Pressewesen der Aufklärung: Periodische Schriften im Alten Reich 9783050055800, 9783050036342

Die europäische Aufklärungsforschung erfuhr als interdisziplinäres Interessenfeld in den letzten Jahren große Beachtung

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Pressewesen der Aufklärung: Periodische Schriften im Alten Reich
 9783050055800, 9783050036342

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Sabine Doering-Manteuffel, Josef Mancal, Wolfgang Wüst (Hg.) Pressewesen der Aufklärung Periodische Schriften im Alten Reich

Institut für Europäische Kulturgeschichte der Universität Augsburg Colloquia Augustana Herausgegeben von Johannes Burkhardt und Theo Stammen

Band 15

Pressewesen der Aufklärung Periodische Schriften im Alten Reich

Herausgegeben von Sabine Doering-Manteuffel, Josef Mancal, Wolfgang Wüst Redaktion: Theresia Hörmann und Judith Holuba

Akademie Verlag

Gedruckt mit Unterstützung des Bezirks Schwaben, des Stadtarchivs Augsburg, der Stadt Augsburg und des Historischen Vereins für Schwaben.

Die Deutsche Bibliothek - C I P - E i n h e i t s a u f n a h m e Ein Titeldatensatz f ü r diese Publikation ist bei Der Deutschen Bibliothek erhältlich. ISBN 3-05-003634-6

ISSN 0946-9044 © Akademie Verlag G m b H , Berlin 2001 Das eingesetzte Papier ist alterungsbeständig nach DIN/ISO 9706. Alle Rechte, insbesondere die der Übersetzung in andere Sprachen, vorbehalten. Kein Teil dieses Buches darf ohne schriftliche Genehmigung des Verlages in irgendeiner Form - durch Photokopie, Mikroverfilmung oder irgendein anderes Verfahren - reproduziert oder in eine von Maschinen, insbesondere von Datenverarbeitungsmaschinen, verwendbare Sprache übertragen oder übersetzt werden. Einbandgestaltung: Jochen Baltzer, Berlin Druck: Druckhaus „Thomas Müntzer", Bad Langensalza Bindung: Norbert Klotz, Jettingen-Scheppach Printed in the Federal Republic of Germany

Vorwort Der vorliegende Band ist das Ergebnis einer interdisziplinären Tagung zum Thema „Pressewesen der Aufklärung. Periodische Schriften im Alten Reich", die vom 7. - 9. April 2000 in Augsburg stattfand. Veranstalter waren das Institut fur Europäische Kulturgeschichte, das Stadtarchiv Augsburg und das Fach Volkskunde an der Universität Augsburg. Die Tagung setzte vor allem bei der Erforschung der Periodika (Intelligenzblätter) im 18./19. Jahrhundert ihre Schwerpunkte, da diese im Gegensatz zu Zeitungen und Zeitschriften noch weitgehend unerforscht sind. Dieses Ergebnis war um so erstaunlicher, da doch gerade diese Quellen einen unmittelbaren Einblick in die Informationskultur und Mediengeschichte der Frühen Neuzeit geben können. Als Herausgeber fühlen wir uns vielen Personen und Institutionen zu aufrichtigem Dank verpflichtet. Er richtet sich an Herrn Prof. Dr. Dr. h.c. (Osijek) Gunther Gottlieb, an den Kulturreferenten der Stadt Augsburg, Herrn Ekkehard Gesler, Frau Prof. Dr. Sabine Wienker-Piepho, die Vertreterin des Lehrstuhls für Europäische Kulturgeschichte im Sommersemester 2000, sowie an die Mitarbeiter des Stadtarchivs und des Mozarthauses, in erster Stelle Herrn Karl Rosengart für die Organisation. Für die hervorragende Organisation der Tagung haben wir Frau Dr. Anke Sczesny zu danken. Frau Theresia Hörmann M.A. übernahm die redaktionelle Bearbeitung der Beiträge mit größter Sorgfalt und Kompetenz. Unterstützt wurde sie beim Lesen der Korrekturen von Claudia Schneider, Wolfgang Dipp (beide Augsburg) und Nicola Schümann (Erlangen). Für die Schlußredaktion war Frau Dr. Judith Holuba verantwortlich. Dem Akademie-Verlag und insbesondere dem zuständigen Lektor, Herrn Manfred Karras, gilt schließlich unser Dank für die angenehme und bewährte Zusammenarbeit. Nicht zuletzt haben die Autoren und Autorinnen durch die zügige Abgabe ihrer Manuskripte zur raschen Veröffentlichung des vorliegenden Bandes beigetragen. Die Veranstaltung wurde großzügig von der Deutschen Forschungsgemeinschaft, der Universität Augsburg und dem Stadtarchiv finanziell unterstützt. Druckkostenzuschüsse für diesen Tagungsband gewährten der Bezirk Schwaben, die Stadt Augsburg und der Historische Verein für Schwaben; besonders dafür sind wir sehr dankbar.

Augsburg, im Mai 2001

Die Herausgeber

Inhaltsverzeichnis Einleitung Sabine Doering-Manteuffel, Josef Mancal, Wolfgang Wüst

Pressewesen der Aufklärung Aufklärung - Staat - Öffentliche Meinung oder: Die Räson des Räsonnements Wolfgang E. J. Weber Pressewesen und Aufklärung - Intelligenzblätter und Volksaufklärer Holger Böning Pulverisierter Empirismus. Wissensdiskurse in Intelligenzblättern Thomas Kempf Verselbständigung und Perspektive: der gegenwärtige Stand der Intelligenzblatt-Forschung Gerhardt Petrat Magazine für alle Gattungen der menschlichen Bedürfnisse. Intelligenzblätter in Sachsen und Thüringen Werner Greiling

Intelligenzwesen im Vergleich: Regionen, Hanse und Residenzstädte

Das Intelligenzwesen in Hamburg und Altona Astrid Blome

Sozialdisziplinierung, Lektüre und gesellschaftliche Erfahrung im Vergleich. Das Intelligenzblatt und die ,Lippischen Intelligenzblätter' (1767-1799) Friedrich Huneke

209

Rheinische Intelligenzblätter des 18. Jahrhunderts Ulrich Hagenah

245

Die Neue Welt im regionalen Horizont: Amerikabilder im hannoverischen Magazin', 1750-1789 Volker Depkat

269

Die Karlsruher und Bruchsaler Wochenblätter des 18. Jahrhunderts als , öffentliche Policeyanstalt' Lothar Schilling

295

Intelligenzwesen in der Reichsstadt Augsburg. Fallstudien Johann Andreas Erdmann Maschenbauer, sein Augsburger IntelligenzZettel und der Buchmarkt in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts Η ans-Jörg Künast Reichsstädtische Traditionen in der Aufklärung. Zur Funktion Augsburger Intelligenzblätter Wolf gang Wüst

337

357

Der ,Bürger' im Spiegel des ,Augsburger Intelligenzzettels' Thomas M. Safley

381

Zu Musik und Aspekten des Musikmarkts des 18. Jahrhunderts im Spiegel des Augsburger Intelligenz-Zettels Josef Mancal

391

Kunst im Spiegel der Augsburger Intelligenzzettel Gode Krämer

433

Am meisten aber nehme ich die Naturlehre in ihrem weitesten Umfange mit [...]. Zur Präsenz der Naturwissenschaften im ,Augsburgischen Intelligenz-Zettel' Oliver Hochadel

445

Astronomie im Spiegel des Augsburger Intelligenzzettels Karl-August Keil

467

Die Aberglaubenskritik im Augsburger Intelligenzzettel Nicole Stieb Der , Augsburgische Intelligenz-Zettel als populärmedizinischer Ratgeber zu Fragen der Prävention und Selbstbehandlung von Krankheiten Ulrike Große

517

Auswahlbibliographie

537

Index der Orts- und Personennamen

545

Abbildungsverzeichnis

559

Abkürzungsverzeichnis

561

Verzeichnis der Autorinnen und Autoren

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Einleitung Sabine Doering-Manteuffel, Josef Mancal, Wolfgang Wüst

Die europäische Aufklärungsforschung erfuhr als interdisziplinäres Interessenfeld in den letzten Jahren große Beachtung - das funktionsfähige Pressewesen dieser Epoche steht jedoch bis heute im Schatten der Mediengeschichte der Reformationszeit bzw. der ,klassischen' Lesestoff- und Leserforschung des 19. Jahrhunderts. Dies mag zum einen darin begründet sein, daß die Kommunikations- und Publizistikwissenschaft eine relativ junge akademische Disziplin ist. Ihre Ursprünge gehen auf das von Max Weber unter der Prämisse soziologischer Zeitungsforschung geforderte Institut für Zeitungskunde zurück, das schließlich in Leipzig 1916 eingerichtet wurde. Zum anderen lag und liegt der Medienmarkt an einer Schnittstelle zwischen Fachdisziplinen mit der Konsequenz, daß das Thema z.B. auch von Historikern lange marginalisiert wurde. Unser keineswegs hinreichender Wissensstand über die Printmedien des 18. Jahrhunderts im allgemeinen gilt insbesondere für die deutschen Intelligenzblätter. Die neue Gattung steht im Blickpunkt unseres Bandes. Die Erfolgsgeschichte der Intelligenzblätter begann im Frankreich des 17. Jahrhunderts, als 1612 in Paris von dem Arzt Theophraste Renaudot ein Annoncenbüro eröffnet wurde, das sich als Informationsbörse fur alle Art von Käufen, Verkäufen, offenen Stellen, Reiseangelegenheiten und Angeboten anderer Art etablierte. Ab 1639 wurden sie als ,Feuille d'avis du bureau d'adresse' periodisch herausgegeben, in die jedermann gegen Entgelt Einsicht (intellegere) nehmen konnte. Die Errichtung von Anzeigenbüros zum Nachrichtenaustausch dehnte sich rasch aus und fand Nachahmung in der Schweiz, in England und im Hl. Römischen Reich Deutscher Nation. Das erste Intelligenzblatt in deutschsprachigen Gebieten wurde am 1. Januar 1722 in Frankfurt am Main herausgegeben. Die Intelligenzblätter wurden bald zu einem der wichtigsten Organe zur Verbreitung und Förderung der Volksaufklärung. Friedrich Huneke' verzeichnet 188 Grün-

Friedrich Huneke: Die „Lippischen Intelligenzblätter" (Lemgo 1767-1799). Lektüre und gesellschaftliche Erfahrung. Mit einem Vorwort von Neithard Bulst (Forum Lemgo, Schriften zur Stadtgeschichte, Heft 4). Bielefeld 1989. S. 202-240.

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Sabine Doering-Manteuffel,

Josef Mancal, Wolfgang Wüst

düngen an 166 Orten, Holger Böning2 schätzt ihre Zahl auf mindestens 220 im deutschsprachigen Raum. Noch während der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts erschienen in vielen deutschen Städten Intelligenzblätter, doch wandelte sich jetzt ihr Charakter. In Thüringen wurden sie in offizielle Regierungsblätter umgewandelt, in Württemberg gelten sie als Vorläufer zur politischen Lokalzeitung. Die Nachzeichnung der Übergänge, der Kontinuitäten und der Brüche zwischen den Intelligenzblättern der Aufklärungszeit, den Amtsblättern des 19. Jahrhunderts und den Regionalzeitungen wird nicht generell erfolgen können, sondern bleibt Aufgabe mikrohistorischer Analysen. Die Einbindung der Intelligenz' in den Wissensdiskurs der Zeit schafft eine vergleichende Ebene mit makrohistorischen Perspektiven. Gerhardt Petrat beschrieb 1987 in seinem wegweisenden Aufsatz3 das Intelligenzblatt als ein Pressekonzept, das sich nicht auf einen einzigen Erscheinungstypus begrenzen läßt, sondern dessen Prozessualität es in jeweils näher zu bestimmenden gesellschaftlichen Durchgangsstadien zu bestimmen gelte. Daran hat man sich nicht immer gehalten; vor allem ist es in seiner Bedeutung als ein Medium der Volksaufklärung untersucht worden.4 In der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts setzte die periodische Presse beinahe in allen Teilen des Alten Reiches auf breiter Basis ein. Gemeinsam war dabei all diesen neuen Blättern das Bemühen der gelehrten Welt, auf den unmittelbaren Lebensbereich ihrer Leser einzuwirken, um konkrete Veränderungen der Lebensverhältnisse zu erzielen; die ,Erfahrung' als zentrale Kategorie der Aufklärung wurde deutlich sichtbar. Sie konkretisiert sich auch in den Titeln der Periodika. So wurde ζ. B. das Salzburger Intelligenzblatt als ,wöchentliche Nachrichten zum allgemeinen Nutzen und zur Erbauung'5 bezeichnet, das Erfurter Blatt bestand in ,Anfragen und Nachrichten vor das Publicum, mit untermischten gemeinüzigen ökonomischen und moralischen Abhandlungen' und das Leipziger Intelligenzblatt will nur ,Frage- und Anzeigen für Stadt und Landwirte zum Besten des 2

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Holger Böning: Bibliographie der deutschsprachigen Presse von den Anfangen bis 1815. Forschungsberichte und Forschungsdiskussion. In: Internationales Archiv für Sozialgeschichte der deutschen Literatur. Hg. v. Wolfgang Frühwald, Georg Jäger, Dieter Langewiesche, Alberto Martino (17. Band, 2. Heft). Tübingen 1992. S. 110-137. Gerhardt Petrat: Das Intelligenzblatt - eine Forschungslücke. In: Elger Blühm, Hartwig Gebhardt (Hg.): Presse und Geschichte II. München, London, New York, Oxford, Paris 1987. S. 207-231. Zahlreiche Publikationen zur Volksaufklärung von Holger Böning; z.B.: Volksaufklärung: bibliographisches Handbuch zur Popularisierung aufklärerischen Denkens im deutschen Sprachraum von den Anfängen bis 1850. Band 1: Die Genese der Volksaufklärung und ihre Entwicklung bis 1780. Stuttgart-Bad Cannstatt 1990; ders.: Das Intelligenzblatt als Medium praktischer Aufklärung. Ein Beitrag zur Geschichte der gemeinnützigen ökonomischen Presse in Deutschland von 1768-1780. In: Internationales Archiv für Sozialgeschichte der deutschen Literatur (Band 12). 1987. S. 107-133. Gerhardt Petrat: Intelligenzblatt - eine Forschungslücke. In: Elger Blühm, Hartwig Gebhardt (Hg.): Presse und Geschichte II. Neue Beiträge zur historischen Kommunikationsforschung (Deutsche Presseforschung 26). München u.a. 1987. S. 207-231, hier S. 211.

Einleitung

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Nahrungs-Standes 6 bieten. Mediengeschichte wird zum Versuch des Buchhandels, der Verleger und der Autoren, ein breites Lesepublikum anzusprechen. Moralische Wochenschriften, Intelligenzblätter und andere Aufklärungszeitschriften erregen das Interesse der Öffentlichkeit und der obrigkeitlichen Zensurkollegien. Die regionalen Zeitungen und ihre Autoren sind trotz ihrer Verbreitung bis heute weitgehend unbekannt. Zwar dokumentieren einzelne Untersuchungen das Interesse an der Erforschung der periodischen Presse in der Aufklärung, doch galt die Aufmerksamkeit vorwiegend den Zeitschriften, denen gegenüber der Zeitung hinsichtlich ihrer Qualität und publizistischen Reichweite eine Vorrangstellung eingeräumt wurde. Die einschlägige Forschung - an erster Stelle sind hier die Arbeiten von Joachim Kirchner 7 , Wolfgang Martens 8 und Rolf Engelsing 9 zu nennen - trugen dazu bei, die Epoche als das Jahrhundert der Zeitschriften' zu charakterisieren, und die Zeitung aus dem Blickfeld zu verlieren. Jüngere Veröffentlichungen korrigierten diese Sicht zugunsten einer Bearbeitung aller wichtigen gedruckten Kommunikationsmittel. Obwohl die Intelligenzblätter neben Zeitungen und Zeitschriften die dritte bedeutende Pressegattung im Medienverbund des 18. und frühen 19. Jahrhunderts darstellen, können sie aber immer noch als , Stiefkind' der historischen Presse- und Kommunikationsforschung ebenso wie der Aufklärungsforschung gelten. Noch 1974 stellte Paul Raabe in den ,Wolfenbütteler Studien' fest: „Die Erforschung der Intelligenzblattforschung steht noch aus. Von einigen lokalgeschichtlichen Arbeiten abgesehen, ist dieser Zeitschriftentypus bisher noch nicht untersucht worden." 10 Seither hat sich sicher vor allem dank der Aktivitäten der ,Deutschen Presseforschung' als zentraler wissenschaftlicher Institution an der Universität Bremen einiges getan, doch ist unser Band der erste Ansatz, die Intelligenzblätter als neue Medienform des 18. (und 19.) Jahrhunderts überregional und interdisziplinär im politischen, gesellschaftlichen und kulturhistorischen Kontext des Alten Reichs zu untersuchen. Dieser Befund überrascht nicht so sehr, wenn man sich die späte Rezeptionsgeschichte des Alten Reiches insgesamt nach 1945 vergegenwärtigt. Die kulturhistorische Innensicht des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation - lange galt 6 7

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G. Petrat (Anm. 3) S. 212. Joachim Kirchner: Das deutsche Zeitschriftenwesen. Seine Geschichte und seine Probleme. Teil 1: Von den Anfangen bis zum Zeitalter der Romantik. Wiesbaden 1958. Wolfgang Martens: Die Botschaft der Tugend. Die Aufklärung im Spiegel der deutschen Moralischen Wochenschriften. Stuttgart 1968/1971; ders.: Literatur und Frömmigkeit in derZeit der frühen Aufklärung (Studien und Texte zur Sozialgeschichte der Literatur 25). Tübingen 1989. Rolf Engelsing: Analphabetentum und Lektüre: zur Sozialgeschichte des Lesens in Deutschland zwischen feudaler und industrieller Gesellschaft. Stuttgart 1973; ders.: Der Bürger als Leser: Lesergeschichte in Deutschland. 1500 - 1800. Stuttgart 1974. Paul Raabe: Die Zeitschrift als Medium der Aufklärung. In: Günter Schulz (Hg.): Wolfenbütteler Studien zur Aufklärung 1 (1974). S. 99 - 130, hier S. 111.

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Josef Mancal, Wolfgang Wüst

dabei die Rede vom „Volk ohne Buch" (Rudolf Schenda11) - stand noch länger als seine politisch verfassungsrechtliche Bedeutung im Schatten der deutschen Historiographie. Doch zählten aber seit 1722 die Intelligenzblätter zumindest zum publizistischen, mitunter vielleicht auch bereits zum literarischen Repertoire der Zeitgenossen. Zum Gönnerkreis der neuen Periodika sind vor allem die volksaufklärerischen Autoren zu zählen. Das Intelligenzblatt mauserte sich unter ihrer Federführung zur Erbauungsliteratur, die bereits zeitgenössische Herausgeber und Redakteure 1788 wegweisend kennzeichneten: Eine solche Wochenschrift muß aus einem ganz anderen Gesichtspunkte, wie eine andere periodische Schrift betrachtet werden. Ihr Terrain ist nicht der Schreibtisch des Gelehrten; sie ist zunächst für den unstudirten Mittelstand, muß aber auch selbst für den Handwerker nicht unverständlich seyn. Je mehr sie in Wein- und Bierhäusern, in Clubs und Wochenstuben, auf Hochzeiten und in Gildegelagen sich herumtreibt, je mehr dieser oder jener Aufsatz derselben das Gerede des Tages ist, desto größer ist ihr Verdienst.12 Als Alltagsliteratur wurden sie dabei von Literaturwissenschaftlern kaum goutiert, und ihre überregionale Verbreitung in den Kernzonen des Alten Reiches wurde im Zuge borussisch-nationalstaatlichen Interpretationsbegehrens zu einseitig sowohl dem preußischen Staatsmodell, seiner modernen Ökonomie als auch der Aufklärung in Potsdam und Berlin zugeschrieben. Erschienen doch auch in Preußen die Intelligenzblätter seit 1727 als ,Wöchentliche Berlinische Frag- und Anzeigungsnachrichten'. Und Friedrich Wilhelm I. (1713-1740) nutzte die Intelligenzblätter wohl als erster konsequent als staatliche Einnahmequelle. Das staatliche Anzeigenmonopol wurde in Preußen bezeichnenderweise noch bis 1850 aufrechterhalten. Erst jetzt ersetzte man die Intelligenzblätter durch Amtsblätter, und der Anzeigenteil nahm in den Zeitungen an Umfang erheblich zu. Sicher stehen die Intelligenzblätter in einer territorialen, mitunter auch in lokaler Tradition. Der verengende Blick auf Preußen, auf Österreich oder auf die größeren deutschen Mittelstaaten mit eigenständischer Außenpolitik im Europa der Aufklärung führt jedoch beim Intelligenzblatt völlig ins Abseits. Dabei waren es vor allem auch die kleineren Länder - mindermächtige Reichs- und Kreisstände und viele Reichsstädte - , die sich Intelligenz' als periodisches Medium leisteten. In der evangelischen Reichsstadt Kempten erhoben die Wochennachrichten überregionalen und überkonfessionellen Anspruch als ,Nachrichten für Algöer' bzw. als ,Intelligenzblatt fur Schwaben'. In Schaffhausen, Memmingen, Nördlingen, Speyer, Leipzig, Lindau, Mühlhausen i. Thüringen, Wetzlar, Konstanz, Schwäbisch-Hall und Dinkelsbühl kannte man stadteigene Wochenblätter seit 1740, 1743, 1750, 1751,

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Rudolf Schenda: Volk ohne Buch. Studien zur Sozialgeschichte der populären Lesestoffe 1770-1910. Frankfurt a. M. 1970 (als dtv-Taschenbuch: München 1977). Vgl. den Beitrag von Holger Böning in diesem Band. Zitatennachweis: Allgemeine deutsche Bibliothek 80 (1788). S. 601-603.

Einleitung

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1763, 1765, 1767, 1775, 1788 und 1795. Für Regensburg wurden reichsstädtische Intelligenzblätter (,Frag- und Anzeigennachrichten') bereits in den 1930er Jahren zum Dissertationsthema erhoben. Für eine stattliche Zahl kleinerer Reichsstädte sind zum Teil noch keine systematischen Recherchen durchgeführt worden; neue Erkenntnisse - speziell zur Frage der Rezeptionsgeschichte - lassen sich deshalb auch hier für die nächsten Jahre keineswegs ausschließen. In Augsburg, Frankfurt a. Main und Hamburg behaupteten sich die Intelligenzblätter gegen eine überregionale Konkurrenz. Die Leserschaft konnte dort spätestens seit der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts auf eine geschlossene Reihe innerstädtischer Aufklärungsblätter zurückgreifen, die zum Teil mehrmals die Woche ausgeliefert wurden. Nicht immer führten sie auch den Namen im Impressum. In Nürnberg entschied man sich für die Bezeichnung Intelligenzblatt (,Allgemeines Intelligenz-Blatt der Stadt Nürnberg') erst zu Beginn des 19. Jahrhunderts, während die im Druckhaus Felsecker, wo man den berühmten ,Simplicissimus' verlegt hatte, erscheinenden Vorgängerperiodika sich als ,Nürnbergische wöchentliche Frag- und AnzeigeNachrichten' bezeichneten.13 Das Alte Reich war aber subsidiär auch im inhaltlichen Tableau territorial gekennzeichneter Intelligenzblätter präsent. Hinsichtlich der Rahmenbedingungen für das Pressewesen betrachtete man, wie Werner Greiling zeigt, im Kurfürstentum Sachsen ebenso wie in der Kleinstaatenwelt Thüringens die reichsgesetzlichen Regelungen für den Buchdruck und die Presse als verbindlich. Dennoch wurde versucht, mit einzelnen Dekreten und Reskripten auch der spezifischen sächsischen Situation Rechnung zu tragen. Das erste diesbezügliche Mandat stammt vom 10. Januar 1549. Präzisierte Zensurvorschriften, die über einen Bezug auf die Reichsgesetze und auf die Kirchenordnung hinausgehen, datieren vom Jahr 1594.14 Erst in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts kam es dann zu neuen Zensurvorschriften und zugleich zu einer strafferen Handhabung und Organisation der Zensur. Das zeigte sich auch darin, daß in den Jahren 1699, 1702, 1705 und 1706 in rascher Folge Reskripte in Kraft gesetzt wurden, die im Detail jeweils neue Zensurfestlegungen enthielten. Für eine Umgehung der Zensur wurde in Sachsen 1698 sogar die Leib- und Lebensstrafe angedroht. Und dennoch orientierte man sich auch in den Intelligenzblättern an den Zensurvorgaben durch das Alte Reich. Die kaiserliche Aufsicht über Buchdruck, Buchhandel und Presse mit ihrer Bücherkommission in der Messestadt Frankfurt a. Main war präsent, wenn sie auch trotz einer Vielzahl an Anfragen und Anordnungen die Notwendigkeit territorialer Eigeninitiativen nicht verhinderte.15 Deut-

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Quellennachweise im Beitrag von Wolfgang Wüst in diesem Band. Vgl. Johann Goldfriedrich: Geschichte des Deutschen Buchhandels (Bd. 2). Leipzig 1908. S. 160f. Weitere Literaturverweise im Beitrag von Werner Greiling in diesem Band. Ulrich Eisenhardt: D i e kaiserliche Aufsicht über Buchdruck. Buchhandel und Presse im Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation (1496-1806). Ein Beitrag zur Geschichte der Bücher- und Pressezensur (Studien und Quellen zur Geschichte des Deutschen Verfassungsrechts A/3). Karlsruhe 1970.

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lieh wurde dies spätestens 1774/75, als ca. 70 Buchhändler mit Unterstützung des Erbprinzen von Hessen-Kassel vergeblich versuchten, im ,Hanauer Bücherumschlag' einen von der imperialen Zensur unabhängigen Platz zu etablieren, ,ante portas' der Reichs- und Messestadt.16 Natürlich pflegten auch die Intelligenzblätter mit Blick auf die Leserschaft und den Anzeigenmarkt ihr regionales Profil. Territoriale Strukturen und städtischländliche Sondersituationen wie eine ungünstige Grenzlage, eine Küsten- oder Flußanbindung oder die Kreuzung von wichtigen Handelswegen im Binnenland spielten eine Rolle und prägten die Presse. Der Hamburg-Altonaer Pressemarkt etwa war Anziehungspunkt unterschiedlichster Periodika, die sich speziell an die Kaufleute richteten und daher ebenfalls mit den Intelligenzblättern konkurrierten. Dazu gehörten - allerdings teure - Geld- und Wechselkurstabellen, englische Schiffslisten, Sundlisten, eine Designation des [...] eingekommenen und ausgehenden Getraides, Waren-Preislisten oder auch die Einfuhrlisten des Hamburger Hafens. Geschäftstüchtige Verleger gründeten besonders in den 1770er/80er Jahren eine Vielzahl von meist kurzlebigen Zeitungen und Zeitschriften, deren Titel bereits Auskunft gaben über ihr Programm: .Merkwürdige Lebensbeschreibungen verschiedener Kaufleute' (1771-1772), ,Der Kaufmann' (1778), Journal für Kaufleute' (1780-1781), ,Schriften über Staatswirthschaft und Handlung' (17801784), ,Kaufmännisch-politische Zeitung' (1781-1782), ,Handlungs-Bibliothek' (1784-1797) und andere. Viele dieser Blätter enthielten aktuelle Wirtschaftsnachrichten, Schiffslisten, Kurstabellen und andere Übersichten, während die redaktionellen Beiträge theoretische wie praktische Probleme von Handel und Kaufmannswesen aufgriffen. 17 Auch andere Intelligenzblätter profitierten von ihrem Standort im Reichsverband und dynastischen Verbindungen darüber hinaus. So stand etwa das Haus Hannover bekanntlich in Personalunion mit der englischen Krone, ein Umstand der auch die Presselandschaft prägte. Und immerhin brach mit Berichten über die britischen Kolonien - auch über Australien - ein Stück ,weite Welt' in die überwiegend provinziell geprägten Erfahrungsräume hannoverscher Zeitgenossen ein.18 Die ,Gelehrten Anzeigen' aus dem benachbarten Göttingen, das zum Zeitpunkt der Universitätsgründung ein territorialer Teil des Kurfürstentums Hannover war und das über die Personalunion des Hauses Hannover mit dem englisch-britischen Königshaus seit 1714 Nachrichten aus Übersee aus erster Hand erhalten konnte, standen deshalb erst jüngst im Mittel-

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Ulrich Eisenhardt: Der Eingriff in das kaiserliche Bücherregal. Die Begründung des „Hanauer Bücherumschlages" in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts. In: Archiv für Urheber-, Film-, Funk- und Theaterrecht 50/2 (1967). S. 625-636, hier S. 629. Vgl. den Beitrag von Astrid Blome in diesem Band. Das ergab die systematische Auswertung des Index deutschsprachiger Zeitschriften. Akademie der Wissenschaften zu Göttingen (Hg.): Index deutschsprachiger Zeitschriften 17501815. Sie wurde erstellt von einer Arbeitsgruppe unter der Leitung von Klaus Schmidt (Hildesheim 1990). Vgl. dazu den Beitrag von Volker Depkat in diesem Band.

Einleitung

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punkt einer Ausstellung über die Besiedlung Australiens, erzählt mit europäischen Quellen.19 Aber es fällt schwer, sie als Zeugnisse der Presseentwicklung mit den Retardaten bzw. mit den Segnungen des Zeitgeistes und der Moderne der zugehörigen Länder und Städte gleichzusetzen. Astrid Blome hat sicher recht, wenn sie die inhaltliche Disparität der Periodika betont. Als kleinsten gemeinsamen Nenner sieht sie lediglich die Veröffentlichung von Anzeigen, und auch dem Aspekt der Gemeinnützigkeit im Sinne der Aufklärung billigt sie noch prägende Kraft zu.20 Aber bereits die Titelgebung - ,Intelligenzblatt', ,Frag- und Anzeigungs-Nachrichten', ,Wöchentliche Nachrichten', ,(Gemeinnützige) Anzeigen' u.a. - verweist auf das Problem, den Quellenkorpus exakt zu beschreiben. Und doch sind die Intelligenzblätter gewissermaßen zu Klammern für eine regionenweite Kultur- und Wissensprägung geworden und ihr Nachrichten- und Anzeigenmarkt verband zweifelsohne große Teile des Alten Reiches. Dies brachte vor allem dort Vorteile, wo eine vielherrige Territorialstruktur Pressemonopole und marktbeherrschende Informationsnetze verhinderte. Gerade dort schien das Alte Reich aber auch bis 1805 besonders gut funktioniert zu haben. Dies galt zum Beispiel für die Rheinlande21, für die wir im Gegensatz zum Fränkischen oder Schwäbischen Reichskreis mit der Arbeit Ulrich Hagenahs22 auf eine vergleichende Studie zur typischen Ausprägung kleinräumiger Intelligenzblätter zurückgreifen können. Der Raum, der nach den Umbrüchen durch Französische Revolution, Napoleonische Zeit und Neuordnung durch den Wiener Kongreß in zwei administrativen Schritten 1815 und 1822 als die preußische Rheinprovinz konstituiert wurde, bestand noch 1789 aus einer Vielzahl politischer Einheiten. Ihre Fläche in der Erstreckung zwischen Kleve und Saarbrücken, Aachen und Wetzlar verteilte sich auf vier Reichskreise mit über 50 Territorien, die etwa ebenso vielen Landesherren gehört haben. Dazu kamen ca. 30 Herrschaften, die nicht in den Kreistagen aufgenommen waren, sowie etwa 75 Reichsritterschaften. In diesen Regionen des Alten Reiches, die in extremer herr-

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Bericht der Frankfurter Allgemeinen Zeitung vom 9.2. 2001(Nr. 34). S. 45. Astrid Blome: Annäherung an das publizistische Medium „Intelligenzblatt". Bericht von der interdisziplinären Tagung „Pressewesen der Aufklärung. Periodische Schriften im Alten Reich" in Augsburg. In: Publizistik 2 (2000). S. 243f. Joseph Hansen: Die Rheinprovinz 1815-1915. Hundert Jahre preußischer Herrschaft am Rhein (Bd. 1-2). Bonn 1917; Joseph Hansen: Quellen zur Geschichte des Rheinlandes im Zeitalter der Französischen Revolution 1780-1801 (Bd. 1-4). Bonn 1931-1938 (Publikationen der Gesellschaft für Rheinische Geschichtskunde. Bd. 42); Wilhelm Janssen: Kleine rheinische Geschichte. Düsseldorf 1997; Dieter Kastner, Vera Torunsky: Kleine rheinische Geschichte 1815-1986. Köln [u.a.] 1987; Erich Kayser (Hg.): Rheinisches Städtebuch. (Deutsches Städtebuch. Bd. 3,3). Stuttgart 1956. Ulrich Hagenah: Rheinische Intelligenzblätter von 1727 bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts. Überlegungen zur Geschichte, zur Inhaltsanalyse und zur Typologie anhand ausgewählter Beispiele. Hausarbeit zur Prüfung für den höheren Bibliotheksdienst (T. 1-2). Köln (Fachhochschule für Bibliotheks- und Dokumentationswesen) 1990.

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schaftlicher Gemengelage standen, schwächte das Zeitungswesen einschließlich der Intelligenzblätter die jeweiligen Standortvorteile ab. Der Ertrag für das Alte Reich liegt wahrscheinlich vor allem in innovativen Bereichen wie der Anbindung der Presselandschaft an die Rahmenrichtlinien der Normenwelt und der frühmodernen Policey.23 Dabei kann man durchaus auf Traditionen aus dem 18. Jahrhundert zurückgreifen. Als der Kameralist und Policeywissenschaftler Johann Heinrich Ludwig Bergius 1770 in seinem Policey- und Cameralmagazin eine Definition des Intelligenzwesens versuchte, ließ er keinen Zweifel daran, welche Aufgabe den betreffenden Einrichtungen - und damit auch der in jenen Jahren ständig wachsenden Zahl der Intelligenz- und Wochenblätter zukommen sollte. Für Bergius handelte es sich um eine öffentliche Policeyanstalt, welche von der Anordnung des Landesherrn abhänget, und die deshalb unter der Direction der Polizey stehen müsse.24 Obschon diese von vielen Autoren des 18. Jahrhunderts geteilte Einschätzung - auch Johann Heinrich Gottlob v. Justi zählte zu diesem Kreis - bekannt ist, hat die Forschung die Rolle des Intelligenzblatts als Medium der landesherrlichen Policey bislang eher am Rande behandelt.

Der Protestant Johann Andreas Erdmann Maschenbauer (1719-1773), um damit zu ihm und einem seiner Presseprodukte, der Wochenschrift ,Augspurgischer Intelligenz-Zettel', überzuleiten, verlegte und redigierte diesen ab 1745. Zunächst hatte er ihn als angeblich deutschlandweit erste ,Illustrierte' 25 konzipiert. Noch bis vor wenigen Jahren galt der ,Intelligenz-Zettel' auch inhaltlich als Vorläufer 26 des 23

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Lothar Schilling griff hier erstmals den Themenstrang auf. Vgl. Lothar Schilling: Policey und Druckmedien im 18. Jahrhundert. Das Intelligenzblatt als Medium policeylicher Kommunikation. In: Karl Härter (Hg.): Policey und frühneuzeitliche Gesellschaft. Frankfurt a. M. 2000. S. 413-452. Johann Heinrich Ludwig Bergius: Intelligenzwesen. In: Policey- und Cameral-Magazin in welchem nach alphabetischer Ordnung die vornehmsten und wichtigsten bey dem Policeyund Cameralwesen vorkommende Materien nach richtigen und vernünftigen Grundsätzen practisch abgehandelt [...] werden (9 Bde). Frankfurt a. M. 1767-1774 (Bd. 5). S. 204-210, hier S. 204; ähnlich Johann Georg Krünitz: Intelligenz-Anstalt. Intelligenz-Wesen. In: Oeconomische Encyclopaedie oder allgemeines System der Staats-, Stadt-, Haus- und Landw i r t s c h a f t in alphabetischer Ordnung (wechselnde Titel. Bd. 30). Berlin 1784. S. 424-441, hier S. 428. Vgl. hierzu den Beitrag von Lothar Schilling in diesem Band. Da auch Zweiffels-ohne öffters eine sinnliche Vorstellung nöthig seyn wird: so wird zuweilen auch ein Kupferstich oder Holtzschnitt erscheinen: Und vielleicht ist auch hernach dieses inund ausser Deutschland die erste Wochenschrifft mit Kupjfern. AIZ Vorbericht [...] auf das Jahr 1748. (Zu Bildtafeln vgl. AIZ 18, 21, 24, 25 und 33/1748; 11, 17, 22, 31, 41/1749 und 15/1752). Im eigenen Verlag gab es aber bereits 1725 mit Icon rerum et personarum aeneis figuris illustrata: moderni tempori statum repraesentans eine illustrierte Zeitschrift. Die amtliche Presse war in Augsburg vertreten durch das „Augsburgische allergnädigstprivilegirte Intelligenz- und Wochenblatt", das unter dem Titel „Augsburgischer IntelligenzZettel" 1746 begann und nach hundert Jahren durch Amtsblätter abgelöst wurde. Karl d'Ester: Augsburg und die deutsche Presse. In: Hermann Rinn (Hg.): Augusta 955-1955. For-

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Amtblattes und, offenkundig allein wegen dieser vorurteilsbehafteten Perspektive, als uninteressant für die Forschung. Trotz einer jeweils partiellen, erstmalig 1779" und bis heute28 nachweisbaren Auswertung als historische Quelle erfolgte erst aufgrund der Arbeiten Petrats und Bönings ab 1997 die Zuwendung zum ,Intelligenz-Zettel' als Untersuchungsgegenstand 29 . Es zeigt sich damit, daß der Augsburger Vertreter dieses Zeitungstyps genauso unter dem grundlegenden Problem einer rezeptionsgeschichtlichen Bedingtheit von Sichtweisen zu leiden hatte wie die Pressegattung der Intelligenzblätter allgemein oder die der deutschen Moralischen Wochenschriften - und damit wie spezifische Erscheinungsformen der deutschen Aufklärung überhaupt. Wissenschaftshistorisch ist dies deshalb bemerkenswert, weil sie erst über zwei Jahrhunderte nach ihrer Blütezeit als Forschungsgegenstand wahrgenommen wurden und damit nun auch die Frage nach der Rückwirkung auf einen neu zu erörternden Aufklärungsbegriff aufwerfen, der zudem vorderhand als (nachträgliche) Epochenbezeichnung - obgleich schon 1741 publizistisch30 so verwendet - und nicht als eine von Aufklärern selbst gewählte und ihr eigenes Selbstverständnis begrifflich fassende Kennzeichnung aufgefaßt wird. Doch der ,Augspurgische Intelligenz-Zettel' läßt sich nicht als irgendein beliebiges Beispiel dieser Zeitungsgattung verstehen, was zunächst jedoch nicht an der definitorischen Ungeklärtheit dieses Medientyps, sondern an einem strukturellen und für seine Herstellung wesentlichen Faktor liegt, der - wie allgemein für Augsburg im 18. Jahrhundert - zu berücksichtigen ist. Es ist die konfessionel-

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schungen und Studien zur Kultur- und Wirtschaftsgeschichte Augsburgs. München 1955. S. 393-402, hier S. 398. Vgl. Ingeborg Salzbrunn: Amtsblatt der Stadt Augsburg. In: Augsburger Stadtlexikon (1. Aufl.). S. 12. Paul von Stetten: Kunst- Gewerb- und Handwerks Geschichte der Reichs-Stadt Augsburg (Bd. 1). Augsburg 1779. S. 161. Vgl. Bernd Roeck: Geistiges Leben. In: Gunther Gottlieb u. a. (Hg.): Geschichte der Stadt Augsburg von der Römerzeit bis zur Gegenwart. Stuttgart 1984. S. 480-489; Oliver Hochadel: Blitzableiter. Physikunterricht und umherziehende Schausteller. Zur Wissenschaftspopularisierung in Augsburg in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts. In: Mitteilungen des Instituts für europäische Kulturgeschichte 2 (Heft 3). S. 33-39; ders.: Physik für alle? Oder: Der „uneingeschränkte Nutzen der Naturlehre". In: Spurensuche NF 10 (1999). S. 89-107; ders.: „Hier haben die Wetterableiter unter den Augsburger Gelehrten eine kleine Revolution gemacht." Die Debatte um die Einführung der Blitzableiter in Augsburg (1783-1791). In: ZHVS 92 (1999). S. 139-164. Vgl. Josef Mancal: Zu Augsburger Zeitungen vom Ende des 17. bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts: Abendzeitung, Postzeitung und das Intelligenzblatt. In: Helmut Gier, Johannes Janota (Hg.): Augsburger Buchdruck und Verlagswesen. Von den Anfangen bis zur Gegenwart. Wiesbaden 1997. S. 683-734, bes. S. 683f„ S. 705-721; Augsburger Stadtlexikon (2. Aufl.). S. 531; Nicole Stieb: Aberglaubenskritik im Augsburger Intelligenzzettel (1746-1777). Magisterarbeit Universität Augsburg. Augsburg 1999. In der Staats- und Gelehrte Zeitung des Hamburgischen unpartheyischen Correspondenten. Vgl. dazu Peter Pütz: Die deutsche Aufklärung (Erträge der Forschung 81). 3. Aufl. Darmstadt 1987. S. 14.

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le Parität31, die selbst heutzutage die Reichsstadt zu einem von Etienne Francois32 mit Recht als regelbestätigend gewürdigten Sonderfall des Alten Reiches macht. Die komplexe bikonfessionelle Struktur mußte das als gewöhnlich und ,normal' erscheinen lassen, was aus einer gewöhnlichen, weil monokonfessionellen Wirklichkeitserfahrung und einer darauf beruhenden Sicht außergewöhnlich war: Diese Gewöhnlichkeit des Außergewöhnlichen machte und macht Augsburg, bezogen auf Reichsebene, zu einer einmaligen und einzigartigen Ausnahmeerscheinung. Parität war damit eines der konstitutiven und strukturierenden Momente der Wahrnehmung von Wirklichkeit und muß dies deshalb heute für uns bei der historischen Rekonstruktion ebenso sein. Die Bikonfessionalität Augsburgs gehört also in Verbindung mit einer wirtschaftlichen, in der Vermögensverteilung 33 genauso wie in den kapitalintensiven Gewerbezweigen (Goldschmiede, Buchdruck) ablesbaren Dominanz der Protestanten nach 1648 zu den Bedingungen, die ein protestantisches' Presseprodukt inmitten ansonsten katholischer Absatzgebiete im süddeutsch-österreichischen Raum erfolgreich ermöglichten. Sie wirft damit eo ipso die Frage nach Bedingungen sowohl für die Auswahl von Informationen als auch für deren Darstellungsform auf. Die Fragen hätten sich etwa auch darauf zu richten, wie protestantisch' das Produkt eines Protestanten in Hinsicht auf Sprache und Informationsvermittlung gestaltet sein durfte und wie protestantisch' oder überkonfessionell es empfunden wurde. Eine den Protestanten eigene ,deutsche' Sprachkompetenz, wie sie etwa auch, unter anderem bedingt durch das Fehlen einer Universität und folglich einer lateinsprachigen Gelehrtenschicht in Augsburg, bei der volkssprachigpopulären ausgerichteten Buchproduktion als einer besonderen Tradition Augsburgs34 auftritt, müßte sich auch in der Konzeption und Diktion dieses Presseprodukts einschließlich sowohl der Strategien zur Konfliktvermeidung bzw.

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Vgl. Anm. 32 sowie zur Frühgeschichte Paul Warmbrunn: Zwei Konfessionen in einer Stadt. Das Zusammenleben von Katholiken und Protestanten in den paritätischen Reichsstädten Augsburg, Biberach, Ravensburg und Dinkelsbühl von 1548 bis 1648 (Veröffentlichungen des Instituts für Europäische Geschichte Mainz, Abt. für abendländische Religionsgeschichte, Bd. 111). Wiesbaden 1983; Bernd Roeck: Eine Stadt in Krieg und Frieden. Studien zur Geschichte der Reichsstadt Augsburg zwischen Kalenderstreit und Parität (Schriftenreihe der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Bd. 37). Göttingen 1989. Etienne Francis: Das System der Parität. In: G. Gottlieb: Geschichte der Stadt Augsburg (Anm. 28). S. 514-519; ders.: Die unsichtbare Grenze. Protestanten und Katholiken in Augsburg 1648-1806 (Abh. zur Geschichte der Stadt Augsburg, Bd. 33). Sigmaringen 1991. Zur Parität vgl. Augsburger Stadtlexikon (2. Aufl.). S. 701 f. Vgl. Anton Mayr: Die großen Augsburger Vermögen in der Zeit von 1618 bis 1717 (Abh. zur Geschichte der Stadt Augsburg 4). Augsburg 1931. Bes. S. 115-123. Vgl. Hans-Jörg Künast: „getruckt zu Augspurg". Buchdruck und Buchhandel in Augsburg zwischen 1468 und 1555 (Studia Augustana. Augsburger Forschungen zur europäischen Kulturgeschichte 8). Tübingen 1997. Bes. S. 218.

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-minderung als auch einer die relativ milde Pressezensur in Augsburg 35 vorwegnehmenden Selbstzensur durch Möglichkeiten eigener Informations- und Sprachsteuerung sowie differenzierter Geheimhaltungs- und Verschleierungstechniken widerspiegeln. Überdies wäre zu klären, inwieweit dieses volkssprachliche Erbe dem Anliegen der Aufklärer im Zusammenhang mit ihrer sprach-, gesellschaftsund wissenschaftskritischen Auseinandersetzung einerseits mit der als künstlich bewerteten Sprache des absolutistischen Hofes und der Barockliteratur, andererseits mit der Wissenschafts- und Kirchensprache Latein entgegenkam. Die sprach- und konfessionsbezogene Gleichsetzung von ,lutherisch' und ,deutsch' 36 - neben der dann von ,lutherisch' und aufklärerisch' - ordnete die Einsprachigkeit dem Norden und die lateinisch-deutsche Zweisprachigkeit dem Süden zu. Gerade aus diesem Grunde hatte für Maschenbauer die Bezeichnung Intelligenz-Zettel, da halb Teutsch und halb Lateini7, zumindest aus Sicht des zweisprachigen Südens den Vorteil, damit der Form nach Vertrautes widerzuspiegeln, auch wenn manch aufklärerischer Inhalt manch unaufgeklärter Gewohnheit widersprach. Was hinsichtlich der reichsweiten Ausnahmehaftigkeit von Augsburgs Bikonfessionalität im Urteil der heutigen Forschung seine Gültigkeit hat, findet ex negativo immer noch in möglichen Vorurteilen seine Bestätigung durch die - mit der vereinfachenden Gleichung ,lutherisch' ist aufklärerisch' durchaus auch fur Zeitgenossen sprach- und kulturkämpferische 38 - Wahrnehmungsperspektive einer zuvorderst geographisch dem Norden Deutschlands und konfessionell den Protestanten klar zugeordneten Aufklärung. Der mit dem Verdikt der Rückständigkeit verbundene Schein einer konfessionell einheitlichen Region trügt, auch wenn freilich gerade im Falle Augsburgs aufgeklärtere Zeitgenossen selbst zu einem negativen Bild39 sowohl wegen der Auswirkungen der Parität als auch wegen des Charakters der Reichsstadt als solcher beigetragen haben. Hatte etwa, gleichsam von außen, August Ludwig von Schlözer (1735-1809) Augsburg ausgewogen als mit viel Licht und viel Finsternis beschrieben40, so gehörten, in Anspielung auf die 35

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Vgl. G[eorg] Costa: Die Rechtseinrichtung der Zensur in der Reichsstadt Augsburg. In: ZHVS 42 (1916). S. 1-82; Volker Büchler: Die Zensur im frühneuzeitlichen Augsburg. In: ZHVS 84 (1991). S. 69-128; Josef Mancal: Augsburger Zeitungen (wie Anm. 29). Bes. S. 688-693; Wolfgang Wüst: Censur als Stütze von Staat und Kirche in der Frühmodeme. Augsburg, Bayern, Kurmainz und Württemberg im Vergleich (Schriften der Philosophischen Fakultät der Universität Augsburg 57). München 1998. Heribert Raab: „Lutherisch-deutsch". Ein Kapitel Sprach- und Kulturkampf in den katholischen Territorien des Reiches. In: Oberdeutsche Literatur im Zeitalter des Barock (ZBLG 47 [1984]). S. 15-42, zu Augsburg bes. S. 33f., zu Bayern bes. S. 35-41. [J.A.E. Maschenbauer]: Schluß-Verse. In: AIZ 22 [neu]/l747. H. Raab: „Lutherisch-deutsch" (Anm. 36). Vgl. Pius Dirr: Augsburg in der Publizistik und Satire des 18. Jahrhunderts. In: ZHVS 40 (1914). S. 177-231; Eduard Gebele: Augsburg im Urteil der Vergangenheit. In: ZHVS 48 (1928/29). S. 1-165. Zit. nach: P. Dirr: Augsburg in Publizistik und Satire (wie Anm. 39) S. 216.

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den Aufklärungsbegriff erhellende Lichtsymbolik und Wahrheitsmetaphorik, einer der Protagonisten der ,katholischen' Aufklärung, Ludovico Antonio Muratori (1672-1750) 4 1 , mit seiner Feststellung der „Finsternis der Barbarei"42 ebenso zu den Kritikern wie Maschenbauer mit seiner öffentlichen Verurteilung des Aberglaubens13, wie Leopold Mozart (1719-1787) mit seiner Aufdeckung des republikanischen Scheins einer in Wahrheit absolutistischen Ordnung44 oder, auf allgemeine und literarische Weise, einer seiner Lieblingsautoren, Christoph Martin Wieland (1733-1813), mit seinen Abderiten: So oft ich an deine [d.i. Wolfgang Amade Mozart] Reise nach Augsp: dachte, eben so oft fielen mir Wielands Abderitten ein: man muß doch, was man im lesen für pures Ideal hält, Gelegenheit bekommen in Natura zu sehen,5. Das Zerrbild einer „verknöcherten" Stadt46 - im 19. Jahrhundert dann u.a. durch Wilhelm Heinrich Riehls (1823-1897) ,Augsburger Studien' verfestigt - hat, gerade was den Themenkomplex ,Aufklärung in Augs41

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Vgl. Andreas Kraus: Ludovico Antonio Muratori und Bayern. Zuerst in: La Fortuna di L. A. Muratori. Atti del Convegno Internationale die Studi Muratoriani. Modena 1972. Florenz 1975. S. 151-171. Jetzt in: Ders.: Bayerische Geschichtswissenschaft in drei Jahrhunderten. Gesammelte Aufsätze. München 1979. S. 212-227; Μ. V. Migani: L' „Aufklärung Cattolica" (wie Anm. 49). [...] un'opera che [...] e bastante ad illuminare i letterati della Germania cattolica che tuttavia si truovano immersi nette t e η e b r e della barbarie (Brief L. A. Muratoris an Giovanni Battista de Bassi vom 6. August 1749). Muratoris Brief in: Matteo Campori (Hg.): Epistolario di L. A. Muratori. Modena 1901-1922 (Bd. 12, Nr. 5785). S. 5369, zitiert nach: Andreas Kraus: Geistesleben im Reichsstift Irsee im Zeitalter der Aufklärung. In: Das Reichsstift Irsee. Vom Benediktinerkloster zum Bildungszentrum. Beiträge zu Geschichte, Kunst und Kultur (Hans Frei [Hg.]: Beiträge zur Landeskunde von Schwaben 7). Weißenhorn 1981. S. 266-274, hier S. 267 m. Anm. 22. Muratori kommentierte damit das 1747 in Kempten erschienene Buch ,Liber de emendatione intellectus humani' von P. Ulrich Weiß (17131763). Vgl. [J.A.E. Maschenbauer]: Schon im vorigen Jahrgang unserer Intelligenzzetteln haben wir wider den Aberglauben geschrieben, undzumalen Nro. 33. & 34. Sachen angeführet, die als eine schädliche Bosheit oder Einfalt zum Wohl des gemeinen Wesens entdeket, und das was viele zum Aberglauben hierzu verführet hat, kürzlich abgehandelt worden. (AIZ 9/1749). Zur Aberglaubenskritik vgl. allgemein Martin Pott: Aufklärung und Aberglaube. Die deutsche Frühaufklärung im Spiegel ihrer Aberglaubenskritik. Tübingen 1992. Zu Augsburg N. Stieb: Aberglaubenskritik im Augsburger Intelligenzzettel (Anm. 29). So bestimmte L. Mozart das Verhältnis zwischen den höchsten, dem Patriziat angehörenden Vertretern, den Stadtpflegern und den Bürgern folgendermaßen: der Stattpfleger in ^Hgs. [burg] ist aber ihr [d.h. der Bürger, der Verf.] regierender Schellenkönig, das sind diese leute schon gewohnt [...] und dieser ihr regierender Herr weis nicht geschwind, wie er mit andern Leuten reden muß, da er meistens nur gewohnt ist [...] mit seiner Bürgerschaft von der Höhe seines schmuziges Thrones herunter zu sprechen (Brief L. Mozarts an W. A. Mozart vom 18.10.1777. In: Wilhelm A. Bauer, Otto Erich Deutsch (Hg.): Mozart. Briefe und Aufzeichnungen (Gesamtausgabe). Kassel, Basel, London, New York 1962f. Hier Brief Nr. 353, Zeilen 57f„ 59-63. Brief L. Mozarts an W.A. Mozart vom 18.10.1777. In: W. A. Bauer, Ο. E. Deutsch: Briefe (Anm. 44) Nr. 353, Zeilen 44-46. Vgl. Franz Herre: Das Augsburger Bürgertum im Zeitalter der Aufklärung (Abh. zur Geschichte der Stadt Augsburg 6). Augsburg, Basel 1951. Bes. S. 15-17.

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burg' betrifft, offenkundig in A u g e n vieler immer noch seine Berechtigung. D a ß auch dabei das bereits angeführte Problem der geschichtlichen Bedingtheit v o n Sichtweisen in Erscheinung treten könnte, k o m m t zunächst ebenso w e n i g in den Sinn w i e die Einsicht, daß es sich dabei um ein B i l d handelt. Dieser T h e m e n k o m p l e x s o w i e der ,Augsburg im 18. Jahrhundert' ist ein Forschungsdesiderat, manchen Arbeiten zur Reichsstadt Augsburg im 18. Jahrhundert47, auch zum Pressewesen 4 8 , s o w i e z u einer zumeist und wesentlich äußerlichhistorisch verstandenen Aufklärung in Augsburg 4 9 z u m Trotz. D i e s legt im Zusammenhang mit den zu beklagenden Wissenslücken ein substantielles Wissenschaftsdefizit offen: Bilder können d e s w e g e n keiner Überprüfung unterzogen werden, weil sie bereits j e n e s Erkenntnisinteresse steuern, das stets jeder Überprü-

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Vgl. F. Herre: Augsburger Bürgertum (wie Anm. 46); Ingrid Bätori: Die Reichsstadt Augsburg im 18. Jahrhundert. Verfassung, Finanzen und Reformversuche (Veröffentlichungen des Max-Planck-Instituts fur Geschichte 22). Göttingen 1969; Josef Beilot: Politische Ereignisse und Festlichkeiten. In: G. Gottlieb: Geschichte der Stadt Augsburg (Anm. 28) S. 451-456; Ingrid Bätori: Reichsstädtisches Regiment. Finanzen und bürgerliche Opposition. In: G. Gottlieb: Geschichte der Stadt Augsburg (Anm. 28) S. 457-468; Bernd Roeck: Geistiges Leben. In: G. Gottlieb: Geschichte der Stadt Augsburg (Anm. 28) S. 480-489; Bruno Bushart: Kunst und Stadtbild. In: G. Gottlieb: Geschichte der Stadt Augsburg (Anm. 28) S. 490-504; Peter Fassl: Konfession, Wirtschaft und Politik. Von der Reichsstadt zur Industriestadt. Augsburg 1750-1850 (Abh. zur Geschichte der Stadt Augsburg 32). Sigmaringen 1988. Vgl. auch Anm. 28, 29,32,48, 49, 54,55. Vgl. Hildegard Mahler: Das Geistesleben Augsburgs im 18. Jahrhundert im Spiegel der Augsburger Zeitschriften. Augsburg 1934; Helmut Fischer: Die ältesten Zeitungen und ihre Verleger. Augsburg 1936; Hans Hart: [Artikel] Augsburg. In: Walther Heide (Hg.): Handbuch der Zeitungswissenschaft I (1940/41). Sp. 386-403; Adolf Dresler: Augsburg und die Frühgeschichte der Presse. München 1952; Karl d'Ester: Augsburg und die deutsche Presse. In: H. Rinn: Augusta 955-1955 (Anm. 26) S. 393-402; J. Mancal: Zu Augsburger Zeitungen (Anm. 29). Vgl. Adolf Buff: Ein Augsburger Illuminatenprozeß. In: ZHVS 6 (1879). S. 70-82; Felix Freunde: Die Kaiserlich Franciscische Akademie der freien Künste und Wissenschaften in Augsburg. In: ZHVS 34 (1908). S. 1-132; F. Herre: Bürgertum (Anm. 46); Wolfgang Zorn: Bayerisch-Schwaben in der Geschichte der Münchner Akademie der Wissenschaften. In: ZBLG 27 (1964). S. 286-301; Andreas Kraus: Bürgerlicher Geist und Wissenschaft. Wissenschaftliches Leben im Zeitalter des Barocks und der Aufklärung in Augsburg, Regensburg und Nürnberg. In: Archiv für Kulturgeschichte 49 (1967). S. 340-390; Leonhard Lenk: Augsburger Bürgertum im Späthumanismus und Frühbarock (1580-1700) (Abh. zur Geschichte der Stadt Augsburg, Bd. 17). Augsburg 1968. Bes. S. 182-187; B. Roeck: Geistiges Leben (Anm. 28); Josef Mancal: Zwei Organisationsformen der Aufklärung: Akademien und Geheimbundwesen. In: Schwaben - Tirol. Historische Beziehungen zwischen Schwaben und Tirol von der Römerzeit bis zur Gegenwart. Ausstellung [...], Beiträge, Rosenheim 1989. S. 472-490; Maria Vilma Migani: L' „Aufklärung Cattolica" nella Germania superiore del 1700: L'opera episcopale di Joseph von Hessen-Darmstadt ad Augsburg (1741-1768). Masch, sehr. Bologna 1989; Wilhelm Schmidt-Biggemann, Theo Stammen (Hg.): Jacob Brucker (16961770). Philosoph und Historiker der europäischen Aufklärung (Colloquia Augustana, Bd. 7). Berlin 1998 sowie Anm. 55. Geradezu symbolisch fur die Forschungslage ist das Fehlen eines entsprechenden Lemmas in Augsburger Stadtlexikon (2. Aufl.).

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fling als Bedingung vorangeht. Damit verhindern Bilder als Vorurteile genau das, was Wissenschaft zu leisten hat, nämlich Aufklärung. Daß ,Aufklärung in Augsburg' allein schon in begrifflicher Hinsicht Schwierigkeiten machen muß, soll nicht verschwiegen werden. Schwierigkeiten deswegen, weil es um Aufklärungsphänomene vornehmlich im katholischen Süden des Alten Reiches und damit möglicherweise um konfessionsabhängig spezifische Erscheinungsformen von Aufklärung geht, die angesichts einer geographisch-konfessionalistischen Bedingung zur Bezeichnung einer ,katholischen' Aufklärung zwingen. Eine solche Bezeichnung freilich erfordert dann im Gegenzug eine ebenso konfessionalistisch gekennzeichnete protestantische' Aufklärung. Neben der damit verbundenen Ungewohntheit der Formulierung wird auch ein historischer Widerspruch offenkundig, der nämlich zwischen einem der wesentlichen Anliegen deutscher Aufklärer, nämlich konfessionelle Grenzen zu überwinden, und dem historiographisch legitimen und historisch notwendigen Versuch, wenigstens retrospektiv eines der Vorurteile der Aufklärung selbst aufzuklären, nämlich nur ,protestantisch' zu sein. Was dann Augsburg betrifft, muß sich wegen der Bikonfessionalität das Problem einer protestantischen' und ,katholischen' Aufklärung notgedrungen noch deutlicher zuspitzen. Sowohl personell als institutionell läßt sich zunächst in Augsburg eine erst noch näher zu untersuchende Aufklärung festmachen, ohne daß damit freilich etwa schon Netzwerke oder Kommunikationsflüsse geklärt oder gar die Fragen nach Bewertung und Zusammenhängen beantwortet wären. Namentlich zählten etwa, teilweise durch direkte Kontakte zu Muratori, Fürstbischof Joseph Ignaz Philipp Landgraf von Hessen-Darmstadt (reg. 1740-1768)50 und sein engster Umkreis wie sein Berater und ,Hoftheologe' P. Eusebius Amort (1692-1775)51 und sein Privatsekretär Giovanni Battista de Bassi (1713-1776)52 dazu. Der päpstliche Protonotar sowie Muratori-Übersetzer und -Biograph Peter von Obladen (171750

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Μ. V. Migani: L' „Aufklärung Cattolica" (wie Anm. 49); Augsburger Stadtlexikon (2. Aufl.). S. 540; Wolfgang Wüst: Joseph (I.) Ignaz Philipp, Landgraf von Hessen-Darmstadt 16991768. In: Lebensbilder aus dem Bayerischen-Schwaben. Bd. 14. Hg. v. Wolfgang Haberl. Weißenhorn 1993. S. 123-148. Ludwig Hammermayer: Gründungs- und Frühgeschichte der Bayerischen Akademie der Wissenschaften (Max Spindler (Hg.): Münchener historische Studien. Abt. Bayerische Geschichte. Geschichte der Bayerischen Akademie der Wissenschaften 1). Kallmünz 1959. 2. Aufl. München 1983. S. 36-46 u. passim; Richard van Dülmen: Anfänge einer geistigen Neuorientierung in Bayern zu Beginn des 18. Jahrhunderts. Eusebius Amorts Briefwechsel mit Pierre-Franfois La Courayer in Paris. In: ZBLG 26 (1963). S. 493-559; Richard van Dülmen: Propst Franziskus Töpsl und das Augustinerchorherrenstift Polling. Ein Beitrag zur Geschichte der katholischen Aufklärung in Bayern. Kallmünz 1967; Richard van Dülmen: Antijesuitismus und katholische Aufklärung in Deutschland. In: Historisches Jahrbuch 89 (1969). S. 52-80, bes. S. 56 und 58; Μ. V. Migani: L' „Aufklärung Cattolica" (wie Anm. 49) bes. S. 50-59. Vgl. Augsburger Stadtlexikon (2. Aufl.) S. 273; Μ. V. Migani: L' „Aufklärung Cattolica" (wie Anm. 49) bes. S. 81-84.

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1801)53 hatte genauso daran Anteil wie, protestantischerseits, der , IntelligenzZettel'-Verleger Maschenbauer, der auch in diesem Blatt publizistisch vertretene Theologe und Philosophiehistoriker Johann Jakob Brucker (1696-1770) 54 , ein Freund des Katholiken de Bassi und, wie dieser, Anhänger des protestantischen Philosophen Christian Wolff (1679-1754), oder Augsburgs bedeutendster Stadthistoriker des 18. Jahrhunderts, Paul von Stetten d.J. (1731-1808) 55 . Institutionell, also auch im Zusammenhang mit der Wissenschaftsorganisation und den Organisationsträgern der Wissenschaften im 18. Jahrhundert, lassen sich in Augsburg etwa Gelehrte Gesellschaften genauso anfuhren wie die zugunsten der Akademiegründung in München aufgegebenen eigenen Akademiepläne einer Augusta Accidentia Eruditorum Polemica und damit die Verbindung zur Akademiebewegung oder etwa wie die daran beteiligten Mitglieder des Benediktinerordens sowie deren institutionelle und personelle Verflechtungen mit der auch Muratori und später Immanuel Kant56 rezipierenden Salzburger Benediktineruniversität und der Innsbrucker Academia Taxiana. Gleiches gilt auch für das Geheimbundwesen im allgemeinen und die Illuminaten im besonderen, deren zeitweiliges Zentrum nach dem kurbayerischen Verbot aller Geheimgesellschaften im Jahr 1784 Augsburg war. Dieser nur stichwortartig angedeutete Komplex gehört zu den Momenten für eine Rekonstruktion der damaligen Situation. Des weiteren bedürfte der lokale, regionale und überregionale Pressemarkt ebenso einer weiteren Untersuchung wie Augsburg als ein im süddeutsch-österreichischen, teilweise sogar im europäischen Raum etabliertes Informations-, Buchdruck- und Handelszentrum. Hierfür muß u.a. die Verfügbarkeit von in- und ausländischen Zeitungen und Zeitschriften 53 54

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Vgl. Augsburger Stadtlexikon (2. Aufl.) S. 689. Vgl. F. Herre: Augsburger Bürgertum (Anm. 46) bes. S. 144-148 u. passim; ders.: Johann Jakob Brucker. In: Lebensbilder aus dem Bayerischen Schwaben (Schwäbische Forschungsgemeinschaft bei der Kommission für bayerische Landesgeschichte. Veröffentlichungen Reihe 3. Bd. 6) 1958. S. 372-387; Μ. V. Migani: L' „Aufklärung Cattolica" (wie Anm. 49) S. 46-49; Augsburger Stadtlexikon (2. Aufl.) S. 312; W. Schmidt-Biggemann, Th. Stammen: Jacob Brucker (Anm. 49). Augustana (Bd. 7). - Brucker hatte im Intelligenz-Zettel zumindest zwei anonyme Artikel veröffentlicht, einen zu David von Augsburg (AIZ 9-11/1748. Lat. in: Museum Helveticum Bd. 2,2 (1747). S. 265-279) sowie zur Geschichte des Augsburger Buchdrucks (AIZ 8-9, 11-12/1750. Lat. in: Museum Helveticum Bd. 6,3 (1752). S. 354-386); vgl. J. Mancal: Augsburger Zeitungen (Anm. 29) bes. S. 71 Of.; und Helmut Zäh: Verzeichnis der Schriften Jacob Bruckers. In: W. Schmidt-Biggemann, Th. Stammen: Jacob Brucker (Anm. 49) S. 310, 314, 319f. und 323. Vgl. Franz Herre: Paul d.Ä. und d.J. von Stetten. In: Lebensbilder (Anm. 54). (Bd. 3) 1953. S. 314-345; Siegfried Merath: Paul von Stetten d.J. Ein Augsburger Patrizier am Ende der reichsstädtischen Zeit (Abh. zur Geschichte der Stadt Augsburg 14). Augsburg 1961; Ingrid Bätori: Paul von Stetten der Jüngere. In: ZHVS 76 (1982). S. 103-124; Augsburger Stadtlexikon (2. Aufl.) S. 853. Johannes Kamintius: Kant in Salzburg. Sein Einfluß auf die Aufklärung im Erzstift Salzburg. In: Salzburger Jahrbuch für Philosophie X/XI (1966/67). Salzburg, München 1967. S. 433453.

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ebenso einbezogen werden wie deren frühe, selbstorganisatorisch zu verstehende Rezeption in Form v o n Gemeinschaftsabonnements 5 7 . Eine erste, freilich nur sehr vage Vorstellung geben erstens die im ,IntelligenzZettel' angegebenen Vorlagen, zweitens die Anzeigen für Lesegemeinschaften für Presseerzeugnisse aus München, Regensburg, Erlangen, Köln, Leipzig, Berlin, Breslau sowie aus England, Frankreich, Holland, Italien und der Schweiz 5 8 , drittens die Inserate für An- und Verkäufe von Wochenschriften 5 9 und , Gelehrten Zeitungen' 60 oder viertens, als Nachweis tatsächlicher Rezeption, handschriftliche Extrakte von Zeitungen aus München, Regensburg, Erlangen, Frankfurt a.M., Leipzig, Halle a.d.S., Schaffhausen, Basel und Leiden 61 . Bei den ab etwa 1765 erwähnten Vorlagen des ,Intelligenz-Zettels' finden wir überwiegend norddeutsche Intelligenzblätter, und zwar aus Braunschweig 6 2 , Frankenhausen 63 , Hamburg64, Hannover 65 und Leipzig 66 , sowie Moralische Wochenschriften 67 , darunter etwa 1748/1749 Johann Christoph Gottscheds ( 1 7 0 0 - 1 7 6 6 ) ,Die Vernünffitigen Tadlerinnen' 68 und die literarhistorisch berühmten Bremer Beiträger 69 , sowie

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Zeitungslesegemeinschaften wurden bereits im ersterhaltenen Jahrgang 1746 angeboten: AIZ 2, 42 und 51/1746. Vgl. bereits im ersterhaltenen Jahrgang: AIZ 2, 4, 12, 20, 23, 31, 42, 51/1746. Vgl. AIZ 2 [alt]/1747. Z.B. Neue Beiträge zum Vergnügen des Verstandes und Wizes, 6. Theil, 8. 1744, 1 fl. (Neue Beyträge zum Vergnügen des Verstandes und Witzes. Bremen 1744-1749. AIZ 34/1753); Brachmann, eine moralische Wochenschrift, in gr. 8. ä 2. fl. (Zürich 1740. AIZ 3/1754); Der Freund, eine Wochenschrift (Ansbach 1754-56. AIZ 6/1755); Tadlerin, die vernünftige, 8. 2. Theil, 1. fl. 24 kr. (Die Vernünfftigen Tadlerinnen, anderer Theil. Leipzig 1726. 3. Aufl. Hamburg 1748. AIZ 9 und 14/1755). Vgl. Gelehrte Franckfurter- Regenspurger- Leipziger- Bayreuther- und andere Gelehrte Zeitungen sowie die Piece, die alle Wochen zu Leipzig heraus-kommt, der Natur-Forscher genannt. Und dann den Mercure Historique & Politique, so alle Monat von Amsterdam geschickt werden (AIZ 3 [neu] /1747). Zum Natur-Forscher (Leipzig o.J.) vgl. W. Martens: Moralische Wochenschriften (Anm. 8) bes. S. 549. Die Extrakte sind im StadtAA z.B. im Bestand des Evangelischen Wesensarchivs: StadtAA, EWA 120. Tom. 2. Braunschweigische Anzeigen: AIZ 4 und 31/1769 mit ihrer Beilage Braunschweigische Gelehrte Beiträge: AIZ 37/1768, 29/1771 und 18/1773. Vgl. F. Huneke: Die „Lippischen Intelligenzblätter" (Anm. 1) S. 210. Frankenhäusisches Intelligenzblatt: AIZ 50/1765. Vgl. F. Huneke: Die „Lippischen Intelligenzblätter" (Anm. 1) S. 215. Hamburger Adreß-Comtoir-Nachrichten: AIZ 44/1771 und 3/1772. Vgl. F. Huneke: Die „Lippischen Intelligenzblätter" (Anm. 1) S. 219. Hannoversches Magazin (Beilage der Hannoverschen Anzeigen): AIZ 11 und 47/1770, 24/1771, 36/1772, 37, 43, 47 und 51/1773. Vgl. F. Huneke: Die „Lippischen Intelligenzblätter" (Anm. 1)S. 220. Leipziger Intelligenz-Blatt in Frage und Anzeigen: AIZ 38/1770; 43/1771; 48/1772; 22, 34 und 36/1773. Vgl. F. Huneke: Die „Lippischen Intelligenzblätter" (Anm. 1) S. 227. Vgl. Anm. 59 und 68. AIZ 3/1748; 23 und 24/1749. Vgl. Anm. 59.

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Einleitung

Ü b e r s e t z u n g e n b z w . Extrakte v o n Artikeln aus e n t w e d e r summarisch genannten 7 0 oder e i n z e l n aufgeführten, über 19 a u s l ä n d i s c h e n ' Journalen in englischer", französischer 7 2 , italienischer 7 3 , spanischer 7 4 , dänischer 7 5 , schwedischer 7 6 und n o r w e g i scher 77 Sprache. W e l c h e n A u f w a n d e s bedeutete, Art, U m f a n g und A u s w a h l dies e s Informationspotentials durch die Identifizierung und V e r g l e i c h u n g der Q u e l len z . B . mit d e m Ziel der Einsicht in k o n z e p t u e l l e Eigenarten des ,IntelligenzZettels' und in persönliche M a s c h e n b a u e r s rekonstruieren, läßt sich leicht erraten. A u c h w e n n sich hierin eine q u e l l e n m ä ß i g nicht belegbare E i n f l u ß n a h m e der Öffentlichkeit w i d e r s p i e g e l n könnte, s o bleibt d o c h z u m i n d e s t v o m A n s a t z M a schenbauers keiner als L e s e r a u s g e s c h l o s s e n . D a s P u b l i k u m des Zettels' schließt erklärtermaßen das weibliche liche ein und, e i g e n s adressiert, Gelehrte, werker

s o w i e schließlich den gemeinen

Geschlecht

Kaufleute, Mann78,

,Intelligenz-

g e n a u s o w i e das männ-

Künstler,

Wirte und

Hand-

also einen G e g e n s t a n d heutiger

historischer Unterschichtenforschung. Bleibt a b s c h l i e ß e n d d i e s e m A b s c h n i t t ein H i n w e i s auf die aufklärungsgenuine Popularisierung p h i l o s o p h i s c h e r Literatur s o w i e a u f eine der aufklärerischen W i s 70

71

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73

74 75 76 77 78

Vgl.: [...] extrahirt aus den neuen Auszügen aus den besten ausländischen Wochen- und Monatschriften (AIZ 23/1771). AIΖ 32/1756; 17/1759; 13, 31 und 43-45/1761; 1, 3 und 7/1762; 27 und 30/1763; 49/1764; 29, 31 und 46/1765; 24; 26 und 29/1766 7; 16, 28, 36 (recte 37)/1767; 3 und 30f./1771; 3/1772. Dies gilt auch für die Übersetzung von englischsprachigen Artikeln mit Quellenangabe aus Britisch Chronicle (AIZ 34/1770); British Magazine (AIZ 2 [recte 3]/1767); Gentlemann's Magazin (AIZ 4 und 24/1766; 8/1769); London Chronicle (AIZ 34/1770); London Magazine (AIZ 47/1765; 17/1771); The Idler (AIZ 29/1772) und Universal Magazine [of Knowledge] (AIZ 2 [recte 3]/1767; 17/1771; 15, 19 und 23/1773). AIZ 7/1760; 36-38/1761; 32 und 33/1762; 30 und 31/1771. Dies gilt auch für die Übersetzung von französischsprachigen Artikeln mit Quellenangabe aus Gazette d'Agriculture (AIZ 47/1771); Gazette du Commerce (AIZ 25/1768); Gazette Salutaire (AIZ 11/1769; 29/1771); Journal de Medecine (AIZ 23/1768); Journal Encyclopedique (AIZ 32/1768; 52/1771; 40 und 41/1773; Journal Helvetique (AIZ 24/1769); Journal economique (AIZ 17/1765; 14 und 15/1771; 14 und 15/1772; 11 und 13/1773; 4/1774) und Mercure de France (Paris, AIZ 4, 12, 37/1766). AIZ 5/1773. Dies gilt auch für die Übersetzung von italienischsprachigen Artikeln mit Quellenangabe aus Giornale d'Italia (AIZ 35/1771) und Magazine Toscano (AIZ 9/1773). AIZ 26/1770. AIZ 9/1767. Vgl. AIZ 28/1762 und 29/1767. AIZ 45/1756. AIZ 45/1756. [J.A.E. Maschenbauer]: Neujahrsgedicht. In: AIZ 1/1748: Der gemeine Mann, der kann seiner Nahrung mühsam Wesen | zu verbessern, wann er will, manche Nachricht bei mir lesen; \ Und dieweil er Bier und Rögglen gut und wohlfeil haben kann, \ Sieht er diß und jen 's zu kauffen, nicht wie sonst den Kreutzer an. Zum Gemeinen Mann vgl. Jürgen Voss: Der Gemeine Mann und die Volksaufklärung im späten 18. Jahrhundert. In: Hans Mommsen und Winfried Schulze (Hg.): Vom Elend der Handarbeit. Probleme historischer Unterschichtenforschung. Stuttgart 1981, S. 208-233; Holger Böning: Der 'gemeine Mann' als Adressat aufklärerischen Gedankengutes. Ein Forschungsbericht zur Volksaufklärung,. In: Das 18. Jahrhundert 12 (1989). Η. 1, S. 52-80.

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senschaftsdomänen, auf die Geschichtsschreibung, im Zusammenhang mit Maschenbauers Konzept hinzuzufügen. Drei Beispiele, alle aus dem Jahr 1748, sollen dessen konzeptuelle Ambitionen deutlich machen. Zum einen gab Maschenbauer ein über 900 Seiten starkes ,Allgemeines Zeitungs-Handbuch79 heraus. Das Werk umfaßt vier Bände, darunter den ersten80 als Kompilation einer aufklärerischen ,Philosophia moralis' mit sechssprachigen81 (!) Auszügen u.a. aus Baltasar Graciäns (1601-1658) L'Homme de Cour (1684) und aus Francis de Salignac de La Mothe-Fenelons (1651-1715) Les aventures de Tilämaque (1699), also aus geradezu prototypischen Werken der europäischen Aufklärung. Kern ist ein Lexikon, das als ein - so der Haupttitel des Gesamtwerks - in allen nötigen Wissenschaften nützliche[r] Dollmetscher entworfen ist, in welchem die üblichsten [...] Politisch- Historisch- Philosophischen, Mathematischen, Juristischen, Phisicalischen, Medicinischen und zu andern Wissenschafften gehörige Kunst-Wörter [...] erkläret werden. Seine ,Intelligenz-Zettel'-Leser verwies Maschenbauer zu Begriffs- und Sacherklärungen immer wieder auf dieses Buch82, so daß es für sie zu einem unerläßlichen Instrument einer dadurch ermöglichten £Vge«aufklärung für den Zugang zu einer nun wissenschaftlich-sprachlich organisierten Welt wurde. Ebenso richtungsweisend für den ab 1748 neu eingerichteten Beitragsteil der Gelehrten Sachen war die Erklärung des Verlegers, daß ich [...] auch solche wohl auserlesene Abhandlungen berühre, welche aus dem [...] Natur- und Völker-Rechte in andern neuen Schrifften vorkommen; gleichwie auch viele wichtige Schrifften aus der Historie und Critik, mit politisch· und moralischen Anmerckungen, wodurch Verstand und Witz befördert wird [...]. Am meisten aber nehme ich die Naturlehre in ihrem weitesten Umfange mit [...] Die Haushaltungskunst, als eine der nützlichsten Wissenschafften [...] die sich guten theils auf die Glückseligkeit der Menschen gründet, wird auch einer der vornehmsten Gegenstand mit seyn n: ja, die Geschichte, wenn sie eine wichtige Begebenheit in sich faßt, oder eine gewisse Schwürigkeit auflöset, sowol als auch die angenehme Wissenschafften, wenn ich nützliche Stücke darin antreffe, und alles das, was wegen seiner Seltenheit und der mancherley Sprache den Deutschen gröstentheils unbegkannt geblieben ist, und davon ich einen Zufluß habe, sollen gleichfals von mir nicht unangemerckt bleiben,83 79

80 81 82 83

J.A.E. Maschenbauer: Der curiose und in allen nötigen Wissenschaften nützliche Dollmetscher oder: Allgemeines Zeitungs-Handbuch, in welchem die üblichsten und in der Lesung Politisch- Historisch- und in der Conversation vorkommenden Philosophischen, Mathematischen, Juristischen, Phisicalischen, Medicinischen und zu andern Wissenschafften gehörige Kunst-Wörter [...] erkläret werden. Augsburg 1748. Exemplar nachweisbar in SuStBA 4° Enc. 210. J.A.E. Maschenbauer: Allgemeines Zeitungs-Handbuch (wie Anm. 79) S. I-LXXII. Deutsch, englisch, holländisch, lateinisch, italienisch und französisch. Vgl. AIZ 15 und 48/1748. [J.A.E. Maschenbauer]: Vorbericht [...] auf das Jahr 1748. In: AIZ 1/1748.

Einleitung

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Daß dieser bildungs- und wissenschaftsgeschichtlich zentrale Begriff des ,Gelehrten' nicht mehr in barocker, sondern aufklärerischer Prägung zu fassen ist, versteht sich fast von selbst. Doch das Interesse des Verlegers war nicht nur auf eine rezeptive Wissenspopularisierung gerichtet, sondern, mit der Absicht, an die Erläuterung der Augspurgischen Geschichte Hand anzulegen84, auch auf einen eigenen, aktiven Beitrag zu einer kommunikativen Wissensorganisation und damit auf eine neue Kommunikationsstrategie. Dem ,Intelligenz-Zettel' gedachte er die Aufgabe eines öffentlich-publizistischen und damit diskursiven Diskussionsforums 85 mit originären wissenschaftlichen Beiträgen zu. Mit dem stadtgeschichtlichen Projekt verfolgte er eine aufklärungsspezifische Idee, die er durch die Publikation von Originalbeiträgen verwirklichte. Dazu gehörte nicht nur etwa J.J. Bruckers Biographie eines frühen Gelehrten (David von Augsburg86), sondern auch dessen vierteilige Darstellung der Frühgeschichte des Augsburger Buchdrucks 87 . Durch die thematische Perspektive von Maschenbauers historiographischem Projekt wird auch der rote Faden erkennbar: Es sind verschiedene Aspekte ein und derselben lokalen Wissenschaftsgeschichte, die als solche mit aufklärungstypischer Lichtmetaphorik beschrieben und an der These festgemacht werden, daß sich Augsburg dadurch nicht geringe Verdienste erworben, daß es bei der ersten Morgenröthe der aus der Nacht der Barbarei hervorbrechenden Wissenschaften dieselben aufgenommen [...] haf%. Verblüffend ist nicht nur die Sichtweise der Druckgenese als Teil der Wissenschaftsgeschichte, sondern vor allem auch die Einsicht in die Geschichtlichkeit von Wissenschaft selbst. Diese Erkenntnis gehörte zum Modernsten und Fortschrittlichsten, was das geistige Europa vor der Mitte des 18. Jahrhunderts, allen voran Jean Le Rond d'Alemberts (1717-1783) Einleitung in die Enzyklopädie (1751) zu bieten hatte. Auch wenn erstmalig in der Intelligenzblattforschung ein einziges Blatt aus unterschiedlichen fachspezifischen Perspektiven betrachtet wird, so ist damit weder die gewünschte Vielfalt beispielsweise pharmazie-, medizin-, sprach-, literatur- etwa anhand der vertretenen aufklärungsspezifischen Gattung der Fabel89 84 85

86

87 88 89

AIZ 9/1748. So hob Maschenbauer hervor, er begänne dieses Projekt der Stadtgeschichtsschreibung in der Absicht gelehrter und hiesiger Stadt Alterthümer und Geschichten kundiger Personen Meinung und Gutachten auszubitten (AIZ 9/1748). AIZ 9-11/1748. Vgl. Augsburger Stadtlexikon (2. Aufl.) S. 341f. Zur Autorschaft Bruckers vgl. Anm. 54. Vgl. Anm. 54. AIZ 8/1750. In folgenden Ausgaben finden sich bis zum Jahr 1774 ausdrücklich als Fabel bezeichnete Stücke: AIZ 48/1750; 14, 28 und 42/1752; 31/1754; 40/1755; 23/1759; 7/1760; 15, 22 und 26/1761; 51/1762; 4/1764; 19/1767 und 16/1770. Zur Fabel vgl. Hans-Wolf Jäger: Politische Kategorien in Poetik und Rhetorik der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts (Texte Metzler 10). Stuttgart 1970; Christian Hartwig Wilke: Fabel als Instrument der Aufklärung. Untersuchung der Leistungsfähigkeit eines literarischen Typus. In: Basis 2 (1971),. S. 71-102; Klaus

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rechts- sozial-, wissenschafts- und philosophiegeschichtlicher Art noch die Vollständigkeit erreicht. Dennoch geben die nachfolgenden Themen bereits einen hinreichend vertieften Eindruck von der Komplexität eines einzigen Vertreters einer einzigen Pressegattung des 18. Jahrhunderts wieder. Fassen wir nun im Blick auf die Einzelbeiträge und die Perspektive unseres interdisziplinären Fragerasters an die Intelligenzblätter die Ergebnisse zusammen.

WOLFGANG E. J. WEBER begründet durch seine Überlegungen zu „Aufklärung Staat - Öffentliche Meinung oder: Die Räson des Räsonnements" das Wissensmodell der Aufklärung und seine gesellschaftlichen Konsequenzen im Zusammenhang mit der Herausbildung neuer Strukturen der Öffentlichkeit, wie sie in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts auch durch die periodische Presse angestoßen wurden. Das Vernunftmodell sprach zwar für eine ,vernünftige' Neuordnung politischer, sozialer und ökonomischer Abläufe, aber das Postulat von der Ungleichheit der Stände und der Bestimmung des Einzelnen über seinen Ort in der Welt wurde davon nicht berührt. Hieraus ließ sich das Programm der Volksaufklärung ableiten, durch das ein jeder in die für ihn vorgesehenen Aufgaben durch bessere Bildungsgüter eingewiesen werden sollte. Die periodische Presse erwies sich als ein ausgezeichnetes Instrument der differenzierten Wissensvermittlung. Praktisches Wissen und reflektierendes, gar theoretisches Wissen bildeten zwei verschiedene Sphären, die den unterschiedlichen Schichten zugeordnet waren. Das neue Medium der Zeitungen und Magazine wurde allerdings auch zu einem mächtigen Faktor neuartiger Kommunikationsstrukturen, die vor den ,unreifen Volksschichten' nicht Halt machen konnten. Die Sorge aufgeklärter Eliten um das Einsickern kritischer Positionen gegenüber dem Staat in diese Volksschichten läßt sich an der breiten Diskussion über die Aufgaben der Zensur ablesen. Das Pressewesen barg ein nicht zu unterschätzendes Potential schwer zu kontrollierender Tendenzen und Debatten. Öffentlichkeit und Meinungspolitik bildeten am Vorabend der Französischen Revolution und in den Tagen ihres Ausbruchs bereits ihrerseits ein Feld des Räsonnements. Die periodische Presse vom Typ der Intelligenzblätter hat diesen Prozeß nachhaltig geprägt. Der Beitrag von HOLGER BÖNING über „Pressewesen und Aufklärung - Intelligenzblätter und Volksaufklärung" stellt die wichtige Rolle der Presse und des gedruckten Wortes für den Prozeß der Genese einer zunehmend mündigen Bürgergesellschaft während des 18. Jahrhunderts heraus. Die Intelligenzblätter boten ein

Doderer: Fabeln. Formen, Figuren, Lehren (dtv Wissenschaftliche Reihe 4276). München 1976; Reinhard Dithmar: Die Fabel. Geschichte, Struktur, Didaktik (utb 73). 2. Aufl. Paderborn 1974; Erwin Leibfried: Fabel (Sammlung Metzler 66). 4. Aufl. Stuttgart 1982; Peter Hasubek (Hg.): Fabelforschung (Wege der Forschung, Bd. 572). Darmstadt 1983; Hans-Wolf Jäger: Lehrdichtung. In: Hans Grimminger (Hg.): Hansers Sozialgeschichte der deutschen Literatur 3). 2. Aufl. München 1984. (Tlbd. 2) S. 500-544, hier S. 535-544.

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hervorragendes Forum für die Anliegen der Volksaufklärer. Das neue Medium war als Lesestoff mit großer Verbreitung in Stadt und Land aber mehr als nur ein Organ der Unterweisung für die unteren Stände. Ihre Verleger und Autoren nahmen in direkter Nähe zur Lebensrealität über das Kommunikationsmittel ,Intelligenzblatt' mit der Bevölkerung Kontakt auf. Im Intelligenzblatt spiegelt sich die Welt des 18. Jahrhunderts wie in einem Brennglas: Leserbriefe und Anzeigen sprechen eine beredte Sprache über ökonomische oder medizinische Alltagsprobleme - kaum ein Lebensbereich wurde ausgespart. Aufklärung erfuhr hier eine neue, emanzipatorische Dimension des Austausches zwischen denen, die Wissen vermittelten und denen, die es im Alltag erprobten. Daß die zumeist unerforschten Intelligenzblätter deutscher Sprache eine erstklassige Quelle für zahlreiche Forschungsfelder über die Kultur und Gesellschaft des 18. Jahrhunderts darstellen, macht der Beitrag deutlich. THOMAS KEMPF widmet sich dem „Pulverisierten Empirismus". Der Untertitel seiner Ausführungen knüpft an Bönings Überlegungen an, denn es geht um „Wissensdiskurse in Intelligenzblättern", also jene Kommunikationsstrategien, die mehr auf Austausch von Wissen basierten denn auf reiner Unterweisung. Kempf diagnostiziert drei Felder, auf denen sich die Wissenschaft, das Wissen und die Wissensvermittlung während der Aufklärung fortbewegten. Er unterteilt drei Erkenntnisbereiche, indem er die große Breite der Wissensvermittlung durch neue Medien anspricht, sodann den Übergang von Wissen zur Wissenschaft markiert, um abschließend zu einem Konzept einer allgemeinen Wissensgeschichte des 18. Jahrhunderts zu gelangen. Diese sei nicht als die Geschichte großer Entdeckungen und Leistungen zu schreiben, sondern als diejenige der Popularisierung und Differenzierung von systematischen Wissensordnungen und wissenschaftlichen Theorien. Da Wissen, das nicht kommuniziert werde, eben nicht vorhanden sei, müssen die historischen Kommunikationsformen in den Blick der Forschung gelangen. Die Intelligenzblätter versteht Kempf in diesem Zusammenhang als erstklassige Quelle für Diskursanalysen, da das Verhältnis von Autor, Anonymität und Autorität verschwimmt. Das Medium selbst war Teil einer Kommunikationsgeschichte, die nicht Wahrheiten, sondern Differenzierungen in die erwachende Informationsgesellschaft einfließen ließ. Die Ausführungen von GERHARDT PETRAT über „Verselbständigung und Perspektive: der gegenwärtige Stand der Intelligenzblatt-Forschung" stößt eine längst überfällige Debatte an. Die bis in die 1970er Jahre anhaltende Mißachtung der Forschung von seriellen Presseerzeugnissen der Textsorte ,Intelligenzblatt' sei zum einen ein Indikator für das stetig gesunkene Ansehen der Blätter seit dem Beginn des 19. Jahrhunderts und zum anderen ein Hinweis auf die Interessen einer historischen Kommunikationsforschung vor dem Hintergrund sich wandelnder zeithistorischer Horizonte des 20. Jahrhunderts. Ganz in Vergessenheit geriet der Wert dieser Erzeugnisse für sozialpolitische Belange und die Säkularisierung von Wissen allerdings nie. Aber es bedurfte erst eines Anstoßes von Paul Raabe

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(1974), um die Bedeutung der Printmedien als instrumentalisierte Träger der Aufklärung zu erkennen. In seinen frühen Studien zur deutschsprachigen Intelligenzblatt-Forschung hat der Autor selbst zentrale Aspekte dieses Gedankens aufgegriffen. Wegbereitende Studien zum Durchbruch einer säkularisierten Sprache über das neue Medium und die sich daraus stellende Frage nach der Rolle des Blattes im Erneuerungsprozeß der Gesellschaft markierten vor zwanzig Jahren den Beginn eines zunehmend größer werdenden Interesses der historischen Kommunikationsforschung an diesem zentralen Organ der Volksaufklärung. Jüngere Studien, deren Autoren in diesem Band weitestgehend vertreten sind, forderten zahlreiche Aspekte des Wissensdiskurses des 18. Jahrhunderts und dessen Bezug zu staatlichen, aber auch ökonomischen und philosophischen Anliegen zutage. Vernetzung von Wissen und dessen Folgen in der frühen Informationsgesellschaft bilden den Ausgangspunkt für weitere Fragestellungen und Forschungsperspektiven. WOLFGANG WÜST geht der Frage nach „Reichsstädtischen Traditionen in der Aufklärung" nach. Dabei untersucht er vor allem die „Funktion Augsburger Intelligenzblätter". Was war in und an den seriellen Presseerzeugnissen vom Typ der ,Intelligenzblätter' wirklich neu, betrachtet man sie einmal unter dem Gesichtspunkt fortwirkender Subtexte der aus dem Spätmittelalter herrührenden reichsstädtischen Kommunikationsstrukturen? Verleger und Drucker bewegten sich zwar zum einen noch ganz in den Koordinaten der Reichsorganisation, indem sie Korrespondenten(netze) an wichtigen Reichsgerichten unterhielten oder an ,Nachrichtenagenturen' angeschlossen waren. Der Reichsrechtspublizistik wurde ein relativ großer Raum zur Verfugung gestellt, es wurde über die Geschicke von Personen der Reichsorganisation berichtet, und der Verleger hielt es nicht zuletzt für ein Gebot praktischer Informationspflicht, den Lesern Verordnungen und Dekrete des eigenen Reichskreises zu übermitteln. Die Beharrungskraft traditioneller Ordnungsgefüge von Staat und Politik war im Intelligenzblatt täglich präsent. Reichsstädtische Intelligenzblätter lassen aber zum anderen auch rasch erkennen, daß ihre Publikationsorte keineswegs ,öde Inseln im Ozean der Aufklärung' waren, wie sie ein Zeitgenosse noch 1795 bezeichnet. Die Normen der publizistischen Geschäftswelt des späten 18. Jahrhunderts forderten mit Nachdruck ein marktgängiges Produkt mit Dienstleistungsangeboten für die aufstrebende Bürgerwelt. Das Zeitungswesen der Reichsstädte trug mit dazu bei, daß sich die reichsrechtliche Zensurpflicht lockerte und liberales Gedankengut europäischer Provenienz sich gerade auch in den Reichsstädten ausbreiten konnte. Im Beitrag von WERNER GREILING geht es um „Magazine für alle Gattungen der menschlichen Bedürfnisse. Intelligenzblätter in Sachsen und Thüringen". Er eröffnet den Reigen regionalspezifischer Betrachtungen. Kursachsens Presselandschaft verfugte im 18. Jahrhundert über vier Druckzentren. Das waren zum einen Dresden und Leipzig, zum anderen die Lausitz und das Erzgebirge mit seinem Vorland. In diesen Städten und Regionen entstanden, trotz relativ scharfer Zensurordnungen, die überwiegende Zahl von Zeitungsgründungen. Die Sonderstel-

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lung Kursachsens als mächtiger Mittelstaat mit einem zahlungskräftigen und gebildeten Publikum, vor allem in Dresden und Leipzig, führten zu einem raschen Anwachsen des Zeitungsmarktes auf der Grundlage eines fest eingewurzelten Medien- und Nachrichtenwesens. Intelligenzblätter entstanden hier allerdings relativ spät im 18. Jahrhundert. Thüringen bot mit seinen zersplitterten Herrschaftsgebieten für das Pressewesen der Aufklärung andere Voraussetzungen. Doch in den protestantischen Territorien entwickelte sich ein aktives Interesse am Druck von Nachrichtenmagazinen vom Typ der Intelligenzblätter. Zahlreiche Neugründungen von engagierten Verlegern spiegeln ein Bild regen Interesses am neuen Medium einer , Volkszeitung' wieder. Thüringen hat die sächsischen Medienzentren in der Gründungsdynamik noch übertroffen, indem in seinen Territorien früher und umfassender als in Kursachsen der Wert des Intelligenzblattes für die gemeinnützige Aufklärung und eine gedruckte Marktbörse erkannt worden war. Die Intelligenzblätter erfüllten auch in Sachsen und Thüringen vor allem drei Funktionen, sie bedienten das Anzeigenwesen, sie waren Mittel der Sozialdisziplinierung und sie übermittelten Nachrichten ,aus aller Welt'. Die Ausprägung dieser Dienste hing davon ab, ob Stadt und Region über Tageszeitungen verfügten oder nicht. Thüringen war da gegenüber Sachsen im Nachteil, weshalb sich aber ein regeres Intelligenzblattwesen herausbilden konnte, das vor allem für die Landbevölkerung ein Organ der praktischen Aufklärung bot. Am Beispiel des ab 1746 erscheinenden ,Erfurtischen Anfrag- und Nachrichten-Zettuls' werden die Rahmenbedingungen eingehend beleuchtet und das Konzept der Gemeinnützigkeit herausgestellt. Die große Bedeutung dieser Quellengattung für die Presseforschung und andere Teildisziplinen der Kommunikationsgeschichte werden hervorgehoben. A S T R I D B L O M E stellt das „Intelligenzwesen in Hamburg und Altona" vor. Im Medienverbund mit Altona bildete Hamburg seit dem frühen 17. Jahrhundert den bedeutendsten deutschsprachigen Pressestandort neben Leipzig und war im 18. Jahrhundert eine wichtige Nachrichtenmetropole mit einer liberalen Zensurpolitik, einer den Zeitungsmarkt befördernden Konkurrenz unter den ansässigen Druckern und Verlegern, sowie einer dem Informationswesen aufgeschlossenen Kaufmannschaft. In diesem Klima entstand ein umfassendes Bedürfnis nach Nachrichten und Information vor allem zum Nutzen des Handels. Anzeigenblätter stimulierten den Markt und steigerten den Wettbewerb unter den Kaufleuten. So konzentrierten sich die Anzeigenblätter, von denen mehrere in der Stadt zum Druck kamen, gezielt auf nützliche Informationen, die in ihrer Bedeutung für Ökonomie und Handel aus der ,unzähligen Menge von Gegenständen und Vorfallen' in der Stadt herausragten. Das Lesepublikum dieser Blätter waren die Kaufleute und die Bürgerschaft selbst. Demgegenüber hatten die verlegerischen Initiativen zur Gründung von Intelligenzblättern in Altona mehr zu kämpfen. Barrieren bildete ein stockender Anzei-

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genmarkt, die der Herausgeber der seit 1773 erschienenen ,Addres-ComptoirsNachrichten' etwa mit einem Detailhandel an nützlichen Waren kompensierte. Doch auch in Altona entwickelte sich das Intelligenzblattwesen an der Wende vom 18. zum 19. Jahrhundert zu einem wichtigen publizistischen Baustein der praktischen Volksaufklärung in privater Trägerschaft. Die Intelligenz- und Anzeigenblätter haben sich in beiden Städten gegen die Konkurrenz anderer periodischer Presseerzeugnisse mit Erfolg behaupten können. FRIEDRICH HUNEKE umschreibt in seinem Beitrag „Sozialdisziplinierung, Lektüre und gesellschaftliche Erfahrung im Vergleich. Das Intelligenzblatt und die ,Lippischen Intelligenzblätter' (1767-1799)" das Spannungsfeld, in dem zwischen dem ausgehenden 17. und dem frühen 19. Jahrhundert kameralistisch denkende Staatslenker und deren Berater die neuen Medien als Mittel der Sozialdisziplinierung erkannten und einsetzten. Da sich ein zunehmendes Lesebedürfnis in allen Ständen nicht mehr aufhalten ließ und zudem der Wert von Annoncen für den Umlauf des Warenverkehrs erkannt wurde, wurde die Gattungsbildung der Intelligenzblätter grundsätzlich befordert. Über Steuerungsmechanismen wie dem kollegialen Pflichtabonnement ließen sich „verdeckte Textinspirationen" vor allem an den Nährstand bringen. Dieses Engagement suchte allerdings die Gefahren einer politischen Meinungsbildung über das neue öffentliche Printmedium in Schranken zu halten. Eine rationale Urteilsbildung war für den Leserkreis der Intelligenzblätter nicht vorgesehen. Aber auch das bürgerliche Lesepublikum sollte sich diese durch Zeitungslektüre allein im Rahmen des geltenden journalistischen Tugendkanons' erwerben. Das ,Lippische Intelligenzblatt', 1767 von einem Lemgoer Bürgermeister und Buchhändler gegründet, bietet bestes Anschauungsmaterial für die These von der Verschränkung neuer Kommunikationsmittel und herrschaftlicher Sozialdisziplinierung. Von „monologischen Textinspirationen" ganz im Sinne der Unterweisungslehren der Volksaufklärung, aufgezeigt am Beispiel landwirtschaftlicher Themen bis hin zu mehr diskursiven Textstrukturen, die Rückmeldungen aus der Erfahrungswelt des Nährstandes einbanden und akzeptierten, entwickelt sich die Gattung bis ins frühe 19. Jahrhundert hinein zu einem durchschlagenden Medium lokaler, regionaler und überregionaler Strahlkraft. ULRICH HAGENAH behandelt in seinen Ausführungen über „Rheinische Intelligenzblätter des 18. Jahrhunderts" die Situation in den stark zergliederten Territorien der ab 1815 zusammengefaßten preußischen Rheinprovinz. Es fällt schwer, für die Zeit vor 1800 eine einheitliche Medienlandschaft ausfindig zu machen, so daß der Blick auf die zehn Intelligenzblätter fällt, die zwischen der ersten Hälfte 18. Jahrhunderts und dem Jahrhundertende in rheinischen Handels- und Residenzstädten wie Duisburg, Bonn oder Koblenz gegründet wurden. Ihr Variantenreichtum ist direkt an die Belange des jeweiligen städtischen Umfeldes sowie an obrigkeitliche Vorstellungen von der Funktion des neuen Mediums gekoppelt. Während sich in traditionellen Handelsstädten wie Köln deutlich eine Konzentration

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der Inhalte der Annoncenblätter auf die Beförderung des Warenverkehrs und die Information der Kaufleuteschaft ausmachen läßt, dienten Blätter ähnlicher Provenienz in Residenzstädten eher der Stütze staatlicher Anordnungen, die an amtliche Stellen mittels Debitzwang vermittelt wurden. Es läßt sich erkennen, daß Intelligenzblätter ganz gezielt eingesetzt wurden, um die Kommunikation zwischen Zentren und Peripherie zu beschleunigen. Die besonderen politischen Verhältnisse in den rheinischen Territorien während der Zeit der französischen Herrschaft veränderten die Zeitungslandschaft so nachhaltig, daß sich das Pressewesen in preußischer Zeit grundlegend neu gestaltete und differenzierte. Der Beitrag von LOTHAR SCHILLING analysiert die „Karlsruher und Bruchsaler Wochenblätter des 18. Jahrhunderts als ,öffentliche Policeyanstalten'." Es geht um die Frage, ob Intelligenzblätter ganz gezielt als Instrumente obrigkeitlichen Handelns zur Herstellung einer im Fluß befindlichen Ordnung des Gemeinwesens gegründet und eingesetzt worden waren. Zugleich wird ihre Rolle als Organ der Wirtschaftspolitik durch ein ausgedehntes Anzeigenwesen untersucht. Um den trockenen Stoff von Bekanntmachungen aufzulockern und die Zwangsabonnenten ländlicher Räume zum Lesen zu motivieren, unterhielten die Intelligenzblätter einen redaktionellen Teil mit vermischten Nachrichten, teils mit unterweisendem, teils mit erbauendem Charakter. Auch hier erweisen sich die Blätter als Medien der Volksaufklärung. Die tragende ökonomische Säule des Intelligenzblattwesens bildete jedoch der Abdruck landesherrlicher Verordnungen zur Durchsetzung von neuen Rechtsnormen, denn Printmedien verbesserten den Wirkungskreis von öffentlichen Bekanntmachungen erheblich. Deshalb waren die Blätter vorwiegend an Normadressaten gerichtet. Urteile gegen Verstöße der Rechtsnormen, etwa im Auswandererwesen oder im Vagantentum, wurden verbreitet und dienten der allgemeinen Sozialdisziplinierung. Die Intelligenzblätter erfüllten neben ihrer staatspolitischen ihre zweite cameralistische Funktion als wirtschaftlenkendes Informationsorgan. Marktpreise und Wirtschaftsnachrichten bildeten den Grundstock. Umkränzt wurde dieses Feld von argumentierenden Beiträgen zu nützlichen Alltagshandlungen oder auch sittlichen Ermahnungen. Der politische Meinungsbildungsprozeß blieb hingegen weitgehend außen vor. Um die Wende zum 19. Jahrhundert hatte sich das Intelligenzwesen bereits überlebt. Einen bedeutsamen thematischen Akzent setzt VOLKER DEPKAT mit seinen Ausführungen über „Die Neue Welt im regionalen Horizont. Amerikabilder im Hannoverischen Magazin, 1750-1789". Das Magazin selbst war eine gelehrte Beilage zu einem Hannoverischen Intelligenzblatt und erfüllte deshalb andere Aufgaben als den Abdruck von amtlichen Nachrichten und Wirtschaftsdaten. Es hatte einen eher diskursiven Charakter, bedingt durch die Art der Artikel und Kurzbeiträge, die von Publizisten heterogener Herkunft abgefaßt worden waren. Die Auseinandersetzung mit Nordamerika, seinen politischen, landes- und naturkundli-

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chen Bedingungen, seiner einheimischen Bevölkerung und den neuen Siedlern, wurde im besagten Zeitraum über vierzig mal zum Druck gebracht. Damit konnten sich die Leser zumindest ein eingeschränktes Bild davon machen, wie es an den Gränzen der gesitteten Welt aussah. Es handelte sich zum Teil sogar um Originalbeiträge, die eigens für das Magazin abgefaßt worden waren. Auffallig ist der im Magazin ausgebreitete Kausalzusammenhang zwischen Freiheit und Fortschritt, der für den Erfolg der aufstrebenden Zivilisation in Amerika verantwortlich gemacht wird. Obwohl die Siedlergeseilschaft prinzipiell eine in sich ruhende patriarchalische Organisation aus Bauern und Handwerkern aufgewiesen habe, spiele der Fortschrittsoptimismus im Kultivierungsprozeß, wie etwa bei der Stadtentwicklung, eine positive Rolle. Beim Indianerbild folgt das Magazin den gängigen zeitgenössischen Vorstellungen eines anthropologischen Stufenmodells mit unkultivierten Völkern ganz unten und den Zivilisationen europäischer Prägung ganz oben. Dieses Modell bildete den Ausgangspunkt unterschiedlicher Reflexionen über die eigene Gesellschaft: zum einen sei sie in ihrem gesamten Ordnungsgefüge indigenen, ,wilden' Kulturen weit überlegen, zum anderen aber offenbarte diese ein der Natur näheres Verhaltenspotential, das der zivilisierte Mensch im Begriff sei, zu verlieren. Man müsse sich daher auch auf Werte wie Robustheit und eine vernünftige Gesundheitsfürsorge besinnen. HANS-JÖRG KÜNAST legt in seinem Beitrag „Johann Andreas Erdmann Maschenbauer, sein Augsburger Intelligenz-Zettel und der Buchmarkt in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts" das Augenmerk auf die Druckproduktion. Die alte Druckerstadt Augsburg, in der seit dem 15. Jahrhundert mit Nachrichten gehandelt wurde, bot beinahe ideale Voraussetzungen für die Einrichtung des neuen Mediums der Intelligenzblätter. Der aus einer alten Verleger- und Druckerdynastie stammende Protestant Johann Erdmann Andreas Maschenbauer (1719-1773), ein früher Dienstleistungsunternehmer und Allroundtalent, ergriff im Jahr 1745 die Chance, den Zeitungs- und Buchmarkt in der durch paritätische Gesinnung geprägten Reichsstadt durch ein flexibles Organ zu bereichern. Dies nutzte er in zweierlei Hinsicht: zum einen bediente er den Anzeigenmarkt und zum anderen stellte er sich als Multiplikator und Autor in die vorderste Linie der Volksaufklärung. Seine Kontakte zu auswärtigen Verlegern und Druckern waren vielfaltigster Art. Er kaufte und verkaufte nicht nur Bücher und Zeitschriften, sondern auch druckgewerbliche Einrichtungen. Mit Weitblick und europäischem Horizont beförderte der Verleger den Markt für Periodika über viele Jahrzehnte hinweg. Maschenbauer zählt zu den beeindruckendsten Figuren der Augsburger Aufklärungsgeschichte, der mutmaßlich durch seine zugleich praktische und theoretische Wissensvermittlung breite Schichten in der Stadt erreicht hat. THOMAS MAX SAFLEY geht in seinen Überlegungen „Der ,Bürger' im Spiegel des Augsburger Intelligenzzettels" von der Beobachtung aus, daß der inhaltliche Schwerpunkt der meisten Ausgaben zwischen 1746 und 1777 im ökonomischen Feld lag. Kommerz und Gewerbe hatten einen gewissen Vorrang vor Dekreten

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und Verordnungen. Und so stellt sich die Frage, in welcher Weise der Wertekanon der Leserschaft - Augsburger Bürger zumal, die am lokalen, regionalen und überregionalen Markt verdienten - durch den Intelligenzzettel reflektiert und gestaltet wurde. Der Intelligenzzettel war zugleich ein „Spiegel fur die Bürger wie auch ein Lexikon bürgerlicher Tugenden". In der Tat lassen sich die zentralen Werte einer präkapitalistischen Bürgergesellschaft ausmachen, wenn in Gedichten, Sinnsprüchen und Betrachtungen aller Art, dem Fleiß, der Initiative, der ökonomischen Klugheit, der Selbsthilfe und der Mäßigung das Wort geredet wird. Die Intelligenzblätter enthielten somit auch ein Programm zur „Selbstreform des homo oeconomicus". Dieser solle sich als gemeinnütziges Glied der Gesellschaft begreifen und müsse daher zur ökonomischen Disziplin angehalten werden. Im Bankrotteur erblickte das Blatt das verdammungswürdige Gegenbild. Geiz und Ehrgeiz, Wollust und Hochmut würden zwar Antriebe eines jeden kommerziellen Systems sein, machten aber auch die bürgerlichen Tugenden zunichte, würden sie nicht in Grenzen gehalten. Doch der Grat zwischen Erfolg und Anerkennung einerseits und Laster und Leidenschaft andererseits war schmal. Er mußte auch durch publizistische Anstrengungen stetig neu verhandelt werden. Daß diese Tugendlehren an der ökonomischen Praxis in einer seit Jahrhunderten durch Finanzen, Handel und Gewerbe geprägten Stadt wie Augsburg vorbeigingen, in der Kaufleute wie Bankrotteure , Stammfiguren' eines ökonomischen Parketts bildeten, belegen zahlreiche wirtschaftshistorische Studien. Der Beitrag von JOSEF MANCAL „ZU Musik und Aspekten des Musikmarktes des 18. Jahrhunderts im Spiegel des Augsburger Intelligenz-Zettels" unterzieht das neue Medium einer Analyse von frühen Selbstorganisationsphänomenen des Musikmarktes, von Spuren einer öffentlich-bürgerlichen Musikpflege sowie von der Geschmacksbildung und ästhetischen Urteilskraft. Musik und Musikmarkt waren im 18. Jahrhundert starken Wandlungen unterworfen, was sich in den Inseraten und redaktionellen Beiträgen, in den Fundsachen und im Stellenmarkt und nicht zuletzt in den Nota der ankommenden Passagiere des Maschenbauerschen Intelligenzzettels deutlich niederschlug. Ein reger Musikmarkt offenbart sich in der Reichsstadt Augsburg, die an der Achse bedeutender kunstfördernder Höfe etwa zwischen Wien und London lag, und die von den Ausstrahlungen italienischer Musikproduktion profitierte. Die Anfänge eines modernen Musikkonsummarktes im Instrumenten- und Musikalienhandel und das Aufkommen von Modetrends lassen sich ebenso fassen wie der Beginn einer Debatte über eine Nationalisierung der Geschmacksempfindungen. Musik und Musikpflege wurden eingebunden in die Diskurse einer sich politisierenden, emanzipierenden und nationalisierenden Bürgergesellschaft. GODE KRÄMER u n t e r s u c h t das K o m p l e m e n t ä r p h ä n o m e n z u m M u s i k m a r k t in

seinen Überlegungen zu „Kunst im Spiegel der Augsburger Intelligenzzettel". Zunächst werden die offerierten Gemälde untersucht und der Frage nachgegangen, ob man aus den Anzeigen Verbindungen zu heutigen Sammlungen herstellen

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kann. Verballhornte Künstlernamen, unklare und zu weitläufige Angaben wie etwa der partienweise Verkauf von Originalgemälden oder der Hinweis auf „Landschaft mit Bauern" machen dieses Unterfangen weitgehend zunichte. Doch lassen sich einige Beispiele finden, für die sich eine nähere Untersuchung lohnt, etwa das Angebot einer monumentalen Kreuzwegstation von Marchesini, von der sich heute Teile in der Bayerischen Staatsgemäldesammlung befinden. Auffallend ist, daß bekannte Augsburger Künstler selten oder gar nicht auftauchen, und daß in den frühen Jahrgängen um die Mitte des Jahrhunderts der Kunstmarkt wohl stärker florierte als in den Jahrzehnten danach. Auf dem Markt wurden aber nicht nur die Produkte bewegt, sondern auch die Kupferstecher inserierten in eigener Sache, die Verleger selbst und deren auswärtige Partner boten Dienstleistungen an. Eine frühe Werbewelt läßt sich fassen. Ein ausgedehntes Subskribentensystem ist zu verzeichnen. Preise und Löhne sind zu erfahren. Der Kunstmarkt und seine Nebenprodukte und nicht zuletzt die ästhetischen Vorlieben der Reichsstädter finden im Maschenbauerschen Intelligenzblatt ihren Niederschlag. Die Untersuchungen von OLIVER HOCHADEL widmen sich unter dem Titel „Am meisten aber nehme ich die Naturlehre in ihrem weitesten Umfange mit..." der „Präsenz der Naturwissenschaften im ,Augsburgischen Intelligenz-Zettel'." Die Naturlehre, so hatte es der naturwissenschaftlich gebildete und begeisterte Verleger Maschenbauer in einer frühen Ausgabe programmatisch formuliert, müsse vor allem in ihren nützlichen Anteilen unter das Publikum gebracht werden. In der Rubrik Gelehrte Sachen und unter den Verkaufsanzeigen wurde diese Ankündigung eingelöst. Die Leserschaft wurde von vielen Neuerungen unterrichtet, konnte optische und astronomische Geräte erwerben und wurde in die Grundlagen vor allem der Elektrizitätslehre eingeführt, die die Zeitgenossen besonders begeisterte. Elektrisiermaschinen kursierten in der Stadt, schaustellernde Wanderwissenschaftler führten ihre Kunststücke vor. Anwendungsbereiche wurden diskutiert, die sich in der Medizin, im Blitzschutz und in einer Fülle neuer Erfindungen niederschlugen. Auffallend ist der Versuch Maschenbauers, einen Beitrag dazu zu leisten, daß die Meteorologie in den Rang einer Wissenschaft aufsteigen werde. Es ging nicht nur um die Bekämpfung des Wetteraberglaubens, sondern auch um ökonomische Gesichtspunkte der Verbesserung der Landwirtschaft. Die Grundlagen dieser Wissenschaft bildeten die Instrumente, auf deren Erkenntniswirkung der Verleger fest vertraute. Das Intelligenzblatt markierte einen wichtigen Baustein der Volksaufklärung im naturwissenschaftlichen Feld. Es erreichte ein Lesepublikum, das an den neuen Techniken sehr interessiert war und ihren praktischen Nutzen zur Kenntnis nahm. Maschenbauer sprach mehr mit eigener Stimme denn als Handlanger obrigkeitlicher Doktrinen, wenn er den Lesern in der freien Reichsstadt die Grundsätze der Naturlehre nahezubringen trachtete. KARL-AUGUST KEIL widmet sich der „Astronomie im Spiegel des Augsburger Intelligenzzettels". Verleger Maschenbauer hatte bekanntlich eine besondere Pas-

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sion für die zeitgenössische Astronomie und den Gebrauch optischer und astronomischer Geräte. Er registrierte und interpretierte eine Vielzahl aktueller Himmelserscheinungen, die vormaligen Generationen noch als Wunderzeichen gegolten hatten: Kometen, Finsternisse, Venusdurchgänge und Nordlichter. Maschenbauer mit seiner Vorliebe für das Meßbare machte seine Leser mit den wissenschaftlichen Theorien der Zeit bekannt - Kopernikus, Kepler, Newton - und vermittelte so ein aufgeklärt-naturwissenschaftliches Weltbild, das freilich den dahinter wirkenden Schöpfungsplan nicht in Frage stellte. Geophysikalische Themen wurden einer ebenso sorgfältigen Betrachtung unterzogen, indem er den Erdbeben, der Wirkung des Mondes oder den Sternschnuppen längere Passagen widmete. Doch der Praktiker schimmerte dabei immer deutlich durch, etwa bei der Bemerkung über eine Taumeßmaschine oder bei der Anleitung zum Bau eines Sternschnuppensimulators. Allgemeine Betrachtungen über die Bewohnbarkeit anderer Planeten und deren Zeitumstände, über das Entstehen des Weltalls und die Möglichkeiten zukünftiger Luftreisen eröffnen einen Blick in die Werkstatt eines Aufklärers, der auf einem erstaunlich hohen Niveau die Wissenschaft vom Universum reflektierte und die Stadtbürger darin unterhaltend unterwies. In ihren Ausführungen über die „Aberglaubenskritik im Augsburger Intelligenzzettel" setzt sich NICOLE STIEB mit einem Thema auseinander, das im Zentrum volksaufklärerischer Bemühungen stand. Maschenbauer ordnete ihn in ein Spektrum zwischen Betrug, Dummheit und Lächerlichkeit ein. Doch auch der Teufel als Gaukler und Versteller mochte seine Hand noch im Spiel gehabt haben. Der Verleger breitete das klassische aberglaubenskritische Programm seiner Zeit unter den Augsburger Lesern aus. So warnte er sie ausdrücklich vor der Anwendung von Zaubermitteln, vor den Machenschaften eines betrügerischen Wanderzauberers und vor den Sprüchen der Planetenleser und Kalendermacher. Übernatürliche Wesen waren allerdings für ihn zweifelsohne existent, aber ihre Macht über die Menschen schätzte er als sehr gering ein. Beschäftigt haben ihn auch Dämonen, Untote und sensationelle Berichte über Mißgeburten oder Fabelwesen. Je nach Stand der Forschung und nach den Informationen, die er sich zum Teil aus Reiseberichten besorgt hatte, fiel sein Urteil verschieden aus. Doch stets bemühte er sich um eine Perspektive, die auf der Höhe seiner Zeit stand. Soweit er konnte, überblickte er die naturwissenschaftlichen Positionen seiner Zeitgenossen. Doch in den schwankenden Zuordnungen manch unerklärbarer Phänomene war der Weg zu einem neuen, wissenschaftlichen Aberglauben bereits angelegt; die periodische Publizistik hat nicht eben wenig zum modernen Sensationsjournalismus beigetragen, in dem sie die Erinnerung an den Wunderglauben wach hielt und streute. ULRIKE GROSSE s t e l l t d e n „ A u g s b u r g e r I n t e l l i g e n z - Z e t t e l a l s p o p u l ä r m e d i z i n i -

schen Ratgeber zu Fragen der Prävention und Selbstbehandlung von Krankheiten" vor. Maschenbauer möchte in diesen Feldern den Kenntnisstand und die Urteilsfähigkeit seiner Leser schulen. Er berichtet über neue alltagspraktische Anwen-

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dungsmöglichkeiten etwa der Elektrizität zu Heilzwecken oder über die fachmännische Rettung Ertrinkender. Sein Augenmerk galt allerdings in der Hauptsache grundsätzlichen Erwägungen über eine gesunde Lebensführung aller Stände. Mäßigung und Reinlichkeit - ersteres empfahl er den oberen, letzteres den unteren Ständen - waren nur zwei der Prinzipien, die er der Bevölkerung nahelegte. Sein Wissen bezog er aus ganz unterschiedlichen Quellen wie Preisschriften, medizinischen Dissertationen oder der aktuellen Hausväterliteratur. Die Modeärzte seiner Zeit waren ihm bekannt und wurden ins Spiel gebracht. Wichtig erschien ihm vor allem eine gesunde Ernährung. Doch dabei entsteht der Eindruck, daß kein Speiseplan mehr dem kritischen Urteil des Aufklärers standzuhalten vermochte. Beinahe jede Speise habe ihre schädlichen oder gar giftigen Bestandteile. Zu Felde zog er gegen den Gaumenluxus der Oberschichten, vor allem gegen den in Mode gekommenen Kaffeegenuß. Wein und Kakao hingegen waren in seinem Urteil zuträgliche Getränke. Empfohlen wurden Kuren und behutsame Selbsttherapien mit anerkannten Heilpflanzen und den üblichen Hausmitteln. Das Impfen - vor allem von der Landbevölkerung vehement abgelehnt - erschien ihm als eine zukunftsträchtige Vorbeugemethode. So sehr der Verleger sich auch um eine medizinische Aufklärung bemüht, so widersprüchlich handelt er als Detailhändler von zweifelhaften medizinischen Wunderprodukten, die er in seinem Kontor bereit hielt und in seinem Intelligenzzettel regelmäßig annoncierte. Die zahlreichen Beiträge zur Ideengeschichte der Volksaufklärung und ihrer Verbreitung beleuchteten zweifelsohne wichtige Entwicklungsschritte des Intelligenzblattes insgesamt. Unser Anliegen heute kann und muß es sein, die Intelligenz auch in den Diskurs der anderen Fächer zu stellen. Die Ergebnisse des interdisziplinären Augsburger Symposions verknüpften Fragestellungen aus den Naturwissenschaften mit denen in den Geisteswissenschaften. Fragen und Antworten schritten querbeet von der Politik zur Ökonomie, von der Volkskunde zur Landesgeschichte, von der Musik zum Buchmarkt oder von der Kunstgeschichte zu den Sozialwissenschaften.

