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German Pages [373] Year 2014
Transkulturelle Perspektiven
Band 11
Herausgegeben von Sylvia Hahn, Dirk Hoerder, Stan Nadel und Marou Schrover
Anne Kuhlmann-Smirnov
Schwarze Europäer im Alten Reich Handel, Migration, Hof
V& R unipress
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. ISBN 978-3-8471-0186-4 ISBN 978-3-8470-0186-7 (E-Book) Gedruckt mit freundlicher Unterstützung der Geschwister Boehringer Ingelheim Stiftung für Geisteswissenschaften in Ingelheim am Rhein. Ó 2013, V& R unipress in Göttingen / www.vr-unipress.de Alle Rechte vorbehalten. Das Werk und seine Teile sind urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung in anderen als den gesetzlich zugelassenen Fällen bedarf der vorherigen schriftlichen Einwilligung des Verlages. Printed in Germany. Druck und Bindung: CPI Buch Bücher.de GmbH, Birkach Gedruckt auf alterungsbeständigem Papier.
Meinen Eltern
Inhalt
Dank . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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I Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I.1 Forschungsüberblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I.1.1 Internationale Forschung zur afrikanischen Diaspora I.1.2 Forschung in Deutschland . . . . . . . . . . . . . . . I.2 Fragestellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I.3 Methodische Zugänge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I.4 Fallstudie: Der ausgewählte Adelskreis . . . . . . . . . . . . I.5 Quellenbasis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I.5.1 Quellen der Fallstudie . . . . . . . . . . . . . . . . . I.5.2 Quantitative Erhebung . . . . . . . . . . . . . . . . . I.5.3 Quellenproblematik und -perspektiven . . . . . . . .
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II Between the Global and the Local . . . . . . . . . . . . . . . . . . II.1 Herkunftsregionen: Europäische, transatlantische und globale Kontexte von Migration . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II.2 Anbindung an den transatlantischen Handel . . . . . . . . . II.2.1 Deutsche Unternehmen und Regionen im transatlantischen Handel . . . . . . . . . . . . . . . . . II.2.2 Die Brandenburgisch-Afrikanische Kompanie . . . . . II.3 Hof und Handel im atlantischen Kontext . . . . . . . . . . . . II.4 Sklaverei in Zentraleuropa? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III ›Schwarze‹ Imaginationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III.1 Afrikaner und ›Mohren‹ in Kosmografien, Kollektionen und Enzyklopädien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III.1.1 ›Mohr‹: Annäherung an einen Quellenbegriff . . . . III.1.2 Kosmografien und Kollektionen . . . . . . . . . . . . III.1.3 Die Reiseberichte der Verleger de Bry . . . . . . . . .
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Inhalt
III.1.4 Das Zedler’sche Universal-Lexicon . . . . . . . . . . . . . III.2 Kunsthistorischer Rekurs: Schwarze Heilige und Könige der christlichen Ikonografie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III.2.1 Kreuzzüge und die ikonografische Wende seit Beginn des 12. Jahrhunderts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III.2.2 Der schwarze Priesterkönig Johannes . . . . . . . . . . . . III.2.3 Der schwarze König in der Dreikönigsdarstellung . . . . . III.2.4 Die schwarze Königin von Saba . . . . . . . . . . . . . . . III.2.5 Der schwarze Heilige Mauritius . . . . . . . . . . . . . . . IV Schwarze Menschen in der höfischen Welt: Inszenierung, Herrschaft, Rang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV.1 Territorien, Herrschaft, höfische Ordnung . . . . . . . . . IV.2 Höfische Herrschaftsrepräsentation . . . . . . . . . . . . IV.3 ›Mohren‹ an europäischen Höfen: Tradition und Rolle(n) IV.4 Positionen bei Hof . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV.5 Schwarze Pagen und gehobene Positionen . . . . . . . . .
89 94 95 97 101 102 103
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107 107 112 117 122 128
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153 156 158 162 163
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VI Aneignung und Integration an deutschen Fürstenhöfen . . . . . . . VI.1 Höfische Zeichen und bildende Kunst . . . . . . . . . . . . . . . VI.2 ›Kostbare Objekte‹? Afrikaner und die Semiotik von Herrschaft und Dignität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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V ›Mohren‹ in Nordwestdeutschland und in den dynastischen Netzwerken der Cirksena . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . V.1 Menschen afrikanischer Herkunft im norddeutschen Raum . V.2 Schwarze Bedienstete an norddeutschen Adelshöfen . . . . . V.3 Die dynastischen Beziehungen der Cirksena . . . . . . . . . . V.4 ›Mohren‹ am ostfriesischen Fürstenhof . . . . . . . . . . . . . Württemberg: Christine Charlotte von Ostfriesland und das Ideal des Zeremonialhofes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die Herrschaft Knyphausen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Bayreuth und Oettingen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Oldenburg . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ostfriesland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . V.5 ›Türkenknaben‹ und ›gewesene Türkinnen‹ am ostfriesischen Hof . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . V.6 Das Ende der ostfriesischen Fürstenherrschaft und die Übernahme durch Preußen . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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Inhalt
VI.2.1 ›Kostbare Objekte‹: Maurice Godelier und ›Das Rätsel der Gabe‹ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VI.2.2 Kunstkammern und herausgehobene ästhetische Objekte . VI.2.3 Schwarze Menschen als Objekte des höfischen Austauschs. VI.2.4 ›Edle Mohren‹ und höfische Repräsentation . . . . . . . . VI.3 Getreue Wiedergabe oder Statusattribut? Schwarze Pagenfiguren in den Fürstenbildnissen des 17. und 18. Jahrhunderts . . . . . . VI.3.1 ›Invisibility in the Foreground‹ . . . . . . . . . . . . . . . VI.3.2 Schwarze Pagen in der Bildniskunst und die Paradigmen der höfischen Kunst . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VI.3.3 Realitätsbezug der Pagendarstellungen . . . . . . . . . . . VI.3.4 Unterordnung und Dignität . . . . . . . . . . . . . . . . . VI.4 ›Kostbare Objekte‹ vs. handelnde Subjekte: Taufen als Einsetzungsritual und Integrationschance . . . . . . . . . . . . .
192 195 198 200 203 204 207 212 215 219
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VIII Konklusion und Forschungsausblick . . . . . . . . . . . . . . . . .
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IX Bibliografie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IX.1 Unpublizierte Quellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . IX.2 Publizierte Quellen und Forschungsliteratur . . . . . . IX.3 Elektronische Quellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . IX.4 Unveröffentlichte Manuskripte und Konferenz-Reader IX.5 Abbildungsnachweis . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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X Anhang: Tabelle – ›Mohren‹ im deutschen Raum, um 1600 bis ca. 1800 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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VII Erfahrungen und subjektives Handeln . . . . . . . . . . . . VII.1 Vorerfahrungen: Migration – Sklaverei . . . . . . . . . . . VII.2 Soziale Einbindung und Konflikte . . . . . . . . . . . . . VII.3 Anbindung an die afrikanische Diaspora und Remigration VII.4 Transatlantische Austauschprozesse . . . . . . . . . . . .
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Dank
Die vorliegende Arbeit wurde im September 2008 vom Fachbereich Sozialwissenschaften der Universität Bremen als Dissertation angenommen. Die Gliederung sowie einzelne Textpassagen wurden für die Veröffentlichung modifiziert, die ursprünglich zwei Tabellen des Anhangs zu einer zusammengefasst, neuere Publikationen allerdings nicht mehr mit einbezogen. Es gehört zu den angenehmen Pflichten der Autorin, den vielen Menschen und Institutionen zu danken, die ganz maßgeblich mit dazu beigetragen haben, dass diese Arbeit fertiggestellt und veröffentlicht werden konnte. Mein besonderer Dank gilt Prof. Dr. Dirk Hoerder, der sie als Migrationshistoriker an der Universität Bremen angeregt und in seiner Zeit an der Arizona State University weiter begleitet und gefördert hat. Es war ein intellektuelles Abenteuer, mit ihm durch die Längen und Breiten des Globalen und die Tiefen des Lokalen zu navigieren, mitunter auch ohne ganz vom Kurs abzukommen: Für seinen fortwährenden Glauben an diese Arbeit, seine unendliche Geduld und anhaltende Unterstützung möchte ich ihm herzlich danken! Prof. Dr. Dorothea Nolde als Zweitgutachterin hat mir das weite Feld der neueren Frühneuzeitforschung geöffnet; ihr bin ich außerdem für die große Hilfe bei der Konzeptionierung und Strukturierung der Arbeit dankbar. Prof. Dr. Christoph Auffarth und das Doktorandenkolleg Prozessualität in transkulturellen Kontexten an der Universität Bremen sowie das Frühneuzeit-Seminar der Universität Osnabrück, besonders Dr. Heike Düselder, Dr. Olga Weckenbrock, Dr. Inken Schmidt-Voges und Prof. Dr. Siegrid Westphal, haben meiner Arbeit wichtige theoretisch-methodische Anstöße gegeben und mir die Entscheidung erleichtert, die Welt der frühneuzeitlichen Höfe ganz ins Zentrum zu stellen. Die Forschung wurde über mehrere Jahre durch ein Promotionsstipendium der Universität Bremen ermöglicht. Zwischenergebnisse konnten dank mehrerer Reisestipendien der Deutschen Forschungsgemeinschaft in einem internationalen und interdisziplinären Umfeld diskutiert, die Veröffentlichung mit Unterstützung der Geschwister Boehringer Ingelheim Stiftung für Geisteswissenschaften realisiert werden.
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Dank
Die Suche nach Quellen zur Präsenz von Menschen afrikanischer Herkunft im Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation führte in verstreute Archivbestände – selbst wenn sie den Fokus regional einzugrenzen suchte – und war auf die Unterstützung eines größeren Kreises von Forscherinnen und Forschern angewiesen, die in großzügiger Weise ihr Wissen mit mir teilten: Zu diesen Menschen gehören die vielen, die mir seit dem Sommer 2006 auf eine Anfrage über die Mailingliste »GESCH-NDS-INFO«, einer dem Austausch von Informationen zur Erforschung der Geschichte Niedersachsens und Bremens dienende Internet-Plattform, geantwortet haben. Für Material aus eigenen Sammlungen und/oder Hinweise auf wissenschaftliche Veröffentlichungen möchte ich insbesondere Dr. Sabine Graf, Dr. Otto S. Knottnerus, Jürgen Kumlehn und Dr. Silke Wagener-Fimpel danken. Darüber hinaus bin ich in besonderer Weise Rashid-Sascha Pegah, M. A., verbunden, auf dessen profunde und sorgfältige Quellenrecherche ich mich im Anhang der Arbeit vielfach verlasse. Diese Quellen, die überwiegend aus Archiven stammen, die von mir im Rahmen der Arbeit nicht selbst besucht werden konnten, gehen auf seine eigenen kulturhistorischen Recherchen im Umfeld der frühneuzeitlichen Höfe von Bayreuth, Preußen und Ostfriesland zurück. Ursprünglich angeregt durch Dr. Rainer-Maria Kiel, Universitätsdirektor der Universitätsbibliothek Bayreuth, ist der Anteil von Rashid-Sascha Pegah an der Archivarbeit, die dieser Studie zugrunde liegt, nicht zu überschätzen. Dr. Kiel seinerseits gebührt großer Dank für das Manuskript eines Vortrags mit bisher unveröffentlichten Ergebnissen seiner Recherchen zu schwarzen Menschen am Bayreuther Markgrafenhof, das er in uneigennütziger Weise für die weitere wissenschaftliche Nutzung zur Verfügung stellte. Auch Martin Jhering, M. A., unterstützte die Arbeit durch zahlreiche Hinweise auf ›Mohren‹ an verschiedenen deutschen Höfen und stellte Kartenmaterial und Abbildungen zur Verfügung. Wiard Hinrichs, M. A., danke ich für eine wichtige Archivquelle und weitere wertvolle Hinweise. Für hilfreiche Gespräche und Zuschriften bin ich darüber hinaus den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Staatsarchive Aurich und Oldenburg verpflichtet, die mir stets beratend zur Seite standen. Daneben haben Markus Cottin, M. A., Prof. Dr. Maria Diedrich, Joseph Eichenbaum, Dr. Torsten Fried, Dr. Sabine Heißler, Prof. Dr. Dienke Hondius, Dr. Mischa Honeck, Dr. Adam Jones, Prof. Dr. Paul Kaplan, Prof. Dr. Martin Klimke, Dr. Elmer Kolfin, Dr. Sven Korzilius, Prof. Dr. Kate Lowe, Dr. Annika McPherson, Paulette Reed-Anderson, M. A., Prof. Dr. Antje Sander, Dr. Irina Schmitt, Dr. Christoph Thonfeld und viele andere ihre umfassenden Fachkenntnisse mit mir geteilt. Saskia Wegelein, M. A., Dorothea Wegelein, M. A., und Frau Oberstudienrätin a. D. Margarethe Plath sei für ihre freundschaftliche Hilfe bei den editorischen Überarbeitungen gedankt. Die letzte Verantwortung für alle noch in der Arbeit enthaltenen Fehler liegt selbstverständlich bei der Autorin. Besonderer Dank gilt auch der Gesellschaft
Dank
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für historische Migrationsforschung, die diese Dissertation 2010 mit ihrem Förderpreis auszeichnete. Schließlich bin ich all denen verbunden, die mir kontinuierlich die Zeit für die Forschung gegeben haben, meinen Eltern und Geschwistern, Mila und Ilia Smirnov. Anne Kuhlmann-Smirnov
I Einleitung
»[…] Americans still regard the European experience as a divergence from the question central for their own research, the trans-Atlantic slave trade. Yet if one considers the history of Black Europe in its totality, along with differences that derive from the specificities of national history it is possible to discern important commonalities which on the one hand contradict the thesis of divergent experiences and on the other define colonialism as central also for history inside of Europe.«1
Die hier zitierte Erklärung des Forschungsprogramms Black European Studies (BEST) ging im Jahr 2004 davon aus, dass die reiche afro-europäische Geschichte in scharfem Gegensatz zu ihrer akademischen und gesellschaftspolitischen Vernachlässigung in Europa stehe. Zwar seien einige wenige Persönlichkeiten der afrikanischen Diaspora bekannt, doch sei die Geschichte der großen Mehrheit der schwarzen Europäer und Europäerinnen vollkommen vergessen. Darüber hinaus weise ihre Geschichte grundlegende Gemeinsamkeiten mit der durch das initiale Moment des transatlantischen Sklavenhandels geprägten USamerikanischen ›schwarzen‹ Geschichtsschreibung auf, für welche die globalen kolonialen Entwicklungen von entscheidender Bedeutung waren. Die Forscher/ innen planten deshalb, die vor allem im anglophonen Raum seit Langem entwickelten Perspektiven der Black Studies und African Studies auf den europäischen Raum auszuweiten. Im Zentrum standen – und stehen weiterhin – Fragen nach Gemeinsamkeiten und Unterschieden der Geschichte von Menschen afrikanischer Herkunft in den verschiedenen europäischen Territorien und in Nordamerika, hier insbesondere in den späteren Vereinigten Staaten. In Europa waren die politischen und sozialen Konsequenzen der Anwesenheit von verschiedenen schwarzen Bevölkerungsgruppen – auch als Zielscheibe einer neuen Fremdenfeindlichkeit – bis dahin weitgehend unberücksichtigt geblieben. Im Rahmen des Forschungsprogramms führten zwei große, internationale Konferenzen Wissenschaftler/innen der Geschichte, Kunstgeschichte, der philologi1 Homepage des Mainzer Zentrums für Black European Studies (BEST), siehe URL: http:// www.best.uni-mainz.de [Stand: 12. 06. 2013].
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Einleitung
schen Fakultäten sowie der Musik- und Kulturwissenschaften zusammen, um afrikanische Einflüsse auf ein zuvor fast ausschließlich ›weiß‹ konstruiertes Europa sichtbarer zu machen. Die vorliegende Arbeit sieht sich als Beitrag zu diesem Bemühen. Wie BEST nimmt sie ihren Ausgang bei der These, dass Menschen dunkler Hautfarbe und/ oder afrikanischer Herkunft durch die ›großen Narrative‹ des 19. Jahrhunderts marginalisiert und ausgeschlossen wurden. Die Mechanismen ihrer Marginalisierung waren dieselben, die auch zum ›Vergessen‹ von anderen, als unbedeutend wahrgenommenen Akteuren – Randgruppen und Minderheiten, aber auch Arbeiter, Frauen und die ›unmündig‹ gedachte junge Generation – führten. Das ›Verschwinden‹ schwarzer Menschen aus der deutschen wie europäischen Historiografie ist darüber hinaus in einem Kontext mit ethnisch definierten Ausschlussverfahren anzusiedeln, die bestimmend für die Wahrnehmung der europäischen Nationen in der Moderne wurden.2 Vorstellungen des Eigenen und des Fremden bildeten und bilden implizit die Grundlage der historischen Identitätsbilder von Nationen als ethnisch, kulturell, religiös oder sozial- und herrschaftspolitisch abgeschlossene Einheiten. Seit den 1970er- und verstärkt in den 1980er-Jahren sind solche nationalen Identitätsbilder durch viel beachtete Publikationen von Benedict Anderson, Eric Hobsbawm und Terence Ranger sowie Ernest Gellner infrage gestellt worden.3 Die Kulturtransferforschung und Migrationsforschung sowie die Area Studies, aber auch die Hof- und Adelsforschung haben auf die heterogenen Strukturen sowohl von Gesellschaften als auch von Herrschaftsformen innerhalb von zuvor als geografisch-politischethnisch einheitlich wahrgenommenen Regionen oder Nationen und auf die Austauschprozesse zwischen ihnen hingewiesen.4 Ohne Zweifel ist auch das 2 Zuerst formuliert von Ernest Renan in seiner am 11. März 1882 an der Sorbonne gehaltenen und später veröffentlichten Rede »Qu’est-ce qu’une nation?«. 3 Als Vorboten der ›konstruktivistischen Wende‹ in der Nationalismusforschung erschienen Anfang der 1980er-Jahre Benedict Anderson, Imagined Communities: Reflections on the Origin and Spread of Nationalism, London 1983, und Ernest Gellner, Nations and Nationalism, Ithaca, NY, 1983. Allgemeiner zu auf dem Nationenbegriff basierenden Geschichtskonstruktionen vgl. Eric Hobsbawm/Terence Ranger (Hg.), The Invention of Tradition, Cambridge et al. 1983; später insbes. Homi K. Bhabha, Nation and Narration, London et al. 1990. Speziell zum Zusammenhang von Migration und Nationsbegriff, vgl. G¦rard Noiriel, La tyrannie du national: le droit d’asile en Europe. 1793 – 1993, Paris 1991; ders., Êtat, nation et immigration: vers une histoire du pouvoir, Paris 2001. 4 Als Konzept transfert culturel insbesondere seit Mitte der 1980er-Jahre von den französischen Germanisten und Literaturhistorikern Michel Espagne und Michael Werner am Pariser CNRS entwickelt und in Kooperation mit deutschen Historikern, darunter Matthias Middell und Wolfgang Schmale, auf Kulturtransfers von Frankreich nach Deutschland, insbesondere Sachsen, im 18. und frühen 19. Jahrhundert angewendet, vgl. Michel Espagne/Michael Werner, Deutsch-französischer Kulturtransfer im 18. und 19. Jahrhundert. Zu einem neuen interdisziplinären Forschungsprogramm des C. N. R. S., in: Francia. Forschungen zur westeuropäischen Geschichte 13, 1985, S. 502 – 510; dies. (Hg.), Transferts. Les relations inter-
Einleitung
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›Vergessen‹ oder der Ausschluss von Menschen afrikanischer Herkunft aus der europäischen Geschichtsschreibung in diesem Zusammenhang zu verorten. Einige Bemerkungen zur Semantik der historischen Begriffe, mit denen ›Afrikaner‹ oder ›Menschen schwarzer Hautfarbe‹ im 17. und 18. Jahrhundert bezeichnet wurden, seien an dieser Stelle bereits vorausgeschickt. Wie in vielen anderen Regionen Europas ist im deutschsprachigen Raum ›Mohr‹ der wichtigste historische Quellenterminus; die Verwendung des Begriffes ›Neger‹ wird – je nach sozialem Kontext – erst gegen Ende des 18. Jahrhunderts geläufiger.5 Vor der Aufklärung bezeichnete ›Mohr‹ – ähnlich wie der ihm verwandte Begriff ›Maure‹ – vor allem Menschen islamischer Religionszugehörigkeit und wurde nicht immer mit Afrika in Verbindung gebracht. Einige der im Alten Reich ansässigen Afrikaner, die zum Teil aus dem Norden und dem Nordosten des Kontinentes kamen, waren nicht ›schwarz‹ im modernen Sinne. ›Mohren‹ kamen zudem nicht nur aus Afrika, sondern auch aus anderen Teilen der Welt, darunter Asien, einige waren bereits in Europa geboren. Auch im gegenwärtigen Diskurs über die afrikanische Diaspora in Europa sind die gängigen Analysebegriffe oft culturelles dans l’espace franco-allemand (XVIIIe et XIXe siÀcle), Paris 1988; dies. (Hg.), unter Mitarbeit von Jacques Grandjonc, Transferts culturels et r¦gion. L’exemple de la Saxe. Region und interkultureller Transfer am Beispiel Sachsen, Aix-en-Provence 1995; Wolfgang Schmale, Historische Komparatistik und Kulturtransfer. Europageschichtliche Perspektiven für die Landesgeschichte. Eine Einführung unter besonderer Berücksichtigung der Sächsischen Landesgeschichte, Bochum 1998; Christiane Eisenberg, Kulturtransfer als historischer Prozess. Ein Beitrag zur Komparatistik, in: Hartmut Kaelble/Jürgen Schriewer (Hg.), Vergleich und Transfer. Komparatistik in den Sozial-, Geschichts- und Kulturwissenschaften, Frankfurt a. M. 2003, S. 399 – 417. Zur Migrationsforschung: Dirk Hoerder, Cultures in Contact. World Migrations in the Second Millenium, Durham et al. 2002; ders. (Hg.), mit Christiane Harzig und Adrian Shubert, The Historical Practice of Diversity. Transcultural Interactions from the Early Modern Mediterranean to the Postcolonial World, New York 2003; ders., Europe’s Many Worlds and Their Global Interconnections, in: Beihefte der Francia, Ostfildern 2006, S. 21 – 32; Klaus J. Bade et al. (Hg.), Enzyklopädie Migration in Europa vom 17. Jahrhundert bis zur Gegenwart, Paderborn 2007. Für die Area Studies vgl. Miriam Sharma, Beyond the Boundaries of Asia Pacific Area Studies, in: Futures, Bd. 37, Nr. 9, November 2005, S. 989 – 1003; Neil L. Waters (Hg.), Beyond Area Studies Wars. Toward a New Transnational Studies, Middlebury, VT, 2000. Für die Hof- und Adelsforschung vgl. aus der Vielzahl der Publikationen der letzten Jahre: Rudolf Endres, Adel in der frühen Neuzeit, München 1993; Ronald G. Asch/Dagmar Freist (Hg.), Staatsbildung als kultureller Prozess. Strukturwandel und Legitimation von Herrschaft in der Frühen Neuzeit, Köln 2005; Ronald G. Asch, Ständische Stellung und Selbstverständnis des Adels im 17. und 18. Jahrhundert, in: Ders. (Hg.), Der europäische Adel im Ancien R¦gime. Von der Krise der ständischen Monarchien bis zur Revolution (1600 – 1789), Köln/Weimar/Wien 2001, S. 3 – 45; Rainer A. Müller, Der Fürstenhof in der Frühen Neuzeit, München 2004. 5 Der Begriff ›Mohr‹ (auch in ›Hofmohr‹, ›Kammermohrin‹ etc.) wird im Folgenden als historischer Analysebegriff, dem sich die Studie auf terminologischer, kultur- und sozialgeschichtlicher Ebene annähert, durch einfache Anführungszeichen gekennzeichnet. Auf die weibliche Endung wird, wenn das grammatische Geschlecht gemeint ist, zugunsten einer besseren Lesbarkeit verzichtet.
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schwer greifbar und werden fortwährend neu verhandelt.6 Innerhalb der Black Studies und der African Studies machen die Begriffe ›black‹ oder ›African‹ in unterschiedlichen Kontexten ein ständiges Abwägen von Begriffen und kolonialen Konstruktionen wie ›Rasse‹ oder ›Ethnizität‹ erforderlich. Da auch das Denken der Postcolonial Studies kolonial geprägt ist – oft als Versuch einer postkolonialen Umkehrung –, ist es schwierig, auf prä-koloniale Wahrnehmungen zurückzugehen, denen möglicherweise ganz andere Vorstellungsweisen zugrunde lagen. Auch das Erkenntnisinteresse dieser Arbeit ist im Sinne der Black European Studies auf den Zusammenhang von Hautfarbe und sozialen Positionen gerichtet. Die Untersuchung dieses Zusammenhangs wird durch den zeitgenössischen Gebrauch des Begriffes ›Mohr‹ im Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation, der keine Eindeutigkeit im Hinblick auf die Hautfarbe besitzt, wesentlich erschwert. Doch mag diese fehlende Eindeutigkeit selbst Aussagekraft besitzen, weshalb die Ambivalenzen der Begrifflichkeiten stets mit Gegenstand der Arbeit sind.7 Abgesehen von der Problematik historiografischer Ausschlussmechanismen und des Einflusses kolonialen Denkens auf die ›schwarze‹ europäische Geschichtsschreibung heute macht die Arbeit die oben zitierte Hypothese von BEST zum Ausgangspunkt einer auf mehreren Ebenen angelegten Studie: Nach einem einleitenden Kapitel analysiert sie zunächst die Berührungspunkte von Akteuren des frühneuzeitlich-zentraleuropäischen Raumes mit dem transatlantischen und mediterranen Sklavenhandel sowie der nordamerikanischen Sklavenhaltung (Kap. II). Zweitens setzt sie sich mit dem zeitgenössischen Wissen über Afrika und Afrikaner auseinander, das durch schriftliche und künstlerische Medien – Kosmografien, Reiseberichte, Enzyklopädien einerseits, Ikonografie andererseits – vermittelt wurde (Kap. III). Drittens untersucht sie – zunächst allgemein und dann anhand eines ausgewählten Adelsnetzwerkes – die Rolle von schwarzen Menschen an den europäischen Höfen unter für die höfische Gesellschaft zentralen Kriterien wie »Herrschaft«, »Rang« und »Inszenierung«. In charakteristischer Weise kristallisierte sich ihre Anwesenheit im Bild des ›Hofmohren‹ (Kap. IVund V). In den Biografien schwarzer Menschen finden sich mit ihrer Taufe und Ausbildung, aber auch in der offensiven Inszenierung ihres Anders-Seins, auf dem ihre Attraktivität für die Höfe im Kern beruhte, wiederkehrend Praktiken der Aneignung und Integration durch die höfische Gesellschaft (Kap. VI). Schließlich wird untersucht, inwieweit diese Praktiken 6 So werden je nach konzeptionellem Schwerpunkt die entsprechenden Fächer im anglophonen Raum als Black Studies, African Studies oder auch Africana Studies bezeichnet. 7 Für die Ambivalenzen – nach heutigem Verständnis Inkonsistenzen – des Quellenbegriffs ›Mohr‹, der bis weit in das 18. Jahrhundert hinein nicht nur auf Personen afrikanischer Herkunft, sondern auch auf Menschen dunklerer Hautfarbe aus Indien oder dem Osmanischen Reich verweist, vgl. Kap. III.1 der Arbeit.
Einleitung
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ihre persönlichen Möglichkeiten des Entscheidens und Handelns beeinflussten (Kap. VII). Die Gliederung ergab sich sukzessive aus einer einfachen tabellenförmigen Zusammenstellung der gesicherten historischen Informationen, die zu etwa 380 Menschen afrikanischer Herkunft bzw. dunkler Hautfarbe derzeit vorliegen.8 Als Datenbasis im Anhang beigefügt, diente sie anfänglich dazu, eine analytische Struktur zu entwickeln, die es erlaubte, sich biografiegeschichtlichen Fragen auch auf quantitativer Grundlage anzunähern. Die im Untertitel des Buches genannten Begriffe ›Handel‹, ›Migration‹ und ›Hof‹, auf dieser Basis deutlich zu erkennen, bildeten zentrale Momente zahlreicher Biografien von ›Mohren‹ im deutschsprachigen Raum des 17. und 18. Jahrhunderts. Die Quellen belegen insbesondere den deutlichen Schwerpunkt ihrer Gegenwart in den Haushalten der Eliten, vor allem in der höfischen Welt: Gut drei Viertel der in das Alte Reich eingewanderten oder verschleppten schwarzen oder dunkelhäutigen Menschen lebten in den Jahrhunderten zwischen 1600 und 1800 an den Höfen des Adels und Hochadels oder in deren direktem Umfeld. Bereits Peter Martin hat ihre Präsenz in seiner wegweisenden Pionierstudie Schwarze Teufel, edle Mohren als ein gesamteuropäisches, übergreifendes Phänomen der höfischen Welt dargestellt,9 ein Phänomen, das im Hinblick auf seine Bedeutung für das reale Leben der Menschen genauere Betrachtung verdient. So waren die Biografien von Schwarzen an den Fürstenhöfen offenbar eng mit denen der Angehörigen des europäischen Hochadels und Adels verbunden; häufig standen sie in Patenschaftsbeziehungen zu Familienmitgliedern an verschiedenen Höfen. Wie wirkte sich dies auf ihr Leben aus? Auch lässt sich der Nachweis führen, dass sie sich vielfach innerhalb der höfischen Netzwerke bewegten, im Hofstaat auf Reisen, durch Vermittlung an Verwandte und Freunde, aber auch weitergereicht als ›Geschenk‹. Versuche der historischen Rekonstruktion ihrer Lebenswege sehen sich mit einer großen Fragmenthaftigkeit der Quellen konfrontiert. Im Spiegel dieser bruchstückhaften Quellen erscheint die Gegenwart Einzelner an den europäischen Höfen oft als beliebig und austauschbar. Die Darstellung setzt sich im Folgenden mit dem höfischen Bild des ›Mohren‹ auseinander. Dieses generierte sich ganz offensichtlich aus Traditionen und 8 Personensample von 380 Menschen afrikanischer Herkunft im Alten Reich: 262 Männer und 23 Frauen lebten danach unmittelbar an den Höfen oder in deren näherem Umfeld (insbesondere als Angehörige der Armee); hinzu kamen 16 begleitende Frauen bzw. Töchter von amerikanischen Soldaten und Musikern im Anschluss an den amerikanischen Unabhängigkeitskrieg, vgl. die Gesamtübersicht zur nachgewiesenen Präsenz von ›Mohren‹ im deutschsprachigen Raum im Anhang. 9 Peter Martin, Schwarze Teufel, edle Mohren. Afrikaner in Geschichte und Bewusstsein der Deutschen, Hamburg 2001 (Erstausg. 1991), bes. S. 100 – 193.
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Imaginationen, die dem westatlantischen Sklavenbild weitgehend fremd waren. Im Hinblick auf die persönliche Freiheit der zunächst oft als Sklaven in das Land gebrachten schwarzen Bediensteten und Musiker ist auf den überkommenen Herrschaftsbegriff des Adels zu rekurrieren. Dieser setzte den Herrscher in ein anderes Verhältnis zu seinen Untertanen, als dies in den westatlantischen Sklavengesellschaften der Fall war. Die Ordnungskategorien der ständischen Gesellschaft prägten die Haltung schwarzen Menschen gegenüber noch in einer Zeit, als deutsche Kaufleute, Siedler, Angestellte überseeischer Handelsgesellschaften und Missionare bereits lange mit der Sklaverei atlantischer Ausprägung vertraut waren. Dies manifestierte sich, wie Mark Häberlein in einem 2006 erschienenen Aufsatz dargelegt hat, auch in »transatlantischen Kommunikationsprozessen über Einstellungen zu Schwarzen und Praktiken der Sklaverei«. In den von ihm untersuchten Korrespondenzen des 18. Jahrhunderts zwischen Zentraleuropa und der Neuen Welt ließen sich sowohl Adaptionen des ständischen Bildes von ›Mohren‹ in Amerika nachweisen als auch Vorstellungen in der Alten Welt, die durch die atlantische Sklaverei geprägt waren.10 Die von Häberlein und zuvor schon von Vera Lind beobachtete Spiegelung des europäischen ›Mohren‹-Bildes in den nordamerikanischen Kolonien zeigt, dass Anwesenheit und Rollen von Schwarzen im Alten Reich einerseits durchaus in einem transatlantischen Kontext zu sehen sind, andererseits aber deutliche Unterschiede zwischen den Wahrnehmungen von ›Mohren‹ in der Ständegesellschaft und im westlichen Atlantik bestanden.11 Umgekehrt ist von Übertragungen des westatlantischen Sklavenbildes auf zentraleuropäische Wahrnehmungen von Schwarzen auszugehen. Als Repräsentanten höfischen Lebens waren die unfreiwillig und mitunter – seltener – auch freiwillig in das Reich gekommenen ›Mohren‹ von etwa 1650 bis 1750 und darüber hinaus in der Gesellschaft hochsichtbar, wenn sie auch bis in das 19. Jahrhundert hinein keine größere, interagierende Gruppe bildeten (Kap. IV und VII). In der höfischen Welt, die auf die städtischen Eliten der Metropolen ausstrahlte, hielten sich lange Sichtweisen auf Schwarze, die eher orientalischosmanisch als westatlantisch geprägt waren. Ihre Gegenwart war insbesondere an den bis weit in das 18. Jahrhundert hinein von der osmanischen Repräsentationskultur beeinflussten Fürstenhöfen mit großer Zeichenhaftigkeit verbunden. Zudem waren einige der im Zuge der Türkenkriege in das Reich ent10 Mark Häberlein, »Mohren«, ständische Gesellschaft und atlantische Welt. Minderheiten und Kulturkontakte in der Frühen Neuzeit, in: Claudia Schnurmann/Hartmut Lehmann (Hg.), Atlantic Understandings. Essays on European and American History in Honor of Hermann Wellenreuther, Hamburg et al. 2006, S. 77 – 102, hier S. 93 – 95, Zitat S. 98. 11 Vera Lind, Privileged Dependency on the Edge of the Atlantic World: Africans and Germans in the Eighteenth Century, in: Byron R. Wells/Philip Stewart (Hg.), Interpreting Colonialism, Oxford 2004, S. 369 – 391.
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führten türkischen Kriegsgefangenen schwarz. Ihnen kam an den Höfen eine besondere symbolische Bedeutung zu. Im Zentrum des vierten Kapitels stehen die Rollen von schwarzen Menschen bei Hof. Da sie in der Regel als Einzelpersonen ohne Familie, oft im frühen Kindesalter nach Europa gebracht wurden, liegt das Augenmerk auf ihrer Einbindung in die sozialen Strukturen des Hofes, von denen sie in besonderer Weise abhängig waren. Dies wird im fünften Kapitel am Beispiel eines ausgewählten, von Kopenhagen und Ostfriesland nach Braunschweig-Wolfenbüttel, Bayreuth, später auch Wien und St. Petersburg reichenden Adelsnetzwerkes zwischen 1663 und 1744 exemplifiziert. Ziel der Analyse ist es, die Positionen von schwarzen Bediensteten innerhalb der an diesen Höfen vorgegebenen Verhältnisse näher zu bestimmen und daraus den strukturell bedingten Rahmen für ihr Handeln abzuleiten. Die Fragmenthaftigkeit der Quellen stellt zwar oft ein Hindernis für den Versuch dar, ganze Biografien an einem einzelnen Hof zu rekonstruieren. Wird die Perspektive jedoch auf das dynastische Umfeld der Höfe erweitert, wird ihre beachtliche zwischenhöfische Mobilität erkennbar, die ihre Anwesenheit zu einem gesamtdeutschen und gesamteuropäischen Phänomen macht, das über den politischen Raum der einzelnen Kleinstaaten und Reiche hinausging. Aus dieser Perspektive wie auch aus der Perspektive einer gesamteuropäisch ›lesbaren‹ höfischen Semantik – die allerdings, wie am Beispiel des portugiesischen Hofes zu zeigen sein wird, durchaus regionale ›Dialekte‹ aufwies – erscheinen sie in der Tat als schwarze Europäer und Europäerinnen. Dies verlangte ihnen Adaptionen ab, denen sich das sechste Kapitel mit einer Untersuchung von zentralen Praxen der Aneignung und Integration in der höfischen Welt zuwendet. Die Hofkultur wird hier als ein durch Konvention und Rituale bestimmter kultureller Speicher von Zeichen, Symbolen und Imaginationen verstanden, der für schwarze Akteure auch soziale Relevanz besaß. Untersucht werden exemplarisch die regelmäßigen Praxen des Schenkens und der Taufe von Menschen schwarzer oder dunkler Hautfarbe sowie ihrer Darstellung in Fürstenporträts. In der höfischen Welt bewusst als ›Fremde‹ inszeniert, ist dann mit Georg Simmel zu fragen, um welche Figur als »Kulturmittler, Kulturbringer, Herausforderer von Kultur«12, als »marginale Innovationsträger« oder kolonialisierte und marginalisierte Außenseiter es sich bei ihnen eigentlich handelte. Lässt sich etwas in Erfahrung bringen über ihre Lebensentwürfe, darüber, ob sie »machtlos den Zwängen der Versklavung ausgeliefert waren« oder doch ein »Ideal der Offenheit der Lebensperspektive, das mögliche WeiterWandern-Können« verfolgten,13 waren sie eher passive Träger und Mediatoren 12 So der Titel eines Aufsatzes von Robert Hettlage, in: Wolfgang Lipp (Hg.), Träger, Mittler und Stifter von Kultur (Schriften zur Kultursoziologie, Bd. 7), Berlin 1987, S. 25 – 44. 13 Georg Simmel, Exkurs über den Fremden, in: Ders., Soziologie. Untersuchungen über die
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von Bildern und Vorstellungen über Afrika und den Orient oder nahmen sie als Akteure selbst Einfluss auf ihre Lebenswege? Das siebte Kapitel sucht eine Annäherung an diese Fragen, indem die Biografien schwarzer Menschen auf mögliche Vorerfahrungen befragt werden, auf die Bedingungen ihrer Einbindung in gesellschaftliche Netzwerke sowie auf ihre Möglichkeiten, sich in Konflikten zu behaupten. Ihr soziales Leben spielte sich zweifellos weitgehend in der Arena einer mit Herrschaftsansprüchen ausgestatteten, europaweiten höfischen Gesellschaft ab, die theatralischer Elemente nicht entbehrte, oder war zumindest davon tangiert. Inwieweit sich dies auf ihre persönlichen Handlungsspielräume auswirkte, sie begrenzte oder ausweitete, ist die zentrale Frage dieser Arbeit.
I.1
Forschungsüberblick
I.1.1
Internationale Forschung zur afrikanischen Diaspora
Die historische Fachliteratur zu Afrikanern und Menschen afrikanischer Herkunft in Europa bleibt bis Ende der 1970er-Jahre verstreut.14 Seit etwa Mitte des vergangenen Jahrhunderts haben vor allem Intellektuelle afrikanischer Herkunft, die sich in Paris zu der Organisation Pr¦sence Africaine formiert hatten, auf die Geschichte von Afrikanern und ihren Nachfahren in Europa aufmerksam gemacht. 1956 organisierte die Gruppe den ersten internationalen Congress of Negro Writers and Artists in der französischen Metropole, in dessen Folge Versuche der Rekonstruktion ›schwarzer‹ Geschichte auch auf dem europäischen Kontinent an Gewicht und Umfang gewannen. Mit der ein Jahr später erreichten politischen Unabhängigkeit der Republik Ghana als erstes afrikanisches Land südlich der Sahara wurde die Forschung weltweit vorangetrieben. Seit den 1960er-Jahren ist auch in verschiedenen europäischen Staaten – zunächst vor allem in England und Frankreich – zur Geschichte von schwarzen Menschen geforscht worden.15 Aus den anglo-amerikanischen African/Black Studies sind Formen der Vergesellschaftung, hg. von Otthein Rammstedt, Frankfurt a. M. 1992 (Erstausg. 1908), S. 764 – 771. 14 Für einen Überblick über die Forschung in Europa vgl. Dieudonn¦ Gnammankou, Lemma »African Diaspora in Europe«, in: Melvin Ember/Carol R. Ember/Ian Skoggard (Hg.), Encyclopedia of Diasporas. Immigrant and Refugee Cultures Around the World, Bd. I: Overviews and Topics, New York et al. 2004, S. 15 – 24. Einen bibliografischen Überblick bis 2002 gibt Jürgen Jensen (Hg.), Afrikaner in Europa – Eine Bibliographie. Africans in Europe – A Bibliography. Africains en Europe – Une Bibliographie, Münster et al. 2002. 15 Für England vgl. Kenneth Lindsay Little, Negroes in Britain: A Study of Racial Relations in English Society, überarb. Edition mit einer Einführung von Leonard Bloom, London/Boston, MA, 1972 (1. Aufl. 1948); J. Jean Hecht, Continental and Colonial Servants in EighteenthCentury England, Northampton, MA, 1954; Edward Scobie, Black Britannia. A History of
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zwei große Konzeptionen hervorgegangen, die das Moment von Displacement und Zerstreuung von Menschen aus Afrika in der Welt zu kontextualisieren suchen: das für die globalen Kontexte dieser Zerstreuung stehende ältere Konzept einer African Diaspora,16 später auch als Black Diaspora gefasst, und der von Paul Gilroy geprägte Begriff Black Atlantic.17 Im anglophonen Raum sprechen seit den 1960er-Jahren Vertreter minorisierter Gruppen und der Postcolonial Studies von transnationaler Migration und multiplen Ortsbindungen von Diaspora.18 Sie verlagern so den analytischen Schwerpunkt auf die individuellen Erfahrungen, Ressourcen und Handlungsspielräume von Mitgliedern der DiaBlacks in Britain, Chicago 1972; James Walvin, Black and White: Negro and English Society 1555 – 1945, London 1973; Folarin Shyllon, Black Slaves in Britain, London et al. 1974; Peter Fryer, Staying Power. The History of Black People in Britain, London 1984; Gretchen Holbrook Gerzina, Black London: Life before Emancipation, New Brunswick, NY, 1995. In England war die Forschungsperspektive schon früh auf den transatlantischen Kontext ausgerichtet, vgl. Philip D. Curtin, The Image of Africa. British Ideas and Action, 1780 – 1850, London 1965; ders., The Atlantic Slave Trade. A Census, Madison, WI, 1975; neuere Publikationen: James Walvin, Making the Black Atlantic, London et al. 2000; David Northrup, Africa’s Discovery of Europe, 1450 – 1850, New York/Oxford 2002. Zum Teil stützen sich die frühen Arbeiten in England bereits auf Selbstzeugnisse, vgl. Paul Geoffrey Edwards, West African Narrative: An Anthology for Schools, Edinburgh 1963; ders., Equiano’s Travels: His Autobiography ; the Interesting Narrative of the Life of Olaudah Equiano Or Gustavus Vassa the African, London 1967; Philip D. Curtin, Africa Remembered. Narratives by West Africans from the Era of the Slave Trade, Madison et al. 1967; Arna Bontemps, Great Slave Narratives, Boston 1969; Dorothy Porter, Early Negro Writing. 1760 – 1837, Boston 1971. Für Frankreich vgl. William B. Cohen, The French Encounter with Africans. White Response to Blacks, 1530 – 1880, Bloomington 2003; Gabriel Debien, Êtudes antillaises (XVIIIe siÀcle), Paris 1956; ders., Plantations et esclaves Saint-Domingue, Dakar 1962; Jean Mettas, R¦pertoire des exp¦ditions n¦griÀres franÅaises au XVIIIe siÀcle, Paris 1978; Sue Peabody, »There Are No Slaves in France«. The Political Culture of Race and Slavery in the Ancien R¦gime, New York/ Oxford 1996; Traces noires de l’Histoire en Occident, in: Africultures 64, Juli–September 2005; Eric NoÚl, Etre noir en France au XVIIIe siÀcle, Paris 2006. 16 Die Ursprünge des Begriffes ›Diaspora‹ liegen zwischen dem First International Congress of Negro Writers and Artists, der 1956 von Pr¦sence Africaine in Paris organisiert worden war, und dem International Congress of African Historians in Dar es Salaam im Oktober 1965. Erstmals direkt angesprochen wurde das Konzept 1965 in zwei Aufsätzen von Joseph E. Harris (Introduction to the African Diaspora) und George Shepperson (The African Abroad or the African Diaspora). Zum Aufkommen und Konzept der Black Diaspora Studies vgl. Joseph E. Harris, Introduction, in: Ders. (Hg.), Global Dimensions of the African Diaspora, Washington, D. C., 1993, überarb. und erw. Fassung der Erstaufl. 1982, S. 3 – 8; George Shepperson, African Diaspora: Concept and Context, in: Joseph E. Harris (Hg.), Global Dimensions of the African Diaspora, S. 41 – 49. 17 Paul Gilroy, The Black Atlantic: Modernity and Double Consciousness, London 1993. 18 Anna Lipphardt, Sammelrezension zu: Brenner, Fr¦d¦ric: Diaspora. Heimat im Exil. München 2000; Nicholas Mirzoeff (Hg.), Diaspora and Visual Culture. Representing Africans and Jews. London 1999; Howard Wettstein (Hg.), Diasporas and Exiles. Varieties of Jewish Identity. Berkeley 2002; Rainer Münz/Rainer Ohliger (Hg.), Diasporas and Ethnic Migrants. Germany, Israel and Post-Soviet Sucessor States. London 2003, in: H-Soz-u-Kult, 09. 07. 2005, siehe URL: http://hsozkult.geschichte.hu-berlin.de/rezensionen/2005 – 3 – 022 [Stand: 03. 06. 2008].
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spora. Seit den 1980er-Jahren affirmativ und emanzipatorisch ausgerichtet, wurde der Diskurs durch die Gründung von Zeitschriften und durch neue universitäre Diaspora Studies-Programme vertieft und institutionalisiert.19 Als paradigmatischer »Idealtyp« von Diaspora gilt die durch die Erfahrung von Wanderschaft, Exil und weltweiter Zerstreuung gekennzeichnete jüdische Diaspora.20 Im jüdischen Kontext und im umgangssprachlichen Gebrauch wird Diaspora mit Vorstellungen von Vertreibung, Versklavung und Heimatlosigkeit verbunden. Die Diaspora wurde mit der Zerstörung des Zweiten Tempels im Jahre 70 v. Chr. zum Referenzpunkt jüdischen Lebens und jüdischer Religionspraxis. Der Diasporaforscher Khachig Tölölyan hat das damit angesprochene »klassische Diasporamodell« nach sechs Elementen klassifiziert: Verschleppung; gemeinsame Identität bereits im Heimatland; kollektive, in Riten und Texten tradierte Erinnerung an das Heimatland; Erhalt der Grenzen der Diasporagemeinden durch diese selbst und das Gastland; Austausch mit anderen, als »Verwandtschaft« angesehenen Diasporagemeinden; Kontakt zur Heimat oder Rückkehrwunsch.21 Wenige, auch »klassische« Diasporagruppen der jüdischen oder armenischen Diaspora sowie der afro-amerikanischen Diaspora, sind mit zunehmendem zeitlichen Abstand vom auslösenden Ereignis der Vertreibung, Verschleppung oder Flucht aus dem Herkunftsland noch durch alle genannten Elemente gekennzeichnet. Diasporakonzepte sind – wie Migrationskonzepte allgemein – vielschichtig und wie Migration im Allgemeinen ist Diaspora nicht als eine lineare Bewegung aus einem abgegrenzten nationalstaatlichen Territorium in ein anderes zu konzeptionieren. In älteren Darstellungen wurden diasporische Gemeinschaften oft als Problem für den Nationalstaat verstanden – verbunden mit »Entwurzelung,« »Krise« und »Anpassung« –, während die neuere Forschung gezeigt hat, dass Diasporagemeinden in aller Welt eigene Selbstbilder und Modelle des Zusammenlebens untereinander und mit den Aufnahmegesellschaften entwickeln, denen sich ihre Mitglieder oft ebenso zugehörig fühlen wie der Diaspora. Zunehmend steht Diaspora damit für einen dynamischen Prozess zwischen »routes and roots« (James Clifford), für »Fremde« und »Heimat« zugleich.22
19 Etwa die Journale Diaspora, Callaloo, Public Culture, Contemporary Sociology oder Transition; für die afrikanische Diaspora im deutschsprachigen Raum die (z. T. heute nicht mehr bestehenden) Zeitschriften afro look – eine zeitschrift von schwarzen deutschen (Berlin), B¦to – Unabhängiges afrikanisches Magazin für Kultur-Dialog – und Strangers in Düsseldorf sowie Invisible – Germany’s most comprehensive Black Magazine (Bremen). 20 William Safran, Diasporas in Modern Societies: Myths of Homeland and Return, in: Diaspora 1.1, 1991, S. 83 – 99, hier S. 83 – 84. 21 Khachig Tölölyan, Rethinking Diaspora(s) – Stateless Power in the Transnational Moment, in: Diaspora 5.1, 1996, S. 3 – 36. 22 James Clifford, Routes. Travel and Translation in the Late Twentieth Century. Cambridge,
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Im Zusammenhang mit dieser positiven Umwertung des Begriffs der ›Diaspora‹ wird er im öffentlichen Diskurs inzwischen auf viele Formen von Migration und Vertreibung angewendet, weshalb immer wieder versucht worden ist, ihn wissenschaftlich einzuengen. Zu den zentralen Kriterien der afrikanischen Diaspora gehören drei einende Momente, die in der Literatur neben anderen, weniger zentralen, diskutiert werden: das auslösende Moment und die Konsequenzen der globalen freiwilligen wie unfreiwilligen Migrationen von Afrikaner/innen und ihren Nachfahren; das Entstehen von – Elemente der Herkunftskulturen als auch der vorgefundenen sozialen Bedingungen aufgreifenden – kulturellen Identitäten in der Diaspora, die als reale oder imaginierte Einheit einer Herkunftsgemeinschaft erfahren wird; schließlich das Moment einer psychischen oder auch physischen Rückkehr nach Afrika.23 Jedes dieser Elemente – einschließlich des Adjektivs ›afrikanisch‹ in der Bezeichnung dieser Diasporagruppe24 – ist dabei als definierendes Moment von Diaspora hinterfragt worden. So ist das Moment einer imaginierten oder tatsächlich angestrebten oder verwirklichten Rückkehr nicht für alle diasporischen Gruppen kennzeichnend und scheint in der gegenwärtigen Diskussion als Kriterium von Diaspora ebenso wie die Frage der Freiwilligkeit oder Unfreiwilligkeit von Migrationen an Bedeutung zu verlieren.25 Die Zerstreuung von Menschen aus Afrika über den Globus ist als initiale, traumatisch erinnerte Erfahrung konstituierend für das Selbstverständnis der gegenwärtigen afrikanischen Diaspora. Selten wird die Bedeutung dieser Erfahrung, die in exilafrikanischen Narrativen von Generation zu Generation weitergegeben wurde, als zentrales Element von Diaspora infrage gestellt. In neuerer Zeit wird es jedoch ergänzt, indem ein erweitertes Verständnis der Auslöser für Migration zugrunde gelegt wird, auf dessen Grundlage auch die gegenwärtigen, unter anderem ökonomisch motivierten oder bildungsbedingMA, 1997. Robin Cohen, Diasporas and the Nation-State. From Victims to Challengers, in: International Affairs 72, Nr. 3, 1996, S. 507 – 520, hier S. 515. 23 Harris, Introduction, S. 3; Carlton Wilson, Conceptualizing the African Diaspora, in: Comparative Studies of South Asia, Africa and the Middle East, Bd. 17, Duke University Press: Durham, NC, 1997, S. 118 – 122, S. 118; Gilroy, The Black Atlantic, S. 211. 24 Alternativ wird ›Black‹ verwendet, wodurch sich der Bedeutungsschwerpunkt vom Bezug der Diaspora auf Afrika weg verlagert und, nach Auffassung von schwarzen Akteur/innen, »alle von Rassismus betroffenen Minderheiten« einschließt: »Mit Begriffen wie ›Schwarze Deutsche‹ und ›Afro-Deutsche‹ bestimmen wir uns selbst, statt bestimmt zu werden«, afro look 11, 1993, S. 2, zit. n. Hauke Dorsch, Afrikanische Diaspora und Black Atlantic. Einführung in Geschichte und aktuelle Diskussion, Münster 2000, S. 10. Paul Gilroy verweist in seiner Konzeption eines ›Black Atlantic‹ auf den anti-essentialistischen, hybriden Charakter afro-atlantischer Kultur, die immer in Interaktion mit den nichtschwarzen Gesellschaften des atlantischen Raumes gestanden und sich im Austausch mit ihr entwickelt habe, vgl. Gilroy, The Black Atlantic, S. ix. 25 Für einen Überblick vgl. Dorsch, Afrikanische Diaspora und Black Atlantic, S. 19 – 34, hier S. 19 – 20.
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ten Migrationen in das Verständnis diasporischer Dynamiken einbezogen werden. Wiederholt ist darauf hingewiesen worden, dass die African Diaspora Studies als solche erst in der konzeptionellen Verknüpfung einer Forschungsthematik mit den spezifisch globalen Kontexten von Dispersion entstehen konnten.26 So ist es im deutschen Raum – ähnlich wie dies für die afrikanische Diaspora in Asien beobachtet wurde27 – bis weit in das 19. Jahrhundert hinein zu keiner direkt nachweisbaren Ausprägung von diasporischen Gemeinschaften im beschriebenen Sinn gekommen. Findet der Begriff der ›Diaspora‹ dennoch Verwendung, so basiert er auf einem Ordnungsbegriff, der den Forschungsfokus von den Nationalstaaten, ihren Kontrollinstitutionen und Grenzen weg und hin zu alternativen Perspektiven auf das Phänomen Migration verlagert, auf Menschen in Bewegung und ihre Erfahrungen im Prozess von Migration.28 Der von Paul Gilroy geprägte Terminus eines Black Atlantic basiert auf dem Diasporakonzept, grenzt sich von diesem jedoch durch die Betonung der Kontinuität von unfreiwilliger wie auch freiwilliger Mobilität ab. Die von den Diaspora Studies angenommene Bezogenheit schwarzer Akteure auf den afrikanischen Kontinent als einer imaginierten ›Heimat‹ – »roots« – ist nach Ansicht von Gilroy als einendes Moment der Diaspora zweitrangig gegenüber einer transnationalen, nomadischen Tradition des Wanderns, der »routes«. Das Ideal des Wanderns sucht er am Beispiel des durch die Middle Passage – die Sklavenfahrt nach Amerika – bereits als traumatisches Ausgangsszenario symbolisch vorgeprägten Atlantischen Ozeans zu belegen. Dieser wird nun als ein Raum transnationaler, wesentlich hybrider Kultur der Moderne beschrieben, der sich (neben einem ›weißen Atlantik‹ der europäischen Siedler) durch den Austausch zwischen schwarzen Akteuren in verschiedenen, durch das Meer miteinander verbundenen Regionen erst konstituiert. Gilroy geht jedoch darüber noch hinaus und verbindet den Begriff des ›Black Atlantic‹ mit dem Streben von Menschen afrikanischer Herkunft, die Strukturen des Nationalstaates sowie die engen Bindungen von Ethnizität, nationaler Identifikation und ›Rasse‹ zu transzendieren. Insbesondere schwarze Intellektuelle (er nennt unter anderem Martin R. Delany, W. E. B. Du Bois, C. L. R. James und Richard Wright) seien auf der Suche nach Gemeinschaft gereist und hätten in einem transnationalen Rahmen gearbeitet. Afro-Amerikaner (die weiblichen Mitglieder der Diaspora treten nicht in Erscheinung) seien immer bereit gewesen, die Vorstellung ame-
26 Wilson, Conceptualizing the African Diaspora, S. 121. 27 Gwyn Campbell, Lemma »African Diaspora in Asia«, in: Encyclopedia of Diasporas, Bd. I, S. 3 – 15, hier S. 10. 28 Lipphardt, Sammelrezension. Für eine detaillierte Diskussion zu den konstitutionellen Kriterien der Diaspora vgl. Tölölyan, Rethinking Diaspora(s).
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rikanischer Einzigartigkeit gegen ein globales Denken einzutauschen, in dem Antirassismus und Antiimperialismus die Grenzen des Lokalen überwinden.29
I.1.2
Forschung in Deutschland
In Deutschland liegt der zeitliche Schwerpunkt der Forschung derzeit auf dem 19. und 20. Jahrhundert, der Zeit der deutschen Nationalbildung und der Teilnahme Deutschlands an der europäischen Kolonialgeschichte. Die historische Arbeit zu den davor liegenden Zeiträumen bleibt auf wenige Standardwerke beschränkt. Seit Ende der 1960er-Jahre sind vereinzelt Publikationen entstanden, vor allem lokalgeschichtliche Studien, aber auch kunstgeschichtliche Arbeiten.30 Als erste gesamteuropäische Darstellung erschien 1979 Presence and Prestige von Hans Werner Debrunner, ein Kompilationswerk, das einen breiten Überblick über die historische Präsenz und den Status von Menschen afrikanischer Herkunft in Europa gibt.31 Inspiriert wurde die Arbeit durch zwei Werke des 19. Jahrhunderts, A Tribute for the Negro von Wilson Armistead und De la litt¦rature des NÀgres von Henri Gr¦goire,32 sowie durch den 1952 in den USA 29 Gilroy, The Black Atlantic, S. 4, 19. 30 Hans-Joachim Kunst, Der Afrikaner in der europäischen Kunst, Bad Godesberg 1967; Wilhelm Albers/Armin Clasen, Mohren im Kirchspiel Eppendorf und im Gute Ahrensburg, in: Zeitschrift für Niederdeutsche Familienkunde, 41. Jg., Heft 1, Hamburg, Januar 1963, S. 2 – 4; Ingeborg Kittel, Mohren als Hofbediente und Soldaten im Herzogtum BraunschweigWolfenbüttel, in: Braunschweigisches Jahrbuch 46, 1965, S. 78 – 103; Burchard Brentjes, Antonius Gvilielmus Amo Afer aus Axim in Ghana. Student, Doktor der Philosophie, Magister Legens an den Universitäten Halle, Wittenberg, Jena, 1727 – 1747, Halle 1965; ders., Anton Wilhelm Amo in Halle, Wittenberg und Jena, in: Mitteilungen des Instituts für Orientforschung, Bd. XV, Berlin 1969, S. 56 – 76; ders., Anton Wilhelm Amo, afrikanischer Student der Philosophie und Medizin in Halle, Wittenberg und Jena (1727 – 1740), in: In Memoriam Herrmann Boerhave (1668 – 1738), hg. von Wolfram Kaiser/Christine Beierlein, Wissenschaftliche Beiträge der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, Halle 1969, S. 135 – 138. Zu den im Zusammenhang mit der kolonialen Expansion Europas entstehenden Fremdbildern v. a. Urs Bitterli, Die Entdeckung des schwarzen Afrikaners. Versuch einer Geistesgeschichte der euroäisch-afrikanischen Beziehungen an der Guineaküste im 17. und 18. Jahrhundert, Zürich/Freiburg i. Br. 1970; ders., Die ›Wilden‹ und die ›Zivilisierten‹. Grundzüge einer Geistes- und Kulturgeschichte der europäisch-überseeischen Begegnung, München 1976. 31 Hans Werner Debrunner, Presence and Prestige: Africans in Europe. A History of Africans in Europe before 1918, Basel 1979. 32 Henri Gr¦goire, De la litt¦rature des NÀgres, ou recherches sur leur facult¦s intellectuelles, leur qualiti¦s morales et leur litt¦rature. Suivies de notices sur la vie et les ouvrages des NÀgres qui se sont distingu¦s dans les sciences, les lettres et les arts, Paris 1808. Das Buch wurde 1996 neu in das Englische übersetzt, vgl. Henri Gr¦goire, On the Cultural Achievements of Negroes. Translated with Notes and an Introduction by Thomas Cassirer and JeanFrancois Briere, Amherst, MA, 1996; Wilson Armistead, A Tribute for the Negro: Being a Vindication of the Moral, Intellectual, and Religious Capabilities of the Colored Portion of
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erschienenen Band Sex and Race von J. A. Rogers.33 Eine breitere Fachdiskussion und Einbindung der Forschung von Debrunner und anderen, vor allem Regionalforschern, in die universitären Strukturen blieb jedoch lange aus. So ist die Geschichte von schwarzen Europäern und Europäerinnen – ihre Zahl wird gegenwärtig auf 18 Millionen geschätzt – lange Forschungsdesiderat geblieben. Dies ist nicht nur eine Folge der Zurückhaltung in Deutschland und anderen europäischen Staaten, sich mit der kolonialen Vergangenheit zu befassen, sondern auch Folge jener Ansicht, dass in Europa zwar viele verschiedene Ethnizitäten vertreten seien, diese jedoch alle mehr oder weniger ›weiß‹ seien. Schwarzen Menschen wird dagegen oft die Rolle von ›Ausländern‹ zugeschrieben.34 Wichtige Impulse zur Aufnahme der Black European Studies in das universitäre Curriculum kamen seit den 1980er-Jahren wiederum von schwarzen Akteuren und besonders schwarzen Frauen und Lesben,35 die sich in Ländern wie Großbritannien, den Niederlanden und Deutschland organisierten und zu ›Schwarzen Bewegungen‹ zusammenschlossen.36 Das Erscheinen des Bandes Farbe bekennen von Katharina Oguntoye, May Opitz und Dagmar Schultz signalisierte Mitte der 1980er-Jahre den Beginn der deutschen ›Schwarzen Bewegung‹, eines bundesweiten Netzwerkes, das seitdem auf nationaler und internationaler Ebene die Perspektiven von schwarzen Deutschen öffentlich macht. Binnen kurzem formierten sich schwarze Organisationen wie die ›Initiative Schwarze Menschen in Deutschland‹ (ISD) und der Verein ADEFRA37; als eigenes Publikationsorgan entstand unter anderem die Zeitschrift afro look. In Deutschland nutzten diese Organisationen den universitären Rahmen, um lange vernachlässigte Themen wie Kolonialismus und erzwungene afrikanische Mi-
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Mankind; with Particular Reference to the African Race, Manchester/London 1848. Eine elektronische Edition wurde von der University of North Carolina veröffentlicht, siehe URL: http://docsouth.unc.edu/neh/armistead/armistead.html [Stand: 24. 06. 2013], vgl. auch Hans Werner Debrunner, Gr¦goire l’Europ¦en. Kontinentale Beziehungen eines französischen Patrioten. Henri Gr¦goire 1750 – 1831, Anif/Salzburg 1997. J. A. Rogers, Sex and Race: Negro-Caucasian Mixing in All Ages and All Lands, St. Petersburg, FL, 1952. Homepage von BEST (Study Center »Black Europe«) an der Gutenberg-Universität Mainz, siehe URL: http://www.best.uni-mainz.de/modules/Informationen/index.php?id=13 [Stand: 12. 06. 2013]. Ekpenyong Ani, Die Frau, die Mut zeigt. Der Verein ADEFRA e. V. – Schwarze Frauen in Deutschland, Bundeszentrale für politische Bildung, Themenportalseite zur afrikanischen Diaspora in Deutschland, siehe URL: http://www.bpb.de/themen/TPSBKD,0,0,Die_Frau_die_Mut_zeigt.html [Stand: 12. 06. 2013]. Katharina Oguntoye/May Opitz/Dagmar Schultz, Farbe bekennen. Afro-deutsche Frauen auf den Spuren ihrer Geschichte, Berlin 1986/Frankfurt a. M. 1992. ADEFRA – Schwarze Frauen in Deutschland. Der Name war ursprünglich die Abkürzung für Afro DEutsche FRAuen.
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grationen in den wissenschaftlichen Diskurs einzubringen.38 Mit der Errichtung des eingangs genannten Mainzer Zentrums für Black European Studies (BEST) entstand für eine begrenzte Zeit – von 2004 bis 2008 – ein eigenes Forum für internationale und interdisziplinäre Perspektiven auf die Geschichte der afrikanischen Diaspora in Europa. Der zeitliche Schwerpunkt der Black European Studies liegt derzeit in der Erarbeitung von postkolonialen und transkulturellen, interdisziplinär ausgerichteten Perspektiven auf die afrikanische Diaspora in Europa seit dem ausgehenden 18. Jahrhundert. Wichtige Untersuchungen vor allem zur Entstehung von wissenschaftlichen ›Rasse‹-Konzepten im Zuge der europäischen Aufklärung belegen die Zusammenhänge aufgeklärten Denkens mit der Konstituierung einer weißen, westlichen Moderne.39 Die afrikanische Diaspora spielt hier eine zentrale Rolle als Gegendiskurs zu den nationalen Konzeptionen der Moderne. Der Begriff der ›Diaspora‹ wurde so auch politisch relevant. Als Standardwerk für den deutschen Raum erschien 1993 Peter Martins Schwarze Teufel, edle Mohren; eine Publikation, die erstmals in umfassender Weise Daten und Biografien zur historischen Präsenz von schwarzen Menschen speziell im deutschsprachigen Raum zusammenträgt. Ausgangspunkt der Arbeit von Martin war die Frage, welche Vorstellungen von Afrikanern sich Deutsche im Verlauf der Geschichte ihrer Begegnung mit Schwarzen gemacht haben. In einer sehr breit angelegten Analyse erörtert er unter anderem aus begriffsgeschichtlicher Perspektive die geistes- und kulturgeschichtlichen Implikationen dieser Frage, indem er die in den unterschiedlichen Geschichtsepochen zwischen etwa dem Ende des ersten Jahrtausends und dem 19. Jahrhundert verwendete Terminologie auf ihren historischen Kontext und damit verbundene Wahrnehmungsweisen hin untersucht. Durch Analyse des je zeitgenössischen Sprachgebrauchs zeigt Martin auf, wie »aus dem orientalisch kultivierten ›Äthiopier‹ […] im Zusammenhang mit dem transatlantischen Sklavenhandel und tiefgreifenden ökonomischen, sozialen und psychologischen 38 Vgl. insbes. die Diplomarbeit von May Opitz (Afro-Deutsche: Ihre Kultur- und Sozialgeschichte aus dem Hintergrund gesellschaftlicher Veränderungen, Universität Regensburg, 1986), veröffentlicht in Farbe bekennen, sowie die gut zehn Jahre jüngere Magisterarbeit von Katharina Oguntoye (Zur Lebenssituation von Afrikanern und Afro-Deutschen in Deutschland von 1884 bis 1950. Unter besonderer Betrachtung der Familie Diek, Universität Bonn, WS 1995/96), veröffentlicht unter dem Titel Eine afro-deutsche Geschichte: Zur Lebenssituation von Afrikanern und Afro-Deutschen von 1884 bis 1950, Berlin 1997. 39 Insbesondere die Kritische Weißseinsforschung, die sich weniger mit den Opfern von Rassismus als mit den Strukturen und Subjekten befasst, die Rassismus verursachen und von ethnisierenden Prozessen profitieren, zum Konzept vgl. Maureen Maisha Eggerset al. (Hg.), Mythen, Masken und Subjekte. Kritische Weißseinsforschung in Deutschland, Münster 2005. Für die in die Vormoderne zurückgehende Kunstgeschichte vgl. Viktoria SchmidtLinsenhoff/Karl Hölz/Herbert Uerlings (Hg.), Weiße Blicke. Geschlechtermythen des Kolonialismus, Marburg 2005.
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Einleitung
Wandlungsprozessen in der deutschen Gesellschaft erstmals ein ›primitiver Neger‹« wurde.40 Auch in Ostdeutschland wuchs das Interesse an schwarzen Menschen im frühneuzeitlichen deutschen Raum in den 1970er-Jahren. Als eine von mehreren Einzelbiografien sozial vergleichsweise hochstehender Persönlichkeiten erschien 1976 die Lebensgeschichte von Anton Wilhelm Amo aus Axim im heutigen Ghana, der Anfang des 18. Jahrhunderts an den Fürstenhof von Braunschweig-Wolfenbüttel kam, eine akademische Laufbahn einschlug und Mitte des Jahrhunderts an die ›Goldküste‹ zurückkehrte.41 In Westdeutschland und Österreich folgten Arbeiten zu dem Wiener Angelo Soliman, der Kammerdiener und Prinzenerzieher des Erbprinzen Alois I. von Liechtenstein sowie Freimaurer war,42 und weiteren schwarzen Menschen aus Afrika und anderen Teilen der Welt. Auf transatlantische Wechselwirkungen der Wahrnehmung von schwarzen Menschen in der Frühen Neuzeit hat in einem 2006 erschienenen Aufsatz auch Mark Häberlein hingewiesen. Er führt aus, dass »Deutsche die ganze frühe Neuzeit hindurch als Kaufleute, Siedler, Angestellte überseeischer Handelsgesellschaften und Missionare mit dem Phänomen der atlantischen Sklaverei konfrontiert« waren.43 Diese Einbindung habe sich nicht nur darin manifestiert, dass Schwarze nach Zentraleuropa gebracht worden seien, sondern auch im transatlantischen Austausch über Bilder von Schwarzen und über die Sklaverei.44
I.2
Fragestellung
Die bisherige Forschung ist sich weitgehend einig darin, dass die meisten Menschen afrikanischer Herkunft bzw. ›schwarzer‹ oder ›dunkler‹ Hautfarbe im frühneuzeitlichen Deutschland in komplexen sozialen Abhängigkeitsverhältnissen zu ihrem Umfeld standen.45 Weniger klar ist dagegen, wie zweifellos bestehende Abhängigkeiten rechtlich und sozial definiert waren46 und inwieweit das Handeln schwarzer Akteure von diesen Abhängigkeiten bestimmt wurde. 40 Martin, Schwarze Teufel, edle Mohren, S. 12. 41 Zu Amos Lebensgeschichte vgl. Kap. V.2. 42 Wilhelm A. Bauer, Angelo Soliman der hochfürstliche Mohr. Ein exotisches Kapitel AltWien, hg. von Monika Firla-Forkl, Berlin 1993; Monika Firla, Angelo Soliman. Ein Wiener Afrikaner im 18. Jahrhundert, Baden 2004; Walter Sauer, Angelo Soliman. Mythos und Wirklichkeit, in: Ders. (Hg.), Von Soliman zu Omofuma. Afrikanische Diaspora in Österreich, 17. bis 20. Jahrhundert, Innsbruck/Wien/Bozen 2007, S. 59 – 96. 43 Häberlein, »Mohren«, ständische Gesellschaft und atlantische Welt, S. 93. 44 Vgl. dazu ausführlicher Kap. II.2. 45 Vgl. den Forschungsüberblick in Kap. I.1. 46 Vgl. Kap. II.4.
Fragestellung
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Die postkoloniale Forschung in der Folge von Michel de Certeau, Michel Foucault und Edward Sad hat nicht nur auf den Machtfaktor hingewiesen, der in der Definitions- und Klassifikationsgewalt von Wissen liegt, sondern sich zentral auch mit dem Problem der Handlungsfähigkeit von Menschen in stark abhängigen Positionen beschäftigt. In der Auseinandersetzung mit früheren Darstellungen von Subalternen47 als weitgehend fremdbestimmten Objekten von Herrschaftshandeln bemühen sich seit einiger Zeit Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der verschiedenen Disziplinen darum, diese als Subjekte sichtbar zu machen. Im Fokus der postkolonialen Forschung stehen dabei sowohl ihre Positionen innerhalb von vorgegebenen ökonomischen, politischen, sozialen und kulturellen Bedingungen einer Zeit als auch ihre Handlungsmöglichkeiten im Sinne einer grundsätzlich allen Menschen eigenen human agency.48 An diesem Punkt setzt die vorliegende Arbeit an. Das Bild von schwarzen Menschen im frühneuzeitlichen deutschsprachigen Raum ist heute insgesamt geprägt von einer Vorstellung, nach der sie weitgehend passive und unmündige Spielbälle oder Maskottchen in den Händen ihrer ›Herren‹ waren, die an ihnen ein Besitzrecht ausübten. Ihre Möglichkeiten der sozialen Integration in der ständischen Gesellschaft sieht etwa Martin in Schwarze Teufel, edle Mohren eher eingeschränkt. Er verweist – wie auch Uta Sadji in ihrem Aufsatz »Unverbesserlich ausschweifende« oder »brauchbare Subjekte« – auf ihre niedrige Lebenserwartung und Abhängigkeit von den Fürsten, an deren Höfen sie lebten, auf das hohe Risiko von Verarmung im Falle einer Entlassung sowie auf eine ihnen gegenüber insgesamt ablehnende Haltung der Gesellschaft. »Formalrechtlich« seien sie, so Martin, Sklaven gewesen, hätten sich jedoch real in einem »Niemandsland zwischen Freien und Unfreien« bewegt. Zwar räumt er ein, dass »die Fürsten immer wieder einzelne ihrer Schwarzen, die sich durch langjährige Treue oder durch besondere Fähigkeiten auszeichneten, besonders gefördert« und für ihre Dienste mitunter überdurchschnittlich entlohnt hätten. Doch sei ihre Anerkennung letztlich immer von der Willkür der Fürsten abhängig ge-
47 Gayatri Chakravorty Spivak, Can the Subaltern Speak?, in: Cary Nelson/Lawrence Grossberg (Hg.), Marxism and the Interpretation of Culture, Chicago 1988; als ›Subalterne‹ angesprochen sind bei Spivak und anderen neben Menschen nichteuropäischer Herkunft Migranten, Menschen anderer als ›weißer‹ Hautfarbe, Frauen, Kinder, Alte, Arbeiter, körperlich oder geistig Deviante etc., vgl. auch Hito Steyerl, Can the Subaltern Speak German? Postkoloniale Kritik im deutschen Kontext, in: Ders./Encarnaciûn Guti¦rrez Rodrguez (Hg.), Spricht die Subalterne Deutsch? Migration und postkoloniale Kritik, Münster 2003. 48 Hartwig Isernhagen, Dominance, Subdominance, Survival. The Middle Ground as Interpretive Paradigm, in: Susanna Burghartz/Maike Christadler/Dorothea Nolde (Hg.), Berichten, Erzählen, Beherrschen. Wahrnehmung und Repräsentation in der frühen Kolonialgeschichte Europas (Zeitsprünge. Forschungen zur Frühen Neuzeit, Bd. 2/3), Frankfurt a. M. 2003, S. 179 – 199.
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Einleitung
wesen.49 Wie breit der Interpretationsrahmen angesichts der ungeklärten Frage ihres rechtlichen Status ist, zeigt sich beispielhaft in dem diametral entgegengesetzten Schluss von Sadji, dass schwarze Bedienstete an den Fürstenhöfen »juristisch gesehen Freie« gewesen seien, tatsächlich aber »meist wie Sklaven« gelebt hätten.50 Auch der Frühneuzeithistoriker Bernd Roeck, der dem Thema ein kurzes Kapitel am Ende seiner Arbeit über Außenseiter, Randgruppen, Minderheiten widmet und sich dabei weitgehend auf Martin bezieht, schätzt die Integrationschancen von Schwarzen in Deutschland recht gering ein: »Die Geschichte der Schwarzen im frühneuzeitlichen Reich war nie die einer Integration. Man zielte darauf, diese Fremden zu assimilieren, sie rasch dem christlichen Glauben zuzuführen. Viele erwartete ein trauriges Schicksal, wenn man ihrer als ›Spielzeug‹ nicht mehr bedurfte oder wenn die chronische Finanznot des frühmodernen Staates die Reduzierung des Hofes nahelegte. Nicht wenige der Entlassenen endeten im Armenhaus, mussten durch Bettelei, als Schausteller, als exotische Attraktionen ihr Auskommen finden.«51
Nicht nur die namhaften, weitgehend erfolgreichen Biografien des Philosophen Anton Wilhelm Amo in Wittenberg und Halle und Angelo Solimans in Wien, auch die weniger bekannten, in den Archiven aber weit gestreuten Überlieferungen über Ehen von Schwarzen mit Angehörigen der lokalen Mehrheitsgesellschaft und Einbürgerungen bedürfen vor diesem Hintergrund einer Erklärung. Kennzeichnend für die breiten Möglichkeiten der Interpretation ist auch das Urteil von Regionalhistorikerinnen und -historikern wie Ingeborg Kittel, Wolfram Schäfer und Monika Firla, die sich mit den Biografien und dem Status von ›Mohren‹ an den Höfen von Braunschweig-Wolfenbüttel, Hessen-Kassel und Stuttgart beschäftigt haben. Auf der Grundlage der von ihnen nachgewiesenen Taufen, Patenschaften durch Fürsten, Eheschließungen mit einheimischen Frauen, Gehalts- wie Pensionszahlungen und zusätzlichen Zuwendungen argumentieren sie, dass Erfolg und Integration von schwarzen Bediensteten an diesen Höfen keine Einzelfälle waren. Am Hof der Landgrafen von HessenKassel wie auch an denen der Herzöge von Braunschweig und Wolfenbüttel lebten Schwarze oft über lange Zeiträume. Viele von ihnen erhielten Ausbildungen und Gehaltserhöhungen; im Krankheitsfall wurden sie gepflegt; und einige erwarben Hausbesitz. Sowohl im Kasseler als auch in den Braunschweiger 49 Ebd., S. 140. 50 Uta Sadji, »Unverbesserlich ausschweifende« oder »brauchbare Subjekte«? Mohren als »befreite« Sklaven im Deutschland des 18. Jahrhunderts, in: Komparatistische Hefte 2, 1980, S. 42 – 52, Zitat S. 45. 51 Bernd Roeck, Außenseiter, Randgruppen, Minderheiten: Fremde im Deutschland der frühen Neuzeit, Göttingen 1993, S. 103.
Fragestellung
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Truppen waren ›Mohren‹ als Pfeifer und Tamboure beschäftigt. Schäfer resümiert: »Wenn auch der größere Teil dieser Mohren an den kleinen und größeren Höfen als eine Art modische Dekoration oder exotische Ausstaffage gehalten wurde, so haben sich zumindest doch einige Angehörige dieser Minderheit […] als Beisassen und Bürger niederlassen, Familien gründen und Berufe ergreifen können.«52
Auch Kittel bemerkt, sie seien, »obwohl durch Kauf oder Geschenk an die Herzöge gekommen, den übrigen Dienern gleichgestellt [gewesen], beispielsweise im Gehalt«. Daneben seien sie in Wolfenbüttel und Braunschweig »durch die Herzöge stark gefördert« worden.53 Monika Firla, die seit den 1990er-Jahren eine Reihe von Aufsätzen zu schwarzen Menschen nicht nur an den Höfen, besonders am Stuttgarter Hof, sondern auch im bürgerlichen Milieu veröffentlicht hat, geht von einer regelrechten Privilegierung der schwarzen Bediensteten »als Prestigeträger ersten Ranges innerhalb der internationalen Hofkultur Europas« aus.54 Ihre These, der Rechtsstatus von Schwarzen sei nicht der von Sklaven gewesen, stützt sie unter anderem darauf, dass viele von ihnen Mitglieder der Gilden waren, in die nur Freie aufgenommen wurden.55 In den unterschiedlichen Ansätzen von Martin und Firla klingt eine zentrale Fragestellung der gegenwärtigen Forschung an, die in dieser Arbeit aufgegriffen wird: Inwieweit beruhten die Begegnungen von Europäern und Menschen afrikanischer Herkunft im frühneuzeitlichen Europa auf kolonialen Beziehungsmustern oder spiegelten diese wider? In welcher Weise beeinflusste der transatlantische Sklavenhandel die Wirklichkeit von Menschen dunkler Hautfarbe innerhalb der gesellschaftlich, religiös und herrschaftspolitisch heterogenen Regionen Europas?56 Wie in der Einleitung erwähnt, wurde vor diesem Hintergrund in der Forschung zunächst die lange vernachlässigte deutsche Kolonialgeschichte theoretisch reflektiert.57 Mehrere Konferenzen und Ausstel-
52 Wolfram Schäfer, Von »Kammermohren«, »Mohren«-Tambouren und »Ost-Indianern«, in: Hessische Blätter für Volks- und Kulturforschung 23, 1988, S. 35 – 79, hier S. 37. 53 Kittel, Mohren als Hofbediente und Soldaten, S. 102. 54 Monika Firla, »Hof-« und andere »Mohren« als früheste Schicht des Eintreffens von Afrikanern in Deutschland, in: Hartmut Heller (Hg.), Neue Heimat Deutschland. Aspekte der Zuwanderung, Akkulturation und emotionalen Bindung, Erlangen 2002, S. 157 – 176, hier S. 160 – 161. 55 Monika Firla, AfrikanerInnen und ihre Nachkommen im deutschsprachigen Raum vor der Zeit der Kongokonferenz und ihrer Folgen: Bemerkungen zur Forschungsproblematik, in: Marianne Bechhaus-Gerst/Reinhard Klein-Arendt (Hg.), AfrikanerInnen in Deutschland und schwarze Deutsche – Geschichte und Gegenwart, Köln/Münster 2004, S. 9 – 24, bes. S. 12–13. 56 Vgl. dazu das einleitende Kapitel zu dieser Arbeit. 57 Klaus J. Bade, Friedrich Fabri und der Imperialismus in der Bismarckzeit: Revolution –
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Einleitung
lungen der vergangenen Jahre spiegeln die thematische Breite der postkolonialen Forschung in diesem Bereich.58 Während sich für die Zeit ab etwa Mitte des 18. Jahrhunderts klare Bezüge zwischen Kolonialismus und den Wahrnehmungen und Lebensbedingungen von Menschen afrikanischer Herkunft in Europa herstellen lassen, sind die Bilder und Imaginationen der Vor- und Frühmoderne von großer Ambiguität geprägt und stehen in einem komplexen Wechselverhältnis zu den kolonialen Entwicklungen der transatlantischen Welt. Die Frage, wann im deutschsprachigen Raum die hierarchische Unterscheidung von Menschen nach ihrer Hautfarbe aufkam bzw. dominant wurde, ist dabei der gesamten bisherigen Forschung zur Geschichte von schwarzen Menschen bzw. Afrikanern in Europa und Deutschland implizit.59 Weitgehender Konsens scheint darin zu bestehen, dass die Kategorie ›Hautfarbe‹, ähnlich wie dies für die von ›Geschlecht‹ (gender) konstatiert worden ist, in verschiedenen historischen Epochen unterschiedlich aufgeladen und definiert war.60 In Anlehnung an die Perspektiven und Fragestellungen der frühneuzeitlichen Geschlechterforschung ist die Analysekategorie ›Hautfarbe‹ in Beziehung zu anderen, Gesellschaft ordnenden Kategorien wie Herkunft und sozialer Rang, Alter, Religion und Geschlecht zu setzen.
Depression – Expansion (Beiträge zur Kolonial- und Überseegeschichte, Bd. 13), Freiburg i. Br./Zürich 1975. 58 Die folgenden Arbeiten sind aus Ausstellungen und Konferenzen seit 2003 hervorgegangen: Christine Alonzo/Peter Martin (Hg.), Zwischen Charleston und Stechschritt. Schwarze im Nationalsozialismus, Hamburg 2004; Marianne Bechhaus-Gerst/Reinhard Klein-Arendt (Hg.), AfrikanerInnen in Deutschland und schwarze Deutsche – Geschichte und Gegenwart. Beiträge zur gleichnamigen Konferenz vom 13.–15. Juni 2003 im NS-Dokumentationszentrum (EL-DE-Haus), Köln/Münster 2004; Marianne Bechhaus-Gerst/Sunna Gieseke (Hg.), Koloniale und postkoloniale Konstruktionen von Afrika und Menschen afrikanischer Herkunft in der deutschen Alltagskultur, Frankfurt a. M. 2007. 59 Für die Diskussion unter Mittelalter- und Frühneuzeithistorikern und -historikerinnen vgl. Valentin Groebner, Der Schein der Person. Steckbrief, Ausweis und Kontrolle im Mittelalter, München 2004, S. 99, 107 – 108; Walter Demel, Wie die Chinesen gelb wurden. Ein Beitrag zur Frühgeschichte der Rassentheorien, in: Historische Zeitschrift 255, 1992, S. 625 – 666; Nancy Shoemaker, How Indians Got to Be Red, in: American Historical Review 102, 1997, S. 625 – 644; Paul Münch, Wie aus Menschen Weiße, Schwarze, Gelbe und Rote wurden. Zur Geschichte der rassistischen Ausgrenzung über die Hautfarbe, in: Essener Unikate 6/7, 1995, S. 86 – 97. Für Forschungsstimmen aus den Black European Studies vgl. Kap. I.1. 60 Natalie Zemon Davis, Frauen und Gesellschaft am Beginn der Neuzeit. Studien über Familie, Religion und die Wandlungsfähigkeit des sozialen Körpers, Berlin 1986. Für einen Überblick zur frühneuzeitlichen Geschlechterforschung vgl. Dagmar Freist, Geschlechtergeschichte: Normen und soziale Praxis, in: Anette Völker-Rasor (Hg.), Frühe Neuzeit, München 2000, S. 183 – 202.
Methodische Zugänge
I.3
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Methodische Zugänge
Methodisch-konzeptionell verbindet die Arbeit Ansätze der postkolonialen Subalternen-Forschung mit dem analytischen Instrumentarium der frühneuzeitlichen Biografieforschung, die Individuen eher in Interaktion mit ihrem sozialen Umfeld betrachtet als lediglich in ihrer Bedeutung oder Funktion für dieses. Im Zentrum stehen drei Aspekte: 1. Zum einen ganz grundsätzlich die Bedingungen und Achsen der Mobilität von Menschen schwarzer oder dunkler Hautfarbe zwischen Kontinenten und Regionen, denen die Studie in den Handels- und sonstigen globalen Netzwerken nachgeht, über die sie nach Europa kamen. 2. Zum anderen die sozialen Räume, in denen sie sich im Alten Reich bewegten. Hier fällt zahlenmäßig insbesondere ihre Anwesenheit an den Adels- und Fürstenhöfen ins Gewicht, weshalb die Formen der kulturellen Aneignung und sozialen Praktiken ihrer Integration in diesem Milieu, das kulturell auf das Bürgertum ausstrahlte, zentral behandelt werden. 3. Schließlich werden in der Zusammenschau von Mobilität, Präsenz, sozialen Räumen, kulturellen Aneignungsformen und sozialen Praktiken der Integration individuelle Gestaltungsräume erkennbar, die sich unter den gegebenen Umständen für den Einzelnen ergaben. Das Bemühen, die sozialen Rollen und Handlungsräume von schwarzen Bediensteten an deutschen Fürstenhöfen zu rekonstruieren, ist angesichts der berechtigten Forderung nach einer nicht auf Europa zentrierten, sondern globale Verflechtung mit berücksichtigenden Geschichtsschreibung prekär : Ihre Anwesenheit an den Höfen war aufs Engste mit frühneuzeitlich-europäischen Vorstellungen von kosmopolitischer Fürstenherrschaft verbunden, die sich als Zentrum der Welt verstand, wenngleich Elemente der außereuropäischen Welt ausdrücklich erwünscht waren. Dadurch ist gerade an den Höfen jene strukturelle Dominanz weiß definierter Rahmenbedingungen gegeben, die als zentraler Mechanismus der historiografischen ›Unsichtbarmachung‹ schwarzer Akteur/ innen kritisiert worden ist.61 Die ›Mohren‹ der ständischen Gesellschaft waren als Migranten, als Sklaven bzw. ehemalige Sklaven und als Menschen mit multiplen Ortsbindungen Teil der globalen und in ihrer Zeit zumeist unfreiwilligen Migrationsbewegungen der afrikanischen Diaspora. Es waren zumeist kollektive Charakteristika, Verschleppung und Versklavung, und nicht Zufälle ihrer individuellen Lebenswege, die sie von ihren oft selbst bereits diasporisierten Familien in Übersee oder andernorts trennten. Eine gemeinsame Basis zwischen ihnen und ihren in Afrika versklavten und/oder über die Middle Passage nach 61 Dorsch, Afrikanische Diaspora und Black Atlantic, S. 53.
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Einleitung
Amerika verschleppten Vorfahren und Zeitgenossen ist insbesondere in den Umständen ihrer Migration nach Europa zu erkennen. Einige von ihnen, die später an europäischen Höfen lebten, waren selbst aus Afrika entführt und über Amerika nach Europa gekommen. Dem sozialen Milieu des europäischen Hochadels stehen damit die subjektiven Vorerfahrungen, das »kulturelle Gepäck« der Individuen gegenüber, die im transatlantischen Raum durch Handelsbeziehungen, oft über mehrere Stationen und unter unterschiedlichen Umständen kamen. Zwischen diesen Welten standen – an der Schwelle nach Europa, in den Häfen – soziale und ordnungspolitische Protokolle, die passiert werden mussten. Im Übergang von der transatlantischen Handels- in die höfische Welt mussten schwarze Menschen daher Transformationsleistungen erbringen, die sich jenseits von eher allgemeinen Leistungen der Integration wie dem Spracherwerb und Religionswechsel nur erahnen lassen.62 Die Biografien und die beachtliche Mobilität von schwarzen Menschen zwischen Kontinenten, Regionen und Fürsten- oder Adelshöfen zeigen, dass eine allein auf das Lokale, Regionale oder auch Europäisch-Höfische gerichtete Perspektive wichtige Motive und Momente ihrer Lebenswege verfehlt. Anhand der lokal vorhandenen Quellen lassen sich Einzelschicksale in der Regel nicht lückenlos rekonstruieren. Wenn im Sinne der Migrationswissenschaft davon auszugehen ist, dass gerade die mitgebrachten Vorerfahrungen für die Einzelnen, ihr Erleben und Handeln konstituierend waren, können also die Kontexte der frühneuzeitlichen globalen Verflechtungen Aufschluss über mögliche Prägungen geben. Die Studie nimmt daher ihren Ausgang bei der Frage, woher und wie schwarze Menschen nach Zentraleuropa kamen. Aus der Perspektive der Akteure bleibt natürlich immer zu fragen, inwiefern diese Kontexte für sie konkret auch handlungsleitend waren. Wo Selbstzeugnisse fehlen, die eigenen Stimmen in der Überlieferung also kaum zu vernehmen sind, ist eine Deutung ihrer Positionen vielfach auf die Analyse struktureller Dispositionen angewiesen: Neben den Wegen, die sie nach Zentraleuropa zurücklegten, ist ihrer Geschichte auch in den »Spuren, Echos oder Schatten« ihrer zeitgenössischen Wahrnehmung nachzugehen, zum einen in den »doppelt vermittelten, indirekten Konkretisierungen«63 der Kosmografien, Kollektionen und Enzyklopä62 Dies ist möglicherweise eine von mehreren Erklärungen dafür, warum die europäischen Fürsten ein besonderes Interesse daran hatten, Kinder aus Afrika an ihre Höfe zu bringen. Am ostfriesischen Hof verweist auf dieses Interesse die erste erhaltene Instruktion Christian Georgs aus dem Jahr 1663, in der er seinen Oberrentmeister anweist, in Amsterdam zwei ›Mohrenkinder‹ zu erwerben. Etwa 60 Jahre später kommt der letzte bekannte ›Mohr‹ am ostfriesischen Hof als Vierjähriger nach Kopenhagen, von dort im Jahre 1729 nach Aurich, vgl. dazu Kap. V.4. 63 Susanna Burghartz, »Translating Seen into Scene?« Wahrnehmung und Repräsentation in der frühen Kolonialgeschichte Europas, in: Dies./Christadler/Nolde, Berichten, Erzählen, Beherrschen, S. 161 – 175, hier S. 8.
Methodische Zugänge
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dien, zum anderen in der schriftlichen Überlieferung der Höfe und in visuellen Darstellungen, die vor allem im Hinblick auf sozialgeschichtliche Fragestellungen hinzugezogen werden. Biografiegeschichtlich war die Anwesenheit an den frühneuzeitlichen Fürsten- und Adelshöfen oft nur eine – wenngleich in vielen Fällen dauerhafte – Etappe im Leben von schwarzen Menschen. Der breite Interpretationsrahmen bezüglich ihrer sozialen Integrationschancen in der Ständegesellschaft ist teils schon definiert durch die Blickrichtung der jeweils Analysierenden: Während eher an globalen Zusammenhängen interessierte (Post-)Kolonialforscher/innen auf bestehende strukturelle Abhängigkeitsbeziehungen verweisen, führen Regionalhistoriker/innen ihre individuellen Chancen auf der lokalen Ebene ins Feld. Die vorliegende Arbeit stellt einen Versuch dar, ihre transatlantische Geschichte im Rückgriff auf die einerseits global orientierte, andererseits regional unterschiedlich ausgeprägte höfische Kultur und ihre Ordnungskategorien zu erweitern. Im Anschluss an die Neue Kulturgeschichte richtet sie damit einen ›ethnologischen Blick‹ auf die frühneuzeitlich-höfische Welt und versucht Positionen und Handlungen von und gegenüber schwarzen Menschen in dieser Welt zu rekontextualisieren. Die ursprüngliche Motivation der Arbeit war es, Handlungsformen und -spielräume einzelner Individuen näher zu bestimmen. Die Quellensituation machte jedoch schnell deutlich, dass dieses Vorhaben nur vermittelt durch ein sehr sprödes und ausgesprochen sporadisches Quellenmaterial, entstanden im Kontext ganz anderer, in der Regel höfischer Interessen, zu erreichen war. Das Wissen um diese Interessen und die Strukturen der höfischen Gesellschaft erleichtert dabei die Analyse nicht immer, sondern gibt oft eine Perspektive vor, die sich angesichts des fast vollständigen Fehlens expliziter Selbstzeugnisse um diasporische Sichtweisen kaum ergänzen lässt. Die Studie sucht jedoch die Innenperspektive der höfischen Kultur zu nutzen, um die Doppelkonstitution der historischen Prozesse zu erfassen, in die schwarze Akteure eingebunden waren, »die Gleichzeitigkeit von gegebenen und produzierten Verhältnissen, die komplexe wechselseitige Beziehung zwischen umfassenden Strukturen und der Praxis der ›Subjekte‹, zwischen Lebens-, Produktionsund Herrschaftsverhältnissen und den Erfahrungen und Verhaltensweisen der Betroffenen«.64 Durch eine Kombination von mikrologischen und seriellen Verfahren zur Untersuchung von Bedeutungszuschreibungen an schwarze Bedienstete und ihrer Mobilität an und zwischen den europäischen Höfen lehnt sich die Arbeit an die Methoden der seriellen Geschichte (»histoire s¦rielle«) an, die den Wieder64 Hans Medick, »Missionare im Ruderboot«? Ethnologische Erkenntniswiesen als Herausforderung an die Sozialgeschichte, in: Geschichte und Gesellschaft 10, 1884, S. 295 – 319, hier S. 295, zit. n. Susanna Burghartz, Historische Anthropologie/Mikrogeschichte, S. 213.
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Einleitung
holungscharakter von kulturellen Phänomenen betont. Diese verbindet sie mit Verfahren der ethnologisch orientierten historischen Anthropologie, die eher am Einzelnen als Repräsentant von Gruppen interessiert ist. Der Maßstab des Beobachtungsfeldes ist zunächst mikrologisch auf einen Hof begrenzt, geht darüber aber durch Einbeziehung von Verwandtschafts- und anderen sozialen Netzwerken hinaus. Dieser an das höfische Milieu angepasste Beobachtungsmaßstab macht neue Zusammenhänge zwischen den oft mosaikhaft weit gestreuten Zeugnissen der Biografien von ›Mohren‹ erkennbar, die für die Black Studies-Forschung fruchtbar gemacht werden können.65 Die Gegenwart von Schwarzen in der höfischen Welt – dies kristallisierte sich im Verlauf der Arbeit mehr und mehr heraus – bedeutete oft keine statische Anwesenheit, sondern ging mit Bewegungen zwischen den Höfen einher. Deshalb greift die Forschungsperspektive über den lokalen Hof hinaus auf eine zwischenhöfische Ebene der Kommunikation, des Austausches und der Mobilität von ›Mohren‹ an verschiedenen, miteinander in Beziehung stehenden Höfen. Dabei ist im heterogenen deutschsprachigen Raum von Unterschieden in der lokalen Ausprägung von Herrschaftshandeln und somit auch der Handlungsmöglichkeiten von schwarzen Akteur/innen auszugehen.66 Auch geht die semiotisch orientierte Hofforschung davon aus, dass die europaweit verbreitete höfische ›Sprache‹ – im Sinne von Symbolen der Herrschaftsrepräsentation, zu denen die Anwesenheit von schwarzen Musikern und Bediensteten zweifellos (auch) gehörte – ›Dialekte‹ aufwies, regional spezifische Ausformungen von kulturellen Codes und Traditionen, die einer grundsätzlich einheitlichen Interpretation höfischer Zeichen entgegenstehen.67 Die einzelnen Höfe orientierten sich zwar an übergreifend identischen Zeichensystemen und einer allgemein verständlichen Zeichensprache, setzten sie jedoch in Abhängigkeit von je eigenen konfessionellen, sozio-ökonomischen und herrschaftspolitischen Vorstellungen und ihrem je spezifischen Platz in der höfischen Rangfolge um.68 Die 65 Dabei ist es nicht die Gesamtheit des ausgewählten sozialen Gefüges, das im Mittelpunkt dieser Forschung steht, wie etwa bei Levi, vgl. Giovanni Levi, Das immaterielle Erbe. Eine bäuerliche Welt an der Schwelle zur Moderne, Berlin 1986. Eine solche Rekonstruktion als ›histoire totale‹ ginge an den Forschungsinteressen der vorliegenden Arbeit vorbei. Carlo Ginzburg und Natalie Zemon Davis haben die kulturellen Bedeutungen und Möglichkeiten rekonstruiert, die eher Einzelfälle und einzelne Personen – bei Ginzburg der Müller Menocchio, bei Davis Martin Guerre u. a. – untersuchen, vgl. Carlo Ginzburg, Der Käse und die Würmer. Die Welt eines Müllers um 1600, Frankfurt a. M. 1979; Natalie Zemon Davis, Die wahrhaftige Geschichte von der Wiederkehr des Martin Guerre, München 1984. Auch dieser Fokus ist quellenbedingt auf das gegebene Vorhaben als einziger Zugang nicht anwendbar. 66 Müller, Der Fürstenhof in der Frühen Neuzeit, S. 17. 67 Peter-Michael Hahn/Ulrich Schütte, Thesen zur Rekonstruktion höfischer Zeichensysteme in der Frühen Neuzeit, in: Mitteilungen der Residenzen-Kommission der Akademie der Wissenschaften zu Göttingen 13 (2003), Nr. 2, S. 29. 68 Vgl. Richard van Dülmen, Historische Kulturforschung in der Frühen Neuzeit, in: Ge-
Fallstudie: Der ausgewählte Adelskreis
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konkreten Lebenswege von schwarzen Menschen waren insofern an die lokale Gestaltung von Herrschaft an den einzelnen Höfen gebunden.
I.4
Fallstudie: Der ausgewählte Adelskreis
Die bisherige Forschung zu schwarzen Bediensteten in der höfischen Welt, auf die sich die vorliegende Arbeit stützt, bezieht sich in der Regel auf größere Höfe mit ausgeprägtem Zeremoniell, so etwa Braunschweig-Wolfenbüttel, Stuttgart und Kassel. Ausgehend von der Überlegung, dass die Gegenwart von Schwarzen in der höfischen Welt im Rahmen der Repräsentation von Fürstenherrschaft eine besondere Bedeutung zu besitzen und mit Bewegungen zwischen den Höfen zentral verbunden zu sein schien, wurde ein Kreis von miteinander vernetzten Höfen ausgewählt, an denen schwarze Menschen lebten. Die konkrete Auswahl geht auf anfängliche Beobachtungen bei der Datensammlung zurück, bei der sich Kristallisationspunkte von verstärkter Präsenz im norddeutschen Raum bzw. im protestantischen Block des deutschen Hochadels abzeichneten. Dies spiegelte zwar zunächst lediglich einen Schwerpunkt der bisherigen Forschung wider, der nicht unbedingt für eine tatsächlich stärkere Präsenz von Schwarzen in diesem Raum und Adelskreis sprechen musste – so ist bisher nur wenig über schwarze Musiker und Bedienstete in den Netzwerken der Habsburger bekannt, für die doch angesichts ihrer engen dynastischen Verbindungen mit Spanien eine größere Zahl zu erwarten wäre; auch für den Dresdener Hof ist auf Grundlage von Berichten über das höfische Zeremoniell eine stärkere Präsenz anzunehmen. Doch bot das gewählte Netzwerk durch die bereits bestehende Forschungsliteratur erste konkrete Ansatzpunkte für eine überregionale Studie. Den Kern des Untersuchungsfeldes bildet die Anwesenheit und Mobilität von schwarzen Menschen in einem Ausschnitt des dynastischen Netzwerkes des Hauses Oldenburg, dem ostfriesischen Fürstenhaus der Cirksena. Das Haus Oldenburg, dessen Stammhaus zum Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation gehörte, stellte zwischen 1448 und 1863 die Könige von Dänemark und Norwegen, die durch eine gezielte Heiratspolitik mit den großen und kleineren deutschen Fürsten in Verbindung standen. Zum dynastischen Netzwerk des dänischen Königshauses gehörten im 17. und 18. Jahrhundert neben den Ostfriesland unmittelbar benachbarten Grafen von Oldenburg verschiedene Linien des Hauses Hohenzollern (die Kurfürsten von Brandenburg und späteren preußischen Könige, die Markgrafen von Brandenburg-Kulmbach-Bayreuth), die Herzöge von Schleswig-Holstein-Gottorf (die 1762 mit Peter III. die russischichte und Gesellschaft 21, 1995, S. 403 – 429; ders., Historische Anthropologie. Entwicklung, Probleme, Aufgaben, Köln/Weimar/Wien 2000.
40
Einleitung
sche Dynastie der Romanow-Holstein-Gottorf begründeten), die Herzöge zu Mecklenburg und die Herzöge von Braunschweig-Calenburg, die Landgrafen von Hessen-Kassel und Hessen-Darmstadt und die sächsischen und pfälzischen Kurfürsten. Über diese Verbindungen wurden auch Beziehungen zu kleineren, oft verschwägerten Fürsten- und Adelshäusern gepflegt, wie eben dem ostfriesischen Fürstenhaus der Cirksena oder den Herzögen von Braunschweig-Wolfenbüttel. In diesem transregionalen Untersuchungsfeld ist eine höfeübergreifende Mobilität schwarzer Menschen zu erkennen, die eine neue Perspektive auf sie als schwarze Europäer/innen und Mittler/innen zwischen den Höfen des 17. und 18. Jahrhunderts eröffnet. Die Arbeit nähert sich dem beschriebenen Netzwerk des deutschen und dänischen Hochadels, dynastiehierarchisch betrachtet, aus der Peripherie: Das ostfriesische Fürstenhaus und sein dynastisches Umfeld wird in einem Zeitraum von gut 80 Jahren – zwischen der ersten Erwähnung von ›Mohren‹ am ostfriesischen Hof im Jahr 1663 und dem Erlöschen des Fürstengeschlechts der Cirksena 1744 – untersucht. Dieser Auswahl lagen zwei Kriterien zugrunde: Zum einen nahm die Untersuchung ihren Ausgangspunkt bei Hinweisen auf die Anwesenheit von mehreren Menschen afrikanischer Herkunft in Aurich um die Wende zum 18. Jahrhundert. Über sie berichtet Karl Herquet, 1878 bis 1886 königlich-preußischer Archivrat in Aurich, in seinen 1883 erschienenen, kulturgeschichtlich inspirierten Miscellen zur Geschichte Ostfrieslands.69 Zum anderen zeigte sich im Verlauf der Recherchen die teils enge Verbindung der Cirksena mit anderen, mitunter bedeutenden Höfen, an denen zeitweise viele Schwarze lebten. Zwischen ihnen bestand ein wechselseitiger Austausch von Musikern, Bediensteten, Köchen, aber auch Familienmitgliedern (durch Heiraten oder die Erziehung von Kindern) und eben ›Mohren‹. Die Auswahl bezog darüber hinaus mit ein, dass die im norddeutschen Küstengebiet liegende Residenz der Cirksena, in der eine im Vergleich zu großen Zeremonialhöfen wie Stuttgart oder Wolfenbüttel eher geringere Anzahl von schwarzen Menschen zu erwarten war, durch ihre Nähe zu den Häfen enger an die transatlantischen Handelswege angebunden war als andere Höfe. So entstand ein Fokus, der sowohl den globalen Handelsverbindungen als auch dem spezifisch europäisch-höfischen Milieu Rechnung tragen sollte. Gesucht wurde nach Schnittstellen und Übergängen zwischen dem transatlantischen Handel und den in der zwischenhöfischen Kommunikation wirksamen Bedeutungszusammenhängen der Präsenz von schwarzen Menschen. Diese konzeptionellen Vorannahmen haben sich im Laufe der Arbeit teils bestätigt, teils mussten sie modifiziert oder revidiert werden. 69 Karl Herquet, Miscellen zur Geschichte Ostfrieslands, Norden 1883 (Neudruck: Vaduz/ Liechtenstein, 1985).
Quellenbasis
41
Die Verbindungen der Cirksena umfassten neben Verwandten- auch Freundschafts- und Nachbarschaftsnetzwerke. Zu den verwandten und befreundeten Familien gehörten neben dem dänischen Königshaus die Herzöge von Württemberg und die Markgrafen von Bayreuth; eine teils enge Beziehung bestand auch zu den Herzögen von Braunschweig-Wolfenbüttel sowie zu den Landgrafen von Hessen-Kassel. Mit der Vermählung des ostfriesischen Fürsten Georg Christian mit der württembergischen Prinzessin Christine Charlotte wurde eine Verbindung zum Stuttgarter Herzogshof begründet, die über eine nach Bayreuth verheiratete Schwester Christine Charlottes zum Brandenburg(Kulmbach-)Bayreuthischen Markgrafenhof weiterführte. Diese wurde im 18. Jahrhundert durch Heiraten der ostfriesischen Fürsten mit Bayreuther Markgrafen-Töchtern noch zweimal erneuert. Aus der Beziehung nach Bayreuth ergab sich neben Verbindungen zum sächsischen Hof in Dresden noch einmal eine Stärkung der Beziehungen zum dänisch-norwegischen König, die durch die spätere dänische Heiratspolitik mit dem Haus Brandenburg weiter bekräftigt wurden. Zu den Nachbarschaftsnetzen gehörten die Herzöge zu Braunschweig und Lüneburg, Georg Wilhelm in Celle und Ernst August in Hannover, zu denen in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts eine enge Bindung bestand, die Grafen von Oldenburg, die ihrerseits über enge Beziehungen nach Kopenhagen verfügten, und die Barone von Inn- und Knyphausen, die nicht nur durch ihre Position innerhalb der ostfriesischen Stände, sondern auch durch ihre Beziehungen nach Preußen teils in direkter Opposition zu den Cirksena standen. Die Arbeit konzentriert sich damit weitgehend auf protestantische Häuser. Mit den Bezügen zu den später (zumindest in ihrer Herrschaftspolitik) katholischen Höfen von Stuttgart und Dresden geht sie nur partiell darüber hinaus. Die übereinstimmenden Praktiken der Aneignung und Integration von schwarzen Menschen an allen genannten Höfen sprechen allerdings dafür, dass von konfessionell grundsätzlich unterschiedlichen symbolischen und sozialen Praktiken in protestantischen und katholischen Häusern des Alten Reichs nicht auszugehen ist.
I.5
Quellenbasis
I.5.1
Quellen der Fallstudie
Die Arbeit stützt sich auf ein weites Quellenspektrum, das neben höfischen Archivalien verschiedenster Herkunft – Testamenten, Jahresrechnungsbänden, Quittungen, Hofreglements, Briefen etc. – auch Fürstenporträts mit schwarzen Pagenfiguren umfasst. Selbst verfasste Lebenszeugnisse von schwarzen Menschen sind dagegen, wie bereits ausgeführt, im deutschsprachigen Raum kaum
42
Einleitung
überliefert.70 Die Quellen besitzen jene für die Frühe Neuzeit typische Opazität, die, je nach Status einer Person oder eines Hofes in unterschiedlicher Weise und in unterschiedlichem Maß, durch eine weitgehende Fragment- und Lückenhaftigkeit gekennzeichnet ist. In der Mehrzahl der Fälle ist es nicht möglich, ganze Biografien aus den Archiven mikrohistorisch zu erschließen. Im Zentrum des Untersuchungsfeldes stehen deshalb weniger Einzelbiografien als vielmehr die Bewegungen von schwarzen Menschen innerhalb eines dynastischen Netzwerkes des europäischen Hochadels. Dieser Fokus wurde auf der Grundlage einer quantifizierenden Analyse des derzeitigen Wissens zu den Biografien von schwarzen Menschen im Alten Reich gewählt, die dieser Arbeit als Anhang beigefügt wurde. Die Kategorisierung der bisher bekannten Daten bildet in ihrer Gesamtheit eine Referenzgröße, die helfen soll, Einzelschicksale auf typische Momente hin zu analysieren und vergleichbar zu machen. Für die Welt der frühneuzeitlichen Fürstenhöfe existiert mit den fürstlichen Archiven ein mehr oder weniger weit zurückreichendes, wenngleich lückenhaftes ›Gedächtnis‹. Das hier anzutreffende Quellenmaterial ist einerseits gekennzeichnet durch eine Vielzahl von oft an unerwarteter Stelle auftretenden Hinweisen auf die Anwesenheit von ›Mohren‹. Andererseits stellt die insgesamt disparate Quellensituation eines der großen Ausgangsprobleme dieser Forschung dar, die sicher mit verantwortlich ist für das weitgehende Fehlen von Arbeiten zu Biografien und identitären Konstruktionen schwarzer Europäer/ innen in der Frühen Neuzeit. Dagegen kann die Forschung zum transatlantischen Sklavenhandel auch auf quantitative Erhebungen zurückgreifen, die in differenzierter Weise Aufschluss über die Mobilität, den Status und die Lebensbedingungen von Schwarzen geben. In Zentraleuropa bildete Hautfarbe dagegen keine bevölkerungs- oder ordnungspolitische Größe, weshalb schwarze Menschen zahlenmäßig nie erfasst wurden. Wie in den meisten fürstlichen Archiven – in Bayreuth ebenso wie in Wolfenbüttel und Stuttgart – finden sich Zeugnisse zu schwarzen Menschen im Fürstlich-Ostfriesischen Archiv des Niedersächsischen Staatsarchivs Aurich verstreut in den fortlaufenden Jahresrechnungsbänden, Quittungen zu Hof-
70 Es liegen Selbstaussagen vor von Angelo Soliman, einem habsburgischen Beamten mit weitreichenden (auch in Korrespondenzen erkennbaren) Verbindungen, und von dem Dozenten der Philosophie Anton Wilhelm Amo, dessen wissenschaftliche Veröffentlichungen teilweise erhalten sind. Eine 1729 von ihm verfasste Disputation mit dem Titel De iure Maurorum in Europa (Über die Rechtsstellung der Mohren in Europa) gilt allerdings als verloren. Möglicherweise wurde diese jedoch niemals niedergeschrieben, sondern lediglich mündlich vorgetragen. Vereinzelt sind einmal kurze Notizen oder Unterschriften von schwarzen Menschen erhalten, jedoch kaum Ego-Dokumente. Zur Quellenart der Ego-Dokumente vgl. Stefan Ehrenpreis, Quellen: Bandbreite heute untersuchter Materialien, in: Völker-Rasor, Frühe Neuzeit, S. 331 – 342, hier S. 336 – 337.
Quellenbasis
43
rechnungen, Zivilreglements als Gehaltslisten aller bei Hof Beschäftigten,71 in den Kirchenbüchern der lutherischen Gemeinde72 sowie in fürstlichen Nachlässen. Doch enthalten oft unvermutet auch andere Dokumentsammlungen, etwa Briefe oder Hofdiarien, Hinweise auf schwarze Menschen am Hof. Darüber hinaus stellen die Porträts der Mitglieder der fürstlichen Familie und ihrer Verwandten mit schwarzen Bediensteten eine weitere Quellenart dar. Die Porträts befinden sich heute an verstreuten Standorten, da in den Jahren nach der Herrschaftsübernahme durch Preußen 1744 das gesamte Inventar des Auricher Schlosses samt Gemäldesammlung und Bibliotheksbeständen versteigert wurde. Eine Erweiterung der Quellenbasis stellen die bereits erwähnten Aufzeichnungen des preußischen Archivrats in Aurich, Karl Herquet, dar, der dem Thema Mohren, Zwerge und Heiducken am Ostfriesischen Hofe in seinen Miscellen zur Geschichte Ostfrieslands 1883 erstmals Aufmerksamkeit schenkt. Den Gepflogenheiten der Zeit entsprechend macht Herquet leider nur ungefähre oder gar keine Quellenangaben, sodass seine Quellen teils schwer aufzuspüren sind. Auf der Grundlage von etwa 14 Archivquellen beschreibt Herquet zunächst die Bemühungen des Hauses, über den niederländischen Handel ›Mohren‹ zu erwerben, und folgt dann ab 1677 sukzessive Hinweisen auf deren tatsächliche Anwesenheit bei Hofe. Für den Auricher Hof geht er von sieben Personen aus, die dort zwischen 1677 und 1733 über kürzere oder längere Zeiträume nachweisbar sind. Darüber hinaus weist er auf den Sohn eines schwarzen Bediensteten hin, der in den Quellen mehrfach erwähnt wird. Da sich einige Hinweise nur in seinem kurzen Aufsatz finden, wird dieser, auch angesichts der Bedeutung seines Autors als intimer Kenner des ostfriesischen Fürstenarchivs, selbst zur Quelle. Allerdings hatte Herquet offenbar eine vom heute gängigen Verständnis des Begriffs ›Mohr‹ abweichende Vorstellung, da einige der von ihm so bezeichneten Personen wahrscheinlich eher ›weiße‹ Kriegsgefangene der Türkenkriege – ›Türken‹ bzw. ›gewesene Türken‹ – waren. Da sich unter den türkischen Kriegsgefangenen auch schwarze Menschen befanden und das entsprechende Bildmaterial nicht vorliegt, ist die Frage der Hautfarbe bei diesen Personen nicht zu klären.
71 Zivilreglements liegen für zwölf Jahre vor, für 1694, 1696, 1697, 1700, 1701, 1703, 1707, 1709, 1730, 1733, 1737 sowie ein undatiertes, das vermutlich aus dem Jahr 1695 stammt, vgl. Anton Kappelhoff, Die Musikpflege am ostfriesischen Hofe, in: Emder Jahrbuch, Bd. 24 (1936), S. 87 – 118. 72 Allerdings sind die meisten Altakten des Landeskirchlichen Archivs in Hannover, in dem sich auch die Konsistorialakten für die Stadt Aurich von vor 1750 befinden, 1943 verbrannt, auch jene, die sich generell mit ›Mohren‹, ›Proselyten‹ etc. befasst haben könnten. Freundliche Auskunft von Jörg Rohde, Mitarbeiter des Landeskirchlichen Archivs Hannover, vom 12. 01. 2007.
44 I.5.2
Einleitung
Quantitative Erhebung
Dass ein auf die lückenhafte Überlieferung zu einzelnen Biografien gegründetes Wissen bestenfalls Schlaglichter auf die Frage nach den generellen Möglichkeiten individuellen Handelns von Menschen afrikanischer Herkunft im Alten Reich werfen kann, ist offensichtlich. Hierin liegt ein methodisches Problem der bisherigen Forschung, die sich der Repräsentativität ihrer Ergebnisse nicht sicher sein konnte. Umso mehr bedarf es der Kenntnis des strukturellen Rahmens, in den schwarze Menschen in der Frühen Neuzeit eingebunden waren, um individuelle Strategien des Handelns für eine Einschätzung der generellen Handlungsmöglichkeiten von Menschen nutzen zu können. Aus diesem Grund wurden zunächst die Mosaiksteinchen, aus denen sich das derzeitige Wissen um schwarze Menschen im Alten Reich zusammensetzt, aus Sekundärquellen – vielfach entlegen publizierte Einzelartikel, Regesten, weitgehend kontextlose Einzelquellen – zusammengetragen und um die aus den Recherchen neu gewonnenen Nachweise von Primärquellen erweitert. Nach Namen, Lebensdaten, familiären Umständen (Partner, Kinder), Religion und Konfession, beruflicher Position bzw. Stand, Aufenthaltsorten im Reich, Herkunftsorten und Migrationswegen tabellarisch geordnet, bilden sie eine Vergleichsebene für die Teilfelder der vorliegenden Untersuchung. Die im Anhang dieser Arbeit beigefügte Tabelle stellt insofern den erstmaligen Versuch dar, das gestreute Wissen über einzelne Personen, die in der Vergangenheit oft als Sonderfälle behandelt worden sind, in einer Übersicht zusammengeführt, zu veröffentlichen. Die genauere Beschreibung der zugrunde gelegten Kriterien wurde ihr im Anhang beigefügt, eine Auswertung findet sich im zweiten Kapitel.73
I.5.3
Quellenproblematik und -perspektiven
Die Präsenz von schwarzen Menschen an den deutschen Höfen war von großer Zeichenhaftigkeit geprägt. Diese Zeichenhaftigkeit spiegelt sich ganz zentral auch in den Formen der Überlieferung: Ein Merkmal des Quellenmaterials ist die in ihm angelegte enge Verknüpfung von Aussagen zu den Biografien von schwarzen Bediensteten und ihrem Auftreten im Rahmen der höfischen Herrschaftsrepräsentation. Zur Interpretation und Kontextualisierung liegt damit ein Quellenmaterial vor, das im Rahmen der konkreten Bedürfnisse des Hofes entstanden ist. Insbesondere die höfische Repräsentation war Teil einer Kultur, die im Sinne der historischen Anthropologie als etwas Umfassendes verstanden werden kann, »das zum einen Individuen und soziale Gruppen prägt, zum anderen durch die indi73 Vgl. Kap. II.1.
Quellenbasis
45
viduelle und kollektive Praxis gestaltet wird«.74 Wenn Kultur nur in ihren konkreten, historisch spezifischen Ausdrücken fassbar wird, dann eröffnet die höfische Repräsentation wie andere Segmente von Kultur Perspektiven auf die soziokulturelle Praxis und auf die Bedeutungsnetze, in die schwarze Menschen und ihre Handlungen eingebunden waren. Zentral sind hier die höfeübergreifend regelmäßig wiederkehrenden Rituale vor allem der Taufe und damit einhergehend der Entstehung von Patenschaftsbeziehungen von (hoch-)adligen Familien zu ›Mohren‹. Taufeinträge in Kirchenbüchern und Taufberichte enthalten in der Regel mehr Informationen über die Lebenswege und das soziale Umfeld von schwarzen Dienern als andere schriftliche Quellen. In einer direkten Beziehung zu ihrer Mobilität stehen Vermerke in den Rechnungsbüchern, die sich auf Ausgaben beziehen, die im Rahmen der Reisen von Fürsten mit ihrem Hofstaat entstanden. In den Hofordnungen werden die Namen schwarzer Bediensteter (wie die anderer Angehöriger des fürstlichen Hofstaats) dagegen wahrscheinlich weniger kontinuierlich geführt, als es ihrem tatsächlichen Dienstverhältnis entsprach.75 Hinzu kommt, dass sie oft im Kindesalter an die Höfe kamen und deshalb wahrscheinlich zunächst in den Bedienstetenlisten noch gar nicht geführt wurden: Dies könnte auch eine Erklärung für ihr sporadisches Aufscheinen in den Kirchenbüchern (insbesondere in der Taufdokumentation) und das häufig darauf folgende ›Schweigen‹ der Archive über sie erklären. Daneben erscheinen sie oft als Empfänger von Gratifikationen oder Gnadengeldern. Wie die bildliche Überlieferung, insbesondere die Darstellung von Fürst/innen mit ›Mohrenpagen‹, ist auch die gesamte Textdokumentation immer nach der oft mit angestrebten Repräsentationsfunktion zu befragen. So erscheinen schwarze Bedienstete in den Fürstenbildnissen einerseits als historische Personen – geht man nicht von freier Erfindung aus, was angesichts der vielfach auch nachgewiesenen Anwesenheit von schwarzen Bediensteten an den entsprechenden Höfen vollkommen überflüssig gewesen wäre – und gleichzeitig symbolisch überformt als Imaginationen eines orientalisch geprägten ›Fremden‹ und Zierrat höfischer Repräsentation. Ihre reale Gegenwart an den Höfen steht so schon quellenbedingt in einem engen Verhältnis zu ihrer Darstellung und ihren repräsentativen ›Funktionen‹. Insofern sind die Bilder im Rahmen der frühneuzeitlichen Fürstenherrschaft ähnlich vielschichtig und aussagekräftig wie die überlieferten Texte der Archive. 74 Susanna Burghartz, Historische Anthropologie/Mikrogeschichte, in: Günther Lottes/Joachim Eibach, Kompaß der Geschichtswissenschaft. Ein diskursives Handbuch, Göttingen 2002, S. 206 – 218, 251 – 255, hier S. 214. 75 Vgl. Werner Paravicini, Europäische Hofordnungen als Gattung und Quelle, in: Holger Kruse/Werner Paravicini (Hg.), Höfe und Hofordnungen 1200 – 1600, Aufsatzband zum 5. Symposium der Residenzen-Kommission der Akademie der Wissenschaften in Göttingen, Sigmaringen 1999.
II Between the Global and the Local
Bevor Christoph Kolumbus im Oktober 1492 die kleine Insel Guanahan in der Karibik entdeckte, gehörte der Alten Welt neben Europa und dem Westen Asiens auch der Norden Afrikas an. Europäische, vor allem aus oberitalienische Kaufleute hatten traditionell mit asiatischen Gewürzen und afrikanischem Gold gehandelt, Waren, die mit Gewinn über einen Zwischenhandel in Europa vertrieben wurden. Um diesen Zwischenhandel einzuschränken, bemühten sich politische Machthaber und Kaufleute seit dem Spätmittelalter um direkte Kontakte in die Herkunftsregionen. So hatte sich der geografische Horizont der Europäer bereits vor Kolumbus auf Wirtschaftsräume in Asien und Afrika ausgeweitet.76 Die Migrationen von Afrikanern nach Europa nahmen mit den europäischen Expansionen nach Süden, Osten und Westen und dem entstehenden transatlantischen Sklavenhandel zwischen dem 15. und 18. Jahrhundert kontinuierlich zu. Dieser Zusammenhang zeigt sich einerseits quantitativ in ihrer größeren Präsenz in den kolonialen Zentren der Zeit. Andererseits lagen ihre Herkunftsorte – zuvor überwiegend in Afrika und vor allem Ostafrika, mitunter auch in Asien gelegen – seit Mitte des 17. Jahrhunderts zunehmend in Amerika und der Karibik. Seit dem 15. Jahrhundert lebten besonders in den großen Städten der Kolonialmächte größere schwarze Bevölkerungsgruppen. In Portugal als der führenden Sklavenhandelsnation der Zeit kamen die ersten afrikanischen Sklaven, durch Bartergeschäfte erhandelt, im Jahr 1443 vom Ro de Oro nach Lagos. Schon Mitte des folgenden Jahrhunderts wird ihr Anteil an der Bevölkerung Lissabons auf etwa zehn Prozent geschätzt und im Jahr 1620 lebten in der Stadt 10.470 Sklaven.77 Mit dem Kaufmann John Lok kamen 1555 erstmals Afrikaner auch nach England, wo sich später eine bedeutende Diaspora entwi76 Christian Kiening, Ordnung der Fremde. Brasilien und die theoretische Neugierde im 16. Jahrhundert, in: Klaus Krüger (Hg.), Curiositas. Welterfahrung und ästhetische Neugierde in Mittelalter und früher Neuzeit, Göttingen 2002, S. 59 – 109; Bitterli, Die ›Wilden‹ und die ›Zivilisierten‹; ders., Alte Welt – neue Welt: Formen des europäisch-überseeischen Kulturkontakts vom 15. bis zum 18. Jahrhundert, München 1986, S. 16 – 49. 77 Debrunner, Presence and Prestige, S. 36 – 38.
48
Between the Global and the Local
ckelte, deren Größe man schon früh zu reduzieren suchte. Allein in London lebten gegen Ende des 18. Jahrhunderts 5.000 Schwarze.78 In Frankreich waren es in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts insgesamt etwa 4.000 bis 5.000; 765 von ihnen in Paris zwischen 1777 und 1790, in Bordeaux allein im gesamten 18. Jahrhundert 3.242 Sklaven und 358 freie Schwarze. Viele von ihnen kamen als unfreies Dienstpersonal von Plantagenbesitzern, Kaufleuten, Offizieren, Beamten, Geistlichen und Reisenden.79 Für Deutschland liegen keine vergleichbaren Zahlen vor, einen organisierten Menschenhandel gab es im Land selbst nicht; er erfolgte in der Regel über Mittelsmänner in Drittländern, besonders in England, Dänemark, den Niederlanden und in Südeuropa. Das folgende Kapitel gibt einen Überblick über die Herkunftsregionen, dem eine Auswertung der im Anhang der Arbeit dargestellten Sammlung von Fragmenten der Biografien von Menschen zugrunde liegt, die in den Quellen als ›Mohren‹, mitunter auch als ›Schwarze‹ oder ›Neger‹ bezeichnet werden.
II.1
Herkunftsregionen: Europäische, transatlantische und globale Kontexte von Migration
Von Beginn an war das Heilige Römische Reich ein Vielvölkerstaat. Wenn darin schwarze Menschen zahlenmäßig nie erfasst wurden, so lässt dies (mindestens) zwei sozial- und kulturgeschichtliche Schlüsse zu: Zum einen stellten sie hier nie einen größeren Personenkreis oder eine größere Gruppe dar, die aus ordnungspolitischer Sicht zu beobachten war80 – ein Umstand, der es späteren Historikern erlaubte, sie als Marginalie zu behandeln. Zum anderen kann ihre fehlende Erfassung dahingehend gedeutet werden, dass Hautfarbe in Zentraleuropa nicht den kategorischen Stellenwert besaß, der ihr in anderen Regionen zukam. So wurde in den südeuropäischen Staaten, in denen vergleichsweise viele Schwarze lebten, Hautfarbe von amtlichen Stellen in oft differenzierter Weise dokumentiert, während sich für das nördliche Europa heute keine zentrale Quellengattung – Schiffslisten etwa oder Sklavenregister – findet, die zur Untersuchung der Präsenz von Schwarzen herangezogen werden könnte.81 Insofern ermöglichte erst ihre zeitgenössische Wahrnehmung als distinkte Größe im südeuropäischen Raum quantitativ verlässlichere Aussagen. Erhebungen dieser Art sind für den transatlantischen Sklavenhandel vorge78 James Walvin, Making the Black Atlantic, S. 100 – 115. 79 Peabody, »There Are No Slaves in France«, S. 4; Häberlein, »Mohren«, ständische Gesellschaft und atlantische Welt, S. 80 – 81. 80 Roeck, Außenseiter, Randgruppen, Minderheiten, a.a.O. 81 Groebner, Der Schein der Person, S. 48 – 67, S. 78 – 80.
