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German Pages 1085 Year 1976
ERNST R U D O L F H U B E R -
WOLFGANG HUBER
Staat u n d K i r c h e i m 19. und 20. Jahrhundert Dokumente zur Geschichte des deutschen Staatskirchenrechts
ERNST RUDOLF H U B E R - WOLFGANG HUBER
Staat und Kirche im 19. und 20. Jahrhundert Dokumente zur Geschichte des deutschen Staatskirchenrechte
Band I I Staat und Kirche im Zeitalter des Hochkonstitutionalismus und des Kulturkampfs 1848 -1890
D U N C K E R
&
H U M B L O T / B E R L I N
H e r g e s t e l l t m i t H i l f e der Geschwister B o e h r i n g e r I n g e l h e i m S t i f t u n g f ü r Geisteswissenschaften u n d anderen wissenschaftlichen S t i f t u n g e n
CIP-Kurztitelaufnahme der Deutschen Bibliothek Staat und Kirche im 19. [neunzehnten] und 20. [zwanzigsten] Jahrhundert : Dokumente zur Geschichte d. dt. Staatskirchenrechts / Ernst Rudolf Huber ; Wolfgang Huber. — B e r l i n : Duncker u n d Humblot. NE: Huber , Ernst Rudolf [Hrsg.] Bd. 2. Staat und Kirche i m Zeitalter des Hochkonstitutionalismus u n d des K u l t u r k a m p f s : 1848 1890. — 1. Aufl. — 1976. I S B N 3-428-03630-1
Alle Rechte vorbehalten © 1976 Duncker & Humblot, Berlin 41 Gedruckt 1976 bei Berliner Buchdruckerei Union GmbH., Berlin 61 Printed in Germany ISBN 3 428 03630 1
Vorwort I. Drei Jahre nach dem Erscheinen des ersten Bandes der dem neuzeitlichen Verhältnis von Staat u n d Kirche gewidmeten Dokumentation legen die H e r ausgeber den zweiten Band vor, der die staatlich-kirchlichen Beziehungen u n d Auseinandersetzungen i m Zeitalter des Hochkonstitutionalismus und des K u l t u r k a m p f s zum Gegenstand hat. „Hochkonstitutionalismus" meint die Epoche des modernen Verfassungsstaats, deren Signum die konstruktive V e r bindung zweier Elemente ist: des Systems der Gewaltenteilung , das auf dem spannungsreichen u n d doch ausgewogenen Dualismus v o n monarchischer Regierungsgewalt u n d parlamentarischer Repräsentativgewalt beruht, u n d des Systems der Grundrechte , zu dessen festem K a n o n i n Deutschland von Anfang an neben den individuellen Freiheitsrechten die „institutionellen Garantien" zugunsten der großen öffentlichen Einrichtungen u n d Körperschaften, an ihrer Spitze der christlichen Kirchen, gehören. Das Grundthema des zweiten Bandes der Edition ist die Stellung der Kirchen i m entfalteten deutschen Verfassungsstaat. Gewiß trat dieses Thema schon i n der i m ersten Band dokumentierten frühkonstitutionellen Epoche i n die Erscheinung. Z u seiner vollen Bedeutung aber erwuchs es erst m i t dem i m großen Entscheidungsjahr 1848/49 an der Gesamtfront erstrittenen Erfolg des verfassungsstaatlichen Prinzips. Z u den Vertragsgarantien , die die Kirchen bei der Erneuerung der staatskirchenrechtlichen Verhältnisse i n den ersten Jahrzehnten des 19. Jahrhunderts erlangt hatten, traten i m Hochkonstitutionalismus die Verfassungsgarantien, die den Religionsgesellschaften nach dem V o r b i l d der Frankfurter Reichsverfassung i n den deutschen Landesverfassungen zuteil wurden. „ V e r tragssicherung" u n d „Verfassungssicherung" bildeten das Fundament des seit der Jahrhundertmitte vollerrichteten Bauwerks des neuen Staatskirchenrechts. Aber gerade dieses System der Doppel-Garantie barg i n sich ein Moment des neuen Konflikts. Da zum Wesen jeder Garantie ein Gefüge garantiebegrenzender Bedingungen u n d Vorbehalte gehört, wohnte dem System der Doppel-Garantie v o n Anfang an die Gefahr einer Kollision zwischen der Vertrags- und verfassungsrechtlich gesicherten kirchlichen Autonomie u n d den garantiebegrenzenden Gegenrechten inne. Aus diesem Grundkonflikt zwischen der staatlichen Bereitschaft zur Anerkennung u n d Achtung der kirchlichen Eigenständigkeit u n d dem staatlichen Anspruch auf hoheitliche Selbstverwirklichung u n d Selbstbehauptung ergab sich der Kulturkampf : nicht i n Widerspruch zu dem bestehenden Garantiesystem, sondern als eine i n i h m angelegte Konsequenz.
VI
Vorwort
Die Dokumentation sucht diese dramatische Auseinandersetzung zwischen Kirche u n d Staat i n ihren Vorstufen, ihren vielschichtigen Anlässen u n d ihren sich ständig ausweitenden u n d steigernden Kampfhandlungen anschaulich zu machen. Aus einer w e i t umfangreicheren Sammlung v o n Materialien mußte eine strenge A u s w a h l getroffen werden; auch i n dieser Begrenzung sprengt das Dargebotene fast den Rahmen eines u m Überschaubarkeit u n d Durchsichtigkeit bemühten Quellenwerks. Nicht minder haben die Herausgeber getrachtet, das epochale Ereignis der Beilegung des K u l t u r k a m p f s ins Licht treten zu lassen — beginnend m i t dem vorsichtig tastenden Streben beider Seiten nach einem faktischen „modus vivendi", aus dem schließlich doch das Friedenswerk einer „organischen Revision" hervorging. Nicht n u r als Modell der Konfliktstrategie, sondern i n noch höherem Maß als Modell der konfliktüberwindenden Friedensstrategie sind der „ K u l t u r k a m p f " w i e seine Beilegung kennzeichnend f ü r ein Zeitalter, das dem K a m p f nicht auswich, das aber selbst nach härtestem Streit zum Frieden zu kommen verstand. Es ist i n der historischen Entwicklung begründet, daß i n dem dargebotenen Stoff der katholisch-kirchliche Bereich den breiteren Raum einnimmt. Doch läßt die Edition erkennen, wie bedeutend auch der A n t e i l des protestantischen Kirchenwesens u m die M i t t e u n d i n der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts an der Ausbildung des neuen Grundverhältnisses von Staat u n d Kirche w a r . Dabei stehen die Gesetzesmaterialien, i n denen sich seit der Jahrhundertmitte das selbständige Kirchenverfassungsrecht der evangelischen Landeskirchen entwickelt hat, i m Vordergrund. Das hier angeschlagene Grundthema, die konstruktive Verbindung des konsistorialen u n d des synodalen Moments, w i r d aus den mitgeteilten Dokumenten i n vielfältigen Abwandlungen sichtbar. Aus Raumgründen mußte die Auswahl sich auf Preußen u n d die deutschen Mittelstaaten beschränken, sehr zum Bedauern der Herausgeber, die sich bewußt sind, daß vielfach gerade die Landeskirchen der deutschen Stadtstaaten u n d Kleinstaaten Besonderheiten bieten, die der Vergegenwärtigung bedürftig wären. Wenngleich i n diesen Teilen der Dokumentation der positive Rechtsstoff überwiegt, w i r d aus den wiedergegebenen Stücken doch deutlich, daß i m evangelischen Kirchenwesen des 19. Jahrhunderts keineswegs die schlichte Eintracht zwischen Staat u n d Kirche vorherrschte. Vielmehr zeigen die Quellen, vornehmlich die preußischen, daß die m i t dem Revolutionsu n d Verfassungsjahr 1848/49 eingeleitete Lösung der evangelischen Landeskirchen aus ihrer überlieferten territorialstaatlichen Bindung nicht n u r innerkirchliche, sondern auch staatlich-kirchliche K o n f l i k t e freigesetzt hat. F ü r die katholische wie f ü r die protestantische Seite w i r d aus den mitgeteilten Materialien darüber hinaus offenbar, daß hier w i e dort das staatlich-kirchliche Verhältnis sich seit dem 19. Jahrhundert i n untrennbarem Zusammenhang m i t dem A u f k o m m e n der Parteien entwickelte. Neben die politischen Parteien, die sämtlich i n ihren Programmen auch bestimmte kirchenpolitische Grundforderungen zum Ausdruck brachten, traten kirchliche Parteien, die durch innerkirchliche Lehrgegensätze u n d kirchen- sowie staatspolitische Differenzen zugleich gekennzeichnet waren. D a r i n zeigt sich eine strukturelle Koinzidenz, i n der Staat u n d Kirche m i t der Gesellschaft — als dem Raum der „Parteiung" — ungeachtet aller Trennungs-Postulate v e r -
Vorwort
VII
bunden sind. Diese Beobachtung gilt f ü r beide großen Kirchen: I m Protestantismus entstanden m i t der Ausbildung der Synodalverfassung unvermeidbar organisierte innerkirchliche „Parteien"; zugleich korrespondierten die großen politischen Parteien, v o r allem Konservative u n d Liberale, m i t bestimmten kirchenpolitischen Positionen. Aber auch i m deutschen Katholizismus entwickelten sich innerkirchliche „Parteien" v o n deutlicher Gegensätzlichkeit, so schon i m Frühkonstitutionalismus, etwa i m Gegensatz v o n Hermesianern u n d Integralisten, erst recht aber während des Hochkonstitutionalismus, wie sich i n den Kämpfen u m den Syllabus errorum u n d u m die vatikanischen Beschlüsse, schließlich u n d v o r allem i m Gegensatz von „Ultramontanen" u n d „Staatskatholiken" zeigt. U n t e r den politischen Parteien waren das Zent r u m u n d die i h m verwandten bayerischen Parteien (Patriotenpartei, Bayerische Volkspartei) nicht n u r i m staatlichen Raum eine Macht v o n permanenter Stabilität, sondern zugleich k r a f t ihrer Verbindung zum Kirchenvolk und zur kirchlichen Hierarchie ein innerkirchlicher Machtfaktor, ungeachtet allen Bemühens u m die Wahrung der wechselseitigen Unabhängigkeit der staatspolitischen u n d der religiösen Sphäre. Diese Erstreckung des Parteien-Prinzips auf den kirchlichen Bereich w a r nicht n u r eine Folge der gesellschaftsstrukturellen Identität v o n „Staatsvolk" und „Kirchenvolk", sondern zugleich ein Reflex der bestimmenden Funktion, die der Begriff der Kultur m i t dem 19. Jahrhundert f ü r Gesellschaft, Kirche u n d Staat erlangte. Die Gesellschaft nahm f ü r sich i n Anspruch, der eigentliche Raum der autonomen K u l t u r zu sein; die Kirche verstand sich als verantwortlich f ü r religiöse, sittliche u n d geistige B i l d u n g u n d damit als die Kulturmacht schlechthin; aber auch der Staat konstituierte sich als „ K u l t u r staat", nämlich als Förderer u n d Wächter, j a als Organ der K u l t u r . N u r auf diesem Untergrund konkurrierender Kulturvorstellungen, K u l t u r v e r a n t w o r t lichkeiten u n d Kulturansprüche sind das Ereignis wie die Schärfe des K u l t u r kampfs zu verstehen. I m Streit u m das „ K u l t u r e x a m e n " des geistlichen Nachwuchses fand dieser Gegensatz seinen signifikanten Ausdruck. Den zugrunde liegenden K o n f l i k t bringt die Freiburger Denkschrift v o m 24. Januar 1874 (Nr. 341) aus kirchlicher Sicht auf eine exemplarische Formel: sie v e r weist den Staat auf die Rolle des „Rechtsstaats", zu dessen Aufgaben die Garantie der kirchlich institutionalisierten u n d gebundenen „Glaubensfreiheit" gehört; seinen Anspruch, „ K u l t u r s t a a t " zu sein, v e r w i r f t die Denkschrift als einen Versuch, „sein Gesetz an die Stelle des Rechts" zu setzen, die „Staatsomnipotenz über alle Lebensverhältnisse" zu erstrecken u n d „der Menschheit ihre heiligsten Güter", nämlich die Freiheit der religiösen Überzeugung, der Religionsübung u n d des bekenntnisgebundenen Unterrichts, zu entziehen. Erst dieser Fundamentalgegensatz i m Kulturbegriff erklärt die Schwierigkeit, bei der Beilegung des K u l t u r k a m p f s v o m Gipfel des „Streits u m Prinzipien" auf die Ebene pragmatischer Lösungen herabzusteigen. II. Über Ziel, Anlage u n d Technik der vorgelegten Edition ist i m V o r w o r t zum ersten Band das Erforderliche gesagt. Die Herausgeber haben an der Absicht festgehalten, bereits Veröffentlichtes zu sammeln, zu ordnen u n d i n seinem
Vili
Vorwort
Zusammenhang sichtbar zu machen; doch sind eine Reihe von Lücken i m schon veröffentlichten Material durch bisher unedierte Stücke geschlossen. Trotz ihrer eigenen, schon i m ersten Band geäußerten Bedenken haben die Herausgeber auch jetzt die zahlreichen fremdsprachigen Texte i n Übersetzungen wiedergegeben. Soweit ältere Übertragungen nicht zur Verfügung standen, haben bei den Neuübersetzungen auch i m zweiten Band H e r r Studienrat Rudolf Kohler (Rastatt) und Frau Susanne Falconi geb. Forsthoff (Heidelberg) wertvolle Hilfe geleistet; einiger besonderer Stücke hat Dr. rer. nat. habil. Albrecht Huber (Kiel) sich als Übersetzer angenommen. Die Herausgeber sagen f ü r diese Unterstützung aufrichtigen Dank. Den aus Raumgründen notwendigen Verzicht auf die Wiedergabe des Originalwortlauts der übersetzten Stücke haben die Herausgeber an einer einzigen Stelle durchbrochen. Der bisher nicht edierte Briefwechsel zwischen Papst Pius I X . u n d K ö n i g W i l h e l m I. (10./28. Oktober 1870) ist außer i n Übersetzung auch i n der Originalsprache (italienisch/französisch) wiedergegeben (Nr. 202a u n d b, Nr. 203 a u n d b). Die Herausgeber danken dem päpstlichen Geheimarchiv i n Rom für die Überlassung dieser beiden wertvollen Dokumente und für ihre Freigabe zum Druck. Besonderen Dank schulden sie Seiner Eminenz K a r d i n a l Bafile, der als päpstlicher Nuntius i n Bonn so gütig war, den Herausgebern die Dokumente samt der Druckerlaubnis zu vermitteln. F ü r die Überlassung anderer bisher nicht veröffentlichter Materialien, f ü r die Ü b e r m i t t l u n g biographischer Daten u n d f ü r zahlreiche Auskünfte schulden die Herausgeber vielfältigen Dank an kirchliche, staatliche, gemeindliche u n d private Stellen. Besonders zu danken haben sie den erzbischöflichen Archiven i n Freiburg u n d Köln, den bischöflichen Archiven i n Fulda, Limburg, Münster u n d Paderborn, dem Preußischen Geheimen Staatsarchiv, Berlin, dem Bayerischen Hauptstaatsarchiv, München, den Staatsarchiven i n K i e l u n d Marburg, den landeskirchlichen Archiven i n Darmstadt, Dresden, Kassel, Kiel, Oldenburg, Speyer, Stuttgart u n d Wiesbaden, schließlich einer großen Z a h l von Stadtarchiven, Pfarrämtern u n d Standesämtern. F ü r die E r m i t t l u n g u n d Beschaffung entlegener L i t e r a t u r danken die Herausgeber v o r allem den U n i versitätsbibliotheken i n Freiburg, Göttingen u n d Heidelberg, sowie i n besonderem Maß H e r r n Diplombibliothekar Reinhard Schiffmacher, Heidelberg. Die Ermittlung, Ordnung u n d Überprüfung der Dokumente geht auch bei diesem Band auf Vorarbeiten zurück, an denen die früheren Göttinger M i t arbeiter des älteren der Herausgeber, an ihrer Spitze der Akademische Rat H e r r Dr. Hans Jürgen Toews, teilgenommen haben; der Dank an diesen M i t arbeiterkreis sei h i e r m i t erneuert. A n den Abschlußarbeiten am zweiten Band hat Herr Richter Gustav Schmidt, zur Zeit Kassel, vornehmlich durch biographische Nachforschungen und bibliographische Überprüfungen m i t g e w i r k t . Auch i h m sei dafür besonders gedankt. I m Zusammenwirken der Herausgeber hat E. R. Huber seinen Beitrag vor allem bei der Beschaffung u n d Gliederung des Materials geleistet. W. Huber hat die Einführungstexte zu den Dokumentengruppen i m E n t w u r f verfaßt u n d den größeren T e i l des Anmerkungsapparates beigesteuert. Der abschließenden Redaktion des Bandes haben die beiden Herausgeber sich gemeinsam
Vorwort
IX
angenommen. Bei den K o r r e k t u r e n hat erneut Frau Dr. T u l a Huber-Simons m i t gewohnter Sorgfalt m i t g e w i r k t , w o f ü r beide Herausgeber i h r von Herzen danken. Die Herausgeber wiederholen schließlich ihren Dank gegenüber der Deutschen Forschungsgemeinschaft f ü r die geleistete Sachbeihilfe; ferner sagen sie besonderen Dank der Geschwister Boehringer Ingelheim Stiftung f ü r Geisteswissenschaften u n d anderen privaten wissenschaftlichen Stiftungen f ü r die zur Verfügung gestellten Druckkostenzuschüsse. Es bedarf keines weiteren Wortes darüber, daß die Vollendung der Arbeiten an dieser Dokumentation n u r dank der großzügigen Beihilfe v o n öffentlicher u n d privater Seite möglich war. I n Verehrung gedenken die Herausgeber des verstorbenen Vorsitzenden des Beirats der Geschwister Boehringer Ingelheim Stiftung, Dr. Robert Boehringer, Genf, der sich der Förderung dieses Quellenwerks m i t regem Interesse angenommen hat. Freiburg u n d Heidelberg, i m M a i 1976 E.R.H.
W.H.
Vermerk zur Zitierweise Die A b k ü r z u n g „Staat u n d Kirche" bezieht sich auf die anderen Bände dieses Quellenwerks. Die Abkürzung „Verfassungsgeschichte" verweist auf: E. R. Huber, Deutsche Verfassungsgeschichte seit 1789. Die Abkürzung „Dokumente" bezeichnet: E. R. Huber, Dokumente zur deutschen Verfassungsgeschichte.
Inhaltsübersicht
Teil A Staat und Kirche von der bürgerlichen Revolution bis zur deutschen Einigung
Erstes Kapitel
Die katholische Kirchenfrage während der bürgerlichen Revolution
I. Forderungen
der deutschen Katholiken
im Reichsparlament
Nr. 1. A n t r a g des „Katholischen K l u b s " i n der Frankfurter Nationalversammlung zu A r t . I I I § 14 der Grundrechte (29. August 1848) Nr. 2. Begründung des Antrags des „Katholischen K l u b s " durch den A b geordneten Ernst v. Lassaulx (29. August 1848) Nr. 3. Fassung des staatskirchenrechtlichen A r t i k e l s der Frankfurter Reichsverfassung nach der ersten Lesung der Grundrechte (11. September 1848) I I . Das Kölner
Programm
Nr. 4. Promemoria des Erzbischofs v. Geissei, K ö l n , über eine synodale Zusammenkunft der deutschen Bischöfe (25. September 1848) I I I . Forderungen
des deutschen Katholikentags
1
1
2 3 4 4
5 11
Nr. 5. Verwahrung des Mainzer Katholikentags an die Frankfurter Nationalversammlung (6. Oktober 1848)
12
I V . Die Würzburger
15
Bischofskonferenz
Nr. 6. Beschlüsse der i n Würzburg versammelten Erzbischöfe u n d Bischöfe Deutschlands (Oktober/November 1848) Nr. 7. Denkschrift der i n Würzburg versammelten Erzbischöfe u n d B i schöfe Deutschlands (14. November 1848)
15 21
XII
Inhaltsübersicht
V. Papst Pius IX. und die Würzburger
Bischofskonferenz
Nr. 8. Breve Papst Pius I X . an den K a r d i n a l Fürsterzbischof v. Schwarzenberg u n d die übrigen deutschen Bischöfe (17. M a i 1849)
28
28
Zweites Kapitel Das deutsche Staatskirchenrecht 1848 - 1850 I. Das Staatskirchenrecht
der Frankfurter
Reichsverfassung
Nr. 9. Verfassung des Deutschen Reichs (28. März 1849) II. Das Staatskirchenrecht
der preußischen
32 32 33
Verfassung
34
Nr. 10. Verfassungsurkunde f ü r den Preußischen Staat (5. Dezember 1848) Nr. 11. Verfassungsurkunde f ü r den Preußischen Staat (31. Januar 1850) Nr. 12. Verfügung des Kultusministers v. Ladenberg an die preußischen Konsistorien u n d die preußischen Regierungen (12. Dezember 1848)
39
III.
39
Das Staatskirchenrecht
des Großherzogtums
Hessen
Nr. 13. Gesetz, die religiöse Freiheit betreffend (2. August 1848) Nr. 14. Verordnung Großherzog L u d w i g I I I . , die Staatsaufsicht über neue Religionsgemeinschaften und über Versammlungen zu kirchlichen Zwecken betreffend (23. Februar 1850) IV. Das Staatskirchenrecht
des Herzogtums
Braunschweig
36 37
40
40 43
Nr. 15. Gesetz, die Aufhebung der aus dem Glaubensbekenntnis entspringenden Rechtsungleichheiten betreffend (23. M a i 1848)
43
V. Das Staatskirchenrecht
43
des Königreichs
Hannover
Nr. 16. Gesetz, verschiedene Änderungen des Landesverfassungs-Gesetzes betreffend (5. September 1848) Nr. 17. Gesetz über Kirchen- u n d Schulvorstände (14. Oktober 1848)
45
VI. Das Staatskirchenrecht
46
des Großherzogtums
Oldenburg
44
Nr. 18. Revidiertes Staatsgrundgesetz für das Großherzogtum Oldenburg (22. November 1852) 47 Drittes Kapitel Staat und katholische Kirche in Preußen 1849 - 1870 I. Die Stellung
der katholischen
Kirche unter der neuen Verfassung
Nr. 19. Zirkularerlaß des Kultusministers v. Ladenberg an die Oberpräsidenten über die Verhältnisse der katholischen Kirche i m Königreich Preußen (6. Januar 1849)
51 51
52
Inhaltsübersicht Nr. 20. Denkschrift der katholischen Bischöfe i n Preußen zur Verfassungsurkunde v o m 5. Dezember 1848 (Juli 1849) Nr. 21. Zirkularerlaß des Kultusministers v. Ladenberg an die katholischen Bischöfe u n d die Oberpräsidenten (15. Dezember 1849)
60
II. Der Streit um den Verfassungseid Geistlichen
62
der im Staatsdienst
stehenden
Nr. 22. Verfügung des Kultusministers v. Ladenberg über den Verfassungseid der Staatsbeamten, die katholische Geistliche sind (29. März 1850) Nr. 23. Schreiben des Kultusministers v. Ladenberg an die Oberpräsidenten (10. A p r i l 1850) Nr. 24. Erlaß des Kultusministers v. Ladenberg an die Oberpräsidenten (10. A p r i l 1850) Nr. 25. Schreiben der Bischöfe der Kirchenprovinz K ö l n an die Geistlichkeit ihrer Diözesen (18. A p r i l 1850) Nr. 26. Schreiben des Kultusministers v. Ladenberg an den Oberpräsidenten der Rheinprovinz v. Eichmann (25. A p r i l 1850) III.
Staatliche Maßnahmen gegen die katholische Volksmission das Studium am Collegium Germanicum in Rom
und gegen
54
63 65 65 66 67 69
Nr. 27. Erlaß der Minister v. Raumer u n d v. Westphalen betreffend die Tätigkeit ausländischer Geistlicher i n Preußen (25. Februar 1852) Nr. 28. Erlaß der Minister v. Raumer u n d v. Westphalen betreffend staatliche Maßnahmen gegen die katholischen Volksmissionen (22. M a i 1852) Nr. 29. Erlaß der Minister v. Raumer und v. Westphalen betreifend staatliche Maßnahmen gegen das Studium am Collegium Germanicum zu Rom (16. J u l i 1852)
72
IV. Die Mischehenfrage
72
in Preußen nach 1850
70 71
Nr. 30. Rundschreiben des Bischofs Arnoldi, Trier, an die Geistlichen seines Bistums (15. März 1853) Nr. 31. Armeebefehl K ö n i g Friedrich Wilhelms I V . i n Betreif eines Erlasses des Bischofs Arnoldi, Trier, über gemischte Ehen (1. J u n i 1853) Nr. 32. Erlaß des Generalvikars de Lorenzi, Trier, über gemischte Ehen (18. November 1873) Nr. 33. Kabinettsordre Kaiser Wilhelms I. an den Kriegsminister v. K a meke betreffend gemischte Ehen (23. Dezember 1873) Nr. 34. Erlaß Kaiser Wilhelms I I . an den Kultusminister Bosse u n d den Kriegsminister Bronsart v. Schellendorf (14. J u n i 1894)
76
V. Die preußische Volksschulfrage
77
1850 - 54
Nr. 35. E n t w u r f eines Unterrichtsgesetzes — E n t w u r f Ladenberg — (15. M a i 1850)
74 74 75 76
78
XIV
Inhaltsübersicht
Nr. 36. Schreiben des Kultusministers v. Ladenberg an die katholischen Bischöfe i n Preußen (28. September 1850) 79 Nr. 37. Zirkularverfügung des Kultusministers v. Raumer an die Regierungen über die Beaufsichtigung der Elementarschulen (1. Oktober 1851) 81 V I . Die preußische Volksschulfrage
seit 1862
83
Nr. 38. E n t w u r f eines Unterrichtsgesetzes — E n t w u r f Bethmann-Hollweg — (März 1862) Nr. 39. Grundsätze des Abgeordnetenhauses über die Ordnung des V o l k s schulwesens (24. März 1863) V I I . Die preußischen Köln (1864 - 66) Nr. 40. ner (30. Nr. 41. (21.
Bischofswahlen:
A. Die Besetzung
des Erzbistums
83 85
86
Immediatbericht Bismarcks an K ö n i g W i l h e l m I. wegen d e r K ö l Erzbischofswahl September 1865) 87 Breve Papst Pius I X . an den Weihbischof Baudri, K ö l n Dezember 1865) 89
V I I I . Die preußischen Bischofswahlen: Posen-Gnesen (1866 -67)
B. Die Besetzung
des Erzbistums
91
Nr. 42. Schreiben des Kultusministers v. M ü h l e r an den Oberpräsidenten v. Horn, Posen, betreffend die Erzbischofswahl i n Posen-Gnesen (18. Oktober 1865) 92 Nr. 43. Schreiben des Kultusministers v. M ü h l e r an den Ministerpräsidenten v. Bismarck (26. Januar 1866) 92 Nr. 44. Erlaß des Erzbischofs Graf Ledochowski, Posen-Gnesen, an das General-Konsistorium der Erzdiözesen (18. M a i 1866) 95 Nr. 45. Zirkularschreiben des Erzbischofs Graf Ledochowski, Posen-Gnesen, an die Dekane der Erzdiözesen (21. August 1866) 96 Nr. 46. Schreiben des Erzbischofs Graf Ledochowski, Posen-Gnesen, an den Kultusminister v. M ü h l e r (3. A p r i l 1867) 98 IX. Die Bischofswahlen
in den übrigen preußischen
Diözesen
99
Nr. 47. Liste der preußischen Bistumsbesetzungen 1850 - 67 a) Kirchenprovinz K ö l n b) Kirchenprovinz Posen-Gnesen c) Exemte preußische Diözesen X . Die Aufgaben ministeriums
der katholischen
Abteilung
des preußischen
99 99 100 100 Kultus-
101
Nr. 48. Immediatbericht des Kultusministers v. M ü h l e r an K ö n i g W i l helm I. (31. Dezember 1865) 101
Inhaltsübersicht XI. Einrichtung Preußen
und Entwicklung
der katholischen
Militärseelsorg e
in
108
Nr. 49. Kabinettsordre K ö n i g Friedrich Wilhelms I V . an den Kultusminister v. Eichhorn u n d den Kriegsminister v. Rohr betr. die Einrichtung des katholischen Militärkirchenwesens (4. Februar 1848) 109 Nr. 50. Breve Papst Pius I X . an den Fürstbischof v. Diepenbrock, Breslau (24. Oktober 1849) 110 Nr. 51. Breve Papst Pius I X . über die Errichtung einer Feldpropstei f ü r die preußische Armee und Marine (22. M a i 1868) 112 XII.
Preußen und die Unabhängigkeit
des Kirchenstaats
Nr. 52. Handschreiben Papst Pius I X . an K ö n i g W i l h e l m I. (1. November 1866) Nr. 53. Antwortschreiben K ö n i g Wilhelms I. an Papst Pius I X . (13. Dezember 1866)
114 115 115
Viertes Kapitel Staat und katholische Kirche in Bayern 1850 - 1870 I. Die bayerische Bischofsdenkschrift
von 1850
117 117
Nr. 54. Denkschrift des bayerischen Episkopats an K ö n i g M a x i m i l i a n I I . (20. Oktober 1850)
118
II. Papst Pius IX. und die bayerische Kirchenfrage
134
Nr. 55. Breve Papst Pius I X . an den bayerischen Episkopat (20. Februar 1851)
134
III.
135
Der bayerische Landtag
und die Kirchenfrage
Nr. 56. Interpellation des Abgeordneten Prell wegen der bayerischen B i schofsdenkschrift (7. März 1851) 135 Nr. 57. A n t w o r t des Kultusministers v. Ringelmann auf die Interpellation des Abgeordneten Prell (7. März 1851) 136 I V . Der Streit um den Diensteid
der Geistlichen
137
Nr. 58. Erlaß des Kultusministers v. Ringelmann, betreffend den Diensteid der katholischen Geistlichkeit (21. M a i 1851) 137 Nr. 59. Ausschreiben des erzbischöflichen Ordinariats München-Freising (Ende J u n i 1851) 138 Nr. 60. Rundschreiben des Kultusministers v. Ringelmann an die bayerischen Bischöfe (16. September 1851) 139 V. Der Streit um die Auslegung
des Religionsedikts
139
Nr. 61. Zusätzlicher königlicher Erlaß zum Religionsedikt (8. A p r i l 1852) 140 Nr. 62. Erwiderung des bayerischen Episkopats auf den Zusätzlichen E r laß zum Religionsedikt (28. A p r i l 1852) 144
Inhaltsübersicht
XVI
Nr. 63. Zweite Denkschrift des bayerischen Episkopats an K ö n i g M a x i milian II. (15. M a i 1853) 146 Nr. 64. A n t w o r t des Kultusministers v. Z w e h l auf die Denkschrift des bayerischen Episkopats v o m 15. M a i 1853 (9. Oktober 1854) 149 V I . Der Thronwechsel von 1864, das Kabinett rische Volksschulfrage
Hohenlohe
und die baye-
151
Nr. 65. E n t w u r f eines Volksschulgesetzes — Gresserscher E n t w u r f — (1867) 153 Nr. 66. Denkschrift des bayerischen Episkopats gegen den Gresserschen Schulgesetzentwurf (November 1867) 154 Fünftes Kapitel Gemeinsame Angelegenheiten der Oberrheinischen Kirchenprovinz I. Die oberrheinischen
Bischofsdenkschriften
1851/52
158
Nr. 67. Denkschrift des Episkopats der Oberrheinischen Kirchenprovinz (5. Februar 1851) Nr. 68. Vorstellung des Episkopats der Oberrheinischen Kirchenprovinz (10. Februar 1852) II. Die Revision
der Landesherrlichen
Verordnungen
158
von 1830
159 166 168
Nr. 69. Gleichlautende Verordnungen der oberrheinischen Regierungen, die Ausübung der oberhoheitlichen Schutz- u n d Aufsichtsrechte über die katholische Kirche betreffend (1. März 1853) 169 Nr. 70. Entschließung der oberrheinischen Regierungen, betreffend die B i schof sdenkschrift von 1851 (5. März 1853) 170 III.
Der Protest des oberrheinischen maßnahmen von 1853
Episkopats
gegen die
Regierungs-
177
Nr. 71. Eingabe des Episkopats der oberrheinischen Kirchenprovinz an die beteiligten Regierungen (12. A p r i l 1853) 177 Nr. 72. Dritte Denkschrift des Episkopats der Oberrheinischen Kirchenprovinz (18. J u n i 1853) 178 Sechstes Kapitel Staat und katholische Kirche in Württemberg 1850 - 1870 I. Das württembergische
Konkordat
von 1857
181 181
Nr. 73. Vereinbarung zwischen dem Heiligen Stuhl u n d K ö n i g W i l h e l m I. über die Verhältnisse der katholischen Kirche i m Königreich W ü r t temberg (8. A p r i l 1857) 183 Nr. 74. Bulle Papst Pius I X . „ C u m i n sublimi Principis" (22. J u n i 1857) 188
Inhaltsübersicht Nr. 75. Verordnung K ö n i g Wilhelms I . betreffend die Vereinbarung m i t dem päpstlichen Stuhle über die Verhältnisse der Katholischen Kirche i m Königreich Württemberg (21. Dezember 1857) 190 I I . Die Verwerfung des Konkordats der Regierung vom Konkordat
durch den Landtag und der Rücktritt
191
Nr. 76. Note der württembergischen Regierung an den Kardinalstaatssekretär A n t o n e l l i (12. J u n i 1861) 192 I I I . Die württembergischen
Kirchengesetze
von 1861/62
194
Nr. 77. Gesetz betreffend die Unabhängigkeit der staatsbürgerlichen Rechte v o n dem religiösen Bekenntnisse (31. Dezember 1861) 195 Nr. 78. Gesetz betreifend die Regelung des Verhältnisses der Staatsgew a l t zur katholischen Kirche (30. Januar 1862) 195 I V . Der Protest der Kurie gegen das württembergische 1862
Kirchengesetz
von
199
Nr. 79. Note des Kardinalstaatssekretärs A n t o n e l l i an den Außenminister Frh. v. Hügel (20. September 1862) 200
Siebentes Kapitel Staat und katholische Kirche in Baden 1850 - 1870 I. Der Freiburger
Konflikt
von 1853
Nr. 80. Schreiben des Generalvikars Buchegger i m Namen des erzbischöflichen Ordinariats, Freiburg, an den katholischen Oberkirchenrat, Karlsruhe (10. J u n i 1853) Nr. 81. Antwortschreiben des Präsidenten des katholischen Oberkirchenrats Prestinari an das erzbischöfliche Ordinariat, Freiburg (14. J u n i 1853) Nr. 82. Erklärung des Erzbischofs v. Vicari, Freiburg, an das badische Staatsministerium (5. November 1853) Nr. 83. Landesherrliche Verordnung, die Ausübung des oberhoheitlichen Schutz- u n d Aufsichtsrechts über die katholische Kirche betreffend (7. November 1853) I I . Erzbischof und Kurie in Auseinandersetzung mit der Regierung 1853/ 1854 Nr. 84. Hirtenbrief des Erzbischofs v. Vicari, Freiburg (11. November 1853) Nr. 85. A l l o k u t i o n Papst Pius I X . (19. Dezember 1853) Nr. 86. Vorstellung des Erzbischofs v. Vicari, Freiburg, an den Prinzregenten Friedrich v o n Baden (19. Februar 1854)
202 202
203 204 205 207
208 209 210 211
XVIII III.
Der Fortgang
Inhaltsübersicht des badischen Kirchenkonflikts
211
Nr. 87. Landesherrliche Verordnung, die Ausübung des oberhoheitlichen Schutz- u n d Aufsichtsrechts über die katholische Kirche betreffend (25. März 1854) Nr. 88. Erklärung des Erzbischofs v. Vicari, Freiburg, an das Staatsministerium (12. A p r i l 1854) Nr. 89. Erlaß des erzbischöflichen Ordinariats, Freiburg, an die Dekanate zur Eröffnung an sämtliche Pfarrer der Diözese (21. A p r i l 1854) Nr. 90. Erlaß des Erzbischofs v. Vicari, Freiburg, an die Dekanate u n d Ortsgeistlichen seiner Diözese (5. M a i 1854)
217
I V . Das badische Konkordat
219
von 1859
212 213 215
Nr. 91. Übereinkunft zwischen Papst Pius I X . u n d Großherzog Friedrich I . zur Regelung der Angelegenheiten der katholischen Kirche i m Großherzogtum Baden (28. J u n i 1859) 220 Nr. 92. Bulle Papst Pius I X . „ A e t e r n i Pastoris vicaria" (19. Oktober 1859) 227 Nr. 93. Landesherrliche Verordnung über die Vereinbarung m i t dem päpstlichen Stuhl zur Regelung der Angelegenheiten der katholischen Kirche i m Großherzogtum Baden (5. Dezember 1859) 230 V. Die Verwerfung des Konkordats durch den Landtag und der Rücktritt des Großherzogs Friedrich I. von dem Konkordat mit dem Heiligen 231 Stuhl (1860) Nr. 94. Beschluß der badischen Zweiten K a m m e r (30. März 1860) 231 Nr. 95. Proklamation des Großherzogs Friedrich I. über die gesetzliche Regelung des Verhältnisses v o n Staat u n d katholischer Kirche (7. A p r i l 1860) 232 VI. Die badischen Kirchengesetze
von 1860
233
Nr. 96. Gesetz, die rechtliche Stellung der Kirchen u n d kirchlichen V e r eine i m Staate betreffend (9. Oktober 1860) Nr. 97. Gesetz, die bürgerliche Standesbeamtung i n Ausnahmefällen betreffend (9. Oktober 1860) Nr. 98. Gesetz, die Ausübung der Erziehungsrechte i n bezug auf die Religion der K i n d e r betreffend (9. Oktober 1860) Nr. 99. Gesetz, die Bestrafung v o n Amtsmißbräuchen der Geistlichen betreffend (9. Oktober 1860) Nr. 100. Entschließung des Großherzogs Friedrich I., die Übereinkunft m i t dem päpstlichen Stuhl zur Regelung der Angelegenheiten der katholischen Kirche i m Großherzogtum Baden betreffend (9. Oktober 1860)
238
VII. Die Verwahrung
239
der Kurie
gegen den Bruch des Konkordats
Nr. 101. A l l o k u t i o n Papst Pius I X . „ M u l t i s gravibusque" (17. Dezember 1860)
234 236 237 238
239
Inhaltsübersicht VIII.
Die badischen Kirchenverordnungen
von 1861
241
Nr. 102. Landesherrliche Verordnung, die V e r w a l t u n g des katholischen Kirchenvermögens betreffend (20. November 1861) 241 Nr. 103. Landesherrliche Verordnung, die Besetzung der katholischen Kirchenpfründen betreffend (20. November 1861) 244 IX. Die beide Konfessionen
betreffenden
Verordnungen
von 1862163
244
Nr. 104. Landesherrliche Verordnung, die Beaufsichtigung u n d Leitung des Schulwesens betreffend (12. August 1862) 245 Nr. 105. Landesherrliche Verordnung, die Aufhebung des katholischen Oberkirchenrats betreffend (1. Dezember 1862) 246 Nr. 106. Verordnung des badischen Ministeriums des Innern, den H u l d i gungs- u n d Verfassungseid der Geistlichen betreffend (5. März 1863) 247 X . Die Verstaatlichung
der Orts- und Kreisschulauf
sieht (1864)
247
Nr. 107. Beschluß des erzbischöflichen Ordinariats zu Freiburg, das Gesetz über die Aufsichtsbehörden f ü r die Volksschulen betreffend (15. September 1864) 248 XI. Die Einführung
des „Kulturexamens"
i n Baden (1867)
250
Nr. 108. Landesherrliche Verordnung, die allgemein wissenschaftliche Vorbildung der Geistlichen betreffend (6. September 1867) 251 Nr. 109. Erlaß des Erzbischofs v . Vicari, Freiburg, betreffend die wissenschaftliche Vorbildung der Geistlichen (14. September 1867) 253 XII.
Die badische Schulfrage
1867-1868
253
Nr. 110. Schreiben des Erzbischofs v. Vicari, Freiburg, an Großherzog Friedrich I. v o n Baden (28. Dezember 1867) Nr. 111. Gesetz, den Elementarunterricht betreffend (8. März 1868) Nr. 112. Protestschreiben des Erzbischofs v. Vicari, Freiburg, an das badische Staatsministerium, das Gesetz über den Elementarunterricht betreffend (18. März 1868) Nr. 113. Antwortschreiben des Ministers des I n n e r n Jolly an den Erzbischof v. Vicari, Freiburg (23. März 1868)
259
XIII.
259
Der Streit um die Freiburger
Erzbischofswahl
(1868/69)
254 255
258
Nr. 114. Breve Papst Pius I X . an das Domkapitel zu Freiburg (4. M a i 1868) 260 Nr. 115. Schreiben des Domkapitels zu Freiburg an das M i n i s t e r i u m des Innern, die Wiederbesetzung des erzbischöflichen Stuhles betreffend (27. M a i 1868) 261
Inhaltsübersicht
XX
Nr. 116. Breve Papst Pius I X . an das Domkapitel zu Freiburg (6. J u l i 1868) 263 Nr. 117. Schreiben des Innenministers Jolly an das Domkapitel zu Freiburg (10. September 1868) 264 Nr. 118. Breve Papst Pius I X . an den Erzbistumsverweser Kübel, Freiburg (8. Februar 1869) 266 X I V . Das badische Zivilehegesetz
266
Nr. 119. Gesetz betreffend die Beurkundung des bürgerlichen Standes u n d die Förmlichkeiten bei Schließung der Ehe (21. Dezember 1869) 267 X V . Das badische Stiftungsrecht
268
Nr. 120. Stiftungsgesetz (5. M a i 1870)
268 Achtes Kapitel
Staat und Kirche in Hessen, Nassau und Kurhessen 1850 - 1870 I . Die Darmstadt-Mainzer
Übereinkunft
von 1854/1856
272 272
Nr. 121. Schreiben des Bischofs Frh. v. Ketteier, Mainz, an den Ministerpräsidenten Frh. v. D a l w i g k (10. März 1854) 273 Nr. 122. Vorläufige Übereinkunft zwischen der Großherzoglich-Hessischen Regierung u n d dem Bischof von Mainz (23. August 1854) 274 I I . Die Aufhebung
der Darmstadt-Mainzer
Übereinkunft
(1866)
278
Nr. 123. E r k l ä r u n g der Hessischen Zweiten K a m m e r zur DarmstadtMainzer K o n v e n t i o n (8. M a i 1863) 279 Nr. 124. Schreiben des Bischofs Frh. v. Ketteier an Großherzog L u d w i g I I I . betreffend die Aufhebung der Darmstadt-Mainzer Konvention (20. September 1866) 279 Nr. 125. Antwortschreiben der Minister Frh. v. D a l w i g k u n d Hallwachs an Bischof Frh. v. Ketteier (6. Oktober 1866) 281 III.
Die katholischen Limburg)
Kirchenverhältnisse
im Herzogtum
Nassau (Bistum
281
Nr. 126. Ministerial Verfügung betreffend die Regelung der Verhältnisse der katholischen Kirche i m Herzogtum Nassau (25. M a i 1861) 282 I V . Die katholischen tum Fulda)
Kirchenverhältnisse
im Kurfürstentum
Hessen (Bis-
284
Nr. 127. Beschluß der kurfürstlich-hessischen Regierung, betreffend die Denkschrift des oberrheinischen Episkopats (24. März 1851) 285 Nr. 128. Eingabe des Bischofs K ö t t u n d des Domkapitels Fulda an die kurfürstlich-hessische Regierung betreffend die Denkschrift des oberrheinischen Episkopats (21. J u l i 1851) 286
Inhaltsübersicht
Teil Β Staat und Evangelische Kirche 1848 -1870 Neuntes Kapitel Die evangelischen Einigungsbestrebungen L Der Wittenberger
291
Kirchentag
291
Nr. 129. Beschluß der Wittenberger Versammlung über den Deutschen Evangelischen Kirchenbund (21. - 23. September 1848) 292 IL Die Deutsche Evangelische ( ttEisenacher Konferenz")
Kirchenkonferenz
293
Nr. 130. Protokoll der Konferenz v o n Abgeordneten der obersten K i r chenbehörden des evangelischen Deutschland i n Elberfeld (18. September 1851) 294 Nr. 131. Geschäftsordnung f ü r die A b h a l t u n g wiederkehrender Konferenzen v o n Abgeordneten der obersten Kirchenbehörden i m evangelischen Deutschland (18. September 1851) 297 Nr. 132. M i t t e i l u n g über die Berufung der ersten Konferenz v o n Abgeordneten der obersten Kirchenbehörden des evangelischen Deutschland nach Eisenach (3. - 9. J u n i 1852) 298
Zehntes Kapitel Die evangelische Landeskirche der altpreußischen Provinzen 1849 -1870 I. Die vorläufige Leitung Preußen 1849 -1850
der inneren
evangelischen
Kirchensachen
299 in
299
Nr. 133. Erlaß K ö n i g Friedrich Wilhelms I V . an den Kultusminister v. L a denberg, die künftige V e r w a l t u n g der evangelischen Kirchenangelegenheiten betreffend (26. Januar 1849) 300 Nr. 134. Zirkularverfügung des Kultusministers v. Ladenberg an die preußischen Konsistorien u n d Regierungen über die künftige V e r w a l t u n g der evangelischen Kirchenangelegenheiten (7. Februar 1849) 301 Nr. 135. Erlaß der A b t e i l u n g f ü r die inneren evangelischen Kirchensachen i m preußischen K u l t u s m i n i s t e r i u m an die Konsistorien (13. Februar 1849) 304 II. Verfassungseid
und Diensteid
der Geistlichen
305
Nr. 136. Schreiben der A b t e i l u n g f ü r die inneren evangelischen Kirchensachen i m preußischen K u l t u s m i n i s t e r i u m an den Kultusminister v. L a denberg betreffend die Vereidigung der evangelischen Geistlichen u n d Kirchenbeamten auf die Staatsverfassung (18. Februar 1850) 306
XXII
Inhaltsübersicht
Nr. 137. Denkschrift der Abteilung f ü r die inneren evangelischen K i r chensachen i m preußischen K u l t u s m i n i s t e r i u m über die Vereidigung der Geistlichen u n d der Kirchenbeamten auf die Staatsverfassung (Februar 1850) Nr. 138. Antwortschreiben des Kultusministers v. Ladenberg an die A b teilung für die inneren evangelischen Kirchensachen (6. März 1850) Nr. 139. Bericht der Abteilung f ü r die inneren evangelischen Kirchensachen an K ö n i g Friedrich W i l h e l m IV., betreffend die Modifikation der Eidesformel f ü r die evangelischen Geistlichen (25. März 1850) Nr. 140. Kabinettsordre K ö n i g Friedrich Wilhelms I V . betreffend den Diensteid der evangelischen Geistlichen (8. A p r i l 1850) Nr. 141. Eidesformel f ü r die evangelischen Geistlichen i n der seit 1850 geltenden Fassung (8. A p r i l 1850) Nr. 142. Erlaß der A b t e i l u n g f ü r die inneren evangelischen Kirchensachen an die Konsistorien betreffend die Vereidigung der evangelischen Kirchenbeamten (22. A p r i l 1850)
314
I I I . Die Einsetzung
314
des Evangelischen
Oberkirchenrats
;
307 311
312 313 313
Nr. 143. Erlaß K ö n i g Friedrich Wilhelms I V . an den Kultusminister v. L a denberg betreffend die Grundzüge einer Gemeindeordnung f ü r die evangelischen Kirchengemeinden der östlichen Provinzen u n d über die Einsetzung des Evangelischen Oberkirchenrats (29. J u n i 1850) 315 Nr. 144. Ressort-Reglement f ü r die evangelische Kirchenverwaltung (29. J u n i 1850) 316 I V . Die Ausgestaltung
der altpreußischen
Union
319
Nr. 145. Erlaß K ö n i g Friedrich Wilhelms I V . an den Evangelischen Oberkirchenrat über U n i o n u n d Konfession (6. März 1852) 319 Nr. 146. Kabinettsordre K ö n i g Friedrich Wilhelms I V . an den K u l t u s m i n i ster v. Raumer u n d an den Evangelischen Oberkirchenrat zur W a h rung der U n i o n (12. J u l i 1853) 320 V. Die Revision vinz
der Kirchenverfassung
in Westfalen
und der
Rheinpro-
322
Nr. 147. Kabinettsordre K ö n i g Friedrich Wilhelms I V . an den K u l t u s m i n i ster v. Raumer u n d den Evangelischen Oberkirchenrat betreffend die Neufassung der rheinisch-westfälischen Kirchenordnung (13. J u n i 1853) 322 Nr. 148. Kabinettsordre K ö n i g Friedrich Wilhelms I V . an den K u l t u s minister v. Raumer u n d den Evangelischen Oberkirchenrat (25. November 1855) 324 Nr. 149. Beschluß der Provinzial-Synoden v o n Rheinland u n d Westfalen über den Bekenntnisstand der evangelischen Landeskirche (1855) 324 V I . Die Stiehlschen ßen
Regulative
für das evangelische Schulwesen in Preu-
325
Nr. 150. Erstes Regulativ f ü r den Unterricht i n den evangelischen Schullehrer-Seminarien (1. Oktober 1854) 326
Inhaltsübersicht Nr. 151. Zweites Regulativ, betreffend den Religions-Unterricht i n den evangelischen Schullehrer-Seminarien (2. Oktober 1854) 328 Nr. 152. Drittes Regulativ, betreffend Grundzüge über Einrichtung u n d Unterricht der evangelischen einklassigen Elementarschule (3. Oktober 1854) 330 VII. Die Reform der Kirchenverfassung Monarchie (1860-1869)
in den östlichen
Provinzen
der
332
Nr. 153. Erlaß des Prinzregenten W i l h e l m an den Kultusminister v. Bethmann-Hollweg, betreffend die Fortbildung der evangelischen Kirchenverfassung i n den östlichen Provinzen der Monarchie (27. Februar 1860) 333 Nr. 154. Denkschrift des Evangelischen Oberkirchenrats über die gegenwärtige Lage der evangelischen Landeskirche Preußens (18. Februar 1867) 334 Nr. 155. Erlaß K ö n i g Wilhelms I . an den Kultusminister v. M ü h l e r u n d den Evangelischen Oberkirchenrat, betreffend die Berufung außerordentlicher Provinzialsynoden i n den sechs östlichen Provinzen Preußens (5. J u n i 1869) 335 Elftes Kapitel Die evangelischen Landeskirchen in den deutschen Mittelstaaten nördlich des Mains I . Hannover
336 336
Nr. 156. Kirchenvorstands- u n d Synodalordnung f ü r die evangelischlutherische Kirche des Königreichs Hannover (9. Oktober 1864) 337 Nr. 157. Verordnung, die Errichtung eines evangelisch-lutherischen L a n deskonsistoriums betreffend (17. A p r i l 1866) 338 II. Oldenburg
341
Nr. 158. Patent, betreffend die Verkündung des revidierten Verfassungsgesetzes der evangelisch-lutherischen Kirche des Herzogtums Oldenburg (11. A p r i l 1853) 341 Nr. 159. Verfassungsgesetz der evangelisch-lutherischen Kirche des H e r zogtums Oldenburg (11. A p r i l 1853) 342 III.
Braunschweig
Nr. 160. Gesetz, die Errichtung von Kirchenvorständen i n den evangelisch-lutherischen Kirchengemeinden betreffend (30. November 1851) 349 I V . Sachsen
350
Nr. 161. Gesetz, die Publikation der Kirchenvorstands- u n d Synodalordnung sowie die Vertretung der evangelisch-lutherischen Kirchengemeinden betreffend (30. März 1868) 351 Nr. 162. Kirchenvorstands- u n d Synodalordnung f ü r die evangelisch-lutherische Kirche des Königreichs Sachsen (30. März 1868) 351
XXIV
Inhaltsübersicht Zwölftes Kapitel Die Verfassungen der evangelischen Landeskirchen in den 1866 preußisch gewordenen neuen Provinzen (1866 - 1870)
I. Hannover
354 354
Nr. 163. Erlaß K ö n i g Wilhelms I. v o n Preußen an das hannoversche L a n deskonsistorium (8. Dezember 1866) 355 Nr. 164. Adresse der evangelisch-lutherischen Landessynode zu Hannover an K ö n i g W i l h e l m I. (10. Dezember 1869) 356 Nr. 165. Denkschrift der Landessynode an K ö n i g W i l h e l m I., betreffend die Kirchenregierung i n der evangelisch-lutherischen Kirche des v o r maligen Königreichs Hannover (10. Dezember 1869) 357 I I . Schleswig-Holstein
362
Nr. 166. Verordnung K ö n i g Wilhelms I., betreffend die Errichtung eines evangelisch-lutherischen Konsistoriums i n K i e l (24. September 1867) 363 III.
Hessen-Nassau
363
Nr. 167. Verordnung K ö n i g Wilhelms I., betreffend die Errichtung eines evangelischen Konsistoriums zu Wiesbaden (22. September 1867) 364
Dreizehntes Kapitel Die evangelischen Landeskirchen in Süddeutschland 1848 - 1870 I . Bayern
366 366
Nr. 168. Gesetz, die protestantischen Generalsynoden u n d den Konsistorialbezirk Speyer betreffend (4. J u n i 1848) 367 Nr. 169. Entschließung K ö n i g M a x i m i l i a n s II., die Verhandlungen der außerordentlichen Generalsynode f ü r den Konsistorialbezirk Speyer betreffend (11. M a i 1849) 367 Nr. 170. Entschließung K ö n i g M a x i m i l i a n s II., die Synode der reformierten Pfarrgemeinden i n Bayern rechts des Rheins betreffend (26. Februar 1853) 368 I I . Württemberg Nr. 171. Verordnung K ö n i g Wilhelms I., i n Betreff der Einführung v o n Pfarrgemeinderäten i n der evangelischen Landeskirche (25. Januar 1851) Nr. 172. Verordnung K ö n i g Wilhelms I., i n Betreff der Einführung v o n Diözesansynoden i n die evangelische Landeskirche (18. November 1854) Nr. 173. Verordnung K ö n i g Karls, betreffend die Einführung einer L a n dessynode i n der evangelischen Landeskirche (20. Dezember 1867) Nr. 174. Verordnung K ö n i g Karls, betreffend die Stellung des Ministeriums des Kirchen- u n d Schulwesens bei Angelegenheiten der evangelischen Landeskirche (20. Dezember 1867)
370
371 374 376
378
Inhaltsübersicht III.
Baden
379
Nr. 175. Entschließung Großherzog Friedrichs I., die Änderung i n der Verfassung der vereinigten evangelisch-protestantischen Kirche des Großherzogtums betreffend (9. Oktober 1860) Nr. 176. Verordnung Großherzog Friedrichs I., die Stellung des evangelischen Oberkirchenrats betreffend (28. Dezember 1860) Nr. 177. Entschließung Großherzog Friedrichs I., betreffend die Sanktion der Verfassung der vereinigten evangelisch-protestantischen Kirche des Großherzogtums Baden (5. September 1861) Nr. 178. Verfassung der vereinigten evangelisch-protestantischen Kirche des Großherzogtums Baden (5. September 1861) Nr. 179. Verordnung Großherzog Friedrichs I., die V e r w a l t u n g des evangelischen Kirchenvermögens betreffend (28. Februar 1862)
389
IV. Hessen
390
380 380
382 383
Nr. 180. Edikt, die zeitgemäße Entwicklung der inneren Verfassung der evangelischen Kirche des Großherzogtums Hessen betreffend (25. März 1848) 391 Nr. 181. Verordnung Großherzog Ludwigs I I I . , die zeitgemäße E n t w i c k lung der inneren Verfassung der evangelischen Kirche des Großherzogtums betreffend (14. November 1849) 392
TeilC Der Kulturkampf Vierzehntes Kapitel Vom Syllabus errorum zum I . Vatikanischen Konzil I. Der Syllabus
errorum
395 395
Nr. 182. Enzyklika Papst Pius I X . „Quanta cura" (8. Dezember 1864) 396 Nr. 183. Zusammenstellung der hauptsächlichsten I r r t ü m e r unserer Zeit, welche i n Allokutiojien, Hundschreiben u n d anderen apostolischen Schreiben Sr. Heiligkeit Papst Pius I X . gerügt werden (Syllabus errorum) (8. Dezember 1864) 400 II. Das Erste Vatikanische
Konzil
407
Nr. 184. Bulle Papst Pius I X . „ A e t e r n i Patris unogenitus Filius" an den Episkopat der römischen Kirche, betreffend die Einladung zum v a t i kanischen K o n z i l (29. J u n i 1868) 408 Nr. 185. Schreiben v o n vierzehn deutschen Bischöfen der Fuldaer B i schof skonferenz an Papst Pius I X . (4. September 1869) 412 Nr. 186. Hirtenbrief des deutschen Episkopats über das vatikanische K o n zil (6. September 1869) 414
Inhaltsübersicht
XXVI III.
Die deutschen Regierungen
und das vatikanische
Konzil
415
Nr. 187. Zirkularnote des bayerischen Ministerpräsidenten Fürst Hohenlohe-Schillingsfürst an die bayerischen Gesandtschaften (9. A p r i l 1869) 416 Nr. 188. Schreiben des preußischen Kultusministers v. M ü h l e r an Erzbischof Melchers, K ö l n (8. Oktober 1869) 418 Nr. 189. Erlaß des bayerischen Kultusministers v . Gresser an die bayerischen Bischöfe (7. November 1869) 419 I V . Die Konstitution „Pastor päpstlichen Unfehlbarkeit
aeternus",
insbesondere
das Dogma
der
Nr. 190. Die dogmatische K o n s t i t u t i o n über die Kirche Christi (18. J u l i 1870)
420 421
Fünfzehntes Kapitel Deutschland und die Vatikanischen Beschlüsse I . Die Garantie der Bekenntnisfreiheit im Deutschen Bund (1871)
im Norddeutschen
Bund (1869) und
Nr. 191. Gesetz betreffend die Gleichberechtigung der Konfessionen bürgerlicher u n d staatsbürgerlicher Hinsicht (3. J u l i 1869) IL Die deutschen Regierungen
und die vatikanischen
428 428
in
Beschlüsse
428 429
Nr. 192. Depesche des Gesandten des Norddeutschen Bundes beim päpstlichen Stuhl v. A r n i m an den Kardinalstaatssekretär A n t o n e l l i (23. A p r i l 1870) Nr. 193. Erlaß des bayerischen Kultusministers v. Lutz an die bayerischen Bischöfe (9. August 1870) Nr. 194. Bekanntmachung des badischen Innenministers Jolly, die V e r k ü n d u n g mehrerer dogmatischer Konstitutionen durch das Anzeigeblatt f ü r die Erzdiözese Freiburg betreffend (16. September 1870) Nr. 195. V o t u m des Leiters der katholischen A b t e i l u n g des preußischen Kultusministeriums, des Ministerialdirektors Dr. Kraetzig, betreffend die P u b l i k a t i o n der vatikanischen Beschlüsse i n Preußen (30. September 1870)
433
III.
435
Der deutsche Episkopat
und die vatikanischen
Beschlüsse
Nr. 196. Hirtenbrief v o n siebzehn deutschen Bischöfen der Fuldaer B i schofskonferenz, betreffend die Unterwerfung unter die vatikanischen Beschlüsse (Ende August 1870) Nr. 197. Hirtenbrief des Erzbischofs Melchers, K ö l n , über das unfehlbare L e h r a m t des Papstes (10. September 1870) Nr. 198. Breve Papst Pius I X . an die Unterzeichner des Hirtenbriefs v o m August 1870 (28. Oktober 1870) N r . 199. Hirtenbrief der deutschen Bischöfe über die Beschlüsse des v a t i kanischen Konzils (Mai 1871)
430 432
433
436 439 446 448
Inhaltsübersicht IV. Die Besetzung Roms und die Vertagung
des vatikanischen
Konzils...
449
Nr. 200. Bulle Papst Pius I X . „Postquam Dei munere" über die Vertagung des vatikanischen Konzils (20. Oktober 1870) 450 V. Der preußische Staat und die römische Frage
451
Nr. 201. Telegramm Bismarcks an den Gesandten des Norddeutschen Bundes Graf Brassier de Saint-Simon, Florenz (8. Oktober 1870) Nr. 202. Schreiben Papst Pius I X . an K ö n i g W i l h e l m I . von Preußen (10. Oktober 1870) a) Italienisches Original b) Deutsche Übersetzung Nr. 203. Antwortschreiben K ö n i g Wilhelms I. an Papst Pius I X . (28. Oktober 1870) a) Französisches Original b) Deutsche Übersetzung Nr. 204. Schreiben Bismarcks an den Erzbischof Graf Ledochowski, Posen· Gnesen (21. Oktober 1870) Nr. 205. Enzyklika Papst Pius I X . „Respicientes" gegen die Aufhebung des Kirchenstaats (1. November 1870) Nr. 206. Schreiben Papst Pius I X . an Kaiser W i l h e l m I. (6. März 1871)
452 452 453 455 456 457 458 459
Sechzehntes Kapitel Der Ausbruch des Kulturkampfs I . Maßnahmen des Fürstbischofs fallibilität in seiner Diözese
Förster, Breslau, gegen Leugner
460 der In-
460
Nr. 207. Schreiben des Kultusministers v. M ü h l e r an Fürstbischof Förster, Breslau, betreffend dessen Beschwerde über Professor Reinkens (12. November 1870) 462 Nr. 208. Schreiben des Fürstbischofs Förster an den Kultusminister v. Mühler, betreffend die Suspension der Professoren Baltzer u n d Reinkens (19. November 1870) 463 Nr. 209. Immediatbericht des Kultusministers v. M ü h l e r an K ö n i g W i l helm I . über die Maßnahmen des Fürstbischofs Förster gegen die Professoren Baltzer u n d Reinkens (12. Dezember 1870) 466 IL Maßnahmen des Erzbischofs Melchers, Köln, gegen Professoren der Universität Bonn
469
Nr. 210. Bericht des Erzbischofs Melchers an den Kultusminister v. M ü h ler, betreffend die erzbischöflichen Maßnahmen gegen einige Professoren der katholisch-theologischen Fakultät der Universität Bonn (31. Oktober 1870) 470 Nr. 211. A n t w o r t des Kultusministers v. M ü h l e r an den Erzbischof M e l chers betreffend die erzbischöflichen Maßnahmen gegen Professoren der Universität B o n n (21. November 1870) 473
XXVIII
Inhaltsübersicht
Nr. 212. Bericht des Kultusministers v. Mühler an K ö n i g W i l h e l m I . über den Bonner K o n f l i k t (21. November 1870) 473 III.
Die Anfänge
des Braunsberger
Konflikts
474
Nr. 213. Bericht des Bischofs Krementz, Ermland, an den K u l t u s m i n i ster v. M ü h l e r (15. März 1871) 476 Nr. 214. A n t w o r t des Kultusministers v. M ü h l e r an den Bischof K r e mentz, E r m l a n d (27. März 1871) 476 Nr. 215. Schreiben des Kultusministers v. M ü h l e r an den Bischof K r e mentz, Ermland (29. J u n i 1871) 477 Nr. 216. A n t w o r t des Bischofs Krementz, Ermland, an den Kultusminister v. M ü h l e r (9. J u l i 1871) 478 Nr. 217. Erwiderung des Kultusministers v. M ü h l e r an den Bischof K r e mentz, E r m l a n d (21. J u l i 1871) 483 I V . Der preußische Episkopat im Ermland
und die Konflikte
in Breslau, in Köln
und
484
Nr. 218. Immediateingabe des preußischen Episkopats an Kaiser W i l helm I. (7. September 1871) 484 Nr. 219. Antwortschreiben Kaiser Wilhelms I. an den Erzbischof Melchers, Köln, auf die Immediateingabe des preußischen Episkopats (18. Oktober 1871) 487 Nr. 220. Reskript des Kultusministers v. M ü h l e r an den Erzbischof M e l chers, K ö l n (25. November 1871) 489 V. Der Fortgang des Braunsberger Kultusministers v. Mühler
Konflikts
in der letzten Amtszeit
des
490
Nr. 221. Immediateingabe des Bischofs Krementz, Ermland, an Kaiser W i l h e l m I. (8. Oktober 1871) 491 Nr. 222. Schreiben des Bischofs Krementz, Ermland, an den K u l t u s m i n i ster v. M ü h l e r (20. Dezember 1871) 493 Nr. 223. V o t u m des Kultusministers v. M ü h l e r f ü r das Staatsministerium betreffend staatliche Maßnahmen gegen den Kirchenbann (30. Dezember 1871) 498 V I . Der Kultusminister
Falk und der Braunsberger
Konflikt
Nr. 224. Erlaß des Kultusministers Falk an den Bischof land (11. März 1872) Nr. 225. A n t w o r t des Bischofs Krementz, Ermland, an ster Falk (30. März 1872) Nr. 226. Erlaß des Kultusministers Falk an den Bischof land (21. M a i 1872) Nr. 227. A n t w o r t des Bischofs Krementz, Ermland, an ster Falk (15. J u n i 1872)
502
Krementz, E r m den K u l t u s m i n i Krementz, E r m den K u l t u s m i n i -
503 504 506 507
Inhaltsübersicht Nr. 228. Immediateingabe des Bischofs Krementz, Ermland, an Kaiser W i l h e l m I. (15. J u n i 1872) 509 VII. Der Marieriburger
Zwischenfall
510
Nr. 229. Schreiben des Bischofs Krementz, Ermland, an das Königliche Hofmarschallamt (22. August 1872) Nr. 230. Schreiben Kaiser Wilhelms I. an den Bischof Krementz, E r m l a n d (2. September 1872) Nr. 231. Schreiben des Chefs des Zivilkabinetts des Kaisers u n d Königs v. W i l m o w s k i an den Bischof Krementz, E r m l a n d (3. September 1872) Nr. 232. Schreiben des Bischofs Krementz, Ermland, an Kaiser W i l h e l m I. (5. September 1872) Nr. 233. Schreiben Bismarcks an den Bischof Krementz, E r m l a n d (9. September 1872) Nr. 234. Schreiben des Bischofs Krementz, Ermland, an Kaiser W i l h e l m I. (11. September 1872) Nr. 235. Schreiben des Bischofs Krementz, Ermland, an Bismarck (13. September 1872) Nr. 236. Schreiben Bismarcks an den Bischof Krementz, E r m l a n d (16. September 1872) Nr. 237. Schreiben des Bischofs Krementz, Ermland, an Bismarck (20. September 1872) Nr. 238. Schreiben Bismarcks an den Bischof Krementz, Ermland (23. September 1872) VIII.
Die staatlichen
Maßnahmen
gegen den Bischof Krementz,
Ermland
511 512 513 513 514 515 515 516 516 518 518
Nr. 239. Erlaß des Kultusministers Falk an den Bischof Krementz, E r m land (25. September 1872) 519 Nr. 240. Protestschreiben des Bischofs Krementz, Ermland, an den K u l tusminister Falk (6. Oktober 1872) 520
Siebzehntes Kapitel Kulturkampfmaßnahmen des Reichs und Preußens 1871 - 1873 I. Die Aufhebung sterium
der katholischen
Abteilung
im preußischen
Kultusmini-
Nr. 241. A n t r a g des Staatsministeriums an Kaiser W i l h e l m I. betreffend die Vereinigung der getrennten geistlichen Abteilungen des K u l t u s ministeriums (30. J u n i 1871) Nr. 242. Kabinettsordre Kaiser Wilhelms I. an das Staatsministerium zum A n t r a g auf Vereinigung der beiden geistlichen Abteilungen i m K u l tusministerium (8. J u l i 1871) Nr. 243. Begleitschreiben Kaiser Wilhelms I. an das Staatsministerium zu der Kabinettsordre über die Vereinigung der beiden geistlichen A b t e i lungen des Kultusministeriums (8. J u l i 1871) Nr. 244. Erläuterungen des Kultusministers v. M ü h l e r zur Aufhebung der katholischen A b t e i l u n g (18. J u l i 1871)
522 522
523
525
525 526
XXX
Inhaltsübersicht
I I . Der Kanzelparagraph
527
N r . 245. Reichsgesetz betreffend die Ergänzung des Strafgesetzbuchs f ü r das Deutsche Reich (10. Dezember 1871) 528 Nr. 246. Reichsgesetz betreffend die Ergänzung des Strafgesetzbuchs f ü r das Deutsche Reich (26. Februar 1876) 528 I I I . Das preußische
Schulauf sichtsrecht
528
Nr. 247. Gesetz betreffend die Beaufsichtigung des Unterrichts- u n d E r ziehungswesens (11. März 1872) Nr. 248. Erlaß des Kultusministers Falk an die Regierungen über die A u s führung des Schulaufsichtsgesetzes (13. März 1872) Nr. 249. Immediateingabe des preußischen Episkopats an K ö n i g W i l h e l m I. gegen das Schulaufsichtsgesetz (13. März 1872) Nr. 250. Eingabe des preußischen Episkopats an das Staatsministerium wegen des Schulaufsichtsgesetzes (11. A p r i l 1872) Nr. 251. Hirtenbrief der preußischen Bischöfe an den Klerus ihrer Diözesen gegen das Schulaufsichtsgesetz (11. A p r i l 1872)
533
I V . Die Ermächtigung ren Lehranstalten
534
zur Dispensation
vom Religionsunterricht
an höhe-
530 530 531 532
Nr. 252. Erlaß des Kultusministers Falk an die Provinzialschulkollegien u n d Regierungen (29. Februar 1872) 535 V. Die Aufhebung
der Reichs-Gesandtschaft
beim Heiligen Stuhl
536
Nr. 253. Immediatbericht Bismarcks an Kaiser W i l h e l m I. (23. März 1872) N r . 254. Anzeige des deutschen Geschäftsträgers beim Heiligen S t u h l v. Derenthall an den Kardinalstaatssekretär A n t o n e l l i betreffend die Ernennung des Kardinals Fürst Hohenlohe zum deutschen Botschafter beim Heiligen S t u h l (25. A p r i l 1872) Nr. 255. Anfrage des Geschäftsträgers beim Heiligen S t u h l v. Derenthall an den Kardinalstaatssekretär A n t o n e l l i (1. M a i 1872) Nr. 256. Schreiben des Kardinalstaatssekretärs A n t o n e l l i an den Geschäftsträger beim Heiligen Stuhl v. Derenthall (2. M a i 1872) N r . 257. Erste Rede Bismarcks i m Reichstag zur Ablehnung des Botschafters K a r d i n a l Fürst Hohenlohe durch die K u r i e (14. M a i 1872) Nr. 258. Zweite Rede Bismarcks i m Reichstag zur Ablehnung des B o t schafters K a r d i n a l Fürst Hohenlohe (14. M a i 1872)
542
V I . Der Ausschluß dienst
543
von Ordensmitgliedern
aus dem preußischen
Schul-
N r . 259. Erlaß des Kultusministers Falk an die Regierung i n Düsseldorf (15. J u n i 1872)
537
538 538 539 539
544
Inhaltsübersicht VII. Das Jesuitengesetz Nr. 260. Reichsgesetz betreffend den Orden der Gesellschaft Jesu (4. J u l i 1872) Nr. 261. Beschluß des Bundesrats betreffend die Ausführung des Jesuitengesetzes (28. J u n i 1872) Nr. 262. Zirkularverfügung der preußischen Staatsminister Eulenburg u n d Falk an die Regierungen u n d Landdrosteien betreffend die A u s führung des Jesuitengesetzes (10. August 1872) Nr. 263. Gemeinsame Verfügung der preußischen Staatsminister Eulenburg u n d Falk an die Regierungen u n d Landdrosteien betreffend die Ausführung des Jesuitengesetzes (28. September 1872) Nr. 264. Ergänzender Beschluß des Bundesrats betreffend die Ausführung des Jesuitengesetzes (22. Februar 1873) VIII. Die Aufhebung der preußischen Feldpropstei Nr. 265. Schreiben des Kriegsministers v. Roon an den Feldpropst N a m szanowski wegen eigenmächtiger Amtssuspension des Missionspfarrers Grunert, Insterburg (10. A p r i l 1872) Nr. 266. Rechtfertigungsschreiben des Feldpropstes Namszanowski an den Kriegsminister v . Roon wegen der Suspension des Missionspfarrers Grunert, Insterburg (17. A p r i l 1872) Nr. 267. Schreiben des Feldpropstes Namszanowski an den Kriegsminister v. Roon wegen des Verbots des katholischen Militärgottesdienstes i n der Kirche St. Pantaleon zu K ö l n (21. M a i 1872) Nr. 268. A n t r a g der Staatsminister v. Roon u n d Falk an Kaiser W i l h e l m I. auf Amtssuspension des Feldpropstes Namszanowski u n d Aufhebung der katholischen Feldpropstei (23. M a i 1872) Nr. 269. Erlaß der Staatsminister v. Roon u n d F a l k an den Feldpropst Namszanowski betreffend dessen Amtssuspension (28. M a i 1872) N r . 270. Schreiben des Kriegsministers v. Roon an die preußischen Generalkommandos betreffend die Amtssuspension des Feldpropstes N a m szanowski (29. M a i 1872) Nr. 271. Stellungnahme Bismarcks zur Frage der Aufhebung der katholischen Feldpropstei (Anfang J u n i 1872) Nr. 272. Note des Kardinalstaatssekretärs A n t o n e l l i an den Legationssekretär bei der deutschen Gesandtschaft am V a t i k a n v. Stumm, betreffend den K o n f l i k t m i t dem Feldpropst Namszanowski (28. August 1872) Nr. 273. Erlaß Kaiser Wilhelms I. an den Kriegsminister v. Roon u n d den Kultusminister Falk, betreffend die Aufhebung der katholischen Feldpropstei (15. März 1873)
545 547 547
547
549 550 550
552
553
554
555 557
558 559
560
562
IX. Die katholische Protestbewegung gegen die staatlichen Kulturkampfmaßnahmen 1872 562 Nr. 274. Fuldaer Denkschrift des deutschen Episkopats über die Lage der katholischen Kirche i m Deutschen Reich (20. September 1872) 563
XXXII
Inhaltsübersicht Achtzehntes Kapitel Die preußischen April- und Maigesetze von 1873
I . Der Protest des preußischen von 1872173
Episkopats
gegen die
580
Gesetzesvorlagen
580
Nr. 275. Eingabe des preußischen Episkopats an Kaiser W i l h e l m I. h i n sichtlich der Entwürfe der Maigesetze (30. Januar 1873) 581 Nr. 276. Denkschrift des preußischen Episkopats an das Staatsministerium gegen die E n t w ü r f e der Maigesetze (30. Januar 1873) 582 Nr. 277. Sendschreiben der deutschen Bischöfe an den Klerus u n d sämtliche Gläubigen ihrer Diözesen (2. M a i 1873) 590 I I . Die Änderung
der staatskirchenrechtlichen
Verfassungsartikel
592
Nr. 278. Gesetz betreifend die Abänderung der A r t i k e l 15 u n d 18 der V e r fassungsurkunde v o m 31. Januar 1850 (5. A p r i l 1873) 593 III.
Staatsvorschriften lichen
über
die Vorbildung
und Anstellung
der
Geist-
Nr. 279. Gesetz über die Vorbildung u n d Anstellung der Geistlichen (11. M a i 1873) Nr. 280. Ausführungs-Erlaß des Kultusministers Falk, betreffend die Dispensationsgesuche zum Vorbildungsgesetz (31. M a i 1873) Nr. 281. Schreiben der preußischen Oberpräsidenten an die preußischen Bischöfe betreffend das theologische Studium an bischöflichen Seminarien (Ende M a i 1873) Nr. 282. Erlaß des Kultusministers Falk an die Oberpräsidenten, betreffend die gesetzwidrige Anstellung katholischer Geistlicher (24. Oktober 1873) I V . Staatsvorschriften über die Grenzen der kirchlichen gegenüber Geistlichen und über den Königlichen kirchliche Angelegenheiten
Disziplinargewalt Gerichtshof für
593 594 599
600 601
602
Nr. 283. Gesetz über die kirchliche Disziplinargewalt u n d die Errichtung des Königlichen Gerichtshofes f ü r kirchliche Angelegenheiten (12. M a i 1873) 602 V. Staatsvorschriften über die Grenzen der kirchlichen gewalt gegenüber Kirchenmitgliedern
Straf-
und Zucht-
608
Nr. 284. Gesetz über die Grenzen des Rechts zum Gebrauche kirchlicher Straf- u n d Zuchtmittel (13. M a i 1873) 608 V I . Staatsvorschriften
über das Recht des Kirchenaustritts
609
Nr. 285. Gesetz betreffend den A u s t r i t t aus der Kirche (14. M a i 1873)
610
V I I . Der Widerstand
611
des preußischen
Episkopats
gegen die Maigesetze
Nr. 286. Eingabe des preußischen Episkopats an das Staatsministerium (26. M a i 1873)
612
Inhaltsübersicht VIII.
Die Adresse der „staatstreuen
XXXIII
Katholiken"
613
Nr. 287. Adresse staatstreuer K a t h o l i k e n an Kaiser W i l h e l m I. (14. J u n i 1873) 614 Nr. 288. A n t w o r t Kaiser Wilhelms I . auf die Adresse staatstreuer K a t h o liken (22. J u n i 1873) 615 IX. Der Briefwechsel (August!September
zwischen Papst und Kaiser 1873)
Nr. 289. Schreiben Papst Pius I X . an Kaiser W i l h e l m I. (7. August 1873) Nr. 290. Antwortschreiben Kaiser Wilhelms I. an Papst Pius I X . (3. September 1873) X . Zwangsmaßnahmen
zum Vollzug der Maigesetze
616 616 617 618
Nr. 291. Schreiben des Oberpräsidenten der Rheinprovinz v. Bardeleben an den Bischof Eberhard, Trier, betreffend die Ausführung des § 6 des Anstellungsgesetzes (26. M a i 1873) 619 Nr. 292. Schreiben des Bischofs Eberhard, Trier, an den königlichen Oberprokurator Kewenig, daselbst (30. November 1873) 620 Nr. 293. Protestschreiben des Bischofs Eberhard, Trier, an den K u l t u s m i nister Falk gegen die Schließung des Trierer Priesterseminars (2. Januar 1874) 621 XI. Die staatliche Anerkennung
der Altkatholiken
622
Nr. 294. A n t r a g des leitenden Rats der deutschen A l t k a t h o l i k e n an das preußische Staatsministerium auf staatliche Anerkennung (29. J u n i 1873) 624 Nr. 295. Anerkennungsurkunde f ü r den altkatholischen Bischof Reinkens (19. September 1873) 627 XII.
