Strafvollzugsrecht [2. neu bearb. Aufl. Reprint 2019] 9783110896817, 9783110075779


184 46 21MB

German Pages 382 [384] Year 1978

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Table of contents :
Vorbemerkung
Inhalt
Abkürzungsverzeichnis
ERSTER TEIL. Begriff, Entwicklung und Grundlagen des Strafvollzugsrechts
ZWEITER TEIL. Grundsätze des Vollzugs und Stellung des Gefangenen
DRITTER TEIL. System und Organisation des Strafvollzugs
Literatur
Sachregister
Gesetzesregister
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Strafvollzugsrecht [2. neu bearb. Aufl. Reprint 2019]
 9783110896817, 9783110075779

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Strafvollzugsrecht von

Heinz Müller-Dietz

Zweite, neubearbeitete Auflage

w DE

G

1978

Walter de Gruyter • Berlin • New York

SAMMLUNG GÖSCHEN 2803

Dr. Heinz Müller-Dietz, o. Professor an der Universität des Saarlandes

CIP-Kurztitelaufnabme der Deutschen Bibliothek

Müller-Dietz, Heinz Strafvollzugsrecht. — 2., neubearb. Aufl. — Berlin, New York : de Gruyter, 1978. (Sammlung Göschen ; 2803) ISBN 3-11-007577-6

© Copyright 1978 by Walter de Gruyter & Co., vormals G. J. Göschen'sche Verlagshandlung, J. Guttentag, Verlagsbuchhandlung, Georg Reimer, Karl J. Trübner, Veit &C Comp., 1 Berlin 30 — Alle Rechte, insbesondere das Recht der Vervielfältigung und Verbreitung sowie der Übersetzung, vorbehalten. Kein Teil des Werkes darf in irgendeiner Form (durch Fotokopie, Mikrofilm oder ein anderes Verfahren) ohne schriftliche Genehmigung des Verlages reproduziert oder unter Verwendung elektronischer Systeme verarbeitet, vervielfältigt oder verbreitet werden — Printed in Germany — Satz und Druck: Walter de Gruyter, 1 Berlin 30 — Bindearbeiten: Berliner Buchbinderei Wübben Sc Co., 1 Berlin 42

Vorbemerkung Der vorliegende Band ist vor allem für Studierende des Rechts geschrieben, die die Wahlfachgruppe „Kriminologie, Jugendstrafrecht, Strafvollzug" gewählt haben. Er kommt auch für Studierende anderer Fachrichtungen in Betracht, soweit diese sich mit dem Strafvollzug beschäftigen. Schließlich ist der Band für Zwecke der Rechtspraxis, nicht zuletzt des Strafvollzugs selbst und der Strafvollstreckungskammern, gedacht. Für Studierende eignet sich der Band sowohl zum Selbststudium als auch zur Einführung. Er trägt den Anforderungen der schriftlichen und mündlichen Prüfung im Wahlfach Strafvollzug innerhalb der ersten juristischen Staatsprüfung Rechnung. In jedem Falle setzt er Grundkenntnisse im materiellen und formellen Strafrecht sowie im öffentlichen Recht voraus. Der Band stellt das Strafvollzugsrecht der Bundesrepublik Deutschland nach dem Stande vom 1 . 1 . 1977 dar. Schwerpunkte bilden namentlich die verfassungsrechtlichen und kriminalpolitischen Grundlagen dieses Rechtsgebietes sowie die Grundzüge des Strafvollzugsgesetzes vom 16. 3. 1976. Kriminologische Fragen werden nur berührt, soweit sie unmittelbar den Strafvollzug betreffen. Für den 1976 in erster Auflage erschienenen Band ist innerhalb kurzer Zeit eine Neuauflage notwendig geworden. Die Notwendigkeit ergab sich nicht zuletzt aus Änderungen, die das Strafvollzugsgesetz seit dem 16. 3. 1976 erfahren hat, sowie auf Grund der zwischenzeitlich zu diesem Gesetz erschienenen Literatur und Verwaltungsvorschriften. Bei der Überarbeitung wurde auch die der ersten Auflage zuteil gewordene, durchweg recht förderliche Kritik berücksichtigt. Saarbrücken, im Oktober 1977

Heinz Müller-Dietz

Inhalt Vorbemerkung Abkürzungsverzeichnis Erster Teil. Begriff, Entwicklung und Grundlagen des Strafvollzugsrechts § 1 Begriff und Gegenstand des Strafvollzugsrechts I. Begriff des Strafvollzugs 1. Der weite Begriff 2. Der enge Begriff a) Gründe b) Strafvollzugskunde c) Kritik 3. Die Gegenstandsbereiche im einzelnen II. Begriff und Inhalt des Strafvollzugsrechts 1. Begriff des Strafvollzugsrechts 2. Inhalt des Strafvollzugsrechts III. Das Strafvollzugsrecht im Gesamtsystem des Rechts . . 1. Das Strafvollzugsrecht als Teil des öffentlichen Rechts a) Strafvollzugsrecht und Verfassungsrecht b) Strafvollzugsrecht und Verwaltungsrecht c) Strafvollzugsrecht und Verwaltungsprozeßrecht. . 2. Das Strafvollzugsrecht als Teil des gesamten Kriminalrechts a) Strafvollzugsrecht und materielles Strafrecht . . . b) Strafvollzugsrecht und Strafverfahrensrecht . . . § 2 Die normativen und empirischen Grundlagen des Strafvollzugs I. Die Orientierung an normativen Grundentscheidungen 1. Verfassungsrechtliche Wertentscheidungen 2. Kriminalpolitische Zielvorstellungen II. Der Wirklichkeitsbezug des Strafvollzugs 1. Das Verhältnis von Norm und Empirie im Strafvollzug a) Die Unterscheidung von Norm und Wirklichkeit b) Die Verflechtung von Norm und Wirklichkeit . .

6

Inhalt 2. Der Stand der kriminologischen (pönologischen) Forschung auf dem Gebiet des Strafvollzugs a) Die Ausgangslage b) Die heutige Situation c) Empirische Untersuchungen zum Strafvollzug in der Bundesrepublik Deutschland § 3 Die Entwicklung des deutschen Strafvollzugsrechts I. Übersicht 1. Die Bemühungen um eine praktische Reform des Strafvollzugs 2. Die Bemühungen um eine gesetzliche Regelung des Strafvollzugs

34 34 35 36 40 40 40 41

II. Die Bemühungen um eine normative Regelung bis 1961 1. Die Rechtslage nach Inkrafttreten des RStGB . . . . 2. Der Entwurf eines Strafvollzugsgesetzes von 1879 . . 3. Die Bundesratsgrundsätze von 1897 4 . Die Reichsratsgrundsätze von 1923 5. Der Entwurf eines Strafvollzugsgesetzes von 1927 . . 6. Die Strafvollzugsverordnung von 1934 und die Strafvollzugsordnungen von 1940 7. Die Entwicklung zwischen 1945 und 1961 8. Die Dienst- und Vollzugsordnung von 1961

42 42 43 43 44 45

III. Vorarbeiten und Entwürfe zum Strafvollzugsgesetz . . . 1. Vorarbeiten zum Strafvollzugsgesetz 2. Der Kommissionsentwurf eines Strafvollzugsgesetzes 1971 (KE) 3. Der Regierungsentwurf eines Strafvollzugsgesetzes von 1972/73 (RE) 4 . Der Alternativ-Entwurf eines Strafvollzugsgesetzes von 1973 (AE) 5. Sonstige Vorschläge zum Strafvollzugsgesetz . . . .

51 51

46 48 49

53 54 55 56

IV. Exkurs: Das Gesetz über den Vollzug der Strafen mit Freiheitsentzug (Strafvollzugsgesetz) der D D R von 1977

58

§ 4 Verfassungsrechtliche und kriminalpolitische Grundsätze für die Ausgestaltung des Strafvollzugs

59

I. Die verfassungsrechtlichen Grundprinzipien 1. Rechtsstellung des Gefangenen nach dem Grundgesetz a) Rechtsstaatsprinzip b) Sozialstaatsprinzip

59 59 59 61

Inhalt 2. Gesetzgebungszuständigkeit und Verwaltungshoheit auf dem Gebiet des Strafvollzugs a) Die Gesetzgebungszuständigkeit des Bundes . . . b) Die Verwaltungshoheit der Länder II. Die kriminalpolitischen Leitgedanken 1. Strafzwecke und Strafzumessungsgrundsätze des StGB a) Generalprävention und Schuldausgleich als Ausgangspunkt b) Individualpräventive Ansätze im strafrechtlichen Sanktionensystem 2. Die individualpräventive Orientierung des Strafvollzugs a) Die individualpräventiven Ziele b) Der Sicherungszweck c) Das Resozialisierungsziel und seine Problematik . d) Zielkonflikte und Konfliktlösungen

Zweiter Teil. Grundsätze des Vollzugs und Stellung des Gefangenen

7

62 62 62 63 63 63 64 65 65 66 66 68

71

§ 5 Anwendungsbereich und Aufbau des Strafvollzugsgesetzes . . .

71

I. Der Anwendungsbereich des Strafvollzugsgesetzes . . . .

71

II. Der Aufbau des Strafvollzugsgesetzes 1. Die Systematik des Gesetzes 2. Die einzelnen Regelungsmaterien III. Die Regelung des Inkrafttretens 1. Die Termine des Inkrafttretens 2. Die Übergangsvorschriften § 6 Allgemeine Grundsätze des Vollzugs I. Die Aufgaben des Vollzugs 1. Die Genesis der Regelung 2. Das Vollzugsziel der Rückfallverhütung a) Inhalt und Grenzen rückfallverhütender Behandlung b) Der Vorrang des Vollzugsziels 3. Die Sicherungsaufgabe des Vollzugs II. Die Grundsätze der Vollzugsgestaltung 1. Der Angleichsgrundsatz 2. Der Grundsatz „nil nocere" 3. Der Grundsatz der Eingliederungshilfe

72 72 73 74 74 75 76 76 76 78 78 80 80 83 83 84 85

8

Inhalt III. Die Stellung des Gefangenen 1. Die Mitwirkung des Gefangenen 2. Die Rechtsstellung des Gefangenen im allgemeinen . § 7 Planung und Gestaltung des Vollzugsablaufs I. Gegenstand und Bedeutung 1. Uberblick: Vollzugsplanung und Vollzugsziel 2. Vollzugsplanung und Klassifizierung der Gefangenen 3. Vollzugsplanung und Differenzierung der Vollzugsanstalten a) Differenzierung der Vollzugsanstalten b) Vollzugsplanung und Vollstreckungsplan 4. Besondere Phasen des Vollzugsablaufs a) Aufnahmevollzug b) Entlassungsvollzug II. Zugang und Aufnahmeverfahren 1. Formen des Strafantritts 2. Das Aufnahmeverfahren III. Planung des Vollzugsablaufs 1. Die Persönlichkeitserforschung 2. Der Vollzugsplan und der Behandlungsplan a) Der Vollzugsplan b) Der Behandlungsplan

85 86 87 89 89 89 89 92 92 93 95 95 96 97 97 98 99 99 100 100 102

IV. Geschlossener und offener Vollzug 102 1. Die Unterscheidung zwischen geschlossenem und offenem Vollzug 103 2. Voraussetzungen für die Aufnahme in den offenen Vollzug 104 V. Lockerungen des Vollzugs 1. Begriff 2. Voraussetzungen

106 106 107

VI. Urlaub aus der H a f t 109 1. Formen des Urlaubs 109 2. Voraussetzungen der Beurlaubung aus der H a f t . . . 110 VII. Verlegung in eine andere Anstalt 1. Verlegung und Uberstellung 2. Verlegung in eine andere Vollzugsanstalt 3. Verlegung in eine sozialtherapeutische Anstalt . . . . a) Das Verhältnis des § 9 StVoIlzG zu § 65 StGB . . b) Die Ausgestaltung der sog. Vollzugslösung . . . .

112 112 113 113 113 115

Inhalt VIII. Entlassungsvorbereitung und Entlassung 1. Entlassungsvorbereitung a) Vollzugslockerungen und offener Vollzug b) Sonderurlaub 2. Entlassungsvorgang und Entlassungszeitpunkt . . . . a) Entlassungsarten b) Entlassungszeitpunkt c) Entlassungsvorgang 3. Nachgehende Hilfen 4. Wiederaufnahme in den Vollzug § 8 Einzelne Gestaltungsbereiche des Vollzugs I. Unterbringung und Ernährung des Gefangenen 1. Unterbringung a) Unterbringung des Gefangenen und Trennungsgrundsatz b) Unterbringung während der Arbeitszeit und Freizeit c) Unterbringung während der Ruhezeit 2. Ausstattung des Haftraumes 3. Bekleidung 4. Ernährung 5. Einkauf

9 116 116 118 118 119 119 120 121 121 123 124 124 124 124 125 126 127 128 129 129

II. Verkehr des Gefangenen mit der Außenwelt 131 1. Bedeutung des Kontakts mit der Außenwelt 131 2. Die Grundsätze der Regelung 132 3. Die Regelung im einzelnen 134 a) Überblick 134 b) Besuchsverkehr 135 c) Schriftverkehr 137 d) Sonstiger Postverkehr 139 e) Urlaub, Ausgang und Ausführung aus wichtigem Anlaß 140 f) Wahrnehmung gerichtlicher Termine 141 III. Arbeit, Ausbildung, Weiterbildung und Sozialversicherung 1. Grundsätze der gesetzlichen Regelung a) Die Systematik des Gesetzes b) Aufgaben und Ausgestaltung der Arbeit und Weiterbildung c) Die Regelung des Inkrafttretens 2. Die Beschäftigung des Gefangenen a) Arbeitszuweisung und Arbeitspflicht

142 142 142 143 146 147 147

Inhalt

3.

4.

5.

6.

b) Die Zuweisung sonstiger Beschäftigung c) Die Eingehung eines freien Beschäftigungsverhältnisses d) Die Selbstbeschäftigung e) Die Freistellung von der Arbeitspflicht Aus- und Weiterbildung a) Formen der Aus- und Weiterbildung b) Die berufliche Förderung c) Unterricht Die finanziellen Leistungen an den Gefangenen . . . . a) Arbeitsentgelt b) Ausbildungsbeihilfe c) Ausfallentschädigung d) Taschengeld Die Verwertung der Einkünfte des Gefangenen . . . . a) Hausgeld b) Unterhaltsbeitrag c) Haftkostenbeitrag d) Überbrückungsgeld und Eigengeld Sozial- und Arbeitslosenversicherung a) Zur Problematik der Einbeziehung des Gefangenen b) Unfallversicherung c) Arbeitslosenversicherung d) Kranken- und Rentenversicherung

IV. Religionsausübung 1. Grundsätze 2. Einzelseelsorge 3. Teilnahme an religiösen Veranstaltungen

149 150 151 151 152 152 153 155 156 157 158 158 160 160 161 162 164 165 167 167 169 170 171 172 172 173 173

V. Gesundheitsfürsorge 174 1. Grundsätze 174 2. Die ärztliche und zahnärztliche Versorgung im einzelnen 175 VI. Freizeitgestaltung und Zugang zu Informationen . . . . 1. Grundsätze 2. Informationsrechte und -möglichkeiten VII. Soziale Hilfe 1. Grundsätze 2. Die einzelnen Hilfen a) Hilfe bei der Aufnahme b) Hilfe während des Vollzugs c) Hilfe zur Entlassung

177 177 179 181 181 182 182 183 183

Inhalt § 9 Sicherheit und Ordnung I. Grundfragen und Grundsätze 1. Zur Grundproblematik von Sicherheit und Ordnung 2. Überblick über Regelungen und Systematik des Gesetzes 3. Grundprinzipien der gesetzlichen Regelung a) Freiwilligkeit vor Zwang b) Verhältnismäßigkeitsgrundsatz II. Verhaltensvorschriften 1. Überblick 2. Die einzelnen Verhaltensgebote und -verböte 3. Persönlicher Gewahrsam und Eigengeld

11 185 185 185 187 188 188 189 190 190 191 193

III. Sicherungsmaßnahmen 1. Allgemeine Sicherungsmaßnahmen 2. Besondere Sicherungsmaßnahmen a) Übersicht b) Die einzelnen Maßnahmen 3. Unmittelbarer Zwang a) Grundsätze b) Schußwaffengebrauch c) Ärztliche Zwangsmaßnahmen

194 195 198 198 200 202 202 204 206

IV. Disziplinarmaßnahmen 1. Voraussetzungen 2. Arten von Disziplinarmaßnahmen 3. Disziplinarverfahren und Disziplinarbefugnis

209 210 211 213

V. Ersatzansprüche 1. Ersatzansprüche gegen den Staat 2. Ersatzansprüche gegen Gefangene

214 215 216

§ 10 Verfahrensrecht

218

I. Überblick 218 1. Rechtsbehelfe 218 2. Problematik und Bedeutung des Rechtsschutzsystems 219 II. Das Vollstreckungsgericht

221

III. Rechtsweg bei Strafvollstreckungsentscheidungen . . . . 1. Zuständigkeit 2. Verfahren

224 224 225

IV. Rechtsweg bei Vollzugsmaßnahmen 1. Übersicht 2. Zuständigkeit

227 227 229

12

Inhalt 3. Verfahren a) Verwaltungsvorverfahren und Beteiligte b) Antragsfristen, Wiedereinsetzung und Aussetzung der Maßnahme c) Gerichtliche Entscheidung d) Rechtsbeschwerde V. Sonstige Rechtsbehelfe 1. Beschwerderecht 2. Petitionsrecht 3. Individualbeschwerde nach Art. 25 MRK VI. Gnadenrecht

Dritter Teil. System und Organisation des Strafvollzugs § 11 Grundfragen der Vollzugsorganisation I. Überblick 1. Vollzugsorganisation und Vollzugsaufgaben 2. Organisationssoziologische Probleme des Vollzugs . . II. Strafvollzug als System 1. Vertikaler Aufbau des Vollzugs (Aufsichtsbehörden) . . 2. Horizontaler Aufbau des Vollzugs (Vollzugsanstalten) a) Differenzierung der Vollzugsanstalten b) Bildung von Vollzugsgemeinschaften III. Strafvollzug als Prozeß 1. Der Zusammenhang zwischen Struktur und Prozeß . . 2. Vollzug als Kommunikations- (Entscheidungs-) und Behandlungsprozeß a) Mitwirkung der Gefangenen b) Aktivierung von Gefangenen c) Kommunikation zwischen Gefangenen d) Zusammenarbeit zwischen Bediensteten § 12 Vollzugsanstalten I. Größe und Einrichtung 1. Bauliche Gesichtspunkte 2. Größe und Gliederung a) Größe und Belegungsfähigkeit b) Gliederung 3. Größe und Ausgestaltung der Räume a) Arten der Räume b) Hafträume und Gemeinschaftsräume c) Arbeitsbetriebe und Einrichtungen zur beruflichen Bildung

233 233 234 237 239 241 241 243 243 244 247 247 247 247 248 250 250 253 253 255 255 255 256 256 257 258 259 261 261 261 263 263 264 265 265 266 267

Inhalt II. Das Entscheidungs- und Kommunikationssystem . . . . 1. Anstaltsleitung a) Die monokratische Leitung b) Die Delegation von Aufgabenbereichen 2. Kommunikation und Mitverantwortung a) Die Zusammenarbeit innerhalb des Vollzugs . . . b) Die Zusammenarbeit mit Stellen und Personen außerhalb des Vollzugs c) Konferenzen d) Gefangenenmitverantwortung III. Die verschiedenen Dienste (Anstaltspersonal) 1. Grundfragen a) Übersicht b) Bisherige Regelung und Vorschläge c) Die Regelungen des StVollzG 2. Das Anstaltspersonal a) Verwaltungsdienst b) Allgemeiner Vollzugsdienst c) Werkdienst d) Sozialdienst aa) Überblick bb) Seelsorger cc) Ärzte dd) Psychologen ee) Pädagogen ff) Sozialarbeiter 3. Auswahl, Ausbildung und Fortbildung der Vollzugsbediensteten a) Die Zuständigkeit der Länder b) Berufliche Anforderungen an die Tätigkeit im Vollzug c) Entwicklungstendenzen hinsichtlich der Ausbildung und Fortbildung 4. Kriminologischer Dienst a) Grundfragen vollzugsbegleitender Forschung . . . b) Vorschläge zur gesetzlichen Regelung c) Die Ausgestaltung des kriminologischen Dienstes im StVollzG IV. Anstaltsbeiräte 1. Die Beteiligung der Öffentlichkeit am Vollzug . . . . 2. Anstaltsbeiräte a) Ubersicht

13 268 268 268 271 272 273 274 276 278 279 279 279 281 283 285 285 287 289 290 290 291 292 294 295 297 299 299 299 302 306 306 308 310 311 311 313 313

14

Inhalt b) Bildung der Beiräte c) Aufgaben und Befugnisse

314 315

§ 13 Vollzug der freiheitsentziehenden Maßregeln der Besserung und Sicherung 317 I. Das System freiheitsentziehender Maßregeln 317 1. Überblick 317 2. Grundsätze 318 a) Verhältnismäßigkeitsgrundsatz 319 b) Individuaiprävention durch Behandlung und Sicherung 319 c) Individualisierung 321 II. Der Vollzug freiheitsentziehender Maßregeln 1. Uberblick über die Regelungen des StVollzG 2. Unterbringung in einer sozialtherapeutischen Anstalt a) Grundgedanken der Sozialtherapie b) Die Regelung der Unterbringung im StGB c) Die Regelung der Unterbringung im StVollzG . . . 3. Unterbringung in der Sicherungsverwahrung a) Die Regelung der Unterbringung im StGB . . . . b) Die Regelung der Unterbringung im StVollzG . . 4. Unterbringung in Anstalten außerhalb des Justizvollzugs a) Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus b) Unterbringung in einer Entziehungsanstalt . . . .

323 323 324 324 325 327 331 331 332 334 334 336

§ 14 Frauenstrafvollzug, Jugendstrafvollzug und Untersuchungshaftvollzug I. Ubersicht II. Frauenstrafvollzug 1. Grundfragen 2. Die Regelung im StVollzG III. Jugendstrafvollzug 1. Rechtsgrundlagen a) Die Vorschriften des JGG b) Ergänzende Regelungen 2. Ausgestaltung des Jugendstrafvollzugs IV. Exkurs: Vollzug der Untersuchungshaft

337 337 339 339 340 342 342 342 343 344 345

Literatur

348

Sachverzeichnis Gesetzesregister

360 372

Abkürzungsverzeichnis aaO abl. AE

AFG

AG aM Anm. Art. Aufl. AV Begr. BewHi BGBl. I, II, III BGH BGHSt BR BRRG BSHG

BT BT-Dr. BVerfG BVerfGE BVerwG BZRG

am angegebenen Ort ablehnend Alternativ-Entwurf eines Strafvollzugsgesetzes, vorgelegt von einem Arbeitskreis deutscher und schweizerischer Strafrechtslehrer, bearb. von Jürgen Baumann u.a., 1973 Arbeitsförderungsgesetz v. 25. 6. 1969 (BGBl. I 582), zuletzt geändert durch Gesetz v. 14. 12. 1976 (BGBl. I 334) Amtsgericht andere Meinung Anmerkung Artikel Auflage Allgemeine Verfügung Begründung Bewährungshilfe Bundesgesetzblatt Teil I, Teil II, Teil III Bundesgerichtshof Entscheidungen des Bundesgerichtshofs in Strafsachen (Amtliche Sammlung) Bundesrat Bundesbeamtenrechtsrahmengesetz Bundessozialhilfegesetz idF v. 18. 9. 1969 (BGBl. I 1688; III 2 1 7 0 - 1 ) , letztes ÄndG v. 13. 2. 1976 (BGBl. I 289) Bundestag Bundestags-Drucksache Bundesverfassungsgericht Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts (Amtliche Sammlung) Bundesverwaltungsgericht Gesetz über das Bundeszentralregister und das Erziehungsregister (Bundeszentralregistergesetz) v. 18. 3. 1971 (BGBl. I 1243), letztes ÄndG v. 25. 5. 1976 (BGBl. I 1278)

16 DJT DRiZ DSVollz

Abkürzungsverzeichnis

Deutscher Juristentag Deutsche Richterzeitung Dienst- und Sicherheitsvorschriften für den Strafvollzug DVO Durchführungsverordnung DVollzO Dienst- und Vollzugsordnung vom 1. 12. 1961 E Entwurf EG Einführungsgesetz EGStGB Einführungsgesetz zum Strafgesetzbuch v. 2. 3. 1974 (BGBl. I 469), letztes ÄndG v. 2. 7. 1975 (BGBl. I 1745, 1752) GA Goltdammer's Archiv für Strafrecht GG Grundgesetz GKG Gerichtskostengesetz GVG Gerichtsverfassungsgesetz hM herrschende Meinung idF in der Fassung JA Juristische Arbeitsblätter JGG Jugendgerichtsgesetz v. 4. 8. 1953 idF v. 11. 12. 1974 (BGBl. I 3427; III 4 5 1 - 1 ) JR Juristische Rundschau JuS Juristische Schulung JZ Juristenzeitung KE Entwurf eines Gesetzes über den Vollzug der Freiheitsstrafen und der freiheitsentziehenden Maßregeln der Besserung und Sicherung - Strafvollzugsgesetz - . Entwurf der Strafvollzugskommission. Hrsg. vom Bundesministerium der Justiz, 1971 KG Kammergericht KrimJ Kriminologisches Journal krit. kritisch LG Landgericht Mat. 6 1954 Materialien zur Strafrechtsreform 6. Bd., 1954 MDR Monatsschrift für deutsches Recht Mindestgrundsätze Mindestgrundsätze für die Behandlung der Gefangenen - Europäische Fassung (vom 19.1. 1973) —, 1975 MRK Europäische Menschenrechtskonvention v. 4. 11. 1950 (Gesetz über die MRK v. 7. 8. 1952 - BGBl. II 685, 953) MSchrKrim Monatsschrift für Kriminologie und Strafrechtsreform NDV Nachrichtendienst des deutschen Vereins für öffentliche und private Fürsorge

Abkürzungsverzeichnis NJW OEG OLG Prot. SA RdJB RE

RGBl. I, II Rspr. RStGB RuG RVO SA SchlHA Schwind/Blau SchwZStr StGB

StPO StRG StrVollstrO StVK StVollstrK StVollzG

UVollzO UZwG 2

17

Neue Juristische Wochenschrift Gesetz über die Entschädigung für Opfer von Gewalttaten vom 11. 5. 1976 (BGBl. I 1181) Oberlandesgericht Protokolle des Sonderausschusses für die Strafrechtsreform Recht der Jugend und des Bildungswesens Entwurf eines Gesetzes über den Vollzug der Freiheitsstrafe und der freiheitsentziehenden Maßregeln der Besserung und Sicherung - Strafvollzugsgesetz (StVollzG) —. Hrsg. vom Bundesministerium der Justiz, 1972 (auch BT-Dr. 7/918) Reichsgesetzblatt Teil I, Teil II Rechtsprechung Reichsstrafgesetzbuch vom 15. 5. 1871 (RGB1.S. 127) Recht und Gesellschaft Reichsversicherungsordnung v. 19. 7. 1911/15. 12. 1924 (RGBl. I 779; BGBl. III 820-1), letztes ÄndG v. 18. 8. 1976 (BGBl. I 2213) Sonderausschuß für die Strafrechtsreform Schleswig-Holsteinische Anzeigen Strafvollzug in der Praxis (s. Literaturverzeichnis) Schweizerische Zeitschrift für Strafrecht Strafgesetzbuch vom 15. 5. 1871 in der Fassung der Bekanntmachung vom 2. 1. 1975 (BGBl. I 2), letztes ÄndG v. 18. 8. 1976 (BGBl. I 2181) Strafprozeßordnung idF v. 7. 1. 1975 (BGBl. I 129, ber. 650; III 3 1 2 - 2 ) , letztes ÄndG v. 18. 8. 1976 (BGBl. I 2181) Gesetz zur Reform des Strafrechts Strafvollstreckungsordnung v. 15. 2. 1956 (Bundesanzeiger Nr. 42); zuletzt geändert durch AV v. 25. 11. 1974 (Bundesanzeiger Nr. 230) Strafvollzugskommission Strafvollstreckungskammer Gesetz über den Vollzug der Freiheitsstrafe und der freiheitsentziehenden Maßregeln der Besserung und Sicherung - Strafvollzugsgesetz (StVollzG) - vom 16.3. 1976 (BGBl. I 581) Untersuchungshaftvollzugsordnung vom 15. 2. 1953 Gesetz über den unmittelbaren Zwang bei Ausübung öffentlicher Gewalt durch Vollzugsbeamte des Bundes

Müller-Dietz, Strafvollzugsrecht

18

VO WJug WStVollzG VwGO

WBS WStG ZfStrVo ZPO

ZRP ZStW

Abkürzungsverzeichnis v. 10. 3. 1961 (BGBl. I 1 6 5 ; III 2 0 1 - 5 ) , letztes ÄndG v. 2 . 3. 1 9 7 4 (BGBl. I 4 6 9 , 5 4 6 ) Verordnung Bundeseinheitliche Verwaltungsvorschriften zum Jugendstrafvollzug Bundeseinheitliche Verwaltungsvorschriften zum Strafvollzugsgesetz Verwaltungsgerichtsordnung vom 2 1 . 1. 1 9 6 0 (BGBl. I 17; III 3 4 0 - 1 ) , letztes ÄndG v. 3. 12. 1976 (BGBl. I 3281) Wuppertaler Beiträge zur Straffälligenpädagogik, Delinquenzprophylaxe und Rehabilitation Wehrstrafgesetz v. 3 0 . 3. 1957 idF der Bekanntmachung v. 2 4 . 5 . 1 9 7 4 (BGBl. I 1 2 1 3 ; III 4 5 2 - 2 ) Zeitschrift für Strafvollzug (seit 1 9 7 5 Zeitschrift für Strafvollzug und Straffälligenhilfe) Zivilprozeßordnung v. 3 0 . 1. 1877, idF v. 12. 9. 1 9 5 0 (BGBl. I 4 5 5 ; III 3 1 0 - 4 ) , letztes ÄndG v. 3. 12. 1976 (BGBl. I 3 2 8 1 ) Zeitschrift für Rechtspolitik Zeitschrift für die gesamte Strafrechtswissenschaft

ERSTER TEIL

Begriff, Entwicklung und Grundlagen des Strafvollzugsrechts § 1 Begriff und Gegenstand des Strafvollzugsrechts I. Begriff

des

Strafvollzugs

1. Der weite Begriff Ist ein strafgerichtliches Urteil, das auf eine Strafe oder eine Maßnahme ( § 1 1 1 Nr. 8 StGB) erkannt hat, rechtskräftig geworden, muß es vollstreckt werden. Unter Strafvollstreckung versteht man die Einleitung und Überwachung der Realisierung des Urteilsspruchs (Kern-Roxin 1976, 2 9 7 ; Zipf 1977, 225). Die Strafvollstreckung ist im 7. Buch der StPO geregelt (§§ 449— 463 d). Demgegenüber versteht man unter Strafvollzug die praktische Durchführung der angeordneten Sanktion. Ursprünglich interpretierte man den Begriff „Strafvollzug" im Wortsinne. Dementsprechend hieß Strafvollzug Vollziehung aller vom Strafrichter verhängten Kriminalstrafen. In diesem Sinne definierte etwa Cesare Beccaria in seinem Werk „Über Verbrechen und Strafen" (1776) jenen Begriff. Dieses weite Verständnis des Begriffs lag auch Franz Liebers Forderung zugrunde, die „Strafkunde" oder „Pönologie" zu einem eigenen wissenschaftlichen Fach auszugestalten (Bruchstücke über Gegenstände der Strafkunde, besonders über das Eremitensystem, 1845). Im angloamerikanischen Bereich hat es sich bis heute — allerdings unter einem spezifisch kriminologisch-sozialwissenschaftlichen, nicht rechtlichen Vorzeichen - erhalten (vgl. Kaiser 1974a, 1). 2. Der enge Begriff a)

Gründe

Nach heutigem deutschem Sprachgebrauch, wie er sich sowohl in der Kriminologie als auch im Strafvollzugsrecht durchgesetzt hat, 2*

20

§ 1 Begriff und Gegenstand des Strafvollzugsrechts

versteht man unter Strafvollzug lediglich die Vollziehung freiheitsentziehender Sanktionen (vgl. Kaiser 1974a, 3). Damit umfaßt der Begriff den Vollzug der Freiheitsstrafe sowie der freiheitsentziehenden Maßregeln der Besserung und Sicherung. Für dieses engere Verständnis sprechen im wesentlichen drei Gründe. Einmal werden im eigentlichen Sinne des Wortes lediglich freiheitsentziehende Sanktionen vollzogen. So ist die Freiheitsstrafe „die einzige Strafart", „die nicht nur vollstreckt, sondern darüber hinaus vollzogen wird" (Schüler-Springorum 1969, 125). Bei der Geldstrafe lassen sich Beitreibung des Geldbetrages sowie Einleitung und Überwachung dieser Beitreibung kaum voneinander trennen, so daß von einem besonderen Vollzug nicht die Rede sein kann (Kaiser 1974 a, 2). Zum zweiten nimmt die Durchführung freiheitsentziehender Strafen und Maßregeln einen qualitativ, wenn auch nicht quantitativ bedeutsamen Anteil an der Vollziehung von Kriminalsanktionen überhaupt ein. Der zwangsweise Freiheitsentzug unterscheidet sich in mehrfacher Hinsicht von anderen Kriminalsanktionen: Er stellt die intensivste Form der Einwirkung auf Straftäter im Rahmen der strafrechtlichen Sozialkontrolle dar (Kaiser 1974 a, 2). Er greift auch in aller Regel am stärksten in die Rechte des Verurteilten ein. Schließlich wird seine Reformbedürftigkeit, die nicht zuletzt Folge vielfacher praktischer und wissenschaftlicher Vernachlässigung ist, in besonderem Maße empfunden. Der Vollzug freiheitsentziehender Sanktionen ist darum bevorzugter Gegenstand sowohl empirischer (kriminologischer und sozialwissenschaftlicher) als auch normativer (juristischer und rechtspolitischer) Untersuchungen geworden (vgl. MüllerDietz 1974d, 13 ff.). b) Strafvollzugskunde Dementsprechend hat sich die Strafvollzugskunde zu einem eigenen — wenn nicht eigenständigen — Fach, vor allem im Rahmen der Wahlfachgruppe „Kriminologie, Jugendstrafrecht, Strafvollzug", entwickelt, das den Strafvollzug unter empirischen und normativen Gesichtspunkten analysiert (vgl. Jung 1975 a, 5 ; Kaiser 1974 a, 4f.). Die weitergehende Frage, ob die Strafvollzugskunde (früher auch „Gefängniskunde" oder „Pönologie") eine besondere

I. Begriff des Strafvollzugs

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wissenschaftliche Disziplin darstellt, ist zwar umstritten; sie hat aber nur untergeordnete Bedeutung. Im Grunde zielt diese Frage auf die Verschiedenartigkeit der Methoden, die bei der Erforschung des Strafvollzugs jeweils anzuwenden sind: Geht es um die Realverfassung des Strafvollzugs und seine tatsächlichen Auswirkungen, muß man sich empirischer (kriminologischer oder sozialwissenschaftlicher) Erhebungsmethoden bedienen (vgl. MüllerDietz 1976 d). Ist der Strafvollzug Gegenstand juristischer Analyse, so muß man auf rechtswissenschaftliche Untersuchungsmethoden zurückgreifen (vgl. Kaiser 1974 a , 4 f . ; Kerner 1974 a, 2 5 1 ; Müller-Dietz 1969 a, 36ff.). c) Kritik Freilich deckt der Begriff Strafvollzug in diesem engeren Verständnis seinen Gegenstandsbereich nur teilweise ab: Bei wörtlicher Interpretation würde Strafvollzug lediglich Vollziehung der (Freiheits-)Strafe bedeuten. Tatsächlich bezieht man aber auch die Vollziehung der freiheitsentziehenden Maßregeln in die Begriffsbestimmung ein. Insofern ist der Ausdruck „Strafvollzug" ungenau. Deshalb spricht man gelegentlich auch von Straf- und Maßregelvollzug. Dennoch hält die heute h. M. vor allem aus Gründen sprachlicher Vereinfachung am Ausdruck „Strafvollzug" fest. Man muß sich dabei ferner der Tatsache bewußt sein, daß die freiheitsentziehenden Sanktionen lediglich einen Bruchteil sämtlicher Kriminalsanktionen ausmachen. So beläuft sich der Anteil der Freiheitsstrafen nach deren Rückgang auf nur mehr 1 0 % (vgl. Kaiser 1974 a, 2 ; Müller-Dietz, Die Rechtsfolgen kriminellen Unrechts im heutigen Strafrecht, Universitas 1977, 281 ff.). 3. Die Gegenstandsbereiche im einzelnen Das Verständnis des Strafvollzugs als Durchführung freiheitsentziehender (stationärer) Kriminalsanktionen umfaßt positiv die Vollziehung der Freiheitsstrafe ( § § 3 8 f . StGB) und der freiheitsentziehenden Maßregeln der Besserung und Sicherung (§§ 61 ff. StGB). Einbezogen sind des weiteren die Jugendstrafe (§§ 17ff.

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§ 1 Begriff und Gegenstand des Strafvollzugsrechts

J G G ) und der militärische Strafarrest (§§ 9 ff. WStG). Demnach sind von der Begriffsbestimmung ausgenommen (vgl. Kaiser 1 9 7 4 a,5f.): a) sämtliche ambulanten Kriminalsanktionen (z.B. Geldstrafe, Strafaussetzung zur Bewährung, Fahrverbot sowie die M a ß nahmen ohne Freiheitsentzug); b) alle stationären Maßnahmen, die nicht den Charakter von Kriminalsanktionen haben (z.B. Untersuchungshaft, Erziehungsmaßregeln und Zuchtmittel nach dem J G G , also Fürsorgeerziehung und Jugendarrest, die Unterbringung Geisteskranker nach den Unterbringungsgesetzen der Länder, Ordnungs-, Sicherungs-, Zwangs- und Erzwingungshaft). Diese inhaltliche Umschreibung deckt sich allerdings nicht ganz mit der Thematik, wie sie vielfach Darstellungen des Strafvollzuges zugrunde liegt. So ist auch die Untersuchungshaft gleichfalls Gegenstand solcher Einführungen, weil sie in Justizvollzugsanstalten vollzogen wird und manche Parallelen zum Vollzug der Freiheitsstrafe aufweist. Hingegen ist die Untersuchungshaft kein Gegenstand des Strafvollzugsrechts. Andererseits deckt sich dieses Rechtsgebiet, wie sich im folgenden zeigt, nicht ganz mit dem Gegenstandsbereich des Strafvollzuges. Es ist teils enger, teils weiter (vgl. unten II 2).

II. Begriff und Inhalt des Strafvollzugsrechts 1. Begriff des Strafvollzugsrechts Der Begriff des Strafvollzugsrechts ist umstritten. Grund dafür ist, daß es im Schnittpunkt des öffentlichen Rechts (Verfassungs- und Verwaltungsrecht) und des gesamten Kriminalrechts (Strafrecht und Strafverfahrensrecht) liegt und sich mit diesen Rechtsgebieten berührt, wenn nicht gar überschneidet. Feststeht lediglich, daß das Strafvollzugsrecht dem öffentlichen Recht im weiteren Sinne zuzurechnen ist (zu dem auch das Kriminalrecht gehört). Offen ist aber, wie es innerhalb des Kriminalrechts einzuordnen ist. Unterscheidet man lediglich zwischen materiellem und formellem Strafrecht (Strafverfahrensrecht), dann muß auch das Strafvoll-

II. Begriff und Inhalt des Strafvollzugsrechts

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zugsrecht einem dieser beiden Rechtsgebiete zugerechnet werden. Bisher wird weitgehend die Meinung vertreten, das Strafvollzugsrecht sei ebenso wie das Strafvollstreckungsrecht Bestandteil des Strafverfahrensrechts (vgl. Kleinknecht 1977, Einleitung Rdnr. 6 4 vor § 1 StPO; Kaiser 1974 a, 6). Begründet wird dies damit, daß Strafvollstreckung und Strafvollzug sich unmittelbar an die Verurteilung anschließen und sowohl in verfahrensmäßiger Sicht als auch aus der Sicht des Verurteilten als einheitliches Geschehen erscheinen würden (vgl. Kaiser 1974 a, 7). Vereinzelt hat man früher das Strafvollzugsrecht auch als Bestandteil des Strafvollstreckungsrechts aufgefaßt. In diesem Sinne waren die Vorschläge gedacht, den Strafvollzug im Rahmen eines Strafvollstreckungsgesetzes zu regeln (vgl. Müller-Dietz 1 9 7 0 b, 6 f., 2 0 ff., 3 4 f.). Inzwischen ist man aber von solchen Überlegungen abgekommen. Gelegentlich wurde das Strafvollzugsrecht wegen seines inhaltlichen Zusammenhangs aber auch dem materiellen Strafrecht zugeordnet. Damit hat man praktisch an das im StGB geregelte System freiheitsentziehender Sanktionen angeknüpft. Gefördert wurde diese Ansicht nicht zuletzt durch das weitgehende Fehlen gesetzlicher Vorschriften über den Strafvollzug. Denn das hat immer wieder Bestrebungen Auftrieb gegeben, die Ausgestaltung des Strafvollzugs im StGB zu regeln — und zwar umfassender, als es bis 1 . 1 . 1 9 7 5 der Fall war (vgl. Müller-Dietz 1970 b, 11 f., 3 6 ff.). Nunmehr ist jedoch die Auffassung im Vordringen begriffen, daß das Strafvollzugsrecht neben dem materiellen Strafrecht und dem Strafverfahrensrecht eine eigenständige dritte Rechtsmaterie innerhalb des gesamten Kriminalrechts bildet (vgl. Kern-Roxin 1976, 2 9 7 ; Müller-Dietz 1973 b , 3 7 ) . Das entspricht einmal dem sachlichen Gewicht des Gegenstandes, zum zweiten aber auch der Rechtsentwicklung. Während traditionell auf Reichs- oder Bundesebene nur das Strafrecht und Strafverfahrensrecht gesetzlich geregelt waren, existiert nunmehr auch ein besonderes Strafvollzugsgesetz. An dieser Dreiteilung des Kriminalrechts wird verschiedentlich Kritik geübt. Ihr liege die sog. Drei-Säulen-Theorie der Justiz zugrunde, wonach das Gesetz die Strafe androhe, der Richter sie

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§ 1 Begriff und Gegenstand des Strafvollzugsrechts

ausspreche und der Staat sie vollziehe (vgl. Schüler-Springorum, Strafvollzugsrecht, in: Recht. Das Fischer-Lexikon FL 12, 1971, 245 f.). Damit würden aber ganze Bereiche der strafrechtlichen Sozialkontrolle (wie z.B. die Vollstreckung ambulanter Sanktionen, die Strafverfolgung, namendich die polizeiliche Ermittlungstätigkeit) ausgespart; auch werde dadurch verkannt, daß der Richter nicht nur Strafen verhänge, sondern auch ihre Vollstrekkung und Durchführung überwache (Kaiser 1974 a, 13 f.). Richtig an dieser Kritik ist, daß unter empirischen (kriminologischen) und kriminalpolitischen Gesichtspunkten alle staatliche Verbrechensverfolgung und -bekämpfung im Gesamtzusammenhang gesehen werden muß. Weiter trifft zu, daß die verschiedenen Funktionen der Organe der Strafrechtspflege keineswegs streng voneinander getrennt sind, sondern sich in mehrfacher Hinsicht gegenseitig überschneiden (z. B. Vollstreckungsleiter nach § 82 JGG, Strafvollstreckungskammer). Schließlich kann man bei dynamischer Betrachtung von verschiedenen Phasen der Strafrechtsverwirklichung sprechen, die vom Ermittlungsverfahren über die Verurteilung des Täters bis hin zum Vollzug freiheitsentziehender Sanktionen reichen. Das ändert aber nichts daran, daß das Strafvollzugsrecht aus normativer Sicht nach Inhalt und Bedeutung sich weder in das materielle noch in das formelle Strafrecht eingliedern läßt.

2. Inhalt des Strafvollzugsrechts Die Diskussion über die systematische Einordnung des Strafvollzugsrechts wirkt sich naturgemäß auch auf die Bestimmung seines Inhalts aus. Lange Zeit war sie vorbelastet durch das weitgehende Fehlen eines besonderen Strafvollzugsgesetzes. Soweit der Strafvollzug überhaupt gesetzlich oder in anderer Weise geregelt war, waren die Vorschriften auf verschiedene Regelungsmaterien verstreut (vgl. Müller-Dietz 1970 b, 64ff.). Seit Inkrafttreten des StGB (1871) haben sich daher verschiedene Auffassungen über Inhalt und Gegenstand des Strafvollzugsrechts entwickelt. Diese Auseinandersetzung hat aber aufgrund des StVollzG nur mehr historische Bedeutung. Heute wird man sich bei der Bestimmung des Inhalts des Strafvollzugsrechts in erster Linie am StVollzG

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III. Das Strafvollzugsrecht im Gesamtsystem des Rechts

orientieren. Er deckt sich weitgehend, wenn auch nicht völlig, mit dem Begriff des Strafvollzugs selbst. Danach regelt das Strafvollzugsrecht die Durchführung des Vollzugs freiheitsentziehender Sanktionen. Im einzelnen hat es also die rechtliche Ausgestaltung des Vollzugs der Freiheitsstrafe und der freiheitsentziehenden Maßregeln zum Gegenstand. Damit umfaßt das Strafvollzugsrecht die Rechtsvorschriften über die Rechtsstellung des Strafgefangenen und des Verwahrten sowie über die organisatorischen und personellen Voraussetzungen für diesen Vollzug (Kaiser 1974 a, 7). Dem entspricht im wesentlichen der Inhalt des StVollzG. Er bleibt nur insoweit dahinter zurück, als er die Regelung der Jugendstrafe — von einer Ausnahme abgesehen (§ 176) — weiterhin dem JGG überläßt. Auf der anderen Seite enthält das StVollzG Vorschriften über den Vollzug von Ordnungs-, Sicherungs-, Zwangs- und Erzwingungshaft (§§ 171—174), also über Formen zwangsweisen Freiheitsentzuges, die nicht zum Strafvollzug zählen (vgl. MüllerDietz 1976 c, 914).

III. Das Strafvollzugsrecht

im Gesamtsystem

des Rechts

1. Das Strafvollzugsrecht als Teil des öffendichen Rechts Das Kriminalrecht ist Bestandteil des öffentlichen Rechts, das Strafvollzugsrecht seinerseits Teil des Kriminalrechts. Dies ergibt sich schon aus der formalen Einordnung des Strafvollzugsrechts, folgt aber auch aus dessen materiellem Gehalt selbst. Der Vollzug freiheitsentziehender Sanktionen betrifft allemal einen besonderen Ausschnitt aus dem allgemeinen Verhältnis des Staates zu seinen Bürgern. Rechdiche Regelungen dieses Vollzugs, also der Rechte und Pflichten des Gefangenen und der Vollzugsbehörden, der organisatorischen und institutionellen Ausgestaltung des Vollzugs, sind insofern öffentliches Recht. Dabei stellt das Strafvollzugsrecht seinem sachlichen Gehalt nach Teilbereiche und Anwendungsfälle des Verfassungsrechts, des Verwaltungsrechts und des Verwaltungsprozeßrechts dar.

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§ 1 Begriff und Gegenstand des Strafvollzugsrechts

a) Strafvollzugsrecht und Verfassungsrecht Das Strafverfahrensrecht hat man als „angewandtes Verfassungsrecht" (Henkel) bezeichnet. Dies trifft — zumindest in modifizierter Form — auch auf das Strafvollzugsrecht zu. So wirkt sich das Verfassungsrecht in doppelter Hinsicht auf die rechtliche Gestaltung des Strafvollzugs aus. Einmal liefert es dem Gesetzgeber allgemeine Maßstäbe für die Regelung des Verhältnisses zwischen Staat und Gefangenem und bindet zugleich die Vollzugsverwaltung an diese Grundsätze (Art. 1 III GG). Maßgebend in diesem Sinne sind vor allem der Grundrechtskatalog des GG (Art. 1—19, 104 GG) und die Verfassungsprinzipien des Rechts- und Sozialstaates (Art. 20 und 28 GG). Zum zweiten regelt die Verfassung die Zuständigkeitsverteilung zwischen Bund und Ländern auf dem Gebiet des Strafvollzugs. Das gilt sowohl für den Bereich der Gesetzgebung (Art. 74 Ziff. 1 GG) als auch für die Abgrenzung der Verwaltungskompetenzen von Bund und Ländern (Art. 30, 83-87 GG). b) Strafvollzugsrecht und

Verwaltungsrecht

Als Recht, das vornehmlich die Rechtsstellung des Gefangenen (und Untergebrachten) sowie die Organisation des Strafvollzugs regelt, stellt das Strafvollzugsrecht der Sache (nicht der Form und rechtssystematischen Zuordnung) nach allgemeines Verwaltungsrecht dar. So muß sich das Strafvollzugsrecht ebenso wie andere Rechtsgebiete, die das Verhältnis von Staat und Bürger rechtlich gestalten, an den allgemeinen Lehren des Verwaltungsrechts orientieren. Namentlich gelten hier die Grundsätze, die Lehre und Rechtsprechung zum Verwaltungsakt entwickelt haben (z.B. Schüler-Springorum 1969, 78 f.). Ebenso sind die allgemeinen Regeln des Verwaltungsorganisationsrechts (dazu Wolff, Verwaltungsrecht Bd. III, 3. Aufl. 1973) für die Ausgestaltung der Vollzugsverwaltung maßgebend. c) Strafvollzugsrecht und

Verwaltungsprozeßrecht

Soweit das Strafvollzugsrecht den Rechtsschutz des Gefangenen regelt (vgl. §§ 108ff. StVollzG), ist es ferner an die Grundsätze

III. Das Strafvollzugsrecht im Gesamtsystem des Rechts

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des Verwaltungsprozeßrechts gebunden (dazu Ule, Verwaltungsprozeßrecht, 6. Aufl. 1975). Es stellt insofern wiederum. einen besonderen Anwendungsfall der allgemeinen Lehren dar, die in diesem Rechtsgebiet Geltung erlangt haben. 2. Das Strafvollzugsrecht als Teil des gesamten Kriminalrechts Die begrifflichen und systematischen Überlegungen haben gezeigt, daß das Strafvollzugsrecht ein Teil des gesamten Kriminalrechts ist und daß es trotz seiner Eigenständigkeit in engem Zusammenhang mit dem materiellen und formellen Strafrecht steht. Inhaltlich schließen die verschiedenen Rechtsgebiete unmittelbar aneinander an. In Teilbereichen überschneiden sie sich sogar. Hinsichtlich des materiellen Strafrechts knüpft das Strafvollzugsrecht an das Sanktionensystem des StGB an. Strafverfahrensrecht und Strafvollzugsrecht sind durch das Strafvollstreckungsrecht miteinander verbunden. a) Strafvollzugsrecht

und materielles

Strafrecht

Das StGB enthält Vorschriften über die Verhängung und Bemessung der freiheitsentziehenden Sanktionen. Für die Freiheitsstrafe sind insoweit die §§ 3 8 ff. und 46 StGB maßgebend, für die freiheitsentziehenden Maßregeln der Besserung und Sicherung die §§ 61 ff. StGB. Im früheren Strafrecht waren darüber hinaus noch Einzelfragen der Arbeit und Unterbringung der Gefangenen und Verwahrten geregelt (§§ 2 1 , 4 2 i. StGB a.F.). Diese Vorschriften sind inhaltlich gleichlautend vom EGStGB übernommen worden (Art. 316). Die Übergangsregelung ist durch § 182 StVollzG außer Kraft gesetzt worden. b) Strafvollzugsrecht

und

Strafverfahrensrecht

Strafvollzugsrecht und Strafverfahrensrecht sind durch das Strafvollstreckungsrecht miteinander verbunden. Das Strafvollstrekkungsrecht regelt alle Maßnahmen, die zur Einleitung und Überwachung des Vollzugs des rechtskräftigen Urteils erforderlich sind. Die einschlägigen Vorschriften finden sich im 7. Buch der StPO (§§ 449—463 d), die Ausführungsbestimmungen dazu in der

28

§ 1 Begriff und Gegenstand des Strafvollzugsrechts

StrVollstrO, die eine von den Landesjustizverwaltungen erlassene, bundeseinheitliche Verwaltungsverordnung darstellt. Die StrVollstrO hat lediglich innerdienstliche Bindungswirkung (Kaiser 1974 a, 11); sie konkretisiert die §§ 449 ff. StPO und äußert sich ebensowenig wie diese zur inhaltlichen Ausgestaltung freiheitsentziehender Sanktionen. Das Strafvollstreckungsrecht regelt einmal die Modalitäten der Einleitung und Überwachung des Vollzugs, so etwa die Ladung des Verurteilten, dessen Vorführung oder Verhaftung zum Zwecke der Vollziehung einer Freiheitsstrafe (§ 457 StPO), die Berechnung der Strafzeit (§ 458 StPO), den Aufschub der Vollstreckung (§§ 455,456 StPO), das Absehen von Vollstreckung bei Auslieferung und Ausweisung (§ 456 a StPO), das Verfahren in bezug auf die Aussetzung eines Strafrestes (§ 454 StPO) sowie die entsprechenden Maßnahmen hinsichtlich der Vollstreckung freiheitsentziehender Sanktionen (§ 463 StPO). Des weiteren bestimmt es im einzelnen, welche Gerichte mit der Überwachung und welche Behörden mit der Durchführung der Strafvollstreckung betraut sind. Nach § 462 a StPO ist für die einschlägigen gerichtlichen Entscheidungen die StVollstrK zuständig (vgl. dazu die §§ 78 a, 78 b GVG). Vollstreckungsbehörde ist die Staatsanwaltschaft (§451 I StPO). Die Ermächtigung der Länder, durch Rechtsverordnung die Strafvollstreckung bis 31.12.1979 auf den Richter beim AG zu übertragen, erstreckt sich nicht auf die Freiheitsstrafe (vgl. Art. 315 EGStGB). Wer Vollzugsbehörde ist, regelt hingegen das StVollzG. Das Strafvollstreckungsrecht greift also vor allem in verfahrensrechtlicher Hinsicht gestaltend in den Strafvollzug ein. Sieht man das Verhältnis zwischen Strafverfahrensrecht und Strafvollzugsrecht unter diesem dynamischen Aspekt, dann bilden sie in der Tat wegen der gegenseitigen Ergänzung eine innere Einheit (vgl. oben II 1). Denn strafvollstreckungsgerichtliche Entscheidungen und strafvollstreckungsrechtliche Maßnahmen werden auch und gerade während des Freiheitsentzuges getroffen und wirksam.

I. Die Orientierung an normativen Grundentscheidungen

29

§ 2 Die normativen und empirischen Grundlagen des Strafvollzugs Der Strafvollzug steht im Schnittpunkt normativer und empirischer Fragestellungen (vgl. oben § 1 1 2 b ) . Auf der einen Seite geht es um die rechtliche Ausgestaltung des Strafvollzugs, auf der anderen Seite um die Erforschung seiner sozialen Wirklichkeit und Auswirkungen. So ist der Strafvollzug einmal Gegenstand normativer Wissenschaften (z.B. der Verfassungsrechts-, Verwaltungsrechts-, Strafrechts- und Strafprozeßrechtslehre), zum anderen Gegenstand der Human- und Sozialwissenschaften (z.B. der Soziologie, Psychologie, Pädagogik, Psychiatrie und Ethologie = Verhaltensforschung). Daher haben hier sowohl rechtsdogmatische und rechtspolitische Überlegungen als auch empirische Untersuchungen ihren Platz (vgl. Kaiser 1974 a, 6ff., 16ff.; Müller-Dietz 1973 b, 17f.). Dementsprechend prägt diese doppelte Blickrichtung, die Orientierung an normativen und an empirischen Gesichtspunkten, auch die Grundlagen des Strafvollzugs. Von ihnen ist auszugehen, will man Aufgaben, rechtliche Struktur sowie tatsächliche Verfassung des Strafvollzugs im einzelnen analysieren. I. Die Orientierung

an normativen

Grundentscheidungen

1. Verfassungsrechtliche Wertentscheidungen Für die Ausgestaltung des Strafvollzugs sind zunächst einmal die verfassungsrechtlichen Wertentscheidungen maßgebend. Denn an der Verfassung haben sich alle anderen Normen zu orientieren. Dabei genießen „die grundlegenden Wertentscheidungen und Rechtsprinzipien" des GG besondere Bedeutung (BVerfGE 20, 351 [355f.]). Grundlagen der verfassungsmäßigen Ordnung bilden namentlich die Prinzipien des Rechtsstaats, des Sozialstaats und der Bundesstaatlichkeit. Sie sind in den Artikeln 20 I und 28 I GG geregelt. Danach ist die Bundesrepublik Deutschland „ein demokratischer und sozialer Bundesstaat". Ebenso muß die verfassungsmäßige Ordnung in den Ländern „den Grundsätzen des republikanischen, demokratischen und sozialen Rechtsstaates" im

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§ 2 Die normativen u. empirischen Grundlagen des Strafvollzugs

Sinne des GG entsprechen. Darüber hinaus erblickt das BVerfG in den Grundrechten des GG nicht nur subjektive, statusbegründende Rechte, sondern auch Elemente objektiver Ordnung. „In den Grundrechtsvorschriften der Verfassung verkörpert sich eine objektive Wertordnung, ,in der eine prinzipielle Verstärkung der Geltungskraft der Grundrechte zum Ausdruck kommt' und die als verfassungsrechtliche Grundentscheidung für alle Bereiche des Rechts gilt" (BVerfGE 3 5 , 79 [114]; dazu Goerlich, Wertordnung und Grundgesetz, 1973). Diese Wertentscheidungen sind auch für die rechtliche und tatsächliche Ausgestaltung des Strafvollzugs maßgebend. 2. Kriminalpolitische Zielvorstellungen Ebenso wie auf verfassungsrechtlichem Gebiet ist der Strafvollzug auch auf kriminalpolitischem an bestimmte Grundentscheidungen gebunden (vgl. Müller-Dietz 1 9 7 0 a, C 14ff.). Aber während die Verfassungsprinzipien unbedingte Geltung beanspruchen, stehen die kriminalpolitischen Leitgedanken — natürlich immer in den Grenzen des GG — zur Disposition des Gesetzgebers. Haben sie aber einmal — etwa in Regelungen des materiellen Strafrechts — ihren Ausdruck gefunden, dann entfalten sie ihre Wirkung auch im Strafvollzug. Insofern trifft das StGB, ungeachtet der Eigenständigkeit des Strafvollzugsrechts, kriminalpolitische Entscheidungen, die auf die verschiedensten Bereiche des gesamten Kriminalrechts ausstrahlen. Dieser Zusammenhang zeigt sich vor allem in der Ausgestaltung des Systems freiheitsentziehender Sanktionen im StGB und den rechtlichen und praktischen Konsequenzen, die sich daraus für den Strafvollzug ergeben. Beispielhaft dafür sind die einschlägigen Regelungen des 1. und 2. StRG, deren Leitgedanken der SA u.a. wie folgt umschrieben hat: wirksamer Schutz der Rechtsgüter des einzelnen und der Allgemeinheit, „die schuldangemessene und gerechte Beurteilung der Tat des straffällig gewordenen Bürgers, die moderne Ausgestaltung des Sanktionensystems als taugliches Mittel der Kriminalpolitik mit dem Ziel einer Verhütung künftiger Straftaten, vor allem durch Resozialisierung des Straftäters" (BT-Dr. V / 4 0 9 4 , 3 ) . Diesen Zielvorstellungen entsprechend hat sich der Strafgesetz-

II. Der Wirklichkeitsbezug des Strafvollzugs

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geber darum bemüht, individualpräventiven Gesichtspunkten im Rahmen der Strafzumessungsgrundsätze Raum zu geben (§ 46 I StGB), den Anwendungsbereich der - kurzen — Freiheitsstrafe sowie der freiheitsentziehenden Maßregeln zugunsten ambulanter Sanktionen einzuschränken (§§ 38 1 1 , 4 7 , 5 6 , 6 2 - 6 6 StGB) und die Ausgestaltung der freiheitsentziehenden Maßregeln mehr als bisher am Resozialisierungszweck zu orientieren. Dementsprechend kennt das StGB nur mehr eine einheitliche Freiheitsstrafe ( § 3 8 I), beträgt das Mindestmaß der primären Freiheitsstrafe (nicht der Ersatzfreiheitsstrafe!) einen Monat (§ 38 II StGB), sollen Freiheitsstrafen unter sechs Monaten nur ausnahmsweise verhängt werden (§ 4 7 1 StGB), ist in Fällen günstiger Sozialprognose die Vollstreckung von Freiheitsstrafen bis zu einem Jahr grundsätzlich zur Bewährung auszusetzen (§ 56 I, III StGB), sind die Voraussetzungen für die Unterbringung im Maßregelvollzug verschärft und ist als neue therapieintensive Maßregel die Unterbringung in einer sozialtherapeutischen Anstalt eingeführt worden (§ 65 StGB); die Vorschriften über diese Maßregel sind allerdings derzeit noch nicht in Kraft. Das StGB zieht also durch sein System freiheitsentziehender Sanktionen einen Rahmen, innerhalb dessen erst der Strafvollzug sich im einzelnen entfalten kann. Die Regelungen des StVollzG konkretisieren daher nicht zuletzt die kriminalpolitischen Leitlinien des StGB.

II. Der Wirklichkeitsbezug des Strafvollzugs 1. Das Verhältnis von Norm und Empirie im Strafvollzug a) Die Unterscheidung von Norm und Wirklichkeit Normative (wertende) Betrachtung und empirische Analyse des Strafvollzugs sind grundsätzlich auseinanderzuhalten. Wer sich mit den rechtlichen Regeln befaßt, die für den Strafvollzug gelten, verfolgt ein anderes Ziel als derjenige, der das tatsächliche Funktionieren und die realen Auswirkungen des Strafvollzugs zu ermitteln sucht. Der eine fragt danach, was sein soll, der andere

32

§ 2 Die normativen u. empirischen Grundlagen des Strafvollzugs

danach, was ist (Max Weber). Dabei läßt sich das, was sein soll, nicht aus dem ableiten, was ist. Vielmehr kann empirisch nur geklärt werden, wie gut oder schlecht vorgegebene Ziele tatsächlich erreicht werden, welche Mittel sich im Hinblick auf den festgelegten Zweck am besten bewähren. Das schließt natürlich nicht aus, daß in den Prozeß rechtlicher Entscheidung empirische Erkenntnisse einfließen; aber sie nehmen dem, der den Lebenssachverhalt rechtlich zu regeln oder an Rechtsnormen zu messen hat, nicht die Entscheidung ab. Dementsprechend sind die Methoden verschieden. Der Jurist etwa arbeitet mit den allgemeinen Grundsätzen der Auslegung und Anwendung des Rechts, wie sie die Juristische Methodenlehre entwickelt hat (z. B. Esser, Vorverständnis und Methodenwahl in der Rechtsfindung, 2. Aufl. 1 9 7 2 ; Engisch, Einführung in das juristische Denken, 6. Aufl. 1975). Der Kriminologe und der Sozialwissenschaftler wendet bewährte empirische Erhebungsmethoden (z. B. Interview, Statistik, psychologische Tests, teilnehmende Beobachtung) an (z.B. Atteslander, Methoden der empirischen Sozialforschung, 3. Aufl. 1974; Göppinger 1976, 59ff.). Hypothesen sollen auf diese Weise überprüft, d.h. bestätigt (verifiziert) oder widerlegt (falsifiziert) werden. b) Die Verflechtung von Norm und Wirklichkeit Indessen muß man die strenge Entgegensetzung von Norm und Wirklichkeit im Lichte neuerer wissenschaftstheoretischer Erkenntnisse relativieren. Auch die empirische Forschung arbeitet — manchmal sogar uneingestanden — mit normativen Vorgaben, etwa Hypothesen und Theorien, die vor allem die Auswahl der Untersuchungsobjekte und die Interpretation der Untersuchungsergebnisse beeinflussen. Insofern gibt es innerhalb der Humanund Sozialwissenschaften keine gänzlich wertfreie Forschung (vgl. Müller-Dietz 1973 c, 55). Das wirkt sich naturgemäß auch auf die empirische Erforschung des Strafvollzugs aus. So lassen sich Funktionieren und Auswirkungen des Strafvollzugs immer nur im Hinblick auf bestimmte Ziele oder Zwecke empirisch kontrollieren. Wenn erforscht werden soll, wie „erfolgreich"

II. Der Wirklichkeitsbezug des Strafvollzugs

33

der Strafvollzug ist, dann muß zuvor geklärt sein, was „Erfolg" in diesem Sinne bedeutet. Empirische Untersuchungen sind von einem solchen Bezugsrahmen abhängig. Dieser wird aber häufig durch rechtliche Regeln gesetzt. Umgekehrt ist eine rechtliche Analyse des Strafvollzugs ohne Berücksichtigung seiner tatsächlichen Verfassung nicht möglich (vgl. Müller-Dietz 1970 b, 194ff.). Zum Teil sind diese Realfaktoren sogar Bedingungen der rechtlichen Regelung und Rechtsanwendung selbst. So sind sowohl Strafvollzugsgesetzgeber als auch Vollzugspraxis auf die Kenntnis der einschlägigen sozialen Wirklichkeit angewiesen. Das läßt sich in etwa am Beispiel des offenen Vollzugs demonstrieren. Schreibt der Gesetzgeber vor, daß nach Möglichkeit alle Gefangenen, die für diese Vollzugsart geeignet sind, in den offenen Vollzug einzuweisen sind (vgl. § 10 StVollzG), dann geht er offensichtlich davon aus, daß der offene Vollzug unter bestimmten Gesichtspunkten (z.B. Resozialisierung) anderen Vollzugsarten überlegen ist. Er legt seiner Regelung also entsprechende Erfahrungssätze zugrunde. Ähnlich verfährt der Sache nach die Vollzugspraxis, wenn sie in diesem Zusammenhang prüft, ob der Gefangene flucht- oder rückfallgefährlich ist. Die Prognose, die dem Gefangenen aufgrund der Persönlichkeitserforschung gestellt wird, beruht ihrerseits gleichfalls auf Erfahrungssätzen. Man leitet aus bestimmten Ereignissen und/oder Zuständen (z.B. Persönlichkeitsmerkmalen, bisherigem Verhalten des Gefangenen, Vollzugsbedingungen) andere Ereignisse (z.B. das künftige Verhalten des Gefangenen) ab. Die Prognose fußt also auf Aussagen, die Zusammenhänge zwischen verschiedenen Ereignissen behaupten (vgl. Opp, Soziologie im Recht, 1973, 17ff.). Eine andere Frage ist freilich, ob diese Zusammenhänge auch empirisch bestätigt sind. Häufig fehlt es an einer solchen Uberprüfung; dann spricht man von Alltagstheorien (vgl. Opp, Soziologie etc., 1973, 55 ff.). Gerade Vollzugstheorie und -praxis arbeiten vielfach mit Alltagstheorien, weil einschlägige empirische Untersuchungen fehlen oder an erheblichen methodischen Mängeln leiden. 3

Müller-Dietz, Strafvollzugsrecht

34

§2

Die normativen u. empirischen Grundlagen des Strafvollzugs

2. Der Stand der kriminologischen (pönologischen) Forschung auf dem Gebiet des Strafvollzugs a) Die

Ausgangslage

Kriminologische Forschung wird im Strafvollzug seit über einem halben Jahrhundert betrieben. In Deutschland standen am Anfang vor allem die Untersuchungen des kriminalbiologischen Dienstes, der in den 20er Jahren in verschiedenen Ländern eingerichtet worden ist (dazu Welsch 1962, 2 6 f f . ; Oberthür 1976, 7ff.). Sie dienten hauptsächlich Zwecken der Persönlichkeitserforschung. So zwang etwa die Einführung des Stufenstrafvollzugs zur Klassifizierung der Straftäter. Gleichzeitig sollte die Erhebung von Daten, die als kriminologisch relevant erachtet wurden, allgemeinen Aufgaben der Verbrechensbekämpfung dienen. Nicht zuletzt wollte man damit wissenschaftliche Erkenntnisse über die Verbrechensentstehung (Kriminalätiologie) gewinnen. An dieser Entwicklung war daher maßgeblich die damalige Kriminalbiologische Gesellschaft (heute: Gesellschaft für die gesamte Kriminologie) beteiligt (vgl. Würtenberger 1968, lff.). Untersucht wurden namentlich erbbiologische Faktoren, die körperliche Beschaffenheit des Gefangenen, seine Psyche sowie Umwelteinflüsse. In den 30er Jahren geriet die Persönlichkeitsdiagnostik in bezug auf Straftäter — ebenso wie ganze Zweige der kriminologischen Forschung — zunehmend in das Fahrwasser der Rassenpolitik des Dritten Reiches. Dies gilt insbesondere für den Deutschen Kriminalbiologischen Dienst, der 1937 geschaffen wurde, um auf breiter Basis Unterlagen für die Anfertigung kriminalbiologischer Gutachten zu liefern. Damit sollten Entscheidungen über die Verhängung oder bedingte Aussetzung von Freiheitsstrafen, über freiheitsentziehende Maßregeln der Sicherung und Besserung sowie über Maßnahmen des Strafvollzugs ermöglicht bzw. erleichtert werden. Nach 1945 wurden in verschiedenen Bundesländern wieder kriminologische Untersuchungsstellen eingerichtet, die — in modifizierter Form — an die Tradition der 20er Jahre anknüpften (vgl. Welsch 1962, 5 6 f f . ; Oberthür 1976, 28 ff., 42ff.). Auch hier stan-

II. Der Wirklichkeitsbezug des Strafvollzugs

35

den (und stehen) täterorientierte Forschungen im Vordergrund. Ziel dieser Persönlichkeitsdiagnostik ist es in der Hauptsache, brauchbare Grundlagen für eine sinnvolle und erfolgreiche Behandlung von Straftätern im Strafvollzug zu gewinnen. Kennzeichnend für diese Tendenzen ist zweierlei: Bis in die 50er Jahre hinein waren sie vorwiegend psychologisch, biologisch, psychiatrisch und medizinisch orientiert. Dementsprechend lagen jene Untersuchungen lange Zeit maßgeblich in den Händen von Ärzten. Zum zweiten entsprach dieser täterbezogene Forschungsansatz dem Selbstverständnis der früheren deutschen Kriminologie, für die Persönlichkeitsdaten von Strafgefangenen eine wesentliche, wenn nicht entscheidende Erkenntnisquelle bildeten. Er deckte sich mindestens teilweise in Zielsetzung und Methode mit jener kriminologischen Richtung, die im Ausland vielfach (wenn auch ungenau) als klinische Kriminologie bezeichnet wird (vgl. Göppinger 1976, 2 9 ff.).

b) Die heutige Situation Diese Situation beginnt sich unter dem Einfluß amerikanischer und skandinavischer Untersuchungen auf dem Gebiet des Strafvollzugs zunehmend zu ändern. In den 60er Jahren hat in der deutschen Pönologie dementsprechend ein Prozeß der Rezeption sozialwissenschaftlicher Ansätze und Methoden eingesetzt, der noch nicht abgeschlossen ist. Bahnbrechend haben vornehmlich die Studien von Clemmer (The Prison Community, 1940 [1958]), Sykes (The Society of Captives, 1958), Goffman (Asylums. Essays on the Social Situation of Mental Patients and other Inmates, 1 9 6 1 / 1 9 7 2 ) , T. und P. Morris (Pentonville. A Sociological Study of an English Prison, 1963), Giallombardo (Society of Women. A Study of a Women's Prison, 1965), Mathiesen (The Defences of the Weak. A Sociological Study of a Norwegian Correctional Institution, 1965) und Street/Vinter/Perrow (Organizations for Treatment, 1966) gewirkt. Denn sie rückten anstelle der täterorientierten Betrachtungsweise Analysen der Gefängnisorganisation in den Vordergrund. Damit bereiteten sie organisationssoziologischen und sozialpsychologischen Untersuchungen der Struktur

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§ 2 Die normativen u. empirischen Grundlagen des Strafvollzugs

der Vollzugsanstalt, der Insassenkultur und damit einer Aufhellung des gesamten sozialen Feldes Strafvollzug den Weg (vgl. Harbordt 1 9 7 2 ; Müller-Dietz 1976 d, 10ff.; Hilde Kaufmann 1977, 53 ff.). Bevorzugte Fragestellungen in diesem Sinne sind namentlich die sozialen Mechanismen, die zur Entstehung sog. Subkulturen (d. h. abweichender Gruppennormen und -Verhaltensweisen) und Übernahme solcher Werte, Einstellungen und Verhaltensweisen durch die Gefangenen führen (dazu z.B. Weis, in: Schwind/Blau, 2 4 4 f f . ; Hilde Kaufmann 1977, 13 ff.). Dabei wird sowohl dem Sozialgefüge der Vollzugsanstalt („totale Institution") als auch der sozialen Schichtung der Insassen besondere Bedeutung zugeschrieben. Der sog. Akkulturationsprozeß, d.h. die allmähliche Anpassung des Gefangenen an die Gefängniswelt und die Insassenkultur (sog. Prisonierung) wird hiernach vielfach als Folge der Entpersönlichung, der Zwangssituation in der Vollzugsanstalt und des weitgehenden Verlustes an freier Selbstbestimmung begriffen. Freilich sind hier noch etliche Fragen offen (vgl. Eidt 1 9 7 4 , 1 4 0 f f . ; Göppinger 1976, 293 ff.). So werden methodische Einwände gegen manche empirischen Studien erhoben. Umstritten ist namentlich, ob die beschriebenen sozialen Mechanismen und Strukturen nicht eher Gedankenmodellen als der Wirklichkeit des Strafvollzugs entsprechen. Zu fragen ist auch danach, ob und inwieweit sich etwa in den USA oder in Skandinavien gewonnene Untersuchungsergebnisse angesichts unterschiedlicher gesellschaftlicher und Vollzugsbedingungen auf deutsche Verhältnisse übertragen lassen (Müller-Dietz 1976 d, 20ff.).

c) Empirische Untersuchungen zum Strafvollzug in der Bundesrepublik Deutschland Für die neuere deutsche Vollzugsforschung ist vor allem die Übernahme sozialwissenschaftlicher Ansätze charakteristisch. In Fragestellung und (weniger) Methode knüpft sie weitgehend an die genannten ausländischen Untersuchungen an. Dementsprechend bilden soziologische und sozialpsychologische Studien zur Struktur und zum Funktionieren der Vollzugsanstalt Schwerpunkte heutiger Vollzugsforschung. Fragebogenmethode, Interview und

II. Der Wirklichkeitsbezug des Strafvollzugs

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teilnehmende Beobachtung stellen neben statistisch-mathematischen Verfahren die bevorzugten Erhebungsmethoden dar. Die täterorientierte Betrachtungsweise ist der multifaktoriellen Analyse gewichen, die auch sozialen Faktoren ein stärkeres Gewicht gibt. Beispiele für sozialwissenschaftlich orientierte Untersuchungen, die vor allem die Interaktions- und Insassenstruktur der Vollzugsanstalt zum Gegenstand haben, bilden etwa die Arbeiten von Hofmann (1967/1975), Waldmann (1968), Hoppensack (1969), Calliess (1970), Scheu (1971), Friedrichs u.a. (1971), Reinert (1972), Hohmeier (1973), Steinhagen (1976) und Ohler (1977); in diesen Zusammenhang gehören auch spezielle Beiträge zum Verhalten der Insassen zueinander (Lehner, Prestige und Solidarität in Haft, in: Der Prozeß der Kriminalisierung, 1973, 144ff.), zur Sanktionierung abweichenden Verhaltens im offenen Vollzug (Blandow 1974) sowie zum Verhältnis von Insassen und Vollzugspersonal, dessen Fremd- und Selbstbild (zB. Deimling 1 9 6 9 ; Däumling/Possehl 1 9 7 0 ; Buschbeck/Hess 1 9 7 3 ; Hammermann 1 9 7 5 ; Linnenbaum/Lührmann 1976). Diese Untersuchungen lassen sich indessen, wenn überhaupt, nur in begrenztem Maße miteinander vergleichen, weil theoretischer Ansatz, methodisches Vorgehen und Untersuchungsfeld erheblich variieren. Teils beruhen sie auf Befragung von Insassen und Personal, teils auf teilnehmender Beobachtung; schließlich werden auch empirische Daten, die anderweitig erhoben wurden, im Wege der Sekundäranalyse zur Analyse von Organisations- und Insassenstruktur der Vollzugsanstalt verwendet. In den meisten Arbeiten ist der Untersuchungsbereich auf eine Vollzugsanstalt beschränkt. Ebenso überwiegen die „Einmannstudien"; erst in letzter Zeit mehren sich - heutigen sozialwissenschaftlichen Erkenntnissen entsprechend — interdisziplinäre Untersuchungen. Einen eindeutigen Trend läßt die heutige Vollzugsforschung nicht erkennen. Meist entspringt die Wahl der Themen persönlichen Vorlieben; auch reale Forschungsmöglichkeiten sind dafür von Bedeutung; in geringerem Maße spielen konkrete Bedürfnisse der Vollzugspraxis eine Rolle (vgl. Rühmkorf 1973 ; vgl. ferner MüllerDietz 1974 b, 4 6 f.; 1974 d, 1 4 f f . ; 1976 d, 4 7 f.).

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§ 2 Die normativen u. empirischen Grundlagen des Strafvollzugs

Diese Feststellungen treffen im wesentlichen auch auf jene Studien zu, die besonderen Themen gewidmet sind. Untersucht wurden namentlich folgende Fragenkreise: in einer „Fragebogenenquete zur Lage und Reform des deutschen Strafvollzugs" die Bereiche der Differenzierung und Klassifizierung, Arbeit, Arbeitsentlohnung und Ausbildung der Gefangenen sowie der Persönlichkeitserforschung (Müller-Dietz/Würtenberger 1969), in speziellen Studien Probleme der Klassifizierung, der Arbeit, der Freizeitgestaltung, der Mitverantwortung, der Gefängnispresse, der Schul- und (Berufs-)Bildung der Gefangenen, der Sozialarbeit, der (sozial-) therapeutischen Behandlung, der Kontakte der Gefangenen mit der Außenwelt, vor allem mit Angehörigen, des offenen und Freigängervollzugs, des Rechtsschutzes des Gefangenen, der Disziplinarmaßnahmen, der Entweichungen aus Vollzugsanstalten, der Auswirkungen bestimmter (Re-)Sozialisierungsmaßnahmen, kurz und langfristigen Freiheitsentzuges, der Rückfallproblematik, der Kosten des Strafvollzugs, der Einstellung der Öffentlichkeit zum Strafvollzug. Daneben gewinnen psychologische Studien, die der Ermittlung individueller Persönlichkeitsmerkmale von Strafgefangenen dienen, wieder an Boden. Am umfassendsten angelegt ist die Tübinger Jungtäter-Vergleichs-Untersuchung, die durch Erhebung eines umfangreichen Datenmaterials über Gefangene und eine Gruppe nichtkrimineller Probanden Aufschluß darüber geben soll, ob und inwieweit sich diese in signifikanter Weise von Straftätern unterscheiden (vgl. Göppinger 1976, 129, 133 f., 232). Freilich sind hinsichtlich der Aussagefähigkeit der bisherigen empirischen Untersuchungen zum Strafvollzug drei grundsätzliche Vorbehalte anzumelden. Einmal fehlt es trotz zahlreicher Arbeiten noch an einer Vielzahl von Daten und Informationen (vgl. Kaiser 1975, 60). Das hängt nicht nur mit Zufälligkeiten bei der Wahl von Forschungsobjekten, sondern zum Teil auch mit bisher ungelösten methodologischen Problemen zusammen. Beispielhaft dafür ist die Sanktionsforschung, die Informationen über die Wirksamkeit oder Unwirksamkeit von Vollzugsmaßnahmen liefern soll. So ergeben sich im Rahmen der Erfolgskontrolle erhebliche Schwierigkeiten; oft ist der Maßstab (Erfolg), an dem die Effizienz von Vollzugsmaßnahmen gemessen werden soll, unklar 'vgl.

II. Der Wirklichkeitsbezug des Strafvollzugs

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Müller-Dietz 1974 d, 91); weiter muß berücksichtigt werden, daß etwa resozialisierende Wirkungen des Vollzugs durch andere, externe Faktoren wieder aufgehoben werden können (vgl. Opp 1972; Müller-Dietz 1974 d, 91 f.; Klingemann 1975, 198; Kerner 1976; Rotthaus 1978). Selbst die Strafvollzugsstatistik, die doch im weiteren Sinne Instrument empirischer Sozialforschung ist, informiert nur teilweise über kriminologisch relevante Daten. Sie gibt weder Auskunft über besondere Behandlungsmaßnahmen (z. B. Weiterbildung, berufliche Förderung, therapeutische Behandlung), die Beschäftigung der Gefangenen, Disziplinarmaßnahmen, sog. besondere Vorkommnisse (z.B. Ausbruch, Entweichung, Selbstmord[-versuch], Meuterei) noch über die personelle und betriebliche Ausstattung der Vollzugsanstalten. Zum zweiten lassen sich nur relativ wenige Arbeiten der umfangreichen Strafvollzugsliteratur als empirische Untersuchungen einordnen (vgl. Müller-Dietz 1976 d, 37). In den meisten Fällen handelt es sich um kriminal- oder rechtspolitische Beiträge, die Plausibilitätserwägungen mit spekulativen Aussagen verbinden. In zunehmendem Maße bemüht man sich allerdings darum, verfügbare empirische Daten heranzuziehen. Nicht alle Arbeiten, die der empirischen Vollzugsforschung im engeren Sinne zuzurechnen sind, genügen den Anforderungen sozialwissenschaftlicher Erhebungsmethoden; vielfach bleiben sie hinter diesem Standard zurück. Schließlich ist auch die wissenschaftstheoretische Diskussion über Zielsetzung und Methodik der Vollzugsforschung noch keineswegs abgeschlossen (vgl. Müller-Dietz 1974 d, 17f., 32f.; 1976 d, 43 ff.). Dabei geht es etwa um die Frage, was das vielfach zugrundegelegte Konzept der Bewährung oder Widerlegung von Hypothesen für Vollzugstheorie und -praxis überhaupt leistet (oder leisten kann), welche Funktion es tatsächlich erfüllt (ob es etwa zur Stabilisierung des Status quo im Strafvollzug beiträgt) und welche alternativen Forschungsstrategien zur Verfügung stehen. So könnte eine kritische Überprüfung bisheriger Ansätze ergeben, daß nur eine vollzugsbegleitende Forschung, die nach Art des „action research" im Wechselspiel von Selbstkorrektur und Steuerung des Vollzugsablaufs arbeitet, langfristig Erfolg ver-

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§ 3 Die Entwicklung des deutschen Strafvollzugsrechts

spricht (vgl. Quensel 1970, 66ff.; Müller-Dietz 1 9 7 4 d, 90ff.; 1976 d, 48ff.; zur politisch motivierten Aktionsforschung z.B. Reinke, Aktionsforschung als politische Bewegung, Leviathan 1975, 15 ff.).

§ 3 Die Entwicklung des deutschen Strafvollzugsrechts I.

Übersicht

1. Die Bemühungen um eine praktische Reform des Strafvollzugs In der Entwicklung des deutschen Strafvollzugs lassen sich zwei Hauptströmungen erkennen, die vielfach parallel verlaufen sind und sich zumindest teilweise in ihrer Zielsetzung deckten (zur Geschichte des Strafvollzugs Schwind, in: Schwind/Blau, lff.). Einmal standen im Vordergrund Bemühungen um eine praktische Reform des Strafvollzugs. Der Strafvollzug sollte zu einem Mittel der Rückfallverhütung ausgestaltet werden. Freilich gewann diese Auffassung erst allmählich an Boden und blieb nie ganz unangefochten. Außerdem änderten sich im Laufe der Zeit die Vorstellungen, auf welchem Wege und mit welchen Mitteln jenes Ziel zu realisieren sei. Nachdem sich im zweiten Drittel des 19. Jahrhunderts unter dem Vorzeichen des Besserungsgedankens weitgehend das pennsylvanische Gefängnissystem durchgesetzt hatte, galten die Bestrebungen vornehmlich der Einführung der Einzelhaft. Sie wurden in den 20er Jahren durch das Programm des Erziehungsvollzugs abgelöst, der in Form des Stufenstrafvollzugs verwirklicht werden sollte. Nach 1945 gewann der Resozialisierungsgedanke Oberhand. Hinsichtlich der Zielsetzung des Strafvollzugs knüpfte man damit weitgehend an die Bestrebungen der Weimarer Zeit an, die sich der Aufgabe der Rückfallverhütung verschrieben hatten. Hinsichtlich der Mittel, die zur Erreichung dieses Zieles eingesetzt werden sollten, ging man jedoch teilweise andere, neue Wege.

I. Übersicht

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2. Die Bemühungen um eine gesetzliche Regelung des Strafvollzugs Ein zweites Reformziel war auf die gesetzliche Regelung des Strafvollzugs gerichtet. Die entsprechenden Bemühungen setzten bereits im ersten Drittel des 19. Jahrhunderts ein. Verschiedene Staaten des damaligen Deutschen Bundes regelten denn auch in den 50er Jahren und 60er Jahren des vorigen Jahrhunderts ihren Strafvollzug durch Spezialgesetze (vgl. Müller-Dietz 1970 b, 1 ff.). Mit dem Inkrafttreten des RStGB und der Einführung eines reichseinheitlichen Systems freiheitsentziehender Sanktionen wurden diese Gesetze jedoch gegenstandslos. Von nun an galten die Bemühungen der Schaffung einer reichs- bzw. bundesgesetzlichen Grundlage für den Strafvollzug, der wie bisher Angelegenheit der einzelnen Länder blieb. In dieser Entwicklung lassen sich mehrere Phasen unterscheiden. Im Vordergrund stand das Bestreben, den Strafvollzug durch Gesetz zu regeln. Es erfuhr namentlich Auftrieb im Zuge strafrechtlicher Reformtendenzen. Scheiterten solche Bemühungen, suchte man den Strafvollzug wenigstens auf der Grundlage von Verwaltungsvorschriften zu vereinheitlichen. Das erste hervorstechende Ereignis in jenem Sinn stellt der Entwurf eines Strafvollzugsgesetzes von 1879 dar. Ihm folgten die Bundesratsgrundsätze über den Strafvollzug von 1897. Nach weiteren vergeblichen Bemühungen, den Strafvollzug reichsgesetzlich zu regeln, kamen 1923 die Reichsratsgrundsätze zustande. Der Entwurf eines Strafvollzugsgesetzes von 1927 bildet einen weiteren Höhepunkt der Entwicklung. 1934 wurde eine Strafvollzugsordnung erlassen, die den Strafvollzug reichseinheitlich regelte. Auch im Dritten Reich gelang es nicht, dem Strafvollzug eine gesetzliche Grundlage zu geben. Nach 1945 stand der Strafvollzug zunächst wiederum im Schatten der Strafrechtsreform. Deshalb sollte die bundeseinheitliche DVollzO von 1961 wenigstens einen gewissen und vorläufigen Ersatz für das Fehlen eines entsprechenden Gesetzes darstellen. Von 1967 an traten sowohl Strafrechtsreform als auch gesetzliche Regelung des Strafvollzugs in eine konkrete Phase ein. Die weitere Entwicklung war durch die Strafrechtsreformgesetze von 1969 und die Neufassung des StGB zum 1.1.1975 sowie durch die Vorlage verschiedener Gesetzentwürfe

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§ 3 Die Entwicklung des deutschen Strafvollzugsrechts

zum Strafvollzug und durch das StVollzG von 1976 selbst gekennzeichnet.

II. Die Bemühungen um eine normative Regelung bis 1961 1. Die Rechtslage nach Inkrafttreten des RStGB Mit dem RStGB von 1871 hatte der Gesetzgeber ein reichseinheitliches System freiheitsentziehender Sanktionen geschaffen. Die einschlägigen landesrechtlichen Regelungen waren damit außer Kraft getreten. Das RStGB kannte vier Arten der' Freiheitsstrafe, welche die unterschiedliche Schwere des Tatunrechts zum Ausdruck bringen sollten: Zuchthaus, Gefängnis, Festungshaft und Haft (§§ 15—18 StGB a.F.). Diese Strafarten sollten sich nicht nur in der Anwendung, sondern auch im Vollzug voneinander unterscheiden (vgl. Kriegsmann 1912, 124ff.). Zuchthaus war hiernach mit Arbeitszwang verbunden. Hinsichtlich der Gefängnisstrafe stellte § 16 RStGB die Einführung des Arbeitszwangs dem Landesrecht anheim; tatsächlich galt er überall. Während Zuchthausgefangene ohne weiteres zu Außenarbeiten herangezogen werden durften, war dies bei Gefängnisgefangenen nur mit deren Zustimmung zulässig. Festungshaft sollte in Freiheitsentziehung unter Beaufsichtigung der Beschäftigung und Lebensweise des Gefangenen bestehen ( § 1 7 RStGB). In bezug auf die Haftstrafe differenzierte das RStGB nach qualifizierter und einfacher Haft (§§ 18, 3 6 1 , 3 6 2 a.F.); jene war mit Arbeitszwang verbunden, diese nicht. Darüber hinaus erklärte das RStGB für die Zuchthaus- und die Gefängnisstrafe die Einzelhaft bis zur Dauer von drei Jahren für zulässig. Es ließ auch die vorläufige Entlassung für die längeren Zuchthaus- und Gefängnisstrafen zu. Weitere Vorschriften über die inhaltliche Ausgestaltung des Strafvollzugs enthielt das RStGB nicht. Damit war dieser nur bruchstückhaft gesetzlich geregelt. Es existierten lediglich landesrechtliche Vorschriften, die jedoch auf dem Verwaltungswege, nicht im formellen Gesetzgebungsverfahren erlassen waren und ausschließlich innerdienstliche Bindungswirkung besaßen (sog. Strafvollzugsordnungen). Sie konn-

II. Die Bemühungen um eine normative Regelung bis 1961

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ten weder fehlende Rechtsgrundlagen ersetzen noch die Einheitlichkeit des Vollzugs im Reichsgebiet sicherstellen (vgl. MüllerDietz 1973 b, 38). 2. Der Entwurf eines Strafvollzugsgesetzes von 1879 Dieser Rechtszustand wurde von Anbeginn an kritisiert, zumal das Reich nach Art. 4 Nr. 13 der Reichsverfassung von 1871 befugt war, den Strafvollzug gesetzlich zu regeln. Deshalb setzten unmittelbar nach Inkrafttreten des RStGB parlamentarische Bemühungen ein, den Strafvollzug durch ein besonderes Gesetz zu regeln. Auch aus der Vollzugspraxis und der Wissenschaft kamen entsprechende Vorstöße. Bekannt wurden namentlich Krohnes „Vorschläge zu einem Gesetz über den Vollzug der Freiheitsstrafen im Deutschen Reiche" von 1875 (vgl. Müller-Dietz 1970 b, 7). Entsprechend der Aufforderung des Reichstages arbeitete das Reichsjustizamt denn auch einen Gesetzentwurf aus, der von einer aus Strafvollzugspraktikern bestehenden Kommission beraten und neugefaßt wurde. 1879 legte die Reichsregierung den „Entwurf eines Gesetzes über die Vollstreckung von Freiheitsstrafen" dem Bundesrat vor. Der Entwurf (Mat. 6,1954; dazu Quedenfeld 1971, 3 f.; MüllerDietz 1970 b, 7f.), der für einen Teil der Zuchthaus- und der Gefängnisstrafe (sechs bzw. drei Monate) zwingend Einzelhaft vorsah (§ 14), wurde indessen nicht Gesetz. Aus föderalistischen und aus Kostengründen stimmte der Bundesrat nicht zu. Die Verwirklichung des Entwurfs hätte Geldmittel in Höhe von (mindestens) 69 und (höchstens) 115 Millionen Reichsmark für Um- und Neubauten erfordert; die Einzelstaaten glaubten diese Summe nicht aufbringen zu können. Damit war der erste Versuch einer reichsgesetzlichen Regelung des Strafvollzugs gescheitert. 3. Die Bundesratsgrundsätze von 1897 Auch in der Folgezeit rissen die Bemühungen um die Schaffung eines Strafvollzugsgesetzes nicht ab. Aber weder parlamentarische Initiativen noch entsprechende Forderungen der Vollzugspraxis

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§ 3 Die Entwicklung des deutschen Strafvollzugsrechts

konnten sich durchsetzen (vgl. Quedenfeld 1971,4f.; Müller-Dietz 1970 b, 8 f.). Um wenigstens eine gewisse Vereinheitlichung des Strafvollzugs herbeizuführen, beschloß der Bundesrat am 28.10. 1897 „Grundsätze, welche bei dem Vollzuge gerichtlich erkannter Freiheitsstrafen bis zu weiterer gemeinsamer Regelung zur Anwendung kommen" (Mat. 6,1954; dazu Quedenfeld 1971, 7f.; Müller-Dietz 1970 b, 10). Rechtsnatur wie Inhalt dieser Grundsätze, die weitgehend aus Sollvorschriften bestanden, waren umstritten. An sich hätte der Bundesrat eine Rechtsverordnung erlassen können; er war hier jedoch nicht auf Grund reichsgesetzlicher Ermächtigung (Art. 7 I Ziff. 2 der Reichsverfassung) tätig geworden. Dementsprechend sind die Grundsätze als Ländervereinbarung zu qualifizieren (Quedenfeld 1971, 8). 4. Die Reichsratsgrundsätze von 1923 Die Forderung nach gesetzlicher Regelung des Strafvollzugs blieb trotz der Bundesratsgrundsätze auf der Tagesordnung. Sie geriet aber immer wieder in den Sog kriminalpolitischer Reformbestrebungen. Eine Reihe von Entwürfen zu einem neuen StGB, die Grundsätze des Vollzugs enthielten, Detailregelungen jedoch einem besonderen Strafvollzugsgesetz überlassen wollten, wurden gleichfalls nicht Gesetz (vgl. Müller-Dietz 1970 b, 11 ff.). Damit blieben zugleich die Bemühungen um den Erlaß eines Strafvollzugsgesetzes erfolglos; dies gilt auch für die Vorschläge des Vereins der Deutschen Strafvollzugsbeamten von 1911/1913 zu einem Strafvollzugsgesetz (vgl. Müller-Dietz 1970 b, 13 f.). Hatte man darin zunächst mehr eine rechtspolitische Frage gesehen, so wurde daraus mehr und mehr ein rechtsdogmatisches Problem. Seit der bekannten Rektoratsrede Freudenthals von 1909 war praktisch anerkannt, daß sich auch der Strafgefangene in einem Rechtsverhältnis zum Staat befindet, das keine unbegrenzten Eingriffe in subjektive Rechte zuläßt (vgl. Quedenfeld 1971, 9f.). Da es an einer gesetzlichen Regelung des Strafvollzugs fehlte, bedurfte es einer Rechtsgrundlage für solche Rechtsbeschränkungen. Man erblickte diese Grundlage in den Strafvollzugsordnungen der Länder, die nach damaliger Auffassung kodi-

II. Die Bemühungen um eine normative Regelung bis 1961

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fiziertes Gewohnheitsrecht darstellten. Angesichts der unterschiedlichen verwaltungsmäßigen Ausgestaltung des Strafvollzugs konnte aber ein derartiges Gewohnheitsrecht nicht entstehen (Quedenfeld 1971, 10). Zu dieser rechtsstaadichen Problematik gesellten sich in den 20er Jahren neue Reformimpulse in Kriminalpolitik und Strafvollzug. Auch die verfassungsrechdiche Lage war einer reichsgesetzlichen Regelung des Strafvollzugs günstig. Nach Art. 7 Ziff. 3 der Weimarer Reichsverfassung vom 11.8.1919 gehörte der Strafvollzug zu den Materien der konkurrierenden Gesetzgebung des Reichs. Aber wiederum nötigten Schwierigkeiten auf dem Gebiet der Strafrechtsreform dazu, den Erlaß eines Strafvollzugsgesetzes vorerst zurückzustellen. Im Vorgriff darauf sowie auf eine inhaldiche Neugestaltung des Strafvollzugs vereinbarten die Länder am 7.6. 1923 „Grundsätze für den Vollzug von Freiheitsstrafen" (Mat. 6, 1954; dazu Quedenfeld 1971, l l f f . ; Müller-Dietz 1970b, 16f.). Die sog. Reichsratsgrundsätze erhoben die Rückfallverhütung zum vorrangigen Ziel des Strafvollzugs (§48) und erblickten in der Einführung des Strafvollzugs in Stufen (§§130,131) ein wesentliches Mittel zur Verwirklichung des Erziehungsgedankens. Auch sie stellten der Rechtsqualität nach eine Ländervereinbarung dar (Quedenfeld 1971, 12).

5. Der Entwurf eines Strafvollzugsgesetzes von 1927 Die Entwicklung auf dem Gebiet der Strafvollzugsgesetzgebung blieb auch weiterhin mit dem Schicksal der Strafrechtsreform unmittelbar verbunden. 1927 wurde im Reichstag ein neuer Entwurf eines StGB eingebracht. Damit war auch der Weg zur gesetzlichen Regelung des Strafvollzugs offen. Noch im gleichen Jahr wurde der Entwurf eines Strafvollzugsgesetzes dem Reichstag zugeleitet (Mat. 1954). Dieser Entwurf knüpfte an das Sanktionensystem an, wie es im Entwurf zum StGB vorgesehen war. Dementsprechend enthielt er Vorschriften über den Vollzug der vier verschiedenen Arten der Freiheitsstrafe sowie über die freiheitsentziehenden Maßregeln der Besserung und Sicherung. Darüber hinaus regelte er die Vollstreckung der Sanktionen ohne Freiheitsentzug,

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§ 3 Die Entwicklung des deutschen Strafvollzugsrechts

so der Todesstrafe, der Geldstrafe, der Nebenstrafen und Nebenfolgen sowie der „Maßregeln der Besserung und Sicherung, die nicht mit Freiheitsentziehung verbunden sind". Der Sache nach sollte das StVollzG alle Materien der Strafvollstreckung einbezieh hen, die nicht in der StPO geregelt waren. In inhaltlicher Hinsicht knüpfte dieser Entwurf an die Reichsratsgrundsätze an, suchte jedoch zwischenzeitlich gewonnene Erfahrungen zu berücksichtigen. Ziel des Vollzugs sollte gleichfalls die Rückfallverhütung sein (§ 64). Am Prinzip des Stufenstrafvollzugs wurde festgehalten (§§ 162ff.). Ferner wurde die Beteiligung der Öffentlichkeit am Vollzug in Form von sog. Anstaltshelfern vorgesehen (§§ 37f.). Begrüßt wurden am Entwurf vor allem „die Vertiefung des Erziehungsgedankens und die Verstärkung der rechtlichen Garantien des Gefangenen" (Frede/Grünhut, Reform des Strafvollzuges, 1927, III). Kritisiert wurde namentlich die Einbeziehung vollstrekkungsrechtlicher Vorschriften über die Todesstrafe. Hinsichtlich der Regelung der Rechte des Gefangenen ging manchen der Entwurf zu weit; andere hielten hingegen eine stärkere rechtliche Durchformung des Disziplinarverfahrens, die Einführung eines Arbeitsentgelts und die Regelung der Gefangenenselbstverwaltung für geboten (vgl. Quedenfeld 1971, 15 ff.; Müller-Dietz 1970 b, 17 ff.). Da jedoch der Entwurf eines StGB vom Reichstag nicht mehr verabschiedet werden konnte, scheiterte auch der Entwurf zum StVollzG. Zwar kam 1931/32 noch ein vorläufiger Referentenentwurf zum StVollzG zustande. Aber auch diesem Entwurf war kein Erfolg beschieden. Damit endeten praktisch die Bemühungen der Weimarer Zeit um eine gesetzliche Regelung des Strafvollzugs. 6. Die Strafvollzugsverordnung von 1934 und die Strafvollzugsordnung von 1940 Das Dritte Reich war ganz im Sinne seiner allgemeinpolitischen Zielsetzung bestrebt, rechtsstaatliche Schranken im Strafvollzug abzubauen und den Erziehungsstrafvollzug überkommener Prä-

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gung zu beseitigen. Daran sollte sich auch die geplante gesetzliche Regelung des Strafvollzugs orientieren. Sie kam jedoch nicht zustande. Zunächst zielten die Bemühungen auf Vereinheitlichung des Strafvollzugs. Am 14.5.1934 erließ der Reichsminister der Justiz die „Verordnung über den Vollzug von Freiheitsstrafen und von Maßregeln der Sicherung und Besserung, die mit Freiheitsentziehung verbunden sind" (RGBl. I, 383). Sie war gestützt auf Art. 5 des 1. Gesetzes zur Überleitung der Rechtspflege auf das Reich vom 15.2.1934 (RGBl. 1,91). Das Überleitungsgesetz hatte seinerseits das „Gesetz zur Behebung der Not von Volk und Reich" vom 24.3.1933 (RGBl. 1,141), das sog. Ermächtigungsgesetz, zur Grundlage. Diese Entstehungsgeschichte hat — nicht zuletzt im Hinblick auf die allgemeine Gesetzgebungspraxis im Dritten Reich — eine Diskussion über die Rechtsgültigkeit der Strafvollzugsverordnung ausgelöst; bemängelt wurde vor allem das Fehlen einer rechtswirksamen Ermächtigungsgrundlage (Quedenfeld 1971, 24 ff.). Trotz einer ganzen Reihe von Bedenken spricht manches dafür, daß die Strafvollzugsverordnung nach damaligem Staatsund Verwaltungsrecht formell gültig zustandegekommen ist (Quedenfeld 1971, 29). Zumindest dürfte sie auf Grund tatsächlicher Anwendung und entsprechender Rechtsüberzeugung gewohnheitsrechtliche Geltung erlangt haben (Müller-Dietz 1970 b, 31). Übereinstimmung bestand darüber, daß die Strafvollzugsverordnung gesetzesvertretenden Charakter hatte (Quedenfeld 1971, 32; Müller-Dietz 1970 b, 22). Inhaltlich knüpfte die Strafvollzugsverordnung zwar an die Reichsratsgrundsätze von 1923 an. Sie modifizierte diese jedoch erheblich. Ziele des Strafvollzugs waren nunmehr neben der Erziehung Sühne und Abschreckung (§ 48). Der Vollzug sollte als Übel für den Gefangenen ausgestaltet werden. Die Institution der Anstaltsbeiräte, die die Reichtsratsgrundsätze eingeführt hatten (§§ 17—23), wurde als mit dem „Geist der neuen Zeit" unvereinbar wieder abgeschafft. Auch die Strafvollzugsverordnung sollte durch eine gesetzliche Regelung abgelöst werden. Bemühungen, ein sog. Strafvollstrek-

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kungsgesetz zu erlassen, das sich im Aufbau an den Entwurf eines StVollzG anlehnen sollte, blieben jedoch erfolglos. Stattdessen erließ der Reichsminister der Justiz am 22.7.1940 eine Allgemeinverfügung über die „Vereinheitlichung der Dienst- und Vollzugsvorschriften für den Strafvollzug im Bereich der Reichsjustizverwaltung (Strafvollzugsordnung)". Dadurch wurden die Dienstund Vollzugsordnungen der Länder ausdrücklich außer Kraft gesetzt. Zweifel ergaben sich aber hinsichtlich der Weitergeltung der Strafvollzugsverordnung von 1934. Vielfach wurde die Ansicht vertreten, auch die Strafvollzugsverordnung sei durch die Allgemeinverfügung außer Kraft gesetzt worden (vgl. Quedenfeld 1971, 42). Sieht man die Strafvollzugsverordnungen indessen als höherrangiges Recht an, ist eine solche Annahme nicht haltbar. Die Strafvollzugsverordnung dürfte daher wenigstens bis 1945 weitergegolten haben. 7. Die Entwicklung zwischen 1945 und 1961 Am 12.11.1945 regelte der Alliierte Kontrollrat in seiner Direktive Nr. 19 „Grundsätze für die Verwaltung der deutschen Gefängnisse und Zuchthäuser". Sie enthielt im wesendichen allgemeine Grundsätze über die Ausgestaltung des Strafvollzugs auf der Grundlage der Erziehung und Besserung. Nach heutiger Ansicht dürfte die Direktive Richdiniencharakter gehabt haben (Quedenfeld 1971, 95), wenngleich sie damals als allgemeinverbindlich aufgefaßt wurde (Müller-Dietz 1970 b, 23). In der Zeit von 1947 bis 1949 erließen verschiedene Länder Strafvollzugsordnungen (Bayern, Berlin, Bremen, Hessen, WürttembergBaden). Diese Regelungen bildeten ebenso wie die Vollzugsbestimmungen, die in den Ländern der damaligen britischen und französischen Zone ergingen, bloße Verwaltungsvorschriften (Quedenfeld 1971, 96ff.; Müller-Dietz 1970 b, 23f.). Inhaltlich lehnten sie sich vielfach an die Strafvollzugsordnung von 1940 an, modifizierten diese aber in einigen Punkten. Mit dem Inkrafttreten des GG am 24.5.1949 ergab sich die Frage nach der Weitergeltung der Strafvollzugsverordnung von 1934. Geht man davon aus, daß diese Verordnung Gesetzescharakter

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hatte, rechtsgültig erlassen und auch durch spätere Regelungen nicht außer Kraft gesetzt wurde (so Quedenfeld 1971, 99), dann mußte sie zumindest inhaltlich mit dem GG vereinbar sein, um weitergelten zu können (vgl. Art. 123 I GG). Nach einer Meinung ist sie — vor allem wegen ihrer Zugeständnisse an nationalsozialistische Vorstellungen — spätestens 1949 außer Kraft getreten (Schüler-Springorum 1969,70; Müller-Dietz 1970 b, 31). Nach anderer Auffassung hat sie sogar bis zum Inkrafttreten des StVollzG weitergegolten (Quedenfeld 1971, 123 f.). Die wohl überwiegende Meinung geht — allerdings ohne nähere Prüfung — davon aus, daß die Vollzugsverordnung von 1934 nach 1945 nicht mehr in Kraft war (vgl. Müller-Dietz 1973 d, 151). Mit dem Inkrafttreten des StVollzG ist diese Frage gegenstandslos geworden. 8. Die Dienst- und Vollzugsordnung (DVollzO) von 1961 Auch nach 1945 setzten recht bald die Bemühungen ein, den Strafvollzug gesetzlich zu regeln. Freilich sollte zuerst das materielle Strafrecht reformiert werden. Obwohl die große Strafrechtskommission 1959 ihre Arbeit beendet hatte und 1962 ein Entwurf eines neuen StGB in den Bundestag eingebracht werden konnte (BT-Dr. IV/650), kam die Strafrechtsreform nicht wie erwartet voran. Das hatte auch erhebliche Verzögerungen in der Strafvollzugsgesetzgebung zur Folge. Damit bestand die Gefahr, daß sich der Strafvollzug in den Ländern auseinanderentwickeln würde. Um dieser Gefahr zu begegnen und den Strafvollzug im Bundesgebiet stärker zu vereinheitlichen, vereinbarten die Länder am 1.12.1961 die DVollzO. Sie beruhte auf Vorarbeiten des Strafvollzugsausschusses der Länder und sollte alle bisherigen Vollzugsordnungen ablösen. Am 1.7.1962 trat sie bundeseinheitlich in Kraft. Inzwischen ist sie mehrfach — nicht zuletzt Empfehlungen der StVK folgend (Quedenfeld 1971, 120ff.; Müller-Dietz 1970 b, 43) — geändert worden. Die DVollzO wurde als Verwaltungsabkommen vereinbart. Sie hatte weder den Charakter eines Gesetzes noch den einer Rechtsverordnung. Einmal fehlte es an einer entsprechenden Ermächtigungsgrundlage. Zum zweiten wurde sie nicht in dem für den Erlaß jener Normen vorgeschriebenen Verfahren in Kraft gesetzt 4

Müller-Dietz, Strafvollzugsrecht

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§ 3 Die Entwicklung des deutschen Strafvollzugsrechts

(Quedenfeld 1971,114; Müller-Dietz 1970 b, 28). Daraus hat eine beachtliche Meinung in Literatur und Rechtsprechung geschlossen, die DVollzO habe lediglich innerdienstliche Bindungswirkung. Hiernach hätte die DVollzO weder Rechte gewähren noch Pflichten begründen können, obwohl sie de facto die Rechtsstellung des Gefangenen in vielfacher Hinsicht geregelt hat. Diese Auffassung wird jedoch der neueren verwaltungsrechtlichen Lehre nicht gerecht, wonach derartige Regelungen im Rahmen sog. besonderer Gewaltverhältnisse aus Gründen hinreichenden gerichtlichen Rechtsschutzes als Rechtsnormen („Sonderverordnungen") zu qualifizieren sind (vgl. H. J. Wolff, Verwaltungsrecht Bd. I, 9. Aufl., 1974, § 25 VIII). Ist ein sog. besonderes Gewaltverhältnis gesetzlich nicht geregelt — wie es hinsichtlich des Strafvollzugs bis 1976 der Fall war —, dann müssen die Verwaltungsmaßnahmen an Hand solcher Vorschriften überprüft werden können, die das Verhältnis zwischen dem Gewaltunterworfenen und dem Gewaltinhaber regeln. Damit kam der DVollzO Rechtssatzqualität zu (Quedenfeld 1971,115; Müller-Dietz 1970b,29f.). Vollzugsund Gerichtspraxis sahen jedenfalls überwiegend die DVollzO von 1962 bis 1976 als maßgebliche Rechtsgrundlage des Strafvollzugs an (vgl. Müller-Dietz 1970 b, 43). Für die Beantwortung der Frage, ob und inwieweit Grundrechtsbeschränkungen im Strafvollzug zulässig waren, gab jene Feststellung freilich relativ wenig her; denn sie setzte voraus, daß die einschlägigen Vorschriften der DVollzO ihrerseits mit höherrangigen Rechtsnormen (GG, Gesetzen) übereinstimmten oder wenigstens verfassungskonform interpretiert wurden (Müller-Dietz 1970 b, 30). Inhaltlich wich die DVollzO in mehrfacher Hinsicht von früheren Vollzugsordnungen ab. Wie schon in ihrer Bezeichnung zum Ausdruck kam, regelte sie einerseits die allgemeinen Berufspflichten der Vollzugsbediensteten (Nr. 34—43 = Dienstordnung), andererseits die Stellung des Gefangenen (Nr. 44—206), die Organisation des Vollzugs (Nr. 1—11) und die personelle Ausstattung der Vollzugsanstalten (Nr. 12—33) (Vollzugsordnung). Andererseits enthielt sie keinerlei Vorschriften vollstreckungsrechtlichen Inhalts. Aufgabe des Strafvollzugs war es nach der DVollzO, „die Allgemeinheit zu schützen, dem Gefangenen zu der Einsicht zu ver-

III. Vorarbeiten und Entwürfe zum Strafvollzugsgesetz

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helfen, daß er für begangenes Unrecht einzustehen hat, und ihn wieder in die Gemeinschaft einzugliedern" (Nr. 571). Die Persönlichkeitsforschung sollte Grundlage für die Behandlung des Gefangenen sein (Nr. 58), die ihrerseits — namentlich durch Einteilung der Gefangenen in Gruppen — differenzierend ausgestaltet werden sollte (Nr. 60). Vom Beginn des Vollzugs an waren - nach der Neufassung der DVollzO — Maßnahmen zur Förderung und Betreuung allgemein zugelassen (Nr. 62). Schwerpunkte der Behandlung erblickte die DVollzO in der Erziehung des Gefangenen zu Ordnung und Arbeit (Nr. 7 0 ff., 80), in der Erwachsenenbildung (Nr. 124 ff.) und in der „Fürsorge durch soziale Hilfe" (Nr. 130ff.). Stufenstrafvollzug nach dem Muster der Reichsratsgrundsätze von 1923 sah die DVollzO nicht mehr vor (vgl. im einzelnen Quedenfeld 1 9 7 1 , 1 2 5 f f . ; Grunau, Vollzug von Freiheitsentziehung. Teil II. Dienst- und Vollzugsordnung, 1972). Schon bei den Vorarbeiten zur DVollzO war man sich darüber im klaren, daß sie ein StVollzG nicht ersetzen kann. Um überhaupt eine Verwaltungsvereinbarung zustandezubringen, wurden zahlreiche Kannregelungen und Sollvorschriften in die Ordnung aufgenommen. Das erschwerte naturgemäß die erstrebte Vereinheitlichung des Vollzugs. Darüber hinaus wurden gegen verschiedene Bestimmungen verfassungsrechtliche und rechtspolitische Bedenken laut (vgl. Müller-Dietz 1970 b, 33 f.). Andererseits wurden gewichtige Vorschriften in der Vollzugspraxis — aus verschiedenen Gründen — nicht mit Leben erfüllt. So hat die DVollzO durchaus eine Grundlage für Reformen abgegeben. Freilich sind während ihrer Geltung auch manche Grenzen normativer Regelung des Strafvollzugs deutlich geworden (Rotthaus 1971, 241 ff.).

III. Vorarbeiten und Entwürfe zum Strafvollzugsgesetz 1.

Vorarbeiten zum Strafvollzugsgesetz

Die Verknüpfung des Schicksals des StVollzG mit dem eines neuen StGB trug bereits zur Verzögerung der Vorarbeiten zum StVollzG bei. Daß der Reform des materiellen Strafrechts sachlich 4»

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§ 3 Die Entwicklung des deutschen Strafvollzugsrechts

wie zeitlich Vorrang eingeräumt wurde, begegnete denn auch erheblicher Kritik (vgl. Kaiser 1974 a, 33f.; Müller-Dietz 1970 b, 25 f., 34f.). Die Konsequenzen jener Priorität zeigten sich nach dem Scheitern des Entwurfs zum StGB von 1962. Auch die Vorarbeiten zum Entwurf eines StVollzG ruhten vorläufig. Sie konnten erst aufgenommen werden, nachdem sich Fortschritte in der Reform des materiellen Strafrechts abzeichneten. Dazu trug einmal der Alternativ-Entwurf zum Allgemeinen Teil eines StGB von 1966 bei. Er schlug vor, die Grundsätze des Vollzuges im StGB zu regeln. Dazu rechnete er Aussagen zum Vollzugsziel (§37: Wiedereingliederung), zur Ausgestaltung des Vollzugs (§38: Vollzug in Gruppen, Einzelunterbringung bei Nacht, Anspruch des Gefangenen auf Freizeitgestaltung) und der Gefangenenarbeit (§39: Recht auf Arbeit, Pflicht zur Arbeit, Anspruch aud Tariflohn usw.) (vgl. Müller-Dietz 1970 b, 36 ff.). Einen weiteren wichtigen Schritt bedeutete der Erlaß der beiden Strafrechtsreformgesetze von 1969, die vor allem auf Vorarbeiten des SA zurückgingen. Sie begründeten die Pflicht des Richters, bei der Strafzumessung individualpräventive Gesichtspukte zu berücksichtigen, führten die Einheitsfreiheitsstrafe ein, schränkten den Anwendungsbereich der kurzen Freiheitsstrafen (bis zu sechs Monaten) ein, erweiterten stattdessen den Anwendungsbereich der ambulanten Sanktionen (Geldstrafe, Strafaussetzung zur Bewährung) und stellten das System freiheitsentziehender Maßregeln auf eine neue Grundlage. Dabei war Leitgedanke nunmehr eine stärkere Berücksichtigung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes sowie der Prinzipien individualpräventiver Behandlung und flexibler Ausgestaltung des Maßregelrechts. Parallel zu den Arbeiten am neuen StGB verliefen die Vorarbeiten der StVK zum StVollzG (vgl. Müller-Dietz 1970 b, 40ff.). Die 1967 einberufene StVK legte nach dreizehn Arbeitstagungen und der Anhörung zahlreicher Sachverständiger im Februar 1971 ihren Entwurf dem Bundesminister der Justiz vor. Der Kommissionsentwurf wurde zur Grundlage aller weiteren amtlichen Bemühungen um den Erlaß eines StVollzG. Noch während der Beratungen der StVK beschäftigte sich die Strafrechtliche Abteilung des 48. DJT mit der Reform des Straf-

III. Vorarbeiten und Entwürfe zum Strafvollzugsgesetz

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Vollzugs. Das Thema lautete: „Mit welchem Hauptinhalt empfiehlt es sich, ein Strafvollzugsgesetz zu erlassen?" Die Beschlüsse entsprachen in den wichtigsten Punkten der Grundkonzeption der StVK (DJT 1970, N 175ff.; Müller-Dietz 1970 a). 2. Der Kommissionsentwurf eines Strafvollzugsgesetzes von 1971 (KE) Der Entwurf der StVK, der KE, wurde im Februar 1971 der Öffentlichkeit vorgelegt. Seit dem E 1927 ist er der erste deutsche Entwurf eines StVollzG, der eine rechtsstaatliche Regelung des Strafvollzugs auf der Grundlage des Ziels der Rückfallverhütung anstrebt. Er weicht im übrigen aber nach Inhalt und Umfang von jenem Entwurf erheblich ab. In fünf Abschnitten befaßt er sich mit dem Anwendungsbereich (§ 1), dem Vollzug der Freiheitsstrafe (§§3—114), der Regelung des Vollzugs der freiheitsentziehenden Maßregeln (§§ 115-131), den Vollzugsbehörden (§§ 132—161 a) und den Schlußvorschriften des StVollzG (§§ 162—164). Der Entwurf enthält auch Vorschriften über die beruflichen Anforderungen an das Vollzugspersonal und dessen Ausbildung; da unklar war, ob hierfür eine Gesetzgebungszuständigkeit des Bundes besteht, wurde diese Regelung unter der Bezeichnung §§ a—e in den Anhang verwiesen. Der KE will den Anwendungsbereich des StVollzG auf den Vollzug der Freiheitsstrafe und der freiheitsentziehenden Maßregeln beschränkt wissen; danach soll es nicht für den Vollzug freiheitsentziehender Sanktionen nach den JGG gelten (§1). Den Schwerpunkt des StVollzG sieht der KE in der Schaffung einer rechtsstaatlichen Grundlage des Strafvollzugs, der Verbesserung der Rechtsstellung des Gefangenen, einer stärkeren Orientierung des Vollzugs am Gedanken rückfallverhütender Behandlung und in einer Regelung der personellen Voraussetzungen eines solchen Vollzugs. Die Regelung der Rechtsstellung und Behandlung des Gefangenen im Rahmen einzelner Lebens- und Gestaltungsbereiche (z. B. Unterbringung des Gefangenen, Kontakte mit der Außenwelt, Arbeit und Freizeitgestaltung) folgt darum den Vollzugsgrundsätzen nach, die gleichsam die Wegmarken des künftigen Vollzugs abstecken sollen. Diese Syste-

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§ 3 Die Entwicklung des deutschen Strafvollzugsrechts

matik, die sowohl von der des E 1927 als auch der der DVollzO abweicht, soll zugleich die Zielprioritäten des StVollzG verdeutlichen. Damit — wie auch hinsichtlich etlicher Einzelregelungen — ist der KE zur Grundlage des RE und der parlamentarischen Beratungen über das StVollzG geworden (vgl. Müller-Dietz 1972, 117—125). Er erfuhr zwar manche Detailkritik, wurde jedoch als Fortschritt gegenüber der DVollzO begrüßt (vgl. Jung 1972, 482ff.).