Herkunftsregionen
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nommen worden, dessen Akteure bereits in ihrer Zeit eine eigene Kategorie darstellten – in Afrika versklavte Menschen, die als Handelsgut über die Middle Passage nach Amerika verschleppt und hier verkauft wurden. Eine Reihe von älteren und neueren Studien geben Aufschluss über den Umfang und Charakter des transatlantischen Sklavenhandels, insbesondere die maßgeblich von David Eltis und David Richardson entwickelte Slave Trade History Database, in der die Sklaventransporte zwischen Afrika, Europa und den Amerikas systematisch erfasst sind.82 Darstellungen zu Zusammenhängen mit dem deutschsprachigen, vor allem norddeutschen Raum finden sich in den Monografien von Adam Jones und Andrea Weindl zur Brandenburgisch-Afrikanischen Kompanie.83 Die Forschung zum transatlantischen Sklavenhandel verweist auf Netzwerke, über die schwarze Menschen nach Europa kamen. Mitunter offenbart sie Bruchstücke von biografischen Verläufen, etwa Herkunftsorte (oder Märkte, auf denen sie erhandelt wurden) und Stationen von Sklavenrouten. Die Arbeiten zum transatlantischen Sklavenhandel geben jedoch die unfreiwilligen oder freiwilligen Migrationen nach Europa nur in Ansätzen wieder. Dies liegt erstens daran, dass ihr Hauptfokus auf dem Transport von Sklaven zwischen Afrika und Amerika liegt, während Sklaventransporte nach Europa nicht systematisch erschlossen wurden. Diese wurden im deutschsprachigen Raum in der Regel auch nicht im Rahmen des regulären Sklavenhandels abgewickelt, sondern oft über eine Reihe von Zwischenhändlern, über Kapitäne oder Teile der Schiffsbesatzung, deren Lohn teilweise »in Fracht«, in Sklaven also, ausbezahlt wurde. Konkrete Schnittpunkte zwischen dem Sklavenhandel und den deutschen Höfen finden sich in der Korrespondenz von Fürsten mit ihren Gesandten in den größeren Handelsstädten über den Ankauf von schwarzen Sklaven. Zweitens fehlen die individuellen Zugänge von schwarzen Menschen über das Osmanische Reich, Osteuropa sowie Süd- und Südosteuropa aufgrund der transatlantischen Perspektive ganz. Sie sind derzeit nur durch ein akribisches Zusammentragen von einzelnen Archivquellen, oft Zufallsfunden, erfassbar, und geben auch dann oft nur den Blick auf Bruchstücke von Biografien frei. Die Tabelle im Anhang zu dieser Arbeit stellt einen Versuch dar, solche biografischen Fragmente nach zentralen Kategorien wie Name, Herkunft, Lebensdaten sowie Orten und Daten ihrer Erwähnung, Migrationswegen, Ehepartnern und Kindern
82 David Eltis et al., The Trans-Atlantic Slave Trade. A Database on CD-ROM, Cambridge/New York 1999, aktualisierte Version online in http://www.slavevoyages.org/tast/index.faces [Stand: 12. 06. 2013]. 83 Andrea Weindl, Die Brandenburger im »Atlantischen System«, 1650 – 1720, in: Christian Wentzlaff-Eggebert/Martin Traine (Hg.), Arbeitspapiere zur Lateinamerikaforschung, Köln 2001; Adam Jones, Brandenburg Sources for West African History, 1680 – 1700 (Studien zur Kulturkunde, Bd. 77), Stuttgart 1985.
50
Between the Global and the Local
und ihrer Religionszugehörigkeit (in der Regel nach ihrer Taufe) zusammenzutragen. Für etwas über die Hälfte der 380 erfassten Personen (207) liegen mehr oder weniger verlässliche Anhaltspunkte zur Herkunft vor, die eine geografische Zuordnung nach Großregionen ermöglichen. Bei 173 Personen fehlen derzeit noch die entsprechenden Informationen. Auch der Hinweis auf eine Herkunft »aus fremden Ländern« entzieht sich der Analyse leider ganz, doch wird oft immerhin auf einen Kontinent verwiesen. Wie schon Martin bemerkte, ist allerdings selbst bei genauen Angaben immer Vorsicht geboten, da die in den Quellen genannten Orte oft nur die von Sklavenmärkten sind, auf denen die betreffenden Personen erhandelt wurden, nicht ihre Geburtsorte. Insofern erlauben sie keine oder nur unter Vorbehalt Rückschlüsse auf die ethnische und soziale Herkunft der Sklaven.84 Insbesondere bei den in Afrika gelegenen Orten handelt es sich häufig um Handelsstützpunkte, an denen die über oft weite Karawanenwege aus dem Binnenland an die Küste gebrachten Sklaven für ihre unfreiwillige Reise von der westafrikanischen Küste über den Atlantik nach Amerika auf Schiffe verladen wurden. Die folgende Übersicht zeigt die Herkunftsorte von 207 in deutschen Archiven als ›Mohren‹ geführten Personen, für die sich konkrete Angaben zu ihrer Herkunft finden. Die Mehrheit von ihnen kam aus Nordamerika, gefolgt von Afrika, den westindischen Inseln der Kolonialmächte Dänemark, Großbritannien und der Niederlande sowie aus Asien, Südamerika, einige kamen aus Europa selbst: Nordamerika: Afrika: Westindische Inseln: Asien: Südamerika: Europa: Andere:
10285 3986 34 1487 988 4 5
Die Zahlen erstrecken sich über einen Zeitraum von etwa 200 Jahren, zwischen 1600 und 1800, in denen sich die kolonialen Verhältnisse in Übersee konsolidierten. Die Netzwerke, über die schwarze Menschen nach Deutschland kamen, veränderten sich in dieser Zeit beständig. Diesen Wandel anhand der vorlie84 Martin, Schwarze Teufel, edle Mohren, S. 129 – 130. 85 Davon sind die Angaben zu fünf Personen nicht ganz eindeutig, die Herkunft jedoch aus den Kontexten erschließbar. 86 Die Angaben zu zwei dieser Personen sind nicht eindeutig. 87 Bei einer Person bestehen Unsicherheiten bezüglich der Herkunft. 88 Auch hier sind die Angaben für eine Person nicht eindeutig.
Herkunftsregionen
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genden Zahlen nachzuvollziehen wird dadurch erschwert, dass die Herkunftsorte vor Mitte des 18. Jahrhunderts selten schriftlich festgehalten wurden und wenn, dann vor allem in Kirchenbüchern, die für jeden einzelnen Fall eingesehen werden müssten. Zu vermuten ist, dass sich bei genaueren Recherchen und in zeitlich gestaffelter Darstellung das Verhältnis der Herkunftsregionen untereinander verschieben würde: Für die Zeit zwischen Anfang/Mitte des 17. und Mitte des 18. Jahrhunderts ist als sicher anzunehmen, dass die Mehrheit von den europäischen Stützpunkten in Afrika selbst, über Südeuropa und das Osmanische Reich bzw. sukzessive zunehmend aus den dänischen, englischen und niederländischen Kolonien im westlichen Atlantik kam. Ab Mitte des 18. Jahrhunderts werden sechs Personen im Zusammenhang mit der holländischen Kolonie in Südamerika, Surinam, erwähnt, drei weitere kamen aus Berbice bzw. Südamerika allgemein.89 Bis dahin gelangten auch Afro-Amerikaner vom nordamerikanischen Festland nur selten in das Reich: Ihre insgesamt große Zahl geht vor allem auf die im Zusammenhang mit dem amerikanischen Unabhängigkeitskrieg nach Europa gekommenen schwarzen Soldaten und Musiker zurück, von denen einige ihre Frauen und Kinder mitbrachten. Zwar ist auch deren Zahl nicht ganz genau zu bestimmen,90 in jedem Fall aber besitzt sie Gewicht in der Balance der Herkunftsregionen. Herkunftsgebiete auf westatlantischer Seite erscheinen in den Quellen unter anderem als »Serinom« (die niederländischen Kolonie Surinam in Südamerika), »Westindien auf der Insel St. Thomas« und ein »Dorf Groß Princeß auf der Insel St. Croix«. Mitunter sind die Bezeichnungen ungenau oder fehlerhaft und geografisch nicht mit letzter Sicherheit bestimmbar, so etwa bei der Angabe »China, in Africa gelegen«. Im Abgleich mit anderen Herkunftsorten erscheint es als wahrscheinlich, dass hier nicht China, sondern Guinea gemeint ist.91 Auch in der
89 Zwei davon waren in Afrika geboren, kamen aber über die holländische Kolonie. Umgekehrt hatte der 1750 in Braunschweig getaufte Friedrich August Ulrich Jonathan, der »über Amerika nach Europa« gekommen war, die Absicht, nach seiner Taufe mit dem Plantagenbesitzer Ausmann nach Surinam zu gehen, vgl. Kittel, Mohren als Hofbediente und Soldaten, S. 87. 90 Inge Auerbach führt 64 Männer in den hessischen Truppen in Europa und 5 – 7 begleitende Frauen bzw. Mädchen auf, vgl. Inge Auerbach, Die Hessen in Amerika, 1776 – 1783, Darmstadt und Marburg 1996, S. 357 – 386. Vera Lind, die sich dabei auf Kittels Untersuchung zu den Höfen von Braunschweig und Wolfenbüttel und Auerbachs Register der hessischen Truppen bezieht, beziffert ihre Zahl auf 72 Personen in den hessischen und 26 in den braunschweigischen Truppen, vgl. Vera Lind, Privileged Dependency, S. 379. Einige der schwarzen Militärmusiker werden sowohl in hessischen als auch in braunschweigischen Truppen in Dienst gewesen sein, vgl. u. a. die Biografie von Samuel Ludwig Friedrich Joel in der Tabelle im Anhang (Nr. 76), einige kamen offenbar über Kassel nach Schwerin (Nr. 310, möglicherweise auch 311, 319, 321, 322 und 324). 91 Vgl. dazu in der Tabelle im Anhang die Einträge zu Lucas Hertzog (Nr. 265) und dem
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Between the Global and the Local
Angabe »Savannah in Südamerika«, das in einer Volkszählung von 1815 für die Tochter eines afro-amerikanischen Paares im mecklenburgischen Schloss Ludwigslust genannt wird, lässt sich unschwer das nordamerikanische Savannah im Bundesstaat Georgia erkennen, von wo das Mädchen nach dem amerikanischen Unabhängigkeitskrieg mit ihren Eltern kam.92 Die hessischen und braunschweigischen Truppen, die auf britischer Seite an dem Krieg teilgenommen hatten, brachten bei ihrer Rückkehr Afro-Amerikaner als Musiker und Soldaten vom amerikanischen Festland mit.93 Bei vielen von ihnen finden sich geografisch exakte Herkunftsangaben, die sich ihrerseits nicht unbedingt auf die jeweiligen Geburtsorte beziehen müssen, sondern auf Städte oder Regionen, in denen sie zu den Truppen stießen. Erwartungsgemäß finden sich unter den Herkunftsregionen viele Hinweise auf Guinea und den zwischen dem heutigen Liberia im Norden und Nigeria im Süden gelegenen ostatlantischen Küstenstreifen, der von den europäischen Staaten, die dort Besitzungen hatten – Brandenburg, Dänemark, die Niederlande, Großbritannien, Portugal, Schweden –, bezeichnenderweise ›Goldküste‹, ›Gold Coast‹, ›Costa do Ouro‹ etc. genannt wurde. Insgesamt aber bleiben die überlieferten Informationen zu den 39 Personen aus Afrika oft unspezifisch: In acht Fällen wird in den Quellen lediglich ganz allgemein Afrika genannt, in einem »aus dem Mohrenlande« (ob damit Äthiopien gemeint ist, bleibt ungewiss), elf Personen kamen aus Guinea, je fünf vom Kap der Guten Hoffnung und aus dem Kongo, zwei aus der Region des heutigen Ghana und nur eine, der berühmte Gelehrte Abba Gregoryos, der sich zwischen 1649 und 1654 in Rom und auf Schloss Friedenstein in Sachsen-Gotha aufhielt, kam aus Äthiopien. Der Trompeter Christian Gottlieb aus Ascheberg wird als »Haussa« bezeichnet und war demnach wahrscheinlich Angehöriger dieses sudanesischen bzw. nordnigerianischen, seit dem 15. Jahrhundert islamischen Volkes. Daneben werden als Herkunftsorte je einmal Mosambik, Madagaskar, die nordafrikanische »Barbarey« sowie allgemein West- und Ostafrika genannt. Bezeichnungen mit biblischem Bezug wie das Reich des »Priesters Johannes«,94 die in den Quellen des 16. Jahrhunderts noch begegnen, treten in den Jahrhunderten zwischen 1600 und 1800 nicht mehr auf. Abgesehen davon kamen acht oder neun in Afrika geborene Personen über Surinam, die karibischen Inseln und Nordamerika nach Europa. Immerhin 14 als ›Mohren‹ bezeichnete Menschen stammten aus Asien, darunter vier aus dem Tambour Wilhelm in Kassel (Nr. 234), als dessen Herkunftsort »China/Ginne/Guinea, Afrika« genannt wird. 92 Karl-Heinz Steinbruch, »Taufe bei der Frau Herzog«, in: Mecklenburger Magazin, Nr. 6, April 2002. 93 Auerbach, Die Hessen in Amerika; Kittel, Mohren als Hofbediente und Soldaten, S. 94 – 101. 94 Martin, Schwarze Teufel, edle Mohren, S. 83, 91.
Herkunftsregionen
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Osmanischen Reich und zwei aus Arabien. Wie immer ist bei den Herkunftsbezeichnungen Vorsicht geboten, in diesem Fall etwa konnte auch der arabischsprachige Norden Afrikas gemeint sein. Eine der beiden aus »Arabien« stammenden Personen wird an anderer Stelle allerdings wiederum als »türkischer Mohr« bezeichnet. Ebenfalls aus Asien stammten der Sohn eines »bengalischen Landmannes«, zwei Personen aus Indien allgemein, eine weitere aus »Chinea in Asia«, zwei aus »Ost-Indien« sowie zwei von der südindischen Küste Coromandel. Die Kategorie ›Andere‹ umfasst vier Personen, für die sich als Herkunftsort lediglich die allgemeine Angabe »Amerika« findet und eine Person »aus fremden Ländern«. Die Auswertung bestätigt die Einschätzung Martins, nach der bis zum Ende des 17. Jahrhunderts Schwarze noch mitunter auf dem Landweg oder per Schiff direkt aus Afrika nach Europa gelangten und im 18. Jahrhundert die transatlantischen – vor allem niederländischen und dänischen – Handelswege wichtiger wurden.95 Über den dänischen Sklavenhandel kamen mehrere Schwarze von den Kleinen Antillen als ›Geschenke‹ des dänischen Königs an verschiedene deutsche Höfe. 1763 übernahm der deutsch-dänische Sklavenhändler Heinrich Carl Schimmelmann, der sich 1759 in dem bei Hamburg gelegenen Schloss Ahrensburg niedergelassen hatte, vier königliche Plantagen auf den dänischen Antilleninseln St. Croix und St. Jan und eine Zuckerfabrik in Kopenhagen. Auf seinen Zuckerplantagen arbeiteten in den 1770er-Jahren im Durchschnitt etwa 1.000 Sklaven.96 Ab 1765 ließ Schimmelmann mehrere junge Schwarze in Holstein zu Handwerkern ausbilden. Einige von ihnen starben noch vor Ablauf ihrer Lehrzeit, die Überlebenden wurden als Sklaven in die Karibik zurückgebracht.97 Ebenfalls auf den dänischen Antilleninseln – zuerst auf St. Thomas – und in den niederländischen und englischen Kolonien des karibischen Raums betrieben Mitglieder der Herrnhuter Brüdergemeinde Sklavenmission.98 Die Gemeinde besaß unter anderem von eigenen Sklaven betriebene Plantagen, von denen sie mehrere Schwarze nach Deutschland schickte. Zu diesen gehörte auch Rebecca Protten, eine ehemalige Sklavin und Missionarin von der dänischen Jungferninsel St. Thomas, die mit einem deutschen Missionar verheiratet war und nach dessen Tod mit ihrer Tochter nach Deutschland ging. Hier heiratete sie 95 Ebd., S. 81 – 83. 96 Christian Degn, Die Schimmelmanns im atlantischen Dreieckshandel. Gewinn und Gewissen, Neumünster 1974, S. 77 – 79. 97 Degn, Die Schimmelmanns im atlantischen Dreieckshandel, S. 77 – 79, 108 – 117. 98 Vgl. das Standardwerk zur Missionsarbeit der Herrnhuter Brüdergemeinde von Christian Georg Andreas Oldendorp, Geschichte der Mission der evangelischen Brüder auf den Caribischen Inseln S. Thomas, S. Croix und S. Jan, 2 Bde., Barby 1777 (Neudruck: Hildesheim 1995), vgl. auch Jon F. Sensbach, A Separate Canaan. The Making of an Afro-Moravian World in North Carolina, 1770 – 1840, Chapel Hill 1998.
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1745 den afro-dänischen Missionar Christian Protten und siedelte mit ihm später zum Missionsdienst nach Christiansburg bei Accra über.99 Zehn Jahre zuvor hatte Carmel Oly, ein Sklavenjunge von derselben Insel, den Missionar Leonhard Dobler nach Deutschland begleitet und war auf dem Schloss des Grafen Nikolaus von Zinzendorf auf den Namen Josua getauft worden, aber bereits im folgenden Jahr in Herrnhut verstorben.100 Zwischen 1739 und 1747 kamen weitere sechs Mädchen/Frauen und zwei Jungen/Männer von den karibischen Inseln in die Siedlungen der Mährischen Brüder in Herrnhaag, Herrnhut und Marienborn.101 In der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts wurden die niederländischen Plantagenkolonien in Südamerika zu einer wichtigen Station des Sklavenhandels und auch zu einem häufigen Herkunftsgebiet von Schwarzen: In Bayreuth wurde Anfang der 1750er-Jahre eine aus der holländischen Kolonie Surinam stammende, ungetaufte ›Kammermohrin‹ begraben.102 In Braunschweig findet sich die holländische Kolonie Surinam als Zielort des ursprünglich aus Afrika stammenden, über Amerika nach Europa gekommenen Friedrich August Ulrich Jonathan, der sich vor der Abreise noch taufen ließ.103 Im September 1755 wurde in Goslar ein »Amerikanischer Mohr« getauft, Sohn eines Deutschen und einer »Heydinn« in Surinam, der von einem Plantagenbesitzer mit nach Deutschland gebracht worden war.104 »Auf öffentlicher auctroi zu Surinam in America« erhandelte der Kapitän Jan Michelsen einige Jahre später einen afrikanischen Jungen, den er auf die nordfriesische Insel Sylt schickte105 und in der Grafschaft Bentheim lebte ein Zwölfjähriger aus Surinam, der 1745 auf den Namen Fridericus Carolus katholisch getauft wurde. Auch an den Stuttgarter Hof kam im Jahr 1764 ein Sklavenjunge aus Surinam, der Herzog Carl Eugen von einem heimkehrenden Hufschmied ›geschenkt‹ worden war und zu dem ›Kammermohren‹ Joseppo Pietro delli Santo Belli und seiner schwäbischen Ehefrau in Pflege gegeben wurde.106 Dem hessischen Landgrafen wurde im Jahr 1771 von einem in 99 Jon F. Sensbach, Rebecca’s Revival. Creating Black Christianity in the Atlantic World, Cambridge, MA/London, England, 2005. 100 Häberlein, »Mohren«, ständische Gesellschaft und atlantische Welt, S. 97. 101 Vgl. die entsprechenden Einträge in der Tabelle im Anhang. 102 Rainer-Maria Kiel, Zwischen Integration und Sensation: Afrikaner im Bayreuth des 17. bis 19. Jahrhunderts. Vortrag bei der gemeinsamen Fachtagung von VAD (Vereinigung der Afrikanisten in Deutschland), Afrikanistentag und Swahilikolloquium, 8.–10. 10. 1998 in Bayreuth sowie beim Historischen Verein für Oberfranken, 15. 10. 1998, unveröffentl. Manuskript, S. 16 – 18. Ich danke Herrn Dr. Kiel für die freundliche Bereitstellung des Manuskriptes. Zur Geschichte der ›Kammermohrin‹ Alzire in Bayreuth vgl. Kap. V.4. 103 Kittel, Mohren als Hofbediente und Soldaten, S. 87. 104 Häberlein, »Mohren«, ständische Gesellschaft und atlantische Welt, S. 96. 105 Vgl. Kap. V.1. 106 Monika Firla, Exotisch – höfisch – bürgerlich. Afrikaner in Württemberg vom 15. bis 19. Jahrhundert, Stuttgart 2001, S. 65.
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Amsterdam lebenden deutschen Arzt ein »Surinamischer Mohr« angeboten, den er jung gekauft habe. Er sei »in der Christlichen Religion« unterrichtet und konfirmiert und durch sorgfältige Erziehung zu einem »brauchbaren Subjekt« geworden.107 Mit den Netzwerken und Kontexten ihrer Migration oder Verschleppung änderte sich, wie bereits von Martin festgestellt, nicht zuletzt auch die Art, wie über die ehemals ›edlen Mohren‹ gesprochen wurde.108
II.2
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II.2.1 Deutsche Unternehmen und Regionen im transatlantischen Handel Deutsche bzw. deutschsprachige Menschen waren trotz des episodischen Charakters ihrer eigenen frühen Kolonisationsprojekte und Sklavenhandelsunternehmen die ganze Frühe Neuzeit über als Siedler, Kaufleute, Missionare und Angestellte überseeischer Handelsgesellschaften mit dem Phänomen der atlantischen Sklaverei vertraut.109 Die Welser, Fugger und andere betrieben ihre Geschäfte in ganz Europa und darüber hinaus. Die Schetz waren schon im 15. Jahrhundert am Guineahandel beteiligt, die Welser besaßen am Anfang des 16. Jahrhunderts das erste Monopol im transatlantischen Sklavenhandel.110 Seit
107 Sadji, »Unverbesserlich ausschweifende« oder »brauchbare Subjekte«, S. 43; Häberlein, »Mohren«, ständische Gesellschaft und atlantische Welt, S. 97. 108 Als zentrale These seines 1993 erstmals erschienenen Buches Schwarze Teufel, edle Mohren, a.a.O. 109 Die Darstellung folgt hier der hervorragenden Zusammenfassung zu den frühneuzeitlichdeutschen Handelsbeziehungen von Mark Häberlein, vgl. Häberlein, »Mohren«, ständische Gesellschaft und atlantische Welt, S. 93 – 102. 110 Josef Kulischer, Allgemeine Wirtschaftsgeschichte des Mittelalters und der Neuzeit, 2 Bde., Berlin 1929, hier Bd. II, S. 244; zu den Schetz vgl. Jakob Strieder, Deutscher Metallwarenexport nach Westafrika im 16. Jahrhundert, in: Das reiche Augsburg. Ausgewählte Aufsätze Jakob Strieders zur Augsburger und süddeutschen Wirtschaftsgeschichte des 15. und 16. Jahrhunderts, hg. v. Heinz Friedrich Deininger, München 1938, S. 155 – 167; Jan Denuc¦, L’Afrique au XVIe SiÀcle et le Commerce Anversois (Collection de Documents pour l’Histoire du Commerce publi¦s par J. Denuc¦ sous le Patronage de la Chambre de Commerce D’Anvers, Vol. II), Anvers 1937; zum Welserunternehmen in Venezuela vgl. Eberhard Schmitt, Konquista als Konzernpolitik. Die Welser-Statthalterschaft über Venezuela, 1528 – 1556, Bamberg 1992; Götz Simmer, Gold und Sklaven. Die Provinz Venezuela zur Zeit der Welser-Statthalterschaft, 1528 – 1556, Berlin 2000; für die Beteiligung süddeutscher Kaufleute am Sklavenhandel in Sevilla und auf Santo Domingo sowie deutscher Bergbauunternehmen im frühkolonialen Mexiko und auf Kuba vgl. Enrique Otte, Von Bankiers und Kaufleuten, Räten, Reedern und Piraten, Hintermännern und Strohmännern. Aufsätze zur atlantischen Expansion Spaniens (Studien zur Modernen Geschichte, Bd. 58), hg. v. Günter Vollmer und Horst Pietschmann, Stuttgart 2004, S. 132 – 143; Theodor Gustav Werner, Das Kupferhüttenwerk des Hans Tetzel aus Nürnberg auf Kuba und seine Finanzierung durch
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dem Niedergang der iberischen Vormachtstellung im Atlantik an der Wende zum 17. Jahrhundert partizipierten die Niederlande und England, Frankreich, Dänemark und auch Brandenburg-Preußen zunehmend am transatlantischen Handel. Der nordeuropäische Hochadel war finanziell und durch Gründung von Handelskompanien an der Schaffung von globalen Handels- und Sklavenhandelsnetzwerken beteiligt. Kurfürst Friedrich Wilhelm von Brandenburg klinkte sich mit der von ihm gegründeten Brandenburgisch-Afrikanischen Kompanie im späten 17. Jahrhundert in den Handel ein. Auch ein Schwager des Kurfürsten von Brandenburg, Herzog Jakob von Kurland (1642 – 1682), beteiligte sich von den Inseln Trinidad und Tobago aus und mit an der westafrikanischen Küste gelegenen Faktoreien am Sklavenhandel.111 Neu-Schweden bildete von 1638 bis 1655 eine eigene schwedische Kolonie in Nordamerika. In den 1650er-Jahren waren an der schwedischen Goldküste Christiansborg in Accra und das nahe gelegene Fort William sowie andere afrikanische Handelskolonien mit Festungen und Faktoreien im Besitz der privaten Schwedischen Afrika-Kompanie. Zum schwedischen Königreich gehörten zwischen 1628 und 1636 und von 1643 bis 1712 auch die Hansestadt Stade mit ihrem Hafen sowie das Erzbistum Bremen. Möglicherweise haben bereits vor der schwedischen Herrschaft auch schwarze Kaufleute, sicherlich aber schwarze Sklaven der portugiesisch-jüdischen Gemeinde in Stade gelebt, denn als im Jahre 1611 die englischen Merchant Adventurers112 ihre Niederlassung nach Hamburg verlegten und andere Kaufleute ihnen zu folgen begannen, gewährte der Rat der Stadt den Portugiesen Immanuel Nehemia und Jacobus Moura und anderen Kaufleuten jüdischer Herkunft, »seien es Portugiesen, Spanier, Italiener, Orientalen, Afrikaner oder andere, gleich woher sie kamen«, Privilegien wie die Niederlassungsfreiheit und Schutz gegen Hamburg.113 Nach 1712 kam Stade zum Königreich Dänemark und ab 1715 zum Kurfürstentum Hannover, das zu diesem Zeitpunkt bereits in Personalunion die Könige von Großbritannien stellte. Über die Schwedische AfrikaKompanie und Stade kamen unter anderem afrikanische Kunstgüter an den württembergischen Herzogshof in Stuttgart und mit ihnen wahrscheinlich der Afrikaner Christian Real.114 Auch Schleswig-Holstein gehörte von 1460 bis 1864 zwar zum Reich, wobei die Herzöge von Schleswig und Holstein gleichzeitig auch die Könige von Dä-
111 112 113 114
europäisches Finanzkapital (1545 – 1571), in: Vierteljahresschrift für Sozial- und Wirtschaftsgeschichte 48, 1961, S. 289 – 328, hier S. 448 – 452. Philip D. Curtin, The Atlantic Slave Trade. A Census, Madison, WI, 1975, S. 117. Zur Company of Merchant Adventurers oder Hamburg Company, wie sie später genannt wurde, vgl. Margrit Schulte Beerbühl, Deutsche Kaufleute in London. Welthandel und Einbürgerung (1600 – 1818), München 2007, S. 71 – 73, 82, 89 – 91. Martin, Schwarze Teufel, edle Mohren, S. 64, 395 (Anm. 162). Monika Firla/Hermann Forkl, Afrikaner und Africana am württembergischen Herzogshof im 17. Jahrhundert, in: Tribus 44, 1995, S. 149 – 193, hier S. 163 – 171.
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nemark und Norwegen waren. Als Herzöge von Holstein waren sie zeitweise nominell auch Landesherren über Hamburg. Die Hansestadt strebte ihrerseits danach, den Einfluss der Holsteiner Herzöge möglichst gering zu halten. Da die Häfen von Husum und Tönning zum Herrschaftsbereich der Herzöge von Gottorf gehörten, gründete Christian IV. (1577 – 1648) 1617 mit Glückstadt einen eigenen strategischen Stützpunkt und Konkurrenzhafen zu Hamburg. Hier siedelten sich ursprünglich von Portugal nach Holland geflüchtete, sephardische Juden und im spanisch-niederländischen Krieg geflohene niederländische Reformierte an, später auch Katholiken, Remonstranten und Mennoniten.115 Viele der reichen jüdischen Kaufleute portugiesischer oder spanischer Herkunft in Glückstadt, aber auch in Hamburg, hatten schwarze Bedienstete. So beruft sich 1680 ein Kaufmann darauf, dass seine Vorfahren, die seit der Stadtgründung in Glückstadt ansässig gewesen seien, ›Mohren‹ in Dienst gehabt hätten und das Testament der aus Portugal zugewanderten Violante Correa vermerkt im Jahr 1651: »Meine Dimiana erhält die Freiheit […].«116 Der Hafen verlor in den späten 1640er-Jahren an Bedeutung und viele Kaufleute siedelten nach Hamburg über, doch war Glückstadt kurzfristig Sitz einer Guineischen, einer Isländischen und einer Norwegischen Handelskompanie gewesen. Daneben haben Seeleute aus der gesamten Nordseeregion an den Guineafahrten teilgenommen. Allein für die Fahrten der niederländischen Middelburgschen Commercie Compagnie im 18. Jahrhundert hat Catharina Lüden 240 schleswig-holsteinische Seeleute, unter anderem aus Glückstadt, Hamburg, Altona, Tondern, Kiel, Flensburg und Lübeck nachgewiesen.117 Für die den Niederlanden näher gelegenen, nordwestlichen Küstenregionen ist eine ähnliche oder größere Beteiligung anzunehmen. Der dänische Guineahandel wurde seit 1671 von der Westindischen Kompanie (1680 in Westindisch-Guinesische Kompanie umbenannt) betrieben und ging hauptsächlich von Kopenhagen aus. Die dänische Regierung warb durch Aufrufe von Schleswiger und holsteinischen Kirchenkanzeln um Seeleute für ihre Fahrten. Die von Sklaven betriebenen Plantagen auf den dänischen Jungferninseln St. Thomas, St. Croix und St. Jan (St. John) bauten vor allem Zuckerrohr an. Aus der Zuckerrohr-Melasse wurde Rum gewonnen, der in Flensburg verschnitten wurde. In dieser Stadt wurde Mitte des 18. Jahrhunderts eine Handelsgesellschaft auf St. Croix gegründet, die eigene Westindien-Schiffe mit Schleswiger und holsteinischer Besatzung entsendete.118 In der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts verdichten sich die deutschen 115 M. Grunwald, Portugiesengräber auf deutscher Erde. Beiträge zur Kultur- und Kunstgeschichte, Hamburg 1902, S. 128 – 149. 116 Martin, Schwarze Teufel, edle Mohren, S. 64 – 66, 396 – 397, 104 – 105, Zitat S. 135. 117 Catharina Lüden, Sklavenfahrt mit Seeleuten aus Schleswig-Holstein, Hamburg und Lübeck im 18. Jahrhundert, Heide 1983, S. 41 – 56. 118 Ebd., S. 61.
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Handelsbeziehungen nach Übersee und auch die direkte Beteiligung am Sklavenhandel. So hat Klaus Weber nachgewiesen, dass in der Zeit zwischen 1754 und 1792 von Bordeaux mindestens 27 Sklavenfahrten deutscher Reeder ausgingen und dass deutsche Unternehmer sich an der Finanzierung und Verwaltung von Sklavenplantagen auf den französischen Karibikinseln beteiligten.119 In Cdiz besaßen deutsche Kaufleute Sklaven, und im Jahr 1801 erreichte das Hamburger Schiff De witte Voss Buenos Aires mit 100 Sklaven aus Westafrika an Bord.120 In der niederländischen Kolonie Surinam waren in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts eine ganze Reihe von deutschen Plantagenbesitzern und -verwaltern tätig.121 Eine »deutsche« direkte und indirekte Beteiligung am transatlantischen Sklavenhandel und eine »norddeutsche« Einbindung in die Handelsnetzwerke sind damit gegeben.
II.2.2 Die Brandenburgisch-Afrikanische Kompanie Als letzter der europäischen Staaten trat in den 1680er-Jahren Brandenburg in den transatlantischen Handel ein. Der niederländische Reeder und spätere brandenburgische Marine-Generaldirektor Benjamin Raule (1634 – 1707), dessen Geschäfte in den Niederlanden im Konfliktherd des Holländischen Krieges (1672 – 1679) lagen, hatte seine Schiffe im Schwedisch-Brandenburgischen Krieg in den Dienst Brandenburgs gestellt und blieb danach dauerhaft in brandenburgischen Diensten.122 Im Jahr 1679 stieß ein Memorandum Raules zur Teilnahme am Guineahandel beim brandenburgischen Kurfürsten Friedrich Wilhelm auf Interesse. Nach Entsendung einer Expedition nach Westafrika wurde am 17. März 1682 die Afrikanisch-Brandenburgische Kompagnie im Beisein des Kurfürsten, Raules und von Kaufleuten aus Emden gegründet. Im Mai 1682 brach Major Otto Friedrich von der Groeben mit den Schiffen Morian und Chur Prinz zur Goldküste auf. Am 1. Januar 1683 legte er bei Pokesu (Princes Town) am Kap der drei Spitzen an und trat in Verhandlungen mit den Einheimischen. Danach gründete von der Groeben die Kolonie Groß Friedrichsburg, wozu ein »Tractat zwischen Seiner Churfürstlichen Durchlaucht von Brandenburg Afri119 Klaus Weber, Deutsche Kaufleute im Atlantikhandel 1680 – 1830. Unternehmen und Familien in Hamburg, Cdiz und Bordeaux, München 2004, S. 147 – 148, S. 196 – 203, S. 284, S. 369; zit. n. Häberlein, »Mohren«, ständische Gesellschaft und atlantische Welt, S. 93 – 94. 120 Frank Kürschner-Pelkmann, Hamburg – Afrika und Retour. Geschichte und Geschichten aus vier Jahrhunderten, Hamburg 1997, S. 4. 121 Hermann Kellenbenz, Deutsche Plantagenbesitzer und Kaufleute in Surinam vom Ende des 18. bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts, in: Jahrbuch für Geschichte Lateinamerikas, hg. v. Richard Konetzke/Hermann Kellenbenz, Bd. 3, 1966, S. 141 – 163. 122 Die Darstellung folgt der Einleitung in Jones, Brandenburg Sources for West African History, sowie Weindl, Die Brandenburger im »Atlantischen System«, S. 6 – 16.
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canischen Compagnie, und denen Cabusiers von Cabo tris Puntas« aufgesetzt und von 14 afrikanischen Fürsten unterschrieben wurde.123 Von der Groeben ließ sodann ein provisorisches Fort errichten und kehrte mit der Morian nach Brandenburg zurück, während die Chur Prinz mit einer ersten Fracht Sklaven nach Westindien segelte. Auch die Operationen der Brandenburgisch-Afrikanischen Kompanie reichten in die norddeutschen Regionen hinein. Ab 1683 wurde der Stammhafen der Kompanie von Königsberg nach Emden in Ostfriesland verlegt. Friedrich Wilhelm nutzte dazu einen Konflikt der regierenden Fürstin Christine Charlotte mit den ostfriesischen Ständen. Im Einvernehmen mit Dänemark, dem gegenüber er einen kaiserlichen Auftrag zum Schutz des Landes vorschob, ließ er Ende Oktober 1682 300 brandenburgische Soldaten in Glückstadt einschiffen, die mit Einverständnis der ostfriesischen Stände wenig später die Burg Greetsiel vor Emden einnahmen. Der Kurfürst überredete zudem die Emder Kaufleute, sich finanziell an der Kompanie zu beteiligen und verschaffte damit der Kompanie ein zusätzliches Kapital von 24.000 Talern. Insgesamt 18.980 Sklaven sind in der Zeit zwischen 1680 und 1715 auf den bisher bekannten 110 Fahrten brandenburgischer Sklavenschiffe verkauft worden.124 Die Routen der Schiffe sind in vielen Fällen nicht genau zu rekonstruieren. Bei sechs der Sklavenfahrten wird als Ausgangshafen das niederländische Seeland, bei zwei weiteren Middelburg angegeben. Die Morian lief 1682 aus dem Hafen von Glückstadt aus, die Chur Prinz im selben Jahr aus Hamburg.125 Die meisten Schiffe steuerten zunächst Großfriedrichsburg oder die vor der westafrikanischen Küste gelegene Insel Arguin an – oft findet sich als vage Bezeichnung nur »Westafrika« – und lieferten die dort geladenen Sklaven dann auf die dänische Jungferninsel St. Thomas, die im November 1685 von der dänischen Westindisch-Guinesischen Compagnie angemietet worden war. Als weitere Zielregionen sind die niederländische Kolonie Berbice im südamerikanischen Niederländisch-Guayana und die ebenfalls niederländisch kolonialisierte Antilleninsel Sint Eustatius angegeben. Im Jahre 1689 gelang es den Brandenburgern, die kleine Antilleninsel St. Peter in Besitz zu nehmen, die fortan als Handelsniederlassung diente, um Abgaben auf St. Thomas zu vermeiden.126 Bis etwa 1695 erwies sich der Handel mit Sklaven, Edelmetallen und 123 Vgl. Jones, Brandenburg Sources for West African History, Dokument 7, S. 249 – 251. 124 Von diesen Sklaven werden nur 6.453 in der von David Eltis und seinen Mitarbeitern zusammengestellten Datenbank zum transatlantischen Sklavenhandel geführt. Die wichtigsten Häfen der Nordseeküste sind nach der Datenbank Amsterdam, Stad en Lande (Groningen), Zeeland/Middelburg, Maze (Rotterdam), Emden, mitunter (selten) Hamburg, vgl. Eltis et al., The Trans-Atlantic Slave Trade. A Database on CD-ROM. 125 Weindl, Die Brandenburger im »Atlantischen System«, 1650 – 1720, S. 79 – 81. 126 Ebd., S. 52.
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anderen Produkten als einträglich. Im Jahr 1686 konnte Kurfürst Friedrich Wilhelm seine Partner abfinden und übernahm die Kontrolle über die Afrikanische Compagnie allein. Danach setzte ein allmählicher Rückgang der Geschäfte ein, den Friedrich III., der 1688 die Nachfolge Friedrich Wilhelms antrat und ab 1701 als Friedrich I., König in Preußen, regierte, nicht aufhalten konnte. In Staatsverträgen von 1718 und 1720 verkaufte er seine afrikanischen Kolonien schließlich an die Niederländisch-Westindische Compagnie. Damit endete nach etwa 35 Jahren die direkte brandenburgisch-preußische Einbindung in den transatlantischen Handel.
II.3
Hof und Handel im atlantischen Kontext
Die Präsenz von ›Mohren‹ an den Höfen unterschied sich in mancher Hinsicht von der in anderen sozialen Schichten, wohl auch, weil sie hier aufgrund ihrer symbolischen Bedeutung im Rahmen höfischer Repräsentation besonders sichtbar waren. Dieser Aspekt wird umso deutlicher, wenn die dynastischen Netzwerke der Höfe ins Blickfeld kommen. Das Interesse der deutschen Fürsten an schwarzen Bediensteten entsprach dem zeitgenössischen Denken und Handeln des gesamten europäischen Hochadels. Obwohl die meisten ›Mohren‹ aus der kolonisierten Welt nach Europa kamen, scheinen in der höfischen Welt, abgesehen von dem Moment des Kaufes, die im transatlantischen Kontext üblichen Bewertungen von schwarzen Menschen lange keine Rolle gespielt zu haben. Ungeachtet dessen wurde die Möglichkeit, Sklaven in das Reich einzuführen, im Rahmen von merkantilen Bestrebungen durchaus diskutiert, worauf sowohl Peter Martin als auch Mark Häberlein hingewiesen haben. In den 1670er- und 1680er-Jahren, als im Deutschen Reich von verschiedenen Seiten Pläne zur Beteiligung am transatlantischen Handel entwickelt wurden, einer Zeit, in die auch der Aufbau der Brandenburgisch-Afrikanischen Kompanie erfolgte, unterbreitete der Kaufmann und Merkantilist Martin Elers (gest. in London 1694) Friedrich Wilhelm I. von Brandenburg einen Vorschlag, von dem er Anfang 1682 in einem Schreiben an den braunschweigischen Rat und Universalgelehrten Gottfried Wilhelm Leibniz berichtet:127 Er habe dem Kurfürsten zunächst mündlich und dann auf Nachfrage schriftlich in einer »proposition« für dessen »regementer« ein Kontingent von Menschen in Aussicht gestellt,
127 Vgl. Martin, Schwarze Teufel, edle Mohren, S. 121 – 123; Häberlein, »Mohren«, ständische Gesellschaft und atlantische Welt, S. 77 – 83; zu dem Aufsatz von Häberlein siehe auch das folgende Kap.
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»die winich costen sollten und die in friedens zeiten nicht allein baldt sollten verdienen connen was sie gecostet sondern auch das man sie von demme was sie in friedens zeiten daeruber gewonnen in Criegs zeiten unterhalten conten. Curtz zu sagen mein vorslag ist gewesen, Ihr Cfl. Durchl. sollten durch die affericanische Comp. so in dero Landen bereits auffgerichtet und die bereit mit guten nutzen dahin gehandelt, lassen anhero bringen von den swartzen menschen (so sie die Companie alda cauffen und an die Hispanier in America und ander orter vor Slaven vercauffen) und alßdan dieselbe unter seine bauren austeiln, und fur knechte gebrauchen lassen, und vor dieselbe jaarlich zalen lassen was sie sonst an einen bauwren knecht jaerl. zalen mochten, so wurden sie von Ihrem angelegeten gelde jaerlich 12 16 procento rente machen connen, und wan dieselbe eins die woche in die waffen geexersiret wurde, so conten sie sich derselben im Crige wen sie wollten besser als von europeischen volckern bedienen, weiln dieselbe von natur hardi und starck weren […].«128
Der Kurfürst könne auf diese Weise, so Elers weiter, »sein lant mit volck vermeeren« und »mit nutzen bebauwen«. Die Teilhaber der Kompanie hätten seinen Vorschlag gut aufgenommen und gleich eine Lieferung von 20.000 Menschen zu je 100 Reichstalern zugesagt. Auch dem Kurfürsten habe der Vorschlag gefallen. Auf den Einwand eines Geistlichen, »das sie das Lant vol heiden pflantzen wollten«, stellt Elers die Möglichkeit der Bekehrung in Aussicht und kündigt gleichzeitig an: »Somma es hadt die Companie order ein quantiteit zu bringen nicht allein vor den Courf. [Kurfürsten] sonderen auch vor particouliers.« Dies bittet er Leibniz auch den Fürsten von Hannover, Celle und Wolfenbüttel bekannt zu machen, denen zu den gleichen Konditionen Sklaven über den Hamburger Hafen Harburg geliefert werden könnten. Mit Verweis auf den Reichtum der Spanier, der größtenteils »in und durch die Slauen [Sklaven] bestehet«, bietet er Leibniz als Provision zwei Reichstaler »vor jewedern Stuck so er vercaufft«. Von diesem Vorhaben hielt der kursächsische Kommerzienrat Johann Daniel Crafft, dem Elers seine Idee ebenfalls unterbreitet hatte, wenig. In einem Brief an Leibniz schrieb Crafft, er halte den Vorschlag von Elers, der ihm nur Kritik einbringen werde, für »gantz impracticabel«.129 Elers hingegen, überzeugt von seiner proposition, antwortet auf den in einem verloren gegangenen Brief offenbar von Leibniz vorgebrachten Einwand, dass der Zustrom von Afrikanern in anderen Ländern möglichst gering gehalten werde:
128 Martin Elers an G. W. Leibniz, 18. Januar (2. Februar) 1682, in: Gottfried Wilhelm Leibniz, Sämtliche Schriften und Briefe, hg. von der Akademie der Wissenschaften Berlin, 3. Reihe: Mathematischer, naturwissenschaftlicher und technischer Briefwechsel, Bd. 3: 1680 – Juni 1683, Berlin 1991, S. 559 – 560. 129 Johann Daniel Crafft an G. W. Leibniz, 14. (24.) Februar 1682, in: Leibniz, Gesammelte Schriften, 3. Reihe, Bd. 3, S. 569.
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»Das die Hollander sulches verboten, habe nimmer gehort, sonderen woll wan einer einen Neger daerbringet denselben nicht meer voor einen Slauen halten mag, weiln sie nicht wollen, das einige Leibeigenschaft sonder daselbest alles frey sein soll. Dennoch vindet man alda keine geringe anzal, und zumael unter den Juden.«130
Kleidete man die Afrikaner nach europäischen Klimabedingungen, »so connen sie alles besser ausstehen alß die Europeer«. Bereits wenige Wochen später sollte sich aber die Prognose Craffts erfüllen: Um die Sache von Elers sei es schlecht bestellt, berichtet er in einem Schreiben an Leibniz, »in deme Er sich jederman zum feinde gemachet«. Elers habe einer der Größten bei Hofe sein können, »wenn Er sich beßer gouverniret« hätte, doch sei seine Sache »nun nicht mehr zur redressiren«. Bezüglich der Afrikaner fasst Crafft resümierend zusammen: »wenn wir in dem Zuestand, wie die zue Canada seyn, weren, weren sie vns auch profitlich vnd nöthig, waß die population von Teutschland betrifft, darzue haben wir, wenn wir nur wollen, meines wenigen erachtenß leichtere vnd unkostlichere Mittel, alß durch Africam […].«131
Mark Häberlein hat in seinem 2006 erschienenen Aufsatz »Mohren«, ständische Gesellschaft und atlantische Welt auf die interessanten Bezüge dieses Briefwechsels zur zeitgenössischen Situation in Brandenburg und der zentraleuropäischen Wahrnehmung der atlantischen Welt im ausgehenden 17. Jahrhundert hingewiesen: Erstens habe der brandenburgische Kurfürst drei Jahre später seine dünn besiedelten Territorien, die zudem wirtschaftlich unterentwickelt waren, tatsächlich mit etwa 20.000 Hugenotten »peupliert«. Unter diesen seien zwar mehr städtische Kaufleute, Unternehmer und Gewerbetreibende als Bauern und Soldaten gewesen, doch habe sich die Anwerbung in dem von Elers genannten Größenspektrum bewegt. Zweitens seien die Angaben von Elers zu der in den Niederlanden wie auch in anderen europäischen Ländern lebenden, nicht geringen Anzahl an Schwarzen zutreffend. Drittens sei der atlantische Kontext bemerkenswert, in dem die Korrespondenzpartner die Frage der Rekrutierung von Afrikanern diskutierten. Elers habe auf die Brandenburgisch-Afrikanische Kompanie als Bezugsquelle verwiesen und auf Spanisch-Amerika, dessen Reichtum auf Sklavenarbeit basierte, Crafft die Bevölkerungsdichte Deutschlands mit der Kanadas verglichen. Zu Recht bemerkt Häberlein, dass diese atlantische Perspektive der Fürsten, Kaufleute und Gelehrten von der historischen Forschung in Deutschland bisher wenig beachtet worden ist: Dem von Wehler postulierten »Ausschluß Deutschlands von der überseeischen Expansion« entsprechend sei außereuropäische Geschichte als separate Disziplin betrieben 130 Martin Elers an G. W. Leibniz, 1. März 1682, in: Leibniz, Gesammelte Schriften, 3. Reihe, Bd. 3, S. 572. 131 Johann Daniel Crafft an G. W. Leibniz, 14. (24.) Februar 1682, in: Leibniz, Gesammelte Schriften, 3. Reihe, Bd. 3, S. 599.
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worden.132 In seiner Analyse stellt Häberlein dieser Perspektive die verschiedenen Berührungspunkte von deutschsprachigen Menschen mit der kolonialen Welt und ihren mannigfaltigen Rollen darin entgegen. Dabei nimmt er vor allem die bisher historiografisch kaum behandelten Beteiligungen und Konfrontationen von Deutschsprachigen mit dem Sklavenhandel in den Blick und entwickelt eine Perspektive auf die Rückwirkungen des ›Mohrenbildes‹ der ständischen Gesellschaft auf die überseeische Welt. Dieses Bild hatte sich offenbar bis in das 18. Jahrhundert hinein in der ständischen Gesellschaft gehalten, und es lohnt sich, in diesem Zusammenhang die Fragerichtung umzukehren und zu untersuchen, wie es trotz der kontinuierlichen Konfrontation mit dem Sklavenhandel doch relativ lange unberührt oder wenig tangiert von atlantischen Sichtweisen bleiben konnte. In der oben dargestellten Korrespondenz erscheinen andeutungsweise zwei Momente, weshalb der Plan von Elers scheiterte: Zum einen, wie Crafft bemerkt, dass der Vorschlag »ganz impracticabel« und teuer erschien und dass es in Deutschland andere und günstigere Möglichkeiten gäbe, die geringe Bevölkerungsdichte zu erhöhen. Zum anderen brachte Leibniz offenbar den Einwand vor, dass man in anderen Ländern die Zuwanderung von Afrikanern sogar einzuschränken suchte, was darauf deutet, dass grundsätzlich kein Interesse an einer großen afrikanischen Population im Land bestand. Ein drittes Moment, dem vielleicht ebenso große Bedeutung zukam, findet sich indirekt in der Formulierung Craffts, dass Elers einer der Größten habe sein können, »wenn Er sich beßer gouverniret [hätte]«. Verantwortlich für das Scheitern der Pläne war mithin auch ein Fehler oder eine Unangepasstheit in Elers Auftreten bei Hof einerseits, in der Idee selbst andererseits: »[M]ehr Schimpf alß Ehre« werde er von der »absonderlichen proposition« haben, sagte Crafft voraus, und wirklich fiel Elers kurz darauf in Ungnade. Doch warum erschien dem Kommerzienrat die Idee des Merkantilisten so absonderlich? Was Elers dem brandenburgischen Kurfürsten vorschlug, kam dem Versuch der Einführung der Sklaverei westindischen Maßstabs gleich. Das Zugeständnis, man könne die Heiden ja missionieren, erinnert an die frühe Taufpraxis der protestantischen Kolonien in Nordamerika, die dort später fallengelassen wurde. Elers spricht die Kritik der Niederländer an der Leibeigenschaft in ihrem Land an, relativiert sie jedoch gleich mit Verweis auf die Sonderrechte von Juden in Holland – die im Übrigen auch im Deutschen Reich bestanden.133 Trotz der 132 Häberlein, »Mohren«, ständische Gesellschaft und atlantische Welt, S. 81 (1. Zitat), S. 82 (2. Zitat). 133 Vgl. Martin, Schwarze Teufel, edle Mohren, S. 64 – 66, 396 – 397 (Anm. 166 – 177); Firla, AfrikanerInnen und ihre Nachkommen, S. 11 (bes. Anm. 12), 13. Hier verweist Firla auf Wilhelm von Schröders Fürstliche Schatz- und Rentkammer, erschienen 1684. Als »einer der wichtigsten Theoretiker des Merkantilismus« (Firla) stellte er, ähnlich wie Elers, jedoch
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Versuche, die transatlantischen Beziehungen auszubauen, bestand kein Interesse an der Einführung eines westatlantischen Modells von Sklaverei, auch wenn der Vorschlag von Elers zunächst einen Weg aus der Unterbevölkerung zu weisen schien. In den benachbarten Niederlanden waren ein knappes Jahrhundert zuvor die Einstellungen ähnlich, wie aus einer Quelle hervorgeht, auf welche die niederländische Historikerin Dienke Hondius hingewiesen hat. Die Notulenboeken von Middelburg berichten unter dem 15. November 1596 von der Ankunft eines von der Küste von Guinea kommenden Sklavenschiffes in Seeland, mit dem 130 ›Mohren‹ – Männer, Frauen und Kinder – nach Middelburg kamen: »[…] Dat hier waeren ingebracht mette Schepen uyt Guyn¦a, hier in gecommen veele Mooren, wel by de hondert, zoo Mans ald Vrouwen ende Kinderen, wesende alle gedoopte Christenen, ende dat die daeromme nyet en behooren by yemanden gehouden oft vercocht te worden als Slaeven, maer gestelt in heure vrye liberteyt, zonder dat yemandt van derselver eydgendom behoort te pretenderen.«134
Da für den nordwesteuropäischen Raum des 17. und 18. Jahrhunderts insgesamt – im Gegensatz zum Osmanischen Reich, Afrika, den westindischen Inseln, Amerika, aber auch dem Mittelmeerraum (Malta) – keine regelrechten Sklavenmärkte belegt sind,135 die Niederländer auf die Situation also nicht vorbereitet waren, war zunächst unklar, was mit den Sklaven weiter geschehen sollte. ohne Vorschläge zur konkreten Umsetzung, die Frage, ob die Sklaverei wieder einzuführen sei. Aus den Ausführungen von Schröders, so Firla, gehe eindeutig hervor, dass die Sklaverei im deutschen Reich nicht existiert habe, da er sich ja Gedanken über eine mögliche Einführung machte. Sie verweist darüber hinaus auf Rudolf Stammlers Deutsches Rechtsleben in alter und neuer Zeit, welches darlege, dass das Landrecht keine Sklaverei duldete, jedoch »die Regel [aufstellte], daß ein Fremder, der sich nur eine Zeitlang in Preußen aufhalten würde, seine Rechte über einen aus seinem Lande mitgebrachten Sklaven behalte«, vgl. Rudolf Stammler, Deutsches Rechtsleben in alter und neuer Zeit. Lehrreiche Rechtsfälle, Bd. 2: Deutsches Rechtsleben während des 19. Jahrhunderts, München 1932, S. 268; Wilhelm von Schröder, Fürstliche Schatz- und Rentkammer nebst seinem Tractat vom Goldmachen, wie auch vom Ministerio der Oberstaatsbedienten, Faks.-Nachdruck der Ausgabe Königsberg-Leipzig 1752, Vaduz 1978, S. 204 f. 134 Zeeuws Archief, Middelburg, Staten van Zeeland, Notulenboeken, 15. 11. 1596, zit. n. Dienke Hondius, Transatlantische ontmoetingen. Sporen van Afrikanen en Zeeuwen in drie continenten, unveröfftentl. Manuskript eines am 22. Juni 2005 in der Zeeuwse Bibliotheek/ Roosevelt Center, Middelburg im Rahmen der Konferenz »Zeeland en de slavernij/Slavery from Within« gehaltenen Vortrags (19 S.); ich danke der Autorin für die freundliche Bereitstellung des Manuskriptes. 135 Zum innereuropäischen Sklavenhandel und den Sklavenmärkten des Mittelalters bis zum Beginn der Frühen Neuzeit vgl. Charles Verlinden, Wo, wann und warum gab es einen Großhandel mit Sklaven während des Mittelalters?, Köln 1970. Offenbar sind jedoch mitunter einzelne Personen auf Märkten verkauft worden, wie der Fall des Rudolph Mohr zeigt, der im Jahre 1684 von einem Händler auf der Leipziger Ostermesse zum Verkauf angeboten worden war, vgl. StA Braunschweig, HIX:256, sowie Kittel, Mohren als Hofbediente und Soldaten, S. 80 – 82.
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Allerdings sah man offenbar kein kategorisches Problem darin, diese unter den Umständen auch im eigenen Land zu handeln, sondern einzig darin, dass ihr Sklavenstatus als getaufte Christen infrage gestellt war, da sie damit nach geltendem Recht nur frei sein konnten. Beachtung verdient in diesem Zusammenhang auch, dass die Hautfarbe der Sklaven nicht erwähnt wird und offenbar keine Rolle spielt. Dies spricht für eine in der Sklavereiforschung umstrittene These, der zufolge nach kanonischem Recht kein Christ Sklave eines Christen sein konnte, ähnlich wie nach religiös definiertem Sklavenrecht im Osmanischen Reich ein Sklave seine Freiheit erhielt, sobald er sich zum Islam bekannte.136 Die Frage, welche Gültigkeit diese Aussage in der Praxis des Sklavenhandels sowohl auf islamischer als auch auf christlicher Seite realiter besaß, muss hier zurückgestellt werden. In Middelburg und auch in Amsterdam jedenfalls war der Handel mit christlichen Sklaven verboten.137 Die nach Middelburg gekommenen Schwarzen sollten Seeland als Freie wieder verlassen. Als solche wurde ihnen auch freigestellt, in den Niederlanden zu bleiben und in den Dienst von dort ansässigen Familien oder in ein Gewerbe eintreten. Um entsprechende Kontakte zwischen ihnen und einheimischen Interessierten herzustellen, wurde einige Tage später ein Treffen (»Kijkdag«) in Middelburg organisiert. Wie viele der Schiffspassagiere letztlich in Europa blieben, ist nicht bekannt. Belegt sind nur neun von ihnen, die bereits zwischen dem 4. Januar und dem 3. März 1597 verstarben. Sie waren in den Begräbnisregistern des Zeeuws Archief in Middelburg geführt138, die im Zweiten Weltkrieg verloren gingen, weitere Neu-Holländer/innen konnten bisher nicht nachgewiesen werden. Der Reeder Pieter van der Haegen erwirkte jedoch etwa eine Woche nach dem »Kijkdag«, am 28. November 1596, bei den Generalstaaten eine carte blanche zur Ausfahrt des Schiffes und seiner Passagiere. Dienke Hondius geht daher davon aus, dass die meisten von ihnen Ende November 1596 wieder verschifft und wahrscheinlich in Übersee doch noch verkauft wurden.139 136 Weygo Comte Rudt de Collenberg, Haus- und Hofmohren des 18. Jahrhunderts in Europa, in: Gotthardt Frühsorge/Rainer Gruenter/Beatrix Freifrau Wolff Metternich (Hg.), Gesinde im 18. Jahrhundert, Hamburg 1995, S. 267, vgl. detaillierter zu dieser Frage das folgende Kapitel II.4. 137 Allison Blakely, Blacks in the Dutch World. The Evolution of Racial Imagery in A Modern Society, Bloomington/Indianapolis 1993, S. 226 – 227, vgl. Kap. II.4. 138 Register van de doode lichamen derghenen die op de kerckhoven begraven syn, nach: J. H. de Stoppelaar, Balthasar de Moucheron. Een bladzijde uit de Nederlandsche Handelgeschiedenis tijdens den Tachtigjarigen Oorlog, Den Haag 1901, S. 61 – 62, zit. n. Hondius, Transatlantische ontmoetingen, S. 7, 17. 139 Hondius, Transatlantische ontmoetingen, S. 9. Die Autorin zitiert in diesem Zusammenhang den Historiker N. Japikse, der in seiner Geschichte der Resolutionen der Generalstaaten anmerkt: »[o]p een tweede request van Van der Hagen werd 28 november beschikt, dat hij met de Mooren kon doen, ›soe hy’ t verstaet‹, doch dat de Staten niet van plan waren
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Aufgrund der gesetzlichen Regelungen in den Niederlanden, die für Deutschland ähnlich gewesen sein dürften, überrascht es nicht, dass die bisherigen Forschungen zu den ›Hofmohren‹, aber auch zu anderen Schwarzen im deutschsprachigen Raum, in der Regel auf individuelle Wege über miteinander verschränkte Netzwerke von Hof und Handel verweisen. Es ist eher von persönlichen Absprachen mit einzelnen Reedern oder Seeleuten als von frei zugänglichen ökonomischen Marktbeziehungen auszugehen. Dafür spricht auch, dass sich im Archiv der Middelburger Commercie Compagnie für das 18. Jahrhundert Quellen erhalten haben, denen zufolge in Middelburg jeweils nur kleinere Gruppen von Sklaven ankamen, je eine oder wenige Personen pro Besitzer, die diese laut eigenen Angaben nicht für sich selbst gehandelt hatten.140 Es waren damit oft Seeleute, die auf ihrer Rückreise nach Europa Sklaven mitbrachten.141 Nach neueren Berechnungen auf der Grundlage der von David Eltis und seinen Mitarbeitern erstellten Slave Trade Database sowie Quellen der englischen Royal African Company (RAC) erhielten beispielsweise die Kapitäne der RAC in den 1680er-Jahren im Schnitt fünf Prozent des Erlöses aus dem Verkauf von nach Jamaika und Barbados verkauften Sklaven. Ihre Provision wurde fast ausschließlich in »Fracht«, vor allem Sklaven, bezahlt.142 Gerade die Kapitäne hatten deshalb wichtige Mittlerfunktionen für die höfische Nachfrage nach schwarzen Bediensteten inne. Hof und Handel waren demnach nicht durch einen offenen, sondern einen verdeckten, exklusiven Markt verbunden. Dafür sprechen auch die Quellen zu den Migrationswegen der später an den europäischen Höfen lebenden Schwarzen zwischen Afrika, Amerika und Europa. So war der Stuttgarter verder een besluit omtrent dit verzoek te nehmen«, N. Japikse, ResolutiÚn der StatenGeneraal van 1576 tot 1609, Teil 9: 1596 – 1597, Den Haag 1926, S. 334, Anm. 1, zit. n. Hondius, Transatlantische ontmoetingen, S. 8 – 9, 18, Anm. 27. 140 So in der »Lijst van ›slaven uit de hand gekocht‹, des Schiffes Groot Prooijen, das zwischen Oktober 1747 und März 1748 von Middelburg nach Angola und Surinam fuhr. Der Kapitän Hendrik van Rijen und seine Mannschaft erklärten nach ihrer Rückkehr, dass sie die Sklaven nicht für sich selbst gehandelt hätten, vgl. Zeeuws Archief, Middelburgsche Commercie Compagnie 474, zit. n. Hondius, Transatlantische ontmoetingen, S. 17, Anm. 2. 141 Jürgen Kloosterhuis (Bearb.), Legendäre »lange Kerls«. Quellen zur Regimentskultur der Königsgrenadiere Friedrich Wilhelms I., 1713 – 1740, hg. v. Geheimen Staatsarchiv Preußischer Kulturbesitz, Berlin 2003, S. 160 – 162. Ich danke Wiard Hinrichs, Göttingen, für diesen Hinweis auf diese Publikation. In einem Brief an den Residenten zu Den Haag Abraham Georg Luiscius vom 22. März 1734 verweist Friedrich Wilhelm I. auf »das Angebot eines Schiffskapitäns […], für einen gewissen Preis ›Mohren‹ zu liefern«, ebd., S. 162. Auch in der Korrespondenz anderer Fürsten finden sich zahlreiche Belege für die Nachfrage nach schwarzen Sklaven, für die Cirksena vgl. Herquet, Miscellen, S. 133. 142 Vgl. David Eltis/Frank D. Lewis/Kimberly McIntyre, Transport Costs and the Slave Trade to the Caribbean, URL: http://www.econ.queensu.ca/faculty/lewis/slavepaper-032509.pdf [Stand: 06. 08. 2011], 56 S., hier S. 42 – 43 (Table 4). Die Studie wurde zuerst im Februar/ März 2008 auf der European Social Science History Conference in Lissabon vorgestellt und erschien im März 2009 in überarbeiteter Form im Internet.
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Trompeter Christian Real wahrscheinlich auf einem Schiff der Schwedischen Afrika-Kompanie über den Hafen von Stade nach Europa und von dort zunächst in das württembergische Lindau und danach nach Stuttgart gekommen.143 Auch der »Mohr Anthon« in Aurich kam nicht auf direktem Wege von der dänischen Kolonialinsel St. Thomas, sondern über Verwandte der Cirksena in Kopenhagen mit weitreichenden, auch überseeischen Verbindungen. Selbst für BrandenburgPreußen stellte es sich offenbar als schwierig dar, über die BrandenburgischAfrikanische Kompanie genügend ›Mohren‹ für den höfischen Bedarf zu beziehen. Während die Kompanie zwischen 1682/3 und 1715 insgesamt fast 20.000 afrikanische Sklaven in Übersee verkaufte, sind bislang nur insgesamt 24 ›Mohren‹ nachweisbar, die auf diesem Wege an den preußischen Hof kamen. Zwölf von ihnen waren 1698/99 an Bord der Friedrich III., weitere zwölf werden 1717 im Zusammenhang mit dem Verkauf der afrikanischen Besitzungen Brandenburgs, der Festungen Großfriedrichsburg und Arguin, an die Holländische Westindische Kompanie genannt. Letztere wurden wahrscheinlich unter die einzelnen preußischen Regimenter verteilt.144 Die Brandenburgisch-Afrikanische Kompanie allein konnte jedoch die Nachfrage des brandenburgisch-preußischen Hofes nach schwarzem Personal nicht befriedigen. Darauf verweist die Korrespondenz des Königs mit verschiedensten Mittlerpersonen, darunter ein Schreiben des preußischen Generalkontrolleurs Ehrenreich Bogislav Creutz an den Generalfinanzkassenrentmeister Johann Kühtze vom 19. Januar 1715 mit einer Abrechnung des Kommissars Wilhelm Fleertmann über den Kauf von drei ›Mohren‹, der über einen Makler in England abgewickelt worden war. Beigelegt findet sich die Quittung Kapitän Philipp Walshs für Kommissar Fleertmann über den Erhalt eines Entgelts für Überfahrt und Kost eines zwölfjährigen ›Mohren‹.145 Mindestens sechs schwarze Jungen bzw. junge Männer sind auf diese Weise in den Jahren 1714/15, 1728 und 1734 über verschiedene Mittelspersonen in London, Amsterdam und Den Haag zum preußischen Roten Grenadierbataillon der ›Langen Kerls‹ des preußischen Königs gekommen. 1728 folgt nochmals ein Versuch, über den Residenten in London, Friedrich von Reichenbach, »einige junge Mohren« zum 143 Firla/Forkl, Afrikaner und Africana, S. 163. 144 Ebd., S. 83 – 84, 15 – 16. Die Information, dass die im Kaufvertrag mit der Holländischen Westindischen Kompanie zugesagten zwölf Schwarzen zu den preußischen Regimentern kamen, ist quellenmäßig bisher nicht belegt und findet sich lediglich in einem Aufsatz von M. Rischmann, Mohren als Spielleute und Musiker in der preußischen Armee, in: Zeitschrift für Heereskunde 91/93, 1936, S. 82 – 84. Die 24 genannten Personen sind aufgrund der unklaren Quellenlage und des Fehlens von individuellen Namen nicht in der Tabelle im Anhang enthalten bzw. nur diejenigen von ihnen, die in anderen Quellen erwähnt werden. Bei diesen ist wiederum nicht klar, ob sie mit einer der hier genannten ›Lieferungen‹ oder über andere Wege nach Europa kamen. 145 Dieses und das vorhergehende Zitat nach Kloosterhuis, Legendäre »lange Kerls«, S. 160.
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Einsatz als Pfeifer im preußischen Königsregiment zu kaufen. In den Jahren 1731 und 1732 bemühte sich der König weiter intensiv, über seine Residenten in Amsterdam, Nicolas Warin, und in Den Haag, Abraham Georg Luiscius, sowie über den Vizedirektor der Kriegs- und Domänenkammer zu Kleve, Heinrich Wilhelm Rappard, jeweils zwischen vier und zwölf ›Mohren‹ für das Regiment zu bekommen. Zwei Jahre später, im März 1734, liegt über den Residenten in Den Haag das Angebot eines Kapitäns vor, dem König schwarze Sklaven zu liefern. In den Beziehungen nach London und Amsterdam, hier teils noch vermittelt über Dritte in Den Haag und Kleve, erschöpften sich offenbar die direkten preußischen Verbindungen zum transatlantischen Sklavenhandel nach dem Verkauf der Brandenburgisch-Afrikanischen Kompanie. Wenngleich gerade der Fall Preußens im Hinblick auf sein Verhältnis zu Schwarzen Unterschiede zu anderen Höfen erkennen lässt,146 zeigt die intensive Nachfrage des Königs doch, dass es auf dem Kontinent jedenfalls bis in die 1730er-Jahre keinen offenen Markt gegeben hat, auf dem Sklaven zu erwerben waren. Der Umstand, dass sie in der Regel gekauft wurden, wurde jedoch nicht öffentlich gemacht und wird auch in den Taufpredigten, den ausführlichsten Quellen, in der Regel nicht erwähnt. Stattdessen waren ›Mohren‹ in der höfischen Welt mit dem Nimbus des Besonderen, des Kostbaren und des Exklusiven umgeben. Diese Wahrnehmung setzte das Fehlen eines offenen Sklavenmarktes vor Ort geradezu voraus.147 So gesehen hatte der Merkantilist Elers mit seiner proposition auch gegen kulturelle Etikette der Eliten verstoßen und erntete, wie Crafft es vorausgesagt hatte, tatsächlich »mehr Schimpf alß Ehre«.
II.4
Sklaverei in Zentraleuropa?
Die Frage nach dem Rechtsstatus der erhandelten Sklaven in Zentraleuropa ist weitgehend ungeklärt. »Der kleinste gemeinsame Nenner der verschiedenen Formen von Sklaverei« ist, so die Trierer Sklaverei-Forscherin Elisabeth Herrmann-Otto, »der eines Gewaltverhältnisses eines Subjekts (Herr, Händler, Halter) über ein Objekt (einen seiner Freiheit und/oder Freizügigkeit beraubten Menschen), das sich temporär oder zeitlich unbegrenzt auf den ganzen Menschen oder allein seine Arbeitskraft (auch den Körper als Lustobjekt) bezieht.«148 146 Vgl. Kap. II.2 und V.6. 147 Vgl. die Überlegungen zur Bedeutung von bestehenden Märkten in Kap. VI.2. 148 So Elisabeth Herrmann-Otto, Sprecherin des Graduiertenkollegs »Sklaverei – Knechtschaft und Frondienst – Zwangsarbeit. Unfreie Arbeits- und Lebensformen von der Antike bis zum 20. Jahrhundert« an der Universität Trier, vgl. Elisabeth Herrmann-Otto, Einführung, in: Dies. (Hg.), Unfreie Arbeits- und Lebensverhältnisse von der Antike bis in die Gegenwart. Eine Einführung, Hildesheim 2005, S. I – XVIII, hier S. XI.
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Diese Definition schließt die Leibeigenschaft, wie sie in vielen Regionen Zentraleuropas existierte, mit ein, wenn sie sich auch in zentralen Punkten von der Sklaverei des westlichen Atlantiks unterschied. In diesem Sinne war Sklaverei als »Urmutter aller Formen der Unfreiheit«149 in der Frühen Neuzeit sowohl in Europa als auch in Afrika, Asien und Amerika verbreitet und in allen großen Herrschaftsräumen rechtlich verankert. Im westlichen Atlantik stand dieser Universalität der Sklaverei eine fragmentierte Gesetzgebung in den einzelnen Territorien gegenüber, die sich vor allem darauf bezog, wer nach den rechtlichen Definitionen der Gesellschaften versklavt werden konnte. Auch die Rechtsgrundsätze der Engländer, Franzosen, Spanier, Portugiesen und Holländer sowie die Traditionen der afrikanischen und der indigenen Bevölkerungen Amerikas unterschieden sich in spezifischen Punkten des Sklavenrechts. Im Heiligen Römischen Reich gab es seit dem 12. Jahrhundert keine eigentliche Sklaverei mehr, aber in den meisten Gebieten machten die lokalen Eliten die eigene Bevölkerung zu Leibeigenen.150 Traditionell basierte der nach Westen expandierende europäische Sklavenhandel auf dem Handel mit ›Heiden‹ oder Angehörigen des Islams; Versklavung war somit an Religionszugehörigkeit gebunden. Nachdem die alten Sklavenhandelswege auf den Balkan, die Krim und nach Westasien durch die Eroberung Konstantinopels durch das Osmanische Reich 1453 unterbrochen waren und Portugal sukzessive auf die westafrikanische Küste ausgriff, kamen Sklaven vermehrt aus Afrika. Dunkle Hautfarbe wurde zunehmend mit Sklaverei assoziiert. Diese Entwicklung in der ›Alten Welt‹ schuf die Voraussetzungen, die mit der Zeit dunkle Hautfarbe zum Marker von Sklaverei und zu einem Risikofaktor für Versklavung machten. Im Unterschied zu den meisten anderen SklavereiSystemen bedeutete Sklaverei in der westatlantischen Welt jedoch nicht mehr nur eine Einschränkung einzelner Rechte von versklavten Individuen, sondern eine Minderung oder Aberkennung ihres Mensch-Seins, in den Worten des amerikanisch-jamaikanischen Rassismusforschers Orlando Patterson, ihren »sozialen Tod«.151 Zweifellos prägte der transatlantische Sklavenhandel das Europa der Jahrhunderte zwischen 1500 und 1800 und wirkte sich auf andere Aspekte der eu149 Jürgen Osterhammel, Sklaverei und die Zivilisation des Westens, München 2000, S. 13. 150 Charles Verlinden, Esclavage m¦di¦val en Europe et esclavage colonial en Am¦rique, in: Cahiers de l’Institut des Hautes Êtudes de l’Am¦rique latine 6, 1963, S. 29 – 45; Michael Zeuske, Sklaven und Sklaverei in den Welten des Atlantiks, 1400 – 1940. Umrisse, Anfänge, Akteure, Vergleichsfelder und Bibliographien, Berlin 2006, S. 134. 151 Orlando Patterson, Slavery and Social Death. A Comparative Study, Cambridge, MA/London, UK 1982; Sally E. Hadden, The Fragmented Laws of Slavery in the Colonial and Revolutionary Eras, in: Michael Grossberg/Christopher Tomlins (Hg.), The Cambridge History of Law in America, 3 Bde., Cambridge, UK, et al. 2008, Bd. 1: Early America (1580 – 1815), S. 253 – 287, hier S. 253.
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ropäisch-afrikanischen Begegnung aus. Schließlich waren auch Deutsche am Ausgreifen auf außereuropäisches Territorium und am transatlantischen Sklavenhandel teils unmittelbar beteiligt. Die Handelsrouten des merkantilen Kapitalismus waren oft die der Sklavenkarawanen und Sklavenschiffe. Sklavereiforscher wie Paul E. Lovejoy, Philip Curtin sowie David Eltis, David Richardson und Stephen D. Behrendt haben die Daten der Zwangsmigration von über 10 Millionen schwarzen Sklaven aus Afrika nach Amerika zwischen dem 16. und 19. Jahrhundert zusammengetragen.152 Die Diasporen von Menschen afrikanischer Herkunft in der atlantischen Welt, zu denen auch die in das Heilige Römische Reich Verschleppten gehörten, sind wesentlich aus dieser Zwangsmigration entstanden und von ihr geprägt. Angesichts ihrer Bewegungen über Kontinente, aber auch in Europa selbst, sind Mobilität und Translokalität als ein strukturelles Merkmal der Biografien von schwarzen Menschen im frühneuzeitlichen Europa zu sehen. Als Teil der afrikanischen Diaspora sind sie deshalb auch im deutschsprachigen Raum nicht nur als ein Partikularphänomen zu verstehen, sondern als Teil des Globalgeschehens. Ins Heilige Römische Reich Deutscher Nation kamen Schwarze – dies belegen Rechnungen und Aufträge zum Kauf von Sklaven durch deutsche Fürsten153 – oft als Sklaven im westatlantischen Sinn. Die Frage, ob sie und andere Unfreie, wie etwa die Gefangenen der Türkenkriege, hier weiterhin als Sklaven galten, ist weiterhin ungeklärt. Sie spaltet die neuere rechtshistorische Forschung zu Sklaverei und Leibeigenschaft in Nordwesteuropa in zwei Lager. Während das eine auf dem älteren mediävistischen Konsens über die faktische Abwesenheit des Sklavenstatus im nordwestlichen Europa des Mittelalters und der Frühen Neuzeit beharrt, äußert das zweite seit einiger Zeit zunehmend Zweifel daran. Über den späteren rechtlichen Status von als Sklaven in das Reich gekommenen Menschen lassen sich daher derzeit keine gesicherten Aussagen treffen. Peter Martin, der in den Schwarzen des Alten Reichs Sklaven sieht, die »dennoch auf eine für Sklaven ganz und gar uncharakteristische Weise privilegiert« waren, angesiedelt »gewissermaßen im Niemandsland zwischen Freien und Unfreien«, wirft eine bis heute ungeklärte Forschungsfrage auf:
152 Paul E. Lovejoy, Transformations in Slavery. A History of Slavery in Africa, Cambridge 1983; Curtin, The Atlantic Slave Trade; ders., The Rise and Fall of the Plantation Complex. Essays in Atlantic History, Cambridge [et al.] 1990; Eltis et al., The Trans-Atlantic Slave Trade. A Database on CD-ROM, a.a.O. 153 Vgl. etwa die Briefwechsel des preußischen Königs Friedrich Wilhelm I. mit Diplomaten in London, Amsterdam und Den Haag in: Kloosterhuis, Legendäre »lange Kerls«, S. 160 – 162. Auch in der Korrespondenz anderer Fürsten finden sich zahlreiche Belege für den Ankauf von schwarzen Sklaven, für die Cirksena vgl. Herquet, Miscellen, S. 133. Für einen Überblick vgl. die Spalte »Migration/Transfer« in der Tabelle im Anhang dieser Arbeit.
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»Wie die gesellschaftliche Position dieser Schwarzen begrifflich zu fassen ist, ob sie überhaupt eine einheitliche Gruppe bildeten oder einzeln – je nach Stellung und Absicht ihrer Herren – schon vorhandenen Schichten, Ständen und Gruppen zugeordnet wurden, sind allerdings angesichts der Unterschiede in ihren Lebensgeschichten durchaus offene Fragen.«154
Anders als etwa in Frankreich war der Rechtsstatus von Afrikanern oder ›Mohren‹ im Reich bis in das letzte Drittel des 18. Jahrhunderts nie Gegenstand gesetzlicher Regelungen oder gerichtlicher Beschlüsse. In Frankreich hatten königliche Gerichte bereits im 16. Jahrhundert den Grundsatz aufgestellt, dass jeder Sklave, der seinen Fuß auf französischen Boden setze, als frei zu gelten habe.155 Doch stand diesem Rechtsgrundsatz die Praxis vieler Sklavenhalter aus den Kolonien gegenüber, die Sklaven als Dienstboten mit in das Land und wieder heraus brachten. Ein königliches Edikt aus dem Jahre 1716 erlaubte schließlich die Einfuhr von Sklaven unter bestimmten Auflagen, doch wurde es ebenso wenig vom Pariser Parlament registriert wie ein entsprechender königlicher Erlass im Jahr 1738. In den 1750er- und 1760er-Jahren klagten daher zahlreiche Sklaven vor Pariser Gerichten erfolgreich ihre Freiheit ein. Unter Ludwig XVI. wiederum wurde 1776/77 die Freilassung von Sklaven gesetzlich erschwert. Die Zuwanderung von schwarzen Menschen wurde nun auch aus explizit rassistischen Gründen unterbunden, wobei die entsprechenden Erlasse weitgehend wirkungslos blieben.156 Auch in England, wo schwarze Menschen früher und in größerer Zahl präsent waren, war ihre Rechtslage alles andere als eindeutig. Aufeinanderfolgende Gerichtsurteile zur Rechtmäßigkeit der Ansprüche von Besitzern auf die Rückkehr selbstbefreiter Sklaven widersprechen sich im Verlauf des 17. und 18. Jahrhunderts. Offener Handel mit Sklaven und die offizielle Zurückweisung der Sklaverei auf englischem Boden bestanden parallel.157 Die offizielle Haltung schwankte zwischen den Positionen »England is too Pure an air for Slaves to breathe in« von 1569 und »Negroes ought to be esteemed goods and commodities« im Jahr 1677, im Verlauf des 18. Jahrhunderts in ähnlicher Weise mehrfach wiederholt.158 Eine Wende brachte erst der berühmte Somerset-Fall
154 Martin, Schwarze Teufel, edle Mohren, S. 129. 155 NoÚl, Etre noir en France, S. 48; Peabody, »There Are No Slaves in France«, S. 3 – 10. 156 Peabody, »There Are No Slaves in France«, passim; Häberlein, »Mohren«, ständische Gesellschaft und atlantische Welt, S. 92 – 93. 157 Little, Negroes in Britain, S. 192 – 206; J. Jean Hecht, Continental and Colonial Servants, S. 36 – 40; James Walvin, Black and White: Negro and English Society 1555 – 1945, London 1973, S. 105 – 143; ders., The Black Presence. A Documentary History of the Negro in England, 1555 – 1860, New York 1972, S. 93 – 114; Scobie, Black Britannia, S. 48 – 61. 158 H. T. Catterall, Judicial Cases Concerning American Slavery and the Negro, 5 Bde., Washington, D. C., 1926 – 36, Bd. I, S. 9; 24. Juli 1677, Calendar of State Papers, Colonial
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von 1772, ein Gerichtsverfahren, in dem der Sklave James Somerset gegen seine Deportation nach Jamaika prozessierte. Der Kläger war 1749 in Virginia von dem britischen Regierungsbeamten Charles Stuart gekauft worden und reiste 20 Jahre später als sein Begleiter nach England, wo er in Kontakt mit SklavereiGegnern kam und zum Christentum übertrat. Nach einem missglückten Fluchtversuch 1771 ließ Stuart Somerset auf ein Schiff bringen, um ihn in Jamaika verkaufen zu lassen. Als die Taufpaten Somersets davon erfuhren, erwirkten sie seine Freilassung und unterstützen ihn in einer Klage gegen seinen Besitzer. In dem Prozess trat Somerset als Rechtsperson auf der Basis gültigen Rechts auf und untergrub dadurch seinen Status als Sache (Sklave). Indem Lord Mansfield als oberster Richter in seiner Entscheidung den Status Somersets als Person anerkannte, gab er ihm bereits Recht: In seiner Urteilsbegründung führte der Richter aus, dass der Status von Personen als Dinge keine Rechtsbasis in einer Gesellschaft besitze, die den Anspruch erhob, auf einer allen Subjekten gemeinsamen Rechtsgrundlage zu stehen. Damit brach das lange verdrängte Problem des Widerspruchs zwischen Gleichheitsgebot und Sklavenhaltung auf. Die Rechtsverhältnisse im Deutschen Reich waren ebenfalls komplex. Zum einen waren die rechtlichen Eigenschaften von Personen nicht durch Staatsbürgerschaft definiert und die Grade gegenseitiger Abhängigkeit von Herrschaftsträgern und Untertanen hierarchisch durchgestuft. Die ständische Gesellschaftsstruktur war eine Privilegiengesellschaft, die »von ihrem Rechts- und Freiheitsbegriff her Ungleichheit mit derselben Selbstverständlichkeit zugrunde legt, wie die bürgerliche Gesellschaft die Gleichheit«.159 Zum anderen kennzeichnete es das Alte Reich, »dass es dort keine einheitliche, allen anderen übergeordnete höchste Gewalt gab noch je gegeben hatte, sondern vielmehr ein hierarchisch geordnetes, kompliziert verschachteltes Ineinander verschiedener Herrschaftsrechte in verschiedenen Händen« war.160 Auch das im Zeitalter des gemeinen Rechts im Corpus Iuris Civilis von Iustinian festgeschriebene Sklavenrecht, das von Juristen in ganz Europa als direkte Quelle benutzt und kommentiert wurde, wirft kaum Licht auf die Frage nach dem Rechtsstatus von schwarzen Menschen im Reich. Einige Mediävisten vertreten die Auffassung, dass Sklaverei im eigentlichen Sinne in Nordwesteuropa und anderen Teilen Europas nicht mehr existiert habe. Zwar habe es Kommentierungen zum Sklavenrecht gegeben, doch seien diese vorgenommen worden, um sie auf America and West Indies, 1677 – 1680, S. 120, zit. N. James Walvin, Black and White, S. 108 – 109. 159 Gerhard Dilcher, Der alteuropäische Adel – ein verfassungsgeschichtlicher Typus?, in: Europäischer Adel 1750 – 1950, hg. v. Hans-Ulrich Wehler, Göttingen 1990, S. 57 – 86, hier S. 58. 160 Barbara Stollberg-Rilinger, Das Heilige Römische Reich Deutscher Nation. Vom Ende des Mittelalters bis 1806, München 2006, S. 89.
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Leibeigene anzuwenden.161 Die den Kommentierungen beigegebenen Formblätter für Freilassungsurkunden seien von den Verfassern juristischer Anleitungsbücher lediglich dazu gedacht gewesen, Feudalherren einen formalen Weg anzubieten, durch den sie den Verzicht auf ihre Rechte an Dienern und Lehnsleuten fixieren konnten.162 Sie seien also nicht für die Freilassung von Sklaven im engeren Sinn163 konzipiert worden. Gegen diese Annahme spricht nach Auffassung derjenigen, die von der Existenz der Sklaverei auch im Norden Europas ausgehen, dass in mehreren Werken neben dem Musterformular für die Freilassung eines servus zusätzlich ein Formular existierte, das sich eindeutig auf von der Sklaverei zu unterscheidende Formen der Unfreiheit oder der geminderten Freiheit bezog. Wenn diese Unterscheidungen notwendig waren, so die Folgerung, dann müsse davon ausgegangen werden, dass die Sklaverei in Europa im rechtlichen Sinn weiterhin Relevanz besaß. Für den Sklavenstatus von schwarzen oder dunkelhäutigen Menschen im Alten Reich spricht unter anderem, dass sich eine Reihe von Freilassungsbriefen erhalten hat, aus denen Martin in Schwarze Teufel, edle Mohren zitiert. Bei näherer Betrachtung dieser Briefe zeigt sich jedoch, dass sie in je spezifischen zeitlichen und sozialen Kontexten entstanden sind, die kaum Schlüsse auf die allgemeine Situation zulassen. Der früheste Brief dieser Art, in dem die aus Portugal nach Hamburg zugewanderte Jüdin Violante Correa ihre Sklavin Dimiana emanzipiert, stammt aus dem Jahr 1651. Die Repräsentativität dieser Quelle für den norddeutschen Raum ist schwer einschätzbar : Die portugiesischjüdischen Gemeinden, zumindest in Altona und wohl auch in Hamburg, besaßen durch den Stadtrat gewährte spezielle Privilegien, zu denen der Besitz von Sklaven nach portugiesischem Recht gehört haben könnte.164 In der jüdischen 161 Zur Schwierigkeit der terminologischen Unterscheidung zwischen Sklaverei und anderen Formen der Unfreiheit in mittelalterlichen Rechtstexten vgl. Hermann Nehlsen, Sklavenrecht zwischen Antike und Mittelalter, Göttingen 1972, Bd. 1, S. 58 – 61; Thomas Rüfner, Die Rezeption des römischen Sklavenrechts im Gelehrten Recht des Mittelalters, in: Thomas Finkenauer (Hg.), Sklaverei und Freilassung im römischen Recht, Symposion für Hans Josef Wieling zum 70. Geburtstag, Berlin/Heidelberg/New York 2006, S. 201 – 221, hier S. 207 – 208. Ich danke Dr. Sven Korzilius für die Hinweise auf Forschungsliteratur zur gegenwärtigen Diskussion um das Sklavenrecht in Europa. 162 John Bryan Williams, From the Commercial Revolution to the Slave Revolution: The Development of Slavery in Medieval Genoa, Ann Arbor, MI, 1995. 163 Zum Begriff des ›Sklaven‹ und Versuchen einer Definition vgl. die Nachweise bei Rüfner, Die Rezeption des römischen Sklavenrechts, S. 204, Anm. 18. 164 Firla, AfrikanerInnen und ihre Nachkommen, S. 11; zu den Sonderrechten von Juden gehörte in Altona zum Beispiel die Niederlassungsfreiheit und der Schutz gegen Hamburg, vgl. Alfonso Cassuto, Gedenkschrift anlässlich des 275jährigen Bestehens der portugiesisch-jüdischen Gemeinde in Hamburg, Amsterdam 1927, S. 8 – 14; Martin, Schwarze Teufel, edle Mohren, S. 64, 395 (Anm. 162); zur Freilassung der Sklavin in Hamburg ebd., S. 135.
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Gemeinde von Amsterdam, deren Geschichte durch Quellen besser belegt ist als die in Altona, gab es in den wohlhabenderen Häusern Sklaven wie Dimiana.165 Martin nennt weitere Beispiele in Glückstadt.166 Jonathan Schorsch vermutet in seiner Studie Jews and Blacks in the Early Modern World, dass in den ostatlantischen Staaten der Besitz von Sklaven – vorausgesetzt, es waren keine Christen – in den portugiesisch-jüdischen Gemeinden stillschweigend geduldet wurde oder zumindest auf keine ernsthaften juristischen Hindernisse stieß. Wenn Schorsch darüber hinaus auf der Grundlage einer, wie er selbst kritisch anmerkt, begrenzten Zahl von zugänglichen Quellen vermutet, dass die Bedingungen und Aufgaben von Sklaven in jüdischen Haushalten weitgehend denen der sie jeweils umgebenden nichtjüdischen Haushalte angepasst waren, stellt sich allerdings die Frage, inwiefern in formalrechtlicher Hinsicht der Besitz von Sklaven an eine Gesellschaft angepasst werden konnte, in der ihr Besitz rechtlich nicht verankert war.167 Ein zweites Dokument, das als Freilassungsbrief bezeichnet worden ist,168 stammt von einem Holsteiner Obersten, Bartram Rantzau. Es wurde aus Anlass der von dem schwarzen Feldtrompeter Christian Gottlieb in Ascheberg bei Plön geplanten Eheschließung mit der Tochter des Bürgermeisters von Plön verfasst. Im Jahr 1684 verlangten die Angehörigen der Braut, dass Gottlieb, den der Oberst von seinen Fahrten als Soldat mitgebracht hatte, seinen Status als freier Mann unter Beweis stelle. Dieses Begehren ist ohne Zweifel ein Indiz für das Bestehen von unfreien Rechtsverhältnissen, möglicherweise sogar im Sinne der Sklaverei. Doch verweist die Terminologie sowohl der Forderung der Angehörigen als auch die der Antwort des Obersten eher auf den diskursiven Rahmen der Leibeigenschaft. So versichert der Oberst in seinem Brief, er habe den inzwischen zum Trompeter Ausgebildeten zwar aufgenommen und erzogen, jedoch »um keiner Ursachen in der Welt eigene Leibeigenschaft an ihm praetendiret«.169 Als Beleg für die Existenz der Sklaverei im Alten Reich ist dieser Brief auch insofern aussagelos, als es sich bei ihm eben nicht um eine Freilassungsurkunde handelt, sondern um die Bestätigung, dass Gottlieb, zumindest seit er in den Dienst des Obersten trat, immer schon frei gewesen war. Allerdings konnten schwarze Menschen in der Tat durchaus leibeigen sein und wurden 165 166 167 168
Jonathan Schorsch, Jews and Blacks in the Early Modern World, Cambridge 2004, S. 58. Martin, Schwarze Teufel, edle Mohren, S. 64 – 65. Ebd., S. 70 – 71. Zuerst von dem Plöner Chronisten Johannes Christian Kinder, dann so übernommen von Peter Martin, vgl. Johannes Christian Kinder, Aus der Chronik der Stadt Ploen, Bd. I. Christian Gottlieb der schwarze Feldtrompeter, Ploen 1887, S. 16; Martin, Schwarze Teufel, edle Mohren, S. 135. 169 Kinder, Aus der Chronik der Stadt Ploen, Bd. I, S. 17 – 18, vgl. auch Martin, Schwarze Teufel, edle Mohren, S. 135.
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dann auch so bezeichnet, beispielsweise ein schwarzer Diener der Baronin von Ungnad am Oldenburger Hof.170 Ein dritter Fall von Anfang des 19. Jahrhunderts schließlich, ein Freibrief, den der Diener Mensa Bast in Weimar von seinem sterbenden Herrn erhalten hatte und der von dessen Erben nicht anerkannt wurde, ist nur durch eine spätere Veröffentlichung überliefert und müsste genauer geprüft werden.171 Darüber hinaus ist ein Fall bekannt, in dem ein »erkaufter Mohr« vor preußischen Gerichten auf Freilassung klagte. Dieser berief sich 1780, acht Jahre nach dem aufsehenerregenden Somerset-Fall in England, auf eine Absprache zwischen dem Geheimen Rat Wurm in Kopenhagen und dem Kämmerer von Arnim, nach der von Arnim ihn unter der Bedingung gekauft habe, dass er »nur noch 2 Jahre als sein eigener Unterthan zu dienen hätte«, danach aber freizulassen sei. Das Berliner Kammergericht, das mit dem Streitfall befasst war, entschied nach Prüfung des Sachverhalts, dass es in Deutschland allgemein, besonders aber in Preußen an speziellen gesetzlichen Regelungen fehle, die für Fälle wie diesen als Entscheidungsgrundlage hätten dienen können. Irritierenderweise zog das Gericht daraus den Schluss, es bliebe daher »nur noch die erste Quelle aller Gesetze, das Recht der Natur, übrig, nach welchem […] dem von Arnim nicht verwehret werden könnte seinen erkauften Sklaven weiter zu verhandeln«, es sei denn, der Sklave könne nachweisen, dass er nur »unter der ausdrücklichen Bedingung, daß er nur zwey Jahre […] dienen und alsdann frey seyn sollte, erkaufet« worden sei. Dies sei jedoch, so das sich ganz auf die Aussagen von Arnims stützende Gericht, unwahrscheinlich, »da der von Arnim […] die Existenz eines bedingten Kontracts geläugnet […]«. Um in Zukunft besser auf derartige Konflikte vorbereitet zu sein, regte die Kammer beim Justizministerium an, »ein Gesetz in Dero Staaten, in Ansehung der Sklaverey, die oberwähnte Holländische Rechte für die Zukunft einzuführen«.172 Nach derzeitigem Stand der Forschung war der Sklavenhandel in den Niederlanden selbst verboten, im Ausland erworbene Sklaven jedoch, die mit ihren Besitzern in das Land kamen, blieben dem Status nach Sklaven.173 Die Quellenlage zum Kauf, zur Freilassung, aber auch schriftliche Bestätigungen darüber, dass eine Person nicht Sklave war, sowie die häufigen Refe170 Vgl. Kap. V.4. 171 Paul Steiner, Ein weitgereister Neger, 2 Aufl., Basel 1919 (erste Aufl. ca. 1870), zit. n. Martin, Schwarze Teufel, edle Mohren, S. 134, 136, 154. 172 Martin, Schwarze Teufel, edle Mohren, S. 133 – 134 (Zitate), S. 426. Dieser Fall ist nur durch eine anonym erschienene Publikation von 1780 überliefert, vgl. Anonymus, »Rechtsgeschichte eines erkauften Mohren. Bericht des Kammergerichts an das Justizministerium«, in: Beyträge zur juristischen Litteratur in den Preußischen Staaten. Eine periodische Schrift, 6. Sammlung, 4. Abschnitt, Berlin 1780, S. 296 – 311. 173 Blakely, Blacks in the Dutch World, S. 226 – 227, vgl. auch Kap. II.3 in dieser Arbeit, insbes. Anm. 133.
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renzen auf das Verschenken von ›Mohren‹ im Alten Reich scheinen die These von der rechtlichen Relevanz der Sklaverei zunächst zu bestätigen.174 Für eine zuverlässige Einschätzung dieser Frage ist jedoch die Datenbasis ausgesprochen dünn. So haben sich im Zusammenhang mit den inzwischen knapp 400 bekannten Biografien bzw. Biografiefragmenten von schwarzen Menschen im Reich kaum formalrechtliche Urkunden erhalten. Neben den bereits genannten einschlägigen Quellen ist beispielsweise bisher nur eine regelrechte Schenkungsurkunde bekannt, während derartige Urkunden im mediterranen Raum – wo allerdings auch eine bedeutend größere Zahl von Schwarzen lebte – sehr verbreitet waren: Der Lakai Franz Wilhelm Junga war 1765 vierzehnjährig in London gekauft worden und diente seinem Käufer Franz von Borries 24 Jahre. Danach sollte er weiterverkauft werden, wurde dann jedoch 1768 dem Grafen Leopold zur Lippe »zu lebenswierigem Dienst« geschenkt, »mit allen meinen Eigenthumsrechten und dem originalen Kauffbrieffe«.175 Während sich über den Kauf von Sklaven direkte Anweisungen und Rechnungen erhalten haben, stammen Informationen über das Schenken von ›Mohren‹ im deutschsprachigen Raum in der Regel aus Taufurkunden oder -predigten bzw. aus Berichten über Taufen, nicht aus Schenkungsurkunden. Allerdings erscheinen schwarze Bedienstete, auch wenn sie zuvor gekauft und/ oder als ›Geschenk‹ an einen Hof gekommen waren, später wie weiße Diener und Dienerinnen in den Zivilreglements als reguläre Gehaltsempfänger, sodass ihre Position als dienstrechtlich gebunden betrachtet werden muss. Dies schließt nicht aus, dass sie in einem besonderen Abhängigkeitsverhältnis zu den Fürsten standen, da die meisten der bei Hof beschäftigten Schwarzen zunächst nicht in das bestehende Ständesystem integriert waren. Ihre Herkunftsfamilien lebten in der Regel in anderen Weltteilen, während ihre sozialen Netzwerke in Europa oft im Umfeld der Höfe und Fürsten angesiedelt waren. Die Quellen legen nahe, dass die Beziehungen zwischen Fürsten und (ehemaligen) Sklaven zumindest an den frühneuzeitlichen Höfen durch patrimoniale Ordnungsprinzipien bestimmt blieben. Diese besaßen auch dort Geltung, wo Fürstenhäuser direkt in den Handel mit afrikanischen Sklaven involviert waren. So waren am portugiesischen Hof der Katharina von Österreich in Lissabon in der Mitte des 16. Jahrhunderts schwarze Bedienstete formalrechtlich Sklaven. Als erster europäischer Staat besaß Portugal bereits Mitte des 15. Jahrhunderts größere schwarze Bevölkerungsanteile und handelte mit Sklaven. Die maritimen Expansionen nach Brasilien, Florida, Peru, Kalifornien und den Inseln des malaiischen Archipels dienten unter anderem der Ausbildung von Handelssystemen, in denen die aus Afrika verschleppten und über den trans174 Martin, Schwarze Teufel, edle Mohren, S. 129 – 130. 175 Sadji, »Unverbesserlich ausschweifende« oder »brauchbare Subjekte«, S. 45 – 46.
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atlantischen Handel in alle Welt, vor allem aber nach Amerika gebrachten Sklaven als ›bewegliches Gut‹ (chattel) eine zunehmend wichtige ökonomische Rolle spielten. Am portugiesischen Hof waren jedoch schwarze Bedienstete offenbar in ganz ähnlicher Weise sozial und kulturell eingebunden wie Schwarze an nordeuropäischen Höfen.176 Die Frage nach ihrem Status und ihren sozialen Rollen speziell an den deutschen Höfen ist daher bis auf Weiteres eher aus dem überkommenen Herrschaftsbegriff der Fürsten zu klären als aus der Perspektive des römischen Sklavenrechts.
176 Annemarie Jordan, Images of Empire: Slaves in the Lisbon Houshold and Court of Catherine of Austria, in: Thomas F. Earle/Kate Lowe (Hg.), Black Africans in Renaissance Europe, Cambridge et al. 2005, S. 155 – 180.
III ›Schwarze‹ Imaginationen
III.1 Afrikaner und ›Mohren‹ in Kosmografien, Kollektionen und Enzyklopädien Mit Blick auf die breite Skala der Herkunftsorte von als ›Mohren‹ bezeichneten Menschen in allen Kontinenten – mit Ausnahme Australiens, dessen Kolonisation erst nach 1770, dem Jahr der Entdeckung seiner fruchtbaren Ostküste durch James Cook, begann – ist genauer zu untersuchen, was in der Frühen Neuzeit gemeinhin unter dem Begriff ›Mohr‹ gefasst wurde. Verweist er wirklich immer auf einen afrikanischen Hintergrund und schwarze Hautfarbe? Vor dem Hintergrund der Gesamtquellenlage und insbesondere nach Auswertung der Herkunftsorte erscheint dies fragwürdig. Allerdings könnte es sich etwa bei den aus China und Indien stammenden ›Mohren‹ um Angehörige von dort ansässigen schwarzen Bevölkerungsgruppen gehandelt haben. Diese waren seit dem ersten vorchristlichen Millennium als Kaufleute, Siedler, Seefahrer und Soldaten oder als Sklaven mit Sklaventransporten aus Afrika nach Asien gelangt.177 Anzunehmen ist darüber hinaus, dass die – weiterhin biblisch geprägten – geografischen Kenntnisse auch der Geistlichen und Stadtschreiber zu wünschen übrig ließen. Das legendäre Reich des schwarzen Priesterkönigs Johannes etwa wurde einmal in Asien, dann wieder in Afrika verortet. Die Diskurse um die Hautfarben der Afrikaner und um ›Mohren‹ allgemein waren im 17. und 18. Jahrhundert durch eine große Ambivalenz gekennzeichnet. Die Komplexität von Vorstellungen und Deutungen lässt eine Verkürzung auf den späteren, mit dem Sklavenbild des ›Atlantik-Paradigmas‹178 verbundenen, makrohistorischen Geschichtsverlauf für den zentraleuropäischen, insbeson177 Und zwar in Zahlen, die zusammengenommen vermutlich die geschätzten 10 bis 12 Millionen afrikanischen Sklaven, die zwischen 1500 und 1800 westatlantische Küsten erreichten, noch übersteigen, vgl. Campbell, Lemma »African Diaspora in Asia«, S. 3 – 4. Bei der Schätzung zum transatlantischen Sklavenhandel handelt es sich allerdings nur um die Zahl derer, welche die Middle Passage überlebten. 178 Zeuske, Sklaven und Sklaverei, S. 150.
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dere höfischen Raum zumindest bis zur Mitte des 18. Jahrhunderts nicht zu. Am Ausgreifen auf außereuropäisches Territorium in vielfältiger Weise beteiligt, blieben europäische Imaginationen und symbolische Praktiken der Aneignung im deutschsprachigen Raum lange Vorstellungen von Afrikanern und ›Mohren‹ verhaftet, die ihre physische Alterität nicht mit Marginalität und einem fundamentalen, unaufhebbaren Anders-Sein gleichsetzten, wenn sich auch Ansätze dazu zeigten. Das folgende Unterkapitel beschäftigt sich zunächst mit diesen Vorstellungen, soweit sie Niederschlag in den geläufigsten Kosmografien, Kollektionen und Enzyklopädien des 16. bis 18. Jahrhunderts fanden.
III.1.1 ›Mohr‹: Annäherung an einen Quellenbegriff Die Geschichte von schwarzen Menschen im Deutschen Reich ist überwiegend innerhalb eines Referenzrahmens geschrieben worden, der sich analytisch zwischen dem ›schwarzen Teufel‹ und dem ›edlen Mohren‹ bewegt, mithin vom Bedrohlich-Anderen zum Exotisch-Fremden.179 Dabei ist die Bedeutung der Kategorie Hautfarbe für die Wahrnehmung von schwarzen oder dunkelhäutigen Menschen selten infrage gestellt worden. Der Begriff des ›Mohren‹ ist im frühneuzeitlichen Deutschland allgegenwärtig, während einem die alternativen Termini ›Äthiopier‹, ›Afrikaner‹ oder Bezeichnungen nach den bekannten geografischen Regionen und Reichen in Afrika oder Amerika kaum begegnen. Der Terminus selbst geht auf den antiken griechischen Begriff ›la}qor‹ (schwarz, dunkel, dunkelhäutig, dunkelhaarig) und lateinisch ›maurus‹ zurück. Dieser war zwar immer vielschichtig im Hinblick auf die geopolitischen und kulturellen Räume, auf deren Bewohner er sich bezog, jedoch nicht grundsätzlich negativ konnotiert.180 In der Antike war der Begriff des ›Äthiopiers‹ zur Bezeichnung von schwarzen Menschen der gebräuchlichste, wurde aber auch hier mitunter durch ›Indus‹, ›Afer‹› und ›Maurus‹ ersetzt: »Mauri was also used at times both as a poetical equivalent of Aethiopes and as a broad term which included Ethiopians. […] Claudian speaks of all the Moorish tribes (»omnes Maurorum … populos«) who lived beneath Atlas and of those whom the excessive heat of the sun cut off in the interior of Africa. Early Christian literature, as Den Boer has emphasized, also uses la}qor in the sense of Ethiopian. […] the Greeks and Romans on occasion grouped colored peoples together loosely on the basis of color and, ignoring certain other physical characteristics, used Maurus as a comprehensive 179 Martin hat dies im Titel seiner gleichnamigen Studie prägnant zusammengefasst. 180 Vgl. Lemma »Mohr/Mohrin« in: Susan Arndt/Antje Hornscheidt (Hg.), Afrika und die deutsche Sprache. Ein kritisches Nachschlagewerk, Münster 2004, S. 168 – 172, hier S. 168 – 169, in dem die These, der Begriff sei »von Anfang an […] negativ konnotiert« gewesen, nicht durch zeitgenössische oder wissenschaftliche Abhandlungen gestützt wird.
Afrikaner und ›Mohren‹ in Kosmografien, Kollektionen und Enzyklopädien
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term for various colored peoples of Africa; and from the first century A. D. onwards at times also used Maurus as an equivalent of Aethiops.«181
Auch nordwestafrikanische »non-Negroid types« wurden so zuweilen als ›Mauri‹ oder ›Afri‹ benannt. In zunächst unklarer Abgrenzung vom Begriff des ›Mohren‹ entwickelte sich im Deutschen aus derselben Etymologie der Begriff ›Maure‹. Beide Termini werden bis in das 15. Jahrhundert hinein teils alternativ verwendet, wie im Folgenden noch zu zeigen sein wird. Der Begriff des ›Mauren‹, insbesondere des ›spanischen Mauren‹, war dabei seit der islamischen Herrschaft auf der Iberischen Halbinsel vom 8. bis 15. Jahrhundert und den Kreuzzügen seit Ende des 11. Jahrhunderts vorwiegend religiös besetzt und bezeichnete nordafrikanische Muslime. Gleichzeitig dienten in den nordafrikanischislamischen Armeen auch schwarze Afrikaner als Soldaten.182 Die Entwicklung der Begriffe des ›Mohren‹ und ›Mauren‹ steht damit sowohl in einem historischen als auch etymologischen Zusammenhang. In einer 2004 erschienenen Studie zu den mittelalterlichen Wurzeln des neuzeitlichen Passwesens wirft Valentin Groebner die Frage auf, ab welchem Zeitpunkt in der europäischen Geschichte Hautfarbe eigentlich begann, zu einem Marker von Ethnizität zu werden. Er beschreibt für das 13. bis 16. Jahrhundert, wie widersprüchlich und inkonsistent die Beschreibungen von Hautfarbe selbst in Südeuropa waren, wo in dieser Zeit schwarze Menschen aus Afrika bereits größere Bevölkerungsanteile bildeten. Ihre Hautfarbe wurde – ebenso wie die Zeichen auf ihrer Haut, Muttermale, Tätowierungen, Narben, Sommersprossen etc. – erst im Laufe der Zeit immer sorgfältiger erfasst und kategorisiert.183 Im Mittelalter dienten die Farben nicht nur zur Beschreibung von Hautpigmentierung, sondern bildeten auch Kategorien der Signaturenlehre. Um die Vielfalt physischer Phänomene angemessen beschreiben zu können, operierte die mittelalterliche Signaturenlehre mit Entsprechungen und Gegensatzpaaren als menschlichen ›Komplexionen‹, die auf dem Prinzip des Vergleichs beruhten.184 Der Begriff ›complexio‹ (griech. krasis) leitet sich aus dem Werk des griechischen Arztes Galenos aus Pergamon her, der im zweiten Jahrhundert nach Christus in Rom tätig war. Seine Schriften wurden, über arabische Quellen vermittelt, ab dem 11. und 12. Jahrhundert »die unangefochtene theoretische
181 Frank M. Snowden, Blacks in Antiquity : Ethiopians in the Greco-Roman Experience, Cambridge, MA, 1970, S. 11 – 12. 182 Jürgen Brummeck, Die Darstellung des Orients in den deutschen Alexandergeschichten des Mittelalters (Philologische Studien und Quellen, Heft 29), Berlin 1966, S. 155 – 164; Debrunner, Presence and Prestige, S. 18. 183 Die Ausführungen zu den mittelalterlichen ›Komplexionen‹ und Hausfarbe im Mittelalter in diesem Kapitel folgen im Wesentlichen Groebner, Der Schein der Person, S. 85. 184 Ebd., S. 86, 88.
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Grundlage der medizinischen Gelehrsamkeit im christlichen Europa«.185 Nach Galen konnten die Körper aller lebenden Wesen durch die Qualitäten ›heiß‹, ›kalt‹, ›feucht‹ und ›trocken‹ in je eigenen Mischungen beschrieben werden. Jede physische Konstitution und ihre Veränderungen konnten durch die den vier Aggregatzuständen zugeordneten vier Galen’schen Flüssigkeiten – Blut, Schleim, gelbe und schwarze Galle – in ihrem jeweils spezifischen Zustand und in ihrem Mischungsverhältnis charakterisiert werden. Diese Beschreibungsmerkmale wurden auch zur Darstellung der psychischen Verfassung, des Charakters und der Neigungen von Personen genutzt. Mittelalterliche medizinische Abhandlungen warnten davor, unter complexio absolute Eigenschaften zu verstehen. Die Komplexionen beruhten auf dem Prinzip des Vergleichs und dienten dazu, körperliche Disharmonien benennen und entsprechend ausgleichen zu können. Hautfarben waren immer relationale, keine absoluten Kategorien und weder ›schwarz‹ noch ›weiß‹ waren eindeutig positiv oder negativ konnotiert.186 Die mittelalterlichen Farben weiß, rot und schwarz konnten für verschiedene Dinge stehen, je nach Intention der Autoren. Sie waren keine Hautfarben im heutigen Sinn, sondern Körperfarben, die auf weitere Eigenschaften von Personen und ihre ›Komplexionen‹ verwiesen.187 Röte konnte etwa für innere Hitze stehen, und die Helden des Artusromans wurden in französischen heraldischen Manuskripten des 15. Jahrhunderts als bien color¦ oder vermeillet (zinnoberrot) beschrieben. Balance und Ausgewogenheit der Farben waren als optimale Mischung der Galen’schen Körpersäfte die beste aller Komplexionen: zwischen weiß und rot und zwischen weiß und schwarz. Petrarca beschrieb seine Hautfarbe in dem autobiografischen Brief an die Nachwelt als ausgewogen »zwischen weiß und dunkelbraun« (inter candidum et subnigrum). Dagegen berichtet der Humanist Enea Silvio Piccolomini über den österreichischen Herzog Albrecht II. von Habsburg, er habe ein »schwarzes furchteinflößendes Gesicht«. Auch die burgundischen Herzöge Jean de Berry, Philipp der Gute und Karl der Kühne wurden als relativ dunkel beschrieben und der Nürnberger Gabriel Tetzel schrieb über den französischen König Ludwig XI., dessen Hof er 1466 besuchte, er sei kleingewachsen, mit tiefliegenden Augen, langer Nase, kurzen Beinen und von »brauner Gestalt«.188 Das 1349/50 entstandene Buch der Natur von Konrad von Mergenberg, das als erste deutschsprachige Naturgeschichte gilt, erwähnt, wo es sich mit Haut beschäftigt, überhaupt nicht deren Farbe. Im Jahr 1417 berichtete der Lübecker Chronist Hermann Korner über eine Vagabundengruppe von etwa 300 Personen 185 186 187 188
Ebd., S. 88. Ebd., S. 88 – 89, 99. Ebd., S. 94 – 95. Ebd., S. 86 (Anm. 4), S. 95 (Anm. 36).
Afrikaner und ›Mohren‹ in Kosmografien, Kollektionen und Enzyklopädien
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aus dem Osten, sie seien äußerst hässlich an Gestalt und nigri ut tartari, schwarz wie die Tartaren. Etwa um dieselbe Zeit erschienen jedoch die Tartarinnen in den Signalements der Slavinnen in Florenz nur selten als schwarz, sondern in verschiedenen Farben zwischen weiß und olivenfarbig. In der Liste der Söldner auf der römischen Engelsburg wurde 1464 ein Alfonsus aus dem spanischen Salamanca als homo nigris colore beschrieben, aber auch Michael de Maguntia und Tomasio de Trever (demnach aus Mainz und Trier) wurden »mit schwarzem Aussehen« – facie nigra – erfasst.189 Als der spanische König Papst Innozenz VIII. 1488 einhundert mori schenkte, die in der Stadt Mlaga gefangen genommen worden waren, befanden sich unter ihnen wahrscheinlich auch Weiße, da die Bewohner der Stadt überwiegend weiß waren.190 Der Übergang der mittelalterlichen Farben von den Körper- zu den Hautfarben vollzog sich in den verschiedenen europäischen Regionen allmählich bis etwa zur Wende zum 16. Jahrhundert. Der Terminus ›Mohr‹ besaß auch nach dem Mittelalter nicht immer die Eindeutigkeit einer fest abgegrenzten Kategorie. Im deutschen Sprachraum wurde erst mit der Zeit der Begriff ›Mohr‹ – mhd. Mo¯r (e), ahd. mo¯r191 – eindeutig mit dunkler oder schwarzer Hautfarbe assoziiert. Er wird über den gesamten Zeitraum der Frühen Neuzeit vorherrschend verwendet, gestattet jedoch weiterhin keine eindeutigen Zuordnungen. Im Spanischen und Portugiesischen war der Begriff des ›Moros‹ resp. ›Mouros‹ dem deutschen ›Mauren‹ weitgehend analog und bezeichnete auch die religiöse Zugehörigkeit zum Islam.192 Weder das spanische ›Moros‹ noch das portugiesische ›Mouros‹ sagte dabei als solches bereits etwas über die Hautfarbe der betreffenden Person aus. Auf der Iberischen Halbinsel waren daher adjektivische Zusätze wie ›weiß‹, ›braun‹ oder ›schwarz‹ üblich; entsprechend berichten die Quellen über weiße, braune und schwarze ›Mohren‹. Eher selten findet sich dagegen im deutschen Raum die Bezeichnung ›schwarzer Mohr‹.193 Für die Geschichte der schwarzen Diaspora in diesem Raum bedeutet dies, dass der Signifikant ›Mohr‹ in den historischen Quellen keine Gewissheit darüber vermittelt, dass eine so bezeichnete Person tatsächlich schwarzer Hautfarbe war und/oder aus Afrika kam und damit eindeutig als Teil der afrikanischen Diaspora zu verstehen ist. In den folgenden Kapiteln soll dies 189 Ebd., S. 86. 190 Martin, Schwarze Teufel, edle Mohren, S. 49, 387 (Anm. 65). 191 Lemma »Mohr«, in: Friedrich Kluge, Etymologisches Wörterbuch der deutschen Sprache, Berlin/New York 221989, S. 484. 192 Zu den terminologischen Uneindeutigkeiten des Begriffs im italienisch-, spanisch- und portugiesisch-sprachigen Raum vgl. Kate Lowe, Notes on the Text, in: Thomas F. Earle/Kate Lowe (Hg.), Black Africans in Renaissance Europe, Cambridge et al. 2005, S. xv-xvii. 193 So im Testament der Gräfin Elisabeth von Weißenwolf, geb. Baronin von Ungnad, vom 22. Januar 1664, vgl. Niedersächsisches Landesarchiv – Staatsarchiv Oldenburg (weiter StA Oldenburg), Best. 20 – 3, Nr. 1317, Bl. 4r.
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anhand einer begriffsgeschichtlichen Analyse des Begriffs in den einflussreichsten Kosmografien, Kollektionen und Enzyklopädien der Frühen Neuzeit weiter ausgeführt werden.
III.1.2 Kosmografien und Kollektionen Vor dem Erscheinen der ersten umfassenderen Enzyklopädien gingen bis Mitte des 17. Jahrhunderts die Vorstellungen von schwarzen Menschen in Europa vor allem auf Kosmografien und Kollektionen zurück.194 Die Nachrichten von überseeischen Kulturen in den Kosmografien195 besaßen im 15. und 16. Jahrhundert noch Merkmale der geografischen Vorstellungen des Mittelalters, denen zufolge an den Rändern der Welt Wunderbares wie Bedrohliches sowie die bizarren ›Erdrandvölker‹ angesiedelt waren.196 Kosmografien wie Kollektionen wiesen schon Elemente des Reiseberichts und der Chronik auf, doch gingen die mittelalterlichen Kosmografien in ihrem Anspruch auf Universalität und Vollständigkeit weit über die späteren Reiseberichtsammlungen hinaus. In diesen Sammlungen wurden fremde Kulturen immer weniger als Barbarentum, sondern als wissenschaftlich und menschlich interessante Phänomene beschrieben.197 Die Verwendung des Begriffs ›Mohr‹ in der Cosmographei von Sebastian Münster aus dem Jahre 1550 lässt vermuten, dass dieser Terminus auch in Zentraleuropa seit dem 16. Jahrhundert umgangssprachlich bereits schwarze oder dunkle Hautfarbe konnotierte. So setzt Münster im sechsten Buch der Kosmografie, das der Beschreibung Afrikas gewidmet ist, bereits ein auf Er194 Eine Darstellung zur visuellen Überlieferung in der Kunst, die vielleicht einen noch größeren Einfluss auf die Vorstellungen hatte, die man sich von ›Mohren‹ machte, findet sich weiter unten in Kap. III.2. 195 Zu den Wichtigsten zählten die des Kardinals Pierre d’Ailly, 1410 unter dem Titel Imago Mundi erschienen; die noch in die Frühe Neuzeit hinein wirkende Weltchronik des Nürnberger Arztes Hartmann Schedel von 1493, das 1510 erschienene Werk De Orbe Novo von Pedro Martyr sowie die deutschsprachige, in 35 vollständigen Ausgaben und immer wieder erweiterten Auflagen von 1544 bis 1628 erschienene Kosmografie des Sebastian Münster, vgl. Bitterli, Die ›Wilden‹ und die ›Zivilisierten‹, S. 239, 262 – 263; Stephan Füssel, das buch der chroniken, in: Hartmann Schedel, weltchronik 1493, kolorierte und kommentierte Gesamtausgabe, Augsburg 2004, S. 7 – 37, hier S. 36 – 37; Ruthardt Oehme, Introduction/Einführung, in: Sebastian Münster, Cosmographei: Basel 1540. With an introduction by Ruthardt Oehme, Amsterdam 1968, S. V – XXV, hier S. V. 196 Brummeck, Die Darstellung des Orients, S. 153; Alexander Perrig, Erdrandsiedler oder die schrecklichen Nachkommen Chams. Aspekte der mittelalterlichen Völkerkunde, in: Thomas Koebner/Gerhart Pickerodt (Hg.), Die andere Welt. Studien zum Exotismus, Frankfurt a. M. 1987. 197 Bitterli, Die ›Wilden‹ und die ›Zivilisierten‹, S. 261 – 262.
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fahrung gegründetes Vorwissen über die Hautfarbe von ›Mohren‹ voraus: »Wie die mensche¯ verbrent werden biß in das geblt hinein/zeigen an die Moren so zu vns hrauß kommen.«198 Die Begriffe ›Nigriten‹ und ›Moren‹ – ›Moren‹ genannt, »irer schwerze halb« – werden von ihm synonym verwendet.199 Das »innere Africa/das ist […] Morland« umfasst in der Kosmografie als bedeutendste Teile die Insel Meroe (Saba) als »fürnempft künigreich« des inneren Afrika, dessen Königin einst König Salomon besucht habe; das »innere Libya« als Teil eines Landes, das »vil vúlcker mit underschiedlichen namen« beherberge, welche im äußeren Teil »Mauri oder Maranen« und im inneren Teil »Nigriten« genannt würden;200 Teile des »Neuw Africa« mit dem islamischen Königreich Senega am gleichnamigen Fluss; südlich davon das Caput uiride, das von Barbazenen und Serzeten bewohnt sei, welche »gantz schwartz [sind] vnnd seind keinem künig vnderworffen/seind streitbar vnnd grimmig leüt/brauchen bogen vnd vergifft pfeil«;201 das südlich davon gelegene islamische Königreich Gambre oder Gambra, das dem König von Melli, dem »grossen keyser der Nebeern« unterworfen sei; das Königreich Melli selbst, das »erst künigreich der Nigriten«, dessen Bewohner teils das Gesetz »Mahumets« hielten, teils »Abgötter« anbeteten; und viele noch unbekannte Gebiete und Völker bis zur Spitze Afrikas;202 sowie schließlich das Königreich des christlichen Priesterkönigs Johannes. Dieses sagenhafte Reich stoße an einer Stelle an »des Soldans von Egypten künigreich/vnnd an eim ort an des künigs von Melinde landt. Gegen der sonnen vndergang stoßt sein reich an der Nigriten oder Moren land.«203 Das Reich des Priesterkönigs sei christlich, wenn auch der Glaube der Bevölkerung »vermischt und verdunkelt« sei durch »das alte Gesetz«. Die Völker Afrikas werden nicht grundsätzlich anders beschrieben als europäische Völker, wenn auch ihre Kultur oft bizarr und unverständlich wirkt. Ihre politischen und sozialen Ordnungen 198 Münster, Cosmographei, S. MCCXX – I. Münster bezieht sich in seinem »sechsten Buch« der Kosmografie über Afrika hauptsächlich auf Ptolemäus, erweitert durch Berichte portugiesischer Entdeckungsreisen und Nachrichten über den Priesterkönig Johannes, vgl. Oehme, Introduction/Einführung, S. XX, vgl. auch Martin, Schwarze Teufel, edle Mohren, S. 46, der aus der Ausgabe der Kosmografie von 1628 zitiert. 199 Münster, Cosmographei, S. MCCXXVIII u. MCCXXVIX. 200 Ebd., S. MCCXXI, MCCXXIII. 201 Ebd., S. MCCXXXI. 202 Ebd., S. MCCXXIX – XX. 203 Dieser Satz ist offenbar nicht so zu verstehen, dass jenes »Moren land« vollständig außerhalb des Reiches liegt, sondern in dieses übergeht, da Münster an anderer Stelle, die geografische Unterscheidung von Indien und Afrika betreffend, schreibt: »Do hr es fileicht auch kommen ist/das ettlich den Pretoian/so wir gemeiylich Priester Johanˇ nennen/setzen in India gegen Orient/vnd die anderen in Morlannd/wie er dann ietzundt zuˇ vnseren zeiten do selbs sein wonung hatt/als ich hrnach schreiben will«, Münster, Cosmographei, S. MCCXXXI. Ob das Königreich Melinda, in dem »der Arabischen geschrifft und sprachen« benutzt wurden, ebenfalls zu »Morland« gehört, wird nicht ausdrücklich gesagt.
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erscheinen nicht als von ›Häuptlingen‹ regierte ›Stämme‹, sondern – zeitgenössisch europäisch gedacht – als in einer Beziehung zur christlichen Welt stehende Königreiche mit je eigenem Adel. Vorstellungen von geschlossenen ›Kulturkreisen‹ oder ›Zivilisationen‹, die der von Edward W. Said beschriebene Orientalismus des 19. Jahrhunderts hervorbrachte, spielen noch keine Rolle.204 Die Bedeutung der Kosmografie von Münster als eines der wichtigsten geografischen Informationsmedien seiner Zeit nahm mit dem Erscheinen der großen Ansichten- und Kartenwerke, aber auch Sammlungen von Reiseberichten des 17. Jahrhunderts ab. Zu den wichtigsten Kollektionen sind als frühe Vorläufer die um 1550 von dem Italiener Giovanni Battista Ramusio herausgegebene Sammlung von Reiseberichten Delle navigatione e viaggi sowie die zwischen 1589 und 1600 gedruckte, erste sorgfältig verfasste Kollektion des Engländers Richard Hakluyt, The Principall Navigations, Voiages, Traffiques and Discoveries of the English Nation, zu zählen. Zu den ersten Zusammenfassungen des verstreut in Einzelberichten vorhandenen Wissens über die ›Neuen Welten‹ seit der Umsegelung Afrikas, der Entdeckung und Eroberung Amerikas und der Expansion von Europäern nach Asien gehörten neben der Reiseberichtsammlung von Levinus Hulsius205 die von der Frankfurter Verlegerfamilie de Bry herausgegebenen Westindischen und Ostindischen Reisen (1590 – 1630). Insbesondere Letztere traten durch ihre ansprechende Gestaltung und ihre aufwändigen Illustrationen in Konkurrenz zu den älteren Kosmografien.206
III.1.3 Die Reiseberichte der Verleger de Bry Auch die Imaginationen einer neuen Welt der Verleger de Bry waren durchdrungen von europäischen Vorstellungen des ›Fremden‹. Susanna Burghartz hat in einem unlängst erschienenen Sammelband auf die Rolle dieser größeren 204 Edward W. Said, Orientalism, New York 1979 (Orig. Aufl. 1978); zum ethnografischen Wissen und den okzidentalen Mustern der Beschreibung fremder Kulturen vgl. Almut Höfert, Den Feind beschreiben. »Türkengefahr« und europäisches Wissen über das Osmanische Reich 1450 – 1600, Frankfurt a. M./New York 2003. Höfert kommt darin zu dem Ergebnis, dass der Orientalismus-Ansatz von Edward W. Said »entscheidender Ergänzungen bedarf«, da das im 15. und 16. Jahrhundert entstandene ethnografische Schrifttum zum Osmanischen Reich »im Zusammenhang mit einer Machtkonstellation erwachsen ist, die sich grundlegend vom Kolonialismus des 19. Jahrhunderts unterschied« (S. 318). 205 Levinus Hulsius, Die Sammlung von Sechsundzwanzig Schiffahrten in verschiedene Länder durch Lev. Hulsium und einige andere, aus dem Holländischen ins Deutsche übersetzt und mit allerhand Anmerkungen versehn, Nürnberg et al. 1598 – 1650. 206 Dem Vorbild der Reisebeschreibungen Delle navigationi e viaggi von Ramusio folgend, der zwischen Reisen nach Westen und nach Osten unterschied, teilten sich die de Bry’schen Reiseeditionen in die Westindischen Reisen und Ostindischen Reisen. Letztere enthielten in Band eins und sechs die wesentlichen Beiträge zu Afrika.
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Wissens- und Imaginationswerke für die Festigung von kolonialen Diskursen und ihre große symbolische Bedeutung als Vermittler von Fremdbildern unterschiedlicher Art hingewiesen. Weit über das 17. Jahrhundert hinaus begleiteten und reflektierten sie den Prozess der europäischen Kolonialisierung auf der Ebene der Repräsentation.207 Die de Bry waren so an der Entwicklung eines eigenständigen Afrika-Bildes in den von ihnen verlegten Werken beteiligt, das insbesondere in den Orientalischen bzw. Ostindischen Reisen entwickelt wurde, die als Petit Voyages in der Literatur bekannt geworden sind.208 Die zwischen 1597 und 1603 veröffentlichten Darstellungen des südlichen Afrika setzen mit der Beschreibung des Königreichs Congo von Duarte Lopez und Filippo Pigafetta209 als erstem Band der Ostindischen Reisen ein und enthalten in den folgenden, von Asien handelnden Bänden Beiträge zu Gabon, Mocambique und dem Kap der Guten Hoffnung, die von den Brüdern de Bry selbst illustriert wurden. Band neun der Serienedition zu West-Indien (1601) enthält eine kurze Passage zum Cap Lopez, die ebenfalls neu illustriert wurde. Zwei Jahre später erschien in Band sechs der Ostindien-Editionen eine Darstellung der Goldküste – im 17. Jahrhundert eines der bedeutendsten Reservoirs für den niederländischen Handel mit Gold und Sklaven – von Pieter de Marees. Sein mit Kupferstichen illustrierter Bericht über eine holländische Westafrika-Reise beschreibt ausführlich die Bewohner Guineas, ihr Aussehen und ihre Kleidung, Markt und Handel, Wohnung und Siedlung, religiöse Zeremonien und Riten, Waffen, Rechtsprechung, Landwirtschaft und Jagd, Fischerei und Schifffahrt, Tiere und Pflanzen, Krankheiten und Begräbnisse sowie den Handel mit Gold.210 Er diskutiert Aussehen und Lebensweisen von Afrikanern verschiedener Regionen und sozialer Klassen von der durch spezifische Tätowierungen gekennzeichneten Prostituierten bis zum in leinene Gewänder gekleideten Adligen.211 Bis 1603 umfasste die Edition fast alle Teile Afrikas südlich der Sahara, die von Europäern frequentiert wurden. Die Beschreibungen von Lopez und Pigafetta zum Königreich Congo – der humanistisch gebildete italienische Offizier Lopez 207 Susanna Burghartz, Die inszenierten Welten der Verleger de Bry, in: Dies. (Hg.), Inszenierte Welten – Staging New Worlds. Die west- und ostindischen Reisen der Verleger de Bry, 1590 – 1630. De Brys’ Illustrated Travel Reports, 1590 – 1630, Basel 2004, S. 7 – 17. 208 Die folgenden Ausführungen stützen sich vorwiegend auf Ernst van den Boogaart, De Brys’ Africa, in: Burghartz, Inszenierte Welten, S. 95 – 155. 209 Filippo Pigafetta/Odoardo Lopez, Relatione del reame di Congo e delle circonvicine contrade, Rom [1591?]; Filippo Pigafetta et Duarte Lopez, Description du royaume de Congo et des contr¦es environnantes, ediert und übersetzt von Willy Bal, Louvain 1963 (überarb. Edition Paris 2002), vgl. van den Boogaart, De Brys’ Africa, in: Burghartz, Inszenierte Welten, S. 150. 210 Pieter de Marees, Beschryvinge ende historische verhael vant Gout Koninckrijck van Gunea, Amsterdam 1602. 211 Rebecca Parker Brienen, Visions of Savage Paradise. Albert Eckhout, Court Painter in Colonial Dutch Brazil, Amsterdam 2006, S. 141.