Die Neufassung
des staatlichen
Bischofseids
628
Nr. 296. Verordnung K ö n i g Wilhelms I. betreffend die Vereidigung der katholischen Bischöfe i n der preußischen Monarchie (6. Dezember 1873) 629
Neunzehntes Kapitel Kulturkampfmaßnahmen des Reichs und Preußens 1874 - 1877 I. Die Einführung
der Zivilehe
in Preußen und im Reich
630 630
Nr. 297. Reichsgesetz über die Beurkundung des Personenstandes u n d die Eheschließung (6. Februar 1875) 631 II. Das Expatriierungsgesetz
(Mai 1874)
632
Nr. 298. Reichsgesetz betreffend die Verhinderung der unbefugten Ausübung von Kirchenämtern (4. M a i 1874) 632 Nr. 299. Beschluß der i n Fulda versammelten preußischen Bischöfe betreffend das Verbot der A n r u f u n g des Königlichen Gerichtshofs f ü r kirchliche Angelegenheiten (24. J u n i 1874) 634
Inhaltsübersicht
XXXIV
III. Die Verwaltung vakanter Bischofsstühle 634 Nr. 300. Preußisches Gesetz über die V e r w a l t u n g erledigter katholischer Bistümer (20. M a i 1874) 635 I V . Die Verhinderung Geistlicher
von Amtshandlungen
maigesetzwidrig
ernannter
638
Nr. 301. Preußisches Gesetz wegen Deklaration u n d Ergänzung des Gesetzes v o m 11. M a i 1873 über die Vorbildung u n d Anstellung der Geistlichen (21. M a i 1874) 639 V. Staatliche Maßnahmen und Pressewesens
zur Überwachung
des katholischen
Vereins-
640
Nr. 302. Verfügung des preußischen Innenministers an die Regierungen, betreffend die Überwachung der katholischen Vereine (15. J u l i 1874) 641 Nr. 303. Verfügung des preußischen Justizministers an die Staatsanwaltschaften, betreffend die Überwachung der katholischen Presse (15. J u l i 1874) 643 Nr. 304. Rede Bismarcks i m Reichstag zum Kullmannschen Attentat (4. Dezember 1874) 644 V I . Der Streit um Bismarcks
Einmischung
in die künftige
Papstwahl
645
Nr. 305. Zirkulardepesche Bismarcks an die Vertreter des Deutschen Reichs bei den Regierungen i n Petersburg, Wien, London, Rom, M ü n chen, Lissabon u n d Den Haag (14. M a i 1872) 645 Nr. 306. Erklärung des deutschen Episkopats zur Zirkulardepesche Bismarcks über die künftige Papstwahl (Januar 1875) 647 V I I . Die Ungültigkeitserklärung schen Kulturkampfgesetzen
Papst Pius I X . gegenüber
den
preußi-
650
Nr. 307. Enzyklika Papst Pius I X . an den preußischen Episkopat (5. Februar 1875) N r . 308. Breve Papst Pius I X . an den deutschen Episkopat (2. März 1875)
654
V I I I . Die Einstellung Kirche (1875)
655
der preußischen
Staatsleistungen
an die katholische
651
Nr. 309. Gesetz, betreffend die Einstellung der Leistungen aus Staatsmitteln f ü r die römisch-katholischen Bistümer u n d Geistlichen (22. A p r i l 1875) 656 I X . Die Auflösung
der katholischen
Orden
658
Nr. 310. Preußisches Gesetz, betreffend die geistlichen Orden u n d ordensähnlichen Kongregationen der katholischen Kirche (31. M a i 1875) 659 X . Die Aufhebung
der staatskirchenrechtlichen
Verfassungsartikel
660
Nr. 311. Regierungsbegründung zur Gesetzesvorlage wegen Abänderung der preußischen Verfassungsurkunde (9. A p r i l 1875) 660 Nr. 312. Gesetz über die Aufhebung der A r t i k e l 15, 16 u n d 18 der Verfassungsurkunde v o m 31. Januar 1850 (18. J u n i 1875) 661
Inhaltsübersicht XI. Die staatliche Regelung Kirchengemeinden
der Vermögensverwaltung
der
katholischen
662
Nr. 313. Preußisches Gesetz über die Vermögensverwaltung i n den katholischen Kirchengemeinden (20. J u n i 1875) 662 XII.
Die staatliche Regelung der Vermögensrechte
der Altkatholiken
668
Nr. 314. Preußisches Gesetz, betreffend die Rechte der altkatholischen Kirchengemeinschaften an dem kirchlichen Vermögen (4. J u l i 1875) 669 XIII. Die staatliche Regelung des katholischen den öffentlichen Volksschulen
Religionsunterrichts
an
671
Nr. 315. Erlaß des Kultusministers Falk, betreffend Erteilung, L e i t u n g u n d Beaufsichtigung des katholischen Religionsunterrichts i n den Volksschulen (18. Februar 1876) 671 XIV. Die staatliche Regelung der Vermögensverwaltung Diözesen
der
katholischen
674
Nr. 316. Preußisches Gesetz über die Aufsichtsrechte des Staats bei der Vermögensverwaltung i n den katholischen Diözesen (7. J u n i 1876) 674 X V . Die Amtsenthebung
preußischer
Bischöfe 1874 - 77
677
Nr. 317. U r t e i l des Königlichen Gerichtshofs f ü r kirchliche Angelegenheiten gegen den Erzbischof Melchers, K ö l n (28. J u n i 1876) 678 XVI. Bismarcks Plan der Enthebung nissen in Preußen
des Papstes aus seinen
Machtbefug-
686
Nr. 318. Schreiben des Vortragenden Rats i m preußischen Staatsminister i u m Tiedemann an den Kultusminister Falk (6. November 1877) 688 Nr. 319. Denkschrift des preußischen Kultusministeriums betreffend die Anwendbarkeit des Absetzungsverfahrens nach dem Gesetz v o m 12. M a i 1873 gegen den Papst (5. Dezember 1877) 689 Zwanzigstes Kapitel Der Kulturkampf in Bayern I. Regierung und Episkopat tikanischen Beschlüsse
im Kampf
um die Rechtswirksamkeit
691 der va-
691
Nr. 320. Entschließung des bayerischen Staatsministeriums, betreffend die Verweigerung des Plazet f ü r die Verkündung der vatikanischen Beschlüsse (22. März 1871) 693 Nr. 321. Eingabe der bayerischen Bischöfe an K ö n i g L u d w i g II., betreffend die Verweigerung des Plazet f ü r die Verkündung der vatikanischen Beschlüsse (15. M a i 1871) 694 Nr. 322. Antwortschreiben des Kultusministers v. Lutz an den Erzbischof v. Scherr, München-Freising, wegen des Streits u m das Plazet (27. August 1871) 697
XXXVI
Inhaltsübersicht
Nr. 323. Entgegnung des Erzbischofs v. Scherr, München-Freising, an den Kultusminister v. Lutz (26. September 1871) 702 I I . Papst Pius I X . und der bayerische Kirchenkonflikt
705
Nr. 324. A l l o k u t i o n Papst Pius I X . v o r dem Geheimen Konsistorium (27. Oktober 1871)
706
III.
707
Die bayerische Zweite Kammer
und der Kirchenkonflikt
Nr. 325. Bericht des Abgeordneten Hauck f ü r die klerikale Ausschußmehrheit zur Frage des staatlichen Plazet (23. Januar 1372) 707 Nr. 326. Bericht des Abgeordneten V o l k f ü r die liberale Ausschußminderheit (23. Januar 1872) 710 Nr. 327. Erklärung des Kultusministers v. Lutz vor der K a m m e r der A b geordneten (27. Januar 1872) 711 I V . Der Vollzug
des Jesuitengesetzes
in Bayern
712
Nr. 328. Erlaß des Innenministers v. Pfeufer u n d des Kultusministers v. Lutz betreifend den Vollzug des Jesuitengesetzes (6. September 1872) 713 Nr. 329. Erlaß des Innenministers v. Pfeufer und des Kultusministers v. L u t z über den Vollzug des Jesuitengesetzes (10. J u n i 1873) 714 Nr. 330. Erlaß des Kultusministers v. Lutz betreffend das Verbot des Besuchs des Collegium Germanicum i n Rom (29. August 1873) 716 V. Der Briefwechsel frage
zwischen Papst und König zur bayerischen
Kirchen-
Nr. 331. Schreiben Papst Pius I X . an K ö n i g L u d w i g I I . von Bayern (31. J u l i 1873) Nr. 332. Antwortschreiben K ö n i g Ludwigs I I . von Bayern an Pius I X . (1. September 1873) V I . Die bayerische Schulfrage
während
Papst
des Kulturkampfs
Die Wiederherstellung vor dem Konkordat
des Vorrangs
der bayerischen
716 717 718
Nr. 333. Verordnung K ö n i g Ludwigs II., die Errichtung u n d L e i t u n g von Erziehungs- u n d Unterrichtsanstalten betreifend (18. A p r i l 1873) Nr. 334. Verordnung K ö n i g Ludwigs II., betreffend die Errichtung der Volksschulen u n d die B i l d u n g der Schulsprengel (29. August 1873) Nr. 335. Vorstellung des bayerischen Episkopats an K ö n i g L u d w i g I I . w e gen der Simultanschulen i n Bayern (13. September 1873) Nr. 336. Antwortschreiben des Kultusministers v. L u t z an den bayerischen Episkopat wegen der Simultanschulen i n Bayern (7. Dezember 1873) VII.
716
Staatsgesetze
719 720 723 725 728
Nr. 337. Erlaß des Kultusministers v. L u t z betreffend den Vollzug des Konkordats (20. November 1873) 728
XXXVII
Inhaltsübersicht Einundzwanzigstes Kapitel Der Kulturkampf in Baden
730
I. Die badischen Ordensgesetze von 1872
730
Nr. 338. Gesetz betreffend die öffentliche Lehrtätigkeit der Mitglieder eines religiösen Ordens (2. A p r i l 1872) 731 Nr. 339. Gesetz, die A b h a l t u n g v o n Missionen durch Mitglieder religiöser Orden betreffend (2. A p r i l 1872) 731 II. Die Änderung der badischen Vorschriften Anstellung der Geistlichen
über die Vorbildung
und
731
Nr. 340. Verordnung des Innenministers Jolly über die allgemein w i s senschaftliche Vorbildung der Geistlichen (2. November 1872) 732 III.
Die badischen Kampfmaßnahmen
von 1874
732
Nr. 341. Denkschrift des erzbischöflichen Kapitels-Vikariats, Freiburg, gegen den E n t w u r f des Gesetzes zur Änderung des Gesetzes v o m 9. Oktober 1860 (24. Januar 1874) 733 Nr. 342. Gesetz, die Änderung einiger Bestimmungen des Gesetzes v o m 9. Oktober 1860, die rechtliche Stellung der Kirchen u n d kirchlichen Vereine i m Staate betreffend (19. Februar 1874) 736 Nr. 343. Verordnung betreffend die Entziehung der Amtsbefugnisse gegenüber Geistlichen, die die Priesterweihe i n St. Peter empfangen haben (4. August 1874) 738 IV. Das badische Altkatholikengesetz
738
Nr. 344. Gesetz, die Rechtsverhältnisse der A l t k a t h o l i k e n betreffend (15. J u n i 1874)
739
V. Das badische Pfarrdotationsgesetz
740
Nr. 345. Gesetz, die Aufbesserung gering besoldeter Kirchendiener aus Staatsmitteln betreffend (29. August 1876) 741 VI. Die Einführung
der obligatorischen
Simultanschule
in Baden
742
Nr. 346. Gesetz, die Änderung einiger Bestimmungen des Gesetzes v o m 8. März 1868 über den Elementarunterricht betreffend (18. September 1876) 743
Zweiundzwanzigstes Kapitel Der Kulturkampf in Hessen I. Die Regelung der Altkatholikenfrage
in Hessen
745 745
Nr. 347. Zirkularverfügung des Innenministers v. Starck an die hessischen Kreisämter, betreffend die Rechtsstellung der A l t k a t h o l i k e n (23. Dezember 1873) 746
XXXVIII
Inhaltsübersicht
I I . Das hessische Volksschulgesetz
746
Nr. 348. Gesetz das Volksschulwesen betreffend (16. J u n i 1874)
747
I I I . Die fünf hessischen Kirchengesetze
750
von 1875
Nr. 349. Gesetz über die rechtliche Stellung der Kirchen u n d Religionsgemeinschaften i m Staat (23. A p r i l 1875) Nr. 350. Gesetz, den Mißbrauch der geistlichen Amtsgewalt betreffend (23. A p r i l 1875) Nr. 351. Gesetz, betreffend die Vorbildung u n d Anstellung der Geistlichen (23. A p r i l 1875) Nr. 352. Gesetz, die religiösen Orden u n d ordensähnlichen Kongregationen betreffend (23. A p r i l 1875) Nr. 353. Gesetz, das Besteuerungsrecht der Kirchen u n d Religionsgesellschaften betreffend (23. A p r i l 1875) I V . Die Regelung des Kirchenaustritts
in Hessen
751 752 755 758 759 761
Nr. 354. Gesetz, die bürgerlichen Wirkungen des Austritts aus einer Kirche oder Religionsgemeinschaft betreffend (10. September 1878) 762
Teil D Die Beilegung des Kulturkampfs Dreiundzwanzigstes Kapitel Bemühungen um die Wiederherstellung des Friedens zwischen Kirche und Staat 1878 - 1880 I . Die Papstwahl Wilhelm 1
von 1878 und der Briefwechsel
zwischen Leo XIII.
764 und
Nr. 355. Schreiben Papst Leos X I I I . an Kaiser W i l h e l m I . (20. Februar 1878) Nr. 356. Antwortschreiben Kaiser Wilhelms I . an Papst Leo X I I I . (24. März 1878) Nr. 357. Erwiderungsschreiben Papst Leos X I I I . an Kaiser W i l h e l m I. (17. A p r i l 1878) I I . Der Briefwechsel Papst Leo XIII
zwischen dem Kronprinzen
Friedrich
Wilhelm
764 765 766 766
und
768
Nr. 358. Schreiben des Kronprinzen Friedrich W i l h e l m an Papst Leo X I I I . (10. J u n i 1878) 768 Nr. 359. Schreiben Papst Leos X I I I . an den Kronprinzen Friedrich W i l helm (29. J u n i 1878) 769 I I I . Die Vorverhandlungen Kissingen (Juli-August
Bismarcks 1878)
mit
Nuntius
Nr. 360. V o t u m Bismarcks f ü r den Kultusminister Falk (16. M a i 1878)
Aloisi-Masella
zu
770 771
Inhaltsübersicht Nr. 361. Telegramm Bismarcks an das Auswärtige A m t (30. J u l i 1878) 772 Nr. 362. Bericht Bismarcks an das Auswärtige A m t über die Kissinger Gespräche m i t dem Nuntius Aloisi-Masella (8. August 1878) 773 IV. Die Haltung
der Kurie zur Friedensfrage
775
Nr. 363. Schreiben des Kardinalstaatssekretärs Nina an Bismarck (11. August 1878)
776
V. Die Haltung
778
des Kultusministers
Falk zur Friedensfrage
Nr. 364. Rede des Kultusministers F a l k v o r dem Abgeordnetenhaus zum A n t r a g des Zentrums auf Wiederherstellung der A r t . 15, 16 u n d 18 der Verfassungsurkunde (11. Dezember 1878) Nr. 365. Erklärung des Abgeordneten Windthorst i m preußischen Abgeordnetenhaus (11. Dezember 1878) Nr. 366. Schreiben Papst Leos X I I I . an den amtsenthobenen Erzbischof Melchers (im E x i l i n Holland) (24. Dezember 1878) Nr. 367. Rede des Kultusministers F a l k vor dem Abgeordnetenhaus (10. Januar 1879) VI. Die Vorbereitung rie (1879)
der Verhandlungen
zwischen Preußen und der Ku-
Nr. 368. Schreiben des Kardinalstaatssekretärs N i n a an Bismarck (23. Januar 1879) Nr. 369. Antwortschreiben Bismarcks an den Kardinalstaatssekretär Nina (18. Februar 1879) Nr. 370. Denkschrift Bismarcks f ü r Kaiser W i l h e l m I. (25. Februar 1879) Nr. 371. Schreiben des Kardinalstaatssekretärs Nina an Bismarck (18. März 1879) Nr. 372. Antwortschreiben Bismarcks an den Kardinalstaatssekretär Nina (20. A p r i l 1879) Nr. 373. Schreiben des Kardinalstaatssekretärs Nina an Bismarck (30. M a i 1879) Nr. 374. Glückwunschschreiben Papst Leos X I I I . an Kaiser W i l h e l m I. (30. M a i 1879) Nr. 375. Dankschreiben Kaiser Wilhelms I . an Papst Leo X I I I . (21. J u n i 1879) VII.
Der Rücktritt
des Kultusministers
Falk
Nr. 376. Rede des Abgeordneten Windthorst bei der Schutzzolldebatte des Reichstags (8. M a i 1879) Nr. 377. Zweites Abschiedsgesuch des Kultusministers F a l k (29. J u n i 1879) Nr. 378 a. Erstes Schreiben des Kultusministers Falk an Bismarck aus A n laß des Rücktritts (29. J u n i 1879) Nr. 378 b. Zweites Schreiben des Kultusministers Falk an Bismarck aus Anlaß des Rücktritts (1. J u l i 1879)
779 781 782 783
784 785 787 788 791 793 794 796 797 798
799 800 801 802
XL
Inhaltsübersicht
V i l i . Die Anfänge
des Systems Puttkamer
804
Nr. 379. Erlaß des Kultusministers v. Puttkamer an die Oberpräsidenten über den Religionsunterricht i n den Volksschulen (5. November 1879) 804 I X . Die Wiener Verhandlungen vom Oktober/November Vorbereitung der Revision der Kulturkampfgesetze
1879 und
die
806
Nr. 380. Schreiben Papst Leos X I I I . an den amtsenthobenen Erzbischof Melchers (im E x i l i n Holland) (24. Februar 1880) 807 Nr. 381. Beschluß des preußischen Staatsministeriums betreffend die I n aussichtnahme einer Modifikation der Kulturkampfgesetze (17. März 1880) 808 Nr. 382. Erlaß Bismarcks an den Geschäftsträger Graf Berchem, Wien (4. A p r i l 1880) 809 X . Die Wiener Verhandlungen
vom März - Mai 1880
809
Nr. 383. Schreiben des Kardinalstaatssekretärs Nina an den Nuntius Jacobini betreffend die Auslegung des päpstlichen Breve über das Z u geständnis der Anzeigepflicht (23. März 1880) 810 Nr. 384. Erlaß Bismarcks an den Botschafter Prinz Reuß, Wien (20. A p r i l 1880) 811 Nr. 385. Erlaß Bismarcks an den Botschafter Prinz Reuß, Wien (14. M a i 1880) 814 Nr. 386. Erlaß Bismarcks an den Botschafter Prinz Reuß, W i e n (21. M a i 1880) 815
Vierundzwanzigstes Kapitel Die Vorbereitung des Friedens zwischen Kirche und Staat in Preußen 1880 - 1886
817
I . Das erste Milderungsgesetz
817
Nr. 387. Gesetz betreffend Abänderungen der kirchenpolitischen Gesetze (14. J u l i 1880)
818
I I . Die Wiederbesetzung
820
vakanter
Bischofsstühle
Nr. 388. Liste der Bischofsernennungen von 1881 - 1882 I I I . Die Wiederherstellung Stuhl
der preußischen
Gesandtschaft
821 beim
Heiligen
823
Nr. 389. A n t r a g des preußischen Staatsministeriums auf Bewilligung der Haushaltsmittel f ü r die Wiedererrichtung der preußischen Gesandtschaft beim V a t i k a n (7. März 1882) 823 Nr. 390. Rede des Abgeordneten Windthorst zur Wiederherstellung der diplomatischen Beziehungen zwischen Preußen u n d dem Päpstlichen Stuhl (7. März 1882) 824 I V . Das zweite Milderungsgesetz
827
Nr. 391. Gesetz betreffend Abänderung der kirchenpolitischen Gesetze (31. M a i 1882)
828
Inhaltsübersicht V. Weitere Verhandlungen
zwischen Berlin
und Rom
829
Nr. 392. Schreiben Papst Leos X I I I . an Kaiser W i l h e l m I. (3. Dezember 1882) Nr. 393. Schreiben Kaiser Wilhelms I . an Papst Leo X I I I . (22. Dezember 1882) VI. Bismarcks
Konzeption
der weiteren
830 831
Friedenspolitik
831
Nr. 394. Bericht Bismarcks an den Kronprinzen Friedrich W i l h e l m (19. Dezember 1882) Nr. 395. Erlaß Bismarcks an den Gesandten beim V a t i k a n v. Schlözer (22. Dezember 1882) Nr. 396. Schreiben des Kronprinzen Friedrich W i l h e l m an Bismarck (30. Dezember 1882) VII.
Die Verhandlungen
zwischen Berlin
832 835 838
und Rom 1883
838
Nr. 397. Note des Kardinalsekretärs Jacobini an Schlözer (19. Januar 1883) Nr. 398. Schreiben Papst Leos X I I I . an Kaiser W i l h e l m I . (30. Januar 1883) VIII. Die Revisionsfrage vor dem Abgeordnetenhaus der Verhandlungen zwischen Berlin und Rom
839 840
und der
Fortgang
841
Nr. 399. Note des Gesandten v. Schlözer an Jacobini (5. M a i 1883)
842
IX. Das dritte
844
Milderungsgesetz
Nr. 400. Gesetz betreffend Abänderung der kirchenpolitischen Gesetze (11. J u l i 1883)
845
X . Die weitere
846
Wiederbesetzung
vakanter
Bischofsstühle
Nr. 401. Liste der Neubesetzungen 1885 - 1887 XI. Leo XIII.
als Schiedsrichter
846
im deutsch-spanischen
Karolinenstreit
.. 848
Nr. 402. Schreiben Papst Leos X I I I . an Bismarck (31. Dezember 1885) 849 Nr. 403. Dankschreiben Bismarcks an Papst Leo X I I I . zur Verleihung des Christusordens (13. Januar 1886) 850 Fünfundzwanzigstes Kapitel Der Friedensschluß zwischen Kirche und Staat in Preußen 1886 - 1887 I. Die Bekanntgabe den preußischen
der Grundsätze Episkopat
der päpstlichen
Friedenspolitik
852 an
Nr. 404. Breve Papst Leos X I I I . an die preußischen Bischöfe (6. Januar 1886) II. Das staatliche Programm kampfgesetzgebung
zur
„organischen
Revision"
852 852
der
Kultur-
855
Nr. 405. Thesen des Kultusministers v. Goßler f ü r die staatliche RevisionspolitiK (10. Januar 1886) 856
XLII
Inhaltsübersicht
Nr. 406. Memorandum des Kardinalstaatssekretärs Jacobini an den Gesandten v. Schlözer zu den Goßlerschen Thesen (23. Januar 1886) 857 III.
Die Verhandlungen 1886
zwischen Rom und Berlin
von Januar - Februar
Nr. 407. Schreiben Bismarcks an Papst Leo X I I I . (2. Februar 1886) Nr. 408. Erlaß Bismarcks an den Gesandten v . Schlözer (2. Februar 1886)
858 858 860
I V . Das erste Friedensgesetz vor dem Herrenhaus und der Fortgang Verhandlungen zwischen Berlin und Rom über die Anzeigepflicht
der
Nr. 409. Note des Kardinalstaatssekretärs Jacobini an den Gesandten v. Schlözer (26. März 1886) Nr. 410. Telegramm Bismarcks an den Gesandten v. Schlözer (27. März 1886) Nr. 411. Schreiben Bismarcks an Papst Leo X I I I . (30. März 1886) Nr. 412. Note des Kardinalstaatssekretärs Jacobini an die preußische Staatsregierung (4. A p r i l 1886) Nr. 413. Note des Kardinalstaatssekretärs Jacobini an den Gesandten v. Schlözer (25. A p r i l 1886)
861
862 863 863 865 866
V. Das erste Friedensgesetz
867
Nr. 414. Gesetz betreffend Abänderung der kirchenpolitischen Gesetze (21. M a i 1886)
867
V I . Die Haltung
870
des preußischen
Episkopats
zum ersten Friedensgesetz..
N r . 415. Schreiben der preußischen Bischöfe an Papst Leo X I I I . (12. August 1886)
870
V I I . Die kirchenpolitische
872
Seite des Septennatsstreits
Nr. 416. Schreiben des Kardinalstaatssekretärs Jacobini an den Nuntius D i Pietro i n München (21. Januar 1887) 874 Nr. 417. Rede des Abgeordneten Windthorst während des Reichstagswahlkampfs i m Gürzenich i n K ö l n (6. Februar 1887) 875 VIII. Das Revisionsprogramm partei und des preußischen
der Kurie Episkopats
und die Kritik
der
Zentrums-
Nr. 418. Schreiben des Erzbischofs Krementz, K ö l n , an Papst Leo X I I I . (19. März 1887) Nr. 419. Schreiben Papst Leos X I I I . an den Erzbischof Krementz, K ö l n (7. A p r i l 1887) I X . Das zweite
Friedensgesetz
878 878 880 882
Nr. 420. Gesetz betreffend Abänderungen der kirchenpolitischen Gesetze (29. A p r i l 1887) 883
Inhaltsübersicht X . Die Bestätigung des Friedensschlusses Nr. 421. A l l o k u t i o n Papst Leos X I I I . (23. M a i 1887) XI. Die Wiederherstellung
durch den Heiligen
der preußischen
Stuhl
885 885
Feldpropstei
887
Nr. 422. Gemeinsamer Erlaß des Kultusministers v. Goßler u n d des Kriegsministers Bronsart v. Schellendorf betreffend die Bestallung des Propstes Dr. A ß m a n n zum katholischen Feldpropst (5. November 1888) 887 Sechsundzwanzigstes Kapitel Die Beilegung des Kulturkampfs in Bayern I. Das Festhalten
an der staatlichen Kirchenhoheit
889
unter König Ludwig
II. 889
Nr. 423. Handschreiben K ö n i g Ludwigs I I . an den Minister v. L u t z (23. Februar 1882) Nr. 424. Dankschreiben des Ministers v. L u t z an K ö n i g L u d w i g I I . (25. Februar 1882) II. Kundgebungen der Kurie über die Notwendigkeit tischen Kurswechsels in Bayern 1887/88
eines
kirchenpoli-
889 890 891
Nr. 425. Sdireiben Papst Leos X I I I . an die bayerischen Bischöfe (22. Dezember 1887) 892 Nr. 426. Vorstellung der bayerischen Bischöfe an den Prinzregenten L u i t pold über die Lage der katholischen Kirche i n Bayern (14. J u n i 1888) 895 III.
Das Einsetzen Luitpold (1889)
der Friedensbemühungen
unter
dem
Prinzregenten
899
Nr. 427. Schreiben des Ministerpräsidenten v. L u t z an die bayerischen Bischöfe (28. M ä r ^ 1889) 900 Nr. 428. Breve~Papst Leos X I I I . an den Erzbischof v. Steichele, MünchenFreising (29. A p r i l 1889) 905 IV. Die Auseinandersetzungen um das staatliche kenfrage und das Jesuitengesetz (1889/90)
Plazet, die
Altkatholi-
906
Nr. 429. A n t r a g der K a m m e r der Abgeordneten betreffend das placetum regium u n d die Altkatholikenfrage (8. November 1889) 907 Nr. 430. A n t r a g der K a m m e r der Abgeordneten, betreffend das Jesuitengesetz (13. November 1889) 907 Nr. 431. E r k l ä r u n g des Außenministers Frh. v. Crailsheim vor der K a m mer der Reichsräte (10. Februar 1890) 908 V. Die Lösung der Altkatholikenfrage
911
N r . 432. Vorlage des K a p i t u l a r v i k a r s v . Rampf, München-Freising, an die Staatsregierung, die A l t k a t h o l i k e n betreffend (10. März 1890) 911 Nr. 433. Staatsministerialentschließung auf den A n t r a g des K a p i t u l a r v i kars v. Rampf, die A l t k a t h o l i k e n betreffend (15. März 1890) 913
XLIV
Inhaltsübersicht
Nr. 434. Erlaß des Kultusministers v. L u t z an den bayerischen altkatholischen Landesverein (15. März 1890) 915 V I . Der Regierungswechsel rung in Bayern
von 1890 und die kirchenpolitische
Kursände-
915
Nr. 435. Bekanntmachung des Reichskanzlers, betreffend die Ausführung des Gesetzes über den Orden der Gesellschaft Jesu (18. J u l i 1894) 916 Siebenundzwanzigstes Kapitel Die Beilegung des Kulturkampfs in Baden und Hessen I . Die Friedensbemühungen vom 5. März 1880
in Baden 1879/1880
917
und das Friedensgesetz
917
Nr. 436. Gesetz, die allgemein-wissenschaftliche Vorbildung der K a n d i daten des geistlichen Standes betreffend (5. März 1880) 918 Nr. 437. Landesherrliche Verordnung, den Nachweis der allgemein-wissenschaftlichen V o r b i l d u n g der Geistlichen betreffend (11. A p r i l 1880) 919 Nr. 438. Verordnung des Erzbischöflichen Kapitels-Vikariats, Freiburg, den Nachweis der allgemein-wissenschaftlichen Vorbildung der Geistlichen betreffend (22. A p r i l 1880) 920 I I . Das badische Friedensgesetz
vom 5. Juli 1888
921
Nr. 439. Gesetz, die Änderung einiger gesetzlicher Bestimmungen über die rechtliche Stellung der Kirchen u n d kirchlichen Vereine i m Staate betreffend (5. J u l i 1888) 922 I I I . Die hessischen Friedensgesetze
1887 - 1895
923
Nr. 440. Gesetz, die V o r b i l d u n g u n d Anstellung der Geistlichen betreffend (5. J u l i 1887) 924 Nr. 441. Gesetz, die Abänderung des Gesetzes über den Mißbrauch der geistlichen Amtsgewalt betreffend (7. September 1889) 927 Nr. 442. Gesetz, die Abänderung des Gesetzes über die religiösen Orden u n d ordensähnlichen Kongregationen betreffend (7. J u n i 1895) 927
Teil E Die evangelischen Landeskirchen im Bismarckschen Reich 1871 - 1 8 9 0 Achtundzwanzigstes Kapitel Das evangelische Kirchenverfassungsrecht der Altpreußischen Union 1871 - 1890 929 I . Der Landesherr als summus Evangelische Oberkirchenrat
episcopus,
der Kultusminister
und
der
929
Nr. 443. Liste der Präsidenten de? Evangelischen Oberkirchenrats 1850 bis 1891 930
Inhaltsübersicht I I . Die Kirchengemeindevinzen (1873)
und Synodalordnung
der sechs östlichen
Pro-
931
Nr. 444. Allerhöchster Erlaß, betreffend die Einführung einer evangelischen Kirchengemeinde- u n d Synodalordnung f ü r die Provinzen Preußen, Brandenburg, Pommern, Posen, Schlesien u n d Sachsen (10. September 1873) 932 Nr. 445. Kirchengemeinde- u n d Synodalordnung f ü r die Provinzen Preußen, Brandenburg, Pommern, Posen, Schlesien u n d Sachsen (10. September 1873) 933 Nr. 446. Gesetz, betreffend die evangelische Kirchengemeinde- u n d Synodalordnung f ü r die Provinzen Preußen, Brandenburg, Pommern, Posen, Schlesien u n d Sachsen (25. M a i 1874) 942 I I I . Die Generalsynodalordnung
der altpreußischen
Union (1876)
943
Nr. 447. Allerhöchster Erlaß betreffend die Einführung einer Generalsynodalordnung f ü r die Evangelische Landeskirche der acht älteren Provinzen der Monarchie (20. Januar 1876) 944 Nr. 448. Generalsynodal-Ordnung f ü r die Evangelische Landeskirche der acht älteren Provinzen der Monarchie (20. Januar 1876) 944 I V . Die preußische Staatsgesetzgebung altpreußischen Union
und die Kirchenverfassung
der
951
Nr. 449. Gesetz, betreffend die evangelische Kirchenverfassung i n den acht älteren Provinzen der Monarchie (3. J u n i 1876) 952 Nr. 450. Verordnung über die Ausübung der Rechte des Staats gegenüber der evangelischen Landeskirche der acht älteren Provinzen der M o n archie (9. September 1876) 956 Nr. 451. Verordnung, betreffend den Übergang der V e r w a l t u n g der Angelegenheiten der evangelischen Landeskirche auf den Evangelischen Oberkirchenrat u n d die Konsistorien der acht älteren Provinzen der Monarchie (5. September 1877) 957 V. Der Evangelische Parteien
Oberkirchenrat
im Kreuzfeuer
der
innerkirchlichen
Nr. 452. Entlassungsgesuch des Präsidenten H e r r m a n n (25. November 1877) Nr. 453. Schreiben Kaiser Wilhelms I. an den Kultusminister Falk (11./12. Januar 1878) Nr. 454. Schreiben Kaiser Wilhelms I. an Bismarck (1. M a i 1878) Nr. 455. Erstes Abschiedsgesuch des Kultusministers Falk (9. M a i 1878) Nr. 456. Schreiben Kaiser Wilhelms I . an den Kultusminister F a l k (30. Dezember 1878) V I . Der Evangelische
Oberkirchenrat
und die kirchliche
Sozialarbeit
958 960 965 968 970 972 972
Nr. 457. Ansprache des Evangelischen Oberkirchenrats an die Geistlichen u n d Gemeindekirchenräte, betreffend ihre Aufgaben gegenüber den aus der sozialistischen Bewegung entstandenen Gefahren (20. Februar 1879) 974
XLVI VII.
Inhaltsübersicht
Das Disziplinarrecht Union
der Evangelischen
Kirche
der
altpreußischen
982
Nr. 458. Kirchengesetz betreffend die Dienstvergehen der Kirchenbeamten (16. J u l i 1886) 983
Neunundzwanzigstes Kapitel Das evangelische Kirchenverfassungsrecht in den neuen preußischen Provinzen 1871 - 1890 I. Das Kirchenverfassungsrecht vinz Hannover
der lutherischen
Landeskirche
988
der Pro-
988
Nr. 459. Gesetz, betreffend Änderungen der Kirchenverfassung der evangelisch-lutherischen Kirche der Provinz Hannover (6. M a i 1885) 988 I I . Das Kirchenverfassungsrecht Hannover
der reformierten
Kirche
der
Provinz
990
Nr. 460. Erlaß K ö n i g Wilhelms I. an den Kultusminister v. Goßler, betreffend die Kirchengemeinde- u n d Synodalordnung f ü r die evangelisch-reformierte Kirche der Provinz Hannover (12. A p r i l 1882) 990 Nr. 461. Kirchengemeinde- u n d Synodalordnung f ü r die evangelisch-reformierte Kirche der Provinz Hannover (12. A p r i l 1882) 991 I I I . Das Kirchenverfassungsrecht Provinz Schleswig-Holstein
der evangelisch-lutherischen
Kirche
der
992
Nr. 462. Erlaß K ö n i g Wilhelms I . an den Kultusminister Falk, betreffend die Einführung einer Kirchengemeinde- u n d Synodalordnung f ü r die evangelisch-lutherische Kirche der Provinz Schleswig-Holstein m i t Ausschluß des Kreises Herzogtum Lauenburg (4. November 1876) 993 Nr. 463. Kirchengemeinde- u n d Synodalordnung f ü r die evangelischlutherische Kirche der Provinz Schleswig-Holstein m i t Ausschluß des Kreises Herzogtum Lauenburg (4. November 1876) 994 I V . Das Kirchenverfassungsrecht sau
der evangelischen
Landeskirche
in Nas-
995
Nr. 464. Kirchengemeinde- u n d Synodalordnung f ü r die evangelischen Gemeinden i m Amtsbezirk des Konsistoriums zu Wiesbaden (4. J u l i 1877) 995 V. Das Kirchenverfassungsrecht hessen
der evangelischen
Landeskirche
in Kur-
998
Nr. 465. Presbyterial- u n d Synodalordnung f ü r die evangelischen K i r chengemeinschaften (die reformierte, die lutherische u n d die unierte) i m Bezirk des Konsistoriums Kassel (16. Dezember 1885) 999
Inhaltsübersicht
XLVII
Dreißigstes Kapitel Das evangelische Kirchenverfassungsrecht in den deutschen Mittelstaaten 1871 - 1890 I. Die protestantische
Kirche in Bayern links des Rheins
1002 1002
Nr. 466. Revidierte Wahlordnung f ü r die Presbyterien, Diözesan- u n d Generalsynoden i n der protestantischen Kirche der Pfalz (17. J u n i 1876) 1002 I I . Die protestantische
Kirche
in Bayern
rechts des Rheins
1003
Nr. 467. Erlaß K ö n i g Ludwigs I I . an das Oberkonsistorium, die V e r handlungen der Generalsynoden über eine Revision der Kirchenverfassung betreffend (1. August 1881) 1004 Nr. 468. Darlegung des Oberkonsistoriums, die Königliche Entschließung v o m 1. August 1881 betreffend (10. August 1881) 1006 Nr. 469. Verordnung, die Einführung eines Generalsynodalausschusses betreffend (25. J u n i 1887) 1010 I I I . Kirchengemeindeordnung und Landessynodalordnung gelische Landeskirche in Württemberg
für die evan-
1011
Nr. 470. Staatsgesetz, betreffend die Vertretung der evangelischen K i r chengemeinden u n d die V e r w a l t u n g ihrer Vermögensangelegenheiten (14. J u n i 1887) 1013 Nr. 471. Kirchengesetz, betreffend die evangelischen Kirchengemeinden (29. J u l i 1888) 1014 Nr. 472. Landessynodalordnung (11. September 1888) 1016 I V . Das evangelische Kirchenverfassungsrecht
im Großherzogtum
Baden 1021
Nr. 473. Gesetz, die Besteuerung f ü r örtliche kirchliche Bedürfnisse betreffend (26. J u l i 1888) 1021 V. Das evangelische Kirchenverfassungsrecht
im Großherzogtum
Hessen 1026
Nr. 474. E d i k t Großherzog Ludwigs I I I . , die Verfassung der evangelischen Kirche des Großherzogtums betreffend (6. Januar 1874) 1026 Nr. 475. Verfassung der evangelischen Kirche des Großherzogtums Hessen (6. Januar 1874) 1027 V I . Das evangelische Kirchenverfassungsrecht
im Königreich
Sachsen . . 1031
Nr. 476. Staatsgesetz zur Publikation des Kirchengesetzes wegen E r richtung eines evangelisch-lutherischen Landeskonsistoriums (16. A p r i l 1873) 1032 Nr. 477. Kirchengesetz, die Errichtung eines evangelisch-lutherischen Landeskonsistoriums betreffend (15. A p r i l 1873) 1033
Teil A Staat u n d K i r c h e von der bürgerlichen Revolution bis zur deutschen Einigung
Erstes
Kapitel
Die katholische Kirchenfrage während der bürgerlichen Revolution I. Forderungen der deutschen Katholiken im Reicheparlament Die Forderungen der bürgerlichen Revolution des Jahres 1848 betrafen unmittelbar auch das Verhältnis von Kirche und Staat. Die staatskirchenrechtliche Entwicklung der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts hatte zwar den Grundsätzen der Toleranz und der Parität weithin zum Durchbruch verholfen; darüber hinaus hatte sie die Stellung der katholischen Kirche im Staat auf ein konkordatsrechtliches Fundament gegründet. Nach der Auffassung der radikaldemokratischen und liberalen Mitglieder des Frankfurter Parlaments 1 hatte sie jedoch das überlieferte Staatskirchentum mit seinen wechselseitigen Verflechtungen von Kirche und Staat noch nicht beseitigt. Ihr kirchenverfassungspolitisches Ziel war die Trennung von Kirche und Staat. In der Sicht der katholischen Abgeordneten dagegen bot die Arbeit an der Reichsverfassung die Gelegenheit, die Freiheit und Unabhängigkeit der Kirche — deren Notwendigkeit sich in den Konflikten des Vormärz für sie deutlich gezeigt hatte 2 — durchzusetzen 3, gleichzeitig aber die Vorrechte der Kirche im staatlichen Bereich und die Einflußmacht der Kirche auf Staat und Gesellschaft durch verfassungsrechtliche Garantien zu sichern. Den Ausgangspunkt der Verfassungsberatungen im Reichsparlament bildete der am 27. April 1848 vorgelegte Entwurf des Siebzehner-Ausschusses*. Dieser sah jedoch lediglich vor, daß im Rahmen der Grundrechte die „Freiheit des Glaubens und der privaten und öffentlichen Religionsausübung" sowie die 1
Dazu Verfassungsgeschichte, Bd. I I , S. 613 ff. Staat u n d Kirche, Bd. I, Nr. 137 ff. Vgl. F. Schnabel, Der Zusammenschluß des politischen Katholizismus i n Deutschland i m Jahre 1848 (1910); R.Lempp, Die Frage der Trennung von Kirche u n d Staat i m Frankfurter Parlament (1913); H.Cahn, Der Gedanke der Trennung von Kirche und Staat i n der Bewegung des Jahres 1848 (Diss, iur. Heidelberg 1932); Verfassungsgeschichte, Bd. I I , S. 615. 4 Dokumente, Bd. 1, Nr. 91. 2
3
1 Huber, Staat und Kirche, 2. Bd.
2
1. Kap. : Die katholische Kirchenfrage während der bürgerlichen Revolution
„Gleichheit aller Religionsparteien in bürgerlichen und politischen Rechten" gewährleistet werden sollten. Am 21. August 1848 begann in der Paulskirche die Debatte über das Verhältnis von Staat und Kirche. Der „Katholische Klub" 5 brachte einen eigenen Antrag — das „Amendement Nagel" 6 — ein, i n dessen Mittelpunkt die Freiheit und Unabhängigkeit der Kirchen stand (Nr. 1 ). Begründet wurde dieser Antrag durch eine Rede des Abgeordneten v. Lassaulx 7, der die Freiheitsforderung der bürgerlichen Revolution mit dem Verlangen der Kirche nach Unabhängigkeit in unmittelbaren Zusammenhang stellte (Nr. 2). Die liberale Mitte war nur bereit, die Selbständigkeit, nicht aber die Unabhängigkeit der Kirche zu gewährleisten; mit der Anerkennung der Selbständigkeit verband sie die Garantie der Gleichstellung aller Religionsgesellschaften und Ideren Unterordnung unter die Staatsgesetze. Daraufhin erhielt der umstrittene Art. III §14 der Grundrechte gemäß einem Antrag des zur äußersten Linken gehörenden katholischen Geistlichen Kuenzer % eine Fassung, die von den Vorstellungen der katholischen Mitglieder des Parlaments weit abwich (Nr. 3). Den Antrag des Katholischen Klubs lehnte die Mehrheit mit 357 gegen 99 Stimmen ab.
Nr. 1. Antrag des „Katholischen Klubs" in der Frankfurter Nationalversammlung zu Art. I I I § 14 der Grundrechte v o m 29. August 1848 (Stenographischer Bericht über die Verhandlungen der deutschen constituirenden Nationalversammlung, Bd. 3, 1848, S. 1775 u n d S. 1986) Die bestehenden u n d neu sich bildenden Religionsgesellschaften sind als solche unabhängig v o n der Staatsgewalt; sie ordnen u n d verwalten ihre A n gelegenheiten selbstständig. 5
Verfassungsgeschichte, Bd. I I , S. 614 f. So genannt nach dem ersten Unterzeichner des Antrags, dem Abgeordneten Anton v. Nagel (1798 - 1859), bayer. Landrichter, i n der Frankfurter Nationalversammlung M i t g l i e d der F r a k t i o n „Café M i l a n i " (konservativ). 7 Ernst v. Las(s)aulx (1805 - 61), Neffe von Joseph Görres; 1835 Professor der Altertumswissenschaften i n Würzburg, 1844 i n München; 1848/49 M i t g l i e d der Frankfurter Nationalversammlung (Fraktion „Café M i l a n i " ) , seit 1849 M i t g l i e d der bayer. Zweiten Kammer. Lassaulx w a r zwar nicht förmlich M i t glied des „Katholischen K l u b s " , machte sich aber i n der ersten Lesung der Grundrechte zu dessen Sprecher. Siehe auch die ausführliche Begründung des Grundrechts-Antrags durch I.Döllinger, Staat u n d Kirche. Betrachtungen (1848). Auszug daraus bei L. Bergstäßer, Der politische Katholizismus. D o k u mente seiner Entwicklung, Bd. I (1921) S. 108 ff. 8 Dominikus Kuenzer (1793 - 1853), seit 1815 kath. Geistlicher; seit 1836 Spitalpfarrer i n Konstanz, Dekan u n d Schulvisitator daselbst; von großer Volkstümlichkeit u n d eng m i t Wessenberg verbunden; Führer der liberalen Richtung i m badischen Klerus; Verfechter des katholischen Synodalgedankens; m i t der K u r i e u n d dem erzbischöflichen Ordinariat deshalb wiederholt i n Konflikt. M i t g l i e d der badischen Zweiten K a m m e r u n d 1848/49 der F r a n k furter Nationalversammlung, hier der äußersten L i n k e n ( „ F r a k t i o n Donnersberg") angehörend. Nach Auflösimg des Rumpfparlaments kurze Zeit i n der Schweiz; dann wieder i n seinem Konstanzer Pfarramt. β
I. Forderungen der deutschen K a t h o l i k e n i m Reichsparlament
3
Die Bestellung v o n Kirchenbeamten unterliegt keiner M i t w i r k u n g von Seiten der Staatsgewalt, auch nicht vermöge Patronatsrechtes. Die Bekanntmachung kirchlicher Erlasse ist n u r denjenigen Beschränkungen unterworfen, welchen alle übrigen Veröffentlichungen unterliegen. Jeder Religionsgesellschaft w i r d der Besitz u n d die freie Verwendung ihres Vermögens, sowie ihrer f ü r Cultus-, Unterrichts- u n d Wohlthätigkeitszwecke bestimmten Anstalten gewährleistet.
Nr. 2. Begründung des Antrags des „Katholischen Klubs" durch den Abgeordneten Ernst v. Lassaulx v o m 29. August 1848 (Stenographischer Bericht über die Verhandlungen der deutschen constituirenden Nationalversammlung, Bd. 3,1848, S. 1779 ff.) — Auszug — Meine Herren! Ihre Entscheidung der Frage über die Freiheit der Kirche w i r d , soviel an Ihnen liegt, über die Z u k u n f t Deutschlands entscheiden: sie w i r d zeigen, ob die allgemeine Bewegung des deutschen Lebens, aus der w i r hervorgegangen sind, eine echte heilkräftige, aus langem Winterschlafe zu neuem Leben führende, oder ob sie n u r ein vorübergehendes Aufleuchten der verlöschenden Lebensgeister unseres einst großen Volks sei. I h r e A b stimmung i n dieser Frage w i r d der Nachwelt beweisen, w e r unter Ihnen ein volles, aufrichtiges u n d herzhaftes Vertrauen i n die H e i l k r a f t der Wahrheit u n d der Freiheit hat, oder nicht hat. Der allgemeine Charakter aller k i r c h lichen, politischen u n d socialen Bewegungen der letzten Jahrhunderte besteht darin, daß i n ihnen die gesammte mittelalterliche Lebensordnung sich auflöst. Das innere Agens dieses allgemeinen Auflösungsprocesses der alten, u n d das gestaltende Princip der neuen, m i t Gottes Hilfe besseren Lebensordnung i m Staate u n d i n der Kirche, ist die Idee der individuellen Freiheit. Gegen die Übel dieser Freiheit gibt es k e i n anderes Heilmittel, als die Freiheit selbst; sie allein enthält m i t dem Gifte zugleich das Gegengift i n sich, u n d hier gilt der alte Spruch, dessen Wahrheit bestätigt w i r d durch die Geschichte aller geistigen Kämpfe der europäischen Menschheit, daß w e r die Wunde geschlagen hat, sie auch zu heilen v e r m a g . . . Das bisherige Verhältniß der Staatsgewalt zur Kirche w a r i n der That ein unerträgliches; es hat w i e ein drückender A l p auf der Brust aller freidenkenden Männer gelastet. Wer der herrschenden Staatskirche des jeweiligen Cultusministers nicht anhing, der w a r d als ein Gottloser verschrieen, u n d w e r i h r anhing, als ein Heuchler, u n d das Letzte ist noch schlechter, als das Erste. Diese schiefe Stellung der Staatsgewalt zur Kirche i n allen deutschen Ländern muß aufhören; sie hat den Widerwillen, die Abneigung, j a den Haß nicht einer oder der anderen, sondern aller Parteien herausgefordert; sie hat alle unsere Lebensverhältnisse vergiftet, u n d würde, w e n n sie f o r t dauerte, das Beste des deutschen Charakters, seinen religiösen Sinn, zu Z w i e tracht, Haß u n d Rache entflammen; d . h . zu jenen Gefühlen, welche w a h r l i c h auf dem Boden der Religion nicht erweckt werden s o l l t e n . . . ι
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1. Kap. : Die katholische Kirchenfrage während der bürgerlichen Revolution
A l l e Heere der Welt, meine Herren, sind nicht i m Stande, ein einziges mathematisches Gesetz umzustoßen, geschweige, daß sie ein sittliches W e l t gesetz zu erschüttern vermöchten. Wer daher, ich wiederhole es, die Freiheit w i l l auf dem Gebiete des Staates, u n d sie nicht w i l l auf dem Gebiete der Kirche, der, meine Herren, begeht einen V e r r a t h an der F r e i h e i t . . . Meine Herren! T h u n Sie den letzten entscheidenden Schritt, fassen Sie den großherzigen Entschluß, m i t einem Schlage des Willens alle jene kleinen Bedenklichkeiten niederzuschlagen, u n d ein volles herzhaftes Vertrauen i n das große Prinzip der Freiheit, die allein die Phantasie zu füllen w ü r d i g ist, zu haben. Geben Sie dem Volke diese Freiheit nicht aus Fingerhüten, sondern ex pleno zu t r i n k e n ! Es hat lange genug darnach gedurstet! U n d noch einmal, meine Herren, ohne die Freiheit der Kirche ist die Einheit Deutschlands unmöglich.
Nr. 3. Fassung des staatskirchenrechtlichen Artikels der Frankfurter Reichsverfassung nach der ersten Lesung der Grundrechte v o m 11. September 1848 (Stenographischer Bericht über die Verhandlungen der deutschen constituirenden Nationalversammlung, Bd. 3,1848, S. 2001) Art. III, §14. Jede Religionsgesellschaft (Kirche) ordnet u n d verwaltet ihre Angelegenheiten selbstständig, bleibt aber, wie jede andere Gesellschaft i m Staate, den Staatsgesetzen unterworfen. Keine Religionsgesellschaft genießt vor anderen Vorrechte durch den Staat; es besteht fernerhin keine Staatskirche. Neue Religionsgesellschaften dürfen sich bilden, einer Anerkennung ihres Bekenntnisses durch den Staat bedarf es nicht.
I I . Das Kölner Programm Unmittelbar nach der Vorlage des Verfassungsentwurfs durch den Siebzehner-Ausschuß 1 berief der Erzbischof von Köln v. Geissei 2 seine Suffragan bischöfe zu einer Beratung 3. Bereits diese Kölner Konferenz beschloß gemäß die Trennung von dem katholischen kirchenpolitischen Grundprogramm 4, Staat und Kirche abzulehnen, wohl aber die Freiheit der Kirche vom Staat zu fordern. Demgemäß verlangte sie die Abschaffung des staatlichen Placet , des recursus ab abusu, der staatlichen Pfründenbesetzung und des staatlichen Einflusses auf das Schulwesen. Bald nach dem ersten Beschluß der Frankfurter Nationalversammlung zur Kirchenfrage (oben Nr. 3) wandte sich Erzbischof v. Geissei an alle deutschen Bischöfe mit dem Vorschlag, eine deutsche Bischofskonferenz durchzuführen, die auch über das Verhältnis von Staat und Kirche beraten solle. Seitdem der deutschen katholischen 1
Oben S. 1. Staat u n d Kirche Bd. I, S. 442, Anm. 4. 8 Protokoll der Verhandlungen: Archiv f ü r kath. Kirchenrecht N F 15, 1863, S. 117 ff. < Oben S. 1. 2
I I . Das Kölner Programm
5
Kirche mit dem Frieden von Lunéville 5 der einende Mittelpunkt — i n der Gestalt des Kurfürsten von Mainz als Primas von Deutschland — und der organisatorische Zusammenhalt verlorengegangen war, bot die Herausforderung der Revolution zum ersten Mal wieder Anlaß zu einer Konferenz des Erzbischofs v. Geissei vom aller deutschen Bischöfe. Das Promemoria 25. September 1848 (Nr. 4), das die Einladung zu dieser Konferenz aussprach, läßt erkennen, daß die Kritik an den staatskirchenrechtlichen Beschlüssen der Frankfurter Nationalversammlung das entscheidende Motiv für das verstärkte Zusammenwirken des deutschen Episkopats darstellte.
Nr. 4. Promemoria des Erzbischofs v. Geissei, Köln, über eine synodale Zusammenkunft der deutschen Bischöfe v o m 25. September 1848 (Archiv für katholisches Kirchenrecht, Bd. 21,1869, S. 129 ff.) — Auszug — Eine neue Zeit soll beginnen, u n d m i t i h r eine neue Ordnung der Dinge. Bereits ist der Staat bis i n seine tiefsten seitherigen Grundfesten erschüttert. A l t e politische Einrichtungen sind schon f ü r i m m e r beseitigt, u n d neue an ihre Stelle getreten. Dabei geht die tiefgreifende Umgestaltung der staatlichen Ordnung auf einer neuen Grundlage m i t der unsere Zeit charakterisierenden Sturmeseile vorwärts, u n d es h a t nicht den Anschein, als sei es irgend einer Macht der Erde gegeben, sie aufzuhalten, u n d noch weniger, sie i n das alte Maß zurückzuführen. Bei dieser Erschütterung der staatlichen Ordnung k a n n aber die Kirche unmöglich unberührt bleiben. Die Bewegung auf dem politischen Boden ist zu groß u n d zu heftig, als daß nicht auch ihre Schwingungen bis i n i h r eigenes Gebiet hinüber sich erstrecken sollten. Seither w a r sie mehr oder weniger m i t dem Staate verbunden u n d i n seine Einrichtungen verwachsen; u n d es k a n n daher nicht fehlen, daß auch sie von den Geschicken, welche diesen Genossen treffen, zugleich m i t erreicht werde. Auch i h r stehen ähnliche U m gestaltungen bevor, deren Hereinbrechen nicht abzuhalten sein w i r d . Die neuesten Staatsgründer haben bereits auch den U m b a u der Kirche i n Aussicht genommen, u n d dabei eine große Lust zum Niederreißen k u n d gegeben. I n einzelnen Theilen haben sie schon H a n d an das Gebäude der Kirche gelegt, u n d daß sie auch noch an andere kommen werden, ist k a u m zu bezweifeln. D a m i t ist aber auch f ü r die Kirche die Pflicht gegeben, zuzusehen, was i h r bei der großen Katastrophe bevorstehe. Sie muß sich vorsehen/wenn sie nicht große Gefahr leiden w i l l ; u n d soll sie nicht zu Grunde gehen, oder wenigstens i h r künftiges Loos v o n Andern, sogar ihren Feinden, sich zumessen lassen, so muß sie selber i h r Geschick i n die H a n d nehmen. I h r e berufenen Wächter, die Bischöfe, müssen wachsam sein — u n d da die Bewegung nicht blos auf einzelne Diöcesen sich beschränkt, sondern fast gleichmäßig über alle sich ausdehnt, so fordert die Lage der Dinge ein vereintes 5
Staat u n d Kirche, Bd. I, Nr. 3.
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1. Kap. : Die katholische Kirchenfrage während der bürgerlichen Revolution
Begegnen, ein gemeinsames Handeln. Letzteres aber k a n n n u r durch eine gemeinsame Verständigung Statt finden, da n u r diese i n gemeinsamer Berathung die richtigen M i t t e l aufzufinden vermag, der außerordentlichen Gestaltung der Dinge, die da kommen sollen, entgegenzutreten. Eine gemeinsame Berathung u n d Verständigung k a n n aber selbstredend n u r durch eine Synodale Zusammenkunft oder Conferenz der deutschen Bischöfe erzielt werden... I. Sie ist erwünscht — Die alte Herrlichkeit der deutschen Nation, welche ehemals an der Spitze der Völker glänzte, aber seit Jahrhunderten i n Spaltungen erbleichte, ist, w i e bekannt, m i t dem sterbenden Reiche i m Jahre 1806 zu Grabe gegangen. Die Nation brach m i t dem untergehenden Reiche auseinander, u n d löste sich i n gesonderte unabhängige Staats- u n d Stammgebiete auf. Gegenwärtig soll n u n aber die alte gute Zeit wieder zurückgeführt werden. Die deutsche Nation w i l l wieder auferstehen, u n d strebt zur politischen Einheit. Bereits tagt eine deutsche Reichsversammlung über die Geschicke der Nation. M a n bestimmt die Grundrechte, deren jeder Deutsche fortan bezüglich der geistigen u n d materiellen Interessen durch Freiheit der Person u n d des Eigenthums, des Gedankens u n d des Wortes sich erfreuen soll, u n d man bereitet eine allgemeine Gesetzgebung i n Betreff der w i c h t i g sten Zweige des Staats- u n d Volkswohles vor. Z u r Ausführung alles dessen hat m a n bereits eine Centralgewalt geschaffen. Das deutsche V o l k w i l l nicht länger i n Staats- u n d Stammgebiete zersplittert, sondern eine einige große, i m I n n e r n freie u n d glückliche u n d nach Außen starke u n d geachtete Nation sein. — E i n Gleiches, w i e das ehemalige deutsche Reich, e r l i t t auch i n Deutschland die katholische Kirche, deren Glanz u n d Ansehen so ausgezeichnet gewesen w a r ; denn von dem Tage an, w o es k e i n deutsches Reich mehr gab, gab es auch keine deutsche Kirche mehr. Wenn sie auch i n ihrer innern Verfassung dieselbe blieb, so lösten sich doch ihre äußern Verhältnisse; i h r äußerer, vormals so großartiger Verband brach auseinander, u n d sie blieb n u r noch an das abgelöste Staats- und Stammgebiet gebunden, i n welchem sie bestand, u n d von dessen Gebieter fortan i h r Geschick mehr oder weniger bestimmt wurde. Z w a r galt der frühere Grundsatz „cujus regio, illius religio" nicht mehr i n seiner alten Anwendung; allein an seine Stelle w a r ein anderer: „cujus regio, illius regimen" i n solcher Ausdehnung getreten, daß er auch die Kirche bis i n i h r inneres Wesen darunter begriff, u n d sie f ü r k a u m etwas Anderes, als eine geistliche Polizeianstalt ansah. Sie blieb daher von da an i n gesonderte Territorialkirchen nach den Staatsgebieten geschieden; u n d von einer deutschen Nationalkirche konnte fortan u m so weniger mehr die Rede sein, als auch der Episcopat nicht mehr über die Staatsgrenze hinaus unter sich i n Verbindung blieb. Höchstens gab es noch specielle Nationalkirchen oder eigentlich n u r Provinzialkirchen, durch Metropolitanbezirke begrenzt, während selbst auch diese häufig n u r dem Namen nach bestanden, da die einzelnen Bischöfe sich auf sich selbst u n d ihre Diöcesen beschränkten. I n einigen Ländern trieb m a n die territoriale Sonderung sogar so weit, daß man, w i e z.B. i n Württemberg, Nassau, Hessenkassel, den Bischof zum „Landesbischof" decretirte. Eine A r t geistlicher Hörigkeit an der Landes- u n d Staatsscholle! Daher ist es denn gekommen, daß, w ä h r e n d i n Frankreich,
I I . Das Kölner Programm
7
Spanien, Ungarn u n d selbst i n dem unterdrückten Irland, j a sogar i n dem jungen A m e r i k a die katholische Kirche als eine nationale dasteht, u n d der dortige Episcopat i m enggeschlossenen Verbände m i t hohem Ansehen u n d Nachdruck i n der ganzen K r a f t der Einheit auftritt, i n Deutschland dagegen eine Nationalkirche gar nicht gekannt ist u n d der zersplitterte Episcopat nirgendwo als ein Ganzes erscheint, u n d deswegen eines allgemeinen A n sehens u n d daraus hervorgehenden Wirkens sich nicht zu erfreuen hat. — Wie sehr es aber zu wünschen wäre, den seitherigen Zustand der Zersplitterung der Diöcesen dadurch zu heben, daß die Bischöfe durch engeres A n einanderschließen auch äußerlich als eine große, geschlossene u n d imposante Körperschaft auftreten, bedarf keiner weitern Darlegung. Es g i l t die Aufgabe, die deutsche Kirche wieder zu einer Nationalkirche zu erheben u n d i h r das alte Ansehen u n d die frühere Würde wieder zurückzugeben. Hiezu wäre aber eine Zusammenkunft der Bischöfe das einzige Mittel. Die Zeitumstände sind dazu ungemein günstig, u n d alle Vorgänge scheinen sie von selbst anzubahnen u n d zu erleichtern. Zugleich auch würde eine solche Zusammenkunft des deutschen Gesammt-Episcopats eine außerordentliche W i r k u n g auf die öffentliche Meinung hervorbringen. Seit allzu lange schon hat eine solche i n Deutschland nicht mehr Statt gefunden, u n d sie müßte daher einen u m so tiefern Eindruck machen. Sie würde das erste Lebenszeichen des wiedererwachenden Gefühls der alten Einheit u n d Größe der deutschen Kirche f ü r die Gegenwart sein, u n d zugleich f ü r die Z u k u n f t die M i t t e l anbahnen, i h r Loos m i t Einheit u n d K r a f t zu gestalten u n d gemeinsam zu fördern. I I . Eine Synodale Zusammenkunft der deutschen Bischöfe ist aber nicht blos aus dem angeführten allgemeinen Grunde erwünscht, sondern auch unter dem besondern zweifachen Gesichtspunkte der Wahrung u n d Förderung der Wohlfahrt der K i r c h e nach Außen u n d nach I n n e n nothwendig. A . Nach Außen. Es k a n n der aufmerksamen Wahrnehmung nicht entgehen, daß der alte Satz: „neue Bedürfnisse fordern neue M i t t e l " i n unsern Tagen zu einer durchgreifenderen A n w e n d u n g komme, als seit vielen Jahrhunderten. Die socialen Zustände sind ganz andere geworden; u n d w i e die neue Ordnung der Dinge den Staat zwingt, sich umzugestalten, so k a n n auch die Kirche gegen die eintretenden Änderungen sich nicht gänzlich abschließen. Selbst w e n n sie nicht w i l l , w i r d sie durch die Macht der Verhältnisse gezwungen, der umbildenden Zeit Rechnung zu tragen. Alles u m sie her w i r d neu, u n d darum t r i t t auch sie nach Außen i n eine neue Stellung zum Staate und zu den andern Confessionen. 1. Zum Staate. — Die seitherige Stellung der Kirche z u m Staat w a r seit Beginn dieses Jahrhunderts, u n d i n einigen deutschen Ländern, w i e Österreich, schon früher, das der Unterordnung u n d der mehr oder minder strengen Unterwürfigkeit. A l s die deutsche Kirche u n d ihre Würdenträger i m Jahre 1803 das Loos der Säcularisation traf®, bemächtigte sich überall der Staat ihres weltlichen Besitzes. E r begnügte sich aber nicht damit, der Kirche das bis dahin v o n i h r geführte Schwert — welches sie sich schwerlich zurückwünschen dürfte — abzunehmen, sondern legte die Hand auch an den Stab. U n t e r dem T i t e l des Erwerbes der geistlichen Güter maßte er sich auch die • Staat u n d Kirche, Bd. I, Nr. 5.
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1. Kap. : Die katholische Kirchenfrage während der bürgerlichen Revolution
Patronatsrechte der Stifter an, u n d unter dem Vorwande der obersten Staatsaufsicht gab er Verordnungen, welche tief ins Innere der Kirche, z. B. E r ziehung der K l e r i k e r , Pfarr-Concursexamen, V e r w a l t u n g der Stiftungen, Disciplinarverfahren u.s.w., eingriffen. Z w a r w u r d e n später, als die V e r w i r r u n g übergroß geworden war, zu deren Regulirung Concordate m i t dem Apostolischen Stuhle abgeschlossen 7 . A l l e i n m a n weiß, w i e überall der Staat hintennach diese Concordate wieder durch nachträgliche Verordnungen zu beschränken oder ganz aufzuheben w u ß t e 8 . . . Gegenwärtig ist n u n aber ein Wendepunkt eingetreten. Das alte Büreaucraten-Regiment w i l l nicht länger mehr vorhalten. Es ist allenthalben verhaßt geworden, u n d überall hat das freie Selbstregiment i n freien Vereinen u n d i n freiem Gemeindeleben den K a m p f m i t i h m begonnen. Noch ist dieser K a m p f nicht entschieden. A b e r w i e auch die Loose fallen mögen, die Kirche darf dabei i n Zeiten sich vorsehen. Würde der alte Polizeistaat u n d seine Büreaucratie siegen (was k a u m mehr möglich ist), so muß die Kirche v o n dieser Seite auf eine v i e l größere Mißachtung u n d Knechtung sich gefaßt machen, als sie vordem je von daher erfahren h a t . . . Siegt aber die Democratic, so steht die Kirche fortan einer Todfeindin gegenüber, welche m i t i h r e m Fanatismus der Freiheit n u r Freiheit f ü r sich w i l l , zur Noth, w e n n es nicht anders sein kann, auch Andern, n u r aber niemals u n d unter keiner Bedingung der katholischen Kirche gewährt, u n d welche auch nicht ruhen w i r d , bis die letzte Schranke der einzigen noch übrigen Autorität, der katholischen Kirche, niedergeworfen ist. Wie aber auch der K a m p f ausgehe, i n beiden Fällen w i r d das Ergebniß des Sieges die Omnipotenz des Staates sein, die sich n u r i n entgegengesetzten Formen geltend machen w i r d , u n d i n beiden hat die Kirche, dieser Omnipotenz gegenüber, n u r Knechtschaft oder einen Vertilgungskrieg zu erwarten. A u f das Eine oder das Andere muß sie daher i n Zeiten gerüstet sein. Selbst i m dritten, günstigeren Falle, wenn, w i e Viele dieses hoffen u n d verlangen, der neue Staat von der Kirche sich zurückzieht, sie ganz aufgibt u n d sie sich selbst überläßt, t r i t t diese i n eine neue Stellung: sie w i r d schutzlos v o n Seiten des Staates. Dann muß sie sich selber helfen zu Schutz u n d Trutz. Das Wie aber muß sie i n Zeiten vorbedenken u n d vorbereiten. Bereits hat m a n i m Frankfurter Parlament über die Kirche die Loose geworfen 9 . Die A b stimmung über die Kirchenfrage ist dort ungünstig ausgefallen, u n d es steht zu fürchten, daß auch die Schulfrage ein noch ungünstigeres Geschick erfahren werde. Auch i n B e r l i n ist i n beiden Beziehungen ein Besseres nicht zu hoffen 1 0 ; während m a n i n Österreich, Bayern, Württemberg, Baden, Hannover u.s.w. die alten H a n d - u n d Fußschellen der Kirche beibehält. D a r u m muß die Kirche ihre neue Stellung zu dem jetzigen u n d künftigen Staate ins Auge fassen, u m zu wissen, w i e sie sich jetzt u n d fortan zu i h m zu verhalten habe. F ü r die Bischöfe ist es dringende Pflicht, die seitherigen E i n - u n d Übergriffe der Büreaucraten i n das ganze Kirchenwesen m i t dem Geiste der Gegenwart und den Bedürfnissen der Z u k u n f t zusammen zu halten u n d das Geeignete 7
Ebenda Nr. 73 ff. Ebenda Nr. 60, 114. 9 Oben Nr. 3. 10 Unten Nr. 10 - 12. 8
I I . Das Kölner Programm
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vorzukehren. Die bisherigen Anmaßungen des Polizeistaates, w i e solche i n verschiedenen Ländern bezüglich der Ausübung des Staatspatronates bei Kirchenämtern — des freien Verkehrs der Bischöfe u n d anderer Geistlichen m i t Rom — der Placetirung päpstlicher u n d bischöflicher Erlasse u n d H i r t e n briefe 1 1 — des kirchlichen Disciplinarverfahrens gegen Geistliche u n d Laien — der appellatio tanquam ab abusu 1 2 — des Unterrichts i n den Volksschulen u n d an den Gymnasien — der Berufung u n d Beaufsichtigung der Lehrer der Theologie an den Lyceen, Academien, Universitäten — der B i l d u n g junger Geistlichen i n den Knaben- u n d Klerikal-Seminaren — des Concursexamens zu den heiligen Weihen u n d Pfarrstellen — der V e r w a l t u n g des Kirchenvermögens — der gemischten Ehen u.s.w. — mehr oder minder bestanden haben u n d noch bestehen, werden gründlich zu erörtern, u n d dabei reiflich zu erwägen sein, welche kirchliche Maßnahmen i n Betracht aller dieser Punkte, dem jetzigen u n d künftigen Staate gegenüber, nach den verschiedenen Commissen mögen getroffen werden. Eine bestimmte u n d feste Ausscheidung des Weltlichen v o m Geistlichen, des Staatlichen v o m K i r c h lichen u n d die categorische Zurückweisung jedes Übergriffes i n das letztere ist ein gebieterisches Zeitbedürfnis. Auch werden die weitere Möglichkeit u n d Wahrscheinlichkeit des baldigen Wegfallens aller Advocatie v o n Seiten des Staates u n d die damit wegfallende A n r u f u n g des brachium saeculare 13 zur Durchführung kirchlicher Maßnahmen schon jetzt ins Auge gefaßt u n d die M i t t e l der alsdann nothwendig werdenden kirchlichen Selbsthülfe erwogen werden müssen. — Z u allem diesem ist aber die gemeinsame Besprechung u n d Beschlußnahme aller deutschen Bischöfe der einzig mögliche u n d sichere Weg u n d eine Synodale Zusammenkunft derselben dringend nothwendig. 2. Eben so t r i t t die katholische Kirche i n eine neue Stellung zu den Protestanten und neuen Secten... B. Eine Synodale Zusammenkunft der Bischöfe ist aber auch ferner noch nothwendig zur Wahrung u n d Förderung der Wohlfahrt der Kirche nach Innen. — Die innere Wohlfahrt der Kirche ist durch die Lehre u n d Verfassung und das durch beide getragene kirchliche Leben bedingt. Die katholische Lehre steht unveränderlich fest, u n d auch die Verfassung derselben ist i n ihren Grundzügen eine gegebene, feststehende. Das kirchliche Leben k a n n u n d darf n u r innerhalb der Schranken beider sich bewegen u n d entfalten. Es muß aber nicht blos das unveräußerliche Depositum der Lehre u n d der Grundverfassung gegen Anfeindung, Entstellung u n d Änderung gewahrt u n d gegen Versumpfung u n d Verknöcherung behütet, sondern auch die V e r fassung i n ihren außerwesentlichen Theilen v o n innen heraus autonomisch durch die dazu Berufenen i n organischer Verbesserung fortgebildet, sowie 11 Z u m Verbot des unmittelbaren Verkehrs m i t Rom u n d zum Plazet — also dem Erfordernis der staatlichen Genehmigung f ü r die Publikation kirchlicher Erlasse — vgl. Verfassungsgeschichte, Bd. I, S. 393, 397. 12 Das Recht zur Appellation an die Staatsgewalt bei einem Mißbrauch der Kirchengewalt. 18 Brachium saeculare: die Beanspruchung weltlicher Zwangsgewalt durch die Kirche bzw. die Leistung staatlicher Hilfe f ü r die Durchsetzung der innerkirchlichen Ordnung.
10 1. Kap. : Die katholische Kirchenfrage während der bürgerlichen Revolution das kirchliche Leben zu neuem Aufschwünge gehoben werden. Wenn dieses zu t h u n zu allen Zeiten die immerwährende große Aufgabe der Bischöfe ist, so ist sie dieses besonders i n unsern Tagen . . , 1 4 . I I I . Was n u n die Zeit, i n welcher die i n Aussicht genommene Synodale Zusammenkunft der Bischöfe Statt finden müßte, den Ort der Zusammenk u n f t , die A r t der Synodalen Verhandlungen u n d die Vorbereitung dazu betrifft, so dürften wenige Andeutungen genügen. B e i der Nationalversammlung zu F r a n k f u r t hat, wie oben schon bemerkt worden ist, die A b s t i m m u n g über die kirchlichen Fragen bereits Statt gefunden, u n d w i e d ü r f t i g u n d zweideutig die desfallsigen sogenannten Grundrechte der deutschen Staatsbürger dabei ausgefallen sind, ist bekannt 1 5 . Bei der demnächst erfolgenden Berathung der Schulfrage steht noch Ungünstigeres zu befürchten. Auch i n B e r l i n hat i n der vorläufigen Berathung über die Kirchenfrage das radicale Element das Übergewicht erhalten und, bezüglich der Schulfrage, durch vorläufige Feststellung der gänzlichen Trennung der Schule von der Kirche einen vollständigen T r i u m p h davongetragen 1 6 . Bei der zweiten Abstimmung, welche später i n F r a n k f u r t nochmals über dieselbe Sache stattfinden w i r d , w i r d k e i n besseres Ergebniß zu erwarten sein; u n d eine persönliche Betheiligung an der ersten Berathung über die Kirchen- u n d Schulfrage i n der Versammlung zu B e r l i n u n d die daraus gewonnene nähere Kenntniß des daselbst überwiegenden Geistes k a n n auch dort v o n der zweiten Berathung, welche nach einiger Zeit i n der vollen Versammlung Statt finden w i r d , nichts Günstiges prophezeien. Nach allem diesem ist das Loos der Kirche u n d Schule i m künftigen Staate fast so gut w i e entschieden, u n d es ist f ü r den Episcopat keine Zeit zu verlieren, ernstlich u n d gründlich zuzusehen, daß die Kirche nicht Schaden leide. Eine Synodale Zusammenkunft müßte daher schleunigst u n d jedenfalls noch vor Winter Statt finden.. , 1 7 Eine neue Zeit w i l l beginnen, u n d w e r k a n n sagen, was sie bringen w i r d ? I h r e Zeichen deuten auf große Gefahren, welche der Kirche bevorstehen. A b e r der Herr w i r d m i t i h r sein u n d sein heiliger Geist. I h r e berufenen H ü t e r werden wachsam sein, daß die Rettung nicht „zu spät" komme. Das katholische Deutschland sieht auf seine Bischöfe. Die Bischöfe aber werden handeln m i t Gott f ü r seine Kirche.
14 Das Schreiben behandelt anschließend die zeitgemäßen Aufgaben der kirchlichen Lehre hinsichtlich der Stellung a) der Laien, b) der Geistlichen, c) der Bischöfe. 15 Dazu oben S. 2. Dazu unten S. 34 f. 17 Das Schreiben schlägt i m Folgenden Würzburg als Ort der Zusammenk u n f t sowie die Teilnahme aller Bischöfe i n Person vor.
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I I I . Forderungen des deutschen Katholikentags Noch vor der von dem Kölner Erzbischof v. Geissei angeregten Würzburger Bischofskonferenz trat der deutsche Katholikentag als Generalversammlung der Pius-Vereine vom 3. bis 6. Oktober 1848 in Mainz zum ersten Mal zusammen. Die im Revolutionsjahr gegründeten Pius-Vereine stellten den ersten Versuch einer umfassenden Organisation der katholischen Laien dar; von vornherein stand die politische Vertretung des Katholizismus im Vordergrund ihrer Wirksamkeit 1. Bereits vor der ersten Lesung der staatskirchenrechtlichen Artikel der Frankfurter Reichsverfassung hatten sie 1142 Petitionen mit insgesamt 273135 Unterschriften an die Nationalversammlung gesandt 2. Die erste Generalversammlung der Pius-Vereine verstand sich in betontem Gegensatz zu dem „politischen Parlament" in Frankfurt als das „geistige Parlament des katholischen Volks" 3. Der Katholikentag war insbesondere durch den Bericht bestimmt, den Döllinger 4' über die Arbeit der Nationalversammlung, vor allem über die Beratung des Verhältnisses von Staat und Kirche, erstattete 5. Dieser Bericht bildete die Grundlage für die von F. A. Lennigf®, dem Präsidenten des Mainzer Pius-Vereins, unterzeichnete Verwahrung an die deutsche Nationalversammlung (Nr. 5). Die Verwahrung begrüßt die durch den Art. III §14 des Verfassungsentwurfs in Aussicht gestellte Unabhängigkeit der Kirche, fordert aber eine beruhigende Erklärung hinsichtlich der Unterwerfung der Kirchen unter die Staatsgesetze und hinsichtlich der Gleichstellung aller Religionsgesellschaften. Scharfen Protest 1
Über die Pius-Vereine: Verfassungsgeschichte, Bd. I I , S. 685 ff. L. Lenhart (Hg.), Idee, Gestalt u n d Gestalter des ersten deutschen K a t h o likentags i n Mainz 1848 (1948), S. 42; K.Bachem, Vorgeschichte, Geschichte u n d P o l i t i k der deutschen Zentrumspartei, Bd. 2 (1927) S. 8 ff. 3 So der Präsident des Katholikentages Franz Joseph Büß i n seiner Eröffnungsansprache (Verhandlungen der 1. Versammlung des katholischen V e r eins Deutschlands, 1848, S. 14). Franz Joseph (Ritter v.) Büß (1803 - 78) w a r nach dem S t u d i u m der Medizin, der Philosophie u n d der Jurisprudenz seit 1829 Privatdozent, seit 1833 Professor f ü r Staatswissenschaft u n d Völkerrecht, seit 1844 auch f ü r Kirchenrecht i n Freiburg i. Br. 1837 - 40 u n d 1846 - 48 w a r er M i t g l i e d der Zweiten Badischen Kammer, 1848 - 50 M i t g l i e d der F r a n k f u r ter Nationalversammlung (katholischer Flügel der Konservativen) u n d des E r f u r t e r Unionsparlaments, seit 1873 erneut M i t g l i e d des badischen L a n d tags, 1874 - 77 auch M i t g l i e d des Reichstags (Ztr.). 4 Ignaz v. Döllinger (1799 - 1890), kath. Priester, 1823 Professor der Kirchengeschichte i n Aschaffenburg, 1826 i n München. Seit 1845 Führer der kath. F r a k t i o n der bayer. Zweiten K a m m e r ; 1848/49 M i t g l i e d der Frankfurter Nationalversammlung; 1850 Mitverfasser der bayer. Bischofsdenkschrift. Wegen seines Widerstands gegen die Dogmatisierung der päpstlichen I n f a l l i b i l i t ä t w u r d e er am 17. A p r i l 1871 v o n dem Münchener Erzbischof Scherr exkommuniziert. Er stand dem Altkatholizismus nahe, ohne der altkatholischen Kirche förmlich beizutreten. Nach seiner E x k o m m u n i k a t i o n w u r d e er Rektor der Universität München, Präsident der bayerischen Akademie der Wissenschaften, sowie M i t g l i e d der K a m m e r der Reichsräte. 6 Verhandlungen, S. 42 ff. • Adam Franz Lennig (1803 -1866), kath. Priester, 1828 - 29 Professor der Geschichte am Gymnasium Mainz, 1832 Pfarrer i n Gaulsheim, 1839 i n Seligenstadt, 1845 Domkapitular i n Mainz; 1848 Präsident des Mainzer Pius-Vereins; seit 1852 unter Bischof v. Ketteier Generalvikar von Mainz; seit 1856 D o m dekan. 2
12 1. Kap. : Die katholische Kirchenfrage während der bürgerlichen Revolution äußert sie gegen die institutionelle Garantie der Staatsschule und gegen das Verbot des Jesuitenordens 7. Diese Verwahrung des Katholikentags erlangte in den weiteren Verhandlungen der Nationalversammlung erhebliche Bedeutung 9.
