Strafrechtliche Fälle: Für Übungen an Universitäten und bei Justizbehörden [6. Aufl. unveränd. Abdr. der 5. Auflage, Reprint 2022] 9783112634967


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Strafrechtliche Fälle: Für Übungen an Universitäten und bei Justizbehörden [6. Aufl. unveränd. Abdr. der 5. Auflage, Reprint 2022]
 9783112634967

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Strafrechtliche Fälle für Übungen an Universitäten

und bei Justizbehörden

Dr. Reinhard Zrairk Professor der Rechte in München

Sechste Auslage

Unveränderter Abdruck der fünften Auflage

Verlag von Alfreö Töpelmann vormals 3- Kicker » Gießen » 1920

Ztrasrechtliche Fälle für Übungen an Universitäten und bei Justizbehörden

Dr. Reinhard Zrank Professor der Rechte in München

Sechste Auflage Unveränderter Abdruck der fünften Auflage

Verlag von Rlsred Töpelmann vormals 3- Ricker » Gießen » 1920

Vorwort. Die in meine Sammlung aufgenommenen Fälle sind zwar

nicht alle wirklich vorgekommen, aber doch, soweit sie es nicht sind, fast durchweg im Anschluß an Fragen gebildet, mit denen sich die Praxis öfters zu beschäftigen hat. Sie betreffen sämt­ liche Materien des allgemeinen Teils und aus dem besonderen wenigstens die häufig abzuurteilenden Delikte.

(Einige aus der Literatur entlehnte Fälle habe ich stehen lassen, weil ich weiß, daß sie in vielen Kreisen Interesse erregt

haben. Der Tharakter aber, den meine Sammlung im ganzen trägt, berechtigte mich,' schon im Titel darauf hmzuweisen, daß ich versucht habe, sie den Beöürfniffen der Universität wie des Vorbereitungsdienstes gleichmäßig anzupassen.

Berlin, Ende April 1912.

Reinhard Frank.

Fälle zur mündlichen Behandlung. t. Das Ministerium für Landwirtschaft, Domänen und Forsten ersucht das Neichsjustizamt um eine gutachtliche Äußerung darüber, ob es angehe, die Strafbarkeit wegen Forstdiebstahls schon mit dem vollendeten zehnten Lebensjahr eintreten zu lassen.

2. Ein „Lokal-Polizei-Reglement" bestimmt in § 4: „Absicht­ liche Beschädigung, Beschmutzung und widerrechtliche Benutzung der Anschlagstafeln und -säulen, Abreißen von Anschlägen von denselben werden unbeschadet höherer allgemeiner Strafbestimmungen mit einer Geldstrafe bis zu 30 Mark bestraft." Wie steht es mit der Gültig­ keit dieses Reglements? 2. Line Polizeioerordnung lautet: „Auf Grund des RStG8.s 8 366 Nr. 10 wird hiermit den Hauseigentümern die Verpflichtung auferlegt, bei Glatteis den Bürgersteig mit Sägemehl zu bestreuen. Zuwiderhandlungen werden mit Geldstrafe bis zu 60 Mark oder mit hast bis zu vierzehn Tagen bestraft." Sind gegen diese Derordnung Bedenken zu erheben? 4. Der Präsident einer preußischen Regierung verbietet den Wirten bei Strafe bis zu 20 Mark, während des Gottesdienstes Musikautomaten spielen zu lassen. Welche Bedeutung hat diese Ver­ ordnung für das Gericht?

5. Als das RStGB. in Kraft trat, hob ein deutscher Staat das in seinem polizeisttafgesetz enthaltene verbot des Tragens ver­ borgener Waffen deshalb auf, weil die Materie durch RStGB. § 367 Nr. 9 geregelt sei. Was ist die Folge davon? 6. Ist es zulässig, jemanden in heffen wegen eines in Preußen begangenen Forstdiebstahls zu besttafen? Wie steht es eventuell, wenn die Handlung nach hessischem Recht gemeiner Diebstahl ist? Wie, wenn sie umgekehrt nach preußischem Rechte als gemeiner, nach hessischem als Forstdiebstahl anzusehen ist?