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hatte dem portugiesischen Kaufmann und Afrika-Reisenden Pigafetta bei der Edition des Berichts assistiert – und die Darstellung de Marees’ zur Goldküste stammen von Augenzeugen. Die Illustrationen des Berichts über das Königreich Congo beruhen wahrscheinlich nicht auf eigener Anschauung, sondern wurden ihm lediglich zur Illustration beigegeben. De Marees’ Beschryving, eine der frühesten und bedeutendsten europäischen Darstellungen der Goldküste, wurde dagegen möglicherweise teils von ihm selbst illustriert oder die Bebilderung war an Zeichnungen, die er während seines Aufenthalts an der Goldküste gemacht hatte, angelehnt. In beiden Darstellungen diente die Bebilderung als Hilfe, die ethnografischen Informationen des Textes zu veranschaulichen. Sie korrespondierte mit visuellen und konzeptionellen Typen, wie sie in den Kostümbüchern des 16. Jahrhunderts vorgegeben waren.212 Im Sinne von ›the more dress the more civility, the more nudity the more savagery‹ waren die Kleidercodes der auf Afrika bezogenen Illustrationen elementar für die Einschätzung des Grades an ›Zivilisation‹ afrikanischer Völker in Europa. Die Illustrationen sind Teil einer lange etablierten ethnografischen Tradition der Darstellung von Afrikanern in Europa. Rebecca Parker Brienen, die sich in einer vor einigen Jahren veröffentlichten Studie zu den Arbeiten des niederländischen Hofmalers Albert Eckhout im niederländisch-kolonialen Brasilien beschäftigt, nennt als frühestes Beispiel für diese Tradition einen Holzschnitt von Hans Burgkmair, der eine Reise nach Indien (1505 – 1506) illustriert. Das von Balthasar Springer 1509 herausgegebene Buch enthielt unter anderem die Illustration eines Mannes, einer Frau und eines Kindes aus Guinea, die als eher generische Darstellung einer ›wilden‹ Kleinfamilie im 16. Jahrhundert gelten kann, das zwar Details wie Haar, Schmuck und Kleidung betont, der Hautfarbe jedoch wenig Bedeutung beimisst.213 Auch in den Illustrationen von Duarte Lopez’ und Filippo Pigafettas Bericht über das Königreich Congo und dem von de Marees über die Goldküste sind die jeweiligen Bewohner weiß und insbesondere die Kongolesen weisen auch keine anderen ethnografischen Züge auf. Dies ist dahingehend gedeutet worden, dass die Kupferstecher diese Figuren bewusst weiß gelassen hätten, um sie später per Hand nachzukolorieren. Tatsächlich beschreibt der korrespondierende Bericht von Pigafetta und Lopez die Kongolesen als schwarz, wobei einige um Schattierungen heller seien als andere. Ihr Haar sei schwarz und gelockt, mitunter auch rot. Die Männer seien ›normal‹
212 Zu den auf die Darstellung von Afrikanern angewendeten europäischen Kleidercodes vgl. ausführlicher Ernst van den Boogaart, Civil and Corrupt Asia. Image and Text in the » Itinerario« and the »Icones« of Jan Huygen van Linschoten, Chicago/London 2003, S. 11 – 12. 213 Parker Brienen, Visions of Savage Paradise, S. 141.
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groß und abgesehen von ihrer Hautfarbe eher den Portugiesen als den Nubiern und Guinesen ähnlich.214 Wäre die Beschreibung der Kongolesen insgesamt weniger auf Übereinstimmungen mit Europäern und europäischer Kultur ausgerichtet, so wäre der von van den Boogaart aufgegriffenen These zuzustimmen, dass die Markierung der Hautfarbe von den Kolorateuren einfach ›vergessen‹ wurde.215 Im Zusammenhang mit dieser vergleichenden Darstellung erscheint es jedoch wahrscheinlicher, dass Hautpigmentierung hier durchaus auch symbolisch verwendet worden ist. Dunkle Hautfarbe wäre dann als eine kulturelle Konstruktion zu verstehen, die weniger auf ›natürlichen‹ körperlichen Eigenschaften als auf einer graduellen Wahrnehmung von ›Fremdheit‹ basierte, welche auf eine gestaffelte Wahrnehmung von Unterschieden in Religion und religiösen Riten, gesellschaftlicher Organisation und kulturellen Orientierungen bezogen war.216 Wie schon in der Kosmografie Sebastian Münsters greifen die Beschreibungsmuster auf europäische Gesellschaftsmodelle zurück. Je weiter sich die in Afrika vorgefundenen Kulturen vom Bekannten entfernten, desto ›wilder‹ wurden sie und möglicherweise dabei auch ›schwärzer‹. Denn während der Begriff des ›Mohren‹ in Bezug auf die Kongolesen, die im Übrigen (wie bereits ausgeführt) als schwarz beschrieben werden, nicht fällt, finden sich die »Moren in der Insel Mosambigue/so Caffres genennt werden«,217 fast unbekleidet und mit stark betonten ethnografischen Merkmalen dargestellt. Ihre religiösen Praxen und Kriegsbräuche erscheinen als zutiefst barbarisch, bizarr und sinnlos.
III.1.4 Das Zedler’sche Universal-Lexicon Auch das im folgenden Jahrhundert entstandene, den Idealen der Aufklärung verpflichtete Universal-Lexicon des Johann Heinrich Zedler ist im Hinblick auf an den Begriff ›Mohr‹ geknüpfte kulturelle Konnotationen von Hautfarbe ambivalent. Der enzyklopädische Eintrag nimmt seinen Ausgang bei der Etymologie und allgemeinen Bedeutung des Terminus. Während dem Begriff des ›Negers‹ kein eigener Artikel gewidmet ist und er abgesehen von einer Nennung 214 Nach van den Boogaart, De Brys’ Africa, in: Burghartz, Inszenierte Welten, S. 106. 215 Ebd., S. 124. 216 Dies entspräche der Beobachtung, dass in verschiedenen Gesellschaften unterschiedliche Randgruppen als ›schwarz‹ bezeichnet worden sind, so etwa die Iren im Amerika des 19. und frühen 20. Jahrhunderts oder die Kaukasier im heutigen Russland. 217 Vgl. de Bry, Orientalische Reisen. Indien, Bd. II (1698), Tafel 3: Beschreibung der Moren in der Insel Mosambigue/so Caffres genennt werden, zit. n. van den Boogaart, De Brys’ Africa, in: Burghartz, Inszenierte Welten, S. 111.
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im Artikel »Africa«218 auch in keiner der Abhandlungen des Begriffsfeldes ›Africaner‹, ›Mauren‹, ›Nubier‹/›Nubien‹, ›Chus‹, ›Mohrenland‹, ›Abißinien‹, ›Aethiopien‹ etc. auftaucht, wird er hier verwendet, um Hautfarbe in eindeutiger Weise zu kennzeichnen: »Mohr, Aethiopier, Lat. Aethiops, von dem Griechischem […], ich brenne, und […], das Gesicht, weil der gröste Teil des Mohrenlandes in der Zona torrida belegen, und daher die Einwohner grosse Hitze ausstehen müssen, und gantz schwartz als verbrannt aussehen, ist der Name, welcher eigentlich den Einwohnern Aethiopiens oder des Mohrenlandes zukommt. Es wird aber dieser Name allen Schwartzen, als den Negers, und andern Afrikanische¯ Völckern dieser Farbe gegeben. Wo Lutherus dieses Wort in der deutsch. Übersetzung gebrauchet, da findet sich im Ebräischen das Wort MC? oder =MC?, Cusch oder Cuschi, womit auf den Urvater dieser Leute, den Chus oder Chusch, der ein Sohn Hams und Enckel Noa¯ war, I B. Mos. IX, 5. ohne Zweiffel gesehen wird, daher die Mohren auch Cusiten genennet worden, obgleich nicht alle Cusiten schwartzer Farbe gewesen seyn, sondern einige wohl nur eine schwartze gelbe Haut gehabt, andere dem weissen noch näher gekommen seyn mögen.«219
Es folgt eine kurze Abhandlung über die Lehrmeinungen dazu, wer mit dem Begriff ›Cusiten‹ gemeint sei und wo sie im biblischen Sinne geografisch zu verorten seien. Sie endet mit der Feststellung, dass diese in Arabien angesiedelt gewesen sein müssten, gefolgt von einem längeren Kommentar, in dem die Begriffe ›Cusiten‹ und ›Mohren‹ weitgehend synonym verwendet und gleichzeitig auch vom Begriff ›Araber‹ nur unscharf abgegrenzt werden:220 218 Der Begriff des ›Negers‹ scheint im deutschen Sprachraum bereits in seiner spanischportugiesischen Vorform ›negro‹/,negres‹ abwertend konnotiert gewesen zu sein, so unter dem Lemma »Africa« in Zedlers Universallexicon bezüglich der ›heidnischen‹ Religionen der Bewohner Afrikas, von denen »die negres das [anbeteten], was ihnen des Morgens zuerst begegnete«, Lemma »Africa«, in: Zedler, Universal-Lexicon, Bd. 1, Sp. 728 – 733, hier Sp. 731. 219 Zweite Hervorhebung durch d. Verf. Dieses und die folgenden Zitate nach Lemma »Mohr, Aethiopier«, in: Zedler, Universal-Lexicon, Bd. 21, Sp. 864 – 866. 220 »In Arabische Gegenden setzet also die Schrifft im genauern Verstande genommene Cusiten gar deutlich; wenn sie erzehlet, daß die denen Mohren, das ist, denen Cusiten, zur Seiten wohnende Araber, die dem Lande Juda am nächsten sitzende Nabathäer, wider den Joram aufgestanden wären, 2 Chron. XXI, 16. So sind also Cusiten der Nabathäischen Araber Nachbarn und der Orten gesessen. Weil sie sich, gedachter massen, mit den Midianitern vermenget, und nahe an ihnen, oder beyderseits unter einander gewohnet haben, heisset des Mosis Ehe-Frau bald eine Mohrin oder Cusitin, bald eine Midianitin, die wenigstens beyderseits in Arabien gehören, 4. Mose XII, 1.2 B. Mose II, 16.21. Auf den Schlag wird auch Habaq. IV, 7 gefunden: Ich sahe der Mohren, der Cusiten, Hütten in Mühe, und der Midianiten Gezelt betrübt; mit welchen Worten sich der Prophet des von dem Gideon wider die Midianiten befochtenen Sieges erinnerte, B. der Richt. VII, 13. u. ff. Der Mohr oder Cusit Serah mit seiner grossen Macht, siehe 2 Chron. XIV, 9 u. ff. hat nirgends anders als in Arabien seine Herrschafft können gehabt haben, sintemal sein Bleibens und Ansehen bey Gerar herum, das an den Arabischen Grenzen gestanden, am grösten gewesen seyn muß, weil dessen ihm nachjagender Uberwinder alle Städte und Oerter um Gerar her
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»Die Einwohner gedachter Arabischer Gegenden sind jedoch mehr schwartz als weiß, und können nach dem gebräuchlichen Verstande des Worts gar wohl vor Mohren hingehen, wie Kotwitz in seiner Reise-Beschreibung Cap. 16 versichert; dahero auch des Propheten Jeremiä Gleichniß-Rede sich gar wohl auf sie schicket, wenn er Cap. XIII, 23. spricht: Kann auch ein Mohr (ein Cusit) seine Haut wandeln (daß sie nemlich aus schwartz weiß werde) oder ein Parder seine Flecken? So könnet ihr auch Gutes thun, weil ihr des Bösen gewohnet seyd. Woher es eigentlich komme, daß der Mohren Haut so schwartz sey? das will Plinius nebst andern der grossen Hitze zuschreiben, so in ihrem Lande sich befinde, wiewol doch Olearius meldet, daß in Grönland und andern sehr kalten Landschafften auch solche schwartze Leute gefunden würden. Augustinus Paolertus will es dem Fluche Chams Schuld geben, den er von seinem Vater Noah bekommen, 1 B. Mose IX, 25; denn nachdem ihn Noah verfluchet, wäre der Fluch alsbald dermassen an ihm beklieben, daß er zum Zeichen dessen von Stund an eine kohlschwartze Haut bekommen, dieselbe behalten, und auf seine Kinder und Nachkommen fortgepflanzet, und daher wären die schwartzen Mohren kommen.«
Was sich in der seitenlangen Abhandlung in konzentrischen Kreisen um den Begriff des ›Mohren‹ abzeichnet, ist das Ringen um eine Deutung und Einordnung von Hautfarbe. Es geht nicht mehr wie bei Münster nur darum, die Vielfalt und Eigenheiten der Völker und ihrer Kulturen, der Pflanzen und Tiere in ihrer grundlegenden Andersheit aufzuzeigen, sondern sie in ein Weltbild einzuordnen, das sowohl wissenschaftlich als auch religiös begründet ist: Die Aussagen des Plinius stehen gleichrangig neben denen des Propheten Jeremias und denen des Astronomen Olearius; die Deutung des Augustinus Paolertus über den »Fluch Chams« bezieht ihre Autorität aus dem Buch Moses. Der Eintrag sucht eine Definition zu geben, die sich dem Verständnis angesichts der Widersprüchlichkeit von biblischen und ethnografisch-historischen Quellen immer wieder entzieht. So kehrt der Artikel am Ende wieder an seinen Ausgangspunkt zurück, um nochmals vor zu einfachen Zuordnungen des Begriffs zu warnen: »Ubrigens hat es also wol seine Richtigkeit, daß die Hammischen Cusiten in Arabien ihren Platz gehabt haben, und mit diesem Namen in denen Büchern Heil. Schrifft zu verstehen gegeben worden sind. […] Dahero bey solcher Bewandniß der Sachen gar wohl Achtung zu geben, und aus anderen Umständen zu ersehen ist, ob mit dem Namen der Aethiopier oder Mohren die Cusiten in Arabien, oder die Cusiten an und in Africa, das ist, die genauer so genannte Troglodyten und Blemmyer angezogen sind.«
geschlagen, auch die Arabische Vieh-Hütten geplündert, und die in selbigen sich findende Schaafe und Cameele erbeutet, und nach Jerusalem zurück geführet hat. So lässet es sich auch nicht uneben hören, daß der wider den Sanherib ausgezogene Mohren- oder CusiterKönig, Thirhaka, ebenfalls von Arabien hergekommen sey und jenen an Ausführung seines feindseligen Vorhabens wider Jerusalem gehindert habe, 2 Kön. XIX, 9.«, Zedler, UniversalLexicon, Bd. 21, Sp. 865.
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Mit den ›Troglodyten‹, »so in Hölen unter der Erde wohnen, entweder weil sie keine andere Bewohnungen haben, oder um sich umso besser wider die allzugroße Hitze zu beschützen«, und den ›Blemmyern‹, die keine Köpfe, sondern Augen, Mund und Nase auf der Brust besaßen, kehrt der den Ideen der Aufklärung verpflichtete Zedler zurück zu den Erscheinungen der mittelalterlichen mirabilia.221 Auch der eher geografisch ausgerichtete Eintrag zu ›Mohren-Land‹ steht ganz im Zeichen der Gleichzeitigkeit von biblischer Überlieferung und naturkundlich-geografischer Forschung:222 »Mohren-Land, Lateinisch Æthiopia, Frantzösisch Ethiopie, und von den Engeländern The Land of the Moors genennet, ist ein sehr grosses in Africa zwischen dem 35sten und 37sten Grad der Länge, und 23sten bis 34sten Grad der Breite223 gelegenes Land. Selbiges wird gemeiniglich in zwey Theile eingetheilet, nemlich in das innere oder obere, und äussere oder untere Aethiopien oder Mohren-Land. Das innere Aethiopien, welches um deswillen also genennet wird, weil es in Ansehung des andern Aethiopiens an dreyen Seiten von demselben umschlossen ist, heißet auch sonst mit einem besondern Namen Abyßinien oder Habyßinien, […]. Das äussere oder untere, von seiner Lage also benannte Aethiopien aber, welches den Alten entweder gantz, oder doch größtentheils unbekannt gewesen, wird von uns insonderheit mit dem Namen MohrenLand beleget.«
Das Land grenze nach Norden an »Abyßinien«, südlich, westlich und östlich sei es vom »Äthiopischen Meer« umschlossen und umfasse die folgenden Kaiserund Königreiche und Provinzen: Monoemugi, Monomotavi, die Königreiche Biafara, Bango, Congo und Angola; die »Cüsten der Caffern, Zangebar, Ajan, und Abex«. Von den genannten Gegenden liegen die größten, Kongo und Angola, außerhalb der angegebenen Latitude, sodass »Mohr-Land« letztlich synonym für das subsaharische Afrika verwendet wurde. Wichtig bleibt der biblische Bezug, über den man wieder auf die rätselhaften Bewohner dieses Landes zurückkommt: »In der Grund-Sprache der heiligen Schrifft wird das Mohren-Land Chus genennet, und hat den Namen bekommen von Chus, dem erstgebohrenen Sohn Cham oder Ham; aus selbigem war die Königin Candaces, deren gedacht wird, Ap. Gesch. VIII, 27. Es wird dieses Land gar oft in heiliger Schrifft erwehnet […]. Vitringa hält vor das 221 Dem Universal-Lexicon zufolge trug insbesondere ein Volk in Afrika den Namen der ›Troglodyten‹, das längs der Ufer des Arabischen Meerbusens, »nahe den Mohren«, gewohnt habe, in Aethiopien, Ammonica, Mauritania, in Libyen, bei der Stadt Moroe: »Ihre Sprache ist nur Arabisch und ihre Religion Catholisch«; Lemma »Blemyæ, Blemmyæ, Blemyes, Blemmyes, […]«, in: Zedler, Universal-Lexicon, Bd. 4, Sp. 129; Lemma »Troglodyten«, in: Ebd., Bd. 45, Sp. 1053 – 1055. 222 Dieses und die folgenden Zitate nach Lemma »Mohren-Land«, in: Zedler, Universal-Lexicon, Bd. 21, Sp. 869 – 870. 223 Zu verstehen als 238 nördliche bis 348 südliche Breite, die angegebenen Längengrade treffen nur für einen kleinen Teil der im Eintrag genannten Gegenden zu.
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wahrhafftigste, daß das im Esaia an angeführten Orten vorkommende Mohren-Land von dem wüsten Arabien auszulegen sey, doch giebt er zu, daß in denen heiligen Schreibern nachfolgender Zeiten auch wol Aethiopien mit unter dem Namen begriffen seyn könne, wie Jungmann deutlich zu machen sich bemühet.«
Die terminologische Ambivalenz sowohl im Hinblick auf die unter dem Begriff zu verstehenden Personen als auch der Territorien, in denen sie lebten, verlor sich erst im 19. Jahrhundert mit der klarer hervortretenden, ökonomisch und machtpolitisch motivierten Dichotomisierung der Moderne von ›schwarz‹ und ›weiß‹. Der Terminus ›Mohr‹ löste sich mehr und mehr aus seiner Einbettung in biblisch-religiöse Sinnkontexte. Mit dieser Säkularisierung ging auch eine umfassende Umdeutung von Hautfarbe einher. Zedlers Universal-Lexicon führt als lediglich alternative Bezeichnung zum Begriff des ›Mauren‹ im Sinne der Bewohner Mauretaniens »niger, weil sie so schwartz aussahen, als einer der in der Finsterniß ist«. Gut einhundert Jahre später werden die Bewohner Mauretaniens im Deutschen Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm wieder zu ›Mohren‹:224 Hautpigmentierung wird als Klassifizierungsmerkmal von Menschen wichtiger als religiöse Zugehörigkeit. Der Terminus ›Mohr‹ war insofern bis weit in das 18. Jahrhundert hinein von einer fundamentalen Uneindeutigkeit und Ambiguität im Hinblick auf seine vielschichtigen geografischen, biblischen und kulturellen Konnotationen. In diesem Sinne war er bis dahin alles andere als essentialistisch. Die in Europa real anzutreffenden ›Mohren‹ kamen in der Folge immer öfter aus Regionen westlich des Atlantiks, wodurch die ursprünglich immer mit konnotierte Herkunft aus Afrika (mitunter auch Asien) den Begriff möglicherweise impraktikabel machte. Ihre Herkunftsorte konnten zudem aufgrund des wachsenden geografischen Wissens durch präzisere Bezeichnungen wiedergegeben werden. Dieses Wissen stand in Form von Reiseberichten und Kollektionen des 17. Jahrhunderts im Grunde schon zur Verfügung, als immer mehr schwarze oder dunkle Menschen die spezifisch höfische Rolle von ›Mohren‹ übernahmen. Trotzdem hielt der Adel an dem alten Begriff fest, in dem offenbar noch mehr und anderes mitklang, als sich in den Wissensmedien niederschlug. Auszuschließen ist sicher, dass die Vorstellung eines ›edlen Wilden‹ dabei schon eine Rolle gespielt hat, da der Einfluss dieser Idee in der Beschreibung von schwarzen Menschen erst spät, etwa ab Mitte des 18. Jahrhunderts, nachweisbar wird. Den Afrikareisenden des 17. Jahrhunderts war die Vorstellung von Afrikanern als ›edle Wilde‹ noch fremd. Selbst unvoreingenommene Reisende, wie etwa der in portugiesischen Diensten stehende Venezianer Alvise de Ca’da 224 Lemma »Maurer, Mauri«, in: Zedler, Universal-Lexicon, Bd. 19, Sp. 2207; Lemma »Mohr«, in: Jacob Grimm/Wilhelm Grimm, Deutsches Wörterbuch (DWB), Quellenverzeichnis 1971, Bd. 12, Sp. 2472 – 2475.
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Mosto (Cadamosto), dessen detailreicher Bericht über Westafrikaner zuerst 1507 veröffentlicht und später in Ramusios Kollektion Navigationi e viaggi aufgenommen wurde, sah in den Afrikanern noch keine moralischen Vorbilder. Erst Michel Adanson, ein französischer Naturforscher, der zwischen 1749 und 1754 den Senegal erforschte, brachte in Bezug auf die Bewohner Afrikas den Topos des ›edlen Wilden‹ auf.225 Diese Ambiguitäten und begriffsgeschichtlichen Wandlungen des Terminus ›Mohr‹ sind in den frühneuzeitlichen Quellen noch augenfälliger. In der Analyse der Quellen ist der Begriff deshalb nicht immer durch Begriffe wie ›Afrikaner/in‹ oder ›Schwarze/r‹, zu ersetzen, da sie die in dem Begriff ›Mohr‹ enthaltenen vielschichtigen Konnotationen ausblenden. Für Sachverhalte des modernen Sprachgebrauchs »vollkommen verzichtbar«,226 bleibt der Begriff gerade deshalb als historischer Begriff in seiner semantischen Ambivalenz zentral: Er besaß keine Eindeutigkeit im Hinblick auf ethnische Herkunft und körperliche Merkmale, wenn er auch immer mit dunkler Hautfarbe assoziiert wurde, wie das folgende Kapitel zeigen soll, das einige der in der frühneuzeitlichen Kunst bestehenden, jedoch wesentlich früher entstandenen Imaginationen von schwarzen Menschen in die Diskussion um ihre Präsenz an den frühneuzeitlichen Fürstenhöfen einzubringen versucht.
III.2 Kunsthistorischer Rekurs: Schwarze Heilige und Könige der christlichen Ikonografie Überkommene Bilder und Vorstellungen von Menschen dunkler Hautfarbe oder afrikanischer Herkunft wurden in Kosmografien und Kollektionen, Reiseberichten und enzyklopädischen Werken zwar aufgegriffen, entfalteten jedoch eine weitaus tiefere imaginäre Kraft in der bildenden Kunst. Auch in der Literatur finden sich neben Beschreibungen von Schwarzen als Teufel und Ungestalten positive Bilder, etwa im Parzival oder in der Gudrun-Sage, auf die Martin hingewiesen hat.227 Das Bild des ›Mohren‹ in der Literatur ist nicht Gegenstand 225 Bitterli, Die Entdeckung des schwarzen Afrikaners, S. 44 – 46, 84. 226 Arndt spricht damit die immer noch gängigen Begriffe für bestimmte Lebensmittel, aber auch Straßen- und Apothekennamen an. Für einen Überblick über die terminologischen Veränderungen, die als Reaktion auf Kolonialismus und Rassismus in der deutschen Sprache diskutiert werden, vgl. Susan Arndt, Lemma »Mohr/Mohrin«, in: Dies./Hornscheidt, Afrika und die deutsche Sprache, S. 171. 227 Martin, Schwarze Teufel, edle Mohren, S. 9, 26. Die Forschungsliteratur zum Parzival, aber auch zur Gudrun-Sage ist enorm. Die im Parzival zentrale Idee des christlichen Ritters (miles christianus) und die religiösen Grundlagen christlichen Rittertums haben sich unter dem Einfluss der ›Reconquista‹ sowie der Kreuzzüge zwischen 1096 und 1396 grundlegend verändert. Für die Bedeutung des Parzival im Kontext der Entstehung des mittelalterlichen
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dieser Arbeit, da in der stark auf Selbstdarstellung ausgerichteten höfischen Welt die Zeugnisse der bildenden Kunst einen größeren Wirkungsgrad besaßen. Der Symbolgehalt von Bildern mit ›Mohren‹ für die Repräsentation von Herrschaft, aber auch als Elemente in den Wappen von Patrizierfamilien und Städten wie Zwickau, Köln oder Coburg war bereits vor der Renaissance groß, was sich besonders im Aufkommen von ›Mohren‹-Darstellungen in der Heraldik der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts zeigt.228 Der Verwendung solcher ›Mohren‹-Darstellungen in der heraldischen Kunst vorausgegangen waren Darstellungen der christlichen Ikonografie von schwarzen Heiligen und Königen ab dem späten 12. und bis in das frühe 16. Jahrhundert hinein. Da die höfische Herrschaftsrepräsentation sich in vielem an sakralen Vorbildern orientierte,229 verweist die Art der höfischen Darstellung von Schwarzen auf eine von den transatlantisch-kolonialen Begegnungen zwar nicht unberührte, diesen von ihren Topoi her jedoch vorgelagerte Tradition. Gerade für die Adelskultur bedeutete die Bildüberlieferung – ob in Wappen, Ahnengalerien, Genealogien oder in sakralen Vorbildern des höfischen Zeremoniells – eine zum Zwecke der Herrschaftslegitimation mobilisierbare Ressource.
III.2.1 Kreuzzüge und die ikonografische Wende seit Beginn des 12. Jahrhunderts Im Zusammenhang mit den Kreuzzügen war es seit Beginn des 12. Jahrhunderts zu einer ikonografischen Wende in der künstlerischen Darstellung von Schwarzen gekommen.230 Als »spektakuläre Konfrontation des mittelalterlichen Europa mit der außereuropäischen Welt« haben die Kreuzzüge dazu beigetragen, dass Universalkartografen erstmals Jerusalem als Zentrum in ihre zumeist kreisrunden Weltkarten einzeichneten.231 In dieser Verschiebung des Mittel-
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Rittertums vgl. Josef Fleckenstein, Über den engeren und den weiteren Begriff von ›Ritter‹ und ›Rittertum‹ (miles und militia), in: Festschrift für Karl Schmid, Sigmaringen 1988, S. 379 – 392; Werner Paravicini, Die ritterlich-höfische Kultur des Mittelalters, in: Enzyklopädie deutscher Geschichte, Bd. 32, München 1994. Martin, Schwarze Teufel, edle Mohren, S. 49 – 58. Hahn/Schütte, Thesen, S. 22 – 23. Jean Devisse, The Image of the Black in Western Art, Teil II: From the Early Christian Era to the »Age of Discovery«, Nr. 1: From the Demonic Threat to the Incarnation of Sainthood, New York 1979 (im Folgenden zitiert als Devisse, IOB, II, 1), S. 35, 118 – 148; Jean Devisse/ Michel Mollat, The Image of the Black in Western Art, Teil II: From the Early Christian Era to the »Age of Discovery«, Nr. 2: Africans in the Christian Ordinance of the World (Fourteenth to the Sixteenth Century), New York 1979 (im Folgenden zitiert als Devisse/Mollat, IOB, II, 2), S. 7. Anna-Dorothee v. den Brincken, Die ›Nationes Christianorum Orientalium‹ im Verständnis der lateinischen Historiographie, von der Mitte des 12. bis in die zweite Hälfte des 14. Jahrhunderts, Köln/Wien 1973, S. 1.
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punktes der Welt nach Osten kam ein neues Interesse für und eine neue Perspektive auf die östlich des Heiligen Landes gelegenen Weltregionen zum Ausdruck. Davor besaß während des ersten Jahrtausends n. Chr. das lateinische Rom, das im dritten bis fünften Jahrhundert zur ›Stadt des Heils‹ wurde, wesentlich größeres Gewicht für die abendländische Christenheit als Jerusalem. Von der heiligen Stadt aus schaute man danach nicht mehr nur in den europäischen Westen, sondern zunehmend auch in das östliche Asien, Afrika im Süden und nach den im Norden gelegenen ›Anliegern‹ Jerusalems, nach Skythien, Armenien, Persien und in die Pontusländer. Johannes von Würzburg wies zwischen 1160 und 1170 auf die Vielfalt der in Jerusalem anwesenden Christen – sowohl Lateiner als auch Nichtlateiner – hin und benannte sie mit Namen: »quas habent ibi diversarum nationum et linguarum homines. Sunt namque ibi Graeci, Bulgari, Latini, Alemanni, Hungari, Scoti, Navarri, Britanni, Angli, Franci, Rutheni, Bohemi, Georgiani, Armeni, Jacobitae, Suriani, Nestoriani, Indi, Aegypti, Copti, Capheturici, Maroni et alii quamplures, quos longum esset enumerare […].«232 Andere Gelehrte und Orientreisende unterschieden die verschiedenen Bevölkerungsgruppen Jerusalems nach dem Ritus in Lateiner, Surianen, Jakobiten und Nubier. Diese christlichen Gruppen wurden für die europäischen Kreuzfahrer in Jerusalem zu einer Realität in vielfältigen Erscheinungsformen, welche sie zu den orientales nationes oder nationes Christianorum orientalium zusammenfassten. Der mittelalterliche Begriff der ›Nation‹ ist dabei als Bezeichnung für Glaubensgruppen zu verstehen und nicht mit ›Volk‹ oder ›Ethnie‹ zu übersetzen. Nur selten besaß er eine staatsrechtliche Seite.233 Als sich mit der Vertreibung der Franken aus Jerusalem durch Saladin im Jahr 1187 das Verhältnis zu Byzanz immer schwieriger zu gestalten begann, suchte man in den orientalischen Christen Bundesgenossen. Saladin hatte allen nichtlateinischen Bekenntnissen – und damit auch den nichtlateinischen Christen – gestattet, das Erbe an den heiligen Stätten in Jerusalem zu übernehmen und zu hüten. In diesem Kontext vollzog sich eine tiefgreifende Wandlung in der Wahrnehmung und künstlerischen Darstellung von Schwarzen. Ausgesprochen positive Bilder von ›Mohren‹ entstanden im 12. Jahrhundert zunächst mit der Königin von Saba und ein Jahrhundert später mit der Figur des heiligen Mauritius sowie seit dem 15. Jahrhundert mit der Darstellung von einem der drei
232 Johannes von Würzburg, Descriptio Terrae Sanctae, hg. v. Titus Tobler, in: Descriptiones Terrae Sanctae ex saeculo VIII., IX., XII. et XIV., Leipzig 1874, S. 108 – 192; zit. n. Brincken, Die ›Nationes Christianorum Orientalium‹, S. 3. 233 Für eine ausführliche Diskussion des Begriffs der ›Nation‹ vgl. Brincken, Die ›Nationes Christianorum Orientalium‹, S. 2 – 8.
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Heiligen Könige. Sie erscheinen nun nicht mehr als das apodiktisch Fremde schlechthin, sondern als Teil der christlichen Welt.234
III.2.2 Der schwarze Priesterkönig Johannes Vorausgegangen war in der ersten Hälfte des 12. Jahrhunderts das Aufkommen der Legende vom schwarzen Priesterkönig Johannes, die Otto von Freising in seine zwischen 1146 und 1157 entstandene, Kaiser Friedrich Barbarossa gewidmete Chronik aufnahm. Als Bischof von Freising zwischen 1138 und 1158 war er einer der wichtigsten Geschichtsdenker seiner Zeit.235 Die Legende steht im Zusammenhang mit dem Verlust von Edessa236 als erstem schweren Rückschlag der abendländischen Kreuzfahrer. Otto von Freising, der unter Konrad III. selbst am zweiten Kreuzzug teilgenommen hatte, war das Zeugnis des la˘ ibleh (G ˘ abala) in Syrien zu Ohren gekommen, nach teinischen Bischofs von G dem wenige Jahre zuvor Johannes quidam, König im äußersten Orient jenseits von Persien und Armenien, der zugleich Priester sei und mit seinem Volk dem Christentum angehöre, die Könige der Meder und Perser besiegt habe. Dieser werde Priester Johannes genannt und habe nach seinem Sieg versprochen, den Christen in Jerusalem zu Hilfe zu kommen. Doch könne er nicht über den Tigris setzen und warte auf die winterliche Vereisung des Flusses, die jedoch nicht einsetzte, weshalb der Feldzug nicht zustande gekommen sei. Er stamme von den Magiern (den drei Königen) des Evangeliums ab und sei sehr reich und mächtig und wolle nach dem Vorbild seiner Vorfahren in Jerusalem Christus anbeten. Otto von Freising nahm diese hoffnungsvolle Kunde, die einen Angriff auf die islamischen Armeen von Osten her verhieß, in seine Chronik auf, über die sie weitere Verbreitung fand. Auch Richard von Cluny erwähnt im Jahr 1172 christliche Könige jenseits der Perser, Meder und Makedonen, im äußersten
234 Devisse, IOB, II, 1, S. 128 – 130; Debrunner, Presence and Prestige, S. 28 – 29; Gude SuckaleRedlefsen, Mauritius: Der heilige Mohr. The Black Saint Maurice, Houston/München 1986, S. 22 – 25; Brincken, Die ›Nationes Christianorum Orientalium‹, S. 412 – 419. 235 Otto von Freising, Chronica sive Historia de Duabus Civitatibus, hg. v. Adolf Hofmeister, in: Monumenta Germaniae Historica, Scriptores rerum Germanicarum in usum scholarum (2. Aufl. 1912). Grundlegend zur Überlieferungsgeschichte der Legende vom Priesterkönig Johannes vgl. Friedrich Zarncke, Der Priester Johannes, in: Abhandlungen der philologisch-historischen Classe der kgl. sächsischen Akademie der Wissenschaften 7/1879, S. 827 – 1030, 8/1883, S. 1 – 186; Devisse, IOB, II, 1, S. 120 – 129; Brincken, Die ›Nationes Christianorum Orientalium‹, S. 382 – 412. 236 Das in Südanatolien gelegene, heute türkische S¸anlıurfa/Urfa.
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Osten, die sich Priester und König nennen und den Schrecken ihrer heidnischen Nachbarn darstellten. Unter ihnen seien auch Nubier.237 Aus dem Jahr 1177 stammt dann die bekannteste Quelle über den Priester Johannes, ein Brief, den dieser angeblich an Kaiser Manuel von Byzanz geschrieben hatte.238 Reproduktionen des Briefes, von dem sich das griechische Original nicht erhalten hat, waren im Mittelalter sehr verbreitet. Allein 97 lateinische Handschriften sowie zahlreiche volkssprachliche Texte konnten nachgewiesen werden. Auf die Existenz eines griechisch abgefassten Originals verweisen die vielen sonst ungewöhnlichen Gräzismen, die nicht einfach als Lehnwörter zu deuten sind, sondern eine griechische Vorlage voraussetzen. In dem Brief wendet sich der Priesterkönig an Manuel, von dem er gehört habe, dass dieser sich für ihn interessiere. Zunächst richtet er an den Kaiser die grundsätzliche Frage, ob denn Manuel auch rechten Christenglaubens sei und sagt von sich selbst ausdrücklich, dass er ein Mensch und nicht etwa ein Gott sei. Dann lädt er den Kaiser zu einem Besuch in sein Land ein. Des Weiteren beschreibt er seine Macht und seinen Reichtum: 72 Könige seien ihm tributpflichtig, er sei fromm und unterstütze die Christenheit, verteidige sie und helfe mit Almosen. Sein besonderer Wunsch sei es, das Grab des Herrn mit einer großen Heerschar zu besuchen, die Feinde Christi zu bekämpfen und den Namen des Herrn zu erhöhen. Seine Herrschaft erstrecke sich über die drei Indien, »vom jenseitigen Indien, in dem der Leib des Apostels Thomas ruht, durch die Wüste gen Osten und zurück bis zum Turmbau von Babel«.239 Dass der Brief einen wahren historischen Kern besitzt, ist in der Tatsache zu sehen, dass sich Papst Alexander III. im Jahr 1177 veranlasst sah, seinerseits die Mission offiziell zu erwidern. Er schickte dazu als Gesandten seinen Leibarzt Philipp mit einem Schreiben, das überliefert ist. Eine unüberschaubare Fülle von Deutungen folgte dieser Kerngeschichte zwischen dem 12. und 15. Jahrhundert. Man suchte den Priesterkönig mal in Asien, mal in Afrika, eine Folge der unklaren Indienvorstellung des Mittelalters und laut Brincken sind noch im »15. Jahrhundert […] die Entdeckungen der Portugiesen zu einem wesentlichen Teil durch die Suche nach dem christlichen Kaiser ausgelöst worden«.240
237 Richard von Cluny oder Poitou, Chronicon, Manuskript, BibliothÀque Nationale, Paris; Brincken, Die ›Nationes Christianorum Orientalium‹, S. 386 – 387, 389. 238 Der Text findet sich ebenfalls bei Zarncke, Der Priester Johannes, Abhandlung 1. 239 Brincken, Die ›Nationes Christianorum Orientalium‹, S. 388 – 389. 240 Ebd., S. 412.
Hans von Kulmbach, Anbetung der Könige, 1511
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III.2.3 Der schwarze König in der Dreikönigsdarstellung Seit Otto von Freising wurde der Priesterkönig Johannes (der in Wahrheit aber wohl ein heidnischer Fürst war),241 der die Perser schlug, in Verbindung mit den jenseits von Persien und Medien herrschenden neutestamentarischen drei heiligen Königen gebracht. Das Matthäus-Evangelium berichtet, dass zur Krippe Christi drei Könige gepilgert seien, magi ab Oriente, Religionsgelehrte aus dem Osten. Sie brachten Gold, Weihrauch und Myrrhe, Schätze des Orients und beteten das Kind an. Seit dem 12. Jahrhundert hatten sie wechselnde Namen, die meistens mit Kaspar, Melchior und Balthasar angegeben werden und für die drei bekannten Erdteile standen. Otto von Freising sah im Priester Johannes einen Nachfahren der Magier und brachte so erstmals zentral-asiatische Völker mit den heiligen Königen in Zusammenhang. Zeitweise sah man sogar in den Mongolen, die 1238 nach Mitteleuropa einbrachen, Christen. Marco Polo glaubte die Könige in Persien zu finden. Erst im 14. Jahrhundert, mit den Orientberichten von Ludolf von Sudheim und Johannes von Hildesheim,242 wurden die Könige auf Asien und Afrika verteilt; einer von ihnen war jetzt schwarz. Entsprechend finden sich in der bildenden Kunst Darstellungen des schwarzen Königs nicht vor dem 14. Jahrhundert, wobei gerade diese Figur dauerhafte Akzeptanz gefunden hat. Die Könige galten gewissermaßen als ›Erstlinge‹ des Glaubens und so fiel auf sie ein reicher »Glanz der Gnade«, der bewirkte, dass man die Ostchristen allgemein weniger nach ihrer Orthodoxie oder Romzugehörigkeit beurteilte, sondern als ›Christen an sich‹ und ›Urbild der Rechtgläubigkeit‹ wahrnahm.243 In dieser Hinsicht entspricht die hier vielfach zitierte Untersuchung von Anna-Dorothee von den Brincken zur Darstellung der ›orientalischen Christen‹, zu denen auch die Afrikaner zählten, der Interpretation von Jean Devisse in The Image of the Black in Western Art, nach der Schwarze nicht immer die Welt der ›Wilden‹ repräsentierten. Im Zusammenhang mit der schwarzen Königin von Saba bemerkt Devisse »dark color roughly symbolizes the pagan peoples« und argumentiert weiter, dass sämtliche Transformationen von weißen zu schwarzen Heiligen- oder Königsfiguren (der schwarze Magier, die Königin von Saba und der Priesterkönig Johannes) in
241 Zu dem historischen Ereignis, das hinter den Berichten über den Priesterkönig Johannes stand, vgl. Brincken, Die ›Nationes Christianorum Orientalium‹, S. 386. 242 Marco Polo, Il Milione. Die Wunder der Welt, Frankfurt a. M./Leipzig 2003; Ludolf von Sudheim, De itinere terrae sanctae liber, Stuttgart 1851; für bibliographische Nachweise vgl. Brincken, Die ›Nationes Christianorum Orientalium‹, Quellenverzeichnis. Johannes von Hildesheim, Die Legende von den Heiligen Drei Königen, übers. v. Elisabeth Christern, München 1963. 243 Brincken, Die ›Nationes Christianorum Orientalium‹, S. 419.
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einem Kontext mit dem Orient zu sehen seien, nicht mit Afrika.244 Dem wäre insofern zu widersprechen, als im späten Mittelalter Afrika als Teil des Orients gesehen wurde und es daher immer mit angesprochen war. Während die islamischen Sarazenen bekämpft wurden, zählten die verschiedenen afrikanischen Gruppen in der Wahrnehmung der Europäer zu den nationes Christianorum orientalium und damit gerade mit zu den eigentlichen ›Urchristen‹. Dieser Deutung entspräche auch die gottesfürchtige, betont würdevolle Darstellung des schwarzen Königs in der christlichen Dreikönigsikonografie, die der der weißen Könige in nichts nachsteht.
III.2.4 Die schwarze Königin von Saba Ebenfalls auf Augenhöhe mit weißen Figuren erscheint jene sagenhafte Königin von Saba, reich, schön und weise, deren Reich man im südlichen Teil der arabischen Halbinsel oder Äthiopien vermutete und deren Besuch bei Salomon das Alte Testament ausführlich schildert;245 auch sie wird seit der zweiten Hälfte des 12. Jahrhunderts oft als Schwarze dargestellt. Die mittelalterliche Auslegung sah in ihr auch die von Salomon im Hohen Lied besungene schwarze Braut, die als alttestamentarische Präfiguration der Kirche als Ecclesia und als Braut Christi galt.246 Als schwarze Schönheit unter den Frauen Jerusalems singt sie in Vers 1,4 der Vulgata, der tradierten lateinischen Übersetzung des Alten Testamentes, »Nigra sum sed formonsa« (»Braun bin ich, doch schön«, »Ich bin schwarz, doch anmutig« u. ä., je nach deutscher Übersetzung),247 während es in der wesentlich früher, im 3. Jahrhundert vor Christus, entstandenen Septuaginta, der griechischen Übersetzung heißt: »L´kaim² eQli ja· jak¶« (»Ich bin schwarz und schön«).248 Der Unterschied liegt auf der Hand: Während die lateinische Version in der dunklen Hautfarbe einen Makel sieht, der durch die Schönheit der Königin immerhin ausgeglichen wird, erscheint ›schwarz‹ in der griechischen Übersetzung als ein neutrales Beschreibungsmerkmal. Die erste erhaltene Darstellung der Königin von Saba als Schwarze findet sich in dem 1181 fertig gestellten Ambo von Klosterneuburg. Mitunter wird sie auch als Weiße mit 244 Devisse, IOB, II, 1, S. 138 (Zitat 1), S. 136 (Zitat 2); zur dauerhaften Akzeptanz der Darstellung des schwarzen Königs in der christlichen Ikonografie vgl. Suckale-Redlefsen, Mauritius, S. 26. 245 1 Kön 10,1 – 13; 2 Chr 9,1 – 12. 246 Jean Marie CourtÀs, The Theme of »Ethiopia« and »Ethiopians« in Patristic Literature, in: Devisse, IOB, II, 1, S. 9 – 32, hier S. 14 – 16. 247 Hld 1,4 Vulgata, zit. n. Wissenschaftliches Bibelportal der deutschen Bibelgesellschaft, siehe URL: http://www.bibelwissenschaft.de [Stand: 30. 11. 2011]. 248 Hld 1,5 Septuaginta, zit. n. ebd. Hervorhebung im Zitat von d. Verf.
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afrikanischem Hofstaat abgebildet. Allerdings hat sich die Ikonografie der Königin von Saba als Schwarze nie so durchgesetzt wie die des schwarzen Königs in der Dreikönigsdarstellung oder die des Mauritius.249
III.2.5 Der schwarze Heilige Mauritius Auch der Wandel der Figur des Heiligen Mauritius in Magdeburg steht in einem weiteren Kontext mit den Kreuzzügen, mehr jedoch noch mit der Herrschaft Friedrichs II., der im Jahre 1220 im Petersdom in Rom vor dem Mauritius-Altar zum Kaiser des Heiligen Römischen Reiches gekrönt worden war. Wie der schwarze König der Dreikönigsdarstellung war er ein lebender Beweis für die Teilhabe der ›orientalischen Christen‹, später der ›Äthiopier‹ oder ›Mohren‹ am Christentum. Der Legende nach war Mauritius Anführer der in Theben aufgestellten Thebäischen Legion des römischen Heeres gewesen, die sich vorwiegend aus Christen zusammensetzte, und mit seinen Soldaten um 290 in Agaunum im heutigen Wallis (Schweiz) hingerichtet worden, nachdem sich die Legion geweigert hatte, den heidnischen Göttern zu opfern.250 Durch eine Reihe von kulturellen Transfers gelangten die Figur und der Kult des Mauritius über verschiedene Stationen in den zentral- und nordeuropäischen Raum. Mauritius wurde Nationalheiliger der Burgunder, der später von den fränkischen Eroberern übernommen wurde. Otto der Große (912 – 973), Herzog von Sachsen, seit 936 König des Ostfrankenreichs und seit 962 Kaiser des Heiligen Römischen Reichs, sicherte mit der Heirat von Adelheid von Burgund in zweiter Ehe die Erbschaft des Burgunderreiches für die deutschen Kaiser. Er erhob Mauritius zum Schutzpatron des Reichs und stellte sowohl sich selbst als auch die neue Diözese Magdeburg unter seinen Schutz. Seit 1015 wird eine spezielle Anrufung des Heiligen durch die deutschen Kaiser in den Quellen nicht mehr ausdrücklich erwähnt, doch gehörte er weiter zu den Reichsheiligen und wurde von dem Abt Hermann von Niederaltaich noch in der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts als totius regni summus patronus (höchster Patron des ganzen Reiches) bezeichnet.251 Die Vielzahl der ihm geweihten Schloss- und Burgka249 Suckale-Redlefsen, Mauritius, S. 24; Devisse/Mollat, IOB, II, 2, S. 129 – 131. Münster siedelt das Reich der Königin auf der Insel Meroe als »fürnempft künigreich« von Afrika an, das von Frauen regiert worden sei und dessen Bewohner schwarz seien. Die Hauptstadt Meroe habe vor Zeiten Saba geheißen und ihre Königin einst den König Salomonis besucht. Daüber berichte das dritte Buch, zehntes Kapitel der Könige; Münster, Cosmographei (Ausgabe von 1540), S. MCCXXI. 250 Die Umstände seines Todes sind durch einen im Jahr 450 verfassten Brief des Bischofs Eucherius von Lyon überliefert. Zur geografischen Verbreitung und kunstgeschichtlichen Bedeutung dieser schwarzen Heiligenfigur vgl. Suckale-Redlefsen, Mauritius. 251 Ebd., S. 38, 138.
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pellen belegt, dass sich die Mauritiusverehrung im gesamten Reichsgebiet weiter ausbreitete und besonders für den Hochadel und Adel Bedeutung hatte. Sowohl bei den Zeremonien der Kaiserkrönung in Aachen als auch bei denen der päpstlichen Salbung in Rom kommt seine herausragende Bedeutung auf der Reichsebene zum Ausdruck. Bei der Ritterweihe wurde er als erster unter den Heiligen genannt: »Per merita Sanctorum martyrum tuorum et militum Mauritii, Sebastiani, Georgi praesta victoriam«.252 Aus dem hohen Mittelalter haben sich nur wenige Mauritiusdarstellungen erhalten. In den meisten mittelalterlichen Berichten über Mauritius, dem AnnoLied von 1080, der Chronik Ottos von Freising, der (lange Eike von Repgow zugeschriebenen) Sächsischen Weltchronik und der Weltchronik Jansen Enikels fehlen Aussagen über sein Aussehen ganz, oder sie enthalten Beschreibungen, die allegorisch-moralisch zu deuten sind, wie die der Legenda Aurea von Jacobus de Voragine.253 Als Schwarzer wird er erstmals in einer Beschreibung der um 1160 in Regensburg entstandenen Kaiserchronik erwähnt. Hier erscheint er als »Herzog der Múren« und seine Schar als »swarze Múren«, allerdings ohne bildliche Darstellung. Im Jahr 1220, dem Jahr der Krönung Friedrichs II. von Hohenstaufen zum Kaiser des Heiligen Römischen Reiches, brachte Erzbischof Albrecht II. von Magdeburg, der in engem Kontakt mit dem Kaiser stand, eine Reliquie von Meran nach Magdeburg, den Kopf des Mauritius. Zwanzig Jahre später wurde in Magdeburg dann eine Steinfigur des Heiligen in Lebensgröße errichtet, seine erste erhaltene Darstellung als Schwarzer, die in der Folge vor allem im Ostseeraum Verbreitung fand.254 Dazwischen lag der Besuch Kaiser Friedrichs II. in Magdeburg 1231, der mit seinem Hofstaat, Sarazenen, Tiere und Afrikaner eingeschlossen, großes Aufsehen erregt hatte, sodass ein kultureller Einfluss auf einen neuartigen Entwurf des Mauritius durch diesen Besuch nicht auszuschließen ist.255 Friedrich trug sicher mit dazu bei, ein positives Bild von Schwarzen zu schaffen oder zu verstärken, da auch unter seinen unmittelbaren Beratern Afrikaner waren. Suckale-Redlefsen weist zwar zu Recht darauf hin, 252 Gerd Zimmermann, Patrozinienwahl und Frömmigkeitswandel im Mittelalter, dargestellt an Beispielen aus dem alten Bistum Würzburg, Teil 2, in: Würzburger Diözesangeschichtsblätter 21, 1959, zit. n. Suckale-Redlefsen, Mauritius, S. 138, 149 (Anm. 135). 253 Monumenta Germaniae Historica (MGH), Deutsche Chroniken und andere Geschichtsbücher des Mittelalters, I, Deutsche Kaiserchronik, Berlin/Zürich 1964, S. 199 ff., Vers 6451 – 6622; E. Dümmler, Siegeberts von Gembloux Passio Sanctorum Thebaeorum, Berlin 1893, S. 12; Otto von Freising, Chronica sive Historia de Duabus Civitatibus, S. 190; Sächsische Weltchronik, MGH, Deutsche Chroniken, II, S. 113; Weltchronik Jansen Enikels, MGH Deutsche Chroniken, III, S. 484; Legenda Aurea des Jacobus a Voragine (1273), in: R. Benz, Legenda Aurea, Heidelberg 91979, S. 727; Suckale-Redlefsen, Mauritius, S. 52, 147. 254 Devisse/Mollat, IOB, II, 2, S. 164; Debrunner, Presence and Prestige, S. 20 – 21. 255 Vgl. dazu ausführlicher die Kap. III.2.2 und III.25.
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dass sich daraus keine direkte Urheberschaft für die neue Mauritiusikonografie ableiten lasse, wie dies von Paul Kaplan versucht worden ist.256 Erzbischof Albrecht von Magdeburg sei ein eigenständiger Territorialfürst gewesen, der seine Interessen in wechselnden Koalitionen mit den Welfen und den Staufern durchzusetzen suchte und der sich nicht so sehr an der Hofkunst Friedrichs II., sondern eher an französischen Vorbildern orientiert habe.257 Doch bestand erstens ein relativ enger Kontakt zwischen Albrecht und Friedrich II. und zweitens gewann der Topos der ›orientalischen Christen‹ durch die Misserfolge der Kreuzzüge in dieser Zeit gerade eine besondere Bedeutung, da man sich von diesen Hilfe bei der Eroberung Jerusalems erhoffte. Ein schwarzer Heiliger konnte Stärke symbolisieren und ein guter Verbündeter sein. In einem Zeitraum von etwa 300 Jahren, vom 13. bis zur Mitte des 16. Jahrhunderts, verbreiteten sich die schwarzen Mauritiusdarstellungen schwerpunktmäßig in Mitteldeutschland, vor allem in Magdeburg, Halle, Naumburg, aber auch in Münster und der Gegend von Wismar und Rostock. Im 13. und 14. Jahrhundert war die Magdeburger Mauritius-Figur noch einzigartig und insbesondere Karl IV. von Luxemburg (1346 – 1377) verstand es, unter anderem durch diese Figur seinen universalen Herrschaftsanspruch als ›Weltkaiser‹ zu versinnbildlichen. Mit der systematischen Expansionspolitik in den Ostseeraum, die von Karl betrieben wurde, verbreiteten sich Darstellungen des schwarzen Mauritius bis in das Baltikum hinein. Noch bis zur Französischen Revolution hat besonders der Ritterheilige Mauritius, aber auch der Heilige Gregorius Maurus gerade im deutschen Sprachraum, und hier besonders im Norden und Nordosten, weite Verbreitung gefunden. Noch im 18. Jahrhundert werden beide immer wieder als Schwarze dargestellt, wenn auch in geringerem Umfang als in der Hoch-Zeit des Mauritius-Kultes im 15. und 16. Jahrhundert.258
256 Paul Kaplan, Ruler, Saint and Servant. Blacks in European Art to 1520, Boston 1976. 257 Suckale-Redlefsen, Mauritius, S. 54. 258 Von den insgesamt 205 Exponaten, die Gude Suckale-Redlefsen in ihre kunstgeschichtliche Studie zur Darstellung des heiligen Mauritius als Schwarzer einbezieht, stammen etwa 100 aus dem 15., etwa 80 aus dem 16., etwa zehn aus dem 17. und sieben aus dem 18. Jahrhundert. Wenn vom Aufkommen der Darstellungen auf die Intensität des Mauritius-Kultes geschlossen werden kann, so ergibt sich zwar ein deutlicher Schwerpunkt im 15. und 16. Jahrhundert, jedoch versiegt er bis zum Ende des 18. Jahrhunderts nicht ganz. Insbesondere in Münster, Hildesheim und Magdeburg wird er noch im 17. und 18. Jahrhundert gepflegt. Fünf der insgesamt 18 bei Suckale-Redlefsen geführten Gregorius-Maurus-Darstellungen stammen aus dem 17. Jahrhundert, insbesondere aus Köln und Umgebung, Suckale-Redlefsen, Mauritius, S. 158 – 273 (zu Mauritius), S. 274 – 285 (zu Gregorius Maurus). Suckale-Redlefsen verweist in ihrer Einleitung auch darauf, dass es »in beiden Teilen Deutschlands Gebiete [gibt], deren Kunstgegenstände schlecht erfaßt sind. In diesen Bereichen war eine erfolgreiche Sucharbeit vom Zufall abhängig«, ebd., S. 16.
IV Schwarze Menschen in der höfischen Welt: Inszenierung, Herrschaft, Rang
Die Sozialgeschichte von Menschen afrikanischer Herkunft im Alten Reich ist untrennbar mit der Kulturgeschichte der Höfe verbunden, deren kultureller Einfluss in die gesamte frühneuzeitliche Gesellschaft ausstrahlte. Von den Höfen wurde nicht nur das Bild des ›edlen Mohren‹ in alle anderen Gesellschaftsschichten getragen, sondern sie bildeten für viele Schwarze auch ganz konkret den sozialen Raum, in dem sie sich bewegten. Die Fragestellungen der Elitenforschung haben sich in der Folge der kulturwissenschaftlichen Wende so weit geändert, dass ein neuer Blick auf die verschiedenen Akteure der höfischen Gesellschaft und ihr Umfeld möglich wurde. Auf dieser Grundlage hat etwa die Frauenforschung neue Perspektiven auf die Handlungsräume von Frauen und auf die Ordnungsmuster der höfischen Kultur entwickelt. Im Folgenden wird versucht, die Einsichten der Frühneuzeitforschung in die Welt der Höfe durch neue Perspektiven auf die Rollen, den Rang und die Handlungsspielräume von schwarzen Menschen für die Black Studies fruchtbar zu machen.
IV.1 Territorien, Herrschaft, höfische Ordnung »Political culture constitutes the discursive environment in which power is legitimated; it is important because it sets limits on the exercise of political power […].«259
Wenn schwarze Menschen im 17. und 18. Jahrhundert aus Afrika, den Amerikas oder Asien in das Alte Reich kamen, betraten sie einen Raum, dessen herrschaftspolitische Gestaltung lokal ausgesprochen unterschiedlich war. In der Renaissance hatte sich aus dem spätmittelalterlichen patriarchalischen Fürstentum das politische Fürstentum entwickelt. Dieses beruhte darauf, dass die principes, Laien oder Hochklerus (Kurfürsten, Herzöge, Grafen, Bischöfe), ei259 M. J. Braddick, State Formation and Political Culture in Elizabethan and Stuart England. Micro-Histories and Macro-Historical Change, in: Asch/Freist, Staatsbildung als kultureller Prozess, S. 69 – 90, hier S. 69, zit. n. Carl, Herrschaft, Sp. 401.
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Schwarze Menschen in der höfischen Welt
nerseits auf ihrer Teilhabe am Reich bestanden, andererseits aber auf regionaler Herrschaft. Das gesamte Reich war polyzentral von Höfen durchsetzt, die den Kern des staatlichen Behördenwesens bildeten. So bestanden im Reich an der Wende vom Mittelalter zur Neuzeit etwa 300 bis 350 ›Hofhaltungen‹. Innerhalb des Adels bildeten sie eine eigene Hierarchie, die sich vom Königs- bzw. Kaiserhof über die Kurfürsten- und Herzogshöfe bis zu denen der Bischöfe, Landund Markgrafen und hinunter zu den einfachen Grafenhöfen erstreckte. Aus den fürstlichen Hofämtern und höfischen Behörden entwickelten sich im Verlauf des 17. und 18. Jahrhunderts staatliche Regierungs- und Verwaltungsapparate, die in der Regel vom Hof abhängig waren.260 Nach dem Dreißigjährigen Krieg begann ein Prozess des Ausbaus der großen Territorien zu annähernd souveränen Staaten, wobei das historisch gewachsene, in vielerlei Hinsicht mittelalterlich strukturierte Reich weiter bestand. Das Rechtssystem im Reich blieb ein System von abgestuften, ineinander verschachtelten, ›wohlerworbenen‹ Rechten, Freiheiten und Privilegien; die politische, soziale und religiöse Ordnung waren nicht voneinander getrennt. Als ein auf der Basis von Herkommen, Tradition und Konsens hierarchisch strukturierter Verband, der wesentlich auf Ungleichheit beruhte, existierte im Reich kein einheitliches gleiches Reichsbürgerrecht.261 Die Fürstenhöfe nahmen innerhalb des Reichsverbunds als politische, religiöse und soziale Zentren eine herausgehobene Rolle ein. Sie bildeten ein soziales Milieu, das durch Stand und bestimmte Attribute und Regeln definiert war und vor allem auf die Adelskultur ausstrahlte, aber auch auf die städtischen Eliten.262 Die Fürsten besaßen innerhalb des Reichsverbandes ein territoriales Partikularrecht und erfüllten auch Aufgaben der Jurisdiktion. Da insofern nicht von einer einheitlichen Gesetzgebung zum Rechtsstatus ihrer Untertanen auszugehen ist, sind die Herrschaftsrechte der Fürsten an ihren Untertanen nicht raumübergreifend einheitlich zu fassen, sondern müssen auf lokaler Ebene je neu untersucht werden. Die moderne Politikwissenschaft gründet auf der wissenschaftlichen Definition von Herrschaft nach Max Weber, der drei ›reine‹ Typen legitimer Herrschaft unterscheidet: Die rationale (oder legale) Herrschaft beruht nach Weber »auf dem Glauben an die Legalität gesatzter Ordnungen und des Anweisungsrechts der durch sie zur Ausübung der Herrschaft Berufenen«; die traditionale Herrschaft »auf dem Alltagsglauben an die Heiligkeit von jeher geltender Traditionen und die Legitimität der durch sie 260 Müller, Der Fürstenhof in der Frühen Neuzeit, S. 6 – 8; zum Begriff der ›Hofhaltung‹ vgl. Werner Paravicini (Hg.), Höfe und Residenzen im spätmittelalterlichen Reich, Bd. 2: Bilder und Begriffe, Teilband 1: Begriffe, Ostfildern 2005, S. 4 – 6. 261 Stollberg-Rilinger, Das Heilige Römische Reich Deutscher Nation, S. 116 – 118. 262 Ronald G. Asch, Lemma »Hof«, in: Friedrich Jaeger, (Hg.), Enzyklopädie der Neuzeit, Bd. 5, Stuttgart 2007, Sp. 564 – 574, hier Sp. 564 – 565.
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zur Autorität Berufenen«; und die charismatische Herrschaft »auf der außeralltäglichen Hingabe an die Heiligkeit oder die Heldenkraft oder die Vorbildlichkeit einer Person und der durch sie offenbarten oder geschaffenen Ordnungen«.263 Die neueren kulturwissenschaftlichen Forschungsansätze haben die Weber’sche Herrschaftssoziologie einer Kritik unterzogen, die unter anderem auf Michel Foucaults Analysen von Macht als diskursiv erzeugter dynamischer Relation zurückgeht. Danach besitzen auch weniger mächtige Akteure noch eine gewisse Autonomie, weshalb Macht und Herrschaft immer wieder neu vermittelt, bestätigt und durchgesetzt werden müssen. Einverständnis und eine grundlegende Übereinkunft und das ›Aushandeln‹264 von Herrschaft werden nach diesem Verständnis zu zentralen Referenzpunkten der Analyse von Herrschaftspraxis bzw. »Herrschaft als sozialer Praxis«.265 In der Frühen Neuzeit wurden politische und gesellschaftliche Grundstrukturen umgestaltet und eine langfristige Veränderung sozialer Einstellungen, Normen und Verhaltensweisen herbeigeführt.266 Die Wirksamkeit von obrigkeitlichen Gesetzen, Ordnungen und Mandaten ist den letzten Jahren wiederholt untersucht und unterschiedlich beurteilt worden.267 In den 1980er-Jahren haben Frühneuzeithistoriker und -historikerinnen unterschiedliche Fragen von Herrschaft einerseits, Widerstand andererseits untersucht. Die neueren Forschungen richten den Fokus in Abkehr von diesem dichotomischen Herrschaftsverständnis eher auf die ›Kräftefelder‹ zwischen den Trägern von Herrschaft und Untertanen auf einer lokalen Ebene, um die konkrete Reichweite von staatlichen Normen ›vor Ort‹ zu bestimmen. Dabei wird davon ausgegangen, dass Herrschaft »stets auf ein Mindestmaß an Konsens und Kooperation der Beherrschten angewiesen« war.268 Sie ist nach dieser Vorstellung immer in einen Kontext von 263 Max Weber, Wirtschaft und Gesellschaft. Nachlaß, in: Max Weber, Gesamtausgabe, Abteilung 1, Bd. 22/4: Herrschaft, hg. v. E. Hanke et al., 2005, S. 726 – 742; Horst Carl, Lemma »Herrschaft«, in: Jaeger, Enzyklopädie der Neuzeit, Bd. 5, Sp. 399 – 416, hier Sp. 400. 264 Horst Carl bemerkt zu Recht, dass das englische ›negotiate‹ treffender den Umstand bezeichnet, dass es sich bei diesen Prozessen um asymmetrische Interaktionen handelte, da die Verhandlungsmacht der Herrschenden durchaus größer war als die der Untertanen. Das deutsche ›Aushandeln‹ suggeriert dagegen eine Gleichheit oder Gleichgewichtigkeit von Herren und Untertanen, Carl, »Herrschaft«, Sp. 401. 265 Alfred Lüdtke (Hg.), Herrschaft als soziale Praxis, 1991, hier zit. n. Carl, »Herrschaft«, Sp. 401. 266 Insbesondere in der Theorie von Gerhard Oestreich zur Sozialdisziplinierung, vgl. dazu Karl Härter, Sozialdisziplinierung, in: Völker-Rasor, Frühe Neuzeit, S. 294 – 299 u. 312. 267 Vgl. dazu den Forschungsüberblick von Mark Häberlein, Themen: Neuere Untersuchungsschwerpunkte, in: Völker-Rasor, Frühe Neuzeit, S. 343 – 362, sowie ders. (Hg.), Devianz, Widerstand und Herrschaftspraxis in der Vormoderne. Studien zu Konflikten im südwestdeutschen Raum (15.–18. Jahrhundert), Konstanz 1999, vgl. auch Horst Carl, Lemma »Herrschaft«, in: Jaeger, Enzyklopädie der Neuzeit, Bd. 5, Sp. 399 – 416, Sp. 401. 268 Zitat nach Häberlein, Themen, S. 348. Diese Beschreibung deckt sich im Übrigen mit frühneuzeitlichen Auffassungen von Herrschaft: So verstand das Universal-Lexicon von
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Diskursen und Praktiken, Werten und Verhaltensformen eingebettet, die als wandelbare Bedeutungs- und Handlungssysteme mithilfe des Begriffs der ›politischen Kultur‹ analysiert werden. Nach diesem Forschungsansatz ist die Ausübung von Herrschaft in Kommunikationsstrukturen eingebunden. An die Stelle des bipolaren Herrschaftsverständnisses von Befehl und Gehorsam bei Weber tritt eine Multipolarität frühneuzeitlicher Herrschaftspraxis. Der Fokus wird damit vom ›Staat‹ auf die konkrete Herrschaftsausübung vor Ort verlegt, die makrohistorische Perspektive langfristigen Wandels von patriarchalisch organisierter zu anonymisierter, verrechtlichter und bürokratisierter Herrschaft durch einen komplementären mikrohistorischen Blick auf das konkrete Funktionieren von Herrschaft ergänzt. Diese Verrechtlichung von Herrschaft ist ihrerseits nicht als ein einseitig von oben initiierter Prozess zu verstehen, sondern bedeutete auch für solche Akteursgruppen wie die Bauern oder kleinere Adlige, dass sie die Justiz für die eigenen Interessen nutzen konnten.269 Vereinzelt machten auch Menschen afrikanischer Herkunft von den zunehmenden Möglichkeiten Gebrauch, sich auf dieser Basis Recht zu verschaffen.270 In der Diasporaforschung ist lange ein dichotomisches Herrschaftsmodell favorisiert worden, nach dem Handeln als Moment der Abgrenzung von diskriminierenden und rassisierenden Herrschaftsstrukturen sowie die Resistenz gegenüber paternalistischen Praxen eine wichtige Form des Beharrens auf einer diasporischen Identität darstellte. Sklaverei wurde als Kriegszustand verstanden,271 der Widerstand schwarzer Sklaven gegen die Institution der Sklaverei als ein Kristallisationspunkt der Geschichte der afrikanischen Diaspora. Analysen der vielfältigen Formen von Widerstand gegen unterdrückende und versklavende Herrschaftssysteme haben in der Folge zeigen können, dass afrikanische Sklaven diese Systeme entgegen anderslautenden Behauptungen nie passiv hingenommen haben.272 Durch den gesamten Zeitraum des Bestehens der Plantagensklaverei hat es immer ein Potenzial gegeben, sich durch offene und verdeckte Formen von Widerstand zur Wehr zu setzen, durch Flucht, Sabotage, Arbeitsverweigerung, Tötung von Sklavenhaltern, aber auch Selbstmord, durch kollektive Akte wie Marronage, Meuterei auf Sklavenschiffen, Rebellionen,
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Joachim Zedler 1735 unter Herrschaft »in dem allerweitesten Sinn […] diejenigen Verhältniß derer Dinge gegeneinander, da die Abrichtung derer Kräfte des einen von dem Willen des anderen abhanget […]«, eine Definition, die auch das Wirken Gottes noch mit einschloss; Lemma »Herrschaft«, in: Zedler, Bd. 12, 1735, Sp. 1798 – 1800. Häberlein, Themen, S. 348. Vgl. Kap. II.4. So der führende Abolitionist des 19. Jahrhunderts, Frederick Douglass, der selbst einst Sklave gewesen war, vgl. Robert H. Brisbane, Black Protest in America, in: Mable Smythe (Hg.), The Black American Reference Book, Englewood Cliffs 1976, S. 538. Dorsch, Afrikanische Diaspora und Black Atlantic, S. 64.
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Aufstände und Revolutionen sowie nicht zuletzt auch durch Versuche, die Sklaverei auf legalem Wege zu beenden.273 Die Arbeiten von herausragenden schwarzen Autoren wie Ignatius Sancho, Ottobah Cugoano und Olaudah Equiano in England zeugen von dieser Form von Widerstand gegen die Sklaverei, die signifikant zum Erstarken des Abolitionismus in den 1780er-Jahren beigetragen hat.274 Der Versuch, akteursbasierte Perspektiven auf Menschen in subalternen Positionen zu entwickeln, ist im Hinblick auf das weitgehende Fehlen von Selbstzeugnissen und die Opazität der vorhandenen Quellen für die Frühe Neuzeit allgemein komplex.275 Ähnlich wie die Arbeiter- und Frauengeschichte, die Geschichte von Fremden und anderen Minderheiten und Randgruppen, aber auch Mehrheiten wie Bauern, Dienstboten und Tagelöhnern276 können auch die Black Studies das Wissen um die Strukturen von Herrschaft und Ordnungskategorien nutzen, um Handlungsspielräume, biografische Optionen, Fragen der Mobilität und des Status derjenigen auszuloten, deren Perspektiven sich nicht oder nur selten in expliziten Selbstaussagen erhalten haben. Es geht nicht darum, eine klassische, ›weiße‹ Strukturgeschichte wiederaufleben zu lassen, die letztlich dazu führt, schwarze Menschen und ihr Handeln ›unsichtbar‹ zu machen, sondern zu versuchen, die im Anschluss an den linguistic turn geschärfte Einsicht in die Doppelkonstitution sozialer Wirklichkeit durch Struktur- und Handlungsebene fruchtbar zu machen.277 Speziell für die Geschichte von schwarzen Menschen an den frühneuzeitlichen Höfen kommt hinzu, dass sie im Rahmen der Fürstenherrschaft immer auch einen symbolischen Wert besaßen. Damit war die höfische Welt für sie nicht nur das vorherrschende soziale Milieu, in dem sie sich bewegten, sondern sie verweist auch auf Handlungsoptionen, die ihnen dieses Milieu möglicher273 Ebd., S. 65. 274 James Walvin, The Black Presence. A Documentary History of the Negro in England, 1555 – 1860, New York 1972, S. 81 – 92. 275 Roeck, Außenseiter, Randgruppen, Minderheiten, a.a.O. 276 Für einen Forschungsüberblick vgl. Mark Häberlein/Martin Zürn, Minderheiten als Problem der historischen Forschung. Einleitende Überlegungen, in: Mark Häberlein/Martin Zürn (Hg.), Minderheiten, Obrigkeit und Gesellschaft in der Frühen Neuzeit. Integrationsund Abgrenzungsprozesse im süddeutschen Raum, St. Katharinen 2001, S. 9 – 39; Roeck, Außenseiter, Randgruppen, Minderheiten; Sylvia Hahn, Lemma »Dienstboten«, in: Jaeger, Enzyklopädie der Neuzeit, Bd. 2, Sp. 1007 – 1013; dies., Migration-Arbeit-Geschlecht. Arbeitsmigration in Mitteleuropa vom 17. bis zum Beginn des 20. Jahrhunderts, Göttingen 2008. 277 Marian Füssel, Die Kunst der Schwachen. Zum Begriff der ›Aneignung‹ in der Geschichtswissenschaft, in: Sozial.Geschichte. Zeitschrift für historische Analyse des 20. und 21. Jahrhunderts, Neue Folge, 21. Jg., Oktober 2006, Heft 3, S. 7 – 28, hier S. 7 – 8; Burghartz, Historische Anthropologie/Mikrogeschichte, in: Lottes/Eibach, Kompaß der Geschichtswissenschaft, S. 206, 213 – 218.
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weise eröffnete.278 Mechanismen sozialer Ausgrenzung von schwarzen Menschen sind gegen ihre Möglichkeiten der sozialen Integration abzuwägen; semiotische Verfahren ihrerseits können helfen, die Positionen von ›Mohren‹ an den Höfen in einem Bedeutungsgeflecht zu lokalisieren, das sich in wiederkehrenden Symbolen, Zeichen oder Ritualen manifestierte.279 Hier ist eine Schnittstelle erkennbar zwischen ihrer Bedeutung im Rahmen der höfischen symbolischen Kommunikation und ihren individuellen Gestaltungsspielräumen.
IV.2 Höfische Herrschaftsrepräsentation Bis etwa zur Mitte des 18. Jahrhunderts bildeten die Höfe des Adels und Hochadels im Deutschen Reich das Milieu, in dem sich schwarze oder dunkelhäutige Menschen aus Afrika und anderen Teilen der Welt vorrangig bewegten.280 Mit dem Hof ist die »wichtigste Institution politischer und kultureller Organisation Alteuropas schlechthin«281 Gegenstand einer sich rasch entwickelnden modernen Sozial- und Kulturgeschichte des Hofes geworden. Wesentliche Impulse verdankt die moderne Hofforschung der Soziologie von Norbert Elias zum Adel am Hofe. Mit Elias, dessen Hauptwerk Über den Prozeß der Zivilisation 1969 wiederaufgelegt und dessen Habilitationsschrift Die höfische Gesellschaft von 1933 gleichzeitig erstmals veröffentlicht wurde, wuchs das Interesse am europäischen Hof in der deutschen Absolutismus-Forschung.282 Seine machtfunktionalistische Deutung des Hofes von Versailles gab den Anstoß für eine Reihe von weiteren Arbeiten zur barocken Hofhaltung.283 Elias sah in der 278 Füssel, Die Kunst der Schwachen, S. 9; Karl H. Hörning/Julia Reuter (Hg.), Doing Culture. Neue Positionen zum Verhältnis von Kultur und sozialer Praxis, Bielefeld 2004. 279 Clifford Geertz, Dichte Beschreibung, Frankfurt a. M. 1983, S. 9, 46. 280 Vgl. dazu die Übersicht in Kap. IV.4. 281 Werner Paravicini, Alltag bei Hofe, in: Ders. (Hg.), Alltag bei Hofe, 3. Symposium der Residenzen-Kommission der Akademie der Wissenschaften in Göttingen, Ansbach, 28. Februar – 1. März 1992 (Residenzenforschung, 5), Sigmaringen 1995, S. 9 – 30. 282 Norbert Elias, Die höfische Gesellschaft. Untersuchungen zur Soziologie des Königtums und der höfischen Aristokratie. Mit einer Einleitung: Soziologie und Geschichtswissenschaft, Frankfurt a. M. 2003 (1. Aufl. Neuwied 1962); ders., Über den Prozeß der Zivilisation. Soziogenetische und psychogenetische Untersuchungen, Teil 1: Wandlungen des Verhaltens in den weltlichen Oberschichten des Abendlandes, Teil 2: Wandlungen der Gesellschaft: Entwurf zu einer Theorie der Zivilisation, Frankfurt a. M. 1976 (1. Aufl. Basel 1939). 283 Vgl. den Forschungsüberblick bei Volker Bauer, Die höfische Gesellschaft in Deutschland von der Mitte des 17. bis zum Ausgang des 18. Jahrhunderts. Versuch einer Typologie (Studien und Dokumente zur deutschen Literatur und Kultur im europäischen Kontext, Frühe Neuzeit 12), Tübingen 1993, S. 33 – 39, sowie Müller, Der Fürstenhof in der Frühen Neuzeit, S. 94 – 97. Seit 1985 betreibt die Residenzen-Kommission der Göttinger Akademie
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›höfischen Gesellschaft‹ vor allem ein königliches Instrument zur sukzessiven Domestizierung des europäischen Adels, eine These, die innerhalb und außerhalb Deutschlands diskutiert worden ist.284 Sie wird von der historischen Forschung mittlerweile ebenso verworfen wie seine sozialhistorische Klassifizierung der Auseinandersetzungen am Hof als Kampf zwischen Bürgertum und Adel.285 Wiederaufgenommen wurde dagegen besonders von Sophie Ruppel seine 1939 in Die Gesellschaft der Individuen entwickelte, jedoch erst viele Jahre später veröffentlichte Interdependenztheorie. Diese stellt als ein soziales Modell Beziehungen in das Zentrum einer gleichfalls auf die Mikro- wie Makroebene bezogenen Geschichtsanalyse.286 Die Forschung zur Hofkultur des Alten Reiches wird in Deutschland verstärkt seit den 1980er-Jahren betrieben. Frühere Auseinandersetzungen mit dem Hof, das von Eduard Vehse zwischen 1851 und 1860 herausgegebene vielbändige Werk zur Geschichte der deutschen Höfe seit der Reformation und die Arbeiten von Max Weber und Werner Sombart haben sich immer auch mit der Interpretation des höfischen Luxus als zentrales Element höfischer Lebensführung beschäftigt.287 Das Thema Prachtentfaltung und demonstrativer Konsum im Rahmen der höfischen Repräsentation von Herrschaft bleibt für die jüngere Forschung zentral, die sich diesem Phänomen über soziologische, systemtheoretische, semiotische und sozialanthropologische Ansätze nähert.288 Diese sind
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der Wissenschaften Forschungen zu den Residenzen des Alten Reichs. Allerdings liegt der Schwerpunkt auf der Erforschung der spätmittelalterlichen Höfe zwischen 1200 und 1600. Die frühneuzeitliche Adels- und Hofkultur steht dagegen im Zentrum der Arbeiten von Ronald G. Asch, Olaf Mörke, Andreas Pecˇar, um nur einige zu nennen. Für einen Forschungsüberblick vgl. Ronald G. Asch, Ständische Stellung und Selbstverständnis des Adels, S. 3 – 6. Jeroen Duindam, Vienna and Versailles, Cambridge et al. 2003, S. 7 – 13. Duindam, Myths of Power : Norbert Elias and the Early Modern European Court, Amsterdam 1995; ders., Norbert Elias und der frühneuzeitliche Hof. Versuch einer Kritik und Weiterführung, in: Historische Anthropologie 6, 4 (1998), S. 370 – 387. Norbert Elias, Die Gesellschaft der Individuen, 1. Aufl. Frankfurt a. M. 1987; Sophie Ruppel, Geschwisterbeziehungen im Adel und Norbert Elias’ Figurationssoziologie. Ein Anwendungsversuch, in: Claudia Opitz (Hg.), Höfische Gesellschaft und Zivilisationsprozess. Norbert Elias’ Werk in kulturwissenschaftlicher Perspektive, Köln/Weimar 2004, S. 207 – 224; dies., Verbündete Rivalen. Geschwisterbeziehungen im Hochadel des 17. Jahrhunderts, Köln/Weimar/Wien 2006, S. 26 – 29. Eduard Vehse, Geschichte der deutschen Höfe seit der Reformation, 48 Bde., Hamburg 1851 – 1860; Werner Sombart, Luxus und Kapitalismus, München/Leipzig 1922; Max Weber, Wirtschaft und Gesellschaft. Grundriß der verstehenden Soziologie (bearb. v. Johannes Winckelmann), Tübingen 1976. Systemtheoretisch: Aloys Winterling, Der Hof der Kurfürsten von Köln 1688 – 1794. Eine Fallstudie zur Bedeutung ›absolutistischer‹ Hofhaltung (Veröffentlichungen des Historischen Vereins für den Niederrhein, insbesondere das Alte Erzbistum Köln 15), Bonn 1986; Hof und Macht. Dresdener Gespräche II zur Theorie des Hofes, hg. von R. Butz und J. Hirschbiegel (Vita curialis, 1), Münster 2007; sozialanthropologisch: Emmanuel LeRoy Ladurie, Saint-Simon ou le systÀme de la Cour, Paris 1998; semiotisch: Hedda Ragotzky/
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auch für die Forschung zu schwarzen Musikern und Bediensteten interessant, die im Rahmen der höfischen Repräsentation besonders sichtbar waren. Der Hof war während der gesamten Neuzeit und über das Ende des Ancien R¦gime hinaus eine Domäne des Adels (Asch). Als Hof im engeren Sinne gilt der Ort, wo ein souveräner oder halbsouveräner Herrscher (die deutschen Reichsfürsten) einen größeren Hofstaat aus Bediensteten von unterschiedlichem Status unterhielt, höfischen Prunk entfaltete und Bittsteller, ausländische Gesandte und einen ausgewählten Kreis von Besuchern und Gästen meist adligen Ranges empfing.289 Den Kern des Hofes bildete der Hofstaat. Er setzte sich aus besoldeten Mitgliedern zusammen, die für die Versorgung des Herrschers im Hinblick auf Nahrung, Sicherheit und den reibungslosen Ablauf des höfischen Alltags zuständig und gleichzeitig immer Teil der am Hof ständig inszenierten Repräsentation von Herrschaft waren.290 Hoher Status wurde durch einen möglichst großen Hofstaat angezeigt. Im 16. Jahrhundert war ein imposanter Hofstaat wichtiger als etwa der Besitz von Kunstsammlungen und Kuriositätenoder Naturalienkabinetten, mit denen vor allem seit der Renaissance ebenfalls Rang demonstriert werden konnte. Adlige Angehörige des Hofstaates hatten bei Hof präsent zu sein, an Festlichkeiten teilzunehmen und den Monarchen zu unterhalten. Ihre Ämter wurden oft kombiniert mit Funktionen außerhalb des Hofes, besonders im militärischen Bereich.291 Zedlers Universal-Lexicon bringt diese komplexen Strukturen auf die knappe Formel: »Hof wird genennet, wo sich der Fürst aufhält.«292 Der Hof war damit in seiner wichtigsten Funktion zunächst Ort des Herrschers, der als Person seinen Mittelpunkt bildete. Die herausgehobene Position des Herrschers war jeweils lokal konstituierend und erklärt die Vielfalt der Höfe untereinander und die
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Horst Wenzel (Hg.), Höfische Repräsentation. Das Zeremoniell und die Zeichen, Tübingen 1990; Hahn/Schütte, Thesen; Rudolstädter Arbeitskreis für Residenzkultur (Hg.), Zeichen und Raum, München/Berlin 2006; darin bes. Barbara Stollberg-Rilinger, Ordnungsleistung und Konfliktträchtigkeit der höfischen Tafel, S. 103 – 122. Peter Moraw, Was war eine mittelalterliche Residenz im deutschen Spätmittelalter?, in: Zeitschrift für historische Forschung 18, 1991, S. 461 – 468; Thomas Zotz, Einleitung, in: Ders. (Hg.), Fürstenhöfe und ihre Außenwelt, Aspekte gesellschaftlicher und kultureller Identität im deutschen Spätmittelalter (= Identitäten und Alteritäten, Bd. 16), Würzburg 2004, S. XI – XIX. Zur personellen Zusammensetzung des Hofstaats vgl. Duindam, Vienna and Versailles, Cambridge et al. 2003; Elias, Die höfische Gesellschaft, Frankfurt a. M. 2003; Andreas Pecˇar, Lemma »Hofamt«, in: Jaeger, Enzyklopädie der Neuzeit, Bd. 5, Sp. 593 – 595; ders., Die Ökonomie der Ehre, Darmstadt 2003; Winterling, Der Hof der Kurfürsten von Köln 1688 – 1794, Bonn 1986; ders., »Hof«. Versuch einer idealtypischen Bestimmung anhand der mittelalterlichen und frühneuzeitlichen Geschichte, in: Ders. (Hg.), Antike Höfe im Vergleich (Historische Zeitschrift, Beihefte 23), 1997, S. 11 – 25. Asch, Lemma »Hof«, Sp. 564 – 574. Lemma »Hof«, in: Zedler, Universal-Lexicon, Bd. 13, Sp. 405 – 412, hier Sp. 405.
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Wandelbarkeit der einzelnen Höfe über Generationen.293 Zum Herrscher gehörten seine engere Familie und der engere, ständige, tägliche Hof, dessen Kern der Haushalt bildete. Dem Haushalt gehörten die zur Beratung und Bedienung des Herrschers anwesenden Räte, die Kanzlei, die Hofkammer und das Gesinde an. Dieser curia minor, dem Haushalt, stand der temporär erweiterte Hof, die curia maior, gegenüber, die vor allem zu Hoffesten und offiziellen Anlässen zusammenkam. Es gehört zu den wesentlichen Charakteristika des Hofes, dass Regierung und Haushalt bis weit in das 18. Jahrhundert hinein faktisch kaum voneinander getrennt waren und sich vielmehr in der Person des Herrschers/der Herrscherin bündelten.294 Unabhängig von den konkreten Aufgaben in dem einen oder anderen Bereich – Haushalt oder Regierung – erzeugte die kontinuierliche Nähe zu den Fürsten und Fürstinnen Zugehörigkeit zu einem Hof. Der Hof trug so ein ›Doppelgesicht‹ als Haushalt und Hof zugleich.295 Beide Bereiche, die fließend ineinander übergingen, waren Teil der höfischen Repräsentation von Herrschaft, mittels derer der ›Rang‹ in der hierarchischen Ordnung der Höfe untereinander angezeigt wurde.296 Der Gradmesser der höfischen Personalstruktur war die Nähe zum Herrscher.297 Aus der Perspektive der Mitglieder des Hofstaates und der Dienerschaft war der Zugang zum Fürsten oder zur Fürstin das entscheidende Kriterium für die Position, die sie bei Hof einnahmen.298 Fürstliche Herrschaft legitimierte sich im Rahmen des Gottesgnadentums, das Herrschaft nicht durch eigene Rechte der Herrschenden wie Geburtsrechte, demokratische Wahl oder Einsetzung durch ein Gremium begründete, sondern durch den Willen Gottes. Zentral ist die zeremonielle Verwendung des Gottesgnadentums, das auf das Verständnis von Herrschaft im Römerbrief des Apostels Paulus zurückgeht, nach dem es keine Obrigkeit außer der von Gott eingesetzten geben kann. In der Frühen Neuzeit wandelte sich die Vorstellung vom Gottesgnadentum dahingehend, dass nun die Idee in den Vordergrund trat, »dass allein Gott die Herrschaft des jeweiligen Amtsinhabers beschränke«.299 Auf 293 Dieter Mertens, Der Preis der Patronage. Humanismus und Höfe, in: Thomas Maissen/ Gerrit Walther (Hg.), Funktionen des Humanismus. Studien zum Nutzen des Neuen in der humanistischen Kultur, Göttingen 2006, S. 125 – 154, hier S. 131. 294 Vgl. Duindam, Vienna and Versailles, S. 3. 295 Zum ›Doppelgesicht‹ des mittelalterlichen und frühneuzeitlichen Hofes als Haushalt und Hof vgl. Paravicini, Alltag bei Hofe, S. 10. 296 Karl-Heinz Spieß, Rangdenken und Rangstreit im Mittelalter, in: Werner Paravicini (Hg.), Zeremoniell und Raum, 4. Symposium der Residenzen-Komminssion der Akademie der Wissenschaften in Göttingen, Potsdam, 25. bis 27. September 1994, Sigmaringen 1997, S. 39 – 61. 297 Müller, Der Fürstenhof in der Frühen Neuzeit, S. 19. 298 Paravicini, Alltag bei Hofe, S. 11. 299 Stefan Ruppert, Lemma »Gottesgnadentum«, in: Jaeger, Enzyklopädie der Neuzeit, Bd. 4, 2006, Sp. 1051 – 1053, Zitat Sp. 1052.
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diese Weise wurde das allein auf Könige, in Deutschland auf den Kaiser und die Landesherren angewendete Gottesgnadentum zu einem Instrument, ›absolutistische‹ Herrschaft bzw. das Streben danach zu legitimieren. Von diesem theologisch begründeten Modell politischer Herrschaft löste sich seit dem 17. Jahrhundert die von verschiedenen Staatstheoretikern propagierte ›Vertragstheorie‹, nach der dem Souverän vom Volk alle Rechte übertragen und er selbst zum obersten Organ bestimmt wurde.300 Die Absolutheit fürstlichen Regiments wurde jedoch bis Mitte des 18. Jahrhunderts kaum ernsthaft infrage gestellt. Die Symbiose von Regiment, Hof und Landesverwaltung konnte sich zwar nicht überall, an den kleinen Höfen aber lange Zeit halten.301 Nach dem Dreißigjährigen Krieg war die Kultur der höheren Ränge des Adels mehr denn je durch demonstrative Prachtentfaltung gekennzeichnet. Dabei ging es immer mehr um die »Demonstration von ästhetischer Kennerschaft und von eleganter Bildung: Mit einiger Verspätung setzte sich auch nördlich der Alpen der Typus des adligen Kunstsammlers durch, der seinen Status auch und gerade über seine Sammlungen demonstrierte.«302 Die Sichtbarmachung von Status und der eigenen tatsächlichen oder vorgeblichen Position in der Rangfolge der Höfe bildete ein zentrales Herrschaftsinstrument. Die seit Ende des 16. Jahrhunderts nach italienischem Vorbild an den größeren Höfen Zentraleuropas entstehenden Kunst- und Kuriositätenkammern303 wuchsen teils durch eigene Anschaffungen, teils durch Geschenke befreundeter, verwandter oder konkurrierender Herrscher. Oft ebenfalls als ›Geschenke‹ kamen ›Mohren‹ an die Höfe, bisweilen auf denselben Wegen, über die auch Kunst aus anderen Weltteilen nach Europa kam. Sie gehörten dem Adelshaushalt an und übernahmen repräsentative Funktionen bei Gelegenheiten, zu denen der erweiterte Hof zusammenkam, als Musiker in der Hofkapelle, als Lakaien. Insgesamt zeichneten sich die Lebenswege von schwarzen Bediensteten durch enge Bezüge zu den Herrschaftsträgern und deren Familien aus.
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Müller, Der Fürstenhof in der Frühen Neuzeit, S. 8 – 11. Ebd., S. 99. Asch, Ständische Stellung und Selbstverständnis, S. 20 – 21. Bauer, Die höfische Gesellschaft, S. 124. Für den Kaiserhof Karls VI. machte Andreas Pecˇar gleiche Beobachtungen, vgl. Andreas Pecˇar, Die Ökonomie der Ehre. Der höfische Adel am Kaiserhof Karls VI: 1711 – 1740 (Symbolische Kommunikation in der Vormoderne. Studien zur Geschichte, Literatur und Kunst), Darmstadt 2003, S. 141 – 150, 207 – 249.
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IV.3 ›Mohren‹ an europäischen Höfen: Tradition und Rolle(n) Seit wann und wo in Europa es zuerst schwarze Mitglieder eines fürstlichen Hofstaates gab, ist nicht bekannt. Möglicherweise wurde die Rolle des ›Hofmohren‹ im Gefolge der Kreuzzüge aus dem Orient – und nach orientalischem Vorbild – eingeführt, als erstmals vermehrt schwarze oder dunkelhäutige Menschen aus verschiedenen Regionen Afrikas in das nördliche Europa kamen, sowie über den byzantinischen Einfluss in Italien. Denkbar sind auch griechischrömische Vorbilder, die (neben anderen) für die Herausbildung der höfischen Rolle des ›Narren‹ angenommen werden.304 Ein gesichertes historisches Wissen über die Gegenwart von Schwarzen an den Höfen besteht erst ab dem 12. Jahrhundert: Elemente ihrer späteren Rollen bei Hof – als Diener, Musiker, aber auch als Hofchargen in gehobenen Positionen – finden sich erstmals im Gefolge Friedrichs II. von Hohenstaufen (1194 – 1250). Die Höfe des Normannenkönigs Roger II. von Sizilien (1103 – 1154) und Friedrichs II., deutscher König, römischer Kaiser und Nachfolger der normannischen Könige auf Sizilien, waren in ihrer Zeit Zentren des intellektuellen Austauschs. Friedrich II., dessen Mutter eine Tochter Rogers II. und dessen Vater deutsch war, wurde in Sizilien erzogen und gründete die Universität von Neapel und die Universität für Apotheker in Salerno. Er heiratete Konstanze von Aragûn, die mit ihrem Hofstaat aus aragonesischen Rittern, Hofdamen und Troubadouren neue kulturelle Einflüsse mitbrachte. Die normannischen Könige nannten sich auch »Könige von Afrika« und erhielten als solche Tributzahlungen aus dem Gebiet der antiken römischen Provinz Afrika, die territorial in etwa dem heutigen Tunesien entsprach. Süditalien und besonders Sizilien war eine zutiefst byzantinisch geprägte Region. Wie das muslimische Iberien, wenn auch in kleinerem Maßstab, vermengten sich in Sizilien islamische, römisch-christliche und jüdische Elemente mit dem byzantinischen Christentum. Die Verwaltung war zweisprachig arabisch und lateinisch, mitunter auch griechisch.305 In diesem Raum sind im 13. Jahrhundert Werke der Kunst von hoher künstlerischer Qualität entstanden, die Schwarze mit realistischen Zügen und ohne Feindseligkeit darstellen.306 Friedrich II. von Hohenstaufen, dessen Ruf als stupor mundi bis weit in die Frühe Neuzeit wirkte, griff auf orientalische Vorbilder und die imperialen Inszenierungen des antiken Roms zurück, um seinem Anspruch auf Herrschaft 304 Hans Rudolf Velten, Hofnarren, in: Paravicini, Höfe und Residenzen, Bd. 2, I, S. 65 – 69, hier S. 65. Zur Bedeutung von Schwarzen in der Antike und in orientalischen Gesellschaften vgl. Snowden, Blacks in Antiquity ; Gernot Rotter, Die Stellung des Negers in der islamischarabischen Gesellschaft bis zum XVI. Jahrhundert, Bonn 1967. 305 Hoerder, Cultures in Contact, S. 45, 49; Devisse, IOB, II, 1, S. 81 – 141. 306 Devisse, IOB, II, 1, S. 112 – 113.
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Geltung zu verschaffen. In imposanten kaiserlichen Triumphzügen marschierte neben reich beladenen Kamelen, Elefanten, Leoparden und anderen exotischen Tieren auch seine sarazenische Leibgarde, unter ihnen schwarze Afrikaner sowie die schwarzen Wächter seines Staatsschatzes aus Gold, Silber, Edelsteinen, kostbaren Textilien und Vasen. Sie genossen das absolute Vertrauen des Kaisers. In der Person des Johannes Morus findet sich dann erstmals das an einigen frühneuzeitlichen europäischen Höfen wiederkehrende, komplexe Bild eines afrikanischen Dieners als Teil der höfisch-imperialen Repräsentation einerseits und des über reale politische Macht verfügenden afrikanischen Beamten oder Günstlings andererseits. Friedrich II. war dafür bekannt, dass er bei der Auswahl seiner Beamten wenig nach Herkunft und Stand fragte, umso mehr vielleicht nach Können und persönlicher Ergebenheit. Als Sohn einer muslimischen Sklavin um 1100 auf Sizilien oder in Lucera in Apulien geboren, wurde Johannes Morus zu einem Favoriten des Kaisers. Als dessen enger Berater und Vertrauter stieg er in eines der höchsten Staatsämter auf, das Amt des Großkämmerers von Sizilien.307 Der familia des Kaisers angehörend, wurde Morus Kustode der persönlichen Kammer des Kaisers und nahm darin bereits zu Lebzeiten Friedrichs II. eine bedeutende Stellung ein. Er erhielt eine Baronie und wurde dann unter König Konrad Vorsteher der Kammer, Kommandant der Sarazenenfestung Lucera und schließlich Großwesir des sizilischen Königreichs. Im Konflikt der Hohenstaufen mit dem Papst ergriff er die Partei des Papstes und wurde später von anderen Sarazenen, die König Manfred treu geblieben waren, ermordet. Seinem Status entsprechend war Morus so angesehen wie gefürchtet. Unter den Normannen und auch unter Friedrich II. hat es immer wieder sarazenische Beamte gegeben, häufig in der Finanzverwaltung und der Dogana. Keiner von ihnen stieg jedoch so weit auf wie Morus.308 Daneben setzte Friedrich II. schwarze Diener vor allem im Palastdienst und zu seiner persönlichen Bedienung ein. Die Kammerknaben Musca und Marzuch werden als servitelli nigri häufig erwähnt. Die Begabtesten unter den schwarzen Sklaven des Kaisers erhielten eine angemessene Ausbildung in verschiedenen Bereichen, im Lesen und Schreiben des Arabischen, andere wurden – »prächtig eingekleidet und im Blasen von großen und kleinen Silbertrompeten unterwiesen« – als Musiker zur kaiserlichen Kapelle zusammengeschlossen. Der Historiker Ernst Kantorowicz, Autor einer auf umfassenden Archivrecherchen gegründeten Monografie zu Friedrich II. von Hohenstaufen, nimmt an, dass sich der Kaiser von Trompetenbläsern zu den Mahlzeiten aufspielen ließ, da dies 307 Ernst Kantorowicz, Kaiser Friedrich der Zweite, Hauptband, Stuttgart 1994 (7., veränd. Aufl.), S. 242 – 243, Ergänzungsband, Stuttgart 1994 (4. Aufl.), S. 140. 308 Ebd., S. 242 – 243; Debrunner, Presence and Prestige, S. 19 – 20.
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später in den Häusern der Anjou und Aragûn, die ihn »überall nachahmten«, gängige Praxis war. Diese Praxis wurde über die Herzöge von Burgund und andere bis in das 18. Jahrhundert hinein fortgesetzt.309 Die Tradition, schwarze Diener im Hofstaat und schwarze Musiker in der Hofkapelle zu haben, kann daher weitgehend sicher aus der Herrschaftsrepräsentation Friedrichs II. hergeleitet werden (der sie seinerseits von byzantinischen Vorbildern übernommen haben mag), zumal der Kaiser mit seinem beeindruckenden wandernden Hofstaat auch den Norden seines Reiches bis hin nach Magdeburg besucht hat. Dieser Besuch, im Jahr 1231, hat in unterschiedlichsten Quellen Niederschlag gefunden: Allein der mitgeführte Elefant machte einen solchen Eindruck auf die Nordeuropäer, dass er als Skulptur nachgebildet einen Platz am Magdeburger Dom erhielt. Der Dichter und Lehrer Dantes, Bruno Latini, machte aus ihm ein magisches Wesen, das Friedrich II. von dem legendären Priesterkönig Johannes geschickt worden sei.310 Der isländische Chronist Sturla Thordarson (gest. 1284) berichtet wiederum, König Hakon habe in dem südöstlich des Oslofjords gelegenen Ort »Kongehelle« Besuch von einem Mann namens Matheus bekommen, »der vom Kaiser Friedrich mit vielen reichen Geschenken geschickt worden war, und dem fünf schwarze Männer folgten, die vom Rande der Welt kamen.«311 Wie groß der Einfluss Friedrichs II. auf die nordeuropäische Adelskultur war, ist umstritten, doch hat sein Besuch Spuren hinterlassen, die gerade auch aus der von seinem orientalischen Hofstaat ausgehenden Faszination ableitbar sind. Parallelen zu dieser sarazenisch-orientalischen Inszenierung, etwa in der Kleidung und im Auftreten sowohl im höfischen Zeremoniell als auch in den Porträts von Fürsten mit schwarzen Pagen, finden sich in der Rolle von ›Mohren‹ an den nordeuropäischen Höfen des 17. und 18. Jahrhunderts. Deshalb und auch angesichts ihrer hohen Sichtbarkeit in der höfischen Herrschaftsrepräsentation gerade auch der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts ist es erstaunlich, dass die Anwesenheit von schwarzen Menschen an den deutschen Höfen keinerlei Erwähnung in dem zwischen den 1730er- und 1750er-Jahren erschienenen Bänden des Universal-Lexicons von Johann Heinrich Zedler findet. 309 Kantorowicz, Kaiser Friedrich der Zweite, Hauptband, S. 242; Debrunner, Presence and Prestige, S. 19; zu Schwarzen am Hof der Herzöge von Burgund vgl. Werner Paravicini, Soziale Schichtung und soziale Mobilität am Hof der Herzöge von Burgund, in: Ders., Menschen am Hof der Herzöge von Burgund. Gesammelte Aufsätze, hg. von Klaus Krüger, Holger Kruse und Andreas Ranft, Stuttgart 2002, S. 371 – 426, hier S. 403 (im Anhang zur Hierarchie der Gagen von Amtsinhabern bei Hofe im Jahre 1450 findet sich unter Nr. 147 ein Abel le Mor, unter Nr. 148 »le petit Mor«; noch im 17. und 18. Jahrhundert finden sich in Hofrechnungen diese ›kleinen Mohren‹ in der Regel ohne Namen genannt, während die Dienstälteren namentlich erwähnt werden). 310 Debrunner, Presence and Prestige, S. 19, 392 (Anm. 10). 311 Sturla, Thordi filius, Historia Hakonis Hakonidae, Kap. 243, Bd. 10, 1841, S. 2, zit. n. Martin, Schwarze Teufel, edle Mohren, S. 17, 360.
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Schwarze Menschen in der höfischen Welt
Das Lemma »Mohren« weist mit keinem Wort auf die Schwarzen hin, die an den europäischen Höfen des Adels und Hochadels lebten, während sich sonderbarerweise ein eigener, wenngleich kurzer Eintrag zum Begriff »Mohrin« findet, der ausdrücklich höfisch geprägt ist: »Mohrin, nennet man ein Kind weiblichen Geschlechts, welches noch jung aus Mohren-Land gebracht, und an dem Hofe einer Kayserin, Königin oder Fürstin auferzogen worden, die solches zu ihren Staat und Vergnügen um sich haben.«312
Dieser Eintrag erstaunt, da nach derzeitigem Stand der Forschung die meisten der nach Zentraleuropa gekommenen Schwarzen männlichen Geschlechts waren.313 Insgesamt aber lässt sich die Aussage, wie Regionalstudien zu den Höfen von Braunschweig-Wolfenbüttel, Kassel und Stuttgart zeigen, in vielen Fällen auf die Biografien von männlichen Schwarzen bei Hof übertragen: Die meisten waren in der Tat jung, zwischen vier und zwölf Jahre alt, wenn sie nach Europa bzw. an die Höfe kamen, und sie erfüllten von Jugend auf auch repräsentative Funktionen im Rahmen der frühneuzeitlichen höfischen Repräsentationskultur (bei Zedler »Staat«). Die Gegenwart von schwarzen Bediensteten an einem Hof besaß in diesem Sinne immer auch eine Bedeutung im Rahmen der symbolischen Kommunikation zwischen den Höfen. Ihre Sichtbarkeit, ihre Idealisierung und »Poetisierung« (Petrat) sowie die mit ihnen verbundenen Konnotationen von Weltläufigkeit und weitreichenden Verbindungen machten sie zu begehrten Mitgliedern des fürstlichen Hofstaates. Eine Begebenheit des Jahres 1644 bringt dies prägnant und in für die symbolische Kommunikation der Zeit typischer Weise zum Ausdruck und zeigt, dass die Gegenwart von Schwarzen in Europa einerseits eine Symbolfunktion für politisch-ökonomisch-transatlantische Kontexte besaß, dies jedoch andererseits nicht so sehr auf einer textuell-diskursiven Ebene, sondern auf der visuellen Ebene der Herrschaftsrepräsentation abgehandelt wurde. Als im Verlauf der Friedensverhandlungen des Dreißigjährigen Krieges deutlich wurde, dass die iberische Vormachtstellung im transatlantischen Handel durch die Handelsbeziehungen anderer Länder der Vergangenheit angehörte, dachte man auch im Alten Reich über eine Beteiligung an den überseeischen Geschäften nach. Im Rahmen der Friedensverhandlungen war der für den französischen Botschafter d’Avaux tätige Agent Saint-Romain Zeuge des folgenden Schauspiels, das der Nachwelt durch ihn überliefert ist: Saint-Romain war im Rahmen der Friedensverhandlungen nach Münster vorausgeschickt worden, um sich ab September 1643 um ein Quartier für die französische Delegation zu kümmern. In einem Schreiben vom März 1644 teilt er 312 Lemma »Mohrin«, in: Zedler, Universal-Lexicon, Bd. 21, Sp. 870. 313 Vgl. die Tabelle im Anhang dieser Arbeit (Kap. X).
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dem Baron de Rort¦, einem anderen Botschafter des französischen Königs, der sich zu diesem Zeitpunkt in der Hafenstadt Emden aufhielt, mit, dass eine große Gruppe von Schwarzen über den Hafen von Emden zum Reichstag nach Münster gekommen war.314 Wenige Tage nach der Ankunft des Botschafters d’Avaux in Münster am 17. März 1644 berichtet Saint-Romain dem Baron von Rort¦ vom Auftritt des Botschafters im Münsteraner Dom: Mit seinem Gefolge von »wenigstens 140 Schwarzen« habe d’Avaux die spanische Gesandtschaft derart brüskiert, dass diese sich schnellstens aus dem Dom zurückgezogen habe, um den Gottesdienst in einer anderen Kirche zu hören.315 Die Botschaft des Auftritts von d’Avaux war politisch eindeutig: Frankreich verfügte seit den 1630er- und 1640er-Jahren mit den westindischen Inseln Saint Christophe, Guadeloupe und Martinique über eigene Plantagenkolonien in der
314 In einem 1906 vom damaligen Präsidenten der Societ¦ d’Anthropologie de Paris, Ernest T. Hamy, veröffentlichten Artikel finden sich Teile des Briefes abgedruckt, vgl. Ernest T. Hamy, Les cent quarante NÀgres de M. d’Avaux Muenster (1644), in: Bulletins et M¦moires de la Societ¦ d’Anthropologie de Paris, Tome septiÀme, 5. Serie, Paris 1906, S. 271 – 275. Martin hat den Fall in Münster recherchiert, wo kein weiterer Hinweis auf die ›Mohren‹ ermittelt werden konnte (Martin, Schwarze Teufel, edle Mohren, S. 402, Anm. 2), auch in Emden findet sich keine Spur. Eine mögliche Erklärung wäre, dass die Afrikaner auf diplomatischem Wege über Emden in das Reich kamen, über die Ems weiter nach Süden und wieder zurück gelangten, ohne in den Zollregistern erfasst zu werden, freundliche Auskunft von Rolf Uphoff, Stadtarchiv Emden. 315 Für die Missverständnisse, die auftreten können, wenn moderne Kategorien unmittelbar auf die Vergangenheit rückprojiziert werden, mag der Kommentar von William B. Cohen zu diesen Vorgängen stehen: »The sentiments of fear and horror which Europeans felt toward blacks could sometimes be used to political advantage. When the French ambassador went to Munster in 1644 for peace negotiations, he was accompanied by 140 black servants; involved in a ›protocoll war‹ with the Spanish, the French won, for the Spanish emissaries, upon seeing the French ambassador approaching with his troop of blacks, were ›horrified‹ and fled«, William B. Cohen, The French Encounter with Africans. White Response to Blacks, 1530 – 1880, Bloomington 2003, S. 15. Eine allein auf angeblich tiefsitzende Vorurteile bezüglich der Hautfarbe angelegte Deutung dieser tatsächlich im Rahmen eines ›Protokollkrieges‹ anzusiedelnden Begebenheit ist irreführend. Die Spanier waren alles andere als unvertraut mit dem Anblick schwarzer Menschen – die ersten, seit den 1440erJahren aus Afrika eingeführten Sklaven wurden in Portugal und Spanien nicht nur als einfache Arbeitskräfte, sondern auch als Hausbedienstete eingesetzt, was zu sexuellen Beziehungen und Heiraten führte, diese wurden später verboten. Im 16. Jahrhundert machten Schwarze bereits einen Anteil von zehn Prozent der Gesamtbevölkerung von Lissabon aus. Die Botschaft des Auftritts von d’Avaux kann daher nur auf der politischen Ebene angesiedelt gewesen sein. Zu Schwarzen auf der Iberischen Halbinsel vgl. Hoerder, Cultures in Contact, S. 126 – 29; Lee Anne Durham Seminario, The History of the Blacks, the Jews and the Moors in Spain, Madrid 1975; zur Diskussion um die Einführung der sogenannten »Statuten zur Reinheit des Blutes« vgl. Max Sebastin Hering Torres, »Limpieza de sangre« – Rassismus in der Vormoderne?, in: Wiener Zeitschrift zur Geschichte der Neuzeit, 3. Jg., 2003, Heft 1/20, S. 20 – 37, 37; zu statistischen Zahlen vgl. Jordan, Images of Empire, S. 157.
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Schwarze Menschen in der höfischen Welt
Karibik, die auf der Arbeit von schwarzen Sklaven basierten.316 Der Niedergang der Vormachtstellung Portugals und Spaniens hätte, so Martin, nicht deutlicher ausgedrückt werden können als durch den prunkvollen Aufzug des französischen Botschafters mit zahlreichem schwarzen Gefolge. Höfische Repräsentation, nicht etwa formale Schriftstücke, veränderte das Kräfteverhältnis der Parteien in den Friedensverhandlungen.317 Man dachte und agierte transatlantisch, kommunizierte jedoch durch höfische Zeichen. Es kann kein Zweifel bestehen, dass in diesem Kontext schwarze Menschen unmittelbar weiße Herrschaft verkörperten.
IV.4 Positionen bei Hof Die soziale Stellung von Schwarzen bei Hof war allerdings im höfischen ›Alltag‹ – mit Ronald G. Asch ein ständig aufgeführtes Schauspiel monarchischer Selbstdarstellung – so unterschiedlich wie ihre konkreten Aufgaben. Ihre Positionen korrespondierten oft nicht mit einem fest definierten Amt und waren weitgehend durch die persönlichen Beziehungen zu den Fürsten geprägt. Dies galt zwar letztlich auch für weiße Bedienstete, doch waren die ›Hofmohren‹ in der Regel früh aus ihren Herkunftsfamilien gerissen worden und standen insofern in einem besonders ausgeprägten Abhängigkeitsverhältnis zu den Fürsten. Ihre nominellen Funktionen als ›Kammer‹-, ›Leib‹- und ›Hofmohr‹ bleiben in den Hofordnungen undefiniert und lassen sich weder auf einen bestimmten Aufgabenbereich noch auf einen einheitlichen sozialen und rechtlichen Status eingrenzen.318 Zudem sind nicht nur auf der gesamteuropäischen Ebene, son316 Curtin, The Atlantic Slave Trade, S. 117. 317 Ähnliches hatte sich bereits im Jahr 1488 zugetragen, als der spanische König dem römischen Papst Innozenz VIII. einhundert ›mori‹ als ›Geschenk‹ zukommen ließ. Dieser behielt einige von ihnen für sich und verschenkte die übrigen an verschiedene Kardinäle und Fürsten weiter. Auch hier wurden politische Ansprüche mit höfischen Instrumenten – Geschenke waren immer auch ein verfeinertes Mittel der Hierarchisierung – geltend gemacht. Bei den ›mori‹ handelte es sich um Gefangene aus Mlaga, von denen wahrscheinlich nur wenige wirklich ›schwarz‹ waren. Zu den Ereignissen von 1488 vgl. Martin, Schwarze Teufel, edle Mohren, S. 49, 387 (Anm. 65). In seinem Artikel zu »Zwergen, Riesen, Mohren« sieht Petrat in dieser Episode eine Wende in der Wahrnehmung von ›Mohren‹, durch die »fast über Nacht aus dem Vertreter der vermeintlich überlegenen Kultur ein Massenartikel geworden« sei, Gerhardt Petrat, Zwerge, Riesen, Mohren, in: Paravicini, Höfe und Residenzen, Teilband I: Begriffe (Residenzenforschung 15), S. 69 – 74, hier S. 72. Diese Deutung wäre angesichts der Wirkung, die das schwarze Gefolge des französischen Botschafters noch knapp zwei Jahrhunderte später in Münster erzielte, zu überprüfen. 318 Walter Sauer/Andrea Wiesböck, Sklaven, Freie, Fremde. Wiener »Mohren« des 17. und 18. Jahrhunderts, in: Sauer, Von Soliman zu Omofuma, S. 23 – 56, hier S. 38 – 42, bes. 40; Martin, Schwarze Teufel, edle Mohren, S. 129, 138 – 140.
Positionen bei Hof
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dern auch innerhalb des Alten Reichs rechtliche Unterschiede erkennbar, da kein einheitliches Gesinderecht existierte.319 Die Fürstenhöfe konstituierten einen je eigenen Rechtsraum und waren Orte der höchsten Gerichtsbarkeit im Herrschaftsbereich der Fürsten.320 Während der Begriff des ›Sklaven‹ in Kreisen des norddeutschen Hochadels und Adels bis zur Mitte des 18. Jahrhunderts praktisch keine Verwendung findet, waren Hofdienst und Sklavenstatus in Iberien vereinbar und verbreitet. Da Zugehörigkeit zum Christentum im katholischen Portugal und in Spanien Versklavung nicht ausschloss, galten hier insgesamt andere Rechtsmaßstäbe als in den norddeutschen, protestantischen Fürstentümern.321 Die Sklaverei war auf der Iberischen Halbinsel noch im 17. Jahrhundert eine tragende soziale Institution und im Jahr 1620 wurden allein in Lissabon noch über 10.000 Sklaven gezählt. Im 16. Jahrhundert setzte der Hof Katharinas von Österreich, die viele schwarze Sklaven besaß, Maßstäbe für den portugiesischen Adel und das reiche Bürgertum.322 Auch für die dynastisch zwischen 1500 und 1700 eng mit Portugal verbundene Habsburgermonarchie sind von den im norddeutschen Raum vorherrschenden Verhältnissen abweichende Rechtspositionen anzunehmen.323 Daraus ergibt sich, dass der Rechtsstatus der an frühneuzeitlichen Höfen lebenden Schwarzen als Sklaven, Leibeigene, Hörige oder Freie allein zunächst mehr über die Rechtssysteme der jeweiligen Territorien als über ihre tatsächliche Rolle aussagt. Die folgende Übersicht zeigt eine Auswertung der Tabelle des Anhangs nach den sozialen Milieus, in denen sich ›Mohren‹ im deutschsprachigen Raum bewegten:
319 Das Gesinderecht war seit dem 15. Jahrhundert zunächst über Polizeiordnungen geregelt. Ausdrückliche Gesinde- und Dienstbotenordnungen sind erst seit dem 18. Jahrhundert in den verschiedenen Fürstentümern überliefert, vgl. Hahn, Lemma »Dienstboten«, in: Jaeger, Enzyklopädie der Neuzeit, Bd. 2, Sp. 1010; Sibylle Hofer, Lemma »Gesinderecht«, in: Ebd., Bd. 4, 2006, Sp. 748 – 752. 320 Pecˇar, Lemma »Fürstliches Hofrecht«, in: Jaeger, Enzyklopädie der Neuzeit, Bd. 5, Sp. 603 – 604. 321 John Thornton, The African Experience of the »20. and Odd Negroes« Arriving in Virginia in 1619, in: Gad Heuman/James Walvin (Hg.), The Slavery Reader, London/New York 2003, S. 764 – 777, hier S. 772 – 773. 322 Jordan, Images of Empire, S. 156 – 157; Debrunner, Presence and Prestige, S. 36 – 38. Für den österreichischen Raum wäre dies unter anderem wegen der engen dynastischen Verbindungen zu Spanien im 16. und 17. Jahrhundert gesondert zu prüfen. 323 Sauer/Wiesböck, Sklaven, Freie, Fremde, S. 47 – 49.
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Schwarze Menschen in der höfischen Welt
Soziale Milieus Höfisches Milieu/ Militär/ Adelshaushalt Frauen 27 Männer 281
Im Dienst von Privatleuten/ Bürgern 2 18
Missionare (Umfeld der Herrnhuter Brüdergemeine) 5 2
Handwerker/ Handwerksgesellen – 9
Familienmitglieder (ohne eigene berufliche Position) 13 3
Andere Unbekannt
– 7
4 9
Die Übersicht gibt lediglich ein grobes Raster wieder, das dazu dient, die Schwarzen offenen gesellschaftlichen Segmente oder Milieus einander gegenüberzustellen, um die Relationen der einzelnen beruflichen bzw. sozialen Sparten deutlicher sichtbar zu machen. In der folgenden Analyse ist eine doppelte Zählung möglich, da sich die Positionen von schwarzen Menschen mitunter änderten oder überschnitten, wie zum Beispiel häufig bei Musikern, die gleichzeitig Lakaien waren. Die personelle Struktur des Hofes war dabei so hierarchisch wie die Ständegesellschaft als Ganze. Die Nähe zum Herrscher und seiner Familie bestimmte wesentlich das Ansehen einer Person. Deshalb ist der allgemeine Begriff ›Bediensteter‹ oder ›Lakai‹ ausgesprochen vage im Hinblick auf den Status, den sie jeweils tatsächlich besaßen. Von den 308 Personen, die eng mit der Welt der Höfe verbunden waren, werden 96 (14 Frauen, 82 Männer) allgemein als Diener, Lakaien oder ›Hofmohren‹ geführt, deren professionelles Profil unspezifisch bleibt. Weitere 36 Personen (3 Frauen, 33 Männer) erscheinen als Kammerlakaien oder ›Kammermohren‹. Ihre Positionen waren dem fürstlichen Haushalt als Nukleus des weiteren Hofes möglicherweise näher als die einfacher Lakaien.324 Auch der befremdlich anmutende Begriff »kleiner Mohr« bzw. »kleine Mohrin« (10 Jungen, 1 Mädchen) bleibt innerhalb der höfischen Hierarchien unbestimmt. Die drei in Wolfenbüttel und Mecklenburg erwähnten Kammerdiener stechen aus der Masse der schwarzen Bediensteten hervor. In dieser Position standen sie in einem absoluten Vertrauensverhältnis zum Herrscher und hatten das gesamte – auch weiße – Personal unter sich.325 Fundamental unterschieden davon waren die Positionen von Musikern, besonders, wenn sie den Gilden angehörten. Die sieben Trompeter und 15 Pauker im Dienst von verschiedenen deutschen Fürsten können daher ohne Zweifel als frei und – angesichts ihres gehobenen Status als Hof- und/oder Militärmusiker – sogar als privilegiert gelten. Hinzu kommen sieben Personen, die als Paukerlehrlinge 324 Für einen Überblick über die Stratifizierung der Hofämter vgl. Jeroen Duindam, Vienna and Versailles, Cambridge et al. 2003, S. 7 – 13. 325 Firla, AfrikanerInnen und ihre Nachkommen, S. 16 – 17.
Positionen bei Hof
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erwähnt werden, über deren weiteres Schicksal aber nichts bekannt ist. Ihre Lehrer könnten ebenfalls schwarz gewesen sein, so wie zwei der Pauker, die als Meister der Kunst mit Lehrrecht geführt wurden. Dagegen scheinen die 110 Schwarzen, die als Pfeifer und Tamboure in der preußischen Armee dienten und die, die den deutschen Truppen nach Deutschland folgten, nicht Mitglieder der Zunft oder anderweitig mit ihr verbunden gewesen zu sein. Dies mag ein Hinweis darauf sein, dass der Status von (schwarzen) Musikern gegen Ende des 18. Jahrhunderts sank. Die letzten schwarzen Pauker, die nach dem Lehrschema der Zunft der Trompeter und Pauker ausgebildet waren und einen gehobenen sozialen Status als Zunftangehörige genossen, scheinen Johann Matthias Pauli und Carl am braunschweigischen Hof gewesen zu sein. Pauli, der zwischen 1753 und 1779 regelmäßig in den Rechnungsbüchern geführt wird, war verheiratet mit einer Brauerstochter aus dem Harz, wo sich das Paar schließlich niederließ, und hatte mindestens zwei Töchter mit ihr. Carl, der über vierzig Jahre in den Büchern geführt wird, war in erster Ehe verheiratet mit der Tochter eines pensionierten Majors und nach deren Tod mit der Tochter eines Musketiers. Darüber hinaus war – 1797 für mindestens ein Jahr – Johann Wilhelm Charleton aus New York als regulärer Pauker am hannoverschen Hof engagiert.326 Die letzten Trompeter waren vermutlich Leopold Agage am Stuttgarter Hof, der seit 1767 mit der Witwe eines Korporals verheiratet war, und Matthias Engelland, Trompeter am Bückeburger Hof zwischen 1758 und 1773, der mit Caroline Sophia N. aus Ansbach verheiratet war. Fast alle ausgebildeten Musiker scheinen mehr oder weniger integriert in die lokale Gesellschaft und vom sozialen Status her unabhängig genug gewesen zu sein, Interessen zu verhandeln. Abgesehen von den Berufen des Musikers und Dieners übten schwarze Menschen mitunter andere Tätigkeiten aus: als Barbier (1), Zulieferjunge oder Bote (2), Stalljunge (1), Polierer (1), Garderobenmädchen (1), Gärtnergeselle (1), Portier (1) und andere. Daneben ragen einige Personen heraus, die besonders hohe Positionen innehatten. So besetzte der in Surinam oder Berbice geborene und 1752 »als Geschenk aus Holland« nach Berleburg gekommene Ferdinand Christian Coridon später als Fruchtschreiber eine administrative Position bei Hof. Er rangierte unter dem administrativen Hofpersonal in der zweitbesten Einkommensgruppe nach den Mitgliedern des Kabinetts.327 Ein weiteres Beispiel außerordentlichen Erfolgs ist das Carl von Commanis, der in Stuttgart als Stallmeister der oberen Kategorie in der Hofhierarchie angehörte. Eine weitere Position von vergleichsweise hohem Status war die des Bereiters, der für die kostbaren
326 Martin, Schwarze Teufel, edle Mohren, S. 119 – 121. 327 Schäfer, Von »Kammermohren«, »Mohren«-Tambouren und »Ost-Indianern«, S. 35 – 36, 59.
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Schwarze Menschen in der höfischen Welt
Pferde verantwortlich war. Diese Position wurde in Stuttgart und Mecklenburg zweimal von schwarzen Menschen besetzt. Vor allem als Musiker und Diener in verschiedenen, hierarchisch gestuften Positionen waren Schwarze hochsichtbar für die Öffentlichkeit und exponiert an den Höfen als politische, kulturelle, soziale, religiöse und militärische Zentren des Alten Reichs. Hier waren sie entweder als Bedienstete angestellt (und wurden als solche entlohnt) oder als Musiker und Soldaten in privilegierten Armeeeinheiten wie dem Roten Grenadierbataillon, der Elitetruppe der preußischen Könige mit vorwiegend repräsentativen Funktionen. Berufliche Veränderungen waren dabei nicht ausgeschlossen: Einige verzichteten auf den Dienst in der Armee oder bei Hof, um anderswo bessere Positionen zu suchen, andere änderten ihr berufliches Profil grundlegend. Als ein prominentes Beispiel darf der Philosoph Anton Wilhelm Amo gelten, der zunächst ›Kammermohr‹ am Wolfenbütteler Hof gewesen war, bevor er ein Studium aufnahm und später Dozent der Philosophie wurde. Ein weiteres Beispiel ist der Lakai August Wilhelm Peter, der seinen Dienst am Braunschweiger Hof quittierte, um eine bessere Anstellung zu suchen, der jedoch in seine alte Position zurückkehrte, nachdem sich für ihn keine bessere Anstellung gefunden hatte. Soziale Mobilität war daneben auch nach unten möglich, so für den Pfeifer Johann Daniel Goldofsky, der den Armeedienst verließ und Ackerknecht wurde.328 Die Tätigkeit von Schwarzen an den Höfen war grundsätzlich an Entlohnung gebunden, wobei die Gehälter mit ihrem jeweiligen Status in der Dienerhierarchie korrespondierten, was auf eine reguläre dienstrechtliche Bindung hinweist. In den Gehaltslisten der Hofbediensteten werden sie zwar in den meisten Fällen im unteren Drittel geführt, doch wurden diese Listen von den ›Bestverdienern‹ in den gehobenen Hofämtern des Oberschenks, des Hofmeisters, der Kammerjunker, des Kabinettssekretärs, der Prinzenerzieher, Tanzmeister und Kammerdiener angeführt.329 Individuell unterschiedlich war die zusätzliche Zahlung von Kleidergeld und Mieten an die Diener geregelt, von denen viele bei Hof speisten. Der reale Verdienst ist daher höher anzusetzen als der in den Listen angegebene. Außer fürstlichen Dekreten zur Anstellung oder Versorgung von schwarzen Bediensteten haben sich regelrechte Arbeitsverträge nach derzeitigem Forschungsstand bis zum Ende des 18. Jahrhunderts nicht erhalten. Erst für das Jahr 1785 findet sich ein Arbeitsvertrag, der eine Vorstellung von den Aufgabenfeldern eines ›Kammermohren‹ bei Hof vermittelt:
328 Martin, Schwarze Teufel, edle Mohren, S. 148. 329 Ebd., S. 138. Zu den Hierarchien der Hofämter vgl. Lemma »Hofämter«, in: Johann Samuel Ersch und Johann Gottfried Gruber, Allgemeine Encyclopädie der Wissenschaften und Künste, Leipzig 1832.
Positionen bei Hof
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»Conditiones vor den Kammer Mohr Christ Ramsey auf ein 12 Jahr Muß derselbe bey Tafel und sonsten in der garderobe gleich den übrigen Herrschaftlichen Bedienten nach Befehl jedesmahl aufwarten, und sich zu den von ihm verlangten commissionen und Arbeiten auf eigenen directen Befehl Sr. HochReichsGräfl. Erlauchten ohne einige Ausnahme willig gebrauchen lassen. 2. Muß derselbe sein eigenes logis in der Stadt sich anschaffen und von seinem Lohn bezahlen. Vor diese Dienste erhält derselbe 3. an Lohn 60 Gulden holländisch 4. Zwey Fuder Buschen Holz an Brand im Winter 5. Das freye Essen an der Tafel mit dem Küchenschreiber und Köchen wie auch 12 Gulden hol(ländisch) Bier Geld 6. Wird er nach Gutbefinden Ill(ustrissimi) a la moresque gekleidet, jedoch ohne Strumpf und Leinwand. Den 21. 1. 1785 (gez.) W. G. O. J. Samuel Ramsey«330
Die Tatsache, dass sich bisher kein früherer Vertrag gefunden hat, könnte darauf deuten, dass gegen Ende des 18. Jahrhunderts für schwarze Menschen in Europa einerseits eine größere selbstständige Mobilität möglich wurde, dies jedoch andererseits mit einer Anonymisierung und ›Verrechtlichung‹ ihrer Positionen einherging. Ramsey ist wohl identisch mit jenem Samuel Ramsey, der kurz zuvor am braunschweigischen Hof um Heiratserlaubnis vorgesprochen hatte und »welcher ehemals in dem Königl. dänischen Gefolge hier gewesen und sich mit einer Person aus Königslutter, Johanne Cathrine Pickerts ehelich versprochen«. Diese Heiratserlaubnis hat er (dort) wahrscheinlich nicht erhalten, da er die nötigen Aufgebotsscheine nicht beibringen konnte. Er hatte »in Frankreich und zuletzt am Russischen Hofe Dienste gehabt und ehrlichen Abschied erhalten«. In den Kirchenbüchern von Braunschweig und Königslutter hat sich ein entsprechender Traueintrag nicht gefunden.331 Die enorme Mobilität Ramseys in der Welt der europäischen Höfe deutet einerseits darauf, dass er nicht an einen Ort und eine Herrschaft gebunden war, besaß aber die Schattenseite, dass er seinerseits keine Herrschaft so an sich binden konnte, dass sie sich für seine Interessen über das übliche Maß hinaus einsetzte. Dies konnte existenziell sein für Menschen, die aus einem nichteuropäischen und nichtständischen Außen, ohne Papiere im Sinne von Herkunftsnachweisen und ohne Eltern, deren Zustimmung Voraussetzung für die Eheschließung war, in das Reich kamen. Gerade die aufwändigen Prozeduren im Zusammenhang mit der Eheschließung gehören zu
330 Zit. n. Heinrich Voort, Ein Hauch von Exotik: Mohren am Bentheimer Hof, in: Bentheimer Jahrbuch, hg. vom Heimatverein der Grafschaft Bentheim, Bd. 143, 1998, S. 193 – 196, hier S. 195. 331 Kittel, Mohren als Hofbediente und Soldaten, S. 94.