Nr. 5. Verwahrung des Mainzer Katholikentags an die Frankfurter Nationalversammlung v o m 6. Oktober 1848 (Verhandlungen der ersten Versammlung des katholischen Vereins Deutschlands, 1848, S. 161 ff.) Hohe Reichsversammlung! Als der Ruf nach Freiheit durch alle deutschen Gauen erscholl und zugleich die Äußerungen falsch verstandener Freiheitsbegriffe anarchistische Bewegungen i n manchen Theilen Deutschlands erregt hatten, blickten die K a t h o l i k e n unseres Vaterlandes m i t Hoffnung nach der gesetzlich berufenen V e r sammlung, welche die Grundrechte aller Deutschen feststellen, die wahre Freiheit gründen, die Anarchie niederdrücken sollte. Unter allen Aufgaben der Reichsversammlung w a r es unstreitig die höchste u n d wichtigste, die Grundzüge religiöser Freiheit festzusetzen. Die Lösung dieser erhabenen Frage mußte klar, gerecht u n d folgerichtig sein, w e n n sie den gespannten Erwartungen vieler M i l l i o n e n entsprechen sollte. Die hohe Reichsversammlung hat diesen büligen Ansprüchen nicht genügt. Die Entscheidungen sind i n Bezug auf Kirche, Schule, Eigenthum von Kirche und Schule nicht klar, nicht gerecht, nicht folgerichtig. I n dem zweiten Abschnitte des § 14 der Grundrechte, lautend: „Jede Religionsgesellschaft (Kirche) bleibt aber, w i e jede andere Gesellschaft i m Staate, den Staatsgesetzen unterworfen" 9 ist eine Beschränkung des i n dem ersten Abschnitte desselben Satzes aufgestellten Rechtes zur selbstständigen Ordnung und V e r w a l t u n g ihrer A n gelegenheiten ausgesprochen, welche i m H i n b l i c k auf die Verwerfung des ersten Minoritätsgutachtens 1 0 , auf die Verwerfung des von dem H e r r n A b geordneten Zachariä 11 u n d Genossen f o r m u l i r t e n Antrages 1 2 , auf die V e r werfung des Antrages f ü r freie, v o m Staate unabhängige Bestellung der Kirchendiener, auf die Verwerfung des Antrages f ü r freie Bekanntmachung 7
Verfassungsgeschichte, Bd. I I , S. 703 ff. Siehe unten Nr. 9. 9 Oben Nr. 3. 10 Stenographischer Bericht, Bd. I I I , S. 1774. 11 Der Antragsteller Heinrich Albert Zachariä (1806 - 75), Professor des Staatsrechts i n Göttingen, w a r i n der Frankfurter Nationalversammlung M i t glied der Kasino-Partei (rechtsliberal). 1867 gehörte er dem Konstituierenden Norddeutschen Reichstag an, nunmehr als M i t g l i e d der föderalistischen „ B u n desstaatlich-konstitutionellen Vereinigung"; ferner w a r er seit 1867 M i t g l i e d des preuß. Herrenhauses. 12 Stenographischer Bericht, Bd. I I I , S. 1776. 8
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kirchlicher Erlasse u.s.w. 18 zu der Besorgniß führen muß, daß es fortwährend den Staatsbehörden unbenommen bleiben soll, durch ihre schon bestehenden u n d etwa noch zu erlassenden Gesetze i n das kirchliche Leben u n d W i r k e n und dessen segensreiche Entwicklung, w i e bisher, hemmend einzugreifen. Schon diese Besorgniß allein reicht hin, das Vertrauen des katholischen Volks zu der hohen Reichsversammlung auf das tiefste zu erschüttern. Die vollkommen freie u n d unabhängige Bewegung der Kirche i n allen Beziehungen auf Lehre, Disciplin, Verfassung, ungefährdeten Besitz und sichere Verwaltung des Kirchen-, Schul- u n d Armenvermögens mußte das katholische V o l k vor A l l e m als den eigentlichen Schlußstein i n Aufstellung seiner Grundrechte gewährleistet sehen. Das katholische V o l k hatte sich der Hoffnung hingegeben, hohe Reichsversammlung werde es nicht verkennen, daß ohne Sicherstellung dieser höchsten, w e i l geistigen Freiheit, der Zustand des katholischen Volkes ein schlimmerer sein müßte, als der materieller Sclaverei. — Das katholische V o l k sieht m i t banger Besorgniß diese seine Hoffnung durch die i n der fünfundsiebenzigsten Sitzung der Reichsversamml u n g am 11. September jüngsthin gefaßten Beschlüsse gefährdet 1 4 . D a m i t das erschütterte Vertrauen zu der hohen Reichs Versammlung nicht vollends weiche, ist es durchaus nothwendig, daß Hochdieselbe durch eine beruhigende Erläuterung des Eingangs erwähnten zweiten Abschnittes des ersten Satzes des § 14 der Grundrechte jeder Besorgniß vor möglichen Eingriffen staatsgesetzlicher Bestimmung i n die freie, selbstständige, unabhängige Bewegung der Kirche vorbeuge. Sowohl der Fortbestand vorhandener, als die mögliche Wiederkehr Staatsgesetzlicher, die kirchliche Freiheit verletzender Normen sind m i t dem vorangestellten Grundsatze einer selbstständigen Kirche unverträglich. Indem w i r die geziemendste B i t t e u m Gewährung einer solchen Erläuterung ehrfurchtsvoll aussprechen, können w i r nicht umhin, f ü r den Fall, daß solche nicht befriedigend b e w i l l i g t werden möchte, v o r den Augen Gottes u n d des katholischen Volkes die feierlichste Verwahrung der i n den ewigen Forderungen der Gerechtigkeit gegründeten Ansprüche, Rechte u n d Freiheiten des Volkes gegen die Beschlüsse des 11. Septembers, w i e h i e r m i t geschieht, auszusprechen. Eine solche feierliche Verwahrung sehen w i r uns schon heute gedrungen einzulegen gegen die A r t u n d Weise, w i e i n den Beschlüssen der hohen Versammlung das Verhältniß der katholischen Schulen aufgefaßt, oder besser, das naturnothwendige Verhältniß der Schule zur Kirche geradezu geläugnet worden ist. Der Kirche ist als solcher die L e i t u n g der Schule entzogen; hingegen die Eigenschaft der Schule als Staatsanstalt dadurch ausgesprochen, daß die Schullehrer zu Staatsdienern auf der einen Seite erklärt, der That nach zu den Dienern der Gemeinden, aber i n einer f ü r die letzteren beschränkenden Weise, ernannt sind. Die Freiheit des Unterrichts erheischt, daß den Familien, daß den Gemeinden allerdings, als Inbegriff vieler Familien, die Sorge f ü r die Schule verbleibe. Soll die Freiheit des Unglaubens unbeschränkt w a l t e n können, so gestatte man der Schule auch die Freiheit des Glaubens. 18 14
Oben Nr. 1. Oben Nr. 3.
14 1. Kap. : Die katholische Kirchenfrage während der bürgerlichen Revolution Weiter hat das katholische V o l k ein unverkennbares Recht auf freie Vereinigung u n d freie Institutionen. Dieses Recht wurde durch Ausnahmebestimmungen i n dem Gesetze selbst auf eine Weise verkümmert, welche alle wahren K a t h o l i k e n tief verletzen mußte, da sie eine Herabwürdigung der erhabenen katholischen Kirche, dieser M u t t e r europäischer Gesittung, i n sich schloß. Es handelt sich nicht u m die Frage, ob die Berufung bestimmter religiöser Genossenschaften i n diese oder jene Gegenden u n d Orte i m eigenen Interesse der Kirche liege, sondern u m einen einseitigen Ausschluß bestehender u n d von der Kirche gutgeheißener Körperschaften von einem Allen, auch den Verworfensten, unumschränkt eingeräumten Rechte 15 . U n d was uns bei dieser von hoher Versammlung beliebten, f ü r die K a t h o l i k e n Deutschlands schon an u n d f ü r sich tief kränkenden Ausnahmsmaßregel am peinlichsten berührte, w a r die Wahrnehmung, daß hohe Versammlung hierbei eine genauere Prüfung des wahren Sachbestandes f ü r so überflüssig betrachten zu dürfen glaubte, daß Hochderselben i n ihrer Eile sogar der Umstand entging, daß der v o n dem heil. Alphons von L i g u o r i 1 6 gestiftete Orden der Redemptoristen m i t dem der Liguorianer n u r einer u n d derselbe ist, und daß es somit i m v o r liegenden Falle einer Verbannung von drei katholischen Orden, statt n u r von zweien, gar nicht bedurft hätte 1 7 . I n der That, die hohe Achtung, welche w i r den gesetzlichen, so ausgezeichnete Männer unter sich zählenden Vertretern des deutschen Volkes so gerne zollen, verhindert uns hier die Betrachtungen i n ihrer Vollständigkeit darzulegen, welche uns ein unter solchen Umständen stattgehabtes Versehen aufdringt, u n d es k a n n uns n u r dabei die Hoffnung beruhigen, hohe Versammlung werde bei der zweiten A b s t i m m u n g über diesen Gegenstand, durch gänzliche Weglassung dieser dem Geiste ächter Freiheit u n d Toleranz widerstrebenden Ausnahmsmaßregel, sich selbst u n d der katholischen Kirche diejenige Genugthuung verschaffen, welche der hohen Würde beider entspricht. Endlich haben w i r auf das schmerzlichste zu beklagen, daß i n den V e r handlungen über die Unabhängigkeit der Kirche sowohl als über das Verhältniß derselben zur Schule Entstellungen u n d Schmähungen der katholischen Kirche, ihrer Institutionen u n d Corporationen laut werden konnten, welche die edlere Sitte k a u m irgendwo, auch der augenfälligsten Ignoranz zu gute halten zu sollen, sich bequemen möchte. Daß das katholische V o l k dergleichen Erscheinungen i m hohen Rathe der Vertreter deutscher Nation n u r m i t Entrüstung vernommen, dies laut u n d unverhohlen auszusprechen, ist uns eine heilige Pflicht.
15 Die folgenden Ausführungen betreffen das i n F r a n k f u r t i n der ersten Lesung der Grundrechte beschlossene Verbot des Jesuitenordens u n d verwandter geistlicher Kon)orationen. (Dazu unten S. 27, A n m . 24). 18 Alfons Maria de Liguori (1696 - 1787), Jurist, seit 1726 kath. Priester; 1732 Gründer des Ordens der Redemptoristen (Congregatio Sanctissimi Rèdemptoris = Genossenschaft des allerheiligsten Erlösers); 1762 Bischof v o n Sant' Agata de Goti; 1839 heiliggesprochen. 17 Auch 1872 w u r d e n i m Rahmen des Jesuitengesetzes die Redemptoristen (Liguorianer) als ein der Socie tas Jesu verwandter Orden verboten (siehe unten Nr. 262, 264).
V.
ie Würzburger Bischofskonferenz
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I V . D i e Würzburger Bischofskonferenz Gemäß der Einladung des Kölner Erzbischofs v. Geissei (oben Nr. 4) versammelten die Bischöfe Deutschlands sich vom 22. Oktober bis 16. November 1848 zur Würzburger Bischofskonferenz 1. Siebenundzwanzig deutsche Kirchensprengel (6 Erzbistümer, 20 Bistümer, ein apostolisches Vikariat) waren durch ihre Bischöfe oder deren Repräsentanten vertreten. Es handelte sich um die erste Zusammenkunft des deutschen Gesamtepiskopats seit dem Emser Kongreß von 1786 und damit auch um die erste Zusammenkunft seit dem Beginn der Neuordnung des katholischen Kirchenwesens im Jahre 1815. Die wichtigste Aufgabe der Konferenz bestand darin, Grundsätze für die Stellung der katholischen Kirche gegenüber dem durch die Revolution veränderten deutschen Staatswesen festzulegen. Die Verhandlungen gingen von einem Antrag Ignaz v. Döllingers aus2. Die Bischöfe folgten im Ganzen den in diesem Antrag entwickelten Leitgedanken 3. Die Ergebnisse der Bischofskonferenz wurden in Beschlüssen zusammengefaßt (Nr. 6); der 11. Abschnitt enthält die fundamentale Stellungnahme zur Trennung von Staat und Kirche. Die Beschlüsse wurden in der „Denkschrift der in Würzburg versammelten Erzbischöfe und Bischöfe Deutschlands" vom 14. November 1848 wiederholt und erläutert (Nr. 7) x. Der Entwurf der Denkschrift stammte von dem Nassauischen Legationsrat Lieber 5. Sie stellte zumindest für ein halbes Jahrhundert das kirchenpolitische Aktionsprogramm der Katholiken Deutschlands dar 0. Ein besonderer Gegenstand der Verhandlungen der Bischofskonferenz war die Frage der deutschen Nationalkirche 7.
Nr. 6. Beschlüsse der in Würzburg versammelten Erzbischöfe und Bischöfe Deutschlands v o m Oktober/November 1848 (Archiv f ü r katholisches Kirchenrecht, Bd. 21, 1869, S. 150 ff., 207 ff.; Bd. 22, 1869, S. 214 ff., 373 ff. Zusammengestellt i n : Das Staatsarchiv, Bd. 23, 1873, S. 147 ff.) 1. Das Patronatsrecht, welches aus Dankbarkeit der Kirche gegen die frommen Stifter hervorging, u n d die Förderung ihres Wohles bezweckte, ist i m Verlaufe der Zeit f ü r sie vielfach hemmend u n d nachtheilig geworden. 1 Dazu Verfassungsgeschichte, Bd. I I , S. 705. Ferner W. Leisching, Die Bischofskonferenz (1963) S. 76 ff.; R.Lill, Die ersten deutschen Bischofskonferenzen (1964) S. 14 ff. 2 Über Döllinger oben S. 11, A n m . 4. 8 T e x t des Antrags Döllinger: Archiv für kath. Kirchenrecht 21 (1869) S. 223 ff. 4 Dazu besonders H. Storz, Staat u n d Katholische Kirche i n Deutschland i m Lichte der Würzburger Bischofsdenkschrift von 1848 (1934; Nachdruck 1963). 5 Moritz Lieber (1790 - 1860), A d v o k a t i n Camberg, 1831 nassauischer Legationsrat; seit dem K ö l n e r Kirchenstreit einer der führenden Vertreter des politischen Katholizismus. Vgl. Verfassungsgeschichte, Bd. I I , S. 517, A n m . 24. ® C.Braun (Hg.), Die Kirchenpolitik der deutschen K a t h o l i k e n seit dem Jahre 1848 i n ihren Zielen u n d Regeln (1899), S. 29. 7 Siehe unten S. 28.
16 1. Kap. : Die katholische Kirchenfrage während der bürgerlichen Revolution Es ist daher wünschenswerth, daß die Kirche davon befreit werde. Dessenungeachtet erkennen die versammelten deutschen Bischöfe dasselbe an, w o es kirchenrechtlich begründet ist. 2. Da ferner nach gemeinem canonischem Rechte dieses Recht an einen Laienpatron ohne Zustimmung des Bischofs nicht übergehen kann, so müssen die eventuell versuchten Übertragungen an die Gemeinden ohne Zustimmung des Bischofs als unzulässig u n d u n g ü l t i g behandelt werden. 3. Jede staatliche Placetirung zu Kirchenämtern jeder A r t ist eine Beeinträchtigung der Kirchenfreiheit u n d ein Hemmniß der freien bischöflichen Wirksamkeit. 4. Die staatliche Placetirung soll, w o sie sich auf Concordate oder rechtsgültige Verträge stützt, einstweilen geachtet werden. 5. Die Versammlung erkennt die Nützlichkeit u n d Nothwendigkeit an, die Abschaffung auch solcher Placetirungen auf gesetzlichem Wege zu erstreben. 6. Die versammelten Bischöfe sprechen hierbei die Hoffnung aus, daß bei der neuen Gestaltung der staatlichen Verhältnisse die Kirche vollständig freigegeben, u n d damit jegliche Placetirung v o n selbst wegfallen werde. 7. Die versammelten deutschen Bischöfe behaupten das unveräußerliche Recht, m i t dem apostolischen Stuhle, dem Clerus u n d dem Volke frei zu v e r kehren, sowie auch alle päpstlichen u n d bischöflichen Verordnungen u n d Hirtenbriefe ohne landesherrliches Placet zu veröffentlichen. 8. Die Lehre von der sogenannten appellatio tanquam ab abusu steht m i t dem unveräußerlichen Rechte der katholischen Kirche auf selbstständige Gesetzgebung u n d Gerichtsbarkeit i n kirchlichen Angelegenheiten wesentlich i m Widerspruch. 9. K e i n Diener der Kirche k a n n m i t gutem Gewissen u n d ohne Übertretung der von i h m feierlich übernommenen reverentia und obedientia canonica zu einer solchen appellatio schreiten. 10. Die Versammlung beschließt, über den recursus ad principem von Seite der Laien sich v o r der H a n d nicht auszusprechen, dagegen diesem Mißstande durch geeignete Mittel, z.B. schnelle u n d gründliche A b h i l f e gegründeter Beschwerden, Belehrung u n d dergl. entgegenzuwirken. 11. Eine Trennung der Kirche vom Staate selbst herbeizuführen, wurde nicht als die Aufgabe der Kirche erkannt; sollte aber der Staat sich von i h r lossagen, so würde sie, ohne es zu billigen, geschehen lassen, was sie nicht hindern k a n n ; jedoch die v o n i h r selbst u n d i n wechselseitigem Einverständnisse geknüpften Fäden des Zusammenhangs ihrerseits nicht trennen, w o nicht etwa die Pflicht der Selbsterhaltung dieses gebiete. Z u r Durchführung ihrer göttlichen Sendung n i m m t die katholische Kirche, w i e auch i m m e r die öffentliche Ordnung der Staaten gestaltet sein mag, n u r die vollste Freiheit u n d Selbstständigkeit i n Anspruch. Sollte die Stellung der Kirche i m Staate nicht ferner die einer öffentlichen, u m ihrer höhern Mission w i l l e n bevorzugten Corporation sein, sollte i h r blos die Stellung eines n u r privatrechtlich gesicherten Vereines bleiben, so muß u n d w i r d sie ungescheut zu i h r e m ursprünglichen Princip, dem der vollen Freiheit u n d Selbstständigkeit i n Ordnung u n d V e r w a l t u n g ihrer Angelegenheiten zurückkehren. 12. Die Bischöfe erkennen es als ihre Pflicht, durch A n w e n d u n g aller gesetzlich zulässigen M i t t e l dahin zu w i r k e n , die den K a t h o l i k e n gehörenden
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ie Würzburger Bischofskonferenz
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Schulen als solche gegen jedes Verderbniß zu bewahren, alle f ü r katholische Schulen bestimmte Fonds u n d Einkünfte f ü r die katholischen Schulen festzuhalten u n d nöthigen Falls dort, w o sie den K a t h o l i k e n bisher entzogen oder vorenthalten sind, zurückzufordern . . . 13. Läßt sich dieses nicht erreichen, so müssen u m so mehr wenigstens jene Fonds festgehalten werden, welche rein kirchlicher N a t u r sind u n d woran Lehrer u n d Küster participiren, z. B. Küster- u n d Organisten-Fonds. 14. Werden auch diese Fonds der Kirche entzogen, oder reichen sie nicht aus, so haben alsdann die Bischöfe, w e n n die vorhandenen Schulen eine antireligiöse der Kirche feindliche Richtung nehmen, andere Vorsorge durch möglichste Gründung neuer Volksschulen u n d Beschaffung anderer hiezu erforderlicher Fonds, z.B. durch überschüssige Kirchenintraden (Revenüen), durch Stiftung von Unterrichtsvikarien u n d Unterrichtsinstituten, durch eine m i t E i n w i l l i g u n g der betreffenden Interessenten geschehende Veräußerung entbehrlicher Kirchengeräthe zu treffen. 15. Die auf vorbemerkte A r t gebildeten Fonds sind alsdann insbesondere auch zur Gründung von Schullehrerseminarien zu verwenden. 16. Überhaupt sollen die Bischöfe nach den L o k a lVerhältnissen alle möglichen gesetzlich zulässigen M i t t e l anwenden, u m Fonds f ü r die Schulen zu gewinnen. 17. Auch werden die deutschen Bischöfe schon jetzt dahin streben, ihren jungen Clerus so zu bilden, daß er i m Stande u n d geneigt ist, selbst Schule zu halten u n d m i t Erfolg die Schule zu beaufsichtigen. 18. Z u r Vermeidung verschiedener Inconsequenzen haben dabei die Bischöfe dahin zu streben, daß diejenigen Candidaten des geistlichen Standes, welche f ü r die Schule Anlage u n d Vorliebe beweisen, das erforderliche Schulexamen schon vor dem Eintritte i n das Clerikalseminar u n d vor dem Empfange der heiligen Weihen ablegen. 19. Die Bischöfe werden die katholischen Gemeinden eindringlich ermahnen, keinen neuen Lehrer anzunehmen, der nicht als zur religiösen Erziehung qualificirt kirchlich beglaubigt ist. 20. Sie werden auch die katholischen Gemeinden eindringlich ermahnen, die Aufsicht über die Schulen so zu reguliren, daß dadurch die religiöse Erziehung der Jugend gesichert ist. 21. Die katholischen Lehrer sind zu verpflichten, sich i n der Erziehung der Jugend ganz nach den Vorschriften der kirchlichen Obern zu richten. 22. Die deutschen Bischöfe erklären, daß Niemand an irgend einer U n t e r richtsanstalt katholischen Unterricht ertheilen kann, dem nicht hiezu die Befugniß durch kirchliche Sendung 8 übertragen ist. 23. Die deutschen Bischöfe erklären, daß sie gemäß der ihnen durch i h r A m t auferlegten u n d durch die Kirchensatzungen eingeschärften Verpflichtung dem Rechte nicht entsagen können, alle Religionslehrbücher i n ihren Diöcesen auszuwählen u n d zu bestimmen. 24. Den Bischöfen steht das Recht zu und obliegt die Verpflichtung, den Religionsunterricht an allen öffentlichen Unterrichtsanstalten, wo Religionsunterricht ertheilt w i r d , zu leiten u n d zu visitiren. 8
Durch die missio
canonica.
2 Huber, Staat und Kirche, 2. Bd.
18 1. Kap. : Die katholische Kirchenfrage während der bürgerlichen Revolution 25. F ü r den Fall, daß die höhern Lehranstalten ganz dem christlichen E i n fluß entzogen werden sollten, ist nach Maßgabe der bezüglich der Volksschulen . . . beschlossenen Sätze, insoweit diese anwendbar sind 9 , zu verfahren. 26. Die Kirche, begründet durch die K r a f t des Wortes unter dreihundertjähriger blutiger Verfolgung 1 0 , n i m m t jetzt, w i e früher, die Freiheit der Lehre u n d des Unterrichtes, sowie die Errichtung u n d L e i t u n g eigener Erziehungsu n d Unterrichts-Anstalten i m ausgedehntesten Sinne als dasjenige M i t t e l i n Anspruch, ohne welches sie ihre göttliche Sendung w a h r h a f t u n d i n vollem Umfange zu erfüllen außer Stande sein würde, u n d müßte sie (die Kirche) jede einengende Maßregel auf diesem Gebiete als nicht vereinbar m i t den gerechten Ansprüchen der K a t h o l i k e n deutscher Nation ansehen. 27. Z u den öffentlichen Lehrern der Theologie haben die deutschen Bischöfe das Vertrauen u n d die Zuversicht, daß sie nicht n u r als Priester, sondern auch als Lehrer der heiligen Wissenschaften sich stets als von der heiligen Kirche gesendete u n d bevollmächtigte Lehrer betrachten, u n d eben deshalb auch der Verantwortlichkeit, welcher die F ü h r u n g ihres Lehramtes der durch die Kirche getragenen A u t o r i t ä t der Kirche gegenüber nach göttlichem u n d kirchlichem Rechte unterliegt, immerdar eingedenk sein werden 1 1 . 28. Die Bischöfe, die wesentliche Pflicht erkennend, den Clerus durch Unterricht u n d Erziehung heranzubilden, nehmen zu diesem Zweck das u n veräußerliche Recht i n Anspruch, nach canonischen Vorschriften alle jene Anstalten u n d Seminarien zur Erziehung u n d B i l d u n g des Clerus, welche den Bischöfen f ü r ihre Diöcese nothwendig u n d nützlich erscheinen, frei u n d ungehindert zu errichten, die bestehenden zu leiten, das Vermögen derselben zu verwalten, u n d die Vorstände, Lehrer und Zöglinge zu ernennen, aufzunehmen und zu entlassen. 29. Die Bischöfe, welche als Nachfolger der Apostel von dem H e r r n Jesus Christus allein die Vollmacht empfangen haben, Arbeiter i n seinen Weinberg zu berufen 1 2 , damit das Evangelium allerwärts verkündigt, u n d die Geheimnisse des Heils den Gläubigen gespendet werden, sind i n gewissenhafter Wahrnehmung dieses göttlichen Auftrages verpflichtet, n u r jene als Lehrer u n d Priester zu erwählen, zu weihen u n d zu senden, welche sie nach i h r e m sittlichem Wandel zum heiligen L e h r - u n d Priesteramte f ü r w ü r d i g u n d nach ihren Kenntnissen f ü r fähig halten. 30. Ihnen steht demnach allein das Recht zu, die Berufenen zum geistlichen Stande über ihren Wandel u n d über ihre Wissenschaft zu prüfen, u n d die Seminarien zur Vorbereitung auf die heiligen Weihen u n d die evangelische Sendung aufzunehmen, u n d nachdem sie ihren Eifer i m Dienste der Seelsorge oder i m Lehramte, sowie ihre W ü r d i g k e i t nach canonischer Prüfung bewährt haben, zur V e r w a l t u n g des Predigt- u n d Pfarramtes f ü r tüchtig zu erkennen.
» Der Sätze 22 - 24 der „Beschlüsse" (oben S. 17). Der Christenverfolgungen während der drei ersten Jahrhunderte n. Chr. Z u r rechtlichen Stellung der katholischen Theologie-Professoren: Staat u n d Kirche, Bd. I, Nr. 196, 197; ferner unten Nr. 22 ff., 207 ff. 12 Das Gleichnis von den Arbeitern i m Weinberg des H e r r n : Matthäus 20, 1-16. 10
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31. Der deutsche Episcopat erklärt daher, daß sowohl die Mitbetheiligung des Staates an den Prüfungen der i n den geistlichen Stand Tretenden zur Aufnahme i n die Seminarien, als auch dessen M i t w i r k u n g zu den PfarrConcurs-Prüfungen eine wesentliche Beschränkung der kirchlichen Freiheit u n d eine Beeinträchtigung der bischöflichen Rechte enthalte. 32. Die versammelten Bischöfe erklären, daß sie freie V e r w a l t u n g des gesammten Kirchenvermögens nach canonischer Vorschrift f ü r die Kirche verlangen. 33. Der deutsche Episcopat beschließt, auch ferner wie bisher, auf das Recht der Kirche nicht f r e i w i l l i g zu verzichten, u n d da, wo es die Umstände erfordern, den A r m der weltlichen Macht w i e bisher, i n Anspruch zu nehmen 1 8 . 34. Gegen jeden von der Kirche abfallenden Geistlichen soll i m canonischen Verfahren vorgeschritten u n d eine sententia judicis erlassen werden; es bleibt aber jedem Bischof überlassen, ob diese sententia judicis bekannt zu machen sei oder nicht. 35. Die Rehabilitation der abgefallenen u n d zur Kirche zurückkehrenden Priester soll n u r nach strenger Prüfung ihrer reumüthigen Gesinnung u n d nach angemessener Buße erfolgen. 36. Da die Taufen der neuen sich Deutsch-Katholiken, Rongeaner, L i c h t freunde nennenden Sekten 1 4 , theils offenbar u n g i l t i g sind, theils gegen deren Giltigkeit ein gegründeter Zweifel obwaltet, so sind von solchen Secten Getaufte, welche i n die katholische Kirche aufgenommen werden wollen, i m ersteren Falle unbedingt, i m letzteren bedingungsweise aufs Neue zu taufen. Sollte dennoch i n einem besonderen Falle ein Pfarrer Gründe f ü r die G i l t i g keit einer von solchen Sectirern ertheilten Taufe zu haben glauben, so hat er unter Darlegung des Sachverhaltes deshalb vorher an sein Ordinariat zu berichten. 37. A u f das katholische Kirchenvermögen haben die von der Kirche abgefallenen Sectirer keinen Anspruch, sei es, daß einzelne I n d i v i d u e n oder auch ganze Gemeinden abfallen. Simultaneen m i t diesen Secten sind durchaus unzulässig. 38. Die i n Würzburg versammelten Erzbischöfe u n d Bischöfe werden, i n Erwägung der gegenwärtigen Verhältnisse, die Diöcesan-Synoden, nach V o r schrift des Conciliums von T r i e n t 1 5 , die bisher nicht eingehalten werden konnten, m i t sorgfältiger Rücksicht auf das Beste der einzelnen Diöcesen, sobald als möglich, nach gehöriger Vorbereitung und i n canonischer F o r m abhalten 1 6 . 13
Z u m brachium saeculare: oben S. 9, A n m . 13. Über Johannes Ronge u n d den Deutschkatholizismus: Verfassungsgeschichte, Bd. I I , S. 265 ff.; über die „Gesellschaft der Lichtfreunde": ebenda S. 279. 15 Sessio X X I V , c. 2 de reformatione. 16 Dieser Versuch, den Synodalgedanken wiederzuerwecken u n d i h n zugleich i n Schranken zu halten, w a r eine bemerkenswerte Reaktion des deutschen Episkopats auf den „Zeitgeist" der revolutionären Ära. Einer der Hauptverfechter des radikalen Synodalprinzips i m damaligen katholischen Klerus w a r der Konstanzer Dekan Dominikus Kuenzer (oben S. 2, A n m . 8). 14
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20 1. Kap.: Die katholische Kirchenfrage während der bürgerlichen Revolution 39. Der Zweck der Diöcesan-Synoden ist, den Geist der Frömmigkeit u n d Gottesfurcht i m Clerus u n d V o l k neu zu beleben, die etwa verfallene Kirchenzucht wieder herzustellen, zu dem Ende heilsame Gesetze, sowohl zur Abschaffung von Mißbräuchen, als auch zur Hebung des christlichen Lebens, entweder, w o solche schon vorhanden waren, zu erneuern oder, w o die Verhältnisse es nothwendig machen, neue zu erlassen, ferner den Clerus auf die zweckmäßigste A r t über wichtige, zeitgemäße Gegenstände u n d schwierige Verhältnisse des priesterlichen u n d seelsorglichen Amtes zu belehren, endlich päpstliche Constitutionen u n d Beschlüsse der National- und Provinzialconcilien bekannt zu machen. 40. K r a f t der Verfassung der katholischen Kirche steht auf der DiöcesanSynode dem Bischöfe allein das Recht der Entscheidung zu. 41. Jeder der hier versammelten Erzbischof e u n d Bischöfe wird, sobald er eine Diöcesan-Synode abzuhalten i n der Lage ist, die von i h m beobachtete A r t u n d Weise der Abhaltung, sowie deren Ergebnisse allen übrigen hier versammelten Erzbischöfen u n d Bischöfen mittheilen. Die Bischöfe werden dies durch ihre Metropoliten thun. 42. Die Berufung Aller, welche auf der Synode zu erscheinen haben, zu dieser Synode, geschieht durch den Bischof so, daß dieser hierbei zugleich die i h m durch seine Pflicht gebotene Rücksicht auf die Seelsorgs- und anderen geistlichen Bedürfnisse seiner Diöcese zu nehmen hat. 43. Ebenso werden die versammelten Erzbischöfe u n d Bischöfe die v o m Concil von Trient vorgeschriebenen Provinzial-Synoden nach Möglichkeit abhalten. 44. Der Episcopat erklärt, daß die Volksmissionen nützlich u n d i n gegenwärtiger Zeit höchst wünschenswerth sind, u m das erschlaffte kirchliche Leben wieder zu erwecken 1 7 . 45. Die i n Würzburg versammelten Erzbischöfe u n d Bischöfe sind i n A n betracht der eingetretenen Lage der Dinge i n Deutschland von dem lebhaften Wunsche beseelt, daß sobald es geschehen kann, ein deutsches Nat i o n a l · Concil abgehalten werden möge. 46. Dieselben beschließen zu diesem Ende, die B e w i l l i g u n g des heiligen Stuhles zur A b h a l t u n g eines solchen National-Concils sofort zu erbitten 1 8 . 47. Sie beschließen ferner, die übrigen hier nicht anwesenden, zu Deutschland gehörigen Metropoliten hiervon ungesäumt i n Kenntniß zu setzen 19 . 48. I n Betreff der näheren Bestimmungen hinsichtlich der A b h a l t u n g werden die persönlich hier anwesenden fünf Metropoliten ersucht, sich, sobald die Verhältnisse es gestatten, an den heiligen S t u h l zu wenden, u m auf canonischem Wege das National-Concil zu Stande zu bringen. 17
Über die Volkskommission siehe unten S. 69 f. Zwischen dem Plan eines deutschen Nationalkonzils u n d der Idee der deutschen Nationalkirche i m Verband der katholischen Weltkirche bestand ein enger Zusammenhang. Die Zustimmung der K u r i e zum deutschen Nationalkonzil wurde nicht erteilt (unten Nr. 8). 19 Die fünf i n Würzburg anwesenden deutschen Metropoliten waren die Erzbischöfe von K ö l n , Freiburg, München, Bamberg u n d Salzburg. Nicht anwesend waren der Erzbischof von Olmütz, der sich vertreten ließ, sowie die Erzbischöfe v o n Posen-Gnesen, v o n Prag u n d v o n Wien, die unvertreten waren. 18
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49. Die definitive Ausführung des Institutes einer gemeinsamen Agentur für die deutschen Bisthümer i n Horn soll auf der nächsten National-Synode geschehen; bis dahin sollen die persönlich gegenwärtigen Metropoliten die Sache unter sich vorbereiten. 50. E i n Deutscher, entweder i n Deutschland befindlicher, oder auch i n Rom weilender Geistlicher w i r d als Agent oder Geschäftsträger der deutschen Bischöfe i n Rom aufgestellt. 51. Demselben werden alsdann einer oder mehrere Gehilfen beizugeben sein. 52. Bei der künftigen Ausführung w i r d dem heiligen Vater Nachricht zu geben, dessen Genehmigung nachzusuchen u n d die B i t t e zu stellen sein, daß des Papstes Heiligkeit dem Agenten des deutschen Episcopates den Rang eines römischen Prälaten verleihen möge 2 0 .
Nr. 7. Denkschrift der in Würzburg versammelten Erzbischöfe und Bischöfe Deutschlands v o m 14. November 1848 (Archiv f ü r katholisches Kirchenrecht, Bd. 21,1869, S. 108 ff.) Als i n den Märzstürmen dieses Jahres das auf dem Wiener Congresse i m F r ü h l i n g 1815 von den deutschen Fürsten u n d ihren Staatsmännern errichtete Gebäude der politischen Gestaltung Deutschlands i n seinem Grunde erbebte, u n d die Fürsten dem durch alle Gaue des Vaterlandes erschallenden Rufe nach Freiheit Rechnung tragen zu w o l l e n sich geneigt erklärten; da erkannten es die katholischen Bischöfe, daß, w i e entschieden u n d streng auch die Kirche anarchische Bestrebungen jeglicher A r t verabscheue u n d verwerfe, doch auch sie ein lebendiges Interesse habe an der Sicherung alles desjenigen, was der allgemeine Ruf nach Freiheit v o n administrativer Bevormundung u n d Controle Wahres enthalte. Sie erkannten, daß die Kirche an den Zusagen, welche Deutschlands Fürsten ihren V ö l k e r n gegeben, den i h r gebührenden A n t h e i l i n Anspruch zu nehmen u m so weniger versäumen dürfe, als die vielfach laut gewordenen ungestümen Äußerungen falsch verstandener Freiheitsbegriffe i n der Kirche n u r den einen Wunsch, das eine sehnliche V e r langen erweckten, i n dem drohenden Kampfe der rohen Gewalt u n d W i l l k ü r gegen Throne u n d Verfassungen der i h r gewordenen Mission, die Hüter i n zu sein des Glaubens und der n u r i n i h m wurzelnden Sitte, ihre volle Thätigkeit w i d m e n u n d i n freier selbstständiger Wirksamkeit ungehindert entwickeln zu können. Die Bischöfe glaubten der erleuchteten Einsicht der deutschen Regierungen vertrauen zu sollen, daß da, w o dieselben den Entschluß verkündeten, unter M i t w i r k u n g u n d Vereinbarung m i t ihren V ö l k e r n ein neues Verfassungsgebäude aufzurichten, i n welchem es den Bewohnern deutscher Lande so w o h l werden sollte, den Genuß u n d die naturgemäße E n t w i c k l u n g aller zu20 Die gemeinsame deutsche Agentur bei der K u r i e kam, als ein eng m i t dem Plan des deutschen Nationalkonzils verbundenes Vorhaben, nicht zustande.
22 1. Kap. : Die katholische Kirchenfrage während der bürgerlichen Revolution ständigen Rechte sich gesichert zu wissen, — sie i n ihrer Weisheit auch der Kirche f ü r die segensvolle Entwicklung u n d Durchführung ihrer hohen Aufgabe das volle Maß zuständiger Freiheit nicht w ü r d e n versagen wollen. U n d als n u n m i t der Forderung auch die Zusage einer uneingeschränkten Glaubens- u n d Religionsfreiheit, die Zusage, daß jede Kirchengesellschaft ihre Angelegenheiten frei u n d selbstständig solle zu ordnen haben, durch alle Gaue des Vaterlandes sich verbreitete, da glaubten die katholischen Bischöfe Deutschlands, dem gehegten Vertrauen u m so zuversichtlicher sich hingeben zu sollen, als ihrer Kirche ein achtzehnhundertjähriges Zeugniß ihrer W i r k samkeit zur Seite steht. Achtzehn Jahrhunderte bezeugen, daß die Kirche es gewesen, welche i n sturmbewegten Zeiten — wo die Wogen entfesselter Leidenschaften i n * w i l d e r Brandung tobten, Nationen gegen Nationen i m Kampfe u m Sein oder Nichtsein sich erhoben u n d die Grundfesten aller bürgerlichen u n d staatlichen Ordnung w a n k t e n — fest ruhend auf dem Felsen, den keiner Stürme Gewalt überwindet, u n d i m klaren Aufblicke zu dem, der i h r H a u p t - u n d Eckstein, i h r Führer u n d Erleuchter sein w i l l bis ans Ende der Zeiten — die Völker gesittigt u n d erzogen, Künste u n d Wissenschaften gepflegt u n d veredelt, aller Orten der öffentlichen u n d P r i v a t - N o t h die nie versiegenden Quellen der christlichen Charitas i n ihren mannigfaltigen, alle geistigen und leiblichen Werke der Barmherzigkeit umfassenden Corporationen geöffnet, Fürsten u n d Völker i n der Gerechtigkeit zu vereinbaren gesucht, u n d so Ordnung u n d Freiheit i n allen Verhältnissen des öffentlichen u n d bürgerlichen Lebens auf dem einzig wahren Fundamente des Glaubens zu gründen gewußt hat. Ausgehend von der Überzeugung, daß dieser Beruf der Kirche zu allen Zeiten derselbe sei, sind daher die unterzeichneten Bischöfe Deutschlands zusammengetreten, u m vereint die Stellung zu bezeichnen u n d auszusprechen, welche die Kirche nach ihrer uralten überlieferten Verfassung auch der neuen Ordnung der Dinge i m öffentlichen Leben gegenüber einzuhalten habe, u n d zwar die Grundzüge der Stellung der Kirche zum Staate u n d zu andern Religionsgenossenschaften, u n d die Grundlinien der Rechte der Kirche hinsichtlich der Ordnung ihrer Angelegenheiten, des Kirchenregiments. Die Sitte, das i m Leben sich ausprägende Gewissen des Menschen w i r d v o m Glauben regiert, welchen die Kirche lehrt. Die Kirche ist darum die H ü t e r i n der Sitte, wie der Staat i n Wahrung des Friedens u n d Spendung der Gerechtigkeit der Hüter der nationalen Einheit ist. Staat u n d Kirche berühren sich naturnothwendig i n ihren Wirkungskreisen, u n d deshalb erkennt der Episcopat u n d spricht es aus : Eine Trennung herbeizuführen v o m Staate, d.h. von der öffentlichen, nothwendig auf sittlicher u n d religiöser Grundlage ruhenden Ordnung, liegt nicht i m W i l l e n der Kirche. Wenn auch der Staat sich von i h r trennt, so w i r d die Kirche, ohne es zu billigen, geschehen lassen, was sie nicht hindern kann, sie w i r d jedoch die von i h r selbst u n d i m wechselseitigen Einverständniß geknüpften Zusammenhangsfäden ihrerseits nicht trennen, w o nicht etwa die Pflicht der Selbsterhaltung dies geböte. Die Kirche, betraut m i t der heilig-ernsten Mission: w i e Mich der Vater gesandt hat, so sende Ich Euch 2 1 , n i m m t für die A u s - u n d Durchführung dieser 21
Johannes 20, 21.
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ihrer Sendung — wie immer die öffentliche Ordnung der Staaten gestaltet sein mag — n u r die vollste Freiheit und Selbstständigkeit i n Anspruch. Ihre heiligen Päpste, Bischöfe u n d Bekenner haben dieser unveräußerlichen Freiheit zu allen Zeiten B l u t und Leben gerne u n d m u t h i g geopfert. Die Bischöfe erkennen deshalb und sprechen es aus: Wo das Verhältniß der freien Lebensäußerung der Kirche zu der öffentlichen Ordnung des Staates durch Concordate oder ähnliche Verträge m i t dem heiligen S t u h l n o r m i r t u n d die u n v e r k ü m m e r t getreue E r f ü l l u n g dieser Verträge gesichert ist, da werden die Bischöfe dieselben heilig achten. — Wo jedoch i m Einzelnen u n d Besondern die Bestimmungen solcher Verträge sich als Hemmnisse des kirchlichen Lebens und der freien episcopalen W i r k s a m keit bereits erwiesen haben, wie dies z. B. vielfach m i t dem s. g. Staatspatronatsrechte, m i t der Placetirung zu Kirchenämtern u. a. der F a l l ist, oder w o eintretende Änderungen i n der öffentlichen Ordnung der Dinge Modiflcationen oder A b r u f u n g der Verträge bedingen, da werden die Bischöfe nicht säumen, die Weisheit des heiligen Stuhles u m seine V e r m i t t l u n g zur Abwendung alles Hemmenden anzugehen. Wo weder Verträge noch Bestimmungen des Kirchenrechts einem Präsentations- oder Bestätigungsrechte zu Kirchenämtern das Wort reden, da fühlen sich die Bischöfe verpflichtet, die Freiheit der Kirche zu behaupten. Sollte die Stellung der Kirche i m Staate nicht ferner die einer öffentlichen, u m ihrer höhern Mission w i l l e n bevorzugten Corporation sein; sollte i h r n u r die Stellung eines blos noch p r i v a t rechtlich gesicherten Vereines verbleiben; so muß u n d w i r d dieselbe u n gescheut zu ihrem ursprünglichen Princip, dem der vollen Freiheit u n d Selbstständigkeit i n Ordnung u n d V e r w a l t u n g ihrer Angelegenheiten zurückkehren. Den Bekennern anderer Glaubenslehren gegenüber galt u n d gilt der Kirche als leitende N o r m stets der Grundsatz, daß sie alle Menschen aller Zonen u n d Zungen als nach dem Ebenbilde Gottes Erschaffene u n d der Erlösung Bedürftige m i t gleicher Liebe umfaßt; — daß sie für die Aus- u n d Durchführung ihrer die Welt erlösenden Mission n u r die vollste Freiheit u n d Selbstständigkeit i n Anspruch n i m m t ; — u n d daß sie gegen die Personen Aller, die zu ihrer Lehre, Verfassung u n d Disciplin sich nicht bekennen u n d halten, allerwege jenes gleiche Vollmaß der Liebe u n d Gerechtigkeit beobachtet, welches den bürgerlichen Frieden zwischen Anhängern verschiedener Glaubensbekenntnisse sichert, ohne einen allen Bekenntnissen gleich verderblichen Indifferentismus u n d eine ihren Satzungen widerstreitende communi catto in sacris 22 zu begünstigen. — Die Bischöfe erkennen und sprechen es aus, daß sie an diesem Princip fest, u n d i n allen Beziehungen zu Andersgläubigen, ihren, durch dies Princip normirten, kirchlichen Standpunkt inne halten werden. Unter den Rechten der Kirche steht obenan das göttliche Recht der Lehre u n d Erziehung. — Sie k a n n n i m m e r sich trennen von dem Bewußtsein des i h r gegebenen Auftrages: Gehet h i n u n d lehret alle Völker, taufet sie i m Namen des Vaters u n d des Sohnes u n d des heiligen Geistes und lehret sie halten Alles, was Ich Euch gesagt habe 2 2 ^ Sie k a n n eben so wenig sich trennen v o n 22
Gemeinsame Feier der Eucharistie. 22a Matth. 28,19.20.
24 1. Kap. : Die katholische Kirchenfrage während der bürgerlichen Revolution dem Bewußtsein der Freiheit i n E r f ü l l u n g dieser Mission. A l l e Jahrhunderte u n d alle Welttheile geben der Kirche das Zeugniß, daß die Träger u n d Werkzeuge ihrer großen Erziehungsmission f ü r die freie Ausübung des von i h r e m göttlichen Stifter i h r ertheilten Auftrags zu lehren u n d zu erziehen, weder M ü h e n u n d Gefahren, noch Leiden u n d Tod gescheut haben. Mochte Besitzthum u n d Glanz u n d Ehre, mochte Alles i h r genommen werden: das Recht, das von Gott Empfangene zu lehren, zu erziehen, zu sittigen die Völker des Erdkreises, hat die Kirche n i m m e r preis gegeben. — U n d indem sie den Menschen erfaßt, u m i h n lehrend u n d erziehend seiner höhern Bestimm u n g zuzuführen, erfaßt sie denselben v o m zartesten A l t e r an, erfaßt u n d begleitet i h n i n der Entwickelung aller seiner geistigen Kräfte, auf daß diese durch einen alle Zweige des Wissens umfassenden Unterricht zur v o l l e n Durchbildung gelangen i m Geiste ihrer, auf die höhere, ewige Bestimmung des Menschen gerichteten Mission. — Wie der Mensch nicht getrennt gedacht werden k a n n i n einen f ü r seine irdischen Bedürfnisse arbeitenden Leib u n d einen seine höhere Bestimmung anstrebenden Geist, so weiß auch die Kirche, daß der menschliche Geist n i m m e r zerspaltet werden k a n n i n zwei gesonderte Richtungen. U n d eben darin beurkundet sie i h r göttliches Recht zur Erziehung des Menschengeschlechtes, daß sie den Geist des Menschen i n der Totalität aller seiner K r ä f t e u n d Thätigkeiten erfaßt u n d entwickelt u n d durchbildet zu der höhern ewigen Bestimmung der Menschheit. — U n d es ist w i e d e r u m die Geschichte, welche der Kirche das Zeugniß gibt, daß sie i m Bewußtsein des göttlichen Rechtes, der göttlichen Freiheit die Menschheit zu lehren, zu erziehen, zu sittigen i n allen Zweigen des Wissens u n d der Künste das Herrlichste geleistet hat v o n der Errichtung der stillen Klosterschule u n d Werkstätte bis zur Gründung ihrer Hochschulen u n d ihrer Riesendome, die alle sich erhoben auf dem Fundamente der Einen allumfassenden Durchb i l d u n g des menschlichen Geistes zu seiner höhern Bestimmung. Dies Anrecht an die Menschheit k a n n die Kirche n i m m e r aufgeben, ohne sich selbst aufzugeben, — u n d es ist n u r eine naturnothwendige Folge dieses ihres Rechtes, daß sie alle zur Ausübung desselben erforderlichen M i t t e l , die zum Lehren u n d Erziehen bestimmten I n d i v i d u e n oder Corporationen sowohl als die Lehrbücher frei zu w ä h l e n u n d zu bestimmen, — daß sie insbesondere i n der Heranbildung u n d Reiferklärung der Träger u n d Sendboten ihres großen Erziehungswerkes, sowie i n deren Verwendung, Überwachung, Correction, oder, wo es nöthig, Beseitigung, gänzlich u n d v o l l k o m m e n freie Hand haben, — u n d daß ebenso die Bestimmung darüber, welche Vereine u n d Corporationen etwa hiefür zu erhalten oder zu errichten, u n d welche nicht mehr nützlich oder zulässig sind, der Kirche allein zustehen muß, soll anders dieselbe als die H ü t e r i n der, i m Glauben wurzelnden, u n d die Sicherung aller öffentlichen Ordnung u n d Gesetzlichkeit bedingenden Sitte i n dem V o l l genusse der i h r zuständigen Freiheit gedacht werden können. — Die v e r sammelten Bischöfe erkennen deshalb u n d sprechen es aus: Die Kirche, durch die K r a f t des Wortes unter dreihundertjähriger blutiger Verfolgung begründet, n i m m t jetzt, w i e früher, die unbeschränkte Freiheit der Lehre u n d des Unterrichtes, sowie die Errichtung u n d L e i t u n g eigner Erziehungs- u n d Unterrichtsanstalten i m ausgedehntesten Sinne als dasjenige M i t t e l i n Anspruch, ohne welches sie ihre göttliche Sendung w a h r h a f t u n d
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i n vollem Umfange zu erfüllen außer Stande sein w ü r d e ; und sie muß jede einengende Maßregel auf diesem Gebiete als nicht vereinbar m i t den gerechten Ansprüchen der K a t h o l i k e n deutscher Nation ansehen. Die Bischöfe erkennen es als ihre Pflicht, durch A n w e n d u n g aller gesetzlich zulässigen M i t t e l dahin zu streben, die den K a t h o l i k e n gehörenden Schulen als solche gegen jedes Verderbniß zu bewahren, alle f ü r katholische Schulen bestimmten Fonds u n d Einkünfte f ü r die katholischen Schulen festzuhalten u n d nöthigenfalls dort, w o sie den K a t h o l i k e n bisher entzogen oder vorenthalten worden sind, zurückzufordern. Insbesondere erklären die Bischöfe, daß sie gemäß der ihnen durch i h r A m t auferlegten u n d durch die Kirchensatzungen eingeschärften Verpflichtungen dem Rechte nicht entsagen können, alle Religionslehrbücher i n ihren Diöcesen auszuwählen und zu bestimmen. Sie sprechen es aus, daß den Bischöfen das Recht zusteht u n d die Verpflichtung obliegt, den Religionsunterricht an allen öffentlichen Unterrichtsanstalten, wo katholischer Religionsunterricht ertheilt w i r d , zu leiten und zu visitiren; sowie auch i n der Sphäre der höhern theologischen Wissenschaften die Verantwortlichkeit z u wahren, welche m i t der göttlichen Vollmacht zu senden ihnen geworden ist. Die Bischöfe, die wesentliche Pflicht erkennend den Klerus durch U n t e r richt und durch Erziehung heranzubilden, nehmen zu diesem Zweck das u n veräußerliche Recht i n Anspruch, nach canonischen Vorschriften alle jene Anstalten und Seminarien zur Erziehung und B i l d u n g des Klerus, welche den Bischöfen f ü r ihre Diöcesen nothwendig u n d nützlich erscheinen, frei u n d ungehindert zu errichten, die bestehenden zu leiten, das Vermögen derselben zu verwalten, u n d die Vorstände, Lehrer und Zöglinge zu ernennen, aufzunehmen und zu entlassen. Die katholischen Bischöfe, als Nachfolger der Apostel, allein m i t der V o l l macht ausgerüstet, Arbeiter i n den Weinberg des H e r r n zu berufen, damit das Evangelium allerwärts verkündigt u n d die Geheimnisse des Heils den Gläubigen gespendet werden, sind i n gewissenhafter Wahrnehmung dieses göttlichen Auftrages verpflichtet, n u r jene als Lehrer u n d Priester zu wählen, zu weihen und zu senden, welche sie ihrem sittlichen Wandel nach zum heiligen L e h r - u n d Priesteramte f ü r w ü r d i g u n d ihren Kenntnissen nach f ü r fähig halten. Ihnen steht demnach allein das Recht zu, die zum geistlichen Stande Berufenen über Wandel und Wissenschaft zu prüfen; zur Vorbereitung auf die heiligen Weihen u n d die evangelische Sendung i n die Seminarien aufzunehmen, u n d denselben, nachdem sie ihren Eifer i m L e h r - oder Seelsorgeramte, sowie ihre Würdigkeit nach canonischer Prüfung bewährt haben, das Zeugniß der Tüchtigkeit zur V e r w a l t u n g des Predigt- und Pfarramts zu ertheilen. Die Bischöfe erklären daher, daß sowohl die Mitbetheiligung des Staates an den Prüfungen der i n den geistlichen Stand Tretenden zur Aufnahme i n die Seminarien, als auch dessen M i t w i r k u n g zu Pfarr-Concursprüfungen eine wesentliche Beschränkung der kirchlichen Freiheit u n d eine Beeinträchtigung der bischöflichen Rechte enthalte. So w e n i g die Kirche jemals sich trennen k a n n von dem Bewußtsein ihres Rechtes zu selbstständiger V o l l f ü h r u n g ihrer Erziehungsmission; ebensowenig
26 1. Kap. : Die katholische Kirchenfrage während der bürgerlichen Revolution darf dieselbe zu irgend einer Zeit verzichten auf das m i t dieser Mission allerwege H a n d i n H a n d gehende Recht, nach dem Vorbilde ihres göttlichen Stifters auch die leibliche Wohlthäterin der Völker zu sein, deren geistige Pflege i h r anvertraut ist. Was die liebende M u t t e r ihren Kindern, das w a r die Kirche, — die i m Einsammeln und Austheilen ihrer Gaben frei u n d selbstständig schaltende Kirche — zu aller Zeit den A r m e n u n d Nothleidenden. Zähle, w e r es vermag, die aus ihrem Schooße i n so reicher Fülle u n d Mannigfaltigkeit hervorgegangenen milden Stiftungen: das geheimnißvolle Walten des göttlichen Geistes u n d Segens über dem Scherflein auch des Armen, das, zugleich m i t der Gabe des Reichen vertrauensvoll i n die m ü t t e r liche Hand der Kirche gelegt, oft einer w e i t entfernten Noth beizuspringen geeilt, das w i r d der menschliche Calcül n i m m e r durch seiner Zahlen Stellungen zu ergründen vermögen. — Ob die Kirche auch bei aller Opferwilligkeit frommer Vereine und ihrer B e r e i t w i l l i g k e i t sich zum Bettler zu machen an der Thüre des Reichen, u m die Gaben seiner M i l d t h ä t i g k e i t i n den Schooß der A r m u t h zu schütten, der N o t h der heutigen socialen Zustände die Hand m i t Erfolg zu reichen i m Stande sein möge: dies w i r d wesentlich bedingt sein durch das Maß freier selbstständiger Bewegung, welches auch auf diesem Gebiete i h r zu vindiciren die Bischöfe als ihre Pflicht erkennen 2 3 . E i n anderes, aus dem Begriff ihrer Mission m i t unabweisbarer Nothwendigkeit folgendes Recht der Kirche ist das göttlich freie Recht, ihren Cultus u n d die A r t u n d Weise, w i e derselbe zu feiern, die Spendung ihrer Sacramente u n d die Einrichtung alles dessen, was auf den Gottesdienst sich bezieht, Gebete u n d öffentliche Andachtsübungen, ohne alle Dazwischenkunft oder hemmendes Eingreifen der weltlichen Gewalt ungehindert u n d selbstständig zu ordnen. — I h r Cultus ist eben der i n den verschiedenen Formen des Gottesdienstes sich ausprägende Glaube der Kirche, ihre Gnadenmittel, Gebete u.s.w., die fortwährende V e r m i t t l u n g des Menschen m i t seiner höhern u n d ewigen Bestimmung. Hier bewegt sich die Kirche ausschließlich auf ihrem eigensten Gebiete, welches die Bischöfe treu zu hüten die heiligste Verpflicht u n g haben. Eine m i t dem Wesen des Cultus innig zusammenhängende Blüthe des katholischen Lebens sind die durch alle Jahrhunderte der Kirche i n den mannigfachsten Gestaltungen erscheinenden geistlichen Vereine von Männern oder Frauen, die sich m i t Genehmigung ihrer geistlichen Oberhirten durch Gelübde oder fromme Gelöbnisse verbunden haben, u m i n erhöhtem Streben nach christlicher Vollkommenheit unter bestimmten, ihren Verband u n d ihre Thätigkeit normirenden Regeln alle geistigen u n d leiblichen Werke der Barmherzigkeit i n Unterricht, Pflege der A r m e n u n d K r a n k e n u.s.w. u.s.w. u n d zugleich einen i h r ganzes T h u n u n d W i r k e n begleitenden Gottesdienst i n Gebet, Betrachtung u n d sich selbst verläugnendem Gehorsam zu üben. — 23 Moritz Lieber (oben S. 15, A n m . 15), der Verfasser der Denkschrift, hatte am Mainzer Katholikentag teilgenommen, auf dem der spätere Mainzer Bischof v. Ketteier „die Aufgabe der Kirche bezüglich der sozialen Frage" i n den M i t t e l p u n k t der Beratungen zu rücken versuchte (vgl. L. Lenhart, Hg., Idee, Gestalt u n d Gestalter des ersten deutschen Katholikentags i n Mainz 1848, 1948, S. 207). Davon ist dieser Passus der Denkschrift offenbar beeinflußt.
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Die versammelten Erzbischöfe u n d Bischöfe nehmen f ü r dergleichen Vereine das gleiche Maß der Freiheit der Association i n Anspruch, welches die V e r fassung des Staates allen Staatsbürgern gewährt 2 4 . Endlich hat die Kirche das Recht, alles katholische Kirchen- u n d Stiftungsvermögen als ihr, durch rechtmäßige T i t e l w o h l erworbenes Eigenthum, gleich jedem Bürger oder bürgerlichen Vereine, gegen gewaltsamen Eingriff geschützt zu sehen u n d dasselbe frei und selbstständig zu verwalten u n d zu verwenden. Es ist dieses überall n u r zu den Zwecken der Kirche i n oft viele Jahrhunderte hinaufreichenden Stiftungsurkunden bestimmte Vermögen Eigenthum der Einen, als einiges Rechtssubject zu erkennenden katholischen Kirchengesellschaft; u n d muß sich darum, sollen Recht u n d Gerechtigkeit den Fürsten u n d V ö l k e r n Deutschlands annoch heilig u n d kein leerer Schall sein, allerwege des gleichen Rechtsschutzes zu erfreuen haben, wie jedes andere Gesellschaftsvermögen, dessen Unantastbarkeit überall gesichert erscheint, wo öffentliche u n d bürgerliche Ordnung eine Wahrheit ist. Z u m Schlüsse legen die Bischöfe feierlich Verwahrung ein gegen iene n u r auf feindseliger Gesinnung oder Mangel an Einsicht beruhende Darstellungsweise, welche i n der katholischen Kirche, die, k r a f t ihrer göttlichen Mission alle Völker des Erdkreises umfaßt, I n l a n d u n d Ausland unterscheiden, u n d darum den lebendigen Verband der Bischöfe u n d ihrer Heerden m i t dem Vater der Christenheit, m i t dem heiligen apostolischen Vater zu Rom, als Sünde an der Nationalität, als undeutsch u n d gefährlich zeihen zu können wähnt, u n d nicht ablassen möchte, den Verkehr der Bischöfe u n d Gläubigen m i t dem heiligen Vater u n d des heiligen Vaters m i t ihnen einer fortwährenden mißtrauischen Controle zu unterwerfen. Z u dem innersten Wesen der Kirche gehört i h r i n Lehre, Verfassung und Disciplin überall sich bewährender Character der Einheit. Bedingung und Folge dieser Einheit ist der stets lebendige Verband u n d Verkehr zwischen Haupt u n d Gliedern, zwischen dem heiligen Vater zu Rom u n d den binnen den weiten M a r k e n der Erde wohnenden und i n gleicher Einheit unter ihre Oberhirten sich schaarenden Gläubigen. Dieser ungehemmte Verkehr bedingt das gesunde Leben der Kirche, wie der ungestörte B l u t u m l a u f das durch alle A d e r n pulsirende Leben des Menschen. Was diesem Unterbindung, dasselbe ist dem Leben der Kirche jeder A c t w i l l k ü r l i c h e r Hemmung des freien Verkehrs m i t dem Mittelpuncte der Einheit. Wie daher die Bischöfe es als ihre höchste Ehre achten, durch den innigsten Anschluß an das Oberhaupt der Kirche u n d den engsten Verband des Episcopates unter sich allen Gläubigen des Erdballs, Priestern u n d Laien, verbunden zu sein, u n d es i n kindlichem Gehorsam gegen den Nachfolger des Apostelfürsten Petrus sich stets werden angelegen sein lassen, den ihnen anvertrauten T h e i l des Volkes Gottes deutscher Zunge i n der Einheit u n d Reinheit 24 Diese Stelle richtet sich gegen A r t . V I § 24 Satz 2 der i n der ersten Lesung verabschiedeten Fassung der Frankfurter Grundrechte: „Der Orden der Jesuiten, Liguorianer u n d Redemptoristen ist f ü r alle Zeiten aus dem Gebiet des Deutschen Reiches verbannt" (Stenographischer Bericht, Bd. I I I , S. 2313). Dem Frankfurter Parlament w a r bei diesem Beschluß entgangen, daß „ L i g u o rianer" u n d „Redemptoristen" Bezeichnungen desselben Ordens sind (oben S. 14, A n m . 16).
28 1. Kap. : Die katholische Kirchenfrage während der bürgerlichen Revolution des katholischen Glaubens zu erhalten, auf daß sich die einige katholische Wahrheit so entwickle u n d bewähre, w i e es die ehrwürdigen Gewohnheiten seiner Väter, w i e es der durch Jahrhunderte ausgeprägte Character des deutschen Stammes erfordert; so müssen sie jede A r t eines, die selbstständige u n d freie Verkündigung geistlicher Erlasse hemmenden Placets als wesentliche Verletzung des unveräußerlichen Rechtes der Kirche, jede mißtrauische Überwachung des Verkehrs zwischen H i r t u n d Heerde, als dem deutschen Character, dessen Treue sprichwörtlich ist, widerstrebend, u n d m i t dem Vollgenusse wahrer Freiheit unvereinbar erkennen u n d erklären.
V . Papst Pius I X . u n d die Würzburger Biechofskonferenz Die Würzburger Bischofskonferenz verfolgte die Absicht, die Neuordnung des katholischen Kirchenwesens in Diözesansynoden der Geistlichen jeder Diözese, in Provinzialsynoden der Erzbischöfe mit den Bischöfen ihres Metropolitanbezirks und in einem deutschen Nationalkonzil zu beraten. Zu diesem Plan nahm Papst Pius IX. 1 in einem Breve an den Kardinal Fürsterzbischof v. Schwarzenberg 2 und die anderen deutschen Bischöfe vom 17. Mai 1849 Stellung (Nr. 8). Das Nationalkonzil lehnte er wohl nicht zuletzt deshalb ab, weil er hinter diesem Plan die alten febronianischen und wessenbergianischen Ideen einer von Rom weitgehend unabhängigen deutschen Nationalkirche nach gallikanischem Vorbild vermutete 3. Diözesansynoden stand der Papst mit Mißtrauen gegenüber, weil er annahm, daß Gruppen radikaler Kleriker die synodalen Zusammenkünfte zum Umsturz der geltenden kirchlichen Ordnung benutzen wollten. In einer Zeit des äußeren Umbruchs den inneren Bestand der kirchlichen Ordnung zu erhalten, war die oberste Maxime der päpstlichen Politik.
Nr. 8. Breve Papst Pius I X . an den Kardinal Fürsterzbischof v. Schwarzenberg und die übrigen deutschen Bischöfe v o m 17. M a i 1849 (Übersetzung: Archiv f ü r Kirchengeschichte und Kirchenrecht, Heft 2, 1851, S. 72 ff.) — Auszug — Geliebter Sohn, ehrwürdige Brüder, Gruß u n d apostolischer Segen. U n t e r den heftigsten Bedrängnissen, die Uns i n dem w i d e r die katholische Kirche wüthenden Sturme von allen Seiten umgeben, gewährten Uns den höchsten 1
Siehe Staat u n d Kirche, Bd. I, S. 473 f., A n m . 14. Fürst Friedrich v. Schwarzenberg (1809 - 85), Bruder des österreichischen Ministerpräsidenten Fürst Felix v. Schwarzenberg (Verfassungsgeschichte, Bd. I I , S. 714), katholischer Priester; 1835 Fürstbischof von Salzburg; seit 1849 Fürsterzbischof von Prag (1842 Kardinal). 3 Über den Wessenbergianismus siehe Verfassungsgeschichte, Bd. I I , S. 705; Staat und Kirche, Bd. I, Nr. 95 ff. 2
V. Papst Pius I X . u n d die Würzburger Bischofskonferenz
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Trost Eure gehorsamsten Briefe, die W i r von Euch, geliebter Sohn, ehrwürdige Brüder, am 12. u n d 14. November vorigen Jahres zu Würzburg geschrieben, sehr wohlgefällig empfangen h a b e n . . . Fürwahr, solch ausgezeichnete, katholischer Bischöfe vollkommen würdige Gesinnungen Eures überaus religiösen Gemüthes lindern ungemein die bitterste Betrübniß, i n welcher W i r bei den gegenwärtigen so traurigen Zeitverhältnissen Unsers höchsten Pontificates u n d des christlichen Gemeinwesens vergehen, und sind Uns zu außerordentlichem Tröste. Denn wenn W i r u m das H e i l der gesammten Heerde des H e r r n sehr ängstig besorgt sind, tragen W i r u m die erlauchten Kirchen Deutschlands u m so angelegentlichere und größere Besorgniß, je schwerere Gefahren dieselben aus früheren u n glücklichen Verhältnissen zu bedrohen schienen. Nach Maaßgabe Unsrer väterlichen Herzensneigung zu diesen Kirchen u n d der Pflicht Unsers apostolischen Amtes k a n n es daher f ü r Uns nichts Wichtigeres, nichts A n gelegentlicheres geben, als unter Gottes Beistand Alles das ins W e r k zu setzen, was zum Wohle, zum Nutzen u n d Gedeihen derselben Kirchen gehören mag. Deswegen rühmen W i r verdienter Weise Euren bischöflichen Eifer, die I h r es für Eure Pflicht haltet, keine Sorgen, keine Berathungen u n d Mühen zu sparen, damit i n den Ländern Deutschlands unsre heiligste Religion, täglich an Wachsthum zunehmend, immer mehr erstarke u n d blühe. Aus dieser Ursache wäre es auch i n Euern Wünschen gelegen, daß durch Unsre und des apostolischen Stuhles höchste A u t o r i t ä t ein Concil aller ehrwürdigen Bischöfe Deutschlands zusammenberufen würde, auf welchem dieselben ehrwürdigen Brüder einmüthigen Sinnes solche, Unserm u n d dieses Stuhles Urtheile zu unterbreitende Rathschlüsse zu fassen sich bemühen möchten, durch welche sie i n Stand gesetzt würden, m i t vereinten Kräften, gleichsam i n geschlossenen Reihen, v i e l kräftiger die Schlachten des H e r r n zu schlagen u n d eine Mauer f ü r das Haus Israel aufzurichten u n d zugleich zweckmäßige M i t t e l anzuwenden, auf daß eines Jeden eigene Heerde von den vergifteten Weideplätzen u n d den verderblichen Secten leichter abgehalten und auf die Wege des Heiles geführt werde. Deshalb habet I h r , w e i l I h r w o h l wisset, daß dieses Concil ohne Unsre und des apostolischen Stuhles Genehmigung weder angesagt noch gehalten werden könne, angelegentlich bittend von Uns verlangt, daß W i r diesem Eurem Wunsche entsprechen mögen. W i r können zwar nicht umhin, die i n einem solchen Wunsche sich aussprechende ausgezeichnete Hirtensorgfalt zu bewundern u n d höchlich i m H e r r n zu empfehlen, m i t welcher I h r beflissen seyd, dem Klerus u n d Volke von Deutschland größeren geistigen Nutzen zu schaffen. A l l e i n — es ist Keinem von Euch unbekannt, die Lage der Dinge u n d Zeiten i n den dortigen Ländern sey eine solche, daß die Gegenwart nicht als eine günstige Zeit vermuthet werden kann, i n welcher jene feierliche Versammlung aller Bischöfe Deutschlands m i t der f ü r ein so bedeutungsvolles Geschäft n o t wendigen Ruhe abgehalten oder so schnell beendigt werden könnte, daß die Bischöfe baldmöglichst i n die eignen Diöcesen zurückzukehren i m Stande wären. Wenn W i r deshalb auch dafürhalten, bei der gegenwärtigen Z e r r ü t tung fast aller Länder sey hierüber jetzt schon von Uns nichts zu bestimmen, so vertrauen W i r doch, daß i n Z u k u n f t , w e n n unter dem Beistande Gottes
30 1. Kap. : Die katholische Kirchenfrage während der bürgerlichen Revolution der so sehr erwünschte Friede u n d die öffentliche Ruhe wiederhergestellt seyn w i r d , größere Versammlungen der Bischöfe auf ruhigere A r t u n d Weise werden gehalten werden können. Einstweilen aber wünschen W i r das Eine sehr, daß nämlich, w i e Einige aus Eurer Reihe schon angefangen, jeder deutsche Erzbischof eine, w i e I h r sehr w o h l wisset, von den heiligen Kirchengesetzen vorgeschriebene Provinzialsynode halte, auf welcher er i m Verein m i t seinen Suffragan-Mitbischöfen m i t aller Sorge, allem Fleiß u n d Eifer Dasjenige vorzuschlagen u n d zu verhandeln sich bemühe, was vorzugsweise dient zur Mehrung der katholischen Religion, zur Aufrechterhaltung und Wiederherstellung der kirchlichen Zucht, zur Pflege u n d Erweckung der Frömmigkeit u n d Tugend, zur gründlichen Ausrottung der grassirenden I r r t h ü m e r u n d zur Vertreibung der Pest des wahnsinnigen Unglaubens, welche i n diesen überaus unheilvollen Zeiten fast den ganzen Erdkreis anzustecken u n d zu verderben sucht. Was n u n aber die Berufung der Diöcesansynoden betrifft, von denen I h r i n Euern Briefen gesprochen habt, so w o h n t Euch zwar selbst so v i e l K l u g h e i t bei, u m selbst v o l l k o m m e n einzusehen, daß bei den mehrorts i n jenen Diöcesen obwaltenden e i g e n t ü m l i c h e n Umständen kluger Weise zu befürchten steht, es dürfe die Berufung solcherlei Synoden nicht ohne Gefahr Statt finden. Denn es ist Euch sehr w o h l bekannt, daß man Einige unter der Geistlichkeit trifft, welche am Meisten i n diesen bewegten u n d bedrängten Zeiten verderblichen Neuerungen ergeben und begierig die Gewalt der Kirchenvorsteher zu schmälern u n d die kirchliche Zucht zu untergraben u n d eine ungebundenere Lebensweise einzuführen, m i t großer Begierde Diöcesansynoden begehren, u m des Hermes u n d andere verderbliche und unheilvolle Lehrmeinungen wieder aufzufrischen oder heftige Streitigkeiten zu erregen oder heillose Neuerungen i n der Religion aufzubringen u n d zu unterstützen 4 . Auch ist es Euch nicht unbekannt, daß es keineswegs i n Deutschland an Geistlichen fehlt, welche, die wühlerische u n d v o m apostolischen Stuhle, wie Euch sehr w o h l bekannt, verdammte Lehre hegend, sich auf Diöcesansynoden eine entscheidende Stimme anzumaßen bestrebt sind, u n d welche diese Synoden aus der Absicht freilich längst sehnlich wünschen, u m nach unterdrücktem Ansehen des eigenen Bischofs sich leichter den Weg bahnen zu können zur Zernichtung der Rechte der heiligen Hierarchie, zur Auflösung des heiligen Cölibatsgesetzes u n d zur Durchsetzung anderer Dinge, welche m i t den heiligsten Grundsätzen der katholischen Religion u n d der Vorschrift der heiligen Kirchengesetze i m größten Widerstreite stehen. Freilich hat der apostolische S t u h l nicht unterlassen, solch' verkehrten Bestrebungen m i t aller Sorgfalt entgegenzutreten, und an einige Bischöfe sind deshalb auch Schreiben erlassen worden. Bei solchem Stande der Dinge halten w i r es f ü r w e i t zeitgemäßer u n d ersprießlicher, daß die Erzbischöfe zuerst Provinzialsynoden halten u n d m i t andern Bischöfen sich berathen u n d solche Beschlüsse fassen, welche sich f ü r unversehrte Erhaltung der katholischen Religion und der kirchlichen Zucht sowohl als f ü r das geistige W o h l der Völker u n d der V e r w a l t u n g der Diöcesen zuträglicher i m H e r r n erweisen dürften. Uns f ü r 4 Über den Hermesianismus siehe Verfassungsgeschichte, Bd. I I , S. 217 ff.; Staat u n d Kirche, Bd. I , S. 352 ff., 364 ff.
V. Papst Pius I X . u n d die Würzburger Bischofskonferenz
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w a h r w i r d es sehr angenehm seyn, die Verhandlungen solcher Provinzialconcilien zu empfangen, u n d alle Unsre Sorgfalt u n d A u t o r i t ä t darauf zu verwenden, daß Eure Bemühungen und Rathschlüsse zur größern Ehre Gottes, zum Ruhme u n d zum Gedeihen jener Kirchen und zur Wohlfahrt der Seelen gereichen mögen. Hemach aber werden auf jedesfalls nützlichere Weise Diöcesansynoden berufen werden können, auf denen jeder Bischof m i t seiner Geistlichkeit das zur Ausführung bringen mag, was m i t dem Rathe anderer Bischöfe beschlossen u n d durch die A u t o r i t ä t des apostolischen Stuhles bestätigt worden i s t . . .
Zweites Kapitel
Das deutsche Staatskirchenrecht 1 8 4 8 - 1 8 5 0 I. Das Staatskirchenrecht der Frankfurter Reichsverfassung Die von der Frankfurter Nationalversammlung beschlossenen Grundrechte wurden zunächst als selbständiges Reichsgesetz vom 27. Dezember 1848 verkündet; dann wurden sie als Teil der Reichsverfassung vom 28. März 1849 erneut verlautbart 1. Eine Reihe deutscher Einzelstaaten — unter ihnen vor allem Baden und Württemberg — setzten die Reichs-Grundrechte auch als Landesgesetz in Kraft Nach dem 28. März 1849 traten 28 Einzelstaaten der Reichsverfassung förmlich bei 2. Einen bedeutenden Rang nahmen im Rahmen der Frankfurter Reichsverfassung 3 die auf den Schutz der geistigen Freiheit bezogenen kulturstaatlichen Grundrechte ein (Nr. 9). In den Bereichen der religiösen Überzeugung , der wissenschaftlichen Forschung und Lehre sowie der persönlichen und der institutionalisierten Meinungsäußerung sollte Freiheit unter Ausschluß der staatlichen oder kirchlichen Bevormundung gelten. Doch blieben die im Interesse des Gemeinwohls und der öffentlichen Ordnung erforderlichen Begrenzungen gewahrt. Die auf dieses Ziel gerichteten Verfassungsartikel stellen in wesentlichen Elementen einen Verfassungskompromiß zwischen Freiheit und Bindung dar. Besonders umstritten waren die staatskirchenrechtlichen Normen der Reichsverfassung , vor allem der § 147*. Der Widerspruch des Katholikentags und der Würzburger Bischofskonferenz sowie die zahlreichen Petitionen , die vor allem von den Pius-Vereinen veranlaßt worden waren , führten noch zu einer Modifikation gegenüber der in der ersten Lesung verabschiedeten Fassung des Artikels (oben Nr. 3). Diese hatte insbesondere die Befürchtung geweckt, die Kirchen könnten Sondergesetzen unterworfen werden 5. Durch die Formel, jede Religionsgesellschaft sei den „allgemeinen Staatsgesetzen " unterstellt, wurde jedenfalls diese Befürchtung ausgeräumt. Dieser GesetzesV orbehalt des §147 hat trotz aller Erschütterungen in der Folgezeit als „lex regia " die staatskirchenrechtliche Entwicklung in Deutschland bestimmti®. 1 Dazu ingesamt H. Scholler (Hg.), Die Grundrechtsdiskussion i n der Paulskirche, 1973. 2 Verfassungsgeschichte, Bd. I I , S. 852 ff. 3 Vollständiger T e x t : Dokumente, Bd. 1, Nr. 102. 4 Siehe oben S. 1 f. 5 Vgl. die V e r w a h r u n g des Katholikentags an die deutsche Nationalversammlung (oben Nr. 5). β M.Heckel, Z u r Entwicklung des deutschen Staatskirchenrechts von der Reformation bis zur Schwelle der Weimarer Verfassung, i n : Z e v K R 12, 1966/ 1967, S. 1 ff. (35, A n m . 7). — Siehe auch Staat u n d Kirche, Bd. I I I .
I. Das Staatskirchenrecht der Frankfurter Reichsverfassung
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Die wichtigste Funktion der „Schrankenklausel" des §147 bestand in der Abwehr von Sondergesetzen, die die religiöse Freiheit einschränkten 7. Dadurch verband die Frankfurter Kirchenverfassung die Gewährleistung der Glaubens- und Gewissensfreiheit mit der Garantie der Autonomie der Religionsgesellschaften. Doch war diese Autonomie für die bisher privilegierten Konfessionen teuer erkauft, da sie mit der Gleichstellung aller Religionsgesellschaften verknüpft war 8. Als der preußische König Friedrich Wilhelm I V . 9 am 28. April 1849 nicht nur die ihm angetragene Kaiserkrone ablehnte, sondern zugleich die Reichsverfassung verwarf 10, war damit auch der Versuch gescheitert, die Freiheit von Religion und Kirche reichsverfassungsrechtlich zu sichern. Doch blieb die Frankfurter Reichsverfassung trotz ihres Scheiterns auch im staatskirchenrechtlichen Bereich als Modell des kirchenpolitischen Systems des Rechtsund Kulturstaats von prägender Wirksamkeit für die mit der bürgerlichen Revolution einsetzende moderne Verfassungsepoche.
Nr. 9. Verfassung des Deutschen Reichs v o m 28. März 1849 (Reichsgesetzblatt 1849 S. 101) — Auszug — Abschnitt
VI. Die Grundrechte Artikel
des Deutschen Volkes V.
§ 144. Jeder Deutsche hat volle Glaubens- u n d Gewissensfreiheit. Niemand ist verpflichtet, seine religiöse Überzeugung zu offenbaren. § 145. Jeder Deutsche ist unbeschränkt i n der gemeinsamen häuslichen u n d öffentlichen Übung seiner Religion. Verbrechen u n d Vergehen, welche bei Ausübung dieser Freiheit begangen werden, sind nach dem Gesetz zu bestrafen. §146. Durch das religiöse Bekenntniß w i r d der Genuß der bürgerlichen u n d staatsbürgerlichen Rechte weder bedingt noch beschränkt. Den staatsbürgerlichen Pflichten darf dasselbe keinen Abbruch thun. § 147. Jede Religionsgesellschaft ordnet und verwaltet ihre Angelegenheiten selbstständig, bleibt aber den allgemeinen Staatsgesetzen unterworfen. Keine Religionsgesellschaft genießt vor andern Vorrechte durch den Staat; es besteht fernerhin keine Staatskirche. Neue Religionsgesellschaften dürfen sich bilden; einer Anerkennung ihres Bekenntnisses durch den Staat bedarf es nicht. 7 Diese Bedeutung ist i n späteren Versuchen, den Begriff des „allgemeinen Gesetzes" bzw. des „ f ü r alle geltenden Gesetzes" inhaltlich zu füllen, häufig verkannt oder doch vernachlässigt worden. U n t e r diesem Gesichtspunkt zutreffend zuletzt W. Weber, „Allgemeines Gesetz" u n d „ f ü r alle geltendes Gesetz", i n : Festschrift f ü r E. R. Huber, 1973, S. 181 ff.; dort weitere Literatur. 8 Verfassungsgeschichte, Bd. I I , S. 779. 9 Staat u n d Kirche, Bd. I, S. 424, A n m . 1. 10 Dokumente Bd. 1, Nr. 113 a; vgl. Verfassungsgeschichte, Bd. I I , S. 854 ff.
