285. Trotz dieses angeblich höheren Entwicklungsstandes weist das kanadische Sachrecht keine grundsätzlichen Unterschiede zu der in England bzw. den 279 Zusammenfassung der Entscheidung des Court of Appeal in Deg/man v. Gua-
ranty Trust, aaO., S. 729 f 280 (1943) A.C. 32, 61 ff; vgl. dazu oben S. 141. 281 Deglman v. Guaranty Trust, aaO., S. 728 bzw. 734.
282 Vgl. nur County ofCar/eton v. City ofOttawa (1965) 52 D.L.R. (2d) 220, 225. 283 Klipper!, S. 28 f 284 Preeper v. Preeper (1978) 84 D.L.R. (3d) 74, 77; Toronto-Dominion Bank v. Anker Electric Motor & Equipment Co. Ltd. ( 1978) 93 D.L.R. (3d) 51 0; vgl. zur weiteren Entwicklung nach dem ,,Deglman-case" auch Fridman/McLeod, S. 17 ff, sowie Angus, Restitution in Canada since the Deglman case, in: 42 Can. Bar Rev. (1964), 529, 538 f[ 285 Arrowsmith, Restitution and mistake of law in Canada, in: 106 L.Q.R. (1990), S. 28; Angus, aaO., S. 559 f, war bereits zehn Jahre nach dem Deglman-Fall in der Lage, auf der Grundlage der seit dieser Entscheidung ergangenen Rechtsprechung das kanadische Bereicherungsrecht anschaulich in vierzehn Regeln zusammenzufassen. 16 Plaßmeier
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Dritter Teil: Rechtsvergleichende Betrachtung
USA286 herrschenden Rechtslage auf, sondern weicht nur in einigen Detailfragen hiervon ab287; die folgende Darstellung beschränkt sich daher im wesentlichen auf die Betrachtung des in Kanada herrschenden Rechtszustandes in bezugauf solche Fragen, die in den beiden ,,großen" jurisdictions des anglamerikanischen Rechtskreises unterschiedlich bewertet oder besonders kontrvers diskutiert werden.
2. Die kanadische Rechtslage in ausgewählten Detailfragen a) Mistake offact im Fall der Direktkondiktion einer auf eine unwirksame Anweisung geleisteten Zahlung Über ein bedeutendes bereicherungsrechtliches Problem, das schon wiederholt Gerichte nicht nur des Common-law-, sondern auch des Civil-law-Rechtskreises zu teilweise recht widersprüchlichen Aussagen verleitet hat, bestehen auch in Kanada Unklarheiten und divergierende Entscheidungen verschiedener Instanzgerichte. Es handelt sich hierbei um die Frage, ob es einer Bank gestattet sein soll, eine auf eine unwirksame Anweisung eines Kunden hin geleistete Zahlung an einen Dritten bei diesem direkt zu kondizieren. In beiden nachfolgend angesprochenen Fällen ging es um die Zahlung auf einen zwar wirksam begebenen, zwischenzeitlich aber gesperrten Scheck. Eine Entscheidung288 läßt in einem solchen Fall, entsprechend der in England289 eingenommene Position, den direkten Durchgriff gegen den Empfänger ohne weitere Einschränkungen hinsichtlich der bestehenden Leistungsverhältnisse zu, während in einer Entscheidung des Saskatchewan Court of Appeal290 Erwägungen zu finden sind, die in ähnlicher Form auch in deutschen Entscheidungsgründen angestellt worden wären: Das Gericht verweigerte der klägerischen Bank die Rückforderung der auf den gesperrten Scheck gezahlten Be-
286 Die Ähnlichkeit zwischen dem kanadischen und dem US-amerikanischen Bereicherungsrecht dürfte nicht zuletzt darauf zurückzufiihren sein, daß kanadische Gerichte häufig das Restatement of Restitution zu Rate gezogen haben, vgl. Angus, 42 Can. Bar Rev. (1964), 529, 560. 287 Einige kleinere Unterschiede vorwiegend methodischer Art werden bei Fridman/ McLeod, S. 19 f, aufgezählt. 288 Toronto-Dominion Bank v. Anker Electric Motor & Equipment Co. Ltd. ( 1978) 93 D.L.R. (3d) 510, insbes. S. 517. 289 Barclays Bank Ltd. v. W. J. Simms & Cooke Ltd. ( 1980) Q.B. 677; s. dazu oben S. 113.
290 Royal Bank ~{Canada v. Huber (1971) 23 D.L.R. (3d) 209.
E. Kanada
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träge mit der Begründung, im Verhältnis zwischen dem Scheckaussteller und dem Schecknehmer sei durch die Auszahlung keine ungerechtfertigte Bereicherung eingetreten, weil letzterer einen Anspruch auf die Zahlung hatte. Die Entscheidung beruht also wesentlich auf Überlegungen, die im deutschen Recht unter dem Leistungsbegriff vorgenommen werden; der Saskatchewan Court of Appeal erzielt dasselbe Ergebnis allein aufgrundder Frage nach der Rechtfertigung der eingetretenen Vermögensverschiebung im Verhältnis zwischen den an ihr maßgeblich beteiligten Personen, wobei die Bank als bloße Zahlstelle außer acht gelassen wurde. b) Mistake of law Eine der bereicherungsrechtlichen Fragen, über deren richtige Beantwortung im anglo-amerikanischen Rechtskreis derzeit die meisten Kontroversen bestehen, ist diejenige nach der Rückabwicklung einer Leistung, die unter dem Einfluß eines Rechtsirrtums vorgenommen wurde. Während das englische Recht hier bisher noch der traditionellen Linie folgt, die einen Bereicherungsausgleich in solchen Fällen ausschließt29I, ist in den USA die Unterscheidung zwischen Tatsachen- und Rechtsirrtum bereits weitestgehend aufgegeben worden. Das kanadische Recht ähnelt in dieser Hinsicht eher dem englischen292: Als Grundregel gilt der Ausschluß eines Bereicherungsanspruchs, wenn eine Leistung aufgrund eines Rechtsirrtums vorgenommen wurde293. Die Ausnahmen von dieser Grundregel, die bei Fridman!McLeod als bloße "Scheinausnahmen" bezeichnet werden294, entsprechen den auch im englischen Recht festgestellten scheinbaren Durchbrechungen der "mistake of law"-Regel und stellen sich daher auch in Kanada eher als Umgehungen des Prinzips dar: So wird in Anlehnung an Cooper v. Phibbs295 ein Bereicherungsanspruch anerkannt beim Vorliegen eines ,,mistake as to private rights"296 und bei einem gemischten Tatsachen- und Rechtsirrtum297. Des weiteren wird auch in Kana291 S. zur Möglichkeit einer baldigen Ändenmg des englischen Rechts in dieser Hinsicht oben S. 116. 292 Fridman!McLeod, S. 139; Klipper/, S. 147 ff. 293 Eadie v. Township of Brantford (1967) 63 D.L.R. (2d) 561, 570; Nepean Hydro
Electric Commission v. Ontario Hydro (1978) 92 D.L.R. (3d), 481, 500.
294 Fridman/McLeod, S. 149. 295 (1867) L.R. 2 H.L. 149. 296 Fridman/McLeod, S. 149; Klipper/, S. 150. 297 Fridman/McLeod, S. 152 f 16•
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da der Irrtum über ausländisches Recht wie ein Tatsachenirrtum behandelt. Fridman!McLeocf298 berufen sich zur Begründung ebenso wie Gojj!Jones299 auf Lazard Bros. v. Midland Bank300, und sie schließen daraus auf ein ,,generat attitude of the law", wonach ausländisches Recht bis zu seinem Beweis im Prozeß zunächst als Tatsache zu behandeln sei301. Ebenso wie in England ist in Kanada erkannt worden, daß die "mistake of law"-Regel dringend reformbedürftig ist302. Eine Gelegenheit hierzu ließ der Supreme Court allerdings in jüngster Zeit ungenutzt: In Air Canada v. Attorney-General of Brihsh Columbia303, einem Fall, in dem sich das Gericht mit der Rückforderung von Steuerzahlungen zu befassen hatte, die aufgrund eines verfassungswidrigen Gesetzes geleistet worden waren304, findet sich lediglich die ablehnende Äußerung eines Richters in Form eines obiter dictums305 Die "mistake of law"-Regel war in diesem Fall allerdings nicht entscheidungserheblich, so daß auch eine ablehnende Stellungnahme der Mehrheit der Richter keine Bindungswirkung entfaltet hätte. Es wird jedoch vermutet, daß das obiter dieturn aus Air Canada v. Attorney-General of British Columbia bei nächster Gelegenheit erneut aufgegriffen wird, um die Unterscheidung zwischen Tatsachen- und Rechtsirrtum endgültig abzuschaffen306. c) Waiver oftort Wenig gesichert erscheint die kanadische Rechtslage in bezugauf die Herausgabe von Vorteilen, die durch eine unerlaubte Handlung erlangt wurden. Das Prinzip des "waiver of tort" ist zwar auch hier anerkannt307, kanadische Gerichte hatten aber bisher vergleichsweise wenige Möglichkeiten, eine ei-
298 s. 151. 299 S. 134; vgl. dazu oben S. 117. 300 (1933) A.C. 289. 301 S. 151. 302 Klipper!, S. 152 ff; aufS. 151 spricht er von dieser Regel als "comrnon law monster which the courts have refused to place in a legal museum". 303 (1989) 59 D.L.R. (4th) 161. 304 Parallelfall in England: Woolwich Equitable Building Society v. Inland Revenue Commissioners (1993) 1 A.C. 70. 305 Vgl. zu dieser Entscheidung insgesamtArrowsmith, 106 L.Q.R. (1990), S. 28 ff 306 Arrowsmith, S. 29. 307 Fridman/McLeod, S. 543.
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genständige Ausformung dieses Grundsatzes vorzunehmen, so daß sich das Recht Kanadas auch in diesem Bereich weitestgehend an seinem englischen Vorbild orientiert. Es bestehen allerdings interessante Unterschiede in zwei Detailfragen, in denen das kanadische Recht dem OS-amerikanischen entspricht: Zum einen wird die Herausgabepflicht des Bereicherungsschuldners, etwa des "converters", der unbefugt eine fremde Sache veräußert hat, nicht auf den Sachwert beschränkt, sondern er wird zusätzlich zur Herausgabe eines bei der Veräußerung erzielten Gewinns verpflichtet308. Nachdem die meisten anderen Vorteile, die die Geltendmachung eines Bereicherungsanspruch im Wege des "waiver" anstelle des alternativen deliktischen Anspruchs fiiiher besaß, inzwischen durch die Weiterentwicklung des Rechts weggefallenen sind, kann hierin einer der zentralen Punkte der modernen "waiver"-Doktrin gesehen werden309. Zum anderen ist der Bereich der "waiver-fahigen" unerlaubten Handlungen in Kanada um den Tatbestand des "trespass to land" erweitert worden, so daß ein Bereicherungsausgleich auch für die bloße Benutzung eines fremden Grundstücks geschuldet wird, obwohl dem Eigentümer hierdurch kein Schaden entsteht310 d) Change of position Im Bereich der "defences", die der Bereicherungsschuldner dem gegen ihn erhobenen Anspruch entgegenhalten kann, hat sich in Kanada - ähnlich wie in England - die Möglichkeit einer Berufung auf den Wegfall der Bereicherung erst sehr spät durchsetzen können. Seine formelle Anerkennung erfuhr dieses Prinzip im Jahre 1975 durch den Supreme Court im Fall Rural Municipality of Storthoaks v. Mobil Oil Canada Ltd.31l: Mobil Oil hatte von der Gemeinde Storthoaks im Jahr 1962 einige Ölfelder gepachtet. Ein Teil des Pachtvertrages wurde 1968 von Mobil Oil gekündigt, die diesbezüglichen PachtzinszahlWlgen an die Gemeinde allerdings irrtümlich fiir einige
308 Fridman/McLeod, S. 545, 551; nach ihrer Ansicht soll dem in Anspruch Genommenen allerdings die Einrede gestatten sein, daß der Gewinn lediglich auf seine eigene Geschäftstüchtigkeit zurückzufuhren ist wtd daher nicht "auf Kosten" des Entreicherten erlangt wurde. 309 Beatson, The use and abuse of wtjust enrichment, S. 211. 310 Fridman/McLeod, S. 549. 311 55 D.L.R. (3d) I.
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Dritter Teil: Rechtsvergleichende Betrachtung
Monate fortgesetzt. Als die Gesellschaft den Irrtum bemerkte, forderte sie die Herausgabe der überzahlten Beträge in einer Gesamthöhe von$ 31.163. Die Gemeinde verweigerte die Rückzahlung mit der Begründung, die Zahlungen seien in die Gemeindekasse geflossen und das Geld inzwischen zur Deckung allgemeiner Kosten ausgegeben worden. Eine Rückzahlung sei ohne die Erhöhung anderer Abgaben nicht möglich. Erstinstanzlich312 war die Klage mit der Begründung abgewiesen worden, der verantwortliche Vertreter von Mobil Oil, der die Kündigung erklärt hatte, hätte gewußt, daß die zurückgeforderten Zahlungen nicht geschuldet waren. Dieses Wissen sei der Gesellschaft zuzurechnen, so daß sie nicht unter dem Einfluß eines ,,mistake of fact" gehandelt habe und die Zahlungen daher als · ,.freiwillig" erbracht anzusehen seien. Der Saskatchewan Court of Appeal erkannte auf den "appeal" der Klägerin hin den Tatsachenirrtum an, hob die erstinstanzliehe Entscheidung auf und verurteilte die Beklagte zur Rückzahlung313. Der Supreme Court bestätigte diese Entscheidung im Ergebnis. Hierbei wurde die Einrede des Wegfalls der Bereicherung, die die Beklagte erhoben hatte, unter Anlehnung an ältere englische Entscheidungen314 sowie an § 142 des OS-amerikanischen Restatement of Restitution erstmals als wirksame "defence" gegen einen Bereicherungsanspruch im kanadischen Recht anerkannt. Im Ergebnis hatte sie allerdings keinen Erfolg, da die Gemeinde hier zwar das erlangte Geld nicht mehr herausgeben konnte, diese Unfähigkeit aber darauf beruhte, daß die streitbefangene Summe zur Deckung allgemeiner Kosten der Gemeinde verwendet worden war. Wie der Supreme Court ausdrücklich klarstellte, setzt eine erfolgreiche Berufung auf den Wegfall der Bereicherung aber neben der Gutgläubigkeit315 des in Anspruch Genommenen voraus, daß das Erlangte für solche Ausgaben verwendet worden ist, die der Bereicherungsschuldner sonst nicht getätigt hätte316.
312 Saskatchewan Queen's Bench, 29 D.L.R. (3d) 483, 487. 313 39 D.L.R. (3d) 598. 314 Insbesondere Moses v. Macferlan (1160) 2 BWT. 1005 = 97 E.R. 676, s. dazu oben S. 149. 315 Der Begriff der "Gutgläubigkeit" wird hierbei ebenso verstanden wie im USamerikanischen Recht, die Berufimg auf den Wegfall der Bereicherung ist also insbesondere ausgeschlossen, wenn der Eintritt der Bereicherung auf einer unerlaubten Handlung beruht, vgl. Fridman/McLeod, S. 608; Klipperl, S. 256. 316 55 D.L.R. (3d) 1, 13; Klipperl, S. 256; Fridman/McLeod, S. 606.
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Ein Vergleich des zweitinstanzliehen Urteils mit der Entscheidung des Supreme Court verdeutlicht das Verhältnis zwischen den "defences" "estoppel" und "change ofposition": Während der Court of Appeal317 noch prüfte, ob zugunsten der Beklagten die Voraussetzungen des "estoppel" gegeben sein könnten, dies aber verneinte, weil keine "representation" auf seiten der Klägerin abgegeben worden war, auf die die Beklagte hätte vertrauen können, wandte sich der Supreme Court unmittelbar der Einrede "change of position" zu, die nicht die Schaffung eines Vertrauenstatbestandes durch den Kläger voraussetzt und somit die Abwehr eines Bereicherungsanspruches unter erleichterten Bedingungen ermöglicht. Das kanadische Recht zeigt somit erneut, was bereits bei der Diskussion der Rechtslage in England und den USA318 beobachtet worden war, nämlich daß es sich beim "estoppel", soweit dessen Anwendbarkeit in bereicherungsrechtlichen Zusammenhängen in Rede steht, um eine gegenüber der "defence" "change ofposition" speziellere Einrede handeJt319, der - nachdem die Möglichkeit der Berufung auf einen Bereicherungswegfall einmal anerkannt ist - kaum noch ein eigenständiger Anwendungsbereich auf dem Gebiet des Bereicherungsrechts verbleiben dürfte320. II. Das Internationale Privatrecht
Auch in Kanada ist den mit Bereicherungsansprüchen zusammenhängenden Fragen des Internationalen Privatrechts bisher wenig Aufmerksamkeit gewidmet worden. Ausdrückliche Stellungnahmen der Rechtsprechung fehlen völlig321, und auch die einschlägige Literatur ist bisher spärlich geblieben. Soweit ersichtlich, hat sich Falconbridge322 als erster mit diesem Themenkreis befaßt. Sein Beitrag beschränkt sich allerdings auf die Anknüpfung von Ansprüchen, die aus der ,,frustration" eines Vertrages entstehen. Diese sollte nach seiner Ansicht entsprechend der Regel der s. 1 (1) des englischen Law Reform (Frustrated Contracts) Act 1943 vorgenommen werden. Darüber hinaus schlägt Falconbridge vor, in Analogie zu dieser Bestimmung alle berei317 39 D.L.R. (3d) 598, 602. 318 S. dazu oben S. 158 bzw. 213. 319 Ähnlich Klipper!, S. 252 f 320 Diese Tendenz wurde 1994 vom Newfoundland Court of Appeal in RBC Dominion Secuntie.f /nc. v. Dawson, 111 D.L.R. (4th) 230, 233 - 237 mit ausführlicher Begründung bestätigt. 321 Vgl. M cLeod, The Conflict oflaws, S. 573. 322 Essays on the Conflict ofLaws, 2nd ed. (1954), S. 418 ff
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Dritter Teil: Rechtsvergleichende Betrachtung
cherungsrechtlichen Fragen, die mit der Unwirksamkeit eines Vertrages zusammenhängen, dem "proper law of the contract" zu unterwerfen323. Der Ontario Court of Appeal hatte im Fall Etler v. Kertesz324 Gelegenheit, auf diesen Vorschlag einzugehen: Der Kläger hatte dem Beklagten aufgnmd eines in Österreich geschlossenen Vertrages $ 500 geliehen. Das Darlehen sollte zu einem späteren Zeitpunkt in der Schweiz zurliekgezahlt werden. Der zugnmde liegende Vertrag verstieß gegen ein österreichisches Gesetz, was dessen Nichtigkeit zur Folge hatte. Mit seiner vor einem Gericht in Ontario anhängig gemachten Klage verlangte der Kläger die RückzahiWig des geliehenen Betrages. In der ersten Instanz hatte die Klage Erfolg. Der Court of Appeal hob diese Entscheidung auf und entschied zugunsten des Beklagten. AJs "proper law" des Vertrages wurde das Österreichische Recht angesehen. Da dieses den Vertrag für nichtig erklärte, könne er auch in Kanada nicht durchgesetzt werden. Der vom Kläger vorgebrachte Einwand, eine solche Entscheidung würde zu einer ungerechtfertigten Bereicherung auf seiten des Beklagten führen, wurde vom Gericht nicht anerkannt325 Unklar bleibt in diesem Zusammenhang allerdings, ob der bereicherungsrechtliche Teil der Entscheidung auf die Anwendung Österreichischen Rechts als Iex causae zurückzuführen ist326 oder ob lediglich die Vorfrage der Wirksamkeit des Vertrages nach dieser Rechtsordnung beantwortet wurde; der Ontario Court of Appeal ging nämlich auf die international-bereicherungsrechtliche Komponente des Falles nicht ein, was zu bedauern ist, zumal sich hier angesichts der einige Jahre vorher ergangenen Fibrosa-Entscheidung des House of Lords eine gute Gelegenheit zur Stellungnahme zu der Frage der Anknüpfung von Bereicherungsansprüchen, die aus einem unwirksamen Vertrag resultieren, geboten hätte.
323 AaO., S. 429. 324 26 D.L.R. (2d) 209. 325 Etler v. Kerlesz, S. 223. 326 Zweifelhaft erscheint daher die Ansicht von McLeod, The Conflict of laws, S. 573 f, der davon ausgeht, die VerweigeTWig eines RückzahiWigsanspruchs in Etler v. Kerlesz beruhe auf der AnwendWig Österreichischen Rechts. Ausdrücklich in Bezug genommen wird in Etler v. Kerlesz aufS. 223 f lediglich die EntscheidWig Boissevain v. Weil (1950) A.C. 327, die zum schottischen Recht ergangen war, was eher für die AnwendWig der Iex fori spricht.
E. Kanada
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Eine neuere Bearbeitung der hier interessierenden Thematik legte 1983 McLeodJ27 vor. In Anlehnung sowohl an das Konzept in Dicey!Morris als auch an das amerikanische Restatement 2d formuliert er die Grundregel, nach der Bereicherungsansprüche vom "proper law of the obligation" beherrscht werden sollten, das er mit der Iex causae gleichsetzt. Das "proper law" soll hierbei in der Regel das Recht am Ort des Bereicherungseintritts sein, nicht aber dasjenige am Ort des Verlustes, weil der Eintritt einer Bereicherung das ,,key element" eines Restitutionsanspruchs sei, der einen entsprechenden Verlust dagegen nicht notwendigerweise voraussetze328. Aufgrund dieser Regel bildet McLeod für jeden Anspruch auf "restitution" eine eigene Kollisionsnorm, wobei das "proper law" des zugrunde liegenden vertrags-, delikts- oder sachenrechtliehen Verhältnisses Berücksichtigung findet, ohne daß die hierfür geltende Anknüpfungsregel unmittelbar übernommen werden329. Im einzelnen gelangt McLeod auf diesem Wege zur Anwendung des "proper law" des Vertrages auf einen aus einem vertragsrechtliehen Verhältnis entstehenden Anspruch sowie der Iex situs auf den Ausgleich einer ungerechtfertigten Bereicherung, die mit einem Grundstück in Verbindung steht. Bereicherungsansprüche, die aus familienähnlichen Verhältnissen entstehen, sollen nach dem Ehegüterrecht des Ortes beurteilt werden. an dem die Parteien ihren gemeinsamen Wohnsitz hatten330. Eine gesonderte Behandlung ist nach McLeod für solche Fälle erforderlich, in denen ein Recht aus "waiver of tort" in Rede steht. Eine akzessorische Anknüpfung an das Deliktsstatut würde zur auch in Kanada anerkannten "dualactionability-rule" des englischen Rechts331 führen. Durch die Verwendung der deliktischen Anknüpfungsregel würde aber die sachrechtlieh unabhängige
327 The Conflict of laws, S. 571 ff. 328 McLeod, S. 574 f.; Fridman!McLeod, S. 633. 329 S. 572. 330 McLeod, S. 515 f. ; Fridman!McLeod, S. 630, 634; diese ZlUlächst Wtgewöhnlich erscheinende Regel ist auf den in Kanada berühmten Fall Pettkus v. Hecker (1980) 2 S. C.R. 834 zwiickzufiihren, in dem es um die AuseinandersetZlUlg einer nichtebeliehen Lebensgemeinschaft zwischen zwei Einwanderern aus Mitteleuropa hinsichtlich der von der Frau auf dem gemeinsam bewohnten GrWldstück geleisteten Arbeit ging. Mit den kollisionsrechtlichen Fragen des Falles befaßte sich der Supreme Court in dieser EntscheidWtg allerdings nicht ausdrücklich. 331 Phillips v. Eyre (1870) L.R. 6 Q.B. I bzw. Boys v. Chaplin (1971) AC. 356 in der nWlrnehr durch Red Sea !nsurance Co. Ltd. v. Bouygues S. A. (1994) 3 W.L.R. 926 aufgelockerten Form; vgl. dazu oben S. 165.
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Dritter Teil: Rechtsvergleichende Betrachtung
Rechtsnatur des Rechts zum "waiver" mißachtet, so daß in diesen Fällen auf die Ausweichregel zurückgegriffen und damit an den Ort des Bereicherungseintritts angeknüpft werden müsse332. Für Ansprüche auf Ausgleichszahlungen im Innenverhältnis zwischen mehreren Deliktsschuldnern soll die Iex loci delicti maßgeblich sein. Das kanadische IPR der ungerechtfertigten Bereicherung stellt sich somit, soweit es in der Literatur Beachtung gefunden hat, als Mischform aus englischen und OS-amerikanischen Einflüssen dar, die einerseits die Unabhängigkeit bereicherungsrechtlicher Rechtsbehelfe beachtet, andererseits aber auch ihre historische Entstehung und ihre engen Beziehungen zu einem möglicherweise vorausgegangenen Grundverhältnis. Gänzlich anders ist allerdings die am 0 I. 0 I. I994 in Kraft getretene gesetzliche Neuregelung des internationalen Bereicherungsrechts im Code Civil der Provinz Quebec333 ausgefallen, die die enge Beziehung dieser kanadischen Teilrechtsordnung zum französischen Recht verdeutlicht: Obwohl die Regelungen des internationalen Vertragsrechts deutlich den Einfluß des RomÜbereinkommens über das auf vertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht erkennen lassen334 und daher zu erwarten gewesen wäre, daß ähnliches auch fur das internationale Bereicherungsrecht gilt, läßt der neue Art. 3I25335 nicht nur eine Unterscheidung zwischen ungerechtfertigter Bereicherung und Geschäftsfuhrung ohne Auftrag vermissen, sondern er unterstellt auch alle Ansprüche aus diesen Rechtsinstituten ohne Differenzierung der Iex loci actus, also dem Recht des Ortes, an dem die den jeweiligen Anspruch begründende Tatsache eingetreten ist. Wegen dieses Mangels an gebotener Differenzierung zwischen den verschiedenen Kondiktionsaften vermag diese Regelung, die dem in Deutschland zwischen der Mitte und dem Ende des letzten Jahrhunderts herrschenden Rechtszustand entspricht, nicht zu überzeugen.
332 McLeod, S. 573; Fridman!McLeod, S. 558, 631. 333 Abgedruckt in: IPRax 1994, 318 ff.; s. dazu insgesamt Glenn, Codification of Private International Law in Quebec - an Overview, IPRax 1994, 308. 334 Glenn, IPRax 1994, 308, 310. 335 Art. 3125 hat folgenden Wortlaut: ,,Les obligations fondees sur Ia gestion d'affaires, Ia reception de l'indu ou l'enrichissement injustifie sont regiespar Ia loi du lieu de survenance du fait dont elles resultent."
F. Frankreich
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F. Frankreich I. Das Sachrecht
Ebenso wie dem englischen Recht war dem Code Civil in seiner ursprünglichen Konzeption ein System bereicherungsrechtlicher Ansprüche fremd. Ausdrückliche Erwähnung finden in den Artt. 1376 - 1381 C.C. unter der Überschrift "des quasi-contrats" lediglich die der condictio indebiti entsprechende ,,repetition de l'indu" (Artt. 1376 - 1381) sowie die Geschäftsführung ohne Auftrag (,,gestion d'affaires", Artt. 1372- 1375). Diese relative Zurückhaltung des Code Civil gegenüber dem Institut der ungerechtfertigten Bereicherung ist jedenfalls teilweise auf systemimmanente Gründe zurückzuführen. Bei der Betrachtung des französischen Sachrechts der ungerechtfertigten Bereicherung ist es vorab wichtig festzuhalten, daß diesem Institut im französischen Recht von Natur aus nicht dieselbe Bedeutung zukommen kann wie in Rechtsordnungen, die das Abstraktionsprinzip kennen: Steht etwa die Nichtigkeit oder Auflösung eines Vertrages in Rede, der auf die Übereignung einer Sache gerichtet war, so fällt das Eigentumaufgrund des kausalen Verständnisses der Übereignung ex lege zurück, ohne daß es der Geltendmachung eines Anspruchs aus ungerechtfertigter Bereicherung bedürfte. Obwohl die Systematik des Code Civil es nicht vorsah, kam es fast neunzig Jahre nach seinem lokrafttreten zur nachträglichen Anerkennung der ungerechtfertigten Bereicherung als allgemeines Prinzip des französischen Zivilrechts und damit zur Herausbildung einer allgemeinen Bereicherungsklage ("enrichissement sans cause") in Form der actio de in rem verso', die die von den beiden anderen Instituten nicht erfaßten Gebiete bereicherungsrechtlicher Sachverhalte abdeckt. Die Grundlage dieser Entwicklung bildete die Entscheidung der Cour de Cassation im "Arret Boudier"2: Ein Händler hatte dem Pächter eines Gutes Dünger geliefert, den dieser zur Bestellung der gepachteten Felder verwendete, aber nicht bezahlte. Später wurde der Pachtvertrag aufgelöst \Dld die noch nicht eingebrachte Emte vom Eigentümer des Gutes übernommen. Der Händler klagte gegen den Eigentümer auf Ersatz des Wertes des Düngers.
I Der Begriff der "actio de in rem verso" ist hier nicht mit der gemeinrechtlichen Versionsklage gleichzusetzen, sondern bezeichnet eine Bereicher\Dlgsklage im weitesten Sinne, vgl. Koch, Bereicher\Dlg und Irrtum, S. 77. 2 Cass. Requ 15.06.1892, D 18921 596.
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Dritter Teil: Rechtsvergleichende Betrachtung
Die Cour de Cassation befand, daß dem Kläger ein Wertersatzanspruch zustehe, und stützte diesen Anspruch in Ermangelung einer positivrechtlichen Grundlage auf die actio de in rem verso, die sie im Wege der richterlichen Rechtsfortbildung als eigenständiges, auf Billigkeitserwägungen gegründetes Rechtsinstitut anerkannte3. In der heutigen zivilrechtliehen Dogmatik wird das Prinzip des "enrichissement sans cause" von der herrschenden Ansicht als der Oberbegriff bereicherungsrechtlicher Klagen und die "repetition de l'indu" als Spezialfall verstanden4. Die beiden Formen bereicherungsrechtlicher Ansprüche stehen sich somit nicht in einem dem Gegensatzpaar Leistungs-, Nichtleistungskondiktion entsprechenden Verhältnis gegenüber, sondern die ,,repetition de l'indu" bildet lediglich einen besonderen Fall der allgemeineren Bereicherungsklage, di~ ihrerseits auch Ansprüche enthält, die nach deutschem Verständnis als Leistungskondiktionen zu qualifizieren wären. 1. Repetition de I 'indu Die "action en repetition" hat ihre gesetzlichen Grundlagen in Artt. 1376, 1235 C.C.5 Art. 1235 C.C. legt den allgemeinen Grundsatz fest, daß rechtsgrundlose Leistungen zurückzuerstatten sind ("ce qui a ete paye sans etre du, est sujet ä. repetition"), Art. 1376 C.C. drückt diesen Grundsatz aus der Sicht des Bereicherungsschuldners, Art. 1377 C.C. aus der Sicht des Bereicherungsgläubigers aus. Mit der "action en repetition" kann die Herausgabe einer Geld- oder Sachleistung ("payement") verlangt werden, die nicht geschuldet ()ndu") war, d.h. ohne rechtlichen Grund ("cause legitime")6 erbracht wurde. Eine solche Leistung kann in der Zahlung auf eine von vornherein nicht exi-
3 Cass. Requ. 15.06.1892, D 1892 1 596: "Attendu que cette action denvant du principe d' equite qui defend de s' enrichir au detriment d' autrui et n' ayant ete reglementee par aucun texte de nos lois, son exercise n'est soumis a aucune condition determinee ...". 4 Derouin, Le paiement de Ia dette d'autrui - Repetition de l'indu et enrichissement sans cause, D. 1980 Chron., S. 199; Carbonnier, Droit civil4 I Les Obligations, S. 536. 5 Ferid/Sonnenberger, Das französische Zivilrecht, Bd. 2, Rdnr. 2 N 4; Koch, S. 77, 80. 6
Cass. Civ. 02.07.1970, D. 1971, 41.
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stente, einredebehaftete oder bereits erfüllte Schuld, der Überzahlung einer bestehenden Schuld, der Zahlung an einen Nichtberechtigten (Fall des Art. 1376 C.C.) oder der Zahlung durch eine andere Person als den Schuldner (Fall des Art. 1377 C.C.7) bestehen8. Im letztgenannten Fall spricht man von einer Leistung, die "indu subjective", also nur relativ nicht geschuldet ist, während die anderen Fälle unter dem Begriff "indu objective" oder "indu absolu" zusammengefaßt werden9 Der Anwendungsbereich der repetition de l'indu entspricht also im wesentlichen demjenigen der Leistungskondiktion des deutschen§ 812 Abs. 1 S. 1, 1. Alt. BGB. Einen wesentlichen Unterschied sowohl zum deutschen als auch zum englischen Bereicherungsrecht weist das Institut der repetition de l'indu im Hinblick auf die Rückforderung einer auf der Grundlage eines illegalen Vertrages erbrachten Leistung auf: Gesetzeswidrige Verträge werden gern. Art. 1131 Code Civil als ex tune nichtig angesehen, woraus das französische Recht die Folgerung zieht, daß alles aufgrund solcher Verträge Geleistete von beiden Parteien unabhängig vom Maß ihrer persönlichen Schuld zurückverlangt werden kann; die ratio legis wird in dem Bestreben gesehen, illegalen Verträgen jegliche Wirkung zu nehmeniO. § 817 S. 2 BGB sowie die englische Doktrin schließen demgegenüber eine Rückforderung aus, wenn sich die Parteien ,,in pari delicto" befunden haben. Ein weiterer interessanter Unterschied zwischen dem französischen und dem deutschen Sachrecht findet sich im Bereich des Erfordernisses eines Irrtums als Voraussetzung fur einen Bereicherungsanspruch: Während das deutsche Recht die Kondizierbarkeit einer Forderung gern. § 814 BGB nur bei positiver Kenntnis der Nichtschuld ausschließt, setzt die repetition de l'indu nach zwar umstrittener, aber ganz herrschender Ansichtll einen Irrtum des Leistenden voraus. Den einzigen gesetzlichen Anhaltspunkt fur das Erfordernis eines Irrtums enthält Art. 1377 C.C., der vom Bereicherungsgläubiger als "une personne qui, par erreur, se croyait debitrice" spricht. Aus dieser Be-
7
Cass. Civ. 15.01.1985, Rev.trim.dr.civ. 1985, 728; zur AbgrenZWlg der Anwender beiden Bestimm~mgen vgl. Koch, S. 78. S. i.e. Ferid!.Sonnenberger, Rdnr. 2 N 7 ff
d~mgsbereiche
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9 Vgl. zur Tennino1ogie Carbonnier, S. 533: Staudinger-Lorenz, Vorbem. zu § 812, Rdnr. 13. 10 Vgl. nur Enonchong, 44 Int.Comp.L.Q. (1995), 196, 200 ff m.w.N. II Vgl. Ferid/Sonnenberger, Rdnr. 2 N 16; Carbonnier, S. 533 f; Derouin, D. 1980 Chron., S. 199, 200.
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Dritter Teil: Rechtsvergleichende Betrachtung
stimmung sowie historischen und systematischen Gründenl2 schloß ein Teil der französischen Literatur ("these extensive"), dem sich die Rechtsprechungl3 angeschlossen hat, daß das Vorhandensein eines Irrtums als allgemeine Voraussetzung einer repetition de l'indu zu fordern sei. Ein Irrtum im Sinne eines rechtsgeschäftliehen Willensmangels wird nicht vorausgesetzt, es genügt vielmehr jede Fehlvorstellung in bezug auf die Leistungspflicht, wobei nicht zwischen Tatsachen- und Rechtsirrtum unterschieden wird14; der Irrtum muß allerdings der entscheidende Grund für die Vornahme der zur Entreicherung führenden Handlung gewesen sein15. Eine nicht von Irrtum beeinflußte Leistung wird- wie auch im englischen Recht16- als ,,freiwillig" erbracht angesehen und stellt keine Grundlage für einen Herausgabeanspruch dar17. Dem Irrtum gleichgestellt sind arglistige Täuschung oder Drohung18; auch insofern weist also das französische Recht Parallelen zum englischen auf. Die "action en repetition" kann nur von demjenigen, der eine Leistung erbracht hat (,,solvens")l9 gegen den Empfanger dieser Leistung als den unmittelbar Bereicherten erhoben werden, nicht hingegen gegen den wirklichen Schuldner, der durch die irrtümliche Zahlung eines Dritten von seiner Schuld befreit wird. Gegen diesen kommt als Klageart lediglich die actio de in rem verso in Betracht20. Hieraus wird deutlich, daß das französische Recht in ähnlicher Weise wie das deutsche, das diese Unterscheidung mit Hilfe des Leistungsbegriffs erzielt, in einem Verhältnis, an dem mehr als zwei Personen beteiligt sind, auf eine Trennung der bereicherungsrechtlichen Verhältnisse bedacht ist. Das englische Recht unterscheidet hier nicht mit derselben Schärfe und kann die Zuordnung einer Leistung oder Zuwendung zu dem einen oder anderen Verhältnis erst auf der Rechtsfolgenebene unter Zuhilfenahme der "defences" des "bona fide purchase" oder "estoppel" bewerkstelligen, wobei allerdings die Berufung einer Parteien hierauf erforderlich ist21 . 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21
S. zu dieser Kontroverse i.e. Koch, S. 81 f Vgl. nur Cass. Soc. 20.06. 1966, D. 1967, 264. Fen"d/Sonnenberger, Rdnr. 2 N 16; Carbonnier, S. 537.
Cass. Soc. 20.06.1966, D. 1967, 264. S. dazu oben S. 107. Cass. Com., 24.02.1987, D. 1987, l. 244; Carbonnier, S. 534. Ferid/Sonnenberger, Rdnr. 2 N 18. Derouin, D. 1980 Chron., S. 199, 200. Derouin, D. 1980 Chron., S. 199; Cass. Com. 03.04.1978, D. 1978, I.R. 342.
Vgl. dazu oben S. 156.
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Auf der Rechtsfolgenseite weist die ,,repetition de l'indu" einen bedeutenden Unterschied zu der Leistungskondiktion des deutschen Rechts auf: Sie ist auf die Herausgabe des Erlangten in Natur oder, falls das eigentlich Erlangte nicht mehr vorhanden ist, auf Ersatz in Geld gerichtet (Art. 1379 C.C.), wobei die Frage, ob beim Empfänger noch eine Bereicherung vorhanden ist, außer Betracht bleibt22. Nach französischem Recht besteht somit für den in Anspruch Genommenen nicht die Möglichkeit einer Berufung auf eine dem deutschen§ 818 Abs. 3 BGB entsprechende Norm. Zwar wird auch in Frankreich die Grundlage des Bereicherungsrechts in einem "principe d' equite"23 gesehen; am Beispiel des Fehlens der Möglichkeit der Berufung auf den Wegfall der Bereicherung bei der "action en repetition" wird aber deutlich, daß das französische Recht in der Durchführung dieses Billigkeitsprinzips nicht so weit geht wie das deutsche. Eine weitergehende Haftung des bösgläubigen Empfängers, die in ihrer Funktion der deutschen Bestimmung des § 819 BGB entspricht, enthält das französische Recht in Art. 1378 C.C.: Wer weiß, daß er eine ihm nicht geschuldete Leistung empfangen hat, ist vom Tag der Zahlung an zur Verzinsung der Bereicherungsforderung und zur Herausgabe eventuell gezogener Früchte verpflichtet.
2. Enrichissement sans cause - Die actio de in rem verso Durch die Zulassung der actio de in rem verso relativiert das französische Recht die Trennung verschiedener Leistungsverhältnisse, indem es die Durchgriffskondiktion zuläßt. Insofern ist das Institut des ,,Enrichissement sans cause" der gemeinrechtlichen Versionsklage verwandt, obwohl sein Anwendungsbereich ansonsten weiter ist, wie schon der Kreis der Aktivlegitimierten einer Klage aus "enrichissement sans cause" verdeutlicht: Dieser Anspruch kann von jedem erhoben werden, der darlegen kann, daß ein anderer auf seine Kosten ohne rechtlichen Grund einen Vermögensvorteil erlangt hat. Ein Irrtum aufseitendes Entreicherten ist dabei nicht erforderlich24. Der Vermögensvorteil ("avantage") wird- wie auch das ,,Etwas" des deutschen § 812 BGB- im weitesten Sinne verstanden und kann sowohl in einem
22 Derouin, D. 1980 Cbron., S. 199. 23 Cass. Requ. 15.06.1892, D 1892 1 596. 24 Derouin, D. 1980 Chron., S. 199, 200.
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Dritter Teil: Rechtsvergleichende Betrachtung
Vermögenszuwachs als auch in der Ersparnis von Aufwendungen bestehen25. Korrespondierend zum Vermögensvorteil muß ein Verlust auf seiten des Anspruchstellers entstanden sein, der ebenfalls jegliche Form, einschließlich der Lieferung von Waren und der Erbringung von Dienstleistungen, annehmen kann26 Des weiteren ist ein innerer Zusammenhang zwischen Verlust und Bereicherung erforderlich, an den allerdings geringere Anforderungen gestellt werden, als sie die deutsche Dogmatik früher mit dem Merkmal der "Unmittelbarkeit" des Bereicherungseintritts beschrieb und heute ebenfalls mit Hilfe des Leistungsbegriffs bestimmt: Als ,,Bereicherung" im Sinne der actio de in rem verso kommt sowohl eine direkte als auch ein durch das Vermögen eines Dritten vermittelte Vermögensverschiebung in Betracht27. Dies verdeutlicht bereits die Entscheidung der Cour de Cassation im Arret Boudier28. Ein Kausalitätsverhältnis im Sinne der strengen deliktsrechtlichen Verursachung wird nicht vorausgesetzt; erforderlich, aber auch ausreichend ist es, daß die Entreicherung conditio sine qua non für den Bereicherungseintritt war29. Anhand des Überblicks über die tatbestandliehen Merkmale der actio de in rem verso wird ersichtlich, was die Cour de Cassation meinte, als sie im arret Boudier davon sprach, die Ausübung der dort neu geschaffenen Rechte sei ,,keinen festgelegten Voraussetzungen unterworfen": Die Tatbestandsvoraussetzungen sind sehr allgemein gehalten und bergen somit die Gefahr einer uferlosen Anwendbarkeit dieser Klageart In den auf den arret Boudier folgenden Jahren war die Rechtsprechung daher damit beschäftigt, den Anwendungsbereich der actio de in rem verso einzugrenzen30. Als begrenzendes Merkmal fungiert heute in erster Linie das Kriterium des mangelnden rechtlichen Grundes: Als Rechtsgründe erkennt das französische Recht heute im wesentlichen dieselben Umstände an, die auch einer Bereicherungsklage nach deutschem Recht entgegenstehen. Neben der Leistung donandi causa3I ist hier vor allem der Rechtsgrund einer Leistung solvendi causa zu nennen, worunter die Leistung auf eine vertragliche oder gesetzliche Verpflichtung unter Ein25 Vgl. Cass. Civ. 25.01.1965, Gaz. Pal. 1965.1 J. 198; Planiol/Ripert, Traite pratique de droit civil fran9ais, 2. ed., Tome 7, Obligations 2, S. 51 f m.w.N. 26 Carbonnier, S. 539. 27 28 29 30
Carbonnier, S. 540. Cass. Requ. 15.06.1892, D 18921 596.
Planiol/Ripert, S. 55. Vgl. Cass. Civ. 07.07.1896, D. 1898 1 18; 18.10.1898, D. 1899 l 105. 31 Carbonnier, S. 540.
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schluß von Naturalobligationen verstanden wird32. Hierbei ist es unerheblich, ob der Vertrag, auf den geleistet wurde, zwischen den Parteien eines Bereicherungsrechtsverhältnisses bestanden hat oder zwischen dem Bereicherten und einem Dritten geschlossen worden war, sofern dieser Vertrag nur einen Grund zum Behalten der empfangenen Leistung bildet33. Die Tatsache, daß auch ein im Verhältnis zu einem Dritten bestehender Rechtsgrund zum Ausschluß eines Anspruchs aus "enrichissement sans cause" ausreicht, ist von weitreichender Bedeutung. Hierdurch wird eine wesentliche Einschränkung der actio de in rem verso erreicht, die etwa dieselben Ergebnisse zeitigt wie die grundsätzliche Begrenzung der Leistungskondiktion des deutschen Rechts auf die jeweiligen Kausalverhältnisse, die mit Hilfe des Leistungsbegriffs und damit der Frage, ob eine Leistung ohne Rechtsgrund erfolgt ist, erzielt wird. Indem das französische Recht im Gegensatz dazu entscheidend auf die Frage des rechtsgrundlosen Empfanges einer Bereicherung abstellt, macht es im Ergebnis die Durchgriffskondiktion trotz der Anerkennung der actio de in rem verso ebenso zur Ausnahme wie das deutsche. Nicht nur Rechtsgründe, sondern auch rein tatsächliche Interessenlagen vermögen den Bereicherungsausgleich nach französischem Recht auszuschließen: So steht einem Kläger, der die zu seiner Entreicherung führende Handlung ausschließlich im Eigeninteresse vorgenommen hat, selbst dann kein Anspruch aus "enrichissement sans cause" zu, wenn sich daraus auch die Bereicherung eines anderen ergibt34. Dasselbe gilt im Fall der aufgedrängten Bereicherung35. Zur Beschränkung des Anwendungsbereichs der actio de in rem verso trägt schließlich auch ihr subsidiärer Charakter bei: Sie kann nur erhoben werden, wenn kein anderer Rechtsbehelf, etwa eine Klage aus Vertrag, unerlaubter Handlung oder "repetition de l'indu" in Betracht kommt36. Daß keine andere Klage in Betracht kommt, darf hierbei nicht auf ein "obstacle de droit" zurückzuführen sein, also auf ein rechtliches Hindernis wie die Verjährung oder die
32 Planiol/Riperl, S. 56 ff.; vgl. i.e. Ferid/Sonnenberger, Rdnr. 2 N 50 ff. 33 Planiol/Riperl, S. 61 f; Ferid/Sonnenberger, Rdnr. 2 N 56. 34 Cass. Civ. 19.10.1976, Bull. Civ. 1976 I Nr. 300; Planiol!Riperl, S. 64; Carbon-
nier, S. 540. 35 Planiol/Riperl, S. 65.
36 Ferid/Sonnenberger, Rdnr. 2 N 60; Planiol/Riperl, S. 71 ff.; Schlechtriem, IPRax 1995, 65, 68. 17 Plaßmeier
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rechtskräftige Abweisung einer zuvor erhobenen Klage37. Die actio de in rem verso ist daher nur statthaft, wenn ex lege kein anderer Rechtsbehelf gegeben ist oder dieser nicht zur Befriedigung des Entreicherten führen würde38. Im Gegensatz zur "action en repetition" steht dem aus "enrichissement sans cause" in Anspruch Genommenen die Einrede des Wegfalls der Bereicherung zu. Er kann sich mit schuldbefreiender Wirkung darauf berufen, das Empfangene sei zum Zeitpunkt der Klageerhebung nicht mehr in seinem Vermögen vorhanden gewesen39. II. Das Internationale Privatrecht
1. Die bisherige Rechtlage a) Die Literaturansichten Ebenso wie in Deutschland sind in Frankreich schon beinahe alle denkbaren Anknüpfungen für Bereicherungsansprüche vertreten worden, wie das gemeinsame Heimatrecht der Parteien, die Iex causae40 oder die Iex fori aus Gründen des ordre public41. Diese Anknüpfungsvorschläge sind jedoch vereinzelt geblieben42 und haben insbesondere auf die Rechtsprechung keinerlei Auswirkungen gehabt. Diese sowie die ganz herrschende Literatur hat vielmehr von jeher eine territoriale Anknüpfung gesucht. Beispielhaft für die von der ganz überwiegenden Mehrheit der Literatur43 vertretene Anknüpfung sei hier die Ansicht von Niboyef44 genannt: Er will auf Fälle der ,,repetition de l'indu" das Recht des Zahlungsortes anwenden, auf Fälle der actio de in rem verso das Recht am Ort des Bereicherungseintritts.
37 38 39 40 41 42
Cass. Civ. 29.04.1971 , Gaz.Pal. 1971 J. 554. Carbonnier, S. 541; vgl. i.e. Ferid/Sonnenberger, Rdnr. 2 N 62. Planiol/Ripert, S. 54 f Laurent, Le Droit Civillnternational, Tome VIII, S. ll.
Vgl. Planiol/Riperl, S. 76 f m.w.N.
Besonders deutlich wird dies von Arminjon, Precis de Droit international prive II, 3. ed., S. 317 ausgedrückt, der von einer dieser Ansichten als "opinion isolee" spricht; vgl. auch Audit, Droit international prive, S. 625. 43 Vgl. etwa Arminjon, S. 319 ff; Bourel, Les conflits de lois en matiere d'obligations extracontractuelles, S. 191 ff 44 Niboy et, S. 192 ff
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Zumindest für die letztgenannte Annahme konnte sich Niboyet auf die sehr spärliche einschlägige Rechtsprechung der Cour de Cassation stützen45. Einigkeit besteht nicht nur hinsichtlich der Anknüpfung des Hauptstatuts; auch die Tatsache, daß es sich bei der Frage der Rechtmäßigkeit einer eingetretenen Bereicherung bei beiden Formen bereicherungsrechtlicher Ansprüche um eine Vorfrage ("question prealable") handelt und daß diese Vorfrage sellr ständig anzuknüpfen ist, wird in Frankreich nicht bestritten46. Eine Erklärung dafür, warum es sinnvoll sein soll, zur Durchsetzung der einmal gefundenen Anknüpfung eine depefi:age in Form des nicht nur möglichen, sondern sogar wahrscheinlichen Auseinanderfallens des Statuts der Hauptfrage und des Statuts der Vorfrage in Kauf zu nehmen und dadurch Wertungswidersprüche zu provozieren, wird jedoch - soweit ersichtlich - weder von der Rechtsprechung noch in der Literatur gegeben. Die in Frankreich seit jeher starke Betonung der Unabhängigkeit der bereicherungsrechtlichen von den vertraglichen Ansprüchen hat offenbar dazu geführt, daß sie zum Zweck der international-privatrechtliehen Anknüpfung eher in die Nähe anderer gesetzlicher Ansprüche gezogen wurden als in die Nähe vertraglicher Obligationen47. Dies ist jedenfalls den Ausführungen von Niboyet zu entnehmen, der - insofern ähnlich der Sitztheorie Savignys - bemüht war, die ,)ocalisation dans l'espace" bereicherungsrechtlicher Ansprüche zu finden48, die einem oft gebrauchten Diktum zufolge an dem Ort zu finden sein soll, an dem derjenige Akt eingetreten ist, dem der Anspruch seine Entstehung verdankt. Eine ähnliche Begründung findet sich sowohl bei Planiol!R ipert49 als auch bei ArminjonSO und A udit5l, die sich auf die gesetzliche Natur eines 45 Cass. Civ. 23.02.1891, D. 1892. 1.29.