Pressewesen der Aufklärung

Aufklärung - Staat - Öffentliche Meinung oder: Die Räson des Räsonnements Wolfgang E. J. Weber

Einleitung Die Policey-Gesetze [...] können auch in die Intelligenz-Blätter eingedruckt werden; und wenn die neuen Gesetze den Nahrungsstand betreffen, welchem solche Blätter hauptsächlich gewidmet sind, so ist diese Einrückung notwendig. Ob man aber denen Verfassern der Intelligenz-Blätter gestatten soll, über die Landesherrlichen Edikte zu commentiren, [...] das ist eine andere Frage, die ich nicht gerne bejahen möchte, wenn nicht wenigstens solche Erklärungen vorher von dem höchsten Policey-Collegio durchgesehen und gebilliget sind.1 Aus dieser insgesamt eher beiläufigen Namhaftmachung desjenigen - in diesem Fall allerdings: territorialen - Zeitschriftentyps, mit dem sich dieser Tagungsband hauptsächlich befassen wird, lassen sich drei hier interessierende Grundprobleme erschließen. Der Begründer der Policeywissenschafit Johann Gottlob von Justi (1717-1771), von dem diese Aussagen stammen,2 stellt erstens die Intelligenzblätter in den Zusammenhang der Policeygesetzgebung, d.h. der politisch-exekutiven Aktivitäten des frühmodernen Staates zur Herstellung von Zucht und Ordnung sowie innerer Sicherheit und Wohlfahrt.3 Zweitens schreibt 1

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Johann Heinrich Gottlob von Justi: Grundsätze der Policey-Wissenschaft. Göttingen 1756. S. 31 Of. - Der E. W. zum 10. Dezember 2001 gewidmete Beitrag bringt die überarbeitete und erweiterte Fassung meines Tagungsvortrags, für dessen Kommentierung ich diversen Kolleginnen und Kollegen zu danken habe. Vgl. knapp und mit weiteren Verweisen Ingmar Kurt Ahl: J. H. G. von Justi. In: Michael Stolleis (Hg.): Juristen. Ein biographisches Lexikon. München 1995. S. 330f.; sowie Horst Dreitzel: Monarchiebegriffe in der Fürstengesellschaft. Semantik und Theorie der Einherrschaft in Deutschland von der Reformation bis zum Vormärz. Köln u.a. 1991. Bd. 2. S. 11011103 u.ö.; und ders.: Absolutismus und ständische Verfassung in Deutschland. Ein Beitrag zu Kontinuität und Diskontinuität der Politischen Theorie in der frühen Neuzeit. Mainz 1992. S. 100-120 u.ö. Vgl. grundlegend Karl Härter: Entwicklung und Funktion der Policeygesetzgebung des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation im 16. Jahrhundert. In: Ius Commune 20 (1993).

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er den Intelligenzblättern Publikationsaufgaben vornehmlich auf ökonomischem, sprich landwirtschaftlichem, gewerblichem und merkantilem Gebiet zu. Drittens schließlich schneidet er die Frage der Zensur dieser Zeitschriftengattungen an, und zwar mit dem Ergebnis der Bejahung zumindest einer verbindlichen Vorzensur durch die höchste Policeybehörde. Wir haben es bei den Intelligenzblättern aus der Perspektive Justis also mit einem sachthematisch auf die Ökonomie fokussierten, staatsbezogenen und policeykontrollierten Typ periodischer Presse zu tun, der auf systemstabilisierende und systemoptimierende Reformen, also aufgeklärten Absolutismus, aber keineswegs auf freies, aufklärerisches Räsonnement abgestellt ist. Welches Wissensmodell der Aufklärung4 und welche Einsichten oder Vorstellungen über seine Umsetzung bzw. welche Annahmen über die Funktionen und Wirkungen von Öffentlichkeit liegen diesen für die zweite Hälfte des 18. Jahrhunderts in Deutschland repräsentativen Darlegungen5 zugrunde? Die vorliegende Skizze hat sich zur Aufgabe gemacht, üblicherweise unter den Titeln , Aufklärung' bzw. ,Aufklärung und Kommunikation' sowie ,Absolutismus und Öffentlichkeit' oder Pressefreiheit' und ,Zensur' abgehandelte Komplexe6 im Hinblick

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S. 61-141; ders.: Soziale Disziplinierung durch Strafe? Intentionen frühneuzeitlicher Policeyordnungen und staatliche Sanktionspraxis. In: Zeitschrift für historische Forschung 26 (1999). S. 365-379; und ders. (Hg.): Policey und frühneuzeitliche Gesellschaft. Frankfurt a. M. 2000. Sowie als eine vorzügliche Fallstudie Achim Landwehr: Policey im Alltag. Die Implementation frühneuzeitlicher Policeyordnungen in Leonberg. Frankfurt a. M. 2000. Die Nähe des Intelligenzblattes zur Policey hat in grundlegenden Beiträgen bereits Holger Böning herausgearbeitet und problematisiert, vgl. ders.: Das Intelligenzblatt. Dokumentation zu einer literarisch-publizistischen Gattung der deutschen Aufklärung. Bremen 1991; und ders.: Das Intelligenz-Blatt als literarisch-publizistische Gattung. In: Richard Fisher (Hg.): Ethik und Ästhetik. Werk und Werte in der Literatur vom 18. bis zum 20. Jahrhundert. Frankfurt a. M. u.a. 1995. S. 121-134. Wolfgang Schmale: Allgemeine Einleitung. In: Ders., Nan L. Dodde (Hg.): Revolution des Wissens? Europa und seine Schulen im Zeitalter der Aufklärung (1750-1825). Bochum 1991. S. 1-46, hierS. 39 u.ö. Vgl. zum Reformabsolutismus als „Gemeingut der Aufklärung in Deutschland" (Dreitzel, Absolutismus (Anm. 2) S. 113) neben Hämisch M. Scott: Enlightened Absolutism. Reform and Reformers in Late Eighteenth-Century Europe. Basingstoke-London 1990; Günter Vogler: Absolutistische Herrschaft und ständische Gesellschaft. Reich und Territorien von 1648 bis 1790. Stuttgart 1996; sowie Horst Möller: Vernunft und Kritik. Deutsche Aufklärung im 17. und 18. Jahrhundert. 4. Aufl. Frankfurt a. M. 1997; jetzt Walter Demel: Europäische Geschichte des 18. Jahrhunderts. Stuttgart 2000. Und Barbara Stollberg-Rilinger: Europa im Jahrhundert der Aufklärung. Stuttgart 2000. Zuletzt u.a. neben den bereits genannten Titeln Roy Porter: The Enlightenment. Atlantic Heights. N.J. 1990; Ulrich im Hof: Das Europa der Aufklärung. München 1993; Anselm Maler u.a. (Hg.): Europäische Aspekte der Aufklärung. Frankfurt a. M. u.a. 1998; Hans Erich Bödeker (Hg.): Über den Prozeß der Aufklärung in Deutschland im 18. Jahrhundert. Personen, Institutionen und Medien. Göttingen 1987; ders.: Aufklärung als Kommunikationsprozeß. In: Aufklärung 2 (1987) H. 2. S. 89-111; Johannes Kunisch: Absolutismus und Öffentlichkeit. In: Hans-Wolf Jäger (Hg.): „Öffentlichkeit" im 18. Jahrhundert. Göttingen 1997. S. 33-49; Andreas Gestrich: Politik im Alltag. Zur Funktion politischer Information im deut-

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auf das Phänomen der Intelligenzblätter synthetisch durchzumustern. Es geht also nicht um diesen Zeitschriftentypus selbst, sondern um dessen Voraussetzungen. Auf die bahnbrechenden Studien von Friedrich Huneke und Thomas Kempf wird zwar Bezug genommen, jedoch eine von ihnen abweichende Perspektive verfolgt.

Das , Wissensmodell der Aufklärung' Im Zentrum des aufgeklärten Denkens stand bekanntermaßen eine bestimmte Konzeption der menschlichen Ratio.8 Jeder Mensch sei mit natürlicher Vernunft ausgestattet, deren richtige Wahrnehmung und Gebrauch ihn zu selbständiger Erkenntnis und selbständigem, vernunftgemäßem Handeln befähige. Die hinreichende Vernunftwahrnehmung und der korrekte Vernunftgebrauch durch jeden Menschen werde aber - so diese Auffassung weiter - zur gleichen, eben vernünftigen Orientierung und zu gleichem, vernünftigem Handeln der Menschen führen. Mit anderen Worten, aus der Erkenntnis und dem Handeln nach der Vernunft sind die Möglichkeit und Erwartung einer verbindlichen, weil eben natürlichvernünftigen Neuordnung des gesamten Kosmos, also auch der sozialen und poli-

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schen Absolutismus des frühen 18. Jahrhunderts. In: Aufklärung 5 (1990) H. 2. S. 9-27; Karlheinz Fuchs: Bürgerliches Räsonnement und Staatsräson. Zensur als Instrument des Despotismus, dargestellt am Beispiel des rheinbündischen Württemberg 1806-1813. Göppingen 1975; Detlef Döring: Frühaufklärung und obrigkeitliche Zensur in Brandenburg: Friedrich Wilhelm Stosch und das Verfahren gegen sein Buch „Concordia rationis et fidei". Berlin 1995; Jean-Pierre Lavandier: Le livre au temps de Joseph I et de Leopold II: code des lois de censure du livre pour les pays austro-bohemiens (1780-1792). Bern u.a. 1995; Christoph Guggenbühl: Zensur und Pressefreiheit. Kommunikationskontrolle in Zürich an der Wende zum 19. Jahrhundert. Zürich 1996; Wolfgang Wüst: Censur als Stütze von Staat und Kirche in der Frühmoderne. Augsburg, Bayern, Kurmainz und Württemberg im Vergleich. München 1998. Ein ergänzungsfähiger historischer Gesamtüberblick ist Louis E. Ingelhart: Press and speech freedoms in the world, from antiquity until 1998. Westport Conn. u.a. 1998. Vgl. auch den einschlägigen Artikel in: Handbuch Lesen. Im Auftrag der Stiftung Lesen und der Deutschen Literaturkonferenz hg. von Bodo Franzmann u.a. München 1999. S. 329-355; und die einschlägigen Angaben in den nachfolgenden Fußnoten. Friedrich Huneke: Die ,Lippischen Intelligenzblätter'. Lemgo 1767-1799. Lektüre und gesellschaftliche Erfahrung. Bielefeld 1989; Thomas Kempf: Aufklärung als Disziplinierung. Studien zum Diskurs des Wissens in Intelligenzblättern und gelehrten Beilagen der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts. München 1991. Grundlegend Norbert Hinske: Die tragenden Grundideen der deutschen Aufklärung. Versuch einer Typologie. In: Karlfried Gründer, Nathan Rotenstreich (Hg.): Aufklärung und Haskala in jüdischer und nichtjüdischer Sicht. Heidelberg 1990. S. 67-100; zusammenfassend ferner Werner Schneiders: Das Zeitalter der Aufklärung. München 1997; und H. Möller: Vernunft (Anm. 5); Simonetta Sann: Von der Ratio zur Weltweisheit. Drei Studien zu Lessing. Bielefeld 1999; und allgemeiner Der Traum der Vernunft, vom Elend der Aufklärung. Darmstadt u.a. 1998; eine Quelle: Johann Friedrich Röhr: Briefe über den Rationalismus. Neu herausgegeben und eingeleitet von Wolfgang Erich Müller. Waltrop 1997.

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tischen Welt, abzuleiten. „Im Fluchtpunkt der Vernunftperspektive sah die Aufklärung vorwiegend das vernunftmäßig geordnete Ganze, in das der Mensch hineingestellt war und in das er sich ,hineinerkannt' bzw. ,hineinzuerkennen' hatte."9 Nachdem diese Ordnung und deren Gesetze zuerst anhand und in der Natur zu erkennen sind, stellt sich die Aufgabe, die Gesellschaft nach den der Natur entnommenen Prinzipien zu ordnen. Zumindest „die im Naturrecht wurzelnden Verfassungsdiskussionen [...] der Epoche" unternehmen also nichts anderes, als die Naturerkenntnisse „gewissermaßen in der Verfassungsurkunde nieder[zu]legen, die damit eine Ordnung dokumentiert, mit der die Gesellschaft sich [naturhaft] in Einklang bringt [in Einklang bringen soll]".10 Entsprechend herrschen durchaus konkrete Vorstellungen über die natürliche' oder ,naturgemäße' Ordnung der Gesellschaft vor, die ganz selbstverständlich von Ungleichheit und Hierarchie geprägt sind: Ungleichheit der Geschlechter, Talente, Begabungen und - das ist der Schlüsselbegriff der Epoche - der „Bestimmungen",11 Hierarchie der Stände, des Staates usw. „Ohne Bauern, Handwerker, Arbeiter usw. [kann] keine Gesellschaft auskommen, ohne diese [und alle] Menschen ,an ihrem Platz' [ist] das übergeordnete Ziel der weltlichen Glückseligkeit aller nicht zu erreichen".12 Obwohl einzelne, in Deutschland - im Gegensatz zu England und Frankreich - nicht besonders ausgeprägte Richtungen der Aufklärung eher ein radikal individualistisch-emanzipatorisches Modell und entsprechend: Bildungsprogramm vertraten,13 stand also zunächst die Anpassung des einzelnen an die vernunftgemäß er-

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W. Schmale: Einleitung (Anm. 4) S. 39; vgl. zum französischen Fall Donald G. Charlton: New Images of the Natural in France. Α Study in European cultural history. Cambridge u.a. 1984. W. Schmale: Einleitung (Anm. 4); Otto Dann (Hg.): Naturrecht - Spätaufklärung - Revolution. Hamburg 1995; Timothy J. Hochstraesser: Natural Law theories in the early enlightenment. Cambridge u.a. 2000. Vgl. für einen wichtigen Quellentext Wolfgang Erich Müller (Hg.): Johann Joachim Spalding. Die Bestimmung des Menschen. Die Erstausgabe von 1748 und die letzte Auflage von 1794. Waltrop 1997; eine entsprechende moderne Studie fehlt, vgl. daher die einschlägigen Teile bei Sergio Moravia: Beobachtende Vernunft. Philosophie und Anthropologie in der Aufklärung. Frankfurt a. M. 1989; Jean-Marie Paul (Dir.): Images de l'homme au XVIIIe siecle. Ethetique, Litterature, Philosophie. Actes du colloque de Nancy. Nancy 1992; Katherine M. Faull: Anthropology and the German Enlightenment, perspectives on humanity. Lewisburg 1995; Paul Geyer: Die Entdeckung des modernen Subjekts: Anthropologie von Descartes bis Rousseau. Tübingen 1997; und jetzt Norbert Hinske (Hg.): Die Bestimmung des Menschen. Hamburg 1999. W. Schmale: Einleitung (Anm. 4) S. 39. Vgl. die zahlreichen Hinweise bei W. Schmale, N. L. Dodde: Revolution (Anm. 4); sowie Bruno Nieser: Aufklärung und Bildung. Studien zur Entstehung und gesellschaftlichen Bedeutung von Bildungskonzeptionen in Frankreich und Deutschland im Jahrhundert der Aufklärung. Weinheim 1992; und Heinz Rhyn: Allgemeine Bildung und liberale Gesellschaft: zur Transformation der Liberal Education in der angelsächsischen Aufklärung. Bern u.a. 1997.

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kannte, per vernünftiger Reform zu verwirklichende natürliche' Ordnung im Vordergrund. „Im Zuge der Aufklärung [wurde mithin] ein Wissen von der Gesellschaft konstruiert, das in ein gesellschaftliches, d.h. von den Gliedern der Gesellschaft [internalisiertes] und deshalb handlungswirksames Wissen umgesetzt werden sollte."14 Die Prinzipien dieses Wissens mußten konsequenterweise überall gleich sein, von der lokalen über die regionale zur nationalen und schließlich globaluniversalen Ebene. Das Wissen war ferner zukunftsorientiert angelegt, weil und indem es als Wissen für die Erkenntnis und möglichst gemeinsame, mehr oder weniger schnelle Herstellung naturgemäß-vernünftiger Ordnung konzipiert war. Es „bildetfe sozusagen] die intellektuelle Infrastruktur, über die die Koordinierung aller Teile je der nationalen Gesellschaften, letztlich auch der Menschheitsgesellschaft organisiert [werden sollte]."15 Die Umsetzung dieser Grundprinzipien in konkrete Bildungspolitik konnte angesichts des scharfen Realitätsblicks der aufgeklärten Eliten allerdings keineswegs ohne weiteres erfolgen. Zu berücksichtigen waren vielmehr die jeweils unterschiedlichen Anlagen und Voraussetzungen der Bildungsadressaten: das Alter, die physische und mentale Konstitution, die intellektuelle Befähigung, die soziale Zugehörigkeit bzw. Prägung, etc. Am konsequentesten durchdacht und trotz erheblicher Defizite 16 annähernd umgesetzt wurden diese Bedingungen im Schulbereich: Differenzierung des zu vermittelnden Wissens und der jeweiligen Vermittlungsformen je nach Alter, Geschlecht, Familienumständen, Schichtzugehörigkeit, äußeren Gegebenheiten wie Klassengröße bis hin zur Beschaffenheit des Schulgebäudes und des Mobiliars, der Qualifikation des Lehrers, der zu empfehlenden Unterrichtsmethoden bis zum Lehrbuch, des Abstraktheitsgrades des Lehrstoffs etc. Ausgegangen werden sollte und wurde jeweils von möglichster Wirklichkeitsnähe, also der Empirie (Naturbeobachtung), mit der Konsequenz der Förderung grundsätzlich zunächst der sogenannten realistischen Fächer - Natur-, Erd- und Menschenkunde, Zeichnen, Vermessen, Berechnen, in Anwendung auf das Berufsleben Gartenbaukunde, Landwirtschaft, häusliche und berufsspezifische Buchführung, für die Mädchen Weben, Stricken, Kochen usf. „Vermessungskunde und Zeichnen z.B. gibt es [also] in einer elementaren Version für den Elementarunterricht und in den verschiedenen komplexen Versionen für beruflich-technische oder für die allgemeinen Sekundärschulen. Physik, Mathematik, Geodäsie, Geographie etc. nehmen auf dem postelementaren Niveau 14 15 16

W. Schmale: Einleitung (Anm.4) S. 40. W. Schmale: Einleitung (Anm.4) S. 40. Vgl. außer dem o.a. Sammelband von W. Schmale, N. L. Dodde noch immer die bahnbrechende Studie von Wolfgang Neugebauer: Absolutistischer Staat und Schulwirklichkeit in Brandenburg-Preußen. Berlin-New York 1985; und James V. Melton: Absolutism and eighteenth-century compulsory schooling in Prussia and Austria. Cambridge u.a. 1988.

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oder in beruflich-technischen Schulen komplexere Formen an. Diese Abstufung des Wissens erklärt sich nicht nur daraus, daß auf unterschiedliche Entwicklungsstufen der Vernunft vom Kind bis zum Erwachsenen Rücksicht genommen werden muß, sondern sie orientiert sich auch an den Schichtungen der Gesellschaft und den von den jeweiligen Schichten einzunehmenden Plätzen in einer sinnvollen Gesellschaftsordnung, wo jeder seinen nützlichen Platz hat. Der Bauer z.B. soll lesen können, damit er landwirtschaftliche Neuerungen verstehen kann, die rationellerweise in gedruckter Form weiterverbreitet werden müssen. Er muß aber nicht die philosophische Klasse des Gymnasiums besuchen, um seiner Aufgabe, eben der des Landwirts, gerecht zu werden."17 Dennoch gaben sich zumal die stärker politisch-emanzipatorisch geprägten Richtungen und im Rahmen ihrer allgemeinen Politisierung gegen Jahrhundertende die gesamte Aufklärung bekanntermaßen nicht mit diesem realistischen Bildungsprogramm für die unteren Schichten zufrieden. Ihre eifrigsten Vertreter engagierten sich vielmehr bei dem Versuch, auch z.B. den Bauern vereinfacht formulierte Grundregeln der Vernunfterkenntnis und der Umsetzung erkannter Vernunftregeln zu vermitteln. Nämlich im Rahmen der sogenannten Volksaufklärung, die sich grundsätzlich zunächst übrigens mit der Sprache als Grundvoraussetzung jeglichen Wissenserwerbs und jeder Vernunfterkenntnis zu befassen hatte. Gerade wenn man das Volksschulwesen und die nichtschulische, über Vorträge, Lesegesellschaften und entsprechende Presseprodukte vom aufgeklärten Kalender und einschlägigen Zeitschriften bis zu Aufklärungsflugschrift, Lehrgedicht und Lehrerzählung vermittelte Massenaufklärung berücksichtigt, kann man tatsächlich bis zu einem gewissen Grade von einer „Revolution des Wissens" (Wolfgang Schmale) für das 18. Jahrhundert sprechen.18

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W. Schmale: Einleitung (Anm. 4) S. 40f. - Auf die biologischen, psychologischen und sonstigen Voraussetzungen oder Wirkungen des Lesens, wie sie die einschlägigen Artikel im Handbuch Lesen (Anm. 6) sowie jetzt der Sammelband Alfred Messerli/Roger Chartier (Hg.): Lesen und Schreiben in Europa 1500-1900. Vergleichende Perspektiven. Basel 2000, beschreiben und nicht zuletzt anhand der Volkskultur historisch exemplifizieren, kann hier nicht eingegangen werden. W. Schmale: Revolution (Anm. 4); vgl. ders.: Erziehungskonzepte im Zeitalter der Aufklärung in Frankreich und Deutschland. Über den Widerstreit von „Volks-" und „Elitekultur". In: Informationen zur erziehungs- und bildungshistorischen Forschung 33 (1988). S. 13-32; Holger Böning, Reinhart Siegert (Hg.): Volksaufklärung. Biobibliographisches Handbuch zur Popularisierung aufklärerischen Denkens im deutschen Sprachraum von den Anfangen bis 1850. Bd. 1. Stuttgart-Bad Canstatt 1990; Reinhart Siegert: Zum Stellenwert der Alphabetisierung in der deutschen Volksaufklärung. In: Paul Goetsch (Hg.): Lesen und Schreiben im 17. und 18. Jahrhundert. Studien zu ihrer Bewertung in Deutschland, England und Frankreich. Tübingen 1994. S. 109-124; ders.: Die „Volkslehrer". Zur Trägerschicht aufklärerischer Privatinitiative und ihren Medien. In: Jahrbuch für Kommunikationsgeschichte 1 (1999). S. 62-86; Alfred Messerli/Roger Chartier (Anm. 17).

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Gesellschaftliche und politische Determinanten der Umsetzung des aufgeklärten Wissensmodells Daß die aufgeklärte „Revolution des Wissens" auch Grenzen hatte, ergab sich aus den spezifischen Bedingungen des Säkulums, die von einem Teil der aufgeklärten Eliten durchaus klar wahrgenommen wurden. Diese Bedingungen bestanden in der angenommenen oder vermeintlich erkannten Unkultur sowie je länger desto mehr Unbelehrbarkeit bzw. Unerziehbarkeit des einfachen ,Volkes', der Existenz und dem Wirken von Aufklärungsverweigerern sowie den Aneignungen und Instrumentalisierungen aufgeklärten Wissens durch Herrschende bzw. Vertreter des unmittelbaren Herrschafts- oder Staatsinteresses. Die Erforschung der Volkskultur im Gegensatz zur Elitenkultur bildet zumal iur das 18. Jahrhundert einen mittlerweile umfassenden interdisziplinären Komplex.19 Entsprechend sind die hauptsächlichen Merkmale der Kultur der kleinen Leute inzwischen schärfer profiliert als jemals zuvor. Zu den wichtigsten Elementen gehört der Tatbestand, daß es sich um eine Oralkultur handelte. Über das gesprochene Wort vollzog sich der Wissenserwerb, und zwar kaum als separiertes Ereignis oder gar institutionalisierter Vorgang, sondern als Begleiterscheinung familiärer, allgemein gesellschaftlicher und arbeitsbezogener Sozialisations- und Lernprozesse. „Daraus ergibt sich eine bestimmte Wissensstruktur, die sich eng an das Alltagsleben, an die alltäglichen Erfahrungsbereiche und Horizonte anlehnt."20 Besonders bedeutsam war die Begrenzung dieser Bereiche und Horizonte in räumlicher und zeitlicher Hinsicht. Nicht zuletzt angesichts der dominanten Erfahrung existentieller Bedrohung durch Krankheiten, Krisen und Katastrophen bzw. der Mühseligkeit und Ungesichertheit täglichen Überlebens ergab sich eine Konzentration auf die unmittelbare Lebenswelt. Das Wissen der Menschen dieser Lebenswelten als unkomplex und statisch anzusehen, wäre jedoch verfehlt. Vielmehr ist im Gegenteil angesichts der Totalität und Verflochtenheit dieses Wissens - Wahrnehmungen und Deutungen gehen ineinander über, Physik und Metaphysik bzw. Faktenwissen, Orientierungswissen und Glauben sind hochspezifisch miteinander vernetzt - von einem außerordentlich hohen Komplexitätsgrad 19

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Peter Burke: Popular culture in Early modern Europe. London 1978 (ND Aldershot 1988); Robert Muchembled: Kultur des Volkes, Kultur der Eliten. Geschichte einer erfolgreichen Verdrängung. Stuttgart 1982; Benoit Garnot: Le peuple au siecle des lumieres. Paris 1990. Frank Günther Zehnder (Hg.): Eine Gesellschaft zwischen Tradition und Wandel: Alltag und Umwelt im Rheinland des 18. Jahrhunderts. Köln 1999. W. Schmale: Einleitung (Anm. 4) S. 42; vgl. ferner für eine wichtige historische Fallstudie Ferdinand Kramer: Außenbeziehungen und Einzugsgebiet eines Dorfes in der Frühen Neuzeit. Untermühlhausen: Erfahrbare Welt von Dorfbewohnern und Verbreitungsmöglichkeiten geistiger Strömungen in einer ländlichen Region. In: Peter Fassl u.a. (Hg.): Aus Schwaben und Altbayern. Festschrift fur Pankraz Fried zum 60. Geburtstag. Sigmaringen 1991. S. 133155.

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auszugehen und muß dieses Wissen angesichts seiner Leistung, dem historischen Wandel ausgesetzte und nicht zuletzt im Zuge des Wachstums der Staatsgewalt zunehmend schärfer herausgeforderte Lebenswelten flexibel zu sichern, als hoch produktiv bewertet werden.21 Die Problematik des Aufeinandertreffens von gelehrt-aufgeklärtem Reform-, Systematisierungs- und Fortschrittseifer und lokaler Alltagskultur kann kaum überschätzt werden. Aus der ungleichen Kommunikationssituation - der leidenschaftlich um das Wohl der gemeinen Leute bemühte, aber gerade deshalb unvermeidlich von einer höheren Ebene her belehrende, im Fall des aufgeklärten Pastors oder Pfarrers wortwörtlich predigende Aufklärer hatte sich herabzulassen', mußte ,leutselig' werden bzw. ,sich mit den Leuten gemein machen'22 - erwuchsen noch vor dem inhaltlichen Wissenstransfer wesentliche Schwierigkeiten. Wie bereits angesprochen hatten sich die Aufklärer in ihren Kommunikationsformen und Medien deshalb der Volkskultur anzupassen, was wiederum deren Kenntnis voraussetzte und daher spätestens an der Wende zum 19. Jahrhundert zu Frühformen der Volkskunde führte.23 Das bedeutete einen verstärkten Einsatz von Mündlichkeit, konkret die entsprechende Angleichung der gelehrten Dialog- und Konversationsformen an die Oralitätsformen ,des Volkes'; das bedeutete die Selektion und Bevorzugung bestimmter literarischer Gattungen und publizistischer Sorten vor anderen, auf das gebildete oder gelehrte Publikum abgestellten. Das bedeutete den verstärkten Einbezug auch (wieder) des Bildes und das bedeutete die Entwicklung entsprechender ,volksdidaktischer' Konzeptionen und Prinzipi-

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Rudolf Schenda: Orale und literarische Kommunikationsformen im Bereich von Analphabeten und Gebildeten im 17. Jahrhundert. In: Wolfgang Brückner u.a. (Hg.): Literatur und Volk im 17. Jahrhundert. Probleme populärer Kultur in Deutschland. Teil II. Wiesbaden 1985. S. 447-464, hier - mit näherer Erläuterung des Wissenserwerbs über die Alltagssprache - S. 453f.; Peter Burke: Helden, Schurken und Narren. Europäische Volkskultur in der frühen Neuzeit. Stuttgart 1981. Jens Ivo Engels (Königsbilder. Sprechen, Singen und Schreiben über den französischen König in der ersten Hälfte des achtzehnten Jahrhunderts. Bonn 2000) kann allerdings eine erstaunliche Nähe der politischen Volkskultur auch zur Tagespolitik nachweisen, und zwar mit durchaus kritischer Färbung. So richtig bereits Hermann Bausinger: Herablassung. In: Eberhard Müller (Hg.): „... aus der anmuthigen Gelehrsamkeit." Tübinger Studien zum 18. Jahrhundert. Dietrich Geyer zum 60. Geburtstag. Tübingen 1988. S. 25-39; vgl. für den Gesamtzusammenhang außerdem Holger Böning: Aufklärung auch fur das Volk? Buchhandel, Verleger und Autoren des 18. Jahrhunderts entdecken den gemeinen Leser. Oldenbourg 1998. Holger Böning: Einführung in den 1. Teil. In: Ders., Siegert: Volksaufklärung (Anm. 18) S. XIX-IL, hier S. XLVII; vgl. jetzt auch Wolfgang Brückner: Wissenschafts- und Institutionengeschichte der Volkskunde. Würzburg 2000. Wie Anm. 23. Die höchst interessante Frage, ob (gedruckte) Literatur bereits Medium und Instrument von Disziplinierung ist bzw. sein kann (konnte), kann hier nicht weiter verfolgt werden; vgl. dazu zuletzt Reiner Wild: Literatur im Prozeß der Zivilisation. Entwurf einer theoretischen Grundlegung der Literaturwissenschaft. Stuttgart 1982; Matthias Lusenke: Die Bändigung der wilden Seele. Literatur und Leidenschaft in der Aufklärung. Stuttgart/Weimar

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Inhaltlich war das aufgeklärte Wissensangebot an die unmittelbaren Bedürfnisse der einfachen Leute anzupassen. Bezeichnenderweise im Vordergrund standen daher zunächst der medizinische Bereich und die Fragen der Ernährung vom Anbau bis zur Konservierung, erst in weitem Abstand gefolgt von Kenntnissen zu weiter von der praktischen Lebenswelt entfernten Sphären.25 Spätestens an dieser Stelle brachen grundsätzliche Probleme auf: Wie konnten den gemeinen Leuten diejenigen Mußestunden verschafft werden, die sie zur Lektüre benötigten, zumal nachdem die Feudalherren dazu tendierten, alle Rationalisierungs- und Produktionsgewinne durch zusätzliche Fronarbeit und erhöhte Abgabeverpflichtungen für sich abzuschöpfen? Brachte die Anleitung zum Lesen nicht prinzipiell die Gefahr der Ablenkung von der oder gar die Erzeugung von Widerwillen gegen die Standes· und ,bestimmungs'gemäße(n) körperliche(n) Arbeit(en) mit sich? Mußte die Bekanntmachung mit ,höherem' aufgeklärten Wissen oder gar die Einübung in ,vernünftige Kritik' nicht die Hinnahme derartiger Standes- und Lebensbestimmungen überhaupt gefährden und die Eliten in ständigen Rechtfertigungszwang versetzen? Waren der Landmann und das Gesinde überhaupt zum vernünftigen Fortschritt zu befähigen oder erzeugte man eher Verwirrungen der Geister?26 Der Logik der Erfahrung mit den Mühen volksaufklärerischer Arbeit entsprach, sich auf die Kinder als noch am ehesten formbare Schicht zu konzentrieren; die Ergebnisse waren bekanntermaßen trotz aller Rückschläge merkliche Reformen des Schulwesens und erst eigentlich die Hervorbringung der Volksschule.27 Im übrigen konnte in dieser Lage nur auf schnelle Umwälzung aller aufklärungshemmenden Verhältnisse und damit die Revolution als Voraussetzung systematischer Aufklärung gesetzt werden, oder man begnügte sich mit einer zeitlichen Streckung des Aufklärungsprozesses in eine ferne Zukunft, d.h. übereignete die Verantwortung kommenden Generationen. Auf die dezidierten Aufklärungsgegner, die orthodox-fundamentalistischen Gruppen in den Kirchen, die ihr religiös-theologisches Alternativwissen mehr oder weniger verteidigten und ebenfalls weiter durchzusetzen suchten, ist hier nicht eigens einzugehen.28 Ebenso können die Auffassungen und Verhaltensweisen derjenigen Gruppierungen, die wie die kontemplativen Orden und die pietistischen Gemeinden an rationalistisch-abstraktem Denken nicht interessiert waren, sondern fromme Praxis bevorzugten, nicht näher vorgestellt werden. Festzuhalten 1995; sowie die (spezifizierte) Diskussion und Argumentation bei Kempf: Aufklärung (Anm. V). 25

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Andrew Cunningham (Hg.): The medical enlightenment of the eighteenth century. Cambridge u.a. 1990. Uwe Reinert: Johann Gottfried Essich (1744-1806) und die Popularisierung medizinischen Wissens in der deutschen Aufklärung. Mainz 1996. Vgl. unsere Diskussion weiter unten, mit den einschlägigen Literaturhinweisen in Anm. 33. W. Schmale, N. L. Dodde: Revolution (Anm. 4); vgl. oben, mit Anm. 16. Vgl. zu ihnen zuletzt Christoph Weiß, Wolfgang Albrecht (Hg.): Von ,Obscuranten' und ,Eudämonisten'. Gegenaufklärerische, konservative und antirevolutionäre Publizisten im späten 18. Jahrhundert. St. Ingbert 1997, mit weiteren Verweisen.

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bleibt jedoch, daß auch ihr Auftreten und ihre Resistenz dazu beitrugen, die Aufklärungseuphorie und den aufgeklärten Überzeugungs- und Erziehungsoptimismus abzuschwächen, mit der Folge entweder verstärkter revolutionärer Neigung, resignierender Beschränkung auf geschichtsphilosophische Fortschrittshoffnung und/oder intensivierten Strebens nach Einsatz der Staatsgewalt zugunsten der Aufklärung, obwohl das aufgeklärte Programm dadurch erhebliche Brechungen und Einschränkungen erfahren mußte. Im Reich wurde bekanntlich vor allem dieser Weg gewählt. Nicht nur standen die meisten Aufklärer hier dem Fürstenstaat als dem dominanten Modell von vornherein deshalb näher, weil sie kaum freie Publizisten bzw. Denker, sondern in staatlichen Ämtern wirkende oder um staatliche Stellen bemühte Gelehrte waren. Auch ihre soziale Herkunft vorwiegend aus dem kirchlichen und weltlichen Beamtentum sowie vielleicht ihre lutherische Prägung dürften zur Staatsnähe beigetragen haben. Hinzu kam vermutlich die überwiegend patriarchalischquietistische politische Kultur der meisten deutschen Staaten, die zusammen mit der komplex verschachtelten, konfliktdämpfenden bzw. zumindest offen gewaltförmige Konfliktlösungen hemmenden Reichsverfassung die Wahrnehmung und Einschätzung der Staatsgewalt als eigentlich in erster Linie zu bekämpfende bzw. zu bändigende, genuine Gewalt erschwerte.29 So blieb möglicherweise vielen deutschen Aufklärern verborgen, welche massive Brechungs- und Beeinflussungs- wenn nicht Bedrohungsgröße der Staat des 18. Jahrhunderts für das aufgeklärte Wissen darstellte. Seit dem 17. Jahrhundert hatte sich die europäische Staatenkonkurrenz erheblich, in für Europa bis dahin unbekanntem Ausmaß, intensiviert. In Zusammenhang damit zeichnete sich vor allem im Westen eine beschleunigte Nationalstaatsbildung ab.30 Den europaumspannenden Orientierungen und Bemühungen der Aufklärer standen mithin zunehmende staatliche Loyalitäts- und Dienstleistungszumutungen gegenüber. Ihnen zu entsprechen waren je länger desto mehr durchaus zahlreiche Aufklärer nicht abgeneigt. Denn die zunehmende Frustration darüber, daß die aufgeklärte Neuordnung Europas oder gar der Welt insgesamt so lange auf sich warten ließ, ließ sich historisch-evolutionär nationalstaatlich auffangen: Zuerst war zumal angesichts dessen bzw. deren Bedrohung durch machtlüsterne Rivalen dem eigenen Staat bzw. der eigenen Nation vernünftig aufzuhelfen, dann schien sich die spätere vernünftige Durchwirkung der Welt um so leichter vollziehen zu können. 29

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Vgl. zu dieser Diskussion v.a. Johannes Burkhardt: Das größte Friedenswerk der Neuzeit. Der Westfälische Friede in neuer Perspektive. In: Geschichte in Wissenschaft und Unterricht 49 (1998). S. 592-618; sowie Georg Schmidt: Geschichte des Alten Reiches: Staat und Nation in der Frühen Neuzeit 1495-1806. München 1999. Wolfgang Reinhard: Geschichte der Staatsgewalt. Eine vergleichende Verfassungsgeschichte Europas von den Anfangen bis zur Gegenwart. München 1999 (die einschlägigen Passagen); Heinz Duchhardt: Altes Reich und europäische Staatenwelt 1648-1806. München 1990; ders.: Balance of Power und Pentarchie. Internationale Beziehungen 1700-1785. Paderborn u.a. 1997.

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Die Beiträge der Aufklärer zur Aufrüstung und Reform des Fürstenstaates im 18. Jahrhundert sind mittlerweile detailliert erforscht. In arbeitsteiliger Verschränkung oder auch Rivalität zu anderen Reformansätzen wie z.B. der eingangs angesprochenen Policeylehre wurden ökonomische Verbesserungen nicht zuletzt auf der Basis von Produktivitätssteigerungen der Untertanen erreicht, erhöhte eine durchgehende Rationalisierung aller Staatsaktivitäten deren Effizienz, wurden die Legitimitätsgrundlagen des Staates gefestigt und modernisiert, entlasteten neue Systematisierungen, Differenzierungen und Funktionalisierungen von materiellen und immateriellen Kosten.31 Zu den Bereichen, die prekär blieben, zählte allerdings die Volksaufklärung. Während die Betreiber des Staates jede Hebung der ökonomischen Leistungskraft, der Volksgesundheit und der Lese- und Schreibfähigkeit im ökonomischen Interesse und im Interesse leistungsfördernder sowie politisch nützlicher Zufriedenheit und Zerstreuung oder Ablenkung begrüßten, mußte ihnen alles, was auf Problematisierung selbstverständlicher und unbefragter ,Fügsamkeit' (Max Weber) hinauslief, eher bedenklich vorkommen. Bei dieser Einschätzung spielte ein Komplex eine wesentliche Rolle, den auch die Mehrheit der wie gesagt relativ deutlich staats- oder herrschaftsnahen deutschen Aufklärer teilte, nämlich eine ausgeprägte Furcht vor dem gemeinen ,Pöbel' als unterste Volksschicht oder in dessen gelegentlich konkreter, zumindest stets potentieller Erscheinungsform als Masse.32 Die aus antiken Topoi stammende, dementsprechend humanistisch verschärfte und verbreitete, aber auch reformatorisch - dank deren textbezogenintellektualistischem Ansatz - vertiefte und bekräftigte Vorstellung, daß „das niedere Volk, der Pöbel, [...] dumm, ungerecht, unbeständig [sei] und [...] sich kaum von den Tieren [unterscheide]", war auch nach dem 17. Jahrhundert präsent.33 Sie wurde relativiert, aber keineswegs aufgehoben durch die Umkonzipie31

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Harm Klueting: Der aufgeklärte Fürst. In: Wolfgang E. J. Weber (Hg.): Der Fürst. Ideen und Wirklichkeiten in der europäischen Geschichte. Köln u.a. 1998. S. 137-168; ders. (Hg.): Ausgewählte Quellen zur Geschichte der theresianisch-josephinischen Reform. Darmstadt 1995; Günter Birtsch (Hg.): Reformabsolutismus im Vergleich: Staatswirklichkeit, Modernisierungsaspekte, verfassungsstaatliche Positionen. Hamburg 1996; ders. (Hg.): Der Idealtyp des aufgeklärten Herrschers. Hamburg 1987. Zur Legitimitätsfrage vgl. jetzt auch Timothy J. Hochstrasser: Eighteenth-Century Despotism and the Physiocratic Concept of legal Sovereignty. In: Martin Peters/Peter Schröder (Hg.): Souveränitätskonzeptionen. Beiträge zur Analyse politischer Ordnungsvorstellungen im 17. bis zum 20. Jahrhundert. Berlin 2000. S. 5984, mit weiteren Verweisen. Vgl. zur Begriffsgeschichte Karl Ferdinand Werner: Volk [im Mittelalter]. In: Geschichtliche Grundbegriffe. Historisches Lexikon zur politisch-sozialen Sprache in Deutschland. Hg. von Otto Brunner u.a. Bd. 7. Stuttgart 1992. S. 245-281; und Bernd Schönemann: Volk [in der Frühen Neuzeit]. In: Geschichtliche Grundbegriffe S. 314-337. Andreas Gestrich: Höfisches Zeremoniell und sinnliches Volk. Die Rechtfertigung des Hofzeremoniells im 17. und frühen 18. Jahrhundert. In: Jörg Jochen Berns/Thomas Rahn (Hg.): Zeremoniell als höfische Ästhetik in Spätmittelalter und früher Neuzeit. Tübingen 1995. S. 57-73, Zitat S. 64; Ingrid Tomkowiak: „Wie weit sich der Bauren Verstand erstrecke." An-

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rung des Pöbelbegriffs zum Sammeletikett für alle intellektuell defizienten, von ihren Affekten hin und her getriebenen Unvernünftigen, also auch die entsprechenden Teilgruppen des Adels und des Bürgertums.34 Insbesondere bei der Diskussion der Öffentlichkeit als neuem gesellschaftlich-politischen Machtfaktor sowie damit der Zensur kam sie immer wieder zum Ausdruck, von den übrigen Belangen der für notwendig erachteten Festigung und Verteidigung des Staates ganz abgesehen.35 So trat Johann Georg Schlossers volksaufklärerischem Modelltraktat ,Katechismus der Sittenlehre für das Landvolk' (1. Auflage 1771) der anonyme ,Practische(r) Catechismus zur christlichen Sittenlehre für das Landvolk' (1772) entgegen, der in Anknüpfung an die geläufige Pöbeleinschätzung u.a. behauptete, daß die Befolgung von Pflichten durch den ,gemeinen Christen' überhaupt in Frage gestellt sei, wenn dieser bei jeder Pflicht fragen [würde] - wozu Schlosser auffordert - was er von deren Erfüllung an Nutzen habe?6 Der Haufe hat Hang zur Sittenlosigkeit, und der ist ihm willkommen, der ihm die Principia wegreißt, die ihn noch etwas zurückhielten, Schloß sich z.B. 1780 ein durchaus der Aufklärung zugeneigter Anonymus diesem Argument an.37 In der Bekämpfung der wichtigsten Folge der Natur des gemeinen Volkes, nämlich des schier

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sichten protestantischer Autoren aus der Zeit vor der Volksaufklärung. In: Jahrbuch für Volkskunde 10 (1987). S. 95-108; Holger Böning: Vom „schlechten Bauern" zum „ehrbaren Landmann". Zum Wandel des Bildes vom „Volk" in der deutschen Aufklärung. In: Siegfried Jüttner (Hg.): Neue Bilder vom Menschen in der Literatur der europäischen Aufklärung, Frankfurt a. M. 1999. S. 1-28 (m. E. zuschärfungsfähig). Zur neuerlichen Umkonzeption des Begriffs in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts vgl. Thomas Zunkammer: Zwischen Adel und Pöbel. Bürgertum und Mittelstandsideal im Staatslexikon von Karl von Rotteck und Karl Theodor Welcker: ein Beitrag zur Theorie des Liberalismus im Vormärz. Baden-Baden 1995. Nicht zugänglich war mir der anonyme Traktat Ueber den Ausdruck „dem Pöbel angehören": ein Sendschreiben von L.A.T. an Brockhaus. Leipzig 1820. Vgl. bereits Herfried Münkler: Im Namen des Staates. Die Begründung der Staatsraison in der Frühen Neuzeit, Frankfurt a. M. 1987. S. 303-306. Sowohl Adel als auch niederes Volk waren mit dem Pöbelbegriff gemeint z.B. in der Diskussion um das Zahlenlotto im ausgehenden 18. Jahrhundert, vgl. Wolfgang Weber: Zwischen gesellschaftlichem Ideal und politischem Interesse. Das Zahlenlotto in der Einschätzung des deutschen Bürgertums im späten 18. und frühen 19. Jahrhundert, In: Archiv für Kulturgeschichte 69 (1987). S. 116-149. ,Sinnliches' Zeremoniell zur Sicherstellung von Fügsamkeit: Gestrich, Zeremoniell (Anm. 33); sowie weitere Beiträge des in dieser Anm. genannten Sammelbandes, ferner Andre Holenstein: Huldigung und Herrschaftszeremoniell im Zeitalter des Absolutismus und der Aufklärung. In: Aufklärung 6 (1991). H. 2. S. 21-46. Dialektik von möglichst weiter (auch Gebärden usw. umfassender) Definition des Majestätsverbrechens zwecks Herrschaftssicherung, aber zugleich Exkulpation von Angehörigen des niederen Volkes infolge von deren Ignoranz und Unzurechnungsfähigkeit: Helga Schnabel-Schüle: Das Majestätsverbrechen als Herrschaftsschutz und Herrschaftskritik. In: Aufklärung 7 (1992). H. 2. S. 29-47; vgl. auch den Einleitungsbeitrag zu diesem dem Aspekt des Staatsschutzes gewidmeten Band. Vgl. Böning/Siegert: Volksaufklärung (Anm. 18) Nr. 903 und 923. Ein Schreiben, darin das Fragment eines Gesprächs, die Klagen über Verfolgung wegen versuchter Aufklärung andrer Menschen in der Religion betr. mitgetheilt wird, in: Journal für Prediger 10 (1780). St. 10. S. 438-445, zitiert nach H. Böning, R. Siegert: Volksaufklärung (Anm. 18) Nr. 1579.

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unausrottbaren Aberglaubens, schlichen sich schon bald resignative Untertöne ein; viele Aufklärer erwiesen sich als geneigt, im Zweifelsfall auf zu scharfe Attacken zu verzichten, um damit auch die nützlichen Aspekte des Aberglaubens für Kirche und Staat zu erhalten.38 Der eingangs zitierte Johann Heinrich Gottlob von Justi, der „zum [in Deutschland wie gesagt selteneren] Typus des freien Schriftstellers [gehörte]" und wohl wesentlich deshalb schließlich - vor allem über die Rezeption Montesquieus - zu frühliberalen Einsichten und Postulaten vordrang, war erwartungsgemäß insbesondere in seiner frühen „polizeistaatlich-aufgeklärt"-absolutistischen Phase39 noch von Pöbelfurcht und Pöbelverachtung geprägt. Policey und Policey-Wissenschaft sind bei ihm per definitionem in erster Linie deshalb erforderlich, weil die Masse der Untertanen zur Sitten- und Zuchtlosigkeit neigt und immer wieder zum Besseren erzogen, ermahnt und gezwungen werden muß. Justi bedauert dabei ausdrücklich, daß nur diejenigen Laster bestrafbar sind, die unmittelbar erkennbar die Ausübung der bürgerlichen Pflichten und die öffentliche Ruhe und Sicherheit stören, nicht aber auch solche Laster, die dahin nicht gehören, z.E. die listige Verleumdung, die Undankbarkeit, die Versagung des Mitleids, besonders wenn sie auf einen hohen Grad getrieben werden, usw.40 Er plädiert für niedrige Arbeitslöhne, um den Arbeitern keine müßiggängerische Freiheit" zu verschaffen, konstatiert Sittenlosigkeit und Unordnung als notorische Laster insbesondere des Gesindes und kennzeichnet die Fortpflanzung der Bettler und Vaganten als politisch zentrales Problem, ohne freilich bereits radikale Lösungen vorzuschlagen: Der Staat wird also von Zeugungen zu Zeugungen mit einer stärkeren Bruth von Bettlern und liederlichen [sie!] Gesindel erfüllet,41 Die Unterschiede in der Vernünftigkeit der Untertanen führt er zwar richtig auf die Unterschiedlichkeit der Kräfte des Verstandes, der Leidenschaften und die jeweils besondere^ Interessen bzw. Leidenschaften und Neigungen, Faulheit und Bequemlichkeit, Eigennutz zurück, womit er sich der oben angesprochenen Neukonzeption des Pöbelbegriffs anschließt. Mehr noch, Justi läßt es auch an pauschalisierenden Positiveinschätzungen wie z.B. der Feststellung, daß die Unterthanen denkende Wesen sind, nicht fehlen.42 An dieser Stelle sollte er dann mit seinen liberal-demokratischen Forderungen anknüpfen: Da ein jeder vernünftige Mensch, der Freiheit und Erkenntnis hat, sich selbst regieren soll; so muß ein freies und

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Hermann Bausinger: Aufklärung und Aberglaube. In: Deutsche Vierteljahrsschrift für Literatur und Sprache 37 (1963). S. 345-362. H. Dreitzel: Absolutismus (Anm. 2) S. 104 (Zitate). Justi: Grundsätze (Anm. 1) S. 202. Vgl. auch S. 203f. das Bedauern darüber, daß mangels Durchsetzungsfähigkeit Trinken, Spielen und Hurerei in den Privathäusern nicht abgeschafft werden könnten. J. H. G. Justi: Grundsätze (Anm. 1) S. 237 und 240. J. H. G. Justi: Grundsätze (Anm. 1) S. 290, 312 und 270f.

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gesittetes Volk sich selbst regieren, insoweit es dazu fähig ist.4i Die gemeinen Untertanen zur erforderlichen Sittlichkeit, Vernünftigkeit und vernünftigen Freiheit zu bringen, stellte sich für ihn jedoch durchweg als höchst zäher, letztlich in seinem Erfolg keineswegs sicherer, langer Prozeß dar. Nicht zufällig schwankten seine Reformvorstellungen deshalb zwischen einer Installierung des Adels als eine vom (vernünftigen!) Volk gewählte, nicht erbliche Leistungselite „und der Übertragung der eigentlichen Regierungsgeschäfte an eine aufgeklärte Beamtenschicht, die ihre Geschäfte nach den Prinzipien der Gesetzesbindung, Gewaltenteilung und kollegialen Verfassung zu betreiben hat", während der Monarch zum Repräsentanten des Staates reduziert zu werden beginnt. In beiden Modellen war für eine Partizipation des Pöbels definitiv kein Platz, er sollte in seiner Gefährlichkeit vielmehr stets kontrolliert und gebändigt bleiben.44

Konversation, Presse und Öffentlichkeit Wie gingen die aufgeklärten Eliten angesichts dieser inneren und äußeren Bedingungen mit dem Massenmedium Presse und dem neuen Phänomen der Öffentlichkeit um? Wie gestaltete sich das Verhältnis dieser Faktoren zur zunächst favorisierten Alternative, dem persönlichen Gespräch, der geselligen Konversation? Daß die nichthäusliche Konversation und die Presse auch in der Selbstwahrnehmung und -einschätzung der Aufklärer die wichtigsten Öffentlichkeitsformen ausmachten, hat zuletzt u.a. Falko Schneider nachgewiesen. 45 Empirisch stellt dieser Befund mittlerweile, dank der reichen Assoziations- und Geselligkeitsforschung, eine Binsenweisheit dar.46

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J. H. G. von Justi: Der Grundriß einer guten Regierung in fünf Büchern. Frankfurt-Leipzig 1759. S. 159, zitiert nach Dreitzel: Absolutismus (Anm. 2) S. 106. Zusammenfassend H. Dreitzel: Absolutismus (Anm. 2) S. 108-115; als wichtigstes Mittel zum Ausschluß der Unterschichten von der politischen Partizipation nennt Justi das Zensuswahlrecht. Falko Schneider: Öffentlichkeit und Diskurs. Studien zur Entstehung, Struktur und Form der Öffentlichkeit im 18. Jahrhundert. Bielefeld 1992; vgl. jetzt auch maßgebend die einschlägigen Beiträge von Lucian Hölscher, Ursula E. Geitner, Reinhart Siegert u.a. in Wolf: Öffentlichkeit (Anm. 6). Erwähnt seien deshalb nur wenige Titel: Wolfgang Hardtwig: Genossenschaft, Sekte, Verein in Deutschland. Bd. 1. München 1997; Richard von Dülmen: Die Gesellschaft der Aufklärer. Zur bürgerlichen Emanzipation und aufklärerischen Kultur in Deutschland. Frankfurt a. M. 1986; Helmut Reinalter (Hg.): Aufklärungsgesellschaften. Frankfurt a. M. u.a. 1993; Wolfram Mauser: Geselligkeit. Zu Chance und Scheitern einer sozialethischen Utopie um 1750. In: Aufklärung 4 (1988). Η. 1. S. 5-36. Fred E. Schräder: Sozialitätsgeschichte der Aufklärung. Zu einem europäischen Forschungsproblem. In: Francia 19/2 (1992). S. 177-194. Von den einschlägigen Fallstudien seien erwähnt Holger Zaunstöck: Sozietätslandschaft und Mitgliederstrukturen: Die mitteldeutschen Aufklärungsgesellschaften im 18. Jahrhundert. Tübin-

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Für die Ebene der Selbsteinschätzung ist idealtypisch, also unter Ausblendung der eigentlich nötigen Differenzierungen, Parallelitäten und Ungleichzeitigkeiten, eine Entwicklung zu beobachten, die zunächst die Konversation in ihren diversen Formen (Zweiergespräch, mehr oder weniger formelles Mehrpersonengespräch, ,gesellige Conversation', schließlich allgemeiner Umgang') favorisierte. In dieser Auffassung fließen offenkundig zwei Ansätze zusammen: erstens dialogische Kommunikationsmodelle der Wissenschaft, die der Wahrheitsfindung und/oder der Wahrheitserhärtung und -Weiterentwicklung dienen; zweitens Konversationstheorien nach Stephano Guazzo (La civil conversazione, seit 1574) und höfischen Autoren, die einerseits auf Ermöglichung gesellschaftlicher Verständigung, Erzeugung sittlich-angenehmen Umgangs und friedlichen Konfliktausgleich zielen, andererseits in kluges Verhalten zur Förderung des eigenen, wohlverstandenen Interesses einüben.47 Die frühen Aufklärer versuchten diese Traditionen zu einem integrierten Modell zusammenzufassen, das beide zentrale Funktionen zu erbringen in der Lage war: Wahrheitsevidenz und -Vertiefung jetzt bezogen auf die Vernunft; Konstitution einer vernunftgemäßen, friedlichen, ,heiteren' Gesellschaft vernünftiger, selbstbewußter Individuen. Das Pressewesen reduzierte sich in dieser Betrachtung zu einem Hilfsmittel zur Vorbereitung, Ermöglichung und Nachbereitung des Gesprächs. Buch und Zeitschrift müssen mit anderen Worten das erforderliche Sach- und Methodenwissen bereitstellen sowie Gesprächsergebnisse dokumentieren, um neuerliche Gespräche zu ermöglichen. So überrascht nicht, daß die entsprechenden Druckerzeugnisse sich auch formal diesen Bedürfnissen annähern: bevorzugter Einsatz der Gattung Dialog als Darstellungsform; Entwicklung des Rezensionswesens aus dem Modell des Gesprächseinwands gegenüber einem Hauptreferat, die Bezeichnung ganzer Zeitschriften als „MonatsGespräche" o.a.48 Gerade über diese Perspektive mußte sich indessen schon bald die Einschätzung einstellen, daß der Druck nicht nur verstreute Konversationskreise zu koordinieren in der Lage war, sondern auch selbst eine Art von - in diesem Fall - anonymer, massenhaft betriebener Konversation konstituierte und darstellte. Und

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gen 1999; Jens Riederer: Aufgeklärte Sozietäten und geselige Vereine in Jena und Weimar zwischen Geheimnis und Öffentlichkeit. Jena 1995; Ulrich im Hof: Die Entstehung einer politischen Öffentlichkeit in der Schweiz. Struktur und Tätigkeit der Helvetischen Gesellschaft. Frauenfeld 1983; Sieglinde Graf: Aufklärung in der Provinz. Die sittlich-ökonomische Gesellschaft von Oettingen-Burghausen 1765-1802. Göttingen 1993; und Marlies Raffler: Bürgerliche Lesekultur im Vormärz. Der Leseverein am Joanneum in Graz (1819-1871). Bern u.a. 1993. Peter Burke: Die Geschichte des Hofmanns: Zur Wirkung eines Renaissance-Breviers über angemessenes Verhalten. Berlin 1996; Giorgio Patrizi (Hg.): Stefano Guazzo e la civil conversazione. Rom 1990; Emilio Bonfatti: La „Civil Conversazione" in Germania: letteratura del compartomento da Stefano Guazzo a Adolph Knigge 1574-1788. Udine 1979. Z.B. von Christian Thomasius (vgl. Dieter Pilling: Christian Thomasius' „Monatsgespräche", Leipzig 1988) und Johann Rist (Hamburg 1663-1703).

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schließlich, nach der Institutionalisierung dieser per Druck betriebenen Konversation neuer Art, konnte diese Massenkonversation in bezeichnender Begriffsbildung als ,öffentliche Gesellschaft' - im Gegensatz zu den lokal oder regional gebundenen Teil- bzw. Sonderkonversationen und -gesellschaften - erkannt sowie zur modernen Öffentlichkeit' fortentwickelt werden. Bis es dazu kam, mußten allerdings noch zusätzliche Veränderungen eintreten. Ich möchte davon an dieser Stelle nur erstens die wachsende Skepsis gegenüber dem mündlichen Austausch erwähnen, die sich in der Ernüchterung über die Langsamkeit der angestrebten vernünftigen Durchwirkung zunächst der eigenen Gesellschaft und Nation, dann der Menschheitsgesellschaft ergab. Das gedruckte Wort schien allmählich einen Präzisionsvorsprung gegenüber dem mündlichen zu haben, beginnend bei dem unbestreitbaren Vorteil, daß es in seiner hochdeutschen Version die nach wie vor äußerst zerklüftete Regionalsprachenlandschaft Deutschlands und Europas überwölbte und einebnete. Zweitens hatte neben der besonderen Eignung zur nationalen Integration das gedruckte Wort auch den Vorteil verbesserter nationaler Außendarstellung fur sich. Dabei ist keineswegs nur an handfeste politische Propaganda zu denken, sondern auch an den Druck als Träger und Vermittler des jeweils erreichten Standes in der Vernunftentwicklung bzw. der Ordnung der Nation nach der Vernunft. Die Presse beförderte mithin den Vergleich und die Beschleunigung des edlen Wettstreits der nationalen Aufklärungseliten. Sie verschaffte ihm bekanntermaßen darüber hinaus schließlich aber auch noch eine zusätzliche, höchst dynamische und zukunftsweisende Komponente, nämlich eine kollektive Emotionalisierung, nachdem der jeweilige Stand der Nation im Wettbewerb um den vernünftigen Fortschritt allmählich zu einer Angelegenheit der nationalen Ehre mutierte.49 Spätestens an dieser Stelle war die substitutive Funktion der Presse als bloßes Hilfsmittel der eigentlich entscheidenden face-to-face Konversation überwunden. Sie bildete fortan die eigentliche Plattform des vernünftigen Räsonnements. Die geographisch verstreuten persönlichen Gesprächszirkel hatten sich an ihr auszurichten. Als Spiegel und Katalysator zugleich der nationalen Ehre mußte sie sich außerdem eher den Errungenschaften der jeweiligen Aufklärungsbewegungen 49

Barbara Bauer/Wolfgang G. Müller (Hg.): Staatstheoretische Diskurse im Spiegel der Nationalliteraturen von 1500 bis 1800. Wiesbaden 1998; Ulrich Herrmann (Hg.): Volk Nation - Vaterland. Hamburg 1996; Otto Dann: Nation und Nationalismus in Deutschland 1770-1990. München 1996; Klaus Garber (Hg.): Nation und Literatur im Europa der frühen Neuzeit. Tübingen 1989; Alexander von Bormann (Hg.): Volk - Nation - Europa: Zur Romantisierung und Entromantisierung politischer Begriffe. Würzburg 1998; vgl. zur Schriftsprachenproblematik ferner Joachim Gessinger: Schriftsprachenerwerb im 18. Jahrhundert. Kulturelle Verelendung und politische Herrschaft. In: Osnabrücker Beiträge zur Sprachtheorie 11 (1979). S. 26-47; und zur Frage der Nationalehre meine Hinweise in Wolfgang Weber: Honor, fama, gloria. Wahrnehmungen und Funktionszuschreibungen der Ehre in der Herrschaftslehre des 17. Jahrhunderts. In: Sibylle Backmann u.a. (Hg.): Ehrkonzepte in der Frühen Neuzeit. Berlin 1998. S. 70-98, hier bes. S. 92ff.

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Räsonnements

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und -bemühungen zuwenden und diese bewußt möglichst positiv darstellen, während die kritischen Aspekte tendenziell zurücktraten bzw. in Teilöffentlichkeiten ausgelagert wurden. Noch weitere Steigerung erfuhr die Bedeutung der Presse bzw. bestimmter Formen der Presse dann, wenn soziokulturelle Veränderungen und/oder herrschaftliche Eingriffe die Existenz und Wirkungsmöglichkeiten ihres Gegenmodells, der mehr oder weniger vereinsförmig organisierten öffentlichen Konversation, beeinträchtigten.50 Auf einige Bedingungen des Einsatzes der Konversation bei der Volksaufklärung sind wir schon eingegangen. Ebenso wurden bereits einige Formen der Anpassung und des Einsatzes des geschriebenen Wortes in diesem Zusammenhang angesprochen. Zumindest anzudiskutieren bleibt der Komplex der Zensur. Massenkommunikation, die Verbreitung unterschiedlichsten Wissens per Druck, fand bekanntermaßen bereits vor der Aufklärung statt. Entsprechend hatte sich auch schon früh die Zensur etabliert, also der Versuch, durch Einsatz herrschaftlicher Mittel Massenkommunikation zu steuern, die Verbreitung bestimmten Wissens zu unterbinden und gegebenenfalls anderes Wissen zu fördern.51 Ebenfalls bereits vor der Aufklärung hatte sich zumindest in Teilen das Druckund Pressewesen jedoch auch marktförmig entwickelt, d.h. grundsätzlich begannen bereits Nachfrage und Angebot und nicht gelehrte Strategie oder herrschaftliche Regulierung die Massenkommunikation zu bestimmen.52 Mit den Konsequenzen hatten schon Kirche und Staat zu kämpfen, die aus ihren jeweiligen Interessenlagen zur Bewahrung und Festigung ihrer jeweiligen, im Kern normativen Wissensbestände, massiv auf Zensur setzten. In der Frühphase gingen kirchliche und patriarchalisch-fürsorgliche bzw. absolutistische Tradition mit aufklärerischen Bildungs-, Beglückungs- und Reformoptimismen bunte Kombinationen hinsichtlich des Umgangs mit Presse und Öffentlichkeit ein. Obwohl die Aufklärer grundsätzlich auf verstärkte Pressefreiheit und erweiterte Öffentlichkeit setzten, weil diese Postulate den inhaltlichen Normen ihres Wissensmodells entsprachen und sie strategisch-taktisch großen Nutzen versprachen, wollte ein erheblicher Teil von ihnen - und zwar nicht nur in Deutschland - indessen keineswegs auf die Vorteile verzichten, die eine Handhabung der Zensur zugunsten der Aufklärung in Aussicht stellte. Dabei kam es aus ihrer Sicht entscheidend auf die Kontexte an. Die maßgeblichen Träger des Aufklärungsdenkens beanspruchten für sich selbst aus den bereits angesprochenen Gründen vollständige ,libertas philosophandi', was freie Lektüre und freie Lektüreproduktion einschloß: Was wir 50

51 52

Dieser Sachverhalt spielt auch in dem bahnbrechenden Werk von Robert Darnton: The Forbidden Bestsellers of Pre-Revolutionary France. New York/London 1996, eine große Rolle. Vgl. die Hinweise oben in Anm. 6. Vgl. die einschlägigen Feststellung u.a. bei Michael North (Hg.): Kommunikationsrevolutionen. Die neuen Medien des 16. und 19. Jahrhunderts. Köln u.a. 1995; und ders.: Kommunikation, Handel, Geld und Banken in der Frühen Neuzeit. München 2000.

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wissen können, das dürfen wir auch wissen!" Diese Forderung galt auch für die bereits dank der Aufklärungsaktivisten aufgeklärten weiteren Schichten und Gruppen der Gesellschaft, also insbesondere das aufgeklärte Bürgertum. Für die übrigen Teile der Gesellschaft galt jedoch, wie ebenfalls bereits angesprochen, das Prinzip adressatenbezogener Steuerung, Dosierung und Differenzierung des zu verbreitenden Wissens. Dem - siehe das vorhergehende Kapitel - ,Landmann' ein den Horizont seiner ,Bestimmung' überschreitendes Buch realistischen' Wissens in die Hand zu geben, konnte oder mußte diesen bereits verwirren bzw. gesellschaftlich-politisch schädlich sein. Erst recht mußte dies für den Fall der Übergabe eines Pressezeugnisses zum philosophisch-theoretischen Wissen, dem Kernwissen der Aufklärung, angenommen werden. Nicht zufällig beantwortete Johann Friedrich Gillet 1780 die Frage, ob ,dem Volk' Täuschung nicht nur zuzumuten, sondern auch zuträglich sei, mit einem Ja. Noch problematischer erschien die Zulassung von Drucken zur Lektüre für Mädchen und Frauen.54 Umgekehrt postulierte schon Christian Wolff, daß gerade dem aufgeklärten Staat die Sorge für gute Bücher, durch deren fleißiges Lesen die Leute zur Erkenntnis des Guten und Bösen können aufgemuntert werden55 obliege. Mit anderen Worten, der aufgeklärte Staat hatte die Produktion und Verbreitung aufklärungsgeeigneter Presseerzeugnisse nicht nur zu dulden, sondern bewußt zu fordern. Daß die Drucke der Aufklärungsverweigerer und offenen Aufklärungsgegner zumindest von den unreifen Volksschichten am besten gänzlich fernzuhalten waren, versteht sich ohnehin. In gleicher Weise finden sich Überlegungen, gegen gedruckte Umsetzungen volkskultureller Wissensbestände vorzugehen, zumindest deren Verbreitung entsprechend zu kontrollieren oder derartige Umsetzungen nur in einer Form zuzulassen, die der Vernunftbotschaft zuträglich war, also als - wenn man so sagen kann - antivolkskulturelle Polemik oder besser: Kritik, in der die Vernunft stets siegte. Daß ungeachtet dieser Zielsetzung Aufklärungs53

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Christoph Martin Wieland: Über die Rechte und Pflichten der Schriftsteller in Absicht ihrer Nachrichten, Bemerkungen und Urteile über Nationen, Regierungen und andere politische Gegenstände (1785). In: Wielands gesammelte Schriften. Abt. I. Bd. 15. Berlin 1930. S. 66. Zum universitären Kontext nach wie vor wichtig: Klaus Schreiner: Disziplinierte Wissenschaftsfreiheit: Gedankliche Begründung und geschichtliche Praxis freien Forschens, Lehrens und Lernens an der Universität Tübingen 1477-1945. Tübingen 1981. Johann Friedrich Gillet: Beantwortung der Frage: Kann irgendeine Art der Täuschung dem Volke zuträglich seyn? sie bestehe nun darinn, daß man es zu neuen Irrtümern verleite, oder die alten eingewurtzelten fortdauern läßt?. Berlin 1780; vgl. H. Böning, R. Siegert, Volksaufklärung (Anm. 18) Nr. 1442. Helga Brandes: Das Frauenzimmer-Lexicon von Amaranthes. In: Das achtzehnte Jahrhundert 22 (1998). S. 22-30. Christian Wolff: Vernünftige Gedanken von dem gesellschaftlichen Leben der Menschen und insonderheit dem gemeinen Weisen. Frankfurt/Leipzig 1736, §317; zit. nach dem hervorragenden Beitrag von Eckhart Hellmuth: Zur Diskussion um Presse- und Meinungsfreiheit in England. Frankreich und Preußen im Zeitalter der Französischen Revolution. In: Günter Birtsch (Hg.): Grund- und Freiheitsrechte im Wandel von Gesellschaft und Geschichte. Göttingen 1981. S. 205-226, hier S. 211.

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Schriften und Lehrgeschichten auch gegenläufig gelesen werden konnten und so unbeabsichtigt zur Verbreitung oder Festigung aufklärungsfeindlichen Wissens beitrugen, ist u.a. am Beispiel der Magie- und Hexenliteratur nachzuweisen. 56 Im Hinblick auf den Tatbestand, daß die Massennachfrage bzw. die Marktförmigkeit des Pressewesens eher unvernünftige' Produkte begünstigte, nämlich moralisch-sittlich-philosophisch Bedenkliches, etwa gewisse schlüpfrige französische Romane und Gedichte, Frömmelndes, ,Phantastereyen' und lediglich Unterhaltendes, wurde ohnehin mehr oder weniger explizit auf Zensur gesetzt. Carl Friedrich Bahrdt unterstrich in seiner berühmten Abhandlung ,Über Pressfreiheit und deren Grenzen' von 1787 bekanntermaßen, daß die Freiheit zu denken und zu urtheilen zwar das wichtigste und unverletzlichste Recht der Menschheit sei, aber die Grenze aller Pressfreiheit unbezweifelbar in der Wohlfahrt und Ehre des Staates und seiner Regenten liege.57 Diese Feststellung markiert keinen Fortschritt gegenüber z.B. der noch definitiv herrschaftsstaatlichen Auffassung des bereits erwähnten Christian Wolff, der 1746 ganz selbstverständlich alle Bücher, qui continent opiniones religioni, bonis moribus et statui publico adversas, grundsätzlich für nicht druckzulässig erklärte.58 Ernst Ferdinand Klein, Autor des gerne als fortschrittlich gerühmten Allgemeinen Preußischen Landrechts von 1790, wünschte sich eine durchaus wesentlich über das Pressewesen konstituierte politische Öffentlichkeit, die sich aber bewußt auf bescheidene Ortheile über die von dem Fürsten und seinen Dienern getroffenen Maßregeln beschränkte. Und unmißverständlich formuliert er - verbunden mit der Warnung, die zugestandene Pressefreiheit nicht gleich muthwilligen Knaben zu mißbrauchen - weiter: Subordination ist die Seele des ganzen preußischen Staates.59 Leicht salvierend kommt dann immerhin hinzu: Die Subordination werde durch die Freiheit, laut zu denken, gemäßiget, aber nicht gehemmt. Wenig später machte sich exemplarisch ein ebenfalls gern zitierter Vertreter der preußischen kirchlichen Bürokratie, Johann Friedrich Zöllner, bemerkbar. Er bestritt 1804 - angesichts der bescheidenen bis erschreckenden Ergebnisse der 56

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59

Die wichtigste Quelle ist Emst-Urban Keller: Grab des Aberglaubens. 4 Bde. Frankfurt u.a. 1775-1778; vgl. umfassend Martin Pott: Aufklärung und Aberglaube. Deutsche Frühaufklärung im Spiegel ihrer Aberglaubenskritik. Tübingen 1992. C. F. Bahrdt: Ueber Preßfreiheit und deren Gränzen. Züllichau 1787. S. 38 und 155; zitiert nach Hellmuth: Diskussion (Anm. 55) S. 215f. Christian Wolff: Ius naturae. Pars VIII. Halle-Magdeburg 1746. § 477; zitiert nach Hellmuth: Diskussion. S. 210. Vgl. auch die sehr vorsichtigen Stellungnahmen der absolutistischen Denker Christoph Besold (1629), Ahasver Fritsch (1676), Christian Weise (1676) und Tobias Peucer (1690) bei Karl Kurth (Hg.): Die ältesten Schriften für und wider die Zeitung. Brünn u.a. 1944; sowie Andreas Gestrich: Politik im Alltag. Zur Funktion politischer Information im deutschen Absolutismus des frühen 18. Jahrhunderts. In: Aufklärung 5 (1990). H. 2. S. 927. E. F. Klein: Über Denk und Druckfreiheit. In: Berlinische Monatsschrift 3 (1784). S. 312330, hier S. 329 und 327; zitiert nach Hellmuth: Diskussion (Anm. 55) S. 217f. und - nächstes Zitat - S. 326.

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Aufklärung bis dahin - nunmehr der überwiegenden Mehrheit der Menschheit die Fähigkeit grundsätzlich, aus eigener Erkenntnis zu sittlicher Selbstbestimmung gelangen zu können. Konsequenterweise radikalisierte er den obrigkeitstaatlichen Charakter der Erziehung zur Vernunft soweit, daß er „den großen Hauffen" aus diesem Prozeß faktisch ausschloß und wieder lediglich zur fugsamen, unschädlichen und fleißigen Untertanenmasse erzogen sehen wollte: An und für sich ist eines der wirksamsten Beförderungsmittel sittlicher und intellectueller Bildung unstreitig das Bücherlesen. Aber es ist auch bekannt genug, mit welcher Auswahl, wie planmäßig und nach welchen Vorbereitungen es vorgenommen werden müsse, wenn es nicht nachteilig werden soll. Außer der Bibel, dem Gesangbuche oder einer und der anderen für ihn [den ,großen Hauffen'] paßliehen Erbauungsschrift wird ihm wenig unbedingt in die Hände gegeben werden können. Die übrigen Drucksachen, woran sich der große Haufen ergätzt, sind großenteils gerade zu ein Verderb für seinen Verstand und sein sittliches Gefühl. Auf diese Thatsache gründet sich der Wunsch, nicht nur, daß alle jene Schriften, die recht eigentlich für den gemeinen Mann gedruckt werden, unter der strengsten und wachsamsten Censur stehen möchten; sondern daß man auch Anstalten mache, sie allmählich durch zweckmäßige Volksschriften zu verdrängen, [die] eine Menge nützlicher Ideen und heilsamer Grundsätze in Umlauf [...] bringen.60 Mehr noch, in dieser Phase begegnen wir auch unverkennbar einer Revitalisierung der absolutistischen Arkanisierungstendenz, die bereits den Anfang des Säkulums geprägt hatte. ,Unbedachtsame', über den Druck, und zwar insbesondere den periodischen Druck für alle und jeden zugängliche Bekanntmachungen' direkt oder auch nur indirekt politisch bzw. national relevanten Wissens sind nicht nur aus außenpolitischen Gründen - gewachsene Staatenrivalität - zu unterlassen bzw. zu unterbinden. Sie sind es auch deshalb, weil der Untertan sie nicht verstehen wird bzw. sie mißversteht und sie damit ihm und dem Ganzen schaden. Als politisch bzw. politisch relevant ist aber wieder nicht nur Tatsachenwissen etwa in Gestalt wissenschaftlichen Wissens, das z.B. als technisches Know-how als unmittelbar staatsstärkend gelten kann, zu betrachten. Sondern über den Bezug auf das Konzept der Ehre des Souveräns bzw. des Staates und der Nation eröffnen sich letztlich unbegrenzte Zuschreibungs- und damit Unterdrückungs- und Bestrafungsmöglichkeiten. Der Spielraum des öffentlichen vernünftigen Räson-

60

J. F. Zöllner: Ideen über die Nationalerziehung. Berlin 1804. S. 278-280; zitiert nach Hellmuth: Diskussion (Anm. 55) S. 21 lf.; vgl. für eine ähnliche, prominente Einschätzung auch Günther Kronenbitter: „Freiheit" und „Ordnung" bei Friedrich von Gentz. In: Helmut Rumpier (Hg.): Bernard Bolzano und die Politik. Wien u.a. 2000. S. 89-104, hier S. 89-94; in diesem Fall überwog die Wahrnehmung der Gefahrdung des existierenden Staatensystems als Motiv für verschärfte Zensurforderungen.

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nements, das als solches dadurch k e i n e s w e g s ausdrücklich aufgegeben war, schrumpfte damit (wieder) zu einer Art elitär-intellektueller Selbstreferenz. 6 ' Zur Zeit der A b f a s s u n g dieser letztgenannten Zeilen hatte sich freilich bereits die Erkenntnis durchzusetzen begonnen, daß die Massenkommunikation über die Presse zu einer eigenen politisch-gesellschaftlich-kulturellen

Kraft geworden

war, zur öffentlichen Meinung. Und zugleich war schon klar geworden, daß diese öffentliche Meinung einen umwälzenden neuen Faktor darstellte, der k e i n e s w e g s mit den M a x i m e n der herkömmlichen Aufklärung z u vereinbaren war, sondern die Einflußmöglichkeiten der Aufklärer existenziell herausforderte b z w . unterlief. Beispielhaft für die Wahrnehmung und Einschätzung dieser neuen, das Schicksal der Aufklärung kommunikativ unmittelbar bestimmenden Entwicklung sei die 182seitige Abhandlung des württembergischen Pfarrers Ernst Heinrich Simon ( 1 7 4 1 - 1 8 0 4 ) , V o n der A l l g e w a l t und dem Einflüsse der öffentlichen M e y n u n g in die Beherrschung der Staaten' (Heilbronn 1796) angeführt. 62 D i e anonym erschienene Studie setzt an der französischen und außerfranzösischen Debatte über die R o l l e der öffentlichen M e i n u n g bei der f r a n z ö s i s c h e n Staatsumwälzung', d.h. Revolution, an. D i e eigentlichen Ursachen dieses welterschütternden Vorgangs seien zwar Armut, Irreligion, tilgbare

[...] Schuldenlast,

g e w e s e n . Aber

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62

die öffentlich

übertriebene Meynung

Abgaben, konnte

Ministerialdespotismus, Adelsstolz,

un-

Volksdruck

ihr einen so schnellen

usw.

Fortgang

Vgl. für Preußen die einschlägigen Paragraphen des ALR (Allgemeines Landrecht für die Preußischen Staaten von 1794, mit einer Einfuhrung von Hans Hattenhauer, Frankfurt a. M./Berlin 1970). S. 674f.; und als zeitgenössische kritische Stimme Johann Gottlieb Fichte: Zurückforderung der Denkfreyheit von den Fürsten Europens, die sie bisher unterdrückten. Heliopolis [Danzig] [1793]. Für vergleichbare Entwicklungen in den Niederlanden und Frankreich vgl. Wyger R. E. Velema: Enlightenment and Conservatism in the Dutch Republic. The political thought of Elie Luzac (1721-1796). Maastricht 1993; und Lucien Febvre: „Houneur et patrie". Paris 1996. [Ernst Heinrich Simon] Von der Allgewalt und dem Einflüsse der öffentlichen Meynung in die Beherrschung der Staaten, bewiesen aus der römischen Geschichte. Eine Uebersetzung aus dem Französischen mit einer Einleitung und Anmerkungen. Germanien [=Heilbronn] 1796; noch nicht zugänglich war mir Ernst H. Simon: Allgemeine Stimme des Volkes in Hinsicht auf Regierung, Bürgerglück und Menschenwohl. Köln 1796; eine zweite, ganz anders ausgerichtete Abhandlung Simons ist: Der Jugendfreund, oder moralische Erzählungen lehrreicher und angenehmer Geschichten und Beyspiele. Eine freye Uebersetzung aus dem Französischen. Augsburg 1792. Zur Herausbildung der öffentlichen Meinung in der frühen Neuzeit vgl. nach den wegweisenden Fallstudien für England von Paula R. Backscheider (Hg.): The intersections of the public and private spheres in early modern England. London 1995; und Hannah Barker: Newspapers, politics, and public opinion in late eighteenth-century England. Oxford 1998; vor allem Dagmar Freist: Governed by opinion. Politics, religion and the dynamics of communication in Early Stuart London 1637-1645. London 1997; H.-W. Jäger: Öffentlickeit (Anm. 6); und jetzt Peter Eckhard Knabe (Hg.): Opinion. Berlin 2000. Einen interessanten Teilaspekt erörtert eindrucksvoll Herbert Jaumann: Öffentlichkeit und Verlegenheit. Frühe Spuren eines Konzepts öffentlicher Kritik in der Theorie des ,plagium extrajudiciale' von Jakob Thomasius (1673). In: Scientia Poetica 4 (2000). S. 62-82.

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verschaffend Die Anfänge und der Aufschwung dieser neuen radikalisierenden und beschleunigenden Macht liegen schon weiter zurück. Sie seien in der Verbreitung kritischer, Mißtrauen und Murren gegen die Regierung erregender und schürender Schriften zu sehen, die das Volk zu einer Stimmung [brachten], die endlich in eine Meynung über[ging]. Denn zu diesen Schriften seien entsprechende private Gespräche und öffentliche Reden von Männern getreten, deren Patriotismus und Unpartheylichkeit allgemein anerkannt war, d.h., die entsprechende Vertrauenswürdigkeit ausstrahlten.64 Die Demagogen in Frankreich sahen dieses wohl ein, und gaben sich deswegen alle Mühe, durch ihre im ganzen Reich ausgebreiteten Klubs und Volksgesellschaften die öffentliche Meynung zu erheben. Nicht zufrieden, selbst als Volksredner aufzutreten, düngen sie noch andere, sogar aus der niedrigsten Volksklasse, um ihre Meynung zur herrschenden zu machen. Nicht nur die Sprache, sondern auch die Musik und das Bild seien zur Herabwürdigung der Herrschenden und zur Erzeugung von Hass und Zernichtung des Königs und der königlichen Würde eingesetzt worden.65 Daß diese Zersetzungen und Aufstachelungen Erfolg hatten, sieht der Autor aber wenig überraschend wieder in den sittlichen und intellektuellen Defiziten der Masse grundgelegt. Es gereichte [dieser Demagogie, W.E.J.W.] zum Vortheil, daß das Volk nicht denkt und urtheilt, sondern nur hört, und sich überreden läßt. Es will nur denken, wie der mehrste Theil und besonders diejenige, denen es höheres Wissen und sichere Erfahrung zutraut. Ob diese Meynung gegründet, oder unbegründet, wahr oder falsch seye, darauf kommt es nicht an; genug, dass die allgemeine Meynung ihrer Überzeugung nach für Wahrheit gehalten wird. Die Neuheit wirkt auch ohne Gründe, und Umstände erzeugen sie; sie wächst umso geschwinder, je mehr sie den herrschenden Neigungen der Eigenliebe, des Eigennutzes, der Zügellosigkeit u.s.w. schmeichelt. Denn [...], die Neigungen beherrschen die Vernunft mehr, als die Vernunft die Neigung. Ist diese Meynung endlich zur herrschenden geworden, so ist keine Macht auf Erden, die ihr widerstehen, oder sie zerstören könnte. Denn sie beherrscht unumschränkt die Welt. Alles Thun und Lassen der Welt [...] gehet von ihren Meynungen aus, und alles gemeinschaftliche Thun und Wirken wird von den herrschenden Meynungen, die nach ihrer Überzeugung freylich meistens mehr als bloße Meynungen sind, bestimmt. Alles menschliche Leben und Weben hängt von denselben ab, und also auch die Ruhe im Staat, und die Zufriedenheit mit der Regierung,66

63 64 65 66

Von der Allgewalt (Anm. 62) S. 1. Von der Allgewalt (Anm. 62) S. 3f. Von der Allgewalt (Anm. 62) S. 3f. Von der Allgewalt (Anm. 62) S. 6f.; unter Zitierung weiterer zeitgenössischer Stimmen. Vgl. auch die eindringlichen Darlegungen im zweiten Teil S. 85f. u.v.ö.

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Die Wirkungen der öffentlichen Meynung, die stets mehr oder weniger schnell das Verhalten bestimmt, kann freilich sowohl konstruktiv als auch destruktiv sein, wie der Verfasser farbig schildert. Es ist zwar wahr, daß die herrschende Meynung der Mode gleich ist, die nach Umständen und neuern Ereignissen ihre Farben ändert. Es ist wahr, daß das Volk nicht immer irren, nicht immer toben werde; der Enthusiasmus verliert sich bey ruhigem Nachdenken, und Reue tritt an seine Stelle. Ist es aber nicht besser, nicht einreißen, als wieder aufbauen? Deswegen ist es eine unumgängliche Pflicht der Fürsten, mit aller Sorgfalt über die öffentliche Meynung zu wachen, und sie so zu leiten, daß sie nützlich, nie schädlich werde.67 Dazu bestehe zumal in der Gegenwart Anlaß, die sich durch vollständigen Schwund aller Ehrfurcht von den Fürsten auszeichne, in der man ihnen nur noch mit Spott, Neid und Hohn begegne, in der jeder Vorzug an Pracht und Vergnügen, den man den Fürsten für ihre Sorgenlast so gerne gönnt, [...] in [den] Augen [der meisten nur noch] Verschwendung [bedeutet], in der das Wort 'Unterthan' [...] ein Gräuel, und ein die Menschheit entehrender Begriff [darstellt].68 Kann man demnach noch staunen, wenn alle Vaterlandsliebe, und mit ihr jener thatenreiche deutsche Muth so sehr geschwächt ist? Wenn man für die dem Vaterlande äußerst drohende Gefahr, keine Augen, keine Ohren, noch weniger Hände hat?69 Simon plädiert entsprechend entschieden für eine konsequente Politik der öffentlichen Meinungsbildung seitens der Fürsten, welche die bereits erhoffte Anstekkung des großen Theils des Haufens wieder heilt und eine dauerhafte, konstruktive, belastungsfahige bessere Stimmung [...] ihrer Völker hervorbringt und aufrechterhält.70 Diese Meinungspolitik hat mit der Aufklärung nur mehr wenig gemein. Sie muß Enthusiasmus mit Enthusiasmus [bezwingen], d.h. bewußt emotional angelegt sein.71 Das Ansehen und die sittliche Bindungskraft von Religion und Kirche sind wieder zu festigen, und zwar durchaus wieder auch mittels Arkanisierung der Zustände und Geschäfte.72 Noch ein vortreffliches Mittel, die öffentliche Meynung in den Schranken der Billigkeit zu erhalten, ist eine gute Erziehung. Der gute Bürger wird nicht geboren, sondern erzogen. Die allgemein

67 68 69 70 71 72

Von der Allgewalt (Anm. 62) S. 7. Von der Allgewalt (Anm. 62) S. 8f. Von der Allgewalt (Anm. 62) S. 9. Von der Allgewalt (Anm. 62) S. 9f. Von der Allgewalt (Anm. 62) S. 12. Von der Allgewalt (Anm. 62) S. 32-41; vgl. S. 86f.: „Die öffentliche Meinung ist eine herrschsüchtige, unumschränkte Gebieterin, vor deren Thron die Mächtigsten der Erde sich beugen und zittern müssen, wenn sie unbehutsam und unvernünftig genug sind, die Geheimnisse der Staatsverwaltung ihr zu eröffnen. [...] So werden die Staatsgeschäfte ein Eigenthum des Volkes, und die Staatsminister seine Sklaven." Das ist noch keineswegs positiv gemeint, sondern negativ, weil auch nach Simons Auffassung die Staatsgeschäfte keineswegs dem ,Pöbel' ausgeliefert werden dürfen.

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herrschende Lehr art taugt [dazu aber] nichts. [...] Sie ist zu mechanisch, beschäftigt mehrenteils nur das Gedächtnis, und wirkt zu wenig auf Verstand und Herz. Nicht nur auf die Aufklärung des Verstandes kommt es also jetzt an, sondern vielmehr auch auf die Einpflanzung patriotisch-nationaler Gefühle und Leidenschaften.73 Unser Autor verzichtet in Fortfuhrung aufklärerischer Ansätze zwar auch keineswegs auf zum Teil durchaus radikale Reformforderungen, da nur entsprechende Taten die allzu oft enttäuschten Untertanen dazu zurückführen könnten, den Worten der Fürsten und ihrer Helfer wieder zu glauben.74 Eingeschlossen dabei ist ein flammendes, an die optimistische Phase der Aufklärung gemahnendes Plädoyer für die Pressefreiheit. Ohne das freie, gedruckte Wort wird der Fürst nicht über die wahren Zustände in seinem Staat unterrichtet und zu verstärkten Anstrengungen veranlaßt. Seine Schmeichler sagen ihm nicht die ungünstige Meynung des Volkes; sie gewinnen vielmehr dabei, sie ihm zu verhehlen. Die Staatsfehler, über welche der Unterthan seufzt, bleiben ihm unentdeckt, er glaubt gelobt und geliebt zu seyn, und wird, ohne daß er es weiß, gehaßt. [...] Freylich ist Pressfreiheit ein Schrecken für unwürdige Minister, für unredliche Staatsdiener, die im Finstern schleichen, und das Land verderben; für feile Richter, für despotische Beamte. [...] Ueber öffentliche Handlungen nicht urtheilen zu dürfen, welche eine unerträgliche Sklaverei! Beleidiget Wahrheit, so liegt es an der Regierung, daß man beleidigende Wahrheit sagen muß; die besten Waffen dagegen sind Besserung, und eben dieses ist es, was durch Pressfreiheit bewirket wird.15

73

74 75

Von der Allgewalt (Anm. 62) S. 42-44. Vgl. programmatisch etwa Christian Daniel Voß: Versuch über die Erziehung für den Staat als Bedürfnis unserer Zeit, zur Beförderung des Bürgerwohls und der Regenten-Sicherheit. 2 Bde. Halle 1799. Von der Allgewalt (Anm. 62) S. 13,14-18, 63-84 (faktisch Abschaffung des Adels), u.ö. Von der Allgewalt (Anm. 62) S. 25f. Weiter zitiert Simon das o.a. Werk von Carl Friedrich Bahrdt: „Diese gestattete Freymüthigkeit, dieses Recht, selbst den Fürsten zu loben oder zu tadeln, macht auch die Nation edel. Die Menschen, die unter einem solchem Regenten leben, fühlen, daß sie Menschen sind, fühlen sich frey, und lernen die Rechte der Menschheit schätzen und ehren; und dies Freyheitsgefuhl adelt ihren Geist, macht sie beherzt, tapfer und großmüthig. Endlich gewinnt selbst die Tugend dadurch. Denn der Mensch lernt die Thorheit desto inniger verachten, wenn er sie selbst den Fürsten entehren siehet. Wo diese Freyheit nicht ist, da gerathen oft Laster und Schandthaten in Achtung, weil des Fürsten Beispiel sie ehrt, und keint Patriot da ist, der sie ahnden, und in ihren wahren Gestalt darstellen darf. Und der Unterthan wird, weil er alles billigen muß, was sein Regent thut, ein Heuchler, eine niedrige Sklavenseele, die selbst ihr moralisches Gefühl verläugnen lernt. Noch einen Vortheil der Preßfreyheit kann ich nicht verschweigen. Aufklärung hat sich zum Wohl der Menschheit bald mehr, bald weniger in allen Staaten ausgebreitet. Sie zu hemmen ist den mächtigen Fürsten unmöglich; sie wird und muß vielmehr zunehmen, so lange der ungefesselte Geist des Menschen wirkt und fortschreitet. Will nun die Regierung immer in der Macht und Gültigkeit, bey demselben Ansehen und Ehrwürdigkeit bleiben, worinnen sie bey minderer Beurtheilungskraft der Nation stand, so muß sie durchaus gleichen Schritt mit der Nation hal-

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Räsonnements

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Von dieser nicht nur ,heilsamen', sondern unabdingbar notwendigen Pressefreiheit unterscheidet aber eben auch Simon eine schädliche Pressefreiheit, welche die Regierung mit ganzer Macht, aus allen Kräften, mit aller Strenge unterdrücken muß,76 Nur die schwache Seite des Fürsten aufdecken, durch Spott, Argwohn und Verläumdung ihm die Hochachtung bey den Auswärtigen, Liebe, Vertrauen und Gehorsam bey den Unterthanen rauben, dessen Handlungen im falschen Lichte darstellen, seine und seines Kabinetts Geheimnisse auspähen, und dadurch Zwietracht zwischen andern Fürsten, und Schaden dem Lande stiften, gegen würdige Staatsdiener Verläumdungen ausstoßen, durch hämische Ausfälle ihnen das dem Staate nöthige Vertrauen entziehen, Staatsgebrechen, welche eben, weil sie menschlich sind, nicht alle gehoben werden können, auf eine gehässige Weise schildern, dadurch den Unterthanen zur Unzufriedenheit anreizen, Freyheitsmuth einpflanzen, den Geist der Empörung anfachen, und Aufruhr erregen; dies ist nur das Geschäft der Pasquillanten und Aufrührer. Unmöglich dürfen diese Leute der wohlthätigen Preßfreiheit sich erfreuen. Man schärfe vielmehr gegen sie die Gesetze, und strafe sie exemplarisch Andern zur Warnung. Denn es ist Pflicht der Fürsten, für Erhaltung öffentlicher Ruhe und Sicherheit zu sorgen, und alles zu entfernen, was dem Staate schaden kann Freilich glaubt Simon mit den weitsichtigsten seiner Kollegen nicht mehr an die Durchsetzungsfähigkeit einer wie immer gearteten Zensur, deshalb plädiert er wie gesagt für eine bewußte Öffentlichkeitspolitik, die zugleich konstruktive Kritik fordert und schädliche negative Stimmungsbeeinflussungen bekämpft. Zwar ist es unmöglich, durch Verbote und Strafen in Deutschlands Staaten alle schädlichen Bücher auszurotten, und ihre Verbreitung zu hemmen; immer wird es Schriftsteller geben, die sich durch ihre Frechheit einen Namen erwerben, und ihr Gift ausstreuen wollen. Der Strom der Publizität, im guten und schlimmen Sinn, sagt Moser, läßt sich nicht mehr aufhalten. Alle Lamentationen, alle Wahlkapitulationen und Comitialschlüsse, mit ihren Zumuthungen, Zusagen und Drohungen kommen viel, viel zu spät, und können bey der ganzen Verfassung des unharmonischen Reichsystems, bey der Trägheit, Ohnmacht und Eigennutz so vieler, an Können und Wollen, so sehr verschiedenen großen und kleinen Ständen, bey der ganzen Beschaffenheit, Politik und Independenz des Buchhandels, bey der Freyheit und Frechheit so vieler Schriftsteller, und bey der unersättlichen Leselust aller Stände gerade so viel helfen, als der bekannte Vorschlag des Generals von Kyau, daß man die Wiesen pflastern solle, damit ihnen die Maulwürfe keinen Schaden thun können.

76 77

ten, wenn sie es nicht für rühmlicher hält, lieber allemal eine Strecke in der Vollkommenheit vorauszugehen." Von der Allgewalt (Anm. 62) S. 28. Von der Allgewalt (Anm. 62) S. 29f.

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Wolfgang Ε. J. Weber

Dessen ungeachtet dürfen die Fürsten nicht aufliören, über schädliche und aufrührerische Schriften wachsam zu seyn, und darauf zu sehen, damit Mißbrauch der Geisteskräfte die bürgerliche Sicherheit nicht untergrabe; aber dabey ist es ebenfalls der Fürsten Pflicht, die Mängel in ihren Staatsverwaltungen und Verfassungen, auf welche Schriftsteller sie aufmerksam machen, zu verbessern, zu vermindern und abzuschaffen, der Stimme des Publikums, wann sie laut und entscheidend wider alte Mißbräuche sich erklärt, günstiges Gehör zu geben, und mit dem Geiste des Zeitalters langsam aber wirkend fortzuschreiten. 78

Fazit Unser Beitrag hatte sich zum Ziel gesetzt, einige historische Voraussetzungen und Bedingungen auch der aufklärerischen Zeitschriftengattung der Intelligenzblätter auszuleuchten. Wir hatten dazu die Grundzüge des Wissensmodells der Aufklärung als zentrale Perspektive skizziert, auf dessen inhaltliche Differenzierung und didaktische Konsequenzen aufmerksam gemacht und die Problematik der Wahrnehmung und Einschätzung ,des Volkes' bzw. der Volkskultur angesprochen. Weitere Erörterungen hatten dem gesprochenen Wort und dem Druck als Medien gegolten. In diesem Kontext war die Rolle, Bedeutung und das Eigeninteresse der Staatsgewalt einzurechnen gewesen. Schließlich war die historische Entwicklung zu würdigen, die Verarbeitung des Ausbleibens durchschlagender Erfolge der eigentlichen Aufklärung und der Erfahrung der Französischen Revolution, der Wandel in der nationalen Staatesbildung und im internationalen System sowie die Entstehung und Wirkung der öffentlichen Meinung. Diese Darlegungen sollten geeignet sein, zur historischen Einordnung und Interpretation der in diesem Band zuvörderst zu erörternden Intelligenzblätter beizutragen.

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Von der Allgewalt (Anm. 62) S. 30f.

Pressewesen und Aufklärung Intelligenzblätter und Volksaufklärer1 Holger Böning

Mich deucht, der Hauptendzweck aller Intelligenzblätter sollte local seyn, - um Aufklärung und nützliche Wahrheiten zu verbreiten, Fehler und Gebrechen aufzudecken, und den gemeinen Leuten die Augen über die - ihm schädlichen Vorurtheile aufzuthun. Die Bekanntmachungen und andere Anzeigen sind nützliche Nebendinge; die Ein- und Auspassirung der Fremden ganz einfältige Blattfüllerey? Denn es wird doch dadurch der heilsame Lesegeist unter der geringem Klasse befördert, die sonst, ausser ihren Erbauungsbüchern und Zeitungen, nichts lesen würde. Der Geist bekömt was zu thun, hebt sich über die altäglichen Berufsgeschäfte und Berufsideen hinweg, übt oft auf mancherley Art sein Nachdenken über minder sinnliche Gegenstände, wird mit der Büchersprache bekant etc. diese algemeinen Vortheile bewirkt auch das mittelmäßigste Wochenblat.3 Eine solche Wochenschrift muß aus einem ganz anderen Gesichtspunkte, wie eine andere periodische Schrift betrachtet werden. Ihr Terrain ist nicht der

2 3

Der folgende Aufsatz ist der Versuch, auf einer breiteren Quellenbasis pointiert zusammenzufassen, was ich zum Zusammenhang von Volksaufklärung und Intelligenzblättern bereits an anderer Stelle ausgeführt habe. Um der Lesbarkeit willen sind die Beschreibungen der zahlreichen ausgewerteten Intelligenzblätter in die Anmerkungen verwiesen. Vgl. Holger Böning: Das Intelligenzblatt als Medium praktischer Aufklärung. Ein Beitrag zur Geschichte der gemeinnützig-ökonomischen Presse in Deutschland von 1768-1780. In: Internationales Archiv für Sozialgeschichte der deutschen Literatur. Bd. 12. Tübingen 1987. S. 107-133; ders.: Das Intelligenzblatt. Dokumentation zu einer literarisch-publizistischen Gattung der deutschen Aufklärung. Bremen: Deutsche Presseforschung 1991; ders.: Das Intelligenzblatt - eine literarisch-publizistische Gattung des 18. Jahrhunderts. In: Internationales Archiv für Sozialgeschichte der deutschen Literatur. Bd. 19, Heft 1. Tübingen 1994. S. 22-32; ders.: Das Intelligenzblatt. In: Von Almanach bis Zeitung. Ein Handbuch der Medien in Deutschland 17001800. Hg. von Ernst Fischer, Wilhelm Haefs und York-Gotthart Mix. München 1999. S. 89104. Voigtländische Beyträge zur Polizeykunde. Hof 1786. 1. St. Flensburgisches Wochenblatt vom 27.07.1799.

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Holger

Böning

Schreibtisch des Gelehrten; sie ist zunächst für den unstudirten Mittelstand, muß aber auch selbst für den Handwerker nicht unverständlich seyn. Je mehr sie in Wein- und Bierhäusern, in Clubs und Wochenstuben, auf Hochzeiten und in Gildegelagen sich herumtreibt, je mehr dieser oder jener Aufsatz derselben das Gerede des Tages ist, desto größer ist ihr Verdienst.4

I. Im Jahr 1997 titelte der ,Spiegel': „Umtopfen statt niedermähen: mit neuem Chefredakteur will der Stuttgarter Holtzbrinck-Konzern die altmodische ZEIT wieder zum ,Intelligenzblatt' der Republik machen."5 Und in der ,ΖΕΙΤ' selbst ist im selben Jahr ein Bericht von Klaus Harprecht zu finden: „Der ,New Yorker': Ein Intelligenzblatt wird renoviert."6 Satire ist schließlich im Spiel, wenn das niedrigste Bedürfnisse befriedigende Boulevardblatt , Super Illu' als „das große ostdeutsche Intelligenzblatt" bezeichnet wird.7 Die ursprüngliche Bedeutung der Bezeichnung ,Intelligenzblatt' ist im schnellebigen Informationsgeschäft verloren gegangen. Immerhin kann eine Recherche im Internet - heute ein so neues und innovatives Medium wie vor knapp drei Jahrhunderten das Intelligenzblatt - auf die richtige Spur fuhren. Eine Webadresse mit dem Titel ,Intelligenzblatt,' fordert auf: „Bitte haben Sie noch etwas Geduld..." - da hat sich ein Unternehmen Adressen reserviert, die man einmal zu verkaufen hofft. Eine Website mit dem Titel „Information und Kommunikation in Geschichte und Gegenwart" von Margarete Rehm liefert uns immerhin schon einige Informationen, die jedoch - wie in der Presseforschung lange Zeit vorherrschend - ganz auf das preußische Intelligenzblattmodell konzentriert sind: „Die in der ersten Hälfte des 18. Jh. nach britischem und französischem Vorbild in Deutschland gegründeten Intelligenzblätter (zu engl.: intelligence = Nachricht) waren staatliche Anzeigenblätter mit amtlichen Bekanntmachungen, Nachrichten und Berichten für Handel, Handwerk und Landwirtschaft, vor allem mit gewerblichen und privaten Anzeigen, auch mit belehrenden und unterhaltenden Beiträgen, die sich aus den von (anfangs privaten) Anzeigen- und Adreßkontoren zusammengestellten und wöchentlich erschienenen Listen der Verkaufs- und Kaufangebote sowie Kundschaftsadressen entwickelt hatten. In Preußen erschienen die Intelligenzblätter seit 1727 (,Wöchentliche Berlinische Frag- und Anzeigungsnachrichten'). Friedrich Wilhelm I. (1713-1740) machte die 4 5 6

7

Allgemeine deutsche Bibliothek, 80, 1788, S. 601 -603. In: Der Spiegel. Nr. 20. 1997. S. 102. Der New Yorker': Ein Intelligenzblatt wird renoviert. Der „New Yorker" trifft den Nerv, ohne hinter den Aktualitäten herzuhecheln. In: DIE ZEIT. Nr. 27. 1997. http://beamte.freepage.de/michaelaust/Texte/Satire/SuperIUu.htm. Bei diesen und allen weiteren Web-Adressen muß die Zukunft entscheiden, ob sie zitierfahig und ebenso von Bestand sein werden wie gedruckte Quellen.

