Singvögel als Hausgenossen im deutschen Glauben und Brauch [Reprint 2019 ed.] 9783111682860, 9783111296074

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German Pages 76 [92] Year 1939

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Table of contents :
Vorwort
1. Der Vogelruf und seine Deutungen
2. Stubenvögel in der deutschen Kulturgeschichte
3. Deutsche Stubenvögel im Volksbrauch der Gegenwart
4. Die Hauptarten der deutschen Stubenvögel
5. Der Kanarienvogel
Hauptstücke des Schrifttums
Anmerkungen
Inhalt
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Singvögel als Hausgenossen im deutschen Glauben und Brauch [Reprint 2019 ed.]
 9783111682860, 9783111296074

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Singvögel als Hausgenossen in deutschen Glauben und Brauch

Von Otto Lauffer

Berlin

Walter de Gruyter & Co. 1939

Printed in Germany — Archtv-I7r. 164939

Gedruckt bei Saladruck Steinkopf L Sohn, Berlin SO 16

Meinem lieben Enkelkinde

Anna Ursula Wicke gefroren am 27. Januar 1935 zu Saalfeld a. d. Saale

Vorwort Mit der Frage nach dec Haltung von Singvögeln im Hause berühren wir ein Gebiet, bei dem die zartesten Saiten des menschlichen Innenlebens anklingen. Hier handelt es sich um das gefühlsmäßige Verhältnis zur Natur und zur lebendigen Umwelt. Hier haben wir einen der feinen Grad-

mester, mit dem sich Sinn und Gemüt eines Volkstums erproben lassen. Die deutsche Volkskunde hat deshalb guten Grund, sich mit diesen Fragen eingehend zu beschäftigen.

Die Schriftquellen, die ich benützen konnte, habe ich am Schluß zusammengestellt. Im übrigen danke ich allen, die mir geholfen haben, meinen Freunden und meinen Schülern. Im einzelnen habe ich besonders zu danken meinem Schwie­ gersohn, Herrn Oberregierungsrat Wicke in Saalfeld, und der gesamten Lehrerschaft des Kreises Saalfeld in Thüringen. Dem Vorstand des Bundes für deutsche Volkskunde bin ich dankbar, daß ec auch dieses Büchlein in die Reihe seiner Schriften ausgenommen hat. Hamburg.

Otto Lauffer.

i. Der Vogelruf und seine Deutungen „3n Wies' und Feld, in Wald und Au Horch welch ein süßer Schall!

Der Lerche Sang, der Wachtel Schlag, Die süße Nachtigall!"

Wenn aus Nebelschleiern der Lenz zum ersten Male

wieder seinen Hauch über das Land wehen laßt, wenn vom Waldesrande und vom schattigen Hang der Halde der letzte

Schnee in weißen Flecken zum Tal herniederleuchtet, dann erwacht auch neues Leben in Dusch und Daum. Die Dögel streifen ihr Winterkleid ab, und mit brünstigem Schall be­

ginnen sie sich zu locken zur Frühlingslust. Der Dauer, der über den Acker schreitet, kennt ihre Stimmen, wie sie schlagen

und rufen, pfeifen und trillern, zwitschern und singen, und

er weiß sie hiernach auch aus der Ferne wohl zu unter­ scheiden.

Auf die Fragen der Kinder, die neben ihm am

Feldrain spielen, hat er in diesem Punkte besser Auskunft zu geben, als Pfarrer und Lehrer es vermögen würden. Gar so leicht ist solche Unterscheidung freilich nicht ge­

lernt. Aber das Leben in der Natur schärft die Sinne, und der Stadtmensch sieht mit Staunen, in welchem Maße das

Dhr des Landmannes auf die Erfastung der Naturlaute

eingestellt, und wie vor allem der Waldler geübt ist, eine

große Reihe von Dogelstimmen mit Sicherheit zu erkennen. Dazu werden die einzelnen Laute im volkstümlichen Sprach­

schatze durch besondere Namen bezeichnet, und es sind ganz

feste Vorstellungen, wenn etwa der Mecklenburger von den Vögeln sagt, daß sie zirpen oder jipen, jipern oder

jilpen, jirpen, jirpsen oder jilkern, quickern oder quinkelieren,

twiddeln oder groclcn1). Mit gewissen Silben der Menschensprache weiß man die Laute der Dogelsprache wiederzugeben.

So klingt der

Frühlingsruf der Meise als „Sitzida, Sitzida". Der Hänf­ ling ruft „Tatürikiu", der Zeisig „Trideltrampel, trideltrampel, trideltrampel, trätsch", während es beim Stieglitz

in erheblich längerem Atemzuge heißt: „Wie de witt, wie de

witt, wie de witt, zink, zink, scherr, scherr, scherr, scherr, scherr." In Tirol nennt man die Kreuzschnäbel nach den verschiedenen Arten ihres Gesanges als Klingler, Schnaggler,

Doppler, Trippler usw?).

Im Harz aber unterscheidet

man bei demselben Vogel den Kliffer und den Hellkliffer,

der besonders laut singt.

„Linksschläger", die also den

Oberschenkel nach links über den Unterschenkel legen, singen besser als „Rechtsschläger".

Der Gesang lautet: „Kliff,

kliff, kliff, zriz, zriz, Karl, Karl, kumm herin, kumm herin, kumm Hering."

Wohl am eindringlichsten und, vom Standpunkt des

Städters geurteilt, am erstaunlichsten sind die feinen Unter­ scheidungen, die die Schläge des Finken als des früher meist

bevorzugten deutschen Singvogels erfahren haben.

Die

Nachrichten hierüber gehen schon verhältnismäßig weit

zurück. Aus dem Jahre 1631 haben wir einen „Bericht

von dem Vogelsteller", verfaßt von Joh. Conr. Aitinger.

Da heißt es von dem Finkenschlage: „Der Finken ist gar mancherley Geschlecht, so nirgend dann am Gesang zu unter­ scheiden, ... doch fallen die Finken auf nachfolgende Gesänge gern ein: als uff Reiterzu, Dloweide, Blohdiebier, zum Bier

gehe Fritz, Heintzerweh und Zwatgrion usw/). Am Anfänge des i6. Jahrhunderts aber gibt das Schweizerische Haus­ buch „Georgica Helvetica curiosa“ vom Jahre 1705,

obwohl es angeblich nur die „fürnehmsten" Sänger auf­

zahlt, die folgende stattliche Reihe verschiedener Namen: „Ritscher oder Weitschuh, der Ziehende und Lachende, der Wildsfeuer

oder

Dißdered,

darauf

folgen

der

Groß­

rollende, der Kleinrollende, der Sitzaufrühl, der MuS-

quetierer, der Malvaster, der Kühdieb, der Sparbarazier,

der Doideret, der Gut-Jahr, der Mit so viel, der Zizigall, der Pfinkelster usw."

In der „Jagd-Kunst" vom Jahre 1728 sagt Casp. Schröder, manche Vogelsteller haben „nachfolgende Worte

im Gebrauch, darauf derer meisten Finken Gesang hinauS-

laufe, als: Reiter zu, Dloweise, Blotzdiebier, zum Bier gehe Fritz, Heintzerwehr und Zwatzrion ufro."5). Man sieht an

diesen Beispielen, daß die bis in unsere Zeit üblichen Unter­ scheidungen der Finkenschlage mit den dazu gehörigen be­ sonderen Namen nicht etwa erst eine jüngere Entstehung

haben.

Im Einzelfalle können wir das Vorkommen des

Namens Reitherzu sogar schon im 16. Jahrhundert nach­ weisen, wenn ein Straßburger Dogelbuch von 1554 unter den Singvögeln den Reitherzu erwähnt. Don da läuft der

Name durch bis in die neueste Zeit, und so findet sich in

Schlesien ein Vers bei Stoppe: „das Ohr hört keine Finken nicht, den sogenannten Reiter schlagen" (um 1735).

Für die Gegenwart haben wir Nachrichten über die

Namen der Finkenschläge vor'allem für den Harz und für

Thüringen.

Der aus Elbingerode im Harz stammende

Dichter Paul Ernst erzählt im Jahre

1930 in feinen

„Jugenderinnerungen", wie er selber noch als Junge heim­ lich mit einem alten Vogelfänger Leim gekocht habe und auf den Finkenfang ausgezogen fei.

„Und noch heute"

— fährt er fort — „kann ich die verschiedenen Schläge der Finken unterscheiden, wenn ich wieder einmal in meine

heimatlichen

Wälder

komme,

vom

,Kleingroben*

und

,Reiterfaxier* angefangen bis zum niedrigsten ,Latfcher*, dem ,Zwintfcherweida*."

Vorzügliche Finkenorte im Harz sind Benneckenstein und Hohegeiß. Da singt in Benneckenstein der eine Fink feinen

„Reiterfpazier", ein anderer den „Eichsfeldifchen Theresia",

ein dritter den „Weizeptier", ein vierter „en Groben" oder „en Rollreiter", wieder einer macht „en Putzebart", der nächste „en Weizekiel" oder einer singt „en Jeckerreiter". Andere Namen sind „etSchtinzgebier", „de kleine Patteram" und „de Plocksziepe"8).

An einer zweiten Stelle werden

mit Bezug auf Benneckenstein und Thale als die besten Schläge genannt: „Rollreiter", „groberReiter" und „grober

Weidan"?), oder aber es werden allgemein für den Harz als

die Schläge reinen Gesanges angegeben: „Kleine Weiterer (te te te wita), grobe Weiterer (hü, hü, hü, fchonr, fchonr,

fchonr, weiter, weiter), Reiter (hü, hü, hü, reiter, rief, rick, rick, führrr), woneben es auch noch Finken mit einer Staats-

begehr-Strophe (hü, hü, hü, Staatsbegehr) gibt8)."

In

Hohegeiß habe ich vor etwa zehn Jahren die folgende Reihe der Finkenschläge festgestellt: Quirl, Mittel oder Mittel-

quirl, Kleinhoch, Grober oder Grober Quirl, Reiterspazier, Duhebart und Ceresia'). Davon galt der Ceresia-Schlag

als der höchste aller Finkenschläge, und es wurde von ihm

behauptet, er fände sich nur im Nord- oder Oberharz, um Klaustal und Zellerfeld, woraus man wieder schließen kann, daß auch die Finken ihre landschaftlichen Mundarten haben.

Allerdings ist mir einige Jahre später der Name Ceresia auch in Masserberg in Thüringen begegnet. Mit rühmenswerter Sorgfalt ist der aus Waltershausen

im Herzogtum Gotha stammende Forstmann Joh. Matthäus

Dechstein auf die Finkenschläge eingegangen in der ^Natur­ geschichte der Stubenvögel", die im Jahre i6Ho in vierter

Auflage erschienen ist. Dechstein weist darauf hin, daß jeder Fink einen, zwei, drei, oft sogar vier verschiedene Schläge

habe, wovon jeder ein paar Sekunden dauert und aus

etlichen Strophen besteht. Nach den Endsilben der letzten Strophe sind meist die Namen geprägt, und Dechstein zählt sie für Thüringen, vor allem für Ruhla, Tambach, Schmal­

kalden, Dreitenbach und Steinbach, in einer gewissen Rang­ ordnung auf. Demnach galt als Lieblingsschlag der Ruhler Finkenfreunde der „Harzer Doppelschlag", aus fünf langen

Strophen bestehend, wovon der letzte mit einem gedehnten

Weingeh oder Hodoziah endigt. Wenn dieser fehlte, so stand der „Reitzug" oder „Reitherzu" an erster Stelle. Dann folgte der „Reithahn", mit einer langen hoch herab­

schmetternden und etwas zischenden Strophe, der am Ende

Reit- oder Riethahn angehängt ist. Deim „Weidmann" läßt sich der Hauptschlag genau wie „Weidmann zieh aus!" hören. Der „Weingesang" zerfällt in sich wieder in fünf

Arten, nämlich den guten oder Längsfelder, den schlechten,

den geraden, den gemeinen scharfen und den Ruhler scharfen. Wenn der gemeine scharfe gut sein soll, so muß er klingen wie: „Fritz, Frih, Fritz, willst du mit zum Wein gehn?"

Die Unterschiede werden deutlich, wenn man damit den an nächster Stelle folgenden „Bräutigam" vergleicht, dessen

Tonfolge wiedergegeben wird mit den Worten: „gmf, Fink,

Fink, Fink, willst du denn mit den Bräutigam zieren?"

Noch sechs weitere Schläge, die sich immerhin einer ge­

wissen Wertschätzung erfreuten, nennt Dechstein als den „Doppelschlag",

das „Gutjahr",

das „Kienöhl" oder

„Ouakia", das „Parakikah", das „Pithia" oder „Tre-

wethia" und das „Schwarzgebühr". Dann aber schließt er nur mit Namensnennung noch eine lange Reihe der nicht sonderlich geachteten Schläge an, den verkehrten Doppel­

schlag,

das Hochzeitgebühr,

das Hochzeitbier, Weizen­

bier, Gerichtsgebühr, Würzgebühr, Giekgaak, den geraden scharfen Weingesang, die Weinscheere, das tolle Gutjahr,

das Davida, das Werr, Klapziah und alle diejenigen, deren

Endsilbe auf Zia ausgeht, und die mit dem Schimpfnamen der „Putzscheere" belegt wurden. Nach neueren Mitteilun­

gen aus Lichtentanne im Kreise Saalfeld gilt dort heute als herrlichster

Sänger

unter

den

Buchfinken

der

/Reifs

butschär". Im „Thüringischen Sprachschatz" von L. Hertel

finden sich als besondere Schläge auch noch genannt die „Weinbeere" und das „Kotschengewirr""). Dechstein, der selber Liebhaber und Vogelzüchter war,

schließt seine auf genauester Kenntnis beruhenden Aus­ führungen über die Finkenschläge endlich noch mit einem

sehr lehrreichen Hinweis auch auf andere als die thüringi­ schen Verhältnisse, insbesondere auf Österreich.

„Es ist

merkwürdig" — sagt er — „daß nach den verschiedenen

Gegenden, die die Vögel bewohnen, auch ihre Gesänge ab­

wechseln, so daß man andere Gesänge auf dem Thüringer Walde und andere aus dem Harz usw. hört. Und danach richtet sich dann gewöhnlich auch die Liebhaberei, denn in

Österreich hört man folgende gern, die ich nach ihrem Vor­

züge aufeinander folgen lasten will. Der vornehmste Gesang ist der oben erwähnte Reitherzu, darauf folgen der Ritscher

oder Weidschuh, GoldschmiedbuS, Ziehende, Lachende oder Übergehende, das Wilsfeuer oder Dißdered, der Groß­ rollende, Kleinrollende, Sitzaufthül,Musketierer,Malvesier, Kuhdieb, Wey, Sparbarazier, Doiteret, Gutjahr, Mitsoviel, Zitzigall und Pfingelste")."

Man möge sich einmal vergegenwärtigen, wieviel Liebe, wieviel Beobachtung im einzelnen und wieviel Hellhörig­

keit dazu gehört, um bei ein und derselben Dogelart eine

solch große Menge feinster Unterscheidungen vornehmen zu können, wie außerdem aber auch noch etwas fast wie eine

schulmäßig gepflegte Kennerschaft in weiten Dolkskreisen geübt werden mußte, ehe man auf den Gedanken kommen konnte, alle die zahlreichen Sonderschläge mit eigenen

Namen zu versehen. Allerdings ist der Buchfink in dieser

Hinsicht volkstümlich in einer bevorzugten und einzigartigen Stellung, die keinerlei Vergleich zuläßt. Selbst die Nachtigall, deren Ruhm schon seit den Zeiten

des Mittelalters immer wieder in Wort und Lied verkündet ist, kann in dieser Hinsicht nicht über den Finken gestellt werden.

Es ist deshalb auch viel mehr persönlich als

volkstümlich gesprochen, wenn Bechstein auch von dem Nachtigallenschlage eine Schilderung gibt, die wir hier

wegen ihrer Genauigkeit ebenso wie wegen ihrer ansprechen­

den Art folgen lassen wollen.

„Nicht nur die Stärke der

Stimme" — heißt es da — „sondern vorzüglich die mannig­ faltigen und anmutigen Abwechselungen und die schöne Har­

monie des Gesanges machen die Nachtigall für jeden Men­ schen, der nicht alles Gefühl für das Schöne und Angenehme

verloren hat, schaßbar.

Bald zieht sie minutenlang eine

Strophe einzelner melancholischer Töne hin, die leise an­

fangen, nach und nach immer starker wachsen, und sterbend sich endigen, bald schmettert ste eine Reihe gerader, scharfer

Noten hastig her und schließt dann diese und viele andere

Stanzen, woraus ihr Lied besteht, mit den einzelnen Tönen eines aufsteigenden Accords.

Wenigstens vierundzwanzig

verschiedene Strophen hat der Gesang einer gut singenden

Nachtigall — denn auch unter ihnen gibt es wie bei allen

Singvögeln Virtuosen, Stümper und gewöhnliche Sänger— die kleinen Variationen nicht mitgerechnet, und man ist im­

stande, dieselben durch artikulierte Silben und Worte, frei­ lich aus der Nachtigallensprache, auSzudrücken^)." Neben der einfachen Lautbeobachtung des Vogelrufes steht nun aber als etwas völlig Anderes das, was wir als

Dogelsprache zu bezeichnen pflegen.