46 Planiol/Ripert, S. 77; Niboyet, S. 193, 194; Arminjon, S. 322 m. w.N.; App. Paris 28.02.1935, Rev. crit. dr. i. p. 1935, 748 (749). 47 In den Lehrbüchern zum französischen IPR werden bereichenmgsrechtliche Ansprüche regelmäßig zusammen mit Ansprüchen aus Wierlaubter HandlWig behandelt, vgl. nur Batiffol/Lagarde, Droit international prive, Tome 11, 7. ed., S. 249 ff. ; Derruppe, Droit International Prive, 10. ed.(1993), S. 113 ff. ; Loussouarn!Bourel, Droit International Prive, 4. ed. (1993), Rdnr. 399 ff. 48 Niboyet, S. 192; ähnlich Mayer, Droit international prive, 4• ed., S. 428 Wld Bourel, S. 191, der ausdrücklich von der Notwendigkeit eines "rattachement territorial" spricht. 49 s. 76 f. 50 S. 316. 51 17•
Droit international prive, S. 625.
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Bereicherungsanspruchs als Gegensatz zu solchen Obligationen berufen, die auf einer Willensentscheidung der Parteien beruhen und daraus schließen, daß die Privatautonomie bei seiner kollisionsrechtlichen Behandlung nicht beachtlich sei52; für die international-privatrechtliche Gleichbehandlung von Bereicherungs- und deliktischen Ansprüchen spreche auch die Tatsache, daß es das gemeinsame Ziel dieser Rechtsbehelfe sei, eine unberechtigte Situation auszugleichen53. Die territoriale Anknüpfung sei am ehesten in der Lage, die Einheitlichkeit der Behandlung von bereicherungs- und deliktsrechtlichen Ansprüchen sicherzustellen54. Die Entwicklung des französischen IPR der ungerechtfertigten Bereicherung stellt sich somit als der genaue Gegenpart der frühen in Deutschland geäußerten Ansichten dar, die entscheidend auf den Begriff des "Quasi-Vertrages" abstellten und daraus die Notwendigkeit der kollisionsrechtlichen Gleichbehandlung bereicherungs- und vertragsrechtlicher Ansprüche folgerten55 . Sie entspricht allerdings der in Deutschland in der zweiten Hälfte des letzten Jahrhunderts aktuellen Anknüpfung56 und bildet gleichzeitig ein typisches Beispiel für die kollisionsrechtliche Behandlung von Bereicherungsansprüchen im romanischen Rechtskreis. Dieselbe Anknüpfung kennt z.B. des italienische Recht, in dem das internationale Bereicherungsrecht nach herrschender Meinung zum Anwendungsbereich der Kollisionsnorm des Art. 25 Abs. 2 Disp. prel. Codice Civile gehört, nach der die außervertragliche Haftung ebenfalls vom Recht des Ortes bestimmt wird, an dem die Tatsache eingetreten ist, der sie ihre Entstehung verdankt57, 58. Eine Unterscheidung zwischen deliktischen und Bereicherungsansprüchen sieht das italienische IPR ebensowenig vor wie eine Differenzierung zwischen verschiedenen Kondiktionsarten; auch eine Rechtswahl durch die Parteien wird nicht zugelassen59.
52 Anders Laurent, Le Droit Civil International, Tome Vlll, S. 11, der die Basis bereicherungsrechtlicher Ansprüche in einer vermuteten Willensübereinstinunwtg sieht. 53 Planiol/Riperl, S. 76 f.; Audit, S. 625. 54 Bourel, S. 191 f. 55
S. dazu oben S. 27.
56
S. dazu oben S. 29.
57 Zit. nach Zweigerl!Müller-Gindullis, sec. 6. 58 Zur entsprechenden Anknüpfimg bereicherungsrechtlicher Ansprüche in der
Neuregelwtg des IPR der kanadischen Provinz Quebec vgl. oben S. 250. 59 Vgl. zum internationalen Bereicherungsrecht in Italien i.e. v.d. Seipen, Bereicherungsklage einer Bank nach Ausführung einer nicht geschuldeten Garantieleistwtg vor
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Batiffol!Lagarde vertreten für das französische IPR eine differenzierende Ansicht: Im Grundsatz befürworten auch sie die Anwendung des Bereicherungsortsrechts. Der Ort der Bereicherung sei gegenüber demjenigen der Entreicherung als Anknüpfungspunkt vorzuziehen, weil sich die Bereicherung nach außen hin auffälliger manifestiere als die Entreicherung. In Fällen der Zahlung auf einen nichtigen Vertrag sei jedoch die Iex causae vorzuziehen, weil diese die Einheitlichkeit der Situation besser zu erfassen in der Lage sei als das Abstellen auf den Ort des Eintritts der Be- oder Entreicherung60. Zu ähnlichen Ergebnissen führt auch der Vorschlag von La Pradel/e6!, der von der Anwendung des Rechts am Ort des Bereicherungseintritts allerdings eine weiterreichende Ausnahme zugunsten der Iex causae vorsieht: Er will nicht nur auf Bereicherungsansprüche, die ihren Ursprung in einem Vertrag haben, sondern auf alle Fälle der ,,repetition de l'indu", die durch die Nichtigkeit des zwischen den Parteien bestehenden Grundverhältnisses ausgelöst werden, das Recht dieses Grundverhältnisses anwenden. In neuerer Zeit wird, vor allem im Gefolge des Rom-Übereinkommens über das auf vertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht, auch in Frankreich wieder die generelle Anwendung der Iex causae diskutiert62. Anzeichen dafür, daß sich diese Anknüpfung als allgemeingültig durchsetzen könnte, sind jedoch bisher nicht ersichtlich63. b) Die Rechtsprechung
Im Gegensatz zu den Stellungnahmen in der Literatur hat die französische Rechtsprechung bisher noch an keiner Stelle eine ausdrückliche Regel für die Anknüpfung von Bereicherungsansprüchen niedergelegt. Es finden sich zwar einige Entscheidungen, die mit einer territorialen Anknüpfung des Bereicherungsanspruchs zu erklären sind, allerdings nur vage Andeutungen in diese
italienischen Gerichten - IPR und Sachnonnen des Bereicherungsausgleichs, IPRax 1991, 66. 60 Batiffol!Lagarde, S. 248 L ebenso Mayer, S. 428. 61 Les conflits de lois en matiere de nullites, S. 200 [.; Holleaux/Foyer/La Pradelle, Droit international prive, S. 613. 62 Batiffol!Lagarde, S. 254 f.; Loussouarn/Bourel, Rdnr. 410.
63 Vgl. Loussouarn/Bourel, ebd. : "Ces opinions ... ne paraissent pas avoir retenu 1' attention de Ia doctrine ni de Ia jurisprudence."
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Richtung enthalten. Als prominentes Beispiel wird häufig der berühmte Fall Lizardi64 genannt65: Der über 21jährige Mexikaner Lizardi hatte in Paris Schmuck gekauft Wld als Gegenleistungmehrere Wechsel begeben. Als er aus diesen Wechseln in Anspruch genommen wurde, berief er sich- inzwischen mit 25 Jahren nach mexikanischem Recht volljährig geworden - auf seine nach seinem Heimatrecht im Zeitplmkt der W echselbegeb~mg noch bestehende Mindetjährigkeit Wld klagte vor einem französischen Gericht auf die NichtigerkläriUlg der Wechsel. ln Frankreich wurde die Volljährigkeit zum damaligen Zeitplmkt mit 21 Jahren erreicht.
Die Cour de Cassation verweigerte Lizardi letztinstanzlieh die begehrte Nichtigerklärung und führte zur Begründung aus, die französischen Vertragspartner Lizardis haben "sans li~gerete, sans imprudence et avec bonne foi" auf dessen Geschäftsfähigkeit vertraut, die nach französischem Recht bereits gegeben gewesen wäre66. Neben seiner eigentlichen Bedeutung im Zusammenhang mit dem Verkehrsschutz in bezug auf Mängel der Geschäftsfähigkeit, die dem Recht des Vomahmeortes eines Rechtsgeschäfts unbekannt sind, weist dieser Fall auch international-bereicherungsrechtliche Implikationen auf. Ein Teil der französischen Literatur erblickt hierin jedenfalls eine Bestätigung der These, daß auf Bereicherungsansprüche das Recht des Ortes des Bereicherungseintritts anzuwenden sei. Die Bereicherung Lizardis sei durch den Empfang des gekauften Schmucks in Frankreich eingetreten und die Cour de Cassation habe deshalb französisches Recht angewendet, um den Eintritt einer ungerechtfertigten Bereicherung zu verhindem67 Angesichts der Tatsache, daß eine allgemeine Bereicherungsklage zur damaligen Zeit in Frankreich noch gar nicht anerkannt war, und mangels eines deutlichen Hinweises darauf, daß die Cour de Cassation den Fall tatsächlich unter bereicherungsrechtlichen Aspekten betrachtet hat, erscheint diese Auslegung der Lizardi-Entscheidung allerdings zweifelhaft.
64 Cass. Requ. 16.01.1861, D. 1861.1.193. 65 Vgl. nur Niboyet, Traite de droit international prive franyais, Tome V, S. 192, 196; Bourel, Les conflits de lois en matiere d'obligations extracontractuelles, S. 191, 192. 66 Cass. Requ. 16.01.1861, D. 1861.1.193 (195).
67 So vor allem Bourel, S. 192; Niboyet, S. 196.
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Eine weitere Entscheidung68, auf die in der Literatur häufig verwiesen wird69, läßt eine eindeutige Festlegung des Standpunkts der französischen Rechtsprechung zum internationalen Bereicherungsrecht zwar auch nicht ohne weiteres zu, verfestigt aber die Tendenz zur territorialen Anknüpfung: Eine Witwe Schweizer Staatsangehörigkeit hatte mit einer Bank in Paris finanzielle Transaktionen getätigt, die ihr aufgrund ihrer Stelhmg als Nachlaßverwalterin über das Vermögen ihres verstorbenen Ehemannes Zllg\Dlsten der gemeinsamen Kinder ohne Zustimmung nicht gestattet waren. Im Laufe dieser Geschäfte hatte sie unter anderem ein Darlehen aufgenommen und der Bank zur Sicherheit ein Pfandrecht an Beteiligungsscheinen ihres Ehemannes an einem Schweizer Unternehmen bestellt. Unter Berufimg auf die Nichtigkeit dieser Pfandrechtsbestellung verlangte sie die Herausgabe der Beteiligungsscheine.
Die Cour de Cassation gab der Klage Zug um Zug gegen Rückzahlung des Darlehens statt. Das Gericht stützte sich dabei auf den seinerzeit schon allgemein anerkannten Rechtsgrundsatz ,,nul ne peut s'enrichir aux depens d'autrui" und lehnte ausdrücklich die Anwendung des Rechts des Personalstatuts der Klägerin, auf das die Unwirksamkeit der Pfandrechtsbestellung zurückzuführen war, zugunsten der Anwendung des am Ort des Bereicherungseintritts geltenden französischen Rechts ab. In jüngerer Zeit wandte die Cour de Cassation70 auf einen Anspruch aus ,,repetition de l'indu" aufgrund eines nichtigen Vertrages ebenfalls ohne ausdrückliche Stellungnahme zu kollisionsrechtlichen Fragen, insbesondere zum Vertrag:;statut, Art. 1376 C.C. an. Eine letzte Bestätigung der territorialen Anknüpfung meint die neuere französische Literatur?! in einer ebenfalls bekannten Entscheidung der Cour de Cassation72 gefunden zu haben, die zum internationalen Deliktsrecht ergangen ist und in der auf den Fall eines Autounfallszweier Franzosen in Spanien die Iex loci delicti commissi trotz der gemeinsamen Staatsangehörigkeit der Beteiligten angewendet wurde. Das Gericht nahm diesen Fall zum Anlaß, nochmals zu betonen, daß sämtliche außervertraglichen Ansprüche dem Recht 68 Cass. Civ. 23.02.1891, D. 1892.1.29. 69 Batiffol!Lagarde, S. 254; Bourel, S. 192 f; Niboyet, S. 196. 70 Cass. Civ. 18.06.1969, Rev.crit.dr.i.p. 1970,464. 71 Loussouarn!Bourel, Rdnr. 410; Mayer, S. 427; Holleaux!Foyer!La Pradelle, Droit international prive, S. 613. 72 Cass. Civ. 01.06.1976, Clunet 1977,91.
264
Dritter Teil: Rechtsvergleichende Betrachtung
des Ortes zu unterwerfen seien, an dem das Ereignis eingetreten ist, auf dem die Entstehung des Anspruchs beruht. Aufgrund dieser neuerlichen Bestätigung und der traditionellen Gleichbehandlung von deliktischen und bereicherungsrechtlichen Ansprüchen kann es derzeit als wohl gesicherte Erkenntnis gelten, daß Ansprüche aus "Quasi-Contrat" von der französischen Rechtsprechung territorial angeknüpft werden.
2. Die Rechtslage nach der Umsetzung des Rom-Übereinkommens über das aufvertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht Am 01.04.1991 ist in Frankreich das Rom-Übereiflkommen über das auf vertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht in Kraft getreten73. Es ist nicht ersichtlich, daß Frankreich bei der Umsetzung des Übereinkommens von der in Art. 22 Abs. 1 vorgesehenen Option, Art. 10 Abs. 1, Ziff. e) nicht in das nationale IPR zu transformieren, Gebrauch gemacht hätte74. Für die zukünftige Rechtsanwendung auf dem Gebiet des internationalen Bereicherungsrechts in Frankreich ergeben sich daraus gewichtige Konsequenzen: In denjenigen Fällen, in denen eine eingetretene Bereicherung sich als ,,Folge der Nichtigkeit eines Vertrages" darstellt, wird gern. Art. 10 Abs. 1, Ziff. e) des Rom-Übereinkommens in Zukunft die Iex causae anzuwenden sein. Dies betrifft einen wesentlichen Teil des Anwendungsbereichs der ,,repetition de l'indu", in geringerem Ausmaß auch die actio de in rem verso. Um so erstaunlicher ist es, daß die neuere französische Literatur diesen Einfluß des Übereinkommens offenbar noch nicht zur Kenntnis genommen hat und nach wie vor von der ausschließlichen Anwendung des Rechts am Ort der Entreicherung auf Bereicherungsansprüche ausgeht75 Für die Zukunft ist also die Rechtslage im französischen IPR so zu beurteilen, wie es bereits zuvor die differenzierende Lösung von Batiffol/Lagarde vorsah: Bereicherungsansprüche unterliegen dem Recht am Ort des Bereicherungseintritts, sofern sie nicht in den Anwendungsbereich des Art. 10 Abs. 1, Ziff. e) des Rom-Übereinkommens fallen.
73 Derruppe, S. 116. 74 Bei Jayme/Hausmann, Internationales Privat- tmd Verfahrensrecht, werden in der neusten 7. Aufl. ( 1994) aufS. 113 (Fn. 13) weiterhin nur Italien tmd das Vereinigte
Königreich als Länder genannt, die die Option des Art. 22 Abs. 1 b) wahrgenommen haben. 75 Vgl. Derruppe, S. 113; Loussouarn!Bourel, Rdnr. 410; anders andeuttmgsweise Mayer, S. 428, Fn. 24; Audit, S. 626.
G. Österreich und Schweiz
265
G. Das internationale Bereicherungsrecht in Österreich und der Schweiz Nachdem die Rechtszustände im französischen Recht sowie in vier Ländern des anglo-amerikanischen Rechtskreises untersucht wurden, deren Systematik sowohl des Sach- als auch des Kollisionsrechts sich am deutlichsten vom derjenigen des deutschen Rechts unterscheidet, soll im folgenden noch auf die Rechtsordnungen Österreichs und der Schweiz eingegangen werden. Beide Rechte weisen nicht nur enge Verwandtschaften und gemeinsame rechtshistorische Wurzeln mit dem deutschen Recht auf, sondern sie verfügen auch über verhältnismäßig neue IPR-Kodifikationen, in denen im Gegensatz zum EGBGB jeweils auch eine ausdrückliche Normierung des internationalen Bereicherungsrechts enthalten ist. Die folgende Betrachtung beschränkt sich auf die international-privatrechtliehen Situation, zumal das Sachrecht der ungerechtfertigten Bereicherung sowohl in der Schweiz als auch in Österreich mit dem deutschen Recht mehr Gemeinsamkeiten als Unterschiede aufweist76. I. Das internationale Bereicherungsrecht Österreichs
1. Die frühere Rechtslage
Die Entwicklung des internationalen Bereicherungsrechts in Österreich bis zur Kodifikation in § 46 IPRG verlief parallel zu derjenigen in Deutschland. In der Literatur herrschte hier allerdings wesentlich länger als in Deutschland die einheitliche und ausschließlichen Anwendung des Rechts des Wohnsitzes des Bereicherungsschuldners vor, die im Anschluß an die Gebhardschen Entwürfe von Walker?? vorgeschlagen und von diesem auch 196478 noch vertreten wurde. Eine abweichende Auffassung findet sich in der früheren Literatur bei Bolla79, die unterschied zwischen Fällen der Zahlung auf Nichtschuld (§§ 1431 ff. ABGB), die nach dem Statut des Grundverhältnisses beurteilt werden sollten, und Fällen, in denen die Bereicherung aus sachenrechtliehen Vorgängen entsteht, und die nach der Iex rei sitae der betroffenen Sache zu behandeln seien.
76 Vgl. zum Sachrecht die Darstelhmg bei Staudinger-Lorenz, Vorbem. zu § 812, Rdnr. 7 f (Österreich) bzw. Rdnr. 9 ff. (Schweiz). 77 Internationales Privatrecht, S. 482. 78 In: Klang, Kommentar zum ABGB, 2. Aufl., Bd. 1,1, S. 243. 79 Gnmdriß des Österreichischen Internationalen Privatrechts, S. 115 f
266
Dritter Teil: Rechtsvergleichende Betrachtung
Auch in der Entwicklung der Rechtsprechung sind Parallelen zwischen beiden Ländern insofern unverkennbar, die auch in ÖSterreich lange ein "äußerst uneinheitliches Bild"80 vorherrschte. Anders als die deutsche Rechtsprechung nahm der OGH jedoch schon recht früh in einer Entscheidung aus dem Jahre 1955 an, daß Bereicherungsansprüche, die auf eine vertragliche Beziehung zurückzuführen sind, nicht nach dem Recht des Wohnsitzes des Bereicherungsschuldners, sondern in Abhängigkeit vom Vertragsstatut zu behandeln seien81. Ohne auf diese vorangegangene Entscheidung einzugehen, wandte dasselbe Gericht allerdings bereits zwei Jahre später82 auf einen Fall der Zahlung einer Nichtschuld das Recht des Ortes des Bereicherungseintritts an. Wiederum zwei Jahre später stellte sich der OGH auf den seinerzeit auch noch im Schrifttum vertretenen Standpunkt, Bereicherungsansprüche seien ,Jn der Regel nach dem Recht am Wohnsitz des Schuldners zu behandeln"83. Eine Begründung dieser Ansicht wurde in der Natur der Bereicherungsansprüche gefunden: Diese seien schuldnerbezogen insofern, als der Schuldner nur das Empfangene herauszugeben habe, ,,gleichgültig ob damit den Interessen des Gläubigers bereits voll entsprochen wird oder nicht"84. Aus dieser auf das Sachrecht gestützten personellen Fixierung des Bereicherungsanspruchs glaubte der OGH, die genannte Kollisionsnorm ableiten zu können, ohne daß hierbei eine Differenzierung nach verschiedenen Kondiktionsaften vorgenommen wurde. Die Frage, ob dieser Grundsatz auch gelten sollte, wenn ein Bereicherungsanspruch keinen inneren Zusammenhang zu einem Vertragsverhältnis aufweist, oder ob statt dessen in solchen Fällen an den Ort des Bereicherungseintritts anzuknüpfen sei, konnte der OGH in einer weiteren Entscheidung85 zunächst noch offen lassen, da in diesem Fall beide Anknüpfungen zum selben Ergebnis führten. Erst in einem Urteil aus dem Jahre 197086 gelangte der OGH unter Berufung auf die ,,neuerdings in den Vordergrund tretende"87 Ansicht von Zwei-
80 81 82 83 84 85 86 87
So Schwind, Handbuch des Österreichischen Internationalen Privatrechts, S. 341. OGH 22.06.1955, SZ 28/168, S. 432. OGH 27.11.1957, SZ 30/79, S. 260. OGH 18.11.1959, SZ 32/149 (Ls.) = ÖJZ 1960 EvBI. Nr. 69. OGH 18.11.1959, SZ 32/149, S. 413 f OGH 02.10.1969, ÖJZ 1970 EvBI. Nr. 75. OGH 30.04.1970, ZfRV 1971, 45. OGH, ZfRV 1971, 45 , 46.
G. Österreich Wld Schweiz
267
gert88 erstmals zu der Überzeugung, daß eine Differenzierung zwischen verschiedenen Kondiktionsaften vorzunehmen und "der Auffassung, daß internationalrechtliche Bereicherungsansprüche einheitlich zu beurteilen sind, ... entgegenzutreten" sei. Mangels hinreichender tatsächlicher Feststellungen der Instanzgerichte zeitigte diese Erkenntnis hier allerdings noch keine Auswirkungen. Dies geschah erst fünf Jahre später, als der OGH89 zu dem bereits in SZ 28/168 vertretenen Grundsatz zurückkehrte, wonach Bereicherungsansprüche, die im Zusammenhang mit einem Vertragsverhältnis stehen, nach dem dieses Verhältnis beherrschenden Recht und nicht nach dem Recht des Schuldnerwohnsitzes zu beurteilen sind. Im entschiedenen Fall wurde auf die Rückforderung einer irrtümlich doppelt erbrachten Leistung zum Erwerb einer in Wiesbaden belegenen Apotheke deutsches Recht angewendet, das das Vertragsstatut beherrschte.
Nähere Ausführungen zur grundsätzlichen Anknüpfung von Bereicherungsansprüchen machte der OGH aber auch hier nicht, so daß der Standpunkt der Österreichischen Rechtsprechung zum internationalen Bereicherungsrecht letztlich bis zum Inkrafttreten des IPRG nicht vollständig geklärt werden konnte. 2. Die Lehre vom" Vemichtungsstatut"
Als Österreichische Besonderheit ist die von Bydlinski90 1961 konzipierte Lehre vom "Vernichtungsstatut" zu erwähnen, die später von Hoyer91 fortgeführt wurde und eine markante Abweichung des Österreichischen Schrifttums von den in Deutschland geäußerten Lehrmeinungen92 zur Anknüpfung von Bereicherungsansprüchen bildet. Den Anlaß zur Entwicklung dieser Theorie bot eine Entscheidung des Österreichischen OGH93, der folgender Sachverhalt zugrunde lag:
88 SJZ 1947 (!), Sp.247- 253. 89 In OGH 18.11.1975, ztRV 1978, 47. 90 ztRV 1961, 22. 91 Probleme des Bereichef\Dlgsstatuts im Österreichischen IPR, ztRV 1971, I.
92 Aufgenommen wurde diese Theorie in Deutschland lediglich von Degner, RIW
1983, 825, 829, der sich in Fällen der Rückabwickhmg von Verträgen, deren Unwirksamkeit auf der mangelnden Geschäftsfähigkeit einer Partei beruht, fiir die AnwendWlg des "Vertragsvemicht\Dlgsstatuts" ausspricht, s. dazu !Dlten S. 322.
93 OGH 24.06. 1959, ztRV 2 (1961) 18.
268
Dritter Teil: Rechtsvergleichende Betrachtm1g
Die Klägerin, ein Unternehmen mit Sitz in der Schweiz, hatte im Jahre 1951 mit der Beklagten, einem Österreichischen Unternehmen, einen Vertrag über die Einfuhr von Erdnußöl nach Österreich geschlossen. Der Beklagten war zuvor eine Einfuhrgenehmigwg erteilt worden, die jedoch auf eine Firma in Beirut lautete, mit der die Beklagte zuerst in Kontakt getreten war. Die Klägerin kaufte vertragsgemäß das Öl in Rotterdam, wofür sie$ 22.260 auslegen mußte, Wld versandte es an eine Spedition in Wien. Dort wurde der Verkaufserlös von S 782.478,50 mangels einer gültigen Einfuhrgenehrnigwg beschlagnahmt Wld erst zwei Jahre später wieder freigegeben. Die Parteien teilten den Erlös derart, daß die BeklagteS 135.000,- Wld die Klägerin den restlichen Betrag erhielt. Mit der Klage machte die Klägerin einen Verzugsschaden, hilfsweise einen mit der Nichtigkeit des GrWldgeschäfts begründeten Anspruch auf Herausgabe der S 135.000,- geltend, die die Beklagte bei der VerteilWlg des Erlöses bekommen hatte. Die Beklagte erhob Widerklage mit dem An-· trag, die Klägerin zum Ersatz der zur VeräußefWlg des eingeführten Öls erforderlichen Aufwendm1gen zu verurteilen.
Der OGH fiihrte aus, auf den zwischen den Parteien geschlossenen Vertrag sei nach österreichischem IPR zwar grundsätzlich das Recht der Schweiz als das Recht des Abschlußortes anzuwenden (§ 37 ABGB a.F.); daneben seien jedoch auch die zwingenden Vorschriften des Österreichischen Recht zu beachten, weil die Erfiillung des Vertrages Folgen in Österreich nach sich ziehen sollte. Zu diesen zwingenden Vorschriften zählte das Gericht auch eine Norm des Devisenrechts, die die Übernahme einer Geldverpflichtung gegenüber einem Ausländer unter die Voraussetzung einer behördlichen Bewilligung stellte, und nach der das Fehlen der Bewilligung die Nichtigkeit des Vertrages zur Folge hatte. Auf den infolge dieser Nichtigkeit entstehenden Bereicherungsanspruch der Klägerin wandte der OGH österreichisches Recht an, wobei die Frage offen bleiben konnte, ob dieses Recht aufgrund der Tatsache anzuwenden war, daß der Bereicherungsschuldner seinen Sitz in Österreich hatte, oder ob die Wahl des anzuwendenden Rechts aus dem Eintritt der Bereicherung in Wien folgte. Der mit der Widerklage verfolgte Anspruch auf Aufwendungsersatz wurde ebenfalls bereicherungsrechtlich qualifiziert; einer direkten Anwendung der o.g. kollisionsrechtlichen Grundsätze war dieser Anspruch allerdings nicht zugänglich, denn er beruhte nach Ansicht des OGH nicht auf einer Leistung, die auf der Grundlage des nichtigen Vertrages erbracht worden war. Gleichwohl wurde im Ergebnis österreichisches Recht auch auf diesen Anspruch angewendet, weil zwischen ihm und dem Anspruch der Klägerin ein "rechtliches Konnex" bestanden habe; im Hinblick auf den rechtlichen Zusammenhang zwischen Anspruch und Gegenanspruch müsse auf beide Ansprüche dasselbe Recht angewendet werden94.
G. Österreich wtd Schweiz
269
Im Anschluß an diese Entscheidung entwickelte Bydlinski die Lehre vom "Vernichtungsstatut", die sich zunächst auf seine Ablehnung der Ansicht des OGH gründet, zwingende Normen des Rechtsam Erfüllungsort eines Vertrages seien unabhängig vom Vertragsstatut anzuwenden. Nach seiner Ansicht sollte dieser zu allgemein gefaßte Satz durch eine Regel ersetzt werden, wonach zwingendes Recht der Iex fori stets maßgeblich sei, wenn es nach Inhalt und Zweck unbedingt angewendet werden wolle95, 96. Diese Regel setzt Bydlinski für die Frage der Anknüpfung von Bereicherungsansprüchen um, indem er fordert, diese müsse sich ebenfalls nach der Rechtsordnung richten, "welche ... die von den Parteien vereinbarten Rechtsfolgen verweigert oder beseitigt", selbst wenn diese Rechtsordnung den Vertrag ansonsten nicht beherrscht. Nur diese Rechtsordnung könne die Folgen der von ihr bewirkten Unwirksamkeit sachgerecht bestimmen97. Wie schon aus dieser grundlegenden Bestimmung des "Vernichtungsstatuts" ersichtlich wird, stößt diese Ansicht bereits in solchen Fällen an ihre Grenzen, in denen ein Vertragsverhältnis nicht von nur einer, sondern von mehreren Rechtsordnungen vernichtet wird, also z.B. in Fällen mangelnder Geschäftsfähigkeit beider Vertragsparteien mit unterschiedlichem Personalstatut. Bydlinski sieht sich hier nicht zu Unrecht ,,zur Rückkehr zum Vertragsstatut gezwungen", weil die Alternative, die gegenseitigen Bereicherungsansprüche getrennt anzuknüpfen, zu unerträglichen Ergebnissen führe und hier im übrigen das Argument durchschlage, "daß die Parteien die Leistung im Hinblick auf das Kausalverhältnis und seine Rechtsordnung erbringen"98. Haben die Parteien das Bestehen einer Vereinbarung nur irrtümlich angenommen, so soll nach Bydlinski für die Rückabwicklung von Leistungen, die auf eine solche von vornherein nicht bestehende Verbindlichkeit erbracht wurden, an das Statut des angenommenen Kausalverhältnisses angeknüpft werden99.
94 OGH, ZfRV 1961, 18, 21.
95 Bydlinski, aaO., S. 28. 96 Im Ergebnis entspricht diese Ansicht also der die Anwendbarkeit von Eingriffs-
normen im Rahmen des Vertragsstatuts regelnden Bestim.mwtg des heutigen deutschen Art. 34 EGBGB. Dies gilt zumindest fiir eine Ausprägwtg des Art. 34 EGBGB, vgl. MünchKomm-Marliny, Rdnr. 2 zu Art. 34. 97 Bydlinski, aaO., S. 30 f 98 S. 31.
Dritter Teil: Rechtsvergleichende Betrachtung
270
Der Theorie vom "Vernichtungsstatut", die in Österreich weitgehende Gefolgschaft gefunden hat100, schloß sich ohne nähere Diskussion oder Begründung auch der OGH in einer weiteren Entscheidung101 an, die wiederum die Rückabwicklung von Leistungen betraf, die auf einen durch devisenrechtliche Bestimmungen "vernichteten" Vertrag erbracht worden waren. Weiterentwickelt und leicht modifiziert wurde die Theorie vom "Vernichtungsstatut" durch Hoyer102. Er will im Fall der "Vernichtung" eines Vertrages infolge mangelnder Geschäftsfähigkeit beider Parteien nicht - wie von Bydlinski vorgeschlagen - das Vertragsstatut zur Anwendung bringen, sondern das Recht des ,,gemeinsam angenommenen Rechtsverhältnisses", das jeden-falls einem Vertragsstatut vorzuziehen sei, das den Vertrag für wirksam hält103. Wie dieses Statut zu bestimmen ist und wie es sich in der praktische~ Anwendung vom Vertragsstatut unterscheidet, wird allerdings nicht näher erklärt und ist auch nicht erfindlich. Sei ein Vertrag einmal wirksam zustande gekommen und später durch eine Verbotsnorm beseitigt worden, so müsse das Statut, dem die Verbotsnorm entstammt, auch über die bereicherungsrechtlichen Folgen der Vertragsvernichtung entscheiden, um den Zweck der Verbotsnorm auch wirksam durchzusetzen. Daß die Anwendung des "Vernichtungsstatuts" nicht zu überzeugen vermag, offenbaren schon die von Bydlinski selbst erkannten Fälle, in denen ein Vertrag von mehr als einer Rechtsordnung vernichtet wird. Richtigerweise muß davon ausgegangen werden, daß nicht nur in diesen, sondern auch in allen anderen Fällen der Rückabwicklung vertraglicher Leistungen die Anwendung der Iex causaezwingend ist104 und das "Vernichtungsstatut" keine qualitativ vergleichbare Alternative hierzu darstellt. Die Lehre vom "Vernichtungsstatut" ist inzwischen auch in Österreich durch die !PR-Reform überwunden. Wie der OGH in einer Entscheidung aus dem Jahr 1989105 feststellte, die wiederum einen Vertrag betraf, der von einer
99
s. 31 f
100 Vgl. Lorenz, Festschrift Zweigert, S. 207, Fn. 22 m.w.N. 101 OGH 06.04.1976, JBI. 1977,36,37. 102 ZfR.V 1971, 1 ff.; ebenso Schwind, Handbuch des IPR, S. 338 ff. 103 AaO., S. 8. 104 Ebenso Lorenz, Festschrift Zweigert, S. 207. 105 OGH 27.04.1989, ZfRV 1990, 133.
G. Österreich tmd Schweiz
271
inländischen Eingriffsnormi06 "vernichtet" worden war, entsprach diese Ansicht zwar "der Rechtslage vor dem IPRG"; die Regelung des § 46 IPRG, die auf die Erwägung des Gesetzgebers zurückzuführen sei, im Interesse des inneren Entscheidungseinklangs die Rechtsordnung, die das zugrunde liegende Rechtsverhältnis beherrscht, auch auf Rückabwicklungsansprüche anzuwendeni07, unterstellt Bereicherungsansprüche aus unwirksamen Schuldverhältnissen nunmehr ausdrücklich akzessorisch dem Vertragsstatut lOS. 3. Die Rechtslage seit Jnkrafltreten der Regelung des§ 46 IPRG
Die Behandlung von Bereicherungsansprüchen gemäß § 46 des Österreichischen IPRGI09, das am 15. Juni 1978 in Kraft getreten ist, steht ebenso wie die gesamte Anknüpfung schuldrechtlicher Rechtsverhältnisse unter dem obersten Grundsatz der kollisionsrechtlichen ParteiautonomiellO, der sich aus § 35 IPRG ergibt. Diese Norm bestimmt - ähnlich wie Art. 27 EGBGB -, daß Schuldverhältnisse primär nach dem ausdrücklich oder schlüssig von den Parteien gewählten Recht zu beurteilen sind. Ein interessantes Detail birgt hierbei die Verweisung auf§ 11 IPRG, der in Abs. 2 die Unbeachtlichkeit einer schlüssigen Rechtswahl vorsieht, die von den Parteien im Rahmen eines anhängigen Gerichtsverfahrens getroffen wirdlll . Diese beispielhafte Regelung dürfte der Tendenz der Praxis, Sachverhalte qua konkludente Rechtswahl ,,heimzuholen", in effektiver Weise entgegenwirken. Ist weder eine ausdrückliche noch eine konkludente Rechtswahl festzustellen, so folgt die objektive Anknüpfung nach der Auffassung von Schwimann112 und Hoyer113 nicht der Trennung zwischen Leistungs- und Nichtlei-
106 § 2 Abs. 1 österr. Außenhandelsgesetz, der vorsieht, daß Rechtsgeschäfte, zu d~ ren Durchfiihn.mg eine Aus- oder Einfuhrbewilligtmg erforderlich ist, als tmter der aufschiebenden Bedingtmg geschlossen gelten, daß die Bewilligtmg erteilt wird, vgl. OGH, ZfRV 1990, 133 (134). 107 OGH, ZfRV 1990, 133, 135.
108 Ebenso OGH 30.09.1992, WBI. 1993, 25, 27. 109 Vgl. zum vollständigen Wortlaut Anhang G. (S. 426). 110 Hoyer. Die Anknüpfung der gesetzlichen Schuldverhältnisse im Österreichischen
Internationalen Privatrecht, in: Schwind (Hrsg. ), Europarecht, Internationales Privatrecht, Rechtsvergleichtmg, S. 75.
III Kritisch dazu Mänhardt, Die Kodifikation des Österreichischen Internationalen Privatrechts, S. 85 ff.
272
Dritter Teil: Rechtsvergleichende Betrachtung
stungskondiktion, sondern das Gesetz unterscheidet zwischen Rückabwicklungsansprüchen und Ersatzansprüchen freiwilliger Drittzahler einerseits und sonstigen Bereicherungsansprüchen andererseits. Sowohl der Wortlaut des § 46 IPRG als auch der Anwendungsbereich der einzelnen Alternativen dieser Vorschrift legt es jedoch näher, mit dem OGH114 davon auszugehen, daß die Kollisionsnorm in Entsprechung der auch dem Österreichischen Sachrecht zugrunde liegenden Systematik folgend zwischen Leistungs- und Nichtleistungskondiktionen unterscheidet115. Für letztere statuiert § 46 IPRG in S. 1 die grundsätzliche Maßgeblichkeit des Rechts am Ort des Bereicherungseintritts, um inS. 2 von diesem Grundsatz eine Ausnahme für diejenigen Fälle zu machen, in denen eine Bereicherung auf einer Leistung beruht, die auf der Grundlage eines Rechtsverhältnisses erbracht wurde. Diese Ansprüche unterstellt die Norm ebenso wie Ansprüche "auf Ersatz eines Aufwandes, den ein anderer hätte machen müssen"116 akzessorisch den "Sachnormen des Staates, dessen Sachnormen" das zugrunde liegende Rechtsverhältnis beherrschen 117. Der Kernbegriff, mit dem die Regelung des § 46 IPRG eine Abgrenzung zwischen verschiedenen, kollisionsrechtlich unterschiedlich zu behandelnden Kondiktionsaften vornimmt, ist somit der des ,,.Rechtsverhältnisses". Die Reichweite dieses Zentralbegriffes ist in der Literatur zum Österreichischen IPR umstritten: Schwimann118 geht davon aus, daß neben einem Grundverhältnis, das tatsächlich einmal bestanden hat, zum Zweck der Anknüpfung auch die ,,subjektive causa" ausreichen muß, also ein Sachverhalt, der, ohne
112 In: Rummel, ABGB, Bd. 2, Rdnr. 1 zu§ 46 IPRG. 113 Die An.knüpfimg der gesetzlichen Schuldverhältnisse im IPR, S. 75 , 77. 114 OGH 13.01.1981, SZ 54/2, S. 8: "§ 46 IPRG unterscheidet die Bereichenmgsansprüche nach Leistungskondiktionen und solchen, die auf andere Weise hervorgerufen wurden."; ebenso Beitzke, Neues österreichisches Kollisionsrecht, RabelsZ 43 ( 1979), 245, 273. 115 In diesem Sinne wohl auch Schlechtriem, IPRax 1995, 65. 116 Die besondere Erwähnung der Impensen ist darauf zurückzuführen, daß das Österreichische Sachrecht in § 1042 ABGB eine Sonderregelung für den Regreß im Fall der Zahlung fremder Schulden enthält, wonach demjenigen, der ,,für einen anderen einen AufWand macht, den dieser nach dem Gesetze selbst hätte machen müssen" ein Ersatzanspruch zusteht vgl. dazu Rummel-Rummel, AGBG, Bd. l, Rdnr. l - 7 zu § 1042; Beitzke, S. 274. 117 Rummel-Schwimann, ABGB, Bd. 2, Rdnr. 2a zu § 46 IPRG. 118In: Rummel, Rdnr. 2b zu§ 46 IPRG; ebenso i.E. OGH 2l.ll.l989, ZfRV 1991, 305,309.
G. Österreich Wld Schweiz
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selbst rechtliche Verpflichtungen zu begründen, ,,in der Vorstellung der Parteien den Leistungswillen und die Zweckwidmung auf der Seite des Leistenden ausgelöst hat". Diese unklare Formulierung wird von ihm in Anlehnung an die Gesetzesmaterialien dahingehend konkretisiert, daß eine einseitige Fehlvorstellung des Leistenden, zur Leistung verpflichtet zu sein, noch keinen hinreichenden Grund fiir die akzessorische Anknüpfung biete; erforderlich sei vielmehr ein in der übereinstimmenden Vorstellung beider Parteien "eindeutig konkretisiertes" Kausalverhältnis. Nicht zum Anwendungsbereich des § 46 S. 2 IPRG gehören daher etwa die Fälle einer aufgrund eines Buchungsfehlers überhöhten Banküberweisung sowie die Fälle der "abgeirrten Leistung". Demgegenüber hält Schwindl19 die Annahme, daß zum Zweck der kollisionsrechtlichen Beurteilung eines bereicherungsrechtlichen Anspruchs auch auf ein ,,Phantom-Rechtsverhältnis" abgestellt werden könne, das in Wirklichkeit nie bestanden habe, fur einen Verstoß gegen den Grundsatz der stärksten Beziehung und eine "sehr weit hergeholte" Lösung. Rechtlich nicht existenten Rechtsverhältnissen ein Statut zuzuerkennen, hält er fiir einen "Widerspruch in sich"120. Seiner Ansicht nach muß in solchen Fällen auf die Anknüpfung in § 46 S. 1 IPRG zurückgegriffen und das Recht am Ort des Bereicherungseintritts zur Anwendung gebracht werden. Die von Schwind vorgebrachten Bedenken erinnern an die Einwände von Gutteridge/Lipstein 121, die sich gegen die Anwendung der Iex causae im internationalen Bereicherungsrecht richteten, weil sie es fur unlogisch hielten, die bereicherungsrechtlichen Folgen eines Vertragsverhältnisses nach der Rechtsordnung zu bestimmen, die den Vertrag fiir unwirksam erklärt. Wie bereits im Zusammenhang mit dieser Ansicht ausgefuhrt, muß demgegenüber eine an den maßgeblichen Parteiinteressen orientierte Anknüpfung im Sinne der Vorhersehbarkeit des anzuwendenden Rechts die Vorstellungen der Parteien darüber, welche Rechtsordnung ihr Verhältnis beherrschen soll, bei der bereicherungsrechtlichen Anknüpfung entscheidend berücksichtigen. Dies gilt um so mehr, soweit es sich im Sinne der von Schwimann sogenannten subjektiven causa um eine übereinstimmende Fehlvorstellung der Parteien hinsichtlich des Bestehens vertraglicher Verpflichtungen handelt. Die eher fiir 119 IPR, Rdru. 460. 120 Schwind, Darlehen Wld Wigerechtfertigte BereichefWlg im Österreichischen IPR, IPRax 1991, 201. 121 Conflicts oflaw in matters ofWijustifiab1e enrichment, (1939) Camb.L.J., S. 86, 90, vgl. dazu oben S. 159. 1S Plaßmeier
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Dritter Teil: Rechtsvergleichende Betrachtung
Fälle der Nichtleistungskondiktion passende Anknüpfung an den Ort des Bereicherungseintritts beachtet das Vorstellungsbild der Beteiligten dagegen nicht in hinreichendem Maß. Besteht kein ,,Rechtsverhältnis" in diesem Sinne, so kommt nach § 46 S. 2, 2. Hs. IPRG gleichwohl eine akzessorische Anknüpfung des Bereicherungsstatuts in Betracht, wenn es um den Ersatz eines ,,Aufwandes" geht, "den ein anderer hätte machen müssen". Gemeint sind hiermit diejenigen Fälle, in denen der Bereicherungsgläubiger eine Leistung zugunsten des Bereicherungsschuldners erbracht hat, ohne daß zwischen den Parteien ein auf diese Leistung gerichtetes Verhältnis bestanden hätte, also Situationen, in denen erst durch die freiwillige Zahlung ein Rechtsverhältnis zur Entstehung gebracht werden so]]122. Erfaßt werden also z.B. die Ersatzansprüche des freiwilligen Drittzahlers auf die Schuld eines anderen, deren Anknüpfung in "sinngemäßer Anwendung" des § 46 S. 2, 1. Hs. IPRG erfolgen soll. Der Wortlaut des § 46 S. 2, 2. Hs. IPRG sorgt in zweierlei Hinsicht für Unklarheiten: Zum einen bleibt fraglich, wie sich diese Norm zu § 4 7 IPRG verhält, der die Anknüpfung von Ansprüchen aus Geschäftsführung ohne Auftrag regelt. Zum anderen ist in der Österreichischen Literatur umstritten, was unter einer "sinngemäßen Anwendung" des § 46 S. 2, 1. Hs. IPRG zu verstehen ist. Während Schwimann davon ausgeht, der Ersatz eines "Aufwandes, den ein anderer hätte machen müssen" richte sich nach dem Recht der getilgten Schuld123, sieht Schwind124 hierin eine Verweisung auf das Recht, das die Beziehung zwischen den Parteien des Bereicherungsrechtsverhältnisses beherrscht; habe eine solche Beziehung nie bestanden, so sei auf die Regelanknüpfung des § 46 S. I IPRG zurückzugreifen. Tritt eine ungerechtfertigte Bereicherung ohne jede Beziehung zu einem ,,Rechtsverhältnis" ein, so ist der Anwendungsbereich des § 46 S. I IPRG eröffnet, und die Anknüpfung richtet sich nach dem Ort des Bereicherungseintritts, der im Fall der Nutzung einer fremden Sache ebenso wie bei Verwendungen 125 auf fremde Sachen am Lageort, bei unbefugter Veräußerung frem-
122 OGH 13.01.1981, SZ 54/2, S. 9. 123 Rummei-Schwimann, Rdnr. 3 zu § 46 wtter Berufimg auf die Gesetzesmaterialien; ebenso OGH 09.07.1985, SZ 58/120, S. 574. 124JPR, Rdnr. 460. 125 S. dazu OGH 10.12.1992, ZfRV 1993, 210 (Ls.).
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den Eigentumsam Ort des Erwerbs der Entgeltforderung, und im Fall einer "abgeirrten Leistung" an deren Empfangsort zu lokalisieren sein soll126.
4. Renvoi im Österreichischen internationalen BereicherungsrechtDas Verhältnis zwischen § 46 S. 2 und§ 5 Abs. 1 IPRG Bei unbefangener Betrachtung scheint§ 46 S. 2 IPRG einen ausdrücklichen und umfassenden Ausschluß des Renvoi für alle Fälle der Leistungskondiktion vorzusehen. Die Wortwahl dieser Bestimmung hat allerdings nicht nur Anlaß zu berechtigten Zweifeln über das Verhältnis zwischen § 46 S. 2 und§ 5 Abs. 1 IPRG gegeben, der den Grundsatz der Gesamtverweisung festlegt, sondern auch schon in einer seiner ersten Anwendungen durch den OGH zu einem Mißverständnis geführt: In der oben bereits angesprochenen Entscheidung OGH ZfRV 1990, 133 hielt das Gericht bei der Anknüpfung eines Bereicherungsanspruchs jegliche Rück- oder Weiterverweisung für unbeachtlich und wendete daher auf der Grundlage des § 46 IPRG unmittelbar das deutsche Sachrecht der ungerechtfertigten Bereicherung in einem Fall an, in dem der von einer Österreichischen Eingriffsnorm vernichtete Vertrag deutschem Recht unterstand. Übersehen wurde hierbei jedoch, daß - wie Zemen 127 zutreffend bemerkt- bei der Feststellung der zur Anwendung berufenen "Sachnormen des Staates, dessen Sachnormen auf das Rechtsverhältnis anzuwenden sind", das durch den Bereicherungsausgleich rückabzuwickeln ist, zwar das ausländische Kollisionsrecht der ungerechtfertigten Bereicherung unbeachtlich ist, nicht aber das ausländische internationale Vertragsrecht. Bei der Bildung des Statuts der Leistungskondiktion sind nämlich vorrangig die Normen der §§ 35 ff. IPRG zu beachten, die mit Ausnahme der in § 35 vorgesehenen Rechtswahl der Parteien, die gern. § 11 Abs. 1 im Zweifel als Wahl des Sachrechts anzusehen ist, ausnahmslos Gesamtverweisungen enthalten. Zu den Sachnormen des auf die Rückabwicklung eines vertraglichen Schuldverhältnisses anwendbaren Rechts gelangt man somit nur unter Berücksichtigung der im Rahmen der Vertragsanknüpftlog möglichen Rück- oder Weiterverweisung. Die Beachtung des innerhalb des Vertragsstatuts beachtlichen Renvoi hätte in casu zu einer vom deutschen IPR ausgesprochenen Rückverweisung und damit zur Anwendung Österreichischen Bereicherungsrechts führen müssen128. 126 Schwind, IPR, Rdnr. 459; Schwimann, Grundriß, S. 154. 127 ZfRV 1990, 137, 138 f; zustimmend auch Rummel-Schwimann, Rdnr. 2b zu
§ 46 IPRG. 128 So zu Recht Zemen, ZfRV 1990, 137, 138 f 18•
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Dritter Teil: Rechtsvergleichende Betrachtung
So verwunderlich und unvereinbar mit dem Willen des Gesetzgebers dieses Ergebnis auf den ersten Blick erscheinen mag, stellt es doch nichts Ungewöhnliches dar. Wo ein Statut im Internationalen Privatrecht in Akzessorietät zu einem anderen Grundstatut gebildet wird, ist die Renvoi:frage, die sich im Rahmen des Grundstatuts stellt, von der Frage zu trennen, ob eine Rück- oder Weiterverweisung bei der Anwendung des akzessorisch gebildeten Statuts der ungerechtfertigten Bereicherung zu beachten ist. Das Bereicherungsstatut muß das Statut, an das es sich "anlehnt" so nelunen, wie es ist: Läßt die Iex causae einen Renvoi zu, so hat die in Abhängigkeit hiervon gebildete Kollisionsnorm der ungerechtfertigten Bereicherung diese Entscheidung in vollem Umfang anzuerkennen. Schon sprachlich ist selbst bei geschickter Gesetzesredaktion keine Fassung denkbar, die dieses Ergebnis bei akzessorischer Anknüpfung auszuschließen imstande wärel29. Hiervon zu trennen ist die Frage, ob im Rahmen des Bereicherungsstatuts selbst ein Renvoi anerkannt werden soll. Nur diese Frage wird durch den Wortlaut des § 46 S. 2 in Abweichung vom Grundsatz des § 5 Abs. l IPRG negativ entschieden. In allen Fällen, die nicht zum Anwendungsbereich des§ 46 S. 2 IPRG gehören, ist eine vom ausländischen internationalen Bereicherungsrecht ausgesprochene Rück- oder Weiterverweisung beachtlichl30. D. Das internationale Bereicherungsrecht der Schweiz
Wie Österreich und die Bundesrepublik Deutschland verfügt auch die Schweiz als drittes wichtiges Land des deutschen Rechtskreises über eine verhältnismäßig neue Kodifikation des Internationalen Privatrechts, das !PR-Gesetz vom 18.12.1987; das internationale Bereicherungsrecht hat hierin in Art. 128 eine eigenständige Regelung erfahren.