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Schwarze Menschen in der höfischen Welt
jenen Schlüsselsituationen in ihren Biografien, die ohne nachdrückliche Protektion weniger erfolgreich waren.
IV.5 Schwarze Pagen und gehobene Positionen In Schwarze Teufel, edle Mohren listet Peter Martin insgesamt 29 Berufsbezeichnungen, unter denen ›Mohren‹ im Verlauf der drei Jahrhunderte zwischen etwa 1600 bis 1900 geführt wurden: »Leibdiener, Kammerdiener, Cammer-Page, Hof-Dame, Kammerfrau, Tischdiener, Tafeldecker, Livr¦e-Bedienter, Lakai, Läufer, Bote, Pferdeknecht, Trossknecht, Zeltknecht, Packknecht, Reitknecht, Kutscher, Tierwärter in der k. k. M¦nagerie, Gärtners Gesell, Gärtnergehilfe, Balbier, Bader, Chirurg, Waschmagd, Portier, Pedell, Trompeter, Paucker, Tambour und Schellenbaumträger«. Er stuft sie überwiegend als ›niedere‹ Tätigkeiten ein.332 Die von Firla recherchierten Fälle eines Bereiters, eines Fruchtschreibers und Amtsverwesers sowie die von Anton Wilhelm Amo und Angelo Soliman repräsentierten Berufe eines Hochschullehrers und Prinzenerziehers erscheinen in dieser Liste nicht.333 Daneben waren mindestens vier der genannten Berufe (Kammerdiener, Hofdame, Trompeter, Pauker) durchaus angesehene bzw. gut bezahlte Berufe. Auch der bei Martin geführte »Cammer-Page« gibt Rätsel auf, da Pagen grundsätzlich adliger Herkunft waren und auch die dreimal von Schwarzen besetzte Position des Kammerdieners war wie die des Stallmeisters grundsätzlich Adligen vorbehalten. Wäre denkbar, dass es abgesehen von dem schwarzen russischen General Abram Petrowitsch Gannibal (Hannibal), der als Vatersnamen den Namen seines Paten, Zar Peters I. führte und eine deutsche Adlige heiratete, noch weitere Nobilitierungen von Schwarzen gegeben hat bzw. – gedachte oder tatsächliche – afrikanische Adelsränge stillschweigend auf europäische Verhältnisse übertragen wurden?334 In seinem Beitrag zum Begriff ›Mohr‹ im ersten Teil der von Werner Paravicini herausgegebenen Höfe und Residenzen im spätmittelalterlichen Reich deutet Gerhardt Petrat die Anstellung eines Schwarzen als Pagen durch den Kurfürsten von Bayern im Jahr 1570 in entgegengesetzter Richtung. Durch diese habe der Kurfürst »mit einer höfischen 332 Martin, Schwarze Teufel, edle Mohren, S. 138. 333 Firla, »Hof-« und andere »Mohren«, S. 166. 334 Zur Geschichte jenes berühmten ›Mohren des Zaren‹ vgl. Dieudonn¦ Gnammankou, Abraham Hanibal, l’aeul noir de Pouchkine, Paris 1996; ders., La traite des Noirs en direction de la Russie, in: Doudou Diene (Hg.), From chains to bonds. The Slave Trade Revisited, Paris 1998, 107 – 117; ders., Pouchkine et le monde Noir, Paris 1999; ders., Le pass¦, modÀle d’avenir?, in: The Courier 187, 2001, S. 39 – 41; Allison Blakely, Russia and the Negro. Blacks in Russian History and Thought, Washington, D. C., 1986.
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Tradition [gebrochen], wonach diese Funktion bis dahin nur Adligen vorbehalten blieb«.335 Da auch danach ausschließlich Adlige Pagen werden konnten, wäre zu fragen, ob nicht der angestellte Schwarze doch selbst adliger Herkunft gewesen sein könnte oder aber im Rahmen der oben bereits erwähnten ›Poetisierung‹ von Menschen afrikanischer Herkunft im höfischen Raum zu solchen stilisiert wurden. Da die dignitas der Begleitperson eines Fürsten dessen eigene Würde zu steigern vermochte,336 welche Würde vermochte dann erst ein ohnehin durch sein Äußeres und seine Weltläufigkeit hervorgehobener schwarzer Page zu verleihen? In der Residenz der Herzöge von Schleswig-Holstein-Gottorf ist der Fall des späteren Paukers Anton Friedrich aus Arabien überliefert, der Mitte des 17. Jahrhunderts zusammen mit den Pagen des Herzogs am dortigen Erziehungsinstitut für Edelknaben auf ein Leben bei Hof vorbereitet wurde. Der Unterricht in der ›Anstandslehre‹ und Fechtkunst durch eigens angestellte Erzieher und die musikalische Ausbildung durch den herzoglichen Kapellmeister waren ganz auf eine standesgemäß adlige Lebensweise ausgerichtet und boten sicher keine angemessene Vorbereitung auf die Zukunft von Bediensteten.337 Am Wolfenbütteler Hof wiederum hatte Rudolph Mohr – wie zwei Schwarze in Mecklenburg – über mehrere Jahrzehnte die Position eines Kammerdieners inne, was ihn als Vertrauensperson der dortigen Herzöge und Herzoginnen auswies und über deren persönliche Dienerschaft stellte. Aus seiner später gedruckten Leichenpredigt geht hervor, dass er ursprünglich Theologie hatte studieren wollen, »worüber sich am Hof von Braunschweig-Wolfenbüttel vermutlich niemand sonderlich wunderte«, denn etwa dreißig Jahre später, noch zu Rudolf Mohrs Lebzeiten, immatrikulierte sich der aus Ghana stammende, ehemalige Hofbedienstete Anton Wilhelm Amo 1717 an der philosophischen Fakultät der Universität Halle, wo er später – ebenso wie an den Universitäten von Wittenberg und Jena – selbst Philosophie lehrte.338 Neben verschiedenen Dienerpositionen bei Hof waren, wie beschrieben, viele Schwarze Hofmusiker, insbesondere Pauker und Trompeter. Diese festangestellten Musiker standen im ausgehenden Mittelalter den umherziehenden Spielleuten gegenüber. Die bereits von Friedrich II. und anderen Fürsten geschätzten Musiker erhielten als Repräsentanten herrschaftlicher Macht im 14. und 15. Jahrhundert einen festen Platz im höfischen Zeremoniell und Heerwe335 Petrat, Zwerge, Riesen, Mohren, in: Paravicini, Höfe und Residenzen, S. 69 – 74, hier S. 73. 336 Ebd., S. 72 – 73, hier auch ein Forschungsüberblick zum Thema. 337 Kellenbenz, Schleswig in der Gottorfer Zeit, S. 203; Heinrich Philippsen, Alt-Schleswig. Zeitbilder und Denkwürdigkeiten, Schleswig 1928, S. 41. 338 Kittel, Mohren als Hofbediente und Soldaten, S. 80 – 82; Zitat: Firla, AfrikanerInnen und ihre Nachkommen, S. 16 – 18; dies., Anton Wilhelm Amo (Nzema, heute Republik Ghana). Kammermohr – Privatdozent für Philosophie – Wahrsager, in: Tribus 51, 2002, S. 56 – 79, zu Rudolf Mohr S. 56 – 57.
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Schwarze Menschen in der höfischen Welt
sen. Sie unterschieden sich von den fahrenden Musikanten, Joculatores und Spielleuten durch ihr Aufgabenfeld und ein höheres soziales Ansehen. Sie unterstanden der Jurisdiktion des Marschalls und empfingen von ihren Fürsten eine in der Regel überdurchschnittliche Besoldung.339 In Abbildungen des 16. Jahrhunderts erscheinen sie bereits häufig als beritten. Als Zeichen ihrer Würde war es ihnen erlaubt, wie die Offiziere ein Schwert und am Hut die Straußenfeder zu tragen. Ihre Trompeten und Pauken waren mit wertvollen Fahnen geschmückt, die das Wappen ihrer Fürsten zeigten: »Die Größe der Trompeterkorps wurde als Spiegelbild für das Ansehen eines Fürsten betrachtet. Die Haltung von Trompetern und Paukern machte erst […] die ›Vollkommenheit eines Hofstaats‹ aus.«340 Es war daher nicht nur die besondere Musikalität, die Afrikanern zugeschrieben wurde, die im 17. Jahrhundert dazu führte, dass diese vermehrt zu Musikern ausgebildet wurden. Die visuelle Ausstattung der Musiker als Element höfischer Repräsentation konnte offenbar durch ›Mohren‹ in der Hofkapelle effektvoll gesteigert werden. Die Hautfarbe der Musiker hatte dabei weder für sie selbst noch für die Fürsten oder die Hofkapelle eine Status mindernde, sondern im Gegenteil, eine für alle Beteiligten Status erhöhende Wirkung. Insbesondere seit Gründung der Reichszunft der Pauker und Trompeter und der kaiserlichen Bestätigung ihrer Privilegien im Jahre 1623 besetzten Musiker bei Hof angesehene Positionen.341 Der Eintritt in die Zunft der Trompeter und Pauker wurde durch strenge Aufnahmebeschränkungen erschwert; wie für andere Zünfte wurde der Nachweis der Geburt »von ehrlichen Eltern« erwartet, der für Schwarze, die aus den verschiedensten Weltteilen nach Europa gekommen waren, wohl nur mithilfe der Fürsten zu erbringen war. Die Kunst der Trompeter und Pauker galt als »ritterlich-freie Kunst«, welche auch von Mitgliedern des Hochadels erlernt wurde, etwa von einem der Prinzen von Württemberg im Jahr 1670/71, der sich zum Pauker ausbilden ließ.342 Als Militärmusiker besaßen die Trompeter und Pauker das Vertrauen der Fürsten, da sie eine Schlüsselstellung für die militärische Nachrichtenübermittlung innehatten. Trompeter wurden in Kriegszeiten, wenn sie in Gefangenschaft gerieten, nur gegen Offiziere ausgetauscht, da sie als Geheimnisträger galten. Zu ihren Aufgaben im Militär gehörten der »Signaldienst« und die »mehrstimmige Militärmusik« in Form von Reitermärschen bei Feldzügen. Im höfischen Zeremoniell verrichteten sie 339 Detlef Altenburg, Untersuchungen zur Geschichte der Trompete im Zeitalter der Clarinblaskunst, 2 Bde., Regensburg 1973, hier Bd. I, S. 39. 340 Ebd., S. 43, dort zit. n. Walter Salmen, Lemma »Musiker«, in: Musik in Geschichte und Gegenwart, Bd. IX, 1961, Sp. 1089. 341 Altenburg, Untersuchungen zur Geschichte der Trompete, S. 138, vgl. Martin, Schwarze Teufel, edle Mohren, S. 117 – 119; Firla/Forkl, Afrikaner und Africana, S. 151 – 152. 342 Firla/Forkl, Afrikaner und Africana, S. 151.
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ebenfalls Signaldienste, hier etwa das Blasen zur Tafel, aber auch die Tafelmusik, die Begleitung zum Gottesdienst und in der Öffentlichkeit. Sie wirkten »bei Hoffesten aller Art: Taufen, Hochzeiten, Krönungen, Turnieren, Ballfesten, Fürstenbesuchen, Trauerfeiern und ähnlichen Anlässen« mit und zu ihren Aufgaben gehörte schließlich auch die Ausbildung von Lehrlingen.343 Die Abgrenzung der zünftisch gebundenen Musiker richtete sich vor allem gegen nichtzünftige Musiker, insbesondere jene, die bei bürgerlichen Hochzeitsfeiern, in Wirtshäusern und im Schaustellergewerbe, als Gaukler, Jongleure, Glücksbüdner usw. aufspielten, wodurch der repräsentative Charakter der Trompetenmusik verlorenzugehen drohte.344 Innerhalb der Zunft scheint der alte Streit um die Rangfolge von Paukern und Trompetern wichtiger als die Herkunft oder Hautfarbe der Musiker gewesen zu sein. Eine von Peter Martin geschilderte Episode aus dem Jahr 1725 verdeutlicht dies: Der schwarze »Pauquer Mohr« saß hier wie wohl öfter mit angesehenen Bürgern von Arolsen – unter anderem mit dem Fagottisten Eichner, dem Metzger Schwenk, dem Jäger des Fähnrichs von Dalwig, dem Steinhauermeister Matthias und dem Trompeter Schäffer – bei einem abendlichen Bier im Krug, als sich wegen eines Wildschweins, das die Fürstin »dem Hn. Hoffprediger Meisner, ihme, dem Schäffer, u. dem mohren […] geschencket«, ein Streit anbahnt. »Du bist eben der Kerl«, so Schäffer zu dem Pauker, »du hast mich und meinen SchwiegerVatter vor einen Dieb angegriffen, der doch dein Seelsorger ist« und »wenn wir nicht so gute freunde jederzeit gewesen wären, so wollte ich Dich auf den Bart hauen […].« Trotz der Beschwichtigungen durch die anwesenden Freunde versetzt er dem Pauker in seiner Erregung tatsächlich eine Ohrfeige, worauf dieser, so vermeldet es das später aufgenommene Protokoll, sagte: »Ich bedancke mich; aber du must mit [sic!] revenge vor meine ohrfeige geben.« Der Trompeter verweigert dies, allerdings nicht aus rassistischen Gründen, sondern weil er sich mit dem Berufsethos des Trompeters in der Hierarchie der Zunft viel weiter oben sah als der Pauker!345 Immer aber besaßen Schwarze an den Höfen auch eine symbolische Bedeutung im Rahmen des höfischen Wettbewerbs um Rang und Herrschaft. Viele von ihnen standen in einer besonderen Vertrauensstellung zu den Fürsten und waren Teil der ›weiteren Familie‹ der Fürsten.346 Ihre Jugend bei Eintritt in die Fürs343 Altenburg, Untersuchungen zur Geschichte der Trompete, S. 81, 138; Martin, Schwarze Teufel, edle Mohren, S. 117 – 119. 344 Altenburg, Untersuchungen zur Geschichte der Trompete, S. 44. 345 Alle Zitate nach Martin, Schwarze Teufel, edle Mohren, S. 152 (Nachweise dort auf S. 434, Anm. 446 – 451). 346 Vgl. die Zuordnung von ›Mohren‹ wie auch von ›Favoriten‹, ›Mätressen‹, ›Hofnarren‹, ›Zwergen‹ und ›Riesen‹ zur weiteren familia in Paravicini, Höfe und Residenzen, Teilband I, Inhaltsverzeichnis.
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tenfamilie musste auch persönliche Verbundenheit mit sich bringen, die sich darin spiegelt, dass manche der schwarzen Kinder gemeinsam mit den Fürstenkindern unterrichtet wurden, oder darin, wie sie in den Testamenten von Fürsten, besonders aber von Fürstinnen erwähnt werden. Ihre Zugehörigkeit zur familia der Fürsten wurde insbesondere durch den Akt der Taufe, bei dem adlige Familienangehörige Patenschaften für sie übernahmen, noch einmal bekräftigt. In der Zusammenschau wirft dies neues Licht auf die oben zitierte Zedler’sche Definition des Begriffs der ›Mohrin‹: Es gehört zu den wesentlichen Merkmalen des frühneuzeitlichen Hofes, dass Regierung und Haushalt, zu dem die familia der Fürsten gehörte, bis weit in das 18. Jahrhundert hinein faktisch kaum voneinander getrennt waren.347 Da war einerseits die fürstliche Repräsentation im Sinne von ›Staat‹, der in der Definition von ›Mohrin‹ genannt wird, auf der anderen Seite ›Vergnügen‹, das nicht als ein rein privates Vergnügen zu verstehen ist, sondern immer auch repräsentativen Charakter besaß, wie die Jagd oder Divertissements allgemein. Unabhängig von den konkreten Aufgaben in dem einen oder anderen Bereich – Haushalt oder Regierung/›Staat‹ – erzeugte die kontinuierliche Nähe zu den Fürsten und Fürstinnen Zugehörigkeit zu einem Hof, indem der Begriff des ›Hofes‹ selbst an die unmittelbare physische Anwesenheit der Fürsten gebunden war, die einen Hof erst konstituierte.348 Die Betonung der Bedeutung von weiblichen ›Mohren‹ im Rahmen von »Staat und Vergnügen« verortet sie entsprechend in beiden Sphären gleichzeitig. Die Tatsache, dass weiblichen Schwarzen ein eigener Eintrag gewidmet ist, könnte ein Hinweis darauf sein, dass die gegenwärtige Forschung, welche vor allem männliche Diener aus Afrika wahrgenommen hat, noch ganz am Anfang steht und möglicherweise mehr schwarze Frauen und Mädchen an den Höfen lebten als bisher angenommen.349 In diesem Fall wäre auch der Gender-Aspekt stärker zu gewichten. Unter anderen Gesichtspunkten kommt er seitens der Fürstenfamilien darin zum Ausdruck, dass es oft die weiblichen Angehörigen waren, die im Zusammenhang mit schwarzen Bediensteten an den Höfen erwähnt werden und die offenbar regen Anteil an ihrem Schicksal nahmen.
347 Vgl. Duindam, Vienna and Versailles, S. 3. 348 Lemma »Hof«, in: Zedler, Universal-Lexicon, Bd. 13, Sp. 405 – 412, hier Sp. 405: »Hof wird genennet, wo sich der Fürst aufhält.« 349 Vgl. die Arbeiten zum Wolfenbütteler, Stuttgarter und Bayreuther Hof. In Aurich hatten zwei »gewesene Türkinnen« eine ähnliche Position bei Hof inne wie ›Mohrinnen‹. Eine ›Mohrin‹ wurde von hier nach Bayreuth geschickt, vgl. Kap. V.4.
V ›Mohren‹ in Nordwestdeutschland und in den dynastischen Netzwerken der Cirksena
In einer Arbeit über die Migration von Menschen afrikanischer Herkunft im Heiligen Römischen Reich mag es wenig erstaunen, ein Kapitel über die norddeutschen Küstengebiete mit ihren Überseehäfen vorzufinden. Verwunderung ruft dagegen vielleicht die Wahl eines doch eher marginalen Adelshofes hervor, wenn dieser, wie der ostfriesische Hof der Cirksena in der Stadt Aurich, im 17. und 18. Jahrhundert zu den kleineren Residenzen des Alten Reiches gehörte. In der Tat war dieser Hof zunächst nur ein Ort unter vielen, an denen sich der Überlieferung nach schwarze Menschen aufhielten. Dass die Region mit diesem Hof – trotz eher inkonsistenter Quellenlage – in das Zentrum des Forschungsinteresses rückte, ist dem Charakter der Netzwerke in der Region geschuldet, die einerseits durch einen eigenen Überseehafen, Emden, und die Nähe zu den westfriesisch-niederländischen Gebieten an den transatlantischen Handel angebunden, andererseits mit dem ostfriesischen Fürstenhaus über weit verzweigte dynastische Netzwerke mit anderen deutschen und europäischen Adelshäusern verbunden war. Im Verlauf der Arbeit zeigte sich, dass der dauernde Interessenskonflikt zwischen Brandenburg-Preußen und den Cirksena dazu führte, dass dynastische und Handelsnetzwerke weitgehend ohne Berührung blieben. So ist weitgehend auszuschließen, dass einer der schwarzen Bediensteten der Cirksena auf brandenburgischen Schiffen nach Aurich kam. Wichtiger waren in diesem Kontext die dynastischen Verbindungen des Fürstenhauses mit aktiv in den Kolonialhandel involvierten Häusern, etwa das dänische Königshaus oder der Bayreuther Markgrafenhof. Die Cirksena regierten knapp 300 Jahre über das ostfriesische Territorium, von der Belehnung Ulrich Cirksenas (gest. 1466) durch Kaiser Friedrich III. im Jahre 1464 bis zum Erlöschen des Geschlechts im Jahre 1744. Es umfasste neben der Grafschaft Ostfriesland selbst das in Personalunion verwaltete, jedoch verfassungsrechtlich getrennte Harlingerland, die Region um Esens und Wittmund. Wie viele andere Adelsfamilien in Ostfriesland waren die Cirksena aus dem spätmittelalterlichen Häuptlingsadel hervorgegangen. In der Zeit vor 1744 war Ostfriesland eingeteilt in Ämter und in Herrlichkeiten, in denen die Nachfahren
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›Mohren‹ in Nordwestdeutschland
der ehemaligen Häuptlingsfamilien und seit dem 16. Jahrhundert zugewanderte Adelsfamilien weitgehend autonom regierten. Einen eigenen politischen Stand bildeten in Ostfriesland die Hausleute, die bäuerliche Oberschicht, die auch Zugang zu den Landtagen hatte und zur Stimmabgabe berechtigt war. Dagegen war der Klerus als Stand bedeutungslos. Konfessionell umfasste Ostfriesland einen reformierten westlichen Landesteil, in dessen Zentrum die Stadt Emden stand, und in den Geestregionen um die Stadt Aurich einen überwiegend lutherischen Teil. Mitte des 16. Jahrhunderts wurde Aurich Residenzstadt und Sitz des lutherischen Grafenhauses.350 Im Zusammenhang mit dem Häuptlingswesen standen Besonderheiten der politischen Strukturen, die aus den genossenschaftlichen Organisationsformen in den friesischen Landesgemeinden resultierten, denen Grundherrschaft, Hörigkeit oder Leibeigenschaft fremd waren. Das Selbstverständnis des Adels in dieser Region unterschied sich daher weitgehend von dem anderer Regionen im Reich und war bis zum Ende der Fürstenherrschaft der Cirksena gekennzeichnet durch anhaltende Konflikte mit den Landständen. Die Ausbildung ›absolutistischer‹ Herrschaftsstrukturen war daher in dieser Region weniger erfolgreich als in anderen. Die ›friesische Freiheit‹, die den Friesen der Sage nach von Karl dem Großen zugesichert worden war und nach der Friesland eine Einheit bildete und das gesamte Küstengebiet der Nordsee von der Zuiderzee bis zur Wesermündung einschloss, prägte das Selbstverständnis der Region bis zum Ende der Fürstenherrschaft und bis heute.351 Entsprechend ist die Geschichte der Region vor allem aus der Perspektive der Landstände geschrieben worden.352 Abgesehen von einigen Einschätzungen vor
350 Heike Düselder/Olga Sommerfeld, Adel an der Peripherie? Kultur und Herrschaft des niederen Adels in Nordwestdeutschland, in: zeitenblicke 4 (2005), Nr. 3, 13. 12. 2005, siehe URL: http://www.zeitenblicke.de/2005/3/Dueselder/index_html [Stand: 12. 06. 2013], URN: urn:nbn:de:0009 – 9 – 2406, Abs. 14 – 17. 351 Ebd., Abs. Bernd Kappelhoff, Absolutistisches Regiment oder Ständeherrschaft? Landesherr und Landstände in Ostfriesland im ersten Drittel des 18. Jahrhunderts, Hildesheim 1982; Hajo van Lengen, Politische Partizipation und frühmoderner Staat. Ostfriesland vom 16. bis zum 19. Jahrhundert, in: Hajo van Lengen (Hg.), Collectanea Frisica. Beiträge zur historischen Landeskunde Ostfrieslands, Aurich 1995, S. 267 – 290; Heinrich Schmidt, Häuptlingsmacht, Freiheitsideologie und bäuerliche Sozialstruktur im spätmittelalterlichen Friesland, in: Kurt Andermann/Peter Johanek (Hg.), Zwischen Nicht-Adel und Adel, Stuttgart 2001, S. 285 – 309; Heike Düselder, Selbstverständnis und Lebensweise des ostfriesischen Adels in der Frühen Neuzeit, in: Emder Jahrbuch für historische Landeskunde Ostfrieslands, Bd. 84, 2004, S. 19 – 49. 352 Vor allem die mehrbändige Publikation von Tileman Dothias Wiarda, Ostfriesische Geschichte, 10 Bde., Emden 1968 (Erstveröffentlichung: Bd. 1 – 9, Aurich 1791 – 1798, Bd. 10, Leer 1817); Heinrich Schmidt, Dynastien, Länder und Geschichtsschreibung im nordwestlichen Niedersachsen vom 16. bis zum 19. Jahrhundert, in: Niedersächsisches Jahrbuch für Landesgeschichte, Bd. 68, 1996, S. 1 – 17; zu den Cirksena vgl. Heinrich Reimers, Die
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allem aus dem lokalen Raum, welche die Fürsten unter anderem für ihre »Promotion zu Wissenschaftlern« und besonders der vorletzte Fürst Georg Albrecht (1690 – 1734) als »Gelehrter« preisen,353 fand das Fürstenhaus bis vor kurzem wenig Erwähnung in der regionalen und überregionalen Historiografie. Die Meinung, dass es in seiner Zeit dynastisch und strategisch durchaus von Bedeutung war, vertrat indes kein Geringerer als Johann Gustav Droysen – einer der führenden Vertreter des Historismus, die heute für das ›Verschweigen‹ unter anderem der ethnischen Diversität der deutschen Bevölkerung verantwortlich gemacht werden. Mit aus preußischer Perspektive geschärftem Blick auf Ostfriesland urteilte er, es habe im Heiligen Römischen Reich kaum ein Territorium gegeben, »das wichtiger, zerrütteter, gefährdeter war als Ostfriesland.«354 Eine Aufwertung seines Status erfuhr der ostfriesische Hof 1654 durch die Erhebung des Grafen Enno Ludwig (1632 – 1660) in den persönlichen sowie 1662 die seines Bruders und Nachfolgers Georg Christian (1634 – 1665) in den erblichen Fürstenstand.355 1667 erhielt Ostfriesland eine Stimme im Reichsfürstenrat. Von seiner Fläche und Bevölkerung her war das ostfriesische Territorium vergleichbar mit einigen Fürstentümern, die sich als Zentren höfischer Kultur stärker im historischen Bewusstsein erhalten haben. So war das Fürstentum Ostfriesland größer und besaß mehr Einwohner als die Herzogtümer SachsenWeimar oder Sachsen-Gotha. Schon durch die hohe Zahl kleinerer und mittlerer Seehandelsplätze und der reichen Marschen lag seine Wirtschaftskraft deutlich über der Sachsen-Eisenachs und Sachsen-Weimars. Entsprechend wurden seine Beiträge zum Reichskammergericht etwa dreimal so hoch veranschlagt wie die von Sachsen-Weimar, Sachsen-Eisenach oder Sachsen-Gotha.356 Nach dem Tode Georg Christians im Jahr 1665 übernahm dessen Gattin Christine Charlotte (1645 – 1699), eine Tochter Herzog Eberhards III. von Württemberg, für ein Vierteljahrhundert die vormundschaftliche Regierung für
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Bedeutung des Hauses Cirksena für Ostfriesland, Aurich 1905; ders., Ostfriesland bis zum Aussterben seines Fürstenhauses, Bremen 1925. Herquet, Miscellen; August de Boer, Beiträge zur ostfriesischen Kulturgeschichte aus der Zeit der drei letzten Fürsten Ostfrieslands, in: Heimatkunde und Heimatgeschichte, Beilage zu den Ostfriesischen Nachrichten, 1931, Nr. 10 – 11, 1932, Nr. 1 – 4; Georg Schnath, Ostfriesische Fürstenbriefe aus dem 17. Jahrhundert, Aurich 1929. Zur Historiografie des ostfriesischen Hofes vgl. Martin Jhering, Hofleben in Ostfriesland. Die Fürstenresidenz Aurich im Jahre 1728, Hannover 2005, S. 18 – 30. Johann Gustav Droysen, Geschichte der Preußischen Politik, 5 Teile in 14 Bänden, 1. bzw. 2. Aufl. Leipzig 1868 – 1886, hier T. III, Bd. 3, S. 474. Zur Diskussion um die erstmals von Tileman Dothias Wiarda geäußerte These, dass Ostfriesland nie in ein Fürstentum umgewandelt worden, sondern eine bloße Grafschaft geblieben sei und den Titel Fürstentum lediglich »durch Observanz und Verjährung« erhalten habe, vgl. Wiarda, Ostfriesische Geschichte, Bd. V: 1648 – 1651, S. 103 – 104, vgl. dazu Walter Deeters, Cirksena, Ostfriesland, in: Paravicini, Höfe und Residenzen, Bd. 1, Teilband 2: Residenzen (Residenzenforschung 15), S. 57 – 58, 856 – 858. Jhering, Hofleben in Ostfriesland, S. 18 – 19.
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ihren Sohn Christian Eberhard (1665 – 1708). Dieser löste sie im Jahr 1690 in der Regierung ab. Seit 1708 regierte sein Sohn Fürst Georg Albrecht, dessen einziger Sohn Carl Edzard (1716 – 1744) im Jahre 1744 nach nur zehnjähriger Regierungszeit ohne männlichen Nachkommen verstarb. Das Erbe der Cirksena fiel an König Friedrich II. von Preußen (1712 – 1786), dessen Großvater, Kurfürst Friedrich Wilhelm I. von Brandenburg, seinerzeit eine Reichslehnanwartschaft auf Ostfriesland erhalten hatte. Friedrich II. verkaufte einen Großteil der materiellen Zeugnisse des ostfriesischen Hofes:357 So erlosch mit der Selbstständigkeit Ostfrieslands und dem ostfriesischen Hofleben auch weitgehend die Erinnerung an das höfische Leben in der Residenzstadt.358 Arbeiten, die sich aus kulturgeschichtlicher Perspektive dem Hofleben in Aurich zuwenden, sind neben den 1883 vom preußischen Archivrat Karl Herquet veröffentlichten Miscellen zur Geschichte Ostfrieslands die 1931 und 1932 erschienenen Beiträge zur ostfriesischen Kulturgeschichte aus der Zeit der drei letzten Fürsten Ostfrieslands von August de Boer, die von Georg Schnath 1929 edierten Ostfriesischen Fürstenbriefe sowie die – fast achtzig Jahre später – 2005 erschienene Studie zum Hofleben in Ostfriesland von Martin Jhering.359 Die Arbeiten von Herquet und Jhering sind die einzigen, in denen schwarze Menschen in Ostfriesland erwähnt werden.
V.1
Menschen afrikanischer Herkunft im norddeutschen Raum
Menschen afrikanischer Herkunft sind im norddeutsch-niederländisch-dänischen Raum bis zum 13. Jahrhundert nicht direkt nachweisbar. Nicht unwahrscheinlich ist jedoch, dass im Verlauf der Raubzüge der Wikinger und über den Handel mit dem Mittelmeerraum auch einige schwarze Menschen in das heutige deutsch-dänische Grenzgebiet verschleppt wurden. Dort befand sich mit dem an 357 Am 13. Oktober 1745 wurde eine 399 Stücke enthaltende Sammlung von ostfriesischen Gemälden auf dem Auricher Schloss versteigert, am 14. Februar 1754 eine Sammlung von 184 Pretiosen, Medaillen und Münzen aus dem Nachlass Karl Edzards, vgl. Friedrich H. Hofmann, Ostfriesische Fürstenbilder aus der letzten Fürstenzeit, in: Emder Jahrbuch für historische Landeskunde Ostfrieslands, Bd. 33, 1932, S. 45 – 102, hier S. 79. Desgleichen wurden die gesamten Bestände der ostfriesischen Fürstenbibliothek 1746 versteigert, vgl. Catalogus bibliothecae principalis, publica auctione distrahendae Auricae die 19. Aprilis & seqq. 1746, Aurich 1746; Martin Tielke, Die ostfriesische Fürstenbibliothek, in: Emder Jahrbuch für historische Landeskunde Ostfrieslands, Bd. 69, 1989, S. 87 – 118. Zu Archivverlusten in Ostfriesland vgl. Walter Deeters, Urkunden- und Aktenvernichtungen in Ostfriesland, in: Emder Jahrbuch für historische Landeskunde Ostfrieslands, Bd. 72, 1992, S. 5 – 18. 358 Jhering, Hofleben in Ostfriesland, S. 24. 359 Herquet, Miscellen; Jhering, Hofleben in Ostfriesland; Herquet, Miscellen; de Boer, Beiträge zur ostfriesischen Kulturgeschichte.
Menschen afrikanischer Herkunft im norddeutschen Raum
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der Schlei gelegenen Haithabu eines der wichtigsten Handelszentren der Wikinger.360 Arabische und christliche Quellen berichten, dass die ›Nordmänner‹ im Mittelmeerraum auch gegen Äthiopier gekämpft und bei ihrer Rückreise nach Norden »eine große Zahl« schwarzer Gefangener in ihren Langschiffen mitgenommen hätten, um sie als Sklaven zu verkaufen.361 In Haithabu wurden Waren aus der gesamten damals bekannten Welt, aus Norwegen, Schweden, Irland, dem Baltikum, Konstantinopel und Bagdad gehandelt. Ein Handel mit Sklaven ist durch archäologische Funde von eisernen Fuß- und Handfesseln belegt und im englischen North Elmham in Norfolk, etwa vierzig Kilometer nordwestlich von Norwich, wurde das Skelett eines afrikanischen Mädchens gefunden, das um die Wende vom 10. zum 11. Jahrhundert vermutlich durch die Wikingerzüge dorthin gekommen war.362 ›Haidiba‹ galt dem bremischen Domherrn und Domscholasten Adam von Bremen (vor 1050 – 1081/1085) zufolge als portus maritimus, von dem aus Schiffe bis nach Griechenland (Byzanz) geschickt wurden.363 Auch von arabischen Händlern und Reisenden wurde der Ort besucht, so von Ibrahim ibn Jaqub, einem Gesandten aus dem arabisch geprägten Cûrdoba, Andalusien oder Toledo, der in der zweiten Hälfte des 10. Jahrhunderts Zentral- und Osteuropa bereiste und beschrieb.364 Schon die strategische Lage der Stadt an den Handelswegen zwischen dem Fränkischen Reich und Skandinavien sowie zwischen Ostsee und Nordsee, die es zwischen dem 8. und 11. Jahrhundert zu einem Haupthandelsplatz machten, lässt vermuten, dass es hier zumindest sporadisch Berührungspunkte mit schwarzen oder dunkelhäutigeren Menschen gegeben hat. Erstmals historisch belegt ist die konkrete Gegenwart von schwarzen Menschen im Norden des Alten Reiches allerdings erst im Zusammenhang mit einer Reise Kaiser Friedrichs II. von Hohenstaufen (1194 – 1250), der im Juli 1235 in Worms die Schwester des englischen Königs Heinrich III., Isabella von England (1214 – 1241), heiratete. Mit seinem Hofstaat, dem auch Schwarze angehörten, unter denen sich möglicherweise auch Johannes Morus, der schwarze Großwesir 360 Heithabu (auch: Heidiba, heute Haddeby) findet ausführlich Erwähnung in der Chronik des Erzbistums Hamburg, die Adam von Bremen im Jahr 1076 fertigstellte. Die Sachsen und Franken nannten die Siedlung Sliaswig und Sliaswich (Siedlung oder Bucht an der Schlei), woraus sich das heutige Schleswig ableitet. 361 Martin, Schwarze Teufel, edle Mohren, S. 17, für Nachweise vgl. S. 360 (Anm. 16). 362 Ebd., S. 16 – 18. 363 Jan Richter, Haithabu. Eine Drehscheibe des frühmittelalterlichen Welthandels, in: Stephan Conermann/Jan Kusber (Hg.), Studia Eurasiatica, Schenefeld/Hamburg 2003, S. 383 – 391. 364 Auch Ibrahim Ibn Yaqub, Ibrahim ben Jakub, Ibrahim Ibn al Jaqub al Israili at-Turtuschi; »At-Tartuschi aus der Kalifenstadt Cordoba« bei Martin, Schwarze Teufel, edle Mohren, S. 361 (Anm. 18); Peter Engels, Der Reisebericht des Ibrahim ibn Ya’qub (961/966), in: Anton von Euw/Peter Schreiner (Hg.), Kaiserin Theophanu. Begegnung des Ostens und Westens um die Wende des ersten Jahrtausends, Bd. 1, Köln 1991, S. 413 – 422.
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›Mohren‹ in Nordwestdeutschland
von Sizilien, befand, zog er im Anschluss nach Magdeburg weiter.365 Der Notar und Hofkaplan am Hof der Staufer, Gottfried von Viterbo, schreibt über den Besuch des Kaisers, dieser sei dahergezogen »in großer Glorie und es folgten ihm die vielen Quadrigen mit Gold und mit Silber beladen, mit Byssus und Purpur, mit Gemmen und köstlichem Gerät. Er führte mit sich Kamele, Maultiere und Dromedare, Affen und Leoparden, auch viele Sarazenen und dunkle Äthiopier, die sich auf mancherlei Künste verstanden und als Wachen dienten für Gelder und Schätze.«366
Wohl nach dem Vorbild der schwarzen Garde der Aglabiden unter Ibrahim Ben Ahmed (874 – 902), so Peter Martin, sei die dunkelhäutige Leibgarde des Kaisers voll bewaffnet gewesen, als sie in Magdeburg einzog. Ihr folgten sarazenische Frauen und Mädchen in Begleitung von Eunuchen. Der für seine Sympathien mit der arabischen Welt bekannte Stauferkaiser orientierte sich an antiken und östlichen Vorbildern der Herrschaftsrepräsentation, die über ihn auch in den äußersten Norden des Reichs und darüber hinaus getragen wurden.367 Der Magdeburger Dom, dem heiligen Mauritius als dem »höchsten Patron des ganzen Reiches« geweiht, war zwanzig Jahre später der Ort, an dem dieser Heilige in einer lebensgroßen Statue erstmals als Schwarzer dargestellt wurde, eine Darstellungsweise, die sich in der Folge weiter über Zentral- und Osteuropa verbreitete.368 Eine auch für die norddeutsche Region mögliche, jedoch bisher unbelegte Begegnung mit Schwarzen aus Afrika könnte durch die Beteiligung norddeutscher Ritter an den Kreuzzügen erfolgt sein. Geschichten von in Begleitung dunkler Frauen heimkehrenden Kreuzfahrern sind verbreitet, jedoch fehlen oft verlässliche Quellen, wie etwa in dem von Martin geschilderten Fall des thüringischen Grafen von Gleichen.369 Dieser war mit Friedrich II. nach Osten gezogen und hatte der Sage nach eine schwarze Prinzessin mit heimgebracht, um danach mit ihr und seiner (rechtlich anerkannten) Ehefrau eine Ehe zu dritt zu führen.370 Wie von Gleichen waren auch die Friesen, zu dieser Zeit ein führendes Seefahrer- und Handelsvolk an der Nordsee, dem Kreuzzug Friedrichs II. über das Mittelmeer nach Ägypten gefolgt. Noch 200 Jahre später, 1489, begleitete Folef zu Innhausen und Knyphausen, ein Vorfahr jener ostfriesischen Freiherren 365 Debrunner, Presence and Prestige, S. 18 – 20. 366 Gotifredi Viterbiensis (Gottfried von Viterbo), MG-SS., Bd. XXII, S. 348 (34 – 39), zit. n. Martin, Schwarze Teufel, edle Mohren, S. 17 – 18, 361. 367 Zur prägenden Bedeutung der Hofkultur Friedrichs II. von Hohenstaufen für die Figur des ›Mohren‹ noch an den frühneuzeitlich-nordeuropäischen Höfen vgl. die Kap. III.2 und IV.3. 368 Zu Mauritius vgl. Kap. III.2.5. 369 Hans Prutz, Kulturgeschichte der Kreuzzüge, Berlin 1883, S. 63, zit. n. Martin, Schwarze Teufel, edle Mohren, S. 27, 367 (Anm. 87). 370 Martin, Schwarze Teufel, edle Mohren, S. 27.
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und späteren Reichsgrafen, die im 17. und 18. Jahrhundert in die Dienste Brandenburgs traten und sich mit dem ostfriesischen Fürstenhaus der Cirksena verfeindeten, den jungen ostfriesischen Grafen Enno I. Cirksena auf einer vierjährigen Reise in das Heilige Land. Zwei Jahre (1491 – 92) verbrachten sie in Jerusalem, wo sie zu Rittern des Heiligen Grabes geschlagen wurden.371 Historisch belegt ist jedoch erst wieder ein ›Mohr‹, der im Mai 1585 mit dem Adligen Leopold von Wedel aus England in Hamburg eintraf und von dort nach Kemzow in Pommern weiterreiste.372 Die vermutlich ersten Kaufleute, die schwarze Dienstboten mit nach Norddeutschland brachten, waren jüdischen Glaubens und einige von ihnen möglicherweise selbst Afrikaner.373 Direkt oder über Stationen in Frankreich und in den Niederlanden kamen seit dem Ausgang des 15. Jahrhunderts vermehrt von der Inquisition vertriebene jüdische Migranten aus Spanien und Portugal in die Hansestädte und das Gebiet zwischen Elbe und Nordsee. In dem 1616 von Christian IV. von Dänemark gegründeten Glückstadt errichteten sie, wie zuvor in Amsterdam und an anderen Orten, eine portugiesisch-jüdisch-niederländische Gemeinde, die mit zur Gründergeneration der Stadt gehörte. Allein der »Burger und Kaufhändeler« Moses Josua Henriques besaß um 1680 vier schwarze Bedienstete und erinnerte sich, »das meine VorEltern, die von erster fundation hero […] in der Glückstadt gewohnet […] wie auch andere() Bürger alhie, Portugiesischer oder ander kundbar Nation solche Mohren gehabt, in ihren Diensten gebraucht oder nach Belieben damit geschaltet haben.«374 Auch in den Haushalten der Hamburger Juden lusitanischer Provenienz, Marranen, haben schwarze Dienstboten gelebt. Eine im Jahr 1612 erstellte Rolla der portugisischen Nation, in der die in Hamburg ansässigen Portugiesen erfasst wurden, verzeichnet einen Michael Dias, der mit zwei ›Mohren‹ in seinem Haus lebte. Auch die aus Portugal stammende Violante Correa besaß eine schwarze Sklavin, die in ihrem am 26. Juni 1651 in Hamburg unterzeichneten Testament erwähnt wird.375 Von den in christlich-bürgerlichen Haushalten lebenden Schwarzen hat sich oft nur ein Eintrag im Kirchenbuch erhalten, wie im Falle der am 26. August 1651 von Pastor Janicius von St. Catharinen vorgenommenen, wahrscheinlich ersten ›Mohrentaufe‹ in Hamburg. Nur anekdotisch ist die Ankunft eines fünfjährigen Jungen überliefert, der im Jahre 1638 mit einem Schiff aus Indien in die Han371 Udo von Alvensleben, Die Lütetsburger Chronik: Geschichte eines friesischen Häuptlingsgeschlechts, Norden 1955, S. 29. 372 Kürschner-Pelkmann, Hamburg – Afrika und Retour, S. 1. 373 1611 wurden den jüdischen Kaufleuten in Hamburg, »seien es Portugiesen, Spanier, Italiener, Orientalen, Afrikaner oder andere, gleich woher sie kamen […]«, vom Rat der Stadt Privilegien gewährt, vgl. Martin, Schwarze Teufel, edle Mohren, S. 64 (Hervorhebung dort). 374 Zit. nach Martin, Schwarze Teufel, edle Mohren, S. 64. 375 Ebd., S. 65 – 66, 396 – 397.
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sestadt kam. Der Chronik zufolge »herzten und küßten« ihn die Frauen am Hopfenmarkt und nannten ihn einen »Lütten söten swatten Engel!«376 Die ethnische Zugehörigkeit dieses Inders oder auch Afrikaners ist nicht überliefert, doch verdeutlichen Begebenheiten wie diese, dass bei gleichzeitig großem Interesse für Hautfarbe das 17. Jahrhundert diese noch nicht so eindeutig (negativ) kategorisierte wie die Folgezeit. Überlieferungen über Schwarze, die sich auf Märkten zeigten, zeugen von der Faszination, die sie auf die Einheimischen ausübten. So schlossen sich einige von ihnen auch dem ›Fahrenden Volk‹ an, wie etwa »ein Wilt Mensch, so sich hat sehen Laßen«, der 1687 im Rechnungsbuch des Krameramtshauses in Bremen erwähnt wird.377 Wie in England und Frankreich brachten auch in Deutschland heimkehrende Plantagenbesitzer und -verwalter mitunter eine Geliebte oder ihre Lebenspartnerin mit nach Hause. Dies wird dem Grafen von Bocholtz-Asseburg in Westfalen nachgesagt, einem Domherrn und Neffen des Bischofs, der in Rom angeblich eine schwarze Sklavin gekauft hatte, mit der er »offen zusammenlebte«.378 Auch der Tübinger Apothekersohn Johann Philipp Gaum, Chirurg und Verwalter einer Plantage in Surinam, brachte seine Partnerin, eine schwarze Sklavin, mit der er ein Kind hatte, mit nach Europa. Mutter und Kind wurden 1780 in Erligheim vor »zahlreicher Versammlung« getauft und Gaum legalisierte die Verbindung mit der auf den Namen Johanna Christiana getauften Mutter seines Sohnes durch Heirat. Johanna Christiana Gaum erbte nach dem Tod ihres Mannes das Gut, das Gaum in Erligheim gekauft hatte, und verkaufte es im Jahr 1790 für 7.305 Gulden.379 Einen in einigen Punkten vielleicht ähnlichen, insgesamt aber ganz anders gelagerten Fall entdeckte Wiard Hinrichs vor einiger Zeit im Staatsarchiv Oldenburg. Aus einem von ihm zutage geförderten Dokument geht hervor, dass in der ostfriesischen Stadt Wittmund zeitweise eine von der dänischen Jungferninsel St. Thomas stammende »Magd Lydia« mit ihrem Sohn Carl lebte, die 1751 mit dem Zuckerrohrpflanzer Heyke Specht (1697 – 1775) nach Ostfriesland gekommen war.380 Aus den Aufzeichnungen eines angeheirateten Neffen, Heinrich
376 Renate Hauschild-Thiessen, Eine ›Mohrentaufe‹ im Michel 1855, in: Hamburgische Geschichts- und Heimatblätter, hg. vom Vorstand des Vereins für Hamburgische Geschichte, Bd. 11, Heft 1, Oktober 1982, S. 11 – 12. Eine weitere solche Taufe ist für den 26. 11. 1855 im Taufregister von St. Michaelis belegt. 377 Fritz Peters, Freimarkt in Bremen. Geschichte eines Jahrmarkts, Bremen 1962 (Kap. V: Menschen aus dem dunklen Erdteil. Hottentotten und Buschmänner). In ganz ähnlicher Weise wurde ein Jahrhundert früher der Besuch eines Schwarzen am Hof der Maria von Jever beschrieben, vgl. dazu Kap. V.2 in dieser Arbeit. 378 Rudt de Collenberg, Haus- und Hofmohren des 18. Jahrhunderts, hier S. 277. 379 Häberlein, »Mohren«, ständische Gesellschaft und atlantische Welt, S. 97. 380 Niedersächsisches Landesarchiv – Staatsarchiv Oldenburg (weiter StA Oldenburg),
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Conrad Wolff, der Specht beerbte, geht hervor, dass dieser sich um 1720 auf der Insel St. Thomas niedergelassen hatte, von wo er 1751 in Begleitung seiner Frau und der beiden Sklaven nach Ostfriesland zurückkehrte. Während Carl schon bald in Wittmund verstarb, wurde Lydia kurz vor 1756 »auf ihr inständiges Bitten« nach St. Thomas zurückgeschickt. Der Wunsch der Magd erscheint zunächst nur allzu verständlich, da sie – vielleicht, um dem Sohn eine bessere Zukunft zu ermöglichen – ihr gesamtes soziales Umfeld auf der Jungferninsel hatte zurücklassen müssen. Mit seinem Tod war möglicherweise ein wesentlicher Anreiz für den durch seinen Verlust ohnehin überschatteten Aufenthalt in Europa hinfällig geworden. Allein, dass die Magd nicht einfach nach St. Thomas zurückgebracht, sondern dort für 300 Reichstaler verkauft wurde, lässt Zweifel an altruistischen Beweggründen des ehemaligen Pflanzers aufkommen. Denkbar wäre etwa, dass Lydia die – ehemalige – Geliebte Spechts und Carl ein gemeinsames Kind gewesen war, das mit nach Deutschland kommen sollte, ohne von der Mutter getrennt zu werden. Nach dem Tod des Kindes wäre die Anwesenheit der Mutter nicht mehr erwünscht gewesen. Dieser Gedanke liegt auch deshalb nahe, da ein Verkauf auf St. Thomas nicht unbedingt auch eine Rückkehr in die Familie bedeuten musste, wenn sich kein passender neuer Besitzer in unmittelbarer Nähe der Familie fand. Über das weitere Schicksal der Frau auf St. Thomas ist nichts bekannt. Auch Seefahrer brachten mitunter Schwarze mit nach Europa. Im Jahr 1761 schickte der Sylter Steuermann Mochgel Eben seiner Mutter aus Amsterdam einen schwarzen Jungen nach Timnum auf Sylt und bat sie und seine Geschwister in einem Schreiben vom Dezember 1761 um Aufnahme und gute Behandlung eines »kleinen schwarzen Jungen« (»kleyn swarte Jonge«), denn Jan Deo, so der Name, sei sein »Eygen Jonge«. Ein Sohn also? Im Winter solle die Mutter ihn in die Schule schicken, während er im Sommer – wie die anderen Sylter Jungen in der schulfreien Sommerzeit – die Schafe und Gänse hüten könne.381 Der mündlichen Überlieferung auf Sylt zufolge382 schickte die Mutter den Jungen bereits im Frühjahr darauf nach Amsterdam zurück, wo sich die Spur des Jungen verliert. Zwei Jahre zuvor, im November 1759, war bereits ein schwarzer Junge von etwa zehn Jahren nach Sylt gekommen. Im Gegensatz zu den Taufeinträgen und -predigten des höfischen Umfeldes schildert der Sylter Taufvermerk im Kirchenbuch detailliert die Stationen seines Lebensweges: Etwa
Rep. 262 – 4 Nr. 5864: Heinrich Conrad Wolff: Nachricht von weyl. Oheim Heyke Specht; ich danke Wiard Hinrichs, Göttingen, für diesen Hinweis. 381 Wilhelm Krüger, »Hierbey Een Swarte Jong« (Von Negerjungen auf Sylt), in: Die Heimat, Monatsschrift des Vereins zur Pflege der Natur- und Landeskunde in Schleswig-Holstein und Hamburg, 76. Jg., Nr. 3, Neumünster 1969, S. 83 – 84. 382 Lüden, Sklavenfahrt, S. 94.
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1749 oder 1750 sei er geboren, »und zwar von unbekannten heydnischen Ältern an der Küste Guinea in Dellemina«, und später vom »Povincial Commandant Hinrich Woortmann […] nebst 300 anderen Slaven an den Cap Simon Cornelis von Seland [Kapitän Simon Cornelis aus dem niederländischen Seeland, d. Verf.] im Sept. 1757 verkauft, […] auf öffentlicher auctroi zu Surinam in America an seinen itzigen bisherigen Herrn, Cap Jan Michelsen d. Jung im Jan. 1758 für ohngefehr 156 Gülden Holl. Cour. verkauft, welche ihn den 12. May 1759 zu Amsterdam gebracht und diesen Schwartzen zu Hause darauf hiehergesandt, so daß er zu Morsum d. 11 Nove 1759 wunderbar gekommen.«383
Er habe bis dato in Diensten des Kapitäns Michelsen gestanden und zuvor nur zwölf Wochen die Schule besucht. Im Winter 1766/67 sei er mit den anderen Konfirmationskindern unterrichtet worden, danach privat vom Morsumer Pastor Martin Ludolph Krohn. Am 11. März 1767 – acht Jahre nach seiner Ankunft auf Sylt – wurde er auf den Namen Simon Jansen getauft. Die in ganz Friesland übliche Form patronymen Namenwechsels – aus dem Vornamen des Vaters (in diesem Fall des »Herrn«) wird der Familienname des Sohnes – wurde damit auch auf den »Fremden« angewendet.384 Wie gezeigt, ist die Präsenz von Menschen afrikanischer Herkunft in der gesamten nordwestdeutschen Region vielfach nur episodisch überliefert. Dies ist zum einen dem Umstand geschuldet, dass die norddeutschen Häfen oft nur Durchgangsstationen auf dem Weg in küstenfernere Regionen des Reichs waren, zum anderen beschränkt sich die Überlieferung auf einige wenige Quellenarten, in der Regel Kirchen- und Rechtsakten. Für den Adel und Hochadel ist die Quellenlage vielfältiger. Die direkten Handelsverbindungen der einzelnen Häuser waren weniger entscheidend für die Präsenz von ›Mohren‹ an den Höfen als vielmehr die dynastischen Verbindungen der Häuser, über die sie vermittelt wurden. So kam ein schwarzer Junge über den dänischen König zu dessen Schwägerin an den ostfriesischen Fürstenhof, während für die benachbarten Freiherren von Inn- und zu Knyphausen der Kurfürst von Brandenburg und dessen überseeische Verbindungen wichtiger waren. Das folgende Kapitel geht darauf näher ein.
383 Otto Fr. Arends, Gejstligheden i Slesvig og Holsten fra Reformationen til 1864, Bde. 1 – 3, Kopenhagen 1932, Bd. 1, S. 174; Krüger, »Hierbey Een Swarte Jong«, S. 84. 384 Eine Reihe von Fällen ist zudem möglicherweise in der sogenannten Holländerstadt Friedrichstadt in Schleswig-Holstein zu erwarten, in der sich im 17. und 18. Jahrhundert Angehörige der holländischen Ostindienkompanie im Ruhestand ansiedelten; freundlicher Hinweis von Otto S. Knottnerus, Zuidbroek, Niederlande.
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An den norddeutschen Höfen konkretisieren sich Hinweise auf die Präsenz von schwarzen Menschen erst im Verlauf des 17. Jahrhunderts, später also als im süddeutschen Raum, wo am Stuttgarter Hof bereits im Jahr 1509 ein erster Schwarzer belegt ist, in Landshut 1570 ein erstes Kind eintraf und 1573 mehrere ›Mohren‹ über Florenz, Hamburg und Lissabon folgten. Ein erster Hinweis stammt aus der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts in Form einer am Hof der Maria von Jever erhaltenen Rechnung, nach der ein ›Mohr‹ bezahlt wurde, der sich hier »präsentierte«.385 Ob er allein reiste oder zum Hofstaat eines Besuchers gehörte und wie lange er blieb, geht aus der Quelle nicht hervor. In der den Niederlanden benachbarten kleinen Residenzstadt Bentheim findet sich im Trauregister der evangelisch-reformierten Gemeinde zu Beginn des 17. Jahrhunderts ein Timothaeus Mohr, der im Jahr 1604 offenbar eine Einheimische, Clara Stoltenkamp, heiratete. Das Paar ließ in den folgenden Jahren mindestens vier Kinder taufen, möglicherweise auch mehr, die in dem lückenhaft erhaltenen Taufregister nicht mehr einsehbar sind. Timothaeus war aller Wahrscheinlichkeit nach am gräflichen Hof angestellt, wie die Patenschaften für seine Kinder nahelegen, die teils vom Grafen selbst und teils von seinen Beamten übernommen wurden. Im Jahr 1611 erscheint Timothaeus selbst als Taufpate, wie später auch mehrere Schwarze in Stuttgart, Wolfenbüttel und Bayreuth.386 Bereits im Februar 1616 wird seiner bei der Taufe des letzten Sohnes Timotheus schon piae memoriae gedacht: »Das Kindt ist ein halb Jahr nach seines Vatters Todt geboren, welcher an der Zehrung gestorben.«387 Beim Tod seiner zwei Söhne, dem 1613 geborenen Kunna und dem 1611 geborenen Zweitältesten Arnolt Jost, vermerken die beiden entsprechenden Sterbeeintragungen im Kirchenbuch, sie seien der Schwindsucht erlegen wie ihr Vater. In späteren Jahren ist in Bentheim auch der im norddeutschen Raum seltene Fall einer katholischen Taufe von 1745 überliefert. Hier wurde der etwa zwölfjährige »Fridericus Carolus natione aethiops« aus Surinam in Westindien getauft. Taufpate war Graf Friedrich Carl zu Bentheim, der wahrscheinlich auch sein Dienstherr war oder später wurde. Seit etwa Mitte des 17. Jahrhunderts häufen sich die Hinweise auf Menschen afrikanischer Herkunft im Norden des Alten Reiches. So haben in der bei Itzehoe 385 Staatsarchiv Oldenburg (im Folgenden StAO) Best. 90 – 12, Nr. 68, fol. 46v.; Antje Sander, Herrschaft und höfischer Alltag zur Zeit Fräulein Marias von Jever, in: Dies. (Hg.), Das Fräulein und die Renaissance. Maria von Jever 1500 – 1575. Herrschaft und Kultur in einer friesischen Residenz des 16. Jahrhunderts, Oldenburg 2000, S. 97 – 124, hier S. 119, Anm. 185; ich danke Frau Prof. Antje Sander für den freundlichen Hinweis. 386 Firla, Exotisch – höfisch – bürgerlich, S. 45, 49; Kittel, Mohren als Hofbediente und Soldaten, S. 93. 387 Voort, Ein Hauch von Exotik, S. 194 (dort ohne Quellenangabe).
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gelegenen schleswig-holsteinischen Residenz Breitenburg des Reichsgrafen Christian zu Rantzau (1614 – 1663) um die Mitte des 17. Jahrhunderts ebenfalls drei ›Mohrenknaben‹ gelebt. Zu Rantzau war von 1648 bis zu seinem Tod Statthalter im königlich-dänischen Teil Schleswig-Holsteins und Mitglied der Fruchtbringenden Gesellschaft. Ebenso wie eine Türkin, die an diesem Hof lebte, sind die drei noch beim Umzug des Erben Detlef zu Rantzau nach Drage im Jahre 1676 als nunmehr Erwachsene nachweisbar.388 Ebenfalls um die Mitte des 17. Jahrhunderts wird in der Schleswig-Holsteinischen Residenz der Herzöge von Schleswig-Holstein-Gottorf, die sich auf das Haus Oldenburg zurückführten, am Erziehungsinstitut der Edelknaben ein getaufter »Anton Friedrich aus Arabien« erwähnt, der später Pauker wurde. Das von Herzog Friedrich III. (1597 – 1659) begründete Internat, in dem die Pagen des Herzogs, adlige Jungen in Vorbereitung auf die Ritterschaft, ausgebildet wurden, war in einem speziell dafür errichteten, eigenen Gebäude untergebracht. Die Zahl der Zöglinge schwankte, 1654 waren es 18, von denen elf dem Herzog, drei der Herzogin und vier der jungen Herrschaft, den Prinzen und Prinzessinnen, dienten. Den Unterricht erteilten eigens bestallte Erzieher. Die Zöglinge wurden in der Anstandslehre durch den herzoglichen Tanzmeister unterrichtet; die Fechtkunst brachte ihnen der Fechtmeister bei, während für die musikalische Ausbildung der herzogliche Kapellmeister sorgte.389 Die aufwändige Erziehung belegt, dass es offenbar nicht nur marginale, untergeordnete Funktionen waren, für die Menschen schwarzer oder dunkler Hautfarbe in dieser Zeit ausgebildet wurden. Die Biografie des schwarzen Feldtrompeters Christian Gottlieb bei dem Obristen Barthram Rantzau,390 Erbherr zu Ascheberg, ist in Details überliefert, die für die schwarzen Bediensteten und Hofmusiker des 17. und 18. Jahrhunderts selten sind. Als »Haussa« bezeichnet, »der aus dem fernen Afrika durch brandenburgische Schiffe herübergebracht worden war«, wurde er »nach kurzer Unterweisung in den Lehren der christlichen lutherischen Religion« im Januar 1675 in Kiel auf den Namen Christian Gottlieb getauft.391 Er war mehrsprachig und beherrschte neben dem Deutschen und »Welsch« noch weitere Sprachen. Im 388 Otto Neumann, Mohren auf den Schlössern Breitenburg und Drage, in: Die Heimat. Monatsschrift des Vereins zur Pflege der Natur- und Landeskunde in Schleswig-Holstein und Hamburg, 77. Jg., Nr. 7, Neumünster 1970, S. 221. Martin geht davon aus, dass sie nach dem Tod des Grafen Christian auf seine Söhne ›vererbt‹ wurden, ohne dies allerdings belegen zu können, vgl. Martin, Schwarze Teufel, edle Mohren, S. 111, 415, 132, 425. 389 Kellenbenz, Schleswig in der Gottorfer Zeit, S. 203; Philippsen, Alt-Schleswig, S. 41. 390 Wahrscheinlich nicht oder nur entfernt mit den Grafen zu Rantzau verwandt. 391 Kinder, Aus der Chronik der Stadt Ploen, Bd. I, vgl. auch Martin, Schwarze Teufel, edle Mohren, S. 181 – 193. Den Taufeintrag im Kieler Kirchenbuch fand Peter Martin unter dem 23. Januar 1675: »Edodem einen Africaner und Mohren welche H. Oberst Bartram Rantzow zur Taufe gesand, und unter […] zu Taufpaten oder Zeugen gehabt. Ist genandt worden Chritian Gottlieb.«, zit. n. Martin, Schwarze Teufel, edle Mohren, S. 444.
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Jahre 1683 rettete Gottlieb zwei ertrinkende Menschen, die in das Eis des Plöner Sees eingebrochen waren. Einer der beiden war Behrend (Berend) Radeleff, Sohn des Bürgermeisters von Plön, Hans Radeleff, in dessen Haus Gottlieb in der Folge verkehrte. Der in der Stadt als Held geltende Feldtrompeter, von dem es zudem hieß, er habe den Obersten Rantzau nicht nur auf seinen Kriegsfahrten begleitet, sondern ihm einmal sogar das Leben gerettet, verliebte sich in die Tochter des Bürgermeisters, Gertrud Radeleff, und verlobte sich heimlich mit ihr. Da Gottlieb trotz seines Ansehens und der ihm entgegengebrachten Bewunderung offenbar als unfrei galt, entwickelte sich eine Auseinandersetzung um die Heiratspläne. Nachdem Hans Radeleff im Sommer 1684 unerwartet gestorben war, schien sich das Blatt zugunsten des Paares zu wenden. Zur Enttäuschung der beiden bestand jedoch die Witwe Elisabeth Radeleff weiterhin darauf, dass ein »Leibeigener, der nichts besitze und nichts erwerbe«, keine Chance auf ihre Tochter haben könne. Dass die Frage, ob Gottlieb noch als leibeigen gelten konnte, überhaupt gestellt wurde, verwundert, war er doch nach seiner Taufe in Kiel zum Feldtrompeter ausgebildet worden. Als solcher wird er Mitglied der 1623 vom Kaiser bestätigten Zunft der Trompeter und Pauker gewesen sein und damit – als ausdrückliche Voraussetzung für die Aufnahme in die Zunft – das Bürgerrecht besessen haben.392 Als Elisabeth Radeleff im September 1684 schließlich doch ihre Zustimmung zu der Verbindung gab, wandten sich Verwandte, der Bruder des verstorbenen Bürgermeisters und sein Schwiegersohn, an den Rat der Stadt, da die Witwe ihre Tochter »ohne Zuziehung ihrer Nächsten und Blutsfreunde« mit dem ›Mohren‹ verlobt hatte. Dies brachte den Fall vor die Plöner herzogliche Hofkanzlei, da Herzog Hans Adolf genau dieses Verhalten wenige Jahre zuvor in einer Verordnung betreffend die Verlöbnisse, Hochzeiten und Kindtaufen in der Stadt Ploen unter Strafe gestellt hatte. In der gesamten Korrespondenz, die sich um diesen Fall ausspannte, wird die Zugehörigkeit Gottliebs zur Zunft der Trompeter und Pauker nicht ein einziges Mal angesprochen. Stattdessen wird neben einer von Rantzau zu entrichtenden Kaution ein Freibrief des Obristen gefordert, den dieser Anfang Oktober des Jahres beibringt. Der Herzog gibt daraufhin sein Einverständnis zu der Verlobung und nach weiteren Auseinandersetzungen bezüglich des von Gottlieb »einzubringenden Heirathsgutes« findet die Trauung im März 1685 statt. In späteren Jahren soll es in der Familie
392 Vgl. ›Confirmatio/vber 13. von Irer Matt. vnd der yezt alhie anweßenden Chur : vnd Fürsten Hoff: vnd VeldtTromettern auch Horpaugger/vbergebene Articul‹ (vom 27. Februar 1623), ein Abdruck des Dokuments findet sich in: Detlef Altenburg, Untersuchungen zur Geschichte der Trompete im Zeitalter der Clarinblaskunst, 2 Bde., Regensburg 1973, Bd. II, S. 47 – 55.
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zur vollständigen Aussöhnung gekommen sein.393 Aus der Ehe gingen mindestens zwei Kinder hervor. Christian Gottlieb starb bereits im Juni 1690. Auch in der Bückeburger Residenz des Grafen Wilhelm zu Schaumburg-Lippe haben drei Schwarze gelebt, der als ›Hofmohr‹ geführte George Dominicus, der »Laquay Alexander Arend, Kammermohr« und der ab 1758 beim SchaumburgLippischen Carabinier-Corps angestellte Trompeter Matthias Engelland aus Jamaika.394 Während über George Dominicus kaum etwas bekannt ist, wissen wir von Alexander Arens bzw. Arends, dass er Afro-Amerikaner und 1751 im Alter von etwa 25 Jahren über Holland und den Kasseler Hof nach Bückeburg gekommen war. Er erhielt zweimal ein Viatikum, ein Reisegeld, mit dem man ihn zur Weiterreise zu bewegen suchte, doch waren seine Pläne offenbar an Bückeburg gebunden. Bis zu seiner Taufe im April 1760, auf die er sich fast zehn Jahre vorbereitete, lebte er zunächst von einem Gnadengehalt des Landgrafen,395der ihn jedoch nicht dienstrechtlich aufnahm, sondern lediglich bei George Dominicus und dessen deutscher Frau in Kost und Logis gab. Er erhielt wöchentlich einen Gulden aus Armengeldern und ab Juli 1752 einen Reichstaler aus dem Kirchenkasten. Bis zu seiner Taufe wurde er außerdem im christlichen Glauben unterwiesen. Erst nach 1760/61 gehörte er formal dem Hofstaat des Landgrafen an. 1767 heiratete er die Bückeburgerin Sophie Regina Rinne, Tochter eines verstorbenen Feuerwerkers beim Artilleriecorps, mit der er mindestens fünf Kinder hatte, von denen der älteste Sohn Schuster wurde. Als er im Jahre 1789 an der Schwindsucht starb, ließ er seine Witwe mit den beiden jüngeren Kindern mittellos zurück. Matthias Engelland kam wahrscheinlich über Ansbach, dem Herkunftsort seiner Frau, nach Bückeburg. Der für einen Jamaikaner ungewöhnliche Fami393 Die Geschichte Christian Gottliebs ist vor allem in der Erzählung von Kinder überliefert. Neben dem genannten Taufeintrag im Kieler Kirchenbuch finden sich Fragmente dieser Geschichte in den Geburts- und Sterbeeintragungen der St. Johannis-Kirche in der Plöner Neustadt, vgl. Kirchenbuch der Neustädter St. Johannis-Kirche, 27. Februar 1755, Nr. 718: »Margaretha Magdalena Gottlieb, als […] ligen Mohren […] Gottlieb zu Ascheberg […] Tochter ward öffentl., begraben, alt 70 Jahr«; ebd., 19. November 1689, Nr. 48: »Christian Gottlieben/Trompeter/undt Gertraudt Gottliebin, […] ihres Vaters […] Söhnlein Hans Adolph ward in der Kirche offentlich getaufft. Die Gevattern waren 1. Ihre Fürstl. Durchl., unser gnädigster Fürst, Hans Adolph. 2. Der Hr. D[oktor] Pastor […] Löwendahl. 3. Die Wohlgeb. Fr. Hedewig Brockdorffen, geborene […] Hrn. Obisten Brockdorff auf Bottkamp [?][…]«; ebd, 10. Juni 1690, S. 5, Sterbeeintrag Nr. 45: »Diesser Stein Gehört Hern Christian Gottlieb/Ihro Hoch Furstlichen Durchleucht Hof und/Feld Trumpeter, Ist Gestorben Ao¯. 1690/Den 3. Junius/Hier Ruhet Gottlieb Als Ein Christ, Bedenck Das End, Der Du Dies Liest/Weil Du Gleich Ihm Auch Sterblich Bist.« 394 Silke Wagener-Fimpel, Mohren in Schaumburg-Lippe im 18. Jahrhundert, in: Hubert Hoeing (Hg.), Schaumburg und die Welt. Zu Schaumburgs auswärtigen Beziehungen in der Geschichte, Bielefeld 2002, S. 121 – 142. Zu Alexander Arens bzw. Arends vgl. Kap. VII.2. 395 Wagener-Fimpel, Mohren in Schaumburg-Lippe, S. 124 – 126.
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lienname könnte auf Zusammenhänge mit Kurhannover verweisen, das in Personalunion mit dem britischen Königreich verbunden war. Das Paar hatte zwei Kinder, von denen nur das ältere Mädchen, Friederike Wilhelmine Amalie, das Erwachsenenalter erreichte. Friederike blieb 1773 ohne Angehörige zurück, als kurz nacheinander zuerst der Vater, dann die Mutter und schließlich, Ende des Jahres, der vierjährige Bruder starb. Sie diente im Bückeburger Schloss als Küchen- und Hausmagd und blieb unverheiratet. Als sie 1824 starb, hinterließ sie ein Vermögen in Höhe von 275 Reichstalern ihrem Patenkind Friederike Ohle, einem Soldatenkind, dem sie offenbar auch ihren Vornamen gab. Legate erhielten nach ihrem Testament auch die Großmutter des Kindes, die Soldatenwitwe Ulrich, sowie die Polizeidienerswitwe Spier, die auch an ihrem Sterbebett anwesend gewesen waren.396 Außerhalb des Adels und Hochadels und der Kaufmannschaft sind in der Region die Zeugnisse über die Präsenz von dunklen oder schwarzen Menschen spärlicher. Natürlich könnte dies darauf zurückzuführen sein, dass in den unteren sozialen Schichten die Möglichkeiten fehlten, Erinnernswertes in dauerhaften Familienarchiven niederzulegen. Die Kirchenbücher ihrerseits sind durch Kriege vielerorts lückenhaft. Andererseits lebte die Bedeutung von ›Mohren‹ an den Höfen von ihrer Seltenheit und Exklusivität. Es waren gerade die Momente ihrer höchsten Zeichenhaftigkeit, die schriftlich fixiert wurden, vor allem ihre Taufen. Ihr Übertritt zum Christentum stellte immer auch eine Gelegenheit dar, in der biografischen Rückschau die Tragweite dieses Schrittes zu veranschaulichen, weshalb Taufpredigten oder -einträge in den Kirchenbüchern zu den wertvollsten Quellen zu ihren Biografien zählen. Doch auch jenseits der Demonstration religiöser Verantwortung durch die Fürsten war ihre Gegenwart und ihr Auftreten im Rahmen des höfischen Lebens symbolisch dicht kodiert. An dem im norddeutschen Raum für die Präsenz von schwarzen Menschen wohl bekanntesten Hof der Herzöge von Braunschweig-Wolfenbüttel wurde 1653 der erste ›Mohr‹, Augustus, getauft. An den Höfen von Braunschweig, Wolfenbüttel und Bevern folgten ihm bis Ende des 18. Jahrhunderts über 50 schwarze Musiker, Soldaten und Bedienstete. Unter diesen hat sich die Geschichte eines späteren Kammerdieners, Rudolf August Mohr, der sich in über vierzig Dienstjahren in besonderer Weise den Respekt seiner Zeitgenossen erworben hatte, durch eine 1725 gedruckte Leichenpredigt überliefert, der zufolge er im Jahr 1685 von Herzog Rudolf August von Braunschweig und Lüneburg ›freigekauft‹ worden war, nachdem er »von einem Portugisischen Juden nacher Leipzig auf die damahlige Oster-Messe zum feilen Verkauff gebracht/und daselbst an einen Juden vor 50. Rthlr. verkaufft worden«. Der sakrale Raum der 396 Ebd., S. 134 – 137.
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Kirche schützte den Flüchtigen zunächst, doch wie lange das Kirchenasyl ohne das Eingreifen des Wolfenbütteler Herzogs wirksam Schutz geboten hätte, ist fraglich. Mohr plante später Theologie zu studieren,397 wurde dann jedoch Kammerdiener bei dem Herzog, eine Position, die sonst Adligen vorbehalten war, die vom »Kammerjungen«, also Pagen, über den »Hofjunker« und »Kammerjunker« bis zu dieser Position aufgestiegen waren.398 Ingeborg Kittel hat in ihrer Studie zu Mohren als Hofbedienten und Soldaten im Herzogtum Braunschweig-Wolfenbüttel zwischen 1653 und der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts nicht weniger als 25 schwarze Hofbedienstete nachgewiesen, 23 Männer und zwei Frauen, und 28 schwarze Soldaten, die seit 1783 im Gefolge der braunschweigischen Truppen nach Europa kamen, nachdem sie auf englischer Seite am amerikanischen Unabhängigkeitskrieg teilgenommen hatten.399 Der Militärdienst in deutschen und britischen Truppen war für einige amerikanische Sklaven mit der Freilassung verbunden. Freie Schwarze nutzten die Gelegenheit, aus den entstehenden USA, wo um diese Zeit auch im Norden die Sklaverei noch nicht abgeschafft war, abzuwandern. Mit der Chance, in Europa ein Leben in größerer Freiheit führen zu können, ging dabei das Risiko einher, in neue Abhängigkeitsverhältnisse zu geraten, die zwar manchmal gut bezahlt waren und Privilegien mit sich brachten, aber eben doch Abhängigkeit war.400 Erst ab den 1830er-Jahren gab es in den USA die Möglichkeit freier Rückwanderung nach Afrika und in den 1820er-Jahren gingen einzelne Schwarze von Neu-England aus an den russischen Zarenhof nach St. Petersburg, darunter das Ehepaar Prince. Nancy Gardner Prince hinterließ einen Bericht über ihre Erfahrungen in Russland und England.401 Der wohl bekannteste Vertreter der afrikanischen Diaspora im norddeutschen Raum war Anton Wilhelm Amo, der an den Universitäten von Wittenberg, Halle und Jena Philosophie lehrte.402 Über sein Schicksal sind wir durch die Arbeiten von Brentjes, Firla, Kittel und anderen vergleichsweise gut informiert: Amo wurde um 1700 vermutlich in dem Dorf Nkubeam bei Axim im heutigen Ghana geboren. Der mündlichen Tradition zufolge war er ein Angehöriger der ethnischen Gruppe der Nzema (Nzima) und soll von seiner Mutter zu Ausbil397 Leichenpredigt des 1725 in Wolfenbüttel verstorbenen Kammerdieners Rudolph Mohr, StA Braunschweig, HIX:256; Kittel, Mohren als Hofbediente und Soldaten, S. 80 – 82. Zum geplanten Studium der Theologie vgl. Firla, Anton Wilhelm Amo, S. 56. 398 Müller, Der Fürstenhof in der Frühen Neuzeit, S. 20. 399 Kittel, Mohren als Hofbediente und Soldaten, S. 94 – 101 (zu den schwarzen Soldaten), S. 80 – 82 (zu Rudolf August Mohr). 400 Lind, Privileged Dependency, S. 369 – 391, hier S. 380. 401 Nancy Prince, [Narrative of the Life and Travels of Mrs. Nancy Prince]. A Black Woman’s Odyssey through Russia and Jamaica: the Narrative of the Life and Travels of Mrs. Nancy Prince, Introduction by Ronald G. Walters, Princeton 31995. 402 Brentjes, Anton Wilhelm Amo; Martin, Schwarze Teufel, edle Mohren, S. 308 – 327.
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dungszwecken zu ihrer Schwester nach Amsterdam geschickt worden sein. Er kam jedoch als Geisel im Rahmen eines Handelsvertrages des »Löwenstammes« von Nkubeam mit der Niederländisch-Westindischen Kompanie nach Holland und danach als Geschenk der Kompanie an den Hof der Herzöge von Braunschweig. Am 29. Juli 1708 wurde er in der Kapelle des Schlosses Salzdahlum getauft. Seinen christlichen Namen erhielt er von seinen Taufpaten, Herzog Anton Ulrich und dessen Sohn August Wilhelm. Zwischen 1716 und 1720 war er ›Kammermohr‹. 1717 immatrikulierte er sich an der philosophischen Fakultät der Universität Halle, wo er auch Vorlesungen der juristischen Fakultät besuchte. 1729 hielt er seine Disputation über De iure Maurorum in Europa, deren Text nicht erhalten ist, wenn er überhaupt gedruckt wurde. 1730 immatrikulierte er sich an der Universität Wittenberg, die er am 17. Oktober 1730 mit dem Grad des Magisters der Philosophie und der Freien Künste verließ. Im Jahr 1734 veröffentlichte er seine Dissertation De humanae mentis apatheia und wurde mit seiner Promotion als Magister legens zugelassen. Im Jahr 1737 ist er an der philosophischen Fakultät der Universität Halle als Lehrender mit mehreren Vorlesungen nachweisbar. Mit der 1738 in Halle erschienenen Schrift Tractatus de arte sobrie et accurate philosophandi habilitierte er sich und erhielt 1739 die Lehrerlaubnis an der Universität Jena. Er gilt in der jüngeren Literatur als Stoiker, der von den Werken des Philosophen Christian Wolff beeinflusst war, der insbesondere von den Pietisten bekämpft wurde. Unbekannt ist, wie lange er nach 1740, dem Jahr seiner letzten schriftlichen Äußerung in einem Stammbuch, noch in Europa blieb. 1747 erschien eine anonyme Schmähschrift des Autors J. E. Philippi, in der eine Liebeserklärung Amos von einer Frau in diskriminierender Weise zurückgewiesen wird. Wenig später verließ er Europa für immer. Unklar ist, ob er Deutschland wegen der gegen ihn gerichteten rassistischen Diffamierungen, aufgrund von wissenschaftlichen Anfeindungen oder auch aus ganz anderen Gründen verlassen hat. Der in niederländischen Diensten stehende Schiffsarzt Gallandat berichtet, er habe Amo 1753 in seiner Heimat besucht, wo er als Eremit gelebt und als Wahrsager gegolten habe. Er starb nach 1753 in Fort Chama in Ghana.403
403 R. Lohlker, Lemma »Amo, Anton Wilhelm«, in: Braunschweigisches Biographisches Lexikon. 8. bis 18. Jahrhundert; ich danke Dr. Silke Wagener-Fimpel vom Staatsarchiv Wolfenbüttel für die freundliche Bereitstellung des Vorabdrucks. Vgl. auch Brentjes, Anton Wilhelm Amo, sowie zuletzt ders., Anton Wilhelm Amo zwischen Frühaufklärung und Pietismus, in: Gerhard Höpp (Hg.), Fremde Erfahrungen. Asiaten und Afrikaner in Deutschland, Österreich und in der Schweiz bis 1945, Berlin 1996, S. 29 – 32.
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V.3
›Mohren‹ in Nordwestdeutschland
Die dynastischen Beziehungen der Cirksena
Die Cirksena waren ein an der Peripherie eines den zentral- und nordeuropäischen Raum umfassenden Beziehungs-, Austausch- und Heiratsnetzwerkes angesiedeltes Adelsgeschlecht, das über weitreichende dynastische Verbindungen an den europäischen Höfen verfügte und sich als Teil des europäischen höfischen Lebens verstand.404 Nachdem sich Graf Edzard II. (1532 – 1599) im Jahre 1561 mit einer Prinzessin von Schweden verheiratet hatte, waren die beiden folgenden Generationen durch Heirat mit den pfälzischen Kurfürsten, den Markgrafen von Baden, den Herzögen von Lüneburg, den Freiherren von Holstein, den Grafen von Ligny, den Landgrafen von Hessen, den Herzögen von Mecklenburg-Schwerin und den Fürsten von Liechtenstein verbunden. Daneben bestanden regional Heiratsverbindungen mit den ostfriesischen Geschlechtern der von Ritberg und der Grafen von Ostfriesland, einer Nebenlinie des regierenden Hauses. Um die Mitte des 17. Jahrhunderts gehörten den Heiratskreisen die Landgrafen von Hessen-Darmstadt, die Grafen von Barby, die 1674 gefürsteten Grafen von Oettingen-Oettingen sowie die 1688 gefürsteten Grafen von Nassau-Idstein an. Diese zunächst auf den Kreis der Grafen und gefürsteten Grafen sowie der kleineren bis mittleren Reichsfürsten beschränkten Heiratsverbindungen erfuhren 1662 durch die Verheiratung des kurz zuvor in den Fürstenstand erhobenen Georg Christian von Ostfriesland mit Christine Charlotte von Württemberg eine Erweiterung.405 Über die württembergischen Verwandtennetzwerke und spätere Heiraten, die diese Bindungen bekräftigten, waren die Cirksena im Jahre 1744 mit bedeutenden europäischen Häusern verbunden. Neben den verwandtschaftlichen Verbindungen bestanden gute Kontakte zu den beiden Herzögen zu Braunschweig und Lüneburg, Georg Wilhelm in Celle und Ernst August in Hannover. Sie gehörten nach dem frühen Tode des ostfriesischen Fürsten Georg Christian im Jahre 1665 zu den Hauptbündnispartnern von dessen Witwe Christine Charlotte. Neben Eberhard III. waren sie Mitvormünder des ostfriesischen Erbprinzen Christian Eberhard. Einen Hinweis auf die guten (herrschaftsstrategischen) Beziehungen zwischen dem ostfriesischen und den braunschweigisch-lüneburgischen Fürsten gibt die 1693 mit dem inzwischen zum Kurfürsten erhobenen Ernst August von Hannover geschlossene Erbverbrüderung, die allerdings reichsrechtlich nicht anerkannt wurde. Nachdem sich eine Schwester Christine Charlottes mit dem Markgrafen 404 Vgl. Sabine Heißler, Lemma »Christine Charlotte«, in: Biographisches Lexikon für Ostfriesland, Aurich 1993, S. 75 – 77; Jhering, Hofleben in Ostfriesland; Herquet, Miscellen, und die Einleitung zu Schnath, Ostfriesische Fürstenbriefe, S. 7 – 17. 405 Die Beschreibung der Heiratskreise und strategischen Beziehungen folgt der konzisen Darstellung von Martin Jhering, vgl. Jhering, Hofleben in Ostfriesland, S. 20.
Die dynastischen Beziehungen der Cirksena
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Christian Ernst von Brandenburg-Bayreuth (1644 – 1712) verheiratet hatte, kam als neuer Bezugspunkt bis zum Ende der ostfriesischen Fürstenzeit der Hof der Markgrafen von Bayreuth hinzu. Die Verbindung nach Bayreuth wurde noch zwei Mal erneuert: Zunächst gut fünfzig Jahre später durch die Vermählung des ostfriesischen Fürsten Georg Albrecht mit Sophie Caroline von BandenburgKulmbach(-Bayreuth) (1707 – 1764) und dann noch einmal im Jahr 1734, als Georg Albrechts Sohn aus erster Ehe, Carl Edzard, der letzte Fürst von Ostfriesland, eine Ehe mit Prinzessin Sophie Wilhelmine aus demselben Hause einging. Da deren Bruder 1731 die Schwester Friedrichs des Großen (König von Preußen) ehelichte, verschwägerten sich die Cirksena so auch mit dem preußischen Königshaus. Wie bereits angeführt, weiteten sich die Heiratsnetzwerke der Cirksena ab 1693 über die Bayreuther und Oettinger Verwandtschaft noch einmal aus, nachdem im Januar Christiane Eberhardine von Bandenburg-Bayreuth (1671 – 1727) den späteren Kurfürsten Friedrich August I. von Sachsen (1670 – 1733) geheiratet hatte, der 1697 als August »der Starke« König von Polen wurde. Die Heiratsfeierlichkeiten zeigen schlaglichtartig, wie eng die Beziehungen zwischen Bayreuth und Aurich waren. So wurde die Hochzeit von Christian Eberhard von Ostfriesland mit Eberhardine Sophie von Oettingen 1685 in Bayreuth gefeiert; umgekehrt fanden 1690 die Feierlichkeiten anlässlich der Vermählung von Eberhardine Sophies Schwester Christine Luise mit Herzog Ludwig Rudolf von Braunschweig-Blankenburg (ab 1731 Herzog von Braunschweig-Wolfenbüttel) in Aurich statt. Ludwig Rudolf seinerseits verheiratete 1708 eine Tochter, Elisabeth Christine, mit dem drei Jahre später zum deutschen Kaiser gekrönten Erzherzog von Österreich und im Jahr 1711 eine zweite, Charlotte, mit dem russischen Zarewitsch. Bereits in der Regierungszeit Christian Eberhards waren damit die Cirksena neben den bereits bestehenden Beziehungen zur dänischen Königsfamilie dynastisch verbunden mit dem polnischen Königshaus, dem Kaiserhaus des Heiligen Römischen Reiches und dem russischen Zarenhaus. Die Verbindung zum dänischen Königshaus wurde durch die Vermählung Georg Albrechts von Ostfriesland mit einer Brandenburg-Kulmbach-Bayreuther Prinzessin im Jahre 1723 noch einmal erneuert. Weitere Verbindungen bestanden zudem über die konfessionelle Zugehörigkeit. Der lutherische ostfriesische Hof war seit den 1670er-Jahren Teil eines Kreises von pietistischen Höfen, zu denen zeitweise die Herzöge von Lüneburg und Stuttgart, die Markgrafen von Brandenburg-Kulmbach-(Bayreuth), die Herzöge von Schleswig-Holstein, die Grafen von Oldenburg und der dänischnorwegische Hof gehörten. Die Beziehungsnetzwerke, in der Regel durch Heiraten befestigt und von Frauen gepflegt, verweisen auf einen intensiven intellektuellen, persönlichen und materiellen Austausch zwischen den Höfen. Neben den großen solennen Anlässen waren auch gegenseitige Besuche gesellschaftli-
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›Mohren‹ in Nordwestdeutschland
che Anlässe, bei denen der Hofstaat mehrerer Parteien anwesend war. Zwischen den Höfen wurden Köche und Bedienstete, Maler und Fachkräfte, Offiziere und Soldaten ausgetauscht. Ein Beispiel für die soziale Relevanz, die diese Netzwerke im zwischenhöfischen Austausch besaß, findet sich in der Freundschaft der ostfriesischen Fürstin Christine Charlotte mit Kurfürstin Sophie von Hannover. In der ausgedehnten Korrespondenz Elisabeth Charlottes von Orl¦ans (›Liselotte von der Pfalz‹, 1652 – 1722), einer Nichte Sophies und Schwägerin Ludwigs XIV., die lange am Hof in Hannover gelebt hatte, finden auch die Verhältnisse am ostfriesischen Hof Erwähnung. Aus Dankbarkeit gegenüber ihrer Erzieherin aus hannoverschen Jugendzeiten nahm sie nach ihrer Übersiedlung nach Versailles und St. Cloud 1671 den damals sechsjährigen Sohn des ostfriesischen Stallmeisters von Harling zu sich, der ein Verwandter ihrer Hofmeisterin war.406 Territoriale Nähe spielte vor diesem Hintergrund eine sozialen Bindungen nachgeordnete Rolle.
V.4
›Mohren‹ am ostfriesischen Fürstenhof
Nicht nur an den Höfen der Region waren Äthiopier oder ›Mohren‹ bereits keine Seltenheit mehr, als man seit der Erhebung Georg Christians von Ostfriesland (1634 – 65, reg. v. 1660 – 65) in den erblichen Reichsfürstenstand auch in Aurich begann, sich für sie zu interessieren. Die Bewegungen von schwarzen Menschen im Umfeld der Cirksena lassen sich mitunter über die Heiratsverbünde mit Häusern rekonstruieren, die selbst an den transatlantischen Handel angebunden waren. Eine Schlüsselrolle spielte hier das dänische Königshaus, das durch seine Beziehungen zur dänischen Westindischen Kompanie bzw. Westindisch-Guinesischen Kompanie seit 1671 als Verteiler- oder Vermittlerinstanz für ›Mohren‹ an verschiedene deutsche Höfe – neben Aurich und Bayreuth auch Wolfenbüttel und Kassel – gelten kann. Während andere Dienstboten, auch in Ostfriesland, auf lokalen Märkten angeworben wurden,407 ist diese Form von Anwerbung und Vermittlung für schwarze Bedienstete nicht belegt. Aus dem Fehlen eines öffentlichen Marktes lassen sich Rückschlüsse auf ihren Sonderstatus an den Höfen ziehen. Nicht selten wurden Kinder und Jugendliche als ›Präsente‹ an Verwandte und Freunde verschenkt. Verglichen mit den übrigen Dienstboten waren sie von ihrer Herrschaft in besonderer Weise abhängig, ein Verhältnis, das von Vera Lind treffend 406 Ebd., S. 22 – 23. 407 Hahn, Lemma »Dienstboten«, in: Jaeger, Enzyklopädie der Neuzeit, Bd. 2, Sp. 1008; R. Engelsing, Der Arbeitsmarkt der Dienstboten, in: Hermann Kellenbenz (Hg.), Wirtschaftspolitik und Arbeitsmarkt. Bericht über die 4. Arbeitstagung der Gesellschaft für Sozial- und Wirtschaftsgeschichte, Wien, 14. und 15. April 1974, S. 159 – 257.
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als »privileged dependancy« beschrieben worden ist.408 Diese Privilegiertheit oder Exklusivität spiegelt sich in den erhaltenen Zeugnissen ihres Lebens an den Höfen, die fast überall auch die symbolische Ebene der höfischen Repräsentation berühren. So sind schwarze Bedienstete in der Auricher Residenz sicher nicht zufällig erst seit der Regierungszeit Christine Charlottes nachweisbar,409 einer geborenen Prinzessin von Württemberg, die als Schlüsselfigur für die Transformation des ostfriesischen Grafen- in einen standesgemäßen Fürstenhof gilt. Besonders in ihren späteren Jahren als regierende Fürstin verstand sie sich trefflich darauf, die Zeichen fürstlicher Herrschaft, zu denen ›edle Mohren‹ immer gehörten, für die symbolische Repräsentation ihres Hauses einzusetzen. In der nur dreijährigen Ehe mit dem ostfriesischen Fürsten gebar Christine Charlotte drei Kinder, von denen nur der vier Monate nach dem unerwarteten Tod Georg Christians geborene Sohn Christian Eberhard (1665 – 1708) heranwuchs. Von 1665 bis zu seinen Regierungsantritt 1690 übernahm Christine Charlotte für ihn die vormundschaftliche Landesführung. Ein Blick auf die zu diesem Zeitpunkt knapp 20-jährige Christine Charlotte vermittelt eine Grundeinschätzung der Situation des ostfriesischen Fürstenhauses in den letzten achtzig Jahren seines Bestehens.
Württemberg: Christine Charlotte von Ostfriesland und das Ideal des Zeremonialhofes In der Figur Christine Charlottes spiegelt sich eine Rolle adliger Frauen im Prozess der Aufrechterhaltung und Verbesserung von Status und sozialer Position, wie sie vor einiger Zeit auch für den englischen Landadel beschrieben wurde: Die Teilhabe der regionalen, Land besitzenden Elite an der überregionalen Kultur wurde gerade von den weiblichen Familienmitgliedern vorangetrieben.410 James Rosenheim beobachtete, dass Frauen in besonderem Maße in den Prozess kulturellen Wandels involviert waren, in dessen Verlauf sich die Adelsfamilien der englischen Peripherie zunehmend als Teil einer homogenen gesamtstaatlichen Elite verstanden und einheitliche Geschmacksnormen ausbildeten. Sieht man die Anwesenheit von ›Mohren‹ an den deutschen Höfen als Teil einer Kulturgeschichte der höfischen Repräsentation, so werden die Ergebnisse Rosenheims übertragbar. Im Hinblick auf die schwarzen Bediensteten oder, noch deutlicher, auf die sehr jung an die Höfe gebrachten schwarzen 408 Lind, Privileged Dependency. 409 Herquet, Miscellen, S. 133; zu Christine Charlotte vgl. Reimers, Ostfriesland bis zum Aussterben seines Fürstenhauses, S. 225. 410 James Rosenheim, The Political Culture of the Early Eighteenth-Century English Gentry, in: Asch, Der europäische Adel im Ancien R¦gime, S. 323 – 42, hier S. 338 f.
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Kinder fällt auf, dass ihre engsten Bezugspersonen oft die weiblichen Familienmitglieder waren. Diese Gender-Spezifik ihrer Präsenz ist in der bisherigen Forschung nur für Zeugnisse der Kunst und hier vor allem in den Bildnissen adliger Frauen mit schwarzen Assistenzfiguren beobachtet worden.411 Christine Charlotte wurde 1645 in der Residenz Herzog Eberhards III. von Württemberg in Stuttgart, einem klassischen Zeremonialhof, geboren. Zu den Elementen gesteigerter Pracht gehörten hier sowohl afrikanische Musiker als auch die herzoglich-württembergische Kunstkammer. Die Kunstkammer in Stuttgart, die Ende des 16. Jahrhunderts erstmals von dem Astronomen Johannes Kepler erwähnt wird, wurde nach Plünderungen durch kaiserliche und bayerische Truppen ab 1642 neu aufgebaut und ab 1669 ausgestellt.412 Die Sammlungen verweisen auf Handelswege und Personen, über die sowohl afrikanische Kunst als auch Menschen aus Afrika nach Stuttgart kamen.413 Christine Charlotte scheint das an Prestige geknüpfte Interesse an ›Afrikanischem‹ nach Ostfriesland mitgebracht zu haben, denn Karl Herquet, der zwischen 1878 und 1886 als wissenschaftlicher Archivar mit Ordnungsarbeiten des gräflich-fürstlichen Archivs beschäftigt war, kommentiert in seinen Miscellen, es habe vor den Zeiten von Georg Christians Bruder Enno Ludwig (1632 – 1660, reg. 1651 – 1660), der sich noch vor allem für Pferde und die Jagd interessiert hatte, keine ›Mohren‹ am ostfriesischen Hofe gegeben: »Erst als Georg Christian zur Regierung kam und eine junge prachtliebende Prinzessin heimführte (Mai 1662), gewahrte man, daß dieser Luxusartikel der Hofhaltung abgehe.«414 Allerdings fielen die Standeserhöhung Georg Christians und seine Vermählung mit Christine Charlotte zeitlich zusammen, sodass der seit 1662 gesteigerte höfische Aufwand vielleicht eher noch seiner Fürstung geschuldet war.415 Christine Charlotte wird insbesondere in der älteren Forschung als herrschsüchtig, verschwenderisch und prachtliebend beschrieben. Sie galt als standesbewusst und setzte Attribute fürstlicher Herrschaft gezielt ein. Einer der wenigen Historiker, die ein etwas günstigeres Licht auf ihre Person werfen, Georg Schnath, beschreibt sie als eine »in höherem Sinne […] mutige Vorkämpferin einer Idee, die, für Ostfrieslands Verhältnisse freilich nicht geschaffen, doch die ganze zeitgenössische Welt beherrschte: die Idee des absoluten Fürstentums und der ungeteilten Staatshoheit«, als eine »vom vollen Bewußtsein ihrer fürstlichen
411 Vgl. Katja Wolf, »Und ihre siegreichen Reize steigert im Kontrast ein Mohr«. Weiße Damen und schwarze Pagen in der Bildnismalerei, in: Schmidt-Linsenhoff/Hölz/Uerlings, Weiße Blicke, S. 19 – 36, sowie Anhang I, S. 201 – 209. 412 Firla/Forkl, Afrikaner und Africana, S. 163 – 171. 413 Ebd. 414 Herquet, Miscellen, S. 133. 415 Bauer, Die höfische Gesellschaft, S. 93 – 94.
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Kraft und Sendung durchdrungene, vom Geist der Zeit erfüllte Persönlichkeit […]«.416 Wenn sich auch jener ›Absolutismus‹ nie in dieser Form durchsetzte, schon gar nicht in Ostfriesland, hat Christine Charlotte das Ziel einer solchen Umgestaltung von Herrschaft in der Zeit ihrer vormundschaftlichen Regierung für ihren Sohn Christian Eberhard zwischen 1665 und 1690 und – im Hintergrund – auch noch danach, in teils vehementer Weise auch politisch verfolgt. Die Kompromisslosigkeit, mit der sie den Aufbau einer starken Zentralregierung in ihrer neuen Heimat betrieb, brachte sie in offenen Konflikt mit den ostfriesischen Ständen.417 Dieser Konflikt hatte in Ostfriesland bereits seit dem 16. Jahrhundert geschwelt und bis zum Ende der Fürstenherrschaft kam es zu immer neuen Vergleichen, ohne dass eine der Parteien einen wirklichen Sieg erringen konnte. In der Auseinandersetzung mit den Ständen verließ sich die Fürstin vor allem auf die Unterstützung der Mitvormünder ihres minderjährigen Sohnes, der beiden Herzöge von Braunschweig und Lüneburg, Georg Wilhelm in Celle und Ernst August in Hannover. Diese unterstützten unter dem von Christine Charlotte immer wieder strategisch eingesetzten Vorwand, ihr Mündel schützen zu müssen, die Ziele der Fürstin vorbehaltlos.418 Zur Verteidigung ihrer ständischen Mitregierung bedienten sich die ostfriesischen Stände bewusst der Unterstützung auswärtiger Mächte, die aus eigenem Kalkül ihrerseits gern in den Konflikt eingriffen. Seine Hauptkontrahenten sah das Fürstenhaus im benachbarten Bistum Münster und in dem Kurfürsten von Brandenburg, die 1678 vom Kaiser gemeinsam zur Durchsetzung eines sogenannten Konservatoriums zugunsten der Stände eingesetzt wurden. Friedrich Wilhelm von Brandenburg nutzte die Gelegenheit, um im Land festen Fuß zu fassen. Im November 1682 nahm er Greetsiel ein und verschaffte sich Zutritt zur Hafenstadt Emden, die Sitz seiner im selben Jahr gegründeten BrandenburgischAfrikanischen Kompanie wurde, an deren Unternehmungen sich die Stadt auch finanziell beteiligte. Die Führer der Stände knüpften enge Beziehungen zum Kurfürsten, insbesondere Dodo Freiherr von Knyphausen (1641 – 1698) als sein Geheimer Rat und Kammerpräsident und Franz Heinrich Fridag, Freiherr von Gödens, der eine einflussreiche Stellung als kaiserlicher Gesandter am Berliner Hof innehatte. Die ostfriesische Fürstin sah in diesen beiden und speziell im Kurfürsten ihre größten Widernisse: »Mein größtes Unglück ist Brandenburg«, 416 Schnath, Ostfriesische Fürstenbriefe, S. 15. 417 Wiarda, Ostfriesische Geschichte, Bd. VI, passim; Heißler, Lemma »Christine Charlotte«, S. 75 – 77. 418 Zwei weitere Mitvormünder, Graf Edzard Ferdinand, der jüngste Bruder Georg Christians, und Christine Charlottes Vater, Herzog Eberhard III. von Württemberg, starben früh: Edzard Ferdinand überraschend im Januar 1668 und Eberhard III. acht Jahre später, im Juli 1674. Vgl. Heißler, Christine Charlotte; Schnath, Ostfriesische Fürstenbriefe, S. 9, 19.
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so Schnath, sei in gewisser Weise »das Leitmotiv ihrer Briefe« an die Schwester Sophie Louise in Bayreuth.419 Die 1645 geborene Württembergerin Christine Charlotte war in einem durch eine starke Zentralregierung gekennzeichneten Herzogtum aufgewachsen und fand sich mit der Stärke der ostfriesischen Stände nie ab. Sie setzte dagegen nicht nur politische Mittel im strategisch-diplomatischen und militärischen Sinne ein, sondern nutzte auch Herrschaftszeichen der höfisch-symbolischen Kommunikation. Zu diesen gehörten auf der Ebene der höfischen Repräsentation zweifellos auch die schwarzen Diener und Dienerinnen sowie Musiker und Bereiter.420 Seit 1656/57, in der Regierungszeit ihres Vaters Eberhard III., lebten am württembergischen Hof die schwarzen Musiker Christian Real und Eberhard Christoph. Das württembergische Dienerbuch verzeichnet für die Zeit zwischen 1657 und 1805/06 insgesamt 19 ›Kammermohren‹, die zum Teil eine doppelte Position als Hofmusiker innehatten, sowie drei ›Kammertürken‹.421 Die Forschungen von Monika Firla zum Stuttgarter Hof haben Biografiefragmente von weiteren vier Personen zutage gefördert, von denen drei die Pauke lernten und einer übergangsweise als Trompeter angestellt war. Bis auf den Trompeter Christian Real und den Pauker Eberhard Christoph, die um 1657 resp. 1665, in der Regierungszeit von Christine Charlottes Vater Herzog Eberhard III. (Reg. v. 1633 – 74), an den württembergischen Hof kamen, sind alle anderen zwischen 1699 und 1805/06, mehr als die Hälfte zwischen 1710 und 1770 belegt.422
Die Herrschaft Knyphausen Auch in der unmittelbaren Nachbarschaft der Auricher Residenz der Cirksena, in der Herrschaft Knyphausen, ist ein ›Mohr‹ belegt. Am 4. August 1686 schreibt »Julian Frei von Busca«, offenbar ein Hamburger Kaufmann, eine Rechnung an
419 Schnath, Ostfriesische Fürstenbriefe, S. 8 – 11, Zitat S. 11. 420 Am Stuttgarter Hof sind Schwarze bereits in den Jahren 1508 und 1580 belegt. Sie arbeiteten im fürstlichen Marstall, wo sie für die Betreuung der kostbaren Pferde zuständig waren, vgl. Firla, Exotisch – höfisch – bürgerlich, S. 25. 421 Neues württembergisches Dienerbuch, bearb. v. Walther Pfeilsticker, 3 Bde., Stuttgart 1957 – 1974, Bd. 1: Hof – Regierung – Verwaltung, Stuttgart 1957, § 289 – 291. Die geringe Zahl und das späte Auftreten der »Kammertürken« ab 1765 erstaunt, da die entscheidenden Schlachten, in denen die meisten Gefangenen genommen wurden, zu diesem Zeitpunkt bereits lange zurücklagen. Möglicherweise handelt es sich hier um ein terminologisches Problem, indem »Türken« erst in der Position von »Kammertürken« in das Dienerbuch aufgenommen wurden? 422 Vgl. Firla, Exotisch – höfisch – bürgerlich, sowie dies./Forkl, Afrikaner und Africana, S. 149 – 193.
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die Freifrau von Knyphausen, in welcher auch die Handelswege angesprochen sind, über die dieser nach Ostfriesland kam: »Eilert Tidden von Oldersum haht den kleinen Mohren vohr die Freyfrau von Kniphausen gesant undt wol uberlieveret das ich hier mit bescheinige die Fragt ist im nicht bezahlet.«423
Es folgen Datum und Unterschrift sowie zwei Zusätze: »Monsr. Curas wolle an Zeigen für fracht und Speisung des Mohren die zugedungenen zwo Rs. Gegen diesen Quittung hierunter zu stellen bezahlen. Embden d. 4. Sept. 1686«, gezeichnet vom Knyphausen’schen Amtmann Dr. Sebastian Freitag; gefolgt von der Bestätigung »diese zwey Rthr. sind mir zu Dank bezahlt. Hamburg den 4. Sept. 1686« durch Geert Hynder von Leer, wahrscheinlich eine Mittelsperson zu jenem »Monsr. Curas«, der den Jungen ›lieferte‹. Eine Verbindung zur Brandenburgisch-Afrikanischen Kompanie ist anzunehmen, da Dodo Knyphausen (1641 – 1698) im Oktober 1683 gerade seinen Amtseid als Finanzminister des Großen Kurfürsten geleistet hatte und im Jahr 1686 gleich mehrere brandenburgische Schiffe deutsche Häfen erreichten.424 Der acht Jahre nach dieser ›Lieferung‹, im Jahr 1694, in den Reichsgrafenstand erhobene Georg Wilhelm Knyphausen (1635 – 1709) und seine Frau Anna van Ewsum (1640 – 1716) ließen sich 1688 von Jan de Baan porträtieren. De Baan war ein Schüler van Dycks, von dem auch eine Reihe von Bildnissen für die Häuser Brandenburg und Oranien stammen. Auf dem Porträt Annas reicht ihr ein kleiner ›Mohr‹ kniend eine Blumenschale.425 Im Jahr 1707 entstand in Venedig das Bildnis eines weiteren Familienmitgliedes, des späteren preußischen Staatsministers Friedrich Ernst I. zu Inn- und Knyphausen (1678 – 1731), mit einem ›Mohren‹, dieses Mal von dem für seine ›Mohrenpagen‹-Bildnisse berühmten Antoine Pesne.426 Der von Ernst Gall bearbeitete Katalog der Berliner Pesne-Ausstellung von 1933 kommentiert das Bildnis: »1707, Bildnis des preußischen Gesandten (Friedrich Ernst) Freiherrn v. Knyphausen (Lebensgröße, in Hausrock und Pelzmütze, neben ihm Mohr und Windspiel; verschollen). 423 StA Aurich, Dep. 4 (Innhausen und zu Knyphausen) III h, 27, fol. 28r. 424 Weindl listet für 1686/87 acht Schiffe mit insgesamt 520 (registrierten) Sklaven, die in Übersee verkauft wurden: Feldmarschall Derfflinger (Westafrika, St. Thomas, Europa; 200 verkaufte Sklaven), Falke (St. Thomas, Europa), Wasserhund und Litauer Bauer (beide Großfriedrichsburg), Friede (Westafrika, St. Thomas; 320 verkaufte Sklaven), Vogel Greif (Großfriedrichsburg), Kiebitz (Großfriedrichsburg, in Parmouth beschlagnahmt), Goldener Löwe (Arguin), vgl. Weindl, Die Brandenburger im »Atlantischen System«, S. 79. 425 Alvensleben, Lütetsburger Chronik, S. 69 – 70. 426 Alvensleben, Lütetsburger Chronik, S. 153. Eine Abbildung findet sich ebd., S. 8, sowie in: Ost-Friesland: Die 7 Seelande, hg. v. Ostfriesische Landschaft, im Auftrage der Landkreise Aurich, Friesland, Leer und Wittmund im Rahmen des EU-Programms LEADER II, 1999 (keine Seitenzählung).
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Friedrich I. von Preußen berief auf dieses Bildnis hin den Künstler nach Berlin.« Der Lütetsburger Chronist Udo von Alvensleben leitet daraus sicher nicht zu Unrecht einen Hinweis auf die Bedeutung des ostfriesischen Gesandten ab, dessen Porträt, »wie hier bezeugt wird, in Berlin so starken Eindruck gemacht [hat], daß es der Anlaß zur Berufung des berühmtesten unter den preußischen Hofporträtisten geworden ist«.427 Getrost kann der Erfolg des Gemäldes und die Karriere des Malers jedoch auch auf die Figur des ›Mohren‹ ausgedehnt werden, die in der Folge – nach wechselnden Modellen – zu einem der beliebtesten Sujets von Pesne wurde. Während für die Familie zu Inn- und Knyphausen also Brandenburg-Preußen einen wichtigen dynastischen Bezugspunkt bildete, verfügte das ostfriesische Fürstenhaus über andere Verbindungen, auf die das folgende Kapitel näher eingeht.
Bayreuth und Oettingen In den engen Beziehungen vor allem zwischen Aurich und Bayreuth, aber auch nach Stuttgart und Kopenhagen, lässt sich in der Folge eine Reihe von Nachweisen für die soziale Relevanz der höfischen Netzwerke führen. Als im Jahre 1668 in Bayreuth beim Markgrafen Christian Ernst (1644 – 1712, ab 1671 in zweiter Ehe verheiratet mit der Schwester Christine Charlottes) die zu diesem Zeitpunkt etwa 14-jährige Sophia Magdalena getauft wurde, vermerkt die aus diesem Anlass gehaltene und später gedruckte Predigt des Bayreuther Generalsuperintendenten, sie sei »aus Afrika« über den dänischen Königshof und den kurfürstlich sächsischen Hof in die Dienste der Markgräfin Erdmuthe Sophie gekommen. Über dieselben Stationen hatte einige Jahre zuvor – möglicherweise zusammen mit Sophia Magdalena – der Pauker Christian Ferdinand Bayreuth als ›Geschenk‹ des Kurfürsten erreicht.428 Mit der Erweiterung der Netzwerke im Jahr 1671 durch Neuvermählung des Markgrafen Christian Ernst mit der württembergischen Prinzessin Sophie Louise ergaben sich neue Achsen der Mobilität. So ist der schon genannte württembergische Pauker Eberhard Christoph, der seit 1667 in Stuttgart nicht mehr nachweisbar ist, mit oder kurz nach der Vermählung Sophie Louises nach Bayreuth gekommen, wo er ab 1678 belegt ist.429 Durch die Vermählung der württembergischen Prinzessin mit dem Markgrafen verfügte seit 1671 das ostfriesische Fürstenhaus über engere Beziehungen nach Bayreuth, die durch regelmäßige Besuche und mitunter täglichen Brief427 Alvensleben, Lütetsburger Chronik, S. 153. 428 Kiel, Zwischen Integration und Sensation, S. 5, 7. 429 Ebd., S. 10 – 11.
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wechsel gepflegt wurden.430 Ein Nachweis für den Transfer einer ›Mohrin‹ zwischen den Höfen hat sich im Rechnungsbuch des ostfriesischen Hofes für das Jahr 1682 erhalten, das die Auszahlung von 16 Reichstalern »zu der Mohrin so ist nach Beyereuth zugestellet« vermerkt.431 Bisher ist über diese Frau oder dieses Mädchen432 nichts weiter bekannt: In Bayreuth konnte die Verbindung nach Aurich bisher nicht nachgewiesen werden. So kann derzeit nur vermutet werden, dass es sich um die jung, im Alter von etwa 13 Jahren, verstorbene Sophia Christiana Eleonora gehandelt hat, die am 14. September 1683 in Bayreuth bestattet wurde.433 Ihr Name lässt in Anbetracht der höfischen Praxis, schwarzen Täuflingen die Vornamen ihrer Paten und Patinnen zu geben, darauf schließen, dass das Mädchen in Bayreuth getauft wurde. Als Taufpaten und -patinnen kämen dann die Markgräfin Sophie Luise, Markgraf Christian Ernst und möglicherweise die 1673 geborene zweite Tochter des Markgrafenpaars, Eleonore Magdalene, infrage. Als Herkunftsort ist lediglich »aus dem Mohrenland« angegeben. In demselben Auricher Hofrechnungsband von 1682, der die Übersendung der ›Mohrin‹ nach Bayreuth vermerkt, wird kurz darauf nochmals eine ›Mohrin‹ erwähnt, welche ein neues Kleid und Strümpfe erhält. Nimmt man eine chronologische Folge der Einträge an, so müsste es sich um eine zweite, bisher nicht weiter nachgewiesene Schwarze gehandelt haben, die möglicherweise schon länger und/oder längere Zeit danach ständig am ostfriesischen Hof gelebt hat. Die Herkunftsangabe zu Sophia Christiana Eleonora lässt an einen Zusammenhang mit den seit 1682 bestehenden Handelsbeziehungen Brandenburgs an die westafrikanische Küste denken. Da jedoch die ostfriesische Fürstin mit dem Kurfürsten von Brandenburg – besonders nach dessen Besetzung von Greetsiel und Verbündung mit den ostfriesischen Ständen – zutiefst verfeindet war, muss eine andere, noch unbekannte Verbindung angenommen werden. Im ostfriesischen Fürstenarchiv verdichten sich die Hinweise auf ›gewesene Türkinnen‹ und ›Türkenknaben‹ und auch auf ›Mohren‹ seit den 1690er-Jahren. Sie sind weiterhin in über den engen Kreis des ostfriesischen Hofes hinausweisenden Kontexten angesiedelt. Im Jahr 1692 zeigt sich nochmals die Vertrautheit Christine Charlottes mit den Bayreuther Verhältnissen und den dortigen Bediensteten. Unter dem 30. Juni 1692 bemerkt der Haushofmeister der Markgräfin Sophie Louise in einem Schreiben an den Markgrafen, die ostfrie-
430 Schnath, Ostfriesische Fürstenbriefe; Heißler, Christine Charlotte. 431 StA Aurich, Rep. 4 A III b Nr. 6: »Hofrechnungen. 1682«, nicht fol. Aus der Chronologie der Einträge ergibt sich als zu vermutendes Datum der 22. oder 23. November 1682. 432 Vgl. Lemma »Mohrin« als »ein Kind weiblichen Geschlechts, welches noch jung aus Mohren-Land gebracht« in Zedlers Universal-Lexicon, vgl. dazu Kap. IV.3. 433 Kiel, Zwischen Integration und Sensation, S. 11.
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sische Herzogin434 schreibe, sie habe »das Curassier Regiment von E[wer]: Hochfürstl[ich]: durchl[aucht] [gesehen]: dabey der Paucker Mohr en particulier ihr eine grosse reverance aus alter bekantschaft gemacht hätte […]«.435 Bei diesem Pauker könnte es sich um den im Zusammenhang mit der Bayreuther Taufe der 14-jährigen Sophia Magdalena schon erwähnten, im Jahr 1668 getauften und seit 1675 in Bayreuth nicht mehr nachweisbaren Christian Ferdinand Mohr gehandelt haben.436 Dieser war nach dem vor 1684 anzusetzenden Tod des ehemals in württembergischen, später Bayreuther Diensten stehenden Eberhard Christoph der einzige Pauker dieses Namens in Bayreuth. Da Christian Ferdinand Mohr mit Sophie Magdalena etwa gleichaltrig war, dürfte er bei der Begegnung mit der ostfriesischen Fürstin im Jahr 1692 etwa vierzig Jahre oder etwas älter gewesen und damit noch berufstätig gewesen sein. Wie Sophia Magdalena war er als ›Geschenk‹ des sächsischen Kurfürsten an seine nach Bayreuth verheiratete Tochter in die Markgrafschaft gekommen und wie diese hatte er die Kinderlehre und deutsche Schule besucht, lesen, schreiben und die »Hauptstücke des Katechismus« gelernt sowie das Konsistorialexamen zur Zufriedenheit bestanden, als er im Dezember 1664 getauft wurde.437 Die Aufzählung der »in Schrifften erbetenen Gevattern« umfasste 55 Frauen und Männer, an erster Stelle das Markgrafenpaar, Christian Ernst und seine erste Gemahlin, Erdmuthe Sophie, danach Markgraf Georg Albrecht (1619 – 1666), der das Fürstentum bis zur Volljährigkeit seines Neffen Christian Ernst regierte, sowie der Kanzler, die Räte und die Bürgermeister der fünf Hauptstädte.438 Der Pauker Christian Mohr hat später möglicherweise noch einmal seine Arbeitsstätte gewechselt, denn etwa zehn Jahre, nachdem Christine Charlotte ihm im Kürassierregiment des Bayreuther Markgrafen wiederbegegnete, 434 Die verwitwete Fürstin Christine Charlotte nannte sich seit den späten 1680er-Jahren Herzogin, vgl. Wiarda, Ostfriesische Geschichte, Bd. VI: 1668 – 1714, S. 273. 435 Geheimes Staatsarchiv Preußischer Kulturbesitz, Brandenburg-Preußisches Hausarchiv (weiter GStA PK BPH), Rep. 43 II J. Nr. 340: »W. von Forstner, Haushofmeister der Markgräfin Soffie Louise zu Brandenburg-Culmbach-Bayreuth, an Markgraf Christian Ernst zu Brandenburg-Culmbach-Bayreuth«,nicht fol. 436 Eine weniger wahrscheinliche Möglichkeit wäre, dass einer von Christian Ferdinand Mohrs Söhnen gemeint ist, wenn sie den Beruf des Vaters ergriffen hätten. Soweit bisher nachweisbar, haben drei seiner bis 1675 geborenen Kinder überlebt, zwei davon Jungen: Georg Christian, 1670 in Bayreuth getauft, verstarb schon ein halbes Jahr später. Ein zweiter Sohn folgte 1671 mit Georg Adam Franz. Nachdem 1673 ein Mädchen, Veronica Sophia, geboren worden war, ist als letzte Spur von Christian Ferdinand Mohr der Taufeintrag für seinen Sohn Johann Georg vom 19. März 1675 erhalten, vgl. Kiel, Zwischen Integration und Sensation, S. 9. 437 Ebd., S. 7. 438 Kiel geht davon aus, dass sich im Jahre 1686 noch ein weiterer schwarzer Diener, »der Printzessin Camerlaquey«, dessen Name nicht überliefert ist, in Bayreuth aufgehalten hat. Dieser wohnte mit seiner Frau und drei Kindern in der Breiten Gasse, vgl. ebd., S. 12.
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wahrscheinlich im Jahr 1702, stand er bereits in den Diensten des Fürsten Albrecht Ernst II. von Oettingen-Oettingen (1669 – 1731), eines Bruders der im Jahre 1700 verstorbenen ostfriesischen Fürstin Eberhardine Sophie: In einer Aufstellung über seinen Hofstaat findet sich auch der »Paucker Christian Mohr«. Unter den Lakaien werden zudem ein Wilhelm Mohr und Dionisius Mohr genannt.439 Ob es sich bei dem Familiennamen immer um Personen in der Position von ›Mohren‹ gehandelt hat, ist kaum zu beurteilen.440 Doch ist nicht auszuschließen, dass mit den Genannten zwei weitere, wegen des Wegzugs des Paukers aus Bayreuth dort nicht mehr registrierte Söhne angesprochen sind. Was für Christian Mohr gilt, wäre dann auf seine Söhne auszuweiten: Wie er bewegten sie sich innerhalb der verzweigten Heiratsverbünde um Bayreuth, Oettingen und Aurich und waren darin offenbar nicht an einen bestimmten Ort gebunden. In seinem Beruf muss er erfolgreich gewesen sein, da er – in den immer-gleichen Netzwerken – stets neue Anstellung fand. Nicht genannt wird in der Aufstellung zum Hofstaat des Fürsten von Oettingen-Oettingen ein »Mohr Jean«, der in den Reiseabrechnungen Albrecht Ernsts II. von 1697 – 99 erwähnt wird. Möglicherweise handelt es sich hier um einen jener schon angesprochenen Fälle, in denen nachweislich bei Hofe anwesende Personen nicht in den Hofordnungen erscheinen. Die Reiseabrechnungen führen neben Jean noch einen weiteren, namenlosen »kleinen Mohren«. Beide begleiteten den Fürsten zwischen September 1697 und Dezember 1698 auf einer Reise, die sie unter anderem nach Frankfurt (am Main), Wolfenbüttel, Quedlinburg und Braunschweig führte. Allein zehn Einzelposten der Abrechnungen beziehen sich auf die schwarzen Diener, meistens auf die Anschaffung von Kleidung oder Schuhen.441 Ende Juli/Anfang August 1698 besuchten sie im Gefolge des Fürsten auch das ostfriesische Berum, den Witwensitz Christine 439 Fürstlich Öttingen-Wallerstein’sches Archiv, Schloss Harburg, Harburg (Schwab.), VII. 4. 1a, Fasz. 76: »Aufstellung über den Hofstaat des Fürsten Albrecht Ernst II. von OettingenOettingen«, nicht fol., undatiert, vermutl. 1702. 440 Darauf verweist auch Kiel, Zwischen Integration und Sensation, S. 17 (Anm. 37). Er führt zwei Beispiele (von mehreren ungenannten) an, einen »Johann David Mohr, Diener der verwitweten Marquise de Montperny, der am 6. September 1759 auf markgräflichen Befehl mit Margaretha Barbara Hatzerin, der Tochter eines Perückenmachers, getraut« wurde sowie »die kleine Johanna Margaretha Mohr, eine Tochter des künsbergischen Bedienten Mohr«. Sie wurde »am 8. Oktober 1768 im Alter von vier Jahren und neun Monaten zu Grabe getragen«. Wenngleich die Zuordnung von Personen dieses Namens nicht immer eindeutig ist, kann ihre Nennung für die weitere Forschung hilfreich sein. Auch Fälle, in denen der Familienname nicht im Zusammenhang mit Hautfarbe steht, können indirekt etwas darüber aussagen, wie verbreitet er war bzw. wie ausschließlich er dunkle Pigmentierung konnotierte. 441 Fürstlich Öttingen-Wallerstein’sches Archiv, Schloss Harburg, Harburg (Schwab.), VII. 3. 19b – 1: »Reise-Rechnung 1695 – 1697«, pag. 76, 82; No. 3: »Reiß Rechnung vom 19. Januar : 1698. biß 9. Marty 1699«, pag. 14, 37, 40, 53.
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Charlottes. Im darauf folgenden Mai starb sie bei einem Besuch des lüneburgischen Hofes in Bruchhausen.442
Oldenburg In dem Ostfriesland benachbarten Oldenburg lebte bereits zu Zeiten von Ulrich II. von Ostfriesland (1605 – 48) ein ›Mohr‹, der zum Hofstaat der Elisabeth Baronin von Ungnad, Gräfin von Weißenwolf (um 1610 – 1683) gehörte. Diese stammte aus einer wegen ihres calvinistischen Bekenntnisses in Österreich verfolgten Wiener Adelsfamilie und gehörte damit zu einer großen Gruppe protestantischer Flüchtlinge, die meisten von ihnen aus den Niederlanden, die in Ostfriesland, vor allem in Emden, Schutz vor religiöser Verfolgung suchten.443 Elisabeth war die Mutter des illegitim geborenen, späteren Reichsgrafen Anton I. von Aldenburg (1633 – 1680) und mit dem bis 1651 am ostfriesischen Hof tätigen Freiherrn Johann von Marenholz verheiratet.444 In ihrem erstmals im Jahre 1664 verfassten Testament bedenkt sie unter anderem auch einen leibeigenen »Schwartzen Moren Sebastian«.445 Wann dieser zu ihr kam, ist nicht bekannt. Da am Oldenburger Hof bisher nur ein schwarzer Diener, ebenfalls Sebastian, und dessen Frau, die zwischen 1672 und 1678 nachgewiesene Elisabeth Margrethe, belegt sind, ist dieser wahrscheinlich mit dem in einer Bedienstetenliste zur Oldenburger Hofhaltung in Varel von 1656/57 genannten ›Mohren‹446 identisch. Sebastian wird in den Oldenburger Hofrechnungen der 1660er- und 1670erJahre noch mehrmals erwähnt, meistens im Zusammenhang mit Kleidern, die für ihn angefertigt werden. Das Testament Elisabeths von Ungnad-Weißenwolf sagt über ihn im dritten Paragrafen: »Und dan drittens, […], mein Hauß undt landt zu Hatten, samt allem Viehe und geretschaft daselbst, wie auch aller anderen Zubehör, so ich in ein besonder register oder Zettull verzeichnen laßen werde, welches mitteinander Ich dem Schwartzen Moren Sebastian, den Ich für Leibeigen bey mir erzogen habe, hirmitt auff meinen, nach Gottes Willen, begebenden Dodtesfall, zu seiner Verdienst und Unterhalt, mitt 442 Schnath, Ostfriesische Fürstenbriefe, S. 14. 443 Bernd Kappelhoff, Emden als quasiautonome Stadtrepublik 1611 – 1749, in: Ostfriesland im Schutze des Deiches (Bd. 11), hg. v. der Deichacht Krummhörn, Pewsum 1994. 444 Von Marenholz war in Ostfriesland zunächst Hofmeister von Enno Ludwig und dann Drost von Berum. Er wurde später eines Verhältnisses mit Enno Ludwigs Mutter, Gräfin Juliane von Hessen (1606 – 1659), beschuldigt und 1651 hingerichtet. Elisabeth verließ daraufhin Ostfriesland. 445 StA Oldenburg, Best. 20 – 3 Nr. 1317: »Testament der Elisabeth Gräfin von Weißenwolf vom 22. Jan. 1664 nebst Kodizill vom 20. Nov. 1672 (Originale und Abschrift)«, Bl. 4r. 446 StA Oldenburg, Best. 20 – 3 Nr. 1295: »Acta enthaltend einige Stücke, betr. die Hofhaltung zu Varel von 1656 – 1657«, nicht fol., ohne Datum.
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dieser condition will Vermachet und geschenket haben, daß zwarn auch auff seine Ehrliche Leibß Erben, daferne Er einige Hinterlaßen wird, daßelbige kommen Und Verstammen magh, Jedoch daß weder Er, noch seine Erben, ohn meines Sohns, Graff Anthons, oder deßen Erben, consens und bewilligungh, solches Haus und land, oder deßen Zubehor, zu verkauffen, zu vertauschen, zu verpfanden, oder sonst auff einige weise oder Wege, unter Lebendigen oder auff den Dodtesfall zu verschencken, zu vermachen, zu beschweren oder zu alieniren und zu vereußeren, durchauß keine macht, füge noch Recht haben solle.«447
Wie lange Sebastian zu diesem Zeitpunkt schon zum Hofstaat Elisabeths gehört hatte, ist nicht bekannt. In den Quittungen des Oldenburger Hofes werden zwischen 1665 und 1680 immer wieder Personen erwähnt, die mitunter als ›Mohren‹ bezeichnet werden: Bastian und eine weitere Person, Michel, für die ein identisches Kleidungsstück angefertigt wurde, was entweder darauf hindeutet, dass es sich bei ihm ebenfalls um einen schwarzen Diener gehandelt hat oder aber darauf, dass schwarze und weiße Diener gleich gekleidet wurden.448 Des Weiteren findet sich 1665 und 1680 jeweils eine »Schwarze« ohne Namen erwähnt,449 bei der es sich vielleicht um die im Testament der Gräfin Weißenwolf von 1672 erwähnte »Mohrin Elisabeth Margrethe« handelte.450 Die Erwähnungen in den Archiven sind spärlich, erstrecken sich aber über einen langen Zeitraum, wobei immer wieder dieselben Namen auftauchen. Die ostfriesischen Fürsten haben sich bezüglich ihres Wunsches, ›Mohren‹ an ihren Hof zu bringen, vielleicht nicht direkt an dem benachbarten Oldenburger Hof orientiert, aber es war unvermeidlich, die Oldenburger Grafen und ihren Hofstaat bei festlichen Anlässen zumindest wahrzunehmen.
Ostfriesland Die früheste bisher bekannte Quelle am ostfriesischen Fürstenhof, die ein Interesse daran bezeugt, ›Mohren‹ bei Hof zu haben, datiert vom September 1663. Darin gibt Fürst Georg Christian von Ostfriesland (1634 – 65) seinem Oberrentmeister Brenneysen Anweisung, in Amsterdam zwei junge ›Mohren‹ für seine Gemahlin Christine Charlotte zu erwerben: 447 StA Oldenburg, Best. 20 – 3 Nr. 1317, fol. 4r – 4v. 448 StA Oldenburg, Best. 120 Nr. 1039: »Quittungen von Handwerkern, Kaufleuten usw. für die Gräfin Weißenwolff, 1663 – 1692«, fol. 5r [26. Nov. 1665]: »Bastian ein Ney Schwarzeß kleidt gemacht mit ein Karmisoll […] 1.36.0 Rthl.«; »Michel ein Schwarzeß Kleidt gemacht mit ein Karmisoll […] 1.36.0 Rthl.« Weitere Erwähnungen Bastians in demselben Bestand, immer im Zusammenhang mit Schneiderrechnungen, Rechnung vom 4. März 1678, fol. 4r – 4v. 449 StA Oldenburg, Best. 120 Nr. 1039, fol. 4r, 4v, sowie fol. 13 (vom 11. Januar 1680). 450 StA Oldenburg, Best. 20 – 3 Nr. 1317, fol. 6v.
