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German Pages 102 [104] Year 2017
Frank Schorkopf Staat und Diversität
Schönburger Gespräche zu Recht und Staat herausgegeben von Otto Depenheuer und Christoph Grabenwarter Bd. 30
2017
Ferdinand Schöningh
Frank Schorkopf
Staat und Diversität Agonaler Pluralismus für die liberale Demokratie
2017
Ferdinand Schöningh
Die Studie ist während meines Aufenthalts am Forschungskolleg normative Gesellschaftsgrundlagen (FnG) der Universität Bonn im akademischen Jahr 2016/17 entstanden.
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. Alle Rechte vorbehalten. Dieses Werk sowie einzelne Teile desselben sind urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung in anderen als den gesetzlich zulässigen Fällen ist ohne vorherige Zustimmung des Verlages nicht zulässig. © 2017 Verlag Ferdinand Schöningh, ein Imprint der Brill-Gruppe (Koninklijke Brill NV , Leiden, Niederlande; Brill USA Inc., Boston MA , USA ; Brill Asia Pte Ltd, Singapore; Brill Deutschland GmbH, Paderborn, Deutschland) Internet: www.schoeningh.de Satz: Martin Mellen, Bielefeld Einbandgestaltung: Evelyn Ziegler, München Herstellung: Brill Deutschland GmbH, Paderborn ISBN 978-3-506-78861-0
Übersicht I. Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Bewusstsein statt Blindheit . . . . . . . . . . . . . . . 2. Handschlag von Gesellschaftsund Verfassungstheorie . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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II . Diversitätsdimensionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15
1. Dekonstruktion der herrschenden Verhältnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15 2. Heterogenität durch Identität . . . . . . . . . . . . . 19 3. Normativprogramm materieller Gleichheit 22
III . Kritik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27
1. Gesellschaftsbild: »Kultur der korporativen Gerechtigkeit« . . . . . . . . . . 2. Gruppenbezogene Repräsentation . . . . . . . . 3. Normalität des Verschiedenen . . . . . . . . . . . . 4. Demokratisches Paradox . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Anti-plurale Wendung . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
27 31 34 36 39
IV . Verfassungstheoretische Rekonstruktion . . . . . 43
1. Das Politische in der liberalen Demokratie . . 43 2. Exklusionsfreier Konsens? . . . . . . . . . . . . . . . . 50 3. Freiheitsgerechte Interpretation . . . . . . . . . . 56
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V. Schluss . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 61 Anmerkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 65 Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 89 Stichwortverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 101
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I. Einführung 1. Bewusstsein statt Blindheit Nach den Zulassungsregeln einer amerikanischen Medizinhochschule waren 16 von insgesamt 100 Erstsemesterplätzen außerhalb des Standardpunktesystems an ethnische Minderheiten zu vergeben. Ein zum Bewerbungszeitpunkt bereits 33 Jahre alter ehemaliger Berufssoldat weißer Hautfarbe lag mit seinen Leistungen knapp unter dem Punktegrenzwert und blieb trotz prinzipieller Eignung von dem Zulassungsausschuss auch für die Minderheitenplätze unberücksichtigt. Ende der 1970er-Jahre erreichte der Fall des in den Instanzen erfolgreichen Bewerbers den Supreme Court. Zu diesem Zeitpunkt hatte das amerikanische Verfassungsgericht bereits eine klare Rechtsprechungslinie gegen Rassendiskriminierung und für einen Gegenwartsausgleich historischer Benachteiligungen entwickelt.1 Über die affirmative action an Hochschulen hingegen war bislang noch nicht am Maßstab der Gleichbehandlungsklausel aus dem 14. Zusatzartikel entschieden worden. Nun bot der Fall Regents of the University of California v. Bakke
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dazu Gelegenheit, die das Gericht mit einer eigentümlichen Begründung nutzte. Während die Richtermehrheit das starre Quotensystem als verfassungswidrig einordnete und der Kläger deshalb Recht bekam, hielt es die positive Diskriminierung für prinzipiell zulässig. Das die Entscheidung tragende Votum des Richters Powell wählte allerdings eine Begründung, die – aus heutiger Sicht – eine erhebliche gesellschafts- und verfassungstheoretische Akzentverschiebung markiert. Nicht die im historischen Unrecht, der Versklavung von Afrikanern in Nordamerika, begründeten Nachteile sollten durch die bewusste Bevorzugung ausgeglichen werden. Die Bevorzugung von Minderheiten rechtfertige sich vielmehr aus dem »Interesse an Diversität«.2 Eine Ärzteschaft, die aus einer heterogenen Studentenschaft hervorgehe, könne, so das Argument, besser einer heterogenen Bevölkerung dienen. Der interessante Dreh dieses Arguments ist die Verknüpfung von Diversität und Rassendiskriminierung. Das Ziel schien nun nicht mehr eine Gesellschaft, in der die Hautfarbe kein Diskriminierungsgrund mehr ist (color-blindness), sondern eine Gesellschaft, die sich der Ethnien ihrer Mitglieder bewusst ist (color-consciousness).3 Das zweckrationale Interesse an Diversität, mit der die historische Frage der Lebenslage schwarzer Amerikaner in den größeren Zusammenhang von Minderheiten gestellt wurde, war keine Erfindung des Supreme Court. Er vollzog damit eine gesellschaftliche Entwicklung im Verfassungsrecht nach, die im Zusammenhang mit der Bürgerrechtsbewegung der 1960er-Jahre das Bewusstsein für 8
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Ethnizität geschärft hatte. Die Entwicklung wurde zu dem Zeitpunkt, als der Fall Bakke anhängig war, in der Literatur so gedeutet, dass es zum ersten Mal in der amerikanischen Geschichte für Individuen attraktiver erschien, ihre ethnische Identität zu bekräftigen, als einfach Amerikaner zu sein.4 Dieser Prozess bildet sich in der semantischen Geschichte des zweiten Begriffs ab, der mit Diversität – wie noch zu zeigen sein wird – eng verbunden ist: dem Begriff der Identität. Bei der Suche nach einer Antwort auf die Grundfragen »Wer bin ich?« und »Wer sind wir?« erlangen persönliche Merkmale, die uns heute aus dem Anti-Diskriminierungsrecht vertraut sind, eine tragende Bedeutung. Um die Dynamik an einem anderen Beispiel deutlich zu machen, das für den Diversitätsbegriff wichtig ist, sei auf die in Folge der Bürgerrechtsbewegung von Unternehmen aufgelegten Programme hingewiesen, mit persönlichkeitsbezogenen Unterschieden in ihren Belegschaften umzugehen. Dieser Ansatz ist heute als diversity management bekannt und selbstverständlicher Bestandteil sowohl der Organisationsstruktur größerer Unternehmen5 als auch der ethischen Regeln für eine verantwortungsvolle Unternehmensführung.6 Es wäre allerdings eine Verkürzung, wenn wir Diversität als Strategie betrachten, den Zusammenhalt in einem Unternehmen zu fördern, um Effizienzverlusten entgegen zu wirken. Diversität wird nämlich auch als wirtschaftlicher Erfolgsfaktor positiv codiert: »Die aktive Wertschätzung und Förderung der unterschiedlichen Talente der Beschäftigten steigert die 9
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Mitarbeitermotivation, erhöht die Kundenbindung und erleichtert die Zusammenarbeit mit Geschäftspartnern im In- und Ausland.«7 Auch in diesem Zusammenhang zeigt sich der vom Supreme Court gebrauchte Dreh, der von einer Richtermehrheit im Jahr 2003 im Fall Grutter v. Bollinger,8 und seitdem ausdrücklich bestätigt wurde: Diversität – oder Vielfalt als deutsche Entsprechung9 – ist ein anstrebenswerter Zustand für personale Formationen. Der beschreibende Begriff erhält eine normative Komponente und wird dadurch zum Gesellschaftskonzept. Diversität ist heute ein Begriff, der die Bezirke der Gleichbehandlung und Unternehmensorganisation verlassen hat. Seit den 1990er-Jahren hat er Karriere gemacht und sich in Politik, Wissenschaft, Kultur und auch im Recht verbreitet.10 In der Rückschau wird deutlich, dass diese Karriere das Ergebnis der gesellschaftlichen Evolution der letzten fünf Jahrzehnte ist, die vom Verblassen der negativen Evidenz des sozialistischen Klassendenkens profitierte und wesentlich von den intellektuellen Strömungen der Zeit getragen wird, die »Gesellschaft« zum Letztbegriff kollektiver Selbstdeutung gemacht haben.11 Die Begriffskonjunktur ist Gradmesser für den gesellschaftspolitischen Blutdruck der Gesellschaft. Die Forderung nach Diversität drückt ein sozialmoralisches Milieu aus, das der Bildungsexpansion, dem Wandel der Werte und traditioneller Gemeinschaften sowie der Pluralisierung der Lebensstile zuzuschreiben ist.12 Diversität ist eng verbunden mit der Verbreitung des maßgeblich in der französischen Philosophie entwickelten 10
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Dekonstruktivismus,13 wonach die herrschenden Verhältnisse das Ergebnis einer machtvollen, hierarchischen Konstruktion und Zuschreibung von Identitäten sind, die es wegen ihrer unzureichenden Begründbarkeit zu hinterfragen gilt.14 Diese Konstruktion könne, so der gestalterische Gedanke dieses Ansatzes, auch anders ausfallen, wenn die Differenzlinien verschoben werden.15 Politisch bildet der Diversitätsbegriff den postsozialistischen Schwenk von der Forderung nach gerechter Güterverteilung hin zur Forderung nach Anerkennung ab. Nicht mehr Sozialpolitik, sondern kulturelle Identität steht im Vordergrund.16 Diversität fordert die Anerkennung identitärer Gruppen ein und ist deshalb Teil von Identitätspolitik.
2. Handschlag von Gesellschaftsund Verfassungstheorie Dass diese Thematik sich nicht im Theoretischen erschöpft, sondern durchaus praktische Auswirkungen auf das Verfassungsrecht haben kann, zeigt für die deutsche Rechtsordnung – neben der Anerkennung zunächst gleichgeschlechtlicher Partnerschaften durch das Lebenspartnerschaftsgesetz17 und sodann der „Ehe für alle“, wie auch die Debatte über kulturelle Identität im Grundrechtsschutz18 – der Vorschlag, den Staat auf die Achtung der Identität der ethnischen, kulturellen und sprachlichen Minderheiten zu verpflichten. Die Gemeinsame Verfassungskommission von Bundestag und Bundesrat emp11
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fahl 1993 auf Anregung von deren SPD -Mitgliedern die Aufnahme eines entsprechenden Art. 20b in das Grundgesetz.19 Der verfassungsändernde Gesetzgeber nahm diesen Vorschlag jedoch nicht auf. Die Kritik, mit der neuen Klausel werde über den klassischen Minderheitenschutz hinaus das am Gedanken der Vielheit ausgerichtete gesellschaftspolitische Konzept der multikulturellen Gesellschaft im Grundgesetz verankert,20 ließ offenbar die notwendige Zweidrittelmehrheit schwinden. Der Sache nach ist dieser Vorschlag im Jahr 2016 erneut aufgenommen worden durch die Forderung von Migrantenverbänden, den Staat mittels eines neuen Art. 20b GG auf das Ziel der Vielfalt und Teilhabe »als gelebte Grundüberzeugung« festzulegen.21 Das in der parteinahen Politikberatung zuletzt formulierte Leitbild für ein Einwanderungsland sieht Vielfalt als Tatsache an, die durch Migration verstärkt werde, wie auch die Einwanderungsgesellschaft nie vollendet sei, sondern sich stetig wandele: »Kollektive sowie individuelle Identitäten sind nie statisch. Also gibt es auch nicht die eine und für alle gültige deutsche Identität. Zugehörigkeit zur Gesellschaft kann vielmehr erworben werden.«22 Und um das Panoptikum des Kommenden abzurunden, war vom Ersten Vizepräsidenten der Europäischen Kommission im Jahr 2015 zu hören, dass Diversität das Schicksal der Menschheit sei und es selbst in den entlegendsten Winkeln des Planeten keine Nation geben werde, die in Zukunft nicht Diversität sehen werde.23 Diversität steht für ein gesellschaftstheoretisch fundiertes Ordnungskonzept, das sich aufgrund seines Ge12
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staltungsanspruchs erheblich auf Staat und Gesellschaft auswirkt. Der Begriff transportiert – und das macht ihn für die Rechtswissenschaft besonders interessant – eine komplexe, überwiegend noch diffuse Demokratietheorie, die Folgerungen für die Gestalt des Verfassungsstaates hat. In dem Begriff treffen sich Gesellschafts- und Verfassungstheorie. Mit der politischen Forderung einer rechtlichen Pflicht zu Diversität ist nämlich ein Gestaltungs- und damit Machtanspruch formuliert. Die zu beobachtende Entpolitisierung gesellschaftlicher Konflikte, die durch moralische und rechtliche Steuerung ersetzt wird, ist neben den genannten verfassungspolitischen Initiativen ein empirischer Hinweis, dass die Politik sich den Diversitätsansprüchen aus der Gesellschaft aufgeschlossen zeigt. Nachfragen sind gerade auch deshalb geboten, weil der moderne Verfassungsstaat mit dem Pluralismus über ein tragfähiges Leitbild der Struktur westlicher Gesellschaften verfügt, das die Heterogenität der Individuen adressiert. Auf diese Tendenz, mit bislang kaum näher beachteten Folgerungen für die Verfassungstheorie und in einem zweiten Schritt für das Verfassungsrecht, ist mit einer Nachschärfung des Rahmens der liberalen Demokratie zu antworten. Die These meiner Überlegungen lautet, dass die angestrebte diverse Gesellschaft notwendig mit Identitätspolitik einhergeht, in deren Folge identitäre Gruppen nach einem »exklusionsfreien Konsens«24 verlangen. Diversität und Identität stellen mit ihrer neo-tribalen Tendenz tragende Institutionen des liberalen Verfassungsstaates, 13
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das Mehrheitsprinzip und den Gleichheitssatz sowie das Politische in der parlamentarischen Demokratie in Frage. Das Diversitätskonzept sollte deshalb freiheitsgerecht umgedacht werden. Die Studie ist zudem an die Staatsrechtswissenschaft gerichtet. Sie sollte den Versuch unternehmen, an Beobachtungen der Diversitätstheoretiker anzuknüpfen und Kernaussagen freizulegen, die an die Theorie des Verfassungsstaates durchaus angeschlossen werden können. Exemplarisch will ich damit zeigen, dass die Staatsrechtswissenschaft sich ein reflektierteres Bild von den gesellschaftstheoretischen Voraussetzungen des geltenden Verfassungsrechts machen sollte. Sie versetzt sich dann in die Lage, die strukturellen Folgen punktueller Rechtsauslegung und beabsichtigter Verfassungsänderungen, die unter dem Etikett »Diversität« erfolgen, für die Institutionen von Staat und Gesellschaft angemessen wahrzunehmen und diese bewerten zu können.
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II. Diversitätsdimensionen Um den Rahmen für die weiteren Überlegungen konturenschärfer zu machen, ist das Diversitätskonzept zunächst mit seinen kulturell-intellektuellen Vorverständnissen und seinen Schnittstellen zu den benachbarten Begriffen Inklusion, Identität und Anti-Diskriminierung, näher in den Blick zu nehmen.