129 Auch nach Art. 38 des deutschen Entwwf eines Gesetzes zur Ergänzung des Internationalen Privatrechts, der in Abs. 1 auf das Recht abstellt, "das auf das Rechtsverhältnis anzuwenden ist, auf das die Leistung bezogen ist", müßte der Renvoi im Rahmen des Statuts des die Leistung beherrschenden Rechtsverhältnisses anerkannt werden. 130 Rummel-Schwimann, ABGB, Bd. 2, Rdnr. 2a zu§ 46 IPRG; Zemen, S. 138 f
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1. Die Entwicklung bis zur heutigen Rechtslage Art. 128 des neuen IPR-Gesetzes stellt das Ergebnis einer langen Entwicklung in der schweizerischen Rechtsprechung und Literatur darl31. Am Anfang dieser Entwicklung stand eine richterrechtliche und rein territorial geprägte Anknüpfung, die für alle Typen von Bereicherungsansprüchen einheitlich vorgenommen wurde132. Im Schrifttum wurden die Anknüpfung an den Wohnsitz des Schuldners oder an den Ort des Bereicherungseintritts vertreten133, die in der praktischen Anwendung wohl nur selten zu unterschiedlichen Ergebnissen führen dürften. Eine andere, nicht territorial geprägte Anknüpfung wies etwa Sauser-Hal/134 ausdrücklich zurück: Eine Anwendung des Rechts des zwischen den Parteien bestehenden oder als bestehend vorausgesetzten Grundverhältnisses komme nicht in Betracht, weil eine solche Anknüpfung nur für Rechtsverhältnisse möglich sei, die auf dem gemeinsamen Willen der Parteien beruhen, nicht jedoch für gesetzliche Schuldverhältnissens. Auch die frühere schweizerische Rechtsprechung sah in der Bestimmung desjenigen Ortes, "wo die ungerechtfertigte Bereicherung stattgefunden haben soll"l36 das entscheidende Anknüpfungskriterium. Ihre erste ausdrückliche Erwähnung in einem bereicherungsrechtlichen Zusammenhang fand die Iex loci actus 1886 in der Entscheidung BGE 12 339. Hier wurde festgestellt, daß es der fast einhelligen Meinung in der Literatur entspreche, quasivertragliche Ansprüche der Rechtsordnung des Ortes zu unterwerfen, an dem die den An-
131 Schnyder, Das neue !PR-Gesetz, S. 115. 132 Lorenz, Festschrift Zweigert, S. 207; IPRG Kommentar-Keller/ Kren Kostkiewicz, Rdnr. 2 vor Art. 127- 128. 133 Vgl. Fritzsche, Die örtliche Rechtsanwendung auf dem Gebiet des Obligationenrechts, ZSR 1925, S. 220a, 243a, der an diesen Anknüpfi.mgsgrundsätzen aber schon Zweifel äußerte: "Man darffreilich nicht glauben, mit diesen Gnmdsätzen alle Einzelfragen ... der ungerechtfertigten Bereicherung sicher erfassen zu können." 134 Le droit applicable aux obligations en droit international prive, in: ZSR 1925, S. 27la, 296a f 135 Ähnlich später noch Schnitzer, Handbuch des Internationalen Privatrechts, Bd. 2, 4. Aufl 1958, S. 682, der daraufhinweist, daß der Bereicherungsanspruch subsidiärer Natur ist und gerade voraussetzt, daß eine vertragliche Haftung zwischen den Parteien niemals -jedenfalls nicht rechtsgültig - bestanden hat. Aus diesem Grund sei es ,,nicht ganz logisch", bei der kollisionsrechtlichen Beurteilung bereicherungsrechtlicher Ansprüche auf das Vertragsrecht zurückzugreifen. 136 BGE 77 II 86, 94 f
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Dritter Teil: Rechtsvergleichende Betrachtung
spruchbegründende Handlung stattgefunden hat137. Bestätigt wurde diese Anknüpfung später durch eine Entscheidungt38, in der das Bundesgerichts einen Anspruch auf Rückzahlung einer zu Unrecht ausgezahlten Wechselforderung nach dem Recht des Ortes beurteilte, an dem der Wechsel eingelöst worden war. In einer weiteren Entscheidungl39 wurde die Anknüpfung an den Ort des Bereicherungseintritts noch als "unbestritten" angesehen und festgestellt, daß dieser in aller Regel mit dem Wohnort des Erwerbers zusammentrifft. Der in der Schweiz gewählte Ausgangspunkt - den das Bundesgericht nochmals in einem obiter dictumt40 bestätigte, unterscheidet sich somit nicht von der ursprünglich in Deutschland herrschenden Situation etwa zur Zeit Savignys, in der das kollisionsrechtliche Heil im Aufsuchen des "Sitzes" eines Rechtsverhältnisses gesucht wurde14t. Den entscheidenden Wendepunkt in dieser Entwicklung markiert ·das im Jahre 1952 ergangene Urteil des schweizerischen Bundesgerichts in BGE 78 II 385: Die schweizerische Firma K hatte einen Vertrag über die Liefenmg von Gänsen mit der niederländischen Käuferin E geschlossen. Die Bezahhmg im Wege eines zwischen der Schweiz \Uld den Niederlanden bestehenden Clearing-Abkommens war nicht möglich, \Uld Devisen standen der Käuferin ebenfalls nicht zur Verfügung, so daß die E der Firma K ein ihr in Dänemark zustehendes Clearing-Guthaben zur Verfügung stellte. An die Beklagte, die dänische Firma B, wurde von der E ein Guthaben überwiesen, das erstere aufihre Forder\Ulg gegen eine schweizerische Gesellschaft F anrechnen sollte. Diese Gesellschaft war zur Auszahi\Ulg eines der niederländischen Summe entsprechenden Betrages an die schweizerische Verkäuferin K verpflichtet. Die für diese Transaktion erforderliche behördliche Genehmig\Ulg wurde allerdings nicht erteilt, weshalb die Beklagte um das bereits empfangene holländische Guthaben \Ulgerechtfertigt bereichert war.
137 BGE 12 339, 342: ,,D'apres I' opinion presque \Ulanime des auteurs, Ies obligations nees d'lut quasi-contrat sont soumises a Ia Ioi du lieu de l'acte sur lequel l'obligation se fonde; c'est en particulier Je cas de l' obligation, ensuite de perception de l' indii, qui donne Iieu a Ia condictio indebiti, et Ia loi du lieu ou le paiement a ete effectue lui est donc applicable." 138 BGE 26 ll 268, 272. 139 BGE 31 ll 662, 665 . 140 In BGE 77 ll 86, 94 f 141 S. dazu i.e. oben S. 27.
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Das Bundesgericht fiihrte aus, der Kondiktionsanspruch der schweizerischen Klägerin sei nach dänischem Recht zu beurteilen. Diese Rechtswahl wurde unter ausdrücklicher Aufgabe der bis dahin herrschenden Rechtsprechung mit der Anwendung der Iex causae condictionis begründet und die einheitliche Anknüpfung an den Ort des Bereicherungseintritts als zu undifferenziert abgelehnt, weil sie dem "Umstand, daß Bereicherungsansprüche in den verschiedensten Zusammenhängen auftreten können, nicht gerecht" werde142. Im zu entscheidenden Fall war allerdings nach Ansicht des Bundesgerichts ein die Anknüpfung eines Bereicherungsanspruchs tragendes Rechtsverhältnis zwischen den Parteien nicht vorhanden, so daß der Anspruch derjenigen Rechtsordnung unterstellt wurde, aus der sich der Erwerb herleitete. Wie diese Ausfiihrungen des Bundesgerichts genau zu verstehen sind. ist bis heute nicht endgültig klar geworden. Zu Zweifeln gibt vor allem die Tatsache Anlaß, daß die Anknüpfung schließlich doch nicht - wie nach dem bis dahin Gesagten zu erwarten gewesen wäre - unter territorialen Aspekten vorgenommen wird. sondern sich letztlich nach dem dem gesamten Vorgang zugrunde liegenden Rechtsverhältnis richtet. Hieraus wird heute noch teilweise143 gefolgert, daß ein ,,Rechtsverhältnis" im Anknüpfungssinn bereits bei Bestehen einer wirtschaftlichen Verbindung zwischen den Parteien angenommen werden sollte. Die mit dieser Entscheidung vollzogene Abkehr von der Anknüpfung an die Iex loci actus bestätigte und konkretisierte das Bundesgericht in BGE 102 II 143: Der Kläger, ein Schweizer, hatte 1974 mit der beklagten spanischen Firma einen ,,Kaufvorvertrag" über ein in Spanien be1egenes Grundstück geschlossen, das mit einem Ferienhaus bebaut war. Für den Vertrag war ausdrücklich die Geltung Schweizer Rechts vereinbart, Gerichtsstand sollte Zürich sein. Der Kläger leistete anläßtich des Vertragsschlusses eine Anzahlung von Fr. 72.000,-. Bei Zahlung der restlichen Summe sollte der notarielle Kaufvertrag unterzeichnet und die Grundbuchänderung beantragt werden. Zusammen mit dem Abschluß des Vorvertrages schloß der Kläger mit einer anderen spanischen Firma, die durch die Beklagte vertreten wurde, einen Pachtvertrag über das Grundstück, fiir den zunächst eine Laufzeit von drei Jahren vereinbart wurde. Kurz danach geriet der Pächter in fmanzielle Schwierigkeiten, so daß er den Pachtzins nicht mehr zahlen konnte. Der Kläger trat
142 BGE 78 ll 385, 388. 143 Holleaux, Rev.crit.dr.i.p. 1953, 407, 411; Vischer, Internationales Vertragsrecht,
S. 270; Vischerlv. Planta, IPR, S. 209.
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Dritter Teil: Rechtsvergleichende Betrachtung
daraufhin von Kauf- Wld Pachtvertrag zurück Wld verlangte von der Beklagten die Herausgabe der bereits geleisteten AnzahlWlg, wobei er sich auf Formnichtigkeit des Kaufvorvertrages berief In erster Instanz hatte die Klage Erfolg, weil das Handelsgericht des Kantons Zürich die Rechtswahlvereinbarung auch auf die Form des Vertrages bezog, der nach schweizerischem Recht der öffentlichen Beurkundung bedurft hätte. Die Berufung des Beklagten zum Bundesgericht führte zur Aufhebung und Zurückverweisung. Die im erstinstanzliehen Urteil vertretene Auffassung, das in der Sache vereinbarte Recht beherrsche auch die Formwirksamkeit, wurde zwar nicht ausdrücklich verworfen; im Sinne eines favor negotii müsse aber das am Belegenheitsort geltende Recht alternativ herangezogen werden. Für den Fall, daß sich der Vertrag auch nach spanischem Recht als unwirksam erweisen sollte, sei über den Anspruch des Klägers auf Herausgabe der Anzahlung aber jedenfalls nach schweizerischem Bereicherungsrecht zu entscheiden144 Der Sachverhalt, der der Entscheidung zugrunde lag, hätte zu Zweifeln entsprechend der in Österreich von Bydlinski und Hoyer vertretenen Anwendung des "Vernichtungsstatuts" Anlaß geben können. Danach wäre bei Unwirksamkeit des Vertrages spanisches Recht zumindest mit derselben Berechtigung anzuwenden gewesen wie das gewählte Recht der Schweiz. Der Entscheidung ist somit eine begrüßenswerte Konkretisierung der Anknüpfung an ein zwischen den Parteien eines Bereicherungsanspruchs bestehendes Rechtsverhältnis dahingehend zu entnehmen, daß diejenige Rechtsordnung zur Anwendung gelangen soll, die dieses Rechtsverhältnis der Sache nach beherrscht, und nicht diejenige, die seine Unwirksamkeit anordnet. Bestätigt wurde diese Rechtsprechung in einer weiteren Entscheidung145, in der sich das Bundesgericht wiederum mit der Rückforderung einer auf einen nichtigen Kaufvorvertrag geleisteten Zahlung zu befassen hatte: Beide Parteien waren niederländische Staatsangehörige. Sie schlossen in ihrer Heimat einen privatschriftlichen Vorvertrag über den Erwerb eines in der Schweiz belegenen GrWldstücks des Beklagten; ein endgültiger Kaufvertrag konnte noch nicht geschlossen werden, weil die Klägerin noch nicht in der Lage war, die fiir den Erwerb eines GrWldstücks in der Schweiz erforderliche fiinfjährige Aufenthaltsdauer im Inland nachzuweisen. Die Klägerin leistete auf den Vertrag eine Anzah144 BGE 102 II 143, 150. 145 BGE 106 II, 36.
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lung. Später stellte sich der Vorvertrag sowohl aus formellen Gründen als auch wegenUmgehungder gesetzlichen Bestimmungen über den Erwerb schweizerischer Grundstücke durch Ausländer als nichtig heraus und die Klägerin forderte die Herausgabe der von ihr geleisteten Anzahlung. Das Bundesgericht entschied über den geltend gemachten Bereicherungsanspruch unter Zugrundelegung schweizerischen Rechts, weil dieses den zwischen den Parteien geschlossenen Vertrag beherrsche und damit den Rechtsgrund der Leistung bestimme 146.
2. Die heutige gesetzliche Regelung in Art. 128 !PR-Gesetz Die heutige gesetzliche Regelung führt die Rechtsprechung des schweizerischen Bundesgerichts zur Frage des richtigen Anknüpfungsmoments für bereicherungsrechtliche Ansprüche konsequent fort147, läßt aber auch deutlich die Einflüsse erkennen, die die in Deutschland zu diesem Thema geführte Diskussion auf das schweizerische Recht ausgeübt hat148 Zu nennen ist hierbei besonders die Arbeit von Zweigert!49, mit der sich die Anknüpfung an die Iex causae condictionis in Deutschland durchzusetzen begann. So stellt sich Art. 128 des schweizerischen !PR-Gesetzes als Kodifikation dieses Prinzips in Reinform dar: Die Norm des Art. 128 des schweizerischen !PR-Gesetzes stellt ihrem Wortlaut nach - ähnlich wie § 46 des Österreichischen IPRG - nicht die Differenzierung zwischen Leistungs- und Nichtleistungskondiktion in den Vordergrund, sondern sie unterscheidet ebenfalls solche Bereicherungsfälle, in denen zwischen den Parteien ein ,,Rechtsverhältnis" besteht oder ein solches als bestehend vorausgesetzt wurde, von solchen, in denen dies nicht der Fall ist. Im erstgenannten Fall unterliegt der Bereicherungsanspruch nach Art. 128 Abs. 1 "dem Recht, dem das bestehende oder das vermeintliche Rechtsverhältnis un146 BGE 106 fi, 36, 40 f 147 Vischerlv. Planta, S. 209: JPRG Kommentar-Keller/Kren Kostkiewicz, Rdnr. 7 ti vor Art. 127- 128. 148Holleaux, aaO.. S. 410, spricht im Zusammenhang mit der Übernahme der von Zweigert maßgeblich vertretenen Anknüpfung an die Iex causae durch die schweizerische höchstrichterliche Rechtsprechung von einem "exemple memorable de l'influence directe d'une position doctrinale sur Ia jurisprudence". 149 Bereicherungsansprüche im internationalen Privatrecht, SJZ 1947. Sp.247- 253: dieser Beitrag wird im Schlußbericht der Expertenkommision zum Entwurf des IPRGesetzes aufS. 231 ausdrücklich als "wegleitend" erwähnt.
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terstellt ist, aufgrunddessen die Bereicherung stattgefunden hat". In Ermangelung eines bestehenden oder vermeintlichen Rechtsverhältnisses sieht Art. 128 Abs. 2 .die Anwendung des Rechts desjenigen Staates vor, ,,in dem die Bereicherung eingetreten ist". Diese auf den ersten Blick augenfällige Abweichung von der deutschen Systematik ist allerdings ebenso wie im Österreichischen IPRI50 zu relativieren: Wo in Art. 128 !PR-Gesetz von einem ,,Rechtsverhältnis" die Rede ist, handelt es sich regelmäßig um Fälle der Leistungskondiktion, und der zweite Absatz dieser Bestimmung bezieht sich fast ausschließlich auf Nichtleistungskondiktioneni51. Die Abgrenzung der Anwendungsbereiche beider Absätze ist allerdings noch nicht endgültig geklärt. So rechnet Grawehrl52 die sog. abgeirrte Leistung zu denjenigen Fällen, in denen zwar eigentlich eine Leistungskondiktion gegeben, gleichwohl aber Art. 128 Abs. 2 anzuwenden sei, weil zwischen den Parteien ein Rechtsverhältnis, das als Grundlage der Anknüpfung dienen könnte, nicht vorhanden seil53. Zweifel werden des weiteren hinsichtlich der Einordnung einer Leistung geäußert, die auf einen ex tune nichtigen Vertrag erbracht wurde154. Dieser Fall dürfte allerdings eindeutig zum Anwendungsbereich des Abs. 1 gehören, der nicht nur für die Rückabwicklung von Leistungen auf tatsächlich bestehende, sondern auch auf "vermeintliche Rechtsverhältnisse" eröffnet ist155
150 Vgl. dazu oben S. 272. 151 Grawehr, S. 147 f 152 S. 148. 153 Hierbei handelt es sich allerdings nur um eine scheinbare Ausnahme von dem Grundsatz der Anwendbarkeit des Art. 128 Abs. I aufLeistungskondiktionen: DieB~ zeichnung "abgeirrte Leistung" ist irrefiihrend, denn der Rechtsnatur nach handelt es sich bei der Kondiktion einer solchen ZuwendWlg, die aufgrund eines BuchWlgsfehlers oder eines sonstigen Versehens einen falschen Empfänger erreicht hat, mangels eines zwischen den Parteien bestehenden LeistWlgsverhältnisses tatsächlich um eine Nichtleistungskondiktion, so daß der Anwend\Ulgsbereich des Art. 128 Abs. 2 auch ohne ,,Ausnahme" eröffuet ist. Die Expertenkommission zum Entwurf des IPR-Gesetzes ordnete diese Fälle in ihrem Schlußbericht (S. 232) daher auch ohne nähere Diskussion Art. 128 Abs. 2 zu. 154 Schnyder, S. 115. 155 So auch IPRG Kommentar-Keller/Kren Kostkiewicz, Rdnr. 16 zu Art. 128.
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a) Die Anknüpfung der Leistungskondiktion Der heute verwendete Begriff des ,,Rechtsverhältnisses" geht in seiner Reichweite weit über den Begriff eines vertraglichen Verhältnisses hinaus1.56. Er bezeichnet jede ,,Beziehung rechtlicher Art" I 57 und somit auch Situationen, in denen Leistungen rückabzuwickeln sind, die auf der Grundlage eines nichtvertraglichen Rechtsgeschäfts oder eines gesetzlichen Schuldverhältnisses erbracht wurden. Das schweizerische Recht bedient sich also in recht weitgehendem Umfang des Instruments der akzessorischen Anknüpfung des Bereicherungsstatuts, indem es auf jeden Fall, in dem eine Bereicherung im Zusammenhang mit einem Rechtsverhältnis eingetreten ist, das Statut dieses Rechtsverhältnisses für anwendbar erklärt. So gilt für Ansprüche in Verbindung mit einem Vertrag das Vertragsstatut und für Ansprüche, die aus einer Leistung auf ein unwirksames Testament entstehen, das Erbstatut I 58. Bestehen zwischen den Personen eines Bereicherungsrechtsverhältnisses mehrere ,,Rechtsverhältnisse", auf die die rückgängig zu machende Leistung bezogen sein kann, so wird der im Anknüpfungssinn entscheidende Kontakt in erster Linie durch die übereinstimmenden Ansichten der Parteien bestimmt. Haben beide Parteien die Leistung als auf verschiedene Rechtsverhältnisse bezogen angesehen, so soll das Verhältnis maßgebend sein, auf das sie die Leistung beziehen mußten, wobei entscheidend auf die Schutzbedürftigkeit - in diesem Fall also die Rechtsanwendungsinteressen - der Beteiligten Rücksicht zu nehmen ist1.59. Ist auch mit dieser Wertung kein eindeutiges Ergebnis zu erzielen, so will Cirawehr160 die Anknüpfung an das der Leistung zugrunde liegende Kausalverhältnis gänzlich aufgeben und die territoriale Anknüpfung gern. Art. 128 Abs. 2 vorziehen. Es ergibt sich für die kollisionsrechtliche Behandlung der Leistungskondiktion in Mehrpersonenverhältnissen, also für die Fälle der Zession, des echten Vertrages zugunsten Dritter, der Anweisung und der Bürgen- und Garantenzahlungen folgende Grundregel: Jedes fehlerhafte Leistungsverhältnis ist nach
1.56 Grawehr, S. 147; anders wohl Lorenz, Festschrift Zweigert, S. 208, der lediglich von der Anwendtmg des ,,konnexen Vertragsstatuts" spricht. 157 BGE 78
li 389.
158 Imhoff-Scheier!Patocchi, Torts and Unjust Enrichment in the New Swiss Conflict ofLaws, S. 101, 189. 159 Grawehr, S. 158 f 160 s. 159.
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Dritter Teil: Rechtsvergleichende BetrachtWlg
seinem eigenen Recht rückabzuwickeln, d.h. es ist jeweils auf das zwischen den Parteien des Bereicherungsanspruchs bestehende Rechtsverhältnis abzustellen161. b) Die Anknüpfung der Nichtleistungskondiktionen Als Beispiel für die Anknüpfung der Nichtleistungskondiktionen im schweizerischen Recht sei die neben BGE 78 II 385 zweite grundlegende Entscheidung162 des Bundesgerichts zum internationalen Bereicherungsrecht genannt: Der schweizerische Beklagte H hatte von einer Gesellschaft S mit Sitz in der Schweiz eine LadWlg Holz gekauft. Die Verkäuferin bezog das Holz vom niederländischen Kläger. Während sich die LiefefW1g noch auf dem Weg in die Schweiz befand, wurde über das Vermögen der Verkäuferin der Konkurs eröffuet; als Folge dieser KonkurseröffuWlg wandelte sich der ÜbereignWlgsanspruch des H nach schweizerischem Insolvenzrecht in eine Geldforder\Ulg in entsprechender Höhe um. Als das Holz bei H ankam, lud er es ab, Wld die Klägerin verlangte von ihm die Herausgabe.
Das Bundesgericht stellte fest, ein Rechtsverhältnis habe zwischen den Parteien nicht bestanden. Als Rechtsgrund für eine Eigentumsübertragung an den Beklagten komme nur der zwischen ihm und der Verkäuferin S geschlossene Vertrag in Betracht, der aber aufgrundder Konkurseröffnung von dieser nicht erfüllt worden sei. H habe also den Besitz an der Ladung Holz ohne gültigen Rechtsgrund erlangt; da für "Ansprüche aus Eigentum" die Iex rei sitae maßgebend sei, müsse auch über den Bereicherungsanspruch des niederländischen Klägers nach derjenigen Rechtsordnung entschieden werden, "aus der sich der Erwerb herleitet", in casu also nach schweizerischem Recht163. Diese vom Bundesgericht bevorzugte territoriale Anknüpfung an den Ort des Bereicherungseintritts gilt nach dem Wortlaut des heutigen Art. 128 Abs. 2 IPRG für sämtlicher Fälle, in denen zwischen den Parteien kein dem Erwerb zugrunde liegendes ,,Rechtsverhältnis" bestanden hat. Seit dem Inkrafttreten des IPRG sind jedoch Zweifel an der Zweckmäßigkeit dieser generellen Anwendung des am Ort des Bereicherungseintritts geltenden Rechts für alle
161 Vgl. i.e. IPRCi Kommentar-Keller/Kren Kostkiewicz, Rdnr. 18 ff. zu Art. 128. 162 BGE 93 li 373. 163 BGE 93 ß 373, 376 f
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Nichtleistungskondiktionen aufgekommen. Sowohl der Schlußbericht der Expertenkonunision zum Entwurf des IPRG als auch die seither erschienene Literatur lassen den Schluß zu, daß eine weitergehende Differenzierung intendiert war, im Gesetzeswortlaut jedoch nicht hinreichend zum Ausdruck gekommen ist. Vielfach wird im Zusammenhang mit dieser Bestimmung betont, daß die Anknüpfung an den Ort des Bereicherungseintritts in Reinform nur in solchen Fällen zur Anwendung kommen soll, in denen die eingetretene Bereicherung auf einem ,,sachenrechtlichen Vorgang", also etwa der Verarbeitung, Verbindung oder Vermischung oder dem gutgläubigen Erwerb des Eigentums an einer fremden Sache beruht. Soweit eine Bereicherung in Rede steht, die auf einen Vorgang mit sachenrechtlichem Hintergrund zurückzufuhren ist, ergeben sich gegen diese Art der Anknüpfung, die im Ergebnis zur Anwendung der Iex rei sitae führt, keine durchgreifenden Bedenken. Fehlt es dagegen sowohl an einem Rechtsverhältnis zwischen den Parteien als auch an einem die Bereicherung herbeiführenden "sachenrechtlichen Vorgang", so soll die Anknüpfung an den Ort des Bereicherungseintritts im Sinne des Wohnsitzes oder des gewöhnlichen Aufenthalts des Bereicherten verstanden werden164. Dies soll z.B. der Fall sein bei der irrtümlichen Überweisung einer Zahlung auf das Konto eines unberechtigten Empfängers. Für solche Fälle hatte die Expertenkommission zum Entwurf des !PR-Gesetzes die Maßgeblichkeit des Ortes des Bereicherungseintritts in Betracht gezogen, diese Lösung jedoch bezeichnenderweise wieder verworfen, weil der Ort des Bereicherungseintritts für zufällig und oft nur schwer feststellbar befunden wurde165. Auch in Fällen der Nichtleistungskondiktion erscheint eine weitergehende Differenzierung der möglichen Fallgestaltungen erforderlich, als sie das schweizerische !PR-Gesetz vorsieht. Zu unbefriedigenden, weil den entscheidenden Interessen der Parteien nicht gerecht werdenden Ergebnissen führt die Anwendung des Rechts am Ort des Bereicherungseintritts besonders dann, wenn eine Bereicherung auf einer unerlaubten Handlung beruht, die durch den Bereicherten zum Nachteil des Entreicherlen begangen wurde: Erlangt jemand etwas Geldwertes durch die Verletzung des Rechts eines anderen, so ist es nicht gerechtfertigt, ausgerechnet das Heimatrecht des Bereicherungsschuld-
164 Vgl. nur den Schlußbericht der Expertenkonunission, S. 232; Vischerl v. Planta, S. 209. 165 Schlußbericht der Expertenkonunission, ebd.; ebenso IPRG Kommentar-Keller/Kren Kostkiewicz, Rdnr. 41 zu Art. 128.
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ners zur Anwendung zu bringen und ihn dadurch zu begünstigenl66. Im übrigen dürfte das zwischen den Parteien bestehende Bereicherungsrechtsverhältnis regelmäßig zu fast allen anderen denkbaren Rechtsordnungen eine engere Beziehung aufweisen. So wird in der schweizerischen Literatur z.B. fur Fälle von Immaterialgüterrechtsverletzungen die Anwendung des Erfolgsortsrechts auf den resultierenden Bereicherungsanspruch erwogeni67. Auch in bezugauf andere Fällen, fur die Art. 128 Abs. 2 !PR-Gesetz einschlägig ist, ist seit dem lokrafttreten des Gesetzes der Versuch unternommen worden, diese durch das Aufsuchen eines irgendwie gearteten ,,Rechtsverhältnisses" dem Anwendungsbereich dieser Vorschrift zu entziehen. So soll eine solche Rechtsbeziehung gegeben sein, wenn sich aus der die Bereicherung herbeifuhrenden Handlung zugunsten des Entreicherten ein Anspruch aus Delikt oder Geschäftsführung ohne Auftrag ergibtl68. Beruht die eingetretene Bereicherung auf einem ,,sachenrechtlichen Vorgang", so wird darauf verwiesen, daß ein solcher Vorgang im ,,Zusammenhang mit einem Werkvertrag" steht und dieser daher primär zur Anknüpfung heranzuziehen seil69. Als Ausweichklausel fur solche Fälle, in denen zwar kein Rechtsverhältnis zwischen den Parteien besteht, beide jedoch ein gemeinsames Heimat- Wohnsitz- oder Aufenthaltsrecht aufweisen, schlagen Keller/Kren Kostkiewicz170 aufgrund derselben Erwägungen, die im internationalen Deliktsrecht gelten, die Anwendung dieser Rechtsordnung auch auf Bereicherungsansprüche vor. Anband dieser Versuche, den Anwendungsbereich des Art. 128 Abs. 2 !PRGesetz eirizugrenzen, wird ersichtlich, daß jedenfalls im schweizerischen Schrifttum die Überzeugung verbreitet ist, daß die einheitliche Anknüpfung an den Ort des Bereicherungseintritts der Vielfalt der Situationen nicht gerecht wird, in denen ungerechtfertigte Bereicherungen unabhängig von einem zwischen den Parteien bestehenden Rechtsverhältnis eintreten. c) Die Rechtswahlklausel in Art. 128 Abs. 2 S. 2 Eine Rechtswahl durch die Parteien eines Bereicherungsrechtsverhältnisses läßt das IPR-Gesetz ausdrücklich zu, allerdings nur in sehr eingeschränktem 166Ebenso Grawehr, S. 151. 167 /mhoff-Scheier/Patocchi, S. 102, 190. 168 IPRG Kommentar-Keller/Kren Kostkiewicz, Rdnr. 43 zu Art. 128. 169 Dies., aaO., Rdnr. 45 zu Art. 128. 170 Rdnr. 53 f. zu Art. 128.
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Umfang: Nach Art. 128 Abs. 2 S. 2 kann lediglich die Iex fori privatautonom für anwendbar erklärt werden. Aus dem Wortlaut wird nicht endgültig deutlich, ob die Möglichkeit der Rechtswahl lediglich für den in Abs. 2 S. 1 geregelten Fall eröffnet werden soll, oder ob die Iex fori auch dann für anwendbar erklärt werden kann, wenn der eingetretenen Bereicherung ein ,,Rechtsverhältnis" im Sinne des Abs. I zugrunde liegt. In der schweizerischen Literatur171 wird diese Frage teilweise im erstgenannten Sinn beantwortet. Dagegen gehen Keller/Kren Kostkiewicz 172 unter Rückgriff auf Art. 116 Abs. 3 IPRG, der die Möglichkeit der nachträglichen Rechtswahl im internationalen Vertragsrecht eröffnet, davon aus, daß die Parteien eines Bereicherungsrechtsverhältnisses, die das für das Hauptverhältnis maßgebliche Recht wählen können, auch eine nachträgliche Rechtswahl für den Bereicherungsanspruch treffen können. Diese Ansicht findet jedoch im Gesetz keine Stütze. Im Gegenteil muß aus der eingeschränkten Formulierung des Art. 128 Abs. 2 S. 2 IPR-Gesetz geschlossen werden, daß der schweizerische Gesetzgeber die nachträgliche Rechtswahl ausdrücklich nur für solche Fälle zulassen wollte, in denen zwischen den Parteien kein ,,Rechtsverhältnis" im Sinne des Art. I28 Abs. I besteht. Dasselbe ergibt sich e contrario aus Art. II6 Abs. 3 IPRG: Wenn für das internationale Vertragsrecht die nachträgliche Rechtswahl ausdrücklich anerkannt ist, so zeigt das Fehlen einer solchen Regelung in Art. I28 Abs. I, daß diese Möglichkeit hier nicht zugelassen werden sollte. Nach der Regelung des neuen schweizerischen IPR-Gesetzes besteht somit fur beide Gruppen von KondiktionsaTten nur einmal die Rechtswahlmöglichkeit Entsteht der Bereicherungsanspruch aus einem Rechtsverhältnis, so hatten die Parteien die Möglichkeit, das auf dieses Verhältnis anwendbare Recht zu wählen. Haben sie diese Gelegenheit nicht genutzt, so ist ihnen eine nachträgliche Rechtswahl fur den Bereicherungsanspruch verwehrt. Entsteht der Anspruch unabhängig von einem zuvor bestehenden Rechtsverhältnis, so bestand für die Parteien regelmäßig keine Gelegenheit zur vorherigen Rechtswahl; ihnen wird durch Art. 128 Abs. 2 S. 2 IPRG diese Möglichkeit nachträglich eingeräumt, allerdings beschränkt auf die Wahl der Iex fori. Wenn eine Kollisionsnorm ausschließlich die abweichende Wahl der Iex fori zuläßt, so sind dahinter unschwer prozeßökonomische Motive zu vermuten. Vom Standpunkt der Anknüpfungsgerechtigkeit aus ist eine solche Rege-
171 Schny der, S. ll5; Cirawehr, S. 145. 172 IPRG Kommentar, Rd.nr. 8 f zu Art. 128.
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Dritter Teil: Rechtsvergleichende Betrachhmg
lung zu bedauern: Eine differenzierte und den typischen Interessen der Parteien gerechter werdende Anknüpfung wird damit unterminiert, denn in der Mehrzahl der praktisch zur Entscheidung geratenden Fälle dürften schon die Gerichte darauf drängen, daß aus den erwähnten prozeßökonomischen Gründen von der Möglichkeit der Wahl der Iex fori Gebrauch gemacht wird. Andererseits kann es aber auch nicht der Sinn einer Rechtswahlklausel sein, den typischen gegenüber den aktuell bestehenden Parteiinteressen um der Anknüpfungsgerechtigkeit willen zum Durchbruch zu verhelfen. d) Renvoi Der Renvoi ist im schweizerischen internationalen Bereicherungsrecht insgesamt unbeachtlich. Das !PR-Gesetz läßt eine Rück- oder Weiterverweisung nach Art. 14 Abs. 2 nur zu, wenn die Beachtlichkeit des Renvoi im Gesetz ausdrücklich angeordnet ist. Im internationalen Bereicherungsrecht ist dies nicht der Fall. Soweit die Wahl des anwendbaren Bereicherungsrechts gern. Art. 128 Abs. S. 2 !PR-Gesetz zugelassen ist, stellt sich diese Frage von vornherein nicht, da das schweizerische ebenso wie das deutsche IPR (Art. 4 Abs. 2 EGBGB) eine Rechtswahl als Wahl der Sachnormen verstehtl73.
173 IPRG Kommentar-Keller/Kren Kostkiewicz, Rdnr. 15 zu Art. 128.
Vierter Teil
Lösungsvorschlag Nach der Untersuchung der Entwicklung, die das internationale Bereicherungsrecht in Deutschland genommen hat, und der Betrachtung des Internationalen Privatrechts anderer Staaten daraufhin, wie die Anknüpfung von Bereicherungsansprüchen dort vorgenommen wird, soll im folgenden versucht werden, auf der Grundlage dieser rechtshistorischen und rechtsvergleichenden Erkenntnisse ein Modell für das deutsche IPR zu entwerfen, für das die bisherigen Erkenntnisse auch hinsichtlich der international-privatrechtliehen Interessen ein Gerüst darstellen sollen. Die selbstverständliche Basis eines solchen Modells bildet die Iex lata, d.h. im hier interessierenden Zusammenhang die als grundsätzlich richtig erkannte Anwendung der Iex causae condictionis. Die vorangegangene rechtsvergleichende Betrachtung hat ergeben, daß dieses Anknüpfungsmoment das im Interesse des äußeren Entscheidungseinklangs zu fordernde Kriterium der ,,Kompatibilität" der Anknüpfung in bezug auf einige ausländische Kollisionsrechtsordnungen ohne weiteres erfüllt. So konnten weitestgehende Übereinstimmungen mit dem IPR Österreichs und der Schweiz festgestellt werden; diese Tatsache erscheint aufgrund des gemeinsamen Ursprung sowohl des deutschen als auch des Österreichischen und Schweizer IPR in der maßgeblich von Zweigert begründeten modernen Lehre des internationalen Bereicherungsrechts wenig verwunderlich. Der äußere Entscheidungseinklang zum französischen IPR wird in Zukunft jedenfalls auf dem Gebiet derjenigen Bereicherungsansprüche entstehen, die auf ein Vertragsverhältnis zurückzuführen sind. Diese Tatsache ist allerdings auf die Übernahme des Rom-Übereinkommens über das auf Schuldverträge anzuwendende Recht und somit allenfalls mittelbar auf die Iex-causae-Theorie zurückzuführen. Obwohl England die dem deutschen Art. 32 Abs. 1 Nr. 5 EGBGB entsprechende Regel des Art. 10 Abs. 1, Ziff. e) des Rom-Übereinkommens nicht übernommen hat, ist aus den oben! erörterten Gründen zu erS. 177 19 Plaßmeier
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Vierter Teil: LösWlgsvorschlag
warten, daß der äußere Entscheidungseinklang zum deutschen Recht ebenso eintreten wird, als wäre diese Bestimmung in das englische Recht inkorporiert worden. Übereinstimmungen bestehen im übrigen auch zum IPR von Portugal, wo in Art. 44 C6digo Civil vom 25 .11.1966 mit der Verweisung auf das ,,Recht. .. , auf dessen Grundlage die Übertragung des Vermögens an die bereicherte Person bewirkt wurde" die erste ausdrückliche, wenn auch noch unvollständige Kodifizierung der Anwendung der Iex causae condictionis aufgenommen wurde2 Wo andere Rechtsordnungen abweichende Anknüpfungsmomente vorsehen, findet sich unter ihnen aus den bereits erörterten Gründen kein Konzept, das insgesamt derart zu überzeugen versteht, daß es im Interesse des äußeren Entscheidungseinklangs zu diesen Rechtsordnungen geboten erschiene, von der Anwendung der Iex causae abzuweichen. Dies gilt insbesondere aufgrund der Tatsache, daß der äußere Entscheidungseinklang nur eines der bei der Wahl des Anknüpfungsmoments maßgeblich zu beachtenden international-privatrechtlichen Interessen darstellt. Parteiinteressen, wie etwa das Interesse an der Vorhersehbarkeit des anzuwendenden Rechts, sind als jedenfalls ebenso wichtig einzustufen. Die Iex causae ist eher als andere Anknüpfungspunkte geeignet, diese Interessen in ausreichendem Maß zu berücksichtigen. Vor allem die in den USA bevorzugte Methode, das Aufsuchen der "most significant relationship", erweist sich als insgesamt nicht dazu geeignet, dem Vorhersehbarkeitsinteresse ausreichend Rechnung zu tragen. Ist somit die Anwendung der Iex causae als grundsätzlich richtige kollisionsrechtliche Behandlung von Bereicherungsansprüchen anzusehen, so soll im folgenden der Versuch unternommen werden, dieses Anknüpfungsmoment näher zu konkretisieren. Dieser Versuch beginnt mit einer Betrachtung allgemeiner Fragen des Internationalen Privatrechts, die mit den Themenkreisen der Qualifikation, der Vorfrage sowie des Renvoi in Verbindung stehen, und er mündet in einen Vorschlag zur kollisionsrechtlichen Behandlung derjenigen Bereicherungsansprüche, die im deutschen Sachrecht vorzufinden sind.
2 Zweigert/Miiller-Gindullis, sec. 20; zwn vollständigen Wortlaut vgl. Anhang I (S. 427).
A. Fragen des aUgemeinen Teils des IPR
291
A. Fragen des allgemeinen Teils des IPR L Qualifikatioa
Ein besonderes Problem im Zusammenhang mit der kollisionsrechtlichen Behandlung von Bereicherungsansprüchen stellt die Qualifikation dar. Sie wird vor allem durch die Inkongruenz der Systembegriffe wie Vermögensverschiebung, Bereicherung, Eingriff, Verwendung oder Leistung in verschiedenen Rechtsordnungen sowie durch die Tatsache erschwert, daß neben dem Bereicherungsrecht noch andere Rückabwicklungsmechanismen wie die Vindikation, vertragsrechtliche Rechtsbehelfe oder die negotiorum gestio zur Verfügung stehen und von verschiedenen nationalen Rechtsordnungen in unterschiedlichem Umfang eingesetzt werdenJ. Angesichts der Tatsache, daß die deutsche Iex lata noch keine ausdrückliche Normierung des internationalen Bereicherungsrechts kennt, findet der Prozeß der Qualifikation hier in einem ungewöhnlichen Zusammenhang statt: Es handelt sich um eine gleichsam apriorische Einordnung eines bisher als geschriebene Norm noch nicht existenten Verweisungsbegriffs. Gleichwohl ist die Beschäftigung mit den unter dem Stichwort "Qualifikation" behandelten Fragen im hiesigen Zusammenhang erforderlich, denn diese Fragen bilden die Grundlage der Normenbildung insofern, als sie im Wege der Auslegung und Abgrenzung den Anwendungsbereich einer Kollisionsnorm abstecken4. Rechtsvergleichende Vorarbeiten können die Grundlage für eine Formulierung des Anknüpfungsgegenstandes bilden, die die eigentliche Qualifikation erleichtert5. Die so umschriebene Fragestellung betrifft das Verständnis des eigenen Systembegriffs "ungerechtfertigte Bereicherung" und damit die Qualifikationsfrage, soweit sie sich auf der Tatbestandsebene einer Kollisionsnorm stellt. Hiervon zu unterscheiden ist die die Ebene der Rechtsfolgen einer Verweisung betreffende Qualifikationsfrage, welche Bedeutung den Systembegriffen des
3 Vgl. Reuter!Martinek, S. 768, die nicht zu Unrecht "immense Probleme mit der internationalrechtlichen Qualifikation von Bereichenmgsfallen" sehen.
4 Vgl. Deutsch, Qualifikation und Rechtsanwendung im intertemporalen Recht, IPRax 1992. 284; Kropholler, IPR. S. 93; Degner, RIW 1983, 825, 827, spricht vom "Schlüssel zum richtigen kollisionsrechtlichen Weg". 5 19*
Kropholler, ZfVglRWiss 1978, S. I, 12; Keller/Siehr, S. 438.
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Vierter Teil: LöslDlgsvorschlag
ausländischen Rechts, auf das verwiesen wird, im Rahmen der inländischen Rechtsanwendung zukommt6. Des weiteren wird zu klären sein, wie die Abgrenzung einer Norm des internationalen Bereicherungsrechts von be~achbarten Kollisionsnormen, also etwa den Regelungen auf dem Gebiet des internationalen Vertragsrechts oder der Geschäftsfiihrung ohne Auftrag, im einzelnen zu bewerkstelligen ist. 1. Qualifikation aufder Tatbestandsebene
Wie die vorangegangene Betrachtung des ausländischen Sachrechts gezeigt hat, ist die Bandbreite sowohl der faktischen Situationen, die als anspruchsbegründend angesehen werden, als auch der rechtstechnischen Lösungen dieser Fragen in kaum einem anderen Rechtsgebiet so groß wie im Bereicherungsrecht. Dieser Unterschiede muß eine kollisionsrechtliche Nonnenbildung Rechnung tragen, wenn sie dem internationalen Entscheidungseinklang verpflichtet und daher bemüht ist, den eigenen Verweisungsbegriffen ein möglichst kompatibles Verständnis zugrunde zu legen. Die inzwischen anerkanntermaßen autonome Begriffsbildung des Kollisionsrechts muß über die entsprechenden Begriffe des eigenen Sachrechts hinausgehen, um auch ausländische Rechtserscheinungen erfassen zu können7, die dem eigenen Sachrecht entweder völlig fremd sind oder von ihm in einem anderen systematischen Zusammenhang erfaßt werden. Durch dieses Postulat wird bereits eine der möglichen Arten der Qualifikation ausgeschlossen, nämlich die von den ,,Entdeckern" der Qualifikationsproblematik, Kahn& und Bartin9, vertretenen ausschließliche Qualifikation 6 Vgl. zum Ganzen v. Bar, IPR I, Rdnr. 581; Hoppe, Die Qualifikation von Rechtssätzen, S. 12 f; andere, wie z.B. Neuhaus, Gnmdbegriffe, S. 113, oder Keller/ Siehr, S. 439 ff., sprechen von "Qualifikation ersten und zweiten Grades", womit aber inhaltlich dasselbe gemeint ist.
7 Gnmdlegend Rabe/, Das Problem der Qualifikation, RabelsZ 5, 241, 249, 287; Neuhaus, GClDldbegriffe, S. 126; Kegel, IPR, S. 245 f ; v. Bar, IPR, Bd. I, Rdnr. 592; MünchKomm-Sonnenberger, Einl. IPR, Rdnr. 355 ; vgl. auch BGHZ 47, 324, 336: ,,Es gehört zu den Eigentümlichkeiten des Internationalen Privatrechts, daß die in ihm verwendeten Rechtsbegriffe oft weit ausgelegt werden müssen, um ausländischen RegellDlgen gerecht werden zu können." 8 Gesetzeskollisionen. Ein Beitrag zur Lehre des Internationalen Privatrechts, JherJB 30 (1891), S. 1 ff.
9 De l'impossibilite d'arriver 3 Ia suppression devinitive des confl.its de lois, Clunet 24 (1897), 225 - 255, 466- 495, insbes. S. 235 ff., 466 ff.
A. Fragen des allgemeinen Teils des IPR
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nach dem Sachrecht der Iex fori. Würde bei der Qualifikation auf Tatbestandsebene allein auf das Sachrecht der Iex fori abgestellt, so ergäben sich daraus erheblich Divergenzen zwischen verschiedenen Rechtsordnungen. Das Ziel einer Qualifikation, die mit den Vorstellungen möglichst vieler anderer Rechtsordnungen zu vereinbaren ist, kann nur dadurch erreicht werden, daß die eigenen Vorstellungen davon, was sachrechtlieh als Bereicherungsanspruch zu qualifizieren ist und was nicht, so weit wie möglich in den Hintergrund gedrängt werdeniO. Aus einer solchen Vorgehensweise ergibt sich das weitere Problem, daß zwar ein möglichst kompatibler Qualifikationsmaßstab gefunden werden muß, die Qualiftkation aber dabei auch nicht derart vergröbert werden darf, daß sie fiir den eigenen Gebrauch nicht mehr praktikabel ist. Die Qualifikation darf somit nicht gleichsam auf dem ,,kleinsten gemeinsamen Nenner" stattfinden, wie ihn etwa Bennettii ausdrückt: "Today the notion of one person's unjustifiable impoverishment leading to another's gain has been used domestically as a unifying factor." Gleichwohl müssen im Grundsatz alle nationalen Normensysteme, die zum Ausgleich rechtsgrundloser Vermögensverschiebungen geschaffen wurden, als gleichwertig behandelt werden. Der Qualifikationsbegriff "ungerechtfertigte Bereicherung" muß daher alle Regelungen erfassen, die Funktionsäquivalente zu den deutschen Bestimmungen der §§ 812 ff. BGB (ggf. auch zur GoA) darstellen, unabhängig von der Frage, ob die Rechtsordnung, auf die verwiesen wird, diese Ansprüche im Sinne des eigenen Sachrechts bereicherungsrechtlich qualifiziert oder nicht, denn "die Töpfe des Sachrechts sind fiir die Deckel des IPR nicht konstruiert"I2. Im folgenden soll zunächst untersucht werden, welche der heute vertretenen Qualifikationstheorien diesem Ziel am nächsten kommt. a) Qualifikation nach der Iex causae Als erste Möglichkeit zur Lösung der Qualifikationsfrage, bei der nicht ausschließlich die Maßstäbe der Iex fori berücksichtigt werden, kommt eine Qualifikation nach der Iex causae in Betracht, wie sie in Deutschland maßgeblich von Martin WoljJI3 propagiert wurde. Nach dieser Theorie sollten bekanntlich die Anknüpfungsgegenstände des eigenen IPR nur als "Systemschubfacher" 10 Zweigert!Müller-Gindul/is, sec. 2. II Int.Comp.L.Q., Vol. 39 (1990), 136, 143 a.E. 12 So anschaulich zur Qualifikation nach dem Sachrecht der Iex fori insgesamt v. Bar, IPR I, Rdnr. 599.
13 Das Internationale Privatrecht Deutschlands, 3. Aufl., S. 54 ff.
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Vierter Teil: Lösungsvorschlag
verstanden werden, in die alles aufgenommen werden sollte, was die potentiell als Wirkungsstatut zur Anwendung berufenen Sachrechtsordnungen unter derselben Bezeichnung verstehen. Eine solche Art der Qualifikation, die in besonderem Maße darum bemüht ist, ausländischen Rechtsinhalten gerecht zu werden, scheint sich im Zusammenhang mit dem internationalen Bereicherungsrecht in der Tat anzubieten: Wenn die Anknüpfung der Iex causae folgt, warum sollte dann nicht dasselbe für die Qualifikation gelten? Die verweisende Rechtsordnung würde vollständig "das Steuer aus der Hand geben", indem sie nicht nur hinsichtlich der Behandlung des Anspruchs, für den eine Anknüpfung gesucht wird, auf ausländisches Recht verweist, sondern es zusätzlich dem ausländischen Recht überläßt, den entsprechenden Systembegriff, hier den Begriff "ungerechtfertigte Bereicherung", nach seinen kollisions- oder sachrechtliehen Vorstellungen auszufüllen. Gegen eine Iex-causae-Qualifikation sprechen jedoch auch im hiesigen Zusammenhang die allgemein gegen diese Theorie vorgebrachten Einwände, insbesondere das von WoljJ selbst eingeräumte14 Problem, daß eine solche Methode, die die Qualifikation auf Tatbestands- und Rechtsfolgenebene miteinander vermischt15, Normenwidersprüche sowohl in Form der Normenhäufung als auch des Normenmangels16 provoziert, die vielfach nur noch im Wege der Angleichung zu korrigieren sind17. Eine Normenhäufung entsteht, wenn ein Sachverhalt Beziehungen zu mehr als einer fremden Rechtsordnung aufweist, die die Rechtsfrage verschieden einordnen und in unterschiedlichen !PR-Tatbeständen regeln. In solchen Fällen ist die Folge der von der Iex-causae-Qualifikation vorgenommenen Kumulierung verschiedener Sachrechtsordnungen - sofern diese nicht zufa.J.lig miteinander übereinstimmen - die gleichzeitige Anwendung mehrerer sich widersprechender Sachrechtsnormen18. Die Gefahr des Normenmangels beruht in erster Linie auf der Einschränkung der Iex-causae-Theorie, nach der die von der Iex fori ausgesprochene Verweisung sich nur auf solche Normenkomplexe beziehen soll, die die 14 15 16 17
Das Internationale Privatrecht Deutschlands, S. 58 ff. Vgl. Keller/Siehr, S. 440. Kegel, IPR, S. 251; MünchKomm-Sonnenberger, Einl. IPR, Rdnr. 354.
Kropholler, IPR, S. 102; Gamillscheg, Überlegungen Z\U Methode der Qualifikation, Festschrift Michaelis, S. 79, 82. 18 Vgl. Schwimann, Die Schwierigkeiten der Qualifikation im IPR, ÖJZ 1980, S. 7, 8; Kropholler, IPR, S. 102.
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berufenen Sachrechtsordnungen unter derselben Bezeichnung verstehen. Ist eine parallele Systemkategorie des verwiesenen Rechts nicht vorhanden oder behandelt es die anzuknüpfende Rechtsfrage in einem anderen "Systemschubfach", so entsteht ein "Qualifikationskonflikt"l9, und die Verweisung geht ins Leere. Daß diese Gefahr bei bereicherungsrechtlichen Ansprüchen, die in den verschiedenen nationalen Sachrechtsordnungen mit sehr unterschiedlichen Etiketten versehen werden, besonders groß ist, hat bereits die vorangegangene Betrachtung des ausländischen Sachrechts gezeigt. b) Rechtsvergleichende Qualifikation Des weiteren könnte auf der Grundlage des bereits rechtsvergleichend erarbeiteten Materials auch eine rechtsvergleichende Qualifikation erwogen werden, wie sie von Rabe/20 entwickelt wurde. Diese Methode, die bekanntlich auf einer Abstraktion der kollisionsrechtlichen Systembegriffe sowohl vom Sachrecht der Iex fori als auch der Iex causae beruht und den Tatbestand einer Kollisionsnorm "von vornherein aus dem Gemeinsamen dieser Rechtserscheinungen"21 zu bilden versucht, will die Einheitlichkeit der Qualifikation durch allgemein brauchbare Rechtsvergleichung" erreichen. Entscheidend gegen eine solche Art der Qualifikation spricht aber die Tatsache, daß sie in der Praxis unüberwindbare Probleme mit sich bringt22 und somit "des Kollisionsrechts größte Tugend", die Rabe! in seiner Durchführbarkeit23 sieht, zu verfehlen droht. Anband des internationalen Bereicherungsrechts wird die zu Recht kritisierte Schwäche der rechtsvergleichenden Qualifikationsmethode besonders deutlich: Wenn zunächst nur diejenigen Erscheinungen vom Verweisungsbegriff "ungerechtfertigte Bereicherung" erfaßt werden sollen, die bei rechtsvergleichender Betrachtung von der Mehrzahl der herangezogenen Rechtsordnungen darunter verstanden werden, so wäre dieser Verweisungsbegriff annähernd ohne Inhalt. Auf welche Gemeinsamkeiten könnten sich die Sachrechtsordnungen Deutschlands, Englands und Frankreichs schon einigen? Das Ergebnis müßte auch hier eine Qualifikation nach
19 Gamillscheg, Festschrift Michaelis, S. 79, 82. 20
Das Problem der Qualifikation, RabelsZ 5 (1931), S. 241.
