Strafrechtliche Fälle für Übungen an Universitäten und bei Justizbehörden [8., neu bearb. Aufl. Reprint 2019] 9783111547701, 9783111178813


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German Pages 56 [60] Year 1927

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Table of contents :
Vorwort
Fälle zur mündlichen Behandlung
Fälle zur schriftlichen Bearbeitung
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Strafrechtliche Fälle für Übungen an Universitäten und bei Justizbehörden [8., neu bearb. Aufl. Reprint 2019]
 9783111547701, 9783111178813

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Strafrechtliche Me für Übungen an Universitäten und bei Justizbehörden von

vr. Reinhard Zrank Professor der Rechte in München

Achte, neu bearbeitete Auflage

Gießen 1927 Verlag von Alfred Töpelmann

Alle Rechte vorbehalten.

Vorwort. Während die letzten Auflagen meiner Sammlung nur unver­ änderte Abdrucke der im Jahre 1912 erschienenen waren, habe ich die vorliegende achte stark umgestaltet, teils durch Neuordnung, teils durch Streichung alter Fälle, teils durch Aufnahme interessanter neuer. Nach wie vor aber wird man in dem ersten Teil vorzugsweise Schul­ beispiele zu den allgemeinen Lehren und zu den Tatbeständen besonders wichtiger Delikte finden, in dem zweiten dagegen kompliziertere Fälle, von den letzteren ist die Mehrzahl in Gießen, Tübingen oder München unter Klausur in der Neferendarprüfung bearbeitet worden.

3m ganzen hoffe ich, daß sich meine Sammlung auch jetzt als praktisch erweist.

Reddighäuser Hammer, im September 1927.

Reinhard Zrank.

Fälle zur mündlichen Behandlung. 1. Die Forstverwaltung eines Landes ersucht das Reichsjustiz­ ministerium um ein Gutachten darüber, ob es beim Forstdiebstahl angehe, 1. die Verfolgungsverjährung auszuschließen, 2. den versuch gleich der Vollendung und die Beihilfe gleich der Täterschaft zu bestrafen, 3. die Strasbarkeit schon mit dem vollendeten zwölften Lebensjahr eintreten zu lassen. 2. (Ein „Lokal-Polizei-Reglement" bestimmt: „Absichtliche Be­ schädigung, Beschmutzung und widerrechtliche Benutzung der Anschlags­ tafeln und -Säulen, Abreißen von Anschlägen von denselben werden unbeschadet höherer allgemeiner Strafbestimmungen mit einer Geld­ strafe bis zu 30 Mark bestraft." Wie steht es mit der Gültigkeit dieses Reglements? Z. Line Polizeiverordnung lautet: „Auf Grund des RStGB's § 366 Nr. 10 wird hiermit den Hauseigentümern die Verpflichtung auferlegt, bei Glatteis den Bürgersteig mit Sägemehl zu bestreuen. Zuwiderhandlungen werden mit Geldstrafe bis zu 60 Mark oder mit haft bis zu 14 Tagen bestraft." Sind gegen diese Verordnung Bedenken zu erheben? 4. Als das RStGB in Kraft trat, hob ein deutscher Staat das in seinem Polizeistrafgesetz enthaltene verbot des Tragens ver­ borgener Waffen deshalb auf, weil die Materie durch RStGB § 367 Nr. 9 geregelt sei. Was ist die Folge davon? 5. Ist es zulässig, jemanden in Hessen wegen eines in Preußen begangenen Forstdiebstahls zu bestrafen? Wie steht es eventuell, wenn die Handlung nach hessischem Recht gemeiner Diebstahl ist? Wie, wenn sie sich umgekehrt nach preußischem Rechte als gemeiner, nach hessischem als Forstdiebstahl darstellt? - Kann ein Bayer, der in Preußen im Konkubinat lebt, nach dem bayrischen Gesetz vom 20. März 1882 bestraft werden? 6. hätte Bresci, der Mörder des Königs von Italien, wenn er nach Deutschland geflüchtet wäre, hier bestraft werden können? — Gesetzt, er wäre Deutscher gewesen? - Angenommen er hätte sich

(als Deutscher), nachdem er deutsches Gebiet geflüchtet.