3. Der Regierungsentwurf eines Strafvollzugsgesetzes von 1972/73 (RE) Bereits 1972 lag der RE vor. Er sollte in der 6. Legislaturperiode des Bundestages verabschiedet werden, zumal das BVerfG in einem Beschluß vom 14. 3.1972 (BVerfGE 33,1) dem Gesetzgeber eine entsprechende Frist gesetzt hatte. Infolge des vorzeitigen Endes der 6. Legislaturperiode kam es jedoch nicht mehr dazu. Der RE wurde daher unmittelbar nach Beginn der 7. Legislaturperiode im Bundestag eingebracht und dem Bundesrat zur Stellungnahme zugeleitet. Der Bundesrat äußerte sich am 2 3 . 2 . 1 9 7 3 dazu (vgl. BT-Dr. 7/918,108 ff.). Der Bundestag behandelte den RE am 19. 10. 1973 in erster Lesung und am 6. 11. 1975 in zweiter und dritter Lesung. Im Aufbau lehnt sich der RE völlig an den KE an. Auch im Grundsätzlichen stimmt er weitgehend mit diesem überein (vgl. §§ 2—4). Ausgehend vom Rechtsstaatsprinzip strebt er eine klare Regelung des Rechtsverhältnisses zwischen dem Staat und dem Gefangenen an (BT-Dr. 7/918,40). Das StVollzG soll die Vollzugsbehörde in die Lage versetzen, „allen Gefangenen gegenüber in einer den rechts- und sozialstaaatlichen Prinzipien des Grundgesetzes entsprechenden Weise ihre Aufgaben zu erfüllen" (BT-Dr. 7/918,44). Im Vordergrund dieses Konzepts steht „das ,Einüben' des eigenverantwortlichen Lebens in Freiheit". „Beim Vollzug jeder Strafe soll daher die Vollzugsbehörde von Beginn an die Entlassung im Auge behalten und die einzelnen Maßnahmen des Vollzuges so ausgestalten, daß sie den Übergang vom Vollzug in die Freiheit erleichtern können" (BT-Dr. 7/918, 46). Die Rege-

III. Vorarbeiten und Entwürfe zum Strafvollzugsgesetz

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lung der einzelnen Gestaltungsbereiche weicht nur im Detail vom KE ab. Der RE sieht gleichfalls in qualifizierter Beschäftigung, beruflicher Bildung und Weiterbildung des Gefangenen sowie in sozialer Hilfe für ihn und seine Angehörigen Schwerpunkte rückfallverhütender Behandlung. Hingegen will der RE in den Schlußvorschriften das Inkrafttreten wesentlicher Teile des StVollzG (vor allem die Vorschriften über die Arbeitsentlohnung und die Einbeziehung des Gefangenen in die Sozial- und Arbeitslosenversicherung) aus Kostengründen einem erst noch zu erlassenden Gesetz vorbehalten (§ 180 II). Dieses Bestreben ist - ebenso wie die Zurückhaltung des RE hinsichtlich der Regelung von Behandlungsfragen und der organisatorischen Rahmenbedingungen eines behandlungsorientierten Vollzugs — auf erhebliche Kritik gestoßen (vgl. Müller-Dietz 1974 c, 355 ff.). Freilich geriet bereits der RE in den Sog finanzieller Schwierigkeiten, die schließlich dann in der endgültigen Fassung des StVollzG besonders deutlich hervorgetreten sind. 4. Der Alternativ-Entwurf eines Strafvollzugsgesetzes von 1973 (AE) Demgegenüber versteht sich der AE, ein Produkt des Arbeitskreises der sog. Alternativprofessoren, als „wissenschaftlich begründete Alternative" zum RE. Er erblickt im RE lediglich ein Konzept der Humanisierung und Liberalisierung, jedoch nicht das umfassende Angebot an Ausbildung sowie an sozialer Hilfe und Therapie, das für eine wirksame rückfallverhütende Behandlung erforderlich sei. Deshalb weicht der AE sowohl im Aufbau als auch in der inhaltlichen Ausgestaltung weitgehend vom RE, aber auch vom KE ab. Zwar stimmt er hinsichtlich des Anwendungsbereichs des StVollzG und der Vollzugsgrundsätze mit jenen Entwürfen in einigen wesentlichen Punkten überein. Jedoch stehen für ihn die personellen und organisatorischen Rahmenbedingungen einer sozialtherapeutisch orientierten und auf eine „problemlösende Gemeinschaft" hin organisierten Vollzugsanstalt im Vordergrund. Schwerpunkte der Behandlung des Gefangenen stellen für ihn Ausbildung und Therapie dar.

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§ 3 Die Entwicklung des deutschen Strafvollzugsrechts

Die unmittelbare Einbeziehung des Personals und der Insassen in die Kommunikations- und Entscheidungsprozesse der Anstalt hat nach dem AE zur Folge, daß die Trennung der Vorschriften über die Stellung der Gefangenen und über die Organisation des Vollzugs, wie sie für KE und RE charakteristisch ist, weitgehend entfallen muß. Dementsprechend ist der AE in folgende sieben Abschnitte gegliedert: Anwendungsbereich und Grundsätze (§§ 1—4), Organisation des Vollzuges (§§5—44), Vollzugsplanung (§§45— 70), Durchführung des Vollzuges (§§71—118), Sicherheit und Ordnung (§§ 119-146), Rechtsbehelfe (§§ 147-161), besondere Arten des Vollzuges (§§ 162-207). Mit insgesamt 207 Paragraphen ist er der umfangreichste sämtlicher Entwürfe, bedenkt man, daß er im Gegensatz zum KE (164 Paragraphen) und RE (183 Paragraphen) praktisch keine Übergangs- und Schlußvorschriften kennt. Die ausgesprochen verhaltenswissenschaftliche Ausrichtung des AE, die bis in dessen (z.T. neuartige) Terminologie hinein sichtbar wird, läßt diesen Entwurf in der Tat als eine Alternative zu den früheren Entwürfen erscheinen. Das Bild, das er vom Vollzug hat und zeichnet, hat ihm freilich den Vorwurf utopischen Denkens eingetragen. Auf der anderen Seite reicht sein Sozialisationsangebot gerade zugunsten rückfallgefährdeter Täter erheblich weiter als das von KE und RE. So greift der AE gewiß über das gegenwärtig Realisierbare hinaus, akzentuiert aber in besonderem Maße jene Gesichtspunkte, auf die es im Rahmen rückfallverhütender Behandlung entscheidend ankommt (vgl. Jung 1974, 50ff.; Müller-Dietz 1974 c, 495 ff.; Kaiser 1974 a, 41 f.). 5. Sonstige Vorschläge zum Strafvollzugsgesetz In zeitlichem, teilweise auch sachlichem Zusammenhang mit den amtlichen Reformbestrebungen innerhalb der Vollzugspraxis und auf legislatorischem Gebiet ist eine umfangreiche Reformliteratur zum Strafvollzug entstanden (vgl. Müller-Dietz 1974 d, 7ff.; Kaiser 1974 a, 43), die über den AE hinaus weitere Vorschläge zur gesetzlichen Regelung hervorgebracht hat. Anstoß zu dieser Entwicklung gaben die Entwürfe selbst, namentlich der AE, aber

III. Vorarbeiten und Entwürfe zum Strafvollzugsgesetz

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auch die wissenschaftliche Diskussion, für die etwa die XVII. Tagung der Gesellschaft für die gesamte Kriminologie charakteristisch ist (Straf- und Maßregelvollzug 1974; dazu Jung 1973 b, 187 ff.). Ein Gesetzesvorschlag, der sämtliche Detailfragen des Strafvollzugs erfassen will, ist freilich neben dem AE nicht zustandegekommen. Neben der Kritik am Gesamtkonzept der Entwürfe sind durchweg lediglich punktuelle Alternativen sichtbar geworden. Doch haben der Fachausschuß I „Strafrecht und Strafvollzug" des Bundeszusammenschlusses für Straffälligenhilfe (der Arbeitsgemeinschaft der freien Verbände, die auf dem Gebiet der Straffälligenhilfe tätig sind) und der Bund der Strafvollzugsbediensteten Deutschlands e.V. 1974 zu einer ganzen Reihe wichtiger Fragen des StVollzG Regelungsvorschläge unterbreitet, die — zumindest teilweise — von den Entwürfen abweichen. Beide Stellungnahmen gehen von der Grundkonzeption eines behandlungsorientierten Vollzuges aus, der primär auf das Ziel der Rückfallverhütung verpflichtet ist. In der Konkretisierung dieses Prinzips unterscheiden sie sich sowohl vom RE als auch vom AE. So suchen die Vorschläge zum Entwurf eines StVollzG dem Grundsatz möglichst weitgehender Angleichung der Haftbedingungen an das Leben in Freiheit durch eine stärkere Liberalisierung Rechnung zu tragen. Zugleich streben sie ein differenzierteres Angebot an Hilfen für den Gefangenen sowie eine gleichmäßigere Gewichtung der sozialen Lebensbereiche und Lernfelder des Gefangenen wie Weiterbildung, Arbeit, soziale Hilfe und therapeutische Behandlung an (Vorschläge 1974). Mit den Vorschlägen tritt die Stellungnahme des Bundes der Strafvollzugsbediensteten für eine stärkere Differenzierung der Vollzugsanstalten sowie Beteiligung des Personals und der Insassen an den Entscheidungsprozessen in der Anstalt ein. Zugleich strebt sie eine detailliertere Regelung der personellen Ausstattung der Anstalt und der vollzugsbegleitenden Forschung an (Stellungnahme 1974).

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§ 3 Die Entwicklung des deutschen Strafvollzugsrechts

/V. Exkurs: Das Gesetz über den Vollzug der Strafen mit Freiheitsentzug (Strafvollzugsgesetz) der DDR von 1977 Bereits 1968 ist in der D D R — im Zusammenhang mit der Gesamtreform des Kriminalrechts—der Strafvollzug gesetzlich geregelt worden. Nunmehr ist das damalige Strafvollzugs- und Wiedereingliederungsgesetz durch zwei neue Gesetze, das Gesetz über den Vollzug der Strafen mit Freiheitsentzug (Strafvollzugsgesetz) und das Gesetz über die Wiedereingliederung der aus dem Strafvollzug entlassenen Bürger (Wiedereingliederungsgesetz) — jeweils vom 7 . 4 . 1 9 7 7 (GBl. der D D R Teil I 109 und 98) - abgelöst worden. Das Strafvollzugsgesetz regelt das Ziel, die Gestaltung und Durchführung des Strafvollzugs, die Rechte und Pflichten der Strafgefangenen und die Mitwirkung gesellschaftlicher Kräfte beim Vollzug ( § 1 ) . Dem Vollzug obliegt es, den Strafgefangenen zu einer gesetzmäßigen und verantwortungsbewußten Lebensführung zu erziehen (§ 2). Ferner hat er die sichere Verwahrung der Gefangenen zu gewährleisten und für Ordnung und Disziplin in der Anstalt zu sorgen (§ 4). Dabei ist die sozialistische Gesetzlichkeit strikt zu wahren (§ 3 I). Die Staatsanwaltschaft übt hierüber die Aufsicht aus (§ 9). Im Mittelpunkt des Vollzugs steht die Erziehung zu gesellschaftlich nützlicher Arbeit ( § 6 ) . Demgemäß ist ein wesentlicher Teil der Vorschriften über die Erziehung im Strafvollzug (§§ 20—33) der Ausgestaltung der Arbeit gewidmet. Besonderes Gewicht legt das Gesetz auf die Vorbereitung der Wiedereingliederung in das gesellschaftliche Leben nach Entlassung aus dem Strafvollzug (§ 56, 57). Daran knüpft das Wiedereingliederungsgesetz an, das die Mitwirkung gesellschaftlicher Kräfte (Räte der Kreise, Städte, Stadtbezirke und Gemeinden, Leiter der Betriebe und Einrichtungen, Vorstände der Genossenschaften) an der Wiedereingliederung regelt. Beide Gesetze zeigen einmal mehr, in welchem Maße die strafrechtliche Verbrechensbekämpfung in der D D R in das Gesamtsystem staatlicher Sozialkontrolle einbezogen ist.

I. Die verfassungsrechtlichen Grundprinzipien

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§ 4 Verfassungsrechtliche und kriminalpolitische Grundsätze für die Ausgestaltung des Strafvollzugs I. Die verfassungsrechtlichen

Grundprinzipien

Schon oben (vgl. § 1 III 1 a, § 2 I 1) wurde deutlich, dal? sich StVollzG und Vollzugspraxis von den Wertentscheidungen des GG leiten lassen müssen. Für das Verhältnis des Staates zum Gefangenen sind vor allem die Prinzipien des Rechts- und Sozialstaates maßgebend (vgl. auch Frielinghaus, in: Schwind/Blau, 2 7 6 ff.). Das Verhältnis von Bund und Ländern regelt das GG unter den Gesichtspunkten der Gesetzgebungszuständigkeit und Verwaltungshoheit. 1. Die Rechtsstellung des Gefangenen nach dem Grundgesetz a) Rechtsstaatsprinzip In Vollzugspraxis und Rechtsprechung der OLGe hatte bis in die 60er Jahre hinein die Auffassung vorgeherrscht, der Gefangene müsse diejenigen Rechtsbeschränkungen hinnehmen, die sich aus den Vollzugsaufgaben und dem Zweck der Institution ergäben (vgl. Müller-Dietz 1970 b, 73 ff.). Das BVerfG hat nunmehr mit seinem Beschluß vom 1 4 . 3 . 1 9 7 2 diese Rechtsfigur des sog. besonderen Gewaltverhältnisses als eigenständige Grundlage für solche Rechtsbeschränkungen verabschiedet (BVerfG 3 3 , 1 ) . Danach liegt es — verfassungsrechtlich gesehen — nicht in der Hand der Vollzugsverwaltung, durch Verwaltungsvorschriften die Rechtsstellung des Gefangenen unter Rückgriff auf Sinn und Zweck der Strafe oder die Aufgabe des Vollzuges zu regeln. Vielmehr bedarf es zur Einschränkung der Grundrechte des Gefangenen einer gesetzlichen Grundlage. Diese Auffassung ist schon zuvor in der Literatur vertreten worden (vgl. Schüler-Springorum 1969, 59 ff.; Tagungsberichte der StVK V, 1969, 157; Müller-Dietz 1970 b, 86ff.). Sie liegt auch den Entwürfen zum StVollzG zugrunde (vgl. BT-Dr. 7 / 9 1 8 , 4 0 f f . ) . Dementsprechend hat das BVerfG dem Gesetzgeber wiederholt Fristen zum Erlaß eines StVollzG gesetzt (vgl. BVerfG 3 3 , 1 ; 4 0 , 2 7 6 ) .

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§ 4 Ausgestaltung des Strafvollzugs

Das GG verpflichtet den Gesetzgeber nicht nur dazu, den Strafvollzug überhaupt, sondern in einer Weise zu regeln, die den Grundrechten (Art. 1—19) Rechnung trägt, namentlich die Wesensgehaltssperre des Art. 19 II respektiert. Zunächst einmal darf die Freiheit der Person nach Art. 104 I GG „nur auf Grund eines förmlichen Gesetzes und nur unter Beachtung der darin vorgeschriebenen Formen beschränkt werden". Rechtsgrundlagen in diesem Sinne stellen für den Bereich des Strafvollzugs die §§ 38, 6 3 - 6 6 StGB und die StPO dar. Diese Vorschriften regeln indessen nur die Voraussetzungen, unter denen Freiheit qua Kriminalsanktion entzogen werden darf. Sie sagen also etwas über das Ob und Wann des Freiheitsentzuges aus. Das Wie, d.h. Art und Ausmaß der Rechtsbeschränkungen im einzelnen, lassen sie offen. Daher bedarf es hierfür einer besonderen Rechtsgrundlage. Diese hat sich namentlich an der verfassungsrechtlichen Ausgestaltung des jeweiligen Grundrechts zu orientieren. Dabei sind Grundrechte mit und ohne Gesetzesvorbehalt voneinander zu unterscheiden. Nur soweit das GG Vorbehalte kennt, sind Grundrechte einschränkbar (Tagungsberichte der StVK V, 1969, 187). Läßt das GG Einschränkungen zu, müssen diese ihrerseits am jeweiligen Grundrecht gemessen werden, um das Grundrecht nicht leerlaufen zu lassen und seinen Wesensgehalt zu beachten. So kennt das GG in bezug auf einige Grundrechte keine Vorbehalte (z.B. Art. 1 , 3 , 6 I, 17). Weiteren Grundrechten zieht es durch sog. Verfassungsvorbehalte Grenzen. Ein Beispiel dafür bildet das „Hauptfreiheitsrecht" der freien Entfaltung der Persönlichkeit, das der „Schrankentrias" (Dürig) des Art. 2 I GG unterliegt. Hinsichtlich einer dritten Gruppe von Grundrechten sieht das GG Gesetzesvorbehalte vor (z.B. Art. 2 II, 5 II, 8 II, 10 II, 11 II, 13 III). Hier kann der Gesetzgeber auf gesetzlichem Wege Einschränkungen vornehmen, die jedoch allemal den „Kernbereich" des Grundrechts respektieren müssen (vgl. Müller-Dietz 1970 a, C l l ff.; 1970 b, 88ff.). Darüber hinaus ist der Gesetzgeber bei der Regelung von Eingriffsermächtigungen an den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz gebunden,

I. Die verfassungsrechtlichen Grundprinzipien

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der sich nach Auffassung des BVerfG „bereits aus dem Wesen der Grundrechte selbst" ergibt (BVerfGE 19, 348). Er spielt auf dem Gebiet des Strafvollzugs vor allem dann eine Rolle, wenn es um die Beschränkung von Rechten zur Aufrechterhaltung von Sicherheit und Ordnung in der Anstalt geht. b) Sozialstaatsprinzip Auch das Sozialstaatsprinzip (Art. 2 0 I, 28 I GG) rechnet zu den „verfassungsgestaltenden Grundentscheidungen" des GG (H. J . Wolff). Es entfaltet seine Bedeutung namentlich auf dem Gebiet der Gesetzgebung. Daraus ergeben sich insbesondere Konsequenzen für die rechtliche und praktische Ausgestaltung des Strafvollzugs unter dem Vorzeichen sozialer Hilfe und (Wieder-)Eingliederung (vgl. Müller-Dietz 1970 b, 93 ff.; Würtenberger 1970, 201 ff., 216ff.; Müller-Emmert, Resozialisierung als Verfassungsauftrag, DRiZ 1976, 65 ff.). In diesem Sinne hat denn auch das BVerfG das Sozialstaatsprinzip interpretiert. So hat es das Resozialisierungsziel auf die Menschenwürde (als Grundlage der verfassungsrechtlichen Wertordnung) und das Sozialstaatsprinzip zurückgeführt. „Dem Gefangenen sollen Fähigkeit und Willen zu verantwortlicher Lebensführung vermittelt werden, er soll es lernen, sich unter den Bedingungen einer freien Gesellschaft ohne Rechtsbruch zu behaupten, ihre Chancen wahrzunehmen und ihre Risiken zu bestehen" (BVerfGE 35, 235). Hiernach folgt das Interesse des Täters an seiner Resozialisierung aus den Grundrechten des Art. 1 I und 2 I GG. „Von der Gemeinschaft aus betrachtet verlangt das Sozialstaatsprinzip staatliche Vor- und Fürsorge für Gruppen der Gesellschaft, die auf Grund persönlicher Schwäche oder Schuld, Unfähigkeit oder gesellschaftlicher Benachteiligung in ihrer persönlichen und sozialen Entfaltung behindert sind; dazu gehören auch die Gefangenen und Entlassenen" (BVerfGE 35,236). Im einzelnen leitet das BVerfG hieraus die Konsequenz ab, „durch eine entsprechende Einwirkung auf den Verurteilten die inneren Voraussetzungen für eine spätere straffreie Lebensführung zu schaffen". Demnach müssen die äußeren Bedingungen im Vollzug auf das Resozialisierungsziel abgestimmt sein. Der Staat hat dem

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§ 4 Ausgestaltung des Strafvollzugs

Gefangenen „angemessene Hilfe" zu leisten (BVerfGE 35,236). Andererseits kann ein so verstandener Strafvollzug „nicht nur Ansprüche des Gefangenen begründen, sondern unter Umständen auch grundrechtsbeschränkende Maßnahmen rechtfertigen, die erforderlich sind, um die inneren Voraussetzungen für eine spätere straffreie Lebensführung des Gefangenen zu fördern" (BVerfGE 40,285). Damit weist das BVerfG jene Auffassungen zurück, wonach sich aus dem - sozialstaatlich gerechtfertigten — Resozialisierungsziel nur Leistungsansprüche des Gefangenen ergeben könnten oder wonach diese Zielsetzung den Gefangenen zumindest nicht in Pflicht nehmen könne (vgl. Müller-Dietz 1976 a, 90f.). 2. Gesetzgebungszuständigkeit und Verwaltungshoheit auf dem Gebiet des Strafvollzugs a) Die Gesetzgebungszuständigkeit

des Bundes

Nach Art. 74 Nr. 1 GG steht dem Bund das Recht der konkurrierenden Gesetzgebung auf dem Gebiet des Strafvollzugs zu. Das bedeutet nach der Zuständigkeitsverteilung des GG: Solange und soweit der Bund nicht tätig wird, haben die Länder die Möglichkeit, die Materie durch eigene Gesetze zu regeln. Sie sind aber von der Gesetzgebung ausgeschlossen, soweit der Bund eine gesetzliche Regelung trifft (Art. 72 I GG). Dies ist für den Bereich des Strafvollzugs durch den Erlaß des StVollzG geschehen. Raum für eine gesetzliche Regelung durch die Länder ist hier nicht geblieben, da das StVollzG beansprucht, jene Materie erschöpfend zu normieren. Das berührt natürlich nicht die Befugnis der Länder, eigene Ausführungsvorschriften zum StVollzG zu erlassen. In Einzelfällen ist dies sogar notwendig, um Regelungen des StVollzG für die Vollzugspraxis hinreichend zu konkretisieren. b) Die Verwaltungshoheit der Länder Nach Art. 30 ist „die Ausübung der staatlichen Befugnisse und die Erfüllung der staatlichen Aufgaben" „Sache der Länder", soweit das GG „keine andere Regelung trifft oder zuläßt". Dementsprechend bestimmt Art. 83 GG, daß die Länder die Bundesgesetze

II. Die kriminalpolitischen Leitgedanken

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vorbehaltlich einer abweichenden verfassungsrechtlichen Regelung „als eigene Angelegenheit" ausfuhren. Da eine solche Sonderregelung für das Gebiet des Strafvollzugs fehlt, ist die Ausführung des StVollzG Ländersache. Die Länder verfügen hier daher über die Verwaltungskompetenz. Der Bund ist insoweit auf bloße Rechtsaufsicht beschränkt (Art. 84 III, IV GG). Zweckmäßigkeitskontrolle und Weisungsbefugnisse stehen ihm nicht zu (vgl. MüllerDietz 1970 b, 101). Von der Möglichkeit, mit Zustimmung des Bundesrates wenigstens in gewissem Umfang solche Rechte zu begründen (Art. 84 V GG), hat der Bund keinen Gebrauch gemacht. Er ist auch nicht dem Vorschlag gefolgt, im Wege einer gesetzlichen Regelung nach Art. 87 III 1 GG ein sog. Bundesamt für den Strafvollzug als selbständige Bundesoberbehörde zu errichten, der freilich nur koordinierende Funktionen hätten übertragen werden können (vgl. Müller-Dietz 1970 a, C 14, C 1 3 2 ; DJT 1970, N 176).

II. Die kriminalpolitischen

Leitgedanken

Die kriminalpolitischen Grundentscheidungen des 1. und 2. StRG (vgl. § 2 I 2) präformieren bis zu einem gewissen Grade auch den Strafvollzug. Aber sie prägen diesen natürlich nicht in jeder Hinsicht. Vielmehr spielen hier auch allgemeine Zwecke des Strafrechts eine Rolle. Schließlich wirken sich in einem erheblichen Ausmaß Eigentümlichkeiten oder gar Eigengesetzlichkeiten der Sanktionsart sowie die Diskussion über die besonderen Aufgaben des Vollzugs im Rahmen der strafrechtlichen Verbrechenskontrolle aus. Versteht man'den Strafvollzug als Bestandteil des kriminalrechtlichen Sanktionensystems, dann kann er auch nicht isoliert von den allgemeinen Funktionen des Strafrechts gesehen werden. Insofern bedarf es eines Blicks auf den Zusammenhang zwischen den Strafzwecken, Strafzumessungsgrundsätzen und Vollzugsaufgaben. 1. Strafzwecke und Strafzumessungsgrundsätze des StGB a) Generalprävention und Schuldausgleich als Ausgangspunkt Das StGB enthält keine Umschreibung der Strafzwecke. Auch im Rahmen seiner Reform hat man es abgelehnt, sie zu normieren

64

§ 4 Ausgestaltung des Strafvollzugs

(vgl. BT-Dr. V / 4 0 9 5 , 3). Dennoch kann man der Gesamtstruktur des StGB, seiner tatstrafrechtlichen Orientierung sowie seinen Strafzumessungsgrundsätzen zumindest einige Anhaltspunkte hinsichtlich der Ziele entnehmen, die mit der Bestrafung des Täters verfolgt werden sollen (vgl. Müller-Dietz 1973 a). Hiernach erfüllen die Strafdrohungen primär generalpräventive Funktionen. Sie sollen potentielle Täter unter Hinweis auf die Rechtsfolgen vor der Begehung von Straftaten warnen und davon abhalten. Der Richter seinerseits muß bei der Verhängung von Strafen von der Schuld des Täters ausgehen; sie ist Grundlage der Strafzumessung ( § 4 6 I 1). Damit kommt der Bestrafung vor allem die Aufgabe des Schuldausgleichs zu. Strafe in diesem Sinne stellt freilich keinen Selbstzweck dar; vielmehr ist sie nur dann gerechtfertigt, „wenn sie sich zugleich als notwendiges Mittel zur Erfüllung der präventiven Schutzaufgabe des Strafrechts erweist" (BGHSt 2 4 , 4 0 ) .

b) lndividualpräventive system

Ansätze im strafrechtlichen

Sanktionen-

Die Zwecke der Generalprävention und des Schuldausgleichs repräsentieren indessen keineswegs die Gesamtheit der Aufgaben, die der Strafe nach dem StGB obliegen. § 4 6 I 2 StGB verpflichtet den Richter dazu, bei der Strafzumessung „die Wirkungen, die von der Strafe für das künftige Leben des Täters in der Gesellschaft zu erwarten sind", zu berücksichtigen. Um individualpräventiv sinnlose Strafen zu vermeiden, beträgt das Mindestmaß der primären Freiheitsstrafe ein Monat (§ 3 8 II). Freiheitsstrafen unter sechs Monaten dürfen gleichfalls aus individualpräventiven Gründen nur in Ausnahmefällen verhängt werden (§ 47). Diese Gesichtspunkte sind auch dafür maßgebend, daß in Fällen günstiger Sozialprognose die Vollstreckung von Freiheitsstrafen bis zu einem Jahr zur Bewährung auszusetzen ist (§ 5 6 I). Alles das zeigt, daß das StGB sich in erheblichem Umfange von individualpräventiven Zielsetzungen leiten läßt. Dementsprechend bilden Generalprävention, Schuldausgleich und Individualprävention die maßgeblichen Strafzwecke, deren Verwirklichung freilich immer

II. Die kriminalpolitischen Leitgedanken

65

nur im Rahmen der allgemeinen Aufgabe des Strafrechts, Rechtsgüter zu schützen, angestrebt werden darf (vgl. auch oben § 2 I 2).

2. Die individualpräventive Orientierung des Strafvollzugs a) Die individualpräventiven

Ziele

Für den Strafvollzug stehen auf Grund der neueren Entwicklung, seines Selbstverständnisses und der Interpretation des Sozialstaatsprinzips durch das BVerfG (vgl. oben I 1 b) nur mehr individualpräventive Zielsetzungen zur Diskussion (vgl. Schüler-Springorum 1 9 6 9 , 1 5 0 ff.). Ohnehin wäre die verfassungsrechtliche Zulässigkeit einer vergeltenden oder einer aus generalpräventiven Gründen abschreckenden Ausgestaltung des Strafvollzugs zweifelhaft (vgl. Müller-Dietz 1973 a, 10 ff.). Sie liefe aber auch kriminalpolitischen Gesichtspunkten zuwider, wenn und soweit eine solche Vollzugsgestaltung zum Rückfall beitragen und damit den Schutz der Allgemeinheit beeinträchtigen würde. Die in Nr. 5 7 I DVollzO genannte Aufgabe, die Unrechts- oder Schuldeinsicht zu fördern, steht hingegen nicht im Gegensatz zu individualpräventiven Zielen des Vollzugs. Vielmehr ist sie gerade dem Resozialisierungsziel immanent. Soziale Integration ist ohne zumindest rationale Einsicht in das Unrecht der Tat und in das Verfehlte krimineller Lebensführung schwerlich denkbar. „Wer sich sozial einordnen will, muß die in der Gesellschaft lebendige Wert- und Rechtsordnung akzeptieren lernen. Die Übernahme sozialer Einstellungsund Verhaltensmuster schließt aber notwendig die Ablehnung sozialwidriger Verhaltensweisen ein. Deshalb stellen Vermittlung von Schuldeinsicht und sozialer Verantwortung einerseits und resozialisierende Behandlung andererseits keinen Gegensatz dar, sondern gehören vielmehr zusammen" (Müller-Dietz 1973 a, 28). Als individualpräventive Aufgaben des Vollzugs kommen rückfallverhütende Behandlung und sichere Verwahrung oder Internierung des Täters in Betracht. Beide dienen letztlich dem Schutz der Allgemeinheit. Im einen Falle soll durch Einwirkung auf den Gefangenen verhindert werden, daß dieser nochmals straffällig wird. Damit wird gleichsam ein dauernder Schutz der Gesellschaft 5

Müller-Dietz, Strafvollzugsrecht

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§ 4 Ausgestaltung des Strafvollzugs

angestrebt. Im anderen Falle geht es darum, durch sichernde Vorkehrungen die Gesellschaft wenigstens für die Dauer des Freiheitsentzuges vor weiteren Straftaten zu schützen. b) Der

Sicherungszweck

Sichere Verwahrung des Täters ist in der Vergangenheit zumindest de facto vorherrschende Aufgabe des Strafvollzugs gewesen. Man hat darin eine Art Minimalziel gesehen, das auf jeden Fall erreicht werden müsse. Wenn es dem Strafvollzug nicht einmal während der Strafverbüßung gelinge, die von einem Täter für die Allgemeinheit ausgehenden Gefahren abzuwehren, habe er praktisch seinen Zweck verfehlt. Deshalb sollten von jeher Gitter, Mauern und sonstige Sicherheitsvorkehrungen den Ausbruch eines Gefangenen (aus der geschlossenen Anstalt) verhindern. Freilich stand hinter solchen Maßnahmen auch der Gedanke, daß nur dann dem Strafanspruch des Staates Rechnung getragen werde, wenn die Strafe auch tatsächlich vollstreckt werde. Hohe Priorität genoß der Sicherheitszweck nicht zuletzt deshalb, weil man im Strafgefangenen den potentiellen Ausbrecher gesehen hat, der vor allem darum bemüht sei, sich der Strafvollstreckung zu entziehen. Dazu hat ferner die Überzeugung beigetragen, in der Mehrzahl der Fälle habe man es im Strafvollzug mit resozialisierungsunfähigen oder -unwilligen Straftätern zu tun, bei denen ohnehin nur eine sichere Verwahrung als Vollzugsaufgabe in Betracht komme. Schließlich hat sich gezeigt, daß Sicherungsmaßnahmen sich in aller Regel leichter durchführen lassen als Maßnahmen, die der sozialen (Wieder-)Eingliederung des Gefangenen dienen. Im Ergebnis ist aus solchen Überlegungen und Erfahrungen das Phänomen der Übersicherung erwachsen, das ein Mehr an Sicherungsmaßnahmen bedeutet, als zur Erreichung des vorausgesetzten Zwecks überhaupt erforderlich ist. Die Ausgestaltung der Lebensbedingungen im Vollzug hat damit verschiedentlich behandlungswidrige Konsequenzen gezeitigt (vgl. Schüler-Springorum 1 9 6 9 , 1 8 1 ff., 2 0 1 ff.). c) Das Resozialisierungsziel und seine

Problematik

Schon die statistische Erfahrung, daß dauernder Freiheitsentzug (lebenslange Freiheitsstrafe) die Ausnahme, zeitlich begrenzter die

II. Die kriminalpolitischen Leitgedanken

67

Regel bildet, legt es nahe, dem Strafvollzug - wenigstens auch oder überhaupt — die Aufgabe der Rückfallverhütung zu stellen. In diesem Sinne ist man — zumindest theoretisch — im 19. Jahrhundert vom Besserungs- und in den 20er Jahren vom Erziehungszweck ausgegangen. Das BVerfG hat nunmehr mit den Entwürfen „die Resozialisierung oder Sozialisation als das herausragende Ziel namentlich des Vollzuges von Freiheitsstrafen" bezeichnet (BVerfGE 35, 235). Erblickt man darin die vorrangige (oder gar alleinige) Aufgabe des Vollzugs, so ergeben sich mehrere Probleme (vgl. MüllerDietz 1973 a, 20ff.; Schöch 1974, 48ff.). So kann die für eine erfolgreiche rückfallverhütende Behandlung erforderliche Zeit länger oder kürzer sein als die im Einzelfall verhängte Strafe. Ist sie länger, besteht allenfalls die Möglichkeit, die Behandlung auf ambulanter Grundlage fortzusetzen. Ist sie kürzer, bestehen Korrekturmöglichkeiten nur in den Grenzen, die dem Rechtsinstitut der Aussetzung des Strafrestes (§ 57 StGB) gezogen sind. Einmal muß berücksichtigt werden, daß die Einweisung von Straftätern in den Vollzug keineswegs unter dem Gesichtspunkt der Resozialisierungsbedürftigkeit erfolgt. Vielmehr sind dafür in erster Linie Zwecke der Generalprävention und des Schuldausgleichs maßgebend (vgl. oben 1 a). Darüber hinaus gelangen aber auch Straftäter in den Vollzug, die nicht rückfallgefährdet oder -gefährlich sind (z. B. Konflikts- oder Situationstäter). Hier muß sich der Vollzug vor allem darum bemühen, bestehende soziale Bindungen aufrechtzuerhalten und Haftschäden zu vermeiden. Des weiteren kommen Straftäter mit ungünstiger Sozialprognose in den Vollzug, bei denen die Wahrscheinlichkeit des Rückfalls sehr hoch ist. Dieser Personenkreis hat infolge der Zurückdrängung der Freiheitsstrafe eher noch zugenommen. Rekrutieren sich doch die Insassen der Vollzugsanstalten zu ca. 80—85% aus Wiederholungstätern, die in 95% der Fälle schon zuvor eine Freiheitsstrafe erhalten, wenn auch nicht notwendig verbüßt hatten. Die Annahme erscheint berechtigt, daß sich hierunter auch Täter befinden, bei denen sämtliche Resozialisierungsbemühungen fehlschlagen. Gleichwohl wäre es trotz der gebotenen Zurückhaltung gegenüber übertriebenen Erwartungen hinsichtlich der Resozialisierung 5»

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§ 4 Ausgestaltung des Strafvollzugs

rückfallgefährdeter Täter aus wenigsten drei Gründen problematisch, hier auf kriminalprophylaktische Maßnahmen zu verzichten. Einmal sind beim derzeitigen Stand der Behandlungsforschung empirisch gesicherte Aussagen über die Resozialisierungsfähigkeit oder -Unfähigkeit bestimmter Täter(-gruppen) nicht möglich (zur Problematik der Erfolgsmessung Kerner 1 9 7 6 ; Egg/ Frey, Erfolgsmessung von Resozialisierungsmaßnahmen, MSchr Krim. 1976, 2 0 5 f f . ; Opp 1 9 7 6 ; Hilde Kaufmann 1977, 204ff.). Allenfalls kann der Grad der Rückfallwahrscheinlichkeit auf Grund vorliegender Daten einigermaßen geschätzt werden. Zum zweiten fehlt es noch an einer hinreichenden praktischen Erprobung neuer Behandlungsmethoden und Vollzugskonzepte, die Grenzen rückfallverhütender Behandlung im Strafvollzug zuverlässig dartun könnte. Es liegen lediglich Erfahrungswerte darüber vor, daß Behandlung auf ambulanter Basis jedenfalls in gewissem Umfang der im jetzigen Strafvollzug überlegen ist. Schließlich schlägt die Feststellung mangelnder Resozialisierungsfähigkeit (einmal unterstellt, sie könnte mit genügender Sicherheit getroffen werden) sehr leicht in inhumanen Umgang mit dem Straftäter um und trägt im Zweifel eher dazu bei, die Rückfallwahrscheinlichkeit noch zu erhöhen (vgl. Müller-Dietz 1974 b, 95 f.). Sowohl unter verfassungsrechtlichen als auch kriminaltherapeutischen Gesichtspunkten kann daher auf den Versuch einer Resozialisierung nicht verzichtet werden. Dementsprechend schreibt § 129 Satz 2 StVollzG vor, daß selbst beim Personenkreis der Sicherungsverwahrten entsprechende Anstrengungen zu unternehmen sind. d) Zielkonflikte

und

Konfliktlösungen

Die bisherigen Überlegungen haben zweierlei erkennen lassen: Eine individualpräventive Orientierung des Strafvollzugs bringt diesen zumindest auf der Ebene der Strafzwecke in einen Konflikt mit den allgemeinen Aufgaben des Strafrechts. Für das Verhältnis der Vollzugsziele zu den Strafzumessungsgrundsätzen gilt dies in abgeschwächtem Maße. Andererseits können einem Strafvollzug, der seinen Beitrag zur Kriminalprävention leisten soll, sinnvollerweise nur individualpräventive Funktionen zugewiesen werden. Aus dieser Inkongruenz von Strafzwecken (Strafausspruch) und

II. Die kriminalpolitischen Leitgedanken

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Vollzugsaufgaben ergibt sich eine heterogene Insassenstruktur der Vollzugsanstalten. Z u m zweiten ergeben sich Konflikte innerhalb der individualpräventiven Zielsetzung des Vollzugs aus dem Zusammentreffen des traditionellen Sicherungszwecks (der sich relativ leicht verwirklichen läßt) mit dem Ziel rückfallverhütender Behandlung (das vielfach nur schwer, in manchen Fällen überhaupt nicht zu erreichen ist). Die Antinomie von Strafausspruch und resozialisierender Behandlung im Vollzug hat die sog. Stufentheorie zu lösen gesucht (vgl. Müller-Dietz 1973 a, 21 f.; Schöch 1974,56). Danach fällt der Strafandrohung primär die Aufgabe der Generalprävention, dem Strafausspruch vor allem die Funktion des Schuldausgleichs zu, während dem Strafvollzug in erster Linie eine individualpräventive Zielsetzung obliegt. Indessen geht dieses theoretische Konzept nicht völlig auf, weil sich die einzelnen Strafzwecke und die verschiedenen Phasen der Strafrechtsverwirklichung gegenseitig überschneiden. In die Strafzumessung fließen individualpräventive Gesichtspunkte ein. Im Strafvollzug wirken generalpräventive Tendenzen fort (etwa was die Strafdauer anlangt) (vgl. Haffke 1975). Ein weiterer Versuch der Konfliktlösung wurde im Rahmen der Vorarbeiten zum StVollzG unternommen. So wollten KE und RE nach dem Muster des StGB auch auf eine Regelung der allgemeinen Vollzugszwecke verzichten und sich darauf beschränken, das Ziel der Behandlung festzulegen (vgl. § 3 KE, § 2 RE). Damit sollte eine Aussage zu den Aufgaben des Vollzugs im ganzen vermieden werden (vgl. BT-Dr. 7 / 9 1 8 , 4 4 f . ; Müller-Dietz 1973 a, 42ff.). Diese Lösung ist jedoch auf erhebliche Kritik gestoßen. Durch ein solches Vorgehen wäre aber wenigstens auf der normativen Ebene ein Konflikt mit dem StGB verhindert worden. Die Frage wäre freilich geblieben, ob dadurch der Zwiespalt zwischen Strafausspruch (Schuldurteil) und Behandlungsziel ausgeräumt worden wäre (vgl. Haffke 1975). Indessen hat der Gesetzgeber diese Lösung abgelehnt und stattdessen doch die allgemeinen Aufgaben des Vollzugs geregelt (§ 2 StVollzG). Er ist dabei aber auch dem Vorschlag des Bundesrates nicht gefolgt, Regelung der Vollzugsaufgaben und Strafzwecke

70

§ 4 Ausgestaltung des Strafvollzugs

nach dem Muster der Nr. 571 DVollzO wenigstens annäherungsweise zur Deckung zu bringen (vgl. BT-Dr. 7/918,108). Diese Lösung hätte — von ihrer inhaltlichen Problematik einmal abgesehen — jenen normativen Konflikt weitgehend vermieden. Der vollzugsimmanente Konflikt zwischen Resozialisierungs- und Sicherungsziel (Waldmann 1968) hat ebenfalls rechtliche und praktische Bedeutung zugleich. Unter rechtlichen Gesichtspunkten stellt sich die Frage, welche Aufgabe generell und im Einzelfall Vorrang hat. Praktisch wirkt sich dieser Konflikt vor allem darin aus, in welchem Umfang Sicherungsmaßnahmen rückfallverhütender Behandlung noch Raum lassen und umgekehrt. Natürlich existiert eine gewisse Bandbreite an Gemeinsamkeiten zwischen beiden Vollzugsaufgaben: Resozialisierende Einwirkung auf den Straftäter ist nur möglich, wenn er der Kontrolle des Vollzugs unterliegt. Nach den bisherigen Erfahrungen können Behandlungsmaßnahmen in einem therapieintensiven Vollzug in gewissem Umfang auch Sicherungsfunktionen übernehmen. Das ändert aber nichts daran, daß Resozialisierung und Sicherung häufig miteinander in Konflikt geraten. Die rechtliche Problematik haben KE und RE dadurch zu lösen versucht, daß sie weder das Resozialisierungs- noch das Sicherungsziel als allgemeine Vollzugsaufgabe erwähnt haben. Im übrigen sollte dem Sicherungsgedanken jeweils bei der Entscheidung über einzelne Vollzugsmaßnahmen Rechnung getragen werden. Der AE, der es demgegenüber für erforderlich gehalten hat, die Vollzugsaufgaben im StVollzG zu regeln (AE, 55), kennt ausschließlich das Vollzugsziel der Wiedereingliederung (§ 2 I). Auch hiernach sollen Sicherheitsgesichtspunkte lediglich bei speziellen Entscheidungen auf der Grundlage entsprechender Regelungen berücksichtigt werden. Hingegen hat der Gesetzgeber sich dafür entschieden, Resozialisierungs- und Sicherungszweck als (allgemeine) Aufgaben des Vollzugs im StVollzG zu regeln (§ 2), dem Resozialisierungsziel jedoch Vorrang einzuräumen. Welche Aufgabe im Einzelfall tatsächlich Priorität genießt, hängt freilich nicht nur von dieser Generalklausel, sondern von deren rechtlicher Konkretisierung in den einzelnen Gestaltungsbereichen sowie von den konkreten Lebensbedingungen im Vollzug ab.

ZWEITER TEIL

Grundsätze des Vollzugs und Stellung des Gefangenen § 5 Anwendungsbereich und Aufbau des Strafvollzugsgesetzes I. Der Anwendungsbereich

des Strafvollzugsgesetzes

Das StVolIzG regelt im § 1 seinen Anwendungsbereich. Danach gilt es für den Vollzug der Freiheitsstrafe in Justizvollzugsanstalten und der freiheitsentziehenden Maßregeln der Besserung und Sicherung. Vorschriften über die Strafvollstreckung enthält es nicht. Eine Ausnahme bildet lediglich § 13 V (wonach durch den Urlaub die Strafvollstreckung nicht unterbrochen wird). Infolge seiner Beschränkung auf den Bereich des Freiheitsentzuges enthält das StVolIzG auch keine Regelungen ambulanter Sanktionen. Das StVolIzG trifft ferner keine Regelung für solche Arten von Freiheitsstrafen, soweit diese Gegenstand anderer Gesetze sind. Das gilt einmal für die Jugendstrafe (vgl. § 91 JGG), zum zweiten für den Strafarrest (vgl. § 9 WStG, VO über den Vollzug von Freiheitsstrafe, Strafarrest und Disziplinararrest durch Behörden der Bundeswehr [Bundeswehrvollzugsordnung] vom 2 9 . 1 1 . 1972 [BGBl. 1 2 2 0 5 ; III 4 5 2 - 3 ] ) . Hinsichtlich des Arbeitsentgelts in Jugendstrafanstalten übernimmt § 176 StVolIzG die einschlägigen Regelungen, die für Erwachsene gelten. Für den Vollzug des Strafarrestes in Justizvollzugsanstalten gelten nach § 167 StVolIzG die Vorschriften über den Vollzug der Freiheitsstrafe (§§ 2—122) entsprechend, soweit nicht in den §§ 168—170 StVolIzG Sonderregelungen getroffen sind. Allerdings schließt § 1 StVolIzG — anders als § 1 KE — die Anwendbarkeit des StVolIzG auf den Vollzug der Jugendstrafe und der freiheitsentziehenden Maßregeln nach dem J G G nicht aus-

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§ 5 Anwendungsbereich und Aufbau des Strafvollzugsgesetzes

drücklich aus. Offenbar will das Gesetz eine entsprechende Anwendung in diesem Bereich ermöglichen, soweit erzieherische Gesichtspunkte (§ 91 JGG) nicht entgegenstehen (vgl. BT-Dr. 7/918, 4 3 ; Müller-Dietz 1976 c, 914). In der Tat wurden denn auch Vorschriften des StVollzG und die hierzu ergangenen bundeseinheitlichen Verwaltungsvorschriften (WStVollzG) - in einer freilich rechtlich bedenklichen Weise — bis zur Schaffung einer neuen Rechtsgrundlage für den Bereich des Jugendstrafvollzugs als Verwaltungsvorschriften übernommen ( W J u g ) . Im übrigen ist jedoch beabsichtigt, den Vollzug der Jugendstrafe gesetzlich besonders zu regeln (Prot. SA 7/1750ff.). Der Vollzug der Untersuchungshaft ist ohnehin in § 119 StPO speziell geregelt. Für den Fall der Unterbrechung von Untersuchungshaft zum Zwecke der Strafvollstreckung trifft § 122 StVollzG allerdings eine Sonderregelung.

II. Der Aufbau des Strafvollzugsgesetzes Der Aufbau eines Gesetzes hat in der Regel zwei Funktionen: Gewichtungsfunktion und Ordnungsfunktion. Mit der Reihenfolge der einzelnen Abschnitte und Vorschriften bringt der Gesetzgeber eine gewisse Gewichtung der Regelungen zum Ausdruck. Gleichzeitig sucht er damit den jeweiligen Rechtsstoff im Sachzusammenhang zu ordnen. 1. Die Systematik des Gesetzes Das StVollzG stellt neben der Vorschrift über den Anwendungsbereich (§ 1) die Regelung des Vollzugs der Freiheitsstrafe an den Anfang. Erst dann folgen Sondervorschriften über den Vollzug der freiheitsentziehenden Maßregeln sowie die Bestimmungen über die Vollzugsbehörden. Damit gibt das Gesetz zu erkennen, daß sein Kernstück die Regelung von Rechtsstellung und Behandling des Gefangenen bildet. In der Tat orientierten sich daran einmal die Sondervorschriften über den Vollzug anderer strafgerichtlich angeordneter freiheitsentziehender Sanktionen, zum zweiten die Bestimmungen über die organisatorische Ausgestaltung und personelle Ausstattung des Vollzugs. Diese Systematik ist freilich

II. Der Aufbau des Strafvollzugsgesetzes

73

nicht in dem Sinne zwingend, daß sich keine andere denken ließe. Aber sie läßt doch eine gewisse Gewichtung der Regelungen erkennen (vgl. Müller-Dietz, 1976 c, 914f.). Innerhalb des zweiten Abschnitts (Vollzug der Freiheitsstrafe = §§ 2-122) differenziert das StVollzG wiederum nach grundsätzlichen Aussagen über Zielrichtung und Gestaltung des Vollzugs und nach den Regelungen der einzelnen Gestaltungsbereiche. So stehen die Vollzugsgrundsätze am Anfang (§§ 2—4). Die Detailregelungen, die als inhaltliche Ausfüllung und Konkretisierung jenes Rahmens verstanden werden müssen, folgen nach. Das heißt natürlich nicht, daß diese Vorschriften geringere Bedeutung hätten. Vielmehr sind sie im Kontext der Vollzugsgrundsätze zu sehen und zu interpretieren. 2. Die einzelnen Regelungsmaterien Das StVollzG ist innerhalb der verschiedenen Abschnitte in Titel gegliedert. Im einzelnen regelt es im zweiten Abschnitt über den „Vollzug der Freiheitsstrafe": Grundsätze ( § § 2 - 4 ) , Planung des Vollzuges (§§ 5 - 1 6 ) , Unterbringung und Ernährung des Gefangenen (§§ 17—22), Besuche, Schriftwechsel sowie Urlaub, Ausgang und Ausführung aus besonderem Anlaß (§§ 23-36), Arbeit, Ausbildung und Weiterbildung (§§ 37-52), Religionsausübung (§§ 53-55), Gesundheitsfürsorge (§§ 56-66), Freizeit (§§67-70), Soziale Hilfe (§§ 71-75), den Frauenstrafvollzug(§§ 76-80), Sicherheit und Ordnung (§§ 81—93), den unmittelbaren Zwang (§§ 94-101), Disziplinarmaßnahmen (§§ 102-107), Rechtsbehelfe (§§ 108—121) sowie das Verhältnis von Strafvollstreckung und Untersuchungshaft (§ 122). Der dritte Abschnitt umfaßt die besonderen Vorschriften für den Vollzug der freiheitsentziehenden Maßregeln (§§ 123—138). Von Bedeutung sind namentlich die Vorschriften über die Unterbringung in einer sozialtherapeutischen Anstalt (§§ 123—128) und über die Sicherungsverwahrung (§§ 129—135), während die Bestimmungen über die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus (§ 136) und in einer Entziehungsanstalt (§ 137) lediglich den jeweiligen Unterbringungszweck konkretisieren und

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§ 5 Anwendungsbereich und Aufbau des Strafvollzugsgesetzes

im übrigen auf das sonstige Bundes- und Landesrecht verweisen (§ 138). Der vierte Abschnitt über die „Vollzugsbehörden" (§§139—166) bildet praktisch einen zweiten Schwerpunkt des Gesetzes. Er regelt im einzelnen: Arten und Einrichtung der Justizvollzugsanstalten (§§ 139—150), Aufsicht über die Justizvollzugsanstalten (§§ 151—153), den inneren Aufbau der Justizvollzugsanstalten (§§ 1 5 4 - 1 6 1 ) , die Einrichtung der Anstaltsbeiräte (§§ 1 6 2 - 1 6 5 ) sowie die kriminologische Forschung im Strafvollzug (§ 166). Der abschließende fünfte Abschnitt, der mit „Schlußvorschriften" überschrieben ist (§§ 167—201), stellt gleichsam ein Sammelbecken aller jener Regelungen dar, die nach ihrem sachlichen Gehalt nur schwer in die Systematik der vier ersten Abschnitte gepaßt hätten. Im einzelnen umfaßt er Vorschriften über den Vollzug des Strafarrests in Justizvollzugsanstalten (§§ 167—170), den Vollzug von Ordnungs-, Sicherungs-, Zwangs- und Erzwingungshaft (§§ 171—175), die Anpassung des Bundesrechts an die Intentionen des StVollzG (§§ 1 7 9 - 1 8 9 ) , die Sozial- und Arbeitslosenversicherung (§§ 190—195) sowie Bestimmungen über die Einschränkung von Grundrechten, die Berlin-Klausel und das Inkrafttreten des Gesetzes (§§ 1 9 6 - 2 0 1 ) .

III. Die Regelung des

Inkrafttretens

1. Die Termine des Inkrafttretens Das StVollzG ist seit 1. 1. 1977 in Kraft (§ 198 I). Eine ganze Reihe von Vorschriften wird aber erst zu späteren Terminen in Kraft treten. Eine dritte Kategorie von Vorschriften muß durch besonderes Bundesgesetz in Kraft gesetzt werden, um wirksam zu werden. Damit soll Finanzierungsschwierigkeiten Rechnung getragen werden, die sich aus der Verwirklichung von Reformvorhaben des StVollzG ergeben könnten. Nach den bisherigen Berechnungen schlagen namentlich die Einführung eines Arbeitsentgelts und die Einbeziehung der Gefangenen in die Sozial- und Arbeitslosenversicherung zu Buch (vgl. BT-Dr. 7 / 9 1 8 , 1 0 7 f . ; BTDr. 7/2408). Diese Lösung, das Inkraftsetzen wichtiger Vorschrif-

III. Die Regelung des Inkrafttretens

75

ten einem besonderen Bundesgesetz vorzubehalten, ist freilich ebenso ungewöhnlich wie umstritten (vgl. Vorschläge 1974, 178 f.). Welchen Rechtscharakter eine solche Regelung hat, an die ja der Gesetzgeber inhaltlich nicht gebunden ist, ist unklar. Sie läßt es vor allem zu, daß die fraglichen Vorschriften überhaupt nicht oder mit verändertem Inhalt in Kraft treten (vgl. MüllerDietz, J Z 1973, 564). Der Stufenplan des Gesetzes sieht neben dem 1 . 1 . 1977 drei weitere Termine für das Inkrafttreten von Vorschriften vor. Es handelt sich dabei in der Hauptsache um kostenträchtige Regelungen aus den Bereichen Arbeit, Aus- und Weiterbildung, Sozialund Arbeitslosenversicherung sowie Unterbringung des Gefangenen, Gestaltung und Gliederung der Vollzugsanstalten. Hiernach treten am 1 . 1 . 1 9 8 0 in Kraft ( § 1 9 8 1 1 Nr. 1): die Vorschriften über die Arbeitszuweisung (§ 37), das freie Beschäftigungsverhältnis ( § 3 9 1 ) , die Zustimmungsbedürftigkeit bei weiterbildenden Maßnahmen (§ 41 II), die Freistellung von der Arbeitspflicht (§42), die Arbeitsbetriebe und Einrichtungen zur beruflichen Bildung (§ 149 I) sowie die Bildung der Anstaltsbeiräte (§ 1621). Am 1. 1. 1982 tritt § 4 1 III in Kraft, der die Zustimmungsbedürftigkeit bei Beschäftigung von Gefangenen in Unternehmerbetrieben regelt (§ 198 II Nr. 2). Schließlich treten am 1. 1. 1986 die Vorschriften über die Trennung Gefangener im Aufnahmeverfahren (§ 5 I) und sozialtherapeutische Übergangsheime (§12711) in Kraft ( § 1 9 8 11 Nr. 3). Die Bestimmungen, deren Inkraftsetzung einem besonderen Bundesgesetz vorbehalten ist (§ 198 III), haben vor allem weitere Einzelfragen des Arbeitsentgelts, seiner Verwendung und Verwertung sowie der Äquivalente für das Entgelt (§§ 4 5 - 4 7 , 4 9 , 5 0 , 93 II, 176 II und III), Krankenversicherungsleistungen bei Krankenhausaufenthalt (§ 65 II 2) und einen Großteil der Regelungen über die Sozial- und Arbeitslosenversicherung (§ 190 Nr. 1 - 1 0 , 1 3 - 1 8 , §§ 1 9 1 - 1 9 3 ) zum Gegenstand. 2. Die Übergangsvorschriften Hinsichtlich der Übergangsvorschriften ist zwischen zeitlich befristeten und solchen zu unterscheiden, die bis zum Erlaß eines be-

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§ 6 Allgemeine Grundsätze des Vollzugs

sonderen Bundesgesetzes gelten. Eine Sonderregelung ist für das Arbeitsentgelt getroffen. Bis 31. 12. 1980 erhält der arbeitende Gefangene fünf vom Hundert des vorgesehenen Arbeitsentgelts ( § 2 0 0 1 ) ; bis zu diesem Zeitpunkt ist über eine Erhöhung des genannten Anteils zu befinden (§ 200 II). Für die Freistellung von der Arbeitspflicht (§ 42), die Leitung nichtselbständiger Vollzugsanstalten (§ 156 I) und die Bildung von Anstaltsbeiräten (§ 162 I) gelten bis 3 1 . 1 2 . 1 9 7 9 Übergangsregelungen ( § 1 9 9 1 Nr. 1 - 3 ) . Ebenso läßt § 201 für Anstalten, mit deren Errichtung vor dem Inkrafttreten des StVollzG begonnen wurde, überwiegend zeitlich befristete Abweichungen von den Vorschriften über den offenen Vollzug (§ 10), die gemeinschaftliche Unterbringung (§ 17), die Unterbringung während der Ruhezeit (§ 18), die Größe und Gestaltung der Justizvollzugsanstalten (§ 143 I und II) und die Feststellung der Belegungsfähigkeit (§ 145) zu. Im übrigen gelten auch für diejenigen Vorschriften, die erst auf Grund eines besonderen Bundesgesetzes in Kraft treten (vgl. oben 1), Übergangsregelungen (§ 199 II). Auch das rechtfertigt die Feststellung, daß am 1 . 1 . 1977 lediglich ein Torso Gesetz geworden ist.

§ 6 Allgemeine Grundsätze des Vollzugs

I. Die Aufgaben des Vollzugs 1. Die Genesis der Regelung Im Gegensatz zur überwiegenden Meinung in der Literatur (vgl. Müller-Dietz 1973 a, 45 f.) hielten es KE und RE für richtig, die Aufgaben des Vollzugs nicht in toto zu regeln, sondern sich auf eine Normierung des Behandlungsziels zu beschränken (vgl. oben § 4 II 2 d): „Eine allgemeine Aussage über den Sinn des Strafvollzuges oder seine Ziele und Zwecke berührt das religiöse und weltanschauliche Verständnis des Betroffenen und der Allgemeinheit über Schuld, Verantwortung und Sühne. Die Auffassungen über die Aufgabe des Staates in diesem Bereich sind geteilt" (BT-Dr. 7/918, 44). Diese Ansicht wurde im Verlaufe des Gesetzgebungsverfahrens stark kritisiert: Einmal brauche der Vollzug eine klare

I. Die Aufgaben des Vollzugs

77

und umfassende Festlegung seiner Aufgaben (Ziele). Zum zweiten werde die Regelung eines bloßen Behandlungsziels ohnehin sehr leicht als allgemeine Festlegung der Vollzugsaufgaben (miß-)verstanden. Des weiteren gehe es um die Festlegung staatlicher Aufgaben und nicht metaphysischer Zielsetzungen. Schließlich könne (oder werde) eine „normative Askese" des Gesetzgebers auf diesem Gebiet dazu führen, daß faktisch vorherrschende Interessen und Bedürfnisse letztlich über die Aufgaben des Vollzugs entschieden. Dementsprechend trat etwa der AE für die Regelung eines Vollzugsziels ein (§ 2 I AE, 55). Auch der Bundesrat hielt - freilich von einer gänzlich andersartigen Konzeption aus - eine umfassende Regelung der Vollzugsaufgaben für geboten: „Vorrangiges Ziel des Vollzugs der Freiheitsstrafe ist es, den Gefangenen zu befähigen, ein Leben ohne Straftaten zu führen. Er soll die Einsicht gewinnen, daß er für sein Unrecht und seine Schuld einzustehen hat, und zu selbstverantwortlichem Verhalten in der Rechtgemeinschaft hingeführt werde. Im übrigen dient der Vollzug der Freiheitsstrafe dem Schutz der Allgemeinheit vor weiteren Straftaten" (BT-Dr. 7/918,108). Dieser Regelungsvorschlag begegnete gleichfalls — namentlich im SA - lebhafter Kritik. Einigkeit bestand zunächst darin, daß das Behandlungsziel im Sinne des § 2 RE ein Ziel des Vollzugs sei, und dann weiter darin, daß sich der Gesetzgeber keineswegs auf die Regelung eines Behandlungsziels beschränken dürfe. Die Mehrheit des SA wollte das Behandlungsziel zum alleinigen Vollzugsziel erheben. Abschreckung und Sühne als weitere Vollzugsziele zu nennen, lehnte sie ab. Schließlich einigte sich der SA darauf, die Sicherung der Allgemeinheit vor weiteren Straftaten als Vollzugsaufgabe im Gesetz zu erwähnen, obgleich die Mehrheit der Meinung war, sie sei bereits vom Vollzugsziel der Rückfallverhütung umfaßt (vgl. BT-Dr. 7/3998, 5f.). Damit erhielt § 2 folgende Fassung: „Im Vollzug der Freiheitsstrafe soll der Gefangene fähig werden, künftig in sozialer Verantwortung ein Leben ohne Straftaten zu führen (Vollzugsziel). Der Vollzug der Freiheitsstrafe dient auch dem Schutz der Allgemeinheit vor weiteren Straftaten."

78

§ 6 Allgemeine Grundsätze des Vollzugs

2. Das Vollzugsziel der Rückfallverhütung a) Inhalt und Grenzen rückfallverhütender

Behandlung

Die Fassung des § 2 Satz 1 StVollzG verweist auf die besondere Aufgabe des Strafvollzugs, die erforderlichen Maßnahmen zu treffen, um weiterer Straffälligkeit des Gefangenen vorzubeugen. Hierdurch soll der Vollzug seinen Beitrag zur Bekämpfung der (Rückfall-)Kriminalität und damit zum Rechtsgüterschutz leisten. Unbeschadet ihrer konkreten Formulierung steht jene Vorschrift in der Tradition jener Regelungsvorschläge, denen es um (Re-) Sozialisierung oder (Wieder-)Eingliederung in die Gesellschaft in deren Interesse wie dem des Gefangenen selbst zu tun ist (vgl. Müller-Dietz 1974 c, 3 5 8 f f . ; kritisch Haffke 1 9 7 6 , 6 2 7 f f . ; Kargl 1 9 7 6 , 1 3 9 ff.). Dabei ist folgendes zu beachten. Einmal ist der heute vielfach gebräuchliche Begriff „Resozialisierung" der Sache nach falsch, weil er die Annahme nahelegt, die Gefangenen seien vor ihrer Inhaftierung zumindest irgendwann einmal sozial integriert gewesen; gerade dies trifft jedoch angesichts der Entwicklung des Strafvollzugs zu einem Vollzug an Vorbestraften und Rückfälligen (vgl. Müller-Dietz 1974 d, 93) in vielen Fällen nicht zu. Praktische Erfahrungen zeigen, daß es eine ganze Reihe von Gefangenen gibt, denen von vornherein die Chancen sozialer Entwicklung und Reifung versagt geblieben sind. Insofern trifft der Begriff „ErsatzSozialisation" (Schüler-Springorum 1 9 6 9 , 1 7 2 ) den gemeinten Sachverhalt genauer (vgl. Haffke 1 9 7 5 , 4 3 ) . Gerade deshalb ist ein umfassendes und differenziertes Sozialisationsangebot erforderlich, wenn das Vollzugsziel ernst genommen werden soll. Das „Weniger" bloßen Legalverhaltens kann vielfach nur erreicht werden, wenn das „ M e h r " einer Sozialisation des Täters erfolgreich angestrebt wird (Müller-Dietz 1970 a, C 18, C 19; Kaiser 1975 a, 42). Kriminalitätsmindernde Behandlung in diesem Sinne besteht nicht zuletzt in der Einübung sozialen Verhaltens („treatment by training"), in der Vermittlung sozialer Einstellungs- und Verhaltensmuster (vgl. Müller-Dietz 1970 a, C 91 f.; 1973 a, 28). Insofern widerspricht die Kritik des

I. Die Aufgaben des Vollzugs

79

AE daran, daß der Gefangene befähigt werden soll, „in sozialer Verantwortung" ein Leben ohne Straftaten zu führen (AE, 55), der Lebenserfahrung ebenso wie kriminologischen Erkenntnissen; denn sie suggeriert die Vorstellung, als ließen sich „soziale Verantwortung" und die Führung eines „Lebens ohne Straftaten" trennen (Schöch 1974, 49). Richtig ist zwar, daß solche Bemühungen des Vollzugs den Gefangenen nicht zum Objekt kriminaltherapeutischer Versuche stempeln dürfen. Das wäre schon mit Art. 1 GG (Menschenwürde) unvereinbar (vgl. Müller-Dietz 1970 a, C 9 0 f . ; Schöch 1974, 49 f.). Aber einem solchen Vorgehen läge eine grundsätzliche Fehlinterpretation rückfallverhütender Behandlung zugrunde. Diese ist vielmehr auf die Mitarbeit des Gefangenen angewiesen. Keine Form der Kriminaltherapie, die im Sinne des Vollzugsziels erfolgreich sein soll, kann darauf verzichten, den Gefangenen in seiner Subjektrolle ernst zu nehmen. Derartige soziale Lernprozesse können nur in Gang gesetzt werden, wenn der Gefangene als Person respektiert wird und sich selbst erleben kann. Schließlich kann der Vollzug aus eigenen Kräften und mit eigenen Mitteln nur einen Beitrag zur sozialen Integration des Gefangenen leisten. Sämtliche Voraussetzungen dafür zu schaffen ist ihm verwehrt. Für einen späteren Rückfall kommen wenigstens drei Bündel von Variablen als kriminalitätsbegünstigende oder -auslösende Bedingungen in Betracht: Einmal der Sozialisationsprozeß, den der Täter vor seiner Inhaftierung durchlaufen und der seine Persönlichkeitsentwicklung geprägt hat, zum zweiten die spezifischen Bedingungen im Vollzug selbst und schließlich die sog. vollzugsexternen Faktoren, die nach der Entlassung wirksam werden. Versteht man das Vollzugsziel daher in dem Sinne, daß der Vollzug im Rahmen seiner Möglichkeiten und jeweiliger Erfordernisse die (Re-)Sozialisierung des Gefangenen zu fördern hat, dann löst sich jedenfalls auf der normativen Ebene das Problem der Behandlung sozial integrierter (vgl. AE, 55) und besonders rückfallgefährdeter Täter (vgl. oben § 4 II 2 c; vgl. auch Calliess/Müller-Dietz 1977, Rdnr. 8 zu § 2).

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§ 6 Allgemeine Grundsätze des Vollzugs

b) Der Vorrang des Vollzugsziels Entstehungsgeschichte und Wortlaut des § 2 StVollzG lassen erkennen, daß das Vollzugsziel (der Rückfallverhütung) als vorrangige Aufgabe des Vollzugs zu verstehen ist. Dies war während der Gesetzgebungsarbeiten nicht im Streit. Selbst der Bundesrat, dessen Vorschlag ja einer weitgehenden Synchronisierung der Vollzugsaufgaben und allgemeinen Strafzwecke galt, trat dafür ein, jene Zielsetzung als „vorrangiges Ziel des Vollzugs" ins Gesetz aufzunehmen (vgl. oben 1). Auch der Sprachgebrauch des § 2 StVollzG stützt diese Auffassung. Zwar kennzeichnet die Vorschrift sowohl Rückfallverhütung als auch Schutz der Allgemeinheit als „Aufgaben des Vollzuges". Sie hebt jedoch die erstere Aufgabe als „Vollzugsziel" hervor. Wenn auch diese Differenzierung Ausdruck eines parlamentarischen Kompromisses ist (Prot. SA 7 / 2 1 9 9 f . ; BT-Dr. 7 / 3 9 9 8 , 5 f . ) , so verweist sie doch auf eine gewisse Abstufung der Vollzugsaufgaben. Dies zeigt sich auch daran, daß das StVollzG in weiteren (Detail-)Regelungen nicht auf die Vollzugsaufgaben in toto ( § 2 ) , sondern lediglich auf das Vollzugsziel Bezug nimmt (vgl. z.B. §§ 4 I, 31 I Nr. 1, 68 II 2, 7 0 II Nr. 2). 3. Die Sicherungsaufgabe des Vollzugs Die Feststellung, der Vollzug der Freiheitsstrafe diene „auch dem Schutz der Allgemeinheit vor weiteren Straftaten" (§ 2 Satz 2 StVollzG), gibt Anlaß zu der Frage, wie sich (Re-)Sozialisierungsziel und Sicherungsaufgabe zueinander verhalten. Schon die grundsätzlichen Überlegungen (vgl. § 4 II 2 d) haben gezeigt, daß es zumindest einen Teilbereich gibt, in dem sich beide Aufgaben decken oder überschneiden: Auf den Gefangenen im Sinne rückfallverhütender Behandlung einwirken kann man nur, wenn jener sich unter Aufsicht und Kontrolle des Vollzugs befindet. Andererseits wurde im Verlaufe der parlamentarischen Beratungen die Auffassung vertreten, das Ziel der Rückfallverhütung umfasse auch die Aufgabe, die Allgemeinheit zu schützen (vgl. oben 2 b). Dies ist sicher in dem Sinne richtig, daß gelungene (Re-)Sozialisierung des Täters dauernden — und nicht nur auf die Dauer des Freiheitsentzuges begrenzten - Schutz der Gesellschaft bedeutet.

I. Die Aufgaben des Vollzugs

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Bisherige Erfahrungen der Vollzugspraxis und Diskussion haben aber weiter erkennen lassen, daß sichernde Internierung und rückfallverhütende Behandlung des Gefangenen durchaus in Konflikt zueinander geraten können. Dies wird in der Gegenüberstellung der Begriffe „Verwahrungsvollzug" und „Behandlungsvollzug" anschaulich. In gewisser Weise äußert sich darin die Grundproblematik des gegenwärtigen Vollzugs, die sämtliche Entwürfe — wenn auch auf verschiedene Weise — wenigstens normativ auf der Ebene der Zielbeschreibung durch eindeutige Entscheidung zugunsten der Rückfallverhütung und im übrigen durch fallweise Berücksichtigung des Sicherungsgedankens zu lösen suchten. Die Fassung des § 2 StVollzG hingegen erhebt die Sicherungsaufgabe des Vollzugs in den Rang einer allgemeinen Gestaltungsmaxime (vgl. Prot. SA 7/1765). Sie zementiert damit normativ den bereits realiter vorgegebenen Zielkonflikt zwischen Behandlung und Sicherung. Auch wenn man den Vorrang der Behandlung bejaht (vgl. oben 2 b), bleibt nach dem Gesetz die Frage, welche praktischen Konsequenzen sich aus der Sicherungsaufgabe — etwa für die Vollzugsgestaltung — ergeben. Denn das StVollzG berücksichtigt diese Aufgabe ohnehin im Rahmen der einzelnen Lebensbereiche des Gefangenen und Gestaltungsbereiche des Vollzugs, und zwar durchweg dort, wo eine Gefährdung der öffentlichen Sicherheit denkbar erscheint, jedenfalls nicht ausgeschlossen werden kann. Zunächst einmal sind hier alle jene Regelungen einschlägig, die generell den Schutz der Allgemeinheit bezwecken. Beispielhaft dafür sind die Vorschriften über den offenen Vollzug (§ 10), die Vollzugslockerungen (§ 11) und den Urlaub (§ 13). Deshalb hat der RE ja gerade auf eine besondere Erwähnung der Sicherungsfunktion als Vollzugsziel oder Gestaltungsmaxime verzichtet, weil „die Isolierung des Gefangenen kein selbständiges Ziel des Strafvollzuges darstellen soll, sondern der Sicherung der Allgemeinheit vor erneuten Straftaten während der Strafzeit und der Gewährleistung des strafgerichtlich angeordneten Freiheitsentzuges zu dienen hat" (BT-Dr. 7/918, 44f.). Aber auch diejenigen Vorschriften, die speziell die Aufrechterhaltung von Sicherheit (oder Ordnung) der Anstalt bezwecken, sollen letztlich zur Erfüllung jener Aufgabe beitragen. Gerade sie schrän6 Müller-Dietz, Strafvollzugsrecht

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§ 6 Allgemeine Grundsätze des Vollzugs

ken um der Sicherungsfunktion willen die Rechte des Gefangenen in vielfältiger Weise ein (vgl. z.B. §§ 22 II 1 , 2 4 III, 2 5 Nr. 1, 27 I, 28 II Nr. 1, 29 III, 31 I N r . l , 33 I 3 und III, 3 4 I N r . l und II, 35 I 2, 3 6 I, 39 I 2, 54 III, 68 II, 69 II, 70 II Nr. 2). Darüber hinaus sehen die Vorschriften des 11. Titels über „Sicherheit und Ordnung" (§§ 81—93) eine Reihe allgemeiner und besonderer Sicherungsmaßnahmen vor. Hiernach kann ein Gefangener namentlich in eine sichere Anstalt verlegt werden, „wenn in erhöhtem Maße Fluchtgefahr gegeben ist oder sonst sein Verhalten oder sein Zustand eine Gefahr für die Sicherheit oder Ordnung der Anstalt darstellt" (§ 85). Damit ist indessen offen, welche praktische Bedeutung die besondere Erwähnung der Sicherungsfunktion in § 2 Satz 2 im Verhältnis zu den konkreten und detaillierten Rechtsbeschränkungen der folgenden Titel des StVollzG haben und entfalten kann (und soll) (vgl. Jung 1 9 7 7 a , 204). Daß ein bloßer Programmsatz nicht gemeint sein kann, liegt angesichts des Bemühens des Gesetzgebers zutage, Leerformeln zu vermeiden und justitiable Regelungen zu treffen. Überdies würde man sonst riskieren, daß auch das Vollzugsziel (§ 2 Satz 1) als — rechtlich möglicherweise leerlaufender — Programmsatz interpretiert wird. Andererseits kann § 2 Satz 2 angesichts der abschließenden Regelung in § 4 II keine Grundlage für zusätzliche Rechtsbeschränkungen abgeben. Die Vorschrift kann daher lediglich dahin verstanden werden, daß sie die Verpflichtung des Vollzugs, den Gefangenen sicher unterzubringen, verdeutlichen soll. Damit drückt sie indessen nur aus, was ohnehin zum Wesen der Freiheitsstrafe gehört. Darüber hinaus bereitet die Formulierung des § 2 Satz 2 insofern zusätzliche Auslegungsschwierigkeiten, als sie auf den „Schutz der Allgemeinheit" und nicht die „Sicherheit der Anstalt" abstellt. Diese weitere Fassung schließt zumindest sprachlich die Möglichkeit nicht aus, die Vorschrift als Ermächtigung zu einer generaloder individualpräventiv motivierten abschreckenden Ausgestaltung des Vollzugs aufzufassen (vgl. Prot. SA 7 / 1 7 5 5 , 1 7 6 1 ) . Sachlich ist das aber schon nach ihrer Entstehungsgeschichte nicht gewollt (vgl. Calliess/Müller-Dietz 1977, Rdnr. 1 zu § 2).

II. Die Grundsätze der Vollzugsgestaltung

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II. Die Grundsätze der Vollzugsgestaltung Das Gesetz regelt in § 3 drei Grundsätze, die für die Vollzugsgestaltung maßgebend sind: den Angleichungsgrundsatz (§ 3 I), den Grundsatz des „nil nocere" (§ 3 II) und den Grundsatz der Eingliederungshilfe (§ 3 III). Sämtliche Grundsätze sind im Zusammenhang mit den allgemeinen Vollzugsaufgaben ( § 2 ) zu sehen. Sie sind der Sache nach bereits im KE (§ 3 a) und R E (§ 3) enthalten gewesen. Auch der AE geht von ihnen aus. Er hält es jedoch für richtig(er), sie teils als Vollzugsziel (§ 2 I), teils als „Grundsätze des Vollzuges" (§ 3 II und III) zu regeln (vgl. AE, 57). 1. Der Angleichungsgrundsatz Nach § 3 I soll das Leben im Vollzug „den allgemeinen Lebensverhältnissen soweit als möglich angeglichen werden". Die Vorschrift stellte ursprünglich eine Mußregelung dar. Im Verlaufe der Beratungen ist sie zu einer Sollvorschrift abgeschwächt worden. Damit sollte Bedenken der Länder Rechnung getragen werden, die sich außerstande gesehen haben, jenen Grundsatz schon jetzt in vollem Umfange zu verwirklichen; die Vollzugsbehörden bräuchten hier einen Ermessensspielraum (Prot. SA 7/2114). Darüber hinaus wurde befürchtet, aus einer Mußregelung könnten Rechtsansprüche des Gefangenen hergeleitet werden (Prot. SA 7 / 1 7 6 8 ; BT-Dr. 7 / 3 9 9 8 , 6 ) . Der Sache nach zieht die Regelung Konsequenzen aus dem Vollzugsziel. Soll der Gefangene auf die sozial verantwortliche Führung eines Lebens ohne Straftaten vorbereitet werden, dürfen die Lebensbedingungen im Vollzug nicht allzusehr von denen in Freiheit abweichen. „Treatment and training" in diesem Sinne können nur in einem „sozialen Klima" praktiziert werden, das einen Spielraum freier Entfaltung und praktischer Erprobung eröffnet. Die traditionelle Isolierung und Reglementierung des Gefangenen haben gerade dazu beigetragen, ihn an die Haftsituation zu gewöhnen und dem Leben zu entfremden. Deshalb will § 3 I die Vollzugsbehörden dazu verpflichten, „Besonderheiten des Anstaltslebens, die den Gefangenen lebensuntüchtig machen können, möglichst zurückzudrängen, so daß der Unterschied zwischen dem 6*

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§ 6 Allgemeine Grundsätze des Vollzugs

Leben in der Anstalt und dem Leben draußen nicht stärker als unvermeidbar ist" (BT-Dr. 7/918, 46). Eine konkrete Folgerung hieraus zieht etwa § 23 Satz 2 StVollzG, indem er vorschreibt, daß der Verkehr mit Personen außerhalb der Anstalt zu fördern ist. Die Einschränkung „soweit als möglich" gibt dem Vollzug hinreichend Gelegenheit, spezifische Erfordernisse des Freiheitsentzuges zu berücksichtigen. Da die Vorschrift zudem nur mehr eine Sollregelung darstellt, ist nach alledem offen, ob der „Umfang der Anpassung" nicht doch „in sachwidriger Weise von den tatsächlichen Möglichkeiten der Anstalt" her bestimmt wird (AE, 57; gegen eine restriktive Auslegung des § 3 I Calliess/ Müller-Dietz 1977, Rdnrn. 3 und 4 zu § 3). 2. Der Grundsatz „nil nocere" § 3 II verpflichtet die Vollzugsbehörden dazu, schädlichen Folgen des Freiheitsentzuges entgegenzuwirken. Diese Vollzugsmaxime ist schon seit langem anerkanrit. Es geht darum, entsozialisierenden Auswirkungen des Freiheitsentzuges entgegenzuarbeiten (vgl. Schüler-Springorum 1969,177ff., 204ff.). Der Grundsatz verlangt daher den Abbau lebensfremder und sinnwidriger Restriktionen, die weder für die Erreichung des Vollzugsziels noch zur Aufrechterhaltung der Institution erforderlich sind. Das BVerfG hat als unerläßlich in diesem Sinne diejenigen Maßnahmen bezeichnet, „ohne die der Strafvollzug als Institution zusammenbrechen oder durch die der Zweck des Strafvollzugs ernsthaft gefährdet würde" (BVerfGE 4 0 , 2 8 4 ; 33,13). Das ist gewiß das Minimum an Beschränkungen, das der Gefangene hinnehmen muß. Aber schon den hieraus resultierenden Gefahren der Entfremdung und Entpersönlichung muß der Vollzug entgegenwirken. Erst recht verpflichtet der Grundsatz „nil nocere" dazu, unnötige und vermeidbare Gefährdungen und Schädigungen des Gefangenen durch entsprechende Ausgestaltung der Lebensbedingungen im Vollzug nach Kräften zu verhindern. Das gilt für die Regelung sowohl des Tagesablaufs als auch der einzelnen Lebensbereiche. Insofern betrifft der Grundsatz nicht nur die sog. resozialisierungsbedürftigen Gefangenen, sondern hat auch für jene Insassen praktische Bedeutung, die sozial integriert sind.

III. Die Stellung des Gefangenen

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3. Der Grundsatz der Eingliederungshilfe Nach § 3 III ist der Vollzug „darauf auszurichten, daß er dem Gefangenen hilft, sich in das Leben in Freiheit einzugliedern". An sich folgt diese Verpflichtung bereits aus dem Vollzugsziel. Denn die hiernach gebotene Vorbereitung auf ein sozial verantwortliches Leben in Freiheit schließt natürlich Maßnahmen ein, die der Eingliederung des Verurteilten in das gesellschaftliche Leben dienen. Deshalb hat ja § 2 I AE die Verpflichtung des Vollzugs, „die Wiedereingliederung des Verurteilten in die Rechtsgemeinschaft zu fördern", als Vollzugsziel formuliert (AE, 55). Zu berücksichtigen ist indessen, daß sich das Problem der Eingliederung unabhängig davon stellen kann, ob ein Gefangener kriminell gefährdet ist oder nicht. Schwierigkeiten des Übergangs von der Vollzugsanstalt in die Freiheit können sich auch dann ergeben, wenn ein Gefangener nicht (re-)sozialisierungsbedürftig ist (vgl. BT-Dr. 7/918,46). Beispiele dafür bilden etwa familiäre oder berufliche Probleme, die ausschließlich Folgen des Freiheitsentzugs sind. Insofern werden vielfach Maßnahmen der sozialen Hilfe ( S S 71—75) und des allmählichen Übergangs in die Freiheit — in Form von Vollzugslockerungen (§ 11), der Beurlaubung (§ 13) und der Entlassungsvorbereitung (§ 15) — in weiterem Umfang erforderlich, als es zur Verhinderung des Rückfalls notwendig ist. Natürlich können hierfür auch Maßnahmen der Weiterbildung, namentlich der beruflichen Förderung, in Betracht kommen.

III. Die Stellung des Gefangenen § 4 regelt zwei Fragenkomplexe: die Mitwirkung oder Beteiligung des Gefangenen an seiner Behandlung ( $ 4 1) und seine Rechtsstellung im allgemeinen (§ 4 II). Deshalb ist die Vorschrift mit „Stellung des Gefangenen" und nicht mit „Rechtsstellung" überschrieben. Beide Themenkreise sind in einer Vorschrift zusammengefaßt, weil sie sachlich eng zusammenhängen und sich gegenseitig durchdringen (vgl. Müller-Dietz 1970 a, C 4 1 ; BT-Dr. 7/918, 4 6 f.). Behandlungsgesichtspunkte können gegebenenfalls Rechte des Gefangenen begründen; sie können aber ihrerseits die Grundlage für Rechtsbeschränkungen abgeben (vgl. oben § 4 I b;

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§ 6 Allgemeine Grundsätze des Vollzugs

BVerfGE 40, 276). Umgekehrt müssen behandlungsorientierte Eingriffe in Rechte ihrerseits die rechtsstaatlichen Grenzen der Einwirkung auf den Gefangenen respektieren. Dazu gehört auch, daß solche Maßnahmen ihre Grundlage im StVollzG haben; so dürfen etwa die W S t V o l l z G , die lediglich die Vollzugsbehörden (innerdienstlich) binden (vgl. oben § 5 I), keine über die gesetzliche Regelung hinausgehenden Rechtsbeschränkungen vorsehen.

1. Die Mitwirkung des Gefangenen Nach § 4 I wirkt der Gefangene „an der Gestaltung seiner Behandlung und an der Erreichung des Vollzugszieles mit". „Seine Bereitschaft hierzu ist zu wecken und zu fördern." Diese Regelung ist das Ergebnis einer längeren Diskussion, in deren Verlauf recht unterschiedliche Vorschläge vorgelegt worden sind. § 4 I KE wollte nicht nur ein Mitwirkungsrecht, sondern auch eine Mitwirkungspflicht des Gefangenen begründen. Dahinter stand die Idee des „sozialen Integrationsstatus", wonach der „Verpflichtung des Staates zur Fürsorge und Hilfe für den Gefangenen im Sinne des Resozialisierungsziels" „eine rechtliche Pflicht des Gefangenen zur aktiven Mitwirkung beim Versuch seiner sozialen Eingliederung" entspricht (Würtenberger 1970, 222f.). Der R E hat von diesem Konzept, das gleichsam die Pflicht zur Mitwirkung als Kehrseite des Rechts auf Mitwirkung verstand, lediglich die Pflicht übernommen: „Der Gefangene hat daran mitzuwirken, das Behandlungsziel zu erreichen" (§ 4 Satz 1). Ein Recht auf Beteiligung an der Planung seiner Behandlung könne dem Gefangenen nicht eingeräumt werden, „weil nicht immer ein Einverständnis erwartet werden kann". Der R E hat freilich selbst eingeräumt, daß eine solche Aussage nur deklaratorische Bedeutung haben kann, weil dahinter keine Sanktionen stehen (BT-Dr. 7 / 9 1 8 , 46). Um Leerformeln zu vermeiden, hat es der Gesetzgeber schließlich abgelehnt, eine Mitwirkungspflicht des Gefangenen zu statuieren, dagegen die Befugnis zur Mitwirkung wieder hergestellt. Denn damit werde ausgedrückt, „daß der Gefangene nicht nur Objekt des Vollzugs ist, sondern eine Persönlichkeit, der es zusteht und angemessen ist, an seiner Behandlung mitzuwirken"

III. Die Stellung des Gefangenen

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(BT-Dr. 7/3998,6). Freilich bedeutet die Feststellung, daß die Mitwirkung des Gefangenen zur Erreichung des Vollzugsziels notwendig ist, keineswegs die Gewährleistung bestimmter konkreter Rechtsansprüche (vgl. Calliess/Müller-Dietz 1977, Rdnrn. 3 und 4 zu § 4). Fraglos ist die Regelung des § 4 I von grundsätzlicher Bedeutung. Sie verdeutlicht nicht nur im Rechtssinne die Subjektrolle des Gefangenen, sondern auch das Selbstverständnis rückfallverhütender Behandlung, die nur dann erfolgreich sein kann, wenn sie in Zusammenarbeit mit dem Gefangenen stattfindet. Dessen Mitarbeit ist also gerade ein elementarer Bestandteil eines behandlungsorientierten Vollzugs (vgl. oben I 2 a). Fehlt es hieran, muß der Vollzug den Gefangenen entsprechend zu motivieren suchen. Gerade bei Tätern mit massiven Dissozialisationserscheinungen ist ein wichtiger (Behandlungs-)Schritt schon getan, wenn es gelingt, sie für die Mitarbeit zu gewinnen. Dies wird nicht in allen Fällen möglich sein (vgl. oben § 4 II 2 c); deshalb kann die Vollzugsbehörde nur dazu verpflichtet werden, alle ihre Möglichkeiten auszuschöpfen, um jene Voraussetzung für einen Behandlungserfolg zu schaffen. 2. Die Rechtsstellung des Gefangenen im allgemeinen Auch die Regelung der Rechtsstellung des Gefangenen (§4 II) hat eine wechselvolle Vorgeschichte. Nach § 4 II KE sollte der Gefangene den im StVollzG vorgesehenen Beschränkungen seiner Freiheit unterliegen, „soweit es sich aus seiner Mitwirkungspflicht ergibt oder mit dem Freiheitsentzug unvermeidlich verbunden ist". Diese Regelung erschien wenig praktikabel. Denn hiernach hätte die „ganz allgemein gehaltene Mitwirkungspflicht des Gefangenen" eine Grundlage für Eingriffsermächtigungen abgeben sollen. Die Vollzugsbehörde hätte jeweils neben der besonderen Eingriffsregelung prüfen müssen, ob eine „in Betracht kommende Einschränkung auch für die Behandlung notwendig und für den Freiheitsentzug schlechthin unvermeidbar sei" (BT-Dr. 7/918, 47). Deshalb wollte es § 4 Satz 2 RE bei der Feststellung belassen, daß der Gefangene den im StVollzG vorgesehenen Beschränkungen

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§ 6 Allgemeine Grundsätze des Vollzugs

seiner Freiheit unterliegt. Der RE wollte insofern also ausnahmslos nach dem Enumerationsprinzip verfahren und Rechtsbeschränkungen auf der Grundlage einer Generalklausel schlechtweg ausschließen. Demgegenüber hielt der Bundesrat das Enumerationsprinzip für unzureichend; es würde zur „Schematisierung und Lähmung des Vollzugs" führen. Der Katalog der im StVollzG vorgesehenen Rechtsbeschränkungen reiche nicht aus, um sämtliche Fälle zu erfassen, in denen Eingriffe in Rechte des Gefangenen aus Gründen der Sicherheit oder Ordnung notwendig werden könnten (BT-Dr. 7/918, 109). Auch der SA war der Meinung, daß der Gesetzgeber keineswegs alle Fälle voraussehen könne, die spezielle Eingriffsbefugnisse erfordern könnten. Er schränkte jedoch die vom Bundesrat vorgeschlagene Generalklausel ein, um dem verfassungsrechtlichen Bestimmtheitsgebot besser Rechnung zu tragen (BT-Dr. 7/3998, 7). Dementsprechend lautet § 4 II nunmehr: „Der Gefangene unterliegt den in diesem Gesetz vorgesehenen Beschränkungen seiner Freiheit. Soweit das Gesetz eine besondere Regelung nicht enthält, dürfen ihm Beschränkungen nur auferlegt werden, die zur Aufrechterhaltung der Sicherheit oder zur Abwendung einer schwerwiegenden Störung der Ordnung der Anstalt unerläßlich sind." Danach sind zusätzliche Rechtsbeschränkungen, die vom Enumerationskatalog des Gesetzes nicht erfaßt sind, nur unter drei Voraussetzungen zulässig: Einmal darf das StVollzG insoweit keine besondere Regelung enthalten (sonst hat es bei dieser sein Bewenden). Zum zweiten müssen solche Rechtsbeschränkungen im Hinblick auf die Existenz der Institution gleichsam elementare Funktionen erfüllen. Schließlich darf es keine andere Möglichkeit der Gefahrenabwehr geben, der Rückgriff auf die Generalklausel ist ultima ratio (vgl. BT-Dr. 7/3998, 7; Calliess/Müller-Dietz 1977, Rdnr. 18 zu § 4). Trotz dieser Einschränkungen stellt die Generalklausel in rechtsstaatlicher Hinsicht einen Rückschritt gegenüber dem Enumerationsprinzip dar (kritisch Jung 1977a, 204; Calliess/ Müller-Dietz 1977, Rdnr. 18 zu § 4). Denn sie macht Eingriffe in Rechte des Gefangenen nicht mehr in dem Maße berechenbar, wie es eigentlich im Interesse der Rechtsklarheit und der Bestimmt-

I. Gegenstand und Bedeutung

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heit belastender Normen wünschenswert wäre und wohl auch dem BVerfG vorgeschwebt hat (vgl. BVerfGE 33,1).

§ 7 Planung und Gestaltung des Vollzugsablaufs I. Gegenstand und Bedeutung 1. Überblick: Vollzugsplanung und Vollzugsziel Aus dem Vollzugsziel (§ 2 Satz 1 StVollzG) folgt die Notwendigkeit einer sinnvollen Gestaltung der Zeit des Freiheitsentzuges. An ihm — freilich aber auch an der Sicherungsaufgabe des Vollzugs (§ 2 Satz 2) — haben sich die Maßnahmen zu orientieren, die der Vollzug im Hinblick auf die Behandlung des Gefangenen im weitesten Sinne zu treffen hat. Das StVollzG umschreibt diesen Sachverhalt mit dem Begriff „Planung des Vollzuges" (§§ 5—16). Geht es primär darum, den Gefangenen auf eine straffreie Lebensführung vorzubereiten, dann muß von Beginn des Freiheitsentzuges an darauf hingewirkt werden (vgl. BT-Dr. 7/918, 46). Die Grundsätze der Vollzugsgestaltung (§3) verpflichten denn auch den Vollzug zur Schaffung von Lebensbedingungen und Möglichkeiten sozialer Hilfe, die sämtliche Phasen des Vollzugsablaufs - wenngleich in differenzierter Weise — bestimmen sollen. Einer solchen Strukturierung dienen namentlich die Vorschriften über das Aufnahmeverfahren, die Behandlungsuntersuchung, den Vollzugsplan, die verschiedenen Vollzugsformen und Phasen des Vollzugsablaufs. Sie sollen ebenso wie die Vorschriften über die Differenzierung (§ 141) sowie Größe und Gestaltung der Anstalten (§ 143) — im Sinne der allgemeinen Zielsetzung — eine individualisierende Behandlung ermöglichen. Maßgebend für sie ist der Gedanke der durchgehenden Hilfe zur sozialen Eingliederung des Gefangenen (vgl. BT-Dr. 7/918,48; Müller-Dietz 1974 d, 96). 2. Vollzugsplanung und Klassifizierung der Gefangenen Eine solche Vollzugsplanung ist nur möglich, wenn einerseits Klarheit über die jeweiligen Behandlungsbedürfnisse und -erfor-

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§ 7 Planung und Gestaltung des Vollzugsablaufs

dernisse besteht, andererseits die Behandlung des Gefangenen hierauf zugeschnitten ist. Diese Bedürfnisse werden im Wege der Persönlichkeitserforschung ermittelt. Da eine völlig individuelle, auf die Behandlung des einzelnen Gefangenen abgestellte Behandlung praktisch unmöglich, aber auch theoretisch problematisch wäre, müssen die Gefangenen in Gruppen zusammengefaßt werden, die sich von anderen dadurch unterscheiden, daß sie gleich oder ähnlich behandelt werden und unter gleichen oder ähnlichen Vollzugsbedingungen stehen. Dieses Vorgehen wird herkömmlicherweise mit dem Begriff „Klassifizierung" charakterisiert (vgl. Kerner 1 9 7 4 b , 169f.; Müller-Dietz 1977a). Klassifizierung erscheint damit als Voraussetzung der Individualisierung (Paetow 1972, 9). Klassifizierung der Gefangenen und Differenzierung der Anstalten sind notwendig aufeinander bezogen, sollen Einteilung und Behandlung der Gefangenen nicht auseinanderfallen. Insofern müssen die Kriterien der Klassifizierung sowie die Vollzugseinrichtungen und Behandlungsformen einander entsprechen. Persönlichkeitserforschung und Behandlung des Gefangenen sowie Organisation des Vollzugs sind damit in unmittelbarem sachlichem Zusammenhang miteinander zu sehen. Freilich wirft die Klassifizierung der Gefangenen eine ganze Reihe von Fragen auf, die entweder empirisch noch nicht hinreichend geklärt oder praktisch noch nicht gelöst sind (dazu Paetow 1972, 183ff.; Kerner 1974 b, 169ff.; Müller-Dietz 1977a). Zunächst einmal stehen die Kriterien zur Diskussion, nach denen sich die Einteilung der Gefangenen richtet. Die überkommenen Klassifizierungssysteme legen in aller Regel die Gesichtspunkte der Fluchtgefährlichkeit, Rückfallgefährdung und -gefährlichkeit sowie der Sozial- oder Gemeinschaftsverträglichkeit zugrunde. Maßgebend dafür ist meist die Differenzierung der Anstalten nach geschlossenen, halboffenen und offenen Einrichtungen. Grundlage entsprechender Beurteilungen und Einteilungen der Gefangenen sind vielfach Variable, die sich auf Persönlichkeit sowie bisherige soziale und kriminelle Karriere des Gefangenen beziehen. Dabei stehen „leicht feststellbare Fakten äußerer Art wie Alter und Geschlecht, Vorstrafen, besonders Art und Anzahl verbüßter Freiheitsstrafen" sowie Grad der Beeinträchtigung körperlicher oder geistiger Gesundheit im Vordergrund (Kerner 1974 b, 170).

I. Gegenstand und Bedeutung

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Diese „statische Tätertypologie", auf der die übliche „pragmatische Klassifizierung" beruht, entspricht keineswegs individuellen Behandlungserfordernissen. Weder erfaßt sie alle Variablen, die nach bisherigen Erkenntnissen in eine Beurteilung der Persönlichkeit und Prognose künftigen Verhaltens eingehen müßten, noch berücksichtigt sie das Moment einer — möglichen — Entwicklung des Gefangenen. So würde man heute nicht nur die Sozialisationsbedingungen des Gefangenen vor dem Freiheitsentzug, sondern auch die Auswirkungen des Vollzugs sowie die sog. vollzugsexternen Faktoren, die nach der Entlassung eine Rolle spielen, berücksichtigen müssen. Demgemäß stellt jenes Klassifizierungssystem nicht so sehr darauf ab, welche Maßnahmen im Einzelfall notwendig erscheinen, um die Chancen einer sozialen Eingliederung zu erhöhen, sondern darauf, auf welche vorhandenen Vollzugseinrichtungen die Gefangenen verteilt werden sollen. Des weiteren hat ein derartiges Vorgehen in Fällen negativer Beurteilung und Prognose nicht selten stigmatisierende Folgen für den Gefangenen. Je starrer das Klassifizierungsschema ist, um so mehr besteht die Gefahr, daß der Gefangene auf seine Außenseiterrolle fixiert und der Rückfall damit gleichsam vorprogrammiert wird. Denn die Charakterisierung des Gefangenen als „rückfallgefährlich" oder „gemeinschaftsunfähig" wirkt sich auf die sozialen Reaktionen der Umwelt, vor allem des Vollzugs, entsprechend aus. Der Gefangene selbst übernimmt dann möglicherweise die Beurteilung durch die Umwelt. Anzeichen für eine solche soziale Eigendynamik ergeben sich namentlich in Vollzugsanstalten, die für die Vollstreckung von Freiheitsstrafen an prognostisch ungünstig beurteilten oder als verhaltensschwierig eingestuften Gefangenen zuständig sind. Darüber hinaus fehlt es häufig an den personellen und organisatorischen Voraussetzungen einer Persönlichkeitserforschung, die auf die Behandlungsbedürfnisse und — etwaige — Entwicklung des Gefangenen abstellt. Fraglos erfordert ein flexibles und variables Klassifizierungssystem diagnostisch und therapeutisch geschulte sowie erfahrene Fachkräfte. Ebenso müssen deren Empfehlungen für die Behandlung in den Anstalten auch praktisch befolgt werden können, wenn die Persönlichkeitserforschung nicht ins Leere

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§ 7 Planung und Gestaltung des Vollzugsablaufs

stoßen soll. Schließlich ist zu berücksichtigen, daß kurze Strafen (re-)sozialisierende Einwirkung auf den Gefangenen allenfalls in engen Grenzen erlauben und darum auch Fragen hinsichtlich der Notwendigkeit einer Klassifizierung aufwerfen können. Heute mehren sich aus all diesen Gründen die Zweifel, ob man nicht gänzlich auf eine Klassifizierung der Gefangenen verzichten und sich lediglich auf eine behandlungsorientierte Einteilung der Gefangenen beschränken soll (vgl. H. Kaufmann 1976; MüllerDietz 1977 a). 3. Vollzugsplanung und Differenzierung der Vollzugsanstalten a) Differenzierung

der Vollzugsanstalten

Die Differenzierung der Vollzugsanstalten ist das Korrelat zur Klassifizierung der Gefangenen. Damit meint man die Einteilung der Anstalten nach ihrer jeweiligen Zuständigkeit. Sie richtet sich herkömmlicherweise nach dem vorhandenen Bestand an Vollzugseinrichtungen und nicht so sehr nach Behandlungsbedürfnissen. Dem sucht nunmehr das StVollzG zu begegnen. Zunächst schreibt es zwingend vor, daß für den Vollzug der Freiheitsstrafe Haftplätze in verschiedenen Anstalten oder Abteilungen vorzusehen sind, „in denen eine auf die unterschiedlichen Bedürfnisse der Gefangenen abgestimmte Behandlung gewährleistet ist" ( § 1 4 1 I). Daneben unterscheidet das StVollzG zwischen Anstalten des geschlossenen und offenen Vollzugs (§ 141 II); diese Regelung betrifft indessen nur „die organisatorisch-technischen Unterschiede" zwischen beiden Anstaltsarten (BT-Dr. 7 / 3 9 9 8 , 4 3 ) ; deren Zielsetzung im einzelnen folgt aus den Vorschriften des 1. und 2. Titels (§§ 2ff., 5ff.). So bestimmt § 141 I lediglich, daß Anstalten des geschlossenen Vollzugs eine sichere Unterbringung vorsehen, während Anstalten des offenen Vollzugs „keine oder nur verminderte Vorkehrungen gegen Entweichungen" kennen. Die international gebräuchliche Unterscheidung zwischen offenen und halboffenen Anstalten (vgl. Paetow 1972) wird damit nicht explizit vorgenommen, ist jedoch von der Regelung mitumfaßt. Erklärte Zielsetzung der Differenzierungsgrundsätze ist es, „den jeweils besonderen Behandlungs- und Sicherheitsbedürfnissen des

I. Gegenstand und Bedeutung

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Einzelfalles weitgehend zu entsprechen. Die Differenzierung nach Behandlungsbedürfnissen ist notwendig, um das Behandlungsziel (jetzt: Vollzugsziel) mit wirtschaftlich vertretbaren Mitteln zu erreichen, die Differenzierung nach Sicherheitsbedürfnissen auch, um den Gefangenen durch die Anforderungen an die Sicherheit des Gewahrsams nicht stärker zu beeinträchtigen, als für ihn notwendig ist" (BT-Dr. 7/918, 92). b) Vollzugsplanung und

Vollstreckungsplan

Da der Vollzug und dessen organisatorische Ausgestaltung Ländersache sind (vgl. oben § 4 I 2 b), sagt das StVollzG über die Zuständigkeit der einzelnen Vollzugsanstalten nichts aus. Wie § 141 zeigt, enthält es nur allgemeine Grundsätze über die Differenzierung der Anstalten. Die Zuständigkeit der Anstalten im einzelnen festzulegen ist Sache (und Aufgabe) der Landesjustizverwaltungen. Sie werden durch § 152 StVollzG dazu verpflichtet. Hiernach regelt die Landesjustiz Verwaltung die örtliche und sachliche Zuständigkeit der Vollzugsanstalten in einem Vollstreckungsplan. Aus dem Vollstreckungsplan ergibt sich also, welcher Gefangene in welche Anstalt einzuweisen ist (vgl. Eidt 1974, 121 ff.). Das entspricht der Rechtstradition und bisheriger Praxis. Bereits Nr. 8 I DVollzO schrieb im Anschluß an die §§ 2 2 - 2 5 StrVollstrO vor, daß die Aufsichtsbehörde in einem Vollstreckungsplan die Zuständigkeit der Vollzugsanstalten zu regeln habe. Kriterien für die Bestimmung der Zuständigkeit waren danach u.a.: Geschlecht, Alter des Verurteilten, Strafdauer, Vorstrafen, Wohnsitz, Aufenthalts- oder Verwahrungsort des Verurteilten sowie Sicherheit und Einrichtungen der einzelnen Anstalten. § 1 5 2 sieht indessen von einer derart detaillierten Regelung ab und beschränkt sich — wie schon § 141 — auf die Normierung allgemeiner Grundsätze. Dies ist im Hinblick auf die verfassungsrechtliche Kompetenzverteilung zwischen Bund und Ländern sowie darauf geschehen, eine hinreichende Flexibilität bei der Ausgestaltung des Vollstreckungsplans zu gewährleisten. Danach sind zwei Arten der Zuständigkeitsverteilung voneinander zu unterscheiden. Einmal sieht der Vollstreckungsplan vor, welche Verurteilten in eine Einweisungsanstalt oder -abteilung eingewiesen

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§ 7 Planung und Gestaltung des Vollzugsablaufs

werden (§ 152 II). In diesem Fall entscheidet letztlich das Ergebnis der Persönlichkeitserforschung in der Einweisungsanstalt darüber, in welcher Anstalt die Freiheitsstrafe zu vollziehen ist. Die Kriterien, nach denen sich die Zuständigkeit der Einweisungsanstalt richtet, müssen sich freilich aus dem Vollstreckungsplan ergeben. Im Interesse eines funktionsfähigen Vollzugs ist es notwendig, von vornherein Klarheit über die Zuständigkeitsverteilung zu schaffen. Von diesem Grundsatz weicht lediglich § 152 II 2 ab, der es gestattet, daß die Vollzugsbehörde im Anschluß an den Aufenthalt in einer Einweisungsanstalt über die für den weiteren Vollzug zuständige Anstalt „nach individuellen Gesichtspunkten der Behandlung und Eingliederung" entscheidet (BT-Dr. 7/918, 95). Auch damit soll eine weitgehende Individualisierung ermöglicht werden. Einweisungsanstalten existieren etwa in NordrheinWestfalen (vgl. Thole, Die Klassifizierung des Gefangenen im Erwachsenenvollzug des Landes Nordrhein-Westfalen, MSchrKrim. 1975, 261 ff.). In Baden-Württemberg nimmt die sog. Einweisungskommission (Stuttgart) Klassifizierungsfunktionen wahr (vgl. Geiger, Klassifizierung und Differenzierung im Strafvollzug in Baden-Württemberg, ZfStrVo 1977, 34ff.). „Im übrigen ist die Zuständigkeit nach allgemeinen Merkmalen zu bestimmen" (§ 152 III). Diese Festlegung ist aus verfassungsrechtlichen Gründen notwendig (vgl. BT-Dr. 7/918, 95). Aus der Zuständigkeit der Anstalt folgt zugleich die der StVollstrK (§110 Satz 1), bei der der Gefangene Antrag auf gerichtliche Entscheidung über eine Vollzugsmaßnahme stellen kann (§ 109). Der Vollstreckungsplan muß deshalb die Zuweisung des Gefangenen hinreichend vorhersehen lassen. Als allgemeine Merkmale in jenem Sinne zählt die Begründung zum RE beispielhaft Lebensalter, Rückfalltaten, Fahrlässigkeitstaten, Strafdauer, Sicherheitsrisiko und Berufstätigkeit auf (BT-Dr. 7/918,95). Damit knüpft sie indessen weitgehend an die bisherige Praxis an, die sich insoweit keineswegs immer und überall an den Aufgaben des Vollzugs (§ 2) orientiert hat.

I. Gegenstand und Bedeutung

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4. Besondere Phasen des Vollzugsablaufs Stehen für die Vollzugsplanung zunächst einmal Persönlichkeitserforschung, Einteilung der Gefangenen (Klassifizierung) und Differenzierung der Anstalten sowie deren Verhältnis zueinander im Vordergrund, so sind bei der Durchführung des Vollzugs im einzelnen verschiedene Phasen zu berücksichtigen. Der Gesichtspunkt sinnvoller Gestaltung des Vollzugsablaufs (vgl. oben 1) spielt hier eine entscheidende Rolle. Hierbei ergibt sich eine gewisse Vorstrukturierung bereits aus Sachgesetzlichkeiten des Vollzugs. So bilden Aufnahme und Entlassung des Gefangenen spezifische Vorgänge innerhalb des Vollzugsablaufs, denen der Vollzug seine besondere Aufmerksamkeit widmen muß. Beide Vorgänge greifen nachhaltig in das Leben des Gefangenen ein und stellen damit Situationen gesteigerter Gefährdung und Verletzlichkeit der Persönlichkeit dar. Sie werden darum vom Gefangenen nicht selten als existentielle Bedrohung erfahren. Zwischen Aufnahme und Entlassung vollzieht sich die Behandlung in der Anstalt. Daraus ließe sich eine Art Dreiteilung des Vollzugsablaufs ableiten. Dies deuten in etwa Vorschriften über die soziale Hilfe an, wenn sie zwischen „Hilfe bei der Aufnahme" (§ 72), „Hilfe während des Vollzuges" (§ 73) und „Hilfe zur Entlassung" (§ 74) unterscheiden. Jedoch kann eine solche Einteilung nur verdeutlichen, daß sich die Akzente der Behandlung je nach Phase des Vollzugsablaufs verschieben, weil die Bedürfnisse variieren. Im Hinblick auf die Zielorientierung und Kontinuität der Behandlung ist sie jedoch mit Zurückhaltung aufzunehmen. Dagegen verdienen Aufnahme- und Entlassungsvollzug wegen ihrer spezifischen Bedeutung besondere Hervorhebung. a)

Aufnahmevollzug

Die Aufnahme des Gefangenen in eine Anstalt stellt in aller Regel eine kritische Phase des Vollzugsablaufs dar, weil sie den Übergang aus der Situation der Freiheit in die weitgehender Unfreiheit und Reglementierung bedeutet (Kerner 1974 b, 159ff.). An die Stelle der bisherigen Selbstbestimmung tritt in vielfacher Hinsicht Fremdbestimmung. Der Gefangene erlebt die Aufnahme einmal

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§ 7 Planung und Gestaltung des Vollzugsablaufs

als bürokratischen Vorgang, soweit er der Erledigung von Formalitäten dient, aber auch als massiven Eingriff in seine Freiheitssphäre. Die Ablieferung der mitgebrachten Habe, die körperliche Durchsuchung und Ausstattung des Gefangenen mit Anstaltskleidung werden von diesem nicht selten als psychische und seelische Belastung, ja als „Degradationszeremonie" (Garfinkel) empfunden. Dies gilt namentlich für Gefangene, die noch keinerlei Hafterfahrung besitzen. Aber auch sonst besteht die Gefahr einer behandlungswidrigen Eingewöhnung in die Haftsituation, wenn das Aufnahmeverfahren nicht mit der gebotenen Zurückhaltung und Rücksichtnahme auf die Persönlichkeit des Gefangenen durchgeführt wird. Das StVollzG regelt als Eingangsphase des Vollzugsablaufs lediglich das Aufnahmeverfahren (§ 5), die Behandlungsuntersuchung (§ 6) und die Erstellung des Vollzugsplans (§7). Einen besonderen, formell eigenständigen Aufnahmevollzug kennt das Gesetz nicht. Dadurch sollte eine Verwechslung mit dem sog. Anfangsvollzug vermieden werden, der nach früheren Vorschriften der DVollzO strenger als der „Normalvollzug" auszugestalten war (vgl. BT-Dr. 7/918,48). Dementsprechend ist das StVollzG weder der Konzeption des § 7 III KE noch der des AE gefolgt, die ausdrücklich zwischen Aufnahmeverfahren (§ 48) und Aufnahmevollzug (SS 49—51) unterscheiden. Freilich geht der AE von einem sowohl personell als auch organisatorisch wesentlich aufwendigeren und differenzierteren Vollzugssystem aus (vgl. AE, 113 ff.). b)

Entlassungsvollzug

Die Entlassungsphase markiert gleichfalls einen Vollzugsabschnitt, der mit einschneidenden Veränderungen für das Leben des Gefangenen verbunden ist. Auch wenn der abrupte Übertritt aus einer Situation weitgehender Unfreiheit in die völliger Freiheit vermieden und im Sinne der allgemeinen Vollzugsgrundsätze für einen allmählichen und kontinuierlichen Ubergang gesorgt wird (vgl. oben § 6 II), ist dieses Stadium mit erheblichen Belastungen für den Gefangenen verbunden. Dabei kommt es hier wiederum weniger darauf an, der besonderen Situation durch Schaffung eines eigenständigen Vollzugsabschnittes Rechnung zu tragen, als

II. Zugang und Aufnahmeverfahren

97

vielmehr sicherzustellen, daß die im Einzelfall erforderlichen Maßnahmen der sozialen Hilfe und Eingliederung auch tatsächlich getroffen werden (können). Nicht in allen Fällen wird es möglich sein, den Gefangenen durch Einweisung in den offenen Vollzug, durch Urlaub oder durch Vollzugslockerungen (vgl. Kerner 1974 b, 238ff.; Jung 1977 b) vom Beginn des Freiheitsentzuges an so vorzubereiten, daß Schwierigkeiten in der Endphase gar nicht auftreten können. Selbst bei günstigen Voraussetzungen können Spannungen beim Übergang von relativer Unfreiheit in völlige oder weitgehende Freiheit nicht ganz ausgeschlossen werden. Das StVollzG sucht dieser Situation dadurch Rechnung zu tragen, daß es eine Reihe von Maßnahmen vorschreibt, die in dieser Endphase getroffen werden sollen (oder können). Derartige Maßnahmen stellen etwa Vollzugslockerungen (§ 15 I), die Verlegung des Gefangenen in den offenen Vollzug (§ 15 II), die Gewährung von Sonderurlaub ( § 1 5 III, IV) und die Vorverlegung des Entlassungszeitpunkts (§ 16) dar. Von zwingenden Regelungen hat das Gesetz in diesem Bereich um einer möglichst flexiblen Handhabung willen abgesehen (vgl. BT-Dr. 7/918, 54). Ebensowenig hat es die Endphase zu einem förmlichen Entlassungsvollzug ausgestaltet.

II. Zugang

und

Aufnahmeverfahren

1. Formen des Strafantritts Sobald das Urteil rechtskräftig geworden ist (§ 449 StPO), wird es durch die Staatsanwaltschaft als Vollstreckungsbehörde vollstreckt (§451 StPO). Befindet sich der Verurteilte noch auf freiem Fuß, wird er unter Mitteilung der zuständigen Vollzugsanstalt zum Strafantritt geladen (§ 27 StrVollstrO). Die Anstalt erhält hiervon Kenntnis. Findet sich der Verurteilte (rechtzeitig) zum Strafantritt ein (sog. Selbststeller), beginnt das Aufnahmeverfahren. Stellt der Verurteilte sich nicht freiwillig, erläßt die Vollstreckungsbehörde einen Vorführungs- oder Haftbefehl (§457 1 StPO, § 3 1 StrVollstrO)-. Flüchtige Verurteilte können zur Fahndung ausgeschrie7

Müller-Dietz, Strafvollzugsrecht

98

§ 7 Planung und Gestaltung des Vollzugsablaufs

ben werden (§ 457 II StPO, § 34 StrVollstrO). Als weitere Möglichkeit kommt die Zuführung des Verurteilten aus behördlicher Verwahrung in Betracht (§ 28 StrVollstrO). Sie findet etwa statt, wenn gegen den Verurteilten zuvor Untersuchungshaft oder eine andere Freiheitsstrafe (oder freiheitsentziehende Maßregel) vollstreckt wurde (vgl. Kerner 1974 b, 158 f.). 2. Das Aufnahmeverfahren Mit dem Aufnahmeverfahren, das in der DVollzO überaus minutiös geregelt war (Nr. 44—56), beschäftigt sich nur mehr eine, zudem noch recht karg gefaßte Vorschrift (§ 5 StVollzG). Noch KE (§§5—7) und AE (§§46—48) haben sich hierzu vergleichsweise detailliert geäußert. Von diesen Vorschlägen ist praktisch lediglich das übernommen worden, was zu regeln aus rechtsstaatlichen Gründen unumgänglich notwendig erschien. Das sind namentlich Fragen der Ausgestaltung des förmlichen Aufnahmeverfahrens. Alle Detailregelungen wurden damit Verwaltungsanordnungen der Justizminister überlassen (vgl. BT-Dr. 7/918,48; BT-Dr. 7/3998,7; entsprechende WStVollzG sind denn auch ergangen). Demgemäß schreibt § 5 I vor, daß beim Aufnahmeverfahren andere Gefangene nicht zugegen sein dürfen. Damit soll verhindert werden, daß diese Zeugen der Befragung des Gefangenen werden können, bei der persönliche Angelegenheiten zur Sprache kommen können. Die Vorschrift dient also dem Schutz der Intimsphäre des Gefangenen (BT-Dr. 7/3998, 7). Freilich tritt sie im Hinblick auf ihre finanziellen Implikationen erst am 1.1.1986 in Kraft (§ 198 II Nr. 2). Ihre Durchführung setzt bauliche Veränderungen in verschiedenen Anstalten voraus. Vollzugspolitisch ist es erwünscht, den Trennungsgrundsatz auch bei anderen Vorgängen, die im Zusammenhang mit der Aufnahme stehen (z.B. Einkleidung, Baden, Abgabe der Habe) zu verwirklichen, weil gerade in dieser Phase die Gefahr negativer Einwirkung auf den Gefangenen besteht (vgl. BT-Dr. 7/3998, 7). Des weiteren verpflichtet § 5 III die Vollzugsbehörde, den Gefangenen über seine Rechte und Pflichten zu unterrichten. Diese Regelung sagt eigentlich weniger aus, als sachlich gewollt ist. Es

III. Planung des Vollzugsablaufs

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geht hier nicht nur um eine einmalige mündliche Belehrung; vielmehr sollen dem Gefangenen auch das StVollzG und die Hausordnung (§ 161) zugänglich gemacht werden (so § 4 8 I 3 A E ; BT-Dr. 7 / 3 9 9 8 , 7 ) . Dies vorzuschreiben ist Sache von Ausführungsbestimmungen. Schließlich ist der Gefangene nach § 5 III alsbald ärztlich zu untersuchen und dem Leiter der Aufnahmeabteilung vorzustellen. Der Gesetzgeber hat sich im Hinblick auf die personellen Konsequenzen nicht in der Lage gesehen, die Regelung der §§ 7 I KE, 4 8 I AE zu übernehmen, wonach Untersuchung und Vorstellung innerhalb von 2 4 Stunden nach der Aufnahme zu erfolgen haben. Insgesamt bleibt damit die gesetzliche Regelung des Aufnahmeverfahrens hinter den Erkenntnissen zurück, die hinsichtlich dieser Vollzugsphase gewonnen wurden (vgl. oben I 4 a).