3 Huber, Staat und Kirche, 2. Bd.
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2. Kap.: Das deutsche Staatskirchenrecht 1848 - 1850
§148. Niemand soll zu einer kirchlichen Handlung oder Feierlichkeit gezwungen werden. §149. Die Formel des Eides soll k ü n f t i g lauten: „So w a h r m i r Gott helfe." §150. Die bürgerliche G ü l t i g k e i t der Ehe ist n u r von der Vollziehung des Civilactes abhängig; die kirchliche Trauung k a n n n u r nach der Vollziehung des Civilactes Statt finden. Die Religionsverschiedenheit ist kein bürgerliches Ehehinderniß. §151. Die Standesbücher werden von den bürgerlichen Behörden geführt. Artikel
VI.
§ 152. Die Wissenschaft u n d ihre Lehre ist frei. §153. Das Unterrichts- u n d Erziehungswesen steht unter der Oberaufsicht des Staats, u n d ist, abgesehen v o m Religionsunterricht, der Beaufsichtigung der Geistlichkeit als solcher enthoben. §154. Unterrichts- u n d Erziehungsanstalten zu gründen, zu leiten u n d an solchen Unterricht zu ertheilen, steht jedem Deutschen frei, w e n n er seine Befähigung der betreffenden Staatsbehörde nachgewiesen hat. Der häusliche Unterricht unterliegt keiner Beschränkung. § 155. F ü r die B i l d u n g der deutschen Jugend soll durch öffentliche Schulen überall genügend gesorgt werden. E l t e r n oder deren Stellvertreter dürfen ihre K i n d e r oder Pflegebefohlenen nicht ohne den Unterricht lassen, welcher f ü r die unteren Volksschulen v o r geschrieben ist. § 156. Die öffentlichen Lehrer haben das Recht der Staatsdiener. Der Staat stellt unter gesetzlich geordneter Betheiligung der Gemeinden aus der Z a h l der Geprüften die Lehrer der Volksschulen an.
I I . Das Staatskirchenrecht der preußischen Verfassung In Preußen endete die Revolution von 1848 mit einem Gegenschlag, indem der König die preußische Nationalversammlung auflöste und die Verfassung einseitig in Kraft setzte 1. Die „oktroyierte Verfassung" vom 5. Dezember 1848 2 war jedoch weithin bestimmt von dem Entwurf der durch die Nationalversammlung eingesetzten Verfassungskommission. So berücksichtigte die vom König einseitig in Kraft gesetzte Verfassung doch einen Großteil der Forderungen der Revolution. Art. 112 der oktroyierten Verfassung schrieb deren unverzügliche Revision auf dem Weg der Gesetzgebung nach Zusammentritt der Kammern bindend vor. Demgemäß verabschiedeten beide Kammern die „revidierte Verfassung die der König am 31. Januar 1850 in Kraft setzte*. Die revidierte Verfassung behielt bis zur Novemberrevolution 1918 ihre Geltung. Die staatskirchenrechtlichen Bestimmungen der oktroyierten Verfassung (Nr. 10) und der revidierten Verfassung (Nr. 11) stimmen großenteils überein. 1 Dokumente, Bd. 1, Nr. 162 a, 162 b. Dazu Verfassungsgeschichte, Bd. I I , S. 762 ff. 2 Vollständiger T e x t : Dokumente Bd. 1, Nr. 163. s Vollständiger T e x t : Dokumente Bd. 1, Nr. 168.
I I . Das Staatskirchenrecht der preußischen Verfassung
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Die folgende Dokumentation gibt die Bestimmungen der oktroyierten Verfassung daher nur wieder, soweit sie von denen der revidierten abweichen. Über die Bestimmungen des Allgemeinen Landrechts* und über das Religions-Patent von 1847 5 gingen sie insofern hinaus, als sie mit der positiven zugleich die negative Religionsfreiheit, mit der religiösen Vereinigungsfreiheit zugleich das Recht zur Konfessionslosigkeit gewährleisteten. In unterschiedlichem Ausmaß verwirklicht wurde in der Staatspraxis der Folgezeit der Verfassungsgrundsatz der kirchlichen Autonomie. Während die katholischen Bischöfe in Preußen imstande waren, das der Kirche zuerkannte Recht zur selbständigen Ordnung und Verwaltung ihrer Angelegenheiten alsbald in Anspruch zu nehmenblieb die evangelische Kirche Preußens infolge des fortdauernden landesherrlichen Summepiskopats weiterhin der staatlichen Einwirkung unterworfen. Dies geht bereits aus der Verfügung des Kultusministers v. Ladenberg 7 vom 12. Dezember 1848 hervor (Nr. 12). Diese stellt fest, daß die kirchenregimentlichen Befugnisse der Konsistorien im bisherigen Umfang aufrecht erhalten werden 8. Auch die amtlichen Erläuterungen des Kultusministers zu den staatskirchenrechtlichen Artikeln der oktroyierten Verfassung lassen erkennen, daß die preußische Regierung eine selbständige evangelische Kirchenverfassung allenfalls langfristig ins Auge faßte 9. In wichtigen Fragen stellte die revidierte Verfassung eine konservative Korrektur der oktroyierten Verfassung dar. Dies zeigte sich besonders in der Garantie der christlichen Staatseinrichtungen (Art. 14 rev. Verfassung), die auf Vorschläge der Abgeordneten der Ersten Kammer Ferdinand Walter 10 11 und Friedrich Julius Stahl zurückging. Stahl hatte darüber hinaus versucht, der Idee des „christlichen Staats" in der Verfassung Ausdruck zu geben. Obwohl ihm das nicht gelungen war, blieb doch die institutionelle Garantie christlicher Staatseinrichtungen hinter der Gewährleistung des „christlichen Staats" nicht weit zurück. Der Art. 14 der revidierten Verfassung bot einen ausreichenden Anhaltspunkt für die Fortführung der überlieferten Verbindung von Kirche und Staat.
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Staat u n d Kirche, Bd. I, Nr. 1. Ebenda Nr. 198. ® Denkschrift des preuß. Episkopats v o m J u l i 1849 (unten Nr. 20). 7 Adalbert v. Ladenberg (1798 - 1855), Jurist i m preuß. Verwaltungsdienst; 1834 Regierungspräsident i n T r i e r ; seit 1839 i m preuß. K u l t u s m i n i s t e r i u m ; M i t g l i e d des Staatsrats; 1848-50 Kultusminister, dann Präsident der Oberrechnungskammer. 8 Vgl. die Verordnung betreifend die Ressortverhältnisse der Provinzialbehörden f ü r das evangelische Kirchenwesen v o m 27. J u n i 1845 (Text: Staat u n d Kirche Bd. I, Nr. 271). 9 Amtliche Erläuterungen der Bestimmungen der Verfassungsurkunde v o m 5. Dezember 1848 über Religion, Religionsgesellschaften u n d Unterricht v o m 15. Dezember 1848 (Text: Beiträge zum Preußischen Kirchenrechte, Heft 1, 1854, S. 3 ff.). 10 Staat u n d Kirche, Bd. I, S. 364, A n m . 3. 11 Ebenda, S. 613, A n m . 5. 5
3*
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2. Kap.: Das deutsche Staatskirchenrecht 1848 - 1850
Nr. 10. Verfassungsurkunde für den Preußischen Staat v o m 5. Dezember 1848 (Preußische Gesetz-Sammlung 1848, S. 375 ff.) — Auszug — Titel
II.
Von den Rechten der Preußen. Art. 11. Die Freiheit des religiösen Bekenntnisses, der Vereinigung zu Religions-Gesellschaften (Art. 28 u n d 29) u n d der gemeinsamen öffentlichen Religions-Übung w i r d gewährleistet. Der Genuß der bürgerlichen u n d staatsbürgerlichen Rechte ist unabhängig von dem religiösen Bekenntnisse u n d der Theilnahme an irgend einer Religionsgesellschaft. Den bürgerlichen und staatsbürgerlichen Pflichten darf durch die Ausübung der Religionsfreiheit kein Abbruch geschehen. Art. 12. = A r t . 15 rev. Verf. Art. 13 = A r t . 16 rev. Verf. Art. 14. Über das Kirchenpatronat u n d die Bedingungen, unter welchen dasselbe aufzuheben, w i r d ein besonderes Gesetz ergehen. Art. 15. Das dem Staate zustehende Vorschlags-, W a h l - oder Bestätigungsrecht bei Besetzung kirchlicher Stellen ist aufgehoben. Art. 16. Die bürgerliche Gültigkeit der Ehe w i r d durch deren Abschließung v o r den dazu bestimmten Civilstands-Beamten bedingt. Die kirchliche Trauung k a n n n u r nach der Vollziehung des Civilaktes stattfinden. Art. 17. = A r t . 20 rev. Verf. Art. 18. Der preußischen Jugend w i r d durch genügende öffentliche A n stalten das Recht auf allgemeine Volksbildung gewährleistet. A l t e r n u n d Vormünder sind verpflichtet, ihren K i n d e r n oder Pflegebefohlenen den zur allgemeinen Volksbildung erforderlichen Unterricht ertheilen zu lassen u n d müssen sich i n dieser Beziehung den Bestimmungen unterwerfen, welche das Unterrichtsgesetz aufstellen w i r d . Art. 19. = A r t . 22 rev. Verf. Art. 20. Die öffentlichen Volksschulen, so w i e alle übrigen Erziehungs- u n d Unterrichtsanstalten stehen unter der Aufsicht eigener, v o m Staate ernannter Behörden. Die öffentlichen Lehrer haben die Rechte der Staatsdiener. Art. 21. Die L e i t u n g der äußeren Angelegenheiten der Volksschule u n d die W a h l der Lehrer, welche ihre sittliche u n d technische Befähigung den betreffenden Staatsbehörden gegenüber zuvor nachgewiesen haben müssen, stehen der Gemeinde zu. Den religiösen Unterricht i n der Volksschule besorgen u n d überwachen die betreffenden Religionsgesellschaften. Art. 22. Abs. 1 = A r t . 25. Abs. 1 rev. Verf. Art. 22. Abs. 2 = A r t . 25. Abs. 3 rev. Verf. Art. 23. E i n besonderes Gesetz regelt das gesammte Unterrichtswesen. Der Staat gewährleistet den Volksschullehrern ein bestimmtes auskömmliches Gehalt.
I . Das Staatskirchenrecht der
reicherfassung
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Nr. 11. Verfassungsurkunde für den Preußischen Staat v o m 31. Januar 1850 (Preußische Gesetz-Sammlung 1850, S. 17 ff.) — Auszug — Art. 12. Die Freiheit des religiösen Bekenntnisses, der Vereinigung zu Religionsgesellschaften (Art. 30 und 31) u n d der gemeinsamen häuslichen u n d öffentlichen Religionsübung w i r d gewährleistet 1 2 . Der Genuß der bürgerlichen und staatsbürgerlichen Rechte ist unabhängig von dem religiösen Bekenntnisse. Den bürgerlichen u n d staatsbürgerlichen Pflichten darf durch die Ausübung der Religionsfreiheit k e i n Abbruch geschehen. Art. 13. Die Religionsgesellschaften, so w i e die geistlichen Gesellschaften, welche keine Korporationsrechte haben, können diese Rechte n u r durch besondere Gesetze erlangen. Art. 14. Die christliche Religion w i r d bei denjenigen Einrichtungen des Staats, welche m i t der Religionsübung i m Zusammenhange stehen, unbeschadet der i m A r t . 12 gewährleisteten Religionsfreiheit, zum Grunde gelegt. Art. 15. Die evangelische u n d die römisch-katholische Kirche, so w i e jede andere Religionsgesellschaft, ordnet u n d verwaltet ihre Angelegenheiten selbstständig u n d bleibt i m Besitz u n d Genuß der f ü r ihre K u l t u s - , U n t e r richts· u n d Wohlthätigkeitszwecke bestimmten Anstalten, Stiftungen u n d Fonds. Art. 16. Der Verkehr der Religionsgesellschaften m i t ihren Oberen ist u n gehindert. Die Bekanntmachung kirchlicher Anordnungen ist n u r denjenigen Beschränkungen unterworfen, welchen alle übrigen Veröffentlichungen unterliegen 1 3 . Art. 17. Über das Kirchenpatronat u n d die Bedingungen, unter welchen dasselbe aufgehoben werden kann, w i r d ein besonderes Gesetz ergehen 14 . Art. 18. Das Ernennungs-, Vorschlags-, W a h l - u n d Bestätigungsrecht bei Besetzung kirchlicher Stellen ist, so w e i t es dem Staate zusteht, u n d nicht auf dem Patronat oder besonderen Rechtstiteln beruht, aufgehoben. A u f die Anstellung v o n Geistlichen beim M i l i t a i r u n d an öffentlichen A n stalten findet diese Bestimmung keine Anwendung 1 5 . 12 I m Unterschied zu A r t . 11 der oktr. Verf. gewährleistet der A r t . 12 der rev. Verf. ausdrücklich auch das Recht der „gemeinsamen häuslichen Religionsübung" (devotio domestica). 13 Die Zulassung des freien Verkehrs der katholischen Bischöfe m i t Rom und die Einschränkung des staatlichen Plazets w a r e n schon durch das Schreiben des Kultusministers v. Eichhorn v o m 1. Januar 1841 verfügt worden (Text: Staat u n d Kirche, Bd. I, Nr. 193). Die oktr. Verf. (Art. 13) u n d die rev. Verf. (Art. 16) gehen darüber hinaus, indem sie das Plazet gänzlich aufheben. 14 I m Unterschied zu A r t . 14 oktr. Verf., der die Aufhebung des Kirchenpatronats zwingend vorschreibt, enthält A r t . 17 rev. Verf. n u r eine K a n n Vorschrift. 13 Während A r t . 15 oktr. Verf. die Aufhebung aller staatlichen M i t w i r k u n g s rechte i m kirchlichen Ämterwesen vorsieht, enthält A r t . 18 rev. Verf. eine erhebliche Z a h l von Mitwirkungsvorbehalten, die praktisch den status quo aufrechterhalten.
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Art. 19. Die Einführung der Civilehe erfolgt nach Maaßgabe eines besonderen Gesetzes, was auch die F ü h r u n g der Civilstandsregister regelt 1 6 . Art. 20. Die Wissenschaft u n d ihre Lehre ist frei. Art. 21. Für die B i l d u n g der Jugend soll durch öffentliche Schulen genügend gesorgt werden. Eltern u n d deren Stellvertreter dürfen ihre K i n d e r oder Pflegebefohlenen nicht ohne den Unterricht lassen, welcher f ü r die öffentlichen Volksschulen vorgeschrieben ist. Art. 22. Unterricht zu ertheilen u n d Unterrichtsanstalten zu gründen u n d zu leiten, steht Jedem frei, w e n n er seine sittliche, wissenschaftliche u n d technische Befähigung den betreffenden Staatsbehörden nachgewiesen hat. Art. 23. A l l e öffentlichen u n d Privat-Unterrichts- u n d Erziehungs-Anstalten stehen unter der Aufsicht v o m Staate ernannter Behörden. Die öffentlichen Lehrer haben die Rechte u n d Pflichten der Staatsdiener. Art. 24. Bei der Einrichtung der öffentlichen Volksschulen sind die konfessionellen Verhältnisse möglichst zu berücksichtigen 1 7 . Den religiösen Unterricht i n der Volksschule leiten die betreffenden Religions-Gesellschaften. Die Leitung der äußeren Angelegenheiten der Volksschule steht der Gemeinde zu. Der Staat stellt, unter gesetzlich geordneter Betheiligung der Gemeinden, aus der Z a h l der Befähigten die Lehrer der öffentlichen Volksschulen an. Art. 25. Die M i t t e l zur Errichtung, Unterhaltung u n d Erweiterung der öffentlichen Volksschulen werden von den Gemeinden u n d i m Falle des nachgewiesenen Unvermögens, ergänzungsweise v o m Staate aufgebracht. Die auf besonderen Rechtstiteln beruhenden Verpflichtungen D r i t t e r bleiben bestehen. Der Staat gewährleistet demnach den Volksschullehrern ein festes, den Lokalverhältnissen angemessenes Einkommen. I n der öffentlichen Volksschule w i r d der Unterricht unentgeltlich ertheilt. Art. 26. E i n besonderes Gesetz regelt das ganze Unterrichtswesen 1 8 .
16 Z u r Einlösung dieses Verfassungsprogramms k a m es erst nach mehr als 20 Jahren i m Rahmen des K u l t u r k a m p f s (unten Nr. 297). 17 Über den langwährenden Streit u m die Frage der Bekenntnisschule siehe Verfassungsgeschichte, Bd. I V , S. 876 ff. 18 Durch Gesetz v o m 10. J u l i 1906 (GS. 333) erhielt A r t . 26 folgende Fassung: „Das Schul- u n d Unterrichtswesen ist durch Gesetz zu regeln. Bis zu anderweitiger gesetzlicher Regelung verbleibt es hinsichtlich des Schul- u n d U n t e r richtswesens bei dem geltenden Rechte."
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Nr. 12. Verfügung des Kultusministers v. Ladenberg an die preußischen Konsistorien und die preußischen Regierungen v o m 12. Dezember 1848 (Ministerialblatt für die gesamte innere Verwaltung, 1848, S. 374) 19 — Auszug — Die i m A r t . 12 des Verfassungsgesetzes v o m 5. d. M . enthaltene Bestimmung, nach welcher die evangelische u n d römisch-katholische Kirche, so w i e jede andere Religionsgesellschaft, ihre Angelegenheiten selbstständig ordnen u n d verwalten soll 2 0 , hat mehrfach zu dem Bedenken Veranlassung gegeben, ob die gegenwärtig bestehenden Behörden die V e r w a l t u n g der evangelischen Kirchensachen auch ferner noch zu führen berechtigt seien. O b w o h l dieser Zweifel bereits durch den allgemeinen Grundsatz i n A r t . 109 des Verfassungsgesetzes erledigt ist 2 1 , unterlasse ich doch nicht dem Königl. Konsistorium noch besonders zu eröffnen, daß es nicht die Absicht gewesen ist, durch jene Bestimmung die gesetzlich geordnete V e r w a l t u n g zu unterbrechen, u n d daß m i t h i n die letztere so lange fortdauern muß, bis die evangelische Kirche über eine neue Verfassung sich vereinigt haben und es demnach ausführbar w i r d , daß der Staat die Kirche i n ihre Selbstständigkeit übergehen lasse. Bis zu dieser Zeit, deren möglichst baldige Herbeiführung ich m i r zur besondern Pflicht machen werde, w i r d insbesondere auch die Ausübung des landesherrlichen Patronats den Königl. Konsistorien u m so mehr verbleiben, als i n dem A r t . 14 des Verfassungsgesetzes 22 die Feststellung der Bedingungen f ü r die Aufhebung des Patronats der künftigen Gesetzgebung ausdrücklich v o r behalten ist. Die i m A r t . 15 ausgesprochene Aufhebung des dem Staate zustehenden Wahl-, Vorschlags- u n d Bestätigungsrechts bei Besetzung geistlicher Stellen 2 3 berührt, w i e der Gegensatz zu dem A r t . 14 ergiebt, selbstredend die patronatische Verleihung nicht u n d bezieht sich lediglich auf die von dem Staate, gegenüber der katholischen Kirche, bisher ausgeübten Befugnisse . . .
I I I . Das Staatskirchenrecht des Großherzogtums Hessen Bereits die hessische Verfassung vom 17. Dezember 1820 1 hatte die Religionsfreiheit anerkannt. Doch hatte dies dem Vorrang der drei, seit der hessischen Union der zwei anerkannten Konfessionen 2 keinen Eintrag getan. Gleich zu Beginn der Märzrevolution versprach der hessische Mitregent, der spätere Großherzog Ludwig III.*, in seinem Reformedikt vom 6. März 1848 19 Die zur oktr. Verf. ergangene Ladenbergsche Verfügung v o m 12. Dezember 1848 enthält eine amtliche Interpretation, die als maßgeblich auch f ü r die entsprechenden Bestimmungen der rev. Verf. heranzuziehen ist. 20 A r t . 15 rev. Verf. 21 A r t . 110 rev. Verf. 22 A r t . 17 rev. Verf. 23 A r t . 18 rev. Verf. 1 Staat u n d Kirche, Bd. I, Nr. 66. 2 Über die hessische U n i o n : ebenda Nr. 296 f. 3 Ludwig III. (1806 - 1877), seit 5. März 1848 Mitregent, seit dem Tod des Großherzogs L u d w i g I I . (am 16. J u n i 1848) bis 1877 Großherzog v o n Hessen.
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die Einführung der unbeschränkten Religionsfreiheit 4. Dieses Versprechen erfüllte er durch das Gesetz, die religiöse Freiheit betreffend, vom 2. August 1848 (Nr. 13). Diesem traten das Gesetz, die Beurkundungen des Personenstandes und die Ehe der Angehörigen neuer Religionsgemeinschaften betreffend, vom 3. August 1848 5 und die Verordnung, die zeitgemäße Entwicklung der inneren Verfassung der evangelischen Kirche betreffend, vom 14. November 18496 zur Seite. Den Abschluß bildete die Verordnung, die Staatsaufsicht über neue Religionsgesellschaften und über Versammlungen zu kirchlichen Zwecken betreffend, vom 23. Februar 1850 (Nr. 14).
Nr. 13. Gesetz, die religiöse Freiheit betreffend v o m 2. August 1848 (Hessisches Regierungsblatt, 1848, S. 231 f.) Art.l. Jedem Einwohner des Großherzogthums steht die freie u n d öffentliche Ausübung seines religiösen Cultus zu. Unter dem Vorwande der Religion dürfen jedoch weder die Gesetze des Staats oder der Sittlichkeit übertreten, noch Andere i n ihren politischen, bürgerlichen oder religiösen Rechten beeinträchtigt werden. Art. 2. Die Verschiedenheit des Religionsbekenntnisses hat keine Verschiedenheit i n den politischen oder bürgerlichen Rechten zur Folge. Jede Unfähigkeit oder Beschränkung hinsichtlich der Ausübung v o n politischen oder bürgerlichen Rechten u n d Rechtshandlungen, welche bisher als Folge der Verschiedenheit des Religionsbekenntnisses bestanden hat, ist aufgehoben. Art. 3. Die Bestimmungen dieses Gesetzes genießen den Schutz der V e r fassung.
Nr. 14. Verordnung Großherzog Ludwigs III., die Staatsaufsicht über neue Religionsgemeinschaften und über Versammlungen zu kirchlichen Zwecken betreffend v o m 23. Februar 1850 (Hessisches Regierungsblatt, 1850, S. 19 ff.) — Auszug — Um, unter W a h r u n g der durch das Gesetz v o m 2. August 1848 verstatteten religiösen Freiheit, die Beziehungen der i n den letzten Jahren entstandenen u n d etwa ferner sich bildenden neuen Religionsgemeinschaften zu den bestehenden Kirchen u n d älteren Religionsgemeinschaften u n d zum Staate zu regeln, haben W i r , damit den, unter dem Vorwande der Religion, gegen die öffentliche Ordnung u n d den Frieden unter den Religionsparteien gerichteten 4
Proklamation v o m 6. März 1848 (Reg.Bl. 65). Reg.Bl. 232. « U n t e n Nr. 181.
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Angriffen begegnet u n d die Religion vor Entweihung bewahrt werde, vorbehältlich weiterer Bestimmungen, verordnet u n d verordnen, w i e folgt: §1. Von der B i l d u n g neuer Religionsgemeinschaften haben die Leiter derselben der vorgesetzten Regierungs-Commission Anzeige zu machen. Die Anzeige soll enthalten: a) öffentlich beglaubigte E r k l ä r u n g der Mitglieder, daß sie sich zu einer neuen Religions-Gemeinschaft verbinden wollen . . . ; b) A u s k u n f t über die wesentlichen Grundlagen u n d den Zweck der B i l d u n g der neuen Gemeinschaft; c) Auskunft über die gesellschaftliche Einrichtung, m i t Benennung der Vorsteher, Geistlichen u n d Religionslehrer derselben, insoweit hierüber bereits Bestimmung getroffen ist. Ist die Anzeige vollständig, oder auf Erfordern vervollständigt worden, so ist dieselbe von der Regierungs-Commission an Unser M i n i s t e r i u m des Innern einzusenden, welches baldthunlichst Bescheinigung über den Empfang zu ertheilen hat. Ehe diese Bescheinigung ertheilt ist, k a n n eine neue Religionsgemeinschaft als bestehend nicht angenommen werden. § 2. Wer, u m sich einer neuen Religionsgemeinschaft anzuschließen, aus der Kirche oder Religionsgemeinschaft, welcher er bis dahin angehörte, austreten w i l l , ist verbunden, hiervon sowohl seinem seitherigen Geistlichen oder, i n Ermangelung eines solchen, dem Vorstande der Religionsgemeinschaft, als auch dem Ortsvorstande persönlich oder mittelst einer öffentlich beglaubigten Erklärung schriftlich Anzeige zu machen, auch m i t dieser Anzeige die Angabe der Religionsgemeinschaft, welcher der Austretende sich anschließen w i l l , zu verbinden... § 3. Bis zu der i m § 2 vorgeschriebenen Anzeige ist sowohl von den kirchlichen als den Beamten des Staats u n d der bürgerlichen Gemeinde so zu verfahren, als sey i n der bisherigen kirchlichen Verbindung keine Änderung eingetreten. § 5. Die Gesellschaftsbeamten neuer Religionsgemeinschaften sind verbunden, der Staatsbehörde zu jeder Zeit, auf Erfordern, vollständige, gewissenhafte A u s k u n f t über die Verhältnisse der Gemeinschaft zu ertheilen. § 6. Behufs der Annahme von Geistlichen oder Religionslehrern haben die Vorsteher neuer Religionsgemeinschaften der betreffenden Regierungs-Commission Vorlage über die Heimath, den Wohnort, die Ausbildung, das seitherige sittliche und bürgerliche Verhalten derselben zu machen. Unser M i n i s t e r i u m des Innern, welches die Entschließung hierauf zu ertheilen hat, k a n n die Zulassung zu den Verrichtungen eines Geistlichen oder Religionslehrers versagen, w e n n die v o n der Religionsgemeinschaft hierfür i n Aussicht genommenen Personen sich eines unsittlichen Lebenswandels schuldig gemacht, oder auffallende Nichtachtung der Gesetze oder der bürgerlichen Ordnung, oder der Rechte anderer Religionsparteien zu erkennen gegeben haben, oder w e n n ihnen die zu einem derartigen Berufe erforderliche Bildung abgeht... § 7. Das Auftreten herumreisender Geistlichen oder Prediger ist n u r m i t Gestattung Unseres Ministeriums des I n n e r n zulässig.
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§ 8. Eine besondere Überwachung der Versammlungen der Religionsgemeinschaften ist dann anzuordnen, w e n n sich gegründete V e r m u t h u n g ergiebt, daß diese Versammlungen dazu mißbraucht werden, Haß u n d U n frieden unter den Anhängern verschiedener Religionsparteien zu verbreiten; Gegenstände der Verehrung, Lehren u n d Einrichtungen anderer Religionsparteien herabzuwürdigen; Beamte des Staats oder anderer Religionsgesellschaften m i t Schmähungen zu verfolgen; Lehren zu verbreiten, durch welche die Verletzung der Gesetze, der bürgerlichen u n d staatsbürgerlichen Pflichten oder der Sittlichkeit f ü r erlaubt erklärt w i r d ; oder überhaupt die gesetzliche Ordnung u n d Sittlichkeit zu gefährden. Den Staatsbeamten, welchen die Wahrung der öffentlichen Ordnung übertragen ist, k a n n der Z u t r i t t zu den Versammlungen der Religionsgemeinschaften nie verweigert werden. § 9. Der Religionsunterricht, welcher von Geistlichen oder Religionslehrern, i n oder außerhalb der Versammlungen der Religionsgemeinschaften, der Jugend ertheilt w i r d , ist der Aufsicht des Staats unterworfen, welche insbesondere von den Regierungs-Commissionen auszuüben i s t . . . §10. Wenn Geistliche oder Religionslehrer i n ihren Vorträgen f ü r E r wachsene oder i n der Unterweisung der Jugend die i m § 8 erwähnten, v o m Staate zu wahrenden Rücksichten bei Seite setzen, oder wenn sie sich ein Betragen zu Schulden kommen lassen, welches nach § 6 die Verweigerung ihrer Zulassung nothwendig machen würde, so hat, abgesehen von strafrechtlicher Verfolgung, w e n n i m geeigneten Falle vorzunehmende Warnungen nicht fruchten, Unser M i n i s t e r i u m des I n n e r n nach gehöriger E r m i t t e l u n g der Thatsachen die Einstellung der Verrichtungen jener Geistlichen oder Religionslehrer zu verfügen. Eine solche Verfügung ist stets m i t Auseinandersetzung der Gründe u n d Thatsachen, auf welchen sie beruht, zu begleiten. §12. Die A b h a l t u n g eines öffentlichen Gottesdienstes oder öffentlicher religiöser Feierlichkeiten sind n u r den nach Vorschrift des § 1 gebildeten Religionsgemeinschaften, unter Leitung nach § 6 zugelassener Geistlichen oder Religionslehrer, gestattet. §13. Die A b h a l t u n g gottesdienstlicher Versammlungen oder religiöser A u f züge u n d Feierlichkeiten i m Freien ist n u r statthaft, w e n n die N a t u r der Sache, w i e bei Beerdigungen, die Vornahme i m Freien m i t sich bringt, oder w e n n zuvor besondere Genehmigung Unseres Ministeriums des I n n e r n dazu eingeholt worden ist. §14. Volksversammlungen, welche nicht zur A b h a l t u n g eines Gottesdienstes oder einer religiösen Feierlichkeit, w o h l aber zu anderen kirchlichen Zwecken bestimmt sind, sind lediglich nach der Verordnung v o m 17. September 1849, „die Verhütung des Mißbrauchs der Volksversammlungen betreffend" 7 , zu behandeln. I h r e A b h a l t u n g i m Freien ist bis auf Weiteres untersagt 8 .
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Reg.Bl. 1849, S. 484 ff. I n den §§ 1 5 - 2 1 folgen Vorschriften über die A h n d u n g von Z u w i d e r handlungen durch gerichtliche oder Polizeistrafen. 8
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IV« Das Staatekirchenrecht des Herzogtums Braunschweig Die neue Landschaftsordnung des Herzogtums Braunschweig von 18321 hatte die Glaubensfreiheit nur innerhalb einer der staatlich „aufgenommenen" kirchlichen Gesellschaften anerkannt. Darüber hinausgehend beseitigte das Gesetz vom 23. Mai 1848 (Nr. 15) alle Rechtsungleichheiten, die sich aus der Konfessionszugehörigkeit ergaben 2.
Nr. 15. Gesetz, die Aufhebung der aus dem Glaubensbekenntnisse entspringenden Rechtsungleichheiten betreffend v o m 23. M a i 1848 (Braunschweigische Gesetz-Sammlung, 1848, Nr. 27) Einziger
Artikel.
A l l e Rechtsungleichheiten, sowohl i m öffentlichen als i m Privatrechte, welche Folgen des Glaubensbekenntnisses sind, werden — vorbehaltlich der noch bestehenden Parochialgerechtsame u n d der übrigen kirchlichen V e r h ä l t nisse — hierdurch aufgehoben. A l l e Behörden u n d jeder Einzelne, den es angeht, haben sich hienach zu achten.
V. Das Staatskirchenrecht der Königreichs Hannover Das Staatskirchenrecht des Königreichs Hannover war durch die Verfassung vom 6. August 1840 1 bestimmt. Die große Verfassungsrevision, zu der es im Gefolge der Märzrevolution schon im September 1848 kam, betraf auch die staatskirchenrechtlichen Artikel (Nr. 16). Besonderes Gewicht kam dabei vor allem der Aufhebung des königlichen Plazet sowie der Einführung von Kirchenvorständen für die evangelischen und katholischen Gemeinden des Landes zu. Wahl und Aufgaben der Kirchenvorstände wurden durch das Gesetz vom 14. Oktober 1848 (Nr. 17) im einzelnen geregelt 2.
1
Staat u n d Kirche, Bd. I , Nr. 71. E i n zweites Gesetz v o m selben Tag (GS Nr. 28) hob auch das Verbot der Ehen zwischen Christen u n d Juden auf. Vgl. auch Verfassungsgeschichte Bd. I I , S. 539 f. 1 Staat u n d Kirche, Bd. I , Nr. 72. 1 Vgl. Verfassungsgeschichte, Bd. I I , S. 537 ff. 2
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2. Kap.: Das deutsche Staatskirchenrecht 1848 - 1850
Nr. 16. Gesetz, verschiedene Änderungen des LandesverfassungsGesetzes betreffend v o m 5. September 1848 (Hannoversche Gesetz- u n d Verordnungs-Sammlung, 1848, S. 261) — Auszug — § 23. Der § 66 der Landesverfassung w i r d durch folgende Bestimmungen ersetzt: I n der evangelischen Kirche werden die Rechte der Kirchengewalt v o m Könige, so w e i t es die Kirchen Verfassung m i t sich bringt, unmittelbar, oder mittelbar durch die Consistorial- oder Presbyterialbehörden, welche aus evangelischen geistlichen u n d weltlichen Personen bestehen, unter Königlicher Oberaufsicht ausgeübt, vorbehaltlich der den Gemeinden u n d Einzelnen dabei zustehenden Rechte. Über Abänderungen i n der bestehenden Kirchenverfassung w i r d der K ö n i g m i t einer von i h m zu berufenden Versammlung von geistlichen u n d weltlichen Personen, welche theils von I h m bestimmt, theils von den Geistlichen und Gemeinden auf die sodann durch Verordnung zu bestimmende Weise erwählt werden, berathen. Einer solchen Berathung bedarf es auch dann, w e n n vor Einrichtung von Synoden f ü r das ganze Königreich oder einzelne Landestheile neue Kirchenordnungen erlassen oder i n wesentlichen Grundsätzen derselben, und namentlich i n der L i t u r g i e Veränderungen vorgenommen werden sollen. Den Kirchengemeinden soll eine allgemeinere Betheiligung bei der A n stellung ihrer Prediger eingeräumt werden, so w e i t solches von der allgemeinen Landesgesetzgebung abhängt. § 24. Der § 70, Absatz 1 (die amtlichen Communicationen m i t dem päbstlichen Stuhle betreffend) w i r d aufgehoben. § 25. Der § 71, Absatz 1, w i r d durch folgende Bestimmung ersetzt: Beschwerden über Mißbrauch der Kirchengewalt können zur Entscheidung auch bis an den K ö n i g gebracht werden. §26. Dem §72, Absatz 1 (die Bestätigung von Predigern etc. betreffend) w i r d hinzugesetzt: Die Gründe sollen jederzeit mitgetheilt werden. § 27. Der § 75, Absatz 6 (Berufungen w i d e r Entscheidungen über Abänderung von Stiftungen etc. betreffend) fällt weg. § 28. Der § 76 w i r d durch folgende Bestimmung ersetzt: Es sollen Kirchenvorstände gebildet werden, welche aus den Predigern u n d von den Gemeinden gewählten Mitgliedern derselben bestehen. Diese K i r chenvorstände sollen die unmittelbare V e r w a l t u n g des Vermögens der einzelnen Kirchen u n d der dazu gehörenden Stiftungen u n d Armenanstalten führen. Das Nähere darüber w i r d unter Berücksichtigung der Rechte der Patronen gesetzlich bestimmt werden.
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Nr. 17. Gesetz über Kirchen- und Schulvorstände v o m 14. Oktober 1848 (Hannoversche Gesetz- u n d Verordnungs-Sammlung, 1848, S. 301) — Auszug — § 1. Jede evangelische u n d katholische Kirchengemeinde soll zu dem i m § 18 bezeichneten Zwecke einen Kirchenvorstand haben. Ausnahmen hievon sind bei den n u r f ü r bestimmte Classen von Personen bestehenden Kirchengemeinden zulässig 8 . § 2. Die Kirchenvorstände sollen aus den Pfarrgeistlichen (Pfarrern, Pfarrverwesern etc.) der Kirchengemeinde u n d wenigstens vier von letzterer gewählten Vorstehern bestehen. Vergi, jedoch § 23. I n Filialgemeinden können statt der Pfarrer oder neben den Pfarrern die Capelläne der Filialgemeinden i n den Kirchenvorstand eintreten. § 3. Die W a h l der Vorsteher geschieht i n einer öffentlich anzukündigenden Versammlung der Kirchengemeinde nach absoluter Stimmenmehrheit. § 9. Wahlberechtigt sind alle volljährigen männlichen Mitglieder der K i r chengemeinde, welche i n deren Bezirke Wohnrecht haben, m i t Ausnahme solcher 1) welche unter väterlicher Gewalt, Curatel oder i n Kost u n d L o h n stehen; 2) welche i m letzten Jahre vor der W a h l aus A r m e n m i t t e l n unterstützt sind oder welchen Armuthshalber die kirchliche Beitragsleistung erlassen ist; 3) über deren Vermögen ein noch unbeendigter Concurs obschwebt; 4) welche durch ihren Lebenswandel öffentlich Ärgerniß gegeben haben. Hat jedoch ein Theil der hienach Wahlberechtigten i n einer Kirchengemeinde bisher weder kirchliches Stimmrecht gehabt, noch kirchliche Beiträge geleistet, so ist der Umfang i h r e r Wahlberechtigung i n Verbindung m i t dem ihrer Beitragspflicht, nach A n h ö r u n g der Kirchengemeinde, i m V e r w a l tungswege zu bestimmen. §18. Der Kirchenvorstand v e r t r i t t die Kirchengemeinde i n vermögensrechtlicher Beziehung u n d verwaltet das kirchliche Vermögen — einschließlich der dazu gehörigen A r m e n - u n d Stiftungsmittel, sofern hiebei der W i l l e des Stifters, so w i e des Pfarr-, Pfarrwitwenthums-, Küsterei- etc. Vermögens, soweit hiebei das Recht des jeweiligen Inhabers nicht entgegensteht — beides unter oberer Leitung der zuständigen Vorgesetzten. §21. Der Kirchen vorstand muß einen Voranschlag der Jahrs-Einnahmen und Ausgaben i n einer Gemeindeversammlung vorlegen, auch i n einer solchen die Rechnung, nachdem er sie geprüft, abnehmen u n d hierauf zur Einsicht der Gemeindeglieder u n d zur Einbringung von Erinnerungen mindestens acht Tage lang auslegen. M i t den dabei sich ergebenden u n d sonst von i h m dazu gestellten Erinnerungen hat er die Rechnung den Vorgesetzten zur Superrevision zu übermitteln. 3
So f ü r die Militär-Kirchengemeinden.
2. Kap.: Das deutsche Staatskirchenrecht 1848 - 1850
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§ 26. Z u r Vertretung der Schulgemeinden u n d zur V e r w a l t u n g des Vermögens der Volksschulen, so w i e zur M i t w i r k u n g bei der dem Prediger obliegenden Aufsicht über das Schulwesen können besondere Schulvorstände errichtet oder die Kirchenvorstände für ihren Bezirk zugleich zu Schulvorständen erklärt werden. E i n Schulvorstand soll i n allen Gemeinden eingeführt werden, welche solches verlangen. §27. Die Schulvorstände sollen regelmäßig aus einem Geistlichen der Parochie, i n welcher der Schulbezirk liegt, dem Ortsschullehrer u n d einigen Schulvorstehern bestehen. I m Übrigen gelten i n Betreff der Schulvorstände die vorstehenden Bestimmungen über Kirchenvorstände i n entsprechender Weise. § 28. F ü r Städte werden m i t Rücksicht auf die besonderen örtlichen E i n richtungen oder Verfassungen Abweichungen von diesem Gesetze unter verfassungsmäßiger M i t w i r k u n g der Ortsbehörden, Kirchencollegien oder Gemeinden gestattet.
V I . Das Staatskirchenrecht des Großherzogtums Oldenburg Oldenburg gehörte zu den wenigen deutschen Mittelstaaten, die bis 1848 ohne Verfassungsurkunde geblieben waren 1. Erst die Märzrevolution führte zur Aufrichtung des konstitutionellen Systems. Das vereinbarte Staatsgrundgesetz vom 18. Februar 1849 nahm die Grundrechte des deutschen Volkes 2 fast vollständig auf. Die rückläufigen Entwicklungen nach dem Scheitern der Revolution führten zu einer Verfassungsrevision. Doch auch das revidierte Grundgesetz vom 22. November 1852 (Nr. 18) hielt in seinen staatskirchenrechtlichen Bestimmungen an den Gewährleistungen der Frankfurter Grundrechte weithin fest 3. Das in der oldenburgischen Verfassung von 1852 entwickelte System des deutschen Staatskirchenrechts geht an Umfang und Präzision über die sonstigen deutschen Verfassungsregelungen der Zeit weit hinaus. enthaltene Besonders bemerkenswert ist die in Art. 81 des Grundgesetzes Regelung des Kirchensteuerrechts. Schon auf die Reformationszeit geht in Deutschland die Übung zurück, die Kirchenglieder mit Beiträgen zur kirchlichen Baulast heranzuziehen 4. Die ersten deutschen Staaten, die das Kirchensteuerwesen im 19. Jahrhundert gesetzlich regelten, waren Lippe*, Oldenburg e, Sachsen-Altenburg 7 und das Königreich Sachsen 8. Oldenburg war 1
Verfassungsgeschichte, Bd. I I , S. 540 f. Oben Nr. 9. 3 J. Freisen, Verfassungsgeschichte der katholischen Kirche Deutschlands i n der Neuzeit (1916) S. 230 f. 4 Dazu Fr. Giese, Deutsches Kirchensteuerrecht (1910) S. 15 ff. 5 Lippisches Gesetz v o m 16. M a i 1827. « Oldenburgisches N o r m a t i v für die Wahrnehmung des Landesherrlichen Hoheitsrechts über die römisch-katholische Kirche i m Herzogtum Oldenburg v o m 5. A p r i l 1831. 7 Sachsen-altenburgisches Gesetz v o m 21. A p r i l 1837. 8 Sächsisches Parochiallastengesetz v o m 8. März 1838 (GVB1. 266). 2
V I . Das Staatskirchenrecht des Großherzogtums Oldenburg
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das erste deutsche Land, das eine verfassungsrechtliche Anerkennung und Gewährleistung für das kirchliche Steuerrecht aussprach. Die Mehrzahl der deutschen Einzelstaaten regelten das Kirchensteuerwesen gesetzlich erst in späterer Zeit 9.
Nr. 18. Revidiertes Staatsgrundgesetz für das Großherzogtum Oldenburg v o m 22. November 1852 (Oldenburgisches Gesetzblatt, 1852, S. 139 ff.) — Auszug — II. Abschnitt Von den staatsbürgerlichen Rechten im
Allgemeinen
Art. 32. Jeder Staatsbürger hat volle Glaubens- u n d Gewissensfreiheit. Art. 33. §1. Durch das religiöse Bekenntniß w i r d der Genuß der bürgerlichen, so wie der staats- und gemeindebürgerlichen Rechte weder bedingt noch beschränkt. § 2. I n den staats- u n d gemeinde-bürgerlichen Pflichten begründet dasselbe keinen Unterschied u n d darf es solchen Pflichten keinen Abbruch thun. § 3. Die Religionsverschiedenheit ist kein bürgerliches Ehehinderniß. F ü r jede staatsgesetzlich zulässige Ehe hat das Gesetz eine gültige Form der bürgerlichen Eingehung (Civilehe) zu gewähren 1 0 . Art. 34. §1. Die W a h l des Glaubensbekenntnisses ist nach zurückgelegtem 14. L e bensjahre der eigenen freien Überzeugung eines Jeden überlassen. § 2. I n welcher Religion die K i n d e r erzogen werden sollen, haben lediglich diejenigen zu bestimmen, denen nach bürgerlichen Gesetzen die Erziehungsrechte zustehen. Letzteres gilt insbesondere auch von der Erziehung der K i n d e r aus gemischten Ehen 1 1 . §3. Die näheren Bestimmungen darüber, w i e es m i t der religiösen E r ziehung der K i n d e r nach dem Tode der Eltern zu halten ist, bleiben der Gesetzgebung vorbehalten. Art. 35. Niemand soll zu einer kirchlichen Handlung oder Feierlichkeit gezwungen werden. Vorschriften über Beobachtung kirchlicher Ruhetage bleiben der Gesetzgebung überlassen. » Siehe unten S. 1014, 1021. 10 System der „ f a k u l t a t i v e n Zivilehe". 11 Grundsätzlich stand somit nach oldenburgischem Recht das Entscheidungsrecht über die Konfession der K i n d e r dem Vater zu.
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2. Kap.: Das deutsche Staatskirchenrecht 1848 - 1850
Art. 36. Jeder Staatsbürger ist unbeschränkt i n der gemeinsamen häuslichen u n d öffentlichen Ü b u n g seiner Religion u n d deren Gebräuche. Gesetzübertretungen, welche bei Ü b u n g der Religion u n d ihrer Gebräuche begangen werden, sind nach dem Gesetze zu bestrafen. Art. 37. §1. Die Formel des Eides soll k ü n f t i g lauten: „So w a h r m i r Gott helfe." Zusätze zu dieser Formel so w i e besondere Förmlichkeiten sind zulässig nach Maßgabe der Gesetze. §2. Anstatt des Eides leistet derjenige, dem sein religiöses Bekenntniß einen Eid verbietet, ein Gelöbniß i n der Form, welche nach seinem religiösen Bekenntniß an die Stelle des Eides t r i t t . IV. Von den
Abschnitt
Religionsgesellschaften
Art. 74. Die christliche Religion soll bei denjenigen Einrichtungen des Staats, welche m i t der Religionsübung i m Zusammenhange stehen, zum Grunde gelegt werden, unbeschadet der i n den A r t . 35 und 36 gewährleisteten Religionsfreiheit. Es besteht indeß keine Staatskirche. Art. 75. Die f ü r Vereine u n d Versammlungen überhaupt geltenden Bestimmungen finden auf Religionsgesellschaften, welche Corporationsrechte haben, keine Anwendung. Art. 76. Neue Religions-Gesellschaften dürfen sich bilden; einer Anerkennung ihres Bekenntnisses durch den Staat bedarf es nicht. Art. 77. Denjenigen Religionsgesellschaften, welche bereits Korporationsrechte h a ben (Religionsgenossenschaften), werden dieselben gewährleistet, andere können diese Rechte n u r durch ein Gesetz erhalten. Art. 78. §1. Jede Religionsgenossenschaft ordnet u n d verwaltet ihre Angelegenheiten selbstständig, unbeschadet der Rechte des Staats. §2. Der evangelischen Kirche i m Großherzogthum w i r d Presbyterial- u n d Synodalverfassung gewährleistet, vorbehaltlich der kirchenregimentlichen Befugnisse, welche zur E r h a l t u n g der Verbindung der Kirche m i t dem Staate u n d zur Förderung ihrer Zwecke dem Großherzoge nach der Verfassung der Kirche zustehen werden. Die jetzt bestehende Verfassung der evangelischen Kirche des Herzogthums Oldenburg ist denjenigen Änderungen unterworfen, welche zur Erhaltung d e j Bestandes der Kirche oder der staatlichen Ordnung erforderlich sind. Bis dahin, daß die hiernach nothwendigen Änderungen der Verfassung der evangelischen Kirche des Herzogthums Oldenburg, beziehungsweise die erforderlichen Einrichtungen f ü r die evangelische Kirche i n
V I . Das Staatskirchenrecht des Großherzogtums Oldenburg
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den F ü r s t e n t ü m e r n Lübek u n d Birkenfeld, durch den Großherzog unter Zuziehung der kirchlichen Organe getroffen sein werden, bleiben die jetzt bestehende Verfassung der evangelischen Kirche des Herzogthums Oldenburg v o m 3./15. August 1849, beziehungsweise die i n den F ü r s t e n t ü m e r n Lübek u n d Birkenfeld bestehenden organischen Einrichtungen der evangelischen Kirche i n K r a f t . § 3. Das i n Angelegenheiten der katholischen Kirche geübte Landesherrliche Placet u n d V i s u m bleibt aufgehoben. §4. Es steht den verschiedenen Religionsgenossenschaften frei, sich m i t anderen zu größeren Gemeinschaften zu vereinigen u n d darf der Verkehr m i t den kirchlichen Obern i n keiner Weise gehemmt werden. Art. 79. Die den Religionsgenossenschaften zustehende Wahl, Ernennung oder E i n setzung ihrer Beamten u n d Diener erfordert von Seiten der Staatsgewalt n u r die Gutheißung nach Maßgabe der Gesetze oder Verträge. Art. 80. Die Kirchengemeinden u n d Religionsgenossenschaften werden i n dem Besitz ihres Kirchenvermögens, so wie bei der stiftungsmäßigen Verwendung desselben geschützt, u n d gelten zu dessen Erhaltung n u r dieselben Bestimmungen, welche f ü r die weltlichen Gemeinden maßgebend sind. Art. 81. Jeder Religionsgenossenschaft bleibt überlassen, die A u f b r i n g u n g der A b gaben u n d Leistungen zu ihren Zwecken selbst zu ordnen. Diese Abgaben u n d Leistungen sollen von den Staatsbehörden den Abgaben u n d Leistungen der weltlichen Gemeinden gleich behandelt werden u n d gleiche Vorzüge w i e diese haben, w e n n die Grundsätze, wonach jene A b gaben u n d Leistungen aufgebracht u n d vertheilt werden sollen, von der Staatsgewalt genehmigt sind 1 2 . V. Abschnitt Von den Unterrichts-
und
Erziehungsanstalten
Art. 82. § 1. Das Unterrichts- u n d Erziehungswesen steht unter der Oberaufsicht des Staats. §2. Die nothwendige Verbindung zwischen Kirche u n d Schule w i r d , unter Berücksichtigung der konfessionellen Verhältnisse, durch das Gesetz geregelt. I n die oberen u n d unteren Schulbehörden sollen auch Geistliche u n d Schulmänner berufen werden. §3. Die oberen Schulbehörden des Herzogthums Oldenburg sollen für die evangelischen so w i e f ü r die katholischen Lehranstalten gesondert bestehen u n d so eingerichtet werden, daß der betheiligten Kirche die zur religiös-konfessionellen B i l d u n g der Jugend erforderliche E i n w i r k u n g gesichert sei.
^ Dazu oben S. 46 f. 4 Huber, Staat und Kirche, 2. Bd.
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2. Kap.: Das deutsche Staatskirchenrecht 1848 - 1850
Art 83. §1. F ü r die B i l d u n g der Jugend soll durch öffentliche Schulen überall genügend gesorgt werden. §2. A l l e öffentliche Unterrichtsanstalten sollen stets m i t angemessenen Lehrkräften u n d L e h r m i t t e l n versehen sein. Art 84. §1. Der häusliche Unterricht unterliegt keiner Beschränkung. §2. Eltern oder deren Stellvertreter dürfen ihre K i n d e r oder Pflegebefohlenen nicht ohne den Unterricht lassen, welcher f ü r die unteren Volksschulen vorgeschrieben ist. Art. 85. Die öffentlichen Lehrer haben die Hechte u n d Pflichten der Staatsdiener; sie haben ein Recht auf angemessenes Diensteinkommen so w i e auf angemessene Pension. Art. 86. §1. Die Volksschulen sind Gemeindeanstalten. Die Ausgaben f ü r dieselben sind zunächst von der Gemeinde zu bestreiten, ohne daß dadurch die Zahlung eines mäßigen Schulgeldes ausgeschlossen w i r d . §2. W i r d eine Gemeinde durch ihre Schulausgaben über ihre K r ä f t e beschwert, so soll der erforderliche Zuschuß nach Maaßgabe gesetzlicher Bestimmung aus der Staatscasse erfolgen. § 3. Besondere Armenschulen finden nicht Statt. Art. 87. A l l e Volksschulen sind so einzurichten, daß die Jugend i n denselben eine allgemein menschliche u n d bürgerliche, so w i e eine religiös-konfessionelle B i l d u n g erhält. Art. 88. §1. Der Staat stellt aus der Z a h l der Geprüften die Lehrer der Volksschulen an. §2. I n w i e f e r n hiebei eine Betheiligung der Gemeinden stattfinden soll, bestimmt das Gesetz. Art. 89. §1. F ü r die B i l d u n g tüchtiger Volksschullehrer ist durch V e r v o l l k o m m n u n g der dazu vorhandenen Anstalten zu sorgen. Solche Anstalten sollen so eingerichtet u n d beaufsichtigt werden, daß dadurch die religiös-konfessionelle B i l d u n g der heranzubildenden Lehrer gesichert ist. §2. E i n Anschluß an andere Deutsche Bildungsanstalten derselben K o n fession ist gestattet 1 5 .
18 Diese Bestimmung w a r v o r allem wichtig f ü r die Volksschullehrerbildung der oldenburgischen Exklave Fürstentum Birkenfeld, deren evangelische Landeskirche uniert w a r ; i h r wurde damit der Anschluß an die evangelischunierten Lehrerbildungsanstalten der preußischen Rheinprovinz möglich gemacht.
Drittes
Kapitel
Staat und katholische Kirche i n Preußen 1 8 4 9 - 1 8 7 0 I. Die Stellung der katholischen Kirche unter der neuen Verfassung Die oktroyierte Verfassung vom 5. Dezember 1848 (oben Nr. 10) gewähr leistete die Selbständigkeit der katholischen Kirche in der Verwaltung ihrer eigenen Angelegenheiten ; sie bestätigte den ungehinderten Verkehr der Bischöfe mit Rom und schränkte das staatliche Plazet ein; sie hob das staatliche Präsentationsrecht zu kirchlichen Stellen auf , entzog aber umgekehrt auch der geistlichen Schulaufsicht die Grundlage. Schon die amtlichen Erläuterungen des Kultusministers zu diesen Bestimmungen vom 15. Dezember 1848 1 ließen erkennen , daß die preußische Regierung nur an einen allmählichen Übergang zu einer neuen Gestalt der Beziehungen zwischen Staat und Kirche dachte. Der Zirkularerlaß des Kultusministers an die Oberpräsidenten über die Verhältnisse der katholischen Kirche vom 6. Januar 1849 (Nr. 19) sowie das ergänzende Schreiben an die katholischen Bischöfe in Preußen vom 1. März 18492 verdeutlichten die staatliche Haltung. Der preußische Episkopat antwortete mit der Denkschrift vom Juli 1849 (Nr. 20). In ihr anerkannte er die Verfassung als Grundlage der Beziehungen zwischen Staat und Kirche; zugleich nahm er die Selbständigkeit in der Verwaltung der kirchlichen Angelegenheiten als ihm danach unverzüglich zustehendes Recht in Anspruch. Die Denkschrift war am 5. Oktober 1849 Gegenstand einer Debatte in der preußischen Ersten Kammer , i n der der Kultusminister v. Ladenberg den Standpunkt der Regierung verteidigte und die Bischofsdenkschrift „der Regierung gegenüber als nicht existierend " bezeichnete 3. Die preußischen Bischöfe antworteten mit einer Eingabe an die Zweite Kammer vom November 1849, i n der sie die Stellungnahme des Kultusministers scharf zurückwiesen*. Dieser beharrte in dem Zirkularerlaß an die preußischen Bischöfe vom 15. Dezember 1849 (Nr. 21) jedoch darauf , daß die Ablösung kirchenhoheitlicher Rechte des Staats auf einer Verein1 Oben S. 35, A n m . 9. E r w ä h n t i n dem Zirkularerlaß Ladenbergs v o m 15. Dezember 1849 (unten Nr. 21). 3 Erklärung Ladenbergs v o r der Ersten K a m m e r am 5. Oktober 1849 (Verh. d. preuß. I. Kammer, 1849, Bd. 3, S. 1015 ff.): D a r u m habe ich mich veranlaßt gesehen, den Herren Bischöfen unter der wiederholten Versicherung, daß sie m i t Recht u n d B i l l i g k e i t behandelt werden, zu eröffnen, daß die Regierung Sr. M a j . nicht auf Schriften h i n unterhandeln werde, welche i m Weg des Buchhandels an sie gelangen. I c h . . . k a n n jene Schriften der Regierung gegenüber als existierend nicht anerkennen." 4 A r c h i v f ü r Kirchengeschichte u n d Kirchenrecht, Heft 2, 1851, S. 166 ff. 2
4·
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3. Kap.: Staat und katholische Kirche i n Preußen 1849 - 1870
barung beruhen müsse, die die unterschiedliche Rechtslage in den verschiedenen preußischen Provinzen berücksichtige. Durch die Revision der preußischen Verfassung (oben Nr. 11) verzögerte sich die erstrebte Verständigung.
Nr. 19. Zirkularerlaß des Kultusministers v. Ladenberg an die Oberpräsidenten über die Verhältnisse der katholischen Kirche im Königreich Preußen v o m 6. Januar 1849 (Ministerialblatt für die gesamte innere Verwaltung, 1849, S. 265) Die i n den A r t . 11 bis 16 der Verfassungs-Urkunde v o m 5. Dezember 1848 enthaltenen Bestimmungen über das künftige Verhältniß der verschiedenen Religionsgesellschaften machen, soviel die katholische Kirche betrifft, eine umfassende Auseinandersetzung zwischen derselben u n d der Staatsbehörde über die künftige Ausübung derjenigen Berechtigungen u n d A t t r i b u t i o n e n erforderlich, welche bisher entweder der Staatsgewalt allein zuständig waren, oder seitens derselben i n Verbindung m i t den kirchlichen Oberen ausgeübt wurden. O b w o h l diese Auseinandersetzung zumal i n Beziehung auf die kirchlichen Externa, wegen welcher i n den verschiedenen Provinzen des Staats ein vielfach von einander abweichendes Verhältniß besteht, bedeutenden Schwierigkeiten unterliegt, so ist m i t den Vorbereitungen zu derselben dennoch bereits der Anfang gemacht·, u n d Ew. etc. werden demnächst m i t näherer Eröffnung i n dieser Beziehung versehen werden. So lange indeß die gedachte Auseinandersetzung i m Einvernehmen m i t den H e r r n Bischöfen u n d den inländischen Stellvertretern ausländischer Bischöfe 4 a nicht erfolgt ist, erscheint es i m allseitigen Interesse des Staats sowohl, als der katholischen Kirche angemessen u n d nothwendig, daß vorläufige V o r kehrung getroffen werde, w i e es i n der Zwischenzeit zur Abwendung bedenklicher Geschäftsstockungen m i t der Ausübung der v o r h i n bezeichneten A t t r i butionen zu halten ist. I n dieser Hinsicht bemerke ich demnach ergebenst Folgendes. 1. Was die i m A r t . 12 der Verfassungsurkunde vorgesehene selbstständige V e r w a l t u n g der Venrögensangelegenheiten der katholischen Kirche betrifft, so w i r d fortan das v o m Staate u n d dessen Behörden bisher geübte Aufsichtsrecht aufzuhören u n d i n die Hände der Bischöfe überzugehen haben. Desgleichen w i r d bei einzelnen Fonds eine Überweisung derselben an die bischöflichen Behörden zur Selbstverwaltung eintreten müssen. Bei den v i e l fachen Schwierigkeiten, welche i n dieser Hinsicht vorauszusehen sind, da die bischöflichen Behörden durchweg der f ü r diese Geschäfte nöthigen Organe mehr oder minder entbehren, ist es indeß hier vor allem nothwendig, daß die bisherige Geschäftsverfassung einstweilen u n d bis zur erfolgten Auseinandersetzung zwischen dem Staate u n d der Kirche ohne Änderung bestehen bleibe. 2. Die bisher noch bestandenen nicht erheblichen Beschränkungen des Verkehrs der katholischen Kirchenoberen u n d der Mitglieder der katholischen 4a
Gedacht ist hier an die preußischen Sprengel der österreichischen Diözesen Olmütz u n d Prag (dazu unten S. 888, A n m . 5).
I. Die Stellung der katholischen Kirche unter der neuen Verfassung
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Kirche m i t auswärtigen kirchlichen Vorgesetzten, insbesondere m i t dem päpstlichen Stuhle, fallen, sowie auch das bisherige Plazet f ü r kirchliche Verfügungen, i n Gemäßheit des A r t . 13 der Verfassungsurkunde fortan hinweg. 3. Soviel die A r t . 14 u n d 15 anbetrifft, so hören gleichfalls von jetzt an auf alle diejenigen Maßregeln u n d Verfügungen, welche bisher, der katholischen Kirche gegenüber, aus dem Standpunkte u n d i n K r a f t des landesherrlichen jus circa sacra eingeführt waren, m i t h i n insbesondere die Bestätigung der bischöflichen Kollationen f ü r die von den Bischöfen angestellten Pfarrer u n d Benefiziaten, die Bestätigung resp. Genehmigung der k r a f t Privatpatronatsrechts erfolgten, bischöflicher Seits durch Ertheilung der kanonischen I n s t i t u t i o n vollzogenen Besetzung geistlicher Stellen, die Genehmigung der bischöflicher Seits erfolgten Anstellung v o n Erzpriestern u n d Dechanten u n d sonstiger bischöflicher Beamten u.s.w. Was dagegen das landesherrliche Patronat u n d die Besetzung derjenigen geistlichen Stellen betrifft, auf welche dem Landesherrn k r a f t Vertrages oder sonstigen speziellen Rechtstitels eine E i n w i r k u n g gebührt, so w i r d hierüber, w i e auch bereits i m A r t . 14 ausgesprochen ist, noch eine besondere gesetzliche Bestimmung ergehen. Bis diese erfolgt u n d zugleich die vorbehaltene Revision der Verfassung b e w i r k t sein w i r d , k a n n daher i n Betreff dieses Gegenstandes i n der katholischen Kirche u m so weniger eine Veränderung i n der bisherigen M i t w i r k u n g der Staatsbehörden eintreten, als es auch aus allgemeinen Rücksichten zweckmäßig u n d wünschenswerth erscheint, die Tradition der an die kirchlichen Oberen zu überweisenden A t t r i b u t i o n e n i n planmäßiger, durch beiderseitige m i t vollständiger Legitimation ausgerüstete Kommissarien zu vereinbarender Weise v o r sich gehen zu lassen. Da das gedachte Patronat bekanntlich durchweg m i t der Übernahme bedeutender Lasten seitens des Staats verbunden ist, so w ü r d e es selbst v o m Standpunkte der katholischen Kirchenoberen u n d des Interesses der durch dieselben vertretenen Kirchengemeinden nicht rathsam gefunden werden können, die Ausübung desselben sofort, u n d bevor die Regulirung wegen der Patronatslasten erfolgt sein w i r d , i n ihre H a n d zu nehmen. Es ist daher i n dieser Beziehimg v o r der Hand, u n d bis die durch die Verfassungsurkunde i n Aussicht gestellte Ergänzung der Gesetzgebung erfolgt sein w i r d , bei dem bisherigen Verfahren zu belassen. 4. Der A r t . 16 der Verfassungsurkunde giebt, bis die Einführung der Civilehe regulirt sein w i r d , zu besonderen Bemerkungen keine Veranlassung. Ew. etc. ersuche ich ergebenst, Sich die vorstehenden Bemerkungen bei der künftigen Behandlung der katholisch-kirchlichen Angelegenheiten gefälligst zur Richtschnur dienen zu lassen, u n d solche den betreffenden kirchlichen Oberen zur vorläufigen Kenntnißnahme mitzütheilen. Zugleich werden dieselben zu veranlassen sein, demnächst sich baldigst über die Modalitäten näher zu äußern, unter welchen sie die Ausführung der bevorstehenden Auseinandersetzung ihrerseits einzuleiten f ü r angemessen erachten. Ew. etc. w o l l e n hierüber m i r sodann i n möglichst kurzer Frist gefälligst Ihre gutachtliche Äußerung zugehen lassen.
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3. Kap. : Staat u n d katholische Kirche i n Preußen 1849 - 1870
Nr. 20. Denkschrift der katholischen Bischöfe in Preußen zur Verfassungsurkunde vom 5. Dezember 1848 v o m J u l i 1849 (Archiv f ü r Kirchengeschichte u n d Kirchenrecht, Heft 2,1851, S. 125 ff.) — Auszug — Durch die von des Königs Majestät unter dem 5. December v. J. dem Lande verliehene Staatsverfassung ist die katholische Kirche i n Preußen bezüglich ihrer äußeren Verhältnisse zum Staate i n eine neue, wesentlich veränderte Stellung eingetreten. Die dadurch herbeigeführte neue Gestaltung der Dinge berührt zu wichtige Interessen u n d greift unmittelbar oder mittelbar zu tief i n das Leben der katholischen Kirche ein, als daß sie nicht die lebhafteste Theilnahme aller ihrer Bekenner i n Preußen hätte erregen sollen. Insbesondere aber mußte sie die ungetheilte Aufmerksamkeit der unterzeichneten katholischen Bischöfe i n hohem Grade i n Anspruch nehmen. Ihre zweifache Stellung, sowohl zum Staate, w i e als Würdenträger der katholischen Kirche, machte es ihnen zur unabweislichen Pflicht, die neuen, die religiösen A n gelegenheiten ordnenden Verfassungsartikel eben so gewissenhaft, w i e u n befangen ins Auge zu fassen, deren Bestimmungen i n ihrem Inhalte u n d i h r e r practischen A n w e n d u n g vollkommen k l a r zu stellen, u n d ihre V e r fahrungsweise sofort danach zu bemessen. Eine desfallsige gründliche Prüfung führte alsbald zu dem Ergebnisse, daß den gerechten Forderungen der katholischen Kirche nicht i n allen Richtungen beruhigende Rechnung getragen sey. A u f der einen Seite sind nämlich durch das neue Staatsgrundgesetz wesentliche Freiheiten und Rechte der katholischen Kirche, welche i h r seit langer Zeit i n der drückendsten Weise v e r k ü m m e r t waren, wieder zur A n erkennung gebracht worden. Diese Anerkennung haben daher die katholischen Bischöfe m i t dem katholischen Theile der Nation i n der neuen Verfassung m i t dankbarer Freude begrüßt u n d es zugleich f ü r ihre heilige Pflicht erachtet, die der katholischen Kirche freigegebenen Befugnisse i n ihrem ganzen ungeschmälerten Umfange ohne Verzug i n Besitz zu nehmen u n d sie sofort zur Ausübung zu bringen. A u f der anderen Seite aber sahen sie ihre gerechten Hoffnungen keineswegs erfüllt, indem die neue Verfassung i n einigen ihrer Bestimmungen die unveräußerlichen Rechte der katholischen Kirche schwer beeinträchtigt. Hierzu k a m überdies noch der Umstand, daß alsbald nach der Veröffentlichung des neuen Staatsgrundgesetzes i n ganz unerwarteter Weise Deutungen k u n d wurden, welche dahin zielen, die i n demselben auf das Klarste u n d Bestimmteste festgestellten kirchlichen Rechte u n d Freiheiten wieder zu schmälern u n d zu beschränken 5 . Alles dieses muß die katholischen Bischöfe m i t Besorgniß erfüllen, da sie sich nicht verhehlen können, daß darin n u r eine Quelle zahlloser Verwickelungen u n d b e k l a g e n s w e r t e r Kämpfe gegeben sey, deren endliche A u s gleichung sie nach dem langen, weder dem Staate nach der Kirche ersprießlichen Zwiespalte so lebhaft ersehnt haben, u n d deren bedauerlicher, aber 6
Gemeint sind v o r allem die wiederholten „Erläuterungen" des K u l t u s ministers v. Ladenberg (oben Nr. 12 u n d Nr. 19); vgl. S. 35, A n m . 9.
I. Die Stellung der katholischen Kirche unter der neuen Verfassung
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nach Lage der Dinge unausbleiblicher Fortsetzung sie sich u m so weniger entziehen könnten, als ihnen m i t dem Bewußtseyn ihrer schweren A m t s pflicht, die Rechte ihrer Kirche wahren zu müssen, auch die Zuversicht auf jene Verheißung einwohnt, m i t welcher der göttliche Stifter der Kirche bis ans Ende der Zeiten m i t i h r zu seyn versprochen hat. Die katholischen Bischöfe dürfen und können nicht zugeben, daß die ihrer Kirche k r a f t ihrer Stiftung v o n Gott angebornen u n d d a r u m unveräußerlichen Rechte u n d Freiheiten i n irgend einer Weise i h r vorenthalten oder geschmälert werden. Indem sie daher öffentlich erklären, daß sie die i n der neuen Staatsverfassung wieder zur Anerkennung gebrachten Rechte u n d Freiheiten der katholischen Kirche annehmen u n d sie i n ihrem ganzen Umfange festhalten, legen sie zugleich gegen jede i n das Staatsgrundgesetz aufgenommene, jene Rechte u n d Freiheiten gefährdende Bestimmung, so wie gegen jeden Versuch, die darin gewährten Befugnisse durch angebliche Erläuterungen wieder einzugrenzen, feierliche Verwahrung ein. Sie sind sich dabei bewußt, daß sie h i e r i n f ü r ihre Kirche nichts verlangen, als was i h r zur vollen Sicherung u n d Förderung ihres naturgemäßen Lebens u n d Wirkens gebührt. I n einem v e r fassungsmäßig freien Staate k a n n u n d darf die katholische Kirche nicht verfassungsmäßig unfrei seyn; sie muß vielmehr das Vollmaaß ihrer Freiheit u n d Selbstständigkeit staatsgrundgesetzlich i n Anspruch nehmen, u n d sie w i r d ihre hohe Sendung zur Wohlfahrt des Staates n u r u m so segensreicher erfüllen, j e mehr i h r derselbe i n der unbeschränkten Gewährung ihrer naturgemäßen freien Wirksamkeit gerecht w i r d . V o n diesem Gesichtspunkte ausgehend, haben daher die katholischen Bischöfe das neue Staatsgrundgesetz i n seinen die Kirche berührenden Bestimmungen ins Auge gefaßt, und fühlen sich gedrungen, als Ergebniß ihrer Prüfung folgende, vor allen übrigen i n Betracht kommende Hauptpunkte aufzustellen. A n die Spitze der gewährten Bewilligungen stellen die katholischen Bischöfe die durch eine Reihe älterer feierlicher Staatsverträge u n d andere landesherrliche Zusagen allzeit unverletzlich geachtete u n d nunmehr wiederholt i n dem neuen Staatsgrundgesetze festgestellte neue Gewähr f ü r den unveränderten, seit vielen Jahrhunderten behaupteten Bestand der römischkatholischen Kirche als moralischer Person u n d aller ihrer damit zusammenhängenden Rechte u n d Befugnisse, und sprechen dafür ihren gefühlten Dank aus. Das andere, nicht minder wichtige, der Kirche freigegebene Recht, ihre Angelegenheiten — die äußeren wie die inneren — ohne bevormundende Überwachung u n d ohne Hemmung durch fremde Einmischung, selbstständig u n d m i t freier Selbstbestimmung nach den eigenen Zwecken der Entsündigung u n d Heiligung der Welt schaffend, einrichtend u n d leitend, zu ordnen und zu verwalten, begrüßten die Bischöfe m i t besonderer Freudigkeit u n d nahmen davon u m so rascher Besitz, als i h m die übelberathene P o l i t i k der letzten Jahrhunderte vielfach solche, stets enger sich schließende Schranken gezogen hatte, deren bedauerlicher Druck nicht selten f ü r das kirchliche W i r k e n u n d Gedeihen eben so hemmend, w i e zerstörend geworden war. M i t der Beseitigung jener Schranken u n d dem Wegfall des so fruchtbar und ohne Grenzen dehnbar gewordenen Placets umfaßt n u n auch diese der
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3. Kap. : Staat u n d katholische Kirche i n Preußen 1849 - 1870
Kirche wieder zurückgegebene Selbstständigkeit i n der Richtung nach I n n e n die freie A n o r d n u n g aller gottesdienstlichen Handlungen u n d Andachtsübungen, der katholischen Feste, der Fast- u n d Abstinenztage, die Errichtung neuer kirchlichen Ä m t e r , so w i e die Beibehaltung u n d Aufnahme kirchlicher Congregationen, je nach dem kirchlichen Bedürfnisse u n d i m Einklänge m i t den canonischen Satzungen, ferner die ungehinderte Bekanntmachung aller oberhirtlichen Erlasse, der päpstlichen sowohl, als der bischöflichen, u n d eben so die freie Besetzung aller kirchlichen Ä m t e r — sohin die freie W a h l der Bischöfe u n d Weihbischöfe, die freie Besetzung der D o m - u n d Stiftsstellen u n d die freie Ernennung der bischöflichen Generalvicare, Officiale, Räthe, Dechanten u n d sonstiger bischöflichen Verwaltungsbeamten, so w i e der Pfarrer und anderer Seelsorgsgeistlichen, zu welchen bisher die staatliche Genehmigung oder Bestätigung ist gefordert worden. Diese freie Ämterbesetzung nehmen aber die katholischen Bischöfe, der Staatsgewalt gegenüber, auch m i t Wegfall des Präsentations- u n d des E r nennungsrechtes auf den G r u n d der nämlichen, der Kirche zugesprochenen Selbstständigkeit, u n d der i n den A r t . 14 u n d 15 der neuen Staatsverfassung enthaltenen Bestimmungen, sowohl ihrem Geiste, als i h r e m klaren Wortlaute nach, i n Anspruch, w i e sich dieses durch eine nähere Darlegung des eigentlichen Sachverhaltes als vollkommen begründet darthut. Es sind nämlich bezüglich der bisheran von dem Staate bei der Besetzung kirchlicher Ä m t e r , namentlich Pfarr- u n d anderer Seelsorgsstellen, ausgeübten Betheiligung zweierlei fiscalische Präsentations- u n d Ernennungsrechte w o h l zu unterscheiden: das eine, welches der Staat i n Folge der Säcularisation der Bisthümer, Stifter, Klöster u n d Abteien i n Anspruch nahm, u n d das andere, welches auf einem jedesmaligen besonderen canonischen T i t e l durch Fundation beruht. Seit der Säcularisation 6 hat die Staatsgewalt das Patronatrecht, und mit i h m das Präsentations- oder Ernennungsrecht, f ü r sich ohne kirchlichen Rechtstitel i n Anspruch genommen u n d ausgeübt, als verstände sich das v o n selbst. Wurde die Frage nach dem Grunde jener i n Anspruch genommenen Rechte erhoben, so wurde Verschiedenes angegeben. B a l d wurde behauptet, die Staatsgewalt habe jene Rechte deshalb erlangt, w e i l sie Nachfolger der aufgehobenen Anstalten geworden sey, u n d b a l d wurde vorgegeben, sie sey dadurch i n deren Besitz gekommen, w e i l m i t dem Erwerbe der Güter der aufgehobenen kirchlichen Anstalten auch alle frühere Rechte derselben i n ihre Hand übergegangen seyen. Es ist aber weder das Eine noch das Andere i n Wahrheit begründet 7 Statt jener aufgehobenen kirchlichen Anstalten haben n u n zwar die Fürsten die Kirche verschiedentlich, mehr oder minder angemessen, d o t i r t ; allein diese Dotation ist keine solche, welche nach den canonischen G r u n d bedingungen u n d rechtlich ein Patronat begründen könnte. I h r geht vorerst das Eine Grunderforderniß, daß die Dotation ein Ausfluß der Liberalität gegen die Kirche, ein an dieselbe dargegebenes Geschenk seyn muß, durchaus β
Z u r Säkularisation i n Preußen: Staat u n d Kirche, Bd. I , N r . 19 f. Das w i r d i m Folgenden näher ausgeführt, insbesondere i n Auslegung des A r t . 36 des Reichsdeputationshauptschlusses. 7
I. Die Stellung der katholischen Kirche unter der neuen Verfassung
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ab, da sie n u r die E r f ü l l u n g einer m i t jenen Gütern überkommenen u n d ihnen anhaftenden Hechtsverpflichtung w a r 8 Es ist daher n u r eine natürliche Pflicht der Kirche u n d ihrer Bischöfe, der ferneren Ausübung des fiscalischen Präsentationsrechtes als einer ungerechten Dienstbarkeit (servitus) entschieden entgegenzutreten, u n d sie namentlich jetzt f ü r i m m e r abzuwehren, w o nach ihrer Uberzeugung auch das rechtlich begründete Präsentations- u n d Ernennungsrecht des Staates durch die neue Verfassung vollständig u n d ausdrücklich aufgehoben i s t 0 . . . . Bei dieser so klaren Sachlage sehen daher die Bischöfe i n ihrer Stellung, als die amtlich berufenen Vertreter sowohl der besonderen freien Rechte der Kirche i n ihren Sprengein, als auch der solidarischen W a h r u n g der allgemeinen einheitlichen Interessen m i t dem M i t t e l p u n k t e der Kirche, sich gedrungen, die freie Verleihung der i n Rede stehenden D o m - u n d Stiftsstellen durch den apostolischen Stuhl, ohne fernere Mitbetheiligung des Staates auf den G r u n d des A r t . 15 der neuen Verfassung festzuhalten, bis das Oberhaupt der Kirche, dessen oberster Erkenntniß dieser Gegenstand unterliegt, eine desfallsige Entschließung w i r d erlassen haben. M i t der der katholischen Kirche durch die neue Verfassung zugesprochenen selbstständigen Anordnung u n d V e r w a l t u n g ihrer Angelegenheiten ist denn auch ferner derselben, mehr nach außen gerichtet, die selbstständige Vermögensverwaltung der einzelnen Kirchen u n d kirchlichen Institute, m i t Ausschließung der bevormundenden Aufsicht u n d Einmischung des Staates, nicht erst „verheißen", sondern w i r k l i c h schon gewährt — da unstreitig die neue Verfassung keineswegs n u r als eine bloße „Verheißung" künftiger Rechte, sondern als die t a t s ä c h l i c h e Gewährung bereits w i r k l i c h e r Befugnisse gelten muß I n ihren dinglichen Rechten ist ferner noch der katholischen Kirche, w i e jeder anderen Religionsgesellschaft, durch die neue Verfassung der Besitz und Genuß der für ihre Cultus-, Unterrichtsund Wohlthätigkeitszwecke bestimmten Anstalten, Stiftungen und Fonds gewährleistet. I n diesen drei Beziehungen hat das neue Staatsgrundgesetz die Stellung der katholischen Kirche formell dadurch besser gestellt, daß sie der lästigen Fessel der Controle enthoben und, w i e die Centralabtheilung sich ausdrückte, „ v o n jeglicher Bevormundung des Staates befreit worden ist," während sie aber dabei materiell nicht ist verschlimmert worden. Dieses ist i n dem Inhalte der gesetzlichen Bestimmungen selbst unzweideutig ausgedrückt, u n d dasselbe bestätigen auch die ministeriellen Erläuterungen I n den Kreis der f ü r katholische Unterrichtszwecke bestimmten Anstalten, Stiftungen u n d Fonds, deren selbstständige A n o r d n u n g u n d V e r w a l t u n g das Staatsgrundgesetz der katholischen Kirche zurückgegeben hat, gehören nicht allein die Klerikalseminarien, die f ü r Theologie Studirende an den Universitäten errichteten Convicte, die an den königlichen Universitäten u n d Academien bestehenden theologischen Facultäten u n d die f ü r den Unterricht noch beibehaltenen Klöster m i t ihren Fonds, da alle diese Anstalten ganz 8 Auch das w i r d anschließend näher dargetan, insbesondere i n Auslegung des A r t . 35 des Reichsdeputationshauptschlusses. 9 Es folgt eine umfangreiche Auseinandersetzung betreffend den W o r t l a u t und Sinn der A r t . 14 u n d 15 der oktr. Verfassung.