1. Dekonstruktion der herrschenden Verhältnisse Habituell betont Diversität einen herrschafts- und gegenwartskritischen Standpunkt. Das Konzept hinterfragt bestehende Differenzierungen in der Gesellschaft, weil die »Ordnung der Dinge« nicht das Ergebnis gesellschaftlicher Evolution, sondern intentionaler Handlungen und damit von Herrschaft sei. Auf dem Territorium eines Staates lebten nämlich auch Menschen, die an der Formulierung der geltenden Regeln und Praktiken nicht beteiligt gewesen seien, weil sie zu einer identitären Gruppe gehörten.25 Damit sind nicht allein Ausländer gemeint, die wegen des fehlenden Status als Wahlbürger von der Legitimati-
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on der Willensbildung in der parlamentarischen Demokratie rechtlich ausgeschlossen sind.26 Das Exklusionsargument bezieht zugleich Staatsbürger mit ein, die aus kulturellen Gründen am Rand der Mehrheitsgesellschaft stehen und deshalb faktisch in der politischen Willensbildung weder eine signifikante Rolle spielen, noch erwarten können, zukünftig Gehör zu finden. Es besteht also ein Assimilierungsdruck zugunsten der Mehrheitsgesellschaft, durch den konstitutive Merkmale der Persönlichkeit in Frage gestellt werden. Die Argumentation wird intellektuell getragen von der kritischen Rechtslehre (critical legal studies), die – von der Frankfurter Schule inspiriert – geltendes Recht und seine Praxis als Ausdruck der herrschenden politischen Verhältnisse sieht.27 Der Standpunkt ist weniger auf Einzelthemen, als auf strukturelle Verhältnisse ausgerichtet, wie etwa die geltenden Regeln der Wirtschaftsordnung, die jedes Individuum dem Grunde nach verpflichten, selbstverantwortet für den Lebensunterhalt zu sorgen und die deshalb Konzessionen an die ökonomischen Imperative erfordert. Die Argumentation wirkt dann aber durchaus wieder auf die tagespolitische Debatte zurück, wie die Forderung nach einem bedingungslosen Grundeinkommen zeigt. Diese Forderung kann als Ausdruck des Diversitätsstandpunkts gedeutet werden, gestattet doch erst das hoheitlich garantierte Existenzminimum, den eigenen identitären Lebensentwurf anzugehen und zu verwirklichen, ohne sich den Erwerbszwängen der Mehrheitsgesellschaft beugen zu müssen.28 16
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Ein anderes Beispiel sind die kulturellen Prägungen eines Menschen, deren gesellschaftliche Anerkennung unter dem Stichwort der cultural defence eingefordert wird, die aber im Verwaltungs- und im Strafrecht bei der Anwendung des allgemeinen Gesetzes einstweilen unberücksichtigt bleiben.29 Aus verfassungs- und demokratietheoretischem Blickwinkel zeigt sich an dieser Stelle bereits, dass mit dem Diversitätskonzept zum einen die Mehrheitsregel der repräsentativen Demokratie in den Mittelpunkt der Kritik gestellt wird, die es rechtfertigt, auch den politisch unterlegenen Bürger auf das mehrheitlich beschlossene Gesetz zu verpflichten. Es besteht insoweit ein deutlicher Reflex gegen das allgemeine Gesetz und für die Abwägung im Einzelfall.30 Zum anderen wird – hier macht sich wieder das Denken der kritischen Rechtslehre bemerkbar – indirekt beanstandet, dass die Grundrechte den Einzelnen vor übermäßigen Eingriffen der Mehrheit in die individuelle Freiheit nicht ausreichend schützen können. Denn wenn die Grundrechte als Institution nicht schon Ausdruck des individuellen Denkens sind, dann sei jedenfalls deren Anwendung und Auslegung das Ergebnis wiederum der Mehrheitsgesellschaft. Die konzeptionelle Reichweite dieser bereits hier angedeuteten Kritik ist erheblich, denn mit der Mehrheitsregel wird zugleich die Vorstellung einer gesellschaftlichen Normalität bestritten. Eine wahrgenommene Unterschiedlichkeit soll nicht als Rechtfertigung für Hierarchie, d. h. ein Regel-Ausnahme-Verhältnis herangezogen werden. 17
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Normalität sei nämlich konstruiert, so die Kritik, damit die Definitionsmächtigen andere ausgrenzen und dadurch Macht ausüben.31 Diese normalitätsaverse Perspektive wirkt sich vor allem in der Inklusionspolitik aus, die mit völkervertraglicher Direktionskraft derzeit im Schulund Bildungssektor umgesetzt wird.32 Während Diversität zunächst nur einen Zustand der Vielfalt beschreibt, beansprucht das Inklusionskonzept die Einbeziehung eines Individuums in eine bestehende Gruppe. Wenn wir aber konsequent Minderheiten in eine Mehrheit inkludieren, dann ist die Mehrheit nicht mehr Mehrheit und auch nicht Eichpunkt für Normalitätsvorstellungen: »Die postmoderne Dekonstruktion hat mit der Kultur der Inklusion eine neue normative Ordnung von Ganzheit hervorgebracht.«33 Das Normale ist das Verschiedene. Diversität kann so durchaus als gesellschaftliche Antwort im historischen Kontext wahrgenommen werden, als Strategie der verweigerten Anpassung an die Mehrheit und die »herrschenden Verhältnisse«. Denn solange die Angehörigen von gesellschaftlichen Minderheitsstandpunkten nicht dieselben Chancen wie die Angehörigen der Mehrheitsmeinung haben, solange diese Chancen nicht für alle so gestaltet sind, dass sie nicht die Präferenzen der Mehrheit reproduzieren,34 hat ein aktiver »Nachteilsausgleich« stattzufinden. Mit größerer Emphase könnte auch von Selbstermächtigung des Einzelnen zu größerer Autonomie (empowerment) gesprochen werden,35 die zu umfassenderer Teilhabe aller Menschen an der Gesellschaft führt. Diversität wäre also die selbstbewusste Parole auf 18
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die Angst vor dem Abgehängt-Werden unter den Bedingungen gesteigerter sozialer Beschleunigung.
2. Heterogenität durch Identität Mit dem Gedanken gesellschaftlicher Teilhabe aller Menschen ist der Bogen zu einem weiteren Großbegriff in der Debatte geschlagen: der Identität. Die Geschichte dieses Begriffs führt uns in die Inkubationszeit des Diversitätskonzeptes zurück. Anfang der 1950er-Jahre wird der Identitätsbegriff aus der Psychologie, in der er die Selbstwerdungsprozesse von Kindern und Jugendlichen beschreibt, von den Sozialwissenschaften in den Vereinigten Staaten übernommen. Mit ihm wird die Suche nach dem individuellen Selbst in einer Phase der Verunsicherung beschrieben, wobei Identität auch zu einer Kategorie für soziale Gruppen wird. Die Ausdifferenzierung und Funktionalisierung der Gesellschaft, die etwa seit den 1970er-Jahren um die Internationalisierung ergänzt wird,36 sind die tatsächlichen Rahmenbedingungen. Im Zusammenhang mit der Rassendiskriminierung und den Neuen Sozialen Bewegungen werden persönliche Merkmale wie Ethnie und Geschlecht zu Identitätsmarkern.37 Die Begriffsgeschichte lässt uns erkennen, dass es bei Identitätsfragen sozialer Gruppen um Einheitsbildung im Wege der Selbstbeschreibung geht. Das Paradox dieses Prozesses liegt darin, dass die identitäre Gruppe sich über das einheitsstiftende Merkmal definiert, während im Ver19
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hältnis zur politischen Gemeinschaft eine harte Differenz gesetzt wird. Sie stellt das Einheitsparadigma für die höhere Ordnungsebene gezielt in Frage. Mit anderen Worten, es wird Einheit in einem kleineren Bezugsrahmen innerhalb einer heterogenen Ordnung gesucht. Identität und besonders Diversität stehen also für die semantische Sichtbarmachung von Heterogenität und repräsentieren das konzeptionelle Modell gegen jede Vorstellung einer homogenen Gesellschaft oder einer »Abstammungsgemeinschaft«38 – Diversität erscheint aus diesem Blickwinkel als intellektuelles Statement der Distanzierung von nationaler Vergangenheit, was den gesellschaftspolitischen Gegenwartserfolg des Konzepts gerade auch in Deutschland erklärt.39 Die Karriere des Identitätsbegriffs in der Europarechtspraxis und -wissenschaft ist vor diesem Hintergrund auch eine bemerkenswerte Strategierezeption. »Identität« kam zu Beginn der 1990er-Jahre in das europäische Recht, als die Mitgliedstaaten die Europäische Union gründeten und dadurch zu einem qualitativen Sprung in der europäischen Integration, hin zur Europäischen Politischen Union, ansetzten.40 Die Regierungskonferenz zum Vertrag von Maastricht nahm die »nationale Identität« in den Unionsvertrag auf, weil die mit der Union angestrebte und bereits seit den 1970er-Jahren diskutierte, europäische Identität ein Gegengewicht erhalten sollte.41 Mit diesem Gegengewicht wollten die Mitgliedstaaten der schon seinerzeit empfundenen schleichenden Entstaatlichung entgegenwirken. Der Identitäts- und damit europäische 20
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Anspruch auf Eigentlichkeit wurde mit der Behauptung des nationalen Differenzanspruches beantwortet. Über die Qualifikation der identitären Eigenschaft bestehen unterschiedliche Meinungen. Eine primordiale Denkströmung sieht die Identitätspolitik essentialistisch, d. h. das Subjekt hat einen statischen Wesenskern, verfügt über notwendige Eigenschaften, die sein Selbst ausmachen. Eine andere optionale Denkströmung bestreitet nicht die Notwendigkeit prägender Merkmale, sieht jedoch die Möglichkeit des Identitätswandels über die Zeit, der abhängig von der Lebenssituation des Subjekts ist. Deshalb kann eine Person auch mehrere Identitäten gleichzeitig haben und diese über die Zeit ändern.42 Bereits aus dieser idealtypischen Gegenüberstellung wird deutlich, dass Identität nicht nur einen Prozess der Selbstbeschreibung und -wahrnehmung darstellt, sondern zugleich auf Anerkennung von außen verwiesen ist.43 Denn der Selbstwert der Person sammelt sich gerade in dem Bild, dass das Gegenüber von ihr hat. Nun wird auch deutlich, welchen Berührungspunkt das Diversitäts- und das Identitätsdenken haben. Da jede Identitätsforderung relational ist, sie sich zu einem anderen verhält, fordert Identität die Bestätigung einer Differenz. Identitätspolitik also fordert prinzipiell und führt zu Diversität. Diversität benennt von einem exogenen Standpunkt aus die Unterschiede beim Blick auf Personen, während Identität die endogene Perspektive des Subjekts markiert.
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3. Normativprogramm materieller Gleichheit Bereits im ersten Kapitel ist mit dem Hinweis auf die Urteilsbegründung des Supreme Court im Fall Bakke und das personalwirtschaftliche diversity management angedeutet, dass die Diversität einer Gesellschaft erwünscht ist, dass die Erhöhung gesellschaftlicher Heterogenität ein normatives Leitbild sein kann. Die diverse Gesellschaft ist heute vielerorts Zweck an sich, weil sie messbar produktiver, sozialer und kreativer sei, weil sie für Wertschätzung, Toleranz und Offenheit stehe.44 Es ist die Haltung, die von einer »Vergoldung der Unterschiede« spricht und die Bundeskanzlerin Merkel einnahm, als sie auf dem Integrationsgipfel im Jahr 2015 davon sprach, dass die Gesellschaft eine gewisse Sehnsucht danach haben sollte, dass sie vielfältiger werde, dass sie andere Eindrücke aufnehme und dies als Bereicherung empfinde.45 Aus der normativen Perspektive sind hoheitliche Maßnahmen zu ergreifen, die Diversität aktiv erhöhen, die entsprechende Bedrohungen sanktionieren und Zugehörigkeit wie Teilhabe ermöglichen. Diese drei Imperative des normativen Diversitätsverständnisses schlagen vollends den Bogen zum Recht. Aus den bisherigen Überlegungen tritt nun deutlicher hervor, dass Diversität konkrete Verfassungsrechtsfragen aufwirft, Fragen nach einem institutionellen Minderheitenschutz, nach der Leistungsfähigkeit der Grundrechte, die individuelle Freiheit in der Gesellschaft und gegenüber dem Staat gewährleisten sol22
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len, vor allem aber nach der Funktion des allgemeinen und des besonderen Gleichheitssatzes. Es liegt auf der Hand und ist einschlägigen Standpunkten unmittelbar zu entnehmen, dass Diversität und AntiDiskriminierung, d. h. das Verbot unterschiedlicher Behandlung anhand bestimmter persönlicher Merkmale, in engem Zusammenhang stehen. Geschlecht, Abstammung, Rasse, Sprache, Heimat und Herkunft, der Glauben sowie die religiösen oder politischen Anschauungen sind persönliche Merkmale, aufgrund derer niemand benachteiligt oder bevorzugt werden darf.46 Die Rechtsordnung verpflichtet die hoheitliche Gewalt auf Indifferenz in Bezug auf die Merkmale und erstreckt das Differenzierungsverbot über das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz auf die Privatrechtssubjekte und damit die Gesellschaft. In einem Sachverhalt sollen diese Merkmale nicht das Motiv für ein Verhalten sein, dass eine Person mit gerade diesem Merkmal anders behandelt wird, als eine Person, die dieses Merkmal nicht hat. Es geht also um die Blindheit des Rechts gegenüber tatsächlicher Diversität in der Gesellschaft. Das Anti-Diskriminierungsrecht gibt jedoch keine Bestandsgarantie für die zukünftige Bedeutung der Merkmale, sondern verhält sich neutral gegenüber gesellschaftlicher Evolution. Es schützt die markierten Ausdrucksformen in der Gesellschaft, ohne sich gegen etwaige Assimilation durch die Gesellschaft zu verhalten.47 In dieser besonderen Gleichheitskonzeption steckt zugleich eine Aporie, die hier unmittelbar angeschlossen werden muss. Denn wie wir gesehen haben, ist Di23
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versitätspolitik nicht individualistisch, sondern sie ist gruppenbezogen. Diversität knüpft an zumindest einem identitären Merkmal an.48 Die Gruppe definiert sich nach ihrem Selbstverständnis und im Verhältnis zu ihrer Umwelt durch zumindest ein einheitsstiftendes Merkmale, die der Katalog des Art. 3 Abs. 3 Satz 1 GG mit paradigmatischer Bedeutung – wenn auch nicht abschließend – auflistet. Diese persönlichen Merkmale sollen aber nun regelmäßig nicht Anknüpfungspunkt für Differenzierungen sein. Diversität wendet sich gegen Homogenität, befördert jedoch mittels der Identitätspolitik eine auf partikulare (Gruppen-)Einheit ausgerichtete Strategie.49 Es geht also um das Bewusstsein des Rechts für tatsächlich vorhandene Diversität durch die Essentialisierung der Merkmale. Doch ist es nicht gerade dieser Essentialismus, der der konstruktivistischen Signatur von Diversität widerspricht? Diversität ist in ihrer normativen Dimension eine allgemeine Gleichheitsvorstellung eingeschrieben, die nicht vom »Wir« der Bürgergemeinschaft denkt, sondern eine differente Gleichheit ist.50 Es geht um eine materielle Gleichheit, d. h. Gleichstellung der Bürger unter Beibehaltung ihrer selbstgewählten Identität. Diese Form der Gleichheit erfordert jedoch eine Sonderbehandlung in dem Sinne einer gerechtfertigten Ungleichbehandlung, um die gleichen Bedingungen der sozialen und wirtschaftlichen Teilhabe herzustellen.51 Die verbundenen Karrieren von Diversität und Identität symbolisieren deshalb in der Gegenwartsdebatte die Krise der Gleichheit und den di24
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agnostizierten Mangel an »Gerechtigkeit«. Ist das gesellschaftstheoretische Vorverständnis des klassischen Gleichheitssatzes der Status des Bürgers mit gleichen Rechten, so ist das strukturgebende Prinzip des Identitätsdenkens auf die Anerkennung von Unterschieden, auf Entpflichtung und die Gewährung von Sonderrechten gegründet.52 Eine Synthese zur Gleichheit, die sowohl Umverteilung als auch Anerkennung herstellt, wird als Desiderat gesehen, ist aber einstweilen noch nicht gelungen.53 Weitergehend führt der normative Diversitätsbegriff zu der Frage nach der richtigen Verfassungstheorie für die liberale Demokratie. Denn aus Sicht von Diversitätsbefürwortern geht es um die »Vervollständigung der Demokratie«. Sie soll darin liegen, dass auch die politische Teilhabe identitärer Minderheiten institutionell abgesichert wird. Mit anderen Worten: Die normative Diversitätsdimension richtet sich gegen Assimilations- und Integrationsansprüche einer realen Gesellschaft und die entsprechenden Rechtsregeln, die vom Staat im allgemeinen Gesetz formuliert, angewendet und gewährleistet werden.54 Die dialektische Wendung dieses Standpunkts liegt in der Erwartung, dass die Identifizierung der Gruppenmitglieder mit ihrer jeweiligen partikularen Gemeinschaft zunehmend an Bedeutung verliert, dass dadurch der Weg in eine neue, von allen geschaffene nationale Kultur eröffnet ist.55
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III. Kritik Eine rechtswissenschaftliche Kritik des Diversitätskonzepts muss berücksichtigen, dass es bislang keinen klar definierten Ordnungsrahmen, keine Zuordnung der Gruppenherrschaft zur verfassungsmäßigen Machtverteilung und damit keinen kohärenten Gegenstand gibt. Diversität wirkt sich in der Rechtsordnung zwar aus und erhebt einen allgemeinen gesellschaftstheoretischen Gestaltungsanspruch, der nur mit Rechts- und Verfassungsänderungen erfüllt werden kann. Die Verfassungsordnung der liberalen Demokratie insgesamt ist jedoch einstweilen in Takt. Die folgende Grundsatzkritik konzentriert sich deshalb auf Makrofragen, die Diversität ernst nehmen und in die institutionelle Ordnung der liberalen Demokratie hineindenken.