Pressewesen

und Aufklärung - Intelligenzblätter

und

Volksaufklärer

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Intelligenzblätter als erster zu einer staatlichen Einnahmequelle. (Das staatliche Anzeigenmonopol in Preußen wurde erst 1850 aufgehoben. Von da an wurden die Intelligenzblätter durch Amtsblätter ersetzt, und der Anzeigenteil in den Zeitungen nahm an Umfang erheblich zu.)"8 Neben zahlreichen Bestandsverzeichnissen, die Nachweise fur Standorte historischer Intelligenzblätter liefern, hat ein Privatmann auch einige Jahrgänge des ,Intelligenz-Blattes der Königl. Bayer. Stadt Augsburg' eingescannt und der Öffentlichkeit zur Verfugung gestellt.9 Und endlich findet sich auch ein Hinweis auf eine erste wissenschaftliche Tagung, die sich fast drei Jahrhunderte nach Entstehung dieser bedeutenden Pressegattung mit dem Intelligenzblatt befaßt.10 Womit heute ein Lesestoff für besonders gebildete - oder satirisch fur besonders ungebildete - Leser bezeichnet wird, das begann seine Karriere in Deutschland am 5. Januar 1722. Das erste deutsche Intelligenzblatt erschien in Frankfurt am Main unter dem Titel ,Wöchentliche Frag- und Anzeigungs-Nachrichten'. 11 Der Titel bezeichnet, jedenfalls für die erste Zeit des Erscheinens, treffend den Inhalt. Nachricht in Fragen oder Anzeigen konnte jetzt jeder seinen Mitbürgern geben - daher die Bezeichnung als Intelligenzblatt, ein Begriff, der im Englischen - im »Intelligent Service' etwa - seine ursprüngliche Bedeutung bis heute behalten hat. Daß jetzt, mehr als ein Jahrhundert nach der Geburt der politischen Zeitungen in Deutschland und ein halbes Jahrhundert nach den Zeitschriften eine weitere periodische Schrift entstand, die ein lokales Informationsmittel für das Alltagsleben sein wollte, hat mit einem Prozeß zu tun, der als Herausbildung der bürgerlichen Gesellschaft bezeichnet wird. Information und Diskussion sind ihre wichtigen Merkmale. Hinzu kommt eine zunehmende Säkularisierung. Alles das, was traditionellerweise nach dem Gottesdienst von der Kanzel an so weltlichen Dingen verkündet wurde wie ein entlaufener Hund, das Stellengesuch eines Dienstmädchens oder ein zum Kauf stehendes Haus, erhielt nun seinen Platz im Intelligenzblatt. Und kirchliche Nachrichten fanden ihren weltlichen Ort. Unter Freitag, dem 20. August 1749, meldete das Frankfurter Intelligenzblatt, Herr Johann Caspar Goethe, Ihro Römisch-Kayserlichen Majestät würcklicher Rath, habe einen Sohn, Johann Wolfgang, taufen lassen. Goethes Leben begann mit einem Druckfehler, denn natürlich hätte es ,28. August' heißen müssen.12

9 10 11

12

http://www.ib.hu-berlin.de/~wumsta/rehm6.html http://www.geocities.com/Heartland/Acres/3505/aib.htm http://www.presse.uni-augsburg.de/unipressedienst/2000/pm2000_016.html Vgl. Alexander Dietz: Frankfurter Nachrichten und Intelligenzblatt. Festschrift zur Feier ihres zweihundertjährigen Bestehens 1722/1922. Frankfurt a. M. 1922. Zitiert nach Alfred Estermann: „...einen Sohn Johann Wolfgang". Die Nummer 71/1749 der „Ordentlichen wöchentlichen Frankfurter Frag- und Anzeigungs-Nachrichten". In: Ders.: Kontextverarbeitung. Buchwissenschaftliche Studien. Hg. von Klaus-Dieter Lehmann und Klaus G. Saur in Verbindung mit der Stadt- und Universitätsbibliothek Frankfurt am Main. München 1998. S. 28-31.

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Holger Böning

Durch das Intelligenzblatt wurden Angebot und Nachfrage in direkten Kontakt zueinander gebracht: eine einfache, aber geniale Idee. Wie groß das Bedürfnis danach war, zeigt unser Frankfurter Blatt. Wurden 1722 noch jährlich 440 Seiten ausgegeben, so waren es ein Jahrhundert später bereits 4 200 Seiten, der zehnfache Umfang also. Schnell fanden sich Nachahmer, mehr als zweihundert Intelligenzblätter zählen wir am Ende des 18. Jahrhunderts.13 Es bedurfte nur eines kurzen Zeitraumes, daß diese wöchentlich erscheinenden Blätter zu einem festen Bestandteil des Lebens wurden. Noch einmal Goethe: Nachdem Mephisto im ,Faust' Frau Marthe die Nachricht überbringt: Ihr Mann ist tot und läßt sie grüßen, legt der Dichter ihr die Selbstverständlichkeit verratende Antwort in den Mund: Ich bin von je der Ordnung Freund gewesen, Möcht ihn auch tot im Wochenblättchen lesen.14 Auch mit Ordnung also hat dieser, den Alltag der Menschen begleitende Lesestoff, zu tun. Er ist allerdings noch zu wenig erforscht, um bereits eine gültige Gattungscharakterisierung geben zu können;15 eine quantitativ repräsentative, um13 14

15

Zahlen nach Alfred Estermann: „...einen Sohn Johann Wolfgang" (Anm. 10) S. 30. Die Verse befinden sich bereits im „Urfaust". Vgl. Johann Wolfgang Goethe: Urfaust. In: Goethes Werke. Hg. im Auftrag der Großherzogin Sophie von Sachsen. (Bd. 39: Jugendschriften). Weimar 1897. S. 273f. Vgl. an neueren Studien neben der Literatur in Anm. 1 Gerhardt Petrat: Das Intelligenzblatt eine Forschungslücke. In: Presse und Geschichte II. Neue Beiträge zur historischen Kommunikationsforschung. (Deutsche Presseforschung. Bd. 26). Hg. v. Elger Blühm und Hartwig Gebhardt. München, London, New York, Oxford, Paris 1986. S. 207-231; ders.: Geschichte des Intelligenzwesens. In: Medienwissenschaft. Ein Handbuch zur Entwicklung der Medien und Kommunikationsformen. Hg. von Joachim-Felix Leonhard u.a. Berlin, New York 1999. S. 923-931; ders.: „Wir ersuchen unsre Landsleute,...". Das Medium „Intelligenzblatt" als Initiator regionaler Wirtschaftspolitik im 18. Jahrhundert. In: Horst Kreye, Mudite Smiltena (Hg.): Medientexte. Textlinguistische und sprachhistorische Aspekte. (Hanseatisches Linguistik-Kontor Riga-Bremen Nr. 5). Bremen 1994. S. 152-182; Friedrich Huneke: Die „Lippischen Intel ligenzblätter" (Lemgo 1767-1799). Lektüre und gesellschaftliche Erfahrung. Mit einem Vorwort von Neithard Bulst. Bielefeld 1989 (Forum Lemgo, Schriften zur Stadtgeschichte, Heft 4); Thomas Kempf: Aufklärung als Disziplinierung. Studien zum Diskurs des Wissens in Intelligenzblättern und gelehrten Beilagen der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts. München 1991 (Cursus. Texte und Studien zur deutschen Literatur herausgegeben von Günter Häntzschel und Erich Kleinschmidt, Bd. 2); Werner Greiling: Presse, Publizistik und „Öffentlichkeit" in Thüringen im 18. und frühen 19. Jahrhundert. Ein Beitrag zur Genesis der bürgerlichen Gesellschaft. Habilitationsschrift Masch. Univ. Jena 1996; ders.: „Intelligenzblätter" und gesellschaftlicher Wandel in Thüringen. München 1995; ders.: „... dem gesellschaftlichen Leben der Menschen zur Aufnahme, Vortheil und Beförderung". Intelligenzblätter in Thüringen. In: Internationales Archiv für Sozialgeschichte der deutschen Literatur. 8. Sonderheft: Literatur, Politik und soziale Prozesse. Studien zur deutschen Literatur von der Aufklärung bis zur Weimarer Republik. 1997. S. 1-39; Josef Mancal: Zu Augsburger Zeitungen vom Ende des 17. bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts: Abendzeitung, Postzeitung und Intelligenzzettel. In: Augsburger Buchdruck und Verlagswesen. Von den Anfängen bis zur Gegenwart. Hg. v. Helmut Gier und Johannes Janota. Wiesbaden 1997; Lothar Schilling: Policey und Druckmedien im 18. Jahrhundert. Das Intelligenzblatt als Medium policeylicher Kommunikation. In: Policey und frühneuzeitliche Gesellschaft. Hg. von Klaus Härter, Frankfurt a. M. 2000. S. 413-452.

Pressewesen

und Außlärung

- Intelligenzblätter

und

Volksaufklärer

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fassende Untersuchung zur Gattung der Anzeigenblätter steht aus. Entsprechend vorsichtig und vorläufig müssen die Befunde ausfallen. Vor allem ist davor zu warnen, die Merkmale einzelner Intelligenzblätter als Gattungsmerkmale zu verallgemeinern, wenngleich sich einzelne Merkmale auf der jetzigen Quellenbasis bereits herauszukristallisieren scheinen. Allen gemeinsam ist der Wille zur Abstellung eines Mangels, aus dem nach der 1686 formulierten Auffassung Wilhelm v. Schröders aller andere Mangel herrühre: Und dieses ist, daß man nicht allezeit weis, noch erfahren kann, was einem oder dem andern zu wissen nöthig, und daß etwas zu erfahren, viel unmüßige zeit und grose kosten von den menschen, und noch darzu öfters umsonst und ohne effect müssen angewendet werden. Welcher schaden darum desto grösser ist, dieweil allezeit zwey partheyen dadurch leiden müssen, als nemlich der, welcher etwas suchet, und zweytens derjenige, welcher etwas hat, welches er wünschet, daß es andere wüsten. Von Beginn an ging es darum, der Unwissenheit und denen daraus entspringenden Übeln abzuhelfen.'6 Dabei bleibt auf dem Gebiet der Intelligenzblätter - ein in seiner Bedeutung stark unterschätzter Kulturfaktor - noch mehr zu entdecken als bei jeder anderen Gattung der historischen Presse. Schaut man in eines dieser Blätter, dann wird das Geflecht einer versunkenen Welt lebendig. Eines erklärt das andere. Ein Bauer sucht eine Magd für zehn Taler jährlich zu Martini. Gleich neben dieser Anzeige wird einer jener mehrbändigen Romane angeboten, die für die Literaturproduktion während der zweiten Hälfte des aufgeklärten Jahrhunderts typisch sind. Der Verleger nennt dabei exakt den halben Jahreslohn der Magd als Preis für seinen Roman. Wer etwas über die Lebenshaltungskosten im 18. Jahrhundert erfahren möchte, wer wissen will, was die Menschen lasen oder wie sie ihrer Trauer Ausdruck gaben, welche Auswirkungen Hungerkrisen hatten, welche Wertschätzung einzelnen Ständen entgegengebracht wurde, welche Theaterstücke Wanderbühnen aufführten oder wie alt Männer und Frauen wurden, der wird die Intelligenzblätter als bedeutende wirtschafts- und kulturhistorische Quelle entdecken. So nah am Alltag war sonst weniges, was in diesem Jahrhundert der Leserevolution die Presse der Buchdrucker verließ.

16

Wilhelm v. Schröder: Project Eines freywilligen ungezwungenen intelligenzwerks zur consolation der länder, ingroßierung der Commerden, propagirung der manufacture^ und Vermehrung Ihro Kayserl. Majest. einkommen, nützlich und dienlich erfunden. In: Wilhelm Freyh. von Schrödern Fürstliche Schatz- und Rentkammer, nebst seinem Tractat vom Goldmachen, wie auch vom Ministrissimo oder Oberstaatsbedienten. Königsberg und Leipzig: J. H. Härtung 1752. S. 335-343, hier S. 335, 338. Es handelt sich um die erste gedruckte Äußerung zum Intelligenzwesen in deutscher Sprache, die in erster Auflage 1686 erschien. Bequem zugänglich ist die Auflage von 1752 durch einen Neudruck im Topos-Verlag Vaduz 1978.

Holger Böning

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II. Noch einmal zurück zum Frankfurter Intelligenzblatt. Das Programm, mit dem der Verleger Anton Heinscheidt 1721 in einem Prospekt sein Unternehmen ankündigte, ist erstaunlich. Er bezeichnet sein neues Blatt als gemeinnütziges und patriotisches Werk. Der gegenwärtige Zustand des menschlichen Geschlechts, begründete Heinscheidt, ist so beschaffen, daß ein Mensch, er mag in einem Stand stehen, worinnen er will, des andern nicht immer entbehren kann, sondern seines Raths und Umgangs oder seiner Hülffe und seines Beystandes entweder zu seiner Nothdurfft, oder zu seinem Vergnügen dann und wann nöthig hat, wann er anders als ein vernünfftiger Mensch in dieser Welt leben und sich nicht selbst unglücklich machen will}1 Wichtige Schlagworte des frühen 18. Jahrhunderts sind versammelt: Vernunft, Patriotismus und Gemeinnützigkeit. Was uns als kommerzielles Unternehmen erscheinen will, wird philanthropisch begründet. Andere Intelligenzblattherausgeber folgen, die sich dieses Programm zu eigen machen. Fast wörtlich wiederholt der Herausgeber der , Wöchentlichen Hamburger Frag- und Anzeigungs-Nachrichten', Johann Michael Fleischer, die Gedanken seines Frankfurter Kollegen: Der gegenwärtige Zustand des menschlichen Geschlechts, ist so beschaffen, daß ein Mensch, er mag in einem Stande stehen, worinnen er wil, des andern nicht immer entbehren kan, sonderns seines Rahts und Umgangs, oder seiner Hülffe und seines Beystandes, entweder zu seiner Nohtdurfft, oder zu seinem Vergnügen dann und wann nöthig hat, wann er anders als ein vernünfftiger Mensch in dieser Welt leben, und sich nicht selbst unglücklich machen wil. Es hat auch der gütige Schöpffer, welcher des Menschen Glückseligkeit suchet, es so weislich geordnet, daß er von seinen Gaben und Gütern keinem Menschen alles allein anvertrauet, sondern einem jeden nur ein gewisses Maaß daran mitgetheilet hat, damit die Menschen desto besser in der Ordnung erhalten, und aus Erkänntniß ihres Mangels dazu gebracht würden, daß einer dem andern, als von einem Stamm absprossende Zweige, in seiner Bedürffniß mit Raht und That beystünde, und also, so viel an ihm, seines Neben-Menschen zeitliche Glückseligkeit zu befördern suchte. Wie nun die Erkäntniß dessen, daß ein Mensch von den Gaben und Gütern Gottes nicht alles allein, und dergestalt besitze, daß er seines Neben-Menschen zu seiner Glückseligkeit gar nicht brauche, die Menschen bewogen, sich in gewisse Gesellschaften zu begeben, damit einer dem andern desto füglicher in seinem Mangel helffen könne. So ist zwar die äusserliche Zusammenfügung ein guter Grund zu Erlangung der zeitlichen Glückseligkeit; allein es erreichet doch dieselbe den Zweck der bürgerlichen Gesellschaft noch nicht, oder nicht so völlig, wo nicht dabey solche Anstalten gemacht werden, welche ein und die andere Vortheile und Gemächlich-

17

Frankfurter Nachrichten. Jg. 1722. S . U . Hier ist der ankündigende Prospekt abgedruckt.

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Pressewesen und Aufldärung - Intelligenzblätter und Volksaußclärer keiten an die Hand geben, wodurch ein Mensch den andern besser in seinem Mangel undBedürfniß beyspringen könne.™

desto

eher

und

Hier findet sich ein erster Berührungspunkt zur Volksaufklärung. Gelehrte und Gebildete, Autoren und Verleger, eine neue Schicht v o n Beamten, Schriftstellern, Professoren und Geistlichen entwickelt - besonders deutlich erkennbar in den Moralischen Wochenschriften und in der

ökonomisch-naturwissenschaftlichen

Zeitschriftenliteratur dieser Zeit - ein Gefühl der Verantwortung für das Gemeinw e s e n . Allenthalben wird ein Drängen auf Mitwirkung an den gesellschaftlichen A n g e l e g e n h e i t e n sichtbar. Dabei spielen Presse und gedrucktes Wort eine zentrale Rolle. Sie sind nicht allein Mittel einer sich schnell verdichtenden K o m m u n i kation in der Muttersprache, sondern bieten auch Raum zur Debatte über G e g e n stände, die traditionell A n g e l e g e n h e i t ausschließlich der Regierungen und Obrigkeiten waren. Information, Kritik und Diskussion v o n R e f o r m e n und Verbesserungen -

das war etwas gänzlich N e u e s , A u f s c h e i n der Moderne, ermöglicht

durch den neuen Verbund der Presse, zu dem das Intelligenzblatt gehört." E s ist kein Zufall, daß die neuen Interessen sich sogleich vorzüglich auf die alltägliche Arbeit der M e n s c h e n und auf das Alltagsleben bezogen, Hauptgegenstände der neuen Anzeigenblätter. 2 0 18

" 20

Wöchentliche Hamburger Frag- und Anzeigungs-Nachrichten, Von Allerhand in- und ausserhalb der Stadt zu kauffen und zu verkauffen, zu verleihen und lehnen seyenden, auch verlohnten, gefundenen und gestohlenen Sachen; So dann Persohnen, Die Bedienungen oder Arbeit suchen, oder zu vergeben haben. Hg.: [Johann Michael Fleischer]. Hamburg: Johann Michael Fleischer ab August 1724. Hier: Ankündigung u. d. T.: Ausfuhrlicher Bericht von einem Zu Hamburg aufzurichtenden Gemein-nützlichen Werck, Welches wöchentlich unter nachfolgendem Titul sol publiciret werden: [...] Welche zu Hamburg bey Johannn Michael Fleischer, im Dohm, in dem gewesenen Königs Buchladen, bekandt gemacht und vernommen werden können. o.O. [Hamburg]. o.J. [1724]. Das Blatt ist beschrieben bei: Holger Böning (Hg.): Deutsche Presse. Biobibliographische Handbücher zur Geschichte der deutschsprachigen periodischen Presse von den Anfangen bis 1815. Kommentierte Bibliographie der Zeitungen, Zeitschriften, Intelligenzblätter, Kalender und Almanache sowie biographische Hinweise zu Herausgebern, Verlegern und Druckern periodischer Schriften. Band 1.1-1.3: Hamburg. Bearb. von Holger Böning und Emmy Moepps. Stuttgart-Bad Cannstatt 1996. Titel-Nr. 124. Zu den Intelligenzblättern im Verbund der Presse: Holger Böning (Hg.) (Anm. 18), Einleitung zu Bd. 1 und Bd. 2. An zeitgenössischen Äußerungen zum Intelligenzblatt in Handbüchern und Lexika, die sich, soweit sie programmatisch sind, durchweg entweder auf Johann Peter v. Ludewig oder auf Georg Heinrich Zincke (Johann Peter v. Ludewig: Vorläuffiger Unterricht von denen Wöchentlichen Anzeigen, die auf Königl. Majest. In Preussen allergnädigsten Special-Befehl, in Dero Reich. Provintzien und Landen durch die sogenannten Intelligenz-Zettel von 1729 angeordnet [...]. In: Johann Peter Ludewigs [...] Gelehrte Anzeigen, in alle Wissenschaften, so wol geistlicher als weltlicher, alter und neuer Sachen, welche vormals denen Wöchentlichen Hallischen Anzeigen einverleibet worden, nunmehro aber zusammen gedrucket und mit einem vollständigen Register versehen. Τ. 1, 1729-1734, Halle 1743. S. 1-28; zu Zincke siehe Anm. 52) stützen und damit das preußische Intelligenzblattmodell beschreiben vgl. insbesondere Johann Heinrich Zedier (Hg.): Grosses vollständiges Universal-Lexicon. Bd. 61. Leipzig und Halle 1749. Sp. 1788-1790; Johann H.L. Bergius: Intelligenzwesen. In: Policey- und

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Holger Böning

Die ersten Gedanken an Volksaufklärung finden sich allerdings nicht in den Intelligenzblättern.21 Wenige erläuternde Worte zu diesem Begriff: Er entstand in den achtziger Jahren des 18. Jahrhunderts, als einer der ersten prägte ihn Moses Mendelssohn. 1784 bestimmte der bedeutende jüdische Philosoph den Grad der Aufklärung einer Nation danach, wie weit diese als Volksaufklärung Verbreitung in allen Ständen der Gesellschaft gefunden habe.22 Von nun an spielte der Begriff in den Debatten der deutschen Spätaufklärung eine zentrale Rolle. Forschungsgeschichtlich verhält es sich hier ein wenig ähnlich wie mit den Intelligenzblättern. Die Literaturhistoriker haben über die hohe Literatur, den Lesestoff von gerade einem Prozent der Erwachsenenbevölkerung im 18. Jahrhundert, fast alles in Erfahrung gebracht, über die Lesestoffe der übrigen 99 Prozent wissen sie hingegen nur wenig. Lange galt die Rede vom „Volk ohne Buch".23 Die Forschungen der vergangenen zwei Jahrzehnte aber haben gezeigt, daß für einfache Leser zahllose Bücher zumindest geschrieben wurden. Die volksaufklärerische Literatur gehört quantitativ zu den bedeutendsten Gattungen der zeitgenössischen Druckproduktion. Von ihren Anfängen etwa um die Mitte des 18. Jahrhunderts erschienen während des

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Cameral-Magazin 5, Frankfurt a. M. 1770. S. 204-210; Johann Beckmann: IntelligenzBlätter. In: Beyträge zur Geschichte der Erfindungen. Bd. 2,2. Leipzig 1785. S. 231-241; Johann G. Krünitz: Intelligenz-Anstalt. Intelligenz-Wesen. In: Ökonomische Enzyklopädie, 30. Th. Berlin 1784. S. 424-441; Johann H.Ch. Beutler/ Johann C.F. Gutsmuths: Allgemeines Sachregister über die wichtigsten deutschen Zeit- und Wochenschriften. Leipzig 1790; Joachim v. Schwarzkopf: Über politische Zeitungen und Intelligenzblätter in [Übersichten für zahlreiche Länder wie Dänemark, Schweden, Rußland, das osmanische Reich, Spanien, Portugal u.s.w.]. In: Allgemeiner Literarischer Anzeiger 5/1800. S. 41ff.; ders.: Uebersicht der sämtlichen Intelligenz- und Nachrichtenblätter in Deutschland. In: Neues Hannoversches Magazin, 6. St. vom 27.6.1801. S. 961-976 u. 61. St. vom 31.7.1801. S. 977-980; ders.: Lieber politische und gelehrte Zeitungen, Meßrelationen, Intelligenzblätter. Frankfurt a. M., Gotha, Erfurt 1802; [Stiebnitz]: Die Intelligenzblätterkunde für den nicht unterrichteten Privatmann. Weimar 1802. An älteren Arbeiten zum Intelligenzwesen vgl. besonders Hjalmar Schacht: Zur Geschichte des Intelligenzwesens. In: Die Grenzboten 61, 2, 1902. S. 545-552; Karl Bücher: Das Intelligenzwesen. In ders.: Gesammelte Aufsätze zur Zeitungskunde. Tübingen 1926. S. 83-108; Otto Groth: Die Zeitung. 4 Bde. Mannheim 1928-1930. Besonders Bd. 1, S. 590-600, 619648 sowie Bd. 3, S. 169-209; Hubert Max: Intelligenzblatt - Intelligenzwesen, in Handbuch der Zeitungswissenschaft. Hg. von Walter Heide. Bd. 2. Leipzig 1940. Sp. 1806-1845; August Maas: Das Münsterische Intelligenzblatt als Zeitung und Zeitspiegel. Diss. Münster 1923; Hermann Remppis: Die württembergischen Intelligenzblätter von 1736-1849. Berlin, Stuttgart, Leipzig 1922; Josef Stark: Franz Seraph Kohlbrenner als Herausgeber des „Münchener Intelligenzblattes". Diss. München 1929; Cornelia Baumann: Wie wenig sind, die dieses wagen! Franz von Kohlbrenner, Traunstein 1728 - München 1783, ein bayerischer Wegbereiter ins 19. Jahrhundert. Grabenstätt 1985. Moses Mendelssohn: Ueber die Frage: was heißt aufklären? In: Berlinische Monatsschrift, Bd.4. 1784. S.193-200, hier S. 197. Die wichtigsten Anregungen zur Erforschung der Volkslesestoffe, die in den vergangenen Jahrzehnten begonnen hat, gab Rudolf Schenda: Volk ohne Buch. Studien zur Sozialgeschichte der populären Lesestoffe 1770-1910. Frankfurt am Main 1970 [auch: München 1977],

Pressewesen und Aufklärung - Intelligenzblätter und Volksaufklärer

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folgenden Zeitraumes von hundert Jahren etwa 15 000 Schriften, die sich entweder direkt an die unteren Stände der Bevölkerung wandten oder in denen darüber diskutiert wurde, mit welchen Mitteln, Zielen und Strategien aufklärerisches Gedankengut beim ,Volk' popularisiert werden könne.24 Gut 3 000 Autorinnen und Autoren griffen zur Feder und engagierten sich mit der Abfassung einer selbständigen Schrift, von der Anleitung zur Stallfutterung über Informationen zur Bekämpfung von Viehseuchen oder zur Gesunderhaltung des Menschen bis zum unterhaltsamen Roman. Bedeutende Namen sind dabei:25 Johann Heinrich Pestalozzi schrieb seinen Roman ,Lienhard und Gertrud', Johann Georg Schlosser, der Schwager Goethes, verfaßte einen ,Katechismus der Sittenlehre fur das Landvolk' und Georg Christoph Lichtenberg wandte sich 1778 - in einem Intelligenzblatt gegen die gerade wieder einmal kursierende abergläubische Kometenfurcht. Sie habe, behauptete er, ihren Ausgang bei Ackerleuten und Tagelöhnern genommen, die sich in den Feyerstunden [...] mit Zeitungslesen und Astronomie beschäftigten.26 Zu nennen wären auch Johann Wilhelm Ludwig Gleim, Johann Heinrich 24

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Zahlreiche Intelligenzblätter sind in ihren Zusammenhängen zur Volksaufklärung verzeichnet bei Holger Böning und Reinhart Siegert: Volksaufklärung. Biobibliographisches Handbuch zur Popularisierung aufklärerischen Denkens im deutschen Sprachraum von den Anfängen bis 1850. Bd. Iff.. Stuttgart/Bad Cannstatt 1990ff. Im Anhang zu Band 1 finden sich Aussagen zur grundsätzlichen Bedeutung der Intelligenzblätter für die Volksaufklärung und eine Darbietung des Inhaltes dreier Intelligenzblätter. Bei den in den Anmerkungen verzeichneten Quellen habe ich auf Standorte verzichtet, da diese in der genannten Bibliographie zu finden sind. Sie fehlen auch in den Intelligenzblätter nicht. Vgl. etwa zu Schubart, Johann Martin Miller, Matthias Claudius, Voß, Hölty, Göckingk, der Karschin, Georg Jacoby, Pfeffel, Christian Ludwig Neuffer, Johann Christian Haut, August Friedrich Emst Langbein, Joachim Heinrich Campe und weiteren Dichtern, die beispielsweise im Ulmer Intelligenzblatt publizierten, Maria Roos: Das Ulmer Intelligenzblatt. Diss. phil. Ms. Masch. Univers. München 1941. G[eorg] C[hristoph] Lichtenberg: Etwas über den fürchterlichen Cometen, welcher, einem allgemeinen Gerücht zufolge, um die Zeit des ersten Aprils unsere Erde abholen wird. In: Westphälische Beyträge zum Nutzen und Vergnügen. 1778. Sp. 97-104. Lichtenberg geht es um die Widerlegung eines Gerüchts von einem zu erwartenden, die Erde zerstörenden Kometen, die bei aller Ernsthaftigkeit nicht frei von Satire ist und sich deutlich an einfache Leser richtet: „Ich halte es [...] für meine Pflicht den Furchtsamen unter unsern Mitbürgern alles deutlich aus einander zu setzen, und lebe der sichern Hoffnung, daß sie am Ende, wenn sie dieses Blat weglegen, auch alle Furcht ablegen werden, die ihnen Aberglaube und Misverständniß eingejagt hat." Weiter heißt es: „Einige Personen von nicht geringer Einsicht, namentlich verschiedene Ackerleute und Tagelöhner, in- und ausserhalb unserer Stadt, die sich in den Feyerstunden, und zuweilen auch ausser denselben, mit Zeitungslesen und Astronomie beschäftigen, haben in diesen Tagen angefangen den bekannten Schluß von Cometen auf Krieg nicht ungeschickt umzudrehen, und erwarten jetzt, da die Kayserlichen immer tiefer in Bayern eindringen, einen Cometen von schrecklicher Größe. Ja ich habe so gar vernommen, daß sie sich, wie es klugen Hausvätern zukommt, bereits durch rühmlichste Vernachläßigung ihrer Arbeit und schleunige Aufzehrung ihres kleinen Vorraths zu einem gehörigen Empfang desselben hier und da vorbereiten." Die Widerlegung des Gerüchts schließt mit Versen Kästners, die Lichtenberg seinen Lesem als „das kräftigste Verwahrungsmittel gegen Cometenfurcht zur ernstlichen Beherzigung" empfiehlt: „Der Mensch ist nicht der Zweck von Millionen Sternen, / Die er theils kaum erkennt, theils nie wird kennen lernen; / Und daß ein Länd-

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Jung-Stilling, Christian Gotthilf Salzmann, Johann Heinrich Merck, Johann Gottfried Seume oder Johann Kaspar Lavater, alle auf ihre Weise volksaufklärerisch engagiert und zugleich auch Autoren von Intelligenzblättern. Bei ihnen wie insgesamt in der Publizistik der Spätaufklärung, in den Journalen für gebildete Leser und ganz besonders in den Zeitschriften für Pfarrer ist die Volksaufklärung ein Hauptthema. Mehrere hundert Zeitungen, Zeitschriften und Intelligenzblätter wandten sich unmittelbar an das ,Volk'. Darunter verstanden die Aufklärer in der Regel die arbeitenden Stände oder - in einer häufig zu findenden Definition - diejenigen Teile der Bevölkerung, die keine höhere Bildung erfahren haben.27 Ein kleiner Exkurs mag andeuten, welche Bedeutung die Volksaufklärung auch regional hatte: Mehr als 500 Schriften für einfache Leser erschienen allein mit dem Druckort Augsburg. Von der ,klugen Hausfrau' eines katholischen Pfarrers, der bereits in den 1750er Jahren ein detailliertes Leseprogramm für Landleute entwickelte, über eine , Anleitung für das Landvolk in Absicht auf seine Gesundheit' oder eine ,Landapotheke' bis zu einem ,Catechismus des Feldbaues' findet sich - zumeist in Nachdrucken beispielsweise auch des ,Noth- und Hülfsbüchleins für Bauersleute' - eine erstaunliche Vielfalt. Es wäre ein eigenes Thema, am Beispiel der Druckproduktion in Augsburg zu zeigen, daß das immer noch vorhandene Bild, die katholische Aufklärung sei hinter der protestantischen zurückgeblieben, sich zumindest für den Bereich der Volksaufklärung nicht aufrechterhalten läßt. Das erwähnte ,Noth- und Hülfsbüchlein' etwa wurde für katholische Leser bearbeitet und, wie es auf dem Titelblatt heißt, auf Kosten der Schulkasse des gnädigsten Domkapitels in Augsburg gedruckt und in die Schulen gegeben.28

27

28

chen nur sein künftig Unglück sieht, / Schickt Gott nicht eine Welt, die dort am Himmel glüht." Unter „Volksaufklärung" sollen, dem zeitgenössischen Verständnis folgend, die Bemühungen aufklärungsfreundlicher Einzelpersonen, gemeinnütziger Gesellschaften und Obrigkeiten verstanden werden, dem „gemeinen Mann" Gedankengut der Aufklärung zu vermitteln. Dabei geht es weniger um die Vermittlung von positivem Wissen oder von Begriffen (wie z.B. der Naturrechtslehre) als um eine Mentalitätsveränderung: um die Abkehr von der ungeprüften Übernahme von Tradiertem, die als mentales Spezifikum des unaufgeklärten „Volkes" empfunden wurde. Aufklärerisch in diesem Sinne sind Texte, die erkennen lassen, daß es angesichts eines Problems mehrere mögliche Einstellungen gibt, von denen dann eine aus den von der Aufklärung einzig akzeptierten Gründen der Vernunft oder der Erfahrung vorzuziehen sei, Texte also, die in diesem Sinne argumentieren oder räsonnieren. Die Volksaufklärung hat sich in dieser Absicht der Mentalitätsveränderung vor allem (jedoch nicht ausschließlich) an Bauern gewendet, ist also weithin Bauernaufklärung. Dokumentiert wird die Volksaufklärung bei Holger Böning, Reinhart Siegert (Anm. 24). Vgl. zur obigen Definition die Einleitung zu Bd. 1. Die meisten der im folgenden genannten Quellen und ebenso die oben genannten Personen sind in unserer Bibliographie genannt und mit ihren entsprechenden Texten dokumentiert. In der Vorrede, die auf die geringe Vertrautheit katholischer Landleute mit weltlichen Lesestoffen anspielt, heißt es: "Also auch etwas für euch, liebe Bauersleute! und zwar etwas, so nicht nur eure Seele und euer Seelenheil betrifft, welches immer und allezeit die Hauptsache bleibt; sondern auch viele und recht viele gute und nützliche Dinge, welche euer Hauswesen, eure zeitlichen Güter und euren ganzen Wohlstand angehen. Eines werdet ihr wohlmeynend

Pressewesen und Aufklärung - Intelligenzblätter

und Volksau fklärer

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U n d als der katholische Pfarrer Franz Xaver Geiger 1790, vorsichtshalber anonym, seine , Schöne Lebensgeschichte des guten und vernünftigen Bauersmanns Wendelinus. Ein Lesebuch für das Landvolk, v o n einem Landpfarrer' in A u g s burg drucken ließ, gelangte die Schrift in Bayern sofort auf eine Liste verbotener Bücher und ihr Autor für ein dreiviertel Jahr ins Gefängnis. M a n machte ihm zum Vorwurf, daß er das Dasein Priestersegens

leugnete.29

der Hexen

und die auf diese

wirkenden

Kräfte

des

D i e Schrift - sie wurde durch Pfarrer und B e a m t e ver-

breitet 30 , die sie in ihren G e g e n d e n verteilten - erlebte bis 1824 mindestens sechs A u f l a g e n . Ein Paradeis

auf Erden

sollte nach dem Willen des Autors entstehen,

folgten nur alle Bauersleute dem vernünftigen Wendelinus. N a c h Art der Heiligenlegenden ging es um Vorstellung eines idealen Musters zur Nachahmung. 3 1

29 30

31

hier vorläufig erinnert. Wenn euch dieses Buch auf was immer für eine Art zu Händen kömmt; so machet es nicht als wie die Bauren zu Undenkingen im Oberlande. Diesen hat ihr Bader oder Barbierer, welcher in der Welt ziemlich weit herum gewandert, und vieles erfahren hatte, öfters etwas aus dem Noth- und Hülfsbüchlein erzählet, und auch vorgelesen, wenn sie in dem Wirthshause zusammen kamen. Flugs waren sie damit fertig; sie lachten den Bader aus; verwarfen alles, und sagten: man habe schon lange gehauset, ohne solche Dinge anzufangen; ihre Väter wären auch gescheide Leute gewesen; sie würden gewiß solche Sachen angefangen haben, wenn es ihnen getauget hätte. Man kann in das Buch hinein drucken, was man will; wir bleiben beym Alten: und sie verwarfen das Buch und die beßten Räthe eines redlichen Mannes. Aber sie verachteten alles dieses zu ihrem größten Schaden." Ohne Belegstellenangabe bei Goldfriedrich: Buchhandel 3. 1909. S. 383. Diese beiden Personengruppen waren neben den Ärzten nach Ansicht der Volksaufklärer die idealen Personen, die Volksaufklärung u.a. durch die Verteilung von Schriften zu befördern. Ein Augsburger Beispiel ist die Schrift: Gewitterkatechismus, oder Unterricht über Blitz und Donner, und die Art und Weise, wie man bey einem Gewitter sein Leben gegen den Blitz schützen und retten kann. Für Vornehme und Geistliche, zunächst aber für gemeine Leute bestimmt. [Verf.: Joseph Kraus], Augsburg: Nicolaus Doli 1794 [n.A. ebd. 1797; 3.A. 1799; 4.A. 1813; 5.A. 1814; die späteren Aufl. z.T. mit Verfassemennung]. Der Autor schreibt zu seiner Adressierung auf dem Titelblatt in der Vorrede: „Für Vornehme und Geistliche bestimme ich dieses Büchlein nicht, um sie darinn zu belehren, sondern um ihnen das Büchlein selbst anziehender und sie darauf aufmerksamer zu machen. Ist es einmal, denk ich, den Vorstehern und Lehrern der gemeinen Leute bekannt, so werden jene so menschenfreundlich seyn, daß sie es bey diesen zu verbreiten suchen." Hans Mendl: Literatur als Spiegel christlichen Lebens. St. Ottilien 1995. S.146-150. Er schreibt dazu: „Geiger konzipiert den ,Wendelin' als typische Verhaltensliteratur, deren Aufgaben er im Vorwort umreißt; dem Landvolk sollte ein idealtypischer Spiegel vorgehalten werden, mit der Maßgabe, die beschriebenen ,guten' Züge nachzuahmen und die schlechten' zu meiden. Zu diesem Zwecke konstruierte er die Figur ,Wendelin', einem ,Muster von einem rechtschaffnen, klugen und verständigen Bauersmann'. ,Aber was ich an vielen Bauersleuten Schönes und Gutes gefunden, das habe ich alles dem alten und jungen Wendelin zugeschrieben.' (IX) Doch auch böse und schädliche Verhaltensweisen werden geschildert. Die Bauern sollen das Werk, .welches nicht hochdeutsch geschrieben, sondern eigentlich für euch gemacht wäre, damit ihr an Sonn- und Feyertägen etwas Gutes und Nützliches zu lesen hättet' (V) zur Erquickung (,Der Mensch ist nicht Geist allein; er ist auch Leib' - V) anstelle der beliebten Volksbücher ,Eulenspiegel' [1515] und ,Heumonnskinder' [1604] und ,Kaiser Octavianus' [1535] (VI) lesen und nachahmen. Geiger verweist auf zwei weitere Bücher, auf die er erst kurz vor Vollendung des Buches gestoßen war und wovon er noch einiges abschrieb und den ,Wendelin' damit vermehrte: Beckers ,Noth- und Hülfsbüchlein' (1788),

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Holger Böning

Der schriftstellernde Pfarrer aber verlegte sich nach seiner leidvollen Erfahrung mit der bayerischen Justiz auf Bücher für Landleute, in denen der Anbau von Obstbäumen propagiert wurde.32 Die Obstbäume - wichtig fur die Selbstversorgung, aber auch fur eine gesunde Ernährung33 - geben das Stichwort, zu der innigen Verbindung von Volksaufklärung und Intelligenzblättern zurückzukehren, die sich seit der Mitte des 18. Jahrhunderts entwickelte. Zu dieser Zeit war die Volksaufklärung fast ganz ausschließlich ökonomische Aufklärung. Zu begreifen ist dies als Ergebnis eines Prozesses, in dem sich von der zweiten Hälfte des 17. bis zur Mitte des 18. Jahrhunderts bei zahlreichen Gelehrten ein neues Weltbild und ein neues Selbstverständnis herausbildeten. Seine Anstöße erfährt er durch die Suche nach säkularisierten Formen der Welterkenntnis und -erklärung. Geprägt ist dieses neue Weltbild durch ein Verhältnis zur Natur und zu den Naturwissenschaften, das den Menschen als Eingreifenden und Verändernden begreift, ihn bestimmt und aufgefordert sieht zur Erkenntnis und Nutzung der Naturgesetze zum Zwecke steter Vervollkommnung und zum ,gemeinen Nutzen'. Ist die Erkenntnis und Erforschung dieser Gesetze Angelegenheit des Gelehrten, so ist die praktische Nutzung auf die Weitergabe der gewonnenen Kenntnisse angewiesen. Die Epoche der Aufklärung ist deshalb von Beginn an durch das Bemühen charakterisiert, die gesellschaftliche Exklusivität des Wissens zu beenden. Zunächst bei den Gelehrten und sodann bei den .gesitteten Ständen' insgesamt vollzieht sich ein nachhaltiger Interessenund Wertewandel, der zu einer neuen Sicht und Wertschätzung des Alltäglichen, der praktischen Arbeit und der ,unteren Stände' führte. Dieser Wandel erscheint

32

33

sowie Zerrenners ,Volksbuch' (1787) und dessen katholische Ausgabe ,Legende für den gemeinen Mann' (1788-90). In der Zielformulierung geht das Werk also konform mit der gewohnten Zielangabe der Exempeltradition [...]; verändert haben sich aber die Art der literarischen Darstellung, deren Ausgestaltung im soziologischen Kontext des Lebens auf dem Lande und die Ausgangslage von einer idealtypisch gestalteten Familie aus. Nicht unwichtig ist auch der Kontext, in dem Geiger sein über weite Strecken ausschließlich pragmatisch und volksaufklärerisch gehaltenes Werk sieht." Vgl. zu Geiger Hans Mendl: Literatur (Anm. 31). Franz Xaver Geiger (1749-1842) war Pfarrer zu Entraching und Kaufering sowie Mitglied der ,sittlich-ökonomischen Gesellschaft zu Burghausen'. Die Obstbaumzucht ist ständiges Thema in den Intelligenzblättern. Vgl. als typisches Beispiel: Gedanken von der Pflegung des wilden Birn- oder Roddenbaums. Wittenbergsches Wochenblatt. Jg. 1768. S.161-164. Es handelt sich um eine Empfehlung dieses Obstbaumes an den bäuerlichen Leser, die mit dessen großem Nutzen für den „Landmann" begründet wird, als welcher sich auch der Autor vorstellt: „Es mag allen denen, die nicht einzig und allein von dem Landbau leben dürfen, frey stehen, sich mit dem Anbau der Ananas, des Acacienbaums, und anderer dergleichen ausländischen Producte abzugeben. Wenn ich aber als ein bloßer Landmann, der doch auch mit zur besten Welt gehört, einmal einen ökonomischen Wunsch in Ansehung der so höchstnöthigen Baumzucht, thun soll, so wird er für das beständige Wohl und bessere Pflege des wilden Birnbaums ausfallen." S.181-182 folgt ein Zusatz zu dem Beitrag, der auf den Gebrauch des wilden Obstes als Viehfutter durch die Tagelöhner hinweist. „Folglich ist die Pflegung des wilden Obstes zugleich ein Mittel, den unentbehrlichen Tagelöhnern den Aufenthalt in den Dörfern annehmlicher zu machen."

Pressewesen

und Aufklärung-Intelligenzblätter

und

Volksaufklärer

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als eine wesentliche Voraussetzung dafür, daß sich das Bemühen um die Popularisierung aufklärerischen Gedankengutes um die Mitte des 18. Jahrhunderts auch auf das ,Volk' und besonders auf die in der Landwirtschaft praktisch tätigen Menschen zu richten begann. Es ist ein direkter Weg, der von der aufklärerisch motivierten Erforschung der Natur zur Volksaufklärung führte. Denn wo konnten die neuen Erkenntnisse mehr Nutzen stiften als in der Landwirtschaft? Es ging - so ein Zeitschriftentitel - um ,Neue Wahrheiten zum Vortheil der Naturkunde und des gesellschaftlichen Lebens der Menschen.' Das neue pragmatische Wissenschaftsverständnis schaffte sich Medien, ohne die es nicht wirksam werden konnte. In den ersten, fur die bäuerliche Bevölkerung bestimmten Schriften, ging es vornehmlich um neue Düngemethoden und neue Fruchtsorten. Propagiert wurde - von den gemeinnützigökonomischen Aufklärern und auch von vielen Kameralisten - eine intensivere Bodennutzung, insbesondere der Anbau verschiedener Kleesorten auf Brachen und Weiden, der bei gleichzeitiger Einfuhrung der Stall futterung eine ausgeweitete Viehhaltung ermöglichen sollte. Diese kleinen ökonomischen Schriften, nach Umfang, Sprache und didaktischer Aufbereitung bereits adressatenspezifisch gestaltet, markieren die Anfänge einer mit der Aufklärung entstehenden massenhaften Sachliteratur. Sie sind zugleich eine erste Leistung der Volksaufklärung; mit mehreren tausend Schriften allein bis zum Ende des Jahrhunderts blieben sie von nun an ein ständiges Angebot der Hilfe. Sie entstanden aus der Frage, wie man aus der bisherigen, für Gebildete bestimmten ökonomischen Literatur aufs kürtzeste und wohlfeilste das brauchbarste und gewisseste unter jedermanns Hände bringen könnte. Anders als die voluminösen und teuren Hausväterbücher, hoffte man, die kleinen, nur wenige Pfennige kostenden Schriften absetzen zu können, beynahe, wie die Haußier=Mägdchens ihre kurtze Waaren: wohlfeil, wohlfeil! halb umsonst!34 Mit großer Unbefangenheit gingen die meisten Aufklärer davon aus, daß ein Unterricht über ökonomische Gegenstände von den ,unteren Ständen' gern angenommen würde, wenn man ihn nur mundgerecht serviere. Aber einiges hatten sie dabei nicht bedacht. In einem - sicher fiktiven - Leserbrief an eine volksaufklärerische Zeitschrift äußert ein Landmann, wie er sich nennt, Einwände: Wie kann man es aber verlangen, daß wir, wenn wir von der Sonne verbrannt, mit Staub bedeckt, oder vom Regen durchnäßt zu Hause kommen, daß wir uns denn hinsetzen und eine Lection aus einem Buche lernen sollen. Essen werden wir und denn Schlafen, und das von rechtswegen, um uns auf den andern Morgen neue Kräfte zu samlen. Ein Landmann, der viel lieset und wenig arbeitet,

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Leipziger Sammlungen von Wirthschafftlichen- Policey- Cammer- und Finantz-Sachen. (Hsg. v. Georg Heinrich Zincke). Leipzig: Carl Ludwig Jacobi 1742-1767. Bd. 11. 1755. S. 943f„ S. 948.

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dessen Haus und Hof ist schon auf dem Weg zum schwarzen Brett. Halten Sie mich aber für keinen Feind vom Lesen?5 Mit anderen Worten formulierte der Pfarrer Johann Friedrich Mayer den Tatbestand, den jede aufklärerische Bemühung mit literarischen Mitteln zu beachten hatte: Die Vorschläge, heißt es zu den ökonomischen Informationen, sind in Bücher verfaßt, und liegen also in dem Heiligthum verwahret, wozu der Bauersmann nicht kommet,36 Nicht Lesefahigkeit war das Problem, denn die besaß in unterschiedlicher Fertigkeit jeder, der wenigstens einige Jahre die Schule besucht hatte. Weltliche Bücher aber waren für die ländliche Bevölkerung noch längst keine selbstverständlich genutzten Ratgeber. Die Bücher sind nicht ihre Geräthe, [schreibt Mayer], Eine von den Urahnen auf sie vererbte grose Bibel, voll Rauchs aussen, inwendig so schön noch, wie neu, zur Hauszierde auf der Bank, ein Habermann17 und etliche zusammengeflickte alte Kalender, von etlichen Jahren her, sind und machen die Bibliothek des protestantischen Bauermanns voll aus; bey dem katholischen findet man eine gleiche Anzahl Bücher, oder nicht einmal so viel.38 In allen deutschen Regionen beobachteten besonders die Pfarrer, daß zwar eine gewisse Vertrautheit im Umgang mit der traditionellen religiösen Literatur vorhanden war, neben dem Kalender und den Zeitungen aber weltliche Schriften sehr selten gelesen wurden. An diese Beobachtung knüpften sich alle Überlegungen, wie der Bauer trotzdem angesprochen werden könne. Beiläufig, so meinte man, quasi unvermerkt, mußten die Belehrungen der Landbevölkerung vermittelt werden. Und kurz hatten sie zu sein. Denn, so fragte wiederum der Pfarrer Johann Friedrich Mayer: Wie viel bleibet ihnen Muse und Zeit, etwas zu lesen, auch übrig? Am Werktag gar keine Stunde, am Sonntag empfiehlet ihnen der Lehrer mit Recht das Ge35

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Johann Hinrich Pratje: Landwirtschaftliche Erfahrungen zum Besten des Landmannes, Altona und Lübeck: David Iversen 1768. Johann Friedrich Mayer: Unfehlbare Vorschläge die Hindernisse eines verbesserten Feldbaues zu zernichten. In: Ders. (Hg.): Beyträge und Abhandlungen zur Aufnahme der Land- und Hauswirthschaft nach den Grundsätzen der Naturlehre und der Erfahrung entworfen. 11 Bände und 3 Bände Anhang [1.-3 .Bd. 2.Aufl. 1780, 1786, 1799; Auszüge 1785], Frankfurt am Main: Andreä 1769-1786. Bd. 1. S. 3-82, hier S. 18. Der „Habermann" steht hier stellvertretend für die in allen deutschen Regionen zu findende traditionelle religiöse Literatur. Hier handelt es sich um ein Gebetbuch von Johann Habermann (genannt „Avenarius", 1516-1590), dessen „Habermännle" besonders in Würtemberg berühmt war, das entstand nach: Christliche Gebett/ für alle Not vnnd Stende der gantzen Christenheyt/ : außgetheilet auff alle tage in der Wochen zusprechen, sampt gemeinen dancksagungen / auch Morgen vnd Abendtsegen / Gestellet... Durch: M. Johann Haberman. Erstveröffentlichung 1567 und unglaublich zahlreiche neue Drucke bis ins 20. Jahrhundert. Vgl. dazu auch Rudolf Schenda: Bücher aus der Krämerkiste. In: Rückblick für die Zukunft. Berichte über Bücher, Buchhändler und Verleger zum 150. Geburtstag des Ensslin-Verlages. Hg. von J[oachim] U. Hebsaker. Reutlingen 1968. S. 107-132. Johann Friedrich Mayer: Unfehlbare Vorschläge (Anm. 36) S. 18ff.

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betbuch und die Bibel. Wie soll also der Bauer unsere Vorschläge erfahren. Ein ganz heller Beweis, daß die meisten Arbeiten für ihn für gar niemand sonst gut sind, als für den Verleger, für den Autor, und für sehr wenige denkende Köpfe unter uns selbsten [...].39 Solche Berichte und Feststellungen markieren eine frühe Volkskunde. Für die Volkslesestoffe hatte sie praktische Folgen. Gesprächsweise, im ,sokratischen Ton', verfaßte man nun die Belehrungen, verkleidet als Katechismen oder e/«gekleidet in unterhaltsame Erzählungen. Vor allem aber dachte man darüber nach, wie man Eingang in die traditionellen Volkslesestoffe finden konnte. Ohne allen Zweifel, so heißt es im Erfurtischen Intelligenzblatt40, wird uns hier das bewuste Orakel des Bauern, sein lieber Calender beyfallen. Diesen lieset er oft und gern. Ich kenne einen Landmann, der alle Sonntag Nachmittag seinen Calender durchlas, ohne mit der Zeit zu ermüden, und der bey den Geschichtgens desselben, am letzten Tage des Jahres noch so viel Vergnügen empfand als um Neujahr,41 Neben dem Kalender und oft auch der Zeitung war es stets das Intelligenzblatt, das die Aufklärer fur besonders geeignet hielten, die Landbevölkerung anzusprechen.42 Das hatte einen einfachen Grund. Bereits in den sechziger und siebziger Jahren des aufgeklärten Säkulums ist zu beobachten, daß die Intelligenzblätter verstärkt auch von den unteren Bevölkerungsschichten genutzt wurden.43 In ihnen 39 40

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Johann Friedrich Mayer: Unfehlbare Vorschläge (Anm. 3 6 ) S. 18ff. Vgl. dazu und zum Intelligenzwesen in Thüringen insgesamt Werner Greiling: Presse sowie ders.: „Intelligenzblätter" (Anm. 15). Gedanken von den Würkungen ökonomischer Schriften auf den Landmann. In: Erfurthisches Intelligenz-Blatt vom Jahre 1772. Bd.4. Erfurt 1772. S. 4 0 8 - 4 0 9 und S. 4 2 9 - 4 3 0 , hier S. 4 0 9 . Im Anschluß an den zitierten T e x t heißt es: „Der Grund hievon lieget nicht ganz allein in den schönen Wetter Prophezeihungen, wie man vielleicht beym ersten Anblick glauben könnte. [...] Mehr glaube ich, trägt das Wunderbare im erzählenden Tone vorgetragen, und die kleine Gestalt des Stücks zu seiner Aufnahme bey." Vgl. beispielsweise das Kapitel „Von den Mitteln, welche zur Ermunterung des Fleisses, so wohl bey dem M a n u f a c t u r e r als bey dem Ackerbau gemeinschaftlich dienen" bei: Philipp Peter Guden: Polizey der Industrie, oder Abhandlung von den Mitteln, den Fleiß der Einwohner zu ermuntern, welcher die Königl. Groß-Brittannische Societät der Wissenschaften zu Göttingen i.J. 1766 den Preis zuerkannt hat. Braunschweig 1768. Ähnliche Vorschläge bei: Christian Valentin Merkel: Wohlgemeyntes Sendschreiben an die Erlauchte und Freye öconomische Gesellschaft zu St. Petersburg über die vollständigste Einrichtung und rechtmäßige Verbesserung Derselben hochberühmten Societät. Unvorgreiflich abgefasset von D. Christian Valentin Merkel. Leipzig 1768. Ein Beispiel dafür: Gnädigst privilegirtes Greizer Intelligenzblatt. Greiz 1 7 7 8 - 1 8 1 6 . Hier finden sich im 2. Jahrgang, S. 305ff., unter dem Titel „Vortrefliches Schreiben eines Greizer a) an seine Mitbürger" Überlegungen, mit welchen literarischen Mitteln das „ V o l k " anzusprechen sei: „Zeitungen, Intelligenzblätter, Kalender, Katechismen, Gesangbücher sind eigentlich die Schriften, durch welche unter die niedern Volksklassen Aufklärung gebracht werden kann. Wir schreiben Volksbücher, und selten kommen sie in die Hände des Landmannes, stat daß er in jenen stäts ließt. Zu bedauren ist es daher, daß so manche solcher Volksblätter unzwekmäßig eingerichtet sind. Ich habe das Vergnügen, meinen Lesern schon einmal von dem besser eingerichteten Höfer-Intelligenzblatte einige Worte zu sagen, und ich lasse nun folgendes Schreiben in dem Greizer-Intelligenzblatte um deshalb hier wieder abdrucken, da-

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konnte der Bauer nach einem neuen Knecht fragen; hier erfuhr er die aktuellen Marktpreise; hier wurden die Dinge verhandelt, die in seinem Alltagsleben von Bedeutung waren. Das Intelligenzblatt erreichte seine Leser auch in der entlegensten Provinz, wo es häufig das einzige lokale, oft über mehrere Jahrzehnte erscheinende Presseerzeugnis war. Schnell fand es durch Auslage im Wirtshaus, durch die Benutzung als Schullektüre, durch freiwilliges oder angeordnetes Vorlesen oder über den abonnierenden Pfarrer einen selbstverständlichen Platz im ländlichen und dörflichen Leben. Bis zu einem gewissen Grade ist bereits in der Programmatik der preußischen Intelligenzblätter, wie sie vor allem von Johann Peter v. Ludewig formuliert wurde, ein Gedanke zu finden, der jenen Vermittlungscharakter der neuen Pressegattung betont, der die Anzeigenblätter im Verlaufe des 18. Jahrhunderts vielerorts zu einem bevorzugten Medium der Volksaufklärung werden ließ. Am Beispiel der meteorologischen Informationen, die im Artickel von Wind, Wetter, Wasser u. Feuer gegeben wurden, wird ausgeführt, es sei dem gemeinen Wesen ein empfindlicher Schade, daß die mathesis und physica, deren Erkänntniß allen Menschen, wes Standes und Amtes sie seyn mögen, nöthig und nützlich, nur bey den Gelehrten bleiben und dem gemeinen Mann, der doch den besten Gebrauch machen könnte, verschlossen werden,44 Die nachfolgende historische Herleitung einer Belehrung besonders der bäuerlichen Bevölkerung kann zwar einerseits aufklärerisch genannt werden, doch zugleich werden wesentliche Grundgedanken des Absolutismus deutlich: Einmahl ist dieses gewiß: daß, als der grosse Käyser Carolus das unbeholfene Teutschland mit Waffen unter sich gebracht und solches geschlachter und besser machen wollen, er von denen mathematischen und physicalischen BaurenSchulen den Anfang gemachet habe. Man hält dafür; daß die alte BaurenRegeln davon noch jetzo ihren Ursprung hätten. Weil nachhero es der Clerisey nicht angestanden, dem gemeinem Mann dergleichen Künsten weiß zu machen; als dem sie vielmehr das Gehirne mit Rosen-Kräntzen und heiligen Legenden angefüllet, daraus selbige nur andere Menschen bewundern und anbethen, weder sich aber oder andere kennen lernen sollen. Da nun Königl. Majest. eine

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mit durch den gewiß erfolgenden öffentlichen Beifall die Herausgeber andrer solcher Volksblätter aufgemuntert werden mögen, sich zu bestreben, die unter ihren Mitbürgern herumschleichende Vorurteile auf die Art zu verdrängen. In dem gesamten Reußischen Landen gibt es, so viel ich weiß, nur zwei Intelligenzblätter. Diese wären nun allerdings hinlänglich, wenn nur stat desjenigen, welches in der Residenz Lobenstein herauskömt, eines in der Residenz Gera herauskäme. [...] Ein Geraisches Intelligenzblatt würde daher in weit mehrere Hände kommen, als das Greizer und Lobensteiner. An Männern, die sich dazu entschließen würden, ein solches Blat herauszugeben, feit es nicht; allein der Herr Graf Heinrich wil aus nicht einzusehenden Gründen durchaus kein Intelligenzblat in seiner Stadt haben. Dafür hat aber auch der gnädige Herr Graf das Vergnügen, seine Befeie nie gedrukt zu sehen, dafür wird auch von der ganz gemeinen Volksklasse, die doch sonst wenigstens das Intelligenzblat in die Hände bekäme, gar nichts gelesen." Vgl. J. P. v. Ludewig: Vorläuffiger Unterricht (Anm. 20) S. 14f.

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so edle und gesegnete Begierde haben, Land und Leute zu bessern: so wäre auch wohl dieses das bequemste Mittel darzu: die Carolinische Bauren-Schule wieder anzurichten.45 Es folgt der 1729 noch neue und originelle Gedanke,46 zur Belehrung des g e meinen Mannes' mittels der Intelligenzblätter die Gelehrten in Anspruch zu nehmen und sich dabei besonders auf Vermittler zur ländlichen Bevölkerung zu konzentrieren: Wann auf Universitäten der professor mathematum oder physicae sich die Mühe geben müste; diese Wisssenschajften gemeine Leute umsonst zu lehren und zwar dergleichen Personen, die etwa künftig Lust bezeugten, DorfSchulmeister zu werden. Welcher Dienst an sich nicht nur allein löblich und GOtt gefällig; sondern auch einträglich genug ist, davon sich und die Seinigen zu unterhalten. Absonderlich wann die Kinder, ausser Schreiben und Lesen, die Natur kennen lerneten, für welches letztere auch die Eltern und Dorfschafften leichtlich besondere Erkenntlichkeit haben würden. Wäre nun jeder Bauer in solchen Wissenschafften nur einiger Massen erfahren; was würden ihm in Säen und Pflantzen; in Beartung der Erden und des Bodens; in Düngung und Besserung desselben, vor neue Wahrheiten in die Hände kommen; dahingegen er jetzo erst mit Schaden klug werden und mit den Regeln; es thut sich hier zu Land nicht; es hat hier die Art nicht oder mit andern dergleichen Sprüchen der Unwissenheit sich behelffen und zu allen Einwürffen so dann stillschweigen muß.47 Es ist aufschlußreich, daß v. Ludewig im Zusammenhang seiner Überlegungen zu Bauren-Schulen sogleich eine weitere wichtige Adressatengruppe benennt, die er ebenfalls durch die Intelligenzblätter angesprochen sehen möchte: Aber noch grösser würde der Seegen solcher Schulen in den Städten unter Handwerckern seyn; daraus jeder Lehrling sich allerhand neue Erfindungen machen und ausdencken würde; dahingegen jetzo in Handwerckern es allenthalben, bey der hergebrachten alten Weise, verbleibet. Weil niemand, durch Kunst, auf die Gedancken gebracht wird, sein metier und Handwerck höher zu treiben.48 Dabei dachte v. Ludewig, wie durch seine Gedanken zur Belehrung des ,Volkes' bereits deutlich wurde, von Beginn an daran, die Intelligenzblätter für alle Teile der Bevölkerung zugänglich zu machen. Sein Lob des neuen Mediums beginnt aufschlußreich mit einer Verdammung der Zeitungslektüre durch den g e meinen Mann', die in der Forderung mündet, dem heutigen Zeitungs-Vertrieb, un-

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Vgl. J. P. v. Ludewig: Vorläuffiger Unterricht (Anm. 20) S. 15. Zahlreiche Intelligenzblätter sind in ihren Zusammenhängen zur Volksaufklärung verzeichnet bei Holger Böning und Reinhart Siegert: Volksaufklärung (Anm. 24). Vgl. J. P. v. Ludewig: Vorläuffiger Unterricht (Anm. 20) S. 14f. Vgl. J Peter v. Ludewig: Vorläuffiger Unterricht (Anm. 20). S. 15f.

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ter gemeinen Leuten, allerdings mehr zu steuren." Der Gedanke, dem ,Volk' stattdessen Intelligenzblätter zur Lektüre anzubieten, hat in der Überlegung seine Grundlage, daß das Lesen periodischer Schriften nicht mehr rückgängig gemacht werden könne: Nachdem nun gleichwohl der gemeine Mann wöchentlich, auch in seiner Werckstatt, etwas zu lesen haben will: so hat man dafür Sorge zu tragen, daß ihme andere Zettel in die Hände kommen, wovon er einen täglichen Gebrauch zu machen Gelegenheit findet. Und dieses ist eben die Absicht der so genannten Intelligenz-Zettel oder Wochen-Zettel: wovon Königl. Majest. zu Behuff ihrer Lande und Unterthanen im Jahr 1727. am 3. Febr. Einen geseegneten Anfang machen lassen.™ Eine durchgehende Forderung v. Ludewigs ist die nach Vermittlung gelehrten Wissens an breitere Leserkreise, wobei auf lokale Färbung des jeweiligen Intelligenzblattes Wert gelegt wird. Über die eigentlichen Intelligenzblattmaterien hinaus soll an redaktionellen Inhalten die Bekanntmachung neuer Gesetze, die mit wenigen Worten durch einen gelehrten Juristen erfolgen könne, an erster Stelle stehen. Neu ist auch ein Artickel von Erfindungen in Sachen und Meinungen, der sich zu einer Art Magazin entwickeln soll, in dem jedermann ihn interessierende Gegenstände auffinden könne. Zugleich aber wird eine befruchtende Wirkung auf die Entwicklung verschiedener Wissenschaften erhofft, indem ein Diskussionsforum zur Verfügung gestellt wird und somit diese Anzeigen ein gar bequemes Mittel, eine neue Meinung vorhero den gelehrten Gemeinden bekannt zu machen und ihre Gedancken darüber zu hören: ehe der Urheber damit zum Bücherdruck schrittet Als Autoren denkt v. Ludewig an die Professoren der jeweiligen Universitäten. Die Geschichte dieser Ludewigschen Gedanken in Preußen zeigt, daß Volksaufklärung als Veranstaltung allein des absolutistischen Staates von Anfang an in ihrer Entfaltung gehindert war. Zwang konnte nicht ersetzen, was andernorts durch aufklärerische Privatinitiative geleistet wurde und die Volksaufklärung zur größten Bürgerbewegung des 18. Jahrhunderts werden ließ. Allerdings fielen die Vorschläge v. Ludewigs außerhalb Preußens auf fruchtbaren Boden. Ein frühes Beispiel für einen detailliert ausformulierten Plan in der Nachfolge Wilhelm v. Schröders und vor allem Johann Peter v. Ludewigs, die Intelligenzblätter zur Belehrung des ,gemeinen Mannes' zu nutzen, findet sich 1746 in einer Zeitschrift der gemeinnützig-ökonomischen Aufklärung. In den ,Leipziger Sammlungen von Wirthschafftlichen- Policey- Cammer- und Finantz-Sachen' publizierte der Herausgeber Georg Heinrich Zincke Gedancken vom Intelligentz-Wesen,

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J. P. v. Ludewig: Vorläuffiger Unterricht (Anm. 20) S. 2f. J. P. v. Ludewig: Vorläuffiger Unterricht (Anm. 20) S. 4 J. P. v. Ludewig: Vorläuffiger Unterricht (Anm. 20) S. 18f.

Pressewesen

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und sonderlich denen wöchentlichen AnzeigenWenn man von den Intelligenzblättern rede, so grenzt er sich von seinen Vorgängern, besonders von Johann Peter v. Ludewig, ab, mache man sich bald allzu enge eingeschränckte, bald aber zu weit ausgezogene Begriffe. Viele verstünden darunter fast nichts, als wöchentliche Policey- und öconomische Gazetten, Nachrichten, Anzeigen, Anfragen und Antworten oder Intelligenz-Blätter, die man auch gar wohl Policey- und öconomische Zeitungen zum Unterschied derer gewöhnlichen historischpolitischen nennen könnte. Er aber halte dafür, daß das Intelligenz-Wesen nicht nur dieses Mittel solcher öffentlichen und gedruckten Anzeige-Blätter in sich begreiffe, sondern auch zugleich alle andere Anstalten anzeige, solche Sachen bekannt zu machen und zu erfahren, welche zum Wohlstand der Nahrung und des gemeinen Wesens sonderlich vor den gemeinen Mann erfordert werden, wenn er nicht länger in unzehlichen Sachen mit einer höchstschädlichen Unwissenheit oder denen elendesten Vorurtheilen und Nachläßigkeiten, ja mit einer unvollkommenen alten Leyer fast bey allen Nahrungs-Geschäften und Policey-Sachen, oder endlich von dem Mangel vieler neuen nützlichen Gewerbe, bey aller seiner Neugierigkeit, welche allen Menschen sonst angebohren, von vielen aber sehr unnützlich und schädlich angewendet wird, gedrucket werden soll." Wenn demnach, so formuliert Zincke in der noch üblichen Gelehrtensprache seine Wünsche, in einem Staat alle Wochen, oder wenigstens alle Monate alle und iede Personen in der Nähe und Ferne zum Behuff ihres Gewerbes in eine angenehme Correspondenz und ein freundliches Vernehmen zu treten, die Policey aber in tausend schönen Anstalten, neuen Gewerben, guten Erfindungen, Hauswirtlichen Vortheilen, oder auch remediis wider manche Zufälle, alle und iede gleichsam öffentlich zu unterrichten, zu lehren, ihre Vorurtheile zu heben, und nach ihrem väterlichen Sinn vor allerhand Gebrechen und Uibertretungen ihrer Ordnungen zu warnen, folglich den zu befürchtenden Privat-Schaden so wohl als den gemeinen, ja so gar die endlich erfolgende Strafen auf vielerley Weise zu verhüten, allerhand Gutes von neuen her zu stifften oder in manchen wirtschafftlichen Zufällen die Hand zu bieten, die Nahrungs-Geschäffte un52

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Gedancken vom Intelligentz-Wesen, und sonderlich denen wöchentlichen Anzeigen. In: Leipziger Sammlungen von Wirthschafftlichen- Policey- Cammer- und Finantz-Sachen. (Hg. v. Georg Heinrich Zincke). Leipzig: Carl Ludwig Jacobi 1742-1767, 34. St., 1746. S. 879902. Vgl. einen ähnlichen Vorschlag: Schreiben an das Intelligenz-Comtoir zu Hannover, den Nutzen der nützlichen Sammlungen betreffend. In: Nützliche Sammlungen. Th.l. Hannover 1755. S.1337-1338 sowie: Ohnmaßgebliche Vorschläge und Anmerckungen, als eine Antwort auf vorstehende zufallige Gedancken über die bishero herausgegebenen öconomischen Schriften und deren allgemeinen Nutzen. In: Leipziger Sammlungen. B d . l l . 1755. S.949950, 953-967 [Antwort auf "Zufällige Gedancken über die bisanhero herausgegebene Oeconomische Schrifften und deren allgemeinen Nutzen". Sp.940-949]. Gedancken vom Intelligentz-Wesen (Anm. 52) S. 879f.

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vermerckt und nicht mit lauter gesetzlichen Zwang zu dirigiren, den Credit zu erhalten, zu dirigiren und zu vermehren, und vielen andern Nutzen durch Anzeige-Mittel Gelegenheit haben: So nenn ich solches ein wohl eingerichtetes Intelligenz-Wesen, die Mittel mögen sein wie und welche es wollen.1* Im folgenden beschreibt Zincke sodann alle die Mittel, die er für die Organisation der Kommunikation in einem wohlgeordneten Staat für nötig hält, benennt die verschiedenen Adressatengruppen der Intelligenzblätter, erwägt die Möglichkeiten, deren Nutzen durch die Blätter zu vergrößern, und denkt über die Mittel nach, die Nutzung der Intelligenzblätter durchzusetzen. Stets gilt das Hauptaugenmerk der Frage, wie das Blatt durch engen Bezug zu Alltag und Berufsarbeit fur ungelehrte Leser zu gestalten sei. Höchstens einen Bogen dürfe die wöchentliche Ausgabe stark sein, denn allzu lange Intelligentz-Blätter schicken sich vor wirtschafftliche und geschäfftige Personen nicht. Es schlage so viel aus der Gelehrsamkeit in die Policey und Oeconomie ein, wodurch der Ungelehrte unterrichtet werden kan, daß es kein Zweiffei, man könne auch neue Erfindungen, Erfahrungen, Vorschläge, oder auch Anfragen, so dahin gehören, in diese Blätter bringen. Auch der gelehrte Jurist finde eine Aufgabe, damit allen Ungelehrten bey ihren Geschäfften gedienet, und denenselben, sonderlich denen Gemeinden nach und nach eine Sammlung ihrer Gesetze in die Hände gelieffert, folglich bekannt gemachet wird, was sie thun oder lassen sollen, darinne viele aus Unwissenheit fehlen, und deswegen es mit der Verbindlichkeit der Gesetze zur Strafe gewiß an vielen Orten bey denen armen Unwissenden nicht allzu richtig ist.55 Alles, was zur intelligentiam populärem gehöre, habe seinen Platz zu finden, alles also, was auf eine fur Nahrung, Handel und Wandel und zur zeitlichen Ruhe nützliche und faßliche Erkänntniß ziele.56 Ein jährliches Register habe den Lesern Anweisung zu geben, wie sie die Artikel so wohl gegenwärtig als zukünfftig brauchen und nutzen können. Denn dieses letzte muß von Zeit zu Zeit derer Unwissenden wegen zugleich geschehen.51 Es könnte auf die preußischen Blätter gemünzt sein, wenn Zincke davor warnt, durch allzu gelehrte Abhandlungen einfache Leser verdrüßlich zu machen und ihnen ihre ohnedem schon vorhandene Meinung, daß diese Blätter nichts nützen, zu behaupten, einen Vorwand giebt. Alles müsse darauf gerichtet sein, nützliche öconomische Erfindungen, Vortheile, Rathschläge oder Policey-Sachen hinein zu bringen [...], indem kein reicheres Object in der 54 55 56 57

Gedancken vom Intelligentz-Wesen (Anm. 52) S. 880f. Gedancken vom Intelligentz-Wesen (Anm. 52) S. 897. Gedancken vom Intelligentz-Wesen (Anm. 52) S. 898. Gedancken vom Intelligentz-Wesen (Anm. 52) S. 889ff. Ein weiterer Vorschlag, auch durch Intelligenzblätter und Wochenblätter dem „gemeinen Mann" Unterricht zu erteilen, findet sich bei [Christian Ludwig v.] Griesheim: Des Herrn Hofraths von Griesheim Sendschreiben über mehrere Ausbreitung der Vortheile derer Oeconomischen Nachrichten. In: Oeconomische Nachrichten, 137. Stück 1760, S.285-298. Im selben Jahr schlägt v. Griesheim vor, Kalender und Intelligenzblätter zum Einrücken eines Unterrichts für Handwerker zu nutzen. Vgl. Christian Ludwig v. Giesheim: Entwurf, einen allgemeinen Handwerksunterricht zu fertigen. In: Oeconomische Nachrichten. 138.- HO.Stück 1760. S.558-57.

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Welt als diese zwey Sachen sind, von denen man immer was nützliches und nöthiges dem gesamten Volcke zu verstehen geben und lernen kann.5* Bei der Durchsetzung der Intelligenzblattlektüre setzt Zincke zuerst auf den Nutzen, der nach und nach einsichtig werden würde, doch soll nach preußischem Vorbild notfalls auch auf Zwang nicht verzichtet werden, den er als letztes, aber probates Mittel begreift, einfachen Lesern eine Belehrung zu verabreichen, die doch einen bereitwilligen Adressaten erforderte. Jede Gemeinde möchte Zincke verpflichtet sehen, Exemplare zu abonnieren, und zwar immer auf 25 Hauswirte ein Blatt. So würden, meint Zincke, unter 25 allezeit einer oder etliche, wo nicht alle seyn, die sie lesen, die sie nützlich lesen, die sie gerne lesen, und endlich auch andern das nützliche vor sie sagen können, die sie auflieben müssen, und sich sehr wohl befinden werden. Der Käufer bekomme mehr, als er zu bezahlen habe, meinte Zincke: Es ist nur ein gezwungner Kauff einer Artzney, die der liederliche Patiente aus Unverstand oder Geitz nicht kauffen will, darüber aber immer kräncker und endlich doch genöthiget wird, an stat dieser wenigen Pfennige viele Thaler auszugeben. Es ist also ein väterlicher Zwang, und eine Sache, die auf keinerley Weise zu blamiren ist.59 Die Mehrheit der Volksaufklärer dachte darüber anders: Aller Zwang macht verdrüßlich, liest man im ,Wittenbergschen Wochenblatt', und alle Verdrüßliche arbeiten nur halb.60

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Gedancken vom Intelligentz-Wesen (Anm. 52). S. 900f. Gedancken vom Intelligentz-Wesen (Anm. 52). S. 891. Die Frage des Zwanges gegenüber der bäuerlichen Bevölkerung ist ein häufig angesprochenes Thema in den Intelligenzblättem. Hier in: Rezension von [Johann Wiegand]: Oekonomisch praktische Anleitung zum Flachsbau ..., Wien 1767. In: Wittenbergsches Wochenblatt. Jg. 1768. S. 309-311, S. 316-319. Die besonders für Böhmen bestimmte Anleitung zum Flachsbau wird zunächst referierend vorgestellt, um sodann sehr kritisch die allgemeineren Schlußfolgerungen Wiegands, die besonders den angeblich fehlenden Fleiß der Landbevölkerung betreffen, zu kommentieren. Die Bauern hätten, auch ohne daß immer neue Zwischenarbeiten propagiert werden müßten, über Langeweile nicht zu klagen. Wo der Fleiß tatsächlich fehle, sei anderes nötig: „Dazu gehöret aber Freyheit, Ermunterung, Belohnungen, u.s.w.; denn der mindeste Schein vom Zwange und Leibeigenschaft, tödtet alle Liebe zur Industrie. [...] Es ist j a besser, daß ich das, was ich verstehe, recht bearbeite, als daß ich immer was neues anfange. Man gebe dem böhmischen Bauer feinere Erziehung, gewöhne ihm das kriechende sclavische Wesen ab, er wird schon arbeitsamer werden. Aller Zwang macht verdrüßlich, und alle Verdrüßliche arbeiten nur halb."

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III. Für die Praxis zwar nicht aller, aber vieler Intelligenzblattherausgeber hatten Überlegungen wie die v. Ludewigs und Zinckes Folgen.61 Ein erheblicher Teil derjenigen Blätter, die oft sehr schnell nach ihrer Gründung über die Anzeigen und obrigkeitlichen Proklamationen hinaus - Geburtszeichen fast aller Intelligenzblätter - einen redaktionellen Teil erhielten, begannen sich auf dem Feld der gemeinnützigökonomischen Aufklärung und der Volksaufklärung zu engagieren. In ihnen läßt sich dann seit den siebziger Jahren die Wandlung der Volksaufklärung von einer vor allem auf ökonomische Gegenstände konzentrierten Reformbewegung zu einer Erziehungsbewegung verfolgen.62 Neben Land- und Hauswirtschaft begannen Sittenerziehung 61

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Zu den ersten Intelligenzblättern, in denen solche Vorschläge umgesetzt werden, gehört das in Karlsruhe: Carlsruher Wochenblat, oder Nachrichten zum Behuf der Policey, des Haushaltungs und Handlungs Wesens, wie auch der Gelehrsamkeit. Jg.1-18, Karlsruhe: Michael Macklot 29.12.1756-1775 [Ab l.Stück 1758 unter dem Titel: Carlsruher Wochenblatt oder Nachrichten von allerhand Sachen, deren Bekandmachung dem gemeinen Wesen nützlich und nöthig sind. - Ab 1775 unter dem Titel: Allgemeines Intelligenz- und Wochenblatt.]. Dort findet sich im 7.Stück 1757, S. 54f. ein „Gespräch zweyer Oberländischen Bauren über die in dem 3ten Stück des Carlsruher Wochenblats angezeigte Art Maulbeer-Bäume zu ziehen", das in Mundart geführt wird und sehr lebensecht erscheint. Jörg und Hans unterhalten sich über eine im Carlsruher Wochenblatt gegebene Anweisung zum Säen von Maulbeerbäumen. Die beiden Bauern sind sich darüber einig, daß die Anleitung nicht viel taugt. So heißt es von Hans über den Intelligenzblattherausgeber: „Du hesch rächt; der Blättlys Schryber kahn einandermohl mit sym Zyeg deheime blyben, wenn ers nitt besser verstoht." Jörg antwortet: „Ho isch wohr, er schrybt eben etwas yne; Fryli äller Anfang isch schwär; [Vom Carlsruher Wochenblat sind erst sieben Stücke erschienen] doch hett mir der Herr Pfarrer gsayt, er gäb sich rächt wuseliche Mühe, damit üns sy Blötly wohl gfallen mög." Welche abseitig erscheinenden Gegenstände dabei die Aufmerksamkeit erregen, dafür ist ein Beispiel: Betrachtung über das auf dem Lande gewöhnliche Marionettenspiel. In: Wittenbergsches Wochenblatt. Jg. 1769. S. 57-64, S. 68-70. Es handelt sich um eine sehr anschauliche und detaillierte Beschreibung von auf dem Lande offenbar häufig vorkommenden Vorstellungen von Marionettentheatern, von denen der Autor die Gefahr ausgehen sieht, „Freigeisterei" und Unsittlichkeit unter der Landbevölkerung zu verbreiten. „Zehn Predigten und Catechismusübungen können nicht so viel bauen, als ein einziger im Marionettenspiele zugebrachter Abend niederreißt." Ausfuhrlich beschreibt der Autor, der sich als „moralischer Tissot" bezeichnet, die Wirkungen der Vorstellungen auf die verschiedenen Zuschauergruppen. Sodann fragt er, wie man ein solches „moralisch-komisches Arsenikum" „los werden, unthätig machen, ja wo möglich gar in heilsam Arzney verwandeln könnte?" Dabei sei es ein Fehler, lediglich auf die Abstellung sündlicher Lustbarkeiten abzuzielen, man müsse diese durch unschuldige Vergnügen ersetzen. „Wir werden die Menschen ganz niederschlagen und verdrossen zur Arbeit machen, wenn ihnen bey selbiger kein sinnliches Vergnügen gelassen wird." Alle Schaubühnen zu zerbrechen sei unmöglich, weshalb man an deren Verbesserung arbeiten müsse und darauf zu sehen habe, daß keine Stücke gespielt würden, „welche nicht vorher die Linie der gesunden Vernunft und eines guten artigen Witzes passiret hätten." Eine Korrektur der vorhandenen Stücke durch die Dorfpfarrer, bei denen die Marionettenspieler

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und religiöse Belehrung wichtig zu werden. Die reine Sittenlehre Jesu sollte gelehrt, eine auf Weltliches gerichtete Moral vermittelt werden,64 diskutiert wurden Wege, aufgeklärtes, practisches Christenthum und vernünftigen Gottesdienst unter dem Volke zu verbreitend

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sich melden müßten, reiche nicht hin, da ohnehin extemporiert werde. Zudem: „Mist bleibt Mist, und wenn Corneille und Shakespear an seiner Verbesserung arbeiteten." Neue Stücke seien nötig und eine obrigkeitliche Unterstützung der Marionettentheater, auf welche die Landbevölkerung ebenso Anspruch habe wie die „vornehme Welt" auf ihr Theater. Ein entsprechendes Marionettentheater könne die „Sitten des Volks biegsamer" machen, gebe „der Auffuhrung der Nation einen feinen Anstrich" und verbreite „eine gute Ethik zu Verbesserung und Nutzen der bürgerlichen Gesellschaft, und belustiget." Die Gedanken zumindest einiger Intelligenzblattherausgeber unterscheiden sich wohltuend von Schriften, in denen breit über Faulheit und Sittenlosigkeit der Landbevölkerung als Ursache einer unproduktiven Landwirtschaft reflektiert wird. Vgl. beispielsweise: Versuch einer Vergleichung zwischen dem alten und neuen Landbauer. In: Wittenbergsches Wochenblatt. Jg. 1776. S. 81-86, 98-94, 97-101. Hier findet sich ein Resümee der Ergebnisse, die durch die Anstrengungen zur ökonomischen Aufklärung der bäuerlichen Bevölkerung erreicht worden seien. Die Bemühungen um die Bauernaufklärung und ökonomische Verbesserungen werden gelobt, doch zu der Behauptung, der Bauer müsse zu mehr Fleiß ermuntert werden, heißt es: „Ich leugne schlechterdings, daß es dem Bauer, überhaupt betrachtet, am Fleiße mangele. Er ist vielmehr ganz unermüdet, und bedarf keiner großen Ermunterung, wenn er sieht, daß er irgendwo etwas gewinnen, und seinen Fleiß und Arbeit wohl belohnt bekommen kann. Aber allsdenn höret sein Fleiß allerdings auf, und das, glaube ich, hat er mit allen Menschen gemein: wenn er gewahr wird, daß er sich und die Seinigen doch nicht weiter damit forthelfen kann. Wenn er in dem, was er aus seiner Wirthschaft herausbringen soll, so überspannt ist, daß der Verlust von irgend einem Producte, und daran fehlet es in keinem Jahre, ihn sogleich außer Stand setzet, ferner mit Rathe zu wirtschaften, sondern alsbald zu Nothmitteln greifen muß, um das Nothdürftigste zu erlangen. Und in dieser kläglichen Lage befinden sich leider die meisten unserer itzigen neuen Landbauer, wenn ich sie mit den Alten in eine Vergleichung stelle." Im Folgenden schildert der Autor ausführlich, wie in der Vergangenheit die Landwirtschaft gefuhrt worden sei, wobei er sich auf Berichte alter Bauern beruft. „Ich unterrede mich gem mit alten Landbauern, die mir noch sagen können, wie es um ihre Wirthschaft vor vierzig und fünfzig Jahren gestanden habe." Zu dieser Zeit, so wird ihm Auskunft gegeben, sei die Wirtschaft noch „mit Rathe" zu fuhren gewesen, was heißen soll, es habe keine Notwendigkeit bestanden, die erzeugten Produkte sogleich nach der Ernte zu veräußern. Der Autor bestätigt diese Auffassung und sieht die Ursache für die Veränderung in zu niedrigen Getreidepreisen. Der praktische Volksprediger nach dem Geiste des Christenthumes und der reinen Sittenlehre Jesus. Auf alle Sonn- und Festtage des Herrn und seiner göttlichen Mutter, wie auch mehrerer Heiligen Gottes. Von einem Priester des katholischen Deutschlands, P.R.W.P. Mit Genehmhaltung des hochwürdigsten Ordinariats. [Verf./Hg.: Rupert Wucherer, Ordensname: Rupert von Kirchheim]. Jg.[l]-3; je Bd.1-2. Augsburg: Matthäus Rieger 1797; 1798; 1804. Gedanken über das allgemeinste Mittel, aufgeklärtes, practisches Christenthum und vernünftigen Gottesdienst unter dem Volke zu verbreiten, durch den Weg der Belehrung zur Prüfung und Ausführung vorgelegt. [Verf.: Matthäus Reiter]. In: Georg Heinrich Lang [Hg.]: Mußestunden eines Landpredigers. Bd. 1. 1787. S. 119-136 [Vorher selbständig erschienen: Salzburg 1786; Abdruck im Salzburger Intelligenzblatt]. Vgl. zum Salzburger Intelligenzblatt: Reinhard Rublack: Die bildungspolitische Tendenz des Salzburger „Intelligenzblattes" 17841806. Ein Beitrag zum Verhältnis von Pädagogik und Publizistik der Spätaufklärung. Diss, masch. Salzburg 1970.

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Gleichwohl steht alles, was mit der täglichen Wirtschaft zu tun hat, stets im Vordergrund. Es ging, wie der Titel einer Beilage66 zum ,Churbaierischen Intelligenzblatt' lautete, darum, Materialien zum Dienste des Landmanns, zur Ausbreitung nützlicher Kenntniße, zur Litteratur, Sittenlehre und guten Geschmack zu liefern.67 Auch wenn sich genaue Zahlen noch nicht nennen lassen, dürfte es mehr 66

Die Lieferung von Beilagen volksaufklärerischen Inhalts erfolgte beispielsweise auch bei einem der bedeutendsten Intelligenblätter des 18. Jahrhunderts: Wöchentliche Osnabrückische Anzeigen. [Hg.: Justus Moser], Osnabrück ab 1766: 1. Stück vom 4. Oktober. - Nützliche Beylagen zum Osnabrückischen Intelligenz-Blate. Osnabrück 1768-1772 [vorher Beilagen als Teil des Intelligenzblattes ohne eigenen Titel], - Westphälische Beyträge zum Nutzen und Vergnügen. [Neuer Titel der »Beylagen«]. Osnabrück 1773-1808. - Gemeinnützige Aufsätze [neuer Titel der Beilagen] Osnabrück 1809-1810. Vgl. dazu Holger Böning / Reinhart Siegert (Anm. 24), Bd. 1 sowie Wolfgang Hollmann: Justus Mosers Zeitungsidee und ihre Verwirklichung. Worms 1937 (Diss. Heidelberg 1936). (Zeitung und Leben, Bd. 40). Ein weiteres Beispiel einer Beilage zu einem Intelligenzblatt, hier desjenigen in Wismar, ist die Zeitschrift: Der Wißbegierige, eine Wochenschrift. Jg. 1783-1786, Schwerin, Wismar und Bützow: Bödner 1783 (Okt.) - 1786. Es handelt sich um eine Zeitschrift, „die vorzüglich auf die Erweiterung der Kenntnisse von allen nützlichen und neuesten Sachen und Erfindungen zur Befriedigung der Wißbegierde eines jeden, absonderlich aber des Landmannes, abzielt, und ihm für den möglichst wohlfeilsten Preis zur nützlichem Unterhaltung, als ein Schwal[l] Sittenverderbender Romane, mit denen seit einigen Jahren, wie mit einer Sündflut, die Lesewelt überschwemmt worden ist, in die Hände geliefert wird." (Vorrede, Jg. 1783). Eine Beilage, die eine gewisse Eigenständigkeit erreichte, war: Münsterisches gemeinnütziges Wochenblatt. Jg. 1781-1804, Münster: Anton Wilh[helm] Aschendorff 1781-1804. In dem Schwesterblatt zum „Münsterischen Intelligenzblatt" befinden sich die ansonsten für viele Intelligenzblätter charakteristischen Beiträge der gemeinnützig-praktischen Aufklärung, während in diesem Fall das Intelligenzblatt lediglich obrigkeitliche und gerichtliche Bekanntmachungen, Anzeigen und politische Nachrichten enthält. Das Wochenblatt ist wichtig wegen zahlloser für die Volksaufklärung und deren Rezeption aufschlußreicher Beiträge und zeigt insbesondere das Wirken der katholischen Aufklärung im Münsterland. Zahlreiche Geistliche betätigen sich als Autoren des Blattes. „Allgemeine Aufklärung unter ihren Mitbürgern zu verbreiten", so heißt es in einem an sie gerichteten Beitrag, „und dadurch das Glück derselben zu befördern, dies ist Ihre edle und rühmliche Absicht." (Jg. 1790. St. 11. S. 42) - Interessant ist, daß in der Öffentlichkeit die Verbindung von Intelligenzblatt und einem gemeinnützigen, wöchentlich erscheinenden Magazin mehr und mehr als ideale Kombination angesehen wurde. Als beispielsweise das Magdeburgisches Magazin vom Jahre 1786. Magdeburg: Pansa 1786 [Fortges. u.d.T.: Magdeburgische gemeinnützige Blätter, 1789-1791] erschien, bemängelte eine Rezension in: AdB 80. 1788. S.601-603, daß die Herausgeber es versäumt hätten, die Manier anderer dergleichen Wochenblätter nachzuahmen, und sie mit einem Intelligenzblatt zu verbinden. Diese Verbindung hat in manchen Ländern unglaublich viel Nutzen gestiftet; Kenntnisse aller Art haben sich so gleichsam durch eine Hinterthür eingeschlichen, und die Philosophie kam unter einer fremden Firma ins Comptoir des Kaufmanns, der nur nach mercantilischen Neuigkeiten suchte." Nach: 1789-1939. 150 Jahre Vogtländischer Anzeiger und Tageblatt, Plauen 1939, soll sich die gemeinnützig-unterhaltende Wochenschrift in Plauen erst dadurch eine größere Resonanz verschafft haben, daß ihr ein Intelligenzblatt als Beilage beigefügt wurde. Zu den zahlreichen weiteren Beilagen, die oft als selbständige Wochenschrift erschienen, siehe H. Böning, R. Siegert (Anm. 24) Bd. Iff.

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So lautete der Titel einer zeitweise herausgegebenen monatlichen Beilage zu: Churbaierisches Intelligenzblatt. [Hrsg.: Franz von Kohlbrenner]. Jg. 1-mindestens 22. München 1766mindestens 1795 [Fortges. u.d.T.: Münchner Intelligenzblätter (Hrsg: J.F.S. Kohlbrenner),

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als die Hälfte aller Blätter g e w e s e n sein, die land- und hauswirtschaftlichen oder auch medizinischen T h e m e n ihre Spalten öffneten. 6 8 Aber auch Besonderheiten der Erfahrungswelt w i e seltene oder angsteinflößende Naturerscheinungen fanden ihre Erklärung, 69 ökologische Probleme w i e Grenzen der R o d u n g oder Überdüngung, V e r s c h w e n d u n g v o n B a u h o l z oder Brennmaterial wurden angesprochen. D i e Intelligenzblätter propagierten ö k o n o m i s c h e Neuerungen und Experimente, sie schrieben ö k o n o m i s c h e Preisaufgaben aus,' 0 auch popularisierten sie die Tätigkeit der gemeinnützigen Gesellschaften und organisierten - auch durch Aktivitäten des Intelligenzkomtoirs 7 1 - eine Volksaufklärung, die nicht nur mit literarischen Mitteln, sondern e b e n s o über gebildete Vermittler, über Gespräche, durch das praktische Vorbild und durch materielle Anreize wirken wollte. 7 2 Intelligenz-

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München 1778-1783; Kurpfalzbaierische Intelligenzblätter (Hrsg.: Peter Paul Finauer), München 1784-1788; Münchner Intelligenzblätter, München 1789-1795]. Vgl. zum Münchener Intelligenzwesen Otto Merkle: Das Churbaierische (Münchener) Intelligenzblatt. In: Zeitungswissenschaft. 5. Jg. 1930, Nr. 3. S. 143-155, Nr. 4. S. 211-223. Diskutiert werden häufig auch die Strategien der medizinischen Volksaufklärung. So beispielsweise in einer Rezension von Simon Andre Tissot: Anleitung für den geringen Mann in Städten und auf dem Lande, in Absicht auf seine Gesundheit. Hamburg 1767. In: Wittenbergsches Wochenblatt. Jg. 1768. S. 211-214. Hier finden sich ausfuhrliche Überlegungen zu der Tauglichkeit dieses Werkes für den „gemeinen Landmann". „Der gemeine Mann auf dem Lande, um dessen Gesundheit es dem Staate am meisten zu thun ist, hat die wenigste Aufsicht, und die schlechteste medicinische Anleitung unter allen übrigen Gliedern des Staats". In der Regel liefere er sein Leben, „dieses kostbare Kleinod der Republic, Leuten in die Hände, an denen allen, zusammen genommen, weniger, als an einem einzigen tüchtigen Landmanne, gelegen ist." Das Werk Tissots sei deshalb ganz besonders für die Geistlichen zu empfehlen, die dessen Ratschläge an die Landleute weitervermitteln könnten. „Ich zweifle nicht, daß sich nicht selbst unter den Landleuten viele finden sollten, dergleichen ich einige kenne, welche von Verstand, Beurtheilungskraft und gutem Willen, dies Buch mit Vergnügen lesen, die Vorschriften desselbigen begreifen, und sie begierig ausbreiten werden." Abschließend weist der Rezensent darauf hin, daß das Buch zum „äußerst billigen Preis" von 20 Gr. bei der Expedition des Intelligenzblattes erhältlich sei. Ein ständiges Thema ist in diesem Zusammenhang der Aberglauben. Einen Vorabruck in den Hallischen Intelligenzblättern fand beispielsweise die Schrift: August Hermann Niemeyer: Ueber den Aberglauben bey Ertrunkenen. Eine Zuschrift an die Halloren und Fischer zu Halle. Nebst einer Nachschrift an die Vorsteher von Bürger- und Landschulen. Halle: Johann Jacob Gebauer 1783. Münsterisches gemeinnütziges Wochenblatt. Jg. 1781-1804, Münster: Anton Wilh[helm] Aschendorff 1781-1804. (Jg. 1790. St. 11. S. 42) Gemeinsam mit dem Intelligenzblatt in Münster lobt die Wochenschrift Preisaufgaben aus, so beispielsweise im 47. Stück des Jahrgangs 1791 eine darüber, „Wie die Schullehrer müssen beschaffen seyn, wenn durch dieselben die Absicht, warum die Schulen errichtet sind, soll erreichet werden." Häufig wurden volksaufklärerische Schriften von Intelligenzkomtoirs entweder mitverlegt oder vertrieben. So beispielsweise eine niederdeutsche Ausgabe des „Noth- und Hülfsbüchleins": Noth- und Hülfs-Büchlein für Bauersleute oder lehrreiche Freuden- und TrauerGeschichte des Dorfs Mildheim. [Verf.: Rudolph Zacharias Becker]. Neue fur NiederDeutschland eingerichtete Auflage. Gotha: (Verf.)/ Leipzig: (G.J. Göschen)/ Hannover: (Intelligenz-Comtoir) 1789. Zahlreiche Intelligenzblätter, so etwa das in Leipzig, loben regelmäßig Prämien aus, die von Obrigkeiten oder ökonomischen Gesellschaften für ökonomische Verbesserung ausgesetzt

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blätter sorgten dafür, daß Bauern sich zu ökonomischen Versuchen zusammenschlossen, boten unentgeltlich Samen für neue Futterkräuter an, die so ohne Risiko erprobt werden konnten,73 oder sie forderten wohlhabende Bauern auf, ihren ärmeren Standesgenossen durch neue Anbaumethoden praktische Beispiele zu geben.74 Während der großen Hungerkrise der Jahre 1770/1771 sorgten sie fur dringend benötigte Hilfe75 und zeigten, daß der Drang zur ökonomischen Verbesserung durchaus kein plattes Nützlichkeitsstreben war, sondern wirtschaftliche Reformen in einer Gesellschaft, deren Ökonomie das Verhungern ihrer Mitglieder nicht verhindern konnte, zum Naheliegendsten und Wichtigsten gehörte. Auch war man sich bewußt, daß die geringe Produktivität besonders in der Landwirtschaft jede gesellschaftliche Weiterentwicklung hemmte. Selbst wenn auch solche Fragen diskutiert wurden, ob der Bauer gleich dem Handwerker auf Reisen gehen solle, um eine größere Aufgeschlossenheit für neue Wirtschaftsweisen zu erlan-

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worden sind. Vgl. beispielsweise: Prämien, so von Ostern 1770 bis mit Michaelis 1773 ausgesetzet werden, und in den zugleich bestimmten Terminen zahlbar sind. In: Wittenbergsches Wochenblatt. Jg. 1770. S. 65-66, S. 71-74. Es handelt sich um die Auslobung von Prämien durch den sächsischen Kurfürsten, die in diesem Falle Schmieden, Gemeindehirten, Schäfern, den „geschicktesten Maulwurffängern", mehreren Handwerkern und Bauern fur verschiedenste Verbesserungen und Leistungen versprochen werden. So wird für die Entdeckung jeder Mergelgrube durch einen Bauern die Summe von 10 Rthlr. oder für das Dorf, welches seinen Futterbau am meisten verbessert, 100 Rthlr. ausgesetzt. Auf die selbe Art wird zur Anlegung von Baumschulen und Gemeindebackhäusern angereizt. Aufmunterung zur Anlegung künstlicher Wiesen. In: Beylagen zum Osnabrückischen Intelligenzblatt. 1767. Sp. 351-354. Bei dem Beitrag handelt es sich um eine Aufforderung, die „philosophischen Landwirthe" nachzuahmen und künstliche Wiesen anzulegen. Zu diesem Zwecke habe eine „Gesellschaft patriotischer Landwirthe" sich entschlossen, „den Saamen von den besten und berühmtesten Futter-Kräutern gegen künftiges Frühjahr kommen zu lassen, solchen einem jeden Landmanne, der einige Versuche damit anstellen will, zu einer genügsamen Probe unentgeltlich mitzutheilen, und ihm die auf die Zubereitung des Grundes zu verwendende Kosten zu vergüten, wenn er gegen die Saatzeit durch ein glaubhates Attestat bescheinigen kann, von nun an folgende Vorbereitungen gemacht zu haben." Es folgt die Anleitung zur Vorbereitung des Bodens für die Aussaat. Etwas vom Plaggendünger. In: Beylagen zum Osnabrückischen Intelligenzblatt. 1769. Sp. 97-102. Hier erfolgt eine Auseinandersetzung mit verschiedenen Arten der Düngung, die mit den Worten schließt: „Mögten doch die Landbauer alte Vorurtheile ablegen, und allenfalls erst im kleinen Versuche machen, besonders die Vermögenden den andern gute Beyspiele geben!" Vgl. beispielsweise: An das mitleidige Publicum, zum Besten der Nothleidenden in Sachsen. Bey dem Eintritte des Jahres 1772. Leipzig: „bey M.G. Weidmanns Erben und Reich" o.J. (1772). Es handelt sich hier um einen Aufruf an die „Gesegneten im Volke! [...] vom Pallaste bis zur Hütte herab, denen Gott so viel gegeben hat, daß Ihr davon den Dürftigen noch mittheilen könnet", zum tätigen Mitleid mit den Hungernden. Ausführlich und detailliert wird die Not mit ihren Erscheinungsformen in den verschiedenen Gegenden Sachsens beschrieben. Berichtet wird auch über verschiedene bereits erfolgte Hilfsaktionen, die beispielsweise vom „Leipziger Intelligenzblatt" organisiert wurden. Laut Rezension im Wittenbergischen Wochenblatt, 1772, S. 11-15, wurde die Schrift zuvor in ganzer Länge in den Dresdner Anzeigen abgedruckt.

Pressewesen und Aufklärung

Intelligenzblätter und Volksaufldärer

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gen, kann man doch sagen:76 Nirgendwo sonst wurden realitätsnäher die tatsächlichen Lebensverhältnisse der Aufzuklärenden berücksichtigt,77 nirgendwo sonst wurden einfache Leser früher in die öffentliche Debatte einbezogen78 und auch ih76

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Vgl.: Gedanken über die Frage: Soll der Bauer auf Reisen gehen? In: Wittenbergsches Wochenblatt. Jg. 1769. S. 1-5, S. 9-11. Es handelt sich um einen Beitrag zu der Diskussion über die Frage, ob der Bauer durch das Kennenlemen fremder Verhältnisse und Wirtschaftsweisen dazu befähigt werden kann, seine eigene Landwirtschaft besser zu versehen und mit größerer Aufgeschlossenheit Verbesserungsvorschläge und Neuerungen zu prüfen. Die Erforschung der Natur, so der Autor, sei wohl sehr rühmlich, doch müsse man auch auf Wege sinnen, die erlangten Wahrheiten und Vorteile allgemein auszubreiten. „Es ist nicht zu läugnen, daß diese Sache freylich eine sehr moralische Wendung bekömmt, da aller Zwang, aller Despotismus, alles rauhe Anfahren gänzlich hievon wegbleiben muß." Nach dieser Einleitung wird von zwei Dorfschulzen erzählt, von „Hanns P u f , der die ganze Welt nach seinem Dorfe abmesse, und von „Ehrenhold", der durch den Kriegsdienst dadurch belehrt worden sei, „daß zwar überall Ackerbau und Viehzucht sey, aber nicht an allen Orten nach der Weise seines Vaters betrieben werden." Durch diese Erfahrung sei er ein „biegsamer, erfahrner, ein lehrbegieriger Hauswirth" geworden, ein „stets verbessernder Wirth". Plädiert wird dafür, wenigstens zur Erlangung des Dorfschulzenamtes solle ein Bauer nachweisen müssen, daß er bei einem anderen, mindestens 12-15 Meilen entfernten Bauern Dienst getan habe. Beispielhaft [Justus Moser]: Es bleibt beym alten. In: Beylagen zum Osnabrückischen Intelligenzblatt 1769. Sp. 113-116. Hier handelt es sich um eine satirisch-ernste Auseinandersetzung mit den auf die bäuerliche Bevölkerung gerichteten aufklärerischen Verbesserungsvorschlägen: „Es geht doch auch jetzt sehr weit in der Welt. Bisher sind es nur die Gelehrten gewesen, welche uns Landleuten den Vorwurf gemacht haben, daß wir so fest am Alten, als der Rost am Eisen, klebten, und gar nichts neues versuchen wollten; und diesen Gelehrten, unter deren Nachtmützen nichts wie Projecte zur Verbesserung der Landesöconomie ausgeheckt werden, hat man das zu gute gehalten, und es ihnen als ein Mittel ohne viel Arbeit ihr tägliches Brot zu erwerben, gegönnet, daß sie uns solche Vorwürfe in gedruckten Büchern, die eben nicht viele von uns lesen, gemachet haben. Sie müssen doch von etwas schreiben, da sie leben und schreiben müssen, und sonst nichts zu verdienen wissen. Allein nun fangt auch sogar unser Küster an, unsern Kindern die bey ihm dann und wann in die Schule gehen, von einem schrecklichen Gespenste, welches er das Vorurtheil des Alterthums nennet, etwas vorzuplaudern, und verlangt sie sollen ihren väterlichen Acker dermaleinst ganz anders pflügen, als wir, unsre Väter, Großväter und Eiterväter gepflügt haben." Es folgt eine detaillierte Auseinandersetzung mit einzelnen dieser Vorschläge, in der gezeigt wird, daß die bäuerliche Bevölkerung praktikable Reformvorschläge schnell angenommen habe. Jedoch: „Proben und Versuche sind für den Edelmann, der etwas verlieren kann; nicht für den Landmann, der jedes Handebreit Land zu Rathe halten muß. Dies mag sich der Küster merken." Eines von zahlreichen Beispielen: Aufgaben. In: Beylagen zum Osnabrückischen Intelligenzblatt. 1771. Sp. 295-296. Es handelt sich hier um eine ständige Rubrik, in der den Lesern Anfragen aus allen Bereichen der Land- und Hauswirtschaft zur Beantwortung mitgeteilt und entsprechende Antworten veröffentlicht werden. In diesem Fall werden die Leser zur Mitteilung ihrer Erfahrungen aufgefordert, die sie mit der Milch machen, die von im Stall gefütterten Kühen gewonnen wird. Ausgangspunkt ist die Mitteilung eines „sehr aufrichtigen Landwirths", er erhalte aus acht Kannen solcher Milch nur so viel Butter, wie er sonst aus sechs Kannen von Kühen erhalte, die auf die Feldweide gehen." Außerdem geschah die Einbeziehung bäuerlicher Leser auch dadurch, daß sie als Autoren gewonnen wurden. Vgl. beispielsweise: Wie ich meine Tannenkämpfe angelegt. In: Beylagen zum Osnabrückischen Intelligenzblatt. 1772. Sp. 217-222. Hier handelt es sich um den Bericht eines Landwirts über die landwirtschaftliche Nutzung von Heideboden. Der Bericht wird mit der Note der Redaktion beschlossen: „Der Verfasser der besser pflanzen als schreiben kann, wird die Stellen, wo wir

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re Einwände gegen Vorschläge der Aufklärer formuliert. Es wird billig seyn, heißt es bereits 1756 in den ,Göttingischen Policey-Amts-Nachrichten', daß wir die alten Landwirthe anhören, was sie wieder eine verbesserte Landwirthschaft einzuwenden haben und warum sie die zeitherige Art vor nützlich halten, wenn wir sie von dem größern Vortheil einer neuen Art überzeugen wollen}0 Solche Bereitschaft zur Diskussion schließt - nicht nur in Einzelfällen - die engagierte Parteinahme für die Interessen der bäuerlichen Leser ein.81 Erstmals wurde die Land-

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seinen Sinn nicht getroffen haben, verbessern". Wie wenig ökonomische Spekulationen Platz in den Intelligenzblättern hatten, zeigt auch: Gedanken von den künstlichen Düngearten, und Gewinnung genügsamen Mistdüngers. In: Wittenbergsches Wochenblatt. Jg. 1768. S. 23-26, S. 31-32. Hier findet sich die Überlegung, ob der künstliche Dünger mit solchem Nutzen zu gebrauchen sei, wie „es der Ackersmann wünschen möchte". Die Frage wird verneint, stattdessen fur ein Gleichgewicht von Ackerbau und Viehzucht plädiert, das eine ausreichende Mistdüngung ermögliche. „Das, das ist der wahre und ächte Ursprung aller gehörigen Düngung, und folglich auch die Seele des Ackerbaues. [...] Wenn aber im Gegentheil dieser Umstand an unzähligen Orten mangelt, so mag sich der Bauer zu Tode placken, er wird mit aller seiner Asche, Fichtennadeln, Hornspänen und Lumpen gleichwohl nicht von der Stelle kommen." Siehe beispielsweise: Gedanken über die Stallfütterung des Rindviehes. In: Wittenbergsches Wochenblatt. Jg. 1769. S. 161-165, S. 169-173. Es handelt sich um eine sehr interessante Abhandlung über eines der Lieblingsthemen der Bauernaufklärung und über die Widerstände der Bauern gegen die Stallfutterung. „Die Vorschläge zur Beförderung des Rindviehes, während der Sommerszeit im Stalle zu füttern, gehören mit unter die Favoritgedanken einer speculativen Haushaltungskunde in unsern Tagen". Als wichtigstes Hindernis der Verwirklichung werde regelmäßig angegeben, „daß unsere Landleute schwerlich daran zu gewöhnen wären". Der Autor fragt: „Wie? Wenn nun die Landleute ihre gegründeten Ursachen hätten, die Stallfütterung nicht anzunehmen?", um sodann seine eigenen Zweifel zu begründen. Er kommt zu dem Schluß, daß die Stallfütterung bestenfalls für reiche Gutsbesitzer tauge: „Der Schluß vom reichen und mächtigen auf den Mittelmann und geringen ist allezeit schwach. Umgekehrt aber gilt er viel, j a alles. Soll also die Beurtheilung der Stallfütterung nicht eine Curiosität der Capitalisten, welches niemand läugnet, sondern etwas nationalmäßiges werden: so wünschte ich wohl, obige Zweifel erwogen zu sehen. [...] Mit einem Worte, ich sage es aus Gründen und aus Erfahrung, daß, ohne Rücksicht auf diese hier angeführten Puncte, alles von der Stallfütterung Geschwätze sey." Göttingische Policey- Amts- Nachrichten, oder vermischte Abhandlungen zum Vortheil des Nahrungs-Standes aus allen Theilen der oeconomischen Wissenschaften. [Hg.: Johann Heinrich Gottlob von Justi], Göttingen 4. Juli 1755 - 11. Juli 1757, hier 76. St. 1756. S. 301. Beispielhaft dafür ist eine interessante, für die Diskussionen der in der gemeinnützigökonomischen Aufklärung Engagierten aufschlußreiche Rezension eines Pakets „ökonomischer Makulatur", die wie folgt begründet wird: „Da heut zu Tage alle Buchläden voll ökonomischer Schriften wimmeln, und die Verleger sich der Mode und des Geistes der Nation meisterlich zu bedienen wissen, neugierigen Lesern manches Gröschgen abzulocken: so ist es nöthig, nicht nur auf die guten, sondern auch bisweilen mit auf die schlechten, Schriften dieser Art zu sehen, damit man nicht so sehr ums Geld geschneuzet werde." Interessant ist besonders eine Rezension der Preisschrift Wöllners zur Preisfrage der St. Petersburger Ökonomischen Gesellschaft zur Frage des bäuerlichen Eigenthums: „Wissen die Beamten weiter nichts, als was in diesem Werkgen steht, so erbarme sich Gott der armen Bauern in Gnaden!" Vgl. Wittenbergsches Wochenblatt. Jg. 1769. S. 407-409. Aufschlußreich ist auch der Aufsatz: Beurtheilung der Aufhebung der Allgemeinheiten, in so fern sie ein Mittel zur Verbesserung der ländlichen Wirthschaft seyn sollen. In: Wittenbergsches Wochenblatt. Jg. 1770. S.