III. Planung des Vollzugsablaufs 1. Die Persönlichkeitserforschung Eine Planung des Vollzugsablaufs im Sinne des Vollzugsziels setzt hinreichende Informationen über die Persönlichkeit des Gefangenen, seine soziale Biographie und kriminelle Karriere voraus (vgl. oben I 1 , 2 ) . § 6 I schreibt deshalb vor, daß nach dem Aufnahmeverfahren eine sog. Behandlungsuntersuchung stattzufinden hat, die Grundlage für die Erstellung des Vollzugsplans (§ 7) sein soll. Der Sache nach ist das nichts Neues. Bereits Nr. 58 DVollzO machte den Anstalten eine eingehende und umfassende Persönlichkeitserforschung zur Pflicht. Jedoch erschöpfte sich diese bisher aufgrund ungenügender personeller und sachlicher Ausstattung der Anstalten vielfach in einer routinemäßigen Erfassung äußerer, leicht feststellbarer Daten, die für eine gezielte rückfallverhütende Behandlung nicht ausreichten (vgl. Kerner 1 9 7 4 b, 164ff.). Insofern wiederholt § 6 1 1 in überaus knapper Form lediglich, was schon seit längerem anerkannt ist und angestrebt wird. Das gilt auch für § 6 II, wonach diejenigen Umstände zu ermitteln sind, „deren Kenntnis für eine planvolle Behandlung des Gefangenen im Vollzuge und für die Eingliederung nach seiner Entlassung not7*

100

§ 7 Planung und Gestaltung des Vollzugsablaufs

wendig ist" (vgl. im einzelnen Calliess/Müller-Dietz 1977, Rdnrn. 3 und 4 zu § 6). Während so das StVoIlzG sich auf eine Regelung der Minimalanforderungen an die Persönlichkeitserforschung beschränkt, nimmt es andererseits aus personellen und finanziellen Gründen wiederum Abstriche an seinem Konzept vor. Dementsprechend gestattet § 6 I 2 einen Verzicht auf die Behandlungsuntersuchung, „wenn dies mit Rücksicht auf die Vollzugsdauer nicht geboten erscheint". Das ist sicher deshalb problematisch, weil auch bei kurzer Vollzugsdauer eine Behandlung — und sei es auf ambulanter Basis nach der Entlassung — geboten sein kann (vgl. Vorschläge, 19; Kerner 1974 b, 167; BT-Dr. 7/3998, 7). Unvereinbar mit § 6 I erscheint die dazu ergangene W , wonach „bei einer Behandlungsdauer bis zu einem Jahr eine Behandlungsuntersuchung in der Regel nicht geboten ist" (vgl. Calliess/Müller-Dietz 1977, Rdnr. 5 zu § 6). Schließlich hat das StVoIlzG auch darauf verzichtet, nach dem Vorbild des § 7 III 2 KE vorzuschreiben, welche Fachkräfte an der Behandlungsuntersuchung zu beteiligen sind. Die Planung der Behandlung ist mit dem Gefangenen zu erörtern. Mit dieser Regelung zieht § 5 III Konsequenzen aus der notwendigen Mitwirkung des Gefangenen ( § 4 1; dazu oben § 6 III 1). Er soll nicht Objekt der Behandlung sein, sondern an ihr im Rahmen seiner Fähigkeit und Bereitschaft mitzuarbeiten beteiligt werden. Freilich ist der Gefangene zur Duldung der Untersuchung verpflichtet (BT-Dr. 7/918, 48). Das StVoIlzG räumt ihm auch — anders als § 53 I AE — kein Recht zur Mitwirkung an der Erstellung des Behandlungsplans ein. 2. Der Vollzugsplan und der Behandlungsplan a) Der Vollzugsplan Der Vollzugsplan bildet die Grundlage für die Behandlung des Gefangenen. Er fußt auf den Ergebnissen der Behandlungsuntersuchung ( § 7 1). Wenn dies auch im Gesetz im Gegensatz zu § 8 I KE keinen Ausdruck gefunden hat, so geht doch die Begründung zum RE davon aus, daß die an der Behandlung Beteiligten

III. Planung des Vollzugsablaufs

101

(§ 154 I) daran mitwirken. Dieses Zusammenwirken erfordert eine regelmäßige Information und „einen verläßlichen Gedankenaustausch unter allen Beteiligten, eine Offenlegung der grundlegenden Entscheidungen und ihre regelmäßige Überprüfung in gemeinsamen Überlegungen" (BT-Dr. 7/918,49). Demgemäß schreibt § 7 III vor, daß der Vollzugsplan „mit der Entwicklung des Gefangenen und weiteren Ergebnissen der Persönlichkeitserforschung in Einklang zu halten" ist. Hierfür muß der Vollzugsplan angemessene Fristen vorsehen. Sinn dieser Regelung ist es, eine flexible, den jeweiligen Erfordernissen angepaßte Behandlung zu gewährleisten. Das ist nur möglich, wenn der Vollzugsplan variabel (offen) gehalten wird und die zu Beginn gewonnenen Erkenntnisse nicht für die ganze Dauer des Freiheitsentzuges festschreibt. Deshalb sieht § 7 II einen Mindestkatalog von Behandlungsmaßnahmen vor, die in jedem Fall wegen ihrer Bedeutung in den Vollzugsplan aufzunehmen sind. Die Regelung schließt natürlich die Einbeziehung weiterer Maßnahmen in den Vollzugsplan nicht aus. Die Aufzählung des § 7 II läßt erkennen, welche Maßnahmen dem Gesetzgeber im Hinblick auf das Vollzugsziel besonders gewichtig erscheinen (BT-Dr. 7/918, 49). Damit verdeutlicht die Vorschrift — zumindest in Umrissen — das Konzept des behandlungsorientierten Vollzugs, wie es dem StVollzG zugrunde liegt. Im einzelnen muß sich der Vollzugsplan über folgende Behandlungsmaßnahmen äußern (dazu Calliess/Müller-Dietz 1977, Rdnrn. 2 bis 4 zu § 7): 1. die Unterbringung im geschlossenen oder offenen Vollzug (§ 10); 2. die Zuweisung zu Wohngruppen und Behandlungsgruppen (§143 11); 3. die Zuweisung von Arbeit sowie die Teilnahme an Maßnahmen der beruflichen Förderung (§37); 4. die Teilnahme an Maßnahmen der Weiterbildung (§§ 37 III, 67); 5. besondere Hilfs- und Behandlungsmaßnahmen (womit namentlich Maßnahmen sozialer oder therapeutischer Hilfe gemeint sind);

102

§ 7 Planung und Gestaltung des Vollzugsablaufs

6. Lockerungen des Vollzugs (§ 11); 7. notwendige Maßnahmen zur Vorbereitung der Entlassung ( S S 1 5 , 1 6 , 74, 75). Während alle übrigen Maßnahmen in Einzelregelungen des StVollzG ihren Ausdruck gefunden haben, sagt es über besondere Behandlungsmaßnahmen — abgesehen vom S 37 V (arbeitstherapeutische Beschäftigung) — nichts aus. Dies hängt mit dem allgemeinen Mangel an Vorschriften über therapeutische Behandlung zusammen, wie er für das StVollzG — im Gegensatz zum AE (vgl. S S 7 6 - 8 1 ) - charakteristisch ist (vgl. Müller-Dietz 1974 c, 495ff.). b) Der

Behandlungsplan

Die Begründung zum RE unterscheidet darüber hinaus zwischen Vollzugsplan und Behandlungsplan. Unter dem Behandlungsplan versteht sie der Sache nach das Behandlungsprogramm, das die einzelne Fachkraft oder mehrere Fachkräfte im Rahmen ihrer speziellen Funktionen auf Grund der Persönlichkeitserforschung aufstellen und verwirklichen wollen. In erster Linie kommen hierfür Maßnahmen therapeutischer Behandlung in Betracht. „Die Führung dieser Unterlagen richtet sich nach den Methoden des jeweiligen Behandlungsverfahrens" (BT-Dr. 7/918, 49). Im StVollzG ist der Behandlungsplan nicht geregelt. Die Unterscheidung zwischen Vollzugsplan und Behandlungsplan wird überdies noch dadurch erschwert, daß § 53 AE mit dem Begriff „Behandlungsplan" den überkommenen (Nr. 58 IV DVollzO) und vom StVollzG übernommenen Terminus „Vollzugsplan" meint (AE, 115).

IV. Geschlossener und offener Vollzug Das traditionell im Vollzug vorherrschende Sicherheitsmoment (vgl. oben §§ 4 II, 2 b, 6 I 3), das vor allem in Anstaltsmauern und Zellengittern seinen sinnfälligen Ausdruck fand, war von jeher für die Gestaltung der Lebensbedingungen des Gefangenen, namentlich für seine Unterbringung, von entscheidener Bedeutung. Nicht zuletzt davon hing und hängt es ab, welches Maß an freier Entfaltung der Persönlichkeit und damit an Möglichkeiten der Einübung sozialen Verhaltens dem Gefangenen eingeräumt

IV. Geschlossener und offener Vollzug

103

wird. Hat der Vollzug den Auftrag der Einschließung des Gefangenen und seiner Abschließung von der Außenwelt (vgl. §§20 II, 21 österr. StVollzG), dann wird hierdurch notgedrungen der Spielraum für die Behandlung des Gefangenen eingeschränkt. Ist der Vollzug hingegen an den Angleichungsgrundsatz (§ 3 I; vgl. oben § 6 II 1) gebunden und auf das Vollzugsziel verpflichtet, dann können die Lebensbedingungen in Haft eher dem des angestrebten sozialen Lernfeldes angenähert werden. Insofern stellen das Verhältnis von geschlossenem und offenem Vollzug und die Regelung der Voraussetzungen für die Unterbringung im offenen Vollzug wichtige Vorentscheidungen für die Behandlung des Gefangenen dar. 1. Die Unterscheidung zwischen geschlossenem und offenem Vollzug Das StVollzG regelt sowohl im Titel über die „Planung des Vollzuges" (§ 10) als auch im Abschnitt über die Vollzugsbehörden (§ 141 II) die Unterscheidung zwischen geschlossenem und offenem Vollzug. Im einen Fall geht es um die Festlegung der Voraussetzungen, in welche Anstalt der Gefangene eingewiesen wird, im anderen Fall darum, ein Kriterium der Differenzierung der Vollzugsanstalten zu bestimmen. Insofern läßt erst eine Zusammenschau beider Regelungen Aussagen darüber zu, worin das Gesetz die Unterschiede zwischen beiden Vollzugsformen sieht. Dabei wurde schon oben (vgl. I 3 a) deutlich, daß man darüber hinaus international vielfach als Zwischenform den halboffenen Vollzug kennt (vgl. Loos 1970, 2 ff., 10). Freilich werden diese Begriffe nicht einheitlich gebraucht, was eine präzise Umschreibung erschwert (vgl. Loos 1970, 3 ff.). Gleichwohl wird man als offene Einrichtung diejenige Vollzugsanstalt charakterisieren können, die über keinerlei physische/ sachliche oder persönliche Sicherungsmittel gegen Entweichungen verfügt (vgl. Jung 1975 a, 188). Halboffene Anstalten weisen hiernach verminderte Schutzvorkehrungen gegen Entweichungen auf. Diesen Definitionen entspricht in gewisser Weise § 141 II. Das bedeutet vor allem, daß in der offenen Anstalt äußere Vorkehrun-

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§ 7 Planung und Gestaltung des Vollzugsablaufs

gen gegen Entweichungen nicht getroffen sind, daß also Mauern und Gitter fehlen und daß deren Funktion gleichsam durch einen auf Vertrauen gegründeten Vollzug übernommen wird (vgl. Loos 1970, 9ff.)- In diesem Sinne hat die StVK den offenen Vollzug definiert: „In offenen Anstalten ist die Sicherheit durch ein auf freiwilliger Disziplin und Verantwortungsbewußtsein beruhendes System der Behandlung gewährleistet" (Tagungsberichte VI, 1969, 176). Wenn auch § 141 II demgegenüber lediglich auf formale Kriterien abstellt, so läßt doch die Eignungsklausel in § 10 I erkennen, daß nach dem StVollzG materielle Gesichtspunkte für die Definition der offenen Anstalt maßgebend sind. Allerdings beschreibt der AE den offenen Vollzug detaillierter (vgl. Schmitt 1974 a, 615ff.). 2. Voraussetzungen für die Aufnahme in den offenen Vollzug Schon seit längerer Zeit ist zumindest theoretisch anerkannt, daß ein höherer Prozentsatz an Gefangenen im offenen (halboffenen) Vollzug untergebracht werden kann, als es bisher der Fall war; offensichtlich wird das damit verbundene Sicherheitsrisiko insgesamt überschätzt (vgl. Müller-Dietz 1970 c, 70ff.; Jung 1977 b). Da der offene Vollzug bessere Möglichkeiten der Vorbereitung auf ein straffreies Leben im Sinne des Vollzugsziels bietet, geht die allgemeine Zielsetzung dahin, jeden Gefangenen in einer solchen Anstalt unterzubringen, der sich für diese Vollzugsform eignet (vgl. Loos 1970, 219f.; Einsele, in: Tagungsberichte der StVK VI, 130; AE, 63). Dementsprechend hat der KE vorgeschlagen, den geschlossenen Vollzug nur noch für diejenigen Gefangenen vorzusehen, bei denen zu befürchten ist, daß sie sich dem Vollzug der Freiheitsstrafe entziehen oder die Lockerungen des Vollzugs zu weiteren Straftaten mißbrauchen werden (§ 11 I); alle übrigen Gefangenen sollten danach mit ihrer Zustimmung im offenen Vollzug untergebracht werden (§11 II). Hierbei war man sich von vornherein über das Zustimmungserfordernis einig, weil mit der größeren Freiheit im offenen Vollzug psychische Belastungen verbunden sein können, die man dem Gefangenen nicht gegen seinen Willen

IV. Geschlossener und offener Vollzug

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aufzwingen will. Der RE hat es darüber hinaus noch für erforderlich erachtet vorzuschreiben, daß der Gefangene, der im offenen Vollzug untergebracht werden soll, dessen besonderen Anforderungen genügt (§ 10 I). Damit sollte auf die Bedürfnisse der Praxis Rücksicht genommen werden: Auch wenn Entweichungs- oder Rückfallgefahr nicht zu erkennen ist, könne die Eignung für den offenen Vollzug fehlen (BT-Dr. 7/918,51). Dieser Vorschlag war zwar umstritten (vgl. Vorschläge, 23), hatte aber mit dem des KE immerhin gemeinsam, daß der Gefangene einen Rechtsanspruch auf Aufnahme in den offenen Vollzug erhalten sollte, wenn er die Voraussetzungen dafür erfüllt. Der Bundesrat hingegen wollte die vorgesehene Mußregelung in eine Kannvorschrift umgewandelt wissen, weil er das Risiko, daß der Gefangene das in ihn gesetzte Vertrauen enttäuschen könnte, nicht der Allgemeinheit aufbürden wollte (vgl. BT-Dr. 7/918,110f.). Aus diesen unterschiedlichen Vorschlägen ist im Endergebnis eine Sollvorschrift als Kompromiß hervorgegangen BT-Dr. 7/3998, 8 f.). Danach soll ein Gefangener mit seiner Zustimmung im offenen Vollzug untergebracht werden, „wenn er den besonderen Anforderungen des offenen Vollzugs genügt und namentlich nicht zu befürchten ist, daß er sich dem Vollzug der Freiheitsstrafe entziehen oder die Möglichkeit des offenen Vollzugs zu Straftaten mißbrauchen werde" (§ 10 I). Alle übrigen Gefangenen sind demzufolge im geschlossenen Vollzug unterzubringen (§ 10 II 1). Aus Behandlungsgründen kann aber auch ein Gefangener, der die Voraussetzungen für den offenen Vollzug erfüllt, im geschlossenen untergebracht werden (§10 II 2). Mit dieser Regelung schließt das StVollzG einen Rechtsanspruch des Gefangenen auf Unterbringung im offenen Vollzug aus, verpflichtet die Vollzugsbehörde aber, nach Möglichkeit alle Gefangenen, die dafür geeignet erscheinen, in solchen Anstalten unterzubringen. Entgegen früherer Regelung und Praxis verzichtet es auf den „Schematismus der Progression", der die Aufnahme in den offenen Vollzug nur nach einer bestimmten Dauer der Unterbringung im geschlossenen gestattet (Jung 1975 a, 192). Leider lassen die zu § 10 ergangenen Verwaltungsvorschriften restriktive Tendenzen erkennen, die schwerlich mit Sinn und Zweck des Gesetzes vereinbar

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§ 7 Planung und Gestaltung des Vollzugsablaufs

sind (vgl. Jung 1977 b, 87). Darüber hinaus dürfen nach §201 Nr. 1 bis 31.12.1985 abweichend von § 1 0 Gefangene in Anstalten, mit deren Errichtung vor Inkrafttreten des StVollzG begonnen wurde, „ausschließlich im geschlossenen Vollzug untergebracht werden, solange die räumlichen, personellen und organisatorischen Anstaltsverhältnisse dies erfordern". Dieser Vorbehalt entwertet bis zum Stichtag § 10 erheblich. V. Lockerungen

des

Vollzugs

1. Begriff Vollzugspraxis und -theorie haben über den offenen und halboffenen Vollzug hinaus weitere Vollzugsformen hervorgebracht, die der Sache nach eine Auflockerung des strengen Verwahrungsoder Sicherheitsvollzugs alter Prägung bezwecken. Auch hierfür sind zwei Gesichtspunkte maßgebend: Einmal sollen dadurch die Lebensbedingungen in Haft humaner und lebensnaher ausgestaltet werden. Zum zweiten verspricht man sich von Vollzugslockerungen eine Verbreitung der Lern- und Testsituation im Sinne des Vollzugsziels. Für diese zwischen dem geschlossenen und offenen Vollzug angesiedelten Möglichkeiten freier Vollzugsgestaltung hat sich der Begriff der Vollzugslockerungen eingebürgert, den auch das StVollzG verwendet. § 11 I enthält eine beispielhafte Aufzählung der wichtigsten Vollzugslockerungeq. Die Vorschrift nennt deren im ganzen vier: 1. Die Außenbeschäftigung, d. h. die regelmäßige Beschäftigung außerhalb der Anstalt unter Aufsicht (Nr. 1); 2. den Freigang, d. h. die regelmäßige Beschäftigung außerhalb der Anstalt ohne Aufsicht (Nr. 1); 3. die Ausführung, d.h. das Verlassen der Anstalt für eine bestimmte Tageszeit unter Aufsicht (Nr. 2); 4. den Ausgang, d. h. das Verlassen der Anstalt für eine bestimmte Tageszeit ohne Aufsicht (Nr. 2). Dabei ist die in § 11 Nr. 2 vorgesehene Ausführung von der „Ausführung aus besonderen Gründen" (§ 12) zu unterscheiden, die der Zustimmung des Gefangenen nicht bedarf (vgl. BT-Dr. 7/918, 52). Darüber hinaus kann der Anstaltsleiter dem Gefangenen aus wichtigem Anlaß unter

V. Lockerungen des Vollzugs

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den Voraussetzungen, die für Vollzugslockerungen gelten, Ausgang gewähren (§35 I). Ist in einem solchen Falle aus Sicherheitsgründen eine Beaufsichtigung des Gefangenen erforderlich, kann er ihn ausführen lassen (§35 III). Den Vollzugslockerungen des § 11, die sich — jedenfalls teilweise (so der Freigang) — zuerst im Jugendstrafvollzug herausgebildet haben (vgl. Schalt 1977), ist gemeinsam, daß sich der Gefangene nachts unter Aufsicht in der Anstalt befindet. Dabei ist die Aufsicht über die sog. Freigänger vielfach gelockert, vor allem wenn sie in einem besonderen Freigängerhaus (das sogar außerhalb der Anstaltsmauern liegen kann) untergebracht sind. § 11 macht ebensowenig wie die Regelung des offenen Vollzugs Vollzugslockerungen vom Ablauf bestimmter Zeiten abhängig, um eine flexible Handhabung zu ermöglichen. 2. Voraussetzungen Die Regelung der Voraussetzungen, unter denen Vollzugslockerungen in Betracht kommen (§ 11), weicht jedoch in doppelter Hinsicht von der entsprechenden Regelung des offenen Vollzugs ab. Einmal handelt es sich um eine Kannvorschrift, welche die Vollzugsbehörde lediglich ermächtigt, bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen Lockerungen anzuordnen (§11 I). Weder räumt das StVollzG dem Gefangenen einen entsprechenden Anspruch ein noch verpflichtet es die Vollzugsbehörde zur Gewährung von Vollzugslockerungen. Vielmehr liegt die Entscheidung im pflichtgemäßen Ermessen der Vollzugsbehörde. Dafür sind verschiedene Erwägungen maßgebend: „Außenbeschäftigung muß verfügbar sein, zu einer Ausführung können nur in demjenigen Umfange Gefangene zugelassen werden, wie Vollzugsbedienstete zur Verfügung stehen. Bei Ausgang und Freigang wird auch auf die Einstellung der Bevölkerung nach eventuellen Rückschlägen Rücksicht genommen werden müssen" BT-Dr. 7/918, 52). Der Vollzugsbehörde soll dadurch zugleich die Möglichkeit der Erprobung gegeben werden. Schließlich sollen die Länder durch die Fassung des § 11 in die Lage versetzt werden, den ihnen zuge-

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§ 7 Planung und Gestaltung des Vollzugsablaufs

standenen Ermessensspielraum „in gewissem Umfang einzuengen und zu konkretisieren" BT-Dr. 7/3998, 10). Auf der anderen Seite gestattet diese Regelung eine Herabsetzung der Anforderungen, die an den Gefangenen gestellt werden. So fehlt in § 11 II die Eignungsklausel des § 10 I. Vollzugslockerungen dürfen also schon dann angeordnet werden, wenn keine Entweichungs- oder Rückfallgefahr erkennbar ist. Erfahrungsgemäß ist aber nicht damit zu rechnen, daß die Vollzugspraxis die Vorschrift in derart weitem Umfange anwendet. Vielmehr zeigen die Beispiele, bei denen nach Ansicht des SA über die Ausschlußgründe des § 11 II hinaus von Vollzugslockerungen abgesehen werden können (BT-Dr. 7/3998, 9), deutlich, daß eher mit einer restriktiven Handhabung zu rechnen ist. Diese Annahme wird nicht zuletzt durch die Verwaltungsvorschriften zu § 11 bestätigt, die den Ermessungsspielraum der Vollzugsbehörde teilweise sogar in geradezu gesetzwidriger Weise einengen — so wenn sie etwa entgegen § 11 II eine positive Eignung des Gefangenen voraussetzen (vgl. Jung 1977 b, 88; Joester/E. Quensel/Hoffmann/Feest, Lockerungen des Vollzugs, ZfStrVo 1977, 93 ff. [101 ff.]). Insofern wird zumindest verständlich, weshalb der AE für eine - freilich mit weiteren Kautelen versehene — zwingende Regelung eintritt (§ 57 IV AE, 123). Dabei ist zu beachten, daß § 14 dem Anstaltsleiter ein ganzes Instrumentarium vorbeugender Maßnahmen an die Hand gibt, die zumindest pro futuro verhindern sollen, daß Vollzugslockerungen mißbraucht werden. Hiernach kann der Anstaltsleiter dem Gefangenen für Lockerungen,Weisungen erteilen ( § 1 4 I). Dafür dürften im wesentlichen Weisungen aus dem Katalog des § 56 c II StGB in Betracht kommen (vgl. BT-Dr. 7/3998, 54; Calliess/Müller-Dietz 1977, Rdnr. 1 zu § 14). Der Anstaltsleiter kann die Lockerungen widerrufen, wenn er aufgrund nachträglich eingetretener Umstände berechtigt wäre, die Maßnahmen zu versagen, wenn der Gefangene die Maßnahmen mißbraucht oder Weisungen nicht nachkommt. Schließlich kann der Anstaltsleiter Lockerungen mit Wirkung für die Zukunft zurücknehmen, wenn die Voraussetzungen für ihre Bewilligung nicht vorgelegen haben (§ 14 II). Da die Bewilligung eines Ausgangs einen begünstigenden Verwaltungs-(Vollzugs-)Akt darstellt,

VI. Urlaub aus der Haft

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bedarf es aus rechtsstaatlichen Gründen einer ausdrücklichen Regelung der Widerrufs- und Rücknahmefälle (vgl. BT-Dr. 7 / 3 9 9 8 , 54).

V/. Urlaub aus der Haft 1. Formen des Urlaubs Eine Form der Vollzugslockerungen hat eine Sonderregelung im StVollzG erfahren: der Urlaub aus der Haft (§ 13). Er gehört zu jenen behandlungsorientierten Vollzugsmaßnahmen, die sich bereits vor Inkrafttreten des StVollzG in der Praxis eingebürgert haben und durch das Gesetz lediglich eine feste Rechtsgrundlage erhalten sollen. Namentlich sollten durch die gesetzliche Regelung einschlägige Gnadenvorschriften der Länder abgelöst werden (vgl. BT-Dr. 7 / 9 1 8 , 53). Da der Gefangene während des Urlaubs - von Weisungen (§ 14 I) einmal abgesehen - sich völlig frei und unbeaufsichtigt bewegen kann, stellt diese Vollzugslockerung ein vorzügliches Mittel der Erprobung und Bewährung dar. Zugleich trägt sie zur Aufrechterhaltung oder (Wieder-)Herstellung des Kontakts mit der Außenwelt bei (vgl. Jung 1977 b, 8 9 ; BT-Dr. 7 / 9 1 8 , 52,f.). Freilich bestehen hier — im Gegensatz zu anderen Vollzugslockerungen — praktisch keine Möglichkeiten der Überwachung. Deshalb ist der Urlaub in besonderem Maße mit Sicherheitsproblemen verknüpft und begegnet daher Widerständen in der Öffentlichkeit, aber auch Vorbehalten bei Polizeibehörden, die in Einzelfällen mit beurlaubten Gefangenen schlechte Erfahrungen gesammelt haben. Indessen hat sich der Urlaub bisher im allgemeinen bewährt (vgl. Prot. SA 7/1794ff.). Seine Notwendigkeit ist daher unbestritten. Ebenso wie in den Fällen der Ausführung und des Ausgangs (vgl. oben V 1) unterscheidet das StVollzG auch hinsichtlich des Urlaubs zwischen dem sog. Regelurlaub (§ 13) und dem Urlaub aus wichtigem Anlaß (§ 35). Während der erstere Urlaub dazu beitragen soll, auf das Leben in Freiheit vorzubereiten und familiäre Bindungen zu stärken, soll es der letztere Urlaub dem

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§ 7 Planung und Gestaltung des Vollzugsablaufs

Gefangenen ermöglichen, in besonderen Fällen unaufschiebbaren persönlichen Verpflichtungen nachzukommen. Dementsprechend wird dieser Urlaub nicht immer und uneingeschränkt auf den sog. Regelurlaub angerechnet (§ 35 II). Beide Formen des Urlaubs sind nicht mit der Freistellung von der Arbeitspflicht (§ 42) zu verwechseln, die der Gefangene beanspruchen kann, wenn er ein Jahr lang gearbeitet hat (vgl. BT-Dr. 7/918, 53; BT-Dr. 7/3998, 10). Zwar ist es denkbar, daß die Freistellung von der Arbeitspflicht, die sachlich dem Urlaub des freien Arbeitnehmers entspricht, in Form der Beurlaubung aus der Haft erfolgt; notwendig ist dies jedoch keineswegs. Die Anrechnungsklausel des § 42 II regelt diejenigen Fälle, in denen Urlaub und Freistellung zeitlich zusammenfallen. Hingegen hat das StVollzG den Vorschlag des § 58 III AE nicht übernommen, nach dem Modell des HostelVollzugs für geeignete Gefangene einen sog. Wochenendurlaub einzuführen (vgl. AE, 123f.; Stellungnahme, 31). 2. Voraussetzungen der Beurlaubung aus der Haft § 13 I sieht vor, daß ein Gefangener mit seiner Zustimmung bis zu 21 Tagen in einem Jahr aus der Haft beurlaubt werden kann, wenn weder Flucht- noch Rückfallgefahr erkennbar ist. Hinsichtlich der Voraussetzungen knüpft die Vorschrift also zunächst einmal an die Regelung der Vollzugslockerungen ( § 1 1 II) an. Die Beurlaubung setzt jedoch — anders als die sonstigen Vollzugslockerungen — voraus, daß der Gefangene eine gewisse Zeit in Haft gewesen ist. Nach § 13 II soll der Urlaub „in der Regel erst gewährt werden, wenn der Gefangene sich mindestens sechs Monate im Strafvollzug befunden hat". Dadurch soll der Vollzugsbehörde ermöglicht werden, den Gefangenen vor der ersten Urlaubsgewährung hinreichend kennenzulernen, um eine sachgerechte Entscheidung treffen zu können (vgl. BT-Dr. 7/3998,11). Demgegenüber hatte der RE noch eine vergleichsweise starre und überdies komplizierte Regelung vorgesehen (vgl. § 13 II RE; BT-Dr. 7/918, 53), die zwar einer „Überschwemmung" der Praxis mit Urlaubsanträgen entgegenwirken sollte, aber schließlich auf erhebliche Kritik gestoßen ist (vgl. AE, 123 ff.). Die jetzige Regelung ist bewußt flexibel gehalten; sie erlaubt gegebenenfalls auch

VI. Urlaub aus der Haft

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einen Verzicht auf Einhaltung jener Mindestfrist. Sie räumt aber andererseits dem Gefangenen keinen Anspruch ein. § 13 V stellt klar, daß durch den Urlaub die Strafvollstreckung nicht unterbrochen wird. Der Gefangene befindet sich daher auch während des Urlaubs im Rechtssinne in Haft. Auch hinsichtlich des Urlaubs suchen die Verwaltungsvorschriften den Ermessensspielraum der Vollzugsbehörde — namentlich durch Bildung von Regelbeispielen über die Ungeeignetheit — einzuschränken. Dies hat - teilweise - zur Folge, daß sich das gesetzliche Regel-Ausnahme-Verhältnis geradezu in sein Gegenteil verkehrt. So ist schwerlich mit § 13 vereinbar, daß der im geschlossenen Vollzug befindliche Gefangene in der Regel für eine Beurlaubung ungeeignet sein soll, wenn noch mehr als 18 Monate Freiheitsstrafe zu vollziehen sind (vgl. Jung 1977 b, 8 9 ; Calliess/Müller-Dietz 1977, Rdnr. 2 zu § 13). Ursprünglich ist beabsichtigt gewesen, die Dauer des Regelurlaubs auf 14 Tage zu begrenzen (vgl. § 13 I KE, § 13 I RE, § 58 I AE). Die positiven Erfahrungen mit diesem Institut haben den Gesetzgeber jedoch dazu ermutigt, den Zeitraum auf 21 Tage auszudehnen. Nicht zuletzt hat eine wesentliche Rolle gespielt, daß einzelne Länder (wie z. B. Hamburg) bereits zu einer erheblich großzügigeren Praxis, als sie der RE vorgesehen hatte, übergegangen sind (vgl. BT-Dr. 7 / 3 9 9 8 , 10). Hingegen hat das StVollzG den Vorschlag (§ 13 III RE) übernommen, die Beurlaubung eines zu lebenslanger Freiheitsstrafe Verurteilten erst zu gestatten, „wenn er sich einschließlich einer vorhergehenden Untersuchungshaft oder einer anderen Freiheitsentziehung zehn Jahre im Vollzug befunden hat oder wenn er in den offenen Vollzug überwiesen ist" (§ 13 III). Dahinter steht der Gedanke, daß die Festsetzung einer Mindestvollzugszeit die Praxis weitgehend von ungeeigneten Anträgen entlasten könnte (BT-Dr. 7 / 9 1 8 , 53). Offenkundig hängt jene Sonderregelung mit dem Umstand zusammen, daß das bisherige Recht eine Aussetzung der Vollstreckung einer lebenslangen Freiheitsstrafe nur im Gnadenwege gestattete (vgl. § 57 I StGB). Ob dieser Gesichtspunkt, der nach verbreiteter Meinung auf die Belastbarkeit des Gefangenen und damit seine Eignung für den Urlaub zurückwirkt, nach der

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§ 7 Planung und Gestaltung des Vollzugsablaufs

verfassungsrechtlich gebotenen Einführung der bedingten Entlassung (BVerfG NJW 1977,1525) in gleichem Umfange gilt, mag freilich zweifelhaft sein. § 1 4 ermächtigt den Anstaltsleiter zur Erteilung von Weisungen für die Dauer des Urlaubs, zum Widerruf und zur Rücknahme des Urlaubs. Hierfür sind die gleichen Voraussetzungen maßgebend, die auch für Vollzugslockerungen gelten (vgl. oben V 2).

VII. Verlegung in eine andere

Anstalt

1. Verlegung und Überstellung Die Einweisung des Gefangenen in die zuständige Anstalt (vgl. oben I 2, 3) setzt kein unabänderliches Datum. Schon das frühere Recht sah die Möglichkeit vor, vom Vollstreckungsplan abzuweichen und die Vollstreckung der Freiheitsstrafe in einer anderen Anstalt fortzusetzen (vgl. Nr. 204 DVollzO, § 26 StrVollstrO). Ein solches Bedürfnis kann sich aus den verschiedensten Gründen ergeben. So können Belange des Vollzugs, eine Änderung des Vollstreckungsplans, aber auch die Berücksichtigung persönlicher oder familiärer Verhältnisse für eine Verlegung sprechen. In einem behandlungsorientierten Vollzug kommen hier namentlich Gesichtspunkte der sozialen Hilfe und Eingliederung in Betracht. Ebenso wie der Vollzugsplan variabel gehalten und laufend der Entwicklung angepaßt werden muß (vgl. oben III 2 a), muß auch der Vollzugsplan im Hinblick auf das Vollzugsziel flexibel gehandhabt werden. Aber auch eine vorübergehende Einweisung in eine andere Anstalt kann im Einzelfall erforderlich werden. Das StVollzG unterscheidet dementsprechend zwischen der Verlegung und der Überstellung eines Gefangenen in eine andere Anstalt. Unter Verlegung versteht es die auf Dauer vorgesehene Unterbringung in einer anderen Anstalt (§8 I). Überführungen oder Überstellungen in eine andere Anstalt hingegen dienen kurzfristigen Zwecken (BT-Dr. 7/918, 49). Überstellungen erfordern nach § 8 II einen wichtigen Grund. Er kann sowohl in der Person des Gefangenen als auch in Erfordernissen des Vollzugs liegen.

VII. Verlegung in eine andere Anstalt

113

Verlegungen sind demgegenüber in aller Regel nur statthaft, wenn ein im Gesetz besonders aufgeführter wichtiger Grund vorliegt. Die Notwendigkeit, dies im einzelnen festzulegen, folgt wiederum aus rechtsstaatlichen Gesichtspunkten (vgl. oben I 3 b). Das StVollzG regelt insoweit namentlich folgende Fälle: Verlegung in eine andere Vollzugsanstalt (§ 8 I), Verlegung in eine sozialtherapeutische Anstalt (§ 9), Verlegung in eine offene Anstalt zur Entlassungsvorbereitung (§ 15 II), Verlegung in ein Anstaltskrankenhaus, in eine andere Vollzugsanstalt oder in ein Krankenhaus außerhalb des Vollzugs zwecks Heilbehandlung (§ 65), Verlegung in ein Krankenhaus außerhalb des Vollzugs zur Entbindung (§ 76 III), Verlegung in eine andere Anstalt zur sicheren Unterbringung (§ 85), Verlegung aus einer Einweisungsanstalt (§ 152 II). Die beiden erstgenannten Formen der Verlegung sind praktisch wie rechtlich von besonderer Bedeutung. 2. Verlegung in eine andere Vollzugsanstalt Eine Verlegung nach § 8 I, die in Abweichung vom Vollstrekkungsplan erfolgt, ist zulässig, wenn die Behandlung des Gefangenen oder seine Engliederung nach der Entlassung dadurch gefördert wird oder wenn dies aus Gründen der Vollzugsorganisation oder aus anderen wichtigen Gründen erforderlich ist. Die Vorschrift verbindet also eine Einzelaufzählung mit einer Generalklausel, die alle restlichen Fälle abdecken soll. An der Regelung wird deutlich, daß Verlegungen hauptsächlich in der Person des Gefangenen oder in der Vollzugsorganisation ihren Grund haben. In dem Maße, in dem das Vollzugsziel auf die Vollzugspraxis Einfluß gewinnt, tritt der Gesichtspunkt, einen Gefangenen in eine andere Anstalt zu verlegen, weil dort für ihn bessere Möglichkeiten der Behandlung, Ausbildung oder Entlassungsvorbereitung bestehen, in den Vordergrund. 3. Verlegung in eine sozialtherapeutische Anstalt a) Das Verhältnis des § 9 StVollzG zu § 65 StGB Zu den bedeutsamsten Neuerungen des StVollzG zählt § 9, wonach ein Gefangener in eine sozialtherapeutische Anstalt ver8

Müller-Dietz, Strafvollzugsrecht

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§ 7 Planung und Gestaltung des Vollzugsablaufs

legt werden kann, „wenn die besonderen therapeutischen Mittel und sozialen Hilfen einer solchen Anstalt zu seiner Resozialisierung angezeigt sind". Die Regelung ist im Zusammenhang mit § 65 StGB zu sehen, der die Unterbringung in einer sozialtherapeutischen Anstalt als freiheitsentziehende Maßregel vorsieht. Im Vorgriff auf diese Maßregel, die freilich noch nicht wirksam ist (vgl. oben § 2 I 2.}, haben eine Reihe von Ländern sozialtherapeutische Modellanstalten (-abteilungen) geschaffen, in denen eine Art Intensivbehandlung persönlichkeitsgestörter oder rückfallgefährdeter Täter praktisch erprobt wird (vgl. Rotthaus und Kretz, in: Schwind/Blau, 70ff., 77ff.; Rasch 1977; Sozialtherapie und sozialtherapeutische Anstalt. Hrsg. vom Bundeszusammenschluß für Straffälligenhilfe, 2. Aufl., 1977). Diese Einrichtungen arbeiten in aller Regel mit Behandlungsmethoden, die bereits anderwärts — etwa im sozialpsychiatrischen Bereich — angewandt worden sind (z. B. analytische Psychotherapie, Verhaltenstherapie, Sensitivity Training, Gruppenpsychotherapie). Freilich sind die sozialtherapeutischen Einrichtungen vielfach über das Versuchs- und Erprobungsstadium noch nicht hinausgediehen, weil es eben auf diesem Gebiet noch weitgehend an Erfahrung fehlt. Dementsprechend werden in die Einrichtungen nach § 9 StVollzG nur zum Teil Gefangene eingewiesen, welche die Voraussetzungen des § 65 StGB erfüllen. § 9 eröffnet die Möglichkeit, einen Verurteilten auch dann in eine sozialtherapeutische Anstalt einzuweisen, wenn im Strafverfahren das Vorliegen der Voraussetzungen des § 65 StGB verneint und die Maßregel daher nicht angeordnet wurde. Vom Inkrafttreten des § 65 StGB an gibt es demnach zwei Möglichkeiten der Einweisung in eine sozialtherapeutische Anstalt: der strafgerichtliche Weg des § 65 und der der Vollzugsmaßnahme nach § 9. Daß der Gesetzgeber sich für diese zweigleisige Lösung entschieden hat, obgleich sie verfahrensrechtlich und kriminalpolitisch nicht unangefochten ist (vgl. Calliess/Müller-Dietz 1977, Rdnr. 1 zu §9), hat mehrere Gründe (vgl. BT-Dr. 7/918, 9f.; BT-Dr. 7/3998, 8): Einmal sollten die sozialtherapeutischen Einrichtungen vor dem Inkrafttreten des § 65 eine Erprobungsphase durch-

VII. Verlegung in eine andere Anstalt

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laufen. Zum zweiten hat sich gezeigt, daß sich auch bei Gefangenen, welche die Voraussetzungen des § 65 nicht erfüllen, ein Bedürfnis nach sozialtherapeutischer Behandlung ergeben kann. Nimmt man das Vollzugsziel ernst, so muß man den Gefangenen in diejenige Anstalt einweisen, in der eine Behandlung am meisten Aussichten im Sinne der Rückfallverhütung oder sozialen Eingliederung verspricht. Dann kann man aber — ungeachtet der damit verbundenen verfahrensrechtlichen Bedenken — eine Einweisung in eine sozialtherapeutische Anstalt nicht per se ausschließen. Weiter wird die sog. Vollzugslösung damit gerechtfertigt, daß man die in den sozialtherapeutischen Anstalten vorhandenen Kapazitäten optimal ausnutzen will. Dieser Gesichtspunkt läßt sich angesichts der hohen personellen und finanziellen Investitionen, die solche Einrichtungen erfordern, gleichfalls nicht von der Hand weisen. Freilich hätte all das eher dafür gesprochen, die Einweisung in die sozialtherapeutische Anstalt als reine Vollzugsmaßnahme auszugestalten. Jedoch glaubte der Gesetzgeber auf § 65 StGB nicht verzichten zu können, weil diese Vorschrift eine Art Bestandsgarantie der sozialtherapeutischen Anstalt verkörpert (was in § 9 StVollzG jedenfalls nicht ohne weiteres gesehen werden kann) und weil die bisherigen Erfahrungen eine solche Entscheidung (noch) nicht zuließen (BT-Dr. 7/3998, 8). b) Die Ausgestaltung der sog. Vollzugslösung § 9 I stellt die Einweisung eines Gefangenen in eine sozialtherapeutische Anstalt in das Ermessen der Vollzugsbehörde. Die Vorschrift macht die Verlegung von der Eignung des Gefangenen für eine solche Behandlung abhängig. Insofern muß dieser Anordnung ein entsprechendes Ergebnis der Behandlungsuntersuchung (vgl. oben III 1) zugrunde liegen. Freilich kann es sich dabei nur um eine (Behandlungs-)Prognose handeln. Ob eine sozialtherapeutische Behandlung tatsächlich erfolgversprechend(er) ist, wird sich in vielen Fällen erst aufgrund praktischer Erprobung herausstellen. Deshalb gibt § 9 II die Möglichkeit, einen Gefangenen zur Untersuchung, ob die Voraussetzungen des § 9 11 vorliegen, bis zu drei Monaten in eine sozialtherapeutische Anstalt oder 8*

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§ 7 Planung und Gestaltung des Vollzugsablaufs

Beobachtungsstelle zu verlegen. Auf der anderen Seite kann der Gefangene im Falle der Aussichtslosigkeit wieder in die Anstalt zurückverlegt werden, in der er vorher untergebracht war ( § 9 1 2). Dadurch soll verhindert werden, daß die sozialtherapeutischen Einrichtungen mit Gefangenen belastet werden, bei denen ein Behandlungserfolg nicht zu erwarten ist. Allerdings steht es im Ermessen der Vollzugsbehörde, ob in einem solchen Fall eine Rückverlegung erfolgt. Die Verlegung in eine sozialtherapeutische Anstalt bedarf allemal der Zustimmung des Leiters dieser Anstalt (§ 9 III). Hierdurch soll eine Überfüllung der Anstalt vermieden werden. Denn in den Fällen gerichtlicher Einweisung nach § 65 StGB ist die Anstalt zur Aufnahme des Gefangenen rechtlich verpflichtet. Derartige Anordnungen sind auch nur teilweise vom Vorliegen einer entsprechenden Eignung des Gefangenen abhängig (vgl. § 65 12, III StGB). Die Dauer des Aufenthaltes in einer sozialtherapeutischen Anstalt ist im Falle einer Verlegung nach § 9 I an die zeitlichen Grenzen der Freiheitsstrafe gebunden, die gegen den Gefangenen verhängt wurde. Ebenso gelten die sonstigen Vorschriften über die Freiheitsstrafe auch hier. Das folgt schon aus rechtsstaatlichen Gründen. Der AE hat darüber hinaus vorgeschlagen, die Verlegungsentscheidung an die Zustimmung des Vollstreckungsgerichts zu binden (§ 5 6 I, 119ff.). Der Gesetzgeber hingegen hat die Möglichkeit einer gerichtlichen Überprüfung der Maßnahme nach § 109 als rechtsstaatlich ausreichend erachtet (vgl. BT-Dr. 7/918, 5 0 f . ; kritisch Calliess/Müller-Dietz 1977, Rdnr. 1 zu § 9).

VIII. Entlassungsvorbereitung und Entlassung 1. Entlassungsvorbereitung Das StVollzG sucht die Probleme der sozialen Eingliederung und Endassungsvorbereitung über die allgemeinen Grundsätze ( § § 2 Satz 1, 3 1,111) hinaus durch eine Reihe von speziellen Vorschriften normativ in den Griff zu bekommen. Schon der zu Beginn des Freiheitsentzuges zu erstellende Vollzugsplan muß sich

VIII. Entlassungsvorbereitung und Entlassung

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über notwendige Maßnahmen zur Vorbereitung der Entlassung äußern (§711 Nr. 7). Natürlich - könnte man im weiteren Sinne nahezu alle Behandlungsmaßnahmen, die in $ 7 II genannt sind, als Entlassungsvorbereitung charakterisieren. Das Gesetz meint indessen mit diesem Begriff jene Maßnahmen, die dem Gefangenen unmittelbar den Übergang in die Freiheit erleichtern sollen und dem Entlassungsvorgang meist direkt zeitlich vorausgehen. Namentlich Vorschriften über die soziale Hilfe sehen solche Maßnahmen vor (§ § 74, 75). In den §§ 15 und 16 befaßt sich das Gesetz speziell njit der Entlassungsvorbereitung und dem Entlassungszeitpunkt. Maßnahmen der Endassungsvorbereitung sind hiernach vor allem die Gewährung von Vollzugslockerungen (§ 15 I, II) oder von Sonderurlaub (§ 15 III, IV). Allerdings ist der Katalog der im StVollzG insgesamt aufgeführten einschlägigen Maßnahmen keineswegs erschöpfend. Er ist auch an keiner Stelle des Gesetzes systematisch zusammengefaßt, weil die Entlassungsvorbereitung Bezüge zu den verschiedensten Lebens- und Gestaltungsbereichen aufweist. Schließlich bleibt er in mancher Hinsicht hinter den überaus detaillierten Vorschlägen des AE (§§ 63—70) zurück. Dort wird eingangs nochmals auf die Notwendigkeit hingewiesen, vom Anfang des Freiheitsentzuges an mit dem Gefangenen zusammenzuwirken, „um persönliche und wirtschaftliche Schwierigkeiten zu überwinden, die sich aus der Entlassung ergeben können" (§ 63 11). Maßnahmen, die der AE über den Katalog des StVollzG hinaus vorsieht, stellen vor allem die Befugnis des Vollstreckungsgerichts, Behörden zur Gewährung von Eingliederungshilfen zu verpflichten (§ 63 II), sowie die Einweisung solcher Gefangener in ein sog. Übergangshaus dar, die mehr als achtzehn Monate im geschlossenen Vollzug verbracht haben (§ 66). Zwar liegen bereits Erfahrungen mit dem Übergangshaus vor, doch lassen sie noch kein abschließendes Urteil zu (vgl. Kerner 1974 b, 250; Berntzen/Wulff, in: Schwind/Blau, 392ff.; Maelicke 1977, 75 f., 122). Daß dem AE nicht zuletzt an dem vielfach geforderten Kontinuum sozialer Hilfen (vgl. MüllerDietz 1974 d, 96) gelegen ist, zeigt etwa sein Vorschlag, Mitglieder des Behandlungsteams zu Bewährungshelfern zu bestellen oder sie auch für die Zeit nach der Entlassung zu Hilfeleistungen zu ver-

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5 7 Planung und Gestaltung des Vollzugsablaufs

pflichten (vgl. § 64 II, III). Hiernach erscheint es praktisch selbstverständlich, daß der spätere Bewährungshelfer sich bereits in der Anstalt um seinen Probanden kümmert (§ 64 I). Insofern verdeutlichen die Vorschläge des AE einerseits und die einschlägigen Vorschriften des StVollzG andererseits einmal mehr die grundsätzliche Problematik, die mit der Entlassungsvorbereitung und Nachbetreuung verknüpft ist (vgl. Kerner 1974 b, 244ff.; Quensel 1977). Die rechtliche und praktische Bedeutung dieser Regelungen ist daran ersichtlich, daß die Phase der Entlassung für den Gefangenen erhebliche Belastungen mit sich bringt, weil sie mit einschneidenden Veränderungen seiner Lebensumstände verbunden ist. Art und Weise der Entlassungsvorbereitungen entscheiden nicht zuletzt mit darüber, welche Chancen sozialer Eingliederung der Gefangene letztlich hat. a) Vollzugslockerungen

und offener Vollzug

Während die Anordnung von Vollzugslockerungen sonst in das Ermessen der Vollzugsbehörde gestellt ist (vgl. oben V 2), ist der Vollzug im Falle der Entlassungsvorbereitung grundsätzlich gehalten, sie zu gewähren. Der Gesetzgeber hielt eine Sollvorschrift für erforderlich, um in möglichst weitem Umfang wenigstens eine gewisse Gewöhnung an freiere Lebensumstände zu sichern (vgl. BT-Dr. 7 / 9 1 8 , 5 4 ) . Freilich erschien ihm der Vorschlag des RE (§ 15 I), die Vollzugsbehörde durch Sollvorschrift auch zur Verlegung derjenigen Gefangenen in den offenen Vollzug zu verpflichten, die sich im geschlossenen befinden, als zu weitgehend und zu starr (vgl. BT-Dr. 7 / 9 1 8 , 1 1 2 ; BT-Dr. 7/3998, 12; Calliess/MüllerDietz 1977, Rdnr. 3 zu § 15). Insoweit müsse es der Vollzugsbehörde überlassen bleiben, entsprechend den Erfordernissen des Vollzugs und den Bedürfnissen des Einzelfalles zu variieren. Weder die Gewährung von Vollzugslockerungen noch die Verlegung in den offenen Vollzug ist an eine bestimmte Frist gebunden; auch in zeitlicher Hinsicht soll die Vollzugsbehörde möglichst flexibel verfahren dürfen (vgl. BT-Dr. 3 9 9 8 , 1 2 ) . b)

Sonderurlaub

Neben dem Regelurlaub und dem Urlaub aus wichtigem Grund (vgl. oben VI 1) sieht das StVollzG als besondere Maßnahme der

VIII. Entlassungsvorbereitung und Entlassung

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Entlassungsvorbereitung die Gewährung von Sonderurlaub innerhalb von drei Monaten vor der Entlassung vor ( § 1 5 III). Der Sonderurlaub darf bis zu einer Woche dauern. Durch ihn wird die Strafvollstreckung nicht unterbrochen. Für ihn gelten auch die Vorschriften über die Erteilung von Weisungen, den Widerruf und die Rücknahme, die für die Vollzugslockerungen und den Regelurlaub maßgebend sind. Die Gewährung von Sonderurlaub ist nur zulässig, wenn weder Flucht- noch Rückfallgefahr erkennbar ist (S 15 III 2 i.V.m. § 11 II). Für Freigänger ( § 1 1 1 Nr. 1) trifft das Gesetz eine großzügigere Regelung ( § 1 5 IV). Ihnen darf innerhalb von neun Monaten vor der Entlassung Sonderurlaub bis zu sechs Tagen im Monat gewährt werden. Damit soll die soziale Eingliederung namentlich in Fällen langer Strafen erleichtert werden. „Soweit bisher Erfahrungen über den Urlaub im Übergangsvollzug (insbesondere Wochenendurlaub) vorliegen, bestätigen diese, daß hierin ein wesentliches Mittel der Erprobung für die Zuverlässigkeit des Gefangenen und für die Einübung des Umgangs mit der Freiheit gesehen werden kann" (BT-Dr. 7 / 9 1 8 , 1 1 2 ) . 2. Entlassungsvorgang und Entlassungszeitpunkt a)

Entlassungsarten

Die Entlassung des Gefangenen erfolgt vorzeitig oder nach restloser Vollstreckung der Freiheitsstrafe. Nach § 5 7 StGB setzt das Gericht die Vollstreckung des Restes einer zeitigen Freiheitsstrafe mit Einwilligung des Verurteilten aus, wenn zwei Drittel der Strafe vollstreckt sind und dem Verurteilten eine günstige Sozialprognose gestellt werden kann. Liegen neben der positiven Sozialprognose noch besondere Umstände vor, dann kann das Gericht bereits nach Vollstreckung der Hälfte einer solchen Strafe die bedingte Entlassung anordnen (§ 5 7 II StGB). Für beide Entscheidungen ist die StVollstrK zuständig (§§ 4 5 4 , 4 6 2 a StPO, § 78 a I GVG). In diesen Fällen ist zwar im Zeitpunkt der Entlassung der Freiheitsentzug beendet; der Verurteilte steht jedoch während der vom Gericht festgesetzten Zeit unter Bewährungsaufsicht. Darüber hinaus können ihm Auflagen und Weisungen nach Maßgabe der Vorschriften erteilt werden, die für die Strafaussetzung zur Bewäh-

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§ 7 Planung und Gestaltung des Vollzugsablaufs

rung gelten (§ 57 III 1 StGB). Hat der Verurteilte mindestens ein Jahr seiner Strafe verbüßt, muß das Gericht ihn in der Regel der Aufsicht und Leitung eines Bewährungshelfers unterstellen ( § 5 7 III 2 StGB). Ebenso muß der Verurteilte nach seiner Entlassung Einschränkungen seiner Freiheit hinnehmen, wenn gegen ihn auf Führungsaufsicht erkannt ist (§ 68 I StGB) oder wenn diese Maßregel nach restloser Vollstreckung der Strafe kraft Gesetzes eintritt (§§ 68 II, 68 f I StGB); in diesen Fällen kommt Führungsaufsicht freilich nur in Betracht, wenn die Gefahr weiterer Straffälligkeit besteht. Ob der Gefangene vorzeitig oder nach restloser Strafvollstreckung entlassen wird, hängt praktisch davon ab, welche Sozialprognose ihm gestellt wird. Obwohl zum Problem der Kriminalprognostik etliches Erfahrungsmaterial und eine ganze Reihe theoretischer Arbeiten vorliegen (vgl. Leferenz 1972), ist noch manches ungeklärt (vgl. Hinkel 1975). Namentlich ist offen, welche Variablen mit welcher Gewichtung die Vollzugsanstalt bei ihrer Stellungnahme zur Frage der vorzeitigen Entlassung nach § 454 I StPO zugrunde zu legen hat. Die bloße Aufzählung des § 5 7 1 StGB läßt keine Rangfolge erkennen. Einigkeit besteht allenfalls darin, daß das Verhalten im Vollzug keine entscheidende Rolle spielen darf (vgl. Kerner 1974 b, 243). Wie es aber im Einzelfall - etwa im Zusammenhang mit bestimmten Behandlungsmaßnahmen — zu bewerten ist, ist nach wie vor umstritten (vgl. Müller-Dietz 1973 d). Solchen Prognoseüberlegungen kommt aber nicht nur im Hinblick auf eine etwaige vorzeitige Entlassung, sondern auch wegen des Phänomens der „self-fulfilling prophecy" (im Falle einer negativen Beurteilung) erhebliches Gewicht zu (vgl. Müller-Dietz 1974 d, 95 f.). b) Entlassungszeitpunkt An sich ergibt sich der Entlassungszeitpunkt aus der Strafzeitberechnung (vgl. §§ 3 7 ff. StrVollstrO). Sie ist natürlich für die Vollzugsanstalt bindend. Indessen entspricht dieser Termin nicht unbedingt Erfordernissen sozialer Eingliederung. Um zu verhindern, daß der Gefangene zu einem ungünstigen Zeitpunkt — etwa was die Tageszeit oder Sonn- und Feiertage betrifft — entlassen

VIII. Entlassungsvorbereitung und Entlassung

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wird, ermächtigt § 16 den Anstaltsleiter dazu, den Entlassungszeitpunkt vorzuverlegen (vgl. BT-Dr. 7/918,54f.). Die im ganzen wenig flexible Regelung führt u.a. dazu, daß Gefangene in aller Regel vor den Feiertagen, entlassen werden. Daraus ergeben sich namentlich dann unerfreuliche Konsequenzen, wenn die wirtschaftliche Existenz des Verurteilten (und seiner Familie) bis zur ersten Lohnzahlung nicht hinreichend gesichert erscheint. Von der Gewährung einer Entlassungsbeihilfe (§ 75) abgesehen besteht angesichts der Fassung des § 16 nur die Möglichkeit, im Gnadenweg zu helfen. Trotz der Kritik an dieser wenig glücklichen Vorschrift (vgl. Vorschläge, 26f.) hat sich der Gesetzgeber zu einer anderen Regelung nicht entschließen können (vgl. BT-Dr. 7/ 3998,12). c)

Entlassungsvorgang

Der Entlassungsvorgang, der in der DVollzO minutiös geregelt war (vgl. Nr. 197—203), hat als solcher im StVollzG keinen Ausdruck gefunden. Sieht man einmal von den Eingliederungshilfen ab, auf denen das Schwergewicht der Entlassungsmaßnahmen liegen sollte (vgl. oben 1), dann handelt es sich durchweg um Verwaltungsabläufe, die weitgehend spiegelbildlich dem Aufnahmevorgang entsprechen (vgl. Kerner 1974 b, 244). Bestandteile des Entlassungsvorgangs sind hiernach hauptsächlich die ärztliche Untersuchung, die Ablieferung der Anstaltskleidung, die Durchsuchung des Gefangenen, die Aushändigung der Habe und der Papiere sowie ein abschließendes Gespräch mit dem Anstalts- oder Abteilungsleiter. In einem behandlungsorientierten Vollzug muß es demgegenüber — ungeachtet nötiger verwaltungsmäßiger Formalien — das Ziel sein, den Entlassungsvorgang seines bürokratischen Charakters stärker zu entkleiden und ihn in den Gesamtzusammenhang der Entlassungsvorbereitung einzuordnen.

3. Nachgehende Hilfen Dem Grundsatz der durchgehenden sozialen Hilfe und der „Kontinuität der Bindung des Probanden an eine bestimmte Bezugsperson" (Kerner 1974 b, 245) entspräche es, keinen Wechsel in

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§ 7 Planung und Gestaltung des Vollzugsablaufs

den Personen und Institutionen eintreten zu lassen, die dem Gefangenen und Entlassenen Hilfen (der verschiedensten Art) gewähren. Tatsächlich (und rechtlich) ist die Situation der Entlassungshilfe in der Anstalt und der Entlassenenhilfe außerhalb der Anstalt durch weitgehende Funktionenverteilung und Aufsplitterung, ja sogar Konkurrenz gekennzeichnet; häufig fehlt es sogar an der erforderlichen Zusammenarbeit und gegenseitigen Unterrichtung (vgl. Kerner 1974 b, 245 ff.; Müller-Dietz 1976 b, 38 ff.). In der Anstalt ist der Sozialarbeiter für den Gefangenen zuständig. Um den Entlassenen muß sich (im Falle einer Aussetzung des Strafrestes oder im Rahmen der Führungsaufsicht) der Bewährungshelfer kümmern. Daneben sind noch die Organisationen der freien Straffälligenhilfe tätig (vgl. Kerner 1974 b, 251 f.). Eine inhaltliche und schwerpunktmäßige Abstimmung dieser Arbeit, die etwa von der Betreuung des Gefangenen und seiner Familie in der Anstalt bis hin zur völligen sozialen Eingliederung reicht, fehlt weitgehend. So hat es vielfach bei punktuellen, zeitlich und funktionsmäßig begrenzten Maßnahmen (wie z.B. Familienbetreuung, Arbeits- und Wohnungsvermittlung, Beschaffung von Papieren, Rechtsberatung) sein Bewenden. Nicht einmal das für die Eingliederung zentrale Entschuldungsverfahren ist in allen Fällen gewährleistet. Das StVollzG hat sich dieser Materie nur im Titel „Soziale Hilfe" (§§ 71-75) sowie innerhalb der organisationsrechtlichen Vorschriften über die Zusammenarbeit mit Personen und Stellen außerhalb der Anstalt (§§ 148, 154 II) angenommen. Es hat sich teils aus Rechts-, teils aus anderen Gründen außerstande gesehen, insoweit weitergehende Regelungen zu treffen, die auf die Schaffung des angestrebten Kontinuums sozialer Hilfen hinwirken könnten. Die Tätigkeit der freien Straffälligenhilfe in diesem Bereich kann der Gesetzgeber ohnehin nicht regeln. Aufgaben und Zuständigkeit des Bewährungshelfers sind bereits im StGB näher umrissen (§§ 56 d, 68 a). Gleichwohl hätten die — teilweise allerdings recht weitgehenden — Vorstellungen des AE (vgl. oben 1; AE, 129 ff.) durchaus Anlaß dazu geben können, die „normative Askese" des StVollzG auf diesem Gebiet zu überdenken (vgl. Busch 1977, 70).

VIII. Entlassungsvorbereitung und Entlassung

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4. Wiederaufnahme in den Vollzug Die „Denkschrift über die Behandlung von kriminell stark gefährdeten jungen Tätern in Vollzugsanstalten" hat 1970 besonders auf die Notwendigkeit einer sog. Krisenintervention, d.h. von Kontakten zwischen dem Anstaltspersonal und dem Entlassenen in Fällen persönlicher oder wirtschaftlicher Schwierigkeiten, hingewiesen (Denkschrift, 38f.). Als Maßnahme in diesem Sinne hat sie namentlich vorgeschlagen, die Vollzugsanstalten zu ermächtigen, Entlassene in solchen Fällen auf freiwilliger Grundlage wiederaufzunehmen, bis die Krisensituation bereinigt ist. Diesem Vorschlag sind vor allem KE (§ 68 a) und AE (§ 69) gefolgt. Nach § 69 I 2 AE soll sogar ein Verbleiben (des an sich zu Entlassenden) auf freiwilliger Grundlage zugelassen werden. Schon der RE wollte eine derartige Regelung auf diejenigen Fälle beschränkt wissen, in denen ein Gefangener aus einer sozialtherapeutischen Anstalt entlassen worden ist (vgl. § 112). Hinsichtlich der sonstigen Vollzugsanstalten sollte es dagegen beim bisherigen Rechtszustand verbleiben, d.h. eine Wiederaufnahme auf freiwilliger Grundlage nicht in Betracht kommen. Diese Regelung ist denn auch — obwohl sie eindeutig einen Rückschritt gegenüber der ursprünglich vorgeschlagenen bedeutet (vgl. AE, 137; Calliess/ Müller-Dietz 1977, Rdnr. 2 zu § 125) — der Sache nach Gesetz geworden. Hiernach kann in die sozialtherapeutische Anstalt ein früherer Untergebrachter auf seinen Antrag vorübergehend wieder aufgenommen werden, „wenn das Ziel seiner Behandlung erneut gefährdet und ein Aufenthalt in der Anstalt aus diesem Grunde gerechtfertigt ist" (§ 125 11). Das gilt auch für diejenigen Gefangenen, die nach ihrer Verlegung (§ 9) aus der sozialtherapeutischen Anstalt entlassen worden sind (§125 IV). Ihre Einbeziehung erschien dem Gesetzgeber aus den gleichen Gründen gerechtfertigt, die für den Personenkreis der Untergebrachten selbst maßgebend sind (vgl. BT-Dr. 7/918,124). In allen Fällen ist die Aufnahme widerruflich (§ 125 12). Da sie auf freiwilliger Grundlage erfolgt, dürfen gegen den Aufgenommenen keine Maßnahmen des unmittelbaren Zwangs (vgl. §§ 94—101) angewendet werden (§ 125 II).

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§ 8 Einzelne Gestaltungsbereiche des Vollzugs

Dementsprechend ist der Aufgenommene auf seinen Antrag unverzüglich zu entlassen ( § 1 2 5 III).

§ 8 Einzelne Gestaltungsbereiche des Vollzugs Das StVollzG regelt in seinem „Besonderen Teil", der als solcher formell nicht ausgewiesen ist, jene Fragen, welche die Ausgestaltung des Freiheitsentzuges im einzelnen zum Gegenstand haben. Dabei lassen sich zwei Themenkreise voneinander unterscheiden, die sich freilich in praktischer - und zum Teil aijch rechtlicher — Hinsicht überschneiden. Zum einen geht es um die Regelung der Lebensbedingungen in der Haft, also gleichsam um die Sicherung der existentiellen Voraussetzungen, die noch der Verfolgung bestimmter Vollzugsziele vorausliegen. Hierher zählen etwa die Unterbringung, Ernährung und Bekleidung des Gefangenen, der Zugang zu Informationen, die Gestaltung der Freizeit sowie die Gesundheitsfürsorge. Zum zweiten setzt das StVollzG durch seine Einzelregelungen Schwerpunkte hinsichtlich des Vollzugsziels rückfallverhütender Behandlung. Dazu rechnen namentlich Arbeit und berufliche Bildung des Gefangenen, Weiterbildung und soziale Hilfe. Eine Reihe von Gestaltungsbereichen des Vollzugs liegt allerdings im Schnittpunkt beider Zielsetzungen, betrifft demnach in gewissem Umfang sowohl die Lebensbedingungen als auch Fragen rückfallverhütender Behandlung. Das gilt vor allem für den Verkehr des Gefangenen mit der Außenwelt, die Religionsausübung, aber auch für Freizeitgestaltung und soziale Hilfe.

I. Unterbringung und Ernährung des Gefangenen 1. Unterbringung a) Unterbringung des Gefangenen und

Trennungsgrundsatz

Das StVollzG geht hinsichtlich der Unterbringung des Gefangenen vom allgemeinen Lebensrhythmus, der Dreiteilung des Tages in Arbeitszeit, Freizeit und Ruhezeit, aus. Ausgangspunkt ist in erster Linie der Gedanke, „die Lebensverhältnisse in der Anstalt nicht weiter als notwendig von den Verhältnissen außerhalb der

I. Unterbringung und Ernährung des Gefangenen

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Anstalt zu entfernen" (BT-Dr. 7/918, 55). Dementsprechend hat das StVollzG nicht die Unterscheidung verschiedener Haftformen nach dem Muster der Nr. 64 ff. DVollzO übernommen, sondern geht von dem Grundgedanken gemeinsamer Unterbringung während des Tages und getrennter Unterbringung zur Nacht aus. Hinsichtlich der Modifikationen spielen freilich die Besonderheiten des Anstaltslebens eine gewichtige Rolle. Die Frage der Einzel- oder Gemeinschaftsunterbringung steht in unmittelbarem Zusammenhang mit dem Trennungsgrundsatz des § 140. Danach sind zu Freiheitsstrafen verurteilte und in den Maßregelvollzug eingewiesene Gefangene ebenso wie Frauen und Männer getrennt unterzubringen. Hierdurch soll „eine eigenständige und den speziellen Bedürfnissen der jeweiligen Gruppe angepaßte Entwicklung des Straf- und Maßregelvollzugs" erreicht werden (BT-Dr. 7 / 3 9 9 8 , 4 3 ) . Hinsichtlich des Grades der Trennung differenziert allerdings das Gesetz. So schreibt es für die Unterbringung in sozialtherapeutischen Anstalten Sonderanstalten vor (§ 140 11), während für die Unterbringung in der Sicherungsverwahrung Sonderabteilungen von Anstalten genügen, die für den Vollzug der Freiheitsstrafe bestimmt sind (§ 140 I 2). Aus besonderen Gründen können Frauen auch in speziellen Abteilungen von Männeranstalten untergebracht werden (§ 140 II 2). Vom Trennungsgrundsatz (§ 140 I und II) darf abgewichen werden, „um dem Gefangenen die Teilnahme an Behandlungsmaßnahmen in einer anderen Anstalt oder in einer anderen Abteilung zu ermöglichen" (§ 140 III). Diese Regelung soll sicherstellen, daß namentlich Gefangenen kleinerer Vollzugseinheiten der Zugang zu Behandlungsmaßnahmen in anderen Einrichtungen eröffnet werden kann. Gleichzeitig soll deren Behandlungsprogramm optimal genutzt werden. Auch hier wird der Begriff „Behandlungsmaßnahmen" in einem umfassenden Sinn verstanden; er bezieht also neben therapeutischen Maßnahmen etwa Beschäftigung, berufliche Förderung und Weiterbildung mit ein (BT-Dr. 7/3998, 43). b) Unterbringung während der Arbeitszeit und Freizeit § 1 7 1 schreibt vor, daß die Gefangenen gemeinsam arbeiten und daß berufliche Förderung und sonstige Beschäftigung- in Gemein-

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§ 8 Einzelne Gestaltungsbereiche des Vollzugs

Schaft stattfinden. Ebenso hat der Gefangene ein Recht auf Gemeinschaft mit anderen während der Freizeit (§17111); er muß natürlich davon keinen Gebrauch machen. Da ein derartiger Anspruch mit erheblichen personellen und baulichen Konsequenzen verbunden ist, ermächtigt § 17 II 2 den Anstaltsleiter dazu, für die Teilnahme an gemeinschaftlichen Veranstaltungen Sonderregelungen zu treffen. Durch die gemeinsame Unterbringung während der Freizeit soll dem menschlichen Grundbedürfnis nach Gemeinschaft Rechnung getragen werden (BT-Dr. 7/918,55). Hiervon läßt § 17 III aus vollzugsspezifischen Gründen Abweichungen zu. Einzelunterbringung während der Arbeitszeit und Freizeit ist danach zulässig, wenn ein schädlicher Einfluß auf andere Gefangene zu befürchten ist, wenn der Gefangene nach § 6 untersucht wird (Behandlungsuntersuchung) bis zu zwei Monaten, wenn die Sicherheit oder Ordnung der Anstalt es erfordert oder wenn der Gefangene zustimmt. Der letztere Fall liegt vor, wenn der Gefangene selbst — aus welchen Gründen immer — sich nicht in Gemeinschaft aufhalten möchte. Darüber hinaus kann die gemeinschaftliche Unterbringung während der Arbeitszeit und Freizeit nach § 201 Nr. 2 in Anstalten, mit deren Errichtung vor Inkrafttreten des StVollzG begonnen wurde, auch eingeschränkt werden, „wenn und solange die räumlichen, personellen und organisatorischen Verhältnisse der Anstalt dies erfordern". Hinsichtlich der Arbeitszeit ist diese Möglichkeit jedoch bis 31.12.1988 befristet, während Abweichungen vom Grundsatz gemeinsamer Unterbringung in der Freizeit auch nach diesem Stichtag noch zulässig sind. Mit dieser Ubergangsregelung will das StVollzG wiederum Kostenfolgen auffangen. c) Unterbringung während der Ruhezeit § 18 11 geht vom Grundsatz der Einzelunterbringung während der Nacht aus. Damit übernimmt das StVollzG eine international seit langem anerkannte Forderung (vgl. Müller-Dietz 1970 a, C 103 f.). Die negativen Auswirkungen gemeinsamer Unterbringung, namentlich in sog. Schlafsälen, sind hinreichend bekannt. Abgesehen davon erfordert es der Schutz der Intimsphäre, daß

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dem Gefangenen ein Bereich persönlicher Lebensgestaltung verbleibt. Freilich läßt das StVollzG vom Grundsatz der Einzelunterbringung vorrangig aus vollzugsspezifischen Gründen in mehrfacher Hinsicht Ausnahmen zu. So ist eine gemeinsame Unterbringung statthaft, wenn ein Gefangener hilfsbedürftig ist oder wenn Gefahr für Leben oder Gesundheit eines Gefangenen besteht (§ 18 I 2). Da der offene Vollzug nicht im erforderlichen Umfang über Einzelhaftplätze verfügt, schreibt § 18 II 1 für diese Vollzugsart die Einzelunterbringung nicht zwingend vor (BT-Dr. 7/918,56). Danach dürfen Gefangene im offenen Vollzug mit ihrer Zustimmung während der Ruhezeit gemeinsam untergebracht werden, „wenn eine schädliche Beeinflussung nicht zu befürchten ist". Im geschlossenen Vollzug ist über die Fälle des § 18 I hinaus vorübergehend eine gemeinsame Unterbringung während der Ruhezeit aus zwingenden Gründen zulässig ( § 1 8 112). Auch der schon der Kosten wegen eingeschränkte Grundsatz der Einzelunterbringung steht auf Grund der Übergangsregelung des § 201 Nr. 3 vorerst nur auf dem Papier. Eine gemeinsame Unterbringung während der Ruhezeit ist danach in bereits bestehenden Anstalten ohne zeitliche Begrenzung zulässig; lediglich die gemeinschaftliche Unterbringung von mehr als acht Personen (!) ist ab 1.1.1986 untersagt. 2. Ausstattung des Haftraumes Gerade die Vorschriften, welche die Gestaltung des persönlichen Lebensbereichs des Gefangenen regeln, lassen erkennen, in welchem Maße das StVollzG mit dem von ihm aufgestellten Angleichungsgrundsatz (§ 3 I) ernst gemacht hat (BT-Dr. 7/918, 56). Mit Recht stellt der AE darauf ab, daß der Gefangene um des erforderlichen Verhaltenstrainings willen primär mit eigenen Sachen umgehen müsse (AE, 187). Der Vorschlag des AE geht daher recht weit: Kleidungsstücke, Einrichtungsgegenstände und persönliche Habe sollen möglichst Eigentum des Gefangenen sein; er soll Hausgeld besitzen und Gegenstände von Mitgefangenen erwerben dürfen (§ 124 AE). Demgegenüber sieht § 19 I StVollzG vor, daß der Gefangene seinen Haftraum in angemessenem Um-

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§ 8 Einzelne Gestaltungsbereiche des Vollzugs

fang mit eigenen Sachen ausstatten, Lichtbilder nahestehender Personen und Erinnerungsstücke von persönlichem Wert besitzen darf. § 19 II StVollzG ermächtigt die Vollzugsbehörde dazu, Vorkehrungen und Gegenstände, die die Übersichtlichkeit des Haftraumes behindern oder in anderer Weise Sicherheit oder Ordnung der Anstalt gefährden, auszuschließen. Diese Regelung zeigt deutlich die Schwierigkeiten, Individualinteresse und Vollzugsinteresse auszugleichen (vgl. BT-Dr. 7/918,56). Sie erscheint vergleichsweise restriktiv (vgl. Calliess/Müller-Dietz 1977, Rdnr. 4 zu § 19). Auch insoweit verfährt der AE liberaler (vgl. § 124). § 1 9 regelt die Fragen des Besitzes und der persönlichen Habe keineswegs abschließend. Einschlägig sind des weiteren die Vorschriften über den Besitz grundlegender religiöser Schriften sowie von Gegenständen des religiösen Gebrauchs (§ 53 II und III), den Bezug von Zeitungen und Zeitschriften (§ 68), den Besitz von Rundfunk- und Fernsehgeräten (§ 69 II), den Besitz von Gegenständen für die Freizeitbeschäftigung (§ 70) und den persönlichen Gewahrsam (§ 83). Insofern ist erst der Gesamtheit dieser Regelungen zu entnehmen, welche Gegenstände der Gefangene im einzelnen besitzen und annehmen darf.

3. Bekleidung Der bisherigen Praxis entsprechend schreibt § 20 11 vor, daß der Gefangene Anstaltskleidung zu tragen hat. Lediglich für die Freizeit erhält er eine besondere Oberbekleidung ( § 2 0 12). Damit will das Gesetz Anstalts-, namentlich Sicherheitserfordernisse berücksichtigen (vgl. BT-Dr. 7/918, 56). Zu einer weitergehenden Liberalisierung, wie sie etwa der AE anstrebt (AE, 187ff.), hat sich der Gesetzgeber in diesem Bereich nicht entschließen können. Allerdings läßt § 2 0 II in zwei Fällen Abweichungen von jenem Grundsatz zu. Besteht keine Entweichungsgefahr, darf der Gefangene bei Ausführungen ( § 1 1 1 Nr. 2) eigene Kleidung tragen ( § 2 0 II 1). Auch sonst kann dies der Anstaltsleiter gestatten, wenn der Gefangene für Reinigung, Instandsetzung und regelmäßigen Wechsel auf eigene Kosten sorgt (§ 20 II 2).

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Auf detailliertere Regelungen hat das StVollzG auf dem Gebiet der Bekleidung verzichtet, weil insoweit der Angleichungsgrundsatz (S 3 I) eingreift (BT-Dr. 7/918, 56). 4. Ernährung Hinsichtlich der Ernährung hat sich das StVollzG gleichfalls auf eine knappe Regelung beschränkt. Noch der KE hat inhaltliche Aussagen über die Qualität als erforderlich erachtet (§ 23 I). § 21 StVollzG bringt nur mehr die Verpflichtung der Vollzugsbehörde zum Ausdruck, den Gefangenen in vollem Umfange zu verpflegen sowie Zusammenstellung und Nährwert der Anstaltskost ärztlich überwachen zu lassen (§ 21 Satz 1). Das Gesetz erblickt hierin eine unvermeidbare Folge des Freiheitsentzugs. Die Selbstverpflegung wird nicht ausdrücklich ausgeschlossen. Dementsprechend kann sie von der Vollzugsbehörde nach Maßgabe pflichtgemäßen Ermessens gestattet werden (BT-Dr. 7/918, 56). Für die Einhaltung von Speisegeboten einer Religionsgemeinschaft trifft § 21 Satz 3 indessen eine Sonderregelung, wonach dem Gefangenen erlaubt werden muß, sich die vorgeschriebenen Speisen zu beschaffen. Die Anstalt wird hierdurch jedoch nicht positiv dazu verpflichtet, für eine entsprechende Ernährung des Gefangenen zu sorgen (vgl. BT-Dr. 7/3998,13; Calliess/Müller-Dietz 1977, Rdnr. 5 zu § 21). 5. Einkauf Der Gefangene hat nach dem StVollzG keinen Anspruch darauf, beliebige Gegenstände kaufen zu können. Jedoch gewährt ihm § 22 I in bezug auf Nahrungs- und Genußmittel sowie Mittel zur Körperpflege eine Mindestgarantie (BT-Dr. 7/3998, 13). Danach muß ihm die Anstalt Gelegenheit zum Kauf solcher Gegenstände aus Mitteln seines Hausgeldes oder Taschengeldes verschaffen. In aller Regel geschieht dies dadurch, daß die Anstalt sich um einen Kaufmann bemüht, der die Nahrungs-, Genuß- und Körperpflegemittel zum Kauf anbietet. Das Angebot soll auf die Wünsche und Bedürfnisse der Gefangenen Rücksicht nehmen (§ 22 I 2). Hausgeld ist nach § 47 derjenige Teil (Betrag) der Arbeitsentlohnung, über den der Gefangene zur Befriedigung seines persönlichen 9

Müller-Dietz, Strafvollzugsrecht

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§ 8 Einzelne Gestaltungsbereiche des Vollzugs

Bedarfs frei verfügen kann. Das sind nach der Übergangsfassung des § 4 7 I bis zum Inkrafttreten des besonderen Bundesgesetzes zwei Drittel der im Gesetz geregelten Bezüge (§ 199 II Nr. 2). Taschengeld erhält nach § 4 6 der bedürftige Gefangene, der wegen Alters oder Gebrechlichkeit nicht mehr arbeiten kann. Steht dem Gefangenen ohne eigenes Verschulden weder Hausnoch Taschengeld zur Verfügung, darf er für den Einkauf in angemessenem Umfang auch Eigengeld verwenden (§ 2 2 III). Eigengeld stellen jene Bezüge des Gefangenen dar, die nicht für die besonderen Zwecke des 5. Titels (§ 37—52) in Anspruch genommen werden (§ 52). Einzelheiten regeln die Verwaltungsvorschriften zu § 22 (vgl. Calliess/Müller-Dietz 1977, Rdnr. 1 zu § 22). Aus § 2 2 I erwächst dem Gefangenen das Recht, im Rahmen der ihm zur Verfügung stehenden Mittel aus dem genannten Angebot nach eigener Wahl zu kaufen. Dagegen hat der Gefangene keinen Anspruch darauf, die von ihm gewünschten Gegenstände unabhängig von dem Angebot kaufen zu können, weil dadurch die Anstalt nach Auffassung des Gesetzgebers überfordert würde (BT-Dr. 7 / 3 9 9 8 , 13). Der AE schlägt demgegenüber vor, dem Gefangenen freien Einkauf mit Mitteln des Hausgeldes durch Schaffung eines besonderen Verkaufskiosks in der Anstalt zu ermöglichen, über dessen Einrichtung und Führung ein Mitverwaltungsgremium, der sog. Anstaltsrat (§ 26), zu entscheiden hat (§ 13 III und IV). Nach dem StVollzG können die Einkaufsmöglichkeiten aus vollzugsspezifischen Gründen eingeschränkt werden. Einmal kann die Vollzugsbehörde Gegenstände, welche die Sicherheit oder Ordnung gefährden, vom Einkauf ausschließen (§ 2 2 II 1). Zum zweiten kann der Einkauf einzelner Nahrungs- und Genußmittel auf ärztliche Anordnung ganz oder teilweise untersagt werden, wenn zu befürchten ist, daß sie die Gesundheit des Gefangenen ernsthaft gefährden ( § 2 2 II 2). Schließlich kann in Krankenhäusern und Krankenabteilungen der Einkauf einzelner Nahrungs- und Genußmittel auf ärztliche Anordnung allgemein untersagt oder eingeschränkt werden (§ 2 2 113). Der Gesetzgeber hat diese generelle Ausschlußmöglichkeit damit begründet, daß die Weitergabe von Nahrungs- und Genußmitteln, deren Genuß

II. Verkehr des Gefangenen mit der Außenwelt

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bestimmte Gefangene schädigen könnte, in solchen Einrichtungen praktisch kaum zu verhindern sei. Hingegen sei es - auch im Hinblick auf die Eigenverantwortung des Gefangenen — gerechtfertigt, außerhalb von Krankenanstalten und -abteilungen „nur eine auf den gefährdeten Gefangenen abgestellte Einkaufsbeschränkung zuzulassen" (BT-Dr. 7 / 3 9 9 8 , 13).

II. Verkehr des Gefangenen mit der Außenwelt 1. Bedeutung des Kontakts mit der Außenwelt Zu den zentralen Fragen eines StVollzG rechnet die Regelung des Kontakts mit der Außenwelt (zum folgenden vgl. Müller-Dietz 1970, C 4 6 f f . ; Kerner 1974 a, 233 ff.; Rolinski, in: Reform 1974, 77ff.). Dabei sind verschiedene Gesichtspunkte von Bedeutung: Einmal geht es für den Gefangenen um die Aufrechterhaltung und Stärkung bestehender, nicht selten aber auch um die Herstellung neuer Beziehungen. Die Notwendigkeit, solche Außenweltkontakte zuzulassen, folgt schon aus der Grundforderung nach humaner, menschenwürdiger Ausgestaltung des Strafvollzuges. Sie steht damit zugleich im Einklang mit den Grundsätzen der Vollzugsgestaltung ( § 3 ) . Jene Notwendigkeit ergibt sich aber auch aus dem Vollzugsziel (§ 2 Satz 1). Die Aufrechterhaltung und Stärkung sozialer Bindungen tragen zur (Wieder-)Eingliederung des Gefangenen in die Gesellschaft bei und wirken dem Rückfall entgegen. Hierbei spielen sowohl emotionale Zuwendung als auch Unterstützung des Gefangenen in äußeren Angelegenheiten eine wesentliche Rolle. Der Mensch als Sozialwesen ist zur Entfaltung seiner Fähigkeiten und Möglichkeiten wie zur Befriedigung psychisch-seelischer Bedürfnisse auf Kommunikation mit anderen angewiesen. Strenge Ab- und Einschließung lassen vielfach namentlich die Fähigkeit zur Kommunikation verkümmern. Sie wirken sich nicht selten negativ auf mitmenschliche Beziehungen aus, sei es im Verhältnis zu Mitgefangenen und Beamten, sei es im Verhältnis zu Personen außerhalb der Anstalt. In einer Situation völliger oder weitgehen9*

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§ 8 Einzelne Gestaltungsbereiche des Vollzugs

der Isolierung gehen leicht die Fähigkeit zur Wahrnehmung (und Bewältigung) der sozialen Wirklichkeit, der Realitätssinn verloren (vgl. Binswanger/Brandenberger, Zum Problem langandauernder Untersuchungshaft, SchwZStr 1975, 406ff.). Soweit es sich um Beziehungen zwischen Eheleuten oder zu Familienangehörigen handelt, ergibt sich ohnehin aus Art. 6 I GG eine verfassungsrechtliche Pflicht des Staates, Kontakte zwischen Gefangenen und Außenstehenden zu gestatten (vgl. BVerfG NJW 1976, 1311). Dies gilt zunächst einmal unabhängig davon, welche Konsequenzen im einzelnen aus dieser institutionellen Garantie in der besonderen Situation des Freiheitsentzuges zu ziehen sind. Die Garantie des Art. 6 I GG betrifft natürlich gleichermaßen die Angehörigen außerhalb der Anstalt wie den Gefangenen selbst. Jedenfalls gewährleistet diese Norm ein subjektives Recht auf Eingehung einer Ehe, das durch den Freiheitsentzug nicht beschnitten werden darf (vgl. Müller-Dietz 1970 a, C 47).

2. Die Grundsätze der Regelung In diesem Sinne stellt das StVollzG zwei Grundsätze den Einzelregelungen des Kontakts mit der Außenwelt voran. Einmal räumt es dem Gefangenen das Recht ein, mit Personen außerhalb der Anstalt — freilich im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften — zu verkehren (§ 23 Satz 1). Zum zweiten verpflichtet es die Vollzugsbehörde, diese Beziehungen zu fördern (§ 23 Satz 2). Damit bringt das StVollzG zum Ausdruck, welchen Wert es den Beziehungen des Gefangenen zur Außenwelt beilegt. Der KE hat deshalb sogar den Förderungsgrundsatz vorangestellt (vgl. § 25) und der AE — noch weitergehend — vorgeschlagen, ihn in die Grundsätze des Vollzugs aufzunehmen (vgl. § 3 II 3). Das Hauptproblem der Regelung liegt ersichtlich jedoch weniger in ihren grundsätzlichen Aussagen als vielmehr in der Einzelausgestaltung, können doch Detailvorschriften kontaktfreundliche Prinzipien sehr wohl unterlaufen. Für das StVollzG stellt sich nicht zuletzt die Aufgabe, „den Konflikt zwischen den Individualrechten und den notwendigen Erfordernissen eines geordneten

II. Verkehr des Gefangenen mit der Außenwelt

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Vollzuges durch eingehende Vorschriften zu lösen". Das Gesetz hat sich hierbei von der Zielsetzung leiten lassen, dem Gefangenen einerseits „ein bestimmtes Mindestmaß ai« Kontakten" zu garantieren, andererseits die Vollzugsbehörden zu ermächtigen, „den Vollzug störende Informationen zurückzuhalten und sie zu verpflichten, Beziehungen des Gefangenen zu fördern, die die Vollzugsaufgaben unterstützen" (BT-Dr. 7/918, 57). Geht auch das Maß an Liberalisierung insoweit im AE erheblich weiter (vgl. Müller-Dietz 1974 c, 490f.), so stimmt doch dieser Entwurf in seiner grundsätzlichen Tendenz mit dem StVollzG darin überein, Einschränkungen des Verkehrs mit der Außenwelt zunächst einmal aus Gründen der Gefahrenabwehr (Schutz der Anstalt und ihres reibungslosen Funktionierens) zuzulassen. Freilich greift das StVollzG insoweit auf das traditionelle Begriffspaar „Sicherheit und Ordnung" zurück (z.B. §§ 25 Nr. 1, 271, 28 II Nr. 1 , 3 1 1 Nr. 1 , 3 4 1 Nr. 1), dessen Weiterverwendung verschiedentlich wegen inhaltlicher Weite und Unbestimmtheit kritisiert worden ist (vgl. Vorschläge,33; Müller-Dietz 1974 c, 489 f.; AE, 183 ff.). Man hat in diesem Blankett eine zu allgemeingehaltene und zu weitreichende Ermächtigung des Vollzugs gesehen, die namentlich im Ordnungssektor behandlungswidrige und überflüssige Reglementierungen des Gefangenen zur Folge habe. Deshalb hat der AE vorgeschlagen, jenes Begriffspaar durch eine differenziertere Formel zu ersetzen, die zugleich die Anforderungen an Eingriffe in Rechte des Gefangenen erhöht. Dementsprechend spricht § 119 II AE von einer erheblichen Beeinträchtigung der Sicherheit und einer groben Störung des Zusammenlebens. Ein vergleichbarer Vorschlag sieht die „Wahrung der Sicherheit" und die „Verhütung einer erheblichen Störung des Zusammenlebens" als Eingriffstatbestände an (Vorschläge, 32f.). Zu solchen Restriktionen hat sich der Gesetzgeber indessen nicht entschließen können (kritisch Calliess/Müller-Dietz 1977, Rdnr. 3 zu § 23). Dagegen liegt das StVollzG eher auf der Linie des AE (und des KE), wenn es zugleich Rechtsbeschränkungen zur Verhinderung behandlungswidriger oder das Vollzugsziel gefährdender Kontakte zuläßt. Hiermit zieht das Gesetz für die Regelung der Außenweltkontakte Konsequenzen aus der Rspr. des BVerfG, welches

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§ 8 Einzelne Gestaltungsbereiche des Vollzugs

das Sozialstaatsprinzip und das daraus abgeleitete Vollzugsziel der Rückfallverhütung auch als mögliche Quelle rechtsbeschränkender Maßnahmen ansieht (vgl. BVerfGE 40, 2 7 6 ; dazu oben § 4 I 1 b). Dementsprechend ermächtigen verschiedene Vorschriften aus Gründen des Vollzugsziels die Vollzugsbehörde zu Eingriffen in das Recht des Gefangenen, mit Personen außerhalb der Anstalt zu verkehren. Dabei stellt das StVollzG meist auf den Gesichtspunkt der Behandlung ab (vgl. §§ 271, 29 III, 34 I Nr. 2); gelegentlich fungieren auch die Gefahr schädlicher Einflüsse (§§ 25 Nr. 2, 28 II Nr. 2) oder die Gefährdung des Vollzugsziels ( § 3 1 1 Nr. 1) als Eingriffstatbestände. Zwar hat eine Mindermeinung „Rechtsbeschränkungen aus Behandlungsgründen" für „grundsätzlich nicht vertretbar" erklärt: „Sie widersprechen dem Wesen des Behandlungsvollzuges, da dieser freiwillige Mitarbeit voraussetzt. Eingriffe im Bereich des Verkehrs mit der Außenwelt dienen primär der Gefahrenabwehr" (Vorschläge, 3 3 ; dazu Müller-Dietz 1 9 7 4 c , 4 9 1 ; 1976 a, 91). Diese Ansicht hat sich indessen weder in der Literatur noch in der Rspr. durchsetzen können. Mit seinen Regelungen ist das StVollzG im Grundsatz der h . M . gefolgt. 3. Die Regelung im einzelnen a) Überblick Das StVollzG regelt den Verkehr des Gefangenen mit der Außenwelt schwerpunktmäßig im vierten Titel (§§ 23—36). Indessen behandeln diese Vorschriften, wie schon ihre Überschrift ausweist („Besuche, Schriftwechsel sowie Urlaub, Ausgang und Ausführung aus besonderem Anlaß"), die Materie nicht abschließend. Eine ganze Reihe weiterer Regelungen befassen sich mit Beziehungen des Gefangenen zur Außenwelt. Dies gilt etwa für die Vorschriften über Vollzugslockerungen ( § 1 1 ) und den sog. Regelurlaub ( § 1 3 ) (dazu oben § 7 V und VI) sowie die freie Beschäftigung außerhalb der Anstalt ( § 3 9 I). Ohnehin betreffen die Vorschriften des vierten Titels, was den Urlaub, den Ausgang und die Ausführung anlangt, nur Sonderfälle.

II. Verkehr des Gefangenen mit der Außenwelt

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Im einzelne regelt dieser Titel folgende Formen des Kontakts mit der Außenwelt: Besuchsverkehr (§§24—27), Schriftverkehr (§§28—31), telefonischer und telegrafischer Verkehr ( § 3 2 ) , Paketverkehr (§ 33), Urlaub, Ausgang und Ausführung aus wichtigem Anlaß (§ 35) und die Wahrnehmung gerichtlicher Termine durch den Gefangenen (§ 36). Die folgende Darstellung greift die wichtigsten Regelungen heraus. Besonderes Gewicht haben vor allem die Vorschriften über den Besuchs- und Schriftverkehr. b)

Besuchsverkehr

Der Besuchsverkehr erfüllt im Rahmen der Beziehungen zur Außenwelt spezifische Funktionen (dazu Müller-Dietz 1970 a, C 54ff.; Ernst 1972), die andere Formen des Kontakts nicht wahrnehmen können. „Die Unmittelbarkeit des Sprechens, des Sich-sehen-Könnens, die Wärme der körperlichen Berührung und das Erleben aktueller, nicht verbal geäußerter Gefühle des Partners ist auf Dauer gesehen die einzige Möglichkeit, mitmenschliche Beziehungen aufrechtzuerhalten und zu fördern" (Rolinski, in: Baumann 1974, 84). Auf der anderen Seite sind gerade solche Kontakte leicht verletzlich und durch Überwachung häufig gefährdet. Die Spontaneität und Unmittelbarkeit des Sichäußerns leidet unter Kontrollen zwangsläufig. Diese sind indessen — jedenfalls bis zu einem gewissen Grade — zum Schutz der Anstalt und ihrer Funktionsfähigkeit unumgänglich. Das StVollzG räumt dem Gefangenen zunächst ein allgemeines Besuchsrecht ein, das nicht auf bestimmte Personen beschränkt ist (§ 24 11). § 24 I RE hatte ursprünglich das Besuchsrecht auf „nahestehende Personen" begrenzen wollen; diese Einschränkung erschien jedoch wenig praktikabel und sachdienlich (vgl. BT-Dr. 7/3998,13 f.). Des weiteren garantiert § 24 I 2 dem Gefangenen eine Mindestbesuchsdauer von einer Stunde monatlich. Dadurch soll eine gewisse Flexibilität in der Handhabung ermöglicht werden. Darüber hinaus sollen nach § 24 II noch Besuche zugelassen werden, wenn sie die Behandlung oder Eingliederung des Gefangenen fördern oder wenn es um die Regelung von Angelegenheiten geht, die auf andere Weise nicht erledigt werden können. Das StVollzG begnügt sich insoweit mit einer Sollvor-

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§ 8 Einzelne Gestaltungsbereiche des Vollzugs

schrift, um den Vollzug nicht über Gebühr zu belasten (vgl. BT-Dr. 7/918, 58). Wünschenswert wäre natürlich eine Regelung, die gewährleistet, daß alle derartigen Besuche auch tatsächlich gestattet werden. Sicherheitsgesichtspunkten trägt das StVollzG dadurch Rechnung, daß deswegen eine Durchsuchung des Gefangenen (§ 84 11) oder des Besuchers (§ 24 III) stattfinden, gegebenenfalls ein Besuch untersagt (§25 Nr. 1), Besuche überwacht ( § 2 7 1 1) oder abgebrochen werden dürfen (§ 27). Hinsichtlich der Besuchsüberwachung differenziert das Gesetz zwischen einer bloß optischen und einer Gesprächskontrolle (§ 27 I). Besuchsverbot und Besuchsüberwachung sind auch im Interesse der Ordnung der Anstalt oder der Behandlung des Gefangenen zulässig (§§ 25,2711). In bezug auf das Besuchsverbot unterscheidet das Gesetz jedoch zwischen Angehörigen ( § 1 1 1 Nr. 1 StGB) und dritten Personen (§ 25 Nr. 2). Im Hinblick auf den verfassungsrechtlichen Schutz von Ehe und Familie (Art. 6 I GG) muß der Anstaltsleiter Besuche von Angehörigen auch dann zulassen, wenn zu befürchten ist, daß davon ein ungünstiger Einfluß auf den Gefangenen ausgeht (BTDr. 7/918, 58). Differenzierende Sonderregelungen trifft das StVollzG für Besuche von Verteidigern, Rechtsanwälten und Notaren in Rechtsangelegenheiten des Gefangenen (vgl. Eidt 1976). Solche Besuche dürfen nicht untersagt werden (§ 26 Satz 1). Jedoch können sie - wie andere Besuche (§ 24 III) — aus Gründen der Sicherheit davon abhängig gemacht werden, daß sich der Besucher durchsuchen läßt (§ 26 Satz 2). Vom Fall der Verurteilung des Gefangenen wegen Bildung terroristischer Vereinigungen (§ 129 a StGB) abgesehen ist eine inhaltliche Überprüfung der vom Verteidiger mitgeführten Unterlagen unzulässig (§ 26 Satz 3 und 4); die Unterlagen dürfen jedoch daraufhin durchgesehen werden, ob in ihnen andere Gegenstände enthalten sind (BT-Dr. 7/3998, 15). Mit diesen Regelungen will das Gesetz einerseits dem Berufsgeheimnis jenes Personenkreises und dessen Vertrauensverhältnis zum Mandanten, namentlich der Sonderstellung des Verteidigers Rechnung tragen (vgl. BT-Dr. 7/918 58 f.), andererseits aber auch Gefährdungen der öffentlichen Sicherheit begeg-

II. Verkehr des Gefangenen mit der Außenwelt

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nen, die aus konspirativem Verhalten von Verteidigern erwachsen können. c) Schriftverkehr Die Vorschriften über den Schriftwechsel entsprechen in ihrer Grundstruktur den Regelungen des Besuchsverkehrs. Ein wesentlicher Unterschied besteht nur insofern, als dem Gefangenen das Recht eingeräumt wird, unbeschränkt Schreiben abzusenden und zu empfangen (§ 28 I). Damit trägt das StVollzG im Bereich des Schriftverkehrs dem Angleichungsgrundsatz (§3 1) Rechnung (BT-Dr. 7/918, 59). Im übrigen ermächtigt es den Anstaltsleiter dazu, aus Gründen der Sicherheit oder Ordnung der Anstalt oder der Behandlung des Gefangenen den Schriftverkehr zu untersagen (§ 28 II), zu überwachen (§ 29 III) oder Briefe anzuhalten, d. h. von der Weiterbeförderung auszuschließen (§ 31 I Nr. 1). Diese Ermächtigung bedeutet wie auch sonst, daß es ins pflichtgemäße Ermessen des Anstaltsleiters gestellt ist, ob er von seiner Eingriffsbefugnis Gebrauch machen will. Kenntnisse aus der Überwachung des Besuchs- und Briefverkehrs dürfen aus Gründen der Sicherheit oder Ordnung der Anstalt oder der Behandlung oder zur Verhütung von Straftaten oder Ordnungswidrigkeiten verwertet werden (§ 34 I). Entgegen dem Vorschlag des RE (§ 34 I 2. Halbsatz) wird die Vollzugsbehörde in einem solchen Falle nur mehr durch eine bloße Sollvorschrift verpflichtet, den Gefangenen dazu zu hören (§ 34 I 2. Halbsatz; dazu BT-Dr. 7/ 918, 115). Allerdings dürfen die Kenntnisse lediglich den zuständigen Vollzugsbediensteten und den zuständigen Gerichten und Behörden mitgeteilt werden, die mit der Bekämpfung von Straftaten und Ordnungswidrigkeiten befaßt sind (§ 34 II). Ebenso wie hinsichtlich des Besuchsverkehrs (vgl. oben b) schließt das Gesetz ein Verbot des Schriftwechsels mit Angehörigen, die einen negativen Einfluß auf den Gefangenen befürchten lassen, aus (§ 28 II Nr. 2). Auch der Schriftwechsel mit dem Verteidiger genießt eine Sonderstellung, die wiederum ihren Grund im Vertrauensverhältnis zum Mandanten hat. In Anlehnung an die Rege-

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§ 8 Einzelne Gestaltungsbereiche des Vollzugs

lung des § 148 StPO (BT-Dr. 7/3998, 16) ist dieser Schriftwechsel von der Überwachung ausgenommen (§ 29 I). Etwas anderes gilt jedoch im Falle einer Verurteilung des Gefangenen nach § 129 a StGB (§ 29 I 2 und 3). Nicht überwacht werden ferner Schreiben des Gefangenen an Volksvertretungen des Bundes und der Länder sowie an deren Mitglieder und an die Europäische Menschenrechtskommission (§ 29 II). Maßgebend dafür ist der Gesichtspunkt, daß der Gefangene wie jeder Bürger unkontrolliert schriftlichen Zugang zu Institutionen haben muß, „die als Petitionsstellen in besonderem Maße für den Schutz der Grundrechte berufen sind" (BT-Dr. 7/3998, 17). Deshalb wollte hier der Gesetzgeber das allgemein bestehende Risiko eines Mißbrauchs eingehen, das in allen anderen Fällen durch eine Überwachung des Briefwechsels soweit als möglich verringert werden soll. Dagegen schien ihm die Mißbrauchsgefahr bei Schreiben sog. Petitionsstellen an den Gefangenen wiederum besonders groß; deshalb ist in derartigen Fällen eine Überwachung zulässig (vgl. Calliess/Müller-Dietz 1977, Rdnr. 3 zu § 29). Der Umstand, daß der gesamte Schriftwechsel des Gefangenen durch die Anstalt vermittelt wird (§ 30 I), versetzt sie auch faktisch in die Lage, Schreiben von der Weiterbeförderung auszuschließen. § 31 I enthält einen enumerativen Katalog der Anhaltegründe. Neben der Gefährdung des Vollzugsziels oder der Sicherheit oder Ordnung der Anstalt (Nr. 1,5) fungieren als derartige Eingriffstatbestände teils strafrechtlich relevante (Nr. 2), teils vollzugsspezifische Sachverhalte (Nr. 3 , 4 , 6 ) . Diese im ganzen recht weitgehende Anhaltebefugnis des Anstaltsleiters, wonach selbst „erheblich entstellende Darstellungen von Anstaltsverhältnissen" das Anhalten von Schreiben rechtfertigen (Nr. 3), erklärt sich wenigstens teilweise daraus, daß der Gesetzgeber eine entsprechende Regelung des § 31 RE über Veröffentlichungen von Gefangenen (vgl. BT-Dr. 7/918, 61) nicht übernommen hat; das hat zur Folge, daß für journalistische und literarische Äußerungen von Gefangenen die allgemeinen Regeln über den Schriftverkehr gelten. Im übrigen hat er es für erforderlich erachtet, den Vollzug möglichst weitgehend vor sachlich unberechtigten Angriffen zu schützen (vgl. BT-Dr. 7/3998,17). Damit geht das StVollzG

II. Verkehr des Gefangenen mit der Außenwelt

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indessen erheblich über die Eingriffsbefugnisse hinaus, die sonst vielfach als notwendig angesehen werden (vgl. § 115 I AE, 179; Vorschläge, 4 4 f . ; Calliess/Müller-Dietz 1977, Rdnr. 4 zu § 3 1 ) . Jedoch dürfen Schreiben, die nach § 29 I und II von der Überwachung ausgenommen sind, nicht angehalten werden ( § 3 1 IV). Statt in Fällen unrichtiger Darstellung das Schreiben anzuhalten, kann der Anstaltsleiter auch ein Begleitschreiben beifügen ( § 3 1 II). Ist ein Schreiben angehalten worden, ist dies mit Gründen dem Gefangenen mitzuteilen (5 31 I U I ) ; die Anhalteverfügung stellt eine Vollzugsmaßnahme dar, deretwegen nach § 109 das Gericht angerufen werden kann. Angehaltene Schreiben werden an den Absender zurückgegeben oder, sofern dies unmöglich oder untunlich ist, behördlich verwahrt ( § 3 1 III).

d) Sonstiger

Postverkehr

Die Regelungen des sonstigen Postverkehrs umfassen Vorschriften über Ferngespräche, Telegramme (§ 32) und Pakete (§ 33). Während das StVollzG dem Gefangenen ein Mindestmaß an Besuchsund Schriftverkehr garantiert, hat es davon abgesehen, ihm entsprechende Rechte auf dem Gebiet des telefonischen und telegraphischen Verkehrs einzuräumen. Vielmehr stellt es § 3 2 Satz 2 in das Ermessen des Anstaltsleiters, die Benutzung dieser Kommunikationsmittel zu gestatten. Begründet wird dies mit dem unterschiedlichen Interesse der Gefangenen an derartigen Formen des Kontakts mit der Außenwelt sowie damit, daß die Anstalten sonst über Gebühr belastet würden, weil die Einführung solcher Kommunikationsmittel besondere organisatorische Probleme zur Folge habe (BT-Dr. 7/918,61 f.). Im übrigen gelten aber für Ferngespräche und Telegramme die Vorschriften über den Schriftwechsel entsprechend (§ 32 Satz 2). Hinsichtlich des Paketempfangs sieht § 33 11 wiederum eine Mindestgarantie vor. So darf der Gefangene dreimal jährlich ein Paket mit Nahrungs- und Genußmitteln empfangen. Der Empfang weiterer Pakete oder solcher mit anderem Inhalt bedarf ausdrücklicher Erlaubnis (§ 33 13). Hiervon können wiederum diejenigen Gegenstände ausgeschlossen werden, deren Einkauf dem Gefangenen nach § 22 II untersagt werden kann (§ 33 I 4). In aller Regel wird die Zusendung solcher

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§ 8 Einzelne Gestaltungsbereiche des Vollzugs

Gegenstände gestattet werden können, die der Gefangene nach den §§ 19 und 70 auch besitzen darf (vgl. BT-Dr. 7/918, 62). Die Pakete sind in Gegenwart des Gefangenen zu öffnen (§ 33 II 1). Ausgeschlossene oder nicht ausgehändigte Gegenstände können je nach Sachlage zur Habe genommen, dem Absender zurückgesandt oder — falls diese Möglichkeiten zu riskant erscheinen — vernichtet werden (§ 33 II 2 und 3). In jedem Falle muß der Gefangene über die getroffene Maßnahme unterrichtet werden (§ 33 II 4). Der Gefangene hat hingegen keinen Anspruch darauf, Pakete versenden zu dürfen; insoweit handelt die Vollzugsbehörde nach ihrem Ermessen (§ 33 IV). Die zu § 33 erlassenen Verwaltungsvorschriften engen — vor allem was Zeitpunkt und Höchstmengen für Paketsendungen anlangt — den Ermessensspielraum der Vollzugsbehörde wiederum erheblich ein. Der Gesetzgeber hat sich auf Grund der personellen und organisatorischen Belastung, die für die Anstalt mit dem Paketempfang und der Versendung von Paketen verbunden ist, nicht in der Lage gesehen, eine großzügigere Regelung zu treffen (BT-Dr. 7/918, 62). Er ist deshalb auch nicht dem Vorschlag des AE gefolgt, den Empfang eines Paketes pro Monat ( § 1 1 7 11) und die unbeschränkte Versendung von Paketen durch den Gefangenen ( § 1 1 7 III 1) zu gestatten (vgl. AE, 181). e) Urlaub, Ausgang und Ausführung aus wichtigem Anlaß § 35 regelt - anders als die „Normalfälle" des Urlaubs (vgl. oben § 7 VI) und der Vollzugslockerungen (vgl. oben § 7 V) — Urlaub, Ausgang und Ausführung aus wichtigem Anlaß. Die Vorschrift steht aber in engem Zusammenhang mit den allgemeinen Regelungen. Sie will die Möglichkeit eröffnen, über die 21 Kalendertage (§ 13 I I ) hinaus Urlaub oder Ausgang zu gewähren (vgl. BT-Dr. 7 / 3 9 9 8 , 1 7 f . ) ; deshalb wird der zusätzliche Urlaub auf den sog. Regelurlaub nicht angerechnet (§ 35 II). Voraussetzung für die Bewilligung ist ein wichtiger Grund, den das Gesetz nicht näher definiert. Im übrigen muß der Gefangene den Anforderungen entsprechen, die für die Gewährung von Vollzugslockerungen maßgebend sind ( § 1 1 II). Allerdings darf ein solcher Sonder-

II. Verkehr des Gefangenen mit der Außenwelt

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urlaub nur dann sieben Tage im Jahr übersteigen, wenn er wegen einer lebensgefährlichen Erkrankung oder wegen des Todes eines Angehörigen gewährt wird ( § 3 5 I I ) . Auch durch den Sonderurlaub wird die Strafvollstreckung nicht unterbrochen (§ 13 V). Schließlich gelten für ihn gleichermaßen die Regelungen über Weisungen und Aufhebung des Urlaubs (§§ 3 5 1 2 , 1 4 ) . Erfüllt der Gefangene die Voraussetzungen des § 11 II nicht, ist die Gewährung von Urlaub oder Ausgang ausgeschlossen. In diesem Falle kann der Anstaltsleiter den Gefangenen ausführen lassen (§ 3 5 III 1). f) Wahrnehmung

gerichtlicher

Termine

§ 3 6 ergänzt die Sonderregelung des § 35 für den Fall der Wahrnehmung gerichtlicher Termine durch den Gefangenen. Sie ist von dem Gedanken getragen, die Situation des Gefangenen insoweit möglichst weitgehend der des freien Bürgers anzunähern (BT-Dr. 7 / 9 1 8 , 63). Auch hier differenziert das StVollzG nach Fällen, in denen weder Entweichungs- noch Mißbrauchsgefahr (§ 11 II) vorliegt, und nach Fällen, in denen eine solche Gefahr gegeben ist. Zusätzliches Unterscheidungskriterium bildet die Annahme, daß der Gefangene der Ladung folgen (oder nicht folgen) werde ( § 3 6 I I ) . Sind die hiernach erforderlichen Erwartungen begründet, kann der Anstaltsleiter dem Gefangenen zur Teilnahme an einem gerichtlichen Termin Ausgang oder Urlaub gewähren. Ist der Gefangene zu einem gerichtlichen Termin geladen, erhält er Ausgang oder Urlaub, sofern die genannten Voraussetzungen vorliegen. Sonst läßt ihn der Anstaltsleiter zum Termin ausführen, „sofern wegen Entweichungs- oder Mißbrauchsgefahr ( § 1 1 Abs. 2) keine überwiegenden Gründe entgegenstehen" (§ 3 6 II 1). Liegt ein Vorführungsbefehl vor, läßt der Anstaltsleiter den Gefangenen auf Ersuchen des Gerichts vorführen ( § 3 6 II 2).

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$ 8 Einzelne Gestaltungsbereiche des Vollzugs

III. Arbeit, Ausbildung, Weiterbildung und Sozialversicherung 1. Grundsätze der gesetzlichen Regelung

a) Die Systematik des Gesetzes Das StVollzG regelt im fünften Titel (§ 37—52) die Bereiche der Arbeit, Ausbildung und Weiterbildung. Es faßt damit Materien zusammen, die von der DVollzO getrennt behandelt wurden. Während die Nrn. 8 0 - 9 7 sich mit der Arbeit, Arbeits- und Leistungsbelohnung befaßten, hatten die Nrn. 124—129 die Erwachsenenbildung zum Gegenstand. Auch der KE schlug vor, die Arbeit der Gefangenen gesondert zu regeln (§§ 39—49) und im übrigen die Vorschriften über die Erwachsenenbildung und Freizeit in einem Titel zusammenzufassen (§§ 6 0 - 6 4 ) . Der RE entschloß sich stattdessen, die Vorschriften über Arbeit und berufliche Bildung aus Gründen des Sachzusammenhangs in einen einzigen Titel aufzunehmen (§§ 37—49), es aber bei der gemeinsamen Regelung der Materien Weiterbildung und Freizeit zu belassen (§§ 59—63). Schon diese Systematik begegnete erheblicher Kritik. Der AE hält es für sachgerechter, Ausbildung i.w.S. (§§ 7 2 - 7 5 ) , Arbeit, Sozialversicherung, Wiedergutmachung (§§ 82—97) und Freizeitgestaltung (§§ 98—100) in drei verschiedenen Titeln zu regeln. Ebenso gehen die „Vorschläge" davon aus, daß Weiterbildung (§§ 35—40), Arbeit (§§ 41—52) und Freizeitgestaltung (§§ 59—62) im Gesetz getrennt geregelt werden sollten. Diesen Vorstellungen ist der Gesetzgeber nicht gefolgt. Er hat aber immerhin aus der Kritik an der Trennung von beruflicher Bildung und Weiterbildung sowie an der Zusammenfassung der Weiterbildung mit der Freizeitgestaltung (z.B. AE, 1 3 9 ; Vorschläge, 6 , 5 9 ) die Konsequenz gezogen, die Materien berufliche Bildung und Weiterbildung gemeinsam und zwar gesondert von der Freizeitgestaltung zu regeln. Der Bedeutung der Weiterbildung (im ganzen) hätte es freilich besser entsprochen, wenn das Gesetz sie zum Gegenstand eines besonderen Titels erhoben hätte (vgl. MüllerDietz 1974 c, 495).

III. Arbeit, Ausbildung, Weiterbildung und Sozialversicherung

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Die vom StVollzG hingegen tendenziell angestrebte Einbeziehung des Gefangenen in die Sozial- und Arbeitslosenversicherung kann nur im Wege der Änderung der einschlägigen versicherungsrechtlichen Vorschriften, namentlich der RVO und des AFG, erreicht werden. Dementsprechend hat das Gesetz in seinem Schlußabschnitt die erforderliche Revision dieser Bestimmungen vorgenommen (vgl. §§ 190—195). Hinsichtlich des Inkrafttretens der Neuregelungen ist freilich § 198 III StVollzG zu berücksichtigen (vgl. unten c). b) Aufgaben und Ausgestaltung der Arbeit und

Weiterbildung

Nach dem Grundgedanken des StVollzG soll die Ausgestaltung der Arbeitsbedingungen und der Weiterbildung dazu beitragen, den Gefangenen in das normale Arbeits- und Wirtschaftsleben einzugliedern. Deshalb strebt es in diesen Bereichen eine möglichst weitgehende Angleichung der Lebensverhältnisse im Vollzug an die Lebensverhältnisse in Freiheit an. Sie sollen sich von denen draußen nicht mehr als notwendig unterscheiden (vgl. BT-Dr. 7/918, 63). Die traditionelle Überschätzung der Arbeit als eines „Resozialisierungsfaktor ersten Ranges" (dazu Kerner 1974 b, 183) ist einer nüchterneren Bewertung im Rahmen der Behandlungsmaßnahmen gewichen. Die Arbeit bildet einen zwar unentbehrlichen, aber keineswegs allein ausschlaggebenden Faktor im Gesamtspektrum rückfallverhütender Behandlung (Koch 1969; Cyprian 1977). Sie dient damit in erster Linie — wie auch draußen — der beruflichen Integration des Gefangenen, vor allem der Sicherung des Unterhalts für ihn und seine Familie (vgl. § 37 I). Deshalb soll er nach § 37 II mit wirtschaftlich ergiebiger Arbeit beschäftigt werden. Um die hierfür erforderlichen Voraussetzungen zu schaffen, sind die Arbeitsbetriebe „den Verhältnissen außerhalb der Anstalten anzugleichen" (§ 149 II). Wird der Gefangene in solcher Weise beschäftigt, ist ihm nach § 43 ein leistungsgerechtes Arbeitsentgelt zu zahlen. Dies soll den Gefangenen vornehmlich in die Lage versetzen, schon während des Freiheitsentzuges seine Familie zu unterhalten und den durch die Straftat angerichteten Schaden wiedergutzumachen (so § 39 II Nr. 2 KE). § 49 sieht denn auch

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§ 8 Einzelne Gestaltungsbereiche des Vollzugs

die Möglichkeit der — freiwilligen — Zahlung eines Unterhaltsbeitrages aus den Einkünften vor. Freilich reicht auch die Zahlung eines leistungsgerechten Arbeitsentgelts keineswegs in allen Fällen aus, um die Gläubiger zu befriedigen. Dies gilt namentlich im Hinblick auf die Begleichung von Schadensersatzverpflichtungen, die auf Straftaten beruhen. Soweit der Schuldner dann zur Leistung nicht in der Lage ist, kann sich der Geschädigte grundsätzlich nur an eine Versicherung halten. Indessen decken gesetzliche und private Versicherung solche Schäden nicht immer und uneingeschränkt ab (vgl. BT-Dr. 7/4614,1). Um insoweit Lücken zu schließen, sieht das OEG Versorgungsansprüche zugunsten dieses Personenkreises vor (vgl. im einzelnen Schoreit/Düsseldorf 1977; Schulz-Lüke/Wolf 1977). Damit ist der Gesetzgeber ausländischen Vorbildern gefolgt (vgl. Schneider 1975, 160f.). Zugleich hat er durch diese Regelung Konsequenzen aus dem Sozialstaatsprinzip gezogen, das in nicht minderem Umfang für die Opfer von Straftaten gilt (vgl. Schneider 1975,161 f.; BT-Dr. 7/4614,1). Nach § 1 I OEG hat grundsätzlich jedes Opfer einer Gewalttat wegen der gesundheitlichen und wirtschaftlichen Folgen Anspruch auf Versorgung nach Maßgabe des Bundesversorgungsgesetzes. Entsprechendes gilt für die Hinterbliebenen eines Geschädigten (§ 1 V OEG). Die Leistungen obliegen den Versorgungsämtern (§ 6 OEG), Kostenträger ist in aller Regel das Land, in dem die Schädigung eingetreten ist (§4 1 OEG). Angleichung der Lebensbedingungen in der Anstalt an die in Freiheit bedeutet auch, daß der Gefangene grundsätzlich selber für seinen Lebensunterhalt aufkommen muß. Deswegen ermächtigt § 50 die Vollzugsbehörde dazu, vom Gefangenen einen Haftkostenbeitrag in entsprechender Höhe zu erheben. Aus der — weitgehenden — Gleichstellung des Gefangenen mit dem freien Arbeitnehmer folgt ferner die Gewährung eines Rechtsanspruchs auf zeitlich befristete Freistellung von der Arbeitspflicht unter Weiterbezahlung des Arbeitsentgelts (§ 42; dazu BT-Dr. 7/918, 71). Schließlich entspricht dem auch seine grundsätzliche Einbeziehung in das System der sozialen Sicherheit (Sozial- und Arbeitslosenversicherung: §§ 190-195).