1. Gesellschaftsbild: »Kultur der korporativen Gerechtigkeit« Für den Bürger einer liberalen Demokratie klingen die mit dem Diversitätskonzept erhobenen Forderungen ver-
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traut, der Einzelne habe Ansprüche auf Anerkennung in seiner situativen Identität und auf gesellschaftliche Teilhabe. Sie sind eingeschrieben in das demokratietheoretische Konzept des Pluralismus,56 das gerade für die frühe Bundesrepublik eine prägende, für manche sicherlich auch eine erzieherische Funktion hatte.57 Der Pluralismus setzt auf die Verschiedenheiten der Menschen und ihrer Standpunkte. Als Demokratietheorie denkt er von der Minderheit her, nimmt den Standpunkt von Heterogenität und Differenz ein.58 In einer pluralen Gesellschaft kann sich jeder Bürger auch nach identitären Merkmalen in einer Gruppe organisieren und sich um Einfluss auf die institutionelle Willensbildung der repräsentativen Demokratie bemühen. Diversität könnte also durchaus positiv gesehen werden, als zeitgemäßer Begriff für die semantische Sichtbarmachung von Heterogenität.59 Pluralismus und Diversität treffen sich in der gemeinsamen Ablehnung substantieller Einheitsvorstellungen von Gesellschaft. Niemand kann den Anspruch erheben, die Totalität der Gesellschaft zu repräsentieren. Sie unterscheiden sich jedoch in ihrer politischen Anthropologie. Der Pluralismus denkt von der rechtlichen und sozialen Gleichheit des Bürgers her und stellt den Begriff des Interesses in den Mittelpunkt. Die Institutionen der repräsentativen Demokratie stehen vor der Aufgabe, eine Form des Umgangs mit der pluralen Gesellschaft, ihren Interessenkonflikten aufzuzeigen.60 Die repräsentative Demokratie führt zwar zu Kompromissen, jedoch wegen 28
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der anti-essentialistischen Statusgleichheit grundsätzlich nicht zu interessenproportionalen Ergebnissen. Die Chance des Bürgers und organisierter Verbände auf Teilhabe an der demokratischen Willensbildung ist ausreichend. Ein Anspruch auf institutionalisierte Gestaltungsmacht besteht nur für die parlamentarische Mehrheit, während die Minderheit, vom Sonderfall der nationalen Minderheit abgesehen, das Recht auf Mitwirkung als parlamentarische Opposition hat.61 Der Bürger, der sich in der verbindlichen Regelsetzung durch die Mehrheit nicht wiederfindet, sieht seine individuelle Freiheit von den Grundrechten geschützt und ist darauf verwiesen, fortgesetzt um größere Unterstützung für seinen Standpunkt zu werben. Wir können – und müssen – in diesem Rahmen allenfalls noch die Frage des fairen Wettbewerbs der individuellen und organisierten Interessen, d. h. der Chancengleichheit stellen und beantworten. Das Diversitätskonzept lässt die Statusgleichheit des Bürgers zunächst unangetastet, stellt stattdessen den Begriff der Identität in den Mittelpunkt. Damit wird der Anspruch von Gruppen und Gruppenmitgliedern auf rechtliche und soziale Anerkennung markiert. Es geht dabei um Identifikation und somit nicht mehr um die Rolle, sondern um die Persönlichkeit des Bürgers.62 Setzt sich eine identitäre Gruppe in der repräsentativen Demokratie nicht durch, weil sie keine ausreichende Unterstützung gefunden hat, kann dies als Zurückweisung der Gruppenmitglieder im Sinne einer Nichtanerkennung empfunden werden. So könnte eine identitäre Gruppe etwa geltend 29
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machen, dass die Rechtsordnung einer liberalen Demokratie ihr Recht auf kulturelle Verschiedenheit nicht achtet, weil das von der kulturell different geprägten Mehrheit beschlossene Gesetz sie zur Aufgabe einer bestimmten Praxis zwinge.63 Die liberale Demokratie reagiert auf diese Kritik mit dem Verweis auf die Grundrechte, die nach dem subjektiven Recht des betroffenen Bürgers fragen. Das Argument wiederum wird von der Gegenkritik mit dem Hinweis gekontert, dass die Grundrechtsauslegung ihrerseits Ausdruck der Mehrheitsgesellschaft sei und damit den Anspruch auf kulturelle Autonomie gefährde. Und auch der Hinweis auf die pluralistische Imprägnierung der Verfassungsordnung überzeugt in diesem Zusammenhang nicht, weil der klassische Pluralismus, auch in seiner bundesrepublikanischen Form des Neo-Pluralismus, noch zu stark fokussiere auf korporative Interessen, die sich in Verbänden und Parteien organisierten. Die Antwort der Diversitätsbefürworter darauf ist ein partizipatorischer Pluralismus, wonach von Gruppenstandpunkten zu denken sei, die sich auch im Ergebnis der politischen Willensbildung wiederfinden müssten – eine Form der Konsensdemokratie, die aber zunächst die Essentialisierung des Identitätsstandpunktes erfordert. Um das Beispiel kultureller Vielfalt nochmals aufzugreifen, will Diversität den kulturellen Assimilationsdruck auf identitäre Gruppen abwehren, indem sie eine »Kultur der korporativen Gerechtigkeit«64 etabliert.
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2. Gruppenbezogene Repräsentation Mit Diversität wird das Misstrauen auf den Begriff gebracht, dass Grundrechte das Verhältnis von Gesellschaft und Individuum nicht hinreichend abbilden und das Selbstbild nicht ausreichend schützen können. Der Bürger bedürfe der Verstärkung durch die identitäre Gruppe, eine personale Formation, die eine partikulare Gemeinschaft ist. Doch was sollte ein Gruppenrecht leisten, was ein Grundrecht nicht gewährleisten kann? Grundrechte werden bereits heute als kollektive Rechte gewährleistet, nicht nur, soweit sie auf juristische Personen wesensmäßig anwendbar sind (Art. 19 Abs. 3 GG ), sondern als Koalitions- und Berufsfreiheit, als Religions- und Pressefreiheit auch als Kollektivrechte. Minderheiten werden von den Grundrechten geschützt, indem sie die hoheitliche Gewalt verpflichten und dadurch Freiheit gewährleisten. Trotz der punktuellen Anwendungserweiterung der Grundrechte auf Private, gerade in identitätssensiblen Sachverhalten, gilt der Grundrechtsschutz ohne gesellschaftliche Bestandsgarantie. Eine Gruppe kann nur »überleben«, wenn sie sich vital in der Gesellschaft hält und in der gesellschaftlichen Dynamik bewährt.65 Bei einem diversitätsaffinen partizipatorischen Pluralismus kann also nur die Ergänzung von Grundrechten um minderheitsbezogene Rechte im Sinne von Gruppenrechten im Raum stehen.66 Dabei geht es konkret um gruppenbezogene Repräsentationskonzepte,67 die die sozio-politische Existenz der Gruppe sichern, um Vetorech31
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te in der parlamentarischen Willensbildung, um Quoten bei der Gremien- und Ämterbesetzung mit entsprechend eingeschränktem Leistungsprinzip, um Sprachenregelungen und Kulturförderung68 und um Rechtspluralismus, d. h. die parallele Geltung von Rechtsordnungen auf einem Territorium und ihre partikulare Anwendung auf identitäre Regelungskollektive,69 aber auch um Verfahrensregeln, wie die Abschaffung etwa von Sperrklauseln im Wahlrecht und der minderheitensensible Zuschnitt von Wahlkreisen,70 die Beteiligung von MinderheitenPlattformen,71 neue, auf den »Identitätsimpact« bezogene Prüfpflichten bei der Gesetzesfolgenabschätzung sowie die verhältnismäßige Einzelfallprüfung mit Härteklausel als Regelfall des Verwaltungshandelns.72 Eine identitäre Gruppe und ihre organisatorische Führung können allerdings dazu neigen, das ist im Diversitätsdiskurs auch erkannt worden, die individuelle Abkehr von der Gruppe als illoyale Handlung, wenn nicht sogar als Apostasie zu behandeln.73 Ein Nebeneinander von Grundrechten und Gruppenrechten bedarf also der kategorialen Klärung zugunsten vorrangiger Grundrechte, soll Diversität nicht einen neuen Eingriffstitel in die individuelle Freiheit einführen.74 Das ist umso dringlicher, wenn wir uns vor Augen führen, dass identitäre Gruppen soziale Konstrukte sind, die nur durch natürliche Personen artikulationsfähig werden. Sowohl in der Gruppe als auch im Außenverhältnis zu deren Umwelt entstehen also neue Hierarchien. Diversität und Identität stehen deshalb für eine Kategorienverschiebung, weg vom Individuum, hin zu be32
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sonderen Gruppen. Auch wenn das Gleichstellungsgebot des Art. 3 Abs. 2 Satz 2 GG den Einzelnen ausnahmsweise nicht in seiner Individualität, sondern als Angehörigen einer identitären Gruppe sieht, ist in der Kategorienverschiebung für die deutsche Verfassungsordnung insgesamt eine Änderung des kognitiven Verständigungsrahmens zu sehen. Nicht mehr das Individuum, sondern die Gruppe steht im Mittelpunkt des Denkens. Die konzeptionellen Folgen sind erheblich: Diversität drückt den Wunsch nach konkreter Individualität im Öffentlichen aus, auch außerhalb verbindlicher Regelsetzung für die Gesellschaft. Dadurch verwischt das Diversitätskonzept die Grenze von öffentlich und privat.75 Mit der Diversität könnte die Mitte der 1960er-Jahre diskutierte Vision einer formierten Gesellschaft, die als »kooperative Demokratie« entworfen wurde,76 nunmehr in einer identitätsbezogenen Variante wiederkehren.77 Der Staat wird in die Rolle gedrängt, die partikulare Gesellschaft und ihre Lebensformen zu organisieren.78 Er wird zu einer Agentur des Besonderen – und muss sich zu etwaigen politischen Universalisierungsansprüchen solcher Lebensformen verhalten. Diversität und Identität stehen für eine Allianz der Minderheiten, deren Summe möglicherweise rechnerisch, aber keineswegs auch politisch eine Mehrheit bedeutet.79 Eine Folgefrage ist, wie das Problem der Integration der politischen Gemeinschaft gelöst werden soll.
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3. Normalität des Verschiedenen Das Konzept normativer Diversität hat den Anspruch, eine neue Ordnung politischer Willensbildung zu etablieren, die erhebliche Folgen für die im modernen Verfassungsstaat verkörperte parlamentarische Demokratie hat. Mit der Wendung gegen »Normalität« ist die Erwartung auf identitäre Selbsteinordnung als relative Minderheit verbunden. Diese Erwartung bezieht Bürger und gesellschaftliche Formationen ein, sich ebenfalls dem Normensystem zu unterwerfen, das diese Ordnung gewährleistet. Diese Ordnung gehorcht der Gruppenlogik, in der es kein richtiges Leben gibt.80 Wer dagegen auf Normalität und dem Allgemeinen beharrt, verweigert sich diesem Ordnungsanspruch. Bei der an der Gruppenlogik ausgerichteten neuen Ordnung handelt es sich um einen gesellschaftlichen Endzustand, der möglicherweise niemals erreicht wird, der aber durchaus Gegenstand der aktuellen – teilweise hysterisch überzeichneten – Konflikte in westlichen Gesellschaften über Öffnung und Schließung,81 über Migration und nicht zuletzt direkt über die Bedeutung von Identitätspolitik ist. So ist in einem vielbeachteten Kommentar in der New York Times nach der amerikanischen Präsidentschaftswahl 2016 die Niederlage der Demokraten damit in Verbindung gebracht worden, dass deren politische Strategie auf Identitätspolitik ausgerichtet gewesen sei.82 Anstatt auf Gemeinsamkeit, auf die Frage, was das politische Gemeinwesen zusammenhält, hätte die unter34
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legene Kandidatin auf Differenz und auf Gruppenidentitäten gesetzt. Und auch das öffentliche Auftreten des gegenwärtigen 45. Präsidenten, das für so viel Aufmerksamkeit und zuweilen Irritation sorgt, kann als rhetorische Strategie gegen Identitätspolitik interpretiert werden, ist der vermeintliche Adressat der Statements doch die »vergessene Mitte« der »normalen« Amerikaner.83 Aus Sicht des Diversitätsdenkens sind die »Repräsentanten der Normalität« aber bestenfalls die (politische) Mehrheit. Sie stehen nicht für das Gemeinwohl einer weiterhin heterogenen Gesellschaft. Identitäts- und Diversitätspolitik haben deshalb einen Reflex gegen die Grundregel der repräsentativen Demokratie, das Mehrheitsprinzip. Wie bereits mit dem Hinweis auf Gruppenrechte angesprochen, ist in der Diversitätspolitik das Ziel latent, die politische Niederlage als Möglichkeit auszuschließen. Mehr noch, in dem Anspruch auf Anerkennung wird die Notwendigkeit dementiert, für die eigene Meinung und für eine Mehrheit in der Gesellschaft zu werben. Mittelbar wird die Freistellung von der Pflicht verlangt, am »Meinungskampf« teilzunehmen, für den eigenen Standpunkt in der politischen Auseinandersetzung zu werben. Das mehrheitliche Festhalten am »Bisherigen« wird als unmoralisch bewertet. Einige Deliberationstheoretiker sehen das Problem dieser Argumentation, dass es unter diesen Rahmenbedingungen vermutlich keinen Konsens geben wird; sie ziehen sich dann aber auf den abwartenden Standpunkt zurück, dass die politische Mehrheit mit dem Standpunkt der iden35
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titären Minderheit konfrontiert, und dadurch gezwungen werde, sich dazu zu verhalten. Das Problem der Einheitsbildung im politischen Gemeinwesen, verstanden als Potentialität verbindlicher Regelsetzung, verlagert sich auf die Frage, unter welchen Bedingungen der durchzusetzende Mehrheitswille bei der Minderheit auf Akzeptanz treffen wird.84 »Einheit« wird dann zur Chiffre für die Ansammlung multipler Vielfalten und die Bedingungen, unter denen diese Vielfalten in Verhandlungen zum Minimalkonsens gelangen können.
4. Demokratisches Paradox Bereits in der Pluralismusdebatte der 1960er- und 70erJahre ist erkannt worden, dass Vielheit nicht zur vollständigen Indifferenz werden darf, dass ein consensus omnium über die »Spielregeln«, ein ethisch-politischer Konsens notwendig ist.85 Damit war und ist nicht gemeint, dass eine Kernüberzeugung der pluralistischen Theorie relativiert werden sollte, wonach es kein a priori-Gemeinwohl gäbe, das Gemeinwohl vielmehr das konkretisierte Ergebnis eines dialektischen Prozesses in der liberalen Demokratie sei.86 So erwartete Fraenkel von den organisierten Gruppen in der auf Pluralismus fußenden liberalen Demokratie, dass sie frei und autonom sind, dass sie sich an den gesellschaftlichen Prozessen beteiligen, den Wertekodex einhalten und – vor allem – kompromissbereit sind.87 Insoweit ist es von Bedeutung, wenn Diversität von 36
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dem kompromissgeneigten Interessenbegriff auf den bekenntnisbezogenen Identitätsbegriff umschwenkt, der einer identitären Gruppe den Kompromiss erschwert, weil sie durch eine Weltanschauung zusammengehalten wird. Ein erstes Folgeproblem ist, wie weit der consensus omnium reichen muss. Erschöpft er sich allein im Gewaltverzicht oder hat er, wie zu erwarten ist, weitere Elemente? Wenn er weitere Elemente hat, in Betracht kommen vor allem die beschworenen Werte der Verfassung, wäre dem consensus dadurch bereits eine bestimmte Kultur eingeschrieben, der es identitären Gruppen unmöglich machte, sich über die Zeit zu behaupten? Konsequent zu Ende gedacht bedeutet Diversität, dass die Mehrheitsregel der repräsentativen Demokratie in ihren Folgen für die Allgemeinheit des Gesetzes verändert werden muss. Aber können wir ohne einen Horizont des Allgemeinen dann überhaupt noch von einer liberalen repräsentativen Demokratie sprechen? Das zweite Folgeproblem ist, dass sich mit dem Anspruch auf Anerkennung von Heterogenität die Integrationsaufgabe einer Gesellschaft neu stellt. Wodurch unterscheidet sich eine politische Gemeinschaft von einem, in Anlehnung an eine Formulierung Smends, »Haufen identitärer Gruppen«, die sich gegenseitig mit ihren Anerkennungsansprüchen traktieren?88 Unter welchen Bedingungen kommt es zu der, Alt-Bundespräsident Gauck zugeschriebenen Formel vom »Wir der Verschiedenen«?89 Der Gedanke einer notwendigen Einheitsbildung der Gesellschaft könnte auf den consensus beschränkt werden, 37
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vermutlich würde dieser Minimalismus in einem Wohlfahrtsstaat aber nicht reichen, hoheitliche Verteilungsentscheidungen mit dauerhafter Akzeptanz auszustatten. Diversität verstärkt also das, was in der gesellschaftstheoretischen Literatur das demokratische Paradox genannt worden ist.90 Der scheinbar merkwürdige Widerspruch besteht darin, dass die gesellschaftliche Diversität und damit die Heterogenität der politischen Gemeinschaft zunehmen soll, gleichzeitig aber die Notwendigkeit des verbindlichen Entscheidens, der Regelsetzung fortbesteht. Dieses Paradox ist noch nicht aufgelöst und auch das Diversitätskonzept hat auf die Folgeprobleme und weiteren Fragen einstweilen keine Antworten. Diversität ist (noch) nicht zu staatlich organisierter Vielfalt kleingearbeitet worden. So wäre es denkbar, dass nach dem Vorbild der repräsentativen Demokratie in der Europäischen Union, die nach der primärrechtlichen Konzeption von Unionsbürgern und den Mitgliedstaaten getragen wird,91 identitäre Gruppen als zweite Subjektskategorie neben den Bürger treten, um gemeinsam politische Herrschaft zu legitimieren. Der Widerspruch zum demokratischen Mehrheitsgedanken, der die Gliederung des Vertretungsorgans in Kurien oder Kollegien verbietet,92 lässt sich hier wie dort nicht auflösen. Für die weitere Debatte ist es in jedem Fall lohnend, die verfassungstheoretischen Folgen des Konzepts und mögliche Lösungen für das Paradox weiter zu durchdenken. Das Diversitätskonzept hat nämlich einen noch zu entdeckenden autoritären Kern. 38
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5. Anti-plurale Wendung Das Diversitätsdenken ist durch eine doppelte Neuorientierung gekennzeichnet: Es will die Inklusion, ohne die Möglichkeit oder sogar die Notwendigkeit der Exklusion anzuerkennen. Aus dieser Phasenverschiebung, weg von Status und politischer Bürgergemeinschaft, hin zur Gruppenidentität, folgt die Aufgabe, die Vielfalt zu moderieren. Was geschieht nun aber, wenn eine identitäre, womöglich große Gruppe sich der Diversifizierung widersetzt und auf der Toleranz einer neo-pluralen Gesellschaft besteht? Was geschieht, wenn diese Gruppe sogar die Mehrheit in der Gesellschaft ist und den Anspruch auf Repräsentation der Normalität erhebt? Die Vertreter entsprechender Standpunkte könnten auch als Feinde der pluralen, diversen Gesellschaft gesehen werden, die die notwendige Moderation der Vielfalt bewusst stören: In dieser nicht zwingenden, aber möglichen Schlussfolgerung zeigt sich eine potentielle anti-plurale Wendung des Pluralismus. Das Gedankenexperiment kann noch einen Schritt weitergedacht werden, hin zu der Entscheidung der Mehrheit, sich ihrerseits zu einer (Minderheits-)Gruppe zu erklären. Sie würde sich dadurch dem Ordnungsanspruch des Diversitätskonzepts unterwerfen, mit der Folge, dass sie in das Reservat einer identitären Gruppe käme. Die spätere Rebellion gegen diesen neuen Ordnungsanspruch, die die Anerkennung der anderen Gruppen aufkündigte, hätte behemotisches Konfrontationspotential.93 Die 39
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identitäre Gesellschaft ist letztlich eine neo-tribale, weil sie den Bürger in seinen politischen Rechten nach Identität korporiert.94 Sie unterscheidet sich kategorial von dem Gruppenstaat, den die Skeptiker des Neo-Pluralismus schon in der Bonner Republik verwirklicht sahen.95 In dieser Überlegung spiegelt sich das Vorstellungsbild der Diversitätstheoretiker in der Kategorie einer idealen Gesellschaft, genauer, einer harmonischen Gesellschaft. Die identitären Gruppen erhalten einen Platz in der Gesellschaft, der dem Politischen entzogen ist, und deren Gruppenarchitektur ein gerechter Zustand ist. Allerdings sind die Gruppen, anders als in historischen Feudalgesellschaften, nicht mehr Mitträger eines universellen Gemeinschaftsgeistes.96 Auf die strukturelle Verbindung von Diversität und Gerechtigkeitsvorstellungen deutet aus meiner Sicht die große Debattenpräsenz des moralischen Arguments. Diese Moralisierung der Gegenwart kennzeichnet eine Krise des politischen Denkens und – für den Rechtswissenschaftler – der Verfassungstheorie.97 Indem konflikthafte Standpunkte, die quer zur öffentlichen Meinung laufen, tabuisiert und als ethisch fragwürdig etikettiert werden, wird das Politische aus der parlamentarischen Demokratie verdrängt. Es wird funktional durch die normativen Systeme Moral und Recht ersetzt, die durch Menschenrechte, im deutschen Diskurs letztendlich die Menschenwürde, wiederum gekoppelt sind. In der moralischen Position wird der a-moralische Standpunkt ausgeschlossen, exkludiert, aber um einen gleichwohl höheren Preis, weil 40
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der Dissenter als Störer der harmonischen Gesellschaft mit einem negativen Werturteil belegt wird. Ist er damit nicht am Ende des Tages wegen seiner kompromisslosen A-Moralität ein »Feind« der Gesellschaft? Die Durchsetzung eines bestimmten Gesellschaftsbildes ist auch deshalb problematisch, weil die ideale Gesellschaft nicht Aufgabe und Gegenstand der Verfassung einer liberalen Demokratie sind. Das Grundgesetz denkt vom Menschen und stellt den Einzelnen in den Mittelpunkt. Gesellschaft entwickelt sich aus deren Dynamik und der Willkür des Individuums, nicht aus präskriptiven Vorstellungen einer guten Ordnung. Allenfalls kann dem Grundgesetz eine Verfassungserwartung für bestimmte gesellschaftspolitische Präferenzen entnommen werden.98 Dabei zeigt sich schließlich – an dieser Stelle sei es wiederholt –, dass Diversität wiederum auf einer Paradoxie beruht. Denn die diverse Gesellschaft, der diversitätsaffine Staat sind ihrerseits Einheitsvorstellungen. Die Einheit ist die Heterogenität.99 Der Grundgedanke von Heterogenität heißt aber Freiheit des Einzelnen und Anerkennung der Wirklichkeit gesellschaftlicher Autonomie. Der Staat kann diese Ergebnisse nur korrigieren und die Voraussetzungen dafür schaffen, dass alle an Gesellschaft mit gleichen Chancen teilhaben können.100
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IV. Verfassungstheoretische Rekonstruktion Der Pluralismus setzt notwendig konflikthafte Willensbildung in der repräsentativen Demokratie voraus, will die liberale Demokratie den primären Modus des Politischen nicht preisgeben. Das Politische meint Exklusion, Diversität hingegen verlangt nach einem »exklusionsfreien (inklusiven) Konsens«.101 Die Folge des Diversitätsdenkens ist eine Moralisierung von Politik, wodurch dem politischen System die Möglichkeit entzogen wird, über Gestaltfragen eine das Gemeinwohl konkretisierende Mehrheitsentscheidung zu treffen. Diversität ist nicht bedeutungslos, sondern lenkt die Aufmerksamkeit auf die realen Geltungsbedingungen einer Verfassung. Das Konzept ist freiheitskonform als Teil der Institutionenordnung der liberalen Demokratie zu interpretieren.