Pressewesen und Aufklärung - Intelligenzblätter

und Volksaufklärer

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bevölkerung durch die Intelligenzblätter mit genossenschaftlichen Vorstellungen bekannt, Vorschläge zur Einrichtung v o n Gemeindebackhäusern finden sich, v o n Sparkassen, Brand-, Vieh- und Hagelversicherungen, Gemeindebaumschulen und Lesegesellschaften. 8 2 Zugleich sind die Intelligenzblätter auch ein Ort, w o intensiv über bäuerliches Leseverhalten nachgedacht wird. Dabei spielt das Vorlesen eine große Rolle, w e n n b e i s p i e l s w e i s e vorgeschlagen wird, das Intelligenzblatt solle am Sonntag von dem gen

Verständigsten

sodann zur fernem

in der Schenke Unterweisung

der Gemeine

vorgelesen,

und gemeinschaftlichen

oder Nachricht

vorgetrabeim

Dorfrichter hinterlegt werden. A u c h als zeitverkürzender L e s e s t o f f in den Spinnstuben erscheint es den Herausgebern geeignet, 8 3 w i e überhaupt verhältnismäßig

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185-189, S. 193-199. Hier geht um die Frage, ob eine entsprechend dem englischen Vorbild durchgeführte Aufhebung der Allmenden den Bauern Vorteile bringt, die „entfernte Felder, weitläufitige Viehtriften, sandigtes Land, mühsam zu besorgende Wiesen, und knappes und saures Gras haben." Der Autor begründet sehr detailliert seine Zweifel, da die Aufhebung mit Stallfütterung und künstlichem Wiesenbau verbunden sei und die deutschen Verhältnisse vielerorts entsprechende Veränderungen nicht zuließen. Das Herangehen des gewöhnlichen Bauern charakterisiert der Autor durch folgende Überlegung: „Hm! spricht der deutsche Hauswirth, Etwas, und noch mehr, als vorher, beym Wirtschaften erwerben? das ist nicht unrecht. Freylich wollen wir bey der Wirthschaft nicht bankrot spielen, sondern auf unsere Kosten kommen, und etwas zu hundertley Bedürfnissen übrig behalten. - Gleichwohl aber vorher dasjenige unterste zu oberst kehren, wobey unsere Vorfahren doch auch einen Thaler im Schubsacke hatten. - Sollten wir Deutschen keine andere Ursachen des Verfalls des Nahrungsstandes anzugeben wissen, als den Mangel an Aufhebung der Allgemeinheiten?" Der Autor neigt der Meinung zu, daß eher angemessene Preise für die landwirtschaftlichen Produkte die Verbesserung der Landwirtschaft bewirken würden. „Ich will den Landbau belohnt wissen, [...]; so bald wird sichs zeigen, was zwischen der Landesverbesserung auf dem Papiere, und der Verbesserung in der That fur ein großer Unterschied sey, und wenn auch etliche Tausend ökonomische Projecte im Buchladen darüber zu Grund gehen sollten. Dies letzte ist allezeit besser, als wenn etliche tausend Bauern fertig werden." Beispielhaft: Abgesonderte Gedanken zum Aufnehmen der Dorfschaften insgemein. In: Wittenbergsches Wochenblatt. Jg. 1772. S. 157-160, S. 169-172. Hier finden sich verschiedene, teils in anderen Gegenden bereits verwirklichte Vorschläge zur Verbesserung der Landwirtschaft und zum „Aufnehmen der Dorfschaften". Vorgeschlagen wird unter anderem eine gemeinsam mit den Bauern von einer „Societät" auszuarbeitende Dorfordnung, ein gemeinsames Back- und Waschhaus, eine vom Schulmeister zu betreuende Gemeindebaumschule und ein Fonds, aus dem die Bauern Kredite zu 3-4 % Zins erhalten können. Abgesonderte Gedanken (Anm. 82). Hier heißt es, jedes Dorf solle aus der Gemeindekasse bezahlt ein Intelligenzblatt halten, aus dem sonn- und feiertags das Beste „von dem Verständigsten in der Schenke der Gemeine vorgelesen, oder vorgetragen" werde. Die Blätter sollten sodann zur „fernem Unterweisung und gemeinschaftlichen Nachricht" beim Dorfrichter hinterlegt werden. Ebenfalls die Intelligenzblätter, die Dorfordnung, biblische Erzählungen und der Katechismus sollten in der Spinnstube verlesen werden. „Dadurch gedeihete diese Arbeit zu einer angenehmen und nutzbaren Zeitverkürzung, und ersparete viel Geleuchte und Holz", wenn eine gemeinsame Spinnstube genutzt würde. Vorgeschlagen wird femer eine monatliche gemeinschaftliche Beratschlagung aller Bauern über die bessere Einrichtung ihrer Wirtschaft, wo sie „einander ihre Beobachtungen und Erfahrungen mittheilen, und was sie anmerkenswerth fanden, zu ihrer fernem Nachricht niederschreiben lassen; oder es, nach Befinden, einer ökonomischen Societät, oder dem Amte, oder einem Landescollegio, zur fernem Infor-

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häufig auch weibliche Leser als ,Hausmütter' angesprochen werden. Gleichzeitig machten die Intelligenzblätter einfache Leser mit neuen volksaufklärerischen Schriften bekannt.85 Die Titel der Blätter illustrieren das Programm. In Anzeigen und Aufsätzen zum Besten des Nahrungsstandes und zur Beförderung der Aufldärung, so lautet er etwa beim ,Bönnischen Intelligenz-Blattes'. Manchmal werden - das ,Leipziger Intelligenz-Blatt' ist ein Beispiel86 - neben den Zielen auch die Adressaten genannt:

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mation melden. Anbey müßte das junge Volk von 14 Jahren und darüber zugegen seyn, und diese Berathschlagungen mit anhören. Es wird dadurch zum reiflichen Nachdenken unvermerkt angewöhnet." Weiter soll sich jede Gemeinde aus ihrer Kasse verschiedenste Anleitungen zu einzelnen landwirtschaftlichen Arbeiten anschaffen, in denen gemeinsam nachgeschlagen werden könne. „Dem Zeit- und Geldverderblichen Spiele würde dadurch vorgebeuget, viele Zänkereyen und Schlägereyen vermieden, und die wirthschaftlichen Wissenschaften und Erfahrungen dadurch erweitert werden." Ferner wird die Abfassung einer Reiseinstruktion für reisende Handwerker und Bauern angeregt, die Anleitung geben solle, worauf in der Fremde besonders zu achten sei. Beispielsweise: Lebens- und Haushaltungsgeschichte einer im Jahre 1750 verstorbenen vortrefflichen Hausmutter, zukünftigen jungen Hausmüttern zur Nachbildung. In: Wittenbergsches Wochenblatt. Jg. 1779. S. 1-6, S. 9-16, S. 17-20. Es handelt sich um eine in erzählendem Ton vorgetragene Schilderung der Lebensgeschichte einer als Katharina Wolf vorgestellten, 1699 geborenen „Hausmutter", die tugendhaft, fromm und eine „Selbstdenkerin" gewesen sei, die aber bei Neuerungen stets bedacht habe, „es könne das Abweichen von dem alten Wirthschaftssystem ihre Kinder gar leicht in Verfall und Abnahme bringen". „Unsere exemplarische Hausmutter" hält Kinder und Gesinde „zur Ordnung, Reinlichkeit, Ehrlichkeit und Treue, Zucht und genauen Keuschheit" an. Sie ist „beste Gattin", „zärtlichste Mutter", „getreue Rathgeberin, Versorgerin und Helferin", eine „kluge und Sanftmuthsvolle Befehlshaberin" und in „Ansehung ihres ganzen Hauswesens, eine auf alle Weise rechtschaffene und vollkommene Hausmutter", die auch als Vorbild fur die höheren Stände vorgestellt wird. Am Schluß der Erzählung heißt es: „Meine jungen Leserinnen und zukünftigen Hausmütter aber wollen aus obstehender Lebens- und Haushaltungsgeschichte viel Lection nehmen, und hauptsächlich daraus erlernen, wie schön, nützlich und rühmlich es sey, nach einer recht gründlichen Wissenschaft, beyder der Religion und des häuslichen Lebens, zu streben, und es sich recht unauslöschlich tief einzudrücken: daß sie durch Verschwisterung des thätigen Christenthums und der Häuslichkeit allein Engel in Menschengestalt seyn können." Dies konnte durch empfehlende Rezensionen ebenso geschehen wie durch Anzeigen. Ein hübsches Beispiel ist eine Anzeige des Auricher Buchhändlers Winter in: Wöchentliche OstFriesische Anzeigen und Nachrichten, Nr. 8 vom 21. Februar 1791. Hier wird unter Zitat eines kleinen Auszuges das „Noth- und Hülfsbüchleins" angeboten, das bereits die 9. Auflage erlebt habe: „Es hat das Glück, daß es von Fürsten und vornehmen Herrschaften unter ihre Unterthanen ausgetheilt wird, damit diese sich daraus belehren sollen. Den Nutzen den es bezielen soll, kan ich nicht besser ausdrükken, als wenn ich den Verfasser selbst aus dem Buch reden lasse." Der Buchhändler bietet das Buch, das in Gotha für 4 Gr. abgegeben wurde, fur 6 Gr. „in Pappe gebunden" an: „Der Vortheil ist meinerseits, wie ein jeder selbst nachrechnen kann, äusserst wenig, allein ich glaube aber auch dadurch mehrere nützliche Kenntnisse populairer zu machen, welches j a auch Verdienst ist." Das Leipziger Intelligenzblatt dokumentiert durch Programm und Herausgeber - Peter Freiherr von Hohenthal gab zuvor in Leipzig die „Oeconomischen Nachrichten", neben den „Leipziger Sammlungen" die wichtigste Zeitschrift der gemeinnützig-ökonomischen Aufklärung, heraus - in besonderer Weise die innige Verbindung von praktischer Aufklärung und Intelligenzblättern. Zudem stand das Intelligenzblatt durch seinen Herausgeber und verschie-

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,in Frag- und Anzeigen, vor Stadt- und Land-Wirthe, zum Besten des NahrungsStandes'. Zedier nimmt in seinem ,Universal-Lexicon' bereits 1749 eine Gleichsetzung von Intelligenzblättern und ökonomischen Zeitungen vor.87 Leitbild ist ein Mensch, der seine wirtschaftlichen Angelegenheiten nach Gesichtspunkten der Vernunft organisiert, unterschiedliche Möglichkeiten argumentativ erwägt und sich fremde Erfahrungen zu eigen macht. Für jeden Wirth, postuliert Zedier, bestehe die Notwendigkeit der Intelligenzblattlektüre: Denn ein Mensch muß, so lange er lebt, in der Erkenntniß der Wahrheit zu seiner Glückseligkeit theils durch Erfahrung, welches entweder die eigene oder fremde ist, theils durch Nachdencken lernen, sonst wird er bald in diesem und jenem Stücke, sonderlich in der Gesellschaft der Menschen, die neben ihm sind, und immer weiter kommen, ein Ignorant, und sich sowohl als andern unnütze werden,88 Die Intelligenzblätter sind bereits durch ihre bloße Existenz Medien der Aufklärung. Einen Knecht konnte ein Bauer auch durch eine Nachfrage erhalten, die der Geistliche nach dem sonntäglichen Gottesdienst verlas; auch die traditionell übliche Ausrufung durch einen Ortsbüttel oder ein öffentlicher Aushang, etwa im Wirtshaus, erfüllten denselben Zweck. Anders war dies schon, wollte ein Landwirt Getreidepreise oder ein Kaufmann Wechselkurse in anderen deutschen Gegenden in Erfahrung bringen, um für Kauf und Verkauf einen günstigen Zeitpunkt wählen zu können. Hier handelte es sich, um nur diese Beispiele zu nennen, traditionell um eine Art von Geheimwissen, bis eine größere Zahl von Intelligenzblättern solche ökonomischen Daten in die Sphäre der Öffentlichkeit hoben und die Transparenz - beispielsweise der Preise von Grundnahrungsmitteln - erhöhten.89

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dene Beiträger in enger Verbindung zur Leipziger ökonomischen Gesellschaft, deren Anzeigen dem Intelligenzblatt beigegeben wurden. Als von Hohenthal 1763 seine „Oeconomischen Nachrichten" einstellte, kündigte er im letzten Stück das Intelligenzblatt an: „Endlich mache ich meinen Lesern noch bekannt, wie eine von Sr. Majest. dem Könige, meinem allergnädigsten Herrn, mir auf die allerhuldreichste Art aufgetragene Direcktion, über eine neue Intelligenz-Anstalt zu Leipzig, mich in den Stand setzen wird, auch dadurch dem Land- und Stadtwirthe manches Nützliche um so mehr in die Hand zu bringen, als dieses Intelligenz-Blatt nichts trocken Gelehrtes, Speculativisches oder Witziges enthalten, sondern jederzeit nur auf den Nahrungsstand sein gerades Absehen richten wird." Vgl.: Leipziger Intelligenz-Blatt, in Frag- und Anzeigen, vor Stadt- und Land-Wirthe, zum Besten des Nahrungs-Standes. [Hrsg.: Peter von Hohenthal], Leipzig: „Zu finden im Intelligenz-Comtoir" 1763 - mindestens bis 1845. Noch 1790 rezensiert die ALZ das „Leipziger Intelligenzblatt" und betont dessen Vorbildfunktion, vgl. ALZ. Jg. 1790. Nr. XXX: „Allen übrigen Unternehmungen dieser Art scheinet aber das seit 1763 errichtete Leipziger Intelligenz-Contoir, es seiner Neuheit ungeachtet, oder vielleicht eben weil die Anstalt noch nicht veraltet, zuvor zu thun." Siehe dazu das Stichwort "Oeconomische Zeitungen" in: Johann Heinrich Zedier: Grosses vollständiges Universal-Lexicon. Bd. 61. Leipzig und Halle 1749. Sp. 914-917. Johann Heinrich Zedier: Universal-Lexicon (Anm. 87) Sp. 915. Vgl. dazu Peter Albrecht: Die Förderung des Landesausbaus im Herzogtum BraunschweigWolfenbüttel im Spiegel der Verwaltungsakten des 18. Jahrhunderts (1671-1806). Braunschweig 1980. S. 225.

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Dies bedeutete eine nicht unwesentliche Erweiterung des Horizonts der Leser. Ein erster kleiner Schritt wurde hier getan, um hilflose Objekte des Wirtschaftsprozesses zu halbwegs entscheidungsfähigen Subjekten werden zu lassen. Tendenziell trugen die Intelligenzblätter zur Aufhebung lokaler Beschränktheit bei, ja, sie förderten und begleiteten die Entstehung eines überregionalen, schließlich eines nationalen Marktes. Mit ihrem Programm einer praktischen Lebenshilfe, das einfache Leser mit den Möglichkeiten der Reformierung einer traditionsverhafteten, wenig leistungsfähigen Landwirtschaft bekannt machte,90 ihnen Informationen zur Gesunderhaltung oder zur Hilfe in Unglücksfällen lieferte,91 wurde das Intelligenzblatt zum Medium einer praktischen Aufklärung.92 Viele Blätter sahen Anzeigen und Bekanntmachungen nur noch als Nebenaufgabe, die Ein- und Auspassirung der Fremden den Abdruck der Fremdenlisten also - sogar als ganz einfältige Blattfüllerey an. Der kostbare Raum sollte gemeinnützigen Beiträgen vorbehalten sein, um so den 90

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Beispielsweise auch durch die Vorstellung vorbildlicher Bauern. Vgl.: Die Wirthschaft eines philosophischen Bauers in der Schweiz. In: Westphälische Beyträge zum Nutzen und Vergnügen. 1778. Sp. 161-168, 186-192, 201-208, 225-232. Hier: Ausführliche Vorstellung Kleinjoggs, des von Hans Caspar Hirzel bekannt gemachten „Philosophischen Bauers". Die Schilderung übergeht die bei Hirzel im Mittelpunkt stehende Arbeits- und Berufsmoral Kleinjoggs und stellt lediglich die landwirtschaftlichen Leistungen Kleinjoggs dar. Sie schließt mit der Hoffnung, die Geschichte Kleinjoggs möchte „von unsern Mitbürgern besonders vielen Hauswirthen ansehnlicher Höfe beherziget werden". Hier eines von zahllosen Beispielen: Anweisung wie sich der Landmann nicht nur vor der Ruhr präserviren, sondern auch glücklich und mit wenigen Kosten selbst curiren könne. In: Westphälische Beyträge zum Nutzen und Vergnügen. 1779. Sp. 369-384. Es handelt sich hier um eine detaillierte Anleitung zur Vorbeugung und Selbstbehandlung der Ruhr: „Da man nun mehr als zu häufig gewahr wird, daß der gemeine Mann, besonders auf dem Lande, bey vorfallenden sowohl einzeln, als allgemeinen Krankheiten, sich theils durch üble Rathgeber, die von der Medicin keine vernünftige Begriffe haben, auch ohne Beruf sind, und um schnöden Gewinnstes willen auf gut Glück curiren, theils durch die sogenannten Hausmittel dergestalt hinreissen läßt, daß er das erste beste Mittel ergreift, und sowohl durch präserviren, als curiren, seine Gesundheit und Leben in die grosseste Gefahr setzet, und dieses Betragen sich vorzüglich bey der rothen Ruhr äussert; so hat man sich vorgenommen, das Publicum hierüber zu unterrichten, und bey der Ruhr eine solche Anleitung an die Hand zu geben, daß dadurch der sonst so gewöhnliche Schaden verhütet, und die Krankheit weder zu langwierig, noch tödtlich werden könne." Im ersten Stück einer Wochenschrift finden sich 1756 Abhandlungen über die Bemühungen zur Verbesserung der Haus- und Landwirtschaft sowie über die Adressaten von Schriften, die diese propagierten. Der Herausgeber bedauert, daß entsprechende Bücher nicht in die Hände des Landmannes gerieten, der mit Verbesserungen eher über Intelligenzblätter bekannt werde. Vgl.: Phisikalisch-Oekonomische Wochenschrift, Welche als eine Realzeitung Das nüzlichste, zuverlässigste, angenehmste und neueste aus der Natur- und HaushaltungsWissenschaft enthält, zur Beförderung des Feldbaues, der Heilungskunst, des Kameralwesens, der Policei, der Künste, Manufakturen und Handlung; Durch Gemeinschaftlichen Fleiß ausgearbeitet, und mit einer allgemeinen Anzeige alles dessen, was in neuern Zeiten von diesen Sachen geschrieben worden, versehen. [Hg.: Johann Ernst Friedrich Bernhard], Bd.l u. 2, Stuttgart 1756 und 1758 [Fortsetzung u.d.T.: Physikalisch-oekonomische Auszüge aus den neuesten und besten Schriften 1758-1770].

Pressewesen und Aufklärung - Intelligenzblätter und Volksauflclärer Hauptendzweck Aufklärung decken, urtheile

aller

Intelligenzblätter

und nützliche

Wahrheiten

und den gemeinen

Leuten

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zu befördern, nämlich local zu verbreiten,

die Augen

Fehler

[zu]

und Gebrechen

seyn, aufzu-

über die - ihm schädlichen

Vor-

aufzuthun,93.

D i e M o t i v e der Intelligenzblattherausgeber waren unterschiedlich. Kameralistische Erwägungen, die mit der frühen Aufklärung eng verbunden sind, konnten eine Rolle spielen, das angesprochene größere Verantwortungsgefühl für das Gem e i n w e s e n , aufklärerisches Engagement und brüderliche Menschenliebe, die säkularisierte Form der biblisch gebotenen Nächstenliebe. 9 4 Das äußerste

Resultat,

formulierte 1769 stellvertretend für v i e l e seiner K o l l e g e n ein Redakteur sein Glaubensbekenntnis, durch welches

das ökonomische

unschätzbaren

lediglich

und Ausführung beitender

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94

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Werth erhält,

besteht

gemeinnütziger

und erwerbender

Studium

seinen

in der zu vermehrenden

Verbesserungen

unter dem größten

letzten

und

Anwendung Haufen

ar-

Mitbrüder.95

Voigtländische Beyträge zur Polizeykunde. [Hg.: Ch. J. U. Meyer]. Hof [ab 2. St.: und Plauen]: Grau [ab 2.St.: Vierling] 1786-1793. Hier handelt es sich um aus Intelligenzblättern gezogene Beiträge zur „Policeykunde", deren Zweck derselbe sein soll, den auch Intelligenzblätter zu erfüllen haben. Im 3. und 4. Stück befaßt sich ein längerer Aufsatz mit dem Zustand der Stadt Hof, wobei auch die Situation der unteren Bevölkerungsschichten, der Handwerker und Armen, behandelt wird. Weitere Gegenstände sind das Armenwesen, das Gesundheitswesen, der Aberglauben der Bevölkerung, Kalender als Medien der Volksaufklärung, Kindererziehung usw. Weiter wird eine "Feuerordnung fur den Landmann" und eine Gesindeordnung abgedruckt. Beispielhaft: Erinnerungen eines Wirthschaftskundigen über einige abzuhandelnde Gegenstände. In: Wittenbergesches Wochenblatt. Jg. 1768. S. 259-261. Hier wir das Angebot unterbreitet, einen ökonomischen Unterricht zu verschiedenen Gegenständen der Landwirtschaft und der Viehzucht zu verfassen. „Alles dieses will ich nicht etwa für Gelehrte, oder große Wirthschaftsverständige, schreiben, oder auch mit großen Zeugnissen und Attestaten micht ausstaffiren. Ich werd mit dem großen Wirthschafter, dem Colerus, zu reden, nur für die Einfaltigen und Armen schreiben, die kein Pferd können bereiten lassen; die keine theure Roßbücher, noch Medicamente haben, die keine ausländische Bäume erkaufen; die aus Mangel hinlänglicher Kräfte keine große Versuche in ihrer Wirthschaft anstellen können." Wittenberg[i]sches Wochenblatt zum Aufnehmen der Naturkunde und des ökonomischen Gewerbes. Hg. v. Johann Daniel Tietz [= Johann Daniel Titius]. Reihe I [Jg.1-14]; Reihe II [Jg. 15-25], Wittenberg: Karl Christian Dürr 1768-1792 [fortges. u.d.T.: Neues Wittenbergisches Wochenblatt, Wittenberg 1793-1814], hier Jg. 1769. S. 93f. Das Wittenbergische Wochenblatt zählt einerseits zu den typischen, andererseits zu den besonders engagierten Intelligenzblättern, die sich die Ziele der gemeinnützig-ökonomischen Aufklärung und der Bauernaufklärung zu eigen machen. Typisch an ihm ist, daß es sich, wie zahllose andere Intelligenzblätter auch, nicht darauf beschränken mochte, dem Leser lediglich die intelligenzblattypischen Nachrichten oder Anzeigen, obrigkeitlichen Verordnungen und Marktpreise zu übermitteln. Das Ziel, besonders der ländlichen Bevölkerung praktische Lebenshilfe zu geben, drückt sich in zahllosen kleinen Beiträgen, Informationen und unmittelbar nutzbaren praktischen Ratschlägen zu allen Bereichen der Land- und Hauswirtschaft aus. Neue Anbaumethoden, besonders nutzbringende Fruchtarten, Hinweise zur Behandlung von Viehkrankheiten oder neue Ackerwerkzeuge werden vielen ländlichen Lesern zuerst und oft ausschließlich durch die Intelligenzblätter bekannt gemacht. Besonders exponiert ist das Wittenbergische Wochenblatt dadurch, daß es intensiv in die Diskussionen der gemeinnützig-ökonomisch en-

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Im Intelligenzblatt hatte aufklärerische Privatinitiative einen idealen Platz zur Entfaltung. Es ist durchaus nicht das Modell des preußischen Intelligenzblattzwanges, das in Deutschland vorherrschend geworden wäre.96 Noch 1790 lobte die ,Allgemeine Deutsche Literaturzeitung' am Beispiel des ,Leipziger Intelligenzblattes' die große Menge kleiner Abhandlungen, welche - anders als in Preußen, wo Gelehrte zu Beiträgen für Intelligenzblätter von Amts wegen gezwungen wurden — nicht etwan zur Fröhne von Professoren, sondern aus eigner Bewegung von Welt- und Geschäftsmännern, Wirthen und Gelehrten aus allen Fächern geliefert werden. Sie stünden daher großentheils in naher Beziehung mit nützlichen Gewerben oder überhaupt mit häuslicher Glückseligkeit. Vieles davon sei zwar aus bekannten einheimischen und fremden Journalen u.a. Schriften entlehnt, aber, so fügt der Rezensent hinzu, nach der besondern Bestimmung zu Belehrung des Volkes ist dieses gar kein Tadel und oft findet man doch auch neue und ganz eigenthümliche Bemerkungen aus unmittelbarer Erfahrung aufgezeichnet.91

IV. Das Intelligenzblatt sprach aber nicht allein einfache Leser an, ja, es war programmatisch eines der ersten Druckerzeugnisse, mit dem alle Stände der Gesellschaft zugleich erreicht werden sollten. Es bot ein Forum, wo aufklärerisches Engagement diskutiert und gebildete ,Volkslehrer' organisiert wurden.98 Nachge-

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gagierten, aufklärerisch denkenden Gebildeten eingreift und daß sich in ihm zahlreiche Beiträge finden, die sich über die Wege, Ziele und Hindernisse der Bauernaufklärung Gedanken machen, über die Aufgaben der „Volkslehrer" bei der Ansprache der ländlichen Bevölkerung nachdenken oder über das Denken und Handeln der Bauern berichten. Der Herausgeber des Wittenbergischen Wochenblattes, der Professor der Naturlehre Johann Daniel Titius, der sich schon seit den fünfziger Jahren publizistisch in der gemeinnützig-ökonomischen Aufklärung engagiert hatte, begriff das Intelligenzblatt ausdrücklich als ein Medium der praktischen Aufklärung. Den Platz für die intelligenzblattüblichen Anzeigen bemühte er sich von Beginn an möglichst klein zu halten, doch wußte er auch, daß sie ihm erst den Weg zu Lesern bahnten, die durch andere Lesestoffe noch nicht zu erreichen waren. Für die preußischen Intelligenzblätter gilt so am ehesten, was bei Thomas Kempf: Aufklärung als Disziplinierung (Anm. 15) S. 115, verallgemeinert wird: „Die aufklärende Rede der Intelligenzblätter wird ,durchquert von Disziplinierungen' und sie ist daher selbst diszipliniert: die Positionen des Streitenden, des Witzemachers, des Launigen und des Satirikers sind hier verboten. Es sind Subjektpositionen der Rede, die kategorisch ausgeschlossen sind." Vgl. die Besprechungen der Jahrgänge 1787-1789 und 1790-1791 in: ALZ. Jg. 1790, III. 51f. und ALZ. Jg. 1793, II. 531f. In der Rezension von 1793 heißt es: „Das, was diese Nachrichten zu dem Range der ökonomischen und gelehrten Zeitschriften erhebt, sind eigentlich die Art. VII. Bemerkungen und Antworten über allerley Gegenstände. Hierin kommen eine Menge kleiner Aufsätze vor, welche besonders für Wirthe neu, wichtig und angenehm sind, und wovon hier nur einige zur Probe ausgezeichnet werden können." Eines von zahllosen Beispielen dafür, hier auf dem Gebiet der medizinischen Volksaufklärung: Auszug eines Briefes eines Arztes an einen Liebhaber und Layen der Medicin. In: Bey-

Pressewesen und Aufklärung - Intelligenzblätter und Volksaufklärer

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dacht wurde über die Grenzen bloßer ökonomischer Einzelverbesserungen. W o herrschaftliches Wild den K l e e fraß, z u deren A n b a u auf Brache oder G e m e i n w e i d e die Aufklärer den Bauern mühsam überredet hatten, da waren die Grenzen jeder Volksaufklärung erreicht. Überraschend scharfe Ausfälle g e g e n eine alle Innovationslust erstickende Abgabenlast der Bauern finden sich in den Intelligenzblättern. Johann Heinrich Gottlob v o n Justi, Herausgeber eines Intelligenzblattes, 99 erkannte als größtes Hindernis einer vollkommene]^n] Unterdrückung des Bauern. Wie will Muth haben,

etwas

wichtiges

zu Verbesserung

men, wenn er auf die elendste Arbeit

und dürftigen

die Regierung wirtschaft

treiben,

kann sagen, ankommt,

99

100

worauf

der Wohlstand

verdienet

Classe

[...] die Macht aller andern

weder Bedrückung,

Grundstücke

der

entrichten Menschen,

und Glückseligkeit Stände

noch

zu

und Classen

kann, welche welche

die und

unterneh-

Art leben und bey aller

kaum die Abgaben

Diejenige

Cultur des Bodens

fragte er, Zeit, Mittel

seiner

und kümmerlichste

Lebensart

auferleget.

ein Landmann,

die

sauren ihm Land-

des Staats, ja!

man

des

sehr

Volks, so

Verachtung.10°

lagen zum Osnabrückischen Intelligenzblatt. 1771. Sp. 345-348. Hier handelt es sich um ein Schreiben an einen Geistlichen, in dem diesem abgeraten wird, sich medizinisch zu betätigen, wobei allerdings die folgende Einschränkung gemacht wird: „Sie werden wegen Ihres Amtes zu Kranken gefordert, zu denen nichts, was nur einige Beziehung auf die Arzneywissenschaft hat, hindurch dringen kann, und die aus einem Uebermaße von Dummheit alle medicinische Hülfe verachten. In diesen und andern Fällen können Sie oft, und nur Sie allein, nützlich seyn. Halten Sie sich vornehmlich an die genaue Lebensordnung, wagen Sie sich nicht an den Zustand den Sie nicht deutlich begreifen, verweisen Sie die Patienten in diesen Fällen ferner an die würdigen Aerzte welche Sie mir nenen, und begleiten Sie die dunkelen Klagen derselben mit einigen schriftlichen Aufsatze, predigen Sie Ihren Kranken fein oft die Gelassenheit, woran es dem Landmann wegen seiner schlechten Erziehung und viehischen Gesundheit gemeiniglich gar sehr gebricht, lassen Sie alle rathgebende alte Weiber, beyderlei Geschlechts, aus den Krankenstuben schmeißen: so werden Sie ungemein vielen Nutzen stiften, und nicht leicht einem Kranken beträchtlich schaden." Göttingische Policey- Amts- Nachrichten (Anm. 80) Neben den intelligenzblattüblichen Nachrichten, Ankündigungen und Mitteilungen von „Policey-Verordnungen" enthält das Blatt zahlreiche kleine ökonomische, land- und hauswirtschaftliche Informationen, Abhandlungen und Hinweise, die gern von anderen Zeitschriften der gemeinnützig-ökonomischen Aufklärung nachgedruckt wurden. In einer Rezension der „Schwäbischen Nachrichten", 1756/57, 4. Stück 1756, heißt es entsprechend über diesen Teil des Blattes: „Ich und andere Ausländer aber bekümmern uns nur um die zu erst berührte Abhandlungen [im Gegensatz zu den intelligenzblattüblichen, regionalen Teilen], welche auch den meisten Plaz einnehmen, und den eigentlichen Werth diser Blätter ausmachen." Johann Heinrich Gottlob von Justi: Oekonomische Schriften. Bd. 2. Berlin und Leipzig 1760. S. 227. Weiter heißt es: „Hier könnte ich noch gar viel sagen. Ich könnte von denen, dem Landmann in vielen Staaten so überaus beschwehrlichen, und nicht den geringsten Nutzen habenden Jagd Diensten, von denen Fuhren und Vorspann zu denen Reisen der Bedienten, von Krieges=Fuhren, von dem Mißbrauch der Gerichtsbarkeit der Ritter Güther und Amtleuthe, und von vielen andern Dingen reden, welche den Bauer sehr bedrücken, und gewiß so viel Hindernisse gegen die vollkommene Cultur des Bodens und das Aufnehmen der Landwirtschaft sind." Zu v. Justi und seinem Intelligenzblatt Thomas Kempf: Aufklärung als Disziplinierung (Anm. 15). Vgl. zu dieser durchaus anregenden, empirisch aber doch unge-

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Holger Böning

Aufklärerisches Engagement führte zur Einsicht in grundlegende Unzulänglichkeiten. Neben den Zeitschriften der gemeinnützig-praktischen Aufklärung ist die Radikalisierung der Gesellschaftskritik, die als Charakteristikum der deutschen Spätaufklärung gesehen wird, nirgendwo so früh zu beobachten wie in den Intelligenzblättern. Gesellschaftliche Strukturfragen gelangten in den sechziger und siebziger Jahren ins Zentrum der Diskussionen. Leibeigenschaft und bäuerliches Eigentum am bebauten Boden wurden zu Hauptthemen.101 Gutsbesitzerliche und grundherrliche Interessen begriff man als der Verbesserung der Landwirtschaft entgegengesetzt. Zuweilen seufzet der Landmann insgeheim, so ist 1768 in einem Intelligenzblatt zu lesen, er siehet schon im voraus, daß er mitten unter den Gütern, die er einsammlet, verschmachten wird.102 Kurz: mit den Intelligenzblättern, die sich im deutschen Sprachraum zu einem regelrechten Netzwerk der Kommunikation verbanden, konnte sich eine Öffentlichkeit herausbilden, in der auch Grundfragen der feudalabsolutistischen Gesellschaft diskutiert wurden. Zahlreiche Intelligenzblätter übernahmen für ihre Leser die Rolle eines Gesprächsortes, so daß, um mit einer These Ulrich Hagenahs weit vorauszuschauen, die Politisierung des Mediums, die um das Jahr 1848 zu beobachten ist, auf der Kontinuität dieses Gattungsmerkmals beruht.103 Volksaufklärung und Intelligenzblätter, so ist zusammenfassend zu konstatieren, gingen vielerorts eine Symbiose ein, so daß Herausgeber wie beispielsweise 1771 der des ,Erfurthischen Intelligenzblattes' schreiben konnten, Intelligenzblätter seien vorzüglich zum Unterricht und zum Nutzen derjenigen gewidmet [...], welche oft die wenigste Gelegenheit haben, solchen aus Schriften oder andern erfahrnem Leuten zu schöpfen.104 Es wäre ein eigenes Thema, auf das noch intensive Forschungsbemühungen zu richten sind, zu zeigen, wie dieses Programm sich

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nügend abgesicherten und vor allem unzulässig verallgemeinernden Studie: Holger Böning: Das Intelligenzblatt - eine literarisch-publizistische Gattung des 18. Jahrhunderts (Anm. 1). Beispielhaft eine Rezension von: Der schlesische Landwirth mit patriotischer Freyheit., l.Theil, Breslau 1771. In: Wittenbergsches Wochenblatt. Jg. 1770[!]. S. 404-408. Hier findet sich eine sehr scharfe Beurteilung des Buches, von dem man oft nicht wisse, ob es „den Landmann unterrichten oder zum Narren haben wolle". Besonders wird der Behauptung widersprochen, „es sey unmöglich, die Fehler der Landwirthschaft ohne Satire zu denken, da sie größtentheils an sich lächerlich wären". Der Rezensent fragt: „Wie viel tausend Fehler in der Landwirthschaft sind möglich und gänzlich unheilbar, weil der Bauer als ein Leibeigener arbeitet und seine Verachtung weis? Wie viel tausend Fehler geschehen nicht, bloß weil es dem Landmanne an Unterricht fehlet und die Dorfschulen elend aussehen u.s.w. Das sind j a keine Sachen für die Satyre, sondern für das Mitleiden." Wittenbergisches Wochenblatt. Jg. 1768. S. 73. Diese These bei der ausgezeichneten Arbeit von Ulrich Hagenah: Rheinische Intelligenzblätter von 1727 bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts. Überlegungen zur Geschichte, zur Inhaltsanalyse und zur Typologie anhand ausgewählter Beispiele. Hausarbeit zur Prüfung für den höheren Bibliotheksdienst (masch., unveröffentl.). Fachhochschule für Bibliotheks- und Dokumentationswesen in Köln. 1990. Hier Bd. 1. S. 23. Vgl. auch Hermann Remppis: Die Württembergischen Intelligenzblätter von 1736-1849. In: Tübinger Staatswissenschaftliche Abhandlungen, N.F., Heft 24. Stuttgart, Leipzig 1922. Erfurthisches Intelligenzblatt. Bd. 3.1771. S. 53.

Pressewesen und Außlärung - Intelligenzblätter und Volksaufklärer

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bis weit in das 19. Jahrhundert fortentwickelte, w i e die Beiträge einen stärker argumentativen Charakter erhielten, mehr und mehr alle publizistischen und literarischen Formen zur Leseransprache genutzt wurden, um den vermuteten Lesebedürfnissen der Adressaten Rechnung zu tragen. 105 V i e l e Intelligenzblätter nahmen den Charakter journalartiger Wochenschriften an, mit denen an die Tradition der Moralischen Wochenschriften angeknüpft wurde, manchmal übersprangen sie sogar die Grenze zur politischen Zeitschrift. Sie wurden, um es kurz zu sagen, zum Spiegel und Hilfsmittel des gesamten b ü r g e r l i c h e n Lebens'. Ganz besonders durch die Intelligenzblätter wurden die lokalen, regional begrenzten Öffentlichkeiten zu einer nationalen, die Grenzen der Kleinstaaten vernachlässigenden Ö f fentlichkeit verknüpft. 106 Lokale Bindung war nicht gleichbedeutend mit lokaler Beschränktheit. Z u m Teil erstaunlich niveauvolle Blätter finden sich in Orten w i e 105

Mehr und mehr spielten beispielsweise Erzählungen eine Rolle. So zum Beispiel: Während einer sechs und dreyßigjährigen Wirthschafit hatte ein Landwirth nur zweymal Pferde kaufen, oder neue anschaffen dürfen. Abgerissenes Stück einer großväterl. Geschichte für Enkel und Großenkel, zur anschauenden Erkenntniß, daß der Verfall der Religion auch den Verfall der Haushaltungen nach sich ziehe. In: Witenbergsches Wochenblatt. Jg. 1777. S. 1-5, S. 9-13, S. 17-21. Der Autor „Germanikus" [d.i. Johann Friedrich Germershausen] will die Leser mit einer „lehrreichen großväterlichen Haushaltungsgeschichte unterhalten", da die „Geschichte eine Lehrmeisterin des Lebens" sei und „Beyspiele die Möglichkeit zur Ausübung der Theorie" darstellten. Der Zweck der Erzählung entspreche dem des Wittenbergischen Wochenblattes, nämlich zur Verbesserung des städtischen und ländlichen Gewerbes beizutragen, wobei „man die Kraft der christlichen Religion zur Erlangung desselben" nie verkannt habe. Die Erzählung handelt unter anderem von einem Landgeistlichen und seinem religiösem Erziehungswerk, das schlechte, pferdeverderbende Knechte verhindert hätten. Hinter der Erzählung steht die Vorstellung vom Geistlichen als „Volkslehrer". „Man hat in unseren Tagen viel von Patriotismus geredet und geschrieben. Wenn ein Mann ein ganzes Dorf durch die Religion bessert, die Haushaltungen, Ackerbau und Viehzucht empor bringt, und Unterthanen in die Situation bringt, daß sie nun nicht mehr in den Amtsbüchern unter die Restanten, in Ansehung der an die Obrigkeit zu entrichtenden Abgaben, stehen, sollte solcher Mann nicht Patriot seyn? Ist es nicht dasselbe, dem Himmel Bürger zuziehen, und der Erde gute Bearbeiter oder Bewohner verschaffen?" Der vorgestellte „protestantische Großvater", der die Kinder auch in der Schule lehrt und von diesen geliebt wird, scheint bewußt dem Verwalter in Johann Georg Schlossers „Katechismus der Sittenlehre für das Landvolk" gegenübergestellt zu sein, wenn zudem ausdrücklich von der „Meynung einiger moderner Systemsreformatoren" gesprochen wird, die den Bauern nur noch Rechtschaffenheit und Tugend predigen wollten und die Vermittlung des Glaubens vernachlässigten. Gegen „moderne Lehrer" wird Luther ins Feld geführt: „Die Werke, die kommen gewißlich her, aus einem rechten Glauben: Denn das nicht rechter Glaube war, dem man die Werk wollt rauben." Ein weiteres von zahlreichen weiteren Beispielen für die Verwendung lehrhafter Erzählungen ist: Münsterisches gemeinnütziges Wochenblatt. Jg. 1781-1804. Münster: Anton Wilh[helm] Aschendorff 1781-1804. Charakterisitisch sind Titel wie „Von den Vortheilen eines thätigen und dem Schaden eines unthätigen Lebens", „Das schön angezogene und geputzte Luischen", „List eines Goldmachers", „Der bestrafte Geiz" (Verserzählung), „Eine wahre Spukgeschichte", „Der unglücklich patriotische Fuhrmann. Eine Parabel" oder „Das Kruzifix am Wege".

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Zahlreiche Beiträge wurden in mehreren Intelligenzblättern abgedruckt, wie überhaupt beobachtbar ist, daß die Intelligenzblattherausgeber sich gegenseitig intensiv wahrnahmen. Ein Beispiel ist: Gedanken (Anm. 41). Der Aufsatz war aus den „Göttingischen gemeinnützigen Abhandlungen" übernommen worden.

Holger Böning

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Holzminden, Hildesheim, Minden, Dillenburg, Kothen, Lobenstein,111 Schleswig,112 Trier,113 (Dettingen,114 Flensburg,115 Glückstadt,116 Mergentheim,117

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Holzmindisches Wochenblatt. [Hg.: Theodor Christoph Grotian, ab 20. Mai 1786: August Heinrich Raabe, ab Ende 1789: Heinrich Friedrich Christian Widemann] Jg. 1785 zu 27 St., Jg. 1786ff. zu je 52 St. Holzminden: [Justus Heinrich Bohn] 1785 (02.07.) bis 1795 [Forts. u.d.T.: Vermischte Beyträge zur angenehmen und lehrreichen Unterhaltung. Holzminden 1795], Vgl. Rolf Deipenwisch: Geschichte und Bedeutung der Holzmindener Presse von 1785 bis 1850. Das Entstehen der Nachrichtenübermittlung in einer Lokalzeitung. Diss, masch., Hannover 1986. Zunächst als Beilage zum Intelligenzblatt und dann separat erschien: Hildesheimisches Magazin. [Bandtitel: Hildesheimisches Magazin, oder Sammlung kleiner Abhandlungen, Nachrichten, Vorschläge etc. aus verschiedenen Fächern der Wissenschaften und Künste.] [Hg./Red.: Georg Friedrich Buckup]. Hildesheim: Christian Walter Schlegel 1786-1792. Hauptzweck des Blattes ist es, „etwas beyzutragen, was den moralischen und physischen Wohlstand unserer Mitbürger zu verbessern im Stande ist". In einer „Nachricht an das Publikum" zu Beginn des Jahrgangs 1787 werden Gelehrte und Liebhaber „dieser Einrichtung" dazu aufgefordert, durch eigene Beiträge Aufklärung und den daraus zu erhoffenden Wohlstand ihrer Mitbürger zu befördern. Besonders bittet der Herausgeber um die gemeinverständliche Bearbeitung der „allgemeinen Gesetze", die so einfachen Lesern erklärt werden sollen. Vgl. Jürgen Asch: Ein Hildesheimer Intelligenzblatt aus dem ausgehenden 18. Jahrhundert. In: Alt-Hildesheim. Jahrbuch für Stadt und Stift Hildesheim. Nr. 43 (1972). S. 36-49 sowie Aloys Barth: Das Zeitungswesen von Hildesheim. Hildesheim 1929. Mindische Wöchentliche Anzeigen. Minden 1727- mindestens 1816; dazu mindestens 17701784 Beilage: Mindische Beyträge zum Nutzen und Vergnügen". Gemeinnütziges Anhaltisches Wochenblatt. Mit Hochfurstl icher A. G. gnädigster Erlaubnis. Kothen: „Gedruckt und zu finden bey Johann Christian Schöndorf' 1783-1804 [evtl. auch schon früher]. Es handelt sich um ein Intelligenzblatt der gemeinnützig-ökonomischen Aufklärung, deren Verfasser bestrebt sind, „Ausarbeitungen für das Allgemeine zu liefern, um unter denen, bei welchen die Unwissenheit in aller Absicht noch immer so groß ist, unter den Landleuten und dem grossen Haufen der Städte gutes zu stiften". Insbesondere einfache Leser werden zur Lektüre aufgefordert, denn „als Menschen ist es allerdings unsre Pflicht, unsern Verstand vollkommener zu machen, weil wir uns durch den Verstand von den Tieren unterscheiden. Zu was für Vollkommenheit könnten die Geschäfte der Haushaltung, und des Ackerbaus in allerlei Art gebracht werden, welche alle nach und nach in dem Wochenblatte durchgenommen werden sollen, wenn man sich über das, was hier darüber gesagt würde, unterrede[te], sich einander eigene Bemerkungen mitteilte, die jeder Landwirth gewiß hat, und Verbesserungen darinn versuchte? und was für Vorteile könnten daraus für jeden einzelnen, und für das Ganze entstehen?" (Jg. 1784. St. 29. S. 229). Lobensteinisches gemeinnütziges Intelligenzblatt. Mit gnädigster Erlaubniß und Freyheiten. (Hg. und Redakteur: Johann Friedrich Brömel). Jg. 1-22, Lobenstein: (Druck: Georg Friedrich Autenrieth" [später: „gedruckt mit Fleck- und Martinischen Schriften"]) 1784 (01.03.) bis 1805. Es handelt sich um ein Intelligenzblatt, in dem sich neben Anzeigen und obrigkeitlichen Verordnungen verschiedenste gemeinnützige Beiträge, land- und hauswirtschaftliche Ratschläge und Informationen sowie zahlreiche Abhandlungen zur medizinischen Volksaufklärung oder „Anweisungen für den Landmann" zum Handeln bei Unglücksfallen finden. Weiter auch zahlreiche Beiträge zur Bekämpfung des Aberglaubens beispielsweise unter dem Titel „Vollmondsthorheiten". Im letzten Stück vom 28. Dezember 1805 heißt es zu den Absichten des Blattes: „Die Hauptabsicht dieser Blätter war, auser den wenigen eigentlichen Intelligenznachrichten, Bearbeitung der reußischen Geschichte, dann nützliche Belehrung und Unterhaltung."

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und Volksaufldärer

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Schleswigsches Intelligenzblatt. Hg.: R[einhold] J[acob] Boie. Jg. 1785-1791. Schleswig: Reinhold Jacob Boie 1785-1791 [Forts.u.d.T.: Schleswigsche wöchentliche Unterhaltungen. Schleswig 1792ff.]. Das Intelligenzblatt hat im redaktionellen Teil ein erstaunlich hohes Niveau. Neben zahlreichen Gedichten, Liedern und Fabeln - unter anderem wird Klopstocks Ode „Das Vater Unser" und ein umfangreiches Gedicht „Kaiser Josephs Tod" abgedruckt finden sich neben Beiträgen fur gebildete Leser Abhandlungen zu Themen der gemeinnützigökonomischen Aufklärung oder zur Belehrung für einfache Leser unter Titeln wie „Freuden des Landmanns" oder „Von der Veredelung der Kartoffeln, durch den neuen Anbau derselben aus dem Saamen". Besonders nach der Französischen Revolution finden sich auch Beiträge zur politischen Aufklärung. So beispielsweise über mehrere Stücke eine Abhandlung mit dem Titel „Etwas über höchste Gewalt und Regierungsformen". Allgemeines Churtrierisches Intelligenzblatt mit gnädigstem Privilegio. [Titel ab Mai 1786: Allgemeines Churtrierisches Intelligenzblatt auf höchste Anordnung. [Red. Westerholt und Beck]]. 2 mal wöchentlich Montags und Freitags. Beilage: Zu jeder zweiten Nummer 2 Seiten mit dem Titel: Des Allgemeinen Intelligenzblattes Politische Nachrichten. Koblenz: Hofrat von Westerholt und Konsistorialassessor Beck [Druck: Hofbuchdruckerei Krabben] 1785 (01.04.) - 1794 (20.10.) Es handelt sich um ein gemeinnützig-ökonomisches Intelligenzblatt mit deutlicher volksaufklärerischer Programmatik. Neben Anzeigen und amtlichen Bekanntmachungen erscheinen regelmäßig politische Nachrichten nach Art der Zeitungsberichterstattung. Im Programm zu dem Blatt heißt es, durch populäre Aufsätze sollten „manches Vorurtheil verscheuchet, Aufklärung befördert, Menschenliebe und Tugend erwecket, Schaden verhütet, und Nutze verbreitet werden". Erkennbar ist eine Konzentration auf unmittelbar lebenspraktische Gegenstände der Land- und Hauswirtschaft und der medizinischen Aufklärung; typisch sind hier kleinere Hinweise und Ratschläge, lehrhafte Anekdoten, aber zum Teil auch längere Aufsatzfolgen. Eingesandte Beispiele und Berichte vervollständigen den Eindruck von einem redaktionell vielseitig und interessant gestalteten Blatt. Oettingisches Wochenblatt. [Redakteur 1786-1787: Karl Heinrich Lang]. Oeningen: Johann Georg Oesterlein 1786-1823 [Forts, ab 52. St. des Jg. 1823 u.d.T.: Wochenblatt für das Fürstenthum Oettingen-Spielberg. Öttingen 1823ff.]. Es handelt sich um ein Intelligenzblatt, in dem sich neben den intelligenzblattüblichen Materien auch populäraufklärerische redaktionelle Beiträge finden. Bereits in der Ankündigung des Verlegers vom 17.10.1785 werden „interessante Aufsätze" versprochen, „welche theils die vaterländische Geschichte erläutern, theils öconomische Gegenstände betreffen, theils aber auch weise Polizei und andere Anstalten empfehlen. Es stehet auch den Herren Geistlichen, Beamten und andern Biedermännern frey, sich durch diesen Weg ihrer frommen Wünsche zu entladen." Zur Belehrung finden sich u.a. auch Moralische Erzählungen, die der Redakteur Lang nach dem Vorbild Justus Mosers bearbeitete. So ist im St. vom 17.5.1786 die Erzählung "Der glückliche Hans" abgedruckt, mit der ein Bauer vorgeführt wird, der keine Steuern bezahlen will. Weiter werden den Lesern die wichtigsten landwirtschaftlichen Reformvorschläge der gemeinnützig-ökonomischen Aufklärung vermittelt, medizinische Ratschläge gegeben oder die Pockenschutzimpfung propagiert. Während der Französischen Revolution spielen in verschiedenen Abhandlungen auch die Ereignisse im Nachbarland eine Rolle, Belehrungen zu den aktuellen politischen Begriffen erhalten ihren Platz, doch eine erste aktuelle politische Nachricht findet sich erst 1796. Mitarbeiter an dem Blatt war auch Langs Freund Wilhelm Ludwig Wekhrlin. Vgl. Volker von Volckamer: Das Oettingische Wochenblatt in den beiden ersten Jahrzehnten seines Bestehens (1786-1805). Mit einem Anhang von Helmut Jung. Heimatverein Oeningen e.V. 1987. Flensburg[i]sches Wochenblat für Jederman. [Hg. und Redakteure gemeinsam mit anderen Geistlichen: Heinrich Harries (bis 1793) und Gerhard Holst], Flensburg 1788 (12.07.) bis 1840. Es handelt sich um ein bedeutendes Wochen- und Intelligenzblatt, das ein gutes Beispiel dafür ist, wie das Gedankengut der Aufklärung in der Provinz popularisiert wurde. Aus-

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Sulzbach, Wernigerode, Wunsiedel, Rottweil,' Freiberg, Dillenburg123 124 oder Aurich. Für viele dieser Blätter galt, was der Herausgeber des ,Flensburgischen Wochenblattes' zur Bedeutung eines Intelligenzblattes schrieb:

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drücklich ist das Blatt auch für „gemeine Leser", jedoch nicht ausschließlich fur diese bestimmt. „Unterhaltungen, Belehrungen und Intelligenznachrichten" gehörten in ein gutes Wochenblatt, so der Herausgeber, und diese müßten in, jeder Hinsicht den höchsten Grad der Lokalität der Sachen und Popularität des Ausdruks haben." Sein Blatt, so fährt der Herausgeber fort, wolle nicht „Licht und Aufklärung über den Erdball ausgiessen - sondern nur im Kleinen sein Scherflein zu Veredlung der Menschheit beytragen." (St. vom 27.07.1799. S. 4f.) Der Inhalt des Blattes zeichnet sich durch größte Vielfalt aus, wobei sich eine Mischung von Beiträgen unmittelbar für gemeine Leser und solchen findet, die deutlich für ein gebildeteres Publikum bestimmt sind. Die Anleitung zur Stallfütterung steht neben einer Erörterung „"Ueber die Wirkung der Romane und der Schauspiele", eine „Kurze Meynung von der Aufklärung und ihrem Einflüsse auf Revolution" neben der Rezension neuer gemeinnütziger Schriften. Schleswig-Holsteinische Anzeigen. Glückstadt: (Druck: Johann Jacob Augustin) 1789-1800. Es handelt sich um ein Intelligenzblatt mit umfangreichem redaktionellen Teil. Neben landund hauswirtschaftlichen oder medizinischen Ratschlägen, Informationen und Anleitungen auch allgemeinere Beiträge unter Titeln wie „Bemerkungen über die Mittel, bei Leuten aus den mittlem und niedern Ständen zu ihrer Aufklärung und Beßrung Eingang zu finden", „Ueber Beförderung mehrerer Reinlichkeit bey dem gemeinen Manne", „Ueber die bürgerliche Verbesserung des weiblichen Geschlechts", „Etwas vom Kieler Seminar und von unsern Landschulen", „Gespräch zwischen einem Landprediger und seinem Knechte, über die Anbauung der unfruchtbaren Berge durch die Nessel", „Selbstgespräch einer guten Hausmutter, am Abende eines jeden durchlebten Tages von ihr zu halten" oder „Nachricht von Errichtung einer Schullehrerbibliothek auf dem Lande" Weiter finden sich auch politische Abhandlungen unter Titeln wie „Ueber das Recht der Menschheit, als den Grund der Französischen Constitution", „Unerschütterliche Vaterlandsliebe und Unterthanentreue" oder „Gedanken eines braven Holsteiners auf die Hinrichtung Ludwig des löten, den 21sten Januar 1793". Mergentheimer Intelligenzblatt mit vermischten ökonomischen Nachrichten. [Hg.: Christian Ernst Griebel; Red.: Johann Peter Hofmann]. Mergentheim: Christian Ernst Griebel [ab 1805: Josef Stahel; ab 1806: Johann Georg Thomm] 1791 (23.01.) - 20. Jh. Es handelt sich um ein Intelligenzblatt der gemeinnützig-ökonomischen Aufklärung, das neben Anzeigen und obrigkeitlichen Verordnungen besonders Aufsätze enthält, „die die Wirthschaft und das häusliche Leben der Menschen, besonders der guten Landleute, zum Gegenstande haben". Zur Rubrik „Vermischte ökonomische Nachrichten" heißt es: „Ich erinnere eins für allemal, daß diese kleinen Bemühungen allein biedern Leuten aus den untern Ständen gewidmet sind. Ihnen ein Vergnügen zu machen, oder gar eine Materie zum fernem Nachdenken an die Hand zu geben, ist meine innigste Herzensfreude." Gleich im ersten Stück findet sich eine medizinische Anleitung, sich vor Erfrierungen zu bewahren, die ganz im Ton vieler volksaufklärerischer Schriften abgefaßt ist: „Hüpfet lieber in die Höhe, tanzet und springet. Gewiß ist es allzeit, daß die Winterskälte nicht so viel Schaden thun kann, wenn sie mit einer Leibesübung verbunden ist. [...] Wenn ihr erstarrte oder erfrorne Menschen im Felde oder auf den Straßen findet: ach! - so solltet ihr sie nicht liegen lassen, wie der Priester und Levit im Evangelio jenen Unglücklichen liegen ließen, der unter die Hände der Mörder gefallen, und so sehr mishandelt war. Befolget unsers Heilands heilige liebvolle Lehre; zeiget doch, daß ihr das Herz eines erbarmungsvollen Samariters im Busen traget; seyd Menschenfreunde, und leget den erfromen Bruder auf euer Roß". Ab 1806 beginnt das Blatt mit politischer Berichterstattung. Churfürstlich gnädigst privilegirtes oberpfälzisch-statistisches Wochenblat. Hg. von Bernhard Joseph Schleis von Löwenfeld [ab 1800: Max Joseph Schleis von Löwenfeld]. [Bandtitel: Oberpfälzisches statistisches Wochenblat; Stücktitel ab 1800: Churfürstlich gnädigst privile-

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girtes oberpfälzisches Regierungs- und Intelligenzblatt; Bandtitel ab 1800: Ober-pfälzisches Wochenblat], Sulzbach [ab 1800, Nro.5: Amberg]: Seidel 1794-1803 [Forts.: Regierungsblat für die churpfalzbairische Provinz der obern Pfalz. Amberg 1804ff.]. Nach Hellmut Haffner: Das „Oberpfalzische Wochenblatt" und die Presseanfange der mittleren Oberpfalz (Amberg und Sulzbach) bis zum Beginn der Tageszeitung. Sulzbach-Rosenberg (Selbstverlag, masch.) 1968, verdankt sich die Gründung des Blattes den populärmedizinischen Bemühungen seines Herausgebers. So stehen in der programmatischen Einleitung in Nro. 1 des Jg. 1794 die Bemühungen im Vordergrund, „alles was die Gesundheit eines Staatsbürgers verletzen, Volkskrankheiten und Viehseuchen erwecken kann, [...] durch die vernünftigsten und erprobtesten Vorschläge aus dem Wege zu räumen" (zit. nach Haffner, S. 84). Sein Hauptziel, so der Herausgeber, sei es, „andern zu nützen"; er sei hinreichend belohnt, wenn er sehe, daß die „Anpflanzung der Obstbäume mit neuem Eifer an mehrern Orten betrieben wird, und daß gute Menschen ihre Liebe gegen leidende Mitmenschen so thätig bewiesen haben" (zit. nach Abbildung von Jg. 1794, Nro.l bei Haffner). Neben den erwähnten Beiträgen zur medizinischen Aufklärung finden sich in dem Blatt die intelligenzblattüblichen Nachrichten und Anzeigen, Beiträge zur Heimatgeschichte sowie zur Land- und Hauswirtschaft, belehrende Erzählungen fur das „liebe Landvolk", Warnungen an die bäuerliche Bevölkerung vor Aufruhr und Aufrufe zur Treue gegen den Landesherrn oder belehrende Gespräche zwischen Bauern und Schulmeister. Wernigerödisches Intel[l]igenz-Blatt zum Besten und im Verlage des Arbeitshauses. [Hg./Red.: Johann Lorenz Benzler]. Wernigerode: Arbeitshaus [Druck: M. Struck] 1797 (03.01.) - 1808 (18.04.) [Forts. u.d.T.: Wernigerödisches gemeinnütziges Wochenblatt. Wernigerode 1808ff.]. Es handelt sich um ein gemeinnützig-aufklärerisches, auch für einfache Leser bestimmtes Intelligenzblatt, das sein Erscheinen am 3. Januar 1797 mit 271 Subskribenten begann. Im ersten Stück bittet Benzler diejenigen seiner Mitbürger, die besser als er von den Zuständen, Bedürfnissen, Unvollkommenheiten und Mängeln des Vaterlandes besonders in Hinsicht auf Industrie und des Nahrungsstandes sowie von jeder Art von physischem, häuslichem und bürgerlichem Wohl unterrichtet seien, ihn zu unterstützen. Ausdrücklich ausgeschlossen aus dem Kanon des Intelligenzblattes waren politische und theologische Themen. Der Schwerpunkt des Blattes liegt neben Anzeigen bei Themen der gemeinnützigökonomischen Aufklärung, bei gemeinnützigen Aktivitäten und Institutionen sowie bei lebenspraktischen Ratschlägen und Informationen aller Art. Durch königlichen Spezialbefehl vom 28.2.1798 wurde das Blatt verboten, da es ohne Erlaubnis der königlichen Behörden erschienen war, doch erschien das Blatt auf Veranlassung des zuständigen Grafen gleichwohl weiter. Vgl. Gerhard Bürger: Das Wernigeröder Intelligenzblatt 1797-1922. In: Schriften des Wernigeröder Geschichtsvereins. Heft 4. 1922. Wochenblatt der kgl. preuß. Hauptstadt Wunsiedel. [Hg.: Christian Ernst Wendt; Red. bis 1800: Johann Russ]. Wunsiedel: Franz Florentin und Kasimir Karl Heinrich Müller 17991810. Es handelt sich um ein Intelligenzblatt, in dem sich zahlreiche Abhandlungen zum Volksaberglauben von Johann Christoph Brandenburg finden. Wesentliches Ziel des Blattes ist die Belehrung der Stadt- und Landbewohner. Vgl. dazu Susanne Unglaub: Aufklärung und Aberglaube im Sechsämterland zu Ende des 18. Jahrhunderts. Johann Christoph Brandenburgs Wochenblattbeiträge 1787/1802. In: (Jahrbuch für Volkskunde. NF 13), Würzburg, Innsbruck, Fribourg 1990. S. 123-149. Reichsstadt Rotweilisches Wochenblatt. [1806: Wochenblatt, der Kurfürstlich Wirtembergischen Landvogtey Stadt Rotweil. - Ab 1832 u.d.T.: Gemeinnüziger Anzeiger. (Hg. 1836: E.B. Englerth).] Rottweil: Verlegt von der Schulbuchhandlung Herder [1836: E.B. Englerth] 1799 bis mind. 1836. Es handelt sich um ein Intelligenzblatt mit redaktionellem Teil, in dem die Themen der gemeinnützig-ökonomischen Aufklärung besonders berücksichtigt und gemeinnützige Aktivitäten, Einrichtungen und Gesellschaften vorgestellt werden. Daneben zahlreiche Ökonomische Ratschläge und Anleitungen sowie Beiträge zur Bekämpfung des

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Aberglaubens, die zum Teil aus volksaufklärerischen Schriften gezogen sind. Bis 1808 finden sich auch politische Nachrichten. Freyberger gemeinnützige Nachrichten für das Chursächsische Erzgebirge. [Bandtitel mit dem Zusatz: zum Besten des Nahrungsstandes, Bergbaues und der vaterländischen Geschichte.] [Hg.: Johann Christoph Friedrich; später gemeinsam mit Friedrich Konstantin Gerlach]. Freiberg: „im Verlage der Gerlachischen Buchdruckerey, und in Commission der Crazischen Buchhandlung" 1800-1848 [Vorgängerzeitschrift u.d.T.: Erzgebirgische Blätter. Schneeberg 1793ff.]. Es handelt sich um eine intelligenzblattähnliche gemeinnützig-aufklärerische Zeitschrift, deren Gegenstand „unser Erzgebirge in aller Betrachtung" ist, „die politische [Berichterstattung] ausgenommen, welche für die Zeitung bleibt; zu dem Ende sind sie bestimmt für alle und jede Gegenstände, Bekanntmachungen, Anfragen und Antworten, welche entweder einzelne Personen oder ganze Gemeinden und Städte unsers Erzgebirges betreffen". (Programm vor dem 1. St.) Die Zeitschrift will nach eigenem Bekenntnis für das Erzgebirge das sein, was Beckers „Reichsanzeiger" für Deutschland darstellt. Neben verschiedensten öffentlichen Bekanntmachungen und Anzeigen enthält sie so u.a. „Oeffentliche und Privatanstalten zur Verbesserung in der Polizey, Armenanstalten", „Medicinische Polizey, Warnungen für Quacksalbern, unreifem Obste und schädlichen Eßwaaren", „Allerley interessante Vorfälle bey dem Bergbau sowohl in Freyberg als in andern Bergämtern; wie auch im Handel und Gewerbe und gemeinen Leben", „Neue Erfindungen und Verbesserungen", „Physikalische, geographische, ökonomische, historischstatistische und moralische Nachrichten von jedem großen und kleinen Orte in unserm Erzgebirge", „Naturbegebenheiten und Witterungsbeobachtungen", „Allerley Aufsätze und Bemerkungen über die Vorfälle des gemeinen Lebens", „Anzeige von milden Stiftungen, Legaten und Stipendien" sowie „Beyspiele zur Ermunterung zur Tugend und zur Warnung für Laster, Aberglauben und Thorheit". Neben zahlreichen land- und hauswirtschaftlichen Ratschlägen und Informationen finden sich Moralische Erzählungen, Exempelerzählungen, belehrende Dialoge, Berichte über landwirtschaftliche Versuche und Erfindungen, Beiträge gegen Aberglauben und bei der Bevölkerung zu findende Denkweisen, Beschreibungen gemeinnütziger Einrichtungen und Taten, Lebensbeschreibungen sowie eine intensive und interessante Lokalberichterstattung zu den unterschiedlichsten Vorfallen und Angelegenheiten Das Blatt ist auch dadurch interessant, daß es zahlreiche Beiträge zum bergmännischen Leben, Bergmannslieder und -Sprichwörter, zum Denken und Verhalten der Bergleute enthält. Dillenburgische Intelligenz-Nachrichten. [Hg. u. Red. August Friedemann Rühle]. Dillenburg: August Friedemann Rühle [Druck: Herborn: Brückner; ab 1802 Christian Krieger; zwischenzeitlich Druck bei Krieger in Marburg] April 1773 bis Ende 1809. Es handelt sich um ein Intelligenzblatt, das neben landesherrlichen Verordnungen und Regierungsverfugungen in fünfzig Rubriken verschiedenste Nachrichten und Anzeigen enthält. Daneben hat das Blatt den Charakter der zahlreichen Intelligenzblätter der gemeinnützig-ökonomischen Aufklärung. Es finden sich zahlreiche unterrichtend-belehrende Beiträge zur Land- und Hauswirtschaft, zur Gesundheitsvorsorge für Mensch und Vieh, zur Geschichte, insbesondere zur Lokalgeschichte, Naturkunde, Sittenlehre, zum Bergbau sowie zahlreiche Beiträge moralisierenden Inhalts unter der Rubrik „Vermischte Gedanken und Lehren". Einzelne Beiträge verkleiden die zu vermittelnden Inhalte auch in erzählerischer und unterhaltender Form. Schon 1773 wird im Blatt der Wunsch wiedergegeben, „unter dem Nützlichen bisweilen etwas mehr Vergnügendes anzutreffen". Zu den programmatischen Aufgaben des Blattes gehört die Volksaufklärung. Nach der Einverleibung des Landes in das von Napoleon gegründete Großherzogtum Berg wurden politische Nachrichten aufgenommen, die schon nach der Französischen Revolution von zahlreichen Lesern gefordert worden sein sollen. Mehrfach versuchte der Herausgeber dazu die Erlaubnis zu erhalten, da er darin zugleich das beste Mittel sah, die Verbreitung des Blattes zu fordern, doch wurde trotz der Einsicht der Ämter, politische Nachrichten seien die zweckmäßigste Maßregel, auch den Bauer als Leser zu gewinnen, die Ge-

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Ein Wochenblat ist in jeder Stadt ein sehr nützliches Institut. Durch dasselbe läßt sich zur rechten Zeit dem Publikum manches gute Wort sagen, was nicht gesagt würde, wenn es an der Gelegenheit fehlte, es zur öffentlichen Kunde zu bringen. Ueberdem macht es uns auch auf eine wohlfeile und geschwinde Art mit Intelligenznachrichten bekant, die bald für diesen bald für jenen großes Interesse haben. [...] Seiner Bestimmung nach, ist [es] ein Blatt für Jedermann, und so soll es nuzzen auf eine dreyfache Weise: Es muß Unterhaltungen, Belehrungen und Intelligenznachrichten enthalten,125 Auch in größeren Städten wie Lemgo,126 Hannover,127 Osnabrück, Mannheim, München, Memmingen, Magdeburg, Hamburg und Altona,128 Dresden,129

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nehmigung nicht erteilt. Interessant sind die Versuche, das Blatt bei den ländlichen Gemeinden als Lektüre durchzusetzen. Zunächst sollte auf sie kein Zwang zur Abnahme des Blattes ausgeübt werden, es gab dann große Schwierigkeiten, die Gemeinden zum Abonnement zu bewegen. Ein Amtmann berichtet: „Bei dem Bauersmann, der die sonst nüzzliche und nötige herrschaftliche Verordnungen zu wissen nicht verlanget, damit er sich desto besser mit der Unwissenheit, wie er jederzeit zu thun pfleget, entschuldigen könne, der sich gegen alle GeldAusgaben, und wenn sie auch noch so gering sind, streubet: ist mit Vorstellen und Zureden in Sachen, welche Geld kosten, nicht das mindeste auszurichten." Einige Gemeinden setzten nach mehrfachen Ermahnungen 1783 dem Bezugszwang handgreiflichen Widerstand entgegen. Der Konflikt dauert fort, 1786 antworten die Bauern bei Eintreibung der Abonnementsgebühren mit einer Eingabe: „Bey Huldigung unsers theuresten Landes Vatter wurde es uns deutlich versprochen bey denen alten Rechten und Herkommen so wie dieselbe von unsere Eltern und Grosseltem ererbet, zu verbleiben ... Dahingegen die Intelligenz-Nachrichten uns eine Neuerung ist, die wir vor Geld erkaufen müssen und uns ein ewiges Recht daraus erwächst." (Vgl. G. Zedier: Die Intelligenzblätter der Nassauischen Fürstentümer. In: Annalen des Vereins für Nassauische Altertumskunde und Geschichtsforschung. Bd. 29 (1897/98), S. 93-114, hier S. 97, 100). Das Intelligenzblatt mußte in den Gemeinden regelmäßig vom Schulmeister vorgelesen und erläutert werden. Eingestellt wird das Blatt, nachdem die Regierung sich entschließt, ein eigenes Amtsblatt, die „Verhandlungen der Präfectur des SiegDepartments", zu gründen. Diese erschienen von 1810 an wöchentlich bei Krieger in Herborn. Wöchentliche Ost-Friesische Anzeigen und Nachrichten von allerhand zum gemeinen Besten überhaupt, auch zur Beförderung Handels und Wandels dienenden Sachen. Aurich ab 1747. Vgl. zu diesem preußischen Intelligenzblatt Bernhard Müllmann: Die Anfänge des ostfriesischen Zeitungswesens bis zum Beginn der hannoverschen Regierung (1815) unter besonderer Berücksichtigung des Intelligenzblattes. Diss, masch., Münster 1939. Flensburgisches Wocheblatt. St. vom 27.07.1799. [1]. Vgl. Friedrich Huneke: Die „Lippischen Intelligenzblätter" (Anm. 15). Hannoversche Anzeigen von allerhand Sachen deren Bekanntmachung dem gemeinen Wesen nöthig und nützlich. [Beilagen unter wechselnden Titeln. Hannoversche gelehrte Anzeigen. Hannover; Nützliche Sammlung. Hannover; Hannoversche Beyträge zum Nutzen und Vergnügen. Hannover; Hannoversches Magazin. Hannover; Neues Hannoversches Magazin. Hannover.] [Hg.: Al.Ch. von Wüllen]. Hannover: Heinrich Ernst Christoph Schlüter [ab 1788 Georg Christoph Schlüter; ab 1824 Georg Christoph Schlüters Witwe und Sohn] 1750-1859. Das Intelligenzblatt ist vor allem durch seine gelehrten Beilagen bedeutend, die bis zum Jahrhundertende mit wechselnden Titeln erscheinen. Im Laufe der Jahre entwickeln sich diese Beilagen zu einer der bedeutendsten Zeitschriften der gemeinnützig-ökonomischen Aufklärung, in der intensiv auch Probleme der Volksaufklärung diskutiert werden. Alle vier Jahre wechseln die Beilagen ihren Namen, bis sie 1763 den Titel „Hannoversches Magazin" erhal-

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Mainz, Wittenberg, Nürnberg, Mülhausen, Dortmund, Eßlingen,134 Görlitz,135 Koblenz,136 Bonn,137 Elberfeld138 oder Ulm139 erschienen Anzeigenblätter mit

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ten, unter dem sie vor allem bekannt geworden sind und bis 1790 erschienen. In der Vorrede zum 1. Band heißt es, auf den regelmäßigen Namenswechsel könne nun verzichtet werden, da sich das Lesen der Beilagen inzwischen eingebürgert habe und es mögliche neue Abonnenten nicht mehr abschrecke, daß schon zahlreiche Bände erschienen seien. Vgl. Heinrich Beyer: „Es wird hiermit bekanntgemacht...". Eine Studie zum hannoverschen Anzeigenwesen von 1750 - 1850. In: Hannoversche Geschichtsblätter. N.F.. Bd. 16. Hannover 1962; sowie Franz Rullmann: Die Hannoverschen Anzeigen 1750 bis 1859. Ein Beitrag zur Kultur- und Wirtschaftsgeschichte Niedersachsens und zur Geschichte der Intelligenz-Blätter allgemein. Oldenburg 1936 (Wirtschaftswissenschaftliche Gesellschaft zum Studium Niedersachsens e.V., Reihe Α der Veröffentlichungen: Beiträge, Heft 33). Siehe dazu Holger Böning (Hg.) (Anm. 18) Bd. 1-2. Dort sind alle Intelligenzblätter, die in Hamburg und Altona erschienen und von denen mehrere einer gemeinnützig-ökonomischen und volksaufklärerischen Programmatik verpflichtet sind, detailliert beschrieben. Vgl. Hermann Müller: Zur älteren Geschichte des Kgl. Sächs. priv. Adreß-Comptoirs und des Dresdner Anzeigers. In: Dresdner Geschichtsblätter. Bd. 7. Jge. 26-29 (1917-1920). S. 43-45 sowie Herbert Zeißig: Eine deutsche Zeitung. Zweihundert Jahre Dresdner Anzeiger. Eine zeitungs- Und kulturgeschichtliche Festschrift. [Dresden] 1930. Stadt Mainzisches Intelligenzblatt, mit provisorischer Genehmhaltung der fränkischen Nation. Titel ab 7. November 1792: Mainzer Intelligenzblatt, mit provisorischer Genehmhaltung der fränkischen Nation. 3. November 1792 - 20. Juli 1793 Mainz 1792-1793 [Vorher u.d.T.: Mainzer Intelligenzblatt, Mainz 1774ff. - Forts. u.d.T.: Mainzisches Intelligenzblatt. Mainz 1793ff.]. Das zweimal wöchentlich erscheinende Intelligenzblatt ist während der Zeit der Mainzer Republik dadurch interessant, daß es besonders zur Ansprache und Aufklärung der ländlichen Bevölkerung genutzt wird und sich in ihm die Formen der traditionellen volksaufklärerischen Literatur mit der politischen Volksaufklärung verbunden finden. Dies geschieht besonders durch erbaulich-belehrende Abhandlungen und in der Rubrik „Sittenverbesserung", die sich auch schon vor der Republik im Mainzer Intelligenzblatt gefunden hatte. Jede der kurmainzischen Gemeinden war zum Abonnement des Blattes verpflichtet. Der Verkündiger, oder Wochenschrift zur Belehrung, Unterhaltung und Bekanntmachung für alle Stände. [Titel später laut Kirchner: Der Verkünder, oder Zeitschrift für die Fortschritte und neuesten Beobachtungen, Entdeckungen und Erfindungen in den Künsten und Wissenschaften. Mit einem Intelligenzblatte für Gegenstände der Litteratur, Justiz, Polizey und Gewerbe.] [Hg.: Johann Michael Leuchs], Nürnberg: Expedition des Verkündigers 1797-1812 [Seit 1808 wahrscheinlich zusammengelegt mit: Allgemeiner Cameral-, Oekonomie-, Forstund Technologie-Correspondent (Hg.: J.P. Hartl). Erlangen]. Mülhauser Bericht-Blatt. Mülhausen [Mulhouse / Elsaß]: (Buchdruckerei Wilhelm) 1798 (07.04.) - 1799 (17.04.). Es handelt sich um ein wöchentlich erscheinendes Intelligenzblatt, in dem sich neben den üblichen Anzeigen auch kleine belehrende Erzählungen(einige auch über mehrere Stücke) und Dialoge, Beiträge zur politischen Volksaufklärung, Berichte zur Bevölkerungsstatistik, Staatsschulden, Schulwesen; Marktpreise, Ermahnungen zum richtigen Verhalten bei Gewittern, Lieder, Anekdoten, ökonomische Ratschläge oder Aufsätze zur Propagierung von Blitzableitern finden. Nach dem 52. Stück stellt der Herausgeber sein Blatt wegen des Mangels an Anzeigen ein; angekündigt wird ein monatlich oder unregelmäßig erscheinender „Anschlagzedul". Westfälischer Anzeiger. [Bandtitel: Der Westfälische Anzeiger, oder Vaterländisches Archiv zur möglichstschnellen Verbreitung alles Wissenswürdigen und Nützlichen für Menschenwohl, häusliche und bürgerliche Glückseligkeit in politischer und moralischer Hinsicht. Spätestens ab 1803 u.d.T.: Der Westfälische Anzeiger, oder Vaterländisches Archiv zur Beförderung und Verbreitung des Guten und Nützlichen. - 1810: Westfälisches Archiv. - Ab

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1817: Rheinisch-westfälischer Anzeiger. - Ab 1822: Der Sprecher oder Rheinischwestfälischer Anzeiger.] [Hg.: Arnold Mallinckrodt; 1810: Friedrich Theodor Schmölder; ab 1817 von Heinrich Schulz]. Dortmund: Mallinckrodt [ab 1815: Dorsten: Schüerholz u.a.; ab 1826: Hamm: Schulz] 1798 (29.06.) - mind. 1863 [29.6.1798 Probestück, 1. St. vom 1.7.1798], Es handelt sich um ein wichtiges Intelligenzblatt nach dem Vorbild des Reichsanzeigers, das den „Gemeingeist in Westfalen" wecken, aufklären und belehren will. „Der mit Recht so sehr geschätzte Reichsanzeiger", so heißt es in der Ankündigung, „kann fur einzelne Provinzen und Gegenden nicht alle Bedürfnisse befriedigen, welche man daselbst fühlet. Schon seit langer Zeit dachte ich daher auf ein Blatt, welches insbesondere unserem Westfalen gewidmet wäre, und nebst einer gedrängten Uebersicht der wichtigern politischen Gegenstände den Zweck des Reichsanzeigers und der so achtungswerthen deutschen Nationalzeitung verbände." Neben politischen Nachrichten und den intelligenzblattüblichen Anzeigen erscheinen „Nachrichten von und für Westfalen, in Beziehung auf allgemeinere und locale Moralität" sowie Beiträge über „Erziehung, Vorurtheile, nützliche Volksbücher, Gesundheitskunde, Oeconomie, Handlung und Fabriken, nützliche Erfindungen, nützliche Anstalten, Vaterlandsliebe, geographische uns statistische Veränderungen Westfalens, Justizpflege, Polizey, Camerale." Zahlreiche Beiträge sind mit volksaufklärerischer Absicht unmittelbar für einfache Leser bestimmt. Detailliert werden das gemeinnützig-aufklärerische Engagement in Westphalen verfolgt, Reformen propagiert und „nützliche Anstalten" bekannt gemacht. Durch die Empfehlung von „Volksbüchern" und die Diskussion ihrer Tauglichkeit für Westphalen ist das Blatt eine wichtige Quelle für die regionale Geschichte der Volksaufklärung, das über einen ungewöhnlich langen Zeitraum erschien und bereits 1803 als „westfälisches Nationalblatt" bezeichnet wird. Wichtig ist das Blatt schließlich auch für das Fortwirken der Aufklärung während des 19. Jahrhundert. Interessant zur Zensurpolitik gegenüber dem Blatt ist ein Schreiben des Innenministers Nesselrode an den Präfekten des Rheindepartements Romberg vom 29.3.1811: „Da der westfälische Anzeiger eigentlich keine politische Zeitung, sondern nur eine belehrende Volksschrift sein soll, so mögen auch keine Artikel über Politik, oder welche damit in Berührung stehen, aufgenommen und eben so wenig in anderen Artikeln Grundsätze aufgestellt oder Gesinnungen ausgedrückt werden, welche den Verhältnissen im Großherzogtum nicht angemessen oder gar denselben entgegen sind [...] und also dazu beitragen könnte, die Anhänglichkeit der hiesigen Untertanen an ihre Landesherrschaft zu vermindern." (nach Kurt Koszyk: Aktenstücke zum „Westfälischen Anzeiger". In: Dortmunder Beiträge zur Zeitungsforschung. Bd. 1. Dortmund 1958. S. 163-169). Vgl. auch: Werner Bratvogel: Das Anzeigenwesen in Westfalen im 18. Jahrhundert. Halle/Westf. 1933 (Diss. Leipzig 1933). 134

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Schwäbisches Correspondenzblatt für Gemein- und PrivatWohl. Eine Wochenschrift. [Hrsg.: Johann Jacob Keller]. Eßlingen 1799-1802. Gemeinnützig-aufklärerisches Intelligenzblatt, das offenbar auch für einfache Leser bestimmt und mit der Volksaufklärung zusammenhängende Themen behandelt. Zum Inhalt im einzelnen heißt es in einer Anzeige in: ALZ, Nr. 193, 12.7.1799: „1) es enthält allerlei Nachrichten, Anzeigen, Vorschläge, Wünsche, Bitten, Anfragen, Antworten und Notizen unter den Rubriken: Religions- und Kirchenwesen, Schulund Erziehungs-Wesen, VolksBildung, Justiz- und PolizeiWesen, RettungsAnstalten, UnglüksFälle, Gesundheitspflege, ArmenVersorgung, Kunst- und Handwerksfach, Manufakturund FabrikWesen, Oekonomie, neue Erfindungen". Außerdem hat das Blatt einen Anhang mit Intelligenznachrichten. Zum Zweck der Schrift heißt es in der Anzeige: „Es bringt also dies Blatt lauter nüzliche Kenntnisse in Umlauf, es vervielfältigt die Berührungspunkte einzelner Glieder der Staatsgesellschaft, beschleunigt den Gang des Commerzes, und wird großentheils vom Publikum selbst verfaßt". Der Anzeiger. [Bandtitel: Der Anzeiger oder Chronik lausitz'scher Angelegenheiten, im Jahr [...] nebst Aufsätzen zur Belehrung und Unterhaltung der Leser über gemeinnützige Gegenstände aller Art. - Späterer Bandtitel: Anzeiger oder allgemeines Intelligenzblatt zum Behuf

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der Justiz, der Polizey und der bürgerlichen Gewerbe in der Lausitz, wie auch zur öffentlichen Unterhaltung der Leser über gemeinnützige Gegenstände aller Art. - Titel ab 1803: Neuer Görlitzer Anzeiger; ab 1806 mit dem Zusatz: Mit Churfürstlich Sächsischem Privilegio; ab 1808: Görlitzer Anzeiger.] [Hg.: Immanuel Vertraugott Rothe; ab 1803: Traugott Ferdinand Schirach]. „Zu finden Görlitz, in der Expedition des Anzeigers und Ronneburg, in der Schumann'schen Buchhandlung" (Druck: Burghartsche Druckerei; ab 1808: Karl Gottlob Schirach) 1799 (03.01.) - 1848 [1802 kurze Erscheinungsvakanz]. Es handelt sich um ein Intelligenzblatt, in dem sich zahlreiche Berichte über gemeinnützig-aufklärerische Aktivitäten und Institutionen, ökonomische Ratschläge, Berichte über Lausitzische Angelegenheiten, Handels- und Gewerbesachen, „geistliche und medizinische Polizey", Schulnachrichten, Beiträge zur Naturkunde und zur medizinischen Aufklärung, veterinärmedizinische Ratschläge und Informationen, zur Land- und Hauswirtschaft, „Justiz- und Polizeysachen", obrigkeitliche Verordnungen, Todesfalle, Geburten etc. finden. Als Arzt war der Herausgeber besonders bei der medizinischen Volksaufklärung engagiert, trat für Verbesserungen des Hebammenwesens ein und propagierte die Kuhpockenimpfung. Regelmäßig berichtete er über Unglücksfalle und gab Ratschläge zur Vermeidung und zur Behandlung von Verunglückten. Das Ziel des Herausgebers war es, sein Blatt „zum Sprachwerkzeug für Jeden" zu machen. 1807 finden sich einige wenige Kriegsnachrichten; 1813 bringt das Blatt auch politische Nachrichten. Vgl. Erich Kittelmann: Geschichte der Görlitzer Zeitschriften und Zeitungen bis 1875. Friedland 1931. S. 53ff. 136

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Wöchentliche Coblentzer Frag- und Anzeigungs-Nachrichten mit Seiner Churfürstlichen Gnaden zu Trier, Unseres Gnädigsten Herrn, höchster Erlaubnuß und Genehmhaltung, [ab 1777: Gnädigst privilegirtes Koblenzer Intelligenzblatt.] [Red. bis 1776: Oster, ab 1777: Johann Claudius v. Lassaulx unter Mitarbeit von Oster und Höhner, später Westerholt und Beck]. Koblenz: Hofgerichtsschöffe Oster [Druck: Hofbuchdruckerei Krabben] 1760-1785. Zu einem interessanten Intelligenzblatt entwickelte sich das Blatt mit der Übernahme der Herausgebertätigkeit durch den Kommissar des städtischen Armen- und Arbeitshauses, Johann Claudius von Lassaulx, der seit 1776 plante, das Blatt zum Nutzen seiner Anstalt zu übernehmen. Er versuchte die Attraktivität des Intelligenzblattes durch die regelmäßige „Einrückung der merkwürdigen Staatsbegebenheiten" nach Art der politischen Zeitungen sowie durch „Artikel von Moral, Polizei, Erziehung und Oekonomie" zu erhöhen. Bis zur französischen Zeit entwickelt sich das Blatt nun zur Zeitung und Intelligenzblatt in einem; ab 1777 erscheinen regelmäßig politische Nachrichten und politische Hintergrundartikel. Auch die gemeinnützig-ökonomischen Beiträge nehmen jetzt einen großen Raum ein. So zu Fragen der öffentlichen Sicherheit, zum Gesundheits- und Schulwesen, zur Landwirtschaft sowie zur Gründung und Beförderung von „Manufacturen und Fabriquen". Erkennbar ist eine volksaufklärerische Programmatik und das Bemühen, die ländlichen Einwohner anzusprechen. Mehrfach beklagt Lassaulx die Untätigkeit der ländlichen Bildungsschicht - Pächter, Pfarrer, Verwalter, Landadelige -, von denen er gar zu selten Beiträge zu durchgeführten Experimenten oder praktischen Erfahrungen erhalte. Gnädigst privilegirtes Bönnisches Intelligenzblatt. [Hg. u. Red. Stephan Brand; ab 1774 Ferdinand Rommerskirchen; ab 1777 Johann Friedrich Abshoven.]. Bonn: Intelligenz-Comptoir [(Geschäftsführer Stephan Brand?); ab Aug. 1774: Hofbuchdruckerei und IntelligenzComptoir Ferdinand Rommmerskirchen; ab 1777 Johann Friedrich Abshoven] 4. Juli 17721784. Es handelt sich um ein Intelligenzblatt der gemeinnützig-ökonomischen Aufklärung, dessen Herausgeber Brand auch volksaufklärerische Ambitionen äußert, wenn er schreibt, er wolle „unserere Blätter auch dem gemeinen Bürger und Landmann" wichtig machen. Daneben verspricht er ökonomische Artikel, auch aus anderen Blättern abgedruckt, „welche sowohl dem Gelehrten angenehm, als dem Handelsmann, Fabrikanten, Künstler und anderen Kaufmannschaft treibenden Personen nützlich seyn". Mehrfach werden im Blatt die Konflikte thematisiert, die sich aus der Ansprache so unterschiedlicher Lesergruppen ergaben. Re-

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N ä h e zur gemeinnützig-ökonomischen und volksaufklärerischen Programmatik. Sie alle bildeten das lokale Fundament, auf dem dann Intelligenzblätter erscheinen konnten, die Leser im gesamten deutschen Sprachraum ansprachen. Ein Beispiel für ein solches, die g a n z e Nation ansprechendes Blatt, das hier abschließend angeführt werden soll, ist der ,Reichsanzeiger'. Sein Herausgeber war der Autor des ,Noth- und Hülfsbüchleins für Bauersleute', dem mit einer A u f l a g e v o n einer halben Million Exemplaren verbreitetsten weltlichen B u c h im 18. Jahrhundert, zugleich die wichtigste Schrift der literarischen Volksaufklärung. D e r ,Reichsanzeiger' begann sein Erscheinen 1793 und nannte sich , A l l g e m e i n e s Intelligenz-Blatt z u m B e h u f der Justiz, der Polizey und der bürgerlichen G e w e r b e

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gelmäßig finden sich Nachrichten über die Tätigkeit gemeinnützig-ökonomischer Gesellschaften. Auch sandten die Kurbayerische Gesellschaft der sittlichen und landwirtschaftlichen Wissenschaften und die Leipziger ökonomische Gesellschaft ihre Halbjahresberichte und ihre Veröffentlichungen ein, die beifällig bekannt gemacht wurden. Abgedruckt wurde beispielsweise auch die Schrift des Grafen Spreti „Erste Gründe, welche bey dem Ackerbaue zu beobachten sind", von denen der Intelligenzblattherausgeber wünscht, die Schrift möchte zum Lehrbuch für „unsere Landwirthe" werden. Sollten diese die Schrift nicht annehmen, dann solle dies wenigstens durch diejenigen geschehen, „welche für den gemeinen Mann studieren müßen, wir meynen, von denen Herren Pfarrern und Beamten des Landes: daß diese, denen die Seelen- und Leibswohlfahrt der ungelehrten Landleute vom Fürsten anvertrauet worden, sich diese kostbaren Lehren sorgfältig sammeln, und mit dem daraus gefolgten Nutzen dem Unterthanen an die Hand gehen". (St. 18, v. 31. Okt. 1772) Daneben hatte das Blatt auch Verbindungen zu den „benachbarten gelehrten Gesellschaften", womit ausdrücklich das Fehlen einer Patriotisch-ökonomischen Gesellschaft im eigenen Land kompensiert werden sollte. Außerordentlich interessant und wohl fast einmalig in einem Intelligenzblatt ist die Art der politischen Berichterstattung, die anders als in den Zeitungen nicht als bloße Zusammenstellung von Nachrichten erfolgte, sondern in einer räsonnierenden und kommentieren Form als Briefe eines Landadeligen, der „die beßten Zeitungen" gelesen zu haben behauptet und seine Urteilsfähigkeit durch einen ausgedehnten Briefwechsel vor dem Leser beglaubigt. Unverkennbar ist das Bemühen, auch einfachen Lesern einen Überblick über die Weltereignisse zu geben, Ursachen für bestimmte Entwicklungen zu benennen und zu kommentieren. Nur so, heißt es, werde das Intelligenzblatt auch „vom Schulze, vom Glöckner, vom Bauer gelesen: „Sie können es unmöglich glauben, was für wenigen Eindruck die Landesgeschichte hat. Die ist zu einfach. Wie man den Türken die Hälse bricht, wie der Pohle jammert; das hört man lieber, als patriotische Predigen. Diese müßen Sie aber beyleiben nicht unterlaßen." Churfürstlich privilegirte Bergische Provinzialzeitung und Elberfelder Address-ComtoirNachrichten. [In einer Ankündigung in den „Gülich und Bergischen Wöchentlichen Nachrichten 1789, Nr. 48 vom 1. Dezember lautet der Titel des Blattes noch: Von Sr. Churflistlichen Durchlaucht gnädigst privilegirte Elberfelder Zeitungs- und Adress-ComtoirNachrichten.] [ Hg. Johann Anton Mannes.] Elberfeld: Johann Anton Mannes 1789-Januar oder Juni 1792. Das Blatt enthielt u.a. die Rubriken: „10. Nachahmungswürdige auswärtige Anstalten und Vorschläge. 11. Merkwürdige neue Erfindungen und Auszüge aus allen politischen und gelehrten Journalen. 12. Landwirthschaftsverbesserungen und ökonomische Wahrnehmungen und Rathschläge etc. 13. Gemeinnützige Nachrichten. Diese Blätter umfassen alle Gemeinwürdigkeiten, und sind deswegen für jeden Stand gleich lesbar und unterhaltend, weil es keinen für sich, sondern jeden als Theil des Ganzen, jeden Einzeln als Mitbürger intereßiert." (Ankündigung in: Gülich und BergischeWöchentliche Nachrichten 1789, Nr. 48 vom 1. Dezember). Vgl. M. Roos: Das Ulmer Intelligenzblatt (Anm. 25).

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im Teutschen Reiche'. Er sollte, wie es im Titel weiter heißt, ,auch zur öffentlichen Unterhaltung der Leser über gemeinnützige Gegenstände aller Art' dienen und wollte für die Teutsche Nation das seyn, was ein gutes Intelligenzblatt für eine einzelne Stadt oder Provinz seyn würde.140 Geradezu idealtypisch formuliert Becker das Programm einer Volksaufklärung durch Intelligenzblätter, wie sie sich in den vergangenen Jahrzehnten herausgebildet hatte.141 Nützliche Anstalten hatten im Mittelpunkt zu stehen sowie Vorschläge zur Erleichterung, Verschönerung und Verädlung des gesellschaftlichen Lebens. Moralische Gegenstände wollte Becker so behandeln, daß nur schlichter Menschenverstand dazu gehört, die Aufsätze zu verstehen. Unter der Rubrik Naturkunde wurden Neue Entdeckungen und 140

Eine Art „Reichsanzeiger" gab es auch für Österreich: Patriotisches Tageblatt. [Monatstitel: Patriotisches Tageblatt oder öffentliches Correspondenz- und Anzeige-Blatt fur sämmtliche Bewohner aller kais. kön. Erbländer über wichtige, interessirende, lehrreiche oder vergnügende Gegenstände zur Beförderung des Patriotismus.] [Hg.: Christian Carl Andre; bis 1803 in Verbindung mit Victor Heinrich Riecke], Brünn: „im Verlag des k.k. privil. Frag- und Kundschafte-Amtes" 1800-1805. Neben „Privatnachrichten", also Anzeigen, zu allen Lebensbereichen, finden sich regelmäßig Rubriken wie „Patriotische Vorschläge", „Gemeinnützige Gegenstände", „Leben und Gesundheit", „Landeskunde", „Naturkunde", „Technologie", „Moral", „Patrioten und Patriotische Handlungen", „Zu empfehlende Schriften" und „Vermischte Materien". Im Mittelpunkt stehen lebenspraktische Ratschläge und Informationen zur Land- und Hauswirtschaft sowie zur medizinischen Volksaufklärung, aufklärerischbelehrende oder moralische Erzählungen, belehrende Dialoge, gemeinnützige Preisfragen, Vorschläge aus dem Reformprogramm der gemeinnützig-ökonomischen Aufklärung sowie zur Volksaufklärung. Daneben ist das Blatt durch zahlreiche Berichte über durchgeführte Reformen und „patriotische Handlungen" wichtig. Eine Beilage erschien unter dem Titel „K.K. Patente, Gesetze und Verordnungen auf das Jahr...". Vgl. zum Intelligenzwesen in Österreich auch: Manfred Bobrowsky: Das Wiener Intelligenzwesen und die Lesegewohnheiten im 18. Jahrhundert. Diss. phil. Masch. Ms. Universität Wien 1982. Überhaupt scheint der „Reichsanzeiger" schnell Vorbildcharakter gewonnen zu haben. Vgl. beispielsweise: Königlich Dänischer privilegirter Allgemeiner Niedersächsischer und Herzogthum Schleswigscher Anzeiger. [Bandtitel: Königlich Dänischer privilegirter Allgemeiner Niedersächsischer Anzeiger. Spätestens 1818 Einzelstücke u.d.T.: Königlich Dänischer privilegirter Anzeiger.] Jg. 1 bis mindestens 19, wöchentlich viermal; Beilage: Hamburger Einfuhrlisten. Altona: Gottfried Vollmer [später.: Expedition des Anzeigers] 1800 - mind. 1818. Das Intelligenzblatt wollte nach dem Vorbild des „Reichsanzeigers" von Rudolph Zacharias Becker das für eine einzelne Provinz leisten, was jener für ganz Deutschland anstrebt. Das Blatt soll laut Ankündigung „das gemeinnützigste und wissenswürdigste über Haus- und Landwirtschaft, über Kultur und Industrie, neue Erfindungen, Fertigkeiten und Verrichtungen des gesellschaftlichen Lebens und der Gewerbe aller Art enthalten, und so in einer kurzen gedrängten Uebersicht den Kaufmann, Künstler, Handwerker und Landmann auf alles das aufmerksam machen, was zur Erleichterung seiner Geschäfte, zur Vervollkommnung seiner Gewerbe, zur Verbesserung seiner häuslichen und ökonomischen Lage, zur nähern Kenntniß der Künste, Manufakturen und Fabriken auf irgend eine Weise beitragen kann." Neben vereinzelten politischen Nachrichten finden sich in dem Blatt zahlreiche ökonomische Ratschläge und Informationen, die Mitteilung „nützlicher Erfindungen", unterschiedlichste Handels- und Wirtschaftsnachrichten, unterhaltende Beiträge, Rätsel und Rezensionen.

141

Zu Rudolph Zacharias Becker umfassend Reinhart Siegert: Aufklärung und Volkslektüre. Exemplarisch dargestellt an Rudolph Zacharias Becker und seinem "Noth- und Hülfsbüchlein. Mit einer Bibliographie zum Gesamtthema. Frankfurt am Main 1978.

Pressewesen und Aufklärung - Intelligenzblätter Beobachtungen anwenden

und Volksaufklärer

versprochen, die sich gemeinverständlich

117 vortragen

und

nützlich

lassen.142

B e c k e r verstand sein Blatt als Kommunikationsorgan aller gemeinnützigen Gesellschaften. 1 4 3 Für die praktische Aufklärung nach der Französischen Revolution gibt es kaum eine reichhaltigere Quelle. Genau wurden die Fortschritte der Volksaufklärung beobachtet, w e n n sich etwa ländliche Lesegesellschaften gründeten oder gar eine ö k o n o m i s c h e Gesellschaft entstand, deren Mitglieder ausschließlich rechtliche

Bauersleute

waren. 144 Betrübt meldete Becker, in den öster-

reichischen Landen sei es verboten worden, nach e i n e m Rezept des ,Noth- und Hülfsbüchleins' Bier z u brauen, da dadurch die Tranksteuer geschmälert werde. 145 A u c h staatstheoretische und politisch-philosophische Fragen wurden diskutiert. S o intensiv Becker mit d e m täglich erscheinenden ,Reichsanzeiger' und seiner ,Nationalzeitung der Teutschen' fur die Herstellung einer nationalen Öffentlichkeit wirkte, so sehr empfand er die territoriale Zersplitterung Deutschlands als Chance, boten die unterschiedlichen Staatsverfassungen doch die Möglichkeit, durch öffentliche Kritik und Diskussion - ausdrücklich mit dem ganzen, stetig weiter aufzuklärenden , V o l k ' - vorbildliche Einrichtungen v o n e i n e m Staat in den anderen z u übertragen und aus Fehlern hingegen z u lernen. 146 Allein,

142

143 144

145 146

so fügte der

Kaiserlich privilegirter Reichs-Anzeiger. [Bandtitel: Der Reichs-Anzeiger oder Allgemeines Intelligenz-Blatt zum Behuf der Justiz, der Polizey und der bürgerlichen Gewerbe im Teutschen Reiche, wie auch zur öffentlichen Unterhaltung der Leser über gemeinnützige Gegenstände aller Art. Mit Römisch-Kaiserl. allergnädigster Genehmigung und Freyheit.] (Hg.: Rudolph Zacharias Becker). Jg. 1793. Bd. 2[!] - Jg. 1806. Bd. 2; je Jg. Bd. 1-2, wöchentlich 6 St. o.O. (Gotha) [Becker; „Bey allen Post-Aemtern und Zeitungsexpeditionen posttäglich und in allen Buchhandlungen monatlich zu haben"] 1793 (01.07.) - 1806 (18.09.) [Vorher u.d.T.: Der Anzeiger, Gotha 1791-1793. - Forts. u.d.T.: Allgemeiner Anzeiger der Deutschen. Gotha 1807-1829 (Stücktitel ab 19. Sept. 1806 bereits „Allgemeiner Anzeiger der Deutschen"]. Reichs-Anzeiger. St. vom 27.11.1793. Nationalzeitung der Teutschen. Jg. 1796. Sp. 721f.: „Rüxleben [Anm.: ,Ein Brandenburgisches Dorf 1 Stunde von Sondershausen, der Familie von Rüxleben zugehörig']. Seit dem 1. Dec. 1793, hat sich hier eine Gesellschaft von rechtlichen Bauersleuten zu einer ökonomischen Gesellschaft verbunden [...]. Ein Mitglied der Gesellschaft^] Johann Ernst Semper, Einwohner in Rüxleben, hat in einer Schrift: ,Der Bauernfreund, enthaltend moralische ökonomische Grundsätze[,] 1796' die Einrichtung dieser Gesellschaft und die darin vorgelesenen Abhandlungen bekannt gemacht." Reichs-Anzeiger vom 12.3.1795. Sp. 569f. Mit seiner Schlußfolgerung allerdings erwies sich der Intelligenzblattherausgeber als schlechter Prophet: „Wenn daher", schrieb er 1796, „das Menschengeschlecht einmahl die Vernunftfähigkeit so weit entwickeln sollfte], das Ungeheuer des Krieges von der Erde zu verbannen [...]: so kann die teutsche Nation hoffen, daß der Engel des ewigen Friedens, der die Erde zum Paradiese machen wird, von ihr ausgehen werde." Vgl. National-Zeitung der Teutschen. (Hg .v. Rudolph Zacharias Becker, ab 1822 Friedrich Gottlieb Becker). Jg. 1796-1811, 18141829 [von 1812-1813 verboten], „Teutschland" [d.i. Gotha: Becker]: „auf den Post-Aemtern wöchentlich und in den Buchhandlungen monatlich zu haben" 1796-1829 [Vorher u.d.T.: Deutsche Zeitung fur die Jugend und ihre Freunde. Gotha 1784ff.; 1830 zusammengelegt mit:

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Holger Böning

Realist Becker an, wir wollen uns nicht mit süßen Träumen und frommen Wünschen täuschen [...]. Es liegt nur zu klar am Tage, daß wir mancher dieser wichtigen Vorzüge unsrer Reichsverfassung ganz entbehren, und andere in einem sehr geringen Grade genießen. Stete Verbesserungen und Volksaufklärung als beste Mittel, revolutionäre Wirren wie in Frankreich zu verhindern, seien in Deutschland immerhin möglich wie nirgendwo. Nur ein aufgeklärtes Volk sei geschützt vor revolutionärer Raserei. Intelligenzblätter wie volksaufklärerische Literatur verraten, welche Bedeutung die Erfahrung und der Alltag für die deutsche Aufklärung hatten. Sie zeigen bei allem Lob fur aufgeklärte Herrscher in ihrer Mehrzahl Unabhängigkeit von bloß kameralistischen Erwägungen, bewahren sich den diskursiven und argumentativen Charakter, ohne den Aufklärung keine Aufklärung ist. Sie sind Ausdruck privaten Engagements, Teil einer großen Bürgerinitiative, die auf Mitwirkung und Verantwortung in einer absolutistischen Ständegesellschaft drängte. Ein aufgeklärtes Volk und ein Zustand der Glückseligkeit, dem durch stetes Verbessern man sich anzunähern hoffte, das blieben Utopien - aber erstmals wurden hier Gedanken geäußert, die in den unteren Ständen nicht allein Arbeitstiere und Untertanen sahen, sondern Menschen mit Anspruch auf Bildung und Mündigkeit, auf Einsicht und eigenes Urteil.147 Im Idealfall ist sogar schon die Vorstellung vom Staatsbürger zu finden, der selbst in politischen und gesellschaftlichen Angelegenheiten eigenes Wollen in die öffentliche Diskussion einbringt. Das breite Engagement für Volksaufklärung ist ebenso wie die spezielle Färbung so vieler Intelligenzblätter in den deutschen Regionen ein wesentliches Spezifikum der deutschen Aufklärung, das sich insbesondere nach der Französischen Revolution aus der Einsicht speiste: Dummheit ist ein drückendes Uebel für einzelne Menschen und ganze Gesellschaften, und der Grundsatz ist äußerst schädlich und falsch: daß der gemeine Mann in seiner Dummheit gelassen werden soll. Ein dummes und rohes Volk mag einem Despoten behagen, weil es sich, wie das Vieh, Fesseln anlegen läßt: aber ein guter und menschenfreundlicher Beherrscher findet sein Volk um

147

Allgemeiner Anzeiger und fortgeführt bis 1848 u.d.T.: Allgemeiner Anzeiger und Nationalzeitung der Deutschen. Peter Albrecht schreibt zur Wirkung der Intelligenzblätter am Beispiel Braunschweig und Wolfenbüttel: „Die Wirkung dieser Blätter lag darin, daß sie [...] bei ihren Lesern langsam eine auf Veränderung abzielende Grundstimmung verbreiteten, die erforderlich war, um Maßnahmen der Verwaltung zunächst einmal zur Kenntnis zu nehmen und nicht von vornherein als Eingriff in ,alte Rechte' zu betrachten, sie als eine generell abzuwehrende Anmaßung aufzufassen." Vgl. Peter Albrecht: Förderung des Landesausbaus (Anm. 89). S. 557; vgl. auch Wolfgang Wüst: Aufklärung und Herrschaft. In: Jahresbericht 1987/88 des Heimatvereins für den Landkreis Augsburg. S. 164-191.

Pressewesen

und Aufklärung - Intelligenzblätter

und Volksaufklärer

119

so viel besser, und fühlt sich selbst um so viel glücklicher, je klüger und weiser (das heißt: je aufgeklärter) die Menschen durch ihn geworden sind.us Dabei wurde mit zunehmender Breite der Volksaufklärung, an der die Intelligenzblätter großen Anteil hatten, die Zahl derjenigen Aufklärer größer, die eine verhältnismäßige' oder ,geteilte', nach dem Stand des Adressaten begrenzte Aufklärung ablehnte. Im Jahre 1791 meinte der bedeutende Publizist Gottlob Nathanael Fischer, die Frage nach den Grenzen der Aufklärung sei von gleichem Wert wie die, wo die Welt mit Brettern zugenagelt sei. Niemandem sei es erlaubt, Grenzen der allgemeinen Aufklärung zu ziehen; es gebe lediglich natürliche Grenzen der Erkenntnis. Die Besorgnis vieler Autoren über dieses Thema, daß ja die Gränzpfähle recht gesteckt seien, teilt der Autor nicht, die beredte Aufzählung der Uebel, die die Aufklärung unter dem gemeinen Mann in der Welt schon gestiftet hat, lehnt er ab. Ein Pfarrer habe gar für das Stehlen seiner Aepfel, seitdem sich die Diebe vor den Gespenstern auf dem Kirchhof nicht mehr fürchteten ihre übergroße Aufklärung verantwortlich gemacht. Es sei Unrecht, einzelnen Ständen und Personen Grenzen der Aufklärung vorzugeben: Gott bewahre uns, daß jemals solche Grundsätze in Praxi die Oberhand gewinnen.149

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Beyträge zur Homiletik für Seelsorger, Prediger, und Katecheten. Gesammelt und herausgegeben von einigen Weltpriestern. [Hg.: Philipp Joseph Brunner]. Bdch. 1-3. Salzburg: Franz Xaver Duyle 1791; 1792; 1793. Hier Bdch. 1. S. 138. [Gottlob Nathanael] Fischer: Ueber die Grenzen der Aufklärung. In: Deutsche Monatsschrift, Berlin. Jg. 1791. Bd. 3. S. 62-74.

Pulverisierter Empirismus. Wissensdiskurse in Intelligenzblättern Thomas Kempf

Intelligenzblätter sind Medien des Wissens. Wissensdiskurse sind integrale Bestandteile von Intelligenzblättern und ohne ein Verständnis der Wissensdiskurse bleibt auch das Verständnis von Intelligenzblättern unvollständig. Unter welchen Gesichtspunkten können die Intelligenzblätter als Medien des Wissens analysiert werden? Drei Aspekte bieten sich an. Zunächst vermittelt die Lektüre der Intelligenzblätter selbst sehr schnell den Eindruck, daß dort eine große Breite an Wissen verarbeitet wird. Die inhaltliche Vielfalt der in den Intelligenzblättern veröffentlichten Aufsätze ist beachtlich. Beispielhaft läßt sich dies an dem ersten Jahrgang des Hannoverischen Magazins, der gelehrten Beilage des hannoverschen Intelligenzblattes von 1763 zeigen. Dort finden sich Beiträge zu folgenden Themen: Von der Zeit, da die Völker noch nicht die Kunst gehabt haben, Feuer anzuzünden, Gedanken über den Ursprung der Luftelectricität bey Gewittern, Eine historisch-diplomatische Muthmassung aus welchem uralten Geschlecht der bayerische Markgraf Luitpold entsprossen sey, Von den Eigenschaften des ächten Witzes, Von den Urtheilen der Menschen oder Nachricht bey Gelegenheit des Beytrages zu der Beschreibung der philippinischen Inseln. Der seit 1790 als Herausgeber tätige Kanzleisekretär Klockenbring beschreibt den Inhalt des Hannoverischen Magazins in Stück 1 vom 3. Januar 1791 so: Kleine Abhandlungen, einzelne Gedanken, Vorschläge, und Nachrichten von Erfahrungen, welche die Verbesserung des Nahrungsstandes, die Staats-, Stadt- und Landwirthschaft, die Naturlehre und Naturgeschichte, nebst den damit verbundenen mathematischen Wissenschaften, die Künste, Manufakturen und Handlung, die Geschichte, die populaire Philosophie und die schönen Wissenschaften betreffen, haben bisher den Inhalt dieser Blätter vorzüglich ausgemacht; und hierbei wird es auch um so mehr verbleiben, da jene Gegenstände die gemeinnützlichsten und angenehmsten Kenntnisse gewähren, und ihr Umfang vollkommen hinreicht, um diejenige Mannigfaltigkeit und Ab-

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Thomas Kempf

wechslung bei den Aufsätzen zu erhalten, welche bei der großen Verschiedenheit der Leser dieser Blätter, eines der ersten Erfordernisse ist.1 Zum zweiten kann man darauf hinweisen, daß sich an den Intelligenzblättern der historisch und theoretisch außerordentlich interessante Übergang von Wissen zu Wissenschaft beobachten läßt. „Im aufgeklärten Verständnis des Begriffs Wissenschaft", so Horst Möller in seiner Darstellung der ,Deutschen Aufklärung im 17. und 18. Jahrhundert'2, „blieb neben dem Bezug auf die gelehrte Forschung derjenige auf systematisch geordnetes Wissen ebenso erhalten wie das Kriterium praktischen Nutzens." In diesem Sinne zeigen die Intelligenzblätter eindeutige Merkmale einer wissenschaftlichen Zeitschrift des achtzehnten Jahrhunderts. Man findet in Ihnen preisgekrönte Akademieabhandlungen (gelehrte Forschung) ebenso wie zusammenfassende Berichte, die sich mit geordneter Aufzählung von Kenntnissen begnügen (systematisch geordnetes Wissen), und nicht zuletzt spielt die Frage der Verwendbarkeit des Wissens, vor allem in der Landwirtschaft, eine große Rolle (praktischer Nutzen). Eine fachliche Spezialisierung, auch dies ein typisches Merkmal der wissenschaftlichen Zeitschriftenlandschaft des 18. Jahrhunderts, findet nicht statt.3 Zahlreiche Beiträge etwa des Hannoverischen Magazins machen deutlich, daß die Grenzen zur wissenschaftlichen Abhandlung fließend sind. Dieser Eindruck bestätigt sich, wenn man einen Blick auf die namentlich genannten Autoren wirft, die im Hannoverischen Magazin publizieren. Es sind dies, unter anderen, der Mathematiker Kästner, die Physiker Erxleben und Lichtenberg, der Jurist Seyberth, der Historiker Gatterer oder der Philosoph Feder - um nur die Göttinger Professoren zu nennen. Schließlich sind die Intelligenzblätter in die allgemeine Wissensgeschichte des 18. Jahrhunderts eingebettet, die sich offenkundig durch eine Besonderheit auszeichnet. Demnach hat das Zeitalter der Aufklärung zwar den überlieferten Bestand des wissenschaftlichen Wissens vertieft, erweitert und vor allem popularisiert, aber selbst kein wissenschaftliches Werk hervorgebracht, das den epochemachenden Entdeckungen eines Galilei, eines Kepler oder Newton gleichkäme. Diese Besonderheit ist vielfach bestätigt und aus unterschiedlichen Perspektiven kommentiert und erläutert worden. So schreibt Rudolf Vierhaus in seiner Einleitung zu dem Sammelband ,Wissenschaften im Zeitalter der Aufklärung': „Nicht die Entstehung völlig neuer Wissenschaften charakterisiert das 18. Jahrhundert, 1

2

3

Friedrich A. Klockenbring: Ueber das Hannoverische Magazin und die Intelligenzblätter, oder Anzeigen. In: Neues Hannoverisches Magazin. Stück 1 vom 3. Januar 1791. Sp. 1-8, hier Sp. 3. Die hier vorgetragenen Überlegungen stellen eine spezifische Weiterentwicklung von Forschungsergebnissen dar, die umfassend dargestellt sind in: Thomas Kempf: Aufklärung als Disziplinierung. Studien zum Diskurs des Wissens in Intelligenzblättern und gelehrten Beilagen der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts. München 1991. Horst Möller: Vernunft und Kritik. Deutsche Aufklärung im 17. und 18. Jahrhundert. Frankfurt 1986. S. 112. Siehe hierzu Rudolf Stichweh: Zur Entstehung des modernen Systems wissenschaftlicher Disziplinen. Physik in Deutschland 1740-1890. Frankfurt 1984.

Pulverisierter

Empirismus.