Dieses fügt sich ein

in die gern und wie im Spiel gepflegte Gewohnheit des

Volkes, den Stimmen der Natur einen mit menschlichen

Gedanken und mit menschlichen Worten geprägten Text unterzulegen. Der Klang der Glocken, das Klappern der Mühle, das Stampfen der Maschine und das Pfauchen der Lokomotive, dieses und wohl noch manches andere erhält

auf diese Weise seine besondere Deutung, und im Anschluß

hieran reden wir von einer Glockensprache, einer Mühlen-

i4

Der l'ogelkrämer. Aus „Der Kaufruf in Wien“. Stuttgart v. I.

spräche und so fort. In dem gleichen Sinne gibt es auch

in ungewöhnlich reichem Maße eine Dogelsprache, und je

nach der Dogelart können wir sogar von den volkstümlichen Erscheinungen

einer

Schwalben-,

einer

Lerchen-,

einer

Finkensprache usw. reden.

In den Zusammenhängen, um die es sich hier handelt, brauchen es nicht nur die Vögel zu sein, die sonst um ihres

Gesanges willen als Stubenvögel gehalten werden. Man denke etwa an das Schwalbenlied, von dem allein aus

dem Münsterlande etwa ein Dutzend verschiedene Fassungen bekannt sind. In meiner Göttinger Heimat heißt es:

ek

weggung, as ek weggung, Was düt fak vull, was dat fak

vull, As ek weer kam, as eck weer kam, Was alles verflickert un verflüert", und es ist für die Dolksläufigkeit

dieser Rufdeutung bezeichnend genug, daß sie in der platt­ deutschen Mundart abgefaßt ist. Dieselbe Schwalbe sagt dagegen nach der Meinung der Altmärker"): „Mutter, müßt dän Jung'n dän Kittel flicken, Kittel flicken. Mit

witten, swarten, witten, swarten Zwirn!" Auch ein ober­ deutsches Beispiel möge hier angefügt fein. Es zeigt zugleich

den scherzhaften Einschlag, den diese Lautdeutungen oft haben, wenn man etwa in der Oberpfalz dem Zwitschern der Schwalben in der Dachrinne die Worte unterlegt:

„2Benn die alten Weiber z'samm summa, nau titschelns und tätschelns, und wenn's von einander ganga, wissen's koin Dreck!"

Oft genannt ist in diesen Beziehungen der Wachtelschlag. In Süddeutschland nennt man die Wachtel auch das Ernte­

vögelchen. Ihren Ruf zur Zeit dec Ernte deutet man für die Tageszeiten verschieden. Morgens: „Weck den Knecht,

Lauster, Singvögel als Hausgenossen. 2

15

weck den Knecht!", mittags: „Bück den Rück!" und abends:

„Für den Knecht — Sorget recht!" Zum Schnitter ruft

sie: „Zriff mich nit, tritt mich nit!", zum Jäger: „Fürcht' mich nit, fürcht' mich nit!" Im Herbst ruft sie: „Harte

Zeit, harte Zeit!" und zum Abschied: „Jpüf dich Gott, hüt dich Gott!" Das in mehreren Fassungen vorliegende volks­

tümliche Lied vom Wachtelschlag mit dem Anfang: „Hört wie die Wachtel im Grünen schön schlägt!" knüpft also an

bekannte ältere Überlieferungen an. Wie der Schlag der Wachtel so bezieht der Bauer viel­

fach auch den Ruf des GoldammerS auf sich selber.

So

deutet er ihn in Mecklenburg je nach der Jahreszeit, im

Winter: „Buur, Duur, leihn mi dien Schüün, in'n Sommer

will'k di helpen tüün", im Frühling heißt es dann: „Nu

gah'k nich mihr mit na Schüün", und gar im Sommer: „Ick fchiet den Duurn in de Schüün." Wenn aber der

Herbst kommt, klingt es wieder bescheiden: „Dauer, miet mich, Dauer miet mich!" Anderwärts in Niederdeutschland

ruft die Ammer: „Ick, ick, ick hev feen Tid!", in Thüringen:

„Wie wie wie hab ich dich doch so lieb!" oder: „Li li li li Linsendieb!", endlich etwa in Oberschlesien: „Pauer, Pauer, säh frih, säh frih, Säh a Kernla für mich mit!" Die Lerche, von der man in Oberschlesien sagt, Gott habe sie für den pflügenden Adam aus einem Erdklümpchen ge­

schaffen, singt ihr: „Liri-liri-li, Schön ist's in der Früh!" oder: „Dir, dir, Jehovah will ich singen!" In Preußen heißt das Lerchenlied: „Jungchen, tripple in den Dienst!

Tripple in den Dienst! Wenn's dir nicht gefällt, lauf weg, lauf weg!", oder es lautet, vielleicht noch eindringlicher, in der Mundart: „Drlw, Peterke, driw! Häst e gode Wert,

denn Büro, ös hei schlömm, denn teh wit, wit, reif, weg, weg, weg!"

Eine große Rolle spielt in diesen Zusammenhängen die Amsel, von der der schweizerische Volksglaube sagt, ihr

Gesang vom Haushag bringe dem Hauskranken den Tod. Im Anhaltischen erzählt man die folgende Geschichte: Als d?e Amsel einmal Kuhhirt war, hütete sie auf guten Weiden, so daß die Kühe abends nicht nach Hause wollten, sondern

immer umkehrten.

Deshalb ruft sie: „Duntkopp! rum!

ho ho!" Der Lockruf für das Weibchen heißt: „Liefebett, Lisebett, wullste nit en balle kuemmen? süß, süß, süß, süß,

süh!", und wenn es darauf kommt, klingt es schmeichelnd: „Lisebetteken, Lisebetteken!"

Die Singdrossel oder Zippe

ruft in Thüringen: „David, David drei Nösel für eine Kanne — Prosit, prosit! KottenhanS, Kuhdieb!", und wenn sie „Kuhdieb!" sagt, gilt sie als vorzüglich guter Vogel.

In Unterwirbach bei Saatfeld wird der Drofselruf ge­

deutet: „Surre Ficht', dürre Ficht', hack sie ab! hack sie ab!

Förster kommt, Förster kommt, quiek, quiek, reiß aus, reiß aus!"

Manche dieser Deutungen sind über einen recht

weiten Bezirk verbreitet, zeigen dann aber gewisse land­

schaftliche Unterschiede. So deutet man den Ruf der Sing­

drossel im Münsterlande: „Bett Hinnerk, Bett Hinnerk (— Bernhard Heinrich), treck'n Kiel (— Kittel) an, et riänt

(regnet), de wäts natt!" In Schirke im Harz geht es Bei

ähnlichem Anfang zu ganz anderem Ende: „Zieh Rock un Kettl an, verjitt de Hannschen ( = Handschuh) nich! bin so

äbbel, mechte mek bräken." Sehr beliebt ist der Pirol, die Goldamsel, schon wegen

des schönen Gefieders.

Im Bergischen nennt man ihn

Gerholt und deutet seinen Ruf: „Friedrich Gerholt!" oder

„Vivat Gerholt! Sind Kirschen bal riep? Süß (— sonst) fret eck se grön!

Sie eck nit en lustig Gerholt?"

Im

Münsterlande heißt er Wiele-Waale, und dort lauten seine

Worte: „Jungfrau, laot de Köh ut!, denn kricht de Kinder Wittbrot", oder: „Jungfrau, treck de Box ut!, treck de Sack

an, dan haß noch wat an!" Wieder anders heißt es: „Bier holn, Bier holn, aussaufen, mehr holn!"

Aus der großen Fülle der Beispiele können wir hier nur einige wenige herausheben. Allgemein bekannt ist, was der Kibitz ruft: „Kiwitt, wo bliew ick? In'n Drummelbeer-

busch, Do sing ick, Do fleit ick, Do hew ich mien Lust. Ki-witt, witt, witt, ki-witt!" Keck wie immer ruft der Zaun­

könig in der Altmark: „Zicker, zick, zick, zick! Oe Döggel König dät bin ick!" Im Oberharz um Schierke aber spottet er heimlich: „Wenn dat de Mester wett, wett, wett, Dat

eck op sine Köte (= Hütte) schett, Der wolle meck schon fejen." Unter den Vögeln, denen wir spater als den üblichen

deutschen Stubenvögeln begegnen werden, ruft das Hausrotschwänzchen schmeichelnd: „Sieh, sieh, siehst du mich

nicht? Hi hi hi hier bin ich ja!", den Nachtschwärmer aber

höhnt es des Morgens: „Du f— f— fauler Strick! — Gehst du sch— sch— schon so früh heim!" Den Lockruf des

Gartenrotschwänzchens umschreibt man in der Altmark, ebenso übrigens auch in der Schweiz: „Hüt, dick, dick, dick!",

und der Vogel wird hiernach geradezu Hütick oder Hüting genannt. Im übrigen treten hier besonders die Meise, die Nachtigall und der Fink in den Vordergrund. Der Frühlingsruf der Meise wird am Oberrhein gedeutet

als: „Zit isch do! Zit Lsch do!", weiter in Oberdeutschland als: „Spitz die Schar, Spitz die Schar! Bauer in den Acker

fahr!" In Mecklenburg heißt es: „Schink iS goor, Schink

Ls goor!" oder: „Sieh dich vor, sieh dich vor!" Im Münster­ land ruft sie: „Ninive, Ninive!" und „de döht immer daobi grienen, dat Ninive unnergaohn is."

Wenn die Meise

— was man sonst auch von dem Hänfling sagt — in der

Gegend von Bielefeld ruft: „Spinn dicke, spinn dicke, Alle

Tage drei Stücke!" so bezieht sich das auf die Pflichtzahl des Spinnens.

Wenn nämlich im Ravensbergischen eine

Magd den ganzen Tag mit Spinnen beschäftigt war, mußte sie täglich drei „Stücke", d.h. sechzig „Bind" Garn abliefern.

Die Nachtigall wird im Münsterland auch „Katuffel-

Dogel" genannt: sie beginnt zu singen, wenn die Kartoffeln gepflanzt werden, und hört auf, wenn sie blühen. Don ihr

sagt man in Mecklenburg, sie sei eine verwünschte Schäferin und als solche rufe sie: „David, David, David, drief, drief, drief, drief, to Ducht, to Ducht, to Ducht!" Verbreitet ist

der Glaube, daß sie ihre totgeborenen Kinder lebendig singe,

eine Sage, von der freilich Jakob Grimm gemeint hat, daß sie nicht deutschen Ursprungs sei.

Überwiegend wird das

Lied der Nachtigall im volkstümlichen Sinne offenbar als das empfunden, was es ja auch wirklich ist, als Liebeslied. Deshalb gibt man ihm auch eine entsprechende Deutung.

In der Altmark lautet sie: „Mien lewes Wief, Wief, Wief, Wief, Hüt, Hüt, Hüt, Hüt, Hüt Hew'k bo't (— gebaut)

dät Nest, Probir's, bir's, bir's, bir's, bir's! ’s iS fmuck, fmuck, smuck, smuck, fmuck!"

Mehr als die Lautdeutung

herrscht aber bei der Nachtigall, soviel wir sehen, die Lob­ preisung ihres süßen Liedes vor, von dem auch Martin

Luther gelegentlich einmal gesagt hat: „Ach, wie eine herr­

liche Musika ist, damit Gott der allmächtige Herr im Himmel seinen Sangmeister die Nachtigall samt ihren

jungen Schülern und so viel tausendmal Vögel in der Luft begnadet hat!"

Besonders auffällig ist die große Zahl der Lautdeutungen, die dem Finkenschlage untergelegt sind, und schon hiernach steht es außer Zweifel, daß der Fink — wie wir später auch

sonst sehen werden — seit alters unter allen heimischen Sing­ vögeln neben der Nachtigall der eigentliche Liebling des deut­

schen Volkes ist. Für seine verschiedenen Schläge, wenigstens

für einen Teil derselben, gibt es eigene Sprüchlein, für den „Gemeinen Weingesang" und für den sogenannten

„Bräutigam" haben wir sie schon kennengelernt.

Der

kurze „Weidmann" lautet einfach: „Weidmann zieh aus!" Im Frühling ruft der Fink im Oberharz: „Sieha, sieha,

sieha. Wo ich a schöne Zeit hob!"

Sonst gilt der Fink

im Gegensatz zur Lerche, dem Schönwettervogel, vielfach als Regenkünder.

Sein Ruf heißt demnach:

„Is trieft, 's

trieft!", im Kraichgau: „Schütt, schütt!", in Thüringen: „'s ränt (= regnet), 's ränt!"

Dem Weibchen ruft der Fink dieselbe Einladung in das Nest zu, die wir auch schon von der Nachtigall gehört haben.

Sonst schmeichelt er: „3cf, ick, ick, ick will hin zu dir! Du, du, du komm her zu mir! Flink! Flink! Flink!" Der Schlag

am Morgen lautet nach sächsischer Auslegung: „Ssss ist in der Nacht aber nix passiert" Die Finkin ruft: „Mein Mann

ist Gerichtsvollzieher!", er selbst sagt: „Ick, ick, ick bin der

Unteroffizier!" In Thüringen gilt er auch als Hochzeits-

böte, wenn er ruft: „'s gibt, gibt, gibt, gibt, gibt bal Hochzig­

bier!" Allein aus Mecklenburg hat R. Woffidlo vierzig verschie­ dene Ausdeutungen des Finkenschlages gesammelt, wie etwa:

„Kiek mal her, hier sitt 'k", oder: „Dring mi mal dat Kürassierpferd" oder: „Wat heff ick di giern, du söte Diern"

und viele andere").

Reichliche Nachweise haben wir auch

durch G. Henssen aus dem Rheinlande.

Da ruft der Fink

zum Beispiel: „Zwitsch-Ridewitsch, min Mudder eS 24 Johr

alt!" Seine Beteiligung an der Obsternte äußert sich in dem

Rufe: „Seht, seht scheene Quetschekern!" oder in der Auf­ forderung an das Weibchen: „Gretelche, Gretelche, wasch dei

Schirzelche; dies Johr, dies Johr geft et vill Kierschelcher!" Heimattreu ruft er „Bitt, bitt, bitt fir den Regierungsbezirk Trier!"")

Zum Schluß muffen wir noch kurz von den Zwiegesprächen der Dögel berichten. Im Kraichgau ruft der erste Hahn:

„Kickeriki, Nochbar, komm rieb!", und der zweite antwortet:

„Kickeriki, Jo, i krieg Hieb!"

Anderwärts fragt ein Buch­

fink: „Sech, fech, fech, hiäste mine ©reite nit 'efaihn?", und der Nachbar entgegnet:

Wiächeltenbusk!"

„Süh, füh, füh, da fitt fe im

Im Oberharz lautet das Zwiegespräch

zweier Duntdrosseln: „Philipp Schmidt, Philipp Schmidt,

gieb mir den Pfennig, gieb mir den Pfennig!" — „Wat wiste mit, wat wiste mit?" — „Speelen, speelen!"

Wenn aber

im Herbst die Krähen vereinzelt am Rande des Waldes auf

den größeren Bäumen sich treffen, so unterhalten sie sich nach einem Bericht aus Unterwirbach bei Saalfeld miteinander. „Wo waarfcht, wo waarfcht?" — „Kärb' (Kirchweih),

Kärb'" — Was gab's, was gab’d?* — ^Pfaerd, Pfaerd!^ — ,2Bie waarsch? wie waarsch?" — „Rappeldärre, rappel-

därre!^ Wie weit diese meist scherzhaften Gespräche örtlich ge­ bunden sind, läßt sich im einzelnen wohl nicht übersehen.

Eine ziemlich weite Verbreitung, mindestens über das Mün­ sterland, den Harz, die Altmark und Mecklenburg hat ein

Zwiegespräch, das sich bald zwischen Schwalbe und Gold­ amsel, bald zwischen Schwalbe und Rotschwänzchen oder Kiebitz, meist aber zwischen Schwalbe und Lerche abspielt.

Da sagt nach einer der verschiedenen Fassungen in der Alt­ mark die Lerche: „Se Froenslü, de FroenSlü, De droag'n

doch goar to nüdlich, nüdlich, nüdlich Tügl", worauf die Schwalbe widerspricht: „Sost se moal sehn, wenn ick se seh,

Des Moarg'ns, wenn' noa'n Kohstall geiht, Wenn ick se

seh, Denn geih't: de schlipp, de schlapp, de schlipp, de schlapp, de schlirrrr!"

Die Zahl der volkstümlichen Deutungen derDogelstimmen ist viel zu groß, als daß sie hier alle wiedergegeben werden könnten, ganz abgesehen davon, daß sie noch nicht annähernd

vollständig gesammelt sind.

Oft sind sie Zeugnisse einer

sicheren Gläubigkeit, in anderen Fällen eines derben Humors.

Immer zeigen sie ein warmes Naturempfinden. Das Ganze ist ein merkwürdiges Spielen mit den Naturerscheinungen,

ein volkstümlicher Dorstellungskreis, der in Einzelfällen

auch in die Bereiche der Natursagen hinüberspielt. Es ist ein

überaus

liebenswürdiges

und

freundliches Deuten

der

Stimmen der Natur.

Man muß allerdings gleich dazu sagen, daß es nur ein Deuten ist, niemals aber der ernstliche Versuch eines Ab-

Silhouette des Erbprinzen Carl Friedrich von Sachsen-Weimar, geb. 17S3. Forlage des Wit­ tumspalais zu Weimar

bildes.