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3. Kap.: Staat u n d katholische Kirche i n Preußen 1849 - 1870
besonders f ü r die Kirche u n d ihre Zwecke gestiftet u n d bestimmt sind, sondern auch i n weiterer Abgliederung die f ü r die B i l d u n g der katholischen Jugend errichteten u n d erhaltenen Gymnasien u n d andere Anstalten dieser A r t , sowie namentlich auch die vorhandenen katholischen Volksschulen, als confessionelle, f ü r die katholische Jugenderziehung i n den einzelnen Gemeinden u n d Pfarreien bestimmten Anstalten, m i t den zur Ausbildung der Lehrer f ü r diese Schulen bestimmten katholischen Schullehrerseminarien. Insbesondere sehen sich i n Beziehung auf diese Volksschulen die katholischen Bischöfe durch ihren Beruf gegenüber den ihrer oberhirtlichen Obsorge anvertrauten K a t h o l i k e n aufgefordert u n d durch ihre heilige Amtspflicht gedrungen, gegen die öfter genannten ministeriellen Erläuterungen eine doppelte V e r w a h r u n g einzulegen u n d dieselbe m i t offener Entschiedenheit auszusprechen 10 Wenn n u n ferner noch, was jedoch k a u m zu glauben seyn dürfte, — i m offenen Widerspruche m i t dem zugesicherten Fortbestande der für die katholischen Unterrichtszwecke bestimmten Anstalten u n d ihrer selbstständigen Verwaltung, u n d sogar auch jener, welche vermöge ihrer inneren N a t u r u n d i h r e r ganzen Bestimmung u n m i t t e l b a r u n d unbedingt als kirchliche Anstalten unter der Kirchengewalt u n d der directen u n d ausschließlichen L e i t u n g u n d V e r w a l t u n g der Bischöfe stehen, wie die Priester seminare, die theologischen Convicte, die Knabenseminare u n d andere Vorbildungsschulen zum geistlichen Stande — jene Bestimmungen i n der Verfassungsurkunde, welche die Freiheit, Unterricht zu ertheilen u n d Unterrichtsanstalten zu gründen, durch die Nachweise der Befähigung v o r den Staatsbehörden bedingen, u n d nicht allein die öffentlichen Volksschulen, sondern auch alle übrigen Erziehungsu n d Unterrichtsanstalten unter die Aufsicht eigener v o m Staate ernannter Behörden stellen, vielleicht dahin geltend gemacht werden wollten, daß auch jene oben bezeichneten kirchlichen Anstalten denselben Beschränkungen unterworfen werden sollten; so w ü r d e n die katholischen Bischöfe sich gedrungen sehen, u m einer solchen bis dahin noch unerhörten Unfreiheit zu begegnen, schon jetzt h i e r m i t auf das Bündigste u n d Kräftigste dagegen V e r w a h r u n g einzulegen. Vermöge der gewährten Kirchenfreiheit nehmen dieselben nicht allein die durchaus unbeschränkte Befugniß zur Einrichtung, F ü h r u n g u n d V e r w a l t u n g der genannten Anstalten, so w i e zur Anstellung u n d Entfernung der Lehrer i n denselben, sondern insbesondere auch die freie A u s w a h l dieser Lehrer, ohne Beschränkung durch irgend welche Bedingungen oder Prüfungen von Seite der Staatsbehörden u n d die ausschließliche Aufsicht u n d L e i t u n g über dieselben u n d ihren Unterricht, so w i e zugleich die unbedingt freie Befugniß der Errichtung neuer Anstalten jener A r t , w o u n d w i e sie solche als nothwendig u n d ersprießlich erachten, auf das Entschiedenste i n Anspruch Z u den f ü r die katholischen Wohlthätigkeitszwecke bestimmten Anstalten, Stiftungen und Fonds sind zunächst die männlichen u n d weiblichen Klosterinstitute zu rechnen, welche die Pflege der K r a n k e n als specielle, durch Gelübde geheiligte Standespflicht übernommen haben, u n d dadurch, w i e 10
Es folgen Ausführungen über den Anspruch auf die kirchliche Aufsicht über die öffentlichen Volksschulen („geistliche Schulaufsicht").
I. Die Stellung der katholischen Kirche unter der neuen Verfassung
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gleichzeitig durch i h r inneres Wesen, durch ihre Einrichtung u n d Verfassung, recht eigentlich kirchliche Anstalten i m engeren Sinne, u n d der Kirchengewalt unmittelbar unterworfen sind. Die Bischöfe nehmen daher die u n beschränkte obere Leitung dieser Anstalten, i n ihren äußeren w i e inneren Angelegenheiten, allseitig u n d vollständig nach den canonischen Bestimmungen, insbesondere m i t Ausschließung des ihnen aufgedrungenen u n d ihnen fremdartigen Einflusses rein weltlicher Aufsicht i n Anspruch. — Als solche Anstalten aber, welche der katholischen Gesammtgemeinschaft angehören u n d deren eigenen V e r w a l t u n g zufallen, müssen alle bestehenden, vermöge ihrer ursprünglichen Stiftung f ü r K a t h o l i k e n bestimmten Waisenhäuser, Spitäler u n d Armenstiftungen angesehen werden, w i e sie i n einzelnen Kirchen oder Kirchengemeinden, oder sonst noch vorhanden sind, u n d deren V e r w a l t u n g durch die Staatsbehörden mehr oder weniger unfrei u n d u n selbstständig gemacht worden ist. Zuletzt können die katholischen Bischöfe nicht unerörtert lassen, w i e i n dem neuen Staatsgrundgesetze der eben zuvor noch (Art. 11) gewährleisteten Freiheit des religiösen Bekenntnisses u n d der öffentlichen Religionsübung einerseits u n d der selbstständigen kirchlichen Thätigkeit andererseits (Art. 12) sofort auch schon i n dem nämlichen Staatsgrundgesetze selbst wieder m i t nicht zu rechtfertigender Inconsequenz u n d unter w i l l k ü r l i c h e n Voraussetzungen eine tiefe Verletzung durch den Z w a n g beigebracht ist, die kirchliche Trauung erst nach dem Civilacte vornehmen zu dürfen (Art. 16). Das Verbot lautet zwar noch i n so fern unbestimmt, als nicht angegeben ist, gegen w e n es gerichtet ist, u n d wen, i m Falle die Übertretung desselben m i t einer Strafe belegt werden sollte, diese Strafe treffen soll, ob zunächst den Diener der Kirche, oder aber n u r die Brautleute selbst. A l l e i n mag dasselbe i n dem einen oder i n dem andern Sinne aufgefaßt werden, so enthält es i m m e r eine die religiöse Freiheit verletzende u n d die Gewissen beunruhigende Maaßregel, die sich durch ihre inneren Beziehungen nicht als eine gerechte darstellt, u n d die dem Standpunkte einer i n ihrer inneren G r u n d lage gerechten, milden u n d freisinnigen Gesetzgebung nicht entspricht 1 1 Die Staatsgewalt untersagt demnach dem Diener der Kirche die Vornahme einer rein kirchlichen Handlung zur kirchlichen Abschließung u n d Heiligung der Ehe, bevor ihrerseits eine rein bürgerliche gesetzt ist, die sie zu ihren Zwecken als nothwendig erachtet. D a r i n aber läßt sich nach jeder Seite h i n auch nicht die mindeste Verbindung m i t einander erkennen: die Handelnden u n d die Handlungen selbst sind so verschieden, als ihre Zwecke. Daher überall n u r reine W i l l k ü r . U n d mehr noch als diese! Die Staatsgewalt trägt ihre Macht über i h r Gebiet hinaus auf ein i h r fremdes, v o n i h r so eben noch ganz abgeschiedenes u n d geläugnetes, auf das kirchliche Gebiet hinüber; sie, die weltliche u n d n u n so ganz verweltlichte Gewalt, t r i t t auf das rein geistliche Gebiet, verbietet darauf eine rein kirchliche Handlung, worüber sie keine Auctorität hat, keine haben w i l l u n d keine haben kann, u n d hemmt i n i h r e m heiligsten I n n e r n die freie Thätigkeit der Kirche, welcher sie noch eben ihre freie Selbstständigkeit zu gewährleisten versprochen hat. Sie 11 Uber die Frage der Zivilehe u n d das Verbot der kirchlichen Trauung vor der bürgerlichen Eheschließung siehe unten S. 266 f., 630.
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verbietet diese kirchliche Handlung unter Strafandrohung dem Kirchendiener, der als solcher nicht unter ihrem Einflüsse steht, über den, als solchen i n seinen kirchlichen Handlungen, sie keine verpflichtende Auctorität besitzt u n d besitzen kann, dem sie daher nicht einmal zu drohen, v i e l weniger eine Strafe zuzuerkennen befugt ist, u n d macht seine Amtsthätigkeit v o n der ihrigen abhängig, die damit nicht i n der mindesten Verbindung steht. Es ist nicht die Absicht, das Interesse der Staatsgewalt bei den Ehen überhaupt, so wie hinsichtlich i h r e r äußeren Rechtsgiltigkeit innerhalb der Sphäre des weltlichen Rechtes insbesondere, i n Abrede zu stellen; allein dieses Interesse der Staatsgewalt rechtfertigt n u r eine an sich angemessene u n d gerechte Maaßregel auf i h r e m Gebiete, nicht aber den Übergriff auf ein fremdes Gebiet, nicht die Verletzung anderer unveräußerlicher Rechte u n d am allerwenigsten das Verbot gegen Dritte, die h i e r i n außer ihrer Machtsphäre stehen. Überdies hat außer der rechtlichen Seite diese Sache auch noch eine andere, f ü r die katholische Kirche wichtigere u n d heiligere, welche die katholischen Bischöfe zur lautesten V e r w a h r u n g gegen ein solches Verbot, wenigstens i n der bisher beabsichtigten unbedingten Allgemeinheit, auffordert. Es ist dieses die Seelengefahr i n jenen Fällen, i n welchen u m des Gewissens w i l l e n , u m die durch fortgesetzte Ärgernisse tief verletzte öffentliche Sittlichkeit wieder vor Gott u n d den Menschen zu sühnen, ein schweres Unrecht gegen Andere wieder gut zu machen u n d den verlornen Frieden i n dem zum Bessern erwachten Selbstbewußtseyn wieder zurückzuführen, die kirchliche Trauung vorgenommen werden muß, ohne daß der bürgerliche A c t i n der Dringlichkeit der Umstände v o r sich gehen kann. I n den meisten dieser Fälle ü b t ein solches Verbot zugleich den drückendsten Gewissenszwang aus, w e i l dasselbe meistens Sterbende trifft, die dem Tode entgegensehen u n d alsdann nicht einmal mehr i n dem entscheidendsten Augenblicke ihres irdischen Daseyns so v i e l Freiheit haben, daß sie, dem Drange ihres Gewissens folgend, die ihnen von Gott u n d ihrer Religion gebotene Pflicht erfüllen können, sondern daran durch ein Staatsgrundgesetz sich behindert sehen, welches ihre religiöse Überzeugung u n d ihren freien Willen, dieselbe auf dem kirchlichen Gebiete thatsächlich zu verwirklichen, noch auf dem Sterbebette bis zur Todesstunde gefesselt hält.
Nr. 21. Zirkularerlaß des Kultusministers v. Ladenberg an die katholischen Bischöfe und die Oberpräsidenten v o m 15. Dezember 1849 (Ministerialblatt für die gesamte innere Verwaltung, 1849, S. 268) — Auszug — Bereits u n t e r m 6. Januar d. J. habe ich mich beehrt, m i t den Herren Erzbischöfen u n d Bischöfen der Monarchie durch V e r m i t t e l u n g der Königl. Oberpräsidenten i n Beziehung auf die Veränderungen i n K o m m u n i k a t i o n zu treten, welche durch die Verfassungsurkunde v o m 5. Dezember pr. i n A n sehung des Verhältnisses des Staats zu der katholischen Kirche statt ge-
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funden haben 1 2 . Bei dieser Veranlassung sowohl, als i n meinem f e r n e m unmittelbar an die Herren Erzbischöfe u n d Bischöfe gerichteten Schreiben v o m 1. März c. habe ich vorab diejenigen Gegenstände herausgehoben, i n Beziehung auf welche nach Wortlaut u n d Geist der Verfassungsurkunde anzunehmen ist, daß alle nach den bisherigen Staatseinrichtungen bestandenen Beschränkungen der kirchlichen V e r w a l t u n g ohne Weiteres u n d sogleich fortfallen sollen u n d können. Ich habe mich ausdrücklich u n d wiederholt dahin erklärt, daß ich i n Betreff aller dieser Gegenstände eine M i t w i r k u n g und einen Einfluß nicht mehr i n Anspruch nehme, u n d habe mich, einen solchen irgendwie weiter auszuüben, gänzlich, m i t h i n auch i n solchen Fällen enthalten, w o derselbe, w i e mehrfach vorgekommen, seitens der katholischkirchlichen Behörden selbst i n A n t r a g gebracht worden war. Demnächst ist i n den gedachten beiden Erlassen auch derjenigen Gegenstände E r w ä h n i m g geschehen, welche, wenngleich dieselben nach der Absicht der VerfassungsUrkunde fortan auch ebenfalls dem kirchlichen Hessort zur selbstständigen V e r w a l t u n g anheimfallen sollen, gleichwohl nicht durch diesen Ausspruch allein t a t s ä c h l i c h u n d i h r e m ganzen Umfange nach bereits auf das kirchliche Ressort übergegangen sind u n d übergehen konnten, bei denen es vielmehr u m der öffentlichen Ordnung u n d der Sicherheit des Rechtszustandes w i l l e n erforderlich ist, daß eine geregelte Übergabe aus den Händen der Staatsbehörden i n die der kirchlichen Behörden stattfinde, auch m i t Umsicht erwogen werde, i n w i e fern durch die veränderte Ressortbestimmung etwa die Aufhebung oder Modifikation bestehender u n d nicht ohne Weiteres als beseitigt zu erachtender Spezialgesetze als nothwendig anzusehen sei. I n Beziehung auf diese Gattung von Gegenständen enthielten meine Erlasse v o m 6. Januar u n d 1. März d. J. zugleich die Einladung an die Herren Erzbischöfe u n d Bischöfe, m i r ihre Erklärungen und Anträge über das, was dahin zu zählen sei u n d dessen künftige Behandlung zugehen zu lassen, u m auf diesem Wege i n wechselseitigem Einvernehmen zu einer übersichtlichen u n d definitiven Auseinandersetzung über das künftige der Verfassimg entsprechende Verhältniß des Staats zur katholischen Kirche zu gelangen. I n Folge des ersten dieser Erlasse sind m i r von einigen Seiten M i t t h e i l u n gen über einzelne der darin berührten Angelegenheiten zugegangen, auch Reklamationen einiger, bisher i m Besitze des Staats befindlicher Fonds erfolgt, welche von m i r sofort zur Verhandlung gezogen, t e i l w e i s e auch bereits zum Abschluß gefördert worden sind. Auch meinerseits sind i n z w i schen mehrere wichtige, auf einzelne Diözesen u n d Landestheile bezügliche, Materien v o n Amtswegen aufgenommen u n d einer, m i t der Verfassung übereinstimmenden Regulirung entgegengeführt. E i n vollständiges Eingehen auf den gedachten Erlaß hat indeß k a u m seitens Eines der Herren Erzbischöfe u n d Bischöfe stattgefunden, u n d ist m i r auf das Schreiben v o m 1. März d. J. bis jetzt noch v o n keiner Seite eine Erwiederung zugegangen. Seitens der Mehrzahl der Herren Erzbischöfe u n d Bischöfe ist zwar i n einer, m i r i n den letzten Tagen des Augustmonats zuerst u n d sodann nach und nach von den einzelnen Herren Erzbischöfen u n d Bischöfen m i t g e t e i l t e n gedruckten Denkschrift 1 3 über mehrere der zur Verhandlung zu stellenden 12 13
Oben Nr. 19. Oben Nr. 20.
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Gegenstände eine Erörterung erfolgt. Eine A n k n ü p f u n g an die vorstehend erwähnten bereits i m Gange befindlichen, amtlichen Verhandlungen hat hierbei jedoch nicht stattgefunden; auch bezieht sich diese Denkschrift, i h r e m Charakter als einer gemeinsamen E r k l ä r u n g entsprechend, mehr auf a l l gemeine, das Verhältniß der katholischen Kirche zum Staate betreffende Fragen, als daß dieselbe, dem praktischen Bedürfnisse gemäß, auf die besonderen vielfach von einander abweichenden Rechtszustände der einzelnen Landestheile u n d Diözesen näher eingegangen wäre. Die Fortsetzung der von m i r eingeleiteten Verhandlungen bleibt daher, w e n n die Absicht der Verfassungsurkunde überhaupt erreicht werden soll, ein unabweisliches Bedürfniß Die wahrscheinlich bald bevorstehende definitive Feststellung der Verfassungsurkunde 1 4 gewährt den Vortheil, die gemeinschaftliche Aufgabe, welche sich auf die A r t i k e l 11 bis 16 der Verfassung erstreckt, u m so bestimmter überschauen u n d sicher abgrenzen zu können. Die Publikation der revidierten Verfassungsurkunde w i r d daher jetzt zunächst abzuwarten sein. Diesem nach unterlasse ich nicht, die Herren Erzbischöfe u n d Bischöfe wiederholt ergebenst zu ersuchen, nach erfolgter Publikation der revidirten Verfassungsurkunde m i t Berücksichtigung der vorstehenden Bemerkungen meiner früheren Einladung, so bald es geschehen kann, Folge zu geben; und I h r e auf die zur Frage stehende Angelegenheit bezüglichen Äußerungen u n d Anträge, u n d zwar f ü r jede Diözese besonders, durch Vermittelung des betreffenden Königl. Oberpräsidiums an mich gelangen zu lassen. Ich wünsche hierbei die möglichste Vollständigkeit u n d Übersichtlichkeit des i n jedem Falle umfangreichen Materials erreicht zu sehen, wobei sich indeß von selbst ergiebt, daß, sofern einzelne Angelegenheiten sich bereits m i t m i r i n spezieller Verhandlung befinden, solche keiner erneuerten Aufnahme, sondern lediglich, u m die Übersicht des Ganzen festzuhalten, einer allgemeinen Erwähnung u n d Aufzeichnung bedürfen. Sollte es i n einzelnen Fällen zur A b k ü r z u n g der Sache gereichen, auf frühere Verhandlungen oder auf einzelne i n der „Denkschrift" enthaltene Ausführungen Bezug zu nehmen, so finde ich auch hiergegen nichts zu erinnern. Sobald m i r die gewünschten Mittheilungen zugehen, werde ich m i r deren beschleunigte Erledigung u n d somit die vollständige Ausführung der revidirten Verfassungsurkunde, der katholischen Kirche gegenüber, gern besonders angelegen sein lassen.
I I . Der Streit um den Verfassungeeid der im Staatsdienst stehenden katholischen Geistlichen Anders als z. B. Bayern forderte Preußen nicht von allen Geistlichen die Leistung eines Verfassungseids 1. Auch die preußischen Bischöfe leisteten keinen spezifischen Verfassung seid, sondern einen staatsrechtlich geregelten Treueid eigener Prägung 2. Dagegen verlangte der Art. 108 der Verfassung 14
Oben Nr. 11. Über den bayerischen K o n f l i k t u m den Konstitutionseid der katholischen Geistlichen siehe Staat u n d Kirche, Bd. I, S. 177 ff. 2 Siehe Staat u n d Kirche, Bd. I, S. 223. 1
I I . Der Streit u m den Verfassungseid
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vom 31. Januar 1850 einen Verfassungseid von allen Geistlichen, die StaatsReligionslehrer, Militär geistliche, Anbeamte (z. B. als Theologieprofessoren, staltsgeistliche usw.) waren oder wurden, Nachdem das preußische Staatsministerium die Form der Vereidigung festgelegt hatte 3, forderten einige Bischöfe die Geistlichen auf, den Eid nur unter dem Vorbehalt der Rechte der Kirche zu leisten. Eine Verfügung des Kultusministers v. Ladenberg vom 29. März 1850 (Nr. 22) stellte fest, daß die Leistung des Eids unter Vorbehalt unzulässig sei; der definitive Entschluß des Eidespflichtigen, den Eid mit einem Vorbehalt zu verbinden, müsse die Amtssuspension nach sich ziehen. Die Professoren der Breslauer katholisch-theologischen Fakultät wählten den Ausweg, daß sie sich am Tag vor der Eidesleistung durch eine schriftliche Erklärung gegen jede Verfassungsauslegung verwahrten, die den Rechten der katholischen Kirche nachteilig sei; dann leisteten sie den Eid als solchen ohne Vorbehalt. Der Kultusminister erkannte am 10. April 1850 die Gültigkeit dieser Form der Eidesleistung an (Nr. 23)*. Zugleich stellte er fest, daß auch eine nach der Eidesleistung abgegebene schriftliche Vorbehaltserklärung die Verbindlichkeit des Eides nicht beeinträchtige und diese dem Beamten mit einer entsprechenden Eröffnung zurückzugeben sei (Nr. 24). Schon am 18. April 1850 wiesen die Bischöfe der Kirchenprovinz Köln in einem gemeinsamen Schreiben (Nr. 25) die Geistlichen ihrer Diözesen an, in einer selbständig neben der Eidesleistung einhergehenden Erklärung auszusprechen, daß der Eid die Rechte der Kirche wie ihre Pflichten gegenüber der Kirche nicht beeinträchtige. Auf der Grundlage dieser salvatorischen Klausel konnte der Konflikt beigelegt werden. Der Kultusminister erklärte die erwähnte Klausel für unbedenklich, wenn den Geistlichen behördlich eröffnet werde, daß ihre Verwahrung keine Beschränkung der Pflichten zur Folge habe, denen sie als Staatsbeamte unterworfen seien (Nr. 26).
Nr. 22. Verfügung des Kultusministers v. Ladenberg über den Verfassungseid der Staatsbeamten, die katholische Geistliche sind v o m 29. März 1850 (Archiv f ü r katholisches Kirchenrecht, Bd. 26, 1871, S. 319 ff.) Einige katholische Bischöfe haben diejenigen Staatsbeamten, welche zugleich die Priesterwürde bekleiden, resp. als Seelsorger fungiren, angewiesen, den von ihnen hinsichtlich ihres Staatsamtes auf G r u n d des A r t . 108 der Verfassungsurkunde v o m 31. Januar d. J. verlangten E i d ausdrücklich n u r m i t Vorbehalt der Rechte der Kirche — salvis ecclesiae juribus — zu leisten. Es ist vorauszusehen, daß die Mehrzahl der gedachten Beamten sich verpflichtet halten w i r d , dieser Anweisung bei Ableistung des Eides zu genügen oder, w e n n sie den Eid bereits v o r Empfang der bischöflichen Weisung abgeleistet 3 Beschluß des Staatsministeriums v o m 12. Februar 1850 (Text: A r c h i v f ü r katholisches Kirchenrecht, 26, 1871, S. 318 f.). 4 Dazu Schreiben des Kultusministers v. Ladenberg an den K u r a t o r der Universität Breslau, Geh. Regierungsrat Heinke, v o m 10. A p r i l 1850 (ebenda S. 326 f.).
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haben, eine der letzteren entsprechende E r k l ä r u n g nachträglich abzugeben. Die Staatsregierung k a n n jedoch weder diesen, noch irgend einen andern Vorbehalt i n Beziehung auf den zu leistenden E i d gestatten. I m H i n b l i c k auf die, aus dieser Differenz möglicherweise entstehenden, weitgreifenden Folgen habe ich mich bewogen gefunden, die Angelegenheit i m Königlichen Staatsministerium zur Berathung zu bringen. Dasselbe ist einstimmig der Ansicht, daß der i n Rede stehende Eid, lediglich nach Vorschrift des A r t . 108 der Verfassungsurkunde, ohne irgend einen Vorbehalt von allen Staatsbeamten, sie mögen zugleich Geistliche sein oder nicht, geleistet werden müsse, daß aber am allerwenigsten ein so unbestimmter u n d elastischer Vorbehalt, w i e i h n die Eingangs erwähnten Bischöfe verlangen, gestattet werden dürfe. Hinsichtlich des i n dieser Beziehung zu beobachtenden Verfahrens hat das Königliche Staatsministerium Nachstehendes beschlossen: Zunächst ist abzuwarten, ob einer der erwähnten Beamten das Verlangen stellen w i r d , den E i d m i t dem gedachten oder einem ähnlichen Vorbehalt leisten zu dürfen. Der Beamte, welcher dies verlangt, ist sofort über die U n statthaftigkeit dieses Vorbehalts zu belehren und, w e n n er dessenungeachtet aus Gehorsam gegen seinen geistlichen Obern dabei beharren zu müssen glaubt, zu unumwundener E r k l ä r u n g darüber aufzufordern, ob er nach seiner pflichtmäßigen Überzeugung nach Maßgabe des Inhalts der Verfassungsurkunde durch die Ableistung des Eides ohne einen, auf die Rechte der Kirche bezüglichen, Vorbehalt, sich i n einem, i n seinem Gewissen nicht zu lösenden, Conflicte seiner Pflichten als Staatsbeamter m i t seinen Pflichten als Priester oder Seelsorger zu befinden glaube. E r k l ä r t der Beamte, daß er sich i n einem solchen Conflict befinde u n d deßhalb den Vorbehalt f ü r nothwendig halte, so ist, da es keinem Staatsbeamten überlassen werden darf, einen bedingten Eid abzuleisten u n d sich nach eigenem Befinden u n d eigener Auslegung durch denselben theils f ü r gebunden zu erachten, theils nicht, der gedachte Beamte unter Abstandnahme v o n der Vereidigung, zur sofortigen Niederlegung seines Amtes aufzufordern, dessen Pflichten i m vollen Umfange zu erfüllen er sich weigert. W i l l er dieser Aufforderung nicht nachkommen, so ist seine Suspension v o m A m t e ungesäumt zu verfügen u n d wegen E i n leitung der Disciplinar-Untersuchung nach Maßgabe der Verordnung v o m 11. J u l i v. J. 5 das weiter Erforderliche zu veranlassen. E r k l ä r t dagegen der betreffende Beamte, daß er den Vorbehalt nicht f ü r nothwendig halte u n d durch die Ableistung des Eides ohne Vorbehalt i n den oben erwähnten Conflict nicht gerathe, so ist der Beamte zur Ableistung des Eides zu v e r statten. Es ist jedoch auch i n diesem F a l l der Vorbehalt weder i n dem Protocoll zu erwähnen, i n letzteres vielmehr n u r die dem Beamten gemachte Eröffnung u n d seine darauf abgegebene E r k l ä r u n g aufzunehmen, noch die Aufnahme des Vorbehalts i n die von dem Beamten auszusprechende Eidesformel zu gestatten, auch dem Beamten ausdrücklich zum Protocoll bemerklich zu machen, daß die Staatsregierung dem v o m Bischof verlangten V o r behalt durchaus keine Bedeutung auch hinsichtlich der künftigen amtlichen Wirksamkeit des Beamten beilegen könne u n d f ü r letztere lediglich die 5
Verordnung betreffend die Dienstvergehen der nicht richterlichen Beamten v o m 11. J u l i 1849 (GS. 271).
I I . Der Streit u m den Verfassungseid
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Staatsgesetze maßgebend erachte, m i t h i n auch etwaige Contraventionen gegen die Verfassung, welche durch später entstandene derartige Conflicte und m i t dem gedachten Vorbehalte entschuldigt werden möchten, ganz eben so beurtheilen werde, als ob von dem Vorbehalt i n Beziehung auf den E i d gar keine Rede gewesen sei. I n Betreif derjenigen Beamten, welche erst nach bereits erfolgter Vereidigung jenen Vorbehalt erklären, ist nach Maßgabe der vorstehenden Bestimmungen ebenfalls zu verfahren. W i r d alsdann die E r k l ä r u n g i n dem zuletzt gedachten Sinne abgegeben, so ist dem Beamten die jenen Vorbehalt enthaltende Eingabe m i t der oben angedeuteten Eröffnung zurückzusenden u n d die Sache damit erledigt. W i r d dagegen der Vorbehalt f ü r nothwendig erklärt, so ist der Beamte zur Niederlegung seines Amtes aufzufordern u n d eventualiter unter sofortiger Amtssuspension i m Disciplinarwege gegen i h n vorzuschreiten....
Nr. 23. Schreiben des Kultusministers v. Ladenberg an die Oberpräsidenten v o m 10. A p r i l 1850 (Archiv f ü r katholisches Kirchenrecht, Bd. 26, 1871, S. 327) Die Professoren der katholisch-theologischen Facultät an der Universität zu Breslau haben am Tage vor der Ableistung des i m A r t . 108 der Verfassungs-Urkunde v o m 31. Januar d. J. vorgeschriebenen Eides mittelst einer dem Curator der Universität eingereichten, schriftlichen E r k l ä r u n g sich gegen jede, den Rechten der katholischen Kirche nachtheilige Deutung der V e r fassungs-Urkunde verwahren zu müssen geglaubt, nichtsdestoweniger aber am folgenden Tage den Eid selbst, ohne allen Vorbehalt u n d ohne die A u f nahme ihrer E r k l ä r u n g i n das Protocoll zu verlangen, abgeleistet. Diesen Professoren hätte, w e n n auch nicht nach dem Sinne, doch nach dem Wortlaut der Schlußstelle meines Circular-Erlasses v o m 29. v. Mts., eine besondere E r k l ä r u n g über ihre Auffassung jener V e r w a h r u n g abgefordert werden können. Nach nochmaliger Erwägung ist es m i r jedoch rathsam erschienen, hiervon i n dem vorliegenden Falle zu abstrahiren. Die dieserhalb an den Curator der Universität Breslau heute erlassene Verfügung übersende ich Ew. etc. i n der abschriftlichen Anlage m i t dem ergebensten Ersuchen, demgemäß auch i n etwa vorkommenden ähnlichen Fällen verfahren zu wollen.
Nr. 24. Erlaß des Kultusministers v. Ladenberg an die Oberpräsidenten v o m 10. A p r i l 1850 (Archiv f ü r katholisches Kirchenrecht, Bd. 26, 1871, S. 327 f.) — Auszug — Ew. Hochwohlgeboren habe ich unter heutigem D a t u m den Erlaß, durch welchen der Curator der Universität zu Breslau i n Betreff derjenigen Professoren der katholisch-theologischen Facultät, die den E i d auf die Verfassung 5 Huber, Staat und Kirche, 2. Bd.
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zwar ohne Vorbehalt abgeleistet, jedoch Tags vorher eine die Hechte der katholischen Kirche wahrende schriftliche E r k l ä r u n g abgegeben haben, m i t näherer Instruction versehen worden, zur gefälligen Kenntnißnahme und Beachtung f ü r ähnliche Fälle mitgetheilt. Diesem Erlaß gemäß soll von der i n meinem Circularschreiben v o m 29. v. Mts. vorgeschriebenen E r k l ä r u n g des Protestirenden über seine Auffassung dieses Protestes oder Vorbehalts, abgesehen u n d die schriftliche, den Vorbehalt einschließende E r k l ä r u n g n u r m i t derjenigen schriftlichen Eröffnung zurückgegeben werden, welche i n dem gedachten Circular-Schreiben f ü r den Fall, daß der betreffende Beamte den Vorbehalt nicht f ü r nothwendig erachtet, f o r m u l i r t ist. Es erscheint u n bedenklich u n d zur Vermeidung unnöthiger Conflicte durchaus zweckmäßig, i n derselben Weise auch i n den Fällen zu verfahren, i n welchen ein Beamter den mehrerwähnten Vorbehalt schriftlich erst nach erfolgter unbedingter Ableistung des Eides erklärt. Der Vorbehalt hat i n diesem Falle selbstredend noch weniger K r a f t u n d Bedeutung, als einem vor Ableistung des Eides erklärten Vorbehalt irgend beigelegt werden kann. Es w i r d daher i n solchen Fällen dem betreffenden Beamten die schriftliche E r k l ä r u n g lediglich m i t der, meinem Circularschreiben v o m 29. v. Mts. entsprechenden, Eröffnung über die Bedeutung, welche die Staatsregierung dem Vorbehalt beilegt, zurückzugeben u n d abzuwarten sein, ob der Beamte zu einer weiteren E r k l ä r u n g sich bewogen f i n d e t . . . .
Nr. 25. Schreiben der Bischöfe der Kirchenprovinz Köln an die Geistlichkeit ihrer Diözesen v o m 18. A p r i l 1850 (Archiv f ü r Kirchengeschichte u n d Kirchenrecht, Heft 2, 1851, S. 169 ff.) I n den Berathungen über die Angelegenheiten Unsrer heiligen Kirche, welche W i r dieser Tage gepflogen, mußte auch die Eidesleistung auf die preußische Verfassung, besonders durch Geistliche, ein Gegenstand Unsrer ernstesten Erwägung werden. W i r fühlten Uns hiezu u m so mehr aufgefordert, als einestheils diese Verfassung, w e n n sie auch i h r e m Wortlaute nach eine günstige Auffassung zuläßt, dennoch eine Deutung u n d A n w e n d u n g erhalten könnte, welche m i t den Rechten Unsrer heiligen Kirche u n d m i t Unsern gegen dieselbe eidlich übernommenen Verpflichtungen i m Widerstreit steht, anderntheils aber W i r Selbst schon wegen dieser Sachlage u n d i n Folge vielfach an Uns gestellter Anfragen, Uns vorläufig aufgefordert gefühlt hatten, den befürchteten Gefahren nach K r ä f t e n vorzubeugen. Als Ergebniß Unsrer E r wägung lassen W i r I h n e n die nachstehende E r k l ä r u n g zugehen, welche zugleich als bindende Vorschrift f ü r die Eidesleistung aller Geistlichen gilt, welche (zufolge A r t . 108 der Verfassungsurkunde) zu derselben aufgefordert werden. Die Lehre der katholischen Kirche ist untrüglich u n d unveränderlich; die ihrer göttlichen Sendung u n d Einrichtung entstammenden Rechte sind unveräußerlich. Es sind daher die gegen die Kirche übernommenen u n d eidlich eingegangenen Verpflichtungen von bleibender verbindlicher K r a f t , und
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dieselben können — abgesehen davon, daß ein ihnen widerstrebender Eid nicht abgelegt werden darf — i n keiner Weise durch irgend welche andere eidliche Gelöbnisse i m Geringsten aufgehoben, beeinträchtigt oder v e r k ü m mert werden. Dieser Grundsatz, welcher zugleich m i t der Pflichttreue gegen den Staat i m vollkommensten E i n k l a n g steht, auf den vorliegenden F a l l angewendet, v e r steht es sich von selbst, daß der E i d auf die Verfassung i n keiner Weise den gegen die Kirche übernommenen Pflichten Abbruch thun, noch die Stellung ändern kann, welche die Eidleistenden bis jetzt zur Kirche eingenommen haben. Wenn daher die angedeuteten Umstände einerseits nicht der A r t sind, daß W i r die Aufnahme eines Vorbehaltes i n die Eidesformel selbst verlangen müssen, so veranlassen sie Uns doch andererseits, zu verordnen, daß k e i n Geistlicher ohne vorausgegangene u n d angenommene Kundgebung der bezeichneten kirchlichen V e r w a h r u n g hinfort den E i d ablege. Diese soll daher der betreffenden Staatsbehörde schriftlich i n folgender Weise zugefertigt werden: „ E u e r . . . zeige ich ergebenst an, daß ich bereit bin, den von m i r verlangten E i d auf die Verfassung zu leisten, halte mich aber f ü r verpflichtet, mich zuvor, was h i e m i t geschieht, über die Willensmeinung auszusprechen, i n welcher ich diese heilige Handlung vornehme. Diese Willensmeinung besteht darin, daß der neue E i d die Rechte der Kirche u n d meine V e r pflichtungen gegen dieselbe nicht beeinträchtigen, folglich auch meine kirchliche Stellung i n Nichts ändern kann." W i r Selbst, ehrwürdige Brüder, haben, eingedenk Unsrer oberhirtlichen Pflicht, feierliche Verwahrung der Rechte der Kirche, welche irgendwie durch die Verfassung bedroht seyn können, an geeigneter Stelle eingelegt.
Nr. 26. Schreiben des Kultusministers v. Ladenberg an den Oberpräsidenten der Rheinprovinz v. Eichmann v o m 25. A p r i l 1850 (Archiv f ü r katholisches Kirchenrecht, Bd. 26, 1871, S. 323 ff.) — Auszug — Der H e r r Erzbischof von Cöln, sowie die Herren Bischöfe von Trier, Paderborn u n d Münster haben bei der v o r K u r z e m über verschiedene Angelegenheiten der katholischen Kirche zu Cöln abgehaltenen gemeinsamen Berathung auch das Verhalten derjenigen katholischen Geistlichen, welche i n Folge ihrer gleichzeitigen Eigenschaft als Staatsbeamte den i m A r t . 108 der VerfassungsUrkunde v o m 31. Januar d. J. vorgeschriebenen E i d zu leisten verpflichtet sind, i n nähere Erwägung gezogen·.... Hierdurch ist dem, Seitens der Herren Bischöfe v o n T r i e r u n d Münster der Geistlichkeit ihrer Diöcesen vorgeschriebenen allgemeinen Vorbehalt der Rechte der Kirche eine solche authentische Auslegung gegeben, daß es • Es folgt eine Zusammenfassung von Nr. 25. 5*
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keinem Bedenken unterliegen kann, diejenigen zugleich als Staatsbeamte zu betrachtenden Geistlichen, welche n u r dieser Weisung gemäß über ihre Willensmeinung i n Beziehung auf den Verfassungseid sich aussprechen, zu demselben zuzulassen. Während der allgemeine Vorbehalt der Rechte der Kirche eine sehr verschiedenartige, namentlich auch die Deutung zuläßt, daß der Schwörende dadurch auch einestheils derjenigen Pflichten sich entbunden halte, welche i h m i n seiner Eigenschaft als Staatsbeamter durch die V e r fassung auferlegt werden, während also dieser Vorbehalt auch i n das staatliche Gebiet hinüberzugreifen drohte, soll gegenwärtig die der Eidesleistung voranzuschickende E r k l ä r u n g der Willensmeinung des Schwörenden ausschließlich auf das kirchliche Gebiet beschränkt u n d n u r dahin abgegeben werden, daß der Eid auf die Verfassung die Rechte der Kirche u n d die Verpflichtungen des Schwörenden gegen dieselbe nicht beeinträchtigen, auch die kirchliche Stellung des letzteren i n Nichts ändern könne. Eine solche E r k l ä r u n g ist an sich durchaus unbedenklich, da eine Beeinträchtigung der Rechte der Kirche als solcher und der kirchlichen Pflichten des Schwörenden sowie eine Veränderung der kirchlichen Stellung desselben durch die V e r fassung u m so weniger hat beabsichtigt werden können, als namentlich auch der katholischen Kirche eben durch die Verfassung neue u n d größere Rechte beigelegt worden sind, als sie bisher i m preußischen Staate gehabt hat. Es versteht sich daher i n der That von selbst, daß durch den Eid auf die V e r fassung die kirchlichen Pflichten u n d die kirchliche Stellung des Schwörenden i n keiner Weise beeinträchtigt resp. geändert werden können. Eine derartige E r k l ä r u n g k a n n daher auch andererseits den Eid auf die Verfassung i n keiner Weise einschränken oder i n seinen Wirkungen schwächen, w e i l eben dieser Eid das kirchliche Gebiet gar nicht berührt. Hiernach ist bei denjenigen zugleich als Staatsbeamte fungirenden Geistlichen, welche n u r die obenerwähnte E r k l ä r u n g abgeben, auch nicht anzunehmen, daß sie sich durch Ableistung des Eides ohne einen besonderen Vorbehalt der Rechte der Kirche nach Maßgabe des Inhalts der Verfassungs-Urkunde i n einen, i n ihrem Gewissen nicht zu lösenden Conflict ihrer Pflichten gegen die Kirche m i t denen gegen den Staat versetzt glauben, vielmehr ist bei ihnen n u r vorauszusetzen, daß sie durch den Eid auf die Verfassung ihre bisherigen kirchlichen Pflichten u n d ihre bisherige kirchliche Stellung nicht alterirt wissen wollen. Da dies n u n auch Seitens der Staatsregierung nicht beabsichtigt w i r d , so fehlt es an zureichender Veranlassung, von denjenigen Geistlichen, welche die von den Herren Bischöfen i n ihrem Erlaß v o m 18. d. Mts. vorgeschriebene E r k l ä r u n g abgeben, noch eine nähere Äußerung über den Sinn dieser E r k l ä r u n g zu fordern. Ebenso ist dies m i t Rücksicht auf den I n h a l t derselben nicht bedenklich, dieselbe anzunehmen resp. ihre Niederlegung zum Protocoll zu gestatten. N u r darauf w i r d , u m jedem Mißverständniß auf Seiten des betreifenden Geistlichen vorzubeugen, zu halten sein, daß demselben bei der Eidesleistung zum Protocoll eröffnet werde, die Staatsregierung könne dieser seiner E r k l ä r u n g auf seine Pflichten als Staatsbeamter u n d gegenüber dem Staate keinen Einfluß zuerkennen, werde für diese vielmehr lediglich die bestehenden Staatsgesetze maßgebend erachten und Zuwiderhandlungen gegen die Verfassung ohne Rücksicht auf die abgegebene E r k l ä r u n g beurtheilen. . . .
I I I . Staatliche Maßnahmen gegen die katholische Volksmission
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I I I . Staatliche Maßnahmen gegen die katholische Volksmission und gegen das Studium am Collegium Germanicum in Rom Erneute Auseinandersetzungen zwischen Staat und katholischer Kirche ergaben sich aus drei gemeinsamen Erlassen des preußischen Kultusministers v. Raumer 1 und des Innenministers v. Westphalen 2 von 1852. Der erste behandelte das Auftreten ausländischer Geistlicher im preußischen Staatsgebiet (Nr. 27); der zweite schränkte die Abhaltung katholischer Volksmissionen ein (Nr. 28); der dritte machte das Studium katholischer Theologen am Collegium Germanicum in Rom von einer ausdrücklichen staatlichen Genehmigung abhängig (Nr. 29). Die sogenannten Raumerschen Erlasse waren Verwaltungsanweisungen, keine Rechtsverordnungen, und daher nicht zur Publikation bestimmt. Alle drei Erlasse waren gegen die Wirksamkeit der Jesuiten gerichtet, die auch nach der Wiederherstellung des Ordens im Jahr 18143 aus dem preußischen Staatsgebiet ausgeschlossen geblieben waren, aber seit 1848 wieder Zugang gefunden hatten. Bei den „ausländischen Geistlichen", gegen die der erste Erlaß sich richtete, handelte es sich in erster Linie um Jesuiten nichtpreußischer Staatsangehörigkeit, die insbesondere im Rheinland und in Westfalen eine einflußreiche Tätigkeit aufgenommen hatten. Die „Raumerschen Erlasse" riefen lebhaften Protest in der katholischen Öffentlichkeit sowie heftige Auseinandersetzungen in der preußischen Zweiten Kammer hervor 4. Die hier neugebildete „katholische Fraktion" stellte einen Aufhebungsantrag, der nach dem ersten Unterzeichner der „Waldbottsche Antrag" hieß 5. Entworfen war der Antrag von Peter Reichensperger e. Die katholische Fraktion warf der Regierung in dem Antrag vor, daß die 1 Karl Otto v. Raumer (1805 - 59), Jurist, 1834 Regierungsrat i n Posen, 1841 Geheimer Finanzrat i n Berlin, 1843 Regierungsvizepräsident i n Königsberg, 1845 Regierungspräsident i n Köln, 1848 i n F r a n k f u r t a. O., 1850 - 58 K u l t u s minister. Vgl. Verfassungsgeschichte, Bd. I I , S. 160. 2 Otto Ferdinand v. Westphalen (1799 - 1876), Jurist, 1826 Landrat i n B i t burg, 1830 an der Regierung i n Trier, 1843 RegierungsVizepräsident i n Liegnitz, 1849 Regierungspräsident daselbst, 1850 - 58 Innenminister. Vgl. Verfassungsgeschichte, Bd. I I , S. 160. 3 Durch die Bulle Papst Pius V I I . „Sollicitudo o m n i u m ecclesiarum" v o m 7. August 1814. 4 Die Ministerial-Erlasse v o m 22. M a i u n d 16. J u n i 1852 i n der zweiten K a m m e r (1853). Auszug aus der Kammerdebatte bei L. Bergsträßer, Der p o l i tische Katholizismus. Dokumente seiner Entwicklung, I (1921), S. 196 ff.; siehe ferner K.Bachem, Vorgeschichte, Geschichte u n d P o l i t i k der deutschen Zentrumspartei, Bd. 2 (1927), S. 99 ff., 111 ff. m i t weiterer Literatur. 5 So genannt nach dem Abgeordneten Clemens Frhr. v. Waldbott-Bornheim-Bassenheim (1803 - 1872), Direktor der Rheinischen Feuersozietät (1845 bis 1872), Landtagsmarschall des Provinziallandtags der Rheinprovinz (1851 bis 1872); M i t g l i e d der preuß. Zweiten K a m m e r („katholische Fraktion"). 6 Peter Reichensperger (1810 - 1892), rheinischer Jurist; 1850 Appellationsgerichtsrat i n K ö l n ; 1859 Obertribunalrat i n B e r l i n ; 1848 M i t g l i e d der preuß. Nationalversammlung, dann der preuß. Zweiten K a m m e r ; 1867-92 M d R (zuerst i n der „Bundesstaatlich-Konstitutionellen Vereinigung", dann i m Zentrum).
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3. Kap. : Staat u n d katholische Kirche i n Preußen 1849 - 1870
Erlasse im Widerspruch zur revidierten Verfassung von 1850 stünden 7. Der Innenminister v. Westphalen bestritt dies am 12. Februar 1853 8 entschieden. Zugleich gab er — ebenso wie der Kultusminister v. Raumer 9 — den Erlassen eine einschränkende Interpretation. Seit dem Beginn der Neuen Ära (1858) wurden sie nicht mehr zur Anwendung gebracht.
Nr. 27. Erlaß der Minister v. Raumer und v. Westphalen betreffend die Tätigkeit ausländischer Geistlicher in Preußen v o m 25. Februar 1852 (Die Ministerial-Erlasse v o m 22. M a i u n d 16. J u l i 1852, 1853, S. 9, 41 f.) Die früheren polizeilichen Bestimmungen über das Verhalten der Behörden i n Betreff ausländischer katholischer Geistlichen, welche innerhalb des Preußischen Staates geistliche Funktionen zur Aushülfe i n der Seelsorge ausüben, oder solcher inländischer Geistlichen, welche i m Auslande studirt oder die geistlichen Weihen empfangen haben u n d i m Inlande angestellt werden, können bei dem jetzt bestehenden Verhältnisse von Kirche u n d Staat zueinander nicht mehr i n dem frühern Umfange maaßgebend sein. Nach den Bestimmungen der Verfassungs-Urkunde, welche der evangelischen u n d katholischen Kirche so wie jeder andern Religions-Gesellschaft die selbstständige Ordnung u n d V e r w a l t u n g ihrer Angelegenheiten überläßt u n d das früher v o m Staate ausgeübte Bestätigungsrecht geistlicher Stellen aufgehoben hat, liegt es nicht mehr i n den Befugnissen der Staatsgewalt, einen katholichen Geistlichen, welcher sich i m Besitze des Preußischen Staatsbürgerrechts befindet, von der Aufnahme i n den K u r a t - K l e r u s und v o n der Berufung zu geistlichen Ä m t e r n blos deshalb auszuschließen, w e i l derselbe ausländische Bildungs-Anstalten besucht, oder i m Auslande die geistlichen Weihen empfangen hat. Ausländische Geistliche aber, welche innerhalb des Preußischen Staats zu vorübergehender Aushülfe i n der Seelsorge von den geistlichen Oberbehörden zugelassen oder i n geistliche Stellen dauernd berufen werden, unterliegen ohne Rücksicht auf ihren geistlichen Charakter denselben gesetzlichen Bestimmungen, welchen alle Ausländer i n Beziehung auf ihren Aufenthalt oder i h r Verhalten i n Preußen überhaupt unterliegen, so daß solche ausländische Geistliche auch nach erfolgter Berufung durch die geistlichen Oberen jederzeit wieder ausgewiesen werden können, w e n n jene nicht vor der Übertragung einer geistlichen Stelle Aufnahme i n den Preußischen Unterthanen-Verband nachgesucht u n d erhalten haben. I n Beziehung auf eine durch ausländische Geistliche, z.B. durch Redemtoristen 1 0 , bewirkte Aushülfe i n der Seelsorge, i n der A b h a l t u n g von Missionen u n d Exercitien u.s.w. k a n n i m Allgemeinen von dem Standpunkte des Ministers der geistlichen, Unterrichts- u n d Medizinal-Angelegenheiten ein Einschreiten nicht 7 8 9
T e x t des Antrags v o m 17. Dezember 1852: Die Ministerial-Erlasse, S. 7 ff. T e x t der Rede Westphalens: ebenda S. 40 ff. T e x t der Rede Raumers: ebenda S. 93 ff. Siehe oben S. 14.
I I I . Staatliche Maßnahmen gegen die katholische Volksmission
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eintreten, v o m Standpunkte der Justiz- oder der Polizei-Verwaltung aber gegen sie ebenso, w i e gegen jeden anderen Ausländer unter gleichen Verhältnissen verfahren werden. So würde z. B. ein Einschreiten gegen die Missionaire indicirt sein, w e n n dieselben bei Gelegenheit ihrer Predigten oder durch dieselben sich irgend eines strafrechtlichen Vergehens schuldig machen, oder irgend eine politisch-bedenkliche u n d zu anderweitigen, die öffentliche Ruhe gefährdenden Exzessen führende Aufregung hervorrufen sollten. Ew. etc. ersuchen w i r ergebenst, dahin gefälligst zu wirken, daß k ü n f t i g von den betreffenden Behörden nach diesen Grundsätzen verfahren, insbesondere auch die Gesuche u m Ertheilung des Preußischen Staatsbürgerrechtes an ausländische Geistliche m i t Rücksicht auf alle dabei i n Betracht kommende Gesichtspunkte, welche eine besonders vorsichtige Behandlung solcher A n träge nothwendig machen, sorgfältig erwogen werden.
Nr. 28. Erlaß der Minister v. Raumer und v. Westphalen betreffend staatliche Maßnahmen gegen die katholischen Volksmissionen v o m 22. M a i 1852 (Die Ministerial-Erlasse v o m 22. M a i u n d 16. J u l i 1852, 1853, S. 5) Wenngleich i m Allgemeinen das von den Behörden den Predigten katholischer Missionaire gegenüber beobachtete Verfahren sich als zweckmäßig gezeigt hat, so ist doch jedenfalls eine fortgesetzte genaue Beaufsichtigung dieser Predigten, so w i e des Verhaltens der Missionaire zu empfehlen. Es ist daher nothwendig, die Behörden auf die Wichtigkeit des Gegenstandes u n d auf die i n unserm Cirkular-Erlasse v o m 25. Februar d. J. 1 1 bezeichneten Gesichtspunkte wiederholt aufmerksam zu machen. I n diesem Erlasse ist v o r geschrieben, daß überall, w o die Missionaire bei Gelegenheit ihrer Predigten oder durch dieselben sich irgend eines strafrechtlichen Verfahrens schuldig machen, oder irgend eine politische bedenkliche u n d zu anderweiten, die öffentliche Ruhe gefährdenden A u f t r i t t e n führende Aufregung hervorrufen sollten, sofort einzuschreiten sei. I n Fällen der bezeichneten A r t w i r d gegen die Missionaire n ö t i g e n f a l l s m i t Ausweisung zu verfahren sein. Der F a l l einer die öffentliche Ruhe gefährdenden Aufregung k a n n besonders i n Orten gemischter Konfession leicht eintreten. E i n Auftreten der Missionaire w i r d aber überhaupt nicht geduldet werden können i n katholischen Gemeinden, welche m i t t e n i n rein evangelischen Provinzen zerstreut liegen, w e i l der Verdacht nahe liegt, daß hier andere Zwecke, als eine E i n w i r k u n g auf diese katholischen Gemeinden, verfolgt werden sollen. I n d e m w i r das Königliche Ober-Präsidium ersuchen demgemäß das Erforderliche gefälligst zu verfügen, können w i r bei der besonderen N a t u r des Gegenstandes nicht umhin, dem Königlichen Ober-Präsidium so wie den übrigen Behörden die v o r sichtigste Behandlung desselben dringend zu empfehlen, u n d ihnen eine umsichtige Auffassung der einzelnen Fälle u n d Persönlichkeiten zur Pflicht zu machen. So wenig der katholischen Bevölkerung der Nutzen v e r k ü m m e r t 11
Oben Nr. 27.
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werden soll, welchen dieselbe von den Missionen erwartet, so wenig sind letztere unter Verhältnissen u n d i n einer Weise zu dulden, welche Zwietracht u n d Aufregung i n die Bevölkerung werfen kann.
Nr. 29. Erlaß der Minister v. Raumer und v. Westphalen betreffend staatliche Maßnahmen gegen das Studium am Collegium Germanicum zu Rom v o m 16. J u l i 1852 (Die Ministerial-Erlasse v o m 22. M a i und 16. J u l i 1852, 1853, S. 6) Nach dem Berichte des Landrath-Amtes zu A h r w e i l e r hat der stud, theol. Lorenz Rosenbaum daselbst die Ertheilung eines Passes zur Reise nach Rom nachgesucht, u m sich daselbst zur Fortsetzung seiner Studien i n das Collegium germanicum zu begeben. Nach den bereits von des Höchstseligen Königs Majestät erlassenen Bestimmungen ist inländischen Studenten der Theologie das Studium i m Collegium germanicum zu Rom oder auf der dortigen Propaganda oder auf Anstalten, welche von Jesuiten geleitet werden, ohne vorgängige Erlaubniß nicht gestattet. Diese Erlaubniß dem pp. Rosenbaum zu ertheilen, ist kein ausreichender G r u n d vorhanden, weshalb die Königliche Regierung veranlaßt w i r d , den Verweser des L a n d r a t h - A m t s zu A h r w e i l e r m i t der ablehnenden Bescheidung des Bittstellers zu beauftragen, welchem zugleich zu eröffnen, daß er, w e n n er sich dessen ungeachtet zu dem gedachten Zwecke nach Rom begeben sollte, zu gewärtigen habe, unter der i m § 22 des Gesetzes v o m 31. Dezember 1842 Nro. 2319 gedachten Verwarnung zur Rückkehr aufgefordert zu werden 1 2 . Hiernach wolle die Königl. Regierung i n diesem und ähnlichen vorkommenden Fällen verfahren, auch ausländischen Jesuiten u n d Geistlichen, welche i n Jesuiten-Anstalten studirt haben, die Niederlassung i n Preußen nicht gestatten.
I V . D i e Mischehenfrage i n Preußen nach 1850 Die Auseinandersetzungen um die Mischehen waren mit der Übereinkunft vom 23.124. September 1841 keineswegs endgültig beigelegt 1. 1852 erließ die Kurie ein Dekret aus Anlaß der Erneuerung der Quinquennalfakultäten, durch das sie den Bischöfen nur noch in Ausnahmefällen gestattete, die Dispensation vom kirchlichen Verbot von Mischehen anstelle des Papstes auszusprechen 2. Daraufhin richtete der Trierer Bischof Arnoldi z am 15. März 12 §22 des preuß. Staatsangehörigkeitsgesetzes v o m 31. Dezember 1842 (GS 1843, S. 15 ff.) lautet: „Unterthanen, welche i m Auslande sich aufhalten, können der Eigenschaft als Preuße durch einen Beschluß der Landes-Polizei-Behörde verlustig erklärt werden, w e n n sie einer ausdrücklichen Aufforderung zur Rückkehr binnen der bestimmten Frist keine Folge leisten." 1 Dazu Staat u n d Kirche, Bd. I , S. 309 ff. Text der Übereinkunft von 1841: ebenda Nr. 195. 2 U. Stutz, Die katholische Kirche und i h r Recht i n den preußischen Rheinlanden (1915), S. 23.
I V . Die Mischehenfrage i n Preußen nach 1850
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1853 ein Rundschreiben an den Klerus seiner Diözese (Nr. 30). Er erneuerte damit (entgegen der Berliner Übereinkunft) einerseits die Forderung an den nichtkatholischen Ehepartner, sich eidlich zur katholischen Erziehung seiner Kinder zu verpflichten; andererseits beschränkte er auch für diesen Fall die Beteiligung des katholischen Geistlichen an der Trauung auf die passive Assistenz 4. Der preußische evangelische Oberkirchenrat erbat nunmehr von König Friedrich Wilhelm IV. einen umfassenden kirchenrechtlichen Erlaß über das Verhalten der Protestanten angesichts dieser katholischen Forderungen 5. Der König gab dieser Bitte nicht statt Doch erließ er statt dessen einen Armeebefehl (Nr. 31), der jedem evangelischen Offizier, der sich der geforderten eidlichen Verpflichtung unterwerfen sollte, die unverzügliche Entlassung ankündigte*. Dieser Befehl war weit über die Armee von faktischem Einfluß. Nach der Reichsgründung hob das Trierer Generalvikariat den Erlaß von 1853 am 18. November 1873 wieder auf (Nr. 32)7. Doch wurde dieser Erlaß erst 1894 veröffentlicht In Unkenntnis des geheimgehaltenen Erlasses schärfte eine Kabinettsordre Kaiser Wilhelms I. vom 23. Dezember 1873 ein, daß der Armeebefehl von 1853 auch für die neuen Truppenteile des Reichsheeres Geltung habe (Nr. 33). In der Folgezeit häuften sich die Vorstöße, die eine Aufhebung des Armeebefehls von 1853 zu erreichen suchten. Doch erst nach dem Thronwechsel von 1888 untersagte Kaiser Wilhelm II. durch den Erlaß vom 14. Juni 1894 (Nr. 34) den militärischen Vorgesetzten, bei Unteroffizieren und Mannschaften nachzuprüfen, in welcher Konfession sie getraut würden 8. Der Armeebefehl von 1853 bezog sich zwar ohnehin nur auf die Offiziere; doch hatte er faktisch eine darüber hinausgehende Wirkung entfaltet, die durch den Erlaß von 1894 wieder eingeschränkt wurde. Trotz wiederholter Vorstöße der Zentrumspartei blieb der Erlaß von 1853 in Geltung. Erst mit der Novemberrevolution wurde er gegenstandslos.
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Unten S. 90, A n m . 1. Dazu kritisch aus protestantischer Sicht: F. H. J. Thesmar, Die Stellung des Staates u n d der evangelischen Kirche gegenüber der römischen K u r i e i n Sachen der gemischten Ehen m i t besonderer Bezugnahme auf das Rundschreiben des Bischofs A r n o l d i zu T r i e r v o m 15. März 1853 (1853). 5 H. Pohl, Z u r Geschichte des Mischehenrechts i n Preußen (1920) S. 24. 6 Der Befehl erging ohne die Gegenzeichnung des Kriegsministers v. Bonin, sondern n u r m i t der seines Stellvertreters. Ob er deswegen verfassungswidrig w a r (so ff. Pohl, a. a. O., S. 50 ff.), hängt v o n der umstrittenen Frage ab, ob Kommandoakte des Königs der ministeriellen Gegenzeichnungspflicht, der v o m zuständigen Minister persönlich Genüge zu geschehen hatte, unterworfen oder von i h r ausgenommen waren (dazu Verfassungsgeschichte, Bd. I I I , S. 1000 ff.). Auch ob der Befehl gegen die verfassungsmäßig garantierte Religionsfreiheit verstieß oder ob nicht vielmehr die kirchliche Forderung eine Antastung der Religionsfreiheit des nichtkatholischen Ehepartners bedeutete, w a r lebhaft umstritten. 7 Der Zentrums-Abgeordnete Peter Joseph Lingens (1808 - 1902) behauptete allerdings 1896 und 1897 i m Reichstag, der Erlaß von 1853 sei bereits 1854 wieder aufgehoben worden (Pohl, a. a. O., S. 26 f.). 8 Der Allerhöchste Erlaß v o n 1894 w i r d wegen des inneren Zusammenhangs schon an dieser Stelle eingefügt. Er trägt bemerkenswerter Weise die Gegenzeichnung der beiden Minister, offenbar w e i l als zweifelhaft galt, ob Ehesachen der Militärpersonen reine Kommandosachen seien. 4
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3. Kap.: Staat u n d katholische Kirche i n Preußen 1849 - 1870
Nr. 30. Rundschreiben des Bischofs Arnoldi, Trier, an die Geistlichen seines Bistums v o m 15. März 1853 (lat. T e x t : F. H. J. Thesmar, Die Stellung des Staates u n d der evangelischen Kirche gegenüber der römischen K u r i e i n Sachen der gemischten Ehen, 1853, S. 5 f.). — Übersetzung — Durch vorliegendes Schreiben teilen w i r den ehrwürdigen Pfarrherren m i t , daß Dispense v o m Ehehindernis der Religionsverschiedenheit i n Z u k u n f t v o m Heiligen Apostolischen S t u h l erbeten werden müssen, da w i r i n Z u k u n f t n u r i n dringenderen Fällen einer Eheschließung, i n denen der Verzug eine solche Gefahr m i t sich brächte, daß keine Zeit mehr besteht, dem Heiligen S t u h l die B i t t e vorzutragen, v o n diesem Hindernis dispensieren können, falls kein anderes kanonisches Hindernis i m Wege steht. Jedoch ist i n jedem F a l l der Dispensation, sei es der päpstlichen oder der bischöflichen, das durch E i d bekräftigte Versprechen des nichtkatholischen Partners v o r dem Bischof oder einem von diesem delegierten Pfarrer von Nöten, daß er m i t der Erzieh u n g der K i n d e r beiderlei Geschlechts, sowohl der vielleicht bereits geborenen als auch der noch zur Welt kommenden, i n der katholischen Religion einverstanden sei u n d er den katholischen T e i l u n d seine Nachkommen i n der freien Ausübung der katholischen Religion niemals behindern werde. Die Ehe aber soll v o r dem Pfarrer u n d zwei Zeugen nach den Vorschriften des Heiligen Trienter Konzils geschlossen werden, jedoch nicht i n der Kirche u n d ohne den priesterlichen Segen, ferner auch ohne die üblichen V e r k ü n d i gungen®.
Nr. 31. Armeebefehl König Friedrich Wilhelms IV. in Betreff eines Erlasses des Bischofs Arnoldi, Trier, über gemischte Ehen v o m 1. J u n i 1853 (Leben u n d W i r k e n Seiner Majestät Friedrich Wilhelms IV., Königs von Preußen, Bd. 1,1855, S. 242 f.) E i n Erlaß des Bischofs von Trier, welcher auf den Bestimmungen eines päpstlichen Breve beruhen soll, befiehlt bei Ehen gemischten Bekenntnisses dem evangelischen Bräutigam, i n die Hände des Bischofs oder desjenigen seiner Pfarrer, den derselbe dazu designirt, einen Eid zu leisten, k r a f t dessen er gelobt, seine K i n d e r der römisch-katholischen Kirche zu weihen. Bei V e r weigerung dieser Forderung ist die Ehe v o m römisch-katholischen Standpunkte untersagt. E r f ü l l t er aber diese Forderung, so w i r d i h m als L o h n das Erscheinen v o r dem Pfarrer an ungeweihteni Orte u n d die E r k l ä r u n g des Entschlusses, eine Ehe eingehen zu wollen, gestattet, die Einsegnung dieser Ehe aber dennoch verweigert. Dies veranlaßt Mich, hierdurch zu * Ü b e r die Eheschließung i n dieser F o r m der „passiven Assistenz" des Geistlichen: Staat u n d Kirche, Bd. I , S. 322 ff.
I V . Die Mischehenfrage i n Preußen nach 1850
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erklären, daß Ich jeden Offizier Meiner Armee, der den geforderten, den M a n n wie das evangelische Bekenntniß entwürdigenden Schritt unternimmt, sogleich aus Meinem Heeresdienste entlassen werde. Friedrich W i l h e l m F ü r den Kriegsminister: v. Wangenheim 1 0
Nr. 32. Erlaß des Generalvikars de Lorenzi, Trier 11 , über gemischte Ehen v o m 18. November 1873 (Archiv f ü r katholisches Kirchenrecht, Bd. 72, 1894, S. 200) Nach den von Sr. Bischöfl. Gnaden m i t dem Apostolischen Stuhle über die gemischten Ehen gepflogenen u n d zu Ende geführten Verhandlungen ist es gestattet u n d als angemessen erachtet, die Praxis hinsichtlich der Einsegnung der gemischten Ehen m i t der i n den andern Diöcesen unserer Kirchenprovinz bestehenden Praxis i n E i n k l a n g zu bringen. Wenn daher die bekannten Cautiones, an denen nichts i n Wegfall kommen darf, geleistet werden, u n d die Dispens über das Hinderniß der gemischten Religion bei uns nachgesucht u n d gewährt worden ist, so steht nichts i m Wege, daß die üblichen Proklamationen (in der Weise, daß der protestantischen Confession des einen Ehetheils keine E r w ä h n u n g geschieht,) abgehalten u n d der Ehe die kirchliche Einsegnung zu T h e i l werde. Ist die B r a u t Protestantin, so unterbleibt die benedictio conjugum, cf. großes Rituale I . T h e i l p. 251. Die heil. Messe darf bei der Einsegnung gemischter Ehen celebrirt, die Missa pro sponso et sponsa aber nie dazu genommen, noch auch von den Gebeten i n dieser Messe Gebrauch gemacht werden. Wenn die Cautiones nicht e r f ü l l t sind, so k a n n weder die kirchliche E i n segnung stattfinden, noch auch können die Proklamationen vorgenommen werden. Wenn solche Proklamationen u n d Einsegnungen vorkommen, so steht nichts i m Wege, den Gläubigen i n geeigneter Weise mitzutheilen, daß f ü r diese Behandlung gemischter Ehen gemilderte Fakultäten gegeben seien, wobei aber die Kirche nach w i e v o r die gemischten Ehen mißbillige. I m Übrigen ist die gemilderte Praxis i n so einfacher Weise als möglich u n d m i t Vermeidung von A l l e m dem, was Aufsehen erregt, einzuleiten.
10 Alexander Friedrich Karl Frhr. v. Wangenheim (1792 - 1867), seit 1813 preuß. Offizier; 1844 Oberst; 1850 Generalmajor; 1851 - 55 D i r e k t o r des A l l g . Kriegsdepartements i m Kriegsministerium; 31. Dezember 1851 - 1 3 . Januar 1852 m i t der F ü h r u n g der Geschäfte des Kriegsministers beauftragt; 1852 - 54 Stellvertreter des Kriegsministers v. Bonin, dann des Kriegsministers Graf Waldersee. 11 Philipp de Lorenzi (1818-98), geboren i n Kreuznach; D o m k a p i t u l a r i n Trier, 1873 Generalvikar; 1876 zum Bistumsverweser gewählt; jedoch v o n der Regierung abgelehnt (unten S. 821).
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3. Kap. : Staat und katholische Kirche i n Preußen 1849 - 1870
Nr. 33. Kabinettsordre Kaiser Wilhelms I. an den Kriegsminister v. Kameke 12 betreffend gemischte Ehen v o m 23. Dezember 1873 (Archiv für katholisches Kirchenrecht, Bd. 72, 1894, S. 128) Ich habe aus einem Specialfalle ersehen, daß die Ordre v o m 1. J u n i 1853 betreffend die Ehen zwischen Officieren evangelischer Confession m i t römisch-katholischen Frauen bei den Truppentheilen der neuen Armee-Corps nicht genügend bekannt ist. Ich beauftrage deshalb das Kriegsministerium, zu veranlassen, daß diese Ordre, soweit es noch nicht geschehen ist, den Officieren der neuen Armee-Corps i n angemessener Weise bekannt gemacht u n d auch den übrigen Officieren der Armee entsprechend i n Erinnerung gebracht w i r d .
Nr. 34. Erlaß Kaiser Wilhelms II. an den Kultusminister Bosse13 und den Kriegsminister Bronsart v. Schellendorf 14 v o m 14. J u n i 1894 (H. Pohl, Z u r Geschichte des Mischehenrechts i n Preußen, 1920, S. 35 f.) A u f I h r e n gemeinschaftlichen Bericht v o m 29. M a i 1894 bestimme Ich, daß die Prüfung der militärischen Vorgesetzten bei Erteilung des Heiratskonsenses an Personen des Soldatenstandes v o m Feldwebel abwärts sich nicht auf die Vornahme der Trauung i n einer bestimmten Konfession zu erstrecken hat, u n d die Erteilung des Konsenses von der A r t der kirchlichen Trauung nicht abhängig gemacht werden darf, sowie daß die zur Erteilung des Heiratskonsenses zuständigen entsprechenden Vorgesetzten angewiesen werden, von jedem Falle der Konsenserteilung dem zuständigen Militärgeistlichen beziehungsweise m i t der Militärseelsorge betrauten Zivilgeistlichen alsbald M i t t e i l u n g zu machen. Diese Anordnung hat auch auf die Angehörigen der Landgendarmerie A n w e n d u n g zu finden. Sie, der Kriegsminister haben hiernach das Weitere zu veranlassen. Wilhelm Bosse. Bronsart v. Schellendorf.
12 Georg v. Kameke (1817-93), seit 1834 preuß. Offizier; seit 1850 i m Generalstab; 1867 Generalinspekteur des Ingenieurkorps; Januar - November 1873 Vertreter Roons i n der Leitung des Kriegsministeriums; 9. November 1873 - 3. März 1883 preuß. Kriegsminister (seit 1875 General der Infanterie). 13 Robert Bosse (1832 - 1901), Jurist i m preuß. Verwaltungsdienst; 1876 Vortr. Rat i m K u l t u s m i n i s t e r i u m ; 1881 Direktor, 1889 Unterstaatssekretär i m Reichsamt des Innern; 1890 Staatssekretär des preuß. Staatsrats; 1891 - 92 Staatssekretär des Reichsjustizamts; 1892 - 99 preuß. Kultusminister. 14 Walter Bronsart v. Schellendorf (1833 - 1914), seit 1852 preuß. Offizier; seit 1862 i m Generalstab; 1884 Divisionskommandeur; 1888 kommandierender General; 1893 - 96 preuß. Kriegsminister.
V. Die preußische Volksschulfrage 1850 - 1854
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V. Die preußische Volksschulfrage 1850-1854 Die Volksschulfrage war eine strittige Verfassungsfrage, die an sich beide Konfessionen, in besonderem Maße aber die katholische Kirche berührte. Deshalb sind die das Schulproblem unter staatskirchenrechtlichem Aspekt betreffenden Hauptdokumente an dieser Stelle wiedergegeben. Zu den institutionellen Garantien der preußischen Verfassungen von 18481 1850 gehörte die Gewährleistung, daß die Schule Staatsangelegenheit sei und der staatlichen Aufsicht unterstehe. Das Nähere war nach Art. 26 der rev. Verfassung durch ein Unterrichtsgesetz zu regeln, bis zu dessen Erlaß es nach Art. 112 bei den bisherigen Regelungen sein Bewenden haben sollte 1. Obwohl die Verfassung die staatliche Schulaufsicht vorschrieb, blieb damit einstweilen die geistliche Schulaufsicht, d. h. die Wahrnehmung der örtlichen Schulaufsicht durch Geistliche als staatlich beauftragte Kreisschulinspektoren, bestehen Schon 1819 hatte der Kultusminister v. Altenstein 3 ein umfassendes Schulgesetz vorgelegt, zu dessen Verabschiedung es allerdings nicht gekommen war*. Nach dem Inkrafttreten der Verfassung war erneut die Aufgabe einer zusammenhängenden gesetzlichen Regelung des Unterrichtswesens gestellt Am 15. Mai 1850 legte der Kultusminister v. Ladenberg 5 einen Entwurf des Unterrichtsgesetzes vor (Nr. 35). Der Ladenbergsche Entwurf hielt zwar an der Konfessionsschule fest; dagegen suchte er in der Gestaltung der Volksschulaufsicht das staatliche Moment zu verstärken. Nach der Erörterung mit den beteiligten staatlichen Stellen unterbreitete der Kultusminister den Entwurf am 28. September 1850 allen katholischen Bischöfen Preußens (Nr. 36) sowie dem Evangelischen Oberkirchenrat 6 zur Stellungnahme. Auf katholischer Seite kündigte sich alsbald Widerstand gegen die Einschränkung bisheriger kirchlicher Rechte an. Nach dem Rücktritt Ladenbergs Ende 1850 und dem Übergang in die Ära der Reaktion wurde der Plan des Unterrichtsgesetzes nicht weiterverfolgt. Der Kultusminister v. Raumer 7 bestätigte vielmehr ausdrücklich die geistliche Schulaufsicht (Nr. 37). Die den Elementarunterricht nach Lehrinhalt und Lehrmethode im hochkonservativen Geist regelnden Stiehlschen Regulative über das preußische Volksschulwesen vom Oktober 1854 8 galten zwar formell nur für das evangelische Volksschulwesen. In der Sache waren sie jedoch für den Geist des gesamten, auch des katholischen Volksschulwesens in Preußen bestimmend 9. 1
Verfassungsgeschichte, Bd. I I I , S. 120. Über Entwicklung u n d Problematik der „geistlichen Schulaufsicht" i m 19. Jahrhundert: ebenda Bd. I, S. 282 f., Bd. I V , S. 703 ff. 3 Staat u n d Kirche, Bd. I, S. 118, A n m . 4. 4 E n t w u r f eines allgemeinen Gesetzes über die Verfassung des Schulwesens i m Preußischen Staate v o m 27. J u n i 1819 (Text: Die Gesetzgebung auf dem Gebiete des Unterrichtswesens i n Preußen, 1869, S. 15 ff.). 5 Oben S. 35, A n m . 7. β Die Gesetzgebung auf dem Gebiet des Unterrichtswesens i n Preußen (1869) S. 189. 7 Oben S. 69, A n m . 1. 8 Unten Nr. 150 - 152. * Verfassungsgeschichte, Bd. I I I , S. 176 ff. 2
7 8 3 .
Kap. : Staat u n d katholische Kirche i n Preußen 1849 - 1870
Nr. 35. Entwurf eines Unterrichtsgesetzes — Entwurf Ladenberg — v o m 15. M a i 1850 (Die Gesetzgebung auf dem Gebiete des Unterrichtswesens i n Preußen, 1869, S. 162 ff.) — Auszug — §11. I n die Volksschule steht der E i n t r i t t K i n d e r n jedes Glaubensbekenntnisses offen. Z u r Theilnahme an dem Religionsunterrichte eines v o n dem ihrigen verschiedenen Bekenntnisses können K i n d e r i n der Volksschule nicht angehalten werden. §12. Sind i n einem Schulbezirk n u r Einwohner Eines Glaubensbekenntnisses vorhanden, so müssen sämmtliche Lehrer der Volksschule diesem Glaubensbekenntnisse angehören. Befinden sich i n einem Schulbezirk Einwohner verschiedener Glaubensbekenntnisse, so kommen i n Betreff der konfessionellen Verhältnisse der Volksschule folgende Bestimmungen zur Anwendung: 1. Die bereits vorhandenen Konfessionsschulen bleiben als solche bestehen. . . . 2. F ü r die i n der Minderzahl befindliche Konfession, welche noch keine eigene Schule besitzt, ist die bürgerliche Gemeinde verpflichtet, eine besondere Schule einzurichten, w e n n die i m Orts-, Schul- oder Gemeindebezirk vorhandene Schülerzahl der gedachten Konfession wenigstens 60 beträgt, u n d w e n n das Verlangen auf Errichtung einer solchen von der Mehrzahl der der betreffenden Konfession angehörigen Hausväter i n einer von dem Gemeindevorstand zu veranlassenden Verhandlung gestellt w i r d . §60. I n jeder Gemeinde soll f ü r die Volksschulen jeder Konfession ein Schulvorstand b e s t e h e n . . . . § 61. Der Schulvorstand w i r d zusammengesetzt aus: 1. dem Pfarrer v o n der Konfession der Schule, i n dessen Pfarrsprengel die Schule belegen ist F ü r jüdische Schulen hat der jüdische Gemeindevorstand dasjenige M i t g l i e d des Schulvorstandes unter Genehmigung der Regierung zu bestimmen, w e l ches an die Stelle des Pfarrers t r i t t . 2. Einem v o n dem Gemeindevorstand auf 3 Jahre zu bestimmenden M i t glied des Gemeindevorstandes. 3. Z w e i von dem Gemeinderath zu wählenden, i m Schulbezirk wohnhaften u n d der Konfession der Schule angehörigen Familienvätern 4. Den definitiv angestellten Lehrern, beziehungsweise ersten Lehrern oder dem Rector der Schule § 62. Der Bürgermeister oder der seine Stelle vertretende GemeindeBeamte ist befugt, den Sitzungen des Schulvorstandes m i t Stimmrecht beizuwohnen. . . . § 63. Den Vorsitz i m Schulvorstand f ü h r t der Pfarrer. B e i Stimmengleichheit entscheidet die Stimme des Vorsitzenden.
V . Die preußische Volksschulfrage 1850 - 1854
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§67. F ü r die i m Bezirk vorhandenen öffentlichen Volksschulen, P r i v a t u n t e r r i c h t s - u n d Erziehungs-Anstalten werden unter Zugrundelegung der i n den landräthlichen Kreisen gegebenen Eintheilung u n d unter möglichster Berücksichtigung der konfessionellen Verhältnisse durch die Regierung, die erforderlichen Schul-Inspectoren ernannt u n d v o m Unterrichts-Minister bestätigt. § 69. F ü r den Fall, daß dem von der Regierung ernannten Schul-Inspector die Aufsicht über den religiösen Unterricht i n der Volksschule v o n der betreffenden kirchlichen Behörde nicht m i t übertragen werden sollte, hat die letztere der Regierung diejenige Person anzuzeigen, welche sie m i t der A u f sicht über den religiösen Unterricht betraut.
Nr. 36. Schreiben des Kultusministers v. Ladenberg an die katholischen Bischöfe in Preußen v o m 28. September 1850 (Die Gesetzgebung auf dem Gebiete des Unterrichtswesens i n Preußen, 1869, S. 188 f.) — Auszug — I n dem A r t . 26 der Verfassungs-Urkunde v o m 31. Januar d. J. ist der Erlaß eines, das ganze Unterrichtswesen regelnden Gesetzes vorgesehen worden. Die wesentlichen Veränderungen, welche einige der wichtigsten seitherigen Grundlagen des Unterrichtswesens i n der Preußischen Monarchie i n Folge der neuen Staatsformen u n d durch die Bestimmungen der VerfassungsUrkunde erfahren haben, machen es wünschenswerth, daß schon den demnächst zusammentretenden K a m m e r n dieses Gesetz zur verfassungsmäßigen Beschlußnahme vorgelegt werde. Die diesfälligen Vorbereitungen zu treffen, liegt ressortmäßig m i r ob, u n d habe ich zu dem Ende das erforderliche Material u n d die w ü n s c h e n s w e r t e , aus dem unmittelbar praktischen Leben zu gewinnende Information theils durch Berathung erfahrener Schulmänner der verschiedenen Kategorien, theils durch i n Empfang genommene Gutachten einzelner Personen, theils durch die von m i r erforderten Berichte der dem Unterrichtswesen vorgesetzten Provinzial-Behörden zu sammeln u n d zu beschaffen gesucht. A u f G r u n d der hierauf i n dem m i r anvertrauten M i n i s t e r i u m stattgefundenen Berathung ist ein vorläufiger E n t w u r f angefertigt worden, der n u n mehr dem Königlichen Staats-Ministerium zur Beschlußnahme vorgelegt u n d f ü r den sodann die Allerhöchste Genehmigung Seiner Majestät des Königs erbeten werden w i r d . Ich habe es jedoch f ü r angemessen gehalten, v o r dieser Berathung u n d der Nachsuchung der Allerhöchsten Sanktion den kirchlichen Obern u n d Behörden von den Bestimmungen des Entwurfs Kenntniß zu geben, u n d glaube damit ebensowohl deren eigenen Wünschen entgegengekommen zu sein, als es m i r angenehm sein w i r d , noch v o r der schließlichen Berathung i n dem Königlichen Staatsministerium deren Ansichten über die Bestimmungen des Entwurfs i n kirchlich-religiöser Beziehung entgegennehmen zu können.