21 Rabe/, aaO., S. 257. 22 MünchKomm-Sonnenberger, Ein!. IPR, Rdnr. 356; Gamillscheg, Festschrift Michaelis, S. 79, 82; v. Bar, IPR I, Rdnr. 592; Firsching/v. Ho.ffmann, IPR, § 6, Rdnr. 26. 23 RabelsZ 5 (1931), 241,287.
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Vierter Teil: Lösungsvorschlag
dem Maßstab des kleinsten gemeinsamen Nenners sein, wie ihn Bennett formuliert hat, mit der fur die praktische Anwendung nicht viel gewonnen wäre. Die praktische Anwendung der rechtsvergleichenden Qualifikationsmethode wird zusätzlich dadurch erschwert, daß dem zuständigen Gericht zugemutet werden müßte, den Verweisungsbegriff nicht nur - wie bei der Qualifikation nach dem Wirkungsstatut - nach den Maßstäben einer, nämlich der verwiesenen, Rechtsordnung auszulegen, sondern hierzu mehrere fremde Rechtsordnungen heranzuziehen, um rechtsvergleichend ihre Gemeinsamkeiten und Unterschiede festzustellen. Zwar mag ein solches Vorgehen theoretisch wünschenswert sein, fur die Bedürfnisse der Praxis ist es jedoch ungeeignet24. Des weiteren ergeben sich hierbei grundsätzlich dieselben Einwände, die gegen die Iex-causae-Qualifikation vorgebracht werden. Wird dort bemängelt, daß das Recht des Forums dadurch, daß es die Qualifikationsfrage dem verwiesenen Recht überläßt, "das Steuer aus der Hand gibt", so gilt dies hier in entsprechender Weise, indem nämlich die Ausfullung des Verweisungsbegriffs der gemeinsamen Ansicht der Mehrheit der Völkergemeinschaft überlassen wird25, was zu noch diffuseren Ergebnissen fuhren dürfte als die Befragung nur einer Rechtsordnung durch die Iex-causae-Theorie. Überdies fuhrt die rechtsvergleichende Qualiftkation in solchen Fällen zu untragbaren Ergebnissen, in denen alle beteiligten Rechte eine übereinstimmende Qualifikation vorsehen, die von der Mehrheit der Rechtsordnungen, die den Maßstab fur Rabels Qualifikationstheorie bildet, abweicht26. c) Funktionelle Qualiftkation aa) Grundlagen
Vorzugswürdig erscheint demgegenüber - gerade auch unter rechtsvergleichenden Aspekten - eine funktionelle Qualifikation, denn "die dem deutschen Richter ... obliegende Aufgabe ist es, die Vorschriften des ausländischen Rechts ... nach ihrem Sinn und Zweck zu erfassen, ihre Bedeutung vom Standpunkt des ausländischen Rechts zu würdigen und sie mit Einrichtungen des deutschen Rechts zu vergleichen"27. Nach dieser Qualiftkationsmethode, die 24 25 26 27
Vgl. nur Gamillscheg, Festschrift Michaelis, S. 82. So zu Recht Grundmann, Qualifikation gegen die Sachnorm, S. 14. Gamillscheg, Festschrift Michaelis, S. 79, 82 f BGHZ 29, 137, 139.
A Fragen des allgemeinen Teils des IPR
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bereits bei Kahn28 anklingt, hat die Auslegung einer Kollisionsnorm und damit auch die Eingrenzung ihres Anwendungsbereiches in dem Sinne zu erfolgen, daß sich die in einer Verweisungsnorm verwendeten Begriffe, die regelmäßig dem eigenen Sachrecht entlehnt sind, auf alle diejenigen in- oder ausländischen Normen erstrecken, die ein dem eigenen sachrechtliehen Normenkomplex "vergleichbares Ordnungsziel" verfolgen und damit die von der verweisenden Kollisionsnorm vorausgesetzten Funktionen wahrnehmen29 Aus diesen Gründen muß sich die funktionelle Qualifikation von der Qualifikation lege causae dadurch unterscheiden, daß sie das Denken in den "Systemschubfächern" vermeidet, um eine interessengerechte Anknüpfung und einen weitestgehenden internationalen Entscheidungseinklang zu ermöglichen. Die in einzelnen Rechtsordnungen enthaltenen Begriffe "ungerechtfertigte Bereicherung", ,,restitution" oder "enrichissement sans cause" sollten zweckmäßigerweise nicht als aus der jeweiligen Sachrechtsordnung entlehnte Systembegriffe, sondern als rechtsvergleichend gewonnene ,,Funktionsbegriffe" verstanden werdenJO Die funktionelle Qualifikationsmethode erweist sich gerade im Zusammenhang mit Fragen der ungerechtfertigten Bereicherung als zur Erzielung interessengerechter Ergebnisse besonders geeignet. Bereicherungsforderungen als subsidiäre Ausgleichsmechanismen für fehlgeschlagene Vermögensverschiebungen können hinter fast jedem Rechtsverhältnis "verborgen" sein, so daß auch gänzlich andere Normenkomplexe im Einzelfall einer bereicherungsrechtlichen Qualifikation zugänglich sein können.
bb) Anwendungsbeispiele Ein interessantes Beispiel aus der Praxis bietet der bereits angesprochenen FaliJI, in dem die Klägerinden ihrem Erbteil entsprechenden Betrag der Gut28 JherJB 30, S. 115: "Für das Wesen eines Rechtsinstituts als solchen, insbesondere soweit es für das internationale Privatrecht in Betracht kommt, können nicht solche Verschiedenheiten der technischen Ausgestaltung, sondern muß die Identität der fimktionellen Bedeutung ausschlaggebend sein." 29 MünchKomm-Sonnenberger, Einl. IPR, Rdnr. 360, 365; umfassend zu dieser Qualifikationsmethode Lipstein, General Principles of Private International Law, in: Academie de droit international, Recueil de Cours 1972 I, S. 97, 198 ff 30 Kropholler, IPR, S. 106; Hoppe, Die Qualifikation von Rechtssätzen. S. 118; Vischer/v. Planta, IPR, S. 16; ebenso für das Gebiet der Eingriffsbereichenmg Schlechtriem, IPRax 1995, 65, 68. 31
BGH NJW 1959, 1317 = WM 1959, 662; s. dazu oben S. 61.
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haben herausverlangte, die die Erblasserio auf zwei in den USA belegeneo Sparbüchern ,,in trust" für einen der Miterben angelegt hatte und die nach Eintritt des Erbfalles dem trust~Begünstigten übergeben worden waren. Der BGH qualifizierte den geltend gemachten Anspruch der Erbengemeinschaft auf Herausgabe des umstrittenen Guthabens, verbunden mit einem Erbausein~ andersetzungsanspruch der klagenden Miterbin, zutreffend32 bereicherungs~ rechtlich, obwohl auch eine erbrechtliche Qualifikation in Betracht gekommen wäre, wie sie das OLG Frankfurt als Vorinstanz vorgenommen hatte. Als weiteres Beispiel für die Durchführung einer funktionellen Qualifika~ tion im international~bereicherungsrechtlichen Zusammenhang mag der aus dem englischen Recht bekannte Anspruch auf "contribution" zwischen mehre~ ren Gesamtschuldnern dienen. Ein solcher Anspruch könnte unter Zugrunde~ legung eines vom deutschen Sachrecht geprägten Verständnisses sowohl be~ reicherungsrechtlich als auch in Entsprechung des die Gesamtschuld ausl~ senden Rechtsverhältnisses vertrags-, delikts- oder etwa erbrechtlich qualifiziert werden. Wie bereits oben33 festgestellt, entspricht das ,,right to contribution" in seiner Funktion der deutschen Bestimmung des § 426 Abs. 2 BGB und bezweckt die Verhinderung bzw. den Ausgleich einer bei den nicht zahlenden Gesamtschuldnern auf Kosten des Zahlenden eintretenden Bereicherung. Unter funktionellen Aspekten wäre ein Anspruch auf "contribution" somit unabhängig von der rechtlichen Natur des die Gesamtschuld auslösen~ den Verhältnisses bereicherungsrechtlich zu qualifizieren. Weniger Schwierigkeiten bereiten andere Erscheinungen des anglo-amerikanischen Rechtskreises, wie etwa die Fälle des "waiver of tort" oder des Bereicherungsausgleichs wegen "mistake" oder "duress": Hier geht es eindeutig und ausschließlich um die Rückabwicklung rechtsgrundloser und damit ungerechtfertigter Vermögensverschiebungen, in den "mistake"- oder "duress"-Fällen jedenfalls dann, wenn eine Berufung auf den Willensmangel bereits stattgefunden hat. cc) Qualifikationsstatut
Bei konsequenter Durchführung der funktionellen Qualifikation erübrigt sich die Frage, ob Qualifikationsstatut die Iex fori oder die Iex causaesein soll, denn letztlich entscheidend sind die Ziele der Kollisionsnorm sowie der Zweck
32 Zustimmend auch Knauer, RabelsZ 25 (1960), S. 318,319. 33 s. 128.
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und die Funktion der Institute des anzuwendenden Rechts34; Rechtserscheinungen beider Rechtsordnungen sind ihrem Zweck nach zu erfassen und der Qualifikation zuzuführen35. Hierbei kann es nicht entscheidend darauf ankommen, wie der Anspruch in den einzelnen Rechtsordnungen konkret ausgestaltet ist, z.B. als GoA-Anspruch oder als Anspruch im Rahmen eines Gesamtschuldverhältnisses, und ob ein solcher Anspruch nach deutschem Recht bereicherungsrechtlich zu qualifizieren wäre36. Die Qualifikation darf sich also nicht nach den Kategorien des Sachrechts der Iex fori richten. Ziel einer funktionellen Qualifikation muß es vielmehr sein, auch einem Anspruch, der von einer ausländischen Rechtsordnung etwa vertragsrechtlich qualifiziert wird, seinen Platz im Rahmen des deutschen Verweisungsbegriffs "ungerechtfertigte Bereicherung" zuzuweisen, wenn das verwiesene ausländische Recht ihn als Teil derjenigen Regelungen ansieht, die den Eintritt einer ungerechtfertigten Bereicherung verhindern oder rückgängig machen wolIen37. Sicher hat Ciamillscheg38 recht, wenn er anmerkt, die funktionelle Qualifikation sei dort auch eine Qualifikation nach der lex fori, "wo die Funktionen in den beiden beteiligten Rechten verschieden sind". Dieser Einwand kann einer funktionellen Qualifikation aber jedenfalls auf dem hier interessierenden Gebiet nicht entgegengehalten werden: Bei allen Unterschieden in der rechtstechnischen Ausgestaltung ist das Vorhandensein von Instituten, deren Funktion es ist, ungerechtfertigte Bereicherungen des einen auf Kosten des anderen zu verhindern oder rückgängig zu machen, allen Rechtsordnungen eigen39, wie die vorangegangene rechtsvergleichende Betrachtung gezeigt hat. Die funktionelle Methode befreit den Qualifikationsprozeß durch das Abstel-
34 Kropholler, ztVglRWiss 1978, S. l, 2. 35 Ders., IPR, S. 105. 36 Neuhaus, S. 129 ff; MünchKomm-Sonnenberger, Einl. IPR, Rdnr. 362; ebenso in bezugauf das internationale Bereichenmgsrecht Schlechtriem, Gutachten, S. 34 f, 54: ,,Nicht die mögliche Qualifikation der in Betracht kommenden Ansprüche sollte also entscheidend fiir das anwendbare Recht sein, sondern die zwischen den Parteien bestehende Rechtsbeziehung." 37 Vgl. Vischerl v. Planta, IPR, S. 17. 38 Festschrift Michaelis, S. 79, 80. 39 Vgl. nur das Diktum von Lord Wright in Fibrosa Spollw Akcyjna v. Fairbairn Lawson Combe Barbour Ltd. (1943) AC. 32, 61 : ,,It is clear that any civilised system of law is bound to provide remedies for cases of what has been called unjust enrichment or unjust benefit, that is to prevent a man from retaining the money of or some benefit derived from another which it is against conscience that he should keep."
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len auf die Funktion von der Notwendigkeit der Beachtung der Struktur der Rechtsinstitute40 nicht nur des eigenen, sondern auch eines fremden Rechts. dd) "Offene" oder,, kanalisierte Verweisung"?
Die von der eigenen Kollisionsnorm ausgesprochene Verweisung ist im Gegensatz zu der vor allem in der Österreichischen Literatur vertretenen "offenen Verweisung", die die Systembegriffe der Iex fori nach dieser Rechtsordnungen und diejenigen der Iex causae nach deren eigener Systematik qualifizieren und nach erfolgter Einordnung in das eigene System lediglich den "nackten Sachverhalt" an das ausländische Recht weitergeben will, insofern als ,,kanalisiert" zu verstehen, als sich die Verweisung lediglich auf solche Normen des fremden Recht bezieht, die funktionell dem eigenen Verweisungsbegriff entspre-, eben; weitergegeben wird somit nicht der ,,nackte Sachverhalt" oder eine Rechtsfrage, sondern die vom eigenen Verweisungsbegriff grundsätzlich unabhängig von der Systematik des eigenen Sachrechts verkörperte ,,funktionelle Zweckidee". Dem verwiesenen Recht bleibt es dann überlassen, diese Zweckidee dem eigenen System entsprechend umzusetzen, wobei es auf den genauen Standort der funktionsäquivalenten Norm im fremden System nicht ankommen kann41. Diese ,,kanalisierte" Verweisung ist nicht mit der von den Anhängern der Iex-causae-Qualifikation vertretenen Verweisung zu verwechseln, die sich lediglich auf diejenigen Normenkomplexe beziehen soll, die die verwiesene Rechtsordnung unter derselben Bezeichnung verstehen. Die Verweisung kann ·nicht von der Begriftlichkeit, sondern nur vom Inhalt der Normenkomplexe anderer Rechtsordnungen abhängig sein. 2. Qualifikation aufder Rechtsfolgenebene Das Problem der Rückverweisung krafl abweichender Qualifikation
Mit der Entscheidung fur eine funktionelle Qualifikation auf Tatbestandsebene ist noch nichts über die Qualifikationsprobleme gesagt, die sich auf der Ebene der Rechtsfolgen einer Kollisionsnorm ergeben können. Angesichts der aus der rechtsvergleichenden Betrachtung ersichtlichen vielfältigen Erscheinungsformen bereicherungsrechtlicher Ansprüche drängt sich hier vor allem die Frage auf, wie solche Fälle zu behandeln sind, in denen das verwiesene ausländische Recht einen Anspruch, der nach deutscher Systematik bereiche40 Hoppe, S. 118. 41 Schwimann, Die Schwierigkeiten der Qualifikation im IPR, ÖJZ 1980, S. 10.
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rungsrechtlich zu qualifizieren ist, abweichend einordnet. Besonders interessant wird dieses Problem dann, wenn die abweichende Qualifikation zu einer Rückverweisung fuhrt. Für das deutsche Recht, das den Renvoi gern. Art. 4 Abs. 1 S. 2 EGBGB annehmen müßte, würde sich die Frage stellen, wie diese Verweisung angenommen wird. Denkbar sind zwei Möglichkeiten, nämlich einerseits die Annahme der Rückverweisung unter Beachtung der fremden Qualifikation, die zur Anwendung eines von den deutschen Kollisionsnormen nicht berufenen Teils des eigenen Sachrechts fuhren müßte, und andererseits eine Annahme des Renvoi, bei der die abweichende Qualifikation nicht beachtet wird und die ursprüngliche eigene Einordnung wieder auflebt. Der Frage, wie eine Rückverweisung unter abweichender Qualifikation zu behandeln ist, ist bisher in der deutschen Literatur und Rechtsprechung vergleichsweise geringe Aufmerksamkeit geschenkt worden. Soweit dieses Problem Beachtung gefunden hat, sind beide Lösungsmöglichkeiten vertreten worden: Für die Annahme der fremden Qualifikation haben sich z.B. Neuhaus42 und Keller!Siehr43 ausgesprochen, die entgegengesetzte Auffassung vertritt vor allem Gamillscheg44, andere wiederum versuchen zu differenzieren45 Im hiesigen Zusammenhang kann das Problem der Rückverweisung kraft abweichender Qualifikation an dieser Stelle noch nicht abschließend behandelt werden, zumal bisher noch nicht geklärt ist, ob es sich im Rahmen des Bereicherungsstatuts überhaupt stellt. Dazu ist vorrangig die Frage zu beantworten, ob die von einer Kollisionsnorm fur Bereicherungsansprüche ausgesprochene Verweisung als Gesamt- oder als Sachnormverweisung anzusehen ist. Nur im ersten Fall kann die Frage, ob neben einer möglichen Rückverweisung auch eine fremde Qualifikation anzunehmen ist, überhaupt akut werden, da bei Sachnormverweisungen das IPR des verwiesenen Rechts von der verweisenden Kollisionsnorm gar nicht danach befragt wird, wie es den zu beurteilenden Anspruch qualifiziert46. Die hier angesprochene Problematik muß daher zu-
42
Gnmdbegriffe, S. 282.
43 Allgemeine Lehren, S. 441 f. mit Vetweisung auf§ 3 des Österreichischen IPRG,
wonach fremdes Recht "wie in seinem Geltungsbereich anzuwenden" ist.
44 In: Staudinger, EGBGB Teil3 (Art. 13- 17), 10./11. Auß, Rdnr. 178,324 ff. vor Art. 13 a.F. 45 So insbesondere v. Bar, IPR I, Rd.nr. 588; MünchKomm-Sonnenberger, Rdnr. 31 zu Art. 4. 46 Vgl. v. Bar, ebd.
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nächst zurückgestellt werden, bis durch die Beantwortung der Frage, welcher Art die vom Bereicherungsstatut ausgesprochene Verweisung ist, ihre Relevanz für das internationale Bereicherungsrecht geklärt ist. 3. Abgrenzung des Anwendungsbereichs zu anderen Kollisionsnormen, insbesondere zum Statut der Cieschäftsfohrung ohne Auftrag Auf der Grundlage der funktionellen Qualifikation können Probleme bei der Abgrenzung des Bereicherungsstatuts von benachbarten Rechtsgebieten entstehen. Eine bereicherungsrechtliche Qualifikation, die so weit geht, wie hier vorgeschlagen, ebnet notwendigerweise in gewissem Umfang die Grenzen sowohl zum Statut der GoA als auch zum Vertragsstatut ein, so daß im folgenden zu untersuchen sein wird, wie die Abgrenzung zwischen diesen Kollisi-; onsnormen noch zu bewerkstelligen ist. Vergleichsweise unproblematisch ist die Grenzziehung zwischen Bereicherungs- und Vertragsstatut Dieses greift ein, wenn die Rechtsfolgen eines wirksamen Vertrages in Rede stehen, jenes, wenn eine Vermögensverschiebung von vornherein ohne vertragliche oder sonst rechtlich verbindliche Grundlage erfolgte oder diese Grundlage später weggefallenen ist. Soweit es etwa um vertragliche Rückabwicklungsansprüche geht, kann die Abgrenzung bereits es auf der Grundlage der deutschen Iex lata dahinstehen: Art. 32 EGBGB, der gern. Abs. l Nr. 5 auch die Folgen unwirksamer oder fehlerhafter Verträge und damit die Geschäftsabwicklung im Fall von Leistungsstörungen erfaßt47, unterstellt diese Ansprüche dem Vertragsstatut, so daß der Gleichlauf zwischen vertraglicher und bereicherungsrechtlicher Anknüpfung hier auch ohne trennscharfe Abgrenzung der Statute untereinander gewährleistet ist. Schwieriger erscheint hingegen die Abgrenzung zum Statut der Geschäftsführung ohne Auftrag. Auf der Grundlage der oben vorgeschlagenen Ausfüllung des Qualifikationsbegriffs "ungerechtfertigte Bereicherung" erscheint es sogar grundsätzlich fraglich, ob neben der so verstandenen Kollisionsnorm fur Bereicherungsansprüche eine eigenständige Normierung der Geschäftsfuhrung ohne Auftrag überhaupt noch sinnvoll ist. Im Zusammenhang mit dieser Frage gibt die vorangegangene rechtsvergleichende Betrachtung interessante Aufschlüsse: Es hat sich gezeigt, daß in vielen anderen Rechtsordnungen bereits auf der Ebene des Sachrechts diejenigen 47 MünchKomm-Martiny, Rdnr. 48 zu Art. 32; Kegel, IPR, S. 446; v. Bar, IPR Il, Rdnr. 549.
A. Fragen des allgemeinen Teils des IPR
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Tatbestände, die in einer deutschen !PR-Kodifikation als GoA-Ansprüche zu qualifizieren wären, als Unterfälle bereicherungsrechtlicher Ansprüche verstanden werden; als Beispiele seien hier die Ansprüche aus der Fallgruppe "necessity" genannt, wie sie das englische und US-arnerikanische Recht kennt. Andere Rechtsordnungen- wie z.B. die Frankreichs oder der Schweiz- unterscheiden im Sachrecht noch zwischen GoA und Bereicherung, geben diese Abgrenzung aber auf kollisionsrechtlicher Ebene auf. Eine dritte Gruppe schließlich vertritt die differenzierteste Lösung und unterscheidet sowohl im Sach- als auch im Kollisionsrecht zwischen GoA und Bereicherung. Zu welchen Schwierigkeiten dies fuhren kann, zeigt anschaulich das Beispiel des Österreichischen IPRG: Hier ist es nunmehr erforderlich, Ansprüche aus GoA (§ 47 IPRG) von Ansprüchen "auf Ersatz eines Aufwandes, den ein anderer hätte machen müssen" (§ 46 S. 2, 2. Hs. IPRG) zu trennen. Der Regelung des § 4 7 IPRG unterfallen somit wohl nur noch solche GoA-Ansprüche, die auf den Ersatz von Aufwendungen gerichtet sind, die nicht in der Erfiillung einer Verpflichtung des Geschäftsherrn bestehen. Ob diese subtile Unterscheidung die mit der kollisionsrechtlichen Trennung solcher Ansprüche verbundenen Qualifikationsprobleme rechtfertigt, erscheint mehr als fraglich. Die Methode des Internationalen Privatrechts gebietet es nicht zwingend, getrennte Kollisionsnormen fiir Ansprüche aus ungerechtfertigter Bereicherung und Geschäftsfiihrung ohne Auftrag zu schaffen, nur weil das eigene Sachrecht eine solche Unterscheidung vorsieht. Es ist vielmehr anerkannt, daß die Verweisungsnormen des IPR die Systematik des Sachrechts der Iex fori nicht in jedem Fall nachzuvollziehen haben, sondern daß eine autonome Begriffsbildung stattfinden muß, deren Systembegriffe sich zwar arn eigenen Sachrecht orientieren, vom Anwendungsbereich her aber teilweise deutlich darüber hinausgehen können. Als Beispiel dafiir, wie eine solche autonome Begriffsbildung vollzogen werden kann, sei die Kodifikation des IPR in der Schweiz genannt: Hier wurde - nicht zuletzt aufgrund der erheblichen Abgrenzungsschwierigkeiten48_ bewußt auf die Normierung einer Anknüpfungsregel fiir GoA-Ansprüche verzichtet, obwohl das schweizerische Sachrecht einen solchen Normenkomplex kennt.
48 Vgl. Wcmdt, Die Geschäftsfiihrung ohne Auftrag im Internationalen Privatrecht, S. 79 f
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Vierter Teil: LösWlgsvorschlag
Auch nach der sachrechtliehen Systematik des deutschen Rechts wäre eine eigenständige Anknüpfung von GoA-Ansprüchen allenfalls im Bereich derjenigen Ansprüche erforderlich, die der Anspruchsteller aus einer Geschäftsführung geltend machen kann, die dem Interesse und dem wirklichen oder mutmaßlichen Willen des Geschäftsherrn entspricht49. Wo dies nicht der Fall ist, verweist das deutsche Sachrecht den Geschäftsführer in § 684 BGB auf die ihm nach bereicherungsrechtlichen Grundsätzen zustehenden Ansprüche. Die nach der Systematik des deutschen Sachrechts verbleibenden Fälle, die zum eigenständigen Regelungsbereich der GoA gehören, machen eine selbständige Kollisionsnorm nicht erforderlich; sie können vielmehr von einem richtig verstandenen Bereicherungsstatut mit erfaßt werden. Es erweist sich somit, daß gute Gründe dafür sprechen, ,,zu überlegen ... ,ob die Parallelen zum Bereicherungsrecht so stark sind, daß für Bereicherung und Geschäftsführung ohne Auftrag eine einheitliche Kollisionsnorm formuliert werden kann", wie dies bereits von Hoffmann50 im Rahmen seines Gutachtens zur Reform des IPR der außervertraglichen Schuldverhältnisse angeregt hat. Eine ausreichend weit angelegte Verweisungsnorm für Ansprüche aus ungerechtfertigter Bereicherung, die die gebotene Differenzierung zwischen verschiedenen anspruchsbegründenden Situationen berücksichtigt, sollte tatsächlich in der Lage sein, Ansprüche aus auftragsloser Geschäftsführung mit einzuschließen und eine eigenständige kollisionsrechtliche Regelung dieser Ansprüche, deren originärer Anwendungsbereich schon nach dem heutigen Rechtszustand sehr begrenzt ist51, entbehrlich erscheinen zu lassen.
49 Vgl. zur Konkurrenz zwischen BereicherWlgs- wtd GoA-Ansprüchen Wld dem danach verbleibenden geringen selbständigen Anwendwtgsbereich der GoA im deutschen Sachrecht Larenz!Canans, § 74 ill (S. 347 f). 50 Das auf die Geschäftsfiihnmg ohne Auftrag anzuwendende Recht, in: v. Caemmerer (Hrsg.), Vorschläge und Gutachten zur Reform des deutschen Internationalen Privatrechts der außervertraglichen Schuldverhältnisse, S. 95. 51 Vgl. zum begrenzten Anwendwtgsbereich des GoA-Statuts V. Bar, IPR n, Rdru. 722 ff.; auch Wandt, Zum Rückgriff im Internationalen Privatrecht, ZVgiRWiss 86 (1987), S. 272, 299 f , sieht so weitgehende ,,fi.mktionelle Gemeinsamkeiten", daß sich die "theoretisch klaren Trennwtgslinien" zwischen GoA wtd wtgerechtfertigter BereicherWlg "in der Praxis als fein wtd brüchig" erweisen.
A. Fragen des allgemeinen Teils des IPR
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ß. Vorfrage
Des weiteren ist zu klären, ob im Rahmen des Bereicherungsstatuts Vorfragen bestehen können, welche Fragestellungen hierfür in Betracht kommen und wie die Anknüpfung von Vorfragen im einzelnen vorzunehmen ist.
1. Die im Rahmen des Bereicherungsstatuts erheblichen Vorfragen a) Der Eintritt einer Bereicherung In den bisherigen Stellungnahmen zum internationalen Bereicherungsrecht wurde vereinzelt angenommen, die Frage, ob überhaupt eine Bereicherung eingetreten ist, sei als Vorfrage einer gesonderten Beurteilung zu unterwerfen52. Betrachtet man diese Ansicht vom Standpunkt der heutigen kollisionsrechtlichen Dogmatik aus, erscheint sie allerdings nicht mehr haltbar. Vorfragen können danach anerkanntermaßen nur Rechtsfolgen des materiellen Rechts sein, die im Tatbestand einer Kollisions- oder Sachnorm Verwendung finden53 und einer eigenständigen Anknüpfung zugänglich sind. Diese Begriffsbestimmung schließt jedenfalls rein tatsächliche Vorgänge, die zum Eintritt einer Bereicherung fuhren, aus dem Kreis der in Betracht zu ziehenden Vorfragen aus. Zwar kann die Frage, ob eine Bereicherung eingetreten ist, in einzelnen Fällen von der Beurteilung einer Rechtsfrage abhängig sein, wie etwa in den Fällen der Zahlung eines Dritten auf fremde Schuld, in denen zwischen dem Primärschuldner und dem Dritten ein auf diese Zahlung gerichtetes unwirksames Verhältnis bestanden hat. Ob der Drittzahlung eine schuldbefreiende Wirkung zukommt, ist eine Frage, die nach dem Statut der Forderung zu beurteilen ist, auf die gezahlt wurde. Von der Beantwortung dieser Frage hängt es wiederum ab, ob der vom Zahlenden in Anspruch genommene Primärschuldner "etwas erlangt" hat: Nur wenn er von seiner Schuld befreit wurde, ist eine im Wege des Bereicherungsausgleichs rückabzuwickelnde Vermögensmehrung bei ihm eingetreten. Vor dem auf den Bereicherungsanspruch anzuwendenden Recht ist somit der von einer Rechtsfrage geprägte Bereicherungseintritt zu ermitteln. Selbst wenn sie rechtlich determiniert ist, bleibt die Frage nach dem Eintritt einer Bereicherung ihrer Natur nach jedoch ein reines Faktum: sie erscheint nicht als Rechtsfolge des materiellen Rechts im Tatbestand 52 So Neumeyer, IPR, S. 34. 53 Vgl. nur Kegel, IPR, S. 273 fL Kropholler, IPR , S. 110; MünchKomm-Sonnen-
berger, Einl. IPR, Rdnr. 385 ff. 20 Plaßmeier
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Vierter Teil: Lös\lllgsvorschlag
einer Kollisionsnorm und kann daher als Vorfrage im technischen Sinne nicht anerkannt werden. b) Der Rechtsgrund Die bisher am häufigsten behandelte Vorfrage ist diejenige nach dem Rechtsgrund einer eingetretenen Bereicherung. Sie wurde bereits recht früh erkannt54 und hält auch einer Überprüfung nach den Maßstäben heutiger kollisionsrechtlicher Methode stand. Eine deutsche international-bereicherungsrechtlich~ Kollisionsnorm muß bei allen gegebenen Formulierungsmöglichkeiten die für jeden Bereicherungsanspruch konstitutive Frage aufnehmen, ob der Bereicherungseintritt auf einen rechtfertigenden Grund zurückzuführen ist oder nicht. Eine Bestandsaufnahme bereits existenter ausländischer !PR-Normen bestätigt diesen Befund. So ist etwa in Art. 128 des schweizerischen IPR-Gesetzes von "Ansprüchen aus ungerechtfertigter Bereicherung" die Rede, und Art. 44 C6digo Civil Portugues spricht von "enriquecimento sem causa". Dem Österreichischen Gesetzgeber erschien die ausdrückliche Erwähnung der causa sogar entbehrlich, so daß in§ 46 !PR-Gesetz nur von ,,Bereicherungsansprüchen" die Rede ist, ohne daß hiermit inhaltlich etwas anderes gemeint wäre. Bei dercausaeiner Vermögensmehrung handelt es sich um einen Umstand, der ausschließlich durch rechtliche Vorüberlegungen zu ermitteln ist, und somit um eine notwendigerweise in den Tatbestand einer Kollisionsnorm aufzunehmende Rechtsfolge im Sinne der Vorfragendefinition. Diese Frage kann Gegenstand fast jeder selbständigen Kollisionsnorm nichtbereicherungsrechtlicher Art sein, die im weitesten Sinne vermögensrechtliche lmplikationen aufweist. 2. Die Behandlung der Vorfrage nach dem Rechtsgrund: selbständige oder unselbständige Anknüpfung.?
Die allein verbleibende Vorfrage nach dem Rechtsgrund einer eingetretenen Vermögensverschiebung kann, bezogen auf die verschiedenen Kondiktionsar54 Andeutungsweise schon Böhm, Die räumliche Herrschaft der Rechtsnormen (1890), S. 138 f. ; besonders deutlich v. Mayr, BereicheT\Illgsanspruch (1903), S. 104; Zitelmann, IPR, Zweiter Band (1912), S. 526; Neuner, RabelsZ 2 (1928), S. 122, Fn. 1; Frankenstein, internationales Privatrecht (Grenzrecht), Bd. 2, 1929, S. 392; Neumeyer, IPR (1930), S. 34.
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ten und die vielfältigen rechtlichen wie tatsächlichen Fallgestaltungen, die zum Entstehen eines Bereicherungsanspruchs führen können, sehr unterschiedliche Formen annehmen. So ist die Beurteilung der Rechtmäßigkeit einer Bereicherung, die auf einer vertraglichen Leistung beruht, nach den für ein vertragliches Schuldverhältnis geltenden Regeln vorzunehmen. Die Frage, ob jemand wirksam als Nichtberechtigter über fremdes Eigentum verfügt hat, wird sich regelmäßig nach den Maßstäben des am Ort und zur Zeit der Verfügung geltenden Sachenrechts richten. Die Grundsätze des Familienrechts sind berufen, wenn etwa eine angeblich überzahlte Unterhaltsleistung herausverlangt wird, und das Erbrecht entscheidet, ob eine aufgrund einer vermeintlichen Erbberechtigung eingetretene Vermögensmehrung dem Bereicherten tatsächlich zusteht. Die Behandlung der Vorfrage nach dem Rechtsgrund, also die Frage, ob sie selbständigoder unselbständig in Abhängigkeit vom Hauptstatut anzuknüpfen sei, ist bis heute umstritten geblieben. Während vor allem in der früheren Literatur fast einstimmig eine selbständige Anknüpfung für vorzugswürdig gehalten wurde55, haben sich - seitdem im Gefolge von Zweigert die Behandlung des Bereicherungsstatuts nach der Iex causae herrschend wurde - die Akzente zu einer unselbständigen Anknüpfung der Vorfrage nach dem Rechtsgrund und damit zu ihrer Beantwortung in Entsprechung des Statuts der Hauptfrage verschoben56, nachdem zuvor bereits die deutsche Rechtsprechung diesen Weg eingeschlagen hatte, wie Entscheidungen des Reichsgerichts57 belegen. Teilweise werden auch Differenzierungen zwischen verschiedenen KondiktionsaTten vertreten: So will Schlechtriem58 die Vorfrage nach dem Rechtsgrund bei Leistungskondiktionen unselbständig behandelt wissen, hält aber bei Nichtleistungskondiktionen eine selbständige Anknüpfung der Fragen, ob im Fall des Eingriffs in ein fremdes Recht dieses Recht dem Betroffenen überhaupt zuge-
55 Zitelmann, IPR, Zweiter Band, S. 526; Neumeyer, IPR, S. 34; Frankenstein, IPR, Bd. 2, S. 392; Nussbaum, Deutsches Internationales Privatrecht (1932), S. 294 f; in bezug auf die Leistungskondiktion ebenso v. Mayr, Bereicherungsanspruch, S. 104; differenzierend auch Neuner, RabelsZ 2, S. 122, Fn. I; anders früher schon Nc.>ubecker, Internationales Privatrecht, S. 86. 56 Knoch, S. 8 ff.; Ba/aster, S. 98; ohne Einschränkung defmieren die Reichweite des Bereicherungsstatuts auch v. Bar, IPR li, Rdm. 745, Kropholler, IPR, S. 428 ff. , Reuter!Martinek, S. 767, 779 ff.; anders noch Zweigert selbst, SJZ 1947, Sp. 250. 57 RG, SeuffArch 86, Nr. 141 = IPRspr. 1932, Nr. 38; vgl. dazu oben S. 50; die Rechtsprechung des BGH läßt in dieser Hinsicht bisher keine klare Linie erkennen. 58 Gutachten, S. 42. 20*
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standen hat, und ob die über eine fremde Sache zugunsten eines Dritten erfolgte Verfügung von einem Nichtberechtigten getroffen wurde, für möglich59. So unterschiedlich das Statut der Vorfrage bei selbständiger Anknüpfung auch ausgestaltet sein mag, haben doch alle im Rahmen des Bereicherungsstatuts denkbaren Vorfragen eine wesentliche Gemeinsamkeit: In keinem anderen Bereich des IPR ist die Vorfrage so eng mit der Entscheidung des Hauptstatuts verknüpft wie bei der Anknüpfung von Ansprüchen aus ungerechtfertigter Bereicherung. Als Beispiele seien etwa die Vorfrage der Ehelichkeit der Geburt für die Hauptfrage der Erbberechtigung eines Kindes oder das Bestehen einer Ehe für den Namen eines Ehegatten oder dessen Erbrecht genannt. In allen diesen Fällen kann die Vorfrage inhaltlich unproblematisch vom Statut der Hauptfrage getrennt werden, weil keine notwendige innere Verbindung besteht. Anders verhält es sich beim Bereicherungsstatut, das weitgehend nur eine rechtstechnische Rückabwicklungs- und Ausgleichsfunktion hat und sich daher maßgeblich an Wertungen orientieren muß, die nicht dem Bereicherungsrecht selbst, sondern dem zugrunde liegenden Statut zu entnehmen sind60: Die Frage, ob eine Bereicherung mit oder ohne rechtlichen Grund eingetreten ist, ist essentiell für die Beurteilung des Anspruchs selbst; wenn ein Rechtsgrund gegeben ist, kann denknotwendig kein Bereicherungsanspruch entstehen. Es besteht also eine besonders enge Verbindung zwischen der Vorund der Hauptfrage, der die Bildung eines Anknüpfungsmoments für Bereicherungsansprüche nur Rechnung tragen kann, indem es den Gleichlauf der Behandlung beider Fragen sicherstellt.
3. Selbständige Anknüpfung der Vorfrage nach dem Rechtsgrund oder vorfragenakzessorische Anknüpfung des Bereicherungsstatuts? Die entscheidende Frage kann daher nicht lauten, ob die Vorfrage nach dem Rechtsgrund einer eingetretenen Bereicherung selbständig oder unselbständig anzuknüpfen ist. Die fehlende causa ist der Grund für das Entstehen eines Bereicherungsanspruchs. Andere Rechtsordnungen drücken dies in anderen Begriffen aus; in
59 Sch/echtriem, aaO., S. 56; ebenso hinsichtlich der Verfugung durch einen Nichtberechtigten Lorenz, Festschrift Zweigert, S. 229, Fn. 76 sowie bezüglich der Inhaberschaft eines betroffenen Rechts MünchKomm-Kreuzer, I vor Art. 38, Rdnr. 8. 60 So fiir das Sachrecht der \Dlgerechtfertigten BereicheflDlg Larenz/Canaris, S. 246.
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der Sache bestätigt sich jedoch immer wieder der Satz von Zweigert, wonach die Rückabwicklung einer Vermögensverschiebung demselben Recht unterliegen muß wie die Vermögensverschiebung selbst: Soll die international-privatrechtliche Anknüpfung sich an der Iex causae orientieren, so muß diejenige Rechtsordnung zur Anwendung kommen, die darüber entscheidet, ob eine Wertverschiebung cum causaoder sine causa stattgefunden hat. Die semantische Übereinstimmung zwischen der Iex causae eines Bereicherungsanspruchs und der causa einer eingetretenen Bereicherung ist zwar ein terminologischer Zufall; gleichwohl ist es notwendig, Kollisionsnorm und Sachrecht mittels dieses Begriffes zu harmonisieren und sich auch bei der international-privatrechtliche Behandlung von Bereicherungsansprüchen an der entscheidenden Bedeutung der causa im Sachrecht zu orientieren. Hieraus folgt, daß innerhalb des Bereicherungsstatuts kein Platz sein kann für eine selbständige oder unselbständige Sonderanknüpfung der Frage nach dem Rechtsgrund. Ist daher die einheitliche Anknüpfung des Bereicherungsstatuts anzustreben, so kann dieses Ziel auf zwei Wegen erreicht werden: Zum einen ist es denkbar, die (zweifelsfrei als solche zu behandelnde) Vorfrage nach dem Rechtsgrund einer eingetretenen Bereicherung einer unselbständigen Anknüpfung und damit derselben Behandlung zu unterwerfen, die das Hauptstatut erfährt. Dann würde sich nach der hier bevorzugten Lösung die Vorfrage ebenfalls nach der Iex causae richten. Im Hinblick auf die Anknüpfung von Bereicherungsansprüchen erscheint allerdings gerade die umgekehrte Vorgehensweise angezeigt: ,,Das verbindende Element aller Bereicherungsansprüche ist der Begriff'ungerechtfertigt'."61 Die Frage nach dem Rechtsgrund einer eingetretenen Bereicherung ist somit identisch mit der Frage nach dem Bestehen eines Bereicherungsanspruchs62. Die Anwendung der Iex causae bedeutet demnach: Diejenige Rechtsordnung ist zur Entscheidung der Frage nach dem 61 Schmitz, S. 226; s. auch Palmer, Vol. l, S. 41 : " ... in a much !arger nurober of cases the problern is whether retention of a recognizable enrichment is unjust"; Ba/aster, S. 80: "Grundbegriff des mangelnden rechtlichen Grundes"; Knoch, S. 9: Die Unrechtmäßigkeit gibt "dem Kondiktionsanspruch Form und Inhalt" und bildet daher mit den weiteren Voraussetzungen "eine untrennbare Einheit". 62 Ebenso Zweiger11Müller-CiindulhY, sec. 24: " ... the question ofwhether an act is unjustifiable is identical with the question of whether a claim for enrichment lies."; ähnliches meint wohl auch v. Bar, IPR li, Rdnr. 550, wenn er von dem ,,fiir das Bereicherungsrecht konstitutiven Element ... der ungerechtfertigten Mehrung des Vermögens des Schuldners" spricht und es daher für erforderlich hält, "das Recht zu bestimmen, mit dem die auszugleichende Vermögensverschiebung die engsten Verbindungen hat".
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Bestehen eines Bereicherungsanspruchs berufen, die der ursprünglich eingetretenen Bereicherung die Anerkennung versagt. Diese Rechtsordnung muß den Bereicherungsanspruch nicht nur dem Grund, sondern auch dem Umfang nach beherrschen, denn ihre Wertungen werden durchgesetzt, wenn eine Bereicherung rückgängig gemacht wird. Die Bildung der Kollisionsnorm folgt somit der "selbständigen" Anknüpfung der Vorfrage, die eine ihrerseits "unselbständige" Behandlung der Hauptfrage nach sich zieht: das Statut der Hauptfrage wird aus demjenigen der Vorfrage gebildet (vor.fragenakzessorische A nknüpfung des Bereicherungsstatuts). Eine derartige Ermittlung des Bereicherungsstatuts ist auch der Methode vorzuziehen, die die IPR-Kodifikationen Österreichs und der Schweiz in Anlehnung an die Terminologie von Zweigert gewählt haben, indem sie die Abgrenzung zwischen den verschiedenen KondiktionsaTten maßgeblich am Begriff des ,,Rechtsverhältnisses" zwischen den beteiligten Parteien orientieren. Auf diese Art wird die akzessorische Anknüpfung des Bereicherungsstatuts in nicht zweckmäßiger Weise eingeschränkt. Statt dessen muß es gelten, die akzessorische Anknüpfung im internationalen Bereicherungsrecht auszuweiten, um einerseits der Tatsache Rechnung zu tragen, daß bereicherungsrechtliche Ansprüche fast notwendigerweise mit einem anderen Statut eng verbunden sind, und um andererseits im Bereich der Nichtleistungskondiktionen die Anwendung des unbestimmten Anknüpfungsmerkmals des "Ortes des Bereicherungseintritts" zurückzudrängen. Des weiteren zeigt die inflationäre Verwendung des ,,Rechtsverhältnisses" in der deutschen Rechtsprechung zum internationalen Bereicherungsrecht, wie leicht dieser Begriff zum Zweck des Heimwärtstrebens instrumentalisiert werden kann. Es erscheint daher angebracht, das ,,Rechtsverhältnis" sowohl als Unterscheidungsmerkmal zwischen verschiedenen KondiktionsaTten als auch als Anknüpfungsmerkmal insgesamt durch einen exakter zu fassenden und weniger einfach zu manipulierenden Rechtsbegriff abzulösen. Der vorliegende Vorschlag findet diesen Begriff in der Vorfrage nach der Rechtfertigung einer eingetretenen Vermögensverschiebung und somit im Merkmal des fehlenden rechtlichen Grundes. Die kollisionsrechtliche Anknüpfung muß sich daher am Zentralbegriff des Rechtsgrundes, der allen untersuchten Rechtsordnungen in dieser oder sehr ähnlicher Weise gemeinsam ist, orientieren (Interesse am äußeren Entscheidungseinklang). Die vorangegangene rechtsvergleichende Betrachtung hat unter anderem gezeigt, daß alle entwickelten Rechtsordnungen, die Ausgleichsansprüche wegen ungerechtfertigter Bereicherung kennen, sich in dem
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deutschen Recht entsprechender Schärfe die Frage nach dem Rechtsgrund einer Vermögensverschiebung als Kernfrage des Bereicherungsausgleichs stellen. Andere Rechtsordnungen drücken dies zwar in anderen Begriffen aus und wählen teilweise auch andere rechtstechnische Einkleidungen für diese Frage; der Sache nach entstehen dadurch aber keine wesentlichen Abweichungen zwischen der deutschen und den anderen untersuchten Rechtsordnungen. Wenn z.B. das englische Recht als eine der Grundvoraussetzungen des Bereicherungsausgleichs vermutet, daß eine "unjust retention of the benefit" stattfindet, wenn nicht im Ausnahmefall ein Grund zum Behalten des Erlangten vorhanden ist63, so handelt es sich hierbei um nichts anderes als die im deutschen Recht gestellte Frage nach dem Rechtsgrund einer eingetretenen Vermögensverschiebung. Nicht nur die Behandlung von Bereicherungsansprüchen im internen Sachrecht, sondern auch die kollisionsrechtliche Anknüpfung richtet sich - zumindest in ähnlicher Form - zumeist nach der Rechtfertigung der eingetretenen Vermögensverschiebung. Wo dies nicht ausdrücklich vorgesehen ist, herrschen jedenfalls Anknüpfungen vor, die zum selben Ergebnis führen: So begründet das Abstellen auf den Rechtsgrund sogar die Möglichkeit, den äußeren Entscheidungseinklang mit dem französischen IPR herzustellen, das auf den ersten Blick mit der deutschen Rechtslage kaum zu vereinbaren zu sein scheint. Nach der 1991 vorgenommenen Umsetzung des Rom-Übereinkommens ist der Anknüpfungspunkt im Verhältnis zwischen Deutschland und Frankreich jedenfalls hinsichtlich solcher Ansprüche, die auf eine vertragliche Beziehung zurückzuführen sind, identisch. Auch wenn das französische IPR für den Rest der bereicherungsrechtlichen Situationen heute noch auf den Ort des Bereicherungseintritts abstellt, hindert dies eine Übereinstimmung mit der Anknüpfung nach dem Rechtsgrund nicht, da beide Ansichten in aller Regel jedenfalls dasselbe Ergebnis zur Folge haben.
4. Konkretisierung der Anknüpfung an den Rechtsgrund a) Der Begriff des Rechtsgrundes Der ,"Rechtsgrund" im technischen Sinne, wie er in der sachrechtliehen deutschen Bereicherungsdogmatik verstanden wird, kann als Grundlage einer vorfragenakzessorischen Anknüpfung selbstverständlich nur dort erheblich sein, wo die Rechtsgrundlosigkeit einer eingetretenen Bereicherung ein echtes 63 Vgl. dazu oben S. 105.
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Tatbestandsmerkmal ist und sich daher die Frage nach dem Rechtsgrund als Vorfrage der Anknüpfung stellt.
aa) Leistungskondiktion Vergleichsweise unproblematisch ist es danach, das Statut des Rechtsgrundes zum Zweck der Anknüpfung einer Leistungskondiktion zu bestimmen. Die Frage der Rechtmäßigkeit einer rückabzuwickelnden Vermögensverschiebung wird in diesen Fällen vom Statut des der Leistung zugrunde liegenden Kausalverhältnisses beherrscht, wobei es unerheblich ist, ob es sich bei diesem Verhältnis um ein vertragliches oder gesetzliches handelt.·Als ,,Kausalverhältnis" in diesem Sinne kann auch, wie etwa in Fällen der Zahlung auf fremde Schuld, ein Schuldverhältnis in Betracht kommen, das nicht zwischen den Parteien des Bereicherungsrechtsverhältnisses bestanden hat. Schließlich kommt es auch nicht darauf an, ob das Kausalverhältnis tatsächlich einmal Bestand gehabt hat und nachträglich beseitigt wurde oder die beteiligten Parteien es nur als bestehend vorausgesetzt haben.
bb) Nichtleistungskondiktionen Bei allen Kondiktionsarten, die das Fehlen eines ,,Rechtsgrundes" im technischen Sinne nicht voraussetzen, wird dieses Merkmal nach deutscher sachrechtlieber Dogmatik durch funktionsäquivalente Begriffe ersetzt: Nach der heute herrschenden Definition64 ist die im Bereich der Leistungskondiktion anzutreffende ,,Rechtsgrundlosigkeit" gleichzusetzen mit der ,,Zweckverfehlung" oder (im Fall des § 817 BGB) der ,,Zweckmißbilligung", bei der Eingriffskondiktion mit der ,,Zuweisungsverfehlung": beruht der Eintritt einer Vermögensverschiebung auf einer gesetzlichen Anordnung, wie etwa in den Fällen des Eigentumserwerbs durch Verarbeitung oder des gutgläubigen Erwerbs vom Nichtberechtigten, so hängt die Frage nach dem Rechtsgrund von der Rechtsordnung ab, die die güterrechtliche Neuordnung herbeigeführt hat65. . Bei der Anknüpfung von Bereicherungsansprüchen ist daher nicht allgemeingültig auf den terminus technicus des fehlenden rechtlichen Grundes abzustellen: die AnknüpfunK soll sich vielmehr in Ent.\prechun!{ de.~ieni!{en Statuts vollziehen. das über die Rechtfertigung der eingetretenen Vermögen.wer64 Reuter!Mm tinek, S. 110; Weitnauer, Festschrift v. Caemmerer, S. 263. 65 Staudinger-Lorenz, Rdnr. 28, 77 zu § 812.