Diel eher könnte man behaupten, es sei — zum Teil

wenigstens — ein Abbild der Geistesart des deutschen Men­

schen, der jene Deutungen geschaffen hat. Es bildet eine der

Voraussetzungen, aus denen das Halten von Singvögeln im Haufe üblich geworden ist, und es ist ein Stück von dem

Geiste, aus dem die deutsche Mutter den Kindern ihr Lied

von den kleinen Vöglein im Walde singt: „Ich geh durch einen grasgrünen Wald

Und höre die Dögelein singen. Sie stngen so jung, sie singen so alt,

Die kleinen Dögelein in dem Wald, Die hör ich so gerne wohl fingen!*

2. Stubeuvögel in der deutschen Kulturgeschichte Ein kenntnisreicher Mann hat einmal die Meinung aus­ gesprochen, daß für die Stimmen der Vögel in Wald und

Feld „bei unseren Vorvätern Sinn und Gefühl erst im Ver­

lauf langer Jahrhunderte in geschichtlicher Zeit und in

weiterem Umfange nicht vor dem 12. und 13. Jahrhundert rege wurde"'°). Wir haben aber guten Grund, derartige

Vorstellungen abzulehnen. Wer, wie die Germanen es ge­ tan haben, ein Leben in der Natur führt, an dessen Ohren

gleitet kein Naturlaut ungehört vorüber, und die Herzlich­ keit, die den Germanen von jeher im Blute liegt, muß ste

2Z

ganz besonders für die Stimmen der Vögel empfänglich ge­ macht haben.

Wenn man schon in vorchristlicher Zeit im

Orient und in der römischen Kultur beim Vogelfang sich der

Lockvögel im Dauer bediente"), und wenn man in germa­ nischer Zeit unzweifelhaft dasselbe getan hat, so liegt es doch

auf der Hand, daß die Haltung dieser Lockvögel im Hause

erfolgen mußte, und daß ihr Frühlingslied dann auch allen denen, die im Hause waren, zu Herzen gegangen ist.

Schon in althochdeutscher Zeit begegnet uns der Vogel­ bauer. Wir lernen ihn kennen, in den sprachlichen Glossen, in denen das aus dem lateinischen cavea entlehnte Fremd­

wort „Käfig" erklärt und auf die Haltung von Vögeln ge­ deutet wird.

So ist denn auch schon in dem zwischen 744

und 748 niedergeschriebenen bayerischen Dolksrechte, der

Lex Bajuvariorum, die Rede von gezähmten Vögeln, und

wenn man dabei auch wohl in erster Linie an Jagdfalken,

an Adler, Habichte und Sperber denken muß, und wenn weiterhin an anderen Stellen etwa feit dem Jahre 800 der

Papagei schon einige Male erwähnt roirfc18), so müssen wir

doch auch für diese Zeit schon mit der Zähmung heimischer

Singvögel rechnen"). In den deutschen Schriftquellen des Mittelalters tritt uns die Liebe zu den Tieren, insbesondere auch zu der Vogel­

welt wiederholt entgegen. Thietmar von Merseburg erzählt, daß nach dem Tode des Königs Heinrich I. dessen Gattin

Mathilde für sein Seelenheil nicht nur die Armen speiste, sondern auch „den Vögeln Nahrung gab"20), und wir denken daran, daß eben dieser Heinrich I. es ist, der später den Bei­

namen der „Finkler" oder der „Vogler", lateinisch Auceps, führt, eine Bezeichnung, die freilich noch nicht zu Heinrichs

Lebzeiten, sondern zuerst in der Mitte des 12. Jahrhunderts

begegnet. Für den Ausgang des 10. Jahrhunderts berichtet Thietmar auch von dem Grafen Ansfrid von Löwen außer manchen anderen frommen Werken, daß er auch für die

Vögel in frommer Liebe sorgte: „er ließ ihnen auf seinem

Berge im Winter Gefäße mit Futter in die Baume setzen". Es ist ungefähr dasselbe, was eine liebliche Sage von

Walther von der Dogelweide erzählt, der letztwillig ver­ ordnet haben soll, daß inan auf seinem Grabsteine den

Vögeln Weizenkörner und Trinken gebe, und ähnliche Bei­ spiele der Fürsorge für die Vögel sind aus dem Mittelalter

auch sonst in größerer Zahl besannt21).

Hier handelt eS sich also noch um die Fürsorg- für die wild

lebenden Vögel.

Es fehlt aber auch nicht an frühen Nach­

richten über die Stubenvögel.

In der Mitte des 11. Jahr­

hunderts werden in der ältesten deutschen Romandichtung, dem im bayrischen Kloster Tegernsee entstandenen „Ruod-

lieb", mehrfach abgerichtete Elstern, Dohlen und Stare er­

wähnt, an deren Künsten sich die Gesellschaft erfreut, so wie

auch das spätere Mittelalter an sprechenden Elstern und Staren sein Vergnügen hatte22). Dann aber tritt uns im

Ruodlieb ein überaus anmutiges Bild von einem jungen

Mädchen entgegen, das feine Vögel versorgt und mit ihnen sein Spiel treibt.

Nach der Übersetzung von Kaufmann

lautet die Stelle:

„Diel zahme Singvögel sah man überall

Gestängelt an den Wänden, die sangen süßen Schall. Von Stab zu Stabe hüpfte die Grasmücke flink

Die Amsel und der Dompfaff und mancher Zeisig und Fink."

„Sie kamen auch, wenn offen des Bauers Pförtchen war,

Dem Fräulein geflogen ins nußbraune Haar,

Dom Haar auf den Finger, wenn sie ihn freundlich bot, Ihr aus der Hand zu picken das lock're schneeweiße Brot."

„So ätzte sie das Fräulein und strich des Lieblings Flaum, Dis sie gesättigt suchten des Käfigs trauten Raum.

Da faßen sie und schnäbelten sich lieblich wie zuvor, Mit süßem Wohllaut füllend der Gäste lauschendes Ohr." Grasmücke, Amsel und Dompfaff, Zeisig und Fink, die­

selben Vögel, die auch später beliebt bleiben, treten uns schon hier als Stubenvögel entgegen, und die Freude an ihrem

Gesänge wird ausdrücklich bezeugt.

Merkwürdig ist dabei,

daß das deutsche Mittelalter für mehrere seiner Stuben­ vögel, für Zeisig, Stieglitz und Krinitz, den Kreuzschnabel,

seine Namen aus dem Wendischen entlehnt hat, und zwar

müssen diese, „wie das lautliche Aussehen verrät, schon im 12. und 13. Jahrhundert im Deutschen bekannt gewesen @0 jst kaum anders denkbar, als daß diese Vögel

seiner,)

vom Osten her als wendische Handelsware ihre Namen mit

nach Deutschland hereingebracht haben.

Jedenfalls wissen

wir von dem Zeisig, der vorzüglich die Erlenwaldungen liebt,

daß er früher im Spreewalde sehr zahlreich war.

Noch in

den neueren Jahrhunderten war er dort so stark vertreten, daß sein Fang zu einer Zeit, als er als Stubensänger noch

den Vorrang vor dem Kanarienvogel behauptete, den Bürgern von Lübbenau als eigene Erwerbsquelle diente"). Der aus

Mitteldeutschland stammende

Minnesinger

Heinrich von Morungen, Dienstmann des Markgrafen Dietrich von Meißen, läßt uns am Anfang des 13. Jahr-

Hunderts in einem innigen Bilde ein Mädchen erscheinen,

das seine Liebe an einen Singvogel gehängt hat, indem er sich selber wünscht, er möchte seiner Dame auch so vertraut

sein, so „heimlich", wie ein kleines zahmes Vöglein, das sie

sich hält.

So schreibt er in einem seiner Lieder die Worte:

„ßi hüt liep ein kleine vogellm,

daz ir singet und ein lühel nach ir sprechen kan: Müest ich dem geliche ir heinlich sm,

so swüere ich wol daz nie frouwe selchen Vogel gcwan. für die nahtegale wolte ich hohe singen dan26." Es mag in diesem Zusammenhang auch daran erinnert

werden, daß zu der gleichen Zeit bei Gottfried von Straß­ burg im „Tristan" die Frau Minne allegorisch als Dogel-

stellerin vorgeführt wird, eine Vorstellung, der wir in der

französischen Literatur noch in der Mitte des 15. Jahr­ hunderts wieder begegnen26). Im übrigen ist für die höfi­

schen Verhältnisse des Mittelalters zu sagen, daß in ihnen

offenbar der Papagei als Stubenvogel eine bevorzugte Rolle

spielte.

So lernen wir um 1200 im „Wigalois" des Wirnt

von Grafenberg einen wunderbaren Sittich kennen mit feinem herrlichen Gehäuse, von dem uns in dichterischer

Übertreibung erzählt wird: „daz koste mZ danne tüsend

pfunt, von golde und von gesteine."

Zahllose andere Be­

richte des Mittelalters über in der Gefangenschaft gehaltene

Papageien schließen sich dem an27). Der Kaiser Rudolf von Habsburg, der ein sehr sparsamer Mann war, zahlte am Ende des 13. Jahrhunderts für einen Papageienbauer die Summe von 30 Pfund Silber, und ein Dauer, den der Rat

von Nürnberg im Jahre 1458 dem Kurfürsten von Mainz

für einen Sittich verehrte, kostete an Vergoldung sieben

Gulden.

Man sieht nach alledem, daß der Papagei den

deutschen Menschen des Mittelalters ein durchaus ver­ trauter Vogel gewesen sein muß, und so ist es denn auch nicht ganz so verwunderlich, wie es sonst scheinen könnte,

wenn auf einem Neujahrsglückwunsch von 1430, einem der ältesten deutschen Holzschnitte, sogar das Jesuskind mit einem Papageien spielt28). Singvögel in der Hand von Kindern, eine sicher nicht immer erfreuliche Erscheinung, begegnen und an den ver­ schiedensten Stellen seit dem Mittelalter bis in die neueste Zeit. Don Anselm von Canterbury (1033—1109) wird be­

richtet, daß er einmal sah, wie ein Knabe mit einem Vogel spielte, dessen Dein an einen Faden gebunden war, wie er ihn bald scheinbar fliegen ließ, und wie er ihn bald wieder an dem Faden zurückzog. Anselm befreite den Vogel, und er sagte zu seinen Begleitern, wie der Knabe mit dem Vogel, so spiele der Teufel vielfach mit den Menschen").

Im Elsaß schildert Konrad Dangkrotzheim im Jahre i435 in seinem „Heiligen Namenbuch" den Hagenauer Jahr­ markt und er erzählt, wie von dort die Kinderfrau ihren Zöglingen eine an seidener Borte gefesselte Turteltaube als Jahrmarktsgeschenk mitbringt: „Der Kaufmann machet sich uff die Fahrt, Wann es ist Johrmerckt zuo Hagenowe. So kromet denn der Kinde Lehrfrowe Dem Knaben eine Tasche, der Tochter eine Hube Und jedem Kinde ein Turteltube, Gefesselt an ein sidin Dorten."

In anderen Fällen scheint besonders der Stieglitz den

Kindern als Spielvogel überantwortet zu sein.

Die Maler

Cima da Conegliano, Morone, Filippo Lippi, Raffael und

andere lassen in Italien das Christkind mit einem Stieglitz spielen.

Ähnlich legt Rubens am Anfänge des 17. Jahr­

hunderts für die belgischen Bezirke ein Zeugnis ab.

In der

fürstlich Lichtensteinschen Galerie zu Wien hängt heute das schöne Bild seiner beiden Söhne Albert und Nikolas. Letzterer hält in der Hand einen Holzgriff mit einer glocken­

behängten kleinen Ouerstange, dem Sitz für einen gefesselten

Zeisig, dem der Faden in der Kinderhand nur einen erbar­ mungswürdig geringen Spielraum zum Herumflattern läßt.

Bis in den Ausgang des 18. Jahrhunderts find diese leben­

digen Spielzeuge im Gebrauch geblieben.

Im Wittums-

palais der Herzogin Anna Amalia zu Weimar befindet sich

eine Silhouette des im Jahre 1783 geborenen Erbprinzen Carl Friedrich, auf der der Knabe mit einem Vogel am Faden dargestellt ist.

Ob und wie weit in der Literatur der neueren Jahr­ hunderte etwas über diese Spielvögel zu finden ist, muß eine weitere Umschau lehren.

Allzuviel Gutes wird kaum dar­

über zu sagen fein30). Diel erfreulicher sind ohne Zweifel

alle die kulturgeschichtlichen Züge, die von der eigentlichen

Haltung der Singvögel als Stubenvögel berichten. Dabei treten uns im deutschen Bürgerhause seit dem ausgehenden

Mittelalter vor allen Dingen Stieglitze, Zeisige, Finken und auch Nachtigallen entgegen, das heißt ungefähr dieselben

Vögel, die im volkstümlichen Brauch bis heute im Vorder­ gründe stehen. An diese haben wir zu denken, wenn wir von

einem italienischen Reisenden des 15. Jahrhunderts hören, daß ihm die Stadt Wien wegen der vielen Singvögel, die

in Sälen und Stuben ihre Lieder erschallen ließen, „true ein grüner lustiger Wald" erschien^).

Seit der Zeit des ausgehenden Mittelalters mehren sich nun auch die Stimmen, die uns von Einzelheiten nähere Aus­

kunft geben. In der Mitte des i4- Jahrhunderts erscheint in dem „Buche der Natur" von Konrad von Megenberg der Stieglitz im Käfig, und mir lernen ihn dort auch gleich mit seinen kleinen Künsten kennen: „Er hat die Art, so er ge­

fangen wird und beschlossen an einem Dogelhäusel, so zeucht er Wasser auf in einem Fässel an einem Faden mit seinem Schnabel und hält es zur Stund mit einem Füßel, bis er ge­

trunken hat." Dann aber begegnet uns seit dem 15. Jahr­ hundert unser eigentlich deutscher Stubenvogel, der Fink.

Die älteste Duelle hierfür ist — sicher nur zufälligerweise —

eine niederdeutsche, der sogenannte DocabulariuS Engel-

husii vom Jahre i445-

Derselbe erzählt von einem gefan­

genen Finken: „Ein Finke, de in eineme Bure sitt, wann he enen wilden Finken hort, he kleiet, he bitt, he wäre gerne

fort."

Man sieht an diesem Beispiel deutlich, daß eS sich

bei den polizeilichen Bestimmungen über den Finkenfang, die wir aus ungefähr der gleichen Zeit kennen, mindestens zum

Teil darum gehandelt hat, daß die Finken auch als Sing­ vögel und nicht etwa nur für die Küche und für den Brat­ spieß gefangen wurden.

In den Nürnberger Polizei-Ordnungen des 15. Jahr­

hunderts wird der Verkauf von Vögeln an Feiertagen vor Tische verboten, ebenso aber auch der von Vogelhäusern^), woraus wir ersehen, daß es sich hier um Singvögel handelte.

Im übrigen wird der Finkenfang ausdrücklich von der son­ stigen Vogeljagd unterschieden, wenn eS in den Nürnber-

Verkäuferin von Singvögeln. Aus Christopher Suhr, „Der Ausruf in HamburgiSoS

gischen Bestimmungen von i^7Z heißt: „Es ist bei einem ehrbarn Rate beschlossen worden, daß nun fürbaß niemand mehr kein Krammet-Dogelherd noch Leimstatt ... in den Wäldern nit machen noch vorgemacht haben sollen, auch

darin keinerlei Strick, Schrenzen, Dögleinfallen, Schneller noch dergleichen nit legen, richten und gebrauchen sollen."

Diese sollen nur außerhalb der Wälder gestattet sein. Da­

gegen bleiben Finkenherde auch innerhalb der Wälder er­ laubt, „doch ohne grob Lockvogel oder Vorläufer". Aus Hamburg haben wir vom 9. August 1594 eine eigene

Ordnung der Finkenfänger.

Dieselbe redet fast ganz von

Fang und Verkauf der Vögel zum Verspeisen, und ste be­

stimmt die Dauer der Fangzeit von Jacobi, dem 25. Juli,

bis zum Feste der Botschaft Mariae, den 25. März, und

zwar wird dabei im Sinne der SchuHvorschrift ausdrücklich verfügt, „daß kein Finkenfänger seine Garn gemeinen Jungens und anderen Losgängern verheuern, sondern selbst

zu seinem Besten gebrauchen und seine eigene Nahrung da­ mit schaffen soll, bei willkürlicher Strafe und Brüche eines

Ehrbaren Rates". Man darf aber aus solchen Ordnungen nicht etwa den Schluß ziehen, als fei in jener Zeit des aus­ gehenden 16. Jahrhunderts für die Hamburgischen Finken­ fänger die Lieferung von Stubenvögeln überhaupt nicht in

Frage gekommen.

Auch in Hamburg war lange vorher

der Finkenbauer eine wohlbekannte Erscheinung, und schon lange vorher war auch hier spottweise auf den Pranger in

Gestalt des Schandkorbes der Name „Dinkenbur" über­

tragen, dem wir hier im Jahre 1532 zum ersten Male be­ gegnen"), und der dann später im studentischen Sprach-

Lauffer, Singvögel als Hausgenossen. 3

3'

gebrauch ebenso als Bezeichnung für den Karzer verwandt

worden ist. Über die Zeit, zu der in den Kreis der Stubenvögel, neben

den anderen, auch die Nachtigall eingezogen ist, laßt stch schwerlich etwas Genaueres sagen. Daß sie seit sehr langer

Zeit als Sängerin in höchster Wertschätzung steht, ist ohne weiteres begreiflich.

Schon in der mittelalterlichen Lyrik

wird sie, in Deutschland ebenso wie übrigens auch in Frank­ reich, laut gepriesen, und wie sehr ihr Gesang auch den Men­

schen jener Zeit zu Herzen gegangen ist, das wird erkennbar genug, wenn eben sie es ist, die in der Minnedichtung immer

wieder zum Liebesboten erwählt wird.

Bei Gottfried von

Straßburg tritt uns der StimmungSgehalt, der gefühls­

mäßig mit der Vorstellung vom Nachtigallenschlage ver­ bunden war, besonders deutlich entgegen, wenn er zunächst

alle lyrischen Dichter den Nachtigallen gleichsetzt, dann aber vor allem den großen Walther von der Vogelweide als „Meisterin der Nachtigallen" preist.