III. Arbeit, Ausbildung, Weiterbildung und Sozialversicherung

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Indessen stehen einer völligen Angleichung des Arbeitslebens im Vollzug an das in Freiheit vollzugsspezifische Schwierigkeiten entgegen (vgl. Weinert, in: Schwind/Blau, 306; Schausten 1977). Einmal ist der Vollzug nicht immer und überall in der Lage, für qualifizierte Arbeit i.S. des § 37 II zu sorgen; dies gilt vor allem dann, wenn sich das Arbeitsangebot auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt verringert (vgl. BT-Dr. 7/918, 65 f.). Zum zweiten genügen keineswegs alle Gefangenen den Anforderungen einer qualifizierten Beschäftigung. Abgesehen von den Gefangenen, die aus Krankheits- oder Altersgründen eine solche Arbeit nicht leisten können, können auch diejenigen Gefangenen — zumindest zeitweilig — in den regulären Arbeitsprozeß nicht einbezogen werden, die beruflich oder bildungsmäßig gefördert werden müssen oder therapeutischer Behandlung bedürfen. Ein relativ hoher Prozentsatz der Anstaltsinsassen besteht aus sozial defizienten Rückfälligen und Vorbestraften (Müller-Dietz 1974 d, 93; Cyprian 1977, 78 ff.). So sind im Vollzug namentlich Personen ohne abgeschlossene Schulund Berufsausbildung im Verhältnis zur Normalbevölkerung überrepräsentiert. Auch sind hier aufgrund der sozialen Herkunft und/ oder der kriminellen Karriere Persönlichkeitsstörungen häufiger anzutreffen als sonst. Das erfordert über das Arbeitstraining hinaus eine ganze Reihe persönlicher Hilfen, zu denen nicht zuletzt Maßnahmen der beruflichen Förderung und Weiterbildung zählen (vgl. Kerner 1974 b, 185 ff.; Großkelwing, in: Schwind/Blau, 297 ff.). Deshalb sieht § 37 neben einem differenzierten Angebot an Beschäftigungsmöglichkeiten, das den unterschiedlichen Fähigkeiten und Bedürfnissen der Gefangenen Rechnung tragen soll, Maßnahmen der Berufsausbildung, beruflichen Fortbildung und Umschulung sowie sonstiger Aus- und Weiterbildung vor (vgl. BTDr. 7/918, 65). Wird der Gefangene aus Gründen beruflicher oder schulischer Förderung von seiner Arbeitspflicht freigestellt, erhält er eine dem Arbeitsentgelt entsprechende Ausbildungsbeihilfe (§ 44). Bei der Durchführung solcher Maßnahmen kann sich der Vollzug im Rahmen des AFG, des Berufsbildungsgesetzes vom 14.8.1969 (BGBl. 1112), zuletzt geändert durch Gesetz vom 7. 9.1976 (BGBl. I 2658), und des Berufsausbildungsförderungs10

Müller-Dietz, Strafvollzugsrecht

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§ 8 Einzelne Gestaltungsbereiche des Vollzugs

gesetzes (BAföG) vom 26. 8 . 1 9 7 1 (BGBl. I 1409) i.d.F. des Gesetzes vom 3 1 . 7 . 1 9 7 4 (BGBl. I 1649) der Unterstützung der Bundesanstalt für Arbeit sowie der Träger und Einrichtungen der Ausbildungsförderung bedienen (vgl. Joppe 1977). Dementsprechend verpflichtet ihn § 148 zum Zusammenwirken mit den Vereinigungen und Stellen des Arbeits- und Wirtschaftslebens sowie mit der Bundesanstalt für Arbeit. c) Die Regelung des

Inkrafttretens

Die Verwirklichung dieses Konzepts erstreckt sich indessen wegen der finanziellen Belastungen, die mit seiner Durchführung für die Länder verbunden sind, auf einen längeren Zeitraum. Selbst der Stufenplan, der ursprünglich vom Bundestag angestrebt worden war und bis zum 1 . 1 . 1 9 8 6 sämtliche Vorschriften hätte in Kraft treten lassen (vgl. BT-Dr. 7 / 3 9 9 8 , 3 , 5 3 ) , konnte nur teilweise durchgesetzt werden. So ist am 1 . 1 . 1 9 7 7 lediglich ein kleinerer Teil der Vorschriften in der letztlich vorgesehenen Fassung in Kraft getreten; der größere Teil tritt an späteren Terminen in Kraft oder bedarf, um Geltung zu erlangen, eines besonderen Bundesgesetzes (§ 198 III). Daß sich die Abstriche am Reformkonzept besonders nachhaltig auf die Regelungen der Arbeit, Aus- und Weiterbildung sowie der Sozial- und Arbeitslosenversicherung auswirken, kann nicht überraschen; denn diese Vorschriften schlagen finanziell mit am meisten zu Buch (vgl. oben § 5 III). Am 1. 1. 1977 sind in Kraft getreten: die Vorschriften über den Unterricht (§ 38), die Selbstbeschäftigung (§ 39 II und III), das Abschlußzeugnis (§ 40), die Arbeitspflicht (§ 41 I), die Ausbildungsbeihilfe (§ 44), die Ermächtigung zum Erlaß einer Rechtsverordnung über Vergütungsstufen (§ 48), das Überbrückungsgeld (§ 51), das Eigengeld (§ 52) und die Arbeitsbeschaffung (§ 148). Von den Regelungen auf dem Gebiet der Sozial- und Arbeitslosenversicherung sind zu diesem Zeitpunkt die Vorschriften über das Arbeitsförderungsgesetz (§ 194) und die Einbehaltung von Beitragsteilen (§ 195) in Kraft getreten. Daraus folgt namentlich, daß die Verpflichtungen des Vollzugs zur Beschaffung qualifizierter Arbeit (§ 37 II), zur Aus- und Weiterbildung geeigneter Gefangener (§ 37 III), zur Freistellung von der Arbeitspflicht (§ 42), zur

III. Arbeit, Ausbildung, Weiterbildung und Sozialversicherung

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Zahlung eines leistungsgerechten Arbeitsentgelts ( § 4 3 ) vorerst ebenso suspendiert bleiben wie die Einbeziehung des Gefangenen in die Sozialversicherung (§§ 190—193). Stattdessen erhält der Gefangene nur einen Bruchteil des vorgesehenen Entgelts (§ 200) und kann (statt: muß) von der Arbeitspflicht freigestellt werden (§ 199 I Nr. 1). Während sich an seiner Einbeziehung in die gesetzliche Unfallversicherung nichts ändert (§ 190 Nrn. 11 und 12), erstreckt sich nunmehr auch die Arbeitslosenversicherung auf ihn (§§ 194, 195). Hingegen bleibt er wie bisher von der gesetzlichen Kranken- und Rentenversicherung bis zum Erlaß eines besonderen Bundesgesetzes ausgenommen (§ 198 III). Was am 1 . 1 . 1977 in Kraft getreten ist, stellt demnach einen Torso des ursprünglichen Reformkonzepts dar. Immerhin verpflichten die Verwaltungsvorschriften die Vollzugsbehörden dazu, die Grundsätze des § 37 schon jetzt zu beachten (vgl. Calliess/Müller-Dietz 1977, Rdnr. 1 zu § 37). Ob dies angesichts der unzureichenden personellen und sachlichen Ausstattung der Vollzugsanstalten in ausreichendem Maße möglich ist, wird indessen verschiedentlich bezweifelt (vgl. Grunau 1977). 2. Die Beschäftigung des Gefangenen a) Arbeitszuweisung und Arbeitspflicht Nach dem — vorerst suspendierten — Grundkonzept des § 37 I dienen sämtliche Formen der Beschäftigung, Aus- und Weiterbildung des Gefangenen dem Zweck, „Fähigkeiten für eine Erwerbstätigkeit nach der Entlassung zu vermitteln, zu erhalten oder zu fördern". Dementsprechend soll die Vollzugsbehörde dem Gefangenen „wirtschaftlich ergiebige Arbeit zuweisen und dabei seine Fähigkeiten, Fertigkeiten und Neigungen berücksichtigen" (§ 3 7 II). Hiernach stellt das StVollzG einmal auf die allgemeine Funktion der Arbeit ab, den Unterhalt und das Fortkommen (des Gefangenen) zu sichern. Damit sind unproduktive, abstumpfende Arbeiten ausgeschlossen (so ausdrücklich § 83 III AE; BT-Dr. 7/918, 65). Zum zweiten soll bei der Arbeitszuweisung individuellen Fähigkeiten und Bedürfnissen des Gefangenen Rechnung getragen werden. 10*

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§ 8 Einzelne Gestaltungsbereiche des Vollzugs

Dieser Verpflichtung der Vollzugsbehörde, aus der dem Gefangenen freilich kein Rechtsanspruch erwächst, korrespondiert in gewissem Umfange die Arbeitspflicht des Gefangenen. Nach § 41 11 muß er eine ihm zugewiesene, seinen körperlichen Fähigkeiten angemessene Arbeit oder sonstige Beschäftigung ausüben, wenn und soweit er hierzu körperlich in der Lage ist. Die Regelung der Arbeitspflicht hebt also vor allem auf körperliche Fähigkeiten und Gesundheitszustand des Gefangenen ab. Die Verpflichtung erstreckt sich auch auf die Übernahme von Hilfstätigkeiten in der Anstalt, die auf drei Monate jährlich begrenzt sind, aber mit Zustimmung des Gefangenen darüber hinaus andauern dürfen (§ 41 12). Dadurch soll der Bedarf der Anstalten an Arbeitskräften sichergestellt werden; eine solche Regelung ist erforderlich, weil Hilfstätigkeiten dieser Art häufig zur Eingliederung des Gefangenen nichts beitragen (vgl. BT-Dr. 7/918, 66). Im Hinblick auf die Gleichstellung mit freien Arbeitnehmern entfällt die Arbeitspflicht für Gefangene, die über 65 Jahre alt sind oder zu deren Schutz gesetzliche Beschäftigungsverbote bestehen (§41 13; dazu BT-Dr. 7/3998,20). Das StVollzG geht entsprechend der bisherigen Praxis davon aus, daß Gefangene sowohl in Eigenbetrieben des Staates als auch in sog. Unternehmerbetrieben beschäftigt werden können, die von Privatpersonen geleitet werden (vgl. § 149 IV). Im letzteren Falle entsteht freilich das Problem, ob und inwieweit eine solche Tätigkeit mit dem Übereinkommen Nr. 29 der Internationalen Arbeitsorganisation vom 28. 6.1930 über Zwangs- und Pflichtarbeit vereinbar ist, dem die Bundesrepublik durch Gesetz vom 11.6.1956 (BGBl. II 640) beigetreten ist. Dieses Übereinkommen läßt zwar die zwangsweise Beschäftigung gerichtlich verurteilter Personen unter Überwachung und Aufsicht öffentlicher Behörden zu, verbietet es aber, Verurteilte an Einzelpersonen oder private Gesellschaften und Vereinigungen zu verdingen oder ihnen sonst zur Verfügung zu stellen. Die Rspr. hat bisher die Beschäftigung von Gefangenen in Unternehmerbetrieben nicht als Verstoß gegen das Übereinkommen beurteilt, sofern sich die Anstalt in der Vereinbarung mit dem Betrieb hinreichende Überwachungs- und Eingriffsrechte vorbehalten hat (vgl. OLG Hamm NJW 1973, 2168). Diese

III. Arbeit, Ausbildung, Weiterbildung und Sozialversicherung

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Auffassung wird auch in der Begründung zum RE im Hinblick darauf vertreten, daß privaten Unternehmern nur die technische und fachliche Leitung, nicht aber die Kontrolle im übrigen übertragen werden darf (BT-Dr. 7/918, 64; vgl. auch § 149 IV). Demgegenüber vertritt der Sachverständigenausschuß, der die Einhaltung des Abkommens überwacht, die Ansicht, die Beschäftigung von Gefangenen in Unternehmerbetrieben erfordere wenigstens die Zustimmung des Gefangenen und auf Dauer die Zahlung eines normalen Lohnes sowie der Sozialversicherungsbeiträge. Diesen Bedenken hat der Gesetzgeber dadurch Rechnung getragen, daß er für die Beschäftigung in Unternehmerbetrieben das Zustimmungserfordernis eingeführt hat (§ 41 III), ohne sich damit einer der beiden kontroversen Auffassungen anzuschließen (BT-Dr. 7/3998, 2 1 ; Calliess/Müller-Dietz 1977, Rdnr. 8 zu § 41). b) Die Zuweisung sonstiger

Beschäftigung

Das StVollzG unterscheidet neben der beruflichen Förderung, Ausund Weiterbildung im ganzen vier Tätigkeitsarten (vgl. BT-Dr. 7/918, 65): wirtschaftlich ergiebige Arbeit (§ 3711; vgl. oben a), Hilfstätigkeiten in der Anstalt ( § 4 1 1 2 ; vgl. oben a), angemessene Beschäftigung (§ 3 7 I V ) und arbeitstherapeutische Beschäftigung (§ 37 V). Sofern im Einzelfall keine bildungs- oder ausbildungsmäßige Förderung in Betracht kommt, ist qualifizierte Beschäftigung des Gefangenen primär Ziel des Gesetzes. Dieses Ziel kann jedoch keineswegs immer erreicht werden (vgl. oben 1 b). Schwierigkeiten der Arbeitsbeschaffung können dazu führen, daß die Anstalt die nach § 37 II erforderlichen Arbeitsmöglichkeiten nicht zur Verfügung hat. In diesem Fall teilt die Vollzugsbehörde dem Gefangenen eine „angemessene Beschäftigung" zu, um zu vermeiden, daß er ganz ohne Arbeit ist; offenkundig handelt es sich dabei um eine Verlegenheitslösung, die teils mit der allgemeinen Lage auf dem Arbeitsmarkt, teils mit dem derzeitigen Stand des Arbeits- und Ausbildungswesens in den Anstalten zu tun hat (vgl. BT-Dr. 7/918, 65 f.). Kann der Gefangene aus Gründen, die in seiner Person liegen, beruflich nicht gefördert werden und ist er auch zu wirtschaftlich ergiebiger Arbeit nicht fähig, soll er arbeitstherapeutisch beschäftigt werden (§ 37 V). In diesem Falle geht

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§ 8 Einzelne Gestaltungsbereiche des Vollzugs

die Arbeit - entsprechend psychiatrischen Behandlungsmethoden — in Therapie über.

c) Die Eingebung eines freien

Beschäftigungsverhältnisses

Der Gefangene kann — je nach den Voraussetzungen — innerhalb und außerhalb der Anstalt (§ 11 I Nr. 1) beschäftigt werden. Ihm kann Arbeit in Eigen- und in Unternehmerbetrieben (§149 IV) zugewiesen werden. In allen diesen Fällen besteht grundsätzlich ein — öffentlichrechtliches — Verhältnis zwischen dem Gefangenen und der Vollzugsbehörde, dagegen kein Rechtsverhältnis zwischen dem Gefangenen und dem Unternehmer (Betrieb) (vgl. OLG Hamm NJW 1973,2169; BT-Dr. 7/918, 64). Demgegenüber eröffnet der — gleichfalls suspendierte — § 39 I dem Gefangenen bei Vorliegen bestimmter Voraussetzungen die Möglichkeit, mit einem Arbeitgeber außerhalb des Vollzugs ein Beschäftigungsverhältnis einzugehen. Die Vorschrift stellt das freie Beschäftigungsverhältnis der Zuweisung von Arbeit sowie der Aus- und Weiterbildung für den Fall gleich, daß es im Rahmen des Vollzugsplans dem allgemeinen Ziel der Arbeit (§ 37 I) dient und daß überwiegende Gründe des Vollzugs nicht entgegenstehen. In diesem Fall muß der Gefangene jedoch die Voraussetzungen für die Außenbeschäftigung oder den Freigang erfüllen ( § 3 9 12; dazu oben § 7 V2). Dann hat der Anstaltsleiter aber auch nach Maßgabe des § 14 die Möglichkeit, Weisungen zu erteilen sowie die Erlaubnis zu widerrufen oder zurückzunehmen. Zwar hat der Gefangene auch bei Vorliegen der Voraussetzungen keinen Rechtsanspruch auf Erteilung der Erlaubnis; jedoch trifft die Vollzugsbehörde dann eine entsprechende Verpflichtung. Die Regelung gilt indessen nur für Tätigkeiten außerhalb der Anstalt. „Dies innerhalb der Anstalt zuzulassen, würde gegenwärtig noch regelmäßig an den räumlichen, organisatorischen und personellen Verhältnissen der Anstalt scheitern und zu Beunruhigungen fuhren, wenn in einem Betrieb Gefangene auf Grund eines freien Beschäftigungsverhältnisses und auf Grund zugewiesener Arbeit beschäftigt sind" (BT-Dr. 7/918, 67). Darf der Gefangene ein freies Beschäftigungsverhältnis eingehen, kann die Vollzugsbehörde verlangen, daß ihr

III. Arbeit, Ausbildung, Weiterbildung und Sozialversicherung

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das Entgelt zur Gutschrift für ihn überwiesen wird (§ 39 III). Dadurch soll sichergestellt werden, daß es in der vom StVollzG vorgesehenen Weise verwendet wird (vgl. BT-Dr. 7/918, 67). Einzelheiten regeln die Verwaltungsvorschriften zu § 39 (vgl. Calliess/ Müller-Dietz 1977, Rdnr. 3 zu § 39). d) Die

Selbstbeschäftigung

Auch bisher hat es im Vollzug die Möglichkeit der Selbstbeschäftigung - anstelle der Zuweisung von Arbeit — gegeben, wenngleich die Erlaubnis dazu nur ausnahmsweise erteilt wurde (vgl. Nr. 94 DVollzO). § 39 II StVollzG sieht dies ebenfalls vor, stellt die Bewilligung jedoch, ohne deren Voraussetzungen im einzelnen festzulegen, in das Ermessen der Vollzugsbehörde. Man wird aber davon ausgehen müssen, daß die Erlaubnis nur erteilt werden darf, falls durch die Selbstbeschäftigung die Ziele der Arbeit ( § 3 7 1 ) erreicht werden können (vgl. BT-Dr. 7 / 9 1 8 , 6 7 ) . Nach § 5 0 II kann die Selbstbeschäftigung davon abhängig gemacht werden, daß der Gefangene den Haftkostenbeitrag monatlich im voraus entrichtet. Anders als § 41 II KE hat es der Gesetzgeber „wegen der Unübersehbarkeit der Sachlagen" abgelehnt, die Selbstbeschäftigung mit der Eingehung eines freien Beschäftigungsverhältnisses gleichzustellen (BT-Dr. 7/918, 67). e) Die Freistellung von der Arbeitspflicht In Angleichung der Rechtsstellung des Gefangenen an die des freien Arbeitnehmers räumt § 4 2 dem Gefangenen einen Rechtsanspruch auf Freistellung von der Arbeitspflicht ein, wenn er ein Jahr lang zugewiesene Tätigkeit nach § 37 oder Hilfstätigkeiten nach § 41 I 2 ausgeübt hat; freilich gilt diese Vorschrift vorerst nur als Kannregelung (§ 199 I Nr. 1). Dem liegt der Gedanke zugrunde, daß auch der Gefangene, der längere Zeit gearbeitet hat, der körperlichen und seelischen Erholung bedarf (BT-Dr. 7/918, 71). Die Dauer der Freistellung beträgt entsprechend § 3 des Bundesurlaubsgesetzes vom 8. 1. 1963 (BGBl. 12) i.d.F. vom 29. 1 0 . 1 9 7 4 (BGBl. I 2879) achtzehn Werktage. Während dieser Zeit erhält der Gefangene seine zuletzt gezahlten Bezüge weiter (§ 4 2 II). Nach § 4 2 I 2 werden Zeiten, in denen der Gefangene

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$ 8 Einzelne Gestaltungsbereiche des Vollzugs

infolge Krankheit an seiner Arbeitsleistung verhindert war, auf das Jahr bis zu sechs Wochen angerechnet. Ob der Gefangene die Zeit der Freistellung innerhalb oder außerhalb des Vollzugs verbringt, entscheidet sich nach den Vorschriften über den Urlaub (vgl. BT-Dr. 7/918, 71; zu § 13 oben 7 VI 2). Indessen wird auf die Zeit der Freistellung der Urlaub aus der Haft (§§ 13,35) angerechnet, soweit er in die Arbeitszeit fällt und nicht wegen einer lebensgefährlichen Erkrankung oder des Todes eines Angehörigen erteilt worden ist (§ 42 II). § 42 läßt die Urlaubsregelungen der Beschäftigungsverhältnisse außerhalb des Vollzugs unberührt ($ 42 IV). 3. Aus- und Weiterbildung a) Formen der Aus- und Weiterbildung Die erheblichen Defizite, die namentlich auf den Gebieten der schulischen und beruflichen Ausbildung bei den Gefangenen vielfach anzutreffen sind (vgl. oben 1 b), haben den Gesetzgeber dazu veranlaßt, Maßnahmen der Aus- und Weiterbildung weitgehend der Zuweisung qualifizierter Arbeit gleichzustellen (vgl. BT-Dr. 7/918, 65). Das StVollzG sieht daher eine Reihe von entsprechenden Maßnahmen vor, freilich ohne damit das verschiedentlich geforderte umfassende und differenzierte Bildungsangebot zu schaffen (vgl. §§ 71-75 AE, 139ff.; Calliess 1974,162ff.; Vorschläge, 58 ff.; Jung 1975 b, 136ff.). Im Anschluß an § 1 I Berufsbildungsgesetz unterscheidet das StVollzG einmal für den beruflichen Bereich zwischen Berufsausbildung, beruflicher Fortbildung und Umschulung (§ 37 III). Zum zweiten spricht es ganz allgemein von „anderen ausbildenden oder weiterbildenden Maßnahmen" ( § 3 7 III; vgl. auch oben § 7 II Nr. 4). Lediglich § 67 Satz 2 erwähnt im Rahmen der Regelung der Freizeitgestaltung neben den „sonstigen Veranstaltungen der Weiterbildung" Fernunterricht und Lehrgänge. Die Teilnahme hieran soll grundsätzlich allen Gefangenen offenstehen. Wird einem Gefangenen über eine ausbildende oder weiterbildende Maßnahme ein Zeugnis erteilt, darf hierauf kein Hinweis enthalten sein, daß er als Gefangener daran teilgenommen hat (§ 40).

III. Arbeit, Ausbildung, Weiterbildung und Sozialversicherung

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Damit sollen etwaige Benachteiligungen nach der Entlassung verhindert werden (vgl. BT-Dr. 7/3998, 19f.). Ein dritter Schwerpunkt der Aus- und Weiterbildung liegt im schulischen Bereich (S 38). b) Die berufliche

Förderung

Besonderen Wert legt das StVollzG auf die berufliche Förderung Gefangener. Es knüpft damit an Grundgedanken des AFG, Berufsbildungsgesetzes und des BAföG an, die eine breitgestreute und qualifizierte Aus- und Weiterbildung, entsprechende Ausbildungsund Berufsberatung sowie Arbeitsvermittlung anstreben. Im Kern geht es hiernach darum, die für die Bereiche der Erwachsenenbildung und beruflichen Förderung geschaffenen Einrichtungen und Möglichkeiten auch im Vollzug oder für ihn nutzbar zu machen. Denn grundsätzlich stehen diese Möglichkeiten auch Gefangenen offen. Das gilt namentlich für die Tätigkeit der Bundesanstalt für Arbeit und ihrer Dienststellen nach dem AFG (vgl. Joppe 1977). Allerdings ist der Regierungsentwurf eines Berufsbildungsgesetzes, dessen § 73 den Strafvollzug ausdrücklich in das System dieses Gesetzes einbeziehen wollte (BT-Dr. 7/3714, 80 f.), nicht Gesetz geworden. Nach § 3 II AFG obliegen der Bundesanstalt vor allem die Berufsberatung, Arbeitsvermittlung und Förderung der beruflichen Bildung (nach Maßgabe des AFG). Eine besondere Rolle spielt hierbei die Informationspflicht im Rahmen der Arbeitsberatung nach § 15 AFG. Hiernach hat das Arbeitsamt Ratsuchende auf Verlangen über die Lage auf dem Arbeitsmarkt, die Entwicklung in den Berufen, die Notwendigkeit und Möglichkeiten der beruflichen Bildung und deren Förderung sowie über die Förderung der Arbeitsaufnahme zu unterrichten. Neben der Arbeitsvermittlung ( S S 13—24 AFG) und Berufsberatung im allgemeinen (§§ 25—32 AFG) sind für den Gefangenen nicht zuletzt Informationen über die individuelle Förderung der beruflichen Bildung bedeutsam, die unter bestimmten Voraussetzungen finanzielle Leistungen der Bundesanstalt zur beruflichen Ausbildung, Fortbildung und Umschulung einschließen (SS 40—49 AFG). Diese Tätigkeiten werden von speziellen Beratern des Arbeitsamtes und dessen Fachkräften

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§ 8 Einzelne Gestaltungsbereiche des Vollzugs

(Arbeitsvermittlung, Berufsberatung, psychologischer Dienst usw.) wahrgenommen. Sie erstrecken sich auf die vier Phasen der Einweisung des Gefangenen, der Haftzeit, der Entlassung und der Zeit nach der Entlassung. Bei der Einweisung geht es um die Beratung in Fragen der beruflichen Förderung (aber auch der Arbeitszuweisung), während der Haftzeit um die laufende Beratung und Betreuung des ratsuchenden Gefangenen. In den Phasen der Entlassung und danach steht häufig die Arbeitsvermittlung im Vordergrund. Verschiedentlich haben sich denn auch bereits Formen institutionalisierter Zusammenarbeit zwischen Arbeitsamt und Vollzug entwickelt. In diesem Sinne verpflichtet § 148 II StVollzG die Vollzugsbehörde dazu, durch geeignete organisatorische Maßnahmen sicherzustellen, „daß die Bundesanstalt für Arbeit die ihr obliegenden Aufgaben wie Berufsberatung, Arbeitsberatung und Arbeitsvermittlung durchführen kann". Diese Verpflichtung ist im Kontext der allgemeinen Aufgabe des Vollzugs zu sehen, im Zusammenwirken mit den Vereinigungen und Stellen des Arbeits- und Wirtschaftslebens nicht nur dafür zu sorgen, daß jeder arbeitsfähige Gefangene wirtschaftlich ergiebige Arbeit ausüben kann, sondern auch dazu beizutragen, „daß er beruflich gefördert, beraten und vermittelt wird"' (§ 148 I). Freilich ist § 149 I, wonach in den Anstalten die erforderlichen Einrichtungen zur beruflichen Bildung zu schaffen sind, vorerst suspendiert (§ 198 II Nr. 1). Hingegen kann die berufliche Bildung schon jetzt in geeigneten Einrichtungen privater Unternehmen erfolgen (§ 149 III). Für den Vollzug selbst ist die der Bundesanstalt obliegende institutionelle Förderung der beruflichen Bildung (§§ 50—52 AFG) von Bedeutung. Denn hiernach kann die Bundesanstalt Darlehen und Zuschüsse für den Aufbau, die Erweiterung und Ausstattung von Einrichtungen — etwa von Lehrwerkstätten — gewähren, die der beruflichen Bildung dienen (§ 5 0 I AFG). Von diesen Möglichkeiten wurde und wird in Vollzugsanstalten mit zentralen Ausbildungsstätten, die der überregionalen Ausbildung dienen, bereits Gebrauch gemacht (vgl. Großkelwing, in: Schwind/Blau, 299f.). Zwar hat der Gefangene nach dem StVollzG keinen Rechtsanspruch auf berufliche Förderung (wie ihn — freilich in modifi-

III. Arbeit, Ausbildung, Weiterbildung und Sozialversicherung

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zierter Form - die §§ 71 I, 72 AE einführen wollen). Jedoch verpflichtet (die vorerst suspendierte Vorschrift des) § 3 7 III die Vollzugsbehörde dazu, allen geeigneten Gefangenen Gelegenheit zur Berufsausbildung, beruflichen Fortbildung, Umschulung oder Teilnahme an anderen ausbildenden oder weiterbildenden Maßnahmen zu geben. Der Gefangene ist auf der anderen Seite auch nicht verpflichtet, an entsprechenden Veranstaltungen teilzunehmen. Vielmehr erfolgt die Aus- und Weiterbildung auf freiwilliger Grundlage; sie bedarf daher der Zustimmung des Gefangenen (vgl. Calliess/Müller-Dietz 1977, Rdnr. 4 zu § 3 8 ) . Diese darf allerdings nicht zur Unzeit widerrufen werden (§ 41 II). Die wesentlichen Probleme beruflicher Förderung liegen nicht allein in der Schaffung der erforderlichen Einrichtungen und Möglichkeiten, sondern auch in entsprechender Motivierung der Gefangenen. Erfahrungsgemäß ist die Bereitschaft zu einer solchen Mitarbeit gerade bei jenem Personenkreis oft recht schwach ausgeprägt, der wegen größerer Defizite im Bereich schulischer und/oder beruflicher Ausbildung besonderer Förderung bedürfte (vgl. Jung 1975 b, 139). Maßnahmen der Aus- und Weiterbildung müssen daher häufig Bemühungen vorausgehen, den Gefangenen dazu zu motivieren. Bestandteil der beruflichen Ausbildung oder Umschulung ist berufsbildender Unterricht. Dies gilt auch für die berufliche Fortbildung, „soweit die Art der Maßnahme es erfordert" (§ 38 I 2). Der Unterricht soll während der Arbeitszeit stattfinden ( § 3 8 II). An Stelle des Arbeitsentgelts, das dem Gefangenen entgeht, tritt eine Ausbildungsbeihilfe in gleicher Höhe (§ 4 4 III). Die berufliche Förderung kann auch außerhalb der Anstalt erfolgen. Dies soll nach § 3 9 I unter den Voraussetzungen gestattet werden, die für die Eingehung eines freien Beschäftigungsverhältnisses außerhalb der Anstalt gelten (vgl. oben 2 c). c)

Unterricht

Vermehrte Anstrengungen soll der Vollzug auch im Bereich der schulischen Ausbildung unternehmen. Vor allem sollen diejenigen Gefangenen gefördert werden, die keinen Schulabschluß haben. Erfahrungsgemäß wirken sich erhebliche Mängel im schulischen

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§ 8 Einzelne Gestaltungsbereiche des Vollzugs

Bereich nachteilig auf die Berufsausbildung und spätere berufliche Entwicklung aus. Erst recht verkürzen sie die Startchancen von Straffälligen. Deshalb verpflichtet § 38 11 die Vollzugsbehörde, für geeignete Gefangene, die den Abschluß der Hauptschule nicht erreicht haben, Unterricht in den zum Hauptschulabschluß führenden Fächern oder einen der Sonderschule entsprechenden Unterricht vorzusehen. Auch dieser Unterricht soll während der Arbeitszeit stattfinden (§ 38 II). Freilich wird die Anstalt durch § 38 nicht dazu verpflichtet, den Unterricht selbst zu veranstalten. So genügt es, wenn sie dem Gefangenen die Teilnahme an Bildungseinrichtungen außerhalb der Anstalt ermöglicht (BT-Dr. 7/3998,19). Durch § 38 wird keine Schulpflicht begründet, die bei erwachsenen Gefangenen ohnehin problematisch wäre (BT-Dr. 7/918, 74). Soweit Unterricht während der Freizeit stattfindet, ist die Teilnahme daran nach allgemeinen Grundsätzen freiwillig. Wird der Unterricht jedoch in der Arbeitszeit erteilt, soll die Anstalt den Gefangenen zur Teilnahme verpflichten dürfen (vgl. BT-Dr. 7/918, 74). Das scheint zwar insofern konsequent, als die Anstalt den Gefangenen während der Arbeitszeit ohnehin für Zwecke der Arbeit in Anspruch nehmen darf, begegnet aber gleichwohl sowohl nach dem Konzept der Erwachsenenbildung als auch unter den spezifischen Bedingungen des Vollzugs Bedenken. 4. Die finanziellen Leistungen an den Gefangenen Im Gegensatz zur früheren Rechtslage und Praxis sieht das StVollzG im Rahmen der Arbeit, Aus- und Weiterbildung bestimmte finanzielle Leistungen an den Gefangenen vor. Es unterscheidet dabei zwischen dem Arbeitsentgelt (§ 43), der Ausbildungsbeihilfe (§ 44), der Ausfallentschädigung (§ 45) und dem Taschengeld (§ 46). Auf diese Leistungen hat der Gefangene bei Vorliegen der jeweiligen Voraussetzungen einen Rechtsanspruch; allerdings sind die einschlägigen Regelungen derzeit großenteils entweder suspendiert oder gelten in einer Ubergangsfassung (vgl. §§ 198 III, 199 II Nr. 1, 200). Hiernach entfallen praktisch Ansprüche nur dann, wenn ein arbeitsfähiger und arbeitspflichtiger Gefangener schuld-

III. Arbeit, Ausbildung, Weiterbildung und Sozialversicherung

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haft die ihm nach § § 3 7 1 1 , 41 I zugewiesene Arbeit nicht verrichtet. a)

Arbeitsentgelt

Früher hatte der Gefangene keinen Rechtsanspruch auf ein Arbeitsentgelt. Selbst auf die Arbeits- und Leistungsbelohnung, die ihm als finanzieller Anreiz gezahlt wurde, bestand kein Rechtsanspruch (vgl. Nr. 96 V DVollzO). Nunmehr besteht ein solcher Anspruch. Übt der Gefangene eine zugewiesene Arbeit, eine sonstige Beschäftigung oder Hilfstätigkeit nach § 41 I 2 aus, erhält er ein Arbeitsentgelt ( § 4 3 I I ) . Für die Bemessung ist das durchschnittliche Arbeitsentgelt aller Versicherten der Rentenversicherung der Arbeiter und Angestellten (ohne Auszubildende) des vorvergangenen Kalenderjahres zugrunde zu legen (§ 43 12). Ein Tagessatz ist der 2 5 0 . Teil der Eckvergütung; jedoch kann das Arbeitsentgelt auch nach einem Stundensatz bemessen werden ( § 4 3 13). Zur Einführung einer tarifmäßigen Entlohnung nach dem Vorschlag des § 87 I AE hat sich der Gesetzgeber aus Kostengründen nicht entschließen können (vgl. BT-Dr. 7/918, 67 f.). Derzeit beträgt diese sog. Eckvergütung lediglich fünf vom Hundert jenes Arbeitsentgelts (§ 200 I), um die finanzielle Belastung der Länder in Grenzen zu halten (vgl. im einzelnen Calliess/MüllerDietz 1977, Rdnrn. 2—5 zu § 43). Uber eine Erhöhung des Anteils ist zum 3 1 . 1 2 . 1 9 8 0 zu befinden (§ 2 0 0 II). Die jetzige Arbeitsentlohnung stellt also noch kein reguläres, leistungsgerechtes Arbeitsentgelt dar. Die Eckvergütung wird gewährt, wenn die Arbeitsleistung des Gefangenen durchschnittlichen Anforderungen entspricht. § 43 II enthält in diesem Sinne eine Mindestgarantie, schließt daher die Zahlung eines höheren Arbeitsentgelts nicht aus. 75 vom Hundert der Eckvergütung dürfen nur unterschritten werden, wenn die Arbeitsleistungen nicht den Mindestanforderungen genügen (§ 43 II 2). Im übrigen kann das Arbeitsentgelt je nach Leistung des Gefangenen und Art der Arbeit abgestuft werden ( § 4 3 II 1). Wird ein Gefangener arbeitstherapeutisch beschäftigt, erhält er ein Arbeitsentgelt, „soweit dies der Art seiner Beschäftigung und seiner Arbeitsleistung entspricht" (§ 43 III). In jedem Falle hat der Gefangene einen Anspruch auf schriftliche Bekanntgabe des Entgelts (§ 43 IV).

158 b)

§ 8 Einzelne Gestaltungsbereiche des Vollzugs Ausbildungsbeihilfe

Ist der Gefangene aus Gründen beruflicher Förderung oder wegen Teilnahme an einem Unterricht von seiner Arbeitspflicht freigestellt, dann erhält er natürlich auch kein Arbeitsentgelt. In diesem Falle hat er Anspruch auf eine Ausbildungsbeihilfe, die dem Arbeitsentgelt ( § 4 3 1,11) entspricht (§411,11). Dies erscheint sachlich gerechtfertigt, um Gefangene, die beruflich oder schulisch gefördert werden, nicht zu benachteiligen und um zu verhindern, daß sich Gefangene durch finanzielle Schlechterstellung von der Teilnahme an berufs- und ausbildenden Maßnahmen abhalten lassen (vgl. BT-Dr. 7/918, 68 f.). Der Anspruch auf Ausbildungsbeihilfe, der sich wie der Anspruch auf Arbeitsentgelt gegen die Vollzugsbehörde richtet, ist subsidiär gegenüber anderen Ansprüchen. Soweit dem Gefangenen aus Anlaß der beruflichen Förderung auf anderer Rechtsgrundlage beruhende Leistungen zustehen, tritt der Anspruch auf Ausbildungsbeihilfe zurück (BT-Dr. 7/918, 69). Dies käme etwa bei der Zahlung eines Unterhaltsgeldes in Betracht, das nach § 44 AFG Teilnehmern an Maßnahmen zur beruflichen Fortbildung mit ganztägigem Unterricht (Vollzeitunterricht) gewährt wird. § 3 7 II 1 AFG (i.d.F. des § 194 Nr. 1 StVollzG) bestimmt ausdrücklich, daß die Leistungen zur individuellen Förderung der beruflichen Bildung nach § 3 7 1 1 AFG der Ausbildungsbeihilfe vorgehen, soweit sie der Sicherung des Lebensunterhalts dienen. In diesem Falle erhält der Gefangene Leistungen höchstens in Höhe der Ausbildungsbeihilfe, vermindert um den Haftkostenbeitrag, den er nach § 50 I normalerweise zu zahlen hätte (§ 37 II 2 AFG). Stets ist aber die Sozialhilfe nach § 2 II BSHG nachrangig (§ 4 4 12). c)

Ausfallentschädigung

Normalerweise soll dem Gefangenen eine qualifizierte Arbeit (oder eine Hilfstätigkeit) zugewiesen werden, für die er ein Arbeitsentgelt erhält. Wird er beruflich oder schulisch gefördert, steht ihm eine Ausbildungsbeihilfe zu. Kann ihm die Vollzugsbehörde nur eine angemessene Beschäftigung zuteilen (§ 37 IV), kann er gleichfalls ein Arbeitsentgelt beanspruchen. Aufgrund erheblicher Schwierigkeiten bei der Beschaffung von Arbeit kann

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jedoch auch der Fall eintreten, daß die Vollzugsbehörde dem Gefangenen noch nicht einmal eine solche Beschäftigung zuteilen kann. Dann entfällt folgerichtig die Zahlung eines Arbeitsentgelts. Um einen gewissen Ausgleich zu schaffen (vgl. BT-Dr. 7 / 9 1 8 , 69), hat der Gefangene in diesem Fall Anspruch auf Ausfallentschädigung. Dementsprechend schreibt § 4 5 I vor, der nach § 198 III allerdings erst aufgrund eines besonderen Bundesgesetzes in Kraft tritt, daß einem arbeitsfähigen Gefangenen, dem aus Gründen, die nicht in seiner Person liegen, länger als eine Woche eine Arbeit oder Beschäftigung im Sinne des § 3 7 IV nicht zugewiesen werden kann, eine Ausfallentschädigung zu zahlen ist. Das gilt nach § 45 I auch dann, wenn ein Gefangener nach Beginn der Arbeit oder Beschäftigung infolge Krankheit länger als eine Woche an seiner Arbeitsleistung verhindert ist, ohne daß ihn ein Verschulden trifft. Ebenso wird im Krankheitsfalle der Gefangene behandelt, der zuvor eine Ausbildungsbeihilfe oder Ausfallentschädigung infolge Arbeitslosigkeit bezogen hat (§ 4 5 II 2). Schließlich werden diesem Personenkreis werdende Mütter gleichgestellt, die eine Arbeit oder Beschäftigung aufgrund der Beschäftigungsverbote der §§ 3 und 6 des Mutterschutzgesetzes i.d.F. vom 18. 4. 1968 (BGBl. I 315) nicht verrichten (§ 4 5 III). Die Ausfallentschädigung beläuft sich auf mindestens 6 0 vom Hundert der Eckvergütung nach § 43 I. Sie darf diesen Satz nur unterschreiten, wenn der Gefangene das Mindestentgelt des § 43 II vor der Arbeitslosigkeit oder Krankheit nicht erreicht hat (§ 4 5 IV). Die Mindesthöhe wurde gewählt, „um einen ausreichenden Abstand zu den produktiv oder zur beruflichen Förderung arbeitenden Gefangenen zu wahren". Andererseits will das Gesetz es auch arbeitslosen und kranken Gefangenen ermöglichen, wenigstens für eine gewisse Zeit zum Lebensunterhalt seiner Angehörigen beizutragen (BT-Dr. 7 / 9 1 8 , 69). Daß die Zahlung auch im Krankheitsfalle erst nach einer Woche einsetzt, hat der Gesetzgeber mit der Gefahr des Mißbrauchs begründet; etliche Gefangene würden dazu neigen, durch Krankmeldungen der Arbeit aus dem Wege zu gehen (vgl. BT-Dr. 7 / 9 1 8 , 6 9 ; BT-Dr. 7 / 3 9 9 8 , 22). Die Ausfallentschädigung wird — von den Fällen des § 45 III abgesehen — insgesamt bis zur Höchstdauer von sechs Wochen

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§ 8 Einzelne Gestaltungsbereiche des Vollzugs

jährlich gewährt. Der Gefangene erhält erst dann eine weitere Ausfallentschädigung, wenn er erneut wenigstens ein Jahr Arbeitsentgelt oder Ausbildungsbeihilfe bezogen hat (§ 45 V). Ist der Gefangene aufgrund eines Arbeitsunfalls arbeitsunfähig, dann erhält er nach § 566 II RVO i.d.F. des § 190 Nr. 11 StVollzG vom Sozialversicherungsträger sog. Übergangsgeld. Um Doppelleistungen zu vermeiden, ruht in diesem Fall der Anspruch auf Ausfallentschädigung ( § 4 5 VI; dazu BT-Dr. 7/3998,22f.). d) Taschengeld Die Regelung über die Ausfallentschädigung ( § 4 5 ) tritt erst auf Grund eines besonderen Bundesgesetzes in Kraft (§ 198 III). Bis zu diesem Zeitpunkt gibt es demnach Fälle, in denen ein Gefangener über Einkünfte nicht verfügt, weil er ohne sein Verschulden weder Arbeitsentgelt noch Ausbildungsbeihilfe erhält. Um ihm in diesen Fällen wenigstens ein Minimum an Mitteln zur Befriedigung persönlicher Bedürfnisse zur Verfügung zu stellen, erhält er ein angemessenes Taschengeld, falls er bedürftig ist (§ 199 II Nr. 1). Der Begriff des Taschengeldes ist § 21 III BSHG entnommen (BT-Dr. 7/918, 69). Mit dem Inkrafttreten des besonderen Bundesgesetzes hat die Gewährung des Taschengeldes nur mehr Bedeutung für jene Gefangenen, die wegen Alters oder Gebrechlichkeit nicht mehr arbeiten oder für ihre arbeitstherapeutische Beschäftigung ( § 3 7 V ) kein Arbeitsentgelt erhalten oder denen keine Ausfallentschädigung gewährt wird (§ 46). 5. Die Verwertung der Einkünfte des Gefangenen Eine ähnlich differenzierte und zum Teil auch komplizierte Regelung, wie sie das StVollzG hinsichtlich der finanziellen Leistungen an den Gefangenen getroffen hat, sieht das Gesetz auch für die Verwertung der Einkünfte vor. Schwierigkeiten ergeben sich insoweit einerseits daraus, daß die Stellung des Gefangenen auch hier möglichst weitgehend der des freien Arbeitnehmers angeglichen werden soll, daß aber auch vollzugsspezifischen Besonderheiten Rechnung getragen werden muß. Andererseits geht der Gefangene aufgrund der Tatsache des Freiheitsentzuges seiner zivilrechtlichen

III. Arbeit, Ausbildung, Weiterbildung und Sozialversicherung

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Befugnisse nicht per se verlustig. Schadensersatz- oder zwangsvollstreckungsrechtliche Sonderregelungen würden etlichen Bedenken begegnen (zur Gesamtproblematik Müller-Dietz 1970 a, C 67ff.). So wäre es sicher unzulässig, einen Gläubiger nur deshalb besserzustellen, weil sein Schuldner sich in Haft befindet. Insofern ist der Vorschlag des § 96 III AE, das Vollstreckungsgericht zu ermächtigen, notfalls im Wege eines (Zwangs-)Vergleichs eine anteilige Befriedigung der Gläubiger herbeizuführen, nicht unproblematisch (vgl. auch AE, 161). Schon dadurch sind der Regelung der Verwertung der Einkünfte im StVollzG Grenzen gezogen. Dies erklärt zumindest teilweise die zurückhaltende Regelung im Gesetz. Hiernach sind das Hausgeld (§ 47), der Unterhaltsbeitrag (§ 49), der Haftkostenbeitrag (§ 50), das Überbrückungsgeld (§ 51) und das Eigengeld (§ 52) voneinander zu unterscheiden. Die Vorschriften über das Hausgeld, den Unterhaltsbeitrag und den Haftkostenbeitrag sind bis zum Inkrafttreten des besonderen Bundesgesetzes nach § 198 III suspendiert; das Gesetz sieht jedoch hinsichtlich des Hausgeldes und des Haftkostenbeitrages Übergangsregelungen vor (vgl. Nr. 199 II Nr. 2 und 3). Dies hat sich natürlich auf die Ausgestaltung der Regelung im einzelnen ausgewirkt. Das StVollzG knüpft mit jenen Differenzierungen teilweise an überkommene Begriffe — wie etwa Hausgeld und Eigengeld — an, reichert sie jedoch auf der anderen Seite mit neuen Formen der Verwertung der Einkünfte des Gefangenen an. Dabei sind Umfang und Verwendungszweck bestimmter Teile der Bezüge — jedenfalls im Grundsatz — festgelegt. Dies gilt für das Hausgeld, den Haftkostenbeitrag und das Überbrückungsgeld. a) Hausgeld Hausgeld ist herkömmlicherweise jener Betrag der Arbeitseinkünfte, der vor allem der Befriedigung persönlicher Bedürfnisse des Gefangenen dient (vgl. Nrn. 96 III, 97 II DVollzO). Daran hält im Prinzip auch das StVollzG fest. Nach § 4 7 1 darf der Gefangene von seinen im Gesetz geregelten Bezügen (also Arbeitsentgelt, Ausbildungsbeihilfe und Ausfallentschädigung) mindestens 30,— D M monatlich sowie das Taschengeld (§ 46) für den Einkauf (§ 22) oder andere Zwecke verwenden. Die sonstigen Verwendungs11

Müller-Dietz, Strafvollzugsrecht

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§ 8 Einzelne Gestaltungsbereiche des Vollzugs

befugnisse sind nicht näher umschrieben. In Betracht kommt natürlich nicht zuletzt die Erfüllung bestehender Verpflichtungen. Das Hausgeld zählt zum notwendigen Unterhalt nach § 850 I ZPO, muß also auch einem Schuldner belassen werden, der wegen Unterhaltsforderungen in Anspruch genommen wird (BTDr. 7/918, 69). § 4 7 1 stellt eine Mindestgarantie dar. Steigen die Bezüge des Gefangenen über 300,— D M monatlich an, so erhöht sich der Mindestbetrag des Hausgeldes um jeweils zehn vom Hundert der Differenzsumme (§ 47 II 1). Damit ist ein Anreiz zu höheren und besseren Arbeitsleistungen gegeben (vgl. BT-Dr. 7/918, 69). Allerdings kann die Vollzugsbehörde höhere Beträge von der Höhe des Überbrückungsgeldes abhängig machen, das nach § 51 den Lebensunterhalt des Gefangenen und seiner Angehörigen in der ersten Zeit nach der Entlassung sichern soll. Sinn dieser Regelung ist es, auf jeden Fall die für die Eingliederung notwendigen Beträge gleichsam anzusparen (vgl. BT-Dr. 7/918,69f.). Für Gefangene, die in einem freien Beschäftigungsverhältnis stehen (§39 I) oder die sich selbst beschäftigen dürfen ( § 3 9 II), wird aus ihren Bezügen ein angemessenes Hausgeld festgesetzt (§ 4 7 III). Diese Regelung soll ein allzu großes Gefälle hinsichtlich der Höhe des Hausgeldes unter den Gefangenen verhindern (vgl. BT-Dr. 7/3998,23). Indessen gilt auch § 47 bis zum Inkrafttreten des besonderen Bundesgesetzes in einer Übergangsfassung, die der Tatsache Rechnung trägt, daß die Bezüge des Gefangenen vorerst erheblich unter den letztlich vorgesehenen liegen. So stellt § 199 II Nr. 2 zwei Drittel der monatlichen Bezüge und des Taschengeldes dem Gefangenen als Hausgeld zur Verfügung. Eine Erhöhung nach Maßgabe des § 47 II ist nicht vorgesehen, aber nach der rechtlichen Konstruktion der Regelung (Mindestgarantie) auch nicht ausgeschlossen. Hinsichtlich der Gefangenen, die in einem freien Beschäftigungsverhältnis stehen oder sich selbst beschäftigen dürfen, verbleibt es bei der Regelung des § 47 III. b)

Unterhaltsbeitrag

Durch die Tatsache der Inhaftierung ändert sich für den Gefangenen an bestehenden Unterhaltsverpflichtungen grundsätzlich

III. Arbeit, Ausbildung, Weiterbildung und Sozialversicherung

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nichts. Die Einführung eines Arbeitsentgelts soll den Gefangenen nicht zuletzt in die Lage versetzen, zum Unterhalt seiner Angehörigen wenigstens beizutragen, was ihm bisher wegen der relativ geringen Höhe der Arbeitsbelohnung praktisch nicht möglich war. Allerdings wird sich am bisherigen Zustand jedenfalls solange nur wenig ändern, als die Bezüge des Gefangenen erheblich hinter einem leistungsgerechten Arbeitsentgelt zurückbleiben. Deshalb ist auch § 49, der die Zahlung eines Unterhaltsbeitrages regelt, bis zum Inkrafttreten des besonderen Bundesgesetzes suspendiert ($ 198 III). Die Vorschrift regelt lediglich den Fall, daß der Gefangene aus seinen Bezügen freiwillige Leistungen zur Erfüllung gesetzlicher Unterhaltspflichten erbringen möchte. Einem solchen Antrag muß die Vollzugsbehörde entsprechen (§ 4 9 I). Das Antragserfordernis hat die Funktion, der Vollzugsbehörde eine generelle Prüfung zu ersparen, ob und in welchem Umfange Unterhaltspflichten bestehen (BT-Dr. 7 / 9 1 8 , 70). Hinsichtlich der zwangsweisen Beitreibung verbleibt es bei den Regelungen der ZPO. Dies gilt auch für die sonstigen Gläubiger des Gefangenen. Jedoch muß auch bei Zahlung eines leistungsgerechten Arbeitsentgelts im Hinblick auf anderweitige Verpflichtungen damit gerechnet werden, daß es nicht zugleich für das Hausgeld, den Lebensunterhalt der Angehörigen und den nach § 5 0 vom Gefangenen zu zahlenden Haftkostenbeitrag ausreicht. Für diesen Fall trifft § 4 9 II eine Regelung (BT-Dr. 7 / 9 1 8 , 70). Um sicherzustellen, daß auch dann noch Unterhalt gezahlt und damit dem Ausgangspunkt des Gesetzes Rechnung getragen werden kann, räumt die Vorschrift dem Unterhaltsbeitrag Vorrang vor dem Haftkostenbeitrag ein. „Dieser Vorrang entspricht dem Eingliederungsgedanken, weil dadurch ermöglicht wird, die soziale Verantwortung des Gefangenen für seine Angehörigen sichtbar zu machen. Auch wird hierdurch vermieden, daß die Verschuldung der Familie während der Strafzeit zu einer ständig wachsenden Behinderung für die Eingliederung wird" (BT-Dr. 7 / 9 1 8 , 7 0 ) . Deshalb geht der Unterhaltsbeitrag dem Haftkostenanspruch bis zur Höhe eines dem Pfändungsfreibetrag entsprechenden Wertes (§ 8 5 0 c ZPO) vor, wenn das Arbeitsentgelt nach Abzug des Hausgeldes zur Deckung dieser Kosten nicht ausreicht, n*

164 c)

§ 8 Einzelne Gestaltungsbereiche des Vollzugs

Haftkostenbeitrag

Da sich die Bezüge des Gefangenen vorerst in relativ engen Grenzen halten, werden von ihm derzeit Haftkosten nicht erhoben. § 50 I gilt daher in einer entsprechenden Übergangsfassung (§ 199 II Nr. 3). Die letztlich vorgesehene Regelung betrifft nur Gefangene, die in einem freien Beschäftigungsverhältnis stehen (§ 39 I). Denn bei ihnen können normale Einkünfte vorausgesetzt werden. Von diesen Gefangenen darf daher ein Haftkostenbeitrag in Höhe des Betrages erhoben werden, der nach § 160 II RVO durchschnittlich zur Bewertung der Sachbezüge festgesetzt ist. § 160 RVO bezieht in das Entgelt im Sinne der Sozialversicherung nach Maßgabe näherer Festlegung auch die Sachbezüge ein. Diese Bewertungen hat für die Bemessung des Haftkostenbeitrags jeweils der Bundesminister der Justiz vorzunehmen. Für den Haftkostenbeitrag darf auch der unpfändbare Teil der Bezüge in Anspruch genommen werden (§ 50 II i.d.F. des § 199 II Nr. 3). Der Gesetzgeber hält dies für gerechtfertigt, „weil der Haftkostenbeiträg dem Lebensunterhalt des Gefangenen in der Vollzugsanstalt dient und der Gefangene, im Gegensatz zum Schuldner außerhalb der Anstalt, für seinen persönlichen Unterhalt nur das Hausgeld benötigt" (BT-Dr. 7/3998,23). Indessen wird dadurch der Vorrang des Hausgeldes und des Unterhaltsbeitrages nicht berührt. Die Aufhebung der Pfändungsgrenze wirkt sich lediglich dann zugunsten der Anstalt aus, wenn Hausgeld und Unterhaltsbeitrag unter dem Pfändungsfreibetrag bleiben. Darüber hinaus wollte der Gesetzgeber die Anstalt vor anderen Gläubigern nicht begünstigen. Soweit die Bezüge die Pfändungsfreigrenze übersteigen, steht der Haftkostenanspruch den übrigen Forderungen gegen den Gefangenen gleich (BT-Dr. 7/3998,23). Auch in Fällen der Selbstbeschäftigung (§ 39 II) kann ein Haftkostenbeitrag erhoben werden (§ 50 III i.d.F. des § 199 II Nr. 3). Sie kann davon abhängig gemacht werden, daß der Gefangene diesen Beitrag bis zur Höhe des für Gefangene vorgesehenen Betrages monatlich im voraus leistet, die in einem freien Beschäftigungsverhältnis stehen (vgl. auch oben 2 d).

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d) Überbrückungsgeld und Eigengeld Die Hälfte der früheren Arbeitsbelohnung diente als Rücklage dazu, die erste Zeit nach der Entlassung, die bekanntlich die kritischste Phase der (Wieder-)Eingliederung darstellt, finanziell zu überbrücken (Nrn. 9 6 III, 9 7 1 DVollzO). Diese Funktion soll nunmehr das sog. Überbrückungsgeld wahrnehmen, das nach § 51 I aus den im StVollzG geregelten Bezügen sowie aus den Einkünften aus einem freien Beschäftigungsverhältnis (§ 3 9 I) oder aus einer Selbstbeschäftigung (§ 39 II) zu bilden ist. Die Vorschrift ist im Zusammenhang mit der Regelung der Entlassungsbeihilfe ( § 7 5 I) zu sehen: Primär soll der Gefangene die für den Übergang erforderlichen Mittel von seinem Arbeitsentgelt ersparen; nur soweit sie nicht ausreichen, hat er Anspruch auf eine Entlassungsbeihilfe. § 51 wirkt deshalb auf zweierlei Weise auf die Bildung eines. Überbrückungsgeldes hin: Einmal schränkt er die Verfügungsbefugnis des Gefangenen in bezug auf sein Arbeitsentgelt ein. Zum zweiten schützt er den Anspruch auf Auszahlung des Überbrückungsgeldes vor dem pfändenden Gläubiger ( § 5 1 IV 1; BT-Dr. 7/918, 71). Die Höhe des Überbrückungsgeldes bemißt sich nach seiner Funktion, den notwendigen Lebensunterhalt des Gefangenen und seiner Unterhaltsberechtigten für die ersten vier Wochen nach seiner Entlassung zu sichern (§ 51 I). Da die individuellen Verhältnisse verschieden sind, hat der Gesetzgeber sich für diese generalklauselartige Festlegung entschieden und vor allem darauf verzichtet, einen bestimmten Anteil der Bezüge oder einen festen Betrag zugrunde zu legen (vgl. BT-Dr. 7/918, 71). Die Festsetzung des Betrages ist Sache der Vollzugsbehörde. Sie muß gegebenenfalls mit Hilfe des sozialen Dienstes der Anstalt und einschlägiger Institutionen außerhalb des Vollzugs (z.B. Sozialbehörden, Gerichtshilfe und Bewährungshilfe) die erforderlichen Ermittlungen anstellen, um den jeweiligen Bedarf festzustellen. Ohnehin müssen die sozialen Verhältnisse des Gefangenen im Hinblick auf die Entlassungsvorbereitung rechtzeitig erforscht werden. Das Überbrückungsgeld wird dem Gefangenen bei der Entlassung ausgezahlt (§ 51 II 1). Die Vollzugsbehörde ist jedoch befugt, es

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§ 8 Einzelne Gestaltungsbereiche des Vollzugs

- gegen den Willen des Gefangenen - ganz oder teilweise dem Bewährungshelfer oder einer mit der Entlassenenbetreuung befaßten Stelle zu überweisen. Der Empfänger ist dann verpflichtet, das Geld innerhalb der ersten vier Wochen nach der Entlassung an den Gefangenen auszuzahlen ( § 5 1 II 2). Er darf es nur mit dessen Zustimmung Unterhaltsberechtigten überweisen (§ 51 II 4). Bis zur Auszahlung muß er es von seinem Vermögen getrennt halten (§ 51 II 3). Dadurch soll der Entlassene vor Vollstreckungsmaßnahmen geschützt werden, die sich gegen das Vermögen des Empfängers richten (vgl. BT-Dr. 7/3998, 24). Ausnahmsweise kann das Überbrückungsgeld im Vorgriff für Ausgaben in Anspruch genommen werden, die der Eingliederung des Gefangenen dienen; die Entscheidung hierüber steht im Ermessen des Anstaltsleiters (§ 51 III; dazu BT-Dr. 7/918, 71). Einzelheiten regeln die zu § 51 ergangenen Verwaltungsvorschriften (vgl. Calliess/Müller-Dietz 1977, Rdnr. 3 - 6 zu § 51). Nach § 5 2 werden sämtliche Bezüge des Gefangenen, die nicht als Hausgeld, Unterhaltsbeitrag, Haftkostenbeitrag oder Überbrükkungsgeld in Anspruch genommen werden, dem Gefangenen als Eigengeld gutgeschrieben. Dieser Betrag steht sowohl der Verfügung des Gefangenen als auch dem Zugriff seiner Gläubiger offen (BT-Dr. 7/918, 71). Da das Ansparen des Überbrückungsgeldes längere Zeit in Anspruch nehmen kann, ist auch der Anspruch auf Auszahlung des Eigengeldes insoweit unpfändbar, als der zur Überbrückung erforderliche Betrag noch nicht erreicht ist ( § 5 1 IV 2). Durch diese Erweiterung des allgemeinen Pfändungsschutzes soll erreicht werden, daß dem Gefangenen und seinen Angehörigen auf jeden Fall das Überbrückungsgeld verbleibt (vgl. BT-Dr. 7 / 9 1 8 , 7 1 ; BT-Dr. 7/3998, 24). Dementsprechend ist auch Bargeld des Entlassenen während der ersten vier Wochen in Höhe des Überbrückungsgeldes unpfändbar (§ 51 IV 3). Entscheidend ist dabei nicht, ob das Bargeld aus dem Überbrückungsgeld stammt, sondern lediglich, daß diejenigen Mittel, die für den fraglichen Zeitraum als notwendiger Unterhalt anzusehen sind, dem Zugriff der Gläubiger entzogen sind. Der Pfändungsschutz nach § 51 IV entfällt jedoch zugunsten der in § 850 1 1 Z P O genannten Unterhaltsberechtigten (§ 51 V). Das

III. Arbeit, Ausbildung, Weiterbildung und Sozialversicherung

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Überbrückungsgeld dient auch deren Lebensunterhalt. Da es ihnen nur mit Zustimmung des Gefangenen überwiesen werden darf ( § 5 1 II 4), sind sie praktisch auf freiwillige Zahlungen angewiesen. Um den Zweck des Überbrückungsgeldes nicht zu gefährden, können es die Unterhaltsberechtigten daher mit Ausnahme desjenigen Betrages pfänden, den der Gefangene für seinen notwendigen Unterhalt und zur Erfüllung seiner sonstigen gesetzlichen Unterhaltspflichten benötigt (BT-Dr. 7/3998, 24).

6. Sozial- und Arbeitslosenversicherung a) Zur Problematik der Einbeziehung des

Gefangenen

Nach bisherigem Recht war der Gefangene weitgehend vom gesetzlichen Versicherungsschutz ausgenommen. Er genoß lediglich Versicherungsschutz gegen Arbeitsunfälle, soweit er im Vollzug beschäftigt oder beruflich gefördert wurde (§ 540 RVO). Im übrigen stellte aber die Beschäftigung im Vollzug keinen Tatbestand dar, an den Leistungen der Sozial- und Arbeitslosenversicherung anknüpfen konnten. Denn sie wurde nicht als Beschäftigungsverhältnis i. S. der RVO angesehen (vgl. Müller-Dietz 1970 a, C 73). Von der Möglichkeit freiwilliger Weiterversicherung (vgl. Nr. 132 DVollzO) machten angesichts der geringen Arbeitsbelohnung nur wenige Gefangene Gebrauch. Das hatte zur Folge, daß vielen Gefangenen und deren Angehörigen Leistungen der Sozial- und Arbeitslosenversicherung vorenthalten blieben, daß sie namentlich ohne Zukunftssicherung waren. Damit wurde ein Personenkreis sozial benachteiligt, der ohnedies in aller Regel zu den finanzschwächeren Bevölkerungsgruppen zählt sowie aufgrund krimineller Vorbelastung und Bestrafung vor besonderen Schwierigkeiten gesellschaftlicher Eingliederung steht. Insofern stellt die Einbeziehung des Gefangenen in das System der sozialen Sicherheit einen geradezu klassischen Anwendungsfall des Sozialstaatsprinzipes dar (vgl. Müller-Dietz 1974 f.). Die völlige Einbeziehung des Gefangenen in das System der sozialen Sicherheit bereitet aus verschiedenen Gründen Schwierigkeiten. Sie sind nicht so sehr in gesetzessystematischen und -tech-

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§ 8 Einzelne Gestaltungsbereiche des Vollzugs

nischen Fragen, also etwa darin begründet, daß es hierzu einer entsprechenden Änderung des Sozialversicherungsrechts bedarf (vgl. oben III 1 a). Vielmehr liegen die eigentlichen Schwierigkeiten in Besonderheiten des zwangsweisen Freiheitsentzuges, die sich durch bloße Gleichstellungsregelungen nicht ausräumen lassen (dazu Müller-Dietz 1970 a, C 7 4 f . ) , und natürlich in den Kostenfolgen, die sich für die Sozialversicherungsträger und die Länder (auf die allemal die Arbeitgeberanteile entfallen) ergeben. Beide Gesichtspunkte haben sich nachhaltig auf die derzeitige rechtliche Regelung ausgewirkt. Dies gilt namentlich für den Kostenfaktor. Er hat dazu geführt, daß die Einbeziehung des Gefangenen in die Kranken- und Rentenversicherung (§§ 190-193) bis zum Erlaß des durch § 198 III in Aussicht genommenen besonderen Bundesgesetzes zurückgestellt bleibt. Aber auch unabhängig von finanziellen Erwägungen müssen Sozialversicherungs- und Strafvollzugsrecht den Umstand berücksichtigen, daß den Staat für die Dauer des Freiheitsentzuges wenigstens hinsichtlich des Gefangenen eine Fürsorgepflicht trifft. So ist er in etwa verpflichtet, für dessen Lebensunterhalt (Ernährung, Bekleidung, Unterbringung) und Gesundheit zu sorgen. Dementsprechend könnten Maßnahmen des Vollzugs, die der Unterhaltssicherung und Gesundheitsfürsorge dienen, bei voller Einbeziehung des Gefangenen in das System der sozialen Sicherheit in Konkurrenz zu einschlägigen Leistungen der Sozial- und Arbeitslosenversicherung treten. Der Gesetzgeber muß deshalb darum bemüht sein, Doppelleistungen (des Vollzugs und der Sozialversicherungsträger) auszuschließen, um eine sachlich ungerechtfertigte Besserstellung des Gefangenen gegenüber dem freien Arbeitnehmer zu vermeiden. Das hindert nicht nur an einer völligen Gleichbehandlung des Gefangenen und des freien Arbeitnehmers auf sozialversicherungsrechtlichem Gebiet; das trägt auch fraglos zu einer erheblichen Komplizierung dieser Rechtsmaterie bei. Damit erklärt sich, daß manche Leistungen, die sonst typischerweise der Sozialversicherung obliegen, vom Vollzug zu erbringen sind, und daß ferner Vollzugs- und Sozialversicherungsrecht in einer Art Wechselbeziehung zueinander stehen (vgl. im einzelnen R. Neumann-Duesberg, Gesundheitsfürsorge sowie

III. Arbeit,, Ausbildung, Weiterbildung und Sozialversicherung

169

Sozial- und Arbeitslosenversicherung nach dem neuen Strafvollzugsgesetz, Die Ortskrankenkasse 1977, 8—15). b) Unfallversicherung Das StVollzG hält an der bisherigen Einbeziehung des Gefangenen in die gesetzliche Unfallversicherung fest. Nach § 540 RVO sind alle Personen gegen Arbeitsunfall versichert, die während einer auf Grund eines Gesetzes angeordneten Freiheitsentziehung wie ein nach § 539 I RVO Versicherter tätig werden. Nach § 539 I RVO sind gegen Arbeitsunfall vor allem die auf Grund eines Arbeits-, Dienst- oder Lehrverhältnisses Beschäftigten versichert (Nr. 1). Arbeitsunfall ist ein Unfall, den ein Gefangener im Rahmen einer solchen Tätigkeit erleidet (§ 548 1 1 RVO). Als Arbeitsunfall gelten namentlich auch ein Unfall im Zusammenhang mit der Wartung von Arbeitsgerät (§ 549 RVO), ein Unfall auf dem Weg nach und von dem Ort der Tätigkeit (§ 550 I RVO) und eine Berufskrankheit ( § 5 5 1 RVO). Die nach §548 RVO vorgesehenen Leistungen kommen indessen wegen der besonderen Situation des Freiheitsentzuges nicht in gleicher Weise wie beim freien Arbeitnehmer zum Zuge. Dementsprechend bestimmt § 566 I RVO, daß Heilbehandlung nach Maßgabe der RVO gewährt wird, „soweit die Belange des Vollzugs dem nicht entgegenstehen". Hingegen erhält der Gefangene nach § 56 II RVO (i.d.F. des § 190 Nr. 11 StVollzG) ein Übergangsgeld, das den infolge der Arbeitsunfähigkeit eingetretenen Verlust des Arbeitsentgelts ausgleichen soll. Das Übergangsgeld beträgt nach §§ 566 II 1, 561 I, 182 IV RVO grundsätzlich 80 vom Hundert des entgangenen regelmäßigen Arbeitsentgelts, darf aber dessen Nettobetrag nicht übersteigen. Wenn es für den Berechtigten günstiger ist, der Berechnung des Übergangsgeldes je Kalendertag den 450. Teil des Jahresarbeitsentgelts zugrunde zu legen, gilt dieser Berechnungsmaßstab ( § § 5 6 6 112, 561 III RVO). § 190 Nr. 11, der die Änderungen der RVO regelt, gehört zu jenen wenigen sozialversicherungsrechtlichen Vorschriften, die von der Suspendierung ausgenommen sind.

170 c)

§ 8 Einzelne Gestaltungsbereiche des Vollzugs

Arbeitslosenversicherung

Durch § 194 StVollzG werden die Gefangenen auch in die Arbeitslosenversicherung einbezogen (vgl. BT-Dr. 7 / 9 1 8 , 105). Diese Vorschrift ist nicht suspendiert. Danach sind die Gefangenen beitragspflichtig, die Arbeitsentgelt, Ausbildungsbeihilfe oder Ausfallentschädigung (§§43—45) erhalten; zu diesem Personenkreis gehören grundsätzlich auch Jugendstrafgefangene (§ 176) und Untersuchungsgefangene (§ 177), die hinsichtlich des Arbeitsentgelts aus Gründen der Gleichbehandlung erwachsenen Strafgefangenen gleichgestellt sind (vgl. BT-Dr. 7 / 9 1 8 , 100f.). Nach dem derzeit allerdings suspendierten — § 190 Nr. 1 StVollzG, der die R V O um einen entsprechenden § 163 a ergänzen soll, sind unter Gefangenen im sozialversicherungsrechtlichen Sinne ohnehin alle Personen zu verstehen, die sich im Vollzug von Untersuchungshaft, Freiheitsstrafen und freiheitsentziehenden Maßregeln befinden oder nach § 126 a I StPO einstweilig untergebracht sind. Die Beitragspflicht besteht freilich nur, soweit die Gefangenen nicht schon nach anderen Vorschriften beitragspflichtig oder wegen Vollendung des 63. Lebensjahres (§ 169 Nr. 2 AFG), Erwerbsunfähig (§ 169 Nr. 3 AFG) oder Minderung der Leistungsfähigkeit (§ 169 Nr. 4 AFG) nicht beitragsfrei sind (§ 168 III a 1 AFG). Die beitragspflichtigen Gefangenen gelten hiernach als Arbeitnehmer, das für die Vollzugsanstalt zuständige Land als Arbeitgeber (§ 168 III a 2 AFG). Demnach hat das Land den Arbeitgeberanteil zu zahlen. Nach § 171 III AFG entrichtet es aber auch die Beiträge der Gefangenen. Dies entspricht dem Grundgedanken des StVollzG, die Gefangenen mit Rücksicht auf die Besonderheiten des Vollzugs nicht an den Beiträgen zur Sozial- und Arbeitslosenversicherung zu beteiligen (vgl. BT-Dr. 7 / 9 1 8 , 106). Jedoch ermächtigt § 195 die Vollzugsbehörde ihrerseits, die Gefangenen für die Kosten der Sozial- und Arbeitslosenversicherung in Anspruch zu nehmen. Danach kann sie von dem Arbeitsentgelt, der Ausbildungsbeihilfe oder der Ausfallentschädigung einen Betrag einbehalten, der dem Anteil eines freien Arbeitnehmers (mit den Bezügen nach dem StVollzG) entsprechen würde. Aufgrund der Einbeziehung des Gefangenen in die Arbeitslosenversicherung dienen Zeiten, in denen der Arbeitslose als Gefange-

III. Arbeit, Ausbildung, Weiterbildung und Sozialversicherung

171

ner beitragspflichtig oder wegen Vollendung des 63. Lebensjahres beitragsfrei war, der Erfüllung der Anwartschaftszeit und begründen damit einen Anspruch auf Arbeitslosengeld (vgl. § 107 Satz 1 Nr. 6 AFG; BT-Dr. 7/918, 105). Das Arbeitslosengeld ist nach dem Betrag zu bemessen, der der Beitragsberechnung zugrunde gelegt worden ist (§ 112 V Nr. 6 AFG). Um sicherzustellen, daß der Gefangene nach seiner Entlassung baldmöglichst das ihm zustehende Arbeitslosengeld erhält, hat ihm die Vollzugsanstalt die Zeiten zu bescheinigen, in denen er innerhalb der letzten drei Jahre vor der Entlassung beitragspflichtig war (§ 133 II AFG). d) Kranken- und

Rentenversicherung

Die Einbeziehung des Gefangenen in die Kranken- und Rentenversicherung, die durch die §§ 190—193 vorgesehen ist, ist bis zum Erlaß des besonderen Bundesgesetzes zurückgestellt (§ 198 III). Im Prinzip sind die suspendierten Regelungen ebenfalls von dem Grundgedanken getragen, Gefangene und freie Arbeitnehmer sozialversicherungsrechtlich nur insoweit unterschiedlich zu behandeln, als dies aus vollzugsspezifischen Gründen unerläßlich erscheint, gleichzeitig jedoch jede Benachteiligung der Gefangenen und ihrer Angehörigen zu vermeiden. Deswegen sollen die Gefangenen einerseits durch entsprechende Änderungen der R V O in den Kreis der krankenversicherten (§ 165 c RVO) und rentenversicherten (§ 1227 III RVO) Personen einbezogen werden. Andererseits sollen Leistungen der Sozialversicherung ausgeschlossen werden, soweit die Vollzugsanstalt entsprechende Leistungen erbringt (vgl. BT-Dr. 7/3998, 5 1 ; R. Neumann-Duesberg, Die Ortskrankenkasse 1 9 7 7 , 1 0 f f . ) . § 2 1 6 I Nr. 1 R V O n.F. sieht demgemäß vor, daß etwa Ansprüche auf Krankenhilfe und sonstige Hilfen ruhen, solange und soweit der Versicherte als Gefangener Anspruch auf Gesundheitsfürsorge nach dem StVollzG hat. In gleicher Weise will § 1240 Satz 3 R V O n. F. das Ruhen des Anspruchs auf Übergangsgeld (im Rahmen der Rentenversicherung) für die Dauer des Freiheitsentzuges anordnen, weil der Gefangene in diesem Zeitraum von der Anstalt versorgt wird. Um jedoch zu verhindern, daß den

172

§ 8 Einzelne Gestaltungsbereiche des Vollzugs

Angehörigen Nachteile entstehen, sollen die Angehörigen dann Krankengeld und Übergangsgeld erhalten, wenn der Gefangene sie vor der Arbeitsunfähigkeit oder den Maßnahmen zur Rehabilitation von seinem Arbeitsentgelt oder seiner Ausfallentschädigung überwiegend unterhalten hat. Praktische Bedeutung können solche Regelungen auch nach Einführung der Sozialversicherung für Gefangene erst dann erlangen, wenn das Arbeitsentgelt eine Höhe erreicht hat, die dem Gefangenen auch entsprechende Unterhaltsleistungen ermöglicht. IV.

Religionsausübung

1. Grundsätze Art. 4 I GG erklärt die Freiheit des Glaubens, des Gewissens und die Freiheit des religiösen und weltanschaulichen Bekenntnisses für unverletzlich. Art. 4 II GG gewährleistet die ungestörte Religionsausübung. Diesen Grundrechten müssen auch die Vorschriften über die Religionsausübung des Gefangenen Rechnung tragen (vgl. BT-Dr. 7/918, 71). § 52 KE wollte jenes Recht eigens mit der Feststellung bekräftigen, daß auf den Gefangenen kein Zwang ausgeübt werden dürfe, sich religiös zu betätigen oder nicht zu betätigen. Jedoch hätte eine solche Aussage angesichts des Art. 4 GG keinen Regelungsgehalt gehabt (BT-Dr. 7/918, 71). Das StVollzG hat deshalb auf sie verzichtet. Da es im sechsten Titel lediglich das Rechtsverhältnis zwischen dem Gefangenen und dem Staat auf dem Gebiet der Religionsausübung regelt, beschränkt es sich auf Vorschriften über das Recht des Gefangenen auf Einzelseelsorge (§ 53) und seine Teilnahme an religiösen Veranstaltungen (§ 54). Zu den institutionellen und personellen Voraussetzungen der Seelsorge äußert sich das Gesetz in diesem Zusammenhang nicht. Sie werden durch § 157 geregelt (vgl. Calliess/Müller-Dietz 1977, Rdnrn. 1—3 zu § 157). § 55 erstreckt die Geltung der §§ 53 und 54 auch auf die Angehörigen von Weltanschauungsgemeinschaften. Damit zieht das StVollzG Konsequenzen aus der Gleichstellung weltanschau-

IV. Religionsausübung

173

licher Vereinigungen mit Religionsgesellschaften (vgl. Art. 140 GG i.V.m. Art. 137 Weimarer Reichsverfassung). Mit der Verwendung des Ausdrucks „weltanschauliches Bekenntnis" knüpft das Gesetz an Art. 4 GG an; zugleich will es dadurch vermeiden, daß auch bloße Weltanschauungen mit einbezogen werden (vgl. BT-Dr. 7/3998,24f.).

2. Einzelseelsorge § 53 I gewährleistet dem Gefangenen das Recht auf religiöse Betreuung. Dieses Recht richtet sich indessen nicht gegen die Vollzugsbehörde. Vielmehr ist die religiöse Betreuung Sache der Kirchen und religiösen Gemeinschaften. Daher kann das Recht des Gefangenen im Verhältnis zur Vollzugsbehörde lediglich dahin gehen, in seinen Kontakten mit einem Seelsorger seiner Religionsgemeinschaft nicht beschnitten und bei der Aufnahme solcher Kontakte unterstützt zu werden (vgl. BT-Dr. 7/918, 71 f.; Calliess/Müller-Dietz 1977, Rdnr. 1 zu § 53). So erklärt sich die (negative) Fassung des § 53 I, wonach ihm religiöse Betreuung nicht versagt werden darf und ihm auf Wunsch zu helfen ist, mit einem Seelsorger seiner Religionsgemeinschaft in Verbindung zu treten. § 53 II räumt dem Gefangenen im Hinblick auf das Grundrecht der ungestörten Religionsausübung auch das Recht auf den Besitz grundlegender religiöser Schriften ein. Derartige Schriften dürfen ihm nur bei grobem Mißbrauch entzogen werden. Ebenso darf der Gefangene Gegenstände des religiösen Gebrauchs in angemessenem Umfang besitzen (§ 53 III). Bei der Bestimmung der Angemessenheit ist im Einzelfall die Bedeutung des Grundrechts aus Art. 4 GG gegenüber den Aufgaben des Vollzugs (§ 2) abzuwägen (BT-Dr. 7/918, 72). 3. Teilnahme an religiösen Veranstaltungen Nach § 54 I hat der Gefangene das Recht, am Gottesdienst und an anderen religiösen Veranstaltungen seines Bekenntnisses teilzunehmen. Hiervon darf er nur ausgeschlossen werden, „wenn

174

§ 8 Einzelne Gestaltungsbereiche des Vollzugs

dies aus überwiegenden Gründen der Sicherheit oder Ordnung geboten ist" (§ 54 III). Hiernach ist also eine Abwägung elementarer Erfordernisse des Vollzugs gegen das Grundrecht der freien Religionsausübung vorzunehmen. Die Vollzugsbehörde ist darüber hinaus verpflichtet, den Seelsorger vorher zu hören; allerdings hat das StVollzG die Mußvorschrift des § 51 I KE zu einer Sollregelung abgeschwächt. Mit Zustimmung des Seelsorgers einer anderen Religionsgemeinschaft ist der Gefangene auch zu deren Gottesdienst oder religiösen Veranstaltungen zuzulassen (§ 54 II). Ohne diese Zustimmung hat der Gefangene jedoch kein solches Recht (vgl. BT-Dr. 7/918, 72). Liegt sie jedoch vor, besteht kein Grund, die Zulassung dem Ermessen der Vollzugsbehörde anheimzustellen (so aber § 51 II KE). V.

Gesundheitsfürsorge

1. Grundsätze

Ungleich umfassender als die Religionsausübung regelt das StVollzG die Gesundheitsfürsorge (§§ 56—66). Zum einen hängt dies mit der Fürsorgepflicht des Staates zusammen, aus der für die Vollzugsbehörden die Verpflichtung folgt, für die körperliche und geistige Gesundheit des Gefangenen zu sorgen (§ 56 I). Diese Verpflichtung ergibt sich nicht zuletzt aus dem Umstand, daß der Gefangene nicht in gleicher Weise wie der freie Bürger Beeinträchtigungen seiner Gesundheit begegnen kann. Von Bedeutung sind ferner die besonderen Bedingungen des Freiheitsentzuges, der eine größere Anzahl von Menschen auf begrenztem Raum zusammenführt (vgl. BT-Dr. 7/918, 72). Zum zweiten hat sich der Gesetzgeber von dem Grundgedanken leiten lassen, die Leistungen der Gesundheitsfürsorge an die der gesetzlichen Krankenversicherung anzugleichen, „soweit nicht Besonderheiten des Vollzugs eine andere Regelung erfordern" (BT-Dr. 7/3998, 25). Demgemäß bestimmt § 59, daß für die Art der Untersuchungen zur Früherkennung von Krankheiten und zur Krankenpflege die entsprechenden Vorschriften der RVO und die auf deren Grundlage getroffenen Regelungen gelten. Dabei spielt wiederum

V. Gesundheitsfürsorge

175

der Gesichtspunkt eine Rolle, Benachteiligungen des Gefangenen zu vermeiden. Doppelleistungen, die nach Einbeziehung der Gefangenen in die Krankenversicherung in Betracht kommen könnten, werden durch entsprechende Vorschriften des Sozialversicherungsrechts ausgeschlossen (vgl. oben III 6 d). Die Regelung der Gesundheitsfürsorge selbst wird davon nicht berührt. Der Verpflichtung der Vollzugsbehörden, für die Gesundheit des Gefangenen zu sorgen, entspricht auf der anderen Seite die Pflicht des Gefangenen, die notwendigen Maßnahmen zum Gesundheitsschutz und zur Hygiene zu unterstützen (§ 56 II). Hierdurch wird die Vollzugsbehörde ermächtigt, die Mitwirkung des Gefangenen an Maßnahmen der Körperpflege und sonstigen Hygiene in Form von allgemeinen Anordnungen — etwa in der Hausordnung (§ 161) — oder von Einzelanweisungen zu regeln. § 56 II verpflichtet den Gefangenen ferner zu Duldung von Untersuchungen, die dem vorbeugenden Gesundheitsschutz dienen (BT-Dr. 7/918, 72). Die Frage, unter welchen Voraussetzungen unmittelbarer Zwang zur Durchführung von Maßnahmen der Gesundheitsfürsorge angewandt werden darf, ist im § 101 geregelt (vgl. BT-Dr. 7/3998, 25; dazu unten § 9 IV 3 c). Zur Gesundheitsfürsorge gehören vorbeugende und Vorsorgemaßnahmen — wie etwa die ärztliche Zugangsuntersuchung (§ 5 III), die Maßnahmen zur Früherkennung von Krankheiten (§ 57), der Aufenthalt im Freien (§ 64), Krankenpflege (§§ 58, 60, 65), besondere Rehabilitationsmaßnahmen (§61) sowie ärztliche Behandlung zur sozialen Eingliederung (§ 63). In ihrer Gesamtheit sollen diese Maßnahmen eine möglichst umfassende Vor- und Fürsorge auf gesundheitlichem Gebiet gewährleisten. Freilich sind manche Anstalten hierfür bisher personell und institutionell noch nicht hinreichend ausgestattet (vgl. Schöch 1974, 91; Husen 1974). Dies gilt einmal für die Unterbringung der Gefangenen, zum zweiten für die ärztliche Versorgung selbst, da vielfach Arztstellen im Vollzug nur schwer zu besetzen sind. 2. Die ärztliche und zahnärztliche Versorgung im einzelnen Dem Grundsatz des § 59 entsprechend, wonach für Art und Umfang der Leistung die RVO und die auf deren Grundlage ergan-

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§ 8 Einzelne Gestaltungsbereiche des Vollzugs

genen Regeln maßgebend sind, schreibt § 57 vor, daß der Gefangene Anspruch auf die in § 181 I RVO vorgesehenen Maßnahmen zur Früherkennung von Krankheiten hat. In gleicher Weise orientiert sich die Regelung der Krankenpflege (§58) am Leistungskatalog des § 182 I Nr. 1 RVO. Der Gesetzgeber hat es jedoch wegen der Gefahr von Mißbräuchen abgelehnt, dem Vorschlag des § 53 II RE folgend die Möglichkeit einer freien Arztwahl vorzusehen; vor allem soll die medizinische Betreuung durch den Anstaltsarzt verhindern, daß es zur übermäßigen Verschreibung und Ausgabe von Medikamenten kommt (vgl. BT-Dr. 7/3998, 25 f.). Allerdings soll die Anstalt dem Gefangenen die Zuziehung eines frei gewählten privaten Arztes im Einzelfall gestatten dürfen. Ohnehin sind Gefangene, die in einem freien Beschäftigungsverhältnis außerhalb des Vollzugs stehen, als Pflichtversicherte berechtigt, einen Arzt ihrer Wahl aufzusuchen (BT-Dr. 7/3998, 26). Da der Gefangene nur gegen die für ihn zuständige Anstalt einen Anspruch auf Gesundheitsfürsorge hat und da durch einen Urlaub oder Ausgang die Strafvollstreckung nicht unterbrochen wird, bleibt es auch in diesen Fällen bei der ärztlichen Versorgung durch die Anstalt (§ 60); auch insoweit hat der Gesetzgeber es abgelehnt, dem Gefangenen die Inanspruchnahme eines freien Arztes auf Kosten des Vollzugs (oder Sozialversicherungsträgers) zu gestatten (BT-Dr. 7/3998, 26; Calliess/MüllerDietz 1977, Rdnr. 3 zu § 58). Neu ist der Anspruch des Gefangenen auf Ausstattung mit Körperersatzstücken, orthopädischen und anderen Hilfsmitteln, die erforderlich sind, um einer drohenden Behinderung vorzubeugen, den Erfolg der Heilbehandlung zu sichern oder eine körperliche Behinderung auszugleichen; dieser Anspruch, der wiederum in Anlehnung an die RVO gewährt wird und der medizinischen Rehabilitation dient, entfällt nur, wenn eine solche Ausstattung mit Rücksicht auf die Kürze des Freiheitsentzuges ungerechtfertigt ist (§61 Satz 1). Ebenso wie die Träger der gesetzlichen Krankenversicherung bestimmen die Landesjustizverwaltungen die Höhe der Zuschüsse zu den Kosten für Zahnersatz und Zahnkronen; sie sind sogar ermächtigt, die Übernahme der gesamten Kosten vorzusehen (§ 62). Damit geht das Gesetz von

VI. Freizeitgestaltung und Zugang zu Informationen

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einer grundsätzlichen Selbstbeteiligung des Gefangenen an den Kosten aus (BT-Dr. 7 / 3 9 9 8 , 27). Dies gilt auch für die Aufwendungen, die aufgrund ärztlicher Behandlung zur sozialen Eingliederung (z. B. Operationen und prothetische Maßnahmen) entstehen; zu ihrer Durchführung ist die Vollzugsbehörde grundsätzlich verpflichtet (§ 63). Auch die stationäre Behandlung des Gefangenen soll sich primär nach medizinischen Erfordernissen richten. Durch § 65 I wird die Vollzugsbehörde deshalb ermächtigt, einen kranken Gefangenen in ein Anstaltskrankenhaus oder in eine für seine Pflege besser geeignete Anstalt zu verlegen. Soweit erforderlich muß der Gefangene in ein Krankenhaus außerhalb des Vollzugs gebracht werden; dies kommt namentlich in Betracht, wenn die diagnostischen und therapeutischen Möglichkeiten innerhalb des Vollzugs nicht ausreichen oder wenn der Gefangene nicht rechtzeitig in ein Anstaltskrankenhaus verlegt werden kann (§ 65 II 1). Über die Notwendigkeit der Verlegung hat der Anstaltsarzt nach pflichtgemäßem Ermessen zu entscheiden (BT-Dr. 7 / 3 9 9 8 , 28). Wird aufgrund des Krankenhausaufenthaltes außerhalb des Vollzugs die Strafvollstreckung unterbrochen, hat der Gefangene Anspruch auf die Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung ( § 6 5 II 2); diese Regelung tritt indessen erst nach Einbeziehung der Gefangenen in die Krankenversicherung in Kraft (§ 198 III). Im Falle einer schweren Erkrankung oder des Todes eines Gefangenen ist die Vollzugsbehörde gehalten, einen Angehörigen, eine Person des Vertrauens oder den gesetzlichen Vertreter unverzüglich zu benachrichtigen (§ 6 6 I). Nach Möglichkeit soll dem Wunsch des Gefangenen, auch andere Personen zu benachrichtigen, entsprochen werden (§ 66 II).

VI. Freizeitgestaltung und Zugang zu

Informationen

1. Grundsätze Der achte Titel des (zweiten Abschnittes des) StVollzG regelt unter der Überschrift „Freizeit" im Grunde zwei sich überschneidende Materien und darüber hinaus Einzelfragen einer dritten 12

Müller-Dietz, Strafvollzugsrecht

178

§ 8 Einzelne Gestaltungsbereiche des Vollzugs

(vgl. Vorschläge, 111). Einmal geht es ganz allgemein um die Gestaltung der Freizeit (§ 67), zum zweiten um die Regelung des Zugangs zu Informationen (§§ 68, 69), der zwar sachlich (zeitlich) in engem Zusammenhang mit der Freizeit zu sehen ist, aber doch aus verfassungsrechtlichen Gründen (Art. 5 11 GG) eine Sonderstellung genießt. Schließlich regelt § 70 den Besitz von Gegenständen zur Fortbildung und Freizeitbeschäftigung. Insofern betrifft der achte Titel auch die Weiterbildung (vgl. oben III 3). Der Gesetzgeber hat aber diese inhaltliche Überschneidung in Kauf genommen, weil der Besitz von Gegenständen zur Fortbildung unter denselben Voraussetzungen für zulässig erklärt worden ist wie der Besitz von Gegenständen zur Freizeitbeschäftigung. In beiden Fällen hat der Gefangene ein Recht auf Besitz solcher Gegenstände in angemessenem Umfang (§ 70 I). Dieses Recht entfällt, wenn der Besitz, die Überlassung oder die Benutzung des Gegenstandes mit Strafe oder Geldbuße bedroht wäre oder das Vollzugsziel oder die Sicherheit oder Ordnung der Anstalt gefährden würde (§ 70 II). Welche Bedeutung eine sinnvolle Gestaltung der freien Zeit für die Erholung und Persönlichkeitsbildung des einzelnen hat (vgl. Mörs 1969, 51 ff.; Kerner 1974 b, 195ff.; Calliess/Müller-Dietz 1977, Rdnrn. 3 und 4 zu § 67), ist längst einsichtig geworden. Auch und gerade der Gefangene ist darauf angewiesen. Freilich ergeben sich hier wiederum aus der Situation des Freiheitsentzuges heraus Besonderheiten. Einerseits soll der Gefangene in möglichst großem Umfang wie der freie Bürger über seine Freizeit verfügen dürfen, erforderlichenfalls um es zu lernen, mit ihr sinnvoll umzugehen. Andererseits ziehen die Möglichkeiten des Vollzugs der freien Gestaltung der Freizeit Grenzen. Diese Ambivalenz hat denn auch auf die gesetzliche Regelung abgefärbt. § 67 Satz 1 räumt dem Gefangenen zwar ein Recht auf Freizeitgestaltung ein. Jedoch ist es nicht näher spezifiziert. Es gibt dem Gefangenen keinen Anspruch auf ein bestimmtes Freizeitangebot der Anstalt (vgl. Calliess/Müller-Dietz 1977, Rdnr. 2 zu § 67; anders § 9 8 AE, 163; Vorschläge, 110 f.), sondern eröffnet ihm lediglich die Möglichkeit, im Rahmen des tatsächlichen Angebots frei zu wählen. Mit dieser Regelung soll offensichtlich dem

VI. Freizeitgestaltung und Z u g a n g zu Informationen

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Umstand Rechnung getragen werden, daß keineswegs alle Anstalten baulich, räumlich und personell in der erforderlichen Weise ausgestattet sind. Ebenso soll dadurch verhindert werden, daß Gefangene die Anstalt notfalls auf gerichtlichem Wege auf ein bestimmtes Freizeitangebot in Anspruch nehmen können. Der Anstalt soll die Befugnis verbleiben, die notwendigen Regelungen für die Teilnahme an gemeinschaftlichen Veranstaltungen zu treffen und auf eine angemessene Beteiligung aller Anstaltsinsassen an solchen Veranstaltungen hinzuwirken (BT-Dr. 7/918, 73; § 17 II 2). Allerdings wird die Anstalt ihrerseits durch § 67 Satz 2 dazu verpflichtet, bestimmte Gelegenheiten zur Freizeitbeschäftigung zu schaffen. Genannt sind Unterricht, Sport, Fernunterricht, Lehrgänge und sonstige Veranstaltungen der Weiterbildung, Freizeitgruppen, Gruppengespräche sowie die Benutzung einer Bücherei. Damit hebt das Gesetz diejenigen Möglichkeiten der Freizeitbeschäftigung hervor, denen es besondere Bedeutung beilegt. Art. 5 I GG garantiert jedermann u.a. das Recht, sich - vorbehaltlich der Schranken des Art. 5 II GG - aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. Auch der Gefangene genießt grundsätzlich die Informationsfreiheit. Die Ausübung dieses Rechts wird jedoch im Hinblick auf die Aufgaben und Besonderheiten des Vollzugs modifiziert. Einschränkungen sind indessen nur im Rahmen des Erforderlichen zulässig (vgl. BT-Dr. 7/918, 74; BT-Dr. 7/3998, 29; Calliess/Müller-Dietz 1977, Rdnr. 1 zu § 68).

2. Informationsrechte und -möglichkeiten Die S§ 68 und 69 regeln den Bezug von Zeitungen und Zeitschriften durch den Gefangenen sowie dessen Teilnahme am Hörfunkprogramm und Fernsehempfang. § 68 I gibt dem Gefangenen ein Recht auf Bezug von Zeitungen und Zeitschriften in angemessenem Umfang durch Vermittlung der Anstalt. Im Hinblick auf sein Grundrecht der Informationsfreiheit darf er grundsätzlich unter den Publikationen frei wählen (vgl. BT-Dr. 7/918,74). Nach S 68 II sind Zeitungen und Zeitschriften ausgeschlossen, deren Verbreitung mit Strafe oder Geldbuße bedroht ist. Die Vorschrift 12*

180

§ 8 Einzelne Gestaltungsbereiche des Vollzugs

ermächtigt die Vollzugsbehörde gleichzeitig dazu, einzelne Ausgaben oder Teile von Zeitungen oder Zeitschriften dem Gefangenen vorzuenthalten, „wenn sie das Ziel des Vollzuges oder die Sicherheit oder Ordnung der Anstalt erheblich gefährden würden". Damit will das Gesetz elementaren Interessen des Vollzugs Rechnung tragen (vgl. Müller-Dietz 1976 a, 91 f.; BVerfGE 40, 284 f.). Der Gefangene hat ferner ein Recht auf Teilnahme am Hörfunkprogramm der Anstalt sowie am gemeinschaftlichen Fernsehempfang (§ 69 11). Soweit es uq^'Rundfunk- und Fernsehempfang im Rahmen von Gemeinschaftsveranstaltungen geht, bleibt das Recht des Anstaltsleiters unberührt, die notwendigen Regelungen zu treffen (§§17112; BT-Dr. 7/918,74). § 6 9 1 2 schreibt die Gesichtspunkte im einzelnen vor, die für die Auswahl des Programms maßgebend sind. Danach sind die Wünsche und Bedürfnisse nach staatsbürgerlicher Information, Bildung und Unterhaltung angemessen zu berücksichtigen. Daß auch die Wünsche der Gefangenen eine Rolle spielen sollen, hat den Sinn, „die Vollzugsbehörden und die Gefangenen miteinander ins Gespräch zu bringen" (BT-Dr. 7/3998, 29). Allerdings ermächtigt § 69 13 die Vollzugsbehörde dazu, den Hörfunk- und Fernsehempfang vorübergehend auszusetzen oder einzelnen Gefangenen zu untersagen, wenn dies zur Aufrechterhaltung der Sicherheit oder Ordnung der Anstalt unerläßlich ist. Dieser Eingriff in das Grundrecht des Art. 5 I GG soll als ultima ratio zur Gefahrenabwehr zulässig sein (dazu BT-Dr. 7/3998,29). Der Besitz eigener Hörfunkgeräte wird in § 69 II ebenso behandelt wie der Besitz von Gegenständen für die Freizeitbeschäftigung (BT-Dr. 7/918, 74). Praktisch kommt insoweit ein Verbot daher nur bei Gefährdung des Vollzugsziels oder der Sicherheit oder Ordnung der Anstalt in Betracht (§ 70 II Nr. 2). Hingegen besteht nach § 69 II kein Anspruch des Gefangenen auf Zulassung eigener Fernsehgeräte; hiernach wird der Besitz nur in begründeten Ausnahmefällen gestattet. Angesichts der anderweitigen Informationsrechte und -möglichkeiten (Zeitungs- und Zeitschriftenbezug, Hörfunkempfang) hat es der Gesetzgeber nicht für erforderlich erachtet, auch Fernsehgeräte zuzulassen; insoweit

VII. Soziale Hilfe

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will man offenbar erst einmal die weitere Entwicklung abwarten (BT-Dr. 7/918, 74).

VII. Soziale Hilfe 1. Grundsätze Der Begriff der „sozialen Hilfe", der die Regelungsmaterie des neunten Titels (des zweiten Abschnitts) umschreibt (§§ 71—75), ist relativ jungen Datums. Sachlich meint er das, was man früher unter Tätigkeit und Leistungen der Anstaltsfiirsorge verstanden hat. Bereits die DVollzO hat von der „Fürsorge durch soziale Hilfe" gesprochen und durch den Hinweis auf die wohlfahrtspflegerischen Aufgaben der Fürsorgearbeit (Nr. 130) deutlich zu machen versucht, daß sich Fürsorge für den Gefangenen und seine Familie nicht in äußerer Eingliederungshilfe erschöpft. Freilich kommt darin noch nicht hinreichend deutlich zum Ausdruck, daß die soziale Hilfe nur einen besonderen Anwendungsfall der Sozialarbeit überhaupt darstellt und daher folgerichtig an deren Wandel wie heutigen Methoden Anteil hat (vgl. Müller-Dietz 1973 e). Zugleich kann man in der Gewährung sozialer Hilfe einen praktischen Anwendungsfall des Sozialstaatsprinzips erblicken. Zunächst einmal ergibt sich aus dem Sozialstaatsprinzip die Verpflichtung des Vollzugs, dem Gefangenen in möglichst umfassender Weise soziale Hilfe zu gewähren. Dies hat das BVerfG eigens im Hinblick auf die (in § 6 7 R E und jetzt im § 7 4 geregelte) Entlassungshilfe ausgesprochen (BVerfGE 3 5 , 2 3 6 ) . Dem entspricht auf der anderen Seite ein Anspruch des Gefangenen auf soziale Hilfe (vgl. Vorschläge, 98 f.). § 71 Satz 1 räumt ihm ein derartiges allgemeines Recht ein (vgl. BT-Dr. 7 / 9 1 8 , 7 4 ; Calliess/MüllerDietz 1977, Rdnr. 1 zu § 71). Es konkretisiert sich freilich je nach den einzelnen Phasen des Vollzugs und den jeweiligen Bedürfnissen und Interessen des Gefangenen. Hinsichtlich seiner grundsätzlichen Ausgestaltung sind dafür die Leitgedanken und das Selbstverständnis der heutigen Sozialarbeit maßgebend. Diese orientiert sich mit ihren Methoden der Einzelfallhilfe, Gruppenarbeit und

182

§ 8 Einzelne Gestaltungsbereiche des Vollzugs

Gemeinwesenarbeit nicht nur an aktuellen äußeren Nöten und Bedürfnissen ihrer Klientel, sondern sucht darüber hinaus Hilfen zur Lebensbewältigung zu geben. Dementsprechend gilt die soziale Hilfe im Vollzug nicht allein der Regelung der äußeren Angelegenheiten des Gefangenen (wie z.B. Beratung hinsichtlich seiner Rechte und Pflichten, Sicherstellung seiner Habe, Beschaffung von Papieren sowie von Arbeit und Unterkunft), sondern dient auch der Verarbeitung persönlicher Probleme, die gerade bei dissozialen und wenig belastbaren Gefangenen vielfach im Vordergrund stehen dürften (vgl. BT-Dr. 7/918, 7 4 ; Vorschläge, 99). Deshalb kann der Gefangene nach § 71 Satz 1 die soziale Hilfe in Anspruch nehmen, „um seine persönlichen Schwierigkeiten zu lösen". Ziel dieser Hilfe ist es vor allem, den Gefangenen im Sinne des Vollzugsziels zu befähigen, seine Angelegenheiten selbst zu ordnen und mit seinen Schwierigkeiten aus eigener Kraft fertigzuwerden. Er soll also durch die soziale Hilfe nicht abhängig, sondern selbständig werden. Daher soll nach § 71 Satz 2 die Hilfe „darauf gerichtet sein, den Gefangenen in die Lage zu versetzen, seine Angelegenheiten selbst zu ordnen und zu regeln". Hierdurch wird die Vollzugsbehörde verpflichtet, auf eine entsprechende Aktivierung des Gefangenen hinzuwirken, wie es ja bereits § 4 1 2 zum Ausdruck bringt. Damit knüpft das StVollzG an die Grundsätze der Sozialhilfe nach § 1 II 2 BSHG an (vgl. BT-Dr. 7/918, 75). Hinsichtlich der Hilfen im einzelnen unterscheidet das Gesetz nach verschiedenen Phasen des Vollzugs, weil sich in ihnen jeweils unterschiedliche Nöte und Bedürfnisse artikulieren (vgl. oben § 7 I 4). So werden besonders erwähnt und geregelt: die Hilfe bei der Aufnahme (§ 72), die Hilfe während des Vollzugs (§ 73) und die Hilfe zur Entlassung (§ 74), zu der im Grunde auch die Entlassungsbeihilfe ( § 7 5 ) rechnet. 2. Die einzelnen Hilfen a) Hilfe bei der

Aufnahme

§ 72 trägt namentlich dem Umstand Rechnung, daß der Gefangene aufgrund der Aufnahme in die Anstalt in aller Regel nicht mehr in

VII. Soziale Hilfe

183

der Lage ist, seine Angelegenheiten selbst zu ordnen. Soweit dies der Fall ist, ist die Vollzugsbehörde verpflichtet, die erforderlichen Maßnahmen selbst zu treffen. Was jeweils notwendig ist, kann nicht allgemein geregelt werden; dies ergibt der Einzelfall (BT-Dr. 7 / 9 1 8 , 7 5 ) . Das Gesetz erwähnt ausdrücklich die notwendigen Maßnahmen für hilfsbedürftige Angehörige, die Sicherstellung der Habe außerhalb der Anstalt und die Beratung über die Aufrechterhaltung einer Sozialversicherung. b) Hilfe während des Vollzugs Insoweit hebt § 73 vor allem auf jene Hilfen ab, die der Wahrnehmung der bürgerlichen und politischen Rechte des Gefangenen und der Unterstützung der Angehörigen dienen. Gleichzeitig soll das Verantwortungsbewußtsein des Gefangenen dadurch gestärkt werden, daß ihm bei der Erfüllung bestehender Verbindlichkeiten Beistand geleistet wird (vgl. BT-Dr. 7/918, 75). Wegen der Bedeutung des Wahlrechts hat es der Gesetzgeber für erforderlich gehalten, die Vollzugsbehörde ausdrücklich dazu zu verpflichten, den Gefangenen hinsichtlich der Ausübung dieses Rechts zu unterstützen (BT-Dr. 7/3998, 30). Freilich ist damit keine Verpflichtung der Anstalt verbunden, innerhalb ihres Bereichs Wahlkampf zuzulassen. c) Hilfe zur Entlassung Zur Vorbereitung seiner Entlassung ist der Gefangene bei der Ordnung seiner persönlichen, wirtschaftlichen und sozialen Angelegenheiten zu beraten (§ 74 Satz 1). Dazu gehören namentlich Fragen der Sozial- und Arbeitslosenversicherung sowie der Sozialhilfe. Dem Zweck der sozialen Eingliederung entsprechend soll der Gefangene umfassend, auch über die für die Sozialleistungen zuständigen Stellen, unterrichtet werden (§ 74 Satz 2). Diese Verpflichtung erscheint vor allem im Hinblick darauf bedeutsam, daß etliche Gefangene für eine Übergangszeit auf Sozialleistungen angewiesen sind (BT-Dr. 7/3998, 30). Darüber hinaus ist die Vollzugsbehörde verpflichtet, dem Gefangenen bei der Beschaffung von Arbeit und Unterkunft zu helfen; außerdem soll sie um persönlichen Beistand für die Zeit nach der Entlassung besorgt

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§ 8 Einzelne Gestaltungsbereiche des Vollzugs

sein (§ 74 Satz 3). Das Gesetz erlegt der Anstalt aber keine entsprechende Gewährpflicht auf; sie kann insoweit immer nur gehalten sein, das in ihren Kräften Stehende zu tun, um dem Gefangenen die Wege zu ebnen (vgl. BT-Dr. 7/3998, 30). Hier ist denn auch Raum für die Tätigkeit der freien Wohlfahrtspflege und der ehrenamtlichen Straffälligenhilfe. Leider hat der Gesetzgeber davon abgesehen, ausdrücklich eine Verpflichtung ins Gesetz aufzunehmen, wonach die Vollzugsbehörde dem Gefangenen bei Vereinbarungen mit seinen Gläubigern behilflich sein muß; eine solche Regelung hätte verdeutlicht, welches Gewicht derartigen Vereinbarungen für die soziale Eingliederung zukommt (vgl. Vorschläge, 104f.; Müller-Dietz 1977 b, 119). Soweit die eigenen Mittel des Gefangenen — namentlich sein Überbrückungsgeld (§ 51; vgl. oben III 5 d) — nicht ausreichen, erhält er von der Anstalt eine Beihilfe zu den Reisekosten sowie eine Überbrückungsbeihilfe und erforderlichenfalls ausreichende Kleidung (§75 I). Bei der Bemessung der Höhe der Beihilfe sind die Dauer des Freiheitsentzuges, der persönliche Arbeitseinsatz des Gefangenen und die Wirtschaftlichkeit seiner Verfügungen über das Eigengeld und Hausgeld zu berücksichtigen (§75 II 1). Diese Regelung soll die Vollzugsbehörde in die Lage versetzen, die Höhe der Beihilfe auch davon abhängig zu machen, ob und inwieweit der Gefangene seine Mittellosigkeit selbst verschuldet hat (BT-Dr. 7/918, 75). Die Überbrückungsbeihilfe unterliegt aufgrund besonderer vollstreckungsrechtlicher Regelung dem Pfändungsschutz (§ 75 III 1). „Der Zweck dieser Hilfe würde verfehlt, wenn Gläubiger des gerade Entlassenen in dieses Geld vollstrecken könnten" (BT-Dr. 7/3998, 30). Um den Unterhalt von Angehörigen sicherzustellen, kann die Überbrückungsbeihilfe auch ganz oder teilweise Unterhaltsberechtigten überwiesen werden (§75 II 3). Einzelheiten regeln die Verwaltungsvorschriften zu § 75 (vgl. Calliess/ Müller-Dietz 1977, Rdnrn. 2 - 6 zu § 75).

I. Grundfragen und Grundsätze

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§ 9 Sicherheit und Ordnung I. Grundfragen und Grundsätze 1. Zur Grundproblematik von Sicherheit und Ordnung Das Begriffspaar „Sicherheit und Ordnung" spielt seit jeher im Strafvollzug sowohl theoretisch als auch praktisch eine erhebliche Rolle. Sämtliche bisherigen Vollzugsordnungen und Entwürfe von Vollzugsgesetzen enthielten mehr oder minder umfangreiche Regelungen jenes Bereichs (vgl. z.B. die Nrn. 167—193 DVollzO, S§ 7 2 - 9 8 KE, §§ 7 1 - 9 5 RE, S § 1 1 9 - 1 4 6 AE). Mit „Sicherheit und Ordnung" ist der Schutz der Anstalt, namentlich ihrer Beamten und Insassen, vor An- und Übergriffen sowie die Einhaltung derjenigen Regeln gemeint, die ein geordnetes Zusammenleben innerhalb der Anstalt ermöglichen. Die Aufrechterhaltung von „Sicherheit und Ordnung" ist daher vom Schutz der Allgemeinheit vor weiteren Straftaten zu unterscheiden (vgl. SchülerSpringorum 1969, 201 ff.), wenngleich beide Zielsetzungen insoweit übereinstimmen, als der Verurteilte zumindest während der Zeit des Freiheitsentzuges von der Begehung von Straftaten abgehalten werden soll (vgl. oben $ 6 13). Jenes Begriffspaar ist denn auch — wie der Sprachgebrauch des StVollzG dartut — durchweg im Hinblick auf den Schutz der Anstalt sowie der in ihr Tätigen und Befindlichen zu verstehen. Die einschlägigen Vorschriften richten sich deshalb im weitesten Sinne gegen Gefahren und störende Einflüsse, die der Anstalt von innen und außen drohen. Die Notwendigkeit, in diesem Sinne auf die Einhaltung der Voraussetzungen sicheren und ungestörten Zusammenlebens hinzuwirken, steht grundsätzlich außer Streit (vgl. Eidt 1 9 7 4 , 1 5 0 f f . ) . Denn davon hängen nicht allein Bestand und Funktionsfähigkeit der Anstalt ab; vielmehr ist darauf auch die rückfallverhütende Behandlung nach § 2 Satz 1 angewiesen. Indessen haben in der Vergangenheit Regelungen und Vorkehrungen zum Schutz von „Sicherheit und Ordnung" vielfach derart im Vordergrund gestanden, daß dadurch die Voraussetzungen und Möglichkeiten rückfallverhütender Behandlung geradezu beschnitten wurden (vgl. Schüler-Springorum 1 9 6 9 , 1 8 1 ff.). Dies hat

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§ 9 Sicherheit und Ordnung

namentlich zu zahlreichen Reglementierungen des Gefangenen hinsichtlich der Gestaltung des Tagesablaufs und der Beteiligung an der Planung seiner Behandlung geführt und damit der Förderung von Eigeninitiativen sowie aktiver Mitarbeit entgegengewirkt. Vor allem in größeren Anstalten des geschlossenen Vollzugs hat sich — zum Teil auch aufgrund baulicher Vorgegebenheiten — die Aufrechterhaltung von „Sicherheit und Ordnung" als Vollzugsaufgabe gleichsam verselbständigt und das Resozialisierungsziel dahinter zurücktreten lassen (vgl. auch BT-Dr. 7/918, 76). Soll die Anstalt ein Feld zur Einübung sozialer Verhaltensweisen werden und dazu beitragen, die Eigenverantwortung des Gefangenen zu stärken, dann müssen Aufrechterhaltung von „Sicherheit und Ordnung" und die Schaffung von Möglichkeiten freier Entfaltung sowie verantwortlicher Mitwirkung des Gefangenen in einem ausgewogenen Verhältnis zueinander stehen (vgl. Müller-Dietz 1974 c, 490). So ist auch die Kritik an der traditionellen Überbetonung von „Sicherheit und Ordnung" zu verstehen (vgl. Baumann 1972). Dementsprechend hat der AE darauf hingewiesen, einerseits müsse die Durchführung der Behandlung „vor Eingriffen von innen und außen gesichert" und „eine Ordnung innerhalb der Anstalt hergestellt und aufrechterhalten" werden, „die eine wirksame Einwirkung erst möglich macht". „Andererseits darf man nicht durch überflüssige innere Freiheitsbeschränkungen das zerstören bzw. hindern, was eine sorgsame Behandlung aufgebaut hat oder aufbauen soll" (AE, 183). Der AE hat denn auch vorgeschlagen, das Begriffspaar „Sicherheit und Ordnung" durch ein System abgestufter und im einzelnen differenzierender Eingriffsbefugnisse abzulösen, die die Anforderungen an belastende Maßnahmen zu verschärfen suchen (Müller-Dietz 1974 c, 490). Charakteristisch dafür ist neben dem Grundsatz der Subsidiarität (§ 121), der Pflichten und Beschränkungen regelmäßig hinter Behandlungsmethoden zurücktreten läßt, und dem Verbot bestimmter Maßnahmen (§ 122) die Generalklausel des § 119 II AE: Danach sollen den Gefangenen die im Abschnitt „Sicherheit und Ordnung" vorgesehenen Pflichten und Beschränkungen nur dann auferlegt werden dürfen, „wenn das erforderlich ist, um 1.

I. Grundfragen und Grundsätze

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eine erhebliche Beeinträchtigung der Sicherheit, 2. eine grobe Störung des Zusammenlebens oder 3. eine erhebliche Beeinträchtigung der gesetzlich zugelassenen Behandlung zu verhindern oder zu beseitigen". Aus denselben Gründen sind die „Vorschläge" davon ausgegangen, daß geringfügige Beeinträchtigungen der Ordnung noch keinen Anlaß zu Eingriffen abgeben; vielmehr solle die Anstalt lediglich dann dazu ermächtigt werden, wenn dies „zur Verhütung einer erheblichen Störung des Zusammenlebens in der Anstalt geboten ist" (Vorschläge, 3 2 f . ; dazu oben § 8 112). Der Gesetzgeber ist zwar diesen Empfehlungen nicht gefolgt; er hat sich jedoch durch Aufstellung entsprechender Grundsätze und zurückhaltende Regelung der Pflichten der Gefangenen (Verhaltensvorschriften) sowie der Eingriffsbefugnisse der Vollzugsbehörde darum bemüht zu verdeutlichen, daß die Weiterverwendung des Begriffspaares „Sicherheit und Ordnung" „nicht mit dem traditionellen Verständnis von Sicherheit und Ordnung übereinstimmt" (BT-Dr. 7 / 3 9 9 8 , 3 1 ; vgl. auch Jung 1977 a, 2 0 5 ; Calliess/ Müller-Dietz 1977, Rdnr. 1 zu § 8 1 ; kritisch hingegen Grunau 1 9 7 7 , 5 4 f.).

2. Überblick über Regelungen und Systematik des Gesetzes Das StVollzG spricht von „Sicherheit und Ordnung" überall dort, wo Gesichtspunkte der Gefahrenabwehr und des Schutzes vor Störungen des Zusammenlebens eine Rolle spielen (können). Dies trifft einmal auf die Regelung aller jener Lebens- und Gestaltungsbereiche des Vollzugs zu, in denen erfahrungsgemäß immer wieder mit solchen Beeinträchtigungen und Gefährdungen gerechnet werden muß. Beispiele dafür stellen dar: die Regelung der Unterbringung des Gefangenen (§ 17 III Nr. 3), der Ausstattung des Haftraumes (§ 19 II), des Einkaufs (§ 2 2 II 1), des Besuchsverkehrs (SS 25 Nr. 1 , 2 7 1 , 3 4 I Nr. 1), des Schriftwechsels (SS 28 II Nr. 1 , 2 9 III, 31 I Nr. 1 , 3 4 I Nr. 1), des Paketempfangs (SS 33 1 4 , 2 2 II 1, 33 III), der Teilnahme am Gottesdienst und an anderen religiösen Veranstaltungen ( $ 5 4 III: mit Einschränkungen), des Bezuges von Zeitungen und Zeitschriften ( $ 6 8 II 2 : mit Einschränkungen), des Hörfunk- und Fernsehempfangs (§ 6 9 I 3 : mit

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§ 9 Sicherheit und Ordnung

Einschränkungen), des Besitzes von Gegenständen zur Fortbildung oder Freizeitbeschäftigung (§ 70 II Nr. 2). Zum zweiten regelt das Gesetz die Materie „Sicherheit und Ordnung" in einem eigenen (elften) Titel (des zweiten Abschnitts). Die §§ 81—93 befassen sich im einzelnen mit Grundfragen der Sicherheit und Ordnung ( § 8 1 ) und des Verhaltens des Gefangenen (§ 82). Sie sehen darüber hinaus allgemeine (§§ 83—87) und besondere (§§ 8 8 - 9 2 ) Sicherungsmaßnahmen vor, die bei Vorliegen der gesetzlich näher umschriebenen Voraussetzungen getroffen werden dürfen. Schließlich regelt § 93 noch den Ersatz von Aufwendungen, die aufgrund schuldhaften Verhaltens von Gefangenen entstanden sind. Im weiteren Sinne dienen auch die Anwendung unmittelbaren Zwangs (§§ 94—101) und die Disziplinarmaßnahmen (§§ 102— 107) der Aufrechterhaltung von Sicherheit und Ordnung. Stellt die Anwendung unmittelbaren Zwangs im Vollzug einen Sonderfall polizeilicher Gefahrenabwehr dar, so hat die Verhängung und Vollstreckung von Disziplinarmaßnahmen in erster Linie die Aufgabe, auf ein geordnetes Zusammenleben in der Anstalt hinzuwirken (vgl. BT-Dr. 7/918, 81).