in

Italien verurteilt worden, auf

7. Gin Deutscher erhält in Berlin einen Brief aus Asien, in dem ihm ein befreundeter Perser rät, sich in Deutschland noch eine zweite Frau zu nehmen. 3n der Tat gelingt dem Deutschen der Abschluß einer zweiten Ehe. Kann sich der persische Freund den auf seinen Kat in Deutschland gegründeten neuen Hausstand ansehen, ohne Verfolgung befürchten zu müssen? — Wie wäre es in dem umgekehrten Falle, daß ein Perser in Persien aus Rat eines Deutschen eine zweite Frau nimmt? Riskiert der Deutsche, der den Rat von Berlin aus erteilt hat, in Deutschland bestraft zu werden? — Wie endlich, wenn wir uns in dem letzten Fall an Stelle des Persers einen in Persien wohnenden Deutschen denken? 8. Auf einer Expedition in das innere Afrika bestiehlt ein Deutscher einen andern Deutschen. Kann der Täter in Deutschland bestraft werden? 9. 3m 18. Jahrhundert wurde innerhalb des heutigen Dberlandesgerichtsbezirks Kassel eine Verordnung erlassen, welche „die Erteilung eines falschen Abschieds an das Gesinde" (d. h. die Ausstellung eines unrichtigen vienstzeugnisies) mit „ernster und nachdrücklicher" Strafe bedrohte. Die Verordnung ist bis jetzt nicht ausgehoben worden. Auf welche Strafe erkennt zutreffendenfalls der Richter?

10. 3m Jahre 1926 wurde eine Frau in der Berufungsinstanz wegen Abtreibung zu Zuchthaus verurteilt. Einen Tag nach Verkündung des Urteils trat die Novelle vom 18. Wat 1926 in Kraft. Die verurteilte legte Revision ein und begründete sie durch die Behauptung, daß auf ihre Handlung nunmehr die Novelle anzuwenden sei und sie daher nur mit Gefängnis bestraft werden könne. — Angenommen, das Urteil würde in der Revisionsinstanz wegen eines (ebenfalls von der ver­ urteilten gerügten) prozesiualen Fehlers aufgehoben und die Sache an die Vorinstanz zurückgewiesen. Wie wäre es jetzt mit der An­ wendbarkeit der Novelle? — Wie, wenn die erwähnte Gesetzesänderung zwischen dem ersten (ebenfalls auf Zuchthaus lautenden) und dem Berufungsurteil eingetreten wäre? — Gesetzt, der Berufungsrichter hätte die Novelle angewendet, bevor sie in Kraft getreten war. hätte die Staatsanwaltschaft mit Aussicht auf Erfolg darauf die Revision stützen können? 11. 3n einem Deutschland benachbarten Lande herrscht die Pest. Um die Einschleppung zu verhindern, erläßt Deutschland ein Gesetz, das jede Einfuhr aus dem verseuchten Lande bei Strafe verbietet, seine eigene Gültigkeit aber bis zu einem bestimmten Termine be­ grenzt. Zwei Tage vor dessen Eintreten führt ein Händler Lumpen

aus jenem Lande ein. vier Wochen darauf zur Verantwortung gezogen, protestiert er unter Berufung auf § 2 gegen feine Verurteilung. 12. Konnte eine vor dem 30. September 1890 begangene Zuwider­ handlung gegen das Sozialistengesetz noch nach diesem Termine be­ straft werden? — (Ein auf Grund jenes Gesetzes zu einer Gefängnis­ strafe verurteilter Agitator verlangte im (Oktober 1890 seine Ent­ lassung aus der Strafhast, weil das Gesetz nunmehr außer Kraft getreten sei. 13. Das BGB hat bekanntlich das sogenannte Kahlpfändungs­ recht des Vermieters beseitigt. Konnte ein Meter, der im Jahre 1899 unter Mitnahme ihm unentbehrlicher, aber vom Vermieter für ge­ pfändet erklärter Sachen „gerückt" war, noch nach der Gültigkeit des BGB's bestraft werden? 14. Jemand, der vor dem Jahre 1900 bilanzpflichtiger Kauf­ mann war, hat es vor dieser Zeit wiederholt versäumt, die Jahres­ bilanz zu ziehen. Mit der Gültigkeit des neuen Handelsgesetzbuches ist er aus dem Kreise der bilanzpflichtigen Kaufleute ausgeschieden. Bald darauf wurde das Konkursverfahren über sein vermögen eröffnet. Ist er nach KG § 240 Nr. 4 strafbar? 15. In ihrer ursprünglichen Fassung bedrohte die KG § 210 den einfachen Bankrott mit Gefängnisstrafe bis zu zwei Jahren, während sie nunmehr (§ 240) Gefängnis schlechthin, anderseits aber bei mildernden Umständen auch Geldstrafe zuläßt. Kann jetzt gegen einen Schuldner, der die Handlung unter der Herrschaft der alten KG begangen hat, auf drei Jahre Gefängnis erkannt werden? 16. Huf einem Spaziergange bemerkt jemand einen Sprung in dem Pfeiler einer Lisenbahnbrücke. Hls Techniker weiß er, daß die Brücke den demnächst fälligen Zug nicht tragen kann. Da er aber gerade eilig ist, so kümmert er sich nicht um die Hngelegenheit. Die Brücke stürzt unter dem Zuge ein. — Wie wäre es, wenn der Sprung von einem Dqnamitattentat herrührte? 17. In einer kalten Winternacht finde ich einen Schwer­ betrunkenen auf der Straße, hebe ihn auf, um ihn auf die Polizei­ wache zu bringen. Nach einiger Zeit wird mir die Sache zu lang­ weilig. Ich verlasse den Betrunkenen; dieser erfriert alsbald. 13. Zwischen dem Kaufmann Leichtfuß und seinem Kassierer peinlich besteht die Verabredung, daß der letztere unbedingt für jeden Kaffendefekt aufzukommen hat. (Eines Tages nimmt Leichtfuß, der selbst im Besitze eines Schlüssels ist, 50 Mark aus der Kasse, ohne dem Kassierer etwas davon zu sagen. Dieser findet beim Monats­ schluß den Defekt und deckt ihn stillschweigend aus seiner Tasche. 19. Der Inhaber einer Wirtschaft läßt den Wiegeautomaten, von dem er weiß, daß er nicht mehr funktioniert, offen stehen und