Vielleicht ganz unab­

hängig davon tritt derselbe Gedanke, nun aber im geistlichen

Sinne verwandt, in einem mittelalterlichen Gedichte auf, das

als „Des Teufels Netz" benannt ist.

Da wird von einer

Klausnerin gesagt, daß sie als Gottes Nachtigall ihn in ihrem Käfig, in ihrer Klause, Tag und Nacht tobe34), wobei

— wie man sieht — uns zugleich die Vorstellung von der Nachtigall im Käfig bezeugt wird. Auch noch in einem ganz anderen Zusammenhänge erkennen wir die Wertschätzung,

die die Nachtigall seit langer Zeit erfahren hat, und wir müssen eindringlich daran erinnern, daß man beim Orgelbau von alterS her den Nebenzug in den Orgeln, der das Zwit-

schern der Vögel nachahmt, schlechthin als „Nachtigall" be­

zeichnet^). Mindestens seit dem i6. Jahrhundert misten mir genau, daß die Nachtigall in den Bürgerhäusern als Stubenvogel

gehalten ist.

So erklärt es sich, menn mir in Hamburg in

der schon genannten Finkenfänger-Ordnung vom Jahre 1594 sogar eigene Schutzvorschriften für die Nachtigall

finden^).

Dieses sehr merkwürdige und vielleicht erst?

deutsche Naturschutzgesetz hat den folgenden Wortlaut: „Es ist auch von einem ehrbarn Rat verordnet, daß Niemand sich

soll unterstehen, Nachtigallen auf zmei Meilen nahe dieser Stadt zu fangen.

Wol solches mird brechen, soll Einem

Ehrbarn Rat in Bruch 10 Thaler verfallen sein."

Es ist

eine ganz außergewöhnlich hohe Geldstrafe, die damit fest­

gesetzt mird, und wir wollen sehr lebhaft unsere Schlüsse

daraus ziehen! Im 16. Jahrhundert beginnt, mir wir später noch des

näheren sehen werden, unter den Stubenvögeln allmählich der Kanarienvogel die bevorzugte Stelle einzunehmen, und vielleicht mag es daran liegen, daß unsere Hoffnung, in dieser

jüngeren Zeit reichere schriftliche Nachrichten anzutreffen, nicht ganz in dem erwarteten Umfange erfüllt wird. Ganz

fehlt eS aber auch da nicht an Hinweisen. Besonders be­

merkenswert ist der Anhang über den Vogelfang, den im

Jahre 1729 Caspar Schröder seinem damals erscheinenden Buche über die „Jagd-Kunst" beigegeben hat. Es sind sehr

merkwürdige Geschichten, die dem Leser da von den wunder­ baren Künsten der Nachtigall aufgetischt werden, und wir

können nur staunen, wenn wir sehen, daß der Verfasser offenbar selbst an die Dinge, die er da erzählt, geglaubt hat.

3*

33

„Die Jungen" — sagt Schröder von den Nachtigallen —

„lernen durch vieles Dichten und Übung gleichsam von ihren Eltern eben diesen säst musikalisch- und künstlichen Ton ge-

schicklich nachmachen, wie sie dann alle insgesamt so gelehrig sein, daß sie nicht allein diesen ihren Gesang gleichsam der

Mensur und Takte nach mit einer schönen Symphonie zu führen einander leicht lernen, sondern auch in der lateinischen

und griechischen Sprache unterrichtet werden können.

Der­

gleichen Nachtigallen die zwei jungen Kaiser DrusuS und

DritannicuS, des Claudii Prinzen, gehabt haben sollen, welche nach des Philostrati Bericht ein gewisser Jüngling abgerichtet und reden gelehret.

Ja was noch mehr zu ver­

wundern, so wird berichtet, daß die drei Nachtigallen zu Regensburg, welche der Gastwirt zur Kronen allda um die

Zeit des Reichstages im Jahr Christi 1546 gehabt, zum Reden also informieret worden, daß, was sie des Tages

über von denen Gästen gehöret, sie des Nachts umständlich,

auch ganze Historien recht vernehmlich einander wieder er­ zählet, wie solches alles ein gewisser Gelehrter und glaub­ würdiger Mann deutlich verstehen und den ganzen Verlauf hiervon dem Herrn D. GeSner ausführlich überschrieben")." Ebenso eingehend, aber weniger einbildungsreich und des­

halb für uns um so wertvoller äußert sich Schröder über

die „Zeißlein", die Zeisige, die er als Stubenvögel neben den Rotkehlchen nennt: „Zu denen Rotbrüstlein können auch mit

gutem Fug die Zeisgen mit beigeseht werden, als welches gleichfalls ganz anmutige kleine Dögelein sind und nur von

dem Gesäme leben.

Es ist, wie gedacht, ein kleiner aber ver­

sichert ein gar gelehriger, kurzweiliger und närrischer Vogel, welcher in denen Stuben zu allerhand kann gewöhnet

werden.

Die andern Sang-Vögel, so in denen Stuben und

Zimmern um und neben ihm sind, pflegt er immer zum

Singen anzuregen und anzuhalten. Wer ein Liebhaber da­ von ist und dieses Tierlein zahm gewöhnen will, kann es dahin bringen, daß es beständig zu ihm auf die Hand kömmt

und sein Futter begehret.

Ja man kann es, nachdem es

recht zahm gemacht, auch wohl gar zur Stuben hinaus in

den Hof fliegen lasten, wenn man ihn ruft oder es sonsten durch ein gewisses Zeichen zu sich locket, kommt es alsbald wieder. — Wie solche von etlichen auf ein Stängelchen gesetzet, daran zwei Fingerhüte, an Kettlein angemacht, hangen,

mit welchen Eimerlein sie sowohl ihr Futter als auch das Trinken in die Höhe mit den Füßen und Schnabel ziehen müssen, solches ist mehr als zu bekannt. Genug! es ist dieses Dögelein fast das allernärrischste, welches man in denen Stuben

zu

allerhand

possierlichen

Dingen

gewöhnen

sann38)/ Was wir sonst aus dem i6. Jahrhundert zu berichten

haben, ist leider vorläufig nur unerheblich, denn es bedeutet im einzelnen doch nicht gerade viel, wenn etwa im Jahre 1737 Adam LoniceruS einmal von der Amsel sagt: „im Sommer singt sie, wird etwan nach menschlicher Kunst ge-

lehret, daß sie singet oder pfeifet wie ein Mensch38)". Wenn aber am Ende des 18. Jahrhunderts Jacobsfons Techno­

logisches Wörterbuch sehr umständliche Anweisungen über

die Herrichtung eines Vogelbauers gibt, und wenn es die­ selben freilich zunächst für den Gebrauch des Vogelstellers

bestimmt, so kann man sie doch auch, wenigstens zum Teil, ohne weiteres auf die Haltung von Stubenvögeln über­ tragen^8).

Eingehendere Nachrichten über die Beschaffung und die Haltung von Singvögeln haben wir am Anfänge des 19. Jahrhunderts wieder aus Hamburg. Hier ließ im Jahre

1808 der Professor Christoffer Suhr seine bekannte Bilder­ reihe „Der Ausruf in Hamburg" erscheinen, und dabei stellte er gleich auf dem ersten Blatte eine Bauersfrau dar, die mit dem Rufe „Ook Singvogels" ihre kleinen gefangenen Sänger in Bauern mit ein paar großen Tragkörben zu Markte trägt. Der Pastor Hübbe aus Allermöhe, der den Text zu den Ausruf-Bildern geliefert hat, berichtet, daß der Vogel­ verkauf in Hamburg besonders an einer bestimmten Stelle, an der Holzbrücke, stattfand, daß daneben die Verkäuferinnen

aber auch sonst durch die Straßen der Stadt gingen. Nach Hübbes Erzählungen handelte es stch dabei um Finken, Jritfchen, Stieglitze und andere Sänger der Felder und Ge­ hölze. Diese wurden, ehe sie flügge waren, aus dem Neste genommen und von den Dauern zum Verkauf aufgezogen. Zuweilen verkauften die Bauernjungen auch ganze Vogel­ nester, wobei dann der Käufer die Aufzucht besorgen mußte. Hübbe weist darauf hin, daß „dieser Handel nicht ohne Ein­ schränkung erlaubt sein sollte", und darin hat er sicherlich recht gehabt. Im übrigen ist zu HübbeS Angaben zu bemerken, daß unter den von ihm erwähnten Iritschen, oder in anderen Landstrichen sagt man statt dessen „Artschen", die Hänflinge zu verstehen sind, die eine zu den Finken gehörige Gimpelart bilden. Zeitweilig sollen sie als Stubenvögel ganz besonders beliebt gewesen sein, und es ist auch wohl bezeichnend, wenn früher die wandernden Handwerksburschen ihre Schnaps­

flasche wegen des beim Trinken entstehenden kluckernden Ge-

räuscheS als ^Artsche" zu bezeichnen pflegten"). Wir können hier auch gleich anmerken, daß eine gesetzliche Regelung der

Milden Vogelstellerei zunächst dadurch geschah, daß eine Schonzeit vom i. Mai bis i. September festgesetzt wurde. In dieser Sommerzeit durften nur die Kreuzschnäbel, die im

Winter brüten, gefangen werden. Aber auch so war der gewerbsmäßige Vogelfang, der nur die Männchen für den

Verkauf aufbewahrte, die Weibchen aber vernichtete, für den

Bestand an Singvögeln höchst verderblich. Er ist deshalb gesetzlich verboten worden").

Mit diesen Mitteilungen stehen wir bereits an der Schwelle der Gegenwart, und über diese werden wir dann

weiter im Zusammenhänge zu berichten haben.

Wir müssen

hier aber zum Schluß noch an gewisse Erscheinungen unserer Tage erinnern, von denen wir in manchem Sinne Rück­ schlüsse auf vergangene Zeiten machen können. Don dem

Vogelfang und der Dogelhaltung der Vorzeit gibt es Nach­ wirkungen, die zum Teil bis heute reichen, die im volkstüm­ lichen Leben, in Sitte und Brauch, in Spiel und Tanz

lebendig geblieben sind, und die auf diese Weise auch ihrer­

seits bezeugen, welche Bedeutung die Hausgenossenschaft mit den Singvögeln schon seit Jahrhunderten für die völ­ kische GemeinschaftSart gehabt hat. Dabei können wir uns hier begnügen, nur kurz auf die vielfältigen Beziehungen

hinzuweisen, in denen die Vögel im Dolksliede auftreten").

Wir denken vor allem an einzelne Erscheinungen sitten­ geschichtlicher Art.

In Thüringen, das bis heute eines der deutschen Haupt­ länder der Singvogelhaltung ist, und auch in seiner sachstschen Nachbarschaft ist ein Tanz überliefert, der unter den

deutschen Volkstänzen besonders durch seinen Reichtum hervorragt, und der den Namen des „Vogelstellers" führt. Der zu der Musik gesungene Wortlaut endet mit dem

Satze: „Ich sag dir's fein, hüt dich fein! kein'm andern ein."

Laß dich mit

Auf das letzte Wort dreht sich jeder

auf dem Absatz herum, und nun muß der Bursche sehen,

daß er für seine flüchtende Tänzerin schnell eine andere er­

hascht, falls er diese nicht gar selbst wieder einfangt"). Es ist offenbar diese auf die einzelnen Teile folgende Schluß­

jagd, die dem Ganzen die Bezeichnung „Vogelsteller" ein­ getragen hat.

In einem anderen Zusammenhänge, und zwar im Kreise des Kinderspiels, tritt uns nicht der Vogelfänger, sondern

der Vogelhändler entgegen. Da gibt eS unter dem Namen „Vogelspiel" ein in Niederdeutschland weit verbreitetes

Kriegenspiel.

„Ein Spieler stellt den Dogelmeister dar,

ein anderer einen Käufer.

Die übrigen Spieler befinden

sich als Vögel beim Dogelmeister.

Das Spiel leitet sich

dann folgendermaßen ein: „Guten Tag, Herr Meister!" —

„Guten Tag, Herr Scheister!" — „Könnt ich wohl einen Vogel kaufen!" — „Was für einen wünschen Sie?" — „Haben Sie eine Lerche?" — Dann sagt der Dogelmeister

zu dem Kinde, welches eine Lerche darstellt: „Lerche, flieg auö, komm bald wieder nach Haus!" und zählt eins, zwei, drei!

Dann läuft die Lerche aus, der Käufer hinterher.

Kommt die Lerche ungefangen ins Mal zurück, so bleibt sie beim Vogelmeister und erhält einen anderen Vogelnamen.

So wird das Spiel fortgesetzt, bis der Käufer einen Vogel gefangen

hat.

Käufers^).

Dieser

tritt

dann

an

die Stelle

des

Vogelverkäuser. Nach Bilderbogen Nr. 27;, von G. V. Benner and Schuster. Nürnberg um iSjo

Man sieht an diesem Spiel, welch eine Rolle die Ge­ stalt des wandernden Vogelhändlers in der Vorstellungs­

welt der Kinder gespielt hat.

So erklärt sich auch ein

Kinderlied, das in Niederdeutschland offenbar in verschie­ denen, etwas voneinander abweichenden Fassungen ver­

breitet gewesen ifl46).

In meinem Elternhause bei Göt­

tingen sang eS vor mehr als einem halben Jahrhundert meine Mutter, indem sie zum Schluß jeweilig den Namen

des angesungenen Kindes einsetzte:

„Mann, Mann, Mann, Was hast in deinem Körbelein? —

Nichts, nichts, nichts Als lauter kleine Vögelein, Fangen immer an zu schrein:

Piep, piep, piep,

Wir haben die Ursel lieb!"

3. Deutsche Stubenvögel

im Volksbrauch der Gegenwart Wer in den Bergwäldern geboren ist, und wer in Waldund Forstarbeit sein Leben verbringt, dem liegt es im Blute, auf den Gesang der „lieben Vöglein" zu lauschen,

dem liegt es auch im Blute, aus den Vogelsang auSzugehen, um die singenden Vögel mitsamt ihren Liedern sest-

zuhalten und sie heimzutragen in Stube und HauS. Es lebt in diesen Kreisen wie eine Selbstverständlichkeit, und fast

kann man sagen unausrottbar, die Anschauung von einem

natürlichen Anrecht auf den Vogelfang.

Noch in aller­

neuester Zeit wird in Thüringen von landeskundiger Seite

geurteilt, daß die Wäldler den Vogelfang ebensowenig Als zur Unterdrückung

lassen könnten wie das Wildern.

des Vogelfanges der Postversand von Singvögeln gesetzlich verboten wurde, da gaben zum Protest hiergegen die wahl­ berechtigten Männer der ehemals meiningischen Gemeinden Igelshieb, Ernstthal-Steinheid geschlossen bei den Land-

LagSwahlen rote Stimmzettel ab, „weil sie sich in ihren Freiheiten entrechtet fühlten".

So waren es auch un­

zweifelhaft Heimaterinnerungen aus dem Leben des Thü­

ringer Waldes, wenn Friedrich Rückert, der sich 1621 in

Neuses bei Koburg niedergelassen hatte, im „FrühlingS-

almanach" von 1836 einmal schreibt:

„Meinem Vater hat seiner gesagt:

Mein Vater hat noch Hasen gejagt, Das ist dann eingegangen. Ich habe noch Fische gefangen, Nun sind die Teiche zugesetzt.

Du selbst, mein Sohn, fängst Vögel jetzt. Deinem zukünftigen Sohne Wird verpönet die Dohne,

Auszulassen den Jagetrieb,

Darf er noch fangen den Molkendieb (—Kohlweißling), Lebt einst dein Enkel auf Erden,

Wird das auch verboten werden!" Mit den verschiedensten Mitteln, die offenbar schon in

sehr alte Zeit zurückgehen, am Dogelherd, mit Garnen, mit Leim oder mit Dohnen, mit dem Lockvogel im Busch oder

auch an der Tranke, sind die Vogelsteller von jeher zu Werk

4o

gegangen47). Wesentliches hat sich daran bis in unsere Tage hinein nicht geändert. Viele haben dabei die Vögel auch wohl nur einzeln und für den eigenen Bedarf gefangen, ebenso viele aber auch in Massen zum Tausch und für den Verkauf, und wie noch heute die belgischen Vogelzüchter jeden Sonntag morgen von io bis 12 Uhr auf dem alt­ ehrwürdigen Hauptplatz in Brüssel ihren Markt mit kleinen Singvögeln — daneben auch mit Brieftauben — abhalten, und wie in Paris auf dem Blumenmarkt der Cite-Jnsel an jedem Sonntage großer Dvgelmarkt von Liebhabern und von Händlern siattfindet, so hat es auch in deutschen Landen von jeher in größerem oder kleinerem Umfange SingvogelBorfen zu Tausch und zu Kauf gegeben. Nur in seltenen Ausnahmefällen läßt sich gelegentlich einmal feststellen, daß das volkstümliche Empfinden an dem Fange der Vogel, auch sogar wenn es sich nur um den Einzelfang handelt, gefühlsmäßig Anstoß genommen hat. Sv erzählt man in der Rhön von einem Meifenfänger im Garten des roten SchlosteS zu Tann, dem eine weiße Frau erschien und ihm die gefangenen Vögel wieder abnahm. Oder Schlimmeres noch hören wir von zwei Dvgelnarren von Hermannsroda, die bei dem Versuch, ein Finkennest auszunehmen, von unsichtbarer Hand ein paar so derbe Maulschellen erhielten, daß sie Finken Finken sein ließen^). Es gibt in bezug auf die Wertschätzung der Singvögel natürlich in Deutschland auch landschaftliche und stammesmäßige Unterschiede. So wird für den niederdeutschen Bauern, der nicht ein Mensch des Waldes und dazu nur wenig musikalisch ist, die hohe Bewertung, die die Stuben­ vögel an anderen Stellen erfahren, immer unverständlich 4i

sein, und man darf sich nicht wundern, wenn man in nieder­

deutschen Landen der Meinung begegnet, daß das alles nur „Püttjer-Kram" sei. Ganz anders aber ist es in den Berg­

landen, im Schwarzwald und in Tirol, im Harz und in Thüringen.