1. Das Politische in der liberalen Demokratie Das Modell des Verfassungsstaates der liberalen Demokratie, wie er im Westen heute überwiegend anzutreffen
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ist,102 setzt auf die Repräsentation einer selbstbestimmten politischen Gemeinschaft, die wir weiterhin das Volk nennen. Ihre Gestaltungsentscheidungen werden auf konstitutioneller Grundlage in parlamentarischen Gremien gefasst, die von einer pluralen Gesellschaft getragen und legitimiert ist, in der der Einzelne durch Grundrechte in seiner Freiheit geschützt wird. In funktional differenzierten Gesellschaften, wie sie in modernen Industriestaaten vorzufinden sind, können kollektive Verbindlichkeiten nicht »dem Lauf der Dinge« überlassen bleiben. Es bedarf gerade wegen der pluralen Gesellschaft, mit ihrer Meinungsvielfalt und ihren Meinungsschwankungen, mit ihrer zwangsläufigen Neigung zur Dissoziation, eines Modus, kollektiv verbindliche Regeln anzunehmen und durchzusetzen.103 Die Politik liefert Regeln und Verfahren dafür, entsprechende Verbindlichkeit herzustellen, die in der Verfassung gewährleistet werden. Es ist Ausdruck des Politischen, einem Begriff, den ich mit einem Teil der politischen Philosophie von Politik unterscheide, Gestaltungsalternativen zu formulieren und aus diesen auszuwählen, indem sich eine Mehrheit nach den verfassungsmäßig gewährleisteten Regeln und Verfahren dafür entscheidet. Diese Auswahlentscheidung ist nicht notwendig das Ergebnis eines rationalen Prozesses der Beteiligten, in dem Tatsachen von Experten erhoben und bewertet werden, in dem nach Anstrengung des verfügbaren Wissens der Zeit die relativ beste Entscheidung für eine Problemlösung getroffen wird. Der 44
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Modus des Politischen meint vielmehr, dass die gewählten Bürgervertreter im Regelfall des Repräsentativmodus für eine von mehreren widerstreitenden Entscheidungsalternativen optieren.104 Mit anderen Worten, die Politik muss sicherstellen, dass sich konflikthafte Alternativen entwickeln können, dass Differenz entstehen kann. Sie hat einen institutionellen Rahmen zu schaffen, der den verfassungsrechtlich gehegten Antagonismus von Regierung und Opposition effektiv bewirkt, wodurch sich auch die Erwartung erfüllt, dass wesentliche Fragen im Parlament verhandelt werden und über die Gestaltung der öffentlichen Angelegenheiten zwischen den unterschiedlichen politischen Kräften gerungen wird.105 Die Gegenwartschiffre der »Alternativlosigkeit« markiert insoweit die Abkehr vom Modus des Politischen,106 auch wenn damit nicht ausgemacht ist, dass deren Wortführer im konkreten Sachverhalt tatsächlich nur eine Gestaltungsmöglichkeit sehen. Durch den semantischen Ausschluss von Gestaltungsoptionen immunisieren sich die Amts- und Mandatsträger gegen die Zumutungen des Politischen. Das Politische denkt vom Konflikt. Es ist damit von Konzepten abzugrenzen, die Gestaltungsentscheidungen in einer pluralen Gesellschaft vom Konsens der Beteiligten abhängig machen, oder einen einvernehmlichen Kompromiss als Ergebnis eines Deliberationsprozesses für möglich halten.107 Das Deliberationsmodell beruht auf der Annahme, dass alle Teilnehmer an dem voraussetzungsreichen Diskurs am Ende zu einer von allen getragenen, rationalen Entscheidung gelangen werden. Da45
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bei handelt es sich um eine normative Setzung, die auf einem bestimmten Verständnis politischer Anthropologie beruht, das hier nicht geteilt wird und das sich auch mit der Empirie des politischen Systems nicht deckt.108 Diese Kritik ist aufzunehmen und zu vertiefen, wenn es um die demokratietheoretischen Folgen aus dem Diversitätsdenken geht, bei dem es sich um eine Variante des Deliberationsmodells handelt. Denn das Diversitätskonzept setzt, trotz des Anspruchs auf vorbehaltlose Anerkennung der Gruppierungen, auf einen Ausgleich zwischen den Gruppen mittels Diskurs; wobei offenbar angenommen wird, dass ein rationales (»vernünftiges«) Ergebnis als exklusionsfreier Konsens erreichbar ist. An dieser Stelle ist noch auf eine notwendige Abgrenzung einzugehen, die sich aus der mit dem Begriff des Politischen verbundenen These ergibt, dass die liberale Demokratie das Politische letzten Endes prinzipiell negiere. Wegen ihrer Ausrichtung auf das Individuum könne die liberale Demokratie strukturell mit kollektiven Identitäten nicht umgehen, so dass das im Freund-Feind-Schema mit der Differenzbildung von »Wir« und »Sie« – und deshalb mit Kollektividentitäten – befasste Politische keinen Ort habe.109 Dem setze ich die These entgegen, dass der Konflikt gerade ein notwendiger Bestandteil der liberalen Demokratie ist. Der auch für die liberale Demokratie notwendige, allerdings normativ gezügelte Konflikt ist kein Gegenstand von unüberbrückbaren Identitätsdifferenzen. Das entspräche gerade dem Diversitätskonzept! Er ist statt46
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dessen Ausdruck von Interessengegensätzen, der den ausgeschlossenen Opponenten gerade in der Differenz der politischen Minderheit einbezieht. Die Frage der Einheitsbildung, im Sinne verbindlicher Regelsetzung kann und muss losgelöst von ethnischen, weltanschaulichen oder sozialen Homogenitätsvorstellungen der politischen Gemeinschaft gedacht werden. Im Pluralismus der liberalen Demokratie steht Einheit für den verbindlichen und durchzusetzenden Mehrheitswillen bei gleichzeitiger Akzeptanz dieses Willens durch die Minderheit – wobei die Differenz, verstanden als Dissens, mitgedacht ist.110 Der Ausschluss der Minderheit bedeutet keine Exklusion aus der politischen Gemeinschaft oder sogar die physische Vernichtung des politisch unterlegenen Opponenten. Das politische System gelangt zur operativen Schließung durch einen vorgelagerten Konsens über das Unstreitige als Horizont des Allgemeinen, der aus der Pluralismusliteratur als consensus omnium bekannt ist.111 Damit reagiert die Pluralismustheorie auf den Vorwurf des Relativismus und das manifeste Problem der legalen Beseitigung der liberalen Demokratie als politisches Projekt. Der consensus omnium steht aber zugleich auch für die normative Hegung des Konflikts und damit für die Spielregeln des Politischen. Das mit dem consensus verbundene Problem ist seine Konkretisierung, droht doch eine indirekte Essentialisierung des Politischen, in dem Sinn, dass die herrschenden Gegenwartsverhältnisse der politischen Mehrheitsgestaltung wiederum entzogen werden.112 Wir können uns der 47
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Konkretisierung mit den Fragen annähern, was eine politische Gemeinschaft als solche ausmacht und welche Bedingungen der Einzelne formulieren wird, sich auf die Dynamik der pluralen Gesellschaft in einer liberalen Demokratie einzulassen. Die Antworten sind im Kern rasch gefunden und decken sich im Wesentlichen mit Vorschlägen, die von der Demokratietheorie gemacht und vom Verfassungsrecht113 aufgenommen worden sind: Ausgangspunkt und erster Baustein ist die Definition einer selbstbestimmten politischen Gemeinschaft, die sich als solche wahrnimmt, und deshalb gegenüber anderen politischen Gemeinschaften abgrenzt. Wir bündeln diesen Zusammenhang aus völkerrechtlichem Blickwinkel in der Institution der Volkssouveränität, in der Menschen durch das Statusrecht der Staatsbürgerschaft als politische Subjekte anerkannt werden.114 Der zweite Baustein ist die repräsentative Demokratie mit dem Mehrheitsprinzip und der Rechtsstaat mit der Gesetzesbindung, die den Modus des Politischen schützen. Mehrheitsstandpunkte sind in einer liberalen Demokratie kein Privileg, selbst wenn die Mehrheit über einen längeren Zeitraum hinweg besteht, weil sie in Wahlen gebildet worden ist.115 Der Wahlakt stellt den Mehrheitsstandpunkt zur politischen Disposition, und wird – im Erfolgsfall – erneut legitimiert. Die Änderung des Mehrheitsstandpunktes ist auch eine Frage der Vitalität der parlamentarischen Demokratie, wie sie u. a. in der Parteienlandschaft und der Architektur der öffentlichen Meinung zum Ausdruck kommt. 48
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Der dritte Baustein besteht aus der Garantie der individuellen Freiheit und Gleichheit als Minderheitenschutz durch die im Wesenskern unverbrüchliche Gewährleistung von Grundrechten. Fraenkel hatte seinerzeit vorgeschlagen, noch das »Gebot der Fairness« im Sinne von demokratischen Spielregeln einzuführen.116 Bei diesem auf den ersten Blick sympathischen Kriterium, einer Art politisch-kulturellem Minimum des »gesitteten menschlichen Zusammenlebens«,117 ist jedoch mit einem zweiten Blick kritisch nach dem materiellen Mehrwert zu fragen, den es als wertbezogenen Minimalkonsens gegenüber den relativ präzisen Regeln der repräsentativen Demokratie und des Rechtsstaates hinzufügen kann. Solche »Spielregeln« sind entweder bereits Teil der Institutionen der liberalen Demokratie oder sie sind Essentialisierungen, die nach politischer Deutungsmacht verlangen. Wir bleiben bei dem, was das Bundesverfassungsgericht als die freiheitliche demokratische Grundordnung zusammenfasst und was gegenüber einer abstrakten Werteordnung den Vorteil hat, als institutionelle Ordnung in der geltenden Verfassungsordnung und damit auf der mittleren Abstraktionsstufe sichtbar zu sein. Die liberale Demokratie beruht also nicht auf einem faktischen Pluralismus aller Menschen auf einem Territorium, sondern auf einem normativen Konzept, das – in Anlehnung an kulturwissenschaftliche118 und demokratietheoretische119 Überlegungen – als agonaler Pluralismus bezeichnet werden kann.