3. Grundprinzipien der gesetzlichen Regelung Das StVollzG stellt zwei Grundsätze an den Anfang seiner Regelungen von Sicherheit und Ordnung: Einmal hat die freiwillige Mitarbeit des Gefangenen Vorrang vor Beschränkungen seiner Rechte, namentlich vor Zwangsmaßnahmen. Zum zweiten gilt für die Auferlegung von Pflichten und Beschränkungen der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz. a) Freiwilligkeit vor Zwang Die §§ 2—4 zielen auf die Mitarbeit des Gefangenen ab. Deshalb verpflichtet § 81 I die Vollzugsbehörde auch für den Bereich der Sicherheit und Ordnung dazu, das Verantwortungsbewußtsein des Gefangenen für ein geordnetes Zusammenleben in der Anstalt zu wecken und zu fördern. Damit knüpft das Gesetz vor allem an die

I. Grundfragen und Grundsätze

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Verpflichtung des Vollzugs nach § 4 I an (vgl. oben § 6 III 1). „Entsprechend dem in § 3 normierten Gestaltungsgrundsatz soll das Leben in der Anstalt in erster Linie eben nicht von Zwangsmaßnahmen, sondern von der Einsicht des Gefangenen getragen sein. Die Vollzugsbehörde ist deshalb gehalten, zunächst mit geeigneten Maßnahmen auf das Verantwortungsgefühl und die Einsicht des Gefangenen einzuwirken, um ihn zu einem ordnungsgemäßen Verhalten zu veranlassen. Erst wenn ihr dies nicht gelingt, soll sie von Ordnungsmaßnahmen Gebrauch machen können" (BT-Dr. 7/3998, 31). Durch eine solche Regelung soll der Grundkonzeption des Gesetzes Rechnung getragen werden, wonach „die Ordnung in der Vollzugsanstalt nicht Selbstzweck ist, sondern den Aufgaben des Vollzuges zu dienen hat" (BT-Dr. 7/918, 76). Voraussetzung dafür ist freilich, daß die Anstalt nach personeller Besetzung, Einrichtung und Ausstattung in der Lage ist, dem Vollzugsziel entsprechend auf den Gefangenen einzuwirken. Neben der ausreichenden personellen Besetzung sind hier vor allem der Ausbildungsstand der Vollzugsbediensteten und die Größe der Anstalt von entscheidender Bedeutung. Die Auswahl der Methoden, mit denen die Mitarbeit des Gefangenen erreicht werden soll, ist Sache der Anstalt. Das Gesetz geht indessen davon aus, daß der Anstalt die Fachkräfte zur Verfügung stehen, die ihr bei der Erfüllung jener Aufgabe behilflich sein können (BT-Dr. 7/918, 76). b)

Verhältnismäßigkeitsgrundsatz

Beschränkungen der (Grund-)Rechte des einzelnen und Eingriffsbefugnisse der Behörden unterliegen aus rechtsstaatlichen Gründen allemal dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz. Im Rahmen des Strafvollzugs spielt er namentlich auf dem Gebiet der Sicherheit und Ordnung eine große Rolle (vgl. oben § 4 11 a). Obgleich er als Ausfluß des Rechtsstaatsprinzips für jegliche Form von Ausübung staatlicher Gewalt gilt, wurde er für jenen Bereich nochmals besonders formuliert und ins StVollzG aufgenommen. Nach § 81 II sind demgemäß die Pflichten und Beschränkungen, die dem Gefangenen zur Aufrechterhaltung der Sicherheit oder Ordnung der Anstalt auferlegt werden, so zu wählen, „daß sie in

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§ 9 Sicherheit und Ordnung

einem angemessenen Verhältnis zu ihrem Zweck stehen und den Gefangenen nicht mehr und nicht länger als notwendig beeinträchtigen". Danach sind nur nach Dauer und Intensität unvermeidbare sowie im Hinblick auf den verfolgten Zweck angemessene Eingriffe in die Rechte des Gefangenen statthaft. Diese spezielle Ausgestaltung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes ist bei allen Maßnahmen der Sicherheit und Ordnung — also nicht allein bei denen des elften Titels — zu beachten (BT-Dr. 7/918, 7 6 ; Calliess/ Müller-Dietz 1977, Rdnr. 6 zu § 81).

II.

Verhaltensvorschriften

1. Überblick Die DVollzO enthielt eine größere Anzahl von Verhaltensgeboten und -verboten, die sich unmittelbar an den Gefangenen richteten (Nrn. 69—79). Sie reichten von der Regelung des Verhaltens des Gefangenen im allgemeinen (Nrn. 69 und 70) bis zu Vorschriften über die Tageseinteilung (Nr. 71), die Platzgebundenheit (Nr. 72), das Verbot ruhestörenden Verhaltens (Nr. 73), das Verhalten der Gefangenen untereinander und Dritten gegenüber (Nr. 74), das Geschäfts- und Spielverbot (Nr. 75), das Rauchen (Nr. 76), den unbefugten Besitz (Nr. 77), die Behandlung von Anstaltssachen (Nr. 78) und die Meldepflicht des Gefangenen in bezug auf besondere Vorkommnisse (Nr. 79). Uber die Notwendigkeit, insoweit eine „Flurbereinigung" vorzunehmen, d.h. die Verhaltensgebote und -verböte auf ein vernünftiges und dem Vollzugsziel entsprechendes Maß zurückzuführen, bestand schon lange Einigkeit (vgl. Müller-Dietz 1974 c, 491). Einerseits sollen auch die Verhaltensvorschriften den Gefangenen nicht mehr belasten und in seiner Bewegungsfreiheit beschränken, als zur Aufrechterhaltung von Sicherheit und Ordnung in der Anstalt erforderlich ist. Andererseits erscheinen grundsätzlich nur solche Regeln sinnvoll, deren Einhaltung überwacht werden kann. Der Gesetzgeber hat sich deshalb darum bemüht, die Verhaltensvorschriften an den praktischen Erfordernissen der Anstalt zu orientieren und überflüssige Rechtsbeschränkungen zu vermeiden.

II. Verhaltensvorschriften

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Allerdings regeln die in § 82 zusammengefaßten Pflichten des Gefangenen jenen Bereich nicht abschließend (vgl. BT-Dr. 7/918, 76). Aus Gründen des Sachzusammenhangs und der Systematik findet sich eine ganze Reihe einschlägiger Vorschriften noch an anderer Stelle. Beispielhaft dafür sind etwa die Regelungen der Arbeitspflicht (§ 41) und der Pflicht des Gefangenen, die notwendigen Maßnahmen zum Gesundheitsschutz und zur Hygiene zu unterstützen (§ 56 II). Durchweg beziehen sich diese Vorschriften auf besondere Lebens- oder Gestaltungsbereiche des Vollzugs. Sie werden noch durch § 83 ergänzt, der den persönlichen Gewahrsam des Gefangenen und - jedenfalls teilweise — die Verwaltung des Eigengeldes regelt. 2. Die einzelnen Verhaltensgebote und -verböte § 82 stellt einen Katalog jener Pflichten auf, die der Gefangene im allgemeinen während des Tagesablaufs einzuhalten hat. Zunächst muß er sich nach der Tageseinteilung der Anstalt (Arbeitszeit, Freizeit, Ruhezeit) richten (§ 82 11). Sie ist jeweils in der Hausordnung zu regeln (§ 161 II Nr. 2), die den Gefangenen bekanntgegeben werden und zugänglich sein muß (§ 161 III). Darüber hinaus weist § 82 I 2 den Gefangenen ausdrücklich darauf hin, daß er durch sein Verhalten gegenüber Vollzugsbediensteten, Mitgefangenen und anderen Personen das geordnete Zusammenleben nicht stören darf. Diese Verpflichtung ist vor dem Hintergrund des Erfordernisses zu sehen, auf die Einhaltung der Ordnung gegebenenfalls mit Disziplinarmaßnahmen hinwirken zu können (vgl. BT-Dr. 7/918,119; BT-Dr. 7/3998, 32). Entsprechendes gilt für die Pflicht des Gefangenen zur Befolgung von Anordnungen der Vollzugsbediensteten; sie besteht auch dann, wenn sich der Gefangene dadurch beschwert fühlt (§ 82 II 1). Die Einlegung eines Rechtsmittels (oder Rechtsbehelfs) befreit ihn grundsätzlich nicht von dieser Pflicht. Natürlich kann der Gefangene nur wegen Nichtbefolgung rechtmäßiger Anordnungen disziplinarisch zur Rechenschaft gezogen werden. Die Rechtsgrundlage für derartige Anordnungen gibt indessen nicht § 82 ab, sondern ist den besonderen Regelungen des StVollzG zu entnehmen. Ein Vollzugsbediensteter kann daher eine Anweisung an den Gefangenen nicht

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§ 9 Sicherheit und Ordnung

auf die formale Gehorsamspflicht jener Vorschrift stützen (vgl. BT-Dr. 7 / 9 1 8 , 7 6 f . ) . Leider hat sich der Gesetzgeber nicht dazu entschließen können, nach dem Vorbild der für Vollzugsbedienstete geltenden Regelung (§ 9 7 I und II) von der Gehorsamspflicht diejenigen Anordnungen ausdrücklich auszunehmen, die die Menschenwürde verletzen oder auf Begehung einer Straftat zielen. Zwar können solche Anordnungen auch den Gefangenen nicht verpflichten, doch hätte eine entsprechende Angleichung der Verhaltensvorschriften verdeutlicht, daß insoweit für Vollzugsbedienstete und Gefangene die gleichen Regeln gelten (vgl. Müller-Dietz 1974 c, 4 9 1 ) . Während der Grundsatz der Platzgebundenheit sich früher auf den Raum bezog, der dem Gefangenen zugewiesen worden war (Nr. 7 2 DVollzO), erstreckt er sich nunmehr auf den zugewiesenen Bereich. Darin ist eine Konsequenz des Angleichungsgrundsatzes zu sehen, der nur im erforderlichen Umfang beschränkt werden darf; hierbei ist naturgemäß der Sicherheitsgrad der jeweiligen Anstalt von Bedeutung (vgl. BT-Dr. 7 / 9 1 8 , 77). Dementsprechend bedarf der Gefangene der Erlaubnis, wenn er den ihm zugewiesenen Bereich verlassen will (§ 8 2 II 2). Des weiteren verpflichtet § 8 2 III den Gefangenen dazu, seinen Haftraum und die ihm von der Anstalt überlassenen Sachen in Ordnung zu halten und schonend zu behandeln. Besonders umstritten war von jeher die Pflicht des Gefangenen, besondere Vorkommnisse, namentlich das Vorhaben einer Selbstverletzung, einer Selbsttötung, eines Angriffs, einer Flucht oder einer Verabredung zur Meuterei der Anstaltsleitung mitzuteilen (vgl. Nr. 7 9 DVollzO). „Solche Pflichten werden vielfach als Denunziantenpflichten verstanden" (AE, 187). Der A E hat daher vorgeschlagen, von der Aufnahme einer Meldepflicht ins StVollzG abzusehen und es bei den allgemeinen Vorschriften, etwa des B G B und StGB, bewenden zu lassen (AE, 187). Der Gesetzgeber hat gleichwohl im Hinblick auf die besondere Situation im Vollzug an der Meldepflicht festgehalten, sie jedoch gegenüber Nr. 7 9 DVollzO und § 7 2 IV R E eingeschränkt. Hiernach muß der Gefangene nur mehr Umstände, die eine Gefahr für das Leben oder eine erhebliche Gefahr für die Gesundheit einer Person bedeuten,

II. Verhaltensvorschriften

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unverzüglich melden (§ 8 2 IV). Sonstige Gefahren - wie etwa die eines Sachschadens — unterliegen nicht der Meldepflicht. Damit ist diese „auf einen dem § 3 3 0 c StGB vergleichbaren Bereich beschränkt" (BT-Dr. 7 / 3 9 9 8 , 32).

3. Persönlicher Gewahrsam und Eigengeld Hinsichtlich des persönlichen Gewahrsams bestimmt § 83 I I , daß der Gefangene nur Sachen besitzen oder annehmen darf, „die ihm von der Vollzugsbehörde oder mit ihrer Zustimmung überlassen werden". Diese Regelung, die vor allem vom AE (187) abgelehnt worden ist, geht recht weit; sie macht den Gefangenen in bezug auf seinen ganzen Besitz praktisch von der Anstalt abhängig. Dadurch soll vornehmlich auf Anstalten hohen Sicherheitsgrades Rücksicht genommen werden, in denen „jeder Mißbrauch der persönlichen Habe ausgeschlossen werden muß, um das Sicherheitsrisiko zu vermindern. Die Vollzugsbehörde muß in diesen Anstalten sich die volle Kenntnis des persönlichen Besitzes jedes Gefangenen sichern können" (BT-Dr. 7 / 9 1 8 , 77). Offen bleibt danach freilich, ob und inwieweit eine solche Vorschrift mit dem Angleichungsgrundsatz (§ 3 I) zu vereinbaren ist. D a ß der Gesetzgeber hier plötzlich auf die Bedürfnisse von Anstalten hoher Sicherheit rekurriert, erscheint auch insofern problematisch, als er sonst - von wenigen Vorschriften des Titels „Sicherheit und Ordnung" abgesehen — durchweg ein derartiges Vorgehen vermieden und auf Sonderregelungen für besonders gesicherte Anstalten verzichtet hat (krit. Schmitt 1 9 7 4 , 6 1 7 f . ) . Deshalb sind restriktive Auslegung und Anwendung des § 83 I geboten (vgl. Calliess/Müller-Dietz 1 9 7 7 , Rdnr. 1 zu § 83). Auch die Zulässigkeit der Annahme von Sachen behält § 83 I 2 weitgehend der Entscheidung der Vollzugsbehörde vor. Der Gefangene darf zwar Sachen von geringem Wert von einem anderen Gefangenen annehmen; jedoch kann die Vollzugsbehörde Annahme und Gewahrsam selbst dieser Sachen von ihrer Zustimmung abhängig machen. Von dieser Ermächtigung, die gleichfalls recht großzügig erscheint, soll die Vollzugsbehörde allerdings nur im Rahmen des Erforderlichen Gebrauch machen; das Gesetz 13

Miiller-Dietz, Strafvollzugsrecht

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§ 9 Sicherheit und Ordnung

„will die Vollzugsbehörden nicht zu kleinlichen Uberwachungsmaßnahmen zwingen" (BT-Dr. 7/918, 77). Im übrigen sehen weitere Vorschriften vor, daß dem Gefangenen Sachen zur Ausstattung des Haftraums (§ 19 I; vgl. oben § 8 I 2), als zusätzliche Nahrungs- und Genußmittel sowie Mittel zur Körperpflege (§ 22 I; vgl. oben § 8 15), zum religiösen Gebrauch (§ 5 3 II und III; vgl. oben § 8 IV 2), zur Information, zur Fortbildung oder Freizeitbeschäftigung (§§ 68 I, 69 II, 70 I; vgl. oben 8 VI) zu überlassen sind. Eingebrachte Sachen, die der Gefangene nicht in Gewahrsam haben darf, sind für ihn aufzubewahren, sofern dies nach Art und Umfang möglich ist (§ 83 II 1). Eingebrachtes Geld wird ihm als Eigengeld (vgl. § 52) gutgeschrieben (§ 83 II 2). Die Vollzugsbehörde ist verpflichtet, dem Gefangenen Gelegenheit zu geben, seine Sachen, die er während des Vollzugs und für die Entlassung nicht benötigt, zu versenden. Ebenso darf er über sein Eigengeld verfügen, soweit es nicht als Überbrückungsgeld ( § 5 1 ) erforderlich ist (vgl. oben § 8 III 5 d). Lehnt es ein Gefangener ab, eingebrachte Sachen, die in der Anstalt nicht verwahrt werden können, zu versenden, so darf die Vollzugsbehörde diese Gegenstände auf seine Kosten aus der Anstalt entfernen lassen ( § 8 3 III). Der Gesetzgeber hat mit Rücksicht auf einen etwaigen Erinnerungs- oder Liebhaberwert davon abgesehen, der Anstalt für einen solchen Fall ein Verwertungsrecht einzuräumen. Das an dessen Stelle vorgesehene Verfahren sucht sowohl den Interessen der Anstalt als auch denen des Gefangenen Rechnung zu tragen (vgl. BT-Dr. 7/3998, 32). Dagegen ermächtigt § 83 IV die Vollzugsbehörde dazu, Aufzeichnungen und andere Gegenstände, die Kenntnisse über Sicherungsvorkehrungen der Anstalt vermitteln, zu vernichten oder unbrauchbar zu machen. Hinter dieser Regelung stehen offenkundig Sicherheitsgesichtspunkte (BT-Dr. 7/3998, 32).

III.

Sicherungsmaßnahmen

In aller Regel steht die Anordnung und Durchführung der allgemeinen und besonderen Sicherungsmaßnahmen, die das StVollzG

III. Sicherungsmaßnahmen

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vorsieht, im pflichtgemäßen Ermessen der Vollzugsbehörde. Insofern haben wir es hier grundsätzlich mit Ermächtigungen (und nicht Verpflichtungen) der Behörde zu tun. Das schließt — wie auch sonst — nicht aus, daß die Vollzugsbehörde im Einzelfall gerade im Hinblick auf die Erfüllung der Vollzugsaufgabe, die Allgemeinheit vor der Begehung weiterer Straftaten zu schützen (§ 2 Satz 2), gehalten sein kann, bestimmte Sicherungsmaßnahmen zu treffen. Das Gesetz unterscheidet zwar nicht ausdrücklich zwischen allgemeinen und besonderen Sicherungsmaßnahmen, wie es noch die DVollzO getan hat (vgl. die Nrn. 167—174 einerseits und die Nrn. 175—180 andererseits). Es kennt aber den Begriff der besonderen Sicherungsmaßnahmen (§ 88). Insofern erscheint es legitim, die sonstigen gesetzlich geregelten Sicherungsmaßnahmen als allgemeine von den besonderen abzuheben, zumal es sich dabei — wenigstens teilweise — um Maßnahmen handelt, die unabhängig von konkreten Gefahrenlagen, also gleichsam routinemäßig, getroffen werden müssen. Im weiteren Sinne rechnet zu den Sicherungsmaßnahmen auch die Anwendung unmittelbaren Zwangs. Da der unmittelbare Zwang in besonders nachhaltiger Weise in die Rechte der Gefangenen eingreift und u. U. mit schwerwiegenden Folgen für den Betroffenen verbunden ist, widmet ihm das Gesetz einen eigenen Titel (§§94-101). 1. Allgemeine Sicherungsmaßnahmen Zu den allgemeinen Sicherungsmaßnahmen in diesem Sinne rechnen namentlich die Durchsuchung des Gefangenen, seiner Sachen sowie der Hafträume (§ 84) und erkennungsdienstliche Maßnahmen (§ 86). Darüber hinaus räumt das Gesetz der Vollzugsbehörde die Befugnis ein, gefährliche Gefangene sicher unterzubringen (§85) und entwichene Gefangene außerhalb der Anstalt festzunehmen (§ 87). Die beiden letzteren Möglichkeiten kommen nur bei Vorliegen bestimmter Voraussetzungen in Betracht; von ihnen darf die Vollzugsbehörde auch nur in begrenztem Umfange Gebrauch machen. Insofern weisen sie eine 13*

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§ 9 Sicherheit und Ordnung

gewisse Ähnlichkeit mit den besonderen Sicherungsmaßnahmen auf, die lediglich bei erhöhter Gefährdung der Sicherheit oder Ordnung der Anstalt getroffen werden dürfen (§ 88). Das Durchsuchungsrecht bezieht sich auf die Person des Gefangenen, seine Sachen und die Hafträume (§ 84 11). Bei der Durchsuchung männlicher Gefangener dürfen nur Männer, bei der Durchsuchung weiblicher Gefangener dürfen nur Frauen anwesend sein (§ 84 I 2). In allen Fällen hat die Vollzugsbehörde das Schamgefühl des Gefangenen zu schonen (§ 84 I 3). Dies gilt erst recht für körperliche Durchsuchungen, die mit einer Entkleidung verbunden sind. Solche Durchsuchungen sind nur bei Gefahr im Verzuge oder auf Anordnung des Anstaltsleiters im Einzelfall zulässig (§ 84 II 1). Mit dieser Regelung will das Gesetz wiederum den Sicherheitsbedürfnissen geschlossener Anstalten Rechnung tragen, zugleich aber auch eine flexible Handhabung ermöglichen (vgl. BT-Dr. 7/918,-77). Bedenklich erscheint, daß die Verwaltungsvorschriften zu § 84 ohne Rücksicht auf die Eigenart der Anstalt generelle Durchsuchungspflichten begründen wollen (vgl. Calliess/Müller-Dietz 1977, Rdnr. 2 zu §84). Darüber hinaus ermächtigt § 84 III den Anstaltsleiter dazu, die Durchsuchung der aufzunehmenden oder zurückkehrenden Gefangenen allgemein anzuordnen. Praktische Bedeutung hat das vor allem für den offenen Vollzug und Freigängervollzug. Hier besteht immer wieder die Gefahr, daß verbotene Gegenstände — wie etwa Rauschgift und Alkohol — in die Anstalt geschmuggelt werden. Dem will jene generelle Durchsuchungsermächtigung entgegenwirken (vgl. BT-Dr. 7/3998, 32). Als erkennungsdienstliche Maßnahmen sieht § 86 I zur Sicherung des Vollzugs die Abnahme von Finger- und Handflächenabdrücken, die Aufnahme von Lichtbildern, die Feststellung äußerlicher körperlicher Merkmale und Messungen vor (kritisch Calliess/Müller-Dietz 1977, Rdnr. 1 zu § 86). Sie dienen namentlich der Fahndung und der Wiederergreifung flüchtiger Gefangener (BT-Dr. 7/3998, 33), aber auch der Ermittlung der Identität (BT-Dr. 7/918, 122). Der Gesetzgeber hat sich veranlaßt gesehen, die Zulässigkeit solcher Maßnahmen besonders zu regeln, weil sie mit Rechtsbeschränkungen für den Gefangenen verbunden sind

III. Sicherungsmaßnahmen

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(vgl. BT-Dr. 7/3998, 33). Im Hinblick auf den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz sollten erkennungsdienstliche Maßnahmen ursprünglich auf Gefangene mit einer Vollzugsdauer von mindestens einem Jahr beschränkt bleiben (BT-Dr. 7/3998, 33); diese Beschränkung ist indessen in das Gesetz nicht übernommen worden. Dagegen räumt das Gesetz dem Gefangenen das Recht ein, die Vernichtung der erkennungsdienstlichen Unterlagen nach Abschluß der Vollstreckung der richterlichen Entscheidung zu verlangen (§ 86 III 1); maßgebend ist dafür der Entlassungszeitpunkt allerdings nur dann, wenn weiterer Freiheitsentzug aufgrund dieser Entscheidung nicht mehr in Betracht kommt. Über sein Recht ist der Gefangene spätestens bei der Entlassung zu belehren (§ 86 III 2). Die Regelung folgt im wesentlichen den allgemeinen Grundsätzen, wie sie namentlich von der verwaltungsgerichtlichen Rspr. hinsichtlich der Aufbewahrung und Vernichtung entsprechender Unterlagen entwickelt worden sind, die aufgrund erkennungsdienstlicher Maßnahmen nach § 81 b StPO zustande kommen (vgl. Kleinknecht 1977, Rdnr. 16 zu § 81 b). Besteht bei einem Gefangenen in erhöhtem Maße Fluchtgefahr oder stellt sonst sein Verhalten oder sein Zustand eine Gefahr für Sicherheit oder Ordnung der Anstalt dar, kann er in eine Anstalt höheren Sicherheitsgrades verlegt werden (§ 85). Diese Ermächtigung ergänzt die Verlegungsbefugnisse nach § 8 (vgl. oben § 7 VII 2). Sie gestattet indessen nur die Verlegung eines Gefangenen in eine Anstalt des Straf-, nicht des Maßregelvollzuges (vgl. BT-Dr. 7/918, 77). Nr. 174 11 DVollzO verpflichtete die Vollzugsbehörde dazu, einen entwichenen Gefangenen „unverzüglich und nachdrücklich zu verfolgen". Umstritten war jedoch, ob für die Wiederergreifung des Gefangenen ein Vollstreckungshaftbefehl nach § 457 StPO erforderlich ist. Nach § 87 StVollzG bedarf es eines solchen Haftbefehls nicht, weil „das Gewahrsamsverhältnis, in dem sich der Gefangene befindet, durch das bloße Entweichen für sich allein noch nicht aufgehoben wird" (BT-Dr. 7/3998, 33; Calliess/ Müller-Dietz 1977, Rdnr. 1 zu § 87). Dementsprechend darf die Vollzugsbehörde einen Gefangenen, der entwichen ist oder sich sonst ohne Erlaubnis außerhalb der Anstalt aufhält, festnehmen

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§ 9 Sicherheit und Ordnung

und in die Anstalt zurückbringen; sie kann dies auch im Wege der Amtshilfe veranlassen. Freilich besteht das Festnahmerecht, das sich mit der sog. Nacheile vergleichen läßt, „nur dann und nur so lange, als noch ein unmittelbarer — zeitlicher — Bezug zum Vollzug gegeben ist" (BT-Dr. 7/3998, 33). Das trifft etwa auf den Urlaub aus der Haft ( § 1 3 ) zu, gilt aber nicht mehr für den Fall, daß sich ein Gefangener seit längerer Zeit unerlaubterweise auf freiem Fuß befindet. Ist das Festnahmerecht nicht mehr gegeben, bedarf es zur Wiederergreifung eines Vollstreckungshaftbefehls. 2. Besondere Sicherungsmaßnahmen a) Übersicht Nr. 176 DVollzG enthielt einen umfangreichen Katalog besonderer Sicherungsmaßnahmen, mit denen erhöhten Gefährdungen der Sicherheit oder Ordnung der Anstalt begegnet werden konnte. Der Gesetzgeber hat diesen Katalog auf jene Maßnahmen beschränkt, die im Hinblick auf das Schutzbedürfnis der Anstalt unerläßlich erscheinen. Das StVollzG steht hier vor der Notwendigkeit, einerseits der Vollzugsbehörde hinreichende und praktikable Eingriffsbefugnisse zur Verfügung zu stellen, die Ermächtigungen andererseits aber in rechtsstaatlicher Weise auf das erforderliche Maß zurückzuführen (BT-Dr. 7/918, 77). Dementsprechend sind die besonderen Sicherungsmaßnahmen in den §§ 88—92 nach Art und Voraussetzungen abschließend geregelt. Allerdings müssen dabei noch zusätzlich diejenigen Rechtsbeschränkungen berücksichtigt werden, die aus Gründen der Sicherheit oder Ordnung nach anderen Vorschriften dem Gefangenen auferlegt werden dürfen. Beispiele hierfür bilden die § § 2 2 II, 25 Nr. 2, 2 7 1 1, 28 II Nr. 1, 29 III, 31 I Nr. 1, 34 I Nr. 1, 54 III, 68 II 2, 69 I 3, 70 II Nr. 2 und natürlich weitere Bestimmungen des Titels „Sicherheit und Ordnung". Die besonderen Sicherungsmaßnahmen richten sich gegen bestimmte Gefangene. Voraussetzung ist grundsätzlich, daß nach dem Verhalten des Gefangenen oder auf Grund seines seelischen Zustandes in erhöhtem Maße Fluchtgefahr oder die Gefahr von Gewaltätigkeiten gegen Personen oder Sachen oder die Gefahr des

III. Sicherungsmaßnahmen

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Selbstmordes oder der Selbstverletzung besteht (§88 I; dazu BTDr. 7/918, 78). In diesen Fällen geht die Störung der Anstaltsordnung von dem Gefangenen aus. Darüber hinaus gestattet § 88 III die Anordnung bestimmter Sicherungsmaßnahmen, „wenn die Gefahr einer Befreiung oder eine erhebliche Störung der Anstaltsordnung anders nicht vermieden oder behoben werden kann". Hiernach kann die Störung ihre Ursache auch außerhalb der Anstalt haben; allemal muß sie aber, wie schon der Wortlaut der Regelung erkennen läßt, einiges Gewicht haben (BT-Dr. 7/3998, 33 f.). Auch besondere Sicherungsmaßnahmen unterliegen dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz. Sie dürfen deshalb nach § 88 V nur soweit und solange aufrechterhalten werden, als es ihr Zweck erfordert (vgl. BT-Dr. 7/918, 79; Calliess/Müller-Dietz 1977, Rdnr. 4 zu § 88). Die Anordnung besonderer Sicherungsmaßnahmen ist wegen ihrer Bedeutung grundsätzlich dem Anstaltsleiter vorbehalten (§ 91 I 1). Bei Gefahr im Verzuge dürfen aber auch andere Bedienstete der Anstalt solche Anordnungen treffen (§ 91 I 2). Sie müssen jedoch unverzüglich die Entscheidung des Anstaltsleiters einholen (§91 13). Mit dieser Regelung will das Gesetz praktischen Bedürfnissen Rechnung tragen (BT-Dr. 7/918, 78). Entsprechende Überlegungen haben den Gesetzgeber auch davon abgehalten, in allen Fällen eine vorherige Anhörung des Anstaltsarztes vorzuschreiben. Namentlich hat er den Vorschlag des AE für impraktikabel befunden, der Anordnung besonderer Sicherungsmaßnahmen jeweils eine Prüfung vorzuschalten, ob der angestrebte Zweck auch durch ärztliche Heilbehandlung erreicht werden kann (vgl. § 126 I AE, 184ff.; BT-Dr. 7/3998, 34). Deshalb verpflichtet § 91 II 1 den Anstaltsleiter nur dann zur vorherigen Anhörung des Arztes, wenn der Gefangene ärztlich behandelt oder beobachtet wird oder wenn sein seelischer Zustand den Anlaß der Maßnahme bildet. Ist das wegen Gefahr im Verzuge nicht möglich, muß wenigstens unverzüglich eine Stellungnahme des Arztes eingeholt werden (§91 II 2). Diese Regelungen begründen gleichsam Mindestpflichten der Vollzugsbehörde. Der Anstaltsleiter ist daher nicht gehindert, auch in sonstigen

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Fällen den Arzt zu hören (vgl. BT-Dr. 7/3998, 34); vielmehr kann sich über die Fälle des § 91 II hinaus die Verpflichtung, den Arzt zu beteiligen, aus § 56 I ergeben (vgl. Calliess/Müller-Dietz 1977, Rdnr. zu § 91). b) Die einzelnen

Maßnahmen

§ 88 II zählt im einzelnen folgende Maßnahmen auf: den Entzug oder die Vorenthaltung von Gegenständen, die Beobachtung bei Nacht, die Absonderung von anderen Gefangenen, der Entzug oder die Beschränkung des Aufenthalts im Freien, die Unterbringung in einem besonders gesicherten Haftraum ohne gefährdende Gegenstände und die Fesselung. Uber die allgemeinen Voraussetzungen dieser Sicherungsmaßnahmen hinaus (vgl. oben a) ist zu berücksichtigen, daß die unausgesetzte Absonderung eines Gefangenen (Einzelhaft) nur zulässig ist, „wenn dies aus Gründen, die in der Person des Gefangenen liegen, unerläßlich ist"(§ 89 I). Aber auch im übrigen differenziert das Gesetz hinsichtlich der Anordnung bestimmter Sicherungsmaßnahmen jeweils nach Anlaß und Situation, um allen Eventualitäten Rechnung zu tragen. So sind der Entzug oder die Vorenthaltung von Gegenständen, die Absonderung, der Entzug oder die Beschränkung des Aufenthalts im Freien und die Unterbringung in einem besonders gesicherten Haftraum auch zulässig, wenn die erhebliche Störung der Anstaltsordnung ihre Ursache nicht in der Person des (von der Maßnahme betroffenen) Gefangenen hat (§ 88 III). Ebenso darf ein Gefangener bei einer Ausführung, Vorführung oder beim Transport auch dann gefesselt werden, wenn er aus anderen als den in § 88 I genannten Gründen (vgl. oben a) fluchtgefährlich ist (§ 88 IV). Im Gegensatz zu § 21 III StGB a.F. und § 316 III 2 EGStGB, die die unausgesonderte Absonderung eines Gefangenen (Einzelhaft) auf drei Jahre begrenzten (sofern dieser nicht zustimmte), sieht § 8 9 StVollzG aus praktischen Erwägungen keine zeitliche Befristung der Maßnahme vor. Ebensowenig verlangt das Gesetz die Einschaltung der StVollstrK (so aber § 127 III AE). Es vertraut offenbar darauf, daß die Vollzugspraxis von jener Sicherungsmaßnahme nur im _ Rahmen des unbedingt Erforderlichen als

III. Sicherungsmaßnahmen

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ultima ratio Gebrauch macht. „Die Anstalt hat daher in jedem Fall zunächst alle sonstigen Mittel einzusetzen, um der unausgesetzten Absonderung vorzubeugen oder ihre Notwendigkeit zu beheben. Dazu werden insbesondere ärztlich-psychiatrische Maßnahmen geeignet sein" (BT-Dr. 7/918, 78). Im Hinblick auf die Schwere der Sicherungsmaßnahme bedarf Einzelhaft von mehr als drei Monaten Gesamtdauer im Jahr jedoch der Zustimmung der Aufsichtsbehörde (§ 89 II; BT-Dr. 7/3998, 34). Auch hinsichtlich der Fesselung trifft das Gesetz besondere Regelungen, um gesundheitliche Schäden des Gefesselten zu vermeiden (BT-Dr. 7/918, 78). So darf ein Gefangener grundsätzlich nur an den Händen oder Füßen gefesselt werden (§ 90 Satz 1). Im Interesse des Gefangenen kann der Anstaltsleiter eine andere Art der Fesselung anordnen (§ 90 Satz 2). Freilich hat dies — wie etwa die Verwendung einer Zwangsjacke oder die Fixierung mit Gurten auf einem Bett — vielfach einen stärkeren Eingriff in die körperliche Bewegungsfreiheit des Gefangenen zur Folge. Deshalb soll diese Art der Fesselung nach Auffassung des Gesetzgebers nur in Betracht kommen, wenn sie „geboten und geeignet ist, den Gefangenen vor erheblichen Selbstverletzungen zu bewahren", die anders nicht verhindert werden können (BT-Dr. 7/3998, 34). Ebenso wie das Gesetz die Zulässigkeit besonderer Sicherungsmaßnahmen bei Vorliegen bestimmter Voraussetzungen von einer vorherigen Anhörung des Arztes abhängig macht (§ 91 II), schreibt es für gewisse Fälle zwingend die ärztliche Überwachung solcher Maßnahmen vor. Das gilt einmal bei der Unterbringung eines Gefangenen in einem besonders gesicherten Haftraum oder der Fesselung eines Gefangenen (§ 92 I). Zum zweiten ist der Arzt regelmäßig zu hören, solange einem Gefangenen der tägliche Aufenthalt im Freien entzogen wird (§ 92 II). Diese Regelungen sollen einerseits etwaigen -gesundheitlichen Gefährdungen entgegenwirken; andererseits sollen sie aufgrund ihrer flexiblen Fassung den derzeitigen Schwierigkeiten "hinsichtlich der ärztlichen Versorgung im Vollzug Rechnung tragen (vgl. BT-Dr. 7/3998, 34f.).

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3. Unmittelbarer Zwang a)

Grundsätze

Dem Grundsatz des § 81 I entsprechend (vgl. oben I 3 a) geht das StVollzG davon aus, daß der Gefangene seine Pflichten regelmäßig auch ohne unmittelbaren Zwang erfüllt (BT-Dr. 7/918, 79). Indessen kann dies trotz aller Bemühungen der Vollzugsbediensteten, im Gefangenen die erforderliche Einsicht zu wecken und zu stärken, nicht immer erwartet werden. Deshalb kann auch ein behandlungsorientierter Vollzug nicht gänzlich ohne unmittelbaren Zwang auskommen (vgl. §§ 133ff. AE, 197ff.). Jedoch muß dabei berücksichtigt werden, daß die Anwendung unmittelbaren Zwangs wie kaum andere Vollzugsmaßnahmen in die Rechte des Gefangenen eingreift. Stellung und Person des Gefangenen sind hierdurch in besonderer Weise betroffen. Gerade deswegen, aber auch im Hinblick auf ihre eigene Stellung benötigen die Vollzugsbediensteten eindeutige Handlungsbefugnisse. Das erfordert eine möglichst strenge Begrenzung und präzise Umschreibung der Voraussetzungen, unter denen unmittelbarer Zwang angewendet werden darf. Dem sucht das StVollzG einerseits durch eine Reihe grundsätzlicher und allgemeiner Regelungen (§§ 94, 96—98), andererseits durch Sondervorschriften für den Schußwaffengebrauch (§§ 99, 100) und ärztliche Zwangsmaßnahmen (§ 101) Rechnung zu tragen. Nach der Legaldefinition des § 95 I ist unter unmittelbarem Zwang die Einwirkung auf Personen oder Sachen durch körperliche Gewalt, ihre Hilfsmittel und durch Waffen zu verstehen. Damit knüpft das Gesetz an allgemeine Begriffsbestimmungen an, wie sie sich etwa in den sonstigen Regelungen des unmittelbaren Zwangs finden. Körperliche Gewalt in diesem Sinne ist jede unmittelbare Einwirkung auf Personen oder Sachen (§ 95 II). Als Waffen sind die dienstlich zugelassenen Hieb- und Schußwaffen sowie Reizstoffe anzusehen (§ 95 IV). Die Hilfsmittel werden nicht abschließend definiert (BT-Dr. 7/918, 80); § 95 III erwähnt nur beispielhaft Fesseln. § 86 V KE hatte noch vorgeschlagen, die Verwendung von Hunden als Hilfsmittel körperlicher Gewalt und zur Bewachung von Gefangenen zu verbieten. Der Gesetzgeber ist

III. Sicherungsmaßnahmen

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dem nicht gefolgt, weil die Praxis Hunde allenfalls noch in landwirtschaftlichen Betrieben zur Bewachung des Besitzes verwende (BT-Dr. 7/918, 80). Das StVollzG unterscheidet hinsichtlich der Anwendung unmittelbaren Zwangs zwischen materiellen Voraussetzungen und Verfahrensregeln. Zunächst einmal ermächtigt es nur Justizvollzugsbedienstete dazu. Die §§ 94—101 gelten daher nicht für andere Personen (BT-Dr. 7/918, 79; BT-Dr. 7/3998, 36). Werden etwa Polizeibeamte in Vollzugsanstalten eingesetzt, dann geben insoweit lediglich die landesrechtlichen Vorschriften über den unmittelbaren Zwang eine Rechtsgrundlage für das Vorgehen ab. Des weiteren schaffen die §§ 94—101 keine neuen Ermächtigungen, in die Rechte Gefangener oder Dritter einzugreifen. „Sie regeln nur die Voraussetzungen, Mittel und Grenzen für die zwangsweise Durchsetzung von Vollzugsmaßnahmen, die ihre Rechtsgrundlagen in anderen Bestimmungen dieses Gesetzes haben" (BT-Dr. 7/3998, 36). Die Vorschriften des StVollzG lassen das Recht zu unmittelbarem Zwang aufgrund anderer Regelungen unberührt (§ 94 III; BT-Dr. 7/918, 79f.). In materieller Hinsicht setzt die Anwendung unmittelbaren Zwangs voraus, daß sie der Durchführung rechtmäßiger Vollzugs- und Sicherungsmaßnahmen dient und der damit verfolgte Zweck auf keine andere Weise erreicht werden kann (§ 94 I). Unmittelbarer Zwang muß also allemal das letzte Mittel darstellen; ein anderes darf nicht verfügbar sein (BT-Dr. 7/3998, 36). Auch hier gilt der Grundsatz des Vorranges der Behandlung (vgl. Calliess/Müller-Dietz 1977, Rdnr. 2 zu § 94). Kommen mehrere Maßnahmen des unmittelbaren Zwangs in Betracht, so sind nach dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz diejenigen zu wählen, die den einzelnen und die Allgemeinheit voraussichtlich am wenigsten beeinträchtigen (§ 96 I). Unmittelbarer Zwang darf nicht angewendet werden, wenn ein durch ihn zu erwartender Schaden erkennbar außer Verhältnis zum angestrebten Erfolg steht (§ 96 II). Das Gesetz sucht mit diesen Regelungen zugleich die besondere Situation der Vollzugsbediensteten zu berücksichtigen, die ersichtlich darin besteht, daß solche Entscheidungen „häufig sehr rasch und

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nicht immer in Kenntnis sämtlicher Umstände getroffen werden müssen" (BT-Dr. 7/918, 80). Die Anwendung unmittelbaren Zwangs kann auf eigener Entscheidung des (hierzu befugten) Vollzugsbediensteten oder auf dienstlicher Weisung beruhen. Im letzteren Fall muß Klarheit darüber bestehen, wieweit die Gehorsamspflicht reicht und unter welchen Voraussetzungen der Bedienstete strafrechtlich für die Ausführung der Anordnung einzustehen hat. Dies regelt § 97 im Anschluß an § 7 des Gesetzes über den unmittelbaren Zwang bei Ausübung öffentlicher Gewalt durch Vollzugsbeamte des Bundes (UZwG) vom 10. 3. 1971 (BGBl. 1165) i.d.F. des Gesetzes vom 2 . 3 . 1 9 7 4 (BGBl. 1469) (BT-Dr. 7/918, 80). Danach ist der Bedienstete grundsätzlich verpflichtet, die Anweisung zu befolgen. Die Verpflichtung entfällt, wenn die Anordnung die Menschenwürde verletzt, nicht zu dienstlichen Zwecken erteilt worden ist ( § 9 7 I) oder wenn durch die Ausführung der Anordnung eine Straftat begangen würde (§ 97 II 1). Zielt die Anordnung auf Begehung einer Straftat, darf der Bedienstete sie nicht befolgen. Er macht sich freilich nur strafbar, wenn er erkennt oder wenn es nach den ihm bekannten Umständen offensichtlich ist, daß dadurch eine Straftat begangen wird (§ 97 II). Im übrigen übernimmt § 97 III weitgehend einschlägige Grundsätze des Beamtenrechts. Unmittelbarer Zwang muß grundsätzlich vorher angedroht werden (§ 98 Satz 1). Die Androhung darf jedoch unterbleiben, wenn die Umstände sie nicht zulassen oder wenn eine Straftat verhindert oder eine gegenwärtige Gefahr abgewendet werden muß (S 98 Satz 2). Mit dieser Ausnahmeregelung trägt das Gesetz praktischen Erfordernissen Rechnung (BT-Dr. 7/918, 80). b)

Schußwaffengebrauch

Die Regelung des Schußwaffengebrauchs (§§ 99, 100) lehnt sich gleichfalls unmittelbar an die Vorschriften des UZwG an, berücksichtigt aber darüber hinaus noch vollzugsspezifische Besonderheiten (vgl. BT-Dr. 7/3998, 36). Hieraus erklärt es sich, daß das Gesetz sich zunächst generell zur Zulässigkeit des Schußwaffen-

III. Sicherungsmaßnahmen

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gebrauchs äußert, namentlich dessen Voraussetzungen im allgemeinen festlegt (§ 99), um dann den Gebrauch von Schußwaffen Gefangenen (§ 100 I) und Dritten gegenüber (§100 II) im einzelnen zu regeln. Im Hinblick auf die einschneidenden Folgen, die der Schußwaffengebrauch nach sich ziehen kann, unterwirft ihn das Gesetz besonderen Beschränkungen; vor allem sucht es die Voraussetzungen für die Anwendung unmittelbaren Zwangs für jenen Bereich noch stärker zu konkretisieren (vgl. BT-Dr. 7/918, 80). Danach dürfen Schußwaffen nur gebraucht werden, wenn andere Maßnahmen des unmittelbaren Zwangs bereits erfolglos waren oder keinen Erfolg versprechen (§ 99 I I ) . In erster Linie müssen sie gegen Sachen eingesetzt werden; lediglich wenn dadurch der erstrebte Erfolg nicht erreicht wird, dürfen sie gegen Personen angewendet werden (§ 99 I 2), jedoch nur, um diese angriffs- oder fluchtunfähig zu machen (§ 99 II 1). Ein gezielter Todesschuß ist unzulässig (vgl. Calliess/Müller-Dietz 1977, Rdnr. 2 zu § 99). Schußwaffen dürfen nicht gebraucht werden, wenn dadurch erkennbar Unbeteiligte mit hoher Wahrscheinlichkeit gefährdet werden (§ 99 II 2). Unbeteiligte in diesem Sinne sind nicht nur Außenstehende, sondern auch andere Gefangene (BT-Dr. 7/3998, 36). Der Schußwaffengebrauch ist vorher anzudrohen, es sei denn, daß die Abwehr einer gegenwärtigen Gefahr für Leib oder Leben dies nicht zuläßt (§99 III). Mit der Ausnahmeregelung will das Gesetz vor allem Fälle der Geiselnahme erfassen (BT-Dr. 7/3998,36). Der Gebrauch von Schußwaffen ist bestimmten Kategorien von Vollzugsbediensteten vorbehalten (§ 99 II 1). Diese Grundsatzregelungen spezifiziert § 100 im Hinblick auf die vom Schußwaffengebrauch jeweils betroffenen Personen noch näher. Hiernach dürfen Schußwaffen gegen Gefangene nur in drei Fällen gebraucht werden: 1. wenn Gefangene eine Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug trotz wiederholter Aufforderung nicht ablegen; 2. wenn Gefangene eine Meuterei (§ 121 StGB) unternehmen; 3. um die Flucht von Gefangenen zu vereiteln oder um sie wiederzuergreifen (§ 100 11). Jedoch dürfen zur Verhinderung der Flucht aus einer offenen Anstalt keine Schußwaffen verwendet werden (§ 100 12). § 88 12 RE hatte ferner vorgeschla-

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§ 9 Sicherheit und Ordnung

gen, den Schußwaffengebrauch zur Vereitelung einer Flucht von einem Arbeitseinsatz außerhalb der Anstalt gleichfalls zu verbieten (vgl. BT-Dr. 7 / 9 1 8 , 80). Der Gesetzgeber ist dem nicht gefolgt, weil sonst zu befürchten sei, daß nur noch solche Gefangenen zum Arbeitseinsatz außerhalb der Anstalt zugelassen würden, bei denen jedes Risiko ausgeschlossen sei; damit würde jedoch das Bestreben des Gesetzes gefährdet, die Chance zur Vorbereitung und Erprobung möglichst vielen Gefangenen zugute kommen zu lassen (BT-Dr. 7 / 3 9 9 8 , 37). Das erscheint wenig überzeugend; mit dieser Begründung könnte auch der Einsatz von Schußwaffen gegen Gefangene, die aus einer offenen Anstalt entweichen wollen, gerechtfertigt werden. Der Schußwaffengebrauch anderen Personen gegenüber ist auf zwei Fälle beschränkt: Gegen sie dürfen Schußwaffen nur angewendet werden, wenn sie es unternehmen, Gefangene gewaltsam zu befreien oder gewaltsam in eine Anstalt einzudringen (§ 100 II). c) Ärztliche

Zwangsmaßnahmen

Besonders umstritten ist seit jeher das Ausmaß zulässigen Zwangs auf dem Gebiet der Gesundheitsfürsorge. Zunächst einmal ist — wie auch sonst — davon auszugehen, daß der Gefangene seiner Pflicht aus § 5 6 II zur Unterstützung von Maßnahmen des Gesundheitsschutzes im allgemeinen freiwillig nachkommt (vgl. oben § 8 V 1). Aber auch hier können im Einzelfall Zwangsmaßnahmen erforderlich werden, wenn ein Gefangener seine Zustimmung zu medizinisch indizierten Eingriffen unter allen Umständen verweigert. Darüber, daß es im äußersten Falle auch die Befugnis zu ärztlichen Zwangsmaßnahmen geben muß, um schwerwiegenden Gefährdungen auf gesundheitlichem Gebiet wirksam begegnen zu können, besteht im Grundsatz Einigkeit (vgl. Nr. 193 DVollzO; § 139 AE, 201 ff.). Die besondere Problematik solcher Maßnahmen liegt jedoch einmal darin, daß sie gegen den Willen des Betroffenen erfolgen und damit eigentlich dem Grundgedanken ärztlichen Handelns zuwiderlaufen, das sich normalerweise gerade am Willen und Selbstbestimmungsrecht des Patienten orientiert. Zum zweiten ist zu

III. Sicherungsmaßnahmen

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berücksichtigen, daß manche ärztlichen Zwangsmaßnahmen — entweder ihrer Natur nach oder aufgrund der Weigerung des Gefangenen — ihrerseits gesundheits- oder lebensgefährlichen Charakter tragen. Weiter fällt ins Gewicht, daß die Vollzugsbehörde auf dem Gebiet des Gesundheitsschutzes eine Fürsorgepflicht trifft (vgl. oben § 8 V), die nicht schon deshalb entfällt, weil sich ein Gefangener der Mitwirkung an erforderlichen Maßnahmen versagt. Freilich begründet die Fürsorgepflicht grundsätzlich nur Leistungsansprüche, aber keine Duldungsverpflichtungen. Eingriffsrechte hat der Staat nur dann und insoweit, als das mit der Fürsorge verfolgte Ziel höherwertig ist als die mit den Fürsorgemaßnahmen beeinträchtigten Rechte des Gefangenen auf freie Selbstbestimmung und körperliche Unversehrtheit (so richtig Geppert 1976, 15). Schließlich gelten auch im Strafvollzug — soweit keine andere Regelung getroffen ist — die allgemeinen strafrechtlichen Grundsätze über die Pflicht zur Hilfeleistung bei Unglücksfällen, eventuell sogar bei Versuchen der Selbsttötung (dazu z.B. Eser, in: Schönke-Schröder, 18. Aufl., 1976, Vorbem. vor §§211 ff. Rdnr. 17; Cramer, in: Schönke-Schröder, § 330 c Rdnr. 7; Wagner, Selbstmord und Selbstmordverhinderung, 1975, 25 ff.). Strafvollzugsrechtliche Regelungen jener Materie stehen daher allemal im Schnittpunkt verschiedener, z.T. sogar gegenläufiger Gesichtspunkte, wie etwa der Fürsorgepflicht des Staates gegenüber Gefangenen, der ärztlichen Berufsethik und dem Selbstbestimmungsrecht des Patienten. Das hat sich namentlich bei den Auseinandersetzungen um die Zulässigkeit der Zwangsernährung in Fällen des Hungerstreiks von Gefangenen gezeigt. Die Standpunkte, die hierzu vertreten werden, reichen von völliger Ablehnung solcher Maßnahmen bis zu ihrer nahezu weitgehenden Bejahung (vgl. die Nachweise bei Wagner 1976 a; Geppert 1976). Entstehungsgeschichte und Fassung des § 101 spiegeln diese Problematik. Deshalb weicht insoweit namentlich § 139 AE von § 92 KE und § 89 RE ab. Die Regelung des StVollzG ihrerseits stimmt mit keiner Entwurfsfassung überein. Sie sucht — ausgehend von der Fürsorgepflicht der Vollzugsbehörde — nach der Schwere der ärztlichen Zwangsmaßnahme und etwaiger Gefährdungen des Gefangenen (im Falle der Vornahme) sowie Dritter (im Falle des

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§ 9 Sicherheit und Ordnung

Unterlassens) zu differenzieren, bis zu einem gewissen Grade aber auch der ärztlichen Berufsethik und dem Persönlichkeitsrecht des Gefangenen Rechnung zu tragen. Damit erklärt sich die komplizierte und umstrittene Fassung des § 101 (vgl. im einzelnen Calliess/Müller-Dietz 1977, Rdnrn. 1 - 1 0 zu § 101), die nicht zuletzt deshalb kritisiert wird, weil sie über die Fälle mangelnder Entscheidungsfreiheit des Gefangenen hinaus ärztliche Zwangsernährung zuläßt (vgl. Wagner 1976 a, 4 f . ; Geppert 1976, 47f.). Zunächst einmal gelten auch für ärztliche Zwangsmaßnahmen die Vorschriften über den unmittelbaren Zwang, namentlich der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz (§ 96). Danach kommen solche Maßnahmen gleichfalls nur in Betracht, wenn der mit ihnen verfolgte Zweck auf keine andere Weise erreicht werden kann ( § 9 4 I) (BT-Dr. 7/3998,37). Unter diesen Voraussetzungen gestattet § 101 II die zwangsweise körperliche Untersuchung eines Gefangenen, die nicht mit einem körperlichen Eingriff verbunden ist, zu Zwecken des Gesundheitsschutzes und der Hygiene. Diese Regelung hat vor allem für die Aufnahmeuntersuchung nach § 5 III praktische Bedeutung (BT-Dr. 7/3998, 3 8 ; Calliess/Müller-Dietz 1977, Rdnr.5 zu § 101). Ärztliche Zwangsmaßnahmen (Untersuchung, Behandlung und Ernährung), die mit einem Eingriff verbunden sind, läßt § 101 I hingegen nur bei Lebensgefahr, bei schwerwiegender Gefahr für die Gesundheit des Gefangenen oder bei Gefahr für die Gesundheit anderer Personen zu. Damit will das Gesetz der Schwere solcher Eingriffe Rechnung tragen. Darüber hinaus verlangt es, daß die Maßnahmen für die Beteiligten zumutbar sind und nicht mit erheblicher Gefahr für Leben oder Gesundheit des Gefangenen verbunden sind. Beteiligte in diesem Sinne sind neben den betroffenen Gefangenen die Personen, die die Maßnahmen durchführen, so etwa die Ärzte und die von ihnen zugezogenen Vollzugsbediensteten sowie Hilfspersonen (BT-Dr. 7/3998, 37). Mit dem — überaus problematischen (vgl. Geppert 1 9 7 6 , 4 5 f.) — Begriff der Zumutbarkeit will das Gesetz auch jene Fälle erfassen, in denen jemand in verfassungsrechtlich relevanter Weise eine bestimmte Behandlung ablehnt (vgl. Art. 4 I GG). Ist die Maßnahme mit schwerwiegenden Gefahren für Leben oder Gesundheit des Gefan-

IV. Disziplinarmaßnahmen

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genen verbunden, ist sie unzulässig. Der Gesetzgeber hat allerdings darauf verzichtet, die Zulässigkeit bestimmter, im einzelnen bezeichneter Maßnahmen nach dem Muster der § § 9 2 II KE, 89 II 2 RE, 139 V AE von vornherein von der Zustimmung des Gefangenen abhängig zu machen. Da die Vollzugsbehörde nach § 5 6 1 1 für die körperliche und geistige Gesundheit des Gefangenen zu sorgen hat, wäre sie bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 101 11 an sich verpflichtet, die medizinisch gebotenen Zwangsmaßnahmen durchzuführen. § 101 I 2 schränkt diese Verpflichtung jedoch auf diejenigen Fälle ein, in denen von einer freien Willensbestimmung des Gefangenen nicht mehr ausgegangen werden kann oder in denen akute Lebensgefahr besteht. Damit zieht das Gesetz Konsequenzen aus dem Angleichungsgrundsatz ( § 3 I). Die Vollzugsbehörde soll nicht verpflichtet sein, dem Gefangenen ärztliche Hilfe aufzuzwingen, solange er sich noch frei entscheiden kann und sein Leben nicht auf dem Spiele steht (BT-Dr. 7/3998, 38). Soweit die Vollzugsbehörde zum Handeln nicht verpflichtet ist, befindet sie nach pflichtgemäßem Ermessen darüber, ob sie von ihrer Befugnis Gebrauch machen will. Ärztliche Zwangsmaßnahmen dürfen nur auf Anordnung und unter Leitung eines Arztes durchgeführt werden. Dritte dürfen lediglich erste Hilfe unter der Voraussetzung leisten, „daß ein Arzt nicht rechtzeitig erreichbar und mit einem Aufschub Lebensgefahr verbunden ist" (§ 101 III).

IV.

Disziplinarmaßnahmen

Bisher hießen die Sanktionen, die zur Aufrechterhaltung und Durchsetzung der Anstaltsordnung gegen Gefangene verhängt werden konnten, Hausstrafen. Das StVollzG spricht nunmehr — dem Vorschlag des KE (§§ 93 ff.) folgend — von Disziplinarmaßnahmen. Es regelt diese im 13. Titel des zweiten Abschnittes (§§ 102—107). Im einzelnen äußern sich die Vorschriften über die Zulässigkeit (§ 102) und Arten von Disziplinarmaßnahmen (§ 103) sowie über die Disziplinarbefugnis und das Disziplinarverfahren (§§ 1 0 4 - 1 0 7 ) . 14

Müller-Dietz, Strafvollzugsrecht

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1. Voraussetzungen Die Anordnung von Disziplinarmaßnahmen setzt einen schuldhaften Verstoß gegen Pflichten voraus, die dem Gefangenen durch das StVollzG oder aufgrund dessen auferlegt sind (§ 102 I). Disziplinarmaßnahmen stellen nach Auffassung des Gesetzgebers „zwar notwendige, aber nicht die wichtigsten Mittel zur Wahrung und Hebung der Disziplin in den Vollzugsanstalten" dar (BT-Dr. 7/918, 81). Er vertraut deshalb darauf, daß sie in einem behandlungsorientierten und den Gestaltungsgrundsätzen des § 3 entsprechenden Vollzug von geringerer praktischer Bedeutung sind als bisher. In erster Linie soll der Vollzug mit aufbauenden Methoden disziplinaren Schwierigkeiten begegnen (BT-Dr. 7/918, 81); Disziplinarmaßnahmen „sind daher als letzte Einwirkungsmittel nur dann anzuwenden, wenn sich andere pädagogische Maßnahmen als unwirksam erweisen" (BT-Dr. 7/3998, 38). „Schließlich liegt den gesamten Regelungen dieses Titels das Bild eines Vollzuges zugrunde, der bemüht ist, Konflikte zunächst einmal sozialpädagogisch zu lösen" (BT-Dr. 7/3998,39; vgl. auch Calliess/ Müller-Dietz 1977, Rdnr. 1 zu § 102). Deshalb ermächtigt § 102 I den Anstaltsleiter zur Anordnung von Disziplinarmaßnahmen, verpflichtet ihn aber nicht dazu. Genügt es, den Gefangenen zu verwarnen, muß der Anstaltsleiter von einer Disziplinarmaßnahme absehen (§ 102 II). § 102 II erklärt eine Disziplinarmaßnahme auch dann für zulässig, wenn wegen derselben Verfehlung ein Straf- oder Bußgeldverfahren eingeleitet wird. Das Gesetz behält also das Nebeneinander von Disziplinarmaßnahme und Strafsanktion bei, das seit längerem kritisiert wird (vgl. AE, 203). Zwar geht die h.M. davon aus, daß der in Art. 103 III GG verankerte Grundsatz des „ne bis in idem" (Verbot der Doppelbestrafung) im Verhältnis von Strafrecht zu Disziplinarrecht nicht gilt (vgl. BVerfGE 21,378,391; 27,180); jedoch werden zunehmend Bedenken dagegen geltend gemacht, daß ein und dieselbe Tat sowohl strafrechtlich als auch disziplinarrechtlich soll geahndet werden können (z. B. Baumann, Strafrecht AT, 8. Aufl., 1977,43 f.). Andererseits besteht Klarheit darüber, daß selbst bei strafrechtsrelevanten Verfehlungen nicht immer und uneingeschränkt auf Disziplinarmaßnahmen verzichtet

IV. Disziplinarmaßnahmen

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werden kann, weil im Einzelfall die Aufrechterhaltung der Ordnung eine rasche Reaktion der Anstalt erforderlich machen kann (AE, 203). Das hat den AE dazu veranlaßt, eine differenzierende Regelung vorzuschlagen, die auch eine Ahndung von Straftaten durch Disziplinarmaßnahmen gestattet, andererseits nach Möglichkeit aber die Bestrafung derselben Taten nach Maßgabe des Strafrechts ausschließt (vgl. § 140 I und II AE, 205). Der Gesetzgeber hat zwar gleichfalls erwogen, wenigstens die Anordnung von Arrest in den Fällen, in denen ein Straf- oder Bußgeldverfahren eingeleitet wird, für unzulässig zu erklären, hat es schließlich jedoch beim uneingeschränkten Nebeneinander beider Sanktionsformen belassen. Er geht indessen davon aus, „daß eine verhängte und insbesondere vollzogene Disziplinarmaßnahme bei der Bemessung einer später wegen derselben Verfehlung zu verhängenden Kriminalstrafe berücksichtigt werden" muß (vgl. BT-Dr. 7/3998, 38; Calliess/Müller-Dietz 1977, Rdnr. 5 zu § 102). Das entspricht nicht zuletzt den Grundsätzen, die das BVerfG hinsichtlich der Berücksichtigung disziplinärer Arreststrafen bei der Verhängung von Freiheitsstrafen entwickelt hat (BVerfGE 21, 378).

2. Arten von Disziplinarmaßnahmen § 103 StVollzG hat den Katalog der Disziplinarmaßnahmen, wie sie Nr. 182 DVollzO noch als Hausstrafen vorgesehen hat, nur in einem wesentlichen Punkt verändert (krit. AE, 205ff.; Baumann 1974, 113f.): Er hat die Verschärfung des Arrestes durch Entzug des normalen Bettlagers und durch Schmälerung der Kost (Nr. 185 VI Ziff. 2 und 3 DVollzO) abgeschafft, weil der heutige Vollzug einer solchen Disziplinarmaßnahme nicht mehr bedürfe (vgl. BT-Dr. 7/918, 82). Tatsächlich bestehen auch Zweifel, ob eine solche Disziplinarmaßnahme noch mit den Grundrechten aus Art. 1 I und 2 II GG vereinbar wäre (vgl. Müller-Dietz 1970 a, C 81; BT-Dr. 7/3998, 39). Auch im Hinblick auf andere Grundrechte - etwa das der Informationsfreiheit (Art. 5 I GG) - hat sich der Gesetzgeber veranlaßt gesehen, bestimmte Disziplinarmaßnahmen wenigstens nach Umfang und Intensität zu beschränken 14*

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§ 9 Sicherheit und Ordnung

(vgl. BT-Dr. 7/918, 81). Dies hat sich vor allem in Form von zeitlichen Begrenzungen der Maßnahmen ausgewirkt. Im einzelnen unterscheidet § 103, der eine abschließende Aufzählung enthält, der Sache nach zwischen allgemeinen und speziellen Disziplinarmaßnahmen. Mit allgemeinen Disziplinarmaßnahmen können grundsätzlich alle Verfehlungen geahndet werden, wenngleich in jedem Fall vor der Anordnung die pädagogische Wirkung bedacht werden muß (BT-Dr. 7/3998, 39). Für spezielle Disziplinarmaßnahmen ist charakteristisch, daß die Verfehlung mit den ihnen innewohnenden Beschränkungen in Zusammenhang steht (§ 103 IV). „Diese Disziplinarmaßnahmen müssen deshalb nach Absatz 4 grundsätzlich so ausgewählt werden, daß sie dem zugrundeliegenden Fehlverhalten entsprechen" (BT-Dr. 7/3998, 39). Allerdings darf das nicht in einer schematischen Weise geschehen, die die erstrebte pädagogische Wirkung in ihr Gegenteil verkehrt. Insofern muß die Anordnung sämtlicher Disziplinarmaßnahmen letztlich von sozialpädagogischen Erwägungen durchdrungen sein. In diesem Sinne stellen der Verweis (§ 103 I Nr. 1) und die Beschränkung oder der Entzug der Verfügung über das Hausgeld und des Einkaufs (§ 22 I) bis zu drei Monaten (§ 103 I Nr. 2) allgemeine Disziplinarmaßnahmen dar. Erwogen wurde, die Zahlung einer Geldbuße aus dem Hausgeld als weitere derartige Disziplinarmaßnahme vorzusehen. Jedoch wurde dies letztlich abgelehnt, weil die darin liegende finanzielle Kürzung der Mittel des Gefangenen sich resozialisierungsfeindlich auswirken könne (vgl. BT-Dr. 7/3998, 38 f.). Vom Arrest (§ 103 I Nr. 9) und den bereits genannten Maßnahmen (§ 103 I Nrn. 1 und 2) abgesehen lassen sich alle übrigen Disziplinarmaßnahmen als spezielle charakterisieren (§ 103 I Nr. 3-8, IV). Durchweg handelt es sich hierbei um die Beschränkung oder Entziehung von Befugnissen des Gefangenen. So kann ihm nach Nr. 3 der Lesestoff (§§ 68 I, 70 I) bis zu zwei Wochen, der Hörfunk- und Fernsehempfang (§69 I) bis zu drei Monaten beschränkt oder entzogen werden. Weiter kann nach Nr. 4 der Besitz von Gegenständen für die Freizeitbeschäftigung (§70 I)

IV. Disziplinarmaßnahmen

213

oder die Teilnahme an gemeinschaftlichen Veranstaltungen (§ 67 Satz 2) bis zu drei Monaten beschränkt oder entzogen werden. Nr. 5 sieht als weitere Disziplinarmaßnahme die getrennte Unterbringung während der Freizeit (§17 II) bis zu vier Wochen, Nr. 6 den Entzug des täglichen Aufenthalts im Freien (§ 64) bis zu einer Woche, Nr. 7 den Entzug der zugewiesenen Arbeit oder Beschäftigung (§41) bis zu vier Wochen unter Wegfall der gesetzlichen Bezüge (z. B. § 200) und Nr. 8 die Beschränkung des Verkehrs mit Personen außerhalb der Anstalt (§§ 23 Satz 1, 24, 28) auf dringende Fälle bis zu drei Monaten vor. 3. Disziplinarverfahren und Disziplinarbefugnis Das StVollzG hält an der bisherigen Zuständigkeit des Anstaltsleiters für die Anordnung von Disziplinarmaßnahmen (Nr. 187 I 1 DVollzO) fest (§ 105 I). Der Gesetzgeber ist damit den Vorstellungen der Entwürfe gefolgt (vgl. §§ 96 11 KE, 93 I RE, 144 AE). Der Gedanke, die Verhängung von Disziplinarmaßnahmen ganz oder teilweise (je nach Schwere des Eingriffs) der StVollstrK oder einem Kollegium von Anstaltsbediensteten zu übertragen (vgl. Müller-Dietz 1970 a, C82f.), hat sich nicht durchsetzen können. Der Anstaltsleiter darf seine Disziplinarbefugnis nur mit Zustimmung der Aufsichtsbehörde delegieren (§156 III). Begeht ein Gefangener eine Verfehlung im Rahmen einer Verlegung auf dem Wege zu einer anderen Anstalt, ist der Leiter der Bestimmungsanstalt zuständig (§ 105 12). Richtet sich die Verfehlung des Gefangenen gegen den Anstaltsleiter, dann entscheidet an dessen Stelle die Aufsichtsbehörde; eine ähnliche Regelung hatte schon Nr. 187 I 3 DVollzO getroffen. Das Disziplinarverfahren muß den Mindesterfordernissen eines rechtsstaatlichen Verwaltungsverfahrens entsprechen. Dazu gehören namentlich die Gewährung rechtlichen Gehörs und hinreichende Überprüfbarkeit des Verfahrens (vgl. BT-Dr. 7/918, 82). In diesem Sinne legt § 106 ebenso wie Nr. 188 DVollzO die Mindestanforderungen an das Disziplinarverfahren fest. Danach sind der Sachverhalt zu klären und der Gefangene zu hören. Die

214

§ 9 Sicherheit und Ordnung

Erhebungen müssen in einer Niederschrift festgehalten, die Einlassung des Gefangenen muß vermerkt werden (§ 106 I). Bei schwereren Verfehlungen soll sich der Anstaltsleiter vor der Entscheidung mit Mitgliedern der Behandlungskonferenz (§ 159) besprechen (§ 106 II 1). In bestimmten Fällen hat er vorher den Anstaltsarzt zu hören (§ 106 II 2). „Die Entscheidung wird dem Gefangenen vom Anstaltsleiter mündlich eröffnet und mit einer kurzen Begründung schriftlich abgefaßt" (§ 106 III). Disziplinarmaßnahmen werden regelmäßig sofort vollstreckt (§ 104 I). Ihre Vollstreckung kann aber auch ganz oder teilweise bis zu sechs Monaten zur Bewährung ausgesetzt werden ( § 1 0 4 II). Die § § 1 0 4 III—V, 107 treffen darüber hinaus noch Regelungen für die Vollstreckung bestimmter Disziplinarmaßnahmen. Danach ist das Hausgeld, über das der Gefangene nicht verfügen darf, dem Überbrückungsgeld (§ 51) zuzurechnen (§ 104 III) und sicherzustellen, daß der Gefangene, dessen Kontakt mit der Außenwelt beschränkt wird, Briefpartnern davon Kenntnis geben kann (§ 104 IV 1); mit seinem Verteidiger, mit Rechtsanwälten und Notaren in einer ihn betreffenden Rechtssache sowie mit Petitionsstellen, Gerichten und Justizbehörden darf der Gefangene auch in diesem Fall unbeschränkt schriftlich verkehren ( § 1 0 4 IV 2) Arrest wird in Einzelhaft vollzogen (§ 1 0 4 V I ) . Währenddessen ruht eine ganze Reihe von Befugnissen des Gefangenen (vgl. § 104 V 3). Vor dem Vollzug des Arrestes ist der Arzt zu hören (§ 107 I 1); während des Vollzugs steht der Gefangene unter ärztlicher Aufsicht (§ 107 I 2). Sie soll gewährleisten, daß der Vollzug des Arrestes bei Gefährdung der Gesundheit des Gefangenen unterbleibt oder wenigstens unterbrochen wird (§ 107 II).

V. Ersatzansprüche Sowohl durch Handlungen von Vollzugsbediensteten als auch durch Handlungen von Gefangenen können Schäden angerichtet werden, die im Einzelfall Schadensersatzpflichten oder Ausgleichsansprüche begründen können. Hierfür gelten zunächst

V. Ersatzansprüche

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einmal die Grundsätze des zivilrechtlichen Schadensersatzrechts (§§ 823 ff. BGB) und öffentlichrechtlichen Haftungsrechts (Art. 34 GG i.V.m. § 839 BGB). Allerdings befindet sich das Staatshaftungsrecht in der Reformdiskussion (vgl. z. B. Renck, Zur Reform des Staatshaftungsrechts, ZRP 1977, 2 2 1 - 2 2 3 ) . Das StVollzG regelt aus dem gesamten Bereich des Haftungsrechts lediglich den Ersatz von Aufwendungen, den Gefangene in bestimmten Fällen zu leisten haben (§ 93), beläßt es also im übrigen bei den allgemeinen Regelungen. 1. Ersatzansprüche gegen den Staat Erleidet der Gefangene aufgrund rechtswidriger und schuldhafter Maßnahmen von Vollzugsbediensteten Körper- oder Vermögensschäden, steht ihm der Amtshaftungsanspruch gegen das Land nach Art. 34 i.V.m. § 893 BGB zu. Dieser Anspruch kommt namentlich in Betracht, wenn die Vollzugsbehörde ihre Fürsorgepflicht nach § § 5 6 I, 101 nicht erfüllt und dadurch gesundheitliche Schäden verursacht. Freilich bereitet in der Praxis nicht selten der Nachweis der Voraussetzungen des Amtshaftungsanspruchs Schwierigkeiten; dies gilt erst recht für schuldhafte Pflichtverletzungen von Vollzugsbediensteten. Insofern stellt sich dann die Frage, ob der Gefangene wenigstens Entschädigung unter dem Gesichtspunkt der Aufopferung oder der Enteignung verlangen kann. Zunächst einmal gelten auch hier die allgemeinen Regeln über die Entschädigung von Körperschäden nach Aufopferungsgrundsätzen und den Ausgleich für Beeinträchtigungen vermögenswerter Rechte nach Enteignungsmaßstäben unter dem Blickwinkel des enteignungsgleichen Eingriffs (Schöch 1974, 96). Voraussetzung dafür ist jedoch allemal, daß ein Sonderopfer vorliegt, d. h. daß der Betroffene „den Eingriff im Interesse der Allgemeinheit und im Gegensatz zu anderen, die sich in gleicher Lage befinden, hinnehmen muß, ohne sich ihm entziehen zu können" (BGH NJW 1973, 1323). Ein solches Sonderopfer ist sicher noch nicht in der Tatsache zwangsweisen Freiheitsentzuges zu sehen, weil der Strafgefangene den Verlust seiner Freiheit selbst herbeigeführt hat, demnach hätte vermeiden können (BGH aaO.; Schöch 1974, 97).

216

§ 9 Sicherheit und Ordnung

Der BGH hat jedoch darüber hinaus auch das Vorliegen eines Sonderopfers in Fällen verneint, in denen Straf- oder „schuldige" Untersuchungsgefangene durch Mitgefangene erheblich verletzt oder getötet worden sind (vgl. BGHZ 17, 172 = NJW 1955, 1109; NJW 1973, 1322). Die mit einer gemeinschaftlichen Unterbringung von Gefangenen verbundenen Gefährdungen der Person stellten keine besondere Gefahrenlage dar. Dadurch herbeigeführte Verletzungen oder Tötungen müßten als typische und adäquate Folgen des Freiheitsentzuges vom Betroffenen hingenommen werden. Diese Rspr. ist mit Recht kritisiert worden. Es geht nicht an, derart schwere Schädigungen gleichsam als typische Folgen des Freiheitsentzuges zu charakterisieren, will man nicht einer „Subkultur der Gewalt" im Vollzugsalltag Tür und Tor öffnen (Schöch 1974, 97). Deshalb wird man in solchen Fällen Entschädigungsansprüche gegen das Land bejahen müssen. Schließlich sind noch Ersatzansprüche gegen das Land aufgrund öffentlich-rechtlicher Verwahrung denkbar. Nach § 83 II werden die vom Gefangenen eingebrachten Sachen von der Vollzugsbehörde grundsätzlich für ihn verwahrt (vgl. oben II 3). Hierdurch wird eine vertragsähnliche Haftung begründet, die analog den §§ 688ff. BGB zu beurteilen ist (vgl. Schöch 1974, 96). 2. Ersatzansprüche gegen Gefangene Hinsichtlich der Ersatzansprüche gegen Gefangene sind zwei Fallgruppen voneinander zu unterscheiden: Einmal können Mitgefangene (oder deren Angehörige), zum zweiten aber auch das Land anspruchsberechtigt sein. Für Fälle der ersteren Art gilt — außerhalb vertraglicher Haftung - das allgemeine Schadensersatzrecht der §§ 823 ff. BGB. Insofern ergeben sich in aller Regel weniger rechtliche als praktische Probleme, weil viele Gefangene vermögenslos sind und daher etwaige Schadensersatzpflichten nicht erfüllen können. Jene allgemeinen Regelungen gelten gleichfalls im Verhältnis der Gefangenen zum Staat (Land). Das StVollzG läßt hieraus resultierende Ansprüche denn auch unberührt; dies trifft etwa auf Schadensersatzansprüche wegen schuldhafter Sachbeschädigung

V. Ersatzansprüche

217

zu ( § 9 3 1 2 ; BT-Dr. 7/918,79). Darüber hinaus verpflichtet § 93 11 StVollzG den Gefangenen dazu, der Vollzugsbehörde die Aufwendungen zu ersetzen, die er durch eine vorsätzliche oder grob fahrlässige Selbstverletzung oder Verletzung eines anderen Gefangenen verursacht hat. In erster Linie kommen dafür die Kosten der medizinischen Versorgung in Betracht (BT-Dr. 7/3998, 35). Nach § 93 II kann für diese Forderungen auch derjenige Teil des Hausgeldes in Anspruch genommen werden, der den Mindestbetrag (§ 47 I) übersteigt. Insoweit hebt also die Vorschrift die aus § 850 I ZPO folgende Unpfändbarkeit des Anspruchs auf das Hausgeld auf, garantiert dem Gefangenen jedoch den monatlichen Mindestbetrag des Hausgeldes (BT-Dr. 7/3998, 35). Soweit die Pfändbarkeit wiederhergestellt ist, sind Abtretung (§ 400 BGB) und Aufrechnung (§ 394 BGB) zulässig. Allerdings bleibt jene Regelung bis zum Inkrafttreten des besonderen Bundesgesetzes suspendiert (§ 198 III). Damit kann die Vollzugsbehörde ihre Ersatzansprüche nach § 93 11 auch nicht gegen Ansprüche des Gefangenen auf das Hausgeld aufrechnen. Soweit Ansprüche des Gefangenen jedoch der Pfändung unterliegen, besteht die Aufrechnungsmöglichkeit. Insoweit ist auch die Frage von praktischer Bedeutung, ob die Rspr. der Strafvollstreckungskammern an der Auffassung der OLGe festhalten wird, daß es nicht zu den Aufgaben der Strafsenate gehöre, über bestrittene vermögensrechtliche Ansprüche zu entscheiden. Deshalb sind nach dieser Rspr. nur unbestrittene oder rechtskräftig festgestellte Ersatzansprüche in Anrechnung gebracht worden. Der Gesetzgeber hat es jedoch abgelehnt, die Aufrechnungsmöglichkeit der Vollzugsbehörde in gleicher Weise zu beschränken, und es insoweit daher beim allgemeinen Rechtszustand belassen (BT-Dr. 7/3998, 35). Indessen muß die Vollzugsbehörde nach § 93 IV von der Aufrechnung oder Vollstreckung wegen ihrer Ersatzansprüche (§ 93 11) absehen, „wenn hierdurch die Behandlung des Gefangenen oder seine Eingliederung behindert würde". Damit zieht das Gesetz wiederum Konsequenzen aus dem Vollzugsziel (§ 2 Satz 1) und den Gestaltungsgrundsätzen (§ 3) (vgl. BT-Dr. 7/3998, 35). Zwar hat der Gefangene einen Anspruch darauf daß die Vollzugsbehörde bei Vorliegen der Voraussetzun-

218

§ 10 Verfahrensrccht

gen des § 93 IV auf ihre Rechte verzichtet; jedoch stellt diese Regelung weder eine materiellrechtliche Einwendung noch ein Vollstreckungshindernis dar (vgl. Calliess/Müller-Dietz. 1977, Rdnr. 3 zu § 93). Für die Forderungen aus § 93 I 1 ist der ordentliche Rechtsweg gegeben. Der Gesetzgeber hat diese Zuständigkeitsregelung im Hinblick auf die einschlägige Erfahrung der Zivilgerichte für erforderlich gehalten (BT-Dr. 7/3998, 35).

§ 10 Verfahrensrecht

I. Überblick 1. Rechtsbehelfe Verfahrensrechtliche Fragen auf dem Gebiet des Strafvollzugs betreffen überwiegend, wenn auch nicht ausschließlich den Rechtsschutz des Gefangenen. Auch für den Gefangenen gilt die Rechtsweg- und Rechtsschutzgarantie des Art 19 IV GG uneingeschränkt (vgl. BVerfG NJW 1974, 1079; Wagner 1975, 326). Danach steht jedem, der durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt wird, der Rechtsweg offen. Art. 19 IV 2 GG sieht subsidiär den ordentlichen Rechtsweg vor. Die Vorschrift garantiert darüber hinaus die Effektivität des Rechtsschutzes, also eine möglichst wirksame gerichtliche Kontrolle (BVerfG NJW 1976, 141). Auch im übrigen partizipiert der Gefangene in vollem Umfange am allgemeinen Rechtsschutzsystem. Dementsprechend stehen ihm sämtliche Rechtsbehelfe des freien Bürgers offen (z. B. die Verfassungsbeschwerde nach Art. 93 I Nr. 4 a GG; dazu Frielinghaus, in: Schwind/Blau, 271—279). Hier interessieren vor allem die vollzugsspezifischen Rechtsbehelfe sowie diejenigen, die zwar jedermann eingeräumt, zugleich aber für den Strafvollzug von besonderer praktischer Bedeutung sind. Zunächst einmal hat der Gefangene die Möglichkeit, wegen Maßnahmen der Strafvollstreckung und des Strafvollzugs ein Gericht anzurufen. Beide Arten von Maßnahmen, die im Hinblick auf ihre funktionale Verschiedenheit und Regelung in den §§ 449 ff. StPO

I. Überblick

219

einerseits und im StVollzG andererseits voneinander zu unterscheiden sind (vgl. oben § 1 II 1), unterliegen grundsätzlich der Entscheidung oder Überprüfung durch die StVollstrK. Das gilt sowohl für Einwendungen gegen die Strafzeitberechnung oder gegen die Zulässigkeit der Strafvollstreckung (§§ 458 I, 462 I, 462 a I) als auch für die sog. Nachtragsentscheidungen, die sich in der Hauptsache auf die Strafaussetzung zur Bewährung (§ 56 StGB) und die bedingte Aussetzung des Strafrestes (§57 StGB) sowie den Maßregelvollzug (§§67—67 g StGB) beziehen ( § § 4 6 2 a l , 463 I StPO). Die StVollstrK ist ferner zuständig für die gerichtliche Kontrolle von Vollzugsmaßnahmen (§ 110 StVollzG). Beide Zuständigkeiten sieht nunmehr § 78 a GVG n.F. vor (vgl. § 179 Nr. 2 StVollzG). Des weiteren spielen für den Strafvollzug das Beschwerderecht (§ 108 StVollzG) und das Petitionsrecht (Art. 17 GG) des Gefangenen eine erhebliche Rolle (vgl. Piltz, in: Schwind/Blau, 283-286). Erwähnung verdient in diesem Zusammenhang gleichermaßen das Rechtsinstitut der Individualbeschwerde, die der Gefangene nach Art. 25 MRK an die Europäische Kommission für Menschenrechte richten kann. Schließlich zählt in weiterem Sinne zum einschlägigen Verfahrensrecht auch das Gnadenrecht. 2. Problematik und Bedeutung des Rechtsschutzsystems Die Übersicht hat gezeigt, daß dem Gefangenen ein weitausgefächertes Instrumentarium an Rechtsbehelfen und Beschwerdemöglichkeiten zur Verfügung steht. Dessen rechtsstaatliche Bedeutung bedarf keiner weiteren Erörterung. Was sich für den freien Bürger insoweit von selbst versteht, erscheint in der Situation des Freiheitsentzuges eher noch dringlicher: Der Gefangene ist in besonderem Maße auf den Schutz seiner Rechte und damit auf entsprechende verfahrensrechtliche Garantien angewiesen. Indessen steht dem rechtsstaatlichen Aspekt der (rechts-)psychologische gegenüber. So kann sich der Gefangene wegen derselben Vollzugsmaßnahme an mehrere Stellen wenden. Beispielsweise kann er Beschwerde oder Dienstaufsichtsbeschwerde einlegen,

220

§ 10 Verfahrensrecht

eine gerichtliche Entscheidung herbeiführen, eine Petition einreichen und die Europäische Menschenrechtskommission anrufen. Er kann diese Stellen zugleich mit mehreren Fällen (ohne zahlenmäßige Begrenzung) befassen. Das hat bereits etlichen Anlaß zur Kritik gegeben. Bedenken wurden (und werden) namendich deshalb geltend gemacht, weil Gerichte, Aufsichtsbehörden und Petitionsstellen in einer Vielzahl von Fällen mit (vermeintlichen oder wirklichen) Bagatellangelegenheiten beschäftigt werden. Nicht selten sieht man darin einen Rechtsmißbrauch durch querulatorisch veranlagte Gefangene, der eine Überlastung ohnehin schon stark in Anspruch genommener Gerichte und Behörden befürchten lasse (dazu Schüler-Springorum 1969, 265; Wagner 1975, 322). Allerdings steht das Beschwerderecht ( § 1 0 8 StVollzG) nach der Rspr. unter dem Verbot mißbräuchlicher Ausübung (vgl. OLG Hamm NJW 1976, 978). Zwar hat es der Gesetzgeber letztlich abgelehnt, den Vollzug dem Vorschlag des Bundesrats folgend zu ermächtigen, in Fällen des Mißbrauchs von einer Bescheidung des Antragstellers abzusehen (BT-Dr. 7/918, 123). Jedoch hat er lediglich einen ausdrücklichen Hinweis auf das Mißbrauchsverbot für unnötig erachtet (BT-Dr. 7/3998, 40). Tatsächlich bleibt — jedenfalls den veröffentlichten Gerichtsentscheidungen zufolge (vgl. etwa Kühling 1972, 1973, 1974, 1976) — die überwiegende Mehrzahl der Anträge auf gerichtliche Entscheidung erfolglos (vgl. auch Wagner 1976 b, 252f.). Indessen rechtfertigt das noch keineswegs den Schluß, daß allen solchen Fällen querulatorische Tendenzen oder gar Rechtsmißbrauch zugrunde liegen. Häufig verkennt man, daß bedeutungslos erscheinende Vorkommnisse unter den besonderen Bedingungen des Freiheitsentzuges ein ganz anderes Gewicht erhalten (vgl. Schüler-Springorum 1969, 19ff., 264ff.; über Einstellungen von Gefangenen zum und Erfahrungen mit dem gerichtlichen Rechtsschutz Wagner 1976b). Gelegentlich übersieht man auch die „Ventilfunktion", die der gerichtlichen Kontrolle von Vollzugsmaßnahmen eben wegen der vielfachen Freiheitsbeschränkungen im Vollzug bis zu einem gewissen Grade zukommt. Die psychologische Erfahrung lehrt, daß gerade Gefangene aufgrund ihrer Sozialisa-

II. Das Vollstreckungsgericht

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tion und Situation ein geschärftes Sensorium für Beeinträchtigungen und Verletzungen ihrer Rechte besitzen, also in besonderem Maße „empfindlich" sind (vgl. Schiiler-Springorum 1969, 35 f.). Außerdem bedurften (und bedürfen) manche Fragen des Vollzugs angesichts seiner jetzigen rechtlichen und reformpolitischen Umbruchsituation noch gerichtlicher Klärung, an der nicht zuletzt der Praxis selbst im Hinblick auf die Orientierung ihres Handelns gelegen sein muß. Schließlich, entspricht auch der heutige Vollzug keineswegs jenem (sozialpädagogischen) Standard, wie ihn namentlich die §§ 2—4 StVollzG anvisieren.

II. Das

Vollstreckungsgericht

Im Zuge der Bestrebungen, für die sog. Nachtragsentscheidungen hinsichtlich des Straf- und Maßregelvollzugs sowie für dessen gerichtliche Kontrolle ein vollzugsnahes Gericht zu schaffen (dazu z. B. Thomann 1 9 7 3 ; Blau, in: Straf- und Maßregelvollzug 1974, 9 4 f f . ; Schöch 1974, 102f.), sind mit Wirkung vom 1. 1 . 1 9 7 5 Strafvollstreckungskammern bei den Landgerichten gebildet worden. Dadurch soll gewährleistet werden, daß diejenigen Gerichte, die über Vollzugsfragen entscheiden, mit dessen Problemen besonders vertraut sind und zu seiner Weiterentwicklung im Sinne der Vollzugsaufgaben beitragen können. Die Schaffung der StVollstrK ist nicht nur Folge der Kritik an der traditionellen „Vollzugsfremdheit" etlicher Richter und ihrer Distanz zu den empirischen Sozialwissenschaften (vgl. Schünemann 1 9 7 6 ) ; sie entspringt vielmehr einer alten kriminalpolitischen Forderung (Blau 1974, 97ff.). Entsprechende Auswahl der Richter, laufende Beschäftigung mit Vollzugsfragen und räumliche Nähe zu Vollzugsanstalten sollen für eine sachgerechte Rspr. sorgen, die den Aufgaben des Vollzugs und den Rechten des Gefangenen Rechnung trägt (BT-Dr. 7/918, 8 4 ; Dertinger 1 9 7 7 ; Peters 1977). Dementsprechend schreibt § 78 a 11 GVG n.F. die Bildung von Strafvollstreckungskammern an solchen Landgerichten vor, in deren Bezirk Anstalten für den Vollzug von Freiheitsstrafen oder freiheitsentziehenden Maßregeln an Erwachsenen bestehen oder andere Vollzugsbehörden ihren Sitz haben. Hinsichtlich der

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§ 10 Verfahrensrecht

örtlichen Zuständigkeit sind Zweigstellen, die nach dem Vollstreckungsplan keine eigene Zuständigkeit haben, der Hauptanstalt zuzuordnen. Die Zuständigkeit der StVollstrK erstreckt sich auf die nach den §§ 462 a und 463 StPO zu treffenden Nachtragsentscheidungen sowie die gerichtliche Kontrolle von Vollzugsmaßnahmen nach §§ 109ff. StVollzG. Allerdings sieht § 462 a I 3 StPO hiervon Ausnahmen vor (dazu unten III). Die einmal begründete Zuständigkeit der StVollstrK bleibt nach Beginn der Vollstreckung auch dann bestehen, wenn diese unterbrochen oder zur Bewährung ausgesetzt wird (§ 462 a I 2 StPO). § 78 a II GVG ermächtigt die Landesregierungen, durch Rechtsverordnung einem bestimmten LG die in die Zuständigkeit mehrerer Strafvollstreckungskammern fallenden Strafsachen zuzuweisen. Die Landesregierungen können auch bestimmen, daß Strafvollstreckungskammern ihren Sitz auch an anderen Orten als das LG haben, wenn das „für eine sachdienliche Förderung oder schnellere Erledigung der Verfahren zweckmäßig" ist (§ 78 a II 1 GVG). Diese Ermächtigung kann durch Rechtsverordnung weiter auf die Landesjustizverwaltungen delegiert werden (§ 78 a II 2 GVG). Hinsichtlich der Vollzugsanstalten, die sich außerhalb des Landesgebietes befinden, können die beteiligten Länder Zuständigkeitsvereinbarungen treffen; dann ist diejenige StVollstrK zuständig, in deren Bezirk die für die Anstalt verantwortliche Aufsichtsbehörde ihren Sitz hat (§ 78 a III GVG). Diese Regelungen bezwecken offensichtlich, in jedem Fall größtmögliche Vollzugsnähe der StVollstrK zu gewährleisten. § 78 b I GVG n.F. sieht als zwei verschiedene Spruchkörper die kleine und die große StVollstrK vor (vgl. § 179 Nr. 3 StVollzG). Die kleine StVollstrK ist zuständig, wenn der zu treffenden Entscheidung eine Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren zugrunde liegt. Sie ist mit einem Richter besetzt. Die große StVollstrK ist in allen sonstigen Fällen zuständig (§ 78 b I Nr. 2 GVG n.F.). Ist etwa lediglich eine freiheitsentziehende Maßregel angeordnet, ist die große StVollstrK gleichfalls zuständig. Sie besteht aus drei Richtern unter Einschluß des Vorsitzenden. Bei

II. Das Vollstreckungsgericht

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Entscheidungen nach § 109 StVollzG wird die kleine StVollstrK tätig (§ 78 b I Nr. 2 GVG n.F.). Weist die Sache besondere Schwierigkeiten rechtlicher Art auf oder kommt ihr grundsätzliche Bedeutung zu, überträgt sie der Einzelrichter der großen StVollstrK mit bindender Wirkung. Diese Regelung soll einerseits der Prozeßökonomie, andererseits dem Gewicht der jeweiligen Sache Rechnung tragen (BT-Dr. 7/3998, 49). Laienrichter (Schöffen) sind nicht vorgesehen. Vorsitz und Geschäftsverteilung richten sich nach §§ 21 f und 21 g GVG. Die Mitglieder der StVollstrK werden vom Präsidium des LG aus der Zahl der Mitglieder des LG und der in seinem Bezirk angestellten Richter beim AG bestellt (§ 78 b II GVG). Die sog. Nachtragsentscheidungen der StVollstrK (§§ 462 a, 463 StPO, 78 a I Nr. 1 GVG n.F.) unterliegen nach §§ 454 II 1, 462 III StPO der sofortigen Beschwerde, die Entscheidungen über Vollzugsmaßnahmen der Rechtsbeschwerde (§116 StVollzG). Beschwerdegericht ist in beiden Fällen das OLG (§ 121 I Nr. 2 und 3 GVG n.F.). § 121 III GVG n.F. (§ 179 Nr. 4 c StVollzG) ermächtigt die Landesregierungen dazu, durch Rechtsverordnung die Entscheidung über Rechtsbeschwerden einem OLG für den Bezirk mehrerer OLGe oder dem Obersten Landesgericht zuzuweisen, „sofern die Zuweisung für eine sachdienliche Förderung oder schnellere Erledigung der Verfahren zweckmäßig ist". Diese Ermächtigung kann auf die Landesjustizverwaltungen weiter delegiert werden. Für die sofortige Beschwerde gilt § 311 StPO; die Rechtsbeschwerde ist im einzelnen in den §§ 116-119 StVollzG geregelt. Die Entscheidung des Beschwerdegerichts ist grundsätzlich endgültig. Will jedoch ein OLG bei seiner Entscheidung über eine Rechtsbeschwerde von einer Entscheidung eines anderen OLG oder von einer Entscheidung des BGH abweichen, muß es die Sache diesem vorlegen (§ 121 II GVG n.F.). Dadurch sollen Rechtssicherheit und Rechtsfortbildung auf dem Gebiet des Strafvollzugsrechts gewährleistet werden.

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§ 10 Verfahrensrecht

III. Rechtsweg bei Strafvollstreckungsentscheidungen 1. Zuständigkeit Das Strafvollstreckungsrecht ist im einzelnen im 7. Buch (1. Abschnitt) der StPO (§§ 4 4 9 ^ 6 3 d) geregelt (vgl. oben § 1 11). Aus diesen Vorschriften ergibt sich im einzelnen auch, in welchen Fällen gerichtliche Entscheidungen in bezug auf die Strafvollstrekkung herbeigeführt werden können. Die bedeutsamsten Entscheidungen im Zusammenhang mit der Vollstreckung von Freiheitsstrafen und freiheitsentziehenden Maßregeln stellen hiernach dar: die Entscheidung über die Aussetzung des Strafrestes nach § 5 7 StGB ( § 4 5 4 StPO); die Entscheidung über die Auslegung eines Strafurteils und über die Strafzeitberechnung (§ 4 5 8 I StPO); die entsprechenden Entscheidungen hinsichtlich des Maßregelvollzugs (§ 463 StPO). Daneben sind gerichtlicher Entscheidung eine Reihe weiterer Angelegenheiten vorbehalten (z. B. die Entscheidung über Einwendungen gegen Entscheidungen der Vollstreckungsbehörde nach § 4 5 9 h StPO [vgl. OLG Hamburg N J W 1976, 2 5 7 ] ; die Anordnung der NichtVollstreckung einer Ersatzfreiheitsstrafe aufgrund der Härteklausel des § 4 5 9 f StPO: § 4 6 2 11 StPO). Sämtliche genannten Entscheidungen trifft nach § 4 6 2 a l l StPO die StVollstrK. Zuständig ist diejenige StVollstrK, in deren Bezirk die Vollzugsanstalt liegt, in die der Verurteilte zu dem Zeitpunkt, in dem das Gericht mit der Sache befaßt wird, aufgenommen ist. Unter den Begriff der „Aufnahme" fällt jedoch nicht nur die Erstaufnahme, sondern auch jede spätere Verlegung in eine andere Vollzugsanstalt (BGH N J W 1976, 860). Befaßt ist das Gericht mit dem Eingang bei einem Gericht, das für die Entscheidung zuständig sein kann. Gerichte in diesem Sinne sind das Gericht des ersten Rechtszuges und die StVollstrK, in deren Bezirk der Verurteilte einsitzt (BGH M D R 1 9 7 6 , 2 4 0 ) . örtlich zuständig ist die StVollstrK, in deren Bezirk sich die Vollzugsanstalt befindet. Diese Zuständigkeit bleibt auch hinsichtlich der weiteren Entscheidungen bestehen (Kleinknecht 1977, Rdnr. 4 zu § 4 6 2 a). Wird der Verurteilte freilich abweichend vom Voll-

III. Rechtsweg bei Strafvollstreckungsentscheidungen

225

streckungsplan in eine andere Vollzugsanstalt verbracht und dort aufgenommen, bevor die StVollstrK mit der Sache befaßt worden ist, dann ist diejenige StVollstrK zuständig, in deren Bezirk sich der neue Vollzugsort befindet (Kleinknecht 1977, Rdnr. 5 zu § 462 a). Das entspricht dem grundsätzlichen Ausgangspunkt der Regelung, hinsichtlich der Zuständigkeit der StVollstrK an die Zuständigkeit der Vollzugsanstalt im Zeitpunkt des Befaßtwerdens mit der Sache anzuknüpfen. An der ursprünglichen Zuständigkeit der StVollstrK ändert sich auch nichts, wenn die Vollstreckung einer Freiheitsstrafe unterbrochen oder die Vollstreckung des Restes der Freiheitsstrafe zur Bewährung ausgesetzt wurde (§ 462 a I 2 StPO). Kurzfristige Überstellungen eines Gefangenen in eine andere Anstalt lassen deshalb die Zuständigkeit unberührt (OLG Stuttgart NJW 1976,258; BGH NJW 1976,1109). Hat die StVollstrK die Aussetzung des Strafrestes abgelehnt, trifft im Falle einer Verlegung des Gefangenen in eine andere Vollzugsanstalt die weiteren Entscheidungen die für diese Anstalt zuständige StVollstrK (vgl. OLG Stuttgart NJW 1976,436; Kleinknecht 1977, Rdnr. 8 zu § 462 a). Dies gilt nicht, wenn die bisher zuständige StVollstrK noch nicht abschließend über eine Frage entschieden hat, mit der sie vorher befaßt wurde (BGH NJW 1976, 860). Indessen kann die StVollstrK einzelne Entscheidungen nach § 462 StPO in Verbindung mit § 458 I StPO an das Gericht des ersten Rechtszuges mit bindender Wirkung abgeben (§ 462 a I 3 StPO). Gemeint sind damit „weniger resozialisierungserhebliche Entscheidungen" (Kleinknecht 1977, Rdnr. 9 zu § 462 a). Ist das Urteil von einem OLG in erster Instanz erlassen (vgl. § 120 GVG), entscheidet es selbst anstelle der StVollstrK; es kann jedoch die nach § 462 a I zu treffenden Entscheidungen mit bindender Wirkung ganz oder zum Teil an die StVollstrK abgeben (§ 462 a V StPO). 2. Verfahren Die Entscheidungen nach §§ 462 a und 463 StPO ergehen ohne mündliche Verhandlung durch Beschluß (§§ 454 11, 462 I, 463 I StPO). Vor der Entscheidung sind die Staatsanwaltschaft und der 15

Müller-Dietz, Strafvollzugsrecht

226

§ 1 0 Verfahrensrecht

Verurteilte zu hören (§§ 4 5 4 12, 4 6 2 II 1 StPO). Gegen die Entr Scheidung ist sofortige Beschwerde zulässig (§§ 4 5 4 II 1, 4 6 2 III StPO). Die praktisch bedeutsamsten Entscheidungen in diesem Zusammenhang betreffen die Aussetzung des Strafrestes nach § 57 StGB. Für dieses Verfahren trifft § 4 5 4 StPO eine Reihe besonderer Regelungen. Danach ist außer der Staatsanwaltschaft und dem Verurteilten auch die Vollzugsanstalt zu hören (§ 4 5 4 I 2 StPO). Auf die Stellungnahme der Anstalt kommt es vor allem im Hinblick auf die nach § 5 7 I Nr. 2 StGB zu stellende Sozialprognose an (vgl. Kleinknecht 1977, Rdnr. 7 zu § 454). Dabei ist freilich noch offen, welcher Stellenwert in diesem Zusammenhang angesichts der realen Vollzugsbedingungen und des derzeitigen Standes der stationären Kriminaltherapie Aussagen über das Verhalten des Gefangenen und dessen weitere Entwicklung im Vollzug zukommt (vgl. KG N J W 1 9 7 3 , 1 4 2 0 ; Müller-Dietz 1973 d). Der Verurteilte ist in der Regel mündlich zu hören (§ 4 5 4 I 3, 4 StPO). Ist die kleine StVollstrK zuständig, ergeben sich insoweit grundsätzlich keine Probleme. Dagegen ist zweifelhaft, ob diese Anhörung durch sämtliche Mitglieder einer großen StVollstrK erfolgen muß oder ob damit auch ein Mitglied der StVollstrK beauftragt werden darf. Das Gesetz selbst äußert sich hierzu jedenfalls nicht ausdrücklich. Nach Auffassung verschiedener Gerichte genügt eine Anhörung durch einen beauftragten Richter nicht (vgl. die Nachw. bei Kleinknecht 1977, Rdnr. 11 zu § 4 5 4 ; so auch Franke, J Z 1977, 125 ff.). In zunehmendem Maße wird nunmehr indessen die Gegenmeinung vertreten (vgl. OLG Düsseldorf N J W 1975, 158; 1 9 7 6 , 2 5 6 ; OLG München N J W 1 9 7 6 , 2 5 4 ; so auch Peters 1 9 7 7 , 1 0 5 ) . Dafür sprechen fraglos Gesichtspunkte der Verfahrensökonomie. Auf der anderen Seite ist es gerade Ziel der Neuregelung des § 4 6 2 a I StPO, einen unmittelbaren Kontakt der StVollstrK mit dem Verurteilten in der Anstalt herzustellen, um dadurch die Grundlage für möglichst sachgerechte Entscheidungen zu schaffen (vgl. Kleinknecht 1977, Rdnr. 3 zu § 454). Gleichwohl erscheint eine Anhörung des Verurteilten durch sämtliche Mitglieder der StVollstrK nicht immer und ausnahmslos erforderlich. Kommt es jedoch nicht nur auf bestimmte Informa-

IV. Rechtsweg bei Vollzugsmaßnahmen

227

tionen an, die der StVollstrK auch durch einen beauftragten Richter übermittelt werden können, sondern vielmehr auf den persönlichen Eindruck vom Verurteilten, dann kann auf eine Anhörung durch die StVollstrK nicht verzichtet werden (vgl. Kleinknecht 1977, Rdnr. 11 zu § 454). Im übrigen gestattet es aber § 454 I 4 StPO, in bestimmten, enumerativ aufgezählten Fällen gänzlich von der Anhörung abzusehen. Es sind in der Hauptsache jene Fälle, in denen alle Verfahrensbeteiligten ohnehin für eine Aussetzung des Strafrestes eintreten oder in denen materiellrechtliche oder verfahrensrechtliche Voraussetzungen hierfür fehlen (vgl. Kleinknecht 1977, Rdnr. 9 zu § 454). IV. Rechtsweg

bei

Vollzugsmaßnahmen

1. Übersicht Bis zum Inkrafttreten des StVollzG war die gerichtliche Kontrolle von Vollzugsmaßnahmen nach den §§ 23 ff. EGGVG den OLGen (Strafsenaten) übertragen. Sie sollten gleichsam den durch Art. 19 IV GG garantierten Rechtsschutz auf dem Gebiet des Strafvollzugs gewährleisten. Man war sich jedoch bereits bei Einführung jener Vorschriften, die denselben Rechtsweg für die Überprüfung von Justizverwaltungsakten i.e.S., d.h. der Maßnahmen der Justizbehörden auf dem Gebiet der Strafrechtspflege, und von Vollzugsmaßnahmen eröffneten, darüber im klaren, daß dies eine „Übergangs- und Verlegenheitslösung" sei (Wagner 1975,322). Da die Entscheidungen über Vollzugsmaßnahmen eine besondere Vertrautheit mit den Verhältnissen im Strafvollzug, also Vollzugsnähe, erfordern, übertrug der Gesetzgeber die gerichtliche Kontrolle nunmehr der StVollstrK (§110 StVollzG). Von der StVollstrK erwartet man „Erfahrungen in Vollzugsangelegenheiten", „Kenntnis der Anstalt" und einen „unmittelbaren Eindruck von dem Gefangenen". Freilich hat jene Regelung zur Folge, daß „die Zuständigkeit für gerichtliche Entscheidungen der Strafvollstrekkung mit der gerichtlichen Kontrolle des Vollzuges bei einem Gericht" vereinigt sind (BT-Dr. 7/928, 84; Calliess/Müller-Dietz 15*

228

§ 10 Verfahrensrecht

1977, Rdnr. 1 zu § 110). Es bleibt abzuwarten, wie sich die Koppelung dieser beiden unterschiedlichen Funktionen auf das Verhältnis der StVollstrK zur Vollzugsanstalt und zum Gefangenen praktisch auswirkt. Indessen sind die Strafvollstreckungskammern nur für die gerichtliche Kontrolle des Straf- und Maßregelvollzugs an Erwachsenen und auch insoweit nur für die Überprüfung von Maßnahmen im Bereich des Justizvollzugs zuständig. Im übrigen verbleibt es jedoch beim früheren Rechtszustand. Dies stellt die Neufassung des § 23 12 EGGVG klar (vgl. § 180 StVollzG). Danach entscheiden über Maßnahmen der Vollzugsbehörden im Vollzug der Jugendstrafe, des Jugendarrests und der Untersuchungshaft weiterhin die Gerichte, die bisher dafür zuständig waren (BT-Dr. 7/3998,49). Entsprechendes gilt für die gerichtliche Überprüfung von Maßnahmen im Vollzug derjenigen Freiheitsstrafen und Maßregeln der Besserung und Sicherung, die außerhalb des Justizvollzugs vollstreckt werden. Solche freiheitsentziehenden Maßregeln stellen bekanntlich die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus (§ 63 StGB, § 136 StVollzG) und in einer Entziehungsanstalt (§ 64 StGB, § 137 StVollzG) dar. Zuständiges Gericht in jenem Sinne ist der Strafsenat des OLG (§ 25 11 EGGVG). Auf der anderen Seite nimmt hinsichtlich des Vollzugs der Jugendstrafe und des Jugendarrestes der Jugendrichter als Vollstreckungsleiter (§ 82 11 JGG) auch die Aufgaben wahr, welche die §§ 462 a, 463 StPO der StVollstrK zuweisen (§ 82 I 2 JGG). Der Gesetzgeber hat sich nicht dazu entschließen können, die Zuständigkeit der StVollstrK auch auf die gerichtliche Überprüfung der Maßnahmen in diesen Vollzugsbereichen zu erstrecken, weil die gesetzgeberischen Vorarbeiten dafür noch nicht weit genug fortgeschritten seien (kritisch Böhm, Einführung in das Jugendstrafrecht, 1977, 56). Namentlich will er mit der jetzigen Regelung verhindern, daß die Strafvollstreckungskammern Rechte und Pflichten der Gefangenen aus dem StVollzG ohne weiteres auf den Jugendstrafvollzug übertragen (BT-Dr. 7/918,102). Für eine Übergangszeit müsse daher in Kauf genommen werden, daß für die gerichtliche Kontrolle von Vollzugsmaßnahmen je nach Art des Freiheitsentzuges einmal Strafvollstreckungskammern und

IV. Rechtsweg bei Vollzugsmaßnahmen

229

dann Strafsenate zuständig seien. Allerdings sieht der Gesetzgeber die Gefahr einer unterschiedlichen Rspr. im Hinblick auf die (gleichzeitige) Zuständigkeit der Strafsenate zur Entscheidung über Rechtsbeschwerden als gering an (BT-Dr. 7/918,102). Voraussetzungen, Zuständigkeit und Verfahren sind im einzelnen in den §§ 109—121 StVollzG geregelt. Die Vorschriften knüpfen im wesentlichen an die §§23 ff. EGGVG an (vgl. Schöch 1974, 101; Eidt 1977). Dementsprechend ist der Rechtsbehelf, mit dem der Gefangene die Überprüfung von Vollzugsmaßnahmen verlangen kann, als „Antrag auf gerichtliche Entscheidung" (§ 109) ausgestaltet (kritisch Granau 1977, 57). 2. Zuständigkeit Nach § 23 12 EGGVG erstreckte sich die Zuständigkeit der OLGe auf die gerichtliche Kontrolle von „Anordnungen, Verfügungen und sonstige(n) Maßnahmen der Vollzugsbehörden im Vollzug der Freiheitsstrafen, der Maßregeln der Besserung und Sicherung, des Jugendarrests und der Untersuchungshaft". Nach § 109 11 StVollzG kann „gegen eine Maßnahme zur Regelung einzelner Angelegenheiten auf dem Gebiete des Strafvollzuges" der hiervon Betroffene eine gerichtliche Entscheidung beantragen. Trotz der unterschiedlichen Formulierung stimmen beide Vorschriften inhaltlich überein (BT-Dr. 7/918, 83; Calliess/Müller-Dietz 1977, Rdnr. 2 zu § 109). Mit dem Antrag auf gerichtliche Entscheidung kann auch die Verpflichtung zum Erlaß einer abgelehnten oder unterlassenen Maßnahme verlangt werden (§ 109 I 2; vgl. § 23 II EGGVG). Hiernach unterliegen nur solche Maßnahmen (von Vollzugsbehörden) der gerichtlichen Überprüfung, die zur Regelung eines Einzelfalles getroffen sind. Darunter sind konkrete Maßnahmen, nicht generelle Anordnungen zu verstehen (vgl. Schäfer, in: LöweRosenberg III § 23 EGGVG Anm. 5). Die Maßnahme muß unmittelbare Rechtswirkung für den Antragsteller haben (vgl. Kleinknecht 1977, Rdnr. 1 zu § 23 EGGVG). Antragsberechtigt ist nur, wer geltend macht, durch die Maßnahme (oder ihre Ablehnung oder Unterlassung) in seinen Rechten verletzt zu sein (§ 109 II;

230

§ 10 Verfahrensrecht

vgl. § 2 4 I EGGVG). Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung kann sich lediglich gegen eine Maßnahme der Vollzugsbehörde richten; der Antragsteller muß daher in jedem Fall zuerst eine Entscheidung des Anstaltsleiters herbeiführen, wenn er sich durch die Maßnahme eines Vollzugsbediensteten in seinen Rechten beeinträchtigt fühlt (BT-Dr. 7 / 9 1 8 , 8 4 ; Calliess/Müller-Dietz 1977, Rdnr. 2 zu § 109). Dementsprechend ist der Rechtsweg nach § 109 nicht gegeben (vgl. Schäfer, in: Löwe-Rosenberg III § 2 3 EGGVG Anm. 5, 6 ; Kühling 1972, 1973, 1974, 1976): in bezug auf behördeninterne Vorgänge oder Maßnahmen, hinsichtlich bloßer Wissenserklärungen der Vollzugsbehörde (weil sie keinen Regelungscharakter haben), für allgemeine Beschwerden über die Zustände in einer Vollzugsanstalt, in bezug auf Maßnahmen nachgeordneter Vollzugsbediensteter (die dem Anstaltsleiter unterstehen), es sei denn die Zuständigkeit für diese Maßnahmen wäre nach § 156 II 2 delegiert. Dagegen kommen als Gegenstand eines Antrags auf gerichtliche Entscheidung alle Maßnahmen oder Unterlassungen der Vollzugsbehörde in Betracht, die in Rechte des Gefangenen eingreifen. Solche Maßnahmen stellen beispielsweise konkrete Rechtsbeschränkungen auf dem Gebiet des Kontakts mit der Außenwelt, die Beschränkung oder der Entzug von Befugnissen des Gefangenen durch Sicherungs- oder Disziplinarmaßnahmen, die Vorenthaltung von Leistungen, die dem Gefangenen nach dem StVollzG zustehen, dar u. a. m. Im einzelnen hat die Rspr. etwa bisher hierzu gerechnet: Maßnahmen hinsichtlich (Kühling 1972, 2 8 9 f . ) ;

der Unterbringung des

Gefangenen

Maßnahmen in bezug auf Besuchsfristen (Kühling 1972, 2 9 0 ) ; das Verbot bestimmter Besuche (Kühling 1973, 9 1 ) ; die Versagung ehelichen Verkehrs (Kühling 1974, 2 0 1 ) ; die Überwachung des Schriftverkehrs (Kühling 1 9 7 2 , 2 9 0 , 1974, 198), nicht zuletzt mit Verteidigern und Rechtsanwälten (Kühling 1973, 9 1 ) ;

IV. Rechtsweg bei Vollzugsmaßnahmen

231

das Vorenthalten (Kühling 1973, 91) und das Anhalten von Schreiben (Kühling 1972, 2 9 1 f.); das Anhalten von Paketen (Kühling 1976, 4 2 ) ; die Nichtaushändigung bestimmter Schriften (Kühling 1972, 2 9 3 f., 1973, 92, 1974, 199, 1976, 41), einer Schreibmaschine (Kühling 1972, 291), eines Transistorgerätes (Kühling 1972, 2 9 4 f . , 1973, 92, 1974, 199f.), eines Fernsehgerätes (Kühling 1974, 199, 1976, 4 2 ) ; das Verbot der Beschaffung solcher Geräte (Kühling 1973, 9 2 ) ; die Beschränkung oder der Entzug des gemeinschaftlichen Rundfunk- oder Fernsehempfangs (Kühling 1972, 2 9 4 ) ; Maßnahmen in bezug auf die Teilnahme an Lehrgängen (Kühling 1972, 295 f., 1974, 2 0 0 ) ; Maßnahmen auf dem Gebiet der Arbeitszuweisung 1972, 2 9 6 ) ; die Belastung des Arbeitsentgelts mit (Kühling 1972, 2 9 6 f., 1973, 9 2 ) ;

(Kühling

Schadensersatzpflichten

die Ablehnung, den Gefangenen von der Arbeitspflicht freizustellen (Kühling 1976, 4 3 ) ; die Versagung der Erlaubnis zur Selbstbeschäftigung (Kühling 1974, 2 0 0 ) ; Maßnahmen in bezug auf die Verwendung des Hausgeldes (Kühling 1972, 2 9 7 ) ; erkennungsdienstliche Maßnahmen (Kühling 1973, 9 3 ) ; die Versagung der Erlaubnis zur Gründung bestimmter Vereinigungen in der Anstalt (Kühling 1976, 4 0 ) ; die Versagung bestimmter (sozial-)therapeutischer Maßnahmen (Kühling 1974, 2 0 1 ) ; Maßnahmen auf dem Gebiet der Gesundheitsfürsorge (Kühling 1973, 93, 1974, 2 0 1 , 1976, 4 3 ) ;

232

§ 1 0 Verfahrensrecht

die Ablehnung von Strafunterbrechung wegen Vollzugsuntauglichkeit (Kühling 1 9 7 2 , 2 9 9 ) ; Anordnung und Durchführung bestimmter Sicherungsmaßnahmen, etwa der Durchsuchung, Unterbringung in Einzelhaft (Kühling 1 9 7 2 , 2 9 8 f., 1 9 7 4 , 2 0 1 ) , Verlegung in eine geschlossene Anstalt (Kühling 1 9 7 3 , 93) und Fesselung (Kühling 1 9 7 4 , 4 4 ) ; Anordnung und Durchführung bestimmter Disziplinarmaßnahmen (Kühling 1 9 7 2 , 2 9 7 f . , 1 9 7 3 , 9 3 ) ; Maßnahmen im Vollzug der Sicherungsverwahrung 1 9 7 2 , 2 9 9 f.).

(Kühling

Allerdings kann die Rspr. der O L G e zur Abgrenzung der sachlichen Zuständigkeit der Strafvollstreckungskammern nach § 1 0 9 nur insoweit herangezogen werden, als es sich im Einzelfall nach altem und neuem Recht um Vollzugsmaßnahmen handelt. Dies trifft keineswegs auf sämtliche Fälle zu, die von der früheren Rspr. entschieden worden sind. So wurde etwa die Bewilligung von Urlaub aus der Haft verschiedentlich als Gnadenmaßnahme aufgefaßt; demgemäß hielten die O L G e eine gerichtliche Überprüfung ablehnender Urlaubsentscheidungen nach § § 2 3 ff. E G G V G für unzulässig, weil Gnadensachen nicht justitiabel seien (Kühling 1974, 197f., 1976, 40f.). Unabängig davon, wie die Justitiabilität von Gnadenakten zu beurteilen ist (dazu unten VI), stellen jedenfalls Entscheidungen der Vollzugsbehörden in Urlaubsangelegenheiten nach §§ 13, 35 StVollzG nunmehr Vollzugsmaßnahmen dar (vgl. oben § 7 VI). Sie unterliegen daher jetzt gerichtlicher Kontrolle nach § 1 0 9 . Die Regelung der örtlichen Zuständigkeit für Anträge nach § 1 0 9 StVollzG entspricht im wesentlichen derjenigen des § 4 6 2 a l l StPO. Danach hat das „Prinzip der örtlichen N ä h e " Vorrang (BT-Dr. 7 / 9 1 8 , 84). Zuständig ist diejenige StVollstrK, in deren Bezirk die Vollzugsbehörde ihren Sitz hat, deren Maßnahme angefochten oder begehrt wird ( § 1 1 0 Satz 1). Damit obliegt der StVollstrK grundsätzlich die gerichtliche Überprüfung aller M a ß nahmen, welche die Vollzugsbehörden ihres Bezirks getroffen haben (BT-Dr. 7 / 9 1 8 , 84). Dadurch soll sie in die Lage versetzt

IV. Rechtsweg bei Vollzugsmaßnahmen

233

werden, „auch durch eigene Ermittlungen ausreichendes Vollzugswissen für sachkundige Entscheidungen zu sammeln" (BT-Dr. 7/3998, 40). Unterhält ein Land eine Vollzugsanstalt auf dem Gebiet eines anderen Landes, so können die beteiligten Länder vereinbaren, daß die StVollstrK desjenigen Landgerichts zuständig sein soll, in dessen Bezirk die für die Anstalt zuständige Aufsichtsbehörde ihren Sitz hat (§ 78 a III GVG). Ist der Anrufung der StVollstrK ein Verwaltungsverfahren nach § 109 III StVolIzG vorgeschaltet, ändert sich an der Zuständigkeit der StVollstrK nichts (§ 110 Satz 2). Die funktionelle und die sachliche Zuständigkeit (dazu KernWolf, Gerichtsverfassungsrecht, 5. Aufl., 1975, § 12 II und III) ist im GVG geregelt (vgl. BT-Dr. 7/3998, 4 0 ; oben II). 3. Verfahren Für das Verfahren gelten die §§ 109—121 StVolIzG. Soweit das StVolIzG jedoch keine Regelung getroffen hat, sind die Vorschriften der StPO entsprechend anzuwenden (§ 120 I StVolIzG). Für die Bewilligung des Armenrechts sind die einschlägigen Vorschriften der ZPO maßgebend (§ 120 II StVolIzG). a) Verwaltungsvorverfahren

und Beteiligte

Grundsätzlich kann gegen eine Maßnahme oder Unterlassung des Anstaltsleiters unmittelbar Antrag auf gerichtliche Entscheidung gestellt werden. Jedoch kann das Landesrecht nach § 109 II vorsehen, daß dem ein Verwaltungsvorverfahren vorausgehen muß. Diese Regelung ist in gewissem Umfange dem § 2 4 II EGGVG nachgebildet. Hierzu hat das BVerfG bereits entschieden, daß das Vorverfahren keineswegs durch Gesetz geregelt werden muß; vielmehr ist es demnach den Ländern freigestellt, „ob und in welcher Form sie das Vorverfahren einführen wollen" (BVerfG N J W 1976, 34). Da § 109 III jedoch eine landesrechtliche Regelung voraussetzt, dürfte der vom BVerfG zu § 2 4 II EGGVG entwikkelte Gesichtspunkt im Verfahren nach § 109 nicht gelten; insoweit unterscheidet sich der Wortlaut beider Vorschriften. Man wird daher für die Einführung eines Verwaltungsvorverfah-

234

§ 10 Verfahrensrecht

rens eine förmliche Rechtsgrandlage fordern Calliess/Müller-Dietz 1 9 7 7 , Rdnr. 3 zu § 109).

müssen

(vgl.