Aus dem Schwarzwalde wird gelegentlich von dem Dorfe

Schönwald berichtet: „An der Wand hing stets ein Vogel­

käfig mit einem ,Ziesle*, ,Kritzvogel* oder -Kicker* — das ist ein Dompfaff — und die letzteren sollen Glück in's Haus

bringen")."

Unzweifelhaft gilt das ebenso für manches

andere Schwarzwalddorf. Wir sind bei solchen Einzelheiten im volkskundlichen Schrifttum vielfach noch sehr stark vom

Zufall abhängig.

Um so mehr müssen wir deshalb dem

Tiroler Heimatforscher Ludw. v. Hörmann dankbar sein

für die umfangreichen Hinweise, die er uns in seinen Schriften gegeben hat. „Es liegt im Tiroler Volke" — sagt v. Hörmann in den

„Tiroler Dolkstypen" — „ein naives und zugleich tiefes

Gefühl für die Natur und Alles, was mit ihr zusammen­ hängt. Besonders sind die Tiroler Liebhaber der Vögel.

Kaum wird man eine Bauernstube treffen, die nicht einen

Kreuzschnabel beherbergt, der hoch oben an der Zimmer­

decke in seinem kleinen Drahtkäfig herumklettert und nach dem Volksglauben das Haus vor Unglück und Hexerei und

vor allen Krankheiten der Insassen zu bewahren hat .... Auch andere Vögel genießen Schutz und Verehrung, z. D die

freundlichen Hausschwalben, das der Mutter Gottes ge­ weihte -Drandele*, das Rotschwänzchen, ja an einigen Orten des Oberinntals wird sogar bei Begräbnissen ein Käfig mit

einem Vogel unten an den Sarg gehängt."

Hörmann

nimmt hierbei auch Bezug auf den Wagen des sogenannten

„Dörchers", des herumziehenden WanderhämdlerS, dessen Mageninhalt aus Weidenkörben, Besen, Zunderschwämmen,

Geschirren oder selbstverfertigten Küchengeräten usw. je nach dem Metier des Familienoberhauptes bestand, und von dem er schon an anderer Stelle berichtet hatte: „Häufig findet

man auf dem vorderen Teil des Karrens eine Unzahl von Dogelsteigen, angefüllt mit Meisen, Stieglitzen, »Gogatzern* und ähnlichem singenden Gevögel, das für den Verkauf be­

stimmt ist.

Aber gewiß bei keiner Familie vermißt man

einen Krummschnabel, der vorn unter der »Dlache* mit hoch­

aufgeblasenen Federn in seinem Heunest hockt und,g'wiß an achzig Stücklen kann und ein's wie's andere^")." Auch in dem Buche über das „Tiroler Volksleben", das

L. v. Hörmann im Jahre 1909 erscheinen ließ, hat er in einem eigenen Abschnitt noch einmal über „Dogelnarren und

Dogelbälle" berichtet.

Er erzählt vom Krummschnabel,

vom Rotkelchen und von der Tannenmeise, die geradezu die drei „Nationalvögel" Tirols genannt werden können, ebenso auch vom „Brandtele", dem Rotschwänzchen, vom Stieglitz

und vom „Zeisele". Er zeigt uns den „Dogelträger", der auf seiner „Dogelkraxen" zwanzig und mehr Käfige durch

das Land trug: nicht nur mit Kanarienvögeln, von denen wir später noch eingehend sprechen werden, sondern auch mit manchen gelehrigen einheimischen Waldessprossen, den Kern­

beißern und Kreuzschnäbeln, den Dlauamseln und Nachti­ gallen, den herrlich singenden Steinmücken und den Berg­ finken.

Früher reich ausgebildet und auch in neuerer Zeit noch

nicht ganz erloschen sind die Tiroler „Dogelbälle", die in

Innsbruck, in Stubai und im Zillertal die Vogelfänger zu einem Jahresfeste vereinigen, und die insbesondere in Ober­

hofen die Vogelliebhaber zusammenführen.

Im letzteren

Falle wird im Fasching der Tinzltag der Krummschnabelbesttzer, der sogenannte „Krummschnabelball" gehalten. Da wurde auf dem Dorfplatze vor dem Gasthause ein Wett­

gesang der Kreuzschnäbel veranstaltet, mit großer Feierlich­ keit der „Hauptschnabel" auSgerufen, und schließlich das

Fest mit Imbiß und mit Tanz der „Schnabelbrüderschaft"

zu Ende gebracht, das Ganze eine Veranstaltung, die dem später zu besprechenden Harzer „Finkenmanöver" in den

wesentlichen Einzelheiten genau entspricht^). Wenden wir unS nach Mitteldeutschland, und richten wir den Blick zunächst auf den Harz, so sehen wir, daß dort bis

in die neueste Zeit hinein neben der bekannten Züchtung von Kanarienvögeln auch der Fang und die Haltung von ein­ heimischen Singvögeln lebendig geblieben sind. Besonders

namhaft gemacht werden im Jahre 1915 an gefangenen

Vögeln: Kreuzschnabel, Buchfink, Hänfling, Dompfaff, Stieglitz und Zeisig.

Damals kostete ein Kreuzschnabel

30 Pf., der Hänfling 40 Pf., der Zeisig 50 Pf., der Stieglitz

80 Pf. bis i M., der Dompfaff 3 M.

Für einen guten

Finken zahlte man 1915 bis 4° M., einen gewöhnlichen Finken konnte man aber auch schon für 20 Pf. erwerben.

Damals war das Geschäft der Vogelsteller schon infolge des Fangverbotes sehr zurückgegangen. „Heute" — so können

wir die Worte aus jener Zeit lesen — „ist der Fang nicht

mehr so lohnend. Wer geschnappt wird, bezahlt 30 M. und muß außerdem in Schreibgebühren 1,65 M. entrichten"^).

Von den im Harz bestehenden besonderen Finkenvereinen werden wir noch an anderer Stelle zu reden haben.

Zahlreiche Nachrichten stehen mir für Thüringen zur

Verfügung.

Ich verdanke sie zum guten Teil den freund­

lichen Mitteilungen der Lehrerschaft des Kreises Saalfeld. Danach wird in Thüringen nur der Hochwald als der eigent­ liche Bereich des „zünftigen" Vogelfangs bezeichnet. Beson­

ders in den Glasbläserdörfern ist die Vogelhaltung sehr be­

liebt. Meist hangen dort gleich eine ganze Reihe von Bauern an den Häusern. Daß die Stubenvögel in den Bezirken der

Heimindustrie den Menschen den Klang und die Freude ins Haus bringen, ist ohne weiteres verständlich. Ein Bericht des Jahres 1878 sagt von den Hausindustriellen des Thü­

ringer Oberlandes: „Ihr einziges Vergnügen war der

Vogelfang. Dazu hielten ste Lockvögel in kleinen Käfigen, die am Fenster über ihren Drehbänken hingen.

Das

Zwitschern ihrer Lieblinge sollte ihnen die Arbeit in der

Stube versüßen, in der sie sich wie Gefangene vorkamen,

wenn draußen die Vögel sich sonnten und lustig umherflogen. -— Zum Vogelstellen hatten die Burschen nur an den Sonn­

tagen Zeit, und geschah es auch nur am frühesten Morgen

und vor dem Gottesdienst, so war das der Großmutter doch

ein Argerniß, denn die Buben schickten sich niemals an, mit Waschen und Ankleiden zeitig genug fertig zu werden, um Vormittags in die Kirche zu gehen. Einige Arbeiter im Dorfe betrieben im Herbst den Vogelfang im Großen, auf Vogel­

herden. Aber sie versäumten so viel Zeit dabei, daß ste im Erwerb und Wohlstand merklich zurückblieben, wenn gleich die oftmals an einem einzigen Morgen gemachte Beute

ihnen mehr Geld eintrug, als was eine daheim arbeitende

Familie erwerben konnte^)."

Meisen, Hänflinge und Stieglitze, Zeisige, Rotkelchen und Grasmücken, Dompfaffen, Kreuzschnäbel und auch Drosseln,

das sind im wesentlichen die Stubenvögel, die auf dem Thüringer Walde gehalten werden. Don ihnen hat noch

heute jeder echter Wäldler sein Trio: Zeisig, Hänfling und

Meise gemeinsam im Stubenkäfig oder im Sommer an der Hauswand, wobei es von Bedeutung ist, daß die Meise dem

Gesang nach ein „echter Schleifer" ist, der Zeisig „eine hohe Lage hat" und der Hänfling, rotbrüstig, „ein guter Füller" ist. Zuweilen wird das Trio durch Beigabe eines

„Blutfinks" zu dem sogenannten „Schusterquartett" er­ weitert^).

Vor etwa 30 Jahren gab es in den fchwarzburgischen Waldorten Neuhaus am Rennweg, Deesbach, Oberweis-

bach und Meuselbach nur wenig Häuser und Wohnungen ohne Singvögel aus den heimischen Wäldern, und daS Lied

der Fröbelturm-Gemeinde in Oberweisbach beginnt mit den Worten: „An jedem HauS ein Vogelbauer."

Die Vögel

waren liebe Hausgenossen und wurden gut gepflegt und ge­ füttert. Als nach dem Kriege zeitweilig die Verdienste der

Glasbläser sehr gering waren, wurde doch immer noch zuerst

für Dogelfutter gesorgt. Mancher Arbeitsloser hat damals eher Futter für seine Vögel als Bier oder Tabak für sich

selber gekauft^).

AuS dieser in den Glasbläserdörfern

lebendigen Fürsorge für die Stubenvögel erklärt sich denn auch die Entstehung

der für Thüringen eigenartigsten

Gläserform, die wir überhaupt kennen, der Vogel-Gläser. Es sind das kegelförmige Flaschen aus fast farblosem dick-

Papageno mit Kogelkasten. Nach Bilderbogen Nr. 9 von I). M. Kanning. Hamburg um 1850

wandigem Glase, an denen am Boden nach außen ein kleiner

viereckiger Napf angeblasen ist, und die oben mit einem Stöpsel versehen werden. Diese in verschiedenen Größen

hergestellten Flaschen

dienten

als Drinkgefäße für die

Vögel. Sie wurden weniger im Hausgebrauch verwendet

als zur Verschickung der Vögel des Thüringer Waldes, die über ganz Deutschland und weiter vor allem nach Holland ging. Die besondere Form der Dogelglaser ermöglichte die Aufspeicherung des für die verschickten Vögel notwendigen

TrinkwasserS^). Diese Gläser, deren Herstellung bis 1876 gedauert hat, sind mindestens seit dem Ende des 18. Jahr­

hunderts angefertigt. Schiller hat sie schon gekannt. Eine von ihm als Tintenfaß benutzte derartige Dogeltranke findet sich heute noch auf dem Schreibtische seines Hauses in

Weimar. Übrigens muß noch besonders hervorgehoben werden, daß

in Thüringen die Vögel nicht nur in den ärmeren Kreisen

der Wäldler, sondern ebenso auch in den wohlhabenden Familien gehalten und gepflegt wurden. Um 1900 war ein

sehr begüterter Glasfabrikant in Igelshieb unter dem Namen „Steller" bekannt, und man sagte von ihm, daß

er jeden Sonntag — im Sommer wohl regelmäßig — zum Vogelfang ginge. Es ist deshalb auch unzweifelhaft richtig, was Fleischmann in seinen anonym erschienenen „Cultur-

historischen Bildern aus dem Meininger Oberlande" aus der Zeit um 1800 von dem Leben des Sonneberger Kauf­ herrn höheren Alters erzählt: „Der erste Blick unseres Contorherrn ist auf feine Singvögel gerichtet, die in zahl­ reichen großen und kleinen Käfigen an die Fenster und Luft­

löcher gehängt zwitschernd und hüpfend ihre Freude ver-

Lauffer, Singvögel als Hausgenossen. 4

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künden, daß ihr pünktlicher sorgsamer Schutzherr sie eigen­

händig süttern wird.

Für jeden hat er einen Schmeichel­

namen wie -Mätzle) -Zirrle) ,Pfuitz) ,Dom*.

Von den

Vögeln, die er hält, werden besonders genannt die Lüdellerche, das Rotkelchen, der Stieglitz und der Buchfink. Der

letztere pfeift schon einige Strophen vom Lieblingslied des

alten Herrn: ,Guter Mond, du gehst so stille* ohne Stocken recht schön, genau so wie dieser täglich mehrmals eS ihm

vorpfeift." — „Solche abgerichtete Gimpel bekamen alte

gute Geschäftsfreunde zum Geschenk, und der Abschied von

einem solchen Vogel, wenn der Sohn ihn mit sich auf die Messe nahm, kostete dem Alten ein paar Dränen.

Der

Briefwechsel zwischen Vater und Sohn behandelte in erster Reihe des Vogels Befinden — und zwar viel angelegent­

licher als das der Familie — dann erst das Geschäftliche^)." Erst wenn man dieses wahrhaft innige Verhältnis kennt,

dann versteht man auch, was die Singvögel allgemein in Deutschland im volkstümlichen Glauben zu bedeuten hatten und zum Teil heute noch haben. Einen Lieblings-Singvogel

hielt man in Thüringen gern den kleinen Kindern vor die Augen, damit das Kind scharfe helle Augen bekommen

möge wie der Vogel. In der Sonneberger Gegend gab man

Kindern auch gebratene Lerchen zu essen, damit die Kinder eine recht schöne Singstimme bekämen und so trillern lernen sollten wie die Lerchen. Allgemeiner sagt man im Fürsten­ tum Birkenfeld, das erste Fleisch, das man einem Kinde zu essen gäbe, solle von einem Singvogel sein, dann bekäme

das Kind eine schöne Stimme^). Umgekehrt glaubt man auch von dem Vogel, daß er selbst mit seinem Leben an das Haus und an das Leben seiner Pflegeherrn gebunden sei.

Wenn man in seiner Gegenwart davon spricht, ihn zu ver­

kaufen, dann bringt man ihn in Gefahr zu sterben^). Bei den Wenden aber muß nach altem Brauch der Tod eines

Hausgenossen nicht nur dem Vieh im Stalle, den Bienen im Korbe und den Blumen im Fenster, sondern ebenso auch

den Singvögeln im Käfig angezeigt werden. Sonst besiegeln sie alle die Gemeinschaft des Lebens nun auch mit der Ge­ meinschaft des Todes^o).

4. Die Hauptarten der deutschen Stubenoögel Überwiegend ist es die Freude am Gesang, die den Menschen veranlaßt, die Vögel zu stch ins Haus zu nehmen.

Aber es ist doch nicht nur dieses allein. Auch unter den Vögeln

gibt es verschiedene Temperamente, und es ist kein Zufall, wenn wir im Bilderschatz unserer Sprache gelegentlich von

einem Spaßvogel, in anderen Fällen auch von einem lockeren Vogel sprechen. Vögel wie die Meisen werden um ihrer

leicht beweglichen zierlichen Art willen gehalten. Vielleicht

sind früher auch irgendwelche uns heute nicht mehr bekannte Züge des Volksglaubens mit ihnen verbunden gewesen, wir wüßten sonst keinen Grund für die außergewöhnlich hohen Strafen anzugeben, mit denen der Fang der Meise in den

älteren deutschen Dorfweistümern mehrfach belegt wird^). Jedenfalls können wir in dieser Beziehung vergleichsweise daran erinnern, daß z. B. das Rotschwänzchen, der „Muter-

gottesvogel" oder das „Brandtele", ähnlich wie die HauS-

4-

49

schwalbe oder wie der noch zu besprechende Kreuzschnabel, als Glückbringer besondere Verehrung genießt").

Ein Spaßvogel im eigentlichen Sinne des Wortes ist der Star.

Er wird, wie Bechstein bezeugt, in der Stube außer­

ordentlich kirre, ist sehr gelehrig und listig und kann in dieser Rücksicht mit den Hunden verglichen werden.

„3mmer ist

er lustig und munter, merkt den Personen, bei welchen er wohnt, bald alle Mienen und Bewegungen und weiß sich da­

nach zu richten, weiß, wenn sie böse aus ihn sind, schreitet

immer wackelnd ganz bedächtlich und mit einem dummen Aus­ sehen vor sich hin, hat aber alles im Auge. Er lernt dabei, ohne daß man ihm die Zunge zu lösen braucht, Wörter nach­

sprechen, kann

Lieder nachpseisen — auch sogar das

Weibchen —, das Geschrei der Tiere und Menschen und den

Gesang aller Vögel, die er hört, nachahmen. Er ist dabei aber sehr unbeständig, und er vergißt nicht nur das Gelernte bald wieder, sondern vermischt es auch immer mit dem, was

er Neues hört.

Wenn man daher will, daß ein Staar eine

Melodie oder einige Worte allein sprechen soll, so muß man

ihn in ein Zimmer bringen, wo er keinen anderen Vogel und

keine andere Tierstimme hört.