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schiebung befindet, wobei es unerheblich ist, ob es sich hierbei etwa um eine Rechtsordnung handelt, die ein zwischen den Parteien ursprünglich bestehendes Kausalverhältnis beherrscht, oder um eine Rechtsordnung, die den Zuweisungsgehalt66 eines Rechts definiert, in das eingegriffen wurde. So wird in Fällen der Nutzung, des Verbrauchs oder des Einbaus einer fremden Sache mit der Folge, daß sie als selbständige Sache untergeht, aber auch in Fällen der unter dem Schutz des Rechtsscheins wirksamen Veräußerung etwas erlangt, das nach der den Zuweisungsgehalt des betroffenen Rechts definierenden Rechtsordnung dem Berechtigten zusteht. "Unrechtmäßig" im Sinne dieser Nichtleistungskondiktionen "ist die Bereicherung deshalb, weil sie der in dem Eigentum liegenden Güterzuweisung widerspricht"67. Bei vorfragenakzessorischer Anknüpfung des Statuts solcher Kondiktionen ist somit die den Zuweisungsgehalt eines Recht definierende Rechtsordnung maßgeblich68. b) Das Statut des Anknüpfungsmoments Bisher wurde festgestellt, daß die Ermittlung des Bereicherungsstatuts in Akzessorietät zu demjenigen Statut erfolgen sollte, das über die Frage entscheidet, ob eine Bereicherung mit oder ohne rechtfertigenden Grund eingetreten ist. Das entscheidende Anknüpfungsmoment dieser vorfragenakzessorischen Behandlung des Bereicherungsstatuts ist somit der Begriff des ,,Rechtsgrundes". Diese erste Festlegung fuhrt zu der weiteren Frage, ob dieses Anknüpfungsmoment seinerseits nicht nur Mittel, sondern auch Gegenstand der kollisionsrechtlichen Behandlung sein kann, ob sich also vor der praktischen Anwendung des ,,Rechtsgrundes" als Anknüpfungsmoment die Frage nach dem auf diesen Anknüpfungspunkt anzuwendenden Recht stellt. Nach v. Bar, der diese Problematik maßgebend herausgearbeitet hat69, sind eigene Verweisungsnormen für solche Anknüpfungsmomente zu bilden, die einerseits auch als Gegenstände der Anknüpfung gedacht werden können und andererseits Begriffe verwenden, die nicht nur der autonomen Begriffsbildung des IPR vorbehalten sind, sondern zugleich Erscheinungen des Sachrechts der 66 Vgl. zur Defmition der Unrechtmäßigkeit einer auf einem Eingriff beruhenden Bereichenmg durch den Zuweisungsgehalt des betroffenen Rechts grundlegend Wilburg, Ungerechtfertigte Bereichenmg, S. 27 ff; v. Caemmerer, Festschrift Rabe) I, S. 333.353. 67 V. Caemmerer, Festschrift Rabe) I, S. 353. 68 Tentativ ebenso Canan:~, ZIP 1983, 647, 651. 69 IPR I, Rdnr. 568 ff
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Iex fori darstellen und von diesem mit einem spezifischen Bedeutungsgehalt gefullt werden. Grundsätzlich sind ihrer Doppelnatur entsprechend zwei verschiedene Arten der Ausfullung solcher Begriffe möglich, nämlich einerseits ihre Auslegung nach dem vom Sachrecht der Iex fori geprägten Verständnis und andererseits eine Interpretation, die auch die Ausfullung einschließt, mit der eine ausländische Rechtsordnung diesen Begriff versieht. Vor der Konkretisierung des Begriffes selbst hat somit die Konkretisierung seines Statuts zu erfolgen. Wie stets ist auch bei Verweisungsnormen fur Anknüpfungspunkte zwischen allseitigen und einseitigen Verweisungen zu unterscheiden7o. Hierbei entspricht die Annahme einer einseitigen Verweisung der Ausfullung des Anknüpfungsmoments nach einem bestimmten, im voraus festgelegten Sachrecht, während eine allseitige Verweisung auch die Auslegung nach einer anderen Rechtsordnung ermöglicht. Die erste von v. Bar aufgestellte Prämisse trifft auf das hier gewählte Anknüpfungsmoment zu: Der (potentielle) Rechtsgrund einer eingetretenen Bereicherung kann, sofern er etwa in einem Leistungsverhältnis zu sehen ist, zumindest regelmäßig auch selbst Gegenstand der Anknüpfung sein. Die Tatsache, daß es sich bei der Frage nach dem Rechtsgrund um eine Vorfrage handelt, besagt allerdings in diesem Zusammenhang noch nichts, denn anderenfalls müßte jedes Anknüpfungsmoment, das zugleich als Vorfrage in derselben oder einer anderen Rechtsanwendungsregel auftaucht, die Frage nach seinem eigenen Statut aufwerfen. Bei der Entscheidung über die Notwendigkeit einer eigenen Kollisionsnorm fur das Anknüpfungsmoment des ,,Rechtsgrundes" kommt es somit auf die Beurteilung der Frage an, ob dieser Begriff vom Sachrecht der Iex fori mit einem so differenzierten Inhalt versehen wird, daß es gerechtfertigt erschiene, im Fall seiner kollisionsrechtlichen Verwendung von einer Doppelnatur dieses Begriffs auszugehen. Zur Verdeutlichung soll der ,,Rechtsgrund" hier in die beiden von v. Bar als typisch genannten Beispiele fur einen Begriff, der diese Doppelnatur aufweist und einen Begriff, bei dem dies nicht der Fall ist, eingeordnet werden. Ersteres triff\ auf den früher als Anknüpfungspunkt fur gegenseitige Verträge verwendeten ,,Erfullungsort" zu71, letzteres auf den heute noch im internationalen Deliktsrecht maßgeblichen "Tatort"72.
70 V. Bar, aaO., Rdnr. 571.
71 Ders., aaO., Rdnr. 573. 72 Ders., aaO. , Rdnr. 569.
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Sieht man davon ab, daß der rechtlich determinierte Begriff des ,,Rechtsgrundes" mit dem ausschließlich durch tatsächliche Gegebenheiten geprägten "Tatort" und dem ebenfalls überwiegend von faktischen Verhältnissen abhängigen ,,Erfüllungsort" nur bedingt vergleichbar ist, so ist festzustellen, daß das hier favorisierte Anknüpfungsmoment zwischen den beiden anderen Begriffen steht. Es stellt auf der einen Seite kein reines Kunstgebilde dar wie der "Tatort", der ausschließlich zum Zweck der Verwendung in einer Rechtsanwendungsregel gebildet wurde und im deutschen materiellen73 Sachrecht überhaupt nicht vorkommt, wird aber andererseits auch nicht von derart festgefügten Regel des deutschen Sachrecht geprägt wie der ,,Erfüllungsort", dem nach § 447 Abs. I BGB entscheidende Bedeutung für Fragen der Gefahrtragung beim Versendungskauf zukommt und für den § 269 Abs. I BGB eine eigene Auslegungsregel bereithält. Der ,,Rechtsgrund" findet zwar im Wortlaut des§ 812 Abs. l S. l BGB insofern Verwendung, als das entscheidende Merkmal eines Bereicherungsanspruchs eben das Fehlen eines die eingetretene Bereicherung rechtfertigenden Grundes ist. Die Verhältnisse, die zu einer solchen Rechtfertigung führen könnten, sind allerdings angesichts der im deutschen Sachrecht vertretenen KondiktionsaTten zu vielfciltig74, um sich zur Bildung eines einheitlichen Rechtsgrundsbegriffs zu eignen, der in seiner dogmatischen Bedeutung etwa dem Verständnis des Erfüllungsortes vergleichbar wäre. Bereits die Existenz der condictio ob rem (§ 812 Abs. I S. 2, 2. Alt.) macht deutlich, daß zum einen auch der Wegfall eines über den eigentlichen rechtlichen Grund für das Erbringen einer Leistung hinausgehenden Motivs den Ursprung eines Bereicherungsanspruchs bilden kann, und daß zum anderen nicht zur rechtliche, sondern auch rein tatsächliche Verhältnisse für die Frage desBestehenseines Bereicherungsanspruchs ausschlaggebend sein können. Der Begriff des ,,Rechtsgrundes" kann also schon seiner Natur nach in der sachrechtliehen Dogmatik keine derart festgelegten Konturen annehmen, daß es unzulässig erscheinen müßte, ihn einer autonomen kollisionsrechtlichen Bestimmung zu unterziehen, bei der die Frage nach der Notwendigkeit eines eigenständigen Statuts des Anknüpfungsmoments negativ beantwortet wird.
73 Das deutsche Prozeßrecht, das sowohl den Tatort(§ 32 ZPO) als auch den Erfullungsort (§ 29 Abs. I ZPO) zum Zweck der Begründung eines besonderen Gerichtsstandes verwendet, bleibt hier außer Betracht. 74 Vgl. zur Vielfalt der möglichen Rechtsgründe Staudinger-Lorenz, Rdnr. 75 ff. zu § 812.
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Vierter Teil: Lösungsvorschlag
Im folgenden wird daher die Ausfüllung des Anknüpfungsbegriffs des ,,Rechtsgrundes" gleichsam unselbständig dem deutschen Sachrecht entnommen. Für die Technik der vorfragenakzessorischen Anknüpfung des Bereicherungsstatuts ergibt sich somit folgendes: Zunächst wird die deutsche Iex fori danach befragt, was nach ihrer Systematik als Rechtsgrund einer eingetretenen Bereicherung in Betracht kommt, also etwa ein zwischen den Parteien eines Bereicherungsrechtsverhältnisses bestehendes bzw. als bestehend vorausgesetztes Kausalverhältnis oder der Zuweisungsgehalt eines subjektiven Rechts. Im Anschluß daran ist das auf diesen möglichen Rechtsgrund anzuwendende Recht zu ermitteln, das dann seinerseits im Wege der akzessorischen Anknüpfung das Bereicherungsstatut bildet. 5. Vermeidung der depe9age durch vorfragenakzessorische Anknüpfung
Die hier vorgeschlagene Anknüpfung des Bereicherungsstatuts bietet neben der Anwendung der sachnächsten Rechtsordnung auf Bereicherungsansprüche den weiteren Vorteil, daß eine deper;:age vermieden wird, also die Zersplitterung der kollisionsrechtlichen Verweisung in getrennt zu behandelnde Vorund Hauptfragen75 und damit die mögliche Anwendung verschiedener Rechtsordnungen auf denselben Anknüpfungsgegenstand, die häufig zu Wertungswidersprüchen führt und somit vermeidbare Angleichungsprobleme provoziert. Während bei der Anwendung nur einer Rechtsordnung auf ein einheitliches Lebensverhältnis "Widerspruchsfreiheit im allgemeinen unterstellt werden kann"76, ist diese bei der Vermehrung der potentiell anwendbaren nationalen Recht nicht mehr ohne weiteres zu gewährleisten. Der Orientierung an dieser Maxime des inneren Entscheidungseinklangs und des Parteiinteresses an der Vorhersehbarkeit des anzuwendenden Rechts entspricht auch die ständige Praxis deutscher Gerichte, Daß eine deper;:age im Rahmen der Anknüpfung von Bereicherungsansprüchen zu verhindern ist, hat der Sache nach schon das Reichsgericht?? erkannt, und auch der BGH folgt
75 Vgl. zur depe(j:age umfassend Reese, Depeyage: A common phenomenon in Choice of Law, in: 73 Columbia L.Rev., S. 58 - 75; Jayme, BetrachtWlgen zur depeyage im Internationalen Privatrecht, Festschrift Kegel, S. 253 ff ; v.d. Seip en,Akzessorische Anknüpfung, S. 72 ff 76 Kegel, IPR, S. 113. 77 RG, SeuffArch 86, Nr. 141 = IPRspr. 1932, Nr. 38, s. dazu Lorenz, Festschrift Zweigert, S. 204 sowie oben S. 50.
A. Fragen des allgemeinen Teils des IPR
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diesem Leitbild jedenfalls bei der kollisionsrechtlichen Behandlung der RückabwiekJung von Leistungsbeziehungen. 6. Abgrenzung zur Lehre vom" Vernichtungsstatut"
a) Grundsätzliche Unterschiede, vor allem im Bereich der sog. Eingriffsnormen Diese vorfragenakzessorische Behandlung von Bereicherungsansprüchen ist nicht zu verwechseln mit der von Bydlinski begründeten Lehre vom "Vernichtungsstatut"78, obwohl auf den ersten Blick Ähnlichkeiten zu bestehen scheinen. Es geht nicht darum, diejenige Rechtsordnung, die einen Vertrag für nichtig erklärt, auf den resultierenden Bereicherungsanspruch anzuwenden und damit einer Eingriffsnorm zu weitergehender Geltung zu verhelfen, als sie sich selbst beilegen wollte, sondern darum, diejenige Rechtsordnung entscheiden zu lassen, die über das Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsgrundes für eine eingetretene Bereicherung befindet. Ein grundsätzlicher Unterschied zwischen der Lehre vom Vernichtungsstatut und der vorfragenakzessorischer Anknüpfung liegt zunächst in der Tatsache begründet, daß das "Vernichtungsstatut" schon von der Definition her nur für solche Bereicherungslagen geeignet ist, die aus einem Vertragsverhältnis folgen, das seinerseits durch eine Eingriffsnorm für nichtig erklärt wurde. Diese Beschränkung des Anwendungsbereichs vermeidet die vorfragenakzessorische Anknüpfung, die in der dargestellten Form für alle Arten von Bereicherungsansprüchen verwendbar ist. Das entscheidende Argument für die vorfragenakzessorische Anknüpfung im Vergleich zur Lehre vom "Vernichtungsstatut" folgt aus der Dogmatik des deutschen IPR hinsichtlich der Behandlung von ,,Eingriffsnormen" im Sinne des Art. 34 EGBGB und den damit verbundenen Fragen nach den anerkannten Funktionen des ordre public. Eine Übernahme der Theorie vom "Vernichtungsstatut" in das deutsche Kollisionsrecht der ungerechtfertigten Bereicherung würde hier weitreichende und kaum zu vertretende Konsequenzen zeitigen. Die Normen, die als Verbotsnormen im Sinne der Lehre vom "Vernichtungsstatut" in Frage kommen, gehören fast ausnahmslos zum Anwendungsbereich des Art. 34 EGBGB. Es handelt sich in der Regel um wirtschaftspolitische Gesetze79, also etwa Devisenbestimmungen80, Ein- oder Aus78 S. dazu oben S. 269. 79 Kreuzer, ZfRV 1992, 168, 186.
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Vierter Teil: Lösungsvorschlag
fuhrverbote, wettbewerbs-oder kartellrechtliche Normen oder Regelungen des Verbraucherschutzes81; nicht hierher gehören hingegen privatrechtliche Normen wie etwa die Regelungen über die Geschäftsfahigkeit. Nach der Lehre vom "Vernichtungsstatut" müßte in jedem Fall, in dem ein Schuldverhältnis, das Beziehungen zu mehreren Rechtsordnungen aufweist, durch eine zwingende Norm des deutschen Rechts für unwirksam erklärt wird, automatisch das deutsche Bereicherungsrechts zur Rückabwicklung bereits auf dieses Schuldverhältnis erbrachter Leistungen herangezogen werden. Im Ergebnis müßte diese Ansicht daher sogar noch über eine positive Funktion des ordre public82 hinausgehen, da selbst Eingriffsnormen, die nicht notwendigerweise zum ordre public international im Sinne des Art. 6 EGBGB gehören, die Fähigkeit zugestanden würde, die Anwendbarkeit der Rechtsordnung ~ begründen, der sie angehören. Daß ein solches Ergebnis nicht dem Sinn und der Systematik des deutschen internationalen Vertragsrechts entsprechen kann, beweist das Nebeneinander von Art. 32 Abs. 1 Nr. 5 und Art. 34 EGBGB83: Würde aus der Anwendbarkeit einer deutschen Eingriffsnorm in jedem Fall auch die Anwendbarkeit deutschen Bereicherungsrechts folgen, so müßte Art. 34 als Spezialfall des Art. 32 Abs. 1 Nr. 5 zu verstehen sein, so daß sich hieraus eine Kollisionsnorm folgenden Inhalts ergäbe: ,,Das auf einen Vertrag anzuwendende Recht ist maßgeblich für die Folgen der Nichtigkeit eines Vertrages, wenn die Nichtigkeit nicht auf einem Verstoß gegen zwingende Bestimmungen des deutschen Rechts beruht." "Anwendung" von Eingriffsnormen im Sinne des Art. 34 EGBGB heißt aber nur, daß auf diese bei der Beurteilung der Frage der Wirksamkeit eines Vertrages Rücksicht zu nehmen ist. Hieraus folgt noch nicht, daß sich die Folgen der Nichtigkeit eines Vertrages ebenfalls nach der Rechtsordnung richten
80 S. dazu eingehend Rauscher, Internationales Bereicherungsrecht bei Unklagbarkeit gemäß Art. VIll Abs. 2 (b) IWF-Abkommen (Brenton Woods), in: Festschrift Lorenz, S. 471 ff
81 Spickhoff S. 130; MünchKomm-Martiny, Rdnr. 62- 84 zu Art. 34. 82 Hierzu sowie zum Verhältnis zwischen Art. 6 ·tmd Art. 34 EGBGB vgl. Spickhoff, S. 112 f , 130 ff; Triebel!Peglow, ZIP 1987, 613, 618. Das neue Österreichische
IPRG hat die positive Funktion des ordre public nwunehr ausdtücklich festgeschrieben, indem es in § 6 S. 2 vorsieht, daß anstelle der wegen eines Verstoßes gegen den Österreichischen ordre public nicht anzuwendenden Norm "etforderlichenfalls die entsprechende Bestimmtmg des Österreichischen Rechtes anzuwenden" ist. 83 Vgl. dazu MünchKomm-Martiny, Rdnr. 49 zu Art. 32.
A. Fragen des aUgemeinen Teils des IPR
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müssen, der die Eingriffsnorm entnommen wurde84. Zwar kann das Vernichtungsstatut eine enge Beziehung zu dem Schuldverhältnis aufweisen, das die rückabzuwickelnden Leistungen veranlaßt hat; wäre dies nicht der Fall, so könnte der Eingriffsnorm einer nicht auf den Vertrag anzuwendenden Rechtsordnung gar nicht die Macht zugestanden werden, den Vertrag fur nichtig zu erklären. Hieraus ergibt sich jedoch noch nicht, daß es gerechtfertigt ist, das gesamte Bereicherungsstatut an der Rechtsordnung auszurichten, der die Eingriffsnormentnommen wurde. Das zwingende Recht verdrängt das Vertragsstatut vielmehr nur, soweit dies unbedingt erforderlich ist85. Die rechtlichen Grundlagen fur die Rückabwicklung eines "vernichteten" Vertragsverhätnisses sind daher nicht dem fremden Eingriffsrecht, sondern dem Vertragsstatut zu entnehmen86. Auch der Zweck der effektiven Durchsetzung einer vom Vertragsstatut verschiedenen Verbotsnorm gebietet diese Anknüpfung entgegen der Ansicht Hoyers nicht: Dem Schutzzweck der Verbotsnorm ist vielmehr schon durch die bloße Tatsache der Vernichtung des Vertragsverhältnisses Genüge getan. Weiterreichende Auswirkungen dieser Norm oder der Rechtsordnung, der sie angehört, sind um ihrer Durchsetzung willen nicht erforderlich. Etwas anderes gilt auch nicht in den Fällen der Art. 29 und 30 EGBGB. Zwar ist Schlechtriem87 der Ansicht, daß das "Vernichtungsstatut" beim Eingreifen dieser Verbraucher- oder Arbeitnehmerschutzbestimmungen anzuwenden sei, sofern es "als weitere Sanktion neben der Nichtigkeit eigene zwingende Ausgleichsregeln vorsieht". Soweit ersichtlich, sind solche zwingenden Ausgleichsregeln jedoch in den von den Art. 29, 30 EGBGB typischerweise berufenen Schutznormen, etwa des Reisevertragsrechts, des Verbraucherkreditgesetzes, des AGBG oder des Arbeitnehmerschutzes, nicht enthalten. Eine Ausnahme bildet allenfalls § 3 Abs. I S. 1 HaustürWG, der sich allerdings darauf beschränkt, anzuordnen, daß "im Falle des Widerrufs jeder Teil verpflichtet ist, dem anderen Teil die empfangenen Leistungen zurückzugewähren" und somit auch keine "eigenen zwingenden Ausgleichsregeln" enthält.
84 Ebenso Staudinger-Lorenz, Rdnr. 116 zu§ 812. 85 MünchKomm-Marliny, Rdnr. 56 zu Art. 34; MünchKomm-Spellenberg, Rdnr.
188 vor Art. 11.
86 MünchKomm-Marliny, ebd. ; Lorenz, Festschrift Zweigert, S. 206; Rauscher, Festschrift Lorenz, S. 483. 87 Gutachten, S. 35 (
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Vierter Teil: LösWlgsvorschlag
Der Tatsache, daß eine außerhalb des Statuts des zugrunde liegende vertragliche Verhältnisses stehende Eingriffsnorm den Vertrag "vernichtet" und somit die Rückabwicklung der bereits ausgetauschten Leistungen erforderlich macht, kommt auch nicht etwa die Wirkung einer Veränderung des Statuts der Vorfrage nach dem Rechtsgrund zu88, die nach hier vertretener Auffassung eine Veränderung des Bereicherungsstatuts bewirken müßte. Selbst wenn der fremden Eingriffsnorm die Macht zugestanden wird, ein Vertragsverhältnis fur nichtig zu erklären, bleibt die Grundlage fur den bereits erfolgten Leistungsaustausch der ursprüngliche Vertrag: Ein Darlehensvertrag, der zwischen einem Deutschen und einem Österreicher unter Vereinbarung der Anwendbarkeit deutschen Rechts geschlossen wurde, unterliegt auch dann weiterhin dieser Rechtsordnung, wenn ihn etwa eine devisenrechtliche Norm des Österreichische Rechts fur nichtig erklärt. Aus dem bisher Festgestellten folgt auch die Ablehnung der im Ergebnis der Lehre vom "Vernichtungsstatut" entsprechenden Rechtsprechung des BGH und einiger Oberlandesgerichte zur bereicherungsrechtlichen Rückabwicklung in Fällen der "Vernichtung" eines auf die Durchfuhrung von Warentermingeschäften an einer ausländischen Börse gerichteten Vertrages durch den deutschen Differenz- oder Termineinwand89: Verlangt der deutsche Spekulant die Herausgabe des zur Sicherheit geleisteten Geldes unter Berufung auf§§ 764, 762 Abs. 1 BGB bzw. §§52 ff. BörsG, so ist dieser Einwand zwar gern. § 61 BörsG n.F. auch bei ausländischem Vertragsstatut beachtlich und die Vereinbarung über die zu leistende Sicherheit fur den Spekulanten damit unverbindlich. Der Rechtsgrund fur diese Vereinbarung ist jedoch nach wie vor in dem zwischen den Parteien geschlossenen Vertrag zu sehen. Die deutsche Eingriffsnorm ordnet lediglich an, daß die erbrachten Leistungen rückabzuwickeln sind, nicht, nach welcher Rechtsordnung diese Rückabwicklung zu erfolgen hat90. Bereicherungsstatut bleibt somit im o.g. Beispielsfall BGH NJW
88 Mißverständlich ist insofern die Aussage von Rauscher, aaO., S. 486, "die materielle Vorfrage der RechtsgTWldlosigkeit" sei "aufgTWld der Sonderanknüpftmg" der RechtsordnWlg zu entnehmen, aus der die Eingriffsnorm stammt. 89 S. dazu oben S. 56. 90 Ebenso MünchKomm-Martiny, Rdnr. 58 zu Art. 34; Triebel!Peglow, S. 617 ff; Schwark, Börsengesetz, Rdnr. 25 zu § 61; anders allerdings die zitierte RechtsprechWlg sowie wohl auch Erman-Hohloch, Rdnr. 57 zu Art. 28, die auch den BereicheTWlgsausgleich in diesen Fällen nach der RechtsordnWlg durchführen wollen, der die Eingriffsnorm entnommen wurde.
A. Fragen des aUgemeinen Teils des IPR
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1987, 3193 das Recht des US-Bundesstaates New York, die Rückabwicklung richtet sich nach den dort geltenden Regeln über ,,incapacity".
Auch die Entscheidung des OGH91, die zur Begründung der Lehre vom "Vernichtungsstatut" gefiihrt hat, läßt die Unterschiede zwischen dieser Theorie und der hier bevorzugten Anknüpfung deutlich erkennen. Bei vorfragenakzessorischer Anknüpfung wäre in diesem Fall gar kein Bereicherungsanspruch entstanden: Der Vertrag, der zwischen den Parteien geschlossen worden war, unterlag Schweizer Recht als Recht des Abschlußortes. Dieses Recht bildete somit auch das fiir die Beurteilung der Frage nach dercausaeiner eingetretenen Bereicherung entscheidende Statut im Sinne der Vorfrage nach dem Rechtsgrund. Nach Schweizer Recht war der Vertrag aber nicht zu beanstanden; die zur Nichtigkeit fuhrende devisenrechtliche Bestimmung des Österreichischen Rechts wäre insofern grundsätzlich nicht anzuwenden gewesen. Eine Ausnahme kann sich hier nur ergeben, wenn die die Nichtigkeit bewirkende Norm nach der Iex fori als Eingriffsnorm im Sinne des Art. 34 EGBGB anzusehen ist: Dann tritt zwar die Nichtigkeit ein, die Rückabwicklung müßte aber gleichwohl in Entsprechung des Statuts der Vorfrage, hier also des Vertragsstatuts, vorgenommen werden. Hierin liegt einer der entscheidenden Unterschiede zwischen der Anwendung des Vernichtungsstatuts und der vorfragenakzessorischen Anknüpfung: Selbst wenn die Nichtigkeit ausnahmsweise von einer nicht zum Statut gehörenden Norm angeordnet wird, hat sich die Rückabwicklung nach diesem Statut zu vollziehen. Gegen diese Lösung kann zwar eingewendet werden, daß es zweifelhaft erscheint, die Rückabwicklung nach einer Rechtsordnung vorzunehmen, die die Rechtsfolge der Nichtigkeit gar nicht angeordnet hätte; die Tatsache, daß die Parteien ihre Erwartungen auf das Vertragsstatut ausgerichtet hatten, spricht aber gleichwohl dafiir, dieses zur Anwendung zu bringen. Das schweizerische Bereicherungsrecht müßte demnach so zur Anwendung gebracht werden, als ob der Vertrag auch nach dieser Rechtsordnung nichtig gewesen wäre, also ohne Rücksicht darauf, daß die anwendbare Rechtsordnung die Nichtigkeit gar nicht vorsieht.
91 ZfRV 2 (1961) 18; s. dazu oben S. 267. 21 Plaßmeier
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Vierter Teil: LösWlgsvorschlag
b) Anwendung des "Vertragsvernichtungsstatuts" in Fällen mangelnder Geschäftsfähigkeit? Bei der Anwendung des nach dem Vertragsstatut die Beziehung zwischen den Parteien beherrschenden Recht muß es auch dann bleiben, wenn die Nichtigkeit eines Vertrages auf der mangelnden Geschäftsfähigkeit einer Partei beruht. Entgegen der Ansicht Degners92, der in diesen Fällen das durch Art. 1 Abs. 1 EGBGB berufene Recht, also das Heimatrecht des nicht oder beschränkt Geschäftsfähigen, für zwingend anwendbar hält, damit das Recht, "das über den Schutz wacht, auch den Schutz verwirklichen" kann, ist eine Anwendung des Vernichtungsstatuts auch in solchen· Fallgestaltungen nicht geboten. Dem Schutzinteresse des nicht voll Geschäftsfähigen wird vielmehr schon dadurch Genüge getan, daß seine Willenserklärung für nicht verbindlich erklärt wird. Ebenso wie bei der "Vernichtung" eines Vertragsverhältnisses durch eine dem Vertragsstatut fremde Eingriffsnorm folgt aus der Beurteilung der Frage der Wirksamkeit einer rechtgeschäftlichen Handlung nach einer außerhalb des Vertragsstatuts stehenden Norm nicht zwingend auch die Rückabwicklung des "vernichteten" Vertragsverhältnisses nach derjenigen Rechtsordnung, der die zur Nichtigkeit führende Bestimmung entnommen ist. Interessanterweise wird sogar von den Begründern der Lehre vom "Vernichtungsstatut" für die Fälle der mangelnden Geschäftsfähigkeit eine Ausnahme gemacht: Bydlinski93 will in solchen Fällen zum Vertragsstatut zurückkehren, Hoyer94 hält das Recht des ,,gemeinsam angenommenen Rechtsverhältnisses" für anwendbar. Wie bereits erörtert, gibt es für diese Ausnahme gute Gründe, die allerdings gegen die Lehre vom Vernichtungsstatut insgesamt sprechen. Zu denken ist etwa an den Fall, daß ein synallagmatischer Vertrag zwischen zwei Minderjährigen unterschiedlicher Nationalität geschlossen wird. Degner95 fordert in einem solchen Fall die Anwendung des jeweiligen Heimatrechts beider Parteien auf die gegenseitigen Bereicherungsforderungen, mithin eine Spaltung des Bereicherungsstatuts. Die Wertungswidersprüche und Störungen des inneren Entscheidungseinklangs, die eine solche depe~age hervorrufen würde, sind vorprogrammiert. Eine interessengerechte Anknüpfung, die auf die Tatsache Rücksicht nimmt, "daß die Parteien die Lei92 RIW 1983, 825, 829; ders., Kollisionsrechtliche Probleme beim Quasikontrakt, S. 271; ebenso v. Bar, IPR li, Rdru. 735. 93 ZfRV 2 (1961), S. 31. 94 ZfRV 12 (1971), S. 8. 95
Kollisionsrechtliche Probleme beim Quasikontrakt, S. 271.
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stung im Hinblick auf das Kausalverhältnis und seine Rechtsordnung erbringen''96, muß vielmehr darauf bedacht sein, auf Kondiktionsansprüche, die aus einem Gegenseitigkeitsverhältnis entstehen, nur eine einzige Rechtsordnung anzuwenden. Diesem Interesse entspricht auch in Fällen mangelnder Geschäftsfa.higkeit die Anknüpfung an den (als bestehend angenommenen) Rechtsgrund für den Leistungsaustausch.
m. Renvoi Als letzte Problematik im Rahmen des ,,Allgemeinen Teils" des IPR ist zu klären, ob die von dem vorfragenakzessorisch gebildeten Bereicherungsstatuts ausgesprochene Verweisung auf eine fremde Rechtsordnung als Gesamtverweisung oder lediglich als Verweisung auf die fremden Sachnormen der ungerechtfertigten Bereicherung anzusehen ist. Wie schon die Betrachtung der Situation im Österreichischen IPR gezeigt hat, kommt es bei der Frage, ob im internationalen Bereicherungsrecht der Renvoi anzuerkennen ist, zunächst auf die Unterscheidung zwischen dem im Rahmen des Grundverhältnisses möglichen Renvoi und einer eventuellen Rück- oder Weiterverweisung in bezugauf die Anknüpfung des Bereicherungsanspruchs selbst an. Beide Komplexe sind getrellllt voneinander zu behandeln, so daß die Frage, ob das Grundstatut, also etwa das Vertrags- oder Deliktsstatut, renvoifreundlich ist oder eine Sachnormverweisung vorsieht, vordergründig zunächst ohne Einfluß auf die Renvoifrage im Kollisionsrecht der ungerechtfertigten Bereicherung ist. Gleichwohl kann aus der Wertung des Grundstatuts zumindest ein gewichtiger Hinweis für die Behandlung der Rück- oder Weiterverweisung im IPR des Bereicherungsrechts abgeleitet werden97. 1. Die bisherige Behandlung der Renvoi-Problematik
a) Stellungnahmen in der Literatur Bisher ist die Frage, ob die ungeschriebene Kollisionsnorm des deutschen internationalen Bereicherungsrechts eine Gesamt- oder eine Sachnormverweisung ausspricht, äußerst umstritten. Zum Teil wird ohne nähere Begründung
96 Bydlinski, ZfRV 2 (1961), S. 31. 97 Vgl. v. Bar, IPR li, Rdnr. 744; dasselbe gilt fiir andere Bereiche der außeiVertraglichen Hafhmg, vgl. fiir das Deliktsstatut Mansel, ZVgiRWiss 1987, 19, fiir das Statut der Geschäftsfiihnmg ohne Auftrag Wandt, GoA im IPR, S. 266. 2!•
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Vierter Teil: Lösungsvorschlag
generell von einer !PR-Verweisung ausgegangen98, die weitaus überwiegende Ansicht in der Literatur99 nimmt hingegen eine Differenzierung vor: Danach soll im Bereich der Leistungskondiktion der Renvoi unbeachtlich sein, bei Nichtleistungskondiktionen hingegen zugelassen werden. Nachdem auch Schiechtriern sich in seinem Gutachten für den deutschen Rat, dessen Vorschlag die Grundlage für den ersten Referentenentwurf bildete, noch für den der herrschenden Ansicht entsprechenden Ausschluß des Renvoi bei der Behandlung von Leistungskondiktionen ausgesprochenlOO und die Frage der Beachtlichkeit der Rück- und Weiterverweisung bei Nichtleistungskondiktionen dem Ergebnis des Gutachtens zum internationalen Deliktsrecht überlassenlOI hatte, sah der erste Referentenentwurf eines Gesetzes zur Ergänzung des IPR vom 15.05.1984102 als Art. 42 Abs. 2 eine Verweisungauf Artikel35 EGBGB und damit den vollständigen Ausschluß des Renvoi für alle Kondiktionsarten vor103. Der zweite Referentenentwurf rückte allerdings von dieser Extremposition wieder ab; Art. 42 Abs. 2 des ersten Entwurfs wurde ersatzlos gestrichen. b) Vorgaben der lex lata Bevor der Frage nachgegangen wird, ob sich im Grundsatz die Beachtung des Renvoi im internationalen Bereicherungsrecht empfiehlt, ist zunächst zu untersuchen, für welche Kondiktionsarten diese Frage nach der lex lata noch von Bedeutung ist. Unzweifelhaft dürfte zunächst sein, daß jedenfalls alle Fälle, in denen das Bereicherungsstatut aufgrund einer nachträglichen Rechtswahl der Parteien gebildet worden ist, dem Renvoi gemäß Art. 4 Abs. 2 EGBGB entzogen sind,
98 So etwa Soergel-Kegel, Rdnr. 549 vor Art. 7: LG Hamburg, IPRspr. 1977, Nr. 23
(S. 61).
99 MünchKomm-Kreuzer, I vor Art. 38, Rdnr. 5 - 7; Staudinger-Lorenz, Rdnr. 128 zu § 812 Erman-Hohloch, Rdnr. 3 vor Art. 38; v. Bar, IPR II, Rdnr. 744; Reithmann/Martiny, Rdnr. 240; Hay, S. 31, 71; Bauer, S. 248 ff.; Ebenroth!Eyles, IPRax 1989, 1, 7. 100 Schlechtriem, Gutachten, S. 43. 101 Ders., aaO. , S. 56 f, mit der Tendenz, den Renvoi hier zuzulassen; Schiechtriern bestätigt diese Ansicht nochmals in IPRax 1995, 65, 70. 102 Zwn Wortlaut vgl. Anhang D. I. (S. 424). 103 Dieser Entwurf folgt Art. 10 Abs. 1 des Vorschlages des deutschen Rates fiir IPR, vgl. v. Caemmerer, Vorschläge und Gutachten, S. 4.
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da die Rechtswahl danach ausschließlich als Wahl des Sachrechts zu verstehen ist104. In bezug auf die danach noch verbleibenden Fälle der objektiven Anknüpfung des Bereicherungsstatuts ist wie folgt zu unterscheiden: Die Leistungskondiktionen sind zunächst nach dem Grund ihrer Entstehung zu trennen in solche Ansprüche auf Rückgewähr einer Leistung, die sich auf der Grundlage eines Vertragsverhältnisses ergeben, und sonstige Leistungskondiktionen. Hinsichtlich der ersten Gruppe ergibt sich die Behandlung der Renvoifrage unmittelbar aus dem geltenden deutschen Kollisionsrecht Soweit der Anwendungsbereich des Art. 32 Abs. I Nr. 5 EGBGB betroffen ist, wird eine Gesamtverweisung durch die Regelung des Art. 35 Abs. 1 EGBGB ausgeschlossen, der unter dem ,,nach diesem Unterabschnitt anzuwendenden Recht eines Staates" lediglich dessen Sachnormen versteht105. Hierbei ist es unerheblich, ob das auf das Vertragsverhältnis anzuwendende Rechtaufgrund einer Parteivereinbarung oder durch objektive Anknüpfung bestimmt wird, da beide Arten der Anknüpfung von dem betroffenen Unterabschnitt (Art. 27 - 37 EGBGB) umfaßt werden. In bezug auf die Gruppe der sonstigen Leistungskondiktionen, also auf alle Ansprüche auf Rückforderung einer Leistung, der kein Vertragsverhältnis zugrunde gelegen hat, ist der Iex lata ebensowenig eine eindeutige Wertung zu entnehmen106 wie hinsichtlich der Beachtlichkeil des Renvoi im Rahmen der Anknüpfung von Nichtleistungskondiktionen.
2. Der Renvoi bei vorfragenakzessorischer Anknüpfung und der "Sinn der Verweisung" a) Bei objektiver Anknüpfung des Grundstatuts Soweit die gegenwärtige Gesetzeslage keine ausdrücklichen Vorgaben enthält, ist die Frage der Beachtlichkeit des Renvoi im internationalen Bereicherungsrecht anhand der Generalklausel des Art 4 Abs. I S. I EGBGB zu beant-
104 Vgl. Lorenz, Festschrift Zweigert, S. 231. 105 Vgl. nur MünchKomm-Martiny, Rd.ru. 2 zu Art. 35; ebenso Ebenroth!Eyles, IPRax 1989, l, 7. 106 Rrman-Hohloch, Rd.ru. 3 vor Art. 38, scheint allerdings davon auszugehen, daß Art. 35 Abs. 1 EGBGB einen Ausschluß des Renvoi auch in bezug auf solche Leistungskondiktionen bewirken kann. die nicht der Rückabwicklung gescheiterter oder fehlerhafter Vertragsbeziehungen dienen.
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worten. Nach der neuen Fassung des deutschen IPR. die nunmehr die Gesamtverweisung zur Regel und die Sachnormverweisung zur Ausnahme erklärt hat, liegt der Entscheidung über die Anerkennung des Renvoi regelmäßig bereits eine Interessenahwägung zugrunde, die im Gesetzeswortlaut durch die Berufung auf den "Sinn der Verweisung" als Einschränkung des Prinzips der !PRVerweisung zum Ausdruck kommt. Es kommt somit entscheidend auf die Frage an, ob die Beachtung einer Rück- oder Weiterverweisung auf dem hier interessierenden Gebiet als Widerspruch zum Sinn der Verweisung anzusehen ist. Nach dem heutigen Stand der Kollisionsrechtswissenschaft ist anerkannt, daß ein solcher Widerspruch unter anderem dort gegeben ist, wo die Anknüpfung nach der "engsten Beziehung" erfolgt, als deren rechtlicher Spezialfall die akzessorische Anknüpfung anzusehen isti07. Dies gilt jedenfalls insofern, als "die Akzessorietät die einheitliche materiellrechtliche Beurteilung eines Rechtskomplexes nach ein und derselben Rechtsordnung" bezweckt I08, wenn also ,,mit der akzessorischen Anknüpfung völliger Gleichklang intendiert"I09 ist. Gerade diesen Zweck verfolgt die vorfragenakzessorische Anknüpfung des Bereicherungsstatuts an das Statut, das über den Rechtsgrund einer eingetretenen Bereicherung entscheidet. Das Bereicherungsstatut erscheint per se als abhängiges Statut, dessen Zweck darin zu sehen ist, die restitutionsrechtlichen Folgen der dem Grundstatut zu entnehmenden Wertungen durchzusetzen. Erklärt das Grundstatut den Vertrag, auf dessen Grundlage Leistungen ausgetauscht wurden, für nichtig oder den Eingriff in ein fremdes Recht für zuweisungswidrig, so zieht das Bereicherungsrecht die aus dieser Anordnung folgenden Konsequenzen. Die Verbindung zwischen Bereicherungs- und Grundstatut ist daher naturgemäß eine besonders enge. Dem somit erforderlichen Gleichlauf zwischen Bereicherungs- und Grundstatut ist dadurch Rechnung zu tragen, daß die einmal gefundene Anknüpfung nicht durch die Beachtung des Renvoi innerhalb des akzessorisch angeknüpften Statuts wieder gestört wirdiiO. Hat das Grundstatut den Prozeß des Renvoi bereits durchlaufen, so sollte sich das akzessorisch und damit abhängig gebildete Bereicherungsstatut
107 Rauscher, Sachnormverweisungen aus dem Sinn der Verweisung, NJW 1988, 2151, 2152. 108 Kropholler, IPR, S. 151. 109 MünchKomm-Sonnenberger, Rdnr. 22 zu Art. 4. 110 Vgl. fiir die mit der hiesigen Situation vergleichbare akzessorische Anknüpfimg des Deliktsstatuts Mansel, ZVglRWiss 1987, 19.
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an dem hierbei erzielten Ergebnis orientieren. Spricht das Grundstatut eine Sachnormverweisung aus, so kann insofern nichts anderes gelten: Auch hier gebietet die materiellrechtliche Harmonie etwa zwischen den Wertungen des Bereicherungs- und des Vertragsrechts die Unbeachtlichkeit des Renvoi im Rahmen des Bereicherungsstatuts. Ebenso entscheidet über die Frage, ob ein Erbe den ihm zustehenden Teil des Nachlasses, zuviel oder zuwenig davon erhalten hat, das auf die Rechtsnachfolge von Todes wegen anwendbare Recht, also vorbehaltlich der Option des Art. 25 Abs. 2 sowie ggf. des Art. 3 Abs. 3 EGBGB das Recht der Staatsangehörigkeit des Erblassers. Dieses Statut bestimmt folglich auch den Rechtsgrund für das Behaltendürfen des an einen von mehreren Miterben ausgekehrten Teiles der Erbmasse. Daß das internationalen Erbrecht den Renvoi anerkennt, besagt über die Beachtlichkeil der Rück- und Weiterverweisung in bezug auf Bereicherungsansprüche, die im Gefolge einer Erbauseinandersetzung entstehen, zunächst noch nichts111. Vielmehr gilt auch hier, daß die akzessorische Anknüpfung es im Sinne der inneren Entscheidungsharmonie zwischen den beiden Statuten nahelegt, es mit einem einmaligen Renvoi bewenden zu lassen, statt das Bereicherungsstatut nochmals diesem Prozeß zu unterwerfen. Diese Berücksichtigung der materiellrechtlichen Harmonie, d.h. des inneren Entscheidungseinklangs, führt bei der Entscheidung über die Beachtlichkeit des Renvoi zwangsläufig zur Zurückstellung des äußeren Entscheidungseinklangs. Eine Entscheidung der Renvoifrage, die diesen beiden kollisionsrechtlich erheblichen Interessen gleichermaßen gerecht wird, ist in diesem Bereich nicht denkbar: Wird der Renvoi für beachtlich erklärt, so führt dies zu einer Förderung der äußeren Entscheidungsharmonie, die notwendigerweise auf Kosten des inneren Einklangs geht. Umgekehrt gilt dasselbe. Es kann daher nur das eine Interesse zu Lasten des anderen Berücksichtigung finden112. Im internationalen Bereicherungsrecht gilt es aufgrund der naturgemäß sehr enge Verbindung zwischen dem Bereicherungs- und dem Grundstatut, beide Statute gleichzubehandeln. Diese Gleichbehandlung kann jedoch nur gewährleistet werden, wenn das Bereicherungsstatut die Entscheidung über Beachtlichkeit des Renvoi aus dem Statut des Grundverhältnisses über-
111 Anders wohl v. Bar, IPR II, Rdnr. 744. 112 Vgl. Mansel, ZVglRWiss 1987, 19.
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nimmtii3 und damit sowohl den äußeren Entscheidungseinklang als auch das an ihm bestehende Parteiinteresse zurückgestellt wird. Selbst wenn man nicht, wie z.B. Raape mit beachtlichen Gründen vor allem praktischer Natur114, die Beachtung der Rück- oder Weiterverweisung im Bereich des gesamten internationalen Schuldrechts für verfehlt hält, spricht doch für eine grundsätzliche Unbeachtlichkeit des Renvoi im Rahmen des Bereicherungsstatuts auch eine weitere Überlegung, die insbesondere bei Flessner115 zu finden ist: Je weiter der Renvoi Berücksichtigung findet, um so größer sind die Möglichkeiten, die Iex fori trotz eigentlich abweichender Rechtsanwendungsanordnung des eigenen IPR zur Anwendung zu bringen, mithin die Möglichkeiten des ,,Heimwärtsstrebens". Um das Heimwärtsstreben, an dem grundsätzlich kein anerkennenswertes Interesse bestehtl16, einzugrenzen, sollte deshalb die Rückverweisungsmöglichkeit nicht auch noch verdoppelt werden, indem nicht nur im Grundverhältnis, sondern auch in dem in Abhängigkeit davon gebildeten Bereicherungsstatut der Renvoi beachtet wird. Aus der in Art. 4 Abs. 1 EGBGB zum Ausdruck kommenden gesetzgeberischen Intention, in der Regel von der Beachtlichkeit von Rück- und Weiterverweisung auszugehen und die Sachnormverweisung als Ausnahme zu behandeln, kann jedenfalls in bezug auf das internationale Bereicherungsrecht kein entscheidender Einwand gegen eine grundsätzliche Unbeachtlichkeit des Renvoi abgeleitet werden: Zwar ist es richtig, daß nach der Konzeption des heutigen deutschen IPR "eine Vermutung gegen den Ausschluß des Renvoi spricht" und der "Sinnvorbehalt" des Art. 4 Abs. l S. l EGBGB sich "nur auf ganz seltene Ausnahmefalle" bezieht11 7~ diese Vermutung gilt jedoch nur insofern, als "der Gesetzgeber die Notwendigkeit eines Hinweises, daß es sich um Sachnormverweisung handelt, nicht erkannt bzw. nicht ausdrücklich hervorgehoben hat"118. Hieraus folgt, daß sich der Grundsatz der Beachtlichkeit der Rückverweisung nur soweit erstrecken kann, wie das Internationale Privatrecht vom Gesetzgeber auch tatsächlich bereits geregelt worden ist. In einzelnen Bereichen (so z.B. in Art. 35 Abs. 1 EGBGB für die Anknüpfung von 113 Schlechtriem, Gutachten, S. 43 ; Bauer, Renvoi im Internationalen Schuld- \Uld Sachenrecht, S. 248 f 114 Die RückveJWeislmg im internationalen Schuldrecht. NJW 1959, 1013, 1015. 115 Interessenjurisprudenz, S. 134 ff 116 Vgl. dazu oben S. 78. 117 MünchKomm-Sonnenberger, Rdnr. 22 zu Art. 4. 118 MünchKomm-Sonnenberger, ebd.
A. Fragen des allgemeinen Teils des IPR
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Schuldverträgen) ist die Sachnormverweisung ausdrücklich angeordnet worden, im Hinblick auf andere - wenn auch nach der Iex lata wenige - Fragen ergibt sich die Unbeachtlichk:eit des Renvoi aus einem Verstoß gegen den "Sinn der Verweisung". Die noch nicht geregelten Bereiche des deutschen IPR können hiervon jedoch naturgemäß noch nicht umfaßt sein: Die gesetzgeberischen Wertungen des Allgemeinen Teils reichen nur soweit, wie auch schon Normen des Besonderen Teils vorhanden sind. Soweit eine Kodifikation noch nicht erfolgt ist, ist die Wertungsfrage für oder gegen eine Rückverweisung nach wie vor offen und die Wertung des Art. 4 Abs. I EGBGB steht der Annahme einer grundsätzlichen Sachnormverweisung nicht entgegen 119. Im Ergebnis ist somit davon auszugehen, daß Sachnormverweisungen vorzuziehen sind, "soweit Bereicherungsansprüche nach dem Akzessorietätsprinzip dem Recht des fehlgeschlagenen Vertrages unterliegen". Auch unter der Geltung des in Art. 4 Abs. I EGBGB verankerten Grundsatzes wäre die Beachtung der Rückverweisung als Widerspruch zum "Sinn der Verweisung" anzusehen, denn "die materielle Ausgleichsfunktion der bereicherungsrechtlichen Normen gebietet hier zwingend eine Harmonisierung mit den Normen des Vertragsstatuts"l20. Auf diesen Aspekt stellt auch Schlechtriem entscheidend ab. Er sieht nicht zu Unrecht für den Fall der objektiven Anknüpfung des Grundverhältnisses bei gleichzeitiger Beachtlichkeit des Renvoi im Rahmen der bereicherungsrechtlichen Anknüpfung die Gefahr der "Gabelung und Vervielfaltigung der auf die Rückabwicklung anzuwendenden Rechtsordnungen" 121. Tatsächlich erscheint eine doppelte Berücksichtigung der Parteiinteressen wenig zweckmäßig: Bereits die objektive Anknüpfung des Vertragsstatuts trägt den hier einschlägigen Interessen Rechnung, so daß das Bereicherungsstatut diese Wertung nur zu übernehmen braucht. Im Bereich der Leistungskondiktion dürfte sich daher als Grundregel die Nichtbeachtung des Renvoi herausstellen, was dann auch in Übereinstimmung mit dem zugrunde liegenden Statut stände. Ist im Grundsatz von der Unbeachtlichk:eit des Renvoi auszugehen, soweit das Bereicherungsstatut in Akzessorietät zu einem der Bereicherung zugrunde liegenden Grundstatut gebildet wird, so ergibt sich auf der Grundlage einer
119 Ebenso wohl Rauscher, NJW 1988. 2151, Fn. 2.
120 MünchKomm-Sonnenb erger, Rdnr. 22 zu Art. 4. 121 Schlechtriem, Gutachten, S. 43.
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Vierter Teil: LösWlgsvorschlag
vorfragenakzessorischen Anknüpfung des gesamten Bereicherungsstatuts ein vollständiger Ausschluß der Gesamtverweisung122. b) Bei Bestimmung des Grundstatuts durch Rechtswahl der Parteien Wenn schon bei objektiver Anknüpfung des Grund- und damit des abhängigen Bereicherungsstatuts eine Rück- oder Weiterverweisung außer Betracht bleiben muß, so gilt dies a fortiori für die Fälle, in denen das Grundstatut durch Rechtswahl gebildet wurde. Gemäß Art. 4 Abs. 2 EGBGB ist die Möglichkeit der privatautonomen Wahl des anzuwendenden Rechts von vornherein auf die Wahl einer Sachrechtsordnung beschränkt; eine Kollisionsrechtswahl würde für die praktische Rechtsanwendung wenig Sinn ergeben und wurde daher vom Gesetzgeber zu Recht ausgeschlossen. Ist eine Rechtswahl der Parteien des Grundverhältnisses als "Sachnormverweisung" anzusehen, so kann für das Bereicherungsstatut, das über die Folgen des Fehlschiagens der mit dem Grundverhältnis intendierten Vermögensverschiebung entscheidet, nichts anderes gelten. Indem die Parteien eine Rechtswahl treffen, geben sie zu erkennen, welchem Recht sie ihre Beziehung unterstellen wollen. Auch hier würde die Nichtbeachtung des ausdrücklich geäußerten Parteiwillens einen von Lüderitz123 zu Recht sogenannten Akt der Besserwisserei darstellen. Eine Anknüpfung im Parteiinteresse muß diese Rechtswahl akzeptieren und darf sie nicht durch die nachträgliche Beachtung des Renvois im Rahmen der bereicherungsrechtlichen Anknüpfung zu manipulieren versuchen. Zwar wird eingewendet, die Wahl des auf das Grundstatut anzuwendenden Rechts beziehe sich nicht auf das gestörte Synallagma, sondern auf einen als wirksam vorausgesetzten Vertrag und sei deshalb ,,funktionell abtrennbar"124. Es ist jedoch nicht zu verkennen, daß die Parteien durch die einmal vorgenommene Wahl des auf ihre Rechtsbeziehung anzuwendenden Rechts einen Willen zum Ausdruck gebracht haben, der - gerade unter dem Aspekt des nach dem Scheitern dieser Beziehung fortbestehenden ,,faktischen Synallagmas" - zumindest prima facie auch die Rückabwicklung beherrscht. Zudem steht es den Parteien frei, ihren nunmehr abweichenden Willen in einer neuen Rechts-
122 In diesem Sinne auch MünchKomm-Kreuzer, I vor Art. 38, Rdnr. 6, der zusätzlich auf den Aspekt der VenneidWlg mehrerer AbwickJWlgsstatute hinweist. 123 Festschrift Kegel, S. 48 f 124 Lorenz, Festschrift Zweigert, S. 231.