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7. Könnte Bresci, der Mörder des Königs von Italien, wenn er nach Deutschland geflüchtet wäre, hier bestraft werden? - Gesetzt, er wäre Deutscher. - Angenommen er hätte sich (als Deutscher) nach seiner in Italien erfolgten Aburteilung auf deutsches Gebiet geflüchtet. — Wie wäre es, wenn Bresci die Handlung in Italien gegen einen deutschen Landesherrn oder dessen Gemahlin begangen hätte?

8. Ein Deutscher erhält in Berlin einen Brief aus Konstanti­ nopel, in dem ihm ein befreundeter Türke rät, sich in Deutschland noch eine zweite $tau zu nehmen. In der Tat gelingt dem Deutschen der Abschluß einer zweiten Che. Kann sich der türkische Freund den auf seinen Rat in Deutschland gegründeten neuen Hausstand ansehen, ohne Verfolgung befürchten zu müssen? — Wie wäre es in dem umgekehrten Falle, daß ein Türke in der Türkei auf Rat eines Deutschen eine zweite Frau nimmt? Riskiert der Deutsche, der den Rat von Berlin aus erteilt hat, Bestrafung? - Wie endlich, wenn wir uns in dem letzten Fall an Stelle des Türken einen in Kon­ stantinopel wohnenden Deutschen denken? 9. Der Führer einer Expedition in das innere Afrika läßt ein Negerdorf in Brand stecken, weil ein Mitglied der Expedition von dort aus getötet worden ist. Kann er in Deutschland verfolgt werden? 10. (Ein deutscher Kolonialbeamter kehrt in das Heimatland zurück. Wie steht es mit der Verfolgung der Delikte, die er etwa in den Kolonien begangen hat? 1(. 3m 18. Jahrhundert wurde innerhalb des heutigen ©bet« landesgerichtsbezirks Tassel eine Verordnung erlassen, welche „die Er­ teilung eines falschen Abschieds an das Gesinde" (d. h. die Ausstellung eines unrichtigen vienstzeugnisses) mit „ernster und nachdrücklicher" Strafe bedroht. Die Verordnung ist bis jetzt nicht aufgehoben worden. Auf welche Strafe erkennt zutreffendenfalls der Richter? 12. Kann eine am 10. September 1890 begangene Zuwider­ handlung gegen das Sozialistengesetz, deren Verjährung unterbrochen ist, jetzt noch bestraft werden? - Ein auf Grund jenes Gesetzes zu einer Gefängnisstrafe verurteitter Agitator verlangte im ©ktober 1890 feine Entlassung aus der Strafhast, weil das Gesetz nunmehr außer Kraft getreten sei. 15. Das BffiB. hat bekanntlich das sogenannte Kahlpfändungs» recht des Vermieters beseitigt. Kann ein Meter, der im Jahre 1899 unter Mitnahme ihm unentbehrlicher, aber vom Vermieter für ge*

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pfändet erklärter Sachen „gerückt" ist, Unterbrechung der Verjährung vorausgesetzt, jetzt noch bestraft werden?

H. Jemand, der vor dem Jahr« 1900 bilanzpflichttger Kauf­ mann war, hat es vor dieser Seit wiederholt versäumt, die Jahres­ bilanz zu ziehen. Mit der Gültigkeit des neuen Handelsgesetzbuches ist er aus dem Kreise der bilanzpflichtigen Kaufleute ausgeschieden. Balb darauf wird das Konkursverfahren über fein vermögen eröffnet. Ist er nach KD. § 240 Nr. 4 strafbar?

15. 3n ihrer ursprünglichen Fassung bedrohte die Konkursordnung (8 210) den einfachen Bankrott mit Gefängnisstrafe bis zu zwei Jahren, während sie nunmehr (§ 240) Gefängnis schlechthin, anderseits aber bei mildernden Umständen auch Geldstrafe zulätzt. Kann jetzt gegen einen Schuldner, der die Handlung unter der Herr­ schaft der alten KG. begangen hat, auf drei Jahre Gefängnis er­ kannt werden?