In der Sache war umstritten, ob das in einer Reihe von Ländern nach § 2 4 II E G G V G eingeführte förmliche Vorschaltverfahren (vgl. Schäfer, in: Löwe-Rosenberg III § 2 4 E G G V G Anm. 6 a) auch im Verfahren nach § 1 0 9 zugelassen werden sollte. Weder KE noch AE hatte sich dafür ausgesprochen. Der Gesezgeber ist indessen dem Votum der Landesjustizverwaltungen gefolgt. Die bisherigen Erfahrungen sprächen keineswegs für die Abschaffung des Verwaltungsvorverfahrens. „Es ist nicht zu verkennen, daß eine zunächst durchgeführte Überprüfung der angefochtenen Maßnahme durch die vorgesetzte Vollzugsbehörde zu einer sachgemäßeren und konstruktiveren Lösung führen kann als bei einer unmittelbaren Überprüfung durch das in den Möglichkeiten seiner Entscheidung eingeschränkte Gericht" (BT-Dr. 7 / 9 1 8 , 84). Am gerichtlichen Verfahren selbst sind im Rechtssinne der Antragsteller selbst und die Vollzugsbehörde beteiligt ( § 1 1 1 I). Im Rechtsbeschwerdevefahren vor dem O L G (oder dem B G H ) ist statt der Vollzugsbehörde die Aufsichtsbehörde Beteiligte ( § 1 1 1 II). Sie nimmt insoweit die Prozeß Vertretung wahr. Dadurch „soll eine sachgerechte und überörtliche Verhältnisse berücksichtigende Vertretung des Vollzuges in rechtlich schwierigen Fragen gewährleistet sein" (BT-Dr. 7 / 9 1 8 , 84). Der Gesetzgeber hat es hingegen abgelehnt, entsprechend dem Vorschlag des § 9 9 I N r . 3 R E auch die StA am Verfahren zu beteiligen. Fraglos hätte dies zu Verzögerungen des Verfahrens beigetragen (vgl. BT-Dr. 7 / 9 1 8 , 8 4 ; BT-Dr. 7 / 3 9 9 8 , 41). b) Antragsfristen, nahme

Wiedereinsetzung

und Aussetzung

der

Maß-

Hinsichtlich der Antragsfristen unterscheidet das StVollzG zwischen einer Anfechtungsklage (§ 112) und einem Vornahmeantrag (§ 113). Wendet sich der Antragsteller gegen eine Maßnahme oder deren Ablehnung, muß er seinen Antrag binnen zwei Wochen nach Zustellung oder schriftlicher Bekanntgabe der Maßnahme schriftlich oder zur Niederschrift der Geschäftsstelle

IV. Rechtsweg bei Vollzugsmaßnahmen

235

des Gerichts einreichen (§ 112 I I ) . In Fällen des Verwaltungsvorverfahrens (§ 109 III) gilt diese Frist in entsprechender Weise für den Widerspruchsbescheid (§11212). § 1 0 0 1 1 RE hatte entgegen § 102 I KE vorgeschlagen, die Antragsfrist auf einen Monat auszudehnen (vgl. BT-Dr. 7/918, 84). Dem ist der Gesetzgeber jedoch nicht gefolgt, weil die Lebenssachverhalte im Vollzug eine rasche Klärung erforderten (BT-Dr. 7/3998, 41). Der Gefangene kann den Antrag nach §§ 120 I StVollzG, 299 StPO auch zur Niederschrift der Geschäftsstelle des AG stellen, in dessen Bezirk die Anstalt liegt (BT-Dr. 7/918, 85). Dem Antragsteller ist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach den Grundsätzen zu gewähren, wie sie § 26 II—IV EGGVG für das Verfahren vor dem OLG vorsieht (§ 112 II-IV StVollzG). Danach hat der Antragsteller Anspruch auf Wiedereinsetzung, wenn er ohne Verschulden verhindert war, die Frist einzuhalten (§ 112 II). Hierbei muß er sich anders als nach § 44 StPO (Kleinknecht 1977, Rdnr. 15 zu § 44) das Verschulden des gesetzlichen oder bestellten Vertreters anrechnen lassen (vgl. Schäfer, in: Löwe-Rosenberg III §26 EGGVG Anm. 7; Kleinknecht 1977, Rdnr. 5 zu § 26 EGGVG). Der Antrag auf Wiedereinsetzung ist binnen zwei Wochen nach Wegfall des Hindernisses zu stellen (§ 112 III 1). Der Antragsteller muß die Tatsachen zur Begründung des Antrags glaubhaft machen (§ 112 III 2); dafür kommen alle Beweismittel in Betracht (Kleinknecht 1977, Rdnr. 6 - 9 zu § 26 StPO). Innerhalb der Frist muß der Antrag, der unverschuldeterweise nicht gestellt wurde, nachgeholt werden (§112 1113). Nach einem Jahr seit Ende der versäumten Frist ist der Antrag auf Wiedereinsetzung unzulässig; ausnahmsweise gilt dies nicht bei höherer Gewalt (§ 112 IV). Der Vornahmeantrag, der sich gegen das Unterlassen einer Maßnahme richtet, kann frühestens nach Ablauf von drei Monaten seit dem Begehren gegenüber der Vollzugsbehörde gestellt werden. Ausnahmsweise kann das Gericht bei Vorliegen besonderer Umstände jedoch schon früher angerufen werden (§113 1). Diese Regelung entspricht im wesentlichen § 2 7 1 EGGVG. Das gilt auch für § 113 II und III im Hinblick auf § 23 II und III EGGVG. Hiernach setzt das Gericht das Verfahren

236

§ 1 0 Verfahrensrecht

bis zum Ablauf einer von ihm bestimmten Frist aus, wenn ein zureichender Grund dafür vorliegt, daß die beantragte Maßnahme noch nicht erlassen ist. Wird die Vollzugsbehörde innerhalb der Frist (die noch verlängert werden kann) dem Antrag entsprechend tätig, ist der Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt (§ 113 II). Der Vornahmeantrag selbst ist bis zum Ablauf eines Jahres seit Stellung des Antrags auf Vornahme der Maßnahme zulässig. Zu einem späteren Zeitpunkt kann der Vornahmeantrag nur in Fällen höherer Gewalt oder bei Vorliegen besonderer Gründe gestellt werden (§ 113 III). Der RE hatte noch vorgeschlagen, im Interesse des Betroffenen auf die Übernahme der Jahresfrist des § 27 III EGGVG zu verzichten (BT-Dr. 7/918, 85). Dem hat sich der Gesetzgeber jedoch nicht angeschlossen. Grundsätzlich hat der Antrag auf gerichtliche Entscheidung keine aufschiebende Wirkung (§ 114 I). Das entspricht dem Verfahren nach §§ 23ff. EGGVG (BT-Dr. 7/918, 85). Jedoch kann das Gericht den Vollzug der angefochtenen Maßnahme aussetzen, wenn die Gefahr besteht, „daß die Verwirklichung eines Rechts des Antragsstellers vereitelt oder wesentlich erschwert wird und ein höher zu bewertendes Interesse an dem sofortigen Vollzug nicht entgegensteht" (§ 114 I I I ) . Eine solche Ermächtigung ist schon deshalb notwendig, weil sich etliche Vollzugsmaßnahmen nicht rückgängig machen lassen (BT-Dr. 7/918, 85). Ebenso kann das Gericht nach § 114 112 eine einstweilige Anordnung in entsprechender Anwendung des § 123 I VwGO erlassen. Dadurch werden diejenigen Fälle erfaßt, „in denen die einem Gefangenen drohenden schwerwiegenden Nachteile gerade darauf beruhen, daß die Vollzugsbehörde eine erforderliche Maßnahme unterläßt" (BT-Dr. 7/3998, 41; Calliess/Müller-Dietz 1977, Rdn. 2 zu § 114). Voraussetzung für den Erlaß der einstweiligen Anordnung ist die Gefahr, daß durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung eines Rechts des Antragsstellers vereitelt oder wesentlich erschwert wird. Einstweilige Anordnungen kommen auch sonst zur vorläufigen Regelung streitiger Rechtsverhältnisse als Maßnahmen zur Abwendung wesentlicher Nachteile oder drohender Gefahren in Betracht (vgl. BT-Dr. 7/3998, 41). Sie sind nicht anfechtbar und können vom Gericht jederzeit

IV. Rechtsweg bei Vollzugsmaßnahmen

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geändert oder aufgehoben werden (§ 114 113). Um einen möglichst wirksamen Rechtsschutz i.S. des Art. 19 IV GG zu gewährleisten (BT-Dr. 7/3998, 41), können solche vorläufigen Entscheidungen schon vor Stellung des Antrags auf gerichtliche Entscheidung beantragt werden (§ 114 III). c) Gerichtliche

Entscheidung

Ebenso wie im Verfahren nach § § 2 3 ff. EGGVG (§§29 11 EGGVG, 309 I StPO) entscheidet die StVollstrK im Verfahren nach § 109 ohne mündliche Verhandlung durch Beschluß (§ 115 I). Demgegenüber hatte der AE vorgeschlagen, im Interesse einer vollzugsnahen Ausgestaltung vorzusehen, daß das Gericht den Sachverhalt grundsätzlich in mündlicher Verhandlung (in der Anstalt) erforscht; nur soweit dies entbehrlich erscheint, sollte darauf verzichtet werden können (§ 154 III AE, 217ff.). Auch sonst ist der Ausschluß der mündlichen Verhandlung kritisiert worden, weil darunter die Effektivität des Rechtsschutzes leiden und das rechtliche Gehör (Art. 103 I GG) im Einzelfall nur bei mündlicher Verhandlung hinreichend gewährleistet sein könne (Wagner 1975, 321 ff.; 1976, 258f.). Der Gesetzgeber hat sich indessen nicht entschließen können, eine von den § § 2 3 ff. EGGVG abweichende Regelung zu treffen. Eine persönliche Anhörung des Antragstellers durch das Gericht erscheint jedoch dann geboten, „wenn anders eine hinreichende Sachaufklärung nicht möglich ist" (Calliess/Müller-Dietz 1977, Rdnr. 2 zu §115). Auch im übrigen entspricht die Regelung des § 115 im wesentlichen den § § 2 3 f f . EGGVG (BT-Dr. 7/918, 85; vgl. § 2 8 EGGVG). Zunächst hat das Gericht die Zulässigkeit des Antrags zu prüfen (vgl. §§ 109—113). Hierzu gehört auch eine gehörige Form. Bei völlig ungehöriger Form kann der Antrag als unzulässig verworfen werden. Nach § 115 II 1 hebt das Gericht die Maßnahme auf, soweit sie rechtswidrig ist und den Antragsteller in seinen Rechten verletzt; Entsprechendes gilt für den Widerspruchsbescheid. Ist die Maßnahme bereits vollzogen, kann das Gericht auch aussprechen, daß und wie die Vollzugsbehörde die Vollziehung rückgängig machen muß; Voraussetzung dafür ist aller-

238

§ 1 0 Verfahrensrecht

dings, daß die Sache spruchreif ist (§ 115 112). Ist eine mangels genügender Feststellungen noch nicht spruchreife Entscheidung ergangen und angefochten, so wird sie aufgehoben und zur erneuten Entscheidung zurückverwiesen (vgl. Calliess/Müller-Dietz 1 9 7 7 , Rdnr. 6 zu § 115). Ein Folgenbeseitigungsanspruch kommt freilich nur in Betracht, wenn die Vollziehung tatsächlich und rechtlich noch rückgängig gemacht werden kann (Schäfer, in: Löwe-Rosenberg III § 2 8 E G G V G Anm. 3 a). Hat sich die Maßnahme vor der Entscheidung durch Rücknahme oder anders erledigt, stellt das Gericht die Rechtswidrigkeit fest; dies setzt ein berechtigtes Interesse des Antragstellers voraus (§ 115 III). Ein solches Interesse kann namentlich in Fällen der Wiederholungsgefahr oder dann vorliegen, wenn der diskriminierende Charakter der Maßnahme noch fortwirkt oder der Antragsteller beabsichtigt, Amtshaftungsansprüche (Art. 3 4 G G i.V.m § 8 3 9 BGB) geltend zu machen (vgl. Calliess/Müller-Dietz 1 9 7 7 , Rdnr. 5 zu § 115). Soweit die Ablehnung oder Unterlassung der Maßnahme rechtswidrig und der Antragsteller dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Vollzugsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen. Auch das kommt nur in Betracht, wenn die Sache spruchreif ist (§ 115 IV 1). Andernfalls wird die Vollzugsbehörde dazu verpflichtet, den Antragsteller unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden (§ 115 IV 2). Bei Ermessensentscheidungen muß das Gericht allgemeinen Rechtsgrundsätzen folgend (§ 2 8 III E G G V G ) prüfen, ob die Maßnahme oder ihre Ablehnung rechtswidrig ist, weil die Vollzugsbehörde ermessensfehlerhaft gehandelt hat (§ 115 V). Bei Vollzugsmaßnahmen kommen Ermessensentscheidungen relativ häufig vor. Freilich dürfen solche Entscheidungen nicht mit der Subsumtion unter einen bestimmten Rechtsbegriff verwechselt werden. Allerdings kommt bei unbestimmten Rechtsbegriffen ein Beurteilungsspielraum in Betracht (Schäfer, in: Löwe-Rosenberg III § 2 8 E G G V G Anm. 5).

IV. Rechtsweg bei Vollzugsmaßnahmen

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Verfahrensabschließende Entscheidungen müssen auch über die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen befinden (§ 121 I). Abweichend von § 30 EGGVG regelt § 121 lediglich die Verteilung der Kosten zwischen den Verfahrensbeteiligten (BTDr. 7/918, 86). Die Höhe der Kosten und die Wertfestsetzung festzulegen ist Sache des Kostenrechts. Für das Verfahren nach § 109 ist dies durch § 48 a GKG (§187 StVollzG) geschehen. Die Verteilung der Kosten regelt § 121 im Anschluß an die §§ 464—473 StPO (§121 IV). Hiernach trägt der Antragsteller im Falle seines Unterliegens oder der Rücknahme seines Antrags die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen (§ 121 II 1). Im Falle seines Obsiegens trifft die Staatskasse die Kostenlast (§ 467 I StPO). In anderen Fällen (der Erledigung) entscheidet das Gericht hierüber nach billigem Ermessen (§ 121 II 2). d)

Rechtsbeschwerde

Die Entscheidung des OLG ist nach § 29 11 EGGVG unanfechtbar. §116 11 läßt demgegenüber die Rechtsbeschwerde als Rechtsmittel gegen die Entscheidung der StVollstrK zu, „um auf diese Weise die Fortbildung des Rechts und eine einheitliche Rechtsprechung zu gewährleisten" (BT-Dr. 7/918, 85). Das erscheint im Hinblick auf die relativ große Anzahl von Gerichten erforderlich, die mit der Überprüfung von Vollzugsmaßnahmen befaßt sind. Hingegen soll durch das Rechtsmittel nicht eine weitere Tatsacheninstanz eröffnet werden. Die Rechtsbeschwerde ist daher revisionsähnlich ausgestaltet (BT-Dr. 7/918, 86). Im Rechtsmittelverfahren können deshalb nur Gesetzesverletzungen gerügt und überprüft werden (§ 116 II StVollzG; § 3 3 7 StPO). Die Rechtsbeschwerde hat keine aufschiebende Wirkung; jedoch kann das Beschwerdegericht entsprechend § 114 II bei Gefahr im Verzug den Vollzug der angefochtenen Maßnahme aussetzen oder eine einstweilige Anordnung erlassen (§ 116 III). Für die Rechtsbeschwerde gelten im einzelnen die §§ 116—119. Ergänzend sind die Vorschriften der StPO über die Beschwerde (§§ 304ff.) heranzuziehen (§116 IV). Über die Rechtsbeschwerde entscheidet ein Strafsenat des OLG, in dessen Bezirk die StVollstrK ihren Sitz hat (§ 117). Jedoch können einem OLG die Ent-

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§ 1 0 Verfahrensrecht

Scheidungen für die Bezirke mehrerer OLGe zugewiesen werden (§ 121 III GVG n.F., § 179 Nr. 4 c StVollzG; vgl. oben II). Die Rechtsbeschwerde muß bei der StVollstrK binnen eines Monats nach Zustellung der Entscheidung eingelegt werden (§ 118 11). Innerhalb derselben Zeit muß das Rechtsmittel auch begründet werden (§ 118 12). Damit weicht das StVollzG von den einschlägigen Regelungen des Revisionsrechts (§§ 341, 345 StPO) ab. Indessen geht das Gesetz davon aus, daß eine einheitliche Monatsfrist für die Einlegung und Begründung der Rechtsbeschwerde ausreicht (BT-Dr. 7/918, 86). Aus der Begründung muß hervorgehen, ob die Entscheidung wegen Verletzung einer Rechtsnorm über das Verfahren oder wegen Verletzung einer anderen Rechtsnorm angefochten wird. Wird ein Verfahrensfehler gerügt, müssen die zugrundeliegenden Tatsachen angegeben werden (§ 118 II). Die besondere Funktion der Rechtsbeschwerde kommt auch darin zum Ausdruck, daß das Rechtsmittel nur in einer von einem Rechtsanwalt unterzeichneten Schrift oder zur Niederschrift der Geschäftsstelle eingelegt werden kann (§ 118 III). Der Strafsenat entscheidet gleichfalls ohne mündliche Verhandlung durch Beschluß (§ 119 I). Seiner Prüfung unterliegen lediglich die Beschwerdeanträge und die im Falle einer Verfahrensrüge ausdrücklich genannten Tatsachen (§ 119 II). Aus verfahrensökonomischen Gründen eröffnet § 119 III die Möglichkeit, eine einstimmig für unzulässig oder für offensichtlich unbegründet erachtete Beschwerde ohne Begründung zu verwerfen. Soweit der Strafsenat die Rechtsbeschwerde für begründet erachtet, hebt er sie auf (§ 119 IV 1). Ist die Sache spruchreif, kann er an Stelle der StVollstrK entscheiden (§ 119 IV 2). Sonst verweist er sie zur erneuten Entscheidung an die StVollstrK zurück (§ 119 IV 3). Um die Zuordnung einer Anstalt an eine bestimmte StVollstrK zu gewährleisten, sieht das Gesetz die Zurückverweisung an eine andere StVollstrK nicht vor (BT-Dr. 7/918, 86). Die Entscheidung des Strafsenats ist endgültig (§ 119 V). Er hat die Sache aber dem BGH vorzulegen, wenn er von dessen

V. Sonstige Rechtsbehelfe

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Entscheidung oder derjenigen eines anderen OLG abweichen will (§ 121 II GVG n.F., § 179 Nr. 4 b StVollzG; vgl. oben II).

V. Sonstige Rechtsbehelfe Sieht man einmal von der Möglichkeit ab, Gnadenbehörden im Wege des Gnadenverfahrens anzurufen (vgl. unten VI), so stehen dem Gefangenen über den Antrag auf gerichtliche Entscheidung nach § 1 0 9 StVollzG hinaus namentlich folgende Rechtsbehelfe zur Verfügung: das Beschwerderecht nach § 108 StVollzG, das Petitionsrecht nach Art. 17 G G und die Individualbeschwerde nach Art. 25 M R K . Sämtliche drei Rechtsbehelfe sind darin dem Antrag auf gerichtliche Entscheidung verwandt, daß sie sich gleichfalls gegen Vollzugsmaßnahmen oder deren Unterlassung richten (können). 1. Beschwerderecht Das Beschwerderecht des Gefangenen ist im Zusammenhang mit dem Recht auf Mitwirkung an der Gestaltung der Behandlung ( § 4 1) und Erörterung des Vollzugsplans (§ 6 III) zu sehen (BT-Dr. 7 / 9 1 8 , 83). Sinn dieser Regelung ist es, den Gefangenen in weitest möglichem Umfang an der Planung und Durchführung der Behandlung zu beteiligen, weil nur auf solche Weise ein Zusammenwirken im Hinblick auf das Völlzugsziel erreicht werden kann (vgl. oben § 6 V I ) . Unabhängig von den Beschwerdemöglichkeiten nach § 108 kann sich der Gefangene jederzeit auf schriftlichem Wege an die Aufsichtsbehörde wenden. Daran ändert auch der Umstand nichts, daß ein derartiger Schriftverkehr entgegen §§ 28 I und 3 0 V R E (vgl. BT-Dr. 7/918, 8 3 ; BT-Dr. 7 / 3 9 9 8 , 16) nach § 2 9 III StVollzG überwacht werden darf. Nr. 3 6 I der Mindestgrundsätze verpflichtet die Vollzugsbehörde dazu, dem Gefangenen Gelegenheit zu geben, Wünsche oder Beschwerden an den Anstaltsleiter oder einen Vertreter der Aufsichtsbehörde zu richten. Dieses Recht gewährleistet § 108 I und II StVollzG. Nach § 108 I erhält der Gefangene Gelegenheit, sich in Angelegenheiten, die ihn selbst betreffen, jederzeit an den An16

Müller Dietz, Strafvollzugsrecht

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§10 Verfahrensrecht

staltsleiter zu wenden. Dieser ist verpflichtet, regelmäßige Sprechstunden einzurichten. Der Gefangene hat insofern ein Recht auf persönliche Anhörung durch den Anstaltsleiter. Jedoch unterliegt dieses Recht im einzelnen der Ausgestaltung und Regelung durch die Anstalt (BT-Dr. 7/918, 83). Soweit der Gefangene nicht darauf besteht, im Rahmen der Sprechstunden persönlich angehört zu werden, kann er demnach, falls er hinreichend schreibgewandt ist, auf die Möglichkeit verwiesen werden, sein Anliegen schriftlich vorzubringen. Freilich erscheint es im Hinblick auf das Mitwirkungsrecht des Gefangenen geboten, die Gelegenheit zu Gesprächen in möglichst großem Umfange zu bieten und zu nutzen (vgl. BT-Dr. 7/918, 83). „Die Sprechstunden geben auch dem schreibunkundigen oder schreibungewandten Gefangenen die Möglichkeit, seine Sorgen und Beanstandungen vorzutragen. Zum anderen bieten sie eine geeignete Möglichkeit, im Gespräch mit dem Gefangenen Verständnis für Maßnahmen der Anstalt zu gewinnen und auf diese Weise Ärger sowie damit verbundene Aggressionen abzubauen" (BT-Dr. 7/3998,40). Nach Nr. 36 II der Mindestgrundsätze ist dem Gefangenen darüber hinaus auch die Gelegenheit zu geben, in Abwesenheit des Anstaltspersonal mit Vertretern der Aufsichtsbehörde zu sprechen. Dieses Recht wird im wesentlichen durch § 108 II StVollzG garantiert. Es erstreckt sich wiederum nur auf die eigenen Angelegenheiten des Gefangenen. Allerdings sieht das Gesetz nicht ausdrücklich vor, daß der Gefangene in Abwesenheit von Anstaltsbediensteten anzuhören ist, geht jedoch davon aus, daß dies geschieht, falls er es wünscht (BT-Dr. 7/918, 83; vgl. auch Calliess/ Müller-Dietz 1977, Rdnr. 2 zu § 108). Schließlich erwähnt § 108 III noch die allgemeine Möglichkeit, Dienstaufsichtsbeschwerde einzulegen. Sie wird durch das Beschwerderecht nach § 108 I und II nicht berührt. Die Dienstaufsichtsbeschwerde ist ein formloser Rechtsbehelf, der auf die Überprüfung und Änderung von Entscheidungen durch den Dienstvorgesetzten abzielt.

V. Sonstige Rechtsbehelfe

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2. Petitionsrecht Nach Art. 17 GG hat jedermann das Recht, sich einzeln oder in Gemeinschaft mit anderen schriftlich mit Bitten oder Beschwerden an die zuständigen Stellen und an die Volksvertretung zu wenden. Daß dieses Grundrecht auch dem Gefangenen zusteht, kann nicht bezweifelt werden. Jedoch ist streitig, ob er über das individuelle Petitionsrecht hinaus auch das Recht zu gemeinschaftlichen Petitionen hat. Nr. 194 I DVollzO wollte dies im Sinne historischer „Meutereiklauseln" ausschließen. Dementsprechend wird teilweise das Recht des Gefangenen auf gemeinsame Petitionen verneint (vgl. Dürig, in: Maunz-Dürig-Herzog Art. 17 Rdnr. 32). Demgegenüber verweist man mit Recht darauf, daß Art. 17 GG keinerlei Vorbehalte kennt. Gemeinsame Petitionen stellen daher zumindest insoweit Ausübung jenes Grundrechts dar, als der Vollzug Gelegenheit zu gemeinsamem Handeln bietet (vgl. Schüler-Springorum, in: Tagungsberichte der StVK V, 79; Piltz, in: Schwind/Blau, 284). Eine Einschränkung dieses Rechts durch das StVollzG kommt ohnehin nicht in Betracht (BT-Dr. 7/3998, 40). Im übrigen gelten für die Ausübung des Rechts die allgemeinen Grundsätze. Danach ist Schriftform Voraussetzung. Keine Petition liegt vor, wenn es dem Beschwerdeführer nur darauf ankommt, den Adressaten zu beleidigen (vgl. Dürig, in: Maunz-Dürig-Herzog Art. 17 Rdnr. 43). Nach § 29 II StVollzG sind Eingaben an die Volksvertretungen des Bundes und der Länder sowie an deren Mitglieder von der Überwachung ausgenommen; sie dürfen dementsprechend auch nicht angehalten werden (§ 31 IV StVollzG). Das Petitionsrecht gibt zwar dem Petenten keinen Anspruch auf eine bestimmte Entscheidung in seiner Sache; er hat jedoch ein Recht auf Erledigung durch die sachlich zuständige Stelle (BVerwG NJW 1976, 637). Gegen die nichtordnungsgemäße Behandlung einer Petition ist der Rechtsweg zu den Verwaltungsgerichten gegeben (BVerwG NJW 1976,638). 3. Individualbeschwerde nach Art. 25 MRK Die am 4. 11.1950 in Rom unterzeichnete Europäische Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten gilt in 16*

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§ 10 Verfahrensrecht

den Unterzeichnerstaaten als nationales Recht. Sie wurde durch Gesetz vom 7. 8.1952 (BGBl. II 685) in Verbindung mit der Bekanntmachung über das Inkrafttreten vom 15. 12. 1953 (BGBl. II 1879) von der Bundesrepublik Deutschland ratifiziert. Hier hat die MRK nach h.M. den Rang eines einfachen Bundesgesetzes (vgl. Ganter 1974,46). Nach Art. 25 MRK hat jedermann das Recht, im Wege der Individualbeschwerde die Europäische Kommission für Menschenrechte anzurufen. Dieses Recht steht auch Gefangenen zu. Mit der Individualbeschwerde können Verletzungen der Menschenrechte gerügt werden, zu deren Beachtung sich die Vertragsstaaten in der MRK verpflichtet haben (vgl. Ganter 1974, 42ff., 67ff.). Zu den Zulässigkeitsvoraussetzungen gehört namentlich die Erschöpfung des innerstaatlichen Rechtsweges. Der Antragsteller muß durch die Konventionsverletzung selbst beschwert sein. Beleidigende und wahrheitswidrige Beschwerden werden von der Kommission als „Mißbrauch des Beschwerderechts" (Art. 27 II MRK) behandelt (vgl. Ganter 1974, 63). Die Beschwerde muß binnen einer Frist von sechs Monaten nach Erlaß der endgültigen innerstaatlichen Entscheidung erhoben werden (Art. 26 MRK). Für das Verfahren vor der Kommission gilt die Offizialmaxime. Die Kommission prüft von Amts wegen den gesamten Inhalt der Akten (Ganter 1974,56). Da sie nicht als Gericht, sondern in erster Linie als Untersuchungs- und Vermittlungsorgan tätig wird (Art. 28 MRK), obliegt es ihr nach Art. 28, 30 und 31 MRK, die Begründetheit einer Beschwerde zu prüfen, sich um einen freundschaftlichen Ausgleich zu bemühen und einen Bericht zu erstatten (Ganter 1974,50). Dementsprechend wird ihre Funktion darin gesehen, „Rechtsschutz zu gewähren und gleichzeitig zur Schaffung einer öffentlichen Ordnung der Staaten beizutragen" (Ganter 1974,55; zur Menschenrechtsbeschwerde in Vollzugssachen Ganter, in: Schwind/Blau, 279-283).

V/. Gnadenrecht Unter Begnadigung versteht man den ausnahmsweise erfolgenden Verzicht auf eine dem Gesetz entsprechende Bestrafung (Kern-

VI. Gnadenrecht

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Roxin 1976,303; Schätzler 1976,9ff.). Dabei unterscheidet man zwischen der Niederschlagung (Abolition), d. h. dem Absehen von Strafverfolgung oder der Beendigung eines eingeleiteten, aber noch nicht abgeschlossenen Strafverfahrens, und der Begnadigung i.e.S., die sich in Form eines Verzichts auf die Vollstreckung einer rechtskräftig verhängten Strafe oder Maßregel äußert. Für den Strafvollzug ist namentlich der Vollstreckungsverzicht im Wege der Einzelbegnadigung von Bedeutung. Nach Einführung des Instituts der bedingten Entlassung oder Aussetzung des Strafrestes (§ 57 StGB) kommt die Begnadigung nur mehr ausnahmsweise in Betracht. Lediglich in Fällen lebenslanger Freiheitsstrafen hatte sie größere praktische Bedeutung, weil und solange das StGB eine bedingte Entlassung nicht zuließ (vgl. Schätzler 1976, 31—36). Welche Auswirkungen sich hier durch die Einführung der bedingten Entlassung (vgl. oben § 7 VI 2) ergeben werden, läßt sich derzeit noch nicht absehen. Inhaber der Gnadenhoheit sind im Bund der Bundespräsident (Art. 60 II GG), in den Ländern die Ministerpräsidenten oder Kabinette. Die Ausübung des Gnadenrechts ist jedoch in den Gnadenordnungen weitgehend auf die Justizbehörden delegiert (vgl. Schätzler 1976,15 ff., 90ff.). Die Gnadenordnungen, die ihrer Rechtsnatur nach Verwaltungsanordnungen darstellen, regeln im einzelnen das Gnadenverfahren (vgl. den Überblick bei Schätzler 1976,142 ff.). In aller Regel wird es durch einen entsprechenden Antrag des Verurteilten (oder eines Dritten, etwa des Verteidigers) eingeleitet; Voraussetzung ist dies jedoch nicht. Der Gnadenbehörde obliegt es dann, zur Vorbereitung der Entscheidung die erforderlichen Ermittlungen anzustellen, vor allem eine Stellungnahme der Vollzugsanstalt und des Gerichts einzuholen. Umstritten ist, ob Gnadenentscheidungen gerichtlich überprüft werden können (dazu Schätzler 1976, 78—82). Das BVerfG hat mit Stimmengleichheit entschieden, die Ablehnung eines Gnadenaktes unterliege keiner gerichtlichen Kontrolle (BVerfGE 25, 352). Nach Auffassung des BVerfG ist jedoch der Widerruf eines Gnadenaktes in vollem Umfange justitiabel (BVerfGE 30,108). Der Hessische Staatsgerichtshof hält hingegen den Rechtsweg auch bei

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§ 1 0 Verfahrensrecht

ablehnenden Entscheidungen für gegeben (NJW 1974, 791). Im übrigen verneint die Mehrzahl der Gerichte die Justitiabilität. Das BVerwG selbst hat sich zur Sache nicht geäußert, sondern lediglich festgestellt, daß im Falle der Zulässigkeit des Rechtswegs für eine gerichtliche Überprüfung ablehnender Gnadenentscheidungen nach § 23 EGGVG die Strafsenate zuständig sind (BVerwG NJW 1976, 305). Der überwiegende Teil der Literatur ist der Meinung, daß Gnadenentscheidungen heute weder in den rechts- noch in den gerichtsfreien Raum fallen (Nachw. bei BVerwG NJW 1976, 306). Dafür sprechen der Wandel des Gnadenrechts, namentlich die Gesichtspunkte, die im abweichenden Votum zur Entscheidung des BVerfG entwickelt worden sind (vgl. BVerfGE 2 5 , 3 6 3 f f . ; a.M. Schätzler 1976, 81).

DRITTER TEIL

System und Organisation des Strafvollzugs § 1 1 Grundfragen der Vollzugsorganisation I. Überblick 1. Vollzugsorganisation und Vollzugsaufgaben System und Organisation des Vollzugs weisen einen formalen und einen materiellen (inhaltlichen) Aspekt auf. In formaler Hinsicht geht es um den Aufbau des Vollzugs in den Ländern sowie um Gliederung und Struktur der einzelnen Vollzugsanstalten. Damit sind im einzelnen Instanzenweg, Zuständigkeitsverteilung und Entscheidungskompetenzen der Aufsichts- und Vollzugsbehörden gemeint. In materieller Hinsicht geht es darum, Aufbau und Gliederung des Vollzugssystems im ganzen wie der Vollzugsanstalten selbst mit den Vollzugsaufgaben (§ 2) und Grundsätzen der Vollzugsgestaltung (§ 3) in Übereinstimmung zu bringen. Längst besteht aufgrund bisheriger Vollzugserfahrungen und einschlägiger sozialwissenschaftlicher Untersuchungen Klarheit darüber, daß zwischen dem Auftrag, der dem Vollzug erteilt ist, namentlich dem Vollzugsziel, und seiner Organisation eine unmittelbare innere Beziehung besteht. Dies gilt in besonderem Maße für die Vollzugsanstalt selbst (vgl. Müller-Dietz 1974 b, 45 ff.; 1974 d, 55ff., 6 9 f f . ; Eidt 1 9 7 4 , 1 0 5 ; Ohler 1977; Kerner 1977; Andritzky, Der Einfluß der Organisationsstruktur von Strafanstalten auf die Chancen der Resozialisierung, analysen und prognosen 1977, 17—18). Sind etwa bauliche, administrative und Personalstruktur einer Anstalt auf einen Sicherungsvollzug zugeschnitten, dann leidet hierunter notwendig das Vollzugsziel der Rückfallverhütung (§ 2 Satz 1). Soll der Gedanke rückfallverhütender Behandlung ein stärkeres Gewicht im Vollzugsalltag erhalten, müssen sich Aus-

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§11 Grundfragen der Vollzugsorganisation

gestaltung des Vollzugs im allgemeinen und der Anstalten im besonderen daran orientieren. Daß daneben die Sicherungsaufgabe erfüllt werden muß (§ 2 Satz 2), kompliziert die Bedingungen des Vollzugs (vgl. oben § 6 I 3) und wirkt sich dementsprechend auf die Organisation der Vollzugsanstalt aus. 2. Organisationssoziologische Probleme des Vollzugs In jedem Falle muß eine Vollzugsanstalt als ein komplexes Gebilde verstanden werden, das über die allgemeinen Vollzugsaufgaben hinaus eine Vielzahl von Teilzielen zu verfolgen und Teilfunktionen zu erfüllen hat. So erfordert die Zusammenfassung und Betreuung einer größeren Anzahl von Menschen einen Verwaltungsapparat. Einmal benötigen Vollzugsanstalten aus Gründen der Versorgung der Gefangenen (z.B. Ernährung, Bekleidung) eine Wirtschaftsverwaltung. Die Arbeitsverwaltung ist zur Beschäftigung der Gefangenen und deren Bezahlung, also zur Organisation und Leitung der Arbeitsbetriebe erforderlich. Ebenso muß die Erfüllung rein administrativer Funktionen, wie etwa der Führung von (Gefangenenpersonal-)Akten, des Verkehrs mit anderen Behörden, vor allem mit Justizbehörden, organisatorisch und personell gewährleistet sein. Erst recht gilt das für die vielfältigen Aufgaben, die den verschiedenen Diensten auf den Gebieten der Gesundheitsfürsorge, Seelsorge, Erwachsenenbildung sowie sozialen Hilfe und Therapie obliegen. An dieser teils aus der „Natur der Sache" folgenden, teils im Zuge der Entwicklung des Vollzugs entstandenen Komplexität der Vollzugsanstalt scheitern denn auch alle Versuche, solche Anstalten mit einigen wenigen (tatsächlichen oder rechdichen) Gesichtspunkten oder Formeln zu erfassen (vgl. Müller-Dietz 1974 d, 46ff.). Allenfalls lassen sich Anstalten kustodialer Provenienz (die also vorrangig am Sicherungsziel und an der Aufrechterhaltung von Sicherheit und Ordnung orientiert sind) auf einen gewissen gemeinsamen Nenner bringen: Danach wird der Zielkonflikt zwischen Behandlung und Sicherung jeweils zu deren Gunsten gelöst. Im übrigen ist die Anstalt auf reibungslosen, störungsfreien Ablauf bedacht. Sie arbeitet deshalb vorwiegend mit den Mitteln der Dis-

I. Überblick

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ziplinierung und Reglementierung der Gefangenen. Im ganzen sind für sie typisch: das Entscheidungsmonopol des Anstaltsleiters und eine hierarchische Struktur, das Streben nach höchstmöglicher Rationalisierung der (Verwaltungs-)Vorgänge sowie strenge Regelung und Trennung der Zuständigkeiten und Funktionen (vgl. Müller-Dietz 1972,160f.). Freilich hat sich gezeigt, daß diese Merkmale, mit denen die Organisationssoziologie solche Organisationen als Beispiele des bürokratischen Modells zu beschreiben pflegt, wenn überhaupt, allenfalls teilweise für Vollzugsanstalten charakteristisch sind. Tatsächlich sind derartige Anstalten von einem System informeller Regeln und Machtbefugnisse (auf der Seite der Bediensteten wie der Gefangenen) durchzogen, so daß das geltende Recht keineswegs die Realverfassung der Anstalten widerspiegelt. Darüber hinaus wirkt sich der latente Zielkonflikt zwischen Behandlung und Sicherung auf die Wahrnehmung der verschiedenen Funktionen innerhalb der Vollzugsanstalt aus. Namentlich trägt insoweit die unterschiedliche berufliche Sozialisation (Aus- und Vorbildung) der einzelnen Berufsgruppen und Dienste, die in einer Anstalt tätig sind, dazu bei, daß es zur Orientierung an verschiedenen Vollzugsaufgaben, zu Konkurrenzdenken und Rivalitäten kommt, welche die Zusammenarbeit (§ 154 I) erschweren. Insofern muß zwischen normativer Struktur der Vollzugsanstalt, wie sie im StVollzG grundgelegt ist, und ihrem tatsächlichen Aufbau und Funktionieren unterschieden werden (vgl. auch oben § 2 II 1). Für die (innere) Verfassung einer Vollzugsanstalt sind drei Größen von elementarer Bedeutung: die Institution selbst, d.h. die Anstalt, ihr Personal und ihre Insassen. Das Zusammenwirken dieser Faktoren bildet denn auch Ausgangspunkt oder Gegenstand vieler empirischer Untersuchungen (vgl. Müller-Dietz 1976 d, 11 f.). Für die rechtliche Betrachtung drückt sich das in den Regelungen aus, die sich mit den Pflichten und Befugnissen des Gefangenen, also seiner Stellung, dem Aufbau und der Gliederung der Anstalt sowie mit den Aufgaben der Vollzugsbediensteten befassen. Schließlich kann man die Anstaltsorganisation entsprechend der strukturell-funktionalen Theorie mit den Kategorien Struktur und

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§ 1 1 Grundfragen der Vollzugsorganisation

Prozeß zu erfassen suchen (vgl. Müller-Dietz 1 9 7 6 d, 1 2 ; Eidt 1 9 7 4 , 1 0 5 f f . ; Kerner 1 9 7 4 b, 1 5 7 f f . ; Ohler 1977, 5 5 f f . , 115ff.). M i t der Struktur in diesem Sinne ist dann nichts anderes gemeint, als was zuvor schon unter dem (inneren) Aufbau des Vollzugssystems im ganzen oder der Vollzugsanstalt im einzelnen verstanden wurde. Der Begriff „Prozeß" verweist demgegenüber auf das Geschehen in der Anstalt, auf die Vorgänge der Kommunikation und Interaktion zwischen Gefangenen und Bediensteten sowie der verschiedenen Gruppen untereinander. In weiterem Sinne kann man auch vom Behandlungsprozeß sprechen. Dies verdeutlicht, daß jede zielgerichtete Einwirkung auf andere zum Zwecke der Einstellungs- und Verhaltensstabilisierung oder -änderung Entwicklungsphasen unterliegt und eine zeitliche Komponente aufweist.

II. Strafvollzug als System Begreift man den Strafvollzug als einheitliches System, so lassen sich vertikaler und horizontaler Aufbau voneinander unterscheiden. Der vertikale Aufbau betrifft die Aufgliederung der Vollzugsbehörden, namentlich den Instanzenweg. Unter dem horizontalen Aufbau versteht man dann die Differenzierung nach verschiedenen Vollzugsanstalten oder Anstaltsarten. 1. Vertikaler Aufbau des Vollzugs (Aufsichtsbehörden) Nr. 9 DVollzO ging von einem zweistufigen Aufbau des Vollzugs in den Ländern aus, ließ darüber hinaus aber auch einen dreistufigen Aufbau zu. Die Vorschrift legte lediglich fest, daß die Aufsicht über die Vollzugsanstalten des Landes der obersten Behörde der Landesjustizverwaltung obliegt. Die Aufsicht erstreckte sich hiernach auf den gesamten Vollzug, die Verwaltung der Anstalt und ihre Bediensteten. Dementsprechend bestand die Möglichkeit, Aufsichtsbefugnisse auf Mittelinstanzen zu übertragen, die aufgrunddessen die Dienst- und Fachaufsicht über die Vollzugsbehörden ihres Bezirks ausübten. Dies ist etwa durch Schaffung besonderer Justizvollzugsämter in Niedersachsen (Celle) und Nordrhein-Westfalen (Hamm und Köln) geschehen (vgl.

II. Strafvollzug als System

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Altenhain, in: Schwind/Blau, 36ff.). In anderen Bundesländern hielt man an einem zweistufigen Verwaltungsaufbau fest, wonach die (selbständigen) Vollzugsanstalten unmittelbar den (Strafvollzugsabteilungen der) Landesjustizverwaltungen unterstanden. An dieser Rechtslage hat das StVollzG im Prinzip nichts geändert. Nach § 151 11 führen die Landesjustizverwaltungen die Aufsicht über die Justizvollzugsanstalten. Sie können Aufsichtsbefugnisse auf Justizvollzugsämter übertragen (§ 151 12). Sinn dieser Regelung ist es, einen unterschiedlichen Aufbau der Aufsichtsbehörden in den Ländern im Interesse einer Fortentwicklung des Vollzugs zu ermöglichen; jedes Land soll den Verwaltungsaufbau wählen können, der den Erfahrungen und praktischen Bedürfnissen am besten entspricht (BT-Dr. 7/918, 94). Jedoch schließt es § 151 12 aus, die Aufsicht über Vollzugsanstalten gleichsam als Nebenaufgabe einer bereits bestehenden Behörde zuzuweisen (vgl. Altenhain, in: Schwind/Blau, 37). Das richtet sich gegen die frühere Praxis mancher Länder, dem Generalstaatsanwalt für den Bezirk des OLG die Aufsicht über die Vollzugsanstalten zu übertragen. Freilich erstreckt sich die Aufsicht nur auf die Anstalten des Justizvollzugs; das psychiatrische Krankenhaus und die Entziehungsanstalt bleiben davon ausgenommen (§ 138). Allerdings ist der Gesetzgeber dem Vorschlag nicht gefolgt, durch entsprechende Regelung sicherzustellen, daß der Leiter des Vollzugswesens (Abteilung im Justizministerium oder Landesoberbehörde) unmittelbar dem Minister untersteht und daß die Vollzugsabteilung (Landesoberbehörde) alle zum Vollzug gehörenden Sachgebiete (einschließlich des Personal-, Haushalts- und Bauwesens) in eigener Zuständigkeit bearbeitet und entscheidet (Stellungnahme, 155). Mit einer solchen, auch vom AE befürworteten (§ 33 II AE, 95) Verselbständigung der „Vollzugsspitze" sollte erreicht werden, daß die maßgebenden Entscheidungen hinsichtlich der Planung und Weiterentwicklung des Vollzugs sich vorrangig an dessen Erfordernissen orientieren. Der Gesetzgeber hat sich indessen - im Hinblick auf andere Ressorts — nicht in der Lage gesehen, dem Vollzug eine solche Sonderstellung einzuräumen. Damit können die Länder weiterhin bestimmte einzelne Auf-

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§ 1 1 Grundfragen der Vollzugsorganisation

gabenbereiche, wie etwa das Bauwesen, anderen Ministerien überweisen. Jedoch schreibt § 151 II die Beteiligung von Fachkräften an der Aufsicht in bestimmten Fachbereichen vor. Das Gesetz erwähnt ausdrücklich das Arbeitswesen, die Sozialarbeit, die Weiterbildung, die Gesundheitsfürsorge und „die sonstige fachlich begründete Behandlung der Gefangenen". Verfügt die Aufsichtsbehörde nicht über eigene Fachkräfte, muß wenigstens für fachliche Beratung gesorgt werden. Dadurch sollen eine sachgerechte Leitung und Fachaufsicht gewährleistet werden. Die Intensivierung der Behandlung und Verbesserung der Personalstruktur in den Anstalten erfordern eine entsprechende personelle Ausstattung der Aufsichtsbehörden (vgl. BT-Dr. 7/918, 95; § 34 AE, 95). Eine der wichtigsten Aufgaben der Landesjustizverwaltung besteht im Erlaß des Vollstreckungsplans, der die örtliche und sachliche Zuständigkeit der Vollzugsanstalten regelt (§ 152 I). Der Vollstreckungsplan hat dabei allgemeine Merkmale zugrunde zu legen (§ 152 III). Er bestimmt auch, welche Verurteilten in eine Einweisungsanstalt oder -abteilung eingewiesen werden. Diese legt dann ihrerseits nach Erforschung der Persönlichkeit des Gefangenen und seiner sozialen Umstände (vgl. oben § 7 III 1) auf der Grundlage behandlungsrelevanter Kriterien fest, welche Anstalt letztlich den Gefangenen aufzunehmen hat (§ 152 II; vgl. oben § 7 1 3 b). Dem Wesen des Behandlungsvollzugs entsprechend hat sich die Aufsicht „grundsätzlich auf die Rahmenplanung und Globalsteuerung des Vollzugsgeschehens zu beschränken" (Calliess/MüllerDietz 1977, Rdnr. 2 zu § 151). Die Landes Justizverwaltung kann sich nach § 153 ferner Entscheidungen über Verlegungen vorbehalten oder sie einer zentralen Stelle übertragen. Auch damit gibt das Gesetz alternativen Organisationsstrukturen Raum. Die Regelung „soll allen Landesjustizverwaltungen ein möglichst flexibles System für die Auswahl und Verteilung der Gefangenen eröffnen" (BT-Dr. 7/918,95). Die praktische und rechtliche Bedeutung für den Gefangenen liegt darin, daß durch die Festlegung der Zuständigkeit unmittelbar über die Anstalt entschieden wird, in die der Gefangene eingewie-

II. Strafvollzug als System

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sen wird; danach richtet sich aber auch gleichzeitig die örtliche Zuständigkeit der StVollstrK (§ 110 StVollzG, § 4 6 2 a 1 1 StPO). Ist im Bereich eines Vollstreckungsplans mehr als eine Aufnahmeanstalt tätig (z.B. in Nordrhein-Westfalen), dann muß sichergestellt sein, daß eine übergeordnete zentrale Stelle auf eine möglichst gleichmäßige und sinnvolle Auslastung der einzelnen Vollzugsanstalten hinwirkt (vgl. BT-Dr. 7/918, 95).

2. Horizontaler Aufbau des Vollzugs (Vollzugsanstalten) a) Differenzierung

der Vollzugsanstalten

Klassifizierung der Gefangenen nach behandlungsrelevanten Merkmalen (vgl. oben § 7 12) und Differenzierung der Vollzugsanstalten entsprechend den Behandlungserfordernissen (vgl. oben § 7 1 3 a) müssen in unmittelbarem Zusammenhang gesehen werden. Individualisierende Behandlung im Sinne des Vollzugsziels ist nur möglich, wenn „die unterschiedlichen Bedürfnisse der Gefangenen" (§ 141 I) in einem hinreichend differenzierten Vollzugssystem aufgefangen und verarbeitet werden können. Das erfordert verschiedenartige Vollzugsanstalten (-abteilungen), die über den Trennungsgrundsatz des § 140 (vgl. oben § 8 11 a) hinaus weitere Differenzierungen hinsichtlich der Unterbringung und Behandlung der Gefangenen erlauben. Denn die grundsätzliche Trennung von Gefangenen des Straf- und Maßregelvollzugs, die § 140 I vorschreibt, erfaßt ebenso wie die Trennung von weiblichen und männlichen Gefangenen (§ 140 II) die unterschiedlichen Behandlungsbedürfnisse allenfalls teilweise (vgl. BT-Dr. 7/918, 92). Deshalb hat es der KE für erforderlich gehalten, zwingend die Schaffung verschiedener Anstaltsarten vorzuschreiben. So sollten die Länder nach § 134 I KE dazu verpflichtet werden, Auswahlanstalten oder -abteilungen, Anstalten verschiedenen Sicherheitsgrades, namentlich offene Anstalten, Anstalten mit besonderen Einrichtungen zur allgemeinen und beruflichen Bildung, Anstalten mit Einrichtungen für die Behandlung persönlichkeitsgestörter Täter sowie Zentralkrankenhäuser zu errichten und zu unterhalten. Darüber hinaus sollten nach § 134 II KE für Gefangene unter

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§ 1 1 Grundfragen der Vollzugsorganisation

vierundzwanzig Jahren Sonderanstalten vorgesehen werden. Einen ähnlichen Vorschlag unterbreitete der A E (§ 7 AE, 6 3 ) . Durch eine Experimentierklausel sollten die Länder zusätzlich noch dazu verpflichtet werden, Anstalten „für neue Vollzugsarten (Modellanstalten)" mit eigenem Forschungsstab einzurichten (§ 7 II AE), um auf diese Weise „für die Weiterentwicklung des Vollzugs Erfahrungen zu gewinnen" (AE, 6 3 ; vgl. Eidt 1 9 7 4 , 1 0 9 f f . ) . Auch der Gesetzgeber ist sich der Notwendigkeit bewußt gewesen, durch Schaffung verschiedenartiger Anstalten der Vielfalt der Behandlungserfordernisse und -bedürfnisse Rechnung tragen zu müssen. „Die Differenzierung nach Behandlungsbedürfnissen ist notwendig, um das Behandlungsziel (Vollzugsziel) mit wirtschaftlich vertretbaren Mitteln zu erreichen, die Differenzierung nach Sicherheitsbedürfnissen auch, um den Gefangenen durch die Anforderungen an die Sicherheit des Gewahrsams nicht stärker zu beeinträchtigen, als es für ihn notwendig ist. Die Vollzugsanstalten können ihre Aufgabe nur erfüllen, wenn in dem Bereich jedes Vollstreckungsplanes genügend differenzierte Anstalten vorhanden sind" (BT-Dr. 7 / 9 1 8 , 92). Gleichwohl hat sich der Gesetzgeber mit einer generalklauselartigen Regelung begnügt, welche die Länder zur Schaffung verschiedenartiger Anstalten oder Abteilungen verpflichtet, „in denen eine auf die unterschiedlichen Bedürfnisse der Gefangenen abgestimmte Behandlung gewährleistet ist" (§ 141 I). Darüber hinaus erwähnt das Gesetz lediglich Anstalten des geschlossenen und des offenen Vollzugs (§ 141 II). Offene Anstalten sollen namentlich der Vorbereitung der Entlassung dienen (vgl. oben § 7 V I I I 1 a); daher sollen entweder offene Einrichtungen geschlossenen Anstalten angegliedert oder gesonderte offene Anstalten vorgesehen werden (§ 147), um in jedem Fall den Übergang des im geschlossenen Vollzug befindlichen Gefangenen in die Freiheit erleichtern zu können (BT-Dr. 7 / 9 1 8 , 93). Der Gesetzgeber hat sich jedoch außerstande gesehen, die Schaffung einzelner Anstaltsarten nach dem Muster des K E oder AE vorzuschreiben. Unterschiedliche örtliche Gegebenheiten stünden einer solchen Regelung entgegen. Das Gesetz müsse hinreichend elastisch sein, um eine Fortentwicklung des Vollzugs in den Ländern zu ermöglichen (BT-Dr. 7 / 9 1 8 , 92). Dem trägt die General-

III. Strafvollzug als Prozeß

255

klausel des § 141 I fraglos Rechnung. Eine andere Frage ist es jedoch, ob sie zu der auch vom StVollzG intendierten Differenzierung des Vollzugs genügend beitragen wird; das gilt vor allem in einer Situation angespannter öffentlicher Haushalte. b) Bildung von

Vollzugsgemeinsckaften

Immerhin kann diese Problematik zumindest teilweise durch die Bildung von Vollzugsgemeinschaften aufgefangen werden. Ohnehin sind kleinere Bundesländer hinsichtlich mancher Gefangenenkategorien wegen der geringen Zahl (z.B. weibliche Gefangene, Gefangene des Maßregelvollzugs) gehalten, Verwaltungsvereinbarungen über die anderweitige Unterbringung dieser Gefangenen zu treffen. Tatsächlich bilden denn auch verschiedene Länder solche Vollzugsgemeinschaften. Diese erstrecken sich entweder auf bestimmte Arten von Gefangenen oder auf die Erfüllung besonderer Vollzugsaufgaben, wie etwa die berufliche Förderung. Erst recht ergibt sich hierfür ein Bedürfnis aufgrund der vom StVollzG geforderten Differenzierung der Anstalten und der Behandlung. Das Gesetz geht denn auch von der Notwendigkeit aus, in weiterem Umfang als bisher Vollzugsgemeinschaften zu schaffen (BTDr. 7/918, 94). Allerdings schreibt § 150 die Bildung von Vollzugsgemeinschaften (für Vollzugsanstalten nach den §§ 139—149) nicht zwingend vor, sondern stellt sie in das Ermessen der Länder. Eine zwingende Regelung, wie sie der AE vorgeschlagen hat (§ 5 III AE, 61), würde indessen in die Organisationsgewalt der Länder eingreifen.

III. Strafvollzug als Prozeß 1. Der Zusammenhang zwischen Struktur und Prozeß Die Organisation des Vollzugs gibt den Rahmen ab, innerhalb dessen sich Kommunikation und Interaktion der Gefangenen und Vollzugsbediensteten abspielen (vgl. Kerner 1974 b, 157). Das Anstaltsgeschehen, die Abläufe in der Vollzugsanstalt ihrerseits bilden wesentliche Determinanten des Behandlungs- oder (Re-) Sozialisierungsprozesses. Der Begriff „Prozeß" kennzeichnet die-

256

§ 11 Grundfragen der Vollzugsorganisation

sen dynamischen Vorgang, der siel zwischen Aufnahme des Gefangenen in die Anstalt und seinei Entlassung vollzieht. Die Einteilung in mehrere - etwa drei - Vollzugsphasen, wie sie sich nach Analogie der Vorschriften über die soziale Hilfe aufdrängen mag (vgl. oben § 7 1 4 ) , wird dem freilich allenfalls teilweise gerecht. Außerdem haftet ihr etwas Schematisches an, wenngleich die Phasen des Zugangs und der Entlassung besonders herausragende, weil kritische Situationen für den Gefangenen mit sich bringen (vgl. oben § 7 1 4 a und b). Im übrigen wirken aber sowohl das zeitliche Moment als auch die Organisationsstruktur, die Realverfassung der Anstalt, auf den Gefangenen (und den Vollzugsbediensteten) ein. Beides, inneres Gefüge der Anstalt und Interaktionen zwischen Gefangenen und Bediensteten, steht in einer Wechselwirkung zueinander. Sie prägen die Behandlung des Gefangenen ebenso wie die Schwerpunkte, die sich die Anstalt realiter im Umgang mit ihm setzt (vgl. oben § 8). Hier soll jener dynamische Vorgang anhand einiger Regelungen des StVollzG als Kommunikations- und Entscheidungsprozeß und damit als Behandlungsprozeß vorgestellt und analysiert werden.

2. Vollzug als Kommunikations- (Entscheidungs-) und Behandlungsprozeß

a) Mitwirkung der Gefangenen Daß innerhalb einer Vollzugsanstalt zahlreiche Interaktionen zwischen den Gefangenen, den Bediensteten und beiden Gruppen stattfinden, ist eine Binsenweisheit. Aber schon über Zahl und Art dieser Interaktionen entscheidet das M a ß an „innerer Freiheit" (AE, 183) einerseits oder an Reglementierung andererseits, das in einer Anstalt herrscht. Sind in einer Anstalt soziale Distanz der Bediensteten gegenüber den Gefangenen Gebot und Praxis, beeinträchtigt dies notgedrungen die gegenseitige Kommunikation. Ist die Anstalt hingegen „auf eine problemlösende Gemeinschaft hin organisiert" (AE, 2 2 5 , 59), dann ist das Verhältnis zwischen Gefangenen und Bediensteten - zumindest tendenziell - durch eine kommunikative, dialogische Struktur (Calliess 1974, 171) ge-

III. Strafvollzug als Prozeß

257

kennzeichnet. Soziales Training als Vorbereitung auf ein verantwortliches Leben (in Freiheit) spielt sich dann primär auf der Grundlage freiwilliger Mitarbeit und Aktivierung der Gefangenen (und nicht des Zwangs) ab. Vorrang hat hiernach das Mittel der Konfliktverarbeitung und nicht der Konfliktunterdrückung. Wenn auch das StVollzG lediglich Ansätze in dieser Richtung bietet (und als Gesetz derartige sozialpädagogische Sachverhalte auch nur teilweise regeln kann)(kritisch Busch 1977), so enthält es doch einige Hinweise auf eine Gestaltung des Vollzugsablaufs, die solchen Zielsetzungen entspricht. Dem Gesetz liegt die Vorstellung eines Vollzugs zugrunde, der in erster Linie auf Mitarbeit des Gefangenen beruht (vgl. Calliess/Müller-Dietz 1977, Rdnrn. 2—5 zu § 4). Das wird an den Vorschriften über die Mitwirkung des Gefangenen ( § 4 11) und die Erörterung der Planung der Behandlung (§ 6 III) deutlich (vgl. oben § 6 III 1, § 7 III 1). Verschiedene Maßnahmen können ohne Zustimmung des Gefangenen überhaupt nicht getroffen werden. Das gilt etwa für seine Unterbringung im offenen Vollzug (§ 10 I), die Gewährung von Vollzugslockerungen ( § 1 1 II 1) oder den Urlaub aus der Haft (§ 13 12). Auch bestimmte Maßnahmen, die der Entlassungsvorbereitung dienen, bedürfen der Zustimmung des Gefangenen (§ 15). Das trifft gleichermaßen auf Maßnahmen der Aus- und Weiterbildung, namendich der beruflichen Förderung, zu ( § § 4 1 II, 37 III). Über die Gestaltung seiner Freizeit kann der Gefangene — innerhalb gewisser Grenzen - grundsätzlich selbst befinden (§§ 17 II, 67). Daß das Gesetz auch sonst — in den verschiedensten Gestaltungs- und Lebensbereichen des Vollzugs — die Beteiligung des Gefangenen anstrebt, lassen die Materialien erkennen (z. B. BT-Dr. 7/918, 8 3 ; BT-Dr. 7/3998, 29, 46). Dies entspricht - zumindest in seiner Zielsetzung — nicht nur der verfassungsrechtlichen Stellung des Gefangenen, sondern auch dem Auftrag rückfallverhütender Behandlung (§ 2 Satz 1) sowie den Grundsätzen der Vollzugsgestaltung ( § 3 ) . b) Aktivierung von

Gefangenen

Soweit der Gefangene nicht von vornherein zur Mitarbeit bereit oder in der Lage ist, muß die Vollzugsbehörde darauf hinwirken 17

Müller-Dietz, Strafvollzugsrecht

258

§ 1 1 Grundfragen der Vollzugsorganisation

( § 4 1 2 ) . Das ist vor allem Aufgabe derjenigen Bediensteten, die mit dem Gefangenen tagtäglich zu tun haben oder als Fachkräfte — etwa auf den Gebieten der Aus- und Weiterbildung oder der sozialen Hilfe und Therapie — in besonderen Gestaltungsbereichen oder Situationen des Vollzugs angesprochen sind. Aus dieser Pflicht zur Aktivierung und Motivierung des Gefangenen ist die Vollzugsbehörde auch in sog. schwierigen Fällen nicht entlassen. Sie muß sich also nach Kräften um jeden Gefangenen bemühen, notfalls durch Verlegung in eine andere Anstalt ( § 8 1 Nr. 1) oder in eine sozialtherapeutische Anstalt (§ 9), bessere Voraussetzungen für die Eingliederung oder Sozialisierung des Gefangenen zu schaffen. Darin wird sichtbar, daß Behandlung zum Zweck der Rückfallverhütung ein Prozeß ist, der keineswegs immer kontinuierlich abläuft, sondern gerade bei dissozialen Gefangenen oft genug von Rückschlägen und regressiven Tendenzen begleitet ist. Insofern verlangt sie vielfach Behutsamkeit und schrittweises Vorgehen. Der Gefangene soll - im Sinne des Vollzugsziels — jeweils mit dem M a ß an Anforderungen und Entscheidungsfreiheit belastet werden, das er nach seiner Persönlichkeit, seinen Fähigkeiten und seiner Umgebung „verkraften" kann (vgl. Müller-Dietz 1 9 7 0 a, C 93). Andererseits entspricht es richtigem Verständnis eines behandlungsorientierten Vollzugs, daß der Gefangene auch nach Maßgabe seiner jeweiligen Fähigkeiten und Möglichkeiten „gefordert" (und gefördert) wird. Von einer solchen Progression (im untechnischen Sinne) geht § 7 III aus, wonach der Vollzugsplan „mit der Entwicklung des Gefangenen und weiteren Ergebnissen der Persönlichkeitserforschung in Einklang zu halten" ist. Es versteht sich von selbst, daß ein derartiger Vollzug Vollzugsbediensteten (und letztlich auch Gefangenen) erheblich mehr an Bereitschaft zur Mitarbeit, Verständnis für den anderen und Frustrationstoleranz (d. h. die Fähigkeit, Versagungen und Enttäuschungen zu ertragen) zumutet, als der „klassische" Verwahrvollzug. c) Kommunikation

zwischen

Gefangenen

Das Leben in der Anstalt ist durch eine Vielfalt von Gruppenbeziehungen gekennzeichnet. Gerade ein Vollzug, der nicht mehr

III. Strafvollzug als Prozeß

259

(oder jedenfalls nur zum geringeren Teil) auf strenger Isolierung des einzelnen Gefangenen beruht, ist auf dessen Bereitschaft und Fähigkeit angewiesen, mit anderen auszukommen. Nach den Intentionen des StVollzG sollen die Gefangenen gemeinsam arbeiten, aus- und weitergebildet sowie beruflich gefördert werden (§ 17 I). Auch in ihrer Freizeit sollen sie sich grundsätzlich gemeinsam betätigen können (§§ 17 II, 67). Das erfordert Rücksichtnahme auf den andern (vgl. § 123 I AE). § 82 I 2 stellt daher ein entsprechendes Verhaltensgebot auf: Der Gefangene darf durch sein Verhalten gegenüber Vollzugsbediensteten, Mitgefangenen und anderen Personen das geordnete Zusammenleben nicht stören. Auf der anderen Seite verpflichtet § 81 I die Vollzugsbehörde dazu, das Verantwortungsbewußtsein des Gefangenen für ein geordnetes Zusammenleben in der Anstalt zu wecken und zu fördern (vgl. oben § 9 I 3 a). Beide Verpflichtungen sind im Zusammenhang zu sehen. Man würde sie auch in ihrer Substanz verkürzen, würde man sie nur auf den Bereich der Sicherheit und Ordnung beziehen. Vielmehr kommen darin allgemeine Regeln menschlichen Zusammenlebens zum Vorschein. Die Gefangenen sollen nicht nur deshalb sozial verantwortliches Verhalten in der Anstalt einüben und praktizieren, weil anders ein sinnvoller und menschlich erträglicher Umgang mit Mitgefangenen und Vollzugsbediensteten in der Anstalt nicht möglich ist, sondern weil ein solches Verhalten „eine wesentliche Voraussetzung für die (Wieder-)Eingliederung ist", also von ihnen nach der Entlassung erwartet wird (Müller-Dietz 1974 c, 490). Im gewissem Umfang dient diesem Ziel auch das Institut der Gefangenenmitverantwortung (§ 160). d) Zusammenarbeit

zwischen Bediensteten

An diesen Grundgedanken müssen sich nicht nur die Interaktionsund Kommunikationsprozesse orientieren, die unter den Gefangenen und zwischen den Gefangenen und Vollzugsbediensteten ablaufen. Sie gelten im wesentlichen auch für das Verhältnis der Vollzugsbediensteten untereinander, freilich modifiziert durch deren Stellung und jeweilige Funktion in der Anstalt. Nur ein Höchstmaß an Zusammenarbeit und Verständnis für die 17'

260

§ 1 1 Grundfragen der Vollzugsorganisation

besondere Aufgabe des anderen kann die Erfüllung der Vollzugsaufgaben (§ 2) gewährleisten. Insofern sind die verschiedenen Dienste einer Vollzugsanstalt aufeinander angewiesen, voneinander abhängig. Das beginnt bereits bei der Behandlungsuntersuchung (§ 6) und Erstellung des Vollzugsplans (§ 7 I). Hier kommt es nicht nur auf die Kooperation der Fachkräfte selbst (vgl. BT-Dr. 7/918, 4 9 ) , sondern auch auf die Mitwirkung aller übrigen an, die mit dem Gefangenen zu tun haben. Das setzt sich dann erst recht im Rahmen der Behandlung des Gefangenen nach Maßgabe des Vollzugsplans fort (vgl. § 7 II und III). Informationen über den Gefangenen können für seine Unterbringung im geschlossenen oder offenen Vollzug, für die Arbeitszuweisung, für die Aus- und Weiterbildung oder für besondere Maßnahmen sozialer Hilfe oder Therapie wichtig sein. Ohnehin beruhen der Vollzugsplan und dessen Änderung auf einer sinnvollen Abstimmung der verschiedenen Maßnahmen aufeinander. Das setzt aber gerade das Zusammenwirken der verschiedenen Bediensteten voraus, die an der Durchführung dieser Maßnahmen beteiligt sind. Vor allem deshalb verpflichtet § 1 5 4 I alle im Vollzug Tätigen zur Zusammenarbeit. Das StVollzG stellt darüber hinaus zwei organisatorische Möglichkeiten bereit, die Zusammenarbeit zu intensivieren und namentlich Mitarbeiter des Anstaltsleiters stärker als bisher zu engagieren. Einmal dient die Behandlungskonferenz, die freilich bisher schon vorgesehen (vgl. Nr. 3 2 III DVollzO) und Praxis war, der Aufstellung und Überprüfung des Vollzugsplans durch die an der Behandlung maßgeblich Beteiligten (§ 159). Zum zweiten eröffnet § 1 5 6 II 2 die Möglichkeit, bestimmte Aufgabenbereiche des Anstaltsleiters anderen Vollzugsbediensteten oder ihrer gemeinsamen Verantwortung zu übertragen. Auch diese Regelung ist im Zuge der Bestrebungen zu sehen, das Anstaltspersonal in mehr oder minder großem Umfang an den Kommunikations- und Entscheidungsprozessen innerhalb der Anstalt zu beteiligen (vgl. Vorschläge, 1 5 1 ; Stellungnahme, 1 6 9 f f . ; MüllerDietz 1 9 7 4 d, 9 7 f . ; Böhm, in: Schwind/Blau, 1 4 4 f f . ) Sie haben besonderen Ausdruck in den Vorschlägen des AE gefunden, der die Anstalt gleichsam mit einem Netz von Gruppenprozessen und

I. Größe und Einrichtung

261

Entscheidungsgremien überziehen möchte, an denen jeweils Bedienstete und Gefangene partizipieren (vgl. §§ 16, 17, 19, 2 0 , 2 2 , 2 6 AE, 7 7 f f . ; dazu z . B . Müller-Dietz 1 9 7 4 c , 4 9 8 ; 1 9 7 4 d , 7 4 ff.). Aber auch unabhängig vom Ausmaß formalisierter Mitverantwortung von (oder gar der) Bediensteten kommt es entscheidend darauf an, daß sie — ebenso wie die Gefangenen — hinreichend Gelegenheit haben, ihre Vorstellungen zu Gehör zu bringen. Sie werden sich in dem M a ß e für die Anstalt (mit-)verantwortlich fühlen, in dem sie selbst in den Prozeß der Meinungsbildung und der Vorbereitung der Entscheidung einbezogen werden. In diesem Sinne ist ein „demokratischer Führungsstil" oder „partnerschaftlicher" Umgang des Anstaltsleiters (und der Aufsichtsbehörde) mit den Mitarbeitern (vgl. Müller-Dietz 1 9 7 0 a, C 4 0 , C 94) geradezu eine Voraussetzung sinnvoller Zusammenarbeit.

§ 12 Vollzugsanstalten Für Vollzugsanstalten sind drei Faktoren von elementarer Bedeutung: ihre bauliche und räumliche Ausgestaltung, ihre administrative Struktur und ihre personelle Ausstattung. Von diesen Faktoren hängt ab, was der Vollzug zu leisten vermag, namentlich in welchem Umfange er die ihm obliegenden Aufgaben zu erfüllen in der Lage ist.

I. Größe und

Einrichtung

1. Bauliche Gesichtspunkte Hinsichtlich der baulichen und räumlichen Ausgestaltung von Vollzugsanstalten bilden deren Größe und Gliederung sowie Art und Ausstattung der Räume die entscheidenden Schwerpunkte. Von jeher haben architektonische Überlegungen starken Einfluß auf Gestalt und Entwicklung des Vollzugs genommen. Gleichzeitig sind sie in aller Regel Ausdruck jeweils vorherrschender Vollzugsauffassungen (gewesen). Dies läßt sich etwa an der

262

$ 1 2 Vollzugsanstalten

strahlenförmigen Bauweise vieler Anstalten des 19. Jahrhunderts ablesen, in denen dem System der Einzelhaft entsprechend die strenge Isolierung des Gefangenen nach innen und außen im Vordergrund stand: Vom räumlichen Mittelpunkt der Anstalt aus sollten die verschiedenen Flügel des gesamten Gebäudes eingesehen und überwacht werden können (vgl. Graul 1965, 41 ff.). Hiernach waren die damaligen Anlagen am Prinzip höchstmöglicher Kontrollierbarkeit der Insassen orientiert. Ähnliche bauliche Tendenzen werden heute dort sichtbar, wo es darum geht, Gefangene unter allen Umständen an der Flucht oder am Ausbruch zu hindern und unerwünschte Kontakte mit Mitgefangenen zu unterbinden. Dies ist vor allem in Anstalten hoher Sicherheit und in Untersuchungshaftanstalten der Fall. Gerade neuerbaute Untersuchungsanstalten stellen häufig Musterbeispiele dafür dar, wie man schon von den baulichen Voraussetzungen her mit den Mitteln moderner Technik, nicht zuletzt der Elektronik, ein Höchstmaß an Sicherheit mit Gesichtspunkten der Wirtschaftlichkeit und Rationalisierung zu verbinden sucht. Hinsichtlich behandlungsorientierter Anstalten ist man sich indessen längst darüber einig, daß nur eine aufgelockerte Bauweise (etwa nach Art des Pavillonsystems) den besonderen Anforderungen gerecht wird (vgl. § 8 AE, 65ff.; beispielhaft etwa Engell/Egenhofer, Die sozialtherapeutische Anstalt Ludwigsburg, ZfStrVo 1977, 164-172). Die Anstalt muß von ihrer Anlage her eine Aufgliederung in Wohngruppen (oder Abteilungen) ermöglichen sowie räumlich nach dem Arbeits- und dem Freizeitbereich differenzieren. Dementsprechend sehen neuere Anstalten beispielsweise die Trennung von Wohn- und Arbeitsbereich vor; die Gefangenen werden in besonderen Häusern mit einer jeweils begrenzten Anzahl von Plätzen untergebracht und in Wohngruppen zusammengefaßt. Die Arbeitsbetriebe sind vielfach Bestandteil eigener Werkhöfe. Das StVollzG enthält freilich keine speziellen Vorschriften für die bauliche Struktur von Anstalten. Es äußert sich lediglich ganz allgemein zur Größe und Gestaltung der Anstalten (§ 143) und ihrer Räume (§ 144). Damit überläßt es das Gesetz den Landesjustizverwaltungen, die baulichen Konsequenzen im einzelnen aus jenen Grundsatzregelungen zu ziehen.

I. Größe und Einrichtung

263

2 . Größe und Gliederung a) Größe und

Belegungsfähigkeit

Seit langem ist anerkannt, daß zwischen Größe und Funktionsfähigkeit der Anstalt ein unmittelbarer Zusammenhang besteht (vgl. Müller-Dietz 1 9 7 0 a, C 3 5 f.). Vollzugsanstalten dürfen nicht zu groß sein, weil sonst eine individualisierende Behandlung im Sinne des Vollzugsziels erschwert, wenn nicht gar unmöglich gemacht wird. In Mammutanstalten drohen Gesichtspunkte der Sicherheit und Ordnung sich gleichsam zu verselbständigen; das Anstaltspersonal muß seine Kräfte darauf konzentrieren, das Funktionieren und Überleben der Institutionen zu gewährleisten. Sind die Anstalten hingegen klein, sind sie in aller Regel nicht in der Lage, ein differenziertes und qualifiziertes Behandlungsprogramm (z. B. in bezug auf Beschäftigung, Aus- und Weiterbildung, soziale Hilfe und Therapie) zu entwickeln. Wirksame Vollzugsarbeit kann daher nur in Anstalten mittlerer Größe geleistet werden (vgl. Müller-Dietz 1 9 7 0 a, C 36). Damit ist freilich lediglich ein ungefährer Rahmen, aber keine konkrete Zahl angegeben. Die Vorstellungen darüber, ob eine Bestimmte Anzahl von Haftplätzen gesetzlich festgelegt werden soll, gehen auseinander. Verschiedentlich hält man 3 0 0 Haftplätze für angemessen (vgl. Müller-Dietz 1 9 7 0 a, C 3 6 ; Vorschläge, 138). Der AE hingegen hat vorgeschlagen, die Größe einer Anstalt auf 2 0 0 Haftplätze zu begrenzen ( § 8 1 AE, 6 5 ; vgl. aber Stellungnahme, 149). Der Gesetzgeber hat es demgegenüber nicht für möglich gehalten, eine bestimmte Größe der Anstalt oder Anzahl von Haftplätzen festzusetzen (kritisch Kerner 1 9 7 7 , 7 6 ) : „die Bedürfnisse sind unterschiedlich je nach der Eigenart der Gefangenen und der Aufgabe der Gruppe" (BT-Dr. 7/918, 93). Deshalb hat er sich mit dem allgemeinen Gebot begnügt, Vollzugsanstalten „so zu gestalten, daß eine auf die Bedürfnisse des einzelnen abgestellte Behandlung gewährleistet ist" (§ 143 I; dazu Calliess/Müller-Dietz 1 9 7 7 , Rdnrn. 2 und 3 zu § 143). Für bereits bestehende Anstalten gilt § 143 I darüber hinaus nur als Sollvorschrift (§ 2 0 1 Nr. 4).

264

§12 Vollzugsanstalten

Lediglich für sozialtherapeutische Anstalten sowie für Frauenstrafanstalten sieht das Gesetz eine zwingende zahlenmäßige Begrenzung auf 200 Haftplätze vor (§ 143 III). Dem liegt der Gedanke zugrunde, daß eine sozialtherapeutische Behandlung sich sinnvoll nur durchführen läßt, wenn nicht mehr als 200 Gefangene in einer Anstalt untergebracht sind. Hinsichtlich des Frauenstrafvollzugs ist der Gesetzgeber von gleichartigen Verhältnissen ausgegangen, was die Zusammensetzung der Anstaltsinsassen und die Erfordernisse der Behandlung anlangt (BT-Dr. 7/918, 93). Die Belegungsfähigkeit einer Anstalt wird von der Aufsichtsbehörde festgesetzt. Sie hat dabei so zu verfahren, daß während der Ruhezeit grundsätzlich Einzelunterbringung (§18) gewährleistet ist (§ 145 Satz 1; vgl. oben § 8 11 c). Darüber hinaus muß sie berücksichtigen, „daß eine ausreichende Anzahl von Plätzen für Seelsorge, Freizeit, Sport, therapeutische Maßnahmen und Besuche zur Verfügung steht" (§ 145 Satz 2). Diese Regelung soll sicherstellen, daß in der Anstalt neben der erforderlichen Anzahl von Hafträumen auch diejenigen Räumlichkeiten vorhanden sind, die zur Durchführung wichtiger Vollzugsmaßnahmen benötigt werden. Freilich kann die Aufsichtsbehörde hinsichtlich bereits bestehender Anstalten die Belegungsfähigkeit hiervon abweichend nach Maßgabe der jeweiligen räumlichen, personellen und organisatorischen Verhältnisse festsetzen (§ 201 Nr. 5). Damit entscheiden auf absehbare Zeit hinaus praktisch die tatsächlich bestehenden Zustände über die Belegungsfähigkeit der Anstalten. b) Gliederung Individualisierende Behandlung ist nur in einem Vollzug möglich, der auf überschaubaren Einheiten beruht. Was hinsichtlich des Zusammenhangs zwischen Größe und Funktionsfähigkeit der Anstalt gesagt wurde (vgl. oben a), ist auch für die Gliederung der Anstalt von Bedeutung. Längst hat sich das Prinzip des Gruppenvollzugs — zumindest in der Therapie — durchgesetzt. Der AE hat deshalb vorgeschlagen, die Anstalten in räumlich getrennte Abteilungen mit nicht mehr als 50 Plätzen zu gliedern ( § 9 1 AE) und die Abteilungen ihrerseits nochmals in Wohngruppen mit jeweils höchstens 15 Plätzen unterzugliedern (§ 9 II AE; Stellungnahme,

I. Größe und Einrichtung

265

149). Dahinter steht der Gedanke, jeder Wohngruppe ständige Gruppenbeamte mit fachlicher Vorbildung zuzuweisen (§ 16 I AE), um auf diese Weise eine regelmäßige Betreuung der Gefangenen gewährleisten zu können (AE, 7 7 f f . ; zur Vollzugsgruppenarbeit Deiters, in: Schwind/Blau, 1 3 8 - 1 4 7 ; Lippenmeier/ Steffen, in: Rasch 1 9 7 7 , 8 9 - 1 1 1 ) . Auch insoweit hat sich der Gesetzgeber mit einer generalklauselartigen Festlegung begnügt und Details ausgespart, weil sie sich für eine gesetzliche Regelung nicht eigneten (vgl. BT-Dr. 7 / 9 1 8 , 93). Demgemäß verpflichtet § 143 II die Landesjustizverwaltungen lediglich dazu, Vollzugsanstalten so zu gliedern, „daß die Gefangenen in überschaubaren Betreuungs- und Behandlungsgruppen zusammengefaßt werden können" (dazu Calliess/Müller-Dietz 1 9 7 7 , Rdnrn. 5 und 6 zu § 143). Damit bleibt es der Vollzugsverwaltung überlassen, Art und Größe der Vollzugseinheiten im einzelnen festzulegen. Die Frage ist, ob auf diese Weise das Ziel erreicht wird, die Anstalten ihrer Funktion entsprechend aufzugliedern. Dies gilt erst recht im Hinblick auf § 2 0 1 Nr. 4 , wonach jene Verpflichtung für bestehende Anstalten zur Sollvorschrift abgeschwächt ist.

3 . Größe und Ausgestaltung der Räume a) Arten der

Räume

Eine Vollzugsanstalt, welche die in § 7 II (Vollzugsplan) genannten Maßnahmen durchführen soll, benötigt neben den Hafträummen zur Unterbringung der Gefangenen (§§ 18, 19) eine ganze Reihe weiterer Räumlichkeiten. Der KE hatte zusätzlich Einrichtungen für Aufnahme und Entlassung (§ 139), Anstaltsbetriebe (§ 140) sowie Freizeit- und Behandlungsräume (§ 1 4 0 a) genannt. Am weitesten sind wiederum die Vorschläge des AE gegangen. Ihm zufolge sollte die Einrichtung besonderer Wohngruppenräume ( § 1 1 AE), Abteilungsräume ( § 1 2 AE), Besuchsräume (§ 13 I AE), einer Kantine (§ 13 II AE), eines Verkaufskiosks (§ 13 III AE), von Räumen für die Berufsausbildung und Arbeit (§ 1 4 AE) sowie weiterer Anstaltsräume (§ 15 A E : Freihand-

266

§12

Vollzugsanstalten

bücherei, Raum für kulturelle Veranstaltungen, Turnhalle, Sportanlage, Räume für Freizeitbeschäftigung, Erwachsenenbildung, therapeutische Maßnahmen und kriminologische Forschung) gesetzlich vorgeschrieben werden. Dahinter steht der Gedanke, daß es einer ausdrücklichen Verpflichtung der Landesjustizverwaltungen bedarf, um die Schaffung der für erforderlich gehaltenen Räumlichkeiten sicherzustellen. Das StVollzG beschränkt sich demgegenüber auf eine allgemeingehaltene Aufzählung derjenigen Räumlichkeiten, die über die Hafträume (§ 144 11), hinaus in einer Vollzugsanstalt vorhanden sein müssen. Es sind Gemeinschafts- und Besuchsräume (§ 144 I I ) , Arbeitsbetriebe (§§ 149 1, 37II), Einrichtungen zur beruflichen Bildung (§§ 149 I, 37 III) und arbeitstherapeutischen Beschäftigung (§§ 149 I, 37 V), Räume für Seelsorge, Freizeit, Sport und therapeutische Maßnahmen (§ 145 Satz 2). b) Hafträume und

Gemeinschaftsräume

Hinsichtlich der Ausgestaltung bestimmter Räume trifft das Gesetz nähere Regelungen. Diese stellen gleichsam Minimalanforderungen dar (BT-Dr. 7/918, 93). Danach müssen die Räume für den Aufenthalt während der Ruhezeit und Freizeit ( § § 1 7 III, 18), wohnlich oder sonst ihrem Zweck entsprechend ausgestaltet werden (§ 144 11). Der Regelung liegt der Angleichungsgrundsatz ( § 3 1) zugrunde. Wenn auch das Gesetz von einer einfachen Ausgestaltung ausgeht, so darf doch „in der Art der Unterbringung keine zusätzliche Übelszufügung liegen" (BT-Dr. 7/918, 93). § 144 II ermächtigt den Bundesminister der Justiz dazu, Einzelheiten durch Rechtsverordnung zu regeln (vgl. auch § 144 12). Der AE hat demgegenüber vorgeschlagen, die Ausgestaltung der Wohnräume detaillierter festzulegen (§ 10 AE, 67). Um die Vollzugsbehörde in die Lage zu versetzen, ihrem gesetzlichen Auftrag nachzukommen, sieht § 146 I ein Verbot der Überbelegung vor. Sie kann aufgrunddessen die Aufnahme von Gefangenen über die festgesetzte Anzahl von Haftplätzen (§ 145) hinaus ablehnen. „Damit soll ein Konflikt zwischen der Behördenpflicht zum Vollzug der vollstreckbaren Urteile und zu einer

267

I. Größe und Einrichtung

den verfassungsrechtlichen und gesetzlichen Vorschriften entsprechenden Behandlung vermieden werden, wenn der vorhandene Haftraum für eine gesetzmäßige, der Menschenwürde entsprechende Unterbringung nicht mehr ausreichen s o l l t e " (BT-Dr. 7/918, 93). Ausnahmen vom Verbot der Überbelegung sind nur vorübergehend und lediglich mit Zustimmung der Aufsichtsbehörde zulässig (§ 146 II). c) Arbeitsbetriebe

und Einrichtungen

zur beruflichen

Bildung

Die Arbeitsbetriebe (§§ 149 I, 37, II), Einrichtungen zur beruflichen Bildung (§§ 149 I, 37 III) und arbeitstherapeutischen Beschäftigung (§§ 149 I, 37 V), die nach § 149 I in der Anstalt vorzusehen sind, müssen den Verhältnissen außerhalb entsprechend ausgestaltet werden (§ 149 II 1). Auch hierfür gelten die allgemeinen Arbeitsschutz- und Unfallverhütungsvorschriften (§ 149 II 2). Mit dieser Regelung zieht das Gesetz die organisatorischen Folgerungen aus den Vorschriften über die Arbeitszuweisung und berufliche Förderung der Gefangenen (BT-Dr. 7/918, 94). Namentlich verweist sie auf die Notwendigkeit, Arbeitsbetriebe in der Anstalt zu unterhalten, die den qualifizierten Anforderungen des § 37 II gerecht werden und mit der freien Wirtschaft konkurrieren können. Freilich tritt § 1 4 9 1 erst am 1 . 1 . 1 9 8 0 in Kraft (§ 198 II Nr. 2). Gefangene können nicht nur in Eigenbetrieben der Anstalt, sondern auch in sog. Unternehmerbetrieben beschäftigt werden (vgl. oben § 8 III 3 a). Für diesen Fall sieht § 149 IV vor, daß die technische und fachliche Leitung Angehörigen dieser Unternehmen übertragen werden kann (vgl. BT-Dr. 7/918, 94). In gleicher Weise gestattet es § 149 III, Gefangene in geeigneten Einrichtungen privater Unternehmen beruflich zu fördern und arbeitstherapeutisch zu beschäftigen (vgl. BT-Dr. 7/3998, 44). Das erscheint nicht nur im Hinblick auf eine entsprechende Entlastung des Vollzugs, sondern auch deswegen sinnvoll, weil solche Unternehmen nicht selten über bessere Möglichkeiten der Aus- und Weiterbildung verfügen.

268 II. Das Entscheidungs-

$12

und

Vollzugsanstalten

Kommunikationssystem

Schon die grundsätzlichen Überlegungen zum Kommunikationsund Behandlungsprozeß (vgl. oben § 11 III 2) haben gezeigt, daß sich unter dem Stichwort „Anstaltsleitung" oder „Vollzugsmanagement" (Meyer, in: Straf- und Maßregelvollzug, 32f.) im Grunde mehrere Gesichtspunkte verbergen: Es geht hier nicht nur darum, wer die Anstalt leitet, sondern auch darum, wie Entscheidungen Zustandekommen und wer an diesem Vorgang beteiligt ist. Damit stellt sich die Frage nach der verantwortlichen Beteiligung von Mitarbeitern des Anstaltsleiters und von Gefangenen, die vom AE in einer so überaus komplizierten Weise beantwortet worden ist (vgl. oben § 11 III 2 d).

1. Anstaltsleitung a) Die monokratische Leitung Bisher wurden die Vollzugsanstalten in aller Regel von einem einzigen Beamten (des höheren Dienstes) geleitet (vgl. Nr. 12 I DVollzO). Dieser Beamte war in vielen Fällen — wenn auch keineswegs notwendig — Jurist. Erst seit der Zunahme an (psychologischen und pädagogischen) Fachkräften in den Anstalten werden auch in wachsendem Maße Psychologen und Pädagogen zu hauptamtlichen Anstaltsleitern bestellt. Kleinere Anstalten konnten auch von einem Beamten des gehobenen Dienstes geleitet werden (Nr. 12 I 2 DVollzO). Von sozialtherapeutischen Anstalten abgesehen - in denen sich vielfach juristischer und therapeutischer Leiter in die Führungsaufgaben teilen — hat man jedoch bisher weitgehend am Prinzip der monokratischen Leitung festgehalten. Hiernach trägt der Anstaltsleiter die Verantwortung für den Vollzug in der Anstalt (Nr. 13 I DVollzO) und vertritt diese nach außen (Nr. 13 II DVollzO). Das ist auch der Ausgangspunkt des StVollzG. Nach § 156 11 ist für jede Vollzugsanstalt ein Beamter des höheren Dienstes zum hauptamtlichen Leiter zu bestellen. Aus besonderen Gründen kann die Leitung auch einem Beamten des gehobenen Dienstes

II. Das Entscheidungs- und Kommunikationssystem

269

anvertraut werden (§ 156 I 2). Zur besonderen beruflichen Qualifikation des Anstaltsleiters äußert sich das Gesetz indessen nicht. Diese Regelung bringt dreierlei zum Ausdruck (vgl. im einzelnen Calliess/Müller-Dietz 1977, Rdnrn. 1 und 2 zu § 156): Einmal geht das Gesetz davon aus, daß die Anforderungen an den heutigen Vollzug eine Leitung im Nebenamt nicht zulassen. Zum zweiten soll weiterhin die Möglichkeit bestehen, geeignete Fachkräfte des gehobenen Dienstes zum Anstaltsleiter zu bestellen. Schließlich wollte sich der Gesetzgeber — anders als § 147 III 2 KE (wonach der Anstaltsleiter oder sein Vertreter die Befähigung zum Richteramt besitzen sollte) — nicht auf eine bestimmte berufliche Qualifikation festlegen. „Für die Befähigung, eine Anstalt zu leiten, sind zahlreiche Gesichtspunkte maßgebend" (BT-Dr. 7/918, 97). Gerade für behandlungsorientierte Institutionen kommen namentlich sozialwissenschaftlich vorgebildete Fachkräfte als Anstaltsleiter in Betracht; ein Juristenmonopol wäre deshalb verfehlt (vgl. Müller-Dietz 1970 a, C 39). Andererseits kann eine Vollzugsanstalt auf juristischen Sachverstand nicht verzichten; deshalb muß sie über einen Bediensteten mit entsprechender Vorbildung verfügen (vgl. AE, 85). Der Anstaltsleiter vertritt die Anstalt nach außen (§ 156 II 1). Er trägt grundsätzlich die Verantwortung für alle Bereiche der Anstalt (§156 112; über die Delegation unten b). Insoweit stimmen alte und neue Rechtslage überein. Aus der Allzuständigkeit des Anstaltsleiters folgt, daß ihm sämtliche Funktionen obliegen, die mit der Leitung einer Anstalt verbunden sind. Dazu gehören namentlich die Regelung und Überwachung der Behandlung des Gefangenen (vgl. Nr. 13 I DVollzO) sowie des Dienstbetriebes (vgl. Nr. 13 II 1 DVollzO). Sache des Anstaltsleiters ist es in diesem Zusammenhang grundsätzlich, die Dienstgeschäfte zu verteilen und die Diensteinteilung vorzunehmen (vgl. Nr. 13 II 3 DVollzO). Das Gesetz zählt diese Aufgaben im einzelnen nicht auf, erwähnt jedoch in verschiedenen Vorschriften ausdrücklich besondere Funktionen des Anstaltsleiters. Hierher gehört vor allem § 161, wonach der Anstaltsleiter für den Erlaß der Hausordnung zuständig ist. Sie bedarf der Zustimmung

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§12

Vollzugsanstalten

der Aufsichtsbehörde (§ 161 I). „Die Hausordnung dient der Aufgabe, eine Anzahl wichtiger Vorschriften, die in das Gesetz selbst mit Rücksicht auf die Unterschiede in den örtlichen Verhältnissen nicht eingestellt werden können, auf örtlicher Ebene im Wege der Selbstbindung der Verwaltung zu treffen und sie allen Beteiligten bekanntzumachen" (BT-Dr. 7 / 9 1 8 , 97). Deshalb muß ein Abdruck der Hausordnung in jedem Haftraum ausgelegt werden ( § 1 6 1 III). In die Hausordnung sind namentlich die Anordnungen über die Besuchszeiten, Häufigkeit und Dauer der Besuche (§ 2 4 I), die Arbeitszeit (§ 41), Freizeit (§ 17 II) und Ruhezeit ($ 18) sowie die Gelegenheit aufzunehmen, Anträge und Beschwerden anzubringen (§ 108 I) oder sich an einen Vertreter der Aufsichtsbehörde zu wenden (§ 108 II) (§ 161 II). Natürlich ist dieser Katalog keineswegs abschießend gemeint. Der Anstaltsleiter kann noch weitere Fragen in der Hausordnung regeln. Eine Grundlage für Rechtsbeschränkungen stellt diese jedoch nicht dar. Vielmehr ergibt sie sich lediglich aus dem StVollzG (BT-Dr. 7 / 9 1 8 , 98). Im Hinblick auf die Allzuständigkeit des Anstaltsleiters regeln derartige Vorschriften die Materie indessen keineswegs abschließend. Vielfach sind es gesetzestechnische Gründe — so etwa die sprachliche Fassung einer Regelung —, weshalb im Einzelfall der Anstaltsleiter als zuständige Instanz im Gesetz nicht genannt wird. Grundsätzlich sind daher Aufgaben und Entscheidungsbefugnisse innerhalb der Anstalt beim Anstaltsleiter konzentriert (vgl. Böhm, in: Schwind/Blau, 1 0 9 - 1 1 6 ) . Dies hat verschiedentlich Kritik ausgelöst. Gegen die monokratische Anstaltsleitung und hierarchische Struktur wird vor allem eingewendet, sie führten zur „Verantwortungsverschleierung" und stempelten die weisungsgebundenen Mitarbeiter des Anstaltsleiters praktisch zu „Befehlsempfängern" (AE, 85). So ist etwa die Situation der Aufsichtsbeamten dahin charakterisiert worden, sie hätten geringe Entscheidungsmöglichkeiten, trügen aber große Verantwortung (vgl. Müller-Dietz 1972, 169). Tatsächlich sei der Anstaltsleiter sowohl aus fachlichen Gründen als auch im Hinblick auf seine Arbeitsbelastung gar nicht in der Lage, alle Bereiche des Vollzugs im einzelnen zu überschauen und die erfor-

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derlichen Entscheidungen aus eigener Kenntnis der Problematik und Situation verantwortlich zu treffen. Auf der anderen Seite müßten auch Mitarbeiter des Anstaltsleiters ihr Fachwissen und ihre konkreten Vollzugserfahrungen in den Entscheidungsprozeß einbringen können, d. h. an der Verantwortung für die gesamte Anstalt oder für bestimmte Aufgabenbereiche beteiligt werden (können). Das könnte auch zu einem stärkeren Engagement der Mitarbeiter beitragen. Gelegentlich wurde (und wird) in der Mitverantwortung der Bediensteten das Gegenstück zur Gefangenenmitverantwortung (§ 160) gesehen (vgl. Müller-Dietz 1972, 169). Dementsprechend wurde wiederholt vorgeschlagen, das System der monokratischen Anstaltsleitung durch eine Kollegialverfassung abzulösen (dazu Böhm, in: Schwind/Blau, 144ff.). Nach den Vorstellungen des AE sollte ein dreiköpfiges Team, bestehend aus einem Juristen, einem Psychologen und einem Soziologen, an der Spitze der Anstalt stehen (§ 22 I AE, 85). Darüber hinaus hält der AE die Bildung eines Anstaltsrates für erforderlich, der als höchstes Selbstverwaltungsorgan der Anstalt Interessen der Gefangenen und des Personals vertreten soll (§ 26 AE, 87ff.). Anderen Vorschlägen zufolge sollten Vertreter der in der Anstalt tätigen Berufsgruppen (oder Dienste) zusammen mit dem Anstaltsleiter die Anstaltskonferenz bilden und für die Entscheidung von Behandlungsfragen zuständig sein (Vorschläge, 150ff.; Stellungnahme, 169ff.). Das StVollzG hat keinen dieser Vorschläge übernommen; es läßt jedoch die Delegation von Aufgaben zu. b) Die Delegation von

Aufgabenbereichen

In Abweichung vom früheren Recht eröffnet nunmehr § 156 II 2 Die Möglichkeit, bestimmte Aufgabenbereiche, die an sich in die Zuständigkeit des Anstaltsleiters fallen, der Verantwortung anderer Vollzugsbediensteter oder ihrer gemeinsamen Verantwortung zu übertragen (dazu Calliess/Müller-Dietz 1977, Rdnrn. 3—5 zu § 156). Diese Regelung ist als eine Art Experimentierklausel zu verstehen. Das Gesetz will dadurch Gelegenheit geben, „auch andere Systeme der Anstaltsleitung zu erproben" (BT-Dr. 7/918, 97). Hiernach kann die Konferenzverfassung eingeführt werden.

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§ 1 2 Vollzugsanstalten

Ihre Ausgestaltung ist freilich — entgegen den bisherigen Vorschlägen (vgl. oben a) — im einzelnen nicht vor- oder festgeschrieben. Nach den Verwaltungsvorschriften soll der Anstaltsleiter in einem Organisationsplan fesdegen, welche Bedienstete in seinem Auftrag Entscheidungen treffen können. Weiter kann er hiernach die Durchführung von Maßnahmen der Seelsorger, Ärzte, Pädagogen, Psychologen und Sozialhelfer, die nach seiner Überzeugung die Sicherheit der Anstalt, die Ordnung der Verwaltung oder die zweckmäßige Behandlung der Gefangenen gefährden, bis zur Entscheidung der Aufsichtsbehörde aussetzen. Im übrigen hat der Anstaltsleiter aber alle Entscheidungen nach außen zu vertreten, gleichgültig ob sie von ihm oder — aufgrund einer Delegation — von Mitarbeitern getroffen sind: Außenstehende müssen wissen, an wen sie sich — unabhängig von der Kompetenzverteilung innerhalb der Anstalt — wenden können (BT-Dr. 7 / 9 1 8 , 97). Für die Delegation bestimmter Aufgabenbereiche schreibt das Gesetz jedoch zwingend die Zustimmung der Aufsichtsbehörde vor. Dies gilt nach § 156 III für die Übertragung der Befugnis, die körperliche Durchsuchung nach § 8 4 II (bei Gefahr im Verzug oder auf Anordnung des Anstaltsleiters im Einzelfall; vgl. oben § 9 III 1), die besonderen Sicherungsmaßnahmen nach § 88 (vgl. oben § 9 III 2) und die Disziplinarmaßnahmen nach § 103 (vgl. oben § 9 IV 2) anzuordnen. Hierbei handelt es sich um Maßnahmen, die vielfach rasch getroffen werden müssen und deshalb einer flexiblen Regelung bedürfen. Auf der anderen Seite greifen diese Maßnahmen nachhaltig in die Rechte des Gefangenen ein. Beide Gesichtspunkte haben den Gesetzgeber daher veranlaßt, die Delegationsbefugnis auch insoweit nicht auszuschließen, die Übertragung aber an die Zustimmung der Aufsichtsbehörde zu binden (BT-Dr. 7 / 3 9 9 8 , 4 5 ) .

2 . Kommunikation und Mitverantwortung Die Zurückhaltung, die das StVollzG hinsichtlich der Einführung der Kollegialverfassung an den Tag legt, ist kennzeichnend für die Regelung des Bereichs der Mitverantwortung im ganzen. Dies gilt

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sowohl für die Beteiligung von'Bediensteten als auch von Gefangenen an Entscheidungsprozessen. Lediglich der Bereich der Kommunikation der Bediensteten ist durch die Zusammenarbeitsklausel (§ 154) stärker herausgearbeitet worden, die allerdings vom AE als „nichtssagend" bezeichnet worden ist (AE, 73). Diese verschiedentlich gerügte (vgl. Müller-Dietz 1974 c, 496f.; 1974 d, 65f.; Uhlitz 1976,487f.) Zurückhaltung des Gesetzgebers auf organisatorischem Gebiet ist Ausdruck des Bemühens, „Fragen der Behandlungsmethodik nicht zu präjudizieren und weiteren Erkenntnissen gegenüber offen zu bleiben" (BT-Dr. 7/918, 97). Deshalb lassen die Vorschriften über die Zusammenarbeit (§ 154) und die (Beamten-)Konferenzen (§ 159) allenfalls teilweise die Konturen einer Vollzugsanstalt erkennen, in die sämtliche Mitarbeiter integriert und auf eine gemeinsame Zielsetzung verpflichtet sind. Ähnlich ist es um die Regelung der Gefangenenmitverantwortung (§ 160) bestellt. a) Die Zusammenarbeit

innerhalb des Vollzugs

Wenn auch die DVollzO sich nicht ausdrücklich zur Zusammenarbeit der Bediensteten geäußert hat, war man sich doch von jeher über das Bestehen einer entsprechenden Verpflichtung im klaren. Einmal ist eine Vollzugsanstalt ohne das Zusammenwirken ihrer verschiedenen Dienste nicht funktions- und leistungsfähig. Zum zweiten verpflichtete Nr. 34 I DVollzO jeden Bediensteten nicht nur zur Erfüllung seiner besonderen Aufgaben, sondern auch dazu, zur Erreichung der allgemeinen Vollzugsziele (Nr. 57 DVollzO) und zur Aufrechterhaltung von Sicherheit und Ordnung beizutragen. An diese Regelung knüpft das StVollzG zwar an, stellt jedoch darüber hinaus die Verpflichtung zur Zusammenarbeit als Grundlage aller Vollzugsarbeit ausdrücklich heraus (§ 154 I). Das Gesetz beschränkt die Zusammenarbeit indessen nicht nur auf Vollzugsbedienstete oder in Vollzugsanstalten Tätige, sondern dehnt sie auf alle Stellen und Personen aus, die im weitesten Sinne Straffälligenhilfe betreiben oder mit der (Wieder-)Eingliederung Verurteilter oder Entlassener zu tun haben (§§ 154 II, 148). Zunächst einmal verpflichtet § 154 I alle im Vollzug Tätigen zur Zusammenarbeit im Hinblick auf die Vollzugsaufgaben (dazu 18

Müller-Dietz, Strafvollzugsrecht

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§ 1 2 Vollzugsanstalten

Calliess/Müller-Dietz 1977, Rdnrn. 1 - 3 zu § 154). Diese Regelung hat zweifache Bedeutung: Die Kooperationspflicht bezieht auch die nebenamtlich verpflichteten und ehrenamtlichen Mitarbeiter ein (BT-Dr. 7/918, 9 6 ; Müller-Dietz 1977 b, 120). Rückfallverhütende Behandlung und Eingliederungshilfe können nur dann in erfolgversprechender Weise geleistet werden, wenn alle in der Anstalt Tätigen zusammenwirken und sich — ungeachtet ihrer jeweiligen Funktionen — grundsätzlich an derselben Zielsetzung orientieren. § 154 I verpflichtet diesen Personenkreis nicht nur auf das Vollzugsziel (§ 2 Satz 1); die Vorschrift spricht vielmehr von den Aufgaben des Vollzugs. Damit haben die an der Anstalt Tätigen bei ihrer Arbeit auch die Sicherungsaufgabe (§ 2 Satz 2) zu berücksichtigen. Ebenso wie hiernach alle Mitarbeiter — natürlich in unterschiedlicher Weise — an der rückfallverhütenden Behandlung partizipieren, müssen sie auch die (etwaigen) Auswirkungen ihres Handelns auf die Sicherheit der Anstalt mitbedenken. Insofern versperrt § 154 I den Rückzug auf bloße Behandlungs- oder Sicherungsfunktionen. b) Die Zusammenarbeit mit Stellen und Personen außerhalb des Vollzugs § 154 II verpflichtet die Vollzugsbehörde im Hinblick auf das Vollzugsziel außerdem zur Zusammenarbeit mit den Behörden, Stellen und Personen, deren Mitwirkung es bei der Eingliederung des Gefangenen bedarf (BT-Dr. 7 / 3 9 9 8 , 4 5 ) . Die Vorschrift erwähnt zunächst diejenigen Behörden und Stellen, die gleichsam schwerpunktmäßig mit Straffälligen zu tun haben: Entlassenenfürsorge, Bewährungshilfe (§ 56 d III StGB), Aufsichtsstellen für die Führungsaufsicht (§ 68 a StGB). An zweiter Stelle werden die Behörden und Stellen genannt, die im Rahmen ihrer allgemeinen Aufgaben auch Straffälligen gegenüber Funktionen zu erfüllen haben: Arbeitsämter,Träger der Sozialversicherung und der Sozialhilfe sowie entsprechende Hilfeeinrichtungen anderer Behörden (vgl. etwa Schewe 1977). Diese Regelung ergänzt § 148 I, wonach die Vollzugsbehörde im Zusammenwirken mit den Vereinigungen und Stellen des Arbeits- und Wirtschaftslebens dafür sorgen soll, „daß jeder Gefangene wirtschaftlich ergiebige Arbeit ausüben

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kann", und ferner dazu beitragen soll, „daß er beruflich gefördert, beraten und vermittelt wird". Geeignete organisatorische Maßnahmen sollen gewährleisten, daß die Bundesanstalt für Arbeit die ihr namentlich nach dem AFG obliegenden Aufgaben der Berufsberatung, Arbeitsberatung und Arbeitsvermittlung erfüllen kann (§ 148 II; vgl. oben § 8 III 1 b und 3 b). § 148 ist nicht nur für die Entlassungsvorbereitung und den einzelnen Gefangenen von Bedeutung; vielmehr soll die Vorschrift darauf hinwirken, daß die Zusammenarbeit mit einschlägigen Institutionen, namentlich der Bundesanstalt für Arbeit, auch der Anstalt auf den Gebieten des Arbeitswesens und der beruflichen Förderung zugute kommt (vgl. BT-Dr. 7/918, 94). Eine dritte Gruppe stellen die Verbände der freien Wohlfahrtspflege dar, die ohnehin auf dem Gebiet der Straffälligenhilfe tätig sind (dazu Müller-Dietz 1977 b; Schubert, in: Schwind/Blau, 421—428). Auf ihre Unterstützung ist der Vollzug in besonderem Maße angewiesen, weil die staatlichen Mittel und Möglichkeiten zur Eingliederung Gefangener allemal begrenzt sind (vgl. MüllerDietz 1976 b). „Diese Hilfe darf nicht erst bei der Entlassung einsetzen, sie muß vielmehr schon während der Haft organisiert und koordiniert werden" (BT-Dr. 7/3998, 45). Gerade angesichts der Vielfalt solcher Vereinigungen und Bemühungen bedarf es hier enger Kooperation und Kommunikation. Häufig fehlt es noch an einem Kontinuum sozialer Hilfen, die den Straffälligen vom Beginn der Haft über die Zeit des Freiheitsentzuges und die Entlassung hinweg bis zur völligen Rehabilitierung begleiten (vgl. oben § 7 VIII3). Schließlich verpflichtet § 154 II 2 die Vollzugsbehörde noch zur Zusammenarbeit „mit Personen und Vereinen, deren Einfluß die Eingliederung des Gefangenen fördern kann". Der Gesetzgeber hat die Aufnahme einer solchen Vorschrift ins Gesetz, die der RE (§ 141 II) nicht vorgesehen hatte, unbedingt für erforderlich erachtet. „Die Mithilfe dieser gesellschaftlichen Kräfte ist bereits heute nicht mehr aus der Resozialisierungsarbeit wegzudenken; sie künftig zu intensivieren, ist ein entscheidendes Anliegen bei der Reform des Strafvollzuges" (BT-Dr. 7/3998,45; zur ehrenamtlichen Straffälligenhilfe Krebs 1976; Busch, in: Schwind/Blau, 374—383; Trapp 1977). Gemeint sind damit nicht 18'

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§12

Vollzugsanstalten

nur ehrenamtliche Anstaltshelfer, wie sie bereits der Entwurf eines StVollzG von 1927 erwähnt hatte (§§ 3 7 , 3 8 ) , sondern alle jene Gruppen und Privatpersonen, die sich auf freiwilliger Grundlage in Form von Einzelfallhilfe oder Gruppenarbeit um Gefangene und Entlassene kümmern. Sie haben — in psychologischer Hinsicht — vielfach leichteren Zugang zum Gefangenen als Bedienstete, weil sie eben nicht als Angehörige der Justiz tätig werden. Auf der anderen Seite besteht die Gefahr, daß vollzugsunerfahrene Helfer (oder Gruppen), die auf ihre Arbeit nicht vorbereitet sind, durch ihr Verhalten Spannungen und Schwierigkeiten in der Anstalt heraufbeschwören (vgl. Müller-Dietz 1976 b, 43 ff.). Deshalb kann sich die Pflicht der Vollzugsbehörde zur Zusammenarbeit nur auf solche Personen oder Gruppen erstrecken, von deren Tätigkeit jedenfalls keine negativen Auswirkungen auf die Gefangenen ausgehen. Hiernach hat die Vollzugsbehörde jeweils eine entsprechende Prüfung vorzunehmen, die nach Sachlage allerdings meist nur vorläufiger Natur sein und lediglich dazu dienen kann, ungeeignete Personen (oder Gruppen) auszuschließen. § 154 II 2 räumt diesen denn auch keinen Rechtsanspruch ein (BT-Dr. 7/3998, 4 5 ; Calliess/Müller-Dietz 1977, Rdnr. 4 zu S 154). Die Verpflichtung zur Zusammenarbeit mit Verbänden der freien Wohlfahrtspflege und den sonstigen gesellschaftlichen Kräften, die auf dem Felde der Straffälligenhilfe tätig sind, hat nicht zuletzt ihre Wurzel in der Vorstellung, daß sich Staat und Gesellschaft gemeinsam um den Straffälligen bemühen müßten (vgl. MüllerDietz 1976 b, 23ff.; 1977 b). In diesem Sinne bezeichnete Nr. 133 I DVollzO „die Fürsorge für die Entlassenen" als „gemeinsame Angelegenheit des Staates und der Gesellschaft". Davon ist auch der Gesetzgeber ausgegangen. Er hat lediglich im Hinblick auf den deklaratorischen Charakter einer solchen Regelung davon abgesehen, eine entsprechende Vorschrift ins Gesetz aufzunehmen (BT-Dr. 7/918,44). c)

Konferenzen

Schon frühere Regelung (Nr. 32 DVollzO) und Praxis kannten die Beteiligung der Mitarbeiter des Anstaltsleiters an der Meinungs-

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bildung und an den Entscheidungsprozessen innerhalb der Anstalt. Allerdings waren die Mitarbeiter auf beratende Funktionen beschränkt. Hiernach war der Anstaltsleiter verpflichtet, wenigstens einmal monatlich Dienstbesprechungen mit den Beamten des höheren und des gehobenen Dienstes sowie mit dem Aufsichtsund dem Werkdienstleiter abzuhalten (Nr. 32 11 DVollzO). Darüber hinaus sollten mehr oder weniger regelmäßig Besprechungen mit allen Bediensteten stattfinden (Nr. 32 12 DVollzO). Sinn dieser Besprechungen war es, das Interesse und Engagement der Mitarbeiter zu fördern und ihnen Anregungen zu geben (Nr. 32 II 1 DVollzO). Sog. Behandlungskonferenzen sollten die Behandlung und Begutachtung von Gefangenen (etwa zum Zweck der Stellungnahme nach § 454 I 2 StPO zur Frage der bedingten Entlassung oder Begnadigung) vorbereiten helfen (Nr. 32 III DVollzO). An diese Regelungen knüpft § 159 StVollzG der Sache nach an. Freilich äußert sich die Vorschrift zur Abhaltung von Konferenzen nur in allgemeiner Weise; die Regelung von Dienstbesprechungen nach Art des § 156 II KE (mit allen Bediensteten) überläßt sie Verwaltungsanordnungen (BT-Dr. 7/918, 97). § 159 verpflichtet den Anstaltsleiter dazu, zur Aufstellung und Überprüfung des Vollzugsplans und zur Vorbereitung wichtiger Entscheidungen im Vollzug Konferenzen mit allen an der Behandlung maßgeblich Beteiligten durchzuführen. Darin erblickt das Gesetz „eine wichtige organisatorische Grundlage" für die durch § 154 I vorgeschriebene Zusammenarbeit der in der Anstalt Tätigen (BT-Dr. 7/918, 97). Die Fassung der Vorschrift wirft indessen die Frage auf, ob der Anstaltsleiter die Konferenz nach eigenem pflichtmäßigem Ermessen einberuft oder auch entsprechenden Anregungen sog. Konferenzbeamter Folge leisten muß. Der Gesetzgeber ist bei seiner Regelung der Materie von der letzteren Interpretation der Vorschrift ausgegangen. Danach spricht der Gesamtzusammenhang der Bestimmungen, welche die Zusammenarbeit (§ 154 I) und die Delegation von Aufgabenbereichen (§ 156 II 2) regeln, für eine solche Mitwirkungsbefugnis der Konferenzbeamten (BT-Dr. 7/3998,46). Dem wird man zustimmen müssen (vgl. Calliess/ Müller-Dietz 1977, Rdnr. 1 zu § 159). Allerdings hätte der Gesetz-

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Vollzugsanstalten

geber besser daran getan, dies auch klarzustellen. Jedenfalls bedarf es zur Regelung des Verfahrens der Einberufung der Anstaltskonferenz noch besonderer Verwaltungsanordnungen, weil sich das Gesetz hierüber ausschweigt (BT-Dr. 7/3998, 46). d)

Gefangenenmitverantwortung

Rückfallverhütende Behandlung erfordert aktive Beteiligung des Gefangenen, gegebenenfalls seine Aktivierung und Motivierung ( § 4 1; vgl. oben 11 III 2 a und b). Indessen beschränkt sich die Teilnahme des Gefangenen in einem behandlungsorientierten Vollzug nicht allein auf die Planung und Durchführung von Vollzugsmaßnahmen, die ihn als Einzelperson betreffen. Vielmehr kommt es in einem Vollzug, der zu verantwortlichem Sozialverhalten befähigen soll, entscheidend darauf an, soziales Training in und mit Gruppen zu betreiben. Auch das Leben in Freiheit spielt sich vielfach in derartigen sozialen Zusammenhängen ab (vgl. MüllerDietz 1970 a, C 92f.). Dementsprechend liegt es nahe, innerhalb der Anstalt gleichfalls Fähigkeiten zu entfalten und zu erproben, die sich namentlich im Zusammenleben bewähren. Dafür bietet sich neben der Gruppenarbeit und Gruppentherapie vor allem die Gefangenenmitverantwortung an (vgl. Müller-Dietz 1970 a, C 9 7 f . ; Hauser 1975; Koepsel, in: Schwind/Blau, 313—318; Busch 1976). Dies gilt erst recht dann, wenn man in der Beteiligung der Gefangenen am Entscheidungsprozeß innerhalb der Anstalt sowohl therapeutische als auch demokratische Gesichtspunkte miteinander verflochten sieht (so Vorschläge, 161). Der AE ist deshalb in seinen Vorschlägen so weit gegangen, zugunsten einer Mitwirkung der Gefangenen auf allen Ebenen und in sämtlichen Gliederungen der Anstalt zu plädieren. So sollten Gefangene im Wohngruppenrat (§ 19 II AE), Abteilungsrat (§ 2 0 II AE) und im Anstaltsrat ( § 2 6 II AE) vertreten sein, um auch die Kommunikations- und Entscheidungsprozesse innerhalb der Anstalt am Grundkonzept der „problemlösenden Gemeinschaft" zu orientieren (AE, 59ff., 81 ff.). .Die Gefangenen sollten auf diese Weise in den sie betreffenden Fragen ein echtes Mitentscheidungsrecht erhalten. Freilich hat die Ausgestaltung dieser Konzeption im einzelnen — bei aller Anerkennung ihrer grundsätzlichen Ziel-

III. Die verschiedenen Dienste (Anstaltspersonal)

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Setzung — manche Kritik gefunden (vgl. Müller-Dietz 1974 d, 74 ff.). Auch das StVollzG will auf die Beteiligung der Gefangenen an der Verantwortung für sie angehende Fragen hinwirken. Deshalb schreibt § 160 vor, daß es den Gefangenen und Untergebrachten ermöglicht werden soll, „an der Veranwortung für Angelegenheiten von gemeinsamem Interesse teilzunehmen, die sich ihrer Eigenart und der Aufgabe der Anstalt nach für ihre Mitwirkung eignen". Diese Regelung sieht also (Mit-)Entscheidungsbefugnisse von Gefangenen vor. Sie ist jedoch recht allgemein gehalten und läßt es namentlich offen, in welcher Form und in welchen Bereichen die Gefangenen in einzelnen verantwortlich mitbeteiligt werden (können). Der Gesetzgeber hat die bisherigen Erfahrungen mit der Gefangenenmitverantwortung nicht als ausreichend erachtet, um - verschiedenen Vorschlägen folgend (Vorschläge, 160f.; Stellungnahme, 177) — eine zwingende Regelung treffen und bestimmte Formen der Mitverwaltung einführen zu können (BT-Dr. 7/918, 97). Noch seien derzeit „keine für alle Anstalten gültigen Feststellungen darüber" möglich, „welches Modell am zweckmäßigsten sei und welche Bereiche sich im einzelnen für die Gefangenenmitverantwortung eigenen. Deshalb kann im gegenwärtigen Stadium nur die Grundlage für eine Experimentiermöglichkeit geschaffen werden" (BT-Dr. 7/3998, 46). Allerdings geht der Gesetzgeber davon aus, daß die Gefangenen überall ein solches Mitspracherecht erhalten und daß das Gespräch zwischen ihnen und den Bediensteten intensiviert wird (BT-Dr. 7/3998, 46). Gefangenenmitverantwortung kommt namentlich in Wohngruppen in Betracht (vgl. Calliess/Müller-Dietz 1977, Rdnr. 3 zu § 160).

III. Die verschiedenen Dienste

(Anstaltspersonal)

1. Grundfragen

a) Übersicht Hinsichtlich des Anstaltspersonals sind mehrere Fragen von rechtlicher und praktischer Bedeutung (vgl. Kerner 1974 b, 123 ff.).