Wissensdiskurse

in

Intelligenzblättern

123

sondern die Differenzierung, die Neuorganisation und der beschleunigte Themenwandel älterer Wissenschaften." 4 Wolf Lepenies hat in seinen Untersuchungen ausdrücklich das „Ende der Naturgeschichte" und den „Übergang zur Moderne" 5 ins Zentrum gestellt, den er auf den Zeitraum um 1800 datiert. Er beruft sich hierbei unter anderem auf Michel Foucault und erinnert zugleich an die bedeutende Tradition der französischen Epistemologie etwa eines Gaston Bachelard oder Georges Canguilhem. 6 In deren Arbeiten werden die Wissenschaften des 18. Jahrhunderts häufig zitiert, um „Erkenntnishindernisse" (Bachelard) auf dem Weg zur modernen Wissenschaft zu illustrieren. Paolo Rossis vor wenigen Jahren erschienene Untersuchung zur „Geburt der modernen Wissenschaft in Europa" 7 endet mit einer Darstellung der Entdeckungen Newtons. Die im Anhang des Buches enthaltene Zeittafel nennt als letztes Datum das Erscheinungsjahr von Newtons „Opticks", das Jahr 1704. Damit, so scheint es, ist die Entstehung der modernen Wissenschaft abgeschlossen. Charles van Dörens bewußt populär gehaltene und auf ein breites Publikum zielende ,Geschichte des Wissens' erwähnt im Kapitel über das 18. Jahrhundert keine einzige wissenschaftliche Entdeckung. 8 Die Randbedingungen für so etwas wie Popularisierung, Verbreitung des bekannten Wissens waren also vergleichsweise günstig. Es bestand ein breites Fundament gesicherten Wissens und es gab keine Wissensrevolutionen, die altes Wissen entwerteten. 9 Die Zahl der Autoren wuchs, das Publikum erweiterte sich erheblich. „Wissen" wurde gesellschaftlich attraktiv10 und auch das randständige, das abgelegene Wissen fand seinen Platz. Es bestanden neben den Intelligenzblättern auch andere Medien, die sich der Aufgabe der Vermehrung und Vermittlung des Wissens annahmen. Die Gesellschaft der Aufklärer war, so hat es den Anschein, dem Anspruch, aber auch der Vielzahl der Texte nach, die erste wissensbasierte Gesellschaft. Und sie besaß mit der seit 1750 entstehenden Policeywissenschaft eine eigene Reflexionstheorie einer wissensbasierten Gesellschaft. Die Intelligenzblätter, so könnte man zusammenfassend sagen, sind nicht nur Medien des Wissens, sondern auch Medien der zeitgenössischen Wissenschaftler und damit - zumindest teilweise - Medien der zeitgenössischen Wissenschaft. 4 5

6

7 8 9

10

Rudolf Vierhaus (Hg.): Wissenschaften im Zeitalter der Aufklärung. Göttingen 1985. S. 11. Wolf Lepenies: Das Ende der Naturgeschichte. Wandel kultureller Selbstverständlichkeiten in den Wissenschaften des 18. und 19. Jahrhunderts. Frankfurt 1978. S. 16. Gaston Bachelard: Die Bildung des wissenschaftlichen Geistes. Beitrag zu einer Psychoanalyse der objektiven Erkenntnis. 2. Aufl. Frankfurt 1984; Georges Canguilhem: Wissenschaftsgeschichte und Epistemologie. Gesammelte Aufsätze. Hg. von Wolf Lepenies. Frankfurt 1979. Paolo Rossi: Die Geburt der modernen Wissenschaft in Europa. München 1997. Charles van Dören: Geschichte des Wissens. München 2000. Siehe die Bemerkung von Niklas Luhmann, Wissensentwicklung erfordere, „daß nicht zu viel auf einmal in Frage steht". Niklas Luhmann: Die Wissenschaft der Gesellschaft. Frankfurt 1990. S. 151. Hierzu ausführlich G. Bachelard: Bildung (Anm. 6).

124

Thomas Kempf

Das Intelligenzblatt als Medium des Wissens rückt daher, wie gezeigt, in dreifacher Hinsicht ins Blickfeld: im Hinblick auf die zu analysierenden Inhalte, im Hinblick auf die wissenstheoretische Fragestellung nach dem Übergang von Wissen zu Wissenschaft und im Hinblick auf die allgemeine Geschichte des Wissens im 18. Jahrhundert. Läßt man sich auf die damit gegebenen Untersuchungsgebiete jedoch näher ein, ergeben sich einige offene Fragestellungen. Der Grund liegt darin, daß bei der Rede vom ,Wissen' einige unbefragte und nur selten explizierte Annahmen einfließen, und daß der Versuch, sie zu erläutern rasch zu der Einsicht fuhrt, daß so recht nicht klar ist, wovon die Rede ist, wenn von , Wissen' gesprochen wird. Nähern wir uns dem Problem zunächst von außen. Es ist häufig hilfreich, sich in einer schwierigen Situation an einer anerkannten Gesamtdarstellung zu orientieren. Diese Gesamtdarstellung kann dann in einzelnen Fragen modifiziert werden. Vielleicht wird sie am Ende sogar durch die Summe der Modifikationen ersetzt - sie dient jedoch als Anhaltspunkt und Hilfe. Die zitierten wissensgeschichtlichen Bücher von Rossi und van Dören enthalten jedoch keine ergiebigen Darstellungen zum 18. Jahrhundert. Es gibt, wie ebenfalls bereits angedeutet, lediglich Fragmente einzelner Wissenschaftsgeschichten im 18. Jahrhundert. Sieht man von Arbeiten wie Bachelards ,Die Bildung des wissenschaftlichen Geistes' oder Foucaults ,Die Ordnung der Dinge' ab, so ist die Geschichte des Wissens im 18. Jahrhundert noch zu schreiben. Es fehlt mithin ein allgemeiner Bezugspunkt, auf den einzelne Untersuchungen bezogen sein könnten. Dies wiederum mag daran liegen, daß der Begriff des Wissens selbst nicht klar ist. Es kann an dieser Stelle nicht darum gehen, eine Übersicht zu geben über die Versuche, den Begriff des Wissens zu bestimmen. Hier soll ein exemplarischer Hinweis genügen. Der englische Philosoph, Edward Craig hat in seinen Bayreuther Wittgenstein-Vorlesungen zahlreiche Versuche der analytischen Philosophie dargestellt, dem Begriff des Wissens ein solides Fundament zu geben. Craig kommt zu dem Schluß, daß diese Begriffsdefinitionen philosophisch nicht haltbar bzw. mit solch schwerwiegenden Problemen behaftet sind, daß man sich fragen muß, ob es sinnvoll ist, sich ihrer weiter zu bedienen. Craig gelangt zu der Feststellung: „Bis heute hat man sich noch nicht über eine Analyse des Wissensbegriffs geeinigt."11 Auf dem 3. Internationalen Kongreß der Gesellschaft für analytische Philosophie im Jahr 1999 kam Elke Brendel - immerhin zehn Jahre nach Craig! - ebenfalls zu dem Schluß: „Insgesamt läßt sich somit feststellen, daß es bisher keine befriedigenden Wissensdefinitionen gibt."12 Inwieweit Craigs eigener

11

12

Edward Craig: Was wir wissen können. Pragmatische Untersuchungen zum Wissensbegriff. Frankfurt 1993. S. 23. Elke Brendel: Externalistische vs. internalistische Wissensanalysen. In: Rationalität, Realismus, Revision. Vorträge des 3. internationalen Kongresses der Gesellschaft für analytische

Pulverisierter

Empirismus.

Wissensdiskurse

in

Intelligenzblättern

125

Versuch, einen pragmatischen' Wissensbegriff zu etablieren, erfolgversprechend ist, läßt Brendel ausdrücklich offen. Auch in den Workshop-Beiträgen des Deutschen Kongresses für Philosophie, der immerhin unter den Titel ,Die Zukunft des Wissens' stand, findet sich kein Ausweg aus diesem Dilemma. 13 Möglicherweise liegen die Ansatzpunkte für eine Lösung dieses Problems außerhalb der im engeren Sinne philosophischen Wissenstheorie. Die Frage lautet dann eher, etwas bescheidener, welches wissenstheoretische Konzept sich für Wissens- oder wissenschaftsgeschichtliche Untersuchungen besonders anbietet. Zwei Ansätze scheinen vielversprechend zu sein.14 Zu nennen ist zunächst die französische Epistemologie in der Nachfolge von Gaston Bachelard, insbesondere die Diskurstheorie Michel Foucaults sowie der konstruktivistische Ansatz, insbesondere die Systemtheorie Luhmans. In seinem grundlegenden, ursprünglich als Vortrag konzipierten Aufsatz ,Der Gegenstand der Wissenschaftsgeschichte' hat Georges Canguilhem die Frage gestellt: „Wovon ist die Geschichte der Wissenschaften eigentlich die Geschichte?"15 Canguilhem kommt zu der Antwort: „Der Gegenstand der Wissenschaftsgeschichte hat mit dem Gegenstand der Wissenschaft nichts gemeinsam. Der wissenschaftliche Gegenstand, der vom methodischen Diskurs konstituiert wird, ist sekundär [...] gegenüber dem natürlichen, dem anfänglichen Gegenstand, den man darum auch als Vorwand, als Prä-Text bezeichnen könnte. Die Wissenschaftsgeschichte hat es mit diesen sekundären, nicht natürlichen, kulturellen Gegenständen zu tun [...]. Der Gegenstand der Wissenschaftsgeschichte ist in der Tat die Geschichtlichkeit des wissenschaftlichen Diskurses [...]."16 Es ist offenkundig, daß Michel Foucault seine Theorie des Diskurses aus dieser Perspektive heraus entwickelt hat. „Ein Wissen", schreibt Foucault in der ,Archäologie des Wissens', „ist das, wovon man in einer diskursiven Praxis sprechen kann, die dadurch spezifiziert wird f...]."17 Bekanntlich hat Foucault den „Diskurs" in der ,Archäologie des Wissens' sehr vielfältig und nicht immer leicht verständlich beschrieben. Wichtig ist für diesen Zusammenhang, daß Foucault das Wissen vom Diskurs her beschreibt und keine Definition des Wissens vorausschickt. Dabei ist besonders bemerkenswert, daß Foucault die Endlichkeit des Diskurses und dessen, was gesagt wird und gesagt werden kann, hervorhebt. In seiner Perspektive ist das Wissen endlich, nicht weil der Mensch nur über ein begrenztes Erkenntnisvermögen

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Philosophie vom 15. bis zum 18. September in München. Hg. Von Julian Nida-Rümelin. Berlin, N e w York 2000. S. 188-195. Zitat S. 194. Jürgen Mittelstraß (Hg.): Die Zukunft des Wissens. XVIII. Deutscher Kongreß für Philosophie. Konstanz 1999. Workshop-Beiträge. Konstanz 1999. Die Formulierung ist bewußt zurückhaltend, weil zum Ausdruck gebracht werden soll, daß die im folgenden genannten Positionen bekanntlich nicht unumstritten sind. Georges Canguilhem: Der Gegenstand der Wissenschaftsgeschichte. In: G. Canguilhem: Wissenschaftsgeschichte. S. 22-37. Zitat S. 22. G. Canguilhem: Gegenstand (Anm. 15) S. 29f. Michel Foucault: Archäologie des Wissens. Frankfurt 1981. S. 259.

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verfugt, sondern weil die Diskurse das Sagbare (zwangsläufig) begrenzen und damit auch das, was als , Wissen' gilt. Er lenkt damit den Blick auf die Begrenzungen des Wissens in allen ihren Formen. Daraus, so scheint mir, läßt sich die Frage nach den historischen Erscheinungsformen und Begrenzungen des Wissens besser ableiten, als aus philosophischen Begriffsbestimmungen. Mit dem Begriff des Diskurses bzw. der diskursiven Praxis hat Foucault dabei nachdrücklich einen Aspekt ins Spiel gebracht, der für diese historische Analyse des Wissens von zentraler Bedeutung ist - den Aspekt der Kommunikation. Ohne Kommunikation kein Wissen. Wissen, das nicht kommuniziert wird, besteht nicht. Was bei Foucault jedoch fehlt, ist eine historische Analyse der Kommunikationsformen und der Kommunikationsmedien. Es ist offenkundig, daß ein spezifisches Medium, das auf eine bestimmte Art und Weise organisiert sein muß, den Bereich des dort Sagbaren und auch die Formen des Sprechens begrenzen muß. Man kann diese Feststellung treffen, ohne überall einschränkende Machteffekte am Werk zu sehen. Wenn man an die bereits erwähnte Vielzahl der Themen denkt, die in Intelligenzblättern behandelt werden, bekommt die Frage nach den Formen der Begrenzung des Sagbaren einen besonderen Stellenwert. Es stellt sich die Aufgabe, eben diese Begrenzungen herauszuarbeiten, und wenn sie sich nicht auf thematischer Ebene finden lassen, müssen sie anderswo zu suchen sein. Der bei Foucault unter dem Namen des Diskurses zentrale Aspekt der Kommunikation bezeichnet zugleich den Punkt der größten Nähe zur Systemtheorie Luhmanns. Für Luhmanns Theorie funktional ausdifferenzierter gesellschaftlicher Teilsysteme ist bekanntlich Kommunikation die zentrale Operation. Weder Wissen noch Wissenschaft - nach Luhmanns Kurzdefinition ein ausdifferenziertes Teilsystem zur „Wissenspflege und -innovation"18 - sind in dieser Perspektive ohne Kommunikation denkbar. Beiden Denkern ist gemein, daß sie nicht von einer „Achse Bewußtsein - Erkenntnis - Wissenschaft"19 sondern von der Achse „diskursive Praxis [Luhmann: Kommunikation] - Wissen - Wissenschaft"20 ausgehen. Luhmann hat eine allgemeine Theorie des sozialen Teilsystems Wissenschaft entwickelt, für die Frage der historischen Erscheinungsformen von Wissensdiskursen findet sich bei Foucault reiches Anschauungsmaterial. Für Foucault war die Frage, wie es überhaupt dazu kommt, daß in einer diskursiven Praxis von etwas gesprochen werden kann, und wie sich dieses ,etwas' dem Historiker darstellt, wesentlich wichtiger als für Luhmann. Luhmann hat sich sehr ausführlich dazu geäußert, warum sich aus Kommunikation Wissen ergibt, welchen Status dieses Wissen hat, warum daraus ,Wissenschaft' ausdifferenziert werden kann, und welche Funktion das Teilsystem Wissenschaft im Kontext anderer sozialer Systeme hat. 18 19 20

Niklas Luhmann: Die Wissenschaft der Gesellschaft. Frankfurt a. M. 1990. S. 166. M. Foucault: Archäologie (Anm. 17) S. 260. M. Foucault: Archäologie (Anm. 17) S. 260.

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Empirismus.

Wissensdiskurse

in

Inieiligenzblättern

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Warum sind diese allgemeinen Reflexionen auf das Problem einer Analyse des Wissens für historische Untersuchungen sinnvoll? Sie fuhren, kurz gesagt, dazu, die Frage auch nach den Inhalten neu zu stellen und danach, wie diese Inhalte zu analysieren sind. Kehren wir also zur Situation im 18. Jahrhundert zurück. Nicht nur aus diskurstheoretischer Sicht, auch ausgehend von der bloßen Feststellung der außerordentlichen Textmenge in Intelligenzblättern und sonstigen Zeitschriften des Wissens, liegt die Schlußfolgerung nahe, die Wissenstexte der Intelligenzblätter nicht als Einzeltexte zu lesen. Sie geben ihre Besonderheiten nur als Textmasse frei, ja selbst unabhängig von fachlichen Zuordnungen. Die thematische Vielfalt der Intelligenzblätter sollte nicht im nachhinein in fein säuberlich getrennte Bereiche aufgeteilt werden. Eine Analyse der Wissensdiskurse kann sich von der Fixierung auf bekannte Namen und fachwissenschaftliche Einengungen frei machen. Unmittelbar anschaulich wird dies an dem hohen Anteil der anonym publizierten Texte. Die Texte der Intelligenzblätter sind nur zum Teil namentlich gezeichnet, häufig erscheinen sie anonym. Anonymität und Wissen schließen sich nicht aus. Der Diskurs des Wissens im 18. Jahrhundert funktioniert noch ohne Autoren. Damit soll gesagt sein, daß weder die Bekanntgabe noch das Verschweigen des Autornamens eine notwendige Bedingung darstellt, um am Diskurs des Wissens teilzunehmen. Autorschaft und Anonymität, beides wird durchgängig in allen Zeitschriften als selbstverständliche Praxis geübt, ohne daß dies als Uneinheitlichkeit benannt oder gar problematisiert werden müßte. Es kann daher nicht das Ziel sein, die Wissensdiskurse nachträglich zu vereinheitlichen und neu zu ordnen. Etwas anderes ist interessant. Sowohl Autorschaft und als auch Anonymität dienen im 18. Jahrhundert zur Gewinnung von Autorität. Diese Besonderheit geht schließlich in den disziplinar strukturierten Wissenschaften verloren und wird durch Autorschaft ersetzt. Zur Veranschaulichung mögen zwei Beispiele dienen. Die Rezensionen in den ,Göttingischen Gelehrten Anzeigen' erschienen grundsätzlich anonym. Ende der siebziger Jahre des 18. Jahrhunderts wurde verschiedentlich der Wunsch geäußert, die Anonymität aufzuheben. Christian Gottlob Heyne befragte die Mitglieder der Göttinger Akademie der Wissenschaften im Februar 1778 zu diesem Thema und bat um Stellungnahme. Lichtenberg votierte entschieden dagegen. Sein Argument lautete, jede Art von „Bezeichnung" (gedacht war offenbar auch an Siglierung) , könne dem Credit der Zeitungen nicht anders als nachtheilig seyn11. Er stützt seine Behauptung vornehmlich durch den Verweis auf das Ansehen, das die Zeitungen durch die Muthmassung erhalten, als enthielten sie die Stimme der Universität oder doch der Societät12. Lichtenberg kommt es auf die Autorität, den Credit, wie er sagt, der Rezensionen an, und die wird erzielt durch die allgemeine Nähe 21

22

Georg Christoph Lichtenberg: Briefwechsel. Hg. von Ulrich Joost und Albrecht Schöne. Bd. Iff. München 1983ff. Brief vom 18.2.1778. Bd. 1. Nr. 449. G. Ch. Lichtenberg: Briefwechsel. Brief vom 18.2.1778. Bd. 1. Nr. 449.

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Thomas Kempf

zur Göttinger Akademie und nicht durch die überzeugende Kraft von Autornamen. In diesem Sinne - Autorität durch Anonymität statt durch Autorschaft - votieren im übrigen auch die anderen Mitglieder der Akademie, denn im zweiten Durchlauf des Zirkulars wird geschlossen für die Beibehaltung der Anonymität plädiert. Ein sprechendes Dokument für den Übergang zur Autorschaft ist das ,Archiv für Physiologie' (1795-1815) des Hallenser Physiologen Johann Christian Reil. Im ,Neuen Journal der Physik' kündigt Reil seine neue Zeitschrift an. Reil nennt dort ausdrücklich als Bedingung für die Annahme von Originalbeiträgen, daß ihm die Beyträge ganz ohne Nähme des Verfassers zugesandt werden23. Ich kann sie alsdann, so fährt Reil fort, ohne Verdacht der Partheylichkeit der strengsten Prüfung, ob sie dem Zweck meiner Schrift angemessen sind, unterwerfet. Ist auf diese Weise die Glaubwürdigkeit der Zeitschrift und ihres Herausgebers gesichert und der entsprechende Aufsatz - anonym! - publiziert, steht es den Verfassern frei, nach dem Abdruck ihrer Abhandlungen ihre Nahmen anzuzeigen, die ich alsdenn in dem folgenden Heft bekannt machen werde25. Reil hatte also geplant, daß Originalbeiträge anonym eingereicht, geprüft und anonym publiziert werden sollten, um dann, durch nachträgliche Namensnennung die Verfasser zu , Autoren' zu machen. Seine Bekanntmachung der neuen physiologischen Zeitschrift ist der Glücksfall eines den Ausdifferenzierungsprozeß gleichsam unmittelbar ausdrükkenden Dokuments, steht doch neben der dominierenden, auf Zeitschrift und Herausgeber fokussierten Strategie der Autoritätssicherung durch Anonymität die nach vorn gerichtete, verfasserbezogene Betonung der Autorschaft, die sich in Zukunft auch im Wissenschaftssystem durchsetzen wird. Schließlich finden sich auch Beispiele dafür, bei denen Autornamen ganz eindeutig autoritätsstiftende Funktion haben und gezielt mit dieser Absicht eingesetzt werden. Ein besonders schönes Beispiel, das hier nur kurz angeführt werden soll, ist Lichtenbergs Aufsatz Etwas über den fürchterlichen Cometen, welcher, einem allgemeinen Gerücht zufolge, um die Zeit des ersten Aprils unsere Erde abholen wird. Erschienen ist der Aufsatz am 28. Februar 1778 im göttingischen Intelligenzblatt, den ,Göttingischen Anzeigen'.26 Kern der zum Teil mit witzigen Bemerkungen aufgelockerten Abhandlung ist die Widerlegung des im Titel genannten Gerüchtes, das per definitionem ohne Autor ist. Gegenüber dieser anonymen Rede, die Lichtenberg allenfalls ungenannten ,Schäfern' und ,Propheten' zuordnet, bringt Lichtenberg vor allem die Autorität des Göttinger Astronomen Kästner 23

24

25 26

Johann Christian Reil: Anzeige [für das „Archiv für die Physiologie]. In: Neues Journal der Physik. Heft 3. 1795. S. 341-344. Zitat S. 342. J. Ch. Reil: Anzeige [für das Archiv für die Physiologie] In: Neues Journal der Physik. Heft 3. 1795. S. 342. J. Ch. Reil: Anzeige (Anm. 24) S. 342. Georg Christoph Lichtenberg: Etwas über den fürchterlichen Cometen, welcher, einem allgemeinen Gerücht zufolge, um die Zeit des ersten Aprils unsere Erde abholen wird. In: Göttingische Anzeigen. Von verschiedenen dem Gemeinen Wesen bekannt zu machenden nöthigen und nützlichen Sachen. Göttingen 1768ff. St. 9 v. 28.2.1778. S.36-39.

Pulverisierter

Empirismus.

Wissensdiskurse

in

Intelligenzblättern

129

ins Spiel sowie die beglaubigte wissenschaftliche Korrespondenz, über die Lichtenberg, wie er den Lesern mitteilt, verfugt. Am Ende des 18. Jahrhunderts und seither setzt sich der Gebrauch des Autornamens in Wissens- und Wissenschaftstexten durch. Die Zeitgenossen bezeichnen dies gelegentlich mit dem Begriff des ,Originalbeitrags'. Autorschaft ist ein Kennzeichen moderner, disziplinarer Wissenschaft. Im Rückblick bedeutet dies aber zugleich, daß die Wissenstexte des 18. Jahrhunderts weniger daraufhin befragt werden müssen, ob ein Text möglicherweise von Lichtenberg, Lambert oder Kästner stammt, als vielmehr im Hinblick auf die möglicherweise wechselnde Funktion von Autorschaft und Anonymität. Gibt es Wissen, das bemerkenswert lange anonym zirkulieren kann? Welches Wissen verlangt bemerkenswert früh nach konstanter Autorschaft? Und was geschieht mit diesem Wissen, wenn es die Anonymität verliert? Wird es zur Wissenschaft oder verschwindet es? Ändert es sich, wenn es sich mit Autorschaft verbindet? Die in den Intelligenzblätter enthaltenen Textmengen sind die unmittelbare Voraussetzung für die Vielfalt der dort behandelten Themen. Beides, sowie der Mangel an ,großen' Autoren und Werken, auf die man sich beziehen könnte fuhrt dazu, daß ein sehr enges Netzwerk der Texte entsteht, in dem sich ein Text auf andere Nachbartexte bezieht. Nicht das kanonische Werk, der Diskurs des Wissens selbst wird zum Kanon, auf den man sich bezieht. Hierdurch wird sowohl anonyme Teilnahme ermöglicht als auch gezielte Spezialisierung. In den populären Wissenstexten der Intelligenzblätter kommt beides zum Ausdruck - die Integrationsfunktion des Wissens, die durch die Entlastung vom Individualisierungsdruck zur Teilnahme am Diskurs einlädt, und die Spezialisierungsfunktion, die ein enger umgrenztes Spezialpublikum entstehen läßt, das über Spezialthemen kommuniziert. Die Möglichkeit, anonym einen kleinen Beitrag zur Vermehrung des Wissens publizieren zu können, vervielfacht die Zahl der Beiträger und öffnet den Diskurs des Wissens zum teilnehmenden Publikum. Ganz charakteristisch für diese Öffnung zum allgemeinen Publikum - die ein Zeichen für die Umbruchsituation des Wissens im 18. Jahrhundert ist: denn spätere Wissensdiskurse öffnen sich primär nur für ein Fachpublikum - sind die für die gelehrten Beilagen der Intelligenzblätter so typischen Textgattungen wie „Anfrage", „Aufgabe" oder „Nachricht". Das „Hannoverische Magazin" reagiert auf diesen Zustrom an diskursiven Partikeln, indem die Jahresregister nach „Beantworteten" und „Unbeantworteten" Anfragen und Aufgaben differenzieren. Als „pulverisierten Empirismus" 27 hat Gaston Bachelard die sich abzeichnende prinzipielle Möglichkeit der Teilnahme am Diskurs des Wissens bezeichnet: „In der wissenschaftlichen Gemeinschaft gibt es

27

G. Bachelard: Bildung (Anm. 6) S. 198. Zu dem interessanten Problem des Verhältnisses von Gerücht, alltäglichem Erzählen und Wissen siehe ausführlicher Thomas Kempf: „Die Mythen der Physiker." Wissen und Erzählen bei Lichtenberg. In: Text und Kritik Heft 114: Georg Christoph Lichtenberg. Göttingen 1992. S. 3-14.

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Thomas Kempf

noch keinerlei Hierarchie. Alle Beobachter erheben den Anspruch, vor der Natur gleich zu sein. Alle Tatsachen können als ebenso viele ,Anekdoten über die Natur' zitiert werden."28 Bachelard hat dies als Erkenntnishindemis kritisiert. Dieser wertenden Einschätzung würde man aus Sicht der Diskurs- oder Systemtheorie nicht folgen. Die Beschreibung bleibt zutreffend. Die inhaltliche Vielfalt und die Vielfalt der Textformen sind daher wohl auch Belege für die Nähe der Intelligenzblätter zur zeitgenössischen Wissenschaft. Sie sind aber vor allem ein Beleg für den Prozeß der Ausdifferenzierung des modernen Systems Wissenschaft aus den allgemeinen Wissensdiskursen der Zeit. Der pulverisierte Empirismus' wird am Ende des Jahrhunderts zu Disziplinen verdichtet. Am Ende des 18. Jahrhunderts nämlich - auch hierüber besteht wohl Konsens — steht die spezifisch moderne Form der wissenschaftlichen Disziplinen und der disziplinaren Wissenschaftsorganisation und damit die uns bis heute entscheidend prägende Form der Wissensproduktion.29 Als Ergebnis der diskurs- bzw. systemtheoretischen Betrachtungen hat sich also ergeben: Die Frage nach dem historischen Zusammenhang von Autorschaft, Anonymität und Autorität eröffnet neue und andere Perspektiven auf die Wissensdiskurse des 18. Jahrhunderts als die Orientierung an den Inhalten. Die Frage nach der Funktion der schieren Textmenge eröffnet neue Perspektiven auf den Prozeß der Ausdifferenzierung des Wissenschaftssystems aus den Wissensdiskursen. Dieser Aspekt kann sozialgeschichtlich interpretiert werden und heißt dann Aufklärungsforschung. Man kann ihn auch mediengeschichtlich ausarbeiten und eine Geschichte der Zeitschrift schreiben. Wissensgeschichtlich ist die Selbstbezüglichkeit der Wissensdiskurse interessant und damit die Tatsache, daß das, was ,Wissen' heißt, und wer überhaupt etwas wissen kann, vom Diskurs bestimmt wird und nicht von der Welt, in der wir leben. In der Konsequenz ergibt sich, daß die allgemeine Geschichte des Wissens nicht als Geschichte der entdeckten oder vertieften Wahrheiten geschrieben werden kann. Die Geschichte des Wissens ist keine Entwicklungsgeschichte, sondern eine Differenzierungsgeschichte. Diese Geschichte ist noch zu schreiben und die Intelligenzblätter können dabei einen hervorragenden Ansatzpunkt bilden.30

28 29 30

G. Bachelard: Bildung (Anm. 6) S. 198. Hierzu ausführlich R. Stichweh: Entstehung (Anm. 3). Intelligenzblätter sind in der Regel nur als Original, nicht in Editionen zugänglich. Siehe jetzt aber den Nachdruck der aus dem Hannoverischen Magazin entnommenen Beiträge in: E. L. M. Rathlef: Auserlesene Abhandlungen über Gegenstände der Policey, der Finanzen und der Oekonomie. Mit einem Vorwort herausgegeben von Thomas Kempf. 3 Bde. Hildesheim, Zürich, N e w York 1999.

Verselbständigung und Perspektive: der gegenwärtige Stand der IntelligenzblattForschung Gerhardt Petrat

1974 veröffentlicht Paul Raabe in den ,Wolfenbütteler Studien' einen Aufsatz mit dem Titel „Die Zeitschrift als Medium der Aufklärung", der, wie wir inzwischen wissen, die wegweisende Anmerkung „7" enthält. Sie lautet: „Die Erforschung der Intelligenzblattforschung steht noch aus. Von einigen lokalgeschichtlichen Arbeiten abgesehen, ist dieser Zeitschriftentypus bisher noch nicht untersucht worden." 1 Zunächst fand diese Anmerkung keine öffentliche Beachtung. Dabei hätte mit ihr schon gleich ein Forschungsfenster aufgestoßen werden können. Aber noch gab der Wissenschaftsbetrieb den Weg dafür nicht frei. Vorauszusetzen sind hier nämlich Mechanismen des Erinnerns und Vergessenlassens, deren determinierende Faktoren nur schwer zu entschlüsseln sind. Zugleich aber ist man auch wieder auf Impulse angewiesen. Sie aber werden sogleich von nicht benennbaren Instanzen hierarchisiert, um dann im Sinne der damit entstandenen Prioritätenliste kanalisiert zu werden. Es fehlen dann nur noch die Gelegenheiten, um episodenbegrenzt der ersten unter ihnen den Einzug in die Öffentlichkeit zu gewähren. In der Regel geschieht dies in Korrespondenz zu sozialen wie politischen Umständen. Mit der ihnen je eigenen Gewalt nehmen sie dann auch historische Vorgaben ins Schlepptau, um sie auf diese Weise für einen bestimmten Zuschnitt wiederzubeleben. Für Hubert Max beispielsweise besteht wohl im Jahre 1940 ein Zusammenhang zwischen dem ,Moralischen Wochenblatt' 2 und dem Engagement der Aufklärung. Zum Intelligenzblatt jedoch wird diese Verbindung nicht hergestellt. Mitte der siebziger Jahre allerdings begünstigt das in der erwähnten Prioritätenliste ganz hoch angesiedelte Leitwort ,Aufklärung' einen erweiterten Rundblick auf Defizite einschlägiger Forschung. So rückt dann auch das wissenschaft1

2

Paul Raabe: Die Zeitschrift als Medium der Aufklärung. In: Günter Schulz (Hg.): Wolfenbütteler Studien zur Aufklärung. Bd. 1. Wolfenbüttel 1974. S. 99-130, hier S. 111. Hubert Max: Intelligenzblatt - Intelligenzwesen. In: Walter Heide (Hg.): Handbuch der Zeitungswissenschaft. Bd. 2. Leipzig 1940. Sp. 1806-1849, hier Sp. 1842.

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Gerhardt Petrat

liehe Nichts , Intelligenzblatt' im Windschatten einer akuten Einflußgröße ins Blickfeld und erfährt nachrangige Beachtung. Nicht zu unterschätzen ist dabei auch das Gewicht eines Hinweises, der von einem angesehenen Wissenschaftler ausgeht und als stillschweigender Impuls verstanden werden kann, sich endlich eines vernachlässigten Forschungsbereiches anzunehmen. Jedenfalls muß auch dieser Umstand dazu beigetragen haben, daß inzwischen selbst keine ernstzunehmende Publikation zum Thema „Werbung"3 ohne den Hinweis auf ihren Vorläufer Intelligenzblatt auskommt. Man könnte sogar unterstellen, daß diese inzwischen erlangte Reputation das Ergebnis geschickter Vermittlungsarbeit gewesen ist, dergestalt nämlich, daß der Umweg über die Textsorte Zeitschrift' die Aussicht verhieß, dem Intelligenzblatt wissenschaftliche Wahrnehmung zu ermöglichen. Raabe hätte nämlich bekannt sein müssen, daß schon Hubert Max ein Vierteljahrhundert davor Zeitung, Zeitschrift und Intelligenzblatt klar voneinander abgrenzt4, folglich also der Zeitschrift nicht so einfach eine übergeordnete Bedeutung zugesprochen werden dürfte. Denn der so in den Prädikativ abgedrängte Gegenstand verliert damit seine Eigenständigkeit, noch schlimmer: ihm wird „eine bestimmte Eigenschaft"5 zugewiesen. Das bedeutet den Verlust der eigenen Identität. Verloren hatte allerdings das Intelligenzblatt - zumindest vorübergehend - diese Identität schon früher auf anderen Wegen; denn über weite Strecken des 19. Jahrhunderts hinweg widerfuhr ihm eine zunächst unverständliche Mißachtung. Aber man „personalisierte und heroisierte"6 damals insgesamt, und so streift Robert Prutz in seiner umfangreichen ,Geschichte des deutschen Journalismus'7 diesen Bereich gerade auf knapp drei Seiten. Heinrich Wuttke läßt sich hierüber nur auf acht Zeilen aus und bringt selbst darin manches Abfällige unter8. Bis zu einem gewissen Grade rehabilitiert wird dieses Periodikum erst 1902, also nicht mehr im 19. Jahrhundert, indem ihm Hjalmar Schacht via Monographie9 zu seiner Eigenständigkeit verhilft. Damit ist aber nur ein wissenschaftlicher Anspruch eingelöst, nämlich das Intelligenzblatt in seiner Eigenständigkeit zu würdigen. Somit reicht es nicht aus, einen Sachverhalt lediglich zu verbalisieren. Zedier unterscheidet schon 1734 zwei Ansprüche: auf der einen Seite Forschung, was „heißt, etwas gar genau untersuchen, alles aufwenden, daß man es erfahre", und Erforschung, was 3 4 5 6

7

8

9

Bernhard Sowinski: Werbung. Tübingen 1998 (als Beispiel). H. Max: Intelligenzblatt (Anm. 2) Sp. 1806. Helmut Glück (Hg.): Metzler Lexikon Sprache. Stuttgart, Weimar 1993. S. 477. Konrad Ehlich: der Katechismus - eine Textart an der Schnittstelle von Mündlichkeit und Schriftlichkeit. In: Zeitschrift für Literaturwissenschaft und Linguistik. Heft 116 (1999). S. 931, hier S. 10. Robert Prutz: Geschichte des deutschen Journalismus. 1. T. (Faksimile d. 1. Aufl. v. 1845), Göttingen. S. 241-243. Heinrich Wuttke: Die deutschen Zeitschriften und die Entstehung der öffentlichen Meinung. Hamburg 1866. S. 57. Hjalmar Schacht: Zur Geschichte des Intelligenzblattwesens. In: Die Grenzboten. 61. Jg. Leipzig 1902. S. 545-552 und S. 605-612.

Verselbständigung und Perspektive

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die Bedingung mit einschließt, alles „ganz gründlich verstehen"10 zu können. Das Verständnis muß also bis zum Grund vorgestoßen sein. Darum ist es Paul Raabe hoch anzurechnen, daß er im Blick auf das Intelligenzblatt von vornherein auf Erforschung dringt. Nur wäre es zu voreilig, seine ins Spiel gebrachte Offerte ungeprüft zu übernehmen, wonach Aufklärung der hinreichend tragfähige Grund sein könnte für eine erschöpfende Aussage zu der hier angesprochenen Thematik. Indem nun die folgende Bilanz, der Chronologie folgend, sich nur auf Monographien einläßt, will sie ihre selektive Wahrnehmung zugleich als Wahrung eines Anspruches verstehen, den Prozeß der Verselbständigung nachzuzeichnen. Wissenschaftliche Ergiebigkeit mißt sich aber, wie ausgeführt, an der bemerkbaren Perspektive, hier eine Grundlegung zu finden. Unter diesem Vorzeichen erfolgt eine zweite Selektion zugunsten jener intelligenzblattbezogenen Erörterungen, die über die bloße Thematisierung hinausgeht. Von dieser Setzung ausgenommen wird lediglich jene Publikation, die nach einer langen Zeit der Ignoranz erstmals wieder und auch nur isoliert dem Intelligenzblatt ans Licht verhilft, weswegen man geneigt ist, im übertragenen Sinne von einer Inkunabel zu sprechen. Es wäre ja ein Widerspruch in sich, ausgerechnet die Publikation von dieser Bilanz auszuschließen, die dieses Thema wieder aufwirft. Beiläufige Erwähnungen nichtmonographischer Aussagen zu diesem Thema bleiben ebenfalls der Berücksichtigung vorbehalten.

2. Das Intelligenzblatt als eigenständiger Behandlungsgegenstand Im Jahre 1802 schrieb Strebnitz: „Intelligenz-Blätter sind schon zum Theil laute Stimme des Volkes, und werden es mit der Zeit noch mehr werden." 11 Diesen Faden hat, wie schon angedeutet, der wissenschaftliche Diskurs nicht aufgegriffen, und wenn Wuttke im Jahre 1866 dieses Blatt als „Schmarotzerpflanze" 12 tituliert, gestand er immerhin ungewollt ein, daß jene Weissagung aus dem Jahre 1802 sich doch irgendwie erfüllt hatte. Aber ohne Frage war es bis dahin gelungen, ihm nicht nur über diese Metapher, sondern auch ganz allgemein die Anerkennung medialer Eigenständigkeit vorzuenthalten. Im abgelegenen Winkel jedoch findet das Blatt dann doch zu sich selbst.

10

11

12

Johann Heinrich Zedier: Grosses vollständiges Universal-Lexikon Aller Wissenschafften und Künste Bd. 8. Halle und Leipzig 1734. Sp. 1603 und Bd. 9 (1735). Sp. 1520. N.N. (Stiebnitz ?): Die Intelligenzblätterkunde für den nicht unterrichteten Privatmann; [...] Weimar 1802. S. 8f. H. Wuttke: Die deutschen Zeitschriften (Anm. 8) S. 57.

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a) Erste monographieähnliche Darstellungen Am 4. Januar 1869 wird in Elbing, also im fernen Westpreußen, ein Vortrag gehalten, der, vordergründig betrachtet, der unredlichen Art gilt, mit der Intelligenzblätter „Schwindel und Schleuderei"13 Vorschub leisten, indem sie über die „oft sehr schreiende Anzeige" nur „der Mehrung der Einnahme" sich zur Verfügung stellen würden. Um darum die in seinen Augen im Schwinden begriffene Würde dieses Mediums wiederherzustellen, breitet der Referent vor seinem Publikum eine zusammenhängende Darstellung „Ueber das Intelligenzwesen" aus, deren Veröffentlichung die ,Altpreussische Monatsschrift' übernimmt. Unter dem Titel „Intelligenzwesen" war zwar schon 99 Jahre davor ein siebenseitiger Artikel im von Bergius herausgegebenen ,Policey und Cameral-Magazin' erschienen14. Dieser Beitrag kam aber mehr einer Apologie gleich. Jener Vortrag von 1869 dagegen läßt sich ausgiebig über die tatsächlichen Verhältnisse aus und erweist sich als eine faktenkundige Darlegung, obwohl, wie der Leser beiläufig erfährt, dieser Referent F.W. Neumann-Hartmann verlegerische Eigenwerbung betreiben könnte. Er repräsentiert nämlich nicht nur den einschlägigen Verlag am Ort, sondern erweist sich zusätzlich als derjenige, der nach v. Hake im Jahre 1831 auch zwei Jahre später in Elbing das ,Kreisblatt'15, eine Spätform des Intelligenzblattes, ins Leben ruft. Von solchen Einschüben abgesehen, die das Selbstbewußtsein eines traditionsreichen Unternehmens widerspiegeln, darf diese Darlegung jedoch als das erste Beweisstück fur eine empirische Durchdringung des Sachverhaltes ,Intelligenzblatt' angesehen werden, selbst wenn hier ein wissenschaftlicher Anspruch gar nicht gestellt und auch nicht erhoben werden kann. Aufgrund seiner empirischen Anteile gehört er aber dennoch in diesen Zusammenhang, vielleicht auch darum, weil solche Ausführungen zunächst noch nicht ins 19. Jahrhundert passen, wie schon ausgeführt. Ohne eine wie auch immer geartete Voreingenommenheit präsentiert sich dann aber im Jahre 1897 G. Zedier mit seiner 40-seitigen Arbeit über die ,Intelligenzblätter der Nassauischen Fürstentümer'16. Gleich mehrere Auffälligkeiten verdienen es, hier besonders herausgestellt zu werden: • Der Autor erwirbt seine Kenntnisse - zumindest weitgehend - über das Aktenstudium in Archiven und Ämtern. • Es handelt sich hier um eine Übersicht, offenbar vollständig fur eine gewisse Region erstellt. Also ist diese Arbeit mehr als nur eine Fallstudie. 13

14

15 16

F. W. Neumann: Ueber das sogenannte Intelligenzwesen, in Beziehung auf unser Vaterland. In: Altpreussische Monatsschrift. 6. Jg. 1869. Heft 2. S. 142-160, hier S. 154. Intelligenzwesen. Stichwort in: Johann Heinrich Ludwig Bergius (Hg.): Policey- und Cameral-Magazin. Bd. 5. Frankfurt/M. 1770. S. 204-211. F.W. Neumann: Ueber das sogenannte Intelligenzwesen (Anm. 113) S. 151. G. Zedier: Die Intelligenzblätter der Nassauischen Fürstentümer. In: Nassauische Altertumskunde und Geschichtsforschung. Bd. 29 (1897/98) Wiesbaden 1897/98. S. 93-114.

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• Soweit der Autor zu Ergebnissen kommt, die von denen anderer abweichen, setzt er sich mit diesen auseinander, korrigiert sie z.T. auch. • Seine gewonnenen Kenntnisse und Einsichten geben ihm das Recht, zu folgendem Urteil zu kommen: „Diese Blätter [...] verdienen in mehr als einer Beziehung unsere Beachtung." 17 • In einem Punkt wird er deutlicher: „Die Rubriken Fragen und Antworten ... (sind) eine wahre Fundgrube für die lokal- und kulturgeschichtliche Forschung."18 • Es wird hiermit nicht nur das Wort „Forschung" ins Spiel gebracht; es fällt auch das Stichwort „Popularisierung" 19 , um damit eine Forschungsrichtung zu markieren. • Indem der Autor „die kulturhistorisch interessanten äusseren Schicksale der Intelligenz-Nachrichten [...] im Zusammenhang" 20 vorführt, gibt er einen Hinweis auf das Wechselverhältnis zwischen diesen Vorgaben und der „inneren Gestaltung des Blattes". Ohne Frage darf niemand an dieser Arbeit vorbeisehen, wenn es gilt, auf Erforschung des Intelligenzblattwesens zu dringen.

b) Historisierung und Denkmalspflege Der 25-jährige Hjalmar Schacht, späterer Reichswirtschaftsminister und Reichsbankpräsident, nimmt von vornherein eine andere Stellung zum Thema ,Intelligenzblatt' ein, erkennbar schon an der Überschrift ,Zur Geschichte des Intelligenzblattwesens'. Während seine Vorgänger Neumann-Hartmann oder Zedier, zumindest vom Titel her, den zu behandelnden Gegenstand im wahrsten Sinne des Wortes ,be-handeln' und also, selbst wenn sie weit in die Geschichte zurückgehen, ihn ständig auch ,ver-gegenwärtigen', (s.: ,Über das sogenannte Intelligenzwesen mit besonderer Beziehung auf unser Vaterland' / ,Die Intelligenzblätter der Nassauischen Fürstentümer'), sind für Schacht diese Blätter ausschließlich nur noch Vergangenheit, und so lautet der Titel seiner Abhandlung auch folgerichtig: ,Zur Geschichte des Intelligenzwesens'. Obwohl das Stichwort ,Intelligenzblatt' in den Zeitungskatalogen noch bis 1919 seine Existenz belegt, hat dieser Autor es längst abgeschrieben. Fast triumphierend stellt er abschließend fest: „Vor dem ersten frischen Luftzug des modernen Geistes brach das ganze absolutistische Kartenhaus der Intelligenz zusammen. Kümmerliche Reste erhielten sich noch einige Jahre, aber um die Mitte des neunzehnten Jahrhunderts war ihre Spur schon ver17 18 19 20

G. G. G. G.

Zedier: Zedier: Zedier: Zedier:

Die Die Die Die

Intelligenzblätter Intelligenzblätter Intelligenzblätter Intelligenzblätter

der Nassauischen der Nassauischen der Nassauischen der Nassauischen

Fürstentümer Fürstentümer Fürstentümer Fürstentümer

(Anm. (Anm. (Anm. (Anm.

16) 16) 16) 16)

S. S. S. S.

94. 103. 105. 96.

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wischt. Sie sind dahingegangen und haben einer freieren Organisation des Anzeigenwesens Platz gemacht, die einer Uniform nicht bedurfte."21 Selbst wenn zwischen ,Intelligenzwesen' und ,Intelligenzblatt' zu unterscheiden sein wird, muß dieser Aussage widersprochen werden. Unbestritten bleibt allerdings die rhetorische Meisterschaft, mit der dem Leser diese Ansicht unterbreitet wird. Von der inhaltlichen Substanz her gesehen, sind die Vorgänger mindestens so kenntnisreich wie er. Immerhin jedoch wird nicht nur dem Intelligenzblatt ein zeitweilig hingenommenes Ansehen zugestanden; es wird zudem auch einer Kontinuität das Wort geredet, und zwar bis hin zum pragmatischen Umgang mit der Semantik. Indem auf „Annonce und Reklame"22 verwiesen und damit die Zeitgerechtigkeit in Anspruch genommen wird, ist hier ein Gesichtspunkt ins Spiel gebracht, der nicht nur 1902, sondern bis heute der Forschung einen Gesichtspunkt liefert, der sich fast zum Schlüssel eines grundsätzlichen Verständnisses qualifizieren könnte. Insofern ist auch in anderer Hinsicht eine Kontinuität zu erkennen. Sieht man von einer Episode ab, in der Männer Geschichte machten und also auch das Wirken einer Persönlichkeit' einen höheren Stellenwert erhielt als die Tatsache eines existierenden Blattes, dann richtet sich seit Schacht die vornehmliche Aufmerksamkeit bei der Behandlung des Gegenstandes ,Intelligenzblatt' auf den Sachverhalt selbst und nicht auf die Initiatoren. Besonders auffällig tritt dieser Umstand in den zwanziger Jahren in Erscheinung, als man geradezu von einer Neu-Entdeckung des Mediums , Intelligenzblatt' sprechen kann. Unter der Vielzahl der Veröffentlichungen zu diesem Thema verdient zu allererst die Arbeit von Carl Johannes Remppis mit dem Titel: „Die württembergischen Intelligenzblätter von 1736 - 1849"23 aus dem Jahre 1922 besondere Beachtung. Auch hier handelt es sich - ähnlich wie bei Schacht - um einen Abgesang; aber er ist in diesem Falle ganz anders motiviert. Die Tatsache nämlich, daß mit dem „1. Januar 1919 die letzte Zeitung ihren Untertitel ,Intelligenzblatt'"24 verlor, veranlaßt den Autor, einem Medium Ehrerbietung zu erweisen, dessen Aufgabe es lange Zeit gewesen war, „auf die Masse des Volkes zu wirken." Wichtig ist jedoch vor allem, wenn hier Archivstudien die Tatsache zu Tage fördern, daß z.B. noch 1849 ein Intelligenzblatt neu gegründet wurde25, also im Vergleich zu Schacht Korrektheit an die Stelle der Behauptung tritt. Abgesehen von der hier nur beiläufigen Erinnerung daran, daß es auch Forschertugenden gibt, ist Remppis hoch anzurechnen, für eine Region eine lückenlose Übersicht aller vorkommenden Intelligenzblätter vorgelegt zu haben. Dies 21 22 23 24 25

H. Schacht: Zur Geschichte des Intelligenzblattwesens (Anm. 9) S. 612. H. Schacht: Zur Geschichte des Intelligenzblattwesens (Anm. 9) S. 545. Carl Johann Remppis: Die württembergischen Intelligenzblätter von 1736-1849. S. I. C. J. Remppis: Die württembergischen Intelligenzblätter (Anm. 23) S. I. C. J. Remppis: Die württembergischen Intelligenzblätter (Anm. 23) S. 104.

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dann auch beispielsweise fur eine deutschsprachige Gesamtheit anzustreben, ist bis heute der entscheidende Impuls, der von dieser Arbeit ausgeht. Und tatsächlich findet schon wenige Jahre später eine solche Vorgabe vor anderen bei Günter Ost, der sich auf „das preußische Intelligenzwerk" 26 einläßt und in diesem Zusammenhang ein „Gesamtbild" 27 einfordert. Bemerkenswert ist hier noch die abschließende Trennung, wonach zwar das „preußische Intelligenzwerk" für ihn wohl „kein erfreuliches Bild"28 biete, das ja 1849 abgeschafft wurde. Er fährt jedoch fort: „Das Intelligenzblatt an sich hat sich durchaus nicht überlebt [...] Erst in den Stürmen der Inflation fand es sein Ende." Auch hier wird also der Aspekt der Wirtschaftlichkeit berührt, und zwar abgesehen von dem Phänomen selbst; denn sein einleitender Satz lautete ja: „Das Intelligenzblatt ist tot."29 Der begrifflichen Trennung, aber nicht nur allein ihr, gelten auch die Ausführungen des hochangesehenen Medienwissenschaftlers Karl Bücher; ihm jedenfalls ist es zuzuschreiben, daß es überhaupt zu einem wissenschaftlichen Diskurs kommt, der auch das Intelligenzblatt einbezieht. Dazu gehört einleitend der Vorwurf: „Bis jetzt sind die Intelligenzblätter selten untersucht worden." 30 Der analytische Verstand sei aber angewiesen auf hinreichende Detailkenntnis zum einen, benötige zudem aber zugleich eine tragfähige Basis. Was die Differenzierung angeht, so will er unterschieden wissen zwischen einem wirtschaftspolitischen Mittel der Staatswirtschaft und einer verlegerischen Praxis, getragen von „Privatunternehmern" 31 . Eine weitere Trennungslinie zieht er zwischen Zeitung und Intelligenzblatt, soweit es um deren Funktion geht, „die wirtschaftliche Reklame" als „notwendigen Bestandteil der kapitalistischen Wirtschaftsordnung" zum Zuge kommen zu lassen: „Das Intelligenzblatt war in der Regel örtliches Publikationsmittel für den wirtschaftlichen Kleinverkehr", während die Zeitung „das Publikum der höheren Stände" bediente.32 Zusammengehalten werde dieser Vorgang allerdings durch eben die eine Gemeinsamkeit: hier wie dort handele es sich um „Erzeugnisse der Druckerpresse" 33 . Eine Aussage wie diese begünstigt natürlich indirekt die induktive Vorgehensweise der Forschung, und so ist es nicht weiter verwunderlich, daß in der Folgezeit eine Vielzahl von Einzeluntersuchungen veröffentlicht wurde34. An26

27 28 29 30

31 32 33 34

Günter Ost: Das preußische Intelligenzwerk. In: Forschungen zur preußischen Geschichte. Bd. 43 (1930). S. 44-75. G. Ost: Das preußische Intelligenzwerk (Anm. 26) S. 47. G. Ost: Das preußische Intelligenzwerk (Anm. 26) S. 75. G. Ost: Das preußische Intelligenzwerk (Anm. 26) S. 44. Karl Bücher: Anfange und Entwicklung des Anzeigenwesens. In: Heinz Dietrich Fischer, Horst Minte (Hg.): Karl Bücher. Auswahl der publizistikwissenschaftlichen Schriften. Bochum 1981. S. 159. K. Bücher: Anfänge und Entwicklung des Anzeigenwesens (Anm. 30) S. 162 K. Bücher: Anfänge und Entwicklung des Anzeigenwesens (Anm. 30) S. 165. K. Bücher: Anfänge und Entwicklung des Anzeigenwesens (Anm. 30) S. 166. Hubert Max (Anm. 2, Sp. 1844f.) führt 17 Publikationen zum Thema „Intelligenzblatt" an, die allein in der Zeit zwischen 1920 und 1930 erschienen sind. Dazu gehören 11 Dissertatio-

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scheinend ist inzwischen das Interesse geweckt worden, nach dem tatsächlichen Verschwinden der Textsorte ,Intelligenzblatt' hinreichendes Material zu beschaffen, um hier im Kontext der Druckerzeugnisse einen begründeten Stellenwert zu sichern. Und in diesem Sinne sind dann auch wohl Apologien zu deuten, wie sie sich etwa bei d'Ester finden, der sich ausdrücklich für „dieses zu Unrecht gescholtene Blatt"35 engagiert. In Otto Groths ,System der Zeitungskunde' findet es dann ab 1928 einen unbeeinträchtigten Platz als „neuer Zweig der Journalistik" 36 , zwar ursprünglich ,geschaffen' von der Staatsgewalt, im Laufe der Zeit jedoch über die ursprünglich ihm zugedachten Funktionen „hinausgetragen mit der Tendenz zur Universalität". Ohnehin wird erst im Rückblick erkennbar, daß es für die erstaunlich lange Geltungsdauer allein schon einen spezifischen Grund geben muß. Der ihm staatlicherseits zugedachte Zweck allein und damit der rein instrumenteile Aspekt für sich reicht da als Erklärungsgrund nicht aus. Sicher ist nur die inzwischen erlangte Gleichrangigkeit im Kontext der periodisch erscheinenden Druckerzeugnisse, erzielt durch die Hinwendung zur Empirie, die Arbeit im Archiv, den Austausch der Befunde im wissenschaftlichen Diskurs. Diesen Vorleistungen verdankt dann das Intelligenzblatt seinen Platz auf 40 Spalten im ,Handbuch der Zeitungswissenschaft'. Ein wichtiger Gesichtspunkt ist hier wohlgemerkt noch hinzugekommen, die Einführung einer Innovation erst in einem ausgereiften Zustand.37

3. Reaktivierung: Aufklärung und Intelligenzblatt Sieht man davon ab, daß d'Ester den Begriff „Aufgeklärter Absolutismus" verwendet, wenn seine Ausführungen dem Thema „Intelligenzblatt" 38 gelten, dann läßt sich kein weiterer Beleg dafür finden, daß in diesem Kontext ausdrücklich auf den Zusammenhang zwischen Aufklärung und Intelligenzblatt eingegangen wird. Insofern gilt es als Innovation, wenn Paul Raabe im Jahre 1974 diese Querverbindung herstellt. Selbstverständlich war stets schon bekannt, daß es eine Zeitgleichheit gibt zwischen der theoretisch begründeten, schließlich systematisch betriebenen Säkularisierung, genannt Aufklärung, und der Ausbreitung des Intelligenzblattes. Aber niemand war bis dahin soweit gegangen, Intelligenzblätter als instrumentalisierte Träger der Aufklärung anzusehen. Da nun aber wie erwähnt, in den siebziger Jahren alles nur Denkbare auf die Grundlage der Aufklärung gestellt

35 36

37 38

nen. Es ist noch nicht einmal sichergestellt, ob damit a l l e einschlägigen Arbeiten erfaßt sind. Karl d'Ester: Zeitungswesen. Breslau 1928. S. 39. Otto Groth: Die Zeitung. Ein System der Zeitungskunde (Journalistik). 1. Bd. Mannheim, Berlin, Leipzig 1928. S. 689. H. Max: Intelligenzblatt (Anm. 2) Sp. 1812. K. d'Ester: Zeitungswesen (Anm. 35) S. 38.

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wurde, blieb es nicht aus, daß auch das Blatt gleichfalls in diesen Bann gezogen wurde. In der negativen Umkehrung allerdings findet Hollmann schon davor in seinen Ausführungen über Mosers ,Zeitungsidee und ihre Verwirklichung' aus dem Jahre 1937 zu einer herablassenden Einschätzung der „Aufklärerschicht". 39 Obwohl hier im Mittelpunkt „Mosers wichtigste Gründung, (die) „Wöchentlichen Osnabrückischen Anzeigen" 40 , also eines Intelligenzblattes steht, scheint es dem Autor vor allem darum zu gehen, Moser selbst und dessen „Macht der Persönlichkeit" 41 herauszustreichen. Es bestünde also kein Grund, diese Arbeit in diesem Zusammenhang zu berücksichtigen, wenn nicht hier, und sei es nur beiläufig, eine grundlegende methodische Frage angerührt worden wäre, die für alle Aussagen mit historischem Hintergrund nicht ohne Bedeutung ist. Hollmann nämlich rechtfertigt den Zuschnitt seiner Arbeit, indem er eine eigene Zeitmarke setzt (ohne sie allerdings zu plausibilisieren), um dann von dieser Setzung aus eine Betrachtungsweise zu finden, die sich von anderen abhebt. Seine Marke übernimmt er von der expressionistischen Jugend, die ja „Aufklärung und Rationalismus in Bausch und Bogen" 42 verwarf. Mit dieser Art von Heroisierung wertet man sich nicht nur selbst zu einer Instanz auf; man bemächtigt sich auch der Geschichte. Scheinbar erhält damit jedes historische Phänomen absolute Gültigkeit und wird doch gerade dadurch relativiert. Die willkürliche Vorgabe eines Gesichtspunktes im wahrsten Sinne des Wortes öffnet nicht, sondern verengt den Horizont. Andererseits sind solche Bedingtheiten zwangsläufig in Kauf zu nehmen, damit nicht historische Aufarbeitung im Faktenmaterial steckenbleibt. In deren Sortiment erst hält sich die Wahrheit verborgen. Diese zwangsläufige Zäsur hat sich aber auch an der allgemeinen Plausibilität zu messen, und diese war offenbar gegeben, als das Stichwort , Aufklärung' die sozialpolitische Auseinandersetzung zu bestimmen begann. Auf dieser Spur war die Zeitmarke schnell gefunden, von der aus dem historischen Fortgang der Sinn zufloß, das säkularisierte Pfingstwunder' nämlich als Trennlinie zwischen Alt und Neu. Gemeint ist damit jene Tatsache, daß fast gleichzeitig überall in der zivilisierten Region Personen auftreten, die mit gleicher Zunge reden und sich fast ohne Worte verstehen: die Menschheit soll herausgerissen werden aus einer überzeitlichen, also statischen Verfügbarkeit gegenüber metaphysisch gerechtfertigten Mächten und soll sich dem Säkulum stellen, also sich einer Prozessualität ausliefern. Sie führe selbstverständlich, da alle im Prinzip ja guten Willens seien, zum Besseren. Gerechtfertigt wäre damit zugleich auch der Interventionsgedanke, um der vorgegebenen Dichotomie dann

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Wolfgang Hollmann: Justus Mosers Zeitungsidee und ihre Verwirklichung. München 1937. S.2. W. Hollmann: Justus Mosers Zeitungsidee (Anm. 39) S. 7. W. Hollmann: Justus Mosers Zeitungsidee (Anm. 39) S. 1. W. Hollmann: Justus Mosers Zeitungsidee (Anm. 39) S. 2.

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zum Durchbruch zu verhelfen, um vor allem die Menschheit zu ihrem Glück zu zwingen. Das forschungsleitende Interesse wird sich folglich, wenn es den vorgegebenen Einschnitt akzeptiert, auf die Beantwortung jener Fragen richten, die sich auf den erwähnten Prozeß beziehen. Und soweit dieser Faden aufgenommen wird, unterwirft sie sich auch der Patronage ihrer Vorgabe. Aber ein wissenschaftlicher Beleg wird so und so dann schließlich doch benötigt. Der Umgang mit den Instrumenten der erwähnten Intervention jedenfalls hätte zu zeigen, ob die mit Verve vorgetragene Patronage eine „verfrühte Determinierung"43 womöglich begünstigte. Es lag nahe, unter diesem Vorzeichen auch dem inzwischen existierenden „Intelligenzblatt" die erwähnte Funktion zuzuschreiben, wenn es darum ging, alle Mittel einzusetzen, um die umfassende Säkularisierung zu verwirklichen. Unter einem solchen Vorzeichen jedenfalls bot der Verfasser ein Seminar mit dem Titel: ,Das Intelligenzblatt als Medium der Aufklärung' in der Universität Bremen zum Sommersemester 1978/79 an. Die unverhoffte Begegnung mit einem erst neu zu vermittelnden Gegenstand verhinderte selbstverständlich eine schlüssige Antwort auf die versteckt gestellte Frage. Immerhin konnte als auffälligstes Merkmal herausgestellt werden, daß das Intelligenzblatt flächendeckend der säkularisierten Sprache zum Durchbruch verholfen hat, was mehreres zugleich bedeutet: • Obwohl die jeweilige Verbreitung des einzelnen Intelligenzblattes regional begrenzt war, wurden die hier niedergelegten Aussagen nicht in der einer jeweiligen Region üblichen Mundart zu Papier gebracht, sondern - wie verabredet nur, und zwar ohne Ausnahme, in der überregionalen Nationalsprache. • Inhaltlichkeit jenseits rein merkantiler Hinweise nähert sich fortschreitend der rein säkularisierten Aussage an. • In Syntax und Wortwahl ist deutlich die Bereitschaft erkennbar, sich dem potentiellen Leser anzupassen, und schon d'Ester stellt es als einen besonderen Vorzug des Intelligenzblattes heraus, daß „es die Gelehrten zwang, die Ergebnisse ihrer Wissenschaft in einer knappen und leicht lesbaren Form vor die Leser zu bringen."44 • In Verbindung mit herausgegebenen Anleitungen, wozu vor allem die „Intelligenzblätterkunde" von 1802 gehört, werden Barrieren abgebaut. Selbst der sprachlich unbeholfene Leser fühlt sich so ermuntert, auch ein Inserat aufzugeben. Aber gerade wegen dieser , Verdienste' mußte offenbleiben, ob das Intelligenzblatt als Agent oder als Instrument der Aufklärung anzusehen war. Wer also hatte wen instrumentalisiert ? 43

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Friedrich Huneke: Die 'lippischen Intelligenzblätter' (Lemgo 1767-1799). Bielefeld 1989. S. 16. K. d'Ester: Zeitungswesen (Anm. 35) S. 39.

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So waren darum statt der herbeigesehnten Antworten nur Fragen herausgefordert worden: Sollte es wirklich ausgereicht haben, daß mit enttheologisierten Texten, regelmäßig unter die Leute gebracht, ein wünschenswertes Konzept hätte realisiert werden können? Und wenn schon: Sollten es denn ausgerechnet diese Texte gewesen sein, deren schließlich die gesellschaftliche Erneuerung zu verdanken war? Wurde man überhaupt dem Wesen dieses Blattes gerecht, wenn man es einem derartigen Kausaldeterminismus unterwarf? Wie die Antwort ausfiel, zeigt schon die nächste Publikation im Titel an: ,Das Intelligenzblatt - eine Forschungslücke' .45 Ohne die erwähnte Vorwegnahme im Prinzip in Zweifel zu ziehen, hatte sich jedenfalls nur die Blickrichtung, soweit es um die Einschätzung des Intelligenzblattes ging, entscheidend geändert. Vielleicht war dabei nicht nur die Vorstellung unbegrenzter Formbarkeit der Verhältnisse einer mehr nüchternen Einschätzung interaktiver Möglichkeiten gewichen; es hob sich fast unbemerkt ein Gesichtspunkt nach vorn, der den historischen Vorgängen so etwas wie eine Unabhängigkeit zuzuschreiben schien, nur war es methodologisch noch nicht faßbar, einfach deswegen auch, weil die erwähnte Zäsur letztlich in ihrer Stimmigkeit noch nicht zu überzeugen schien. Gerade die dann folgenden Arbeiten trugen entscheidend dazu bei, daß dann über den damit eröffneten Diskurs schrittweise auch zu jener Zäsur gefunden wurde, die, dann die Aufklärung darin einbindend, zu aufhellender Klarheit führte. An erster Stelle ist hier die 1989 erschienene Arbeit von Friedrich Huneke mit dem Titel: ,Die Lippinischen Intelligenzblätter (Lemgo 1767 - 1799)' zu nennen. Wenn es der Aufklärung darauf ankam, auf Wirksamkeit der von ihr erwünschten Säkularisierung zu dringen, dann war es der Forschung anheimgestellt, anhand der von ihr in Anspruch genommenen Medien auch die tatsächliche Wirkung zu belegen. Aber Huneke stellt von vornherein klar: „Die Frage der tatsächlichen Wirkungsweise (bleibt) [...] fast unlösbar."46 Damit war der Schlüssel genommen, aus der Intention der Aufklärung heraus diese irgendwie zum Intelligenzblatt in Beziehung zu bringen. Folgerichtig ist damit das Plädoyer für die „kritische Wiedereinführung in die Sozialwissenschaften" 47 , womit zugleich auch gesagt ist, daß mit der forschenden Bewältigung des Gegenstandes ,Intelligenzblatt' nicht über die Hermeneutik hinausgedacht werden könne. Ein so ausgedrückter Verzicht auf sichtbare, äußere, also auch meßbare Indizien fortschreitender Säkularisierung, etwa nachzuweisen in der fortlaufenden Steigerung der Disziplinierung, weist einer Betrachtungsweise den Weg, Intelligenzblattforschung auch ganz ohne Bezug zur Aufklärung zu betreiben. Zumindest soll hiernach das Blatt nicht zum Hand45

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Gerhardt Petrat: Das Intelligenzblatt - eine Forschungslücke. In: Elger, Blühm, Hartwich, Gebhardt (Hg.): Presse und Geschichte II. München, London, New York, Oxford, Paris 1987. S. 207-231. F. Huneke: Die 'Lippischen Intelligenzblätter' (Anm. 43) S. 11. F. Huneke: Die 'Lippischen Intelligenzblätter' (Anm. 43) S. 24.

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langer einer rigoristischen Auslegung aufklärerischer Intervention abgestempelt werden, welche die Tendenz in sich trage, daß „abweichendes Verhalten schon in der Wurzel ausgerottet werde." 48 Huneke wendet sich wohl aus Prinzip gegen die „Überbetonung der gesellschaftlichen Einflüsse". 49 Alles in allem wird wohl Böning zuzustimmen sein, daß hiermit „ein Anfang gemacht"50 wurde, jenseits ideologischer Einbindungen „Vielfältigkeit" des wissenschaftlichen Diskurses aufzuweisen. Dabei habe man selbst „nur vorsichtige Vermutungen" 51 äußern wollen. Die eigenen Bemühungen waren nur zur „Fallanalyse" zurückzustufen, um ihre Multiplikation zu stiften und eine „Generalisierbarkeit" in Aussicht zu stellen. Das gelte für ein Phänomen, das sich zeitgleich mit der Blütezeit der Aufklärung präsentiert, ohne daß dieser Umstand im Titel überhaupt erwähnt wird. Ganz im Gegensatz hierzu - und das gilt auch für den methodischen Zugriff unterwirft Thomas Kempf von vornherein das Intelligenzblatt dieser Zeiterscheinung (,Aufklärung als Disziplinierung') 52 . Mit dem Prädikativ wird die Betrachtung eingeengt auf den einen Gesichtspunkt der ,Sozialdisziplinierung'. Es wird also ungeprüft der Auffassung von Oesterreich ein höchster Erkenntniswert zugedacht, wonach Disziplinierung die „Voraussetzung für jene Fundamentaldemokratisierung des bürgerlich-demokratischen Gemeinwesens" 53 gewesen sei, vermittelt durch dafür hergerichtete Instrumente. Einem davon, dem Intelligenzblatt, gilt dann das ausschließliche Interesse. Eine so einseitige Betrachtungsweise wird beispielsweise von Böning ausgiebig kritisiert. Dennoch kommt sie einem diesbezüglichen Forum zugute. Denn eine Episode, die den Interventionsgedanken allzusehr strapazierte, liefert der Forschung immerhin einen wichtigen weiteren Gesichtspunkt, den der tatsächlich stattgefundenen Säkularisierung. Man wird also künftig in Rechnung zu stellen haben, daß in dem Umstand ein Erkenntniswert stecke, einer irgendwie ins Werk gesetzten Drift zu vertrauen. Es galt ja schon 1783, bezogen auf das Intelligenzblatt: „Man liest sie, weil man sie bezahlen muß, es bleibt immer etwas hängen, mit der Zeit wird das Lesen zum Bedürfnis, und es entsteht ein heilsamer Durst nach Wahrheit."54 Ein solcher Prozeß wird sich schon das Etikett,sanfte Säkularisierung' gefallen lassen müssen.

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F. Huneke: Die 'Lippischen Intelligenzblätter' (Anm. 43) S. 35. F. Huneke: Die 'Lippischen Intelligenzblätter' (Anm. 43) S. 39. Holger Böning: Das Intelligenzblatt - eine literarisch-publizistische Gattung. In: Internationales Archiv f. Sozialgeschichte der deutschen Literatur. Bd. 19 (1994). Η. 1, S. 22-32, hier S. 32. F. Huneke: Die 'Lippischen Intelligenzblätter' (Anm. 43) S. 14. Thomas Kempf: Aufklärung als Disziplinierung. München 1891. T. Kempf: Aufklärung (Anm. 52) S. 41. Zitiert nach O. Groth: Die Zeitung (Anm. 36) S. 637 und H. Max: Intelligenzblatt (Anm. 2) Sp. 1841.

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Greiling verwendet diese Kennzeichnung nicht ausdrücklich. Er spricht aber stattdessen aber von „gemäßigter Aufklärung" 55 , wenn er auch über das Schlüsselwort des Titels gesellschaftlicher Wandel' dem Interventionsgedanken verpflichtet bleibt. Immerhin öffnet er zugleich auch den Horizont für eine Sichtweise, die für weitere Forschungen von erheblicher Tragweite werden könnte. „Das Phänomen einer intensiven Vernetzung" 56 wird hier nicht neu erfunden, aber im Kontext „politischer Modernisierung" (wie Anm. 56) fällt damit dem Intelligenzblatt eine so bedeutsame Funktion zu, daß sich zwangsläufig daraus neue Fragerichtungen ableiten müßten.

4. Das Intelligenzblatt - auch ein Medium der , inneren Drift' Konrad Ehlich bringt im Jahre 1999 - in einem scheinbar ganz anderen Zusammenhang - den Begriff der „inneren Drift" 57 ins Spiel. Gemeint ist damit ein historischer Vorgang, der, die erwähnte Zäsur vorausgesetzt und am rechten Ort piaziert, Ereignisfolgen plötzlich plausibel werden läßt, wobei dann die Antwort auf die Frage ohne Bedeutung bleibt, welche äußeren Einflußnahmen solchen Prozessen ihnen ihre Geschwindigkeit verleihen. Hiernach wird jene Zäsur an jenen Ort verlegt, wo durch die Erfindung nicht so sehr wie durch die Einführung der beweglichen Lettern aus einer „extrem elitären Wissensspezialisierung" eine „Einführung aller in das Gesamtwissen" 58 wird. Im Laufe der Zeit löst dann eine „erfolgreiche Textart"59 die nächste ab. So gesehen zieht dann sogar wieder die empirische Sozialforschung daraus ihren Gewinn, belebt also auch die Intelligenzblattforschung. Nun läßt sich nämlich leicht nachweisen, daß wirtschaftliche Umsicht wie pragmatisches Denken hinreichende Kräfte mobilisierten, um eine „innere Drift" zu bewirken, dergestalt, daß die jeweilige Form der „Verschriftung" zusah, auf der Höhe der Zeit zu bleiben. Folglich erweiterten und veränderten sich die Inhalte identisch mit den „Märkten des Buchdrucks" 60 . So gab es dann im Laufe der Jahrhunderte wiederholt „Popularisierungsschübe" (S. 11); die „neue Wissensdis-

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Werner Greiling: Intelligenzblätter und gesellschaftlicher Wandel in Thüringen. München 1995. S. 31. W. Greiling: Intelligenzblätter und gesellschaftlicher Wandel (Anm. 55) S. 9. K. Ehlich: Der Katechismus (Anm. 6) S. 17. K. Ehlich: Der Katechismus (Anm. 6) S. 18. K. Ehlich: Der Katechismus (Anm. 6) S. 9. Brigitte Schlieben-Lange: Einleitung zu Katechese, Sprache, Schrift. Gesamttitel v. Heft 116 der Zeitschrift f. Literaturwissenschaft und Linguistik. Stuttgart, Weimar 1999. S. 7.

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tribution"61, so verstanden, läßt einen Ansatz bei der Aufklärung als zu eng erscheinen, zumal, wie Greiling zeigt, 1602 in Thüringen, also erst sehr spät, die früheste Drucklizenz vergeben wurde, aber schon 1709, demnach vor Beginn der Aufklärung, alle Städte Thüringens eine Druckerei besaßen.62 Diese Betrachtungsweise benötigt immerhin keine verklärten Vorgaben. Und auch ein anderes Argument, zuletzt vorgebracht von Hubert Max, trifft dann nicht mehr den Nerv der Argumentation: „Geschichtlich betrachtet, ist das Verdienst des Ibl. nur dadurch geschmälert, daß es nicht zeitig genug von der Bühne abgetreten ist."63 Ohne die Vorstellung, Intelligenzblätter hätten die Beförderer politischer Tugenden zu sein, kehrt sich ja die Argumentationskette geradezu um. Kalkulationsbedingte Situationen regulierten die zeitgerechte Wendigkeit der Druckereibesitzer seit Gutenberg. Sie waren herausgefordert auch durch den „Konkurrenzdruck"64 untereinander. Das kam letztlich einer territorialen Erschließung zugute, so daß dann im Zuge historischer Kontinuität nicht so sehr der Gesichtspunkt einer jeweiligen Patronage gesellschaftliche Qualitätssprünge zu verzeichnen sind, sondern primär in der Pragmatik der Antrieb zu suchen wäre. Umgekehrt wäre es darum der Forschung aufgegeben, via Methode der Abduktion Rückübersetzungen in gesellschaftliche Ausgangslagen zu erfassen, um sie, am Prinzip der Plausibilität gemessen, in eine manifeste Kette wirtschaftlicher Kommunikationsbestände einzufügen. Wie dies im einzelnen zu behandeln wäre, will ich am Beispiel einer Dienstleistung veranschaulichen und wähle dafür ausdrücklich ein Intelligenzblatt des abgelegenen Winkels.65 Fast überflüssig, hier noch auf die betriebswirtschaftliche Transparenz hinzuweisen; aber wichtiger Grund dafür, sich mit seinem Anliegen diesem Blatt anzuvertrauen. Es handelt sich hier um einen , Gläubiger-Aufruf, um ein Inserat also wie viele davor und danach auch. Das Besondere daran ist hier, a) den Vorgang vor der Aufgabe des Inserats in allen Einzelheiten nachvollziehen zu können. Dazu gehört auch die Abwicklung des finanziellen Teiles sowie die Absicherung durch entsprechende Unterschriften. b) Entscheidend ist jedoch, daß dafür ein Vordruck zur Verfugung steht, der also nicht nur die Verfügbarkeit für derlei Anliegen zum Ausdruck bringt, sondern auch die Geschäftsmäßigkeit solcher Veröffentlichungen belegt. Dem dürren Aufruf von 13 Zeilen, nachzulesen in der ,Avertissements-Beilage' zu Nr. 37 des Jaler Merkur, zugleich Amts- und Intelligenz-Blatt für das Oberamt Geildorf vom 8.

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K. Ehlich: Der Katechismus (Anm. 6) S. 27. Werner Greiling: Presse, Publizistik und 'Öffentlichkeit' im 18. und frühen 19. Jahrhundert. Habilschrifit 1998. Jena. S. 172. H. Max: Intelligenzblatt (Anm. 2) Sp. 1843. Ulrich Hagenah: Rheinische Intelligenzblätter von 1727 bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts. Köln 1990. S. 184. Quelle: Haller Merkur und Amts- und Intelligenz-Blatt für das Oberamt Gaildorf. Nr. 37 v. 8. Mai 1840.

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Mai 1840, geht ein Verfahren voraus, das in weiten Teilen reproduzierbar ist und darum im wahrsten Sinne des Wortes als ,Vor-Druck' bereitgestellt werden kann. Ein entsprechender ,Vor-Druck', 4 Vi Jahre später ausgestellt und dazu in einer Metropole, fällt dann schon sehr viel knapper aus. Dies also - und nicht der „Disziplinierungsdiskurs", wird darum im Blick auf das Intelligenzblatt „als konstitutiver Faktor im Prozeß gesellschaftlicher Modernisierung begriffen werden müssen."66 Mit Hilfe der Forschung könnte uns dann ein Lehrstück vorgeführt werden für zeitgerechte Wendigkeit in Wirtschaftsfragen.

5. Schlußbetrachtung Vor dem Erfahrungshintergrund der 1. Alphabetisierung wird deutlich, wie schwer es fällt, einen erst über die politische Konjunktur der wissenschaftlichen Behandlung zugefiihrten Gegenstand auf eine fest umrissene Grundlage zu stellen. Ursprünglich nur als Druckmittel der Obrigkeit eingesetzt, um handwerkliche Arkanpraxis zu überwinden67, verselbständigte sich dieses Blatt im Laufe der Zeit zunehmend und übernahm gleichsam beiläufig zum erklärten Zweck, einer kapitalistischen Wirtschaftsordnung dienstbar zu sein, kommunikative Funktionen. Unbestritten bleibt der Beitrag erleichterten Umganges mit der Verkehrssprache, auch der zur Vereinheitlichung der Verkehrssprache überhaupt. Wenn wirklich ein besonderer Akzent zu setzen ist, dann der einer gelungenen regionalen Verdichtung, und zwar deswegen, weil die sich nun einmal vollziehende Säkularisierung, indem sie sich als sanft präsentierte, im Zuge der erwähnten Alphabetisierung sich auch dem Letzten verständlich machen konnte. Über all dem steht aber die Tatsache der Eingebundenheit in eine drucktechnische Kontinuität, die gerade erst durch eine zweckmäßige Rollenverteilung zu einem „regelrechten Netzwerk der Kommunikation" 68 führte. Anders ausgedrückt: die pragmatische Sichtweise der Druckereibetriebe, ihre eigene Auslastung zu sichern, liefert möglicherweise die sicherste Gewähr für eine nachvollziehbare Forschungspraxis. Vielleicht fällt dann sogar noch ein handgreiflicher Gewinn ab, wenn es derzeit darum geht, die 2. Alphabetisierung auch regional zu bewältigen. In dem Maße, wie so die Aus-

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Holger Böning: Das Intelligenzblatt - eine literarisch-publizistische Gattung des 18. Jahrhunderts. In: Internationales Archiv für Sozialgeschichte der deutschen Literatur. Bd. 19 (1994). S. 23-32, hier S. 28. Gerhardt Petrat: Wir ersuchen unsere Landsleute. Medientexte 5/1994. Bremen. S. 152-182, hierS. 182. Holger Böning: Aufklärung und Presse im 18. Jahrhundert. In: Hans-Wolf Jäger (Hg.): 'Öffentlichkeit' im 18. Jahrhundert. Göttingen 1997. S. 151-163, hier S. 163.

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einandersetzung mit schon einmal ausgewiesener Verfügbarkeit hinsichtlich gesellschaftlicher Bedürfnisse in den Anwendungsbereich hineinwirkt, nimmt sie sogar den Charakter einer ,positiven Wissenschaft' an.

Magazine für alle Gattungen der menschlichen Bedürfnisse. Intelligenzblätter in Sachsen und Thüringen1 Werner Greiling

Eines weit grösseren Publicums als alle Bücher, alle wirkliche und mögliche gelehrte Literatur-Zeitungen haben sich grösstentheils Deutschlands Volkszeitungen zu rühmen. Auf sie sollte nicht blos die sittenpoliceyliche Censur mehr achten, sondern auch der aufmerksame Beobachter der steigenden oder sinkenden Cultur einer Nation. Denn dass durch solche Volksblätter auf das Volk, diesen grossen Haufen, weit mehr als durch alle hochgelehrte und speculative Demonstrationen, ja selbst als durch alle Volksbücher gewirkt wird, wer begreift das nicht?1 Mit diesen Worten beginnt ein Beitrag über die Zeitungsliteratur Chursachsens und der Lausitz aus dem Jahre 1806, in welchem vornehmlich sächsische Intelligenzblätter aufgezählt und beschrieben werden. In einer Zeit, in der das Intelligenzwesen in Deutschland seinen Höhepunkt bereits überschritten hatte, war es nach wie vor schwierig, die diversen Wochenblätter klar voneinander zu scheiden. Doch zugleich war das Bedürfnis gewachsen, den Entwicklungsstand der Presse zumindest zu bilanzieren. Mehrere zeitungsgeschichtliche Abhandlungen, die sich

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Der Beitrag ist die erweiterte Fassung eines Vortrage auf der Augsburger Tagung "Pressewesen der Aufklärung". Einige Passagen zu den Intelligenzblättern in Thüringen lehnen sich an zwei Studien aus meiner Feder an, die ich zugleich zur vertiefenden Lektüre empfehle. Werner Greiling: "Intelligenzblätter" und gesellschaftlicher Wandel in Thüringen. Anzeigenwesen. Nachrichtenvermittlung, Räsonnement und Sozialdisziplinierung. München 1995; ders.: "...dem gesellschaftlichen Leben der Menschen zur Aufnahme, Vortheil und Beförderung." "Intelligenzblätter" in Thüringen. In: Internationales Archiv für Sozialgeschichte der deutschen Literatur. SH 8: Literatur, Politik und soziale Prozesse. Studien zur deutschen Literatur von der Aufklärung bis zur Weimarer Republik. Tübingen 1997. S. 1-39. Zeitungsliteratur Chursachsens und der Lausitz. In: Neues Allgemeines Intelligenzblatt für Literatur und Kunst zur N.[euen] Leipz.[iger] Lit.[eratur]Zeitung gehörend, 12. Stück vom 8.03.1806. Sp. 177-190, hier Sp. 177.

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etwa um 1800 datieren lassen, machen dies deutlich.3 Der ungenannte Verfasser des zitierten Beitrags versucht sich dabei nicht an Definitionen zum Intelligenzblatt, sondern er benutzt den übergeordneten Begriff der ,Volksblätter', um jene Periodika zu bezeichnen, die im Unterschied zu den gelehrten Zeitschriften ein breites Publikum ansprachen, die also tatsächlich das einfache Volk in Stadt und Land erreichten. Diese ephemerische Volksliteratur sei durchaus der Beschäftigung wert, so der Verfasser. Dem ächten Freunde der Cultur, der die Literatur nicht blos nach Büchern zählt, kann auch dieser Zweig menschlicher Geistesbeschäftigung nicht gleichgültig, nicht geringfügig erscheinen,4 Allerdings gab es zu jener Zeit auch schon einen Diskurs über den Nutzen und Wert der Intelligenzblätter im engeren Sinne. In der Ankündigung für ein Intelligenzblatt im südthüringischen Meiningen hieß es bereits 1763: Der Vortheil ist allzugroß, welchen die Intelligenzblätter oder wöchentlichen Nachrichten dem Publico verschaffen, als daß nicht die ansehnlichsten Städte in Teutschland den Nutzen dieser Blätter längst gesehen hätten. Weitläufige Städte würden ohne diese Nachrichten manchen Vortheil entbehren müssen, den sie durch diese wohlfeile Vermittlung erhalten. Es würde zu beschwerlich, es würde ohne Intelligenz-Blätter unmöglich seyn, allen Einwohnern der größten Städte gleichsam in einem Augenblicke alles zu sagen, was sich in der Stadt vor wenigen Stunden zugetragen hat. In kleineren Städten sieht man schon, wie mühsam es ist, allen Bewohnern derselben eine Nachricht, ohne den Gebrauch eines Intelligenz-Blattes, bekannt zu machen. [...] Noch beträchtlicher ist der Nutzen der Intelligenz-Blätter bey wichtigern Vorfällen, die nicht bloß dem Bürger, sondern auch den benachbarten Ortschaften zu wissen nöthig sind.5 Der vorliegende Beitrag widmet sich diesen Magazine[n] für alle Gattungen der menschlichen Bedürfnisse6 in Sachsen und Thüringen. Dabei werden beide Regionen zunächst in ihrer spezifischen Bedeutung als Presselandschaften vorgestellt. Denn die territorialstaatlichen Unterschiede zwischen Sachsen und Thüringen sowie die jeweils spezifischen politischen Rahmenbedingungen führten zu markanten Differenzen bei der Entwicklung der Presse, die sich auch auf die Intelligenzblätter ausgewirkt haben: auf ihre Anzahl und auf ihre Verbreitung, auf

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Vgl. vor allem Joachim von Schwarzkopf: Ueber politische Zeitungen und Intelligenzblätter in Sachsen, Thüringen, Hessen und einigen angränzenden Gebieten. Gotha 1802; ders.: Ueber politische und gelehrte Zeitungen, Meßrelationen, Intelligenzblätter und über Flugschriften zu Frankfurt am Mayn. Ein Beytrag zu der Geschichte dieser Reichs-Stadt. Frankfurt am Mayn 1802; ders.: Ueber Zeitungen. Ein Beytrag zur Staatswissenschaft, Frankfurt am Mayn 1795; ders.: JJebersicht der sämmtlichen Intelligenz- und Nachrichtenblätter in Deutschland. In: ,Neues Hannoverisches Magazin'. 60. Stück vom 27.07.1801. Sp. 961-976; [T. 2] In: 61. Stück vom 31.07. 1801. Sp. 977-980. Zeitungsliteratur Chursachsens (Anm. 2) S. 178. Nachricht von einem IntelligenzBlatt. Meiningen 1763. unpag. Von den Intelligenz-Blättern überhaupt und der Einrichtung des gegenwärtigen. In: ,Wöchentliches Frankenhäusisches Intelligenz-Blat'. 1. Stück vom 02.01.1765. S. 1.

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ihre spezifische Funktion im Zusammenspiel mit anderen Periodika, aber auch auf ihr Profil und auf ihre Bedeutung für die Leserschaft. Abschließend sollen die Entstehung und Entwicklung der Intelligenzblätter beleuchtet sowie ihre Profile, Absichten und Wirkungen analysiert werden.

1. Sachsen als Presselandschaft Das Kurfürstentum und spätere Königreich Sachsen entstand im Ergebnis der Leipziger Teilung von 1485 zwischen Kurfürst Ernst und Herzog Albrecht von Sachsen und damit aus der gleichen Quelle wie die ernestinischen Herzogtümer in Thüringen. Die darauffolgende Entwicklung jedoch verlief fast entgegengesetzt, 7 denn Sachsen blieb ein territorial weitgehend geschlossener Mittelstaat. Nachdem 1694 Kurfürst Johann Georg IV. verstorben war, übernahm sein zwei Jahre jüngerer Bruder Friedrich August I. die Regierung. Damit begann für Kursachsen das „Augusteische Zeitalter". Wie man diese Zeit im einzelnen auch bewertet: Sachsen stieg in den Kreis der führenden deutschen Staaten auf und wurde zugleich eine Macht, die man im europäischen Mächtekonzert zumindest zur Kenntnis nahm. Dies war auch deshalb möglich, weil Friedrich August I. nach dem Tod des polnischen Königs Johann Sobieski 1697 als August II. die polnische Königskrone erlangte. Eine wichtige Voraussetzung für diese Rangerhöhung war der Übertritt August II., auch ,der Starke' genannt, zum Katholizismus. Die Bevölkerung Sachsens blieb aber - ähnlich wie in Thüringen - ganz überwiegend protestantisch. Im Innern des Landes versuchte man, mit der Wirtschaftspolitik Akzente zu setzen und die Verwaltung zu verbessern. Ziel war eine effektive absolutistische Regierungsform. Nach dem Tod von Friedrich August I. 1733 übernahm sein Sohn den Thron. Als Kurfürst Friedrich August II. führte er nach seiner Wahl zum König von Polen zugleich den Namen August III. Unter Friedrich August II. stieg der Premierminister Heinrich von Brühl zu einer fast allmächtigen politischen Persönlichkeit auf. Brühls Einfluß erstreckte sich gleichermaßen auf die Innenpolitik wie auf die Außenpolitik. Im Vergleich zur Entwicklung unter August „dem Starken" sind in diesen Jahrzehnten Tendenzen des Niedergangs jedoch unverkennbar. Sie mündeten am Ende des Siebenjährigen Krieges in einen fast vollständigen wirtschaftlichen und politischen Zusammenbruch. Die Jahrzehnte nach 1763 sind die Zeit des sogenannten Retablissements, einer Reform- und Erneuerungsbewegung. Im Jahre 1765 erfolgte der offizielle Verzicht des Hauses Wettin auf die polnische Krone. Damit endete im Oktober 1765

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Vgl. u.a. Rudolf Kötzschke, Hellmut Kretzschmar: Sächsische Geschichte. Dresden 1935 (Neudruck: Augsburg 1995); Karl Czok (Hg.): Geschichte Sachsen. Weimar 1989.

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die polnisch-sächsische Union. Von der Situation in den sechziger Jahren abgesehen, blieb es aber dabei, daß Sachsen im 18. Jahrhundert ein relativ großer und wirtschaftlich wie politisch bedeutender Mittelstaat war. Sachsen verfügte über zwei markante Zentren: Dresden als Residenzstadt und als Kulturstadt von europäischer Bedeutung sowie Leipzig als Universitätsstadt und bedeutender Handelsund Wirtschaftsstandort. Die Bevölkerungszahl des Kurfürstentums Sachsen betrug um 1800 etwa zwei Millionen, mehr als doppelt so viel wie in Thüringen. In Kursachsen fallen im 18. und frühen 19. Jahrhundert nach bisherigem Kenntnisstand vier journalistische Subregionen' auf. Dies waren zunächst die beiden Großstädte Leipzig und Dresden. Sie zeichneten sich jeweils durch eine starke Ausstrahlung über die Stadtgrenzen hinweg aus. Im Falle Dresdens wirkte dieser Einfluß vor allem in Richtung Osterzgebirge, was offenkundig das Erscheinen von neuen Zeitungen in diesem Raum lange Zeit verhinderte. Die Lausitz mit den Hauptpublikationsorten Bautzen, Zittau und Görlitz, wo sich besonders in den 1780er Jahren eine beachtenswerte Presse etablierte, spielte ebenfalls eine gewisse Rolle. Ein viertes Netz von Zeitungsgründungen spannte sich um 1800 über das Erzgebirge und sein Vorland, wobei es sich weitgehend um Intelligenz- und Wochenblätter handelt. Blickt man auf eine Landkarte von Kursachsen, so gewinnt man den Eindruck, daß zwischen Leipzig und Dresden im 18. Jahrhundert kaum Raum für Zeitungsgründungen war und daß der Norden des Landes ebenfalls weitgehend ausgespart blieb. Hinsichtlich der Rahmenbedingungen für das Pressewesen betrachtete man im Kurfürstentum Sachsen ebenso wie in der Kleinstaatenwelt Thüringens die reichsgesetzlichen Regelungen für den Buchdruck und die Presse als verbindlich. Zugleich wurde versucht, mit einzelnen Dekreten und Reskripten auch der spezifischen sächsischen Situation Rechnung zu tragen. Das erste diesbezügliche Mandat stammt vom 10. Januar 1549. Präzisierte Zensurvorschriften, die über einen Bezug auf die Reichsgesetze und auf die Kirchenordnung hinausgehen, datieren vom Jahr 1594.8 Erst in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts kam es dann zu neuen Vorschriften und zugleich zu einer strafferen Handhabung und Organisation der Zensur. Das zeigte sich auch darin, daß in den Jahren 1699, 1702, 1705 und 1706 in rascher Folge Reskripte in Kraft gesetzt wurden, die im Detail jeweils neue Zensurfestlegungen enthielten. Für eine Umgehung der Zensur wurde 1698 sogar die Leib- und Lebensstrafe angedroht.9 Eine Generalverordnung gegen das Drucken nichtswürdiger und ärgerlicher Schriften stammt vom Oktober 1710. Und am 20. September 1717 machte ein Generale die Zensurbehörden dann dafür verantwortlich, daß alles ungebührliche

Vgl. Johann Goldfriedrich: Geschichte des Deutschen Buchhandels. Bd. 2. Leipzig 1908. S. 160f. Vgl. Agatha Kobuch: Zensur und Aufklärung in Kursachsen. Ideologische Strömungen und politische Meinungen z u r Z e i t der sächsisch-polnischen Union (1697-1763). Weimar 1988. S. 2 5 ff.

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Raisonnieren über Staats- und Reichstagsangelegenheiten unterbleibe. Mit dem Regierungsantritt des Kurfürsten Friedrich August II. im Jahre 1733 war dann erneut eine Verschärfung der Zensurvorschriften spürbar. Es wurde verboten, Fragen des öffentlichen Rechts ohne Zensur zu disputieren, zu drucken und zu verkaufen. Weitere Bestimmungen folgten, so am 7. Februar 1750 das Patent yvider die Pasquill-, Schmäh- und Drohungsschriften, das für mündliche und schriftliche Kritik an öffentlichen Angelegenheiten strenge Strafen in Aussicht stellte. Insgesamt kann man konstatieren, daß die kursächsischen Reskripte und Mandate, die sich zwischen 1697 und 1763 dem Buchhandel und dem Zensurwesen widmeten, keine generelle Regelung darstellten. Vielmehr reagierte man vor dem Hintergrund der entsprechenden Reichsbestimmungen jeweils auf die aktuellen Verhältnisse und auf spezifische Ereignisse. Erst durch ein Generale vom 30. September 1779 wurde die Zensur neu geordnet und organisiert.10 Damit kam eine allgemeine Regelung und Vereinheitlichung zustande, die nun für das ganze Land Geltung besaß. Grundsätzlich sollte in Sachsen nichts ohne Censur gedruckt" werden. Als zensurwidrig beschrieb das Generale Schriften, die sich nicht mit Reichsgesetzen, insbesondere den durch den Religions- und Westfälischen Frieden geschaffenen Verhältnissen vereinbaren ließen, sowie solche, die sich allgemein gegen die Religion und gegen die Kirchenverhältnisse in Deutschland richteten. Ferner wurden auch Schmäh- und Spottschriften verboten, die sich gegen den Landesherrn, gegen einzelne Beamte oder sonstige staatliche Einrichtungen richteten. Unter dem Datum des 7. April 1786 wurden die Zensoren in Kursachsen zur strafferen Ausübung ihrer Pflichten angewiesen, weil in mehrern deutschen Journalen das Ueberhandnehmen einer sträflichen Frechheit im Schreiben wahrzunehmen gewesen'2 sei. Seit 1789/90 wurde der Kurs erneut verschärft. Die Zensur richtete sich nun gegen all jene Schriften, die die staatliche Ordnung wirklich oder nur scheinbar bedrohten und die gegen die geltenden Sitten und die Religion verstießen. Ein Generale vom 11. September 1790 diente genau diesem Ziel. In ihm war erstmals davon die Rede, daß mittels Schriften vom Gehorsam gegen die Obrigkeit abgezogen und zu aufrührerischen Bewegungen13 aufgerufen werde. Als es dann unter dem Einfluß der Französischen Revolution tatsächlich zu Unruhen und zu einem massiven Streben nach Öffentlichkeit kam, setzten die sächsischen Behörden die-

10

11 12 13

Vgl. Wilhelm Michael Schaffrath: Codex Saxonicus. Chronologische Sammlung der gesammten praktisch=gültigen Königlich Sächsischen Gesetze von den ältesten Zeiten, vom Jahre 1255 an bis zum Schlüsse des Jahres 1840. Bd. 1. Leipzig 1842. S. 1071 f. Vgl. auch Herbert Dietrich: Das Recht der literarischen Meinungsäußerung in Sachsen 1549-1874. Jur. Diss. Dresden 1934. S. 12ff. Vgl. W. M. Schaffrath (Anm. 10) S. 1071. W. M. Schaffrath (Anm. 10) S. 1203. W. M. Schaffrath (Anm. 10) S. 1241.

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sem Ereignis am 1. Januar 1791 das „Mandat wider Tumult und Aufruhr" entgegen.14 Nach 1800 zeigten sich zeitweise Tendenzen einer gewissen Lockerung. Im Jahre 1806 mündet die Geschichte Sachsens in die Rheinbundzeit, in der für das Pressewesen die zentralen Bestimmungen unter dem Protektorat Napoleons maßgeblich waren. Spezifische Bestimmungen für Sachsen folgten noch mit dem Generale vom 28. November 1811, durch welches der Privatgelehrte Johann August Brückner zum politischen Zensor für Leipzig bestellt wurde. Die Messestadt war längst zu einem Buchhandelszentrum und zu einer Medienmetropole geworden. Der Zensor war angewiesen, sein Augenmerk auf alle und jede, auch außerhalb Leipzig, in hiesigen Landen erscheinende Flug- und Zeitschriften, Tageblätter und Zeitungen15 zu richten und deren Inhalt zu prüfen. Alle sächsischen Buchdrucker wurden verpflichtet, kostenlose Belegexemplare sämtlicher Periodika an Brückner zur Nachzensur einzusenden. Den Bestimmungen vom November 1811 folgte bereits im August 1812 ein nochmals verschärftes Mandat, das Censur- und Bücherwesen betr. Offensichtlich durch den Druck des Protektors über den Rheinbund, Napoleon Bonaparte, entstanden, sollte es den Mißbrauch der Preßfreiheit im Voraus [...] verhindern, obwohl es Druck- und Pressefreiheit in Sachsen bis dato zu keinem Zeitpunkt gegeben hatte. Besondere Aufmerksamkeit galt jenen Schriften, welche auf die neuern Zeitverhältnisse von und mit dem Jahre 1788 an Beziehung haben. Ohne Vorzensur durften Verleger und Herausgeber in ihre Periodika keine andern, als die in der Leipziger politischen Zeitung, welche selbst der Censur des politischen Censors unterworfen ist, befindlichen Nachrichten, und diese ganz unverändert, aufnehmen16. Mit den äußerst restriktiven Bestimmungen von 1812 nahm man in Sachsen in gewisser Weise bereits „den Inhalt der Karlsbader Beschlüsse"17 von 1819 vorweg. Zensurinstanzen in Kursachsen waren der Kirchenrat und die Landesregierung, in geringerem Umfang auch das Geheime Konsilium und das Geheime Kabinett.18 Eine spezifische Rolle spielte zudem die Bücherkommission in Leipzig, die dem Kirchenrat unterstellt war.19 Der Kirchenrat hatte lange Zeit die Aufsicht über das gesamte Bücher- und Zensurwesen einschließlich der gesetzgeberischen Gewalt. Erst in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts wurde ein Teil dieser Befugnisse von der Landesregierung übernommen. Beschlossene Konfiskationen und Verbote wurden sowohl an die Konsistorien als auch an die weltlichen und kirchlichen 14

15 16 17 18 19

Zit. nach Peter Ufer: Leipziger Presse 1789 bis 1815. Eine Studie zu Entwicklungstendenzen und Kommunikationsbedingungen des Zeitungs- und Zeitschriftenwesens zwischen Französischer Revolution und den Befreiungskriegen. Phil. Diss. (MS). Leipzig 1995. S. 69. W. M. Schaffrath (Anm. 10) S. 1438f., hier S. 1439. W. M. Schaffrath (Anm. 10) S. 1444-1446, hier S. 1444. H. Dietrich (Anm. 10) S. 15. Vgl. A. Kobuch (Anm. 9) S. 29ff. Vgl. Kurt O. Schaffer: Die Leipziger Bücherkommission als Zensurbehörde 1800-1815. Leipzig, Borna 1911.

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Lokalbehörden weitergeleitet, also an Stadträte und Ämter, Gerichte und Superintendenturen. Diese hatten dann in ihrem Bereich über die Einhaltung der Verordnungen zu wachen und waren jene Organe, mit denen die Drucker, Verleger, Herausgeber und Redakteure von Intelligenzblättern in der tagtäglichen Praxis zu tun hatten. Betrachten wir die Zeitschriften, bietet sich eine schier unübersehbare Fülle.20 Deren eindeutige Zuordnung gelingt angesichts wechselnder Redaktions- und Druckorte nicht immer. Leipzig war nicht nur Zentrum des deutschen Buchhandels, sondern nahm in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts auch auf dem Markt der Periodika eine Sonderstellung ein. Hinsichtlich der Druckortangaben führte Leipzig die Statistik deutlich an. Allerdings verbarg die Angabe des Druckortes Leipzig nicht selten auch einen Redaktionssitz u.a. in Erfurt, Jena, Weißenfels, Halle, Dessau, Nordhausen oder Göttingen. Diese Beziehungen zwischen Druckort und Redaktionssitz machen eine klare Westorientierung der ,Leipziger' Periodika deutlich. Blickt man allein auf die durch die Bibliographie von Joachim Kirchner weitgehend erschlossene Situation zwischen 1789 und 1800, so zeigt sich, daß in Leipzig 16 Prozent aller in Deutschland erschienenen Zeitschriften publiziert wurden.21 Die Spezifik der herausragenden Stellung Leipzigs im Medienbereich liegt nicht nur in der durchweg behaupteten Spitzenposition in quantitativer Hinsicht. Leipzig war überhaupt ein Nachrichtenumschlagplatz par excellence, und die Stadt verfugte über ein großes, interessiertes und zahlungskräftiges Publikum. Vor allem aber verfügte Leipzig über eine große, weit verbreitete Tageszeitung, die ,Leipziger Zeitungen'. Die ,Leipziger Zeitungen' gehörten zu den ältesten kontinuierlich erscheinenden Zeitungen in Deutschland überhaupt. Dabei waren sie durchaus staatsfixiert und wenig kritisch. Bezogen auf die Periodika ließe sich die Stadt Leipzig zwar als großartig informiert, aber politisch wenig engagiert charakterisieren.

2. Thüringen als Presselandschaft Deutlich anders sah es dagegen in Thüringen aus. Thüringen war kein einheitlicher, geschlossener Staat. Vielmehr war Thüringen auf der überaus bunten Landkarte des Heiligen Römischen Reichs deutscher Nation ein rechter Flicken20

21

Vgl. die unvollständigen, aber nach wie vor unverzichtbaren Angaben bei Joachim Kirchner: Die Zeitschriften des deutschen Sprachgebietes von den Anfangen bis 1830 (Bibliographie der Zeitschriften des deutschen Sprachgebietes bis 1900. Bd. 1). Stuttgart 1969. Vgl. Matthias Middell: Journaux politiques au temps de la Revolution franfaise en Allemagne - quelques remarques sur l'exemple de Leipzig. In: Transactions o f the Eight International Congress on the Enlightenment. Oxford 1992. S. 1875-1877.

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teppich, ein besonders zerstückeltes und kleinräumiges Territorium.22 Dies gilt in hohem Maße für das Gebiet der Fürsten von Reuß. Sie teilten sich in eine ältere und eine jüngere Linie. Hauptstadt des Fürstentums Reuß ä.L. war Greiz. Die jüngere Linie Reuß verzweigte sich nochmals, nämlich in Reuß-Lobenstein, ReußSchleiz und Reuß-Ebersdorf. Deutlich größer als die Fürstentümer Reuß und politisch wie kulturell weit bedeutsamer waren die Herzogtümer der Ernestinen Mit der Leipziger Teilung war die gemeinsame Regierung des wettinischen Stammhauses bereits 1485 beendet worden. In der Folge durchliefen die Territorien der Ernestiner einen steten Wandel ihrer politisch-territorialen Gliederung. Eine gewisse Stabilität wurde erst im 18. Jahrhundert erreicht, nachdem man auch hier die Primogenitur eingeführt hatte. Im 18. Jahrhundert existierten die ernestinischen Herzogtümer Sachsen-GothaAltenburg, Sachsen-Weimar-Eisenach, Sachsen-Meiningen, Sachsen-Hildburghausen und Sachsen-Coburg-Saalfeld. Dazu kamen in Thüringen noch zwei schwarzburgische Fürstentümer, nämlich Schwarzburg-Sondershausen und Schwarzburg-Rudolstadt. Die größte Stadt Thüringens, Erfurt, gehörte bis 1802 politisch und verwaltungsmäßig zu Kurmainz. Zu Kurmainz gehörten auch einige Gebiete des Erfurter Umlandes. Danach kam Erfurt zu Preußen. Seit 1806 französisch, fiel die Stadt nach Napoleons Niederlage erneut an den preußischen Staat. Zwei freie Reichsstädte zählten im 18. Jahrhundert zu Thüringen, nämlich Mühlhausen und Nordhausen. Hinzu kam noch einiger thüringischer Territorialbesitz von Kursachsen und von HessenKassel. Dieses runde Dutzend Staaten verfügte über eine Fläche, die etwa ein Fünfzigstel des Heiligen Römischen Reichs deutscher Nation ausmachte. Nur um ein Geringfügiges höher war der prozentuale Bevölkerungsanteil. In den ernestinischen Herzogtümern lebten auf 7 764 km 2 etwa 405 000 Einwohner, in den zwei Fürstentümern Schwarzburg auf zusammen 1 925 km 2 rund 111 000 Menschen. Erfurt als größte Stadt Thüringens zählte am Ende des 18. Jahrhundert etwa 16 500 Einwohner, die Universitätsstadt Jena 4 500 und Ebersdorf, immerhin „Metropole" eines Fürstentums, nur wenige hundert. Ehemals ein Kerngebiet der Reformation, war Thüringen konfessionell überwiegend protestantisch. Einzige nennenswerte Ausnahme war damals wie heute das katholisch geprägte Eichsfeld. Thüringen definierte sich im 18. Jahrhundert also nicht politisch-dynastisch, sondern als alte, historisch gewachsene geographische Region und zunehmend als ein Kulturraum. Die politisch-territoriale Zerrissenheit hatte sicherlich manche Entwicklung erschwert. Den thüringischen Staaten kam machtpolitisch nur marginale Bedeutung zu. Statt von Zersplitterung kann man aber durchaus auch von politischterritorialer Vielfalt sprechen. Denn die skizzierte Situation wirkte sich nicht nur 22

Vgl. u.a. Hans Patze, Walter Schlesinger (Hg.): Geschichte Thüringens. Bd. 5. 1. Teil, 1. Teilbd. Köln, Wien 1982; Bd. 5. 1. Teil, 2. Teilbd. Köln, Wien 1984.

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hemmend aus. Sie bot auch spezifische Chancen, nicht zuletzt auf kulturellem Gebiet. Im 18. Jahrhundert hatten in vielen thüringischen Städten Buchdruck und Buchhandel längst Fuß gefaßt. Die Entstehung des Pressewesens war damit eng verbunden. Bereits 1674 wurden die ,Privilegirten Jenaischen Zeitungen' gegründet, 1691 folgte die ,Gothaische Privilegirte Zeitung'. Beide modifizierten mehrfach Titel und Erscheinungsbild, überdauerten jedoch das gesamte 18. Jahrhundert. Keine der thüringischen Zeitungen erlangte jedoch eine überregionale Bedeutung, die mit jener der ,Leipziger Zeitungen' gleichzusetzen wäre. Den zahlreichen Zeitungsgründungen in Erfurt war nicht einmal am Verlagsort dauerhafter Erfolg beschieden.23 Zu den frühesten Periodika in Thüringen zählten um 1700 auch mehrere Zeitschriften, die sich insbesondere an ein gelehrtes, akademisch gebildetes Publikum richteten. Im Gegensatz zu den Zeitungen erfuhr das Zeitschriftenwesen in der Folge eine beachtliche Ausweitung. Von den Anfängen bis 1830 sind in Thüringen mit mehr als 450 Journalen rund sieben Prozent der Zeitschriftengründungen des deutschen Sprachgebietes zu verzeichnen.24 Seinen Durchbruch erzielte das Zeitschriftenwesen in der Mitte des 18. Jahrhunderts. Die Zahl der Neugründungen stieg beispielsweise im Jahrzehnt von 1751 bis 1760 auf 28 an. Nach leichtem Rückgang in den Folgejahren kam es zwischen 1770 und 1815 zu einem regelrechten Gründungsboom. Zur beachtlichen Quantität gesellte sich in einer Reihe von Fällen auch überdurchschnittliche Qualität. Neben Zeitungen und Zeitschriften spielen in der Medienlandschaft Thüringens die Intelligenzblätter eine spezifische Rolle,25 auf die gesondert eingegangen wird. Weitere Periodika waren die ,Arnstädtische Zeitung', die seit dem 15. Januar 1794 in Schwarzburg-Sondershausen herauskam und wesentlich von politischen Nachrichten lebte. Sie war eine Abspaltung vom dortigen Intelligenzblatt und erschien nur wöchentlich. Die am 15. Juli 1800 gegründete ,Neue privilegirte Geraische Zeitung', hervorgegangen aus Christoph Gottlieb Steinbecks ,Aufrichtig-Deutscher Volks-Zeitung', zielte zwar ausdrücklich auf eine freymüthige Darstellung der Geschichte des Tages,26 vollzog allerdings nur allmählich den Übergang zum politischen Tagesblatt. Die ,Deutsche Zeitung', redigiert und verlegt von Rudolph Zacharias Becker in Gotha, hatte eindeutig politisches Profil. Sie kam zwischen 1784 und 1795 jedoch ebenfalls nur im Wochenrhythmus heraus 23 24

25

26

Vgl. Martin Wähler: Die Entwicklung des Erfurter Zeitungswesens. Erfurt 1920. Dieser und den folgenden Zahlen liegen Auszählungen in der Bibliographie von Kirchner zugrunde, die sich an der Angabe der Druckorte orientieren. Vgl. J. Kirchner (Anm. 20). Vgl. Greiling: "Intelligenzblätter" und gesellschaftlicher Wandel (Anm. 1). Zum "Intelligenzwesen" insgesamt vgl. u.a. Holger Böning: Das Intelligenzblatt. Dokumentation zu einer literarisch-publizistischen Gattung der deutschen Aufklärung. Bremen 1991; ders.: Das Intelligenzblatt - eine literarisch-publizistische Gattung des 18. Jahrhunderts. In: ,Internationales Archiv für Sozialgeschichte der deutschen Literatur'. 19 (1994) Η. 1. S. 22-34. Vorerinnerung. In: ,Neue privilegirte Geraische Zeitung'. 1. Stück vom 15.07.1800. unpag.

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und wandelte sich 1796 zur weithin bekannten ,National=Zeitung der Teutschen'.27

3. Intelligenzblätter in Sachsen und in Thüringen Für die Intelligenzblätter wurden frühzeitig diverse Klassifizierungsversuche angestellt. Ein Beispiel hierfür lieferte das ,Wöchentliche Frankenhäusische Intelligenzblatt' bereits 1765, als durch dessen Herausgeber auch einige sächsische und thüringische Blätter einer Typologie zugeordnet wurden: Fast ein ieder nur mittelmäßiger Ort in Deutschland hat sein Intelligenz=Blat, und da diese Blätter nichts anders als Anzeigen für das Publicum sind; so kann man sie nach dem Verhältnisse des letztern füglich in drey Classen eintheilen. Die erste enthält die Intelligenz=Blätter von blos gelehrten Sachen; dergleichen zu Hannover, Dreßden und Braunschweig heraus kommen. In der andern Classe stehen diejenigen, die nur Nachrichten von Policey = Wirthschafts = und andern dahin einschlagenden Dingen liefern, dergleichen die Leipziger, Hallischen, Erfurtischen, Gothaischen und Eisenachischen sind. In die dritte Classe endlich gehören die vermischten Anzeigen, die von allen etwas enthalten, dergleichen in Altenburg auch in Braunschweig, und Hannover geschrieben werden.2* Mit diesem weitgefaßten Verständnis von Intelligenzblättern lassen sich bis einschließlich 1800 im Kurfürstentum Sachsen neun Vertreter dieser Gattung feststellen.29 Damit ist die Zahl der Blätter im Vergleich zur Größe des Territoriums geringer als in Thüringen. Zudem erfolgten viele Gründungen relativ spät. Lediglich Dresden seit dem 1. September 1730, Leipzig (1763), Wittenberg (1768), Pirna (1770) und Zittau (1771) verfügten bereits in der Mitte des 18. Jahrhunderts über derartige Periodika. Das ,Pirnaische Gemeinnützige Wochenblatt', seit dem 1. Januar 1770 von Gottlieb Wilhelm Schuffenhauer gedruckt und verlegt, wurde

27

28

29

Vgl. Wolfgang Martens: "Laßt uns besser werden! Gleich wird's besser seyn!" Oder Moral statt Revolution. Rudolph Zacharias Beckers „Deutsche Zeitung" und die Französische Revolution. In: Holger Böning (Hg.): Französische Revolution und deutsche Öffentlichkeit. Wandlungen in Presse und Alltagskultur am Ende des achtzehnten Jahrhunderts (Deutsche Presseforschung, Bd. 28). München, London, New York, Paris 1992. S. 275-295; Reinhart Siegert: Aufklärung und Volkslektüre. Exemplarisch dargestellt an Rudolph Zacharias Becker und seinem „Noth- und Hülfsbüchlein". Mit einer Bibliographie zum Gesamtthema. In: ,Archiv für Geschichte des Buchwesens'. 19 (1978). Sp. 565-1348. Siegert bezeichnet das Blatt dezidiert als Zeitschrift. Von den Intelligenz=Blättern überhaupt (Anm. 6) S. 1. Zu den frühesten Versuchen einer wissenschaftlichen Beschreibung und Bewertung von Intelligenzblättern vgl. Schwarzkopf: Uebersicht (Anm. 3); ders.: Ueber politische Zeitungen und Intelligenzblätter (Anm. 3). Vgl. Tabelle I.