Auf dem Schlosse eines

Adligen war ein Star, der so viel Geschicklichkeit besaß, daß

er mehrere vorgelegte Fragen beantworten konnte. -Wie alt ist der Staar?*

-Hundert und fünfzig Jahr!*

-Wie heißt

der Staar?* -Nestor, mein Herr!* -Was macht der Staar?*

-Er denkt über die Quadratur des Zirkels nach/ Doch konnte er diese Antworten nur nach der Reihe")/

Wiederholt sind es mehrere verschiedene Vorzüge, die die

einzelnen Dogelarten in sich vereinen. Auch bei den schon ge­ nannten Meisen und Rotschwänzchen, ebenso bei dem sonst

als häuslicher Fliegenfänger geschätzten Rotkehlchen, spielt natürlich die Freude an der Farbigkeit des Gefieders eine große Rolle. Letzteres gilt auch für den Dompfaffen oder Gimpel, der sich zugleich durch eine schöne Stimme auszeichnet, und der sehr zu Unrecht als töricht verschrien ist. „Set

Gimpel ist nichts weniger als dumm. Man darf ihn einen harmlosen, sanften, gutmütigen, nicht eben lebhaften und vertrauensseligen Gesellen nennen, nimmermehr aber seinen Verstand unterschätzen, denn dieser bekundet sich schlagend

genug durch die außerordentliche Gelehrigkeit, hinsichtlich welcher unser Vogel alle seine Verwandten bei weitem über­ trifft")." Dom Unterricht der Dompfaffen — man nennt sie auch „Dlutfinken" — hören wir aus vielen deutschen

Gegenden, aus Österreich und dem Schwarzwald, aus Thü­ ringen und dem Harz, vor allem aber schon seit langer Zeit

auS Hessen und aus dem Fuldaischen. In den lieblichen Dörfern der Rhön, um Wasserkuppe und Milseburg, wo die Menschen ebenso freundlich sind wie das Land, spielte früher der Fang der Dompfaffen eine große Rolle. Sie in der Hecke zu ziehen, ist im Bauernhause nicht gut möglich, man ist des­ halb auf den Fang der jungen Tiere, d. h. auf das AuSnehmen aus dem Neste, unmittelbar bevor sie flügge werden, angewiesen. Dieser Fang war Sache der Erwachsenen und forderte viel Erfahrung, denn der Dompfaff weiß sein Nest gut zu verstecken, und eS bedarf langer Beobachtung des Männchens, wenn man das Nest ausfindig machen will. In der Gefangenschaft werden die Tiere dann durch Dor­ pfeifen abgerichtet. Bei ihrer Gelehrigkeit muß man sich sehr hüten, ihnen gelegentlich etwas falsches vorzupfeifen, da sie auch jeden falschen Ton ohne weiteres annehmen. Deshalb

wird auch kein Fremder zu ihnen gelassen, und man bringt sie nur mit ganz guten Sängern zusammen, damit sie ja nicht von Anfang an verdorben werden. Man richtet sie auch wohl mit der Drehorgel ab. A. E. Brehm berichtet, daß auch alt eingefangene Gimpel in kurzer Zeit zahm und zutraulich werden. „Ebenso treu, wie sie an ihrem Gefährten hängen, lieben sie später ihren Pfleger, begrüßen ihn freudig, wenn er sich ihrem Gebauer naht, trauern, wenn sie ihn längere Zeit nicht sehen, ja sie

können sogar durch große Aufregung, durch die Freude des Wiedersehens ihres Gebieters oder Kummer über den Ver­ lust desselben zu Grunde gehen." Ein Gimpel, der nur auf kurze Zeit mit einem Kanarienvogel zusammengesperrt wurde, bekam Krämpfe und starb nach wenigen Minuten. Ein anderer, der das Reiterlied trefflich nachpfiff, tat, als er verschenkt wurde, den Schnabel nicht mehr auf, pfiff aber

sofort wieder, als er als »nichtsnutzig* an seinen alten Herrn zurückgegeben tvar65)." Im übrigen heißt es von dem Dom­

pfaffen nicht nur, daß er Glück ins Haus bringt, sondern auch, daß er Krankheiten an sich zieht, eine Eigenschaft, die er mit mehreren anderen Vögeln, dem Kreuzschnabel, der Gold­ ammer und dem Kanarienvogel teilt"). An erster Stelle muß, wenn von Krankheitsabwehr die Rede ist, immer der Kreuzschnabel genannt werden. In Tirol sind wir ihm schon begegnet. In Thüringen kommt es vor, daß jedes Mitglied der Familie einen eigenen Kreuz­ schnabel für sich als Glücksbringer besitzt. Wegen der Ähn­ lichkeit der Schnabelbildung nennt man sie geradezu die „Thüringer Papageien". Sie halten nach dem Glauben der Leute Krankheiten und böse Geister fern. In Spechtsbrunn

gilt das Wasser aus dem Trinkgefäß des Kreuzschnabels als Heilmittel von ganz besonderer Wirkung.

Kreuzschnäbel

ziehen alle Pein aus dem Körper. In Thüringen, im Harz und im Erzgebirge spricht man besonders von der Gicht87).

In Tirol schützt er gegen Unglück und Hexerei, verscheucht Besessene und nimmt alle Krankheiten auf sich"). Für die Oberpfalz bezeugt Schönwerth den Gebrauch, gegen Gicht, Rotlauf und Kinderkrankheiten Kreuzschnäbel — übrigens auch Gimpel, Stieglitze, Turteltauben — im Zimmer zu

halten, wo sie den Krankheitsstoff an sich ziehen und so statt des Kranken sterben"), eine Vorstellung, die sich bezüglich

der Übertragung der Gelbsucht auf gelbe Vögel schon bei den

alten Indern und bei Plinius findet78). Im Oberinntale meinte man sogar, ein Sterbender könne, wenn der Priester ihn nicht mehr erreiche, auch dem Kreuzschnabel beichten.

Dieser nehme dann wie sonst die leiblichen so nun auch die geistigen Krankheiten auf sich74).

In Kärnten besteht der

Glaube, daß einem in der Gefangenschaft gestorbenen Kreuz­ schnabel binnen drei Tagen ein Mitglied der Familie nach­

sterben muffe78). Wenden wir uns zu den eigentlichen Stubensängern und

denken wir dabei an das Thüringer Trio, so stehen neben der schon genannten Meise der Hänfling und der Zeisig im Vordergründe. Don ihnen wird der auch als „Artsche" be­

zeichnete Hänfling schon im Jahre 1741 einmal gepriesen, daß er Zeines schönen Gesanges, mit der Flöte zu allerhand

Liedern zu gewöhnen" sei78). In Minden-Ravensberg unter­ schied man den „Griesatzken" vom „Dlautatzken", letzterer

mit leuchteüd roter Brust sollte in der Gefangenschaft weniger gut fingen74). Dechstein rühmt dem Hänfling nach, er lerne

nicht nur den Gesang aller Vögel, die er im Zimmer hört, z. D. der Nachtigallen, Lerchen, Finken usw. sondern auch,

wenn er allein hangt, vorgepfiffene Melodien von Arien und

Tänzen.

„Ja, er lernt sogar Worte, aber freilich sehr un­

deutlich nachsprechen.

Unter allen Vögeln pfeift er wegen

seiner natürlichen Flötenstimme die Melodien am reinsten

und schönsten nach7*)." Der mit dem Hänfling oft zusammengesetzte Zeisig hat in

seinem Gesang einen Ton ähnlich einem in Bewegung ge­ setzten Strumpfwirkerstuhl, weshalb er in Pommern auch

„Strumpwäwer" heißt und darum auch besonders von den Strumpfwirkern gern gehalten wurde7*). Don ihm sagt der

Volksglaube in Tirol wie in Böhmen und Schlesien, daß er in seinem Neste, wenigstens manchmal, den sogenannten

Blendstein habe, mit dem man sich unsichtbar machen und

sich verwandeln könne. Auch Jean Paul spricht gelegentlich davon, daß der Zeisig durch diesen Stein sein Nest solange

unsichtbar mache, bis die Jungen flügge finfc77). Eine überaus eifrige Sängerin mit silberhellem Pfeifen ist

die Grasmücke, fast in ganz Deutschland „das Mütterchen" genannt.

Brehm schildert sie als „beweglich und munter,

behend und anmutig, gewandt und zierlich in jeder Be­ wegung, klug und zutraulich, wo sie es sein dürfen, aufmerk­

sam und vorsichtig, wo sie es sein müssen, hoch begabt in leiblicher wie in geistiger Beziehung, meist ebenso treffliche

als unermüdliche Sänger"7*). Dem Wesen und der Veranlagung nach sehr ähnlich wie

die Grasmücke, in der Farbigkeit des Gefieders einer der

schönsten deutschen Stubenvögel ist der Stieglitz oder Distel-

fink. Für seine Lebhaftigkeit, Unruhe und Keckheit bezeich­

nend ist der Vogtländer Reim: „Wenn mei Doter a Stieglitz wär Und mei Mutter a Zeisla, Do möcht ich den Spektakel seh In dem Dogelhäusla"!"

Oft genannt ist auch die von Wilh. Rabe in der „Chronik

der Sperlingsgasse" erwähnte Fertigkeit der Stieglitze, sich ihr Futter und ihren Trank in kleinen Eimerchen an Ketten selbst in die Höhe zu ziehen. Dechstein erzählt von ihrer be­

wunderungswürdigen Zahmheit, daß ste sogar lernen, kleine Kanonen loszuschießen und sich tot zu stellen, und er berichtet weiterhin: „Ich habe auch gesehen, daß man Stieglitze und Zeisige in verschiedene Käfige gesetzt hat, an deren Krippe,

die sie, so oft sie ein Körnchen nahmen, aufstoßen mußten,

ein Glöckchen angebracht war.

Diese Glöckchen bestanden

aus einem Accorde, und es wurde dadurch eine nicht unan­ genehme Musik hervorgebracht^)."

In welchem Maße neben all diesen volkstümlichen Stubenvögeln auch die Nachtigall im Hause gehalten ist,

kann zweifelhaft sein. Hochgeschätzt ist ihr reicher und süßer Schlag von jeher gewesen, und die landläufige Bedeutung der Nachtigall als Liebesbotin ist allgemein bekannt. Ein Lied der mittelalterlichen Sammlung der Carmina Durana spricht diesen Gedanken mit den Worten aus:

„Nachtegal, sing einen don mit sinne Miner hohgemuten chuniginne, Chunde ir, daz nun steter mut und min herce brinne

nah irm suzen libe und nah ir minne."

Ebenso oder so ähnlich singt spater das Volkslied in vielen

deutschen Landen, in Westfalen, in Oberhessen und in Franken:

„Schwing dich auf, Frau Nachtigall! Grüß mein Schatz vieltausendmal, Grüß mir ihn aus Herzensgrund,

Wünsch ihm, daß er bleib gesund!"

Auch sonst wird die Nachtigall gelegentlich genannt.

In

den Alpen heißt es unter den Schnaderhüpsln: „Mei Herz

und die Nachtigall / Sein nachet befreundt, / Fangn beide an z'schlagn, / Wann die Sunn nimmer scheint")."

Wenn

der bayrische Dauer am Lech auf dem Totenbette liegt und große Schmerzen hat, so daß der Tod ihm kommt als lieber Freund, dann seufzt er wohl: „Ach wenn doch die Nachtigall

käme und wollte mich erlösen!" Ein Kranker, der auf dem

Strauch am Hause den Vogel hört, ist unrettbar dem Tode verfallen. Wenn eine Nachtigall ans Fenster pickt, ist irgend­ ein Lieber in der Fremde gestorben"). Wir hören auch wohl

vom Anlernen anderer Vögel, daß ihnen die Nachtigall als Lehrmeisterin gegeben werde, und von Nachtigallen wird

ebenso wie von Finken und Stieglitzen berichtet, daß ste

20 Jahre und länger im Käfig gelebt haben.

Im ganzen

hat man aber doch den Eindruck, daß die Nachtigall unter

den Stubenvögeln nur selten angetroffen wird. Die volkstümlichsten von allen deutschen Stubenvögeln sind die Finken, und man kann sagen, daß geradezu eine eigene Art Wissenschaft dazu gehöre, sie nach der Güte ihres

Schlages zu unterscheiden. Sie werden ungemein zahm, und sie singen, wie Bechstein sagt, wenn man eS verlangt oder

wenn man mit dem Kopf und mit den Fingern freundliche

Bewegungen vor ihrem Käfig macht. Daneben soll es auch Finken geben, die es ebenso wie die Kanarienvögel zu beson­ deren Künsten bringen, z. B. Zahlen, Buchstaben und Farben

zusammenzusehen. schen Landen.

Finkenliebhaber gibt es in allen deut­

In Österreich ist Wien bis zuletzt ihre Hoch­

burg. In Hesten ist der Fink so sehr der bevorzugte Vogel, daß die mit eingelegten Dogelbildern verzierten Truhen

schlechthin als „Finkentruhen" bezeichnet werden, ebenso wie in Altona in dem noch in der zweiten Hälfte des 19. Jahr­

hunderts viel gespielten Kinderspiel „Abo Bibo" für den An­ fangsbuchstaben F der Name „Fink in de Bur" galf83). Im

Bergischen Lande gibt es noch heute Vereine von Finkenlieb­

habern. Ein Liedlein, das man dort dem gestorbenen Finken nachsingt, lautet:

„D Moder, de FenkskeS senn doad, Se freeten ken Krömmelschen Droad. — Hätt's du de FenkskeS te freeten gegewen,

So wären de FenkskeS am Lewen geblewen")."

Auf ein sehr hohes Alter geht die Finkenzucht in Thüringen zurück. Schon eine im Jahre 1433 geschriebene Handschrift,

die sich jetzt in Zeitz befindet, enthält eine lateinische An­ weisung dafür"). In der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts

sagt Bechstein: „Auf dem Thüringerwalde geht die Lieb­ haberei zu diesen Vögeln so weit, daß man auf dem ganzen Thüringerwalde jetzt nur selten noch einen Finken hört, der

einen guten Gesang hat, so sehr wird ihnen nachgestellt. Sobald sich aus einer fremden Gegend ein Vogel mit einem

guten Schlag bei uns niederläßt, so sind auch schon eine

Menge Vogelsteller da, die ihm nachstellen und nicht eher ruhen, bis sie ihn gefangen haben."

Insbesondere von

Ruhla berichtet Dechstein an einer anderen Stelle: „Ruhl

ist ein Fabrikdorf im Thüringerwalde, desten Einwohner,

meist Messerschmiede, so große Liebhaber der Finken sind, daß man nicht nur Beispiele weiß, daß sie von Ruhl aus an

den Harz, also 16 Meilen weit, gegangen sind und einen guten Finken gestochen, sondern auch für einen guten Schläger eine

Kuh hingegeben haben. Daher das Sprichwort in unsern Walddörfern nicht selten gehört wird: Dieser Fink ist eine

Kuh wert.

Ein rechter Ruhler Finkenliebhaber wird ganz

entzückt, wenn man von einem guten Doppelschläger spricht; ich habe sie oft sagen hören, daß ein echter Doppelschläger ordentlich mit einem schwatzen müsse, so deutlich müsse er alle

Silben aussprechen können. In der Ruhl werden also vor­ züglich gute Finken aufgezogen.

Außerdem hat man auf

dem Thüringerwalde noch in Tambach, Schmalkalden,

Dreitenbach und Steinbach gute Finken^)."

Die ungewöhnlich hohe Wertschätzung der Doppelschläger­ finken bezeugt ein Gedicht in Wasunger Mundart mit folgen­ dem Inhalt: Dor einem Hause, in dem es von Zank und

Hieben tobt, sammelt sich eine Menge Neugieriger.

Eine

alte Frau wagt sich endlich in das Haus, und dann wird es

still darin. Nach dem Herauskommen erstattet die Frau Be­ richt:

„Ach", fass se, „ü Lüt, geäht Hai

Das iS d'r Welt ür Narr allai: D'r Fenk iS zum Fenster nuis gewannelt, Du hä Hot druff si Kühe verhannelt."

Daß die alte Liebe für den Buchfinken noch heute in den Bergen des Harzes ganz lebendig ist, haben wir schon früher

bei der Erwähnung der dortigen Verkaufspreise für die ge­ fangenen Singvögel gesehen. Im Ostharz in Thale und in

dem Oberharzstädtchen Benneckenstein gibt es noch jetzt

eigene „Finkenklubs", und es ist merkwürdig genug: genau so wie wir früher schon die Dogelbälle der Tiroler Krumm­ schnabelgesellschaften kennengelernt haben, wie man im

Bergischen Lande ein Oster-Wettkrähen der besten Hähne veranstaltet8?), wie es jetzt sogar einen „Reichssängerwett-

streit" der Kanarienvögel gibt, so halten diese Harzer Finken­

klubs in derselben Weise, die übrigens auch für den Henne­

gau bezeugt wird88), ihre Finkenwettgesänge ab89). „Jeweils am 2. Pfingstmorgen kommen die Mitglieder mit ihren vor­

her angemeldeten besten Finken zusammen. Die Käfige sind in blendend weiße Servietten eingeschlagen.

Pünktlich um

5 Uhr werden auf Geheiß der Schiedsrichter die Käfige nach den verlosten Nummern aufgestellt. Der Sängerwettstreit beginnt.

Die in einem großen Kreis aufgestellten Vögel

werden auf Befehl des Obmanns sprungweise der Mitte zu­ geführt. Der Buchfink ist eine Kampfnatur, durch Gesang

wehrt er die Gegner ab, er macht die schwächeren mundtot. Nicht schwer kann bei diesem »Manöver* der stärkste Sänger, der also am längsten und bis zuletzt singt, herausgefunden

werden. Der Besitzer des Siegers im Finkensängerwettstreit

wird durch wertvolle Preise und eine Urkunde ausgezeichnet, die ihn zum ,Finkenkönigs des Jahres ernennt.

Der Käfig

des Siegers wird mit einem Kranz geschmückt.

Nach der

Verkündung des Siegers und der Ehrung feines Herrn

werden kräftig die Decher geschwungen. Musikkapelle und Gesangvereine steigern die feuchtfröhliche Stimmung dieses

eigenartigen alten Harzer Volksfestes99)."