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2. Exklusionsfreier Konsens? Was hat diese These vom agonalen Pluralismus mit Diversität zu tun? Das Diversitätskonzept denkt von der Gruppe, die sich durch ein oder mehrere identitäre Merkmale definiert. Wie das zweite Kapitel gezeigt hat, ist Identität auf den Menschen bezogen, als ein die Selbst- und Fremdwahrnehmung prägendes Persönlichkeitsmerkmal, durch das eine Person sich in der funktional differenzierten Gesellschaft zuordnen kann.120 Diversitätspolitik hat deshalb den Anspruch, Interessenvertretung nicht mehr ausreichen zu lassen, sondern den ganzen Menschen im Blick zu haben. In dem Bemühen um wechselseitige Anerkennung treten die identitären Gruppen in eine Deliberation ein, die den »exklusionsfreien Konsens«121 anstrebt. Die Demokratie habe das Ziel, so die Überzeugung, einen rationalen Konsens auf Grundlage universeller Prinzipien herzustellen.122 In der Kritik des Diversitätsdenkens ist bereits angesprochen, dass in diesem Ziel die Sehnsucht nach einer Ganzheit, einer harmonischen Gesellschaft steckt, womit das Diversitätsdenken sich auch in die Tradition politischer Romantik einreiht.123 In einem Leitbild zur Einwanderungsgesellschaft, das in der parteinahen Politikberatung formuliert worden ist, werden die Folgen dieses Ansatzes klar und deutlich formuliert; die gesellschaftlichen Konflikte sollen in einem fortwährenden Aushandlungsprozess, sowohl in der Gesellschaft, als auch im Staat gelöst werden: »Konflikte gibt es in jeder Gesellschaft – unabhängig von Migrations50
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prozessen – und damit auch in jeder Demokratie. Damit Konflikte konstruktiv gelöst werden können, braucht es Aushandlungsprozesse, die auf Toleranz und Respekt gegenüber jeder und jedem beruhen. Jedoch ist es nicht Aufgabe des Staats, jeden Interessenkonflikt zu regeln. Die Gesellschaft braucht vielmehr die Bereitschaft vieler, sich an Konfliktlösungen zu beteiligen. Bedeutsam ist dabei, dass im Konfliktfall alle Beteiligten die Möglichkeit haben, verschiedene Interessen auf Augenhöhe miteinander auszuhandeln. Dies wird immer wieder neu nötig sein und einmal gefundene Kompromisse gelten nicht ewig, sondern müssen gegebenenfalls überprüft werden.«124 Ein Grundsatzproblem ist allerdings die Begrenzung des politischen Systems auf die Staatsbürger, jedenfalls soweit es um Wahlen in der repräsentativen Demokratie und damit um Entscheidungen über die Mehrheitsund Minderheitsformation auf Zeit geht. Es ist sicherlich kein Zufall, dass in den letzten Jahren die Debatte über ein Wahlrecht von Drittstaatsangehörigen wieder aufgenommen, und ein solcher Schritt zumindest für ein Kommunalwahlrecht in einzelnen Ländern auch unternommen worden ist.125 Eine Ausweitung des Wahlrechts zielt auf politische Inklusion. Ob die Äußerung von Bundeskanzlerin Merkel, das Volk sei jeder, der in diesem Land lebe,126 als eine normative Bestätigung dieser Entwicklung gemeint oder lediglich das Statement gegen einen ethnischen Volksbegriff war, sei einstweilen dahingestellt. Aus der Diversitätslogik kann jedenfalls in der Exklusion von Nicht-Staatsbürgern von der Wahl zu Landtagen und 51
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zum Bundestag eine Diskriminierung wegen der Herkunft und damit verweigerte Anerkennung als politisches Subjekt gesehen werden. Die teilweise beabsichtigte politische Inklusion von Nicht-Staatsbürgern würde den ersten Baustein des consensus, die Volkssouveränität, dahingehend umgestalten, dass es nunmehr um die Betroffenen mit Wohnsitz in dem Herrschaftsgebiet gehen muss.127 Die Betroffenheitsthese, das zeigt sich bei näherem Nachdenken unmittelbar, kann mittels territorialer Radizierung von Herrschaft nicht überzeugend begrenzt werden. Denn eine faktische Betroffenheit von innerstaatlichem Handeln liegt, wenn auch graduell unterschiedlich, im Ausland häufig vor. Ein an die Wahlrechtsinklusion anschließendes Problem ist die Frage, wie zugewanderte Neu-Bürger und vor allem Bewohner des Bundesgebietes128 in den Konsens der weiteren Bausteine einbezogen werden und sich deren Inhalte zu eigen machen. Das Einbürgerungsverfahren sieht immerhin das feierliche Bekenntnis zur freiheitlich demokratischen Grundordnung ausdrücklich vor;129 im Übrigen bleiben nur die innere Akzeptanz, die nach außen dokumentierte Folgebereitschaft und staatliche Maßnahmen zur Integrationsförderung.130 Dass die Staatsbürgerschaft in dieser Frage die mitentscheidende Bedeutung hat, zeigt der Seitenblick auf den völkerrechtlichen Minderheitenschutz. Sowohl die universelle Ebene als auch das regionale, unter dem Dach des Europarates geschlossene Rahmenübereinkommen zum Schutz nationaler Minderheiten, sehen vor, dass eine Minderheit sich aus Staatsangehörigen des Wohnsitzstaa52
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tes zusammensetzt.131 Deutschland ist noch einen Schritt weitergegangen und hat bei der Ratifikation des Rahmenübereinkommens ein zusätzliches Kriterium für notwendig erklärt. Als nationale Minderheit werden demnach nur die traditionell in Deutschland beheimateten ethnischen Gruppen anerkannt, die in angestammten Siedlungsgebieten leben.132 Damit hat sich der deutsche Verfassungsstaat mittelbar auch zur Diversität positioniert. Denn die Identität einer Gruppe soll von der Rechtsordnung nur dann als bewahrenswert anerkannt werden, wenn die Gruppe aus deutschen Bürgern als einer autochtonen Minderheit besteht. Mit anderen Worten, Migranten werden als Individuen in ihren Grundrechten geschützt, aber gerade nicht als Mitglieder einer identitären Gruppe. Da das primäre Medium von Diversität die Migration ist, müsste das Diversitätskonzept versuchen, das internationale Minderheitenrecht in seinem Sinn verpflichtend für die Staaten zu ändern.133 Entsprechende Ansätze sind durchaus zu erkennen, etwa in den Aktivitäten unter dem Dach der UNESCO . Nach der UNESCO -Konvention aus dem Jahr 2005 über den Schutz und die Förderung der Vielfalt kultureller Ausdrucksformen bezieht sich »Kulturelle Vielfalt« auf die mannigfaltige Weise, in der die Kulturen von Gruppen und Gesellschaften zum Ausdruck kommen. Diese Ausdrucksformen werden innerhalb von Gruppen und Gesellschaften sowie zwischen ihnen weitergegeben« (Art. 4 Abs. 1).134 Eine territoriale Radizierung der Gruppe ist in diesem Verständnis nicht mehr auszumachen. 53
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Die Hinwendungen zum Identitätsbegriff und zum »exklusionsfreien Konsens« machen ein agonales Politikverständnis, in dem das Politische vom Konflikt gedacht wird, zu einer riskanten Strategie gesellschaftlicher Eskalation. Der agonale Pluralismus wirkt geradezu desintegrierend in einer Gesellschaft, die Vielfalt als Leitmotiv erwählt hat und deshalb auf den Zusammenhalt besonderes Augenmerk haben muss. Der Zusammenhalt wird dadurch erschwert, daran sei an dieser Stelle nochmals erinnert, dass normatives Diversitätsdenken einen Normalzustand und damit einen gesellschaftlichen Eichpunkt, auf den hin Integration erfolgen könnte, ablehnt. Die Folge des Diversitätsdenkens, mit seinem identitären Anker, ist – so meine These – eine Moralisierung von Politik. Durch diese Entdifferenzierung der funktional differenzierten Gesellschaften wird der Vollzugsmodus des Politischen verändert, weil entsprechende Gestaltungsfragen nicht mehr als eine Auseinandersetzung über Interessen, sondern als Disput über gute und schlechte Standpunkte, letztlich über Haltungen geführt werden. Die Moralisierung der Politik hat über den Würdebegriff und den universellen Menschenrechtsschutz eine direkte Verknüpfung zum Recht.135 Beim Rückgriff besonders auf Moral geht es um die Funktionsbedingung von Politik und ihren institutionellen Rahmen in der parlamentarischen Demokratie. Eine Transformation politischer Fragen in Moraldiskurse verändert das Koordinatensystem des Konflikts zwischen Bürgern, weil der unterlegene Standpunkt mit einem nega54
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tiven Werturteil belegt wird. Die gegenwärtige Verformung des politischen Diskurses durch Tabus, durch Sprachregelungen (political correctness)136 und durch Großbegriffe wie die der »Solidarität« und der »Gerechtigkeit« können als Alltagsfolgen dieser Phasenverschiebung eingeordnet werden. Aus der Funktionslogik der Moral sind Diversitätsverweigerer mit einem negativen Werturteil belegt. Sie verweigern sich dem rationalen Konsensverfahren und stellen sich damit außerhalb des – für die Zwecke des Diversitätskonzeptes weiter anzupassenden – Minimalkonsenses. Nebenbei wird deutlich, dass diejenigen Akteure, die die Deutungsmacht im Moraldiskurs haben, im Ergebnis ein bonum commune setzen können. Es ist kein a priori-Gemeinwohl, weil es aus der tonangebenden politischen Moral heraus formuliert wird, hat aber in der öffentlichen Kommunikation dieselbe Funktion. Die politische Moral, die die Debattenlogik beherrscht, muss für diese Personen eine Rolle finden. Es ist allerdings nicht auszuschließen, dass dadurch der ungehegte Kampf und damit die harte Freund-Feind-Logik der illiberalen Ordnung wiederkehrt. Luhmann hat in seiner Gesellschaftstheorie festgestellt, dass die totalitäre Logik verlange, dass ihr Gegenteil ausgemerzt werde. Sie fordere die Herstellung von Einheitlichkeit und erst in einem zweiten Schritt, alle Menschen zu Menschen zu machen und mit Menschenrechten auszustatten.137 Das Diversitätskonzept, strikt auf Heterogenität ausgerichtet, bewegt sich in intellektuellen Bahnen, die zu einer 55
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solchen Zuspitzung führen können. Indem es den Staat zu einer Agentur des »exklusionsfreien Konsenses« zwischen identitären Gruppen macht, betont es die Gesellschaft zulasten des Staates und seiner Institutionen.138 Dabei haben wir noch nicht die Gruppenstrukturen und ihre Organisationsbedingungen in den Blick genommen und danach gefragt, unter welchen Bedingungen ein individuelles Mitglied die Gruppe verlassen kann. Wäre ein solcher Ausstieg und damit der Primat des Grundrechts vor dem Gruppenrecht nicht mehr möglich, wäre der Weg in eine Dystopie beschritten.
3. Freiheitsgerechte Interpretation Diversität ist trotz des visionären Überschusses heute auch gesellschaftliche Wirklichkeit; zum einen über die Heterogenität der Gesellschaft, die von innen durch Individualisierung139 und von außen durch Migration zielgerichtet, aber auch unreguliert zunimmt.140 Zum anderen verbreitet sich das Diversitätskonzept in Staat und Gesellschaft, etwa bei Ämter- und Gremienbesetzungen sowie Zulassungsregeln, besonders im Hochschulbereich. Es ist Argument in der Grundrechtsprüfung und bereitet dort erhebliche Schwierigkeiten, weil das Identitätsargument quer zur etablierten Gleichheitsdogmatik liegt. Anders als in den Vereinigten Staaten von Amerika, in denen das Diversitätskonzept als Ausgleich für historische Nachteile entwickelt wurde,141 ist Diversitätsden56
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ken jedenfalls in Deutschland und einigen weiteren europäischen Staaten nicht durch einen ethnisch codierten Nachteilsausgleich hinterlegt.142 Neben der pragmatischen Migrationsfolgenbewältigung steht hier die normative Dimension im Vordergrund, die postmoderne Idee von einer guten Ordnung, die universellen Maßstäben gerecht wird. Manches ist dabei auch Übertreibung und kaum länger verständliche Negativkonstruktion, wie die teilweise fortbestehende, mit dem Wort »Homogenität« markierte Phobie gegen jedwede Form staatsbezogener Einheitsvorstellung. Diversität, mit der Gruppenrechte und Rechtspluralismus auf einem Territorium gefordert werden, bedeutet einen tiefen Eingriff in die Idee von Gleichheit vor dem Recht. Denn die Gleichheit vor dem Recht bedeutet in der liberalen Demokratie stets die Akzeptanz tatsächlicher Ungleichheit. Sie ist Gegenstand politischer Entscheidungen, die das Tatsächliche adressieren, die Hindernisse beseitigen und Chancen verbessern sollen. Zwar knüpft das Diversitätskonzept mit der geforderten Anerkennung von Verschiedenheit an die ungleichen natürlichen und sozialen Lebensbedingungen an, es macht diese jedoch zum Ausgangspunkt für die materielle Gleichstellung der Bürger – Diversität verlangt also nach Egalisierung durch das Recht, mit anderen Worten nach Ungleichbehandlung. Neben den Grundrechten geraten weitere Institutionen der liberalen Demokratie, verstanden als funktionales Regelsystem, unter Druck, das Mehrheitsprinzip, die Volkssouveränität und die politische Partei, wobei zuzuge57
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ben ist, dass es keinen durchschlagenden Grund dagegen gibt, dass politische Parteien Identitätsmerkmale zu ihrem Programm machen.143 Eine identitäre Partei muss mit einer solchen Programmatik um Wählerstimmen werben und wird dabei vermutlich unter den Gegenwartsbedingungen eine nur sehr begrenzte Attraktivität haben. Diversität hat – unter den Gegenwartsbedingungen – keine überzeugende Leitidee als neue Institution, weil das Konzept korporatistisch ausgerichtet ist und das Individuum als Mitglied einer identitären Gruppe betrachtet, die nur eine partikulare Einheit in der politischen Gemeinschaft ist. Und schließlich können wir beobachten, dass mittlerweile politische Gemeinschaften in Kategorien nationaler Identität argumentieren, um ihren Selbststand besonders in der europäischen Integration zu behaupten.144 Die identitäre Codierung übernimmt die Funktion politischer Differenz. Gleichwohl ist die mit meiner Kritik an entsprechenden Standpunkten einhergehende Latenz der Verfassungs- und Freiheitsfeindlichkeit in einigen Fällen nicht angemessen. Denn will Diversität, indem ihre Befürworter um die Anerkennung des multiplen »Sie« werben, das »Wir« wirklich auflösen? Gibt es womöglich eine gesellschaftliche Dysfunktionalität der Institutionen der liberalen Demokratie, auf die das Diversitätskonzept berechtigterweise antwortet? Noch einmal anders gefragt: Macht die Karriere von »Diversität« mittelbar auf Akzeptanz- und Sinnverluste aufmerksam, denen die Staatsrechtswissenschaft deshalb größere Aufmerksamkeit schenken sollte? 58
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Aus diesem Blickwinkel ist Diversität eine postmoderne Strategie der Integration von Gesellschaft, im Sinne von Einheit in Verschiedenheit.145 Allerdings umfasst Diversität damit auch den Anspruch, sich weder assimilieren noch integrieren zu müssen, die Gruppenidentität beizubehalten.146 Sie antwortet zugleich auf die Globalisierung und bietet Kompensation für die empfundene Erosion des Nationalstaates. Der Staat und seine Organe sollen auf die gesellschaftliche Evolution reagieren und die (behaupteten) Repräsentationsdefizite ausgleichen.147 In Streitkräften eines Landes, so argumentierte das amerikanische Militär in seiner amicus curiae-Stellungnahme in dem eingangs zitierten Fall Grutter v. Bollinger, müssten die Einheiten auf allen Hierarchieebenen divers zusammengesetzt sein, damit äußerer Gehorsam und innere Akzeptanz der Befehle sichergestellt sei.148 Diversität wäre insofern eine Aufmerksamkeitsvokabel, die auf Unwuchten in der soziologischen Zusammensetzung von Parlamenten und anderen repräsentativen Gremien sowie Verwaltungsinstanzen hinwiese und Anpassungsleistungen anmahnte. Eine freiheitsgerechte Interpretation von Diversität sieht diesen Begriff demnach als Ausdruck des Anspruchs auf Bürgerlichkeit und damit auf Chancengleichheit in der Gesellschaft. Mit Diversität wird Aufmerksamkeit gelenkt auf den Zusammenhang von kategorischem Geltungsanspruch der Verfassung und »ihre[r] unausweichliche[n] Verwiesenheit auf den realen Konsens in der Gesellschaft.«149 Noch weitergehend könnte die Forderung nach Diversität als Petitum zu verstehen sein, für eine möglichst 59
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staatsfreie Gesellschaft, als Plädoyer für gesellschaftliche Kraft und Dynamik150 und gegen jedwede Ansprüche, gesellschaftliche Totalität abbilden und verkörpern zu wollen. »Staat und Diversität« stünde dann als Formel für die Notwendigkeit konträrer politischer Standpunkte, als Vorbedingung für produktiven Konflikt, für einen agonalen Pluralismus. Die Formel verteidigte also – nicht mehr und nicht weniger – die normative Struktur der Gesellschaft einer liberalen Demokratie.
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V. Schluss Identitäre Gruppen sind Realität. Sie sind Ausdruck einer pluralen Gesellschaft. Ihre Mitglieder und teilweise auch die Gruppen selbst werden von den Grundrechten im Rahmen der verfassungsmäßigen Ordnung geschützt. Was wir unter dem Etikett der Diversität beobachten können, ist der Versuch, besonders kulturellen, ethnischen und religiösen Standpunkten eine institutionelle Anerkennung in der Gesellschaft über das geltende Grundrechtsschutzniveau hinaus zu verschaffen. Das Identitätsdenken hat den Preis, dass eine Gesellschaft den politischen Konflikt stetig weiter herausdrängt und überformt, ohne zu merken, dass der Agonismus des Politischen in der Gesellschaft bleibt und sich andere Wege und Ausdrucksformen sucht. Identität ist eine Differenzformel, die trennt, statt eint. Die Moralisierung aber fördert den verdeckten Konflikt, essentialisiert Meinungsverschiedenheiten zu Auseinandersetzungen über Gut und Böse und verformt die öffentliche Debatte. Diversität beruht auf dem theoretischen Vorverständnis, dass die herrschenden Verhältnisse lediglich Konstruktionen der Macht seien, die es zu hinterfragen und im
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Sinne des Betrachters zu konstruieren gelte. Die Ironie dieser Erzählung ist, dass Diversität nun ihrerseits Ausdruck des postmodernen Konstruktivismus ist, der seit einiger Zeit in der Grundsatzkritik steht.151 Oder müssen wir uns anderen Tiefenschichten des Konzepts zuwenden, weil es um noch anderes geht: Sind Diversität und Gruppendenken mit ihrer Identitätssehnsucht möglicherweise sogar eine postmoderne Substitution der stabilen Familie als traditioneller Pflanzstätte der Gesellschaft?152 Ist Diversität der sprachlich verfremdete, theoretisierte Verständigungsrahmen für die Bewältigung von Migration und Multikulturalismus? Mit ihrem korporatistischen Gepräge könnte »Diversität« ein »Differenzierungsgeschehen« für die Individualität anzeigen. Das Individuum wird über ein Identitätsmerkmal (wieder) in eine soziale Gruppe einbezogen, die eine neue, institutionelle Bindung zum Staat sucht und damit die Differenzlinien zwischen Individuum, Gesellschaft und Staat verschiebt153 – zulasten der kollektiven Selbstbestimmung im Verfassungsstaat und der individuellen Freiheit im Möglichkeitsraum der Grundrechte. Die Antworten hängen vom Standpunkt ab. Diese Studie unternimmt eine Kritik vom Standpunkt der Staatsrechtswissenschaft in einer liberalen Demokratie. Auch wenn das Diversitätskonzept bislang die geltende Verfassung im Wesentlichen unangetastet ließ, haben die Überlegungen exemplarisch gezeigt, dass gesellschaftstheoretische Konzepte erhebliches verfassungsrechtliches Gestaltungspotential und seine führenden Vertreter zu62
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meist auch entsprechenden Gestaltungswillen haben. Die Rechtswissenschaft sollte sozialwissenschaftliche Erkenntnis deshalb nicht nur dann zur Kenntnis nehmen, wenn es um die handwerkliche Verbesserung von Entscheidungen und Rechtsakten geht, sondern auch dann, wenn gesellschaftstheoretische Konzeptionen mit normativem Anspruch an das Recht herantreten.
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Anmerkungen 1 Erwin Chemerinsky, Constitutional Law. Principles and Policies, 5. Aufl., 2015, Kap. 9; Terry H. Anderson, The Pursuit of Fairness. A History of Affirmative Action, 2004. 2 U. S. Supreme Court, 438 U. S. 265, 315 – 316 (1978) – Bakke. Die Unsicherheit, ob die Mehrheit der Richter des Supreme Court dem Votum von Richter Powell tatsächlich folgte, ist erst mit der Entscheidung im Grutter Case 2003, Anm. 8, die das Votum Powells stützt, beseitigt worden. 3 Walter Benn Michaels, The Trouble with Diversity, 2006, S. 4 f. 4 Nathan Glazer, Affirmative Discrimination. Ethnic Inequality and Public Policy, 1975, S. 177 f. Allerdings wurde die color-consciousness bereits durch Erlasse des Präsidenten in den 1960er-Jahren de facto für Staatsunternehmen eingeführt, siehe dazu näher Samuel Huntington, Who Are We? Die Krise der amerikanischen Identität, 2004, S. 190 ff. 5 Andrea Hammermann/Jörg Schmidt, Diversity Management – Empirische Evidenz zur aktiven Förderung der kulturellen Vielfalt in deutschen Unternehmen, IW -Trends – Vierteljahresschrift zur empirischen Wirtschaftsforschung 4/2014; Gertraude Krell/Barbara Sieben, Diversity Management, in: Krell/Ortlieb/Sieben, Chancengleichheit durch Personalpolitik, 6. Aufl., 2011, S. 155 ff.; Günther Vedder, Die historische Entwicklung von Diversity Management in den USA und in Deutschland, in: Krell/Wächter, Diversity Management, 2006, S. 1 ff.