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»Nachdem Wir glaubwürdig berichtet worden sind, daß in der Stadt Amsterdam ein Schiff mit vielen Mohren angekommen sein soll und Wir dann derselben für unsere herzliebste Gemahlin […] zwei, also einen jungen Mohren und eine junge Mohrin, jeden von 5 oder 6 Jahren desideriren, so befehlen Wir Euch hiermit gnädig, Ihr wollet selbige für unsere herzliebste Gemahlin Durchlaucht einkaufen und bei Euerer Zurückkunft zugleich mit anhero bringen. Vor allem werdet Ihr dahin trachten, daß sie von guter Leibesdisposition und Gesicht sein mögen. Daran verrichtet Ihr Unsere gefällige Meinung und Wir bleiben Euch mit Gnaden wohlgewogen. Gegeben auf unserem Hause Emden den 14. September 1663.«451
Brenneysen hielt sich zu diesem Zeitpunkt in Den Haag auf, wo er in Angelegenheiten des ostfriesischen Hauses bezüglich einer von Liechtenstein geforderten Erbschuld tätig war. Der Oberrentmeister meldete jedoch in seinem Diarium kurz, diese ›Mohren‹ seien in Amsterdam nicht zu bekommen gewesen. Ob er sich wegen der desolaten Finanzlage des ostfriesischen Hauses »auch keine allzu große Mühe gegeben« hat, diesen ›Luxusartikel‹ zu beschaffen, wie Herquet in seinen gut 200 Jahre später veröffentlichten Miscellen zur Geschichte Ostfrieslands ironisch anmerkt, sei dahingestellt. Da der freie Verkauf von schwarzen Menschen in Amsterdam nachweislich verboten war,452 kann es sich bei dem »glaubwürdigen« Bericht nur um einen Informationsfehler gehandelt haben, es sei denn, dass es einen solchen Markt unter der Hand gegeben hätte. Dies erscheint unwahrscheinlich, denn in diesem Fall wäre eine genauere Anweisung bezüglich der Orte und Personen, über die dieser Markt abgewickelt wurde, erforderlich gewesen. Die bisherige Forschung über afrikanische Migrationen im deutschsprachigen Raum verweist auf verzweigtere Wege über verschiedene Mittelspersonen, die im Rahmen von größeren Beziehungsnetzwerken verliefen, über Absprachen mit Fernhandelskaufleuten und Seeleuten oder über Kolonialhandelsgesellschaften, die, wie die Brandenburgisch-Afrikanische Kompanie, oft von Mitgliedern des Hochadels gegründet und von den Ständen und Kaufleuten unterstützt, peripher an die höfischen Netzwerke angebunden waren.453 Die weiteren Routen in Europa führten oft über mehrere, mitunter geografisch weit verstreute, jedoch verwandtschaftlich miteinander verbundene Höfe. Insbesondere die teils ausgedehnten Reisen von Fürsten und Fürstinnen seit der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts lassen vermuten, dass sich die Mitglieder des Hofstaats der einzelnen Herrschenden immer wieder begegneten und dass sie über den Rahmen des eigenen Hofes hinaus mit den Verhältnissen an anderen Höfen vertraut waren. Während sich vor der Zeit Christine Charlottes am ostfriesischen Hof keine 451 Herquet, Miscellen, S. 133. 452 Blakely, Blacks in the Dutch World, S. 226 – 227. 453 Vgl. Kap. II.2.
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Zeugnisse der Gegenwart von schwarzen Dienern finden, lebte spätestens im Jahr 1677 ein ›Mohr‹ am Auricher Hof, der wahrscheinlich erst nach dem Tode des Fürsten Georg Christian im Jahr 1665 nach Ostfriesland kam und »pro anno ein Paar Strümpfe zu einem Taler erhält«.454 Dass es sich bei diesem um den seit dem Todesjahr des württembergischen Herzogs Eberhard III. 1674 am dortigen Hof nicht mehr nachweisbaren Trompeter Christian Real handelte, von dem angenommen wird, dass er direkt nach der Beisetzung von Eberhard III. in Stuttgart für einen anderen Hof verpflichtet worden sei, ist wenig wahrscheinlich. Bis auf Weiteres bleibt unbekannt, woher der Erwähnte kam, wie lange er sich in Aurich aufhielt, auf welche Weise er an den Auricher Hof angebunden war und was mit ihm weiter geschah.455 Schwarze wurden auch am ostfriesischen Hof für ihre Dienste entlohnt. Mit einer Notiz im Ausgabediarium von 1696 ist ein weiterer ›Mohr‹ belegt, der die Summe von dreißig Reichstalern erhält.456 Möglicherweise war dies der in den Zivilreglements von 1700, 1701 und 1703 geführte »Mohr Mars«, an den »für Schuhe und Linnen« in den ersten beiden Jahren zwölf, 1703 dann zwanzig Taler jährlich ausgezahlt werden.457 Im Jahr 1700 wurde er damit um zwei Reichstaler besser bezahlt als der kurz zuvor getaufte »Türke« Christian Eberhard und erhielt drei Taler weniger als »die geborene Türkin« Christine Charlotte, die wie ihre Kollegin, »der Princessin Friderica Mädgen Christine Charlotte Noemanns« 15 Taler erhielt. Die (immerhin adligen) Pagen erhielten je zwanzig Reichstaler und zusätzlich sechs Reichstaler »zu Stiebeln und Schuen«.458 Das Fehlen von Mars sowohl in den Zivilregelements von 1694, 1696 und 1697 als auch in denen des Jahres 1707 und danach bedeutet nicht unbedingt, dass er den Dienst bei Hof aufgegeben hatte, doch ist nicht auszumachen, wann er den ostfriesischen Hof verließ.459 Am 17. Dezember 1705 wurde er auf den Namen Anton Eberhard
454 Herquet, Miscellen, S. 133. Dieser konnte bei den Recherchen in den Hofrechnungen dieses Jahres nicht mehr aufgefunden werden. Da Herquet nur selten genaue Quellenangaben macht, das ostfriesische Fürstenarchiv als Archivar jedoch bis ins Kleinste kannte, ist anzunehmen, dass er diese Informationen aus einer anderen Quelle hatte. 455 Im Wolfenbütteler Schloss wurde am 7. Januar 1677 ein »Mohr Anton« getauft, der dort weiter nicht nachweisbar ist, vgl. Kittel, Mohren als Hofbediente und Soldaten, S. 79 – 80. Ob dieser nach Aurich gelangt war oder von dort kam? 456 StA Aurich, Rep. 4 A III a Nr. 1: »Der fürstl. ostfriesische Hofstaat und seine Einrichtung. Hofhaltungsreglements. 17./18. Jh.«. 457 Die 1696 genannte Summe von dreißig Reichstalern entspräche dann allerdings fast drei Jahresgehältern von Mars, weshalb es sich auch um einen weiteren, namentlich bisher nicht bekannten Schwarzen gehandelt haben könnte. 458 StA Aurich, Rep. 4 A III a Nr. 1, pag. 123v, 125v, 127r. 459 Durchgehende Beamtenverzeichnisse liegen für den ostfriesischen Hof leider nicht vor, Zivilreglements haben sich nur für die folgenden zwölf Jahre erhalten: 1694, 1696, 1697, 1700, 1701, 1703, 1707, 1709, 1730, 1733, 1737 sowie ein undatiertes, vermutlich aus dem
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Friedrich getauft. Der ostfriesische Fürst als sein Taufpate schenkte ihm zu diesem Anlass 100 Reichstaler, mithin mehr als acht seiner regulären Jahresgehälter, die allerdings nicht in bar ausgezahlt, sondern auf die Oberrentkammer angewiesen wurden. In der Anweisung schreibt Fürst Christian Eberhard an den Oberrentmeister Teepken: »Nachdehm wir unseren Mohren Anton Eberhard Friderich, wie derselbe ohnlängst getauffet worden, zum Gevatter geschenk einhundert Reichsthaler zu geleget und verehret haben, dergestalt daß solche einhundert Reichsthaler bei unserer Oberrentkammer so lange, biß erwehnter Anton Eberhard Friderich selbige zu seinem nutzen selbst wird gebrauchen und anwenden können, stehn blibe und ihm biß dahin jährlich auf Michaelis mit fünf Reichsthaler zinsiert werden solle: So befehlen wir auch hirmit gnädigst und wollen, daß ihr jährlich und alle Jahr, so lange besagte einhundert Reichsthaler nicht werden abgetragen seyn, fürhin Anton Eberhard Friederich die fünf Reichsthaler Zinse und zwar zum erstemahl auf Michaelis 1706. bezahlen und in außgabe berechnen sollet […] Aurich d. 17. Decembr. 1705. [eigenhändige Unterschrift Christian Eberhards]«460
Schon am 01. September 1706 taucht Anton Friedrich Eberhard, über den danach nichts mehr zu erfahren ist, im Taufregister der lutherischen Gemeinde in Aurich als Vater eines unehelichen Kindes wieder auf: »Anton Eberhard Friedrich des getauften Mohren uneheliches Kind Ede Christian. Die Mutter heißet Gebke Ede Tauffzeugen waren Johann Frantzen, Rohrmacher, [unles.] Showes, Trabanten frau«.461
Näheres zur unehelichen Geburt Christian Edens bzw. Ede Christians und zu seiner Mutter Gebke Ede ist nicht bekannt. Dass die fürstliche Herrschaft in diesem Fall nicht die Patenschaft übernahm, ist nicht selbstverständlich. Andere Fürstenhäuser waren hier großzügiger. An den Höfen von Stuttgart und Bayreuth sind mehrere Fälle belegt, in denen die Fürsten ihre schwarzen Bediensteten auch im Hinblick auf solche ›Fehltritte‹ unterstützten. Herzog Eberhard Ludwig von Württemberg (1676 – 1733) etwa legte ein gutes Wort für den Paukerlehrling Dominicus Joseph Deacosta (1718 – 1733/34 in Stuttgart nachweisbar) ein, als dieser nach der Geburt eines unehelichen Sohnes im Jahr 1721 nach geltendem Zunftrecht seine Lehre hätte abbrechen müssen. Im Fall von Wilhelm Samson (bzw. Damson/Tamson, 1715 – 1722 in Stuttgart belegt) ging der Herzog noch weiter. Samson hatte bei seiner Ankunft in Württemberg zunächst seine Jahr 1695, vgl. Anton Kappelhoff, Die Musikpflege am ostfriesischen Hofe, in: Emder Jahrbuch für historische Landeskunde Ostfrieslands, Bd. 24, 1936, S. 87 – 118. 460 StA Aurich, Rep. 4 A II b 113. 461 StA Aurich, Rep. 248 Nr. 93. Im Gegensatz zum »Mohr Mars« wird Christian Eberhard nicht als ›Mohr‹ geführt, vgl. StA Aurich, Rep. 4 A III a Nr. 4:«Zivilreglement von 1694 – 1737«, f. 127r, 128v ; aus den Quellenangaben geht nicht hervor, worauf sich Herquet stützt, wenn er Christian Eberhard als ›Mohr‹ bezeichnet, vgl. Herquet, Miscellen, S. 88 – 89, 134.
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(angebliche?) Ehefrau aus England nachholen wollen, sich später aber mit Maria Barbara Härle aus Effingen verlobt. Nachdem die vom Stuttgarter Prediger Samuel Urlsperger veranlassten Nachforschungen zur Klärung der Familienverhältnisse in London ergebnislos blieben, die neue Partnerin Samsons jedoch bereits das zweite Kind erwartete, befahl der Herzog die Trauung. Als zehn Tage später der kleine Ludwig Friedrich zur Welt kam, wurden der Herzog und der württembergische Erbprinz namengebende Paten.462 In Bayreuth erhielt die 22jährige, aus der holländischen Kolonie Surinam stammende, ungetaufte ›Kammermohrin‹ Alzire im Jahre 1751 ein christliches Begräbnis »in geweihter Erde«.463 Ähnliches ist für Brake überliefert, auf dessen Friedhof unmittelbar an der Kirchmauer ein sechsjähriger »Türke« islamischen Glaubens bestattet wurde. Hartmut Heller, der sich seit geraumer Zeit mit den muslimischen Gefangenen der Türkenkriege beschäftigt, berichtet von weiteren Fällen.464 Wenn auch die ostfriesische Fürstenfamilie die Patenschaft für Ede Christian nicht übernahm, so war mit der Frau eines »Trabanten« doch eine Person aus dem näheren Umfeld des Hofes vertreten. Trabanten waren als ›Garde‹ oder ›Leibwächter‹ Teil des Hofmilitärs.465 Sie hatten – etwa der Hof- und Feldordnung der mecklenburgischen Herzöge Adolf Friedrich und Johann Albrecht II. von 1609 zufolge – vor allem Sicherungsaufgaben und fungierten auch als Tür- oder Torsteher, etwa beim Einzug in eine Stadt. An kleineren Höfen mussten die Trabanten zudem das Schlosstor gemeinsam mit dem Torwächter bzw. Torwärter morgens und abends auf- und zuschließen. Auch die Hofmusikanten gehörten zum Militär am Hofe und mussten mit ins Feld reiten, sodass die beiden im Rahmen von Schutz und Repräsentation des Herrschers Beschäftigten vielleicht enger zusammenarbeiteten. Möglicherweise handelte es sich auch um einen befreundeten Kollegen Anton Eberhard Friedrichs, zu dem eine engere Beziehung bestand. Christian Eden taucht erst als Erwachsener im Jahr 1727 wieder auf.466 Er findet sich auch danach nicht in dem – allerdings im entscheidenden Zeitraum von 1729 bis 1747 nicht erhaltenen – Heiratsregister der lutherischen Gemeinde in Aurich. Der Sohn des »Türken« Christian Eberhard, den Herquet auch als ›Mohren‹ bezeichnet, der 1713 im Zusammenhang mit einer jährlichen Unterstützung von 416 Stübern (= 7 Taler 19 Schaff) wieder in den Hofrechnungen erscheint, ist jedoch sicher nicht mit Christian Eden identisch. Jener Sohn Christian Eberhards, der die genannte Summe jährlich weiter bis 1727 erhielt, Firla, Exotisch – höfisch – bürgerlich, S. 44 – 45, 56 – 57. Kiel, Zwischen Integration und Sensation, S. 16 – 18. Vgl. dazu Kap. V.4 in dieser Arbeit. Zur Rolle der Trabanten bei Hofe vgl. Henning Kortüm, Militär am Hof, in: Paravicini, Höfe und Residenzen, Bd. 2, Teilband 1. 466 Herquet, Miscellen, S. 134.
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›Mohren‹ in Nordwestdeutschland
wurde »im Jahre 1725 in seinem sechzehnten Lebensjahre […] zu einem Knopfmacher in die Lehre gegeben«, war also drei Jahre nach Christian Eden, um 1709, geboren. Gleichwohl war Herquet mit der unterschwelligen Gleichsetzung der Begriffe ›Türke‹ und ›Mohr‹ – ›Türken‹ tauchen bei ihm in dem Mohren, Zwerge[n] und Heiducken gewidmeten Kapitel auf – dem eher generischen Verständnis der Rolle dieser ›fremdländischen‹ Bediensteten an den Höfen des 17. und 18. Jahrhunderts recht nahe. So finden sich viele Übereinstimmungen zwischen ihnen bezüglich ihrer Positionen bei Hof, ihres Gehalts, ihrer Livreen, ihrer Taufen und der damit verbundenen Patenschaften der Fürsten und Fürstinnen. Mit diesen Parallelen befasst sich das folgende Kapitel zu ›gewesenen Türken‹ und ›Türkinnen‹ bei Hofe. Zuvor ist einigen weiteren Hinweisen auf ›Mohren‹ am ostfriesischen Hof nachzugehen. Ein solcher Hinweis findet sich in Form einer Quittung vom 18. März 1702, in der der Feldpauker Sebastian Sontag bestätigt, für Reisekosten »ton Groningen hin und wieder zur Rück umb den Mohren alhie auff zu dingen« acht Reichstaler erhalten zu haben.467 Wenngleich der genannte ›Mohr‹ im ostfriesischen Fürstenarchiv nicht wieder auftaucht, kommt diesem Dokument Bedeutung zu, da der Begriff »auf[f]-dingen« eindeutig zünftisch geprägt ist und die Aufnahme eines Gesellen in eine Zunft bezeichnet. Der hier angesprochene ›Mohr‹ ist demnach in Groningen als Geselle in eine Zunft aufgenommen worden, wohl die der Pauker und Trompeter, wie der Berufsstand des Sebastian Sontag nahelegt. Mit diesem Berufsstand ist eine der klassischen Rollen schwarzer Bediensteter an den Höfen angesprochen, die nicht nur in Bayreuth und Stuttgart, sondern auch in Wolfenbüttel und an anderen Höfen besetzt worden ist. Die Auricher Quittung belegt, dass man sich auch am ostfriesischen Hof um einen schwarzen Musiker bemühte und zu diesem Zweck auch die finanziellen Mittel für sein ›Aufdingen‹ bereitstellte. An diese Aufnahme geknüpft waren jedoch nicht nur gewisse ökonomische Voraussetzungen, um das Lehrgeld von etwa 100 Reichstalern aufzubringen, sondern sie war an den Bürgerstatus und damit die Freiheit gebunden. Der formale Ablauf der Ausbildung war bis in alle Einzelheiten durch die Zunftordnung, den von Kaiser Ferdinand II. 1623 bestätigten Privilegien der Reichszunft der Trompeter und Pauker, festgelegt.468 Jeder Lehrjunge musste vor Beginn der Ausbildung bei der Kameradschaft, dem lokalen Zusammenschluss aller Zunftmitglieder, von seinem Lehrherren, dem ›Lehrprinzen‹, angemeldet werden. Dies wird der Anlass der Reise Sontags und des ›Mohren‹ nach Gro467 StA Aurich, Rep. 4 A III b Nr. 14: »Quittungen zu Hofrechnungen, 1702 – 1705«, nicht pag. 468 Vgl. »Confirmatio/vber 13. von Irer Matt. vnd der yezt alhie anweßenden Chur : vnd Fürsten Hoff: vnd VeldtTromettern auch Horpaugger/vbergebene Articul« (vom 27. Februar 1623), abgedruckt in: Altenburg, Untersuchungen zur Geschichte der Trompete im Zeitalter der Clarinblaskunst, Bd. II, S. 47 – 55.
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ningen gewesen sein, deren ›Kameradschaft‹ Aurich offenbar trotz der politischen Grenzen zugehörte, wie auch gleich der einleitende Paragraf der Privilegien die Unabhängigkeit der Zunft betont: »Erstlichen/soll ein jeder ehrlicher Feld-Trompeter und Heer-Paucker unter was Königreich/Fürstenthum oder Land/deroselben seyn mag/[…]«. Nachdem der Schüler angemeldet war und den Nachweis über seine ›ehrliche Geburt‹ erbracht hatte, erfolgte das feierliche Aufdingen des Lehrjungen vor mehreren Zeugen aus dem Kreis der Zunftmitglieder und ein Lehrkontrakt, der Aufdingbrief, wurde ausgestellt. Welche Chancen in diesem Fall Migranten oder gar als Sklaven nach Europa gekommene Menschen hatten, einen solchen Nachweis zu führen, lässt sich unschwer erraten. Die belegte Tatsache, dass sie dennoch aufgenommen wurden, lässt an Geld und (fürstliche) Protektion denken, die hier notwendigerweise eine Rolle spielten. Ob dies doch einen Schatten des Makels oder des Zweifels am Status schwarzer Zunftmitglieder als Bürger hinterließ?469 Auf der Ebene des Rechts waren sie jedenfalls den anderen Zunftmitgliedern gleichgestellt, wie auch Firla im Zusammenhang mit dem Stuttgarter Pauker Eberhard Christoph und Trompeter Christian Real gezeigt hat. Schwarze Musiker wurden also nicht nur als Pauker und Trompeter bezeichnet – es gab auch außerzünftische Musiker –, sondern sie durchliefen den formalen Akt der Aufnahme. In diesem Fall wurde der Feldpauker Sebastian Sontag Lehrherr. Allerdings wird in den folgenden Jahren im ostfriesischen Fürstenarchiv kein ›Mohr‹ als Pauker geführt und die Nachforschungen in den Groninger Archiven erbrachten keinerlei Hinweise. Register der Zünfte oder regelrechte Zunftbücher, wenn es sie je gegeben hat, haben sich offenbar für die Pauker und Trompeter nicht erhalten.470 Dass es sich bei dem Gesellen ganz sicher nicht um Mars gehandelt haben kann, geht daraus hervor, dass dieser erst vier Jahre später getauft wurde. Die Aufnahme in eine Zunft, gleich welcher, war für einen Ungetauften ganz undenkbar. Ein weiterer Hinweis am ostfriesischen Hof verweist noch einmal auf die Bedeutung von ›Mohren‹ in der zwischenhöfischen Kommunikation. Er findet sich in Form einer Quittung vom 30. Januar 1722 und des entsprechenden Eintrags in der Kammerrechnung des Idsteiner Hofes. An diesem Hof lebte die 1695 in Aurich geborene ostfriesische Prinzessin Friederike Wilhelmine (1695 – 469 Man denke an den damals kaum 20 Jahre zurückliegenden Fall des Ascheberger Paukers Christian Gottlieb und die Forderungen der Angehörigen seiner Braut nach einem Nachweis seiner Freiheit. Die Zunftzugehörigkeit des Paukers scheint seinen Bürgerstatus nicht ausreichend unter Beweis gestellt zu haben, zur Geschichte Christian Gottliebs vgl. Kap. V.2. 470 Auch Altenburg, der immer noch als Klassiker der Forschung zu dieser Zunft gilt, zitiert nicht aus Zunftregistern, vgl. Altenburg, Untersuchungen zur Geschichte der Trompete, a.a.O.
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›Mohren‹ in Nordwestdeutschland
1750), Schwester des regierenden Fürsten Georg Albrecht (1690 – 1734). Sie wurde bei ihrer Tante erzogen, der Fürstin Henriette Dorothea von Oettingen, einer Schwester ihrer Mutter, die mit dem Fürsten Georg August Samuel von Nassau-Idstein (1665 – 1721) verheiratet war. Die Quittung der Prinzessin Friederike Wilhelmine bestätigt den Erhalt von 12 Florin Botengeld, »so wege[n] eines getaufften Mohren in Ostfrießlandt gegeben worden, haben wir von der Cammer hien wieder empfange[n]«.471 Angesichts der großen Lücke in den Taufregistern der lutherischen Gemeinde in Aurich zwischen 1706 und 1806 lassen sich die von Friederike Wilhelmine gemachten Angaben nicht weiterverfolgen. Auch in den Rechnungsbüchern des Hofes in Aurich war über diese Taufe nichts weiter in Erfahrung zu bringen, sodass der Getaufte zu den vielen Biografien mit afrikanischem Hintergrund zählt, von denen wir nur fragmentarisch oder, wie hier, gar nur durch eine kurze Notiz erfahren.472 Friederike Wilhelmine wurde später Kanonissin im fürstlichen Damenstift Herford in Westfalen. Schwarze Diener haben auch hier, am Hof der Äbtissin des reformierten Herforder Stifts, Johanna Charlotte Markgräfin von BrandenburgSchwedt, einer geborenen Prinzessin von Anhalt Dessau, gelebt, die sich zwischen 1720 und 1730 und dann noch einmal um 1740 mit einem ›Mohren‹ porträtieren ließ.473 Im Jahre 1729 erscheint als letzter ›Mohr‹ am Hof der Cirksena der zu diesem Zeitpunkt etwa achtjährige Anthon erstmals in den Hofrechnungen, zunächst als Empfänger einer Neujahrsgabe von 1,9 Reichstalern durch den Erbprinzen Carl Edzard. Eine Woche später erhält er noch einmal 0,18 Reichstaler, die nicht weiter spezifiziert sind.474 Vier Jahre später wird er getauft. Die anlässlich dieses Ereignisses entstandene Eintragung im Auricher Hofdiarium vermittelt zum einen einen Eindruck der Stationen, die Anthon auf seinem Weg nach Aurich durchlief, zum anderen eine Vorstellung des sozialen Umfeldes, das an seiner Taufe direkt oder indirekt teilnahm:
471 Hessisches Hauptstaatsarchiv (HHStA)Wiesbaden, Abt. 131, R 97: »Cammer Rechnung De Anno 1721«, pag. 141; HHStAW, Abt. 131, R 291: »No. 495«. 472 Die Hofrechnungen des ostfriesischen Hofes befinden sich in StA Aurich, Rep. 4 A III b Nr. 2 – 37. 473 Thorsten Heese, Von Mohren und Menschen. Der afrikanische Diener der Äbtissin Johanna Charlotte, in: Historisches Jahrbuch für den Kreis Herford 1997, S. 67 – 78. Über Friederike Wilhelmine ist wenig bekannt. Bei Wiarda wird sie als »eine kluge, gutmüthige und leutselige Dame« beschrieben, vgl. Wiarda, Ostfriesische Geschichte, Bd. VIII: 1734 – 1758, S. 318 – 319, vgl. auch Hofmann, Ostfriesische Fürstenbilder aus der letzten Fürstenzeit, in: Emder Jahrbuch für historische Landeskunde Ostfrieslands, Bd. 33, 1932, S. 66. 474 »Auf gnädigsten Befehl an den Mohr Anton, zum neuen Jahr geschenk […] 1.9.0 Rthl.«, StA Aurich, Rep. 4 A III b Nr. 37:«Rechnung über die jährlichen Handgelder des Erbprinzen Karl Edzard, 1732 – 1733«, nicht fol.
›Mohren‹ am ostfriesischen Fürstenhof
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»Am 16. April 1733 verrichtete der Oberhofprediger und General-Superintendent Lindhammer in der Schloßkapelle einen actum der heil. Taufe an dem Mohr Anthon, welcher ein Knabe von zwölf Jahren aus Westindien auf der Insel St. Thomas gebürtig und in seinem vierten Jahr [1725] nach Kopenhagen gebracht, von dannen aber durch Ihro Majestät den König zu Dänemark-Norwegen im Julio 1729 an Ihro Hochfürstl. Durchl. die gnädigste Fürstin geschenkt und überschicket worden. Nachdem Höchstdieselbe ihn diese Zeit über in der Evangelischen christlichen Lehre wohl unterrichten, auch insonderheit zu diesem heil. Werk durch wohlbesagten Herrn GeneralSuperintendenten präpariren lassen und man hinlänglich Gewissheit, daß ihm die heil. Taufe noch nicht angediehen, eingezogen, hat man seinem darnach bezeugten inständigen Verlangen nicht entgegen sein wollen. Zu Gevattern hat er sich unterthänigst ausgebeten: Ihro Maj. den König von Dänemark und Norwegen, Ihro Maj. die Königin von Dänemark und Norwegen, Ihro Hochf. Durchl. die verwittibte Frau Markgräfin zu Brandenburg-Culmbach. Ihro Hochf. Durchl. die hiesige gnädigste Fürstin, Ihro Hochf. Durchl. die Prinzessin Wilhelmine zu Culmbach, Ihro Hochf. Durchl. m.[mein] g. [gnädigster] F. [Fürst] und H. [Herr], Ihro Hochf. Durchl. den Erbprinzen, Welche vier Letztere die Gevatterschaft in hoher Person verrichtet und dem Täufling den Namen Christian Georg Carl Wilhelm beizulegen beliebt haben.«475
Dem Taufeintrag im Kirchenbuch der Schlossgemeinde ist zu entnehmen, dass alle sieben die Patenschaft übernahmen, die ersten drei jedoch in Abwesenheit.476 Auch in den Taufpaten spiegeln sich damit die Verwandtschaftsbeziehungen der Cirksena, die seit der Vermählung Sophie Carolines von Brandenburg-Kulmbach mit dem ostfriesischen Fürsten Georg Albrecht im Jahr 1723 mit dem dänischen Königshaus verbunden waren. Wie schon im Falle der ›Mohrin‹, die 1682 nach Bayreuth geschickt wurde, waren es auch hier weibliche Verbindungslinien, über welche die Vermittlung erfolgte: Die dänische Königin Sophie Magdalene (1700 – 1770), eine geborene Prinzessin von Brandenburg-Kulmbach, war eine Schwester Sophie Carolines. Sophie Magdalene hatte 1721 den dänischen Kronprinzen und nachmaligen König von Dänemark und Norwegen, Christian VI. (1699 – 1746), geheiratet. Möglicherweise hielt sich Anthon in der Patenwahl an unausgesprochene höfische Konventionen, die ihm keine ganz freie Wahl ließen, da doch sehr deutlich die dynastischen Linien des zwischen 475 StA Aurich, Rep. 241 Msc A 43: »Tagbuch vom fürstlichen Hofe zu Aurich vom 1. Jan. 1731 bis zum 11. Mai 1733«, fol. 123r–124v. Anthon wird seit 1729 im »Verzeichnis der ostfriesischen Staatsbehörden und fürstlichen Hofämter sowie deren Beamte« geführt (StA Aurich, Rep. 4 B III a 20). 476 Lambertikirche Aurich, Kirchenbuch Schlossgemeinde 1716 – 1820.
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›Mohren‹ in Nordwestdeutschland
Aurich, dem Hohenzollern’schen Haus Brandenburg-Kulmbach und Kopenhagen ausgespannten adligen Heiratsverbundes demonstriert werden. Doch wird Wert darauf gelegt, sein »inständiges Verlangen« nach der Taufe zu betonen und ihn mit der Wiedergabe seiner Patenwünsche als selbstbestimmt Handelnden und Wählenden darzustellen. In den Paten, wie abhängig oder frei von höfischer Konvention ihre Wahl tatsächlich auch immer gewesen sein mag, spiegeln sich konkrete Bezugspunkte seines Lebensweges in Europa wider. Sie stellen Bezugspersonen dar, welche das gesamte Netzwerk mit einschließen. Wo immer er im höfischen Kontext ›Objekt‹ gewesen sein mag, seine Entscheidung für die Taufe musste er selbst treffen, um die Taufe aus eigener Überzeugung und als Garant für sein Seelenheil empfangen zu können. Die Betonung des freien Willens findet sich daher in allen bisher bekannten Proselyten-Taufpredigten. Der getaufte Christian Georg Carl Wilhelm war ursprünglich von der dänischen Insel St. Thomas über Kopenhagen nach Aurich gekommen. Die Eintragung im Hofdiarium enthält keinerlei Details über seine Eltern und die Umstände, unter denen er nach Europa gebracht worden war. Der Begriff des ›Sklaven‹ fällt hier ebenso wenig wie in anderen Zusammenhängen des höfischen Milieus. Bei seiner Ankunft in Kopenhagen um das Jahr 1725 herum war er als Vierjähriger noch nicht getauft, was auf der seit 1666 dänisch besetzten Insel als typisch für den Umgang mit den Sakramenten gelten darf, denn hier war es unüblich, dass Sklaven getauft wurden. Die herrschende weiße Schicht der ›Blancken‹ – zu ihnen gehörte seit etwa 1720 auch ein Wittmunder Zuckerrohrpflanzer, der im Jahre 1751 seinerseits zwei Schwarze mit nach Ostfriesland brachte477 – entwickelte sogar massive Widerstände gegen die Missionierung und Taufe ihrer Sklaven, wie sie etwa von der Herrnhuter Brüdergemeine durchgeführt wurde. Da es auf den dänisch-westindischen Inseln eine gewisse Zeit üblich und gesetzlich bindend gewesen war, konvertierte Sklaven freizulassen, wurde diese Hintertür in die Freiheit, als immer mehr Sklaven zu diesem Mittel griffen, geschlossen oder ignoriert, wie dies auch in anderen protestantischen Kolonien geschah. Der Verkauf von versklavten Christen war jedoch weiterhin verboten, weshalb – abgesehen von jenen Menschen, die aus innerer Überzeugung konvertierten – einige Sklaven die Taufpraxis fortsetzten.478 Die Taufe bildete jenseits des juristischen Status von schwarzen Menschen einen wahrnehmbaren Wendepunkt in ihren Biografien. Sie scheinen nach diesem Akt ihrem christlichen Umfeld prinzipiell gleichgestellt gewesen zu sein, zumindest konnten sie nun heiraten und in die Zünfte aufgenommen werden. Die Frage, ob sie danach noch weiter verschenkt werden konnten, ist wegen der Fragment-
477 StA Oldenburg, Rep. 262 – 4 Nr. 5864: »Erinnerungen an Heyke Specht […]«, vgl. Kap. V.1. 478 Sensbach, Rebecca’s Revival, S. 39 – 40.
›Türkenknaben‹ und ›gewesene Türkinnen‹ am ostfriesischen Hof
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haftigkeit der Quellen empirisch bisher nicht eindeutig zu klären, jedoch ist derzeit kein Fall bekannt, wo dies geschah. Das an vielen Höfen auftretende Phänomen des Auf- und Abtauchens von Personen in den Quellen ist demnach trotz eingehender Prüfung auch für die übersichtlicheren Bestände des ostfriesischen Fürstenarchivs typisch (vgl. die Tabelle im Anhang). Die zwei bzw. drei ersten Schwarzen, die am ostfriesischen Hof nachweisbar sind, finden sich 1677 und 1682 lediglich in drei sporadischen Rechnungsnotizen. Die Einträge des Rechnungsbuches von 1682 lassen nicht eindeutig erkennen, ob es sich bei der jeweils genannten ›Mohrin‹ um ein und dieselbe Frau handelte, oder um zwei, von denen eine nach Bayreuth geschickt wurde, die andere aber in Aurich blieb. Sie sind weder in den Kirchenregistern der Schlossgemeinde noch in späteren Rechnungsbänden nachzuweisen. Auch Mars ist nur lückenhaft belegt, über seine weiteres Schicksal ist ebenso wenig bekannt wie über jenen weiterhin namenlosen ›Mohren‹, der 1721 in Ostfriesland getauft wurde, und Anthon aus Kopenhagen, der sich direkt nach seiner Taufe im Jahr 1733 in den Quellen verliert. Diese Form von Biografiefragmenten ist auch für die Forschung zu den »Beutetürken« (Heller) im Zuge der Türkenkriege des 16. und 17. Jahrhunderts typisch.479 Aber auch darüber hinaus ergeben sich noch weitere Parallelen zu den bei Hof lebenden ›Türkenknaben‹ und ›gewesenen Türkinnen‹, um die es im folgenden Kapitel gehen wird.
V.5
›Türkenknaben‹ und ›gewesene Türkinnen‹ am ostfriesischen Hof
Nicht nur über transatlantische Wege, auch im Zuge der Türkenkriege kamen Menschen dunklerer Hautfarbe als Diener an die deutschen Höfe. Dabei ist es gerade bei den türkischen Kriegsgefangenen schwierig, etwas über ihre ethnische Herkunft und Hautfarbe in Erfahrung zu bringen. ›Türken‹ und ›Türkinnen‹ scheinen an den Höfen eine ähnliche Stellung innegehabt zu haben wie ›Mohren‹: Sie waren zum Zeitpunkt ihrer Ankunft in der Regel jung, sie wurden als ›fürstliche Gaben‹ verschenkt und konvertierten in vielen Fällen. Ihre Position war oft durch eine gewisse Nähe zu den Herrscher/inne/n gekennzeichnet; sie erhielten ein vergleichbares Gehalt, das in Aurich geringfügig unter dem von schwarzen Dienern lag, ihre Paten kamen oft aus dem (Hoch-)Adel und sie finden sich, wenngleich seltener, in ähnlich orientalisierend-turkisierender Weise in den barocken Fürstenporträts dargestellt. Kriegsgefangene Türken bilden insofern eine Referenzgruppe für die Einschätzung der Bedeutung von 479 Hartmut Heller, Beutetürken. Deportation und Assimilation im Zuge der Türkenkriege des 16. und 17. Jahrhunderts, in: Höpp, Fremde Erfahrungen, S. 159 – 167.
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›Mohren‹ in Nordwestdeutschland
Hautfarbe und der Inszenierung von Fremdheit (oder ihrer Integration) in der höfischen Gesellschaft. Zu den Kriegsgefangenen der Türkenkriege im deutschsprachigen Raum haben seit den 1970er-Jahren vor allem Karl Teply und Hartmut Heller geforscht.480 Der geografische Fokus ihrer Untersuchungen liegt auf dem Wiener und dem süddeutschen Raum, Norddeutschland nur am Rande.481 Heller verfügte bereits 1996, bezogen auf die Deutschen Reichsgrenzen von 1938, über eine Sammlung von über 500 einschlägigen ›Biografiestücken‹, in denen er lediglich die »Spitze des Eisberges« vermutet. Allein vier Biografien bzw. Lebenslauffragmente wären dieser Sammlung durch den ostfriesischen Fürstenhof hinzuzufügen; aus den anlässlich der Recherchen zur Taufe einer Auricher ›Türkin‹ eingesehenen Dokumenten in Merseburg kämen weitere elf hinzu.482 480 Karl Teply, Türkentaufen in Wien während des Großen Türkenkrieges 1683 – 1699. Wesen und Bedeutung der Türkentaufen, in: Jahrbuch des Vereins für Geschichte der Stadt Wien 29, 1973, S. 57 – 87; ders., Vom Los osmanischer Gefangener aus dem Großen Türkenkrieg 1683 – 1699, in: Südost-Forschungen, München 32, 1973, S. 33 – 72; Hartmut Heller, Türkentaufen um 1700 – ein vergessenes Kapitel der fränkischen Bevölkerungsgeschichte, in: Ders./Gerhard Schröttel (Hg.), Glaubensflüchtlinge und Glaubensfremde in Franken, Würzburg 1987, S. 255 – 271; ders., Vom Beutetürken zum Mitbürger. Ein vergessenes Kapitel fränkischer Bevölkerungsgeschichte, in: Genealogie, Neustadt a. d. Aisch 8, 1989, S. 650 – 655; ders., Verschleppt, getauft und eingedeutscht. Eine erste Türkenwelle im Sog der Kriege um 1700, in: Stuttgarter Zeitung, 2. 10. 1990; ders., Einbürgerung von Türken vor 300 Jahren – Archivmaterial aus Franken, in: Kea. Zeitschrift für Kulturwissenschaft, Nürnberg 1, 1990, S. 69 – 85; ders., Dreimal Fatmeh. Frauenschicksale aus der Türkenzeit, in: Gaby Franger (Hg.), Flucht – Vertreibung – Exil – Asyl. Frauenschicksale im Raum Erlangen, Fürth, Nürnberg, Schwabach, Nürnberg 1990, S. 14 – 22. 481 Heller, Beutetürken, S. 159 – 167. 482 »[…] am 18. [Mai 1688] aber wurden 4. Türckische bey Eroberung der Festung Ofen gefangene und von Herzog Heinrichen anhero geschickte Kinder auff vorgängige Unterrichtung in dem Grunde des Christl. Glaubens, nach der Freytags-Predigt in der Schloßund Dom-Kirche öffentl. von dem Hoff-Prediger D. Sittigen examiniret, getaufft, und den ersten Anssln, Christian, die andere Sara Christiana Sophia, die dritte Suzke, Christiana Hedwig, der vierte Mieska, Christian Philipp benennet, wobey hiesige Herrschafften nebst denen Vornehmsten bey Hoffe durch erwehlte Tauff-Zeugen die Hohen Pathen waren«, Carl August Just, Leben und Regierung Christian (I.) des aelteren Hertzogs zu Sachsen[Merseburg †1691], 1735, Th. 1., 2., [2 Pappbde. kl. fol. (30 x 20), ca. 1800 S.], Universitätsbibliothek Dresden, Handschriftenabteilung, K 95, 96, Transkription: Rolf Walker, Bad Dürrenberg, hier Teil 1, S. 555 – 556; »Und weil unter denen sieghafften Progressen derer Christl. Waffen in Ungarn wieder 3. Türcksche Personen anhero gebracht worden, wovon die Regirende Herzogin den einen, Nahmens Ali, Herzog Philipp aber den andern, Ibrahim, und eine Frau, Cima genannt, zu sich nahm; So wurden selbige nach vorgängiger Unterweisung in unserer wahren Evangelischen Lehre am 16. Mart [1690]: von dem Hoff-Prediger D. Sittigen öffentl. getaufft, und der erste Christian Wilhelm, der andere Christian, die Türckin aber Amalia Louyse benennet, wobey hiesige Herrschafften nebst denen Zeitzischen und Bernstadt. die Hohen Tauffzeugen waren, und ihre Stellen durch abgeordnete Cavalliers und Dames von dero Hoffe versahen wurden.«, ebd., S. 595 – 596; es scheint diese Amalia Louyse zu sein, die seit 1690 am Auricher Hof nachweisbar ist, vgl. weiter unten;
›Türkenknaben‹ und ›gewesene Türkinnen‹ am ostfriesischen Hof
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Im Gesamtbild stellen sich Heller Deportation und Integration der Kriegsgefangenen als ein Prozess dar, in dessen Verlauf es zu einer Eingliederung in die aufnehmenden Gesellschaften kam, »die eindeutig als Assimilation zu definieren ist«. Zeitlich und geografisch verteilen sich die von ihm untersuchten Fälle von 1574 in Neumarkt/Opf. bis 1764 in Stettin. Für die Jahre 1685 bis 1695 ist ein Kulminationspunkt zu erkennen. Bei den Herkunftsangaben dominieren Orte, an denen die christlichen Heere in den Türkenkriegen nach der Befreiung Wiens 1683 ihre großen Siege errangen, vor allem Neuhäusel 1685, Ofen 1686, Mohacs 1687, Belgrad 1688 sowie Morea, die griechische Halbinsel Peloponnes. Die genauere Herkunft und ethnische Zugehörigkeit der Gefangenen zu den vom Osmanischen Reich unterworfenen Völkern Südosteuropas, Asiens oder Afrikas ist aus den Archiven heute meistens nicht zu rekonstruieren. Allen gemeinsam war jedoch ihre Zugehörigkeit zum Islam.483 Gefangen genommen wurden auch Frauen, und über die Hälfte der nachgewiesenen Fälle waren Kinder, der Rest junge Frauen und Männer zu etwa gleichen Teilen. Im christlichen Heer war es nicht nur den adligen Offizieren erlaubt, Beute zu nehmen und Menschen zu requirieren. Oft wurden Kriegsgefangene einem höheren Dienstgrad, einem guten Freund oder auch einem Familienangehörigen geschenkt. Auch im Reich selber konnten sie getauscht, weiterverkauft oder gehandelt werden, wobei manche in kurzer Folge von einem Herrn zum anderen wechselten. Die zeitgenössischen Texte bedienten sich nach Heller zumindest in der Anfangszeit auch des Terminus der Sklaverei, um ihren Status zu bezeichnen.484 Sauer zeichnet für den Status von ›Türken‹ in der Habsburgermonarchie ein dunkleres Bild: hier hätten ›Türken‹ als ›fahrendes Gut‹ gegolten und bis in die erste Hälfte des 18. Jahrhunderts habe die 1595 von der Hofkammerprokuratur durchgesetzte Definition der Sklaverei als eine von der Leibeigenschaft der Bauern – »… die doch für Varnnde haab nit gehallten werden« – zu unterscheidende personenrechtliche Kategorie Bestand gehabt. »Gefangene Türckhen« konnten danach »possidirt, verkhaufft, verschenckht, vertauscht vnnd damit gehandelt werden, wie mit anders aines Jeden aigenthumblichen guet, vnnd sonderlich mit ainem andern vnuernunfftigen Vieh
»am 2. ejusd [1690]: 5. gefangene Türckische Personen in Gegenwart gnädigster herrschafften öffentl. nach abgelegten Glaubens-Bekenntniß getaufft, […]«, S. 598 – 599. Ich danke Herrn Markus Cottin vom Domstiftsarchiv Merseburg für die freundliche Bereitstellung einer elektronischen Abschrift der Transkription von R. Walker. Den Taufeinträgen im Kirchenbuch der Merseburger Schloss- und Domgemeinde zufolge waren vier der letztgenannten Gefangenen Frauen, Archiv der Evangelischen Kirche der Kirchenprovinz Sachsen, Kirchenbuch der Evangelischen Schloß- und Domgemeinde Merseburg, Taufen, Jahrgang 1690, fol. 80r–82r. 483 Heller, Beutetürken, S. 161, Zitat S. 164. 484 Ebd., S. 161.
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›Mohren‹ in Nordwestdeutschland
[…]«.485 Auch die Taufe konnte nach dieser Auffassung die betroffenen Personen nicht aus diesem Stand lösen. Eine Veränderung deutete sich erst in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts an.486 Ungeachtet der rechtlichen Definition ihres Status haben sich viele Kriegsgefangene – wie andere Kriegsgefangenengruppen seit den Feldzügen Alexanders des Großen und später wieder denen des napoleonischen Feldzugs nach Russland – über die Zeit erfolgreich in ihr neues soziales Umfeld integriert. Zentral waren auch bei ihnen die Konversion und der Akt der Taufe – oder zumindest die oft jahrelange Vorbereitung darauf –, durch den sie offiziell in die neue Gesellschaft aufgenommen wurden. Nach derzeitigem Stand der Forschung scheint die Konversion der Normalfall gewesen zu sein, wobei die bisher bekannten Ausnahmen ein interessantes Bild der religiösen Toleranz im 17. Jahrhundert zeichnen. Ganz ähnlich wie der Bückeburger Alexander Arends, der sich ein Jahrhundert später viele Jahre auf den Taufakt vorbereiten ließ, zeigen dies die Beispiele einer Muslime in Owen/Teck, eines muslimischen Tataren in Gräfenhainichen (Sachsen) und Osmans im fränkischen Schloss Rügland. Diese haben zwischen acht und 38 Jahre als ›Heiden‹ in einem christlichen Umfeld gelebt. Einem sechsjährigen ungetauften Jungen, Mustaph(a), der von einem Lemgoer Grafensohn bei der Erstürmung Budapests 1686 in Gefangenschaft geriet, wurde nach seinem frühen Tode direkt neben der Kirche ein Grabstein gesetzt.487 Zwei der Herzogin und nachmaligen Kurfürstin von Hannover Sophie ›geschenkte‹, gefangene ›Türken‹, Hammet und Hassan, blieben ebenfalls zeitlebens »im türkischen Unglauben«. Kein Kirchenbuch verzeichnet ihren Tod, doch berichtet der hannoversche Kammerschreiber Redecker : »1691 starb der Türke Hammet, welcher der Herzoginne Laquayen-Dienste gethan. Er ward bey dem vor der Stadt liegenden Neustädter Kirchhofe, außen an dessen Mauer, auf der Seite nach dem Schützen-Plan hin, begraben, das Grab mit 4 Steinen, eine Elle hoch über der Erde eingefasset, selbige mit Erde gefüllet, und an den beyden Enden wurden zweene etwas höhere Steine, einer mit türkischer, der ander mit deutscher 485 Hanns Leo Mikoletzky, Sklaven im alten Österreich, in: Otazky dejin stredni a vychodni Evropy, Brno 1971, S. 69 – 83, zit. n. Sauer, Von Soliman zu Omofuma, S. 47 – 49. 486 Nach Sauer brachte der 1758 endredigierte erste Teil des Codex Theresianus, der allerdings nie in Kraft trat, eine Veränderung, nach der die »knechtische Dienstbarkeit« zumindest unter Christen als »vorlängst aufgehoben« anzusehen war, die Sklaveneigenschaft von kriegsgefangenen »Ungläubigen« jedoch weiterhin bestand, vgl. Codex Theresianus, Caput II, § II, num. 7 und 8, nach num. 9 waren der »Willkür ihrer Herren« jedoch Grenzen gesetzt, da sie sich »nicht auf Leib und Leben« erstrecken dürfe. Erst der sogenannte Urentwurf des Bürgerlichen Gesetzbuches, der 1797 für Galizien kundgemacht wurde, habe die Sklaverei in den habsburgischen Staaten ohne Einschränkung abgeschafft. Diese Bestimmung hat schließlich in den § 16 des Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuchs von 1811 Eingang gefunden, vgl. Sauer, Von Soliman zu Omofuma, S. 47 – 48, 56, Anm. 149 – 150. 487 Heller, Beutetürken, S. 160.
›Türkenknaben‹ und ›gewesene Türkinnen‹ am ostfriesischen Hof
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schlecht gefasseter Schrift in lateinische Buchstäben, so nebenst dem Zierrath erhöhet gehauen, gesetzet, […].«488
Redecker fügt hinzu: »Circa hunc annum starb auch der Türke Hassan aund ward bey obigem in einem eben solchen Grabe beerdiget.« Die beiden ›Türken‹ wurden nach islamischem Brauch mit dem Antlitz nach Mekka begraben. Die Gräber waren eingefasst von zwei senkrecht aufgestellten Steinen, einem höheren zu Häupten und einem niedrigeren zu Füßen der Toten. Beide Gräber haben den zweiten Weltkrieg unbeschädigt überstanden, die Steine wurden später ›gleichgerichtet‹ mit den christlichen Grabdenkmälern.489 Bei den Taufen, die nach gegenwärtigem Stand der Forschung doch die Regel waren, treten Ähnlichkeiten zu denen von ›Mohren‹ auch im Hinblick auf den Akt selbst zutage, der meistens vor großem Publikum stattfand und an dem als Paten oft hohe Standespersonen teilnahmen. In der Kirche erfolgte ein recht umfassendes Taufexamen, das die über Jahre erworbenen Kenntnisse der Grundlagen des Katechismus abfragte. Wie bei den ›Mohrentaufen‹ erschienen auch die Predigten anlässlich von ›Türkentaufen‹ mitunter gedruckt und unterstrichen, wie »herzlich« der Täufling »die Taufe begehret«. Als Vornamen erhielten die Getauften entweder die Namen ihrer Paten und Patinnen oder konfessionell geprägte Namen wie Christian, Christina, Gottlieb, Gotthold, Maria etc. Die Familiennamen, so Heller, folgten häufig den Orten ihrer Gefangennahme (Belgrad, Weißenburger, Ofen), dem neuen Wohnsitz (Auerbacher, Würzburger, Lautlinger), waren religiös konnotiert (Gnadenberger, Bleibtreu, Christ) oder sie waren unspezifisch (Mahler, Möricke,490 Grünbaum, Geyer). Mitunter wurden auch mitgebrachte Namen eingedeutscht (Osmann, Mustoph, Aly, Hussy, seltener Türk).491 488 Helmut Zimmermann, Die Türkengräber auf dem Neustädter St. Andreas-Friedhof, in: Hannoversche Geschichtsblätter N. F. 11, 1958, S. 190 – 192, hier S. 191. 489 Ebd., S. 192, vgl. auch in Kap. V.5 die Geschichte zweier ›Türken‹ schwarzer oder dunkler Hautfarbe, die ein Jahr zuvor, im Jahr 1685, in Gefangenschaft gerieten und später Günstlinge am Kurhannoveraner Hof waren. Nur einer von ihnen, der eine Hannoveranerin heiratete, trat zum Christentum über, vgl. Scobie, Black Britannia, S. 12. 490 Möglicherweise enthält der Name »Möricke« eine Anspielung auf schwarze Hautfarbe? 491 Heller, Beutetürken, S. 163, vgl. dazu die anlässlich der Taufe von schwarzen Militärmusikern des preußischen Königsregiments vergebenen, meist vollkommen unspezifischen Namen, die in der Regel keinen Hinweis auf ihre Herkunft oder Hautfarbe geben. Nach einem Taufeintrag im Reformierten Garnisonskirchenbuch Potsdam vom 18. Juli 1717: Adrian Pamphiloff (möglicherweise ein im Januar 1715 »angekaufter Mohr«, Pampi) und Wilhelm Mercurius (als »Mercurius« in derselben Quelle wie »Pampi« erwähnt); in einem Taufeintrag in demselben Kirchenbuch vom 12. Dezember 1722 jedoch: Wilhelm Kurt Hildebrand, Hans Jürgen Adam, Adam Christoph Jürgen, Jochen Conrad, Peter Wunderlich, Christian August und Christian Heinrich, vgl. Kloosterhuis, Legendäre »lange Kerls«, S. 160 – 162. Zu den auf den amerikanischen Plantagen vergebenen Namen vgl. Ira Berlin, From Creole to African. Atlantic Creoles and the Origins of African-American Society in
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›Mohren‹ in Nordwestdeutschland
Am ostfriesischen Hof findet sich die erste Erwähnung einer Türkin in dem 1690 verfassten Testament von Christine Charlotte in Aurich,492 die der offenbar als Patenkind nach ihr benannten »gewesenen Türkin« Christine Charlotte – laut Herquet ebenfalls eine ›Mohrin‹ – eine siebenjährige Rente von 12 Talern aussetzte sowie im Falle der Heirat ein Heiratsgut von 200 Talern. Doch starb sie schon im Jahr 1700, ein Jahr nach der Fürstin, weshalb sie diese Erbschaft nicht mehr antreten konnte.493 Da sich in den ostfriesischen Kirchenbüchern kein Taufeintrag zu ihr finden lässt, ist sie wahrscheinlich vor 1690 während des sechsjährigen Aufenthalts der Fürstin in Wien oder bei einem Besuch der Fürstin an einem anderen Hof getauft worden. Eine weitere »gewesene Türkin«, Louise, wurde ebenfalls mit einer auf sieben Jahre festgesetzten Rente von 16 Talern pro Jahr494 sowie einem Heiratsgut von 100 Talern bedacht. Herquet vermutet, dass es sich bei dieser möglicherweise um jene Frau gehandelt habe, die im August 1712 zwei Taler von Fürst Georg Albrecht geschenkt erhielt: »Amalie Louise, eine geborene Türkin, welche vor vielen Jahren zu Merseburg getauft worden ist.«495 Herquet nahm sowohl Christine Charlotte als auch Amalie Louise in sein Kapitel zu Mohren, Zwerge[n] und Heiducken am ostfriesischen Hof auf, wenngleich sie in den Quellen als solche nirgends erwähnt werden.496 Sein Verständnis der Begriffe ›Mohr‹ und ›Heiduck‹ war offenbar ein generisches, indem er sie mit den ebenfalls aus dem Osten kommenden ›Türken‹ gleichsetzte. Er abstrahierte gemeinsame Merkmale und Eigenschaften der unterschiedlichen Begriffe und arbeitete ihre Gemeinsamkeiten heraus. Diese sind tatsächlich auffällig und verdienen Beachtung. Tatsächlich wurde eine Amalia Louyse wurde im Jahre 1690 im Merseburger Dom getauft. Sie wird in der Biografie bzw. dem nachträglich von Carl August Just verfassten Diarium zum Leben des Herzogs Christian I. von Sachsen-
492
493 494 495 496
Mainland North America, in: Heumann/Walvin, Slavery Reader, London/New York 2003, S. 427 – 462, hier S. 427 – 428. StA Aurich, Rep. 4 A I h, Nr. 17, Bd. I: »Nachlass der Fürstin Christine Charlotte von Ostfriesland«, 2 Bde., darin: »Testamentum factum 5. September 1690«; »Verzeichnüß«, sowie: »Die Legata, so vermögen der von dem Hochfürstl. frau Hertzogin Hochfürstl. durchl. am 5. Septemb. 1690 errichteten Testamenti, wie auch zu Broekhausen am 15. May 1699 nachgefügten Verordnung längstens innerhalb Jahr und Tag abgestattet werden müssen, sind folgende […]«, nicht fol. Herquet, Miscellen, S. 133. Herquet hatte irrtümlich 10 Taler gelesen, sowohl im »Testamentum factum« von 1690 als auch in dem Verzeichnis der auf der Grundlage des Testamentes abgestatteten Legata von 1699 heißt es jedoch 16 Taler. Herquet, Miscellen, S. 134, Fßn. *). Sie finden Erwähnung im Testament der Fürstin, im Verzeichnis der abgestatteten Legata aus dem Testament sowie in den Zivilreglements von 1700 und 1701.
›Türkenknaben‹ und ›gewesene Türkinnen‹ am ostfriesischen Hof
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Merseburg (1615 – 1691, Reg. v. 1657 – 91)497 erwähnt. Das Ereignis findet sich im Merseburger Diarium wie folgt beschrieben: »Und weil unter denen sieghafften Progressen derer Christl. Waffen in Ungarn wieder 3. Türcksche Personen anhero gebracht worden, wovon die Regirende Herzogin [Christiane, Prinzessin zu Holstein-Glücksburg, 1634 – 1701] den einen, Nahmens Ali, Herzog Philipp aber den andern, Ibrahim, und eine Frau, Cima genannt, zu sich nahm; So wurden selbige nach vorgängiger Unterweisung in unserer wahren Evangelischen Lehre am 16. Mart [1690]: von dem Hoff-Prediger D. Sittigen öffentl. getaufft, und der erste Christian Wilhelm, der andere Christian, die Türckin aber Amalia Louyse benennet, wobey hiesige Herrschafften nebst denen Zeitzischen und Bernstadt. die Hohen Tauffzeugen waren, und ihre Stellen durch abgeordnete Cavalliers und Dames von dero Hoffe versahen wurden [sic!]. Am 19. ejusd: trat der 3te hiesige Prinz, Herzog Philipp nebst dero Gemahlin über Braunschweig seinen letzten unglücklichen Feldzug an […]«,
bei dem er am 30. Juni 1690 in der Schlacht bei dem belgischen Marktflecken Fleury ums Leben kam.498 Möglicherweise haben Herzog Philipp (1657 – 1690) und seine Gemahlin Luise Elisabeth (1672/73 – 1736), eine geborene Prinzessin von Württemberg-Oels, Amalia Louyse mit nach Braunschweig genommen und sie dort zurückgelassen, von wo sie nach Ostfriesland kam, oder sie gelangte über die ausgedehnten Kreise der Württemberger Familie nach Aurich. Julius Friedrich von Württemberg (1588 – 1635), der die Julianische Linie der Württemberger Dynastie begründete, war der Urgroßvater von Luise Elisabeth von Sachsen-Merseburg und ein Onkel Herzog Eberhards III. von Württemberg, Christine Charlottes Vater. Jedenfalls erscheint eine aus Merseburg kommende Amalie Louise bereits zwei Monate später, am 5. September 1690, im Testament der ostfriesischen Fürstin. Ein Verzeichnis zum Nachlass der Fürstin zeigt, dass Amalie Louise das ausgesetzte Heiratsgut von 100 Reichstalern anlässlich ihrer Heirat schon vor dem Ableben Christine Charlottes im Jahr 1699 erhalten hatte. Für das Jahr 1693 sind am Auricher Hof zwei »Türkenknaben« verzeichnet, die vom Kantor Bolen für 57 Taler zu verpflegen und zu unterrichten waren. Einer von ihnen wurde 1699 auf den Namen des Fürsten Christian Eberhard getauft. Zu diesem Anlass wurden laut Inventar von 1699 ein weißer dünner Mantel und ein Paar dazu gehörige Hosen angeschafft. Ob er diese Kleider, wie seinerzeit der Afrikaner Christian Real in Lindau, zum Zeichen seiner Taufe eine
497 Vgl. Carl August Just, Leben und Regierung Christian (I.) des aelteren Hertzogs zu Sachsen [Merseburg †1691], 1735, Th. 1., 2., [2 Bde. kl. fol. (30 x 20), ca. 1800 S.], Transkription: Rolf Walker, Bad Dürrenberg, Th. 1., S. 595 – 596. 498 In der Schlacht vom 30. Juni 1690 bei Fleury trugen die Franzosen unter dem Marschall von Luxembourg einen wichtigen Sieg über die verbündeten Deutschen und Holländer unter dem Fürsten von Waldeck davon.
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›Mohren‹ in Nordwestdeutschland
ganze Woche lang trug, ist nicht überliefert.499 Nach dem Zivilreglement von 1700 erhielt er jährlich 10 Taler »für Schuhe und Linnen«. Um 1709 wird ein Sohn Christian Eberhards geboren, für den Herquet zufolge im Jahr 1713 sieben Taler, 19 Schaff, das heißt 416 Stüber, ausgegeben wurden. Diesen Betrag erhielt er bis 1727 weiter jährlich. 1725 wurde er als Sechzehnjähriger zu einem Knopfmacher in die Lehre gegeben, wodurch für diesen Angehörigen der ›zweiten Generation‹ nach der Migration sicher Voraussetzungen geschaffen waren, ein selbstständiges Leben zu führen.
V.6
Das Ende der ostfriesischen Fürstenherrschaft und die Übernahme durch Preußen
Was später aus den ›gewesenen‹ Türken und ›Mohren‹ wurde, die am Auricher Hof gelebt hatten, ob sie nach dem Ende der ostfriesischen Fürstenherrschaft an den preußischen Hof gingen, ist unklar. In Aurich sind sie jeweils nur für kurze Zeit, in einer einzigen Rechnungsnotiz oder über einen Zeitraum von vier bis fünf Jahren nachweisbar. Zu schwarzen Bediensteten am brandenburgisch-preußischen Hof ist bislang nicht intensiv geforscht worden. Ein etwa achtjähriger Junge, Friedrich Wilhelm, ist durch die Bilder des preußischen Hofmalers Antoine Pesne bekannt, doch verlieren sich seine biografischen Spuren.500 Anzunehmen ist, dass schwarze Bedienstete auch nach der Auflösung der prunkvollen Hofhaltung Friedrichs I. (1657 – 1713) durch seinen Nachfolger Friedrich Wilhelm I. (1688 – 1740) Teil des Hofstaates waren. Doch ging Brandenburg-Preußen seit dem Regierungsantritt Friedrich Wilhelms I. einen eignen Weg. Seine Hofhaltung wurde drastisch reduziert und dem Typus des ›hausväterlichen Hofes‹501 angeglichen. Er verlor dabei gleichzeitig auch seine Bedeutung als primärer Tätigkeitsbereich des preußischen Landadels, der konsequent durch die Armee ersetzt wurde. Die Armee avancierte 499 Vgl. Firla/Forkl, Afrikaner und Africana, S. 157. 500 Hans W. Debrunner, NÀgritude im 18. Jahrhundert. Die Bedeutung der afrikanischen Diaspora für die Ausweitung des Horizonts, in: Harald Heppner (Hg.), Zur Ausweitung des Horizonts (Das achtzehnte Jahrhundert und Österreich 13, 1999), Wien 1999, S. 69 – 92, hier S. 71. 501 Dieser Typus war im 18. Jahrhundert besonders in den lutherischen Klein- und Zwergfürstentümern des sächsisch-thüringischen und fränkischen Raums verbreitet, die in der Regel nicht die ökonomischen Ressourcen für die Etablierung eines zeremoniellen Hofes besaßen. Im Gegensatz zu diesen verfügte Brandenburg-Preußen sowohl über die finanziellen Mittel als auch über die faktische Macht, einen zeremoniellen Hof, der den Idealtyp der Hofhaltung des Barockzeitalters bildete, zu unterhalten. Das Leben an den Höfen dieses Typs orientierte sich primär an den Erfordernissen fürstlicher Repräsentation, die »das Zeremoniell zum Ordnungsschema aller Handlungen des Fürsten und des Hofadels werden« ließen, vgl. Bauer, Die höfische Gesellschaft, S. 57 – 58, 69 – 70.
Das Ende der ostfriesischen Fürstenherrschaft
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für die Junker und sogar für Reichsfürsten (Leopold von Anhalt-Dessau, Karl Wilhelm Ferdinand von Braunschweig-Wolfenbüttel) als Offiziere zum »funktionalen Äquivalent der Höfe in den anderen deutschen Territorien«: Höfische Interessen wurden gegenüber militärischen Belangen abgewertet.502 Auch ›Mohren‹ begegnen hier eher im militärischen Bereich bzw. wurden in der preußischen Armee besonders wahrgenommen. Bekannt sind die vor allem von Friedrich Wilhelm I. in der preußischen Armee eingesetzten schwarzen Spielleute und Musiker, welche die Repräsentationswirkung insbesondere des legendären Infanterieregiments Nr. 6 der ›Langen Kerls‹ noch verstärkten. Hier wirkten sie meistens als Querpfeifer, die ebenfalls möglichst groß gewachsen sein sollten. Sie trugen die Uniform der Spielleute, allerdings mit Abweichungen: »Um den Hals wurde ein 2 Finger breiter silberner Ring getragen, dazu Ohrgehänge aus gediegenem Silber. Die Haare waren ungepudert, der Zopf fehlte; als Kopfbedeckung ein weißer, schräg sitzender Turban, Bund genannt, mit Agraffe und schwarzem Federbusch. Wenn nicht genug Mohren vorhanden waren, trugen auch Weiße den Bund.«503
Wieviele es insgesamt waren, ist nicht bekannt, doch bestand eine ständige Nachfrage nach ihnen. Zwischen 1714 und 1734 suchte der preußische König in der Korrespondenz mit verschiedenen Mittlerpersonen Gruppen in einer Größenordnung von 170 bis 4 Personen anzuwerben.504 Mit dem vorrangigen oder besonders sichtbaren Auftreten von ›Mohren‹ im Rahmen von Repräsentationsfunktionen der preußischen Armee stellen sich ihre Aufgaben hier als zunehmend abgelöst von dem zuvor so wichtigen Adelshaushalt dar. An allen bisher untersuchten Höfen waren sie Teil sowohl des Haushalts als auch des Hofes. Sie besaßen Funktionen im Rahmen der höfischen Repräsentation, waren aber nicht darauf reduziert, sondern standen auch in einer persönlichen Beziehung zu ihren Dienstherren, die vor allem in den Patenschaftsbeziehungen zum Ausdruck kommt. Zwar bestand die Taufpraxis auch in Preußen weiterhin und der König übernahm Patenschaften, doch gewinnen die Taufen einen gewissen Massencharakter. Dies zeigt etwa eine Taufeintragung für sieben ›Mohrenpfeifer‹ im Reformierten Garnisonkirchenbuch Potsdam vom 18. Juli 1717, nach dem neben Friedrich Wilhelm I. selbst ausschließlich preußische Offiziere als Paten auftraten, nicht mehr Personen aus dem engeren Kreis adliger Verwandtennetzwerke.505 Durch ihre Aufgaben und Funktionen im Rahmen der militärischen Repräsentation änderten sich auch ihre persönlichen Beziehungen, da die Strukturen der Armee neue Arbeitsbedingungen schufen. Ihr Status wurde unabhängig von der familia der Fürsten. 502 503 504 505
Ebd., S. 97 – 98. Rischmann, Mohren als Spielleute und Musiker in der preußischen Armee, S. 82 – 83. Zu konkreten Personen und den Wegen, über die sie nach Preußen kamen, vgl. Kap. II.3. Kloosterhuis, Legendäre »lange Kerls«, S. 160 (Q 252).
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›Mohren‹ in Nordwestdeutschland
Andererseits lag möglicherweise in dieser ›Ausgliederung‹ eine Chance, sich als Gruppe von Gleichgestellten zu erfahren: Gerade für die Forschung zur afrikanischen Diaspora wäre ein Blick auf die inneren Strukturen dieser Gruppe oder Gemeinschaft interessant. Das vorliegende Kapitel hat sich den Orten und Umständen der Präsenz von Menschen afrikanischer Herkunft im Norden des Alten Reichs zunächst topografisch angenähert. Dabei wurde zum einen deutlich, dass ihre Zahl im Verlauf des Untersuchungszeitraums insgesamt zunahm und zum anderen, dass ein größerer Teil von ihnen an Fürsten-, aber auch kleineren Adelshöfen lebte. Hier bestand ein ausgesprochenes Interesse an ihrer Gegenwart und Konkurrenz um sie, die möglicherweise gegen Mitte des 18. Jahrhunderts abzunehmen begann. Eine hohe soziale Bindekraft besaßen dabei offenbar die Patenschaftsverhältnisse, die den Fürsten eine (Teil-)Verantwortung für ihr Schicksal übertrug. Die Taufe erscheint als ein Ritual, das zentrale Strukturen sozialer Verbindlichkeit schuf. In der Diskussion um die Integration und den Status von ›Mohren‹ kommen auch Rainer-Maria Kiel, Monika Firla, Ingeborg Kittel und Wolfram Schäfer, die sich in Regionalstudien intensiv mit der Präsenz von schwarzen Bediensteten an den Höfen von Bayreuth, Stuttgart, Wolfenbüttel und Kassel beschäftigt haben, zu ähnlichen Schlüssen. Sie zeigen auf, dass die Integration von schwarzen Menschen in die ständische Gesellschaft weiter gehen konnte, als insbesondere die Momente des Kaufens und Schenkens in vielen Biografien zunächst nahelegen. Firla geht davon aus, dass die schwarzen Bediensteten an Fürstenhöfen nicht lediglich Objekte von Prestige, sondern regelrechte »Prestigeträger« waren. Zwar seien die ›Mohren‹ am Stuttgarter Hof zunächst wie Leibeigene behandelt worden, doch hätten sie als Erwachsene die Freiheit erhalten und seien, auch in juristischen Angelegenheiten, wie Weiße in vergleichbaren Positionen behandelt worden. Auch am ostfriesischen Hof spricht einiges dafür, dass die durch ihre äußerliche Erscheinung und den Nimbus des Exotischen attraktiven Diener und Dienerinnen nicht auf den Status von Objekten reduziert wurden. Die erhaltene Quittung zum ›Aufdingen‹ eines Paukerlehrlings zeigt, dass man auch hier die mit einem gewissen Prestige verbundene Ausbildung eines schwarzen Musikers und damit seine Selbstständigkeit förderte. Mit seinem Eintritt in die Zunft konnte er gleichzeitig auch offiziell nicht mehr als leibeigen gelten. Das nicht unbedeutende Geldgeschenk Fürst Christian Eberhards an sein Patenkind Anton Eberhard Friedrich spricht dafür, dass man versuchte, schwarzen Bediensteten eine materielle Basis zu schaffen, die es ihnen erlaubte, auf eigenen Beinen zu stehen. Der Eintrag zur Taufe des aus Kopenhagen nach Aurich ›verschenkten‹ Anthon bzw. Christian Georg im Hofdiarium demonstriert außerdem, dass den Fürsten nicht an einer Darstellung der an ihren Höfen lebenden ›Mohren‹ als passive Objekte gelegen war : Stattdessen erscheint er in
Das Ende der ostfriesischen Fürstenherrschaft
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dem Eintrag als eigenständig Handelnder, der selbstverantwortlich zum Christentum konvertiert und gleichzeitig Taufpaten an sich band, die auch für die ostfriesischen Fürsten wichtig waren. Darin lag sowohl etwas dynastisch Bindendes, indem der auf den Namen seiner Paten getaufte Christian Georg in eine bleibende Beziehung zur ostfriesischen Fürstenfamilie gesetzt wurde, als auch ein Instrument seiner sozialen Integration und Sicherheit. Seine Entscheidung zu konvertieren und sein Übertritt zum Christentum reflektieren insofern nicht nur höfische und christliche Konventionen, sondern sind als ein den Strukturen der höfischen Welt angemessenes, subjektiv-rationales Verhalten zu verstehen. Zusammengenommen eröffnen die zwischen Bayreuth, Stuttgart, Aurich und Kopenhagen ausgespannten Netzwerke einen Blick auf Tauschverhältnisse und Wechselbeziehungen, die über die erhaltenen Fragmente der Biografien von ›Mohren‹ hinausweisen. Eine vertiefte Analyse der einzelnen adligen Netzwerke könnte für die weitere sozialgeschichtliche Forschung zu den Biografien von schwarzen Menschen an europäischen Höfen lohnend sein, da sich durch sie vielleicht ein Teil der oft abrupt unterbrochenen biografischen Linien zusammenfügen ließe, die bisher ihre Biografien kennzeichnen. Gleichzeitig könnten weitere inter-höfische Untersuchungen Fragen ihrer realen sozialen Einbindung in die ständische Gesellschaft klären helfen. Auf der Grundlage der hier angestellten Forschungen ist anzunehmen, dass für schwarze Bedienstete trotz der enormen Mobilität, die ihre Biografien charakterisiert, innerhalb der weit ausgreifenden Kreise des Adels eine kontinuierliche Lebensführung möglich war, die auf Zugehörigkeit basierte. Dass ›Mohren‹ dazu beitrugen, die Verbindungen zwischen den Höfen und Adelsfamilien aufrechtzuerhalten, zeigt sich an der Anteilnahme von teils weit entfernt lebenden Familienmitgliedern an ihren Taufen. Wenn durch Mitglieder des Kopenhagener Hofes eine Patenschaft für einen ›Mohren‹ in Aurich übernommen wird oder eine seit Jahren am Idsteiner Hof lebende ostfriesische Prinzessin ein Botengeld für die Nachricht über eine Taufe zahlt, dann ist diese Taufe nicht als ein unbedeutendes Ereignis zu werten. Ein ähnlicher Stellenwert kommt der Erwähnung des Paukers Mohr in einem Brief der ostfriesischen Fürstin an ihren Bayreuther Schwager zu. Das folgende Kapitel sucht solchen Schichten von Bedeutungen nachzugehen, indem es nach den Formen von Integration und Aneignung fragt, welche auf einer übergeordneten Ebene der höfischen Zeichensysteme angeordnet waren. Es fragt damit weniger nach den lokalen Kontexten der Gegenwart von Menschen afrikanischer Herkunft als nach ihrer Zeichenfunktion im Rahmen höfischen Repräsentationsstrebens.
VI Aneignung und Integration an deutschen Fürstenhöfen
»Die Menschen machen ihre eigene Geschichte, aber sie machen sie nicht aus freien Stücken, nicht unter selbstgewählten; sondern unter unmittelbar vorgefundenen, gegebenen und überlieferten Umständen. Die Tradition aller toten Geschlechter lastet wie ein Alp auf dem Gehirne der Lebenden.«506
Die durch Zeichensysteme und Konventionen geprägte höfische Kultur bildet einen trotz differenter lokaler Ausprägungen nach bestimmten funktionalen und hierarchisch strukturierten Regeln definierbaren Kontext ›schwarzer‹ Präsenz im Alten Reich. Zeichen und Konventionen waren für die frühneuzeitlichen Fürsten handlungsleitend. Die von ihnen angestrebte Außen- oder Repräsentationswirkung beruhte – als politisches Instrument – darauf, dass höfische Zeichen und Handlungsabläufe, etwa im Zeremoniell, allgemein verständlich waren. Auf verschiedene Weisen waren alle Akteure des Hofes, die Fürsten eingeschlossen, und so auch die ›Mohren‹, in diese Zeichensysteme integriert. Ihre Gegenwart und ihre Rollen an den Höfen waren so mit einer Zeichenhaftigkeit verbunden, die aus moderner Perspektive an einer schwer bestimmbaren Grenze zwischen Objekt und Subjekt angesiedelt ist. In den vorangegangenen Kapiteln sind die strukturellen Bedingungen für Mobilität und Handeln von schwarzen Bediensteten an Fürstenhöfen im Hinblick auf die Relevanz von globalen und interhöfischen Netzwerken untersucht worden. Es ging darum, den geografischen und sozialen Radius und die Übergänge zwischen den Netzwerken näher zu bestimmen, in denen sich Schwarze in der frühneuzeitlich-höfischen Welt bewegten. Dabei zeigte sich, dass sie als Mitglieder der familia des jeweiligen Fürsten sozial gestuft in die dynastischen Netzwerke des Adels integriert waren und in umfassender Weise in das Bedeutungsgeflecht der höfischen Welt eingebunden, das aus Symbolen, Zeichen oder Ritualen bestand. Der semiotische Kulturbegriff von Geertz verweist da506 Karl Marx, Der 18te Brumaire des Louis Napoleon, in: Marx-Engels Werke, Bd. 8, Berlin 1975 [1852], S. 115.
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Aneignung und Integration an deutschen Fürstenhöfen
rauf, dass die kulturellen Bedeutungen solcher Symbole, Zeichen und Rituale und überkommenen Vorstellungen auf historischer Überlieferung beruhen und eine Funktion für die Kommunikation, den Erhalt und die Weitergabe des Wissens vom Leben und den Einstellungen zum Leben besitzen.507 Wenn sich Bedeutungen immer nur in der praktischen Verwendung von Symbolen, Zeichen oder Ritualen artikulieren, so kann Kultur als eine Praxis verstanden werden, die sich nicht in der Erzeugung von Bedeutungen erschöpft, sondern auch die Möglichkeit von Handeln einschließt.508 Auf die Problematik, aus den weitgehend fragmenthaften Überlieferungen eine Vorstellung von ›Mohren‹ als Akteuren an den Fürstenhöfen zu gewinnen und auf die Notwendigkeit, die vorgegebenen Verhältnisse der höfischen Kultur, in die sie eintraten, eingehender zu prüfen, ist bereits mehrfach verwiesen worden. Aus der individuellen Auseinandersetzung mit den Gegebenheiten ›vor Ort‹, zu denen als normativer Rahmen auch die Zeichenebene gehört, ergeben sich die »Handlungsrepertoires«, die den Akteuren zur Verfügung standen (Algazi). Eine über Jahrhunderte bereits vorgeprägte höfische Rolle und die bildliche Überlieferung wiesen Schwarzen bestimmte soziale und kulturelle Funktionen zu. Das folgende Kapitel untersucht zentrale höfische Praxen der Aneignung und Integration, die als Strukturmerkmale ihrer Biografien und Grundbedingungen für ihr Handeln erscheinen, vor allem den Akt des Schenkens von ›Mohren‹, das Ritual der Taufe und die Darstellung von schwarzen oder dunkelhäutigen Bediensteten in Fürstenporträts.
VI.1 Höfische Zeichen und bildende Kunst Zwischen dem Ende des Dreißigjährigen Krieges und den 1790er-Jahren bestand die barocke höfische Welt als ein vielgliedriges Netzwerk aus miteinander kommunizierenden und konkurrierenden, sich gegenseitig wahrnehmenden, kulturell beeinflussenden oder auch sich bewusst voneinander abgrenzenden Höfen unterschiedlicher Größe und kultureller wie politischer Bedeutung.509 Dieses in einer Regionen übergreifenden Höfelandschaft510 verortete gesell507 Geertz, Dichte Beschreibung, S. 9, 46 – 47. 508 Füssel, Die Kunst der Schwachen, S. 9. 509 Die Vorstellung von einer – mittelalterlichen – »Höfelandschaft« wurde zuerst von Peter Moraw entwickelt, vgl. Moraw, Was war eine mittelalterliche Residenz im deutschen Spätmittelalter, S. 461 – 468. Sie wurde von vielen Frühneuzeithistorikern aufgenommen und weiterentwickelt, vgl. Endres, Adel in der frühen Neuzeit, S. 3. 510 So Gerhard Fouquet in einem Diskussionsbeitrag zur Konferenz »Fürstenhöfe und ihre Außenwelt. Aspekte gesellschaftlicher und kultureller Identität im deutschen Spätmittelalter« vom 25.–27. November 1999, vgl. Zotz, Einleitung, in: Ders., Fürstenhöfe und ihre Außenwelt, S. XI – XIX, S. XI – XIX, hier S. XIII.
Höfische Zeichen und bildende Kunst
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schaftliche Segment stand in vielfältiger Weise mit der Gesamtgesellschaft in Verbindung und grenzte sich gleichzeitig durch eigene Zeichen- und Normensysteme von dieser ab. In der Außenwirkung dienten das Zeremoniell, die Pracht und Verschwendung und die höfischen Codes einerseits dazu, soziale Distanz zu rangniedrigeren Schichten zu erzeugen. Andererseits fanden sie ihre wesentliche Wirkungskraft innerhalb des Adels, indem sie hierarchische Rangfolgen stets neu veranschaulichten und definierten.511 Die Demonstration von Status und der eigenen tatsächlichen oder vorgeblichen Position in der Rangfolge der Höfe mittels Zeichen war ein zentrales Herrschaftsinstrument. Für diese Zeichen wie auch für Metaphern, politische Sprachen, kollektive Repräsentationen oder Rituale als symbolische Formen der Vergangenheit interessiert sich die Neue Kulturgeschichte. Die Übergänge zur Sozialgeschichte sind fließend. Im Unterschied zu früheren Historikern arbeitet sie mit verfremdenden Untersuchungsverfahren, durch die sie sich historischen Gesellschaften nicht als etwas Vertrautes, sondern als ›fremde Vergangenheiten‹ nähert, deren Herrschaftsverhältnisse und Ordnungsprinzipien es zu (re)konstruieren gilt.512 Die symbolische Qualität von Herrschaft kam in der höfischen Repräsentation in spektakulärer Weise zum Ausdruck. Diese dokumentierte Zugehörigkeit zur sozial exklusiven überregionalen Gruppe der deutschen Fürsten und besaß einen herrschaftslegitimierenden Charakter.513 Der Symbolik als zentrales Element von Herrschaftshandeln ist in der neueren Forschung durch die Analyse der höfischen Zeichensysteme nachgegangen worden.514 Der Mediävist Horst Wenzel hat repräsentatives Herrschaftshandeln für die mittelalterliche Hofkultur beschrieben als »die sinnlich erfahrbare, sichtbare, hörbare, fühlbare und greifbare Darstellung von sozialem Rang, von tatsächlichen oder auch angemaßten Statuspositionen, die […] sich […] in der öffentlichen Demonstration als ›wahr‹ erweisen müssen«.515 Als ›Kulturgeschichte des Politischen‹516 beschäftigt sich der Münsteraner Sonderforschungsbereich Symbolische Kom511 Spieß, Rangdenken und Rangstreit im Mittelalter, S. 39 – 61. 512 Lutz Raphael, Geschichtswissenschaft im Zeitalter der Extreme. Theorien, Methoden, Tendenzen von 1900 bis zur Gegenwart, München 2003, S. 229. 513 Endres, Adel in der frühen Neuzeit, S. 123. 514 Hahn/Schütte, Thesen, S. 19 – 45; Rudolstädter Arbeitskreis für Residenzkultur (Hg.), Zeichen und Raum. Ausstattung und höfisches Zeremoniell in den deutschen Schlössern der Frühen Neuzeit, bearb. von Peter-Michael Hahn und Ulrich Schütte, München/Berlin 2006. 515 Horst Wenzel, Höfische Repräsentation. Symbolische Kommunikation und Literatur im Mittelalter, Darmstadt 2005, S. 11. 516 Vgl. dazu einleitend Barbara Stollberg-Rilinger, Was heißt Kulturgeschichte des Politischen? Einleitung, in: Dies. (Hg.), Was heißt Kulturgeschichte des Politischen?, Berlin 2005, S. 9 – 24, und weitgehend übereinstimmend Achim Landwehr, Diskurs – Macht – Wissen. Perspektiven einer Kulturgeschichte des Politischen, in: Archiv für Kulturgeschichte, Bd. 85, Köln/Weimar/Wien 2003, S. 71 – 117.
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Aneignung und Integration an deutschen Fürstenhöfen
munikation und gesellschaftliche Wertesysteme vom Mittelalter bis zur Französischen Revolution unter der Leitung von Barbara Stollberg-Rilinger mit sprachlichen Metaphern, Bildern, Artefakten, Gebärden und umfassenden symbolischen Handlungssequenzen wie Ritualen und Zeremonien, aber auch mit symbolischen Narrationen.517 Wenn mit Clifford Geertz die höfische Welt als ein kulturelles System und damit als ein Bedeutungsgeflecht verstanden werden kann, das sich unter anderem in Symbolen, Zeichen oder Ritualen manifestiert, dann ist den als ›Mohren‹ in der höfischen Welt lebenden schwarzen oder dunkelhäutigen Menschen eine zentrale Symbolfunktion beizumessen.518 Der semiotische Kulturbegriff von Geertz bezeichnet »ein historisch überliefertes System von Bedeutungen, die in symbolischer Gestalt auftreten, ein System überkommener Vorstellungen, die sich in symbolischen Formen ausdrücken, ein System, mit dessen Hilfe die Menschen ihr Wissen vom Leben und ihre Einstellungen zum Leben mitteilen, erhalten und weiterentwickeln«.519 Innerhalb dieses Systems war ›Fremdheit‹ – gekennzeichnet durch äußerliche Merkmale wie Hautfarbe und/oder Kleider – in Kombination mit einer Position bei Hofe spezifisch konnotiert als Zeichen von Luxus, Weltläufigkeit und weitreichenden Beziehungen. Höfische Zeichen waren konkret und anschaulich und konnten die Darstellung dessen, worauf sie verwiesen, zu einem Teil des Dargestellten selbst machen. Wenn sie auch eine eher abstrakte ›Idee‹ des fürstlichen Hauses oder der fürstlichen Tugend darstellen sollten, dann blieb ihre Produktion und Wahrnehmung doch gebunden an die fürstlichen Personen als Individuen und als Teile eines ›Hauses‹. Sie veranschaulichten den herausgehobenen Status eines Herrschers und seiner Familie und ihre Verwendung war sozial exklusiv. Oft waren sie vorgeprägt durch einen langen religiösen Gebrauch. Höfische Zeichen und Herrschaftsinszenierungen, deren sich die Fürsten als weltliche Stellvertreter Gottes bedienten, sollten ähnlich wirkten wie die Zeichen, die seit der Spätantike als Abglanz der ›Herrlichkeit‹ Gottes die Räume christlichen Kults geprägt hatte. Sie waren deshalb ein elementarer Teil höfischer Kommunikation im Zeremoniell, in den Divertissements und im Alltag.520 Zeichen in diesem Sinne konnten alle Dinge und Personen sein, die in die höfische Herrschaftsrepräsentation einbezogen waren, einschließlich der Fürsten selbst. Die ›Rollen‹ aller Mitglieder der höfischen Gesellschaft besaßen ein Moment des Symbolischen, das der Erzeugung und Spiegelung fürstlicher Magnifizenz diente. Magnifizenz als zentrales Element des fürstlichen Habitus 517 518 519 520
Stollberg-Rilinger, Was heißt Kulturgeschichte des Politischen, S. 11. Geertz, Dichte Beschreibung, S. 9, 46 – 47. Ebd., S. 46. Hahn/Schütte, Thesen, S. 19 – 23.
Höfische Zeichen und bildende Kunst
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konnte auch durch die Errichtung repräsentativer Bauten und im höfischen Zeremoniell demonstriert werden. In feierlichen Handlungen setzte das Zeremoniell die durch den Ritus der katholischen Kirche vorgeprägte prachtvolle, die Sinne überwältigende Inszenierung von Herrschaft um. An diesem sakralen Grundzug orientierten sich nicht nur die großen Dynastien und katholischen Fürsten, sondern auch die protestantischen Fürsten. Ihr symbolisches Kapital ergab sich aus unterschiedlichen Größen (Herkunft und Genealogie, Taten der Ahnen, ein Stammschloss etc.), von denen Magnifizenz nur ein Faktor war, allerdings einer, der sich durch gezielte Maßnahmen beeinflussen ließ. Mit der seit dem Ende des Dreißigjährigen Krieges wachsenden ständischen Differenzierung gingen eine Differenzierung und ein erhebliches Anwachsen des höfischen Zeichenrepertoires einher. Dazu trug die außereuropäische Expansion in entscheidendem Maße bei, indem sie das kulturelle und ökonomische Ressourcenkapital der europäischen Fürstenhäuser grundlegend veränderte. Der Import von exotischen Waren und Materialien, aber auch die erweiterten Möglichkeiten, prestigeträchtiges schwarzes Personal an die Höfe zu bringen, eröffneten ein weites Feld, Zeichenhaftigkeit zu demonstrieren: Globalität wurde zum Prestigemerkmal.521 Gerade die Rollen von schwarzen oder dunkelhäutigen Menschen als ›Hofmohren‹ besaß eine solche symbolische Qualität, die sie besonders exponierte und in der höfischen Welt hochsichtbar machte, auf einer realen Ebene als Personen ebenso wie auf der Ebene der Kunst, besonders der Bildniskunst. Die Übergänge zwischen diesen Ebenen waren fließend, da ihr Auftreten im höfischen Zeremoniell wie im Bild in plastischer Weise der visuellen Repräsentation diente. Aus diesem Grund sind hier Bilder als den Schriftzeugnissen »gleichberechtigte Überlieferungen eines gesamtkulturellen Symbolvorrats« zu behandeln.522 Da Bilder ihrem Quellencharakter gemäß die Wirklichkeit nicht abbilden, sondern die Wirklichkeit nur in je unterschiedlicher Weise kommentieren, erfordert ihre Analyse ein besonderes Instrumentarium. Sie können als Teil des Symbolvorrats des Adels und Hochadels verstanden werden, der sich bestimmter Techniken und Darstellungsweisen bediente, die an ältere bildliche Darstellungen von Schwarzen vor allem in der sakralen Kunst der Renaissance erinnern. Die Geschichtswissenschaft hat seit Anfang der 1990er-Jahre begon521 Ebd., S. 23 – 24; Anne Kuhlmann-Smirnov, Globalität als Prestigemerkmal? Die Hofmohren der Cirksena und ihres sozialen Umfeldes, in: Heike Düselder/Olga Weckenbrock/Siegrid Westphal (Hg.), Adel und Umwelt. Horizonte adliger Existenz in der Frühen Neuzeit, Köln/ Weimar/Wien 2008, S. 287 – 309. 522 Gabriele Wimböck, Rezension zu: Bernd Roeck: Das historische Auge. Kunstwerke als Zeugen ihrer Zeit. Von der Renaissance zur Revolution, Göttingen 2004, in: KUNSTFORM 6 (2005), Nr. 12, 15. 12. 2005, siehe URL: http://www.kunstform.historicum.net/2005/12/ 9481.html [Stand: 22. 04. 2007].
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Aneignung und Integration an deutschen Fürstenhöfen
nen eine historische Bildkunde zu entwickeln,523 welche versucht, die von Maurice Halbwachs, Pierre Nora, Jan Assmann und anderen entwickelten Konzeptionen eines kulturellen Gedächtnisses auf Werke der Kunst bzw. ikonografische Darstellungen insgesamt zu beziehen.524 Seit der Wiederentdeckung des Kunsthistorikers Aby Warburgs, die Anfang der 1970er-Jahre einsetzte,525 wird nun verstärkt auch nach der Bedeutung von Bildern als historische Quellen oder der Wirklichkeitsbeziehung von historischen Bildern gefragt.526 In diesen Fragestellungen ist implizit die Forderung des Warburg’schen Forschungsprogramms nach einer Kunstgeschichte als historischer Wissenschaft sowie nach Eingliederung des Faches in den größeren Kontext einer interdisziplinär verstandenen Kulturwissenschaft enthalten.527 Peter Burke schlug 2001 vor, Bilder insbesondere dann als Quellen zu nutzen, wenn nach zeitgenössischen Sichtweisen auf die Welt gefragt wird, etwa nach Einstellungen einer sozialen Schicht gegenüber einer anderen. Bilder müssen in einen Kontext einzuordnen sein, sei es eine Bildtradition, Interessen von Auftraggebern, Funktionen des Bildes oder Ähnliches. Serien von Bildern gelten als ein zuverlässigeres Zeugnis als Einzelbilder, da durch sie Fragen beantwortet werden können, die sich auf langfristige Veränderungen von Darstellungsweisen beziehen.528 Die vielen erhaltenen Fürstenbildnisse mit schwarzen Assistenzfiguren können damit für eine Untersuchung sowohl des Wirklichkeitsbezugs der Bilder als auch als Kommentierung der – tatsächlichen oder gedachten – Gegenwart von schwarzen Menschen im Umfeld von Fürsten und Fürstinnen herangezogen werden.
523 Hans Belting, Bild-Anthropologie. Entwürfe einer Bildwissenschaft, München 2001; Gottfried Boehm (Hg.), Was ist ein Bild?, München 1994; Heike Talkenberger, Historische Erkenntnis durch Bilder. Zur Methode und Praxis historischer Bildkunde, in: Hans-Jürgen Goertz (Hg.), Geschichte. Ein Grundkurs, Hamburg 1998, S. 83 – 84. 524 Maurice Halbwachs, Les cadres sociaux de la m¦moire, Paris 1952 (Erstausgabe 1925); Gerald Echterhoff/Martin Saar (Hg.), Kontexte und Kulturen des Erinnerns. Maurice Halbwachs und das Paradigma des kollektiven Gedächtnisses, Konstanz 2002, S. 13 – 35, hier S. 17 – 19; Pierre Nora (Hg.), Les Lieux de m¦moire, 7 Bde., Paris 1984 – 1993. 525 Mit einem Vortrag von Leopold D. Ettlinger über Kunstgeschichte als Geschichte im Jahre 1970, als Aufsatz 1971 erschienen unter demselben Titel, in: Jahrbuch der Hamburger Kunstsammlungen, Bd. 16, S. 7 – 19. 526 Peter Burke, Augenzeugenschaft. Bilder als historische Quellen, Berlin 2003 (engl. Orig. Ausgabe erschienen als Eyewitnessing. The Uses of Images as Historical Evidence, London 2001), hier wird auch eine Auswahl von Arbeiten zur Kulturgeschichte der Bilder besprochen; Bernd Roeck, Das historische Auge. Kunstwerke als Zeugen ihrer Zeit, Göttingen 2004; zur Frühen Neuzeit vgl. Iris Grötecke, Kunstgeschichte: Bilder als Quellen gesehen, in: Völker-Rasor, Frühe Neuzeit, S. 237 – 254. 527 Michael Diers, Mnemosyne oder das Gedächtnis der Bilder. Über Aby Warburg, in: Otto Gerhard Oexle, Memoria als Kultur, Göttingen 1995, S. 79 – 94. 528 Burke, Augenzeugenschaft, S. 216.
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VI.2 ›Kostbare Objekte‹? Afrikaner und die Semiotik von Herrschaft und Dignität An den europäischen Höfen wurden Fremderfahrungen vieler Art seit dem 17. Jahrhundert vermehrt bewusst herbeigeführt und gehörten zur Grundausstattung höfischer Repräsentation. Adlige suchten einerseits das Fremde selbst im Außen auf – vor allem über die Grand Tour und Verwandtenbesuche, mitunter auf Reisen nach Übersee529 –, andererseits besaßen Fremde wie Fremdes an den Höfen ein besonderes Ansehen. Der Empfang von Fremden, ihre Anwerbung oder ihr ›Import‹ für bestimmte Aufgabenbereiche des Hofes, als Köche, Tanzmeister, Erzieher, Gouvernanten, Maler, Architekten oder speziell ausgebildete Handwerker, war selektiv, da nur qualitativ Hochstehendes und Kostbares ein Prestige vermittelte, das den Rang und das Ansehen der Fürsten zu steigern vermochte. Dies galt in besonderer Weise für den Hofstaat, der immer auch ein Spiegel der dignitas der Fürsten war. Wie anderen Angehörigen des Hofstaats kam Schwarzen die Rolle zu, Stand und Würde des Herrschers zu veranschaulichen. Das im transatlantischen Handel vorherrschende Bild von Schwarzen als reine Arbeitseinheiten war für diesen Zweck ungeeignet. Wie jedoch gelang es, das von diesem signifikant abweichende, kulturelle Bild eines positiv konnotierten ›edlen Mohren‹ zu vermitteln und aufrechtzuerhalten, der, wenngleich in abhängiger Position, doch selbst Würde besitzen musste? Die Gegenwart von ›Mohren‹ war an den europäischen Höfen immer untergründig mit Herrschaft und der Befestigung oder Etablierung von sozialen Rangabständen verbunden. Die sozio-kulturelle Rolle der schwarzen Bediensteten am Hof Katharinas von Österreich in Lissabon und ihre Inszenierung in der höfischen Repräsentation ähneln in vielem denen des zentraleuropäischen Raums: »Catherine of Austria was conscious of her extraordinary situation. By means of the precious cargoes brought to Lisbon, she was brought into close contact with distant worlds and peoples separated from her by geographical distance. Her frequent gifts of slaves and other exclusive exotica to her family, ladies and favourites were intended as demonstrations of the opulence, exoticism and splendour of her cosmopolitan court. 529 Zu adeligen Reisen ist eine kaum zu überblickende Vielzahl von Forschungsarbeiten entstanden, speziell für Kavalierstouren vgl. Mathis Leibetseder, Die Kavalierstour. Adlige Erziehungsreisen im 17. und 18. Jahrhundert, Köln/Weimar/Wien 2004; Rainer Babel/ Werner Paravicini (Hg.), Grand Tour. Adliges Reisen und europäische Kultur vom 14. bis zum 18. Jahrhundert, Ostfildern 2005; Gerrit Walther, Die adelige Kavalierstour, in: Kurt Andermann/Sönke Lorenz (Hg.), Zwischen Stagnation und Innovation. Landsässiger Adel und Reichsritterschaft im 17. und 18. Jahrhundert, Sigmaringen 2005, S. 119 – 133. Allgemein zur Mobilität Irene Erfen/Karl-Heinz Spieß (Hg.), Fremdheit und Reisen im Mittelalter, Stuttgart 1997; Paravicini, Höfe und Residenzen, Bd. 2, Teilband 1, S. 6.
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Catherine enjoyed a position that few female consorts shared at this time. In terms of royal imaging, the queen took full advantage in promoting herself, her family and court through her slaves and her collecting, both of which represented external symbols of her power and rule, and reaffirmed her social status and position as Queen of Portugal.«530
In diesen abschließenden Sätzen eines Aufsatzes von Annemarie Jordan zu den schwarzen Dienerinnen und Dienern der Katharina von Österreich fallen die entscheidenden Termini, welche die Gegenwart von Schwarzen an den Höfen zu einem gesamteuropäischen Bild des ›Hofmohren‹ bündeln: Der Kontakt mit und Imagination von entfernt gelegenen Weltregionen, das ›Schenken‹ von ›Exotika‹ als verfeinertes höfisches Mittel der Hierarchisierung, die Demonstration von Überfluss, Exotismus und Pracht an einem kosmopolitischen Hof, die Symbolisierung von Macht und Herrschaft durch Sklaven und Sammlungen. Der enge Zusammenhang zwischen der Anwesenheit von Schwarzen an den Höfen mit dem fürstlichen Herrschaftsbegriff macht die besonderen Qualitäten, die man in ihnen sah, auf der Ebene der Zeichen vergleichbar mit jenen herausgehobenen ästhetischen Objekten, die als ›Kunst‹ aufgefasst wurden.531
VI.2.1 ›Kostbare Objekte‹: Maurice Godelier und ›Das Rätsel der Gabe‹ Die Weitergabe von schwarzen oder dunkelhäutigen Menschen als fürstliche Geschenke kennzeichnet die Ambivalenz ihrer Positionen an den Höfen. Auf der semiotischen Ebene lässt ihr Transfer zwischen den Höfen an jene ›kostbaren Objekte‹ denken, die der französische Ethnologe und Kulturanthropologe Maurice Godelier in seinem Buch über Das Rätsel der Gabe beschrieben hat. Die Gedanken Marcel Mauss’ zur ›Gabe‹ fortsetzend, fragt Godelier darin, wie die Phänomene des Gebens und des Austauschs in die Strukturen verschiedener Gesellschaften eingebettet sind. Jede Gesellschaft verfügt nach Godelier über zwei Arten von Objekten: Objekte des Austauschs, des Gebens und des Marktes, und solche, die jenem Austausch, dem Geben und dem Markt, entzogen sind. Letztere bilden als ›heilige Objekte‹ einen Fixpunkt, ein Zentrum, ohne das eine Gesellschaft nicht bestehen kann. Sie ermöglichen erst, dass die anderen zirkulieren. Objekte des Austauschs sind neben dem Geld und Äquivalenten des Geldes als reine Zahlungs- oder Tauschmittel die ›kostbaren Objekte‹. Ihre Gabe 530 Jordan, Images of Empire, S. 179. 531 Karl-Siegbert Rehberg, Schatzhaus, Wissensverkörperung und »Ewigkeitsort«. Eigenwelten des Sammelns aus institutionenanalytischer Perspektive, in: Barbara Marx/Karl-Siegbert Rehberg (Hg.), unter Mitarbeit von Christoph Oliver Mayer und Manuela Vergoossen, Sammeln als Institution. Von der fürstlichen Wunderkammer zum Mäzenatentum des Staates, Berlin 2007, S. XI – XXXI, hier S. XII.
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zielt immer darauf, Ränge in einer Gesellschaft hervorzuheben.532 Sie sind in ›Austauschsphären‹ angesiedelt, für die es keinen (öffentlichen) Markt gibt. Sie sind kostbar, weil sie selten, aber nicht – wie ›heilige Objekte‹ – einmalig sind und weil der Zugang zu ihnen beschränkt bleibt. Mit durchaus universalem Anspruch behauptet Godelier für sie den Status eines konstitutionellen Teils von Gesellschaften. Wie im vorangegangenen Kapitel deutlich geworden ist, führte der Weg von Schwarzen im 17. und 18. Jahrhundert in der Regel von einem offenen Markt in den Herkunfts- oder Mittlergesellschaften in daran punktuell angebundene, jedoch selbst durch einen fehlenden Markt gekennzeichnete, höfische Beziehungsnetzwerke. Ihre Bewegungen als Teil des fürstlichen Hofstaats erfolgten dann weitgehend innerhalb von exklusiven Netzwerken, die durch Verwandtschaft, Konkurrenz und gegenseitige Rangzuweisungen ihrer Mitglieder geprägt waren. Die höfischen Zeichensysteme basierten auf diesen komplexen Verflechtungen und visualisierten einen tatsächlichen oder beanspruchten Rang. Neben die Zeichen ererbten, genealogisch hergeleiteten Rangs wie Wappen, Stammschlösser, Ahnengalerien etc. traten Zeichen, die in Gabenkreisläufen zirkulierten. Das Ensemble der gesetzten Zeichen stellte soziale Distinktion her. Ohne Frage kam dabei allen Dingen, die als Gaben zirkulierten, der Status von kostbaren Objekten zu. Dasselbe scheint für Personen zu gelten, die als Heiden anfällig für Versklavung und in den frühneuzeitlich-europäischen Gesellschaften sozial unvernetzt waren. Ihre Fremdheit bedingte ihre Heraushebung und Exklusivität, jedoch auch die Diskriminierung ihrer Individualrechte und Marginalisierung. Daraus ergab sich eine extreme Spannung zwischen Dignität einerseits und curiositas andererseits.533 Den anthropologischen Überlegungen Godeliers zur Gabe zufolge besitzen kostbare Objekte die Fähigkeit, »Macht zu verleihen und Symbole für sie zu sein«. Dies weist er sowohl für Gesellschaften mit Gabe – Godelier verdeutlicht dies am Beispiel der melanesischen Baruya, die weder Aristokratie noch König kennen, und den polynesischen Gesellschaften, bei denen es sie gibt – als auch für Gesellschaften mit Potlatch nach. Bei den Baruya und in den polynesischen Gesellschaften müssen diese Objekte notwendig die Fähigkeit besitzen, Stellvertreter von wirklichen Personen zu sein. Sie müssen Zeugnis davon ablegen, dass in ihnen Kräfte gegenwärtig sind, die von imaginären Wesen (Gottheiten, Geistern der Natur, Vorfahren) ausgehen, von denen angenommen wird, sie besäßen die Kräfte von Leben und Tod über Personen und Sachen; und sie 532 Maurice Godelier, Das Rätsel der Gabe. Geld, Geschenke, heilige Objekte, München 1999 (franz. Orig. Ausg.: L’¦nigme du don, 1996), S. 231. 533 Irene Erfen, Einführung. Reisen und Fremdheit. Positionen der Forschung, in: Dies./Spieß, Fremdheit und Reisen im Mittelalter, S. 1 – 5, hier S. 5.
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müssen miteinander vergleichbar sein, indem sie durch ihre Quantitäten und/ oder ihre Qualitäten ihren Eigentümern die Mittel bieten, sich aneinander zu messen und sich übereinander zu erheben.534 Auch die Zeichen der höfischen Welt besaßen solche teils magischen Eigenschaften. ›Heiden‹ aus fremden Erdteilen zeigten Herrschaft und weitläufige Verbindungen an – sowohl zu einflussreichen Verwandten als auch in die weitere Welt – und vermittelten ein Weltbild, in dessen Zentrum sich die durch Gottesgnadentum regierenden Fürsten sahen. Objekte, die Reichtum und Macht materialisieren sollen, so Godelier, müssen Merkmale aufweisen, die es ihnen gestatten, diese Funktionen zu erfüllen. Grundlegend ist, »daß sich der Wettbewerb um die Macht und den Ruhm außerhalb der Sphäre der Subsistenz abspielt«. Gesellschaften, in denen kostbare Objekte zirkulieren, sind solche, die »regelmäßig beträchtliche Überschüsse von Erzeugnissen« produzieren.535 Ein zweites Merkmal kostbarer Objekte ist ihre »Abstraktheit« und »Losgelöstheit von der Sphäre der Subsistenz und des Alltags«. Dieses Merkmal erleichtert die Projektion und bietet die Möglichkeit, »imaginäre Kerne und Symbole in das Objekt einzuschließen, die zum ideellen Aspekt des Funktionierens der sozialen Beziehungen gehören, durch welche man zu Reichtum und Macht gelangt«. Ein drittes Charakteristikum dieser Objekte ist ihre Schönheit, so wie sie in der kulturellen und symbolischen Welt der Gesellschaften definiert wird, die sie verwenden: »Die Schönheit kann nun Trägerin von zwei Funktionen sein. Einerseits kann sie diejenigen, die das Objekt besitzen, zur Geltung bringen, verschönern und glorifizieren. Demonstrativ getragen oder gegeben, verdeutlicht es die Qualität und den Status der Person, die es trägt oder gibt. Doch die Schönheit eines Objekts ist auch Quelle von Emotionen, die eine Art von Vertrautheit zwischen ihm und der Person schaffen, die es besitzt, und die zum Gefühl der Identifizierung beitragen, die zwischen dem Individuum und der Sache existieren kann, die von ihm den Blicken aller ausgesetzt wird.« Godelier bezieht sich hier auf die Schönheit und Seltenheit von Dingen, eine Muschel oder ein anderes Tauschobjekt. Allerdings ist der Besitzstand an schwarzen Menschen als Dinge von den Fürsten im nordeuropäischen Raum nie hervorgehoben worden und sie hatten, nachdem sie dem Hofstaat auf der semiotischen Ebene ›kostbarer Objekte‹ eingefügt worden waren, durchaus die Möglichkeit, in zwischenmenschliche Beziehungen mit ihrem Umfeld zu treten und so ihre rein zeichenhafte Bedeutung zu transzendieren. Dies war kein unerwünschter Nebeneffekt, sondern wurde durch die Fürsten noch gefördert, die mit der Taufe von Heiden und der Übernahme von Patenschaften für sie in gewisser Weise noch eine zweite Ebene 534 Godelier, Das Rätsel der Gabe, S. 227. 535 Ebd., S. 227 – 228 (Hervorhebungen im Original).
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der Selbsterhöhung erreichten, indem sie in demonstrativer Weise Verantwortung für das Seelenheil der ihnen Anvertrauten übernahmen. Es ging in diesem Kapitel lediglich darum, in den schwarzen Menschen der höfischen Welt – entgegen einer verbreiteten, rein funktionalistischen Interpretation als bloße Instrumente der Herrschaftsdarstellung von Fürsten – die Wertigkeit und Faszination hervorzuheben, die sie gerade für die zentraleuropäische höfische Welt besaßen. Diese steht in krassem Gegensatz zu ihrer Einbindung als Arbeitskräfte in die profane »Sphäre der Subsistenz und des Alltags« des westatlantischen Raums der Plantagenwirtschaften.
VI.2.2 Kunstkammern und herausgehobene ästhetische Objekte In ähnlicher Weise wurden herausgehobene ästhetische Objekte inszeniert, die tatsächlich unbelebt waren. Ihnen kam im Rahmen der institutionellen Formen von Macht eine zentrale Bedeutung zu, denn diese bedurften zu ihrer Bündelung und Stabilisierung der Sichtbarkeit. In den traditionalen Gesellschaften und denjenigen, die auf ständischen Rangunterschieden beruhen, war Macht immer verbunden mit »demonstrativem Konsum«,536 einem ostentativen Zeigen, welches das Sammeln bedeutsam machte. Was für die ästhetischen Objekte galt, die durch ›Überwältigung der Sinne‹ einerseits fürstliche Dominanz repräsentierten, andererseits jedoch auch ein Zurücktreten von Macht als Quelle von Forderungen und Entscheidungen bewirkten, kann auf das exotische Personal bei Hof übertragen werden. Bezogen auf die Stabilisierung von Herrschaft sind damit nicht nur die Künste als »Systeme der optischen Eindrücklichkeit« von zentraler Bedeutung: Das gesamte höfische Zeremoniell funktionierte nach diesem Prinzip, wobei es zentrale Momente aus dem sakralen in den höfischen Raum übertrug.537 Die Sammlungsform der fürstlichen Kunstkammer breitete sich nördlich der Alpen seit der Mitte des 16. Jahrhunderts unter dem Einfluss französischer und italienischer Vorbilder aus.538 Kunstsammlungen waren durch die »Unwahrscheinlichkeit der in ihr vereinigten Objekte« nicht nur ein Mittel der Machterhöhung, sondern vermochten gleichzeitig dazu beizutragen, »eine allzu of536 Thorstein Veblen, The Theory of the Leisure Class, New York 1899 (dt.: Theorie der feinen Leute, Köln/Berlin 1959). 537 Hahn/Schütte, Thesen, S. 23. Zum statusbezogenen Sammeln der Fürsten und des Adels, aber auch der Bürger und den damit verbundenen, an Zuschreibungsprozesse gebundenen Selbststilisierungen, vgl. Rehberg, Schatzhaus, Wissensverkörperung und »Ewigkeitsort«, passim, Zitat S. XIV. 538 Dirk Syndram, Zwischen Intimität und Öffentlichkeit – Pretiosenkabinette und Schatzkammern im Barock, in: Marx/Rehberg, Sammeln als Institution, S. 93 – 100, hier S. 93.
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fensichtliche ›Machtgier‹ oder Gewaltsamkeit durch kulturelle Sublimierung zu verbergen«. Schon Machiavelli sah in dieser Verschleierungstaktik ein wichtiges Instrument für die Legitimation von Herrschaft, wenn er von den Fürsten nicht verlangte, dass sie großzügig, gütig oder gebildet seien, sondern lediglich, dass sie alle diese Tugenden zu verkörpern wüssten.539 Auch durch auffallende, würdevolle Dienerinnen und Diener ließ sich dieses überzeugend demonstrieren und gleichzeitig ein weiteres Symbol von ›Weltverfügung‹ setzen. Die italienische Variante einer Repräsentation des Makrokosmos in mikrokosmischen Dingwelten war eng mit der naturwissenschaftlichen und humanistischen Gelehrsamkeit verbunden, nachdem im 15. Jahrhundert monastisch-christliche Ideale zunehmend von einer neuen Weltbildung verdrängt worden waren.540 Nach Meinung einiger Autoren zeigte sich eine solche Veränderung dezidiert seit Mitte des 17. Jahrhunderts im Phänomen der curiositas als einer Form von ästhetischer, zumeist auf Naturphänomene gerichteter ›Weltneugier‹, die sich sowohl unter Gelehrten als auch bei Hofe etablierte. Der US-amerikanischen Wissenschaftshistorikerin Lorraine Daston zufolge brachte die »psychologische Verbindung von Staunen und Neugier« eine »eigene Psychologie des Wissens hervor […], eine Sensibilität für Fragen, die weder Vorläufer in der mittelalterlichen Tradition der Naturphilosophie hatten noch Nachfolger in der Aufklärung«.541 ›Kuriositäten‹, die wie Kunst in eigens dazu eingerichteten ›Kabinetten‹ gesammelt wurden, dienten dazu, den Radius des Bewussten und Wissenswerten zu erweitern, beruhten auf neuen Erkenntnisinteressen und schufen neue Erfahrungsbedürfnisse.542 Durch Bibliotheken, Sternwarten, Gymnasien und Universitäten fand dieses Phänomen Eingang in die höfische Welt, in der sich seit dem Mittelalter auf eigentümliche Weise Repräsentation und humanistischer Wissensanspruch miteinander verschränkten.543 Im 17. Jahrhundert verdichteten sich die Beziehungen zwischen Fürsten und Gelehrten tendenziell, unter anderem, indem Wissenswertes als etwas Merk-Würdiges in Kuriositätenkammern zu Schau gestellt wurde.544 539 Rehberg, Schatzhaus, Wissensverkörperung und »Ewigkeitsort«, S. XIII. 540 Ebd., S. XIV. 541 Lorraine Daston, Die Lust an der Neugier in der frühneuzeitlichen Wissenschaft, in: Krüger, Curiositas, S. 147 – 175, hier S. 151. 542 Klaus Krüger, Einleitung, in: Ders., Curiositas, S. 7 – 18. 543 Mertens, Der Preis der Patronage, in: Maissen/Walther, Funktionen des Humanismus, S. 125 – 129. Für die Funktion des Humanismus als ein Mittel der Herrschaftsrepräsentation und Ideologiebildung der spätmittelalterlichen und frühneuzeitlichen Gesellschaften vgl. auch die Aufsätze von Gbor Almsi, Harriet Rudolph, Peter Wolf, Arne Karsten, Manfred Rudersdorf und Thomas Töpfer in demselben Band. 544 Derselbe Begriff findet sich übrigens in den ebenfalls seit der Mitte des 17. Jahrhunderts erschienenen Berichten und Beschreibungen der Merkwürdigkeiten eines Landes bzw. einer Region wieder, die zumeist von Bildungsreisenden, Handelsleuten, Staatsdienern oder Diplomaten verfasst wurden. Die Autoren der Staatsmerkwürdigkeiten des 17. Jahr-
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In den Kunstkammern zeigen sich sowohl die Wunderdinge des göttlichen und menschlichen Geistes als auch eines technisch versierten Könnens, beides im Dienste des Glanzes fürstlicher und königlicher Herrschaftsansprüche, klassifiziert nach den »Naturalia, Mirabilia, Artefacta, Scientifica, Antiquites und Exotica«. Samuel Quiccheberg hatte dies in seiner umfassenden Klassifikation auf den Begriff »Welttheater« gebracht und mit dem Vorschlag eines Idealmuseums für Herzog Albrecht V. von Bayern in München verbunden. Im Sammlungsprogramm der Kuriositätenkabinette waren als »Demonstrationsräume der Weltverfügung […] nicht nur die Kuriosa aus entlegenen Gegenden [enthalten], sondern ebenso die Formwunder der (göttlichen) Natur, Preziosen aus entfernten Reichen sowie – um dem Benennungsreichtum der Inscriptiones Quicchebergs zu folgen – kunstvolle Handwerksarbeiten jeder Gattung und jeden Materials, ›erfindungsreiche und bewunderungswürdige Gerätschaften‹, Vermessungsinstrumente, Münzen, Miniaturfiguren, kupferne Druckplatten, Farben, Musik- und mathematische Instrumente, Werkzeuge von der Schreibfeder bis zu den Gerätschaften für das Bauen, chirurgische Instrumente, Jagdwerkzeuge, Spielzeug, seltene Kleider, Ölgemälde, Aquarelle und Stiche, Stammbäume und Wappen, Teppiche und Vorhänge, Möbel und Bücher«.545 Als »sinnlich erfahrbare Enzyklopädie« bildeten die Kunstkammern so »die Welt in verkleinertem Maßstab ab« und demonstrierten die humanistische Bildung und den Reichtum ihrer Besitzer.546 »Welttheater« und das höfische »Machttheater«547 bedingten sich wechselseitig. Wie andere Ausformungen symbolischer Herrschaft – die Tafelordnung, Kleider, Wappen, Möbel und Tapisserien u. v. m. – waren die Kunst- und Kuriositätenkammern darauf ausgerichtet, Adlige gleichen und, wenn möglich, hunderts in Frankreich, England, Deutschland und Holland orientierten sich an den im 16. Jahrhundert entstandenen, umfangreichen Beschreibungen von Francesco Sansovino (1521 – 1583) und Giovanni Botero (1544 – 1617). Darin erschien die religiöse Zugehörigkeit der Bevölkerung als wichtige Kategorie. Nach den von Giovanni Botero 1596 veröffentlichten Relazioni universali war die europäische Bevölkerung eingeteilt in »sechs Gattungen von Menschen, die sich hinsichtlich ihres Glaubens in Katholiken, Häretiker, Schismatiker, Juden, Türken und Götzenanbeter aufteilen« ließen. Die Staatsmerkwürdigkeiten differenzierten sich in der Folge weiter aus und das Interesse an konkreten Zahlen nahm zu, da sie auch machtpolitischen Bestrebungen dienlich sein konnten, vgl. Mohammed Rassem/ Justin Stagl (Hg.),Geschichte der Staatsbeschreibung. Ausgewählte Quellentexte 1456 – 1813, Berlin 1994, S. 105 – 108, 183 – 185. 545 Rehberg, Schatzhaus, Wissensverkörperung und »Ewigkeitsort«, S. XIV – XV. 546 Barbara Segelken, Anspruch und Wirklichkeit einer Monarchie. Die Selbstdarstellung Friedrichs I. im Spiegel der »Antiken-, Kunst- und Naturalienkammer«, in: Preußen 1701. Eine europäische Geschichte, Bd. II: Essays, hg. vom Deutschen Historischen Museum und der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg, Berlin 2001, S. 335 – 340, hier S. 340. 547 Paravicini, Alltag bei Hofe, S. 11 – 21
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auch höheren Ranges zu beeindrucken.548 Das Moment des Wettbewerbs spielte immer eine zentrale Rolle: Als sich Friedrich III. von Brandenburg, seit 1701 als Friedrich I. König in Preußen, durch den absehbaren Griff Hannovers nach der englischen Krone und dem Sachsens nach der Krone Polens gegenüber dem Kaiser ins Hintertreffen geraten sah, diente ihm die Kunstkammer als ein Medium, mit seinen Konkurrenten zumindest auf dieser Ebene gleichzuziehen. So ließ er bereits in seiner Zeit als Kurfürst ein Repräsentationsprogramm entwerfen, das Ausstattung und Architektur der offiziellen Bauten und auch die Sammlungen der Kunstkammer einbezog. Eine in drei Bänden angelegte Beschreibung der kurfürstlichen Münz- und Antikensammlung, der Thesaurus Brandenburgicus, enthielt in dem 1696 gedruckten ersten Band einen Kupferstich, der einen idealisierten, prachtvoll ausgestatteten, lichtdurchfluteten Raum mit hoher, gewölbter Decke als Ansicht des Berliner Münz- und Antikenkabinetts zeigte. Die Beschreibung wurde unter anderem Ludwig XIV als Repräsentationsgeschenk geschickt, als es noch gar keine solche Präsentation und Unterbringung der Sammlungsbestände gab.549 ›Schöner Schein‹ war ebenso wichtig wie gegebene Realitäten.
VI.2.3 Schwarze Menschen als Objekte des höfischen Austauschs Die Sammlungen wuchsen teils durch eigene Anschaffungen, teils durch großzügige Geschenke befreundeter, verwandter oder konkurrierender Herrscher oder Patrone. Geschenke, die zwischen den Höfen zirkulierten, waren ein zentrales Instrument aristokratischen Wirtschaftens und subtiles Mittel der Hierarchisierung.550 Unter den Geschenken waren auch ›Mohren‹, die später als Bedienstete, Hofmusiker oder Günstlinge nicht selten selbst Empfänger von Geschenken und damit – nach Rang abgestuft – gleichberechtigte Teilnehmer der Kreisläufe des Schenkens wurden. Bis zu welchem Punkt in ihren Biografien sie selbst verschenkt werden konnten und ob ihr Übertritt zum Christentum die Möglichkeit des Schenkens ausschloss, ist schwer zu bestimmen. Wie die Darstellung im Auricher Diarium zeigt, erfuhren ›Mohren‹ eine symbolische ›Wertsteigerung‹ insbesondere dann für die weniger einflussreichen Fürsten und Fürstinnen, wenn sie von einem berühmten Potentaten geschenkt wurden. Hierarchische Gefälle zwischen Geber und Nehmer haben auch beim Schenken von ›Mohren‹ eine Rolle gespielt. Im Umfeld der Cirksena wurden sie zwischen 548 Bauer, Die höfische Gesellschaft, S. 124; Pecˇar, Die Ökonomie der Ehre, S. 141 – 150, 207 – 249. 549 Segelken, Anspruch und Wirklichkeit einer Monarchie, S. 335 – 340. 550 Paravicini, Alltag bei Hofe, S. 18 – 19.
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Verwandten ausgetauscht oder geschenkt. Zwischen 1650 und 1750 trat der dänische Königshof, der seit dem frühen 17. Jahrhundert Handelsbeziehungen nach Indien und Afrika unterhielt, mehrfach als Geber oder Vermittler auf.551 Die küstenfern residierenden Herzöge von Württemberg verfügten über vielfältige Kontakte: zur Schwedischen Afrika-Kompanie sowie nach England und Italien.552 Auch innerhalb von Verwandtschaftsnetzwerken waren Geschenke Zeichen von Beziehungen, die auf Gunst beruhten, die erwiesen und entzogen werden konnte.553 Geschenke wurden damit wie die ihnen zugrunde liegenden oder sich in ihnen manifestierenden Beziehungen zu Indikatoren von Prestige. Die sichtbare Herausstellung von Autorität, die Verkörperung sozialer Rangabstufungen führt in allen herrschaftsüberformten Kulturen zu einer Ästhetisierung der legitimen Machtausübung. Besonders in den durch Herrschaftszentrierung gekennzeichneten Kriegergesellschaften kam es zu Formen einer demonstrativen Aneignung und Zusammenführung von erbeuteten Menschen, Tieren und Gegenständen. Der Stellenwert, den die Sichtbarmachung des Vorrangs der eigenen Herrschaft auch in den frühneuzeitlichen Gesellschaften besaß, ist für eine Interpretation der Präsenz von schwarzen Bediensteten grundlegend. Die in der Tabelle im Anhang wiedergegebenen Umstände ihres Transfers als ›Geschenke‹ belegen, dass sich ihr Status – zumindest anfänglich – von dem eines größeren Teils ihrer sozialen Umwelt unterschied. Andererseits wurden aus dynastischem Kalkül auch Prinzessinnen ungefragt verheiratet und auch hier war es selbstverständlich, dass sie von einigen Personen ihres Hofstaats begleitet wurden, die nicht gefragt wurden; Fürstenkinder wurden in jungen Jahren an den Höfen von Verwandten geschickt und fern von der Kernfamilie erzogen, Diener zwischen den Höfen ausgetauscht und Soldaten auch in Friedenszeiten im Rahmen von Truppenverlegungen über lange Zeiträume von ihren Familien getrennt. Doch die ausdrückliche Weitergabe als ›Geschenk‹ war typisch für ›Heiden‹, die allein aufgrund ihrer religiösen (Un-)Zugehörigkeit aus den sozialen Netzwerken ihrer 551 Bayreuth: Christian Ferdinand, 1664 getauft; Sophia Magdalena, 1668 getauft. Aurich: Anthon/Christian Georg Carl Wilhelm, 1733 getauft. 552 Schwedische Afrika-Kompanie: Christian Real, seit 1657 in Stuttgart; wahrscheinlich auch Eberhard Christoph, ebenfalls seit 1657 in Stuttgart. England: Carl von Commani, Kammermohr, Bereiter, schließlich Stallmeister, um 1694 – 1757, am Stuttgarter Hof nachweisbar zwischen 1723 – 1736 und 1744 – 1757. Italien: Carl Thomas Martiale und Jean Baptista (letzterer laut Anstellungsdekret des Herzogs Carl Eugen vom 15. 09. 1752 »mit guten Gezeugnüßen«), beide zwischen 1752 und 1754/55 am Stuttgarter Hof nachweisbar, Firla, Exotisch – höfisch – bürgerlich, S. 48. 553 Jan Hirschbiegel, Zeichen der Gunst. Neujahrsgeschenke am burgundischen Hof zur Zeit König Karls VI. von Frankreich (1380 – 1422), in: Stephan Selzer/Ulf-Christian Ewert (Hg.), Menschenbilder – Menschenbildner. Individuum und Gruppe im Blick des Historikers, Berlin 2002, S. 213 – 240, hier S. 227.
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Heimat herausgelöst und beliebig weitergegeben werden konnten. Dies war nicht nur bei schwarzen Nichtchristen, sondern auch bei den in Gefangenschaft geratenen ›Türken‹ gängig,554 in deren Biografien sich, wie im Kapitel ›Türkenknaben‹ und ›Gewesene Türkinnen‹ bei Hof dargestellt, auch darüber hinaus Parallelen zu denen von schwarzen Hofbediensteten finden. Eine extreme Abhängigkeit von den Fürsten bestand dabei in jedem Fall. Sie ergab sich allein schon aus dem Fehlen von Familien- und Nachbarschaftsnetzwerken, die in ihrer Heimat zurückblieben. Die Frage, ob sie auch nach dem Übertritt zum Christentum noch in derselben Weise handel- oder tauschbar waren, ist derzeit nicht befriedigend zu beantworten, doch kann die Bedeutung der religiösen Praxis der Taufe für ihre Integrationsmöglichkeiten nicht hoch genug angesetzt werden. Die Faszination, die sie im Rahmen der höfischen Herrschaftsdarstellung als ›kostbare Objekte‹ besaßen, war davon jedoch sicher unberührt, da dieser Status auf einer symbolischen Ebene angesiedelt und weitgehend unabhängig von ihrer rechtlichen Situation war.
VI.2.4 ›Edle Mohren‹ und höfische Repräsentation Auf der Ebene der höfischen Repräsentation von Herrschaft besaßen schwarze oder dunkelhäutige Menschen ein symbolisches Kapital, das sich im tatsächlichen oder imaginierten Auftreten von ›Mohren‹ in der höfischen Festkultur spiegelt. ›Afrika‹, ›Äthiopier‹ und ›Mohren‹ bildeten fest stehende Topoi, die man weniger auf die neueren, ›realistischen‹ Berichte von europäischen Reisenden als auf die antike und biblische Überlieferung bezog. Die Wertigkeit, die ihnen beigemessen wurde, kam etwa bei einem Ringrennen der Nationenvertreter zum Ausdruck, das im Jahr 1662 am Dresdener Hof anlässlich der Vermählung der sächsischen Prinzessin Erdmuthe Sophie mit dem Markgrafen Christian Ernst von Brandenburg-Bayreuth stattfand, bei dem das Brautpaar »als besonderes Privileg die prestigeträchtigen Rollen des Mohrenpaares« einnahm.555 Die Beispiele für das Auftreten von ›edlen Mohren‹ – realen wie imaginierten – in höfischen Bühnenstücken sind Legion. In einem von Firla beschriebenen, 1681 am markgräflichen Hof von Baden-Durlach aufgeführten Libretto – Ballet 554 Heller, Beutetürken, S. 159 – 167. 555 Uta Deppe, Die Festkultur am Dresdner Hofe Johann Georgs II. von Sachsen (1660 – 1679), Kiel 2006, S. 125. Die aufwändigen Festlichkeiten waren dabei von Kurfürst Johann Georg II. erstmals genutzt worden, um zur Geltung zu bringen, »was zu den traditionellen Hoffestlichkeiten neu dazugekommen war, und was von höherer künstlerischer Kultur zeugte«, Jean Louis Sponsel, Der Zwinger, die Hoffeste und die Schloßbaupläne zu Dresden, 2 Bde., Dresden 1924, S. 29, zit. n. Deppe, Die Festkultur am Dresdner Hofe, S. 88.