Wir wollen uns vorstellen, was das bedeutet: eine ganze Stadt feiert ein Volks- und Frühlingsfest um des Schlages

eines kleinen Singvogels wie des Buchfinken willen! Aber wer wollte darüber lächeln? Es ist sehr viel Gemüt, was

dem deutschen Volke im Blute liegt, und im Falle des Finken­ manövers können wir einmal einen Teil davon, in der Richtung der volkstümlichen Naturverbundenheit, an einem

sehr eindrucksvollen Beispiel kennen lernen.

5. Der Kanarienvogel Aus fremdem Lande ist der Kanarienvogel nach Deutsch­ land gekommen. Er hat sich aber völlig hier eingebürgert,

und schon seit dem 18. Jahrhundert ist er zunehmend mehr der Liebling der Dogelfreunde geworden, so daß neben ihm

die deutschen Singvögel ihre Bedeutung als Stubenvögel, zum wenigsten bei der Stadtbevölkerung, vielfach eingebüßt haben.

Seinen Namen führt er nach den Canarischen

Inseln, von denen er stammt, und er ist seit dem i6. Jahr­ hundert, angeblich zuerst in Cadix und dann in Süditalien,

eingeführt worden. Zu der gleichen Zeit ist er auch nach England gekommen. Don dort kannte ihn der Engländer Turner, der in Köln lebte und der ihn im Jahre 1544 in seiner lateinisch geschriebenen Naturgeschichte der Vögel zum

ersten Male erwähnt.

Etwa zehn Jahre später, im Jahre 1555, schrieb der

Züricher Arzt Conrad Gesner in einer ebenfalls lateinischen Naturgeschichte der Tiere in dem Abschnitt über die Vögel

auch schon eine Bemerkung über den Kanarienvogel.

Er

selbst hatte damals freilich noch keinen gesehen, aber er druckte eine Schilderung desselben ab, die er seinem Augs­ burger Freunde Rafael Seiler verdankte.

Der hier be­

schriebene Vogel ist noch der grüngefärbte Stammvogel, von dem sich später der gelbe Kanarienvogel in den Käfigen

entwickelt hat.

Nach Seiler nannten die Dogelverkäufer

die Kanarienvögel „Zuckervögele", weil diese in ihrer exoti­ schen Heimat sich von der Zuckerpflanze nähren"). Noch

als im Jahre 1603 der Arzt Schwenkfeld zu Hirschberg in

Schlesien eine wiederum lateinische Naturgeschichte der Tiere erscheinen ließ, waren die Kanarienvögel äußerst selten. „Sa wird erzählt, daß die kostbaren Fremdlinge nur von

den Neichen und Vornehmen gehalten werden: so besitze der Kaiserliche Kammerherr Sigismund Czedlitz ein Paar von

diesen Vögeln, welche Schwenkfeld Canarienvogel, Zucker­

vogel oder auch Canarienzeisle nennt. * Don den Reisebeschreibungen des 17. Jahrhunderts, in denen des Kanarienvogels öfters gedacht wird, können wir

hier absehen. Wir dürfen aber sagen, daß in dieser Zeit sich

die Einbürgerung in Deutschland mehr und mehr vollzogen hat. Als im Jahre 1728 Caspar Schröder zu Frankfurt

und Leipzig seine „Jagd-Kunst" erscheinen ließ, da sah er sich schon veranlaßt, einen eigenen Zusatz anzufügen mit

dem Titel: „Curieuse Nachricht von denen Canarien-Dögeln, wie man nemlich mit dieser so annehm- und lieblichen Art

Vögeln in allem wohl umzugehen dieses galanten Feder-DieheS

getreulich

Allen Liebhabern

communiciret."

Schröder äußert sich dabei auch über die Frage der Her­ kunft und der Verbreitung, und er schreibt hierüber die

folgenden Worte: „Gewiß ist eS, daß diese Vögel vor diesem

in Pariß in großer Menge unterhalten und in großem Estim gewesen, von dannen sie hernachmals gleich andern

in Frankreich hochgehaltenen Sachen auch in Teutschland,

und zwar Anfangs als eine besondere Rarite gebracht, jetzo aber sind dieselben ziemlich auSgebreitet und werden durch fleißige Wart- und Pflegung je mehr und mehr gleichsam

überhäufst, daß deren großer Ruhm dadurch um ein mercklicheS geschwächt, und man solche offt vor ein geringes Geld

habhafft werden kan; Außer daß dergleichen CanarienDögel von sonderlicher Schönheit und welche künstlich ab­

gerichtet, nichts destoweniger von denen Liebhabern noch gesucht und bezahlet werden^)." Neben der französischen Herkunft hat aber offenbar die

Einfuhr aus England auch im i8. Jahrhundert noch weiter Bestand gehabt.

In dem Abschnitt über die Vögel, der

einem in Ulm 1737 erschienenen „Vollständigen KräuterBuch" von Adam Lonicerus angehängt ist, finden sich die

Worte: „Der Zeislein Art seyn die Dögelein, so auS Enge­ land gebracht, und Carnarien-Vögel genennet werden,

welche gar wohl singen und gantz natürliche Gesänge, so man sie ihnen vorsingt, nachlernen, und um groß Geld ver­

kaufst werden^)." Bei dem Canarienvogel handelt es sich also in Deutsch­ land nicht um eingefangene heimische Singvögel, sondern wir

haben es hier seit mehr als zwei Jahrhunderten mit einer dauernden Nachzucht im Hause zu tun.

Bekanntlich ge­

schieht das in den sogenannten Hecken, und wir finden seit

dem Ausgange des 18. Jahrhunderts für die zweckdienliche

Anlage solcher Hecken zunehmend mehr Ratschläge und

Neuzeitlicher Vogel freund im Erzgebirge Aufnahme von M. Noiuak-Dresden

Anweisungen.

I. K. G. Jacobsson beschreibt im Jahre

1782 eine „Kanarienhecke" als „ein kleines verschlagenes

Behältnis mit kleinen Gebüschen, besonders mit Tannen­ strauchern besetzt, worin man in kleinen dazu eingerichteten

DogelhäuSchen von Stroh im Frühling die Kanarienvögel

beiderlei Geschlechts zusammensetzt und sie darin Hecken und

brüten lässet"").

Schon seit jener Zeit des ausgehenden 18. Jahrhunderts haben sich in Deutschland eine Reihe besonders hervorragen­ der Zuchtgebiete für den Canarienvogel herausgebildet"),

und es ist bezeichnend, daß es sich dabei fast durchweg um die Dergwälder handelt, um den Schwarzwald und den Thüringer Wald, vor allem aber um Tirol und den Harz. Eine sehr eingehende Nachricht über den Tiroler Kanarien-

handel, der seinen Hauptsitz in Jmbst hatte, findet sich vom Jahre 1783 in Joh. Ernst Fabris geographischem Magazin.

Wir geben ihren Inhalt im folgenden mit einigen Ab­ kürzungen wieder.

„Die Gesellschaft, die sich damit be­

schäftigt, besteht aus mehrern Interessenten, die ihre gemein­

schaftliche Kasse, ihren ordentlichen DersammlungSplatz, mit einem Worte alles haben, was zu einer Handelsgesellschaft nötig ist. Sie heißen Kameraden. Es sind ordentlich deren

achtundzwanzig, und sie teilen sich in ganze, halbe und viertel Kameraden, so wie sie entweder 300 oder 150 Gulden usw.

bei ihrem Eintritt in die Gesellschaft eingelegt haben. Außer­ dem haben sie auch Knechte. — Dor der Abreise versammeln

sie sich und halten mit ihren Familien und den übrigen Kameraden einen weidlichen Abschiedsschmaus. Wenn sie damit fertig sind, geht es an die Reife, wobei sie noch einige hundert Schritte von der ganzen Gesellschaft begleitet

Lauster, Singvögel als Hausgenossen. 5

63

werden, worunter auch der Wirt mit ein paar tüchtigen Weinflaschen versehen sein muS. Nun gehen noch ein Dutzend

Gläschen im Zirkel herum, und dann trennt sich der Händler von seiner Familie. — Auf dem Rücken tragen sie ihr Vogel­ haus, das gerade für 300 Vögel Platz hat. Sie heißen es

Tragen. Eine Trage ist immer vor 300 Vögel. Aber so sie

Imbst verlassen, haben sie nicht ein Vögelchen im Hause:

sie werden alle von eigenen Commissionairs um Memmin­

gen, Geißlingen und Eslingen aufgekauft und dort erst von

den Händlern aufgeladen. — Die Vögel werden von den CommissionairS der Gesellschaft in teuern Jahren das Stück

zu 45 Kreuzer, wenn sie wohlfeil sind zu 24 bis 30 Kreuzer bezahlt. Nun gehts damit weiter dem Auslande zu. Die

Händler, die ihre Ware nach Petersburg tragen, schiffen in Lübeck ein und gehn über Meer. Nach Constantinopel geht die Reise gröstenteils über Land. — Wenn sie mit dem Kasten ihrer Kanarien an ihrem Bestimmungsort ange­ kommen sind, so beziehen sie damit die eigenen Häuser, die sie in diesen Städten haben. Diese haben ganz artig auS-

tapezierte Zimmer, in denen die Vögel in kleinen Käfigen zur Schau aufgestellt werden. — Ein Vogel wird in Peters­

burg zu 6 bis 9 Rubel bezahlt, in Constantinopel zu 10 bis

12 Gulden. — Wenn sie ihre Waaren abgesetzt haben, so kehren sie mit ihrem Gewinnste zu ihren Familien zurück. Don Petersburg zurück treffen sie gemeiniglich 3 bis 4 Wochen nach Ostern wieder in Imbst ein, sie bleiben aber

manchmal länger als ein Jahr aus. Die Gewinnste werden nun alle zusammengeworfen und so, wie einer ein ganzer, halber oder viertel Kamerad ist, geteilt®6).*

Man sieht aus dieser Schilderung der 60er Jahre, daß

es sich damals bereits um ein seit langer Zeit durchgebildeteS

Unternehmen handelte, und daß die Anfänge dafür schon um Jahrzehnte früher angesetzt werden müssen. Außerdem

aber können wir beobachten, daß jener Bericht offenbar in weiten Kreisen Aufmerksamkeit und Anteilnahme erregt hat. Jacobsson hat ihn in seinem „Technologischen Wörterbuch"

im Jahre 1793 zum großen Teile übernommen und ebenso

im Jahre 1798 Fr. G. Leonhardi in den „Bildlichen Dar­ stellungen aller bekannter Völker"^).

Schon im Jahre

1786 nimmt Joh. Beckmann in den „Beiträgen zur Ge­ schichte der Ersindungen" auf ihn Bezug.

Er fügt dann

aber selbst noch eine nicht unwesentliche Ergänzung hinzu: „Allein nach England bringen sie — d. h die Jmbster

Händler — jährlich ungefähr 1600 Stück, und ungeachtet

sie die Vögel wohl hundert Meilen auf dem Puckel herum­

tragen, auch für die 1600 Stück in England zwanzig Pfund

Sterling Zoll erlegen müssen, verkaufen sie dort den Vogel nur für fünf Schillinge. Auch im Schwarzwalde wird dieser bisher übersehene Handel getrieben, und in Göttingen ist ein

Bürger, der jährlich einige Canarien-Dögel und abgerichtete

Dompfaffen mit nach England nimmt und dafür allerlei kleine Waaren einkauft^)." Mit dieser letzten Nachricht aus Göttingen kommen wir

hinüber in die südhannoverschen Gebiete, die mit dem Harz und dem Leinegau bis heute eines der wichtigsten deutschen

Gebiete der Kanarienzucht und des Kanarienhandels ge­ blieben find. Dort brachte das „Hannöversche Magazin"

in seinem Jahrgang 178g eine Anfrage über Erfahrungen im Bau von Kanarienhecken, die im nächsten Jahrgang in

drei Aufsätzen beantwortet wurde^). Ein weiterer Aufsatz

mit dem Titel: „Etwas für Liebhaber der Kanarienvögel" steht im „Neuen Hannöverischen Magazin" von 1792. Er bezieht sich auf „die bereits durch den Druck bekannt ge­

machten vieljährigen Erfahrungen des Predigers Joh. Paul Friedrich zu Camin in Mecklenburg", die im Jahre 1790

mit der Aufschrift „§ür Liebhaber von Kanarienvögeln"

erschienen waren. Im Jahre 1802 begannen G. Hassel und K. Dege ihre

„Geographisch-statistische Beschreibung der Fürstentümer Wolfenbüttel und Blankenburg". Auch dort findet sich ein sehr dankenswerter Hinweis.

„Die Zucht der Kanarien­

vögel" — heißt eS da — „ist bei Holzminden, im Wefertale,

am Harze und hin und wieder im Lande ein Gegenstand der Industrie. Der Bewohner der Weser und des Harzes führt

sie in großer Anzahl in das flache Land und bis nach Ham­ burg hin, und giebt sich mit ihrer Wartung sowohl als dem Abrichten anderer Singvögel, der Dompfaffen, Stieglitze,

Hänflinge, Amseln usw. große Mühe*")/

Ihren Hauptsitz hat die Kanarienzucht dann im süd­ westlichen Oberharz, vor allem bei den Bergleuten von

St. Andreasberg gewonnen.

Diese haben nicht nur auf

makellos gelbes Gefieder, sondern vor allem auf Gesang gezüchtet. Da mußten viele Stunden am Tage den Vögeln

gewidmet werden, und es gehörte nicht nur ein sehr feines Gehör, sondern auch eine beständige große Aufmerksamkeit

zu dieser Arbeit. Es soll alte Züchter gegeben haben, die zeit­ weilig die Stube überhaupt nicht verließen, um ihre Sänger­ lehrlinge nicht ohne Aufsicht zu lassen. Leider hat der Welt­

krieg, in dem die notwendigen Eidotter und Rübfamen zur

Zucht nicht hinreichend zur Verfügung standen, einen noch

bis heute dauernden Schaden getan. Vorher gab es allein

in St. Andreasberg über 250 Züchtereien, und die Ausfuhr von Kanarienhähnchen von dort soll jährlich bis an 20 000 mit einem Werte von rund dreiviertel Millionen Reichsmark

betragen habend). Nicht nur vom Gesänge, sondern auch von der Klugheit der Kanarienvögel werden gelegentlich Dinge erzählt, die schier unglaublich klingen. So findet sich in DechsteinS „Naturgeschichte der Stubenvögel" der folgende merk­ würdige Bericht. „Ihre Gelehrigkeit ist oft bewunderungs­

würdig. So sah ich einst ein Weibchen bei einem gewissen Jeantel aus Belfort im Elsaß, welches aus einem vor­ gelegten Alphabete alle Namen und Worte zusammen setzte, mit den deutschen Zahlen addirte, subtrahirte und multi­ plicierte, und die Stunden und Minuten auf der Taschenuhr durch ausgesuchte Zahlen anzeigte. Durch Hunger hatte ihn sein Herr, der sich Direktor und ihn Professor nannte, so weit gebracht. Er hatte noch drei männliche Canarienvögel bei sich, die aber blos die vorgesagten Buchstaben und Zahlen aufsuchen konnten. — Es zog auch vor einigen Jahren ein Mann mit einer Menge Canarienvögel umher, die vielerlei Kunststücke machten. Unter andern wurde eine Hinrichtung vorgestellt. Einige holten einen Canarienvögel aus dem Gefängnisse, bildeten einen Kreis um ihn, und einer hob das eine Dein auf und hieb nach ihm, als wenn er ihn köpfte. Der Geköpfte fiel hierauf wie tot nieder, wurde von andern weggetragen und im Sande verscharrt. Während dieser Ceremonie pfiffen wieder andere Canarienvögel Trauer­ arien. — Herr Pratt — siehe dessen Aehrenlese — sah auf seiner Reise zu Cleve einen Canarienvögel, der auf das

Zureden seines Herrn fortwährend lustig, rasch und langsam sang, dabei mit dem einen Fuß den Takt schlug, sich ver­

beugte, nickte und nach und nach einschlief^)." Bei der Zucht auf Gesang hat man schon seit dem

i6. Jahrhundert den Versuch gemacht, mit anderen Arten zu kreuzen.

Im Jahre 1772 erschien zu Frankfurt und

Leipzig eine mit Kupfern versehene eigene Schrift: ^Unter­ richt von den verschiedenen Arten der Kanarienvögel und der Nachtigallen, wie diese beiderlei Vögel aufzuziehen und mit

Nutzen so zu paaren sein, daß man schöne Jungen von ihnen haben kann." Noch heute paaren, wenigstens in der Rhön,

manche Liebhaber das Kanarienweibchen mit dem Distel­ finken, dem Stieglitz, und schätzen die Hähnchen, die aus

dieser Kreuzung hervorgehen, wegen der besonderen Art ihres Schlages.

Der Harzer unterscheidet, genau wie bei den Finken, auch

die Schläge der Kanarienvögel, und danach benennt er die einzelnen Arten, als Nachtigallschläger oder Gluckvögel,

Doppelglucker,

Gluckroller, Kollervögel

und Rollvögel,

Baß-, Knarr-, Hohl- und Klingelroller^).

Es ist eine

eigene Kunst, hier zu unterscheiden und abstufen zu können.

K. Ruß in seinem Buche „Der Kanarienvogel" äußert sich darüber unter dem Stichwort „Verhören" in der folgenden

Weise: „Die Aufkäufer, Händler und eigentlichen Liebhaber

»verhören* die jungen Kanarienvögel, d. h. sie lauschen auf den Gesang und erkennen, während wohl Hunderte rings um

sie her schlagen, den Wert eines jeden einzelnen ganz genau heraus, wozu nicht allein Übung, Kenntnis und Sicherheit, ein musikalisches Gehör, sondern vor allem auch Geschmack notwendig ist104)."