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6 Daniela Weber-Rey/Friederike Handt, Vielfalt/Diversity im Kodex – Selbstverpflichtung, Bemühenspflicht und Transparenz, Neue Zeitschrift für Gesellschaftsrecht 2011, S. 1 ff. Da die Empfehlungen im Deutschen Corporate Governance Kodex (DCGK ) für börsennotierte Aktiengesellschaften, nach denen bei der Besetzung von Vorstand und Aufsichtsrat stärker auf Vielfalt (Diversity) und auf eine angemessene Beteiligung von Frauen an Führungspositionen zu achten sei, nur eine geringe Steigerung des Frauenanteils hervorgebracht hatte, entschloss sich der Gesetzgeber 2015 zur verbindlichen Vorgabe einer Frauenquote in Aufsichtsräten, der Zusammenhang mit dem Diversitätskonzept wird in der Gesetzesbegründung offengelegt, BT -Drucks. 18/3487, S. 1, 40, 48 und 123. 7 Beauftragte der Bundesregierung für Migration, Flüchtlinge und Integration, Vielfalt als Chance 2008, Vielfalt als Erfolgsfaktor in Unternehmen und öffentlichen Institutionen in Deutschland – Überblick und Praxisbeispiele, S. 7. 8 U. S. Supreme Court, 539 U. S. 306 (2003) – Grutter v. Bollinger, die Parallelentscheidung lautet 539 U. S. 244 (2003) – Gratz v. Bollinger; Folgeentscheidungen sind: 551 U. S. 701 (2007) – Parents Involved in Community Schools v. Seattle School Dist. No. 1; 579 U. S. ___ (2016) – Fisher v. University of Texas in Austin (Fisher II ). 9 Die Begriffsbedeutung ist noch nicht eindeutig, teilweise werden beide Begriffe synonym verwendet, teilweise werden diese, ohne das Vorverständnis explizit zu machen, unterschieden. Ein tragendes Unterscheidungselement dabei scheint die Verknüpfung von »Diversity« mit Normativität zu sein, hingegen »Vielfalt« als Beschreibung des Tatsächlichen verstanden wird. 10 Einen Überblick gibt Ulrike Lembke, Diversity als Rechtsbegriff. Eine Einführung, Rechtwissenschaft 2012, S. 46 ff.;
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Susanne Baer, Wie viel Vielfalt garantiert/erträgt der Rechtsstaat?, Recht und Politik, 2013, S. 90 ff.; Jörg Ennuschat, Der Leitspruch für Europa: »In Vielfalt geeint«, in: Stern/Tettinger, Europäische Verfassung im Werden, 2006, S. 111 ff.; Anna Leisner-Egensperger, Vielfalt – ein Begriff des öffentlichen Rechts, 2004, S. 29, 44 ff.; Kritik zur Einordnung als Rechtsbegriff Armin von Bogdandy, Die Europäische Union und das Völkerrecht kultureller Vielfalt, BDGVR 43 (2008), S. 69 (103 f.). Clemens Albrecht, Die Bundesrepublik Deutschland als »Gesellschaft«: Letztbegriffe kollektiver Selbstdeutung, in: Münkler/Hacke, Wege in die neue Bundesrepublik, 2008, S. 83 ff. Peter Lösche, Das Ende der Volksparteien, Aus Politik und Zeitgeschichte 2009, Heft 51, S. 6 (9 f.). Andreas Rödder, Wohin führt die Kultur der Inklusion, Frankfurter Allgemeine Zeitung v. 7. 7. 2014, S. 6. Jacques Derrida, Grammatologie, 1983 (franz. Orig. 1967); Siegfried J. Schmidt (Hg.), Der Diskurs des Radikalen Konstruktivismus, 1987; zusf. Thorsten Bonacker, Die politische Theorie der Dekonstruktion, in: Brodocz/Schaal, Politische Theorien der Gegenwart II , 4. Aufl., 2016, S. 205 ff. Hilmar Hoffmann/Dieter Kramer (Hg.), Anderssein, ein Menschenrecht, 1995. Seyla Behabib, Kulturelle Vielfalt und demokratische Gleichheit, 1999, S. 33; Nancy Fraser, Von der Umverteilung zur Anerkennung?, in: Die halbierte Gesellschaft, 2001, S. 23 ff. Gesetz über die Eingetragene Lebenspartnerschaft (Lebenspartnerschaftsgesetz – LP artG) v. 16. 2. 2001, BGB l. I S. 266; BV erfGE 105, 313 ff. – Lebenspartnerschaftsgesetz (2002), die rechtliche Anerkennung wurde 1998 in den Koalitionsvertrag aufgenommen, vgl. zu diesem und weiteren Beispielen Peter Lohauß, Widersprüche der Identitäts-
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politik in der demokratischen Gesellschaft, in: Reese-Schäfer, Identität und Interesse, 1999, S. 65 (66 f.). Arnd Uhle, Integration durch Schule, Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht 2014, S. 541 ff.; ders., Freiheitlicher Verfassungsstaat und kulturelle Identität, 2004, S. 18 ff.; Christine Langenfeld, Integration und kulturelle Identität zugewanderter Minderheiten, AöR 123 (1998), S. 375 ff. Deutscher Bundestag, Bericht der Gemeinsamen Verfassungskommission, BT -Drucks. 12/6000, S. 15, 71 ff. Erhard Denninger, Menschenrechte und Grundgesetz, 1994, S. 13 (40 ff.); Rainer Nickel, Gleichheit und Differenz in der vielfältigen Republik, 1999, S. 16 ff. Impulspapier der Migrant*innenorganisationen zur Teilhabe in der Einwanderungsgesellschaft, 2016, S. 2. Die Formulierung des vorgeschlagenen Art. 20b GG lautet: »Die Bundesrepublik Deutschland ist ein vielfältiges Einwanderungsland. Sie fördert die gleichberechtigte Teilhabe, Chancengerechtigkeit und Integration aller Menschen.« Friedrich-Ebert-Stiftung, Miteinander in Vielfalt. Leitbild und Agenda für die Einwanderungsgesellschaft, Ergebnisse einer Expert_innenkommission, Berlin 2017, Zitat S. 6. Frans Timmermans, SPEECH /15/5754, First Annual Colloquium on Fundamental Rights, 1. 10. 2015: »Diversity is now in some parts of Europe seen as a threat. Diversity comes with challenges. But diversity is humanity’s destiny. There is not going to be, even in the remotest places of this planet, a nation that will not see diversity in its future. That’s where humanity is heading. And those politicians trying to sell to their electorates a society that is exclusively composed of people from one culture, are trying to portray a future based on a past that never existed, therefore that future will never be. Europe will be diverse, like all other parts of the world will be diverse. The only
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question is, how do we deal with that diversity? And my answer to that is, by ensuring that our values determine how we deal with diversity and not giving up our values to refuse diversity. That will bring us down as a society.« Nahezu wörtlich die Diagnose der unausweichlichen Diversität bei Robert D. Putnam, E Pluribus Unum. Diversity and Community in the Twenty-first Century, Scandinavian Political Studies 30 (2007), S. 137. 24 Chantal Mouffe, Das demokratische Paradox, 2015 (engl. Orig. 2000, dt. Übers. 2008), S. 59, 78. 25 Thomas Duve, Die Justiz vor den Herausforderungen der kulturellen Diversität – rechtshistorische Annäherungen, 2013, Manuskript, S. 7. 26 Siehe aber die weiterhin aktuelle Debatte über ein Ausländerwahlrecht Michel Dormal, Wählen ohne Staatsbürgerschaft? Das Ausländerwahlrecht in der demokratietheoretischen Diskussion, Politische Vierteljahresschrift 57 (2016), S. 378 ff.; Hans Meyer, Grundgesetzliche Demokratie und Wahlrecht für ansässige Nichtdeutsche, Juristenzeitung 2016, S. 121 ff.; Brun-Otto Bryde, Ausländerwahlrecht revisited, in: Krajewski/Reuß/Tabbara, Gedächtnisschrift Helmut Rittstieg, 2015, S. 97 ff.; Robert Chr. van Ooyen, Ausländerwahlrecht. Demokratietheoretisches und verfassungspolitisches Plädoyer für ein Menschenrecht, 2015, sowie Landtag NRW , LT -Drucks. 16/14275; vgl. auch das Urteil des Bremischen Staatsgerichtshofes v. 31. 1. 2014, Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht-Rechtsprechungs-Report 2014, S. 497 ff., zur im Ergebnis verweigerten Ausweitung des Wahlrechts zur Bürgerschaft auf Unionsbürger. Bemerkenswert ist, dass eine der führenden Vertreterinnen der Exklusionsthese ihre Kritik zuletzt deutlich abgeschwächt hat, siehe Seyla Benhabib, Kosmopolitismus ohne Illusionen, 2016, S. 191 (197).
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27 Günter Frankenberg, Partisanen der Rechtskritik: Critical Legal Studies, in: Buckel/Christensen/Fischer-Lescano, Neue Theorien des Rechts, 2. Aufl., 2009, S. 93 ff.; Mark Tushnet, Survey Article: Critical Legal Theory (without Modifiers) in the United States, Journal of Political Philosophy 2005, 99 ff. Die critical legal studies sind ein TheorieReimport der in den USA rezipierten Frankfurter Schule. 28 Überblicke bei Rigmar Osterkamp (Hg.), Auf dem Prüfstand: Ein bedingungsloses Grundeinkommen für Deutschland?, Zeitschrift für Politik, Sonderband 7, 2015; zu den konkreten Vorschlägen Dorothee Spannagel, Das bedingungslose Grundeinkommen: Chancen und Risiken einer Entkoppelung von Einkommen und Arbeit, WSI -Report v. 24. 5. 2015. 29 Tanja Hörnle, Kultur, Religion, Strafrecht – Neue Herausforderungen an eine pluralistische Gesellschaft, Gutachten C zum 70. Deutschen Juristentag, 2014; Liav Orgad, The Cultural Defence of Nations, 2015, S. 85 ff.; Alison Dundes Renteln, The Cultural Defence, 2004. 30 Karl-Heinz Ladeur, Staat und Gesellschaft, in: Depenheuer/ Grabenwarter, Verfassungstheorie, 2010, § 8 Rn. 50, bezogen auf das Recht der »Gesellschaft der Netzwerke«. Einen Seitenblick auf parallele Entwicklungen der Fragmentierung in Afrika unternimmt Trutz von Trotha, Die Zukunft liegt in Afrika. Vom Zerfall des Staates, von der Vorherrschaft der konzentrischen Ordnung und vom Aufstieg der Parastaatlichkeit, Leviathan 2000, S. 253 (265) Anm. 16. 31 Michel Foucault, Die Macht und die Norm, in: ders., Mikrophysik der Macht, 1976, S. 99 ff.; Jürgen Link, Von der ›Macht der Norm‹ zum ›flexiblen Normalismus‹. in: Jurt, Zeitgenössische französische Denker, 1998, S. 251 ff. 32 Näher dazu Art. 24 Abs. 2 des Übereinkommens zum Schutz der Rechte von Menschen mit Behinderungen v. 13. 12. 2006, BGB l. 2008 II S. 1419; Oliver Tolmein, Inklusion als Heraus-
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forderung für die Rechts- und Bildungspolitik, Zeitschrift für Rechtspolitik 2014, S. 177 ff. Andreas Rödder, Wohin führt die Kultur der Inklusion, Frankfurter Allgemeine Zeitung v. 7. 7. 2014, Nr. 154, S. 6 Avigail Eisenberg, Pluralism and the Politics of Diversity, in: Eisfeld, Pluralism. Developments in the Theory and Practice of Democracy, 2006, S. 59 (65). Majid Al-Haj/Rosemarie Mielke (Hg.), Cultural Diversity and the Empowerment of Minorities, 2007; John Andersen/Birte Siim (Hg.), The Politics of Inclusion and Empowerment: Gender, Class and Citizenship, 2004. Ralph D. Grillo, Pluralism and the Politics of Difference, 1998, S. 223. Philip Gleason, Identifying Identity: A Semantic History, The Journal of American History 69 (1983), S. 910 ff. Rainer Nickel, Gleichheit und Differenz in der vielfältigen Republik, 1999, S. 17. Vgl. auch Carolin Emcke, Dankesrede aus Anlass der Verleihung des Friedenspreises des deutschen Buchhandels, in: Börsenverein des deutschen Buchhandels, 2016, S. 51 (59 f.). Zur teilweisen Verklärung des Abstammungsprinzips in Politik und Wissenschaft Ingo von Münch, Die deutsche Staatsangehörigkeit, 2007, S. 146 ff. Zu dem Gedanken, dass Diversität die Identitätsmerkmale Nation, Ethnie und Klasse substituiert, vgl. Eric Hobsbawm, Identity Politics and the Left, New Left Review Nr. 271 (1996), S. 38 (40). Ausf. Arnd Uhle, Freiheitlicher Verfassungsstaat und kulturelle Identität, 2004, S. 473 ff. Zu dem Ziel einer europäischen Identität s. bereits die Erklärung der neun Staats- und Regierungschefs v. 14. 12. 1973, Bull. EG 1973/12, S. 131 – 134.
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42 Dass Identität transitorisch wird, erklärt Hartmut Rosa mit der zweiten Individualisierungs- und Pluralisierungswelle, ders., Beschleunigung, 2005, S. 352 ff. 43 Axel Honneth, Kampf um Anerkennung, 1992; Martin Correll, Der Begriff der Anerkennung und seine politische Bedeutung, 2016. 44 Exemplarisch Robert D. Putnam, E Pluribus Unum. Diversity and Community in the Twenty-first Century, Scandinavian Political Studies 30 (2007), S. 137 (139 ff.); Peter H. Schuck, Diversity in America, 2003, S. 40 ff. Siehe auch den 7. Erwägungsgrund der Präambel des Europäischen Rahmenübereinkommens zum Schutz von Minderheiten v. 1. 2. 1995, BGB l. 1997 II , S. 406: »in der Erwägung, dass es notwendig ist, ein Klima der Toleranz und des Dialogs zu schaffen, damit sich die kulturelle Vielfalt für jede Gesellschaft als Quelle und Faktor nicht der Teilung, sondern der Bereicherung erweisen kann.« 45 Angela Merkel, Äußerung auf dem 8. Integrationsgipfel im Bundeskanzleramt, zitiert nach Frankfurter Allgemeine Zeitung v. 18. 11. 2015, S. 6. 46 Art. 3 Abs. 3 Satz 1 GG . Ein Benachteiligungsverbot besteht für Behinderung; siehe auch die zusätzlichen Merkmale in Art. 21 GRC h: genetische Merkmale, das Vermögen, das Alter und die sexuelle Ausrichtung. 47 Vgl. Ralph D. Grillo, Pluralism and the Politics of Difference, 1998, S. 217. 48 Die Wechselwirkung zwischen verschiedenen Ungleichheitsdimensionen im Sinne von Identitätskategorien wird unter dem Begriff der Intersektionalität verhandelt, vgl. Gabriele Winker/Nia Degele, Intersektionalität, 2009, S. 11 f.; der Begriff geht zurück auf Kimberle Crenshaw, Demarginalizing the Intersection of Race and Sex: A Black Feminist Critique of Antidiscrimination Doctrine, Feminist Theo-
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ry and Antiracist Politics, University of Chicago Legal Forum 1989, S. 139 (140). Vgl. auch die amicus curiae briefs in dem Fall Grutter (Anm. 8), in denen u. a. vom »homogeneous cocoons« die Rede ist, siehe Motion for Leave to file Brief Amicus Curiae out of Time and Brief of MTV Networks in Support of Respondents v. 28. 3. 2003, zugänglich unter https://diversity.umich.edu/admissions/legal/amicus.html. Chantal Mouffe, Das demokratische Paradox, 2015 (engl. Orig. 2000, dt. Übers. 2008), S. 52. Vgl. Gabriele Britz, Kulturelle Rechte und Verfassung, 2000, S. 134, dort bezogen auf sogenannte unechte kulturelle Anliegen. In der gesellschaftstheoretischen Debatte wird diese Phasenverschiebung durch die Gegensätze von Ausbeutung/ Umverteilung und Herrschaft/Anerkennung codiert, siehe etwa Pierre Rosanvallon, Die Gesellschaft der Gleichen, 2013 (franz. Orig. 2011), S. 305; Nancy Fraser, Von der Umverteilung zur Anerkennung?, in: Die halbierte Gesellschaft, 2001, S. 23 (24 f.). Aus rechtlicher Perspektive Ulrich K. Preuß, Die Belagerung des liberalen Verfassungsstaates durch die multikulturelle Gesellschaft, Leviathan 1998, S. 60 (73). Seyla Benhabib, Kulturelle Vielfalt und demokratische Gleichheit, 2014 (Orig. 1999), S. 33 ff. Siehe auch Nancy Fraser/Axel Honneth, Umverteilung oder Anerkennung? Eine politisch-philosophische Kontroverse, 4. Aufl., 2015 (Orig. 2003). Bettina Roß, Mit Ausgrenzung und Assimilierung führt kein Weg zur Partizipation, in: Mar Castro/Dhawan, Soziale (Un-) Gerechtigkeit. Kritische Perspektiven auf Diversity, Intersektionalität und Antidiskriminierung, 2011, S. 213, 226. Michael Walzer, Zivile Gesellschaft und amerikanische Demokratie, 1992, S. 164 f.