›Kostbare Objekte‹? Afrikaner und die Semiotik von Herrschaft und Dignität
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Atlas Oder Die vier Theil der Welt – wie auch bei den Dresdner Festumzügen und Bühnenaufführungen wurden Schwarze als »tapfere Helden« mit großen charakterlichen Stärken dargestellt.556 Ihre Heimat lokalisierte man allerdings dort, »wo sich schwellt des Nilus Fluth«, nicht an der westafrikanischen Küste, an der zur selben Zeit – wie nachzulesen war in Reiseberichten, die in Fürstenbibliotheken gesammelt wurden – die massenhafte Versklavung von Afrikanern vorangetrieben wurde.557 Vielmehr greift die Darstellung Afrikas hier wie in vielen anderen Bühnenstücken des 17. Jahrhunderts auf ältere Darstellungen Afrikas zurück, hier auf Elemente des um 300 n. Chr. verfassten Romans Aithiopika von Heliodor, der eine bedeutende Rolle für die Barockliteratur spielte.558 Die schwarzen Bewohner Äthiopiens bzw. Nubiens galten als überaus reich und als Herren über fruchtbares Land und sagenhafte Schätze an Gold, Edelsteinen und Perlen, als schriftkundig und versiert in der Wissenschaft, als fortschrittlich in ihre militärischen Leistungen, die ausführlich beschrieben werden. Das Thema der Aithiopika wurde 1659 auch in einem Libretto von Herzog Anton Ulrich von Braunschweig-Wolfenbüttel aufgegriffen, Andromeda, ein königliches Fräulein aus Äthiopien, des Cepheus und der Cassiope Tochter.559 Äthiopien galt, wie schon im Mittelalter, als das christliche Land Afrikas schlechthin. Hiob Ludolf (1624 – 1704), Begründer der Äthiopistik im Alten Reich, holte 1652 den äthiopischen Geistlichen Abba Gorgoryos (Gregorius) an den Hof Herzog Ernsts von Sachsen-Gotha und betrieb mit ihm Sprachstudien.560 Als christliches Land galt Äthiopien gerade auch in der Zeit der Türkenkriege wieder als potenzieller Bündnispartner mit dem westlichen Christentum, wie zuvor bereits während der Kreuzzüge, als christliche Ritter auf die Hilfe der nationes Christianorum orientalium hofften, zu denen man Äthiopier, Nubier, Ägypter und andere afrikanische Völker zählte.561 Dieses Festhalten an und Heraufbeschwören von älteren Vorstellungen, hier in Bezug auf antike, aber auch biblische Darstellungen von Afrika, ist in der Welt der frühneuzeitlichen Eliten kein singuläres Phänomen, sondern Teil ihrer Strategien der (Selbst-)Legitimierung. Auf die paradoxe Neulegitimierung durch Alter hat die Frühneuzeitforschung im Rahmen einer Kritik an älteren 556 Monika Firla, Das »Ballet Atlas Oder Die vier Theil der Welt« (Durlach 1681), in: Musik in Baden-Württemberg 4, 1997, S. 133 – 148, Zitat S. 142; Deppe, Die Festkultur am Dresdner Hofe, v. a. S. 237 – 343. 557 Firla, Das »Ballet Atlas Oder Die vier Theil der Welt«, S. 142 – 143. 558 Heliodor, Die äthiopischen Abenteuer von Theagenes und Charikleia, übers. und mit Anmerkungen von Horst Gasse, mit einem Nachwort von Heinrich Dörrie, Stuttgart 1972; Michael Oeftering, Heliodor und seine Bedeutung in der Literatur, Berlin 1901 (Neudruck: Nendeln 1977); Firla, Das »Ballet Atlas Oder Die vier Theil der Welt«, S. 143. 559 Firla, Das »Ballet Atlas Oder Die vier Theil der Welt«, S. 144. 560 Martin, Schwarze Teufel, edle Mohren, S. 93. 561 Vgl. Kap. III.2.
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Modernisierungstheorien hingewiesen, die teleologisch auf die Erklärung von Entwicklungen hin zur Gegenwart ausgerichtet waren und deshalb analytisch stark zwischen ›Rückständigem‹ und ›Fortschrittlichem‹ trennten.562 Neueren Forschungen zufolge riefen jedoch die Möglichkeiten der Vervielfältigung durch den Buchdruck in Kombination mit der Aufwertung empirischer Forschung nicht so sehr eine Ablösung des ›Alten‹ durch das ›Neue‹ hervor als vielmehr eine Vermengung von ›alt‹ und ›neu‹, ein Nebeneinander verschiedener Traditionen und Wissensbestände. Die durch soziale Mobilität oder Pluralisierung von Wissensbeständen neu aufgekommenen Ansprüche durften sich – gerade für Angehörige der Eliten – nicht durch ihre Neuheit, novatio, legitimieren. So konstruierte man für Adelshäuser ebenso wie für frühe nationalstaatliche Ansprüche oder Neuentwicklungen in der Wissenschaft Genealogien, die älteste Ursprünge nachweisen sollten.563 Entsprechend wurden auch ›Afrika‹, das sich in vielen höfischen Bühnenstücken dem jeweiligen Auftraggeber oder Adressaten eines Stückes unterwirft, und seine Bewohner als edel konstruiert. Von der Idee eines ›edlen Wilden‹ unterscheidet sich diese Konstruktion Afrikas insofern, als sie nicht auf der Sublimierung von etwas Ursprünglichem oder ›Primitivem‹ beruhte, sondern indem sie gerade den Aspekt der ›Hochkultur‹ betonte. Auch in der Unterwerfung ›Afrikas‹ kommt eine ›strukturelle Ambivalenz‹ zum Ausdruck, nach der der Rang eines Herrschers sich nicht zuletzt dadurch definierte, wer ihm diente oder eben wer sich ihm unterwarf:564 Auf der symbolischen Ebene galt die Unterwerfung einer ›Hochkultur‹ als ehrenhafter für den zum Sieger stilisierten Herrscher als die von ›Wilden‹. Auch das Prestige der afrikanischen Diener – selbst wenn sie als Nachfahren von amerikanischen Sklaven selbst nie afrikanischen Boden betreten hatten – generierte sich aus dieser Überhöhung Afrikas zu einem sagenhaften Reich ältester adliger Tradition. Der häufige Verweis auf afrikanische Königreiche und deren unermessliche Schätze, auf Könige oder Prinzen zeigt, dass Afrika auf der Ebene der Eliten als grundsätzlich ebenbürtig angesehen wurde. Die Identifikation Afrikas mit einer christlichen Tradition hatte dafür eine Basis geschaffen, weshalb die Herkunft ›edler Mohren‹ der Bühnenkunst immer im Osten des Kontinents, Äthiopien, lag, nicht in den als ›heidnisch‹ geltenden westafrika562 Für einen konzisen Überblick über die Modernisierungstheorien zur Frühen Neuzeit allgemein vgl. Wolfgang E. J. Weber et al., Deutung: Durch Schlüsselbegriffe und Konzepte, in: Völker-Rasor, Frühe Neuzeit, S. 293 – 314. 563 Ebd., S. 306. 564 Vgl. den Begriff der ›strukturellen Ambivalenz‹ im Hinblick auf das Dienen am Hof bei Barbara Stollberg-Rilinger, Ordnungsleistung und Konfliktträchtigkeit der höfischen Tafel, in: Rudolstädter Arbeitskreis für Residenzkultur (Hg.), Zeichen und Raum, München/ Berlin 2006, S. 103 – 122.
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nischen Regionen, den Umschlageplätzen des Sklavenhandels im großen Stil. Dieses Ausblenden des Sklavenhandels und die Anerkennung der grundsätzlichen Teilhabe von Afrikanern am Christentum, untermauert im Rückgriff auf die Bibelüberlieferung, garantierte ihr lang anhaltendes Prestige und ihr ›Funktionieren‹ als Zeichen für kosmopolitischen Lebensstil, Pracht und Überfluss.
VI.3 Getreue Wiedergabe oder Statusattribut? Schwarze Pagenfiguren in den Fürstenbildnissen des 17. und 18. Jahrhunderts Das vorangegangene Kapitel hat zu zeigen versucht, in welcher Weise auf einer symbolischen Ebene schwarze Menschen durch Zuschreibung von Status eine ähnliche Bedeutung besaßen wie die ›kostbaren Objekte‹ Godeliers, die den Glanz der Eliten (der europäischen Fürsten) und das Ansehen ihrer Dynastien wirksam erhöhen konnten. Entsprechend lassen sich auch die Porträts mit schwarzen Assistenzfiguren als im künstlerischen Medium umgesetzte Konkretisierungen fürstlicher Dominanzansprüche lesen. Die folgenden Ausführungen stellen keine kunstgeschichtliche Analyse dar, sondern einen Versuch der Einordnung der Bildnisse im Rahmen der höfischen Repräsentationskultur unter anthropologischen und semiotischen Gesichtspunkten. Die Darstellung von schwarzen oder dunklen Pagen in der Porträtmalerei des 17. und 18. Jahrhunderts war in Europa weit verbreitet. Im Rahmen des Forschungsprojektes Das Subjekt und die Anderen an der Universität Trier ist ein Verzeichnis von Porträts mit ›Mohrenpagen‹ erstellt worden, das insgesamt 93 solcher Porträts in ganz Europa führt, von denen etwa 30 den Adelshäusern im deutschsprachigen Raum für die Zeit zwischen 1634 und 1773 zuzuordnen sind.565 Es ist davon auszugehen, dass sich die Liste der Darstellungen aus den Beständen insbesondere der kleineren, regionalen Museen und Privatsammlungen noch erheblich erweitern ließe.566 In der Forschung ist die Deutung dieser 565 Das Verzeichnis findet sich im Anhang zu Schmidt-Linsenhoff/Hölz/Uerlings, Weiße Blicke, S. 201 – 7 (Anhang 1). Diesem Verzeichnis wären noch viele im Kontext des europäischen Hoflebens entstandene Bildnisse hinzuzufügen, u. a. die dieser Arbeit im Anhang hinzugefügten Bildnisse, die im dynastischen Umfeld des ostfriesischen Fürstenhofes entstanden sind. 566 Aus dem Forschungsprojekt Das Subjekt und die Anderen ist eine Datenbank hervorgegangen, in der neben den im oben genannten Verzeichnis enthaltenen Porträts seit einigen Jahren Darstellungen von Schwarzen vor allem der europäischen Malerei gesammelt und kommentiert werden, vgl. Memories of Slavery, siehe URL: http://ntskg01.uni-trier.de/cgibin/WIRE.pl?Lang=en& Db=Slavery.
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Figuren umstritten: Während einige Autoren ihre ›Bildwürdigkeit‹ hervorheben und darin einen Beweis für das Fehlen von ethnisch bedingten Ressentiments sehen,567 betonen andere das Stereotype ihrer Darstellung als Subalterne.568 Die folgenden Unterkapitel befassen sich zum einen mit der Frage, inwiefern der moderne Blick auf die Bildnisse mit zu dieser Deutung beigetragen hat, und zum anderen damit, wie die schwarzen Figuren im Rahmen der Paradigmen höfischer Kunst zu deuten sind. Ein abschließender Absatz greift noch einmal das im vorangegangenen Kapitel angesprochene Wechselverhältnis von Unterordnung und Statuszuweisung auf.
VI.3.1 ›Invisibility in the Foreground‹ Die umfangreiche Sammlung vielfältiger Bildzeugnisse in dem von Ladislas Bugner herausgegebenen mehrbändigen Werk The Image of the Black in Western Art, verfasst von den französischen Kunsthistorikern Jean Devisse und Michel Mollat, dokumentiert den ungeheuren Reichtum und die weite Streuung von europäischen Kunstzeugnissen, in denen schwarze Figuren dargestellt sind.569 Eine eigene Form der Darstellung bilden darin die Bildnisse mit ›Mohrenpagen‹, deren Deutung in der Kunstgeschichts- und Geschichtsforschung der letzten Jahre umstritten ist. Die in der höfischen Porträtkunst überaus exponierten schwarzen Pagenfiguren verkörpern für die einen – in der Darstellung mit europäischen Herrschenden – ein hohes Maß an Dignität und ästhetischer Finesse, während sie den anderen Sinnbild maximaler Subordination sind, mitunter gleichgesetzt mit den gleichfalls dargestellten Schoßhündchen und exotischen Tieren der Fürsten. Insgesamt überwiegt derzeit die Interpretation der Pagen als marginale, mitunter fiktive, jedenfalls rein ästhetische Stilelemente der Porträts: 567 Firla, »Hof-« und andere »Mohren«, S. 161. Debrunner sieht in den Darstellungen des 18. Jahrhunderts ein frühes ›Black is beautiful‹-Moment, Debrunner, NÀgritude im 18. Jahrhundert, S. 71. 568 Katja Wolf, Schwarz-Weiß-Malerei. Beobachtungen zum Inkarnat in Bildnissen mit Mohrenpagen, in: Annegret Friedrich (Hg.), Die Freiheit der Anderen. Festschrift für Viktoria Schmidt-Linsenhoff zum 21. August 2004, Marburg 2004, S. 137 – 144; Marysa Otte, ›Somtijts een Moor‹. De neger als bijfiguur op Nederlandse portretten in de zeventiende en achttiende eeuw, in: Kunstlicht 8, Nr. 3, 1987, S. 6 – 10. 569 Ladislas Bugner (Hg.), L’image du Noir dans l’art occidental, Bd. I – III, Fribourg 1976 – 1980 (engl.: The Image of the Black in Western Art, Teil I: From the Pharaohs to the Fall of the Roman Empire, Teil II: From the Early Christian Era to the »Age of Discovery«, Nr. 1: Jean Devisse, From the Demonic Threat to the Incarnation of Sainthood, Nr. 2: Jean Devisse/Michel Mollat, Africans in the Christian Ordinance of the World, Teil IV: Hugh Honour, Ladislas Bugner, Karen C. C. Dalton, From the American Revolution to World War I, Nr. 1: Slaves and Liberators, Nr. 2: Black Models and White Myths).
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»An intriguing question concerning genre paintings with respect to the depiction of blacks concerns the extent to which they were realistic or historically accurate. It is an established fact that in some instances artists simply painted in black figures as props. However, in other instances, […], blacks are clearly captured from life by the artist’s eye and brush, only to be ignored by many viewers later surveying the work. This quality of ›invisibility‹ of blacks leaves open the possibility that blacks actually present were unconsciously omitted by the artist in some scenes depicted. This point of course alludes to the elusive question of who or what was considered to be worthy of portrayal, just as their omission from commentary suggests that some of those featured were deemed insufficiently important to mention.«570
Der US-amerikanische Historiker Allison Blakely spricht hier die insbesondere für die Black Studies zentralen Fragen dieser charakteristischen Form von Porträts an: Wer ist bildwürdig, wer ist es (im Titel der Bildnisse und in späteren Kommentierungen) wert, bemerkt und genannt zu werden, und schließlich: wer ist ›echt‹? Die Kunsthistorikerin Katja Wolf, die sich mit dem Motiv der ›Mohrenpagen‹ in der Bildnismalerei des 17. und 18. Jahrhunderts befasst hat, bewertet beispielsweise eine Pagenfigur, die sowohl in einem Bildnis von Antoine Pesne von 1737 als auch in anderen Bildnissen auftaucht, dahingehend, dass »[n] icht alle Mohrenpagen, die als Attribute, bzw. Assistenzfiguren in den Bildnissen dargestellt sind, […] im Besitz der Personen [waren], deren Reichtum sie verkörpern«, als ob dies eine Minderung ihres ›Wertes‹ bedeuten würde, und sieht darin den Charakter ihrer Darstellung als (an sich bedeutungslose) reine Attribute bestätigt.571 Ähnlich skeptisch ist der niederländische Kunsthistoriker Elmer Kolfin im Hinblick auf die Bedeutung von schwarzen Figuren in der christlichen Ikonografie: »On the one hand black Africans are cast in many different roles in an amazingly large and varied number of art works. However, they are seldom more than a side figure. Except in depictions of the Adoration of the Magi and the Baptism of the Eunuch they generally occupy a small place on the side or in the background. Their presence is enormous, but inconspicuous.«572
Die von Kolfin bemerkte Unauffälligkeit von Schwarzen in vielen Bildzeugnissen ist als eine spezifische Form ihrer ›Unsichtbarmachung‹ mit den subtilen Mitteln der Kunst gedeutet worden, als Invisibility in the Foreground, wie es Albert Boime in einer unter diesem Titel erschienenen Rezension zu dem von Hugh Honour verfassten vierten Band von The Image of the Black in Western Art 570 Blakely, Blacks in the Dutch World, S. 277, 317 (Anm. 1). 571 Wolf, »Und ihre siegreichen Reize […]«, S. 26, 34 (Anm. 35). 572 Elmer Kolfin, Rembrandt and the Paradox of the African. The Representation of Black Africans in Dutch Visual Art (1500 – 1800), in: Conference Reader : Black European Studies in Transnational Perspective. 2nd International, Interdisciplinary Conference, July 27 – 30, 2006, Berlin, hg. v. Peggy Piesche und Timo Wandert, S. 39 – 40.
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formuliert hat. In diesem Aufsatz zeichnet der Kunsthistoriker die mit künstlerischen Mitteln bewirkte Verfestigung von rassistischen Zuschreibungen an Schwarze nach. Doch gleich in seinen ersten Sätzen klingt auch das Moment der Rezeption von Kunst an, dem eine ebenso große Bedeutung zukommt, wie den Kunstwerken selbst: »I will never forget the impact on my thinking of ›The Black Phalanx‹, a book by Joseph Thomas Wilson published in 1890, while I was preparing a manuscript on the image of blacks in the 19th century. Documenting the role of his people in American military engagements, Wilson called attention to the appearance of black soldiers in John Trumbull’s painting ›The death of General Warren at the Battle of Bunker’s hill.‹ I had looked at reproductions of this painting many times and did not recall ever seeing a black figure in it. But sure enough, there is a black holding a musket in the right foreground of the picture. The black combatant had been invisible to me, just as blacks are invisible in United States history generally. I had been socialized into not seeing the role of black people in the evolution of our society and thus could overlook an obvious reference to it in a medium I was trained to read scrupulously. That it is possible to overlook the image of black participation even when it is present may be credited to the dominant society’s ability to ignore components of its history that contradict its ideology.«573
Auch für die im Rahmen der höfischen Kunst entstandenen Darstellungen von ›Mohrenpagen‹ ist zu fragen, ob nicht erst der moderne Blick, der sich historischen Bildern »im vollen Bewusstsein der Resultate von Geschichte« nähert,574 diesen eine Marginalität zuschreibt, die sie in ihrer Zeit nicht in besaßen. Um bei dem Beispiel von Boime zu bleiben: Wenn Kultur ›Sinn‹ macht, dann wäre der schwarze Soldat in dem Gemälde von Wilson nicht erschienen, wenn er in seiner Zeit und in diesem speziellen Kontext bedeutungslos gewesen wäre. Entsprechend haben auch ›Mohrenpagen‹ in den frühneuzeitlichen Fürstenbildnissen offenbar in ihrer Zeit ›Sinn‹ gemacht. Die erhaltenen Porträts mit ›Mohrenpagen‹ sind allerdings oft kontextlos überliefert und daher auf viele Kontexte beziehbar, die noch dazu in der Entstehungszeit der Bilder möglicherweise eine andere oder gar keine Bedeutung besaßen. So ist das Halsband, das von einigen Schwarzen getragen wird, als Zeichen für »ihren Status als Besitzobjekte«575 und 573 Albert Boime, Invisible in the Foreground, in: The New York Times Book Review, 2. April 1989, S. 14 – 15, hier S. 14. 574 Isernhagen, Dominance, Subdominance, Survival, in: Burghartz/Christadler/Nolde, Berichten, Erzählen, Beherrschen, S. 180, vgl. auch Richard White, The Middle Ground: Indians, Empires, and Republics in the Great Lakes Region, 1650 – 1815, Cambridge 1991, auf das Isernhagen sich bezieht. 575 Wolf, »Und ihre siegreichen Reize […]«, S. 20. Wolf bezieht sich auf die Black Studies in Großbritannien, wenn sie schreibt: »Er [der Halsring] verminderte die Fluchtgefahr, da er schwer zu entfernen war und half bei der Identifizierung und Festnahme Entlaufener«. Für das Deutsche Reichsgebiet war eine solche Maßnahme sicherlich nicht erforderlich, da sich
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als Indiz gedeutet worden, dass ihre Funktion in den Bildnissen denen der ebenfalls oft abgebildeten Haustiere gleiche.576 Parallelen von Sklaven und Tieren sind vor allem im Zusammenhang mit der gesellschaftlich institutionalisierten Sklaverei verbreitet. Zwar sind die zwischen 1650 und 1750 entstandenen Bildnisse in einer historischen Übergangszeit angesiedelt, in der sich koloniale und tradierte höfisch-europäische Wahrnehmungen zu überschneiden und ineinander überzugehen begannen. Doch spiegelt die Darstellung von Schwarzen in den frühneuzeitlichen Fürstenporträts sicher eher ihre Wahrnehmung und Inszenierung bei Hof wider als die für den ›schönen Schein‹ der höfischen Repräsentation vollkommen unattraktive Sklaverei.577
VI.3.2 Schwarze Pagen in der Bildniskunst und die Paradigmen der höfischen Kunst Das Porträt als Medium besaß in der Frühen Neuzeit neben künstlerischen auch spezifische soziale und rechtliche Eigenschaften. Im Rahmen seines Projektes zur Bildanthropologie hat der Kunsthistoriker Hans Belting darauf hingewiesen, dass sowohl Wappen als auch die diese später ablösenden Porträts in einem Dokumentsinn zur Herstellung von Rechtspersonen genutzt wurden. Sie seien als ein mobiles Medium der Kommunikation zwischen den verstreuten, aber oft durch nahe Verwandtschaft miteinander verbundenen europäischen Höfen verwendet worden. Da sie einfach zu transportieren waren, kam ihnen in mancher Weise die frühere Funktion der Wappen zu, die ebenfalls der Repräsentation gedient hatten und sogar die rechtliche Funktion von Stellvertretern der Fürsten besitzen konnten. Eheschließungen etwa konnten im Zweifelsfall vollzogen werden, wenn einer der Partner nur im Porträt anwesend war. Für Belting bildet das Porträt damit nicht nur ein Dokument, sondern zugleich ein »Medium des Körpers«, das dem sterblichen Körper des Porträtierten eine paradoxe Unsterblichkeit verlieh, die zuvor nur das Wappen für sich beanspruchen konnte.578 Verständlich wird damit die frühneuzeitliche Diskussion hier doch nur eine vergleichsweise geringe Anzahl von Schwarzen aufhielt, die auch ohne Kennzeichnung schnell zu identifizieren waren. Selbst für Großbritannien, wo es eine weitaus größere schwarze Diaspora gab und auch die Verbindungen zum Sklavenhandel enger waren, ist eine solche Deutung des Halsbandes zu bezweifeln. 576 Otte, ›Somtijts een Moor‹, S. 9. Die Gleichsetzung der Funktionen von ›Mohren‹ und Haustieren in den Bildnissen begegnet auch bei Wolf, »Und ihre siegreichen Reize […]«. 577 Vgl. zum ›Mohrenpagen‹-Motiv grundlegend Paul Kaplan, Titians ›Laura Dianti‹ and the Origins of the Motif of the Black Page in Portraiture, in: Antichit Viva 21:1, 1982, S. 11 – 18, sowie 21:4, 1982, S. 10 – 18. 578 Hans Belting, Wappen und Portrait. Zwei Medien des Körpers, in: Ders., Bild-Anthropologie, S. 115 – 142, hier S. 115 – 116.
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darüber, wer als bildwürdig gelten konnte. Da die Porträts zudem die Eigenschaft besaßen, identitätsstiftend zu sein, musste das in ihnen Dargestellte selbstverständlich immer standesgemäß sein.579 Schwarze Figuren waren vielfach Teil beider Medien, sowohl von Wappen als auch von Porträts, was sie einerseits zu einem weitgehend standardisierten Zeichen machte, das die Autorität der eigentlich zentralen Figur hervorhob, andererseits aber auch den außerordentlichen symbolischen Wert betont, der ihnen im Rahmen der Herrschaftsrepräsentation zukam. Die Bedeutung der schwarzen Nebenfiguren wird nicht selten noch gesteigert durch exquisite Attribute wie Perlen, Edelsteine oder Blumen und die Geste des Gebens, die an sakrale Vorbilder erinnert.580 Insbesondere in Kombination mit einer bestimmten Haltung der schwarzen Assistenzfigur evoziert sie das Bild der drei Heiligen Könige, die sich dem neugeborenen Kind unterwerfen und ihm huldigen. Diese Unterwerfung und Huldigung schmälert dabei die Würde der Könige in keiner Weise, sondern hebt sie eher noch hervor. Ruft man sich die Umstände des Auftretens des schwarzen Königs in Erinnerung, der in einem historischen Prozess der positiven Umwertung der nationes Christianorum orientalium in die Dreikönigsdarstellung eintrat,581 so erklären sich die mit den ›Mohrenpagen‹-Porträts durchaus auch verbundenen positiven Konnotationen: Der schwarze König kommt als Herrscher über unvorstellbar ferne und sagenhaft reiche Weltgegenden; er geht in kostbaren Gewändern (im Gegensatz zu den nach europäischen Kleidercodes ärmlich gekleideten Afrikanern der Reiseberichte, die in den Fürstenbibliotheken greifbar waren) und bringt seltene Gaben dar. Als in das Christentum früh ›Eingeweihter‹ galt er als potenzieller ›Verbündeter‹ der christlichen Kreuzfahrerheere. Wenn er sich – auf Augenhöhe mit den weißen Königen – der höheren Herrschaft Gottes unterwirft oder und indem er es tut, wird seine Würde als Herrscher umso augenfälliger. Der folgende Abschnitt behandelt diesen Aspekt der wechselseitigen Statuszuweisung des im höfischen Kontext entstandenen und rezipierten Bildnisses unter Gesichtspunkten der Paradigmen höfischer Kunst.582 Danach bezieht sich 579 Ein berühmtes Beispiel für die rechtlichen Funktionen von Porträts findet sich auch unter den Bildnissen mit ›Mohrenpagen‹, das um 1523 entstandene Gemälde Laura di Dianti von Tizian, das die Geliebte des Alfonso I. d’Este von Ferrera mit einem schwarzen Pagen an ihrer Seite zeigt. Dieses Bildnis spielte in einem Streit um das Familienkapital der d’Este eine entscheidende Rolle, wie Jane Fair Bestor in einem Aufsatz zu Tizians Porträt der Laura Eustochia gezeigt hat, Jane Fair Bestor, Titian’s Portrait of Laura Eustochia: The Decorum of Female Beauty and the Motif of the Black Page, in: Renaissance Studies, Bd. 17, Nr. 4, 2003, S. 628 – 673; zu diesem Bildnis auch Kaplan, Titians ›Laura Dianti‹; Devisse/Mollat, IOB, II, 2, S. 194. 580 Ich danke Dirk Hoerder für diesen Hinweis. 581 Vgl. Kap. III.2. 582 Vgl. dazu Barbara Welzel, Sichtbare Herrschaft – Paradigmen höfischer Kunst, in: Cordula
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die höfische Kunst »immer auf eine fürstliche oder adlige Person. Der Fürst (die Fürstin, der Adlige etc.) ist bei der Rezeption höfischer Kunst immer anwesend und bildet das Zentrum der Ikonographie. Es ist der Fürst, dessen Magnifizenz demonstriert wird.«583 Was im vorangegangenen Kapitel zur Bedeutung von dunklen Dienern bei Hof als ›kostbare Objekte‹ anklang, ihre Verdichtung zum Zeichen, zeigt sich daher umso mehr im Medium des Fürstenporträts: Höfische Kunst wurde in einem eigenständigen Zeichensystem vorgetragen.584 Ihre imaginäre Kraft bezogen die Bilder unmittelbar aus der Kunst, weniger aus den doch ambivalenter gehaltenen textuellen Darstellungen von ›Mohren‹ in den Wissenswerken und Reiseberichten der Zeit. Während die Wissenskompendien die Ähnlichkeit mit dem Eigenen als Gradmesser für ›Zivilisiertheit‹ anlegten, gewannen die Bildmedien ihre Überzeugungskraft gerade aus der Darstellung demonstrativer Alterität. Bestimmte europäische Ordnungen wie etwa Kleidercodes wurden dabei entweder übernommen oder sie wurden – orientalisch gewendet – dazu eingesetzt, diese Alterität noch weiter zu betonen. Sie war, wenn ›hoffähig‹ wie in den Fürstenbildnissen, ohnehin positiv konnotiert. Diese Deutung würde auch mit der gerade in Kreisen des Adels und Hochadels demonstrativ betriebenen »Selbstorientalisierung« (Andrea Polaschegg) übereinstimmen.585 Der von Wolf und zuvor bereits von Martin586 konstatierte Schwarz-Weiß-Kontrast der Porträts ist abgesehen davon auch vor dem Hintergrund dessen nicht als klarer Kontrast von ›besser‹ oder ›schlechter‹ zu deuten, dass sich die abgebildeten Fürsten oder Fürstinnen nicht mit standesungleichen Personen maßen, was auch für Darstellungen mit weißen Assistenzfiguren galt. In den vergangenen Jahrzehnten ist der Quellencharakter von Bildern kontrovers diskutiert worden.587 Der ›iconic turn‹ in der Folge des ›linguistic turn‹
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Nolte/Karl-Heinz Spieß/Ralf-Gunnar Werlich (Hg.), Principes. Dynastien und Höfe im späten Mittelalter, Stuttgart 2002, S. 87 – 106. Ebd., S. 102. Ebd., S. 103. Vgl. stellvertretend für viele andere das berühmte Porträt »Une sultane prenant du cafe« der Madame de Pompadour als Haremsdame. Die Berliner Germanistin Andrea Polaschegg konstatierte vor einigen Jahren einen »anderen Orientalismus« in der deutschen Literatur des 19. Jahrhunderts, der den Orient extrem idealisierteund stilisierte, vgl. Andrea Polaschegg, Der andere Orientalismus. Regeln deutsch-morgenländischer Imagination im 19. Jahrhundert, Berlin 2004. Vgl. Martin, Schwarze Teufel, edle Mohren, S. 100 – 103. Martin zitiert den Satiriker FranÅois Gacon (1667 – 1725), der in einer Bildunterschrift zu einer Arbeit Simon de la Vall¦es schrieb »Als lächelnde Flora übt/diese Schönheit ihren Zauber aus/und ihre siegreichen Reize/steigert im Kontrast ein Mohr. […].«, S. 103, 412 – 413, Anm. 129, vgl. auch Wolf, die einen Teil des Zitates zum Titel ihres Aufsatzes macht, Wolf, »Und ihre siegreichen Reize […]«. Für einen Forschungsüberblick über die Diskussion vgl. Grötecke, Kunstgeschichte, in: Völker-Rasor, Frühe Neuzeit, S. 237 – 254; Belting, Bild-Anthropologie; H. Falkenberger,
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der Philosophie hat die Diskussion um Fragen intensiviert, was ein Bild ist, welche kulturellen oder erkenntnistheoretischen Funktionen ihm zukommen können und wie sie zu analysieren sind. Mit diesen Themen kommt nicht nur der historische Wandel im Umgang und Gebrauch von Bildern und die Geschichte des Bildes als Geschichte unterschiedlicher Bildmedien in den Blick, sondern auch das Problem der Abbildlichkeit, der Repräsentation und der Bedingungen visueller Wahrnehmung.588 Für das frühneuzeitliche Bildnis kann als weitgehender Konsens gelten, dass es unter den Gattungen der bildenden Kunst »wohl jene mit der größten Spannung zwischen direkter Naturnachahmung und Idealisierung« darstellt. Es oszilliert »zwischen der getreuen Wiedergabe von Individuen und Attributen bzw. Ereignissen auf der einen Seite und der rhetorischen oder unbewußten Darstellung von Schönheitsidealen sowie sozialen und ethischen Normvorstellungen auf der anderen Seite«.589 Im frühneuzeitlichen Porträt kommt den Kriterien »Individualität, Gesicht und Körper«, »Kleidung, Schmuck und Attribute«, »Staat, Stand und Beruf«, »Besitzungen, Orte und Ereignisse«, »Fähigkeiten, Vorlieben und Beziehungen«, »Schönheitsideale, Stereotypen und Moralvorstellungen« sowie »soziale Ordnung, Geschlechterrollen und Kunstwollen« ein je eigener Grad zwischen der Nachahmung und Idealisierung eines Modells zu.590 Zu den möglicherweise stark »nach dem Modell« wiedergegebenen Attributen gehören unter anderem die Kleider der Dargestellten. Die Kleidung der schwarzen Assistenzfiguren besitzt in der Regel orientalisierend-turkisierende Merkmale, ist jedoch in den verschiedenen Porträts nicht einheitlich. Rainer-Maria Kiel beschreibt die Kleidung der im 18. Jahrhundert am Bayreuther Hof beschäftigten Schwarzen als »orientalisierendes Kostüm oder eine Art ungarischer Tracht«. Er beobachtet in einem Porträt der Elisabeth Friederike Sophie von Bayreuth (1732 – 1780), dass die Livree des ›Mohrenpagen‹ darin »bis in Einzelheiten der Tracht jener beiden Mohren [entspricht], die drei Jahre später Friederikes Staatswagen beim Einzug in Stuttgart flankierten«.591 Das Bild wurde vom württembergischen
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Von der Illustration zur Interpretation. Das Bild als historische Quelle. Methodische Überlegungen zur Historischen Bildkunde, in: Zeitschrift für Historische Forschung 21, 1994, 289 – 313; B. Tolkemitt/R. Wohlfeil (Hg.), Historische Bildkunde. Probleme – Wege – Beispiele (Zeitschrift für Historische Forschung, Beiheft 12), Berlin 1991. Hannah Baader, Lemma »Iconic Turn«, in: Ulrich Pfisterer (Hg.), Metzlers Lexikon Kunstwissenschaft. Ideen, Methoden, Begriffe, Stuttgart/Weimar 2003, S. 143 – 146. Beide Zitate nach Friedrich Polleroß, Das frühneuzeitliche Bildnis als Quelle, in: Josef Pauser/Martin Scheutz/Thomas Winkelbauer (Hg.), Quellenkunde der Habsburgermonarchie (16.–18. Jahrhundert). Ein exemplarisches Handbuch (Mitteilungen des Instituts für Österreichische Geschichtsforschung; Ergänzungsband 44), Wien et al. 2004, S. 1006 – 1022, hier S. 1006. Ebd. Beide Zitate nach Kiel, Zwischen Integration und Sensation, S. 13. Zur Hochzeit der Elisabeth Friederike Sophie mit dem württembergischen Herzog Karl Eugen II. vgl. Arno
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Herzog Karl Eugen II. (1728 – 1793), der seit 1744 mit der Bayreuther Prinzessin verlobt war, in Auftrag gegeben und zwischen Ende 1744 und Mitte 1745 von dem Stuttgarter Hofmaler Wolfgang Dietrich Mayer bzw. Majer (1698 – 1762) ausgeführt. Offenbar handelte es sich bei den ›Trachten‹ um die Hoflivreen der Bayreuther ›Mohren‹ in dieser Zeit. Wenn diese Annahme korrekt ist, wäre ihre Kleidung nicht ein Produkt der künstlerischen Kreativität des Malers gewesen, sondern hätte ihrer Dienstkleidung entsprochen. Horst Wenzel hat für das Mittelalter repräsentatives Herrschaftshandeln beschrieben als »die sinnlich erfahrbare, sichtbare, hörbare, fühlbare und greifbare Darstellung von sozialem Rang, von tatsächlichen oder auch angemaßten Statuspositionen, die […] sich […] in der öffentlichen Demonstration als ›wahr‹ erweisen müssen«, dann galt dies in besonderer Weise für die höfische Kunst – und nicht nur bis zum Mittelalter.592 Auch die in den Porträts als klassischem Medium der frühneuzeitlich-höfischen Repräsentationskultur verwendeten ›Zeichen‹ mussten sich in der Wirklichkeit als ›wahr‹ erweisen, um als Herrschaftszeichen wirksam sein zu können. Das von Wolf bemerkte wiederholte Auftreten von ein und denselben Dienerpersonen mit unterschiedlichen Fürsten und Fürstinnen widerspricht nicht diesem Anspruch der Bildnisse auf ›Wahrhaftigkeit‹, da ein Besitz an ihnen nie betont wurde. Ihre Präsenz und Wirkung war nicht auf den einzelnen Hof beschränkt. Sie bewegten sich innerhalb der höfischen Netzwerke und trugen mit zu der für die oft entfernt liegenden Höfe essenziellen zwischenhöfischen Kommunikation bei. Auch die Porträts selbst, in denen sie dargestellt wurden, dienten ja »der Verständigung über und mittels Ikonographie und Medium«.593 Dies verweist noch einmal auf die hohe Zeichenhaftigkeit, die schwarzen Dienerinnen bei Hofe real zukam. Da sich in den Regionalstudien zur Gegenwart von Schwarzen an den Höfen oft eine gewisse Nähe zwischen den Fürsten und vor allem Fürstinnen und ›Mohren‹ abzeichnet, sind hinter dieser Zeichenhaftigkeit auch intersubjektive Beziehungen zu vermuten, die ihrer ›Bildwürdigkeit‹ jedenfalls nicht abträglich sein durften.
Störkel, Die Hochzeit von Elisabeth Friederike Sophie, Tochter der Markgräfin Wilhelmine. Der Höhepunkt des Bayreuther Hoflebens im 18. Jahrhundert, in: Peter O. Krückmann (Hg.), Galli Babiena und der Musenhof der Wilhelmine von Bayreuth (Paradies des Rokoko, Bd. 2), S. 90 – 93, hier S. 91, Abb. 3, Literaturverweis nach Kiel, Zwischen Integration und Sensation, S. 26 (Anm. 32). 592 Wenzel, Höfische Repräsentation, S. 11; Welzel, Sichtbare Herrschaft, S. 88 – 90. 593 Welzel, Sichtbare Herrschaft, S. 93 – 94. Barbara Welzel bezieht diese Funktion auf künstlerische Medien.
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VI.3.3 Realitätsbezug der Pagendarstellungen Doch hat sich die Wahrnehmung von ›Mohren‹ in den Jahrhunderten zwischen dem Eintritt des schwarzen Königs in die christliche Ikonografie gewandelt: Hinter den ›Mohrenpagen‹ der Porträts stehen nun möglicherweise reale Personen oder sie werden assoziiert. Für sie gilt zwar in vielen Fällen, dass sie mangels direkter historischer Belege, die eine zweifelsfreie Identifikation gestatten würden, nicht auf eine bestimmte historische Person festgelegt werden können.594 Insofern sind Einwände berechtigt, dass die dargestellten Schwarzen, deren Namen nicht erwähnt werden, eher als Stilelemente der Bildnisse gelten können. In einigen Fällen jedoch haben sich die Namen der Modelle erhalten. Ein kleiner Page, der in Berlin auf den Namen Friedrich Wilhelm getauft worden war, wurde mehrmals gemalt. In einer ersten Zeichnung von Georg Wenzeslaus von Knobelsdorff erscheint er im Kreis der preußischen Königsfamilie. Der Name des Jungen ist dann durch zwei Bilder des preußischen Hofmalers Antoine Pesne überliefert: Auf dem ersten Bild hält er einen Schirm über den jungen Prinzen Friedrich Wilhelm, dem späteren Friedrich II., von dem er offenbar den Namen erhalten hatte. Auf dem zweiten Bild ist er größer geworden und hält diesmal einen Schirm über die Prinzessin Friederike Sophie Wilhelmine von Preußen (1709 – 1758) und den Prinzen. Über das weitere Schicksal des Jungen ist nichts bekannt, die vorläufigen Nachforschungen Debrunners blieben ohne Ergebnis.595 Ein weiterer schwarzer Junge in einem Porträt der Herzogin Louise Friederike von Mecklenburg-Schwerin (1722 – 1791), Tochter des Erbprinzen Friedrich Ludwig zu Württemberg-Stuttgart, kann mit einiger Sicherheit jenem »Mohren Caesar« zugeordnet werden, der zur Entstehungszeit des Porträts der einzige Schwarze im Hofstaat der Louise Friederike war.596 Darüber hinaus gibt es einen 594 Wolf, »Und ihre siegreichen Reize…«, S. 19 – 20, schließt einen Bezug zur historischen Präsenz der abgebildeten ›Mohren‹ nicht aus, verweist aber auf die Schwierigkeiten der historischen Recherche zur Präsenz von ›Mohren‹ an den europäischen Höfen. 595 Debrunner, NÀgritude im 18. Jahrhundert, S. 71. Wilhelmine von Preußen heiratete 1731 in Berlin den Markgrafen Friedrich von Brandenburg-Bayreuth. Doch auch am Bayreuther Hof ist bislang keine Person nachweisbar, auf welche die Beschreibung Friedrich Wilhelms passen würde. 596 Vgl. das Verzeichnis von Fürstenporträts mit schwarzen Assistenzfiguren im deutschsprachigen Raum im Anhang (Nr. 10); Karl-Heinz Steinbruch, Ein schöner Mohr und treuer Diener. Auch an Mecklenburgs Höfen wurden Afrikaner getauft und in Dienst genommen, in: Mecklenburger Magazin, März/April 2002, Nr. 5, S. 11 – 12. Der Autor geht selbstverständlich davon aus, dass es sich bei dem abgebildeten ›Mohren‹ um Friedrich Ludwig Carl Ulrich Caesar handelt, was durch die erhaltene Schatullrechnung nach derzeitigem Stand der Forschung auch gerechtfertigt erscheint, vgl. ebd., S. 11. Laut Darstellung von Ernst Steinmann und Hans Witte lassen sich von diesem Bildnis mehrere gleichzeitige Kopien nachweisen: »Die beste befindet sich im Dozentenzimmer der Universität Rostock. Zwei andere in den Schlössern von Neubrandenburg und Ludwigslust.
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undatierten Schattenriss von Caesar, der Ähnlichkeiten mit dem im Gemälde abgebildeten Jungen aufweist, der zu diesem Zeitpunkt wie Caesar etwa zehn Jahre oder etwas jünger war. Laut einer erhaltenen Schatullrechnung wurde das Bildnis, »worauf der Mohr auch ist«, von dem Rokoko-Maler Georg David Matthieu als Kleinkniestück gefertigt und der regierenden Herzogin am 19. Sept. 1772 für 30 holländische Dukaten geliefert. Caesar wurde 15-jährig Ende Juni 1777 in der Hofkapelle von Ludwigslust auf den Namen Friedrich Ludwig Carl Ulrich getauft und behielt seinen ersten Namen als Familiennamen bei. Der gedruckten Taufpredigt597 zufolge war er – um 1762 – in »Christansborg auf der Küste Guinea in Africa« geboren, »wo er von den dortigen Neger-Sclaven gezeugt worden«.598 Bereits als Kleinkind gelangte er nach Kopenhagen,599 von wo aus er an »den Postmeister von Wittenburg« gegen einen Betrag von 300 Talern eingetauscht wurde. Dieser übergab den nun etwa Siebenjährigen im Jahr 1769 der mecklenburgischen Herzogin, die ihn in Dienst nahm und unterrichten ließ. Wie bei Proselytentaufen üblich, musste sich der Junge einem Examen im Eine vierte Kopie, die leicht verändert ist (der Mohr fehlt), befindet sich in Schloß Ehrenburg zu Coburg«, vgl. Ernst Steinmann/Hans Witte, Georg David Matthieu. Ein deutscher Maler des Rokoko (1737 – 1778), Leipzig 1911, S. 46. Zu weiteren ›Mohren‹ in Mecklenburg vgl. Karl-Heinz Steinbruch, »Zufallsfund in Kirchenbüchern. Noch einmal: Mohren an Mecklenburgs Höfen«, in: Mecklenburger Magazin, 30. Januar 2004, S. 7. 597 [Georg Gottlieb Beyer], Predigt und Reden/am 5ten Sonntage nach Trinitatis/als der/ Durchlauchtigsten regierenden/Frau Herzogin von Mecklenburg,/Mohr/in der/Hof-Kirche zu Ludwigslust/öffentlich getauft worden/gehalten/und auf höchsten Befehl/dem Druck überlassen/von/Georg Gottlieb Beyer/Prediger zu Ludwigslust./Rostock,/in der Koppenschen Buchhandlung 1777. 598 Während der Begriff des ›Negers‹ bis etwa 1750 im höfischen Milieu praktisch nicht verwendet wird, bedient sich der Prediger Georg Gottlieb Beyer seiner in der Taufpredigt für Caesar in selbstverständlicher Weise. Etwa zeitgleich tritt der Begriff auch in den Kirchenbüchern von Ahrensburg auf, wo sieben von den dänischen Antilleninseln gekommene Sklaven des Heinrich Carl Schimmelmann getauft wurden und eine Ausbildung in verschiedenen Handwerken erhielten. Möglicherweise steht sein in der Folge regelmäßiger Gebrauch in einem Zusammenhang mit dem Verkauf von schwarzen Sklaven durch den 1762 in den Freiherren- und 1779 in den Grafenstand erhobenen Schimmelmann an die Adligen, aber auch Bürgerliche seiner norddeutschen Nachbarschaft? Mit der Herzogin von Mecklenburg war er um die Zeit der Taufe von Caesar in Kontakt wegen eines »Negerknaben Peter«, den die Herzogin von ihm kaufte: Im Rahmen der Bedeutung von Schwarzen als ›wertvolle Objekte‹ hätte damit die Entstehung eines ›Marktes‹ zu einem in dieser Zeit massiver werdenden Verlust des symbolischen Kapitals von ›Mohren‹ geführt. Diese wurden zu handelbaren ›Negern‹ und veschwanden in der Folge sukzessive aus dem Hofstaat der Fürsten und Fürstinnen. Zu der Korrespondenz Schimmelmanns bezüglich des Sklaven für die Herzogin vgl. Brief Schimmelmanns an seinen Prokuristen Gondolatzsch, Hamburg, 5. September 1777, in: Rigsarkiv, Kopenhagen, Skatmester Schimmelmanns Arkiv, A III, zit. n. Martin, Schwarze Teufel, edle Mohren, S. 413 (Anm. 142 – 142); Degn, Die Schimmelmanns im atlantischen Dreieckshandel, S. 114 – 115 (Anm. 15). 599 Möglicherweise ebenfalls über den in der mecklenburgischen Stadt Demmin geborenen Schimmelmann vermittelt, wie Karl-Heinz Steinbruch vermutet, Steinbruch, Ein schöner Mohr, S. 11.
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christlichen Glauben unterziehen. Taufpaten waren der mecklenburgische Erbprinz Ludwig (1725 – 1778) und dessen Frau, Prinz Friedrich (1756 – 1837) und dessen Frau sowie die Prinzessin Ulrike Sophie (1723 – 1813). Caesar heiratete am 20. April 1790 in der St. Jacobikirche in Rostock Maria, eine Tochter des Kleinbierbrauers Christoph Stut, und lebte mit ihr in Schwerin. Mit nur 43 Jahren starb er am 30. August 1805 an »Gallenpleuresie« in dem zwischen Rostock und Wismar gelegenen Doberan, wo er auch bestattet wurde und ihm drei Jahre nach seinem Tode ein Obelisk gesetzt wurde. Die Inschrift des Steines legt nahe, dass Caesar möglicherweise über St. Croix nach Kopenhagen gekommen war, also auf seinem Weg nach Ludwigslust bereits in sehr jungen Jahren die Stationen »Guinea«, St. Croix und Kopenhagen durchlaufen hatte: »Friedrich Ludwig Carl Ulrich Caesar/Aus St. Croix/Starb den 30. August 1805«. Die Rückseite trug die Inschrift: »Ein schöner Mohr/Und treuer Diener«.600 Während das Denkmal bereits vor Jahren abgerissen wurde, lässt sich die Geschichte der Familie Caesar über einen Sohn namens Friedrich Ludwig weiterverfolgen. Dieser blieb nicht als ›Hofmohr‹, sondern als Kastellan am Palais in Schwerin, in herzoglichen Diensten. Caesars Enkelin Therese heiratete den Förster Rochow und zog mit ihm nach Neu Zachun. Eines der drei Kinder aus dieser Ehe trug als Vornamen den Namen seines Urgroßvaters Caesar weiter und wurde promovierter Arzt. Caesars Geschichte wurde hier in dieser Ausführlichkeit wiedergegeben, um zu zeigen, dass sich hinter vielen der ›Mohrenpagen‹-Figuren Geschichten verbergen, die sich – wenn auch mit einem gewissen Unsicherheitsfaktor, die Identität des Modells genau zu bestimmen – rekonstruieren lassen. In ihrer Zeit verbanden sie lokale Geschichte mit Weltregionen, mit denen man nur durch sie in Kontakt war. Ihre außereuropäischen Herkunftsländer wurden in den Jahrhunderten danach als isolierte, mit der eigenen, national verstandenen Geschichte unverbundene Entitäten behandelt. Eine auf historische Rekonstruktion zielende Perspektive auf sie verdeutlicht gleichzeitig, dass es nicht oder nicht nur der ›höfisch‹ definierte Einsatz von ›Mohrenfiguren‹ als Stilmittel in der frühneuzeitlichen Bildniskunst ist, der sie marginalisiert. Die disziplinäre, moderne Sicht auf die Dargestellten schreibt sie auf eine stereotype Zeichenhaftigkeit fest. In der Kunstgeschichte zeichnen sich derzeit erste Ansätze ab, diese Perspektive im Hinblick auf die schwarzen ›Assistenzfiguren‹ der Bildnisse zu durchbrechen, da sie bei aller Symbolhaftigkeit doch individuelle Züge besitzen und eine – wenngleich hierarchisch gestufte – intersubjektive Ebene zwischen den ›schwarzen‹ und ›weißen‹ Figuren erkennbar ist.601 Unberührt
600 Ebd., S. 12. 601 Die Kunsthistorikerin Anne Lafont, Universit¦ Marne de la Vall¦, Paris, arbeitet derzeit zur
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davon bleibt, dass die hohe Zeichenhaftigkeit der dunklen Dienerfiguren fraglos auch als Stilmittel eingesetzt wurde. In diesem Sinne ist ihre Inszenierung als ›wertvolle Objekte‹ der fürstlichen Selbstrepräsentation in den Porträts immer mit angesprochen. Unverkennbar ist jedoch auch, dass sie sich als ›bildwürdig‹ erwiesen hatten, was nicht für alle Dienstboten galt.602
VI.3.4 Unterordnung und Dignität Schwarze Pagen erscheinen in den Fürstenbildnissen weder als ›gezähmte‹ noch als ›edle Wilde‹.603 Die symbolische Ordnung der höfischen Gesellschaft kannte eine große Zahl von Rangabstufungen und Graden der Abhängigkeit, doch das, was sich in der unmittelbaren Nähe der Fürsten befand, zumal in den für die höfische Repräsentation bedeutenden Porträts, musste Rang besitzen oder vermitteln. Die Art der Darstellung der dunklen Diener – ihre Kleidung und Haltung und die Attribute, mit denen sie auftreten – scheint auf byzantinischosmanische Vorbilder zurückzugehen. Debrunner setzt die kulturellen Ursprünge der Tradition, schwarze Bedienstete als Herrschaftszeichen einzusetzen, im Orient an. Allerdings sieht er Vorläufer dieser Tradition in den in Ketten dargestellten afrikanischen Gefangenen, die sich auf ägyptischen Pharaonendarstellungen befinden.604 Während ein orientalischer Ursprung der repräsentativen Funktionen von Schwarzen an den Höfen als relativ sicher gelten darf, kommen Zweifel auf, wo es sich um ihre Darstellung als Sklaven handelt. Gerade das Moment expliziter Unterwerfung und die unverschlüsselte Visualisierung von Macht wurden eher vermieden und scheinen nur noch in der zurückgenommenen, sublimierten Form des Dienens auf. Hinweise auf osmanische Vorbilder der Fürstenherrschaft kommen auch aus der königtumszentrierten Forschung der letzten Jahre. Diese hat gezeigt, dass die europäischen Könige und Fürsten zum einen in fundamentaler Weise von den Ständen und von einer Schicht juristisch-administrativer Berater abhängig waren. Die Vorstellung absolutistischer Herrschaft in der Entstehungszeit der Porträts war ein »Phantasma« (Cremer), das nicht nur in den Porträts inszeniert wurde. Der Stellenwert des Gottesgnadentums als ›Absolutismus‹ ist jedoch erst im 19. Jahrhundert so weit gefasst worden, während er sich für die Fürsten als eher begrenzt erwies. Frage nach intersubjektiven Beziehungen zwischen den in den Porträts abgebildeten Adligen und Pagen. Freundliche Mitteilung von Viktoria Schmidt-Linsenhoff, Universität Trier. 602 Beatrix Freifrau Wolff Metternich, Über die Bildwürdigkeit von Gesinde, in: Frühsorge/ Gruenter/Wolff Metternich, Gesinde im 18. Jahrhundert, S. 383 – 397. 603 Zur Entwicklung der Idee des ›edlen Wilden‹ vgl. Bitterli, Die ›Wilden‹ und die ›Zivilisierten‹, S. 367 – 380; Karl-Heinz Kohl, Entzauberter Blick. Das Bild vom Guten Wilden und die Erfahrung der Zivilisation, Berlin 1981. 604 Debrunner, Presence and Prestige, S. 21.
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Gerade in jener Phase europäischer Herrschaft, die als ›absolutistisch‹ bezeichnet wird, änderte sich der Prozess der Entscheidungsfindung der Herrschenden dahingehend, dass sie daran oft nur noch symbolisch beteiligt waren. Das Bild der fürstlichen oder königlichen Alleinherrschaft galt es jedoch aufrechtzuerhalten, so Albert Cremer, gewissermaßen »nach dem Vorbild des Sultans«.605 Die Deutung der Bildnisse bleibt dennoch ambivalent – zu spürbar ist in vielen Fällen die soziale Distanz zwischen Fürsten und Pagenfiguren. Sie oszilliert, wie die Interpretation der realen Gegenwart von schwarzen Dienern an den Fürstenhöfen auch, zwischen den Polen des verdinglichten, kolonialen Objektes – silent objects (E. Sad) – und dem des Trägers von Prestige und Ansehen im Sinne einer – immer sozial gestuften – Wechselseitigkeit von symbolischen Rangzuweisungen, wie sie im repräsentativen Herrschaftshandeln der Frühen Neuzeit strukturell angelegt war. Die Porträts spiegeln eine höfische Rolle wider, die wesentlich durch repräsentative Aufgaben gekennzeichnet war. Erst aus anderen Quellen erfahren wir, dass sie sich darin nicht erschöpfte: Taufen und Patenschaften, Unterricht im Lesen und Schreiben setzten ebenso den Willen eines Subjektes voraus wie die Berufswahl, die nicht immer vorgegeben war, ebenso wenig wie die Partnerwahl und das Familienleben. Während die Funktionen von schwarzen Dienern im Rahmen der höfischen Repräsentation von Herrschaft in den Bildnissen Niederschlag finden, sind ihnen Informationen über sie als aktiv Handelnde nicht zu entnehmen. Auch ihre persönlichen Beziehungen zu den Fürstenfamilien werden durch künstlerische Mittel wie Zentralität oder Nähe/Distanz zu den Fürsten allerhöchstens angedeutet. Es ist daher nicht zu leugnen, dass nach anthropologischen Gesichtspunkten schwarzen oder dunkelhäutigen Menschen in der frühneuzeitlich-höfischen Welt ein Symbolwert zukam, der sie zumindest in die Nähe jener ›kostbarer Objekte‹ rückte, denen Godelier eine besondere Funktion in allen Gesellschaften zuweist, die hierarchische Ränge kennen.606 Wenn ›Mohren‹ in der höfischen Welt bis etwa Mitte des 18. Jahrhunderts ein solcher Quasi-Objektstatus zukam, dann stellt sich die Frage, inwieweit ein solcher Status überhaupt Möglichkeiten der Integration und Spielräume eigenen Handelns ließ. Insbesondere die Praxis ihrer Taufe wirft diesbezüglich Fragen auf, ist doch gerade sie als Zwangsmaßnahme religiöser Intoleranz und Akt der Diskriminierung afrikanischer Traditionen gewertet worden. Das folgende Kapitel geht zum einen auf die in den Taufpredigten evozierten Bilder ein und untersucht zum anderen die Bedeutung der Übernahme von Patenschaften durch Angehörige des Adels. 605 Albert Cremer, Weshalb Ludwig XIV. kein »absoluter« König war, in: Bernhard Jussen (Hg.), Die Macht des Königs. Herrschaft in Europa vom Frühmittelalter bis in die Neuzeit, München 2005, S. 319 – 325, hier S. 324. 606 Vgl. Kap. VI.2.
Unbekannter Maler, Kinderbildnis des etwa zwölfjährigen Erbprinzen Carl Edzard von Ostfriesland, um 1728
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VI.4 ›Kostbare Objekte‹ vs. handelnde Subjekte: Taufen als Einsetzungsritual und Integrationschance Die überlieferten Taufpredigten beschwören als ein einheitliches Motiv das ›äthiopische‹ Volk als Teil des Alten wie des Neuen Testamentes und der biblischen Welt. Die Auricher Predigt für den auf den Namen Christian Georg Carl Wilhelm getauften Anthon aus Kopenhagen behandelt Psalm 87, Vers 4: »Man wird zu Zion sagen, daß allerley Leute darin geboren werden.«607 Im Zentrum steht entsprechend die religiöse Zugehörigkeit zur christlichen Gemeinschaft, mit dem ausdrücklichen Hinweis, dass diese nicht qua Geburt, sondern ausschließlich durch die Taufe erworben werden kann: »Teutscher oder Unteutscher/Schwartz oder Weiß/Sclav oder HErr/dann GOtt sihet die Person nicht an/sondern aus allerley Volck/wer in förchtet un recht thut/der ist ihm angenem« (Apg. 10:35).608 Die ›Mohren‹ der Heiligen Schrift werden aufgezählt oder je nach Schwerpunkt der Predigten Einzelbeispiele ausgeführt: Die Geschichte der Bekehrung jenes Kämmerers der meroitischen Königin Candake, der nach der Taufe durch Philippus seiner Heimat das Christentum brachte (Apg. 8:26 – 39); der ›Mohr‹ Ebedmelech, der den Propheten Jeremias durch sein mutiges Zeugnis gegenüber dem König Zedekia vor der Hinrichtung bewahrte (Jer. 37 – 39); die Königin ›von Mittag‹ bzw. Saba, die Salomo seiner Weisheit wegen aufsuchte (1 Kön 10), in der Taufpredigt für den späteren Stuttgarter Trompeter Christian Real 1657 noch verbunden mit der Pfingstgeschichte, in der die Völker durch das Wirken des Heiligen Geistes die ›Zungen‹ der anderen verstehen (Apg. 2:1 – 13).609 Die Einordnung der imaginierten Herkunft und Kultur des Täuflings in vertraute biblische Kontexte entschärfte zum einen Eindrücke des Fremden, die in ein bekanntes Weltbild eingefügt wurden, und hob zum anderen eine aller Diversität übergeordnete Gleichheit unter Christen hervor. Wo hierarchische Gefälle beschrieben werden, beziehen sich diese auf die Verdammnis derer, die 607 Lambertikirche Aurich, Kirchenbuch Schlossgemeinde (Taufen, Trauungen, Beerdigungen), Microfiche Nr. 1108, 1716 – 1820: Taufeintrag für Christian Georg Carl Wilhelm, 16. April 1733. 608 [J. Fussenegger], MohrenTauff/das ist: Christliche Tauffpredigt/Aus der ordenlichen und gewöhnlichen Fest-Epistel/des Heiligen Pfingsttags/Actor. II, I–13. Bey der Tauff eines bekehrten Mohrens/Welcher vom Herrrn Joß Kramer aus dem Königreich Guinea in Afric gelegen/in des Heiligen Röm. Reichs Stadt Lindau im Bodensee gebracht/und dasebst in der Pfarrkirchen zu St. Stephan/am Abend des Heiligen Pfingstfestes getauffet worden. Mit angehengtem Bericht/wie der Tauffactus verrichtet worden. Gehalten den 17. Maji dieses 1657. Jahrs/in sehr Volckreicher Versammlung/und auff Begehren in Druck gegeben Durch M. Jacobum Fusseneggern/Evangelischen Predigern daselbst. Nürnberg/Bey Wolffgang Endrern/dem ältern Buchhändler. Im Jahr Christi 1658 [im Folgenden Fussenegger, MohrenTauff], hier, F II, E II. 609 Monika Firla, Kirchenbücher, Kirchenakten und Taufpredigten als Quellen zur Erforschung der Afrikanischen Diaspora im 17. bis 19. Jh., in: Höpp, Fremde Erfahrungen, S. 611 – 618.
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(noch) vom Christentum ausgeschlossen sind: »Ja, wer sind wir selbsten in unsern Vor-Eltern gewesen? Blinde Heyden und grobe Götzen-Diener.«610 Die Predigten dienten nicht nur dem konkreten religiösen Ereignis der Taufe einer ›Heidin‹, sondern wurden auch genutzt, um Gelehrtheit zu demonstrieren und geografisch-kulturelles Wissen zu imaginieren. In der Bayreuther höfischen Welt fügte sich die Anwesenheit von ›Mohren‹ in einen umfassenderen Rahmen, der höfische Repräsentation und kulturelle Imagination miteinander verband. Eine gedruckte Predigt des Bayreuther Generalsuperintendenten Caspar von Lilien von 1668 anlässlich der Taufe einer »Möhrin« setzt sich nicht nur mit der biblischen Überlieferung auseinander, sondern auch mit dem zeitgenössischen Wissen über Äthiopien.611 Wie Jakob Fussenegger, der sich unter anderem auf das Werk der Verlegerbrüder de Bry bezieht,612 zitiert auch von Lilien aus einem enzyklopädischen Werk, der Handlung von der Welt Alter/Deß Roem. Reichs Ständen/und Derselben Beschaffenheit,613 das zwei Jahre zuvor anonym von der Bayreuther Markgräfin Erdmuthe Sophie veröffentlicht worden war.614 Die Vielfalt der Kulturen stellte – natürlich immer innerhalb eines eigenen, durch Tradition und Glauben bestimmten Referenzrahmens – ein Faszinosum dar. Dies zeigte sich unter anderem auch in der Resonanz, die dieses Werk fand, das bis 1698 noch sechs Mal aufgelegt wurde. Auch der neue Titel der 1676 von Johann Georg Layritz (1647 – 1716) redigierten Auflage, Sonderbahre KirchenStaat- und Welt-Sachen, spiegelt das Interesse der Bildungsschichten an ›MerkWürdigkeiten‹ und ›Kuriosem‹ wider. Gewissermaßen als Zeugen der überkommenen religiösen Teilhabe Äthiopiens am Christentum wurden der Predigt im Anhang zwei Dokumente der äthiopisch-christlichen Geschichte des 16. 610 [Samuel Urlsperger], Philippus und der Cämmerer : Wie solche In der Hoch-Fürstl. Würtembergischen Hof-Capelle in Stuttgart Bey Der Tauffe Eines Mohrenländischen Jünglings zusammen kommen/Und inn einer den 1. Martii 1716. gehaltenen und jetzo aber auff Begehren zum Druck beförderten Predigt zur Erbauung fürgestellet worden. Stuttgart [1716], S. 9; zit. n. Firla/Forkl, Afrikaner und Africana, S. 185 (Anm. 28). Diese Predigt enthält keinerlei biografische Daten und nicht einmal den Namen des Täuflings. 611 Rainer-Maria Kiel, Das christgläubige Mohrenland oder Was Caspar von Lilien über Äthiopien predigte, in: Archiv für Geschichte von Oberfranken 65, 1985, S. 379 – 394. Zur Persönlichkeit Caspar von Liliens vgl. ebd., S. 380. 612 Fussenegger, MohrenTauff, C II. 613 Kiel, Das christgläubige Mohrenland, S. 383 – 386. Auch eine Anfang des 19. Jahrhunderts in Görlitz von Johann Gottlieb Neumann gehaltene Predigt befasst sich ausführlich mit der Herkunftsregion der 15-, 16-jährigen Dobamsi Mandaya Mandjoppo, die von den Sklavenhändlern, welche sie im Alter von etwa zehn Jahren raubten, Selima Maresilla genannt und 1826 in Görlitz auf den Namen Marie Friedericke Wilhelmine Djoppo getauft wurde. Hier findet sich sogar eine detaillierte Beschreibung ihrer Familienverhältnisse; J. G. Neumann, Einige Nachrichten von der in Görlitz lebenden Negerin, in der heiligen Taufe Marie Friedr. Wilh. Djoppo genannt, nebst dem Taufactus, Görlitz 1826. 614 Erst die 1674 von Anton Christian Fabricius edierte Auflage nennt den Namen der Autorin, vgl. Kiel, Das christgläubige Mohrenland, S. 388.
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Jahrhunderts beigegeben, das Glaubensbekenntnis des Bischofs Zaga Zabo (›Segga Zeab‹) und das des Kaisers Claudius (›Gelawdewos‹). Allerdings war die Taufe ein Akt, der das volle Einverständnis des Täuflings und sein Bewusstsein in die Tragweite des Geschehens voraussetzte. Selbst vierjährige Kinder wie der von St. Thomas nach Kopenhagen gebrachte Anthon wurden nicht ohne Einweisung in die Grundkenntnisse des Katechismus getauft. Wie andere jugendliche oder erwachsene Proselyten auch hatten sich die schwarzen oder dunkelhäutigen Bediensteten nach einer Vorbereitungszeit auf die Taufe, die in der Regel nicht länger als zehn Jahre dauerte, einem Examen zu unterziehen, bei dem diese Kenntnisse geprüft wurden. Die erhaltenen Taufpredigten betonen sowohl die Gewissenhaftigkeit der Vorbereitung als auch die Freiheit der Entscheidung des Konvertiten. Anonyme Massentaufen, wie sie die Portugiesen an den Bewohnern der westafrikanischen Küste vornahmen, waren vor diesem Hintergrund nicht denkbar. Auch scheint es keinen Zwang zur Taufe gegeben zu haben, da sich nicht alle ›Fremden‹ taufen ließen. Unter den Gefangenen der Türkenkriege etwa sind mehrere Beispiele von Personen überliefert, die sich nicht oder erst sehr spät taufen ließen. Zwei ›Türken‹ am hannoverschen Hof erhielten sogar ein islamisches Begräbnis an der Außenseite der Kirchhofmauer.615 Neben dem Taufakt selbst waren die durch ihn hergestellten Patenschaften zentral für die Einbindung der neuen Christen in die Ständegesellschaft. Die Taufpaten der schwarzen Kinder und Bediensteten bei Hof wurden in der Regel aus dem engeren Verwandtenkreis der Fürsten gewählt, oft aus einem Kreis von Personen, zu denen der Täufling bereits in einer Beziehung stand.616 Die Taufe Anthons in Aurich wurde so auch genutzt, um fürstliche Verbindungen zu an615 Vgl. Heller, Beutetürken, S. 163; Zimmermann, Die Türkengräber auf dem Neustädter St. Andreas-Friedhof, 190 – 192. 616 Ob hier doch Ähnlichkeiten mit dem islamischen Umgang mit Sklaven bestehen? Die Gesetze des Islams, die sich auf die Sklaverei bezogen, unterschieden nicht nach Hautfarbe oder ethnischer Herkunft, sondern zwischen dem Status von Sklaven und Freien und dem von Muslimen und Nichtmuslimen. Nach einer strengen Lesart der Gesetze des Koran durfte eine Person nur dann versklavt werden, wenn sie sich nicht zum Islam bekannte, ihr Volk kein Abkommen mit den Muslimen hatte und in einem jiha¯d in Gefangenschaft geriet. Wenn sie im Nachhinein zum Islam übertrat, bedeutete dies nicht mehr automatisch ihre Befreiung, doch konnte die Freiheit erkauft werden. Nach einem solchen Freikauf blieb die Bindung zwischen dem entlassenen Sklaven und seinem ehemaligen Herrn in der Regel erhalten. Letzterer konnte den ehemaligen Sklaven sogar beerben, wenn dieser ohne Nachkommen starb. Dem Befreiten verhalf die Beziehung zu einem sozialen Kontext, der einer ›Ersatzfamilie‹ gleichkam, durch die er seinen Familiennamen und mitunter sogar eine fiktive ›Abstammungslinie‹ (lineage) erhielt. Diese war theoretisch unbefristet, hielt sich in der Praxis jedoch höchstens drei Generationen. J. O. Hunwick, African Slaves in the Mediterranean World: A Neglected Aspect of the African Diaspora, in: Harris, Global Dimensions of the African Diaspora, S. 289 – 323, hier S. 291 – 292, 315.
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deren Höfen zu stärken und zu inszenieren. Maßgeblich für die Wahl seiner Paten und Patinnen waren seine biografischen Wege im höfischen Europa. Die transatlantische Verbindung wird in der Überlieferung nur en passant angedeutet. Auch an anderen Höfen bildet sie oft eine Überlieferungslücke, die es auch heute noch fast unmöglich macht, die genaueren Herkunftsorte und frühere Stationen ihrer Biografien auszumachen. Für die höfische Historiografie war wichtig, Verbindungen in Weltteile anzudeuten, die außerhalb des europäischen Kontinents lagen und dafür genügte es in der Regel, diese Linie als ›weitreichende Beziehung‹ lediglich zu erwähnen. Wichtiger waren die innereuropäisch-höfischen Stationen ihrer Biografien. Wenn bei ihrem Kauf noch äußere Merkmale wie Schönheit, Jugend, Gesundheit eine wesentliche Rolle gespielt hatten, so wurden nun ihre persönlichen Eigenschaften und Bindungen bei Hof wichtiger. Ihre Positionen suchte man durch Patenschaften zu stützen, die gleichzeitig auch eine Gelegenheit boten, das eigene Prestige durch die Taufe eines ›Heiden‹ zu erhöhen: So erhielt die 1668 in Bayreuth getaufte Sophia Magdalena neben dem markgräflichen Paar noch 65 weitere Paten.617 Auch die Zusammensetzung der Paten war oft beeindruckend und steht kaum hinter der von Fürstenkindern zurück. Im Mittelalter noch war die Patenschaft »die flexibelste und verbreitetste Form, sich künstliche Verwandte« zu schaffen.618 Diese ›Verwandtschaft‹ war an bestimmte, jedoch nie genau bestimmte Verhaltenspflichten und -rechte der Beteiligten gebunden. Eltern suchten Paten aus, mit denen sie vor allem sich selbst verbinden wollten: Die konkrete soziale Funktion der Patenschaft hing davon ab, ob sie schon bestehende Verwandtschaften stärken oder neue, ›geistliche‹ Verwandte schaffen sollte. Bindungen wurden zum Beispiel bewusst geschaffen, wenn ein Imperator Pate eines bekehrten Herrschers wurde. Daneben entstanden Patenschaften, um bereits bestehende Bindungen durch Verwandtschaft, Klientel- oder Geschäftsverhältnisse zu intensivieren und zu stabilisieren.619 Auch in der Frühen Neuzeit wurden Patenschaften genutzt, um Beziehungen zu erweitern oder zu vertiefen. Ein Grundkonsens der Forschung zu Patenschaften im Bürgertum und den unteren Schichten zwischen 1600 und 1800 besteht darüber, dass Paten und Patinnen bis zum 19. Jahrhundert eher außerhalb der Verwandtschaft gewählt wurden, wobei sich in den höheren 617 Kiel, Das christgläubige Mohrenland, S. 379, 387, 393. 618 Bernhard Jussen, Lemma »Patenschaft«, in: Lexikon des Mittelalters VI, München/Zürich 1993, Sp. 1779 – 1780, hier Sp. 1779. 619 Ebd.; die Darstellung des Handwörterbuches des deutschen Aberglaubens darf als widerlegt gelten, vgl. Lemma »Gevatter, Pate«, in: Hanns Bächtold-Stäubli (Hg.), Handwörterbuch des deutschen Aberglaubens, Bd. 3, 1930/31 (ND: Berlin/New York 1987), Sp. 789 – 804 (S. 792: »Vor allem aber steht überall die Blutsverwandtschaft im Vordergrund bei der Wahl der Gevatter […]«).
›Kostbare Objekte‹ vs. handelnde Subjekte
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Schichten eine Tendenz zur »geistigen Abschließung«, das heißt zur Abgrenzung von den unteren Schichten abzeichnete. In den einzelnen Fürstentümern wurde immer wieder versucht, die Zahl der Paten zu begrenzen, auch dies sozial gestuft, da Adlige mehr Paten wählen durften als Nichtadlige.620 Im 17. und 18. Jahrhundert wurden bei Konvertitentaufen offensichtlich Ausnahmen gemacht und in diesem Kontext sind häufig Adlige als Patinnen und Paten belegt.621 Die Zahl und der Rang der Taufpaten von bei Hof lebenden ›Mohren‹ und Türken sind oft beeindruckend. Wenn die Herstellung von Patenschaftsbeziehungen bei ›normalen‹ Täuflingen vor allem auf die Interessen der Eltern ausgerichtet war, darf angenommen werden, dass die Übernahme von Patenschaften für schwarze Bedienstete aus dem sozialen Umfeld der Fürsten eine ähnliche Funktion für diese hatte: Auch durch ›Mohren‹ wurden die sozialen Beziehungen der Fürsten gestärkt und intensiviert, selbst wenn Paten aus der Ferne nicht immer in persona anreisten. Die prominenten Paten und Patinnen brachten den Getauften zudem mitunter wirtschaftliche Vorteile. Im Bayreuther Raum war eine Taufgabe in Form von ›Doten-Groschen‹ – ›Paten-Groschen‹ – üblich. Dabei handelte es sich um mitunter speziell für den Anlass der Taufe gefertigte oder an Halsketten getragene Geldstücke unterschiedlichen Werts. Die ›Doten-Groschen‹ wurden oft über Generationen weitervererbt, dienten jedoch auch als Kapitalanlage.622 So bedachten auch einige Fürsten ihre schwarzen Bediensteten mit großzügigen Taufgeschenken, gewährten ihnen zusätzlich zu ihrem Gehalt ›Gnadengelder‹ und engagierten sich für sie in bürokratischen Angelegenheiten. Der 1705 in der Auricher Schlosskapelle auf den Namen Anton Eberhard Friedrich getaufte Mars erhielt als Taufgeschenk einen Betrag von 100 Reichstalern, der jährlich verzinst wurde. In Testamenten werden schwarze Bedienstete wie andere, nahe stehende Dienstboten bedacht. Unverheirateten Frauen wie der Auricher Christine Charlotte wurde mitunter ein Brautgeld zugesichert, so etwa im Testament Christine Charlottes von Ostfriesland, die wahrscheinlich deren Patin war. Die Beträge waren nicht unbeträchtlich. Ein Legat wie das für den Oldenburger Bediensteten Sebastian, das im unbegrenzten, auf die Nachkommen vererbbaren Nutzungsrecht eines Hauses mit Land bestand, war wohl eher die Ausnahme.623 620 Guido Alfani, Geistige Allianzen: Patenschaft als Instrument sozialer Beziehung in Italien und Europa, in: Margareth Lanzinger/Edith Saurer (Hg.), Politiken der Verwandtschaft. Beziehungsnetze, Geschlecht und Recht, Göttingen 2007, S. 25 – 54, hier S. 48 – 50, Zitat S. 53. 621 Friedrich Wilhelm Singer, Geburt und Taufe im Sechsämterland. Dokumentation nach Quellen des 16. bis 20. Jahrhunderts mit besonderer Berücksichtigung der Verhältnisse in der Evang.-Luth. Kirchengemeinde Arzberg, Hof (Saale) 1992, S. 23. 622 Singer, Geburt und Taufe im Sechsämterland, S. 25 – 28. 623 Vgl. Kap. V.4 (Oldenburg).
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Aneignung und Integration an deutschen Fürstenhöfen
Auch die Landgräfin Marie Amalie bedachte in ihrem Testament von 1700 die »von ihr zur Taufe gehaltenen Mohren und Mohrinnen«.624 In vielen Fällen wurden auch die Ausbildungen der Paten finanziert, zum Beispiel die Aufnahme in eine Zunft; in Aurich etwa auch die Reisekosten für das Aufdingen in Groningen.625 Paten sorgten zudem oft für die Ausstattung ihrer Schützlinge mit Schulmaterialien, für Griffelkasten, Schulranzen, Schiefertafel und Zubehör und sie sollten »bei Verheurathungen zu Rathe gezogen« werden. Daher kam den Fürsten nicht nur kraft ihrer Position, sondern auch als Paten eine besondere Rolle im Rahmen der Anbahnung von Ehen zu. Die Gabe von Hochzeitsgeschenken an schwarze Bedienstete kann bisher nicht belegt werden, doch war es unter Einheimischen üblich, das Patenkinder auch zu diesem Anlass bedacht wurden.626 Auch Patenschaften der zweiten Generation kamen vor, wenn die Paten eines Elternteils eine neue Patenschaft für dessen Kinder übernahmen. Die Namensgebung erfolgte in der Regel nach lokaler Diktion: Die Paten suchten die Namen des Täuflings unter ihren eigenen Namen aus. Zugewanderte Menschen verloren dabei oft ihren ursprünglichen Namen oder führten ihn als Familiennamen weiter. Die Praxis der Namensgebung war ähnlich wie die im Zusammenhang mit getauften ›Türken‹ beschriebene.627 Die aus England und Übersee bekannten, bombastischen Namensgebungen wie Hercules oder Cato, die in seltsamem Kontrast zu den tatsächlichen sozialen Positionen ihrer Träger standen, oder die englischen Diminutive – Tom, Jamey, Moll, Nan –, die den Beigeschmack ewiger Kindheit besaßen, oder auch Namen wie Jumper, die mit Farmtieren assoziiert wurden, waren nicht üblich.628 Schwarze Konvertiten erhielten ihre Vornamen nicht, wie im iberischen Raum, aus einem kleinen Repertoire von Heiligennamen und auch die Annahme von Familiennamen unterschied sich von der südeuropäischen Praxis, nach der Sklaven entweder keine oder die Nachnamen ihrer Besitzer erhielten.629 Zwar wurden in den meisten Fällen nur Vornamen vergeben, die denen der Paten entlehnt waren, doch wurde oft einer dieser Namen zum Familiennamen. Gerade im friesischen Raum war es ohnehin Praxis, dass von Generation zu Generation der Vorname des Vaters zum Nachnamen der Kinder wurde. Alles deutet also darauf hin, dass Türken und ›Mohren‹ – gleich welcher 624 625 626 627 628 629
Schäfer, Von »Kammermohren«, »Mohren«-Tambouren und »Ost-Indianern«, S. 39. Vgl. Kap. V.4 (Ostfriesland). Singer, Geburt und Taufe im Sechsämterland, S. 40. Vgl. Kap. V.5. Berlin, From Creole to African, S. 427. Kate Lowe, Introduction: The Black African Presence in Renaissance Europe, in: Thomas F. Earle/Kate Lowe (Hg.), Black Africans in Renaissance Europe, Cambridge et al. 2005, S. 1 – 14, S. 5.
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Hautfarbe – in der Namensgebung anderen Untertanen gleichgestellt waren. Besonderheiten ergaben sich aus der für sie notwendigen Vorbereitung auf den Taufakt und das Taufexamen, zu dessen Zweck der Täufling des Lesens und Schreibens kundig sein musste, um sich mit den ›Grundzügen des Katechismus‹ bekannt zu machen. Diese Alphabetisierung diente demnach nicht der aufklärerischen Absicht zu beweisen, dass schwarze Menschen sich bei gleicher Bildung ähnlich wie weiße entwickelten. Nach den zeitgenössischen Vorstellungen war sie schlicht erforderlich, damit der Täufling (als Subjekt) sich der vollen Tragweite seiner Entscheidung, zum Christentum überzutreten, bewusst werden konnte. Neben religiösen Aspekten, die zu bedenken waren, hatte die Taufe Auswirkungen auf das soziale Leben der Täuflinge, die nun Ehen mit Christen – also den Mitgliedern der ›Mehrheitsgesellschaft‹ – eingehen konnten. Dies ist nicht für alle, aber doch für viele ›Mohren‹ belegt. Dass die Ehepartner und -partnerinnen nicht immer den untersten sozialen Schichten entstammten, zeigen Beispiele wie das Abram P. Gannibals in St. Petersburg, der eine deutsche Adlige aus dem Baltikum heiratete, und das Angelo Solimans, der sich mit der Tochter eines napoleonischen Generals verband. Während für eine Einschätzung der Situation von schwarzen Frauen bisher die Quellen fehlen, sind für die Männer auch Ehen mit Bürgerinnen bekannt. So wurde etwa der Tambour Franz Prinz Dermain 1788 mit der Tochter des ehemaligen Braunschweiger Schauspieldirektors getraut.630
630 Sadji, »Unverbesserlich ausschweifende« oder »brauchbare Subjekte«, S. 46 – 47; Martin, Schwarze Teufel, edle Mohren, S. 148 – 149, sowie die Tabelle im Anhang.
VII Erfahrungen und subjektives Handeln
Das vorige Kapitel stellte einen Versuch dar, die sozialen und kulturellen Rollen von ›Mohren‹ an den Höfen in einem Bedeutungsgeflecht aus wiederkehrenden Symbolen, Zeichen und Ritualen zu lokalisieren.631 Nachdem bis hierher vor allem die Ebene des ›Vorgegebenen‹ – der höfischen Strukturen und Zeichensysteme – behandelt worden ist, verschiebt sich nun die Perspektive auf die Erfahrungen und das Handeln schwarzer Menschen innerhalb dieser Strukturen und Systeme. Dabei wird davon ausgegangen, dass ihre Positionen an den Höfen mit darüber bestimmten, über welche ›Handlungsrepertoires‹ sie zur Durchsetzung eigener Interessen verfügten.632 Zugrunde gelegt wird hier ein Begriff von ›Aneignung‹ seitens schwarzer Akteure, der den Doppelcharakter von Struktur und Handeln widerzuspiegeln sucht, ›Strategien‹ der Disziplinierung und ›Taktiken‹ der Aneignung auch als Formen der Antidisziplin.633 In diesen Strategien und Taktiken spiegeln sich die hierarchischen Gefälle im Verhältnis von ›Herrschenden‹ und ›Beherrschten‹ wider, die zwischen Angehörigen des Adels und ihren schwarzen Dienern bestanden.
VII.1 Vorerfahrungen: Migration – Sklaverei Die ausgewerteten Fragmente der Biografien von Menschen schwarzer oder dunkler Hautfarbe im deutschsprachigen Raum lassen erkennen, dass sie zwar vorwiegend an den Höfen lebten, hier jedoch sehr unterschiedliche Positionen einnahmen. Insgesamt war ihnen insofern wenig gemeinsam: Hinter ihnen lagen unterschiedlichste Erfahrungen in verschiedenen Gesellschaften; allein schon die von ihnen zurückgelegten Routen zeigen, dass sie unter verschiedensten Vorzeichen nach Europa kamen, ausgestattet mit einem je eigenen 631 Geertz, Dichte Beschreibung, S. 9, 46. 632 Füssel, Die Kunst der Schwachen, S. 8 – 9. 633 Michel de Certeau, Kunst des Handelns, Berlin 1988 (Orig. Aug. 1980), S. 89.
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Erfahrungen und subjektives Handeln
›kulturellen Gepäck‹. Da viele Schwarze, besonders seit dem 18. Jahrhundert, über den transatlantischen Sklavenhandel nach Europa verkauft worden waren, bleibt dieser Kontext für eine Einschätzung ihres Selbstverständnisses und ihrer Perspektiven auf die eigene Zukunft zentral: »Moving from one’s traditional society and culture to that of a host area conjures up all types of issues related to identity. For example, a West African taken from his home and enslaved in Jamaica for several years, is then transported to a household in Britain. Who is this person? Is he African, Jamaican, or English? One cannot properly understand the status, condition, or mindset of this individual without recognizing the origins and journeys around the triangle. To be sure, this person’s varied experiences shaped his or her sense of self and worldview.«634
Paul E. Lovejoy, Philip Curtin und andere Sklaverei-Forscher haben aufgezeigt, dass sich hinter der Bezeichnung ›Sklave‹ je nach den sozialen und rechtlichen Kontexten vielfältige Weisen der Abhängigkeit, aber auch Möglichkeiten der Integration verbergen können.635 Der Terminus bindet verschiedenste Formen des Sklavenhandels und besagt zunächst nur, dass als Sklaven bezeichnete Menschen gekauft, verkauft und weiterverkauft werden können. Dieses ›einfache‹ Prinzip des Menschenhandels ist jedoch nicht immer das wichtigste Merkmal von Institutionen sozialer Unterordnung. Die Leibeigenen in Nordeuropa waren zweifellos sozial untergeordnet, doch durften sie in der Regel nur zusammen mit dem Land, das sie bewirtschafteten, transferiert werden. Ehefrauen hatten in vielen Gesellschaften nicht mehr Rechte als Sklaven, aber man konnte sich ihrer nicht ohne weiteres entledigen. Neben dem Moment des Transfers von Sklaven von Besitzer zu Besitzer konnten andere Aspekte wichtig sein, zum Beispiel die konkreten Formen der Arbeitsorganisation, die Rechte des Untergebenen gegenüber seinem Herrn oder seine Chancen auf Freilassung oder sozialen Aufstieg.636 Die Art der Sklaverei, die im südatlantischen Plantagensystem dominant wurde, unterschied sich von der Sklaverei in den meisten Teilen der islamischen Welt ebenso wie von der in Westafrika. Sklaven wurden als Arbeitseinheiten gekauft, in der Regel für die Landarbeit unter ständiger Aufsicht während des gesamten Arbeitstages. In den Zuckerfeldern bedeutete dies Arbeit in Gruppen unter einem mit Befehlsgewalt ausgestatteten Aufseher. Diese streng disziplinierte Gruppenarbeit unterschied sich sowohl von der Hausarbeit, bei der Sklaven auch Mitglieder des Haushalts waren, selbst wenn ihr Status untergeordnet war, als auch von anderen Formen der Landarbeit, die von den Sklaven selbst kontrolliert wurde und aus deren Erlös sie einen Teil an ihren Herrn 634 Wilson, Conceptualizing the African Diaspora, S. 121. 635 Curtin, The Rise and Fall of the Plantation Complex; Lovejoy, Transformations in Slavery. 636 Curtin, The Rise and Fall of the Plantation Complex, S. 40.
Vorerfahrungen: Migration – Sklaverei
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abführen mussten. Alle drei Formen der Arbeitsorganisation existierten in den Amerikas parallel, sodass Sklaverei auch hier nicht überall dasselbe bedeutete. Auch chronologisch überschnitten sich die Phasen des Sklavenhandels in Nordamerika, die als »societies with slaves«, »slave societies« und schließlich als Gesellschaften von »slave and free« beschrieben worden sind.637 Die verschiedenen Systeme von Sklaverei und sozialer Einbindung zeigen, dass der Eintritt von Menschen als Sklaven in neue Gesellschaften zunächst wenig darüber aussagt, welche Möglichkeiten der Integration sich ihnen boten und welcher Mittel sie sich bedienen konnten oder mussten, um in ihnen Akzeptanz zu finden. Umgekehrt waren die aufnehmenden Gesellschaften für Abhängige unterschiedlich akzeptabel und dies hing nicht nur von ihrem rechtlichen Status und der Frage von Freiheit oder Unfreiheit ab. So war die ständische Gesellschaft, in der Schwarze eine Sonderrolle einnahmen, die auf Betonung von Alterität ausgelegt war – wenn diese auch vielfach positiv besetzt war –, in ihrer subjektiven Wahrnehmung möglicherweise weniger attraktiv als die westatlantische Welt, wo sich größere Gruppen von Schwarzen gegen soziale Ausgrenzung solidarisieren und eigene ›Gegenkulturen‹ bilden konnten. So gesehen wäre auch die Bitte der aus St. Thomas stammenden Wittmunder Magd Lydia um Rückkehr nach Westindien durchaus plausibel. Der Umstand, dass sie dorthin für eine doch erkleckliche Summe verkauft wurde, lässt zwar aufhorchen, doch ist aus den genannten Gründen nicht auszuschließen, dass ihr Verkauf auf einem Konsens beider Seiten beruhte.638 Sklaverei in der islamischen Welt, in die Afrikaner ebenfalls gerieten, war wieder anders strukturiert. Sklaven waren nicht reine Arbeitsinstrumente, aber die Institution der Sklaverei besaß ein Fundament in der Religion, die Ungläubige außerhalb des Rechts ansiedelte und die gewaltsame Konvertierung durch Versklavung als legitim betrachtete. Ein Sklave oder eine Sklavin galt als eine Art Mündel des Herrn, der auch seine bzw. ihre Erziehung überwachte, und gehörte zum Haushalt. Sklaven besaßen in etwa den Status von Kindern, doch immer noch den von Menschen. Ihr Status bedeutete nicht ihren »sozialen Tod«.639 Wie auch in Europa war für die religiöse Erziehung von Sklaven und Sklavinnen zu sorgen. Sie galten als untergebene Fremde, denen bestimmte Aufgaben zugewiesen wurden, von denen die meisten Dienstleistungen waren, oft Dienst im Haushalt des Herrn, auch der einer Konkubine oder eines Haremswärters, doch ihre Arbeit war nicht auf schwere Feldarbeit begrenzt. Als Fremde besaßen Sklaven keine Verwandten oder andere soziale Netze in den lokalen Gesell637 Ira Berlin, Many Thousands Gone. The First Two Centuries of Slavery in North America, Cambridge, MA, 1998. 638 Für die Geschichte von Lydia und Carl, die in den 1750er-Jahren mit dem ehemaligen Zuckerrohrpflanzer Heyke Specht nach Wittmund kamen, vgl. Kap. V.1. 639 Vgl. Patterson, Slavery and Social Death.
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Erfahrungen und subjektives Handeln
schaften, weshalb man sie mitunter mit der Autorität ausstattete, unliebsame Maßnahmen auch gegenüber Freien durchzusetzen. Die Sklavenarmeen der islamischen Welt, die Janitscharenkorps im Osmanischen Reich, die Mamelukken in Ägypten oder die schwarzen Elitegarden in Marokko waren so in einer Position, sogar Sultane erheben oder absetzen zu können, da sie reale Machtpositionen innehatten.640 Diejenigen ›Mohren‹, die über das Osmanische Reich nach Zentraleuropa kamen, werden mit diesen islamischen Praxen der Integration von Sklaven und der Statuszuweisung an sie vertraut gewesen sein. Südlich der Sahara, von wo Afrikaner insbesondere bis zum Ende des 17. Jahrhunderts auf direktem Wege nach Europa kamen, war die Position von Sklaven ähnlich, wenngleich lokal unterschiedlich ausgeprägt. Der Nordrand der westafrikanischen Savanne war im 15. Jahrhundert überwiegend islamisch und stellte eine Übergangsform zwischen dem Norden des Kontinents und dem Rest von Afrika dar. Da das Grundproblem in Westafrika in seiner Unterbevölkerung bestand, besaß das Land als solches wenig Wert, wenn es keine Menschen gab, um es zu bearbeiten. Eine Verwandten- oder andere Gemeinschaft konnte ihre Macht und ihren Wohlstand nur durch zusätzliche Menschen vermehren und der einfachste Weg war es, Sklaven zu erwerben. Die Besitzer von Sklaven mussten diese allerdings in Verwandtenpositionen hinein assimilieren, wenn auch zunächst, bis zur Aufnahme des Sklaven in die Gemeinschaft, in untergeordnete. Mitunter wurden sie jedoch noch in derselben Generation frei und stiegen in angesehene Positionen auf.641 Einige westafrikanische Sklaven wurden Befehlshaber von Armeen oder Palastdiener nach islamischem Vorbild. Viele Frauen waren Konkubinen oder Ehefrauen. Andere taten Feldarbeit, teils unter Anweisung, teils selbstständig als eine Art Pächter. Vollkommen rechtlos waren Sklaven, die sich in der Phase des Handels befanden. Für einige Monate lebte jeder Sklave in dieser extremen Form der totalen Abhängigkeit, bis er von seinem Besitzer oder einem Kaufmann verkauft wurde. Von da an versuchte der neue Besitzer, den Neuankömmling in das neue Umfeld einzugliedern. Wenn der Sklave seine neue Position akzeptierte, wurde er mit der Zeit Mitglied der neuen Gemeinschaft und stand unter dem Schutz ihrer Gesetze. Er konnte weiterverkauft werden, doch war dies oft auch für die übrigen Mitglieder der Gemeinschaft möglich, etwa in Hungerszeiten. Nach vollzogener Eingliederung in die Gemeinschaft war ein Sklave weitaus wertvoller für die Gemeinschaft als ein eben gefangener, weil er integriert war.642 Die Vergangenheit der ›Mohren‹ im deutschsprachigen Raum konnte deshalb 640 Curtin, The Rise and Fall of the Plantation Complex, S. 41 – 42. 641 Ebd. 642 Ebd.; Igor Kopytoff, African Slavery as an Institution of Marginality, in: Suzanne Miers/Igor Kapytoff, Slavery in Africa. Historical and Anthropological Perspectives, Madison 1977, S. 3 – 81.
Vorerfahrungen: Migration – Sklaverei
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sehr unterschiedlich sein, wie das Beispiel von zwei etwa gleichzeitig am Stuttgarter Hof lebenden Männern zeigt. Der ›Kammermohr‹ Ludwig Wilhelm Weiss (um 1701 bis nach 1726), der aus Madagaskar wahrscheinlich über die Niederlande nach Stuttgart kam, und der zwischen 1715 und 1722 in Stuttgart nachweisbare Pauker Wilhelm Samson (auch Damson bzw. Tamson) aus Großbritannien waren gewissermaßen Kollegen. Samson hatte zuvor offenbar länger in England gelebt, da er angab, dort verheiratet zu sein, und wird älter gewesen sein. Ludwig Wilhelm Weiss dagegen wird bereits als Elfjähriger in den Stuttgarter Hofreglements geführt. Er wird fließend deutsch gesprochen haben, während Samson, der als Kind zunächst nach England gekommen war, sich wahrscheinlich freier im Englischen bewegte. Hinter ihnen lagen also sehr verschiedene persönliche Erfahrungen und allein der Umstand, dass beide später an einem Hof lebten, wird sie vielleicht nicht mehr miteinander verbunden haben als mit ihrem deutschen Umfeld. Beide heirateten später einheimische Frauen, 1718 zunächst Wilhelm Samson und einige Zeit später, im Jahr 1724, auch Weiss. Doch wenngleich schwarze Menschen an den Höfen des deutschsprachigen Raums oft wenig gemeinsam hatten und unterschiedlichste Erfahrungen mitbrachten, lassen sich Hinweise auf Gemeinschaften finden. So deutet am Stuttgarter Hof, an dem besonders zwischen Mitte des 17. und Mitte des 18. Jahrhunderts mehrere Schwarze gleichzeitig lebten, die gegenseitige Übernahme von Patenschaften untereinander auf Prozesse einer Community-Bildung: So wurden in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts der Pauker Eberhard Wilhelm (1721) und der bereits erwähnte ›Kammermohr‹ Wilhelm Samson (1727) Paten je eines Sohnes des Trompeters Dominicus Joseph Deacosta.643 Die Hinweise auf bestehende oder sich entwickelnde communities unter Schwarzen mehren sich gegen Ende des 18. Jahrhunderts, besonders unter den bereits als Gruppe nach Deutschland gekommenen afro-amerikanischen Soldaten und Musikern der hessischen und braunschweigischen Truppen, von denen einige ihre Familien mitbrachten.644
643 Zu Eberhard Wilhelm: Pfeilsticker, Neues württembergisches Dienerbuch, Bd. I, § 291; Monika Firla, Afrikanische Pauker und Trompeter am württembergischen Herzogshof im 17. und 18. Jahrhundert, in: Musik in Baden-Württemberg 3, 1996, S. 11 – 41, S. 31 – 34; zu Wilhelm Samson: Dies., Samuel Urlsperger und zwei ›Mohren‹ (Anonymus und Wilhelm Samson) am württembergischen Herzogshof, in: Blätter für württembergische Kirchengeschichte 97, Stuttgart 1997, S. 83 – 97, hier S. 89 – 96. 644 Zum Beispiel stand 1789 und 1791 der ›Kammermohr‹ und Tambour Adrian Pate bei den beiden ältesten Töchtern des Tambours Bill, vgl. Kittel, Mohren als Hofbediente und Soldaten, S. 96 – 97. Weitere Beispiele finden sich in der Tabelle im Anhang dieser Arbeit.
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Erfahrungen und subjektives Handeln
VII.2 Soziale Einbindung und Konflikte Trotz der Versuche einer umfassenden Einbindung von ›Mohren‹ in die ständische Gesellschaft durch Rituale der Integration wie die Taufe ist eine ganze Reihe von Fällen bekannt, die sich als ›widerständisches‹ Verhalten deuten lassen. Unter den in der Tabelle im Anhang geführten 380 Menschen, die sich zwischen 1600 und 1800 im Reich aufhielten, zeigen sich zwar verschiedene Formen des Widerstands, doch nehmen sie erst im Verlauf des 18. Jahrhunderts deutlich zu. So lässt sich unter anderem die Entscheidung zur Rückkehr in die Heimat als Zeichen von Unzufriedenheit deuten, wobei nur zu dem wohl bekanntesten Afrikaner im Alten Reich, dem Philosophen Anton Wilhelm Amo, der in den 1730er- und 1740er-Jahren seine akademische Position an den Universitäten von Halle und Jena zu festigen gesucht hatte, ein gesichertes Wissen darüber besteht, dass er Mitte des Jahrhunderts aus freier Entscheidung in seine Heimat im heutigen Ghana zurückkehrte. Für Anfang des 19. Jahrhunderts ist die Rückkehr des Weimarer Bediensteten Mensa Bast an die Goldküste belegt.645 Gleichfalls belegt ist der Fall eines ›Kammermohren‹, Selim Schwartz, der sich im Jahr 1780 in der Fulda das Leben nahm, ohne einen Abschiedsbrief zu hinterlassen.646 Der an anderer Stelle bereits erwähnte Fall eines »erkauften Mohrs«, der im Jahr 1780 vor preußischen Gerichten auf Freilassung klagte, ist ebenfalls als sicheres Indiz von Unzufriedenheit zu deuten.647 1795 forderte ein schwarzer Diener des Geheimrats Franz von Borries vor Gericht Entlohnung648 und ebenfalls in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts suchten sich mehrere schwarze Militärmusiker – insbesondere einige der mit den braunschweigischen und hessischen Truppen nach Deutschland gekommenen Afro-Amerikaner – der strengen Disziplin des Soldatenlebens durch Desertion zu entziehen.649 Der Lakai August Wilhelm Peter veließ im Jahr 1770 zeitweilig seine feste Stellung am Hof des braunschweigischen Herzogs Carl I., um anderweitig eine bessere Anstellung zu suchen.650 Immer wieder finden sich in den Rechnungsbüchern der Höfe auch kurze Meldungen über die Auszahlung von kleineren Reisegeldern oder Almosen an dienstsuchende ›Mohren‹, was ebenfalls als Hinweis auf eine 645 Martin, Schwarze Teufel, edle Mohren, S. 154; zur Geschichte von Mensa Bast vgl. auch ebd., S. 134 – 136. Mensa Bast ist in der Tabelle nicht geführt, da seine Gegenwart in Weimar vor 1800 nicht belegt ist. Das Thema Remigration wird im folgenden Kapitel VII.3 detaillierter aufgegriffen. 646 Ebd., S. 154. 647 Ebd., S. 133 – 134. 648 Ebd., S. 137; zur Geschichte des laut Kaufbrief 1765 in London gekauften »Mohren Yonga« vgl. S. 131, 424 (Anm. 303 u. 304). 649 Ebd., S. 153. 650 Kittel, Mohren als Hofbediente und Soldaten, S. 87 – 88.
Soziale Einbindung und Konflikte
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strukturelle Benachteiligung von schwarzen Menschen gedeutet werden kann. Gleichzeitig zeichnen sich mehr oder weniger effektive Möglichkeiten des Handelns ab, etwa durch Petitionen an die Fürsten, wenn Sparmaßnahmen die eigene Stellung gefährdeten, und Verhandlungen über bessere Entlohnung. Dies war insbesondere nach Verheiratung oder der Geburt von Kindern üblich.651 Die Integration in das neue höfische Umfeld gestaltete sich unterschiedlich. Wenngleich sie oft gelungen zu sein scheint, gab es auch konflikthaftes Verhalten, das durch die besondere Beziehung zu und Abhängigkeit von den Fürsten mit bedingt war. Auch dies zeigt sich im Kontext der Heiraten bzw. der besonderen rechtlichen Voraussetzungen für sie, etwa, wenn es um den Ehekonsens ging. Dieser wurde unter normalen Umständen von den Eltern der Brautleute erteilt. Da es für die außerhalb Europas Geborenen in der Regel nicht möglich war, das schriftliche oder mündliche Einverständnis der Eltern nachzuweisen, waren sie auf eine Heiratsgenehmigung der Fürsten angewiesen. Wie die Regionalstudien von Ingeborg Kittel, Wolfram Schäfer und Monika Firla zeigen, wurde die Genehmigung allerdings in der Regel erteilt. Hier spielte offenbar eine Rolle, ob sich die Betroffenen länger an einem Hof und in seinen Netzwerken bewegt hatten. In Fällen, in denen eine Person von sich aus die Anstellung wechselte und an einen anderen Hof ging, scheint das Genehmigungsverfahren problematischer gewesen zu sein. So hatte der 1786 an den Braunschweig-Wolfenbütteler Hof gekommene Samuel Ramsey, »welcher ehemals in dem Königl. dänischen Gefolge hier gewesen und sich mit einer Person aus Königslutter, Johanne Cathrine Pickerts ehelich versprochen«, wohl Schwierigkeiten, den Konsens zu bekommen. In den Kirchenbüchern von Braunschweig und Königslutter hat sich ein entsprechender Traueintrag nicht gefunden.652 Die beachtliche Mobilität Ramseys zwischen dänischen, französischen, russischen und deutschen Höfen deutet einerseits darauf, dass er nicht an einen Ort und eine ›Herrschaft‹ gebunden war. Andererseits konnte er keine engeren Bindungen an einen Fürsten nutzen, der sich andernorts oft auch über das übliche Maß hinaus für die Interessen seiner schwarzen Dienerschaft einsetzte. So sind an den Höfen von Stuttgart und Bayreuth einige Fälle belegt, in denen die Fürsten ihre schwarzen Diener und Dienerinnen auch im Hinblick auf uneheliche Kinder unterstützten, die andernfalls zum Ausschluss aus den Zünften oder zur Verweigerung der Heiratserlaubnis geführt hätten.653 Ramsey hat mit seinem Ansuchen die auch sonst vielfach erwähnte Möglichkeit genutzt, sich durch Bittschriften direkt an die Landesherren zu wenden. 651 Ebd., S. 157 – 161. 652 Kittel, Mohren als Hofbediente und Soldaten, S. 94. 653 Vgl. Kap. V.4.
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Erfahrungen und subjektives Handeln
Besonders für den Braunschweig-Wolfenbütteler Hof haben sich eine Reihe von Bittschriften erhalten, die zum einen davon zeugen, dass in bestimmten Situationen schwarze Bedienstete mit ihrer ökonomischen Situation unzufrieden waren, insbesondere, wenn Kinder geboren wurden, die zu versorgen waren, oder nach Entlassungen infolge von Personalreduktionen. Zum anderen stellen sie eine Form von Interessenvertretung dar, die an die Erwartung der Erreichbarkeit von Zielen gebunden ist. Hätte sie von den Fürsten eine unüberbrückbare Distanz getrennt, so hätte man die Bitten nicht formulieren müssen. Doch waren sie nicht immer erfolgreich, mitunter wurden Bitten abgewiesen. Die Geschichte des Braunschweiger Paukers Carl zeigt die Wechselhaftigkeit der Beziehungen schwarzer Bediensteter zu den Fürsten: Nachdem er zwei Jahre in die Schule gegangen war, wurde er im April 1759 in Blankenburg am Harz getauft. Sein Taufpate war Herzog Carl I., der sich vertreten ließ. Etwas später gibt der Herzog die folgende Anweisung: »Es ist ein Mohr angekommen, der in Blankenburg getauft wurde und confirmirt ist; er hat Lust zum Paucken, als lasse er besorgen, daß er das paucken lerne, und besorge [er] ihm eine schlechte gelbe Livre¦ mit einem Bund auf dem Kopfe, […] auch ist zu sorgen daß er in gute Hände komme und nicht aus[ge]schimpft [werde]; es ist jemand aufzugeben, der Acht auf ihn habe.«654 Carl bat 1762 um eine Gehaltszulage und wurde den übrigen Trompetern und Paukern gleichgestellt. Statt vorher 100 erhielt er nun 124 Reichstaler jährlich. Im Jahr 1766 ersuchte er um freie Wohnung oder einen Zuschuss zur Hausmiete, da er, so das Hofmarschallamt, »fürgestellet, daß er vor denjenigen Preiß kein Quartier bekommen könne, wofür Landes Eingebohrne solches erhielten«.655 1769 zieht er dann mit seinem Paukerkollegen Pauli und dem Lakaien Peter in das Kavaliershaus ein. Allerdings war diesem Umzug die Pensionierung aller drei mit einem Wartegeld von 60 Reichstalern jährlich vorausgegangen. Mehrfach wandte sich Carl mit Bittschreiben an den Herzog, mehrfach mit dem Ansuchen, eine Beihilfe zur Kleidung zu bekommen. Ob er auf die Patenschaft des Herzogs anspielte, wenn er in einem Gesuch vom Mai 1669 schreibt: »Ich nehme solcher Halb meine alleruntherthänigste Zuflucht zu Ew. Herzogl. Durchl., flehe dieselben fußfällig wollen die Hohe Gnade haben, und für den armen Africaner von Dero miltigkeit etwas zufließen lassen, weil ich weder Vatter noch Mutter, die sich meiner annehmen, so bin ich eine verlaßne Wayse, und weiß mich auch nirgendt hinzuwenden, als zu Ew. Herzogl. Durchlaucht, welche ich in diesem zeitlichen für meinen größten Vatter verehre.«656
654 Kittel, Mohren als Hofbediente und Soldaten, S. 90. 655 Ebd., S. 91. 656 Ebd.
Soziale Einbindung und Konflikte
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Nun erhielt er 15 Reichstaler aus der Armenkasse und auf erneute Bitte auch seine alte Livree zurück. 1771 erhalten sowohl Carl als auch Pauli neue Kleider. Endlich wurde er Ostern 1775 wieder bei Hof angestellt, nun allerdings als Lakai. Ab 1783 und bis 1802 war er Pedell bei der Geheimen Kanzlei. Er heiratete zweimal, zuerst, fünf Jahre nach seiner Wiedereinstellung, die Tochter eines pensionierten Sergeanten, Juliane Ernestine Henriette Breymann, mit der er sechs Kinder hatte, von denen jedoch nur ein Sohn heranwuchs. Nach dem Tod seiner ersten Frau heiratete er 1798 Johanne Henriette Elisabeth Jahnsen, die Tochter eines Musketiers, mit der er bereits ein vierjähriges Kind hatte. Ob die Eheschließung auf Betreiben des Herzogs zustande kam, ist nicht überliefert. Jedenfalls blieb Carl bis zu seinem Tod 1802 Pedell in der Geheimen Kanzlei.657 Der Pauker, Lakai und Pedell in braunschweigischen Diensten Carl hat ohne Frage in einem starken Abhängigkeitsverhältnis zur herzoglichen Familie gestanden, doch zeigt seine Geschichte auch, dass es für ihn Möglichkeiten des Appells gab. Die Pflicht der Fürsten zur Übernahme von Verantwortung konnte durchaus auch in subtiler Weise für die eigenen Interessen genutzt werden. So nutzte am Bückeberger Hof des Grafen Wilhelm zu Schaumburg-Lippe ein AfroAmerikaner offenbar den Missionierungsgedanken des Fürsten für eigene Zwecke. Im Jahr 1751 kam im Alter von etwa 25 Jahren der Arbeit suchende AfroAmerikaner Alexander Arends bzw. Arens über Holland und den Kasseler Hof nach Bückeburg. Dieser hatte, nachdem der Graf kein Interesse zeigte, ihn zu beschäftigen, und sogar ein Reisegeld ausgezahlt worden war, um ihn zur Weiterreise zu bewegen, um Vorbereitung auf die Taufe gebeten. Dies war ihm offenbar nicht auszuschlagen, denn in der Folge wurde sein Lebensunterhalt bis zu seiner Taufe insgesamt neun Jahre finanziert, ohne dass in dieser Zeit eine Beschäftigung bei Hofe nachweisbar ist. Auch ein Geldgeschenk von 15 Reichstalern, aus denen er seine Schulden bezahlen sollte, »damit er sich mit dem übrigen von hier weg begeben könne«, führte nicht zu seinem Wegzug. So erhielt er zunächst wöchentlich einen Gulden, später einen Reichstaler aus der Armenkasse sowie immer wieder Geld für Kleidung und anderes. Er wurde zu dem angesehenen schwarzen Lakaien George Dominicus und dessen deutscher Frau in Kost und Logis gegeben.658 Als man ihn nach dem Tod von George Dominicus und Übersiedlung von dessen Witwe in das Hofhospital bei dem Hofopfermann unterzubringen versuchte, berichtet der Superintendent Ledderhose im November 1757 entrüstet: »Er ist aber halsstarrig und sagt mir ins
657 Ebd., S. 92 – 93. 658 Über George Dominicus finden sich genauere Angaben bei Schäfer, Von »Kammermohren«, »Mohren«-Tambouren und »Ost-Indianern«, S. 39. Anlässlich seiner Eheschließung mit der Försterstochter Anna Dorothea Weber wird er als ehelicher Sohn des »Georgii Caspari, Einwohner zu Sanct Paul in Africa« bezeichnet.
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Erfahrungen und subjektives Handeln
Gesicht, er wolte es nicht.«659 In diesem Jahr beliefen sich die für Arends aus dem Stadt- und Hofkirchenkasten insgesamt aufgebrachten Kosten bereits auf 430 Reichstaler bzw. 60 Reichstaler.660 Alexanders Status in Bückeburg, wo er vom Landgrafen ausdrücklich nicht in den Hofdienst aufgenommen wurde, ist ungeklärt. Dem Hofstaat gehörte er bis 1760/61 formal nicht an. Sein Wegzug war ursprünglich daran gescheitert, dass Arends an den Pocken erkrankte und auf Unterstützung angewiesen war. Beim zweiten Versuch bat er um religiöse Unterweisung, was ihm offenbar nicht ausgeschlagen werden konnte. Zur Taufe selbst kam es jedoch erst im April 1760, da der Täufling nach Aussagen des Stadtkirchenkastenmeisters im Jahre 1759 »ein solch stupides Ingenium [habe] daß er im geringsten nichts begreifen kann«.661 Entgegen Darstellungen, in denen ›Mohren‹ in dieser Zeit eher als passive Spielbälle ihrer Herrschaft beschrieben werden,662 hat demnach Arends mehrfach ausdrücklich Paroli geboten. Aus Not – oder doch aus ›Eigensinn‹ im Sinne des Historikers Alf Lüdke? –, bewegte sich Arends in Bückeberg über Jahre in einem Verhältnis der Abhängigkeit, ohne sich dadurch zu etwas zwingen zu lassen. Silke Wagener-Fimpel, die seinen Fall 2002 in einem Aufsatz aufgegriffen hat, legt eine solche Deutung nahe, wenn sie an die Vorwürfe erinnert, »die gelegentlich bei Judentaufen überliefert sind. Auch hier hieß es, dass die Täuflinge häufig den Unterricht, der mit einer gesicherten Versorgung einherging, möglichst in die Länge zu ziehen suchten.«663 Die Verantwortung, welche die Fürsten für das Seelenheil ihrer Untertanen übernahmen und die sie als Zeichen von Herrschaft wahrnahmen, wurde zu einem taktischen Instrument der »Schwachen«: Das Prestige, welches – wie die öffentlich zelebrierten ›Proselytentaufen‹ ›in volkreicher Versammlung‹ zeigen – die Rettung des Seelenheils von ›Heiden‹ für die Fürsten mit sich brachte, wurde verweigert oder dauernd nur in Aussicht gestellt. Jenseits solcher Formen der subversiven Aneignung bzw. Umkehrung von Praxen der höfischen Repräsentation hat sich die Mehrzahl der schwarzen Be659 Ebd., S. 57. 660 Der Fall Alexander Arends’ wird bei mehreren Autoren angesprochen, am detailliertesten bei Wagener-Fimpel, Mohren in Schaumburg-Lippe, S. 124, vgl. auch Schäfer, Von »Kammermohren«, »Mohren«-Tambouren und »Ost-Indianern«, S. 39, 47; Sadji, »Unverbesserlich ausschweifende« oder »brauchbare Subjekte«, S. 48; Martin, Schwarze Teufel, edle Mohren, S. 141, 158, 160, 176 – 177. 661 Wagener-Fimpel, Mohren in Schaumburg-Lippe, S. 126. 662 Bedeutung und Nutzen der akribisch zusammen getragenen Quellensammlung zur Präsenz von Menschen afrikanischer Herkunft in Deutschland, die Peter Martin 1993 erstmals veröffentlicht hat, verdienen in keiner Weise geschmälert zu werden. Der vorliegende Aufsatz wendet sich jedoch gegen die Kategorisierung von Menschen afrikanischer Herkunft im deutschsprachigen Raum als Sklaven, vgl. Martin, Schwarze Teufel, edle Mohren, passim. 663 Wagener-Fimpel, Mohren in Schaumburg-Lippe, S. 125.
Anbindung an die afrikanische Diaspora und Remigration
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diensteten innerhalb eines Handlungsrahmens bewegt, in dem sie sich eher offener Mittel sozialer Integration bedienten. Ihre Ehen mit Einheimischen und ihre Aufnahme in die Zünfte zeigen, dass der Durchsetzung ihrer Interessen nicht immer Widerstände entgegengebracht wurden. Die Zahl der Ehen und Zunftzugehörigkeiten bestätigt damit auch, dass ihre Integration nicht die Ausnahme von ihrem ansonsten als Regel zu verstehenden Objektstatus gesehen werden kann.664 Es besteht daher kein Anlass anzunehmen, dass sich die »Schicksalsgenossen von [Anton Wilhelm] Amo, [Mensa] Bast und August Wilhelm Peters in der Regel in ihr Los [fügten]«,665 jedenfalls nicht in dieser defensiven Form. Nach dieser Diktion wären etwa Petitionen, da sie für einen Mangel stehen, Ausdruck von Benachteiligung, nicht Ausdruck selbstbestimmten Handelns. Auch Fälle von beruflichem oder privatem Erfolg wirken aus dieser Perspektive zufällig, da die letzte Entscheidung bei den Mächtigeren liegt. In der frühneuzeitlichen Ständegesellschaft sind Hierarchien jedoch allgegenwärtig und die Wirksamkeit von Petitionen zeigt, dass auch scheinbar Subalterne Zugriff auf Ressourcen hatten. So wies Maria Diedrich vor einiger Zeit darauf hin, dass den Heiratswünschen der mit den hessischen Truppen nach Kassel gekommenen Afro-Amerikaner immer stattgegeben wurde, während der Ehekonsens des Landgrafen von Hessen-Kassel anderen (weißen) Soldaten der hessischen Truppen in vielen Fällen wegen »Ungleichheit der Geburt oder des Standes« abgelehnt wurden.666
VII.3 Anbindung an die afrikanische Diaspora und Remigration Mit den oben bereits erwähnten Namen Amo, Bast, Peters und Ramsey sind Fälle angesprochen, in denen Schwarze bewusst in ihre Heimat zurückkehrten oder auf eigenen Wunsch anderweitig Anstellung suchten. Im Anschluss an diese Möglichkeit freier Mobilität sei eine weitere, mögliche Perspektive angedacht, die bisher nur für zwei Fälle angenommen wurde, sich jedoch auch in der Überlieferung zu der Wittmunder Magd Lydia abzeichnet: Remigration nach Afrika oder Amerika findet sich in mehreren Quellen direkt oder indirekt angesprochen, und die belegten Fälle von Flucht können ebenfalls als Versuche gedeutet werden, auf irgendeine Weise in die Heimat zurückzukehren. Direkte Fluchtversuche scheinen jedoch eher selten gewesen zu sein, während sich De664 So auch Firla, AfrikanerInnen und ihre Nachkommen, S. 15 – 16; Häberlein, »Mohren«, ständische Gesellschaft und atlantische Welt, S. 89 – 90. 665 Sadji, »Unverbesserlich ausschweifende« oder »brauchbare Subjekte«, S. 49. 666 Maria I. Diedrich, Kasseler Mohren – Kasseler Neger : Silenced Narratives of the African Diaspora in Germany, Keynote auf der Konferenz ›Black Diaspora and Germany Across the Centuries‹ im März 2009, Washington, D. C.
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Erfahrungen und subjektives Handeln
sertionen aus dem Armeedienst gegen Ende des 18. Jahrhunderts häuften.667 Einvernehmliche Lösungen scheinen durchaus möglich gewesen zu sein: So berichtet die 1739 verfasste Lindauische Prediger- und Schulhistorie des M. Bonaventura Riesch von dem Trompeter Christian Real, er habe am Stuttgarter Hof »nicht bleiben wollen«. Er sei dem Lindauer Joß Kramer, der ihn in S¼o Tom¦ gekauft und nach Lindau mitgebracht hatte, »nach und wieder mit ihm in Guinea gezogen«.668 Real ist in Württemberg von 1657 bis zum Tod Herzog Eberhards III. im Jahr 1674 nachweisbar.669 Da Kramer bereits 1662 verstorben war, ist die Möglichkeit auszuschließen, dass Real mit diesem zusammen nach Guinea zurückgekehrt ist. Wenn jedoch Riesch 65 Jahre nach dem Verschwinden Reals aus Stuttgart die Information über seine Rückkehr nach Afrika durch »orale Tradition«670 erhalten haben will, dann mag diese zwar verzerrt, jedoch im Kern durchaus wahr sein. Tatsächlich stellt sich auch in anderen Fällen die Frage, was mit den an den Höfen teils über Jahre nachweisbaren Schwarzen geschah, deren Namen plötzlich aus den Rechnungsbüchern und Hofordnungen verschwinden, ohne jedoch in den Sterberegistern nachweisbar zu sein. Hier ist natürlich immer zuerst an den Wechsel an einen anderen Hof oder anderweitige Anstellung innerhalb Europas zu denken. Doch war gerade Christian Real als Trompeter eine auffällige Erscheinung. Es ist daher nicht undenkbar, dass er Europa nach dem Tod des Herzogs verließ. Dazu brauchte er weder Erlaubnis noch Begleitung. Er hatte über Jahre gutes Gehalt bezogen, war unverheiratet und sprach offenbar mehrere Sprachen neben dem Deutschen. Zu diesen Sprachen gehörte neben dem Portugiesischen, da er zuerst an Portugiesen, auch das Holländische, da er danach an Niederländer verkauft worden war, mithin zwei der wichtigsten Sprachen des transatlantischen Handels. Einen Anstoß, in diese Richtung weiterzuforschen, bietet auch der Bericht des brandenburgischen Majors Otto Friedrich von der Groeben (1657 – 1728), der im Auftrag der Brandenburgisch-Afrikanischen Kompanie 1682 von Glückstadt an die Goldküste reiste: Ihm seien auf seiner Reise Schwarze begegnet, die zuvor an Höfen in Europa gelebt hatten. Von der Groeben war der Sohn eines brandenburgischen Generals, der sich im ostpreußischen Marienwerder niedergelassen hatte. Vom »Großen Kurfürsten« Friedrich Wilhelm von Brandenburg wurde er für eine Expedition ausgewählt, bei der ein im Mai 1681 getroffenes Übereinkommen mit drei »Caboceern«, afrikanischen Adligen an der Gold667 Vgl. die Fälle von Flucht und Desertion in der Tabelle im Anhang: Avanturie in Schwerin (Nr. 313), Desertionen in Braunschweig, Kassel und Maastricht (Nr. 76, 143, 145, 161, 180, 200, 217, 128, 229, 244, 146) mit den entsprechenden bibliografischen Verweisen. 668 Lindauische Prediger- und Schulhistorie des M. Bonaventura Riesch, StAL Lit 16: 169 Anm. b, zit. n. Firla/Forkl, Afrikaner und Africana, S. 185 (Anm. 34). 669 Ebd., S. 149. 670 Ebd., S. 185 (Anm. 34).
Anbindung an die afrikanische Diaspora und Remigration
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küste, bestätigt werden sollte.671 Zwei Schiffe segelten unter seinem Kommando mit der Aufgabe, Vorbereitungen bezüglich der Errichtung einer Festung an der Goldküste zu treffen. Von der Groeben hatte unter anderem Anweisung, ein »gut Journal« zu führen.672 Im Juli 1682 reiste er von Glückstadt ab, wohin er im Juli 1683 zurückkehrte.673 Die Guineische Reisebeschreibung, die unter anderem auf dem für die Kompanie geführten Journal beruht, bildet die zweite Hälfte der Memoiren von der Groebens, die er 1694 privat veröffentlichte. Von der Goldküste berichtet er : »Was die Liebe des Vaterlands wircken kann habe ich füglich an den wilden Africanern abnehmen können; Dann ich an verschiedenen Orten viel Mohren gefunden, so in die 10. Jahre bey den Europäeern in der vornehmsten Leute Häuser, (gleich denen ansehnlichsten Hausgenossen) nicht ohne die gröste Freyheit und Herren-Gnade gelebet, jedoch sich wieder in ihr Vaterland begeben, und das wüste, ja armseelige Africanische Leben der Europaeischen Wollust vorgezogen. Als ich die Ursache von ihnen zu wissen begehrete, ward geantwortet: Ein Mensch, der sich mit Wenigem behelffen könne, sey der Reicheste und Vergnügteste; In Europa müssen sie von ihren Freunden entfernet leben, vor Essen und Trincken sorgen, da sie hergegen in ihrem Lande bey ihren Verwandten seyn, die Scham mit einem von Biesem geflochtenen Lappen bedecken, mit einem Trunck Wasser und Hand-voll Milie, wie die vergnüglichsten und reichesten Leute der Welt leben können. Die Warheit zu bekennen, muß ich ihnen Beyfall geben, und schließlich sagen; Die jenigen seyn die Glückseeligsten, quorum natura paucis contenta (deren Natur sich mit Wenigem begnüget).«674 Adam Jones, der den Bericht in seine 1985 veröffentlichten Brandenburg Sources for West African History aufnahm, merkt zu der Passage kritisch an, es sei eher unwahrscheinlich, dass von der Groeben viele ›Mohren‹ getroffen habe, 671 Seine erste große Reise (1675 – 1682) führte durch Zentraleuropa und Italien zum Mittelmeer und Mittleren Osten und auf dem Rückweg durch Frankreich, England und die Niederlande. Über diese Reise hat er 1694 eine Beschreibung veröffentlicht, [Otto Friedrich von der Groeben], Orientalische Reisebeschreibung des Brandenburgischen Pilgers Otto Friederich von der Gröben, Marienwerder [1694]. 672 Zentrales Staatsarchiv Merseburg, Dokumente der Brandenburg-preussischen Regierung, die Brandenburgisch-Afrikanische Kompanie betreffend, Repositur 65.8, 18. Mai 1682, zit. n. Jones, Brandenburg Sources, S. 218 – 219 (Dokument 4). Unter anderem enthalten die Instruktionen an von der Groeben eine Anweisung, »daß er für hundert Ducaten Cargaison kauffen, einlegen, und verhandlen, jedoch nicht mehr als 5 6 junge Mohren von 8 bis 16 Jahren herausbringen möge«, vgl. ebd. 673 Danach wurde er, wie zuvor sein Vater, Amtsleiter von Marienwerder und Riesenburg und nahm 1686 an der venezianischen Kampagne gegen die Türken auf der Halbinsel Morea teil; er trat in die polnische Armee ein, in der er den Rang eines Generalmajors erreichte. Im Jahre 1728 starb er in Marienwerder, vgl. Jones, Brandenburg Sources, S. 20 – 21 (Anm. 1). 674 Von der Groeben, Guineische Reisebeschreibung, in: Jones, Brandenburg Sources, S. 234 – 235.
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Erfahrungen und subjektives Handeln
da die ›Hofmohren‹ erst im 18. Jahrhundert ein verbreitetes Phänomen in Nordeuropa geworden seien. Die Quellen, die in den letzten zwanzig Jahren zur Gegenwart von Schwarzen im nord- und zentraleuropäischen Raum zutage gefördert wurden, bestätigen jedoch, dass es auch vor dem starken Anstieg der schwarzen Dienerschaft an den Höfen im Verlauf des 18. Jahrhunderts bereits seit Mitte des 17. Jahrhunderts eine größere Anzahl gegeben hat als zunächst angenommen. Die guinesische Reisebeschreibung basierte auf zwei Quellen: dem gut Journal675 und dem etwa siebzig Jahre früher von Dierick Ruiters veröffentlichten Toortse der Zee-Vaart.676 Dass die Begegnung mit den aus Europa zurückgekehrten Schwarzen eine reine Erfindung von der Groebens war, erscheint unwahrscheinlich; die Gründe, die ihn dazu hätten veranlassen können, sind nicht recht einsichtig. Zwar neigte er in seinem Bericht dazu, seine eigene Rolle für das brandenburgische Unternehmen ein wenig überzubetonen, doch ist hier kein Zusammenhang mit der zitierten Episode erkennbar. Da er seinen Bericht selbst publizierte, musste er im Gegensatz zu den Passagen über Afrika gerade bezüglich der aus Europa rückmigrierten ›Mohren‹ davon ausgehen, dass seine Leser mit dem Phänomen der ›Mohren‹ in adligen und großbürgerlichen Haushalten vertraut waren: Indem er von vielen Rückkehrern spricht, legt er nahe, dass Schwarze an den europäischen Höfen keine Ausnahmeerscheinung waren. Denkbar ist daher, dass die Rückkehr von Schwarzen, die an europäischen Adelshöfen gelebt hatten, nach Afrika keine Ausnahmeerscheinung war, die nur für Anton Wilhelm Amo in der Mitte des 18. und Mensa Bast Anfang des 19. Jahrhunderts eine Option darstellte. Für das ›Verschwinden‹ von Christian Real aus den Stuttgarter Archiven nach dem Tod des Württembergischen Herzogs sind durchaus andere Gründe denkbar, unter anderem die Vermutung von Monika Firla, dass »ein zur Beisetzung Eberhard III. in Stuttgart weilender
675 Jones, Brandenburg Sources, S. 218 – 219 (Dokument 4). 676 Dierick Ruiters, Toortse der Zee-Vaart, Vlissingen 1623 (Neudruck hg. v. S. P. l’Honor¦ Naber, Den Haag 1913), Literaturangabe nach Jones, Brandenburg Sources, S. 23 (Anm. 1). Von der Groeben kopierte vieles aus Ruiters, in einem Maße, dass er in seine Beschreibung von Sierra Leone Passagen aus Ruiters Beschreibung des Senegal einfügte. Diese eindeutigen Plagiate sind im Abdruck des Berichts bei Jones nicht enhalten. Eine holländische Version der guinesischen Reisebeschreibung erschien 1707, doch danach geriet es bis zum Ende des 19. Jahrhunderts in Vergessenheit. Wahrscheinlich im Jahr 1907 wurde in Leipzig ein Faksimile-Neudruck mit einem Nachwort von C. Grotewold und drei Fotografien aufgelegt. Zwei andere Versionen erschienen in Leipzig und Köln wahrscheinlich in den Jahren 1913 und 1942. Im Jahre 1700 veröffentlichte von der Groeben seine Memoiren nochmals in Versform. Er hatte darin die gesamte Geschichte in ein romantisches Epos mit einem Helden namens Bergone (ein Anagramm von »Groeben«) umgearbeitet, vgl. ebd., S. 23 (Anm. 1).
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Potentat [ihn] ›vom Fleck weg‹ für seinen Hof« verpflichtete.677 Doch ist in der Diskussion um die afrikanische Diaspora im frühneuzeitlichen Europa die Möglichkeit einer Rückkehr nach Afrika oder in die Neue Welt mangels Belegen bisher nicht weiter verfolgt worden. Da die Forschung zur frühneuzeitlichen afrikanischen Diaspora in Europa noch ganz in den Anfängen steht, sind viele Möglichkeiten der Suche noch nicht ausgeschöpft. Möglicherweise können afrikanische Archive oder mündliche Überlieferungen Auskunft über die weiteren Lebenswege von Schwarzen geben, die vormals in Europa lebten. Ihr ›Verschwinden‹ aus den Hofarchiven wäre dann nicht nur ihrer Mobilität zwischen den Höfen geschuldet, die sich auch in der Zusammenführung von Biografiefragmenten in dieser Arbeit gezeigt hat, sondern auch durch Rückmigration zu erklären. Dabei zeigen im Gegensatz zu Lydia die Quellen über Christian Real, dass dieser in den 17 Jahren bis 1674 gut in die Stuttgarter Gesellschaft integriert war und dies offenbar nicht nur, weil er als zünftig organisierter Trompeter und Angehöriger des Hofes über Status verfügte, sondern auch, weil er als Mensch wertgeschätzt wurde.678
VII.4 Transatlantische Austauschprozesse Auf transatlantische Wechselwirkungen der Wahrnehmung von schwarzen Menschen hat in einem unlängst erschienenen Aufsatz auch Mark Häberlein hingewiesen. Er führt aus, dass »Deutsche die ganze frühe Neuzeit hindurch als Kaufleute, Siedler, Angestellte überseeischer Handelsgesellschaften und Missionare mit dem Phänomen der atlantischen Sklaverei konfrontiert« waren.679 Diese Einbindung habe sich nicht nur darin manifestiert, dass Schwarze nach Zentraleuropa gebracht worden seien, sondern auch im transatlantischen Austausch über Bilder von Schwarzen und über die Sklaverei:680 »In Korrespondenzen zwischen Mitteleuropa und der Neuen Welt lassen sich sowohl Vorstellungen über Schwarze finden, die vom Bild des ›Mohren‹ in der ständischen Gesellschaft des Alten Reiches geprägt sind, als auch Rückwirkungen der amerikanischen Sklaverei auf Mitteleuropa.«681
An einigen Beispielen zeigt Häberlein auf, wie in den Briefen von deutschsprachigen Sklavenhaltern das Bild des ›Mohren‹ selbst dann evoziert wird,
677 678 679 680 681
Firla/Forkl, Afrikaner und Africana, S. 163. Ebd., S. 153 – 163, bes. S. 162. Häberlein, »Mohren«, ständische Gesellschaft und atlantische Welt, S. 93. Vgl. dazu ausführlicher Kap. II.4. Häberlein, »Mohren«, ständische Gesellschaft und atlantische Welt, S. 98.