Schon vor hundert Jahren hat man solche Unterscheidun­

gen genau in der gleichen Weise vorgenommen.

Schon

damals hat Bechstein Näheres hierüber berichtet: ^Die­

jenigen" — sagt er — „werden für die besten Sänger ge­ halten, die mehrere Strophen des Nachtigallenschlages in

ihre Melodieen mischen. Man nennt ste Tirolersänger, weil ste aus Tirol, wo mehrere Dögel dieser Art gezogen werden,

stammen sollen. Nach ihnen kommen die Englischen, die den

Gesang der Baumlerche nachahmen. In Thüringen stngen diejenigen am anmutigsten, die wenig schmetternde Strophen

hören lassen, aber dafür die einzelnen Tone einer Oktave

hell stlbertönend herablallen und dazwischen zuweilen trom­ petenmäßig: Terteng! rufen." Bechstein fügt noch ergänzend hinzu, daß sie in der Heckzeit so anhaltend und stark schreien, daß sie sich die zarten Adern der Lunge zersprengen und

plötzlich mitten im Gesänge vom Springholze herabfallen und tot sind. Don den Harzer Sängern ist, wie man sieht, zu jener

Zeit bei Bechstein noch nicht besonders die Rede. Sie sind, wie es scheint, erst seit der Mitte des vorigen Jahrhunderts allmählich in den Vordergrund gerückt. Dann aber haben

sie mehr und mehr eine überragende Bedeutung gewonnen. Schon 1870 sagt der aua den Berglanden zwischen Weser

und Leine stammende Dichter Wilhelm Rabe in seinem

Roman „Der Schüdderump" einmal von den Singvögeln, die aus den südhannoverschen Bergen die Fahrt in die Welt antreten mußten: „Es schlägt manch ein Fink in der Stadt

London, welcher am alten Brocken aus dem cheruskischen Nest genommen wurde, und manch ein munterer Kanarien-

Vogel singt vor ausländischen Ohren das Lied, welches ihm zu Zellerfeld und Andreasberg vorgepfiffen wurde."

Fink und Kanarienvogel stehen hier bei Rabe unmittelbar nebeneinander, und damit ist in der Tat die Zusammen­

stellung gegeben, die den Verhältnissen der jüngsten Ver­ gangenheit und auch noch denen der Gegenwart entspricht.

Die „gefiederten Lyriker" unserer deutschen Gärten und Walder, wie Gustav Freytag sie einmal nennt, haben aus den Ländern des sonnigen Südens einen Genossen erhalten, der neben ihnen als Stubenvogel in das deutsche Haus ein­

gezogen ist. Der Dogelfreund umfängt die einen wie die andern in Pflege und in Wartung mit gleicher Liebe, und

wenn er sich an ihrem Gesänge erfreuen darf, so ist das

immer erst der Lohn für viele treue Sorgfalt, die er ihnen reichlich und täglich zuwendet.

Jedes Glück will verdient

sein. Das gilt auch von der feinen und stillen Freude am Gesänge der Stubenvögel im Hause!

Hauptstücke des Schrifttums Ioh. Matth. Bechstein, Naturgeschichte der Stubenvögel. (Hier benutzt: 4- Aufl. Halle 1840.)

2B. Borchert, Oie Vogelwelt des Harzes, seines nordöstlichen Vor­ landes und der Altmark. Oiff. Berlin 1927. 21. E. Brehm, Gefangene Vögel I, 1—2. 1872 u. 1876. Wilh. Ganzenmüller, Das Naturgefühl im Mittelalter.

igi4-

CH. Gilow, Oie Oiere, as man to seggt un wat's feggen. 1871.

H. Hartmann, Plattdeutsche Tier- und Pflanzennamen. In Iahresber. d. hist. Ver. f. Minden-Ravensberg. 1928 und 1932. G. Henfsen, Tiermärchen, Tierstimmen und Volksglauben über Tiere aus dem Münsterland. In Zs. d. Ver. f. rhein.-westfäl. Volkskunde. 28. 1931.

A. Kaufmann, Über Tierliebhaberei im Mittelalter. In Histor. Jahrbuch d. Görres-Ges. 5. 1884.

O. Lauffer, Finken-Manöver. In Festschr. f. M. Andree-Eysn. 1928. K. Müllenhoff, Oie Natur im Volksmunde. 1897.

O. Schütte, Deutung der Tierstimmen im Braunschweigischen. In Zs. d. Ver. f. Volkskunde. 10. 1900. Fr. Schwerin, Vöggel-Sprack und -Snack. (um 1850).

Neuhaldensleben

H. Suolahti, Oie deutschen Dogelnamen. 1909.

R. Wossidlo, Oie Tiere im Munde des Volkes I. 1899.

Anmerkungen l) R. Wosstdlo, Oie Tiere im Munde des Volkes. 1.1899. S.43

u. 361. 8) L. v. Hörmann, Tiroler Volksleben (1909). S. 462. *) „Hannoverland." 9. 1915. Heft 14. S. 178. 4) Diesen und den folgenden Nachweis nach H. Suolahti, Oie

deutschen Dogelnamen. 1909. S. 112. 6) C. Schröder, a. a. O. S. 137 f. e) „Oer Harz." 1926. Heft 5. S. 82 f.

7) „Niedersachsen." 1931. S. 276.

8) „Hannoverland." 9. 1915. H. i4- S. 178. ®) O. Lauffer, Finken-Manöver. In Festschr. f. Marie Andree-

Eyßn. S. 88. 10) Nach Suolahti, a. a. O. S. 112.

n) 3. M. Bechstein, a. a. O. S. 205.

12) I. M. Bechstein, a. a. O. S. 321. 1$) Für die

folgenden Einzelbelege verweise ich auf die am

Schluß angehängte Übersicht über das Schrifttum. ") R Wosstdlo, Mecklenburgische Dolksüberlieferungen II, 1. 1899. S. 122 f.

15) Bergische Heimat. 1929. S. 143. 18) Ed. Jacobs, Vogelsang. In Beiträgen z. dtsch. Phil, für 3ul. Zacher. 1880. S. 207.

17) Vergl. Jeremias 5, 27. Privataltertümer.

— H. Dlümner,

Oie römischen

1911. 2. Aufl. S. 526 f.

19) Vergl. O. Lauffer, Das Landschaftsbild Deutschlands im

Zeitalter der Karolinger. 1896. S. 27. ") Eine größere Reihe von Nachweisen über heimischen Vogel­

fang gibt Althof, Waltharii Poests. II. 146 f. ,0) Thietmar I, 11, dazu IV, 24 betr. Ansfrid von Löwen.

21) L. Uhland, Werke VI, 107. — A. Kaufmann, Über Tier­ liebhaberei im M.-A. Hist. Jahrb. d. Görres-Ges. V. 1884. S. 399 ff22) Kaufmann, a. a. O. S. 421—422- Die Elster war schon in

der Antike, z. 23. bei Plinius, bekannt wegen ihrer Fähigkeit, die

menschliche Sprache nachzuahmen. (Hwb. d. Abergl. II, 796.) 28) E. Schwarz in Deutsche Hefte z. Volks- u. Kulturboden­ forsch. 1931. H. 2. S. 25, 24) P. Fahlisch in „Oie Prov. Brandenburg i. Wort u. Bild."

1900. S. 463. 25) Lachmann-Haupt, Oes Minnesangs Frühling. 132,35. 2e) Junker, Grundriß der Geschichte der franz. Lit. 1894.2 S. 192.

27) Kaufmann, a. a. O. S. 4^9—421-

28) Abb. bei E. W. Bredt, Das Künstlerbuch von deutscher Art.

(r925 ) Titelbild. — Dazu vergl. A. Schultz, Deutsches Leben im 14. u. 15. Jahrh. 1892. S. 78. 2e) Eadmeri Vita Anselmi, Migne 158,92. Nach W. Ganzen­

müller, Das Naturgefühl im Mittelalter. 1914. S. 175. 80) Vergl. das niederdeutsche Sprichwort: „Kranke in Doktors Hännen un Vögel in Kinnerhännen sterbet lichte!" 81) A. Kaufmann, a. a. O. S. 416. $2) M. Heyne, Das deutsche Wohnungswesen. 1899. S. 275.

88) Lappenberg, Miniaturen zum hamburgischen Stadtrecht. S. 51. — Hier ist auch an den „Zeistgbauer" als Straßennamen in

Magdeburg zu erinnern. 84) M. Heyne, Wohnungswesen. S. 274 f. 85) Iacobsson, Technologisches Wörterbuch. IV. 1784. S. 54988) O. Rüdiger, Oie ältesten Hamburgischen Zunftrollen. 1874. S. 86. 87) C. Schröder, Jagd-Kunst. 1729. S. 266 f. 88) Casp. Schröder, a. a. O. S. 292 f. 88) Ad. Lonicerus, Vollständiges Kräuterbuch.

Ulm.

1737.

S. 676. 40) Iacobsson, Technol. Wb. IV. 1784. S. 548. VIII. 1795. S. 101.

41) Mitteilung von Prof. Dr. Franz Fuhse-Draunschweig. ") E. Bock, Alte Berufe Niedersachsens. 1926. S. 86.

") Dergl. Marriage, Oer Mensch und die Pflanzen- und Tier­ welt im Volkslied. In „Alemannia" 26. 1898. S. 97—183.

") Erich Röhr, Deutscher Volkstanz. S. 26. ") „Am Urquell." 6. 1896. S. 206 f. — Dazu Jahrb. d. Ver. f. niederd. Sprachforschung. 8. 1883. S. 101 f.

46) Dergl. Tardel in der Festschr. f. John Meier. 1934. S. 277. S.

47) Heinr. Wilh. Döbel s Jäger-Practica 1746. Neu Hrsg. 0.1. (1913?) S. 446—475- — 3- A. Naumanns, Oer Vogelsteller oder die Kunst, allerley Arten von Vögeln sowohl ohne als auf dem Dogelherd bequem und in Menge zu fangen. Leipzig. 1789.

48) Wucke, Sagen der mittleren Werra usw. 18912. S. 340. ") Mein Heimatland. 22. 1935. S. 280.

50) L. v. Hörmann, Tiroler Volkstypen. Wien 1877. S. 214/5 u. S. 42/3. 61) L. v. Hörmann, Tiroler Volksleben. 1909. S. 457—465M) ^Hannoverland." 1915. S. 178. M) „Gewerbe, Industrie und Handel des Meininger Ober­

landes, Lfg. 4- Hildburghausen 1878. S. 105/6. M) Nach Angaben von Oberlehrer Zinn-Saalfeld a. d. Saale.

w) Nach Angaben von Oberlehrer Paul Becker-Saalfeld a. d. Saale. M) Nach Barbara Pischel, Oie Thüring. Glasbläserei. Oiss. Berlin 1935/6. 87) (Fleischmann) a. a. O. Bd. I. Hildburghausen 1876. S. 14

bis 15. 58) Zs. f. rhein.-westfäl. Volksk. 2,184. M) I. W. Wolf, Beiträge I. 1852. S. 233. — Hwb. d. Abergl.

VIII. S. 5/6. — Ad. Wuttke, Oer deutsche Volksaberglaube der Gegenwart. 1900.8 S. 121—124. •°) Deckenstedt, Wendische Sagen usw. S. 449- — E. Schnee­ weis, Feste und Volksbräuche der Lausttzer Wenden. 1931. (5. 81. 61) Grimm, Mythologie II, 569.

w) L. v. Hörmann, Tiroler Volksleben. S. 457 f« 65) Bechstein, Naturgesch. d. Stubenvögel. 1840. 4 S. 284 f. •4) A. E. Brehm, Gefangene Vögel 1,1. 1872. S. 297. Vergl. dort Näheres. 66) A. E. Brehm, Gefangene Vögel. I. 1872. S. 298. •®) Germania 20. S. 352 (Niederösterreich). — Hwb. d. Abergl. 111,850. ¥,513. — 67) Festgabe für Friedr. Panzer. 1930. S. 95. ®8) L. v. Hörmann, Tiroler Volksleben. 1909. S. 4576e) Schönwerth, Aus der Oberpfalz Hl, 232 f. 70) Hwb. d. Abergl. IV, 959, V, 513. — A. Wuttke, Oer deutsche Volköaberglaube. 1900. 3 S. 123. E. Dargheer, Ein­ geweide. 1931. S. 390. 71) A. Stonner, Oie deutsche Volksseele. 1935. S. 74 f. 72) Graber, Volksleben in Kärnten. 1934. S. 4477S) Grimm, W. B. IV. Abt. 2. Sp. 43574) A. Hartwig in Jahresber. d. Hist. Der. f. Minden-Ravens­ berg Nr. 42. 1928. S. 45 75) Bechstein, Naturgesch. d. Stubenvögel. 1840. 4 S. 217 f. 76) Gielow, Oie Oiere, as man to seggt. 1871. S. 766. 77) Grimm, Wb. 15, 521. — Wuttke, Volksabergl. 1900. 3 S. 122. 78) A. E. Brehm, Gefangene Vögel I. 2. 1876. S. 140. 7g) H. Ounger, Rundas und Reimsprüche aus dem Dogtlande. 1876. Nr. 849 80) Bechstein, Naturgeschichte der Stubenvögel. 1840. 4 S. 226. 81) L. v. Hörmann, Schnaderhupfln aus den Alpen. 1881. III. 82) Osk. Schwcbel, Oer Tod in deutscher Sage und Oichtung. 1876. — Hwb. d. Abergl. VI. 802 f. 83) O. Lehmann in Jahrb. f. histor. Dolksk. 3/4. 1934- S. 306. 84) O. Schell, Bergische Dolksk. 1924. S. 128. 86) 3s- f- d. Phil. 8. 1877. S. 337—34886) Bechstein, Naturgesch. d. Stubenvögel. 1840.4 S. 191 u- 199®7) Nach Hess. Landeszeitung vom 16. 3. 1937. M) Hwb. d. Abergl. II, 1508.

M) O. Lauffer, Finken-Manöver. In Festschr. f. Marie AndreeEysn. 1928. — Dazu L. Wille in „Oer Harz". 1926. H. 5 S. 81

bis 83. — Niedersachsen. 1931. S. 276. —

®°) W. Hochgreve in Hamburger Nachr. 23. Mai 1931.

el) Dieses und das folgende nach H. Suolahti, Oie deutschen Dogelnamen. 1909. S. 133 f.

w) Casp. Schröder, a. a. O. S. 4M) Ad. Lonicerus, a. a. O. S. 683. M) 3. K. G. Iacobsson, a. a. O. II, 349. —

Ebenda VHI,

2. Teil, S. 223 mehrere Angaben über ältere Literatur. M) In A. L. Schlözer's Staatsanzeigen I. 1782 S. 71 wird be­

richtet: „Oer Canarien Vogel wird besonders in Schwaben und Franken mit vieler Mühe gezogen. In Nürnberg geben sich sonder­ lich

solche Professionisten, welche eine sitzende

Arbeit

haben,

wie z. B. Weber, damit ab, suchen in der Ziehung dieses Vogels

eine Art des Zeit Vertreibs, und haben doch meist einigen Gewinn

davon, der sie wegen des Aufwandes der Zeit und des Futters

schadlos hält." —

w) Ioh. Ernst Fabri, Geograph. Magazin III. 1784. Heft 12. S. 457—46o. — Nach L. v. Hörmann, Tiroler Dolkstypen S. 216 hieß der Innungsspruch der Imster: „Gelbe Vögel trag ich aus,

Goldne Vögel bring ich z'Haus."

67) Iacobssen, a. a. O. VI, 203 f. — Leonhardi, a. a. O. Heft 22. S. 15 f.

®8) Ioh. Beckmann, a. a. O. I. 1786. S. 567. ®®) Hannover. Magazin. 1790. S. 134 f. 158 f. 402 f-

10°) G. Hassel u. K. Dege a. a. O. I. 1802. S. 106. 101) Vergl. Ioh. Meyer, Die Provinz Hannover. Sp. 4«3 f. —

Dazu Paul Ernst, Iugenderinnerungen. 1930. S. 68 f.

102) Bechstein, a. a. O. 4> Aufl. 1840. S. 252 f. los) Meyers Lexikon VI. 1927. S. 936.

1M) K. Ruß, a. a. O. 1919. S. 155.

Inhalt Vorwort.............................................................................

5

1. Der Vogelruf und seine Deutungen.....................

7

2. Stubenvögel in der deutschen Kulturgeschichte . . 23

Z. Deutsche Stubenvögel im Volksbrauch der

Gegenwart..................................................................39 4* Die Hauptarten der deutschen Stubenvögel ... 4g

5. Der Kanarienvogel.......................................................60 Hauptstücke des Schrifttums............................................. 71 Anmerkungen......................................................................... 72

Rout deutscher Volkskunde Schriften des Bundes für deutsche Volkskunde

Der Weihnachtsbaum in Glauben und Brauch Von Otto Lauffer Oktav.

54 Seiten.

Mit 6 Tafeln.

1934.

Geb. RM 1.20

Brauch und Sitte im Bauerntum Von August Lämmle Oktav.

71 Seiten.

Mit 8 Tafeln.

1935.

Geb. RM 1.20

Niederdeutsches Bauernleben in Glasbildern der neueren Jahrhunderte Von Otto Lauffer Oktav.

66 Seiten.

Mit 8 Tafeln.

1936.

Geb. RM 1.20

Geburtstag und Namenstag im deutschen Volksbrauch Von Fritz Böhm Oktav.

78 Seiten.

Mit 10 Tafeln.

1938.

Geb. RM 1.20

Singvögel als Hausgenossen im deutschen Glauben und Brauch Von Otto Lauffer Oktav.

79 Seiten.

Mit 6 Tafeln.

1939.

Geb. RM 1.20

Malter de Geübter & do., BerlinM 35