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3. Kap. : Staat u n d katholische Kirche i n Preußen 1849 - 1870
Wenn es sich gleich von selbst versteht, daß nach Lage der Gesetzgebung den kirchlichen Obern u n d Behörden bei Berathung u n d Beschlußnahme über das i n Rede stehende Gesetz k e i n Anspruch auf unmittelbare Betheiligung u n d E i n w i r k u n g zusteht, so werden doch Ew. etc. aus dem Angeführten gefälligst entnehmen, welchen W e r t h ich darauf lege, daß i n der wichtigen Angelegenheit des Unterrichtswesens u n d namentlich bei der i n Rede stehenden Emanation eines dasselbe regelnden Gesetzes Staat u n d Kirche H a n d i n H a n d gehen mögen, u n d w i e gern ich bereit bin, den Wünschen der kirchlichen Behörden entgegenzukommen, soweit deren E r f ü l l u n g m i t den unveräußerlichen Rechten des Staats u n d m i t den Interessen des Unterrichtswesens selbst vereinbar ist. Bei Abfassung des Gesetzentwurfs i m Allgemeinen mußte von folgenden unabänderlichen Voraussetzungen ausgegangen werden: Seitdem i n der Preußischen Monarchie das Unterrichtswesen als ein Ganzes Gegenstand der Organisation geworden, ist die letztere stets u n d ohne Ausnahme Aufgabe der staatlichen Gesetzgebung gewesen. Nicht n u r die P r i n cipia regulativa für Ostpreußen v o m Jahr 1736, das General-Land-SchulReglement von 1763, der T i t e l 12. T h e i l I I . des Allgem. Landrechts u n d die Schulordnung von 1845 f ü r die Provinz Preußen, sondern auch die lediglich das katholische Schulwesen i n der Provinz Schlesien betreffenden Reglements von 1765, 1800 u n d 1801 geben hierfür Zeugniß. I n richtiger Auffassung des der Kirche u n d ihren Organen auf die Gesammterziehung u n d B i l d u n g des Volkes innewohnenden u n d gebührenden Einflusses ist der letztere i n mehr oder minderem Maße durch die Preußische Schulgesetzgebung i m m e r gewahrt u n d aufrecht erhalten worden; es ist dieser Einfluß aber stets durch einen A k t der Gesetzgebung anerkannt u n d normirt, der Kirche überhaupt auf dem Gebiete des Unterrichts, soweit derselbe zugleich staatlichen Zwecken dient, keine legislative Befugniß zugestanden worden. Wenn, abgesehen von dem religiösen Unterricht i n der Volksschule, dessen Leitung den Religionsgesellschaften durch den A r t . 24 der VerfassungsUrkunde v o m 31. Januar d. J. zugetheilt worden ist, die letztere die bisher schon i m m e r v o m Staate zum Unterrichtswesen eingenommene selbständige Stellung als eine grundgesetzliche u n d verfassungsmäßig nicht mehr aufzugebende erklärt hat; so konnte dieser Standpunkt natürlich bei Entwerfung des neuen Unterrichtsgesetzes i n Bezug auf F o r m u n d Wesen nicht verlassen werden. Eine nähere Prüfung des Entwurfs w i r d aber i n letzterer Beziehung zweierlei ergeben. Einmal, daß der der Kirche als solcher seither auf die Schule zugestandene Einfluß nirgend verkürzt oder verringert, sondern i n sehr wesentlichen Punkten verstärkt und vermehrt, i n allen Fällen aber, w o er bisher n u r faktisch und hergebrachterweise ausgeübt oder nachgelassen w a r , nunmehr gesetzlich sanktionirt worden ist. Sodann aber, und hierauf möchte ich Ew. etc. gefällige Aufmerksamkeit besonders lenken, b i n ich von der Überzeugung ausgegangen, daß das neue Unterrichtsgesetz, namentlich auch m i t Rücksicht auf die bevorstehende parlamentarische Berathung desselben, unter allen Umständen nicht der Ort sein dürfe, u m v o m Standpunkte der Kirche oder des Staats, oder v o m Standpunkt beider aus dogmatische u n d staatsrechtliche Prinzipienfragen auf- u n d einander gegenüberzustellen, ohne
V. Die preußische Volksschulfrage 1850 - 1854
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daß irgendwelche Aussicht vorhanden sein kann, über dasjenige auf dem Felde der D o k t r i n u n d Theorie eine Einigung zu erzielen, was auf dem Gebiete der konkreten Ausführung von beiden Gewalten, sobald jeder der i h r zustehende Wirkungskreis geöffnet ist, Hand i n Hand zum Ziele geführt werden w i r d . Wie i n dieser Beziehung es vermieden worden ist, i n dem E n t w u r f ein staatsrechtliches A x i o m oder Prinzip i n abstrakter Weise aufzustellen, vielmehr ohne Anregung jedes Prinzipienstreites n u r zur konkreten A n w e n d u n g geeignete Bestimmungen getroffen worden sind, so werde ich mich, w i e ich ergebenst u n d ausdrücklich zu erklären mich veranlaßt sehe, auch nicht dazu entschließen können, i n Betreff kirchenrechtlicher Prinzipien u n d A x i o m e von diesem Grundsatz abzuweichen. Durch die i n dem Gesetz festgestellte u n d überall konsequent anerkannte Einheit der Volksschule i n ihren Beziehungen zu Staat und Kirche ist, wie, u m allenfalls mögliche Weiterungen zu vermeiden, hervorzuheben nicht überflüssig sein dürfte, die hier u n d da versuchte Auffassung: „es begreife der A r t . 15 der Verfassungs-Urkunde unter den f ü r die Zwecke der Kirche bestimmten Unterrichts-Anstalten auch die Volksschulen, und es sei i m A r t . 18 m i t der Aufhebung des dem Staate zustehenden Ernennungsrechts bei Besetzung kirchlicher Stellen auch dieses Recht i n Bezug auf die Volksschulen aufgehoben" 1 0 , als eine irrthümliche unbedingt ausgeschlossen. I n letzterer Beziehung k a n n n u r von den m i t Schulämtern verbundenen kirchlichen Ä m t e r n die Rede sein, über welche letztere der E n t w u r f den kirchlichen Behörden das alleinige Besetzungs-, respektive Bestätigungsrecht einräumt; i n ersterer Beziehung versteht aber die Verfassungs-Urkunde n u r die ausschließlich für kirchliche Zwecke bestimmten Unterrichts-Anstalten, u n d über diese hatte das Unterrichts-Gesetz nicht zu d i s p o n i r e n . . . .
Nr. 37. Zirkularverfügung des Kultusministers v. Raumer an die Regierungen über die Beaufsichtigung der Elementarschulen v o m 1. Oktober 1851 (Ministerialblatt f ü r die gesamte innere Verwaltung, 1851, S. 218) Es ist seit längerer Zeit Klage darüber geführt worden, daß die von den Geistlichen als Lokal-Revisoren, so w i e die von den Königlichen Superintendenten u n d von den Erzpriestern u n d Dechanten als K r e i s - S c h u l - I n spektoren über die Elementar-Schulen u n d ihre Lehrer zu führende Aufsicht nicht überall dem Bedürfnisse u n d dem Zwecke der von der UnterrichtsV e r w a l t u n g zu fordernden Schul-Aufsicht entspreche. Was diese Klagen betrifft, so w e i t sie i n der neueren Zeit auch von einzelnen K g l . Regierungen erhoben worden sind, so ist nicht zu verkennen, daß die allgemeinen Zustände der letzten Jahre u n d die innerhalb derselben genährten Erwartungen, i n dem Wesen der Schul-Aufsicht selbst w ü r d e n durchgreifende Änderungen vorgenommen werden, an manchen Orten die 10 Diese Auffassung ist u. a. vertreten i n der Denkschrift des preußischen Episkopats v o m J u l i 1849 (oben Nr. 20).
6 Huber, Staat und Kirche, 2. Bd.
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Kap. : Staat u n d katholische Kirche i n Preußen 1849 - 1870
sich praktisch bethätigende Theilnahme an dem Schulwesen mehr oder w e n i ger mögen haben zurücktreten lassen. Diesen u n d ähnlichen Motiven, welchen es f ü r die Z u k u n f t an jeder faktischen Bedeutung fehlt, darf auch w e i t e r h i n ein Einfluß auf die Handhabung der Schul-Aufsicht u m so weniger zugestanden werden, als die Überzeugung i m m e r lebendiger hervortritt, daß das Gedeihen der Elementar-Schule, auch was deren Beaufsichtigung angeht, von ihrer innigen Verbindung m i t der Kirche abhängig ist. Es liegt hiernach ausreichende Veranlassung vor, diesen Zusammenhang, w i e i n jeder anderen, so auch i n der Beziehung zu stärken, daß die bestehenden gesetzlichen Bestimmungen über die dem Staate zukommende Beaufsichtigung der Elementar-Schulen u n d ihrer Lehrer durch kirchliche Organe i n i h r e m ganzen Umfange zur lebendigen Ausführung gebracht werden. Daß es dieserhalb Aufgabe der K g l . Superintendenten u n d der Pfarrer ist, sich die Beaufsichtigung der Schulen auf das eifrigste, nicht nebenbei, sondern als einen wesentlichen T h e i l ihrer Amtspflichten angelegen sein zu lassen, u n d daß bei Beförderungen, Unterstützungs-Bewilligungen u n d sonstigen Auszeichnungen ihre Leistungen f ü r die Schule jedesmal m i t i n Erwägung gezogen werden sollen, hat auf mein Ersuchen der evangelische OberKirchen-Rath durch die K g l . Konsistorien bereits zur K e n n t n i ß der betreifenden Superintendenten u n d Pfarrer bringen lassen. Die katholischen H e r r n Bischöfe werde ich ersuchen, ihrerseits eine ähnliche Mahnung an die ihnen untergeordnete Geistlichkeit ergehen zu lassen. Hierauf gestützt, hat die K g l . Regierung nunmehr sämmtliche Superintendenten, Dekane, Kreis-Schul-Inspektoren, Pfarrer etc. anzuweisen, daß sie die ihnen untergeordneten Schulen genügend oft u n d m i t der gehörigen Sorgfalt revidiren, wobei sie darauf hinzuweisen sind, daß es bei den Revisionen weniger auf die Absolvirung eines regelmäßigen u n d feststehenden Turnus, als darauf ankommt, daß sie denjenigen Schulen, deren Lehrer besondere Überwachung oder Nachhülfe bedürfen, ihre öftere u n d nachhaltige Beaufsichtigung zuwenden, bei schwächeren Lehrern aber u n d namentlich i m Religions-Unterricht selbst m i t aushelfen. I n welcher Weise dieser wichtige P u n k t — sei es durch Besprechung auf Kreis-Synoden oder auf anderem Wege — bei allen Geistlichen zu einer lebendigen Auffassung zu bringen sei, hat die K g l . Regierung, so w e i t es nöthig ist unter Rücksprache m i t den betreffenden kirchlichen Ober-Behörden, i n nähere Erwägung zu nehmen. Wegen einer zweckmäßigen A b h a l t u n g der Parochial- u n d Synodal-Konferenzen der Schullehrer, besonders soweit sie dazu dienen, i n den einzelnen Schulen desselben Bezirks Einheit i n der zweckmäßigen Behandlung des Unterrichts u n d der Erziehung zu befördern, überlasse ich der Kgl. Regierung, i m Anschluß an die f ü r den dortigen Verwaltungsbezirk bereits vorhandenen Bestimmungen die nöthige Anweisung an die betreffenden Geistlichen ergehen zu lassen. Abschrift des dieserhalb zu Verfügenden hat die Königliche Regierung binnen vier Wochen einzureichen.
V I . Die preußische Volksschulfrage seit 1862
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V I . D i e preußische Volksschulfrage seit 1862 Erst nach dem Beginn der Neuen Ära nahm der Kultusminister v. Bethmann-Hollweg 1 den Plan eines allgemeinen Unterrichtsgesetzes wieder auf. Im März 1862 legte er seinen Entwurf vor (Nr. 38), der um einen Kompromiß zwischen konservativen und liberalen Grundsätzen bemüht war. Nach Bethmanns Rücktritt (18. März 1862) wurde der Entwurf von seinem Nachfolger, dem konservativen Kultusminister v. Mühler 2, nicht weiterverfolgt. Das in seiner Mehrheit liberale Abgeordnetenhaus der Konflikts jähr e forderte zwar wiederholt die Vorlage eines dem Verfassungsgebot des Art. 26 entsprechenden Gesetzentwurfs. Am 24. März 1863 legte es dafür eigene Grundsätze vor (Nr. 39). An eine Einigung der drei gesetzgebenden Faktoren (König, Herrenhaus, Abgeordnetenhaus) über die Grundsätze der Schulverfassung war jedoch angesichts der kontroversen Leitvorstellungen der staatskonservativen, der kirchlich-klerikalen und der liberalen Verfassungsfaktoren nicht zu denken. Das Ministerium Bismarck entschloß sich daher auf Mühlers Vorschlag, die dringend regelungsbedürftigen Materien durch Einzelgesetze zu ordnen und so das allgemeine Unterrichtsgesetz zu umgehen 3. Die überlieferte Bekenntnisschule wie die geistliche Schulaufsicht blieben auf diese Weise bestehen. Der Grundsatz der Staatsschule blieb in Preußen bis in die Zeit des Kulturkampfs in wichtigen Elementen unausgeführt.
Nr. 38. Entwurf eines Unterrichtsgesetzes — Entwurf Bethmann-Hollweg — v o m März 1862 (Die Gesetzgebung auf dem Gebiete des Unterrichtswesens i n Preußen, 1869, S. 201 if.) — Auszug — §16. I n der Volksschule ist der Religionsunterricht nach dem Lehrbegriff der evangelischen oder römisch-katholischen Kirche u n d zwar v o n dem Lehrer der Schule zu ertheilen. §17. Wegen Verschiedenheit des Glaubensbekenntnisses darf einem K i n d e der Besuch der öffentlichen Volksschule nicht versagt werden. Z u r T h e i l nahme an dem Religionsunterricht eines von dem ihrigen verschiedenen Bekenntnisses können K i n d e r nicht angehalten werden. 1 Moritz August v. Bethmann-Hollweg (1795 - 1877), Jurist; 1823 Professor des römischen u n d Prozeßrechts i n Berlin, 1829 i n Bonn, 1842 - 48 K u r a t o r der Universität daselbst; 1849-52 M i t g l i e d der Ersten, 1852-44 der Zweiten Kammer. Anfänglich konservativ; seit 1851 Führer der „Preußischen Wochenblattpartei" (liberal-konservativ). 1858 - 62 preuß. Kultusminister. 2 Heinrich v. Mühler (1813 - 74), Jurist; seit 1841 i m K u l t u s m i n i s t e r i u m tätig; seit 1850 M i t g l i e d des Evangelischen Oberkirchenrats; 18. März 1862 bis 17. Januar 1872 Kultusminister; 1867 - 71 M d R (konservativ). 8 Die v i e r preußischen Gesetzentwürfe, das Volksschulwesen betreffend, nebst M o t i v e n (1868). Vgl. Verfassungsgeschichte, Bd. I I I , S. 120, Bd. I V , S. 876 f.
6*
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Kap. : Staat u n d katholische Kirche i n Preußen 1849 - 1870
§18. Sind i n einem Schulbezirk n u r Einwohner eines der i m §16 genannten Glaubensbekenntnisse vorhanden, so dürfen n u r Lehrer dieses Glaubensbekenntnisses an den Volks- u n d Bürgerschulen angestellt werden. Befinden sich i n einem Schulbezirk Einwohner beider Glaubensbekenntnisse, so kommen i n Betreff der konfessionellen Verhältnisse der Schule folgende Grundsätze zur Anwendung: 1. Die bereits vorhandenen Konfessionsschulen bleiben als solche bestehen u n d werden nach Maßgabe des § 48 unterhalten. Der Minister der U n t e r richtsangelegenheiten ist ermächtigt, eine Konfessions-Schule aufzuheben oder ihren konfessionellen Charakter zeitweise zu ändern, w e n n die konfessionellen Verhältnisse die Aufrechterhaltung des bestehenden Zustandes nicht mehr erforderlich machen. 2. Wenn die K i n d e r verschiedener Glaubensbekenntnisse ein u n d derselben öffentlichen Volks- u n d Bürgerschule zugewiesen sind, deren konfessioneller Charakter noch nicht bestimmt ist, so dürfen an einer solchen Schule n u r Lehrer angestellt werden, welche sich zur Konfession der zur Zeit der Wiederbesetzung der Stelle vorhandenen Mehrheit der Hausväter bekennen. 3. Wenn die Gemeinde-Vertretung u n d die Schulvorstände konfessionell gemischter Gemeinden die etwa vorhandenen gemeinsamen mehrklassigen öffentlichen Volks- u n d Bürgerschulen bestehen lassen oder solche neu errichten wollen, so ist die Konfession der an denselben anzustellenden Lehrer durch ein der Genehmigung der Bezirks-Hegierung unterliegendes Statut zu bestimmen. 4. F ü r diejenigen Angehörigen einer Konfession, welche noch keine eigene Schule besitzen, ist i m Schulbezirk auf Kosten der zu derselben gehörenden Gemeinden eine besondere öffentliche Volksschule einzurichten, w e n n wenigstens 40 schulpflichtige K i n d e r dieser Konfession angehören u n d die Mehrzahl der Hausväter dieser Konfession i n einer dem Gemeindevorstand abzugebenden protokollarischen Erklärung darauf anträgt. . . . § 63. F ü r jede öffentliche Volks- und Bürgerschule w i r d ein Schulvorstand eingesetzt, welcher i n allen Rechtsverhältnissen die Schule zu vertreten, sowie gleichmäßig die Interessen des Staats, der Kirche und der Gemeinde, insbesondere die der letzteren zustehende Leitung der äußeren Angelegenheiten der Schule wahrzunehmen hat. Z u r Anstellung von Klagen bedarf der Schulvorstand der Ermächtigung der Bezirks-Regierung. § 64. Z u dem Schulvorstand gehören als ständige Mitglieder: 1. der Ortspfarrer derjenigen Konfession, welcher die Schule angehört, u n d bei Schulen gemischter Konfession (§ 18 Nr. 2 und 3) je ein evangelischer u n d ein katholischer Ortspfarrer; 2. der Bürgermeister oder A m t m a n n u n d der Gemeindevorsteher, beziehungsweise der Vorsteher des selbstständigen Gutsbezirks. . . . ; 3. der Haupt- oder einzige Lehrer der Schule, jedoch ohne Stimmrecht u n d m i t Ausschluß von der Berathung der i h n persönlich betreffenden Angelegenheiten. § 77. F ü r jeden landräthlichen Kreis u n d jede nicht zu einem solchen gehörige Stadt werden Seitens des Staats ein oder mehrere Schulinspektoren angestellt.
V . Die preußische Volksschulfrage
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§78. Z u Schulinspektoren werden nach Maßgabe der Konfession der Schulen von der Bezirks-Regierung i n der Regel Geistliche ernannt, sofern die kirchlichen Behörden sich bereit erklären, denselben auch die Aufsicht über den Religions-Unterricht i n den betreffenden Schulen zu übertragen. § 79. Die Bezirks-Regierung ist bei der Ernennung von Schulinspektoren an die Person von Geistlichen nicht gebunden, w e n n i n dem Bezirk überhaupt k e i n oder kein nach der Ansicht der Regierung zur Schulaufsicht geeigneter, oder zur Übernahme derselben w i l l i g e r Geistlicher vorhanden ist, oder w e n n dem v o m Staate ausersehenen Geistlichen die Übernahme des Amtes unter der i m § 78 enthaltenen Voraussetzung Seitens seiner Vorgesetzten verweigert wird. § 80. I n denjenigen Fällen, w o die Schulaufsicht nicht von einem Geistlichen ausgeübt w i r d , k a n n Seitens der Kirchenbehörden die i m A r t . 24 der Verfassungs-Urkunde vorgesehene L e i t u n g des religiösen Unterrichts einem anderen, als dem v o m Staate ernannten Schulinspektor übertragen werden. Die Ausführung aller den religiösen Unterricht betreffenden Einrichtungen, so w e i t diese sich nicht auf den I n h a l t des Unterrichts beziehen, w i r d jedoch auch i n diesem Falle von der Bezirks-Regierung angeordnet. §81. W i r d die Leitung des religiösen Unterrichts einem anderen als dem v o m Staate ernannten Schulinspektor übertragen, so hat der letztere das Recht, auch von dem religiösen Unterricht an u n d f ü r sich u n d i n seinem Zusammenhang m i t dem Ganzen der Schule Kenntniß zu nehmen u n d sich von der Beachtung der f ü r denselben bestehenden Anweisungen Seitens der Lehrer zu überzeugen. Bemerkungen u n d Wünsche hinsichtlich des religiösen Unterrichts sind durch die Bezirks-Regierung zur Kenntniß der zuständigen kirchlichen Behörden zu bringen. § 82. Die Schulinspektoren üben i m A u f t r a g der Bezirks-Regierung die Oberaufsicht über die öffentlichen Volks- u n d Bürgerschulen, über die Präparandenbildung u n d die Privat-Unterrichts- u n d Erziehungs-Anstalten des Bezirks aus. Ihre K o m m u n i k a t i o n m i t den kirchlichen Behörden hinsichtlich der Beaufsichtigung des religiösen Unterrichts bleibt der Anordnung der kirchlichen Behörden überlassen. Von den durch die letzteren getroffenen Anordnungen haben die Schulinspektoren v o r deren Ausführung der Bezirks-Regierung Anzeige zu machen.
Nr. 39. Grundsätze des Abgeordnetenhauses über die Ordnung des Volksschulwesens v o m 24. März 1863 (Die Gesetzgebung auf dem Gebiete des Unterrichtswesens i n Preußen, 1869, S. 276 f.) — Auszug — IV. Schulaufsicht. 17. Die Schulaufsicht u n d die V e r w a l t u n g des Schulwesens ist auf allen Stufen so zu organisiren, daß die Rechte der Gemeinde u n d des Staates, sowie der betreffenden Religionsgesellschaften gewahrt werden.
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Es soll überall ein Schulvorstand errichtet werden, der i m A u f t r a g der Gemeinde u n d i n Verantwortlichkeit gegen sie die Aufsicht u n d V e r w a l t u n g ihres Schulwesens zu führen hat. Derselbe geht aus Wahlen der Gemeinde hervor, jedoch sollen die Religionsgesellschaften, der Lehrerstand und, w o u n d so lange solches existirt, auch das Patronat i n i h m vertreten sein. 19. F ü r die höhere Aufsicht u n d V e r w a l t u n g des Volksschulwesens muß an die Stelle büreaukratischer Centralisation der Grundsatz vorwiegender Selbstverwaltung treten. 20. Die höhere Schulinspektion soll nicht ausschließlich oder vorzugsweise m i t kirchlichen Ä m t e r n verbunden sein, sondern v o r allen Dingen i n die Hände bewährter Schulmänner gelegt werden. 21. Die Ernennung von schulfachkundigen Inspektoren, je nach A n z a h l der Volksschulen f ü r einen oder zwei Landkreise, w ü r d e den ausgesprochenen Grundsätzen u n d dem allgemeinen Wunsche der Lehrer entsprechen.
V I I . Die preußischen Bischofswahlen: A. Die Besetzung des Erzbistums Köln Bei den Bischofswahlen stand dem Staat nach der Bulle De salute animarum und dem Breve Re sacra vom 16. Juli 1821 ein Einwirkungsrecht zu; faktisch nahm er darüber hinaus in der Anfangszeit ein Vorschlagsrecht wahr 1. Seit der Übereinkunft vom 23.124. September 1841 wurde dieses defacto-Vorschlagsverfahren durch das 1821 vereinbarte Einspruchsverfahren verdrängt 2. Während die Bischofsernennungen sich auf dieser Grundlage für rund zwei Jahrzehnte ohne ernstliche Konflikte vollzogen, ergaben sich neue Schwierigkeiten nach dem Tod des Kölner Erzbischofs Johannes v. Geissei (8. September 1864)*. Die 1864 von der Mehrheit des Domkapitels vorgelegte Kandidatenliste, die fünf Kandidaten enthielt, wurde von der Regierung gänzlich zurückgewiesen. Die 1865 von der Kapitelsmehrheit beschlossene zweite Liste verzeichnete erneut fünf Kandidaten, von denen die Regierung drei als personae minus gratae bezeichnete 4, ein Verfahren, das das Domkapitel mit Protest beantwortete 5. Die Regierung lehnte insbesondere den von der ultramontanen Mehrheit vorgeschlagenen Weihbischof Baudri 6 entschieden ab (dazu Bismarcks Immediatbericht vom 30. September 1865 — Nr. 40). Von den beiden auf der Liste verbliebenen Kandidaten verwarf die Kurie in den Verhandlungen mit der preußischen Regierung nachdrücklich 1
Staat u n d Kirche, Bd. I, Nr. 91 f. Ebenda Nr. 195; dazu Verfassungsgeschichte Bd. I I , S. 259 if. 8 Staat u n d Kirche, Bd. I , S. 441 f. 4 Gestrichen w u r d e n der Bischof Frh. v. Ketteier, Mainz, der Weihbischof Baudri, K ö l n , u n d der Theologieprofessor Hettinger, Würzburg; die Liste umfaßte danach noch den A b t Haneberg, München, u n d den Bischof Melchers, Osnabrück. 6 Über die Frage, ob die Regierung die Liste durch Streichung auf eine Zweierliste reduzieren dürfe oder ob eine Dreierliste ü b r i g bleiben müsse, siehe Verfassungsgeschichte, Bd. I, S. 438 f. • Johann Anton Baudri (1804-93), kath. Priester, 1843 Domkapitular i n K ö l n , 1844 Generalvikar, 1850 Weihbischof, 1864 - 66 Erzbistumsverweser. 2
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die Ernennung des Abts Haneberg". Schließlich einigten die Regierung und die Kurie sich auf den zweiten auf der Liste verbliebenen Kandidaten, den Bischof Melchers, Osnabrück 8. Papst Pius IX. teilte dies dem Domkapitel durch das Breve vom 21. Dezember 1865 mit (Nr. 41). Das Wahlrecht des Domkapitels wurde damit zum Formalrecht degradiert, ungeachtet der gegenteiligen Beteuerungen, die das päpstliche Breve enthält 9.
Nr. 40. Immediatschreiben Bismarcks an König Wilhelm I. wegen der Kölner Erzbischofswahl v o m 30. September 1865 (Bismarck, Die gesammelten Werke, Bd. 5,1928, S. 302 ff.) — Auszug — Ew. Majestät Marginal-Befehl die Cölner Frage betreffend habe ich so eben erhalten, u n d das Staatsministerium zu heut M i t t a g zusammenberufen, u m die Frage zu berathen. Ew. Majestät Regirung ist nicht i n der Lage, über die Bischofswahl zu verfügen, w i r können n u r m i t der katholischen Kirche w i e m i t einer fremden Macht unterhandeln u n d zu einem Compromiß gelangen. Bis dieß geschieht, bleibt Baudry, unser entschiedenster Gegner, thatsächlich Erzbischof 10 , u n d w i r können nicht hindern, daß er es bis zu seinem Tode bleibt, w e n n nicht vorher eine Verständigung erreicht w i r d . Daß die Sache keine Fortschritte macht, ist nicht bloß der Zähigkeit der Kirche, sondern ebenso sehr der Unbeholfenheit u n d Characterschwäche des Ober-Präsidenten v o n Pommer-Esche zuzuschreiben 11 , der sich dabei als Instrument andrer, der Regirung Ew. Majestät principiell feindlicher Einflüsse benutzen läßt u n d durch eckige u n d schroffe Manieren die Geistlichkeit verletzt. Es dürfte meines ehrfurchtsvollen Dafürhaltens nicht rathsam sein, i n Betreff der Beziehungen des Staates zur katholischen Kirche u n d zu den 7 M i l l i o n e n katholischer Unterthanen Ew. Majestät die Meinung derjenigen Beamten v o r w a l t e n zu lassen, deren Feindschaft gegen die katholische u n d k a u m 7 Daniel (v.) Haneberg (1816 - 76), seit 1839 kath. Priester; 1844 Professor f ü r Altes Testament i n München; 1844 i m Kloster St. Bonifaz zu München, 1854 A b t . E r lehnte 1864 die W a h l zum Bischof von Trier, 1866 die W a h l zum Bischof von Eichstätt ab. Anfänglich ein Gegner des Infallibilitätsdogmas, wurde er bald dessen Verteidiger. 1872 - 76 w a r er Bischof v o n Speyer. 8 Paulus Melchers (1813 - 95), seit 1841 kath. Priester; 1851 Generalvikar, 1854 Domdechant i n Münster; 1857-66 Bischof v o n Osnabrück; 1866 Erzbischof von K ö l n ; 1876 v o m königlichen Gerichtshof amtsenthoben (unten Nr. 317); 1885 von Leo X I I I . zum K u r i e n - K a r d i n a l ernannt, worauf er auf den Kölner Erzbischofsstuhl verzichtete (siehe auch unten S. 846). 9 Vgl. H.Schrörs, Die Kölner Erzbischofswahl nach Geisseis Tode: 1864 bis 1865 (Annalen des Hist. Vereins f ü r den Niederrhein 108, 1926, S. 103-140); K . Bachem, Vorgeschichte, Geschichte u n d P o l i t i k der deutschen Zentrumspartei, Bd. 2 (1927), S. 361 ff.; N. Trippen, Das Domkapitel u n d die Erzbischofswahlen i n K ö l n 1821 - 1929 (1972), S. 157 ff. 10 Nämlich als K a p i t u l a r v i k a r (Erzbistumsverweser) ; siehe oben S. 86, A n m . 6. 11 Adolf v. Pommer-Esche (1804-71); Jurist i m preuß. Verwaltungsdienst; 1858 - 71 Oberpräsident der Rheinprovinz.
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minder gegen die eigne Kirche der Bevölkerung der Rheinprovinz bekannt ist, u n d die n u r diesem einen Antriebe i n der Sache folgen, ohne irgend welche Verantwortung i n Betreff der Ergebnisse zu tragen, welche die Befolgung ihrer Rathschläge f ü r die gesammten Staatsverhältnisse u n d f ü r die Z u k u n f t der Regirung Ew. Majestät haben könnten. Die Rheinländer sind i n ihrer Gesammtheit nicht minder treue Unterthanen Eurer Majestät als die Bewohner andrer Provinzen; sie interessiren sich sogar weniger f ü r den Verfassungsstreit, denn es haben dort n u r 11 Procent der Bevölkerung an den Landtagswahlen theilgenommen, i m Durchschnitt der anderen Provinzen aber 30 Procent. Wenn die Regirung Ew. Majestät demungeachtet von keinem der mannigfaltigen Lebenselemente dieser bedeutsamen Provinz irgend welche Unterstützung erhält, w e n n es nicht gelingt, irgend einen K e i m conservativer Bestrebungen dort zur Entwicklung zu bringen, so erklärt sich dieß leider aus der Thatsache, daß die Spitzen der dortigen Regirungsorgane sich der P o l i t i k Ew. Majestät nicht m i t der Entschiedenheit u n d Hingebung anschließen, wie dieß jetzt von Seiten fast aller andern der F a l l ist. Sie suchen am Rhein ihren Stützpunkt i n den Theilen der Bevölkerung, welche schwer oder garnicht f ü r monarchisches Regiment zu gewinnen sind, u n d stehn als Gegner der großen Mehrheit der Bevölkerung da, welche zu ihrer Kirche sich bekennt, aber dabei u n d deshalb der Obrigkeit zu gehorchen bereit ist; es werden das wesentlich die 89 Procent sein, welche sich der Landtagswahl enthalten haben. Wenn dazu i n Betracht gezogen w i r d , daß der Ober-Präsident u n d die Präsidenten von Düsseldorf 1 2 u n d T r i e r 1 3 von sachkundiger Stelle zu den weniger begabten Beamten i n höheren Stellen gezählt werden, u n d daß der Präsident v. M ö l l e r 1 4 , der, selbst andern Einflüssen dienstbar, den Ober-Präsidenten leitet, seine leidenschaftliche Verbitterung gegen Geistliche u n d Kirche niemals verhehlt, so wage ich Ew. Majestät ehrfurchtsvoll zu bitten, daß Allerhöchstdieselben den von dieser Seite k o m menden Bestrebungen keinen Einfluß auf die Entschließungen gestatten wollen, welche Ew. Majestät i n Übereinstimmung m i t Allerhöchstihren Ministern nach Erwägung aller i n Betracht kommenden Verhältnisse gefaßt haben....
12 Carl Friedrich Leo Frhr. ν . Massenbach (1797 - 1880), Jurist i m preuß. Verwaltungsdienst; 1842 - 50 Regierungsvizepräsident i n T r i e r ; 1850 - 66 Regierungspräsident i n Düsseldorf. 13 Julius Frhr. v. Schleinitz (1806 - 65), Jurist i m preuß. Verwaltungsdienst; seit 1844 i m Innenministerium; 1850-64 Regierungspräsident i n Bromberg; 1864 - 65 Regierungspräsident i n Trier. 14 Eduard v. Möller (1814-80), Jurist i m preuß. Verwaltungsdienst; 1840 Landrat i n Simmern; 1844 Eisenbahnkommissar f ü r Rheinland u n d Westfalen; 1848-66 Regierungspräsident i n K ö l n ; 1866 Zivilkommissar i n K u r hessen; 1866-71 Oberpräsident von Hessen-Nassau; 1871 - 7 9 Oberpräsident des Reichslandes Elsaß-Lothringen.
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Nr. 41. Breve Papst Pius I X . an den Weihbischof Baudri, Köln v o m 21. Dezember 1865 (Übersetzung: E. Friedberg,
Der Staat u n d die Bischofswahlen i n Deutschland, 1874, A n h a n g S. 177 ff.)
Nachdem Unser geliebter Sohn Johannes, der heil, römischen Kirche Cardinal-Priester v. Geissei, der überaus wachsame u n d von Uns hochgeliebte Oberhirt der Cölner Diöcese, zum größten Schmerz Unserer Seele aus diesem Leben geschieden und dadurch jene so berühmte Cölner Metropolitankirche ihres vortrefflichen H i r t e n beraubt worden war, u n d als I h r nun, ehrwürdiger Bruder u n d geliebte Söhne, Euch angelegentlich m i t der W a h l eines neuen H i r t e n beschäftiget: so werden, w e n n Uns auch einige Beschwerung verursacht worden ist, dennoch die vielen u n d ausgezeichneten Beweise der Tugend, welche I h r gegeben habt, Uns gewiß zum größten Trost gereichen. U n d wahrlich, es hat Uns insbesondere die beständige Eintracht gar sehr gefallen, welche von Euch fast A l l e n bis auf diesen heutigen Tag bewahrt worden, u n d die ausnehmende Sorgfalt, welche I h r angewendet habt, dem hochberühmten verstorbenen Cardinal v. Geissei einen würdigen Nachfolger zu bezeichnen, so w i e der besondere Eifer, w o m i t I h r die Freiheit der Capitelswahl zu schützen u n d zu vertheidigen nicht abgelassen habt. Denn da I h r wußtet, m i t welcher Sorgfalt die heiligen Gesetze der Kirche die Freiheit einer derartigen W a h l allen denen einschärfen, welche ein W a h l recht besitzen, u n d da I h r sorgsam u n d fest die apostolischen Anordnungen beachtet, welche von Unserem Vorgänger glücklichen Angedenkens Pius V I I . f ü r alle Kirchen i n Preußen getroffen worden sind 1 5 , so habt I h r auf die f ü r jenen Metropolitansitz von Euch eingereichte Liste zweimal Geistliche gesetzt, nicht wie sie Euch von Anderen entgegengebracht, sondern welche von Euch frei erkoren waren, die jene Eigenschaften besitzen, welche die heiligen Gesetze der Kirche verlangen, u n d die m i t dem Lob der Klugheit geschmückt sind, aus welchen I h r unter Beobachtung der canonischen Vorschriften Euren neuen H i r t e n zu wählen gedachtet. U n d damit I h r i n der Ausübung eines so großen Rechtes freier und sicherer handeln könntet, habt I h r oft m i t aller Ehrerbietigkeit u n d treuester Anhänglichkeit zu Uns u n d zu diesem apostolischen Stuhle, dem Schützer u n d Vertheidiger aller Rechte, bittend Eure Zuflucht genommen, u m den geeigneten Rath u n d Schutz zu erhalten. Während W i r aber Euch, ehrwürdiger Bruder u n d geliebte Söhne, wegen dieser Eurer vortrefflichen Handlungen, welche uns großen Trost bereiten, gar sehr Glück wünschen u n d das verdiente Lob spenden, gereicht es Uns selbst zur Freude, daß W i r i n einer Angelegenheit von so großer Wichtigkeit nicht abgelassen haben, Euch die geeignete Hülfe zu bringen. U n d i n der That haben W i r , u m Eure Rechte zu schützen, i n Beantwortung Eurer Bittgesuche durch Schreiben, welche sowohl von Unserem geliebten Sohne, dem Cardinal-Staatssecretär Antonelli, als auch von Unserem u n d dieses apostolischen Stuhles Nuncius zu München 1 6 übersandt wurden, von Anbeginn 15 Durch die Bulle De salute animarum u n d das Breve Re sacra v o m 16. J u l i 1821 (Staat u n d Kirche, Bd. I, Nr. 91, 92). 18 Matteo Eustachio Gonella (1811-70), Titularerzbischof von Neocesarea; 1861 - 66 Nuntius i n München; dann Bischof von Viterbo.
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Euch ermahnt, daß I h r Euch auf die angefertigte Liste m i t einträchtigem Sinne vereinigen möchtet, u n d haben wegen dieser Ursache Euch b e r e i t w i l l i g die bereits abgelaufene gesetzliche Frist f ü r die Veranstaltung der W a h l v e r längert, u n d sodann Euch das Recht gewahrt, eine neue Liste aufzustellen u n d auf diese durch Stimmenmehrheit sowohl diejenigen zu bringen, welche sich auf der ersten Liste befunden haben, als auch andere, welche m i t den erforderlichen Eigenschaften versehen wären, u n d endlich haben w i r Euch die Z a h l derer festgestellt, aus welchen die feierliche W a h l von Euch zu veranstalten sein würde. Auch haben W i r nicht ermangelt, Unsere Verwendung bei der kgl. preußischen Staatsregierung eintreten zu lassen, damit alle Schwierigkeiten weggeräumt werden möchten, welche verhinderten, daß die W a h l eines neuen Erzbischofs von Cöln vorgenommen werde. A b e r w i e w o h l W i r Rathschläge ertheilt u n d Verwendungen haben eintreten lassen u n d I h r Unseren Weisungen nachgekommen seid, so müssen W i r es dennoch beklagen, daß das Wahlgeschäft keineswegs zum Ziele gelangt ist. Vielmehr ist wegen der eingetretenen Schwierigkeiten, die Euch bekannt sind, die Sache dahin gekommen, daß Uns k a u m noch Hoffnung verbleibt, es könne eine rechtsgültige W a h l von Euch vollzogen u n d i n dieser Weise f ü r Eure verwaiste Kirche Fürsorge getroffen werden. Wahrlich, W i r dürfen, w i e W i r anderswo k u n d gegeben haben, an der gegenwärtigen Capitularverwaltung nichts tadeln; vielmehr erkennen W i r es freudig an, daß dieselbe vortrefflich ihren Fortgang n i m m t nach den Grundsätzen des ausgezeichneten verstorbenen Erzbischofs, u n d deshalb ertheilen W i r Euch Allen, geliebte Söhne, u n d zumeist Unserem ehrwürdigen Bruder Johannes, dem Bischöfe von Arethusa u n d Capitularvicar 1 7 , wiederholt das größte Lob. D a m i t aber endlich die langdauernde Erledigung dieser so berühmten Kirche i n Deutschland aufhöre, w i e I h r zugleich m i t allen Gutgesinnten es angelegentlich wünscht, so haben W i r beschlossen, Uns die Ernennung des neuen Erzbischofs v o n Cöln vorzubehalten. D a m i t aber Niemand auch n u r den leisesten Verdacht schöpfen möge, als könne durch diese Unsere E n t schließung das von Unserem Vorgänger Pius V I I . unsterblichen Andenkens Euch wiederhergestellte Wahlrecht irgendwie beeinträchtigt werden, so erklären W i r bereits jetzt, daß es nicht n u r Unser W i l l e ist, daß dieses Recht von A l l e n i n Z u k u n f t unversehrt u n d unverletzt bewahrt werde, sondern W i r w o l l e n Euch zu wissen thun, daß W i r gesonnen sind, neue Vereinbarungen m i t dem Erlauchtesten Könige von Preußen vorzunehmen, damit I h r u m so leichter u n d sicherer ein so bedeutendes Recht ausüben könnt. D a m i t inzwischen auch dieses M a l der v o n Euch begonnene Wahlact, so w e i t es geschehen, von Uns aufrecht erhalten u n d vollendet u n d zu gleicher Zeit die ersprießliche u n d nothwendige Eintracht zwischen der geistlichen u n d weltlichen Gewalt i n keiner Weise gefährdet werde, werden W i r von Unserer obersten apostolischen A u t o r i t ä t u n d Gewalt Gebrauch machen u n d i n dem nächsten Consistorium, das W i r halten, den ehrwürdigen Bruder Paulus Melchers, Bischof von Osnabrück 1 8 , zum Erzbischöfe der Cölner Kirche er17
Nämlich dem Weihbischof Baudri. ι» Oben S. 87, A n m . 8.
V i l i . Die preußischen B i s c h o f s w h l e n : Posen-Gnesen
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nennen u n d bestellen, der v o n Euch zweimal auf die Liste gebracht u n d als vorzüglich geeignet erachtet worden ist, die Cölnische Kirche zu regieren u n d zu leiten. W i r sind aber gewiß, daß derselbe Unseren u n d Euren Wünschen u n d der E r w a r t u n g aller Guten i n reichlichem Maße entsprechen w i r d , da Uns w o h l bekannt ist, durch welche ausgezeichneten Eigenschaften dieser ehrwürdige Bruder hervorragt, und m i t welcher ausnehmenden Wachsamkeit, Sorgfalt, Thätigkeit u n d m i t welchem Hirteneifer er seit mehreren Jahren die Osnabrücker Diöcese geleitet u n d deren Wohlfahrt aus allen K r ä f t e n wahrgenommen hat. I h r sehet wahrlich, ehrwürdiger Bruder u n d geliebte Söhne, w i e große u n d angelegentliche Sorge W i r aufgewendet haben, u m dieser Kirche von Cöln den besten H i r t e n vorzusetzen. W i r hegen aber das Vertrauen, es werde Euch nichts angelegentlicher u n d nichts w i l l k o m m e n e r sein, als Euren neuen H i r t e n m i t aller Liebe, m i t allem Eifer u n d Rath i n der V e r w a l t u n g dieser großen Diöcese zu unterstützen, u n d zweifeln nicht, daß es Euch zur Freude gereichen w i r d , Uns u n d diesem Stuhle des heil. Petrus m i t i m m e r größerer Zuneigung u n d Ergebenheit fest u n d standhaft anzuhangen.
V I I I . Die preußischen Bischofs wählen: B. Die Besetzung des Erzbistums Posen-Gnesen (1866-67) Ähnliche Schwierigkeiten ergaben sich bei der Neubesetzung des Erzbischofsstuhls von Posen-Gnesen nach dem Tod des Erzbischofs v. Przyluski (f 12. März 1865) 1. Der Versuch der Regierung, den Mainzer Bischof v. Ketν . Przyluskis oder als dessen Nachfolger nach Posenteier 2 als Koadjutor Gnesen zu bringen, um ein Gegengewicht gegen die nationalpolnische Haltung des Domkapitels und eines Teils der Geistlichkeit zu schaffen, scheiterte. Eine Verständigung wurde erst erzielt, als die Kurie den päpstlichen Nuntius in Brüssel Graf Ledochowski 3 als neuen Erzbischof vorschlug. Die Regierung stimmte in der Erwartung zu, daß Ledochowski in politischen Fragen Zurückhaltung üben und den nationalpolnisch gesinnten Teil seines Klerus zur Mäßigung veranlassen werde (Nr. 42)*. Allerdings äußerte der Kultusminister ν . Mühler auch nach der Entscheidung noch das Bedenken, daß die Ernennung Ledochowskis die Bestrebungen der polnischen Nationalpartei und insbesondere die Wiederbelebung der „Primas-Idee" fördern werde (Nr. 43). Doch erwiesen diese Befürchtungen sich zunächst als unbegründet. So forderte der Erzbischof durch die Erlasse vom 18. Mai 1866 und vom 21. August 1866 (Nr. 44, 45) die Geistlichen auf, sich bei den Wahlen zum preußischen Abgeordnetenhaus nicht als Kandidaten zur Verfügung zu stellen und auch 1 Leo V. Przyluski (um 1790 - 1865), kath. Priester, 1845 - 65 Erzbischof von Gnesen-Posen. 2 U n t e n S. 158, A n m . 5. 8 Miecislaus Graf v. Ledochowski (1822 - 1902), seit 1840 kath. Priester; nach S t u d i u m a m Jesuiten-Kollegium i n Rom i m Dienst der K u r i e ; 1861 Nuntius i n Brüssel; 1866 Erzbischof v o n Gnesen-Posen. I m K u l t u r k a m p f 1874 A m t s enthebung, 1886 Amtsverzicht ; seitdem Kurienkardinal. 4 Vgl. die Dokumente bei B. Frh. v. Selchow, Der K a m p f u m das Posener Erzbistum 1865 (1923).
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sonst sorgfältige Zurückhaltung in politischen Fragen zu üben. Übertretungen dieser Erlasse ahndete der Erzbischof in der Folgezeit mit scharfen Verweisen (Nr. 46). So entstand bis 1870171 ein enges Vertrauensverhältnis zwischen der Regierung und dem Metropoliten der preußischen Ostgebiete.
Nr. 42. Schreiben des Kultusministers v. Mühler an den Oberpräsidenten v. Horn, Posen, betreffend die Erzbischofswahl in Posen-Gnesen v o m 18. Oktober 1865 (B. Frh. v. Selchow, Der K a m p f u m das Posener Erzbistum 1865, 1923, S. 119 f.) Aus der M i t t e i l u n g des Regierungsrats v. Lebbin v o m 14. d. M. habe ich m i t großer Befriedigung ersehen, daß die ersten Einleitungen zu der Erzbischofswahl, unter M i t w i r k u n g der Staatsregierung, ein sehr bereitwilliges Entgegenkommen auf Seiten des Posener Kapitelverwesers gefunden haben. Unter dem Einfluß der Stimmung, wie v. L e b b i n sie als gegenwärtig vorherrschend bezeichnet, u n d wie sie auch m i r aus anderen Anzeichen hervorgetreten ist, w i r d es Ew. Hochwohlgeboren 5 nicht schwer fallen, die weitere Entwicklung der Sache i n den von m i r bezeichneten Wegen zu leiten. Je sicherer w i r des Erfolges sein können u n d sind, u m so konzilianter werden Ew. Hochwohlgeboren i n allen Formen sein dürfen und dadurch den K a p i t e l n die Unterwerfung i n der Sache erleichtern. Einer Mitteilung, w a n n die W a h l stattfinden kann, sehe ich baldigst entgegen. Ich bitte m i r deshalb zu telegraphieren, sobald eine Abrede getroffen sein w i r d . Des Königs Majestät nehmen, wie aus mehreren i n diesen Tagen m i r zugegangenen Allerhöchsteigenhändigen Z u - u n d Randschriften ersichtlich ist, an der raschen u n d glücklichen Erledigung der Posener W a h l ein sehr lebhaftes Interesse. Der K ö n i g setzt voraus, daß Sie von den Gründen, welche i h n bestimmt haben, auf die W a h l des Ledochowski einzugehen, unterrichtet u n d überzeugt worden seien. Nach dem, was zwischen Ihnen u n d m i r mündlich besprochen worden, habe ich annehmen zu dürfen geglaubt, daß die von I h n e n i n Ansehung des p. Ledochowski früher geäußerten Bedenken Sie nicht abhalten werden, den Ihnen gewordenen Allerhöchsten A u f t r a g i n loyalster Weise zu erfüllen. Ich habe daher S. M. berichtet, daß Allerhöchstdieselben versichert sein können, Sie w ü r d e n den I h n e n gewordenen A u f t r a g als Wahlkommissarius m i t aller Gewissenhaftigkeit u n d Treue gegen den W i l l e n S. M . ausführen, u n d hoffe ich, damit ganz i n I h r e m Sinne gehandelt zu haben. Daß übrigens die Erhebung des Ledochowski auf den erzbischöflichen S t u h l von der polnischen Nationalpartei nicht als Sieg, sondern als eine Niederlage empfunden w i r d , scheint m i r nach den Mitteilungen Lebbins 5 Adressat des Schreibens ist der Oberpräsident Carl v. Horn (1807 - 89), Jurist i m preuß. Verwaltungsdienst; seit 1844 Vortr. Rat i m Finanzminister i u m ; 1862 - 69 Oberpräsident der Provinz Posen, 1869 - 78 der Provinz Preußen, nach deren Teilung 1878 - 82 der Provinz Ostpreußen.
V i l i . Die preußischen B i s c h o f s w h l e n : Posen-Gnesen
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außer Zweifel zu sein. Auch b i n ich neuerdings davon authentisch unterrichtet worden, daß der Graf Ledochowski i n Brüssel nicht der Verfasser des von Ew. Hochwohlgeboren erwähnten Nationalhymnus ist 6 . Es liegt daher die dringendste Veranlassung vor, die wegen dieser W a h l auftauchenden Beunruhigungen Wohlgesinnter i n der Provinz nicht etwa durch eine zweifelhafte H a l t u n g zu vermehren, sondern bestimmt zu manifestieren, daß die Regierung aus freier Entschließung u n d m i t genauer Sach- u n d Personalkenntnis auf diese W a h l eingegangen ist u n d n u r G r u n d hat, sich von i h r Gutes zu versprechen. Auch i n dieser Beziehung glaube ich auf Ew. Hochwohlgeboren Ergebenheit gegen die Intentionen S. M. des Königs m i t Bestimmtheit rechnen zu dürfen.
Nr. 43. Schreiben des Kultusministers v. Mühler an den Ministerpräsidenten v. Bismarck v o m 26. Januar 1866 (B. Frh. v. Selchow, Der K a m p f u m das Posener Erzbistum 1865, 1923, S. 139 ff.) Der Rückblick auf die an die Reise des verstorbenen Erzbischofs v. Przyl u s k i nach Rom i m Jahre 1862 sich anknüpfenden, f ü r die damalige nationale Bewegung i m Großherzogtum Posen bedeutungsvollen Ereignisse veranlaßt mich, i m gegenwärtigen Augenblick, w o die Einsetzung des neuen Erzbischofs von Gnesen-Posen Graf Ledochowski nahe bevorsteht, Euer Excellenz geneigte Unterstützung i n Bezug auf einen Gegenstand ganz ergebenst i n Anspruch zu nehmen, rücksichtlich dessen die vollste K l a r h e i t zwischen Seiner Majestät Regierung u n d dem künftigen Erzbischof vorhanden sein muß, w e n n anders die Wirksamkeit des letzteren f ü r Staat u n d Kirche zum Segen gereichen soll. Aus den diesseitigen, an Euer Excellenz H e r r n A m t s vorgänger gerichteten amtlichen Mitteilungen v o m 10. u n d 14. J u n i u n d v o m 5., 12. u n d 31. J u l i 18627 betreffend die Reise des Erzbischofs v. Przyluski nach Rom, seinen Aufenthalt i n Paris auf der Heimreise u n d seinen nach erfolgter Rückkehr gehaltenen feierlichen Einzug i n Posen u n d Gnesen u n d aus den diesen Mitteilungen abschriftlich beigefügten Referaten polnischer Tagesblätter ergibt sich, daß damals die polnische Aktionspartei lebhaft beflissen war, den gedachten Prälaten i n seiner Eigenschaft als Erzbischof von Gnesen als den Primas des polnischen Reiches hinzustellen u n d daß derselbe sich seit dem A n t r i t t der römischen Reise sowohl durch seine eigenen Äußerungen als auch durch Annahme i h m gleichsam als Oberhaupt und Repräsentanten der gesamten polnischen Nation — als Interrex i m Sinne der altpolnischen Staatsverfassung — dargebrachter Ovationen auch selbst geriert hat. Wenn schon die bloße Passivität der kirchlichen A u t o r i t ä t gegenüber den regierungsfeindlichen Bestrebungen der polnischen Insurrektionspartei von der K g l . Regierung als höchst bedenklich hätte angesehen 8 Nämlich den Fürsten Adolf v. Hohenlohe-Ingelfingen Ministerpräsident v o m 17. März bis 23. September 1862. 7 Dazu unten S. 97.
(1797 - 1873), preuß.
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werden müssen, indem sie als Ermunterung dieser Bestrebungen aufgefaßt werden konnte, so läßt sich leicht bemessen, w i e sehr die Exaltation der Gemüter durch eine aktive Parteinahme von so tendenziöser A r t gesteigert u n d i n w i e hohem Grade dadurch die Interessen des preußischen Staates gefährdet wurden. Es muß daher das ernsthafte Bestreben der K g l . Regierung sein, die Wiederkehr ähnlicher Vorgänge zu verhüten. Nach den m i r durch Euer Excellenz geneigte V e r m i t t l u n g zugegangenen gesandtschaftlichen Mitteilungen über die Gesinnungen u n d Auffassungen des Erzbischofs Msgr. Ledochowski darf n u n zwar zu seiner Loyalität V e r trauen u n d die Hoffnung gehegt werden, daß derselbe, so w i e er das nationale u n d kirchliche Moment zu trennen ernstlich gesonnen ist, sich auch nicht als Repräsentanten kirchlich politischer Traditionen des ehemaligen polnischen Reiches betrachten werde, welche m i t den Zuständen der Gegenwart unverträglich sind. A l l e i n es hieße gleichwohl sich einer Illusion hingeben, wollte man die Primasidee durch die Besteigung des erzbischöflichen Stuhles v o n Gnesen-Posen seitens des Msgr. Ledochowski als von selbst beseitigt betrachten. Die nationale Partei w i r d , w i e auch die Manifestationen der i h r dienstbaren Presse erkennen lassen, unzweideutig fortfahren, i n dem Erzbischof nicht blos den kirchlichen Oberhirten der Erzdiözese Posen-Gnesen zu erblicken, sondern i h n auch als den Primas u n d den Repräsentanten der gesamten polnischen Nation hinstellen zu suchen u n d keine Gelegenheit unbenutzt lassen, die Sympathie des Msgr. Ledochowski f ü r diese Anschauung zu gewinnen. Es ist darum von Wichtigkeit, daß Msgr. Ledochowski w o möglich v o n Seiten des römischen Hofes selbst i n angemessener Weise darüber verständigt werde, w i e die K g l . Regierung i m Hinblick auf alle i h m als einem hohen kirchlichen Würdenträger i m Voraus gegebenen Beweise rücksichtsvoller Zuvorkommenheit u n d unbedingten Vertrauens zu erwarten berechtigt ist, daß er sich unter allen Umständen nicht n u r selbst unter Zurückweisung aller politisch nationalen Hintergedanken lediglich innerhalb der Grenzen des i h m als Erzbischof von Gnesen-Posen zustehenden kirchlichen u n d oberkirchlichen Berufes halte, sondern auch etwaigen von national polnischer Seite ausgehenden Bestrebungen zu dem Zwecke, seine Person als den Primas von Polen u n d politischen Repräsentanten der polnischen Nation darzustellen u n d zu ehren, von vornherein m i t entschiedenem Ernst entgegentreten werde. Euer Excellenz stelle ich h i e r m i t m i t Rücksicht auf die bevorstehende A b reise des Msgr. Ledochowski nach Rom ganz ergebenst anheim, durch den K g l . Gesandten bei dem römischen Hofe darauf h i n w i r k e n zu wollen, daß dem Msgr. Ledochowski vor seinem Abgange i n die i h m anvertraute Erzdiözese i n Bezug auf den vorstehend angeregten P u n k t eine entsprechende Weisung erteilt werde. V o n dem Resultate dieser V e r m i t t l u n g ersuche ich Euer Excellenz ganz ergebenst m i r gefälligst Kenntnis geben zu wollen.
V i l i . Die preußischen B i s c h o f s w h l e n : Posen-Gnesen
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Nr. 44. Erlaß des Erzbischofs Graf Ledochowski, Posen-Gnesen, an das General-Konsistorium der Erzdiözesen v o m 18. M a i 1866 (B. Frh. v. Selchow, Der K a m p f u m das Posener Erzbistum 1865,1923, S. 194 ff.) Nachdem ich mich von der Notwendigkeit überzeugt habe, der Geistlichkeit beider Erzdiözesen den Weg näher zu bezeichnen, den alle dem kirchlichen Dienste gewidmeten Personen einzuhalten haben, sobald es sich u m Fragen handelt, welche entweder durchweg oder vorzugsweise politischer N a t u r sind, habe ich mich entschlossen, hierüber einige kurze Andeutungen zu geben und dieselben einem hochw ü r d i g e n General-Consistono m i t der A u f gabe zugehen zu lassen, daß dieselben durch die betreffenden Dekane zur Kenntnisnahme der gesamten Geistlichkeit gebracht werden. Die Mahnung des Apostels, daß gottgeweihte Personen sich i n weltliche Angelegenheiten nicht zu mischen haben: „ K e i n Streiter Gottes verwickle sich i n weltliche Geschäfte" (2. Tim. 2, 4) hat w o h l zu keiner Zeit i n dem Maß der Geistlichkeit gegolten als gerade i n unseren Tagen, i n denen die zeitlichen Angelegenheiten wunderbar das Übergewicht über die ewigen gewonnen haben, auf daß sie die ersteren auf das sorgfältigste meiden, u n d eben damit die Gläubigen daran erinnern, daß es noch höhere u n d wichtigere Angelegenheiten giebt, denen v o r allem Geist u n d Herz des Christen sich zuzuwenden haben. Diese Verpflichtung erweist sich u m so unerläßlicher, je entschiedener die Erfahrung täglich lehrt, bis zu welchem Grade die Leidenschaften der Menschen sich zu entfesseln pflegen, sobald politische Vorurteile i n ihren Herzen Platz greifen, u n d schnell genug das Andenken an alle anderen Pflichten zu verwischen beginnen, welche durch das göttliche, das kirchliche oder bürgerliche Gesetz ihnen auferlegt sind, oder welche aus dem Beruf selbst u n d der Stellung sich ergeben, die jeder i n der menschlichen Gesellschaft einnimmt. Außer der Notwendigkeit, daß die Geistlichen durch i h r eigenes Verhalten i n derartigen Fällen ein heilsames Beispiel den Gläubigen geben, w i r d diese Pflicht, von der i n Rede stehenden Tätigkeit sich fern zu halten, auch durch den Umstand noch schärfer hervorgehoben, daß dadurch es überaus schwierig w i r d , den verschiedenartigen u n d unerläßlichen Erfordernissen des kirchlichen Dienstes vollständig zu genügen, da die Tätigkeit zwischen diesen u n d dem rein bürgerlichen u n d politischen Dienst zersplittern w i r d . Eine Veranlassung, u m der Geistlichkeit diesen Hauptgrundsatz i n Erinner u n g zu bringen, durch welchen w i r nach Jesu Christi W i l l e n von weltlichen Beschäftigungen abgelenkt werden, finde ich i n der Voraussicht, daß binnen kurzem meine Erzdiözesanen zu den Wahlen f ü r das Abgeordnetenhaus zu B e r l i n werden berufen werden. Da die Landesgesetze den Geistlichen die Ausübung dieses bürgerlichen Rechts zuerkennen, u n d ihnen die Befugnis, an diesem politischen A k t e sich zu beteiligen, zusprechen: so k a n n es weder meine Absicht noch m e i n W i l l e sein, zu verbieten, daß von diesem Rechte u n d dieser Befugnis Gebrauch gemacht werde. I m Gegenteil überlasse ich den Geistlichen die vollste Freiheit, ihre Stimme gewissenhaft abzugeben,
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indem ich überzeugt bin, daß sie dieses Recht i n w ü r d i g e r u n d i h r e m erhabenen Stande entsprechender Weise ausüben, u n d n u r solchen Männern i h r Vertrauen zuwenden werden, welche dasselbe w a h r h a f t verdienen, Männern, die tugendhaft, der heil. Kirche treu ergeben u n d die Rechte derselben zu verteidigen bereit u n d zugleich loyale, wahrhafte u n d gewissenhafte Freunde der Ordnung u n d der bürgerlichen Treue sind. Wenn ich aber mich verpflichtet halte, jedem die volle Freiheit, von dem Stimmrecht Gebrauch zu machen, zuzuerkennen, so k a n n ich doch andrerseits nicht umhin, die Geistlichkeit darauf aufmerksam zu machen, daß ich aus den vorangeführten w i e noch aus anderen i n der gegenwärtigen Lage dieses Teils des Weinbergs Christi liegenden Gründen eine ausgedehntere Betätigung der Interessen dieser Kirche u n d unserer heil. Religion Gefahr bringend, j a sogar schädlich erachte. I n d e m ich daher gegen die Stimmabgabe seitens der Geistlichen nichts zu erinnern finde, muß ich doch dringendst wünschen, daß dieselben weder sich selbst als Kandidaten hinstellen, noch auch, falls ohne i h r Z u t u n die W a h l zum Abgeordneten auf sie fallen sollte, diese W a h l annehmen. Was endlich die weitere durch die Landesgesetze nicht v o r geschriebene Beteiligung an diesem politischen A k t betrifft, w i e z.B. die Teilnahme an irgendwelchen Komitees, Versammlungen, Vorwahlen usw., i n denen gewöhnlich die Vorzüge u n d Mängel verschiedener Kandidaten zur Erörterung gelangen, so hat eine derartige Beteiligung, w i e v i e l jährige E r fahrung zur Genüge bewiesen hat, große und empfindliche moralische Nachteile nach sich gezogen; u n d d a r u m ermahne u n d fordere ich k r a f t der m i r von Gott verliehenen Gewalt nachdrücklichst die Geistlichen auf, daß dieselben sich hiervon gänzlich fernhalten. Ich zweifle nicht, daß die Geistlichkeit meiner beiden Erzdiözesen, der ich mein unbedingtes Vertrauen entgegenbringe, diesen meinen hier ausgesprochenen Wünschen w i l l i g Folge leisten u n d anerkennen w i r d , daß, w e n n ich durch Übernahme des Oberhirtenamtes vor Gott eine überaus schwere Verantwortlichkeit auf mich geladen habe, ich auch die strengste Verpflichtung habe, allen diejenige B a h n vorzuzeichnen, auf der w i r allein das uns gemeinsam gesteckte Ziel, das Beste der meiner Obhut anvertrauten Kirche erreichen können.
Nr. 45. Zirkularschreiben des Erzbischofs Graf Ledochowski, Posen-Gnesen, an die Dekane der Erzdiözesen v o m 21. August 1866 (B. Frh. v. Selchow, Der K a m p f u m das Posener Erzbistum 1865, 1923, S. 197 ff.) — Auszug — Eine nicht geringe A n z a h l von Priestern aus meinen Diözesen hat sich i n den verflossenen Jahren die Unzufriedenheit der K g l . Regierung dadurch zugezogen, daß ihnen eine größere oder geringere Beteiligung an regierungsfeindlichen Manifestationen Schuld gegeben wurde. Eine Folge dieser Unzufriedenheit w a r u n d ist die fortdauernde große Erschwerung der DiözesanVerwaltung. Die geistliche Behörde, die i n vielen Fällen gesetzlich verpflichtet ist, m i t der bürgerlichen Behörde wegen Personen i n Beziehung zu treten,
V i l i . Die preußischen Bischofs wählen: Posen-Gnesen
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denen sie gewisse Stellen u n d Ä m t e r übertragen soll, sieht sich nämlich i n ihrer W a h l oft so sehr beschränkt, daß sie gerade von denjenigen Priestern, die sie f ü r die geeignetsten hält, abstehen muß, w e i l sie sich der Regierung gegenüber kompromittiert haben. Eine andere f ü r mich nicht minder schmerzliche Folge der von geistlichen Personen begangenen Fehltritte dieser A r t ist die, daß Priester häufig zur gerichtlichen Verantwortung gezogen u n d nicht selten f ü r schuldig befunden u n d zu Geld- u n d sogar Freiheitsstrafen verurteilt werden. Z u denjenigen Dingen, welche die K g l . Regierung vielleicht weniger durch ihren I n h a l t als durch ihre unpassende u n d oft tadelnswerte A n w e n d u n g empfindlich beleidigt haben u n d von i h r m i t unnachsichtlicher Strenge des Gesetzes verfolgt u n d bestraft werden, gehört besonders das Singen des Liedes Boze cos Polska 8 i n Kirchen, bei Prozessionen und anderen öffentlichen Andachten u n d Feierlichkeiten. . . . Ich glaube daher, daß die gesamte Geistlichkeit dem löblichen Beispiel verständiger u n d frommer Priester folgen und daß sich kein Geistlicher finden würde, der es wagte, m i r und der Sache der Kirche durch sein u n v o r sichtiges u n d unkluges Benehmen neue und peinliche Schwierigkeiten zu bereiten. Es ist jedoch anders geschehen und schon wiederholt sind von Zivilbehörden Beschwerden über Geistliche meiner Erzdiözesen bei m i r eingegangen, welche dies L i e d i n ihren Kirchen gesungen oder zu singen gestattet haben, w o r i n diese Behörden einen Beweis regierungsfeindlicher Gesinnung der Geistlichen erblicken. I n Erwägung daher, daß es meine Pflicht ist, alles zu beseitigen, was i n den Landesbehörden gerechten Verdacht und Mißtrauen gegen meine Geistlichkeit erwecken kann, I n Erwägung, daß es den Dienern des Altars durchaus nicht geziemt, das W o h l der Kirche u m irgend welcher zeitlicher Aussichten w i l l e n offenbarer Gefahr preiszugeben, zumal i n einer Zeit, w o erschreckende Beispiele uns eine beredte u n d über allen Ausdruck schmerzliche Warnung geben, I n Erwägung, daß diese kleinliche u n d scheinbar unschuldige Sache, ohne welche die Kirche bei uns blühen u n d sich entwickeln kann, der Kirche schon so vielen Schaden gebracht, daß, w e n n dies Lied unter den jetzigen Verhältnissen auch nicht so unpassend wäre, w i e es w i r k l i c h ist, doch schon die christliche K l u g h e i t gebieten sollte, es nicht zu singen, I n Erwägung endlich, daß dies Lied, nachdem es einmal zu politischen Zwecken gemißbraucht ist, auch ferner i n demselben Geiste gesungen werden könnte, was durchaus nicht gestattet werden kann: erachte ich es für heilige Pflicht, das Singen des Liedes Boze cos Polska bei irgend welchen Andachten, sei es i n der Kirche oder bei Prozessionen i n meinen Erzdiözesen strenge zu verbieten. Die Herren Dekane wollen diese Verfügung zur Kenntnis der gesamten Geistlichkeit bringen u n d die Beobachtung derselben streng überwachen. « Das L i e d „Boze cos Polska" („Gott, der du Polen so viele J a h r h u n derte . . . " ) wurde 1816 von Alojzi Felinski zum ersten Jahrestag der Wiederherstellung des Königreichs Polen (unter russischer Herrschaft) gedichtet; i n veränderter Fassung wurde es eines der bekanntesten patriotischen Lieder der polnischen Unabhängigkeitsbewegung. 7 Huber, Staat und Kirche, 2. Bd.
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Sollte, was ich nicht annehmen w i l l , dies Verbot irgendwo übertreten werden, so haben sie eine solche Übertretung bei meinen Konsistorien sofort zur Anzeige zu bringen.
Nr. 46. Sdireiben des Erzbischofs Graf Ledochowski, Posen-Gnesen, an den Kultusminister v. Mühler v o m 3. A p r i l 1867 (Β. v. Selchow, Der K a m p f u m das Posener Erzbistum 1865, 1923, S. 199) Ew. Exc. haben mittels sehr geehrter Zuschrift v o m 26. v. M. die Gewogenheit gehabt, m i r die von dem H e r r n Oberpräsidenten v. H o r n an den Präsidenten des Staatsministeriums H e r r n Grafen v. Bismarck überreichte Z u sammenstellung derjenigen Geistlichen meiner beiden Erzdiözesen m i t z u teilen, welche angeschuldigt sind, bei den Wahlen f ü r den Reichstag des Norddeutschen Bundes 9 an den Agitationen i n mehr oder minder erheblichem Umfange sich beteiligt zu haben. Ich fühle mich verpflichtet, Ew. Exc. f ü r diese K o m m u n i k a t i o n meinen u m so lebhafteren D a n k auszusprechen, als ich gleich nach Eingang der stenographischen Berichte über die 14. Sitzung des gedachten Reichstags, i n welcher diese Vorgänge zur Sprache gekomm e n 1 0 , mich bereits an den H e r r n Oberpräsidenten m i t dem Ersuchen u m abschriftliche M i t t e i l u n g der i n Rede stehenden Zusammenstellung gewandt hatte. Wenn n u n Ew. Exc. i n dem sehr geehrten Schreiben das Vertrauen aussprechen, daß ich nicht n u r auf eine streng gesetzliche H a l t u n g meines untergebenen Klerus i m Allgemeinen hinzuwirken, sondern auch die Schuldigen zur Verantwortung zu ziehen mich bereit finden lassen würde, so gereicht es m i r zur ganz besonderen Genugtuung, Ew. Exc. schon jetzt die ergebenste Versicherung geben zu können, daß, soweit derartige Fälle bisher zu meiner Kenntnis gelangt sind, ich niemals unterlassen habe, sofort amtlich einzuschreiten. Es hat nämlich unter Bezugnahme auf meinen Cirkularerlaß v o m 18. M a i v. J., durch welchen ich zum Anlaß der damals bevorstehenden Wahlen für den Landtag, der Diözesangeistlichkeit i h r Verhalten bei derartigen politischen A k t e n vorgezeichnet u n d außer der Ausübung des S t i m m rechts i h r die Fernhaltung von jeglicher Wahlbewegung w a r m ans Herz gelegt hatte, der Herr Oberpräsident v. H o r n i m Laufe der Monate Januar u n d Februar c. fünfzehn Geistliche m i r näher bezeichnet, welche diesen meinen Weisungen insofern keine Folge gegeben, als sie zu den i n ihren resp. Kreisen stattgehabten Vorwahlversammlungen sich eingefunden hatten, ferner zwei Geistliche, von denen der eine, w i e vermutet wurde, den Kirchendiener zur Verteilung der Wahlzettel veranlaßt hatte, u n d der andere angeklagt war, f ü r die Wahlen i n regierungsfeindlichem Sinne agitiert zu haben. A l l e diese m i r namhaft gemachten Geistlichen, 17 an der Zahl, finden sich auch i n der m i r jetzt vorliegenden Zusammenstellung wieder aufgeführt. I n jedem speziellen Falle habe ich n u n sofort die betreffenden Geistlichen zur Verantwortung gezogen, u n d nach Maßgabe des Befundes mich genötigt • A m 12. Februar 1867. io Rede Bismarcks v o m 18. März 1867 (Verh. d. Norddt. RT, Bd. 1, S. 210 ff.).
I X . Die Bischofswahlen i n den übrigen preußischen Diözesen
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gesehen, mittelst Verfügung v o m 20. Januar, v o m 15. resp. 27. Februar c. neun Geistlichen einen nachdrücklichen Verweis zu erteilen I n drei Fällen hat sich die Anklage als nicht begründet erwiesen, u n d i n den übrigen fünf Fällen habe ich billigerweise Anstand nehmen müssen, gegen die betreffenden Geistlichen vorzugehen, da sie zwar offenherzig gestanden, i n den Lokalen der Vorwahlversammlung anwesend gewesen zu sein, aber ohne Beteiligung an den Diskussionen sich sofort wieder entfernt zu haben, u n d über die Schwäche, welche sie gegenüber der auf sie geübten Pression kundgegeben, w i e auch über ihren hierdurch an den Tag gelegten Ungehorsam gegen meine Anordnungen die aufrichtigste Reue bezeugten. . . . Aus vorstehender Darlegung w o l l e n Ew. Exc. die Überzeugung hochgeneigtest gewinnen, daß ich zur Wahrung der gemeinsamen Interessen der Kirche und des Staates mich nicht bloß auf den Erlaß einer allgemeinen Verfügung über das von der Diözesangeistlichkeit bei den Wahlen zu beobachtende Verhalten beschränkt, sondern auch so oft der F a l l einer Nichtbeachtung meiner Vorschriften durch den H e r r n Oberpräsidenten oder auf anderem Wege zu meiner Kenntnis gelangt u n d nachgewiesen war, m i t der dem geistlichen Oberhirten geziemenden gewissenhaften, m i t Milde gepaarten Strenge, die den F e h l t r i t t rügt, aber den Fehlenden zu bessern u n d i n die richtige B a h n zu lenken sucht, überall einzuschreiten bestrebt gewesen bin. Auch i n den übrigen von Ew. Exc. m i r nunmehr hochgeneigtest k o m m u n i cierten Fällen werde ich nach Eingang der bereits von dem Kgl. Oberpräsidenten erbetenen näheren faktischen Aufklärungen eine genaue U n t e r suchung anordnen, namentlich aber da, w o ein Mißbrauch der geistlichen Amtsgewalt konstatiert werden sollte, m i t Strenge vorgehen, w i e ich auch schließlich Ew. Exc. über das Resultat der diesfälligen Ermittelungen die gewünschte ergebenste M i t t e i l u n g zu machen nicht unterlassen werde.
I X . Die Bischofswahlen in den übrigen preußischen Diözesen 1850-1870 Die übrigen Bistümer des preußischen Staatsgebiets waren oder wurden zwischen 1850 und 1867 nach den Regeln der Zirkumskriptionsbullen besetzt, und zwar mit den aus der folgenden Liste ersichtlichen Ergebnissen (Nr. 47).
Nr. 47. Liste der preußischen Bistumsbesetzungen 1850 - 70 a) Kirchenprovinz Köln A n der Spitze der Bistümer der K ö l n e r Kirchenprovinz standen: i n Trier 1842 - 64 der Bischof A r n o l d i 1 , 1865 - 67 der Bischof Pelldram 2 , 1867 - 76 der Bischof Eberhard 3 , 1 Wilhelm Arnoldi (1798 - 1864), seit 1821 kath. Priester, seit 1834 Domherr i n Trier. Nach langen Auseinandersetzungen zwischen Domkapitel, K u r i e u n d Regierung (dazu Verfassungsgeschichte, Bd. I I , S. 260 f.) 1842 - 64 Bischof i n Trier. 1844 ordnete er die erste Ausstellung des „Heiligen Rocks" i n T r i e r an. 2 Leopold Pelldram (1811-67), seit 1835 kath. Priester; 1850 Propst an St. Hedwig, Berlin, 1859 - 65 Feldpropst der preußischen Armee (siehe unten S. 108); 1865 - 67 Bischof von Trier. 3 Matthias Eberhard (1815 - 76), seit 1839 kath. Priester; 1842 Professor a m Priesterseminar Trier, dann Regens des Seminars; 1850 zugleich D o m k a p i t u -
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3. Kap. : Staat u n d katholische Kirche i n Preußen 1849 - 1870
i n Paderborn 1845 - 55 der Bischof Drepper 4 , 1856 - 75 der Bischof M a r t i n 5 , i n Münster 1847 - 70 der Bischof M ü l l e r 6 , 1870 - 89 der Bischof Brinkmann 6 * 1 . b) Kirchenprovinz Posen-Gnesen A n der Spitze des der Erzdiözese Gnesen-Posen eingefügten Bistums Kulm stand 1833 - 56 der Bischof Sedlag 7 , 1857 - 86 der Bischof v. d. Marwitz?*. c) Exemte preußische Diözesen I n den keinem Metropolitanverband angehörigen preußischen Sprengein ergaben sich folgende Änderungen: Das B i s t u m Breslau stand 1845 - 53 unter der Leitung des Fürstbischofs v. Diepenbrock 8 , 1853 - 75 (1881) unter der des Fürstbischofs Förster 9 ; das B i s t u m Ermland wurde geleitet 1841 - 67 von dem Bischof Geritz 1 0 , 1867 - 85 von dem Bischof K r e m e n t z 1 1 ; das B i s t u m Hildesheim wurde 1849 - 70 geleitet von dem Bischof Wedekin 1 2 ; das zunächst von Hildesheim mitverwaltete B i s t u m Osnabrück hatte seit 1857 einen eigenen Oberhirten, zunächst 1857 - 66 den Bischof Melchers 1 3 , dann 1866 - 78 den Bischof Beckmann 1 4 . lar; 1852 - 56 M i t g l i e d des preußischen Abgeordnetenhauses; 1862 Weihbischof, 1867 - 76 Bischof von Trier. 4 Franz Drepper (1787 - 1855), kath. Priester; Domherr i n Paderborn; 1845 bis 1855 Bischof daselbst. 5 Konrad Martin (1812 - 79), seit 1836 kath. Priester; 1844 Professor i n Bonn; seit 1856 Bischof i n Paderborn. Während des K u l t u r k a m p f s 1874 zu Festungshaft verurteilt, 1875 abgesetzt. I m selben Jahr floh er aus der Festungshaft i n Wesel nach Belgien; er kehrte nicht mehr auf seinen Bischofssitz zurück. ® Johann Georg Müller (1798 - 1870), kath. Priester, Privatsekretär des Bischofs v. Hommer (Staat u n d Kirche, Bd. I, S. 312, A n m . 2); Professor am Trierer Priesterseminar sowie Generalvikar; 1844 Weihbischof, 1847 - 70 Bischof von Münster. ea Johann Bernhard Brinkmann (1819 - 89), kath. Priester; 1850 Generalv i k a r i n Münster; 1870 - 89 Bischof daselbst; durch U r t e i l v o m 8. März 1876 abgesetzt; seit 1884 wieder i m A m t (unten S. 677). 7 Staat und Kirche, Bd. I, S. 406, Anm. 8. 7a Johann Nepomuk v. d. Marwitz (1795 - 1886), seit 1830 kath. Priester, 1843 Domherr, 1849 Domdechant, 1857 - 86 Bischof von K u l m . 8 Melchior Frh. v. Diepenbrock (1798 - 1853), seit 1823 kath. Priester; 1830 Domherr i n Regensburg, 1835 Domdekan, 1845 - 53 Fürstbischof von Breslau. 9 Heinrich Förster (1799 - 1881), seit 1825 kath. Priester, 1837 Domkapitular, 1853 - 1881 Fürstbischof v o n Breslau. Während des K u l t u r k a m p f s 1875 abgesetzt (unten S. 677) ; er hielt sich seitdem i m österreichischen T e i l seines Bistums auf, wo er vor der Beilegung des K u l t u r k a m p f s starb. 10 Joseph Ambrosius Geritz (1783 - 1867), kath. Priester; 1812 Domprediger i n Frauenburg; nach der Ermordung des Bischofs v. Hatten 1841 - 67 Bischof von Ermland; M a i - N o v e m b e r 1848 M i t g l i e d der Frankfurter Nationalversammlung. 11 Philipp Krementz (1819 - 1899), seit 1842 kath. Priester; 1848 Pfarrer i n Koblenz; 1867 - 85 Bischof von Ermland; während des K u l t u r k a m p f s 1872 - 83 m i t der Temporaliensperre belegt (unten S. 518); 1885 - 9 9 Erzbischof v o n K ö l n ; 1893 Kardinal. 12 Eduard Jakob Wedekin (1796 - 1870), seit 1821 kath. Priester; 1836 D o m kapitular, i m gleichen Jahr Generalvikar, 1849 - 70 Bischof von Hildesheim, 1850 - 58 zugleich Administrator von Osnabrück. 13 Siehe oben S. 87, Anm. 8. 14 Johannes Heinrich Beckmann (1803 - 78), seit 1828 kath. Priester; 1858 Domdechant, Generalvikar, 1866 - 78 Bischof von Osnabrück.