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Erfahrungen und subjektives Handeln
wenn der Begriff ›Neger‹ verwendet wird, so ein ehemaliger Landeshauptmann des Kantons Appenzell, der ausführt, er »besitze nun eine weitläufige Haushaltung, verschiedene gute und bequeme Häuser, Scheuern, Hütten, Magazine von Landesprodukten und Handelswaaren, Knechte, Mägde, Neger, Roß und Vieh; wohne an einem erhöheten gesunden Platz, und gebiete wie ein Fürst über eine Strecke urbaren Landes, das über eine Stunde lang und halb so breit ist.«
Auch die im deutschsprachigen Raum stets wichtige Frage des Seelenheils der Schwarzen findet Erwähnung: »Neben dem bemühen wir uns auch, die Neger in den christlichen Wahrheiten zu unterrichten und sie nährer mit uns zu verbinden, welches nicht ohne Segen geblieben ist.«682 Die Übertragung überkommener europäischer Verhaltensweisen im Umgang mit dem Gesinde auf die Behandlung von Sklaven in den englischen Kolonien Nordamerikas hat Anfang der 1990er-Jahre bereits Karl-Tilman Winkler untersucht. Er stellte fest, dass »die Struktur der beiden Arbeitsverhältnisse [Sklavenarbeit und Gesindearbeit] durch ein gemeinsames Muster von Autorität und Abhängigkeit geprägt wurde«.683 Das Bild, das der oben erwähnte Schweizer in seinem Brief zeichnet, geht darüber noch hinaus, wenn durch die Beiläufigkeit, mit der er ›Neger‹ erwähnt, vor den Augen seiner zentraleuropäischen Leser das Bild ›hochfürstlicher Mohren‹ entsteht. Sowohl bei in den nordamerikanischen Kolonien tätigen Missionaren, den halleschen Pietisten und der Herrnhuter Brüdergemeine, als auch bei deutschsprachigen Siedlern stellt Häberlein eine zunehmende Akzeptanz der Sklaverei fest: »Für die meisten Deutschen in der Neuen Welt stellte die Sklaverei kein prinzipielles moralisches Problem dar, doch die Praxis der Sklavenhaltung beschränkte sich in den meisten Fällen auf den Besitz weniger Schwarzer, die – wie die ›Mohren‹ – eher die Funktion von Dienern und Statussymbolen hatten.«
Allerdings, mit der Zeit »gelangten deutsche Lutheraner und Herrnhuter zu der Auffassung, dass Schwarze als Mitchristen behandelt werden und zugleich Sklaven bleiben konnten.«684 Die von Häberlein beobachteten Rückwirkungen des europäischen Bildes von ›Mohren‹ auf die nordamerikanischen Kolonien zeigen einerseits, dass diese nicht nur marginale Erscheinungen in den Vorstellungen von Zentraleuropäern darstellten, sondern dass ihre Anwesenheit 682 Zitate ebd., S. 99. Tobler hatte 1736 eine Gruppe Schweizer Auswanderer nach South Carolina geführt und später den Brief geschrieben. 683 Karl-Tilman Winkler, »My People«: Sklaven als Gesinde, in: Frühsorge/Gruenter/Wolff Metternich (Hg.), Gesinde im 18. Jahrhundert, S. 281 – 307, hier S. 307. 684 Beide Zitate nach Häberlein, »Mohren«, ständische Gesellschaft und atlantische Welt, S. 102.
Transatlantische Austauschprozesse
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und Rolle an den Höfen sozialgeschichtliche Folgen in einem transatlantischen Kontext hatten. Wechselwirkungen sind dabei auch im Hinblick auf Übertragungen des westatlantischen Sklavenbildes auf zentraleuropäische Verhältnisse zu vermuten. Sie deuten sich auf einer terminologischen Ebene durch die sukzessive Übernahme des Begriffs ›Neger‹ aus dem franko- und anglophonen Raum an.685
685 Vgl. Kap. III.1.
VIII Konklusion und Forschungsausblick
In der Einleitung zu dieser Arbeit wurde die 2004 formulierte Arbeitshypothese des Mainzer Forschungsprogramms Black European Studies (BEST) zitiert, nach der die Geschichte von schwarzen Menschen in Europa grundlegende Gemeinsamkeiten mit der Frage des für die amerikanische ›schwarze‹ Geschichte zentralen transatlantischen Sklavenhandels aufweise. Sie sei damit entscheidend durch die Entwicklungen des Kolonialismus bestimmt gewesen.686 Vor dem Hintergrund der gesammelten Daten und Einzelstudien ergibt sich für den zentraleuropäisch-deutschsprachigen Raum des 17. und 18. Jahrhunderts ein facettenreiches Bild: Eine Anbindung an die vielfältigen Herkunftsregionen von ›Mohren‹ und den transatlantischen Sklavenhandel bestand vor allem über Handels- und Sklavenschiffe dänischer, holländischer und englischer Kaufleute und Reeder sowie der Brandenburgisch-Afrikanischen Kompanie mit Basis im norddeutschen Emden. Die meisten Schwarzen kamen entsprechend als Sklaven nach Deutschland, wo sie in der Tat auch verschenkt und verschickt wurden. Den Grad ihrer Unfreiheit und Abhängigkeit im Verhältnis zu den Mitgliedern der übrigen Gesellschaft und für den gesamten deutschsprachigen Raum zu bestimmen, gestaltet sich nicht nur angesichts der lückenhaften Quellenlage als schwierig: Zum einen war das Rechtssystem des Alten Reichs ein System von abgestuften Rechten, Freiheiten und Privilegien. Als ein auf der Basis von Herkommen, Tradition und Konsens hierarchisch strukturierter Verband beruhte es wesentlich auf Ungleichheit und besaß kein einheitliches gleiches Reichsbürgerrecht. Zum anderen unterschied sich abgesehen davon die Rechtslage in den verschiedenen halbsouveränen Territorien des Alten Reichs. Insgesamt betrachtet, ist im Vergleich zu den nordamerikanischen Gesellschaften dennoch von einer grundsätzlich anderen Wahrnehmung und anderen Möglichkeiten des Handelns auszugehen: Eine quantitative Evaluation der 686 Homepage des Mainzer Zentrums für Black European Studies (BEST), siehe URL: http:// www.best.uni-mainz.de [Stand: 12. 06. 2013]; Zusatz im Zitat in eckigen Klammern von d. Verf.
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Konklusion und Forschungsausblick
Daten ihrer Präsenz zeigt, dass sie in Zentraleuropa mehrheitlich in der Welt der Eliten anzutreffen waren. Viele waren in bürgerlichen Haushalten in Diensten, doch mehr als drei Viertel von ihnen lebte an den Adels- und Fürstenhöfen des Alten Reichs. Hier war die Rolle des ›Hofmohren‹ – verglichen mit anderen wie der des ›Hofjuden‹ oder auch des ›Hofnarren‹ – weniger statisch als zunächst angenommen, sondern differenziert nach den Positionen, die sie im Rahmen der regulären höfischen Hierarchien innehatten, vom Günstling (Hannover, Wien) über den Kammerdiener (Wolfenbüttel, Mecklenburg) – einer Position, die prinzipiell Adligen vorbehalten war – über Positionen in der Verwaltung (Berleburg) und als Hof- und Militärmusiker bis hinunter zum Gärtnergesellen oder Garderobenmädchen. Über die Praxis des Taufens, die als konstitutives Element ihrer Integration in die Ständegesellschaft gelten kann, und Patenschaften waren sie in soziale Netzwerke eingebunden, die sich in ihren weiteren Lebensgeschichten als sozial wirksam erwiesen. Viele waren gut ausgebildet und wurden ihrer Position entsprechend entlohnt. Viele der – meist männlichen – ›Hofmohren‹ heirateten einheimische Frauen; ihre sozialen Netzwerke blieben auch für die Nachkommen wichtig. Das europäische Denken der Frühen Neuzeit war eines in religiösen Kontexten. Hautfarbe wurde wahrgenommen, aber Fremdheit definierte sich nicht primär über sie, sondern über die (fehlende) Teilhabe am Christentum. Hautfarbe als Marker von Suprematie bzw. prinzipieller Unterlegenheit scheint sich in Europa ungleichzeitig verbreitet zu haben. Während auf der Sklaverei praktizierenden Iberischen Halbinsel bereits im 15. Jahrhundert Diskurse über die ›limpieza de sangre‹ (›Reinheit des Blutes‹) aufkamen, stellte dunkle Hautfarbe in den nördlicheren Regionen lange Zeit eher ein exotisches Merkmal dar, das vielleicht ambivalent, jedoch nicht eindeutig negativ bewertet wurde. Der Frühneuzeithistoriker Paul Münch sieht in der Identifizierung von Menschen als Schwarze, Gelbe, Rote oder Weiße ein Ergebnis der Rationalisierungstheorien des 18. Jahrhunderts: »Obwohl es im Laufe der Geschichte zur immer stärkeren Diffamierung der Mohren und dunkelfarbigen Völker kam, stand bis weit in die Neuzeit hinein die Farbe ›Schwarz‹ im Abendland keineswegs ausschließlich für die teuflischen, die Christenheit bedrohenden Mächte. Der Dreikönigskult dokumentiert mit der Integration des schwarzen Caspar eine Tradition der Wertschätzung, die sich in der Verehrung von dunkelhäutigen Märtyrern, allen voran des heiligen Gereon und des heiligen Mauritius […], vielfach fortsetzt. Die fromme Anrufung schwarzer Madonnen an über zweihundert heiligen Stätten der katholischen Welt – von Einsiedeln, Altötting bis nach Loreto und Tschenstochau – legt Zeugnis ab vom versteckten Weiterleben eines partiell unverkrampften Verhältnisses zur dunklen Hautfarbe […].«687 687 Münch, Wie aus Menschen Weiße, Schwarze, Gelbe und Rote wurden, S. 86 – 97, hier S. 90.
Konklusion und Forschungsausblick
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Die Ergebnisse der vorliegenden Studie stützen dies mit Einschränkungen. Hinsichtlich der Debatte um das von Edward Sad beschriebene Phänomen der Abwertung des Orients durch europäisches »aneignendes Schreiben« stützen sie die mit Münch weitgehend übereinstimmende These Jürgen Osterhammels, dass sich die eigentliche Wende in der Wahrnehmung der außereuropäischen Welt erst etwa am Ende des 18. Jahrhunderts vollzogen habe. Bis dahin sei eine inklusive Form von Europazentrismus für das europäische Denken prägend gewesen, nach dem in Europa entstandene Kulturwerte und Leistungen zwar Universalität beanspruchten, jedoch die Möglichkeit nicht ausschlossen, dass nichteuropäische Völker diese übernehmen und in ihnen die Europäer sogar überragen könnten.688 Kulturelle und religiöse Unterschiede zum trikontinentalen Osmanischen Reich wurden wahrgenommen, aber sie konstituierten sich nicht als ein »ganz Anderes«, sondern waren aus europäischer Sicht eher ein »graduell Anderes«,689 was gerade in den Praxen der höfischen Herrschaftsrepräsentation zum Ausdruck kam: In Europa wie im Osmanischen Reich präsentierte sich bis etwa Mitte des 18. Jahrhunderts »der Staat als Theater«. Weiße Mitglieder des fürstlichen Hofstaates waren dabei nicht weniger Teil der Inszenierung als schwarze. Andererseits hatte der zunehmende Kontakt mit der außereuropäischen Welt – Kolonialismus – das kulturelle und politische Ressourcenpotenzial der europäischen Fürstenhäuser seit dem 16. Jahrhundert grundlegend verändert. Durch die je nach Fürstenhaus variierenden Möglichkeiten des Zugriffs auf exotische Waren, aber auch auf Menschen, profitierten die Fürstenhäuser von den kolonialen Entwicklungen in Übersee. Schwarze Menschen kamen vermehrt auch nach Zentraleuropa – oder wurden unfreiwillig dorthin gebracht –, wo sie als Teil des Hofstaats von Adligen und Fürsten Reichtum, Pracht und Weltläufigkeit symbolisierten und so zum standesgemäßen Auftreten europäischer Fürsten beitrugen. In der an Zahl und innerer Differenzierung wachsenden europäischen Fürstengesellschaft schliff sich das Prestige, das die Anwesenheit von ›Mohren‹ den Höfen verschaffte, offenbar bis in das 18. Jahrhundert hinein nicht ab: Gerade den auf Repräsentation bedachten preußischen Regimentern verliehen sie ein zusätzliches Prestige. Die deutschen Höfe waren europaweit vernetzt und definierten sich zunehmend europäisch. Entsprechend zeigen sich in diesem Milieu europaweit ähnliche Strukturen in den Biografien von schwarzen Menschen. Ihre individuellen Lebenswege weisen durch erzwungene Migration und Trennung von den Herkunftsfamilien meist im ersten und zweiten Lebensjahrzehnt Zäsuren auf. Sie sind geprägt von einer enormen Mobilität, die sie über transkontinentale geo688 Vgl. Osterhammel, Die mentale Abschließung Europas, S. 173 – 174. 689 Ebd., S. 175.
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grafische Räume nach Europa brachte. Die damit verbundenen Erfahrungen von Versklavung, gestuften Abhängigkeitsverhältnissen und dem Herausreißen aus familiären Zusammenhängen wird bei einigen psychische Spuren hinterlassen haben. Manche Menschen haben den Atlantik mehrmals überquert und mussten sich mehrfach in neue Verhältnisse einfinden. Diese Einordnung in die jeweils bestehenden Verhältnisse forderte ihnen große Anpassungsleistungen ab. Ab der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts mehren sich Hinweise auf Arbeit suchende ›Mohren‹. Bis dahin war ihre Wahrnehmung vor allem geprägt durch die höfische Welt und die – diese nachahmenden – bürgerlichen Eliten. Sie mögen von hier parziell auf andere Gesellschaftsschichten ausgestrahlt haben, doch wurden die Sichtweisen der höfischen Kultur nicht überall angenommen. Neben den ausgesprochen positiven Zuschreibungen an Schwarze in diesem Milieu, ihrer ›Poetisierung‹, sind in anderen Teilen der Bevölkerung durchaus Ressentiments spürbar, etwa, wenn es für den Pauker Carl in Braunschweig schwierig wurde, eine adäquate Wohnung zu einem annehmbaren Preis zu finden. Solche Ressentiments sind im Untersuchungsraum besonders seit der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts häufiger belegt. Gleichzeitig stiegen aber einige der bei Hof angestellten Schwarzen in höhere Positionen auf und einige erwarben die Rechte von Bürgern. Weitere Untersuchungen in synchroner und diachroner Perspektive könnten differenzierter Aufschluss geben etwa über schichtenspezifische Unterschiede der Wahrnehmung und Entwicklungsverläufe des im 19. Jahrhundert manifest werdenden Rassismus gegenüber Menschen schwarzer oder dunkler Hautfarbe.690 Die Netzwerke des Handels und der Höfe waren zunächst nur an wenigen Punkten, vor allem über die von Königen und Fürsten mit ins Leben gerufenen oder von ihnen unterstützten Handelskompanien miteinander verbunden. Das Prestige von ›Mohren‹ beruhte auf dem weitgehend exklusiven Zugriff auf die überseeischen oder südeuropäischen Sklavenmärkte, oft vermittelt über weitläufige Kanäle.691 Ihre relative Seltenheit in Zentraleuropa prägte das Verhältnis des Adels zu ihnen. Auf einer symbolischen Ebene glichen sie dabei zunächst durchaus den Objekten der parallel entstehenden und ebenfalls Prestige generierenden Kuriositätenkabinette. Auf dieser Ebene stärkten Bedienstete dunkler Hautfarbe oder orientalischer Herkunft – zu denen in ähnlichen Positionen auch ›Türken‹ gehörten – die Netzwerke innerhalb des Adels: Einerseits durch ihre Vermittlung als ›Geschenke‹ von Hof zu Hof, andererseits durch ihre Gegenwart 690 Bei Martin, insbesondere im Kapitel Nicht Sklaven, nicht frei, finden sich viele Beispiele, die allerdings nicht in chronologischer Folge erscheinen und auch nicht immer nach Gesellschaftsschichten unterscheiden, sodass der Eindruck entsteht, Ressentiments gegenüber Schwarzen seien über den gesamten Zeitraum des 17. und 18. Jahrhunderts gesellschaftsübergreifend gleich dominant gewesen, Martin, Schwarze Teufel, edle Mohren, S. 129 – 181. 691 Vgl. Kap. II.2.
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bei höfischen Anlässen, bei denen – auch auf Reisen als Gefolge – ein repräsentativer Hofstaat anwesend war, drittens aber auch durch Patenschaften als Strategien der sozialen Vernetzung oder der Stärkung von bereits bestehenden Netzwerken auch zwischen den adligen Paten, die oft miteinander verwandt waren. In dem in dieser Arbeit untersuchten Adelsnetzwerk der Cirksena erfolgte der Austausch von ›Mohren‹ vor allem über die weiblichen Verwandtschaftslinien – zwischen Dresden und Bayreuth, Stuttgart und Bayreuth, Bayreuth und Aurich, Aurich und Kopenhagen, Kopenhagen und Kassel. Aus einer modernisierungstheoretischen und europäischen Perspektive waren schwarze Menschen so – oft unfreiwillig – beteiligt an der seit dem Ende des Dreißigjährigen Krieges verstärkt einsetzenden Europäisierung des Adels.692 Das Bild des ›Mohren‹ als ›edler Mohr‹ an den Höfen war geprägt durch antike und biblische Vorbilder, die bis weit in das 18. Jahrhundert hinein eine symbolische Bedeutung besaßen. Bis in das 19. Jahrhundert hinein imaginierten Taufpredigten biblische Bilder der Zugehörigkeit von Afrikanern zum Christentum, während im transatlantischen Raum seitens der Sklavenhändler und -halter diese Zugehörigkeit immer mehr infrage gestellt und beschränkt wurde. Nach den religiösen – katholischen wie protestantischen – Vorstellungen im zentraleuropäischen Raum umfasste die Genealogie Noahs prinzipiell alle Völker der Erde, auch wenn einige in das Heidentum zurückgefallen waren. Die Farbe der Haut wird in den Taufpredigten als ›Werk Gottes‹ oder ›zufällig‹ beschrieben, der Seelenzustand von ›Heiden‹ dem des ungetauften Kindes christlicher Eltern gleichgesetzt; eine biologistische Determiniertheit qua Geburt wird ausdrücklich ausgeschlossen: »der Mensch wird durch die Tauff zu einem Christen gemacht/nicht von seinen Eltern zu einem Christen geboren«, so der Prediger Fussenegger anlässlich der Taufe Christian Reals.693 Die Taufe war damit das Initiationsritual, das Integration – vor allem die Eheschließung mit Einheimischen und spätere Integration von Kindern – erst ermöglichte. Das Verhältnis Europas zum Osmanischen Reich ist in zweierlei Hinsicht von Bedeutung für die Forschung zu schwarzen Menschen im deutschen Raum. Zum einen deutet sich in den Biografien von ›Hofmohren‹ an, dass sie in vielerlei Hinsicht den ebenfalls an den Höfen teils prominent vertretenen Türken gleichgestellt waren. Die in Kapitel VI. dargestellten Praktiken von Aneignung und Integration – Darstellung in Fürstenporträts, Taufen und Übernahme von Patenschaften durch die Fürsten, Möglichkeiten der Eheschließung mit Einheimischen – waren nahezu identisch. Zum anderen verweisen trotz oder vielleicht gerade wegen der Auseinandersetzung mit den militärisch lange überlegenen Osmanen die Attribute von ›Mohren‹ an den Höfen, etwa ihre turkisie692 Asch, Ständische Stellung und Selbstverständnis, S. 24 – 25. 693 Fussenegger, MohrenTauff, E ii.
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rende Kleidung, auf Einflüsse, die von der osmanischen Herrschaftsrepräsentation ausgingen oder mit ihr assoziiert wurden. Europäische Gesandte haben die Empfänge an orientalischen Höfen mit Blick auf Prachtentfaltung und Feinheiten des Protokolls beschrieben. Sie übten keine grundsätzliche Kritik an den Ritualen und ließen sich in sie einbeziehen. Osmanische Techniken des höfischen Zeremoniells wurden in Europa registriert und rezipiert; man interessierte sich für Asien und in den besseren Gelehrten- oder Fürstenbibliotheken bildeten die Reiseberichte über Asien große Abteilungen.694 Erst mit der allmählichen Machtverschiebung zwischen Europa und dem Orient und dem sukzessiven Verschwinden der aufwändigen höfischen Repräsentationskultur in Europa begann man die orientalischen Zeremonien als fremd wahrzunehmen. Im 19. Jahrhundert verengte sich die Wahrnehmung hin zu jenem von Sad beschriebenen Orientalismus, der nach Osterhammel Ausdruck eines spezifisch modernen, zunehmend rassistischen, »exklusiven Europazentrismus« war.695 Dieser zeigt sich in den Vorstellungen von geschlossenen ›Kulturkreisen‹ oder ›Zivilisationen‹, die das 19. Jahrhundert hervorbrachte. Der Wandel in der Wahrnehmung des Orients, mit dem auch ›Mohren‹ assoziiert wurden, der Bedeutungsverlust der höfischen Repräsentationskultur in Europa und die zunehmende Wahrnehmung einer europäischen Führungsrolle im kolonialen Weltgeschehen haben sicher zum Niedergang des Ansehens von Schwarzen in Zentraleuropa beigetragen. Die entscheidenden Impulse kamen dabei zweifellos aus dem transatlantischen Sklavenhandel. Angesichts der von Anfang an starken symbolischen Überformung als ›Mohren‹ – dargestellt in identitätsstiftenden Wappen des Adels und der Kaufmannschaft und in biblischen Szenen der bildenden Kunst bis hin zu ihrer Präsenz an den Höfen – wäre vor allem eine dezidiertere Untersuchung des Verhältnisses von Bild- und Textquellen wünschenswert. Anzunehmen ist, dass sich Wahrnehmungsänderungen im Verlauf von mehreren Jahrhunderten aus kleineren Akzentverschiebungen ergaben. Vor dem Hintergrund der in dieser Arbeit untersuchten Aspekte ihrer Gegenwart an den Höfen deutet sich eine Entwicklung an, in deren Verlauf kulturelle Bilder, die aus einem älteren Symbolvorrat kamen, sukzessive umgedeutet wurden, etwa die Dreikönigsdarstellungen und späteren Pagendarstellungen in den Fürstenbildnissen, die in nur leichter Abwandlung zum Symbol der kolonialen Aneignung Afrikas durch die westlichen Gesellschaften wurden.696 An diesem Beispiel ließe sich insbesondere 694 Dies zeigt auch die Untersuchung von Almut Höfert zu den europäischen Beschreibungskategorien, die seit dem 15. und 16. Jahrhundert nicht nur auf die osmanische Kultur angewendet wurden, sondern auf alle – europäischen wie nichteuropäischen – Lebensformen, vgl. Höfert, Den Feind beschreiben, S. 313 – 321. 695 Osterhammel, Die mentale Abschließung Europas, S. 175, 184. 696 So etwa der ›Sarotti-Mohr‹. Für die 1920er- und 1930er-Jahre hat Hans-Jürgen Lüsebrink
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untersuchen, auf welche Weise und durch welche konkreten Bedingungen sich um die Wende zum 19. Jahrhundert der Wandel von eher inklusiven Darstellungen schwarzer oder dunkelhäutigen Menschen im Rahmen der Elitenkultur des Ancien R¦gime zu Ikonen eines gesellschaftsübergreifenden Kolonialismus ›für jedermann‹ vollzog.
einen solchen Umdeutungsprozess beschrieben, in dessen Verlauf afro-französische Soldaten neu bewertet wurden. Ursprünglich nach positiven Beschreibungsmustern der »ob¦issance aveugle« und der »aggressivit¦ inne¦« des »penchant mat¦riel pour la guerre« beschrieben, begannen eben diese Merkmale im Zuge der deutschen Kampagne gegen die ›Schwarze Schande‹ radikal entgegengesetzte Bedeutungsdimensionen anzunehmen: In der kolonialen Anthropologie Vorkriegsfrankreichs tendenziell positiv besetzte Charaktermerkmale wurden in der nachkriegsdeutschen Öffentlichkeit zu Zeichen barbarischer Wildheit. Hans-Jürgen Lüsebrink, »Tirailleurs S¦n¦galais« und »Schwarze Schande«. Verlaufsformen und Konsequenzen einer deutsch-französischen Auseinandersetzung (1910 – 1926), in: Janos Riesz/Joachim Schultz (Hg.), »Tirailleurs S¦n¦galais«: Zur bildlichen und literarischen Darstellung afrikanischer Soldaten im Dienste Frankreichs, Frankfurt a. M. 1989, S. 61.
IX Bibliografie
IX.1 Unpublizierte Quellen697 Niedersächsisches Landesarchiv – Staatsarchiv Aurich (NLA StA A) [Rescriptum an den Oberrentmeister Teepken, die jährliche Verzinsung des Patengeschenks für den getauften Mohren Anton Eberhard Friedrich betreffend, 1705] Rep. 4 A III a Nr. 1 »Der fürstl. ostfriesische Hofstaat und seine Einrichtung. Hofhaltungsreglements. 17./18. Jh.« Rep. 4 A III a Nr. 4 »Zivilreglement von 1694 – 1737« Rep. 4 A III b Nr. 6 »Hofrechnungen. 1682« Rep. 4 A III b Nr. 14 »Quittungen zu Hofrechnungen, 1702 – 1705« Rep. 4 A III Nr. 22 »Rechnungen aus der Zeit der Fürstin Christine Charlotte über allerlei Luxusanschaffungen sowie einige dazugehörige Briefe, 1685 – 90« Rep 4 A III b Nr. 37 »Rechnung über die jährlichen Handgelder des Erbprinzen Karl Edzard, 1732 – 1733« Rep. 4 B III a 20 »Verzeichnis der ostfriesischen Staatsbehörden und fürstlichen Hofämter sowie deren Beamte« Rep. 241 Msc A 43 »Tagbuch vom fürstlichen Hofe zu Aurich vom 1. Jan. 1731 bis zum 11. Mai 1733« Rep. 248 Nr. 93 Taufregister der lutherischen Gemeinde Aurich Rep. 4 A II b 113
697 Für Hinweise auf Quellen in den folgenden Archiven danke ich Rashid-Sascha Pegah: Brandenburg-Preußisches Hausarchiv ; Hessisches Hauptstaatsarchiv Wiesbaden; Archiv der Hessischen Hausstiftung, Schloss Fasanerie, Eichenzell; Bayerisches Staatsarchiv Bamberg; Stadtarchiv Bayreuth; Fürstlich Öttingen-Wallerstein’sches Archiv, Schloss Harburg, Harburg (Schwab.); Archiv der Grafen und Freiherren von Seckendorff, Obernzenn, Blaues Schloss; Universitätsbibliothek Bayreuth. Für Hinweise auf Bestände der Universitätsbibliothek Dresden, Handschriftenabteilung, und des Archivs der Evangelischen Kirche der Kirchenprovinz Sachsen danke ich Markus Cottin, für den Hinweis auf den Bestand Rep. 262 – 4 Nr. 5864 des Niedersächsischen Landesarchivs – Staatsarchivs Oldenburg bin ich Wiard Hinrichs verpflichtet.
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Bibliografie
Dep. 4: Innhausen und zu Knyphausen III h, 27 [Rechnung an Freifrau von Knyphausen]
Lambertikirche Aurich Kirchenbuch Schlossgemeinde 1716 – 1820 Microfiche Nr. 1108 »Christian Georg Carl Wilhelm« (Taufeintrag unter dem 16. April 1733)
Niedersächsisches Landesarchiv – Staatsarchiv Oldenburg (NLA StA Ol) Best. 20 – 3 Nr. 1317 »Testament der Elisabeth Gräfin von Weißenwolf vom 22. Jan. 1664 nebst Kodizill vom 20. Nov. 1672, Originale und Abschrift« Best. 20 – 3 Nr. 1295 »Acta enthaltend einige Stücke, betr. die Hofhaltung zu Varel von 1656 – 1657« Best. 120 Nr. 1039 »Quittungen 1663 – 1692« Rep. 262 – 4 Nr. 5864 »Heinrich Conrad Wolff: Nachricht von weyl. Oheim Heyke Specht«
Landesarchiv Staatsarchiv Braunschweig (NLA StA Bs) HIX:256 »Beständiges Andenken der Redlichkeit des Weyland Hoch-Fürstl. CammerDieners Rudolph Mohrens«
Geheimes Staatsarchiv Preußischer Kulturbesitz (GStA PK) Brandenburg-Preußisches Hausarchiv (BPH) Rep. 43: Markgrafen von Brandenburg-Bayreuth (jüngere Linie) II J. Nr. 340 »W. von Forstner an Markgraf Christian Ernst zu Brandenburg-CulmbachBayreuth« II B. Nr. 3 »Taffel und Tisch ordnung Beym HochFürstl: Brandenburg: hoffstadt Zu Bayreuth d 5 Nov : 1707« II B. Nr. 6a »Taffel und Tisch Ordnung Beym Hochfürstlichen Brandenburgischen Hoffstadt Zu Bayreuth den Marty 1708« (nach einer Abschrift von 1857)
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Unpublizierte Quellen
Archiv der Evangelischen Kirche der Kirchenprovinz Sachsen Kirchenbuch der Evangelischen Schloß- und Domgemeinde Merseburg, Taufen, Jahrgang 1690
Hessisches Hauptstaatsarchiv Wiesbaden (HHStAW) Abt. 131, R 97 »Cammer Rechnung De Anno 1721« (Item 495) Abt. 131, R 291 »No. 495« (30. Januar 1722)
Archiv der Hessischen Hausstiftung, Schloss Fasanerie, Eichenzell Landgraf Carl von Hessen Karton II. »Journal Landgraf Carls von Hessen 1687 – 1691«
Archiv der Grafen und Freiherren von Seckendorff, Obernzenn, Blaues Schloss Akten Nr. 60 »Journale meiner seeligen Mutter«
Universitätsbibliothek Dresden, Handschriftenabteilung K 95, 96 »Carl August Just, Leben und Regierung Christian (I.) des aelteren Hertzogs zu Sachsen«, 1735, [2 Bde. kl. fol. (30 x 20), ca. 1800 S.], Transkription: Rolf Walker, Bad Dürrenberg
Bayerisches Staatsarchiv Bamberg KDK – Hofkammer Bayreuth Rep. C 9 II Nr. 203, Prod. 22
Rep. C 9 IV Nr. 1652 Rep. C 9 IV Nr. 1654
»S:r HochFürstl. Durchl: deß jzt regierenden Herre Marggrafens Brandenburg Beyreuth […] dermahlige Hofstadt, bestehet in nachfolgenden Persohne als Bedienten« (undatiert, verm. 1712/13) »Specification der Persohne so Jn der Trauer gekleidet und waß ein Jed weder bekomen alß […]« [Akten über den Tod des Markgrafen Christian Ernst zu Brandenburg-Culmbach-Bayreuth (1644 – 1712) und die Beisetzung, darin: »Attestirte Zettels Zur trauer«]: »Verzeichnüs. Dererjenigen Hoffstaats Bedienten, so allenfalls zu entbehren« (nicht fol., 21. Mai 1712)
256 Rep. C 9 IV Nr. 1654 Rep. C 9 IV Nr. 1654 Rep. C 9 IV Nr. 1858
Bibliografie
»Einnahm: und Außgab Aller Trauer Kleider und andern Wahren […]« (fol. 6, 15. August 1712) »Frauen Persohnen Bey Ihro HochFürstl: Durchl: Frauen Marggraffin« (fol. 32, 12. August 1712) »Nro: 33. Dienstags den 16:tenAug: 1707 Mittags Uff die HochFürstl:e Taffel, ufm Brandenb.«
Neuverz. Akten Bayreuth (BT) Nr. 676 »Taffel und Tisch Ordnung. Beym Hochfürstl: Brandenb. Hoffstaadt Zu Bayreuth, Von 1. January. 1712« Nr. 677 »Specification. Derer Jenigen Hoch Fürstl: Persohnen Dames, Cavalliers, und Andern Bedienten so alltägl: gespeißet werden […]« und »S:r hochfürstl. Durchl. zu Brandenburg Beyreudth […] dermahlige Hofstadt, be=stehet in nachfolgenden Persohnen und Bedienten, welchen Jährl. An Besoldung geordnet«
Stadtarchiv Bayreuth R 10694 »Gotteshauß=Rechnung über Einnahm und Außgab an geldt Bey der Sophien, Ordens- und Pfarr=Kirche zur Stadt St: Georgen am See. angefangen Vom Quatember Luciæ Anno 1714. biß wiederum dahin des 1715.ten Christ _ Jahrs« Archivalien des Historischen Vereins für Oberfranken Hist. 2509 [Dienerbesoldung 1674]
Fürstlich Öttingen-Wallerstein’sches Archiv, Schloss Harburg, Harburg (Schwab.) VII. 3. 19b–1
»Reise-Rechnung 1695 – 1697« »Reiß Rechnung vom 19. Januar : 1698. biß 9. Marty 1699. NO: 3« »Herrschafftl: Reiß=Rechnung. Vom 12.tenMartyA.o 1699. biß 19.ten Aprilis 1700« »Reiß Rechnung. Vom 24. April: 1700 biß 25. May 1701« VII. 4. 1a, Fasz. 76 [Aufstellung über den Hofstaat des Fürsten Albrecht Ernst II. von Oettingen-Oettingen] (undatiert, vermutl. 1702, nicht fol.)
Universitätsbibliothek Bayreuth Bibliothek des Historischen Vereins für Oberfranken MS 151 »Summarischer Belauf Gesammter in dem Neuen Besoldungs _ Etat pro 1765. ent=haltenen Besoldungen und Pensionen, inclusive der Naturalien […]«,
Publizierte Quellen und Forschungsliteratur
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»Beylage Verzeichnus derer Besoldungen und Pensionen bey der Renteyi. J: 1771« Kanzleibibliothek Bayreuth H. Hist 2462 [Caspar von Lilien], »Das Christ-glaubige Mohren-Land/Bey Angestellter Tauffe Einer Möhrin/In der Pfarr-Kirche/Der Hochfürstl. Residenz-Stadt Bayreuth/am 13. Christmonats-Tag/des 1668. Jahrs/in Hochansehnlichster und sehr volkreichen Versammlung/aus dem 32. Versch [sic!] des LXVIII. Psalms gezeiget/und Auf Gnädigstes Begehren/Samt denen Glaubens-Bekenntnissen des Königs in Mohren-Land Claudii, und Bischofs Zaga Zabo/ Zum Druck übergeben/durch Caspar von Lilien. D. Caesar. Comit. Palat. Hochfürstl. Brandenb. Geheimen-Kirchen Rath/General-Superintendenten und Ober-HofPredigern/auch des Consistorii Assessorem Primarium. Bayreuth/Gedruckt bey Jahann Gebharden«
IX.2 Publizierte Quellen und Forschungsliteratur Wilhelm Albers/Armin Clasen, Mohren im Kirchspiel Eppendorf und im Gute Ahrensburg, in: Zeitschrift für Niederdeutsche Familienkunde, 41. Jg., Heft 1, Hamburg, Januar 1963, S. 2 – 4. Guido Alfani, Geistige Allianzen: Patenschaft als Instrument sozialer Beziehung in Italien und Europa, in: Margareth Lanzinger/Edith Saurer (Hg.), Politiken der Verwandtschaft. Beziehungsnetze, Geschlecht und Recht, Göttingen 2007, S. 25 – 54. Christine Alonzo/Peter Martin (Hg.), Zwischen Charleston und Stechschritt. Schwarze im Nationalsozialismus, Hamburg 2004. Detlef Altenburg, Untersuchungen zur Geschichte der Trompete im Zeitalter der Clarinblaskunst, 2 Bde., Regensburg 1973. Udo von Alvensleben, Die Lütetsburger Chronik: Geschichte eines friesischen Häuptlingsgeschlechts, Norden 1955. Benedict Anderson, Imagined Communities: Reflections on the Origin and Spread of Nationalism, London 1983. Anonymus, Rechtsgeschichte eines erkauften Mohren. Bericht des Kammergerichts an das Justizministerium, in: Beyträge zur juristischen Litteratur in den Preußischen Staaten. Eine periodische Schrift, 6. Sammlung, 4. Abschnitt, Berlin 1780, S. 296 – 311. Anonymus, Mohren in der Mark und an der Saar, in: Archiv für Sippenforschung, Bd. 12, 1935, S. 260 – 261. Anonymus, Schwarze Militärmusiker und Spielleute, in: Deutscher Soldaten-Kalender, 7. Jb., München 1959, S. 177 – 180. Paul Antze/Michael Lambek (Hg.), Tense Past: Cultural Essays in Trauma and Memory, New York 1996. Arjun Appadurai, Modernity at Large. Cultural Dimensions of Globalization, Minneapolis, MS, 21997. Arjun Appadurai, Grassroots Globalization and the Research Imagination, in: Joan Vin-
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Bibliografie
Dienke Hondius, Transatlantische ontmoetingen. Sporen van Afrikanen en Zeeuwen in drie continenten, unveröfftentl. Manuskript eines am 22. Juni 2005 in der Zeeuwse Bibliotheek/Roosevelt Center, Middelburg im Rahmen der Konferenz »Zeeland en de slavernij/Slavery from Within« gehaltenen Vortrags (19 S.). Rainer-Maria Kiel, Zwischen Integration und Sensation: Afrikaner im Bayreuth des 17. bis 19. Jahrhunderts. Vortrag bei der gemeinsamen Fachtagung von VAD (Vereinigung der Afrikanisten in Deutschland), Afrikanistentag und Swahilikolloquium, 8.–10. 10. 1998 in Bayreuth sowie beim Historischen Verein für Oberfranken, 15. 10. 1998, unveröffentl. Manuskript. Elmer Kolfin, Rembrandt and the Paradox of the African. The Representation of Black Africans in Dutch Visual Art (1500 – 1800), Konferenzreader zur 2. internationalen, interdisziplinären Konferenz »Black European Studies in Transnational Perspective«, Research Center Black Europe, vom 27. bis 30. Juli 2006, hg. von Peggy Piesche und Timo Wandert, S. 39 – 40.
IX.5 Abbildungsnachweis Abbildung 1: Hans Suess von Kulmbach, Anbetung der Könige, Mittelteil eines Marienoder Dreikönigsaltars, Gemälde / Öl auf Lindenholz, 1511, 153 x 110 cm; Bildnachweis: bpk / Gemäldegalerie, Staatliche Museen zu Berlin / Jörg P. Anders. Abbildung 2: Unbekannter Maler, Kinderbildnis des etwa zwölfjährigen Erbprinzen Carl Edzard von Ostfriesland, um 1728, unbekannter Maler, 90 x 104,5 cm; Bildnachweis: Lippisches Landesmuseum Detmold. Foto: Jürgen Ihle, Detmold 2003, bereitgestellt von Martin Jhering, Göttingen.
X Anhang: Tabelle – ›Mohren‹ im deutschen Raum, um 1600 bis ca. 1800
Ziel der Zusammenstellung von Daten zu den Migrationen von Menschen afrikanischer Herkunft bzw. dunkler Hautfarbe in das Heilige Römische Reich Deutscher Nation war es, eine analytische Struktur zu entwickeln, die es erlaubt, sich Fragen ihrer Biografiegeschichte auf einer neuen wissenschaftlichen Grundlage zu nähern. Das zugrunde gelegte Kategorienraster soll das Spektrum des gegenwärtigen Wissens über Schwarze im deutschsprachigen Raum der Frühen Neuzeit in strukturierter Form wiedergeben und die in weit verstreuten Quellenbeständen und oft randständigen Publikationen erschienenen Hinweise auf schwarze Menschen im Heiligen Römischen Reich sammeln. Die zentralen Kategorien umfassen neben Lebensdaten und Daten zur Präsenz in Zentraleuropa die beruflichen Positionen, Herkunftsorte, Migrationswege, Familienverhältnisse und die Religionszugehörigkeit bzw. Konfession. Geografisch geht das Gebiet, in dem Daten gesammelt wurden, nur partiell über das derzeitige Bundesgebiet hinaus. Berücksichtigt wurden ausschließlich Personen, die laut Quelle aus Afrika bzw. dem nicht-europäischen Raum kamen und als ›Mohren‹, ›Neger‹ oder ›schwarz‹ bezeichnet wurden. Dies schließt sowohl diejenigen aus, die bereits im Reich geboren wurden,698 als auch die, welche in der Forschungsliteratur zwar als ›Schwarze‹ erscheinen, jedoch aller Wahrscheinlichkeit nach keinen afrikanischen Hintergrund aufwiesen.699 Inhalt, Status und Verlässlichkeit der Quellen unterscheiden sich stark voneinander ; die meisten sind fragmentarisch und 698 So ist die 1739 auf St. Thomas geborene, erste Tochter von Rebecca Freundlich (später Protten), die 1742 mit ihrer Mutter nach Marienborn kam, in der Tabelle geführt, während die im April 1750 in Marienborn geborene Tochter aus zweiter Ehe, Anna Maria Protten, nur in der Spalte der Nachkommen erscheint (vgl. den Eintrag zu Rebecca Protten). 699 So etwa bei einem der bei Edward Scobie erwähnten zwei türkischen »Blacks« im Hofstaat Georgs I. von England (vgl. Scobie, Black Britannia, S. 12), bei dem es sich wahrscheinlich um den bekannten türkischen Günstling Georgs I. handelte, Ludwig Maximilian Mehmet von Königstreu, der 1686 gefangen genommen und 1736 in den Adelsstand erhoben worden war, vgl. F. Haase, Türkische Gefangene in Hannover, in: Hannoversche Geschichtsblätter, 11. Jg., Hannover 1908, S. 243 – 246, 348 – 350, hier S. 244.
286
Anhang
bedürfen einer eingehenderen Prüfung. Da das Thema afrikanischer Migrationen im deutschsprachigen Raum von der Wissenschaft lange unberücksichtigt blieb, muss sich die Arbeit zum Teil auf Sekundärquellen der Publizistik verlassen.700 Die Auswertung, in die das Gros der derzeit zugänglichen Literatur zu den Biografien von schwarzen Menschen im deutschen Raum in den zwei Jahrhunderten zwischen 1600 und 1800 eingeflossen ist, umfasst insgesamt 380 Personen.701 Diese bilden zwar sicher nur einen Teil der Gesamtzahl von Schwarzen ab, die im Reich lebten, doch sind viele von ihnen nicht individuell identifizierbar : Die in der Tabelle geführten Personen werden dagegen in den Quellen entweder ausdrücklich namentlich erwähnt oder es kann zumindest, wenn der Name nicht genannt wird, doch hinlänglich sicher ausgeschlossen werden, dass sie mit einer der namentlich bekannten Personen identisch sind. Dies betrifft insgesamt 61 Personen, wobei die Identifikation von Einzelpersonen mitunter auch dann strittig ist, wenn Namen genannt werden, da wechselnde Schreibweisen und die Häufung von bestimmten Vornamen das Verfahren erschweren,702 insbesondere wenn sie sich von einem Taufpaten ableiteten, der diese Funktion mehrfach – für schwarze wie weiße Paten – übernahm. Darüber hinaus wurden oft Vor- und Nachnamen gegeneinander vertauscht oder parallel benutzt. Aus diesem Grund ist bei aller Sorgfalt der Recherchen weder das Übersehen von Einzelpersonen noch ihre doppelte Zählung auszuschließen.703 700 Dies gilt insbesondere für die schwarzen Bediensteten an den mecklenburgischen Höfen von Schwerin und Strelitz sowie in Schloen und für die Personen, die Rudt de Collenberg in seinem Artikel Haus- und Hofmohren des 18. Jahrhunderts in Europa nennt, da es dem Autor darum ging, das Thema überblicksweise zu fassen. 701 Die relativ geringe Zahl erklärt sich zum einen aus der Eingrenzung des Untersuchungszeitraums, zum anderen daraus, dass zuvor voneinander getrennte Biografieteile – etwa Lebensabschnitte an verschiedenen Höfen – durch die weitere Forschung, unter anderem auch im Verlauf der Datensammlung zusammengeführt werden konnten (vgl. in der Tabelle etwa Samuel Ramsey in Braunschweig und Steinfurt-Bentheim). Aus hochfragmentierten biografischen Verläufen konnten so etwas weniger fragmentierte werden, doch gibt es weiterhin kaum durchgängig beschriebene Lebensläufe. Mitunter waren auch zeitliche Zuordnungen zu korrigieren, so etwa Abdessid ben Abdallah in Stolberg im Harz, der von Sadji noch dem 18. Jahrhundert zugeordnet wurde und doch eindeutig dem 19. zuzurechnen ist, vgl. Sadji, »Unverbesserlich ausschweifende« oder »brauchbare Subjekte«, S. 42, Thomas Lemmen, Wie Abdessid ben Abdallah nach Stolberg/Harz kam, in: Mitgliederinformation der Christlich-Islamischen Gesellschaft e. V., Sankt Augustin, 22. Dezember 2000, S. 6 – 7, siehe URL: http://www.chrislages.de/pdf/cig_mi_2000_2.pdf [Stand: 12. 06. 2013]. 702 Zur Geschichte der Erfassung von Personen durch Namen im Mittelalter und in der Frühen Neuzeit vgl. Groebner, Der Schein der Person, S. 50 – 53. 703 Erwähnt sei auch, dass natürlich die ein oder andere namentlich bekannte Person der Aufmerksamkeit der Autorin entgangen sein kann. So wurde bei der Vorbereitung der
Anhang
287
Ein Anspruch auf Vollständigkeit kann auch deshalb nicht erhoben werden, weil größere Gruppen in der Sammlung nicht erfasst sind, wenn über ihre einzelnen Mitglieder weiter nichts bekannt ist.704 Ebenfalls nicht geführt werden Durchreisende oder Gesandte afrikanischer Staaten, die sich in einem konkreten Auftrag nur sehr kurz im Heiligen Römischen Reich aufhielten, wie etwa der in den Akten als Jan Jancke geführte Gesandte von der westafrikanischen Küste und sein Begleiter am brandenburgischen Hof.705 Schließlich sind Doppelungen oder Auslassungen möglich, weil sich die Positionen der Akteure, etwa am Hof, änderten und eine kombinierte Berufsausübung verbreitet war, wodurch ein und dieselbe Person in den Akten einmal etwa als Bediensteter, ein anderes Mal als Musiker erscheint.
Studie auf die Publikation eine »holländische Negrin Wenke Levenß«, die im Mai 1669 Taufmutter eines Kindes des Schiffers Carsten Paulsen in Friedrichstadt wurde, »wiederentdeckt«, auf die Otto S. Knottnerus die Autorin aufmerksam gemacht hatte, vgl. Mitteilungen Friedrichstadt, Nr. 12, 1978, S. 32. Ich danke Herrn Dr. Knottnerus für diese Auskunft. 704 Unter anderem auch deshalb, weil eine doppelte Führung von Individuen, die an anderer Stelle mit Namen erscheinen, vermieden werden sollte. 705 Martin, Schwarze Teufel, edle Mohren, S. 85 – 88.
Anonymus Apollo
3 Ahrensburg, Um 1780 Holstein 4 Ahrensburg, 1765 Holstein –
–
–
–
–
–
–
–
–
[Westindi- »von den Plantagen hier seiend« – sche Inseln]
KupferschmiedLehrling MaurerLehrling MaurerLehrling
1 Zu den lfd. Nrn. 1 – 10 vgl. Degn, Die Schimmelmanns im atlantischen Dreieckshandel, S. 108 – 114.
6 Ahrensburg, 1765 – 1768 Holstein [um 1746 – 1768]
5 Ahrensburg, 1765 – 1766 Holstein (1766 verst.)
Anonymus
2 Ahrensburg, Um 1775 Holstein
–
–
1765 über den Plantageninspektor Lobeck mit Kapitän Schopen zu Heinrich Carl Schimmelmann
Zimmermann- St. Thomas Lehrling
Kinder
Partnerin/ Partner
Migration/Transfer
Beruf/Position/ Herkunft Stand
[Westindi- – sche Inseln] Princesse/St. 1765 über den Croix Plantageninspektor Lobeck mit Kapitän Schopen zu Heinrich Carl Schimmelmann Carolus Zimmermann- Princesse/St. 1765 über den Lehrling Croix Plantageninspektor Lobeck mit Kapitän Schopen zu Heinrich Carl Schimmelmann Princesse/St. 1765 über den KupferCoffe/ Croix schmiedPlantageninspektor Lobeck mit Caff¦/ Lehrling getauft Kapitän Schopen zu Heinrich Friedrich Carl Schimmelmann Ernst
Adam/ getauft Heinrich Carl
Präsenz belegt Name [ggf. Lebensdaten]
1 Ahrensburg, 1765 – 1767 Holstein1 [um 1746 – 1767]
Ort
›Mohren‹ im deutschen Raum, um 1600 bis ca. 1800
Michaelis 1766 in Ahrensburg getauft (verst. Eltern Josua und Salome waren Christen)
Piet.
Piet.
–
Michaelis 1766 in Ahrensburg getauft (verst. Eltern Pieter und Marlene waren Christen) –
Religion/Konfession
288 Tabelle
1675 – 1690 [am 3. 6. 1690 verst.]
12 Ascheberg/ Plön3
Margaretha Magdalena (um 1685 – 1755) Hans Adolph (*im Dez. 1689)
–
Ev.-luth.
–
Piet., in Ahrensburg 1770 ev.-luth. konfirmiert
Taufe am 10. 9. 1769 in Ahrensburg (Eltern Ambach und Ankanna noch »in ihrem Heidenthum«)
Ungetauft (»gegen Abend in der Stille nach seiner Gruft gebracht«) Piet.
Religion/Konfession
2 Diether Rouvel, Zur Geschichte der Musik am Fürstlich Waldeckschen Hofe zu Arolsen, Köln 1962, S. 37 – 38, 54 – 60, 234 – 141; Martin, Schwarze Teufel, edle Mohren, S. 139, Anm. 362, S. 143 – 144, Anm. 385 – 388, S. 152, Anm. 446 – 451. 3 Kinder, Aus der Chronik der Stadt Ploen, Bd. I; Martin, Schwarze Teufel, edle Mohren, S. 111, 415, Anm. 159, 132, 425, Anm. 308, 181 – 193; Rischmann, Mohren als Spielleute und Musiker in der preußischen Armee, S. 82.
1723 – 1738
11 Arolsen, Hessen2
St. Thomas
1765 über den Plantageninspektor Lobeck mit Kapitän Schopen zu Heinrich Carl Schimmelmann Zuvor in Sachsen-Gothaischen – Christian Pauker bei Hof – Diensten (gekauft im Nov. 1723 Ernst von Fürst Friedrich zu Waldeck August Mohr/ für 120 Rtl. ein Haus in Arolsen, Mor hat eine Magd angestellt) Christian Trompeter »Afrika«, als »durch Brandenburgische März 1685: Schiffe herübergebracht« Gottlieb »Haussa« Gertrud Radeleff bezeichnet (*1665), Tochter des verst. Plöner Bürgermeisters
TischlerLehrling
10 Ahrensburg, 1765 Holstein
Thomas
–
–
Kinder
– 29. 10. 1786: Johanna Sophia Catharina Richter, ebenfalls in Diensten Schimmelmanns – –
–
–
Partnerin/ Partner
Joseph/ getauft Heinrich Carl Ambach
Princesse/St. 1765 über den Croix Plantageninspektor Lobeck mit Kapitän Schopen zu Heinrich Carl Schimmelmann Princesse/St. 1765 über den Croix Plantageninspektor Lobeck mit Kapitän Schopen zu Heinrich Carl Schimmelmann St. Croix –
Migration/Transfer
9 Ahrensburg, 1769 Holstein [*um 1757]
In Schimmelmanns Diensten
Johannes BöttcherLehrling
8 Ahrensburg, 1765 Holstein
MaurerLehrling
Beruf/Position/ Herkunft Stand
Jantje
Präsenz belegt Name [ggf. Lebensdaten]
7 Ahrensburg, 1765 – 1768 Holstein [um 1743 – 1768]
Ort
›Mohren‹ im deutschen Raum, um 1600 bis ca. 1800 (Fortsetzung)
Tabelle
289
1702
15 Aurich
um 1696 – 1705
1729 – 1733 [*um 1721]
Am Hof, wahrsch. PaukerLehrling Am Hof
Am Hof
Anonymus Anthon/ Am Hof getauft Christian Georg Carl Wilhelm Am Hof Mars/ getauft Anton Eberhard Friedrich
Anonymus Anonymus
Anonyma Am Hof
–
St. Thomas
–
–
–
–
Beruf/Position/ Herkunft Stand
–
–
–
–
Partnerin/ Partner
–
Gebke Ede (wahrsch. nicht verheiratet)
Als ›Geschenk‹ aus Kopenhagen –
–
(zum Aufdingen nach Groningen)
Von Aurich an den Bayreuther Hof geschickt –
Migration/Transfer
Ede Christian (Christian Eden), unehelich, getauft am 01. 09. 1706, in Aurich belegt bis 1727
–
–
–
–
–
Kinder
Ev.-luth., am 17. 12. 1705 getauft
Ev.-luth.
Ev.-luth.
[wohl getauft, da Aufnahme in eine Zunft]
–
–
Religion/Konfession
StA Aurich, Rep. 4 A III b Nr. 6: Hofrechnungen. 1682 (nicht fol.) (Datierung: wahrsch. 22./23. November 1682). Herquet, Miscellen zur Geschichte Ostfrieslands, S. 133. StA Aurich, Rep. 4 A III b Nr. 14: Quittungen zu Hofrechnungen, 1702 – 1705 (nicht fol.); Herquet, Miscellen zur Geschichte Ostfrieslands, S. 133 – 134. HHStA Wiesbaden, Abt. 131, R 97: »Cammer Rechnung De Anno 1721«, pag. 141; R 291 »No. 495«. StA Aurich: Rep. 4 A III b Nr. 37: »Rechnung über die jährlichen Handgelder des Erbprinzen Karl Edzard, 1732 – 33«, nicht fol.; Rep. 241 Msc A 43: »Tagbuch vom fürstlichen Hofe zu Aurich vom 1. Jan. 1731 bis zum 11. Mai 1733«, fol. 123r–124v ; Rep. 4 B III a 20: »Verzeichnis der ostfriesischen Staatsbehörden und fürstlichen Hofämter sowie deren Beamte«; Lambertikirche Aurich, Kirchenbuch Schlossgemeinde 1716 – 1820, Microfiche Nr. 1108: »Christian Georg Carl Wilhelm« (Taufeintrag unter dem 16. April 1733); Herquet, Miscellen zur Geschichte Ostfrieslands, S. 134 – 135; Martin, Schwarze Teufel, edle Mohren, S. 83. 9 StA Aurich: Rep. 4 A III a Nr. 1: »Der fürstl. ostfriesische Hofstaat und seine Einrichtung. Hofhaltungsreglements. 17./18. Jh.«; Rep. 4 A II b 113: [Rescriptum an den Oberrentmeister Teepken, die jährliche Verzinsung des Patengeschenks für den getauften Mohren Anton Eberhard Friedrich betreffend, 1705]; Rep. 248, Nr. 93: Taufregister der Lutherischen Gemeinde Aurich (Taufeintrag für Ede Christian unter dem 1. Sept. 1706); Rep. 4 A III a Nr. 4: »Zivilreglement von 1694 – 1737«, f. 127r, 128v ; Herquet, Miscellen zur Geschichte Ostfrieslands, S. 133 – 134.
4 5 6 7 8
18 Aurich9
17 Aurich
8
1721/22
1677
6
14 Aurich
16 Aurich7
1682
5
Präsenz belegt Name [ggf. Lebensdaten]
13 Aurich4
Ort
›Mohren‹ im deutschen Raum, um 1600 bis ca. 1800 (Fortsetzung)
290 Tabelle
1686
1707 – 1709
Aug. 1707 – 1708/ Anony09 mus
Aug. 1707 – 1708/ Anony09 mus
22 Bayreuth13
23 Bayreuth14
24 Bayreuth15
25 Bayreuth16
10 11 12 13 14 15 16
1681/82
21 Bayreuth12
»Ein Mohr, der Printzessin Camerlaquey« »Camer Mohr [Bey Unsern G[nä]d[i]gsten Herrn]« »ein kl. Mohr bey Jhro königl. Hoheit« »ein Camer Husar Mohr« bei Hof –
–
–
–
Im Hofstaat der – Markgräfin von Baden Surinam »Kammermohrinn« [sic!] Hofpauker –
Beruf/Position/ Herkunft Stand
–
–
–
(vom Bayreuther Markgrafenpaar »auf- und angenommen«) (wohnt in der Organistenwohnung Kämmereigasse 4) –
–
Migration/Transfer
–
–
–
Ehefrau erwähnt
–
–
–
Partnerin/ Partner
Ungetauft, christl. Begräbnis in Bayreuth –
–
Religion/Konfession
–
–
–
–
–
–
»drey Söhne von 6. – 4. und 2 Jahren«
–
–
–
Kinder
Rudt de Collenberg, Haus- und Hofmohren des 18. Jahrhunderts, S. 274; der Autor leitet die Anwesenheit dieses Mannes aus einem Porträt der Markgräfin mit einem Mohrenpagen ab. Kiel, Zwischen Integration und Sensation, S. 16 – 18. Ebd., S. 11, dieser ist möglicherweise identisch mit dem Stuttgarter Pauker Eberhard Christoph (Nr. 353 in dieser Tabelle). Ebd., S. 12. GStA PK, BPH, Rep. 43 II B. Nr. 3 II B. Nr. 3, ff. 6r–11v, fol. 9v. Bayerisches Staatsarchiv Bamberg, KDK – Hofkammer Bayreuth, Rep. 43 II B. Nr. 3, ff. 6r–11v, hier fol. 10r. Bayerisches Staatsarchiv Bamberg, KDK – Hofkammer Bayreuth, Rep. C 9 IV Nr. 1858: »Nro: 33. Dienstags den 16:ten Aug: 1707 Mittags Uff die HochFürstl:e Taffel, ufm Brandenb.«, nicht fol.; Neuverz. Akten Bayreuth (BT), Nr. 677: »Specification. Derer Jenigen Hoch Fürstl: Persohnen Dames, Cavalliers, und Andern Bedienten so alltägl: gespeißet werden […]«, undatiert, vermutl. 1708/09, nicht fol.
Anonymus
Anonymus
Anonymus
Alzire
1751 [um 1729 – 1751]
20 Bayreuth11
Anonymus
Um 1775
Präsenz belegt Name [ggf. Lebensdaten]
19 Baden10
Ort
›Mohren‹ im deutschen Raum, um 1600 bis ca. 1800 (Fortsetzung)
Tabelle
291
1763 – 1769
1712
Okt. 1702 – 1712
27 Bayreuth18
28 Bayreuth19
29 Bayreuth20
Batista/ Baptista/ Babtiste (Johann Baptista)
Migration/Transfer
–
–
–
Partnerin/ Partner
–
–
–
–
Kinder
Johann Ba(p)tista/ – Babtiste [vgl. Nr. 29] »eine Möhrin – Baptistin« [vgl. Nr. 28]
(kam »als Heide« nach Bayreuth, – Besoldung 1765: 82 Gulden 24 Kreuzer)
»aus Afrika« –
– »Camer Lac[uay] Bey Unsern G[nä]d[i]gsten Herrn«
»Hofmohr« Aprel Sarmin/ getauft Philipp Julius Siegmund August »Hofmohr« Aron Petrorum, auch Pitron Aron oder Bitteroni/ getauft Christian Friedrich Baptistin Am Hof
Beruf/Position/ Herkunft Stand
–
–
Ev.-luth., getauft in Bayreuth am 7. 7. 1765
Ev.-luth., getauft in Bayreuth am 18. 3. 1764
Religion/Konfession
17 Kiel, Zwischen Integration und Sensation, S. 18. 18 Ebd., S. 18 – 19; Universitätsbibliothek Bayreuth, Bibliothek des Historischen Vereins für Oberfranken, MS 151: »Summarischer Belauf Gesammter in dem Neuen Besoldungs _ Etat pro 1765. ent=haltenen Besoldungen und Pensionen, inclusive der Naturalien […]« (Buchstabe B). 19 Neuverz. Akten Bayreuth (BT), Nr. 676: »Taffel und Tisch Ordnung. Beym Hochfürstl[ichen]: Brandenb[urgischen]. Hoffstaadt Zu Bayreuth, Von 1.t[em] January. 1712«, nicht fol. 20 Bayerisches Staatsarchiv Bamberg, KDK – Hofkammer Bayreuth, Rep. C 9 IV Nr. 1652, undatiert, ca. Okt./Nov. 1702; Rep. C 9 IV Nr. 1654: »Einnahm: und Außgab Aller Trauer Kleider und andern Wahren […]« (15. August 1712), fol. 6; Rep. C 9 IV Nr. 1858 (als »alter Mohr Baptista« bezeichnet); Rep. 43 II B. Nr. 3 II B. Nr. 3, ff. 6r–11v, fol. 10r ; Rep. 43 II B. Nr. 6a, nicht fol.
1763 – 64 [um 1744 – 24. 3. 1764]
Präsenz belegt Name [ggf. Lebensdaten]
26 Bayreuth17
Ort
›Mohren‹ im deutschen Raum, um 1600 bis ca. 1800 (Fortsetzung)
292 Tabelle
1712
1664 – 1675 [um 1650–nach 1702]
33 Bayreuth24
34 Bayreuth25
Bernard Bastian Sylva/ Bernhardo Sebastiano Aquila Sylva Carl Scipion Charles Bovenizky Christian (Ernst) Christian Ferdinand Mohr –
–
Portugal
»Kleiner Mohr« – bei Hof »Hochfürstl. »aus Afrika« Brandenburgischer Hoff Heer Paucker«
»Hofmohr«
»Hofmohr«
»Hochfürstl. Cammer Mohr«
Beruf/Position/ Herkunft Stand
Über den dänischen Königshof an den Hof des Kurfürsten von Sachsen, dann als ›Geschenk‹ nach Bayreuth, 1692 wahrsch. im Kürassierregiment des Markgrafen am oberen Rhein
–
–
–
–
Migration/Transfer
21. 2. 1670: Susanna Clara [keine Angabe zur Herkunft]
–
–
–
27. 3. 1749: Gertraud Maria Louisa Consalva, »eine geborne Heydin«, »Cammer Mohrin«[vgl. Nr. 38]
Partnerin/ Partner
Religion/Konfession
–
–
–
Ev.-luth. Georg Christian, *6. 7. 1670, verst. 4. 1. 1671 Georg Adam Franz, *1671 Veronica Sophia, *1673 Johann Georg, *1675
–
–
–
[vgl. Gertraud Maria In Portugal wahrsch. kath. getauft, in Louisa Consalva, Bayreuth ev. getraut Bayreuth, Nr. 38]
Kinder
Kiel, Zwischen Integration und Sensation, S. 15 – 16. Ebd., S. 18. Ebd., S. 18. Bayerisches Staatsarchiv Bamberg, Neuverz. Akten Bayreuth (BT), Nr. 676; KDK – Hofkammer Bayreuth, Rep. C 9 IV Nr. 1654: »Verzeichnüs. Dererjenigen Hoffstaats Bedienten, so allenfalls zu entbehren« (21. Mai 1712). 25 Kiel, Zwischen Integration und Sensation, S. 7 – 9; Stadtarchiv Bayreuth, Archivalien des Historischen Vereins für Oberfranken, Hist. 2509: [Dienerbesoldung 1674], nicht fol.; aufgrund der dynastischen Beziehungen zwischen Bayreuth und Oettingen ist nicht auszuschließen, dass es sich bei einem 1702 am Hof von Oettingen-Oettingen genannten Pauker Christian Mohr um
21 22 23 24
32 Bayreuth
1763
1751 – 1754
31 Bayreuth22
23
1749 – 1750
Präsenz belegt Name [ggf. Lebensdaten]
30 Bayreuth21
Ort
›Mohren‹ im deutschen Raum, um 1600 bis ca. 1800 (Fortsetzung)
Tabelle
293
1764 – 1769
1707 – 1709 1749 – 1750
1712
1708 – 1712/13 1712 – 1715
1753
36 Bayreuth27
37 Bayreuth28 38 Bayreuth29
39 Bayreuth30
40 Bayreuth31 41 Bayreuth32
42 Bayreuth33
Friedrich Christian Fritz Gertraud Maria Louisa Consalva Leonora Möhrin Malabar Maximilian Jmanuel/ Emanuel Mouttou
»Hofmohr«
»Kleiner Mohr« »Cammer Mohrin« bei Markgräfin Wilhelmine Bei Markgräfin Sophia Kammermohr »hochfürstlicher Camer Mohr«
Kammermohr
Kammermohr Ernst Friederich Gotthold
–
– –
–
– Portugal
–
–
Beruf/Position/ Herkunft Stand
–
[vgl. Malabar, Nr. 376] –
–
– –
(Besoldung 1765: 170 Gulden)
(erhält einige Jahre Pension)
Migration/Transfer
Kinder
– Friederika Wilhelmina Carolina Sylva, *1750 –
–
–
– – Januar 1715 – [Ehefrau unbek.]
– 27. 3. 1749: Bernhardo Sebastiano Aquila Sylva [vgl. Nr. 30] –
Verheiratet – (Ehefrau am 6. 5. 1766 im Alter von 58 Jahren bestattet) – –
Partnerin/ Partner
–
– –
–
[wahrsch. getauft, vgl. Name] – In Portugal wahrsch. kath. getauft, in Bayreuth ev. getraut
Ev.-luth. (Ehefrau in der Bayreuther Hofgemeinde geführt)
Religion/Konfession
dieselbe Person handelt (vgl. Nr. 272 in dieser Tabelle), vgl. Fürstlich Öttingen-Wallerstein’sches Archiv, Schloss Harburg, Harburg (Schwab.), VII. 4. 1a, Fasz. 76: [Aufstellung über den Hofstaat des Fürsten Albrecht Ernst II. von Oettingen-Oettingen], undatiert, vermutl. 1702, nicht fol. 26 Kiel, Zwischen Integration und Sensation, S. 14 – 15, 19; Universitätsbibliothek Bayreuth, Bibliothek des Historischen Vereins für Oberfranken, MS 151: »Summarischer Belauf Gesammter in dem Neuen Besoldungs _ Etat pro 1765. ent=haltenen Besoldungen und Pensionen, inclusive der Naturalien […]« (Buchstabe G) und »Beylage Verzeichnus derer Besoldungen und Pensionen bey der Rentey i. J: 1771« (Buchstabe G). 27 Kiel, Zwischen Integration und Sensation, S. 19. 28 Bayerisches Staatsarchiv Bamberg, KDK – Hofkammer Bayreuth, Rep. C 9 IV Nr. 1858. 29 Kiel, Zwischen Integration und Sensation, S. 15 – 16. 30 Bayerisches Staatsarchiv Bamberg, KDK – Hofkammer Bayreuth, Rep. C 9 IV Nr. 1654: »Frauen Persohnen Bey Ihro HochFürstl: Durchl: Frauen Marggraffin« (12. August 1712), fol. 32. 31 Bayerisches Staatsarchiv Bamberg, Neuverz. Akten Bayreuth (BT), Nr. 676 und Nr. 677; Bayerisches Staatsarchiv Bamberg, KDK – Hofkammer Bayreuth, Rep. C 9 II Nr. 203, Prod. 22 (nicht fol.). Möglicherweise ist Malabar identisch mit dem Kammermohr gleichen Namens am Hof von Wolfenbüttel (vgl. Nr. 376 in dieser Tabelle). 32 Bayerisches Staatsarchiv Bamberg, KDK – Hofkammer Bayreuth, Rep. C 9 II Nr. 203, Prod. 22 (nicht fol.); Stadtarchiv Bayreuth, R 10694, fol. 6.v : »Einnahm Von Geläuth bey HochZeiten und Leichen […] : […] H[err]: Maximilian Emanuel, hoch Fürstl: Cammer-Mohr bey seiner hochZeit […]«, Januar 1715. 33 Kiel, Zwischen Integration und Sensation, S. 18.
1745–vor 1784 [um 1710–um 1784]
Präsenz belegt Name [ggf. Lebensdaten]
35 Bayreuth26
Ort
›Mohren‹ im deutschen Raum, um 1600 bis ca. 1800 (Fortsetzung)
294 Tabelle
1668 [um 1654 – 1668]
1745
1604 – 1615/16
1752 [*um 1740]
46 Bayreuth37
47 Bentheim38
48 Bentheim39
49 Berleburg40
– »aus dem Mohrenlande«
– –
Migration/Transfer
[Surinam]
–
–
–
– –
Partnerin/ Partner
–
–
–
– –
Kinder
Kath.
Ev.-luth.
Ev.-luth., bestattet am 14. 9. 1683
– –
Religion/Konfession
Ref. (Kinder getauft) Clara Stoltenkamp Victor, *1608 Arnolt Jost, 1611 – 1622 Kunna, 1613 – 1621 Timotheus, *1616 »alß ein Präsent aus Holland« an – – Ev.-ref., getauft am 18. 9. 1757 den Grafen Ludwig Ferdinand und Gräfin Friederica Christiana Sophia von WittgensteinBerleburg
»aus Afrika« Über den dänischen Königshof an den Hof des Kurfürsten von Sachsen, dann als ›Geschenk‹ nach Bayreuth – Am Hof »natione aethiops«; Surinam Vermutl. Lakai – –
Am Hof
Am Hof
Am Hof – »Kammermoh- – rin«
Fridericus Carolus Timotheus/ Timothaeus Mohr Caspar/ Am Hof getauft Ludwig Friedrich
Parcco Pretina (»Mademoiselle Pretina«) Sophia Christiana Eleonora Sophia Magdalena
Beruf/Position/ Herkunft Stand
Bayerisches Staatsarchiv Bamberg, Neuverz. Akten Bayreuth (BT), Nr. 677, undatiert; vermutl. 1708/09. Kiel, Zwischen Integration und Sensation, S. 18. Ebd., S. 11. Ebd., S. 3 – 6; Kiel, Das christgläubige Mohrenland, S. 381; Universitätsbibliothek Bayreuth, Kanzleibibliothek, H. Hist 2462 (Caspar von Lilien). Voort, Ein Hauch von Exotik, S. 194. Ebd., S. 193 – 194. Schäfer, Von »Kammermohren«, »Mohren«-Tambouren und »Ost-Indianern«, S. 35.
1683 [um 1670 – 1683]
45 Bayreuth36
34 35 36 37 38 39 40
1708/09 1750 – 1751
Präsenz belegt Name [ggf. Lebensdaten]
43 Bayreuth34 44 Bayreuth35
Ort
›Mohren‹ im deutschen Raum, um 1600 bis ca. 1800 (Fortsetzung)
Tabelle
295
(Wilhelm) Ludwig Joen/John
Johann Franssesco Moses
Olivier
Chr. Fr. Parry Coridon/ getauft Ferdinand Christian
Bauverwalter, Leib- bzw. Kammerhusar, 1794/95: »Fruchtschreiber Amtsverweser« [Beamter] KaffeehausBesitzer Am Hof Herzog Ferdinand Albrechts In Diensten Herzog August Wilhelms von Bevern Tambour
Lakai
–
Partnerin/ Partner –
Kinder –
Religion/Konfession
–
Mit den braunschweigischen Truppen aus Amerika in Maastricht
[Nordamerika]
–
–
–
Erhält 1783 Ehekonsens
–
–
–
–
–
–
Ev.-luth., 1787 getauft, verst. 1788 im Alter von 19 J. in Maastricht am Faulfieber
–
–
–
»alß ein Präsent aus Holland« an Maria Magdalena Mehrere Kinder, die Ev.-ref., getauft am den Grafen Ludwig Ferdinand Kersting kein hohes Alter 18. 9. 1757 und Gräfin Friederica Christiana erreichten Sophia von WittgensteinBerleburg
–
Migration/Transfer
–
»auß Ghinea«
–
Berbice: »geburtig von den wilden«
–
Beruf/Position/ Herkunft Stand
Ebd. Ebd., S. 35 – 36. Die Quellenlage ist unsicher, vgl. Martin, Schwarze Teufel, edle Mohren, S. 170 – 171, Anm. 562 – 564. Kittel, Mohren als Hofbediente und Soldaten, S. 84; Martin, Schwarze Teufel, edle Mohren, S. 83, Anm. 11. Kittel, Mohren als Hofbediente und Soldaten, S. 94. Ebd., S. 96.
1783 – 1788 [1769 – 1788]
55 Braunschweig46
41 42 43 44 45 46
1783 – 1798
Anfang 18. Jh. [1721?] 1686
1752 [*um 1740]
1720
Präsenz belegt Name [ggf. Lebensdaten]
54 Bevern45
53 Bevern
44
52 Berlin43
51 Berleburg
42
50 Berleburg41
Ort
›Mohren‹ im deutschen Raum, um 1600 bis ca. 1800 (Fortsetzung)
296 Tabelle
1783 – 1784 [um 1758 – 1784]
1721
58 Braunschweig49
59 Braunschweig50
Anthon Wilhelm Rudolph Mohre
Anonymus
Anonymus
Adolf Ahron
Virginia, USA
– »ein kleiner Mohr« wahrsch. in Diensten franz. Emigranten Tambour »Amerika« [Nordamerika] [Umfeld der – Höfe von Braunschweig und Wolfenbüttel]
Tambour
Beruf/Position/ Herkunft Stand
Partnerin/ Partner
–
Mit den braunschweigischen Truppen aus Amerika –
–
– Mit den braunschweigischen Truppen aus Amerika in Maastricht; seit 1781 bei der Eskadron des Majors von Maibom; steht 1790 Gevatter bei einem Sohn des Tambours Heyon – –
Migration/Transfer
–
–
–
–
Kinder
Ev.-luth., 1721 in Braunschweig konfirmiert
(bestattet in Braunschweig, FranzösischReformierte Gemeinde) (1784 im Alter von 26 Jahren verst.)
Ev.-luth., 1787 getauft, verst. 1791 im Alter von 23 Jahren in Maastricht an Auszehrung
Religion/Konfession
Ebd., S. 96. Ebd., S. 93. Ebd., S. 94. Martin, Schwarze Teufel, edle Mohren, S. 499, Anm. 212. Ein Zusammenhang mit den Herzögen von Braunschweig und Wolfenbüttel ist aufgrund des Ortes in Kombination mit dem Namen des Konfirmanden zu vermuten.
1761
57 Braunschweig48
47 48 49 50
1783 – 1791 [um 1768 – 1791]
Präsenz belegt Name [ggf. Lebensdaten]
56 Braunschweig47
Ort
›Mohren‹ im deutschen Raum, um 1600 bis ca. 1800 (Fortsetzung)
Tabelle
297
Charles
1783 – 1786 [um 1764 – 1786]
62 Braunschweig53
–
Virginia
Pauker am Hof – in Braunschweig, Pedell bei der Geheimen Kanzlei
Mit den braunschweigischen Truppen aus Amerika
–
1798: Dorothea Elisabeth Sophie Haake, Tochter eines verst. Bürgers
Mit den braunschweigischen Truppen aus Amerika; lebt 1805 in Braunschweig, bewirbt sich in diesem Jahr um die in Ludwigslust (MecklenburgSchwerin) freigewordene Stelle eines »Leibmohren« (diese wird nicht mehr besetzt)
Kinder
–
–
Sechs Kinder, von denen nur zwei heranwuchsen, darunter Sophie Friederike Christiane, 1798 – 1851, verh. mit dem Wollsortierer und Tagelöhner Johann Christian Rabsilber (13 Kinder) Aus 1. Ehe wächst 1780: Juliane Ernestine nur eins von sechs Henriette Kindern heran: Breymann, Georg August, Tochter eines *1789; vor 2. Ehe ein pensionierten Sohn mit der Sergeanten, späteren 2. Ehefrau; verst. 1797; 1790 Geburt u. Tod 1798: Johanne eines Sohnes; Henriette Johann Heinrich Elisabeth Jahnsen, Christoph, *1792; nachgelassene nach Eheschließung Tochter eines ein Sohn, der Musketiers zwölf Jahre alt wird
Partnerin/ Partner
Migration/Transfer
(verst. 1786 im Alter von 22 Jahren)
Ev.-luth.
Ev.-luth., 1790 getauft, verst. 1807 im Alter von 32 J. (?) am Nervenfieber
Religion/Konfession
51 Kittel, Mohren als Hofbediente und Soldaten, S. 97 – 99; Steinbruch, Ein schöner Mohr, S. 11 – 12. Anton Christian Joel war möglicherweise verwandt mit Samuel Ludwig Friedrich Joel (vgl. Nr. 76 in dieser Tabelle). 52 Kittel, Mohren als Hofbediente und Soldaten, S. 89 – 93. 53 Ebd., S. 95.
Carl
1759 – 1802
61 Braunschweig52
Suffolk, Virginia, USA
Beruf/Position/ Herkunft Stand
Tambour Anton Christian Joel
1783 – 1807 [1775 (?) – 1807]
Präsenz belegt Name [ggf. Lebensdaten]
60 Braunschweig51
Ort
›Mohren‹ im deutschen Raum, um 1600 bis ca. 1800 (Fortsetzung)
298 Tabelle
1783 – 1786 [um 1766 – 1786]
1783 – 1788
1783 – 1784 [um 1753 – 1784]
65 Braunschweig56
66 Braunschweig57
67 Braunschweig58
Ebd., S. 93. Ebd., S. 87. Ebd., S. 95. Ebd., S. 97. Ebd., S. 94.
1750
64 Braunschweig55
54 55 56 57 58
1767 – 1777
James Barkes
Tambour
–
Migration/Transfer
Williamsburg [Kentucky oder Virginia, USA]
[Nordamerika]
Jamaica/ Westindien
–
–
Partnerin/ Partner
Mit den braunschweigischen Truppen aus Amerika
–
– Mit den braunschweigischen Truppen aus Amerika, seit 1781 in der Leibkompagnie von Riedesel Mit den braunschweigischen Verh., Ehefrau Truppen aus Amerika 1790 verst.
»aus Afrika« »über Amerika nach Europa«, soll mit dem Plantagenbesitzer Ausmann nach Surinam gehen
–
Beruf/Position/ Herkunft Stand
Ernst Carl Am Hof Friedrich Manuel (oder Emanuel) Friedrich Bürgerl. August Haushalt Ulrich Jonathan Friedrich Tambour Wilhelm (Steffen) Prilloh Packknecht, Georg Reinhard/ später auch Gewaltiger beim Regiment Jürgen Riedesel oder Reilis
Präsenz belegt Name [ggf. Lebensdaten]
63 Braunschweig54
Ort
›Mohren‹ im deutschen Raum, um 1600 bis ca. 1800 (Fortsetzung)
Ev.-luth., 1786 getauft, verst. 1788 im Alter von 20 Jahren [ev.-luth.?]
Ev.-luth.
Ev.-luth.
Religion/Konfession
Drei Stiefkinder namens Wallis werden zw. 1784 – 1786 beerdigt, das vierte, Wilhelm Ernst August Wallis, wird 1788 getauft [vgl. Ludwig Wallis, Nr. 70] – (verst. 1784 im Alter von 31 Jahren)
–
–
–
Kinder
Tabelle
299
1783 – 1784 [um 1754 – 1784]
1783 – 1790 [1767 geb.]
1788 – 1818 [1818 verst.]
70 Braunschweig61
71 Braunschweig62
72 Braunschweig63
Otto Wilhelm Köttig Simon Bretswood
John Watzon (Waads) Ludwig (Louis) Wallis
Jeck Imetsch
Tambour
Tambour Charleston, South Carolina, USA
[Nordamerika]
»Amerika« [Nordamerika] Tambour »Giterfield«, Virginia, USA Zeltknecht, Monmouth dann Tambour in Illinois, USA
Tambour
Beruf/Position/ Herkunft Stand
Mit den braunschweigischen Truppen aus Amerika in Maastricht Mit den braunschweigischen Truppen aus Amerika in Maastricht, Prenzlau (1802/03), in Gefangenschaft geraten und nach Marseille gebracht, 1816 Rückkehr nach Braunschweig
Mit den braunschweigischen Truppen aus Amerika
Mit den braunschweigischen Truppen aus Amerika
Mit den braunschweigischen Truppen aus Amerika
Migration/Transfer
1788: Vipie Luise Wells, Tochter des »gewesenen Schiffskapitäns in England« August Wells, *in Charleston 1802: Johanne Christiane Konradine Schrot, Tochter eines in Amerika zurückgebl. Musketiers
–
–
–
–
Partnerin/ Partner
Ebd. Ebd., S. 95. Ebd., S. 94. Ludwig Wallis ist möglicherweise mit dem Kasseler Tambour Wallis identisch (vgl. Nr. 233 in dieser Tabelle). Ebd., S. 97. Ebd., S. 99.
1783 – 1785 [um 1766 – 1785]
69 Braunschweig60
59 60 61 62 63
1783 – 1785 [um 1757 – 1785]
Präsenz belegt Name [ggf. Lebensdaten]
68 Braunschweig59
Ort
›Mohren‹ im deutschen Raum, um 1600 bis ca. 1800 (Fortsetzung)
Ev.-luth., 1790 getauft
Presbyt., verst. 1784 im Alter von 30 Jahren
(verst. 1785 im Alter von 19 Jahren)
(verst. 1785 im Alter von 28 Jahren)
Religion/Konfession
Ref. Aus 1. Ehe eine totgeborene Tochter ; aus 2. Ehe vor der Heirat vier Kinder, die früh sterben ; Marie Wilhelmine Christiane, 1802/03– 1865, verh. mit dem Lehmentierer Karl Gottlob Theodor Reuter
[wahrscheinlich drei Kinder, vgl. Georg Reinhard, Nr. 66] –
–
–
Kinder
300 Tabelle
–
1783 – 1784 je mehrere Monate im Kasseler ›chinesischen Dorf‹ beschäftigt Tambour Suffolk, Virginia, USA
[Nordamerika]
Pauker am Hof – in Braunschweig und in der Garde, Hoflakei
Am Hof
Beruf/Position/ Herkunft Stand
Mit den braunschweigischen Truppen aus Amerika: In Kassel am 6. Aug. 1786 von der Kompanie v. Freudenberg, 2. Bataillon Garde, zum 1. Regiment Garde versetzt. 1787 aus dem Kasseler Leibgardereg., 1804 desertiert
1798: Luise Marie Elisabeth Waadel, Tochter eines verst. »Lehnbesitzers« in Bröme, Hzt. Lüneburg
–
Partnerin/ Partner
Religion/Konfession
Dorothea Friederike Ev.-luth., 1790 getauft Wilhelmine (wahrsch. als »Mohrenrieke« bekannt): 1799 – 1841 (hatte 1 Tochter Johanne, *1822 unehelich geb.)
–
Kinder
Ev.-luth., verst. 1712 im Alter von 17 Jahren Als ca. 18-Jähriger durch den Dorothea Caroline, Ev.-luth., Trauung i. Dorothea d. St.-AndreasHenriette Spohr, *1770 Hamburger Kaufmann Paul Kirche in Johanna Maria Tochter eines Liban von einem Kaperschiff Braunschweig Brauers im Harz, Christina, *1775 befreit und Carl I. geschenkt Umzug dorthin nach der Trauung) Acht Kinder, die (verst. 1802 »am Als Frau von Friedrich (William) Friedrich Jammer«) Bill mit den braunschweigischen (William) Bill [vgl. 1783 – 1784 in Kassel erwähnt Nr. 82] Truppen aus Amerika in werden Maastricht, danach wieder Braunschweig
–
Migration/Transfer
Ebd., S. 93. Ebd., S. 88 – 92; Sadji, »Unverbesserlich ausschweifende« oder »brauchbare Subjekte«, S. 43; Martin, Schwarze Teufel, edle Mohren, S. 160, Anm. 498. Kittel, Mohren als Hofbediente und Soldaten, S. 96; Schäfer, Von »Kammermohren«, »Mohren«-Tambouren und »Ost-Indianern«, S. 45. Kittel, Mohren als Hofbediente und Soldaten, S. 97 – 98; wahrscheinlich identisch mit dem 1787 in den Rangierlisten des Kasseler Leibgarderegiments genannten Samuel aus »Saf Volck in Virginien« (Dienstzeit dort angegeben mit 7 Jahren und 6 Monaten), der im selben Jahr desertierte, vgl. Schäfer, Von »Kammermohren«, »Mohren«-Tambouren und »Ost-Indianern«, S. 53, 54; vgl. auch Auerbach, Die Hessen in Amerika, S. 371.
Samuel Ludwig Friedrich Joel
76 Braun1783 – 1804 schweig und [*um 1768/71] 67 Kassel
64 65 66 67
Hanne
1753 – 1779 [um 1733–vor 1802]
74 Braunschweig/ Wolfenbüttel65
Wilhelm Christian Richards Johann Matthias Pauli
75 Braun1783 – 1802 schweig und [bis 1802] 66 Kassel
1712
Präsenz belegt Name [ggf. Lebensdaten]
73 Braunschweig64
Ort
›Mohren‹ im deutschen Raum, um 1600 bis ca. 1800 (Fortsetzung)
Tabelle
301
Tambour Ernst Friedrich Polidor
80 Braun1783 – 1792 schweig/ [um 1766 – 1792] 71 Maastricht
68 69 70 71
Carl Gorgi (Georg)
79 Braun1783 – 1790 schweig/ [1765 – 1790] 70 Maastricht
1786 verlobt mit Johanne Cathrine Pickerts aus Königslutter, bittet in Wolfenbüttel um Heiratskonsens, dort jedoch kein Heiratseintrag Johanna Katharina Dorothea Selchow, Tochter eines verst. Wachtmeisters aus Ölsburg im Braunschweigischen –
War vormals mit dem königlichdänischen Gefolge in Wolfenbüttel, zuvor in Frankreich und zuletzt am russischen Hof in Diensten; 1785 am Steinfurter Hof des Grafen zu Bentheim
Savannah, Georgia, USA
Charleston, Virginia, USA
– Mit den braunschweigischen Truppen aus Amerika: Seit 1784 in braunschweigischen Diensten, in Maastricht
Mit den braunschweigischen Truppen in Maastricht
»Charton in Mit den braunschweigischen Truppen aus Amerika in England« [Charleston, Maastricht New England?]
Partnerin/ Partner
Migration/Transfer
Kittel, Mohren als Hofbediente und Soldaten, S. 93, 94; Voort, Ein Hauch von Exotik, S. 194 – 195. Kittel, Mohren als Hofbediente und Soldaten, S. 96 – 97. Ebd., S. 96. Ebd., S. 95.
Tambour
Tambour
August Wells
78 Braun1783 – 1793 schweig/ 69 Maastricht
Bediensteter an – verschiedenen europäischen Höfen, u. a. Kammermohr in Steinfurt
Beruf/Position/ Herkunft Stand
Samuel Ramsey (»Christ Ramsey«)
Präsenz belegt Name [ggf. Lebensdaten]
77 Braun1785 – 1786 schweig und SteinfurtBentheim68
Ort
›Mohren‹ im deutschen Raum, um 1600 bis ca. 1800 (Fortsetzung)
[wohl getauft, vgl. Name]
Religion/Konfession
–
–
Ev.-luth., getauft 1787, verst. 1790 im Alter von 25 J. in Maastricht an Auszehrung Ev.-luth., 1786 getauft, verst. 1792 im Alter von 26 Jahren in Maastricht an Schwindsucht
Drei Kinder, die in Ev.-luth., 1787 Maastricht sterben ; getauft Johanne Sophie Henriette Ferdinandine, *1793
–
Kinder
302 Tabelle
1754 – 1804
August Wilhelm Peter
– Lakai bei Herzog Carl I., später Bote bei der Geheimen Kanzlei [ab 1783 in Pension]
Charleston, Virginia oder South Carolina
Sucht seine Stellung in Berlin und Magdeburg zu verbessern, kehrt 1770 nach Wolfenbüttel zurück
Mit den braunschweigischen Truppen aus Amerika in Maastricht, danach wieder Braunschweig
Hackensack, Mit den braunschweigischen New Jersey, Truppen aus Amerika in Maastricht USA
Migration/Transfer
Kinder
1788: Johanne Sophie Nicolini, Tochter des vormaligen Schauspieldirektors in Braunschweig
Zwei Kinder vor der Ehe: Johann Karl Christian, *1786 in Braunschweig; Johannes, in Maastricht 1788 getauft, begr. 1791 1. Ehe mit Hanne, Acht Kinder aus 1. verst. 1802 [vgl. Ehe blieben nicht am Leben (darunter Nr. 75]; 2. Ehe Maria Magdalena, 1803: Johanne Marie Christine getauft am 25. 4. 1786); aus der 2. Ehe Steinbrück, ein früh verst. Junge Tochter eines verst. Gefreiten; 3. und Caroline Wilhelmine, *1808 Ehe 1814: (Nachkommen) Christiane Philippine Henriette Hencken Johanna Zwei Kinder Margaretha vollenden nicht das Friederika Entroth 1. Lebensjahr
Partnerin/ Partner
Ev.-luth.
Ev.-luth., 1787 getauft, verst. 1826 im Alter von 83 Jahren an Entkräftung
Presbyt.
Religion/Konfession
72 Ebd., S. 100. 73 Ebd., S. 96 – 97; Auerbach, Die Hessen in Amerika, S. 359. Friedrich (William) Bill steht 1780 Gevatter bei einem Sohn des Tambours Heyon (Nr. 246 in dieser Tabelle) und 1791 bei einer Tochter des Tambours Wells (Nr. 78). 74 Kittel, Mohren als Hofbediente und Soldaten, S. 87 – 88.
83 Braunschweig/ Wolfenbüttel74
Friedrich Tambour (William) Bill
82 Braun1783 – 1826 schweig/ [1743 – 1826] 73 Maastricht
Tambour
Beruf/Position/ Herkunft Stand
Franz Prinz Dermain
Präsenz belegt Name [ggf. Lebensdaten]
81 Braun1783 – 1791[?] schweig/ 72 Maastricht
Ort
›Mohren‹ im deutschen Raum, um 1600 bis ca. 1800 (Fortsetzung)
Tabelle
303
Präsenz belegt Name [ggf. Lebensdaten]
Alexander Ahrends (Ernst Alexander August Arens)
Lakai
–
–
4.6.1767: Sophie Regina Rinne (um 1744 – 1807) aus Bückeburg, ev.luth., Tochter eines verst. Feuerwerkers beim Artilleriecorps
–
–
–
–
Partnerin/ Partner
»Heide«
–
–
–
Religion/Konfession
Friedrich Wilhelm, Ev.-ref. ref., *1767; Maria Wilhelmine Ernestine, ev.-luth., *1769; Sophia Louise, ev.-luth., *1773; Wilhelm, ref., *1775; Sophie, ev.-luth., *1784, mit zwei Jahren begraben, möglicherweise weitere Kinder
–
–
–
–
Kinder
75 Zu den unter den lfd. Nrn. 84 – 86 genannten Personen vgl. Neumann, Mohren auf den Schlössern Breitenburg und Drage, S. 221. 76 Martin, Schwarze Teufel, edle Mohren, S. 177, Anm. 590 – 591. 77 Schäfer, Von »Kammermohren«, »Mohren«-Tambouren und »Ost-Indianern«, S. 39, 40, 49, 56 – 58; Wagener-Fimpel, Mohren in Schaumburg-Lippe, S. 123 – 134, Martin, Schwarze Teufel, edle Mohren, S. 141, 148, 158, 160, 176 – 177, 430, 441.
88 Bückeburg77 1751 – 1789 [um 1735 – 14. 5. 1789]
–
–
– [Europa], »sein Vater ein Mohr, und er unter denen Ziegeunern gewesen« »Amerika« Über Holland und Kassel nach [Surinam?] Bückeburg
–
Migration/Transfer
–
Beruf/Position/ Herkunft Stand
Ein »Mohrenknabe« bei Hof 85 Breitenburg/ Mitte 17. Jh.–nach AnonyEin Drage 1676 mus »Mohrenknabe« bei Hof 86 Breitenburg/ Mitte 17. Jh.–nach AnonyEin Drage 1676 mus »Mohrenknabe« bei Hof 87 Bruchsal 1769/70 Hannes, Als und »Heiden- Wegelagerer Hessen76 bezeichnet oder MohrenHannes«
84 Breitenburg/ Mitte 17. Jh.–nach AnonyDrage75 1676 mus
Ort
›Mohren‹ im deutschen Raum, um 1600 bis ca. 1800 (Fortsetzung)
304 Tabelle
[über Ansbach, Kurhannover?] Caroline Sophia N. aus Ansbach, ev.-luth., verst. 1773
Partnerin/ Partner
–
(geführt im Kopfschatz-Register – der Kanzlei der Fürstentümer Calenberg-Göttingen und Grubenhagen von 1689, Gehalt: zwölf Groschen monatlich, Vorletzte in der Gehaltsliste) »OstVon dem ehemaligen Apotheker – Johann Friedrich Mayer, einem Indien« [vermutl. Angestellten der VOC als Molukken- »Mohren (…), Sclaven (… und) Insel Ceram] Diener erkauft« und nach Württemberg gebracht, lebte in Sersheim
Jamaika
Migration/Transfer
Religion/Konfession
–
Ev.-luth., getauft am 30. 6. 1720 in Cannstadt
Ev.-ref. Friederike Wilhelmine Amalie (1764 – 1824), ev.luth.; Friedrich Wilhelm (1769 – 1773), reformiert – –
Kinder
78 Wagener-Fimpel, Mohren in Schaumburg-Lippe, S. 134 – 137; Schäfer, Von »Kammermohren«, »Mohren«-Tambouren und »Ost-Indianern«, S. 56. 79 Martin, Schwarze Teufel, edle Mohren, S. 138, 427, Anm. 344; Max Burchard, Die Kopfsteuerbeschreibung der Fürstentümer Calenberg=Göttingen und Grubenhagen von 1689, Teil 2: Die Alt= und Neustadt Hannover sowie die Fürstliche Kanzlei, bearb. von Joachim Studtmann, Hannover 1941, Anhang (Kopfschatz=Register von Fürstl. Cantzley de Anno 1689, 1.). 80 Schäfer, Von »Kammermohren«, »Mohren«-Tambouren und »Ost-Indianern«, S. 36; Monika Firla, Quellen des Landeskirchlichen Archivs Stuttgart zur Erforschung der Afrikanischen Diaspora des 18. Jahrhunderts in Württemberg, in: Blätter für württembergische Kirchengeschichte, Bd. 99, Stuttgart 1999, S. 90 – 112, hier S. 94 – 98.
Diener [bürgerl. Haushalt]
1719 [*um 1700]
91 Cannstadt/ Sersheim80
Jan Fortuyn, getauft Gottlieb Philipp Friederich
Anonyma Eine »Mohrinn«
1689
90 CalenbergGöttingen/ Grubenhagen79
Trompeter »unter den gräflichen Carabiniers«
Beruf/Position/ Herkunft Stand
Matthias Engelland (oder England)
Präsenz belegt Name [ggf. Lebensdaten]
89 Bückeburg78 1758 – 1773 [am 19. 4. 1773 verst.]
Ort
›Mohren‹ im deutschen Raum, um 1600 bis ca. 1800 (Fortsetzung)
Tabelle
305
Domestik
Domestik
Kammermohr
–
–
–
Kinder
– Um 1735 der Fürstäbtissin Franziska Christina von PfalzSulzbach als Knabe geschenkt Bei dem jüdischen »Burger und – Kaufhändeler« Moses Josua Henriques Bei dem jüdischen »Burger und – Kaufhändeler« Moses Josua Henriques
1.1.1789: Anna Marie Kathrine Menke aus Bextehagen
Ev.-luth., getauft gemeinsam mit ihrem Sohn in Erligheim am 12. 6. 1780
Religion/Konfession
–
–
–
–
Simon Heinrich – Wilhelm Junga (1791 – 1798); Christine Louise Junga; zwei weitere Töchter (1796 und 1797 verst.) – Getauft [katholisch?]
In Surinam Jacob Friderich Konkubinat, nach Philipp, leg. Gaum, 1780 Ehe mit *1775 in Surinam Johann Philipp Gaum
Partnerin/ Partner
81 Firla, Quellen des Landeskirchlichen Archivs Stuttgart, S. 105 – 111; Firla, Exotisch – höfisch – bürgerlich, S. 70 – 71; Häberlein, »Mohren«, ständische Gesellschaft und atlantische Welt, S. 97. 82 Sadji, »Unverbesserlich ausschweifende« oder »brauchbare Subjekte«, S. 43; Martin, Schwarze Teufel, edle Mohren, S. 138 – 139, 148, 160, 423, Anm. 281 (Taufeintrag für Tochter Justine Luise Junka vom 30. 8. 1795), S. 424, Anm. 282, S. 428, 433, 443. 83 Ute Küppers-Braun, Frauen des hohen Adels im kaiserlich-freiweltlichen Damenstift Essen (1605 – 1803). Eine verfassungs- und sozialgeschichtliche Studie, Münster 1997, S. 233 – 234; Häberlein, »Mohren«, ständische Gesellschaft und atlantische Welt, S. 88. 84 Zu den unter den lfd. Nrn. 95 – 98 genannten Personen in Glückstadt vgl. Martin, Schwarze Teufel, edle Mohren, S. 64, Anm. 168 – 169 sowie S. 83, Anm. 10.
um 1680
Anonymus
Ignatius Fortuna
96 Glückstadt
Um 1735 – 1794 [1794 verst.]
94 Fürststift Essen83
Franz Wilhelm Junka/ Junga/ Yonga
Anonymus
1765 – 1798 [um 1751 – 1798]
93 Detmold82
Migration/Transfer
»aus Afrika« Mit dem Apotheker Johann Philipp Gaum, »Inspector einer Caff¦ Plantage in Surinam«, 1779 nach Ofterdingen und Tübingen, schließlich Katharinenplaisier (später Besitzerin einer Hälfte des Landgutes Katharinenplaisir bei Cleebronn) Lakai [bürgerl. »Ostafrika« 1765 in London von Franz von Haushalt] Borries gekauft, im Okt. 1789 dem Grafen zur Lippe geschenkt
Beruf/Position/ Herkunft Stand
Johanna – Christiana Gaum
95 Glückstadt84 um 1680
1775 – 1790 [um 1755–nach 1790]
Präsenz belegt Name [ggf. Lebensdaten]
92 Cleebronn bei Stuttgart81
Ort
›Mohren‹ im deutschen Raum, um 1600 bis ca. 1800 (Fortsetzung)
306 Tabelle
1651
1755
99 Goslar85
86
–
–
–
Domestik
»PaukenschläAnton Friedrich ger« aus Arabien
Anonymus Anonymus
Emanuel
Anonymus
»Arabien«
Surinam [»von einem Christlichen Vater, Namens Schumann und einer Heydinn gebohren«]
–
Guinea
–
Beruf/Position/ Herkunft Stand
Partnerin/ Partner
Nach dem frühen Tod des Vaters – zunächst bei der Mutter aufgewachsen »bis er vor 2 12 Jahre durch Herrn Picc, welcher viele Jahre in America gelebet, und noch itzo eine eigene Plantage daselbst besitzet, als er sich dort wegbegeben, und allhier häußlich niedergelassen, mit herausgenommen« wurde. In Goslar zur Schule geschickt und christl. erzogen – –
Bei dem jüdischen »Burger und – Kaufhändeler« Moses Josua Henriques »aus Guinea durch einen schifer, – der von hir järlich an selbige Küsten fähret«; 1680 »vom Obrist-Lieutenent Richelieu dem Juden Moses Josua Henriques entwandt […]« (ein »erwachsener Mohr«) –
Migration/Transfer
85 Martin, Schwarze Teufel, edle Mohren, S. 62, 394, Anm. 142. 86 Ebd., S. 169, Anm. 549 – 551; Häberlein, »Mohren«, ständische Gesellschaft und atlantische Welt, S. 96. 87 Kellenbenz, Schleswig in der Gottorfer Zeit, S. 203; Philippsen, Alt-Schleswig, S. 41.
101 Gottorf87
1650er- oder 1660er-Jahre
1677 – 80
98 Glückstadt
100 Goslar
um 1680
Präsenz belegt Name [ggf. Lebensdaten]
97 Glückstadt
Ort
›Mohren‹ im deutschen Raum, um 1600 bis ca. 1800 (Fortsetzung)
–
–
–
–
–
Kinder
Ref.
Getauft in Goslar am 28. Sept. 1755
–
–
–
Religion/Konfession
Tabelle
307
1612
105 Hamburg91
Bediensteter
–
–
»ein geborener Indianer« [Nordamerika?]
»Guinea«
–
–
Dt. Ehefrau
–
Im Haushalt des Portugiesen Michael Dias (wahrsch. über Antwerpen) Im Haushalt des Portugiesen Michael Dias (wahrsch. über Antwerpen)
Verh.
Partnerin/ Partner
–
Migration/Transfer
–
Heinrich Christian Thomas und weitere Kinder, deren Nachkommen bis in die 1930er-Jahre als »Barbiere, Bader und Chirurgen«, Bäcker- und Webermeister in Greiz nachweisbar sind (Familie Thomas) Sieben bis 1780 in Greiz geborene und getaufte Kinder, die alle im Kleinkindalter starben –
Kinder
–
–
Ev.-ref. (Vater bereits ref.)
–
Religion/Konfession
88 Alfred Lindner, Die Nachkommen eines gräflichen Kammermohren der Rokokozeit. Die Baaderfamilie Thomas in Greiz, in: Genealogie. Deutsche Zeitschrift für Familienkunde, Bd. 6, Jg. 11/12, 1962/63, S. 552 – 560; Schäfer, Von »Kammermohren«, »Mohren«-Tambouren und »Ost-Indianern«, S. 56, 78, Anm. 210; Martin, Schwarze Teufel, edle Mohren, 161, 169, 439, Anm. 553 – 554, S. 444, Anm. 613; 89 Schäfer, Von »Kammermohren«, »Mohren«-Tambouren und »Ost-Indianern«, S. 36, Anm. 22; Martin, Schwarze Teufel, edle Mohren, S. 443, Anm. 612 (hier abweichend FranÅois Rosa del Ribeer genannt); Lindner, Die Nachkommen eines gräflichen Kammermohren der Rokokozeit, S. 553. 90 Martin, Schwarze Teufel, edle Mohren, S. 65 – 6, Anm. 174. Dass Michael Dias mit den Schwarzen vermutlich über Antwerpen nach Hamburg kam, wird durch einen Antwerpener Taufeintrag nahegelegt, nach dem am 13. Oktober 1591 »an African child in the family of Henrique Diaz Milan« getauft worden war, vgl. Debrunner, Presence and Prestige, S. 57. Welcher Religion Dias angehörte, ist nicht bekannt]. 91 Martin, Schwarze Teufel, edle Mohren, S. 65 – 6, Anm. 174.
Anonymus
Anonymus
1612
104 Hamburg90
Bediensteter
Franz Kammermohr Rossuard
103 Greiz, 1781 Thüringen [um 1746 – 1781] [Fürstentum Reuß]89
Kammermohr
Beruf/Position/ Herkunft Stand
Heinrich Conrad Guinea
Präsenz belegt Name [ggf. Lebensdaten]
102 Greiz, 1744 [Todesjahr] Thüringen88
Ort
›Mohren‹ im deutschen Raum, um 1600 bis ca. 1800 (Fortsetzung)
308 Tabelle
26. 6. 1651
1793 – 1802 [*um 1786]
1785 – 1789
108 Hamburg94
109 Hamburg95
110 Hamburg96
Sklavin
–
–
–
Indien
Indien
Partnerin/ Partner
Ev.-luth., getauft am 26. 8. 1651 in St. Catharinen, Hamburg –
–
Religion/Konfession
–
Catharina Elisabeth Ev-luth. (Kirchenbuch von Mohr, 14. 08. Eppendorf, 1801 – 7.3.1803 Hamburg)
–
–
–
Kinder
3.5.1789: Sophie – Dorothea Elisabeth Kempe, Tochter aus angesehener Hamburger Kaufmannsfamilie
Catharina Marg. Geßenberg, Köchin im Haus Kellinghusens (verh. mit Husen?)
–
Ankunft eines schwarzen Jungen – mit einem aus Indien eintreffenden Schiff – –
Migration/Transfer
Im Haushalt der aus Portugal zugewanderten Violante Correa, Testament. Manumission 1651 Francis, Bediensteter im St. Eustache Mit Dr. v. Exter über Boston und in den Haushalt des London nach Hamburg in gekommen, besucht die Hamburg Advokaten und Kleinen Domvikar Dr. Antillen Eppendorfer Küsterschule ›Georg Joachim Carl Mohr‹, Kellinghusen getauft Franz Georg Husen Seit etwa 1785 in Hamburg Johann Bediensteter Guinea Georg [wahrsch. bürg. (»aus Afrika Berlin Haushalt] an der Küste von Guinea«)
Dimiana
Anonymus
Anonymus
Beruf/Position/ Herkunft Stand
Hauschild-Thiessen, Eine ›Mohrentaufe‹ im Michel 1855, S. 11 – 12; Martin, Schwarze Teufel, edle Mohren, S. 82 – 83. Martin, Schwarze Teufel, edle Mohren, S. 62, 394, Anm. 143; Hauschild-Thiessen, Eine ›Mohrentaufe‹ im Michel 1855, S. 11 – 12. Martin, Schwarze Teufel, edle Mohren, S. 66. Ebd., S. 395, 148. Ebd., S. 150.
1651
107 Hamburg93
92 93 94 95 96
1638 [*um 1633]
Präsenz belegt Name [ggf. Lebensdaten]
106 Hamburg92
Ort
›Mohren‹ im deutschen Raum, um 1600 bis ca. 1800 (Fortsetzung)
Tabelle
309
1788
1696
1787
112 Hanau
113 Hannover98
114 Hannover99
–
Kap der Guten Hoffnung Anony– Kap der mus Guten Hoffnung Osman. Anonyma Waschmagd der Gräfin von Reich Platen Pauker New York Johann Wilhelm Charleton, genannt Johann Ludewig Erlich (oder Ehrlich) Mahomet Am Hof, Osman. Günstling Reich Am Hof Osman. MustReich apha, getauft Franz Ernst
Anonymus
Beruf/Position/ Herkunft Stand
–
Rettet Georg I. von Hannover bei Hannoveranerin der Belagerung Wiens das Leben Rettet Georg I. von Hannover bei – der Belagerung Wiens das Leben
[mit den braunschweigischen Truppen aus Amerika?]
–
–
– »eine geborene, im Türkischen Glauben erzogene Mohrin«
–
Partnerin/ Partner
–
Migration/Transfer
Islam./ev.-luth. Islam./ev.-luth., 1695 getauft
–
[wahrsch. getauft]
Islam./ev.-luth., 1696 getauft
(getauft)
(getauft)
Religion/Konfession
Mehrere Kinder
–
–
–
–
Kinder
97 Zu den beiden Personen aus Hanau vgl. Schäfer, Von »Kammermohren«, »Mohren«-Tambouren und »Ost-Indianern«, S. 78 – 79, Anm. 218. 98 Martin, Schwarze Teufel, edle Mohren, S. 82; Haase, Türkische Gefangene in Hannover, S. 245. 99 Martin, Schwarze Teufel, edle Mohren, S. 119 – 121, Anm. 213 – 216. 100 Scobie, Black Britannia, S. 12. Er erscheint hier als schwarzer Günstling des neuen englischen Königs. 101 Ebd., S. 12, die Identität dieses auf den Namen Franz Ernst getauften Mustapha am Hof von Hannover ist durch die weitere Forschung noch genauer zu klären. Ein Mustapha rettete nach Angaben von Scobie Georg I. bei der Belagerung Wiens 1683 das Leben, während Mustapha de Misitri erst 1690 in Morea gefangen genommen wurde, vgl. Haase, Türkische Gefangene in Hannover, S. 244, 348 – 349.
115 Hannover100 1683 [1726 verst.] 116 Hannover101 1685 [*um 1678/79]
1788
Präsenz belegt Name [ggf. Lebensdaten]
111 Hanau97
Ort
›Mohren‹ im deutschen Raum, um 1600 bis ca. 1800 (Fortsetzung)
310 Tabelle
Gratia
Um 1747
102 103 104 105
Catharina –
Um 1747
120 Herrnhaag105 121 Herrnhaag St. John
St. John
St. Thomas
–
Partnerin/ Partner
–
Im Februar 1739 mit Graf Zinzendorf von St. Thomas nach Bethlehem, Pennsylvania und Anfang der 1740er-Jahre nach Deutschland –
–
–
–
Piet.
Piet.
Piet.
[ein Sohn, vgl. Maria, Nr. 122) 1742 in Bethlehem, Pennsylvania: Maria [vgl. Nr. 122] –
–
–
Islam./ev.-luth.
Religion/Konfession
–
–
Kinder
–
Durch General Klinkoström – 1690 in Morea gefangen genommen und dem Erbprinzen von Hannover, Georg Ludwig, geschenkt
Migration/Transfer
Martin, Schwarze Teufel, edle Mohren, S. 82; Haase, Türkische Gefangene in Hannover, S. 244, 348 – 349. Heese, Von Mohren und Menschen, S. 72 – 74; Voort, Ein Hauch von Exotik, S. 193. Der Diener erhielt 60 Taler Jahresgehalt und »Freyen Tisch«. Sensbach, Rebecca’s Revival, S. 174; Debrunner, Presence and Prestige, S. 109 – 110. Catharina und die in der Tabelle folgende Gratia waren lt. Sensbach abgebildet in dem Porträt »Erstlingsbild« von Johann Valentin Haidt, 1747, vgl. Sensbach, Rebecca’s Revival, S. 191.
–
Andreas Um 1740 – 1743 [1743 in Herrnhaag verst.]
119 Herrnhaag104
Am Hof der Äbtissin des Damenstifts Herford, Johanna Charlotte, Markgräfin v. BrandenburgSchwedt Missionar
1734 – 1750 [*um 1727]
Fürstlicher Morea Kammerlaquai, [Peloponspäter nes] Kammerdiener
Beruf/Position/ Herkunft Stand
118 Herford103
Mustapha/ getauft Ernst August Mustapha de Misitri Leopold
Präsenz belegt Name [ggf. Lebensdaten]
117 Hannover102 1690 [1738 verst.]
Ort
›Mohren‹ im deutschen Raum, um 1600 bis ca. 1800 (Fortsetzung)
Tabelle
311
– Pauker bei Ludwig IX. von HessenDarmstadt [1719 – 1790] Im Hofstaat der – Landgräfin Karoline von HessenDarmstadt [1721 – 1774]
Anonymus
Anonymus
126 Hessen– Darmstadt110
In den späten 1730er-Jahren in Bethlehem, Pennsylvania: Andreas [vgl. Nr. 119] –
Über die Herrnhuter Missionare auf St. Thomas nach Bethlehem, Pennsylvania und Anfang der 1740er-Jahre nach Deutschland
–
–
–
–
Aus Afrika nach St. Thomas verkauft, von dort im August 1734 mit dem Missionar Leonhard Dober nach Deutschland, 1736 in Herrnhut verst. – Der Freifrau von Knyphausen aus Hamburg von Eilert Tidden von Oldersum geschickt
Partnerin/ Partner
Migration/Transfer
Religion/Konfession
–
–
–
–
–
–
–
Piet., getauft 1734 auf dem Schloss des Grafen von Zinzendorf in Ebersdorf
Ein Sohn, Michael, Piet. verst. vor 1743
Kinder
106 Ebd., S. 174; Debrunner, Presence and Prestige, S. 110. 107 Lt. Sensbach abgebildet in dem Porträt »Erstlingsbild« von Johann Valentin Haidt, 1747, vgl. Sensbach, Rebecca’s Revival, S. 191; Debrunner, Presence and Prestige, S. 109 (dort abweichend Andrew Carmel genannt). Taufpate von Oly Carmel, getauft Josua, war der Missionar Friedrich Martin. 108 StA Aurich, Dep. 4 (Innhausen und zu Knyphausen) III h, 27, fol. 28r, vermutlich besteht ein Zusammenhang mit der Brandenburgisch-Afrikanischen Kompanie. 109 Rudt de Collenberg, Haus- und Hofmohren des 18. Jahrhunderts, S. 274. 110 Ebd.; der Autor leitet die Anwesenheit dieses Mannes aus einem Porträt der Landgräfin mit einem Mohrenpagen ab.
»Kleiner Mohr« [wahrsch. bei Hof Afrika]
Loango [heute Kongo]
St. Thomas
Anonymus
–
Missionarin
124 Herrschaft 1686 Knyphausen [Lütetsburg]108 125 Hessen– Darmstadt109
Maria
Beruf/Position/ Herkunft Stand
Oly Carmel/ getauft Josua
Um 1740
Präsenz belegt Name [ggf. Lebensdaten]
123 Herrnhut107 1734 – 1736 [um 1727 – 1736]
122 Herrnhaag106
Ort
›Mohren‹ im deutschen Raum, um 1600 bis ca. 1800 (Fortsetzung)
312 Tabelle
–
August Afrika
[Bediensteter?] – beim Förster Riefenberg
–
–
[vgl. Charlotta, Nr. 129)
Mind. ein Kind
–
–
13. 12. 1694: Friedrich Ludwich [vgl. Nr. 130] 13. 12. 1694: Charlotta [vgl. Nr. 129], Trauung in Königsberg –
–
Kinder
–
Partnerin/ Partner
–
Getauft
Getauft
Ev.-luth., getauft 1737
–
Religion/Konfession
111 Schäfer, Von »Kammermohren«, »Mohren«-Tambouren und »Ost-Indianern«, S. 75, Anm. 183. 112 Jürgen Kniep, »All die Jungfern und Lacquaien«. Menschen am Weikersheimer Hof, in: Schloss Weikersheim in Renaissance und Barock. Geschichte und Geschichten einer Residenz in Hohenlohe, hg. vom Staatsanzeiger-Verlag in Zusammenarbeit mit den Staatlichen Schlössern und Gärten Baden-Württemberg, Mai 2006, S. 64 – 67, hier S. 65; Rudt de Collenberg, Hausund Hofmohren des 18. Jahrhunderts, S. 274 – 275. 113 Charlotta und der in der Tabelle folgende Friedrich Ludwich nach Martin, Schwarze Teufel, edle Mohren, S. 147. 114 Ebd., S. 141.
131 Holtensen [bei Hannover]114
–
–
1744 von der »nachgebliebenen hochfürstlichen Frau Witwe dem regierenden Herrn Herzog von Braunschweig (Carl I.) verehrt«
–
–
Migration/Transfer
In Diensten von – Bertholin Eichel, Erbherr und dänischer Edler zu Trautel Im Hofstaat des – Fürsten Ferdinand zu HohenloheBartenstein und des Fürsten Albrecht Ludwig – –
Beruf/Position/ Herkunft Stand
Friedrich Bediensteter Ludwich des Herzogs von Holstein
Charlotta
129 Holstein/ 1694 Königsberg113 130 Holstein/ 1694 Königsberg
Michael
Cornwell, getauft Christian Ludwig Friedrich
1817 [1817 verst.]
Präsenz belegt Name [ggf. Lebensdaten]
128 Hohenlohe- 1736 – 1744 Bartenstein112
127 Hofgeismar111
Ort
›Mohren‹ im deutschen Raum, um 1600 bis ca. 1800 (Fortsetzung)
Tabelle
313
1713 [am 11. 7. 1713 verst.]
1746
134 Kassel117
135 Kassel118
Tambour bei der FlügelGrenadierKomp., 1. Bat. Garde, April 1783 Neuzugang bei der Flügelgrenadierkomp. Kammermohr Amour (getauft im Hofstaat der Friedrich Landgräfin Amour bzw. Amor) AnonyEin mus »Mohrenknabe« im Haus des Oberst von Buttlar AnonyEin mus »Mohrenknabe« im Hofstaat des späteren Landgrafen Wilhelm VIII.
Amor
–
–
»bürtig aus Afrika«
[Nordamerika]
Beruf/Position/ Herkunft Stand
Partnerin/ Partner
–
–
–
–
–
–
Mit den hessischen Truppen aus – Amerika
Migration/Transfer
Auerbach, Die Hessen in Amerika, S. 358. Schäfer, Von »Kammermohren«, »Mohren«-Tambouren und »Ost-Indianern«, S. 40, 63 – 64. Ebd., S. 39. Ebd., S. 39 – 40.
1776
133 Kassel116
115 116 117 118
1782 [*um 1766]
Präsenz belegt Name [ggf. Lebensdaten]
132 Kassel115
Ort
›Mohren‹ im deutschen Raum, um 1600 bis ca. 1800 (Fortsetzung)
–
–
–
–
Kinder
(ungetauft, bestattet am 18. 4. 1746)
Getauft (Nottaufe am 7. 7. 1713)
Ev.-ref., getauft am 29. 3. 1780 i. d. Hofgemeinde Kassel
–
Religion/Konfession
314 Tabelle
1698
1785
1749 [*um 1731]
138 Kassel121
139 Kassel122
140 Kassel123
Nordamerika
–
–
– Bediensteter bei Oberst von Linsing aus dem Leibfüsilierregiment in Kassel Am Hof –
Hof
Anthon (»Anthon der Mohr«) Anton Tambour im Henrich LeibgardeRegiment Bernhar- Am Hof dina Wilhelmina Frantz
Anonymus
Anonymus
Beruf/Position/ Herkunft Stand
Partnerin/ Partner
–
Von Schlesien nach Kassel
–
[mit den hessischen Truppen aus – Amerika]
–
»aus Amerika von daselbst sich – gegenwärtig aufhaltenden Officiers an die Frau Landgräfin überschickt« [mit den hessischen Truppen aus – Amerika]
Migration/Transfer
–
–
–
–
–
Kinder
Zunächst kath. getauft, 1749 ev.-ref. konfirmiert
–
Ev.-ref., konfirmiert am 24. 4. 1698
Ev.-ref., Pfingsten 1780 konfirmiert i. d. Kasseler Hofgemeinde –
Religion/Konfession
Ebd., S. 42. Ebd., S. 52, 75, Anm. 183. Ebd., S. 39. Ebd., S. 76, Anm. 189. Nach Aufzeichnungen des früheren Marburger Archivdirektors Knetsch, der Hinweise auf Mohren in den durch Kriegseinwirkungen verloren gegangenen Kirchenbüchern der Hof- und der Garnisonsgemeinde Kassel für den Zeitraum 1740 – 1807 gesammelt hat, vgl. ebd., S. 61, Anm. 33. Die Notizen von Knetsch sind nicht vollständig, weshalb sich vielfach die Namen nicht zuordnen lassen. Alle aus diesen Aufzeichnungen stammenden Angaben zu Personen sind in den Anmerkungen zu dieser Tabelle entsprechend gekennzeichnet. 123 Ebd., S. 40.
1789
137 Kassel120
119 120 121 122
1780 [*um 1761]
Präsenz belegt Name [ggf. Lebensdaten]
136 Kassel119
Ort
›Mohren‹ im deutschen Raum, um 1600 bis ca. 1800 (Fortsetzung)
Tabelle
315
1784 [*um 1765]
1785 – 1787 [*um 1766]
142 Kassel125
143 Kassel
Büsse (auch Büse)
Boeinstien
Betty (e) Johnson
–
Überkomplet- [Nordamerika] ter Tambour beim Regiment von Wuthenau, 1. Bataillon Garde, 1784 Neuzugang Charleston Tambour bei der Flügelgrenadierkompanie des 2. Bataillons Garde, am 3. Juni 1787 desertiert
–
Beruf/Position/ Herkunft Stand
Partnerin/ Partner
Mit den hessischen Truppen aus Amerika
[mit den hessischen Truppen aus – Amerika?] In der Kasseler »Mohrenkolonie« eingesetzt Mit den hessischen Truppen aus – Amerika
Migration/Transfer
124 Ebd., S. 45. 125 Zu Boeinstien und der in der Tabelle folgende Büsse bzw. Büse vgl. Auerbach, Die Hessen in Amerika, S. 360.
1784 – 1785
Präsenz belegt Name [ggf. Lebensdaten]
141 Kassel124
Ort
›Mohren‹ im deutschen Raum, um 1600 bis ca. 1800 (Fortsetzung)
–
–
Kinder
–
–
Religion/Konfession
316 Tabelle
1782 – 1789 [*um 1771]
New York bzw. Newport/ Nypont
Beruf/Position/ Herkunft Stand
Pfeifer/ Caesar Ferguson Tambour (auch Vergueson, Virguson, Verguson)
Präsenz belegt Name [ggf. Lebensdaten] Partnerin/ Partner
Mit den hessischen Truppen aus – Amerika: Am 15. Mai 1782 bei Major von Eschweges Kompanie, Regiment Landgraf, als Tambour zugeführt. 1783 im Alter von elf Jahren noch immer bei dieser Einheit. Pfeifer Ferguson, 15 Jahre alt, bis 31 August 1786 in Kassel bei der Flügelgrenadierkompanie des 3. Regiments Garde. Als Pfeifer bei der Flügelgrenadierkompanie, 2. Bataillon Garde am 31. Aug. 1786 im Alter von 15 J., zugegangen am 11. Juli 1787 bei der Kompanie v. Rotsmann, 1788 Tambour bei der Flügelgrenadierkompanie, 1789 bei der Flügelgrenadierkompanie des Regiments Garde, 1. Bataillon
Migration/Transfer –
Kinder
126 Schäfer, Von »Kammermohren«, »Mohren«-Tambouren und »Ost-Indianern«, S. 53, 76, Anm. 190; Auerbach, Die Hessen in Amerika, S. 363 – 364.
144 Kassel126
Ort
›Mohren‹ im deutschen Raum, um 1600 bis ca. 1800 (Fortsetzung)
–
Religion/Konfession
Tabelle
317
Um 1717
1773 – 1783 [1759 – 1783]
Kammermohr am Hof Pfeifer in der FlügelGrenadierKompanie des 1. Btl. des LeibgardeRegiments
Pfeifer im LeibgardeRegiment
[Nordamerika?] –
New York
Carl Avans (oder Avance, getauft auf den Namen Friedrich) Carl Tambour im – Friedrich Regiment des Grafen Dönhoff
Carl
Caetto (auch Cato, Catto)
Beruf/Position/ Herkunft Stand
Partnerin/ Partner
–
1717: Anna Christina (Familienname unbekannt)
Mit den hessischen Truppen aus – Amerika: 1785 in Kassel Flügelgrenadierkompanie des 1. Bataillons Garde; (1787: drei J., drei M. im Dienst), desertiert am 26. Aug. 1787 von der Flügelgrenadierkompanie, 1. Bataillon Garde Mit den hessischen Truppen aus – Amerika – –
Migration/Transfer
Ev.-ref., getauft am 22. 4. 1774 i. d. Hofgemeinde Kassel, am 12. 3. 1783 dort begraben
—
–
Religion/Konfession
Taufe einer Tochter – Wilhelmina am 1. 3. 1717 in der Garnisonsgemeinde Kassel
–
–
–
Kinder
127 Schäfer, Von »Kammermohren«, »Mohren«-Tambouren und »Ost-Indianern«, S. 53; Auerbach, Die Hessen in Amerika, S. 360. 128 Schäfer, Von »Kammermohren«, »Mohren«-Tambouren und »Ost-Indianern«, S. 40. Dieser ist möglicherweise identisch mit dem bei Auerbach erwähnten Tambour Carl aus dem nordamerikanischen Charleston, in Kassel bei der Leibkompanie des 1. Bataillons Garde, der 1784 30 Jahre alt war, vgl. Auerbach, Die Hessen in Amerika, S. 360, und/oder dem laut Schäfer 1783 – 1784 im Leibgarde-Regiment erwähnten Tambour Carl Mathias aus Charleston, Nordamerika, vgl. Schäfer, Von »Kammermohren«, »Mohren«-Tambouren und »Ost-Indianern«, S. 76, Anm. 190. 129 Schäfer, Von »Kammermohren«, »Mohren«-Tambouren und »Ost-Indianern«, S. 47, 50, 70, Anm. 134, S. 73, Anm. 162. 130 Ebd., S. 72, Anm. 150.
148 Kassel130
147 Kassel
1784 – 1785
146 Kassel128
129
1785 – 1787 [*um 1771]
Präsenz belegt Name [ggf. Lebensdaten]
145 Kassel127
Ort
›Mohren‹ im deutschen Raum, um 1600 bis ca. 1800 (Fortsetzung)
318 Tabelle
1789
153 Kassel135 »Amerika«
Partnerin/ Partner
–
Mit den hessischen Truppen aus Tambour Babes, Amerika nicht verh. [vgl. Nr. 211] Mit den hessischen Truppen aus [Mutter von Amerika Catharina Tamasin, vgl. Nr. 152]
[mit den hessischen Truppen aus – Amerika?]
Anfang 1772 über Amsterdam nach Kassel vermittelt
Mit den hessischen Truppen aus – Amerika
Migration/Transfer
–
Ev.-luth., am 31. 3. 1776 im Haus des luth. Predigers Clemens getauft
–
Religion/Konfession
30. 5. 1789: Ev.-luth. Catharine Charlotte (unehel.) Ev.-luth. Großmutter und Taufpatin von Catharine Charlotte, Tochter von Tambour Babes und Catharina Tamasin [vgl. Nr. 152 und 211]
–
–
–
Kinder
131 Ebd., S. 76, Anm. 190; Auerbach, Die Hessen in Amerika, S. 360. 132 Schäfer, Von »Kammermohren«, »Mohren«-Tambouren und »Ost-Indianern«, S. 49, 50, 73 – 74, Anm. 164; dieser ist wahrscheinlich identisch mit dem bei Auerbach geführten Primo, vgl. Auerbach, Die Hessen in Amerika, S. 377. 133 Schäfer, Von »Kammermohren«, »Mohren«-Tambouren und »Ost-Indianern«, S. 45, 69, Anm. 117. 134 Ebd., S. 56, 78, Anm. 206; Auerbach, Die Hessen in Amerika, S. 375. 135 Schäfer, Von »Kammermohren«, »Mohren«-Tambouren und »Ost-Indianern«, S. 56; Auerbach, Die Hessen in Amerika, S. 375.