A. Fragen des allgemeinen Teils des IPR
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wahlvereinbarung in bezug auf den resultierenden Bereicherungsanspruch zum Ausdruck zu bringen. Neben dem Argument der Harmonie zwischen dem Grund- und dem Bereicherungsstatut, das schon bei objektiver Anknüpfung wesentliche Beachtung verdient, spricht somit im Fall privatautonomer Gestaltung des Grundstatuts auch der Aspekt der Berücksichtigung konkret geäußerter Parteiinteressen gegen die Beachtung einer Rück- und Weiterverweisung. Damit ist zugleich auch die obenl25 offen gelassene Frage beantwortet, ob sich im Rahmen der bereicherungsrechtlichen Anknüpfung die Problematik der Rückverweisung kraft abweichender Qualifikation ergeben kann: Da bei vorfragenakzessorischer Anknüpfung die Annahme einer Gesamtverweisung dem "Sinn der Verweisung" im Sinne des Art. 4 Abs. 1 S. 1 EGBGB widersprechen würde, ist die Verweisungsnorm für Bereicherungsansprüche als Sachnormverweisung zu verstehen, so daß die abweichende Qualifikation durch eine ausländische Kollisionsrechtsordnung unbeachtlich ist. Der Beantwortung der Frage nach der Behandlung einer Rückverweisungkraft abweichender Qualifikation bedarf es somit im hiesigen Zusammenhang nicht. Eine rechtsvergleichende Überprüfung des hier gefundenen Ergebnisses läßt folgenden Befund erkennen: Die generelle Ablehnung der Beachtlichkeit einer Rück- oder Weiterverweisung im Rahmen des internationalen Bereicherungsrechts steht zunächst im Einklang mit den Wertungen der Rechtsordnungen der USA und der Schweiz, die nach der im OS-amerikanischen Restatement 2d verfolgten "center of gravity"-Regel bzw. dem § 14 Abs. 2 des schweizerischen !PR-Gesetzes entgegen dem Grundsatz des deutschen Art. 4 Abs. 1 EGBGB nicht die IPR- sondern die Sachnormverweisung zur Regel erheben. Im Bereich der Leistungskondiktion entspricht das hier vorgeschlagene Modell auch der Regelung der Österreichischen IPR-Kodifikationen in § 46 S. 2 IPRG. Sowohl in England als auch in Frankreich ist die Rechtslage zur Zeit unsicher. Ebenso wie in anderen Vertragsstaaten des Rom-Übereinkommens über das auf Schuldverträge anzuwendende Recht ist aber auch hier eine Angleichung an die Situation im deutschen IPR zu erwarten. Dies gilt jedenfalls für die Behandlung eines dem Bereicherungsanspruch zugrunde liegenden Grundverhältnisses~ hinsichtlich der kondiktionsrechtlichen Folgen ist zu beachten, daß z.B. England die Option des Art. 22 Abs. 1 des Rom-Überein125 S. 301
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Vierter Teil: Lösungsvorschlag
kommens wahrgenommen und Art. 10 Abs. 1, Ziff. e) nicht in das nationale IPR übernommen hat. Damit ist allerdings noch nicht gesagt, daß diese Rechtsangleichung auch zur Anerkennung des Renvoi im Bereich des internationalen Bereicherungsrechts führen wird, zumal die Rechtslage in Deutschland bis heute nicht als abschließend geklärt angesehen werden kann. Abschließend sei bemerkt, daß der Gedanke eines vollständigen Ausschlusses des Renvoi auf dem Gebiet des internationalen Bereicherungsrechts auch im Rahmen einer überstaatlichen Rechtsvereinheitlichung kein Novum darstellt. Schon der Vorentwurf zum jetzigen Rom-Übereinkommen von 1972126 sah in Art. 21127 die vollständige Unbeachtlichkeit der Rück- oder Weiterverweisung für das gesamte vertragliche und außervertragliche Schuldrecht vor.
B. Die Anknüpfung der Kondik.tionsarten im einzelnen
Im folgenden soll abschließend geklärt werden, wie die kollisionsrechtliche Anknüpfung der im deutschen Sachrecht vorzufindenden KondiktionsaTten im einzelnen vorzunehmen ist. Die wesentliche Grundlage der folgenden Erörterungen bildet die Erkenntnis, daß die Anknüpfung vorfragenakzessorisch vorzunehmen, das Bereicherungsstatut also in Abhängigkeit von demjenigen Statut zu bilden ist, das über die Vorfrage entscheidet, ob eine eingetretenen Bereicherung mit oder ohne rechtfertigenden Grund entstanden ist. Auf dieser Basis gilt es, für jede Kondiktionsaft zu klären, worin ein möglicher Rechtsgrund für eine eingetretene Bereicherung zu sehen und wie das Statut dieses Rechtsgrundes zu ermitteln ist. Hierbei ist zur heute herrschenden Ansicht in bezugauf die Anknüpfung von Bereicherungsansprüchen sowie zu den Vorschlägen der Referentenentwürfe eines Gesetzes zur Ergänzung der Internationalen Privatrechts und dem diesen Entwürfen zugrunde liegenden Gutachten von Schiechtriern Stellung zu beziehen. Des weiteren wird der Frage nachzugehen sein, ob es sich empfiehlt, für einzelne Bereicherungslagen Ausweichklauseln vorzusehen, die den maßgeb-
126 S. dazu oben S. 45. 127 ,,.In den vorstehenden Vorschriften bedeutet das Recht eines Staates die in diesem Staat geltenden Rechtsnormen mit Ausnahme der Normen des Internationalen Privatrechts."; vgl. zu dieser Bestimmung Siehr, in: Lando/von Hoffrnann/Siehr (Hrsg.): European Private International Law of Obligations, S. 64 m.w.N.: "accepted unanirnously as the right decision".
B. Die Anknüpfimg im einzelnen
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liehen Interessen - also in erster Linie den Interessen der beteiligte Parteien in besonders gelagerten Fällen eher gerecht werden als die Regelanknüpfung. Schließlich sind auch die oben herausgearbeiteten intemational-bereicherungsrechtlichen Grundsätze ausländischer Rechtsordnungen zu berücksichtigen, die entscheidende Aufschlüsse darüber geben, ob die vorfragenakzessorische Bestimmung des Bereicherungsstatuts geeignet ist, die im Interesse am äußeren Entscheidungseinklang anzustrebende Kompatibilität der Anknüpfung herzustellen. I. Leistungskondiktionen
1. Condictio indebiti im Zweipersonenverhältnis a) Leistungen auf der Grundlage eines vertraglichen oder gesetzlichen Schuldverhältnisses Am einfachsten zu klären ist die Anknüpfungsfrage, soweit es um Bereicherungsansprüche geht, die der Rückabwicklung von Leistungen dienen, die auf der Grundlage eines nichtigen Vertrages erbracht wurden. Hier enthält bereits die deutsche Iex lata eine eindeutige Regelung, die dem Rom-Übereinkommen entnommen ist: Gemäß Art. 32 Abs. 1 Nr. 5 EGBGB ist ,,für die Folgen der Nichtigkeit des Vertrages" "das nach den Artikeln 27 bis 30 und nach Art. 33 Abs. 1 und 2 auf den Vertrag anwendbare Recht" maßgebend. Das (hypothetische) Vertragsstatut beherrscht den Bereicherungsausgleich unabhängig davon, ob es um die Rückabwicklung eines gegenseitigen oder einseitig verpflichtenden Vertrages oder eines einseitigen Rechtsgeschäften geht. Auch die Frage, ob der Vertrag von Anfang an nichtig war oder erst später vernichtet wurde, spielt insofern keine Rollel28.
Nicht durch Art. 32 Abs. 1 Nr. 5 EGBGB geregelt sind alle Leistungen, die sich nicht auf die Erfüllung einer vertraglichen Pflicht beziehen, sondern im Rahmen eines gesetzlichen Schuldverhältnisses (z.B. Unterhalt, Erbauseinandersetzung) erfolgen. Gleichwohl ist nach heute einhelliger Ansichtl29 der in dieser Bestimmung zum Ausdruck gebrachte Rechtsgedanke auf gesetzliche Schuldverhältnisse zu erstrecken und auch hier das Bereicherungsstatut in Entsprechung des Grundstatuts zu bilden. Für die hier vorgeschlagene vorfra-
128 Vgl. v. Bar, IPR II, Rdnr. 733; Reithmann/Martiny , Rdnr. 246. 129 Vgl. nur Schlechtriem, Gutachten, S. 37; MünchKomm-Kreuzer, I vor Art. 38,
Rdnr. 10; v. Bar, IPR II, Rdnr. 734; Kropholler, IPR, S. 440.
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Vierter Teil: Lösungsvorschlag
genakzessorische Anknüpfung ergibt sich dies aus der Tatsache, daß diese Rechtsordnung darüber befindet, ob eine eingetretene Bereicherung mit oder ohne rechtfertigenden Grund erfolgte. Die Iex causae bildet hier das Recht, dem das Schuldverhältnis unterliegt bzw. bei Wirksamkeit unterlegen hätte, auf das die Zahlung erfolgt ist. So richtet sich die Kondiktion von Unterhaltszahlungen, die ein Mann an seine mit ihm in nichtiger Ehe zusammenlebende Frau geleistet hat, nach dem hypothetischen Ehewirkungsstatut, die ungerechtfertigte Bereicherung eines Erben auf Kosten eines anderen ist nach dem Recht zurückzuerstatten, das das Erbstatut beherrscht130. Das entscheidende Argument fiir diesen nach dem gegenwärtigen Stand der deutschen Kollisionsrechtswissenschaftl31 nicht mehr angezweifelten Grundsatz liegt bereits in der Funktion des Bereicherungsrechts als Mittel zur Ab-. wicklung gescheiterter Schuldverhältnisse132. Besteht fiir den Fall der Unwirksamkeit eines Vertrages zwischen den Parteien ein faktisches Synallagma fort, so muß der ,,Rückweg" der Leistung nach demselben Statut beurteilt werden wie der ,,Hinweg". Daß an dieser Anknüpfung ein wesentliches Parteiinteresse besteht, wurde bereits oben133 nachgewiesen. Ein weiterer Grund fiir diese Anknüpfung, der nicht nur im Interesse des äußeren Entscheidungseinklangs Berücksichtigung verdient, ist in der Tatsache zu sehen, daß das Bereicherungsrecht, wie besonders der internationale Vergleich zeigt, nur eines von mehreren Mitteln zur Rückabwicklung fehlerhafter Leistungen darstellt134. Daneben kommen bereits nach deutschem Sachrecht weitere Rechtsinstitute in Betracht, etwa der Rücktritt vom Vertrag oder der Wegfall der Geschäftsgrundlage. Welche Art der rechtstechnischen Ausgestaltung eine Rechtsordnung im konkreten Fall wählt, kann kein entscheidendes Kriterium für die kollisionsrechtliche Anknüpfung sein. Vielmehr müssen alle möglichen Rückabwicklungsansprüche derselben Anknüpfung unterliegen, also derjenigen in Akzessorietät zum Vertragsstatut bzw. zum Statut eines gesetzlichen Schuldverhältnisses.
130 Vgl. Raape, IPR, S. 530; Lorenz, Festschrift Zweigert, S. 211; Zweigert!MüllerGindullis, sec. 28. 131 Außer den bereits Genannten Kegel, IPR, S. 527; Erman-Hohloch, Rdnr. 3 vor
Art. 38; Einse/e, JZ 1993, 1025.
132 Schlechtriem, Gutachten, S. 34; Zweigert!Müller-Gindullis, sec. 27. 133 S. 88 134 S. dazu Schlechtriem, Gutachten, S. 34.
B. Die Anknüpfimg im einzelnen
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Daß eine solche Anknüpfung den internationalen Entscheidungseinklang fordert, ergibt sich von selbst in bezugauf solche Staaten, die Vertragsstaaten des Rom-Übereinkommens über das auf vertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht sind135 und Art. 10 Abs. 1, Ziff. e) übernommen haben136. Doch auch im Verhältnis zu Nichtvertragsstaaten oder zu Staaten, die von der in Art. 22 Abs. 1 des Rom-Übereinkommens vorgesehenen Option Gebrauch gemacht haben, gewährleistet die Anknüpfung an das zugrunde liegende Statut als lex causae die äußere Entscheidungsharmonie: Dieselbe Anknüpfung ergibt sich in England aus der einseitigen Kollisionsnorm in s. 1 des Law Reform (Frustrated Contracts) Act 1943, in Österreich aus§ 46 S. 2 IPRG, in der Schweiz aus Art. 128 Abs. 1 IPRG und in Portugal aus Art. 44 C6d.igo Civil. Auch des Interesse am inneren Entscheidungseinklang, dem eine akzessorische Anknüpfung generell entgegenkommt137, spricht für eine Behandlung der Leistungskondiktion in Entsprechung des Statuts des zugrundeliegenden oder als zugrundeliegend angenommenen Schuldverhältnisses, die die Harmonie der Wertungen beider Statute erhält. Die hier vorgeschlagene vorfragenakzessorische Anknüpfung kommt zu keinem anderen Ergebnis: Zwar ist in der sachrechtliehen deutschen Dogmatik umstritten, worin der Behaltensgrund für eine Bereicherung zu sehen sein soll, die aufgrund einer Leistung erlangt wurde. Einerseits wird von der schon von Wilburg138 als "altbewährte Auffassung" bezeichnete objektiven Rechtsgrundtheorie139 angenommen, der Rechtsgrund einer Leistung sei grundsätzlich das Schuldverhältnis, auf das sich die Leistung beziehe. Andererseits will die neuerdings im Vordringen befindliche subjektive Rechtsgrundtheorie den Rechtsgrund einer Leistung in dem mit ihr verfolgten Zweck oder der Zweckbestimmung des Leistenden sehenl40. Unter dem Aspekt der international-privatrechtliehen Gerechtigkeit erscheint die ausschließliche Bestimmung des
135 Bisher Belgien, Dänemark, Frankreich, Italien, Luxemburg, Großbritannien, Spanien Wld Portugal, vgl. Jayme/Kohler, IPRax 1993, S. 357, 368. 136 Dies haben alle genannten Vertragsstaaten mit Ausnahme von Italien Wld Großbritannien getan, vgl. Jayme/Hausmann, Internationales Privat- Wld Verfahrensrecht, 6. Aufl., Fn. 12 zu Art. 22. 137 S. dazu oben S. 77. 138 S. 10. 139 Larenz!Canaris, S. 136 f. ; MünchKomm-Lieb, Rdnr. 138 ff. zu § 812; Staudin-
ger-Lorenz, Rdnr. l f. , 76 zu§ 812. 140 Reuter!Martinek, S. 107 ff.; Koppensteiner!Kramer, S. 15.
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Rechtsgrundes und damit bei vorfragenakzessorischer Anknüpfung des gesamten Bereicherungsstatuts durch den Leistenden nicht angebracht. Wie bereits oben begründet wurde, ist ein Ausgleich zwischen den auf dem Gebiet des Bereicherungsrechts fast notwendigerweise widerstreitenden Parteiinteressen vorrangig unter Beachtung objektiver Kriterien durchzuführen. Die einseitige Bevorzugung der Sichtweise einer Partei, wie sie mit der subjektive Rechtsgrundtheorie verbunden ist, führt demgegenüber bei der kollisionsrechtlichen Anknüpfung nicht zu interessengerechten Ergebnissen. Die Vorfrage nach dem Rechtsgrund ist nach derjenigen Rechtsordnung zu beurteilen, der das zugrunde liegende Leistungsverhältnis unterliegt. b) Anwendung der Saldotheorie Die früher bestehenden Probleme bei der Anwendung der Saldotheorie in Fällen der Statutenverschiedenheit der ausgetauschten Leistungenl4I stellen sich auf der Grundlage der heutigen Kollisionsnormen nicht mehr. Zur Anwendbarkeit verschiedener Rechtsordnungen auf ein einheitliches Vertragsverhältnis konnte es nur auf der Grundlage der subsidiären Anknüpfung des Vertrages nach dem Erfüllungsort142 kommen, und auch dann nur, wenn die im Gegenseitigkeitsverhältnis stehenden Leistungen an unterschiedlichen Orten zu erbringen waren. Daß ein solches Auseinanderfallen der Statute heute nicht mehr möglich ist, ist allerdings kein Verdienst der international-bereicherungsrechtlichen Anknüpfung, sondern vielmehr auf die geänderte kollisionsrechtliche Behandlung von Schuldverträgen zurückzuführen: Die in Art. 28 EGBGB mangels Rechtswahl für einen Vertrag vorgesehene Anknüpfung an den gewöhnlichen Aufenthalt der Vertragspartei, die die charakteristische Leistung erbringt, gewährleistet die einheitliche Behandlung der ausgetauschten Leistungen. Diese Wertung braucht die Anwendung der Iex causae und damit auch die vorfragenakzessorische Anknüpfung für das Bereicherungsstatut nur noch fortzuführen, um zur Anwendung nur einer Rechtsordnung auf synallagmatische Verhältnisse zu gelangen. Die Schwierigkeiten bei der Anwendung der Saldotheorie, die nach Reuter/Martinek 143 durch einen Rückgriff auf die Zweikondiktionenlehre gelöst werden sollten, können auf dieser Grundlage heute nicht mehr entstehen.
141 S. dazu Reuter!Martinek, S. 782. 142 Vgl. dazu Soergel-Kegel, Rdnr. 374 f[ vor Art. 7 EGBGB a.F. 143 S. 782.
B. Die Anknüpfimg im einzelnen
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c) Anknüpfung der Leistungskondiktion bei unklarer Zuordnung einer Leistung Die Anknüpfung der Leistungskondiktion gestaltet sich nach dem bisher Festgestellten jedenfalls dann unproblematisch, wenn nur eine einzige Leistungsbeziehung als Rechtsgrund für eine eingetretene Vermögensverschiebung in Betracht kommt. Schwieriger zu beurteilen ist hingegen die Frage, wie die kollisionsrechtliche Behandlung von Bereicherungsansprüchen vorzunehmen ist, wenn zwischen den Parteien mehrere Beziehungen bestehen, die potentiell zur Rechtfertigung einer Bereicherung in Betracht kommen, und keine Einigung darüber zu erzielen ist, welcher dieser Beziehungen eine Leistung zugeordnet werden soll. Derartige Konstellationen können sowohl beim Zusammentreffen mehrerer vertraglicher oder gesetzlicher Schuldverhältnisse zwischen den Parteien eines Bereicherungsrechtsverhältnisses vorkommen als auch bei gleichzeitigem Vorliegen eines vertraglichen und eines gesetzlichen Schuldverhältnisses, so etwa, wenn der Bereicherungsgläubiger dem Bereicherungsschuldner vermeintlich sowohl zur Unterhaltsleistung als auch zur Rückzahlung eines Darlehens verpflichtet war. Kollisionsrechtliche Unterschiede ergeben sich hierbei selbstverständlich nur bei Statutenverschiedenheit der als Rechtsgrund einer Leistung in Betracht kommenden Verhältnisse; ist eine solche Statutenverschiedenheit gegeben, so muß die Zuordnung der Leistung zu dem einen oder anderen Verhältnis darüber entscheiden, nach welchem Sachrecht die bereicherungsrechtliche Rückabwicklung vorzunehmen ist. Zusätzliche Relevanz erhält diese Frage in solchen Fällen, in denen nur eines der in Betracht kommenden Verhältnisse fehlerhaft ist und somit einen Bereicherungsanspruch eröffnet, das andere hingegen nicht. Das praktische Hauptanwendungsgebiet dieser Problematik liegt zwar im Bereich der Drei- oder Mehrpersonenverhältnisse; sie kann sich aber auch in Zweipersonenverhältnissen ergeben und soll daher wegen ihrer grundsätzlichen Bedeutung bereits an dieser Stelle erörtert werden. Zur Lösung der Anknüpfungsprobleme in Fällen unklarer Zuordnung einer Leistung sind in der deutschen Literatur bereits verschiedene Vorschläge gemacht worden. Schlechtriemi44 wollte zunächst zur Beantwortung der Frage, auf welches von mehreren Schuldverhältnissen eine Leistung "bezogen ist", im Wege einer "offen und sachrechtsneutral" formulierten Kollisionsnorm auf die Bestimmung desjenigen abstellen, der ,,faktisch geleistet" hat und ließ 144 Gutachten, S. 40 f 22 Plaßmeier
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somit die notwendigerweise von den Strukturen des eigenen Sachrechts geprägte Zuordnungsproblematik im Ergebnis unentschieden. Später145 konkretisierte er seinen Standpunkt dahingehend, daß daneben ,jedenfalls die objektive Erklärungsbedeutung" des "die Zuwendung bewirkenden Verhaltens für die zuordnende Zweckbestimmung maßgebend sein" könne. Andererseits ist sowohl im deutschen146 als auch im schweizerischen147 Schrifttum vorgeschlagen worden, bei fehlendem Einverständnis über den vermeintlichen Rechtsgrund überhaupt nicht mehr von einer Leistungskondiktion im Anknüpfungssinn zu sprechen und diese Fälle statt dessen wie Bereicherungen ,Jn sonstiger Weise" zu behandeln. Zur Lösung der Problematik der Zuordnung von Leistungen sind wiederum die typischerweise betroffenen Parteiinteressen heranzuziehen. Wie bereits obenl48 ausgeführt, scheidet hierbei jedoch eine rein subjektive Beurteilung, also die Zuordnung nach der Sichtweise nur einer der beteiligten Parteien, aus, da die Interessen des Leistenden denjenigen des Leistungsemprangers nicht derart vorzugswürdig sind, daß ihm allein die Frage der Anknüpfung überlassen bleiben könnte, und andererseits auch der Leistungsempranger nicht als grundsätzlich schutzwürdiger zu betrachten als sein Kontrahent. Hier wirkt sich vielmehr die bereits angesprochene Antinomie der Parteiinteressen dahingehend aus, daß keiner der beiden Parteien ein entscheidender einseitiger Einfluß auf die kollisionsrechtliche Bewertung zugestanden werden kann. Wenn die Berücksichtigung von Parteiinteressen somit nur in objektivierter Form geschehen kann, so ist das entscheidende Zuordnungskriterium im Abstellen auf den objektiven Emprangerhorizont zu finden: Der Leistungsempranger kann darauf vertrauen, daß die Zuordnung so vorgenommen wird, wie sie objektiv zu verstehen war, der Leistende muß sich andererseits an dem Erklärungswert festhalten lassen, den er seiner Zuwendung objektiv beigelegt hat. Diese Lösung setzt sich zwar möglicherweise dem Einwand aus, in hohem Maße den eigenen sachrechtliehen Maßstäben verhaftet zu sein. Sie erscheint jedoch vorzugswürdig gegenüber dem Vorschlag, den Schwierigkeiten bei der
145 IPRax 1995, 65 (66). 146 MünchKomm-Kreuzer, I vor Art. 38, Rdnr. 12; Reithmann/Martiny, Rdnr. 243; beschränkt auf Mehrpersonenverhältnisse Lorenz, Festschrift Zweigert, S. 221 f.; Ein-
sele, S. 1027. 147 Cirawehr, S. 159.
148 S. 82
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Bestimmung des Leistungsverhältnisses, auf das eine Leistung bezogen ist, durch eine Abkehr von der Iex causae und die Hinwendung zu einem territorialen Anknüpfungsmoment zu entgehen. Sind mehrere Leistungsverhältnisse vorhanden, so kann eine der international-privatrechtliehen Gerechtigkeit entsprechende Lösung der Zuordnungsfrage jedenfalls nicht darin zu sehen sein, das Bestehen von Leistungsverhältnissen im Anknüpfungssinn insgesamt zu leugnen und sie Anknüpfung in Entsprechung des Statuts einer Nichtleistungskondiktion vorzunehmen. Sollten die Parteien die unter Berücksichtigung des objektiven Empfängerhorizonts gefundene Zuordnung übereinstimmend für im konkreten Fall nicht interessengerecht halten, so bleibt ihnen die Möglichkeit der nachträglichen Rechtswahl eröffnet149. Bei nur einseitiger Unzufriedenheit mit dem Ergebnis der kollisionsrechtlichen Wertung ist diese jedoch nicht zu korrigieren. 2. Condictio ob rem im Zweipersonenverhältnis
Auf dem Boden einer vorfragenakzessorischen Anknüpfung des Bereicherungsstatuts, die aus Gründen der international-privatrechtliehen Gerechtigkeit den maßgeblichen Begriff des ,,Rechtsgrundes" nach der im deutschen Sachrecht herrschenden objektiven Rechtsgrundtheorie bestimmt, scheint die Behandlung der condictio causae data causa non secuta oder condictio ob rem (§ 812 Abs. I S. 2, 2. Alt.) einen Problernfall darzustellen. Diese atypischei50 Kondiktionsart, die nicht den eigentlichen Rechtsgrund, sondern das mit der Leistung verfolgte Motiv in den Vordergrund stellt und deshalb von den Vertretern des subjektiven Rechtsgrundverständnisses zur Begründung der Maßgeblichkeit des mit einer Leistung verfolgten Zwecks herangezogen wird151, bietet indes keinen Anlaß zu einer von der hier vorgeschlagenen Regelanknüpfungabweichenden Beurteilung. Die causaist auch in diesen Fällen nicht in dem über den Inhalt des Rechtsgeschäfts hinausgehenden Erfolg zu sehen, den die Parteien zu erreichen hofften, sondern in dem Rechtsgeschäft selbst, dessen Inhalt erst konstituierend für den zusätzlich verfolgten Erfolg ist. Die vorfragenakzessorische Anknüpfung kann sich schon deshalb nicht nach dem Motiv der Leistung richten, weil es im Gegensatz zu dem zugrunde liegenden
149 Zur nachträglichen Rechtswahl ausfuhrlieh unten S. 414. 150 MünchKomm-Lieb, Rdnr. 138 zu§ 812; Larenz!Canaris, S. 138. 151 Vgl. nur Reuter!Marlinek, S. 107 ff. 22•
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Rechtsgeschäft regelmäßig kein eigenständig zu definierendes Statut aufweist, an dem sich die akzessorische Anknüpfung orientieren könnte. Als Beispiel sei hier nochmals auf den der Entscheidung BGH WM 1967, 1042152 entnommenen Sachverhalt hingewiesen. In diesem Fall des durch die Ausübung eines Vorkaufsrechts vereitelten Zustandekommens eines Kaufvertrages über ein in Frankreich belegenes Grundstück hat der BGH auch aus hiesiger Sicht zu Recht auf das Statut des zwischen den Parteien intendierten Vertrages abgestellt, um das auf den resultierenden Bereicherungsanspruch anzuwendende Recht zu ermitteln. Dieser Vertrag bildete die in Aussicht genommene causa für die vorab geleistete Kaufpreiszahlung und stellt somit das einzig interessengerechte und mit Sicherheit zu bestimmende Anknüpfungsmoment dar. Leistungen, die im Wege der condictio ob rem herausverlangt werden können, werden in erster Linie in Erwartung des die Voraussetzung für den weitergehenden Erfolg bildenden Rechtsgeschäfts getätigt. Sie dienen somit nur mittelbar der Herbeiführung des Erfolges selbst, so daß es im Parteiinteresse gerechtfertigt erscheint, auch im Hinblick auf Kondiktionen im Sinne des§ 812 Abs. I S. 2, 2. Alt. BGB dieselbe Anknüpfung vorzusehen wie für die condictio indebiti. 3. Leistungskondiktion im Drei- oder M ehrpersonenverhältnis
Wie schon im deutschen Sachrecht, so bereitet die Rückabwicklung von Leistungsverhältnissen, an denen mehr als zwei Personen beteiligt sind, auch kollisionsrechtlich besondere Schwierigkeiten, die auch die hier vorgeschlagene vorfragenakzessorische Anknüpfung des Bereicherungsstatuts nicht mit einer allumfassenden Formel beseitigen kann. In diesem Fällen besteht mehr als ein potentiell anknüpfungserhebliches Rechtsverhältnis, und jedes der existierenden oder als existierend vorausgesetzten Rechtsverhältnisse kann einem anderen Statut unterworfen sein, so daß die Frage nach dem Statut, das über die Rechtfertigung einer eingetretenen Bereicherung befindet, zunächst völlig offen ist. Zusätzlich erschwert wird die Suche nach einer interessengerechten Anknüpfung durch die Tatsache, daß zwischen den potentiell anwendbaren Rechtsordnungen nicht notwendigerweise Einigkeit darüber bestehen muß, ob eine Bereicherung als ungerechtfertigt anzusehen und damit zurückzugewähren ist.
152 Vgl. dazu oben S. 52.
B. Die Anknüpfimg im einzelnen
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Der Schlüssel zu einer möglichst gerechten international-privatrechtliehen Beurteilung liegt auch in diesen Fällen in der Berücksichtigung der maßgeblichen Parteiinteressen, d.h. ihrer Rechtsanwendungsinteressen, wobei es zweckmäßig erscheint, in besonderem Maße auf die von Canaris153 begründeten Wertungen zur Rückabwicklung von ,,Dreiecksverhältnissen" zurückzugreifen, deren Bedeutung für die Frage der Rechtsanwendungsinteressen oben I 54 dargelegt wurde. Zweifelsfrei läßt sich auf dieser Grundlage jedenfalls ein solches Rechtsanwendungsinteresse identifizieren, nämlich das Interesse einer Partei eines Bereicherungsanspruchs, bei der Rückabwicklung einer erbrachten Leistung oder Zuwendung nicht mit einer Rechtsordnung konfrontiert zu werden, die für sie nicht vorhersehbar war. Dies gilt in gleichem Maße für den Anspruchsteller wie für den Anspruchsgegner. In welchem Umfang sich dieses Interesse auf die kollisionsrechtliche Behandlung von Bereicherungsansprüchen im Mehrpersonenverhältnis auswirken kann, hängt wiederum entscheidend von der Schutzwürdigkeit der betreffenden Partei ab. Als Grundregel kann jedoch folgendes festgehalten werden: Einer Partei, die sich freiwillig und unaufgefordert- etwa in Form der vom Schuldner nicht erbetenen Zahlung auffremde Schuld - an einem fremden Rechtsverhältnis beteiligt, kann die Anwendung eines ihr fremden Rechts eher zugemutet werden als einer Partei, die die Unterwerfung eines Bereicherungsanspruch unter ein ihr fremdes Recht trifft, ohne daß sie eine Möglichkeit zur Mitwirkung gehabt hättel55. Mußte der Bereicherungsschuldner eine ihm zugeflossene Vermögensmehrung bei objektiver Betrachtung für die Leistung seines Schuldners halten, so kann es ihm kollisionsrechtlich nicht zum Nachteil gereichen, daß nicht der eigentliche Schuldner die Leistung erbracht hat, sondern ein bis dahin an dem Rechtsverhältnis unbeteiligter Dritter. a) Vertrag zugunsten Dritter Im Fall des Vertrages zugunsten Dritter ergibt die vorfragenakzessorische Anknüpfung des Bereicherungsstatuts jedenfalls in zwei der drei möglichen
153 Bereichenmgsausgleich im Dreipersonenverhältnis, Festschrift Larenz (1973), S. 799 ff 154 S. 90. 155 Ein ähnlicher Rechtsgedanke liegt dem Ausschluß des Bereichenmgsanspruchs des "officious intermeddler" im englischen Sachrecht zugrunde: Wer sich ohne Aufforderung in ein fremdes Rechtsverhältnis einmischt, wird wie ein "vohmteer" behandelt, vgl. oben S. I 08.
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Vierter Teil: LösWlgsvorschlag
Kondiktionsverhältnisse unproblematisch dieselbe Anknüpfung, die auch die einhellige Ansicht in der deutschen Literatur erzielt: Über die Frage, ob der Versprechensempranger einer Kondiktion des Versprechenden ausgesetzt ist, entscheidet ebenso sicher das Deckungsverhältnis, wie das Valutaverhältnis dafür maßgebend ist, ob der Dritte die faktische Leistung des Versprechenden, die er als Zuwendung des Versprechensemprangers erhält, an diesen herauszugeben hat156 Die Rechtfertigung dieser Anknüpfung ergibt sich entscheidend aus der Tatsache, daß das jeweils zwischen den Parteien bestehende Verhältnis den Rechtsgrund fur eine in dieser Beziehung vorgenommene Vermögensverschiebung beherrscht. Daneben gelten hier dieselben Erwägungen, die bereits nach deutschem Sachrecht fur eine Rückabwicklung rechtsgrundloser Leistungen innerhalb desjenigen Kausalverhältnisses sprechen, an dem sowohl der Kondiktionsgläubiger als auch der Kondiktionsschuldner beteiligt waren: Auf die Anwendung der ihr Verhältnis zueinander beherrschenden Rechtsordnung auch auf die Rückforderung rechtsgrundlos erbrachter Leistungen können sich beide Parteien einstellen, der in Anspruch Genommenen kann alle Einwendungen, die in diesem Verhältnis begründet sind, weiterhin geltend machen. Aus der grundsätzlichen Ähnlichkeit der Interessenlage im Sach- und Kollisionsrecht ergibt sich jedoch auch, daß sich die Probleme, die sich bei der Rückabwicklung von Leistungen auf der Grundlage eines Vertrages zugunsten Dritter im deutschen Sachrecht ergeben, auf kollisionsrechtlicher Ebene fortsetzen. Dies betrifft insbesondere das dritte mögliche Kondiktionsverhältnis, nämlich die Frage, nach welchem Statut zu beurteilen ist, ob dem Versprechenden im Fall der Unwirksamkeit des Deckungsverhältnisses die Möglichkeit eröffnet sein soll, im Wege der Durchgriffskondiktion unmittelbar gegen den Dritten als faktischen Leistungsempranger vorzugehen. Auch in bezug auf diese Fragestellung hat sich inzwischen im deutschen Schrifttum eine einhellige Ansicht gebildet, nach der fur die Direktkondiktion das Statut des Dekkungsverhältnisses maßgeblich sein soll157.
156 Schlechtriem, Gutachten, S. 74; Lorenz, Festschrift Zweigert, S. 218 f; MünchKomm-Kreuzer, I vor Art. 38, Rdnr. 20; Reuter!Martinek, S. 791; Reithmonn/ Martiny, Rdnr. 253; Einsele, S. 1027. 157 Vgl. die Wlter Fn. 156 Genannten, jeweils aaO., sowie Hay, S. 36; anders noch v. Caemmerer, Festschrift Rabe) I, S. 388, der von der generellen Anwendbarkeit des Statuts des Valutaverhältnisses auf alle Versionsansprüche ausgeht.
B. Die Anknüpfimg im einzelnen
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Diese Ansicht erscheint zwar insofern problematisch, als sie die fiir einen Schutz des Kondiktionsschuldners sprechenden Aspekte zu vernachlässigen scheint und ihn einem Bereicherungsanspruch aussetzt, der aus einem Verhältnis begründet ist, an dem der Zuwendungsempranger nicht beteiligt war; zudem kann er bei Statutenverschiedenheit zwischen Deckungs- und Valutaverhältnis einem Anspruch aus einer ihm fremden Rechtsordnung ausgesetzt sein. Um dieser scheinbaren Anknüpfungsungerechtigkeit entgegenzuwirken, könnte erwogen werden, die Rückforderungsrechte auch in den Fällen einer möglichen Durchgriffskondiktion auf die jeweiligen Kausalverhältnisse zu beschränken und den Versprechenden auf eine Kondiktion gegen den Versprechensempfänger zu verweisen, der seinerseits einen möglichen Rückgriff beim Dritten nach Maßgabe des Valutaverhältnisses suchen müßte. Eine überwiegende Schutzwürdigkeit des Dritten, die eine solche Lösung rechtfertigen würde, ist indes nicht festzustellen. Der kondiktionsauslösende Mangel besteht im Deckungsverhältnis, das die Rechte des Zuwendungsemprangers und somit auch den Rechtsgrund der erbrachten Leistung bestimmt. Zudem wird zu Recht darauf verwiesen, daß der Empfänger der Zuwendung im Fall des echten Vertrages zugunsten Dritter mit der Abhängigkeit seines Anspruchs vom Schicksal der Hauptforderung rechnen muß und bei einer Rückforderung nicht besser gestellt werden darf, als es das Statut dieser Forderung zuläßt I 58. Ist somit eine einseitige Bevorzugung des Kondiktionsschuldners nicht angezeigt, so kann der Versprechende im Fall der Unwirksamkeit der zwischen ihm und dem Versprechensempfänger bestehenden Beziehung die Leistung direkt beim Zuwendungsempranger kondizieren, wenn das Statut des Deckungsverhältnisses eine solche Direktkondiktion zuläßt. b) Anweisungsfälle Die Fälle der Zahlung auf eine von vornherein nicht bestehende oder später widerrufene Anweisung weisen regelmäßig ähnliche Grundkonstellationen auf wie diejenigen der Rückabwicklung einer Leistung im Verhältnis zwischen den an einem Vertrag zugunsten Dritter Beteiligten. Zu denken ist etwa an die Fälle der abgekürzten Lieferung, die Kondiktion einer Zahlung auf einen nichtigen Wechsel oder Scheck sowie die Erbringung einer fehlerhaften BankI58Schlechtriem, Gutachten, S. 74; Lorenz, Festschrift Zweigert, S. 219; Reuterl Martinek, S. 791; Einsele, S. 1027.
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Vierter Teil: Löstmgsvorschlag
Überweisung. Auch hier ist die Leistungsbeziehung im Deckungsverhältnis zwischen Anweisendem und Angewiesenem von derjenigen im Valutaverhältnisses zwischen Anweisendem und Anweisungsempranger zu unterscheiden; zwischen dem Angewiesenem und dem Anweisungsempfänger besteht, ebenso wie beim Vertrag zugunsten Dritter zwischen dem Versprechenden und dem Empfanger der "faktischen Leistung", keine unmittelbare Rechtsbeziehung; in diesem Verhältnis erfolgt bereicherungsrechtlich regelmäßig159 nur eine Zuwendung. Ebenso wie bei der Kondiktion von Leistungen auf einen Vertrag zugunsten Dritter können unter Zugrundelegung der Vorfrage nach dem Rechtsgrund in Anweisungsfällen zunächst zwei vergleichsweise einfach zu entscheidende Konstellationen identifiziert werden: Ist eines der Leistungsverhältnisse fehlerhaft, so richten sich die Kondiktionen der an diesem Verhältnis Beteiligten nach dem für ihre Rechtsbeziehung maßgeblichen Statut. Der Bereicherungsanspruch des Angewiesenen gegen den Anweisenden unterliegt bei Mangelhaftigkeit des Deckungsverhältnisses dem für dieses Verhältnis geltenden Recht, die Rückabwicklung der vom Anweisenden an den Anweisungsempfänger bewirkten Leistung folgt bei Unwirksamkeit des Valutaverhältnisses der auf diese Beziehung anzuwendenden Rechtsordnung. Die vorfragenakzessorische Anknüpfung führt auch hier zu denselben Ergebnissen, die von der im deutschen Schrifttum h.M.160 vertreten werden: Der Rechtsgrund ergibt sichjeweils aus dem mangelhaften Verhältnis. Den problematischen Fall stellt auch bei den Anweisungslagen die Kondiktion in dem einzigen Verhältnis dar, in dem keine Leistungsbeziehung besteht: Nach welchem Recht ist darüber zu entscheiden, ob der Angewiesene, der eine bloße Zuwendung an den Anweisungsempfänger erbracht hat, diese Zuwendung bei Unwirksamkeit des Deckungsverhältnisses direkt kondizieren kann? Zur Lösung dieser Frage werden im deutschen Schrifttum alle konstruktiv möglichen Ansichten vertreten: Lorenz161 und Einsefe162 befürworten eine räumliche Anknüpfung der Kondiktion des Angewiesenen und gelangen somit im Ergebnis zur Anwendung des Rechts am Zahlungs- oder Lieferungsort, der 159 Die Ausnahme bildet der Fall der angenommenen Anweistmg, s. dazu tmten
S. 348.
160 Schlechtriem, Gutachten, S. 74 f; Lorenz, Festschrift Zweigert. S. 221: MünchKomm-Kreuzer, I vor Art. 38, Rdnr. 2L Reuter!Martinek, S. 792. 161 Festschrift Zweigert, S. 222. 162 JZ 1993, 1025, 1027.
B. Die Anknüpfimg im einzelnen
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,,im Regelfall mit dem Wohnsitz- bzw. Geschäftssitzrecht des Begünstigten zusammentreffen" solll63. Nach v. Barl64 ist, der Rechtsprechung des BGHI65 folgend, das Recht des Ortes anzuwenden, an dem sich der Erwerbstatbestand verwirklicht hat. Jaymel66 lehnt die Qualifikation der Direktkondiktion des Angewiesenen als Fall der "isolierten Wertverschiebung" ab und beurteilt sie nach dem Recht, das das Valutaverhältnis beherrscht, weil dieses die engste Verbindung zu der erbrachten Zahlung aufweise. Schlechtrieml67 hält wie beim Vertrag zugunsten Dritter auch hier das Statut des Deckungsverhältnisses für maßgeblich, weil die Leistung des Angewiesenen auf dieses Statut bezogen sei, wovon auch der Anweisungsempranger als Kondiktionsschuldner ausgehen müsse. Kreuzerl68 sieht eine differenzierte Lösung vor: Soweit die Zuwendung durch das Valutaverhältnis alscausagedeckt ist, soll der Empranger nach dem Statut dieses Verhältnisses haften, ansonsten richte sich seine Herausgabepflicht nach dem Recht des Staates, in dem die Bereicherung eingetreten ist. Bei der Anknüpfung in Entsprechung des Statuts der Vorfrage nach dem Rechtsgrund ist zu beachten, daß der hier zu behandelnde Fall insofern anders liegt als die Geltendmachung eines Bereicherungsanspruchs des Versprechensemprangers gegen den aus einem Vertrag begünstigten Dritten, als der Anweisungsempranger im Valutaverhältnis von vornherein einen eigenständigen Anspruch gegen den Anweisenden besitzt, den er nicht- wie beim Vertrag zugunsten Dritter - vom Deckungsverhältnis ableiten muß. Diese Tatsache spricht grundsätzlich gegen die Anwendung des Statuts des Deckungsverhältnisses in den hier betrachteten Fällen. Des weiteren erscheint es zweifelhaft, ob der Anweisungsempranger tatsächlich - wie Schlechtriem annimmt - kollisionsrechtlich davon ausgehen muß, daß der Angewieseneaufgrund des Dekkungsverhältnisses handelt. Selbst wenn dieser Befund zutreffen sollte, so steht für den Anweisungsempranger doch jedenfalls das seinen Anspruch
163 So Lorenz, Fehlerhafte Banküberweiswtg mit Auslandsberührwtg, NJW 1990, 607, 610; die Richtigkeit dieses Befimdes mußjedoch bezweifelt werden. 164 IPR ll, Rdnr. 736; ebenso Lüderitz, IPR, Rdnr. 313; Erman-Hohloch, vor Art. 38, Rdnr. 3. 165 BGH NJW
1987, 185; vgl. dazu oben S. 68.
1987, 186; ebenso im Ergebnis schon v. Caemmerer, Festschrift Rabe! I, S. 388, sowie Reuter!Martinek, S. 792. 166 IPRax
167 Gutachten,
S. 75; ebenso wohl auch Reithmann/Martiny, Rdnr. 254.
168 In: MünchK.omm, I vor Art. 38, Rdnr. 21.
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Vierter Teil: LösWlgsvorschlag
konstituierende Statut des Valutaverhältnisses im Vordergrund. Dies gilt insbesondere, wenn er einer Kondiktion des Angewiesenen deshalb ausgesetzt ist, weil von vornherein keine wirksame Anweisung bestand und der Anweisungsempfänger hiervon Kenntnis hatte. Das Statut der Vorfrage nach dem Rechtsgrund, also das Recht, das darüber Auskunft gibt, ob der Anweisungsempfänger eine eingetretene Vermögensmehrung behalten darf, ist hier also nicht das Statut des Deckungs-, sondern dasjenige des Valutaverhältnisses. Schwerer wiegt demgegenüber der mögliche Einwand der Vertreter einer territorialen Anknüpfung, bei Maßgeblichkeil des Statuts des Valutaverhältnisses werde die Systematik des deutschen Sachrechts mißachtet. Folgt man der sachrechtliehen Systematik der Iex fori, so spricht prima facie tatsächlich vieles für eine territoriale Anknüpfung: Bei der Direktkondiktion handelt es sich um einen Fall der Nichtleistungskondiktionl69, so daß nach den bisherigen Grundsätzen nur die Anwendung des Rechts des Zahlungsortes oder des Ortes des Bereicherungseintritts in Betracht gezogen werden kann. Gleichwohl ist der Einwand von Jayme beachtlich, die eingetretene Vermögensmehrung weise die engste Beziehung zur Rechtsordnung des Valutaverhältnisses auf. Wie bereits obenl70 ausgeführt, ist es für die Methode des Internationalen Privatrechts nicht zwingend, die sachrechtliehe Systematik in jedem Fall nachzuvollziehen; Abweichungen sind zum Zweck der Berücksichtigung der in erster Linie maßgeblichen Parteiinteressen möglich, u.U. sogar geboten. Die zu berücksichtigenden Parteiinteressen deuten wie in den meisten Fällen auch bei Statutenverschiedenheit zwischen Deckungs- und Valutaverhältnis in Anweisungslagen auf die Anwendung verschiedene Rechtsordnungen hin, so daß die Frage der Bevorzugung der Interessen des Kondiktionsgläubigers oder des Kondiktionsschuldners von ihrer jeweiligen Schutzwürdigkeit abhängt. Die Zuordnung der vom Angewiesenen erbrachte Zuwendung nach dem objektiven Empfängerhorizont ergibt, daß der Anweisungsempfänger sie grundsätzlich für eine Leistung seines Partners im Valutaverhältnis halten darf, so daß im Regelfall ein Überwiegen der Schutzwürdigkeit seiner Interessen festzustellen und es ihm daher nicht zuzumuten ist, einer Kondiktion nach dem Recht des Deckungsverhältnisses ausgesetzt zu werden.
169 S. dazu mit eingehender BegründWlg Lorenz, NJW 1990, 607, 608.
170 s. 303.
B. Die Anknüpfimg im einzeinen
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Dasselbe ergibt sich unter Berücksichtigung beachtlicher sachrechtlieber Erwägungen, auf die Reuter!Martinek171 hinweisen: Die international-privatrechtliche Anknüpfung muß sich an dem sachrechtliehen Leitgedanken des Schutzes des Dritten vor Inanspruchnahme durch außerhalb der Leistungsbeziehung stehende Kondiktionsgläubiger orientieren, der dem ,,materiellrechtlichen Grundsatzverbot der Versionsklage" zugrunde liegt. Bei der Anknüpfung an das Statut des Valutaverhältnisses handelt es sich also um eine Abweichung von der sachrechtliehen Systematik die gleichwohl die Berücksichtigung wesentlicher sachrechtlieber Grundsätze bewirkt: Sollte nach den Vorstellungen des Gesetzgebers die Versionsklage den Ausnahmefall darstellen, so ist es kollisionsrechtlich gerechtfertigt, diese nur dann zuzulassen, wenn die Rechtsordnung, die das für den Bereicherungsschuldner entscheidende Valutaverhältnis beherrscht, dem Bereicherungsgläubiger in dieser Situation eine Direktkondiktion zugesteht. Diesem Statut sollte zur Vermeidung der aus einer depe~age folgenden Gefahr von Wertungswidersprüchen der Bereicherungsanspruch im Ganzen unterworfen werden, selbst wenn sich der in Anspruch Genommene nur hinsichtlich eines Teiles der erlangten Bereicherung darauf verlassen konnte, daß die Vermögensmehrung von seinem Verhältnis zum Anweisenden gedeckt ist. Zur Verdeutlichung dieses Ergebnisses sei nochmals der Fall BGH NJW 1987. 185 aufgegriffen, in dem eine italienische Bank auf der Grundlage der Anweisung eines italienischen Unternehmens versehentlich das Zehnfache des eigentlich angewiesenen Betrages an einen Empfänger in Deutschland überwiesen hatte und die vertragliche Grundlage zwischen anweisendem Unternehmen und Empfänger italienischem Recht unterlag. Abweichend von der Entscheidung des BGH, der im Ergebnis deutsches Recht als das Recht am Ort des Bereicherungseintritts für maßgeblich hielt und der Klage auf dieser Grundlage stattgab, ist bei vorfragenakzessorischer Anknüpfung des Bereicherungsstatuts diejenige Rechtsordnung entscheidend, der das Valutaverhältnis unterlag, hier also das italienische Recht, das bestimmt, wieviel der Empfänger vom Anweisenden zu fordern berechtigt ist. Nur nach dieser Rechtsordnung ist zu entscheiden, ob die als bloße Zahlstelle des Anweisenden lediglich eine Zuwendung erbringende klägerische Bank überhaupt einen Kondiktions-
171
S. 792.
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Vierter Teil: Lös\Ulgsvorschlag
anspruchgegen den Empfänger geltend machen kannl72 und in welcher Höhe ein solcher Anspruch ggf. besteht. Unterstellt man etwa, daß ein Teil der vom Empfänger als Rechtsgrund eingewendeten Provisionsansprüche gegen seinen italienischen Arbeitgeber bereits fällig gewesen wäre, so hätte dies selbst bei grundsätzlichem Bestehen einer Direktkondiktion nach italienischem Recht zu einer Verringerung der Anspruchshöhe führen können. Auf Zahlung des Differenzbetrages hätte dann allein das anweisende Unternehmen nach dem Statut des Deckungsverhältnisses gehaftet, wenn ihm in Form der Ersparnis von Aufwendungen durch die Zahlung der Bank eine ungerechtfertigte Vermögensmehrung zugeflossen wäre. Anders ist die Situation jedoch zu bewerten, wenn der Angewiesene die Anweisung angenommen hat. In solchen Fällen, also etwa bei der Eröffnung ode~ Bestätigung eines Akkreditivs oder der Annahme eines Wechsels, besteht ausnahmsweise eine dritte schuldrechtliche Beziehung in Form eines abstrakten Schuldversprechens des Angewiesenen gegenüber dem Anweisungsempfänger. Für die kollisionsrechtliche Behandlung der Kondiktion des Angewiesenen, die bei Nichtbestehen der Forderung im Deckungsverhältnis auf die Herausgabe des Schuldversprechens und bei Nichtigkeit des Versprechens selbst auf die Rückzahlung etwaiger bereits geleisteter Zahlungen gerichtet ist, ist das Statut des Schuldversprechens als engste Beziehung zwischen den Parteien und Rechtsgrund für das Versprechen selbst maßgeblichl73. c) "Abgeirrte Leistungen" Die bereicherungsrechtliche Fallgruppe, die im deutschen Sachrecht im Anschluß an v. Caemmerer174 etwas mißverständlich unter dem Begriff der "abgeirrten Leistungen" behandelt wird, weist vielfältige Parallelen zu den soeben erörterten Fällen der Zahlung auf eine fehlende oder fehlerhafte Anweisung auf. Unterschiede bestehen jedoch insofern, als es in diesen Fällen an einer Rechtsbeziehung im Valutaverhältnis vollständig fehlt, und in diesem Umstand liegt die besondere Problematik der "abgeirrten Leistung". Angesprochen sind z.B. Zahlungen, die aus Versehen, etwa aufgrundeiner Adres172 Das ist i.E. wohl nicht der Fall, vgl. Jayme, IPRax 1987, 186, 187, wonach das italienische Recht nur dem Leistenden einen Rückfordef\Ulgsanspruch gewährt, in diesemFall also dem Anweisenden. 173 Ebenso Schlechtriem, Gutachten, S. 75; MünchKomm-Kreuzer, I vor Art. 38, Rdnr. 21; Reuter!Martinek, S. 793; Reithmann/Martiny , Rdnr. 254; Einsele, S. 1028. 174 Festschrift Rabe! I, S. 388.