16. 3m Januar 1908 wird jemand wegen Majestätsbeleidigung verurteilt. Vas Gericht erkennt an, datz er unüberlegt gehandelt habe, und spricht deshalb nur die Minimalstrafe von zwei Monaten Festung aus. vor dem Revisionsgericht beantragt der Angeklagte als Beschwerdeführer die Einstellung des Verfahrens unter Berufung auf das inzwischen in Kraft getretene Gesetz v. 17. Februar 1908. 17. Auf einem Spaziergange bemerkt jemand einen Sprung in dem Pfeiler einer Eisenbahnbrücke. Als Techniker weiß er, datz die Brücke den demnächst fälligen Sug nicht tragen kann. Da er aber gerade eilig ist, so kümmert er sich nicht um die Angelegenheit. Vie Brücke stürzt unter dem Zuge ein. — Wie wäre es, wenn der Sprung von einem vqnamitattentat herrührte?

18. 3n einer kalten Winternacht finde ich einen Schwerbetrunkenen auf der Strahe, hebe ihn auf, um ihn auf die Polizei­ wache zu bringen. Nach einiger Seit wird mir die Sache zu lang­ weilig. 3ch verlasse den Trunkenen; dieser erfriert alsbald. 19. Zwischen dem Kaufmann Leichtfutz und seinem Kassierer Peinlich besteht die Verabredung, datz der letztere unbedingt für jeden Kaflendefekt aufzukommen hat. Eines Tages nimmt Leichtfutz, der selbst im Besitze eines Schlüssels ist, 50 Mark aus der Kaffe, ohne dem Kassierer etwas davon zu sagen. Vieser findet beim Monatsfchlutz den Defekt und deckt ihn stillschweigend aus seiner Tasche.

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20. Der Inhaber einer Wirtschaft läßt den Wiegeautomaten, von dem er weiß, daß er nicht mehr funktioniert, offen stehen und freut stch, am Übend die vergeblich hineingeworsenen Zehnpfennig­ stücke darin zu finden. 2(. 3E beauftragt sein Dienstmädchen, einen Revolver zum Büchsenmacher zu bringen und dabei zu sagen, daß die Patrone noch darin stecke. Das Mädchen übergibt den Revolver dem Büchsen­ macher, macht ihn aber nicht daraus aufmerksam, daß die Waffe noch geladen ist. Der VLchsenmacher hantiert unvorsichtig mit dem Re­ volver, dieser entlädt sich und tötet einen vorübergehenden.

22. K und B wollen, ohne etwas voneinander zu wiffen, den Vravo X zur Ermordung des 3 bestimmen. H bietet dem X für die Tat 600 Mark; B bietet 400 Mark. Da durch die Summe der An­ erbietungen die Taxe des X erreicht wird, so begeht er die Tat. wer ist als Anstifter haftbar? - wie wäre es, wenn A und B im Einverständnis gehandelt hätten? 25. In voller Unabhängigkeit voneinander geben zwei Per­ sonen einer dritten mit Tötungsvorsatz (Bist. Hebe hält die eigene Dosts für genügend zur Tötung. Tatsächlich aber wirkt erst die Summe der Dosen tödlich. 24- Ein Arzt verschreibt aus versehen eine giftige Substanz in zu starker Dosis. Der Apotheker fertigt das Medikament in der vom Arzt vorgeschriebenen Weise an, obwohl er den Fehler bemerkt hat. Als ein Bote erscheint, um die Arznei zu holen, händigt sie ihm der Apotheker nebst dem Rezepte aus mit der Weisung, zunächst beim Arzt anzuftagen, ob das Rezept richtig sei. Der Bote trifft den Arzt nicht zu Hause an und bringt nun der Frau des Kranken unter Mitteilung des Sachverhalts Rezept und Arznei. Im ver­ trauen darauf, daß stch der Arzt stets als zuverlässig erwiesen hat, gibt die Frau ihrem gerade nach der Medizin verlangenden Manne davon zu trinken. Dieser stirbt infolge des Genusses.