152 Kassel134
Charlestown, Nordamerika –
Tagelöhnerin – »bey der Wind Mühle« – »Amerika«
Pfeifer in der FlügelGrenadierKompanie des 1. Btl. des LeibgardeRegiments
Tambour im LeibgardeRegiment
Beruf/Position/ Herkunft Stand
Catharina – Tamasin
Carl Primo Dula [als Primo i. d. RangierListen geführt?] März – April 1785 Catharina [im April oder Mai 1785 verst.] 1789 Catharina Tamasin
151 Kassel133
1773 – 1776 [*um 1756]
150 Kassel132
Carl Mathias
1783 – 1784
Präsenz belegt Name [ggf. Lebensdaten]
149 Kassel131
Ort
›Mohren‹ im deutschen Raum, um 1600 bis ca. 1800 (Fortsetzung)
Tabelle
319
1782 – 1789 [*um 1744/45]
158 Kassel140
Nordamerika
[Nordamerika]
Christian Pauker bei der »aus der fürstl. Carl Barbarey Apintinus Leibgarde bürtig«, [Nordafrika] Christian Tambour in der – Penau (als FlügelPerian i. Grenadierd. Kompanie des Rangier- 1. Btl. des LeibgardeListen geführt) Regiments [NordCopras/ Tambour amerika] Coperas/ Coupras
Charlotte –
Cathrine/ – Katharine
Beruf/Position/ Herkunft Stand
Partnerin/ Partner
–
–
Kinder
–
–
–
– 4.6.1691: Anna Christina Kessler (Kesler)
Mit den hessischen Truppen aus – Amerika: 1782 in Kassel bereits länger im Dienst, Kompanie v. Rotsmann, 1. Bataillon Garde, 38 J.; 1789 44 J. alt im 1. Regiment Garde
Anfang 1772 über Amsterdam nach Kassel vermittelt
–
Mit den hessischen Truppen aus – Amerika
Mit den hessischen Truppen aus – Amerika
Migration/Transfer
–
Ev.-luth., am 31. 3. 1776 im Haus des luth. Predigers Clemens getauft
[ev.-luth.], bestattet i. d. Garnisonsgemeinde Kassel am 3. 3. 1787 Ev.-ref., getauft am 19. 3. 1676
–
Religion/Konfession
Auerbach, Die Hessen in Amerika, S. 372, vgl. eine weitere Frau namens Catharina, Tagelöhnerin, verstorben im April oder Mai 1785 (Nr. 151 in dieser Tabelle). Schäfer, Von »Kammermohren«, »Mohren«-Tambouren und »Ost-Indianern«, S. 43, 66; Auerbach, Die Hessen in Amerika, S. 361. Schäfer, Von »Kammermohren«, »Mohren«-Tambouren und »Ost-Indianern«, S. 38, Anm. 41 – 44, S. 77, Anm. 198. Schäfer, Von »Kammermohren«, »Mohren«-Tambouren und »Ost-Indianern«, S. 49 – 50. Bei Auerbach finden sich Hinweise, dass es zwei amerikanische Tamboure namens Copras, Coperas, Coupras oder Kobiass gab, von denen einer 1785 verstarb, während der andere 1789 noch in Dienst war. Der vollständige Eintrag bei Auerbach lautet: »Copras/Coperas: Tambour Coupras, 1782 in Kassel bereits länger im Dienst, Kompanie v. Rotsmann, 1. Bataillon Garde, 38 Jahre alt, 1784 Neuzugang Tambour Kobiass aus Arreid in Amerika, 46 Jahre alt, Kompanie v. Arenberg, 3. Bataillon Garde. Tambour Copras, 1789 44 Jahre alt, im 1. Regiment Garde.
1773 – 1776 [*um 1753]
157 Kassel139
136 137 138 139 140
1676 – 1695 [um 1660 – Nov. 1695]
1786 [am 15. 11. 1786 verst.] 1787 [*um 1777]
Präsenz belegt Name [ggf. Lebensdaten]
156 Kassel138
155 Kassel137
154 Kassel136
Ort
›Mohren‹ im deutschen Raum, um 1600 bis ca. 1800 (Fortsetzung)
320 Tabelle
1785 [*um 1764 – am 23. 07. 1785 in Kassel verst.] 1786 [*um 1769]
160 Kassel142
145
144
141 142 143
1760
163 Kassel145
Ernst Alexander August
Donne
Dick (oder Dück)
Tambour im LeibgardeRegiment Am Hof
Tambour
Corydor Am Hof (oder Coridon, getauft Friedrich Philipp) Daniel Tambour im Peter LeibgardeRegiment
Migration/Transfer
Mit den hessischen Truppen aus – Amerika
–
Partnerin/ Partner
Mit den hessischen Truppen aus – Amerika: Am 27. August 1786 aus Kassel desertiert, Flügelgrenadierkompanie des 2. Bataillons Garde »CharlesMit den hessischen Truppen aus – town« Amerika: Dienstzeit 1787: fünf J., zwei M. »aus Afrika« – –
Charleston
[Nordamerika]
»von der – Küste Congo in Ilyrien«
Beruf/Position/ Herkunft Stand
–
–
–
–
–
Kinder
[ev.-ref.?], Taufe und Konfirmation in der Hofgemeinde Kassel
–
–
–
Ev.-ref., am 22. 1. 1776 i. d. Kasseler Hofgemeinde getauft
Religion/Konfession
Gestorben in Kassel am 4. Mai 1785 Jean Baptista Coperas, Mohren-Tambour, alt 46 Jahre«, vgl. Auerbach, Die Hessen in Amerika, S. 361. Vergleiche dazu den Eintrag zu dem Tambour Jean Baptista Coperas/Kobiass in dieser Tabelle (Nr. 184). Schäfer, Von »Kammermohren«, »Mohren«-Tambouren und »Ost-Indianern«, S. 42 Ebd., S. 76, Anm. 189 (Knetsch); Auerbach, Die Hessen in Amerika, S. 362. Auerbach, Die Hessen in Amerika, S. 363; dazu angemerkt: »Identisch mit Thomas Dück, seit November 1783 Tambour bei der Leibkompanie des Grenadierbataillons v. Linsingen […]? Bericht an Bord des Schiffes Duke of Richmond vom 30. 11. 1783: Ein Negro Thomas Dück, bürtig aus Charleston, 15 Jahr alt, ist den 8ten hujus anni currentis bei der Kompanie engagiert und wird unter nämlichen Dato als Tambour zugeführt«. Bei Erstellung dieser Übersicht wurde davon ausgegangen, dass der Junge an Bord des Schiffes und der Kasseler Tambour Dick identisch sind. Schäfer, Von »Kammermohren«, »Mohren«-Tambouren und »Ost-Indianern«, S. 53; abweichend bei Auerbach als Pfeifer in der Flügelgrenadierkompanie des 1. Bataillons Garde in Kassel geführt, vgl. Auerbach, Die Hessen in Amerika, S. 363. Schäfer, Von »Kammermohren«, »Mohren«-Tambouren und »Ost-Indianern«, S. 40.
1787 [*um 1770]
162 Kassel144
161 Kassel143
1775 – 1777 [um 1765 – 1777]
Präsenz belegt Name [ggf. Lebensdaten]
159 Kassel141
Ort
›Mohren‹ im deutschen Raum, um 1600 bis ca. 1800 (Fortsetzung)
Tabelle
321
1784 [am 13. 3. 1784 verst.] 1766 – 1782 [um 1730 – 1782]
1780 [*um 1768]
1750
1705
165 Kassel147
167 Kassel149
168 Kassel150
169 Kassel151
146 147 148 149 150 151
–
–
–
–
Nordamerika
Kammermohr/ – Mohrentambour
Pfeifer im LeibgardeRegiment Tambour
Beruf/Position/ Herkunft Stand
Friederi- Am Hof ke Maria Dorothea Louise Augusta (»mit dem Zunamen Corally«, auch Corali) Friedrich Paukenlehrling May beim LeibKavallerieRegiment Friedrich Am Hof Ulrich
Franz Wallis
Flies
Ferrason Süß
Ebd., S. 76, Anm. 189 (Knetsch)]. Ebd., S. 47. Ebd., S. 40, 63, 75, Anm. 184. Ebd., S. 42, 43. Ebd., S. 48 – 49. Ebd., S. 39.
166 Kassel148
1794
Präsenz belegt Name [ggf. Lebensdaten]
164 Kassel146
Ort
›Mohren‹ im deutschen Raum, um 1600 bis ca. 1800 (Fortsetzung)
–
–
»aus Amerika von daselbst sich gegenwärtig aufhaltenden Officiers an die Frau Landgräfin überschickt«
–
–
–
Migration/Transfer
–
–
14. 4. 1774: Anna Catharina Elisabeth Hütterodt –
–
–
Partnerin/ Partner
–
–
–
Fünf Kinder zw. 1774 und 1783
–
–
Kinder
Ev.-ref., Ostern 1705 konfirm.
[als Zunftangehöriger wohl getauft]
Ev.-ref., Pfingsten 1780 getauft i. d. Kasseler Hofgemeinde
[ev.-ref.?], getraut in der Hofgemeinde Kassel
–
–
Religion/Konfession
322 Tabelle
1780 – 1784 [*um 1760]
1785 [*um 1770]
173 Kassel155
174 Kassel156
Gerald (auch Jerel)
George, sen.
George Wilhelm
Pfeifer/ Tambour
Tambour
Hof und/oder Armee ?
Friedrich Am Hof Wilhelm George Tambour Royal
Suffolk
Amerika [Nordamerika] South Carolina
Savannah
–
Beruf/Position/ Herkunft Stand –
Partnerin/ Partner
Mit den hessischen Truppen aus Elisabeth Amerika: Den 26. Juni 1780 bei der Kompanie Oberstleutnant v. Porbeck, Garnisonsregiment v. Wissenbach, 1784 Neuzugang beim Regiment v. Hanstein, 3. Bataillon Garde, 24 Jahre alt Mit den hessischen Truppen aus – Amerika: 1785 in Kassel beim Flügelgrenadierregiment des 1. Bataillons Garde; 1785 Neuzugang bei der Flügelgrenadierkompanie des 2. Bataillons Garde
Mit den hessischen Truppen aus – Amerika: 1784 bei der Leibkompanie des 1. Bataillons Garde, 1784 18 J. alt, 1785 21 J. alt Mit den hessischen Truppen aus – Amerika
–
Migration/Transfer
–
Getauft am 12. Februar 1784 in Kassel: Moritz Christian George
–
–
–
Kinder
–
Ev.-ref., getauft i. d. Hofgemeinde am 16. 2. 1784 –
Ev.-ref., getauft am 18. 06. 1747 –
Religion/Konfession
152 Ebd., S. 40. 153 Auerbach, Die Hessen in Amerika, S. 365; Schäfer, Von »Kammermohren«, »Mohren«-Tambouren und »Ost-Indianern«, S. 76, Anm. 188. 154 Schäfer, Von »Kammermohren«, »Mohren«-Tambouren und »Ost-Indianern«, S. 43, 76, Anm. 189 (Knetsch). Wahrscheinlich der bei Auerbach geführte George, jun., vgl. Auerbach, Die Hessen in Amerika, S. 364 – 365: »Zugegangen ein Gemeiner Negro George, jun., von Ogech¦e in Georgia, den 26. Juni 1780 bei der Kompanie Oberstleutnant v. Porbeck, Garnisonsregiment v. Wissenbach. Ein Gemeiner Negro George, jun., ist unterm 16. August 1780 Tambour geworden. George, in Kassel Tambour beim Regiment v. Wuthenau, 1. Bataillon Garce, 1784 20 Jahre alt, Neuzugang. (Farbiger?)«. 155 Auerbach, Die Hessen in Amerika, S. 364 – 365. 156 Ebd., S. 365.
1784
1784 – 1785 [*um 1764/66]
1747
Präsenz belegt Name [ggf. Lebensdaten]
172 Kassel154
171 Kassel
153
170 Kassel152
Ort
›Mohren‹ im deutschen Raum, um 1600 bis ca. 1800 (Fortsetzung)
Tabelle
323
1687
177 Kassel159
178 Kassel160
Tambour
Tambour im LeibgardeRegiment
Tambour
Am Hof Isaac (getauft Carl Aemilius)
Hunter (oder Hanther, Hanter)
Gilbert Meil
Gerald (auch Jerel) (sic!)
Migration/Transfer
Mit den hessischen Truppen aus Amerika: 1785 17 J. alt, in Kassel Neuzugang bei der Kompanie v. Freudenberg, 2. Bataillon Garde [NordMit den hessischen Truppen aus amerika] Amerika: 1783 in Kassel beim Regiment v. Rotsmann, 1. Bataillon Garde, 30 J. alt; gest. am 17. Dez. 1784, alt 19 J. Mit den hessischen Truppen aus Antiqua Amerika: [oder 1784 36 J. alt, in Kassel Antico, Neuzugang bei der Kompanie v. Andiga: Wolff, 3. Bataillon Garde, 1785 Antigua, West Indies] 28 J. alt, Neuzugang bei der Kompanie Prinz zu Solms, 2. Bataillon Garde, 1786 39 J. alt, 1787 aus Charleston, 40 J. alt [?] – –
Suffolk
Beruf/Position/ Herkunft Stand
–
–
–
–
Partnerin/ Partner
–
–
–
–
Kinder
Ev.-ref., getauft am 16. 05. 1687
–
–
–
Religion/Konfession
Ebd. Schäfer, Von »Kammermohren«, »Mohren«-Tambouren und »Ost-Indianern«, S. 76, Anm. 189 (Knetsch); Auerbach, Die Hessen in Amerika, S. 373. Auerbach, Die Hessen in Amerika, S. 366. Schäfer, Von »Kammermohren«, »Mohren«-Tambouren und »Ost-Indianern«, S. 38 – 39, Anm. 45, Schäfers Vermutung, dass es sich bei diesem um den im Tagebuch des Landgrafen Carl erwähnten ›Mohren‹ Isaac handelt, zu dessen Taufpaten unter anderem die Königin von Dänemark, Landgraf Carl und seine Gemahlin gehörten, bestätigt sich durch ausdrückliche Nennung des Namens Carl Emilius in dem Tagebuch, Archiv der Hessischen Hausstiftung, Schloss Fasanerie, Eichenzell, Landgraf Carl von Hessen (1654 – 1730), Karton II.: Journal Landgraf Carls von Hessen 1687 – 1691 [Mai 1687].
1783 – 1784 [*entweder um 1773 oder um 1753, am 17. 12. 1784 in Kassel verst.] 1784 – 1787
176 Kassel158
157 158 159 160
1785 [*um 1768]
Präsenz belegt Name [ggf. Lebensdaten]
175 Kassel157
Ort
›Mohren‹ im deutschen Raum, um 1600 bis ca. 1800 (Fortsetzung)
324 Tabelle
1784 – 1787 [*um 1771/74]
1787 [*um 1752]
1785
181 Kassel163
182 Kassel164
183 Kassel165
Jean
Jean
Jean
Tambour im LeibgardeRegiment Tambour
Tambour im LeibgardeRegiment
Jan (oder Tambour James?) William
Jack/ Tambour Jakob Bill
[Nordamerika]
Surinam
Charleston
Charleston, South Carolina
Charleston
Beruf/Position/ Herkunft Stand
Kinder
–
–
–
–
–
–
–
Thuick/Elisabeth [vgl. Thuik/ [vgl. Nr. 230] Elisabeth, Nr. 230]
Partnerin/ Partner
Mit den hessischen Truppen aus – Amerika: 1785 bei der Kompanie v. Rotsmann, 1. Bataillon Garde
Mit den hessischen Truppen aus Amerika: Am 11. Okt. 1783 zum 1. Bataillon Garde transferiert; 1786 bei der Kompanie v. Biesenrodt, 2. Bataillon Garde, versetzt am 6. Aug. 1786 zum 1. Regiment Garde. Mit den hessischen Truppen aus Amerika: Am 27. August 1786 von der Kompanie Prinz zu Lolms, 2. Bataillon Garde, desertiert Mit den hessischen Truppen aus Amerika: 1784 in Kassel Neuzugang bei der Flügelgrenadierkompanie, 1. Bataillon Garde (Dienstzeit 1787: vier J., vier M.) Mit den hessischen Truppen aus Amerika: 1787 15 J., 5 M.
Migration/Transfer
Auerbach, Die Hessen in Amerika, S. 367 – 368. Ebd., S. 368. Schäfer, Von »Kammermohren«, »Mohren«-Tambouren und »Ost-Indianern«, S. 53. Ebd. Auerbach, Die Hessen in Amerika, S. 370.
1786 [*um 1768]
180 Kassel162
161 162 163 164 165
1783 [*um 1763/65]
Präsenz belegt Name [ggf. Lebensdaten]
179 Kassel161
Ort
›Mohren‹ im deutschen Raum, um 1600 bis ca. 1800 (Fortsetzung)
–
–
–
–
Bei der Taufe der Tochter noch »Heide«
Religion/Konfession
Tabelle
325
[Nordamerika]
1783 Trommler, South 1787 Tambour Carolina im Leibgardereg.
Tambour im LeibgardeRegiment
Partnerin/ Partner
Mit den hessischen Truppen aus Nancy [vgl. Nr. 209] Amerika: Seit 1779 im Leibgardereg., den 1. Juli 1779 bei der Kompanie Major Göbel, Garnisonsregiment v. Wissenbach, als Tambour enrolliert. 1785 21 J. alt, in Kassel Tambour bei der Kompanie v. Benning, 2. Bataillon Garde, am 16. Nov. 1786 zum 1. Regiment Garde versetzt, 1787 23 Jahre alt, Neuzugang bei der Kompanie v. Rotsmann, 1. Bataillon Garde
Mit den hessischen Truppen aus – Amerika: Kompanie v. Arenberg, 3. Bataillon Garde, 1784 46 J. alt; 1785 46 J. alt Mit den hessischen Truppen aus – Amerika: Im 2. Regiment Garde
Migration/Transfer
–
[vermutl. getauft, vgl. Name]
Religion/Konfession
[vgl. Nancy, Kassel, Ev.-luth. Nr. 209]
–
–
Kinder
166 Schäfer, Von »Kammermohren«, »Mohren«-Tambouren und »Ost-Indianern«, S. 76, Anm. 189 (Knetsch). Der vollständige Eintrag bei Auerbach lautet: »Copras/Coperas: Tambour Coupras, 1782 in Kassel bereits länger im Dienst, Kompanie v. Rotsmann, 1. Bataillon Garde, 38 Jahre alt, 1784 Neuzugang Tambour Kobiass aus Arreid in Amerika, 46 Jahre alt, Kompanie v. Arenberg, 3. Bataillon Garde. Tambour Copras, 1789 44 Jahre alt, im 1. Regiment Garde. Gestorben in Kassel am 4. Mai 1785 Jean Baptista Coperas, Mohren-Tambour, alt 46 Jahre«, vgl. Auerbach, Die Hessen in Amerika, S. 36. Vgl. dazu den Eintrag zu dem Tambour Copras/Coperas/Coupras in dieser Tabelle (Nr. 158). 167 Schäfer, Von »Kammermohren«, »Mohren«-Tambouren und »Ost-Indianern«, S. 76, Anm. 189 (Knetsch), Auerbach, Die Hessen in Amerika, S. 366. 168 Schäfer, Von »Kammermohren«, »Mohren«-Tambouren und »Ost-Indianern«, S. 53, 69, Anm. 124 (hier als Nancy Jean York geführt); Auerbach, Die Hessen in Amerika, S. 386.
186 Kassel168
Jean 1786 – 1787 [um 1746 – 16. 10. Hanthe (oder 1787] Hauthe?) Jean 1779 – 1787 Yorck [um 1764 – 16./ (gen. 17.06. 1787] Jacke Mohr)
185 Kassel167
Arreid in Amerika [Nordamerika]
Beruf/Position/ Herkunft Stand
Tambour im Jean Baptista LeibgardeCoperas/ Regiment Kobiass
1784 – 1785 [*um 1738/ 39 – 4.5.1785]
Präsenz belegt Name [ggf. Lebensdaten]
184 Kassel166
Ort
›Mohren‹ im deutschen Raum, um 1600 bis ca. 1800 (Fortsetzung)
326 Tabelle
Jean/ Tambour Friedrich
–
Beruf/Position/ Herkunft Stand –
Migration/Transfer –
Partnerin/ Partner –
Kinder
Religion/Konfession
Ev.-ref., getauft in der Hofgemeinde Kassel am 22. 4. 1774 auf den Namen Friedrich Anne Marie : getauft [sicher getauft, vgl. Bis Aug. 1787 »aus Africa Mit den hessischen Truppen aus 25. 9. 1772: 1772 – 1790 Johann Name] Amerika: Christina Maria in Kassel am [*um 1740/45] Henrich Tambour in der von der Küste Tambour Schlüder aus Surinam, Rittmeyer, Tochter 26. Dez. 1784 Schlüter FlügelFriedrich, verst. am GrenadierCongo« oder April 1783 Pfeifer bei der von Andreas (auch 28. 3. 1789 Flügelgrenadierkompanie, 1784 Rittmeyer, »aus Schluyter, Kompanie, (nicht weniger als danach i. d. Surinam in Kassel Neuzugang beim Opfermann des Sluyter, neun Kinder Regiment v. Eschwege, 3. Hof-Hospitals Schlüder) Kompanie des gebürtig« zwischen 1773 und GeneralleutBataillon Garde, 44 J. alt; 1786 1790, von denen nant von 51 J. alt, beim Regiment v. sechs im Alter von Jungkenn Biesenrodt, 2. Bataillon Garde, zehn, 14, 21 Tagen am 20 Aug. 1787 versetzt vom bzw. zwei, vier und Grenadierregiment zur 14 Jahren Kompanie v. Jungkenn, 1. verstarben) Bataillon Garde, 1788 52 J. alt; 1789 ebenfalls 52 J. alt, aus Surinam, Kapitän v. Wolffs Kompanie beim Regiment Garde, 2. Bataillon. – – [NordMit den hessischen Truppen aus – Johann Tambour im 1786 amerika?] Amerika: [um 1762 – 26. 05. Wilhelm LeibgardeWar 1786 im 2. Regiment Garde Regiment 1786]
1774
Präsenz belegt Name [ggf. Lebensdaten]
169 Schäfer, Von »Kammermohren«, »Mohren«-Tambouren und »Ost-Indianern«, S. 70, Anm. 134. 170 Ebd., S. 49, 73, Anm. 160, S. 75, Anm. 184. Bei Schlüter handelt es sich Schäfer zufolge wahrscheinlich um den von dem Mediziner J. Friedrich Luttgendorff dem Landgrafen angebotenen »surinamesischen Mohren«, der zuvor im Haushalt Luttgendorffs gelebt hatte. In der Folge vermittelte oder verkaufte Luttgendorff regelmäßig Mohren nach Kassel, vgl. ebd. S. 50, 74, Anm. 165; Auerbach, Die Hessen in Amerika, S. 380 – 381. 171 Schäfer, Von »Kammermohren«, »Mohren«-Tambouren und »Ost-Indianern«, S. 76, Anm. 189 (Knetsch). Bei Erstellung der Tabelle wurde davon ausgegangen, dass dieser mit dem bei
189 Kassel171
188 Kassel170
187 Kassel169
Ort
›Mohren‹ im deutschen Raum, um 1600 bis ca. 1800 (Fortsetzung)
Tabelle
327
1785 – 1786
191 Kassel173
Gärtnergeselle – Johann Wilhelm [bei Hof] Anton (evtl. ident. mit oben genanntem »Anthon«) [NordJohannes Tambour im amerika] LeibgardeRegiment
Beruf/Position/ Herkunft Stand 26. 5. 1707: Anna Jacobine Stöhr, Tochter eines Barbiers
Partnerin/ Partner
Mit den hessischen Truppen aus Susanne Amerika
–
Migration/Transfer Ev.-ref.
Religion/Konfession
Getauft in Kassel am – 8. April 1786: Johanne Marie Henriette
–
Kinder
Auerbach genannten »Tambour Wilhelm bei der Flügelgrenadierkompanie des 3. Regiments Garde, 24 Jahre alt«, der am 28. 5. 1786 starb, identisch ist, vgl. Auerbach, Die Hessen in Amerika, S. 359 und 371 (Johann Wilhelm). 172 Schäfer, Von »Kammermohren«, »Mohren«-Tambouren und »Ost-Indianern«, S. 39. 173 Ebd., S. 76, Anm. 189 (Knetsch); Auerbach, Die Hessen in Amerika, S. 371.
1707
Präsenz belegt Name [ggf. Lebensdaten]
190 Kassel172
Ort
›Mohren‹ im deutschen Raum, um 1600 bis ca. 1800 (Fortsetzung)
328 Tabelle
1780 – 1785 [*um 1763]
193 Kassel175
John Heigen (auch Jann Heggen)
Johannes Sabadon (auch Sabbadon, Sadbach, Sadbado)
Tambour im LeibgardeRegiment
Tambour im LeibgardeRegiment, 1782: Aufdingen als Zimmermanngeselle, 1787 Tambour im Leibgardereg.
Partnerin/ Partner
Mit den hessischen Truppen aus 1785 (?): Maria Amerika: Elisabeth Ernst 1782 in Kassel Tambour bei der Kompanie v. Stückrad, 1. Bataillon Garde; 1787 29 J. alt, aus Philadelphia, Tambour bei der Kompanie Graf v. Gronsfeld; 1788 Tambour beim Regiment Graf v. Gronsfeld, 30 J. alt, 1789 bei der Flügelgrenadierkompanie des Regiments Garde, 1. Bataillon, im Januar versetzt zur Kompanie Graf v. Gronsfeld im selben Regiment
Migration/Transfer
Stono Ferry Mit den hessischen Truppen aus – Amerika: in South Am 3. Okt. 1780 als Tambour bei Carolina der 2. Kompanie des Grenadierbataillons v. Linsingen zugeführt. Dort im Febr. 1783 genannt
Philadelphia bzw. Hautgerva in Afrika
Beruf/Position/ Herkunft Stand Maria Victoria Sabbadon (5. 2. 1783 getauft), heiratet am 15. 11. 1806 den Gardisten und späteren Universitätsjäger in Göttingen Friedrich Banse (bzw. Banzer), zwei Kinder vor der Ehe, später legalisiert); Anna Christine: verst. am 29. 05. 1787 (ein Jahr, zehn Monate, drei Tage alt); Anna Elisabeth: getauft am 28. Febr. 1788 Sept. 1784: Selly, verst. in Kassel am 24. April 1785
Kinder
–
Ev.-ref. (Sterbeeintrag i. d. Hofgemeinde Kassel)
Religion/Konfession
174 Schäfer, Von »Kammermohren«, »Mohren«-Tambouren und »Ost-Indianern«, S. 42, 53, 65, Anm. 77, S. 55, 77, Anm. 198, 199; Auerbach, Die Hessen in Amerika, S. 379. 175 Schäfer, Von »Kammermohren«, »Mohren«-Tambouren und »Ost-Indianern«, S. 76, Anm. 189 (Knetsch). Dieser ist möglicherweise identisch mit dem in den Rangierlisten des Leibgarderegiments Kassel genannten Tambour Hejon (Nr. 246 in dieser Tabelle), ebd., S. 53; Auerbach, Die Hessen in Amerika, S. 366.
1779 – 1792 [um 1758 – 1792]
Präsenz belegt Name [ggf. Lebensdaten]
192 Kassel174
Ort
›Mohren‹ im deutschen Raum, um 1600 bis ca. 1800 (Fortsetzung)
Tabelle
329
1784 [um 1767 – 23. 7. 1784] 1772
196 Kassel178
176 177 178 179 180
July (oder Juley)
Joly
John Winter
John Stieben
Tambour
Am Hof
Tambour vom Grenadierreg.
Tambour im LeibgardeRegiment
Tambour im John Peterson/ Leibgardereg. Pitterson
Migration/Transfer
Partnerin/ Partner
South Carolina
–
Vermittelt über den Bankier und – »Negociant« Jean de Barry Daniels Mit den hessischen Truppen aus – Amerika: Den 21. Sept. 1780 bei der Leibkompanie, Garnisonsregiment v. Wissenbach, zum Tambour angeworben. In Kassel Tambour Juley aus Afrika, 1785 21 J. alt, Kompanie v. Biesenrodt, 2. Bataillon Garde
Savannah in Mit den hessischen Truppen aus – Georgien Amerika: Evtl. nicht eine, sondern zwei Pers. (Peterson und Pitterson), beide im Sept. 1779 in Amerika angeworben [NordMit den hessischen Truppen aus – amerika] Amerika: 1785 Mohren-Tambour im Grenadierregiment, alt 18 Jahre [NordMit den hessischen Truppen aus – amerika] Amerika
Beruf/Position/ Herkunft Stand
–
–
–
–
–
Kinder
Schäfer, Von »Kammermohren«, »Mohren«-Tambouren und »Ost-Indianern«, S. 53; Auerbach, Die Hessen in Amerika, S. 376. Schäfer, Von »Kammermohren«, »Mohren«-Tambouren und »Ost-Indianern«, S. 76, Anm. 189 (Knetsch); Auerbach, Die Hessen in Amerika, S. 382. Auerbach, Die Hessen in Amerika, S. 386. Schäfer, Von »Kammermohren«, »Mohren«-Tambouren und »Ost-Indianern«, S. 74, Anm. 166. Auerbach, Die Hessen in Amerika, S. 371 – 372.
198 Kassel180
1780 – 1785 [*um 1764]
1785 [um 1768 – 14. 1. 1785]
195 Kassel177
197 Kassel179
1779 – 1787 [*um 1763/66]
Präsenz belegt Name [ggf. Lebensdaten]
194 Kassel176
Ort
›Mohren‹ im deutschen Raum, um 1600 bis ca. 1800 (Fortsetzung)
–
–
–
–
–
Religion/Konfession
330 Tabelle
1780 – 1785 [um 1759 – 22. 9. 1785]
1786 [um 1768 – 17. 4. 1786]
200 Kassel182
201 Kassel183
London
London
Lenz (oder Lintz)
[Militär]
Tambour im LeibgardeRegiment
Tambour
Savannah
Carolina
[Nordamerika]
Beruf/Position/ Herkunft Stand
Partnerin/ Partner
Mit den hessischen Truppen aus – Amerika: 1782 38 J. alt, bei der Kompanie v. Stückrad, 1. Bataillon Garde Mit den hessischen Truppen aus – Amerika: Den 15. Juli 1780 bei der vakanten Kompanie, Garnisonsregiment v. Wissenbach, als Tambour angeworben. Ein Tambour Negro London, gebürtig aus South Carolina, alt 22 J., …, ist den 10. Febr. 1781 bei der Kompanie Major v. Ende, Garnisonsregiment v. Wissenbach, desertiert, hat sich den 25. Mai 1782 wiederum sistiert. In Kassel Tambour London aus Afrika, 23 J. alt, Kompanie v. Biesenrodt, 2. Bataillon Garde Mit den hessischen Truppen aus – Amerika
Migration/Transfer
–
–
–
Kinder
181 Ebd., S. 372; möglicherweise identisch mit dem Tambour Ludwig Lenz aus Philadelphia (vgl. Nr. 203 in dieser Tabelle). 182 Schäfer, Von »Kammermohren«, »Mohren«-Tambouren und »Ost-Indianern«, S. 76, Anm. 189 (Knetsch); Auerbach, Die Hessen in Amerika, S. 372 – 373. 183 Auerbach, Die Hessen in Amerika, S. 373.
1782 [*um 1746]
Präsenz belegt Name [ggf. Lebensdaten]
199 Kassel181
Ort
›Mohren‹ im deutschen Raum, um 1600 bis ca. 1800 (Fortsetzung)
–
–
–
Religion/Konfession
Tabelle
331
1784 – 1785 [*um 1735]
1787 [*um 1761]
1775 – 1783
203 Kassel185
204 Kassel186
205 Kassel187
Maria Viktoria Dolenta
Maertz
Ludwig Lenz
Louis
Am Hof, Tanzausbildung
Tambour im LeibgardeRegiment
Tambour
Tambour
Migration/Transfer
Mit den hessischen Truppen aus Amerika: In Kassel bei der Leibkompanie des 1. Bataillons Garde, 1784 bei der Kompanie v. Rotsmann, 1. Bataillon Garde, 1785 41 J. alt Philadelphia Mit den hessischen Truppen aus Amerika: 1784 in Kassel Neuzugang bei der Kompanie v. Stockhausen, 3. Bataillon Garde, 49 J. alt. 1785 51 J. alt, Neuzugang bei der Kompanie Prinz zu Lolms, 2. Bataillon Garde Savannah Mit den hessischen Truppen aus Amerika: In Kassel Leibkompanie des 1. Bataillons Garde, Neuzugang (Dienstzeit 1787: sechs J., zehn M.) »von der Kuraufenthalt in Piermont, 1783 Küste Congo Patin von Maria Victoria aus Afrika« Sabbadon, der Tochter des schwarzen Tambours Johannes Sabbadon [vgl. Nr. 192]
[Nordamerika]
Beruf/Position/ Herkunft Stand –
Kinder
–
–
–
–
– Henriette Antoinette, verst. am 23. April 1784 im Alter von 48 Jahren
–
Partnerin/ Partner
Ev.-ref., getauft am 31. 1. 1776 i. d. Kasseler Hofgemeinde
–
–
–
Religion/Konfession
184 Ebd., möglicherweise handelt es sich um den ab 1785 in Ludwigslust beschäftigten Mohr Louis. Dessen Ehefrau und Kinder werden zwar erwähnt, doch hätte sich der Tambour nach dem Tod seiner Frau 1784 bereits wieder neu verheiratet haben können (vgl. Nr. 321 in der Tabelle). 185 Auerbach, Die Hessen in Amerika, S. 372. Möglicherweise identisch mit dem Tambour Lenz (oder Lintz, vgl. Nr. 199 in der Tabelle). 186 Schäfer, Von »Kammermohren«, »Mohren«-Tambouren und »Ost-Indianern«, S. 53; Auerbach, Die Hessen in Amerika, S. 373. 187 Schäfer, Von »Kammermohren«, »Mohren«-Tambouren und »Ost-Indianern«, S. 42, 43 – 44, 66; Martin, Schwarze Teufel, edle Mohren, S. 427 (Anm. 338).
1782 – 1785 [*um 1744]
Präsenz belegt Name [ggf. Lebensdaten]
202 Kassel184
Ort
›Mohren‹ im deutschen Raum, um 1600 bis ca. 1800 (Fortsetzung)
332 Tabelle
1777 – 1783
1784 – 1788 [*um 1763]
207 Kassel189
208 Kassel190
Mindas/ George Middes oder Mittes/ Joschts Mittes Moses Moritz/ Wilhelm
May
Tambour im LeibgardeRegiment
Pfeifer im LeibgardeRegiment Pfeifer oder Tambour
–
Partnerin/ Partner
Mit den hessischen Truppen aus – Amerika
–
Migration/Transfer
Portsmouth, Mit den hessischen Truppen aus – Virginia Amerika: »1784 in Kassel in der Kompanie v. Jungkenn, 1. Bataillon Garde, 1789 in der Kompanie v. Bennings im Regiment Garde, 1. Bataillon, den 1. April 1789 dimittiert (Dienstzeit 1787: sieben J., sieben M.)«
[Nordamerika]
–
Beruf/Position/ Herkunft Stand
–
–
–
Kinder
Ev.-luth., getauft in der Garnisonsgem. Kassel am 29. Febr. 1788 auf den Namen Wilhelm
–
–
Religion/Konfession
188 Möglicherweise auch als Nachkomme des Paukers Friedrich May in Kassel geboren (vgl. Nr. 168 in der Tabelle), vgl. Schäfer, Von »Kammermohren«, »Mohren«-Tambouren und »OstIndianern«, S. 73, Anm. 159. 189 Auerbach, Die Hessen in Amerika, S. 374; die Angaben bei Auerbach sind ungenau, möglicherweise handelt es sich um mehrere verschiedene Personen; in Kassel nicht nachgewiesen. 190 Schäfer, Von »Kammermohren«, »Mohren«-Tambouren und »Ost-Indianern«, S. 53; Auerbach, Die Hessen in Amerika, S. 374. Möglicherweise ist Moses Moritz bzw. Wilhelm identisch mit dem zwischen 1783 und 1798 in Diensten des Herzogs August Wilhelm von Bevern stehenden Moses (Nr. 54 in der Tabelle). Dieser wird hier bis auf Weiteres gesondert geführt.
1771 [*um 1745]
Präsenz belegt Name [ggf. Lebensdaten]
206 Kassel188
Ort
›Mohren‹ im deutschen Raum, um 1600 bis ca. 1800 (Fortsetzung)
Tabelle
333
1783 – 1786
1784 – 1789 [*um 1757]
210 Kassel192
211 Kassel193
Papp/ Babes
Olivier
Nancy
[Nordamerika]
Kammermohr – im Hofstaat der Landgräfin Tambour im Virginia LeibgardeRegiment
–
Beruf/Position/ Herkunft Stand
Partnerin/ Partner
Kinder
Religion/Konfession
Mit den hessischen Truppen aus Amerika: »1785 Neuzugang bei der Kompanie v. Eschwege, 2. Bataillon Garde, am 11. Dez. 1786 zum 1. Regiment Garde versetzt, Alter : 29 J., 1787 Neuzugang bei der Kompanie v. Offenbach, 30 Jahre alt, 1788 Flügelgrenadierkomp., 30 J. alt, 1789 20 J. alt, Flügelgrenadierkomp. Des Regiments Garde, 1. Bataillon (Dienstzeit 1787: neun J.)«
[eine Tochter, vgl. – Die »Mohrin Catharina Catharina Tamasin, Nr. 152] Tamasin aus Amerika«, nicht verh. [vgl. Nr. 152]
– [möglicherweise Mit den hessischen Truppen aus Jean York [vgl. Amerika Nr. 186], verst. am eine im Alter von 16./17. Juni 1787 etwa sechs Monaten am 14. Febr. 1784 verst. Tochter, vgl. Susanne, Nr. 224]; Daniel Christoph (getauft am 16. 1. 1786, begr. am 5. 12. 1786) – – – –
Migration/Transfer
191 Auerbach, Die Hessen in Amerika, S. 386. 192 Schäfer, Von »Kammermohren«, »Mohren«-Tambouren und »Ost-Indianern«, S. 40. Möglicherweise identisch mit dem Leiblakei und späteren Kammermohr Olivier am Stuttgarter Hof (vgl. Nr. 348 in dieser Tabelle). 193 Ebd., S. 76, Anm. 189 (Knetsch). Zu Babes vgl. Schäfer, Von »Kammermohren«, »Mohren«-Tambouren und »Ost-Indianern«, S. 53; zu Papp aus Virginia vgl. Auerbach, Die Hessen in
1785/86
Präsenz belegt Name [ggf. Lebensdaten]
209 Kassel191
Ort
›Mohren‹ im deutschen Raum, um 1600 bis ca. 1800 (Fortsetzung)
334 Tabelle
194 195 196 197
1784
Raquel (oder Roquel)
Peter Hook (oder Hoock) Prince Lewis (oder Leus)
Kammermohr
Tambour
Bediensteter
Tambour im LeibgardeRegiment
Migration/Transfer
Partnerin/ Partner
–
Bordinthon [Nordamerika]
Mit den hessischen Truppen aus – Amerika: »Den 21. Dez. 1776 bei der Kompanie v. Knyphausen, Grenadierbataillon v. Minnigerode; »Tambour Prince Leus, gebürtig aus Bortingtaun in Amerika, alt 31 J., 7 Zoll, 3 Strich groß, hat gedient 2 12 Monate, ist den 8. März 1777 zu Braunschweig an Krankheit gestorben.« – –
Savannah in Mit den hessischen Truppen aus – Georgien Amerika: Als Zehnjähriger am 26. Aug. 1770 lt. Beeidigungsschein zum Tambour bei der 4. Kompanie des Regiments v. Knyphausen angeworben. »Gestorben am 24. Dez. 1788 der Mohren-Tambour Pitter vom Regiment Garde, alt 22 J.« [NordMit den hessischen Truppen aus – amerika] Amerika
Beruf/Position/ Herkunft Stand
–
–
–
–
Kinder
–
–
–
–
Religion/Konfession
Amerika, S. 375; der bei Schäfer genannte Babes und der bei Auerbach genannte Babes wurden hier zu einer Person zusammengeführt, diese Identifizierung wurde unter Vorbehalt vorgenommen und bedarf der weiteren Überprüfung. Auerbach, Die Hessen in Amerika, S. 375. Ebd., S. 366. Ebd., S. 372. Schäfer, Von »Kammermohren«, »Mohren«-Tambouren und »Ost-Indianern«, S. 42.
215 Kassel197
214 Kassel196
1786 [*um 1760–begr. in Kassel am 03.02. 1786] 1776 – 1777 [*um 1746/ 50 – 08. 03. 1777]
Peter/ 1770 – 1788 [*um 1760/66 – 24. Pitter 12. 1788]
212 Kassel194
213 Kassel195
Präsenz belegt Name [ggf. Lebensdaten]
Ort
›Mohren‹ im deutschen Raum, um 1600 bis ca. 1800 (Fortsetzung)
Tabelle
335
1780 – 1787 [*um 1764/69]
1782 – 1784 [*um 1754]
217 Kassel199
218 Kassel200
Tambour, Kassenknecht
Tambour Samuel Reymann (Reymar)
Samuel (Semm)
Resy oder – Rosy
Partnerin/ Partner
Mit den hessischen Truppen aus – Amerika
Migration/Transfer
Mit den hessischen Truppen aus – Amerika: »1787 Tambour Samuel, 19 J. alt, aus Suffolk, Virginia in Kassel bei der Kompanie Graf v. Gronsfeld, 1. Bataillon Garde, am 4. Juni 1787 desertiert. Ein Tambour Semm, gebürtig aus Virginien, 14 J. alt, ist den 8. Nov. 1783 als Kassenknecht beim Unterstab angeworben worden.« Staten Island Mit den hessischen Truppen aus – Amerika: »Den 2. Sept. 1782 aus dem Lager bei New York ohne Montur und Seitengewehr desertiert. Januar 1783 ist der 28-jährige Tambour bei der 4. Kompanie des Regiments v. Knyphausen Samuel Reymann seines Arrests wegen seiner zweiten Desertion am 30. Dez. 1782 aus dem Cantonnement zu Jamaica entlassen und neu beeidigt worden. Tambour Reymar von Staten Island, 1784 in Kassel Neuzugang bei der Kompanie v. Stockhausen, 3. Bataillon Garde, 30 J. alt.« Suffolk, Virginia
[Nordamerika]
Beruf/Position/ Herkunft Stand
198 Ebd., S. 78, Anm. 206; Auerbach, Die Hessen in Amerika, S. 379. 199 Auerbach, Die Hessen in Amerika, S. 380. 200 Ebd., S. 377.
1783
Präsenz belegt Name [ggf. Lebensdaten]
216 Kassel198
Ort
›Mohren‹ im deutschen Raum, um 1600 bis ca. 1800 (Fortsetzung)
–
29. 12. 1783: Taufe eines unehel. Sohnes Johannes –
Kinder
–
–
Noch »heidnisch«
Religion/Konfession
336 Tabelle
1783/84
1783 – 1785 [*um 1766/68]
220 Kassel202
221 Kassel203
Simon (oder Siemon)
Selim Schwartz (auch: Selem, getauft Ferdinand Ludwig Friedrich Eugen Theodor) Simmess
Kammermohr [evtl. auch Tambour] Tambour [Nordamerika]
[Nordamerika]
Kammermohr – im Hofstaat der Landgräfin
Beruf/Position/ Herkunft Stand –
Partnerin/ Partner
Mit den hessischen Truppen aus – Amerika: 1783 15 J. alt, in Kassel Kompanie v. Jungkenn, 1. Bataillon Garde, 1785 ebenda, Flügelgrenadierkompanie, 19 J. alt
[mit den hessischen Truppen aus – Amerika?]
–
Migration/Transfer
–
–
–
Kinder
–
–
Ev.-ref., am 6. 3. 1774 i. d. Hofgemeinde Kassel getauft, ebd. begraben am 19. 3. 1780 [Suizid]
Religion/Konfession
201 Schäfer, Von »Kammermohren«, »Mohren«-Tambouren und »Ost-Indianern«, S. 40, 46, 63, 70, Anm. 132. 202 Ebd., S. 42, 65. Schäfer nimmt an, dass Simmess mit dem in der Kompanie von Jungkenn des Leibgarderegimentes genannten »Seimessen« identisch ist, ebd., S. 65, Anm. 78. Lt. Auerbach, Die Hessen in Amerika, S. 380: »Samson/Seimessen: Tambour Seimessen, 1783 24 J. alt, in Kassel Tambour beim Leibregiment des 1. Bataillons Garde.« Vgl. auch ebd., S. 234. 203 Auerbach, Die Hessen in Amerika, S. 381.
1774 – 1780
Präsenz belegt Name [ggf. Lebensdaten]
219 Kassel201
Ort
›Mohren‹ im deutschen Raum, um 1600 bis ca. 1800 (Fortsetzung)
Tabelle
337
1783 Susanne [*im Aug. 1783 wohl in New York]
224 Kassel206
Tambour in der – FlügelGrenadierKompanie des 1. Btl. des LeibgardeRegiments – New York
Partnerin/ Partner
Mit den hessischen Truppen aus – Amerika: Kommt mit ihren Eltern Jakob Bill und Ehefrau Thuick/ Elisabeth [vgl. Nr. 179, 230], Ende 1783 nach Kassel
Mit den hessischen Truppen aus Ehefrau: Cathrine [?] Amerika: 1785 in Kassel Neuzugang bei der Kompanie v. Freudenberg, 2. Bataillon Garde, 24 J. alt. Am 6. Aug. 1786 zum 1. Reg. Garde versetzt, 1787 Neuzugang bei der Kompanie v. Offenbach, 1788 32 J. alt. 1786 29 J. alt, 1787 31 J. alt, 1789 wieder 32 J. alt, Major v. Offenbachs Kompanie im Reg. Garde, den 4. April dimittiert. (Dienstzeit 1787: sechs J., sechs M.) – –
Migration/Transfer
Religion/Konfession
–
–
Ev.-luth., getauft am 20. 12. 1783 in Kassel
–
Christoph Daniel, – getauft am 13. Januar 1786 in der Garnisonsgem. Kassel
Kinder
204 Schäfer, Von »Kammermohren«, »Mohren«-Tambouren und »Ost-Indianern«, S. 53, 76, Anm. 189; Auerbach, Die Hessen in Amerika, S. 378. 205 Schäfer, Von »Kammermohren«, »Mohren«-Tambouren und »Ost-Indianern«, S. 49 – 50. 206 Möglicherweise kamen zwei Mädchen namens Susanne mit ihren Eltern nach Kassel (Eltern: Jean Yorck und Ehefrau Nancy, hier Nr. 186 und 209, beide in Kassel, sowie resp. Jack bzw. Jakob Bill und Ehefrau Thuick/Elisabeth, Nr. 179 und 230, beide ebenfalls in Kassel), doch ist die Quellenlage unklar, vgl. Auerbach, Die Hessen in Amerika, S. 368 – 369 und 386; Schäfer, Von »Kammermohren«, »Mohren«-Tambouren und »Ost-Indianern«, S. 69, Anm. 124.
Sury
1773 [*um 1746]
223 Kassel205
Aus »Peters in West Indien«
Beruf/Position/ Herkunft Stand
Simon Tambour im Robinson LeibgardeRegiment
1786 – 1787 [*um 1756]
Präsenz belegt Name [ggf. Lebensdaten]
222 Kassel204
Ort
›Mohren‹ im deutschen Raum, um 1600 bis ca. 1800 (Fortsetzung)
338 Tabelle
1782 – 1785 [*um 1768]
1774
227 Kassel209
228 Kassel210
Thomas
Thomas
Thom
Tabe
Von der Insel Siepress [Island Cypress, Nordamerika?] [Nordamerika]
[Nordamerika]
Tambour in der – FlügelGrenadierKompanie des 1. Btl. des LeibgardeRegiments
Tambour
Tambour
Tambour
Beruf/Position/ Herkunft Stand
Partnerin/ Partner
Mit den hessischen Truppen aus – Amerika: 1782 Neuzugang in Kassel bei der Kompanie v. Wuthenau, 1. Bataillon Garde, April 1783 25 J. alt, 1784 beim Regiment v. Wuhtenau, 1785 Kompanie v. Offenbach, 17 J. alt – –
Mit den hessischen Truppen aus – Amerika: 1785 17 J. alt, in Kassel bei der Kompanie v. Jungkenn, 1. Bataillon Garde. Mit den hessischen Truppen aus – Amerika: 1784 Neuzugang beim Regiment v. Arenberg, 3. Bataillon Garde, 30 J. alt
Migration/Transfer
Auerbach, Die Hessen in Amerika, S. 382; Tabe ist möglicherweise mit dem Tambour Stevens identisch (vgl. in dieser Tabelle Nr. 239). Ebd., S. 382. Ebd., S. 383. Schäfer, Von »Kammermohren«, »Mohren«-Tambouren und »Ost-Indianern«, S. 50, 73, Anm. 163.
1784 [*um 1750]
226 Kassel208
207 208 209 210
1785 [*um 1768]
Präsenz belegt Name [ggf. Lebensdaten]
225 Kassel207
Ort
›Mohren‹ im deutschen Raum, um 1600 bis ca. 1800 (Fortsetzung)
–
–
–
–
Kinder
–
–
–
–
Religion/Konfession
Tabelle
339
1784 [*um 1760]
1787 [*um 1763]
1782 [*um 1751]
231 Kassel213
232 Kassel214
233 Kassel215
Tambour
Wallis
Tambour
Virgil Pfeifer im (Viergiel) LeibgardeRegiment
Tom/ Thom/ Thomas
Thuick/ – Elisabeth
Thomas/ Tambour Thonas
[Nordamerika]
Virginia
[Nordamerika]
New York
Charleston
Beruf/Position/ Herkunft Stand
Partnerin/ Partner
Mit den hessischen Truppen aus – Amerika: 1784 in Kassel Tambour Thom beim Regiment v. Stückrad, 1. Bataillon Garde, 24 J. alt Mit den hessischen Truppen aus – Amerika: 1787 bei der Flügelgrenadierkompanie, 1. Bataillon Garde (Dienstzeit 1787: fünf (oder drei?) Jahre, neun Monate) Mit den hessischen Truppen aus – Amerika: Leibkompanie des 1. Bataillons Garde
Mit den hessischen Truppen aus – Amerika: 1785 in Kassel, 18 Jahre alt, Neuzugang bei der Kompanie v. Benning, 2. Bataillon Garde, am 12. Juli 1786 desertiert Mit den hessischen Truppen aus Jack (Jakob) Bill Amerika [vgl. Nr. 179]
Migration/Transfer
–
–
Susanne, im August 1783 in New York geboren, getauft in Kassel am 20. 12. 1783 [vgl. Nr. 224] –
–
Kinder
Auerbach, Die Hessen in Amerika, S. 383. Schäfer, Von »Kammermohren«, »Mohren«-Tambouren und »Ost-Indianern«, S. 69, Anm. 124, Auerbach, Die Hessen in Amerika, S. 369. Auerbach, Die Hessen in Amerika, S. 383. Schäfer, Von »Kammermohren«, »Mohren«-Tambouren und »Ost-Indianern«, S. 53; Auerbach, Die Hessen in Amerika, S. 384. Auerbach, Die Hessen in Amerika, S. 383; Wallis ist möglicherweise identisch mit Ludwig Wallis bei den Braunschweiger Truppen (Nr. 70 in der Tabelle).
1783 [um 1763 – 6.6.1785]
230 Kassel212
211 212 213 214 215
1785 – 1786 [*um 1767]
Präsenz belegt Name [ggf. Lebensdaten]
229 Kassel211
Ort
›Mohren‹ im deutschen Raum, um 1600 bis ca. 1800 (Fortsetzung)
–
–
–
Beide Eltern bei der Taufe der Tochter noch »Heiden«
–
Religion/Konfession
340 Tabelle
[Nordamerika]
China/ Ginne/ Guinea, Afrika
Virginia Bediensteter bei Capitain von Linden [in hanauischen Diensten] New York Wilhelm Bediensteter Hannibal bei Oberst von Pfeilitzer [in königlich-großbritannischen Diensten]
Wilhelm
Tambour
Tambour
Beruf/Position/ Herkunft Stand
Partnerin/ Partner
–
–
Mit den hessischen Truppen aus – Amerika: In Kassel bei der Kompanie v. Eschwege, 2. Bataillon Garde, später wohnhaft in Nausis, Amt Spangenberg. 1787 20 J. alt und am 6. Juni zum 1. Bataillon Garde versetzt. 1788 24 J. alt, 1789 ebenfalls 24 J. alt, Flügelgrenadierkompanie des Regiments Garde, 1. Bataillon; am 4. April 1789 dort versetzt zum Regiment Graf v. Gronsfeld Mit den hessischen Truppen aus Amerika: Flügelgrenadierkompanie des 3. Regiments Garde – –
Migration/Transfer
Ebd., S. 385. Ebd., S. 359. Schäfer, Von »Kammermohren«, »Mohren«-Tambouren und »Ost-Indianern«, S. 52, 75, Anm. 182. Ebd., S. 52, 75, Anm. 182.
1800 [um 1760 – 1800]
237 Kassel219
216 217 218 219
1785 [um 1760 – 28. 1. 1785]
236 Kassel218
1786 Wilhelm [1762 – 28. 5. 1786]
235 Kassel217
Wilhelm
1785 – 1789 [*um 1764]
Präsenz belegt Name [ggf. Lebensdaten]
234 Kassel216
Ort
›Mohren‹ im deutschen Raum, um 1600 bis ca. 1800 (Fortsetzung)
–
–
–
Kinder
Ev.-luth., bestattet am 28. 10. 1800, Garnisonsgem. Kassel
–
–
–
Religion/Konfession
Tabelle
341
1785 [*um 1760/66 – 24. Juni 1787]
1664 – 1702
1783 – 1786 [um 1761 – 1786]
239 Kassel221
240 Kassel222
241 Kassel und Braunschweig223
Hof und/oder Armee ?
Wilhelmi- Am Hof na Sophia Morin Cornwal- Tambour lis
Wilhelm Tambour, Pfeifer Stieben (auch Stieving, Stievens)
Wilhelm Jakob
South Carolina [Charleston?]
–
Charleston, South Carolina Savannah
Beruf/Position/ Herkunft Stand
Partnerin/ Partner
Mit den hessischen Truppen aus Amerika: 1785 in Kassel bei der Kompanie v. Jungkenn, 1. Bataillon Garde, 19 J. alt. Wilhelm Stieben/ Stiebin/Stevens aus Savanna, 1786 16 J. alt, Flügelgrenadierkompanie des 2. Bataillons Garde. Gestorben in Kassel am 24. Juni 1787 der Mohren-Tambour Wilhelm Stieben, alt 17 Jahre. Ab 22. April 1702 »Kostpraebende« im Hospital zu Kassel Mit den hessischen Truppen aus Amerika: »am 1. Juli 1779 bei der Kompanie Major Göbel, Garnisonsregiment v. Wissenbach, als Tambour enrolliert«; 1784 – 1785 im 2. Garderegiment in Kassel – Sophie Philippine Josepha (*und verst. 1784 in Kassel)
Elisabeth (verst. 14. 3. 1785)
–
–
Kinder
–
–
Mit den hessischen Truppen aus – Amerika
Migration/Transfer
(verst. 1786 im Alter von 22 Jahren)
Ev.-ref., getauft am 29. 11. 1664
Ev.-luth., getauft in der Garnisonsgem. Kassel –
Religion/Konfession
220 Ebd., S. 76, Anm. 189 (Knetsch); Auerbach, Die Hessen in Amerika, S. 385. 221 Schäfer, Von »Kammermohren«, »Mohren«-Tambouren und »Ost-Indianern«, S. 76, Anm. 189 (Knetsch); Auerbach, Die Hessen in Amerika, S. 382. Stevens ist möglicherweise mit Tabe (Nr. 225 in der Tabelle) identisch. 222 Schäfer, Von »Kammermohren«, »Mohren«-Tambouren und »Ost-Indianern«, S. 38, Anm. 34 – 40. 223 Kittel, Mohren als Hofbediente und Soldaten, S. 95; Schäfer, Von »Kammermohren«, »Mohren«-Tambouren und »Ost-Indianern«, S. 47, 69, Anm. 124; Auerbach, Die Hessen in Amerika, S. 361 – 362.
1789 [*um 1775]
Präsenz belegt Name [ggf. Lebensdaten]
238 Kassel220
Ort
›Mohren‹ im deutschen Raum, um 1600 bis ca. 1800 (Fortsetzung)
342 Tabelle
1785
1787 – 1791 [*um 1759]
243 Kassel und Hofgeismar225
244 Kassel und Maastricht226
Adrian
Jacob Theodor Peter
George Dominicus
Bediensteter bei Major Scheer vom Regiment von Bose in Hofgeismar 1783: Kammermohr am Kasseler Hof Tambour
Kammermohr
Savannah bzw. »Baumbrick«, Nordamerika
–
Mit den hessischen Truppen aus – Amerika: Hatte 1787 zehn Jahre im Kasseler Leibgarderegiment gedient [wahrsch. identisch mit Adrian, der 1783 aus dem 1. Bataillon des Kasseler Leibgarde-Regimentes desertierte und dort 1785 wieder geführt wird]
Ev.-luth.
Ev.-luth. oder ref.
–
Religion/Konfession
–
Kinder
Ev.-ref., Trauung in der Kasseler Hofkirche
Partnerin/ Partner 4.8.1735: Anna eine Tochter Dorothea Weber, Tochter des verst. Försters Friedrich Leopold Weber
Migration/Transfer
– »ehelicher Sohn des Georgii Caspari, Einwohners zu Sanct Paul in Africa« – –
Beruf/Position/ Herkunft Stand
224 Schäfer, Von »Kammermohren«, »Mohren«-Tambouren und »Ost-Indianern«, S. 39; Wagener-Fimpel, Mohren in Schaumburg-Lippe, S. 124 – 125; Martin, Schwarze Teufel, edle Mohren, S. 141, 178, 430. 225 Schäfer, Von »Kammermohren«, »Mohren«-Tambouren und »Ost-Indianern«, S. 52, 75, Anm. 183. 226 Ebd., S. 40, 53, 54, 76 – 77, Anm. 192; Kittel, Mohren als Hofbediente und Soldaten, S. 101; die Angaben zum Alter schwanken, vgl. Auerbach, Die Hessen in Amerika, S. 358. Der Kammermohr und Tambour Adrian steht 1789 und 1791 Pate bei den beiden ältesten Töchtern des Tambours Bill.
1735 – 1759 [Todesjahr]
Präsenz belegt Name [ggf. Lebensdaten]
242 Kassel und Bückeburg224
Ort
›Mohren‹ im deutschen Raum, um 1600 bis ca. 1800 (Fortsetzung)
Tabelle
343
1780 – 1790 [*um 1763]
246 Kassel/ Maastricht228
Migration/Transfer
Partnerin/ Partner
– Johannes Soldat im Mohrlän- Regiment des Prinzen der Maximilian, später Korporal i. d. Kompanie des Herrn von Oynhausen
Lebte in Kassel und Melsungen
Möglicherweise 1. Ehe; 2. Ehe geschl. am 7. 5. 1730 mit Anna Katharina Engelhard (verst. im Jan. 1745); 3. Ehe geschl. im Aug. 1747 mit einer Anna Margaretha Tambour Stono Ferry, Mit den braunschweig. Truppen nach 1783: John South aus Amerika in Maastricht, bis Susanna Stein Heyon Carolina zu seiner Desertion am 11. Aug. [vgl. Nr. 257] (auch 1787 insges. sieben J., drei M. im Hejon) kurhessischen LeibgardeRegiment Über Carl Heinrich Marie Büring aus Christoph Tafeldecker bei Antillen Schimmelmann Kiel Tafelde- den Reichsgrafen cker von Baudissin auf Knoop
Beruf/Position/ Herkunft Stand
–
[zwei Kinder, vgl. Susanna Stein, Nr. 257]
1795: Johanna – (unehel., Mutter : Margretha Dorothea, Kammermädchen, Tochter des Gutsgärtners David Voß); zwei Söhne, Hinrich und Cornelius, aus der Ehe mit Marie Büring
Keine Angabe: Die Kinder wurden in Kassel (Oberneustadt) getauft
Religion/Konfession
Ein Junge, getauft am 3. 4. 1715; Ein Mädchen, getauft am 25. 3. 1717
Kinder
227 Schäfer, Von »Kammermohren«, »Mohren«-Tambouren und »Ost-Indianern«, S. 48, 72, Anm. 149. 228 Ebd., S. 53; Kittel, Mohren als Hofbediente und Soldaten, S. 96, 100; Auerbach, Die Hessen in Amerika, S. 366. Evtl. identisch mit dem Tambour Heggen/Heigen (Nr. 193). 229 Degn, Die Schimmelmanns im atlantischen Dreieckshandel, S. 115 – 116.
247 Knoop, Um 1794/95 Schleswig229
1715 – 1751 [um 1674 – 1751]
Präsenz belegt Name [ggf. Lebensdaten]
245 Kassel und Melsungen227
Ort
›Mohren‹ im deutschen Raum, um 1600 bis ca. 1800 (Fortsetzung)
344 Tabelle
St. Thomas
Ein »schwarzer – Page«
Diener im Umfeld des dänischen Hofes
»Guinea auf Schüler am der Küste ›Collegium Fridericianum‹ Malagente in der Seestadt Sette«
Beruf/Position/ Herkunft Stand
Partnerin/ Partner
Gekauft von dem – Schiffszimmermann Martin Harnack für den Königsberger Kriegs- und Domänenrat Manitius und in das Collegium gegeben, aus diesem im Mai 1733 wahrscheinlich auf Befehl des Herzogs von Holstein entführt und nach Berlin gebracht – Kam nach Dänemark als persönlicher Diener eines dänischen Plantagenbesitzers (Graf Lauwrig oder Graf Pless); lernt 1731 bei der Krönung Christians VI. zuerst David Nitschmann, dann Zinzendorf kennen, begleitet diesen 1731 nach Herrnhut Bei dem Kaufmann Peter – Hannemann
Migration/Transfer
Getauft am 29. 08. 1644
–
–
–
–
Religion/Konfession
–
Kinder
230 Hans Koeppen, Die Entführung eines Negerknaben aus dem Friedrichskollegium in Königsberg im Jahre 1733, in: Preußenland. Mitteilungen der Historischen Kommission für Ost- und Westpreussische Landesforschung und aus den Archiven der Stiftung Preussischer Kulturbesitz, 10. Jg., Nr. 4, 1972, S. 49 – 56; Sadji, »Unverbesserlich ausschweifende« oder »brauchbare Subjekte«, S. 44; Martin, Schwarze Teufel, edle Mohren, S. 105. Lt. Martin ist mit der »Seestadt Sette« die Hafenstadt Settra Kru an der Malaguetta- oder Pfefferküste im Gebiet des heutigen Liberia gemeint. 231 Debrunner, Presence and Prestige, S. 105 – 106; Sensbach, Rebecca’s Revival, S. 49 – 52. 232 Martin, Schwarze Teufel, edle Mohren, S. 65, Anm. 172.
Anonymus
250 Krempe 29. 8. 1644 [Holstein]232 [*um 1632]
Anonymus
Anton Ulrich
1732 – 1733 [*um 1725/26]
Präsenz belegt Name [ggf. Lebensdaten]
249 Kopenhagen 1731 – 1732 und Herrnhut231
248 Königsberg230
Ort
›Mohren‹ im deutschen Raum, um 1600 bis ca. 1800 (Fortsetzung)
Tabelle
345
1785 – 1793 [um 1768 – 1793]
1786 – 1788 [1768 – 1788]
Ab 1788
Ab 1788
252 Maastricht234
253 Maastricht235
254 Maastricht236
255 Maastricht237
Tambour
Tambour
Mattalina – Backmann
Johann John
Georg Debe
Friedrich Tambour Wilhelm
Louis Am Hof Friedrich Carl Ulrich Jacky
Charleston, Virginia oder South Carolina, USA Charleston, Virginia oder South Carolina, USA
»sein Vater hat gewohnt in dem Dorfe Groß Princeß auf der Insel St. Croix« Charleston in Virginia oder South Carolina, USA Portsmouth, Virginia, USA
Beruf/Position/ Herkunft Stand
[mit den braunschweig. Truppen Johann John [vgl. Drei Kinder in aus Amerika] Nr. 254] Maastricht, von denen zwei dort früh starben
Ref.
Ref. [drei Kinder, vgl. Mattalina Backmann, Nr. 255] Mattalina Backmann, [vgl. Nr. 255]
Ref., verst. im Alter von 20 Jahren im Lazarett in Maastricht
Ev.-luth., verst. im Alter von 25 Jahren im Hospital in Maastricht –
–
–
[mit den braunschweig. Truppen aus Amerika] Seit Dez. 1785 in braunschweig. Diensten (insges. sieben J., zwei M.) [mit den braunschweig. Truppen aus Amerika] Seit Juli 1786 in braunschweig. Diensten (insges. zwei J., fünf M.) [mit den braunschweig. Truppen aus Amerika]
Ev.-luth., getauft am 18. 5. 1783
Religion/Konfession
–
–
Kinder
–
Partnerin/ Partner
[über Carl Heinrich Schimmelmann?]
Migration/Transfer
234 235 236 237
233 Schäfer, Von »Kammermohren«, »Mohren«-Tambouren und »Ost-Indianern«, S. 36, 129, 424, Anm. 289; Familiengeschichtliche Blätter, Deutscher Herold, Auslandsdeutsche Sippenforschung, 34. Jg., 1936, Heft 8, S. 247. Kittel, Mohren als Hofbediente und Soldaten, S. 101. Ebd., S. 100. Ebd. Ebd.
1783
Präsenz belegt Name [ggf. Lebensdaten]
251 Lübtheen, Schwerin233
Ort
›Mohren‹ im deutschen Raum, um 1600 bis ca. 1800 (Fortsetzung)
346 Tabelle
Deina Petermann 1739 – 1740 [im Anna März 1740 verst.] Maria
1742–vor 1747
1742
260 Marienborn242
261 Marienborn243
238 239 240 241 242 243
Hanna (oder Hannah) Peter (»ein kl. Junge«)
Posaunenberg, St. Thomas St. Thomas
–
–
St. Thomas
»aus Amerika«
–
Savannah, Georgia, USA
Missionarin
–
–
Tambour
Beruf/Position/ Herkunft Stand
Partnerin/ Partner
–
Reist mit Rebecca Freundlich nach Marienborn
–
Über die Herrnhuter Missionare – auf St. Thomas nach Deutschland Reist mit Rebecca Freundlich – nach Marienborn
–
[mit den braunschweig. Truppen – aus Amerika] Seit April 1781 im Eskadron der braunschweigischen Drakoner geführt (insges. sieben J., sieben M.) Mit den braunschweig. Truppen John Heyon [vgl. aus Amerika Nr. 246]
Migration/Transfer
Ref., verst. im Alter von 30 oder 38 Jahren
Religion/Konfession
Piet.
Piet.
– –
Piet.
–
Zwei Kinder (1780 – und 1790 geb., beide in Maastricht getauft und begraben) – Ref., verst. am 19. 5. 1822 in Marburg
–
Kinder
Ebd. Ebd.; Auerbach, Die Hessen in Amerika, S. 366. Schäfer, Von »Kammermohren«, »Mohren«-Tambouren und »Ost-Indianern«, S. 75, Anm. 183. Sensbach, Rebecca’s Revival, S. 174; Debrunner, Presence and Prestige, S. 110. Sensbach, Rebecca’s Revival, S. 160. Lt. Sensbach auch abgebildet in dem Porträt »Erstlingsbild« von Johann Valentin Haidt, 1747, vgl. ebd., S. 191; Debrunner, Presence and Prestige, S. 110. Sensbach, Rebecca’s Revival, S. 160. Möglicherweise ist dies der bei Debrunner genannte afrikanische Junge Koffee, Debrunner, Presence and Prestige, S. 110.
259 Marienborn241
1822 [um 1773 – 1822]
258 Marburg240
Susanna Stein
Ab 1788
257 Maastricht239
Pawls (Paulus)
1788 [1750 od. 1758 – 1788]
Präsenz belegt Name [ggf. Lebensdaten]
256 Maastricht238
Ort
›Mohren‹ im deutschen Raum, um 1600 bis ca. 1800 (Fortsetzung)
Tabelle
347
Anna Maria Freundlich
263 Marienborn, 1742 – 1744 [13. Grafschaft 11. Wetterau bei 1739–Febr. 1744] Frankfurt a. M.245
–
Missionar
Migration/Transfer
Christians- Sohn einer Ga-Frau (Ghana) und burg, Accra eines dänischen Seemanns. [Ghana] Erreicht im August 1727 Kopenhagen, dort Ausbildung zum Schmied, nimmt 1732 ein dreijähriges Studium auf (nicht abgeschlossen), wird 1737 Missionar der Herrnhuter Brüdergemeine in Afrika, 1741 Rückkehr nach Europa, nach 2 Jahren Aufenthalt in St. Thomas 1745 Rückkehr nach Marienborn, 1756 erneut Aufbruch nach Christiansborg (Ghana), Rückkehr nach Europa 1762, ab 1765 wieder in Christiansborg St. Thomas Tochter von Rebecca Freundlich [vgl. Nr. 264], kommt mit dieser 1741 nach Europa, ab 1742 in Marienborn
Beruf/Position/ Herkunft Stand
244 Sensbach, Rebecca’s Revival, S. 162 – 201, S. 230. 245 Ebd., S. 153 – 154, S. 183 – 184.
Christianus Jakob Protten
Präsenz belegt Name [ggf. Lebensdaten]
262 Marienborn, 1726 – 1765 Grafschaft [1715 – 22. 8. 1769] Wetterau [bei Frankfurt a. M.]244
Ort
›Mohren‹ im deutschen Raum, um 1600 bis ca. 1800 (Fortsetzung)
Piet.
–
–
Religion/Konfession
[eine Tochter, vgl. Piet., getauft am 17. Rebecca Freundlich/ 11. 1727 Protten, Nr. 264]
Kinder
6.1.1746 in Marienborn: Rebecca Freundlich [vgl. Nr. 264]
Partnerin/ Partner
348 Tabelle
Am Hof Adolph Friedrich Christian Carl Ernst Georg Romigo
1767
266 Neustrelitz248
»aus China in Africa gelegen, bürtig« – –
–
Wird am 20. Dezember 1704 Bürger der Stadt Merseburg –
1. Ehe 4. 5. 1738 (St. Thomas): Matthäus Freundlich, Schuhmacher, Missionar (1742 verst.); 2. Ehe 6. 1. 1746 (Marienborn): Christian Jakob Protten [vgl. Nr. 262]
Partnerin/ Partner
Religion/Konfession
–
–
Ev.-luth., getauft am 13. 12. 1767
–
13. 11. 1739: Anna Piet., zunächst kath. Maria Freundlich getauft (verst. im Febr. 1744 in Marienborn) [vgl. Nr. 263]; April 1750: Anna Maria Protten (am 22.1.175 in Marienborn verst.)
Kinder
246 Ebd., S. 103 – 106, 268, Anm. 6, S. 154, 162 – 201, 230 – 233. 247 Historisches Stadtarchiv Merseburg, Rep. K. 982: »E. E. wohlweisen Raths der Stadt Merßeburgk Bürger-Buch angefangen anno 1652 und continuiret biß 1712 inclusive«, S. 353: »Lucas Hertzog fürstlich sächsischer Laquey alhier, ein Mohr, aus China in Africa gelegen, bürtig, ist zu Exercirung bürgerlicher Nahrung bey hiesiger Stadt mit dem Bürgerrechte beliehen worden den 20. Decembris 1704.«, freundlicher Hinweis von Markus Cottin, Domstiftsarchiv Merseburg, 9. Juni 2009. 248 Steinbruch, Zufallsfund in Kirchenbüchern, S. 7.
Lakai
1704
265 Merseburg247
Als Kind auf der brit. Insel Antigua geraubt und nach St. Thomas verschleppt, dort später Missionstätigkeit für die Herrnhuter Brüdergemeine, als Ehefrau eines deutschen Missionars im Nov. 1741 von St. Thomas nach St. Eustatius (dän.), im Febr. 1742 nach Amsterdam, danach weiter nach Marienborn, ab 1765 Christiansborg (Ghana)
Missionarin
Antigua
Migration/Transfer
Beruf/Position/ Herkunft Stand
Rebecca (erster Name Shelly), kath. getauft auf den Namen Rebecca, in 1. Ehe Rebecca Freundlich, 2. Ehe: Rebecca Protten Lucas Hertzog
Präsenz belegt Name [ggf. Lebensdaten]
264 Marienborn, 1742 – 1765 Grafschaft [um 1718 – 1780] Wetterau bei Frankfurt a. M.]246
Ort
›Mohren‹ im deutschen Raum, um 1600 bis ca. 1800 (Fortsetzung)
Tabelle
349
Einige Jahre vor 1800 [*um 1781]
1681
249 250 251 252 253
Bengalen [Vater ›Landmann‹]
Am Hof Arabien Abdola aus Arabien, getauft Friedrich Ludwig Anspacher Anony»ein kleiner – mus Mohr« bei Hof
In Diensten – Carl Dittlmayrs
Elefantenführer –
Diener des Hauptmanns von Restorff auf Rakow [besitzt die »Rechte eines freyen Menschen«]
Beruf/Position/ Herkunft Stand
–
–
–
–
Auch als »türkischer Mohr« bezeichnet
– –
–
Religion/Konfession
–
Getauft am 24. August 1681 in der Nürnberger Parochialkirche zu St. Sebaldi Getauft am 13. 04. 1755
–
27. 3. 1819: Adolph Ev.-luth., getauft in Ludwig Jacob (geb. Neubukow am 21. Sept. 1800 in Prebberede)
Kinder
Lt. Taufpredigt von einem guten – Freund »fast ohn Begehren überlassen worden«
–
9.1.1818: Charlotte Lucks, 22 J., Schuhmachertochter, Dienstmädchen des Grafen von Bassewitz auf Prebberede
Mit zwölf J. an einen Seemann aus Kopenhagen verkauft worden, von diesem in Kopenhagen dem Hauptmann Friedrich Johann Peter von Restorff auf Rakow überlassen, nach dessen Tod 1814 in Diensten des Grafen von Bassewitz auf Prebberede –
Partnerin/ Partner
Migration/Transfer
Ebd. Martin, Schwarze Teufel, edle Mohren, S. 62, 394. »Mohren-Tauff: so geschehen In Nürnberg am Tage Bartholomaei den 24. Augusti 1681«, Nürnberg, Stadtbibliothek, Will. II. 1228. 48. Archiv der Grafen und Freiherren von Seckendorff, Obernzenn, Blaues Schloss, Akten Nr. 60: Journale meiner seeligen Mutter, Notizzettel, 13. April 1755, nicht fol. Fürstlich Öttingen-Wallerstein’sches Archiv, Schloss Harburg, Harburg (Schwab.), VII. 3. 19b – 1: »Reise-Rechnung 1695 – 1697«, pag. 76, 82; No. 3: »Reiß Rechnung vom 19. Januar : 1698. biß 9. Marty 1699«, pag. 14, 37, 40, 53.
271 Oettingen253 Okt. 1697–Juni 1699
270 Obernzenn, 1755 Blaues Schloss252
269 Nürnberg
251
Jeck Mai (getauft auf den Namen Friedrich Carl Jacob Treu, genannt Jacob Treu) Anonymus Christian Andreas von St. Georgen
Präsenz belegt Name [ggf. Lebensdaten]
268 Nürnberg250 1629
267 Neustrelitz249
Ort
›Mohren‹ im deutschen Raum, um 1600 bis ca. 1800 (Fortsetzung)
350 Tabelle
Vor 1672 – 1678
1656/57
Anonymus Elisabeth Am Hof Margrethe –
Im Hofstaat – Albrecht Ernsts II. von OettingenOettingen Am Hof –
Partnerin/ Partner
1701: eine taubstumme Magd (1701 von Wilhelm schwanger) –
verh.
–
[»von Jugend auf« bei der Gräfin Sebastian [vgl. v. Weißenwolf] Nr. 278]
–
–
–
–
[vgl. Christian Ferdinand Mohr, Nr. 34]
Migration/Transfer
–
[wahrsch. reformiert]
–
–
–
–
–
–
-
Religion/Konfession
–
–
-
Kinder
254 Rudt de Collenberg, Haus- und Hofmohren des 18. Jahrhunderts, S. 274. Christian ist möglicherweise identisch mit dem Pauker Christian Ferdinand Mohr in Bayreuth (Nr. 34 in der Tabelle). 255 Ebd. 256 Fürstlich Öttingen-Wallerstein’sches Archiv, Schloss Harburg, Harburg (Schwab.), VII. 3. 19b – 1: »Reise-Rechnung 1695 – 1697«, pag. 76, 82; No. 3: »Reiß Rechnung vom 19. Januar : 1698. biß 9. Marty 1699«, pag. 14, 37, 40, 53. 257 Rudt de Collenberg, Haus- und Hofmohren des 18. Jahrhunderts, S. 274. 258 StA Oldenburg, Best. 20 – 3, Nr. 1295: »Acta enthaltend einige Stücke, betr. die Hofhaltung zu Varel von 1656 – 57«, nicht fol., ohne Datum. 259 StA Oldenburg, Best. 20 – 3 Nr. 1317, fol. 6v.; möglicherweise 1665 anonym erwähnt, 1672 erstmals namentl. belegt.
276 Oldenburg258 277 Oldenburg259
274 Oettingen256 Sept. 1697–Aug. 1700 275 Oettingen257 Um 1701/02 Wilhelm (Mohr)
273 Oettingen255 Um 1702
Beruf/Position/ Herkunft Stand
– Christian Pauker im Mohr Hofstaat Albrecht Ernsts II. von OettingenOettingen – Dyonisius Im Hofstaat (Mohr) Albrecht Ernsts II. von OettingenOettingen Jean Am Hof –
Präsenz belegt Name [ggf. Lebensdaten]
272 Oettingen254 1702
Ort
›Mohren‹ im deutschen Raum, um 1600 bis ca. 1800 (Fortsetzung)
Tabelle
351
1661
279 Osnabrück261
1767 [*um 1750]
282 Philippsthal264
Domestik des Bürgermeisters Gerhard Schepeler Anonyma Bei dem Grafen von BocholtzAsseburg, einem Domherr und Neffen des Bischofs Pfeifer im Johann »hochlöbl. Daniel Goldof- Printz=Heinsky rich Füsilir Reg.«, nach Entlassung aus Armeediensten Ackerknecht Carl Lakai bei Prinz Wilhelm Wilhelm
Anonymus
Sebastian Am Hof
»von der Küste Guinea in Africa«
–
–
–
–
Beruf/Position/ Herkunft Stand Elisabeth Margrethe [vgl. Nr. 277] –
[bei der Gräfin v. Weißenwolf]
–
–
–
–
–
Kinder
–
–
Heiratet 1762 die – Tochter eines märkischen Tagelöhners
Als Sklavin in Rom gekauft, der – Graf lebt mit ihr offen zusammen
Kauf als Sklave in Hamburg
Partnerin/ Partner
Migration/Transfer
Am 9. 3. 1767 am Philippsthaler Hof getauft
–
–
1661 getauft
[wahrsch. reformiert]
Religion/Konfession
261 262 263 264
260 StA Oldenburg, Best. 20 – 3, Nr. 1317: »Testament der Elisabeth Gräfin von Weißenwolf vom 22. Jan. 1664 nebst Kodizill vom 20. Nov. 1672, Originale und Abschrift«, Bl. 4r ; Best. 20 – 3 Nr. 1317, fol. 4r–4v ; StA Oldenburg, Best. 120 Nr. 1039: »Quittungen von Handwerkern, Kaufleuten usw. für die Gräfin Weißenwolff, 1663 – 1692«, fol. 5r (26. Nov. 1665). Voort, Ein Hauch von Exotik, S. 193. Rudt de Collenberg, Haus- und Hofmohren des 18. Jahrhunderts, S. 277, ohne Quellenangabe. Martin, Schwarze Teufel, edle Mohren, S. 148, Anm. 422. Zu Graf Wilhelm aus der hessen-kasselischen Nebenlinie Philippsthal, vgl. Schäfer, Von »Kammermohren«, »Mohren«-Tambouren und »Ost-Indianern«, S. 50, 74, Anm. 167 – 168.
1762
281 Pernirz263
280 Paderborn262 –
1664 – 1678
Präsenz belegt Name [ggf. Lebensdaten]
278 Oldenburg260
Ort
›Mohren‹ im deutschen Raum, um 1600 bis ca. 1800 (Fortsetzung)
352 Tabelle
1734
1734
–
286 Preußen268
287 Preußen269
288 Preußen270
Anonymus
Anonymus
Anonymus
Anonymus
Adam Christoph Jürgen
Georg
–
–
–
–
New York
In Diensten von – General Keith
Für das Königsregiment gedacht
Für das Königsregiment gedacht Für das Königsregiment gedacht
Im Schloss zu Philippsthal Pfeifer
Beruf/Position/ Herkunft Stand
Über den Residenten zu London Friedrich von Reichenbach (Schreiben vom 16. 8. 1728) Schreiben König Friedrich Wilhelms I. in Preußen an die Kabinettssekretäre Boden und Schumacher vom 5. 5. 1734, dem Engländer Thomas Cuhrt für die zwei »kleine Mohren« 100 Rtl. zu bezahlen Schreiben König Friedrich Wilhelms I. in Preußen an die Kabinettssekretäre Boden und Schumacher vom 5. 5. 1734, dem Engländer Thomas Cuhrt für die zwei »kleine Mohren« 100 Rtl. zu bezahlen –
–
–
Migration/Transfer
Ebd., S. 50, 74, Anm. 169. Kloosterhuis, Legendäre »lange Kerls«, Q 252 (b). Ebd., Q 253 (c). Ebd., Q 255 (b). Ebd., Q 255 (b). Rudt de Collenberg, Haus- und Hofmohren des 18. Jahrhunderts, S. 276, ohne Quellenangabe.
1728
285 Preußen267
265 266 267 268 269 270
1779 [1750 – 1779] 1722
Präsenz belegt Name [ggf. Lebensdaten]
283 Philippsthal265 284 Preußen266
Ort
›Mohren‹ im deutschen Raum, um 1600 bis ca. 1800 (Fortsetzung)
–
–
–
–
–
–
Partnerin/ Partner
–
–
–
–
–
–
Kinder
–
–
–
Ref., getauft i. d. Garnisonskirche Potsdam am 12. 12. 1722, unter den Paten der preuß. König –
–
Religion/Konfession
Tabelle
353
1715
1710er-Jahre
291 Preußen273
292 Preußen274
–
–
–
–
Als Pfeifer für – das Rote Grenadierbataillon gedacht
Friedrich Am Hof Wilhelm Pfeifer Hans Jürgen Adam
Cupido
Christian Pfeifer Heinrich
Christian Pfeifer August
Beruf/Position/ Herkunft Stand
–
–
Partnerin/ Partner
–
–
Von Kapitän Philipp Walsh über – den preußischen Kommissar in London Wilhelm Fleertmann für acht Guineen zehn engl. Shilling gekauft, Rechnung vom 19. 1. 1715 – –
–
–
Migration/Transfer
–
–
–
–
–
Kinder
(wohl in Preußen getauft) Ref., getauft i. d. Garnisonskirche Potsdam am 12. 12. 1722, unter den Paten der preuß. König
Ref., getauft i. d. Garnisonskirche Potsdam am 12. 12. 1722, unter den Paten der preuß. König Ref., getauft i. d. Garnisonskirche Potsdam am 12. 12. 1722, unter den Paten der preuß. König –
Religion/Konfession
271 Kloosterhuis, Legendäre »lange Kerls«, Q 252 (b). 272 Ebd. 273 Ebd., Q 251 (a). Weitere Details zum Kauf: Für den Ankauf von Cupido, Pampi, Mercurius insges. 549 Fl 9 Stb (berechnet nach dem Kurs von 1 Guinee zu 11 holänd. Gulden 11 Stüber); für den Makler, der die Mohren aufgebracht hat 40 Fl, für die Kleidung der drei 48 Fl, für die Kosten und Spesen ihrer Reise von England nach Berlin 396 Fl. 274 Debrunner, NÀgritude im 18. Jahrhundert, S. 70 – 71; Debrunner, Presence and Prestige, S. 94, 97; Abbildungen des Jungen ebd., Abb. 10; Kunst, Der Afrikaner in der europäischen Kunst, Abb. 18 und 19. Dass der Junge wahrscheinlich getauft war, lässt sich aus seinem Namen ableiten. 275 Kloosterhuis, Legendäre »lange Kerls«, Q 252 (b).
293 Preußen
1722
1722
290 Preußen272
275
1722
Präsenz belegt Name [ggf. Lebensdaten]
289 Preußen271
Ort
›Mohren‹ im deutschen Raum, um 1600 bis ca. 1800 (Fortsetzung)
354 Tabelle
1715 – 1717
Ludwig Besemann Marguerite Mercurius (getauft Wilhelm Mercurius) Pampi (getauft wahrsch. Adrian Pamphiloff)
Jochen Conrad
Pfeifer beim Roten Grenadierbataillon
Pfeifer beim Roten Grenadierbataillon
Am Hof
PaukerLehrling
Pfeifer
–
–
–
–
–
Beruf/Position/ Herkunft Stand
–
–
–
Partnerin/ Partner
Von Kapitän Philipp Walsh über – den preußischen Kommissar in London Wilhelm Fleertmann für 16 Guineen zwei engl. Shilling gekauft, Rechnung vom 19. 1. 1715 Von Kapitän Philipp Walsh über – den preußischen Kommissar in London Wilhelm Fleertmann für 20 Guineen gekauft, »dazu für dessen Silberhalsband 3 Guineen«, Rechnung vom 19. 1. 1715
–
–
–
Migration/Transfer
–
–
–
–
–
Kinder
Ref. [wenn Adrian Pamphiloff ident. ist mit Pampi, dann getauft i. d. Garnisonskirche Potsdam am 18. 7. 1717]
Ref., getauft i. d. Garnisonskirche Potsdam am 18. 7. 1717
–
Ref., getauft i. d. Garnisonskirche Potsdam am 12. 12. 1722, unter den Paten der preuß. König [wohl getauft, da Zunft-Lehrling]
Religion/Konfession
276 Ebd. 277 Peter Panoff, Militärmusik in Geschichte und Gegenwart, Berlin 1938, S. 73; Anonymus, Schwarze Militärmusiker und Spielleute, in: Deutscher Soldaten-Kalender, 7. Jb., München 1959, S. 177 – 180, hier S. 177; Martin, Schwarze Teufel, edle Mohren, S. 121, Anm. 227. 278 Kloosterhuis, Legendäre »lange Kerls«, Q 251 (a). 279 Ebd., Q 251 (a), Q 252 (a). 280 Ebd.
297 Preußen
298 Preußen280
1715
296 Preußen278
1715 – 1717
1683
295 Preußen277
279
1722
Präsenz belegt Name [ggf. Lebensdaten]
294 Preußen276
Ort
›Mohren‹ im deutschen Raum, um 1600 bis ca. 1800 (Fortsetzung)
Tabelle
355
Johann Junkerdink
–
1711
Vor 1773
302 Reuss284
303 Roxel/ Münster285
304 Saarbrücken286
Anonymus (Opimont)
Wilhelm Kurt Hildebrand
Im Hofstaat der Grafen von Reuss »Leibmohr«, Organist in der Roxeler Dorfkirche St. Pantaleon Bediensteter [in bürgerl. Haushalt?] Von einer Auslandsreise mitgebracht von Freiherr Heinrich-Johann Hülshoff
»aus fremden Ländern« –
–
–
–
Partnerin/ Partner
–
Tochter von Hermann Herz, Küster von St. Pantaleon
–
1714 von Kapitän Philipp Walsh – über den preußischen Kommissar in London Wilhelm Fleertmann – –
–
Als Pfeifer für – das Rote Grenadierbataillon gedacht Pfeifer –
–
Migration/Transfer
Maria Barbara Opimont
Mehrere Kinder
–
–
–
–
Kinder
–
[wahrscheinlich katholisch]
Ref., getauft i. d. Garnisonskirche Potsdam am 12. 12. 1722, unter den Paten der preuß. König –
Ref., getauft i. d. Garnisonskirche Potsdam am 12. 12. 1722, unter den Paten der preuß. König –
Religion/Konfession
Ebd., Q 252 (b). Ebd., Q 251 (b). Ebd., Q 252 (b). Rudt de Collenberg, Haus- und Hofmohren des 18. Jahrhunderts, S. 277, ohne Quellenangabe. Adolf Risse, An der Mohren-Orgel zu Roxel. Der Hülshoff-Exote Joh. Junkerdink, in: Zeitungsbeilage »Auf Roter Erde« der Westfälischen Nachrichten, Nr. 32, vom 30. 9. 1961, S. 4; Martin, Schwarze Teufel, edle Mohren, S. 115, Anm. 196 – 197, S. 160, Anm. 502. 286 Martin, Schwarze Teufel, edle Mohren, S. 147, Anm. 414; erwähnt als Vater der 1773 mit Ludwig Copenhagen getrauten Maria Barbara Opimont.
281 282 283 284 285
Anonymus
1722
301 Preußen283
Pompea
1714 [*um 1702]
300 Preußen282
–
Beruf/Position/ Herkunft Stand
Pfeifer Peter Wunderlich
1722
Präsenz belegt Name [ggf. Lebensdaten]
299 Preußen281
Ort
›Mohren‹ im deutschen Raum, um 1600 bis ca. 1800 (Fortsetzung)
356 Tabelle
1652 [um 1600 – 1654]
306 SachsenGotha [Schloss Friedenstein]288
Anonymus
Makana Sellase in der Provinz Amhara [Äthiopien]
–
Im Hofstaat des – Herzogs Friedrich Karl von SchleswigHolsteinSonderburgPlön
Gelehrter Abba Gorgoryos/ Gregorius
Bediensteter Ludwig Copenha- [höfischer gen Kontext]
Beruf/Position/ Herkunft Stand
Kinder
–
– 22. Aug. 1773: Maria Barbara Opimont, »des weyland Opimonts Mohren zu Bermesens (Pirmasens) nachgelassene ehel. ledige Tochter« – –
Partnerin/ Partner
Von Ägypten nach Rom (dort von 1649 – 1652 Aufenthalt), Bekanntschaft mit dem Sprachgelehrten Hiob Ludolf aus Erfurt; kommt auf der Rückreise nach Äthiopien bei einem Schiffbruch vor der Küste von Alexandrette ums Leben – –
»der herrschaftliche Mohr, welcher zu Copenhagen getauft und zu Saarbrücken in unserer evangel. lutherischen Kirche ist konfirmiert worden«
Migration/Transfer
–
Christl.
Ev.-luth.
Religion/Konfession
287 Anonymus, Mohren in der Mark und an der Saar, in: Archiv für Sippenforschung, Bd. 12, 1935, S. 260 – 261, zit. n. Martin, Schwarze Teufel, edle Mohren, S. 147, Anm. 414. Zumindest vor seinem Aufenthalt in Saarbrücken wird Copenhagen bei Adligen gelebt haben bzw. beschäftigt gewesen sein (»herrschaftlich«). 288 Martin, Schwarze Teufel, edle Mohren, S. 93 – 100. 289 Rudt de Collenberg, Haus- und Hofmohren des 18. Jahrhunderts, S. 276; der Autor leitet die Anwesenheit dieses Mannes aus einem Porträt der Herzogsfamilie mit einem Mohrenpagen ab.
307 Schleswig- Um 1759 HolsteinSonderburgPlön289
1773
Präsenz belegt Name [ggf. Lebensdaten]
305 Saarbrücken287
Ort
›Mohren‹ im deutschen Raum, um 1600 bis ca. 1800 (Fortsetzung)
Tabelle
357
1785
1775 – 1787 [um 1741 – 5.9.1787]
310 Schwerin292
311 Schwerin293
290 291 292 293
Im Hofstaat der – Herzogin von Mecklenburg – Anonyma »eine kleine Mohrin« bei Hof Am Hof »Congo in Antoin Africa« Paul Daloux (Dalle)
Steinbruch, Zufallsfund in Kirchenbüchern, S. 7. Steinbruch, Taufe bei der Frau Herzog. Steinbruch, Ein schöner Mohr, S. 11 – 12. Ebd.
Anna Gibson
1786 – 1792
309 Schwerin291
In Diensten der – Familie von BehrNegendanck auf Torgelow
Beruf/Position/ Herkunft Stand
»Mohr Bap zu Torgelow«
Präsenz belegt Name [ggf. Lebensdaten]
308 Schloen 1793 – 1794 [bei Waren, Mecklenburg]290
Ort
›Mohren‹ im deutschen Raum, um 1600 bis ca. 1800 (Fortsetzung)
Als »americanischer Mohr« bezeichnet
Aus Kassel über Leutnant v. Laffert nach Schwerin
1792 von Ludwigslust nach London verzogen
–
Migration/Transfer
4.1.1776: Anna Christina Schwartznau aus Hamburg (1783 verst.) 16. 6. 1784: Magdalena Friederica Scharlotta Müller
–
–
–
Ein Kind mit Kayla [ev.-luth.?, nicht in Daniels, Jüdin aus Ludwigslust getauft] Hohen-Woos, am 18. 4. 1776 getauft auf Catharina Christina Warncke: Jochim Hinrich, *1776; aus 2. Ehe: Bernhardine Caroline, *1. 7. 1784; Friedrich Ludwig, *ca. 1785/86
–
–
1793: Johann Georg – Heinrich Carl Bap (unehel.) 1794: Johann Friedrich August Theodor Bap (unehel.)
1793 erwähnt: Christina Schröders zu Schlön 1794 erwähnt: Catharina Maria Krügers, verehelichte Berg zu Schlön –
Religion/Konfession
Kinder
Partnerin/ Partner
358 Tabelle
294 295 296 297 298
August Kammerlakei Stern Avanturie Am Hof
1769 – 1805 [um 1762 – 1805]
Friedrich »Leibmohr« Ludwig Carl Ulrich Caesar
»auf dem Vorgeburge der guten Hofnung« »Christansborg auf der Küste Guinea in Africa«
–
»Cape de bonne Esperence«
–
Beruf/Position/ Herkunft Stand
Christi- Garderobemädchen ana Traugott 1795 – 19. 12. 1796 Friedrich Am Hof [Todesdatum: Ludwig Suizid?] Abraham
1796 – 1832 [um 1791 – 1832]
1782 [*um 1765/66]
1788 – 1791
Präsenz belegt Name [ggf. Lebensdaten]
Kommt als kleines Kind nach Kopenhagen, später nach Wittenburg, 1769 von Herzogin Louise Friederike von Mecklenburg-Schwerin gekauft
[Bruder von Friedrich Ludwig Ulrich Abraham?, vgl. Nr. 318]
(wegen Spielschulden 1791 entlassen) Mit dem Hauptmann Otto v. Kamptz vom Kap nach Waren, dort entlaufen, danach Herzog Friedrich von MecklenburgSchwerin zum ›Geschenk‹ gemacht –
Migration/Transfer
20. 4. 1790: Maria Stut, Tochter des Brauers Christoph Stut
–
Unverh.
–
–
Partnerin/ Partner
Ev.-luth.
Ev.-luth.
–
–
Religion/Konfession
Friedrich Ludwig Ev.-luth. (später Kastellan am Palais in Schwerin, Nachkommen bis Ende des 19. Jhs. nachweisbar)
–
–
–
–
Kinder
Steinbruch, Taufe bei der Frau Herzog. Steinbruch, Zwei Mohren, S. 8. Avanturie könnte mit einem der beiden Abrahams identisch sein. Ebd. Möglicherweise wurde Christiana Traugott als Tochter der in Steinau bei Hanau getauften Christina Carolina Traugott bereits in Deutschland geboren. Steinbruch, Zwei Mohren, S. 8. Steinbruch, Ein schöner Mohr, S. 11 – 12.
316 Schwerin298
315 Schwerin297
314 Schwerin296
313 Schwerin
295
312 Schwerin294
Ort
›Mohren‹ im deutschen Raum, um 1600 bis ca. 1800 (Fortsetzung)
Tabelle
359
1782/83 – 1794 [um 1765 – 4.9.1794]
1785 – 1788 [*um 1758]
318 Schwerin300
319 Schwerin301
Heinrich Stallbursche (getauft Friedrich Ludwig Heinrichs)
Friedrich Vorreiter Ludwig Ulrich Abraham (sic!)
Friedrich Polierer Ludwig Kämpfer
New York
»Cap de bonne Esperance«
Westindien
Beruf/Position/ Herkunft Stand
–
–
Erhält 1783 einen Reisepass, zieht nach Hannover und England weiter
Migration/Transfer
Kinder
19. 10. 1779: Drei Kinder Louisa Sophia Guttlesch, Tochter eines brandenburg. Jägers, heiratet nach Trennung von Kämpfer neu Drei Kinder 24. 11. 1784: Juliane Dorothea Charlotte Schmelz aus Brandenburg (verheiratet sich nach Abrahams Tod neu mit dem Sprachmeister Franz Conance) – –
Partnerin/ Partner
Ev.-luth., getauft in der Festungskirche zu Dömitz am 19. 10. 1788 (der Vater »ein freyer Moor in Neuyork, annoch ein Heide seiner Profession ein Leinweber«)
Ev.-luth.
Ev.-luth.
Religion/Konfession
299 Steinbruch, Zwei Mohren, S. 8. 300 Ebd. 301 Ebd., Schäfer, Von »Kammermohren«, »Mohren«-Tambouren und »Ost-Indianern«, S. 36, Anm. 23 (der Familienname hier abweichend »Heinrich«), 424, Anm. 289; Familiengeschichtliche Blätter, Deutscher Herold, Auslandsdeutsche Sippenforschung, 34. Jg., 1936, Heft 8, S. 247.
1779 – 1783
Präsenz belegt Name [ggf. Lebensdaten]
317 Schwerin299
Ort
›Mohren‹ im deutschen Raum, um 1600 bis ca. 1800 (Fortsetzung)
360 Tabelle
1785 – 1794
321 Schwerin303
Louis (getauft Friedrich Ludwig Carl Ulrich Georgi)
Im Hofstaat von Herzogin Luise von Mecklenburg
Kleze Am Hof Abraham
Migration/Transfer
[Mutter von Friedrich Ludwig Ulrich und Friedrich Ludwig Abraham?] [Savannah?] [wohl mit den hessischen oder braunschweig. Truppen aus Amerika]
Amerika
Beruf/Position/ Herkunft Stand
Louisa Friederica Charlotta Ulrica (Familienname bei Taufe der Kinder : Gatterer, Gärtner, Görne, Heinrich) [vgl. Nr. 322]
–
Partnerin/ Partner
[neun Kinder, vgl. Louisa Friederica Charlotta Ulrica, Nr. 322]
–
Kinder
302 Steinbruch, Zwei Mohren, S. 8. 303 Steinbruch, Taufe bei der Frau Herzog. Möglicherweise handelt es sich bei diesem Mann um den Tambour Louis aus Kassel (vgl. Nr. 202 in dieser Tabelle).
1803 [um 1729 – 1803]
Präsenz belegt Name [ggf. Lebensdaten]
320 Schwerin302
Ort
›Mohren‹ im deutschen Raum, um 1600 bis ca. 1800 (Fortsetzung)
Ev.-luth., urspr. »aus dem Heydenthum«
Ev.-luth., Begräbnis 1803
Religion/Konfession
Tabelle
361
1777 – 1783
323 Schwerin305
Peter
Am Hof
Louisa Am Hof Friederica Charlotta Ulrica (Mädchenname Gatterer, Gärtner, Görne, Heinrich)
Migration/Transfer
Antillen
Louis, getauft Friedrich Ludwig Carl Ulrich Georgi [vgl. Nr. 321]
Partnerin/ Partner
Über Heinrich Carl von – Schimmelmann zur Herzogin von Mecklenburg (KopenhagenLübeck-Schwerin)
[Savannah?] [wohl mit den hessischen oder braunschweig. Truppen aus Amerika]
Beruf/Position/ Herkunft Stand
Religion/Konfession
Sara Louise: 1787 Ev.-luth., urspr. »aus getauft mit sieben dem Heydenthum« Jahren [vgl. Nr. 324]; (bis 1797 acht weitere Kinder) 1796 ein Kind verst.; Adolph Julius Christian Ludwig: verh. mit Elisabeth Catharina Schneider, wird »Mohr bei den Janitscharen«; Johann Peter Christoph: beginnt Hofmalerausbildung, bricht aus Geldmangel ab, verst. am 23. Okt. 1821 an Wassersucht; Sohn Christian George: wird »Beckenschläger beim Regiment«, nimmt an Feldzügen teil, mind. vier Kinder; Maria Johanna Dorothea: verh. ab 1830 mit dem Konditor Christian Heinrich Kuhr in Ravensbusch (Lübeck), verst. am 20. 2. 1831 [?] nach Geburt eines Kindes an Schwindsucht – –
Kinder
304 Steinbruch, Taufe bei der Frau Herzog. 305 Degn, Die Schimmelmanns im atlantischen Dreieckshandel, S. 114 – 115, Anm. 15; Martin, Schwarze Teufel, edle Mohren, S. 106, 413, Anm. 142.
1785
Präsenz belegt Name [ggf. Lebensdaten]
322 Schwerin304
Ort
›Mohren‹ im deutschen Raum, um 1600 bis ca. 1800 (Fortsetzung)
362 Tabelle
1672
1770 [*um 1750]
1735
327 Steinau bei Hanau309
328 Strelitz310
306 307 308 309 310 311 312
April 1752 – 1754/ Carl 55 Thomas Martiale
Christina Carolina Traugott Anonymus Anonymus
Lorenz Ferdinand Anonymus
Sara Louise
Migration/Transfer
Via Italien nach Stuttgart
[als »Mohren-Sclave« bezeichnet]
»Cuerufino – in Südamerika« Ein »Mohr – aus Chinea in Asia« »Ost Indien« 1763 – 65 als Sklavin nach »West Indien« auf die »Insul Berbice« verkauft – –
Lt. VolksMit ihren Eltern Louis [vgl. zählung von Nr. 321] und Louisa Friederica 1819 »Sav- Charlotta Ulrica [vgl. Nr. 322] annah in Südamerika«
– Im Haushalt des franz. Obristleutnant Stein [kath.] Paukerlehrling, – Ende 1754 entl.
Am Hof
–
–
»bei den Janitscharen«
Am Hof
Beruf/Position/ Herkunft Stand
–
–
–
–
–
–
Handelsmann Marcus
Partnerin/ Partner
–
–
–
–
–
–
1819 Geburt eines Kindes
Kinder
–
[kath.?]
–
1770 getauft
Ev.-luth.
Ev.-luth., getauft am 21. 2. 1787 im Schloss Ludwigslust im Zimmer der Herzogin, 1819 mit 42 Jahren bei Geburt des Kindes in Ludwigslust verst. –
Religion/Konfession
Steinbruch, Taufe bei der Frau Herzog. Steinbruch, Zwei Mohren, S. 8. Schäfer, Von »Kammermohren«, »Mohren«-Tambouren und »Ost-Indianern«, S. 36, Anm. 19. Georg Maldfeld, Eine Negertaufe in Steinau im Jahre 1770, in: Hanauisches Magazin 3, 1923, zit. nach Sadji, »Unverbesserlich ausschweifende« oder »brauchbare Subjekte«, S. 42. Steinbruch, Zwei Mohren, S. 8; diese Person ist nur durch eine Rechnung und ein Porträt des Herzogs Adolf Friedrich II. von Mecklenburg-Strelitz belegt. Firla, Quellen des Landeskirchlichen Archivs Stuttgart, S. 98 – 100. Pfeilsticker (Bearb.), Neues württembergisches Dienerbuch, Bd. I, § 290 – 291.
330 Stuttgart312
329 Stuttgart
1756 [*um 1744]
1821 [um 1785 – 1821]
325 Schwerin [Ludwigslust]307 326 Speyer308
311
1785 – 1819 [um 1783 – 4.10.1819]
Präsenz belegt Name [ggf. Lebensdaten]
324 Schwerin306
Ort
›Mohren‹ im deutschen Raum, um 1600 bis ca. 1800 (Fortsetzung)
Tabelle
363
1754 – 1755
Juni 1751 – Jan. 1756 [am 23. 1. 1756 verst.] 1657 – 1674 [um 1643–nach 1674]
Aug. 1784– Okt. 1785 [entlassen]
332 Stuttgart314
333 Stuttgart315
335 Stuttgart317
313 314 315 316 317
Colom¦
Hoflakai
–
»Königreich Guinea in Africa« [vermutlich aus der Grenzregion des heutigen Angola/ Zare
– PaukerLehrling, Ende 1754 entl. Am Hof –
Christian Trompeter Real [Lehre 1666 – 1668] am Stuttgarter Hof
Carl Wilhelm Anton Christian Andreä
– Carl von »KammerCommani mohr«, Bereiter, GardeStallmeister
Beruf/Position/ Herkunft Stand
Partnerin/ Partner
–
Als kleines Kind von Afrikanern – geraubt, an Portugiesen, dann an Niederländer verkauft; über Joß Kramer und die Schwedische Afrikanische Kompanie und Stade nach Lindau, dort dem Juristen und Diplomaten Valentin Heider geschenkt, der ihn 1657 Herzog Eberhard III. von Württemberg schenkt – –
–
Tritt nach dem Tod Herzog Carl – Alexanders 1737 als Bereiter in die Dienste Fürst Carl August Friedrichs von Waldeck, Teilnahme an Feldzügen in Ungarn; kehrt 1744 nach Stuttgart zurück, erhält lebenslang Pension – –
Migration/Transfer
–
–
–
–
–
Kinder
–
Ev.-luth., getauft am 17. 5. 1657
–
–
Ev.-luth.
Religion/Konfession
Ebd., § 290; Firla, Quellen des Landeskirchlichen Archivs Stuttgart, S. 92. Pfeilsticker (Bearb.), Neues württembergisches Dienerbuch, Bd. I, § 290 – 291. Ebd., § 289. Ebd., § 290, § 426. Am Stuttgarter Hof wird 1703 ein weiterer, anonymer »Pauker-Mohre« bei den Dragonern genannt, vgl. dazu Firla, Afrikanische Pauker und Trompeter, S. 27. Pfeilsticker (Bearb.), Neues württembergisches Dienerbuch, Bd. I, § 290.
334 Stuttgart316
1723 – 1736 u. 1744 – 1757 [um 1694 – 1757]
Präsenz belegt Name [ggf. Lebensdaten]
331 Stuttgart313
Ort
›Mohren‹ im deutschen Raum, um 1600 bis ca. 1800 (Fortsetzung)
364 Tabelle
1715 – 1748 [um 1704 – 1748]
1747 – 1782 [um 1709 – 1782]
337 Stuttgart319
338 Stuttgart320
– Trompeter [Lehre 1720 – 1722], seit 1730 Pauker bei der Garde, seit 1732 halbe Stelle als Hoftrompeter [nach Lossprechung Trompeter bei der Garde du Corps] Eberhard 1715: »kleiner – Wilhelm KammermohrPauker« [Lehre 1718 – 1721], Kirchenmusiker, Pauker-Meister : Erhält 1747 Louis Alphonso de la CariÀre zum Lehrling, der 1749 freigesprochen wird – FranÅois »Leib- und Hoflakai« bzw. Andr¦ (Andres, »Hofmohr« Andris)
Dominicus Joseph Deacosta
Beruf/Position/ Herkunft Stand
318 Ebd., § 290. 319 Ebd., § 291; Firla, Afrikanische Pauker und Trompeter, S. 31 – 34. 320 Pfeilsticker (Bearb.), Neues württembergisches Dienerbuch, Bd. I, § 289.
1717 – 1733/34
Präsenz belegt Name [ggf. Lebensdaten]
336 Stuttgart318
Ort
›Mohren‹ im deutschen Raum, um 1600 bis ca. 1800 (Fortsetzung)
Holland
–
–
Migration/Transfer
verh.
Religion/Konfession
–
[wahrsch. ev.-luth.]
[ev.-luth.?], wird 1727 als Pate eines Sohns des Trompeters Dominico genannt
Joseph Dominicus Ev.-luth. Hermann, *1721 (unehel., Mutter : Euphrosyna Hermann); aus der Ehe mit Sibylla Margaretha Lehmann: Friedrich Dominicus Wilhelm, *1727
Kinder
– 1748 wird eine Witwe Eberhard Wilhelms genannt
9.5.1724: Sibylla Margaretha Lehmann, Tochter eines Feldmessers
Partnerin/ Partner
Tabelle
365
Sept. 1752 – 1754/ Jean 55 Baptista
Mai 1699 – Mai 1703
1762 – 1773
342 Stuttgart324
343 Stuttgart325
344 Stuttgart326
321 322 323 324 325 326
»Kammermohr«
–
Pauker– Lehrling, Ende 1754 entl. Am Hof –
–
–
Partnerin/ Partner
–
[nimmt 1766 – 1767 an der Reise Katharina Herzog Carl Eugens nach Dorothea, Venedig teil] *Wirthin von Stammheim, evangelisch, aus Schwaben
–
– 1759 von dem Hufschmied Johann Jakob Dreuzler in Surinam für 150 Gulden gekauft und 1767 als ›Geschenk‹ an den Stuttgarter Hof gekommen Via Italien nach Stuttgart (»mit – guten Gezeugnüßen«)
»als kleines Kind durch die Holländer weggenommen worden«
–
Migration/Transfer
–
–
–
–
–
–
Kinder
Ebd., § 290. Firla, Quellen des Landeskirchlichen Archivs Stuttgart, S. 91. Pfeilsticker (Bearb.), Neues württembergisches Dienerbuch, Bd. I, § 289; Firla, Quellen des Landeskirchlichen Archivs Stuttgart, S. 100 – 105. Pfeilsticker (Bearb.), Neues württembergisches Dienerbuch, Bd. I, § 290 – 291. Ebd., § 289. Ebd., § 289; Firla, Quellen des Landeskirchlichen Archivs Stuttgart, S. 104.
Johann Kaspar Aly/Ahle Joseppo Pietro delli Santo Belli
1764 – 1767 [1751/ Heinrich 52 – nach 1767]
»ein asiatischer Mohr von Masulipatna an der Cüste Coromandel« [Südindien] »kleiner Mohr« Surinam
–
Beruf/Position/ Herkunft Stand
Frederic Am Hof Fagoa Friedrich Bürgerl. Eberhard Haushalt
341 Stuttgart323
340 Stuttgart
322
Apr. 1770 – Febr. 1773 1713
Präsenz belegt Name [ggf. Lebensdaten]
339 Stuttgart321
Ort
›Mohren‹ im deutschen Raum, um 1600 bis ca. 1800 (Fortsetzung)
Kath.
–
–
[wahrsch. ev.-luth.]
Ev.-luth. (Taufeintrag Stiftskirche Stuttgart, 18. 3. 1713)
–
Religion/Konfession
366 Tabelle
Leopold Agage
Trompeter bei – der herzoglichen Garde zu Pferd
Beruf/Position/ Herkunft Stand –
Migration/Transfer
Partnerin/ Partner
Kinder
4.2.1767: – Elisabetha Catharina, Witwe des Korporals Jacob Jäußler Zunächst Madagaskar [wahrsch. über die Niederlande] 1724: eine Ludwig – 1712 – 1726 Wilhelm Kammerjunge, Seidenstickerin [um 1701–nach Weiss dann Pauker 1726] (auch [erh. 1726 den Louis) Abschied] – – Witwe 1737 am – Feb. 1733 – Nikola In Prinz WürttembergiDez. 1737 August Alexanders Diensten schen Hof Asperg erwähnt – – – – März 1798 – 1805/ Olivier Leiblakai, ab 06 Juni 1801 »Kammermohr« – – Witwe erwähnt am – Reichardt Am Hof Dez. 1703 – Juli (Riccard) 1708 19. 7. 1708 Hommes [vor 19. 7. 1708 verst.] 1744 – 1784 Thomas »Hofmohr« – – Verh. – [um 1699 – 1784] Alphonsus
Feb. – Dez. 1767
Präsenz belegt Name [ggf. Lebensdaten]
[wahrsch. ev.-luth.]
–
–
–
Ev.-luth., getauft in Stuttgart am 30. 6. 1730
Ev.-luth.
Religion/Konfession
327 Firla, Quellen des Landeskirchlichen Archivs Stuttgart, S. 91 328 Pfeilsticker (Bearb.), Neues württembergisches Dienerbuch, Bd. I, § 290; Firla, Afrikanische Pauker und Trompeter, S. 28 – 30; Firla, Quellen des Landeskirchlichen Archivs Stuttgart, S. 91 – 92. 329 Pfeilsticker (Bearb.), Neues württembergisches Dienerbuch, Bd. I, § 289; Firla, Quellen des Landeskirchlichen Archivs Stuttgart, S. 94. 330 Pfeilsticker (Bearb.), Neues württembergisches Dienerbuch, Bd. I, § 290; möglicherweise identisch mit dem Kammermohr gleichen Namens in Kassel (dort von 1783 – 1786 belegt, vgl. Nr. 210 in der Tabelle), vgl. Schäfer, Von »Kammermohren«, »Mohren«-Tambouren und »Ost-Indianern«, S. 40. 331 Pfeilsticker (Bearb.), Neues württembergisches Dienerbuch, Bd. I, § 290. 332 Ebd., § 289.
350 Stuttgart332
349 Stuttgart331
348 Stuttgart330
347 Stuttgart329
346 Stuttgart328
345 Stuttgart327
Ort
›Mohren‹ im deutschen Raum, um 1600 bis ca. 1800 (Fortsetzung)
Tabelle
367
1761
355 Sylt337
Pauker [Lehre seit 1666/67]
»Kammermohr«
Hoflakai
Jan Deo
–
– »Seemann« genannt, getauft Simon Jansen (*um 1749 oder 1750)
Thomas Richard Wilhelm Samson/ Damson/ Tamson Eberhard Christoph
–
»an der Küste Guinea in Dellemina«
Afrika
–
–
Beruf/Position/ Herkunft Stand –
Kinder
[wahrsch. ev.-luth.]
Religion/Konfession
–
–
6.9.1718: Maria Ev.-luth. ein Kind vor der Barbara Härle aus Ehe, *1717; Ludwig Effingen Friedrich, *Sept. 1718 Maria Jakobina, Christiana Charlotte Ev.-luth. verwitwet Eleonora, *1678 spätestens seit 12. 5. 1684 [keine Angabe zur Herkunft] – – Ev.-luth.
–
Partnerin/ Partner
Im Sept. 1757 mit 300 anderen Sklaven von »Provincial Commandant Hinrich Woortmann an Cap Simon Cornelis von Se[e]land verkauft«, von diesem im Jan. 1758 »auf öffenlicher auctroi zu Surinam in America an […] Cap Jan Michelsen d. Jung« verkauft, von diesem im Mai 1759 nach Amsterdam gebracht und im Nov. 1759 nach Morsum gesendet Aus Amsterdam nach Timnum – auf Sylt, wahrsch. im Frühjahr 1761 zurück nach Amsterdam
Über England nach Württemberg, 1721 Pate eines Sohnes von Deacosta [vgl. Nr. 336] 1657/58 bis 1674 am Stuttgarter Hof, danach in Bayreuth; Pauker-Lehre seit 1666/67; zw. 1674 und 1678 nicht belegt
–
Migration/Transfer
Ebd., § 290. Ebd.; Firla, Quellen des Landeskirchlichen Archivs Stuttgart, S. 92; Firla, Samuel Urlsperger und zwei ›Mohren‹, S. 89 – 96. Pfeilsticker (Bearb.), Neues württembergisches Dienerbuch, Bd. 1, § 290; Kiel, Zwischen Integration und Sensation, S. 9 – 11. Krüger, »Hierbey Een Swarte Jong«, S. 83 – 84. Ebd.
Nov. 1759 – März 1766
354 Sylt336
333 334 335 336 337
1656/57 – 1678 [vor Mai 1684 verst.]
1715 – 1722
1781 – 1802/03
Präsenz belegt Name [ggf. Lebensdaten]
353 Stuttgart und Bayreuth335
352 Stuttgart
334
351 Stuttgart333
Ort
›Mohren‹ im deutschen Raum, um 1600 bis ca. 1800 (Fortsetzung)
368 Tabelle
1792 – 1811 Francois [*um 1769 – 20. 5. Leveill¦ 1811]
Bediensteter am – Hof des Herzogs von SachsenWeimar-Eisenach, jedoch zunächst in Diensten des Premierministers Graf v. Brünau Bediensteter Insel am Weimarer MocambiHof que im Indischen Ozean
Anonymus –
Von einem Lübecker Kaufmann geschenkt, aber zwei Jahre später wieder an ihn zurückgeschickt, weil auch Graf v. Brünau keine Verwendung für ihn hatte und ihn »ie eher ie lieber, wieder loß zu werden wünschte« (Abfindung 84 Rthl. + Reisekosten) Unbekannt, erstmals 1792 im Gefolge des Herzogs Carl August v. Sachsen-Weimar-Eisenach (1787 – 1794 Chef des 6. preußischen Kürassier-Reg.), während des FrankreichFeldzugs (nach Aschersleben) –
–
Kinder
–
–
Religion/Konfession
7.7.1795: Johanna Aus 1. Ehe: Kath. Sophia Magdalena 13. 7. 1796 Carl Schmidt, Tochter Friedrich Wilhelm des Bürgers und Franz Leveill¦ Schneidermeisters (verst. an der »Engl. Krankheit« am 25. 3. Georg Werner Schmidt zu Wei- 1798) mar, später auch [zwei Kinder aus 2. Mitnachbar und Ehe, vgl. Maria Besitzer des Gast- Göckel, Nr. 360] hofes zu Mattstedt; 15. 9. 1804 Maria Göckel (Knotin) aus »Demerari in Westindien«, angenommene Tochter von Adelheida Knotin, geb. Göckel [vgl. Nr. 360]
–
Partnerin/ Partner
–
Migration/Transfer
338 Degn, Die Schimmelmanns im atlantischen Dreieckshandel, S. 115. 339 Alexander Niemann, Ein Mohr am Weimarer Hof der Goethezeit. Nachkommen, Herkunft der Ehefrauen, familiäres und soziales Umfeld, in: Genealogisches Jahrbuch 33/34, 1993/94, S. 57 – 90, hier S. 58 f.; Häberlein, »Mohren«, ständische Gesellschaft und atlantische Welt, S. 90 – 91. 340 Niemann, Ein Mohr am Weimarer Hof der Goethezeit, S. 68 – 72; Häberlein, »Mohren«, ständische Gesellschaft und atlantische Welt, S. 97.
358 Weimar340
Portier
Antillen
Beruf/Position/ Herkunft Stand
Peter
Präsenz belegt Name [ggf. Lebensdaten]
356 Wandsbek338 1770er-/1780erJahre 357 Weimar339 1756 – 1758
Ort
›Mohren‹ im deutschen Raum, um 1600 bis ca. 1800 (Fortsetzung)
Tabelle
369
1804 [*1785]
360 Weimar342
364 Wittmund346 1751 – kurz vor 1756
»Magd«
Bei einem Baron Nagel Hebamme in der Gemeinde St. Dionys –
–
St. Thomas
St. Thomas
–
–
Mit dem ehemaligen Zuckerrohrpflanzer Heyke Specht von St. Thomas nach Wittmund Mit dem ehemaligen Zuckerrohrpflanzer Heyke Specht von St. Thomas nach Wittmund, kurz vor 1756 nach St. Thomas zurück
–
–
–
–
–
–
15. 9. 1804: Francois Leveill¦ [vgl. Nr. 358]
–
Partnerin/ Partner -
Religion/Konfession
Carl
–
–
(stirbt bald nach Ankunft, kein Sterbeeintrag im Kirchenbuch) –
–
Wilhelmina Eleonora [kath.?] Friederica Leveill¦, *3. 4. 1806, verst. am 12. 6. 1831 in Weimar im Alter von 25 J. an Wassersucht; Ludwig Carl August Leveill¦, *3. 12. 1809 – –
–
Kinder
Niemann, Ein Mohr am Weimarer Hof der Goethezeit, S. 58. Ebd., S. 68 – 72; Häberlein, »Mohren«, ständische Gesellschaft und atlantische Welt, S. 97. Rudt de Collenberg, Haus- und Hofmohren des 18. Jahrhunderts, S. 277, ohne Quellenangabe. H. Denecke, Aus dem Leben der Herzogin Dorothea von Braunschweig-Lüneburg. Wie die Herzogin Dorothea von Celle nach Winsen a. d. Luhe kam, in: Heimatglocken (Beilage zum Winsener Anzeiger), Nr. 231, Winsen 1931; Jürgen-Peter Ravens, Herzogin Dorothea, in: 750 Jahre St. Marien zu Winsen an der Luhe, Heimat- und Museumsverein Winsen (Luhe) und Umgebung (Dr. J. P. Ravens) (Hrsg.), (Winsener Schriften Bd. 3) Winsen an der Luhe 1983, S. 58, beide Titel zit. nach: Martin, Schwarze Teufel, edle Mohren, S. 161, Anm. 504. 345 StA Oldenburg, Rep. 262 – 4 Nr. 5864: »Erinnerungen an Heyke Specht, aufgezeichnet von dem ihn beerbenden angeheirateten Neffen Heinrich Conrad Wolff in Wittmund«. 346 Ebd.
Lydia
363 Wittmund345 1751
341 342 343 344
Carl
362 Winsen a. d. Vor 1638 Luhe344
Maria Göckel (Knotin)
Migration/Transfer
Ausbildung beim Hof- und Heerpauker Andreas Nickol auf Kosten der Kammer »Demerari Unehel. Tochter eines aus in Eisenach stammenden Westindien« Chirurgen, Dr. Göckel, und einer [Goyana, Afro-Amerikanerin, Südamerika] angenommene Tochter von Adelheida Knotin, geb. Göckel
–
Beruf/Position/ Herkunft Stand
Hannibal PaukerLehrling
Anonymus Christina Dorothea
361 Westfalen343 –
1733
Präsenz belegt Name [ggf. Lebensdaten]
359 Weimar341
Ort
›Mohren‹ im deutschen Raum, um 1600 bis ca. 1800 (Fortsetzung)
370 Tabelle
1684
1726 [Todesjahr]
366 Wolfenbüttel348
367 Wolfenbüttel349 368 Wolfenbüttel350 369 Wolfenbüttel351
Kittel, Mohren als Hofbediente und Soldaten, S. 79. Ebd., S. 80. Ebd., S. 87. Ebd., S. 79 – 80. Ebd., S. 85 – 86; sowie Martin u. a. Kittel, Mohren als Hofbediente und Soldaten, S. 79. Ebd.
1662 – 1668
371 Wolfenbüttel353
347 348 349 350 351 352 353
1653
370 Wolfenbüttel352 –
–
Nzema [heute Republik Ghana]
»kleiner Mohr« – bei Hof Am Hof –
– Bediensteter [»von Hertzog Anthon Ulrichs Hofe«] Trompeter –
Beruf/Position/ Herkunft Stand
1716/17 u. 1720/21: Kammermohr ; danach Studium, Magister, Privatdozent für Philosophie Augustus Diener bei Hof [bei Rudolf August] Augustus »Balbier« [bei (sic!) Anton Ulrich]
Anonymus Anton
Anonymus
Anonymus
1707/8 – nach 1753 Anton [*um 1700] Wilhelm Amo
1677
1668
Präsenz belegt Name [ggf. Lebensdaten]
365 Wolfenbüttel347
Ort
›Mohren‹ im deutschen Raum, um 1600 bis ca. 1800 (Fortsetzung)
–
–
–
Unverh.
Überfahrt wahrsch. mit der Niederländisch-Westindischen Kompanie; als ›Geschenk‹ aus Amsterdam
–
–
–
–
–
Partnerin/ Partner
–
–
–
–
Migration/Transfer
–
–
–
–
–
–
–
Kinder
Ev.-luth.
Ev.-luth.
Ev.-luth.
Ev.-luth.
[nicht getauft oder ev.-luth.?: »in der Stille« beigesetzt] Ev.-luth.
[ev.-luth.?]
Religion/Konfession
Tabelle
371
1757
1721 – 1733
374 Wolfenbüttel356
375 Wolfenbüttel357
Karl Ferdinand Matthias Jubat
Juliana Rosina
Gottlieb Detlev
»des Erbprinzen kleiner Mohr« Pauker
Am Hof
–
–
–
Kammerdiener, – Trompeter [bei Ludwig Rudolf]
Beruf/Position/ Herkunft Stand
Ebd., S. 86; Martin, Schwarze Teufel, edle Mohren, S. 141, Anm. 372. Kittel, Mohren als Hofbediente und Soldaten, S. 80 – 82. Ebd., S. 87. Ebd.
1685 – 1742
373 Wolfenbüttel355
354 355 356 357
1712 – 1715
Präsenz belegt Name [ggf. Lebensdaten]
372 Wolfenbüttel354
Ort
›Mohren‹ im deutschen Raum, um 1600 bis ca. 1800 (Fortsetzung)
–
Anna Elisabeth Curland, Tochter eines Wolfenbütteler Bürgers und Einnehmers, Bedienstete bei Christine Luise Rudolf August Mohr [vgl. Nr. 377]
Partnerin/ Partner
(wohnt in »Betmeisters Haus« in – Wolfenbüttel)
–
Über Kopenhagen als ›Geschenk‹
(wohnt in der Nähe der Hagenbrücke bei einem Goldschmied)
Migration/Transfer
Religion/Konfession
Drei Söhne, sechs Ev.-luth. Töchter, von diesen leben nach 1725 noch : Anton Wilhelm, 1705 – 1754 (Kammerdienerin Wolfenbüttel); Sophie Henriette, 1708–nach 1723 – Ev.-luth., Nottaufe am 13. 9. 1757 im Alter von 14 Jahren – Ev.-luth.
Zwei Töchter Ev.-luth. versterben früh, mind. eine von ihnen wird um 1713 getauft
Kinder
372 Tabelle
1684 – 1725
1695 [Todesjahr]
–
377 Wolfenbüttel359
378 Wolfenbüttel360
379 Zerbst361
Kammermohr [in den Diensten der Herzöge Anton Ulrich und Ludwig Rudolf]
Christian Am Hof Carl
Migration/Transfer
–
–
–
Kauf (Freikauf ?) von einem Händler auf der Leipziger Ostermesse Möglicherweise ›Geschenk‹ der Kurfürsten von Hannover
»auß Asien, Wahrscheinlich als ›Geschenk‹ auß des [aus Bayreuth?, vgl. Malabar, Großmoguls Nr. 40] Reiche, von der Küste Cormandel« in Indien
Kammerdiener – Rudolf August Mohr – Sophie Am Hof Dorothea [wahrsch. Sophie Amalies] Anony– – mus
Rudolf August Malabar
Beruf/Position/ Herkunft Stand
Religion/Konfession
Ev.-ref., getauft am 14. 4. 1696
[wohl getauft, da verheiratet]
Fünf Kinder, von Ev.-luth. denen zwei erwachsen werden: Augusta Ludovica Amalia, 1715 – 1748 (weitere Nachfahren); August Ferdinand Moritz, 1721 – vor 1781 [neun Kinder, vgl. Ev.-luth. Juliana Rosina, Nr. 373] – [ev.-luth.]
Kinder
Heiratet »des ge- – wesenen Tagelöhners in Zerbst, weil. George Johann Hofmanns hinterl. Tochter« – –
–
Juliana Rosina [vgl. Nr. 373]
5.4.1712: Dorothea Elisabeth Baxmann, Schustertochter aus Braunschweig
Partnerin/ Partner
358 Ebd., S. 82 – 84; Sadji, »Unverbesserlich ausschweifende« oder »brauchbare Subjekte«, S. 42. Malabar ist möglicherweise identisch mit dem von 1708 – 1712/13 (übergangsweise?) am Bayreuther Hof lebenden Kammermohren Malabar. 359 Kittel, Mohren als Hofbediente und Soldaten, S. 80 – 82. 360 Ebd., S. 84. 361 Martin, Schwarze Teufel, edle Mohren, S. 148, Anm. 426. 362 Schäfer, Von »Kammermohren«, »Mohren«-Tambouren und »Ost-Indianern«, S. 39; dieser ist von jenem Christian Carl in Kassel zu unterscheiden, der am 27. 4. 1713 getauft wurde und dessen Vater ein Mohr namens Carl, möglicherweise der hier Genannte war. Schäfer vermutet in dem 1713 Getauften einen Enkel von Christian Carl Apintinus, vgl. ebd., Anm. 46; vgl. auch den Eintrag Nr. 156 in dieser Tabelle.
380 Zwesten bei 1696 Kassel362
1690 – 1738
Präsenz belegt Name [ggf. Lebensdaten]
376 Wolfenbüttel358
Ort
›Mohren‹ im deutschen Raum, um 1600 bis ca. 1800 (Fortsetzung)
Tabelle
373