B. Die Anknüpfung im einzelnen
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senverwechselung, an den falschen Empfänger erbracht wurden. Ein instruktives Beispiel bietet die oben bereits angesprochene BGH-Entscheidungi 7 5, in der der klagenden deutsche Bank von einem französischen Geldinstitut im Namen ihres Kunden der Auftrag erteilt worden war, auf das bei der Münchener Filiale der Klägerin geführte Konto eines namentlich und mit Adresse bezeichneten Empfängers einen Betrag von 6.281,98 DM zu überweisen. Da die Filiale München Namen und Kontonummer des Empfängers nicht ermitteln konnte, leitete sie den Überweisungsauftrag an die Filiale Schwerte weiter, wo der Betrag dem Konto des Beklagten gutgeschrieben wurde, der den angegebenen Nachnamen trug und unter der angegebenen Adresse verzeichnet war. Fünf Jahre später wurde der Fehler aufgeklärt, die Klägerin zahlte den Betrag an die französische Bank zurück und forderte vom Beklagten die Rückzahlung der empfangenen Summe. Der Suche nach den kollisionsrechtlichen Antworten auf die Fragen, ob es dem Bereicherungsgläubiger gestattet sein soll, bei derartiger Fallgestaltungen den Zahlungsempfänger unmittelbar in Anspruch zu nehmen, und nach welchem Recht sich ein Bereicherungsanspruch ggf. richtet, muß auch hier zunächst die Einordnung des erhobenen Anspruchs vorausgehen: Ebenso wie bei der Kondiktion des Angewiesenen beim Anweisungsempfänger handelt es sich bei der Rückforderung einer "abgeirrten Leistung" nach zutreffender Qualifikation um einen Fall der Nichtleistungskondiktioni76, denn der Zahlende vermehrt nicht bewußt und zweckgerichtet das Vermögen des Empfängers, sondern er versucht, seiner Verpflichtung gegenüber dem Anweisenden nachzukommen. Nach den bisher im deutschen Schrifttum angelegten Maßstäben ist somit eine räumliche Anknüpfung vorzunehmen, die bei regelmäßig identischen Ergebnissen zur Anwendung des Rechts führt, das am Ort des Bereicherungseintritts gilt177 oder dem Vermögenserwerb des Empfängers zugrunde lagl78.
175 IPRax 1987, 372; s. dazu oben S. 70. 176Lorenz, NJW 1990, 607, 608; Einsele, S. 1032; anders wohl Reuter!Martinek, S. 780.
177 Schlechtriem, Gutachten, S. 57; ders., IPRax 1995, 65, 66; v. Caemmerer, Festschrift Rabe! I, S. 388; MünchKomm-Kreuzer, I vor Art. 38, Rdnr. 27; Lorenz, Festschrift Zweigert, S. 211 f; Raape, IPR, S. 530; Zweigert!M üller-Gindullis, sec. 34. 118Einsele, S. 1032.
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Bei vorfragenakzessorischer Anknüpfung und unter Berücksichtigung der Parteiinteressen erscheint diese Lösung jedoch problematisch, zumal sie das einzige vor der Zahlung bestehende Rechtsverhältnis, das Deckungsverhältnisses, außer acht läßt. Auf dieses Verhältnis bezieht der Zahlende - auch nach dem objektiven Empfängerhorizont - seine Leistung; das Statut des Deckungsverhältnisses bestimmt auch, an wen die Zahlung erfolgen soll und gibt somit Auskunft darüber, ob die Vermögensmehrung des Empfängers zu Recht eingetreten ist. Eine Begünstigung des Bereicherungsschuldners durch die Anwendung des Rechts am Ort des Bereicherungseintritts, also seines "Umweltrechts", würde demgegenüber voraussetzen, daß besonders schützenswerte Interessen des Zahlungsempfängers festzustellen sind, die gegen seine Inanspruchnahme nach einem ihm möglicherweise unbekannten Statut sprechen. Derartige Interessen des Bereicherungsschuldners stehen seiner Inanspruch.: nahme im Wege der Direktkondiktion nach dem Statut des Deckungsverhältnisses jedoch nicht entgegen, denn im Gegensatz zu den oben behandelten Fällen, in denen eine Rechtsbeziehung im Valutaverhältnis zwischen dem Empfänger und dem Anweisenden tatsächlich bestanden hat, so daß der Bereicherungsschuldner die Zahlung für eine Leistung seines Vertragspartners halten konnte, fehlt es hier von vornherein an jeglicher Grundlage für ein berechtigtes Vertrauen des Bereicherten auf den Bestand der eingetretenen Vermögensmehrung. Der Empfänger einer "abgeirrten Leistung" weiß vielmehr, daß er eine Zahlung erhalten hat, die ihm nicht zusteht und daher herauszugeben ist; schon nach den sachrechtliehen Grundsätzen des deutschen Rechts(§§ 819 Abs. 1, 818 Abs. 4 BGB) ist in einer solchen Situation eine verschärfte Haftung des Bereicherungsschuldners angezeigt, nicht seine Privilegierung. Andererseits ist ein anerkennenswertes Interesse des Bereicherungsgläubigers nachzuweisen, das darauf gerichtet ist, einen Bereicherungsanspruch nach der Rechtsordnung geltend machen zu können, die seine Leistungspflicht im Deckungsverhältnis beherrschte. Für ihn ist eine vorhersehbare Beurteilung der Frage, nach welcher Rechtsordnung sich die Herausgabepflicht richtet, in bezug auf die grundsätzliche Möglichkeit der unmittelbaren Inanspruchnahme des Empfängers, die Verjährung oder die mögliche Berufung auf einen Bereicherungswegfall von Interesse. Ebenso wie in den zuvor behandelten Anweisungsfällen erscheint somit auch bei der "abgeirrten Leistung" eine kollisionsrechtliche Abweichung von der eigenen sachrechtliehen Qualifikation unter Berücksichtigung der maßgeblichen Parteiinteressen geboten: Schutzwürdigkeitsaspekte sprechen hier
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fur die Anwendung des Statuts des Deckungsverhältnisses auf die Kondiktion des Zahlenden gegen den Empfänger, obwohl es sich um einen Fall der Nichtleistungskondiktion handelt. Im o.g. Beispielsfall war die Anwendung deutschen Bereicherungsrechts somit nicht aufgrund der Tatsache geboten, daß die Vermögensmehrung in Deutschland eingetreten war, sondern weil fur das Deckungsverhältnis zwischen der deutschen und der französischen Bank die Anwendung deutschem Recht vereinbart war 179. In der Sache hat der BGH jedoch zutreffend festgestellt, daß der Bereicherungsausgleich nicht im Verhältnis zwischen den Prozeßparteien durchzufuhren war. d) Zessionsfäl.le Zu den im Rahmen der Anknüpfung einer Leistungskondiktion im Mehrpersonenverhältnis zu erörternden Fällen gehört des weiteren die Konstellation, daß eine Forderung abgetreten wird, die aus einem unwirksamen Kausalverhältnis stammt, der Schuldner auf diese Forderung an den Zedenten oder den Zessionar zahlt und nach Entdeckung der Unwirksamkeit der Forderung einen Bereicherungsanspruch gegen den Empfänger der Leistung geltend macht. Für eine akzessorische Bestimmung des Statuts des Bereicherungsanspruchs kommen in solchen Fällen zwei verschiedene Statute in Betracht, nämlich zum einen das Statut der abgetretenen Forderung und zum anderen das Zessionsgrundstatut. Eine interessengerechte Anknüpfung kann sich hier nur nach dem Statut der abgetretenen Forderung richten180. Dieses Resultat, das heute nicht mehr angezweifelt wird, ergibt sich auch bei vorrangiger Beachtung der Vorfrage nach dem Rechtsgrund: Diese Vorfrage wird vom Forderungsstatut beherrscht, das Auskunft darüber gibt, ob das dem Kondiktionsschuldner durch Leistung des Zahlungsverpflichteten Zugeflossene ein indebitum war. Des weiteren spricht fur diese Anknüpfung auch entscheidend die Tatsache, daß Art. 33 Abs. 2 EGBGB alle im Zusammenhang mit einer Zession stehenden Rechts179 Vgl. zur Rechtswahl aufgnmd der AGB der Klägerin BGH IPRax 1987, 372, 373 sowie die Anmerk\Ulg von Schlechtriem, IPRax 1987, 356, 357. 180Schlechtriem, Gutachten, S. 76 (zweifelnd allerdings im Fall der ,,kollisionsrechtlichen Novation", also etwa bei Abtret\Ulgen, die die Zustimm\Ulg des Schuldners voraussetzen); Lorenz, Festschrift Zweigert, S. 220 f. ; Hay, S. 68; MünchKommKreuzer, I vor Art. 38, Rdnr. 19; Reuter/Marlinek, S. 790; Reithmann/Marliny, Rdnr. 252; Einsele, S. 1027.
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fragen diesem Statut unterwirft, sofern sie sich nicht ausschließlich auf das Verhältnis zwischen Zedent und Zessionar beziehen, das nach Abs. I dem Zessionsgrundstatut untersteht. Ob die hier interessierende Anknüpfungsfrage als "durch Art. 33 Abs. 2 EGBGB entschieden" angesehen werden kannl81, erscheint zwar zweifelhaft, zumal Bereicherungsansprüche, die infolge einer Zession entstehen, nicht zum unmittelbaren Anwendungsbereich dieser Norm gehöreni82; jedenfalls gebietet es jedoch das Interesse an der Konsistenz der kollisionsrechtlichen Behandlung, die Rückabwicklung einer vom Schuldner erbrachten Leistung nach demselben Recht zu beurteilen, das auch die Übertragbarkeit der Forderung die Wirkungen der Abtretung, das Verhältnis zwischen Zessionar und Schuldner und die Frage der Erfüllungswirkung einer vom Schuldner erbrachten Leistung beherrscht. Die Anknüpfung an das Forderungsstatut gilt sowohl für die Kondiktion des Schuldners beim Zedenten als auch in bezug auf seine Möglichkeit, einen Bereicherungsanspruch gegen den Zessionar geltend zu machen. Die Verbindung zwischen Schuldner und Zedent entsteht aufgrund der Forderung selbst und wird daher ohnehin von diesem Statut beherrscht; hinsichtlich des Verhältnisses zwischen Schuldner und Zessionar ergibt sich die Maßgeblichkeit des Forderungsstatuts aus der Wertung des Art. 33 Abs. 2 EGBGB. Gegen eine unterschiedliche Anknüpfung der beiden möglichen Bereicherungsrechtsverhältnisse spricht zudem die typische Interessenlage. Anders als beim echten Vertrag zugunsten Dritter besteht eine erhöhte Schutzwürdigkeit des Schuldners, der im Gegensatz zum Versprechensempfänger, dessen Verpflichtung gegenüber dem Dritten nur unter seiner Mitwirkung eintritt, an der Entstehung des Forderungsrechts des Zessionars nicht beteiligt werden mußl83. Ihm kann daher aufgrund seiner fehlenden Möglichkeit zur Einflußnahme nicht zugemutet werden, seinen Bereicherungsanspruch nach einer ihm fremden Rechtsordnung geltend zu machen, auf die er sich nicht einstellen konnte. Im übrigen dürfte hier einer der wenigen Fälle vorliegen, in denen die Parteiinteressen beider Beteiligten übereinstimmend auf die Anwendung derjenigen Rechtsordnung hindeuten, die ihre Rechtsstellung als Schuldner sowie als Alt- bzw. Neugläubiger bestimmt.
181 So Einsele, S. 1027. 182 Vgl. zum AnwendWlgsbereich v. Bar, RabelsZ 53 (1989), S. 469 ff
!83Schlechtriem, Gutachten, S. 76; Lorenz, Festschrift Zweigert, S. 220 f; Einsele, S. 1027.
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e) Kondiktion des freiwilligen Drittzahlers beim Gläubiger der Hauptschuld Abschließend zur Anknüpfung der Leistungskondiktionen in Drei- oder Mehrpersonenverhältnissen ist auf zwei weitere Fälle einzugehen, in denen ein ,,Durchgriff" des Zahlenden gegen den Zahlungsempfänger in Betracht kommt, nämlich einerseits auf die Konstellation, daß ein Dritter auf eine fremde Schuld zahlt, ohne dem Primärschuldner oder dem Gläubiger gegenüber zur Zahlung verpflichtet zu sein, und andererseits auf die Möglichkeiten eines Bürgen oder Garanten, seine zur Tilgung der Hauptschuld eines anderen geleistete Zahlung beim Zahlungsempfänger zu kondizieren. Im Fall der freiwilligen Drittzahlung auf fremde Schuld kommt bei Rechtsgrundlosigkeit in erster Linie der Hauptschuldner als Anspruchsgegner eines Bereicherungsanspruchs in Betrachtl84. Es sind jedoch auch Konstellationen möglich, in denen der Zahlende seinen Anspruch unmittelbar gegen den Gläubiger als Empfänger der Zahlung richten muß, nämlich einerseits, wenn die Schuld, auf die gezahlt wurde, ganz oder teilweise nicht bestanden hat, und andererseits, wenn die Schuld zwar bestand, das Statut dieser Schuld der Drittzahlungjedoch keine Tilgungswirkung zuerkennt. Eine unmittelbare Beziehung zwischen den Parteien des BereicherungsrechtsverhäJtnisses, an der sich eine vorfragenakzessorische Anknüpfung orientieren könnte, besteht in diesen Fällen nicht. Der Dritte verfolgt durch seine Zahlung keinen eigenen Leistungszweck gegenüber dem Gläubiger, sondern erbringt im kondiktionsrechtlichen Sinn lediglich eine Zuwendung. Gleichwohl fällt die Anknüpfung unter dem Aspekt der Orientierung an der Vorfrage der Rechtsgrundlosigkeit in diesen Fällen verhältnismäßig leicht, zumal von vornherein nur ein einziges Statut zur Entscheidung der Vorfrage nach der Rechtfertigung der eingetretenen Bereicherung in Betracht kommt, nämlich das Statut der Forderung, auf die gezahlt wurde1 85 Parteiinteressen werden durch diese Anknüpfung nicht beeinträchtigt, zumal sich der Zahlende hinsichtlich des auf die zu tilgende Schuld anzuwendenden Rechts vergewissern
184 S. zu dieser Rückgriffskondiktion tmten S. 362 ff. 185 Ebenso v. Caemmerer, Festschrift Rabe! I, S. 388; Lorenz, Festschrift Zweigert, S. 214; MünchKomm-Kreuzer, I vor Art. 38, Rdnr. 14; Einsele, S. 1026; Reithmannl Martiny, Rdnr. 250. 23 Plaßmeier
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Vierter Teil: Löstmgsvorschlag
kann und auch für den Empfänger der Bezug der Zahlung zu einer bestehenden oder als bestehend vorausgesetzten Schuld in der Regel erkennbar ist186_ f) Kondiktion des Bürgen oder Garanten
beim Gläubiger der Hauptschuld
Als letzter Fall der Leistungskondiktion im Dreipersonenverhältnis ist die Frage zu erörtern, ob dem zur Erfüllung einer fremden Schuld zahlenden Bürgen oder Garanten kollisionsrechtlich ein Kondiktionsanspruch gegen den Gläubiger der Hauptschuld als Empfänger der Zahlung zusteht und nach welcher Rechtsordnung dieser Anspruch ggf zu beurteilen ist187. Im Unterschied zu den soeben behandelten Fällen freiwilliger Drittzahlung zeichnet sich die von einem Bürgen oder Garanten erbrachte Zahlung dadurch aus, daß ihr eine - wenn auch gegenüber der Verpflichtung des Hauptschuldners subsidiäre Eigenverpflichtung des Zahlenden zugrunde liegt, die aus seinem unmittelbaren Verhältnis zum Zahlungsempfänger resultiert. Auch in diesen Fällen ist also eine Differenzierung zwischen den Kausalverhältnissen erforderlich. Um auch hier wiederum zunächst die unproblematischen Fälle zu behandeln, kann festgestellt werden, daß sich für die Kondiktion des Bürgen oder Garanten, der eine Zahlung an den Gläubiger erbringt, obwohl ein Mangel im Bürgschaftsverhältnis vorliegt, bei vorfragenakzessorischer Anknüpfung die Maßgeblichkeit des Bürgschaftsstatuts ergibt. Zwar könnte bei der Bürgschaft als akzessorischem Sicherungsrecht, dessen Schicksal von demjenigen der Hauptforderung abhängig ist, auch die Anwendung des die Hauptschuld beherrschenden Rechts erwogen werden; die entscheidende Vorfrage nach dem Rechtsgrund für das Behalten der vom Bürgen erbrachten Zahlung richtet sich jedoch nach dem Statut der unmittelbaren Beziehung zwischen dem Bürgen und dem Gläubiger. Daran ändert sich auch nichts, wenn der Mangel nicht im Verhältnis zwischen Gläubiger und Bürgen besteht, sondern die Hauptschuld betrifft. Hier wirkt sich vielmehr die Abhängigkeit der Bürgenverpflichtung von der Hauptschuld selbst bei Statutenverschiedenheit dahingehend aus, daß die akzessorische Verpflichtung des Bürgen nicht zur Entstehung gelangt, so daß bereits erbrachte Zahlungen als im Bürgschaftsverhältnis rechtsgrundlos 186 Staudinger-Lorenz, Rdnr. 120 zu § 812. 187 Auf die Möglichkeiten des Bürgen oder Garanten, beim Schuldner Regreß zu
nehmen, ist hier noch nicht einzugehen; aus Gründen des Sachzusammenhangs wird dieses Verhältnis Gegenstand der Betrachttmg der Anknüpfimg von Rückgriffskondiktionen (unten S. 366 ff) sein.
B. Die Anknüpfimg im einzelnen
355
zurückzuerstatten sind. Parteiinteressen der Beteiligten werden dadurch nicht beeinträchtigt, zumal der Gläubiger die Leistung des Bürgen aufgrund seiner Eigenverpflichtung primär als auf das Bürgschaftsverhältnis erbracht ansehen muß und sich somit auf eine Rückforderung nach dessen Statut einstellen kann. Problematisch wird die Situation indes, wenn im Fall eines Mangels der Hauptschuld das Bürgschaftsstatut dem Bürgen die Kondiktion gegen den Gläubiger versagt, ilun aber den Regreß gegen den Hauptschuldner ermöglicht, während das Hauptstatut nur die Kondiktion gegen den Gläubiger, nicht aber diejenige gegen den Hauptschuldner zuläßt. Nach überwiegender Ansicht im deutschen Schrifttuml88 sollte in diesen Fällen die Direktkondiktion des Bürgen gegen den Gläubiger zugelassen werden; die Begründung dieser Auffassung fallt jedoch nicht leicht. Lorenz geht davon aus, daß sich "eine kollisionsrechtliche Begründung dafür nicht anbietet"I89 und entwickelt diese Lösung daher aus rein sachrechtliehen Erwägungen; auch Reuter/Martinek sprechen von einer "allein kollisionsrechtlich nicht auflösbaren Aporie", in der ,,lediglich der Appell an das materielle Recht, in dem der Bürgschaftsvertrag verankert ist" weiterhelfe, eine Kondiktion des Bürgen gegen den Gläubiger zuzulassen 190. Eine kollisionsrechtliche Begründung der Direktkondiktion des Bürgen ist in diesen Fällen tatsächlich nicht möglich; sie könnte allenfalls im Wege der Angleichung erreicht werden191, ist jedoch aus Gründen der international-privatrechtliehen Gerechtigkeit auch nicht zwingend erforderlich. Vielmehr erfolgt die Zahlung des Bürgen stets auf eigenes Risiko, so daß es nicht geboten erscheint, ihn für alle denkbaren Fälle bereits auf kollisionsrechtlicher Ebene abzusichern. Daß dem Bürgen in dieser konkreten Sachverhaltsgestaltung eine Kondiktion versagt bleibt und der Gläubiger somit eine zweifellos ungerechtfertigte Bereicherung behalten darf, ist ein Ergebnis der Sachrechtsanwendung, das zu antezipieren einer kollisionsrechtlichen Regelung nicht immer möglich ist. Eine Ausnahmeregelung für diesen speziellen Fall müßte in Konflikt mit dem Verkehrs- und auch dem Parteiinteresse an einer sicheren und vorhersehbaren Anknüpfung geraten. Überdies bleibt es dem Bürgen un188 Lorenz, Festschrift Zweigert, S. 217 f; Reuter!Martinek, S. 789 f; Einsele, S. 1026. 189 In: Staudinger, Rdnr. 121 zu§ 812. 190 S. 790. 191 So wohl auch Reithmann/Martiny, Rdnr. 251. 23*
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Vierter Teil: Lös\Dlgsvorschlag
benommen, in dem häufig zwischen ihm und dem Hauptschuldner bestehenden Vertragsverhältnis, das die Grundlage fiir die Übernahme der Bürgschaft bildet, das Risiko der Bürgenzahlung auf eine nicht bestehende Hauptschuld auch den primär Verpflichteten abzuwälzen. Die grundsätzlich zutreffende Anknüpfung an das Bürgschaftsstatut sollte jedenfalls nicht aufgrund möglicher Härten, die aus ihrer Anwendung in Einzelfällen entstehen können, von vomherein mit einer Einschränkung versehen werden. Vielmehr könnte hier statt des Appells an das Sachrecht mit einem Appell an den Gesetzgeber geholfen werden, das Bürgschaftsstatut stets in Akzessorietät zum Statut der Hauptschuld zu bilden und dadurch ein Auseinanderfallen des anzuwendenden Sachrechts zu verhindern, wofiir beachtliche Gründe nicht nur sachrechtlieber Art sprechen 192. Solange diese gesetzgeberische Entscheidung nicht getroffen ist, muß es jedoch auch bei vorfragenakzessorischer Anknüpfung bei der Maßgeblichkeit des getrennt vom Statut der Hauptschuld anzuknüpfenden Bürgschaftsstatuts bleiben. g) Zusammenfassung und rechtsvergleichende Überprüfung der Anknüpfung von Leistungskondiktionen im Drei- oder Mehrpersonenverhältnis Zusammenfassend läßt sich unter Zugrundelegung der vorfragenakzessorischen Anknüpfung des Bereicherungsstatuts in Fällen der Leistungskondiktion im Drei- oder Mehrpersonenverhältnis folgendes Ergebnis feststellen: Bereicherungsansprüche zwischen Parteien, die an demselben Kausalverhältnis beteiligt sind, richten sich bei Unwirksamkeit dieses Kausalverhältnisses nach dem dafiir maßgeblichen Statut, d.h. die Rückabwicklung vollzieht sich entsprechend den Grundsätzen des deutschen Sachrechts innerhalb der jeweiligen Leistungsbeziehung nach dem darauf anwendbaren Recht. In den problematischen Fällen der Kondiktion außerhalb eines Leistungsverhältnisses, also der Durchgriffskondiktionen, ist eine Differenzierung zwischen verschiedenen Rechtsverhältnissen erforderlich: Beim Vertrag zugunsten Dritter ist es dem Dritten ebenso wie in Fällen einer "abgeirrten Leistung" zuzumuten, einem Bereicherungsanspruch ausgesetzt zu werden, den der Zahlende nach dem Statut des Deckungsverhältnisses begründen kann. Anders ist der Durchgriff 192 Hierfiir sprach sich bereits Rabel, Conflict of Laws, Vol. ebenso Staudinger-Lorenz, Rdnr. 121 zu§ 812.
m,
S. 378 f aus;
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in Anweisungslagen zu beurteilen: Hier richtet sich die Frage, ob der Angewiesene seine dem Anweisungsempfänger erbrachte Zuwendung, die zugleich eine Leistung des Anweisenden darstellt, direkt vom Begünstigten kondizieren kann, nach dem Statut des Valutaverhältnisses. In Zessionsfa.IIen unterliegen Bereicherungsforderungen des Schuldners gegen den Zedenten oder den Zessionar nach Zahlung auf eine tatsächlich nicht bestehende Schuld dem Statut der abgetretenen Forderung. Die Kondiktion des freiwilligen Drittzahlers gegen den Gläubiger ist nach dem Statut der Forderung zu beurteilen, auf die gezahlt wurde, während die Kondiktion des Bürgen oder Garanten beim Gläubiger dem Bürgschaftsstatut unterliegt. In der Sache erzielt die vorfragenakzessorische Anknüpfung damit weitestgehend dieselben Ergebnisse wie die von Sch/echtriemi93 vorgeschlagenen "sachrechtsneutralen" Formulierung, wonach die Rückabwicklung nach der Rechtsordnung vorzunehmen ist, die das Schuldverhältnis beherrscht, auf das die Zahlung "bezogen ist". Eine rechtsvergleichende Überprüfung zeigt zunächst eine nahezu vollständige Übereinstimmung mit den Ergebnissen, die in der Schweiz unter der Geltung der Anknüpfung an ein "bestehendes oder vermeintliches Rechtsverhältnis" (Art.128 Abs. 1 IPRG) erzielt werdenl94. Auch die Bezugnahme des§ 46 des Österreichischen IPRG auf die Sachnormen, die auf das Rechtsverhältnis anzuwenden sind, das die Grundlage einer Leistung bildet, dürfte zusammen mit der sinngemäßen Anwendung dieser Normen im Fall eines Anspruchs auf ,,Ersatz eines Aufwandes, den ein anderer hätte machen müssen", auf dieselben Resultate hindeuten 195. In bezug auf die Rechtsordnungen des anglo-amerikanischen Rechtskreises kann lediglich vermutet werden, daß das Statut des jeweils zwischen den Parteien eines Bereicherungsrechtsverhältnisses bestehenden Kausalverhältnisses als "proper law of the obligation" im Sinne des englischen IPR angesehen würde bzw. daß im OS-amerikanischen IPR bei der Suche nach der "most significant relationship" im Sinne des § 221 des Restatement 2d das Statut des der Bereicherung zugrunde liegenden Verhältnisses vorrangige Berücksichtigung finden würde. Wie die Anknüpfung einer Direktkondiktion gegen den Empfänger einer ungerechtfertigten Vermögens-
193 Gutachten, S. 40 f 194 Vgl. i.e. IPRG Kommentar-Keller/Kren Kostkiewicz, Rdnr. 17 ff. zu Art. 128. 195 Vgl. i.e. Rummel-Schwimann, Rdnr. 2 ff. zu § 46 IPRG; Schwind, IPR. Rdnr.
458 ff
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Vierter Teil: Lös\Dlgsvorschlag
mehrungvorgenommen würde, ist nach den noch recht unsicheren kollisionsrechtlichen Grundsätzen dieser Rechtsordnungen nicht zu prognostizieren. Grundsätzlich ausgeschlossen erscheint ein Entscheidungseinklang mit den Anknüpfungsgrundsätzen des französischen IPR, in dem abseits des Anwendungsbereichs des Art. 10 Abs. I, Ziff. e) des Rom-Übereinkommens immer noch die territoriale Anknüpfung an den Ort des Bereicherungseintritts vorherrscht. ll. Rückgriffskondiktionen
1. Begriffund Qualifikation Die unter dem Begriff der ,,Rückgriffskondiktionen" zusammengefaßten Fälle der Zahlung eines Dritten auf fremde Schuld nehmen im System des deutschen Sachrechts der ungerechtfertigten Bereicherung eine nicht eindeutig zuzuordnende Stellung ein: Sie gehören zwar, soweit der Rückgriff eines Drittzahlenden gegen den durch die Zahlung befreiten Schuldner in Rede steht, systematisch zu den Nichtleistungskondiktionen, passen aber gleichwohl nicht vollständig in diese Kategorie196. Auf kollisionsrechtlicher Ebene sind diese Kondiktionen von jeher besonders problematisch gewesen, zumal sie häufig im Spannungsfeld zwischen Vertrag, Geschäftsführung ohne Auftrag und Bereicherungsrecht angesiedelt sind. Die vergleichsweise große Aufmerksamkeit, die die Rückgriffskondiktionen bisher in der international-privatrechtlichen Literatur gefunden haben197, steht dabei allerdings in keinem Verhältnis zu ihrer sachrechtliehen Bedeutung198. Die folgende Stellungnahme zur international-privatrechtliehen Behandlung der Rückgriffskondiktionen konzentriert sich besonders auf diejenigen 196 Vgl. zur StelllDlg der Rückgriffskondiktionen im System des deutschen Sachrechts Staudinger-Lorenz, Rdnr. 2 zu§ 812; Reuter!Martinek, S. 371, sprechen von einer "Ursachenneutralität" der neben Leist\Dlgs- lßld Eingriffskondiktion verbleibenden Kondiktionsatten lßld schließen daraus auf eine "Trichotomie der Kondiktionen", in die die "allgemeine Abschöpfimgskondiktion" als dritter Typus aufgenommen werden müsse (S. 384). 197 Vgl. nur v. Marschall, Kollisionsrechtliche Probleme von Schadensverlager\Dlg lßld Regreß, in: v. Caemmerer (Hrsg.}, Vorschläge lßld Gutachten zur Reform des deutschen Internationalen Privatrechts der außervertraglichen Schuldverhältnisse (1983), S. 190; Wandt, Zum Rückgriff im Internationalen Privatrecht, ZVglRWiss 86 (1987}, s. 272. 198Staudinger-Lorenz, Rdnr. 2 zu§ 812, sieht nur ein "schmales Anwend\Dlgsge-
biet" der Rückgriffskondiktion.
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Situationen, die zweifelsfrei einer bereicherungsrechtlichen Qualifikation zugänglich sind, also auf Ausgleichsansprüche für Drittzahlungen, die von vomherein ohne die Grundlage einer Rechtsbeziehung zwischen dem Zahlenden und dem Schuldner stattfinden, oder in denen eine Rechtsbeziehung im Innenverhältnis vorausgesetzt wurde, die tatsächlich aber nicht bestand. Des weiteren gehören die selbständigen, d.h. nicht aufgrund eines gesetzlichen Forderungsübergangs infolge der Drittzahlung zu realisierenden Rückgriffsansprüche eines Bürgen oder Garanten in diese Kategorie, nachdem die Möglichkeiten der Kondiktion des Bürgen oder Garanten beim Gläubiger als Zahlungsempfänger bereits oben diskutiert wurden. Schließlich sind die Rückgriffsansprüche zwischen mehreren Schuldnern zu behandeln, die fiir die Erfiillung derselben Forderung haften, wenn zwischen ihnen kein Gesamtschuldverhältnis besteht oder zwar eine gesamtschuldnerische Haftung gegeben ist, das Statut der Gesamtschuld aber keine Ausgleichsansprüche vorsieht. 2. Kollisionsrechtliche Parallelen zwischen Rückgrifftkondiktion und Legalzession Eine wesentliche Gemeinsamkeit aller genannten Rückgriffskondiktionen liegt in ihrer Affinität zu denjenigen Situationen, in denen typischerweise Legalzessionen zugunsten des die schuldbefreiende Zahlung erbringenden Dritten statt:findenl99. Aufgrund dieser Tatsache gewährt das geltende deutsche Kollisionsrecht eine wesentliche Orientierungshilfe bei der Anknüpfung von Bereicherungsansprüchen, indem es in Art. 33 Abs. 3 EGBGB eine Norm zur Bestimmung des auf den Regreß im Wege der Legalzession anwendbaren Rechts zur Verfugung stellt. Durch diese Regelung gibt das Gesetz grundsätzlich zu erkennen, welcher Rechtsordnung es den Regreß im Innenverhältnis zwischen dem von seiner Leistungspflicht Befreiten und dem die Drittleistung Erbringenden unterwerfen will: Hinsichtlich der für eine Legalzession zu erfüllenden Voraussetzungen stellt es auf das Zessionsgrundstatut200 ab und überläßt den Rückgriff im Innenverhältnis im übrigen dem Statut der getilgten Forderung.
199 Larenz!Canaris, S. 192. 200 ,,Zessionsgnmdstatut" ist hier das Statut, dem die Verpflichtung des Dritten ge-
genüber dem Gläubiger wtterlag; vgl. zur Terminologie Wandt, Rückgriff, S. 280 ff.; v. Bar, Abtretung wtd Legalzession im neuen deutschen Internationalen Privatrecht, RabelsZ 53 (1989), S. 462, 476 f , 482; MünchKomm-Martiny, Rdnr. 17, 22 f zu Art. 33.
360
Vierter Teil: Löswtgsvorschlag
Die Parallele zwischen Art. 33 Abs. 3 EGBGB und dem Bereicherungsstatut ergibt sich unter Zugrundelegung der hier befürworteten funktionellen Qualifikation schon aus der Tatsache, daß auch die den Regreß regelnde Norm dem Ausgleich einer ungerechtfertigten Bereicherung des Primärschuldners dient. Rechtsvergleichend wird dieser Befund etwa durch die entsprechenden Regelungskomplexe des englischen und US-amerikanischen sowie des Österreichischen Rechts bestätigt, die die Fälle von "contribution" oder "recoupment" bzw. den "Anspruch auf Ersatz eines Aufwandes, den ein anderer hätte machen müssen" ebenfalls als bereicherungsrechtlich einordnen. Des weiteren kann es für die kollisionsrechtliche Behandl;ung nicht entscheidend sein, wie ein Rückgriffsanspruch rechtstechnisch im einzelnen durchgeführt wird, ob das Sachrecht also einen Bereicherungs- oder GoA-Anspruch gewährt, die getilgte Forderungkraft Gesetzes auf den Zahlenden übergehen läßt oder ihm einen Anspruch auf Abtretung gewährt20 I . Im Interesse innerer Konsistenz der Anknüpfung erscheint es vielmehr zweckmäßig, den kollisionsrechtlichen Gleichlauf aller Regreßwege sicherzustellen202 und auch Bereicherungsansprüche einer entsprechenden Anknüpfung zu unterwerfen. Die Reichweite der Parallele zwischen dem Bereicherungsstatut und der für den Regreß geltenden Norm des Art. 33 Abs. 3 EGBGB wird jedoch bereits durch dessen Wortlaut eingeschränkt auf diejenigen Fälle, in denen eine Eigenverpjlichtung des zahlenden Dritten bestanden hat. So erfaßt Art. 33 Abs. 3 S. 1 EGBGB die Fälle der nachrangigen Verpflichtung des Dritten203 (z.B. als Bürge oder Schadensversicherer), während S. 2 die gleichrangige Eigenverpflichtung betrifft, die etwa für das Verhältnis zwischen mehreren Gesamtschuldnern charakteristisch ist204. Des weiteren kommen grundsätzlich nur solche Fälle in Betracht, in denen die Eigenverpflichtung des Dritten gegenüber dem Gläubiger bestanden hat, da bei ausschließlicher Verpflichtung gegenüber dem Schuldner nur in seltenen Einzelfällen ein gesetzlicher Übergang der getilgten Forderung in Betracht kommen dürfte: gänzlich ausgeschlossen
201 Ebenso StolZ, Rechtskollisionen bei Schuldnermehrheit, Festschrift Müller-Freienfels, S. 631, 638, 640; Erman-Hohloch, Rdnr. 3 vor Art. 38. 202 StolZ, ebd.; Wandt, Rückgriff, S. 302 f; Staudinger-v. Ho.ffmann, Rdnr. 196 zu Art. 38.
203 StolZ, Festschrift Müller-Freienfels. MünchKomm-Martiny, Rdnr. 18 zu Art. 33.
S. 634; Wandt,
Rückgriff,
S. 294;
204 StolZ, Festschrift Müller-Freienfels, S. 633 f; Wandt, Rückgriff, S. 278 ff., 290 ff. ; v. Bar, RabelsZ 53 (1989), 483; MünchKomm-Martiny, Rdnr. 29 zu Art. 33.
B. Die Anknüpfimg im einzelnen
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ist eine Legalzession indes auch in solchen Fällen nicht205, wie im deutschen Sachrecht z.B. der in § 158 f VVG vorgesehene gesetzliche Forderungsübergang auf den gern. § 158 c Abs. 1 VVG zur Zahlung an den geschädigten Dritten verpflichteten Haftpflichtversicherer belegt. Unter Beschränkungen auf Fälle einer bestehenden Eigenverpflichtung
kann Art. 33 Abs. 3 EGBGB somit als Entscheidungshilfe bei der Bestim-
mung des Statuts des Bereicherungsausgleichs nach Drittzahlungen herangezogen werden. Zu beachten ist hierbei allerdings, daß dem Interesse an der inneren Konsistenz der Anknüpfung und damit am kollisionsrechtlichen Gleichlauf aller Regreßwege bereits Genüge getan ist, wenn das Bereicherungsstatut die Wertungen des Art. 33 Abs. 3 EGBGB im Ergebnis nachvollzieht, das Innenverhältnis zwischen dem Dritten und dem durch die Zahlung befreiten Schuldner also einer Beurteilung nach dem Statut der getilgten Forderung unterwirft. Eine solche Anknüpfung berücksichtigt bereits hinreichend den maßgeblichen Zweck des Art. 33 Abs. 3 EGBGB, nämlich den Schutz des Schuldners vor aus dem Gläubigerwechsel entstehenden Nachteilen206. Nicht entscheidend ist hingegen der rechtstechnische Gleichlauf, d.h. es ist insbesondere nicht erforderlich, auch im Rahmen der Anknüpfung von Bereicherungsansprüchen zwischen dem "Ob" und dem "Wie" der Inanspruchnahme des Rückgriffsschuldners zu differenzieren. Dies ergibt sich bereits aus der Tatsache, daß die Durchführung eines "selbständigen" Regresses im Wege der Geltendmachung eines Bereicherungsanspruchs nicht die Überleitung eines fremden Anspruchs durch eine ihrem eigenen Statut unterworfene Legalzession voraussetzt. Um einen inneren Entscheidungseinklang nicht nur zwischen dem Bereicherungsausgleich und anderen Regreßwegen, sondern auch innerhalb des Bereicherungsstatuts herzustellen, erscheint es vielmehr geboten, den gesamten Anspruch einer einzigen Rechtsordnung zu unterwerfen207.
205 MünchKomm-Marliny, Rdnr. 18 zu Art. 33; ebenso Wandt, Rückgriff, S. 278 f , der sich allerdings im Ergebnis (S. 290) fiir eine teleologische Reduktion des Art. 33 Abs. 3 S. l EGBGB auf Fälle gegenüber dem Gläubiger bestehender Verpflichtung ausspricht. 206 Vgl. zu diesem Schutzzweck des Art. 33 Abs. 3 EGBGB Wandt, Rückgriff, S. 300 f 207 Vgl. hierzu i.e. die Begründung der vorfragenakzessorischen Anknüpfimg, oben S. 308 ff Nicht geboten ist danach vor allem die von Wandt, Rückgriff, S. 306 vorgeschlagene Trennung des Bereicherungsstatuts in eine sich nach dem Forderungsstatut
362
Vierter Teil: Lös1mgsvorschlag 3. Rückgriffdes freiwilligen Drittzahlers beim Schuldner a) 1. Fall: Zwischen dem Schuldner und dem zahlenden Dritten besteht im Zeitpunkt der Zahlung kein Kausalverhältnis
Im Fall des Rückgriffs beim Schuldner infolge einer freiwilligen Drittzahlung ergibt sich aus der Wertung des Art. 33 Abs. 3 EGBGB mangels eigener Verpflichtung des Zahlenden noch kein Anhaltspunkt für die Bildung des Bereicherungsstatuts. Für die vorfragenakzessorische Anknüpfung, die entscheidend diejenige Rechtsordnung berücksichtigt, die darüber befindet, ob der durch die Zahlung bereicherte Primärschuldner die eingetretene Bereicherung ohne Ausgleich behalten darf, oder ob dem Zahlenden aufgrund seiner Zahlung gegen den wahren Schuldner ein Rückgriffsanspruch zusteht, entsteht in denjenigen Fällen, in denen ein Dritter in den Schuldner befreiender Weise auf dessen Schuld gegenüber dem Gläubiger zahlt, ohne daß zwischen dem Zahlenden und dem Schuldner im Zeitpunkt der Zahlung ein darauf gerichtetes Kausalverhältnis (etwa ein Auftragsverhältnis) bestanden hätte, nur auf den ersten Blick ein problematischer Fall: Die in der Zuwendung an den Dritten liegende Leistung des Zahlenden an den Schuldner hat kein eigenes Statut, so daß hier in Übereinstimmung mit der von der h.M. befürworteten Anknüpfung208, der auch die Referentenentwürfe209 gefolgt sind, nur der Rückgriff auf das Statut verbleibt, dem die zum Erlöschen gebrachte Forderung unterlag. Fehlt es an dem an sich entscheidenden Rechtsverhältnis zwischen den Parteien von vornherein, muß notwendigerweise auf das andere zur Verfügung stehende Verhältnis abgestellt werden, das Statut der getilgten Forderung. Hierin liegt kein Verstoß gegen die zugrunde gelegte Prämisse, daß das Bereicherungsstatut in Entsprechung des Statuts der Vorfrage nach dem Rechtsgrund zu bilden ist. Es ist vielmehr anerkannt, daß es für die Bestimmung des Rechtsgrundes einer Leistung lediglich darauf ankommt, welches Schuldverhältnis durch die Leistung in Bezug genommen wurde; daß dieses Schuldver-
richtende Hauptfrage und die nach dem ,,Drittschuldstatut" zu beurteilende "Vorfrage der Zulässigkeit des Regresses". 208 Lorenz, Festschrift Zweigert, S. 214 ff.; Schlechtriem, Gutachten, S. 38, 77; MünchKomm-Kreuzer, I vor Art. 38, Rdnr. 15; Zweigerl/Müller-Gindullis, sec. 39; Hay, S. 40; Einsele, S. 1026; Reithmann/Marliny, Rdnr. 250. 209 Art. 38 Abs. I des ersten Entwmfs, der unverändert in den zweiten übernommen wurde.
B. Die Anknüpfimg im einzeinen
363
hältnis zwischen den Parteien des Bereicherungsrechtsverhältnisses bestanden haben muß, wird dabei nicht vorausgesetzt210. Auf das die getilgte Forderung beherrschende Recht war die Verpflichtung des Primärschuldners bezogen, es entscheidet auch darüber, ob der Leistung des Dritten schuldtilgende Wirkung zukommt211 . Für beide Parteien des Rückforderungsanspruchs ist die Anwendung dieses Rechts vorhersehbar, denn auch der die Zuwendung vornehmende Dritte kann sich auf die Rechtsordnung einstellen, der die von ihm getilgte Schuld unterliegt. Zudem gewährleistet diese Anknüpfung auch die Berücksichtigung des Schutzbedürfnisses des Schuldners vor ungebetener Drittzahlung: Seine Verpflichtung unterliegt nach wie vor derselben Rechtsordnung, so daß seine Rechtsstellung durch den Gläubigerwechsel nicht verschlechtert wird. Das Interesse am äußeren Entscheidungseinklang wird durch eine Anknüpfung der Ansprüche des freiwilligen Drittzahlers gegen den Primärschuldner jedenfalls im Verhältnis zu Kollisionsrechtsordnungen des deutschen Rechtskreises gefordert. Offensichtlich ist dies im Verhältnis zum Österreichischen IPR, das in § 46 S. 2, 2. Hs. IPRG Ansprüche "auf Ersatz eines Aufwandes, den ein anderer hätte machen müssen" ausdrücklich erwähnt und sie akzessorisch den "Sachnormen des Staates" unterwirft, dessen Sachnormen das zugrunde liegende Rechtsverhältnis beherrschen, also ebenfalls das Statut der getilgten Forderung entscheiden läßt212. Eine entsprechende Anknüpfung sieht auch das schweizerische Kollisionsrecht vor213. Ob ein Entscheidungseinklang auch mit Rechtsordnungen des anglo-amerikanischen Rechtskreises zu erreichen ist, erscheint zweifelhaft, zumal sie schon auf sachrechtlieber Ebene einer Drittzahlung grundsätzlich keine Tilgungswirkung zuerkennen. Ein Gleichklang mit den kollisionsrechtlichen Wertungen des romanischen Rechtskreises, in dem nach wie vor eine territorial geprägte Anknüpfung von Bereicherungsansprüchen vorherrscht, scheint ausgeschlossen. Ein weiterer Grund für die Anknüpfung der Kondiktion des Drittzahlers an das Statut der Forderung, deren Tilgung die Drittzahlung diente, liegt in der
210 Vgl. nur Staudinger-Lorenz, Rdnr. 76 zu§ 812. 211 Lorenz, Festschrift Zweigert, S. 214; Reuter/Marlinek, S. 788; Zweigerl!Müller-
Gindullis, sec. 38 a.E.; Hay, S. 32; Einsele, S. 1026.
212 Vgl. dazu Rummel-Schwimann, Rdnr. 3 zu§ 46; OGH 09.07.1985, SZ 58/120, S. 574; anders Schwind, IPR, Rdnr. 460. 213 Vgl. IPRG Kommentar-Keller/Kren Kostkiewicz, Rdnr. 21 zu Art. 128.
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Vierter Teil: Lös\Dlgsvorschlag
Tatsache, daß dieselbe Anknüpfung bereits oben für den Bereicherungsanspruch im Verhältnis zwischen dem Dritten und dem Gläubiger befürwortet wurde. Unterliegen beide in dieser Konstellation möglichen Verhältnisse derselben Rechtsordnung, so führt dies am ehesten zu konsistenten Ergebnissen: Die Unterwerfung beider Verhältnisse unter dieselben Rechtsordnung vermeidet Wertungswidersprüche und dient somit neben dem Parteiinteresse auch dem Interesse am inneren Entscheidungseinklang. Insbesondere wird die Gefahr einer doppelten Anspruchsbegründung des Dritten vermieden, die sich ergeben könnte, wenn auf die beiden Verhältnisse unterschiedliche Rechtsordnungen angewendet würden. Die praktischen Auswirkungen der Anknüpfung an das Forderungsstatut im Fall der nicht geschuldeten Zahlung eines Dritten auf fremde Schuld mag fol-. gender Beispielsfall verdeutlichen: Der DeutscheS bestellt bei Gin England eine Maschine fiir f. 10.000,-, die in mehreren Teilen geliefert werden soll. Vereinbar\Dlgen über das auf den Vertrag anwendbare Recht werden nicht getroffen. Nachdem die Hälfte der LieferlDlg erfolgt ist, verweigert G ohne erkennbaren Gr\Dld die weitere ErfiilllDlg. D, ein Landsmann des S, zahlt in Unkenntnis der nicht vollständigen Liefer\Dlg an G den gesamten Kaufpreis, um seinem Fre\Dld S, der sich in finanziellen Schwierigkeiten befmdet, einen Gefallen zu t\Dl. Auf den Anspruch des Zahlenden D gegen den Gläubiger G ist das Recht anzuwenden, das die zu tilgende Forderung beherrschte, im Beispielsfall also das englische Recht als das Recht am Ort des gewöhnlichen Aufenthalts des G, der die für den Vertrag charakteristische Leistung erbringt (Art. 28 Abs. 2 EGBGB). Unterstellt man, daß der Vertrag der englischen "doctrine of entire contracts"214 unterliegt, so daß die einen "breach of contract" verschuldende Partei, hier G, einen Ersatz des von ihr Geleisteten nur verlangen kann, wenn sie ihrerseits ihre gesamte vertragliche Verpflichtung erfiillt hat, so ergibt sich, daß G kein Rechtsgrund zur Seite steht, auf dessen Grundlage er die von D erbrachte Zuwendung ganz oder teilweise behalten dürfte. In Anwendung englischen Sachrechts kann D somit von G die vollständige Rückzahlung der ! 10.000,- verlangen. Im Verhältnis zu S könnte D keinen Regreßaitspruch geltend machen. Anwendbar wäre die Rechtsordnung, die darüber befindet, ob durch die Zahlung desDeine Schuldbefreiung desSeingetreten ist, also das den Vertrag beherr214 Vgl. dazu oben S. 138.
B. Die Anknüpfimg im ernzeinen
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sehende englische Recht. Danach hätte G infolge des "breach of contract" sowohl seine vertraglichen als auch mögliche Kondiktionsansprüche gegen S verloren, so daß eine Schuld des S, die D durch seine Zahlung hätte tilgen können, nicht bestanden hätte. Im übrigen wäre D wohl auch als "o:fficious intermeddler''215 zu behandeln, also so, als hätte er die Zuwendung an G als "volunteer" erbracht: Ein Bereicherungsanspruch gegen den tatsächlichen Schuldner S stünde ihm schon aus diesem Grund nicht zu. b) 2. Fall: Zwischen dem Schuldner und dem zahlenden Dritten besteht im Zeitpunkt der Zahlung ein auf Tilgung der Schuld durch den Dritten gerichtetes unwirksames Kausalverhältnis Nimmt ein Dritter eine Zahlung auf die Schuld eines anderen vor, weil zwischen ihm und dem Primärschuldner ein hierauf gerichtetes Schuldverhältnis als bestehend vorausgesetzt wurde, so kommen anders als im Fall der freiwilligen Drittzahlung für die Anknüpfung der vom Zahlenden gegen den durch die Zahlung von seiner Verbindlichkeit Befreiten geltend zu machenden Rückgriffsansprüche grundsätzlich zwei Kausalverhältnisse in Betracht, nämlich einerseits das Statut der Hauptschuld, auf die gezahlt wurde, und andererseits das Statut der zwischen den Parteien des Bereicherungsrechtsverhältnisses bestehenden Zahlungsabrede. Die heute in der deutschen kollisionsrechtlichen Literatur h.M. nimmt in derartigen Fällen eine Differenzierung vor: Auf die Frage, ob die Zahlung schuldtilgende Wirkung hat, soll das Statut der getilgten Schuld anzuwenden sein, auf den eigentlichen Regreßanspruch hingegen das Statut des Kausalverhältnisses zwischen Zuwendendem und Primärschuldner216. Auch unter Zugrundelegung der vorfragenakzessorischen Anknüpfung des Bereicherungsstatuts, bei der hier erstmals ergänzend die Wertungen des Art. 33 Abs. 3 EGBGB herangezogen werden können, ergibt sich ein Unterschied zwischen den Fällen, in denen zwischen dem Schuldner und dem Zahlenden ein auf Schuldtilgung gerichtetes Rechtsverhältnis bestanden hat oder als bestehend vorausgesetzt wurde und den Fällen, in denen ein solches Rechtsver-
215 Vgl. zur Figur des "officious intermeddler" oben S. 108. 21 6 Schlechtriem, Gutachten, S. 39, 77; Staudinger-Lorenz, Rdnr. 120 zu § 812; Einsele, S. 1026; Reithmann/Marliny, Rdnr. 250.