25. Der technische Direktor einer Fabrik stellt zur Bedienung eines Dampfkeffels einen, wie er weiß, durchaus unerfahrenen, aber geringen Lohn fordernden Arbeiter an. Der Arbeiter bekommt eine Instruktion ausgehändigt, die er nach Kräften zu befolgen sucht. Dennoch läuft ihm ein versehen unter, infolge dessen der Keffel platzt und mehrere Arbeiter tötet.

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26. fi versetzt dem ihm fremden B eine Ohrfeige. B hat ein Gehirnleiden und stirbt, obwohl di« Ohrfeige ganz gelind wat. tote wäre es, wenn die Verletzung des B von Haus aus ernstlicher gewesen, er aber auf dem toege zum Arzte verunglückt wäre? 27. Gin Jäger besucht mit geladenem Gewehr ein toirtshaus. während er sich auf kurze Zeit aus der Gaststube entfernt hat, nimmt der Sohn des Wirtes das Gewehr von der wand, legt scheuend auf seinen jüngeren Bruder .an und drückt los in der Meinung, die Flinte sei nicht geladen. Der Bruder sinkt getroffen nieder. - Der­ selbe Fall, nur mit dem Unterschiede, daß der Sohn des toirtes vor­ sätzlich handelt.

28. Sn einem bekannten Memoirenwerke des achtzehnten Jahr­ hunderts findet sich folgender Fall. Der verfasier bemerkt in London einen Volksauflauf. Er eilt hinzu und findet die allgemeine Auf­ merksamkeit auf einen Mann gerichtet, der schwer verwundet auf der Straße liegt. Auf die erstaunte Frage des verfasiers, weshalb niemand dem verwundeten helfe, wird ihm erwidert, daß zwei Lords gewettet haben, ob der Mann mit dem Leben davonkomme; jeder, der helfen wolle, werde von den toettenden und ihrem Anhang« daran gehindert. 29. Ein Bauer steckt sein toohnhaus in Brand, tote seine Frau, die sich schon lange mit Selbstmordgedanken trägt, das Feuer be­ merkt, stürzt sie sich in die Flammen und verbrennt. 30. In dem Rheinland ereignete sich vor einigen Jahren fol­ gender Fall. Eine Hausiererfamilie kam gegen Abend an einem Hüttenwerk vorbei. Durch die behagliche Wärme angelockt, betteten sich die Hausierer auf den Schlacken. Früh am nächsten Morgen nach Beginn des Betriebes gossen Hüttenarbeiter in gewohnter Weise glühende Schlacken auf den Haufen, so daß ein Teil der Hausierer getötet wurde. 3(. Auf einer Cour lernen sich einige junge Leute kennen. A rühmt sich seiner Kraft und fordert auf, mit ihm zu ringen. Der Preis des Siegers solle in einer Flasche Sekt bestehen, die der Unter­ liegende zahlt. B geht darauf ein. Während des Ringens sinkt A von einem Herzschlag getroffen tot nieder.

32. Eine zur Zeit der Renaissance in Italien spielende Novelle erzählt uns von einer Frauensperson, die an der Pest erkrankt ist und nun einem Manne den Beischlaf gewährt, um ihn zu verderben.

8 35. Line Frauensperson, die, wie sie weiß, syphilitisch erkrankt ist, vollzieht um des Gewinstes willen mit einem Manne den Bei­ schlaf. Der Mann wird angesteckt und verfällt in Siechtum. w Um die Tragkraft seiner neuen Büchse zu prüfen, legt ein Banbit auf einen Mann an, der in einer Entfernung von mehreren hundert Metern vorübergeht, Auf den Schutz fällt der Mann tot nieder.

35. Kaufmann Schmaucher liest im Bette^ rauchend einen Artikel, der auf die Gefahren dieser üblen Gewohnheit hinweist. Lin Funken fällt in bas Bett und verursacht den Brand des Hauses. 56. Lin retten, gibt ein der Möglichkeit von der Kugel

Kind wird von einem Stier angefallen. Um es zu Mann einen Schuh auf den Stier ab, obwohl er mit rechnet, das Kind zu treffen. 3n der Tat wird es getötet.