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56 Ausf. Joachim Detjen, Neopluralismus und Naturrecht, 1988, S. 38 ff.; vgl. auch Andreas Voßkuhle, Hugo Preuß als Vordenker einer Verfassungstheorie des Pluralismus, Der Staat 50 (2011), S. 251 ff. 57 Peter Massing, Ernst Fraenkel und die politische Bildung, in: Gloe, Festschrift für Udo Kempf, 2010, S. 253 ff. 58 Robert Chr. van Ooyen, Der Staat der Moderne – Hans Kelsens Pluralismuskritik, 2003, S. 268. 59 Vgl. zu Letzterem Ernst Fraenkel, Der Pluralismus als Strukturelement der freiheitlich-rechtsstaatlichen Ordnung (1964), in: Gesammelte Schriften, Bd. 5, 2007, S. 256 (268). 60 Chantal Mouffe, The Return of the Political, 2005 (Orig. 1993), S. 19. 61 Peter Michael Huber, Regierung und Opposition, in: Isensee/Kirchhof, Handbuch des Staatsrechts, Bd. 3, 2005, § 47. 62 Zu dieser Unterscheidung Anna Henkel, Zwischen Rolle und Person, Evangelische Theologie 76 (2016), S. 427 (430 ff.). 63 Die rechtlichen Auseinandersetzungen werden in der Praxis zumeist auf Grundlage der Religionsfreiheit geführt, tragen aber m. E. eine kulturelle Signatur, zuletzt siehe Bundesverwaltungsgericht, Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht 2014, S. 81 ff. (Burkini) und ebenda S. 237 ff. (Krabat); die Verfassungsbeschwerde gegen die BurkiniEntscheidung ist vom Bundesverfassungsgericht nicht zur Entscheidung angenommen worden, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats v. 8. 11. 2016 – 1 BvR 3237/13, Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht 2017, S. 227 f. 64 Vgl. Seyla Benhabib, Kulturelle Vielfalt und demokratische Gleichheit, 2014 (Orig. 1999), S. 35. 65 Josef Isensee, Integration mit Migrationshintergrund, Juristenzeitung 2010, S. 317. Die Anerkennung als nationale Minderheit in Deutschland setzt voraus, dass die Min-
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derheit ihre Identität bewahren will, siehe den Nachweis in Anm. 129. Iris Marion Young, Justice and the Politics of Difference, Kap. 6, 2011 (Orig. 1990), S. 184 ff.; Claus Offe, »Homogenität« im demokratischen Verfassungsstaat – Sind politische Gruppenrechte eine adäquate Antwort auf Identitätskonflikte?, Peripherie Nr. 64 (1996), S. 26 ff. Ausdrücklich für special representation Daniel Thürer, Minorities and Majorities: Managing Diversity, SZIER 5 (2005), S. 659 (661). Einen Eindruck von den Maßnahmen gibt der Vierte Bericht der Bundesrepublik Deutschland gemäß Art. 25 Abs. 2 des Rahmenübereinkommens des Europarats zum Schutz nationaler Minderheiten, 2014; zu nationalen Minderheiten siehe S. 52 f. Ralf Seinicke, Das Recht des Rechtspluralismus, 2016; Klaus Günther, Rechtspluralismus und universeller Code, in: Wingert/Günther, Festschrift für Habermas, 2001, S. 539 ff. Die umfangreiche Debatte über Rechtspluralismus ist insoweit Ausdruck des Diversitätsgedankens, siehe auch den Begriff der »Multinormativität«, der weitere normative Ordnungen neben dem Recht berücksichtigt, http://www. normativeorders.net/de/-publikationen?id=1313. Lena Foljanty, Demokratie und Partizipation, in: dies./ Lembke, Feministische Rechtswissenschaft, 2012, S. 287 (298 ff.); zum amerikanischen Vorbild siehe Adam B. Cox/ Richard T. Holden, Reconsidering Racial and Partisan Gerrymandering, The University of Chicago Law Review 78 (2011), S. 553 ff. Dies ist eine von insgesamt elf Forderungen der Europäischen Bürgerinitiative »Minority Safepack«, ECI (2017) 4, die die Europäische Kommission im März 2017 registrierte, nachdem die Ablehnung eines ersten Registrierungsantra-
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ges vom Gericht für nichtig erklärt worden war, vgl. EuG, Rs. T-646/13, Urt. v. 3. 2. 2017, ECLI :EU :T:2017:59. Gabriele Britz, Einzelfallgerechtigkeit versus Generalisierung, 2008, S. 2 f.: »Das spezifische Gleichheitsproblem des atypischen Falls lässt sich darum als »Generalisierungsunrecht« begreifen«. Avigail Eisenberg/Will Kymlicka, Bringing Institutions Back In, in: dies., Identity Politics in the Public Realm, 2011, S. 1 (6 f.). Näher zu dem in den 1970er-Jahren entwickelten völkerrechtlichen Generationenmodell der Menschenrechte Frank Schorkopf, Staatsrecht der internationalen Beziehungen, 2017, § 8 Rn. 20 ff. Ulrich K. Preuß, Die Belagerung des liberalen Verfassungsstaates durch die multikulturelle Gesellschaft, Leviathan 1998, S. 60 (67). Vgl. die Zusammenfassung bei Rudolf Morsey, Die Bundesrepublik Deutschland. Entstehung und Entwicklung bis 1969, 5. Aufl., 2007, S. 92. Vgl. Roland Czada, Staatliche Integrationspolitik und gesellschaftlicher Pluralismus, in: Bandelow/Hegelich, Festschrift für Klaus Schubert, 2011, S. 151 (153). Vgl. Daniel Loick, Zur Politik von Lebensformen, WestEnd – Neue Zeitschrift für Sozialforschung 2/2016, S. 149 ff. Eric Hobsbawm, Identity Politics and the Left, New Left Review Nr. 271 (1996), S. 38 (45). Vgl. Rainer Nickel, Gleichheit und Differenz in der vielfältigen Republik, 1999, S. 20. Exemplarisch der Beitrag »The New Political Divide. Farewell, left versus right. The contest that matters now is open against closed« in The Economist v. 30. 6. 2016, http:// www.economist.com/news/-leaders/21702750-farewell-leftversus-right-contest-matters-now-open-against-closed-new.
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82 Mark Lilla, The End of Identity Liberalism, 18. 11. 2016, https://www.nytimes.com/2016/11/20/opinion/sunday/ the-end-of-identity-liberalism.html. 83 Vgl. Bert Rockman, The Trump Presidency – What does it mean? Zeitschrift für Staats- und Europawissenschaft 2016, S. 437 ff.; Victor Davis Hanson, The Contradictions of Diversity, http://www.nationalreview.com/article/434189/ diversity-21st-century-americas-mantra (2016). Die These lässt sich weiter zuspitzen, indem Präsident Trump die Präsidentschaftswahl mit einer rhetorischen Strategie gewann, in der er diese »normalen« Amerikaner als identitäre Gruppe ansprach. 84 Robert Chr. van Ooyen, Der Staat der Moderne – Hans Kelsens Pluralismuskritik, 2003, S. 193. 85 Chantal Mouffe, The Return of the Political, 2005 (Orig. 1993), S. 83. 86 Winfried Brugger, Theorie und Verfassung des Pluralismus. Zur Legitimation des Grundgesetzes im Anschluss an Ernst Fraenkel, in: ders., Legitimation des Grundgesetzes aus Sicht von Rechtsphilosophie und Gesellschaftstheorie, 1996, S. 273 (281 ff.). 87 Ernst Fraenkel, Pluralismus als Demokratieform des Reformismus, in: Gesammelte Schriften, Bd. 5, 2007, S. 344 (348). 88 Rudolf Smend, Bürger und Bourgeois im deutschen Staatsrecht (1933), in: Staatsrechtliche Abhandlungen, 3. Aufl., 1994, S. 309 (323): Staat als Interessengemeinschaft. 89 Impulspapier der Migrant*innenorganisationen zur Teilhabe in der Einwanderungsgesellschaft, 2016. 90 Chantal Mouffe, Das demokratische Paradox, 2015 (engl. Orig. 2000, dt. Übers. 2008), S. 19 ff. 91 Art. 10 Abs. 1 EU -Vertrag: »Die Arbeitsweise der Union beruht auf der repräsentativen Demokratie.«
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92 Werner Heun, Das Mehrheitsprinzip in der Demokratie, 1983, S. 234, mit dem Hinweis auf das Gegenbeispiel in Österreich-Ungarn nach 1905, dazu auch Georg Jellinek, Das Recht der Minoritäten, 1898, S. 30 ff. 93 Buch Hiob 40, 15 – 24. Giorgio Agamben, Stasis. Der Bürgerkrieg als politisches Paradigma, 2016 (ital. Orig. 2015), eine politische Geschichte der beiden biblischen Untiere unternimmt Horst Bredekamp, Der Behemoth. Metamorphosen des Anti-Leviathan, 2016. 94 Vgl. zu Max Webers Definition des Ständestaates: Wahlrecht und Demokratie in Deutschland, 1917, in: ders., Zur Politik im Weltkrieg, Max Weber Gesamtausgabe, Bd. I/15, 1984, S. 347 (366 f.): »Das, was wir heute als Inhalt der einheitlichen »Staatsgewalt« anzusehen gewohnt sind, fiel dabei in ein Bündel von Einzelberechtigungen in verschiedenen Händen auseinander. Von einem ›Staat‹ im modernen Sinn war da überhaupt noch keine Rede. Zu jeder politischen Aktion war vielmehr eine Einigung dieser gegeneinander prinzipiell selbständigen Inhaber von Prärogativen nötig, und dies herbeizuführen war der Zweck der Ständeversammlungen. Sie kannten daher, im Prinzip und ursprünglich, weder Abstimmungen noch einen für denjenigen, der nicht zustimmte, bindenden Beschluß, sondern als Form der Erledigung der Geschäfte den Vergleich (›Rezeß‹, ›Abschied‹), im heutigen Sprachgebrauch: das Kompromiß, und zwar nicht nur zwischen den verschiedenen Ständegruppen, sondern ebenso innerhalb einer jeden von ihnen unter den einzelnen Privilegieninhabern.« (Hervorhebung im Original); zur Einordnung Andreas Anter, Max Weber und die Staatsrechtslehre, 2016, S. 168 f. 95 Roman Herzog, Allgemeine Staatslehre, 1971, S. 64 – 75; Ernst Forsthoff, Der Staat der Industriegesellschaft, 1971; zur Gefahr der »(quasi neofeudale[n] Gesellschaft der or-
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ganisierten Interessen« vgl. Hasso Hofmann, Legitimität und Rechtsgeltung, 1977, S. 89 f. Vgl. Hans Huber, Recht, Staat und Gesellschaft, 1954, S. 42. Chantal Mouffe, Das demokratische Paradox, 2015 (engl. Orig. 2000, dt. Übers. 2008), S. 54. Vgl. zu dieser Kategorie Josef Isensee, Grundrechtsvoraussetzungen und Verfassungserwartungen an die Grundrechtsausübung, in: Isensee/Kirchhof, Handbuch des Staatsrechts, Bd. IX , 2011, § 190 Rn. 204 ff. Andreas Rödder, Wohin führt die Kultur der Inklusion, Frankfurter Allgemeine Zeitung v. 7. 7. 2014, S. 6: »Wenn Ausnahmen zur Regel werden.« Denkbar ist auch, dass der Staat für ein bestimmtes Bild – für eine Leitkultur – wirbt, Arnd Uhle, Freiheitlicher Verfassungsstaat und kulturelle Identität, 2004, S. 354 ff.; Josef Isensee, Integration mit Migrationshintergrund, Juristenzeitung 2010, S. 317 (320), allerdings nur im Rahmen der Verfassungserwartungen. Chantal Mouffe, Das demokratische Paradox, 2015 (engl. Orig. 2000, dt. Übers. 2008), S. 59, 78. Udo Di Fabio, Schwankender Westen, 2015, S. 15 ff. Niklas Luhmann, Die Politik der Gesellschaft, 2002 (Orig. 2000), S. 87. Chantal Mouffe, Über das Politische, 2016 (engl. Orig. 2005), S. 16 f. Zum Begriff der Opposition Peter Michael Huber, Regierung und Opposition, in: Isensee/Kirchhof, Handbuch des Staatsrechts, Bd. III , 2005, § 47 Rn. 40: Opposition sei ein Sammelbegriff für all jene politischen Kräfte in einem Parlament, die die amtierende Regierung nicht stützen und nach ihrer Ablösung trachten; anders als der Regierung gehe es ihr nicht um Machterhalt, sondern um Machtgewinn. Die Terminologie des Bundesverfassungs-
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gerichts – zuletzt BV erfG, Urteil v. 3. 3. 2016, 2 BvE 4/14, Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht 2016, S. 922 ff. – ist uneinheitlich: parlamentarische Opposition, oppositionelle Minderheit, Oppositionsabgeordnete, Opposition, vgl. dazu Paulina Starski, Die »Große Koalition« als Problem des Verfassungsrechts, Die öffentliche Verwaltung 2016, S. 750 (752), umfassend zum Oppositionsbegriff Daniel Mundil, Die Opposition, 2014, S. 49 ff., 73 ff. Bezogen auf die deutsche Politik Dirk Kurbjuweit, Alternativlos. Merkel, die Deutschen und das Ende der Politik, 2014; Rüdiger Voigt, Alternativlose Politik? Machiavellistische Machtpolitik oder politische Tugend?, in: ders., Alternativlose Politik? Zukunft des Staates – Zukunft der Demokratie, 2013, S. 13 ff. Die Möglichkeit der politischen Gestaltung durch Befehl in der Diktatur ist theoretisch ebenfalls möglich, soll aber an dieser Stelle nicht weiter berücksichtigt werden. Otfried Höffe, Kategorische Rechtsprinzipien, 1990, S. 364 – 366; Andreas Gestrich, Absolutismus und Öffentlichkeit, 1994, S. 28 – 33; Sibylle Tönnies, Der westliche Universalismus, 2001, S. 186 – 188; Christoph Möllers, Die Möglichkeit der Normen, 2015, S. 233; bezogen auf die europäische Integration und ihre gegenwärtige Krise Christoph Möllers, Krisenzurechnung und Legitimationsproblematik in der Europäischen Union, Leviathan 43 (2015), 339 (357); Hans Michael Heinig, Verfassung im Nationalstaat: Von der Gesamtordnung zur europäischen Teilordnung?, VVDS tRL 75 (2016), 65 (88 Anm. 115). Carl Schmitt, Der Begriff des Politischen (1932), (Ausgabe 1963, 3. Aufl., 1991), S. 26 ff. Robert Chr. van Ooyen, Der Staat der Moderne – Hans Kelsens Pluralismuskritik, 2003, S. 193, dort im Zusammenhang mit einer Smend-Kritik.
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111 Ernst Fraenkel, Deutschland und die westlichen Demokratien (1960), in: ders., Gesammelte Schriften, Bd. 5, 2007, S. 74 (84): »Je sozial differenzierter eine Gesellschaft ist, desto geringer ist die Gewähr, daß mittels eines unreflektierten consensus omnium dem Postulat der autonomen Verwirklichung des bonum commune ausreichend Rechnung getragen wird.« (Hervorherbung im Original). 112 Näher dazu Winfried Brugger, Theorie und Verfassung des Pluralismus. Zur Legitimation des Grundgesetzes im Anschluss an Ernst Fraenkel, in: ders., Legitimation des Grundgesetzes aus Sicht von Rechtsphilosophie und Gesellschaftstheorie, 1996, S. 273 (289 ff.). 113 Vgl. die Ausführungen zur freiheitlich demokratischen Grundordnung in BV erfG, Urt. des Zweiten Senats v. 17. 1. 2017, 2 BvB 1/13, Rn. 529 ff. – NPD . 114 Näher zum modernen Souveränitätsverständnis Frank Schorkopf, Staatsrecht der internationalen Beziehungen, 2017, § 9 Rn. 2 ff. 115 So aber Iris Marion Young, Justice and the Politics of Difference, Kap. 6, 2011 (Orig. 1990), S. 191. 116 Ernst Fraenkel, Strukturdefekte der Demokratie und deren Überwindung: in: Bundeszentrale für politische Bildung, Zur Theorie der pluralistischen Demokratie, 1964, S. 4. 117 Ernst Fraenkel, Möglichkeiten und Grenzen politischer Mitarbeit des Bürgers, (1966), in: Gesammelte Schriften, Bd. 5, 2007, S. 283 (294). 118 Agon (gr.-lat.): Versammlungs- oder Wettkampfplatz; Jacob Burckhardt sah die griechische Kultur vom »agonalen Prinzip« geleitet, ders., Griechische Kulturgeschichte, Bd. 4, Neudruck 1977 (Orig. 1898 – 1902), Kapitel III , zusf. Der Neue Pauly, Stichwort: Agon, Bd. 12/2, Nachträge, 2003, Sp. 883 f.