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hältnis von vornherein fehlte: Im ersten Fall richtet sich die Frage nach dem Rechtsgrund, also der Ausgleichspflichtigkeit der durch die Drittzahlung erlangten Schuldbefreiung, nach dem Statut des zwischen den Parteien bestehenden Rechtsverhältnisses, im zweiten nach dem Statut der getilgten Schuld. Der von der h.M. vorgeschlagenen Differenzierung ist also auch aus dieser Sicht zuzustimmen. Hierfür sprechen auch die maßgeblichen Parteiinteressen: Besteht ein Rechtsverhältnis oder wird es als bestehend angenommen, so richten sich die Parteien auf das hierauf anzuwendende Recht ein. Besteht von vornherein keine unmittelbare Beziehung zwischen ihnen, so können sie sich nur auf das Statut der getilgten Forderung einstellen. 4. Rückgriffdes Bürgen oder Garanten beim Hauptschuldner
Der Rückgriff des Bürgen oder Garanten beim Hauptschuldner steht infolge der subsidiären Eigenverpflichtung des Kondiktionsgläubigers zur Begleichung der Hauptschuld in der Mitte zwischen der freiwilligen Drittzahlung und der gleichstufigen Haftung des Kondiktionsgläubigers neben anderen Schuldnern. Ein selbständiger, bereicherungsrechtlich zu qualifizierender Ausgleichsanspruch des subsidiär Verpflichteten kommt hier nur insofern in Betracht, als seine Zahlung tatsächlich zur Schuldbefreiung des Primärschuldners geführt hat und die getilgte Forderung nicht infolge seiner Zahlung auf ihn übergeht. Vorausgesetzt ist also sowohl das ursprüngliche Bestehen der Hauptschuld als auch die Anerkennung der Tilgungswirkung einer Drittzahlung nach dem Statut dieser Schuld. Besteht zwischen den Parteien eines solchen Bereicherungsrechtsverhältnisses keine vertragliche Verbindung, so kommen für die Anknüpfung der Rückgriffsansprüche des Zahlenden sowohl das die Hauptschuld beherrschende Recht als auch das der Eigenverpflichtung des Zahlenden zugrunde liegende Statut in Betracht. Für die Anwendung des letztgenannten Statuts spricht in diesen Fällen die Tatsache, daß die Leistung des Bürgen primär zur Tilgung seiner eigenen Verpflichtung erbracht wird. Den Ausschlag zugunsten der Anwendung dieses Rechts bei der Bildung des Bereicherungsstatuts gibt jedoch erst der Rechtsgedanke des parallel gelagerten Art. 33 Abs. 3 EGBGB: Danach ist auf den Regreß im Innenverhältnis das Recht anzuwenden, das für die Verpflichtung des Dritten maßgebend ist. Steht die Zahlung des selbst dem Gläubiger gegenüber subsidiär verpflichteten Bürgen oder Garanten in Rede, so ergibt sich hieraus also die Anwendung des Bürgschaftsstatuts auf seine bereicherungsrechtlichen Rückgriffsansprüche2I7, um den Gleichlauf aller
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Regreßwege sicherzustellen und die kollisionsrechtliche Wahl des anwendbaren Rechts nicht von der nur sachrechtlieh zu entscheidenden Frage abhängig zu machen, ob die getilgte Forderung kraft Gesetzes auf den Zahlenden übergeht. Die Maßgeblichkeit des Bürgschaftsstatuts ergibt sich auch aus einem anderen Aspekt der inneren Konsistenz der Anknüpfung: Wie oben218 festgestellt wurde, unterliegt der Bereicherungsanspruch des Bürgen gegen den Gläubiger der Hauptschuld bei Unwirksamkeit des Bürgschaftsverhältnisses dem auf dieses Verhältnis anzuwendenden Recht. Hat die Zahlung des Bürgen trotz der Unwirksamkeit des Bürgschaftsverhältnisses Tilgungswirkung für die zuvor wirksam bestanden habende Hauptschuld, so kommt eine Kondiktion des Bürgen sowohl gegen den Gläubiger als auch gegen den Hauptschuldner in Betracht. Zur Vermeidung von Wertungswidersprüchen, insbesondere zur Verhinderung eines doppelten Forderungsrechts des Bürgen, ist es daher sinnvoll, seine Ansprüche gegen den Hauptschuldner derselben Rechtsordnung zu unterwerfen, die auch seine Kondiktion gegenüber dem Gläubiger beherrscht, und nicht die Inanspruchnahme des Gläubigers nach dem Bürgschaftsstatut und eine Kondiktion beim Hauptschuldner nach dem Statut der Hauptschuld zuzulassen. Innerhalb derselben Rechtsordnung kann im allgemeinen Widerspruchsfreiheit jedenfalls insofern unterstellt werden, als einem Gläubiger nicht eine doppelte Inanspruchnahme zweier Schuldner wegen derselben Forderung gestattet wird. Wird dagegen die Kondiktion des zahlenden Bürgen gegen den von seiner Verbindlichkeit befreiten Schuldner einer anderen Rechtsordnung unterstellt als die Kondiktion beim Gläubiger aufgrund der Unwirksamkeit des Bürgschaftsverhältnisses, so ist es grundsätzlich möglich, daß das Statut der Hauptschuld die Kondiktion gegen den Hauptschuldner zuläßt und der Bürge zugleich nach dem Statut des unwirksamen Bürgschaftsverhältnisses den Gläubiger auf dieselbe Summe in Anspruch nehmen kann. Besteht im Innenverhältnis zwischen Bürgen oder Garanten und Hauptschuldner ein eigenes fehlerhaftes Schuldverhältnis, das auf die Übernahme der Bürgschaft gerichtet ist (z.B. Auftrag), so richten sich die Bereicherungsansprüche, die der Bürge oder Garant infolge seiner Zahlung an den Gläubiger gegen den primär Verpflichteten geltend machen kann, nach dem Statut dieses
217 Ebenso Schlechtriem, Gutachten, S. 76; MünchKomm-Kreuzer, I vor Art. 38, Rdnr. 17. 218 S. 354.
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Vierter Teil: Löslmgsvorschlag
Innenverhältnisses219, das die engste Beziehung zwischen den Parteien markiert und zugleich über die Frage entscheidet, ob der Schuldner die durch die Zahlung des subsidiär Verpflichteten eingetretene Schuldbefreiung ohne Ausgleich behalten darf. Insofern besteht kein wertungsmäßiger Unterschied zwischen den Folgen der Zahlung eines im Verhältnis zum Gläubiger nicht selbständig verpflichteten Dritten und der Schuldtilgung durch einen Bürgen oder Garanten, der zugleich einen eigenen Leistungszweck gegenüber dem Gläubiger verfolgt.
5. Regreßamprüche zwischen mehreren gleichstufig verpflichteten Schuldnern Regreßansprüche zwischen mehreren Schuldnern, die gleichstufig für die Erfüllung derselben Forderung haften, unterscheiden sich konstruktiv von den zuvor behandelten Fällen der Zahlung auf eine fremde Schuld in mehrfacher Hinsicht: Zum einen besteht hier eine nicht nur subsidiäre Eigenverpflichtung des Zahlenden gegenüber dem Gläubiger, so daß die Zahlung des Dritten zumindest auch auf eigene Schuld erfolgt. Die Haftung mehrerer für dieselbe Forderung kann ferner entweder auf einer schon vor Eintritt der die Haftung begründenden Tatsachen bestehenden Verbindung basieren oder auf einer ,,Zufallsgemeinschaft", die erst aufgrundder haftungsbegründenden Tatsachen selbst entsteht. Schließlich können als Grundlage für die Anknüpfung von Rückgriffsansprüchen unter Umständen nicht nur zwei, sondern abhängig von der Zahl der Verpflichteten grundsätzlich beliebig viele Kausalverhältnisse bestehen. Letzteres ist jedenfalls dann der Fall, wenn mehrere Schuldner zwar dasselbe Leistungsinteresse des Gläubigers zu befriedigen haben, ihre Verpflichtung aber auf verschiedenen Rechtsgründen mit unterschiedlichen Statuten beruht. In Abgrenzung vom Anwendungsbereich des Art. 33 Abs. 3 S. 2 EGBGB geht es international-bereicherungsrechtlich nicht um den Regreß im Wege des Übergangs der getilgten Forderung, sondern um diejenigen Fälle eines selbständigen Ausgleichsanspruchs unter mehreren Schuldnern, die nicht notwendigerweise Gesamtschuldner sein müssen, in denen das zwischen ihnen bestehende oder als bestehend vorausgesetzte Innenverhältnis keine spezielleren Ausgleichspflichten vorsieht.
219 Schlechtriem, Gutachten, S. 76; Staudinger-Lorenz, Rdnr. 121 zu§ 812.
B. Die Anknüpfimg im einzelnen
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a) 1. Fall: Die Verpflichtung aller Schuldner unterliegt derselben Rechtsordnung Der einfachste Fall des Rückgriffs im Verhältnis zwischen mehreren gleichstufig Verpflichteten ist derjenige einer ,,Zufallsgemeinschaft", in der die Haftung aller Beteiligten derselben Rechtsordnung unterliegt, also etwa der Fall eines Ausgleichsanspruchs zwischen mehreren Mitbürgen oder Deliktstätern. Befriedigt ein Schuldner den Gläubiger und macht er danach Regreßansprüche gegen die anderen geltend, so kann kollisionsrechtlich nicht anderes gelten als in den Fällen der Zahlung auf fremde Schuld. Die Leistung eines von mehreren Schuldnern unterscheidet sich von diesen Fällen nur insofern, als hier neben der Verpflichtung des Befreiten eine auf gleicher Stufe stehende Eigenverpflichtung des Zahlenden steht. Aus der Parallele zu anderen Fällen der Drittzahlung folgt, daß bei vorfragenakzessorischer Anknüpfung des Bereicherungsstatuts auch in den Fällen der Zahlung durch einen von mehreren Schuldnern eine Differenzierung nach dem Grad der Verbundenheit der Schuldner untereinander vorgenommen werden muß: Bestand vor der Zahlung kein hierauf gerichtetes Verhältnis zwischen den Schuldnern, handelt es sich also um eine ,,Zufallsgemeinschaft", so richtet sich die Frage nach Regreßansprüchen nach der Rechtsordnung, die die Forderung beherrscht, auf die die Zahlung erbracht wurde. Dieses Recht ist es, in dem die Ausgleichsforderung des zahlenden Schuldners gegen die mit ihm ansonsten nicht verbundenen anderen Verpflichteten seinen Ursprung hat. Anders ist die kollisionsrechtliche Lage zu bewerten, wenn bereits vor der Tilgung der Schuld eine auf die Zahlung gerichtete engere Verbindung zwischen den Schuldnern bestanden hat oder als bestehend vorausgesetzt wurde, etwa in Form eines Gesellschaftsverhältnisses oder einer anderen Art der vertraglichen Übernahme im Sinne des § 427 BGB. Hier ist das Bereicherungsstatut vorfragenakzessorisch in Entsprechung des Statuts dieser engeren vertraglichen Verbindung zu bilden, zumal sie darüber entscheidet, ob Ausgleichspflichtenzwischen mehreren gemeinsam Verpflichteten bestehen. Zwar spricht auch in diesen Fällen die parallele Berücksichtigung des Rechtsgedankens aus Art. 33 Abs. 3 EGBGB für eine Anknüpfung an das Statut, dem die Forderung unterlag, die durch die Zahlung eines Schuldners zum Erlöschen gebracht wurde. Dem Parteiinteresse ist aber eher mit einer Anknüpfung an das bereits vor Eintritt der konkreten Verpflichtung begründete Verhältnis zwischen den Gesamtschuldnern gedient. Regreßansprüche, die ihren Ursprung in einer auf die Zahlung gerichteten engeren Verbindung zwischen den Schuldnern haben, sind somit nach dem das Innenverhältnis beherrschenden 24 Plaßmeier
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Vierter Teil: LösWigsvorschlag
Recht zu behandeln. Im Fall der Wirksamkeit der im Innenverhältnis bestehenden besonderen Verbindung richtet sich der Rückgriff des Zahlenden gegen den durch die Zahlung Befreiten nach den Ausgleichsregeln derjenigen Rechtsordnung, die das Innenverhältnis beherrscht; im Fall der Unwirksamkeit einer als bestehend vorausgesetzten Rechtsbeziehung wird dieser Anspruch durch den Bereicherungsanspruch ersetzt, so daß sich schon aus dieser Erwägung die Maßgeblichkeil des das Innenverhältnis beherrschenden Rechts auch für den Bereicherungsausgleich ergibt. Im Fall der vertraglichen Übernahme folgt dieses Ergebnis nach deutschem IPR zusätzlich aus Art. 35 Abs. 1 Nr. 5 EGBGB. b) 2. Fall: Die Verpflichtung der Schuldner unterliegt verschiedenen Rechtsordnungen Ein besonderes Problem entsteht in solchen Fällen, in denen zwischen gleichstufig verpflichteten Schuldnern kein Gesamtschuldverhältnis im technischen Sinn besteht, die Zahlung des einen Schuldners an den Gläubiger aber gleichwohl Erfüllungswirkung zugunsten des anderen Schuldners hat, weil der Gläubiger die Leistung nur einmal zu beanspruchen berechtigt ist. Dies trifft in erster Linie auf solche Situationen zu, in denen die Haftung mehrerer Schuldner verschiedenen Rechtsordnungen unterliegt220; gerade im Zuge der fortschreitenden "Auflockerung" des Deliktsstatuts dürften diese Fälle an Häufigkeit und damit an Bedeutung zunehmen. Beispiele für solche Fälle sind etwa zu finden, wenn dasselbe Risiko durch mehrere Versicherungsverträge abgedeckt ist, die unterschiedlichen Vertragsstatuten unterliegen, oder wenn sich zwei Personen unabhängig voneinander nach unterschiedlichem Statut für dieselbe Schuld verbürgen. Auch ein Aufeinandertreffen von vertraglicher und deliktischer Haftung kann hierher gehören, wie ein Sachverhalt zeigt, mit dem sich das Bay0bLG221 zu befassen hatte: Das MietwagenWitemehmen M aus München hatte einen Pkw an einen in Bad Kissingen wohnhaften Deutschen A vermietet; A überließ das Auto WierlaubteJWeise dem B, der damit in Kufstein einen Unfall verursachte.
220 Vgl. Stoll, Festschrift Müller-Freienfels, S. 646 f, der zu Recht darauf hinweist, daß es ein Gesamtschuldverhältnis im technischen Sinn nur in bezug auf eine einzelne RechtsordnWig geben kann. 221 IPRax 1982,249.
B. Die Anknüpftmg im einzelnen
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Zur Umgehung der deutschen Rechtsanwendungsverordnung von 1942 und der Grundsätze der ,,Auflockerung" des Deliktsstatuts wird unterstellt, daß B ein Österreicher mit gewöhnlichem Aufenthalt in Wien ist, so daß die Haftung des A dem deutschen Vertragsstatut, die Verantwortlichkeit des B hingegen dem Österreichischen Tatortrecht unterliegt. Begleicht einer der beiden Schuldner den Schaden des M vollständig, so stellt sich die Frage nach dem auf den Ausgleich im Innenverhältnis anzuwendenden Recht. Die Interessenlage der Beteiligten bietet kein eindeutiges Ergebnis: Zahlt A zuerst, so ist es ihm grundsätzlich nicht zuzumuten, wenn seine Rückgriffsansprüche gegen B dem Statut der durch seine Zahlung mitgetilgten Forderung des M gegen B unterstellt werden, mit dem A als Bereicherungsgläubiger zu tun hatte. Umgekehrt ist auch B im Fall seiner vorrangigen Inanspruchnahme durch den Gläubiger daran interessiert, keinen Einwendungen ausgesetzt zu sein, die aus dem Verhältnis zwischen Mund A herrühren. Zieht man auch hier zur Entscheidung die Wertung des Art. 33 Abs. 3 EGBGB heran, so ergibt sich, daß der Regreßanspruch des zuerst zahlenden Schuldners dem Recht unterliegt, das die Forderung beherrschte, auf die er seine Zahlung erbracht hat. B könnte also im Beispielsfall nach österreichischem Recht Rückgriff nehmen, A nach deutschem. Eine Rechtfertigung dieser Bevorzugung des die Zahlung zuerst erbringenden Schuldners wird in der Erwägung gefunden, daß derjenige, der zuerst in Anspruch genommen wird, ,,rechtsanwendungsrechtlich auch bezüglich des Regresses in der Vorhand sein" sollte222. Tatsächlich spricht die Parallele sowohl zu Art. 33 Abs. 3 EGBGB als auch zu den Fällen der Verpflichtungen mehrerer, die demselben Recht unterliegen, für eine solche Entscheidung, zumal die für die Legalzession geltende Bestimmung eine Differenzierung nach den Haftungsgründen der verschiedenen Schuldner nicht vorsieht. Auch für den Fall, daß die Verantwortlichkeit der Schuldner verschiedenen Rechtsordnungen unterliegt, ist somit der Regreß im Innenverhältnis nach dem Statut der Verbindlichkeit des Bereicherungsgläubigers durchzuführen. Für den bei solchen Verhältnissen allerdings recht unwahrscheinlichen Fall, daß zwischen den Schuldnern bereits vor Eintritt des haftungsbegrün-
222 V. Bar, RabelsZ 53 (1989), 484; ebenso Stoll, Festschrift Müller-Freienfels, S. 659, i.E. auch v. Marschall, S. 200 f. 24*
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Vierter Teil: Lösungsvorschlag
denden Ereignisses eine Sonderverbindung bestanden hat, geht das Statut dieser Verbindung auch hier dem Recht der getilgten Schuld vor223.
6. Zusammenfassung und rechtsvergleichende Oberprüfung der Anknüpfung von Rückgrifftkondiktionen Selbständige, nicht auf einer Legalzession beruhende Rückgriffsansprüche eines Bereicherungsgläubigers, der eine Zahlung auf eine (auch) fremde Schuld vorgenommen hat, beim durch die Zahlung befreiten Schuldner unterliegen nach den hier gefundenen Ergebnissen ohne Rücksicht auf den Grad der Eigenverpflichtung des Zahlenden denselben Anknüpfungsgrundsätzen. Der freiwillige Drittzahler kann ebenso wie der Bürge oder der gleichstufig mit dem Rückgriffsschuldner Verpflichtete nach dem Statut der getilgten Forderung Regreß nehmen. Bestand im Innenverhältnis zwischen den Parteien des Bereicherungsrechtsverhältnisses im Zeitpunkt der Zahlung ein auf die Zahlung des Rückgriffsgläubigers gerichtetes Vertragsverhältnis, so sind seine Regreßforderungen nach dem Statut dieses Vertragsverhältnisses zu beurteilen. Die rechtsvergleichende Berücksichtigung ausländischer Kollisionsrechtsordnungen bestätigt das hier gefundene Ergebnis zur Anknüpfung der Rückgriffskondiktionen überwiegend. So ergibt sich der Rückgriffsanspruch des freiwilligen Drittzahlers auf der Basis des Statuts der getilgten Schuld nach österreichischem IPR aus § 46 S. 2, 2. Hs. IPRG224 Das US-amerikanische225 und grundsätzlich auch das englische IPR226 unterwerfen Ansprüche auf "contribution" zwischen ,joint tortfeasors" dem Deliktsstatut Eine Ausnahme gilt in den Fällen der ,,indemnity", also der Verpflichtung zur vollständigen Übernahme der Haftung eines anderen auf der Grundlage eines im Innenverhältnis bestehenden Vertrages: Diese Ansprüche sollen nach dem Restaterneut 2d entsprechend den Regeln des Vertragsstatuts angeknüpft werden227. 223 Ebenso Schlechtriem, Gutachten, S. 39, der als Beispielsfall die Verbindung zwischen mehreren Mitbürgen aufgrund einer unwirksamen vertraglichen Vereinbarung nennt, sowie MünchKomm-Kreuzer, I vor Art. 38, Rdnr. 17. 224 Rummel-Schwimann, Rdnr. 3 zu § 46 IPRG. 225 Restatement 2d, Conflict of Laws, § 173; Scoles!Hay, § 18.45 (S. 734), befürworten die Anwendung des Rechts der getilgte Verbindlichkeit fiir alle Ausgleichsansprüche, die aus der Zahlung auf eine fremde Schuld entstehen. 226 Vgl. Cheshire!North, S. 561. 227 Restatement 2d, Conflict ofLaws, comment b. zu§ 173.
B. Die Anknüpfimg im einzelnen
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Das IPRG der Schweiz enthält in Art. 144228 eine Regelung des Regresses zwischen mehreren Schuldnern, deren Anwendungsbereich sich im Gegensatz zu Art. 33 Abs. 3 EGBGB nicht auf die Fälle der Legalzession beschränkt, sondern auch selbständige Rückgriffsforderungen wie Bereicherungsansprüche229 erfaßt. Ein Rückgriff zwischen mehreren Schuldnern findet nach dieser Bestimmung nur insofern statt, "als es die Rechte zulassen, denen die entsprechenden Schulden unterstehen"; auch in dieser Hinsicht von Art. 33 Abs. 3 EGBGB abweichend, nimmt das schweizerische IPR also eine Kumulierung des Kausalstatuts (der Forderung, auf die die Zahlung des rückgriffssuchenden Schuldners erfolgt ist) und des Forderungsstatuts (der Schuld des Rückgriffsverpflichteten gegenüber dem Gläubiger) vor mit der Folge, daß im Ergebnis stets das für den Rückgriffsberechtigten strengere Recht den Ausschlag gibt230. Ein internationaler Entscheidungseinklang zwischen der hier befürworteten Anknüpfung des Rückgriffs zwischen mehreren Schuldnern und dem schweizerischen Konzept ist nicht zu erwarten. Es besteht jedoch auch kein Anlaß, die Anwendung des Kausalstatuts zugunsten einer Kumulierung nach dem Vorbild des Art. 144 Abs. 1 IPRG aufzugeben. Abgesehen von den Schwierigkeiten, die die schweizerische Norm in der praktischen Anwendung verursachen dür:fte231, ist kein überzeugender Grund dafür ersichtlich, der es gebieten würde, den Schuldnerschutz in derart weitgehendem Maße in den Vordergrund zu stellen und dem freiwillig oder aufgrund vorrangiger Inanspruchnahme durch den Gläubiger in Vorlage getretenen Schuldner das Risiko eines erfolglosen Rückgriffs zuzuweisen. Die von der Expertenkommission zum Gesetzesentwurf vorgebrachte Erwägung, nur durch die Kumulation lasse sich eine durch die Anwendung eines ihm möglicherweise unbekannten Rechts begründete Verschlechterung der Rechtsstellung des in Anspruch genommenen Schuldners vermeiden232, vermag demgegenüber nicht zu überzeugen. Vielmehr erscheint es unbefriedigend, wenn der Ausgleich im Innenverhältnis 228 Zum Wortlaut vgl. Anhang H. (S. 426). 229JPRG Kommentar-Heini, Rdnr. 7 zu Art. 144. 230 IPRG Kommentar-Heini, Rdnr. 15 zu Art. 144: Stoll, Festschrift Müller-Freienfels, S. 657. 23lJPRG Kommentar-Heini, Rdnr. 19 zu Art. 144, weist daraufhin, daß die praktischen Probleme durch Art. 16 Abs. 1 S. 3 IPRG gemildert werden, wonach "bei vermögensrechtlichen Ansprüchen ... der Nachweis" des anzuwendenden ausländischen Rechts "den Parteien überbwtden werden" kann. 232 Schlußbericht der Expertenkommission, S. 252 f.
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zwischen mehreren Schuldnern im Wege einer ,,Angleichung auf der Basis des geringsten gemeinsamen Nenners" erfolgt233. Soweit der Regreß eines freiwilligen Drittzahlers in Rede steht, bringt auch das schweizerische IPR auf den Rückgriffsanspruch das Statut der getilgten Schuld zur Anwendung234, so daß insofern Übereinstimmung mit dem hier vorgeschlagenen Modell herrscht.
m. Nichtleistungskondiktionen Während heute sowohl über die Notwendigkeit der unterschiedlichen kollisionsrechtlichen Behandlung von Leistungs- und Nichtleistungskondiktion als auch über die wesentlichen Grundsätze der Anknüpfung von Leistungskondiktionen weitestgehend Einigkeit besteht, gehen die Ansichten hinsichtlich der Nichtleistungskondiktionen nach wie vor auseinander. Überwiegend wird sowohl in der Literatur235 als auch in der Rechtsprechung236 auf der Grundlage der Ansicht von Zweigert, es gebe ,)solierte Vermögensverschiebungen", bei deren bereicherungsrechtlicher Rückabwicklung eine akzessorische Anknüpfung nicht möglich sei, eine räumliche Anknüpfung vertreten, die regelmäßige zur Anwendung des Rechts des Ortes gelangt, an dem die Bereicherung eingetreten ist oder an dem sich die die Bereicherung auslösende Tatsache ereignet hat. Auch die Referentenentwürfe eines Gesetzes zur Ergänzung der Internationalen Privatrechts sehen eine solche Anknüpfung vor: Vorbehaltlich einer wesentlich engeren Verbindung zwischen den Parteien in Form einer "besonderen rechtlichen oder tatsächlichen Beziehung" oder eines gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalts soll nach Art. 38 Abs. 2 und 3 sowohl des ersten als auch des zweiten Entwurfs das Recht des Staates gelten, ,,in dem der Eingriff geschehen" oder "die Bereicherung eingetreten" ist.
233 Stoll, Festschrift Müller-Freienfels, S. 657. 234 IPRG Kommentar-Heini, Rdnr. 3 zu Art. 144; der Anwend\Ulgsbereich des Art.
144 IPRG erstreckt sich nur auf den Regreß zwischen mehreren selbständig Verpflichteten.
235 V. Caemmerer, Festschrift Rabe! I, S. 388; Schlechtriem, Gutachten, S. 49; Lorenz, Festschrift Zweigert, S. 227 ff.; MünchKomm-Kreuzer, I vor Art. 38, Rdnr. 23 27; v. Bar, IPR ll, Rdnr. 738; Reuter!Martinek, S. 784 ff.; Reithmann!Martiny, Rdnr. 257 ff. 236 vgl. nur BGH WM 1957, 1047; BGH NJW 1960, 774; BGH WM 1965, 787.
B. Die Anknüpfimg im einzelnen
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Soweit abweichende Ansichten vertreten werden, wie etwa die Anwendung der Rechtsordnung, der die Vermögensverschiebung unterlegen hat237, kommen diese in der praktischen Anwendung zumeist zu denselben Ergebnissen, weil die Anknüpfungspunkte zusammenfallen238. Zur Begründung der territorialen Anknüpfung wird häufig darauf verwiesen, daß ein Gleichklang mit der fur deliktische Ansprüche geltenden Anknüpfung wünschenswert sei, weil entsprechende Ansprüche in anderen Rechtsordnungen deliktisch qualifiziert werden und daneben auch nach deutschem Recht Ansprüche aus unerlaubter Handlung bestehen können239. Bei der hier befurworteten vorfragenakzessorischer Anknüpfung ist das Statut bereicherungsrechtlicher Ansprüche auf Rückabwicklung einer Vermögensverschiebung, die nicht auf einer Leistung des Entreicherten beruht, in Entsprechung derjenigen Rechtsordnung zu bilden, die den Zuweisungsgehalt der den Gegenstand der Bereicherung bildenden Vermögensposition bestimrnt240. Diese These beruht auf der Prämisse, daß selbst in den Fällen einer ,)solierten dinglichen Vermögensverschiebung" im von Zweigert241 formulierten Sinne einer Situation, in der zwischen den Beteiligten keine obligatorische Beziehung existiert, Beziehungen zu mindestens einem anderen Statut vorhanden sind, das fur die von Zweigert sogenannten Fälle jedenfalls rechtliche Regelungen über die Zuordnung einer betroffenen Vermögensposition zur Verfugung stellt. Entsteht eine Bereicherungslage etwa aus einem Eigentumserwerbkraft Gesetzes, weist der Fall sachenrechtliche Implikationen auf. Soweit eine sonstige Eingriffskondiktion in Rede steht, bestehen häufig Affinitäten zum Deliktsstatut242. Resultiert der Eintritt einer Bereicherung aus einem
237 Kegel, IPR, S. 527; Staudinger-Firsching, Rdnr. 608 vor Art. 12 a.F.; Einsele, S. 1030; OLG Hamburg, ZIP 1983,46. 238 Schlechtriem, Gutachten, S. 45. 239 Vgl. nur v. Bar, IPR Il, Rdnr. 739; MünchKomm-Kreuzer, I vor Art. 38, Rdnr.
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240 S. dazu ausführlich oben S. 312; in dieselbe Richtung geht die Überlegung von Canaris, ZIP 1983, 647, 651, "ob nicht sogar allgemein bei der Eingriffskondiktion die Rechtsordnung maßgeblich ist, die die kondiktionsauslösende Zuweisungsentscheidung trifft, und nicht diejenige, nach der die Vermögensverschiebung eintritt". 241 SJZ 1947, Sp. 252. 242 Vgl. Lorenz, Festschrift Zweigert, S. 228: ,,Nachbarschaft der Bereicherungsklage zur Vindikation und zur unerlaubten Handlung unverkennbar"; anders Zweigert!Müller-Gindullis, sec. 14: "Claims based on unjustifiable enrichment and claims based on tort are not closely related." Diese Aussage, mit der die grundsätzliche Un-
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Vierter Teil: Lös\Dlgsvorschlag
Wettbewerbsverstoß, so werden die Beziehungen zwischen den Parteien von den Regeln des internationalen Wettbewerbsrechts beherrscht. Der Bereicherungsanspruch bildet in Fällen der Nichtleistungskondiktion regelmäßig einen annexartigen Anspruch, der neben dem eigentlichen Hauptstatut besteht, so daß sich auch hier die Anknüpfung vorfragenakzessorisch vollziehen kann: Das Statut, das die neben dem Bereicherungsanspruch bestehenden rechtlichen Beziehungen zwischen den Beteiligten regelt, entscheidet regelmäßig über die Rechtmäßigkeit einer eingetretenen Bereicherung. Die Situation ist somit nicht viel anders als bei der Leistungskondiktion, mit dem Unterschied, daß in Fällen der Nichtleistungskondiktion regelmäßig kein privatautonom gebildetes, sondern ein gesetzliches Verhältnis zugrunde liegt. Im Bereich der Anknüpfung von Nichtleistungskondiktionen beruht die vorfragenakzessorische Bildung des Bereicherungsstatuts auf der Erkenntnis, daß die Funktion des Bereicherungsrechts hier darin zu finden ist, Einbrüche in den geschützten Bestand rechtlich zugewiesener Vermögenspositionen zu restituieren. Hieraus folgt, daß die bereicherungsrechtliche Sanktion demselben Recht unterliegen muß, das die geschützte Rechtsposition im Zeitpunkt ihrer Beeinträchtigung beherrschte24J, weil "die Grundlage eines Bereicherungsanspruchs 'in sonstiger Weise· die Fortwirkung des verletzten Rechts ist"244: Wenn es sich bei der Gewährung eines Bereicherungsanspruchs für die Verletzung eines Rechts gleichsam um die "Verlängerung" dieses Rechts245 handelt, so spricht alles dafür, auf den Bereicherungsanspruch dieselbe Rechtsordnung anzuwenden, die den Zuweisungsgehalt des beeinträchtigten Rechts im Zeitpunkt seiner Beeinträchtigung definiert. Eine solche Anknüpfung wird grundsätzlich auch dem von Schiechtriern aufgestellten Postulat gerecht, nach dem Eingriffskondiktionen "nach Möglichkeit so angeknüpft werden" sollten, "daß sie der gleichen Rechtsordnung
geeignetheil der Anknüpfimg an den Ort des Bereicherungseintritts begründet werden soll, ist in ihrer Allgemeinheit nicht haltbar. Obwohl es grundsätzlich richtig ist, daß die Iex loci actus als generell auf Bereicherungsansprüche anwendbares Recht nicht geeignet ist, ist doch nicht zu verkennen, daß gerade Fälle der Eingriffskondiktion deutliche Affmitäten zum Deliktsstatut aufweisen, so daß in diesen Fällen die Anwendung der Iex loci actus zumindest als Grundregel gerechtfertigt sein kann. 243 Ebenso Degner, RlW 1983. 825. 829. 244 Bydlinski, ZfRV 2 (1961), S. 22, 29. 245 So schon Wilburg, S. 27 ff, 94.
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wie die anderen Ansprüche wegen Rechtsverletzungen unterstehen''246. Wie weitgehend die Wertungen des anderen, neben dem Bereicherungsstatut beteiligten Statuts nachzuvollziehen sind, wird im Folgenden zu erörtern sein. Die bisher vertretenen Anknüpfungen des Statuts von Nichtleistungskondiktionen entsprechen dieser Forderung nur in Teilbereichen oder sind mit den maßgeblichen Parteiinteressen nicht in Einklang zu bringen: Die generelle Anwendung der Iex rei sitae erweist sich als geeignet, soweit Eingriffe in Rechte an körperlichen Sachen in Rede stehen, also etwa im Fall des Eigentumserwerbs an fremden Sachenkraft Gesetzes im Fall der Verbindung oder Vermischung. Ungeeignet ist sie allerdings z.B. im Fall des Eingriffs in Immaterialgüterrechte247. Die generelle Anwendung des Rechts des Ortes, an dem die Bereicherung eingetreten ist, fiihrt in aller Regel zur Anwendung des "Umweltrechts" des Bereicherungsschuldners, die sich vor allem in Fällen der Eingriffskondiktion als problematisch erweist. Erscheint es bereits zweifelhaft, ob in solchen Situationen den Interessen einer Partei der Vorrang gegenüber denjenigen der anderen eingeräumt werden kann248, so steht jedenfalls fest, daß die tatsächlichen Gegebenheiten der Eingriffskondiktion, bei denen es sich regelmäßig um deliktisch geprägte Situationen handelt, eher die Bevorzugung des Bereicherungsgläubigers als des Opfers einer unerlaubten Handlung fordern. Eine Anknüpfung, die sich generell von der Rechtsordnung leiten läßt, die den Zuweisungsgehalt des beeinträchtigten Rechts definiert, sollte demgegenüber imstande sein, eine interessengerechte Behandlung der heterogenen Fallgruppen zu gewährleisten, die im deutschen Sachrecht unter dem Begriff der Nichtleistungskondiktionen zusammengefaßt werden. 1. Die Konkretisierung des" Zuweisungsgehalts " als Anknüpfungsbegriff Ohne auf die im deutschen Sachrecht im einzelnen bestehenden Streitigkeiten über die Frage, welchen rechtlichen Positionen ein ,,Zuweisungsgehalt" zukommt und nach welchen Kriterien er zu bestimmen ist249, detailliert einzugehen, die bei grundsätzlicher Einigkeit in der Sache nur noch dazu dienen, die 246 Gutachten, S. 47. 247 Schlechtriem, Gutachten, S. 45 f. ; Reuter!Martinek, S. 784. 248 Schlechtriem, Gutachten, S. 47. 249 S. dazu Larenz!Canaris, S. 170 ff; MünchKomm-Lieb, Rdnr. 204 ff zu § 812; Staudinger-Lorenz, Rdnr. 23 zu§ 812.
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Vierter Teil: Lös\Ulgsvorschlag
dogmatischen Konturen der Eingriffskondiktionen in Randbereichen festzulegen250, kann zur näheren Konkretisierung des Anknüpfungsbegri:ffs folgendes festgehalten werden: Ein Zuweisungsgehalt kommt nach heute wohl unbestrittener Auffassung jedenfalls allen Positionen zu, die als absolute subjektive Rechte Deliktsschutz genießen251, wobei sowohl das allgemeine Persönlichkeitsrecht in seinen "verdichteten Ausprägungen"252 als auch Immaterialgüterrechte253 eingeschlossen werden. Die Rechtsprechung hat eine strenge tatbestandliehe Eingrenzung bisher vermieden und ist daher in diesem Bereich für künftige fallrechtliche Entwicklungen offen254, die sich abseits der absoluten Rechte insbesondere auf Wettbewerbsverstöße beziehen dürften. Verstöße gegen das UWG stellen heute einen der wichtigsten Randbereiche der Nichtleistungskondiktionen dar. In den meisten Fallgruppen ist allerdings noch nicht abschließend geklärt, in bezugauf welche Positionen im Wettbewerb davon ausgegangen werden kann, daß ihnen ein kondiktionsrelevanter Zuweisungsgehalt zukommt255. Auf der Basis der heute h.M. kann jedoch festgehalten werden, daß dies jedenfalls dann der Fall ist, wenn der Beeinträchtigte die Möglichkeit gehabt hätte, das als Eingriff zu wertende Verhalten des Verletzers gegen Entgelt zu gestatten, die beeinträchtigte Rechtsposition also so weitgehend verfestigt ist, daß ihr immaterialgüterrechtsähnlicher Schutz zukomrnt256. Zu denken ist etwa an Fälle der sklavischen Nachahmung, des Verrats von Betriebsgeheimnissen oder des Abwerbens von Arbeitnehmern257.
250 Büsching, Anwendtmgsbereich der Eingriffskondiktion im Wettbewerbsrecht, S. 59.
251 So ausdrücklich Larenz!Canaris, S. 170 f ("... so weit, wie der Deliktsschutz tatbestandsmäßig reicht"; ebenso bereits Wilburg, S. 28 1f 252 Larenz!Canaris, S. 173; vgl. BGHZ 20, 345, 354 (,,Paul Dahlke") fur Eingriffe in das Recht am eigenen Bild; BGHZ 81, 75, 81 f ("Carrera") fur die tmbefugte Verwendtmg des Namens eines anderen zu Werbezwecken; M ünchKomm-Lieb, Rdnr. 218 zu§ 812; Reuter/Martinek, S. 2661f ; Koppensteiner!Kramer, S. 82. 253 Urheber-, Patent- tmd Gebrauchsmusterrechte, vgl. Larenz!Canaris, S. 173; Koppensteiner!Kramer, S. 82; MünchKomm-Lieb, Rdnr. 211 zu § 812; zu Warenzeichenrechten s. BGHZ 99, 244, 246 f ("Chane} Nr. 5"); Staudinger-Lorenz, Vorbem. zu§§ 8121f, Rdnr. 68; v. Caemmerer, Festschrift Rabell, S. 398 f, beschränkte den Schutzbereich noch auf Patent- und Warenzeichenrechte. 254Staudinger-Lorenz, Rdnr. 23 zu§ 812. 255 S. dazu umfassend Büsehing, S. 88 1f
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Besondere Bedeutung erlangt die bereicherungsrechtliche Verantwortlichkeit des aus einem Eingriff in den Zuweisungsgehalt eines subjektiven Rechts Begünstigtenaufgrund der Tatsache, daß sie auch bei rechtmäßigenoder zwar rechtswidrigen, aber schuldlosen Verletzungen besteht. Die Umsetzung des sachrechtliehen Schutzes der genannten Rechtspositionen in eine kollisionsrechtliche Anknüpfung ist nach hier vertretener Auffassung in der Form vorzunehmen, daß demjenigen Statut, das das Schicksal der beeinträchtigten Position im Zeitpunkt des Eingriffs bestimmt, auch die Beantwortung der Frage übertragen werden muß, ob die Beeinträchtigung, die auf seiten des Eingreifenden eine Vermögensmehrung zur Folge hat, Bereicherungsansprüche auslöst und in welcher Höhe dies ggf. der Fall ist. Die folgende Einzelbetrachtung der Fälle, in denen das deutsche Sachrecht eine Nichtleistungskondiktion gewährt, orientiert sich an den verschiedenen Statuten, die für die Bildung des Bereicherungsstatuts aufgrund der Vorfrage nach dem Zuweisungsgehalt maßgebend sein können. Sie beschränkt sich dabei nicht auf die inzwischen allgemein anerkannte258 Unterscheidung zwischen Eingriffen in fremde Rechte und anderen Vermögensverschiebungen, sondern differenziert zunächst zwischen Situationen, die in enger Beziehung zum Sachstatut eines dinglichen Rechts stehen und Bereicherungsansprüchen, die Affinitäten zum Deliktsrecht aufweisen, wobei innerhalb der beiden Kategorien weitere Unterscheidungen erforderlich sind. Wegen der vielfältigen Überschneidungen dieser Fallgruppen, ist eine trennscharfe Abgrenzung allerdings nicht immer möglich. 2. Kondiktionen mit Beziehungen zum Suchstatut
a) Eigentumserwerbkraft Gesetzes Um auch im Bereich der Nichtleistungskondiktionen mit den einfach gelagerten Fällen zu beginnen, soll zunächst die Anknüpfung von Bereicherungs-
256 MünchKomm-Lieb, Rdnr. 216 zu§ 812; Larenz!Canaris, S. 171, 176; Büsching, S. 151. 257 Larenz!Canaris, S. 176; Staudinger-Lorenz, Vorbem. zu §§ 812 ff, Rdnr. 71, jeweils mit weiteren Beispielen. 258 Vgl. nur v. Caemmerer, Festschrift Rabel I, S. 388; Reuter!Martinek, S. 782 ff; Schlechtriem, Gutachten, S. 44.
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ansprüchen untersucht werden, die auf einem Eigentumserwerb des Bereicherungsschuldners kraft Gesetzes beruhen. In diesen Fällen - also etwa im Anwendungsbereich der deutschen §§ 946 - 950 BGB - wird der Zuweisungsgehalt der betroffenen Eigentumsrechte nach den allgemeinen Regeln des internationalen Sachenrechts sowohl vor als auch nach dem die Bereicherung begründenden Ereignis unzweifelhaft von der Iex rei sitae definiert, so daß die vorfragenakzessorische Anknüpfung ohne weiteres dem Gedanken der ,,Fortwirkung" des untergegangenen Eigentums folgen kann: Ordnet eine Rechtsordnung eine Vermögensverschiebung erst an, so muß es dieser Rechtsordnung auch überlassen sein, darüber zu befinden, ob der Erwerber dem derart in seinem Eigentum Beeinträchtigten einen Bereicherungsausgleich schuldet. Raapes259 amerikanischer Künstler, wohnhaft in Paris, der am Königssee auf fremder Leinwand ein Bild malt, muß dem ehemaligen Eigentümer det' Leinwand, der nach deutschem Recht als Iex rei sitae durch Verarbeitung sein Eigentum verloren hat, somit nach§§ 951 , 812 Abs. 1 S. 1, 2. Alt. BGB Wertersatz leisten. Hier liegt zugleich ein Sonderfall der vorfragenakzessorischen Anknüpfung des Bereicherungsstatuts insofern vor, als in allen anderen Fällen die Rechtsordnung entscheidend ist, die über das Fehlen des Rechtsgrundes für eine eingetretene Bereicherung befindet, während sich das Bereicherungsstatut hier nach der Rechtsordnung richtet, die den Grund für das Behalten eines durch einen Eingriff in fremdes Eigentum entstandenen Vermögenszuwachses abgibt. Ebenso wie die negative rechtliche Bewertung einer Vermögensverschiebung muß das Bereicherungsrecht, das in diesem Bereich die nicht zugelassene Vindikation ersetzt, auch die positive gesetzliche Anordnung eines Eigentumswechsels kondiktionsrechtlich sanktionieren. Diese Anknüpfung entspricht jedenfalls im Ergebnis der heute allgemeinen Meinung, wenn die Begründungen hierfür auch unterschiedlich sind. Sowohl die Vertreter einer generellen Anknüpfung an die Iex rei sitae260 als auch diejenigen, die im Grundsatz das Recht am Ort des Eingriffs26I für maßgebend 259 Internationales Privatrecht, S. 527 f ; i.E. kommt auch Raape Wlter AblehnWlg der AnwendWlg des Heimatrechts des neuen Eig~tümers Wld des Rechts seines Wohnsitzes zur Maßgeblichkeit der RechtsordnWlg, die den Eigentumswechsel anordnet; ebenso Soergel-Kegel, Rdnr. 546 vor Art. 7 a.F.; Hay, S. 47, 69; Degner, RIW 1983, 825, 829 BGH WM 1957, 1047, 1049. 260 Lorenz, Festschrift Zweigert, S. 226; ders., IPRax 1985, 228. 261 V. Caemmerer, Festschrift Rabel I, S. 388; Schlechtriem, Gutachten, S. 50; v. Bar, IPR Il, Rdnr. 740.
B. Die Anknüpfimg im ernzeinen
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halten, kommen hier zwangsläufig zum selben Ergebnis, da beide Rechtsordnungen in diesen Fällen notwendigerweise mit derjenigen identisch sind, die den Eigentumswechsel anordnet. Auch der äußere Entscheidungseinklang ist in dieser Hinsicht gesichert: Nach englischem IPR262 wäre ebenso wie nach § 46 S. 1 des Österreichischen und Art. 128 Abs. 2 des schweizerischen IPRG das Recht am Ort des Bereicherungseintritts anzuwenden; das US-amerikanische Restatement 2d dürfte die "most significant relationship" ebenfalls an diesem Ort lokalisieren263 b) Verfügungen über fremdes Eigentum Zur Fallgruppe der Kondiktionen, die am engsten mit dem Statut der betroffenen Sache verbunden sind, gehören des weiteren Bereicherungsansprüche, die nach deutschem Recht von§ 816 Abs. 1 S. 1 BGB264 erfaßt werden. Dies gilt jedenfalls insofern, als die Verfügung - etwa infolge fehlenden Verschuldens - nicht zugleich einen Deliktstatbestand erfüllt265. Bei vorfragenakzessorischer Anknüpfung sind diese Ansprüche in Übereinstimmung mit der in der deutschen Literatur266 und Rechtsprechung267 vorherrschenden Ansicht dem Recht zu unterwerfen, das die Verfügung selbst beherrscht, das also auf die "häufige Vorfrage"268 anzuwenden ist, ob aufgrund der Verfügung ein gutgläubiger Eigentumserwerb eingetretenund somit die Verfügungdes Dritten im Sinne des§ 816 Abs. I S. I BGB "dem Berechtigten gegenüber wirksam" ist. Diese Rechtsordnung ist es, die im maßgeblichen 262Dicey!Morris, rule 201 (2) (c), S. 1471, 1476 ff 69.
263 Hay, S.
264 Zu Kondiktionen i.S. des§ 816 Abs. I S. 2 BGB s. unten S. 388. 265 Diese Differenzienmg entfällt in Rechtsordnungen des anglo-amerikanischen
Rechtskreises, die solche Fälle einheitlich .unter dem auch ohne Verschulden zu erfiillenden Deliktstatbestand der "conversion" erfassen, so daß ein Bereichenmgsausgleich jeweils nur unter dem Aspekt des "waiver of tort" möglich ist; vgl. dazu v. Caemmerer, Festschrift Rabe) I, S. 391 ff; Einsele, S. 1029, sowie oben S. 143 bzw. 205.
266 Soergel-Kegel, Rdnr. 546 vor Art. 7 a.F.; Reithmann!Marliny, Rdnr. 257; Degner, RIW 1983, 825, 829; Knauer, Rabe1sZ 25 (1960), 318, 330; Einsele, S. 1029; ebenso gnmdsätzlich Staudinger-Lorenz, Rdnr. 34 zu§ 816.
267 BGH NJW 1960, 774, 775; BGH WM 1970, 1297 = IPRspr. 1970, Nr. 43 ; OLG Hamm, IPRspr. 1989, Nr. 76. 268 Vgl. zum gutgläubigen Erwerb als Vorfrage im Rahmen der Anknüpfimg einer Kondiktion gern. § 816 Abs. I BGB Schlechtriem, Gutachten, S. 47; Lorenz, Festschrift Zweigert, S. 229, Fn. 76.
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Zeitpunkt des Eingriffs den Zuweisungsgehalt des betroffenen Rechts bestimmt. Die Anknüpfung folgt auch hier aus der Erwägung, daß Eingriffskondiktionen ihrer Natur nach den Zweck verfolgen, den Verlust dinglicher Rechte zu "ersetzen" und ihnen ergänzenden Schutz durch die Gewährung eines Ausgleichsanspruchs zu bieten. Hat der Bereicherungsgläubiger ein Recht an einer Sache durch die ihm gegenüber wirksame Verfügung eines Dritten über diese Sache verloren, und nimmt er den Verfügenden im Wege der Kondiktion aus § 816 Abs. I S. I BGB in Anspruch, so kommt die hier vertretene Ansicht somit zu demselben Ergebnis, das der BGH im oben zitierten Fall der Veräußerung der unter Eigentumsvorbehalt stehenden Planierraupe269 erzielte, indem er auf die Iex rei sitae im Zeitpunkt der entscheidenden Verfügung abstellte: Der Bereicherungsanspruch des französischen Klägers, der sein Eigentum durch die Veräußerung der Planierraupe, die vom deutschen Käufer zur Sicherung eines Anspruchs auf Darlehensrückzahlung an eine ebenfalls deutsche Bank übereignet worden war, verloren hatte, richtet sich nach der Rechtsordnung, die die Frage der Wirksamkeit der Verfügung des Bereicherungsschuldners über die vormals im Eigentum des Bereicherungsgläubigers stehende Sache beherrscht. Das danach anzuwendende Recht entscheidet auch über die Frage, ob ein über den Sachwert hinausgehender Veräußerungsgewinn des Verfügenden herauszugeben ist270. Eine abweichende Beurteilung ist auch nicht unter dem Aspekt des Gleichklangs der Anknüpfung des Bereicherungs- und des Deliktsstatuts gerechtfertigt. Neben dem eher formalen Argument, daß die betroffene Sache im Fall der Kondiktion gemäߧ 816 Abs. l S. l BGB oft nicht deliktisch vor dem Eingriff geschützt wird, so daß lediglich das Sachstatut über ihr Schicksal entscheidet, spricht gegen einen strengen Gleichlauf von Bereicherungsansprüchen und Ansprüchen aus unerlaubter Handlung entscheidend die Tatsache, daß solche Fälle nach der Systematik des deutschen Sachrechts Parallelen nicht nur zu deliktischen Ansprüchen, sondern auch zu Ansprüche aus dem EigentümerBesitzer-Verhältnis aufweisen27I, so daß mit der derselben Berechtigung eine den Regeln des internationalen Sachenrechts folgende Behandlung gefordert werden kann.
269 BGH WM 1970, 1297 = IPRspr. 1970, Nr. 43; s. dazu oben S. 64. 270 Zu den lUlterschied1ichen Rechtslagen in dieser Hinsicht in Ländern des angloamerikanischen Rechtskreises vgl. oben S. 145 (England) bzw. 207 (USA). 271 Hieraufweist zu Recht Einsele, S. 1029, hin.
B. Die Anknüpfimg im einzelnen
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Für diese Lösung spricht des weiteren das Parteiinteresse des Bereicherungsschuldners, nicht der Kondiktion nach einer Rechtsordnung ausgesetzt zu werden, auf die er sich nicht einstellen konnte. Auch für den Bereicherungsgläubiger wird die Anwendung der hier für maßgeblich gehaltenen Rechtsordnung Gedenfalls bei bekannter Belegenheit der Sache) in der Regel vorhersehbar sein. Unter rechtsvergleichenden Aspekten ist festzustellen, daß ausländische Rechtsordnungen in den hier behandelten Fällen regelmäßig die Anwendung des Rechts am Ort des Bereicherungseintritts vorsehen: Diese im französischen und italienischen IPR grundsätzlich für alle Bereicherungsansprüche vorgenommene Anknüpfung gilt in Österreich gemäß § 46 S. I IPRG und wohl auch in der Schweiz (Art. 128 Abs. 2 IPRG272). Die Kollisionsrechtsordnungen der Länder des angl