X . Die Aufgaben der katholischen Abteilung des Kultusministeriums
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X. Die Aufgaben der katholischen Abteilung des Kultusministeriums Die 1841 geschaffene „Abteilung für die katholischen Kirchenangelegenheiten" des preußischen Kultusministeriums 1, der eine entsprechend selbständige „Abteilung für die inneren evangelischen Kirchensachen" gegenüberstand 2, war im Zug der Beilegung des Kölner Kirchenkonflikts als ein staatliches Zugeständnis an die katholische Kirche entstanden. Seit den sechziger Jahren war das Bestehen der selbständigen „katholischen Abteilung" das Ziel wachsender Angriffe, besonders von liberaler Seite. Der preußische Kronprinz Friedrich Wilhelm 3 machte sich 1865 zum Sprecher dieser antiklerikalen Bedenken, die darauf zielten, eine gemeinsame Abteilung für die geistlichen Angelegenheiten aller Konfessionen einzurichten. Der Tod des langjährigen Leiters der katholischen Abteilung, des Ministerialdirektors und Wirklichen Geheimen Oberregierungsrats Aulike 4 gab diesem Bestreben einen starken Auftrieb. Auch innerhalb des Staatsministeriums sprach sich eine starke Minderheit der Minister für die Aufhebung aus. Der Kultusvom minister v. Mühler verteidigte in einem umfangreichen Immediatbericht 31. Dezember 1865 (Nr. 48) das Bestehen der gesonderten katholischen Abteilung gegenüber diesen Angriffen. Dabei hob er insbesondere die begrenzten Zuständigkeiten der katholischen Abteilung hervor: der wichtigste Teil der katholischen Kirchensachen werde vom Minister selbst unter Beteiligung seines Zentralbüros erledigt; in einem anderen Teil finde ein Zusammenwirken mit der „evangelischen Abteilung" statt. Der Bericht hatte die Folge, daß die katholische Abteilung erhalten blieb. Zu ihrem Leiter berief der König auf Mühlers Vorschlag den Ministerialdirektor Kraetzig 5, der sein Amt bis zur Aufhebung der Abteilung (8. Juli 1871) innehatte 9.
Nr. 48. Immediatbericht des Kultusministers v. Mühler an König Wilhelm I. v o m 31. Dezember 1865 (A. Constabel, Die Vorgeschichte des Kulturkampfes, 2. Aufl. 1957, S. 108 ff.) — Auszug — Durch den Tod des W.G.O.R.R. Dr. Aulike ist die Stelle eines Direktors der A b t e i l u n g f ü r die katholischen Kirchenangelegenheiten i n dem m i r aller1 Dazu Staat und Kirche, Bd. I, Nr. 194; ferner Verfassungsgeschichte Bd. I I , S. 263. 2 Siehe unten S. 299. 3 Friedrich Wilhelm (1831 - 1888), Sohn Wilhelms I.; seit 1858 vermählt m i t der englischen Prinzessin Viktoria; unter dem Namen Friedrich III. v o m 9. März bis 15. J u n i 1888 Deutscher Kaiser u n d K ö n i g von Preußen. 4 Staat u n d Kirche, Bd. I, S. 441, A n m . 4. 5 Adalbert Kraetzig (1819 - 87), Jurist; 1849 Staatsanwalt i n Brieg, 1863 i n Königsberg; 1865 Oberstaatsanwalt i n Stromberg; 1865 - 71 Leiter der „Katholischen Abteilung" (zunächst Vortr. Rat, dann Ministerialdirektor); 1871 - 73 M d R u n d M. d. preuß. Abgeordnetenhauses (Ztr.). 6 Siehe unten Nr. 242.
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3. Kap. : Staat u n d katholische Kirche i n Preußen 1849 - 1870
gnädigst anvertrauten M i n i s t e r i u m erledigt. Es liegt m i r ob, wegen Wiederbesetzung dieser Stelle alleruntertänigst Vorschläge zu machen. Eure K g l . Majestät wollen m i r jedoch allergnädigst gestatten, zuvor über die Einrichtung der Abteilung selbst u n d deren künftige Beibehaltung nachstehendes ehrfurchtsvoll vorzutragen. Die A b t e i l u n g f ü r die katholischen Kirchenangelegenheiten i m M i n i s t e r i u m der geistlichen, Unterrichts- u n d Medizinal-Angelegenheiten ist auf G r u n d eines Immediatberichts des verewigten Staatsministers Dr. Eichhorn v o m 15. Dezember 1840 durch Allerhöchste Order v o m 11. Januar 1841 i n das Leben gerufen worden, damit, w i e es i n dem Berichte heißt, „neben einer sicheren Vertretung der landesherrlichen Gerechtsame durch dieselbe dieser Einrichtung auch das Vertrauen der katholischen Bevölkerung auf eine die inneren Verhältnisse der katholischen Kirche m i t Einsicht u n d Unparteilichkeit auffassende Behandlung zugewendet w e r d e " 7 . . . . Daß die neue A b t e i l u n g ganz i n dem Verhältnisse der andern schon v o r handenen Abteilungen des Ministeriums stehen solle, bestimmt die A l l e r höchste Order v o m 11. Januar 1841 noch ausdrücklich, u n d dasselbe Prinzip geht durch alle seit dem Jahre 1841 bis i n die neueste Zeit ergangenen Geschäftsinstruktionen des Ministeriums hindurch. Hiernach werden alle bei dem M i n i s t e r i u m eingehenden Sachen, die auf katholisch-kirchliche A n gelegenheiten bezüglichen ebenso w i e die evangelischen, die Unterrichts- u n d die Medizinalsachen, sogleich zunächst dem Minister selbst u n d nach i h m dem Unterstaatssekretär vorgelegt. Der Minister bestimmt gleich beim Eingange, welche Sachen er unter seiner unmittelbarsten Leitung behalten w i l l . Diese kommen gar nicht i n die einzelnen Abteilungen, sondern bleiben i n dem Geheimen Zentralbüro des Ministers, werden i h m persönlich durch denjenigen Hat oder diejenigen Räte, welche er speziell dazu ernennt, vorgetragen u n d von i h m allein unterzeichnet. Von diesen Sachen erhält daher n u r der Minister u n d der Unterstaatssekretär sowie der von dem Minister speziell ernannte Referent — falls der Minister nicht selbst die Sache erledigt — Kenntnis; die A b t e i l u n g als solche w i r d dabei nicht zugezogen. Z u diesen Bürosachen gehören i n der Regel alle wichtigeren Personalsachen, unter den katholischen Kirchensachen namentlich die Angelegenheiten der Bischöfe u n d anderer höherer Geistlicher, die Korrespondenz m i t dem Minister der A u s wärtigen Angelegenheiten über die Verhandlungen m i t Rom u n d ähnliches. Der Minister ist durch diese Einrichtung i n den Stand gesetzt, die allervertraulichsten Mitteilungen empfangen u n d erwidern zu können, ohne durch die Existenz der A b t e i l u n g f ü r die katholischen Kirchenangelegenheiten u n d der i n dieselbe berufenen Persönlichkeiten i n der Benutzung dieses V e r trauens u n d der erforderlichen Geheimhaltung desselben irgendwie beengt zu sein. Z u r Bearbeitung durch die Abteilungen gelangen n u r diejenigen Sachen, welche der Minister nicht i n sein Zentralbüro verweist. Es sind dies außer den minder wichtigen Personalsachen u n d der großen Menge der nach feststehenden Regeln u n d Vorschriften zu erledigenden laufenden Geschäftssachen 7 Mühlers Bericht gibt anschließend den I n h a l t von Eichhorns I m m e d i a t bericht v o m 15. Dezember 1840 ausführlich wieder.
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meist solche Sachen, welche einer gründlichen Prüfung nach juristischen und administrativen Grundsätzen bedürfen u n d deshalb zu einer kollegialischen Beratung vorzugsweise sich eignen. A b e r auch i n diesen Angelegenheiten steht die A b t e i l u n g f ü r die katholischen Angelegenheiten gleich den übrigen Abteilungen nicht außer dem Zusammenhang m i t den übrigen Räten u n d Abteilungen des Ministeriums u n d nicht unabhängig von dem Minister da. Es erfolgt zunächst die Bearbeitung derjenigen Angelegenheiten, bei welchen eine Gemeinsamkeit der Prinzipien u n d der M i t t e l f ü r evangelische w i e katholische Kirchen oder auch f ü r Unterrichtsanstalten stattfindet, namentlich die V e r w a l t u n g des Patronatbaufonds, nicht durch die A b t e i l u n g f ü r die katholischen Kirchenangelegenheiten f ü r sich allein, sondern, soweit katholische Kirchen daran Anspruch haben, n u r bei dieser A b t e i l u n g durch den auch f ü r die anderen Abteilungen f ü r diese Kategorie von Sachen mitbestellten Referenten. Ferner werden alle Sachen, bei denen es sich nicht ausschließlich u m ein katholisches Kircheninteresse handelt, bei welchen v i e l mehr auch die Interessen der evangelischen Kirche oder die Interessen der Unterrichts- oder der Medizinalverwaltung m i t b e r ü h r t sind, nicht ausschließlich bei der A b t e i l u n g f ü r die katholischen Kirchenangelegenheiten, sondern zugleich bei der anderen mitbeteiligten A b t e i l u n g bearbeitet u n d durch einen v o n beiden Abteilungen gebilligten u n d vollzogenen Verfügungsentwurf erledigt. F ü r den F a l l aber, daß eine Einigung unter den Abteilungen nicht zustande kommt, findet unter dem Vorsitze des Ministers ein Plenarvortrag der vereinigten Abteilungen statt, auf G r u n d dessen der Minister entscheidet. Endlich werden diejenigen Sachen, welche der A b t e i l u n g f ü r die katholischen Kirchenangelegenheiten zur Bearbeitung allein verbleiben, i n ihrer großen Mehrheit i n den regelmäßigen Sitzungen der Abteilung, welchen der Minister jederzeit beiwohnen k a n n u n d welche ich persönlich regelmäßig abzuhalten gewohnt bin, vorgetragen u n d dem Minister demnächst zur Unterschrift v o r gelegt. N u r Sachen von minderer Bedeutung gehen unter der alleinigen U n t e r schrift des Direktors der A b t e i l u n g hinaus, aber auch diese werden vor dem Abgange dem Unterstaatssekretär vorgelegt, welcher, w e n n er dabei Bedenken findet, das Recht und die Verpflichtung hat, dieselben anzuhalten u n d dem Minister zur Entscheidung vorzulegen. Der Minister aber hat das uneingeschränkte Recht, sich i n jedem Stadium einer jeden Sache an jeder Stelle, welche er f ü r gut befindet, Rats zu erholen, u n d ist dieses Recht von meinen Amtsvorgängern wie von m i r auch durch Einforderung von Gutachten evangelischer Kanonisten i n einer Reihe von Fällen geübt worden. Durch diese i m I n n e r n des Ministeriums bestehende Ordnung des Geschäftsganges ist dem Sinne u n d der Vorschrift der Allerhöchsten Order v o m 11. Januar 1841 entsprechend Vorkehrung getroffen, daß die A b t e i l u n g f ü r die katholischen Kirchenangelegenheiten niemals eine die Stellung u n d die Verantwortlichkeit des Ministers beeinträchtigende Selbständigkeit gewinnen, sondern n u r dazu dienen kann, i h m durch das M e d i u m einer umfassenderen kollegialischen Vorberatung eine ausgiebigere Information u n d eine mehr vorbereitete Basis seiner Entschließung zu gewähren. Ungeachtet dieser die Besorgnis unberechtigter Übergriffe seitens der genannten A b t e i l u n g ausschließenden Ordnung des Geschäftsganges hat sich i n Kreisen, i n welchen diese Verhältnisse nicht bekannt sind, hier u n d da
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w o h l die Meinung gebildet, als sei die Einrichtung einer besonderen Abteilung f ü r die katholischen Kirchenangelegenheiten eine verfehlte u n d dem öffentlichen Interesse nachteilige Maßregel gewesen. Diese Meinung hat gegenwärtig, nach dem Ableben des M i n . - D i r . Dr. Aulike, einen bestimmteren Ausdruck gewonnen, u n d es ist die Ansicht ausgesprochen worden, daß es zu empfehlen sei, diese A b t e i l u n g nunmehr ganz aufzulösen oder doch allmählich aussterben zu lassen. I n diesem Sinne haben Seine K g l . Hoheit der K r o n prinz i m Oktober d. J. von London aus ein Promemoria Eurer Kgl. Majestät überreicht, von welchem Höchstdieselben eine Abschrift m i r zukommen zu lassen die Gnade gehabt haben, u n d i m gleichen Sinne hat bei einer darüber gepflogenen Beratung i m Staatsministerium eine M i n o r i t ä t von drei Stimmen gegen eine M a j o r i t ä t von fünf sich ausgesprochen. Ich k a n n den Gedanken, die Abteilung f ü r die katholischen Angelegenheiten aufzulösen oder doch absterben zu lassen, nicht f ü r einen heilsamen erachten, u n d erlaube ich m i r , i m Einverständnis m i t der obenerwähnten M a j o r i t ä t des Staatsministeriums die Gründe dafür i n dem Folgenden i n der Kürze alleruntertänigst vorzutragen. U m die Aufhebung der A b t e i l u n g f ü r die katholischen Kirchenangelegenheiten zu motivieren, ist zunächst die Ansicht geltend gemacht worden, daß es prinzipiell unrichtig u n d den Traditionen des preußischen Staats nicht entsprechend sei, die Wahrnehmung der landesherrlichen Gerechtsame circa sacra gegenüber der katholischen Kirche einer ausschließlich aus K a t h o l i k e n bestehenden A b t e i l u n g zu übertragen. Ich würde diesen E i n w a n d als richtig anerkennen u n d auch die Gegenbemerkung, daß j a i n katholischen Staaten die landesherrlichen Rechte circa sacra lediglich durch K a t h o l i k e n und nicht zum Schaden des Staats wahrgenommen werden, nicht f ü r zutreffend erachten, w e i l i n der Tat die Verhältnisse der preußischen Monarchie andere sind u n d m i t einem anderen Maße gemessen werden müssen als die der katholischen Staaten, w e n n die faktische Voraussetzung richtig wäre, daß die Abteilung f ü r die katholischen Kirchenangelegenheiten es sei, welche die landesherrlichen Gerechtsame circa sacra ausschließlich wahrzunehmen habe. Nach der oben entwickelten Darstellung der Geschäftsordnung i m M i n i s t e r i u m ist dies aber nicht der Fall. Die A b t e i l u n g entbehrt jeder dem öffentlichen Interesse nachteiligen eigenen Selbständigkeit. Die Leitung der Geschäfte u n d die Entscheidung aller n u r einigermaßen wichtigen Fragen befindet sich i n der uneingeschränktesten Weise i n der Hand des Ministers; außerdem steht die A b t e i l u n g i n allen ihren Verfügungen unter der fortlaufenden Kontrolle des Unterstaatssekretärs. Die A b t e i l u n g hat w i e alle übrigen Abteilungen des Ministeriums n u r einen konsultativen Charakter. Allerdings fordern die katholischen A n gelegenheiten eine besonders geschärfte Aufmerksamkeit von Seiten des Ministers und des Unterstaatssekretärs. Diese Notwendigkeit liegt aber nicht i n dem Vorhandensein einer besonderen A b t e i l u n g f ü r diese Angelegenheiten, sondern i n der N a t u r der Sachen, u n d sie würde dem Minister u n d dem Unterstaatssekretär ganz i n gleicher Weise Pflicht sein, w e n n dieselben nicht i n einer Abteilung, sondern n u r von einzelnen Referenten, es seien katholische oder evangelische, bearbeitet würden. M a n darf n u r die Summen der Geschäfte von der Errichtung des Ministeriums f ü r die geistlichen Angelegen-
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heiten i m Jahre 1817 ab bis zum Jahre 1841, wo die katholische A b t e i l u n g i n das Leben trat, i n ihren großen Hauptmomenten sich vergegenwärtigen, die neue Abgrenzung u n d Ausstattung der Bistümer, die Verhandlungen über die Bulle De salute animarum u n d deren Vollstreckung, die Durchführung der Säkularisationen, die Neubegründung der Unterrichts- u n d Bildungsanstalten für den katholischen Klerus, endlich die K ö l n e r u n d Posener W i r r e n von 1837 - 18408, u m daraus zu erkennen, daß Schwierigkeiten u n d Aufgaben dieser A r t nicht aus irgendeiner geschäftlichen Organisation i m M i n i s t e r i u m erwachsen oder durch eine solche zu paralysieren sind, sondern daß hier tiefere Ursachen u n d Bedürfnisse zugrunde liegen. Wie w e n i g aber die Staatsregier u n g Ursache hat, auch i n den Fragen des landesherrlichen Jus circa sacra den Beirat katholischer Räte zu verschmähen, dafür möge n u r das eine F a k t u m als Beleg dienen, daß es gerade der Umsicht u n d Festigkeit des damaligen katholischen Ratgebers des Ministers v. Altenstein, des Geheimen Rats Schmedding 9, zu danken ist, w e n n i n den Verhandlungen m i t Rom i m Jahre 1821 auf die Proposition der Kurie, f ü r die Bischofswahlen den sogenannten irischen Wahlmodus anzunehmen, ungeachtet der dringenden Bef ü r w o r t u n g des evangelischen Gesandten 1 0 u n d des evangelischen Ministers der Auswärtigen Angelegenheiten 1 1 nicht eingegangen u n d der landesherrlichen A u t o r i t ä t die freie, durch keine Zahlenbestimmung eingeschränkte A b lehnung nicht genehmer Bischofskandidaten erhalten worden ist. Die A k t e n meines Ministeriums enthalten zahlreiche Beweise, daß die treue Hingebung an den Glauben u n d an die Lehre ihrer Kirche bei K a t h o l i k e n so wenig w i e bei Evangelischen eine Geringachtung der landesherrlichen Gerechtsame gegenüber dieser Kirche u n d eine Förderung der letzteren auf Kosten des Staats zur notwendigen Folge hat, sondern daß ein gewissenhafter Christ, K a t h o l i k oder Protestant, sehr w o h l imstande ist, dem Kaiser zu geben, was des Kaisers ist, u n d Gott, was Gottes. Eine prinzipielle Ausschließung des Beirats u n d der M i t w i r k u n g katholischer Räte bei der Handhabung der landesherrlichen Gerechtsame circa sacra würde daher den m i t dieser Handhabung beauftragten Minister der geistlichen Angelegenheiten n u r eines der wesentlichsten Informationsmittel berauben u n d — w e i t entfernt, irgendeinen reellen V o r t e i l zu gewähren — dem Staatsinteresse selbst zum Schaden gereichen. E i n zweiter Einwand, welchem ich bei Erörterung der Frage begegnet bin, ist der, daß die A b t e i l u n g f ü r die katholischen Kirchenangelegenheiten, w e n n nicht prinzipiell, so doch tatsächlich ihren Zweck verfehlt habe u n d n u r die Quelle einer Reihe ärgerlicher Streitigkeiten zwischen den Ministerien u n d i m Staatsministerium selbst geworden sei. Ich k a n n diesen E i n w a n d als tatsächlich richtig nicht anerkennen. I n der Zeit seit Errichtung der A b t e i l u n g i m Jahre 1841 bis auf die neueste Gegenw a r t hat der Staat m i t der katholischen Kirche Frieden gehabt, u n d dieses 8
Dazu Staat u n d Kirche, Bd. I, S. 342 ff., 406 ff. Uber i h n : ebenda S. 323, A n m . 3. nämlich des Gesandten beim V a t i k a n Niebuhr (Staat u n d Kirche, Bd. I, S. 199, Anm. 3). 11 nämlich des Außenministers Christian Günther Graf Bernstorff (Verfassungsgeschichte, Bd. I, S. 139 f.). 9
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Resultat ist wesentlich dem Einflüsse zu danken, welchen die m i t der L e i t u n g der A b t e i l u n g betraut gewesenen Männer, der Staatsminister a. D. v. Düesberg u n d der verstorbene M i n . - D i r . Aulike, durch die Ehrenhaftigkeit ihres kirchlichen u n d politischen Charakters geübt, u n d dem Vertrauen, welches sie w i e bei ihren Glaubensgenossen, insbesondere bei den Bischöfen, so i n ihrer amtlichen Stellung genossen haben. Durch die M i t w i r k u n g der A b t e i l u n g f ü r die katholischen Kirchenangelegenheiten ist es gelungen, nicht n u r die aus den Streitigkeiten von 1837 bis 1840 herrührende B i t t e r k e i t zu überwinden u n d eine Reihe alter Differenzen zwischen der Regierung u n d den Bischöfen gütlich zu schlichten, sondern auch die durch die Verfassungsurkunde herbeigeführte große Umgestaltung der kirchlichen Verhältnisse 1 2 auf friedlichem Wege u n d ohne große Beunruhigung zu vollziehen, endlich auch auf die i n dieser ganzen Periode vollzogenen Bischofswahlen einen günstigen Einfluß zu üben. Ebenso wenigen G r u n d hat die Behauptung, daß die Wirksamkeit der A b t e i l u n g f ü r die katholischen Kirchenangelegenheiten n u r eine Quelle ärgerlicher Streitigkeiten m i t anderen Ressorts u n d i m Staatsministerium gewesen sei. Allerdings haben i n den durch die A b t e i l u n g bearbeiteten katholischen Kirchenangelegenheiten Differenzen m i t anderen Ministerien stattgefunden u n d sind zuweilen auch bis zu einer Verhandlung i m Staatsministerium erwachsen. A b e r diese Differenzen haben weder einen größeren Umfang noch einen anderen Charakter gehabt als diejenigen, welche auch i n anderen Zweigen des öffentlichen Dienstes nicht selten vorkommen, u n d haben stets i n dem geordneten Wege durch schließliche Verständigung unter den beteiligten Ministerien oder durch Entscheidung des Staatsministeriums ihre Erledigung gefunden. Auch hier ist es wiederum nicht die Organisation der Abteilung, sondern die innere N a t u r der einzelnen Sachen u n d Fragen, welche das Entstehen solcher Differenzen herbeiführt. Drittens endlich ist dem Fortbestehen der A b t e i l u n g der E i n w a n d entgegengestellt worden, daß die Vorteile, welche dieselbe der V e r w a l t u n g zu bieten hat, ebensowohl durch das Vorhandensein mehrerer einzelner Referenten erreicht werden könnten, ohne daß es einer Zusammenfassung derselben i n einer besonderen A b t e i l u n g bedürfe. Insbesondere sei dies der Fall, seitdem durch die Verfassungsurkunde der Umfang der bischöflichen Verwaltungsrechte so beträchtlich erweitert u n d die Sphäre der Staatsaufsicht i n Beziehung auf die Angelegenheiten der katholischen Kirche auf engere Grenzen zurückgeführt worden sei. Allerdings ist es richtig, daß durch die Verfassungsurkunde der U m f a n g der landesherrlichen Gerechtsame gegenüber der katholischen Kirche eine nicht unbeträchtliche Einbuße erlitten hat. U m so wichtiger aber ist es, die noch verbliebenen Gerechtsame m i t Umsicht zu handhaben u n d aufrechtzuhalten. Eine Zerlegung der A b t e i l u n g f ü r die katholischen Angelegenheiten i n eine Mehrheit v o n einzelnen Referenten w ü r d e schließlich einen anderen reellen Vorteil nicht i n Aussicht stellen als den finanziellen, das Gehalt eines Ministerialdirektors oder vielleicht n u r die Differenz zwischen einem Ratsgehalte u n d dem Direktorgehalte zu sparen. Dagegen w ü r d e n andere sehr Oben S. 34 f.
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erhebliche Nachteile damit verbunden sein. E i n solcher Nachteil w ü r d e zunächst der sein, daß der Minister selbst den G e w i n n einer kollegialischen Vorberatung f ü r wichtige, prinzipielle Fragen verlieren u n d an die Vorträge einzelner Referenten gewiesen sein würde. D a m i t i n Verbindung stände der Nachteil, daß die B i l d u n g einer festen T r a d i t i o n u n d Praxis i m M i n i s t e r i u m i n Rechts- u n d Administrativfragen erschwert werden u n d die Regierung, welche gerade i n der Festhaltung klarer, gleichmäßiger Prinzipien i m Zent r u m gegenüber den acht verschiedenen Bischöfen ein sehr starkes Moment stetig w i r k e n d e r A u t o r i t ä t f ü r sich besitzt, dadurch entschieden eine Schwächung i h r e r Position erleiden würde. Endlich w ü r d e sich daran die Folge knüpfen, daß die katholische Bevölkerung i n dieser Veränderung ein Zeichen erblicken würde, daß die Regierung den Interessen der katholischen Kirche nicht mehr ein gleiches Maß von Wertschätzung u n d Fürsorge zuwenden wolle wie bisher, u n d daraus ein Same des Mißtrauens u n d der Verstimmung neu hervorwachsen, welcher n u r üble Früchte bringen könnte. Auch nach einer anderen Seite h i n würde die Auflösung der A b t e i l u n g f ü r die katholischen Kirchenangelegenheiten bedenkliche Konsequenzen herausfordern. Unzweifelhaft würde sich daran die alsdann k a u m abzuweisende Folgerung knüpfen, auch die A b t e i l u n g f ü r die evangelischen Kirchenangelegenheiten i m M i n i s t e r i u m aufzulösen, u n d man w ü r d e zuletzt dahin gedrängt sein, da dem M i n i s t e r i u m unter allen Umständen i n der Wahrnehmung der landesherrlichen Jura circa sacra u n d i n der V e r w a l t u n g des landesherrlichen Patronats u n d der fiskalischen Fonds f ü r Kirchenzwecke eine sehr ausgedehnte A d m i n i s t r a t i o n i n Kirchensachen verbleiben muß, eine aus K a t h o l i k e n u n d Evangelischen gemischte A b t e i l u n g f ü r die kirchlichen Angelegenheiten beider Konfessionen i m M i n i s t e r i u m zu bilden, eine Organisation, welche der evangelischen Kirche zum allergrößten Nachteile gereichen würde. Wenn hiernach meiner alleruntertänigsten Überzeugung nach nicht n u r keine ausreichenden inneren oder äußeren Gründe vorhanden sind, welche die Auflösung der A b t e i l u n g f ü r die katholischen Kirchenangelegenheiten empfehlen, vielmehr der Auflösung derselben die gewichtigsten Bedenken entgegenstehen, so k a n n ich i m Einverständnisse m i t der M a j o r i t ä t des Staatsministeriums Eurer K g l . Majestät n u r dringendst alleruntertänigst anheimgeben, den wegen Auflösung dieser A b t e i l u n g gegebenen Anregungen keine Folge geben zu wollen. F ü r die D i r e k t i o n der A b t e i l u n g bringe ich alleruntertänigst i n Vorschlag den Oberstaatsanwalt Dr. Kraetzig i n B r o m b e r g ^
Es folgen Ausführungen über die fachliche u n d persönliche Eignung Kraetzigs f ü r das i h m zugedachte A m t .
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X I . Einrichtung und Entwicklung der katholischen Militärseelsorge in Preußen In Preußen wurde erst 1845 eine selbständige katholische Militärseelsorge eingerichtet i. Zuvor hatte diese nur für Kriegszeiten bestanden; in Friedenszeiten nahmen nur in Garnisonen mit besonders vielen katholischen Soldaten katholische Geistliche die Aufgaben von Militärpfarrern wahr. Diese Regelung wurde auch innerhalb der preußischen Regierung unter dem Gesichtspunkt der konfessionellen Parität getadelt. König Friedrich Wilhelm III. erkannte die geübte Kritik schon 1838 im Grundsatz als berechtigt an; er forderte den Kultusminister v. Altenstein auf, zusammen mit dem Kriegsminister v. Rauch entsprechende Vorschläge zu machen2. Die Verhandlungen zogen sich in die Länge, da das Kriegsministerium im Interesse der einheitlichen militärischen Organisation auch eine einheitliche Militärseelsorge beibehalten wollte. Erst nach dem Thronwechsel bestimmte König Friedrich Wilhelm IV. durch Erlaß vom 5. Mai 1845 3, daß der katholischen Militärseelsorge eine selbständige Organisation zu geben sei; zugleich verfügte er, daß überall dort, wo ein entsprechendes Bedürfnis vorliege, katholische Militär geistliche einzustellen seien. Durch die Kabinettsordre vom 4. Februar 1848 (Nr. 49) erklärte er sein Einverständnis damit, daß der jeweilige Fürstbischof von Breslau, zunächst also der Fürstbischof v. Diepenbrock 4, zum katholischen Armeebischof ernannt werde; dieser sollte seine Vollmachten, soweit notwendig, auf den als Spitze der katholischen Militärgeistlichkeit einzusetzenden, vom Papst auf Grund königlicher Nomination zu ernennenden Feldpropst übertragen. Der Feldpropst sollte gleichzeitig Divisionspfarrer des Gardekorps sein. Daraufhin erging am 24. Oktober 1849 das päpstliche Breve, das diese Regelung bestätigte (Nr. 50). Es galt de jure bis 1868; doch als Fürstbischof v. Diepenbrock 1853 starb, blieb er in seiner Eigenschaft als apostolischer Delegat für das preußische Militärkirchenwesen ohne Nachfolger. Der Papst verlieh nunmehr dem Feldpropst unmittelbar die ihm zuvor vom Breslauer Fürstbischof delegierten Vollmachten 5. In der Zeit der Neuen Ära hatte der Bischof Pelldram das Amt des Feldpropstes inneft. In dieser Zeit setzten neue Verhandlungen zwischen der Kurie und der Regierung zur weiteren Verselbständigung des preußischen Militärkirchenwesens ein. Sie fanden ihren Abschluß in einer staatlich-kirchlichen Vereinbarung, auf deren Grundlage das Breve Papst Pius IX. vom 22. Mai 1868 (Nr. 51) die katholische 1 Z u r Problematik u n d Entwicklung der Militärseelsorge: J. Bleese, Die Militärseelsorge u n d die Trenung von Staat u n d Kirche (1969); W. Huber, Kirche u n d Öffentlichkeit (1973) S. 220 ff. Z u r evangelischen Militärseelsorge: Staat u n d Kirche, Bd. I, S. 586 ff. 2 Kabinettsordre v o m 16. Dezember 1838 (Text: H. Pohl, Die katholische Militärseelsorge Preußens 1797 - 1888, 1926, S. 111 f.). 3 Kabinettsordre an den Kultusminister v. Eichhorn v o m 5. M a i 1845 (Text: ebenda, S. 140 f.). 4 Oben S. 100, A n m . 8. 5 Freisen, Das Militär-Kirchenrecht i n Heer u n d Marine des Deutschen Reiches nebst Darstellung des außerdeutschen Militärkirchenwesens (1913), S. 107 f.; H. Pohl, a. a. O., S. 191 f. β Oben S. 99, A n m . 2.
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Feldpropstei zu einem selbständigen Amt erhob; sein Inhaber wurde jeweils vom Papst zum Titularbischof ernannt. Erster Feldpropst gemäß dieser neuen Übereinkunft war der Bischof Namszanowski 7. Dieser wurde zu Beginn des Kulturkampfs 1872 durch die Regierung von seinem Amt suspendiert. Der Sache nach wurde dadurch die Feldpropstei aufgehoben. Doch wurde sie nach der Beilegung des Kulturkampfs 1888 wieder ins Leben gerufen 8.
Nr. 49. Kabinettsordre König Friedrich Wilhelms IV. an den Kultusminister v. Eichhorn und den Kriegsminister v. Rohr betreffend die Einrichtung des katholischen Militärkirchenwesens v o m 4. Februar 1848 (H. Pohl, Die katholische Militärseelsorge Preußens 1797 - 1888, 1926, S. 153 f.) — Auszug — A u f den Bericht v o m 24. Februar v. J. m i t Bezug auf die i n Folge dessen über den vorgelegten E n t w u r f einer revidierten M i l i t ä r - K i r c h e n o r d n u n g stattgehabten Zwischenverhandlungen eröffne ich Ihnen nunmehr Folgendes: 1. Wenn Sie es für notwendig erachten, die bisherige Z a h l der evangelischen Geistlichen bei jedem Armeekorps unverändert beizubehalten u n d also durch den H i n z u t r i t t von römisch-katholischen die Anzahl der M i l i t ä r geistlichen zu vermehren, so w i l l Ich Mich darüber erst entscheiden, sobald I h r m i t dem Finanzminister gemeinsam zu erstattender Bericht vorgelegt sein w i r d , aus welchem der Umfang der solchergestalt von Ihnen f ü r nötig erachteten Vermehrung sich übersehen läßt. 2. Einverstanden b i n Ich damit, daß bei jedem Armeekorps mindestens ein römisch-katholischer Militärgeistlicher angestellt werden muß, da kein Armeekorps ohne Soldaten von dieser Konfession ist. Nach Maßgabe der Konfessionsverhältnisse müssen deren mehrere sein, von welchen i n diesem Falle einer zugleich die F u n k t i o n des Militär-Oberpfarrers m i t Rang, T i t e l u n d Besoldung dieser Stelle erhält. Wo deren n u r einer ist, fallen diesem die Verrichtungen des Oberpfarrers zwar auch von selbst zu, jedoch n u r m i t Rang und Besoldung der übrigen Militärpfarrer. 3. Ebenso w i e einen evangelischen Feldpropst, soll die Armee hinfüro auch einen römisch-katholischen Feldpropst haben, welcher i n gleicher Weise w i e schon bisher der evangelische Feldpropst Oberpfarrer u n d zugleich Divisionspfarrer beim Gardekorps sein soll. Ob nicht eine gleiche Einrichtung hinsichtlich der evangelischen Oberpfarrer auch bei den übrigen Armeekorps v ö l l i g angemessen sein würde, gebe Ich I h r e r nochmaligen Erwägung anheim. 4. Daß der jedesmalige Fürstbischof von Breslau ein für allemal zum römisch-katholischen Armeebischof m i t der Verpflichtung ernannt werde, 7 Franz Adolf Namszanowski (1820 - 1900), kath. Priester; 1861 Propst i n Königsberg u n d Dechant von Samland; seit 1868 Bischof von Agathopolis i. p. i. u n d Feldpropst; 1872 v o n staatlicher Seite dieses A m t s enthoben; 1873 i n den Ruhestand versetzt; seit 1896 Domkapitular i n Frauenburg (Ermland). β Unten Nr. 422.
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seine desfallsigen näher festzustellenden Fakultäten mittels Delegation auf den jederzeit von M i r zu nominierenden Feldpropst zu übertragen, hat Meine völlige Zustimmung. Auch w ü r d e es sehr erwünscht sein, w e n n der letztere die Würde als Suffragan des Bischofs erhielte, vorausgesetzt, daß dadurch nicht Schwierigkeiten f ü r seine A m o v i b i l i t ä t erwachsen können, welche zu bedingen sehr notwendig erscheint®. Es sind demgemäß m i t dem Fürstbischof v o n Breslau u n d m i t dem römischen Stuhle unverzüglich die erforderlichen Verhandlungen anzuknüpfen, zu welchen letzteren Ich den Minister der auswärtigen Angelegenheiten auf I h r e n vorgängigen A n t r a g sofort autorisieren werden 1 0
Nr. 50. Breve Papst Pius I X . an den Fürstbischof v. Diepenbrock, Breslau v o m 24. Oktober 1849 (lateinischer T e x t : H. Pohl, Die katholische Militärseelsorge Preußens 1797 - 1888, 1926, S. 111 f.) — Übersetzung — Da Uns nichts wichtiger u n d erwünscher ist, als Uns u m alle Unsere geliebtesten Söhne i n Christus, zu welchem V o l k auch immer sie gehören u n d i n welchem Erdteil auch i m m e r sie sich aufhalten mögen, aufs liebevollste zu bemühen u n d f ü r i h r geistliches Wohl, insoweit es i n Unserer Macht steht, je mehr u n d je besser, wie n u r immer es möglich ist, m i t höchstem Eifer zu sorgen, w a r es Uns der größte Trost, als W i r von den Maßnahmen hörten, die i m Namen des erhabensten u n d mächtigsten rühmenswerten Königs von Preußen ergriffen w u r d e n u n d die darauf zielen, daß bei den königlichen Truppen dieses Fürsten die Z a h l der katholischen K a p l ä n e 1 1 vergrößert u n d zugleich ein höchster kirchlicher Leiter ernannt werde, der k r a f t der i h m v o m Apostolischen Stuhl übertragenen Vollmachten diese Kapläne überwachen u n d i h r Vorgesetzter sein soll. Deshalb w a r Uns, auch w e n n W i r nicht, wie es Unseren Wünschen entsprochen hätte, eine so nützliche u n d segensreiche I n s t i t u t i o n sofort i n ihrer endgültigen F o r m begründen konnten, dennoch, w i e es Unserer Apostolischen u n d väterlichen Sorge u m das geistliche W o h l der Seelen entspricht, nichts wichtiger, als Uns auf irgendeine Weise unverzüglich f ü r diese so hochbedeutende Sache einzusetzen. U n d da Uns, ehrwürdiger Mitbruder, Deine Religiosität, Deine Frömmigkeit u n d Dein priesterlicher, v o n Weisheit getragener Eifer, Dein Eintreten f ü r die katholische Religion sowie die anderen überragenden Eigenschaften Deines Herzens u n d Deines Geistes sehr w o h l bekannt sind, beschlossen W i r ohne Zögern, dieses so schwere A m t , dem man n u r i n tiefer 9
Amovibilität = die jederzeit gegebene Möglichkeit der Amtsenthebung u n d Amtsversetzung (besonders v o n geistlichen Amtsträgern). 10 Es folgen Einzelheiten betreffend den vorgelegten E n t w u r f einer neuen Militärkirchenordnung. 11 der M i l i t ä r p f a r r e r (cappellani minores), die dem Feldpropst (dem cappellanus maior) unterstellt sind.
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Religiosität gerecht werden kann, D i r einstweilen bereitwilligst anzuvertrauen. Deshalb übertragen W i r D i r , ehrwürdiger Mitbruder, bis v o n Uns u n d dem Apostolischen S t u h l ein anderer Beschluß gefaßt w i r d , durch dieses Schreiben die Sorge u m die katholischen Angelegenheiten bei allen Truppen des erhabensten u n d mächtigsten rühmenswerten Königs von Preußen, zu Lande u n d zu Wasser, w o auch i m m e r sie sich aufhalten mögen, u n d daher erwählen W i r Dich, ernennen Dich u n d setzen Dich als Unseren u n d dieses Apostolischen Stuhles Delegaten ein m i t den Vollmachten, die W i r i n diesem Unserem Schreiben nennen, u n d die D u auch anderen geeigneten Männern der Kirche, sei es einem einzigen oder mehreren, weiter i n dem Umfang übertragen kannst, wie es Deiner Meinung nach, gemäß den Gegebenheiten des i n Frage stehenden Landes u n d den Zeitumständen, i m H e r r n nützlich erscheinen w i r d . K r a f t Unserer Apostolischen A u t o r i t ä t verleihen W i r D i r also die Vollmacht, f ü r die preußischen Truppen katholische Kapläne zu bestimmen m i t der Befugnis, die heiligsten Sakramente zu verwalten (ausgenommen natürlich die Sakramente der F i r m u n g u n d der Priesterweihe), u n d die pfarramtlichen Aufgaben f ü r den T e i l besagter Truppen, der einem jeden unter den eben genannten Kaplänen anvertraut ist, wahrzunehmen. Außerdem erteilen W i r D i r die Vollmacht, zur Hilfe f ü r eben diese Kapläne andere katholische Priester zu ernennen, denen D u weniger bedeutende Vollmachten i n dem Umfang übertragen kannst, w i e D u es jeweils f ü r vorteilhaft hältst. Dazu übertragen W i r D i r das Recht, die Kapläne u n d die ihnen zur Seite gestellten Priester zu überwachen, zu suspendieren, sie gemäß den Normen der heiligen Canones zu maßregeln u n d sie sogar ganz ihres Amtes zu entheben. Das A m t ist i m m e r so zu verstehen, daß es jederzeit widerrufen werden kann. Schließlich gestehen W i r D i r zu, daß D u zur geistlichen Übung der Kapläne u n d zum V o r t e i l derselben nach freiem Ermessen von den Vollmachten zur Lossprechung u n d zum Dispens Gebrauch machen kannst u n d ebenso von allen anderen Vollmachten, die i n der dritten gedruckten Verordnung enthalten sind, welche von Unserer Kongregation de propaganda fide herausgegeben w i r d . Demzufolge kannst D u von eben den Vollmachten, die D i r i n der obengenannten Verordnung f ü r Deine Diözese Breslau zugestanden werden, Gebrauch machen zur geistlichen Ü b u n g der Kapläne u n d zum W o h l derselben, w o auch immer diese sich aufhalten mögen. Das, ehrwürdiger Mitbruder, glaubten W i r einstweilen festsetzen u n d diese F u n k tionen D i r übertragen zu müssen, u n d W i r erwarten dabei von Deiner Seite, daß D u gemäß Deiner klugen Besonnenheit Uns alles mitteilen wirst, was D i r jeweils geeigneter zu sein scheint, auf daß eine so wichtige I n s t i t u t i o n i n Z u k u n f t noch vorteilhafter u n d besser i n ihrer endgültigen F o r m geschaffen werden kann. W i r sind sicher, daß D u auch diese Aufgabe m i t größter Sorgfalt u n d größtem Eifer erfüllen u n d Unseren Wünschen u n d Forderungen aufmerksam entsprechen wirst. So ergreifen w i r gern die Gelegenheit, D i r unser besonderes Wohlwollen von neuem zu bezeugen u n d Dich dessen zu versichern. Als Pfand dafür fügen w i r unseren Apostolischen Segen hinzu, den W i r aus tiefstem Herzen D i r selbst, ehrwürdiger Mitbruder, u n d allen Gläubigen, den K l e r i k e r n sowie den Laien, die Deiner Obhut anvertraut sind, liebevoll verleihen.
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3. Kap. : Staat u n d katholische Kirche i n Preußen 1849 - 1870
Nr. 51. Breve Papst Pius I X . über die Errichtung einer Feldpropstei für die preußische Armee und Marine v o m 22. M a i 1868 (lateinischer T e x t : A r c h i v f ü r Katholisches Kirchenrecht, Bd. 20, 1868, S. 432 ff.) — Ubersetzung — W i r , die W i r durch die Güte Gottes auf diesen S t u h l des heiligen Petrus zur Sorge f ü r das W o h l der katholischen Kirche erhoben wurden, erlauben gerne, was, w i e W i r aus Erfahrung wissen, zum V o r t e i l der Gläubigen ist. Deshalb haben W i r , da der erhabenste K ö n i g W i l h e l m v o n Preußen Uns wissen ließ, daß es i h m recht wäre, w e n n W i r die Güte hätten, f ü r die Katholiken, die i m preußischen Heer u n d i n der Marine dienen, ein M i l i t ä r v i k a r i a t oder, w i e m a n sagt, eine cappellania major zu errichten, beschlossen, das so schnell w i e möglich ins Werk zu setzen. Dabei hatten W i r v o r Augen w i e segensreich f ü r die betroffenen K a t h o l i k e n eine solche Einrichtung sein werde. Da dem so ist, bestellen W i r durch ein motu proprio k r a f t Unserer Apostolischen A u t o r i t ä t i n v o l l e m Wissen u n d nach reiflicher Überlegung ab sofort f ü r Preußen einen F e l d v i k a r oder cappellanus major unter den i m folgenden genannten Bedingungen. Der F e l d v i k a r oder cappellanus major soll eine Jurisdiktionsgewalt besitzen, die von den übrigen Ordinariaten unabhängig u n d i n keiner Weise an sie gebunden ist, u n d zwar über alle, die zu Lande u n d zur See unter der preußischen Fahne dienen, i n welchen Ländern auch i m m e r sie stehen, ferner gegenüber allen Gläubigen, die v o n Gesetzes wegen zum preußischen Heere gehören. Er w i r d von diesem Heiligen S t u h l durch ein Apostolisches Schreiben i n der F o r m eines Breve alle V o l l machten erhalten, die allgemein den cappellani majores i n anderen Heeren zuerkannt werden. E r soll diese entweder selbst ausüben oder durch andere Geistliche, die er dazu bestimmen kann, ausüben lassen. Die Bestimmung der f ü r das A m t des cappellanus major ausersehenen Person soll unter Beratung der Vorschläge zwischen Uns oder Unseren Nachfolgern u n d dem erhabensten K ö n i g von Preußen erfolgen. Der cappellanus major soll i n B e r l i n residieren u n d von der preußischen Regierung eine seinem Rang angemessene Bezahlung erhalten. A u f G r u n d einer Verleihung des Apostolischen Stuhles soll er i m Bischofsrang stehen m i t dem kirchlichen T i t e l i n partibus infidelium. Die Aufgabe, zuvor die Unterlagen über seinen Lebenslauf u n d sein sittliches Verhalten gemäß den kanonischen Bestimmungen zusammenzustellen, w o l len W i r einem der Bischöfe des Königreiches Preußen übertragen. Aufgabe der cappellani minores 10 w i r d es sein, den cappellanus major i n der W a h r nehmung seiner Amtspflichten m i t ganzer K r a f t u n d allem Einsatz zu unterstützen. Diese cappellani sollen aus dem Klerus der preußischen Diözesen ausgewählt werden. U n d damit ihre A u s w a h l zum V o r t e i l der katholischen Sache sei, legen W i r den einzelnen Bischöfen, an die sich der cappellanus major deshalb wenden w i r d , m i t Nachdruck nahe, daß sie i n ihrer Sorge u m das ewige H e i l der Gläubigen die Anliegen u n d Bemühungen desselben, soweit es an ihnen liegt, fördern mögen. Die cappellani minores sollen f ü r die
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Dauer ihrer Amtszeit ganz der geistlichen Jurisdiktion des cappellanus major unterstellt sein. Dieser soll je nach Lage und Zeitumständen die i h m zustehenden Vollmachten insgesamt oder zu einem bestimmten T e i l an sie weiter delegieren. Ferner soll der cappellanus major das Recht haben, die cappellani minores zu ernennen, zu maßregeln, zu versetzen sowie aus ihrem A m t zu entlassen, sofern Gründe des kanonischen Rechts das erfordern. Bevor er zur Ernennung eines cappellanus minor schreitet, soll er jedoch besondere Vorsorge treffen, daß der königlichen Regierung über die f ü r dieses A m t vorgesehene Person nichts Ehrenrühriges mitgeteilt werden kann. Ferner soll er, wenn er es einmal f ü r angebracht hält, einen von ihnen zu versetzen oder aus seinem A m t zu entlassen, diesen Schritt der königlichen Regierung melden. Einer der cappellani minores soll v o m cappellanus major dazu bestimmt werden, T i t e l u n d Aufgaben eines Generalvikars zu übernehmen. Wenn die gegenwärtige Z a h l der cappellani minores den Anforderungen nicht mehr zu genügen scheint, soll sie der cappellanus major vergrößern, nachdem er sich m i t der Regierung über seine Pläne ins Benehmen gesetzt hat. Die cappellani minores sollen das Gehalt beziehen, welches ihrer Beschäftigung angemessen ist, und das ihnen gegenwärtig bezahlt w i r d . Sie sollen ein ihrem A m t entsprechendes Abzeichen tragen, an dem sie erkannt werden können. Ferner sollen sie i n einem angemessenen militärischen Rang stehen, und wenn sie i n Ehren ihren Abschied genommen haben, eine gerechte Pension erhalten. Praktisch sind die cappellani minores als die Pfarrer des Heeresteiles anzusehen, den der cappellanus major ihrer geistlichen Fürsorge anvertraut hat. Deshalb können sie ungehindert von jeder Vollmacht Gebrauch machen, die ihnen der cappellanus major übertragen hat. Wenn sie an einen Standort kommen, sollen sie innerhalb von drei Tagen dem dort zuständigen Ortspfarrer die Beglaubigungsschreiben vorlegen, die sie als Priester ausweisen, ferner auch diejenigen Schreiben, welche über ihre Abordnung Aufschluß geben und die Vollmachten nennen, die ihnen zur Ausübung ihres Amtes verliehen sind. Ist das geschehen, muß sie der jeweilige Pfarrer i n seiner Pfarrkirche Gottesdienst halten u n d ihren Pfarrkindern die Sakramente spenden sowie alle Vollmachten ausüben lassen, die ihnen aufgrund ihres Amtes zuerkannt sind. Aufgabe des ersten cappellanus major w i r d es sein (und W i r erteilen i h m dazu alle Vollmacht), Satzungen anzuordnen, die sowohl den A n f o r derungen gerecht werden, welche die Kirche an die cappellani minores stellt, als auch den Gläubigen, die Militärpersonen sind, einen möglichst einfachen und ungehinderten Zugang zur Ausübung der religiösen Verpflichtungen ihres katholischen Glaubens eröffnen. Darüber soll er m i t der Regierung verhandeln, damit für die genannten Gläubigen, die i m Heer stehen, die religiösen Pflichten m i t den Forderungen des Militärdienstes so gut w i e möglich i n Einklang gebracht werden. Diesbezügliche Gesetze sollen, bevor sie Rechtsk r a f t erlangen, v o m Heiligen S t u h l überprüft werden. Ist das A m t des cappellanus major unbesetzt, sollen die Jurisdiktionsgewalt u n d die V o l l machten, die m i t diesem A m t verbunden sind, bis zur Ernennung eines Nachfolgers vom Generalvikar wahrgenommen werden 1 2 12 Es folgt die übliche Schlußformel über die unantastbare Gültigkeit u n d Wirksamkeit der i n dem päpstlichen Breve getroffenen Anordnungen u n d verliehenen Vollmachten.
8 Huber, Staat und Kirche, 2. Bd.
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3. Kap.: Staat u n d katholische Kirche i n Preußen 1849 - 1870
X I I . Preußen und die Unabhängigkeit dee Kirchenstaats Gegen die im Kirchenstaat 1848 unter Mazzini und Garibaldi ausgebrochene Revolution, die im März 1849 zur Ausrufung der Römischen Republik führte, rief Papst Pius IX. die Intervention der europäischen Mächte an. Darauf besetzten französische Truppen am 3. Juli 1849 Rom, während österreichische und neapolitanische Truppen die Revolution im übrigen Kirchenstaat niederwarfen. Unter dem Schutz der Interventionsmächte konnte der Papst seine Herrschaft im Kirchenstaat wiederherstellen. Mit dem Beginn der italienischen Einigung (1859) geriet die päpstliche Herrschaft über den Kirchenstaat erneut in Gefahr. Nach der Niederlage Österreichs im österreichisch-italienischen Krieg (Schlacht von Magenta 3. Juli 1859) verließen die österreichischen Truppen die besetzten Teile des Kirchenstaats (Ancona, Romagna). Ein dort ausgebrochener Aufruhr, der von der in Florenz residierenden Regierung des durch Viktor Emanuel II. Cavour geeinten Königreichs Italien geschürt und und seinen Minister schließlich offen unterstützt wurde, führte zum endgültigen Verlust der weltlichen Herrschaft des Papstes im Hauptteil des Kirchenstaats; im RestKirchenstaat (dem Patrimonium Petri) konnte der Papst sich nur dank des französischen Schutzes behaupten. Die sogenannte „römische Frage" beunruhigte seitdem die katholische Welt 1. Zwar erreichte Frankreich zunächst, daß Italien in der Konvention vom 15. September 1864 2 den Fortbestand des Rest-Kirchenstaats zusicherte. Nach dem Abzug der französischen Truppen, die Rom seit 1849 besetzt hielten, sah Papst Pius IX. sich jedoch genötigt, sich um anderweite Hilfe zu bemühen. Zunächst durch Vermittlung des preußischen Botschafters am Heiligen Stuhl ν . Arnim*, dann durch das Handschreiben vom 1. November 1866 (Nr. 52) wandte der Papst sich mit der Bitte um Hilfe an den preußischen König. Preußen entsprach diesem Ersuchen durch den Abschluß der preußisch-französischen Konvention vom 24. November 1866*, in der die beteiligten Regierungen vereinbarten, gemeinsam die Unabhängigkeit des RestKirchenstaats zu schützen. Diesen Willen Preußens bestätigte König Wilhelm I. dem Papst in dem Schreiben vom 13. Dezember 1866 (Nr. 53). Als Garibaldi Anfang November 1867 versuchte, die „römische Frage" durch einen Handstreich auf Rom zu lösen, vereitelte Frankreich diesen Plan durch eine erneute militärische Intervention. König Wilhelm I. betonte in der Thronrede vom 15. November 1867 einerseits den Willen Preußens, für die Unabhängigkeit des Kirchenstaats einzutreten, andererseits jedoch auch die Notwendigkeit, diese Bereitschaft mit den politischen Interessen Deutschlands — nämlich dem Interesse an guten Beziehungen zu Italien — i n Ein-
1 Dazu die Treue-Adresse Kölner K a t h o l i k e n an Papst Pius I X . v o m 21. Oktober 1859 (Text: H. Bastgens, Die römische Frage, Bd. 1, 1917, S. 337 f.). 2 Schultheß, Europäischer Geschichts-Kalender, 5 (1865), S. 232 ff. 3 Harry Graf v. Arnim (1824 - 81), seit 1850 i m preußischen diplomatischen Dienst: 1862 Gesandter i n Lissabon, 1863 i n Kassel, 1864 i n München, 1864 beim Vatikan, 1871 - 7 4 Botschafter i n Paris. 4 T e x t : E. Schmidt, Bismarcks K a m p f m i t dem politischen Katholizismus, Bd. 1 (1942), S. 238 f.
X I I . Preußen u n d die Unabhängigkeit des Kirchenstaats
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klang zu bringen 5. Diese realpolitisch gebotene Zurückhaltung Preußens hatte eine entsprechende Reaktion Pius IX. zur Folge. Sein Wohlwollen für Preußen als eine wichtige konservative Macht in Europa wurde durch die päpstliche Distanzierung gegenüber Preußen als einer protestantischen Macht gemindert β.
Nr. 52. Handschreiben Papst Pius I X . an König Wilhelm I. v o m 1. November 1866 (Übersetzung: E. Schmidt,
Bismarcks K a m p f m i t dem politischen Katholizismus, Bd. 1, 1942, S. 225 f.)
Majestät! V o m Botschafter Ew. M a j . bei diesem Heiligen Stuhle habe ich nach seiner Rückkunft aus B e r l i n von den freundlichen u n d wohlwollenden Maßnahmen erfahren, die Ew. M a j . f ü r mich u n d meine Angelegenheiten getroffen haben. Es ist m i r ein Bedürfnis, Ihnen aus innerstem Herzen zu danken, u n d ich b i n überzeugt, Sie werden, w e n n sich die Gelegenheit bietet, nicht unterlassen, w i r k u n g s v o l l i n der Sache mitzuarbeiten, da Sie i n der glücklichen Lage sind, es t u n zu können, damit die Feinde jeder Ordnung u n d jeder Religion aufhören, eine Stadt u n d einen Staat w e i t e r h i n zu unterdrücken, den Gott den Päpsten gegeben hat, damit sie frei ein Gesetzgeberamt ausüben können, das n u r das W o h l der Seelen u n d die gute Ordnung der Gesamtheit i m Auge hat. Ich hoffe, daß alle Herrscher m i t Ew. M a j . die große Wahrheit verstehen werden, daß sie, indem sie die Freiheit u n d die Unabhängigkeit des Kirchenstaates garantieren, zugleich die Ordnung u n d die Ruhe i n ihren eigenen K ö n i g - und Kaiserreichen garantieren. Ich wiederhole Ew. Maj. den Ausdruck meiner Dankbarkeit u n d bitte Gott, Ihnen i m m e r mehr Gunst u n d Gnade zu gewähren, u m Sie m i t den Banden der gleichen Liebe m i t m i r zu verbinden.
Nr. 53. Antwortschreiben König Wilhelms I. an Papst Pius I X . v o m 13. Dezember 1866 (Original französisch; Übersetzung: E. Schmidt, Bismarcks K a m p f m i t dem politischen Katholizismus, Bd. 1, 1942, S. 242) Erhabenster Pontifex! Der Brief, den Euere Heiligkeit m i r am 1. November geschrieben haben, hat mich zu tiefer Dankbarkeit bewegt. Wenn Ew. Heil, m i r lebhafteste Sympathie u n d Teilnahme f ü r Ihre Person u n d alles, was sie angeht, zuschreiben, so haben Sie meine Gefühle richtig erkannt. Die heiligen I n s t i tutionen der Kirche, deren ehrwürdiges Oberhaupt Ew. Heil, sind, verbreiten 5
Verh. d. preuß. Abgeordnetenhauses 1867/68; Bd. I, S. 3. Dazu Verfassungsgeschichte, Bd. I V , S. 654 ff.; ferner H. Jedin, Handbuch der Kirchengeschichte, Bd. V I 1, S. 696 ff. 6
β*
R. Aubert,
in:
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3. Kap. : Staat u n d katholische Kirche i n Preußen 1849 - 1870
ihre Segnungen über eine große Z a h l meiner Untertanen. Aber unabhängig von dem erhabenen Charakter Ihres Amtes, haben Ew. Heil, durch Ihre Tugenden sich die Achtung u n d Liebe aller zu sichern vermocht, u n d ich b i n schmerzlich berührt zu sehen, w i e Ihre Seele von Unruhe u n d Sorge bedrängt ist, die Ew. Heil, weniger u m Ihrer Person als u m des heiligen Amtes w i l l e n bedrücken, das i h r übertragen worden ist. Möge die göttliche Vorsehung einen Pfad weisen, der den Ausweg aus den gegenwärtigen Schwierigkeiten finden läßt. Ich b i n überzeugt, daß unter den christlichen Fürsten keiner ist, der sich i n diesem Wunsch u n d Gebet m i r nicht anschlösse, u n d der nicht bereit wäre, seinen Beitrag f ü r die Sicherheit des ehrwürdigen Hauptes der katholischen Kirche zu leisten u n d i h m jene Unabhängigkeit zu verbürgen, die i h m gestattet, i m allgemeinen Interesse seiner Kirche u n d der Menschheit die Pflichten seines hohen u n d ewigen Berufes auszuüben, und ich werde mich nachdrücklich zu diesem Zweck des Einflusses bedienen, den meine Ratschläge bei den m i t Preußen verbündeten und befreundeten Herrschern auszuüben vermögen. Ich bitte Ew. Heil, die Versicherung meiner beständigen Freundschaft u n d meiner hohen Achtung entgegenzunehmen.
Viertes Kapitel
Staat und katholische Kirche in Bayern 1 8 5 0 - 1 8 7 0 I. Die bayerische Bischofsdenkschrift von 1850 In Bayern hatte das Spannungsverhältnis zwischen dem Religionsedikt von 1818 1 und dem Konkordat von 1817 2 von Anfang an staatlich-kirchliche Konflikte ausgelöst 3. Diese Zwistigkeiten lebten wieder auf , als sich im Zug der Unabhängigkeit verRevolution von 1848 die Forderung nach kirchlicher stärkte. Der bayerische Episkopat sah es vor allem auch deshalb als aussichtsreich an, auf eine Revision des Religionsedikts zu dringen , weil ihm in König Maximilian I I . 4 seit 1848 ein liberal-konservativer Herrscher und ebenso seit 1849 in dem Ministerium v. d. Pfordten 5 eine liberal-konservative Regierung gegenüberstand — also eine Exekutive , von der ein Ausgleich zwischen dem Hoheitsanspruch des Staats und dem Unabhängigkeitsanspruch der Kirche zu erhoffen war. Seine Revisionsforderung begründete der Episkopat ausführlich in einer Denkschrift vom 20. Oktober 1850 (Nr. 54), die der Theologe Ignaz Döllinger 6 und der Generalvikar Windischmann 1 ausgearbeitet hatten. Auf der Bischofskonferenz in Freising (1. - 20. Oktober 1850) fand sie die Zustimmung der acht bayerischen Kirchenfürsten: der Erzbischöfe Graf Reisach (München-Freising) 6 und v. Urban (Bamberg) 9 sowie der Bischöfe v. Richarz (Augsburg) 10, v. Hofstätter (Passau) 11, v. Riedel (Re1
Staat u n d Kirche, Bd. I, Nr. 60. Ebenda, Nr. 73. Ebenda, S. 169 ff., 456 ff. 4 Ebenda, S. 477, A n m . 4. 5 Ludwig (Frhr.) v. d. Pfordten (1811 - 80), Jurist, 1833 Privatdozent, 1834 Professor für Römisches Recht i n Würzburg, 1843 i n Leipzig; 1848 - 49 sächs. Innenminister u n d Kultusminister; 1849 - 59 bayer. Ministerpräsident, Außenminister und Handelsminister; 1859 - 64 bayer. Bundestagsgesandter; 1864 - 66 erneut bayer. Ministerpräsident. 6 Siehe oben S. 11, A n m . 4. 7 Friedrich Windischmann (1811 - 61), Sohn des Bonner Professors Carl Joseph Heinrich Windischmann; seit 1836 kath. Priester; i m gl. Jahr P r i v a t dozent i n München; 1838 a. o. Professor f ü r neutestamentliche Exegese u n d Kirchenrecht daselbst; 1839 Domkapitular i n München-Freising; 1846-56 Generalvikar daselbst (Rücktritt i n die Stellung eines einfachen D o m k a p i t u lars nach der Berufung des Erzbischofs Graf Reisach nach Rom). 8 Siehe Staat und Kirche, Bd. I, S. 473, A n m . 12. 9 Ebenda S. 478 A n m . 8. 10 Ebenda S. 479 A n m . 9. 11 Heinrich v. Hofstätter (1805 - 75), Dr. jur., zunächst bayer. Verwaltungsj u r i s t ; seit 1833 kath. Geistlicher; 1836 Domkapitular i n München; 1839 - 75 Bischof von Passau. 2 3
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gensburg) 12, v. öttl (Eichstätt) 13, v. Stahl (Würzburg) u und v. Weiß (Speyer) Die Denkschrift wurde dem bayerischen König am 2. November 1850 überreicht (sie wird deshalb häufig auch unter diesem Datum zitiert).
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Nr. 54. Denkschrift des bayerischen Episkopats an König Maximilian I I . v o m 20. Oktober 1850 (Archiv f ü r Kirchenrecht u n d Kirchengeschichte, Heft 2, 1851, S. 173 ff.) — Auszug — Der furchtbare Sturm, welcher das schon nach mancher Seite h i n bedenklich untergrabene äußere Gebäude der Kirche i n Bayern v o r beinahe fünfzig Jahren zusammenriß 1 6 , beraubte sie nicht blos zeitlicher Güter i n einem Maaße, wie k a u m anderswo, sondern erschütterte auch i h r Inneres so gewaltsam, daß ohne besondere Hilfe des H e r r n Klerus und V o l k seinem Verderben hätte entgegengehen müssen. Die Staatsweisheit einer vergangenen Periode nämlich glaubte, während sie einerseits den Principien der Revolution den weitesten Spielraum i n Lehre u n d Leben gewährte, u n d w i r k l i c h e Rechte der Monarchie aufs Spiel setzte, andererseits der Krone dadurch Ersatz zu gewinnen, daß i h r ungemessener Einfluß auf die Kirche gegeben u n d letztere i n ihrer freien Lebensentwicklung beengt u n d so unfähig gemacht wurde, die i h r von Gott gegebene Mission der christlichen Erziehung der Völker nach allen Richtungen h i n zu vollziehen. Denn eine Kirche, die selbst m i t der Staatsgewalt confundirt, n u r ein Werkzeug i n der Hand der politischen Herrschaft geworden, ist nicht mehr jene freie, von oben stammende Macht, welche den irdischen Gewalten helfend zur Seite steht u n d ihnen i n Allem, was den Geboten u n d dem W i l l e n Gottes nicht entgegen ist, den Gehorsam ihrer Gläubigen sichert. W i r w o l l e n Eurer Kgl. Majestät das trübe B i l d der kirchlichen Zustände nicht v o r die Augen führen, welche i n Bayern auf die Säcularisation gefolgt sind — die landesväterliche Fürsorge seines ersten gütigen Königs fühlte, daß geholfen werden müsse, u n d ihr, vereint m i t der Weisheit des heiligen Stuhles, verdankt die katholische Kirche Bayerns das Concordat 1 7 : ein Gesetz, dessen vorsichtige Mäßigung u n d gerechte Erwägung der i n Frage stehenden Interessen eine mehr als dreißigjährige Erfahrung 12 Valentin (v.) Riedel (1802 - 57), seit 1825 kath. Geistlicher; 1838 Direktor des erzbischof 1. Priesterseminars i n Freising u n d Professor am Lyzeum daselbst; 1841 - 57 Bischof von Regensburg. 15 Georg (v.) öttl (1794 - 1866), seit 1817 kath. Geistlicher, 1820 Erzieher der Söhne K ö n i g Ludwigs I.; 1826 M i t g l i e d des obersten Kirchen- und Schulrats i n München; 1829 Domkapitular daselbst; 1832 Domdekan; 1846- 66 Bischof von Eichstätt. 14 Georg Anton (v.) Stahl (1805 - 70), seit 1830 kath. Geistlicher; 1834 Professor f ü r Dogmatik i n Würzburg; 1839 Domkapitular, 1840 - 70 Bischof daselbst. 15 Nikolaus (v.) Weiß (1796 - 1870), seit 1818 kath. Geistlicher; Professor i m bischöflichen Knabenseminar i n Mainz; 1822 Domkapitular und 1837 D o m dechant i n Speyer; 1842 - 70 Bischof daselbst. 16 Gemeint ist die Säkularisation (Staat u n d Kirche Bd. I, Nr. 5, 28). 17 Ebenda Nr. 73.
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I. Die bayerische Bischofsdenkschrift v o n 1850
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erprobt hat. A l l e i n was ein ehrwürdiger, vielgeprüfter Papst u n d ein edles, königliches Herz zum Besten des Landes gewollt hatten, das sollte neuerdings i n Frage gestellt werden. Obgleich das Concordat dem Monarchen Zugeständnisse gemacht hatte, wie sie keiner seiner altkatholischen Vorfahren gehabt, obgleich n u r jene moralischen Rechte der Kirche garantirt waren, ohne welche i h r Bestand gefährdet würde, obgleich endlich ihre äußere Dotation i m Vergleich m i t den Reichthümern, die sie einst besessen, n u r auf ein bescheidenes Maaß zurückgeführt war, so erschien doch auch diese Übereinkunft Jenen noch zu günstig, welche gehofft hatten, es werde das ganze, nach ihrer Meinung veraltete Bauwerk beseitigt, und auf den Sandboden des Indifferentismus ein neuer Staatstempel aufgeführt werden. Auch waltete bei Manchen die Ansicht ob, die Staatsgewalt könne bei dem Princip der bürgerlichen Gleichstellung der Confessionen nicht alle Bestimmungen des Concordates durchführen, eine Ansicht, deren I r r i g k e i t von selbst einleuchtet, da j a der Staat die Freiheit, die er der katholischen Kirche i m Concordat gewährleistet hatte, auch andern, öffentlich anerkannten Confessionen zugestehen konnte. So erschien denn zum gerechten Befremden der K a t h o l i k e n Bayerns neben den feierlichen Zusagen des Concordates die zweite Verfassungsbeilage, das sogenannte Religionsedict 1 8 , i n welchem die soeben durch einen Staatsvertrag gesicherten Rechte der Kirche aufs Neue theils zurückgenommen, theils beschränkt u n d v e r k ü m m e r t wurden. Die Kirche schwieg nicht zu diesem Verfahren; der heilige Vater erhob kräftigst seine Stimme, unsre i n Gott ruhenden Vorfahrer auf den bischöflichen Stühlen, von pflichttreuen Priestern umgeben, verwahrten sich nachdrücklich, u n d ließen durch ihre Ordinariate bei zahlreichen .sich darbietenden Gelegenheiten gegen das Religionsedict sowohl i m Ganzen als i n seinen einzelnen Punkten Beschwerde führen. Wäre damals K ö n i g M a x i m i l i a n I. durch die denkwürdige E r k l ä r u n g v o m 15. September 1821 1Sa nicht wiederum begütigend i n die M i t t e getreten, der Bruch m i t der Kirche würde ein offener geworden seyn. Aber der Same der Zwietracht w a r einmal ausgesäet, u n d so gerne es die allerunterthänigst Unterzeichneten anerkennen, daß die Staatsregierung i m Gefühl der i m Religionsedict enthaltenen Widersprüche gegen das Concordat ersterem oft eine mildere Anwendung gab, und daß auch die wohlwollendsten Träger der Staatsgewalt einmal vorhandene Zustände nicht gewaltsam ändern können, so haben doch die durch ein volles Menschenalter hindurch geführten Streitigkeiten die Kirche so fühlbar i n ihrem I n n e r n angegriffen u n d i n das V e r hältniß zwischen i h r und dem Staate so manche Mißstimmung gebracht, daß die Forderung vollkommen b i l l i g erscheint, es möge durch verfassungsmäßige Beseitigung des Religionsedictes der Kirche i h r volles Recht gegeben und so die Ursache aller Mißverständnisse entfernt werden. Der Episcopat Bayerns muß daher vor A l l e m Eurer Kgl. Majestät die gehorsamste E r k l ä r u n g zu Füßen legen, daß der Papst, die Bischöfe u n d die gesammte katholische Kirche Bayerns die zweite Verfassungsbeilage, i n so ferne sie i n directem Widerspruche m i t dem Concordate ist, niemals anerkannt haben oder anerkennen werden, u n d daß eben so alle älteren, die Freiheit der Kirche beein18
Ebenda Nr. 60.
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trächtigenden Verordnungen, welche nach der deutlichen Stipulation des Concordates als aufgehoben zu betrachten sind, so w i e die nach dem A b schlüsse des Concordates auf G r u n d der widersprechenden Paragraphen des Religionsedictes erlassenen Gesetze und Verordnungen nicht ohne Beeinträchtigung der Kirche zu Stande kommen konnten. Auch v e r w a h r t sich der Episcopat gegen jede einseitige und nicht i n Übereinkunft m i t dem Kirchenoberhaupte angenommene Interpretation des Concordates. Nach dieser pflichtmäßigen Erklärung, deren Gerechtigkeit w i r vor dem Richterstuhle Gottes dereinst getrost zu verantworten gedenken, können w i r Eure Kgl. Majestät ehrfurchtsvollst versichern, daß w i r innigst durchdrungen sind von dem Geiste des Friedens und der Versöhnlichkeit, u n d daß w i r nichts mehr wünschen, als ein gütliches Verständniß der Kirche m i t dem Staate. Dies w a r der Zweck unsrer Zusammenkunft, dies ist die Absicht gegenwärtiger treugehorsamsten Vorstellung, i n welcher w i r Eurer Kgl. Majestät die vorzüglichsten jener zwischen Concordat u n d Religionsedict bestehenden Widersprüche bezeichnen wollen, die gehoben werden müssen, so w i e jene Punkte des Concordates, deren Erfüllung vor A l l e m dringendes Bedürfniß ist. . . . I.
Freiheit der Kirche in Regierung und Verwaltung Der ewige Hohepriester u n d K ö n i g der Könige, unser H e r r Jesus Christus, dem alle Macht gegeben ist i m H i m m e l u n d auf Erden, hat sich aus unendlicher Barmherzigkeit ein Eigenthum geschaffen und durch Sein B l u t erkauft, dessen Besitz u n d Herrschaft i n Ewigkeit n u r I h m gebührt, das Er m i t eifernder Liebe hütet, und gegen jeden Angriff von Außen m i t starkem A r m e vertheidigt. Es ist die heilige katholische Kirche. I h r , Seinem mystischen Leibe, hat Er alle Gewalten, die i h m selbst inwohnen, i n so w e i t sie zur Vollendung des Erlösungswerkes gehören, freigebigst übertragen, oder vielmehr durch sie vollzieht Er dieselben; i n i h r ist nach dem katholischen Dogma nicht blos die beseligende Heilsverkündung des göttlichen Lehrers, nicht blos der u n erschöpfliche Schatz der Verdienste des Priesters nach der Ordnung Melchisedeks 19 i n Opfer u n d Sacramenten, sondern auch die auf das geistliche Gebiet bezügliche Richter- u n d Herrschergewalt des Königs der Ewigkeit niedergelegt. Nach katholischem Dogma ist i n der Kirche der Episcopat Träger dieser Vollmacht, u n d sie umfaßt die gesetzgebende, verwaltende und richterliche Thätigkeit i n ungetheilter Einheit. Ihre Fülle r u h t i n dem von Christo eingesetzten Primate, dessen Jurisdiction sich über die ganze Kirche, über H i r t e n und Heerde erstreckt — ; aber auch jeder Bischof, der i n Vereinigung m i t dem Papste i n die Reihe der Nachfolger der Apostel eintritt, participiert an derselben, und er übt sie i n der i h m angewiesenen Diöcese, als einem Theile der Kirche Christi, aus — i n Unterordnung unter i h r Oberhaupt nach der i n der Kirche bestehenden hierarchischen Ordnung u n d nach den allgemeinen auch i h n bindenden canonischen Gesetzen.... 19 Melchisedek, Priesterkönig von Jerusalem (1. Mos. 14), der Vorläufer des Messias = Christus (Hebr. 5.6 u n d Ps. 116.4).
I. Die bayerische Bischofsdenkschrift v o n 1850
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Indem daher der bayerische Monarch sich m i t dem höchsten Träger dieser eben näher bezeichneten kirchlichen Gewalt, m i t dem Papste, durch ein feierliches Concordat vereinbarte, hat er das Bestehen dieser Gewalt und die hierarchische Ordnung der Träger derselben i n der Kirche anerkannt, u n d diese Anerkennung dadurch ausgesprochen, daß nicht n u r i m Allgemeinen der Kirche alle Hechte, die i h r ex Dei ordinatione et canonicis sanctionibus zukommen, darin zugesichert, sondern auch i m Einzelnen die wichtigsten Befugnisse der Bischöfe ausdrücklich gewährleistet sind. Das Concordat spricht neben dieser Anerkennung der kirchlichen Vollmacht zugleich auch die Pflicht aus, welche der Monarch übernommen hat, die Kirche zu schützen, u n d Alles zu entfernen, was die Bischöfe i n der E r f ü l l u n g ihres Amtes hindern könnte (Art. XIV.). Die Bischöfe Bayerns, i m Gewissen verpflichtet, die ihnen von Gott und Seiner heiligen Kirche übertragenen Rechte ihres Amtes unversehrt zu erhalten, u n d sich alle Befugnisse zu bewahren, welche das Concordat ihnen zuspricht, fühlen sich daher gedrungen, zu fordern, daß i n der Ausübung derselben ihre Freiheit nicht beschränkt, vielmehr v o m Staate geschützt werde I n der Überzeugung, daß die Bestimmungen des Religionsedictes m i t den durch das Concordat bezüglich der L e i t u n g ihrer Diöcesen gewährleisteten Rechten u n d Befugnissen i m Widerspruche stehen, u n d die freie Ausübung derselben i n Erfüllung ihres Amtes vielfach hindern u n d beschränken, halten sich die Bischöfe Bayerns verpflichtet, Eurer K g l . Majestät nachstehende concordatmäßige Forderungen der Kirche, bei welchen die hauptsächlichsten einzelnen Beeinträchtigungen der kirchlichen Freiheit ins Auge gefaßt sind, ehrerbietigst vorzulegen: 1. Daß nach der Bestimmung des Concordats A r t . X I I litt, e der Verkehr der Bischöfe, des Klerus u n d des Volkes m i t dem heiligen Stuhle i n allen geistlichen Dingen u n d kirchlichen Angelegenheiten frei seyn möge, u n d die auf letztere bezüglichen Anordnungen, Gesetze, richterlichen Entscheidungen u n d sonstigen Erlasse der obersten Kirchengewalt, dem Wesen u n d den Verfassungsgrundsätzen der Einen, katholischen Kirche gemäß frei u n d u n gehindert u n d ohne vorhergehende staatliche Genehmigung verkündet und zum Vollzuge gebracht werden können, weshalb auf Entfernung der hieher sich beziehenden Stelle der Verfassungsurkunde Tit. I V § 9 so w i e der §§ 58 u n d 59 des Religionsedictes 20 gedrungen werden muß. Der Episcopat verkennt hiebei nicht, daß hinsichtlich des Verkehrs m i t dem heiligen Stuhle auf administrativem Wege bereits Erleichterung gewährt ist; allein es müssen nothwendig die i m Gesetze liegenden Hindernisse beseitigt werden. 2. Daß die i n der hierarchischen Ordnung der Kirche begründete Metropolitanverfassung und die damit i n Verbindung stehenden kirchlichen A n stalten sich i n freier Wirksamkeit bewegen können, u n d deshalb die i h r entgegenstehende Bestimmung des § 57 des Religionsedictes aufgehoben werde. 3. Daß es den Bischöfen v o l l k o m m e n freistehe, die ihnen zur Ausübung ihrer Amtsgewalt nothwendig erscheinenden Delegationen nach Maaßgabe 20
Ebenda Nr. 59, 60.
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der canonischen Vorschriften zu ertheilen, oder besondere Stellen zu errichten u n d zu organisiren, ohne daß zur Anerkennung derselben i n ihrer amtlichen Thätigkeit eine vorhergehende staatliche Genehmigung oder Bestätigung der v o m Bischöfe gewählten Personen, eingesetzten Stellen u n d deren Organisation vonnöthen ist; wonach die Aufhebung von § 60 u n d 61 des Religionsedictes gefordert werden muß. 4. Daß die Einmischung i n die Bestellung der Decane, so w i e die Bestätigung derselben von Seiten des Staates wegfalle, da die Decanalverfassung ein rein kirchlicher Organismus ist, u n d das A m t der Decane sich n u r auf Kirchliches bezieht. 5. Daß bezüglich der Besetzung aller kirchlichen Stellen, Ä m t e r u n d P f r ü n den der Einfluß u n d die M i t w i r k u n g des Staates sich lediglich auf das beschränken müsse, was i n dieser Beziehung i m Corcordate festgesetzt ist. 6. Daß es den Bischöfen Bayerns nach A r t . X I I des Concordates freistehe, i n der Regierung ihrer Diöcesen alles dasjenige auszuüben, was ihnen vermöge ihres Hirtenamtes k r a f t der E r k l ä r u n g u n d A n o r d n u n g der canonischen Satzungen nach der gegenwärtigen, v o m heiligen Stuhle approbirten Kirchendisciplin zusteht, u n d daß, w i e A r t . X I V desselben Concordates bestimmt, weder sie, noch ihre Delegirten i n der Ausübung dieser ihrer Amtsgewalt gehindert werden; wonach a) die Publication, die Anerkennung u n d der Vollzug ihrer kirchengesetzlichen Vorschriften und Anordnungen über Gegenstände ihrer kirchlichen Amtssphäre nicht mehr von dem i n T i t . I V § 9 der Verfassung, u n d i n den §§ 58 und 59 des Religionsedictes näher bezeichneten Placet abhängig gemacht werden können, vielmehr diese m i t der Freiheit u n d Unabhängigkeit der kirchlichen Gewalt u n d m i t der ausdrücklichen Bestimmung des Concordates i m Widerspruche stehenden Gesetze aufzuheben sind; b) das i m T i t . I V § 9 der Verfassung u n d § 57 des Religionsedictes erwähnte obersthoheitliche Schutz- u n d Aufsichtsrecht nicht auf eine Weise verstanden u n d ausgeübt werden darf, wodurch das den Bischöfen nach dem Wesen und der Verfassung der Kirche zustehende selbstständige u n d unabhängige Verwaltungsrecht i n kirchlichen Angelegenheiten aufgehoben oder w i l l k ü r l i c h beschränkt w i r d ; c) die geistliche Gerichtsbarkeit und richterliche Gewalt der Bischöfe, sie mögen dieselbe i n eigener Person oder durch von ihnen delegirte Richter zur Entscheidung kirchlicher Streitsachen, vornehmlich zur Entscheidung von Ehesachen, nach A r t . X I I l i t t , c ausüben, anerkannt, u n d ihre Ausübung frei u n d ungehindert seyn u n d bleiben müsse. Vermittelst dieser richterlichen Gewalt, welche nicht n u r ein sogenanntes Correctionsrecht, sondern nach dem Wesen u n d der N a t u r der hierarchischen Regierung u n d den Bestimmungen der Canonen auch eine wahre Strafgewalt ist, muß es den Bischöfen unbenommen seyn, sowohl gegen die K l e r i k e r wegen Amtsvergehen oder Verletzung der Canonen nach kirchlichen V o r schriften zu verfahren, als auch bezüglich der Gläubigen jene geistliche Jurisdiction zu üben, welche ihnen A r t . X I I l i t t , d des Concordates zusichert, u n d sich dabei ausschließend an die von der Kirche vorgeschriebenen u n d geb i l l i g t e n Normen u n d Regeln zu halten.