57. Aus einer Zeitung: Magdeburg, 24. August 1900. (Pan­ toffelheld.) Lin unangenehmer Empfang wurde in der Nacht vom Mittwoch zum Donnerstag einem Schuhmachergesellen zuteil, der bei seinem Meister in der Neustadt wohnt. Nach Mitternacht nach Hause wankend, hatte er kaum die Wohnung betreten, als ihm seitens der Frau Meisterin ein Gefäh kalten Wassers über den Kopf gegossen und mit einem kräftig gehandhabten Riemen die durch das kalte Bad vielleicht ins Stocken geratene Blutzirkulation wieder belebt wurde. (Erft durch sein Geschrei aufmerksam gemacht, entdeckte die bestürzte Meisterin, datz sie nicht, wie sie meinte, ihrem Gatten, son­ dern deffen Gesellen diesen liebevollen Empfang zuteil werden lieh.

58. Der Kaufmann Schulze glaubt in einem Mitreisenden seinen seit Jahren vergebens gesuchten Schuldner Muller zu erkennen. Er fordert daher den Mitreisenden auf, ihm sofort die auf Ehren­ wort geschuldeten zehn Mark zu zahlen. Der Mitreisende, der in der Tat eine ganz andere Person ist, klagt wegen Beleidigung. 59. 9E ist zur Beerdigung aufgebahrt. Sein Todfeind versetzt ihm einen Schlag mit der Reitpeitsche ins Gesicht. 3E ist nur scheintot. 40. Line Zeitung brachte die Nachricht, datz der Pfarrer B. in £. (Hamen und Wohnort waren vollständig angegeben) sich in dem Augenblicke das Leben genommen habe, als er hätte verhaftet werden sollen. Die Nachricht war im guten Glauben gebracht worden, aber objektiv unrichtig. Der Pfarrer stellte Strafantrag.

9 41- 3n einem bayrischen Bezirk mit sehr abergläubischer Be­ völkerung ging vor einigen Jahren der Bauer Angstwurm früh morgen» über Land. 3m Nebel sah er plötzlich eine in ein weißes Tuch gehüllte Gestalt vor sich. 3n der Meinung, einem Gespenst gegenüberzustehen, stach er mit seinem Messer die Gestalt in den Arm. Diese entpuppte sich darauf al» seine Nachbarin.

42. Die 25 jährige Stiefmutter vollzieht den verschlaf mit dem 20 jährigen Stiefsohn. Machen sich die Ronkumbenten strafbar? Gesetzt, der Vater der Ronkumbenten hätte zur Zeit der Handlung nicht mehr gelebt. - Wie wäre es, wenn die beiden sich darauf be­ riefen, daß sie von der Unerlaubtheit des Beischlafs nichts gewußt hätten? - Angenommen weiter, sie erklärten, nicht gewußt zu haben, daß der Begriff der Verschwägerung auf das Verhältnis zwischen Stiefeltern und Stiefkindern Anwendung finde. 43» Derselbe Fall mit dem Unterschied, daß der aus Amerika zurückkehrende Stiefsohn seine Stiefmutter in Hamburg getroffen und beide, ohne einander zu kennen, den Beischlaf vollzogen hätten. Wie, wenn zwar der Stiefsohn die Stiefmutter gekannt hätte, aber nicht diese jenen?

44» Reineke Fuchs veranlaßt den Bär, sich \n den Hof eines Bauern zu begeben; dort werde er eine reiche Beute an Honig finden. 3n der Tat aber rechnet Reineke darauf, daß die Bauern den Bar weidlich durchprügeln werden. Diese Hoffnung geht vollständig in Erfüllung.

45. Ein Vater züchtigt auf der Strafte sein unartiges Rind. (Einige Passanten, die von den Beziehungen zwischen den beteiligten Personen nichts wissen, kommen empört dem Rinde zu Hilfe und prügeln gemeinschaftlich den Vater durch. 46. Drei Jäger besuchen ein Wirtshaus und stellen ihre ge­ ladenen Gewehre gleich unvorsichtig auf. (Ein Windstoß wirst die Flinten um. (Es ertönen unmittelbar hintereinander drei Schüße, deren erster einen Gast tötet, während der zweite eine Fensterscheibe zertrümmert, der dritte aber durch ein offenes Fenster ins Freie geht.