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auch in Dresden und in Bautzen vertrieben.30 Es kam jedoch über wenige Jahrgänge nicht hinaus, so daß sich im Jahre 1804 in Pirna eine Neugründung nötig machte. Außerdem folgten in Sachsen am Ende des Jahrhunderts noch Bautzen (1781), Plauen (1789), Freiberg (1800), Chemnitz (1800), Meißen (1802), Schneeberg (1802), Neustadt an der Orla (1803/04), Annaberg (1807) und Zwickau (1808). [Siehe Tabelle I]. Einige dieser Periodika wie die ,Gemeinnützigen Blätter für sächsische Vaterlandsfreunde' in Neustadt an der Orla 1803 können schon nicht mehr als typische Vertreter des Intelligenzwesens gelten.31 Andererseits verstanden sich selbst spätere Gründungen in Sachsen noch ausdrücklich als Intelligenzblätter, obwohl sich die Gattung angesichts der neuen Vielfalt des Pressewesens in Deutschland weitgehend überlebt hatte. Dies gilt etwa für das ,Meißner gemeinnützige Wochenblatt für den Bürger und Landmann' des Buchdruckers Christian Ehregott Klinkicht, dem von der Gründung an Erfolg und Kontinuität beschieden war.32 Das ,Meißner gemeinnützige Wochenblatt fur den Bürger und Landmann' sollte, so der dem Rat von Meißen vorgelegte Plan, sechs Hauptrubriken enthalten. Sie führten die Titel Anfragen und Nachrichten, Ueber die Natur, Ueber den Menschen, Ueber das sittliche Verhalten der Menschen, Ueber Gesundheit und Leben der Menschen und Ueber Beförderung bürgerlicher Wohlfahrt.33 In den Erläuterungen zu diesen Rubriken finden sich vielerlei traditionelle Inhalte von Intelligenzblättern. Hinzu kam ein umfangreicher Anzeigenteil, der im Laufe der Jahre stetig größer wurde.34 Insgesamt setzte der Drucker und Herausgeber Klinkicht jedoch einen starken erzieherisch-aufklärerischen Akzent. So notierte er über die Absicht des ,Meißner Wochenblattes': Das Meißner Wochenblatt soll gemeinnützig sein, und daher nur Aufsätze enthalten, die zur Aufklärung, Bildung und bürgerlichen Wohlfahrt meiner Nebenmenschen etwas beitragen könnend

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34 35

Vgl. Karl Röthig: Das Zeitungswesen der Kreishauptmannschaft Dresden ausschließlich der Stadt Dresden. Inaugural-Dissertation Leipzig. Meuselwitz 1937. S. 18-20. Abrisse zur Frühgeschichte sächsischer Zeitungen bieten auch: Erich Kittelmann: Geschichte der Görlitzer Zeitschriften und Zeitungen bis 1875. Phil.-Diss. Leipzig. Friedland 1931; Johannes Landgraf: Das Zeitungswesen in der Kreishauptmannschaft Leipzig, ausschließlich der Stadt Leipzig, einschließlich der Städte am Oberlauf der Pleiße (Werdau und Crimmitschau). Phil. Dissertation Leipzig. Werdau in Sachsen 1936; F.K.: Dresdner Anzeiger. Seine Geschichte von 1730 bis zur Gegenwart. Zur ersten Deutschen Städteausstellung. Dresden 1903. Vgl. Werner Greiling: Der Neustädter Kreisbote und seine Vorläufer. Nachrichtenvermittlung, Patriotismus und Gemeinnützigkeit in einer sächsisch-thüringischen Kleinstadt 18001943 (Beiträge zur Geschichte und Stadtkultur. Bd. 4). Rudolstadt, Jena 2001. Vgl. K. Röthig (Anm. 30) S. 25-29; Gotthard Winter: Meißner gemeinnütziges Wochenblatt für den Bürger und Landmann. In: ,Meißner Tageblatt'. Nr. 34 vom 31.12.1926. Bl. 8. Plan eines Meißner gemeinnützig: Wochenblatts vom 5.12.1801. Zit. in: G. Winter (Anm. 32) Bl. 8. Vgl. K. Röthig (Anm. 30) S. 28 f. Zit. nach K. Röthig (Anm. 30) S. 26.

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TABELLE I: Intelligenzblätter in Sachsen

(Auswahl)

Wöchentlicher Anzeiger oder Nachricht Dresden, seit 1730 Leipziger Intelligenz-Blatt in Frage und Anzeigen Leipzig, seit 1763 Wittenbergisches Wochenblatt Wittenberg, seit 1768 Pirnaisches Gemeinnütziges Wochenblatt Pirna, seit 1770 Zittauische Wöchentliche Nachrichten Zittau, seit 1771 Bautzener Anzeiger Bautzen, seit 1781 Intelligenz-Blatt der Kreis-Stadt Plauen im Voigtlande Plauen, seit 1789 Gnädigst bewilligter Chemnitzer Anzeiger Chemnitz, seit 1800 Gnädigst bewilligte Freyberger gemeinnützige Nachrichten für das Chursächsische Erzgebirge Freiberg seit 1800 Meißner Gemeinnütziges Wochenblatt für den Bürger und Landmann Meißen, seit 1802 Gemeinnützige Blätter für sächsische Vaterlandsfreunde Neustadt an der Orla, seit 1803 Gemeinnütziges Pirnaisches Wochenblatt fur Stadt und Land Pirna, seit 1804 Zwickauer Wochenblatt Zwickau, seit 1808

Hinsichtlich des Gründungszeitpunkts vieler Periodika ist für Sachsen im deutschen Vergleich offensichtlich ein gewisser Entwicklungsrückstand zu verzeichnen. In den zwanziger und dreißiger Jahren des 19. Jahrhunderts kam es dann, auch hinsichtlich der politischen Tagespresse, kaum zu neuen Impulsen. Als Ausnahme von dieser Regel sind lediglich die Zeitschriftenprojekte des liberalen Zwickauer Lehrers und Theologen Karl Ernst Richter anzusehen.36 So paßt es ins Bild, daß sich auch das seit dem 1. Januar 1813 erscheinende ,Grimmaische Wochenblatt für Stadt- und Landleute' ausdrücklich in die Tradition der Intelligenz-

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Vgl. Volker Knüpfer: Presse und Liberalismus. Positionen der bürgerlichen Presse im frühen 19. Jahrhundert (Geschichte und Politik in Sachsen, Bd. 2). Weimar, Köln, Wien 1996.

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blätter stellte. Am 1. Januar 1829 wurde dies mit dem Wechsel des Titels in ,Grimmaisches Wochen- und Intelligenzblatt' sogar noch unterstrichen.37 Zu erwähnen ist noch, daß die Liste der kurzfristig gescheiterten Projekte, deren Gründungsintentionen denen von Intelligenzblättern weitgehend entsprachen, in Sachsen länger ist als in Thüringen. Ein Beispiel hierfür liefert die Stadt Großenhain. Hier hatte der Drucker Andreas Leberecht Starke am 6. Mai 1805 die erste Nummer eines Wochenblattes mit dem Titel ,Das Wespennest' herausgegeben. Dieses Blatt ging jedoch schon bald ein, und es folgte seit April 1807 das ,Hayner Wochenblatt für Stadt- und Landbewohner'. Auch diesem Periodikum, an dem sich neben Starke der Königlich-Sächsische General-Accisinspektor Theodor Chladenius beteiligte, war kein Erfolg beschieden. Und es folgten weitere Wandlungen und Neuansätze als ,Der Gesellschafter' und sowie unter dem Titel ,Mannigfaltigkeiten und Altes und Neues aus Großenhain', bevor sich dann 1812 das , Großenhainer Wöchentliche Unterhaltungsblatt' dauerhaft etablieren konnte.38 Schließlich ist noch darauf hinzuweisen, daß in Sachsen die Stadt Leipzig auch hinsichtlich des Intelligenzwesens einen Sonderstatus einnahm. Denn außer dem ,Leipziger Intelligenzblatt in Frage und Anzeigen' existierten hier zeitweise auch noch weitere Periodika, die - anders als Fachzeitschriften - ausdrücklich auf einen engeren lokalen und regionalen Wirkungskreis ausgerichtet waren und in ihrer Wirkungsabsicht zumindest partiell den Intentionen von Intelligenzblättern entsprachen. Dies gilt etwa fur die ,Leipziger Sammlungen von Allerhand zum Land- und Stadt- Wirthschaftlichen Policey-Finanz- und Cammerwesen dienlichen Nachrichten' 39 . Das bei Carl Ludewig Jacobi seit 1742 verlegte Periodikum, welches in Abständen von etwas mehr als einem Monat herauskam, argumentierte im Avertissement ähnlich wie viele frühe Intelligenzblätter mit dem eigenen Beitrag zum gemeinen Nutzen. Durch die Lektüre der .Leipziger Sammlungen' sei eine Verbesserung von Wirtschaft, Bildung und Kultur in Sachsen möglich.40 Und dem diene auch die Mitteilung von denen zur Policey gehörigen Nachrichten und Beyträgen,A] eine Aufgabe, der sich viele der typischen Intelligenzblätter im 18. Jahrhundert mit der gleichen Begründung unterzogen.

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Vgl. Werner Bode: Das Grimmaer Zeitungswesen in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Inaugural-Diss. Leipzig. Grimma 1928. S. 13f. Vgl. K. Röthig (Anm. 30) S. 33ff. Der vollständige Titel lautet: Leipziger Sammlungen von Allerhand zum Land- und StadtWirthschaftlichen Policey-Finanzund Cammerwesen dienlichen Nachrichten, Anmerckungen, Begebenheiten, Versuchen, Vorschlägen, neuen und alten Anstalten, Erfindungen, Vortheilen, Fehlern, Künsten, Wissenschaften und Schriften, Wie auch von denen in diesen so nützlichen Wissenschafften und Uebungen wohlverdienten Leuten. Vgl. Vollständige Nachricht von der Einrichtung, Absicht, Nutzen und Mitteln dieser Sammlungen. In: ,Leipziger Sammlungen' (Anm. 39) 1. Stück. Leipzig 1742. S. 3-51. Vgl. .Leipziger Sammlungen' (Anm. 39) 1. Stück. S. 35.

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Ein weiteres Leipziger Periodikum, das ebenfalls eine deutliche Nähe zum Intelligenzwesen erkennen läßt, ist ,Der sächsische Patriot. Oder Leipziger wöchentliche gemeinnützige Nachrichten nebst andern vermischten Aufsätzen für die Freunde des Vaterlands und des Gemeinwohls, und einer nützlichen Unterhaltung'. Von Georg Carl Claudius herausgegeben und bei Adam Friedrich Böhme verlegt, wurde hier seit 1815 unter gänzlich veränderten Rahmenbedingungen ein publizistisches Selbstverständnis entwickelt, das dem vieler Intelligenzblätter in hohem Maße entsprach. Parallelen weisen auch vielerlei inhaltliche Komponenten auf wie Berichte über die Entstehung und Einrichtung öffentlicher Anstalten zur Erreichung eines Gemeinzwecks, Informationen über die Durchreise und den Aufenthalt von Fremden in Leipzig und Dresden, Listen der Geborenen, Verheirateten und Verstorbenen oder die Mitteilung der Nahrungsmittelpreise. 42 Zu beziehen war ,Der sächsische Patriot', auch das ein deutlicher Bezug zum Intelligenzwesen, nicht nur in der Verlagshandlung des Buchhändlers Böhme auf dem alten Neumarkte in Leipzig, sondern in allen Buchhandlungen, so wie auch in der Königlich Sächsischen Zeitungsexpedition und im Leipziger Intelligenzcomtoir. 43 Endlich ist noch zu erwähnen, daß in Leipzig seit 1803 auch ein ,Neues Allgemeines Intelligenzblatt für Literatur und Kunst' herauskam. Das Blatt erschien jeweils sonnabends als Beilage zur ,Neuen Leipziger Literaturzeitung'. Bereits die erste Ausgabe enthielt Vermischte Nachrichten aus der wissenschaftlichen Welt, eine Chronik der Universitäten, eine Chronik der Schulen, einen Nekrolog sowie auf zwölf von 16 Spalten Informationen über Neue ausländische Werke sowie über Abhandlungen in ausländischen Journalen.44 Es handelt sich hierbei somit um keines der traditionellen' Intelligenzblätter, sondern um ein gelehrtes Anzeigenorgan von ähnlichem Profil wie jenes Intelligenzblatt, das auch der berühmten , Allgemeinen Literatur-Zeitung' im thüringischen Jena beigelegt wurde. Die Intelligenzblätter in Sachsen waren in aller Regel reine Anzeigen- und Mitteilungsblätter, sie behielten gleichsam das ,klassische' Profil des Intelligenzblattes bei. Sowohl im ,Leipziger Intelligenzblatt in Frage und Anzeigen' als auch in den ,Dreßdnischen Frag- und Anzeigen' sowie im Wittenbergischen Wochenblatt' fehlen politische Nachrichten fast völlig. Die ,Zittauischen Wöchentlichen Nachrichten' führten die Rubrik Historische Nachrichten aus der Zeitgeschichte bzw. Nachrichten von den neuesten Begebenheiten, doch war man auch hier selten tagesaktuell. Zudem waren, wie oben gezeigt, die Zensurbestimmungen vor 42

43 44

Vgl. Plan dieser Zeitschrift. In: ,Der sächsische Patriot. Oder Leipziger wöchentliche gemeinnützige Nachrichten nebst andern vermischten Aufsätzen für die Freunde des Vaterlands und des Gemeinwohls, und einer nützlichen Unterhaltung'. Vorsatzblatt fur den Jahrgang 1815. S.3f. ,Der sächsische Patriot' (Anm. 42) S. 4. Vgl. ,Neues Allgemeines Intelligenzblatt für Literatur und Kunst'. 1. Stück vom 2.07.1803. Sp. 1-16. In späteren Ausgaben wurde bereits auf dem Titel der Bezug zum Hauptblatt deutlich gemacht. Die Formulierung lautete dabei ,Neues Allgemeines Intelligenzblatt für Literatur und Kunst zurN. Leipz. Lit. Zeitung gehörend'.

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allem seit dem Generale vom 30. September 1779 vergleichsweise klar fixiert und organisiert.45 Wenn man sich in den Intelligenzblättern eines Nachrichtenteils enthielt, entfiel von vornherein ein Großteil des Konfliktpotentials mit den Behörden. In Thüringen existierten im 18. Jahrhundert 17 längerfristig erscheinende wöchentliche Intelligenzblätter.46 Seit dem 3. Januar 1791 trat noch ,Der Anzeiger' hinzu, ein überregionales Intelligenzblatt aus der Feder und dem Verlag des Volksaufklärers Rudolph Zacharias Becker in Gotha. Von 1794 an hieß diese täglich erscheinende Zeitung ,Der Reichsanzeiger'. Das sollte den Anspruch unterstreichen, ein Intelligenzblatt für das gesamte Heilige Römische Reich zu sein. Weitere Periodika wie die bereits erwähnte ,Allgemeine Literatur-Zeitung' in Jena publizierten regelmäßig Beilagen mit dem Titel ,Intelligenzblatt', die jedoch vor allem Bücheranzeigen enthielten.47 Und auch nach 1800 kam es in Thüringen noch zur Gründung von Intelligenzblättern. Ein Beispiel hierfür ist das , Saalfelder Wochenblatt' seit 1801. Intelligenzblätter mit regionaler bzw. lokaler Ausrichtung wurden in Weimar (1734 und erneut ab 1755), Erfurt (1746) und Gotha (1751), in Eisenach (1752), Jena (1752) und Altenburg (1754), in Meiningen (1763), Mühlhausen (1764) und Coburg (1764), in Frankenhausen (1765), Hildburghausen (1766) und Nordhausen (1766), in Arnstadt (1768), Rudolstadt (1769), Greiz (1774), Lobenstein (1784) und Sondershausen (1795) gegründet. Zwischen dem Erscheinen der allerdings nur kurzlebigen ,Weimarischen Nachrichten von Policey-, Commercienund andern dem Publico dienlichen Sachen' und der ersten Nummer des W o chenblatts für Schwarzburg-Sondershausen' vergingen sechs Jahrzehnte. Wie anderswo auch führten einige Periodika den Namen ,Intelligenzblatt' nicht im Titel, sie verstanden sich aber als solches. [Siehe Tabelle II]. Die meisten Blätter entstanden in den fünfziger und sechziger Jahren. Viele von ihnen reflektierten bereits mit Beginn ihres Erscheinens über die selbstgewählte Aufgabe und publizierten programmatische Erklärungen über den Zweck ihrer Existenz. Der Herausgeber der ,Coburger Wöchentlichen Anzeige' sei mit seiner Erklärung vom Januar 1764 beispielhaft zitiert: Diejenigen Blätter, welche die Vorfälle eines Landes und dessen Veränderungen in so fern sie angemerket zu werden verdienen, getreulich anzeigen, und vor alle Stände etwas in sich enthalten, können ohnmöglich ohne Nutzen gelesen werden und sich daher ο mit recht der gütigsten Aufnahme getrösten.48

45 46 47 48

Vgl. W. M. Schaffrath (Anm. 10) S. 1071f.; H. Dietrich (Anm. 10) S. 12ff. Vgl. Tabelle II. Vgl. Walther Schönfuß: Das erste Jahrzehnt der Allgemeinen Literaturzeitung. Dresden 1914. Einleitung von dem Nutzen dieses Blattes. In: ,Coburger Wöchentliche Anzeige'. Nr. 1 vom 01.01.1764. unpag.

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162 TABELLE II: Intelligenzblätter in Thüringen

(Auswahl)

Wöchentlicher Erfurtischer Anfrag- und Nachrichten-Zettul Erfurt, seit 1746 Wöchentliche Gothaische Anfragen und Nachrichten Gotha, seit 1751 Eisenachsche wöchentliche Nachrichten von Policey-, Gelehrten- und andern Sachen Eisenach, seit 1752 Wöchentliche Jenaische Frag- und Anzeigen Jena, seit 1752 Wöchentliche Weimarische Anzeigen Weimar, seit 1755 Gnädigst privilegiertes Altenburgisches Wochenblatt Altenburg, seit 1755 Meiningische wöchentliche Anfrage und Nachrichten Meiningen, seit 1763 Coburger wöchentliche Anzeige Coburg, seit 1764 Wöchentliches Frankenhäusisches Intelligenzblatt Frankenhausen, seit 1765 Hildburghäusische Wöchentliche Anzeigen Hildburghausen, seit 1766 Wöchentliches Nordhäusisches Intelligenzblatt Nordhausen, seit 1766 Arnstädtische wöchentliche Anzeigen und Nachrichten Arnstadt, seit 1768 Rudolstädtische Wöchentliche Anzeigen und Nachrichten Rudolstadt, seit 1769 Gnädigst privilegirtes Greizer Intelligenzblatt Greiz, seit 1774 Lobensteinisches gemeinnütziges Intelligenzblatt Lobenstein, seit 1784 Mühlhäusisches obrigkeitlich privilegirtes Wochenblatt Mühlhausen, seit 1785 Wochenblatt für Schwarzburg-Sondershausen Sondershausen, seit 1795 Saalfeldisches Wochenblatt Saalfeld, seit 1801

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In Thüringen hatte sich die extreme territorialstaatliche Zersplitterung positiv auf die Gründung von Intelligenzblättern ausgewirkt. Faktisch jeder selbständige Staat, aber auch das kurmainzische Erfurt und die beiden Reichsstädte Mühlhausen und Nordhausen verfugten über derartige Organe. In jenen Fürstentümern, die verschiedene Landesteile vereinten, kamen zum Teil sogar mehrere Intelligenzblätter heraus, und zwar bereits in der Mitte des 18. Jahrhunderts. Im Herzogtum Sachsen-Weimar-Eisenach etwa erschienen Intelligenzblätter in Weimar, in Eisenach und in Jena. In Sachsen hingegen ist eine derartige Gründungsdynamik nicht zu erkennen. Herausbildung, Entfaltung, quantitative Dimensionen und knappe Überlegungen zu den Profilen der Intelligenz- und Wochenblätter in Sachsen und Thüringen wurden skizziert. Noch schärfere Konturen der Themenspektren und Wirkungsabsichten, des publizistischen Alltags und der beteiligten Akteure lassen sich mit den Porträts einzelner Organe zeichnen. Dabei hing die Profilierung eines Intelligenzblattes stets von mehreren Faktoren ab. Da es sich bei den Intelligenzblättern in Sachsen und Thüringen fast ausnahmslos um private Gründungen handelt, spielten sowohl die Intentionen und redaktionellen Möglichkeiten der verantwortlichen Herausgeber bzw. Redakteure als auch die politischen Rahmenbedingungen eine gewichtige Rolle. Die Handlungsspielräume der Akteure wurden im obrigkeitlichen Privileg festgeschrieben bzw. von der jeweiligen Zensurpraxis vorgegeben. Diese konnten sich selbstverständlich im Laufe der Jahre auch ändern, insbesondere bei einem Wechsel in der Redaktion, bei politischen Veränderungen oder bei einer verstärkten Einflußnahme der Obrigkeit. Eine markante Zäsur in dieser Hinsicht war die Überführung der Intelligenzblätter in offiziöse Amts- bzw. Regierungsblätter. In Thüringen erfolgte dies in vielen Fällen in den ersten Jahrzehnten des 19. Jahrhunderts. 49 In Sachsen hingegen wurde erst im Jahre 1857 durch das Ministerium Beust ein Amtsblattsystem eingeführt. Jede Gerichts- und Verwaltungsbehörde im Lande, auch die Gemeindeverwaltungen, hat ein Blatt, das der Regierung genehm ist, als Amtsblatt zu wählen, lautete die Anordnung. Die amtlichen Bekanntmachungen helfen den Bestand des Blattes sichern und verschaffen ihm Verbreitung bei allen denen, die auf Kenntnis der amtlichen Bekanntmachungen angewiesen sind50 Zu jenen Periodika, die nunmehr zu offiziellen Amtsblättern avancierten, zählten auch das Pirnaische Wochenblatt' und die ,Meißner Blätter'. 51

49 50 51

Vgl. Tabelle III. Zit. nach K. Röthig (Anm. 30) S. 167. Vgl. K. Röthig (Anm. 30) S. 168f.

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Tabelle III: Die Umwandlung thüringischer Intelligenzblätter in offiziöse Regierungsblätter (Auswahl) COBURG 1764 Coburger Wöchentliche Anzeige 1803 Coburger Wochenblatt 1807 Herzoglich-Sachsen-Coburg-Saalfeldisches Regierungs- und Intelligenzblatt ERFURT 1746 Wöchentlicher Erfurtischer Anfrag- und Nachrichten-Zettul 1769 Erfurthisches Intelligenz-Blatt 1804 Wöchentliches Erfurtisches Intelligenzblatt (preuß.) GOTHA 1751 Wöchentliche Gothaische Anfragen und Nachrichten 1830 Regierungs- und Intelligenzblatt fur das Herzogthum Gotha GREIZ 1774 Gnädigst privilegirtes Greizer Intelligenzblatt 1817 Fürstlich Reuß-Plauisches Amts- und Verordnungs-Blatt HILDBURGHAUSEN 1766 Hildburghäusische Wöchentliche Anzeigen 1810 Herzoglich Sächsisches Regierungs- und Intelligenzblatt LOBENSTEIN 1784 Lobensteinisches gemeinnütziges Intelligenzblatt (bis 1805) 1818 Gemeinnütziges Lobenstein= und Ebersdorfer Intelligenzblatt 1829 Amts- und Nachrichtenblatt für das Fürstentum Lobenstein und Ebersdorf MEININGEN 1763 Meiningische Wöchentliche Anfrage und Nachrichten 1826 Herzoglich Sachsen-Meiningisches Regierungs- und Intelligenzblatt RUDOLSTADT 1769 Rudolstädtische Wöchentliche Anzeigen und Nachrichten 1809 Fürstlich Schwarzburg Rudolstädtisches gnädigst privilegirtes Wochenblatt SONDERSHAUSEN 1795 Wochenblatt für Schwarzburg-Sondershausen 1823 Regierungs- und Intelligenzblatt WEIMAR 1755 Wöchentliche Weimarische Anzeigen 1811 Weimarisches offizielles Wochenblatt 1817 Großherzogliches Sachsen-Weimar-Eisenachisches Regierungsblatt

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4. Überlegungen zum Profil der Intelligenzblätter Selbstverständlich nahm in fast allen sächsischen und thüringischen Intelligenzblättern das ANZEIGENWESEN einen zentralen Platz ein. Dies wurde meist ausfuhrlich begründet und langatmig gegliedert. Das Weimarer Intelligenzblatt von 1734 sah außer Regierungsverordnungen und Citationen immerhin noch 25 Rubriken für die eigentlichen Annoncen vor. Der Anzeigenteil anderer Intelligenzblätter war meist nicht ganz so breit gegliedert. Im Prinzip jedoch sah er überall sehr ähnlich aus. Das , Wittenbergische Wochenblatt' publizierte vom ersten Jahrgang 1768 an Annoncen von Sachen die gesuchet, angebothen oder angezeiget werden. Und die Gnädigst bewilligte Freyberger gemeinnützige Nachrichten für das Chursächsische Erzgebirge sahen 19 Rubriken vor, zu denen auch Dienstgesuche und Anerbietungen sowie Adressen von jeder Art, z.B. der Gasthöfe, Schenkwirthe, öffentliche Vergnügungsorte, Schauspiele und ähnliches zählten.52 Vertieft man sich in die Lektüre, werden in den diversen Rubriken des Anzeigenteils das Alltagsleben sowie Gewerbe und Handel der kleinstädtisch-ländlichen Welt in Sachsen und Thüringen lebhaft widergespiegelt. Dabei handeln die einzelnen Ausgaben nur jeweils einen Teil der genannten Bereiche ab, je nach Angebot und Nachfrage, Bedürfnissen und Leistungen. In einigen Städten wurden die Redaktions- und Anzeigenstuben, die ,Intelligenz-Comptoirs' also, zu regelrechten Informations- und Kommunikationszentren. Das schon erwähnte Weimarer Intelligenzblatt enthielt im Durchschnitt acht bis zehn Anzeigenrubriken pro Ausgabe. Damit wurde der Austausch erleichtert oder erst in Gang gesetzt, es wurden preisliche Orientierungen gegeben, der Handel wurde koordiniert. Selbst der Arbeitsmarkt konnte gesteuert werden. Denn es waren auch Anzeigen eingerückt, mit denen in den nahegelegenen Städten Apolda und Bürgel Zeug- und Strumpfwirker sowie diverse Handwerker gesucht wurden. Da heißt es: Wegen großer Bevölkerung wird in Apolda guter Verdienst sein. Oder: Die Handwerksmeister werden Hülfe und Freiheit vom Magistrat zu erwarten haben. Faktisch beförderten die Intelligenzblätter mit ihrem Anzeigenteil die Ausbildung und Weiterentwicklung eines lokalen und regionalen Marktes. Mit ihnen konnten Elemente der Eigentumsfreiheit, der Handels- und Vertragsfreiheit eingeübt werden. Insgesamt begleiteten und beförderten sie damit die wirtschaftliche Entwicklung der Region.

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,Gnädigst bewilligte Freyberger gemeinnützige Nachrichten für das Chursächsische Erzgebirge'. Vorsatzblatt des ersten Jahrgangs 1800.

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Der Begriff der SOZIALDISZIPLINIERUNG ist im Zusammenhang der Intelligenzblätter in zweifacher Hinsicht am Platze. Zum einen publizierten mehrere Intelligenzblätter und diverse gelehrte Beilagen mehrfach Beiträge zur zeitgenössischen ,Policeywissenschaft\ Sie befaßte sich mit der Art und Weise, die innere Ordnung und Glückseligkeit des Staats zu erhalten und zu befördernd Der Begriff der ,Policey' ist hier also nicht in seiner späteren, gewissermaßen defensiven Bedeutung gefaßt. Vielmehr geht es um den Vorgang der Fundamentaldisziplinierung in Staat und Kirche, in Wissenschaft und Kultur, der von den Policeyordnungen der Frühen Neuzeit intendiert war. In den Intelligenzblättern wurden Überlegungen zur Verbesserung der Verwaltungs- und Regierungstätigkeit vorgetragen. Man gab Anregungen für verschiedene Handlungsbereiche in Politik, Wirtschaft und Kultur, man debattierte über Recht und Religion. Thomas Kempf vertritt gar die Ansicht, daß die Intelligenzblätter und die Policeywissenschaft in einem engen Zusammenhang gesehen werden müssen. Sie würden eine „aufklärerische Disziplinierungsöffentlichkeit" bilden.54 Diese These kann durch die Analyse einiger, aber nicht aller hier genannter Blätter bestätigt werden. Etwaige Unterschiede wurden durch das differierende Gesamtprofil verursacht, das die Blätter ausgeprägt hatte. Aus einer anderen Perspektive trugen aber auch die Verordnungen und obrigkeitlichen Dekrete zur Disziplinierung bei, die in fast allen sächsischen und thüringischen Blättern publiziert wurden. Damit gaben sich diese Organe allmählich auch einen gewissermaßen halboffiziösen Anstrich, obwohl sie fast ausnahmslos private Gründungen waren. Dies erhöhte ihr Renommee, und es führte zur Unterstützung durch die Obrigkeit. Die sogenannten Hohen Verordnungen betrafen zum Teil ganz praktische Fragen des Gemeindelebens, aber auch Fragen von Handel und Wandel wie z.B. eine dringende Anordnung vom 8. Dezember 1802 über die Notwendigkeit, die Vorschriften des kursächsischen Münz-Edikts einzuhalten.55 In vielen ähnlichen Dekreten ging es um Gebote und Verbote. Es wurden rechtliche und soziale Normen gesetzt, es wurden Normen erneut verdeutlicht oder auch nur in Erinnerung gerufen. Auch damit leisteten die Intelligenzblätter einen Beitrag zur Disziplinierung der Gemeinschaft. Anders als in Sachsen kam den Intelligenzblättern in Thüringen in ihrer Mehrzahl auch eine wichtige Funktion bei der NACHRICHTENVERMITTLUNG zu. Einige Herausgeber hatten von vornherein eine Rubrik Zeitungs-Nachrichten oder Zeitungs-Extract vorgesehen. Andere bemerkten das Bedürfnis der Leser erst im Laufe der Zeit. So war beispielsweise der 1746 gegründete ,Wöchentlich[e] Erfur53

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Wilhelm Gottlieb Tafinger: Ueber den Zwek des teutschen Polizey- und Cameralrechts. Tübingen 1787. S. 8. Vgl. Thomas Kempf: Aufklärung als Disziplinierung. Studien zum Diskurs des Wissens in Intelligenzblättern und gelehrten Beilagen der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts. München 1991. Vgl. ,Chemnitzer Anzeiger'. Nr. 50 vom 11.12.1802. S. 229.

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tisch[e] Anfrag- und Nachrichten-Zettul' zunächst ein klassisches Intelligenzblatt ohne politische Nachrichten. 1769 änderte es jedoch Namen und Profil. Nunmehr brachte es ausdrücklich auch politische Meldungen. 56 Ähnlich war es in Coburg, Greiz, Jena, Meiningen und Weimar. Entnommen wurden die Nachrichten, wie es damals gängige Praxis war, anderen, überregionalen Blättern. Einige Redakteure gaben gelegentlich auch ihre Quellen an, unter ihnen die ,Erlanger Real-Zeitung', die ,Leipziger Zeitungen', die ,Hanauer Neue Europäische Zeitung' und natürlich der ,Hamburgische unparteiische Correspondent'. Der Zeitverzug war oft beträchtlich, die Authentizität eingeschränkt. Doch das Nachrichtenbedürfnis war ganz offensichtlich so groß, daß man diese Nachteile in Kauf nahm. In der Summe wird im letzten Drittel des 18. Jahrhunderts eine quantitative Zunahme des Nachrichtenwesens in den thüringischen Intelligenzblättern deutlich. Dies bedeutete auch eine wachsende Politisierung dieser Blätter und damit eine Erweiterung von Öffentlichkeit in den thüringischen Staaten. Diese Tendenz, die sich in den siebziger und achtziger Jahren schon vielfach zeigt, wird durch einen regelrechten ,Politisierungsschub' verstärkt, der durch die Französische Revolution von 1789 ausgelöst wurde. Quantität, Qualität und Aktualität der Nachrichtenvermittlung in den Intelligenzblättern fielen selbstverständlich unterschiedlich aus. Einem Vergleich mit großen politischen Zeitungen der damaligen Zeit halten sie nicht stand. Aber sie waren oft das einzige Medium, das den Handwerker und Landmann in den kleinräumigen, ländlichen Gebieten innerhalb der thüringischen Territorialstaaten überhaupt erreichte. Dadurch konnte der Nachrichtenteil in den meisten Intelligenzblättern Thüringens über längere Zeit einen festen Platz behaupten. Es paßt in dieses Bild, wenn das ,Gnädigst privilegirte unterhaltend-gemeinnützige Greizer Intelligenz-Blatt' im August 1789 seinen Nachrichtenteil mit der folgenden Überschrift versah: Interessante Neuigkeiten für solche, die entweder gar keine Zeitung lesen oder sie doch nicht ganz verstehend Ergänzt und begleitet wurde die Berichterstattung mitunter auch von Kommentaren und Erörterungen, also von dem, was die Zeitgenossen RÄSONNEMENT nannten. Die Grenzen zwischen der Vermittlung von Nachrichten und dem Räsonnement waren oft recht fließend. In den neunziger Jahren wurde in einigen Blättern schon prononciert politisch räsoniert, vor allem im Zusammenhang mit den Ereignissen in Frankreich. Intelligenzblätter stellten eines der wenigen Medien dar, die tatsächlich breiteste, sozial differenzierte Kreise erreichten. Als 1811 in Sachsen-Weimar-Eisenach für alle Gemeinden ein Zwangsabonnement des inzwischen offiziösen ,Weimarische[n] Wochenblatts]' eingeführt wurde, verfügte die herzogliche Regierung ausdrücklich, daß ein Schultheiß oder Vorsteher jeden

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Vgl. Teil 5 dieses Beitrags. .Gnädigst privilegirtes Greizer Intelligenzblatt'. Nr. 1 vom 03.01.1789. S. 3.

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Orts [...] das Wochenblatt in einer Gemeindeversammlung deutlich vorlesen oder vorlesen lassen58 solle. Im 18. und frühen 19. Jahrhundert haben die thüringischen Intelligenzblätter innerhalb des Zeitungs- und Zeitschriftenwesens in ihrem jeweiligen Erscheinungsumfeld einen außerordentlich wichtigen Platz eingenommen und mehr Funktionen gleichzeitig erfüllt, als dies bei den sächsischen Blättern der Fall war. Eine Ursache für den vergleichsweise hohen Anteil an politischer Berichterstattung ist darin zu suchen, daß in Thüringen keine wirklich wichtigen, überregional verbreiteten politischen Zeitungen verlegt wurden. Damit ist nochmals einer der markanten Unterschiede zu den Intelligenzblättern in Sachsen genannt, die Existenz einer großen, überregionalen Tageszeitung in Gestalt der ,Leipziger Zeitungen'. Die Existenz der ,Leipziger Zeitungen' sorgte dafür, daß für die Intelligenzblätter in Sachsen die Aufgabe der Nachrichtenvermittlung faktisch entfiel. Denn mit den überall in Sachsen verfügbaren ,Leipziger Zeitungen' konnten die wöchentlich erscheinenden Intelligenzblätter hinsichtlich des Umfangs und der Aktualität von Nachrichten ohnehin nicht konkurrieren. So schrieb Johann Christoph Friedrich Gerlach, der Herausgeber der ,Freyberger gemeinnützigen Nachrichten für das Chursächsische Erzgebirge', gleich im ersten Satz des Avertissements: Der Gegenstand dieser Nachrichten ist unser Erzgebirge in aller Betrachtung, die politische ausgenommen, welche für die Zeitung bleibt.59 Und im Entwurf für den ,Chemnitzer Anzeiger', welchen der spätere Herausgeber Kretschmann den Behörden vorlegte, lautet die achte der insgesamt elf Inhaltsrubriken: Alle Bekanntmachungen und vermischten Anzeigen, die bloß für den Ort und den Bezirk der Stadt sich erstrecken, und womit man der Leipziger Zeitungsexpedition nicht in Collision kommen wird.6"

5. Fallbeispiel: ,Wöchentlicher Erfurtischer Anfrag- und Nachrichten-Zettul' Tous les Allemands, en general, se melent un peu de politique; ils sont amateurs de gazettes61, notierte der Marquis de Messey unter dem Eindruck einer Reise, die ihn als französischen Emigranten in den Jahren seit 1791 unter anderem durch die 58 59

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,Weimarisches Wochenblatt'. Nr. 1 vom 2.01.1811. SA. ,Freyberger gemeinnützigen Nachrichten für das Chursächsische Erzgebirge'. Vorsatzblatt des Jahrgangs 1800. Zit. nach Gottfried Noßke: Das Zeitungswesen der Industriestadt Chemnitz und ihrer Umgebung, Stadt und Amtshauptmannschaft Chemnitz, Amtshauptmannschaft Flöha ausschl. Oederan und Eppendorf sowie der Orte Hohenstein-Ernstthal, Oberlungwitz u. Jahnsdorf, Inaugural-Diss. Leipzig. Würzburg-Aumühle 1940. S. 14. Louis Franfois Antoine Nicolas de Messey: Voyage d'un Fran?ais fugitif dans les annees 1791 etsuivantes. Bd. 1. Paris 1816. S. 108.

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Markgrafschaft Baden geführt hatte.62 Damit charakterisierte er durchaus treffend die zunehmende Politisierung der deutschen Bevölkerung und die Rolle, welche Zeitungen und Zeitschriften für die Herausbildung eines politischen Bewußtseins spielten.63 Für die übergroße Mehrheit hieß dies Zeitungslektüre, doch war bei der immensen Menge an Intelligenzblättern, Zeitschriften und politischen Zeitungen, die in jenen Jahren im Heiligen Römischen Reich existierte,64 auch eine ansehnliche Zahl der Deutschen als Drucker, Verleger oder Buchhändler, als Redakteur, Journalist, Publizist oder als Herausgeber an der Zeitungsproduktion beteiligt. Dies mußte einem Beobachter aus Frankreich, wo das Pressewesen bis zur Revolution in stärkerem Maße zentralisiert war als im politisch und territorial zersplitterten Deutschland und erst seit 1789 gravierende Veränderungen erführ, besonders ins Auge fallen.65 Zwar läßt sich zwischen dem Typus eines Intelligenzblattes, seiner publizistischen, merkantilen und politischen Zielstellung, und den gesellschaftlichen Verhältnissen, unter denen es erscheint, nur ein mittelbarer Zusammenhang erkennen. Zu vielfältig sind die Determinanten, die hierbei eine Rolle spielen, als daß man von den lokalen Verhältnissen oder vom politischen Regime geradlinig auf das Profil der in einem bestimmten Territorium erscheinenden Periodika schließen könnte. Dennoch waren diese selbstverständlich von einiger Bedeutung, so daß es als sinnvoll erschien, für das folgende Fallbeispiel auch auf die politisch-administrativen Rahmenbedingungen zu rekurrieren. Und auch die beteiligten „amateurs de gazettes",66 wie sie Messey nannte, die Herausgeber, Redakteure und Drucker des Intelligenzblattes, sollen etwas genauer beleuchtet werden. Neben den in Thüringen gelegenen Reichsstädten Mühlhausen und Nordhausen hatte auch Erfurt als größte Stadt der Region einen gewissen Sonderstatus. Erfurt gehörte keinem der thüringischen Flächenstaaten an, sondern war bis 1802

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Vgl. Jürgen Voss: Oberrheinische Impressionen aus Memoiren und Tagebüchern französischer Emigranten der Revolutionszeit. In: ders.: Deutsch-französische Beziehungen im Spannungsfeld von Absolutismus, Aufklärung und Revolution. Ausgewählte Beiträge. Bonn 1992. S. 330-345. Vgl. Rudolf Vierhaus: Politisches Bewußtsein in Deutschland vor 1789. In: ders.: Deutschland im 18. Jahrhundert. Politische Verfassung, soziales Gefüge, geistige Bewegungen. Göttingen 1987. S. 183-201. Vgl. Martin Welke: Zeitung und Öffentlichkeit im 18. Jahrhundert. Betrachtungen zur Reichweite und Funktion der periodischen deutschen Tagespublizistik. In: Presse und Geschichte. Beiträge zur historischen Kommunikationsforschung (Studien zur Publizistik. Bd. 23). Hg. von Elger Blühm. München 1977. S. 71-99. Vgl. Histoire generale de la presse fran9aise. Publiee sous la direction de Claude Bellanger, Jacques Godechot, Pierre Guiral et Fernand Terrou. Τ. 1: Des origines ä 1814. Paris 1969; Jean Sgard: Dictionnaire des Journaux (1600-1789). 2 Bde. Paris 1991; La diffusion et la lecture des journaux de langue franfaise sous l'ancien regime. Actes du colloque international, nimegue 3-5 juin 1987. Amsterdam, Maarsen 1988; Hugh Gough: The newspaper press in the French Revolution. London 1988. L. Messey (Anm. 61) S. 108.

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kurmainzische Exklave und danach preußisch. 67 Zudem entbehrte Erfurt auch des Status' einer ,klassischen' Residenzstadt, war gleichsam jedoch Nebenresidenz der Kurmainzischen Erzbischöfe 68 und verfügte andererseits über eine alte Universität und eine angesehene Akademie der Wissenschaften. Die Stadt war also keineswegs daran gehindert, an der thüringischen Zeitungsfruchtbarkeit Theil zu nehmen,69 Sieht man von den kurzlebigen ,Weimarischen Nachrichten von Policey-, Commerden- und andern dem Publico dienlichen Sachen' des Jahres 1734 ab, ist das Erfurter Intelligenzblatt das älteste Organ seiner Art in Thüringen. 70 Auf private Initiative hin im Jahre 1746 gegründet, erschien es erstmals am 22. Januar 1746. Der Titel lautete ,Wöchentlicher Erfurtischer Anfrag= und Nachrichten=Zettul', änderte sich dann jedoch am 19. Mai 1753 zu ,Wöchentliche Erfurtische Anfrag- und Nachrichten' und seit Anfang 1754 in ,Erfurtische Anfragund Nachrichten'. Dies blieb, von kleineren Schwankungen in der Orthographie abgesehen, bis Ende 1768 so. Erst vom Jahrgang 1769 an erschien das Periodikum als ,Erfurthisches Intelligenz=Blatt, in Frag= und Anzeigen vor Stadt= und Land=Wirthe, zum Besten des Nahrungsstandes'. Nachdem Erfurt 1802 dem preußischen Staat einverleibt und das Erfurter Gebiet alsbald mit dem Eichsfeld, den Städten Mühlhausen und Nordhausen sowie der Grafschaft Hohenstein zu einem Verwaltungsbezirk vereinigt worden war,71 kündigte sich auch das Ende des Intelligenzblattes als eines privaten Unternehmens an. In Preußen war das Intelligenzwesen staatlich organisiert, und so wurden nach den territorialen Veränderungen von 1802/03 im Jahre 1804 in Münster und Paderborn, aber auch in Heiligenstadt (für das Eichsfeld und für Mühlhausen) sowie in Erfurt preußische Intelligenz-Kontore eingerichtet. 72 Nach mehrmonatigen Verhandlungen zwischen

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Vgl. Wilhelm Horn: Erfurts Stadtverfassung und Stadtwirtschaft in ihrer Entwicklung bis zur Gegenwart. Ein Beispiel zur Verfassungsgeschichte und Sozialpolitik der deutschen Städte. Jena 1904. S. 7-28. Vgl. Ulman Weiß: Erfurt - eine Nebenresidenz der Kurmainzischen Erzbischöfe. In: Residenzstädte und ihre Bedeutung im Territorialstaat des 17. und 18. Jahrhunderts. Gotha 1991. S. 77-80. J. von Schwarzkopf: Ueber politische Zeitungen (Anm. 3) S. 67. Für dieses Porträt stützen wir uns auf die fast vollständig erhaltenen Jahrgänge des Erfurter Intelligenzblattes in der Wissenschaftlichen Allgemeinbibliothek Erfurt sowie auf Wolfram Suchier: Einführung. In: Wolfram Suchier, Else Theile: 25 Jahre Leute und Leben in Erfurt zur Friderizianischen Zeit: Register zum Erfurtischen Intelligenzblatt (1746-1770) (Erfurter Genealogischer Abend. Wissenschaftliche Abhandlungen, H. 8). Erfurt 1934. S. V-XXXII; Wolfram Suchier: Über das Erfurter Intelligenzblatt 1769-1803. In: Wolfram Suchier, Else Theile: Erfurts Einwohner und ihr Gesichtskreis zu Dalbergs Zeit im Spiegel der amtlichen Lokalpresse. Register zum Erfurtischen Intelligenzblatt 1771-95 (Erfurter Genealogischer Abend. Wissenschaftliche Abhandlungen, H. 10/12). Erfurt 1938. Vgl. außerdem Martin Wähler: Die Entwicklung des Erfurter Zeitungswesens. Erfurt 1920. S. 27f. Vgl. W.Horn (Anm. 67) S. 2 Iff. Vgl. Günther Ost: Das preußische Intelligenzwerk. In: Forschungen zur Brandenburgischen und Preußischen Geschichte. 43 (1930). S. 44-75, bes. S. 54.

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dem Erfurter Rat, den preußischen Behörden und der Familie Fischer als Inhaber des Privilegs kam von 1804 an ein neues , Wöchentliches Erfurtisches Intelligenzblatt' heraus, dessen Titel sich 1817 zwar nochmals änderte,73 das aber bis 1849 Bestand hatte. Drucker und Verleger des Erfurter Intelligenzblattes war zunächst Johann Andreas Görling. Im Jahre 1695 in Erfurt geboren,74 hatte Görling bei Johann David Werther in Jena das Buchdruckerhandwerk erlernt und war 1712 Geselle geworden. Im Jahre 1727 verheiratete sich Görling mit Anna Sabine Hager, die ihm sechs Kinder gebar und 1745 verstarb. 1746 ging er eine zweite Ehe mit Regine Sophie Tennemann ein, die vier Kinder zur Welt brachte, unter ihnen den 1750 geborenen Johann Christoph Görling, der ebenfalls das Druckerhandwerk ergriff. Bereits 1757, im Alter von 36 Jahren, starb auch Regine Sophie Görling. Johann Andreas Görling ging eine dritte Verbindung ein, der nochmals zwei Kinder entsprangen.75 1736 erwarb er die Druckerei des Jeremias Adelung, die er ohne übermäßigen geschäftlichen Erfolg betrieb. Er starb im März 1774 im 80. Lebensjahr. Görling zählte nicht zu den „Gebildeten"76, sondern ist dem Handwerk zuzurechnen. Er war als selbständiger Drucker ein angesehener Erfurter Bürger, und man geht sicherlich nicht fehl in der Annahme, daß ihn die geschäftliche Seite seiner Unternehmung mehr interessierte als die intellektuelle. Doch hatte das Blatt in Johann Michael Engel auch einen Redakteur, der zwar erst vom zweiten Jahrgang an genannt wurde, jedoch schon im Laufe des ersten Jahrgangs mit Görling zusammengearbeitet haben dürfte.77 Engel wurde 1718 in Erfurt geboren, verlor früh seinen Vater, einen Juristen in kurfürstlich-mainzischen Diensten, und bezog 1735 die Erfurter Universität. Er studierte Jurisprudenz und war, als er 1746/47 die Redaktion des Intelligenzblattes übernahm, als Notar tätig. Seine Zusammenarbeit mit Görling währte wahrscheinlich bis Ende 1768. Seit den siebziger Jahren war er mehrfach Stadtrat in Erfurt. Außerdem betrieb er weiterhin seine Notariatspraxis und trat publizistisch mit Übersetzungen aus dem Lateinischen hervor. Verstorben ist Johann Michael Engel am 6. Juni 1800 im 82. Lebensjahr. Mit Görling und Engel standen in der Mitte des 18. Jahrhunderts zwei Männer an der Spitze des Erfurter Intelligenzblattes, die zum einen im traditionellen Sinne Hausväter und Stadtbürger waren.78 Görling erhielt 1727 und Engel 1736 das Er-

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Statt 'Intelligenzblatt' nunmehr 'Adreßblatt'. Zum Biographischen vgl. W. Suchier: Einführung (Anm. 70) S. XVff. Vgl. W. Suchier: Über das Erfurter Intelligenzblatt (Anm. 70) S. 25. Vgl. Hans Erich Bödeker: Die "gebildeten Stände" im späten 18. und frühen 19. Jahrhundert: Zugehörigkeit und Abgrenzungen, Mentalitäten und Handlungspotentiale. In: Bildungsbürgertum im 19. Jahrhundert, Teil IV: Politischer Einfluß und gesellschaftliche Formation. Hg. von Jürgen Kocka. Stuttgart 1989. S. 21-52. Vgl. W. Suchier: Einführung (Anm. 70) S. XXff. Vgl. Jürgen Kocka: Bürgertum und Bürgerlichkeit als Probleme der deutschen Geschichte vom späten 18. bis zum frühen 20. Jahrhundert. In: Bürger und Bürgerlichkeit im 19. Jahrhundert. Hg. von Jürgen Kocka. Göttingen 1987. S. 21-63, bes. S. 21-23.

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furter Bürgerrecht. Damit zählten sie zur Mittelschicht der hierarchisch gegliederten ständischen Gesellschaft. Zum anderen war Görling als Unternehmer in einem sehr zukunftsträchtigen Gewerbe aber auch Besitzer von Kapital und materiellen Produktionsmitteln, während Engel als Gebildeter mit einem akademischen Beruf als Träger von wissensmäßigem und kulturellem Kapital anzusehen ist.79 Sowohl wirtschaftlich als auch intellektuell jeweils eher mittelmäßig, repräsentieren sie dennoch fast idealtypisch jene Kräfte, auf denen das Modell der „bürgerlichen Gesellschaft" basiert und die „den einerseits unabhängig-selbständigen, andererseits gebildeten Bürger"80 voraussetzt. Ähnliches gilt für jene Personen, die das Periodikum 1769 unter neuem Titel als ,Erfurthisches Intelligenz=Blatt' fortsetzten. Der kurmainzische Statthalter und die Regierung hatten am 29. November 1768 Johann Georg Theodor Motschmann und Christian Adolf Fischer das Privilegium zur Herausgabe eines wöchentlich erscheinenden Intelligenzblattes erteilt,81 nachdem sie Johann Andreas Görling, inzwischen 73jährig, auf Lebenszeit mit wöchentlich 20 Groschen abgefunden hatten. Die neue Konzession war auf zehn Jahre begrenzt und wurde jeweils vor Ablauf der Frist um ein weiteres Dezennium verlängert. Wie zuvor blieb das Intelligenzblatt in Erfurt ein privates Unternehmen, dessen Risiko und Gewinn von Privatleuten getragen wurden, in diesem Falle von seinen Verlegern Motschmann und Fischer. Fischer ist auch, sicherlich in nicht ganz klar fixierter Arbeitsteilung mit dem jeweiligen Drucker, als Redakteur des Blattes anzusehen.82 Gedruckt wurde es von 1769 an bei Johann Daniel Müller. Seit 1773 wird Johann Christoph Görling, Sohn des ersten Herausgebers Johann Andreas Görling, als Drucker genannt. Am 30. Januar 1802 ging das Privileg für das Intelligenzblatt an Johann Friedrich Christoph Fischer über, den Sohn des Christian Adolf Fischer. Drucker blieb bis 1810 Görling. In der preußischen Ära des Blattes wurde zunächst am 28. November 1803 der Postsekretär August Wilhelm Wittenberg zum Rendanten bestellt. Inwieweit er sich neben den geschäftlichen Fragen auch um die Redaktion kümmerte, ist nicht mehr festzustellen. Auf den Drucker Görling und dessen Erben folgten 1813 bis 1815 J.D. Weimar und 1817 Johann Heinrich Lossius. Motschmann, 1733 geboren, war promovierter Jurist und gehörte als angesehener Bürger zwischen 1767 und 1785 alle drei Jahre dem Erfurter Stadtrat als Vormundschaftsbeamter an. Nach seinem Tod am 9. Juli 1787 führte Christian Adolf Fischer die Geschäfte des Verlegers allein fort. Fischer erblickte 1735 in einer Erfurter Beamtenfamilie das Licht der Welt, absolvierte das Gymnasium 79

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Vgl. Hannes Siegrist: Bürgerliche Berufe. Die Professionen und das Bürgertum. In: Bürgerliche Berufe. Zur Sozialgeschichte der freien und akademischen Berufe im internationalen Vergleich. Acht Beiträge. Mit einem Vorwort von Jürgen Kocka (Kritische Studien zur Geschichtswissenschaft. Bd. 80). Hg. Hannes Siegrist. Göttingen 1988. S. 11-48, bes. S. 1 Iff. J. Kocka: Bürgertum und Bürgerlichkeit (Anm. 78) S. 32. Vgl. W. Suchier: Über das Erfurter Intelligenzblatt (Anm. 70) S. 2Iff. Vgl. J. von Schwarzkopf: Ueber politische Zeitungen (Anm. 3) S. 72.

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und die Universität seiner Heimatstadt und trat später ebenfalls in städtische Dienste, wo er unter anderem als Kämmerer und zuletzt als zweiter Ratsmeister wirkte. Sein Sohn Johann Friedrich Christoph absolvierte eine Apothekerlehre in Dresden, arbeitete zwölf Jahre in diesem Metier, unter anderem in Mainz und Erfurt, studierte danach in Jena Medizin und wurde in Erfurt zum Dr. med. promoviert. Im Jahre 1800 war er Militärarzt, nach dem Frieden von Lüneville ging er nach Wien und kehrte 1801 nach Erfurt zurück. Danach avancierte er als Arzt und Publizist gleichsam zum Paradebeispiel eines sozial und politisch außerordentlich engagierten, dem Gemeinwohl verpflichteten Bürgers. Über Müller, der das Intelligenzblatt von 1769 an in seiner Werkstatt auf der ,Judenschule hinter dem Rathause' druckte, ist lediglich bekannt, daß er 1773 nach Mühlhausen übersiedelte. Sein Nachfolger Johann Christoph Görling hatte den Buchdruck bei seinem Vater erlernt, erwarb 1773 das Erfurter Bürgerrecht, druckte und verlegte 1783 kurzzeitig die Privilegierte Erfurtische Zeitung, wurde 1790 akademischer Buchdrucker und verlegte auch einige kommerziell erfolgreiche Bücher.83 Das Ziel seines wöchentlichen Intelligenzblattes, das von Anfang an mit obrigkeitlicher Erlaubnis erschien, tat der Verleger und Drucker 1746 in einem einseitigen Avertissement kund. Dabei sah Johann Andreas Görling die folgenden Rubriken vor: 1) Hohe Verordnungen, 2) Gerichtliche Edictal-Citationen, Subhastationen. 3) Was sonsten zu verkauffen;4) Was zu kauffen nachgesucht wird. 5) Was zu verleyhen, zu verpachten, zu vermiethen, oder zu leyhen, zu pachten, zu miethen verlanget -wird. 6) Was verlohren, gefunden, und gestohlen worden. 7) Wer Dienste suchet, oder Bediente bedürfftig. 8) Was für Vornehme und andere Personen in diese Stadt ankommen, oder pasiret. 9) was für frische Waaren angekommen, und wo dieselbe zu haben. 10) Lotterien. 11) Neue verlegte Bücher und gelehrte Sachen. Desgleichen der Fruchtpreiß. 13) Der Fleisch= und Brodt=Taxe. Und endlich 14) alle Monate die Sterbe=Fälle hoher und anderer ansehnlicher Personen in dieser Stadt.84 Das Blatt erschien wie geplant im wöchentlichen Rhythmus, jeweils am Sonnabend. Erst von 1804 an wurden pro Woche zwei Nummern ausgegeben, jeweils mittwochs und sonnabends. Hatte der Umfang anfangs meist vier Seiten betragen, erhöhte er sich seit 1769 auf acht, hin und wieder gar auf zwölf Seiten pro Stück. Der Druck ist schlicht, wird jedoch gelegentlich mit diversen Kopfvignetten geschmückt.85 Die Paginierung ist uneinheitlich, in den Jahrgängen 1746-1748 und 1759-1767 fehlt die Seitenzählung völlig. Die Druckfehler halten sich im Rahmen des damals Üblichen.

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Ausführlichere biographische Daten sowie Angaben zur familiären Situation der Genannten finden sich bei W. Suchier: Über das Erfurter Intelligenzblatt (Anm. 70) S. 2Iff. , Wöchentlicher Erfurtischer Anfrag- und Nachrichten-Zettul'. Nr. 1 vom 22.01.1746. unpag. Vgl. W. Suchier: Einführung (Anm. 70) S. XVIIIff.

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Eine Zensur des Intelligenzblattes fand im Rahmen der allgemeinen Erfurter Zensurverhältnisse statt,86 ist in ihrer alltäglichen Handhabung jedoch nicht im einzelnen zu verifizieren. Ganz offensichtlich bot das Blatt kaum Anlaß zu behördlichem Einschreiten. Am 28.04. 1760 erließ Kurfürst Johann Friedrich Karl an die Erfurter Regierung ein Reskript, das die Zensur jeglicher in Erfurt erscheinender Zeitungen und Wochenblätter sowie die namentliche Nennung von Verleger und Verlagsort anordnete.87 Dieser Forderung war Görling schon zuvorgekommen, und auch seine Nachfolger handelten hierbei ganz im Sinne der kurmainzischen Regierung. Der oben zitierten Klassifizierung als ein Organ mit Nachrichten von Policey= Wirthschafts = und andern dahin einschlagenden Dingen88 entsprach der , Wöchentliche Erfurtische Anfrag= und Nachrichten=Zettul' im wesentlichen bis Ende 1768. Im Januar 1769 wechselte das Erfurter Intelligenzblatt nicht lediglich den Titel, sondern erweiterte auch sein Profil. Wichtigste Neuerung war die regelmäßige Sparte Politische Neuigkeiten, die nunmehr eingerichtet wurde.89 Und auch aufklärerisches Räsonnement gehörte jetzt in größerem Umfang zum Inhalt. Dazu zählte eine Erörterung Von dem moralischen Nutzen öffentlicher Intelligenzblätter ebenso wie Einige Gedanken über die Erziehung.90 So nützlich die Betrachtung der Begebenheiten unsers Erdbodens, der Reiche und Länder einem nachdenkenden Menschen seyn können, eben so nützlich können ihm auch die kleinen Vorfälle seyn, die sich in einem jeden Orte, Stadt, Flecken und Dorfe zutragen, schrieb in ersterem der Verfasser. Wie nun die Staatskunst erfordert, daß ein großer Herr auf die Maximen und Handlungen seiner Nachbarn ein wachsames Auge habe, so erfordert auch öfters die Klugheit, daß ein Bürger bey den Handlungen seines Nachbars und Mitbürgers nicht gleichgültig sey, sondern sich um seine Handlungen bekümmere, und guten Gebrauch davon mache. Und wenige Sätze weiter fuhr er fort: Der andere Umstand ist, weil wir nicht gesonnen sind, auf einmal die Lebhaftigkeit unserer mehresten Gesellschaften zu Stohren, welche ohne dergleichen Nachrichten und Anekdoten größtentheils unangenehm, schläfrig und wohl gar stumm seyn würden

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Vgl. W. Suchier: Über das Erfurter Intelligenzblatt (Anm. 70) S. 26-40. Vgl. Stadtarchiv Erfurt, XVI c 2: Akten betr. die in Erfurt erschienenen Zeitungen und deren Zensur 1704-1801. Angaben nach W. Suchier: Einführung (Anm. 70) S. XV und S. XXXI. Von den Intelligenz=Blättern überhaupt (Anm. 6) S. 1. Vgl. ,Erfurthisches Intelligenz-Blatt'. 1. Stück vom 07.01.1769. S. 7. Vgl. .Erfurthisches Intelligenz-Blatt'. 13. Stück vom 30.03.1771. Von dem moralischen Nutzen öffentlicher Intelligenzblätter. In: ,Erfurthisches IntelligenzBlatt'. 1. Stück vom 07.01.1769. S. 5.

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Der Beförderung von Geselligkeit und bürgerlichen Tugenden92 hatte sich das Intelligenzblatt also ebenso verschrieben wie einer vielseitigen Information und Nachrichtenvermittlung sowie dem aufgeklärten Räsonnement. Beträchtlichen Umfang nahmen außerdem Abhandlungen und Aufsätze mit Ratschlägen zu verschiedenen Lebensbereichen ein, etwa fur die Gesundheitserziehung mit Abhandlungen wie Ein paar Mittel zum Stillen der Zahnschmerzen,93 Dies gilt aber auch für allgemein praktische und wirtschaftliche Fragen, für die Texte wie Einige andere Gedanken über den Seidenanbau stehen.94 Auch über die möglichst zweckmäßige Einrichtung von Lesegesellschaften wurde informiert.95 Übergreifendes Interesse konnten Abhandlungen beanspruchen, die beispielsweise Wohlgemeinte Gedanken über die Frage: Ob es einem Lande nützlich sey, daß man die Ausfuhr des Getraides aus demselben verbiethe? entwickelten.96 Dabei verblieb selbstverständlich auch dem Anzeigenwesen noch gebührender Platz. Jeweils am Ende eines Jahrgangs lieferte das Intelligenz-Comptoir seit 1769 einen Haupttitel sowie zwei Register. Das erste umfaßte alle im Jahrgang enthaltenen Abhandlungen und Aufsätze. Damit konnte sich der Abonnent des Blattes über die Jahre gleichsam ein Kompendium mit aufklärerischen, belehrenden und moralisierenden Aufsätzen zusammenstellen. Das zweite Register bildete ein Verzeichnis der inn= und ausländischen Verordnungen und Patente. Der Haupttitel, der in den folgenden Jahren in einigen Formulierungen leicht variiert wurde,97 lautete zum Auftakt folgendermaßen: Erfurthisches lntelligenz=Blatt, vom Jahr 1769. worinne nebst Anzeigen von allerhand Sachen verschiedene inn= und ausländische Verordnungen, ergangene Edictal-Citationes, die wöchentlichen Marktpreise von den mehresten Consumtibilien, die Fruchtpreise der benachbarten Städte, desgleichen ein Auszug der wichtigsten politischen Neuigkeiten mit untermischten gemeinnützigen öconomischen und moralischen Abhandlungen befindlich sind.n

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Vgl. Rudolf Vierhaus: Der Aufstieg des Bürgertums vom späten 18. Jahrhundert bis 1848/49. In: Bürger und Bürgerlichkeit im 19. Jahrhundert (Anm. 78) S. 64-78; Paul Münch (Hg.): Ordnung, Fleiß und Sparsamkeit. Texte und Dokumente zur Entstehung der „bürgerlichen Tugenden". München 1984. Vgl. Jürgen Kiefer: Gesundheitserziehung im „Erfurthischen Intelligenz-Blatt" - ein Beispiel medizinischer Aufklärung im deutschen Zeitschriftenwesen der 2. Hälfte des 18. Jahrhunderts. In: Europa in der Frühen Neuzeit. Festschrift für Günter Mühlpfordt. Hg. von Erich Donnert. Bd. 4: Deutsche Aufklärung. Weimar, Köln, Wien 1997. S. 193-204. - Kiefer datiert die Entstehung des Erfurter Intelligenzblattes fälschlich mit dem Jahr 1750. Vgl. das Register zum Jahrgang 1770. Diese und die zuvor genannte Abhandlung sind im 35. bzw. 38. Stück enthalten. Vgl. Sind unsere Lese-Gesellschaften der Literatur zuträglich oder hinderlich? In: .Erfurthisches Intelligenz-Blatt'. 22. Stück vom 01.06.1782; 23. Stück vom 08.06.1782. Vgl. ,Erfurthisches Intelligenz-Blatt'. 11. und 12. Stück von 1771. Vgl. W. Suchier: Über das Erfurter Intelligenzblatt (Anm. 70) S. 3. ,Erfurthisches Intelligenz-Blatt'. 1. Bd. [Jg. 1769], Titelblatt, unpag.

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In Erweiterung und leichter Modifizierung des Programms von 1746 enthielt das Erfurter Intelligenzblatt seit 1769 die folgenden Rubriken: 1. Inländische Verordnungen (der kurmainzischen Regierung und Kammer, des Erfurter Rats etc.). 2. Ausländische Verordnungen (u.a. aus Weimar, Gotha, Dresden und Hannover). 3. Edictal-Citationes. 4. Avertissements (geschäftliche und amtliche). 5. Sachen, die vermittelst öffentlichen Anschlags zu verkaufen sind, nebst entsprechenden Geboten. 6. Sachen, die aus aus freier Hand zu verkaufen, zu vermieten oder zu verpachten sind. 7. Sachen, die zu kaufen, zu mieten oder zu pachten gesucht werden. 8. Personen, die Dienst und Arbeit suchen oder dazu gesucht werden. 9. Gelder, die auszuleihen sind oder gesucht werden. 10. Sachen, die verloren, gefunden oder gestohlen wurden. 11. Gemeinnützige Aufsätze und Abhandlungen. 12. Anzeige nützlicher Bücher. 13. Vermischte Nachrichten und politische Neuigkeiten." Selbstverständlich waren nicht in jeder Ausgabe des Blattes Beiträge zu allen hier genannten Rubriken vertreten. Das vorliegende Material wurde jeweils nach Aktualität und Wichtigkeit redigiert. Gemeinnützige Aufsätze und Abhandlungen, die bereits 1753 ausdrücklich angekündigt worden waren,100 entnahm der Redakteur in beträchtlichem Umfang anderen Intelligenzblättern, aber auch Zeitungen und Zeitschriften. Aus dem thüringischen Raum wurden beispielsweise die Intelligenzblätter aus Gotha und Frankenhausen sowie ,Der Teutsche Merkur' und Bertuchs Journal des Luxus und der Moden' als Quellen genutzt. In geringerem Umfang dienten auch ausländische Periodika, etwa das Journal de Paris' und der ,Mercure de France', als Druckvorlage. Durch die Erstellung von Jahresregistern wurde dem späteren Leser der Zugriff auf jene Texte, die über den Tag hinaus von Interesse waren, beträchtlich erleichtert. Die Originalbeiträge stammten meist von Autoren aus Erfurt, die ihren publizistischen Aktivitäten allerdings ausnahmslos als Nebentätigkeit nachgingen. Die vermischten Nachrichten und politischen Neuigkeiten umfaßten Meldungen aus verschiedenen europäischen Staaten, die fortlaufend und meist ohne Angabe der Quelle abgedruckt wurden. Kommentiert wurden sie lediglich ausnahmsund ansatzweise. Im Jahre 1776 publizierte das Intelligenzblatt eine Serie über die nordamerikanischen Indianer,101 jedoch nichts über die amerikanische Unabhängigkeitsrevolution. Seit 1774 wurde der Nachrichtenfluß dünner. Nachdem von 1781 an wieder regelmäßig Politische Neuigkeiten der gegenwärtigen Zeit eingerückt wurden, gab es dann seit 1783 praktisch keine Nachrichten mehr. Möglicherweise hatte dies zunächst mit der Tatsache zu tun, daß der Drucker Jo99

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Eine Gesamtübersicht dieser Rubriken wurde im Intelligenzblatt nicht publiziert, ist jedoch anhand mehrerer aufeinanderfolgender Exemplare rekonstruierbar. Vgl. auch W. Suchier: Über das Erfurter Intelligenzblatt (Anm. 70) S. 4f. Vgl. .Wöchentlicher Erfurtischer Anfrag- und Nachrichten-ZettuP, Nr. 20 vom 12.05.1753. Vgl. ,Erfurthisches Intelligenz-Blatt'. 27. Stück vom 06.07.1776; 31. Stück vom 31.08.1776. Quelle: Adairs "History of the American Indians".

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hann Christoph Görling Anfang 1783 die ,Erfurtische Privilegierte Zeitung' übernahm und Selbstkonkurrenz vermeiden wollte.102 Doch auch nachdem er diese Zeitung 1784 wieder abgegeben hatte, blieben die politischen Nachrichten im Intelligenzblatt aus. So berichtete das Erfurter Intelligenzblatt, anders als eine Reihe seiner thüringischen Schwestern, auch nicht über die Französische Revolution.103 Politische Nachrichten spielten auch in den Jahren seit 1802/03 im Erfurter Intelligenzblatt keine Rolle mehr. Nach der Einverleibung Erfurts in den preußischen Staat begannen zudem umgehend die Vorbereitungen zur Überführung des nach wie vor privat geleiteten Unternehmens in das staatliche preußische Intelligenzwesen.104 Bei den Verhandlungen um die Abtretung des Privilegs und um die Fixierung der Höhe einer Abfindung legte Johann Friedrich Christoph Fischer die Geschäftsbilanz seines Unternehmens für das Jahr 1802 offen. Fischer erwirtschaftete einen Überschuß von fast 500 Talern. Bedenkt man, daß die Stadt Erfurt im Etatjahr 1804/05 über Gesamteinnahmen in Höhe von 21.958 Talern verfugen konnte, also ungefähr über einen Taler und acht Groschen pro Einwohner,105 bestätigt sich, daß das Erfurter Intelligenzblatt auch unter merkantilem Aspekt von einigem Interesse ist. Im Jahre 1803 betrug die Auflage des Erfurter Intelligenzblattes 600 Exemplare. Legt man die in der wissenschaftlichen Literatur übliche Schätzung zugrunde, daß auf jedes Exemplar im Durchschnitt zehn Rezipienten kamen,106 erreichte es mehr als ein Drittel der damals knapp 17 000 Einwohner Erfurts.107 Rechnet man zudem noch die Kinder ab, kann man davon ausgehen, daß das Erfurter Intelligenzblatt vom Großteil der erwachsenen Bevölkerung, ja von praktisch allen geschäftsfähigen Bürgern der Stadt zur Kenntnis genommen wurde und somit erhebliche kommunikative und wirtschaftliche Bedeutung besaß. Dabei war die Abnahme des Blattes bis 1803 sogar freiwillig,108 was auf eine entsprechende Akzep-

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Vgl. W. Suchier: Über das Erfurter Intelligenzblatt (Anm. 70) S. 20. Vgl. Werner Greiling: "Die nächsten Nachrichten aus Frankreich könnten überhaupt künftig wichtig werden." Frankreichberichterstattung und Frankreichbild in Thüringen. In: FRANCIA. Forschungen zur westeuropäischen Geschichte. Bd. 23/2 (1996). Sigmaringen 1997. S. 65-111; Werner Greiling, Matthias Middell: Frankreich-Berichterstattung in deutschen Zeitungen: Kursachsen und Thüringen zur Zeit der Französischen Revolution. In: Kulturtransfer im Epochenumbruch. Frankreich-Deutschland 1770-1815 (Transfer. Deutsch-Französische Kulturbibliothek, Bd. 9). Hg. von Hans-Jürgen Lüsebrink, Rolf Reichardt. Leipzig 1997. S. 197-237. Zum folgenden vgl. W. Suchier: Über das Erfurter Intelligenzblatt (Anm. 70) S. 4Iff.; G. Ost (Anm. 72) S. 44ff. und S. 54ff. Vgl. W. Horn (Anm. 67) S. 260. Vgl. M. Welke (Anm. 64) S. 71-99, bes. S. 81f. Für das Jahr 1802 wird eine Erfurter Gesamtbevölkerung von 17 680 angegeben, wovon 16 580 auf die für das Intelligenzblatt relevante Zivilbevölkerung und 1 100 auf das Militär entfielen. Vgl. W. Horn (Anm. 67) S. 32. Dies geht aus einer Anfrage der preußischen Behörden beim Erfurter Stadtrat vom 13.07.1803 hervor. Dieser erwiderte, daß der Bezug des Intelligenzblattes bisher völlig frei-

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tanz des Blattes schließen läßt. Erst unter preußischer Leitung wurden, nach genauer Verständigung mit dem Erfurter Rat, insgesamt 120 Personen und Institutionen zur Abnahme des Blattes und Zahlung von zwei Reichstalern pro Jahr zwangsverpflichtet. Sie alle hatten gleichsam Multiplikatorenfunktion, handelte es sich bei ihnen doch um 27 Advokaten, 17 Ärzte, 8 Kirchen in Erfurt und 12 der Umgebung, 39 Innungen und Gewerke sowie 17 Wirtshäuser. Diese Abonnements fallen in eine Periode, in der das Intelligenzblatt schon in eine neue Ära trat. Das Intelligenzwesen als Bestandteil von Öffentlichkeit und Aufklärung hatte insgesamt seinen Höhepunkt überschritten. Die Jahrzehnte des privat organisierten, stadtbürgerlich geprägten Anzeigen- und Nachrichtenwesens, das mit mannigfaltigen Abhandlungen über lebenspraktische Belange und mit aufklärerischem Räsonnement verknüpft war, hatten auch in Erfurt ein Ende gefunden. So ist es nur folgerichtig, daß seit 1804 in dem nunmehr obrigkeitlich geleiteten ,Wöchentliche[n] Erfurtische[n] Intelligenzblatt' die Rubrik mit gemeinnützigen Aufsätzen vollständig verschwand.109 Bis zum Jahre 1803 verdient das Erfurter Intelligenzblatt nicht zuletzt deshalb wissenschaftliche Aufmerksamkeit, weil es relativ früh gegründet wurde, über die Jahrzehnte hinweg konstant herauskam und weil sein Profil nur geringen Schwankungen unterworfen war. Bei der Bevölkerung Erfurts fand es zudem eine breite Resonanz. Es hatte weder überragende Redakteure, noch behandelte es außergewöhnliche Themen. Es nahm vielmehr „nur einen mittleren Rang unter seinen Geschwistern"110 ein. Doch gerade deshalb kann es als ein durchaus typischer Vertreter seiner Gattung im mitteldeutschen Raum gelten. Ähnlich wie andere derartige Periodika leistete das Erfurter Intelligenzblatt objektiv auch einen Beitrag zu Entstehung und Entfaltung der bürgerlichen Gesellschaft. Dieser Beitrag ist nicht lediglich im gelehrt-aufgeklärten Diskurs und in seinem Anteil an der Ausbreitung von Öffentlichkeit zu sehen. Zugleich ist der merkantile Aspekt des Unternehmens „Intelligenzblatt" in seiner Kombination aus geistigem und ökonomischem Kapital von einigem Interesse. Und schließlich sollte die Tatsache nicht vernachlässigt werden, daß das Anzeigenwesen der Intelligenzblätter die Existenz eines Marktes - wenn auch nur in Segmenten und in lediglich regionaler bzw. lokaler Dimension - voraussetzt. Die mit den Annoncen, diversen Informationen, Preislisten der Lebensmittel etc. geleistete Vermittlung zwischen Angebot und Nachfrage, Bedürfnissen und Leistungen trug zweifellos zur Lockerung gewerblicher und sozialer Strukturen bei und stellt ebenfalls ein Phänomen dar, das in die Richtung der bürgerlichen Gesellschaft weist." 1 Es wurden, ganz wie es Johann Heinrich Gottlob von Justi idealtypisch forderte, Rubri-

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willig gewesen sei, in den meisten Fällen hätten es mehrere Bürger gemeinsam gehalten. Vgl. W. Suchier: Über das Erfurter Intelligenzblatt (Anm. 70) S. 41. Eine Ausnahme bildeten lediglich die Erinnerungen aus dem siebenjährigen Kriege in den Jahrgängen 1805/06, die wohl aus patriotischen Gründen Aufnahme fanden. W. Suchier: Über das Erfurter Intelligenzblatt (Anm. 70) S. 14. Vgl. Siegrist (Anm. 79) S. 18f.

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ken eingerichtet und Abhandlungen eingerückt, die den Manufacturen, Fabriken und Gewerben, und überhaupt dem gesellschaftlichen Leben der Menschen, zur A ufnahme, Vortheil und Beförderung gereichen.'12

6. Resümee Der Anlaß zur Herausgabe von Intelligenzblättern gestaltete sich meist sehr ähnlich. Redakteure und Herausgeber haben ihre Beweggründe in vielen Fällen in Avertissements und diversen redaktionellen Bemerkungen dargelegt. Hier können die Widmung und die Vorrede des Herausgebers des , Wittenbergischen Wochenblatts' in Kursachsen als durchaus typisch gelten. Johann Daniel Titius, im Hauptberuf Professor an der Universität Wittenberg, rekurrierte in seiner Widmung zunächst ausdrücklich auf die Reformbemühungen des kursächsischen Retablissements. Diese Bemühungen zu unterstützen sei der vornehmste Bewegungsgrund, der mich veranlasset, gegenwärtige Früchte meiner Privatbemühungen zur Ausbreitung des Gewerbes, besonders in dem hiesigen Kreise [...] gleichsam zu einem öffentlichen Dankopfer, gehorsamst vorzulegen. Titius betonte, daß er sich mit seinen Blättern für unsern Ort und Gegend sowohl, als für die Welt nützlich zu machen113 bemühe. Mit diesem Motiv ist ein gewichtiger gemeinsamer Nenner genannt, der die Intelligenzblätter in Sachsen und Thüringen verbindet: Das Prinzip der Gemeinnützigkeit. Die Wege und Schwerpunkte, wie gemeiner Nutzen zu erreichen sei, waren durchaus unterschiedlich. Auch die konkreten Textbeiträge fielen von Blatt zu Blatt verschieden aus, je nach Qualifikation der Herausgeber, Redakteure und Mitarbeiter, je nach Interessen und Vorlieben. Doch das Bestreben, nützlich zu sein, das Bemühen, gemeinen Nutzen zu stiften, reiht die Blätter ein in das Selbstverständnis einer populären Aufklärung in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts. Und als Medien dieser Art von Aufklärung können die Intelligenzblätter in ihrer Bedeutung kaum überschätzt werden, so karg und anspruchslos sie uns mitunter auch erscheinen mögen. Dem ächten Freunde der Cultur - hier ist dem Verfasser des eingangs zitierten Beitrags aus dem Jahre 1806 völlig zuzustimmen - kann auch dieser Zweig mensch-

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Johann Heinrich Gottlob von Justi: Staatswirthschaft oder Systematische Abhandlung aller Oekonomischen und Cameralwissenschaften, die zur Regierung eines Landes erfordert werden, 1. Teil. 2. Aufl. Leipzig 1758. S. 275. Widmung vom 17.02.1768. In: ,Wittenbergisches Wochenblatt zum Aufnehmen der Naturkunde und des ökonomischen Gewerbes auf das Jahr 1768'. Wittenberg 1768. unpag.

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lieber Geistesbeschäftigung nicht gleichgültig, nicht geringfügig erscheinen."4 D e m heutigen Historiker gelten Intelligenzblätter zudem in vielen Fällen gerade für kleinräumige Territorien und für viele Städte auch als Chronik, Publicitätsve115 hikel und Sittenspiegel , als eine bedeutende historische Quelle also für vielerlei Fragestellungen historischer Disziplinen." 6

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Zeitungsliteratur Chursachsens (Anm. 2) S. 178. J. von Schwarzkopf: Uebersicht (Anm. 3) Sp. 961. Vgl. Werner Greiling: "Chronik, Publicitätsvehikel und Sittenspiegel". Intelligenzblätter als historische Quelle und kulturelles Gedächtnis. In: Plurales Deutschland - Allemagne Plurielle. Festschrift für Etienne Franfois - Melanges Etienne Francois. Hg. von Peter Schüttler, Patrice Veit, Michael Werner. Göttingen 1999. S. 192-203.

Intelligenzwesen im Vergleich: Regionen, Hanse und Residenzstädte

Das Intelligenzwesen in Hamburg und Altona Astrid Blome

I. Die publizistischen Rahmenbedingungen Die Wirtschaftsmetropole Hamburg war als Verkehrsknotenpunkt des internationalen Seehandels das wichtigste Nachrichtenzentrum im Norden des Reiches. Entsprechend rasch entwickelte sich hier ein vielfältiges Pressewesen, bedingt durch günstige geographische, wirtschaftliche und politische Voraussetzungen. Im Medienverbund mit Altona bildete Hamburg so seit dem frühen 17. Jahrhundert den bedeutendsten deutschsprachigen Pressestandort neben Leipzig. 1 Eine erste gedruckte Zeitung erschien seit 1618 in Hamburg, die , Wöchentliche Zeitung auß mehrerley örther', begründet von dem Frachtvermittler Johann Meyer. Bereits 1630 erwuchs ihr in der ,Post Zeitung', die Hans Jakob Kleinhans für das Kaiserliche Postamt herausgab, ein Konkurrenzunternehmen.2 Ab 1672 gab Victor de Low die ,Altonaische Relation' mit zwei weiteren Wochenausgaben heraus,3 und bis in die 1690er Jahre wurden weitere vier Zeitungsunternehmen in Hamburg und Altona begründet. Insgesamt erschienen im 17. Jahrhundert mit Zeitungen,

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Vgl. Carsten Prange: Die Zeitungen und Zeitschriften des 17. Jahrhunderts in Hamburg und Altona. Ein Beitrag zur Publizistik der Frühaufklärung. Hamburg 1978 (Beiträge zur Geschichte Hamburgs. Band 13). Vgl. Holger Böning, Emmy Moepps: Hamburg. Kommentierte Bibliographie der Zeitungen, Zeitschriften, Intelligenzblätter, Kalender und Almanache sowie biographische Hinweise zu Herausgebern, Verlegern und Druckern periodischer Schriften. 3 Bände. Stuttgart-Bad Cannstatt 1996 (Deutsche Presse. Biobibliographische Handbücher zur Geschichte der deutschsprachigen periodischen Presse bis 1815. Band 1.1-1.3). Band 1: Von den Anfangen bis 1765. Sp. 10-14, Sp. 14-16. Da in diesen Bänden der neueste Forschungsstand, bibliographische sowie Standortnachweise enthalten sind, wird im folgenden weitestgehend auf die Angabe älterer Literatur verzichtet. Vgl. Astrid Blome: Altonaische Relation. In: Holger Böning, Emmy Moepps: Altona - Bergedorf - Schiffbek - Wandsbek. Kommentierte Bibliographie [...]. Stuttgart-Bad Cannstatt 1997 (Deutsche Presse Band 2). Sp. 2-8, Sp. 12-18 (Europäische Relation), Sp. 19-23 (Europäische Fama).

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Zeitschriften, Chroniken, Kalendern usw. mehr als 60 gedruckte Periodika in den beiden Städten. Im Verlauf von zweihundert Jahren entwickelten sich Hamburg und Altona zur ,Doppelhauptstadt des deutschen Zeitungswesen' sowie zu einem Zentrum der deutschen Aufklärung,4 in dem seit dem späten 17. Jahrhundert die lokalen politischen wie theologischen Konflikte auch in der Presse ausgetragen wurden. Das liberale geistige Klima einer internationalen Hafen- und Handelsstadt, aber auch die Konstellation der machtpolitischen Verhältnisse - Hamburg war freie Reichsstadt, Altona gehörte zum dänischen Staatsgebiet - beförderten die publizistische Konkurrenz und damit die Entstehung eines differenzierten Pressemarktes. So unterschied sich das lokale Pressewesen in einigen Punkten grundlegend von der Situation in anderen Städten und Regionen des Reiches. Vor diesem individuellen Hintergrund muß auch die Entwicklung des Intelligenzwesens in der Region betrachtet werden, die hier von mehreren Faktoren maßgeblich beeinflußt war: 1. Die staatliche Lenkung des Pressewesens und die seit dem 17. Jahrhundert obligatorische Vorzensur der Zeitungen wurden im nationalen Vergleich verhältnismäßig liberal gehandhabt, solange keine auswärtigen Beschwerden über die Berichterstattung eingereicht wurden. Zeitungs- wie Zeitschriftenherausgeber waren dennoch aufgrund der zahlreichen Konkurrenz darauf bedacht, in einer , freiwilligen Selbstzensur' die üblichen Anforderungen der Obrigkeit an die Inhalte der Berichterstattung einzuhalten, um die Existenz ihres Unternehmens nicht zu gefährden. Sowohl der Hamburger Rat als auch die Altonaer Regierung hielten gegenüber auswärtigen Mächten oftmals beschützend die Hand über das städtische Druckgewerbe und versuchten gleichzeitig, eine Benachteiligung der lokalen Presse gegenüber der nahen Konkurrenz zu verhindern. Dennoch belegen zahlreiche Eingriffe der Zensurbehörden, daß die vermeintliche Pressefreiheit auch hier nur relativ war.5

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Grundlegend: Franklin Kopitzsch: Grundzüge einer Sozialgeschichte der Aufklärung in Hamburg und Altona. 2 Teile. Hamburg 1982 (Beiträge zur Geschichte Hamburgs. Band 21). Vgl. Hermann Colshorn: Über die Zensur in Hamburg mit besonderer Berücksichtigung des Buchhandels. In: Aus dem Antiquariat 4/1979. In: Börsenblatt fur den Deutschen Buchhandel. Frankfurter Ausgabe. Nr. 34, 27.4.1979. S. A121-A132. H. Böning, E. Moepps: Hamburg 1 (Anm. 2) S. XXVIII-XXXI. Rudolf Bülck: Das schleswig-holsteinische Zeitungswesen von den Anfängen bis zum Jahre 1789. Kiel 1928. Passim. Η. Böning, Ε. Moepps: Altona (Anm. 3), S. XXXIII-XXXVIII. In Ermangelung einer aktuellen und umfassenden Darstellung des Hamburger und Altonaer Zensurwesens und aufgrund der Tatsache, daß durch Brände und Kriegsverluste wichtige Archivbestände verloren sind, läßt sich ein Überblick über die Handhabung der Zensur in der Hansestadt am besten anhand einer sorgfaltigen Auswertung der Kommentierten Bibliographien von H. Böning, E. Moepps gewinnen. Vgl. allgemein: Ulrich Eisenhardt: Wandlungen von Zweck und Methoden der Zensur im 18. und 19. Jahrhundert. In: Herbert G. Göpfert, Erdmann Weyrauch (Hg.): „Unmoralisch an sich ..." Zensur im 18. und 19. Jahrhundert. Wiesbaden 1988 (Wolfenbütteler Schriften zur Geschieh-

Das Intelligenzwesen

in Hamburg und Altona

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2. Weder in Hamburg noch in Altona gab es - im Gegensatz zu anderen deutschen Staaten - ein Anzeigenmonopol. Die Zeitungsherausgeber hatten das uneingeschränkte Recht zum Abdruck von Annoncen. Dieses Recht nutzten sie so extensiv, daß sich die Intelligenzblattgründungen der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts kaum gegen die etablierte Konkurrenz behaupten konnten. 3. Das Wirtschafts- wie in der Folge auch das geistige und kulturelle Leben beider Städte war in einem erheblichen Maße von der Kaufmannschaft geprägt. Die Gründung vieler Periodika, ihre aktuelle Berichterstattung wie die anderen Inhalte waren speziell auf dieses Publikum ausgerichtet, so daß sich teilweise wesentliche Überschneidungen mit,typischen' Intelligenzblattinhalten ergaben. 4. Gleichzeitig war die Kaufmannschaft bemüht, auf die öffentliche Berichterstattung Einfluß zu nehmen: Inhalte wie Umfang der veröffentlichten ökonomischen Informationen durften die lokalen Wirtschaftsinteressen nicht gefährden. Entsprechend skeptisch wurde ein Periodikum wie das Intelligenzblatt aufgenommen, das konzentriert teilweise exklusive ökonomische Informationen über die Stadtgrenzen hinaus verbreiten konnte. Die Entstehung des Intelligenzwesens in Hamburg und Altona wurde - wie dargelegt - erheblich von der lokalen publizistischen Konkurrenz beeinflußt. Von besonderer Bedeutung waren in diesem Zusammenhang zwei Zeitungen, die - bereits im 17. Jahrhundert gegründet - bis in das 19. Jahrhundert erschienen und einen hohen Anteil an Informationen enthielten, die als charakteristischer Inhalt der Intelligenzblätter gelten. Von 1674 bis 1811 gaben Thomas von Wiering bzw. seine Erben den (Hamburger) ,Relations-Courier' heraus,6 der bis zur Mitte des 18. Jahrhunderts als aktuellste und materialreichste Hamburger Zeitung galt. Vergleichsweise hoch war im ,Relations-Courier' der Anteil der Wirtschaftsnachrichten - Korrespondenzen aus den niederländischen Seehäfen, Abfahrt- und Zielhäfen der internationalen Handelsschiffe sowie deren Ladung, Ladelisten der Ost- und West-Indienfahrer, Anmerkungen über Preise, Waren und Schiffsladungen oder in den 1760er Jahren Einfuhrlisten. Trotz zahlreicher Beschwerden der ortsansässigen Kaufleute über die Veröffentlichung einzelner Informationen7 setzten sich diese dennoch im Jahr 1811, als der ,Relations-Courier' vor der Einstellung stand, grundsätzlich für das Fortbestehen der Zeitung ein mit dem Argument: Seit anderthalb Jahrhunderten hat dieses nützliche Blatt seinen ursprünglichsten Zweck, die Börse von den täglichen Vorfällen des Handels so zeitig als möglich zu unterrichten, mit gewissenhafter Sorgfalt erfüllt. Die ganze Ein-

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te des Buchwesens. Band 13). S. 1-35. Dieter Breuer: Stand und Aufgaben der Zensurforschung. In: G. Göpfert, E. Weyrauch: „Unmoralisch an sich ...". S. 37-60. Vgl. im folgenden H. Böning, E. Moepps: Hamburg 1 (Anm. 2) Sp. 35-46. Vgl. ausfuhrlich Ernst Baasch: Handel und Öffentlichkeit der Presse in Hamburg. In: Preußische Jahrbücher 110/1902. S. 121-142, bes. S. 123ff.

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richtung desselben war auf den Nutzen und die Bequemlichkeit des Handels berechnet,8 Die Zeitgenossen schätzten besonders den Anzeigenteil des Relations-Couriers'. Bereits an der Wende zum 18. Jahrhundert war der Annoncenteil so umfangreich, daß die Zeitung im Urteil der älteren Forschung als Intelligenzblatt galt.9 In der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts nahm die Zahl der Inserate bei nachlassender Qualität und Aktualität der Berichterstattung immer mehr zu, so daß sie zu Beginn des 19. Jahrhunderts schließlich bis zu drei Viertel einer Zeitungsausgabe beherrschen konnten. Auch aus diesem Grund bildete der ,Relations-Courier' daher nicht nur fur das kaufmännische Lesepublikum immer eine wichtige Alternative zu den Intelligenzblättern. Die zweite in diesem Zusammenhang hervorzuhebende Zeitung ist der , Altonaische Mercurius'. 10 Mit königlich dänischem Privileg seit 1688 im Verlag Christian Reimers' bzw. seiner Erben bis 1875 erschienen, stellte der ,Mercurius' an sich nur eine durchschnittliche publizistische Leistung dar. Dennoch bewarben sich im Jahr 1742, als der bisherige Verleger starb, sieben Drucker um das Zeitungsprivileg. Der Hauptgrund für dieses große Interesse war, daß die Zeitung als regional erfolgreiches, halbamtliches Blatt galt. Behördliche Anzeigen, besonders Konkurs- und Erbschaftsproklamationen, mußten seit 1740 in drei verschiedenen Zeitungen veröffentlicht werden. Für den dänischen Bereich bildete der ,Altonaische Mercurius' dabei das einzige, für Schleswig-Holstein das hauptsächlich genutzte Organ. Entsprechend lautete ein zeitgenössisches Urteil: Mit den beyden Hamburger Zeitungen Den besten Vortheil soll ihr Proprietär rer Notifikationen und Avertissements, vinzen zur Inseration geschickt werden

kann sich diese gar nicht messen. [...] von der Menge gerichtlicher und andedie aus Dänemark und den beyden Promüssen, haben."

So, wie der ,Relations-Courier' mit Geschäfts- und Privatanzeigen intelligenzblattypische Inhalte veröffentlichte, übernahm der ,Altonaische Mercurius' mit dem Erstabdruck öffentlicher Bekanntmachungen also ebenfalls eine wichtige Funktion, die in anderen deutschen Regionen exklusiv den Intelligenzblättern vorbehalten war.

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Zit. nach E. Baasch: Handel und Öffentlichkeit (Anm. 7) S. 136. Joachim von Schwarzkopf: Politische Zeitungen und Intelligenzblätter in der freyen Reichsstadt Hamburg. In: Hanseatisches Magazin 6,2/1804. S. 314-337, hier S. 317; J.M. Lappenberg: Zur Geschichte der Buchdruckerkunst in Hamburg. Hamburg 1840. S. LXXVI, S. LXXXIIf; E. Baasch: Handel und Öffentlichkeit (Anm. 7) S. 122. Vgl. im folgenden Astrid Blome: Altonaischer Mercurius Und desselben Relation aus dem Parnasso. In: H. Böning, E. Moepps: Altona (Anm. 3) Sp. 23-43. Qintus Aemilius Publicola [Johann Heinrich Stöver]: Niedersachsen. In seinem neuesten politischen, civilen und litterarischen Zustande. Ein in der Lüneburger Haide gefundenes merkwürdiges Reisejournal. 3 Bände. Rom 1789. Band 1. S. 215.

Das Intelligenzwesen in Hamburg und Altona

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Darüber hinaus bot der Hamburg-Altonaer Pressemarkt im 18. und frühen 19. Jahrhundert eine Vielzahl unterschiedlichster Periodika, die sich speziell an die Kaufleute richteten und daher ebenfalls mit den Intelligenzblättern konkurrierten. Dazu gehörten - allerdings teure - Geld- und Wechselkurstabellen, englische Schiffslisten, Sundlisten, eine Resignation des [...] eingekommenen und ausgehenden Getraides', Waren-Preislisten oder auch die Einfuhrlisten des Hamburger Hafens. 12 Geschäftstüchtige Verleger gründeten besonders in den 1770er/80er Jahren eine Vielzahl von meist kurzlebigen Zeitungen und Zeitschriften, deren Titel bereits Auskunft gaben über ihr Programm: ,Merkwürdige Lebensbeschreibungen verschiedener Kaufleute' (1771-1772), ,Der Kaufmann' (1778), Journal für Kaufleute' (1780-1781), ,Schriften über Staatswirthschaft und Handlung' (17801784), ,Kaufmännisch-politische Zeitung' (1781-1782), ,Handlungs-Bibliothek' (1784-1797) und andere. Viele dieser Blätter enthielten aktuelle Wirtschaftsnachrichten, Schiffslisten, Kurstabellen und andere Übersichten, während die redaktionellen Beiträge theoretische wie praktische Probleme von Handel und Kaufmannswesen aufgriffen. Auch historische wie aktuelle Gesetze, Anordnungen und Bekanntmachungen fanden ihr spezifisches Forum in verschiedenen Zeitschriften, die in den 1760er Jahren begründet wurden und Dokumente der nationalen wie lokalen Legislative veröffentlichten. 13 Andere Periodika widmeten sich hingegen vorrangig der gemeinnützig-praktischen oder der medizinischen Volksaufklärung,14 und viele Zeitungen und Zeitschriften veröffentlichten kontinuierlich Artikel, die dem breiten Spektrum aufklärerischer Themen zuzuordnen waren. Vor dem Hintergrund einer so ausdifferenzierten Presselandschaft wird deutlich, weshalb sich das Intelligenzwesen in Hamburg und Altona erst vergleichsweise spät etablieren konnte.

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Vgl. H. Böning, E. Moepps: Hamburg 1 (Anm. 2). Passim; dies.: Hamburg [...] Band 2: 1766-1795. Passim.

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Sammlung der von E. Hochedlen Rathe der Stadt Hamburg [...] ausgegangenen allgemeinen Mandate [...] und verkündigten Anordnungen (1763-1774), Sammlung von Urkunden [...] zur Hamburgischen Kirchen- Gelehrten- und Schul-Historie (1764-1770), Sammlung der Hamburgischen Gesetze (1765-1773), Nachrichten [...] von den Hamburgischen Gerichten [...] (1768/69), Sammlung Hamburgischer Verordnungen (1783-1811). Hainburgische Vermischte Bibliothek (1743-1745), Der Königl. Schwedischen Akademie der Wissenschaften Abhandlungen (1749-1784), Gesellschaftliche Erzählungen (1752-1754), Allgemeines oekonomisches Magazin (1782-1788), Verhandlungen und Schriften der Hamburgischen Gesellschaft zur Beförderung der Künste und nützlichen Gewerbe (1792-1807), Hamburg und Altona (1801-1806); Der Patriotische Medicus (1724-1727), Der physikalische und oekonomische Patriot (1756-1758), Der Arzt (1759-1764, 1769), Der patriotische Medicus (1765-1768), Deutsche Gesundheits-Zeitung (1786-1794), Hamburgisches Gesundheits-

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Blatt (1787-1791).

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II. Intelligenzblätter in Hamburg Bereits 1724 ergriff der Drucker, Buchhändler und Verleger Johann Michael Fleischer die erste Initiative zur Gründung eines Anzeigenblattes in Hamburg.15 In der Ankündigung der ,Hamburger Frag- und Anzeigungs-Nachrichten' berief er sich auf die englischen und französischen Vorläufer, und er verwies auf das zwei Jahre zuvor gegründete Frankfurter Intelligenzblatt sowie auf die Initiative des Freiherrn von Schröder zur Einrichtung eines Intelligenzwesens in Wien. Fleischer warb explizit um die Handel- und Gewerbetreibenden der Stadt als Lesepublikum. Die philosophische Begründung, mit der er den Lesern sein Blatt empfahl, entsprach nahezu wörtlich der Ankündigung des Frankfurter Intelligenzblattes: Der gegenwärtige Zustand des menschlichen Geschlechts ist so beschaffen, daß ein Mensch, er mag in einem Stande stehen, worinnen er will, des andern nicht immer entbehren kann, sondern seines Rahts und Umgangs, oder seiner Hülffe und seines Beystandes, entweder zu seiner Nohtdurfft, oder zu seinem Vergnügen dann und wann nöthig hat, wann er anders als ein vernünjftiger Mensch in dieser Welt leben, und sich nicht selbst unglücklich machen will. Es hat auch der gütige Schöpffer, welcher des Menschen Glückseligkeit suchet, es so weislich angeordnet, daß er von seinen Gaben und Gütern keinem Menschen alles allein anvertrauet, sondern einem jeden nur ein gewisses Maaß daran mitgetheilet hat, damit die Menschen desto besser in der Ordnung erhalten, und aus Erkänntniß ihres Mangels dazu gebracht würden, daß einer dem andern [...] in seiner Bedürffniß mit Raht und That beystünde, und also, so viel an ihm, seines Neben-Menschen zeitliche Glückseligkeit zu befördern suchte.16 Fleischers Intelligenzblatt sollte noch nicht den gesamten inhaltlichen Kanon aufnehmen. Vorgesehen waren die Rubriken An- und Verkauf von Immobilien und beweglichen Gütern, Vermietungen/Verpachtungen, Stellenangebote und -gesuche, Verloren/Gefunden, Reise- und Frachtgelegenheiten sowie Fremdenlisten. Da seine Initiative neu war in der Hansestadt, gab er den Interessenten in der Ankündigung auch detaillierte Beispiele fur die Abfassung von Anzeigen. Anscheinend sind jedoch von den ,Hamburger Frag- und Anzeigungs-Nachrichten'

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Vgl. im folgenden auch H. Böning, E. Moepps: Hamburg 1 (Anm. 2) Sp. 287-292. Ausführlicher und deutlicher Bericht von einem Zu Hamburg aufzurichtenden Gemeinnützlichen Werck, Welches wöchentlich unter nachfolgendem Titul sol publiciret werden: Wöchentliche Hamburger Frag- und Anzeigungs-Nachrichten, Von Allerhand in- und ausserhalb der Stadt zu kauffen und verkauffen, zu verleihen und lehnen seyenden, auch verlohrnen, gefundenen und gestohlenen Sachen; So dann Persohnen, Die Bedienung oder Arbeit suchen, oder zu vergeben haben [etc.]. Welche Zu Hamburg bey Johann Michael Fleischer, im Dohm, in dem gewesenen Königs Buchladen, bekandt gemacht und vernommen werden können. O.O. o.J. [Hamburg 1724], Zit. S. [2]. Vgl. Alexander Dietz: Frankfurter Nachrichten und Intelligenzblatt. Festschrift zur Feier ihres zweihundertjährigen Bestehens 1722/1922. Frankfurt/Main 1922. S. 11.

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keine Exemplare überliefert, und es ist fraglich, ob das Blatt länger als einige Wochen existieren konnte. Da Fleischer auf die gleichzeitige Gründung eines Comtoirs verzichtet hatte, mag auch das Fehlen einer Organisationsstruktur zu seinem Scheitern beigetragen haben. Festzuhalten bleibt jedoch: Die ,Frag- und Anzeigungs-Nachrichten' waren eines der ersten aus Privatinitiative gegründeten deutschen Intelligenzblätter, ausgerichtet auf ein professionelles Publikum, demgegenüber sie sich zur Gemeinnützigkeit verpflichteten. Mit Anlaufschwierigkeiten zu kämpfen hatte auch der Drucker, Buchhändler und Verleger Johann Conrad König, der insgesamt sieben Jahre auf die Erteilung eines Druckprivilegs warten mußte. Die ,Privilegirten hamburgischen Anzeigen' konnten als zweites Hamburger Intelligenzblatt ab dem 4. Januar 1737 zunächst für ein Jahr erscheinen.17 König begründete ein Adress-Comtoir und gestaltete im Gegensatz zu Fleischer den Inhalt seines Blattes von vornherein abwechslungsreicher, um gegen die starke Konkurrenz der Zeitungen bestehen zu können. So kündigte er bereits im ersten Stück an, nicht blosserdings die alltäglichen Nachrichten zu drucken, so dieses oder jenen Bidermanns Handel, Gewerbe, Nohtdurft und Beqvemlichkeit betreffen, sondern auch gelehrte Anmerckungen aus der Historie, der Critic und der Naturlehre, aus mathematischen und öconomischen Wissenschaften, aus der Poesie [...] und was sonst, ohne Verletzung Göttlicher oder menschlicher Gesetze, der Ordnung, der Ehrbarkeit und des Wolstandes in öffentlichen Wochenschriften sich zeigen darf. Der erste Jahrgang enthielt alles, was in einem Intelligenzblatt erwartet werden durfte: Im Zweispaltendruck erschienen amtliche Bekanntmachungen, Schiffsund Handelsnachrichten, Geld- und Wechselkurse, Getreide- und Warenpreise, Fremdenlisten, Schiffslisten sowie der gesamte Anzeigenkanon. Die inhaltlichen Beiträge waren oftmals Moralischen Wochenschriften entnommen, zum Teil aus dem Englischen und Französischen übersetzt. Weshalb das Blatt Ende Januar 1738 eingestellt wurde, läßt sich nicht nachvollziehen. Nach zwei erfolglosen Versuchen der , Wiederbelebung' in den Jahren 1740 und 1751 erschienen die ,Privilegirten hamburgischen Anzeigen' erneut von 1754 bis 1779, meist dreimal wöchentlich, in der bewährten Form. 1758 übernahm der Verlag von Georg Grunds Witwe, in dem mit dem ,Correspondenten' auch die bedeutendste Hamburger Zeitung erschien, das Intelligenzblatt. Die Verlegerin benannte das Blatt um in gemeinnützige Hamburg[ische] Anzeigen' und versprach bei der Übernahme: Außer den allgemeinen Anzeigen und Nachrichten [...] wird man auch insbesondere auf die gemeinnützigen Sachen außerhalb Hamburgs mit Aufmerk-

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Vgl. auch H. Böning, E. Moepps: Hamburg 1 (Anm. 2) Sp. 429-437.

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samkeit sehen, und alles aus entfernten Gegenden mitteilen, welches [...] einen Einfluß in das hiesige Nahrungs-Geschäfft haben kann. Langfristig wollte man dem Blatt das Ansehen einer allgemeinen HandlungsZeitung geben}1 Das Intelligenzblatt sollte schwerpunktmäßig Wirtschaftsnachrichten und -Informationen aufnehmen, um eine Ergänzung zur politischen Zeitung, dem Korrespondenten', darzustellen. Der ökonomische Schwerpunkt wurde regelmäßig erweitert um Hamburgische Merkwürdigkeiten. Der gelehrte Artikel enthielt manchmal über mehrere Stücke fortgeführte Abhandlungen zu Themen der praktischen Volksaufklärung oder moralischen Inhalts. Auch naturwissenschaftlich-technische Erklärungen waren eingestreut, gelegentliche landeskundliche Abhandlungen sowie ab den 1770er Jahren zunehmend literarische Beiträge aller Art. Weshalb die ,Gemeinnützigen Hamburgfischen] Anzeigen' schließlich mit der letzten Nummer des Jahres 1779 eingestellt wurden, ließ sich aus dem Blatt selbst nicht ableiten. Als bedeutendstes Intelligenzblatt der Hansestadt erschienen schließlich seit 1767 die ,Hamburgischen Addreß-Comtoir-Nachrichten', herausgegeben bis zu seinem Tode 1811 von Victor Ludewig Klopstock, einem Bruder des Dichters. Die Gründungsinitiative für das Kontor, das Intelligenzblatt und die ab 1767 im gleichen Verlag erschienene politische Zeitung, die ,Kayserlich privilegirte Hamburgische Neue Zeitung', 19 ging von Polycarp August Leisching aus. Da er selbst kein Hamburger Bürger war, erhielt an seiner Stelle Johann Wolfgang Hoeck ein kaiserliches Privileg, das ihm unter anderem das Monopol zum Abdruck verlorener, gestohlener oder gefundener Gegenstände einräumte. In dieser Entscheidung sah der Hamburger Rat jedoch einen Eingriff in die städtische Souveränität. Er hob das Monopol auf und erteilte nach dem Tode Hoecks 1767 Johann Wilhelm Dumpf die Erlaubnis, das Intelligenzblatt ohne weitere Vorrechte zu den gleichen Bedingungen wie die ,Gemeinnützigen Hamburg[ischen] Anzeigen' herauszugeben.20 Damit hatte die Hamburger Obrigkeit nicht nur die reichsstädtische Souveränität gegenüber dem Kaiser verteidigt. Gleichzeitig wurde das Bestreben deutlich, die Konkurrenz auf dem lokalen Pressemarkt zu beleben, indem eine Monopolisierung der Informationsvermittlung bereits im Ansatz unterbunden wurde. Die ,Addreß-Comtoir-Nachrichten' erschienen zunächst zweimal wöchentlich und waren wie ein typisches Intelligenzblatt gestaltet: Der redaktionelle Teil umfaßte aufklärerische Beiträge zu den verschiedensten Themen, wobei ökonomische Abhandlungen aller Art, ausgerichtet auf die speziellen Interessen der Hamburger Kaufleute, den Schwerpunkt bildeten.21 Ebenfalls behandelt wurden 18 19 20 21

Correspondent Nr. 2, 4.1.1758, Nachricht. Vgl. H. Böning, Ε. Moepps: Hamburg 2 (Anm. 12) Sp. 846-865. Vgl. H. Böning, E. Moepps: Hamburg 2 (Anm. 12) Sp. 796-811, hier Sp. 800. Zum Beispiel über die Geschichte des englischen Kornhandels (1-2/1767), den zu hoch getriebenen Teehandel der Engl. Ostindischen Compagnie (3/1767), den Anbau überseeischer Produkte wie Zuckerrohr, Kaffee, Baumwolle (7-9/1767) oder die Präparierung holländischen

Das Intelligenzwesen

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Aspekte der gemeinnützig-praktischen Aufklärung, medizinische und naturwissenschaftlich-technische Themen, jedoch eher in den Rubriken Vermischte oder Gemeinnützige Nachrichten. Kulturgeschichtliche Aufsätze, Preisfragen gemeinnütziger Gesellschaften und Akademien sowie literarische Beiträge rundeten das klassische redaktionelle Profil des Blattes ab. Wirtschaftsrelevante Informationen dominierten von Beginn an den Inhalt der ,Addreß-Comtoir-Nachrichten'. Dies umfaßte Verordnungen, die in Ansehung der Handlung und deren Policey in- und ausserhalb Deutschland ergehen, Handelsund Schiffsnachrichten, Geld- und Wechselkurse, Gold-, Silber- und Kornpreise und vieles mehr.22 Programmatisch hatte bereits der erste Redakteur Dumpf die Absicht dieser Blätter mit den Worten umrissen, Nachrichten, welche der Handlung und Schijfahrt wegen für die Nordischen Gegenden wichtig sind, in denselben zu sammelnSein Konzept war in erster Linie dadurch motiviert, daß Hamburg von der Wirtschaftskrise nach dem Ende des Siebenjährigen Krieges sehr stark betroffen war. In der schnellen Verbreitung wirtschaftsrelevanter Informationen sah er daher wie viele andere ein wirksames Mittel, den Markt positiv zu stimulieren und so die Wettbewerbsfähigkeit der Hamburger Kaufleute generell zu stärken. Diese verteidigten jedoch seit mehr als hundert Jahren die Exklusivität ihrer zum Teil teuer erkauften Informationen gegen eine allgemein zugängliche Veröffentlichung. 24 Schwierigkeiten vorausahnend, initiierte Dumpf daher einen unorthodoxen Werbefeldzug: Er kündigte nach drei Monaten zwei weitere Wochenausgaben der ,Addreß-Comtoir-Nachrichten' an, um darin die aktuellen Schiffs- und Handlungs-Nachrichten mit aller ersinnlichen Eilfertigkeit und zugleich Richtigkeit, alsbald nach Ankunft der Posten zu veröffentlichen. Diese Beylagen schickte er allen ihm namentlich bekannten angesehenen Kaufleute[n] ungefragt in einem zweiwöchigen kostenlosen Probeabonnement ins Haus, um sie von der [...] so nohtwendigen Eile und Richtigkeit im Abdruck zu überzeugen.25 Dumpfs Idee kann sicher nicht unabhängig betrachtet werden von den Zielen der zwei Jahre zuvor gegründeten Patriotischen Gesellschaft Hamburgs, der Gesellschaft zur Beförderung der Künste und nützlichen Gewerbe. Mehr als 80% ih-

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Leinengarns (10/1767) in den ersten Stücken, ergänzt von Rezensionen wirtschaftswissenschaftlicher Werke oder dem Abdruck internationaler Handelsbestimmungen. Vgl. die Nachricht von der künftigen unveränderten Einrichtung und Eintheilung dieser Blätter im 103. Stück 1770. Nachricht (Anm. 22) S. [1], Vgl. E. Baasch: Handel und Öffentlichkeit (Anm. 7). Nachricht (Anm. 22) S. [3]. Dem absehbaren Interessenkonflikt begegnete Dumpf einerseits, indem er sich bereits in der Ankündigung der Beylagen auf den Rat Einsichtsvolle[r] Kaufleute berief, welche es nicht für einerley halten, von dem Commerz Nachricht [zu] geben und das Commerz [zu] verrraten, sondern vielmehr wissen, daß zum Einverständnis in der Handlung öffentliche Nachrichten nicht nur vortheilhaft, sondern auch notwendig sind. [S. 1] Andererseits diskutierte er die erwartete Anklage, daß Sie es bloß thun, um die Handlung zu verderben, und die Fremden klug zu machen, bereits eine Woche später anhand eines vermutlich fiktiven Leserbriefes selbst in den Addreß-Comtoir-Nachrichten (29. Stück 1767).