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§12

Vollzugsanstalten

Einmal geht es darum, ob und in welchem Umfange die Aufgaben des Vollzugs durch hauptamtliche Mitarbeiter wahrzunehmen sind. Damit verbindet sich die weitere Frage nach der Tätigkeit nebenamtlicher und ehrenamtlicher Kräfte in der Anstalt, namentlich nach den Voraussetzungen einer solchen Mitarbeit. Ein dritter Gesichtspunkt betrifft die Personalstruktur der Anstalt. Hierbei steht die Frage nach der Unterscheidung und Zuweisung verschiedener Funktionen an besondere Dienste innerhalb der Anstalt im Vordergrund. Davon hängt ab, welche Berufsgruppen zur personellen Ausstattung einer Vollzugsanstalt erforderlich sind und wie sich deren spezielle Aufgaben auf das Anstaltspersonal im einzelnen verteilen. Schließlich stellt sich damit die Frage nach der fachlichen und sonstigen Qualifikation der Vollzugsbediensteten, den Anforderungen an die verschiedenen Dienste. Dies berührt die Voraussetzungen für die Einstellung sowie die Ausgestaltung der Ausbildung und Fortbildung. Sämtliche Gesichtspunkte sind im Kontext der Erfahrung zu sehen und zu würdigen, daß die Qualität des Vollzugs weitgehend mit der personellen Ausstattung der Anstalten steht und fällt (vgl. Müller-Dietz 1970 a, C 3 6 f . ; Schüler-Springorum 1969, 218ff.). „Darüber, daß ein auf Sozialisation ausgerichteter Vollzug ein qualifiziertes Personal voraussetzt, besteht heute Übereinstimmung" (Müller-Dietz 1970 a, C 3 7 ) . Allerdings beschäftigt die Personalfrage Vollzugspraxis und Vollzugsreformer, seit dem Strafvollzug Aufgaben der Besserung, Erziehung oder Resozialisierung gestellt werden. Insofern weist sie einen unmittelbaren Zusammenhang mit der Zielsetzung des Vollzugs insgesamt auf. Denn diese ist für die berufliche (fachliche) Anforderung an das Anstaltspersonal maßgebend. Andererseits ergeben sich aus der Zusammenfassung einer größeren Anzahl von Menschen in der Anstalt eine Reihe spezieller Teilfunktionen (wie etwa der Versorgung der Insassen), die gleichfalls von entsprechend qualifizierten Mitarbeitern wahrgenommen werden müssen. Die Aufgliederung des Anstaltspersonals in verschiedene Dienste sowie die Verteilung und Zuweisung der einzelnen Aufgaben an jene Dienste verdeutlichen wiederum die (soziale) Komplexität der Vollzugsanstalt (vgl. oben 12).

III. Die verschiedenen Dienste (Anstaltspersonal)

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b) Bisherige Regelung und Vorschläge Diese Problematik spiegelt sich bis zu einem gewissen Grade in den einschlägigen Vorschriften der DVollzO und in den Entwürfen zum StVollzG. Dabei hat sich die DVollzO in besonderem Maße der Regelung der verschiedenen Dienste und ihrer jeweiligen Funktionen angenommen. War sie doch in ihrer Eigenschaft als Dienstordnung speziell für das Anstaltspersonal gedacht (vgl. oben § 3 II 8). So differenzierte die DVollzO nach verschiedenartigen Diensten der Vollzugsanstalt, denen jeweils bestimmte Aufgaben übertragen wurden (vgl. Nrn. 12-29). Des weiteren faßte sie die allgemeinen Berufspflichten der Vollzugsbediensteten zusammen (Nrn. 34—43). Schließlich enthielt sie noch Vorschriften über die Einstellung, Ausbildung und Fortbildung der Bediensteten (Nrn. 30,31). Vor allem beschrieb die DVollzO in fast minutiöser Weise die spezifischen Funktionen einzelner Dienste, Berufsgruppen oder Amtsträger. Das gilt namentlich für den Anstaltsleiter (Nr. 13), den Aufsichtsdienst (Nrn. 18,21), den Werkdienst (Nrn. 19,21), den Anstaltsarzt (Nm. 22,23), Geistliche (Nr. 25), Psychologen (Nr. 26), Lehrer (Nr. 27), Fürsorger (Nr. 28) und Sozialpädagogen (Nr. 29). Die DVollzO entwarf damit praktisch Berufsbilder der im Vollzug tätigen Bediensteten. Freilich wurden diese Vorstellungen nur teilweise in der Praxis verwirklicht. Aber immerhin finden sich im heutigen Vollzug — von Sozialpädagogen abgesehen — alle in der DVollzO genannten Berufsgruppen, wenngleich keineswegs immer in erforderlichem Umfang und mit den Qualifikationen, wie sie jener Regelung im einzelnen vorschwebten. Von den einschlägigen Regelungen der DVollzO weichen die Entwürfe zum StVollzG in mehrfacher Hinsicht ab. Auf Vorschriften über die allgemeinen Berufspflichten der Vollzugsbediensteten haben sie durchweg verzichtet. Zu den verschiedenen Diensten und Funktionen innerhalb der Anstalt haben sie sich — wenn überhaupt — knapper und zurückhaltend geäußert. Dabei weisen freilich KE, AE und RE erhebliche Unterschiede auf, die teilweise in unterschiedlichen Konzeptionen von der Vollzugsanstalt, teilweise aber auch in verschiedenartigen Vorstellungen von den Regelungsmöglichkeiten des Strafvollzugsgesetzgebers gründen.

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§ 12 Vollzugsanstalten

Der AE hat es - ausgehend vom Prinzip der „problemlösenden Gemeinschaft" — für erforderlich gehalten, detaillierte Regelungen der Personalstruktur vorzusehen. Hiernach muß das StVollzG die personelle Gliederung ebenso wie die Kommunikations- und Entscheidungsprozesse innerhalb der Anstalt weitgehend widerspiegeln. „Das bedingt eine Auflösung der traditionellen Front und Distanz zwischen Personal und Klientel, die Veränderung überkommener Berufsrollen und Funktionen innerhalb des ganzen Systems und die Bildung kleiner(er), sich gleichsam selbstregierender und selbstregulierender Einheiten, in die Therapeuten wie Klientel integriert werden sollen" (Müller-Dietz 1974 c, 497). Deshalb soll nach dem AE jede Wohngruppe und Abteilung einer Anstalt mit einer bestimmten Anzahl von Fachkräften und entsprechend geschulten Gruppenbeamten ausgestattet sein (§ 16). Ferner sollen jedem Insassen zwei Fachkräfte als „persönlich verantwortliche Betreuer" zugeordnet werden (§ 171), die dann ihrerseits zusammen mit weiteren Fachkräften das sog. Behandlungsteam bilden (§ 17 II). Der AE enthält darüber hinaus noch Vorschriften über die dreiköpfige Anstaltsleitung ( § 2 2 ) und die Verwaltung der Anstalt ( § 2 3 ) . Er geht davon aus, daß „die Aufgaben der speziellen Ausbildung und Behandlung sowie der seelsorgerischen Betreuung" „nach Möglichkeit" durch nebenamtlich oder vertraglich verpflichtete Personen wahrgenommen werden, die hauptberuflich außerhalb der Anstalt tätig sind (§ 24 I); das soll in einem gewissen Umfang auch hinsichtlich der Funktionen geschehen, die den Psychologen, Pädagogen und Sozialarbeitern obliegen (§ 2 4 II). Dadurch will der AE das Problem der Gewinnung qualifizierter Fachkräfte lösen. Zugleich soll der Vollzug auf diese Weise Anschluß an neue Methoden gewinnen und sich Entwicklungen außerhalb der Anstalten öffnen (AE, 87). Nach § 25 AE sollen einzelne Aufgaben des Personals auf begrenzte Zeit auch Insassen oder anderen Personen übertragen werden können, sofern nicht elementare Interessen der Sicherheit oder Ordnung entgegenstehen (vgl. § 119 II). Allgemeine Vorschriften über die Ausbildung (§ 30), Fortbildung (§ 31) und gruppendynamische Fachberatung im Rahmen kleiner Aussprachegruppen (Supervision: § 32) sollen gewährleisten, daß die ständigen Mitarbeiter der Anstalt nicht nur über die erforderliche Qualifikation ver-

III. Die verschiedenen Dienste (Anstaltspersonal)

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fügen, sondern während ihrer Tätigkeit auch laufend fachlich begleitet werden. Demgegenüber sind die einschlägigen Regelungen des KE und RE eher sparsam ausgefallen. Noch am stärksten ist das Personalkonzept im KE ausgeprägt. Danach sollte die Wahrnehmung der in der Anstalt zu erfüllenden Aufgaben besonderen Diensten übertragen werden, wie sie ja praktisch weitgehend existieren. Dementsprechend enthält der KE Vorschriften über die Verwaltung (§ 147 a), den allgemeinen Vollzugsdienst (§ 147 b) — womit der bisherige Aufsichtsdienst gemeint ist —, den Werkdienst (§ 147 c), die Seelsorge (§ 148), den ärztlichen Dienst (§ 149), den psychologischen Dienst (§ 150), den Dienst für Erwachsenenbildung (§ 151) und den sozialen Dienst (§ 152). Darüber hinaus sieht er die Auswahl geeigneter Bediensteter als Leiter von Wohngruppen und Behandlungsgruppen vor (§ 153). Durch spezielle Vorschriften über die Ausbildung und Fortbildung der Vollzugsbediensteten sollte darauf hingewirkt werden, daß diese den Anforderungen gerecht werden können (§ 146 II KE, Anhang §§ a-e). Auf Kritik ist namentlich der Vorschlag gestoßen, die Aufgaben des Vollzugs auf verschiedene, organisatorisch selbständige Dienste zu übertragen. Man hat befürchtet, daß eine solche Personalstruktur das Entstehen neuer Bürokratien begünstige, dem Gruppenegoismus Vorschub leiste und damit der Zusammenarbeit abträglich sei (vgl. Müller-Dietz 1974 c, 496). Der RE hat deshalb weitgehend auf Vorschriften über besondere Dienste verzichtet (BT-Dr. 7/918,96); lediglich hinsichtlich der Seelsorge (§ 144) und der ärztlichen Versorgung (§ 145) hat er spezielle Regelungen für erforderlich erachtet. Im übrigen hat er sich mit der Aufzählung der wichtigsten Berufsgruppen begnügt, die im Vollzug benötigt werden, und sich auf den Grundsatz hinreichender personeller Ausstattung der Vollzugsanstalten beschränkt (§ 142 II). Vorschriften über die Auswahl, Ausbildung und Fortbildung der Vollzugsbediensteten finden sich im RE nicht. c) Die Regelungen des StVollzG Das StVollzG legt hinsichtlich der Regelung der Personalstruktur gleichfalls Zurückhaltung an den Tag. Es knüpft im wesendichen

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an die Vorschläge des RE an. Namentlich äußert es sich weder zur Einstellung von Anwärtern noch zur Ausbildung und Fortbildung der Vollzugsbediensteten. Maßgebend dafür ist der Gesichtspunkt, daß der Bund auf dem Gebiet des Beamtenrechts nach Art. 75 I Nr. 1 GG nur das Recht der Rahmengesetzgebung hat. Der Gesetzgeber ist deshalb davon ausgegangen, daß den vielfachen Wünschen nach detaillierterer Regelung der Personalstruktur und der Anforderungen an die Vollzugsbediensteten nur durch landesrechtliche Vorschriften Rechnung getragen werden kann (BT-Dr. 7/918,95). Im Hinblick auf bereits geltende beamtenrechtliche Vorschriften über die Eignungsprüfung (§4 1 Nr. 3 BRRG) seien einschlägige Bestimmungen im StVollzG entbehrlich (BT-Dr. 7/918, 96). Dementsprechend enthält das Gesetz in der Hauptsache nur allgemeine Grundsätze über die Wahrnehmung der Vollzugsaufgaben durch Vollzugsbedienstete (§ 155 I) sowie über die hinreichende personelle Ausstattung der Anstalten (§ 155 II). Daneben regelt es außer der Anstaltsleitung (§ 156; vgl. oben II 1) nach dem Muster des RE lediglich die Seelsorge (§ 157) und die ärztliche Versorgung (§ 158). § 155 I stellt klar, daß die Aufgaben des Vollzugs grundsätzlich von Vollzugsbeamten wahrzunehmen sind. Dies entspricht § 2 III BRRG und Art. 33 IV GG, wonach die Ausübung hoheitsrechtlicher Befugnisse als ständige Aufgabe in der Regel Angehörigen des öffendichen Dienstes zu übertragen ist, die in einem öffentlichrechtlichen Dienst- und Treueverhältnis stehen, also Beamte sind (BT-Dr. 7/918, 96; Calliess/Müller-Dietz 1977, Rdnr. 1 zu § 155). Der Gesetzgeber hat damit hinsichtlich der Personalstruktur lediglich Konsequenzen aus dem Umstand gezogen, daß der Strafvollzug eine hoheitliche Aufgabe ist. Daher dürfen diese Funktionen nur bei Vorliegen besonderer Gründe anderen Bediensteten (als Vollzugsbeamten) oder nebenamtlich oder vertraglich verpflichteten Personen übertragen werden (§ 155 I 2). Für eine solche Regelung sprechen praktische Bedürfnisse. In einer ganzen Reihe von Fällen ist der Vollzug auf nebenamtliche Kräfte angewiesen (BTDr. 7/918, 96). Einmal können kleinere Anstalten auf manchen Gebieten {Seelsorge, ärztliche Versorgung, Weiterbildung) haupt-

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amtliche Mitarbeiter wegen der relativ geringen Anzahl von Gefangenen gar nicht beschäftigen. Zum zweiten kann es zur Gewinnung von Fachkräften (z. B. Ärzten, Therapeuten, Lehrern) erforderlich werden, die Tätigkeit auf nebenamtlicher oder vertraglicher Grundlage zu ermöglichen. Schließlich können einer Anstalt die Planstellen fehlen, die zur Wahrnehmung spezieller Aufgaben benötigt werden; dann muß sie wenigstens vorübergehend mit Fachkräften von außerhalb des Vollzugs arbeiten können. Der Grundsatz des § 155 II besagt einmal, daß für jede Anstalt entsprechend ihrer Aufgabe die erforderliche Anzahl von Bediensteten vorzusehen ist. Damit werden die Landesjustizverwaltungen, was die Stellenpläne anlangt, in Pflicht genommen (BT-Dr. 7/3998, 45). Im Grunde bekräftigt die Regelung nur den selbstverständlichen Gedanken, daß eine Anstalt ihre Funktionen lediglich dann erfüllen kann, wenn sie personell hinreichend ausgestattet ist. Zu diesem Zweck hebt § 155 II diejenigen Berufsgruppen besonders hervor, die in jedem Fall benötigt werden. Es sind dies der allgemeine Vollzugsdienst (früher Aufsichtsdienst), der Verwaltungsdienst, der Werkdienst, Seelsorger, Ärzte, Pädagogen, Psychologen und Sozialarbeiter. Die Aufzählung ist keineswegs abschließend, läßt vielmehr Raum für die Einführung weiterer Berufsgruppen. Der Gesetzgeber hat sich zu einer detaillierteren Regelung der Materie im Hinblick auf die unterschiedlichen Verhältnisse in den einzelnen Ländern sowie auf regionale und örtliche Besonderheiten nicht in der Lage gesehen. Danach ist es Sache der Landesjustizverwaltungen, den jeweiligen Bedarf festzustellen (BT-Dr. 7/918,96). 2. Das Anstaltspersonal a) Verwaltungsdienst Der Verwaltungsdienst, dessen Aufgaben im Gesetz nicht näher umschrieben werden, hat den Anstaltsleiter im Rahmen seiner Verwaltungstätigkeit zu unterstützen. Hierher rechnen namentlich diejenigen Faktoren, welche der Schaffung und Erhaltung der

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organisatorischen, personellen und baulichen Voraussetzungen für die Behandlung der Gefangenen dienen. Zu diesem Zweck sind in jeder Anstalt besondere Dienststellen eingerichtet, die von hauptamtlichen Beamten geleitet werden (vgl. § 147a I KE). Die wichtigsten Dienststellen bilden die Hauptgeschäftsstelle, die Vollzugsgeschäftsstelle, die Arbeits- und die Wirtschaftsverwaltung sowie die Zahlstelle (vgl. Nr. 15 II DVollzO). Der Hauptgeschäftsstelle obliegt in aller Regel die Personalverwaltung. Sie untersteht — zusammen mit den übrigen Dienststellen der Verwaltung — einem Verwaltungsdienstleiter (vgl. § 147 a II KE). Die Vollzugsgeschäftsstelle führt die Gefangenenpersonalakten, überwacht die Vollstreckung und unterhält insoweit den dienstlichen Verkehr mit den zuständigen Organen der Strafrechtspflege (z. B. mit Gerichten, Staatsanwaltschaften, Rechtsanwälten, Bewährungshelfern, Führungsaufsichtsstellen). Sie unterstützt den Anstaltsleiter vielfach auch bei der Anhörung von Gefangenen (vgl. § 108 I StVollzG) und Durchführung von Ermittlungen, etwa im Rahmen von Disziplinarverfahren (vgl. § 106 I StVollzG) oder zur Klärung besonderer Vorkommnisse (z. B. Ausbruch von Feuer, Meuterei, Ausbruch, Entweichung, Überfälle von Gefangenen auf Beamte oder Mitgefangene, Selbsttötung oder Selbstverletzung von Gefangenen, Todesfälle, Schußwaffengebrauch von Beamten). Die Arbeitsverwaltung ist für das Arbeitsbetriebswesen, die Beschäftigung der Gefangenen, die Beschaffung von Arbeit (§ 148 I StVollzG), die Einrichtung und Überwachung der Arbeitsbetriebe (§ 149 StVollzG) sowie für die Kostenberechnung (Kosten der Betriebsführung, Arbeitsentgelt der Gefangenen, Erträge der Arbeitsbetriebe usw.) zuständig (dazu Gahlen, in: Schwind/Blau, 121-129). EÄir Wirtschaftsverwaltung obliegt die Versorgung der Gefangenen, namentlich die Bekleidung (§ 20 I StVollzG) und Verpflegung der Gefangenen (§ 21 StVollzG) sowie die Ausstattung der Räume (soweit dies durch die Anstalt geschieht) (dazu Urban, in: Schwind/Blau, 129—137). Ihr sind daher Anstaltsküche und Bekleidungskammer unterstellt. Die Zahlstelle verwaltet die Gelder der Gefangenen. Fraglos erfüllt der Verwaltungsdienst wichtige administrative und organisatorische Funktionen innerhalb der Anstalt. Vor allem

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trägt er zur Schaffung derjenigen Voraussetzungen bei, die eine zielgerichtete Behandlung der Gefangenen erst ermöglichen. Auf der anderen Seite kommt er mit den Gefangenen nur teilweise in Berührung. Häufig beurteilt er Behandlungsaufgaben aus spezifisch administrativer Sicht, was immer wieder Spannungen im Verhältnis zum Sozialdienst (vgl. unten d) oder zum allgemeinen Vollzugsdienst (vgl. unten b) auslöst. Eine erhebliche Schwierigkeit der Vollzugsanstalt liegt offenkundig darin, die verwaltungsmäßigen Voraussetzungen ihres Funktionierens zu gewährleisten, es jedoch nicht zu einem Übergewicht der Verwaltung (über die Behandlung der Gefangenen) oder zu einer Verselbständigung der Bürokratie kommen zu lassen. Gerade hier wirkt sich vielfach die soziale Komplexität der Vollzugsanstalt nachteilig aus (vgl. oben § 11 12). Insofern ist daran zu erinnern, „daß kein Bediensteter auf seinen Fachbereich im engen Sinne beschränkt bleiben darf" (Stellungnahme, 163), vielmehr im Sinne der Zusammenarbeitsklausel (§ 154 I StVollzG) und Mitverantwortung in den gesamten Ablauf des Vollzugs innerhalb der Anstalt einbezogen werden muß. b) Allgemeiner

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Der Aufsichtsdienst, den § 155 II nunmehr nach dem Vorgang des § 147 b KE als allgemeinen Vollzugsdienst bezeichnet, stellt die größte Gruppe des Anstaltspersonals dar. Er nahm traditionell in der Hauptsache Aufgaben der Sicherheit und Ordnung wahr. Damit kamen ihm vornehmlich Überwachungsfunktionen zu. Seine Tätigkeit erschöpfte sich im wesentlichen in allgemeiner Bewachung der Gefangenen, im öffnen und Schließen der Zellen, in Kontrolle des Hofgangs, in Sorge für die Reinlichkeit der Gefangenen sowie für ihre Kleidung und Wäsche, im nächtlichen Wachdienst und in der Aus- oder Vorführung von Gefangenen (vgl. Eidt 1 9 7 4 , 1 2 6 ff.). Durch diese Tätigkeit kam der Aufsichtsbeamte zwar häufig mit Gefangenen in Berührung, hatte jedoch relativ wenig Möglichkeiten positiver Einwirkung. Auf der einen Seite war er an die Dienstvorschriften gebunden, auf der anderen Seite war er auf die Mitwirkung (den guten Willen) der Gefangenen angewiesen. Da auf ihm ein hohes Maß an Verantwortung bei

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geringer eigener Entscheidungsfreiheit lastete, war er im Hinblick auf seine Aufgabe, Sicherheit und Ordnung aufrechtzuerhalten, gezwungen, ständig Kompromisse zu Lasten resozialisierender Behandlung zu schließen. Zwar hat bereits die DVollzO den Aufsichtsdienst nicht auf bloße Sicherungs- und Ordnungsfunktionen beschränken wollen, namentlich seine Beteiligung an der Aus- und Weiterbildung der Gefangenen (Nr. 18 IV) und an der Persönlichkeitserforschung (Nr. 21 II) vorgesehen. Jedoch stehen bis heute die traditionellen Aufgaben im Vordergrund. Zum Teil ist dies auf eine entsprechende Ausbildung des Aufsichtsdienstes, zum Teil aber auch auf die tatsächlichen Verhältnisse im Vollzug zurückzuführen. Danach genießt in etlichen Anstalten die Vollzugsaufgabe der Sicherung (§ 2 Satz 2) im Tagesablauf wie in der Gestaltung des Vollzugs im ganzen Vorrang vor dem Vollzugsziel rückfallverhütender Behandlung (§ 2 Satz 1). Hinzu kommt eine noch verschiedentlich bestehende Personalnot, die einen häufigen Wechsel des Arbeitsplatzes innerhalb der Anstalt erfordert und es Aufsichtsbeamten erschwert, eine kontinuierliche Tätigkeit zu entfalten. So sind die „chancenreichsten Helfer der Sozialisation" (Hohmeier 1973, 5) immer noch weitgehend auf die Wahrnehmung von Funktionen beschränkt, die sie dem Vollzugsziel entfremden und Konflikten mit den übrigen Berufsgruppen oder Diensten der Anstalt aussetzen (vgl. Böhm 1975; Kerner 1977, 81 f.). Erst allmählich zeichnen sich in der Vollzugspraxis Ansätze ab, Aufsichtsbeamte mehr als bisher mit Behandlungsaufgaben zu betrauen, etwa an der Gruppenarbeit sowie an Maßnahmen der Aus- und Weiterbildung und der Freizeitgestaltung zu beteiligen. In Einzelfällen werden auch geeignet erscheinende oder entsprechend geschulte Aufsichtsbeamte als sog. Gruppenbeamte in Wohngruppen eingesetzt (Steiler u.a., Aufsichtsbeamte als Betreuungsbeamte, ZfStrVo 1976, 7 2 - 7 9 ) , wie es der AE ja allgemein vorgeschlagen hat (§ 16 I). Gleichwohl ist auch heute noch die weitaus überwiegende Mehrzahl der Aufsichtsbeamten in Sicherungs- und Ordnungsfunktionen tätig, nimmt also Behandlungsaufgaben allenfalls am Rande wahr.

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Dies soll sich indessen nach dem StVollzG grundlegend ändern. Das Gesetz geht davon aus, „daß es keine auf reine Bewachungsfunktionen beschränkte Bedienstete mehr geben darf, daß vielmehr gerade dem Einfluß derjenigen Personen, die in ständigem und unmittelbarem Kontakt mit dem Gefangenen stehen, für die Behandlung große Bedeutung zukommt" (BT-Dr. 7/918,96). Darauf soll einmal die Zusammenarbeitsklausel des § 154 I hinwirken, die alle im Vollzug Tätigen auf die Erfüllung der Vollzugsaufgaben verpflichtet (vgl. oben II 2 a). Damit partizipieren sämtliche Bedienstete an Maßnahmen zur Verwirklichung des Vollzugsziels. Zum zweiten will das Gesetz die Änderung der Tätigkeit durch Einführung der Bezeichnung „allgemeiner Vollzugsdienst" verdeutlichen, die an die Stelle des überkommenen Begriffs des Aufsichtsdienstes tritt. Dem liegt der Gedanke zugrunde, daß die Arbeit dieser Berufsgruppe „in zunehmendem Maße als ein sozialer Dienst verstanden wird" (BT-Dr. 7/918, 96). Freilich können solche Regelungen die erstrebten sachlichen Änderungen allenfalls in Gang setzen, aber für sich allein noch nicht herbeiführen (krit. AE,75). Hierfür bedarf es weitergehender Maßnahmen, die namentlich die Organisationsstruktur der Anstalt betreffen. Voraussetzung in diesem Sinne ist eine stärkere Einbeziehung der verschiedenen Berufsgruppen und damit auch des allgemeinen Vollzugsdienstes in die Kommunikations- und Entscheidungsprozesse innerhalb der Anstalt (vgl. oben § 11 III 2, § 12 II 2). Darüber hinaus muß mit dem Wandel der Aufgaben auch eine entsprechende Veränderung der Ausbildung und Fortbildung einhergehen (vgl. Steller 1977). c) Werkdienst Der Werkdienst gleicht darin dem allgemeinen Aufsichtsdienst, daß seine Tätigkeit gleichfalls durch häufige Kontakte mit den Gefangenen gekennzeichnet ist. Werkbeamte leiten Gefangene bei der Arbeit an, überwachen sie und werden außerdem als Lehrkräfte im Rahmen der praktischen Aus- und Weiterbildung auf beruflichem Gebiet tätig. In diesem Sinne umschrieb Nr. 19 DVollzO die Aufgaben des Werkdienstes, zu denen auch die Leitung der Arbeitsbetriebe und Wartung der technischen Anlagen 19

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rechnen. Dennoch unterscheiden sich Stellung und Funktionen des Werkdienstes erheblich von denen des bisherigen Aufsichtsdienstes (vgl. Siebert 1974; Eidt 1974, 128; Sternkopf, in: Schwind/Blau, 160—166). Werkbeamte sind durch eine Meisterprüfung (oder durch eine gleichartige Ausbildung) in einem bestimmten Handwerk (oder technischen Beruf) fachlich besonders ausgewiesen und genießen daher in aller Regel bei den Gefangenen eine entsprechende Autorität. Ihr Verhältnis zu den Gefangenen ist primär von den Bedürfnissen der Arbeit und Ausbildung her bestimmt, während die Beziehungen des Aufsichtsdienstes zu den Gefangenen häufig durch die Wahrnehmung von Überwachungsfunktionen vorbelastet sind. Insofern sind die Interessen von Werkbeamten und Gefangenen eher einander angenähert. Dies gilt namentlich, wenn beiderseits hohe Produktivität (zur Verbesserung der Ertragslage der Arbeitsbetriebe oder zur Steigerung des Arbeitsentgelts) oder die Erreichung des Ausbildungsziels angestrebt wird. Zwar sind auch die besonderen Aufgaben des Werkdienstes im StVollzG nicht näher umschrieben. Sie ergeben sich aber zumindest mittelbar aus den Vorschriften über die Arbeitszuweisung und berufliche Förderung (§ 37; vgl. oben § 8 III 1 b, 2 a, 3 b), über die Arbeitsbetriebe und die Einrichtungen zur beruflichen Bildung (§ 149; vgl. oben § 12 I 3 c) sowie über die Zusammenarbeit mit den Vereinigungen und Stellen des Wirtschaftslebens, namentlich der Bundesanstalt für Arbeit (§ 148; vgl. oben § 12 II 2 b). Danach tragen die Werkbeamten für ihren jeweiligen Tätigkeitsbereich zur Arbeitsbeschaffung sowie zur Beschäftigung und Ausbildung der Gefangenen bei. Die einzelnen Funktionen — etwa im Sinne der Nr. 19 DVollzO — zu regeln ist Sache von Ausführungsvorschriften zum StVollzG. d) Sozialdienst aa) Überblick Der Gesetzgeber hat es abgelehnt, nach dem Muster des KE die Schaffung eines Sozialdienstes vorzuschreiben (vgl. oben 1 b, c). Im rechtstechnischen Sinne gibt es daher diesen Begriff nicht. Viel-

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fach ist es jedoch üblich geworden, damit die frühere Anstaltsfürsorge und jetzige Sozialarbeit im Vollzug zu bezeichnen. In einem weiteren, organisationssoziologischen Sinne wird der Begriff „Sozialdienst" aber auch für jenen Personenkreis verwendet, der insgesamt vorrangig Aufgaben der Behandlung und Betreuung des Gefangenen wahrnimmt. Hierzu zählen außer den Sozialarbeitern namentlich Seelsorger, Ärzte, Psychologen und Lehrer (vgl. Eidt 1974,129). Zum einen handelt es sich dabei um jene Fachkräfte, die — wie etwa der Seelsorger und der Arzt - unabhängig vom Vollzugsziel der Rückfallverhütung in einer Anstalt benötigt werden. Zum anderen umfaßt der weitere Begriff des Sozialdienstes solche Berufsgruppen, auf die gerade ein behandlungsorientierter Vollzug in aller Regel angewiesen ist. Das gilt vor allem für Psychologen, Lehrer und Sozialarbeiter. Das StVollzG erwähnt zwar sämtliche Berufsgruppen (§ 155 II), legt aber deren Aufgaben nur zum Teil ausdrücklich fest (vgl. §§ 157, 158). Indessen bleibt zu beachten, daß sich aus den Vorschriften über die Rechtsstellung des Gefangenen zumindest mittelbar Schlußfolgerungen für die Wahrnehmung besonderer Aufgaben ergeben (können). bb) Seelsorger Die Tätigkeit des Seelsorgers ist — soweit sie staatlicher Festlegung überhaupt zugänglich ist — im § 157 geregelt. Diese Vorschrift ist gleichsam als das organisationsrechtliche Pendant zu den Bestimmungen über die Religionsausübung des Gefangenen (§§ 53—55; vgl. oben § 8 IV) zu verstehen (vgl. BT-Dr. 7/918, 97). § 157 soll dazu beitragen, daß der Gefangene von seinem Grundrecht der freien Religionsausübung Gebrauch machen kann. Da die Wahrnehmung von Seelsorgeaufgaben Sache der Religionsgemeinschaften ist, muß sich das StVollzG auf die Regelung der organisatorischen Voraussetzungen beschränken. Dementsprechend schreibt § 157 I vor, daß Seelsorger im Einvernehmen mit der jeweiligen Religionsgemeinschaft im Hauptamt bestellt oder vertraglich verpflichtet werden. Darüber hinaus eröffnet § 157 II die Möglichkeit, seelsorgerische Betreuung auf andere Weise sicherzustellen, wenn die geringe Anzahl der Angehörigen einer Religionsgemein19*

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schaft eine Anstellung nach § 157 I nicht rechtfertigt. Schließlich darf der Anstaltsseelsorger sich mit Zustimmung des Anstaltsleiters freier Seelsorgehelfer bedienen und für religiöse Veranstaltungen Seelsorger von draußen zuziehen (§ 157 III). Das Gesetz läßt also die Form der Anstellung offen, um die unterschiedlichen, historisch gewachsenen Einrichtungen des staatlich beamteten Anstaltspfarrers und des im Dienste seiner Kirche verbleibenden vertraglich verpflichteten Seelsorgers zu ermöglichen (vgl. Calliess/Müller-Dietz 1977, Rdnrn. 1 und 2 zu § 157). Zum Teil ist diese Verschiedenartigkeit lediglich dadurch veranlaßt, daß kleinere Vollzugsanstalten keinen hauptamtlichen Seelsorger benötigen. Teilweise verbergen sich darunter auch sachliche Differenzen hinsichtlich des Selbstverständnisses der Seelsorgearbeit in Vollzugsanstalten (vgl. Steller, Hölzner u.a., Kleinert, in: Strafvollzug 1972,94ff., 118 ff., 124ff.). Ist der Seelsorger als Anstaltsbediensteter tätig, ist er stärker in das Anstaltsgeschehen integriert und kann darauf mehr Einfluß nehmen. Steht er hingegen zum Staat nicht im Beamtenverhältnis, zählt er nicht zum Anstaltspersonal und erscheint aus der Sicht des Gefangenen eher als „Außenstehender", zu dem man leichter Vertrauen fassen kann. Indessen hat sich die Tätigkeit des Seelsorgers im Vollzug zunehmend gewandelt. Längst nimmt er spezifische Behandlungsaufgaben wahr, die über die seelsorgerische Betreuung weit hinausgehen und von der Gruppenarbeit oder -therapie bis hin zur Weiterbildung und Freizeitgestaltung reichen (können) (vgl. Stubbe 1974; Helm/Jürges und Huber, in: Schwind/Blau, 197-204, 205—213). In diesem Sinne umschrieb bereits Nr. 25 DVollzO den Tätigkeitsbereich des Geistlichen. Freilich können sich aus der besonderen Stellung des Seelsorgers Loyalitätskonflikte im Verhältnis zum Gefangenen wie zur Anstalt ergeben. cc) Ärzte Während die §§ 56-66 die Rechtsstellung des Gefangenen auf dem Gebiet der Gesundheitsfürsorge regeln (vgl. oben § 8 V), liefert § 158 die Grundlage für die Organisation der ärztlichen Versorgung (BT-Dr. 7/918, 97). Im Einklang mit der Grundsatz-

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regelung des § 155 11 geht § 158 11 davon aus, daß die ärztliche Versorgung durch hauptamtliche Ärzte sicherzustellen ist. § 158 12 läßt es aber zu, jene Aufgabe aus besonderen Gründen nebenamtlichen oder vertraglich verpflichteten Ärzten zu übertragen. Es versteht sich danach von selbst, daß je nach Bedarf andere Ärzte zugezogen werden können. Dies ergibt sich schon daraus, daß die nach den §§ 5 6 ff. erforderliche ärztliche Behandlung keineswegs immer im Vollzug gewährleistet werden kann. So kann im Einzelfall die Zuziehung eines Facharztes oder die Verlegung des Gefangenen in ein Krankenhaus außerhalb des Vollzugs (vgl. § 65 II) notwendig werden. Die ärztlichen Aufgaben ergeben sich aus einer Reihe spezieller Vorschriften, die sich an verschiedenen Stellen des StVollzG finden (z.B. §§ 5 III, 21,22 II, 56-66,76,92, 101,107; dazu Husen, in: Handwörterbuch der Rechtsmedizin, Bd. III, 1977, 574-592). Die DVollzO äußerte sich darüber hinaus noch zur Bestellung oder Verpflichtung von Psychiatern (Nr. 22 II) und Zahnärzten (Nr. 22 III). Hierfür gelten nach dem StVollzG die allgemeinen Grundsätze, die für die Anstellung von Ärzten maßgebend sind (§ 158 I). Zahnärzte werden in aller Regel nur auf der Grundlage vertraglicher Verpflichtung tätig sein können. Die ärztliche Versorgung der Gefangenen stellt nach wie vor ein erhebliches Problem dar (vgl. Eidt 1974,133; Husen 1974), weil Vollzugsanstalten für Ärzte als ein wenig attraktives Betätigungsfeld erscheinen. Oft können daher Planstellen auf längere Zeit nicht besetzt werden. Die Anstalt greift nicht selten auf den Arzt zurück, um auf schwierige Gefangene einzuwirken. Seine Funktionen im Rahmen von Sicherungs- (§ 92), Zwangs- (§ 101) und Disziplinarmaßnahmen (§ 107) stellen sich ebenso wie andere Aufgaben (z.B. Feststellung der Arbeitsfähigkeit) für die Gefangenen keineswegs immer als die eines Helfers dar. Andererseits suchen Gefangene den Arzt nicht allein wegen organischer Beschwerden, sondern auch wegen seelischer Nöte auf oder sind bemüht, durch ihn unter irgendwelchen Vorwänden Vorteile zu erlangen. Gehen die Erwartungen der Anstalt etwa dahin, daß der Arzt den Gefangenen medikamentös ruhigstellt, so kann ein drogenabhängiger Gefangener gerade an Medikamenten inter-

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essiert sein. Nicht zuletzt spielt im Rahmen der ärztlichen Tätigkeit die Schweigepflicht eine wesentliche Rolle (vgl. § 203 I Nr. 1 StGB); ihr unterliegen auch die Krankenpapiere, die nach § 97 I StPO vor der Beschlagnahme geschützt sind. Im Einzelfall können sich hier schwierige Fragen hinsichtlich des Schutzes des Arztgeheimnisses auf der einen Seite und der Pflicht zur Weitergabe von Informationen auf der anderen Seite ergeben, die für resozialisierende Behandlung oder die Sicherheit der Anstalt von elementarer Bedeutung sind. Der Arzt ist daher immer wieder der Versuchung ausgesetzt, ärztlichen Grundsätzen zuwiderzuhandeln, um Interessen der Anstalt oder Bedürfnissen von Gefangenen zu entsprechen. Das StVollzG kann freilich zur Lösung dieser teils praktischen, teils rechtlichen Probleme nur wenig beitragen. Nach § 158 II 1 soll die Krankenpflege nur von Personen ausgeübt werden, die eine Erlaubnis nach dem Krankenpflegegesetz besitzen. Da die Vollzugsanstalten über entsprechend ausgebildete Bedienstete keineswegs im erforderlichen Umfange verfügen, dürfen nach § 158 II 2 auch Bedienstete des allgemeinen Vollzugsdienstes eingesetzt werden, die wenigstens eine sonstige Ausbildung in der Krankenpflege erfahren haben. Diese Regelung ist wiederum als Zugeständnis an die derzeitige Personallage in den Vollzugsanstalten zu verstehen. dd) Psychologen Im Gegensatz zur Tätigkeit des Seelsorgers und Arztes ist die des Psychologen im Vollzug jüngeren Datums. Mit dieser Tatsache, aber auch mit anderen Umständen, welche die berufliche Vorbildung des Psychologen einerseits, die Organisations- und Personalstruktur andererseits betreffen, hängt zusammen, daß die Rolle des Psychologen in der Anstalt teils ungeklärt, teils durch Spannungen zu andereii Berufsgruppen gekennzeichnet ist (vgl. Wagner 1972; Mees-Jacobi 1974; Hohn, in: Schwind/Blau, 166—173). Zwar suchte die DVollzO dieser Tätigkeit einen festen Rahmen zu geben (Nr. 26). Demnach sollte der Psychologe an der Persönlichkeitserforschung, der Aufstellung und Durchführung des Vollzugsplans, der Freizeitgestaltung, der Aus- und Fortbil-

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dung der Bediensteten sowie an der gruppen- und einzeltherapeutischen Behandlung Gefangener mitwirken. Tatsächlich hat sich die Tätigkeit des Psychologen jedoch vielfach anders entwickelt. Von jenen weitausgefächerten Aufgabenbereichen hat er infolge Überlastung jeweils nur einen Teil übernehmen können. Anders als nach den §§16 und 22 AE von Entscheidungsbefugnissen weitgehend ausgeschlossen und von den übrigen Berufsgruppen nicht hinreichend akzeptiert, haben sich etliche Psychologen auf bestimmte Reservate — wie etwa Begutachtung von Anwärtern für den Vollzugsdienst oder von Gefangenen (auf testpsychologischer Grundlage) oder Einzel- und Gruppentherapie — zurückgezogen. Häufig fungiert der Psychologe als eine Art „Feuerwehr" in der Anstalt; dann obliegt ihm die Behandlung schwieriger, sozialunverträglicher Gefangener. Das StVollzG definiert die Rolle und den Aufgabenbereich des Psychologen nicht näher. Es geht aber implizit davon aus, daß er zu den „an der Behandlung maßgeblich" Beteiligten (§ 159) gehört und daß die in Nr. 26 DVollzO genannten Funktionen auch künftig praktische Bedeutung haben. Das setzt aber mehrerlei voraus: Eine hinreichende Anzahl von Planstellen (die eine Erfüllung jener Aufgaben auch ermöglicht), Vollzugskenntnisse und -erfahrung neben der fachspezifischen Ausbildung, stärkere Integration in das Anstaltspersonal - etwa durch Beteiligung an den Kommunikations- und Entscheidungsprozessen innerhalb der Anstalt (vgl. oben II 2). ee) Pädagogen Auch die Rolle des Lehrers, der an sich im Vollzug traditionell mehr verankert ist als der Psychologe, hat sich in der letzten Zeit teilweise erheblich gewandelt (vgl. Linnenbaum/Lührmann 1976; Kuhlmann, in: Schwind/Blau, 148—151; Rückert, Schwerpunkte der Vollzugspädagogik, ZfStrVo 1976, 187-192). Die DVollzO sah den Schwerpunkt seiner Tätigkeit in der Erwachsenenbildung, der Erteilung von Unterricht, der Verwaltung der Gefangenenbücherei, der Freizeitgestaltung sowie der Mitwirkung an der Persönlichkeitserforschung und Durchführung des Vollzugsplans

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(Nr. 271). Solange die Anstalten nicht hinreichend über Fürsorger verfügten, wurde der Lehrer auch zu fürsorgerischen Aufgaben herangezogen (vgl. Nr. 271 3 DVollzO). Für den Lehrer galt — und gilt verschiedentlich noch heute — wie für andere Fachkräfte, daß der Vielfalt der ihm übertragenen Funktionen und dem Umfang seines Tätigkeitsbereiches die Zahl der Planstellen nicht annähernd entsprach (oder entspricht). Oft mußten (und müssen) die Aufgaben des Lehrers von nebenamtlich tätigen oder vertraglich verpflichteten Kräften wahrgenommen werden (vgl. Nr. 27 II DVollzO). Das gilt namentlich für die Durchführung weiterbildender Maßnahmen sowie die Erteilung von Schul- und Berufsschulunterricht. Freilich ist die Heranziehung von Fachkräften, die hauptamtlich außerhalb des Vollzugs tätig sind, nicht allein unter Gesichtspunkten des personellen Bedarfs zu sehen. Sie kann auch dazu beitragen, daß die Möglichkeiten und der Standard der Aus- und Weiterbildung den Verhältnissen in Freiheit angenähert werden und einer Abkapselung des Vollzugs nach außen entgegenwirken (vgl. § 24 AE, 87). Das StVollzG umschreibt den Aufgabenbereich des Lehrers im einzelnen nicht näher. Jedoch regelt es eine ganze Reihe von Maßnahmen der Behandlung und Eingliederung, die aufgrund ihrer fachlichen Anforderungen primär und typischerweise zur Zuständigkeit des Lehrers gehören. Das trifft vor allem auf den gesamten Bereich der Ausbildung und Weiterbildung zu, soweit er in der Erteilung von Unterricht, theoretischer Unterweisung und Durchführung entsprechender Kurse oder Lehrgänge besteht (vgl. §§ 7 II Nrn. 3 und 4, 37 III, 38, 67 Satz 2). Daß daneben auch die Mitwirkung an der Persönlichkeitserforschung (§6), der Erstellung und Durchführung des Vollzugsplans (§ 7) und an der Freizeitgestaltung (§ 67) eine wesentliche Rolle spielt, liegt auf der Hand. Der Lehrer zählt zu jenen Fachkräften, deren Bedeutung mit der Orientierung am Vollzugsziel (§ 2 Satz 1) und am Angleichungsgrundsatz (§3 1) zunehmend wächst. An dieser Entwicklung sind zwei Faktoren maßgeblich beteiligt. Einmal sind in der freien Gesellschaft Gesichtspunkte der Bildung und Weiterbildung sowie der beruflichen Flexibilität und Mobilität unter dem Vorzeichen technischer und wissenschaftlicher Veränderungsprozesse immer

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mehr in den Vordergrund getreten. In manchen Lebens- und Tätigkeitsbereichen ist die Notwendigkeit laufender, berufsbegleitender (Weiter-)Bildung bereits soziale Realität. Der Ausbau des (Erwachsenen-)Bildungswesens ist hierfür nur ein Symptom. Daran kann auch ein Vollzug, der auf das Leben in Freiheit vorbereiten will, nicht vorbeigehen (vgl. AE, 139ff.; Calliess 1974, 163 ff.). Zum zweiten sind Personen mit beruflichen und (aus-)bildungsmäßigen Defiziten einschlägigen Untersuchungen zufolge im Vollzug überrepräsentiert (vgl. oben § 8 III 3 b). Unabhängig davon, wie man solche Sozialisationsmängel im Prozeß der Kriminalitätsentstehung bewertet, müssen sie schon deshalb abgebaut werden, weil sie die soziale Eingliederung des Gefangenen erschweren (vgl. Jung 1975 b). Beides spricht dafür, Maßnahmen der Aus- und Weiterbildung auch im Vollzug das Gewicht beizulegen, das ihnen heute allgemein eingeräumt wird.

ff) Sozialarbeiter Die Sozialarbeiter stellen jene Berufsgruppe dar, die in der Praxis heute vielfach als der Sozialdienst einer Anstalt (im engeren Sinne) bezeichnet wird. Der Begriff „Sozialarbeiter" löste den historischen Ausdruck des Fürsorgers ab, der früher allgemein, also auch außerhalb des Vollzugs üblich war. Diese Veränderung der Berufsbezeichnung charakterisiert den Wandlungsprozeß, den die Fürsorge in der letzten Zeit durchlaufen hat. Er wurde bereits in den einschlägigen Vorschriften der DVollzO sichtbar. So sprach sie etwa von der „Fürsorge durch soziale Hilfe" (Nrn. 130—134), um dadurch zu verdeutlichen, daß die Tätigkeit des Fürsorgers sich keineswegs in materiellen Hilfeleistungen erschöpfen darf, sondern in zunehmendem Maße sozialpädagogische Arbeit geworden ist (oder werden soll). Dementsprechend sollte der Gefangene nach Nr. 130 Satz 2 DVollzO zur Selbsthilfe und zur Sorge für die Personen angeregt werden, für die er verantwortlich ist. Allerdings erinnert der Sprachgebrauch der DVollzO in manchem noch an das frühere Selbstverständnis der Fürsorge, so wenn u.a. von „wohlfahrtspflegerischen Aufgaben" (Nr. 130 Satz 1) oder von der „Sicherstellung" von „Hab und Gut" (Nr. 131) die Rede war.

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Den Schwerpunkt der Tätigkeit des Fürsorgers erblickte die DVollzO in der sozialen Hilfe und in der Mitwirkung bei der Persönlichkeitserforschung und Durchführung des Vollzugsplans (Nr. 28 I). Sie gestattete es jedoch, ihm auch Aufgaben der Erwachsenenbildung und der Freizeitgestaltung zu übertragen (Nr. 28 II). Dem waren jedoch schon aufgrund der Stellen- und Personalknappheit vielfach Grenzen gezogen. Soweit Fürsorger nicht bestimmte, wenn auch relativ enge Freiräume für sozialpädagogische Arbeit (z.B. Gruppenarbeit) nutzen konnten, blieben sie vielfach auf die Wahrnehmung traditioneller Aufgaben beschränkt (z.B. Sicherstellung der Habe des Gefangenen, Beschaffung von Papieren, Beratung in Angelegenheiten der Sozialversicherung und Sozialhilfe, Herstellung von Kontakten mit Angehörigen, Vermittlung von Arbeit und Unterkunft, materielle Leistungen in Form von Entlassungskleidung und Überbrückungshilfen). Das StVollzG legt auch den Tätigkeitsbereich des Sozialarbeiters nicht ausdrücklich fest. Er folgt jedoch vorrangig aus den Vorschriften über den Vollzugsplan und die soziale Hilfe (§§ 7 II Nrn. 5,7,71-75). Demnach hat der Sozialarbeiter vornehmlich die erforderliche soziale Hilfe zu leisten und die notwendigen Maßnahmen zur Eingliederung des Gefangenen zu treffen. Das Gesetz sieht jedoch den Schwerpunkt dieser Tätigkeit nicht mehr allein in jenen äußeren Hilfen, die traditionell der Fürsorgearbeit in der Anstalt das Gepräge gaben. Es begreift vielmehr die Aufgabe des Sozialarbeiters umfassender als Sozialisationshilfe. Dem Gefangenen soll nicht nur bei der äußeren Eingliederung geholfen werden. Der Sozialarbeiter soll auch (und gerade) dazu beitragen, daß der Gefangene es lernt, persönliche Schwierigkeiten zu bewältigen (§71; vgl. oben § 8 VIII). Damit knüpft das Gesetz an das heutige Selbstverständnis der Sozialarbeit an, die über die Behebung äußerer Notlagen hinaus die soziale Integration ihrer Klientel (in Familie, Beruf, Nachbarschaft usw.) anstrebt (vgl. Müller-Dietz 1973 e). Diese Aufgabe schließt neben der Einzelfallhilfe auch Gruppenarbeit (mit Gefangenen, Angehörigen usw.) ein. Sie läßt sich freilich nur erfüllen, wenn die Tätigkeit des Sozialarbeiters auf eine hinreichend breite personelle Grundlage gestellt und stärker eingebunden wird in ein

III. Die verschiedenen Dienste (Anstaltspersonal)

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sozialpädagogisches Gesamtkonzept der Anstalt, das zugleich andere Berufsgruppen — wie z.B. den allgemeinen Vollzugsdienst einbezieht. Das würde in etwa der Vorstellung entsprechen, „zugleich Gefangenengruppen wie auch die gesamte Anstalt als Gemeinwesen zum Gegenstand methodisch fundierter Sozialarbeit zu machen" (BT-Dr. 7/918, 42). Vielerorts fehlt es jedoch (noch) an den hierfür erforderlichen Voraussetzungen, was sich gerade in den Schwierigkeiten niederschlägt, mit denen die heutige Sozialarbeit zu tun hat (vgl. Vehre, in: Schwind/Blau, 152—160; Metzroth 1977; Spittler, Sozialarbeit im Strafvollzug - ein Erfahrungsbericht, MSchrKrim. 1977, 3 2 - 4 1 ) .

3. Auswahl, Ausbildung und Fortbildung der Vollzugsbediensteten

a) Die Zuständigkeit der Länder Die Regelung der Auswahl, Ausbildung und Fortbildung der Vollzugsbediensteten ist Bestandteil des öffentlichen Dienstrechts, das in die Zuständigkeit der Länder fällt. Der Bund hat hier nur das Recht der Rahmengesetzgebung (Art. 75 I Nr. 1 GG). An dieser Kompetenzverteilung hat sich auch der Strafvollzugsgesetzgeber orientiert (vgl. oben 1 c). Das StVollzG enthält daher keinerlei Vorschriften über die (fachlichen) Anforderungen für die Einstellung und Tätigkeit als Vollzugsbediensteter. Namentlich regelt es weder die Ausbildung noch die Laufbahnvoraussetzungen. Ebenso fehlen im Gesetz Vorschriften über die Fortbildung der Vollzugsbediensteten. Die Länder sind daher gehalten, entsprechende Regelungen zu treffen. Auch davon hängt ab, ob und in welchem Maße der Vollzug in der Lage ist, die ihm gestellten Aufgaben zu erfüllen. Mit der Gewinnung geeigneten und fachlich qualifizierten Personals steht und fällt der behandlungsorientierte Vollzug.

b) Berufliche Anforderungen an die Tätigkeit im Vollzug Für die Einstellung als hauptamtlicher Vollzugsbediensteter sind zunächst einmal die laufbahnrechtlichen Vorschriften für den mittleren, gehobenen und höheren Dienst maßgebend. Dem mitt-

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§ 1 2 Vollzugsanstalten

leren Dienst gehören die Beamten (und Angestellten) des allgemeinen Vollzugsdienstes, des Werkdienstes und des mittleren Verwaltungsdienstes an, wobei sich die Leitungsfunktionen dieser Berufsgruppen besoldungsmäßig vielfach mit Eingangspositionen des gehobenen Dienstes überschneiden. Zum gehobenen Dienst zählen namentlich die leitenden Beamten des Verwaltungsdienstes (Leiter der Hauptgeschäftsstelle, Vollzugsgeschäftsstelle, der Arbeits- und der Wirtschaftsverwaltung) sowie die Sozialarbeiter. Beamte des gehobenen Dienstes können aus besonderen Gründen auch zum Anstaltsleiter bestellt werden (§ 156 I 2). Hinsichtlich der Lehrer ist die Rechtslage in den einzelnen Ländern unterschiedlich. Teilweise gehören sie dem gehobenen, teilweise dem höheren Dienst an. Soweit sie ihre Tätigkeit als Beamte des gehobenen Dienstes beginnen, haben sie in aller Regel die Möglichkeit, in den höheren Dienst aufzusteigen. Dies trifft — in gewissem Umfang — auch auf andere Berufsgruppen des gehobenen Dienstes zu. Zum höheren Dienst rechnen neben dem Anstaltsleiter (§ 151 11) im wesentlichen die übrigen Fachkräfte (Seelsorger, Arzt, Psychologe). Nun sagen diese laufbahnrechtlichen Kategorien nur relativ wenig über die besonderen beruflichen Anforderungen für die Tätigkeit im Strafvollzug aus. Beziehen sie sich doch zunächst einmal auf den öffentlichen Dienst im ganzen, ohne die speziellen Bedingungen und Aufgaben des Vollzugs zu berücksichtigen. Will man hingegen die Anforderungen, die der Vollzug an das Anstaltspersonal stellt, näher analysieren, muß man von den Leitprinzipien des Vollzugs, wie sie in den §§ 2—4 grundgelegt sind (vgl. oben § 6), ausgehen. Jede Organisation muß sich hinsichtlich ihrer Gestaltung und der Tätigkeit ihrer Angehörigen an den Organisationszielen orientieren. Das gilt natürlich auch (und erst recht) für Vollzugsanstalten. Demnach bestimmen die Aufgaben des Vollzugs (§ 2) die beruflichen Anforderungen an das Anstaltspersonal. Darauf verweist nicht zuletzt die Zusammenarbeitsklausel des § 154 I, die sogar über den Kreis der Vollzugsbeamten hinaus alle im Vollzug Tätigen auf diese Aufgaben verpflichtet. Das gilt unabhängig von der jeweiligen fachlichen Vor- und Ausbildung des einzelnen Bediensteten. Diese spielt erst bei der Wahrnehmung

III. Die verschiedenen Dienste (Anstaltspersonal)

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spezieller Funktionen, die besondere Sach- und Fachkenntnisse erfordern, eine Rolle, läßt aber die allgemeine Qualifikation für die Tätigkeit im Vollzug unberührt. Setzt man in solcher Weise das Vollzugsziel der rückfallverhütenden Behandlung (§ 2 Satz 1) in Beziehung zur Tätigkeit der Vollzugsbediensteten, so wird deutlich, daß von ihnen in erster Linie die Befähigung zu vernünftigem, partnerschaftlichem Umgang mit Menschen sowie zu sinnvoller Einwirkung auf sie zum Zwecke der Verhaltensänderung und/oder Verhaltensstabilisierung unter den besonderen Bedingungen des Freiheitsentzuges erwartet werden muß (vgl. Müller-Dietz 1974 b, 66). Vollzugsbedienstete müssen also — ungeachtet ihrer Sicherungs- und Kontrollaufgabe (vgl. § 2 Satz 2) — in der Lage sein, die sozialen Lernprozesse in die Wege zu leiten und in Gang zu halten, die Voraussetzung für ein verantwortliches Leben in der Gemeinschaft sind. Das erfordert einmal Kooperationsfähigkeit und -bereitschaft; der Vollzugsbedienstete muß mit Kollegen, anderen Berufsgruppen oder Diensten und mit Gefangenen zusammenarbeiten können und wollen. Ein solches Zusammenwirken setzt Vertrautheit mit den Bedingungen und (möglichen) Auswirkungen des Freiheitsentzuges, namentlich mit der Situation des Gefangenen, voraus. Nur dann kann der Vollzugsbedienstete auf seelische Schwierigkeiten des Gefangenen eingehen oder sog. abnormen Reaktionen sinnvoll begegnen, wenn er dessen Sozialisationsdefizite und psychische (Vor-)Belastung zu erfassen gelernt hat. Des weiteren muß er — zumindest in gewissem Umfang — gruppendynamische und pädagogische Kenntnisse und Erfahrungen mitbringen. Dies ist nicht nur im Hinblick auf besondere Krisensituationen erforderlich, in die Gefangene (und gelegentlich auch Kollegen!) geraten (können), sondern gerade wegen der Einübung und Praktizierung sozialen Verhaltens, das zum Alltag eines behandlungsorientierten Vollzugs gehört (oder gehören sollte). Der Vollzugsbedienstete muß daher psychisch und seelisch belastbar sein, Mißerfolge und Enttäuschungen, die sich immer wieder einstellen, ertragen können, ohne deswegen in Resignation oder

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§ 12 Vollzugsanstalten

Aggressionen zu verfallen. Freilich kann ein derartiges Maß an Frustrationstoleranz nur durch ständige Übung und entsprechende Erfahrung erlernt und bewahrt werden; es setzt überdies neben der notwendigen Unterstützung durch die Kollegen begleitende fachliche Beratung voraus (vgl. AE, 93), wenn nicht die Tätigkeit in der Anstalt auf eine permanente Überlastung der Vollzugsbediensteten hinauslaufen soll (vgl. Müller-Dietz 1974 d, 98). Ohnehin sind die allgemeinen Anforderungen an das Anstaltspersonal in einem behandlungsorientierten Vollzug recht hoch, wie vor allem praktische Erfahrungen in sozialtherapeutischen Anstalten (Abteilungen) zeigen. c) Entwicklungstendenzen bildung

hinsichtlich der Ausbildung und Fort-

Die Tatsache, daß sich der Strafvollzug „im Übergang" (SchülerSpringorum 1969) oder „im Wandel" (Calliess 1970) befindet, wirkt sich auch auf die Auswahl, Ausbildung und Fortbildung der Vollzugsbediensteten aus. Zwar sind Rechtslage und Praxis insoweit in den einzelnen Ländern keineswegs einheitlich; jedoch zeichnen sich in diesem Bereich bestimmte Entwicklungen ab, die — bei aller gebotenen Zurückhaltung — allgemeinere Aussagen erlauben. Sie lassen sich auf einen dreifachen Nenner bringen. Einmal konzentrieren sich die Bemühungen der Länder auf eine qualitative Verbesserung der Ausbildung des mittleren Dienstes, namentlich des allgemeinen Vollzugsdienstes und des Werkdienstes. Zum zweiten existieren Bestrebungen, die organisatorischen Voraussetzungen für eine vollzugsspezifische Zusatzausbildung der Fachkräfte (des gehobenen und höheren Dienstes) zu schaffen. Schließlich wurden (und werden) die Maßnahmen auf dem Gebiet der Fortbildung für alle Berufsgruppen oder Dienste intensiviert. Ursprünglich beschränkte sich die Ausbildung der Anwärter für den mittleren Dienst auf eine teils praktische, teils theoretische Einführung in die Vollzugsaufgaben und verschiedene Arbeitsfelder, die innerhalb einer Vollzugsanstalt oder in mehreren Anstalten stattfand (vgl. Mädger 1969, 24ff.). Seit der Errichtung von Vollzugsschulen in mehreren Bundesländern (z. B. Remscheid-

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Lüttringhausen und Wuppertal für Nordrhein-Westfalen, Rockenberg für Hessen, Stuttgart-Stammheim für Baden-Württemberg, Wittlich für Rheinland-Pfalz, Wolfenbüttel für Niedersachsen) ist die Ausbildung insgesamt stärker strukturiert, dauert länger und wandelt sich auch inhaltlich (vgl. etwa Henze, in: Schwind/Blau, 215-220). Von den Stadtstaaten abgesehen sind die beiden Phasen der praktischen und theoretischen Ausbildung weitgehend getrennt. Vor der Einstellung als Anwärter muß sich der Bewerber einer Prüfung sowie einer (medizinischen und psychologischen) Untersuchung unterziehen, die der Ermittlung seiner geistigen, charakterlichen und körperlichen Eignung dient. Der Anwärter durchläuft dann nach einer gewissen Zeit der praktischen Einführung in einer Vollzugsanstalt einen mehrmonatigen Einführungslehrgang an der Vollzugsschule. Daran schließt sich der Vorbereitungsdienst wiederum in einer Anstalt (oder in mehreren Anstalten) an. In dieser Zeit soll der Anwärter die verschiedenen Funktionen und Tätigkeitsbereiche im Rahmen des Vollzugs kennenlernen. Praxisbegleitender Unterricht soll die Einführung ergänzen. Auf die Phase praktischer Ausbildung folgt der Abschlußlehrgang an der Vollzugsschule, der mit einer (schriftlichen und mündlichen) Prüfung endet. Die Gesamtdauer der Ausbildungszeit beträgt in aller Regel 18—24 Monate. Wie die Entwicklung zeigt, hat sich die Ausbildungszeit vielfach gegenüber früher verlängert. Auch die Ausbildungsformen und -inhalte haben sich zunehmend gewandelt. An die Stelle des Frontalunterrichts mit weitgehend kognitiver Wissensvermittlung sind verschiedentlich Gruppenarbeit, Rollenspiele und seminarähnliche Veranstaltungen getreten, die der Einübung bestimmter Verhaltensweisen, der Selbsterfahrung und Kontrolle des eigenen Verhaltens dienen. Gelegentlich bemüht man sich mit Hilfe neuer technischer Unterrichtshilfen (wie z.B. Video-Anlagen) — etwa durch Aufzeichnung von Gruppengesprächen — Verhaltensanalyse zum Zwecke der Verhaltensänderung zu betreiben. Traditionell lagen die Schwerpunkte der theoretischen Ausbildung in der Vermittlung rechtlicher und administrativer Kenntnisse, die sich auf die Aufgaben der Sicherheit und Ordnung sowie auf spezielle Funktionen des mittleren

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§ 1 2 Vollzugsanstalten

Dienstes bezogen. Nunmehr haben — unter dem Vorzeichen des Vollzugszieles - auch hier Behandlungsgesichtspunkte ein stärkeres Gewicht erlangt. Da vom Vollzugsbediensteten sozialpädagogische Fähigkeiten und Kenntnisse erwartet werden, spielt die Vermittlung psychologischen, soziologischen und pädagogischen Grundwissens (z.B. Lehre vom Verhalten und damit auch vom sozial abweichenden Verhalten, Diagnostik des Verhaltens und Lehre von den Verhaltensänderungen) eine wesentliche Rolle. Freilich sind die organisatorischen und personellen Voraussetzungen für eine solche (qualifizierte) Ausbildung noch keineswegs überall vorhanden. Namentlich fehlt es noch an didaktisch geschulten und fachlich erfahrenen Lehrkräften sowohl an den Vollzugsschulen als auch in den Vollzugsanstalten. Ebenso wie die Anwendung neuer Unterrichtsmethoden eher tastenden Versuchen gleicht, harrt die Verbindung von Theorie und Praxis im Rahmen der Ausbildung noch der Klärung. Während der mittlere Dienst in dieser Weise speziell auf seine Tätigkeit im Vollzug vorbereitet wird, fehlt es noch weitgehend an einer vollzugsspezifischen Ausbildung des gehobenen und höheren Dienstes. Insoweit hat es meist bei einer praktischen Einführung innerhalb einer Vollzugsanstalt sein Bewenden, soweit nicht die Ausbildungs- und Studiengänge selbst Vollzugskenntnisse vermitteln. Letzteres trifft allenfalls in Grenzen für die Ausbildung zum Sozialarbeiter zu, gilt aber schwerlich für die Ausbildung zum Rechtspfleger, Juristen, Seelsorger, Arzt, Psychologen und Lehrer. Zwar zeichnen sich insoweit Veränderungen hinsichtlich der Ausbildung für den gehobenen Dienst an Verwaltungsfach- und -hochschulen ab. Die Berufsvorbereitung an den Hochschulen und Universitäten ist im allgemeinen jedoch nicht auf den Strafvollzug zugeschnitten (vgl. Müller-Dietz .1974 d, 87). Eine Ausnahme bilden lediglich besondere Ausbildungskonzepte oder -modelle, wie etwa der Wuppertaler Studiengang „Straffälligenpädagogik, Delinquenzprophylaxe und Rehabilitation" (vgl. Deimling, in: Erziehung und Recht 1974, 27ff.). Die Notwendigkeit, auch den gehobenen und höheren Dienst auf seine sozialen Aufgaben im Vollzug vorzubereiten, hat schon recht

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früh zu der Forderung geführt, hierfür eine Vollzugsakademie als gemeinsame Einrichtung der Länder zu schaffen. Vorbilder stellen etwa die Rechtspflegerschule in Schwetzingen, die Polizeiführungsakademie in Hiltrup/Westf. und die Deutsche Richterakademie in Trier dar. Bisher sind die Bemühungen der Landesjustizverwaltungen, eine Vollzugsakademie zu errichten (vgl. Dertinger 1972), jedoch an finanziellen Schwierigkeiten gescheitert. Diese Entwicklung belastet den Vollzug aus zwei Gründen. Einmal rekrutieren sich aus den Angehörigen des gehobenen und höheren Dienstes gerade diejenigen Bediensteten, die in den Anstalten Führungspositionen innehaben. Zum zweiten werden Ausbildung und Fortbildung der übrigen Vollzugsbediensteten weitgehend vom gehobenen und höheren Dienst getragen. Seine Qualifikation entscheidet daher nicht zuletzt über die Qualität des Anstaltspersonals im ganzen und daher auch über den jeweiligen „Vollzugsstil". Zwar können Fortbildungsmaßnahmen das Fehlen einer Ausbildung oder Mängel auf diesem Gebiet bis zu einem gewissen Grade ausgleichen; in vollem Umfange ist das jedoch kaum möglich. Immerhin haben die Länder vielfach in Verbindung mit überörtlichen Trägern von Einrichtungen der Erwachsenenbildung ihre Bemühungen im Bereich der Fortbildung verstärkt. Das Bild ist freilich recht uneinheitlich und läßt nur vereinzelt Schwerpunkte erkennen. Neben speziellen Fortbildungsveranstaltungen, die der Vertiefung von Fachwissen und der Vermittlung neuer Erkenntnisse auf besonderen Tätigkeitsfeldern (z.B. im Arbeitsbetriebswesen) dienen, haben zunehmend Lehrgänge mit gruppendynamischer und lernpsychologischer Orientierung an Bedeutung gewonnen. Sie suchen zwar vorwiegend Angehörige des allgemeinen Vollzugsdienstes für ihre sozialpädagogische Aufgabe zu trainieren, beziehen aber gelegentlich auch andere Berufsgruppen mit ein. Dies gilt vor allem dann, wenn die Kommunikations- und Teamfähigkeit eingeübt und erprobt oder aber auch spezifische Methoden des Umgangs mit Gefangenen erlernt werden sollen (vgl. z.B. Steller/Berbalk, Ein Programm zur psychologischen Ausbildung von Vollzugsbediensteten, MSchrKrim. 1974, 88—105; Steller/Kolbe, Verhaltens- und Gesprächstraining für Vollzugsbedienstete mit Instruktionen für Ausbilder, 1976; Steller 1977, 20

Müller-Dietz, Strafvollzugsrecht

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§ 12 Vollzugsanstalten

54ff.; Kühne/Raschta/Tausch 1974; Blickhan/Braune/Klapprott/ Linz/Lösel, Psychologische Fortbildung für den Strafvollzug. Das Altdorfer Kursprogramm, 1976).

4. Kriminologischer Dienst a) Grundfragen vollzugsbegleitender

Forschung

Hinsichtlich der kriminologischen und sozialwissenschaftlichen Forschung, die im Strafvollzug betrieben wird, ist zwischen der vollzugseigenen Forschung sowie derjenigen Forschung zu unterscheiden, die von nicht dem Vollzug angehörenden Institutionen oder Personen durchgeführt wird. Die letztere Art der Vollzugsforschung dient in aller Regel — wenn auch nicht ausschließlich — wissenschaftlichen Zwecken (dazu Kaiser 1975; Müller-Dietz 1976 d). Ihre Notwendigkeit ist unbestritten, wenn auch gerade in jüngster Zeit Zweifel hinsichtlich der grundsätzlichen Orientierung, Methoden und Fragestellungen aufgetreten sind (vgl. Kaiser 1975, 6 0 f . ; Müller-Dietz 1976 d, 36ff.). Schwerpunkte dieser wissenschaftlichen Erforschung des Strafvollzugs bilden neben den traditionellen Rückfallstudien und Untersuchungen zur Wirksamkeit oder Unwirksamkeit bestimmter Vollzugs- oder Behandlungsmaßnahmen vor allem Institutionsanalysen, die der Struktur der Vollzugsanstalt, der Insassen(sub-)kultur und den Auswirkungen des Freiheitsentzuges gelten (vgl. oben § 2 II 2 b und c). Darüber hinaus sind seit einiger Zeit auch die sozialtherapeutischen Modellversuche in das Blickfeld der Forschung getreten (vgl. z.B. Rasch 1977; Bickel, Intra- und extramurale Sozialtherapie, BewHi 1 9 7 7 , 1 2 0 - 1 2 8 ; Egg, Sozialtherapie und Probleme der Resozialisation, BewHi 1 9 7 7 , 1 2 9 - 1 4 0 ; Hilde Kaufmann 1 9 7 7 , 1 5 2 f f . ; Sozialtherapie und sozialtherapeutische Anstalt. Hrsg. vom Bundeszusammenschluß für Straffälligenhilfe, 2. Aufl., 1977). Da Fragestellungen und Zielsetzungen wissenschaftlicher, namentlich universitärer Forschung sich nicht immer und uneingeschränkt mit den einschlägigen Interessen und Bedürfnissen der Vollzugspraxis decken (vgl. Müller-Dietz 1976 d, 47ff.), hat sich spätestens seit den Anfängen des Erziehungsvollzugs in

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den zwanziger Jahren die Erkenntnis von der Notwendigkeit vollzugseigener Forschung durchgesetzt. Zwar hat es immer wieder Überschneidungen beider Tätigkeitsbereiche, nicht zuletzt Zusammenarbeit zwischen Wissenschaftlern, die von Forschungseinrichtungen außerhalb des Vollzugs kamen, und Fachkräften des Vollzugs gegeben; jedoch ist diese Kooperation meist über Einzelprojekte nicht hinausgediehen. Ohnehin war und ist ja wissenschaftliche Forschung im Vollzug ohne dessen Mithilfe praktisch nicht möglich. Spezifische Bedürfnisse des Vollzugs nach Erforschung bestimmter Phänomene wurden bisher allenfalls teilweise befriedigt. Sie ergaben sich namentlich mit der Einführung des Stufenstrafvollzugs und den Bemühungen um eine Klassifizierung der Straftäter. Hierauf ging die Schaffung des kriminalbiologischen Dienstes in den zwanziger Jahren zurück (vgl. oben § 2 II 2 a). Er sollte im Wege der Persönlichkeitserforschung die empirischen Grundlagen für die Beurteilung und Behandlung der Gefangenen liefern. Diese Funktion übernahm dann nach 1945 der kriminologische Dienst, der allerdings nur in einzelnen Ländern eingerichtet wurde (vgl. Oberthür 1976, 40 ff.). Nunmehr stellt sich die Aufgabe der Persönlichkeitserforschung unter dem Vorzeichen des Vollzugsziels (§ 2 Satz 1) erneut. Bildet doch die Behandlungsuntersuchung (§ 6) die Grundlage für den Vollzugsplan (§ 71) (vgl. oben § 7 III). Allerdings haben Methodik und Zielsetzung der Persönlichkeitserforschung im Rahmen eines behandlungsorientierten Vollzugs mit der früheren Tätigkeit des kriminalbiologischen oder kriminologischen Dienstes nur wenig gemein (vgl. H. Kaufmann 1976). Einmal ist das soziale Umfeld, in dem der Gefangene gelebt hat, in dem er sich jetzt (in der Anstalt) befindet und das ihn künftig (nach der Entlassung) erwartet, stärker in die Analyse einzubeziehen (Interaktionsaspekt). Zum zweiten spielen Gesichtspunkte des Sozialisations- oder Dissozialisationsprozesses, die zugleich auf das dynamische Moment in der Entwicklung eines Menschen verweisen, mehr als bisher eine Rolle (Entwicklungsaspekt). Schließlich kommt es im Hinblick auf Rückfallverhütung unf soziale (Wieder-)Eingliederung darauf an, die Bedin20*

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§ 12 Vollzugsanstalten

gungen herauszufinden, unter denen dem einzelnen Gefangenen sinnvoll eine Stabilisierung seines Verhaltens ermöglicht oder Verhaltensalternativen vermittelt werden können (institutioneller und Behandlungsaspekt). Das geht über die Persönlichkeitserforschung im früheren Sinne erheblich hinaus. Denn damit wird dem Vollzug die Aufgabe gestellt, neue Behandlungsmethoden zu entwickeln, im Rahmen des rechtlich Zulässigen praktisch zu erproben, namentlich zu einzelnen Gefangenen- oder Tätergruppen in Beziehung zu setzen. Zugleich wird dem Vollzug abverlangt, die Lebensbedingungen innerhalb der Anstalt, ihre Auswirkungen und (möglichen) Veränderungen im Hinblick auf das Vollzugsziel zu analysieren, weil nur auf diese Weise der vom StVollzG vorausgesetzte Wandlungsprozeß geplant und in Gang gebracht werden kann (vgl. BT-Dr. 7/918, 41, 45, 97). b) Vorschläge zur gesetzlichen

Regelung

Dies alles erfordert eine vollzugseigene Forschung, die nach Organisation und personeller Kapazität in der Lage ist, jene vielfältigen und teilweise recht schwierigen Aufgaben zu erfüllen. Während insoweit die einschlägigen Regelungen des KE (§ 161 a) und des RE (§ 152) nicht wesentlich über Nr. 59 DVollzO hinausgingen, welche die Einrichtung eines kriminologischen Dienstes vorsah, haben verschiedene Vorschläge zur gesetzlichen Regelung der vollzugseigenen Forschung neue Konzepte entwickelt. Namentlich der AE ist für eine Verwirklichung der Forderung (vgl. Deutscher Juristentag 1970, N 176) eingetreten, „die begleitende Forschung im Strafvollzug zu institutionalisieren und die Voraussetzungen für die rasche Umsetzung von Forschungsergebnissen in der Praxis zu schaffen" (AE, 97). Er ist dabei freilich von einer (organisatorisch wie personell) flexiblen Anstaltsstruktur ausgegangen, die eine solche enge Verklammerung und Wechselwirkung von Theorie und Praxis ermöglicht. Uber die von ihm angestrebte Modellanstalt (§ 7 II) hinaus, die eine wesentliche Grundlage für die experimentelle Weiterentwicklung des Vollzugs und der Behandlungsmethoden abgeben soll, hat es der AE für richtig gehalten, die kriminologische Forschung im Vollzug detailliert zu regeln (§§ 37—39). Danach sollen die Fachkräfte auf medi-

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zinischem, psychologischem, soziologischem, pädagogischem, juristischem und ökonomischem Gebiet (§ 341) auf der Ebene der Landesjustiz Verwaltung eine kriminologische Arbeitsgruppe bilden (§ 371). Aufgaben der kriminologischen Arbeitsgruppe, die sowohl eigene Forschungsprojekte entwickeln wie fremde unterstützen kann (§ 37 III), sollen sein: die Planung und Fortentwicklung des Vollzugs und der damit zusammenhängenden Einrichtungen, die Koordination der Forschung innerhalb der Vollzugsanstalten, die Vorbereitung und Organisation von Ausbildungsund Fortbildungsveranstaltungen und die wissenschaftliche Beratung und Unterstützung des Personals der Vollzugsanstalten (§37 II). Die Arbeitsgruppe soll schließlich nach den Vorstellungen des AE als Sammelstelle für die. statistischen Daten fungieren (§ 37 IV). Als solche werden ausdrücklich die kriminologischen sowie die Sozial-, Behandlungs- und Rückfalldaten genannt. In Gutachter-, Modell- und sozialtherapeutischen Anstalten sollen nach § 39 AE Forschungsabteilungen eingerichtet werden, in denen Wissenschaftler allgemeiner Forschungsinstitutionen tätig sind. Damit will der AE die Unabhängigkeit der Forscher gewährleisten, aber auch die erwünschte Zusammenarbeit zwischen Forschung und Vollzug personell absichern. Insgesamt sind die Vorschläge des AE durch das Bestreben gekennzeichnet, der Forschung im Vollzug und durch ihn selbst möglichst viel Raum zu geben, andererseits aber auch auf die laufende Umsetzung wissenschaftlicher Erkenntnisse in die Praxis hinzuwirken (vgl. § 38 AE, 99 ff.). Ähnliche Vorstellungen liegen den „Vorschlägen" zugrunde. Auch sie gehen von der Notwendigkeit aus, die kriminologische Forschung organisatorisch im Vollzug zu verankern. Aufgabe dieser Forschung soll es sein, wissenschaftliche Erkenntnisse im Hinblick auf die Weiterentwicklung der Behandlungsmethoden, die Planung und Fortentwicklung des Vollzugs sowie die Ausbildung und Fortbildung zu erarbeiten und praktisch zu verwerten (Vorschläge, 168 f.). Zu diesem Zweck sollen in den Vollzugsanstalten kriminologische Arbeitsgruppen (Vorschläge, 172 f.) sowie in den Landesjustizverwaltungen und im Bundesministerium der Justiz Forschungsabteilungen (Vorschläge, 174 f., 176 f.) errichtet werden. Diese Vorstellungen beruhen wie die des AE auf dem

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§ 12 Vollzugsanstalten

Grundgedanken, daß das StVollzG zumindest in groben Zügen die Zielsetzung und Struktur vollzugsbegleitender Forschung festlegen muß, wenn die Gewähr dafür gegeben sein soll, daß die organisatorischen und personellen Voraussetzungen im erforderlichen Umfange auch geschaffen werden. „Bisherige spärliche Ansätze kriminologischer Forschung im Vollzug sind daran gescheitert, daß es weder eine verbindliche Regelung noch eine Institutionalisierung gab" (Vorschläge, 169). Man darf freilich die immanenten Schwierigkeiten der Behandlungsforschung nicht verkennen (vgl. Hilde Kaufmann 1977, 2 0 4 f f . ; Steller 1977, 109ff.).

c) Die Ausgestaltung des kriminologischen Dienstes im StVollzG Demgegenüber hat sich der Gesetzgeber mit einer wesentlich zurückhaltenderen Regelung begnügt (kritisch Jung 1977 a, 206). So schreibt § 166 lediglich vor, daß ein kriminologischer Dienst zu schaffen ist, dem die Aufgabe obliegen soll, „in Zusammenarbeit mit den Einrichtungen der Forschung den Vollzug, namentlich die Behandlungsmethoden, wissenschaftlich fortzuentwickeln und seine Ergebnisse für Zwecke der Strafrechtspflege nutzbar zu machen". Zu einer detaillierteren Regelung, die sich etwa über die Ausgestaltung des kriminologischen Dienstes äußert, hat sich der Gesetzgeber aus verschiedenen Gründen nicht in der Lage gesehen. Einmal seien die Überlegungen zur Organisation solcher Forschung, vor allem zur Errichtung zentraler Sammelstellen noch nicht abgeschlossen. Zum zweiten fehle es noch an Vorstellungen über „ein wirtschaftlich vertretbares und wirkungsvolles System" der Forschung sowie an „Klarheit über die zu erhebenden Tatsachen und Erkenntnisse" (BT-Dr. 7/918, 98). Zum dritten hält man derzeit die personellen und finanziellen Möglichkeiten für die Verwirklichung eines Konzepts nach dem Muster des AE nicht für gegeben (BT-Dr. 7 / 3 9 9 8 , 4 7 ) . Schließlich hat sich der Gesetzgeber offensichtlich weitere Initiativen und Anregungen von der kriminologischen Zentralstelle erhofft, die nach Beschlüssen der Länder (1969/1973) geschaffen werden sollte (vgl. BTDr. 7/3998, 4 7 ; Oberthür 1976, 95 ff.). Indessen ist nach wie vor offen, ob und wann die Zentralstelle zustande kommen wird.

IV. Anstaltsbeiräte

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Gleichwohl ist der Gesetzgeber bei seiner Regelung davon ausgegangen, daß der kriminologische Dienst im Sinne des AE und der „Vorschläge" auf eine möglichst breite personelle und organisatorische Giundlage gestellt werden sollte. So sollte er unmittelbar in den Anstalten (wenngleich nicht in jeder!) verankert werden und mit Forschungseinrichtungen außerhalb des Vollzugs zusammenarbeiten. Auch sollten Arbeitsgruppen gebildet werden, die solche Forschungsaufgaben wahrnehmen (vgl. BT-Dr. 7/3998, 47f.). Insgesamt bleibt § 166 erheblich hinter den Forderungen zurück, die hinsichtlich der Regelung und Organisation vollzugsbegleitender Forschung erhoben werden. IV.

Anstaltsbeiräte

1. Die Beteiligung der Öffentlichkeit am Vollzug Seit jeher hat es Bestrebungen gegeben, die Öffentlichkeit, genauer gesagt: Laien am Strafvollzug zu beteiligen, d. h. diesen Möglichkeiten der Mitarbeit, der Mitsprache oder der Kontrolle einzuräumen (vgl. Müller-Dietz 1970 a, C30ff.; Münchbach 1973, 19ff.). Die Gründe und die Formen derartiger Einbeziehung von Laien sind überaus vielfältig. Sie lassen sich im wesentlichen auf das grundsätzliche Verhältnis der Allgemeinheit zum Strafvollzug zurückführen. Zunächst einmal spielen hier demokratische und rechtsstaatliche Gesichtspunkte eine Rolle. Die Tätigkeit der Strafrechtspflege vollzieht sich, zumindest soweit es das Erkenntnisverfahren betrifft, im Lichte der Öffentlichkeit. Dies trägt zur Transparenz der Strafrechtsverwirklichung bei und kann das Vertrauen in die Rechtsstaatlichkeit und Funktionsfähigkeit der Rechtspflege stärken, weil dadurch Kontrollmöglichkeiten für die Allgemeinheit eröffnet werden (vgl. Kern-Wolf, Gerichtsverfassungsrecht, 5. Aufl., 1975, 162; zur Öffentlichkeitsarbeit im Vollzug vgl. Schwind, in: Schwind/Blau, 432—435; Doleisch, Öffentlichkeitsarbeit und Strafvollzug, ZfStrVo 1977, 193-196). Vergleichbare Überlegungen haben zur Schaffung von „Aufsichtsräten" und „Aufsichtskommissionen" innerhalb des Vollzugs ge-

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§12 Vollzugsanstalten

führt (vgl. Münchbach 1973, 27ff.). Freilich können solche Gremien keineswegs die Öffentlichkeit hinsichtlich des Vollzugs herstellen. Sie können aber eine Brücke zwischen der Allgemeinheit und dem Vollzug schlagen, namentlich die Öffentlichkeit über den Vollzug unterrichten helfen. Die Bedeutung dieser Aufgabe ist angesichts einer vielfach fehl- oder uninformierten Öffentlichkeit (vgl. Schwind 1975, 29ff.; Leppert, in: Rasch 1977, 183—201), die auch deshalb immer wieder affektive und emotionale Einstellungen gegenüber dem Vollzug und dem Gefangenen an den Tag legt (vgl. Münchbach 1973, 120ff.), von einiger praktischer Bedeutung. Mit der Tätigkeit der Aufsichtskommissionen war vielfach zugleich eine Kontrollfunktion verbunden: Sie sollten darauf achten, daß der Gefangene dem Gesetz entsprechend behandelt wird. Parallelen zur Schöffengerichtsverfassung der Gerichte zeichnen sich in etwa dort ab, wo Laien als Mitglieder besonderer Vollzugskommissionen gleichsam demokratische Teilhaberechte im Vollzug ausüben. Dies trifft etwa auf die Vollzugskommissionen nach § 18 des österreichischen StVollzG zu (vgl. Müller-Dietz 1970 a C,31f.). Kontrollfunktionen nehmen auch die in verschiedenen Ländern bestehenden parlamentarischen (Unter-)Ausschüsse wahr, die speziell für den Strafvollzug zuständig sind. Aufgaben der Beratung und Vorbereitung von Planungen sind den Sachverständigengremien zugedacht, die immer wieder im Hinblick auf eine sachgerechte Weiterentwicklung des Vollzugs gefordert wurden, aber nur gelegentlich zustandekamen; derartige Gremien stellen indessen kein Element der Beteiligung der Öffentlichkeit am Vollzug dar (Müller-Dietz 1970 a, C 32). Anders verhält es sich jedoch hinsichtlich der historisch überkommenen Einrichtungen des Vollzugshelfers und des Anstaltsbeirates. Diese Institutionen sollen gerade — freilich mit unterschiedlichem Gewicht — die Öffentlichkeit im Vollzug repräsentieren. Hinsichtlich des (freiwilligen und ehrenamtlichen) Vollzugshelfers stand und steht allerdings immer schon der Gedanke im Vordergrund, daß der Vollzug auf Mitwirkung freier Kräfte angewiesen ist, um seine Aufgaben erfüllen zu können (vgl. Münchbach 1973, 38 f., 150; Müller-Dietz 1976 b, 30; Krebs 1976). In Betracht

IV. Anstaltsbeiräte

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kommen dafür namentlich die Bereiche der Sozialarbeit (Einzelfallhilfe und Gruppenarbeit) sowie der Weiterbildung und Freizeitgestaltung. Einmal sind die personellen, finanziellen und zeitlichen Möglichkeiten des Vollzugs insoweit begrenzt. Zum zweiten ist jedoch soziale Eingliederung Gefangener ohne Mitwirkung der Öffentlichkeit — in welcher Form auch immer — nicht möglich; der Vollzug bedarf der Unterstützung durch Kräfte außerhalb des Vollzugs, „weil (Re-)Sozialisierung ein Prozeß ist, der in die Gesellschaft hineinwirkt und sich unter ihrer Beteiligung abspielt" (Müller-Dietz 1976 b, 30). Während für den Vollzugshelfer diese Mittlerrolle charakterisiert ist, reicht der Kreis der Aufgaben, den Anstaltsbeiräte nach ihrer geschichtlichen Entwicklung erfüllen sollen, sehr viel weiter. So unterscheidet Münchbach zwischen den anstaltsbezogenen Funktionen und dem Öffentlichkeitsauftrag (Münchbach 1973, 74ff., 193 ff.). Jene Funktionen sind beratender, kontrollierender und sozialpädagogischer Art, wobei die letztere Aufgabe sich in mancher Hinsicht mit dem Tätigkeitsfeld des Vollzugshelfers überschneidet. Die öffentlichkeitsbezogene Funktion besteht namentlich darin, die Allgemeinheit sachlich über den Vollzug zu unterrichten, nach Möglichkeit Vorurteile gegen den Vollzug und gegen Gefangene abzubauen und auch auf diese Weise die Bemühungen um die soziale Eingliederung zu erleichtern (Münchbach 1973, 137ff.). 2. Anstaltsbeiräte a)

Übersicht

Anstaltsbeiräte hat es bereits in der Weimarer Zeit gegeben. Sie wurden — nach ihrer Abschaffung durch Art. 2 I der StrafvollzugsVO von 1934 - in verschiedenen Ländern seit 1949 wiedereingeführt (vgl. Münchbach 1973, 35 ff., 54 ff.). Größe und Zusammensetzung dieser Gremien sowie die Bestellung ihrer Mitglieder waren freilich unterschiedlich geregelt. Auch die Aufgaben und Befugnisse stimmten keineswegs überall überein. Meist wurden zu Mitgliedern von Anstaltsbeiräten Personen berufen, die hierfür besonders geeignet erschienen; in manchen Ländern (z.B. in Bayern) gehörten den Beiräten Abgeordnete an. Überwiegend

314

§ 1 2 Vollzugsanstalten

hatten sie die Funktion, die Anstalt zu beraten, Anregungen für die Gestaltung des Vollzugs zu geben und diesen zu überwachen. Zu diesem Zweck hatten sie unmittelbaren Zugang zu den Einrichtungen der Anstalt, durften sich über den Vollzug informieren und Gefangene anhören. Unabhängig von der Ausgestaltung und Handhabung im einzelnen wurde und wird die Einrichtung der Beiräte durchweg begrüßt (vgl. Münchbach 1973,71 f., 161 ff.; AE, 101 ff.; Roxin, in: Baumann 1974,115ff.; Alting,in: Schwind/ Blau, 235-239). Deswegen haben auch die Entwürfe die Beibehaltung bzw. Einführung der Anstaltsbeiräte vorgeschlagen (vgl. §S 157-161 KE, §§ 149-151 RE, §§ 4 0 - 4 4 AE). Besonders detaillierte Vorstellungen hat namentlich der AE entwickelt, der nicht nur eingehende Regelungen der Aufgaben und Befugnisse ( S S 41, 42), sondern auch Vorschriften über die Größe des Gremiums und die Berufung der Mitglieder (S 40) für erforderlich gehalten hat. Das StVollzG hat sich zwar im Grundsatz den Vorschlägen angeschlossen, bleibt jedoch in der Ausgestaltung jener Institution hinter manchen Vorstellungen zurück (krit. Roxin, in: Baumann 1974). So enthält es lediglich allgemeine Vorschriften über die Bildung (S 162), die Aufgabe (§ 163) und die Befugnisse der Beiräte (S 164) sowie über ihre Pflicht zur Verschwiegenheit (S 165). b) Bildung der Beiräte § 162 I schreibt die Bildung von Beiräten zwingend vor. Allerdings gilt diese Regelung bis 31. 1 2 . 1 9 7 9 lediglich in abgeschwächter Fassung als Sollvorschrift (SS 198 II Nr. 1, 1991 Nr. 3). Die Übergangsregelung wurde mit Rücksicht auf die für eine Angleichung (in Bayern) erforderliche Zeit getroffen (vgl. BT-Dr. 7/3998, 46). Abgesehen davon verpflichtet S 162 I die Landesjustizverwaltungen dazu, bei allen Vollzugsanstalten Beiräte zu bilden. Im Hinblick auf unterschiedliche Verhältnisse und Erfahrungen in den einzelnen Ländern überläßt S 162 III indessen die nähere Regelung dem Landesrecht (BT-Dr. 7/918, 98). Damit eröffnet das Gesetz praktisch Möglichkeiten verschiedenartiger Ausgestaltung der Anstaltsbeiräte, etwa was die Größe des Gremiums, seine Zusammensetzung und das Verfahren hinsieht-

315

IV. Anstaltsbeiräte

lieh der Bestellung der Mitglieder anlangt. § 162 II bestimmt lediglich, daß Vollzugsbedienstete nicht Mitglieder sein dürfen. „Der Ausschluß der Vollzugsbediensteten von den Beiräten soll Interessenkollisionen vermeiden und deutlich machen, daß gerade Personen, die nicht beruflich mit dem Strafvollzug zu tun haben, für seine Aufgaben interessiert werden sollen" (BT-Dr. 7/918, 98). c) Aufgaben und

Bedürfnisse

§ 1 6 3 weist den Anstaltsbeiräten eine vierfache Aufgabe zu: Einmal wirken sie bei der Gestaltung des Vollzugs mit. Zum zweiten sind sie an der Betreuung der Gefangenen beteiligt. Des weiteren unterstützen sie den Anstaltsleiter durch Anregungen und Verbesserungsvorschläge. Schließlich helfen sie bei der Eingliederung des Gefangenen nach der Entlassung mit. Damit knüpft das Gesetz an bisher bereits bestehende Länderregelungen an. Den Beiräten werden hiernach die Funktionen der Mitwirkung, Beratung und Hilfeleistung übertragen. Es fällt auf, daß die verschiedentlich geforderte Kontrollfunktion (vgl. Münchbach 1973, 154f.; § 4 1 II AE, 103; Roxin, in: Baumann 1974, 117f.) im Gesetz nicht genannt ist. Entsprechendes gilt für die Öffentlichkeitsarbeit, die vielfach von den Beiräten erwartet wird (vgl. Münchbach 1973, 163; §4,1 III AE; Vorschläge, 164f.). Offenbar hat der Gesetzgeber die ihm problematisch erscheinenden Aufgaben ausgespart, zumindest nicht bindend vorschreiben wollen, bis weitere Erfahrungen vorliegen. Allerdings steht es den Ländern nach § 162 III frei, den Beiräten weitere Funktionen zu übertragen (BT-Dr. 7/3998,47). Verschiedene Gesetzgebungsvorschläge haben die Beiträge als „Vertreter der Öffentlichkeit" bezeichnet ( § 1 5 8 KE, § 41 I AE). Obwohl der Gesetzgeber gleichfalls davon ausgegangen ist, daß die Beiräte „Vertreter der Öffentlichkeit" sind und als solche „eine Brücke zwischen dem Gefangenen und der Allgemeinheit schlagen" sollen, hat er diesen Sprachgebrauch nicht übernommen. Aus einer solchen Regelung könne u. U. die Pflicht abgeleitet werden, „bei der Bildung der Beiräte bestimmte gesellschaftliche Kräfte zu berücksichtigen, was in der Praxis nicht möglich ist" (BT-Dr. 7/3998, 47).

316

§ 12 Vollzugsanstalten

Die Befugnisse der Beiräte sind weitgehend auf ihre Aufgaben zugeschnitten. Sie sind vierfacher Natur. Einmal können die Mitglieder des Beirats Wünsche, Anregungen und Beanstandungen entgegennehmen (§164 11); dieser Katalog ist indessen keineswegs erschöpfend. Allerdings stellt der Beirat keine formelle Beschwerdeinstanz dar; er hat auch keine Möglichkeit der Abhilfe. Ihm steht es aber frei, in Beschwerdesachen Anregungen zu geben (BT-Dr. 7/918, 98). Zum zweiten können sich die Mitglieder des Beirats über die Unterbringung, Beschäftigung, berufliche Bildung, Verpflegung, ärztliche Versorgung und Behandlung der Gefangenen unterrichten. Des weiteren sind sie berechtigt, zur Erfüllung ihrer Aufgaben die Anstalt und ihre Einrichtungen zu besichtigen (§ 164 12). Schließlich können sie mit den Gefangenen und den im Maßregelvollzug Untergebrachten in unüberwachten mündlichen und schriftlichen Kontakt treten (§ 164 II). „Der Beirat soll also einen möglichst umfassenden Einblick in alle Anstaltsverhältnisse haben können" (BT-Dr. 7/918, 98). Dem entspricht auf der anderen Seite die Verschwiegenheitspflicht, die alle vertraulichen Angelegenheiten betrifft; darunter fallen vor allem Name und Persönlichkeit der Gefangenen (§ 165). Erwogen wurde, die Verschwiegenheitspflicht strafrechtlich abzusichern; indessen will man erst abwarten, ob sich ein solches Bedürfnis ergibt. Ohnehin kann ein Mitglied des Beirats im Fall eines Mißbrauchs abberufen werden (BT-Dr. 7/3998,47). Nicht übernommen hat der Gesetzgeber den Vorschlag, den Mitgliedern des Beirats Einsicht in die Personalakten zu eröffnen (S 159 II 3 KE, § 42 IV AE) und den Beirat dazu zu verpflichten, mindestens einmal im Jahr der Aufsichtsbehörde einen Tätigkeitsund Erfahrungsbericht vorzulegen (§ 160 II KE, § 43 II AE). Jedoch sind die Länder durch die gesetzliche Regelung, die lediglich Mindestvoraussetzungen festlegt, nicht gehindert, weitergehende Aufgaben und Befugnisse vorzusehen.

317

I. Das System freiheitsentziehender Maßregeln

§ 13 Vollzug der freiheitsentziehenden Maßregeln der Besserung und Sicherung I. Das System freiheitsentziehender

Maßregeln

1. Überblick Das StVollzG regelt über den Vollzug der Freiheitsstrafe hinaus auch den Vollzug freiheitsentziehender Maßregeln (§§ 123—138). Es füllt damit zumindest teilweise den Rahmen aus, den insoweit das StGB zieht (§§ 6 3 - 6 7 g, 71, 72). Das StGB greift aber durch seine Vorschriften namentlich über die Voraussetzungen und Funktion der Maßregeln erheblich in deren inhaltliche Ausgestaltung ein. Zwischen den einschlägigen Regelungen des StGB und des StVollzG besteht daher ein enger, unmittelbarer Zusammenhang (vgl. oben § 2 I 2). Maßgebend in diesem Sinne sind zunächst einmal die Vorschriften über die Voraussetzungen, unter denen das Gericht eine freiheitsentziehende Maßregel anordnet. Danach dient die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus dem Schutz der Allgemeinheit vor schuldunfähigen (§ 2 0 StGB) oder vermindert schuldfähigen (§ 21 StGB) Tätern (§ 63 StGB). Die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt verfolgt den Zweck, alkoholund drogenabhängige Täter zu heilen (§ 64 StGB). Die Unterbringung in einer sozialtherapeutischen Anstalt ist für die Behandlung persönlichkeitsgestörter, kriminell besonders gefährdeter Täter gedacht (§ 65 StGB); diese Maßregel ist freilich derzeit noch suspendiert. Schließlich hat die Unterbringung in der Sicherungsverwahrung die Funktion, die Allgemeinheit vor gefährlichen Hangtätern zu schützen (§ 66 StGB); insoweit gilt bis zum Inkrafttreten der Vorschriften über die Unterbringung in einer sozialtherapeutischen Anstalt eine Ubergangsfassung. Sämtliche freiheitsentziehenden Maßregeln dürfen nur bei erheblicher krimineller Gefährlichkeit des Täters angeordnet werden. Über die jeweiligen Voraussetzungen hinaus gilt für alle Maßregeln der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz (§ 62 StGB). Liegen aber die Voraussetzungen vor, dann ist die Anordnung obligatorisch. Für

318

§ 1 3 Vollzug der freiheitsentziehenden Maßregeln

die Gefährlichkeitsprognose ist durchweg auf den Zeitpunkt des Urteils abzustellen (vgl. schon BGHSt 25, 59). Von erheblicher praktischer Bedeutung für die Ausgestaltung des Maßregelsystems sind ferner die Vorschriften über die jeweilige Dauer der Maßregel (§ 67 d StGB), über die Überprüfung der Unterbringung (§ 67 e StGB), über die Reihenfolge der Vollstrekkung von Freiheitsstrafen und Maßregeln (§ 67 StGB), über die Uberweisung in den Vollzug einer anderen Maßregel (§ 67 a StGB), über die Aussetzung der Unterbringung (§ 67 b StGB) sowie über den Widerruf der Aussetzung (§ 67 g StGB). Ergänzend sind dabei noch die Vorschriften über die selbständige Anordnung (§ 71 StGB) und die Verbindung von Maßregeln (§ 72 StGB) zu berücksichtigen. Das Pendant zu den materiellrechtlichen Regelungen des StGB bilden die verfahrensrechtlichen Vorschriften über Entscheidunden auf dem Gebiet des Maßregelrechts ( § § 4 6 3 , 462 a StPO, §§ 78 a, 78 b GVG). Auch hierfür sind die Strafvollstreckungskammern zuständig, so daß insoweit die allgemeinen Gesichtspunkte gelten (vgl. oben § 10 III).

2. Grundsätze Dem System freiheitsentziehender Maßregeln liegt eine Reihe grundsätzlicher Zielvorstellungen zugrunde, die freilich in unterschiedlichem Maße im StGB Ausdruck gefunden haben. Ausgehend vom Grundgedanken der Zweispurigkeit (von Strafe und Maßregel) läßt sich das Maßregelsystem in verfassungsrechtlicher Hinsicht von rechtsstaatlichen Überlegungen, in kriminalpolitischer Hinsicht vom Gesichtspunkt möglichst effektiver Verbrechensbekämpfung leiten. Diese Zielsetzungen konkretisieren sich im wesentlichen in drei Prinzipien: dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz, dem Zweck der Individualprävention (der durch Behandlung und/oder Sicherung des Täters erreicht werden soll) und dem Individualisierungsgedanken (der die Anpassung der kriminalrechtlichen Reaktion an die individuelle Täterpersönlichkeit meint).

I. Das System freiheitsentziehender Maßregeln

a)

319

Verhältnismäßigkeitsgrundsatz

In diesem Sinne verbietet § 62 StGB die Anordnung einer (freiheitsentziehenden) Maßregel, „wenn sie zur Bedeutung der vom Täter begangenen und zu erwartenden Taten sowie zu dem Grad der von ihm ausgehenden Gefahr außer Verhältnis steht". Danach sind zunächst Art, Schwere und Häufigkeit bereits begangener Straftaten sowie der zeitliche Abstand zwischen ihnen zu berücksichtigen. Des weiteren spielt die indizielle Bedeutung dieser Delikte für künftige Rechtsverletzungen eine Rolle. Hier kommt es vor allem auf die Rückfallwahrscheinlichkeit und die Schwere der (möglicherweise) zu erwartenden Straftaten an. Von besonderem Gewicht ist dabei das Ausmaß der Gefahr für die Allgemeinheit. Auf der anderen Seite hat das Gericht die Schwere des Eingriffs zu erwägen, der mit der Anordnung und Durchführung einer (freiheitsentziehenden) Maßregel verbunden ist. Dies erfordert eine Gesamtabwägung aller einander gegenüberstehenden Umstände (vgl. BGHSt 24, 145). Dadurch soll verhindert werden, daß Täter in den Maßregelvollzug gelangen, deren Unterbringung im Hinblick auf den Schutz der Allgemeinheit nicht erforderlich erscheint, etwa weil sie eher gemeinlästig als gefährlich sind (vgl. BT-Dr. V/4094,17). Das StGB hat darüber hinaus im Rahmen der Regelung einzelner Maßregeln die Voraussetzungen für die Unterbringung verschärft. Daß freiheitsentziehende Maßregeln nur bei Vorliegen erheblicher Gefährlichkeit angeordnet (§§ 63 I, 64 I, 65 I-IV, 66 I—II StGB) und nur dann (§§ 67 b I, 67 c StGB) und so lange (§ 67 d II StGB) vollzogen werden dürfen, als der Zweck der Unterbringung (Schutz der Allgemeinheit) dies erfordert, muß als Ausprägung des Prinzips des geringstmöglichen Eingriffs verstanden werden. Auch dadurch soll darauf hingewirkt werden, daß sich der Maßregelvollzug nur mehr auf gefährliche Täter beschränkt. b) Individualprävention

durch Behandlung und Sicherung

Das StGB gibt bereits durch seine Überschrift über den 6. Titel („Maßregeln der Besserung und Sicherung") zu erkennen, daß es dem Behandlungsgedanken im Maßregelrecht gegenüber früher

320

§ 1 3 Vollzug der freiheitsentziehenden Maßregeln

ein stärkeres Gewicht einräumen will. Erst in zweiter Linie, nämlich wenn der Schutz der Allgemeinheit durch Rehabilitation oder (Re-)Sozialisierung des Täters nicht zu erreichen ist, greifen vorrangig Sicherungsgesichtspunkte durch. Freilich differenziert das StGB hinsichtlich der Orientierung der Maßregeln an therapeutischen Zielen oder am Sicherungszweck je nach dem Personenkreis und dessen besonderer Gefährlichkeit und Behandlungsbedürftigkeit. So soll die Unterbringung in der Sicherungsverwahrung primär Schutzfunktionen erfüllen. Dieser Zweck wird bis zu einem gewissen Grade auch mit der Unterbringung im psychiatrischen Krankenhaus verfolgt. Gleichwohl sind hinsichtlich der Unterbringung im psychiatrischen Krankenhaus therapeutische Gesichtspunkte von Bedeutung. Dies gilt nicht nur für den Vollzug dieser Maßregel, sondern bereits für deren Anordnung: Sobald § 65 StGB in Kraft tritt, ordnet das Gericht bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 63 I StGB gleichwohl die Unterbringung in einer sozialtherapeutischen Anstalt an, „wenn nach dem Zustand des Täters die besonderen therapeutischen Mittel und sozialen Hilfen dieser Anstalt zu seiner Resozialisierung besser geeignet sind als die Behandlung in einem psychiatrischen Krankenhaus" (§§ 65 III, 63 II StGB). Insoweit genießt also die behandlungsintensive Maßregel der Unterbringung in einer sozialtherapeutischen Anstalt künftig Vorrang. Für sie ist charakteristisch, daß sie in aller Regel — von einer Ausnahme abgesehen (§ 65 II) — nur angeordnet werden darf, wenn die Behandlung in einer solchen Anstalt im Hinblick auf das (Re-)Sozialisierungsziel indiziert ist (§ 65 I 2, III StGB). Darin gleicht diese Maßregel — jedenfalls teilweise — der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt. Denn nach § 64 II StGB darf der Täter nicht in eine Entziehungsanstalt eingewiesen werden, „wenn eine Entziehungskur von vornherein aussichtslos erscheint". Die Maßregel des § 64 StGB hat demgemäß nur Besserungs-, nicht Sicherungsfunktion. Aber unabhängig von der unterschiedlichen Regelung der Einweisungsvoraussetzungen steht für die Unterbringung sowohl in einer Entziehungsanstalt als auch in einer sozialtherapeutischen Anstalt die therapeutische Zielsetzung der Maßregel im Mittelpunkt.

I. Das System freiheitsentziehender Maßregeln c)

321

Individualisierung

Der Grundsatz der Individualisierung, d. h. der Anpassung der kriminalrechtlichen Reaktion an die einzelne Täterpersönlichkeit (im Hinblick auf individualpräventive Gesichtspunkte), ist sowohl für das materielle Strafrecht als auch für die Ausgestaltung des Vollzugs (vgl. oben § 7 I 2 und 3) von Bedeutung. Im Maßregelrecht des StGB hat er vielfachen Ausdruck gefunden. Es will nicht nur darauf hinwirken, daß Maßregeln nur dann und so lange vollzogen werden, als der Schutz der Allgemeinheit dies gebietet. Es will darüber hinaus durch eine flexible Ausgestaltung der Vorschriften über die Vollstreckung, deren Reihenfolge und Aussetzung letztlich erreichen, daß die Maßregel jeweils zu dem Zeitpunkt und in der Anstalt vollzogen wird, welche die günstigsten Aussichten für eine (Re-)Sozialisierung des Täters eröffnen. Namentlich dieser Gesichtspunkt hat zu der überaus komplizierten Regelung der freiheitsentziehenden Maßregeln im StGB beigetragen. Da bei den therapieorientierten Maßregeln der Heilungs- und Besserungszweck im Vordergrund steht, werden sie grundsätzlich vor der Strafe vollzogen; das gilt für die Unterbringung im psychiatrischen Krankenhaus, in der Entziehungsanstalt und in der sozialtherapeutischen Anstalt (§ 67 I StGB). Das Vikariieren soll also im Hinblick auf Rückfallverhütung der Behandlungsbedürftigkeit des Täters Rechnung tragen. Wird der Zweck der Maßregel erreicht, bedarf es (zum Schutz der Allgemeinheit) keiner weiteren Vollstreckung mehr; darüber hinausgehender Freiheitsentzug könnte gerade das Therapieziel (wieder) gefährden. Deshalb wird nach § 67 IV StGB die Zeit des Vollzugs der Maßregel auf die Strafe angerechnet. Ist die Strafe in einem solchen Falle durch die Anrechnung „aufgezehrt", wird der Verurteilte nach Vollstrekkung der Maßregel entlassen. Soweit noch Strafe zu vollziehen wäre, ermöglichen die §§ 57, 67 V StGB im Interesse der (Re-) Sozialisierung die Aussetzung des Strafrestes. Ist der Zweck der Maßregel durch einen Vorwegvollzug der Strafe leichter zu erreichen, dann trifft das erkennende Gericht eine entsprechende Anordnung (§ 67 II StGB). Praktische Bedeutung hat dies in jenen Fällen, in denen sich an eine Unterbringung eine längere Freiheits21

Müller-Dietz, Strafvollzugsrecht

322

§ 1 3 Vollzug der freiheitsentziehenden Maßregeln

strafe anschließen würde, deren Vollzug den Erfolg der Maßregel gefährden könnte (BT-Dr. V / 4 0 9 5 , 31). Denkbar erscheint aber auch, daß dem Maßregelvollzug die erforderlichen therapeutischen Möglichkeiten (noch nicht) zur Verfügung stehen, so daß ein Vorwegvollzug der Maßregel keinen Erfolg verspräche (vgl. OLG Karlsruhe N J W 1975, 1571). Anordnungen nach § 6 7 II StGB können erforderlichenfalls jederzeit nachträglich getroffen, geändert oder aufgehoben werden (§ 67 III StGB). Hierfür ist (nach Aufnahme des Verurteilten in eine Anstalt) die StVollstrK zuständig (§§ 4 6 3 V, 4 6 2 , 4 6 2 a StPO). Bei Vorwegvollzug der Strafe muß die StVollstrK (§§ 4 6 3 III, V, 4 5 4 , 4 6 2 a StPO) jeweils vor Abschluß der Vollstreckung prüfen, ob der Zweck der Maßregel die Unterbringung noch erfordert. Ist das nicht der Fall, setzt das Gericht die Vollstreckung der Unterbringung zur Bewährung aus (§ 6 7 c I StGB). Auch in den Fällen des § 6 7 c II StGB bedarf es zur Vollstreckung der Maßregel einer ausdrücklichen Anordnung der StVollstrK. Diese Regelungen sollen gleichfalls gewährleisten, daß freiheitsentziehende Maßregeln nur im jeweils erforderlichen Umfang vollzogen werden. Ebenso flexibel wie die Reihenfolge der Vollstreckung von Strafe und Maßregel ist auch das Verhältnis jedenfalls der therapieorientierten Maßregeln untereinander geregelt. Nach § 67 a I StGB kann der in einem psychiatrischen Krankenhaus, einer Entziehungsanstalt oder einer sozialtherapeutischen Anstalt Untergebrachte nachträglich in den Vollzug einer der beiden anderen Maßregeln überwiesen werden, wenn seine Resozialisierung dadurch besser gefördert werden kann. Auch ein in Sicherungsverwahrung Untergebrachter kann nachträglich in den Vollzug einer therapieorientierten Maßregel überwiesen werden. Das StGB schließt nur die Möglichkeit aus, Verurteilte, gegen die eine therapieorientierte Maßregel angeordnet ist, der Sicherungsverwahrung zuzuführen. Zuständig für jene Entscheidungen ist wiederum die StVollstrK. Sinn der Regelung ist es gleichfalls, den Verurteilten in die für seine Behandlung am besten geeignete Anstalt einzuweisen. Natürlich richten sich dann die Fristen für die Dauer der Unterbringung und die Überprüfung nach den Vorschriften, die für die ursprünglich angeordnete Maßregel gelten

323

II. Der Vollzug freiheitsentziehender Maßregeln

( § 6 7 a I V StGB). Auch die Entscheidungen nach § 6 7 a l und II StGB können erforderlichenfalls geändert oder aufgehoben werden (§ 6 7 a III StGB). Denkbar ist ferner, daß zwar die Voraussetzungen für die Anordnung einer therapieorientierten Maßregel vorliegen, aber gleichwohl der Vollzug zum Schutz der Allgemeinheit aufgrund besonderer Umstände nicht erforderlich erscheint. Dieser Sachlage trägt § 67 b StGB Rechnung. Danach setzt das erkennende Gericht zugleich mit der Anordnung der Maßregel deren Vollstreckung zur Bewährung aus, „wenn besondere Umstände die Erwartung rechtfertigen, daß der Zweck der Maßregel auch dadurch erreicht werden kann". In vergleichbarer Weise streben die Vorschriften über die Dauer der Unterbringung (§ 6 7 d StGB), die Überprüfung im Hinblick auf eine etwaige Aussetzung zur Bewährung durch die StVollstrK (S 6 7 c StGB) und den Widerruf der Aussetzung (§§ 6 7 g StGB) möglichst große Flexibilität an. In jedem Falle endet der Vollzug der Maßregel mit Zweckerreichung (§ 6 7 d II StGB).

II. Der Vollzug freiheitsentziehender

Maßregeln

1. Überblick über die Regelungen des StVollzG Das StVollzG regelt lediglich den Vollzug jener Maßregeln detaillierter, der in Justizvollzugsanstalten (§ 139) stattfindet. Das sind die Unterbringung in einer sozialtherapeutischen Anstalt (§§ 123— 128) und in der Sicherungsverwahrung (§§ 1 2 9 - 1 3 5 ) . Hinsichtlich des Vollzugs der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus und in einer Entziehungsanstalt begnügt es sich damit, allgemeine Grundsätze aufzustellen (§§ 136 und 137) sowie auf (sonstige) bundes- und landesrechtliche Vorschriften zu verweisen ($ 138). Damit ist der Gesetzgeber von den Vorschlägen des KE (§§ 127— 131) und des AE (§§ 183—200) abgewichen, auch die Unterbringung in Anstalten außerhalb des Justizvollzugs ausführlicher zu regeln. „Solche Vorschriften hätten in zahlreichen psychiatrischen 21*

324

§ 13 Vollzug der freiheitsentziehenden Maßregeln

Krankenhäusern einen Teil der Patienten besonderen Regelungen unterstellt. Hieraus wären Unzuträglichkeiten zu erwarten gewesen, die bei der ohnehin schwierigen Lage dieser Einrichtungen nicht zu rechtfertigen sind" (BT-Dr. 7/918, 87; krit. hingegen AE, 237). Das StVollzG geht also grundsätzlich davon aus, daß insoweit nach wie vor die bereits bestehenden landesrechtlichen Regelungen gelten, die freilich in erster Linie auf die allgemeinen Bedürfnisse der Krankenbehandlung und -Versorgung in psychiatrischen Einrichtungen zugeschnitten sind. Deshalb läßt es hinsichtlich des Vollzugs der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus und in einer Entziehungsanstalt eine entsprechende Anwendung der für den Vollzug der Freiheitsstrafe maßgebenden Vorschriften (§§ 3 - 1 2 2 ) nicht zu. 2. Unterbringung in einer sozialtherapeutischen Anstalt a) Grundgedanken

der Sozialtherapie

Die Maßregel der Unterbringung in einer sozialtherapeutischen Anstalt ist in Anlehnung an ausländische Vorbilder geschaffen worden. Sie dient der intensiven Behandlung erheblich rückfallgefährdeter und persönlichkeitsgestörter Täter. Der Gesetzgeber knüpfte dabei an sozialpsychiatrische Konzeptionen an, wie sie namentlich in der dänischen Anstalt Herstedvester, der „Van-derHoeven-Kliniek" in Utrecht sowie in der „Maxwell-Jones-Clinic" in London entwickelt worden waren (BT-Dr. V/4095, 27). Auch in der Bundesrepublik werden seit einiger Zeit solche Behandlungsversuche im Rahmen sozialtherapeutischer Anstalten (Abteilungen) unternommen. Sie befinden sich freilich vorerst noch im Stadium des Aufbaus, des Sammeins praktischer Erfahrungen und der Erprobung therapeutischer Modelle (vgl. Müller-Dietz 1974 d, 81 ff.). Deshalb sind Aussagen über das (oder ein) Konzept der Sozialtherapie derzeit allenfalls unter Vorbehalt möglich (vgl. oben § 7 VII 3 a; § 12 III 4 a). Im Prinzip geht es hierbei darum, durch die Schaffung geeigneter Lebensbedingungen im Vollzug ein Behandlungsklima innerhalb der Anstalt zu schaffen, das eine nachhaltige therapeutische und sozialpädagogische Einwirkung auf besonders gestörte und krimi-

II. Der Vollzug freiheitsentziehender Maßregeln

325

nell gefährdete Täter ermöglicht. Im Rahmen einer sog. therapeutischen Gemeinschaft, die alle Anstaltsinsassen und das gesamte Anstaltspersonal einbezieht (vgl. AE, 5 9 f., 225), sollen dann die Fähigkeiten sozialen Lernens und Verhaltens eingeübt und praktiziert werden. Darüber hinaus sollen besondere Behandlungsmethoden, wie etwa analytische Psychotherapie, Gesprächspsychotherapie, Verhaltenstherapie, Sensitivity Training und bisher bekannte und bewährte Formen der Einzeltherapie angewendet werden. Darauf verweist etwa § 65 I 2 StGB, wenn er „von besonderen therapeutischen Mittel(n) und sozialen Hilfen" spricht. Dieser speziellen Funktion entsprechend schreibt § 65 I 2 StGB weiter vor, daß die sozialtherapeutische Anstalt ärztlich geleitet wird. Nach den Vorstellungen des Gesetzgebers soll hierfür in erster Linie ein Therapeut mit psychiatrischer Vorbildung in Betracht kommen (BT-Dr. V / 4 0 9 5 , 3 0 ) . Unabhängig davon ist eine besondere fachliche Qualifikation sämtlicher Anstaltsbediensteten auf den Gebieten der Gruppendynamik und Sozialpädagogik erforderlich - was freilich im Grunde ganz allgemein für einen behandlungsorientierten Vollzug gilt (vgl. Steller 1977, 56ff.). Nach den Vorstellungen des AE unterscheidet sich die sozialtherapeutische Anstalt vom sog. Normalvollzug „nur durch die größere Intensität der resozialisierenden Behandlung" (AE, 225). Ist freilich bereits die Strafanstalt in Form einer problemlösenden Gemeinschaft organisiert, dann bestehen zwischen ihr und der sozialtherapeutischen Anstalt in der Tat keine grundsätzlichen Unterschiede mehr. b) Die Regelung der Unterbringung

im StGB

Gegenwärtig können unter den Voraussetzungen des § 9 1 StVollzG zu Freiheitsstrafen Verurteilte mit Zustimmung des Leiters der sozialtherapeutischen Anstalt (§ 9 III) durch die Vollzugsbehörde in eine'solche Anstalt eingewiesen werden (sog. Vollzugslösung; vgl. oben § 7 VII 3 b; Calliess/Müller-Dietz 1977, Rdnr. 3 zu § 9). Vom Inkrafttreten des § 65 StGB an kann die Unterbringung in einer sozialtherapeutischen Anstalt als bessernde Maßregel durch das erkennende Gericht angeordnet werden.