freut sich, am Abend die vergeblich hineingeworfenen Sehnpfennigstücke zu finden. 20. X beauftragt sein Dienstmädchen, einen Revolver zum Büchsenmacher zu bringen und dabei zu sagen, daß die Patrone noch darin stecke. Das Mädchen übergibt den Revolver dem Büchsen­ macher, macht ihn aber nicht darauf aufmerksam, daß die Waffe noch geladen ist. Der Büchsenmacher hantiert unvorsichtig mit dem Revolver, dieser entlädt sich und tötet einen vorübergehenden. 21. ct und B wollen, ohne etwas voneinander zu wissen, den Bravo X zur Ermordung des 3 bestimmen. H bietet dem X für die Tat 600 Mark; B bietet 400 Mark. Da durch die Summe der Anerbietungen die Taxe des X erreicht wird, so begeht er die Tat. Wer ist als Anstifter haftbar? — Wie wäre es, wenn A und B im Einverständnis gehandelt hätten? 22. 3n voller Unabhängigkeit voneinander geben zwei Per­ sonen einer dritten mit Tätungsvorsatz Gift. Jede hält die eigene Dosis für genügend zur Tötung. Tatsächlich aber wirkt erst die Summe der Dosen tödlich. 23. Ein Arzt verschreibt aus versehen eine giftige Substanz in zu starker Dosis. Der Apotheker fertigt das Medikament in der vom Arzt vorgeschriebenen Weise an, obwohl er den Fehler bemerkt hat. Als ein Bote erscheint, um die Arznei zu holen, händigt sie ihm der Apotheker nebst dem Rezepte aus mit der Weisung, zunächst beim Arzt anzufragen, ob das Rezept richtig sei. Der Bote trifft den Arzt nicht zu Hause an und bringt nun der Frau des Kranken unter Mitteilung des Sachverhalts Rezept und Arznei. 3m ver­ trauen darauf, daß sich der Arzt stets als zuverlässig erwiesen hat, gibt die Frau ihrem gerade nach der Medizin verlangenden Manne davon zu trinken. Dieser stirbt infolge des Genusses. 24. Der technische Direktor einer Fabrik stellt zur Bedienung des Dampfkessels einen, wie er weiß, durchaus unerfahrenen, aber geringen Lohn fordernden Arbeiter an. Der Arbeiter bekommt eine 3nstruktion ausgehändigt, die er nach Kräften zu befolgen sucht. Dennoch läuft ihm ein versehen unter, infolge dessen der Kessel platzt und mehrere Arbeiter tötet. 25. A versetzt dem ihm fremden B eine Ohrfeige. B hat ein Gehirnleiden und stirbt, obwohl die Ohrfeige ganz gelind war. — Wie wäre es, wenn die Verletzung des B von Haus aus ernstlicher gewesen, er aber auf dem Wege zum Arzte verunglückt wäre? 26. Ein Jäger besucht mit geladenem Gewehr ein Wirtshaus. Während er sich auf kurze Seit aus der Gaststube entfernt hat, nimmt der Sohn des Wirtes das Gewehr von der Wand, legt scherzend auf seinen jüngeren Bruder an und drückt los in der

Meinung die Flinte sei nicht geladen. Der Bruder sinkt getroffen nieder. - Derselbe Fall, nur mit dem Unterschiede, daß der Sohn des Wirtes vorsätzlich handelt. 27. In einem bekannten Memoirenwerke des achtzehnten Jahr­ hunderts findet sich folgender Fall. Der Verfasser bemerkt in London einen Volksauflauf.