47. Ein Bauer befiehlt seinem Rnecht, eine bestimmte Fahrt zu machen. Der Rnecht weist darauf hin, daß das eine Pferd ein Leinenfänger sei und somit auf der stark begangenen Strafte leicht ein Unglück geschehen könne. Trotzdem besteht der Bauer auf der

10 Ausführung feines Befehls. In der Tat fängt das eine Pferd die Leine, geht mit dem andern durch und überrennt ein Rind.

48. In einer Wirtschaft läßt der Kellner aus versehen ein Zehnmarkstück fallen. Lin Gast steht es liegen, zeigt es aber dem suchenden Kellner nicht, weil er beabsichtigt, es in einem unbewachten Augenblick einzuheimsen. Da sich aber ein solcher nicht findet, so verläßt' er nach längerem Warten unverrichteter Sache das Lokal. — Der gleiche Fall mit dem Unterschied, daß der Gast seinen Fuß aus das rollende Geldstück gesetzt und es dadurch dem Kellner verborgen hat. — Wie wäre es, wenn der Gast das Geldstück nur aus Ver­ geßlichkeit nicht aufgehoben hätte? 49. Ein Bauer nimmt unzüchtige Handlungen mit seiner er­ wachsenen Tochter vor. Als er sich dabei von einem Schutzmann be­ obachtet steht, bittet er flehentlich, ihn nicht anzuzeigen; er sei bisher unbestraft und wolle es auch bleiben. 3n der Tat verschweigt der Schutzmann den Vorfall, weil ihm der Bauer sonst als ordentlich be­ kannt ist und er ihn nicht ins Zuchthaus bringen möchte. 50. Ein Tagelöhner, der zum Auskehren des Gefängnisses en­ gagiert ist und sich deshalb für einen Beamten hält, läßt sich in un­ züchtigen Verkehr mit einer inhaftierten Frauensperson ein. 5(. Jemand zertrümmert seine eigene Uhr, weil er irrtümlich glaubt, sie gehöre einem anderen, dem er einen Schabernack zufügen will.

52. Lin Dieb greift in eine ftemde Tasche in der Hoffnung, ein Portemonnaie darin zu finden. Vie Tasche ist leer.

55. Eine Frauensperson, die sich irrtümlich für schwanger hält, nimmt ein Abtreibungsmittel. - Gesetzt, sie wäre wirklich schwanger gewesen, hätte aber ein indifferentes Getränk eingenommen in der Meinung, es sei ein Abtreibungsmittel.

54- Lei Frau Findig wohnt eine ältere Dante, Fräulein Einsam, mehrere Jahre zur Miete. Fräulein Einsam stirbt, und Frau Findig eignet sich aus ihrem Nachlaß eine goldene Uhr an. vierzehn Tage darauf wird das Testament der verstorbenen Einsam geöffnet, in dem die Findig zu ihrer eigenen Überraschung zur Alleinerbin eingesetzt wird. — Wie wäre es, wenn sie nur -Miterbin geworden? Wie, wenn ihr die Uhr als Vermächtnis hinterlassen worden wäre?

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55. Ein Kaufmann soll schworen, daß er eine Zahlung nicht erhalten habe. Obwohl er sie irrtümlich erhalten zu haben glaubt, leistet er den Lid. 56. Ein Witwer nimmt an, seine Frau lebe noch. geht er die Ehe mit einer andern ein.

Dennoch

57. Der Kaufmann Schwindel sieht Zahlungseinstellung und Konkurs voraus. Damit er später etwas zum Leben hat, bringt er einen Teil seines Warenlagers zu seinem Freunde Berget, der es unter Kenntnis des Sachverhaltes in Verwahrung nimmt. Eine ge­ rade noch zur rechten Seit gemachte Erbschaft wendet Zahlungsein­ stellung und Konkurs ab. Sind Schwindel und Berger strafbar?

58. Es greift jemand eine Frauensperson gewalttätig an, um den Beischlaf mit ihr zu vollziehen. Infolge der Gewaltanwendung stirbt die Angegriffene.