326

§ 1 3 Vollzug der freiheitsentziehenden Maßregeln

Anders als § 9 StVollzG stellt § 65 StGB jedoch für die Unterbringung in einer sozialtherapeutischen Anstalt nicht auf allgemeine Kriterien der Behandlungsbedürftigkeit, sondern auf bestimmte Tätergruppen ab, die im einzelnen im Gesetz näher umschrieben sind (vgl. im einzelnen Rasch/Kühl, in: Rasch 1977, 203 ff.; Grosbüsch 1977). Gemeinsam ist allen vier Tätergruppen, daß sie kriminell erheblich gefährdet (oder gefährlich) sind und daß darüber hinaus noch Persönlichkeitsstörungen vorliegen, die einer gezielten, längerdauernden Behandlung im Sinne der Rückfallverhütung bedürfen. Dementsprechend umfaßt die erste Gruppe Täter mit schweren Persönlichkeitsstörungen und starker krimineller Vorbelastung (vgl. im einzelnen § 65 I Nr. 1 StGB), während die zweite Gruppe aus Triebtätern besteht, die im Zusammenhang mit ihrem Geschlechtstrieb die Begehung weiterer gravierender Straftaten befürchten lassen (vgl. § 65 I Nr. 2 StGB; dazu BT-Dr. V / 4 0 9 5 , 28). Für beide Gruppen sieht § 65 I 2 StGB eine sog. Eignungsklausel vor: Die Maßregel wird nur dann angeordnet, wenn sie im Hinblick auf die (Re-)Sozialisierung des Täters indiziert ist. Dadurch soll vermieden werden, daß die sozialtherapeutischen Anstalten mit aussichtslosen Fällen belastet werden und in einem Maße Verurteilte aufnehmen müssen, das ihre Kapazität übersteigt (vgl. BT-Dr. V / 4 0 9 5 , 2 8 ) . In gewissem Umfange läßt sich mit den beiden ersten Tätergruppen der Personenkreis derer vergleichen, der zwar die Voraussetzungen für die Unterbringung in einer psychiatrischen Krankenanstalt erfüllt (vgl. § 63 I StGB), aber in einer sozialtherapeutischen Anstalt mit größerer Aussicht auf Erfolg behandelt werden kann (§§ 65 III, 63 II StGB). Auch in diesem Fall macht die Indikationsklausel die Unterbringung des Täters von seiner Eignung für sozialtherapeutische Behandlung abhängig. Eine Ausnahme stellt insoweit die vierte Tätergruppe dar, die sich auch noch in anderer Hinsicht von den übrigen unterscheidet. Nach § 65 II StGB fallen hierunter kriminell erheblich vorbelastete Jungtäter, die sich zu Hangtätern zu entwickeln drohen. In diesen Fällen soll unabhängig von konkreten Erfolgsaussichten durch intensive sozialtherapeutische Behandlung versucht werden, ein weiteres kriminelles Abgleiten zu verhindern; deshalb will das StGB hier im Hinblick

II. Der Vollzug freiheitsentziehender Maßregeln

327

auf das relativ junge Alter der Tätergruppe auf jeden Fall nochmals eine solche Chance sozialer Eingliederung eröffnen (vgl. BT-Dr. V / 4 0 9 5 , 2 9 ) . Für die beiden ersten Tätergruppen (§ 65 I Nr. 1 und 2 StGB) und die zuletzt genannte (§ 65 II StGB) ist die Dauer der Unterbringung auf fünf Jahre begrenzt (§ 67 d 11 StGB). Erfolgt die Unterbringung hingegen nach § 65 III StGB, dann ist sie wie die Unterbringung in einer psychiatrischen Krankenanstalt zeitlich unbefristet, weil der Täter die Voraussetzungen für die Anordnung dieser Maßregel an sich erfüllt (BT-Dr. V/4095, 33). Die Frist für die gerichtliche Prüfung, ob die weitere Vollstreckung der Unterbringung zur Bewährung auszusetzen ist, beträgt ein Jahr (§ 6 7 e i l StGB). Sie kann (wie alle derartigen Fristen) gekürzt werden (§ 6 7 e III 1 StGB). Die Kriterien für die Anordnung der Unterbringung in einer sozialtherapeutischen Anstalt sind umstritten. Dies gilt nicht nur hinsichtlich des nur schwer zu deutenden Begriffs der „schweren Persönlichkeitsstörung", sondern auch im Hinblick auf die Zusammenfassung derart heterogener Tätergruppen, wie sie § 65 StGB vorsieht. Tritt die Vorschrift in der verabschiedeten Fassung in Kraft, werden die sozialtherapeutischen Anstalten vermutlich genötigt sein, weitere Differenzierungen vorzunehmen. Ungeklärt ist auch, wer die für eine Begutachtung nach § 65 StGB erforderliche Sachkunde mitbringt (vgl. Rasch/Kühl, in: Rasch 1977, 207f.). Da bisher Erfahrungen mit dem Personenkreis des § 65 StGB auf breiterer Grundlage nicht gesammelt werden konnten, bleibt abzuwarten, ob und inwieweit sich dieser großangelegte Therapieversuch bewähren wird. c) Die Regelung der Unterbringung im StVollzG Da nach § 124 StVollzG grundsätzlich die Vorschriften über den Vollzug der Freiheitsstrafe (§§ 3—122) auf den der Unterbringung in einer sozialtherapeutischen Anstalt entsprechend anzuwenden sind, beschränkt sich das Gesetz auf eine Regelung der Besonderheiten, die den Maßregelvollzug vom Strafvollzug unterscheiden. Abweichungen ergeben sich namentlich hinsichtlich des Behand-

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§ 1 3 Vollzug der freiheitsentziehenden Maßregeln

lungsziels (§ 123), spezieller Maßnahmen (§§ 125 und 126) und der Ausstattung (§ 127) der sozialtherapeutischen Anstalt. Ferner enthält das Gesetz eine Sonderregelung für sozialtherapeutische Behandlung in Frauenanstalten (§ 128). Schließlich sind noch die §§ 140 11 und 143 III einschlägig, wonach die Unterbringung nach § 65 StGB in besonderen Anstalten vollzogen wird und diese Anstalten nicht mehr als 200 Plätze haben dürfen. Gemessen an den Erwartungen, die seinerzeit an die Einführung der neuen freiheitsentziehenden Maßregel geknüpft wurden, und den Vorstellungen, die sich mit der Ausgestaltung der Sozialtherapie verbinden (vgl. BT-Dr. V/4095, 27 ff.), sind die einschlägigen Vorschriften des StVollzG freilich recht karg ausgefallen. Auch insoweit wartet der AE mit wesentlich detaillierteren Vorschlägen auf, obwohl diese sich bereits auf überaus gründliche Regelungen des Strafvollzugs stützen können (AE, 225). So finden sich im AE etwa Sondervorschriften über die Gliederung der sozialtherapeutischen Anstalt (§ 163), das Anstaltspersonal (§§ 164, 165) und die Anstaltsleitung (§ 166) sowie über die Therapie (§§ 167-169). Das StVollzG geht zwar von der entsprechenden Anwendung der Vorschriften über den Vollzug der Freiheitsstrafe aus, soweit die Sonderregelungen nicht entgegenstehen. Indessen steht dahinter die Erwartung, daß die im Strafvollzug bestehenden Eingriffsbefugnisse zumindest teilweise im Vollzug der Maßregel gegenstandslos werden (BT-Dr. 7/918, 88). Die intensivere Behandlung der Insassen, vor allem in Gruppen, ihre stärkere Beteiligung an Anstaltsangelegenheiten können dazu beitragen, daß der Gesichtspunkt der Freiwilligkeit über die § § 4 1 1 und 81 I hinaus im Rahmen der Sozialtherapie größere Bedeutung gewinnt. Von ihrem grundsätzlichen Konzept aus muß die sozialtherapeutische Anstalt jedenfalls versuchen, in weitgehendem Umfang ohne Disziplinarmaßnahmen (§§ 102ff.) und besondere Sicherungsmaßnahmen (§ 88) auszukommen. Inwieweit das praktisch gelingt, hängt nicht nur von ihrer Klientel, sondern auch von der Verwirklichung des Grundgedankens der „therapeutischen (oder problemlösenden) Gemeinschaft" ab. § 123 StVollzG formuliert das Behandlungsziel im Anschluß an § 65 12 StGB und § 2 Satz 1 StVollzG: „Die besonderen thera-

II. Der Vollzug freiheitsentziehender Maßregeln

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peutischen Mittel und sozialen Hilfen der sozialtherapeutischen Anstalt sowie die nachgehende Betreuung durch Fachkräfte sollen den Untergebrachten befähigen, künftig in sozialer Verantwortung ein Leben ohne Straftaten zu führen." Als Besonderheit ist hier die nachgehende Betreuung hervorgehoben. Sie spielt im Konzept der sozialtherapeutischen Anstalt eine wichtige Rolle. Nach der Entlassung muß die Behandlung in vielen Fällen fortgesetzt werden (BT-Dr. 7/918, 88 f.). Werden doch in der sozialtherapeutischen Anstalt vor allem solche Täter untergebracht, die erhebliche Schwierigkeiten hinsichtlich der Lebensbewältigung und der Führung eines sozial verantwortlichen Lebens haben. Deshalb muß die Anstalt in einem Maße mit Fachkräften ausgestattet sein, daß sie eine nachgehende Betreuung gewährleisten kann (§ 1271). Aus dem gleichen Grunde schreibt § 127 II vor, den sozialtherapeutischen Anstalten Heime für beurlaubte, bedingt entlassene und andere ehemalige Untergebrachte anzugliedern; allerdings ist diese Regelung bis 31. 12. 1985 aus Kostengründen suspendiert (S 198 II Nr. 3). Schließlich sieht § 125 als Maßnahme der sog. Krisenintervention die freiwillige Aufnahme ehemaliger Untergebrachter in die sozialtherapeutische Anstalt vor (vgl. oben § 7 VIII4). Danach kann ein früherer Untergebrachter auf seinen Antrag vorübergehend wieder aufgenommen werden, „wenn das Ziel seiner Behandlung erneut gefährdet und ein Aufenthalt in der Anstalt aus diesem Grunde gerechtfertigt ist" (§ 125 11). Die Aufnahme ist jederzeit widerruflich (§ 125 I 2). Diese Maßnahme hatte bereits die „Denkschrift über die Behandlung von kriminell stark gefährdeten jungen Tätern" (1970, 38 f.) vorgeschlagen. Sie ist dann vom KE (§ 68 a) und AE (§ 69) zu einer allgemeinen Einrichtung des Straf- und Maßregelvollzugs weiterentwickelt worden; der AE hat es sogar für erforderlich gehalten, auch das Verbleiben Untergebrachter auf freiwilliger Grundlage über den Entlassungszeitraum hinaus (§ 69 I) und die freiwillige Selbstverwahrung anderer Personen (§ 70 I) vorzusehen. Das StVollzG hat hingegen den Anwendungsbereich dieses neuartigen Instituts, das dem Entlassenen eine Hilfe bieten und damit dem Rückfall entgegenwirken soll (BT-Dr. 7/918, 88), nach dem

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§ 13 Vollzug der freiheitsentziehenden Maßregeln

Vorgang des RE (§ 112) auf die sozialtherapeutische Anstalt beschränkt (kritisch Calliess/Müller-Dietz 1977, Rdnr. 2 zu § 125). Einbezogen sind allerdings jene Strafgefangenen, die nach ihrer Verlegung (§ 9) aus der sozialtherapeutischen Anstalt entlassen worden sind (§125 IV). Es entspricht der Eigenart einer solchen „Krisenintervention", daß Vollzugsmaßnahmen gegen den Aufgenommenen nicht mit unmittelbarem Zwang (§ 94—101) durchgeführt werden dürfen (§ 125 II) und daß er auf seinen Antrag unverzüglich entlassen werden muß (§ 125 III). Die Anstalt kann ihn also, weil eine rechtliche Grundlage für zwangsweisen Freiheitsentzug nicht mehr besteht, auch dann nicht gegen seinen Willen festhalten, wenn sie dies im Hinblick auf sein eigenes wohlverstandenes Interesse für erforderlich halten sollte. Der Urlaub zur Entlassungsvorbereitung (§ 15 III und IV) ist gleichfalls besonders ausgestaltet worden. Mehr noch als im Strafvollzug soll der Übergang in die Freiheit Bestandteil des Behandlungsprogramms werden. Deshalb soll die Anstalt in die Lage versetzt werden, die Entlassungsreife der Insassen über einen längeren Zeitraum hinweg im Wege einer Beurlaubung zu erproben, Beurlaubte aber auch jederzeit ohne Schwierigkeiten aufzunehmen, falls dies aus Behandlungsgründen notwendig ist (BTDr. 7/918,88). Dementsprechend sieht § 126 I vor, daß der Anstaltsleiter Insassen zur Vorbereitung der Entlassung bis zu sechs Monaten beurlauben kann. Dem Beurlaubten sollen für den Urlaub Weisungen erteilt werden (§ 126 II 2). In Betracht kommt namentlich die Weisung, sich der Betreuung einer Fachkraft der Anstalt oder einer sonstigen Betreuungsperson zu unterstellen und in bestimmten Abständen für kurze Zeit in die Anstalt zurückzukehren (§ 126 II 2). Anders als nach §§ 15 III und IV, 14 II kann der Urlaub nur aus Behandlungsgründen widerrufen werden; der Widerruf ist dann allerdings obligatorisch (§ 126 III). Aus der Beurlaubung ergeben sich möglicherweise Konsequenzen für die Aussetzung der Unterbringung zur Bewährung (§ 67 d II StGB). Hat sich der Beurlaubte über längere Zeit bewährt, sollte der Vollzug der Maßregel ausgesetzt werden. Deswegen empfiehlt es sich für den Anstaltsleiter, vor der Entscheidung über den Urlaub mit der zuständigen StVollstrK Verbindung aufzunehmen

II. Der Vollzug freiheitsentziehender Maßregeln

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(vgl. BT-Dr. 7/918, 88; Calliess/Müller-Dietz 1977, Rdnr. 2 zu § 126).

Nach § 128 kann die Maßregel des § 65 StGB in bezug auf Frauen auch in Frauenstrafanstalten vollzogen werden, wenn diese für sozialtherapeutische Behandlung eingerichtet sind. Dem liegt die Vorstellung zugrunde, daß der Strafvollzug an Frauen ohnehin weitgehend sozialtherapeutischen Charakter trägt (vgl. BT-Dr. 7/918, 89; unten § 14 II). Größere praktische und rechtliche Bedeutung erlangen die Vorschriften über die Sozialtherapie erst mit dem Inkrafttreten des § 65 StGB, das aus finanziellen und anderen Gründen wiederholt hinausgeschoben worden ist. Bis dahin stellt das System freiheitsentziehender Maßregeln ohnehin einen Torso dar, weil sein Kernstück - die Unterbringung in einer sozialtherapeutischen Anstalt suspendiert ist (vgl. Lackner, StGb, 11. Aufl., 1977, Vorbem. 2 vor § 63). 3. Unterbringung in der Sicherungsverwahrung a) Die Regelung der Unterbringung im StGB § 66 StGB regelt die Voraussetzungen für die Unterbringung in der Sicherungsverwahrung. Die Vorschrift gilt derzeit in einer Übergangsfassung. Grund dafür ist wiederum die Suspendierung des § 65 StGB. Gegenwärtig besteht deshalb die Möglichkeit der Unterbringung kriminell besonders gefährdeter Jungtäter in einer sozialtherapeutischen Anstalt nicht. Für diese Personengruppe steht daher - außer der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus oder in einer Entziehungsanstalt — derzeit nur die freiheitsentziehende Maßregel der Sicherungsverwahrung zur Verfügung. Daher kennt die Übergangsfassung des § 66 StGB keine altersmäßigen Voraussetzungen, sondern stellt nur auf das Ausmaß krimineller Gefährdung und Gefährlichkeit des Täters ab. Vom Inkrafttreten des § 65 StGB an kann jene Personengruppe jedoch in der sozialtherapeutischen Anstalt untergebracht werden (S 65 II StGB). Dem trägt die künftige Fassung des § 66 StGB Rechnung. Danach müssen die Anlaßtaten, die zur Anordnung

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§ 1 3 Vollzug der freiheitsentziehenden Maßregeln

der Unterbringung in der Sicherungsverwahrung führen, nach dem 25. Lebensjahr begangen worden sein (§ 66 I und II StGB i.d.F. des Art. 18 IV EGStGB vom 2. 3 . 1 9 7 4 [BGBl. I 469]). Von dieser Besonderheit abgesehen stimmen jedoch gegenwärtige und künftige Fassung des § 66 StGB darin überein, daß die Sicherungsverwahrung als sichernde Maßregel für solche Täter vorgesehen ist, die kriminell bereits erheblich belastet und infolge eines Hanges zu schwerwiegenden Straftaten für die Allgemeinheit gefährlich sind (§ 66 I Nr. 3, II). Danach erfaßt diese Maßregel den Personenkreis der sog. Hangtäter, bei denen eine eingewurzelte, aufgrund charakterlicher Veranlagung bestehende oder durch Übung erworbene Neigung zu Rechtsbrüchen vorliegt (Lackner, StGB, 11. Aufl., 1977, § 6 6 Anm. 5 a a a ) und mit der Begehung weiterer Straftaten zu rechnen ist, die „schon nach ihrer objektiven schädlichen Wirkung oder Gefährlichkeit geeignet sind, den Rechtsfrieden empfindlich zu stören" (Lackner, § 66 Anm. 5 a bb). Aufgrund ihres besonderen Schutzzwecks kann die erstmalige Unterbringung in der Sicherungsverwahrung bis zu zehn Jahren dauern (§ 67 d 11 StGB). Im Wiederholungsfall ist die Vollstrekkung sogar zeitlich unbefristet (vgl. § 67 d II StGB). Die Maßregel wird vollstreckt, bis verantwortet werden kann zu erproben, ob der Untergebrachte außerhalb des Vollzugs keine Straftaten mehr begehen wird (§ 67 d II StGB). Die Frist für diese Überprüfung beträgt jeweils zwei Jahre (§ 67 e II StGB). Die StVollstrK kann die Frist — wie auch sonst — kürzen (§ 67 e III 1). b) Die Regelung der Unterbringung im StVollzG Hinsichtlich der Ausgestaltung der Sicherungsverwahrung stehen zwei Gesichtspunkte im Vordergrund. Einmal soll sie von ihrer grundsätzlichen Aufgabe her einen möglichst nachhaltigen Schutz der Allgemeinheit vor kriminell gefährlichen Tätern bieten. Zum zweiten ist es wegen der damit verbundenen Belastungen, namentlich der Länge des Freiheitsentzuges, im Hinblick auf die Menschenwürde (Art. 1 I GG) und den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz geboten, dem Untergebrachten die Führung eines sinnvollen

II. Der Vollzug freiheitsentziehender Maßregeln

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Lebens zu ermöglichen und Hafterleichterungen zu gewähren (vgl. BT-Dr. 7/918,89; AE, 23Off.; Calliess/Müller-Dietz 1977, Rdnr. 1 zu § 131; zum Vollzug der Sicherungsverwahrung MeyerVelde, in: Schwind/Blau, 65—70). Die Maßregel wird ja im Anschluß an die Freiheitsstrafe, also zusätzlich zu dieser vollzogen (vgl. § 67 I StGB). Deswegen trifft das StVollzG namentlich insoweit Sonderregelungen (§§ 129, 131-134) und beschränkt sich im übrigen darauf, die Vorschriften über den Vollzug der Freiheitsstrafe für entsprechend anwendbar zu erklären (§ 130). Da die Zahl der Frauen, gegen die Sicherungsverwahrung angeordnet wird, durchweg überaus gering ist (am 31.3. 1975 lediglich vier), sieht § 135 außerdem vor, daß die Sicherungsverwahrung an Frauen in entsprechend eingerichteten Frauenstrafanstalten durchgeführt werden kann (BT-Dr. 7/918, 90). § 129 Satz 1 bezeichnet — vom Schutz der Allgemeinheit ausgehend — als Ziel des Maßregelvollzugs die sichere Unterbringung. Darüber hinaus soll dem Untergebrachten Hilfe zur Eingliederung geleistet werden (§ 129 Satz 2). Auch im Vollzug der Sicherungsverwahrung soll auf solche Bemühungen nicht verzichtet werden. Deshalb kann er aus Gründen der Entlassungsvorbereitung gelokkert werden; dem Untergebrachten kann bis zu einem Monat Sonderurlaub gewährt werden (§ 134). Diese Regelung ist vergleichsweise restriktiv. KE (§ 126) und AE (§§ 182, 170) hatten demgegenüber vorgeschlagen, Sonderurlaub bis zu einem Jahr zuzulassen. Der Gesetzgeber hat eine solche Dauer indessen nicht für vertretbar erachtet, weil im Vollzug der Sicherungsverwahrung keine der Sozialtherapie vergleichbare Behandlung und Nachbetreuung geleistet werden könnten (BT-Dr. 7/918, 90). Hier werden Unterschiede in der personellen Ausstattung solcher Anstalten sowie in der Behandlung der Insassen gegenüber dem Vollzug im übrigen sichtbar. Auf der anderen Seite sieht das Gesetz für den Untergebrachten eine Reihe von Hafterleichterungen vor. Einmal verpflichtet es die Vollzugsbehörden über § 3 hinaus, „zur Vermeidung der Haftschäden Vorkehrungen zu treffen und Hilfe zu leisten" (BT-Dr. 7/918, 89; vgl. im einzelnen Calliess/Müller-Dietz 1977, Rdnrn. 2 und 3 zu § 131). Dem sollen vor allem die Ausstattung der Haft-

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§ 1 3 Vollzug der freiheitsentziehenden Maßregeln

räume und besondere Maßnahmen der Förderung und Betreuung entsprechen (§ 131 Satz 1). Die Vollzugsbehörde ist gehalten, nach Möglichkeit den persönlichen Bedürfnissen des Untergebrachten Rechnung zu tragen (§ 131 Satz 2). Allerdings hält es der Gesetzgeber nicht für möglich, in gleicher Weise auf persönliche Wünsche des Untergebrachten Rücksicht zu nehmen, wie es der KE (§123 112) vorgeschlagen hatte (vgl. BT-Dr. 7/918, 89). Der Untergebrachte darf indessen eigene Kleidung, Wäsche und eigenes Bettzeug benutzen, wenn dies mit der Sicherheit vereinbar ist und er selbst für Reinigung, Instandsetzung und regelmäßigen Wechsel auf eigene Kosten sorgt (§ 132). Ebenso darf er sich selbst beschäftigen, wenn dies der allgemeinen Funktion der Arbeit (§ 371) dient ($ 133 I). 4. Unterbringung in Anstalten außerhalb des Justizvollzugs a) Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus Die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus (§ 63 StGB) gehört zu jenen freiheitsentziehenden Maßregeln, deren Anordnung nicht von etwaigen Erfolgsaussichten der Behandlung oder von der Heil- oder Pflegebedürftigkeit des Täters abhängt. § 63 I StGB stellt lediglich darauf ab, daß von dem schuldunfähigen (§ 20 StGB) oder vermindert schuldfähigen (§ 21 StGB) Täter infolge seines Zustandes eine erhebliche kriminelle Gefahr für die Allgemeinheit ausgeht. Hiernach muß der Mangel, der die Schuldfähigkeit beeinträchtigt, auf einer geistigen Erkrankung oder jedenfalls auf einem länger andauernden psychischen Defekt beruhen (vgl. Lackner, StGB, § 63 Anm. 2 b) und die Gefährdung der Allgemeinheit begründen. Dementsprechend rekrutiert sich der Personenkreis des § 63 I StGB aus psychisch kranken Tätern. Liegen jene Voraussetzungen vor, dann ist die — zeitlich unbefristete (vgl. § 67 d 11 StGB) — Maßregel ohne Rücksicht darauf anzuordnen, ob im Einzelfall noch eine Rehabilitation oder (Re-) Sozialisierung des Täters in Betracht kommt. Fehlen Erfolgsaussichten, erfüllt die Unterbringung nur mehr Sicherungsfunktion. Dies kommt auch in der Grundsatzregelung des StVollzG zum Ausdruck. § 136 Satz 1 zufolge richtet sich die Behandlung des

II. Der Vollzug freiheitsentziehender Maßregeln

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Untergebrachten in einem psychiatrischen Krankenhaus nach ärztlichen Gesichtspunkten. „Soweit möglich, soll er geheilt oder sein Zustand gebessert werden, daß er nicht mehr gefährlich ist. Ihm wird die nötige Aufsicht, Betreuung und Pflege zuteil" (§ 136 Satz 2 und 3). Ist eine Behandlung zum Zwecke der (Re-)Sozialisierung aussichtslos, beschränkt sich der Schutz der Allgemeinheit auf eine sichere Unterbringung des Täters (BT-Dr. 7 / 9 1 8 , 9 0 ; Calliess/Müller-Dietz 1977, Rdnr. zu § 136). Sobald § 65 StGB in Kraft tritt, gewinnen indessen Behandlungsgesichtspunkte größere Bedeutung. Denn dann sind Täter, bei denen die Voraussetzungen für die Unterbringung nach § 63 I StGB vorliegen, statt in einem psychiatrischen Krankenhaus in einer sozialtherapeutischen Anstalt unterzubringen, wenn deren besondere therapeutische Mittel und soziale Hilfen zur Resozialisierung besser geeignet sind (§§ 65 III, 63 II StGB). Offen ist freilich vorerst noch, in welchem Umfange diese im Hinblick auf eine optimale Behandlung der Straftäter begrüßte Regelung (vgl. Bericht über die Lage der Psychiatrie in der Bundesrepublik Deutschland = BT-Dr. 7/4200,284f.) die psychiatrischen Krankenhäuser entlasten wird (vgl. Ehrhardt, in: Straf- und Maßregelvollzug 1974, 152ff.). Verschiedentlich wird auch befürchtet, daß in die psychiatrischen Krankenhäuser dann lediglich unbehandelbare Delinquenten eingewiesen würden (Ehrhardt, in: Straf- und Maßregelvollzug, 156f.; BT-Dr. 7/4200,419). Das StVollzG regelt über die Grundsatzvorschrift des § 136 hinaus den Vollzug der Unterbringung nicht näher, sondern begnügt sich im übrigen mit einer Verweisung auf Landesrecht (§ 138). Damit ergibt sich auch künftig die Frage nach der Ausgestaltung der Behandlung psychisch kranker Täter im psychiatrischen Krankenhaus. Sie stellt derartige Einrichtungen vor erhebliche Probleme, weil sie einmal weitgehend mit allgemeinen Aufgaben der Krankenbehandlung und -Versorgung ausgelastet sind und weil die personellen, baulichen und organisatorischen Voraussetzungen für eine sinnvolle Behandlung jener besonderen Gruppe vielfach fehlen. Noch immer fristet der Maßregelvollzug im psychiatrischen Krankenhaus eine randständige Rolle (Ehrhardt, in: Strafund Maßregelvollzug, 157). Der „Bericht über die Lage der Psych-

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§ 13 Vollzug der freiheitsentziehenden Maßregeln

iatrie" stellt hierzu sogar fest, die Praxis der strafrichterlichen Unterbringung im psychiatrischen Krankenhaus nehme eine „Schlußlichtposition im Versorgungsbereich" ein. „Hier kommt es weitgehend darauf an, überhaupt erst einmal dem heutigen Justizvollzug vergleichbare Mindestbedingungen einer menschenwürdigen Unterbringung zu gewährleisten" (BT-Dr. 7 / 4 2 0 0 , 2 8 2 ) . Neben der Verbesserung des therapeutischen Angebots, das die Anwendung pharmakotherapeutischer und sozialpsychiatrischer Behandlungsverfahren sowie die Entwicklung spezieller Rehabilitationsprogramme umfassen sollte (BT-Dr. 7/4200, 283), erscheint auch eine Angleichung der Rechtsstellung des Untergebrachten an die des Strafgefangenen geboten, soweit ärztliche Gesichtspunkte nicht entgegenstehen (vgl. AE, 237; Calliess/Müller-Dietz 1977, Rdnr. 3 zu § 138). b) Unterbringung in einer Entziehungsanstalt Die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt stellt eindeutig eine Maßregel mit Heilcharakter dar. Denn nach § 64 II StGB unterbleibt die Anordnung, wenn eine Entziehungskur aussichtslos erscheint. Bloße Zweifel in bezug auf die Erfolgschancen einer Behandlung schließen die Anordnung allerdings nicht aus. Dementsprechend dient die Unterbringung dazu, alkohol- und drogenabhängige Täter von ihrer Sucht oder ihrem Hang zu befreien, der die Gefahr weiterer erheblicher Straffälligkeit begründet (§ 64 I StGB). Dieser Aufgabe gemäß definiert § 137 StVollzG das Behandlungsziel: Der Untergebrachte soll von seinem Hang geheilt, die zugrundeliegende Fehlhaltung soll behoben werden. Da Entziehungskuren über die Dauer von zwei Jahren hinaus erfahrungsgemäß sowohl bei Trinkern als auch bei anderen Suchtkranken keinen Erfolg versprechen, vielmehr sich eher nachteilig auswirken, begrenzt § 6 7 d l 1 StGB die Höchstdauer der Unterbringung (auch im Wiederholungsfalle) auf diesen Zeitraum (BT-Dr. V/4095,33). Die nähere Ausgestaltung des Vollzugs der Unterbringung überläßt das StVollzG (ebenso wie hinsichtlich des psychiatrischen Krankenhauses) dem Landesrecht (§ 138). Die verschiedentlich geforderte Angleichung der Rechtsstellung suchtkranker Straftäter

I. Ubersicht

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an die Rechtsstellung der Strafgefangenen steht daher noch aus (vgl. AE, 245). Auch das Behandlungsproblem ist derzeit noch nicht befriedigend gelöst. Da bisher nur wenige leistungsfähige Entziehungsanstalten existieren, werden alkohol- und drogensüchtige Rückfalltäter meist in psychiatrischen Krankenhäusern untergebracht (vgl. BT-Dr. 7/4200,284). Es müssen daher erst einmal die notwendigen Einrichtungen geschaffen werden. Freilich wird auch die Auffassung vertreten, für den Personenkreis des § 64 StGB (und den des § 63 StGB) sollten nach österreichischem Muster justizeigene Sonderanstalten vorgesehen werden (vgl. BTDr. 7/4200,420).

§ 14 Frauenstrafvollzug, Jugendstrafvollzug suchungshaftvollzug

und

Unter-

I. Übersicht Ebenso wie der Maßregelvollzug, vor allem die Sicherungsverwahrung (vgl. Krebs, in: Straf- und Maßregelvollzug 1974,121 ff.), ein Schattendasein am Rande des Strafvollzugs im ganzen fristete, wurden auch andere Vollzugsarten, teils rechtlich, teils praktisch vielfach vernachlässigt. Dies trifft sicher auf den Frauenstrafvollzug zu (vgl. Einsele 1975, 640), gilt aber in mancher Hinsicht zugleich für den Jugendstrafvollzug und den Vollzug der Untersuchungshaft. Zum Teil liegt das daran, daß sich das Bild vom Vollzug insgesamt in erster Linie an denjenigen Anstalten orientierte, in denen sich die zahlenmäßig größte Gruppe der Anstaltsiiisassen, nämlich die erwachsenen männlichen Strafgefangenen, befinden. So waren von den insgesamt 30.128 Strafgefangenen, die sich am 30. 6.1976 im Vollzug von Freiheitsstrafen befanden, lediglich 890 weiblichen Geschlechts. Die Gesamtzahl der Jugendstrafgefangenen belief sich am Stichtag auf 5.683, während immerhin gegen 13.925 Personen Untersuchungshaft vollstreckt wurde. Hiernach betrug der Anteil der erwachsenen männlichen Strafgefangenen an der Gesamtzahl sämtlicher Insassen von Vollzugsanstalten ( = 57.583) mehr als die Hälfte. 22

Müller D i e ; / , StrafvoUzugsrecht

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§ 14 Frauen-, Jugend- und Untersuchungshaftvollzug

Zum Teil ist jene Vernachlässigung aber auch Folge mangelnder Differenzierung und Individualisierung im Vollzug, die weder den besonderen Bedürfnissen bestimmter Personengruppen noch den spezifischen Erfordernissen bestimmter Vollzugsarten hinreichend gerecht wird. Freilich ist die Lage hinsichtlich des Frauenstrafvollzugs, des Jugendstrafvollzugs und des Vollzugs der Untersuchungshaft insoweit in mehrfacher Hinsicht doch recht verschieden. Der Frauenstrafvollzug wurde traditionell wohl im Hinblick auf die geringe Anzahl Inhaftierter in der Praxis am meisten vernachlässigt. Im StVollzG ist ihm ein besonderer Titel gewidmet worden (SS 76—80); darüber hinaus kennt das Gesetz über den Trennungsgrundsatz des S 140 II hinaus weitere Spezialregelungen für den Straf- und Maßregelvollzug an Frauen ( S S 128, 135, 142, 143 III). Ungleich günstiger ist es um die Praxis des Jugendstrafvollzugs (im Vergleich zum Frauenstrafvollzug) bestellt. Hat sie doch, gefördert durch die allgemeine „Vorreiterfunktion" des Jugendstrafrechts, manche Entwicklung eingeleitet und Neuerungen hervorgebracht, die erst allmählich in den Erwachsenenstrafvollzug Eingang fanden (vgl. Jung 1977 c). Vor allem hat sich hier der das Jugendstrafrecht beherrschende Erziehungsgedanke ausgewirkt und sowohl in rechtlichen Regelungen ( $ 9 1 JGG) wie in der praktischen Ausgestaltung des Vollzugs niedergeschlagen. Indessen sind auch auf dem Gebiet des Jugendstrafvollzugs Reformbestrebungen im Gange. Da das StVollzG ihn weitgehend ausspart (vgl. oben S 5 I), das J G G auf der anderen Seite detailliertere Regelungen vermissen läßt, besteht Einigkeit darüber, daß er auf neue Rechtsgrundlagen gestellt werden muß (vgl. Jung 1977 c ; Schüler-Springorum, Hauptprobleme einer gesetzlichen Regelung des Jugendstrafvollzugs, in: Festschrift für Th. Würtenberger, 1977, 425— 447). Schon die StVK ist dafür eingetreten (vgl. ZfStrVo 1971/72, 357). Aufgrund eines Beschlusses des Bundestages bereitet derzeit eine Kommission ein Gesetz über den Jugendstrafvollzug vor (vgl. ZfStrVo 1976, 2 4 4 ; 1977, 59), nachdem Bestrebungen zur gänzlichen oder teilweisen Ablösung der Jugendstrafe durch (freiheits-

II. Frauenstrafvollzug

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entziehende) Maßnahmen oder Hilfen eines neu zu schaffenden Jugendhilferechts zumindest vorerst gescheitert sind. Die Untersuchungshaft selbst ist vom Strafvollzug streng zu unterscheiden (vgl. oben § 1 I 3). Sie steht jedoch mit diesem insofern in einem sachlichen Zusammenhang, als sie gleichfalls in Justizvollzugsanstalten vollstreckt wird. Die Reformbedürftigkeit des Untersuchungshaftvollzugs ist weitgehend anerkannt. Auch hält man aus rechtsstaatlichen Gründen verschiedentlich die bisherigen Rechtsgrundlagen ( § 1 1 9 StPO) für unzureichend und fordert deshalb eine detailliertere Regelung (vgl. die Entschließung der StVK, ZfStrVo 1 9 7 1 / 7 2 , 3 5 7 f . ; Dünnebier, Reform der Untersuchungshaft? In: Probleme der Strafprozeßreform, 1975, 29ff. [40ff.]).

II.

Frauenstrafvollzug

1. Grundfragen Der Frauenstrafvollzug leidet einmal — paradoxerweise — unter der geringen Anzahl inhaftierter Frauen. Differenzierungen hinsichtlich der Unterbringung, Betreuung und Behandlung werden dadurch erheblich erschwert. Da die Frauenstrafanstalten regelmäßig mit wesentlich weniger Insassen belegt sind als Männeranstalten, ist auch das Angebot an Arbeits-, Weiterbildungs- und Freizeitmöglichkeiten vergleichsweise begrenzt. Es fehlt dementsprechend an den erforderlichen Fachkräften und Einrichtungen (vgl. Eidt 1974, 118). Dabei würden gerade kleinere Anstalten oder Abteilungen eine intensivere, individuellere Behandlung ermöglichen. Jener Mangel erschwert es zugleich, den besonderen Bedürfnissen inhaftierter Frauen Rechnung zu tragen. Sie ergeben sich namentlich aus den Beziehungen zu den Angehörigen, vor allem zu den Kindern. Aber auch das Verhältnis zu den Mitgefangenen ist vielfach durch die eigene Vorgeschichte belastet. Untersuchungen zufolge findet sich ein hoher Anteil schwieriger Persönlichkeiten unter den Insassen von Frauenstrafanstalten. Häufig beruht die 22'

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§ 14 Frauen-, Jugend- und Untersuchungshaftvollzug

Kriminalität bei ihnen eher auf psychischen Störungen als auf äußeren Anlässen. Folgen solcher Fehlentwicklungen sind vielfach Selbstunsicherheit, depressive und aggressive Tendenzen (vgl. Einsele 1975, 642f.; Eidt 1974, 118). Deshalb bedeuten in einer solchen Situation Hebung des Selbstwertgefühls und personale Zuwendung existentielle Voraussetzungen für eine soziale Eingliederung. Auch in diesem Zusammenhang kommt der Aufrechterhaltung und Stärkung von Bindungen an die eigenen Kinder und an die Familie erhebliche Bedeutung zu. Deshalb gehen die Forderungen — teilweise auch die Entwicklung in der Praxis — dahin, die Trennung von Mutter und Kind durch Schaffung von Kinderheimen in den Anstalten zu beseitigen, soweit dadurch der Sozialisationsprozeß des Kindes nicht belastet wird (vgl. Einsele 1975, 650; Eidt 1974, 118). 2. Die Regelung im StVollzG Das StVollzG sieht vor, daß Frauen getrennt von Männern in besonderen Frauenanstalten unterzubringen sind (§ 140 II 1). Aus besonderen Gründen genügen aber auch getrennte Abteilungen in Männeranstalten (§ 140 II 2). Mit dieser Regelung will das Gesetz dem Gesichtspunkt der geringen Zahl Rechnung tragen (BT-Dr. 7/918, 92). Daß der Trennungsgrundsatz jedoch nicht uneingeschränkt gilt, sondern vielmehr durchbrochen werden darf, um die Teilnahme an Behandlungsmaßnahmen zu ermöglichen (§ 140 III; vgl. oben § 8 I I a ) , hat gerade für inhaftierte Frauen erhebliche Bedeutung. Dadurch kann bis zu einem gewissen Grade das Fehlen spezieller Möglichkeiten der Ausbildung, Beschäftigung, Therapie und Freizeitgestaltung in Frauenanstalten ausgeglichen werden. Die Forderung, die Kinder im Rahmen des Möglichen und Vertretbaren bei ihren Müttern zu belassen, haben die §§ 80 und 142 weitgehend übernommen. Nach § 80 I kann das noch nicht schulpflichtige Kind einer Gefangenen mit Zustimmung des Inhabers des Aufenthaltsbestimmungsrechts in der Vollzugsanstalt untergebracht werden, in dem sich seine Mutter befindet. Voraussetzung ist, daß dies dem Wohl des Kindes entspricht. Vor der Unter-

II. Frauenstrafvollzug

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bringung muß das Jugendamt gehört werden (§ 80 12). Der Unterhaltspflichtige hat auch in diesem Fall die Kosten der Unterbringung zu tragen. Um dem Wohl des Kindes nicht zu schaden, soll im Einzelfall jedoch von der Geltendmachung des Kostenersatzanspruchs abgesehen werden können (§ 80 II; vgl. BT-Dr. 7/918, 119). Mit der Regelung des § 80 will das Gesetz „Schäden abwenden, die dem Kind durch die Trennung von der Mutter entstehen würden" (BT-Dr. 7/918, 76; Calliess/Müller-Dietz 1977, Rdnr. 1 zu § 142). Dementsprechend schreibt § 143 vor, daß in Frauenanstalten Einrichtungen vorzusehen sind, in denen Mütter mit ihren Kindern untergebracht werden können. Im übrigen trifft das Gesetz besondere Regelungen für Schwangerschaft und Entbindung (99 76—79). Es gleicht insoweit die Rechtslage inhaftierter Frauen weitgehend an die Verhältnisse in Freiheit an (BT-Dr. 7/3998, 30f.). Einmal genießen Schwangere oder Frauen, die unlängst entbunden haben, den gleichen Schutz wie erwerbstätige Mütter (§ 80 I). Zum zweiten hat die Gefangene während der Schwangerschaft und nach der Entbindung Anspruch auf Mutterschaftshilfe in einem Umfang, wie er den Leistungen der Krankenversicherung nach der RVO (namentlich nach den § § 1 9 6 und 197) entspricht (§ 76 II, 77); § 78 verweist eigens auf die parallelen Vorschriften über die Gesundheitsfürsorge (§§ 59, 60 und 65; vgl. oben § 7 V). Grundsätzlich soll vermieden werden, daß ein Kind innerhalb einer Vollzugsanstalt geboren wird (BT-Dr. 7/3998, 31). Deshalb erfolgt die Entbindung regelmäßig in einem Krankenhaus außerhalb des Vollzugs (§ 76 III 1). Nur bei Vorliegen besonderer Gründe (etwa der Sicherheit) kommt dies nicht in Betracht; dann ist die Entbindung in einer Vollzugsanstalt mit Entbindungsabteilung vorzunehmen (§ 76 III 2). In der Geburtsanzeige ans Standesamt müssen alle Hinweise auf die Anstalt als Geburtsstätte des Kindes und die Inhaftierung der Mutter vermieden werden (§ 79).

342 III.

§ 14 Frauen-, Jugend- und Untersuchungshaftvollzug

Jugendstrafvollzug

1. Rechtsgrundlagen a) Die Vorschriften des JGG Nach der Legaldefinition des § 17 I JGG besteht die Jugendstrafe im Freiheitsentzug in einer Jugendstrafanstalt. Sie wird verhängt, wenn wegen der schädlichen Neigungen des Jugendlichen, die in der Tat hervorgetreten sind, Erziehungsmaßregeln oder Zuchtmittel zur Erziehung nicht ausreichen oder wenn wegen der Schwere der Schuld Strafe erforderlich ist (§ 17 II JGG). Die Dauer der Jugendstrafe beträgt mindestens sechs Monate, höchstens fünf Jahre ( § 1 8 1 1 JGG); für besonders schwere Taten ist ein Höchstmaß von zehn Jahren angedroht (§ 18 12 JGG). Die Jugendstrafe ist nach Gesichtspunkten erzieherischer Einwirkung zu bemessen (§ 18 II JGG). Das JGG unterscheidet zwischen Jugendstrafe von bestimmter und von unbestimmter Dauer. Jugendstrafe von unbestimmter Dauer wird verhängt, wenn wegen der schädlichen Neigungen des Jugendlichen eine Jugendstrafe von höchstens vier Jahren geboten ist und nicht vorauszusehen ist, welche Zeit zur erzieherischen Einwirkung auf den Jugendlichen benötigt wird (§ 19 I JGG). Das Mindestmaß der Jugendstrafe unbestimmter Dauer beträgt sechs Monate, ihr Höchstmaß grundsätzlich vier Jahre (§ 19 II JGG). Der Jugendstrafvollzug ist in den § § 9 1 und 92 JGG geregelt. § 92 I JGG schreibt vor, daß die Jugendstrafe in Jugendstrafanstalten zu vollziehen ist. Hat der Verurteilte das 18. Lebensjahr vollendet und eignet er sich nicht für den Jugendstrafvollzug, kann er in eine Erwachsenenanstalt überstellt werden (§ 92 II 1 JGG). Dann gelten für den Vollzug die Vorschriften des StVollzG (§ 92 II 2 JGG). Hat der Verurteilte das 24. Lebensjahr vollendet, soll Jugendstrafe nach dem StVollzG vollzogen werden ( § 9 2 II 3 JGG). Über die Ausnahme vom Jugendstrafvollzug entscheidet der Vollstreckungsleiter (§ 92 II JGG). Vollstreckungsleiter ist der Jugendrichter (§ 82 11 JGG) desjenigen Amtsgerichts, in dessen Nähe sich die Jugendstrafanstalt befindet (§85 II JGG).

III. Jugendstrafvollzug

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Aufgabe und Ausgestaltung des Jugendstrafvollzugs legt § 91 J G G fest. Danach soll der Verurteilte durch den Vollzug der Jugendstrafe „dazu erzogen werden, künftig einen rechtschaffenen und verantwortungsbewußten Lebenswandel zu führen" (§ 91 I JGG). Diese Definition des Vollzugsziels geht noch über die des § 2 Satz 1 StVollzG hinaus, wenngleich beiden Zwecksetzungen gemeinsam ist, daß der Verurteilte zur Führung eines Lebens in sozialer Verantwortung befähigt werden soll. § 91 II J G G begreift jedenfalls den Jugendstrafvollzug als Erziehungsstrafvollzug, dessen Grundlagen Ordnung, Arbeit, Unterricht, Sport und sinnvolle Freizeitgestaltung bilden. Im Mittelpunkt dieses Vollzugs stehen schulische und berufliche Förderung des Gefangenen. Dies setzt nicht zuletzt die Einrichtung von Lehrwerkstätten voraus. Hierzu verpflichtet § 91 II J G G die Landesjustizverwaltungen. Zur Erreichung des Erziehungsziels sieht § 91 III J G G Vollzugslockerungen sowie Vollzug in freien Formen vor. Die Beamten müssen für ihre pädagogische Aufgabe geeignet und ausgebildet sein (§ 91 IV JGG). b) Ergänzende

Regelungen

Konkretisiert werden die Grundsatzregelungen des § 91 J G G durch Verwaltungsvorschriften der Länder. Im Verwaltungswege übernommen wurden namentlich Vorschriften des StVollzG und die hierzu ergangenen bundeseinheitlichen Verwaltungsvorschriften (vgl. oben § 5 I). Mit der Schaffung neuer Rechtsgrundlagen für den Jugendstrafvollzug (entweder einem Jugendstrafvollzugsgesetz oder einer Rechtsverordnung nach § 115 JGG) wird sich auch die Notwendigkeit einer bundeseinheitlichen Jugendstrafvollzugsordnung ergeben (vgl. oben I). Darüber hinaus enthält das StVollzG, das den Straf- und Maßregelvollzug an Erwachsenen regelt (vgl. oben § 5 II 2), eine Vorschrift, die Insassen von Jugendstrafanstalten hinsichtlich des Arbeitsentgelts den Gefangenen der Erwachsenenanstalten gleichstellt. Nach § 176 I haben sie Anspruch auf ein leistungsgerechtes Arbeitsentgelt (vgl. oben § 8 III 4 a), nach § 176 II und III erhalten sie unter entsprechenden Voraussetzungen Ausfallentschädigung (vgl. oben § 8 III 4 c) und Taschengeld (vgl. oben § 8

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§ 1 4 Frauen-, Jugend- und Untersuchungshaftvollzug

III 4 d). Mit dieser Angleichung hat der Gesetzgeber ungerechtfertigte Benachteiligungen junger Gefangener verhindern wollen; zugleich erscheint sie „im Interesse einer einheitlichen Arbeitsbeschaffung, Arbeitsorganisation und Lohnabrechnung notwendig" (BT-Dr. 7 / 9 1 8 , 1 0 0 ; vgl. im einzelnen Calliess/Müller-Dietz 1977, Rdnrn. 1 - 6 zu § 176). Allerdings beläuft sich das Arbeitsentgelt bis 31. 1 2 . 1 9 8 0 nur auf einen Bruchteil des schließlich vorgesehenen Betrages (§ 200). Die Vorschriften über die Ausfallentschädigung und das Taschengeld (§ 176 II und III) müssen erst durch ein besonderes Bundesgesetz in Kraft gesetzt werden (§ 198 III). 2 . Ausgestaltung des Jugendstrafvollzugs Das in § 91 J G G grundgelegte pädagogische Konzept des Jugendstrafvollzugs erfordert altersentsprechende Maßnahmen der schulischen und beruflichen Förderung sowie der Persönlichkeitsbildung im ganzen. Auch hier geht es im Grundsatz darum, soziale Lernprozesse in Gang zu setzen, Eigeninitiativen hervorzubringen und zu stärken sowie verantwortliches Verhalten einzuüben. Aber anders als im Erwachsenenstrafvollzug spielen hier Gesichtspunkte der Reife und des Entwicklungsstandes eine erhebliche Rolle. Daher kommt im Jugendstrafvollzug Sport und Spiel einerseits (vgl. Kofier 1976) und therapeutischen Maßnahmen andererseits ein besonderes Gewicht zu. Erfahrungsgemäß setzen sich die Insassen der Jugendstrafanstalten aus verschiedenen Gruppen zusammen, die in altersmäßiger Hinsicht sowie hinsichtlich der kriminellen und sozialen Vorbelastung erheblich differieren. Einer relativ kleinen Gruppe von 14—16jährigen steht die größere Gruppe der 16—18jährigen, namentlich jedoch der 18—21jährigen (Heranwachsenden), gegenüber. Die Heranwachsenden stellen den Hauptanteil aller Jugendstrafgefangenen. Ebenso sind unter den Insassen anscheinend diejenigen überrepräsentiert, die sich schon früh aufgrund negativer Sozialisationsbedingungen in Familie, Schule oder Jugendgruppe ungünstig entwickelt haben und in der Anstalt daher eine Phase sozialer (Nach-) Reifung durchleben müßten, um wenigstens in gewissem

IV. Exkurs: Vollzug der Untersuchungshaft

345

Umfang Chancen persönlicher Entfaltung zu erhalten (vgl. Böhm, in: Jugendkriminalität 1975, 37ff.). Bei dieser Gruppe ist über die allgemeinen Maßnahmen auf schulischem, beruflichem und allgemeinbildendem Gebiet hinaus die Anwendung besonderer therapeutischer Vollzugsmethoden, namentlich der Gruppen- und Einzeltherapie, erforderlich. Dabei sollte schon frühzeitig mit einer sorgfältigen Vorbereitung auf die Freiheit begonnen und auch von Anstalts wegen für Nachbetreuung gesorgt werden. Die „Denkschrift über die Behandlung von kriminell stark gefährdeten jungen Tätern" (1970) empfiehlt gerade für diesen Personenkreis ein progressives Vollzugssystem, das „unter ständiger Berücksichtigung der Persönlichkeitsentwicklung einerseits und des Sicherheitsrisikos andererseits die Lebensverhältnisse denen in der Freiheit anzunähern trachtet" (36). Die Verwirklichung eines solchen Konzepts setzt organisatorische, bauliche und personelle Rahmenbedingungen voraus, die bisher noch keineswegs überall und in ausreichendem Maße gegeben sind (vgl. Jung 1977 c). Dazu gehören neben der Einzelunterbringung der Insassen bei Nacht die Ausstattung der Anstalt mit den notwendigen Arbeits- und Ausbildungsbetrieben sowie Sportanlagen und Freizeiträume, die Gliederung der Anstalt in kleinere Wohneinheiten mit ständigen Betreuern und ein pädagogisch entsprechend qualifiziertes Personal (vgl. Denkschrift 1970, 41 ff.). Hierbei sollten für alle geeigneten Gefangenen die Möglichkeiten des gelockerten und des offenen Vollzugs genutzt werden (vgl. Schalt 1977). Intensive Kommunikation mit den Erziehern und anderen Fachkräften, aber auch mit Mitgefangenen innerhalb der Gruppe, Mitsprache und Mitverantwortung innerhalb der Anstalt und Öffnung der Anstalt nach außen durch Einbeziehung der Angehörigen, von Jugendgruppen u. a. in die pädagogische Arbeit stellen gleichfalls integrierende Bestandteile eines (re-)sozialisierenden Jugendstrafvollzugs dar. IV. Exkurs:

Vollzug der

Untersuchungshaft

Untersuchungshaft wird gleichfalls in Justizvollzugsanstalten vollzogen. Sie unterscheidet sich jedoch hinsichtlich ihrer rechtlichen

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§ 1 4 Frauen-, Jugend- und Untersuchungshaftvollzug

wie praktischen Ausgestaltung vom Straf- und Maßregelvollzug, da sie lediglich dem Ziel dient, „die Durchführung eines geordneten Strafverfahrens zu gewährleisten und die spätere Strafvollstreckung sicherzustellen" (BVerfGE 3 2 , 87, 93). Die Untersuchungshaft ist im § 119 StPO — wenn auch nur in Grundzügen - geregelt (dazu vor allem Kleinknecht/Janischowsky, Das Recht der Untersuchungshaft, 1977). Detailliertere Vorschriften enthält die UVollzO, die freilich als (bundeseinheitliche) Verwaltungsanordnung nur die Vollzugsbehörden, nicht aber das Gericht bindet und zudem über die Rechtsbeschränkungen des § 119 StPO nicht hinausgehen darf (vgl. BVerfGE 15, 294). Nach der Grundsatzregelung des § 119 StPO muß der Untersuchungsgefangene nur solche Beschränkungen hinnehmen, die der Haftzweck oder die Anstaltsordnung erfordert. Sie müssen zur Abwehr einer „realen Gefahr" für diese öffentlichen Interessen notwendig sein (BVerfGE 35, 5 [10]). Bei jugendlichen und heranwachsenden Gefangenen ist darüber hinaus nach § § 9 3 II, 110 II J G G die erzieherische Einwirkung von Bedeutung. Für den Zweck der Untersuchungshaft sind die Haftgründe — der Fluchtgefahr, Verdunkelungsgefahr (§ 112 II StPO) und der Wiederholungsgefahr (§ 112 a I StPO) - maßgebend (vgl. Kleinknecht 1977, Vorbem. 9 vor § 112, Rdnr. 12 zu § 119). Der Begriff der Anstaltsordnung meint vor allem den störungsfreien Ablauf des Lebens in der Anstalt (vgl. Kleinknecht 1977, Rdnr. 13 zu § 119). Er stellt freilich zusammen mit der UVollzO ein vielfach benutztes Einfallstor dar, um auch solche Rechtsbeschränkungen zu rechtfertigen, die keineswegs zwingend notwendig erscheinen (vgl. Rotthaus 1973). Insofern kann nämlich das Recht des Untersuchungsgefangenen, sich alle Bequemlichkeiten und Beschäftigungen zu verschaffen, die mit dem Haftzweck und der Anstaltsordnung vereinbar sind (§ 119 IV StPO), praktisch unterlaufen werden. Das zeigt nicht zuletzt die umfangreiche Rspr., die namentlich zu Fragen des Briefverkehrs und des Informationsrechts des Untersuchungsgefangenen vorliegt (vgl. Kem-Roxin 1 9 7 6 , 1 5 5 f . ; Kleinknecht 1977, Rdnrn. 1 6 - 2 4 zu § H9).

IV. Exkurs: Vollzug der Untersuchungshaft

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§119 StPO enthält darüber hinaus noch einige Regelungen, welche die Unterbringung (§ 119 I und II) und Fesselung des Untersuchungsgefangenen (§119V) sowie das Verfahren (§119 VI) betreffen. Bedeutsam sind in diesem Zusammenhang vor allem der Grundsatz der Einzelunterbringung (auch Trennung von Strafgefangenen) und die Konkretisierung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes im Hinblick auf die Fesselung. Die nach § 119 erforderlichen Maßnahmen ordnet der nach § 126 StPO für die Haftkontrolle zuständige Richter an (§ 119 VI 1). In dringenden Fällen kann außer dem Staatsanwalt auch der Anstaltsleiter oder ein anderer Vollzugsbediensteter vorläufige Maßnahmen treffen, die dann aber richterlicher Genehmigung bedürfen (§ 119 VI 2 und 3; vgl. Kleinknecht 1977, Rdnr. 42 zu § 119). Der Vollzug der Untersuchungshaft ist derzeit nur lückenhaft und wenig zufriedenstellend geregelt (vgl. Rotthaus 1973; Kern-Roxin 1976, 156; oben I). Detailliertere gesetzliche Vorschriften sind erforderlich, die rechtsstaatlichen Grundsätzen in vollem Umfange entsprechen. Ebenso bedarf die Praxis des Untersuchungshaftvollzugs der Reform (Rotthaus 1973). Im Strafvollzug bestehen meist bessere Möglichkeiten der Beschäftigung, Weiterbildung und Freizeitgestaltung. Entsprechendes gilt für die Maßnahmen auf dem Gebiet der sozialen Hilfe und Eingliederung. Auch die personelle Ausstattung vieler Untersuchungshaftanstalten läßt zu wünschen übrig. Erst wenn diese Mängel beseitigt sind, kann auch die Zeit der Untersuchungshaft im Hinblick auf die Zukunft des Inhaftierten sinnvoll genutzt werden.

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Sachregister Abschreckung 47, 77 Alltagstheorien 33 Allzuständigkeit des Anstaltsleiters 269 ff. Amtshaftung 214 ff., 238 Anfechtungsklage 234 Angehörige 3 8 , 5 5 , 1 3 2 , 1 3 6 , 1 5 2 , 1 5 9 , 1 6 1 ff., 1 6 3 , 1 6 6 , 1 7 1 , 1 7 7 , 183, 184, 216, 298, 345 Angleichungsgrundsatz 83 f., 103, 127 f., 137, 192, 193,"209, 266, 296 Anhalten von Briefen 137, 231 Anhörung 226 f., 241 f., 286 Anordnung, einstweilige 239 Anstalten; s. auch Vollzug, geschlossene 90, 196, 232 - , halboffent 90, 103 offene 90, 253 —, sozialtherapeutische 31, 73, 113 ff., 123, 125, 258, 264, 268, 317, 320 ff. Anstaltsarten; s. Vollzugsanstalten Anstaltsarzt; s. Arzt Anstaltsbedienstete; s. Vollzugsbedienstete Anstaltsbeirat 47, 74, 76, 311 ff. Anstaltsbetrieb; s. Arbeitsbetrieb Anstaltshelfer; s. Vollzugshelfer Anstaltskleidung; s. Kleidung Anstaltsleiter 106, 108, 112, 116, 1 2 1 , 1 2 6 , 1 2 8 , 1 3 6 ff., 166,180, 196, 199 ff., 210, 213 f., 230, 2 3 3 , 2 4 1 f., 260 f., 268 ff., 276 f., 281, 292, 300, 315, 330, 347 Anstaltsrat 129, 271, 278

Antrag auf gerichtliche Entscheidung 234, 241 Arbeit 27, 38, 51, 52, 53, 73, 75 f., 101, 124, 142 ff., 182 f., 266, 274 f., 289 f., 298, 343 Arbeitgeber 170 Arbeitsamt 153 f., 274 f. Arbeitsbelohnung 157, 165 Arbeitsbeschaffung 146, 149, 290, 344 Arbeitsbetrieb 144, 262, 265, 286, 289 f., 345 Arbeitsentgelt 38, 46, 55, 71, 74f., 129 f., 142, 144 ff., 155 ff., 165, 169 ff., 286, 290, 343 f. Arbeitsentlohnung; s. Arbeitsentgelt Arbeitsförderungsgesetz 145 ff. Arbeitslosengeld 163, 170 f. Arbeitslosenversicherung 55, 74 f., 1'43, 144 ff., 167 ff., 183 Arbeitslosigkeit 159 Arbeitsmarkt 149, 153 Arbeitspflicht 75 f., 111, 144 ff., 158, 191, 231 Arbeitsplatz 288 Arbeitsverhältnis 169 Arbeitsvermittlung 122, 153 f., 275 Arbeitsverwaltung 248, 284, 286, 300 Arbeitszeit 124 ff., 151 f., 155 f., 191, 270 Arbeitszuweisung 147ff., 231, 260, 290 Arbeitszwang 42

Sachregister Arrest 211, 214 Arzt 175 ff., 199 ff., 208 f., 214, 281, 284 f., 291 ff., 300, 304 Aufenthalt im Freien 175, 200 f., 287 Aufnahme 95 f., 97 ff., 123 f., 182, 224, 265 Aufnahmeuntersuchung 208 f. Aufnahmeverfahren 75, 89, 95 ff. Aufnahmevollzug 95 ff. Aufopferungsanspruch 215 Aufsichtsbeamte; s. Vollzugsdienst, allgemeiner Aufsichtsbehörden 93, 201, 213, 220, 222, 233 f., 241, 252, 261, 264, 268, 272 Aufsichtsdienst; s. Vollzugsdienst, allgemeiner Aufsichtsstellen; s. Führungsaufsicht Ausbildung 38, 56, 73, 75, 113, 124, 142 ff., 152 ff., 249, 257 f., 260, 263, 265, 267, 282f., 288 ff., 296f., 299 ff., 340 Ausbildung der Vollzugsbediensteten 189, 283 f. Ausbildungsbeihilfe 145 f., 155 f., 158 ff., 170 Ausbruch 39, 192, 205 f., 262, 286 Ausfallentschädigung 156, 158 ff., 170 ff., 343 f. Ausführung 73, 106 f., 109, 128, 134, 200, 2 8 7 . Ausgang 73, 106f., 109, 134, 141 Außenarbeit 42, 106 Außenbeschäftigung; s. Außenarbeit Außenwelt, Kontakte 38, 53, 109, 124, 131 ff., 213, 214 Aussetzung des Strafrestes 122, 219, 224 ff., 244 f., 321

361 Ausstattung des Haltraums 127 f., 187, 194 Auswahlanstalt (-abteilung) 253 Beamtenrecht 281 Bedürfnisse des Gefangenen 160, 161, 182 Begnadigung 110, 111, 121, 219, 231, 244 ff., 277 Behandlung, ärztliche 38 f., 113, 169, 174 ff., 199, 208 f., 292 ff. —, sozialtherapeutische 38 f., 102, 114 ff., 264, 294 f., 326 ff., 331 Behandlungsbedürfnis, -bedürftigkeit; s. Resozialisierungsbedürftigkeit 91 ff., 321, 326 Behandlungserfolg 115 f. Behandlungsgruppen 101, 264, 283 Behandlungskonferenz 214, 260, 277 Behandlungsmaßnahmen 3 9 , 1 0 1 f., 117, 120, 125, 143, 340 Behandlungsmethoden 186, 309 f. Behandlungsplan 100 ff. Behandlungsuntersuchung 89, 96, 99f., 115, 126, 260, 307 Behandlungsvollzug 81, 134 Behandlungsziel 69, 76f., 86, 92f., 123, 254, 327 f., 336 Bekenntnisfreiheit 172 Belegungsfähigkeit 264 Beobachtung bei Nacht 200 Beobachtung, teilnehmende 36 f. Beobachtungsstelle 116 Berufsausbildung; s. Ausbildung Berufsausbildungsförderungsgesetz 145 f., 153 Berufsberatung 153 f., 275 Berufsbildungsgesetz 145, 152 f. Beschäftigung, angemessene 55, 149, 158 f.

362 - , arbeitstherapeutische 102, 125, 149, 160, 2 6 6 , 2 6 7 Beschäftigungsverhältnis, freies 7 5 , 150, 155, 162 ff., 176 Beschwerde 2 2 0 , 2 3 9 ff., 2 7 0 —, sofortige 2 2 3 , 2 2 6 Beschwerderecht 2 1 9 f., 2 4 1 f. Besitz des Gefangenen 128, 1 9 0 f . Besuch 7 3 , 1 3 4 ff. —, Angehörige 134ff. —, ehelicher 135 - , Recht auf Besuch 135 —, Überwachung 13 5 f. Betreuung; s. auch Hilfe 122, 173, 2 8 2 , 2 9 1 f., 3 1 5 , 3 2 8 ff., 3 3 4 Beurlaubung 7 1 , 7 3 , 8 1 , 85, 9 7 , 109 ff., 118 f., 134 f., 140, 142, 152, 198, 2 3 1 , 2 5 7 , 3 3 0 Beurteilungsspielraum 2 3 8 Bewährung 2 1 4 , 2 2 2 , 3 2 2 f. Bewährungsaufsicht 119 f. Bewährungshelfer 1 1 7 f . , 120, 122, 165, 2 8 6 Bewegungsfreiheit 2 0 1 Bezug von Zeitschriften 128, 179 f., 187 - , Zeitungen 128, 179 f., 187 Briefverkehr; s. Schriftverkehr Bund der Strafvollzugsbediensteten Deutschlands e.V. 5 7 Bundesanstalt für Arbeit 146, 152, 154, 2 7 5 , 2 9 0 Bundesratsgrundsätze von 1 8 9 7 4 1 , 4 3 f. Bundeszusammenschluß für Straffälligenhilfe 5 7 „Degradationszeremonie" 96 Delegation von Aufgaben 3 8 , 2 6 1 , 2 7 1 ff., 2 7 7 f. Dienst, kriminalbiologischer 3 4 , 3 0 6 ff.

Sachregister —, kriminologischer 3 0 6 ff. Dienst- und Vollzugsordnung vom 1 . 1 2 . 1 9 6 1 4 9 ff., 5 4 Differenzierung 3 7 f., 8 9 , 92 f., 95, 103, 2 4 6 f f . , 2 5 0 Disziplinarmaßnahmen 3 8 , 73, 187f„ 190f., 209ff., 229ff., 272, 293, 328 Disziplinarverfahren 4 6 , 2 0 9 f., 2 1 3 ff., 2 8 6 Durchsuchung 9 6 , 1 2 1 , 1 3 6 , 1 9 5 f., 232 Eheschließung, Recht auf — 132 Eigenbetrieb 148, 2 6 7 Eigengeld 130, 146, 161, 165 ff., 184, 191, 193 f. Eignungsklausel 104, 108, 3 2 6 Eingliederung 5 1 f., 6 6 f., 78 f., 85, 86, 9 0 , 9 4 , 9 7 , 1 1 3 , 115, 119, 1 2 0 ff., 131, 135, 148, 163 f., 167, 175, 1 7 7 , 183, 2 5 8 f., 2 7 3 ff., 2 9 7 f., 3 0 8 , 3 1 3 , 3 1 5 , 327, 340, 347 Eingliederungshilfe 8 2 , 8 5 , 90, 117, 121, 181, 2 7 4 Einkauf 129 f., 161, 187, 194, 2 1 2 Einrichtungen zur beruflichen Bildung 2 5 3 , 2 6 6 f . Einübung sozialen Verhaltens 7 8 f., 102, 127, 185 f. Einweisung 9 7 , 112, 115 ff., 154 Einweisungsabteilung, -anstalt 94, 113, 2 5 2 Einzelfallhilfe 181, 2 7 6 , 2 9 8 , 3 1 3 Einzelhaft 4 0 , 4 2 , 2 0 0 f., 2 1 4 , 2 3 2 Einzelunterbringung; s. auch Unterbringung 5 2 , 125 ff., 2 6 4 , 347 Entbindung; s. Frauenstrafvollzug Entlassenenbetreuung; s. Hilfe, nachgehende

Sachregister Entlassenenhilfe; s. Hilfe, nachgehende Entlassung 79, 91, 95, 1 0 2 , 1 1 6 f f „ 120, 154, 165, 171, 173, 183 f., 197, 245, 254, 265, 276f., 307, 315 Entlassungsbeihilfe 121, 182 Entlassungshilfe 122, 165, 182 Entlassungsvollzug 95 ff. Entlassungsvorbereitung 113 f., 116 ff., 120 f., 165 ff., 257, 274 f., 330 Entlassungszeitpunkt 97, 117, 119 ff., 197 Entlohnung; s. Arbeitsentgelt Entscheidung des Anstaltsleiters 249 - , gerichtliche 220, 228 ff., 236 ff. Entweichung 38, 91, 103 f., 105, 108, 128, 286 Entwurf eines Strafvollzugsgesetzes von 1879 41 ff. - von 1927 41, 45 f., 54 Entziehungsanstalt 73, 228, 251, 317, 320 ff., 336 f. Entziehungskur 336 Entzug von Befugnissen 212 f. Entzug von Gegenständen 200 Enumerationsprinzip, Rechtsbeschränkungen 87 ff. Erkrankungen 141, 151 f., 159 Ermessen, Ermessensentscheidungen, Ermessensspielraum 83, 107 f., 115, 129, 194 f., 209, 238 Ernährung 73, 124ff., 129, 168, 207ff., 248, 316 Ersatzanspruch 214 ff. Ersatzfreiheitsstrafe 224 „Ersatz-Sozialisation" 78 Erwachsenenbildung 5 1 , 1 4 2 , 1 5 3 , 156, 248, 266, 283, 295, 305

363 Erziehung 47 f., 280, 342 Erziehungsvollzug 40, 47, 343 Europäische Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten 219 f., 243 f. Facharzt 293 Fachkräfte 91, 190, 258, 260, 268 f., 285, 295, 309, 328 ff., 339 —; s. auch Arzt; Geistlicher; Lehrer; Psychologe; Sozialarbeiter; Sozialpädagoge Familie 136, 143 f., 163, 181, 298, 339 f., 344 Ferngespräche 139 f. Fernsehgerät 128, 180, 231 Fernunterricht 152, 179 Fesselung 200 f., 202 f., 231, 347 Festnahmerecht 198 Flucht; s. Ausbruch, Entweichung Fluchtgefahr 90, 110, 119, 198, 346 Förderung, berufliche 39, 101, 125, 145, 149, 153 ff., 158, 255, 257, 274 f., 290, 343 Forschung, vollzugsbegleitende 39 f., 57, 306 ff. Fortbildung 145, 178, 186, 194, 282 f., 299 ff. Fortbildung der Vollzugsbediensteten 283 f., 289 Frauenstrafvollzug 73, 125, 264, 331, 337 ff. -.Entbindung 113,341 - . K i n d e r 340f. —, Mutterschutz 341 —, Schwangerschaft 341 Freigänger, Freigang 107, 119 Freiheit der Person 60 Freiheitsentziehung 60

364 Freiheitsstrafe, kurze 31, 52, 64 —, lebenslange 66, 111 Freistellung von der Arbeitspflicht 110, 151 f. Freizeit, Freizeitangebot, Freizeitgestaltung 38, 52, 53, 73, 124 ff., 128, 142 f., 152, 156, 177 ff., 190 f., 212 f., 259, 264ff., 270, 292, 294ff., 313, 339 f., 343, 347 Früherkennung von Krankheiten 174 ff. Führungsaufsicht 119 f., 122, 274 f., 286 Fürsorge 22, 61, 181 Fürsorgepflicht 1 6 8 , 1 7 4 , 2 0 7 , 2 1 5 Fürsorger; s. Sozialarbeiter Gefährlichkeit 317 Gefahrenabwehr; s. auch Sicherheit und Ordnung 132, 134, 180, 187 f. Gefängnis, Subkultur; s. Subkultur des Gefängnisses Gefängnisgesellschaft; s. Subkultur des Gefängnisses Gefängnispresse 38 Gefängnisstrafe 42 f. Gefangene(r), Alter 90 f., 95, 160 - , Geschlecht 90, 196, 253, 255, 337ff. Gefangenenarbeit; s. Arbeit Gefangenenfürsorge; s. Sozialarbeit Gefangenenmitverantwortung 259, 261, 271, 273, 278 f., 345 Gehör, rechtliches; s. auch Anhörung 213, 237 Gehorsamspflicht 192, 204 Geistlicher 281 Geld, eingebrachtes 194 Geldstrafe 20, 22, 46, 52

Sachregister Gemeinschaft, problemlösende 55, 256, 278, 282, 325, 328 —, therapeutische 324 f., 328 Gemeinschaftsfähigkeit; s. Gemeinverträglichkeit Gemeinschaftsräume 265 f. Gemeinschaftsveranstaltung 181 Gemeinverträglichkeit 90 Generalprävention 64, 67, 69 Genußmittel; s. Einkauf Gerichtshilfe 165 f. Gesetzgebungszuständigkeit 5 9 , 6 2 Gesprächspsychotherapie 325 Gesundheit 127, 168, 174ff., 208 f., 214 Gesundheitsfürsorge 73, 124, 168, 171 f., 174 ff., 206, 231, 248, 252, 292, 294, 341 Gewahrsam, persönlicher; s. auch Habe 128, 193 ff. Gewalt, körperliche 202 f. Gewaltverhältnis, besonderes 50, 59 Glaubensfreiheit 172 Gnade; s. Begnadigung Gnadenverfahren 241, 245 f. Gottesdienst 174, 187 Grundrechte 59 f., 74, 137, 190 Grundrechtsbeschränkungen 50, 190 Grundsätze des Vollzugs 48, 83 ff., 132 Grundsatz der Eingliederungshilfe; s. Eingliederungshilfe Gruppenarbeit 181, 276, 278, 292, 298, 303, 313 Gruppentherapie 114, 278, 292, 345 Gruppenvollzug 52, 264 Habe 98, 121, 127 f., 140, 182 f., 193 f., 298

Sachregister —; s. auch Besitz des Gefangenen Haft, Strafart 42 Haftbefehl 97, 197 Haftkostenbeitrag 114, 151, 158, 161, 162 ff., 166 Haftplatz 92, 263 f., 266 Haftraum 127, 192, 195 f., 264 ff., 270 Hangtäter 317, 326, 332 Hauptgeschäftsstelle 286, 300 Hausgeld 127ff„ 1 6 0 f f „ 166, 184, 212 ff., 217, 231 Hausordnung 99, 175, 190 f., 269 f. Heilbehandlung; s. Behandlung, ärztliche Helfer, freiwillige; s. Vollzugshelfer Hilfe, nachgehende 118, 121 f., 165, 333 f., 345 - , soziale 51, 55, 61, 73, 85, 95, 97, 101 f., 117, 120 ff., 124, 181 ff., 248, 256, 258 ff., 263, 274 f., 297 f., 320, 325, 328 f., 335, 347 Hilfeleistungspflicht 207 Hilfsmaßnahmen, besondere 3 9 f. Hilfstätigkeiten 147, 149, 151, 157 f. Hofgang; s. Aufenthalt im Freien Hygiene 175, 191, 208 Individualbeschwerde nach Art. 25 MRK 219, 241 ff. Individualisierung 89 f., 94, 318, 321 ff. Individualprävention 64, 65, 318 Information 38, 101, 124, 132, 177ff., 193, 346 Informationsfreiheit 179f., 211 Insassen; s. Gefangene(r) Insassenkultur; s. Subkultur des Gefängnisses

365 Insassenstruktur 37 f., 69 Integration, soziale 65 Integrationsstatus, sozialer 86 Interaktion, soziale 79, 250, 255 ff. Intimsphäre 98, 126 f. Isolierung 259, 262 Jugendstrafe 21, 25, 71 f., 228, 338, 342 Jugendstrafvollzug 106, 228 f., 337 ff., 342 ff. Jungtäter 326 f., 331 f. Justizbehörden 214, 227, 245, 248 Justizverwaltungsakt 227 Justizvollzugsanstalt 22, 71, 74, 76, 323, 338f. Karriere, kriminelle 90, 145 Klassifizierung, Klassifizierungssystem 34, 38, 89 ff., 95, 307 Kleidung 96, 121, 127f., 184 Körperpflegemittel ; s. Einkauf Kollegialverfassung; s. Konferenzverfassung Kommissionsentwurf eines Strafvollzugsgesetzes 53 f. Kommunikation 131 f., 250, 255, 256 ff., 272 ff. Konferenzen; s. Behandlungskonferenz Konferenzverfassung 271 ff. Konflikts- und Situationstäter 67 Kontakt mit der Außenwelt; s. Außenwelt Kontrolle, gerichtliche 218 f., 220 ff., 227 ff. Kosten des Vollzugs 38, 127 Krankenabteilung 130 f. Krankenanstalt, psychiatrische 73, 228, 251, 317, 319ff., 334ff.

366 Krankenhilfe; s. Gesundheitsfürsorge Krankenpflege; s. Gesundheitsfürsorge Krankenversicherung 75, 147, 168, 171 f., 174 ff., 341 Krankheit; s. Erkrankungen Kriminalpolitik, Leitgedanken 45 Kriminalrecht, gesamtes 23, 27, 30 Kriminaltherapie 79, 226 Kriminologie 19, 57 —, klinische 35 Krisenintervention 123, 329 f. Landesjustizverwaltungen 28, 93, 176, 222 f., 234, 251 f., 262, 265 f., 285, 305, 309, 315 Lebensbedingungen im Vollzug 89, 102, 124 Lebensgefahr 127, 209 Lehre; s. Ausbildung, berufliche Lehrer 281 f., 285, 291, 295 ff., 300, 304 Lehrgänge 152, 179, 231 Lehrverhältnis 169 Lernfeld, soziales 103 Lernprozeß, sozialer 79, 301 Lockerungen des Vollzugs; s. Vollzugslockerungen Maßnahmen, erkennungsdienstliche 195 ff., 231 Maßregeln der Besserung und Sicherung 20, 27, 34, 45 f., 71, 229, 317 ff. Maßregeln, freiheitsentziehende 20, 25, 28, 31, 34, 45 f., 52, 71 ff., 98, 114, 170, 222, 224, 228, 317 ff., 338 —, therapieorientierte 322 f. Maßregelvollzug 21, 33, 125, 197,

Sachregister 218 f., 224, 253, 255, 316, 319, 322, 337 ff., 344 Meldepflicht 190, 193 Menschenrechte, Verletzung der — 244 Menschenrechtskommission, Europäische 244 Menschenwürde 192, 204, 267 Methoden; s. Behandlung, Therapie Meuterei 39, 192, 205, 242, 286 f. Mindestgrundsätze 241 Mißbrauchsgefahr 141 Mitarbeiter, ehrenamtliche 280 - , nebenamtliche 280 — ; s. auch Vollzugshelfer Mitverantwortung; s. Delegation von Aufgaben; Gefangenenmitverantwortung Mitwirkung des Gefangenen 86 f., 100, 186, 207, 241 f., 257 Nachbetreuung; s. Hilfe, nachgehende Nachtragsentscheidungen 219, 221 ff. Nahrungsmittel ; s. Einkauf Öffentlichkeit und Vollzug 38, 46, 109, 311 ff. Operation, ärztliche 117 Ordnung; s. Sicherheit und Ordnung Ordnungshaft 22, 74 Ordnungswidrigkeiten 137 Organisation des Vollzugs 51, 89 f., 247 f. — der Vollzugsanstalt 261 ff. Organisationssoziologie 248 ff. Pädagoge; s. Lehrer Paketempfang 139 f., 187

Sachregister Pavillonsystem 262 Persönlichkeitsbildung 178 Persönlichkeitsdiagnostik; s. Persönlichkeitserforschung Persönlichkeitserforschung 34 f., 51, 90, 91, 94, 99 f., 102, 252, 258, 288, 294ff., 3 0 7 f . Persönlichkeitsstörung 145, 326 f. Personal; s. Vollzugsbedienstete Petitionsrecht 219, 241 ff. Petitionsstellen 214, 219 f. Pfändungsfreibetrag 163 Pfändungsschutz 166 f., 184 Pfarrer; s. Geistlicher Planung der Behandlung 99 f., 2 5 7 - des Vollzugs 89 ff., 95, 99 ff., 103 ff. Pönologie 19, 20 f., 35 f. Postverkehr 139 f. Prisonisierung 36 Privatkleidung; s. Kleidung Prognose 90 f., 115 ff. Psychologe 268, 271, 281 f., 285, 291 f., 294 f., 300, 304 Psychotherapie 114, 325 Räumlichkeiten 265 ff. Recht, subjektives 132 Rechtsanwalt 136, 214, 230, 240, 286 Rechtsbehelf 56, 73, 191, 219, 229, 241 ff. Rechtberatung 122 Rechtsbeschwerde 223, 229 f., 239 ff. Rechtsmittel 191, 239 ff. Rechtsschutz 218 f., 226, 236 f. Rechtsstaatsprinzip 26, 29, 53 f., 59 f., 189 Rechtsstellung des Gefangenen 25, 50, 53, 59, 85, 87 ff., 151

367 Rechtsweg 218, 227ff., 230, 242 ff. Regelurlaub; s. auch Beurlaubung 109 ff., 118 f., 134 f., 140 Regierungsentwurf eines Strafvollzugsgesetzes 54 ff. Reglementierungen 95, 132, 186, 256 Reichsratsgrundsätze von 1923 41, 44 f., 47, 51 Religionsausübung 73, 124, 172 ff., 291 Rentenversicherung 147, 157, 168, 171 f. Resozialisierung 30, 33, 61 f., 66 ff., 78 ff., 114, 280, 313, 320 ff., 326, 334 f. Resozialisierungsbedürftigkeit 67 Resozialisierungsfähigkeit 68 Resozialisierungsunfähigkeit 68 Rückfall 67 f., 78, 79, 91, 131, 329 Rückfallgefährdung 90 Rückfallgefährlichkeit 90 Rückfallgefahr 105, 107, 110, 119 Rückfalltäter 336 Rückfallverhütung 40, 45 f., 53, 57, 67, 78 ff., 115, 134, 144, 247, 258, 291, 307, 321 Rückfallwahrscheinlichkeit 67 f., 319 Rücknahme begünstigender Maßnahmen 119 Ruhezeit 76, 124, 126f., 190f., 264, 266, 270 Rundfunkempfang 186, 231 Rundfunkgerät 128 Sachen, eingebrachte; s. Habe Sanktionen, freiheitsentziehende 20, 23 ff., 31, 41 f., 53, 72

368 Seelsorge 172, 2 4 8 , 2 6 4 , 2 6 6 , 2 8 3 ff., 2 9 1 f. Selbstbeschäftigung 146, 151, 164, 165, 2 3 1 Selbststeller 9 7 Selbsttötung 192, 199, 2 0 7 , 2 8 6 Selbstverletzung 192, 199, 2 0 1 , 217, 286 Sensitivity Training 114, 3 2 5 Sicherheit und Ordnung 5 6 , 61, 7 3 , 81 f., 88, 126, 128, 130, 133 ff., 174, 178, 180, 185 ff., 193, 195 ff., 2 0 0 , 2 1 0 , 2 4 8 , 259, 263, 273, 282, 287f., 303 Sicherheitsvollzug; s. auch Verwahrungsvollzug 106 Sicherung der Allgemeinheit; s. auch Schutz der Allgemeinheit 80 Sicherungshaft 2 2 , 7 4 Sicherungsmaßnahmen, - , allgemeine 70, 188, 1 9 4 f f . , 2 3 0 f., 2 9 3 besondere 188, 1 9 4 f f . , 2 7 3 Sicherungsverwahrung 73, 125, 2 3 1 , 3 1 7 , 3 2 0 , 3 2 2 , 3 3 1 ff., 3 3 7 f. Sicherungszweck 70, 2 4 8 Sonderanstalt 125, 2 5 3 , 3 3 7 Sonderopfer 2 1 5 f. Sonderschule 156 Sonderurlaub; s. auch Beurlaubung 97, 1 1 7 , 119, 140, 3 3 3 Sozialarbeit 181, 2 5 2 , 2 9 1 , 3 1 3 Sozialarbeiter 122, 2 8 1 f., 2 8 5 , 2 9 1 , 2 9 5 , 2 9 7 ff., 3 0 4 Sozialdienst 2 8 7 , 2 9 0 ff., 2 9 7 Sozialforschung, empirische; s. auch Untersuchungen 39 Sozialhilfe 158, 182 f., 2 7 4 , 2 9 8 Sozialisation 67, 78, 2 2 0 f., 2 4 9 , 280

Sachregister Sozialisationsbedingungen 91, 3 4 4 Sozialisationsdefizit 3 0 1 Sozialisationsprozeß 79, 3 4 0 Sozialkontrolle, strafrechtliche 20, 24 Sozialpädagogen 2 8 1 Sozialprognose; s. auch Prognose 6 4 , 6 7 , 119, 2 2 6 Sozialstaatsprinzip 2 6 , 2 9 , 59, 61 f., 134, 144, 168, 181 Soziaitherapie 2 2 1 , 328 f., 3 3 1 , 333 Sozialversicherung 5 5 , 74, 75, 142 ff., 164, 1 6 7 ff., 183, 2 7 4 , 298 Sozial Verträglichkeit; s. Gemeinverträglichkeit Spezialprävention; s. Individualprävention Sport 179, 2 6 4 , 3 4 3 , 3 4 4 Subkultur des Gefängnisses 36 Sühne 4 8 , 76 f. Schadensersatz 143 f., 161 Schadenswiedergutmachung 142 Schamgefühl 196 Schriften, religiöse 128 Schriftverkehr 7 3 , 1 3 4 f . , 1 3 7 f f . , 187, 2 4 1 , 3 4 6 —, Überwachung 1 3 7 f . , 2 3 0 . Schuldausgleich 6 4 , 67, 69 Schuldeinsicht 6 5 Schußwaffengebrauch 2 0 2 , 2 0 4 ff., 286 Schutz der Allgemeinheit 82, 3 1 7 ff. Staatsanwaltschaft 2 8 , 97, 2 2 5 f., 234, 286 Stellung des Gefangenen; s. auch Rechtsstellung des Gefangenen 85 ff. Strafantritt 9 7 f. Strafarrest, militärischer 2 2 , 7 1 , 73

369

Sachregister Strafaussetzung zur Bewährung 22, 52, 119 f., 219 Strafdauer 94 Straffälligenhilfe 122, 273 ff. Strafgefangene(r); s. Gefangener Strafrecht 22 f., 27, 30 f. Strafrechtsreform 41, 45 Strafunterbrechung 232 Strafverfahrensrecht 23, 26, 27 f. Strafvollstreckung 19, 23, 28, 45 f., 66, 71 ff., 1 1 1 , 1 1 9 f., 140, 176, 218 f., 224, 227, 346 Strafvollstreckungskammer 94, 200, 213, 218 ff., 237, 239f., 253, 318, 322, 334 Strafvollstreckungsrecht 23, 27 f., 224 Strafvollzug Aufgaben 29, 45, 50 f., 58, 77 - , Begriff 19 ff., 25, 250 Strafvollzugs- und Wiedereingliederungsgesetz der DDR 58 Strafvollzugskunde 20 Strafvollzugsordnung(en) 45, 46 ff. Strafvollzugsrecht 19, 22 ff., 30, 223 Strafzeitberechnung 28, 120, 219, 224 Strafzumessung 52, 63 ff., 69 Strafzweck 63 f., 68 f., 80 Stufenstrafvollzug 34, 40, 45 f., 51, 307 Stufentheorie 69 Tätertypologie 91 Tagesablauf 83, 186 Tageszeitungen; s. Bezug von Zeitungen Taschengeld 129 f., 156, 160, 161 f., 343 f. Termine, gerichtliche 135, 141 Therapeut 285 24

Miiller-Dietz, Strafvollzugsrecht

Therapie 55, 248, 258, 260, 263, 328, 340 "Treatment and training"; s. Einübung sozialen Verhaltens Trennungsgrundsatz 98, 124 f., 253, 338, 340f. Uberbelegung 267 Überbrückungsgeld 146, 161, 165 ff., 184, 194, 214 Übergangshäuser 117 Übergangsheime 75 Überstellung 112 ff. Überwachungsmaßnahmen 194 Umschulung, berufliche 153 ff. Unfallversicherung 147, 169 Unterbringung 22, 53, 73, 76, 92, 101 f., 105, 112 f., 124 ff., 168, 175, 187, 200f., 229, 230ff., 253, 255, 260, 265, 316 ff., 321 ff. Untergebrachte 123 Unterhalt 147, 184 Unterhaltsberechtigte 166 f. Unterhaltspflicht 162f., 167 Unternehmerbetrieb 148 f., 267 Unterricht 146, 155 f., 158, 179, 343 Untersuchung, ärztliche 99, 175,

208 Untersuchungen, empirische 32f., 38 f. Untersuchungsgefangener 170, 216 Untersuchungshaft 22, 72 f., 98, 112, 170, 228 f., 345 ff. Untersuchungshaftanstalten 262 Untersuchungshaftvollzug 337ff. Urlaub; s. Beurlaubung Verantwortung, soziale 163, 343 f. Verfassungsbeschwerde 219

Sachregister

370 Verfassungsrecht 2 2 , 2 6 , 2 9 Verfügungsbefugnis 165 Verhältnismäßigkeitsgrundsatz 5 2 , 6 0 , 189f., 197, 199, 2 0 3 , 2 0 8 , 2 1 4 ff., 3 4 7 Verhaltenstherapie 114, 3 2 5 Verhaltenstraining; s. Einübung sozialen Verhaltens Verhaltensvorschriften 190 ff. Verkehr mit der Außenwelt; s. Außenwelt Verlegung 1 1 2 f f „ 118, 123, 197, 213, 225, 252, 258 Verpflegung; s. Ernährung Versorgung, ärztliche 174 ff., 2 0 1 , 283 ff., 3 1 6 —, zahnärztliche 176 f. Verteidiger 136, 2 1 4 , 2 3 0 , 2 4 5 Verwahrung, öffentlich-rechtliche 216 Verwahrungsvollzug 8 1 , 106, 2 5 8 Verwaltungsakt 2 6 , 108 Verwaltungsdienst 2 8 5 ff., 3 0 0 Verwaltungshoheit 5 9 , 6 2 ff. Verwaltungsprozeßrecht 2 7 Verwaltungsrecht 2 2 , 2 6 , 2 9 , 4 7 Verwaltungsvorverfahren 2 3 3 f. Vikariieren von Maßregel und Strafe 3 2 1 Vollstreckung von Disziplinarmaßnahmen 2 1 3 f. Vollstreckungsbehörde 9 7 ff., 2 2 4 Vollstreckungsgericht 116 f., 161, 2 2 1 ff. Vollstreckungshaftbefehl 9 7 ff., 116 Vollstreckungsleiter 2 4 , 2 2 8 , 3 4 2 Vollstreckungsplan 93 f., 112, 2 2 5 , 253, 254 Vollzug, geschlossener 9 2 , 102 f., 117 f., 127, 186, 2 5 4 , 2 6 0 —, offener 3 3 , 3 7 f . , 8 1 , 9 2 , 9 7 ,

101 ff., 1 1 2 , 1 1 8 , 1 2 7 , 2 5 4 , 2 5 7 ,

260

Vollzug als Prozeß 2 5 5 ff. - als System 2 5 0 ff. Vollzugsablauf 3 9 f., 89 ff., 95 ff., 9 9 ff., 2 5 7 Vollzugsakademie 3 0 5 Vollzugsanstalten, Art 7 5 , 9 2 , 2 4 6 ff., 2 4 7 ff. - , Zuständigkeit 92ff., 112, 123,

226

Vollzugsaufgaben 7 7 , 80, 8 3 , 9 4 , 1 3 2 f „ 154, 186, 195, 2 2 1 f., 2 4 7 f., 2 4 9 , 2 5 5 , 2 5 9 f., 2 7 3 f., 284, 289, 300, 302 Vollzugsbedienstete 3 7 , 5 0 , 5 6 , 107, 137, 189, 191 f., 2 0 2 , 2 0 3 ff., 2 0 8 , 2 1 3 ff., 2 3 0 , 2 4 2 , 2 4 9 , 2 5 5 f., 2 5 8 ff., 2 7 1 , 2 7 4 , 2 7 9 ff., 2 9 9 ff., 3 1 5 , 3 4 7 — s. auch Fachkräfte; Vollzugsdienst; Verwaltungsdienst; Werkdienst Vollzugsbehörde 2 5 , 2 8 , 5 3 , 5 4 , 83 ff., 94, 97, 99, 103, 107 f., 119, 111, 115 f., 118, 128 f., 133 f., 137, 140, 144, 147, 148 f., 150 f., 154 ff., 165, 173 ff., 177, 179 ff., 188 f., 193 ff., 199 f., 2 0 7 ff., 2 1 5 ff., 2 2 9 f., 2 3 2 , 2 3 4 ff., 2 4 1 , 2 5 0 , 2 5 7 ff., 2 6 6 , 2 7 3 ff., 3 3 4 , 3 4 6 Vollzugsdienst, allgemeiner 271, 281, 283, 285, 287ff., 299, 302, 305, 325 Vollzugseinheit 125 Vollzugsformen 89 Vollzugsgemeinschaften 2 5 5 Vollzugsgeschäftsstelle 2 8 6 , 3 0 0 Vollzugsgrundsätze, allgemeine 5 3 f., 96 Vollzugshelfer

4 6 , 183, 2 7 6 , 3 1 2

Sachregister -

s. auch Mitarbeiter, ehrenamtliche Vollzugskommissionen 3 1 1 f. Vollzugslockerungen 9 7 , 1 0 2 , 104, 106 ff., 116 ff., 134, 140, 2 5 7 , 343 Vollzugslösung 114 f. Vollzugsnähe 2 2 2 Vollzugspersonal; s. Vollzugsbedienstete Vollzugsplan 89, 96, 9 9 ff., 112, 117, 2 4 1 , 2 5 8 , 2 6 0 , 2 6 5 , 2 7 7 , 2 9 4 ff., 3 0 7 Vollzugsplanung; s. Planung des Vollzugs Vollzugsverordnung von 1934 4 1 Vollzugsziel 4 6 , 5 2 , 68, 78 ff., 93, 9 9 , 101, 103 f., 1 0 6 , 1 1 2 f., 115, 124, 131, 134, 139, 178, 180, 188 f., 191, 2 1 7 , 2 4 1 , 2 4 7 , 2 5 3 f., 2 5 8 , 2 6 2 , 2 7 4 , 2 8 8 f., 2 9 6 , 3 0 1 , 3 0 4 , 3 0 7 f., 3 4 3 Vorkommnisse, besondere 3 9 Vornahmeantrag 2 3 4 ff. Vorschaltverfahren; s. Verwaltungsvorverfahren Weisungen für die Beurlaubung 108, 109 f., 112, 119 Weiterbildung 3 9 , 5 5 , 7 3 , 7 5 , 101, 124 f., 142 ff., 152 ff., 178 f., 2 5 2 , 2 5 7 , 2 6 0 , 2 6 3 , 2 6 7 , 2 8 4 , 2 8 8 f., 2 9 6 f . , 3 1 3 , 339, 347 Werkbeamte 2 8 9 f.

24'

371 Werkdienst 2 8 1 , 2 8 3 , 2 8 5 , 2 8 9 f . , 300, 302 Widerruf begünstigender Maßnahmen 112, 119 Widerspruchsbescheid 2 3 5 , 2 3 7 Wiedereingliederung; s. Eingliederung Wiedergutmachung; s. Schadenswiedergutmachung Wiedereinsetzung in den vorigen Stand 2 3 5 Wirtschaftsverwaltung 2 4 8 , 2 8 4 , 300 Wohlfahrtspflege, freie; s. auch Straffälligenhilfe 2 7 5 Wohngruppe 9 1 , 2 6 2 , 2 6 4 f., 2 8 2 f. Wohnungsvermittlung 122 Zahnbehandlung; s. Versorgung, zahnärztliche Zeitschriftenbezug; s. Bezug von Zeitschriften Zeitungsbezug; s. Bezug von Zeitungen Zentralkrankenhäuser 2 5 3 Zentralstelle, kriminologische 3 1 0 Zielkonflikt 81, 2 4 8 Zuchthausstrafe 4 2 Zusammenarbeitsklausel 2 7 3 , 2 8 9 , 300 Zwang, unmittelbarer 7 3 , 175, 2 0 2 ff. Zwangshaft 22, 74 Zwangsmaßnahmen, ärztliche 195, 2 0 2 , 2 9 3

Gesetzesregister (Die fetten Zahlen bedeuten die Artikel bzw. Paragraphen des Gesetzes, die mageren die Seitenzahlen des Buches.)

Grundgesetz 1 - 1 9 : 2 6 , 60 1: 26, 60, 61, 79, 2 1 1 , 332 2 : 60, 61, 211 3 : 60 4 : 172, 173, 208 5 : 60, 178, 179, 180, 211 6 : 60, 132, 136 8 : 60 10: 60 11: 60 13: 60 17: 60, 2 1 9 , 241, 2 4 3 19: 60, 2 1 8 , 227, 2 3 7 2 0 : 26, 29, 61 2 8 : 26, 29, 61 3 0 : 26, 62 3 3 : 284 3 4 : 215, 238 6 0 : 245 7 2 : 62 7 4 : 26, 62 7 5 : 284, 2 9 9 8 3 - 8 7 : 26 8 3 : 62 8 4 : 63 8 7 : 63 9 3 : 218 103 210, 237 104 26, 60 123 49 140 173

Strafvollzugsgesetz 1: 71, 72 2 - 1 2 2 : 71, 72 2 f f . : 92 2 - 4 : 73, 188, 2 2 1 , 3 0 0 2 : 69, 70, 78, 80, 81, 82, 83, 89, 94, 116, 131, 173, 185, 195, 217, 247, 2 4 8 , 2 5 7 , 2 6 0 , 2 7 4 , 288, 2 9 6 , 3 0 0 , 3 0 1 , 3 0 7 , 3 2 8 , 343 3 - 1 2 2 : 324, 3 2 7 3 : 83, 84, 85, 89, 103, 116, 127, 129, 131, 137, 189, 193, 2 0 9 , 2 1 7 , 247, 257, 2 6 6 , 2 9 6 , 333 4 : 80, 82, 85, 86, 87, 100, 182, 189, 241, 2 5 7 , 2 5 8 , 278, 328 5 ff.: 92 5 - 1 6 : 73, 89 5 : 75, 96, 98, 99, 174, 2 0 8 , 293 6 : 96, 99, 100, 126, 2 4 1 , 2 5 7 , 260, 296, 3 0 7 7 : 96, 99, 100, 101, 117, 2 6 0 , 265, 296, 298, 3 0 7 8 : 112, 113, 197, 258 9 : 1 1 3 , 1 1 4 , 1 1 5 , 1 1 6 , 1 2 3 , 258, 325, 326, 330 1 0 : 76, 81, 101, 103, 104, 105, 106, 108, 2 5 7 1 1 : 81, 85, 102, 107, 108, 110, 118, 128, 134, 140, 141, 150, 257 1 2 : 106

Gesetzesregister

13-18: 75 13: 71, 81, 85, 109, 110, 111, 134, 140, 141, 151, 198, 232, 258 14: 108, 109, 112, 141, 150, 330 15: 85, 97, 102, 113, 117, 119, 257, 330 16: 97, 102, 117, 121 17-22: 73 17: 76, 125, 126, 179, 180, 187, 213, 257, 259, 266, 270 18: 76, 126, 127, 264, 265, 266, 270 19: 127, 128, 140, 187, 194, 265 20: 128, 286 21: 129, 286, 293 22: 82, 129, 130, 139, 161, 187, 194, 198, 212, 293 2 3 - 3 6 : 73, 134 23: 84, 132, 213 2 4 - 2 7 : 135 24: 82, 135, 136, 213, 270 25: 82, 133, 134, 136, 187, 198 26: 136 27: 81, 133, 134, 136, 188, 198 2 8 - 3 1 : 135 28: 81, 133, 134, 137, 188, 198, 213 29: 81, 134, 137, 138, 139, 188, 198, 241, 243 30: 138 31: 80, 82, 133, 134, 137, 138, 139, 198, 242 32: 134, 139 33: 82, 135, 139, 140, 187 34: 82, 133, 134, 137, 187, 198 35: 82, 107, 135, 140, 141, 151, 232 36: 82, 135, 141, 187 3 7 - 5 2 : 73, 130, 152 37: 75, 101, 102, 143, 145, 146, 147, 149, 150, 151, 152, 155,

373 157, 158, 159, 160, 257, 266, 267, 290, 296, 334 38: 146, 153, 155, 156, 296 39: 75, 82, 134, 146, 150, 151, 155, 162, 164, 165 40: 146, 152 41: 75, 146, 148, 149, 151, 155, 157, 158, 191, 213, 257, 270 42: 75, 110, 144, 146, 151, 152 4 3 - 4 5 : 170 43: 143, 147, 156, 157, 158, 159 44: 145, 146, 155, 156, 158 45: 156, 159, 160 46: 130, 156, 160, 161 45: 130, 156, 160, 161 47: 129, 130, 161, 162, 217 48: 146 49: 75, 143, 161, 163 50: 75, 145, 151, 158, 161, 163, 164, 165 51: 146, 161, 162, 165, 166, 167, 184, 194, 214 52: 130, 146, 161, 194 5 3 - 5 5 : 73, 291 53: 128, 172, 173, 194 54: 82, 172, 173, 174, 187, 198 55: 172 5 6 - 6 6 : 73, 174, 292, 293 56: 174, 175, 191, 200, 206, 209, 215 57: 175, 176 58: 175, 176 59: 174, 175, 341 60: 175, 176, 341 61: 175, 176 62: 176 63: 175, 177 64: 175, 213 65: 75, 113, 175, 177, 293, 341 66: 177 6 7 - 7 0 : 73

374 6 7 : 101, 152, 178, 179, 2 1 3 , 257, 259, 2 9 7 6 8 : 80, 82, 128, 178, 179, 187, 194, 199, 212 6 9 : 82, 128, 178, 179, 180, 187, 194, 199, 212 7 0 : 80, 82, 128, 140, 178, 180, 188, 194, 199, 212 7 1 - 7 5 : 73, 85, 122, 181, 2 9 8 7 1 : 181, 182, 298 7 2 : 95, 182 7 3 : 95, 182, 183 7 4 : 95, 102, 117, 181, 182, 183, 184 7 5 : 102, 117, 121, 165, 182, 184 7 6 - 7 9 341 7 6 - 8 0 : 73, 338 7 6 : 113, 293, 341 7 7 : 341 7 8 : 341 7 9 : 341 8 0 : 340, 341 8 1 - 9 3 : 73, 82, 188 8 1 : 188, 189, 202, 259, 328 8 2 : 188, 191, 192, 193, 2 5 9 8 3 - 8 7 188 8 3 : 128, 191, 193, 194, 216 8 4 : 136, 195, 196, 2 7 2 8 5 : 82, 193, 195, 197 8 6 : 195, 196, 197 8 7 : 195, 197 8 8 - 9 2 : 188, 198 8 8 : 195, 196, 199, 2 0 0 , 2 7 2 , 328 8 9 : 200, 201 9 0 : 201 9 1 : 199, 201 9 2 : 201, 293 9 3 : 76, 188, 215, 217, 2 1 8 9 4 - 1 0 1 : 73, 123, 188, 195, 2 0 3 , 330 9 4 : 202, 2 0 3 , 208 95: 202

Gesetzesregister 9 6 - 9 8 : 202 9 6 : 203, 2 0 8 9 7 : 192, 2 0 4 9 8 : 204 9 9 : 202, 204, 2 0 5 1 0 0 : 202, 2 0 4 , 2 0 5 , 2 0 6 1 0 1 : 175, 2 0 2 , 2 0 7 , 2 0 8 , 2 0 9 , 2 1 5 , 293 1 0 2 - 1 0 7 : 73, 188, 2 0 9 , 328 1 0 2 : 2 0 9 , 210 1 0 3 : 2 0 9 , 211, 2 1 2 , 272 1 0 4 - 1 0 7 : 209 104: 214 1 0 5 : 213 1 0 6 : 2 1 3 , 214, 2 8 6 1 0 7 : 2 1 4 , 293 1 0 8 f f . : 26 1 0 8 - 1 2 1 : 73 108 : 219, 2 2 0 , 2 4 1 , 2 4 2 , 2 7 0 , 286 109ff.: 222 109-121: 229,233 1 0 9 - 1 1 3 : 237 1 0 9 : 94, 116, 139, 223, 2 2 9 , 232, 233, 234, 2 3 5 , 2 3 7 , 239, 241 1 1 0 : 94, 2 1 9 , 2 2 7 , 2 3 2 , 233, 253 1 1 1 : 234 1 1 2 : 72, 2 3 4 , 2 3 5 113: 234, 235, 236 1 1 4 : 236, 2 3 7 , 2 3 9 1 1 5 : 2 3 7 , 238 1 1 6 - 1 1 9 : 223, 239 1 1 6 : 223, 2 3 9 117: 239 1 1 8 : 240 1 1 9 : 240 1 2 0 : 2 3 3 , 235 121: 239 1 2 2 : 73 1 2 3 - 1 3 8 : 73, 3 1 7 1 2 3 - 1 2 8 : 73, 323

Gesetzesregister 123: 328 124: 327 125: 123, 124, 328, 329, 330 126: 328, 330 127: 75, 328, 329 128: 328, 331, 338 129-135: 73, 323 129: 68, 333 130: 333 131-134: 333 131: 334 132: 334 133: 334 134: 333 135: 333, 338 136: 73, 228, 323, 334, 335 137: 73, 228, 323, 336 138: 74, 251, 323, 335, 336 139-166: 74 139-150: 74 139-149: 255 139: 323 140: 125, 253, 328, 338, 340 141: 89, 92, 93, 103, 104, 253, 254, 255 142: 338, 340 143: 76, 89, 262, 263, 264, 265, 328, 338, 341 144: 262, 266 145: 76, 264, 266 146: 266, 267 147: 254 148: 122, 146, 154, 273, 274, 275, 286 149: 75, 143, 148, 149, 150, 154, 266, 267, 286, 290 150: 255 151-153: 74 151: 251, 252, 300 152: 93, 94, 113, 252 153: 252 154-161: 74

375 154: 101, 122, 249, 260, 273, 274, 275, 276, 277, 287, 289, 300 155: 284, 285, 287, 291, 293 156: 76, 213, 230, 260, 268, 269, 271, 272, 277, 284, 300 157: 172, 284, 291, 292 158: 284, 291, 292, 293, 294 159: 214, 260, 273, 295 160: 259, 271, 273, 279 161: 99, 175, 191, 269, 270 162-165: 74 162: 75, 76, 314, 315 163: 314, 315 164: 314, 316 165: 314, 316 166: 74, 310, 311 167-201: 74 167-170: 74 167: 71 168-170: 71 171-175: 74 171-174: 25 176: 25, 71, 75, 170, 343, 344 177: 170 179-189: 74 179: 219, 222, 223, 240, 241 180: 228 182: 27 187: 239 190-195: 74, 143, 144 190-193: 147, 168, 171 190: 75, 147, 160, 169, 170 191-193: 75 194: 146, 158, 170 195: 146, 170 196-201 74 198: 74, 75, 98, 143, 146, 147, 156, 160, 161, 163, 168, 171, 177, 217, 267, 314, 329, 344 199: 76, 130, 147, 151, 156, 160, 161, 162, 164, 314

Gesetzesregister

376 200: 76, 147, 156, 157, 213, 344 2 0 1 : 76, 106, 126, 127, 263, 264, 265 Strafgesetzbuch 11: 19, 136 2 0 : 317, 334 2 1 : 317, 334 3 8 f . : 21, 27 4 6 : 27, 31, 64 4 7 : 31, 64 56: 31, 64, 219 56 c: 108 56 d: 122, 274 57: 67, 111, 119, 120, 219, 226, 245, 321 61 ff.: 2 1 , 2 7 6 2 - 6 6 : 31 6 2 : 317, 319 6 3 - 6 6 : 60 63—67g: 317 6 3 : 228, 317, 319, 320, 326, 334, 335, 337 6 4 : 228, 317, 319, 320, 336, 337 65: 3 1 , 1 1 3 , 1 1 4 , 1 1 5 , 1 1 6 , 3 1 7 , 319, 320, 325, 326, 327, 328, 331, 335 6 6 : 317, 319, 331, 332 6 7 - 6 7 g: 219 67: 318, 321, 322, 333 67 a : 3 1 8 , 3 2 2 , 3 2 3 67 b : 3 1 8 , 3 1 9 , 3 2 3 67 c: 3 1 9 , 3 2 2 , 323 6 7 d : 318, 319, 323, 327, 330, 332, 334, 336 67 e: 318, 327, 332 67 g : 3 1 8 , 3 2 3 68: 120 68 a : 1 2 1 , 2 7 4 68 f: 120 71: 317, 318

72: 317, 318 121: 205 1 2 9 a : 136, 138 203: 294 330 c: 193 Einführungsgesetz zum StGB 3 1 5 : 28 316: 27, 200 Strafprozeßordnung 4 4 : 235 8 1 b : 197 9 7 : 294 112: 346 112 a : 346 119: 72, 339, 346, 347 126: 347 126 a : 170 148: 138 2 9 9 : 235 3 0 4 f f . : 239 309: 237 311: 223 337: 239 341: 240 345: 240 449 ff.: 28, 218 4 4 9 - 4 6 3 d: 19, 27, 224 449: 97 451: 28, 97 4 5 4 : 28, 119, 120, 223, 224, 225, 226, 227, 277, 322 4 5 5 : 28 4 5 6 : 28 456 a : 28 4 5 7 : 28, 97, 98, 197 4 5 8 : 28, 219, 224, 225 459 f: 224 459 h: 224 4 6 2 : 219, 223, 224, 225, 226, 322

377

Gesetzesregister 4 6 2 a : 2 8 , 119, 224, 225, 226, 4 6 3 : 28, 219, 225, 228, 318, 4 6 4 - 4 7 3 : 239 467: 239

2 1 9 , 222, 2 2 3 , 2 2 8 , 232, 2 5 3 222, 223, 224, 322

Jugendgerichtsgesetz 1 7 f f . : 21 f. 17: 342 18: 342 19: 342 82: 24, 228, 342 85: 342 9 1 : 71, 72, 3 3 8 , 3 4 2 , 3 4 3 , 3 4 4 92: 342 93: 346 110: 346 115: 343 Wehrstrafgesetz 9 ff.: 2 2 9 : 71 Gerichtsverfassungsgesetz 2 1 f: 2 2 3 2 1 g : 223 78 a : 2 8 , 1 1 9 , 2 1 9 , 2 2 1 , 2 2 2 , 233, 318 78 b : 28, 2 2 2 , 2 2 3 , 318 120: 225 121: 223, 240, 241 Einführungsgesetz zum GVG 23ff.: 227, 229, 232, 236, 237 2 3 : 228, 229, 235, 246 24: 230, 233, 234 2 5 : 228 2 6 : 235 2 7 : 235, 236 2 8 : 238 29: 237, 239 30: 239

Europäische Menschenrechtskonvention 25 219, 241, 243, 244 26 2 4 4 27 244 28 2 4 4 244 30 244 31 Beamtenrechtsrahmengesetz 2: 284 4: 284 Gesetz über den unmittelbaren Zwang (UZwG) 7: 204 Verwaltungsgerichtsordnung 123: 236 Gerichtskostengesetz 4 8 a: 2 3 9 Gesetz über die Entschädigung für Opfer von Gewalttaten 144 144 144 Arbeitsförderungsgesetz 3 : 153 1 3 - 2 4 : 153 1 5 : 153 2 5 - 3 2 : 153 3 7 : 158 4 0 - 4 9 : 153 4 4 : 158 5 0 - 5 2 : 154 5 0 : 154 107 171 112 171 133 171

378 168 169 171

Gesetzesregister 170 170 170

Reichsversicherungsordnung 5 6 : 169 1 6 0 : 164 163 a: 170 165 c : 171 1 8 1 : 176 182: 169, 176 1 9 6 : 341 197: 341 2 1 6 : 171 5 3 9 : 169 5 4 0 : 167, 169 5 4 8 : 169 5 4 9 : 169 5 5 0 : 169 5 5 1 : 169 5 6 1 : 169 5 6 6 : 160, 169 1 2 2 7 : 171 1 2 4 0 : 171 Bundessozialhilfegesetz 1: 182 2 : 158 2 1 : 160

Strafvollzugsgesetz der DDR 1: 58 2 : 58 3: 58 4 : 58 6: 58 9 : 58 2 0 - 3 3 : 58 5 6 : 58 5 7 : 58 Mindestgrundsätze 3 6 : 241, 2 4 2 Strafvollstreckungsordnung 2 2 - 2 5 : 93 26: 112 2 7 : 97 2 8 : 98 3 1 : 97 3 4 : 98 3 7 f f . : 120 Historische Gesetze und Verordnungen Reichsverfassung von 1871 4 : 43 7: 44

Bürgerliches Gesetzbuch 3 9 4 : 217 4 0 0 : 217 6 8 8 f f . : 216 8 2 3 f f . : 215, 216 8 3 9 : 215, 238

Strafgesetzbuch a. F. 1 5 - 1 8 : 42 1 6 : 42 1 7 : 42 1 8 : 42 21: 200 361: 42 3 6 2 : 42

Zivilprozeßordnung 8 5 0 : 162, 166, 217 8 5 0 c : 163

Reichs Verfassung von 1919 7: 45 1 3 7 : 173

379

Gesetzesregister Reichsratsgrundsätze von 1923 1 7 - 2 3 : 47 4 8 : 45 130: 45 131: 45 Strafvollzugsverordnung von 1934 48: 47 Dienst- und Vollzugsordnung 8 : 93 9: 250 1 2 - 3 3 : 50 1 2 - 2 9 : 281

12: 268

13: 15: 18: 19: 21: 22: 23: 25: 26: 27: 28: 29: 30: 31:

268, 286 281, 281, 281, 281, 281 281, 281, 281, 281, 281 281 281

269, 281 288 289, 290 288 293 292 294, 295 296 298

32: 260, 276, 277 3 4 - 4 3 : 50, 281 34: 273 4 4 - 2 0 6 : 50 4 4 - 5 6 : 98 5 7 : 51, 65, 70, 2 7 3 5 8 : 51, 99, 102 59: 308 6 0 : 51 6 2 : 51 6 4 ff.: 125 6 9 - 7 9 : 190 6 9 : 190

7 0 f f . : 51 7 0 : 190 7 1 : 190 7 2 : 190, 192 7 3 : 190 7 4 : 190 7 5 : 190 7 6 : 190 7 7 : 190 7 8 : 190 7 9 : 190, 192 8 0 - 9 7 : 142 80: 51 9 4 : 151 9 6 : 157, 161, 165 9 7 : 161, 165 1 2 4 ff. : 5 1 1 2 4 - 1 2 9 : 142 1 3 0 ff. : 5 1 1 3 0 - 1 3 4 : 297 1 3 0 : 181, 2 9 7 131: 297 1 3 2 : 167 133: 276 1 6 7 - 1 9 3 : 185 1 6 7 - 1 7 4 : 195 1 7 4 : 197 1 7 5 - 1 8 0 : 195 1 7 6 : 198 182: 211 185: 211 187: 213 188: 213 193: 206 194: 243 197-203: 2 0 4 : 112 Entwürfe Entwurf eines Strafvollzugsgesetzes von 1879 14: 43

380 Entwurf eines Strafvollzugsgesetzes von 1927 3 7 f . : 46, 276 64: 46 162ff.: 46 AE zum StGB Allgemeiner Teil 3 7 : 52 3 8 : 52 3 9 : 52 Kommissionsentwurf zum StVollzG 3 - 114: 53 3: 69 3 a : 83 4 : 86, 87 5 - 7: 98 7: 96, 99, 100 8: 100 11 104 13 111 23 129 25 132 39 - 4 9 : 142 39 143 41 151 51 174 52 172 60 - 6 4 : 142 68 a: 123, 329 72 - 9 8 : 185 86 202 92 207, 209 9 3 f f . : 209 9 6 : 213 102 : 235 1 1 5 - 1 3 1 : 53 123: 334 126: 333 1 2 7 - 1 3 1 : 323

Gesetzesregister 1 3 2 - 1 6 1 a: 53 134 253 139 265 140 265 140 a: 265 146: 283 147: 269 147 a: 2 8 3 , 2 8 6 147 b: 283, 287 147 c: 283 148: 283 149: 283 150: 283 152: 283 153: 283 156: 277 1 5 7 - 1 6 1 : 314 158: 315 159: 316 160: 316 1 6 1 a : 308 1 6 2 - 1 6 4 : 53 a - e : 53 Regierungsentwurf zum 2 - 4 : 54 2: 69, 78 3: 83 4 : 87, 88 10: 105 13: 110, 111 15: 118 2 4 : 135 2 8 : 241 30: 241 3 1 : 138 3 4 : 137 3 7 - 4 9 : 142 5 3 : 176 5 9 - 6 3 : 142 6 7 : 181

Gesetzesregister

7 1 - 9 5 : 185 72: 192 88: 205 89: 207, 209 93: 213 99: 234 100: 235 112: 123, 330 141: 275 142: 283 144: 283 145: 283 1 4 9 - 1 5 1 : 314 152: 308 180: 55 Alternativentwurf zum StVollzG

1 - 4 : 56 2: 70, 77, 83, 85 3: 83, 132 5 - 4 4 : 56 5: 255 7: 254, 308 8: 263 9: 262, 264 10: 266 11: 265 12: 265 13: 130, 265 14: 265 15: 265 16: 17: 19: 20: 22: 23: 24: 25: 26: 30: 31:

261, 261, 261, 261, 261, 282 282, 282 130, 282 282

265, 282, 288, 295 282 278 278 271, 282, 295 296 261, 271, 278

32: 282 33: 251 34: 252, 309 3 7 - 3 9 : 308 37: 309 38: 309 39: 309 4 0 - 4 4 : 314 40: 314 41: 314, 315 42: 314, 316 43: 316 4 5 - 7 0 : 56 4 6 - 4 8 : 98 48: 96, 99 4 9 - 5 1 : 96 53 100, 102 56 116 57 108 58 110, 111 63 - 7 0 : 117 63 117 64 118 66 117 69 123, 329 70 329 7 1 - 1 1 8 : 56 7 1 - 7 5 : 152 71: 155 7 2 - 7 5 : 142 72: 155 7 6 - 8 1 : 102 8 2 - 9 7 : 142 83: 147 87: 157 96: 161 9 8 - 1 0 0 : 142 115: 139 117: 140 1 1 9 - 1 4 6 : 56, 185 119: 133, 186, 282 121: 186

Gesetzesregister

382

122:

186

123: 259 1 2 4 : 127, 128 126: 199 127: 200 133ff.: 202 139: 206, 207, 209 140: 211 144: 214 1 4 7 - 1 6 1 : 56

154: 237 162-207: 163: 328 164: 328 165: 328 166: 328 167-169: 170: 333 182: 333 183-200:

56

328

323

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Walter de Gruyter Berlin-New York Sammlung Göschen

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73 Seiten. 1972. D M 7,80 (Band 4012) M. Rahbinder

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Walter de Gruyter Berlin-New York

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£ j n e Anführung in die Probleme und Realitäten des Strafvollzuges und der Entlassenenhilfe GroB-Oktav. XXXII, 447 Seiten. 1976. Plastik flexibel DM 3 8 „Der Band, aufgebaut wie ein Lehrbuch, ist eine Einführung in die Probleme und Realitäten des Strafvollzugs und der Entlassenenhilfe und stellt das Strafvollzugsrecht systematisch dar. Über 50 Praktiker des Strafvollzugs und der Entlassenenhilfe haben aus der Erfahrung der Alltagsarbeit die tatsächlichen und rechtlichen Probleme unter Berücksichtigung des neuen Strafvollzugsgesetzes angesprochen... Das Buch, recht allgemeinverständlich geschrieben, schließt mit einer Betrachtung über die Einstellung der Bevölkerung zu Problemen des Strafvollzugs..." Landeskriminalblatt Rheinland-Pfalz,

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