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119 Zum Agonismus siehe Chantal Mouffe, Das demokratische Paradox, 2015 (engl. Orig. 2000, dt. Übers. 2008), Kapitel 4; zusf. dies., Über das Politische, 2016 (engl. Orig. 2005), S. 29 f. 120 Vgl. Jürgen Habermas, Anerkennungskämpfe im demokratischen Rechtsstaat, in: Taylor, Multikulturalismus und die Politik der Anerkennung, 2. Aufl., 2012, S. 123 (128 f.). 121 Chantal Mouffe, Das demokratische Paradox, 2015 (engl. Orig. 2000, dt. Übers. 2008), S. 59, 78. 122 Chantal Mouffe, Das demokratische Paradox, 2015 (engl. Orig. 2000, dt. Übers. 2008), S. 80. 123 Frank Schorkopf, Das Romantische und die Notwendigkeit eines normativen Realismus, in: Depenheuer/Grabenwarter, Der Staat in der Flüchtlingskrise, 2016, S. 11 ff.; Ludwig Stockinger, »Politische Romantik« – »Romantisierung von Politik«. Anmerkungen zum Ursprung und zur Rezeption eines frühromantischen Politikkonzepts, in: Pauly/Ries, Staat, Nation und Europa in der politischen Romantik, 2015, S. 47 ff. 124 Friedrich-Ebert-Stiftung, Miteinander in Vielfalt. Leitbild und Agenda für die Einwanderungsgesellschaft, Ergebnisse einer Expert_innenkommission, Berlin 2017, S. 7. 125 Siehe die Nachweise zu Nordrhein-Westfalen und Bremen in Anm. 26. Der Gesetzentwurf in Nordrhein-Westfalen wird u. a. mit dem bezeichnenden Argument begründet, dass kaum erklärbar sei, weshalb Unionsbürger bei den Kommunalwahlen wahlberechtigt seien, nicht aber Drittstaatsangehörige, die ihren Wohnsitz sogar deutlich länger in Deutschland hätten, LT -Drucks. 16/13314, S. 5. Die Antwort lautet, dass der Status als Unionsbürger den Unterschied ausmacht. Die Gesetzesbegründung zeigt insoweit das erodierte Verständnis der Politik für Statusrechte.
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126 Angela Merkel, Rede v. 24. 2. 2017 auf der Landesvertreterversammlung der CDU Mecklenburg-Vorpommern, Auszug: »Und, liebe Freunde, das alles in einer tiefen Überzeugung, so wünsche ich es mir jedenfalls, dass das Land, in dem wir heute leben, ein Land ist, das viele Eigenschaften hat, die es zu verteidigen gilt: Offenheit, Meinungsvielfalt, Religionsfreiheit, Pressefreiheit, all das sind Dinge, die für uns heute inzwischen selbstverständlich sind. Vor 27 Jahren waren sie das noch nicht. Ich weiß, dass es nicht richtig ist, immer wieder mit der Vergangenheit zu kommen, und trotzdem war die Zeit der deutschen Einheit die Zeit, als der Eiserne Vorhang fiel, die Zeit, als Europa zusammengewachsen ist, eine wunderbare Zeit, und deshalb gibt es auch keinerlei Rechtfertigung, dass sich kleine Gruppen aus unserer Gesellschaft anmaßen, zu definieren, wer das Volk ist. Das Volk ist jeder, der in diesem Lande lebt, meine Damen und Herren, liebe Freunde, und das lassen wir uns nicht nehmen.« 127 Anuscheh Farahat, Progressive Inklusion, 2014, S. 75 ff., die allerdings das Wahlrecht wieder entziehen will, wenn die wahlberechtigten Drittstaatsangehörigen nach fünf Jahren nicht die deutsche Staatsbürgerschaft annehmen wollen. 128 Siehe Art. 25 Satz 2 GG , näher zu der Begriffswahl Frank Schorkopf, Staatsrecht der internationalen Beziehungen, 2017, § 3 Rn. 7, 33. 129 Das Staatsangehörigkeitsgesetz sieht in § 16 Satz 2 vor Übergabe der Einbürgerungsurkunde folgendes Bekenntnis des Neu-Bürgers vor: »Ich erkläre feierlich, dass ich das Grundgesetz und die Gesetze der Bundesrepublik Deutschland achten und alles unterlassen werde, was ihr schaden könnte.« Die Bekenntniserklärung ist von der Großen Koalition 2005 im Zusammenhang mit der Einführung des Einbürgerungstests vereinbart worden, sie-
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he BT -Drucks. 16/5065, S. 31 und vgl. bereits BT -Drucks. 15/5020. Neben dem Bekenntnis hat der einzubürgernde Ausländer zuvor nach § 10 Abs. 1 StAG sein Bekenntnis zur freiheitlich demokratischen Grundordnung zu erklären; die Anforderungen an die Einbürgerungsvoraussetzung sind umstritten, die richtige Ansicht versteht sie als materielle Voraussetzung, d. h. es wird ein subjektives Glaubhaftmachen des Erklärungsinhalts nach außen gefordert, zu den Praxisfolgen siehe VG Aachen, Urt. v. 19. 11. 2015, 5 K 480/14, Rn. 30, 33 f. und insbes. 53 – 82, juris m. w. Nachw. Arnd Uhle, Integration als Staatsaufgabe, in: Depenheuer/Grabenwarter, Der Staat und die Flüchtlingskrise, 2016, S. 250 ff. Dietrich Murswiek, Schutz der Minderheiten in Deutschland, in: Isensee/Kirchhof, Handbuch des Staatsrechts, Bd. X, 2012, § 213 Rn. 7 mit Nachweisen zum Völkerrecht, insb. Art. 27 IP bürg; ausf. Johanes Niewerth, Der kollektive und der positive Schutz von Minderheiten und ihre Durchsetzung im Völkerrecht, 1996, S. 32 ff. Erklärung der Bundesrepublik Deutschland bei der Zeichnung des Rahmenabkommens zum Schutz nationaler Minderheiten am 11. 5. 1995, BGB l. II 1997, S. 1418; Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage, BT Drucks. 14/4045, S. 2. Die Ansicht, dass auch Migranten ein Recht auf Erhalt ihrer Identität haben, wird bereits vertreten, siehe etwa Johannes Niewerth, Der kollektive und der positive Schutz von Minderheiten und ihre Durchsetzung im Völkerrecht, 1996, S. 41 f., die Einbeziehung von Ausländern und eingebürgerten Migranten in den Minderheitenbegriff vertritt Rainer Hofmann, Menschenrechte und der Schutz nationaler Minderheiten, Zeitschrift für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht 65 (2005), S. 587 (592, 601 f.).
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134 Übereinkommen über den Schutz und die Förderung der Vielfalt kultureller Ausdrucksformen v. 20. 10. 2005, BGB l. 2007 II S. 234, 1685; 2009 II S. 183. Vgl. dazu Eckart Klein, Die Evolution von Gruppenrechten im internationalen Menschenrechtsschutz, in: Matz-Lück, Der Status von Gruppen im Völkerrecht, 2016, S. 27 (42 f.) und bereits Georg Nolte, Kulturelle Vielfalt als Herausforderung für das Völkerrecht, BDGVR 43 (2008), S. 1 (5 ff.). 135 Jürgen Habermas, Das Konzept der Menschenwürde und die realistische Utopie der Menschenrechte, Deutsche Zeitschrift für Philosophie 58 (2010), 343 ff.; zusf. Hans Jörg Sandkühler, Menschenwürde und Menschenrechte, 2014, S. 28 ff. 136 Matthias Dusini, In Anführungszeichen. Glanz und Elend der Political Correctness, 2. Aufl., 2012. 137 Niklas Luhmann, Die Gesellschaft der Gesellschaft, 1997, Teilbd. 2, S. 626. 138 Mit Blick auf die Digitalisierung und die wirtschaftliche Mächtigkeit von Internetunternehmen ist weiterführend die Frage zu stellen, ob der Staat langfristig überhaupt gebraucht wird, die Interaktion von Gruppen, als soziale Infrastruktur einer Weltgemeinschaft, zu organisieren, oder ob diese Aufgabe von global agierenden, sozialen Netzwerken übernommen werden könnte, in diese Richtung das Manifest von Mark Zuckerberg, Building Global Community v. 17. 2. 2017: »Progress now requires humanity coming together not just as cities or nations, but also as a global community.«, zugänglich unter https://www.facebook.com/notes/mark-zuckerberg/ building-global-community/10103508221158471/. 139 Ulrich Beck, Jenseits von Stand und Klasse? Soziale Ungleichheiten, gesellschaftliche Individualisierungsprozesse und die Entstehung neuer sozialer Formationen und
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Identitäten, in: Kreckel, Soziale Ungleichheiten. Soziale Welt, Bd. 2, 1983, S. 35 ff.; Niklas Luhmann, Individuum, Individualität, Individualismus, in: ders., Gesellschaftskritik und Semantik, 1993, S. 149 ff.; Zygmunt Bauman, The Individualized Society, 2001. 140 Nach dem deutschen Mikrozensus 2015 haben von 81,4 Mio. Menschen in Deutschland 17,12 Mio. (21 %) einen Migrationshintergrund, von der Gesamtbevölkerung sind 9,5 % Ausländer. Statistisches Bundesamt, Bevölkerung mit Migrationshintergrund – Ergebnisse des Mikrozensus 2015, Fachserie 1, Reihe 2.2., 2017, S. 7. 141 Ausdrücklich wird in den tragenden Gründen des Grutter Case darauf verwiesen, dass die Politik der Bevorzugung im Sinne der affirmative action zeitlich begrenzt sein muss, siehe U. S. Supreme Court, 539 U. S. 306, 342 (2003) – Grutter. In einer Folgeentscheidung wurde das staatliche Förderprogramm für verfassungswidrig erklärt, weil das Ziel der ethnischen Durchmischung der Schulen erreicht worden war und »Diversität« als Rechtfertigung für den Eingriff in den Gleichheitssatz nicht ausreichte, siehe 551 U. S. 701, 714 ff. (2007) – Parents Involved in Community Schools v. Seattle School Dist. No. 1. Allerdings hat der Supreme Court 2016 in Fischer v. University of Texas in Austin ein Gleichstellungsprogramm auch mit Diversitätsargumenten wiederum für verfassungsmäßig erklärt, 579 U. S. ___ (2016) – Fisher II , Opinion Justice Kennedy, S. 19, die Rechtfertigung wird auch in dieser Entscheidung unter den Vorbehalt entsprechender ethnischer Demografie gestellt. Der Federal Court of Appeal, 7th Circuit, hat den Civil Rights Act in seinem Urteil v. 4. 4. 2017 erstmals auf »LGBT employees« angewendet. Einen Modellvergleich zwischen Amerika und Europa betreffend Gruppenrechte
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unternimmt Georg Nolte, Kulturelle Vielfalt als Herausforderung für das Völkerrecht, BDGVR 43 (2008), S. 1 (25 ff.). Die Zielrichtung von Diversitätspolitik wird allerdings in den USA durchaus auch kritisch gesehen, siehe aus innerer Perspektive Shelby Steele, Shame. How America’s Past Sins Have Polarized Our Country, 2015, S. 139 ff.: »Diversity is about dissociation and legitimacy for American institutions, not the development of former victims.«, ebenda, S. 145. Möglicherweise gibt es einen Zusammenhang zwischen der Konjunktur des Diversitätskonzeptes und der Identitätspolitik einerseits und dem Niedergang der Volkspartei andererseits, vgl. Peter Lösche, Das Ende der Volksparteien, Aus Politik und Zeitgeschichte 2009, Heft 51, S. 6 ff.; Elmar Wiesendahl, Die Volksparteien in der Krise, in: Wieland, Entscheidungen des Parlaments in eigener Sache, 2011, S. 121 ff. Art. 6 Abs. 3 EU -Vertrag; Luuk van Middelaar, Ursprung und Geschichte Europas, 2016, S. 367 ff., interpretiert den Brexit als Ausdruck britischer Identitätspolitik. Vgl. Ralph D. Grillo, Pluralism and the Politics of Difference, 1998, S. 227. Mit Blick auf die Migrationskrise vgl. etwa Ulrich Becker/ Jens Kersten, Demokratie als optimistische Staatsform, Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht 2016, S. 580 (583): »Integration ist notwendig. Sie kann jedoch nicht zwangsweise durchgesetzt werden.« Hartmut Rosa, Beschleunigung, 2005, S. 403. Consolidated Brief of Lt. Gen. Julius W. Becton, Jr., Adm. Dennis Blair, Maj. Gen., Charles Bolden, Hon. James M. Cannon, Lt. Gen. Daniel W. Christman, Gen. Wesley K., Clark, Sen. Max Cleland, Adm. Archie Clemins, Hon. Wil-
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liam Cohen, Adm. William J. Crowe, Gen. Ronald R. Fogleman, Lt. Gen. Howard D. Graves, Gen. Joseph P. Hoar, Sen. Robert J. Kerrey Et Al. as Amici Curiae in Support of Respondents v.19. 2. 2003, zugänglich unter https://diversity. umich.edu/admissions/legal/amicus.html; zum Fall Grutter siehe oben S. 10. Josef Isensee, Verfassungsgarantie ethischer Grundwerte und gesellschaftlicher Konsens, Neue Juristische Wochenschrift 1977, S. 545 (550). Vgl. nochmals Ralph D. Grillo, Pluralism and the Politics of Difference, 1998, S. 227. Maurizio Ferraris, Manifest des neuen Realismus, 2014 (ital. Orig. 2012); Paul Boghossian, Angst vor Wahrheit. Ein Plädoyer gegen Relativismus und Konstruktivismus, 2013 (engl. Orig. 2006) und bereits Friedrich A. von Hayek, Die Irrtümer des Konstruktivismus und die Grundlagen legitimer Kritik gesellschaftlicher Gebilde, 1975. Vgl. Michael Walzer, Zivile Gesellschaft und amerikanische Demokratie, 1992, S. 152. Vgl. zum Gedanken der Individualität durch Ausdifferenzierung Karl-Heinz Ladeur, Staat und Gesellschaft, in: Depenheuer/Grabenwarter (Hg.), Verfassungstheorie, 2010, § 8 Rn. 19 f.
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Stichwortverzeichnis affirmative action 7 f., 56 Anthropologie, politische 28, 46 Bürgerrechtsbewegung 8 f. Chancengleichheit 29, 59 Critical legal studies 16
Gerechtigkeit 24 f., 27 ff., 55 Gesellschaft, harmonische 40 f., 50 Gleichheit 14, 22 ff., 49, 56 f. Grundgesetzänderung 12 Grundrechte 17, 22 f., 29 ff., 44, 49 Gruppenrechte 31 f., 56 f.
Dekonstruktivismus 10 f., 15 ff. Deliberation 35, 45 f., 50 Demokratie 16, 25, 28 ff., 36 Demokratietheorie 13, 17, 28, 49 demokratisches Paradox 36 ff. Diversität – Begriff 15 ff. – diversity management 9, 22 – normatives Konzept 24 f., 34 ff., 54, 57
Homogenität 24, 47, 57
Einwanderungsgesellschaft 12, 50 f. Freund-Feind-Schema 39, 41, 46, 55
Macht 13, 18, 61 f. Mehrheitsprinzip 14, 35, 48, 57 Minderheitenschutz 7 f., 12, 22, 31 ff., 49, 52 f. Moralisierung 40 f., 54, 61
Gemeinsame Verfassungskommission 11 f.
Neue Soziale Bewegung 19 Normalität 17 f., 34 ff.
Identität 9, 11 ff., 19 ff., 29 f., 32, 34, 40 Inklusion 18, 39, 51 f. Konflikt 34, 44 ff., 50 f., 54 Konsens, exklusionsfreier 13, 46, 50 ff. Korporatismus 58, 62
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Pluralismus – agonaler 49 ff., 60 – anti-plurale Wendung 39 ff. – consensus omnium 36 ff., 47, 52 – Neo- 30, 39 f. – partizipatorischer 30 f. Politischen, Begriff des 44 ff. Rassendiskriminierung 7 f., 19 Regierung und Opposition 29, 45 Repräsenation 31 ff., 44, 59
Souveränität 48, 52, 57 f. Staatsbürgerschaft 16, 48, 51 f. Staatsrechtswissenschaft 14, 58, 62 Supreme Court 7 ff., 22 Verfassungstheorie 8, 13, 25, 38, 43 ff. Vielfalt 10, 12, 18, 30, 36, 38 f., 53 f. Wahlrecht 32, 51 f.
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Schönburger Gespräche zu Recht und Staat Band 1 Band 2 Band 3 Band 4 Band 5 Band 6 Band 7 Band 8 Band 9 Band 10 Band 11 Band 12 Band 13 Band 14 Band 15 Band 16 Band 17 Band 18
Josef Isensee: Tabu im freiheitlichen Staat Udo Di Fabio: Die Staatsrechtslehre und der Staat Paul Kirchhof: Der Staat als Garant und Gegner der Freiheit Gerd Roellecke: Staat und Tod Karl Korinek: Staat und Kunst Wolfgang Graf Vitzthum: Der Staat der Staatengemeinschaft Eckart Klein: Staat und Zeit Otto Depenheuer: Selbstbehauptung des Rechtsstaates Peter Michael Huber: Staat und Wissenschaft Christian Hillgruber: Staat und Religion Christian Waldhoff: Staat und Zwang Matthias Jestaedt: Die Verfassung hinter der Verfassung Christoph Grabenwarter: Staat und Medien Matthias Herdegen: Staat und Rationalität Bernd Grzeszick: Die Teilung der staatlichen Gewalt Helge Sodan: Staat und Verfassungsgerichtsbarkeit Bernhard Kempen: Staat und Raum Markus Möstl: Bundesstaat und Staatenverbund
Schönburger Gespräche zu Recht und Staat Band 19 Stefan Haack: Der Staat mit den geteilten Organen Band 20 Michael Brenner: Der geheime Staat Band 21 Sebastian Müller-Franken: Meinungsfreiheit im freiheitlichen Staat Band 22 Georg Lienbacher: Staat und politische Parteien Band 23 Hans-Detlef Horn: Vom Staat der Demokratie Band 24 Indra Spiecker gen. Döhmann: Information und Staat Band 25 Klaus Ferdinand Gärditz: Staat und Strafrechtspflege Band 26 Matthias Cornils: Kommunikation der Internetverfassung Band 27 Martin Schulte: Staatlichkeit im Wandel Band 28 Martin Nettesheim: Liberaler Verfassungsstaat und gutes Leben Band 29 Christian Hillgruber: Die lutherische Reformation und der Staat Band 30 Frank Schorkopf: Staat und Diversität