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rer Mitglieder waren Kaufleute mit dem gemeinsamen Ziel, die Aufnahme der Handlung, der Künste, der Manufacturen und des Ackerbaues zu fördern, also die Wettbewerbsfähigkeit der Hamburger Kaufleute zu stärken.26 Einer der ersten Direktoren der Gesellschaft war Johann Georg Büsch, der 1767 neben Dumpf zumindest zeitweise an der Redaktion der ,Addreß-Comtoir-Nachrichten' beteiligt war. Büsch verfaßte zahlreiche Abhandlungen zur gemeinnützigen und ökonomischen Aufklärung sowie zu mathematischen und naturwissenschaftlichen Problemen, von denen viele in den ,Addreß-Comtoir-Nachrichten' erschienen. Wie er veröffentlichten auch andere Mitglieder der Patriotischen Gesellschaft Artikel im Intelligenzblatt, darunter mit Johann Albert Heinrich Reimarus und Ernst Georg Sonnin zwei ihrer Mitbegründer sowie der Sekretär Friedrich Johann Lorenz Meyer. Trotz dieser personellen Verflechtungen können die ,Addreß-Comtoir-Nachrichten' jedoch keinesfalls als Organ der Gesellschaft verstanden werden." Die Nähe drückte sich vielmehr darin aus, daß die Aufklärungsbestrebungen des Intelligenzblattes vornehmlich auf die Hamburger Kaufmannschaft, auf die Kaufleute als Bürger ausgerichtet waren. Es war ebenso konsequent wie pragmatisch, vor diesem Hintergrund Artikel der Hamburger Aufklärer zu veröffentlichen, die dem lokalen Publikum bekannt sein mußten. Denn ebenso wurden die Leser über die Aktivitäten anderer gemeinnütziger Einrichtungen unterrichtet, zum Beispiel über die 1767 gegründete Typographische Gesellschaft,28 die Handlungs-Academie Büschs29 oder das seit 1772 von Christoph Daniel Ebeling geleitete Institut zur Erziehung und Vorübung des jungen Kaufmanns,30 Aufmerksam wurde auch die

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Johann Ulrich Pauli: An alle wahre Patrioten Hamburgs gerichtete Ermahnung, zur Aufrichtung einer ähnlichen Patriotischen Gesellschaft, zur Aufnahme der Handlung, der Künste, der Manufacturen und des Ackerbaues, wie die zu London und Paris ist; nebst einer Beylage: Auszug aus der Handlungszeitung von Paris genannt, den gegenwärtigen Zustand beyder Gesellschaften betreffend. Hamburg: Piscator 1765. Vgl. F. Kopitzsch: Grundzüge (Anm. 4) S. 337ff. Zumal die Gesellschaft mit den Nachrichten von den Verhandlungen und Preisaufgaben der Hamburgischen Gesellschaft zur Beförderung der Künste und nützlichen Gewerbe (17901837) über ein eigenes Mitteilungsblatt verfügte. Sie hat die Absicht, theils den einheimischen Liebhabern der Leetüre das Lesen der neuesten nützlichen und angenehmen Schriften leicht und wohlfeil zu machen, theils Werke von einem allgemeinen und besondern Nutzen sowohl in Originalschriften als in Uebersetzungen zum Druck zu befördern. (6. Stück 1767). Nähere Nachricht im 87. Stück 1767. Vgl. Wilhelm Stieda: Zur Geschichte der hamburgischen Handlungsakademie von Johann Georg Büsch. In: Zeitschrift des Vereins für Hamburgische Geschichte 15,1/1910. S. 1-13. Ein zur Kaufmannschaft bestimmter Jüngling bekömmt in demselben [Institut] eine zweckmäßige Erziehung, und kann alle Einsichten erlangen, die ihm nöthig sind, um in wirklichen Comtoir-Geschäfften mit Einsicht und dem daraus entstehenden Vergnügen arbeiten zu können. (16. Stück 1772; s. a. 109.-110. Stück 1774).

Das Intelligenzwesen

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Entwicklung des Philantropinismus begleitet.31 Zudem unterstützte die Redaktion der ,Addreß-Comtoir-Nachrichten' gemeinnützige Projekte, indem sie beispielsweise während der Hungerkrise in Hamburg Spendengelder sammelte für die Unterstützung der Armen in Sachsen.32 Das publizistische Konzept der ,Addreß-Comtoir-Nachrichten' blieb zwar bis in das 19. Jahrhundert im wesentlichen unverändert, aber nur wenige Redakteure konnten auch das literarische Niveau des Intelligenzblattes gewährleisten: Nach Büsch (1767) und Dumpf (1767/68) wären hier Matthias Claudius (17681.10.1770) und schließlich Albrecht Wittenberg (1786 bis Januar 1795), eine der zentralen Figuren des publizistischen Lebens in Hamburg, zu nennen. Wittenberg bezog als Redakteur auch Stellung zu den politischen Ereignissen der Französischen Revolution. So brachten die ,Addreß-Comtoir-Nachrichten' in den Jahren 1789/90 wiederholt aktuelle Schriftstücke und Auszüge aus politischen Reden,33 Gedichte zur Feier des 14. Juli und Protokolle aus den Sitzungen der Nationalversammlung nach der gescheiterten Flucht Ludwigs XVI.34 Deutlich wurde die Einstellung der Redaktion an einem Kommentar zu bevölkerungsstatistischen Angaben aus Paris. Es hieß, daß das Revolutionsjahr 1789 in der französischen Hauptstadt nur (!) 432 Tote mehr gefordert habe als 1788, wozu vielleicht Wittenberg selbst bemerkte: Da hierunter wahrscheinlicher Weise die aus den verschiedenen Aufläufen getödteten mit begriffen sind, so wird jeder Freund der Freiheit mit innigem Vergnügen sehen, wie wenig Blut diese glückliche Staatsveränderung kostete. Ein einziges Gefecht [...] brächte viel mehr Menschen ums Leben, als dieser ganze große Kampf für Freiheit, Glück und Menschenwohl.3S

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Zu Basedows Elementarwerk: 70./71. Stück 1769; 47., 62. Stück 1770. Erstveröffentlichung unter dem vollständigen Titel: Des Elementarwerks [ 1 .-4.] Band. Ein geordneter Vorrath aller nöthigen Erkenntniß. Zum Unterrichte der Jugend, von Anfang, bis ins academische Alter, Zur Belehrung der Eltern, Schullehrer und Hofmeister, Zum Nutzen eines jeden Lesers, die Erkenntniß zu vervollkommnen. In Verbindung mit einer Sammlung von Kupferstichen [...]. Dessau und Leipzig: Crusius 1774. Avertissement der Einzelbände und Subskriptionsangebote im 8. Stück 1775. Über die Gründung philantropinischer (Land-)Schulen: 6. Stück 1775; 6. Stück 1777. Zu den Pädagogischen Unterhandlungen: 31. Stück 1777. Ab dem 10. Stück 1772 wurden im Jahresverlauf insgesamt 43 entsprechende Nachrichten veröffentlicht. Reden des französischen Finanzministers Necker im 9., 76-78., 82.-83. und 89.-91. Stück 1789; 76. Stück 1790; Herrn von Calonne Rektifikazionsplan der gegenwärtigen französischen Verfassung im 58.-61. Stück 1789; Flüchtige Betrachtungen über des Herrn von Calonne Brief an den König im 62.-65. Stück 1789. Der vierzehnte Julius 1790. Eine Kantate (54. Stück); Am 14ten Julius 1790 (56. Stück). Protokolle: 51.-56., 58.-59. und 62.-63. Stück 1791. 28. Stück 1790, Todtenliste von Paris.

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Unter Wittenbergs Nachfolgern in der Redaktion der ,Addreß-Comtoir-Nachrichten' 36 dominierten wieder deutlich die ökonomischen Themen den Inhalt des Intelligenzblattes. Im ersten Jahrzehnt des 19. Jahrhunderts wurde der Anzeigenteil immer umfangreicher, die ,Beylagen' umfaßten bald wie das Hauptblatt selbst acht Seiten. Politische Themen wurden hingegen aus Rücksicht auf das Privileg unter der französischen Regierung seit 1806 gar nicht mehr aufgegriffen. Vom Dezember 1811 bis zum Sommer 1814 mußten das Intelligenzblatt und die im gleichen Verlag erscheinende ,Neue Zeitung' ganz eingestellt werden.37 Nachdem das Privileg fur die politische Zeitung anschließend nicht wieder erneuert wurde, empfahlen sich die ,Addreß-Comtoir-Nachrichten' bei ihrem Wiedererscheinen erneut als ,Handels-Zeitung'. 38 In den 1820er Jahren begannen die Herausgeber vermehrt mit dem Abdruck politischer Nachrichten anstelle der einleitenden Abhandlungen, so daß der Charakter des Intelligenzblattes schließlich immer mehr demjenigen einer Zeitung mit einem umfangreichen Anzeigenteil glich. Auch im Titel trug man dieser Entwicklung Rechnung und benannte das Blatt im Februar 1826 um in ,Hamburgische Neue Zeitung und Addreß-Comtoir-Nachrichten'. 39 Die Zeitgenossen bescheinigten den ehemaligen ,Addreß-Comtoir-Nachrichten' bald eine entschieden revolutionäre Richtung, und Hoffmann von Fallersleben bezeichnete die ,Neue Zeitung' schließlich als Blatt aller Freisinnigen,40 In dem Maße, in dem die politische Berichterstattung zunahm, mehrten sich jedoch auch die Klagen über Inhalt und Geist dieser Korrespondenzen.41 1845 wurde die Neue Zeitung schließlich erst in Mecklenburg, dann auch in SchleswigHolstein verboten, so daß nach dem Entzug eines Teils der wirtschaftlichen Grundlage zum Jahresende das Erscheinen endgültig eingestellt wurde. Abschließend zog die Redaktion Bilanz: Die Zeitung habe gegen die Niederträchtigkeit, das Bediententum und die Halbheit der sog. guten Presse gekämpft und sehr bald 36

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Wittenberg wurde abgelöst von dem bekannten Bibliographen Johann Samuel Ersch (17951800), Johann Joseph Christian Pappe (1800-1811) und William Fischer (1811). Vgl. Arthur Obst: Die Hamburger Presse in der Franzosenzeit. In: Zeitschrift des Vereins fur Hamburgische Geschichte 18,1/1913. S. 170-196, hier S. 189f. So in einem Avertissement im Correspondenten Nr. 25, 29.6.1814: Diese Handels-Zeitung, welche bekanntlich die bemerkenswerthen, auf den Handel Bezug habenden auswärtigen sowol politischen, wie auch administrativen Vorfälle mittheilte, und der Zusammenßuß der Waaren- undSchijfs-Verkaufungen, Auctionen, Waarenpreise, Schiffs-Nachrichten, hiesiger, so wie der interessantesten auswärtigen Wechsel- und Geld-Course, Sund Liste, Schiffs- und Schiffer-Namen der auf die Elbe und an die Stadt gekommenen Schiffe u. s. w. zu seyn pflegte, wird sich einer sorgfältigen Redaction befleißigen. Das auswärtige resp. Publicum wird gebeten, ebenfalls seine, besonders auf Handels-Angelegenheiten Bezug habenden Avertissements, als Auctionen [etc.], diesem Blatte wieder zuzuwenden. Ab 1820 erschienen die politischen Nachrichten überwiegend im Hamburgischen Abendblatt der Addreß-Comtoir-Nachrichten, nach dessen Einstellung zum Jahresende 1823 im Hauptblatt selbst, das dann im Februar 1826 umbenannt wurde. Zit. nach Ernst Baasch: Geschichte des Hamburgischen Zeitungswesens von den Anfängen bis 1914. Hamburg 1930. S. 49. Vgl. ausführlich E. Baasch: Geschichte (Anm. 40) S. 19ff.

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ihre Schwestern am Platze überflügelt, sowohl in Hinsicht ihrer Gesinnung, indem sie die fortschreitende Entwicklung der Freiheit des deutschen Volkes zu ihrem Banner nahm, als auch in Hinsicht ihrer Gediegenheit und der Entwicklung geistiger, wissenschaftlicher Kräfte.*2 Auch die ,Hamburgischen Addreß-Comtoir-Nachrichten' blieben nicht ohne Konkurrenz. Seit dem 29. Februar 1792 erschienen die ,Wöchentlichen gemeinnützigen Nachrichten von und für Hamburg' als drittes Hamburger Intelligenzblatt.43 Der Herausgeber Johann Heinrich Hermann verlegte bereits das ,Hamburgische Addres-Buch' und zeigte sich ebenfalls deutlich der Gemeinnützigkeit verpflichtet. Im ersten Stück der ,Wöchentlichen Nachrichten' versprach er seinen Lesern ein bloß für den inländischen Verkehr unsrer Stadt bestimmte^s] Leseblatt, so neu als immer möglich. Dies begründete er mit der großen Nachfrage nach Lokalnachrichten, die von anderen Blättern nicht befriedigt werde: In jeder großen Stadt, und besonders in einer Stadt, wie Hamburg, giebt es monatlich, wöchentlich, täglich, eine unzähliche Menge von Gegenständen und Vorfällen, an denen jeder Theil nimmt, von denen jeder gern mit Zuverläßigkeit unterrichtet seyn will, und die dennoch der Regel nach in keiner unsrer Zeitungen vorkommen und vorkommen können [...]. Ausdrücklich wies Hermann darauf hin, nicht die so genannten StadtNeuigkeiten, den Klatsch, zu veröffentlichen, sondern solche Nachrichten, die sich auf würkliches Bedürfniß, auf würklichen Nutzen, oder doch auf würkliche Bequemlichkeit des bürgerlichen Lebens beziehen. Hermanns Konzept wies deutliche Unterschiede auf zu demjenigen der A d dreß-Comtoir-Nachrichten'. Klopstocks Intelligenzblatt war explizit auf die Kaufmannschaft der Stadt als Lesepublikum ausgerichtet. Auch bei Hermann stand der lokale Bezug im Vordergrund, richtete sich allerdings an ein breiteres Publikum. Ausgewiesene Wirtschaftsinformationen suchte man in den ,Wöchentlichen Nachrichten' meist vergeblich. Der redaktionelle Teil befaßte sich eher mit literarisch-philosophischen Fragen von manchmal beachtlichem Niveau oder galt gemeinnützigen Gegenständen mit Localbeziehung auf Hamburg.4'' Allerdings brachte Hermann von Beginn an die Fallissemente, das heißt Konkursmeldungen, so daß die ,Addreß-Comtoir-Nachrichten' hier aus Konkurrenzgründen bald nachziehen mußten. 45 42 43 44 45

Zit. nach E. Baasch: Geschichte (Anm. 40) S. 52. Vgl. H. Böning, E. Moepps: Hamburg 2 (Anm. 12) Sp. 1501-1509. Zit. nach H. Böning, E. Moepps: Hamburg 2 (Anm. 12) Sp. 1504f. Bereits im Jahr 1793 erhob sich Widerstand gegen diese Veröffentlichung, und die Commerzdeputation verlieh in einer Angabe an den Senat der Befürchtung Ausdruck, daß vor allem jüngere Kaufleute hierdurch geschädigt würden, wenn sie als Gläubiger ebenfalls Verluste erlitten und dies allgemein bekannt würde. Der Senat verfugte daraufhin eine Einschränkung der Falliten-Meldungen auf den Namen und die Verlustsumme des in Konkurs gegangenen Kaufmanns. Vgl. E. Baasch: Handel und Öffentlichkeit (Anm. 7) S. 134f.

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Obwohl die Anzeigenstruktur der beiden Intelligenzblätter dem üblichen Repertoire entsprach und sich damit prinzipiell ähnelte, läßt ein genauerer Blick auf die Inserate vermuten, daß die Leser der ,Wöchentlichen Nachrichten' weniger wohlhabend waren als diejenigen der ,Addreß-Comtoir-Nachrichten'. So brächten die , Wöchentlichen Nachrichten' kürzere Privatanzeigen, die tatsächlich gebrauchtes Mobiliar oder Kleidungsstücke anboten: Bey dem Dovenfleth, über No. 19., auf dem Sahl, sind zwey zuckerkistene Chatoullen, eine platte Komode und ein Kleiderschrank für einen billigen Preis zu verkaufen. Im Beckerbreitengang, No. 195, sind für billige Preise zu verkaufen: Eine Bude, welche auf dem Markt zu gebrauchen, 2 neue Reisekojfer, 2 neue Frauenspelze, 1 große Fuchsmuffe und 1 Stück Beyerwand.'16 Die Ansprüche der Wohnungssuchenden sowie die entsprechenden Angebote fielen ebenfalls bescheidener aus. So war es ganz selbstverständlich, in den W ö chentlichen Nachrichten' neben Häusern und größeren Wohnhausetagen auch zwey schöne tapezierte Zimmer, mit einer hellen eigenen Küche und Bodenraum, eine Stube und Kammer47 oder 2 gut meublirte Zimmer48 anzubieten, während bescheidene Herren eine Stube und Kammer bey einer stillen Familie49 suchten. Auch optisch war der Anzeigenteil der ,Wöchentlichen Nachrichten' abwechslungsreicher gestaltet mit unterschiedlichen Schriftgrößen, auffälligeren Überschriften oder stilisierten Abbildungen, während das Druckbild der ,AddreßComtoir-Nachrichten' insgesamt einheitlicher blieb. Auch Hermann erwarb sich die Anerkennung der Zeitgenossen, da er in den ,Wöchentlichen Nachrichten' einige Rubriken pflegte, die im Konkurrenzblatt nicht veröffentlicht wurden. Hierzu gehörten standesamtliche und kirchliche Nachrichten, das heißt die Geburts- Copulations- und Todtenlisten aller Religionsverwandten; die Verzeichnisse aller öffentlich verkauften Häuser, nebst dem Verkaufspreise und Namen der Käufer; Wahlen; Verzeichniß derer, die Bürger geworden; Abgebung der Decrete u. s. w. Hervorgehoben wurde in diesem Zusammenhang, daß die mitgeteilten Angaben über den kurzfristigen Informationswert hinaus auch künftig zum Nachschlagen und zur Uebersicht dienen könnten und damit einen generellen topographisch-statistischen Wert erhielten. Ein Rezensent des ,Correspondenten' zog daher 1794 anerkennend das Fazit: Diese Nachrichten leisten das, was ihr Titel verspricht; sie sind in der That gemeinnützig, und breiten sich über solche Gegenstände aus, die auf Bedürf-

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Beide Inserate in der Beilage Nr. 1 zum 89. Stück 1804. Beides angezeigt in der Beilage Nr. 2 zum 89. Stück 1804. Beilage zum 31. Stück 1807. Nr. 16/1815.

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niß, Nutzen und Bequemlichkeit des bürgerlichen Lebens würklich haben.50

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Die Hamburger Bürger waren offensichtlich der gleichen Meinung, denn die , Wöchentlichen Nachrichten' fanden einen weit größeren Leserkreis als die örtliche Konkurrenz: Um die Jahrhundertwende betrug ihre Auflage 5 000 Exemplare, diejenige der ,Addreß-Comtoir-Nachrichten' hingegen 2 500 bis 3 000.51 Für 1843 wurden sogar 8 000 Abonnenten genannt.52 Indirekt unterstrichen wurde der große Erfolg des Hermannschen Intelligenzblattes durch eine Anzeige der Druckerei Wörner, die bis Ostern 1807 den Druck der , Wöchentlichen Nachrichten' besorgte. Als Hermann nämlich die Herstellung des Blattes an die Buchdruckerei seines Sohnes übertrug, wurden bei Wörmer drey Pressen außer Arbeit gesetzt, so daß er den hiesigen und auswärtigen Herren Gelehrten, Buchhändlern, Kaufleuten, Maklern umgehend seine Dienste antragen mußte mit dem Versprechen, daß wir jede unsrer Druckerey anvertraute Arbeit zu den billigsten Preisen und mit der größten Pünctlichkeit vollenden werden.53 Auch die , Wöchentlichen Nachrichten' entwickelten sich im Verlauf des 19. Jahrhunderts zu einer Zeitung, allerdings im Vergleich zu den ,Addreß-ComtoirNachrichten' mit Verzögerung. Eine erste Abhandlung zu einem politischen Thema fand sich hier erst 1803.54 Während der französischen Besetzung Hamburgs konnten die , Wöchentlichen Nachrichten' unter verändertem Titel weitererscheinen,55 allerdings zwischenzeitlich als reines Anzeigenblatt ohne redaktionellen Teil. Im Sommer 1814 fusionierte Hermann mit dem Schubackschen Unternehmen, das bis 1813 den ,Relations-Courier' herausgegeben hatte. Die W ö chentlichen Nachrichten' erschienen nun täglich außer Sonntag und brachten seit dem Ende der 1820er Jahre vermehrt auch politische Nachrichten. In den 1850er Jahren entwickelte sich das Intelligenzblatt endgültig zur politischen Zeitung, die seit 1849 unter dem veränderten Titel ,Hamburger Nachrichten' 56 bis zum Jahr 1939 erschien.

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Nr. 88, 2.6.1792, und Nr. 23, 8.2.1794 (zit.). J. v. Schwarzkopf: Politische Zeitungen (Anm. 9) S. 326, S. 329; A. Obst: Hamburger Presse (Anm. 37) S. 196. E. Baasch: Geschichte (Anm. 40) S. 45. Wöchentliche Nachrichten 31. Stück 1807; Beilage zum Correspondenten Nr. 65, 24.4.1807. Welchen Vortheil hat Deutschland davon, daß die Hansestädte von aller Theilnahme an künftigen Reichskriegen ausgeschlossen bleiben? im 9./10. Stück 1803. Vgl. E. Baasch: Geschichte (Anm. 40) S. 12. Affiches, Annonces et Avis divers de Hambourg, oder: Nachrichten, Bekanntmachungen und unterschiedliche Anzeigen von Hamburg. Vgl. E. Baasch: Geschichte (Anm. 40) S. 12f. Vollständiger Titel: Hamburger Nachrichten, Morgenzeitung für Politik, Handel und Schiffahrt. Organ für hamburgische Angelegenheiten. Anzeiger.

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III. Intelligenzblätter in Altona Auch im dänischen Altona ergriffen geschäftstüchtige Verleger relativ früh die Initiative zur Herausgabe eines lokalen Intelligenzblattes. 1732 wurde jedoch das Gesuch R.G. Foests, nach Berliner und Hannoveraner Vorbild ein Adress-Kontor einzurichten und einen Intelligenz-Zettel herauszugeben, abgelehnt. Ebenso erging es 1767 Chr. Troye, dessen Projekt der ,Kgl. privileg. Altonaischen Frag- und Anzeigungen' nicht über ein Probeexemplar hinauskam." Als erstes Altonaer Intelligenzblatt konnten schließlich ab Oktober 1773 die ,Königlich allergnädigst privilegirten Altonaer Addres-Comtoirs-Nachrichten' erscheinen. Der Herausgeber und Redakteur Johann Wilhelm Friedrich Hager hatte bereits von 1766 bis 1770 in Flensburg ein Intelligenzbüro betrieben, dort jedoch dem Konkurrenzdruck der Altonaer, Kopenhagener und Glückstädter Zeitungen bzw. Intelligenzblätter nicht standhalten können. Er transferierte dann das klassische Konzept Adress-Kontor/Intelligenzblatt von Flensburg nach Altona, wo die ,Addres-Comtoirs-Nachrichten' mit bescheidenem Erfolg58 bis 1855 bestanden. Hager empfahl den Lesern sein Intelligenzbüro im ersten Stück des Blattes als etablierte und bewährte Einrichtung, die nicht näher vorgestellt zu werden brauche, denn der beliebte und nützliche Gebrauch, den man schon längst in andern ansehnlichen Kauf - und Handels-Städten davon gemacht hat, hat dessen Bestand und Inbegriff allbereits deutlich genug entwickelt. Bemerkenswert an seinen Ausfuhrungen waren zwei andere Aspekte. Zum einen berief sich Hager ausdrücklich auf die ,Copenhagener Addres-Comtoirs-Nachrichten' als Vorbild des eigenen Intelligenzblattes und versprach den Lesern Übersetzungen der darin enthaltenen Bekanntmachungen und (gelehrten) Artikel. Damit entsprach er nicht nur den obrigkeitlichen Anforderungen, die mit der Konzession verbunden waren,59 sondern ,verkaufte' dies seinen Lesern auch als Vorteil. Zum anderen stellte Hager weniger finanzkräftigen Interessenten eine individuelle Gestaltung der Anzeigenpreise in Aussicht, einen ,Sozialtarif, um eine Vokabel des 20. Jahrhunderts zu gebrauchen: Damit es dann auch denenjenigen, die an diesen Blättern eine Sache bekannt machen lassen, nicht zu kostbar fällt; so sollen jederzeit die allerbilligste[n] Preise für die Inserirung beobachtet werden; auch können arme und hülfsbedürftige Personen, bewandten Umständen nach, eine Fürsprache erhalten. Hager ahnte wohl bereits, daß er in Altona einen schweren Stand gegen die Konkurrenz der etablierten Zeitungen und die ,Hamburger Addreß-Comtoir57

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Vgl. hierzu und im folgenden R. Bülck (Anm. 5) S. 192ff. Gesuch Troyes: LA SchleswigHolstein Abt. 65.2 Nr. 685 I. 1833 lag die Auflage bei 1 250 Exemplaren, im 18. Jahrhundert wohl erheblich niedriger. S. H. Böning, E. Moepps: Altona (Anm. 3) Sp. 165-173, hier Sp. 173. S. R. Bülck: Das schleswig-holsteinische Zeitungswesen (Anm. 5) S. 193.

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Nachrichten' haben würde. Schon nach drei Monaten mußte er den Quartalspreis von zwölf auf zehn Schillinge senken und den Lesern versprechen, diese Blätter immer vollkommener und interessanter einzurichten, wozu er sich von den respektierten] Herren Gelehrten und Beförderern gemeinnütziger Dinge gütige Beyträge von kurzgefaßten nützlichen Abhandlungen und Anmerkungen, aus allen Fächern der Gelehrsamkeit, ganz ergebenst erhoffte.60 Hagers Hauptproblem war die Akquisition von Inserenten, so daß er sich im Februar 1775 erneut An das geehrte Publicum wandte und klagend um eine Verbesserung der gegenwärtigen Blätter werben mußte: In einer so ansehnlichen Stadt, als Altona, und bey einer so großen Anzahl von Einwohnern eräugnen sich gewiß täglich Vorfälle, deren mehrere Bekanntwerdung sehr gemeinnützig, und insonderheit demjenigen, den sie intereßiren, höchst vortheilhaft seyn würde. [...] Was sind die wenigen Schillinge, die es [ein Inserat] ihnen [!] kostet, gegen den Vortheil, den sie davon haben können? Der größte Theil der hiesigen Einwohner lieset diese Blätter, und von den Lesern breitet sich das, was darin vorkömmt, bis zu den übrigen aus, so daß es fast niemanden verborgen bleiben kann. In der That ist es zu verwundern, daß an einem Orte, wie Altona, wo man doch eben nicht so, wie an manchem andern Orte, einer bisherigen Gewohnheit steif anzuhängen, und gegen gute Neuerungen eingenommen zu seyn pfleget, dieses Mittel der öffentlichen Bekannmachung nicht mehr gebrauchet wird, und daß diese Blätter, ungeachtet sie nun seit mehr als einem Jahre im Gange sind, sich noch immer so leer an Avertissements befindend Tatsächlich nahm der redaktionelle Teil der ,Addres-Comtoirs-Nachrichten', das heißt einleitende Abhandlungen, politische und Vermischte Nachrichten, im 18. Jahrhundert meist mehr als die Hälfte der vierseitigen Ausgaben ein, während die Zahl der reinen Privatanzeigen verhältnismäßig gering war und sich oft auf zwei bis drei Annoncen pro Ausgabe beschränkte. Hager konnte die hierdurch fehlenden Einnahmen jedoch durch seine außerordentliche Geschäftstüchtigkeit kompensieren. Wie die meisten Betreiber eines Nachrichtenkontors unterhielt er neben der Herausgabe des Intelligenzblattes einen schwunghaften Handel, der sich jedoch nicht vornehmlich auf literarische Produkte konzentrierte wie derjenige der Hamburger Konkurrenz.62 Im Altonaer Kontor konnte man Zahnpulver, Heilbalsam, Brust- und Lungenbalsam, Frostsalben, Mittel gegen Wandläuse, Wanzen und Seekrankheit, englische Hofpflaster, Magentropfen, Prinzessinnen60 61 62

Anzeige in Nr. 22 und 24/1773 (zit.). Nr. 14/1775. Wie etwa im Hamburger Addreß-Comtoir, in dem zwar auch medizinische Mittel, Kosmetika usf. verkauft wurden, hauptsächlich jedoch Bücher und andere literarische Werke. Darüber hinaus konnten über das Kontor in einer Art Lesemappensystem bedeutende Zeitungen, Zeitschriften und Intelligenzblätter aus dem In- und Ausland bei quartalsweiser Pränumeration bezogen werden. Vgl. die ausfuhrliche Anzeige im 101. Stück 1773.

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Waschwasser, Rattengift und portugiesische Schokolade kaufen - um nur einige Angebote aufzuzählen.63 Die Geschäftstüchtigkeit der Familie ging sogar so weit, daß Hagers Witwe Rebecca in der Todesanzeige für ihren verstorbenen Gatten 1799 zwar ihren schmerzhaften Verlust beklagte und sich alle Beleidsbezeugungen verbat, um aber bereits im nächstfolgenden Satz fortzufahren: Zugleich zeige ich hiedurch an, daß die von meinem verstorbenen Manne verfertigte und verkaufte Essentia Miraculosa Coronata, oder die gekrönte Wunder-Arzeney, nebst dem Anckerischen Digestiv-Pulver, fernerhin einzig und allein täglich frisch und unverfälscht in meinem Hause in der Reichenstraße verkauft und verfertigt wird, und daß niemand diese Arzeney in Commission habeM Die lukrativen Nebeneinnahmen erlaubten Hager und seinen Nachfolgern65 eine im lokalen Vergleich günstige Preisgestaltung für das Anzeigenblatt: Die ,Altonaer Addres-Comtoirs-Nachrichten' kosteten mit einem Pränumerationspreis von drei Mark pro Jahrgang nur ein Drittel des gleichnamigen Hamburger Konkurrenzblattes. Auch die bedeutenderen politischen Zeitungen wie der Korrespondent' oder der ,Relations-Courier', die ebenfalls einen umfangreichen Anzeigenteil enthielten, waren mit sechs Mark doppelt so teuer. Der Erfolg der ,Addres-Comtoirs-Nachrichten' lag darüber hinaus in der inhaltlichen Gestaltung des redaktionellen Teils begründet. Zwar war der literarische Anspruch des Herausgebers nicht überdurchschnittlich hoch, wie er 1775 in einer Gelehrten Anzeige ironisch zugab: So eigentlich ist es das Geschäft unsers Addres-Blattes nicht, Werke des Geistes und der Gelehrsamkeit anzuzeigen. Aber, wenn an Ort und Stelle, wo ein solches Blatt geschrieben wird, ein vorzügliches Product des Geistes einmal unvermuthet hervor sprießt: so mögen auch wir doch wol davon etwas sagen, und unsre Leser werden ja wohl eine Stunde von Spiel und Tafel abmüßigen, um eine vortrefliche Frucht unsers eignen Bodens kennen zu lernen.66 Mit dem Verzeichniß der Gebornen, Gestorbenen und Copulirten, den Kopenhagener und Altonaer Fremdenlisten sowie den Altonaer Theaternachrichten 63

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Vgl. auch die Textproben bei Günter Marwedel: Die Königlich privilegirte (!) Altonaer Adreß-Comtoir-Nachrichten und die Juden in Altona. Hamburg 1994 (Hamburger Beiträge zur Geschichte der deutschen Juden Band 20). S. 31 ff. Nr. 24/1799, Avertissements. 1793 verkaufte Hager Kontor und Intelligenzblatt an Friedrich Christian Kiss, nach dessen Tod übernahmen 1831 seine Witwe und seine Tochter die Konzession. Nach dem Tod der Witwe Kiss 1836 führte Anna Dorothea Amanda Kiss das Geschäft bis zu ihrem Tode 1853 alleine fort, anschließend wurden die Altonaer Addres-Comtoirs-Nachrichten von August Flor redigiert und mit dem Ende des ersten Quartals 1855 eingestellt (Altonaischer Mercurius Nr. 80, 4.4.1855, Altona). Die Leser wurden über die jeweiligen Herausgeberwechsel im Blatt selbst nicht informiert. Nr. 7/1775. Es folgte die Rezension eines Hamburger Schauspiels.

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brachten die ,Addres-Comtoirs-Nachrichten' jedoch exklusive Informationen, die in den anderen Blättern der Stadt nicht regelmäßig erschienen. Unterhaltsam waren auch die redaktionellen Beiträge, die sämtliche Themen der gemeinnützigpraktischen Aufklärung behandelten: Landes- und völkerkundliche Aufsätze wechselten in bunter Mischung mit ethnographischen und kulturgeschichtlichen Artikeln,67 praktische Ratschläge galten Erste-Hilfe-Maßnahmen bei Erfrierungen, Vergiftungen, Ertrinken und Erwürgte[n],68 Anleitungen von der Kunst, zu schwimmen, nebst Anweisung, wie jemand, der gar nicht schwimmen kann, es dahin zu bringen vermöge, daß er im tiefsten Wasser nicht untersinke (98/1781), Mittel[n] wider die Wuth und den Biß rasender Hunde (3/1773), Fleckentfernern (23/1774) oder Mottenschutz (10/1773). Populärmedizinische, landwirtschaftliche oder moralisch-sittliche Themen69 wurden ebenso diskutiert wie Erziehungs- und gesellschaftliche Fragen70 oder das Verhältnis der Geschlechter,71 und literarische Abhandlungen informierten über aktuelle Schriften und ihre Autoren. Anzumerken bleibt noch eine Besonderheit: Die Hamburger und Altonaer Intelligenzblätter unterlagen als nichtpolitische Schriften normalerweise nicht der Vorzensur wie die Zeitungen. Nun brachte Hager jedoch 1774 die Rezension einer in Altona gedruckten Schrift, in der gegen den Bremer Rat geklagt wurde. Hierin hieß es: Es gibt nicht an allen Orten Voltaire oder Elie de Beaumont, die guten Willen und Geschicklichkeit genug haben, die Rechte eines einzelnen Mannes, und also die Rechte der Menschheit, gegen partheyische, bestochene und brutale Richter zu vertheidigen; aber es gibt an vielen Orten Menschen, die an dem er-

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Zum Beispie) Etwas von den Nordamerikanischen Indianern oder sogenannten Wilden in Nr. 98-101, 103-104/1775, Nr. 1 und 5/1776; Beschreibung von Süd-Carolina in Nr. 26, 3134/1777; Lebens-Arten, Sitten und Gebräuche von einigen wilden Völkern in Nr. 16-19/1776; über türkische Frauenzimmer und Mongolische Damen (Nr. 96-97/1779, Nr. 18-19/1781) usf. Hülfsmittel für Erfrorene 2. Stück 1781; Hülfsmittel für Personen, welche von schädlichen Dämpfen betäubt oder erstickt sind und Hülfsmittel für Erhängte oder Erwürgte 3. Stück 1781; Hülfsmittel für Ertrunkene 5. Stück 1781. Zum Beispiel unter den Überschriften Nutzen des Reibens der Haut und der Glieder eines Menschen (Nr. 78-79/1777); Gesundheitskatechismus (Nr. 18-24/1782); Untrügliche Mittel, die Maulwürfe aus den Gärten und Feldern zu vertreiben (Nr. 9/1773); Regeln gegen die Verläumdung (Nr. 10-11/1776); Jeder Mensch wenn er vernünftig denkt, hat Ursache, in seiner Art sich glücklich zu schätzen (Nr. 41-43/1777); Vom Betragen gegen verlerne Freunde (Nr. 55-56/1777); Von der Scheinheiligkeit (Hr. 50/1781) usf. Etwas über die Erziehung (Nr. 84/1779); An die Mütter, über die Erziehung der Töchter (Nr. 43-47/1781); Ueber den Gebrauch der Furcht und Hoffnung bey der Erziehung, nach den Grundsätzen eines bekannten Schriftstellers (Nr. 91/1781); Schreiben einer Mutter über den Putz der Kinder (Nr. 87/1775); Von Luxus in Kleidungen (Nr. 56/1776); Der glückliche Landmann (Nr. 65-66/1780) und andere. Von dem wechselseitigen Verderben der Manns- und Frauenspersonen (Nr. 58-60/1777); Ueber den Verstand der Frauenzimmer (Nr. 30/1778). In Gedichtform: FrauenEmancipation (Nr. 82/1847).

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littenen Unrecht ihres unterdrückten Mitbürgers Theil nehmen. Solcher Leser Beystimmung zu erhalten, ist die gegenwärtige Schrift gedruckt,n Der Bremer Rat sah sich in seiner Ehre verletzt und legte Beschwerde beim Altonaer Magistrat und - als diese erfolglos war - schließlich bei der Kopenhagener Regierung ein. Daraufhin verbüßten Hager als Herausgeber des Blattes und der Verfasser der Rezension eine eintägige Haftstrafe, und die ,Altonaer AddresComtoirs-Nachrichten' unterlagen seit 1775 der Zensur durch den Altonaer Oberpräsidenten. Auch Hagers Periodikum sollte nicht ohne lokale Konkurrenz bleiben. 1796 scheiterte jedoch der erste Versuch des Altonaer Verlegers Vollmer, mit den , Gemeinnützigen Nachrichten für Schleswig, Holstein, Hamburg, Altona und die umliegenden Gegenden' ein weiteres Blatt zu begründen, das alles Wissenswürdige und Nützliche, welches die genannten Gegenden betrifft, in gedrängter Kürze enthalten sollte.73 Erfolgreicher war er dann einige Jahre später, und ab 1805 erschien mit dem ,Königlich Dänischen privilegirten Niedersächsischen und Herzogthum Schleswigschen Anzeiger' das zweite Altonaer Intelligenzblatt.74 Vollmers Konzept unterschied sich in einem Punkt grundlegend von demjenigen der anderen Hamburger und Altonaer Intelligenzblätter: Er strebte von Beginn an eine überregionale Verbreitung an und berief sich ausdrücklich auf den , Reichsanzeiger' Rudolf Zacharias Beckers als Vorbild.75 Vollmer und sein Redakteur Friedrich Wilhelm von Schütz, ein publizistisch sehr produktiver Freimaurer, wollten ein Äquivalent des ,Reichsanzeigers' für den norddeutschen Raum schaffen, denn: Alle wichtigen Erfindungen und Bearbeitungen von Industriezweigen, die ζ. B. vorzüglich die Herzogthümer Meklenburg, Schleswig, Hollstein, Magdeburg, Braunschweig, Bremen etc. betrafen, blieben Beckern entweder wegen der großen Entfernung ganz verborgen, oder er mußte diese Gegenstände, sobald sie nicht allgemeines Interesse hatten, ganz kurz und oberflächlich behandeln. Der Altonaer ,Anzeiger' wandte sich mit seinen vier Wochenausgaben an ein breites Publikum. Neben den Annoncen sollte er daher alle typischen Intelligenzblatthemen bieten, nämlich das gemeinnützigste und wissenswürdigste über Hausund Landwirthschaft, über Kultur und Industrie, neue Erfindungen, Fertigkeiten und Verrichtungen des gesellschaftlichen Lebens und der Gewerbe aller Art. Ebenso wie das inhaltliche Konzept folgten auch die redaktionelle Bearbeitung

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Nr. 81. Subskriptionsaufruf im Correspondenten Nr. 204, 21.12.1796. Vgl. im folgenden H. Böning, Ε. Moepps: Altona (Anm. 3) Sp. 528-535. Vgl. Reinhart Siegert: Aufklärung und Volkslektüre. Exemplarisch dargestellt an Rudolph Zacharias Becker und seinem „Noth- und Hülfsbüchlein". Mit einer Bibliographie zum Gesamtthema. Frankfurt a.M. 1978 (Sonderdruck aus dem Archiv für Geschichte des Buchwesens 19,3-6). Sp. 761-775.

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und die Vermarktungsstrategien dem Beispiel des ,Reichanzeigers', indem in erster Linie die publizistische Mitarbeit der Leser erhofft wurde: Alle Aufsätze, die zur Belehrung des Publikums dienen, oder sonst auf irgend eine Weise allgemein interessiren [...] und überhaupt alles, was zur Förderung gemeinnütziger Thätigkeit, zur Vermehrung richtiger Begriffe unter allen Volksklassen, und zur Entwickelung mechanischer Fertigkeiten abzweckt, werden mit Dank gratis eingerückt. Alles aber, was blos den Vortheil des Einsenders betrift, davon werden [...] Einrückungsgebühren [...] bezahlt. Wie beim Vorbild genossen diejenigen Abonnenten, die den Altonaer .Anzeiger' pränumerierten, einen erheblichen Rabatt, indem sie pro Jahrgang mehrere Anzeigen unentgeltlich aufgeben konnten.76 Allerdings konnten Vollmer und von Schütz entgegen den Ankündigungen ihr anspruchsvolles Konzept nicht umsetzen. Der ,Anzeiger' war mit einem Pränumerationspreis von zunächst sechs Mark, später neun Mark und vier Schilling pro Jahrgang doppelt bis dreimal so teuer wie die lokale Konkurrenz.77 Zudem blieb der ,Altonaische Mercurius' traditionell das meistgenutzte Periodikum zur Veröffentlichung offizieller Verlautbarungen und amtlicher Bekanntmachungen im dänischen und schleswig-holsteinischen Raum, so daß der ,Anzeiger' vermutlich deshalb in den angestrebten Absatzgebieten außerhalb Altonas nicht genügend Interessenten fand. Verleger und Redakteur lösten dieses Problem, indem sie die Nachrichtenstruktur auf das Hamburger Publikum und - abgesehen von den redaktionellen Beiträgen - speziell auf die Kaufleute der Stadt abstimmten. So wurden beispielsweise die Einfuhrlisten des Hamburger Hafens auf Extrabögen mit ausgegeben. Auch die Struktur der privaten wie der Geschäftsanzeigen läßt ein Übergewicht Hamburger Interessenten erkennen. Entsprechend hieß es im Januar 1807 in einer Rezension des Korrespondenten': Wie äußerst nützlich und fast unentbehrlich jedem Kauf- und Geschäftsmann in Hamburg, Altona und in dasiger Gegend dieses so wohlfeile Blatt geworden ist, braucht keiner Erwähnung, da es so reichhaltige, mit so vieler Sorgfalt gesammelte Notizen enthält [...] auch ist dieses Blatt auf allen Comtoiren und bey Geschäfts-Personen längst zum Hausbedarf dadurch geworden,78 Vor allem in Hinsicht der mannichfaltigen merkantilistischen Notizen erwarb sich der von den Zeitgenossen so bezeichnete ,Niedersächsische Anzeiger' den 76

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Genau für bis zu 1 Taler und 30 Groschen bei einem jährlichen Bezugspreis von 3 Talern 12 Groschen bei Pränumeration. Alle Angaben und Zitate: Ankündigung des Anzeigers von 1799 nach H. Boning, E. Moepps: Altona (Anm. 3) Sp. 529f, Sp. 532. Der Anzeiger war zunächst fur 6 Mark (= 2 Taler), 1809 fur 6 Mark 4 Schillinge zu erhalten. 1812 und 1821 wurde im Blatt selbst ein Preis von 2 Mark 5 Schilling pro Quartal, 1813 9 Mark 4 Schilling pro Jahrgang angegeben, jeweils für den Bezug innerhalb Altonas bzw. der unmittelbaren Umgebung. Die Anzeigenpreise blieben bis in die 1820er Jahre mit 1 Schilling pro Zeile stabil. Nr. 4, 7.1.1807.

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ausgezeichnete[n] Beyfall des Publikums.79 Aber auch die bunte Mischung redaktioneller Beiträge, die meist über die Hälfte der vierseitigen Ausgaben füllten, diente der Unterhaltung der Leser. Dazu gehörte unter anderem ein kurzweiliges Tagebuch der Hamburger Bühnen, in dem der Kritiker unmißverständliche Worte zur Qualität der aktuellen Aufführungen fand. So rezensierte er zum Beispiel ein Lustspiel, das Testament des Onkels, mit den Worten, daß das Stück, einmal zu sehen, unterhält, ob man gleich gestehen muß, die deutsche Dramaturgie würde nicht verloren haben, wenn Herr Iffland diesen Französischen Stoff, unbearbeitet gelassen hätte.™ Und noch ein Beispiel kann uns einen Einblick in die zeitgenössischen Diskussionen gewähren. In der Leseransprache des Jahrgangs 1811 griff der Redakteur die Frage öffentlicher Moral und die spezifische Rolle der Presse in diesem Zusammenhang auf: Sorgsame Eltern und Erzieher klagten von jeher und mit Recht, daß in öffentlichen Blättern, so manche Artikel und Anzeigen, ohne Auswahl eingenommen würden, deren Inhalt für die Jugend leicht anstößig werden könnte. Dieser Vorwurf trifft den Anzeiger keineswegs [...] es wird auch nicht eine anstößige Anzeige oder nur schlüpfrige Stelle in solchen gefunden werden." Bereits zwei Wochen später waren diese programmatischen Ausführungen jedoch vergessen. In einem für die Zeitgenossen skandalösen Inserat forderte nämlich eine anonyme Dame ihren Verehrer im , Anzeiger' öffentlich auf: Herr ...r wenn auch nur der kleinste Funken von Ehrlichkeit und Rechtschaffenheit in Ihrem Herzen wohnt, so unterdrücken Sie ihre Leidenschaft, und heben alle Vertraulichkeit auf, vorzüglich solche gewagte[n] Besuche wie der am 6. Januar war. Die Ruhe und Seeligkeit zweier Familien wird zernichtet Trennung - Schande - Verachtung ist gewiß das Loos - bedenken Sie}2

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Der Inhalt desselben, welcher die Hamburger, Bremer, Lübecker und Amsterdammer Einfuhrlisten, das Steigen und Fallen der Geld- und Wechsel-Course, des Disconto und der Assecuranz-Prämien dieser Handelsstädte, wie auch die Hamburgischen und Bremschen Preis-Courante, desgleichen die Hamburger und Altonaer ausführlichen Fallissements und die vorzüglichsten Handelsberichte des In- und Auslandes stets regelmäßig nach der Zeitfolge liefert, wird für das commercirende Publicum Interesse genug haben, daß wir der Anpreisung dieser nützlichen Zeitschrift füglich überhoben seyn können. (Rezension im Correspondenten Nr. 80, 18.5.1808). Nr. 88/1808. Nr. 1/1811. Nr. 10/1811.

Das Intelligenzwesen in Hamburg und Altona

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IV. Resümee Der Blick auf das Hamburger und Altonaer Intelligenzwesen läßt neben den geschilderten Unterschieden ebenso deutliche Gemeinsamkeiten erkennen. In beiden Städten waren Intelligenzbüros und Anzeigenblätter ausnahmslos private Gründungen. Obwohl die ersten Initiativen aus den 1720er/30er Jahren datierten, entwickelte sich das Intelligenzwesen hier jedoch relativ spät. Im Gegensatz zu Preußen und anderen deutschen Staaten unterlag es in beiden Städten keiner speziellen Förderung durch die Obrigkeiten - im Gegenteil, die Monopolisierung von Informationen wurde zugunsten der lokalen publizistischen Konkurrenz ausdrücklich abgelehnt, wie das Beispiel der ,Hamburgischen Addreß-Comtoir-Nachrichten' und das Verbot exklusiver Inhalte zeigte. Diese besondere Konkurrenzsituation verlangte den Intelligenzblattherausgebern in der ,Doppelhauptstadt des deutschen Zeitungswesens' überdurchschnittliche Leistungen ab, wollten sie mit ihrem Periodikum auf dem Markt längerfristig bestehen. Hinzu kam, daß in den 1790er Jahren bis etwa 1810 auch mindestens ein Dutzend Zeitungen und Zeitschriften um (unregelmäßige) Intelligenzbeilagen erweitert wurden.83 Die Intelligenzblattherausgeber reagierten auf diese Situation, indem sie ein individuelles Profil für ihre Blätter ausbildeten. So konzentrierten sich die ,Hamburgischen Anzeigen', die ,Hamburgischen Addreß-Comtoir-Nachrichten' und der ,Niedersächsische Anzeiger' auf die Bedürfnisse der Kaufmannschaft und waren in ihrer inhaltlichen Struktur mit dem Abdruck von Geld- und Wechselkurstabellen, Einfuhrlisten, Getreidepreisen, Börsenberichten, Handelsund Wirtschaftsnachrichten sowie ökonomischen Abhandlungen im redaktionellen Teil speziell auf dieses Publikum ausgerichtet. Die ,Wöchentlichen gemeinnützigen Nachrichten von und für Hamburg' und die ,Altonaer Addres-ComtoirsNachrichten' boten hingegen schwerpunktmäßig Lokalinformationen und sprachen ein weniger finanzkräftiges Publikum an. Darüber hinaus konnten die Inhaber der Hamburger und Altonaer Intelligenzbüros, die wie allgemein üblich als Wirtschaftsunternehmen, als Warenhäuser mit einem umfangreichen Angebot an Nebenprodukten gefuhrt wurden, durch die zusätzlichen Einnahmen die Intelligenzblätter finanzieren. Dieser Aspekt scheint besonders bei Hagers ,Altonaer Addres-Comtoirs-Nachrichten' zum Tragen gekommen zu sein, indem der Her83

In Hamburg: Intelligenzblatt zum Journal für Theater und andere schöne Künste (1797), Ge-

meinnützige Blätter (1800; nach H. Böning, E. Moepps: Hamburg (Anm. 2) Band 3: 17961815, Sp. 1651, eine Mischung aus Handels- oder Wirtschaftszeitung und Intelligenzblatt), Intelligenz-Blatt des Journals Hamburg und Altona (1802-1806), Handlungs-Bibliothek (1801?), Intelligenz-Blatt des Hamburgischen Journals der Moden und Eleganz (1801 -1803), Archiv für Theater und Literatur (1809), Archiv für Literatur und Kunst (1810); in Altona: Der Genius der Zeit (1794-1800), Allgemeine Europäische Correspondenz (1797-1798), Die Geißel (1797-1799), Musarion (1801-1802), Der Genius des neunzehnten Jahrhunderts (1801 -1802), Neues politisches Journal (1809).

206

Astrid Blome

ausgeber aufgrund seiner Geschäftstüchtigkeit eine vergleichsweise moderate Preisgestaltung für das Intelligenzblatt gewährleisten konnte. Michael Fleischer mag hingegen 1724 mit seinen ,Hamburger Frag- und Anzeigungs-Nachrichten' vielleicht auch gescheitert sein, weil er auf ein organisiertes Kontor verzichtete. Die Hamburger und Altonaer Intelligenzblattherausgeber mußten sich mit ihren Blättern auf einem ausdifferenzierten Pressemarkt behaupten, auf dem Zeitungen und Zeitschriften ebenfalls wesentliche intelligenzblattypische Inhalte wie Anzeigen oder amtliche Bekanntmachungen veröffentlichen konnten. Dies hatte beispielsweise zur Folge, daß der Verleger Vollmer mit dem ,Niedersächsischen Anzeiger' die angestrebte überregionale Verbreitung im gesamten norddeutschen Raum nicht erreichen konnte, weil der ,Altonaische Mercurius' traditionell als Hauptveröffentlichungsorgan für dänische und schleswig-holsteinische Bekanntmachungen genutzt wurde. Auch in den übrigen besprochenen Blättern fiel die Rubrik Verlautbarungen in der Regel vergleichsweise schmal aus bzw. umfaßte wie in den ,Hamburgischen Addreß-Comtoir-Nachrichten' - überwiegend solche Mitteilungen, die sich auf den (inter)nationalen Handelsverkehr und das Gewerbe der Städte auswirken mußten. Hierin unterschieden sich die Hamburger und Altonaer Intelligenzblätter wesentlich von den entsprechenden Periodika anderer Regionen. Während sie in vielen deutschen Kleinstaaten eine sozialdisziplinierende Funktion als „Policey-Anstalt" im Sinne einer regelmäßigen Präsenz und Verbreitung der obrigkeitlichen Gesetzgebung übernehmen 84 und darüber hinaus auch als behördliche Nachschlagewerke für die aktuelle Rechtssprechung genutzt werden konnten, 85 diente die Auswahl der amtlichen Bekanntmachungen in den Hamburger und Altonaer Blättern gemeinnützigen Zwecken vorwiegend im ökonomischen Sinn. Signifikantes Beispiel hierfür war das oben beschriebene Konzept, das der Redakteur Dumpf in Anlehnung an die Ziele der Patriotischen Gesellschaft für die ,Hamburgischen Addreß-Comtoirs-Nachrichten' entwickelt hatte. Dennoch unterstützten auch die Hamburger und Altonaer Intelligenzblattherausgeber die Interessen der städtischen Obrigkeiten, indem sie die Förderung der lokalen Wirtschaftskraft zum Ziel hatten. Darüber hinaus war allen vorgestellten Intelligenzblättern gemeinsam, daß sie bei unterschiedlicher individueller Schwerpunktsetzung in den redaktionellen Beiträgen sämtliche Themen der gemeinnützig-praktischen wie der moralischsittlichen Aufklärung behandelten. In erd- und völkerkundlichen Artikeln, kulturgeschichtlichen und naturwissenschaftlichen Abhandlungen, populärmedizinischen Aufsätzen, haus- und landwirtschaftlichen Ratschlägen, in Parabeln oder 84

85

Vgl. zu diesem Aspekt zuletzt Lothar Schilling: Policey und Druckmedien im 18. Jahrhundert. Das Intelligenzblatt als Medium policeylicher Kommunikation. In: Karl Härter (Hg.): Policey und frühneuzeitliche Gesellschaft. Frankfurt a.M. 2000. S. 413-452, sowie die Beiträge von Werner Greiling, Friedrich Huneke, Friedrich Kempf und Lothar Schilling in diesem Band. Vgl. auch den Beitrag von Lothar Schilling in diesem Band.

Das Intelligenzwesen

in Hamburg und Altona

207

der Diskussion von Erziehungs- und gesellschaftlichen Fragen wurde das gesamte Spektrum herrschender Bildungs- und Moralvorstellungen thematisiert. Damit bedienten die Verfasser, Redakteure und Herausgeber einerseits den zeitgenössischen Publikumsgeschmack, indem sie aus Wettbewerbsgründen ebenso wie andere Periodika den aktuellen Themenkanon aufgriffen, um ihren Blättern ein möglichst großes Lesepublikum zu erhalten. Andererseits kann in dem Sendungsbewußtsein der Aufklärer, das in den redaktionellen Beiträgen vieler Intelligenzblätter abzulesen ist, eine generelle gesellschaftspolitische Disziplinierungstendenz in dem Sinne erkannt werden, wie Möllney dies als „Verhaltenskanonisierung" für die norddeutsche Regionalpresse um 1800 beschrieben hat - auch wenn sie feststellte, daß die Herausgeber hierbei oftmals „die mentale Welt, das kulturelle Vorwissen und das Interesse der .kleinen Leute' viel zu wenig berücksichtigten".86 Die redaktionellen Beiträge der Hamburger und Altonaer Intelligenzblätter beinhalteten - abgestimmt auf das städtische Lesepublikum - immer wieder Beispiele, Ratschläge und direkte wie indirekte Aufforderungen zu vernunftorientiertem, zweckrationalem Handeln, zur Aufgabe überkommener Praktiken in Hausund Landwirtschaft und zur Annahme neuerer, modernerer Techniken, zur Überwindung des Aberglaubens und zur Akzeptanz vernünftiger, naturwissenschaftlicher Erkenntnisse, zur Förderung der Gesundheit und zur Verinnerlichung bürgerlicher Tugenden und Moralvorstellungen. Das Bestreben, zeitgemäß aufklärerisches Gedankengut in verschiedenen Bevölkerungsschichten zu verbreiten, könnte demnach als „sozialdisziplinierende" Absicht der Intelligenzblätter in Hamburg und Altona bezeichnet werden mit dem erklärten Ziel, den gemeinen Nutzen, Fortschritt, Rationalisierung und Modernität zu fordern. Allerdings ist dies weder ein regionales noch ein gattungsspezifisches Phänomen: Die Intelligenzblätter wurden als typische Vertreter ihrer Zeit wie alle anderen Periodika auch als Wirtschaftsunternehmen geführt, und die Herausgeber blieben immer gezwungen, ihr soziales und gesellschaftliches Engagement auch und gerade im Hinblick auf die zeitgemäß-modernen Leserinteressen und damit auf den möglichen Absatz ihrer Blätter auszurichten.

86

Vgl. Ulrike Möllney: Norddeutsche Presse um 1800. Zeitschriften und Zeitungen in Flensburg, Braunschweig, Hannover und Schaumburg-Lippe im Zeitalter der Französischen Revolution. Bielefeld 1996 (Studien zur Regionalgeschichte Band 8). S. 255ff., zit. S. 255.

Sozialdisziplinierung, Lektüre und gesellschaftliche Erfahrung im Vergleich. Das Intelligenzblatt und die , Lippischen Intelligenzblätter' (1767-1799) Friedrich Huneke

Das Intelligenzblatt Vorbemerkung zur Begriffsgeschichte ,Intelligenzblatt' - ein Blatt nur für die Intelligenz? D e r moderne, r e f l e x i v e B e g r i f f verstellt den Blick a u f die historischen B e d e u t u n g e n des Wortes. D i e Gatt u n g s b e z e i c h n u n g setzte sich erst i m L a u f e der Gattungsgeschichte im letzten Drittel des 18. Jahrhunderts als stehender B e g r i f f , g l e i c h s a m als Kollektivsingular a l l g e m e i n durch, w i e eine quantitative Titeldurchsicht u n s c h w e r zeigt. 1 Frühe Titelformen erklären m e i s t umständlich die F u n k t i o n s w e i s e d e s n o c h unbekannten Gattungskonzepts, w i e die , W ö c h e n t l i c h e Franckfurter Frag- und A n z e i g u n g s Nachrichten' (gegr. 1722). In Untertiteln w e r d e n w i e in Berlin (gegr. 1727) gar G e g e n s t ä n d e und A n z e i g e n f o r m e n detailliert aufgeführt. In den 1760er, 1770er Jahren tritt an ihre Stelle z u n e h m e n d das knappe W o r t , I n t e l l i g e n z b l a t t ' , meist nur mit e i n e m regionalen Zusatz. Siehe dazu die Bibliographie der etwa 183 deutschen Intelligenzblätter in: Friedrich Huneke: Die „Lippischen Intelligenzblätter" (Lemgo 1767-1799). Lektüre und gesellschaftliche Erfahrung. Bielefeld 1989 (Forum Lemgo. Schriften zur Stadtgeschichte. Heft 4). S. 207-240, sowie zur Begriffsgeschichte S. 14-16. Mangels detaillierterer Grundlagenforschungen konnte diese erste moderne bibliographische Übersicht zum halbamtlichen Intelligenzblatt in deutschen Territorien lediglich Grundzüge vermitteln, wie der Verf. anmerkte, vgl. F. Huneke 1989. S. 47-51. Es wurde eine engere, auf ihre Funktion für die Territorialstaaten bezügliche Definition der Gattung zugrundegelegt, als dies etwa in Arbeiten von Holger Böning geschieht, der auch Titel wie den von dem Publizisten Rudolf Zacharias Becker als „Intelligenzblatt für Deutschland" gegründeten Reichsanzeiger oder Intelligenzblätter als private Anzeigenblätter, wie sie etwa das Journal des Luxus und der Moden' oder die ,Allgemeine musikalische Zeitung' hatten, ohne Unterscheidung einbezieht. Diese zweifellos interessanten Phänomene wurden hier indessen zugunsten einer als stringenter empfundenen, engeren Definition des amtlichen oder halbamtlichen Intelligenzblattes von Territorien oder Städten unberücksichtigt gelassen. Sie verdienten sicherlich eine gesonderte Betrachtung.

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Friedrich

Huneke

Das Intelligenzblatt gab nicht erst den Zeitgenossen der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts Anlaß zu Mißverständnissen, denn es erfuhr unterschiedliche Ausformungen. Eine detailliertere Begriffsgeschichte der Bedeutungsverschiebungen der Intelligenz' und angrenzender Wortfelder steht aber noch aus. Hier sei nur kurz darauf hingewiesen, daß Intelligenz', losgelöst von mittelalterlichen Latinismen etwa bei Notker im deutschen Sprachgebrauch des 18. Jahrhunderts bis ins frühe 19. Jahrhundert weitgehend den Verbreitungsgrad von Wissen bezeichnete: Intelligenz, heimliches Verständnis, Eröffnung, Anzeige, davon die gewöhnlichen Intelligenzblätter, den Namen haben? Wielands reflexiver Gebrauch von ,Intelligenz' für ,Verstand' im ,Agathon' setzte sich 1773 dagegen noch nicht durch.3 Den zentralen Wendepunkt in Wortgebrauch und Begriffsbildung kennzeichnet jedoch Krug in seinem Wörterbuch erst 1823: Diejenigen Intelligenzen aber, von welchen in den sog. [!] Intelligenzblättern [Hervorhebung: Krug] die Rede ist, sind nichts weiter als Notizen, die zur Kenntnis des Publicums gelangen sollen, oft aber nur wenig wahre Intelligenz offenbaren.'' Krug unterscheidet also die nichtreflexive Pluralbildung vom Singular der modern anmutenden, reflexiven Bedeutung des nun prinzipiell zum Kollektivsingular verdichteten Begriffs. 5 Die nichtreflexive Bedeutung von Intelligenzen als bloßer Anzeige und Kenntnisnahme beginnt damit zu veralten, wie auch weitere Belege zeigen.6 Die zwischen 1722 und 1803 verzeichnete zunehmende Zahl von Periodika des Intelligenzblattypus fuhrt aber auch dazu, daß sich Herausgeber auf das Gattungskonzept berufen, obwohl ihre Periodika keinerlei amtlichen oder halbamtlichen Charakter haben, wie etwa ein Intelligenzblatt als Beilage des Journal des Luxus und der Moden', 7 ein Anzeigenblatt für spezifische Konsumgewohnheiten bürgerlicher Schichten. Eine Begriffsgeschichte der Intelligenz wie auch

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Johann Hübner: Johann Hübners reales Staats-, Zeitungs- und Conversations-Lexicon. Hamburg 1804. S. 1030. Feldmann, Wilhelm: Fremdwörter und Verdeutschungen des 18. Jahrhunderts. In: Zeitschrift für deutsche Wortforschung. Band 8 Heft 1. Straßburg 1906/7. S. 76. Wilhelm Traugott Krug: Allgemeines Handwörterbuch der philosophischen Wissenschaften, nebst ihrer Literatur und Geschichte (auch u.d.T.: Krug's encyclopädisch-philosophisches Lexikon). Band 2. Leipzig, F.A. Brockhaus 1827. S. 467. Reinhard Koselleck: Historia Magistra Vitae. Über die Auflösung des Topos im Horizont neuzeitlich bewegter Geschichte. In: Ders.: Vergangene Zukunft. Frankfurt/M. 1979. 3. Aufl. 1984. S. 38-66. F. Huneke 1989 (Anm. 1) S. 14-16. Hervorzuheben sind der deutsche Idealismus Fichtescher und Schellingscher Prägung, die den Begriff der intellektuellen Anschauung als Attribut des Individuums prägten, und Hegels auf den Staat bezogene Begriffsbildung in seiner Heidelberger Antrittsvorlesung am 28.10.1816: Der preußische Staat ist es, [...] der auf Intelligenz gebaut ist. Diese Zitate aus: A. Gombert: Noch einiges über Schlagworte und Redensarten. In: Zeitschrift für deutsche Wortforschung. Band 3 Heft 4. Straßburg 1902. S. 308f. Journal des Luxus und der Moden. Intelligenz-Blatt des Journals des Luxus und der Moden. Friedrich Johann Justin Bertuch (Hrsg.). Weimar 1787ff.

Sozialdisziplinierung,

Lektüre und gesellschaftliche

die Gattungsgeschichte nachzugehen.

Erfahrung im Vergleich

hätte hier also vielfältigen semantischen

211

Bezügen

Einleitung Bevor wir uns den ,Lippischen Intelligenzblättern' als Fallbeispiel widmen, sollen einige Akzente zur Gattungsgeschichte des Intelligenzblattes vorangestellt werden. Nachdem Petrat in seinem wegweisenden Aufsatz 1987 das Intelligenzblatt als Pressekonzept beschrieb, das sich nicht auf einen einzigen Erscheinungstypus begrenzen läßt, sondern dessen Prozessualität es in jeweils näher zu bestimmenden gesellschaftlichen Durchgangsstadien zu betrachten gelte, ist es vor allem in seiner Bedeutung als ein Medium der Volksaufklärung untersucht worden. 8 Diese Beiträge zur Ideengeschichte der Volksaufklärung und ihrer Verbreitung beleuchten wichtige Entwicklungsschritte des Intelligenzblattes. Die sukzessiven Konzepte des ,Intelligenzblattes' und seine oft widersprüchlich erscheinenden Inhalte sind damit aber noch nicht erschöpfend erfaßt. Deshalb soll im folgenden skizziert werden, daß sukzessive Zielsetzungen der absolutistischen Regierungen und ihrer Eliten zur Gestaltung der Sphäre der Öffentlichkeit immer wieder erhebliche Beiträge zur Formulierung und teils auch zur Realisierung von Gattungskonzepten des Intelligenzblattes leisteten. Es liegt deshalb nahe, das Intelligenzblatt in deutschsprachigen Territorien, insbesondere auch seine frühen theoretischen Konzepte, als ein Medium der Sozialdisziplinierung 9 zu befragen, mit dem absolutistische Reformregierungen nach und nach verschiedene Zielgruppen anzusprechen und zu steuern hofften. Damit soll das Intelligenzblatt aber als öffentliches Medium keineswegs simplifizierend zu einem Sprachrohr des Absolutismus abgestempelt werden. In ihm lassen sich widersprüchliche Textinspirationen10 finden, die

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Zahlreiche Publikationen zur Volksaufklärung von Holger Böning, z.B.: Volksaufklärung. Die Genese der Volksaufklärung und ihre Entwicklung bis 1780. Stuttgart 1990. Zum Intelligenzblatt Sp. 711-718; ders.: Das Intelligenzblatt als Medium praktischer Aufklärung. Ein Beitrag zur Geschichte der gemeinnützigen ökonomischen Presse in Deutschland von 17681780. In: Internationales Archiv für Sozialgeschichte der deutschen Literatur. Band 12. 1987. S. 107-133. Gerhard Oestreich: Geist und Gestalt des frühmodernen Staates. Berlin 1969; Stefan Breuer: Sozialdisziplinierung. Probleme und Problemverlagerungen eines Konzepts bei Max Weber, Gerhard Oestreich und Michel Foucault. In: Christoph Sachße, Florian Tennstedt (Hg.): Soziale Sicherheit und soziale Disziplinierung: Beiträge zu einer historischen Theorie der Sozialpolitik. Frankfurt/M. 1986. S. 45-69. Zum historiographisch-methodischen Aspekt: Roger Chartier: Intellectual History or Sociocultural History? The French Trajectories. In: Dominique LaCapra, Steven L. Kaplan (Hg.): Modern European Intellectual History - Reappraisals and New Perspectives. Ithaca, London 182. S. 13-46. (Dt. dies.: Geschichte denken. Neubestimmungen und Perspektiven moderner europäischer Geistesgeschichte. Frankfurt/M. 1988. S. 11-44). Zur Verlagsformel

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Friedrich Huneke

als Teil der Gattungsgenese eingehender zu betrachten sind. Unter diesen gesellschaftlichen Gebrauchsweisen der Gattung stellt ihre zeitweilige Indienstnahme durch die Volksaufklärung eine bedeutende Gestaltungskraft neben anderen dar. Chronologisch umfaßt das Intelligenzblatt vor allem das 17. und 18. Jahrhundert von frühen utopischen Konzepten und der kameralistischen Ausgestaltung der Gattung bis zu vermeintlichen Formen gesellschaftlichen Mißbrauches, wie ihn die Regierungskanzleien und Kameralisten etwa in öffentlichen Beiträgen und kritischen Räsonnements aufgeklärter Autoren über gelehrte und letztlich , Staatssachen' sahen und auf die sie zunächst mit Kritik und Zensur reagierten. Der Reichsdeputationshauptschluß von 1803 stellt für die meist von den Territorialstaaten maßgeblich abhängige Gattung eine Zäsur dar, die der vorliegende Aufsatz aus pragmatischen Gründen nicht überschreitet, wenngleich ein formaler Schlußpunkt erst mit der allgemeinen Abschaffung des ökonomisch lukrativen, aber durch die Zeitung bereits schrittweise ausgehöhlten Anzeigenprivilegs im Gefolge der Revolution von 1848 gesucht werden mag. Im zweiten Teil des Beitrages wird auf ein Fallbeispiel eingegangen, die ,Lippischen Intelligenzblätter' (im folgenden abgekürzt: LIB), deren Gründungsdatum 1767 numerisch recht genau in der Mitte der Zahl der Intelligenzblattgründungen des 18. Jahrhunderts steht. Die LIB wurden von den Aufklärern in der Regierung und im Bürgertum des Kleinstaates Lippe geprägt. Die Bauern als die wichtigste Zielgruppe der Volksaufklärer und zeitweise auch der Landesregierung sind nur fallweise und indirekt durch Textstrukturen, sozialgeschichtliche Hintergründe und eine zeitgenössische Erhebung zur Lektüre der Blätter empirisch zu greifen. Im Intelligenzblatt läßt sich also, so lautet meine These, vielfach der Versuch erkennen, gemäß der kameralistischen Verwaltungslehre des absolutistischen Staates die öffentliche Meinungsbildung an die Ständegrenzen zu binden und die ständische Gesellschaft vom Staatsbeamten über den Bürger schließlich bis zum Bauern auf je spezifische Weise anzusprechen und zu disziplinieren. Die von Oestreich entwickelte These einer Sozialdisziplinierung, mit der der Staat der frühen Neuzeit zunächst seinen Verwaltungsstab und schließlich weitere Schichten der Untertanen auf seine Ziele orientieren wollte, scheint auch auf gewisse Strukturen des Intelligenzblattes zuzutreffen, das nicht zuletzt staatlichen Verordnungen Nachdruck verleihen sollte. Breuer resümiert Oestreichs These treffend: „Sozialdisziplinierung bezeichnet die Totalisierung jener Disziplinierungstechniken, mit deren Hilfe abweichendes Verhalten schon in der Wurzel ausgerottet wird." 11 Das Intelligenzblatt ist aber auch wie angedeutet auf Textinspirationen zu befragen, die im Widerspruch zum staatlichen Disziplinierungswillen standen. Das kritische

11

am Beispiel populärer französischer Literatur: Roger Chartier: Figures litteraires et experiences sociales: la litterature de la gueuserie dans la Bibliotheque bleue. In: ders.: Lectures et lecteurs dans la France d'Ancien Regime. Paris 1987; sowie ders. (Hg.): Pratiques de la lecture. Marseille 1985. S. Breuer 1986 (Anm. 9) S. 45-69, hier S. 62.

Sozictldisziplinierung, Lektüre und gesellschaftliche Erfahrung im Vergleich

213

Räsonnement aufgeklärter Bürger konnte veröffentlicht, zensiert oder auch zunehmend kanalisiert werden. Intelligenzblätter konnten Akte der Widersetzlichkeit durch die dörflich-bäuerliche Gesellschaft hervorrufen, in der sie aber auch bis zum Ende des 18. Jahrhunderts erste positive Rezeption fanden, wie eine Analyse der Genese von Textstrukturen und eine historische Leserbefragung im Kleinstaat Lippe12 zeigen. Es waren also tatsächlich, wie schon angemerkt, sehr unterschiedliche gesellschaftliche Gebrauchsweisen, die zumindest Teile der Gattung prägten. Die Intentionen des Staates standen also keineswegs immer im Zentrum der sukzessiven Gattungskonzeptionen. Diese Phänomene lassen sich besser als Teile des Intelligenzblattes fassen, wenn man Disziplinierung nicht nur als die Macht eines Herrschaftszentrums versteht, Gehorsam und Anerkennung durchzusetzen, sondern auch als Mittel individueller Verhaltensplanung des einzelnen, das der Schaffung gesellschaftlicher Freiräume dient.13 Schließlich konnten intendierte und realisierte Lektüreakte sich decken oder voneinander abweichen.14 Eine geistesgeschichtliche Rekonstruktion der Gattungskonzepte des Intelligenzblattes, wie sie sich aus Handbüchern, Lexikonbeiträgen, Vorberichten oder Beiträgen in Intelligenzblättern gewinnen läßt, hat also ihre Grenzen. Während die Methoden der neuen Geistesgeschichte es vielfach erlauben, auch verdeckte Textinspirationen und Lektüreakte aus den gedruckten Periodika herauszuarbeiten, lassen sich kultur- und sozialgeschichtliche Zusammenhänge und die wechselseitigen Gebrauchsweisen des Periodikums, ihre realisierten kommunikativen Leistungen vielfach erst unter Berücksichtigung der jeweiligen Territorialgeschichte und der Lektüreakte rekonstruieren. Dies ist letztlich nur am Fallbeispiel leistbar.

12 13

14

F. Huneke 1989 (Anm. 1) 165-173. Michel Foucault: Überwachen und Strafen. Die Geburt des Gefängnisses. Frankfurt/M. 1976, hier S. 382f., 394. Zu denken wäre auch an das Figurationsmodell von Norbert Elias, der Prozesse zunehmender Fremd- und Selbstkontrolle zunächst am Hof untersucht, die Formen rationalen Denkens und Konfliktregulierungen fordern. Elias beschreibt eine Ausweitung rationaler Denkformen vom höfischen Stab bis zum Dritten Stand als einer Zivilisationserscheinung unter anderen. Norbert Elias: Über den Prozeß der Zivilisation. Bde. 1, 2. Frankfurt/M. 1976. Besonders Bd. 2, S. 369-397. Wolfgang Iser: Der Akt des Lesens. Theorie ästhetischer Wirkung. München 1976, 1994; sowie auch ders.: Der implizite Leser. Kommunikationsformen des Romans von Bunyan bis Beckett. München 1972, 1994.

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Friedrich Huneke

Das Intelligenzblatt - Ergebnis einer Zeitungsdebatte? Der erste maßgebliche deutsche Plan zur Errichtung eines ,intelligenzwerks' aus dem Jahre 1686 stammt bekanntlich von dem Kameralisten Wilhelm von Schröder.15 Weniger bekannt ist es, daß er in die Zeit einer Zeitungsdebatte fällt, welche auf die steigende Bedeutung der Zeitung im 17. Jahrhundert zurückgeht. Im Laufe des Jahrhunderts erscheinen schließlich in mehr als 70 Städten deutschsprachige Zeitungen, welche sich staatliche Kammern, Kanzleien und Justiz bereits zunehmend für amtliche Anzeigen zunutze machten.16 Kurz gesagt, beschäftigte Gelehrte, Staatsdiener und Fürsten angesichts dieser beachtlichen, ersten Verbreitung der Zeitung „[...] Die brisante Frage, ob nicht die Zeitung per se dazu angetan sei, höfisches Ansehen zu untergraben, indem sie die Einsicht [hier: Verbreitung politischer Kenntnisse - F.H.] der Untertanen steigere [...] ,"17 In den 5 Dezennien von 1676 bis 1726 hatte diese Debatte ihren Höhepunkt. Hier sei nur auf zwei ihrer Kontrahenten hingewiesen. Im Jahre 1676 sprach sich Ahasver Fritsch, Kanzler am Hof von Schwarzburg-Rudolstadt, für einen restriktiven Umgang mit der Zeitung aus. Positiv äußerte sich dagegen Johann Peter von Ludewig, der preußische Kameralist und hallische Universitätskanzler, um 1700 in seiner Schrift ,Vom Gebrauch und Mißbrauch der Zeitungen'. 18 Zwei wesentliche Argumentationslinien standen einander gegenüber: einerseits restriktive Zeitungskritik, weil die öffentlichen Blätter alle Untertanen unisono mit politischen Nachrichten vertraut machten, die gar nicht für sie bestimmt seien; andererseits böten freie Zeitungen dem Fürsten ein Korrektiv gegen Manipulationen und Intrigen der eigenen Höflinge. Während dieser Debatte um die Steuerung öffentlicher Informationen in der ständischen Gesellschaft widmet der Kameralist Wilhelm von Schröder dem Kaiser 1686 ein neuartiges Informationsmedium, das den kritisierten Mißbrauch der politischen Zeitungen durch eine breite Öffentlichkeit meidet und eine allgemeine, landesweite Förderung des Wirtschaftsgeschehens zum Ziel hat, nämlich das Project/ Eines freywilligen ungezwungenen intelligenzwerks zur consolation der 15 16

17

18

Wilhelm von Schröder: Fürstliche Schatz- und Rentkammer [...]. Wien 1686. Elger Blühm, Rolf Engelsing: Die Zeitung. Deutsche Urteile und Dokumente von den Anfangen bis zur Gegenwart. Bremen 1967. S. 208f. Jörg Jochen Berns: Der nackte Monarch und die Nackte Wahrheit. Auskünfte der deutschen Zeitungs- und Zeremonialschriften des späten 17. und frühen 18. Jahrhunderts zum Verhältnis von Hof und Öffentlichkeit. In: Elger Blühm, Jörn Garber, Klaus Garber: Hof, Staat und Gesellschaft in der Literatur des 17. Jahrhunderts. In: Daphnis. Band 11, Heft 1-2 1982. S. 317-349, hier S. 326. Johann Peter von Ludewig: Vom Gebrauch und Mißbrauch der Zeitungen. o.O., o.J. [Halle, um 1700],

Sozialdisziplinierung,

Lektüre und gesellschaftliche

Erfahrung im Vergleich

215

laender, ingroßirung der Commerden, propagirung der manufacturen, und Vermehrung Ihro Kayserl. Majest. einkommen, nuetzlich und dienlich erfunden Schröder preist das Intelligenzamt als Generalmarkt wunderlicher Natur und Eigenschaft. [...] Nemlich daß ein generaler markt in allen Ihro Kayserl. Majest. erbländern continuierlich gehalten werde, allwo ein jeder ohne reisen oder botenschicken in einer Viertelstunde alles wissen könne, was in allen diesen ländern zu verkaufen, und wo ein jedes zu finden sey [...] und daß solcher markt ohne transportation der waaren doch an allen örtern in den erbländern zugleich gehalten werde, und jähr aus jähr ein continuire [...] .20 Dieses Projekt ist nicht die genuine Idee des Autors - er selbst verweist auf England, wo erstmals zu Londen auf der börse eine öffentliche intelligenzkammer, sub nomine office of intelligence ... sub auctoritate publica bestand. Schröder entwirft im folgenden - in stillschweigender Anlehnung an den französischen Gelehrten, Publizisten, Arzt und königlichen Vertrauten Renaudot (1631) sowie an Montaignes Essays (1580) - ein hierarchisches Modell von einem generalintelligenzwerk fur alle Länder des Reiches. An allen notwendigen Orten soll ein öffentlicher Locu mit Listen gegründet werden, in die das verlangen eines jeden einzuschreiben sei und aus denen Suchende Angebote ersehen können. Fünf Medien, intelligentien genannt, sollen alternativ der Verbreitung dieser Information dienen: 1. Ein journal [also ein Verzeichnis] im intelligenzhaus, 2. publication an der tafel, die am Intelligenzhaus anzubringen sei, 3. Ausrufung, 4. Communication an ein anderes intelligenzhaus, 5. Schließlich zur Bekanntmachung im ganzen land das wöchentliche intelligenzblättchen [...] in gleicher Form wie die Zeitungen. Die Intelligenzwerke der einzelnen Orte stellen das Intelligenzwesen dar, das unter der Direktion eines oberintelligenzhauses stehe. Das oberintelligenzhaus soll immer in der kaiserlichen Hofstadt sein. Schröders Hauptmotiv ist also eine Verstetigung und Vermehrung des Warenumlaufs. Teuerungen durch Vorkäufer gerade auch in der kaiserlichen Hofstadt sollen durch landesweite Preistransparenz bekämpft werden. Er greift dabei nicht zu dem scheinbar naheliegenden Mittel, das konzipierte Anzeigenblatt an die bestehenden politischen Zeitungen anzubinden, sondern entwirft ein separates, völlig neues Periodikum. Auf Reichsebene blieb dieses utopiam, wie Schröder sein Projekt vorsichtig nennt, praktisch ohne Umsetzung. 21 In Preußen wurde dagegen ein umfangreiches Intelligenzwesen aufgebaut, das bezüglich einiger Verwaltungsstrukturen und des gedruckten Periodikums am Modell Schröders orientiert gewesen sein dürfte, so 19 20 21

W. von Schröder 1686 (Anm. 15). W. von Schröder 1686 (Anm. 15). Eine Erforschung des österreichischen Intelligenzwesens scheint allerdings noch weitgehend auszustehen.

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Friedrich

Huneke

sehr entspricht es dessen eigenwilligen Ausführungen. Am 3. Februar 1727 erschienen auf Befehl König Friedrich Wilhelms I. erstmals die , Wöchentliche Berlinische Frag- und Anzeigungs-Nachrichten, von allerhand inn- und ausserhalb der Stadt zu kauffen und zu verkauffen, zu verleyhen und lehnen vorkommenden, auch verlohrnen, gefundenen und gestohlenen Sachen; Sodann Personen, welche geld lehnen oder ausleyhen wollen, Bedienungen oder Arbeit suchen und zu vergeben haben ec. ec. Imgleichen denen Copulierten ec. nebst dem Marcktgängigen wöchentlichen Korn- und Woll-Preise ec.ec.'22 Noch im gleichen Jahr wurden in Duisburg, Königsberg und Minden, Magdeburg und Stettin entsprechende preußische Blätter gegründet. Die Freiwilligkeit des Intelligenzwesens, die Schröder noch propagiert hatte, wich hier schnell verschiedenen Zwängen und Verpflichtungen, ohne die sich die neue Einrichtung kaum durchsetzen ließ: Anzeigenmonopol und -pflicht, letzteres besonders für bestimmte Rohstoffe, die im Lande verarbeitet werden sollten, und für gerichtliche Bekanntmachungen, Abonnementspflicht für Beamte, Geistliche bzw. Kirchen, Handwerkszünfte, Judenschaft, Gastwirte, Weinhändler und Bierschänke.23 Die kameralwissenschaftlich-ökonomische Zielsetzung prägt diese frühe Form des Intelligenzblattes also völlig. Dieses reine Anzeigenblatt war für das Publikum etwas ganz neues, und einige Überzeugungsarbeit war zu leisten, um Leser für die trockene ,Lektüre' zu gewinnen. Ernst Consentius berichtet, das Postamt in Stendal habe im Jahre 1728 nur sechs Stück des Berliner Intelligenzblattes absetzen können, während sich im Bezirk Prenzlau immerhin schon 29 Abnehmer für das Berliner und acht für das Stettiner Blatt fanden.24 Die trockene Lesbarkeit und das mangelnde Leserinteresse wurden zu Ausgangspunkten für eine Reform des preußischen Intelligenzwesens im Jahre 1729.

Das Reformkonzept des hallischen Universitätskanzlers Johann Peter von Ludewig: Anzeigen, Verordnungsblatt und universitäres Forum In dieser Situation fand eine Neuerung des preußischen Universitätskanzlers Johann Peter von Ludewig in Halle/S. die Zustimmung des preußischen Königs. Ludewig fügte dem trockenen Anzeigenblatt in den von ihm 1729 gegründeten , Wöchentlichen Hallischen Anzeigen' vor allem eine Redaktionsrubrik an. Lude22 23

24

Wöchentliche Berlinische Frag- und Anzeigungs-Nachrichten, [...]. Berlin 1727-181 Off. Ernst Consentius: Die Berliner Zeitungen bis zur Regierung Friedrichs des Großen. Berlin 1988 (Repr. d. Orig.-Ausg. von 1904). S. 107. Consentius 1904 (Anm. 23) S. 108f.

Sozialdisziplinierung,

Lektüre und gesellschaftliche

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wig nimmt in einem zugehörigen ,Unterricht' 25 auf die bereits erwähnte Zeitungsdebatte Bezug. Der gemeine Mann könne aus den an den meisten Orten eingerichteten Zeitungen kaum Nutzen ziehen, denn deren Themen, Staats- und der Welt Händel grosser Herren und Länder, taugten ihm höchstens als geselliger Zeitvertreib. Zeit und Geld würden verschwendet, so daß der übermäßige Gebrauch der gemeinen Zeitungen dem gemeinen Wesen empfindlichen Schaden zu ziehen müsse.26 Ludewig fordert deshalb, den Zeitungsvertrieb zu steuern. Ein Verbot hält er nicht für sinnvoll, [...] Nachdem nun gleichwohl der gemeine Mann wöchentlich, auch in seiner Werkstatt, etwas zu lesen haben will: so hat man dafür Sorge zu tragen, daß ihme andere Zettel in die Hände kommen, wovon er einen täglichen Gebrauch zu machen Gelegenheit findet. Und diese ist eben die Absicht der so genannten Intelligenz-Zettel oder Wochen-Zettel [...].27 Ludewig unterscheidet sodann zwei Sphären der Öffentlichkeit. Zum einen seien da Nachrichten der Geschichte oder Dinge [...] an deren zeitigen Kuntschafft vielen Leuten, absonderlich in Handel und Wandel [...] gelegen sei. Diese Kenntnis (Wissenschaft) komme dem Privat-Manne zugute. Zum anderen nennt er die gemeine Historie, deren Gegenstand vor allem Welt- und Staats-Händel seien. Das Intelligenzblatt gehöre zur ersten Sphäre, es könne vielen PrivatLeuten von allerhand Stande, Aemtern und Verrichtungen gantz besondern Nutzen schaffen [...].28 Dieses Öffentlichkeitsverständnis entspricht auf spezifische Weise dem absolutistischen Ständestaat. Die Sphäre des Politischen soll der Staatsspitze vorbehalten bleiben. Der Beamtenstab wird gemäß seiner Ämter informiert über Verordnungen, amtliche Bekanntmachungen, Personenstandsregister und Fremdenwesen. Der Bürger wird an Verordnungen gemahnt und über das Marktgeschehen informiert. - Der frühmoderne Staat, der eine Trennung von öffentlicher und privater Sphäre im modernen Sinne noch nicht kennt, schickt sich hier an, im Gefolge des ius reformandi zunehmend Bereiche des öffentlichen Lebens zu regeln und auch solche, die er selbst als private Zwecke apostrophiert, durch ein öffentliches Printmedium zu erfassen.29 Damit sollen auch Kommunikation und Lektüre des gemeinen Mannes kameralwissenschaftlicher Regelung und polizeylicher Kontrolle unterworfen werden. Der Begriff gemeiner Mann10 erweist sich also auch 25

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Johann Peter von Ludewig: Unterricht von denen wöchentlichen Anzeigen, die auf königl. Majest. in Preußen allergnädigsten Special-Befehl, in dero Reich, Provincien und Landen, durch die so genannte Intelligenz-Ztettel angeordnet. Halle [Saale] 1729. 1. Ausgabe. Johann Peter von Ludewig: Vom Gebrauch und Mißbrauch der Zeitungen. o.O., o.J. [Halle/S., um 1700]. J.P. Ludewig 1729 (Anm. 25). Ludewig, Unterricht, 1729 (Anm. 25). S. 6. vgl. Lucian Hölscher: Öffentlichkeit und Geheimnis. Eine begriffsgeschichtliche Untersuchung zur Entstehung der Öffentlichkeit in d. frühen Neuzeit. Stuttgart 1979 (Sprache und Geschichte. Band 4). S. 74, öffentliche und private Zwecke. Zur Bedeutungsgeschichte von „gemein", „gemeiner man" vergleiche Jacob und Wilhelm Grimm: Deutsches Wörterbuch. Nachdruck München 1999, Bd. 5. z.B. Sp. 3203; Bedeu-

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bei Ludewig als mehrdeutig, schließt er doch akademisch Gebildete und Leute von allerhand Stande ein; seine Abgrenzung zielt dagegen auf eine im engeren Sinne verstandene Sphäre dem Staat vorzubehaltender Politik und Geschichte. Überhaupt scheint Ludewig dabei den (all)gemeinen Verbreitungsgrad von Wissen im Blick zu haben. In Ludewigs Konzept ist auch gegenüber den traditionellen Marktordnungen eine zunehmende Regelungsdichte des frühneuzeitlichen Maßnahmestaates zu verzeichnen. Zu diesen polizeylichen Zwecken reichte Ludewig das vorgefundene preußische Modell nicht aus, er ergänzte es um weitere Rubriken, die seine Motive und die angestrebten Zielgruppen erkennen lassen:31 1. Anzeige von Ämterbesetzungen und Versetzungen in Regierung, Verwaltung und Universität, um Fremde zu informieren und die Staatsdiener anzuspornen. Ludewig orientiert sich am Vorbild wissenschaftlicher Gesellschaften in Frankreich und England. 2. Die Anzeige von neuen Satzungen und Constitutionen in dem Lande in paraphrasierter Form soll die gewohnten Formen der Bekanntmachung verbessern helfen. 3. Ein besonders markantes Novum stellt die Rubrik der Erfindungen in Sachen und Meinungen dar. Sie soll durch die frühzeitige Anzeige von Buchideen und deren Diskussion bereits vor dem Druck der Bücher zu besseren Projekten führen. 4. Des weiteren sollen Buchanzeigen, Rezensionen und Vorlesungskalender einbezogen werden, als eine dezidierte Rubrik für Universitätsangehörige, wie die vorige. 5. Dies gilt auch für regelmäßige Nachrichten aus den Herkunftsorten der Studenten, um deren Informationsbedürfnis entgegenzukommen - wohl ein Zugeständnis an die Zeitungskonkurrenz. Abschließend widmet sich Ludewig der Rekrutierung der Autorenschaft für sein Intelligenzblatt. Vor allem die Universitätsgelehrten, des weiteren städtische und landesherrliche Räte und generell Beamte sollen stetig Beiträge schreiben. Entsprechend sind die Hallischen Anzeigen der ersten Jahrhunderthälfte noch weitgehend von akademischem Stil und Latinismen geprägt. Wenn Ludewig als Zielgruppe gleichwohl den ,gemeinen Mann' nennt, so ist dieser Begriff hier also auf nicht ganz ungebildete Schichten zu beziehen. Dieses Konzept fand über Halle hinaus Verbreitung nicht nur in Preußen, sondern etwa auch in Braunschweig u.v.a. Städten und Territorien. Den andauernden Reformbedarf dieser Blätter belegten jedoch schon allein die Zwangsmaßnahmen, die zur Lektüre erforderlich

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tungsverschiebungen zum ethisch-sozial niederen und der Abgrenzung von Klerus und Adel scheinen u.a. zum Ende des 18. Jhs. einen besonderen Schub erfahren zu haben, vgl. J. und W. Grimm Sp. 3205 u. 3215, dem gegenüber Verwendungen etwa in „gemeine Edelleute" veralten, vgl. J. und W. Grimm Sp. 3186. Ludewig 1729 (Anm. 25) S. 17ff„ 23.

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waren, wie sie das häufige Instrument des Pflichtabonnements und der Pflichtanzeige belegen. Von Ludewig war dem Ziel, ein attraktives Periodikum zu gestalten, aus der Sicht potentieller Leser anscheinend nur wenig näher gekommen, und erneut wurde Kritik vernehmbar.

Das Intelligenzblatt in der Kritik der Jahrhundertmitte: Verpflichtung auf Nahrungsstand und Verständlichkeit für ein ungelehrtes Publikum Treffend definierte Johann Heinrich Gottlob von Justi eine kameralwissenschaftliche Konzeption des Intelligenzblattes in seiner , Staatswirtschaft' (1755), die er in der Mitte des 18. Jahrhunderts als Forderungskatalog an aufgeklärte Regierungen und Herausgeber adressierte. Wegen seiner Bedeutung soll aus Justis bekanntem Handbuch etwas ausfuhrlicher zitiert werden: Endlich wird dem Zusammenhange des gesammeten Nahrungsstandes überhaupt ein wohleingerichtetes Intelligenzwesen erfordert. Es muß nämlich in allen ansehnlichen Städten wöchentlich ein gedruckter Bogen herauskommen, in welchem von allen zu verkaufenden, zu verleihenden, zu verpachtenden und anderen in den Nahrungsstand einschlagenden Sachen Anzeige und Nachricht gegeben wird. Den übrigen Raum können zwar gelehrte Abhandlungen einnehmen, wie zeither [!] an verschiedenen Orten geschehen ist. Alein da die Abhandlungen aus der Rechtsgelehrsamkeit, Weltweisheit, Geschichte und dergleichen mit dem Nahrungsstande, welchem doch die Blätter gewidmet sind, keinen Zusammenhang haben; so sollte man bloß solche Abhandlungen daselbst einrücken lassen, die den Manufacturen, Fabriken und Gewerben, und überhaupt dem gesellschaftlichen Leben der Menschen, zur Aufnahme, vortheil und Beförderung gereichen [...] ,32 Justi umriß also in der Jahrhundertmitte diejenigen Aufgaben, die das Intelligenzblatt aus seiner kameralwissenschaftlichen Sicht erfüllen sollte, und solche Funktionen der Gattung, die seines Erachtens Mißbräuche waren. Er spricht vom Erfordernis eines Intelligenzweseni - wir haben also mehr als nur ein Periodikum vor uns, mit dem sich der absolutistische Staat Teilsphären der Öffentlichkeit für seine Zwecke dienstbar machen sollte. Der Hinweis auf den Nahrungsstand als Teil der frühmodernen Öffentlichkeit thematisiert eine spezifische Schicht der Ständegesellschaft, die nicht zu den klas32

Johann Heinrich Gottlob von Justi: Staatswirtschaft oder Systematische Abhandlung aller ökonomischen und Kameralwissenschaften, die zur Regierung eines Landes erfordert werden, in 2 Teilen. Leipzig 1755, 2. Aufl. 1758. Nachdr. d. 2. Aufl. Aalen 1963. Hier Teil 1, § 259. S. 275f.

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sischen Bildungseliten und Leserschichten gehört, wenngleich Justi nicht ausführt, an wen genau er als Adressat denkt. Es bleibt also zu fragen, welcher ,Öffentlichkeitsbegriff seinem Konzept des Intelligenzblattes zugrunde liegt, das gegenüber der scheinbar ungeordneten Verbreitung der oft mißliebigen politischen Zeitungen von vielen Territorien, Preußen als Vorreiter, zu einem flächendeckenden Kommunikationsnetz ausgebaut worden war. Welche ,Hindernisse' stellten sich diesem kameralwissenschafllichen Konzept entgegen, etwa in der Form , aufklärerisch-bürgerlicher Urteilsbildung', tradierter ,Arkanbereiche' des als Privatsache verstandenen Wirtschaftens der städtischen Zünfte oder , Widersetzlichkeiten' dörflicher Rezipienten gegenüber einer besseren Verbreitung landesherrlicher Verordnungen und darauf bezüglicher redaktioneller Artikel, die von den Bauern als Eingriffe in die Ökonomie des Dorfes aufgefaßt werden konnten?33 Welche ,Realisierungschancen' hatte die meist amtlich oder halbamtlich inszenierte Gattung in diesem Rahmen, die schon zu Beginn des 18. Jahrhunderts postulierte, sich an eine zumindest teilweise des Lesens ungeübte Schicht zu wenden? Im Spannungsfeld dieser Fragen bewegt sich die Entwicklung der Gattung im 18. Jahrhundert, wie zu zeigen ist. Kehren wir zu Justi zurück. Er beurteilte die , Gelehrten Abhandlungen' als Rubrik des Intelligenzblattes zurückhaltend. Justi sah die eigentliche Aufgabe der Intelligenzblätter in ihrer strikten Orientierung am Nahrungsstand, von der im engeren Sinne gelehrte Themen etwa der Rechtsgelehrtheit und Weltweisheit ablenkten. Die Spannung, die sich hier zwischen den Konzepten und Aussagen der beiden Kameralisten Ludewig und Justi aufbaut, zwischen denen eine Zeitspanne von 26 Jahren liegt, weist auf einen Wandel, auf zwei sukzessive Phasen im Öffentlichkeitsverständnis zwischen den 20er und den 40er bzw. 50er Jahren des 18. Jahrhunderts hin. Erst mit der von Justi unterstützten Trennung von Gattungselementen für den akademisch-gelehrten Diskurs einerseits, der akademische Eliten als Leserkreise einschließt, und ökonomischen Themen andererseits, die Staatsdiener, Amtleute, Geistliche, Gutsverwalter, aber potentiell auch ein ungelehrtpraktisch orientiertes Publikum ansprachen, konnten auch die Redaktionsrubriken grundsätzlich dem Ziel nützlicher Lektüre für einen gemeinen Mann näher gebracht werden, der nun deutlicher auf den ,Nahrungsstand' eingegrenzt wurde. Justis Kritik am zeitgenössischen Intelligenzblatt steht in der Jahrhundertmitte nicht allein. Der Braunschweiger Hofrat Georg Heinrich Zincke widmete sich dem Thema ausführlicher in einem Beitrag in den Leipziger Sammlungen.34 Zinkke lehnt unter Bezug auf die Hallischen Anzeigen einen gelehrten Charakter der 33

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Michael Frank: Dörfliche Gesellschaft und Kriminalität: das Fallbeispiel Lippe 1650 - 1800. Paderborn [u.a.] 1995. S. 272f„ 280. Georg Heinrich Zincke: Gedancken vom Intelligenz-Wesen, und sonderlich denen wöchentlichen Anzeigen. In: Leipziger Sammlungen von allerhand zum land- und stadtwirthschaftlichen Policey-, Finanz- und Cammer-Wesen dienlichen Nachrichten, Anmerkungen, Begebenheiten, Versuchen, Vorschlägen, neuen und alten Anstalten, [...]. Hrsg.: Georg Heinrich Zincke. Leipzig 1746. 34. Stück. S. 879-902.

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Redaktionsrubrik nach längeren Ausführungen ab: [...] sind doch Intelligenzblätter überhaupt keine denen gelehrten Wissenschaften[ ...] eigentlich gewidmete Blätter, um dadurch den Ungelehrten oder Gelehrten gelehrte Sachen gründlich verstehen zu lernen [!]. Ich weiß zwar, daß man das Wort [Intelligenz] nach der Grammatique so weitläufftig nehmen könne. Allein der Sprach-Gebrauch hat schon längst dessen Bedeutung R

seins war. (6) Die Ursache-Wirkung-Relation Musik - Mensch wird im medizinischen29 und psychologischen Bereich untersucht. Die kritische Frage richtet sich auf die Nachweisbarkeit und damit auf empirische Kontrolle: Einerseits werden teilweise angebliche, ironisch dargestellte Wirkungen im geschichtlichen Raum herangezogen, anderseits sind die Affekte 30 angeführt, die im Kontext mit der aktuellen Affektenlehre als „natürliche", weil z.B. physiologisch und psychologisch3' nachweisbare Resultate für Mensch und Tier interpretiert werden. Daß derartige Überlegungen Gegenstand der zeitgenössischen aufklärerischen Diskussion waren, zeigt nicht nur ein entsprechendes Inserat 1750 im Intelligenz-Zettel für ein 1749 in London erschienenes Buch32, sondern ebenso auch, wenn auch sechs Jahre später, dazu ein kurzer Blick in eine der renommiertesten Musikzeitschriften. Es sind Friedrich Wilhelm Marpurgs (17181795) ,Historisch-Kritische Beyträge zur Aufnahme der Musik' 33 : Hier findet sich 1756 zu diesem Werk eine ausführliche Rezension hinsichtlich ihrer Anwendung zur Heilung von Krankheiten^. Doch schon 1751 hatte „Musik'' auch noch diesen Zusammenhang überschritten, indem sie als curieuse musicalische Maschine, im Kontext von Electrizität und Experimentalphysik35 erscheint. Es sollten anhand eines einzigen Beitrags mit einigen Beispiele wesentliche Momente aufklärerischen Denkens demonstriert werden. Gleiches Interesse können freilich auch die anderen Rubriken des Intelligenzzettels beanspruchen. Die bereits erwähnte Tatsache einer geringen Präsenz von Musikartikeln ganz im Gegensatz etwa zu „moralischen", ökonomischen, naturkundlichen und (populär-) medizinischen Themen - ist erklärungsbedürftig und läßt eher auf alles 27

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Werner Conze: Nation und Gesellschaft. Zwei Grundbegriffe der revolutionären Epoche. In: Historische Zeitschrift 198 (1964). S. 1-16, hier S. 14. R. Vierhaus: Politisches Bewußtsein (Anm. 26). Ich will nicht gänzlich in Abrede seyn, daß wohl mannigmal die Music mag Krankheiten curiret haben: Da aber solches nur zufälliger Weise, oder durch Kraft der Einbildung geschehen, so kan ihr nicht schlechterdings die Kraft Krankheiten zu heilen, beilegen. (AIZ 51/1752). AIZ 52/1752. Zur Affektenlehre vgl. MGG (2. Aufl., Anm. 5.) Sachteil Bd. I. Sp. 31-41. AIZ 52/1752. AIZ 36/1750; siehe Anhang 9: Buchrezension 1750. F. W. Marpurg: Historisch-Kritische Beyträge (Anm. 19). Zu Marpurg vgl. MGG (1. Aufl., Anm. 5) Bd. 8. Sp. 1668-1673; kein Nachweis bei F. Krautwurst, W. Zom: Bibliographie (Anm. 5). A. G. Kästner: Rezension von: 'Reflections on Antients [sic] and Modern Musick, with the application to the cure of diseases [...] d.i. Betrachtungen über die alte und neue Musik, mit derselben Anwendung zur Heilung der Krankheiten [...]'. In: F. W. Marpurg: HistorischKritische Beyträge (Anm. 19) Bd. 2. 1756. S. 16-37. Siehe Anhang 7: Inserate für eine Musikautomatenvorführung 1748. Vgl. dazu auch den Beitrag von Oliver Hochadel in diesem Band.

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andere, z.B. auf einen M a n g e l an geeigneten Beiträgern denn auf ein mögliches kommerzielles Desinteresse des Verlegers daran schließen. D a ß Letzteres w o h l nicht zutrifft, liegt an dessen Interessenlage: A l s Musikalienhändler - 1747 mit eigenem Musikalienkatalog 3 6 u n d gedruckten Werbezetteln 3 7 - m u ß t e er ebenso ein unmittelbares ö k o n o m i s c h e s Interesse w i e als Verleger an E i n n a h m e n aus dem A n z e i g e n g e s c h ä f t oder, in d e m Zeitraum v o n E n d e 1746 bis A n f a n g 1750, als A u g s b u r g e r Verlagsagent u n d K o m m i s s i o n s h ä n d l e r des ab 1742 tätigen N ü r n berger Musikaliendruckers u n d -händlers Johann Ulrich H a f f h e r (1711-1767) 3 8 haben. A u ß e r d e m hatte er zumindest Kenntnis v o n geeigneten Informationsquellen, n a c h d e m bedeutende Musikzeitschriften der A u f k l ä r u n g im eigenen Blatt inseriert waren, w i e etwa 1748 die in Leipzig von J o h a n n L o r e n z Mizler (17111778) 39 - d e m neben M a r p u r g bedeutendsten Vertreter der musikalischen A u f k l ä rung - h e r a u s g e g e b e n e ' N e u e r ö f f n e t e Musikalische Bibliothek' 4 0 . Weitere, im Selbstverlag Mizlers erschienene Werke 4 1 bot M a s c h e n b a u e r mit z.T. ausfuhrlichen N o t i z e n zur B e d e u t u n g v o n dessen Persönlichkeit 4 2 an, so daß sogar ein zumindest indirekter Kontakt zu vermuten ist. Z u d e m sind K o n t a k t e M a s c h e n b a u e r s

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Von allen in dem Avis- und Zeitungs-Comtoir vorhandenen Musicalien kan ein Catalogus mitgetheilt werden (AIZ 17 [alt]/1747; vgl. 9 [neu]/1747). Da das Belegexemplar eines Katalogs bisher nicht nachgewiesen werden konnte, sind derzeit keine genaueren Aussagen zu Art und Umfang des Maschenbauerschen Musikalienhandels möglich. gedruckte Avertissements von zerschiedenen [sie] Musicalien (AIZ 9/1748). Exemplare dieser Avertissements konnten bisher nicht nachgewiesen werden. Vgl. MGG (1. Aufl., Anm. 5) Bd. 5. Sp. 1305-1307; zu Haffner kein Nachweis bei F. Krautwurst, W. Zorn: Bibliographie (Anm. 5). Vgl. Lothar Hoffmann-Erbrecht: Der Nürnberger Musikverleger Johann Ulrich Haffner. In: Acta musicologica 26 (1954). S. 114-126; Ders.: Der Nürnberger Musikverleger Johann Ulrich Haffner. Nachträge. In: Acta musicologica 27 (1955). S. 141f.; William S. Newman: Further on the Nürnberg Music Publisher Johann Ulrich Haffner. In: Acta musicologica 34 (1962). S. 194f.; Horst Heussner: Nürnberger Musikverlag und Musikalienhandel im 18. Jahrhundert. In: Musik und Verlag, FS Vötterle, Kassel 1968. S. 319-341. Neben dem Verlagskatalog von 1759 und Plattennummern hatten Hoffmann-Erbrecht und Heussner die Verlagsanzeigen Haffners in der Nürnberger Zeitung 'Friedens· und Criegs-Currier' zur Grundlage einer Rekonstruktion der Chronologie des Verlagsprogramms gemacht. Zu Mizler von Kolof vgl. MGG (1. Aufl., Anm. 5) Bd. 9. Sp. 388-392 und Anm. 42; kein Nachweis für Mizler bei F. Krautwurst, W. Zorn: Bibliographie (Anm. 5). AIZ 22/1748: [Lorenz Christoph] Mizler: Musicalische Bibliothek (Bde. 1 bis 3). Tie. 1-3 (Leipzig 1736-1747). AIZ 21/1748 (Anzeigentext s. Anhang 2: Musikalieninserate für Johann Gottlieb Mizler 1748-1750). [...] der Welt-Weißheit und Artzney-Kunst Doctoris, des Cron-Groß-Canlzlers von Pohl[en] Hof-Mathematici [...] der Societät der musicalischen Wissenschaften in Teutschland beständigen Secretairs und Mitglieds (AIZ 22/1748). Zu dem höchst illustren, nur 19 Komponisten umfassenden Mitgliederkreis der von L. A. Mizler 1738 in Leipzig gegründeten 'Correspondierenden Societät der musikalischen Wissenschaften in Deutschland' gehörten u.a. Johann Sebastian Bach (vgl. Anm. 73), Georg Friedrich Händel (vgl. Anm. 96f.) und Georg Philipp Telemann (vgl. Anm. 50, 55, 185 und 201). L. Mozart versuchte um 1755 erfolglos, ebenfalls Mitglied zu werden.

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zu Johann Lorenz Mizlers Bruder Johann Gottlieb43 deswegen wahrscheinlich44, weil dieser wiederum auch andere Verbindungen nach Augsburg hatte und selbst im Intelligenz-Zettel inserierte45. Hinter diesen wenigen, zunächst fast farblosen Angaben etwa zum Verlag Haffner verbergen sich geradezu einzigartige, weil sonst bislang durch keine andere Quelle belegbaren Informationen fur die Musikgeschichte Augsburgs und etwa Nürnbergs: So machen die umfangreichen Anzeigen fur die Haffnerschen Verlagsprodukte 46 den Intelligenzzettel zu einer Quelle erstens Ranges, und zwar erstens für eine genauere Datierung eines Teils der Musikdrucke und zweitens für Aspekte von deren Distribution und Rezeption des Verlagsprogramms. Diese wenigen beispielhaften Informationen aus dem Zeitraum um die Mitte des 18. Jahrhunderts können zur Rekonstruktion der historischen Musiksituation in Augsburg und zu deren Beurteilung dienen, eine Situation, für die mindestens drei Faktoren maßgeblich sind. (1) Erstens ist es die lokale Musikpflege mit ihren Strukturen sowie ihren regionalen und überregionalen Verflechtungen und Beziehungen. Neben der fürstbischöflichen, der katholisch und protestantisch kirchlichen sowie der durch das Hochzeitsamt gesicherten weltlich-reichsstädtischen Musikpflege gab es eine Marktlücke, die 1755 mit der 1713 eingerichteten, überkonfessionell und überständisch organisierten Wiedergründung des von Protestanten dominierten Collegium musicum47 geschlossen wurde. Ende der 70er und Anfang der 80er Jahre kamen private Konzertunternehmer dazu, darunter 177848 43

Zu Johann Gottlieb Mizler kein Nachweis bei F. Krautwurst, W. Zorn: Bibliographie (Anm.