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I. Die bayerische B i s c h o f s d e n k s i f t v o n 1850
Die Urtheile, welche i n Sachen, die vor das bischöfliche F o r u m gehören, gefällt werden, müssen als Entscheidungen der competenten Behörde angesehen werden, gegen welche n u r der canonische Recurs i n dem von der Kirche nach hierarchischer Ordnung eingeführten Instanzenzug stattfinden kann. Deshalb muß gefordert werden, daß der i n den §§ 52, 53 u n d 54 des Religionsedictes gegen Mißbrauch der geistlichen Gewalt zugelassene Recurs an den Landesfürsten u m so mehr aufgehoben werde, als derselbe, w e n n er als eigentliche Appellation anzusehen ist, die eine Bestätigung oder A u f hebung der Sentenz des geistlichen Richters zur Folge haben könnte, offenbar eine Jurisdiction i n kirchlichen Angelegenheiten auf Seite des Staates voraussetzen würde, die i h m nicht zukommt; w e n n er aber als einfacher Recurs betrachtet w i r d , schon deshalb weder als nothwendig noch als begründet erscheint, w e i l der Betheiligte nicht rechtlos gestellt ist, sondern durch den canonischen Recurs an den höheren kirchlichen Richter sowohl bezüglich materieller als formeller Beschwerden durch reformatorische Sentenz A b h i l f e erlangen kann. 7. I n der Ausübung dieser aus ihrem heiligen A m t e hervorgehenden Befugnisse der Jurisdiction glauben die Bischöfe den i m Concordate, besonders i m A r t . X I V desselben stipulirten u n d auch § 51 des Religionsedictes zugesicherten Schutz i n Anspruch nehmen u n d verlangen zu können, daß die geistliche Gewalt nicht n u r w i e selbst T i t . I V § 9 der Verfassungsurkunde einräumt, i n ihrem eigentlichen Wirkungskreise nicht gehemmt, sondern daß i h r die M i t w i r k u n g des weltlichen Armes zur Ausführung ihrer Verfügungen nicht vorenthalten werde, wobei jedoch ausdrücklich bemerkt w i r d , daß hiebei von rein bürgerlichen Wirkungen ohnehin nicht die Rede seyn k a n n . . . . II.
Freiheit der Kirche in ihrem Kultus und religiösen
Leben
Die Oberhirten Bayerns anerkennen m i t freudigem Danke gegen Gott, den Urheber alles Guten, daß unser Volk, wie es sich i n politischer Beziehung i m Ganzen trefflich bewährte, so auch seiner überwiegenden Mehrzahl nach dem heiligen Glauben treu anhängt, u n d die christlichen Elemente i n Leben u n d Sitte erhalten möchte. U m so größer aber ist andererseits die Bemühung Jener, die allen Glauben verloren, u n d jeder von Gott gesetzten Auctorität den Untergang geschworen haben, dieses gute V o l k zu beirren u n d zu verderben. Hiezu werden alle M i t t e l angewendet, von denen man eine W i r k u n g erwarten k a n n . . . . Der Erfolg dieser traurigen E i n w i r k u n g e n ist an verschiedenen Orten verschieden — überall aber haben w i r die Opfer der Verführung u n d die Z u nahme v o n Fällen verbrecherischer oder zuchtloser Handlungen tief zu beklagen. Keiner weltlichen Gewalt allein w i r d es möglich seyn, diesem Verderben entgegen zu w i r k e n : es greift i n das Innere des Menschen, und muß deshalb auch zuvörderst durch die das Innere umgestaltende Macht des Glaubens bekämpft w e r d e n . . . A b e r der Staat, der jetzt die Unentbehrlichkeit ihrer H i l f e so deutlich erkennen muß, hat i h r Hindernisse gesetzt, die sie überall
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. Kap. : Staat u n d katholische Kirche i n
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beengen; nicht ohne Mißtrauen hat er das innerlichste Eigenthum der Kirche, den Cultus, so w i e er sich i m Leben äußern w i l l , beschränkt, u n d so der Kirche das Recht verkümmert, durch ihren erhabenen Gottesdienst, durch Verkündigung des göttlichen Wortes, durch Spendung der heiligen Sacramente, wo, w a n n und w i e sie es für nöthig hält, ihre göttliche Mission zu v o l l b r i n g e n . . . Der Episcopat Bayerns muß daher vermöge seiner göttlichen Sendung, deren volle Ausübung i h m i m A r t . X I I des Concordates garantirt ist, . . . das Recht der freien Anordnung bezüglich des gesammten Cultus der katholischen Kirche i n seinen verschiedenen Formen sich ausschließlich vindiciren und erklären, daß es Niemanden als der kirchlichen A u t o r i t ä t zukomme, darüber zu entscheiden, was i m Cultus wesentlich u n d unwesentlich, gewöhnlich u n d außergewöhnlich sey, u n d kirchliche Feierlichkeiten anzuordnen oder zu erlauben. Es muß deshalb die Aufhebung aller hieher bezüglichen Paragraphen des Religionsedictes und namentlich der §§ 76 a u n d b, 77, 78 u n d 79, sowie aller darauf begründeten Verordnungen verlangt werden. . . . Der Cultus i n seinen verschiedenen Formen ist indessen nicht die einzige Kundgebung u n d Thätigkeit des kirchlichen Lebens, nicht das einzige Mittel, welches der Glaube dem Geiste dieser Welt gegenüber gebraucht. V o m A n fange des Christenthums an ist sein erhabener Zweck der Erziehung des Menschen zum ewigen Leben auf den verschiedenartigsten von der Kirche gebilligten Wegen verfolgt worden. . . . Kirchliche Vereine aller A r t e n und Klöster sind Lebenstriebe des Christenthums, und es muß gesagt werden, daß da, w o diese Triebe nicht zur E n t w i c k l u n g kommen können, jene kirchliche Freiheit mangle, die f ü r die W i r k samkeit der Kirche wesentlich, u n d die darum auch auf Grund des Concordates zu fordern ist. . . . Bezüglich der klösterlichen Institute hat das Concordat nicht blos durch seine allgemeinen Stipulationen A r t . I, X I I u n d X V I I der Kirche i h r Recht zugesichert, sondern auch noch insbesondere A r t . V I I die hohe Nützlichkeit der Klöster ausgesprochen u n d den Staat zu einiger Genugthuung f ü r die Aufhebung so vieler Klöster verpflichtet, mindestens eine Anzahl derselben zu Zwecken der Seelsorge, des Unterrichts u n d der Krankenpflege zu dotiren, w o m i t natürlich dem Rechte der Kirche, aus eigenen M i t t e l n oder durch Wohlthätigkeit der Gläubigen weitere klösterliche Institute auch zu andern kirchlich approbirten Zwecken zu errichten, kein Eintrag geschehen sollte. Der Episcopat w i l l i m Hinblick auf die N o t h der Zeit die Errichtung von Klöstern aus Staatsmitteln hier nicht u r g i r e n . . . U m so nachdrücklicher müssen aber die allerunterthänigst Unterzeichneten besonders i m Rückblicke auf Ereignisse der jüngsten Zeit erklären: 1. Daß es ein unveräußerliches Recht der Kirche sey, solche klösterliche Institute ohne Einmischung des Staates zu gründen u n d darüber zu urtheilen, welche Klöster für die Verhältnisse und Bedürfnisse der Kirche passend, w i e viele u n d wo dieselben zu errichten, u n d f ü r welche kirchliche Zwecke sie zu verwenden seyen. 2. Daß die Kirche nach den Gesetzen der Gerechtigkeit fordern könne, daß die Klöster sowohl, als die vorgenannten außerklösterlichen, kirchlichen Vereine und Genossenschaften von Seiten des Staates nicht m i t einem nach-
I. Die bayerische Bischofsdenkschrift von 1850
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theiligeren Maaßstabe gemessen werden, als andere Associationen nichtpolitischer A r t , u n d daß daher die Verleihung corporativer Rechte an dieselben nicht an onerose, sich auf i h r kirchliches Wesen beziehende Bedingungen geknüpft u n d sie von allgemeinen Rechtswohlthaten nicht ausgeschlossen werden. 3. Daß alle inneren Angelegenheiten der Klöster, als da sind: Aufstellung oder W a h l der Obern, Aufnahme, Einkleidung, Gelübdeablegung u n d Aust r i t t von Klosterindividuen, Ordensregeln u n d ihre Beobachtung u n d Handhabung n u r nach Maaßgabe der canonischen Satzungen geordnet werden, u n d daß die Verfügung darüber ausschließlich der Kirche zustehe, weshalb der Episcopat die Aufhebung des §76 l i t t , c u n d der §§ 77 und 78 u n d aller darauf basirten Verordnungen, sowie hieher bezüglicher älterer Normen dringendst beantragt. 4. Daß, w e n n klösterliche Institute zur Seelsorge, Krankenpflege u n d zu Erziehung u n d Unterricht zu verwenden sind, ihnen nicht Dinge zugemuthet werden, die sich m i t den Ordensstatuten nicht vertragen, oder m i t denselben i m Widerspruche stehen. III.
Freiheit der Kirche in der Erziehung des Klerus Die Grundbedingung des Bestandes der Kirche Gottes auf Erden ist die ununterbrochene Fortsetzung der apostolischen Sendung i m Episcopat, und, da letzterer der Hilfe von Mitarbeitern u n d einer Vervielfältigung seiner selbst durch i h m untergeordnete u n d auf gewisse Thätigkeiten beschränkte Organe bedürftig ist, i m Presbyterate u n d den übrigen Weihen. Diese Fortpflanzung der Mission setzt aber v o r A l l e m eine sorgfältige A u s w a h l und Vorbereitung der zu Sendenden voraus, wie sie schon der Völkerapostel i n großen Zügen angedeutet u n d die Kirche durch, alle Jahrhunderte hindurch, insbesondere aber zuletzt durch das Concilium von Trient, m i t höchstem Ernste angeordnet hat. Nichts gehört mehr zum innersten, ausschließlich i h r vorbehaltenen H e i l i g t h u m der Kirche, als Vorbereitung u n d Ordination der Diener des Altares; keine Pflicht des Episcopates ist ernster u n d heiliger, u n d darum auch keines seiner Rechte wesentlicher und unveräußerlicher, w e i l auf göttlicher Anordnung beruhend, als dieses. Der Satz: Daß Niemanden Anderem als dem Bischof die Auswahl, Erziehung, Lehre u n d Prüfung Jener zukommt, die sich i n seiner Diöcese dem geistlichen Stande widmen, r u h t auf dem katholischen Dogma, u n d die Kirche ist da, w o diese Wahrheit nicht anerkannt und practisch gehandhabt w i r d , einer Freiheit beraubt, die sie selbst zu den Zeiten des heidnischen Roms besessen hat, und deshalb m i t Siechthum u n d allmäligem Verderben bedroht. Es schmerzt die ehrfurchtsvollst Unterzeichneten innigst, Eurer Königlichen Majestät sagen zu müssen, daß der katholischen Kirche Bayerns i n dieser Beziehung noch Vieles mangelt, u n d daß die so fühlbare Lücke baldigst ausgefüllt werden muß. K e i n A r t i k e l des Concordates hat der Kirche ihre Rechte so vollständig u n d m i t so bestimmten Worten gewahrt, als der fünfte i m Zusammenhalte m i t A r t . X I I b, und doch ist er n u r ganz ungenügend v o l l zogen w o r d e n . . . .
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Nach diesen Vorbemerkungen erlauben sich die allerunterthänigst Unterzeichneten die auf das Concordat begründeten Postulate der Kirche i n folgenden Sätzen niederzulegen. 1. Es ist eine heilige Pflicht der Kirche, zu fordern, daß der A r t . V des Concordates ganz u n d ohne Rückhalt ausgeführt, u n d der entgegenstehende § 76 d i m Zusammenhalte m i t dem §§ 77 u n d 78 des Religionsedictes, so wie alle ältern u n d neuern Verordnungen, welche die Bischöfe i n der Ausübung der ihnen durch A r t . V des Concordates gewährleisteten Rechte hemmen, v ö l l i g aufgehoben werden. 2. Daß es, u m diese Seminarien nach dem Wortlaute des Concordates ad normam s. concila Tnd. einrichten zu können, den Bischöfen freistehe und möglich gemacht werde, jene Lehranstalten, welche zur B i l d u n g der zukünftigen Priester v o m Knabenalter an bis zu den höheren Weihen nothwendig sind, d. i. nach unsrer Einrichtung lateinische Schulen, Gymnasium u n d Lyceum m i t diesen Seminarien untrennbar zu vereinigen, resp. i n denselben zu errichten, die Seminarien sammt diesen Lehranstalten zu organisiren u n d den Unterricht darin anzuordnen, ohne alle Behinderung u n d Einmischung von außen, u n d daß es den Bischöfen unbenommen sey, diese Seminarien je nach den Bedürfnissen ihrer Diöcesen i n verschiedenen Abtheilungen u n d an verschiedenen Orten zu gründen. 3. Daß die Vorstände an diesen Anstalten ausschließlich v o m Bischöfe ernannt u n d eine staatliche, an gewisse Bedingungen geknüpfte Genehmigung dafür nicht erfordert werde. 4. Daß die Lehrer u n d Professoren an den Seminarien, resp. an den damit verbundenen Lehranstalten, w i e es das Concordat ausdrücklich zusichert, v o m Bischöfe v ö l l i g frei ernannt werden, ohne daß eine königliche Genehmigung erfordert w i r d , u n d daß die Bedingungen v o n Pfarr- oder reinstaatlichem Professorenconcurs 21 wegfallen, wobei sich jedoch die Bischöfe das Recht vorbehalten, die f ü r ein besonderes Lehrfach anzustellenden Lehrer oder Professoren entweder selbst zu prüfen oder durch eine von ihnen zusammengesetzte Commission prüfen zu lassen. 5. Daß die Aufnahme i n diese Seminarien und die dafür anzuordnenden Prüfungen v ö l l i g frei seyen, u n d zu ersterer eine königliche Genehmigung nicht mehr eintrete. 6. Daß die Erlangung des Tischtitels 2 2 als Vorbedingung der Ordination dadurch vereinfacht werden möge, daß f ü r jede Diöcese eine ergiebige Aversalsumme f ü r die Tischtitel geleistet werde. 7. Daß der Staat seine Dotationspflicht der Seminarien erfülle, wobei jedoch u m so weniger zu besorgen ist, daß i h m allzuschwere neue Lasten zugemuthet werden, als diese Dotation theils, w o es thunlich ist, durch Überlassung bestehender Gymnasial- u n d lateinischer Schulstiftungen oder Exigenzen 2 3 , sowie von Lycealfonds u n d Exigenzen, theils durch Beiträge aus den Renten des Kirchenvermögens, theils durch i n Anspruchnahme der Wohlthätigkeit der Gläubigen großentheils herbeigeschafft werden kann, u n d m a n neue 21 22 23
Concurs = staatliche oder kirchliche Prüfung. Tischtitel (titulus mensae), siehe unten S. 141, A n m . 9. Exigenzen = Fonds zur Deckung eines speziellen Bedarfs („Exigenz").
I. Die bayerische Bischofsdenkschrift v o n 1850
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Dotationszuschüsse n u r dann begehren w i r d , w e n n die genannten M i t t e l nicht ausreichen oder benützt werden können. 8. Daß den Bischöfen die v ö l l i g freie V e r w a l t u n g der Seminarfonds nach Maaßgabe der kirchlichen Gesetze ohne Curatel von Seiten des Staates übergeben werde. 9. Daß jedenfalls die Lyceen, welche neben bischöflichen Seminarien bestehen, sogleich als bischöfliche Anstalten erklärt, m i t den Seminarien untrennbar verbunden, u n d ihre Professoren nach A r t . V des Concordates k ü n f t i g von den Bischöfen ernannt werden, wobei es sich von selbst versteht, daß erworbene Rechte schon Angestellter unangetastet b l e i b e n . . . . Es übrigt uns noch, einen höchst wichtigen P u n k t bezüglich der B i l d u n g des Klerus Eurer Kgl. Majestät gehorsamst vorzutragen. Außer den Seminarien u n d den damit zu verbindenden Anstalten sind die theologischen Facultäten an den Universitäten die einflußreichsten und angesehensten Unterrichtsanstalten f ü r den Klerikalstand, und sie sollen und werden dies i m m e r h i n bleiben, wie sie die Kirche von jeher besonders gehoben u n d m i t reichen Privilegien ausgestattet hat. Trotz der i m Obigen entwickelten katholischen Principien über die Erziehung des Klerus aber, u n d trotz des weitern auf dem katholischen Dogma von der Fortpflanzung und Bewahrung der Lehre Christi durch den Episcopat unter seinem Oberhaupte, dem Papste, beruhenden Satzes: daß Niemand i n der katholischen Kirche das kirchliche Lehramt i n seinen verschiedenen Formen von der Kinderlehre an bis zu den theologischen Disciplinen hinauf ausüben könne, es sey denn, daß er dazu durch die gesetzmäßige A u t o r i t ä t der Kirche die i m Falle der N o t h nach canonischen Formen auch wieder entziehbare Mission 2 4 erhalten habe, . . . ist i n Bayern der Kirche der i h r gebührende Einfluß auf die Anstellung i m theologischen Lehramt an den Facultäten u n d auf den Unterricht an denselben nicht gewährt; u n d so sehr w i r Ursache haben, das Wohlwollen des Staates i n der gegenwärtigen Besetzung dieser Anstalten u n d die kirchenwissenschaftlichen Leistungen an denselben dankbar anzuerkennen, so k a n n doch dem Staate unmöglich das f ü r die Kirche unveräußerliche Recht der Sendung zum theologischen Lehramt eingeräumt werden. Die ehrfurchtsvollst Unterzeichneten müssen hier einer doppelten M i ß deutung vorbeugen; sie w o l l e n nämlich erstens das Recht Eurer K g l . Majestät, die Professoren der Theologie an den Universitäten zu ernennen, keineswegs bestreiten, sondern verlangen nur, daß es m i t Gutachten u n d Zustimmung der kirchlichen A u t o r i t ä t geübt werde, und der ernannte Lehrer von dieser die Mission erhalte, ein Zugeständniß, welches selbst das protestantische Preußen der Kirche gemacht hat. Zweitens aber verkennen w i r nicht, daß die Kirche selbst zur ungehemmteren Wirksamkeit der theologischen Facultäten, u n d u m sie zu allgemein anerkannten kirchlichen Anstalten zu erheben, dieselben unter die unmittelbare Aufsicht des Papstes gestellt hat, der diese durch eigene Organe auszuüben pflegte. Etwas anderes w i l l der bayerische Episcopat nicht — aber er k a n n es nicht ferner f ü r m i t den Interessen der Kirche vereinbar halten, daß die theologischen Facultäten als solche keine kirchliche Stellung haben; er muß daher beantragen, daß die24
Mission (missio canonica) = kirchliche Lehrbefugnis.
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selben wieder i n den vollen kirchlichen Verband treten u n d i n alter ehrenvoller Weise der obersten Aufsicht des Papstes unterworfen werden, welcher ohne Zweifel dazu bewogen werden könnte, diese Aufsicht durch Mitglieder des bayerischen Episcopates zu üben; , daß ferner ohne Z u s t i m m u n g der kirchlichen Autorität, welche die Mission zum Lehramt zu ertheilen hat, u n d ohne Gutachten der Facultät k e i n Professor der Theologie ernannt werde; daß endlich, sobald die Facultäten die vorgenannte volle kirchliche Stellung erlangt haben werden, der Doctorgrad an die Stelle des Professorenconcurses trete, ohne daß jedoch dadurch die i n A r t . V des Concordates enthaltenen bischöflichen Rechte beeinträchtigt werden. So lange aber die Verhältnisse nicht i n der angegebenen Weise geordnet sind, müssen die Diöcesanbischöfe fordern, daß Niemand ohne ihre Z u stimmung und Mission i n das L e h r a m t trete; auch eine Feststellung der Ordnung der theologischen Studien kann n u r m i t E i n w i l l i g u n g der kirchlichen A u t o r i t ä t stattfinden. . . . IV.
Einfluß der Kirche auf Erziehungs- und Unterrichtswesen Die Bischöfe, berufen, die Pfleger u n d Beschützer des christlichen Elementes i n allen Zweigen u n d Beziehungen des öffentlichen w i e des Privatlebens zu seyn, müssen es zu ihren streng verbindenden Obliegenheiten rechnen, dahin zu wirken, daß die religiöse Grundlage des Unterrichtes u n d der Erziehung unversehrt bewahrt, u n d da, w o sie bereits geschwächt u n d verk ü m m e r t wurde, wieder belebt u n d gekräftigt werde. . . . Es sind zunächst die Universitäten, nämlich jene beiden ihrer Stiftung u n d ursprünglichen Ausstattung nach dem katholischen Bekenntnisse vorbehaltenen u n d dieses ihres früheren Charakters noch nicht v ö l l i g entkleideten L e h r körper, welche gemäß A r t . V des Concordates innerhalb des Kreises der bischöflichen Verpflichtung f a l l e n 2 5 . . . . Die sogenannten philosophischen Facultäten sind es, welche sämmtlichen Studirenden ihre allgemeine wissenschaftliche B i l d u n g ertheilen sollen; innerhalb dieser Facultäten aber stehen insbesonders die Lehrfächer der Philosophie u n d Geschichte i n einem unauflöslichen Zusammenhange m i t der religiösen Überzeugung u n d Gesinnung, u n d müssen diese Überzeugung u n d Gesinnung je nach der Richtung und dem Geiste, i n welchem sie v o r getragen werden, entweder begründen, läutern u n d befestigen, oder untergraben und zerstören. . . . Der erste Wunsch u n d A n t r a g also, m i t welchem die Bischöfe, eingedenk ihrer die Universitäten angehenden Sorge u n d Pflicht, i m Namen der ganzen bayerischen Kirche und des katholischen Volkes v o r dem Throne Eurer K g l . Majestät erscheinen, ist der: daß an den beiden Universitäten bei Besetzung der philosophischen u n d geschichtlichen Lehrfächer auf Männer, welche ihre Wissenschaft i n religiösem Geiste auffassen u n d vortragen, Bedacht genommen werden möge 2 6 . 25
Gemeint sind die Universitäten München u n d Würzburg. Erhoben w i r d hier der Anspruch auf „Weltanschauungsprofessuren" den philosophischen Fakultäten von München u n d Würzburg. 26
in
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E i n zweiter Wunsch betrifft das Collegium, welches an der juridischen Facultät über Kirchenrecht gelesen w i r d . I n diesen Vorträgen pflegen die künftigen Staatsbeamten, wenigstens zum großen Theile, ihre Ansichten über die Rechte u n d die Verfassung der Kirche, so w i e über i h r Verhältniß zum Staate zu schöpfen. Würden n u n diese Vorträge dazu benützt, den Studirenden falsche u n d kirchenfeindliche Grundsätze beizubringen, so würde damit ein Same des Unheils, der Zwietracht u n d endloser Zerwürfnisse ausgestreut, dessen Aufgehen u n d Wuchern zuletzt f ü r den Staat ebenso nachtheilig werden möchte als f ü r die Kirche. Die Bischöfe können daher nicht umhin, der K g l . Staatsregierung gegenüber den Wunsch auszusprechen, daß sie hierauf i h r Augenmerk richten m ö g e . . . . I n Bezug auf die Gymnasien sind die Bestimmungen des Concordates, die doch zugleich feierliche Verpflichtungen des Staates enthalten, u n e r f ü l l t geblieben. Die Bischöfe sollen an allen öffentlichen Schulen i h r A m t als Wächter der Glaubens- u n d Sittenlehre frei ausüben; aber an den Gymnasien u n d Lateinschulen ist bisher nichts geschehen, u m ihnen die damit verbürgte Stellung, ohne welche sie ihrer Verpflichtung schlechterdings nicht genügen können, einzuräumen. Alles, was die Religion der Zöglinge, den Unterricht sowohl als die gottesdienstliche u n d sacramentale Ü b u n g betrifft, ist m i t wenigen Ausnahmen ohne die gebührende Theilnahme der Bischöfe einseitig geordnet und festgesetzt w o r d e n . . . . W e n n . . . auch fernerhin w i e bisher bei Anstellung der Religionslehrer an den öffentlichen Anstalten der Staat m i t w i r k e n soll, so müssen doch die Bischöfe mindestens ein bestimmtes Vorschlagsrecht i n Anspruch nehmen 2 7 . Zugleich können sie nicht unterlassen, auf die i m Geiste u n d Buchstaben der kirchlichen Ordnung u n d Verfassung gegründete Forderung hinzuweisen, daß es dem Bischöfe zukomme, dem ernannten Religionslehrer die kirchliche Mission zu seinem Lehramte zu ertheilen, und sie ihm, falls er es f ü r nothwendig hält, auch wieder zu e n t z i e h e n . . . . Weiter werden die allerunterthänigst Unterzeichneten nicht i m Stande seyn, den Verpflichtungen, welche ihnen i h r A m t als Wächter der christlichen Erziehung u n d der Glaubens- u n d Sittenlehre auferlegt, gehörig nachzukommen, w e n n ihnen nicht auch noch das Recht eingeräumt w i r d , die L e h r bücher der Religion, die Ertheilung des religiösen Unterrichtes u n d die Methode desselben an den genannten Anstalten zu bestimmen. U n d wie sie dieses Recht hiemit i n Anspruch nehmen, so sind sie auch von der B i l l i g k e i t des eben i n jenem ihrem Berufe gegründeten Verlangens überzeugt, daß m a n sie hinsichtlich der Lehrbücher der Geschichte gutachtlich höre, u n d daß ihnen gestattet sey, darüber zu wachen, daß den katholischen Schülern nicht Bücher i n die H a n d gegeben werden, welche Glauben u n d Sittlichkeit irgendw i e gefährden. Die Bischöfe glauben indeß nicht, indem sie die aus ihren Pflichten m i t Nothwendigkeit sich ergebenden Rechte zur Sprache bringen, da, w o es sich u m die öffentliche Erziehung u n d B i l d u n g der Jugend handelt, innerhalb des 27 Erhoben w i r d also, neben dem i m Folgenden behandelten Erfordernis der missio canonica, der Anspruch auf ein bischöfliches Vorschlagsrecht bei der Besetzung der Religionslehrerstellen an höheren Schulen.
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rein religiösen Gebietes allein stehen bleiben zu dürfen; da es Thatsache ist, daß der Geschichtsunterricht fast i n gleichem Maaße w i e der Religionsunterricht die religiöse Überzeugung des studirenden Jünglings entweder u n t e r graben, oder aber entwickeln u n d befestigen h i l f t , so müssen sie auch v e r langen, daß m a n ihnen v o n dem Inhalte des historischen Unterrichtes i n geeigneter Weise K e n n t n i ß zu nehmen, die Entfernung eines verderblich w i r kenden Lehrers zu beantragen u n d gegen die Anstellung eines als irreligiös schon bekannten Mannes sich zu erklären gestatte. Sie müssen ferner noch besonders darauf dringen, daß an nicht katholischen Anstalten der Geschichtsunterricht f ü r katholische Schüler dem Religionslehrer derselben oder einem andern hiezu befähigten Geistlichen übertragen werde. Näher noch als die gelehrte Schule steht die Volksschule dem Herzen des Bischofs; lauter, dringender, gebieterischer erklingt die Aufforderung, welche aus den Stadt- u n d Dorfschulen an i h n ergeht, sich ihrer m i t der ganzen K r a f t u n d A u t o r i t ä t seines oberhirtlichen Amtes anzunehmen; denn hier ist es v o r A l l e m der religiöse Unterricht, die Erziehung der Söhne u n d Töchter des Volkes zu christlicher Frömmigkeit u n d Sitte, welche die Hauptbestimmung, den M i t t e l p u n k t der ganzen Thätigkeit bildet; der übrige Unterricht ist i m Vergleiche m i t dieser ersten u n d vornehmsten Aufgabe n u r Nebensache, u n d deshalb ist geradezu undenkbar, daß der Gedanke oder Versuch, die Kirche aus der Volksschule zu verdrängen, aus einer andern, als einer religionsfeindlichen, m i t Bewußtseyn auf die Zerstörung des Volksglaubens gerichteten Gesinnung entspringen könne. Die Volksschule ist stets der eine A r m der christlichen Kirche gewesen; sie gehört als wesentliches Glied zum kirchlichen Organismus, jede Trennung zwischen ihnen w ü r d e f ü r beide gleich verderblich seyn, u n d der Kirche zumuthen, i h r e m Einflüsse bezüglich der Volksschule zu entsagen oder sich aus derselben zurückzuziehen, hieße nicht mehr u n d nicht weniger, als i h r einen A c t des Hochverrathes gegen ihren H e r r n u n d Meister, eine Handlung des Selbstmordes ansinnen. Ja, würde es irgendwo unternommen, die Kirche aus der Schule hinauszudrängen, u n d gelänge dieses Unternehmen, so wäre das Erste, w o r a n die Kirche m i t Einsetzung aller ihrer noch übrigen K r a f t gehen müßte, neue i h r gehörige Schulen gegenüber den entchristlichten Staatsschulen zu errichten u n d jedem Gläubigen die Beschickung der kirchlichen Schule zur Gewissenspflicht zu machen Dabei glauben die Bischöfe Ew. K g l . Majestät den Wunsch u n d die E r w a r t u n g k u n d geben zu müssen, daß neue organische Verordnungen h i n sichtlich des Volksschulwesens nicht ohne Zuziehung u n d Zustimmung des Episcopats getroffen werden mögen, da derartige Verfügungen fast unvermeidlich das Gebiet des Religiösen u n d Sittlichen näher oder entfernter m i t berühren. Da ferner der Unterricht u n d die Erziehung der Jugend i n den Volksschulen n u r solchen Lehrern anvertraut werden darf, deren sittliche u n d religiöse Befähigung keinem gegründeten Zweifel unterliegt, u n d auf zureichende Weise constatili; ist, so müssen die Bischöfe pflichtgemäß das Recht i n Anspruch nehmen, die anzustellenden Lehrer hinsichtlich ihrer Befähigung zum Religionsunterrichte u n d hinsichtlich ihrer religiösen u n d sittlichen H a l t u n g einer Prüfung zu unterwerfen u n d zu fordern, daß ohne ihre M i t w i r k u n g u n d Genehmigung k e i n Lehrer bestellt werde. Wenn ferner
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die Bischöfe noch die nachfolgenden Befugnisse bezüglich der Volksschule i n Anspruch nehmen, so sind diese so augenscheinlich auf das über die Schule u n d die heranwachsende Jugend sich erstreckende Hirtenamt gegründet, daß eine specielle M o t i v i r u n g derselben als überflüssig erscheint. Diese Befugnisse sind nämlich: 1. Das Recht, die Volksschulen i n Person oder durch ihre Bevollmächtigten zu visitiren und auf Abstellung wahrgenommener Gebrechen zu dringen. 2. Das Recht, die Lehrbücher der Religion und der biblischen Geschichte zu bestimmen, u n d die übrigen i n den Schulen zu gebrauchenden Bücher h i n sichtlich der i n ihnen bemerkbaren religiösen Tendenz oder auch einzelnen bedenklichen Stellen der bischöflichen Censur zu unterwerfen. H i e m i t verbinden die Bischöfe noch die bereits oben näher erörterte E r wartung, daß die Anstellung der Local- u n d Districtsschulinspectoren stets i m Einverständnisse m i t den Bischöfen erfolgen werde. Die der B i l d u n g der Volkslehrer gewidmeten Anstalten oder Schullehrerseminarien stehen ihrer Bestimmung gemäß zu der Kirche i n demselben Verhältnisse, w i e die Volksschulen. Die Staatsgewalt selbst hat dies dadurch anerkannt, daß sie dieselben unter die Leitung geistlicher Vorstände gestellt hat, u n d die Bischöfe sehen sich deshalb i n . der Lage, bezüglich dieser A n stalten i m Wesentlichen dieselben auf die gleichen Principien gestützten Ansprüche zu erheben; sie beantragen nämlich, daß 1. organische Bestimmungen über die Einrichtung solcher Institute namentlich bezüglich der religiösen Übungen, des Religionsunterrichtes, der Sittenu n d Hausdisciplin, nicht ohne Einvernehmen m i t den Bischöfen erlassen werden mögen; daß 2. den Bischöfen zur Anstellung der Vorstände eine M i t w i r k u n g eingeräumt, u n d k e i n Vorstand u n d Lehrer gegen ihren W i l l e n bestellt werde; daß 3. das Recht der Bischöfe anerkannt werde, diese Anstalten besonders hinsichtlich ihres religiösen u n d sittlichen Zustandes zu visitiren u n d w a h r genommene Mißstände zu entfernen; daß 4. die Vorstände verpflichtet werden mögen, den Bischöfen über diese Gegenstände auf Erfordern Bericht zu erstatten; daß 5. die Aufnahmeprüfung so wie die Jahresprüfung der Zöglinge i n Gegenw a r t u n d unter Theilnahme eines bischöflichen Abgeordneten stattfinde. . . . V.
Verwaltung
des Kirchenguts
Wenn es irgend einen P u n k t i n unsern gegenwärtigen bayerischen Kirchenverhältnissen gibt, bezüglich dessen die Freiheit der Kirche beeinträchtigt erscheint, so ist es die Behandlung des kirchlichen Eigenthums. Hier ist gänzlich v o n den Principien der Kirche abgewichen worden, u n d hier muß gründlichst abgeholfen werden. Geruhen Eure K g l . Majestät aus dem Munde des Episcopates die katholischen Grundsätze über den Besitz der Kirche zu vernehmen.... 9*
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Der Staat h a t . . . durch Abschließung des Concordates die Grundsätze u n d Vorschriften der canonischen Gesetzgebung über das Kirchengut anerkannt u n d die Verpflichtung zum Schutz der Kirche auch i n dieser Beziehung übernommen, w i e denn auch die Staatsverfassung dem gesammten Stiftungsvermögen den besonderen Schutz des Staates verheißt. . . . Die Bischöfe . . . müssen f r e i m ü t h i g aussprechen, daß unser ganzes bisheriges Verwaltungssystem, welches der kirchlichen A u t o r i t ä t höchstens eine spärliche Mitwissenschaft ohne allen directen Einfluß gestattet, durchaus uncanonisch ist, u n d deshalb dringendst verlangen, daß bei Revision des Religionsedictes bezüglich des katholischen Kirchenvermögens die canonischen Grundsätze als normgebend zu Grunde gelegt werden, u n d die Bereinigung des ganzen katholischen Kirchenverwaltungswesens nach allen seinen Seiten h i n concordatmäßig und stetem Einverständniß m i t dem Episcopat stattfinde. Insbesondere aber müssen die Bischöfe begehren: 1. daß der A r t . V I I I des Concordates, welcher der Kirche das Recht zusichert, neues Kirchengut zu erwerben, keinerlei Beschränkung von Seiten des Staates erleide; 2. daß das Recht der Kirche, Stiftungen zu kirchlichen Zwecken anzunehmen, die Bedingungen, unter welchen die m i t der Stiftung verbundenen Obligationen von i h r acceptirt werden können, festzusetzen, u n d die Stiftung selbstständig zu confirmiren, anerkannt werde; 3. daß die Bischöfe die ihnen auf V e r w a l t u n g des Kirchen- u n d Stiftungsvermögens nach den Canonen 2 8 zustehenden Rechte, da, wo sie dieselben nicht unmittelbar ausüben, durch Stellvertreter u n d Pfarrer ausüben lassen, u n d die Kirchen Verwaltungen i n Pflicht nehmen können; 4. daß den Bischöfen ihre Rechte bei Regulirung kirchlicher Bezüge aller A r t gewahrt bleiben; 5. sie müssen endlich, da die kirchlichen Gebäude einen Bestandtheil des Kirchengutes bilden u n d den Zwecken der Religion gewidmet sind, das volle Recht i n Anspruch nehmen, die kirchlichen Bauten jeder A r t , besonders w e n n sie aus dem Kirchen vermögen bestritten werden, selbstständig und ohne andere Dazwischenkunft der Staatsbehörden, als die, welche etwa zur Feststellung u n d E r f ü l l u n g einer streitigen Β au Verpflichtung nöthig werden mag, zu führen und führen zu lassen (wobei jedoch die Bischöfe ausdrücklich erklären, daß sie sich bei diesen Bauten jederzeit n u r sachverständiger u n d bewährter Techniker bedienen und den f ü r öffentliche Bauten bestehenden staatspolizeilichen Anordnungen unterwerfen werden), die Einrichtung u n d den Schmuck derselben zu überwachen, über heilige u n d geweihte Gegenstände, w i e ζ. B. Paramente etc. zu verfügen, u n d Alles ferne zu halten, was der Heiligkeit des Cultus widerspricht. Hiebei ist namentlich zu erwähnen, daß es der Kirche vorbehalten seyn muß, auch bezüglich der heiligen Orte, w i e ζ. B. Kirchhöfe, ganz nach ihren Gesetzen Anordnungen zu treffen, wo aus Kirchenm i t t e l n u n d Beiträgen der Gläubigen u n d nicht aus denen der politischen Gemeinden Begräbnißplätze angelegt werden, und daß es Pflicht des Staates ist, Kirchen u n d Kirchhöfe v o r Entweihung zu schützen. . . . 28 Canonen (deutsch f ü r canones) („Corpus j u r i s canonici")·
=
die Sätze des kanonischen Rechts
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VI.
Die katholische Kirche und die Gleichberechtigung
der Konfessionen
. . . Die Kirche versteht auch i n der heutigen Gestaltung der Dinge i n Europa vollkommen ihre Stellung u n d richtet deswegen an den Staat keine Forderung, die er nicht erfüllen kann. Was sie i n Bayern auf G r u n d des Concordates verlangt, das liegt i m wohlverstandenen Interesse des Staates selbst u n d k r ä n k t nach keiner Seite h i n die Rechte Dritter. Der Kampf, den sie gegen den I r r t h u m zu kämpfen hat, ist ein ausschließlich auf das geistliche Gebiet beschränkter; er darf n u r m i t den Waffen des Glaubens u n d der Liebe, die nicht verwunden, sondern retten wollen, geführt werden; strenge Achtung der bürgerlichen Rechte Anderer ist m i t Achtung der eigenen innigst verbunden, u n d die christliche Nächstenliebe umfaßt auch den Irrenden, während sie verbietet, seinen I r r t h u m zu billigen. Wenn also der katholischen Kirche Bayerns ihre concordatmäßige Freiheit gegeben w i r d , so k a n n der Friede m i t dem Staat sowohl als m i t andern i n i h m bestehenden Confessionen n u r befestigt werden; denn alle Reibungen kamen n u r daher, daß man jene Freiheit nicht anerkennen u n d der Kirche Dinge zumuthen wollte, die sie nicht gewähren darf. Die katholische Kirche trägt i n sich das auf ihren Glauben gestützte Bewußtseyn, sie müsse das Heil, welches Gott i n Seiner unendlichen Liebe durch Hingabe Seines eingebornen Sohnes bereitet hat, i m Geist jener göttlichen Liebe allen Menschen bringen u n d an allen das größte Werk der Barmherzigkeit dadurch üben, daß sie, bekümmert u m die Rettung ihrer unsterblichen Seelen, A l l e des Glaubens u n d der Heilsmittel theilhaftig macht, die sie annehmen u n d i h r H e i l w i r k e n wollen 2 9 . I n der E r f ü l l u n g dieser ihrer Sendung, i n diesem Werk wahrer Gottes- u n d Nächstenliebe k a n n sie sich nicht beschränken lassen, u n d so w i e sie Niemand, weß Standes, Geschlechtes oder Alters er sey, der sich m i t freier Überzeugung an sie wendet, u m an ihren Glaubens- u n d Gnadenschätzen theilzunehmen, zurückweisen darf, so darf sie auch nicht dulden, daß i h r die Aufnahme eines solchen versagt werde. Hiebei steht es i h r allein zu, die Bedingungen der Aufnahme festzusetzen 30 und entscheidend zu prüfen, ob derjenige, der u m ihre Gemeinschaft bittend zu i h r kommt, jene geistigen Eigenschaften, jene höhere Berufung u n d jene Erfordernisse besitze, welche nach göttlicher A n o r d n u n g dazu nöthig sind, damit ein solcher Schritt ein Gott wohlgefälliger u n d i h n selbst zum Heile führender sey. So w i e sich aber die Kirche verpflichtet fühlt, A l l e n das H e i l anzubieten, u n d m i t allen rechtlich u n d sittlich erlaubten M i t t e l n an der Verbreitung des Reiches Gottes zu arbeiten, so darf sie andererseits Jene, die nicht zu ihrer Gemeinschaft gehören u n d nach i h r e m freien Entschluß nicht dazu gehören wollen, u n d somit auch von i h r nicht aufgenommen werden können, keinen A n t h e i l an ihren Heilsmitteln, Segnungen, Suffragien 3 1 , kirchlichen Einrich29
Die Denkschrift verteidigt hier das Recht der katholischen Kirche zur B e w i r k u n g des Konfessions wechseis (sog. Proselytenmacherei). 30 Darunter auch das Mindestalter f ü r den selbständigen Konfessionswechsel („Unterscheidungsalter" = annum discretionis) ; darüber am Ende der Denkschrift. 31 Suffragium = Unterstützung.
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tungen u n d geweihten Gegenständen gewähren, aus welchem w a h r h e i t s w i d r i g gefolgert werden könnte, sie betrachte die außer i h r Befindlichen f ü r dennoch zu ihrer Gemeinschaft gehörig u n d befreie sie stillschweigend v o n der E r f ü l l u n g jener Bedingungen des Heils, die sie von ihren eigenen K i n d e r n fordert. Die beiden hier angeführten Grundsätze liegen i m innersten Wesen der Kirche u n d die Bischöfe müssen deshalb verlangen, daß, nachdem das Concordat alle jene Hechte der Kirche anerkannt hat, welche auf göttlicher Anordnung u n d allgemeinen Kirchengesetzen beruhen, dieselbe auch i n dem Vollzug ihres gottgegebenen Berufes bezüglich ihrer Ausbreitung u n d A b grenzung nicht gehindert werde. Der Episcopat muß daher fordern, daß jene §§ des Religionsedictes, welche m i t diesen Grundsätzen nicht übereinstimmen, vielmehr direct u n d indirect i m Widerspruche stehen, u n d namentlich § 6 dieses Edictes außer K r a f t gesetzt werden 3 2 , u n d daß der Staat überhaupt i n seine Gesetzgebung keine Bestimmungen aufnehme, welche i n das Gebiet kirchlicher Freiheit hinübergreifen. . . .
I I . Papst Pius I X . und die bayerische Kirchenfrage In Rom wurde der Vorstoß des bayerischen Episkopats lebhaft begrüßt. Denn für die Kurie, die in ihrer eigenen Initiative durch die mit der Revolution von 1848 in Italien ausgelösten Wirren noch gehemmt war, bildete die Erneuerung der kirchlichen Aktivität in Bayern einen Markstein auf dem Weg der gesamtkirchlichen Restauration. Papst Pius IX. sprach den bayerischen Bischöfen daher in dem Breve vom 20. Februar 1851 (Nr. 55) Worte des Danks, der Anerkennung und der Ermutigung aus.
Nr. 55. Breve Papst Pius I X . an den bayerischen Episkopat v o m 20. Februar 1851 (Übersetzung: A r c h i v f ü r Kirchengeschichte u n d Kirchenrecht, Heft 2,1851, S. 227) Nichts w a r Uns angenehmer, als Euer ergebenstes Schreiben v o m 20. October des vergangenen Jahres, durch welches I h r , ehrwürdige Brüder, Uns ein Exemplar der Petition übersandtet, die I h r Unserm theuersten Sohne i n Christus, dem erlauchten Könige Bayerns, zu überreichen f ü r gut hieltet 1 . Denn m i t dem größten Tröste Unsers Herzens haben W i r aus der über jene Petition Uns gewordenen Kunde erkannt, m i t welch' überaus einmüthiger Übereinstimmung der Gesinnung u n d m i t welch' bischöflicher Sorgfalt, Scharfsinnigkeit, Klugheit u n d Gelehrtheit I h r beflissen wäret, bei dem Könige selbst i n Gemäßheit Unsers heißesten Verlangens m i t Eifer u n d Nachdruck dafür einzustehen, daß 32 §6 des Religionsedikts betrifft das Erfordernis des „UnterscheidungsAlters" f ü r den Wechsel des Bekenntnisses, das hier staatlich geregelt ist (vgl. Staat u n d Kirche, Bd. I, Nr. 60). 1 Oben Nr. 54.
I I I . Der bayerische Landtag u n d die Kirchenfrage
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die zwischen diesem heiligen Stuhle u n d demselben Königreiche getroffene feierliche Vereinbarung vollständig u n d unverletzt beobachtet u n d die ehrwürdigen Rechte der katholischen Kirche aufrecht erhalten u n d alles das beseitigt werde, was derselben Kirche u n d der Freiheit u n d den Rechten derselben widerstreiten mag. Darum, ehrwürdige Brüder, wünschen W i r Euch dieserhalben v o m Herzen sehr v i e l Glück, u n d spenden Euch das verdiente Lob, u n d geben Uns der sichern Hoffnung hin, daß Unsre u n d Eure Erwartungen den erwünschtesten Erfolg haben werden. Daran aber zweifeln W i r ganz und gar nicht, daß I h r , ehrwürdige Brüder, nach Eurer bekannten Frömmigkeit und priesterlichem Eifer alle Eure Bemühungen u n d Rathschläge m i t immer größerer Rührigkeit u n d Anstrengung zur Erreichung dieses so heilsamen Zweckes verwenden werdet. Indem W i r aber ungemein begierig sind, seiner Zeit zu erfahren, welches das Ergebniß Eurer erwähnten Petition gewesen seyn w i r d , wollet I h r dessen versichert seyn, daß es nichts Wichtigeres, nichts Erwünschteres für Uns geben könne, als alles das ins Werk zu setzen, was W i r als dienlich erkennen werden, u m das größere W o h l u n d Gedeihen unsrer heiligsten Religion dortlands mehr u n d mehr zu fördern. Unterdessen ergreifen W i r überaus gern diese Gelegenheit, u m das vorzügliche Wohlwollen, welches W i r gegen Euch hegen, aufs Neue zu bezeugen u n d zu bestätigen.
I I I . Der bayerische Landtag u n d die Kirchenfrage In der bayerischen Öffentlichkeit, insbesondere in der Abgeordnetenkammer, erhob sich alsbald entschiedener Widerspruch gegen die Bischofsforderungen, vor allem seitens der liberalen Opposition. Der Kultusminister Ringelmann 1 erteilte auf eine Interpellation des liberalen Abgeordneten Prell (Nr. 56) eine die Opposition nicht hinreichend beruhigende Antwort (Nr. 57).
Nr. 56. Interpellation des Abgeordneten Prell in der Kammer der Abgeordneten wegen der Bischofsdenkschrift v o m 7. März 1851 (Archiv f ü r Kirchengeschichte u n d Kirchenrecht, Heft 2, 1851, S. 229) Die Ansprache des Episcopates i n Bayern v o m 20. October 1850 an das Staatsoberhaupt 2 ist w o h l geeignet, die Aufmerksamkeit der Staatsregierung i m v o l l sten Maaße auf sich zu ziehen. Ohne auf ihren I n h a l t näher eingehen zu wollen, hebe ich n u r hervor, daß, entgegen den Bestimmungen der Verfassungsurkunde, die katholische Kirche sich f ü r eine selbstständige u n d gleichberechtigte Macht m i t u n d neben der Staatsgewalt erklärt, dann daß f ü r sie das ausschließliche Recht zur L e i t u n g des Unterrichts i n Anspruch genommen w i r d . 1 Friedrich (v.) Ringelmann (1803 - 70), Jurist; 1825 Privatdozent, 1828 Professor der Rechte i n Würzburg; 1838 Rat am Oberappellationsgericht München: 1848 Ministerialrat i m Justizministerium; 1849-52 Kultusminister, 1854-59 Justizminister i m liberalkonservativen M i n i s t e r i u m v. d. Pfordten. 4 Oben Nr. 54.
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Diese u n d ähnliche Forderungen werden nicht etwa gestellt i n der F o r m v o n Wünschen; sie werden als ein unveräußerliches Recht der Kirche geltend gemacht; ihnen gegenüber w i r d dem Staatsgrundgesetze, i n so w e i t es m i t denselben i m Widerspruch steht, jede Geltung abgesprochen. Das Episcopat k o m m t eben deshalb zu dem Schlüsse, daß es die seinen Anforderungen entgegenstehenden Bestimmungen der Verfassungsurkunde nie anerkennen werde, daß es auch solche nie anerkannt habe. Durch diese E r k l ä r u n g stellen sich die Bischöfe Bayerns unzweifelhaft außer dem Boden des Staatsgrundgesetzes; sie leugnen, daß dasselbe i n allen Fällen f ü r sie maaßgebend u n d bindend sey, obgleich sie durch den v o n ihnen abgelegten Verfassungseid sich zu dessen Aufrechthaltung und Beobachtung verpflichtet haben. Sie gerathen hiedurch m i t sich u n d m i t den Gesetzen des Staates i n Widerspruch. Unter diesen Umständen erscheint eine Einschreitung von Seiten der Staatsgewalt absolut nothwendig geboten. W i l l nicht die Staatsregierung selbst die V e r fassung i n Frage stellen, w i l l sie es nicht der W i l l k ü r des Einzelnen heimgeben, ob er dieselbe anerkennen w i l l oder nicht, dann muß auch das Gesetz i n der Richtung gegen die Bischöfe Bayerns i n voller K r a f t zur A n w e n d u n g kommen. Daß dies geschehe, dies ist der Zweck meiner Interpellation an das Staatsministerium, welche dahin geht: 1) Hat das Staatsministerium v o n der Ansprache des Episcopates i n Bayern an das Staatsoberhaupt K e n n t n i ß erhalten? 2) Welche Maaßregeln zur Erhaltung des verfassungsmäßigen, durch diese Ansprache gefährdeten Zustandes i n Bayern ist das Staatsministerium zu treffen gesonnen?
Nr. 57. Antwort des Kultusministers v. Ringelmann auf die Interpellation des Abgeordneten Prell v o m 7. März 1851 (Archiv f ü r Kirchengeschichte u n d Kirchenrecht, Heft 2,1851, S. 230 ff.) Es ist der hohen K a m m e r aus mehreren während des vorigen Landtages von m i r ausgegangenen Äußerungen bekannt, daß das Cultusministerium schon seit längerer Zeit m i t der Würdigung der näheren Beziehungen der Kirche zum Staate, der einzelnen kirchlichen Confessionen i m Staate beschäftigt ist. Unter diesen Umständen konnte i h m natürlich eine Urkunde nicht entgehen, welche, wie die Denkschrift der Erzbischöfe u n d Bischöfe Bayerns, sich zur Aufgabe gestellt hat, die Beschwerden zu erörtern, die der Episcopat i m Namen u n d als Vertreter der katholischen Kirche Bayerns erheben zu müssen glaubt. Die Denkschrift ist v o n den Erzbischöfen u n d Bischöfen u n m i t t e l b a r an die Krone gelangt, u n d der H e r r Erzbischof von München-Freysing hat den M i n i s t e r n Abdrücke dieser Denkschrift zufertigen lassen, u n d nebstdem ist auch durch die Presse die Denkschrift zur allgemeinen Kenntniß des Publicums gekommen. Es muß also die erste Frage ganz einfach bejaht werden. Was die zweite Frage betrifft, zu welchen Maaßregeln sich das Staatsministerium nach Ansicht dieser Denkschrift veranlaßt finde, so befinde ich mich gegenwärtig noch nicht i n der Lage, eine erschöpfende A n t w o r t hierauf zu geben. Es ist hier, w i e der H e r r Abgeordnete Prell selbst anerkannt hat, ein
I V . Der Streit u m den Diensteid der Geistlichen
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hochwichtiger Gegenstand, der einer umsichtigen, vorsichtigen Prüfung aller historischen, staats- u n d kirchenrechtlichen Verhältnisse bedarf. Das Staatsministerium hat sich daher i n seiner Gesammtheit darüber noch nicht schlüssig gemacht, der Gegenstand ist zur endlichen Entscheidung noch nicht gereift. Ich nehme übrigens keinen Anstand, zur Beruhigung nach allen Seiten Folgendes zu erklären: Wie m a n auch i m m e r die Fassung der Denkschrift beurtheilen mag, so v i e l steht jedenfalls fest, daß sich der Episcopat i n derselben auf den Standpunkt der Petition gestellt hat. Petitioniren k a n n jeder Einzelne i m Königreiche Bayern, also auch der Episcopat. Es geht dies aus dem Schlüsse der Denkschrift h e r v o r . . . Wie diese Verhandlungen gemeint seyen, ist v o r n i n der Denkschrift gleichfalls angegeben... Der Episcopat verlangt also, meine Herren, verfassungsmäßige Beseitigung des Religionsedictes, u n d i n dieser Forderung k a n n ich nichts Illegales finden. Wenn w i r k l i c h i n der Beseitigung des Religionsedicts i m Ganzen oder i m Einzelnen eine Gefahr seyn sollte, so müssen j a die drei Factoren der Gesetzgebung m i t w i r k e n , u n d hier ist auch die hohe K a m m e r i n der Lage, ihre gewichtige Stimme geltend zu machen. Übrigens kennt das Staatsministerium vollkommen seine Verpflichtung, über den V o l l zug verfassungsmäßiger Bestimmungen so lange zu wachen, als dieselben i n K r a f t bestehen. Es ist sich während seiner V e r w a l t u n g bewußt, dieser V e r pflichtung stets treu entsprochen zu haben, u n d w i r d derselben auch k ü n f t i g entsprechen.
I V . D e r Streit u m den Diensteid der Geistlichen Der alte Streit um den Treu- und Verfassungseid der Geistlichen 1 lebte nach den Revolutionsereignissen von 1848 erneut auf. Der Kultusminister v. Ringelmann gab der Geistlichkeit durch den Erlaß vom 21. Mai 1851 die neugefaßte Eidesformel bekannt, die neben dem Treueid gegenüber dem König sowie dem Verfassungseid einen assertorischen Eid über die Nichtzugehörigkeit zu verbotenen oder geheimen Gesellschaften enthielt (Nr. 58). Eine VorbehaltsErklärung des erzbischöflichen Ordinariats München-Freising (Nr. 59) veranlaßte den Kultusminister zu einer entgegenkommenden Erläuterung (Nr. 60).
Nr. 58. Erlaß des Kultusministers v. Ringelmann, betreffend den Diensteid der katholischen Geistlichkeit v o m 21. M a i 1851 (Döllinger-v.
Strauß, Verordnungen, Bd. 23,1853, S. 172)
Nachdem i n Folge der Ministerial-Entschließung v o m 12. A p r i l 1. Js. i n r u b r i zirtem Betreffe v o n Seite eines bischöflichen Ordinariates die Anfrage an das unterfertigte Staatsministerium über die nunmehrige vollständige Eidesformel, w i e sie i n Z u k u n f t von der katholischen Geistlichkeit bei ihrer Amtseinsetzung abgelegt werden soll, gestellt worden ist, so w i r d dieselbe i n nachstehender Weise hiemit bekannt gemacht: 1
Dazu Staat u n d Kirche, Bd. I, S. 177 f., ferner ebenda Nr. 74.
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„ I c h schwöre Treue dem Könige, Gehorsam dem Gesetze u n d Beobachtung der Staatsverfassung. Ich schwöre, meine A m t s - u n d Berufspflichten getreu u n d m i t gewissenhafter Genauigkeit, so v i e l n u r i m m e r i n meinen K r ä f t e n steht, zu erfüllen. Ich schwöre, daß ich keinem Vereine, dessen B i l d u n g dem Staate nicht angezeigt ist, angehöre, noch je angehören werde, dann, daß ich i n keinem V e r bände m i t einem Vereine verbleiben werde, dessen Schließung von der zuständigen Polizeistelle oder Behörde verfügt worden ist, oder an welchem m i r die Theilnahme i n Gemäßheit der jeweils bestehenden Disciplinar- Vorschriften untersagt sein w i r d . Ebenso verspreche ich, keine K o m m u n i k a t i o n zu pflegen, an keinem Rathschlage T h e i l zu nehmen, u n d keine verdächtige Verbindung, weder i m Inlande noch auswärts zu unterhalten, welche der öffentlichen Ruhe schädlich sein könnten, und, w e n n ich v o n einem Anschlage zum Nachtheile des Staates, sei es i n meinem Pfarrbezirke oder sonst irgendwo Kenntniß erhalten sollte, solches der Regierung anzuzeigen".
Nr. 59. Ausschreiben des erzbischöflichen Ordinariats München-Freising v o n Ende J u n i 1851 (Archiv f ü r Kirchengeschichte u n d Kirchenrecht, Heft 2,1851, S. 234 f.) Durch höchste Entschließung des K g l . Staatsministeriums des I n n e r n für Kirchen- u n d Schulangelegenheiten v o m 12. A p r i l u n d 21. M a i 1. Js. ist angeordnet worden, daß bei der Beeidigung zu installirender Geistlichen wegen der Nichttheilnahme an geheimen Verbindungen folgende Eidesformel gebraucht werden soll: [Es folgt der Absatz I I I der Eidesformel aus Nr. 58] U m den Gewissenszweifeln der den betreffenden E i d nach der vorstehenden Formel Schwörenden vorzubeugen, hat das Ordinariat, aus speciellem Auftrage des Hochwürdigsten H e r r n Erzbischofs, bereits unter dem 13. J u n i 1. Js. die nöthigen Bemerkungen über diese Angelegenheit Seiner K g l . Majestät ehrfurchtsvoll vorgelegt u n d zugleich die E r k l ä r u n g beigefügt, daß die oberhirtliche Stelle die Ablegung des erwähnten Eides n u r unter dem Vorbehalt der Unverletztheit der durch das Concordat u n d das allerhöchste königl. Rescript aus Tegernsee v o m 15. September 18212 feierlich garantirten Rechte u n d Freiheiten der Kirche zulassen könne. I n d e m m a n den gesammten Klerus der Erzdiöcese hievon i n Kenntniß setzt, ertheilt m a n demselben hiemit die Weisung, den bei der Übernahme eines geistlichen Amtes, resp. bei der Einweisung i n die Temporalien desselben, nach obiger Formel abzulegenden E i d immer n u r unter dem eben bemerkten Vorbehalte abzulegen.
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Staat u n d Kirche, Bd. I, Nr. 85.
V. Der Streit u m die Auslegung des Religionsedikts
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Nr. 60. Rundschreiben des Kultusministers v. Ringelmann an die bayerischen Bischöfe v o m 16. September 1851 (Archiv f ü r Kirchengeschichte u n d Kirchenrecht, Heft 2,1851, S. 237 f.) Die Eidesformel bezüglich der Nichttheilnahme an geheimen Gesellschaften, f ü r welche durch die Ministerialrescripte v o m 12. A p r i l u n d 31. März d. Js. i m Vollzuge der Allerhöchsten K g l . Entschließung v o m 15. März 1850 eine veränderte Fassung bei der Installation der Pfarrgeistlichen vorgeschrieben wurde, ist i n dieser Fassung Gegenstand der Demonstration einiger bischöflichen Ordinariate geworden. Auch verlautet, daß einzelne Pfarrer bei ihrer Installat i o n den fraglichen E i d abzulegen sich geweigert haben, wahrscheinlich irre geführt durch das falsche Licht, welches mehrere öffentliche Blätter über die Sache zu verbreiten sich bemühen. Es bedarf w o h l keiner weitern Auseinandersetzung, daß die getroffene Abänderung der bemerkten Verpflichtungsformel die nothwendige Folge des Gesetzes über Versammlungen u n d Vereine v o m 26. Februar 1851 ist 8 , u n d daß durch die Vorschreibung der gleichen bei der Verpflichtung katholischer Pfarrer, w i e bei der Verpflichtung anderer öffentlicher Diener der Staatsregierung, jede Absicht ferne lag, dem katholischen Pfarrklerus etwas aufzuerlegen, zu dem derselbe nicht ohnehin gegenüber dem Staate gesetzlich verpflichtet ist, oder was i h n i n seiner kirchlichen Stellung u n d i n seinem Pflichtverhältnisse zur katholischen Kirche irgendwie beirren oder beengen könnte. Damit jedes Mißverhältniß u n d jeder aus der Eidesverweigerung der zu installirenden Pfarrer erwachsende Conflict vermieden werde, w i r d es genügen, w e n n der hochwürdige H e r r Bischof dem i h m untergeordneten Klerus die geeignete Belehrung zukommen läßt, daß durch den fraglichen, das weltliche Gebiet wesentlich berührenden E i d die concordatmäßigen Pflichten, Rechte u n d Zuständigkeiten der kirchlichen Organe i n keiner Weise geändert werden oder geändert werden sollen. Solche Belehrung dem untergeordneten Klerus zu ertheilen, w i r d der hochwürdige H e r r Bischof, so w e i t es i h m zuständig erscheint, daher nicht anstehen.
V . D e r Streit u m die Auslegung des Religionsedikts Schon in der Antwort auf die Interpellation Prell hatte der Kultusminister v. Ringelmann im März 1851 zu erkennen gegeben, daß die bayerische Regierung bereit sei, die Forderungen des bayerischen Episkopats ernsthaft zu prüfen Κ Die entsprechenden Maßnahmen verzögerten sich durch die erneuten Auseinandersetzungen um den Diensteid der Geistlichen 2. Nachdem diese Streitigkeiten beigelegt waren, trug das Ministerium v. d. Pfordten durch einen zusätzlichen Erlaß zum Religionsedikt (Nr. 61) den Forderungen des Episkopats in erheblichem Umfang Rechnung. Die Regierung wählte dabei nicht den Weg 9
Bayerisches Gesetzblatt, 1851, S. 53. ι Oben Nr. 57. 2 Oben Nr. 58 - 60.
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Kap. : Staat u n d katholische Kirche i n
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der Revision, sondern den der Interpretation des Religionsedikts 3. Besonders bemerkenswert ist dabei der in Ziffer 1 des Erlasses festgelegte Grundsatz der „konkordatskonformen Auslegung" des als Verfassungsbestandteils geltenden Religionsedikts. Der bayerische Episkopat gab sich mit diesem staatlichen Entgegenkommen jedoch nicht zufrieden, sondern drängte in erneuten Vorstellungen auf weitergehende Zugeständnisse, so vor allem in den Eingaben an den König vom 28. April 1852 (Nr. 62) und vom 15. Mai 1853 (Nr. 63). Daraufhin verstand sich der Kultusminister v. Zwehl 4 mit Ermächtigung des Königs in der MinisterialEntschließung vom 9. Oktober 1854 (Nr. 64) zu einer der Kirche im Ganzen entgegenkommenden Auslegung der strittigen Normen. Der Minister verband damit die Erklärung, diese Konzessionen seien „das Äußerste, wozu sich die Staatsregierung in Wahrung ihrer verfassungsmäßigen und konkordatsmäßigen Rechte verstehen könne und werde" 5. Führend im Widerstand des Episkopats gegen das Religionsedikt war in dieser Zeit der Münchener Erzbischof Graf Reisach. Um zur Befriedung der staatlich-kirchlichen Auseinandersetzungen zu kommen, nahm die Regierung den sieben Jahre alten Plan, die Wegberufung des Grafen Reisach nach Rom zu bewirken e, erneut auf. Am 17. Dezember 1855 wurde Reisach an die Kurie berufen. Sein Nachfolger auf dem Münchener Stuhl wurde auf Grund königlicher Nomination der Benediktiner ab t v. Scherr 1. Der Zwist um das Religionsedikt kam nunmehr zur Ruhe.
Nr. 61. Zusätzlicher Königlicher Erlaß zum Religionsedikt v o m 8. A p r i l 1852 (Döllinger-v.
Strauß, Verordnungen, Bd. 23,1853, S. 91 ff.)
Se. Maj. der K ö n i g hat auf die von den Herren Erzbischofen u n d Bischöfen des Königreichs unter dem 2. November 1850 an Allerhöchstdieselben u n m i t t e l bar gerichtete Denkschrift 8 , den Vollzug des m i t dem päpstl. Stuhl am 5. J u n i 1817 abgeschlossenen Concordats und die A n w e n d u n g der Beilage I I zur V e r fassungsurkunde auf die Verhältnisse der katholischen Kirche betreffend, unter dem 30. v. M . allergnädigst zu beschließen geruht, was folgt: 1. Bei Auslegung u n d Anwendung mehrdeutiger u n d zweifelhafter Stellen der zweiten Verfassungsbeilage ist jene Interpretation anzunehmen, welche m i t den Bestimmungen des Concordats übereinstimmend ist, oder sich denselben annähert. 3 Dazu die A n t w o r t des Kultusministers v. Ringelmann auf die Interpellation des Abg. Westermayer (Text: Archiv f ü r Kirchengeschichte u n d Kirchenrecht, 2,1851, S. 244 ff.). 4 Theodor v. Zwehl (1800 - 75), Jurist, 1831 i m bayerischen Justizministerium, 1848 - 49 Innenminister, 1852 - 6 4 Kultusminister, dann Regierungspräsident (Oberfranken 1864, Schwaben 1868, Oberbayern 1870). 5 Vgl. K . Bachem, Vorgeschichte, Geschichte u n d P o l i t i k der deutschen Zentrumspartei, Bd. 2 (1927), S. 227. 6 Staat u n d Kirche, Bd. I, Nr. 211, 212. 7 Ebenda Bd. I, S. 477, A n m . 5. 8 Oben Nr. 54.
V. Der Streit u m die Auslegung des Religionsedikts
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2. Das oberhoheitliche Schutz- u n d Aufsichtsrecht des Königs besteht fort. Das i n § 50 des Religionsedicts vorbehaltene Schutz- oder Oberaufsichtsrecht soll jedoch niemals so ausgeübt werden, daß die Bischöfe i n der ihnen vermöge ihres Amtes zustehenden V e r w a l t u n g rein kirchlicher Angelegenheiten behindert werden, insofern hierbei nicht bestehende verfassungsmäßige Bestimmungen zu beobachten kommen. Ebenso soll die i m § 57 reservirte hoheitliche Oberaufsicht nicht so gehandhabt werden, daß die freie Berathung kirchlicher Gerichts- oder Synodalversammlungen gestört würde. 3. F ü r die von dem Oberhaupte der Kirche oder von den Bischöfen ausgehenden Jubiläums- u n d Ablaßverkündigungen, dann f ü r die Fastenpatente w i r d hiermit das Placet bis auf Weiteres i m voraus ertheilt. Bei allen anderen E r lassen u n d Ausschreibungen der geistlichen Behörden, auf welche nicht die Bestimmung des § 59 des Religionsedicts A n w e n d u n g findet, sondern bei w e l chen gemäß T i t e l I V § 9 der Verfassungsurkunde u n d § 58 der Beilage I I die vorherige Einholung der königl. Genehmigung bisher erforderlich gewesen, ist die Einholung dieser Genehmigung auch fernerhin nothwendig, u n d ist das Sr. Majestät als katholischem K ö n i g zustehende Oberaufsichts- u n d Schutzrecht i n seinem ganzen Umfange unangetastet aufrecht zu erhalten. 4. N u r die Einführung der geistlichen Gerichte, nicht die Ernennung der Personen, welche von den Bischöfen als Gerichtsmitglieder, Vicare oder Gehülfen berufen werden, bedürfen fortan der königlichen Bestätigung. Ebenso soll n u r die B i l d u n g der Dekanatsbezirke, nicht die W a h l der Landdekane, insolang diese blos eine kirchliche Bedeutsamkeit besitzen, der königlichen Bestätigung vorbehalten, dagegen die Capitularen i n ihrem hergebrachten Wahlrecht beschützt sein. Die Bischöfe haben jedoch den weltlichen Behörden von der Anstellung solcher Personen Nachricht zu ertheilen. 5. Erkenntnisse der geistlichen Gerichte bedürfen der königlichen Bestätigung nicht. Der § 71 des Religionsedicts ist dahin zu interpretiren, daß derlei Erkenntnisse n u r dann einen Einfluß auf die staatsbürgerlichen Beziehungen u n d bürgerlichen Rechtsverhältnisse äußern, wenn die E i n w i l l i g u n g der Staatsgewalt erholt ist. Übrigens ist i n Fällen, wo ein Priester suspendirt oder entlassen w i r d , der Kreisregierung u n d dem Tischtitelgeber 9 M i t t h e i l u n g zu machen. 6. Jedem Kirchenmitgliede steht gemäß § 52 des Religionsedicts die Befugniß zu, wegen Handlungen der geistlichen Gewalt gegen die festgesetzte Ordnung jederzeit den landesfürstlichen Schutz anzurufen. A l s Handlungen gegen die festgesetzte Ordnung sind aber vornehmlich zu betrachten: a) Wenn die K i r chenbehörde, ihren geistlichen Wirkungskreis überschreitend, über bürgerliche 9 Der Tischtitel (titulus mensae), d. h. der durch das Versprechen einer n a t ü r lichen oder juristischen Person begründete Anspruch des Geistlichen auf L e bensunterhalt i m F a l l der Erwerbsunfähigkeit (siehe Staat u n d Kirche, Bd. I, S. 243, A n m . 18), geht i m F a l l der Degradation des Priesters verloren. Deshalb die Anzeige an den Tischtitelgeber, der i m F a l l der Degradation v o n seiner Verpflichtung befreit w i r d . Tischtitelgeber w a r unter den Verhältnissen des 19. Jahrhunderts vielfach der Landesherr (landesherrlicher Tischtitel); der Staat suchte wiederholt, die Priesterweihe v o m Vorhandensein eines landesherrlichen oder sonstigen Tischtitels abhängig zu machen. Dazu die Punkte 8 u n d 15 des anschließenden Textes.
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4. Kap. : Staat u n d katholische Kirche i n Bayern 1850 - 1870
Verhältnisse u r t h e i l t u n d i n die Rechtssphäre des Staats eingreift; b) w e n n dieselbe ein positives Staatsgesetz verletzt; c) w e n n selbe behufs des Vollzugs ihrer Erkenntnisse sich äußerer Zwangsmittel bedient; d) w e n n sie die Bescheidung i n geistlichen Sachen anhängiger Beschwerden verzögert, den Instanzenzug behindert oder abändernde Erkenntnisse höherer Instanzen nicht i n Vollzug bringt. 7. Findet k e i n Recurs wegen Mißbrauch der geistlichen Gewalt statt, so bleibt der geistlichen Behörde, insofern sie die Gränzen ihrer Wirksamkeit nicht überschritten hat, der Schutz des weltlichen Armes hinsichtlich der V o l l streckung ihrer Disciplinarerkenntnisse gesichert. 8. Bedingungen zu Kirchen- u n d namentlich Pfarrpfründen sollen blos sein: das Indigenat, bürgerlich u n d politisch tadelloser Wandel, die von dem Bischöfe zu erprobende theologische u n d seelsorgerliche Befähigung, sodann Kenntnisse i m bayerischen Verfassungs- u n d Verwaltungsrechte, i m Schul-, Stiftungs- u n d Armenwesen. Wegen der deßfallsigen aus Staats- u n d Kirchendienern zusammenzusetzenden gemeinschaftlichen Prüfungsbehörde ist Benehmen m i t den Bischöfen vorbehalten. Ebenso bleibt die Ertheüung des landesherrlichen Tischtitels u n d die Festsetzung der Bedingungen zur Erlangung desselben der allerhöchsten Beschlußfassung vorbehalten. 9. Die Verleihung kirchlicher Pfründen Seitens der Bischöfe setzt die königliche Genehmigung voraus. Geistlichen, welche von Sr. Majestät dem K ö n i g als Allerhöchstdemselben nicht genehm bezeichnet werden, k a n n eine kirchliche Pfründe nicht verliehen werden. Die Vergewisserung über die Genehmhaltung der Person erscheint demnach als eine Vorbedingung der bischöflichen Übertragung des Kirchenamts, deren Vollberechtigung, w e n n diese Bedingung gegeben, i n keiner Weise zu beanstanden ist. Bei dem Acte der Einweisung soll jedoch ausgesprochen werden, daß von dem K ö n i g die Verleihung der Temporalien herrührt. 10. Die Resignationen kirchlicher Pfründen sollen i n die Hände der Bischöfe geschehen. I n unbedingter Weise können sie von denselben indessen n u r dann angenommen werden, w e n n durch Resignation derselben das Staatsärar nicht belastet w i r d . Bezüglich der Feststellung der Vicariatsgehalte soll von den bischöflichen Stellen i m m e r gutachtliche Äußerung eingeholt werden. 11. Auch bei Verleihung königlicher Patronatspfarreien sollen die Bischöfe vorher m i t ihrem Gutachten vernommen werden, ohne daß jedoch hierdurch Se. Majestät der K ö n i g i n dem freien Besetzungsrecht beschränkt sein sollen. 12. Das i n den §§ 76, 77 der zweiten Verfassungsbeilage f ü r die unter § 76 lit. a u n d b fallenden Anordnungen vorbehaltene Mitwirkungsrecht der weltlichen Obrigkeit soll n u r i n einer das kirchliche Leben nicht beengenden Weise gehandhabt werden. Bezüglich der Anordnung außerordentlicher kirchlicher Feierlichkeiten u n d Andachten, dann bezüglich der Handhabung des § 79 des Religionsedicts ist bereits u n t e r m 20. J u n i v. J. allerhöchste Entschließung 1 0 erfolgt. Auch die W a h l der Geistlichen zu Missionen etc. soll den Bischöfen anheimgestellt bleiben; n u r w e n n diese W a h l auf Ausländer fällt, ist jedesmal wenigstens drei Wochen vorher Bericht zu erstatten u n d behalten sich Se. M a jestät der K ö n i g die Entscheidung vor. 1 0
Döllinger-v.
Strauß,
Verordnungen, Bd. 23, S. 355.
V. Der Streit u m die Auslegung des Religionsedikts
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13. Die Verordnungen wegen Feier der Sonn- u n d Festtage, Beschränkungen der Tanzmusiken, über das Arbeiten an abgewürdigten Feiertagen sollen auf das genaueste vollzogen werden. 14. Bei W a h l der Klosterobern w i r d v o n der Absendung von Commissarien Umgang genommen. Die Ablegung feierlicher lebenslänglicher Gelübde i n den Nonnenklöstern soll an das vollendete 33. Lebensjahr, jene der einfachen zeitlichen an das vollendete 21. w i e durch königl. Entschließung v o m 9. J u l i 1831 bestimmt worden ist, gebunden sein, u n d die Abordnung von Commissarien n u r f ü r den Fall, daß die Betheiligten selbst oder deren Altern, Vormünder oder Verwandte selbe verlangen oder daß eine deßfallsige Beschwerde zur Kenntniß der Staatsregierung kommt, bei Ablegung der lebenslänglichen Gelübde v o r behalten werden. 15. Die Aufnahme i n den geistlichen Stand, resp. i n das Klerikalseminar, bleibt dem freien Ermessen der Bischöfe überlassen. Da jedoch der K ö n i g als Schutzherr der Kirche den Tischtitel den zu Weihenden aus Gnade verleiht, so ist u m diese Gnade vor der Ordination geziemend zu bitten. 16. V o n förmlicher Bestätigung der Vorstände u n d Lehrer an den bischöflichen K l e r i k a l - u n d an den bisher bestehenden Knabenseminarien w i r d U m gang genommen, u n d soll die bloße Anzeige genügen, w e n n nicht i n der einschlägigen Stiftungs- u n d Dotationsurkunde ein besonderes landesherrliches Recht vorbehalten ist. 17. Hinsichtlich der Erweiterung der bischöflichen Seminarien i m Sinne des A r t . 5 des Concordats w i r d auf nachträglich zu erstattende billige Anträge eingegangen werden. 18. Bei Besetzung der Lehrstellen an den Lyceen w i r d auf die Wünsche der Bischöfe Rücksicht genommen. 19. Bei Anstellung der Professoren der Theologie an Universitäten soll neben dem Gutachten der theologischen Facultät u n d des Universitätssenates auch ein Gutachten des Diöcesanbischofs über den dogmatischen Standpunkt u n d den sittlichen Wandel der Bittsteller erholt werden. Ebenso hat der Aufstellung der Religionslehrer an den anderen öffentlichen Unterrichts- u n d Erziehungsanstalten die gutachtliche Einvernahme der einschlägigen bischöflichen Stelle voranzugehen. Auch über Genehmigung der Aufstellung von Religionslehrern i n Privatinstituten soll die bischöfliche Stelle vernommen werden. 20. Die Religionswahrheiten sollen stets rein u n d lauter u n d i n einer Weise vorgetragen werden, daß sie i n das Leben der Jugend eindringen u n d daß die Achtung vor denselben, sowie das Gefühl f ü r Sitte u n d Recht nicht untergraben werden. I n dieser Beziehung sollen demnach die weltlichen Behörden ein wachsames Auge haben u n d den darauf bezüglichen Bemerkungen der geistlichen Behörden geeignete Würdigung zuwenden. 21. Den Bischöfen ist durch § 39 der zweiten Verfassungsbeilage das A u f sichtsrecht auf die Religions- u n d Sittenlehre u n d das religiöse Leben an den Unterrichts- u n d Erziehungsanstalten gewährleistet. Einrichtungen bezüglich des sittlichen u n d religiösen Lebens, welche auf die Hausordnung an Studienanstalten u n d Schullehrerseminarien störenden Einfluß haben könnten, sind jedoch erst nach gepflogenem Benehmen der Bischöfe m i t den weltlichen Behörden u n d n u r i n deren gegenseitigem Einverständnisse zu treffen. Bei Fragen über die B i l d u n g der Schullehrer sollen die Wünsche der Bischöfe u n d hinsieht-
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lieh der A n o r d n u n g des Religionsunterrichtes an den Gymnasien u n d Latein-, sowie Landwirthschafts- u n d Gewerbeschulen die Vorschläge der Bischöfe von den weltlichen Behörden nach Thunlichkeit berücksichtigt werden. 22. Dem Pfarrklerus bleibt nach Maßgabe des organischen Edicts v o m 14. September 1808 11 u n d der Normativentschließung v o m 24. J u l i 1833 die nächste Beaufsichtigung u n d L e i t u n g des Unterrichts- u n d Erziehungswesens an den deutschen Schulen überlassen. Bei Bestellung der Districtsschulinspectoren u n d der Inspectoren an den Schullehrerseminarien sollen die Bischöfe gutachtlich vernommen werden, u n d versieht sich die Staatsregierung zu dem Klerus, daß er die seiner Aufsicht anvertraute wichtigste Schule der Volksbildung — die Elementarschule — m i t S