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Vgl. AIZ 12/1749 (Anzeigentext s. Anhang 2: Musikalieninserate für Johann Gottlieb Mizler 1748-1750). Vgl. AIZ 4/1775 (Anzeigentext s. Anhang 2: Musikalieninserate für Johann Gottlieb Mizler 1748-1750). Anzeigentexte s. Anhang 1: Musikalieninserate J.A.E. Maschenbauers für Johann Ulrich Haffner 1746-1750. Vgl. MGG (2. Aufl., Anm. 5) Sachteil Bd. 2. Sp. 944-951 sowie ASL (2. Aufl., Anm. 7) S. 335. Vgl. Nachdem sich eine Gesellschaft von hohen und angesehenden Musikliebhabern allhier, zu Unterstüzung eines wöchentlichen Concerts vereiniget, zugleich aber auch sich gefallen lassen, das bey außerordentlichen Aufführungen in denselben, außer den eigentlich subscribirten Gliedern der Gesellschaft, auch andern Liebhabern der Musik, besonders Fremden, die ohne Begleitung eines der gewöhnlichen Mitglieder, sich einfinden wollten, gegen Erlag von 30 kr. daran Theil zu nehmen anerbothen werden dürfte, als wird dem Publiko hiermit bekannt gemacht, daß künftigen Mittwoch, den 4ten Nov. die Eröfnung solchen Concerts im Hochgräfl. Fuggerschen Saal, sowohl mit ausgesuchter Instrumental-Musik, als neu componirter, darzu schicklicher Vocal-Musik, wovon der Text gedruckt zu haben ist, werde gemacht werden, und dazu geziemend eingeladen. Fr. Hartm. Graf. Dir. Mus. (AIZ 44/1778). Künftigen Sonntag, den 25 März, wird im hochgräfl. Fuggerischen Saal, unter einer außerordentlich vollstimmigen Begleitung das religiose Drama: die Zurückkunft des verlorenen Sohns, aufgeführet werden. [...] Die Billeten für den ersten Plaz ä 1 fl. für den zweyten ä 36 kr. und für den 3ten ä 24 kr. so auch Bücher a 3 kr. sind bey mir, und beym Eingang zu haben. Der

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der protestantische Musikdirektor Friedrich Hartmann Graf (1773-1795)49, der zuvor schon, zusammen mit Georg Philipp Telemann (1681-1767)50, Veranstalter öffentlicher Konzerte in Hamburg (1764) war und später Nachfolger Johann Christian Bachs als Leiter der Londoner professional concerts' (1783/84) wurde. Grafs Augsburger Aktivitäten lassen sich in diesen Einzelheiten erstmals ebenso nur dem Intelligenzzettel entnehmen wie z.B. diejenigen, die der in diesem Zusammenhang bislang völlig unbekannte Stadttrompeter Gottfried Val[l]entin (1750- nach 1810)51 Mitte der 80er Jahre mit der bislang ebenfalls unbekannten Organisation von Konzerten unternahm. (2) Zweitens ist es der lokale Markt, sind es besonders die Druckereien mit der klaren Dominanz protestantischer Firmen inmitten katholischer Absatzgebiete, mit seinen paritätsbedingten außergewöhnlichen Strukturen einschließlich der entwickelten Verkaufsstrategien und Produktionsschwerpunkten sowie mit seinen regionalen und überregionalen Wirtschaftsbeziehungen und Vertriebswegen. Die Jahrhundertmitte ist genau jene Zeit, in dem der Protestant Johann Jakob Lotter (II, 1726-1804)" die Geschäftsleitung des Verlags, der Druckerei und der Buchhandlung übernahm53 und sie zu der für die zweite Jahrhunderthälfte im süddeutsch-österreichischen Raum marktbeherrschen-

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Anfang ist um 6 Uhr. Fr. Hartm. Graf, Musikdirector. (AIZ 12/1781) Zu Friedrich Hartmann Graf vgl. MGG (1. Aufl., Anm. 5) Bd. 5. Sp. 668-670 und ASL (2. Aufl., Anm. 7) S. 450f.; weitere Nachweise bei F. Krautwurst, W. Zorn: Bibliographie (Anm. 5). Zum Hochgräfl. Fuggerschen Saal vgl. Anm. 159. Zu Graf vgl. Anm. 48. Zu Telemann vgl. MGG (1. Aufl., Anm. 5) Bd. 13. Sp. 175-211, und Anm. 42, 55, 185 und 201; weitere Nachweise bei F. Krautwurst, W. Zorn: Bibliographie (Anm. 5). Siehe Anhang 6: Konzertinserate von Gottfried Val[l]entin 1789-1791. Zu Gottfried Val[l]entin vgl. Ernst Fritz Schmid: Mozart und das geistliche Augsburg, insonderheit das Chorherrenstift Heilig Kreuz, in: Augsburger Mozartbuch (ZHVS, Bd. 55/56 [1942/43]). S. 40-202, hier S. 117f. E. F. Schmid konnte kriegsbedingt dafür die AIZ nicht auswerten. Kein weiterer Nachweis zu Val[l]entin bei F. Krautwurst, W. Zorn: Bibliographie (Anm. 5). Adolf Layer: Die Augsburger Musikaliendrucker Lotter. In: Gutenberg-Jahrbuch 39 (1964). S. 258-263; Ders.: Lotter und Mozart. Die Geschichte einer Freundschaft. In: Die Sieben Schwaben 14 (1964). S. 152-154, 156; Ders.: Johann Jakob Lotter d.J., Leopold Mozarts Augsburger Verleger. In: Ludwig Wegele (Hg.): Leopold Mozart 1719-1787. Bild einer Persönlichkeit. Augsburg 1969. S. 117-128; Hans H. Rheinfurth: Der Musikverlag Lotter in Augsburg (ca. 1719 - 1845). (Musikbibliographische Arbeiten, Bd. 3). Tutzing 1977. Bes. S. 16-22; Josef Mancal: Zum Augsburger Druck-, Verlags- und Handelswesen im Musikalienbereich am ausgehenden 17. und im 18. Jahrhundert. In: H. Gier, J. Janota (Hg.): Augsburger Buchdruck und Verlagswesen (Anm. 8). S. 873-908, hier bes. S. 892-904; ASL (2. Aufl., Anm. 7) S. 619f.; Ders., Augsburg als Herstellungs- und Handelszentrum für Druckmedien im 18. Jahrhundert: Das Beispiel Leopold Mozart (Anm. 8). S. 925-945; Hans-Jörg Künast: Dokumentation: Augsburger Buchdrucker und Verleger. In: H. Gier, J. Janota (Hg.): Augsburger Buchdruck und Verlagswesen (Anm. 8). S. 1205-1340, bes. S. 1282. Zu Lotter und seinem Verlag vgl. Anm. 16, 52, 54, 107, 154 und 165; weitere Nachweise bei F. Krautwurst, W. Zorn: Bibliographie (Anm. 5). Zur Datierung vgl. J. Mancal: Augsburger Druck-, Verlags- und Handelswesen im Musikalienbereich (Anm. 52) S. 880.

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den Firma für katholische Kirchenmusik ausbaute. Wogegen sich Lotter bereits 1748 wandte, war der Eindruck, daß die Buchhandlung eine reine Musikalienhandlung sei54. Den umfangreichsten Musikalienkatalog brachte er 1773 heraus: auf 62 Seiten waren rund 220 europäische Komponisten mit über 500 Werken aufgeführt. Auf dem Gebiet des Musikinstrumentenbaus war der Protestant Stein die anerkannte Persönlichkeit im Orgel- und besonders im Klavierbau schlechthin, wozu noch vor allem im Streichinstrumentenbau eine teilweise deutschlandweite Führungsrolle kam. (3) Und schließlich - wesentlich komplexer - ist es drittens die Musik selbst, die im 18. Jahrhundert durchaus dramatische Strukturveränderungen erlebt, wobei komplexe Zusammenhänge mit innermusikalischen, z.B. kompositorischen und organisatorischen Entwicklungen, sowie außermusikalischen Prozessen, etwa gesellschaftlicher, wirtschaftlicher und technischtechnologischer Art, zu berücksichtigen sind. Diese drei genannten Faktoren spielen auch für Informationen aus den anderen vier Bereichen des Intelligenzzettels eine entscheidende Rolle, nämlich für Kaufund Verkaufsinserate vornehmlich aus dem Musikalien- und Musikinstrumentenbereich, für Fund- und Verlustanzeigen, die Stellengesuche und -angebote sowie schließlich viertens für die Nota der ankommenden und durchgehenden Passagiers. Wegen der Fülle und Vielfalt an Angaben ist aus Platzgründen eine Beschränkung auf wenige methodische und inhaltlich-exemplarische Hinweise erforderlich. Gerade bei Inseraten zeigte es sich, daß z.B. ihre textliche Gleichheit bzw. Ähnlichkeit ebenso das Problem der Identität des Inserenten als auch das der inserierten Gegenstände aufwirft. Eine quantitative Analyse hat deshalb nur eine beschränkte Aussagekraft. Neben der häufig auch nebenberuflich ausgeübten Handelstätigkeit, etwa mit Druckgrafik 55 oder mit Theateralmanachen, -kalendern und -journalen 56 stand der 54

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1748 findet sich erstmalig der Hinweis, daß auch besonders Catalogos von Theolog. Cathol. Juristischen, Medicinisch= und Historischen, auch Mathematischen Büchern zu haben seien, weilen viele in der Meynung, als wären wir nur mit Musicalischen Büchern versehen (Musikalienkatalog 1748). Vgl. Kataloge 1753 (Ndr. Adolf Layer [Hg.]: Katalog des Augsburger Verlegers Lotter von 1753 [Catalogus musicus, Bd. 2], Kassel 1964). 1754, 1757 und 1759; zu den Katalogen vgl. H. Rheinfurth: Musikverlag Lotter (Anm. 52). S. 17. Denen resp. Herren Liebhabern der Portraits, wird hiermit zu wissen gemacht, daß die Portraits von denen jetzt lebenden Herren Capellmeister, so sich durch ihr Virtu besonders berühmt gemacht, nebst einem unter jeglichem Portrait kürzlich abgefasten Lebenslauf, von dem berühmten Künstler, in Nürnberg Herrn Valentin Ernst [recte: Daniel] Preisler, in schwarzer Manier unternommen undjedesmal ein paar davon an das Licht gestellet werden sollen. Hiervon ist allbereits allhier in Augspurg eine Probe von zweien, nemlich Hrn. Telemann und Hrn. Fiorillo, in Herrn Johann Andreas Pfeffels Offizin bei Johann Georg Merz zu sehen und gegen Bezahlung 20. kr. vor jedes Blat zu erhalten. (AIZ 29/1750). Zu Telemann vgl. Anm. 42, 50, 185 und 201; Preislers Schabblatt abgebildet in MGG (1. Aufl., Anm. 5) Bd. 13. Sp. 189f. Zu Ignatio Fiorillo (1715-1787) vgl. MGG (1. Aufl., Anm. 5) Bd. 4. Sp. 258-261; zu Fiorillo kein Nachweis bei F. Krautwurst, W. Zorn: Bibliographie (Anm. 5). Zu Valentin Daniel Preisler (1717-1765) vgl. Ulrich Thieme, Felix Becker (Hg.): Allgemeines

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mit gedruckten und geschriebenen Musikalien im Vordergrund. Produktion und vor allem Vertrieb übten etwa Großhändler wie Lotter oder andere Buchhändler und Verleger (z.B. Johann Jakob Mauracher57, Konrad Heinrich Stage (17281796)58, Eberhard Kletts Witwe Maria Jakobina (1709-1795)59, J.E.A. Maschen-

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Lexikon der bildenden Künstler von der Antike bis zur Gegenwart. Leipzig 1907-1950 (Bd. 27). S. 374; kein Nachweis bei F. Krautwurst, W. Zorn: Bibliographie (Anm. 5). Zu Johann Andreas Pfeffel (d.J., 1715-1768) und Johann Georg Merz (d.Ä., -1733-1762) vgl. H.-J. Künast: Dokumentation (Anm. 52). S. 1283 und 1275; kein Nachweis zu Pfeffel und Merz bei F. Krautwurst, W. Zorn: Bibliographie (Anm. 5). Z.B. der Oberpostamts-Zeitungs-Expeditor Joseph Kernle mit den bei Carl Wilhelm Ettinger in Gotha erschienen Theaterkalender (AIZ 7/1777; weitere Kalender vgl. AIZ 8/1785, 9/1786 und 19/1787) oder mit Musen-Almanach 1778, mit Kompositionen von Reichardt, Weis, Benda, Bach (AIZ 40/1777; weitere Almanache vgl. AIZ 40/1782; 42/1786; 34/1787; 44/1788). Kein Nachweis zu Kernle bei H.-J. Künast: Dokumentation (Anm. 52), und bei F. Krautwurst, W. Zorn: Bibliographie (Anm. 5). Zu Johann Friedrich Reichardt (1752-1814) vgl. M G G ( 1 . Aufl., Anm. 5) Bd. 11. Sp. 151-161 sowie Anm. 117, 133 und 148; kein Nachweis bei F. Krautwurst, W. Zorn: Bibliographie (Anm. 5). Zu Georg Benda (1722-1795) vgl. MGG (2. Aufl., Anm. 5) Personenteil Bd. 2. Sp. 1062-1070; kein Nachweis bei F. Krautwurst, W. Zorn: Bibliographie (Anm. 5). So vertrieb z.B. Klett und Frank den Göttinger Musenalmanach auf das Jahr 1791 (AIZ 49/1790; zu Klett vgl. Anm. 59) oder Friedrich Hasenest das Theaterblatt von Emmanuel (eig. Johann Joseph) Schikaneder (1751-1812): Heute ist der erste Bogen des Schikanederischen Theater Wochenblats enthaltend Gedichte, Anekdoten, Nachrichten von deitschen Bühnen, Theaterreden nebst einem Verzeichnis aller aufgeführten Stüke per 4 kr. zu haben, und findet sich in diesem Blatt besonders die Rede bey Errichtung des hiesigen neuen Schauspielhauses, und andere Nachrichten von demselben. Auch ist noch das Theaterjournal unter der Direction des Herrn Mosers 4 Bogen stark (mit dem gestochnen Schattenriß der Mamsell Miller) per 15 kr. zu erhalten bey Fridrich Hasenest am Eisenberg. (AIZ 17/1778; vgl. 39/1778). Kein Nachweis für Hasenest bei H.-J. Künast: Dokumentation (Anm. 52) und F. Krautwurst, W. Zorn: Bibliographie (Anm. 5). Zu dem mit zu den bedeutendsten Augsburger Direktoren (1778/79, 1786/87) gehörenden Schikaneder vgl. MGG (1. Aufl., Anm. 5) Bd. 11. Sp. 1708-1713; ASL (2. Aufl., Anm. 7) S. 785; W. Killy: Literaturlexikon (Anm. 21) Bd. 10. S. 227f.; sowie Hermann Endrös: Emanuel Schikaneder und das Augsburger Theater. Ein Beitrag zur Geschichte des Augsburger Theaters. In: Augsburger Mozartbuch (ZHVS, Bd. 55/56 [1942/1943]). S. 203-298. Weitere Nachweise bei F. Krautwurst, W. Zorn: Bibliographie (Anm. 5). Zu dem am 16. Oktober 1776 neu eröffneten Schauspielhaus, dem sog. Komödienstadel (Bei der Jakobskirche 3), vgl. ASL (2. Aufl., Anm. 7) S. 841; hier u.a. Erstaufführung am 1.5.1780 von W.A. Mozarts opera buffa ,La finta giardiniera' in der deutschen Singspielfassung und am 21.1.1793 der Oper ,Zauberflöte'. Textbücher der Moserischen Gesellschaft vertrieb auch der Hausinformator am Eisenberg Johann Andreas Schmidt (AIZ 11/1777); zu Schmidt kein Nachweis bei H.-J. Künast: Dokumentation (Anm. 52) und bei F. Krautwurst, W. Zorn: Bibliographie (Anm. 5). AIZ 37/1746. Zu dem von 1744 bis 1779 tätigen Mauracher vgl. H.-J. Künast: Dokumentation (Anm. 52) S. 1280; und ein weiterer Nachweis bei F. Krautwurst, W. Zorn: Bibliographie (Anm. 5). Zu Stage vgl. H.-J. Künast: Dokumentation (Anm. 52). S. 1287; ASL (2. Aufl., Anm. 7) S. 843 sowie Anm. 136 und 210; weitere Nachweise bei F. Krautwurst, W. Zorn: Bibliographie (Anm. 5). Anzeigentexte s. Anhang 4: Musikalieninserate von Konrad Heinrich Stage. Nach dem Tod des Buchhändlers und Verlegers Eberhard Klett 1758, der z.B. mit Leopold Mozart in direktem Kontakt stand und dessen Violinschule vertrieb (vgl. J. Mancal: Augsburg als Herstellungs- und Handelszentrum fur Druckmedien im 18. Jahrhundert: Das Bei-

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bauer) aus. Daß es gerade unter Konkurrenten keineswegs friedlich zuging, zeigen etwa Gegenstand und Öffentlichkeit einer Auseinandersetzung zwischen dem Augsburger Musikverleger Johann Carl Gombart60 und seinem berühmten Offenbacher ,Kollegen' Johann Andre (1741-1799)61. Letzterer hatte zur Überraschung Gombarts dessen Verlagsprodukte nachdrucken und überdies noch durch seinen Augsburger Agenten, den Musikalienhändler Gottlieb Heß62, annoncieren lassen. Gegen diese Nachdrucke versuchte sich nunmehr Gombart in einer Augsburger Zeitung zur Wehr zu setzen.63 Daraufhin bezichtigte Andre im gleichen Blatt in einer Gegenanzeige Gombart des gleichen Vorgehens und brandmarkte ihn u.a. als Großwürdigen Großmeister der Beutelschneider64. Ein zweiter publizistischer Vorstoß Andres war offenkundig nur noch schwierig in dieser Zeitung unterzubringen, weshalb sein Aufruf An ein ehrliebendes musikalisches Publikum65 im Augsburger Intelligenzblatt erschien. Gombart ließ es sich nicht nehmen, seine Gedanken zum Thema Nachdruck ist Diebstahl in einer Beilage der gleichen Ausgabe auf zwei Seiten bekannt zu machen.66 Zu den Großsortimentern gesellten sich auch zahlreiche Geschäftsleute verwandter Branchen, so etwa Kupferstichhändler wie Valentin Borowsky67, Buch-

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spiel Leopold Mozart [Anm. 8], S. 918, 938), wardessen Witwe Maria Jakobina (1709-1795) bis 1776, bis zum Eintritt von Andreas Franck ( t 1786) in die Geschäftsleitung, Firmeninhaberin. Vgl. H.-J. Künast: Dokumentation (Anm. 52), S. 1285; kein Nachweis bei F. Krautwurst, W. Zorn: Bibliographie (Anm. 5). Inserate AIZ 50/1777; 49/1790. Vgl.: [...] ist zu haben.: [...] Ciavier Magazin für Kenner und Liebhaber herausgegeben von Joh. Carl Fr. Rellstab [...] lstes Vierteljahr. Fol. Berlin. Fasch, l'Andantino con VII. Variazionipel Clavicembalo ο Fortepiano Fol. Berl. (AIZ 30/1787). Zu Johann Carl Friedrich Reilstab (1759-1813) vgl. MGG (1. Aufl., Anm. 5) Bd. 11. Sp. 215-219; kein Nachweis bei F. Krautwurst, W. Zorn: Bibliographie (Anm. 5). Zu Karl Friedrich Christian Fasch (1758-1800) vgl. MGG (1. Aufl., Anm. 5) Bd. 3. Sp. 1847-1861; kein Nachweis bei F. Krautwurst, W. Zorn: Bibliographie (Anm. 5). Zu Gombart vgl. MGG (1. Aufl., Anm. 5) Bd. 1. Sp. 837 u.ö.; H.-J. Künast: Dokumentation (Anm. 52) S. 1298f.; ASL (2. Aufl., Anm. 7) S. 448f. Zu Andre vgl. MGG (2. Aufl., Anm. 5) Personenteil Bd. 1. Sp. 654-658, und Anm. 75. Zu Heß kein (weiterer) Nachweis bei H.-J. Künast: Dokumentation (Anm. 52) und bei F. Krautwurst, W. Zorn: Bibliographie (Anm. 5). Augsburgische Ordinari Postzeitung Nr. 209 vom 1.9.1797. Augsburgische Ordinari Postzeitung Nr. 214 vom 7.9.1797. AIZ 45/1797. AIZ 45/1797: Auch eine Beilage, zu der Beilage des Herrn Andre in Offenbach zum Augsburgischen Intelligenzblatt Nro. 45. Zu Borowsky kein Nachweis bei H.-J. Künast: Dokumentation (Anm. 52) und bei F. Krautwurst, W. Zorn: Bibliographie (Anm. 5). Vgl. Bey Valentin Borowsky ist zu haben: [...] Item, die neueste Musikalien v. Hayden, v. Diß, v. Capuci, v. Sterkel; auch mit Melodien auf verschiedene Instrumente [...] (AIZ 28/1781); [...] Ferner verschiedene neue Musicalien von Hayden, Cozeluch, Capici, Tiez, Wanchol, und anderen, als Quarteten, Trios, Duetten und Ciavierstücke. (AIZ 27/1782). Zu (Franz) Joseph Haydn (1732-1809) vgl. MGG (1. Aufl., Anm. 5) Bd. 5. Sp. 1857-1933, Anm. 117, 126, 148 und 228 sowie weitere Nachweise bei F. Krautwurst, W. Zorn: Bibliographie (Anm. 5). Zu August Ferdinand Tietz (1762-1816) vgl. MGG (1. Aufl., Anm. 5) Bd. 13. Sp. 411; kein Nachweis bei F. Krautwurst, W. Zorn: Biblio-

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binder wie Johann Georg Christoph Braun68 und, damals durchaus üblich69, Musiker. Vor allem aus Kosten- und Zeitgründen waren Notenabschriften durch Berufskopisten ein im 18. Jahrhundert übliches Vervielfältigungsverfahren. Eindrucksvollstes Beispiel für einen derartigen Händler ist der protestantische Kleinverleger, Musiker, Musikinstrumenten-70 und Musikalienhändler Johann Michael Roth71, der 1748 etlich tausend geschriebene Musicalische Stücke72 anbot. Leider war bislang nicht eindeutig zu klären, ob dieser Roth mit jenem Namensvetter

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graphie (Anm. 5). Zu Giuseppe Antonio Capuzzi (1755-1818) vgl. MGG (2. Aufl., Anm. 5) Personenteil Bd. 4. Sp. 157-159; kein Nachweis bei F. Krautwurst, W. Zorn: Bibliographie (Anm. 5). Zu Johann Franz Xaver Sterkel (1750-1817) vgl. MGG (1. Aufl., Anm. 5) Bd. 12. Sp. 1272-1276 sowie zu Sterkeis mit einem Besuch von J. A. Stein verbundener Aufenthalt 1782 in Augsburg ein Nachweis bei F. Krautwurst, W. Zorn: Bibliographie (Anm. 5); Sterkeis Aufenthalt nicht in den Nota nachweisbar. Zu Johann Anton Kozeluch (1738-1814) vgl. MGG (1. Aufl., Anm. 5) Bd. 7. Sp. 1658-1670 und Anm. 230; kein Nachweis bei F. Krautwurst, W. Zorn: Bibliographie (Anm. 5). Zu Jan Kritel Vanhal (Vanhall, Wanhal; 1739-1813) vgl. MGG (1. Aufl., Anm. 5) Bd. 13. Sp. 1255-1265 und Anm. 149 sowie zur Aufführung von Vanhals Violinkonzerts in Β durch W.A. Mozart am 19.10.1777 in Augsburg Nachweise bei F. Krautwurst, W. Zorn: Bibliographie (Anm. 5). Zu Johann Georg Christoph Braun vgl. H.-J. Künast: Dokumentation (Anm. 52) S. 1301; und als Drucker eines Gesangbuchs 1794 ein Nachweis bei F. Krautwurst, W. Zorn: Bibliographie (Anm. 5). Mit dem Inserat von 1790 läßt sich Künasts Angabe vor 1800 zum Beginn der Tätigkeitszeit Brauns genauer angeben. Dieses Inserat ist das einzig bekannte des 18. Jahrhunderts, das mit Stückzahlen versehen ist; zum Text vgl. Anhang 5: Musikalieninserat von Johann Georg Christoph Braun 1790. Vgl. Klaus Hortschansky: Der Musiker als Musikalienhändler in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts. In: W. Salmen: Sozialstatus des Berufsmusikers (Anm. 12). S. 83-102. Vgl. in Augsburg z.B. Johann Michael Roth (bes. Anm. 72). Deßgleichen bey dem Musico, Joh. Michael Roth sind nicht nur unterschiedliche Musicalische Instrumenten [...] (AIZ 18 und 19 [alt]/1747). Vgl. Zwey Steiner Violin, 2. schöne Lauten, 2. schöne Harpffen, unterschiedliche Travers-Flauten [...], bey Joh. Michael Roth, Musico (AIZ 11/1748). 3. Violin, von Jacob Steiner in Futteralen; Und ist sich dieserwegen bey Johann Michael Roth, Musico allhier, zu erkundigen (AIZ 11, 39 und 41/1748). Es ist anzunehmen, daß es sich bei diesen Steiner-Violinen um Fälschungen handelt; zu Jakob Steiner vgl. MGG (1. Aufl., Anm. 5) Bd. 12. Sp. 1139-1145; kein Nachweis bei F. Krautwurst, W. Zorn: Bibliographie (Anm. 5). AIZ 18 [alt]/1747; Nr. 41/1748. Zu Roth vgl. Anm. 72f. sowie ein weiterer Nachweis bei F. Krautwurst, W. Zorn: Bibliographie (Anm. 5). David Paisey: Deutsche Buchdrucker, Buchhändler und Verleger 1701-1750 (Beiträge zum Buch- und Bibliothekswesen, Bd. 26). Wiesbaden 1988. S. 215 und H.-J. Künast: Dokumentation (Anm. 52). S. 1274, geben für Augsburg einen (identischen ?) Johann Michael Roth als Verleger (tätig: 1730-1748) an. Der Musiker Roth bot z.B. auch auf diese Heil. Weynachts-Zeit [...] groß und kleine FriedensGemählde-Bücher (AIZ 51/1748) an. bey dem Musico, Joh. Michael Roth sind [...] etlich tausend geschriebene Musicalische Stükke, darunter sich befinden: Die schönste Neueste und beste Concerten, Sinfonien, und Parthien, von denen dermahligen besten Compositoribus und Virtuosen, absonderlich, vor die Flute-Traversiere, wie auch vor Cembalo-Obligato die schönsten Concerten etc etc. verkäuflich, und ä bon prix zu haben (AIZ 18 [alt], 19 [alt]/1747). Vgl. [...] Hunderterley Sinfonien, mit und ohne Waldhorn [...] Hunderterley Trav. Concerten [...] Dreyßigerley Clavicin Concerten (AIZ 41/1748).

Zu Musik und Aspekten des Musikmarkts des 18. Jahrhunderts

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identisch ist, den die Bach-Forschung 1727 als Augsburger Kommissionsagenten Johann Sebastian Bachs (1685-1750) nachweisen kann73. Neben Subskriptionsanzeigen etwa von Johann Adolf Hasse (1699-1783)74 und Johann Andre75 ist eine des protestantischen Kirchenmusikdirektors Johann Kaspar Seyfert (1697-1767)76 besonders aufschlußreich. Er war Schüler seines von Johann Sebastian Bach (1685-1750) persönlich eineinhalb Jahre lang (April 1712 bis September 1713) in Weimar privat ausgebildeten und beherbergten Amtsvorgängers Philipp David Kräuter (1690-1741). Seyfert bot 1751 Carl Philipp Emanuel Bachs (1714-1788) „Versuch über die wahre Art, das Ciavier zu spielen" (Berlin 1753) - das bedeutendste Unterrichtswerk der Aufklärung für diese Instrumentengattung - zur Subskription an77. Durch dieses Inserat erfahren wir zum ersten Mal überhaupt, daß der Protestant Seyfert als Einziger im katholischen Süddeutschland zum Netzwerk der verzweigten Bach-Familie gehörte und damit selbst Teil sowohl des u.a. mit Telemann besetzten Vertriebsnetzes 78 als auch der Bach-Rezeption in dem ansonsten katholischen Süddeutschland war. Als fast ebenso bemerkenswert - um zu den Kaufgesuchen und den öfters mit Preisangaben versehenen Verkaufsanzeigen im Musikinstrumentenbereich überzugehen - ist ein Inserat des berühmten J.A. Stein, in dem er 178079 eine bei ihm 73

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Zeitungsanzeige Johann Sebastian Bachs, abgedruckt in: Werner Neumann, Hans-Joachim Schulze (Bearb.): Fremdschriftliche und gedruckte Dokumente zur Lebensgeschichte Johann Sebastian Bachs 1685-1750 (Johann Sebastian Bach. Neue Ausgabe sämtlicher Werke. Supplement, Bd. II). Kassel, Leipzig 1969. S. 224. Vgl. Klaus Hofmann: Johann Sebastian Bach und der deutsche Süden. Eine Bestandsaufnahme. In: Hans-Joachim Schulze, Christoph Wolff (Hg.): Johann Sebastian Bach und der süddeutsche Raum. Aspekte der Wirkungsgeschichte Bachs (Schriftenreihe der Hochschule fur Musik in München, Bd. 12), Regensburg 1991, S. 61-74, hier S. 64. Zu J. S. Bach vgl. MGG (2. Aufl., Anm. 5) Personenteil Bd. 1. Sp. 1397-1535 und Anm. 42. Vgl. auch Franz Krautwurst: Anmerkungen zu den Augsburger Bach-Dokumenten. In: Festschrift Martin Ruhnke. Neuhausen, Stuttgart 1986. S. 176-184. AIZ 37/1756. Zu Hasse vgl. MGG (1. Aufl., Anm. 5) Bd. 5. Sp. 1771-1787 und Anm. 117, 118, 127, 134 und 152; zu Hasse kein Nachweis bei F. Krautwurst, W. Zorn: Bibliographie (Anm. 5). [...] das Schauspiel mit Gesang, Erwin und Elmire von Herrn D. Göthe, in Musik gesezt; AIZ 33/1775. Zu Andre vgl. Anm. 61. Goethes Singspiel Erwin und Elmire war 1775 in Frankfurt a. M. erschienen. Zu dem auch im AIZ 12 und 24/1790 belegten Hr. geheimer Rath von Goethe ein Nachweis bei F. Krautwurst, W. Zorn: Bibliographie (Anm. 5). Zu Seyfert (Seifert, Seiffert) vgl. MGG (1. Aufl., Anm. 5) Bd. 12. Sp. 601f.; ASL (2. Aufl., Anm. 7). S. 814f.; sowie weitere Nachweise bei F. Krautwurst, W. Zorn: Bibliographie (Anm. 5). AIZ 12/1752 (Anzeigentext s. Anhang 3: Subskriptionsinserat fur C. Ph. E. Bachs ,Versuch über die wahre Art, das Ciavier zu spielen'). AIZ 12/1752 (Anzeigentext s. Anhang 3: Subskriptionsinserat für C. Ph. E. Bachs ,Versuch über die wahre Art, das Ciavier zu spielen'). Bey Herrn Stein, Orgelmacher, steht zu verkaufen, ein vortreßiches von Hrn. Silberman in Freyberg verfertigtes liegendes Orgelwerk von 6 Registern u. einem Tremulant. Wer die Arbeit des größten Orgelbaumeisters Silberman kennt, wird wohl nicht fragen, obs gut sey? der Ton ist nicht jung, sondern majestätisch und kirchlich. Das sammtliche Pfeifenwerk ist von feinen Zinn bis auf die unterste Octav der Koppel, welche von Eichenholz. Die Namen der

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lagernde Orgel seines fast noch berühmteren Kollegen, des Freiberger Gottfried Silbermann (1683-1753), einem Bruder seines Lehrers Andreas Silbermann (1678-1734), anbot. Daß Namen bedeutender Musikinstrumentenbauer werbeträchtig waren, läßt sich an einer Reihe von Inseraten erkennen. So sind Markeninstrumente verschiedener Hersteller vertreten. Zu ihnen gehörten etwa Tiefenbrugger80, Georg Aman (1671- nach 1732)81, Johann Christoph Leo (1675-1749)82, Gregor Ferdinand Wenger (vor 1680 - 1767)83 - der beste Augsburger Geigenbauer in der ersten

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Register sind: 1) Koppel, 8 Fuß; 2) oth, 4 Fuß; 3) Principel, 4 Fuß; 4) Fagott-Baß, 3 Fuß; 5) Super Octav, 2 Fuß; 6) Mixtur 2fach, 1 Fuß, in der Mitte repedirend. Die Stimmung ist Chornet-Ton; das Ciavier enthält die lange Octav exclusive des untersten Cis. Der Kasten ist 4eckigt in Form einer Chororgel in Clostern und andern Kirchen, wo man auf den Hochaltar zu sehen hat, ist auch mit einem kostbaren Blaßbalg mit Gewicht von Bley versehen; wird um den billigen Preis zu 100 Reichsthaler erlassen (AIZ 26 und 27/1780). Zu Stein vgl. Anm. 57, 67, 84, 148 und 159. Siehe Anm. 87. [...] Ein Hand-Bassetlein von Amman. [...] (AIZ 51/1746). Zu Aman vgl. Adolf Layer: Augsburger Musik im Barock. In: Augsburger Barock. Augsburg 1968. S. 453-468, S. 465; Ders.: Die Allgäuer Lauten- und Geigenmacher. Ein Kapitel schwäbischer Kulturleistung fur Europa (Veröffentlichungen der Schwäbischen Forschungsgemeinschaft bei der Kommission fur Bayerische Landesgeschichte, Reihe 1, Bd. 15). Augsburg 1978. S. 111 sowie weitere Nachweise bei F. Krautwurst, W. Zorn: Bibliographie (Anm. 5). Vgl. Es wird allhier ein von angenehmen und wohl ausgebenden Thon oder Klang, sowohl zum accompagniren als galanterie vollkommen tauglicher Flügel von 2. Registern, so von dem hiesigen Stadt-Organisten Leo verfertiget, und erst vor 3. Jahren vor 90. fl. erkauffet worden, anjetzo von dem Besitzer dessen, als welcher noch mehrere dergleichen hat, vor ein gutes wohlfeileres zu verkauffen anerbotten. (AIZ 5 [alt], 6 [alt] und 7 [alt]/1747). Zwei Ciavier-Instrumenter, davon eines auf Lautenart in das Gehör fält, und eine Arbeit von dem berühmten Meister Leo ist; Das andere hingegen lässet sich auf dreierlei Art verändern, und solle ein Frankfurter Meisterstuk seyn, welches wie eine Engellische Harpffen, wie eine Lauten, und als wie ein ordinari Ciavier gespielet werden kan. Beide sind fast noch ganz neu, und um billichen Preis zu bekommen. (AIZ 6/1750). Unterschiedliche musicalische Instrumente von dem berühmten und nunmehro verstorbenen Orgelmacher Meister Leo, darunter ein grosser Flügel befindlich, mit einem doppelten Ciavier von Helffenbein. Item rein rothgebaizter Flügel, mit Schildkrot ausgearbeitet; nebst noch 3. andern Flügel und Claviere, deren eines aus dem hintern F., wo die Claves durchaus von Ebenholz; Samt noch 2. Harpffenflügel. Und denn ein besonders schönes Schreibpuld mit 8. Schubladen, darunter ein verborgenes Ciavier mit Schildkrot, und noch andere dergleichen künstliche Sachen, welche alle in billichem Preis dermalen erlassen werden (AIZ 50/1750; 8, 17 und 42/1751). Zu Leo vgl. ASL (2. Aufl., Anm. 7) S. 608 sowie weitere Nachweise bei F. Krautwurst, W. Zorn: Bibliographie (Anm. 5). Eine Viol d'amour von dem berühmten Meister Wengert, die noch nicht gar alt, und um amicablen Preiß erlassen wird (AIZ 38/1746). [...] Ein Viole d'Amour, von Wengert, jedes Stuck um billichen Preiß zu verkauffen. Oder gegen eine extra Flute-Travers zu vertauschen (AIZ 51/1746). Ein Bassetel von Gregori Ferdinand Wenger (AIZ 21/1775). Ein Hand-Bassettel mit 5 Saiten von Wengern samt Futteral dazu (AIZ 49/1775). Zu Wenger vgl. A. Layer: Augsburger Musik im Barock (Anm. 81) S. 467f.; Ders.: Allgäuer Lauten- und Geigenmacher (Anm. 81) S. 198; ASL (2. Aufl., Anm. 7) S. 925 sowie weitere Nachweise bei F. Krautwurst, W. Zorn: Bibliographie (Anm. 5). Von Wenger sind u.a. bei den Städtischen

Zu Musik und Aspehen des Musikmarkts des 18. Jahrhunderts Hälfte des 18. Jahrhunderts

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J.A. Stein 84 und Franz Joseph Späth ( 1 7 1 4 - 1 7 8 6 ) 8 5 .

Leider ist es hierbei e b e n s o w e n i g w i e in fast allen anderen A n z e i g e n m ö g l i c h , eine klare A u s s a g e darüber z u m a c h e n , ob, und w e n n ja, w i e o f t und über w e l c h e n Zeitraum h i n w e g e i n z e l n e G e g e n s t ä n d e a n g e b o t e n wurden. B e i einzelnen, als identisch bestimmbaren Instrumenten sind j e d o c h H i n w e i s e a u f die Dauer der Insertion und damit a u f m ö g l i c h e A b s a t z s c h w i e r i g k e i t e n z u finden. B e i m A n z e i g e n m a r k t s p i e g e l n sich auch längerfristige m u s i k a l i s c h e E n t w i c k lungen wider. Während e t w a die Laute als Instrument für H a u s m u s i k ausgedient hatte und, d e s s e n aber ungeachtet, in Konzerten 8 6 eingesetzt s o w i e i m m e r n o c h angeboten wurde 8 7 , hatte sich z . B . die Querflöte 8 8 z u m Modeinstrument entwik-

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Kunstsammlungen Augsburg folgende Instrumente erhalten: Trumscheit Anf. 18. Jh. (Inv. Nr. 3020); Viola d'Amore 1718; Violine 1758 (Inv. Nr. 12151). Im Januar 2001 konnte ein im Stadtarchiv Augsburg befindliches Violoncello als ein 1753 von Wenger gefertigtes identifizert werden. Ein Ciavier von Hr. Stein Orgelmacher verfertigt um billigen Preis (AIZ 11/1774). Es ist ein noch ganz neues Steinisches Klavier mit wachstüchernen Ueberzug, um 25fl. baar zu verkaufen. Ein Liebhaber beliebe sich im dißeitigen Intelligenz und Zeitungscomtoir anzugeben (AIZ 51/1776). Ein noch brauchbares Ciavier, Steinischer Arbeit wird zu kaufen gesucht, der Verkäufer kann sich bey Ausgebern dieser wegen melden (AIZ 45 und 46/1781). Es ist ein Ciavier, von dem berühmten Hrn. Stein verfertigt, von Nußbaum Holz und dergleichen Gestell zu verkaufen, und Lit. D. Nro. 282 das mehrere zu erfragen (AIZ 43/1782). Bey mir, Joh. Rehm, evang. deutschen Lehrer Lit A. No. 527 im Baurentanzgäßchen, steht ein von unsern hiesigen berühmten Herrn Stein verfertiges sehr wohl conditionirtes Ciavier, um billigen Preis täglich zu verkaufen (AIZ 30/1785). Zu Stein vgl. Anm. 5-7, 67, 79, 148 und 159. Lit. D 282: Philippine-Welser-Str. 22; A 527: Bauerntanzgässchen 8. Ein großer und wohl conditionirter Spätischer Flügel mit vier Register, welcher mit Hämmerl oder Decken gespielt werden kann, und vollkommen fünf Octaven hat, nemlich vom ContraBaß F bis zum drey gestrichnen F gehet, ist zu verkaufen (AIZ 26/1788; vgl. 29/1788). Zu Franz Jakob Späth vgl. MGG (1. Aufl., Anm. 5) Bd. 12. Sp. 969f.; weitere Nachweise unter Franz „Joseph" Späth bei F. Krautwurst, W. Zorn: Bibliographie (Anm. 5). Nachdem auf Veranlassung einiger respective hochgeneigten Herren Liebhabere der Musique, der berühmte Virtuose Lauteniste Mr. Durant sich entschlossen künfftigen Sonnabend als den 19. Oct. Abends nach 5. Uhr, ein Musicalisches Concert in dem Saal bey der goldenen Weintrauben aufzuführen; wobey bemelder Mr. Durant sich auf einer Theorbirten Laute, wie nicht weniger dessen Ehe-Consortin auf einer Englischen Art der Harfe, durch alle Semitonia ohne Zug auf das vollkommenste und zu jedermännigliches sattsammes Vergnügen werden hören lassen. Werden solchem nach alle respective Herren und Frauen, Liebhabere der Musique ergebenst-gehorsamst invitiret werden. Die Entree ist 30. kr. und sind bereits schon viele Billets ausgegeben worden, welche bey gedachten Trauben-Wirth Herrn Mayr zu haben sind (AIZ 42/1748; Nachweis von Durant (Douran) in AIZ 36/1748); zu Durant vgl. Ernst Ludwig Gerber: Historisch-Biographisches Lexicon der Tonkünstler. Leipzig 1790 (Bd. 1). S. 365f.; kein Nachweis bei F. Krautwurst, W. Zorn: Bibliographie (Anm. 5). Paul Durant auch in den Nota von AIZ 36/1752. Zum Gasthof Goldene Traube vgl. Anm. 152 und 154. von Ebenholtz mit Helffenbein [...] von dem berühmten Meister Tiffenbrucker für 14ß. (AIZ 1 [alt] und 4 [alt] sowie 7 [neu], 8 [neu] und 10 [neu]/1747). Zu Mitgliedern der Geigenbauerfamilie Tiefenbrugger vgl. MGG (1. Aufl., Anm. 5) Bd. 13. Sp. 400-404; Adolf Layer: Tieffenbrugger. In: Lebensbilder aus dem Bayerisch Schwaben (Bd. 4). S. 184-203; Ders.: Die Allgäuer Lauten- und Geigenmacher (Anm. 81) bes. S. 191-195. Keine weiteren Hinweise bei F. Krautwurst, W. Zorn: Bibliographie (Anm. 5). Weitere Lauteninserate in AIZ 11,

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kelt, dessen Beliebtheit nicht nur durch Anzeigen, sondern auch durch ein eigenes Lehrbuch89, durch die angebotene Flut entsprechender Konzertliteratur90 und sogar durch Stellengesuche91 dokumentiert wird. Daß auch Neuentwicklungen bei Musikinstrumenten auf Interesse stießen, zeigen nicht nur Inserate, etwa 1747 für ein ,Hammerklavier'92 oder für Pantaleons93, sondern auch noch zwei Beiträge in der Gelehrten Sachetz94. Daß selbst ansonsten gewöhnliche Fundanzeigen geradezu Außergewöhnliches erbringen können, zeigen die am 18. Februar 1751 inserierten 3. Bögen geschrie-

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24, 39, 43 und 44/1748; 7/1749; 12 und 18/1750; 7, 21 und 50/1751; 22/ 1752; 3/1753 und 20/1775. Vgl. MGG (2. Aufl., Anm. 5) Sachteil Bd. 8. Sp. 1-50, bes. Sp. 5-11. Querflöteninserate in AIZ 1, 3-8, 11-13, 16, 18, 19, 21, 27-30, 32, 33, 35, 37, 40, 41, 44, 46-48, 51/1746; 5 [alt], 6 [alt], 9 [alt], 10 [alt], 11 [alt], 12 [alt] und 15 [alt] sowie 14 [neu]; 17 [neu], 19 [neu] und 21 [neu]/1747; 6, 8, 11, 25, 39, 43/1748; 16, 24/1751; 37/1754; 44, 46/1764; 41/1773/; 7 und 17/1780/; 75 [recte: 48]/1786. Zu ausdrücklich formulierten Querflötenkenntnissen bei Stellengesuchen vgl. Anm. 91. Johann Joachim Quantz (1698-1773): Versuch einer Anweisung die Flöte traversiere zu spielen. Berlin 1752 (Ndr. [Documenta musicologica, Erste Reihe: Druckschriften-Faksimiles, 2]. Kassel, Basel, London 1983). Zu Quantz vgl. MGG (1. Aufl., Anm. 5) Bd. 10. Sp. 1797-1806 und Anm. 213. Quantz war im 1724 in Augsburg; vgl. Willi Kahl: Selbstbiographien deutscher Musiker des XVIII. Jahrhunderts. Köln, Krefeld. S. 129; kein weiterer Nachweis bei F. Krautwurst, W. Zorn: Bibliographie (Anm. 5). Vgl. Anm. 72. Vgl. Es sucht ein schon wenig bey Jahren Handlungsverwandter, welcher gut Lesen, Rechnen und Schreiben versieht, Französisch und ein klein Italienisch spricht, und in der Musique Flute draversiere [sie], und ein wenig Baß spielt, wie auch in der Gärtnerey, Oeconomie, Feldgütern etwas Wissenschaft hat, und sollte sich im Negotio keine Condition oder Plaz finden, so ist derselbe resolvirt, auf einem Landhof [...] als Verwalter, oder Hausvogt, oder Inspector, welcher zur guten Verwaltung, und Berrechnung der Intratten angenommen zu werden verlanget. (AIΖ 35/1778). Vgl. Ein gantz neu-inventirtes Instrument [...] welches mit einem Ciavier- und regierenden Hammer tractiret wird, als dergleichen noch nirgends gesehen worden, wird zu verkauffen anerbotten (AIZ 6 [alt]/1747). Möglicherweise ist damit ein Pantaleon bezeichnet: Ein Pandeleon oder gantz neu-inventirtes Instrument, welches wie ein Ciavier durch besondere Hämmer tractirt wird (AIZ 11/1748). Zu dem nach seinem Erfinder Pantaleon Hebenstreit (1667-1750) Pantaleon (Panthalon) benannten Instrument und zu Hebenstreit selbst vgl. MGG (2. Aufl., Anm. 5) Sachteil Bd. 9. Sp. 2454, 2457f.; kein Nachweis bei F. Krautwurst, W. Zorn: Bibliographie (Anm. 5). Bey Meister Mentzel Küstler am mittlern-Lech, stehen zu verkauffen: Zwey Stück von der gantz besondern neuen Invention der sogenandten Pantalons mit viererley angenehmen Variationibus und deßwegen, ob schon dieselbige schon längstens verfertiget, und mit Fleiß nichts davon ist gemeldet worden, und eben darum, weil man dieselbige durch öfftere Visitation in Ruhe hat kommen lassen, und daher nicht wie die neuen, so vielfältiges verdrießlichen stimmens gebrauchen. Sollten nun respective Hohe, oder andere Liebhaber sich darzu finden, die da Lust hätten, selbige zu kauffen, so will es auf die Probe in meinem Hause ankommen lassen (AIZ 1, 2 und 4/1748). Zum Instrument vgl. Anm. 92. Weitere Angebote vgl. AIZ 11/1748, 42, 44, 49 und 51/1752; 4 und 7/1753; 24 und 25/1754; 15, 23, 25 und 35/1755 sowie 42/1762. Vgl. Anm. 5.

Zu Musik und Aspekten des Musikmarkts des 18. Jahrhunderts bene Musicalien95:

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S i e bieten den ersten N a c h w e i s i m 18. Jahrhundert in A u g s -

burg überhaupt 96 für eine R e z e p t i o n v o n Georg Friedrich Händel ( 1 6 8 5 - 1 7 5 9 ) 9 7 . D i e s e 3. Bögen folgenden

sind diejenigen, die den Bass zu einem

Titel führet.

Six Concertos,

for Basso,

compos

Concert d' by Mr.

ausmachen,

und

Handel.

Der Stellenmarkt spiegelt, da z u m g r o ß e m Teil mit K o n f e s s i o n s a n g a b e , deutlich die Bikonfessionalität der Reichsstadt wider. Z u g l e i c h ist in den A n z e i g e n die ständische G e s e l l s c h a f t und der in aller R e g e l sozial sehr niedrige Sozialstatus v o n Musikern 9 8 b z w . S t e l l e n s u c h e n d e n mit M u s i k k e n n t n i s s e n s o w i e die K o n f e s s i o n a l i s i e r u n g " greifbar. Letztere waren höchstens eine B e i g a b e zu anderen, g e fragteren Fertigkeiten 1 0 0 . E b e n s o waren auch die Stellenangebote gestaltet, die etw a bei der öfters gefragten K o m b i n a t i o n Schreiber' 0 1 und M u s i k e r oder B e d i e n 95

AIZ 7/1751. Zu Händel im 18. Jahrhundert kein Nachweis bei F. Krautwurst, W. Zorn: Bibliographie (Anm. 5). 97 Zu Georg Friedrich Händel (1685-1759) vgl. MGG (1. Aufl., Anm. 5) Bd. 5. Sp.1229-1286 sowie Anm. 42 und 96. Es handelt sich um die ,6 Concerti grossi' op. 3. 98 Vgl. allgemein: W. Salmen: Sozialstatus des Berufsmusikers (Anm. 69). 99 Vgl. Anm. 100 (AIZ 20/1747) und Anm. 102 (AIZ 49/1754). 100 Ein Studiosus von einem 28. Jährigen Alter, aus der in Ober-Sachsen gelegenen Fürstlichen Schwartzburgische Stadt, Arnstadt, gebürtig, Namens Johann Anthon Schäfer, welcher sich besonders auf die Humaniora geleget, mithin sowohl in der Lateinischen und Griechischen, als auch in der Frantzösischen und Italiänischen Sprache, wie auch in der Historie und Geographie, Mathematic und Music nach Contento Lection zugeben im Stande ist, nicht weniger eine gute Sächsische Hand im Schreiben sich angewöhnet hat, suchet in dieser, des Heil. Rom. Reichs Freyen Stadt, Augspurg, Condition zu bekommen. Wer also ein dergleichen Subjectum für seine junge Herrschafften und Kinder verlanget, derselbe kann sich in dem Avisund Zeitungscomtoir melden. (AIZ 20/1746). Der Studiosus, Johann Anton Schäfer, welcher jüngsthin durch diesen Intelligentz-Zettel seine bona officio puncto Lnformationis in Humanioribus, Mathematicis & Musicis, offerirt hat, ist nunmehro Willens, da zur Zeit keine Condition sich für ihn gefunden, immittelst aber in der Zeit eintzelne Stunden von ihm desiderirt worden, auf weiteres Verlangen besonders in Mathematicis Stundenweiß Lection zu geben, und zwar sowohl in Mathesi pura als applicata. (AIZ 20/1746). Der Studiosus, [...] welcher jüngsthin seine bona officia puncto lnformationis in Humanioribus, Mathematicis & Musicis, offerirt hat, ist nunmehro Willens, da zur Zeit keine Condition sich für ihn gefunden, immittelst aber in der Zeit eintzelne Stunden von ihm desiderirt worden, [...] Stundenweiß Lection zu geben. (AIZ 23/1746). Ein ansehnlicher 24. jähriger junger Herr aus einer entfernten Stadt, Catholischer Religion, welcher, nebst der Teutschen, Lateinischen, Italiänischen, Spanischen, Französischen, Engellisch- und Holländischen Sprache kundig ist, auch in der Music, es seye auf was Instrument es wolle, in der Rechen-Kunst und im Tantzen, eine ungemeine Erfahrung und Wissenschaft, darneben aber eine untadelhafte Conduite hat, mit Adeligen und andern Standes-Personen umzugehen, sucht als Gouverneur zu hohen Herrschaften oder in ein- oder anderes vornehmes Hauß allhier zu gelangen. Er verspricht, seiner Aufführung und Treue halber, sufficiente Caution zu leisten; Hingegen aber auch für seine Capacitcet und Fleisses nach Verdiensten salarirt zu werden. Man hat sich dißfalls an das disseitige Avisund Zeitungs-Comtoir zu adreßiren. (AIZ 20 [alt]/l 747). 10 ' AIZ 24/1749. Vgl. Ein gewisser Herr verlanget zu seiner Bedienung und Schreibstuben, einen jungen Menschen von 17- bis 20. Jahren, welcher wenigstens in der lateinischen Schule die Grammatic absolviret, und nicht nur allein einen guten Ansaz zur künftigen Canzleischrift, sondern auch solche Fundamenta in der Music hat, daß er zu der Violin und Bass96

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ter102 und Musiker die geringere soziale Stellung des Musikers wiedergeben 103 . Neben dem Musiker finden sich auch, zumeist von Musikern ausgeübt, Musiklehrer104 oder auch etwa eine Sängerin 105 mit Unterrichtsangeboten. Zuletzt ist auf die bereits angesprochenen Nota der ankommenden und durchgehenden Passagiers einzugehen. Ihre Veröffentlichung war aus Verlegersicht ausdrücklich für den Zweck persönlicher und geschäftlicher Kontaktaufnahme gedacht' 06 . Sie berücksichtigten nicht nur die Übernachtungen in Beherbergungsbetrieben, sondern auch in Privatquartieren, sind aber, wie wir heute durch nachprüfbare Einzelfälle 107 wissen, keineswegs als vollständig anzusehen. Zum Progeigen gebraucht werden kann: Worüber, und wie sehr vortheilhaftig ein solcher Mensch gehalten werden solle, das nähere in dem Avis- und Zeitungs-Comtoir zu erfahren ist. (AIZ 8/1753). 102 Ein junger Mensch in Regensburg, Evangelischer Religion, welcher der Schreiberei schon bei 6. Jahren obgelegen, auch einen Lateinischen und Französischen Terminum, dann von der Musik etwas versteht, allenfalls auch von seinen Freunden verbürget werden kann, wünschet wiederum in einer Schreibstuben employret zu werden; ist auch erbietig Livree zu tragen, und Laquaienstelle zu vertretten (AIZ 49/1754). Es suchet ein allhier angekommener Gärtner in einem Dienste unterzukommen; er ist ein guter Musikus, besonders ein Vokalist, wie auch in Trompeten- und Horn-Blasen, und im Violin- und Violon-Geigen ziemlich gut erfahren. Das Mehrere ist im diesseitigen Intelligenz- und Zeitungs-Comtoir zu erfragen. (AIZ 50/1786). 103 In einem Gräfl. Haus wird ein Scribent verlangt, der zugleich in der Music versirt ist (AIZ 24/1749). Vgl. Ein gewisser Herr verlanget zu seiner Bedienung und Schreibstuben, einen jungen Menschen von 17- bis 20. Jahren, welcher wenigstens in der lateinischen Schule die Grammatic absolviret, und nicht nur allein einen guten Ansaz zur künftigen Canzleischrift, sondern auch solche Fundamenta in der Music hat, daß er zu der Violin und Bassgeigen gebraucht werden kann: Worüber, und wie sehr vortheilhaftig ein solcher Mensch gehalten werden solle, das nähere in dem Avis- und Zeitungs-Comtoir zu erfahren ist. (AIZ 8/1753). 104 Eine in der Latinität und in dem Ciavier geübte Mannsperson offerirt sich, in ein- oder dem andern sowohl Kindern als Erwachsenen, Monat-weise im billigen Preis Instruction zu geben. (AIZ 15/1754). Vgl. Anm. 112. 105 Da seit einiger Zeit verschiedene junge Frauenzimmer Lust bezeigt haben Information im Singen zu nehmen, so hat zum Vergnügen solcher, als auch zum Besten der Musik, Frau Jungert allhier sich entschlossen, künftig wöchentlich zumal an dazu festgesezten Tagen, Unterricht (sowohl im Teutschen als Italiänischen Singen, und zwar mehreren zusammen) in ihrem eigenen Hause zu geben, wo sich selbige alle Mühe geben wird, gründlichen Unterricht zu ertheilen, und wird nächstkommenden Sten Julius der Anfang damit gemacht werden; wem demnach gefällig daran Theil zu nehmen, der beliebe sich des mehrern bey ihr in der Schmidtgassen wohnhaft, nächst der großen Schmidte, zu erkundigen. (AIZ 24/1779; Susanna Jakobina Jungert, geb. Be[t]z). Die Sängerin inserierte am 4.11.1777 (AIZ 44/1777) für ein Konzert im Concertsaal auf dem Mezgerhaus mit Antonio Maria Gaspare Sacchinis (1730-1786) Opera buffa 'Isola d'Amore' - ein Stück, das bereits vor etlichen Wochen in dem Concert der Herren Geschlechter zweymal mit großem Beyfall ist aufgeführt worden [...] (AIZ 44/1777). Zum Zunfthaus der Metzger (Metzgplatz 1) vgl. ASL (2. Aufl., Anm. 7) S. 653; zur Geschlechterstube (Maximilianstraße 2) vgl. ASL (2. Aufl., Anm. 7) S. 492f. 106 Es komme mancher Fremde zu unserm Thor herein, / Der Dir kan angenehm und profitable seyn. (AIZ Vorwort 1751). 107 So war z.B. L. Mozart in der zweiten Septemberhälfte 1755 in Augsburg und übernachtete bei dem Verleger J. J. Lotter in dessen Haus Oberer Graben 53; vgl. Briefe L. Mozart an J. J.

Zu Musik und Aspekten des Musikmarkts des 18.

Jahrhunderts

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blem der Vollständigkeit, zu dem der Richtigkeit - Mozart etwa erscheint als Muzard, Beethoven als Beethaden und Haydn als Haide - und zu der Erschwernis durch eine orthographisch ungleichartige Erfassung von Personalangaben kommen noch Aufwand und Schwierigkeiten bei der Identifizierung hinzu. Daß diese Nota für alle Untersuchungsbereiche, also keineswegs nur für Musik, von Interesse sind, bedarf keiner weiteren Ausführung. Im letztgenannten Bereich - gegenwärtig auch auf europäischer Ebene als Migrationforschung behandelt - stellen sie eine in manchen Fällen ebenfalls bislang singulare Quelle dar, wie etwa fur nicht genau datierbare oder bisher unbekannte Reisen, wie z.B. die des venezianischen Opernkomponisten und Kapellmeisters Giuseppe Francesco Bianchi (1752—1810)108 von Venedig nach London oder die der mit der Familie Mozart befreundeten Salzburger Hofkapellmitglieder Joseph (Dominikus) Nikolaus Meißner (1725[?]-1795)109 und Joseph Leutgeb (1732-1811)"°. Die Nota sind also einerseits Hinweis auf die geographische Mobilität von Musikern - einschließlich der damit verbundenen Informations- und Kommunikationsmöglichkeiten - und damit zugleich auf die „Internationalisierung", möglicherweise auch Standardisierung von Musik, andererseits Nachweis von individuell biographischen Details (Reisen) sowie auch von allgemeinen Wanderungswellen, wie das folgende Beispiel zeigt. Das auch an der fürstbischöflich Augsburger Hofkapelle nachweisbare Vordringen böhmischer Musiker 1 " kurz vor der Jahrhundertmitte läßt sich sowohl

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Lotter vom 11.9.1755 und 4.10.1755. In: W. A. Bauer, Ο. E. Deutsch: Briefe (Anm. 25). Nr. 9 und 10. Ein Eintrag bei den Nota ließ sich nicht nachweisen. Ebenfalls L. Mozart machte mit seinen beiden Kindern Wolfgang und Maria Anna Walburga („Nannerl", 1751-1829) einen Abstecher von München aus nach Augsburg, wo sie nach einer Mitteilung des Klosterkämmerers David Bartholomäus Strobl im Kloster Hl. Kreuz gastlich aufgenommen und vom 7. bis 10. März 1781 beherbergt wurden; vgl. dazu Richard Schaal: Neues zur MozartBiographie. Ein unbekannter Aufenthalt Mozarts in Augsburg 1781, in Acta Mozartiana 1 (1954). S. 7-9. Auch zu diesem Aufenthalt ließ sich ein Eintrag bei den Nota nicht nachweisen. Zu L. Mozart vgl. Anm. 8, 9, 25, 42, 129, 140, 148 und 152; zu Lotter vgl. Anm. 16, 52, 54, 154 und 165. Zu anderen, zwar z.B. durch Konzertanzeigen, nicht aber in den Nota nachweisbaren reisenden Musikern vgl. Anm. 67 und 154. A1Z 50/1794. Zu Bianchi vgl. MGG (2. Aufl., Anm. 5) Personenteil Bd. 2. Sp. 1562-1566 und Anm. 149; kein Nachweis bei F. Krautwurst, W. Zorn: Bibliographie (Anm. 5). AIZ 33/1766; zu Meißner vgl. E. Hintermaier: Salzburger Hofkapelle (Anm. 19) S. 3, 49, 188, 220, 263-273, 274, 277f., 292, 414, 417 und 461. Hintermaier berichtet über eine Reise Mitte 1766 (S. 266), bei der Meißner u.a. am 20.10.1766 mit der Familie Mozart in Donaueschingen zusammentraf. Vgl. Anm. 151; weitere Nachweise bei F. Krautwurst, W. Zorn: Bibliographie (Anm. 5). AIZ 33/1766; vgl. AIZ 5/1769. Zu Leutgeb vgl. MGG (1. Aufl., Anm. 5) Bd. 6. Sp. 748; E. Hintermaier: Salzburger Hofkapelle (Anm. 19) S. 207, 219-222 und 267; kein Nachweis bei F. Krautwurst, W. Zorn: Bibliographie (Anm. 5). Diese Reise Leutgebs ist bei Hintermaier eben wenig nachgewiesen wie eine weitere (AIZ 5/1769). Vgl. Anm. 151; kein Nachweis bei F. Krautwurst, W. Zorn: Bibliographie (Anm. 5). Unter den Kapellmitgliedern war bei der Dommusik an den Festtagen 1696 mit Augustin Synezi vermutlich der erste böhmische Musiker. Um 1745 löste u.a. der spätere Mainzer Hofka-

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durch die Auswertung der Nota als auch durch die der Stellengesuche112 bestätigen. Nachdem im April 1749 vier Musiker aus dem böhmischen Gottesgab in Augsburg angelangt waren113, trafen nur wenige Monate später aus dem gleichen Ort zwei sechsköpfige Musikergruppen ein.114 Ebenfalls aus Gottesgab kamen zwei Jahre später fünf weitere Musiker an.115 Die Richtigkeit der Ortsangaben vorausgesetzt, waren binnen zwei Jahren 16 Musiker aus einem einzigen böhmischen Ort ausgewandert. Die Anzahl der Personen kann bei Musikergruppen und gerade bei Schauspieler- und Operistentruppen" 6 verhältnismäßig hoch sein: sie werden, falls bei den Nota nur die Zahl genannt wird, im folgenden als eine Nennung registriert. Im Zeitraum von 1747 bis 1799 sind es insgesamt über 760 zumeist namentlich und mit Berufsangabe genannte Sänger und Sängerinnen, Musiker, Virtuosen, Konzert- und Kapellmeister117, Musik-, Kapell-, Opern- und Theaterdirektoren 1 ' 8 ,

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pellmeister Johann Michael Schmid (vor 1720 - 1792) Franz Maria Joseph Anton Maichelbeck (1702-1750) als Hofkapellmeister ab, 1747 trat der als Komponist geschätzte spätere Hofkonzertmeister Johann Georg Lang (1722/24-1798) seinen Dienst an, spätestens ab 1750 waren der 1764 nach Würzburg wechselnde Trompeter Josef Anton Baur (* 1725) und 1750 Anton Scheibner tätig. Weitere Nachweise zu den Genannten bei F. Krautwurst, W. Zorn: Bibliographie (Anm. 5) Ein Virtuos im Clavicembalo von Prag suchet Lection auf diesem Instrument zu geben; Und ist auf der Pfaltz zu erfragen (AIZ 50/1748; 2/1749). Anführer Antoni Süs am 24.4.1749 in: AIZ 18/1749. Der Vater Johann Paul Sus [Süs?] mit fünf Söhnen, zum anderen eine Gruppe unter der Leitung eines Antoni von Cud, alle am 2.10.1749 in: AIZ 7/1749. Der Musiker Franz Schmidt mit vier weiteren Musikern (AIZ 40/1751). Der Virtuose Bon in Begleitung von 7 Personen in: AIZ 22/1754. Die Kammeroperistin Albuy in Begleitung von 16 Personen in: AIZ 2/1759. Der Operist Bussani auf dem Weg von Bologna nach London in Begleitung von 12 Personen in: AIZ 36/1782; zu Francesco Bussani (1743 - nach 1807) vgl. MGG (2. Aufl., Anm. 5) Personenteil Bd. 3. Sp. 1401 f.; kein Nachweis bei F. Krautwurst, W. Zorn: Bibliographie (Anm. 5). Der Operist Lukest mit 11 Personen in: AIZ 4/1772. Der Musiker Franz Antoni Vogt in Begleitung von 8 Personen in: AIZ 5/1752. Die regelmäßig in Augsburg auftretenden Theatertruppen lassen sich i.d.R. in den Nota des AIZ nicht nachweisen. Kapellmeister: U.a. Gennaro Astaritta (Astarita, 1749-1803) in: AIZ 35/1794; vgl. MGG (2. Aufl., Anm. 5) Personenteil Bd. 1. Sp. 1091-1093 und Anm. 144 und 149; kein Nachweis bei F. Krautwurst, W. Zorn: Bibliographie (Anm. 5). Anton Adam Bachschmid (1728-1797) in: AIZ 28/1753, 39/1779 (.Bachmeister) und 37/1782; vgl. MGG (2. Aufl., Anm. 5) Personenteil Bd. 1. Sp. 1572-1576 sowie Anm. 135, 149 und 152; kein Nachweis bei F. Krautwurst,W. Zorn: Bibliographie (Anm. 5). Franz Beck (1723-1809) in: AIZ 41/1785; vgl. MGG (2. Aufl., Anm. 5) Personenteil Bd. 2. Sp. 606-609 und Anm. 136 und 152; kein Nachweis bei F: Krautwurst, W. Zorn: Bibliographie (Anm. 5). Andrea Bernasconi (1706-1784) in: AIZ 36/1762; vgl. MGG (2. Aufl., Anm. 5) Personenteil Bd. 2. Sp. 1386-1388 sowie Anm. 137 und 150; kein Nachweis bei F. Krautwurst, W. Zorn: Bibliographie (Anm. 5). Antonio Boroni (1738-1792) in: AIZ 19/1770; zum Jommelli-Nachfolger Boroni vgl. MGG (2. Aufl., siehe Anm. 5) Personenteil Bd. 3. Sp. 440f. sowie Anm. 141 und 152; kein Nachweis bei F. Krautwurst, W. Zorn: Bibliographie (Anm. 5). Muzio Clementi (1752-1832) in: AIZ 37/1789; vgl. MGG (2. Aufl., Anm. 5) Personenteil Bd. 4. Sp. 1242-1251 sowie Anm. 119, 125, 142 und 150; kein Nachweis bei F. Krautwurst, W. Zorn: Bibliographie (Anm. 5). Do-

Zu Musik und Aspekten des Musikmarkts des 18. Jahrhunderts

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menik Fischietti in: AIZ 28/1758, vgl. Felix Joseph Lipowsky: Baierisches Musiklexikon. München 1811. S. 82 und Anm. 152; kein Nachweis bei F. Krautwurst, W. Zorn: Bibliographie (Anm. 5). Francesco de Paula Grua (1754-1833) in: AIZ 8/1780; vgl. MGG (1. Aufl., Anm. 5) Bd. 5. Sp. 975f. sowie Anm. 136 und 148; kein Nachweis bei F. Krautwurst, W. Zorn: Bibliographie (Anm. 5). J. A. Hasse AIZ 46/1754 vgl. Anm. 74, 118, 127, 134 und 152. F.J. Haydn in: AIZ 52/1790 vgl. Anm. 67, 126, 148 und 228. P. Johann Michael Hochwanger (1705-1781) in AIZ 24/1769; vgl. Anm. 151; weitere Nachweise bei F. Krautwurst, W. Zorn: Bibliographie (Anm. 5). Ignaz Jakob Holzbauer (171 1-1783) in: AIZ 48/1758; vgl. MGG (1. Aufl., Anm. 5) Bd. 6. Sp. 659-663 sowie Anm. 136 und 149; kein Nachweis bei F. Krautwurst, W. Zorn: Bibliographie (Anm. 5). Johann Friedrich Klöffler (1725-1790) in AIZ 50/1786; vgl. MGG (1. Aufl., Anm. 5) Bd. 7. Sp. 1234-1237; kein Nachweis bei F. Krautwurst, W. Zorn: Bibliographie (Anm. 5). Hieronymus Mango in: AIZ 50/1762 und 32/1771 vgl. MGG (1. Aufl., Anm. 5) Bd. 1. Sp. 1445 u.ö. sowie Anm. 135 und 150f.; kein Nachweis bei F. Krautwurst, W. Zorn: Bibliographie (Anm. 5). Johann Portner (Giovanni Porta) in: AIZ 17/1749; vgl. F. J. Lipowsky: Musiklexikon (Anm. 117). S. 251f. und Anm. 137 und 150; kein Nachweis bei F. Krautwurst, W. Zorn: Bibliographie (Anm. 5). Vincenzo Rastrelli (1760-1839) in: AIZ 32/1791; vgl. MGG (1. Aufl., Anm. 5) Bd. 11. Sp. 11-13 und Anm. 148; kein Nachweis bei F. Krautwurst, W. Zorn: Bibliographie (Anm. 5). J.F. Reichardt in: AIZ 48/1789 und 13/1790 vgl. Anm. 56, 133 und 148. Georg von Reutter ( t 1772) in: AIZ 8/1764; vgl. MGG (1. Aufl., Anm. 5) Bd. 2. Sp. 336-342 sowie Anm. 142 und 148; kein Nachweis bei F. Krautwurst, W. Zorn: Bibliographie (Anm. 5). Franz Xaver Richter (17091789) in: AIZ 19/1786; vgl. MGG (1. Aufl., Anm. 5) Bd. 11. Sp. 451-460 und Anm. 139 und 152; kein Nachweis bei F. Krautwurst, W. Zorn: Bibliographie (Anm. 5). Johannes (Giovanni) Michael Ignatius Ritschel (1711-1783) in: AIZ 51/1762; vgl. MGG (1. Aufl., Anm. 5) Bd. 11. Sp. 562-564 sowie Anm. 136 und 152; kein Nachweis bei F. Krautwurst, W. Zorn: Bibliographie (Anm. 5). Franz Anton Rosier (Francesco Antonio Rosetti, 1750-1792) in: AIZ 17 und 38/1788 sowie Nr. 28/1789; vgl. MGG (1. Aufl., Anm. 5) Bd. 11. Sp. 619-624 und Anm. 138, 149 und 225 sowie weitere Nachweise bei F. Krautwurst, W. Zorn: Bibliographie (Anm. 5). Antonio Salieri (1750-1825) in: AIZ 52/1783 und 30/1786 vgl. MGG (1. Aufl., Anm. 5) Bd. 11. Sp. 1295-1302 sowie Anm. 132, 142, 149 und 150; kein Nachweis bei F. Krautwurst, W. Zorn: Bibliographie (Anm. 5). Giuseppe Sarti (1729-1802) in: AIZ 27/1768; vgl. MGG (1. Aufl., Anm. 5) Bd. 11. Sp. 1412-1416 und Anm. 143 und 152; kein Nachweis bei F. Krautwurst, W. Zorn: Bibliographie (Anm. 5). Paolo Scalabrini (1713-1803) in: AIZ 10/1768 und AIZ 42/1781; vgl. MGG (1. Aufl., Anm. 5) Bd. 12. Sp. 329-334 sowie Anm. 143, 149 und 152; kein Nachweis bei F. Krautwurst, W. Zorn: Bibliographie (Anm. 5). Johann Philipp Schoenfeld (1741-1790) in: AIZ 17/1783; vgl. MGG (1. Aufl., Anm. 5) Bd. 12. Sp. 30f. sowie Anm. 149; kein Nachweis bei F. Krautwurst, W. Zorn: Bibliographie (Anm. 5). Joseph Schuster (1748-1812) in: AIZ 45/1778; vgl. MGG (1. Aufl., Anm. 5) Bd. 12. Sp. 329-334 sowie Anm. 134 und 149; ein weiterer Nachweis bei F. Krautwurst, W. Zorn: Bibliographie (Anm. 5). Georg Josef Vogler (L'abbe, 1749-1814) in: AIZ 6/1785 und 40/1790; vgl. MGG (1. Aufl., Anm. 5) Bd. 13. Sp. 1894-1905 und Anm. 136, 151, 152 und 209; sowie weitere Nachweise bei F. Krautwurst, W. Zorn: Bibliographie (Anm. 5). 118

Als Operndirektor·. Ludovico Ronzio (Stuttgart) in: AIZ 43/1758. Jan Stefani (1746-1829) in: AIZ 29/1782; vgl. MGG (1. Aufl., Anm. 5) Bd. 12. Sp. 1204 sowie Anm. 142 und 149; kein Nachweis bei F. Krautwurst, W. Zorn: Bibliographie (Anm. 5). Freidengschey in: AIZ 6/1790. Thomas A. Rawlings (Rawlins) d.J. in: AIZ 32/1788. - Als Musikdirektor: Der spätere Augsburger Domkapellmeister Franz (Gregor) Bühler (Bihler, 1760-1823) in: AIZ 17 und 19/1798; vgl. MGG (2. Aufl., Anm. 5) Personenteil Bd. 3. Sp. 1220-1224; ASL (2. Aufl., Anm. 7) S. 318 und Anm. 149, sowie weitere Nachweise bei F. Krautwurst, W. Zom: Bibliographie (Anm. 5). Carl August Cannabich (Konrad, 1771-1806) in: AIZ 29/1798; vgl. MGG (2. Aufl., Anm. 5) Personenteil Bd. 4. Sp. 94-96 und Anm. 149; kein Nachweis bei F. Kraut-

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Komponisten - allein die ausdrückliche Berufsangabe 119 ist hierbei schon aufschlußreich Orgelmacher120 und Organisten, Musikverleger121 etc. Zu ihnen lassen sich regelmäßig Informationen zu Name, Abfahrtsort, Ankunftsdatum und Unterkunft sowie des öfteren zu Begleitpersonen, Wohn-, Berufs- oder Zielort und Verkehrsmittel finden. Die Reiserouten führten durch fast ganz Europa; die Österreichischen Erblande sind ebenso vertreten wie Dänemark, England, Frankreich, Holland, Italien, Polen, Rußland122, Schweden, Schweiz und Spanien.

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wurst, W: Zorn: Bibliographie (Anm. 5). Hartmann in: AIZ 12/1790. Hueber in: AIZ 18/1787. Jommelli in: AIZ 19/1754 und 52/1757 vgl. Anm. 19, 25, 141 und 152. Johann Joseph Lacher (1739-1798) in: AIZ 42/1789; zu Lacher vgl. F. J. Lipowsky: Musiklexikon (Anm. 117). S. 163 und weitere Nachweise bei F. Krautwurst, W. Zorn: Bibliographie (Anm. 5). Peter Moretti in: AIZ 19/1757. Roherer in: AIZ 30/1764. Samuel David Willmann in: AIZ 31/1793; vgl. E. L. Gerber: Lexicon (Anm. 86) Bd. 2. Sp. 816 sowie Anm. 149, kein Nachweis bei F. Krautwurst, W. Zorn: Bibliographie (Anm. 5). - Als Kapelldirektor. J.A. Hasse in: AIZ 2/1757; vgl. Anm. 74, 117, 127, 134 und 152. - Als Theaterdirektor. Lambrecht in: AIZ 37/1794. Komponist bei Consachi in: AIZ 23/1755 und bei Hänßler in: AIZ 26/1799. Opernkomponist bei Antonio Maria Mazzoni (1717-1885) in: AIZ 33/1755; zu Mazzoni vgl. MGG (1. Aufl., Anm. 5) Bd. 8. Sp. 1867f.; kein Nachweis bei F. Krautwurst, W. Zorn: Bibliographie (Anm. 5). Tonkünstler, bei Clementi in: AIZ 37/1789; vgl. Anm. 117, 125, 142 und 150. Bei Reintel in: AIZ 41/1790. Musikkompositeur bei Joseph Schlettm: AIZ 18 und 20/1790; vgl. F. J. Lipowsky: Musiklexikon (Anm. 117). S. 309-311 sowie Anm. 148, kein Nachweis bei F. Krautwurst, W. Zorn: Bibliographie (Anm. 5). Kompositionmacher bei Franz Lipon in: AIZ 27/1767; kein Nachweis bei F. Krautwurst, W. Zorn: Bibliographie (Anm. 5). Johann Georg Gladki in: AIZ 17/1758. Andreas Jäger (1704-1773) in: AIZ 48/1769. Joseph Rabini (1732-1813) in: AIZ 4/1770; vgl. Anm. 152. Johann Michael Ruf (Rueff, 1737-1801) in: AIZ 18/1783; vgl. Anm. 150. Georg Friedrich (1700-1773) und Johann Matthäus (17341793) Schmahl in: AIZ 11/1754. Zu Jäger, Rabini und Schmahl vgl. Hermann Fischer, Theodor Wohnhaas: Lexikon süddeutscher Orgelbauer, Wilhelmshaven 1994, S. 180f. (Jäger). 306f. (Rabini), 318 (Ruf) und 359f. (Schmahl). Zu Jäger und Rabini kein Nachweis bei F. Krautwurst, W. Zorn: Bibliographie (Anm. 5), zu Ruf und Schmahl weitere Nachweise. Johann Michael Götz (1735-1810) in: AIZ 33 und 51/1790, 2, 10, 24 und 37/1792; zu Götz vgl. MGG (1. Aufl., Anm. 5) Bd. 5. Sp. 473f. und Anm. 149, sowie weitere Nachweise bei F. Krautwurst, W. Zorn: Bibliographie (Anm. 5). Falter in: AIZ 27 und 29/1794; zu Falter & Sohn vgl. MGG (1. Aufl., Anm. 5) Bd. 3. Sp. 1085 und Anm. 152; kein Nachweis bei F. Krautwurst, W. Zorn: Bibliographie (Anm. 5). Heinz in: AIZ 14/1797. St. Petersburg: Barnabas Mulini in: AIZ 15/1754. Schilles in: AIZ 21/1787. Totti in: AIZ 37/1790. Domenico Maria Gasparo Angiolini (1731-1803) in: AIZ 22/1798; zu Angiolini vgl. MGG (2. Aufl., Anm. 5) Personenteil Bd. 1. Sp. 719-724, kein Nachweis bei F. Krautwurst, W. Zorn: Bibliographie (Anm. 5). Der Kapellmeister Anton Dorelli in: AIZ 33/1766; fraglich ist, ob es sich dabei um den Sänger Anton Dorelli handelt; vgl. dazu F. J. Lipowsky: Musiklexikon (Anm. 117). S. 70; kein Nachweis bei F. Krautwurst, W. Zorn: Bibliographie (Anm. 5). Friedrich Ludwig Dulon (Dülon, 1769-1826) in: AIZ 6/1798; zu Dülon vgl. MGG (1. Aufl., Anm. 5) Bd. 3. Sp. 923f. und Anm. 149; kein Nachweis bei F. Krautwurst, W. Zorn: Bibliographie (Anm. 5).

Zu Musik und Aspekten des Musikmarkts des 18. Jahrhunderts

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Zu den a n g e s e h e n s t e n N a m e n g e h ö r e n e t w a Karl Friedrich A b e l

(1723-

1787) 1 2 3 - mit J. Chr. B a c h Organisator der L o n d o n e r „Professional concerts" L u d w i g v a n B e e t h o v e n ( 1 7 7 0 - 1 8 2 7 ) 1 2 4 , M u z i o Clementi ( 1 7 5 2 - 1 8 3 2 ) 1 2 5 , Franz Joseph H a y d n ( 1 7 3 2 - 1 8 0 9 ) 1 2 6 , Johann A d o l f Hasse 1 2 7 , A n n a Maria Walburga (geb. Pertl, 1720-1778) 1 2 8 Mozart, ihr M a n n Leopold 1 2 9 und S o h n W o l f g a n g A m a d e ( 1 7 5 6 - 1 7 9 1 ) ' 3 0 , Jean G e o r g e s N o v e r r e ( 1 7 2 7 - 1 8 1 0 ) 1 3 1 und A n t o n i o Salieri ( 1 7 5 0 1825) 1 3 2 . D i e verzeichneten Kapellmeister dienten an kleineren und größeren H ö f e n im deutschen Sprachraum e t w a in Berlin 1 3 3 , Dresden 1 3 4 , Eichstätt 135 , München

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, Oeningen-Wallerstein

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, Regensburg

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, Salzburg

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Mannheim 1 3 6 ,

, Stuttgart 14 ' und

AIZ 19 und 26/1753; zu Karl Friedrich Abel vgl. MGG (2. Aufl., Anm. 5) Personenteil Bd. 1. Sp. 32-35 sowie Anm. 148 und 152; kein Nachweis bei F. Krautwurst, W. Zom: Bibliographie (Anm. 5). 124 AIZ 18/1787; zu Beethoven vgl. MGG (1. Aufl., Anm. 5) Personenteil Bd. 2. Sp. 667-944 und Anm. 149 und 234, sowie weitere Nachweise bei F. Krautwurst, W. Zorn: Bibliographie (Anm. 5). 125 AIZ 29/1782 und AIZ 37/1789; zu Clementi vgl. Anm. 117, 119, 142 und 150. 126 Haide AIZ 52/1790; zu Haydn vgl. Anm. 67, 117, 148 und 228. 127 AIZ 46/1754 und 2/1757; zu Hasse vgl. Anm. 74, 117, 118, 134 und 152. 128 AIZ 43/1777: Madam Mozart, nebst Herrn Sohn, kommen mit der Post von Salzburg [...]. Zu W.A. Mozart vgl. Anm. 8, 9, 25, 130, 149, 159, 211 und 223. 129 Zu L. Mozart vgl. Anm. 8, 9, 25, 42, 107, 140, 148 und 152. 130 AIZ 44/1790 (Hr. v. Mozart); zu W.A. Mozart und weiteren Aufenthalten 1763, 1766 und 1781 vgl. Anm. 8, 9, 25, 128, 149, 159,211 und 223. 131 AIZ 25/1767; zu Noverre vgl. MGG (1. Aufl., Anm. 5) Bd. 9. Sp. 1734-1739 und Anm. 148. 132 AIZ 52/1783 und 30/1786; zu Salieri vgl. Anm. 117, 142, 149 und 150. 133 J.F. Reichardt in: AIZ 48/1789 und 13/1790; zu Reichardt vgl. Anm. 56, 117 und 148; kein Nachweis bei F. Krautwurst, W. Zorn: Bibliographie (Anm. 5). Feiice Alessandri (17471798) in: AIZ 33/1789; zu Alessandri vgl. MGG (2. Aufl., Anm. 5) Personenteil Bd. 1. Sp. 441 f. und Anm. 149; kein Nachweis bei F. Krautwurst, W. Zorn: Bibliographie (Anm. 5). 134 Hasse in: AIZ 46/1754 und AIZ 2/1757, vgl. Anm. 74, 117, 118, 127 und 152 und J. Schuster in: AIZ 45/1778 vgl. Anm. 117 und 149. 135 Bachschmid in: AIZ 39/1779, 37/1782 und 35/1794; vgl. Anm. 117, 149 und 152. Mango in: AIZ 50/1762 und AIZ 32/1771; vgl. Anm. 117 und 150f. 136 I.J. Holzbauer in: AIZ 48/1758; vgl. Anm. 117 und 149. Die weiteren Daten (AIZ 35/1778: Musiker mit Zuordnung zu Mannheim sowie 47/1788 und 47/1792: Kammermusiker mit Zuordnung zu München) beziehen sich auf andere Mitglieder der Musikerfamilie. Grua in: AIZ 8/1780; vgl. Anm. 117 und 148. Ritschel in: AIZ 51/1762; vgl. Anm. 117 und 152. Beck in: AIZ 41/1785; vgl. Anm. 117 und 152. Vogler in: AIZ 6/1785 und 40/1790; vgl. Anm. 117, 151, 152 und 209; Voglers sämtliche Kompositionen vertrieb Stage und inserierte in Kommission: AIZ 38/1785; zu Stage vgl. Anm. 58 und 210 sowie Inserat Anhang 4: Musikalieninserate von Konrad Heinrich Stage. 137 A. Bernasconi in: AIZ 36/1762; vgl. Anm. 117 und 150. Portner in: ALZ 17/1749; vgl. Anm. 117 und 150. 138 Notger Ignaz Franz von Beecke (1733-1803) in: AIZ 27/1789, zu Beecke vgl. MGG (2. Aufl., Anm. 5) Personenteil Bd. 2. Sp. 654-659, Anm. 148 und 222, sowie weitere Nachweise bei F. Krautwurst, W. Zorn: Bibliographie (Anm. 5). Rosier (Rosetti) in: AIZ 17 und 38/1788 sowie Nr. 28/1789 vgl. Anm. 117, 149 und 225.

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Wien142 oder auch außerhalb, z.B. Kopenhagen143 und St. Petersburg'44. Eine noch größere Vielfalt ergibt sich dann, wenn man die 765 Musiker des Zeitraums von 1747 bis 1799 betrachtet. Läßt man sowohl schwer kontrollierbare Angabenmängel, z.B. statt der Nennung des tatsächlichen Abfahrts- oder Zielortes nur die des letzten Abfahrts- oder nächsten Zielortes, bzw. Abgabenlosigkeit145 außer acht, dann ergeben sich über 900 Angaben zu über 130 verschiedenen Höfen, Orten, Regionen oder Ländern, davon immerhin über 30 Angaben von mehr als fünf Personen bzw. Gruppen146. Daß sich gerade von den nahen Höfen etwa zahlreiche Musiker auf Durchreise befanden, ist klar. Die Verbindung von Mannheim nach München (und umgekehrt) gehörte mit der Verlegung des Hofes unter Carl Theodor zu den frequentierten.

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F.X. Richter in: AIZ 19/1786; vgl. Anm. 117 und 152. Joseph Touchemoulin (1727-1801) in: AIZ 19/1781; zu Touchemoulin vgl. MGG (1. Aufl., Anm. 5) Bd. 13. Sp. 583-585 und Anm. 151; kein Nachweis bei F. Krautwurst, W. Zorn: Bibliographie (Anm. 5). L. Mozart 1763 und 1766; vgl. Anm. 8, 9, 25, 42, 107, 129, 148 und 152. Jommelli in: AIZ 19/1754 und Nr. 52/1757; vgl. Anm. 19, 25, 118 und 152. Antonio Boroni in: AIZ 19/1770; vgl. Anm. 117 und 152. Reutter in: AIZ 8/1764; vgl. Anm. 117 und 148. Salieri in: AIZ 52/1783 und 30/1786; vgl. Anm. 117, 132, 149 und 150. M. Clementi in: AIZ 37/1789; vgl. Anm. 117, 119, 125 und 150. Stefani in: AIZ 29/1782; vgl. Anm. 118 und 149. Sarti in: AIZ 27/1768; vgl. Anm. 117 und 152. Scalabrini in: AIZ 10/1768 und AIZ 42/1781; vgl. Anm. 117, 149 und 152. Astaritta in: AIZ 35/1794; vgl. Anm. 117 und 149. Von den bei 765 Musikern insgesamt möglichen 1530 Nennungen von Abfahrts- und Zielorten fehlen zusammen 576 Ortsangaben, d.h. 37,6 %. In aufsteigender Reihenfolge: Bayreuth (5); Braunschweig (5); Frankfurt (5); Kopenhagen (Hof 5); Memmingen (5); Bamberg (6); Kempten (6); Bologna (7); Böhmen (8, davon Gottesgab 4); Neapel (8); Petersburg (8); Ansbach (9); Mailand (9); Rom (9); Frankreich (11, davon Paris 4); Ulm (11); Mainz (12); Würzburg (13, davon Hof 8); Straßburg (14); Dettingen (Hof 14); Nürnberg (15); Salzburg (17); Eichstätt (17); England (18, davon London 8); Berlin (19); Sachsen (20, davon Dresden 16); Wien (28, davon Hof 8); Italien [allgemein] (28); Venedig (41); Regensburg (50); Stuttgart (57, davon Hof 32); Mannheim (68) und München (233). - Zu den mit geringerer Zahl genannten Höfen, Orten, Territorien und Ländern gehören in alphabetischer Reihenfolge u.a. Aichach; Alexandria; Amsterdam; Ancona; Aschaffenburg; Baden-Baden; Baden-Durlach; Bonn; Bopfingen; Bourgogne; Bozen; Cremona; Dillingen; Dinkelsbühl; Donauwörth; Ellwangen; Ettal (Kloster); Florenz; Franken; Freiburg [i.Br. ?]; Freising; Fürstenfeldbruck; Füssen; Graz; Günzburg; Hall in Tirol (Stift); Hamburg; Hannover; Heidelberg; Horb am Neckar; Ilmenau; Ingolstadt; Innsbruck; Karlsruhe; Kaufbeuren; Köln (Hof); Konstanz; Landsberg; Leipheim; Leutkirch; Limbach (Hof); Lindau; Livorno; Lothringen; Ludwigsburg (Hof); Mantua; Mecklenburg-Schwerin (Hof); Mecklenburg-Strelitz; Neuburg [a.d.D. ?]; Neuenburg; Nördlingen; Ochsenfurt; Ochsenhausen (Kloster); Österreich; Ottobeuren; Padua; Pappenheim; Polen; Prag; Pressburg; Preußen; Ravenna; Sachsen-Hildburghausen; Savoyen; Schlesien; Schwaz; Stockholm; Schweiz; Spanien; St. Gallen; Steinfurt; Thierhaupten (Kloster); Tirol; Trient; Trier (Hof); Turin; Ungarn; Verona; Warschau; Wartenstein (Hof); Württemberg; Zürich.

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Die Untersuchung etwa der Frequentierung der 25 angeführten Gaststätten147 mit insgesamt 707 darin nächtigenden Musikern, Musikinstrumentenbauern und Verlegern zeigt deutlich sowohl die soziale Hierarchie als auch quantitativ eindeutig belegbare Präferenzen. Die beste Unterkunft am Platze war der Gasthof Drei Mohren. In der Fürstenherberge stiegen 7,4 % ab148. Im zweitbesten Gasthaus, dem Weißen Lamm'49, nächtigten immerhin schon 27,0 %. Mit großem Ab147

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Im Gegensatz zu früheren erhaltenen Augsburgischer Adreß-Sack-Kalendern (Signatur: Stadt AA, Amtsbücherei HB I 13 618) weist erst der auf das Jahr Christi 1792 bzw. 1804 eine alphabetisch geordnete, summarische Auflistung der Künstler, Gewerbe und Handwerker (1792: S. 51: ßierbräuer, S. 70: Weinwirthe, S. 71: Gasthöfe und Gastgeber welche auch Fremde logieren) und der für das Jahr 1804 eine alphabetisch geordnete, detaillierte Auflistung auf (S. 47-50: Bierbrauer, S. 77: Gasthöfe und Gastgeber welche auch Fremde logieren und S. 78: Die Uebrigen Weinwirthe). Zu den identifizierbaren Unterkünften gehören neben Drei Mohren (vgl. Anm. 148), Weißes Lamm (vgl. Anm. 149), Goldene Traube (vgl. Anm. 152), Weißes Roß (Rößle, vgl. Anm. 150) und Eisenhut (vgl. Anm. 151) folgende mit bis zu maximal 5 Nächtigungsnachweisen: 3 Kronen (Lit. F 15, Frauentorstraße 31); Bauerntanz (Lit. C 343, Bauerntanzgässchen 1); Bayerischer Wirth (Lit. Η 4, Jakoberstraße 7); Blaue Ente (Lit. F 14, Frauentorstraße 29); Dilgerle (Tilgerle·, Lit. C 249, Am Perlachberg 3); Finstere Stube (Lit. C 257, Am hinteren Perlachberg 1); Höring (Lit. C 150, Mauerberg 6); Hohes Meer (Lit. Ε 16, Frauentorstraße 32); Inselwirth (In der Insel!, F 154, Am Katzenstadel 10); Josephle (Lit. A 162, Predigerberg 20); Lethenwirth (Zum Goldenen Löwen-, Lit. F 24, Frauentorstraße 49); Mohrenkopf (Lit. A 72, Predigerberg 9); Paritätwirth (Lit. Ε 28, Georgenstraße 2); Sackpfeife (Lit. A 150, Bäckergasse 18); Schäflerherberg (Lit. A 74, Vorderer Lech 52 ); Stockhaus (Zum Pelikan; Lit. A 31, Maximilianstraße 75); Weiser Gogeler (Zum Weißen Gockelhahn; Lit. A 525, Weiße Gasse 8). Noch nicht bestimmt werden konnten die Gasthäuser 3 Gläser und 3 Lilien. Lit. Β 13 (Maximilianstraße 40) in: Adreß-Sack-Kalender 1792 (Anm. 147). S. 71. Zu den Gästen zählten u.a. K.F. Abel (vgl. Anm. 123 und 149; AIZ 26/1753). N.I.F. v. Beecke (vgl. Anm. 138 und 222; AIZ 27/1789). Grua (vgl. Anm. 117 und 136; AIZ 8/1780). F.J. Haydn (vgl. Anm. 67, 117, 126 und 228; AIZ 52/1790). L. Mozart mit Familie (vgl. Anm. 8, 9, 25, 42, 107, 129, 140 und 152; AIZ 26/1763 und 46/1766). Noverre (vgl. Anm. 131; AIZ 25/1767). J.F. Reichardt (vgl. Anm. 56, 117 und 133; AIZ 48/1789 und 13/1790). G. v. Reutter (vgl. Anm. 117 und 142; AIZ 8/1764). Rastrelli (vgl. Anm. 117; AIZ 32/1791). Joseph Schlett (vgl. Anm. 119; AIZ 18 und 20/1790). Der Komponist, Pianist und Klavierbauer Johann Andreas Streicher (1761-1833; AIZ 17/1786, 20 und 28/1792, 12 und 47/1793; zu Streicher vgl. MGG (1. Aufl., Anm. 5) Bd. 12. Sp. 1515-1516; kein Nachweis bei F. Krautwurst, W: Zorn: Bibliographie (Anm. 5). Streicher war ein Jugendfreund Friedrich Schillers und künftiger Ehemann von J. A. Steins Tochter Anna Maria („Nanette", 1769-1833); zu Stein vgl. Anm. 5-7, 67, 79, 84 und 159. Lit. D 179 (Ludwigstraße 36) in: Adreß-Sack-Kalender 1792 (Anm. 147). S. 71. Hier nächtigten u.a. F. Alessandri (vgl. Anm. 133; AIZ 33/1789). G. Astaritta (vgl. Anm. 117 und 144; AIZ 35/1794). A.Ad. Bachschmid (vgl. Anm. 117, 135 und 152; AIZ 39/1779 (Bachmeister) und 37/1782). L. van Beethoven (vgl. Anm. 124 und 234; AIZ 18/1787). Bianchi (vgl. Anm. 108; AIZ 50/1794). Bühler (vgl. Anm. 118; AIZ 17 und 19/1798). Cannabich (vgl. Anm. 118; AIZ 29/1798) F.L. Dulon (vgl. Anm. 122; AIZ 6/1798). J.M. Götz (vgl. Anm. 121; AIZ 33 und 51/1790, 2, 10, 24 und 37/1792;). I.J. Holzbauer (vgl. Anm. 117 und 136; AIZ 48/1758), W.A. Mozart (vgl. Anm. 8, 9, 25, 128, 130, 159, 211 und 223; AIZ 43/1777 und 44/1790). Rosier (Rosetti, vgl. Anm. 117, 138 und 225; AIZ 17 und 38/1788 sowie Nr. 28/1789). Salieri (vgl. Anm. 117, 132, 142 und 150; 52/1783). Scalabrini (vgl. Anm. 117, 143 und 152; AIZ 10/1768). J.Ph. Schoenfeld (vgl. Anm. 117; AIZ 17/1783). J. Schuster (vgl. Anm. 117 und

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stand jedoch stellte sich neben den Gasthäusern Weißes Roß150 (9,6 %) und Eisenhut151 (8,6 %) als der unbestreitbare Favorit für Musiker die Goldene Traube152 mit 36,1 % heraus. D o c h Gaststätten boten nicht nur Quartier. Sie waren, w i e etwa das Beispiel von Drei Mohren zeigt, eine geeignete Örtlichkeit zur Demonstration von Musikautomaten 153 , oder, wie gerade das der Goldenen Traube darlegt, eine der wichtigen, wiederum durch Inserate154 belegbaren Augsburger Musikauffuhrungsstätten.

134; AIZ 45/1778). Jan Stefani (vgl. Anra. 118 und 142; AIZ 29/1782). S.D. Willmann (vgl. Anm. 118; AIZ 31/1793). Vanhal (vgl. Anm. 67; AIZ 45/1778). 150 Lit. A 6 (heute: Maximilianstraße 35) in: Adreß-Sack-Kalender 1792 (vgl. Anm. 147), S. 71. Gäste waren u.a. A. Bernasconi (vgl. Anm. 117 und 137; AIZ 36/1762). M. Clementi (Anm. 117, 119, 125 und 142; AIZ 37/1789). Hieronymus Mango (vgl. Anm. 117, 135 und 151; AIZ 50/1762). Portner (vgl. Anm. 117 und 137; AIZ 17/1749). J. M. Ruf ((vgl. Anm. 120; AIZ 18/1783). Salieri (vgl. Anm. 117, 132, 142 und 149; AIZ 30/1786). 151 Lit. D 73 (Obstmarkt 9) in: Adreß-Sack-Kalender 1792 (vgl. Anm. 147). S. 71. Hier übernachteten u.a. P. Johann Michael Hochwanger (vgl. Anm. 117; AIZ 24/1769). H. Mango (vgl. Anm. 117, 135 und 150; AIZ 32/1771). Joseph (Dominikus) Nikolaus Meißner (vgl. Anm. 109, AIZ 33/1766). J. Leutgeb (vgl. Anm. 110, AIZ 33/1766 und 5/1769). Joseph Touchemoulin (vgl. Anm. 139; AIZ 19/1781). Vogler (vgl. Anm. 117, 136, 152 und 209; AIZ 6/1785). 152 Lit. Β 5 (Maximilians». 30) in: Adreß-Sack-Kalender 1792 (vgl. Anm. 147). S. 71. Seit 1618 ist der Hauseigentümer Wirt; vgl. StadtAA, Grundbuchauszüge Lit. Β 5. Zu den Gästen gehörten etwa K. F. Abel (vgl. Anm. 123 und 148; AIZ 19/1753). Α. A. Bachschmid (vgl. Anm. 117, 135 und 149; AIZ 28/1753). Beck (vgl. Anm. 117 und 136; AIZ 41/1785). Johann Baptist (Jean Baptiste) Baumgartner (1723-1782; AIZ 39/1777; vgl. MGG (2. Aufl., Anm. 5) Personenteil Bd. 2. Sp. 529f., und weitere Nachweise bei F. Krautwurst, W. Zorn: Bibliographie [Anm. 5]). Boroni vgl. (vgl. Anm. 117 und 141; AIZ 19/1770). Falter {\gl. Anm. 121; AIZ 27 und 29/1794). Fischietti (vgl. Anm. 117; AIZ 28/1758). Hasse (vgl. Anm. 74, 117, 118, 127 und 134; AIZ 46/1754 und 2/1757). Jommelli (vgl. Anm. 19, 25, 118 und 141; AIZ 19/1754 und 52/1757). F. X. Richter (vgl. Anm. 117 und 139; AIZ 19/1786). Sarti (vgl. Anm. 117 und 143; AIZ 27/1768). Der von L. Mozart bei einem Konzert 1763 in Augsburg bewunderte Pietro Nardini (1722-1793; vgl. MGG (1. Aufl., Anm. 5) Bd. 9. Sp. 1264-1267, kein Eintrag in Nota 1763, weiterer Eintrag AIZ 31/1767, und weitere Nachweise bei F. Krautwurst, W. Zorn: Bibliographie [Anm. 5]). Rabini (vgl. Anm. 120; AIZ 4/1770). Ritschel (vgl. Anm. 117 und 136; AIZ 51/1762). Scalabrini (vgl. Anm. 117, 143 und 149; AIZ 42/1781). Vogler (vgl. Anm. 117, 136, 151 und 209; AIZ 40/1790). Johann Zach (1699-1773; AIZ 45/1755; zu Zach vgl. MGG (1. Aufl., Anm. 5) Bd. 14. Sp. 957-960 und Anm. 154 sowie u.a. zu einem Aufenthalt Zachs in Augsburg vor 1745 Nachweise bei F. Krautwurst, W. Zorn: Bibliographie (Anm. 5). 153 Siehe Anhang 7: Inserate für eine Musikautomatenvorfuhrung 1748. 154 Vgl. Anm. 86. Dem geehrten Publico dienet zur freundlichen Nachricht, daß einige Italiänische Virtuosen, welche hierdurch nach Wien gehen, heute [d.i. 27.9.1753, d. Verf.] Abends in dem Gasthause zur goldnen Trauben ein Vocal- und Instrumental Concert produciren werden; der Anfang desselben ist präcise mit 6. Uhr; und wird nach Beschaffenheit des Plazes 1. fl. oder 30 kr. bezahlt (AIZ 39/1753; wahrscheinlich zu beziehen auf: Herr Bellarini, Virtuos mit Comp, von Ancona, log. in der Trauben, in: AIZ 38/1753). An die Cavaliers undDames, und andere Liebhaber der Music. / Die Italiänischen Kammer-Musici von Ihro Durchl. dem Herrn Fürsten v. Thum und Taxis, die sich hier befinden, werden vor ihrer Abreise nach Tischingen, mit gnäd. Erlaubnis einer hohen Obrigkeit, Dienstags den 9. Jul. Abends um 6.

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Zu diesen kamen für Musikdarbietungen etwa das Zunfthaus der Bäcker'55 und das der Metzger156, der Gasthof Drei Rosen'51, die Geschlechterstube' 58 oder der Hochgräfich Fuggerscher Saal]>9 sowie für Theatervorstellungen der Komödienstadelm.

Uhr, in dem Gasthof zur goldenen Trauben, ein grosses musicalisches Vocal- und Instrumental-Concert mit verschiedenen Stimmen aufführen; Wozu sie dann alle resp. Herren Liebhabere hierdurch dienstgeflissenst einladen, dasselbe mit einer zahlreichen Frequenz zu beehren. Die Billets d'Entree sind in obgedachtem Gasthof zur goldenen Traube ä 1. fl. und ä 30. kr. zu bekommen. (AIZ 27/1754). Morgen als den 22. dieses wird von einem Liebhaber der Music die schöne Passions-Cantate von dem seeligen Hrn. Capellmeister Graun in dem Gasthof zur goldnen Trauben aufgeführet werden; der gedrukte Text a 15. kr. samt Billets auf den ersten Platz a 25. kr. auf den zweyten a 12. kr. sind in dem Lotterischen Buchladen zu haben, der Anfang ist Abends präcise um 6. Uhr (AIZ 12/1765; zu Carl Heinrich Graun [1703/1704-1759] und seiner Passionskantate Der Tod Jesu [1755] vgl. MGG (1. Aufl., Anm. 5) Bd. 5. Sp. 703-707, zu Aufführung von Werken Grauns Nachweise bei Krautwurst, Zorn: Bibliographie [Anm. 5]); zu Lotter vgl. Anm. 16, 52, 54, 107 und 165). Joh. Zoch, gewesen Capell-Meister zu Maynz, ist Willens, künftigen Freitag, als den 5. Jun. um 6. Uhr Abends in der Trauben dahier, in verschiedenen Concerten, von eigner Composition, sowohl aufm Clavicembalo, als Violin, sich hören zu lassen. Die Person hat 30. kr. zu zahlen. (AIZ 23/1767; zu Zach vgl. Anm. 152). Auf Hoch-obrigkeitliche Erlaubniß, wird Herr Augustinelli Herzogl. Würtembergischer Cammer-Virtuos auf der Flöte, nächsten Sontag, den 6. Dec. ein Concert, in dem Gasthofe zur goldnen Traube dahier, aufzuführen die Ehre haben, wozu ein Hochgeneigtes Publicum gehorsamst eingeladen wird. Der Anfang ist pünktlich um 6. Uhr Abends. Die Billets sind in gedachten Gasthofe findlich so wie beim Eingang ä 30. kr. zu haben. (AIZ 49/1772; zu dem in den Nota nur in AIZ 43 und 44/1792 als Reisender nachweisbaren Flötisten Florante Agustinelli vgl. MGG (1. Aufl., Anm. 5) Bd. 11. Sp. 114; kein Nachweis bei F. Krautwurst, W. Zorn: Bibliographie [Anm. 5]). Es wird einem gnädigen und verehrungswürdigen Publikum bekannt gemacht, daß sich morgenden Dienstag, als den 2ten November, in dem Fuggerischen Concert-Saal nächst dem Zeughaus, der berühmte Virtuos von Wien Herr Hafel, auf dem Contre Basse wird hören lassen, wozu er alle hohe und gnädige Musick Kenner und Liebhaber höflichst einladet. Für das entree ist auf dem ersten Plaz 30 kr. auf dem 2ten 20 kr, zu bezahlen; die Virtuos sind beym weißen Lamm und beym Eingange abzuholen. (AIZ 43/1779; Hafel ist in Nota nicht nachweisbar). Zum Hochgräfl. Fuggerschen Saal vgl. Anm. 159. 155

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Donnerstags den Ilten August wird auf dem Beckenhaus allhier das zweyte und letzte Concert von dem berühmten Musikus Giov. Catelani und einem anderen Virtuosen gehalten werden. Der Anfang ist um halb 6. Uhr. Die Billets werden eben daselbst, jedes vor 48. kr. ausgegeben. (AIZ 32/1768) Zum Beckenhaus (Karolinenstraße 2) vgl. ASL (2. Aufl., Anm. 7) S. 268. Vgl. Anm. 105. Mit hochobrigkeitlicher Erlaubnis haben zwey Virtuosen, mit Namen Herren Xaveri Jägerhueber kurpfalzbayrischer Hof-Oboist, und Herr George Mayr, Fagotist die hohe Ehre als den 14ten dieses, in den 3 Rosen-Saal ein großes Concert zu geben. Das Entrie per 36 kr. Der Anfang ist puncto um 6 Uhr. Die Billet sind zu haben bey Hr, Schmidt weißen Roß Gastgeber, und bey dem Eingang. (AIZ 11/1785). Der Gasthof Drei Rosen Lit. F 394 (Kohlergasse 5). Vgl. Anm. 105. Zum Konzertsaal vgl. Die schönste Gelegenheit dazu [d.h. zu einem öffentlichen Konzert, d. Verf.], ist immer in dem großen Saale eines gräfl. Fuggerischen Hauses auf dem Zeugplatze, B. 208. [d.i. Zeugplatz 7] dessen Bewohner sich öfters das Vergnügen gemacht hat, fremden

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Mit dem Intelligenzzettel bietet sich eine nun erstmals in Ansätzen ausgewertete Quelle an, die musikgeschichtlich wertvolle, in manchen Fällen sogar singulare Informationen besonders zur Musikpflege, zum Musikmarkt und zu Biographien bietet. Damit lassen sich wenigstens teilweise die großen Wissenslücken nicht nur im Hinblick auf die Augsburger Musikgeschichte des 18. Jahrhunderts schließen. Anhang 1: Musikalieninserate J.A.E. Maschenbauers für Johann Ulrich Haffner 16 ' 1746-1750 (1)

Die Music ist in unsern Tagen eben so hoch gestiegen, und hat ihren Söhnen eben so grossen Ruhm erworben, als die andern Wissenschafften ihre Meister groß, glücklich und der Welt gefällig gemacht. Bißher hat es nur daran gefehlet, daß die musicalischen IVercke der besten Meister immer in geschriebenen Büchern mitgetheilet wurden, und sich nur derjenige Schätze damit sammlen könnte, der sowohl mehr Geld, als auch leichter Gelegenheit dazu anwenden konnte. Der Eigennutz schleichete sich mit ein, und wollte wohlausgearbeitete Stücke andern nicht mehr gönnen, ausser, wenn man ihn sattsam vergnüget hatte. Zuletzt suchten die Liebhabern selbsten damit rar zu werden. Viele wurden also ermuntert, der Music weitere Gräntzen zu schaffen. Sie gaben die Wercke grosser Meister in Kupfer ans Licht. Unter solchen befindet sich nun der berühmte Lautenist, Johann Ulrich Haffner, der besonders hierinn sich gantz unermüdet erzeiget, und als Verleger und grosser Kenner der Music sich die besten Meister erwehlet, und folglich die plausible und besten Sachen, in Compaganie deß Hn. Windters162, Kupfferstechers allda, in einem feinen Stich denen Music-Liebhabern um civilen Preiß zu geben im Stand ist, davon folgende neue Piecen dem disseitigen Avis-Comtoir in Commission aufgetragen worden: Als 1) Herrn Falkenhagen , Adam, Sei Concerti ά Luito, TraversoO,boe [sie] ö Violino e

164 Violoncello. 2) Herrn Scheuenstuhl , Michael: Die beschäfftigte Muse Elio [recte: Clio]; oder zum Vergnügen der Seele- und Ohrs eingerichtete III. Galanterie-Partien auf das Ciavier, in welchen vornehmlich der heutige Geschmack beobachtet wird, zum Dienst des Music-liebenden Frauenzimmers verfertiget. 3) Herrn Bach , Carl Philipp Emanuel VI. Sonate per Cembalo. 4) Herrn Gera, August Heinrich, Primo Saggio di VI.

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Virtuosen und Musikfreunden zu vergönnen, darinn das Publikum zu unterhalten (Paul von Stetten: Beschreibung der Reichs-Stadt Augsburg [...], Augsburg 1788. S. 145); vgl. Josef Mancal: Augsburg, „meine Vaterstadt" (L. Mozart 1756) - „die vatterstadt meines Papa" (W.A. Mozart 1777) - „ m e i n e eigendliche Stammstadt" (Fr. X. W.A. Mozart 1821). In: Acta Mozartiana (1999). S. 3-31, S. 19 und 21. Konzertanzeigen vgl. AIZ 10 und 22/1777, 39 und 43/1779 sowie Anm. 48 und 154. Hier fand auch am 22.10.1777 das Konzert W.A. Mozarts mit J.A. Stein und dem Domorganisten Johann Michael Demmler (1748-1785) statt. Zu W.A. Mozart vgl. Anm. 8, 9, 25, 128, 130, 149, 211 und 223; zu Stein vgl. Anm. 5-7, 67, 79, 84 und 148, zu Demmler vgl. M G G (1. Aufl., Anm. 5) Bd. 16. S. 479, ASL (2. Aufl., Anm. 7) S. 343f. und weitere Nachweise bei F. Krautwurst, W. Zorn: Bibliographie (Anm. 5). Vgl. Anm. 56. Zu Haffner vgl. Anm. 38. Zu Johann Wilhelm Windter (1717-1760) vgl. H. Heussner: Nürnberger Musikverlag und Musikalienhandel (Anm. 38) S. 324 mit Anm. 31. Zu Adam Falkenhagen (1697-1761) vgl. MGG (1. Aufl., Anm. 5) Bd. 3. Sp. 1743-1745, kein Nachweis bei F. Krautwurst, W. Zorn: Bibliographie (Anm. 5). Unklar ist, ob es sich dabei um op. 3 oder op. 4 handelt, die beide nach L. Hoffmann-Erbrecht: Haffner (Anm. 38) S. 119, am 7.9.1742 inseriert wurden. Zu Michael Scheuenstuhl (1705-1770) vgl. M G G (1. Aufl., Anm. 5) Bd. 11. Sp. 1688f„ kein Nachweis bei F. Krautwurst, W. Zorn: Bibliographie (Anm. 5). Datierung Nürnberg 12.1.1737 nach W. S. Newman: Haffner (Anm. 38) S. 119. Zu Carl Philipp Emanuel Bach (1714-1788) vgl. MGG (1. Aufl., Anm. 5) Personenteil Bd. 1. Sp. 1312-1358 und weitere Nachweise bei F. Krautwurst, W. Zorn: Bibliographie (Anm. 5). Unklar ist, ob es sich es bei diesem Inserat (AIZ 41/1746;) um die sog. Preußischen oder Württembergischen Sonaten handelt. Aus späteren Anzeigen (AIZ 29 [alt]/l747, 4 [neu]/1747, 33/1748) geht eindeutig hervor, daß es die Württembergischen Sonaten in erster (WQ 49, vgl. MGG (2. Aufl., Anm. 5) Personenteil Bd. 1. Sp. 1333f.) bzw. in zweiter Aufla-

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Pezzi per II Cembalo, un Flauto Traverso, due Violoini e Basso &c. 5) Herrn Steiners166, Johann Ludwig Sei Sonate da Camera, de quali si espone presentemente due, α Violoncello solo e Basso Continuo. Folio. 6) Herrn Tischer , Johann Nicolaus, Divertissement musical, contenant III. Suites pour le Clavessin &c. 7) Das vergnügte Ohr und der erquickte Geist in VI. Galanterie-Partien zur Clavier-Ubung für das Frauenzimmer in einer leichten und applicablen Composition dargestellt I. Theil, in Folio auf sauber Super-Real-Pappier abgedruckt. 8) Leichte und dabey angenehme Clavier-Partien, jungen Anfängern zur Übung aufgesetzet, erster Theil in 4to. (AIZ 41/1746) (2)

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Allerhand in dieser Woche ersteingeschickte Musicalien, worunter sonderheitlich berühmt des Försters 6. Sinfonie ä due Violini, Viola, Cembalo e Violoncello, con Ripieni di diversi stromenti, wobey der Baß in dupplo ist; Wird, ä 2ß. in dem Zeitungscomtoir verkaufft. (AIZ 7 [alt]/1747) Allerhand in dieser Woche ersteingeschickte Musicalien, worunter sonderheitlich berühmt des Försters 6. Sinfonie ä due Violini, Viola, Cembalo e Violoncello, con Ripieni di diversi stromenti, wobey der Baß in dupplo ist; Wird, ά 2 fl. in dem Zeitungscomtoir verkaufft. (AIZ 8 [alt]/1747)

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Allerhand neu-angekommene Musicalien in Kupffer gestochen, unter andern: Zieglers 40. Interludia sive breviores Versiculi (Fugettae) ad Musicam, Choralem ubique neccssarii [sie] &c. Hat 32. Seiten, ä 46 kr. Deßgleichen Tischers 6. neue leichte und dabey angenehme Clavier-Partien, 2ther Theil ä 30. kr. Es sind auch noch einige Stuck von dem ersten Theil zu haben. Von allen in dem Avis- und Zeitungscomtoir vorhandenen Musicalien kann ein Catalogus mitgetheilt werden. (AIZ 17 [alt]/] 747)

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Allerhand neu-angekommene Musicalien in Kupffer gestochen, unter andern; Zieglers 40. Interludia sive breviores Versiculi (Fugettae) ad Musicam, Choralem ubique neccssarii &c. Hat 32. Seiten, ä 46 kr. Deßgleichen Tischers 6. neue leichte und dabey angenehme Clavier-Partien, 2ther Theil ä 30. kr. Es sind auch noch einige Stuck von dem ersten Theil zu haben. Von allen in dem Avis- und Zeitungscomtoir vorhandenen Musicalien kann ein Catalogus mitgetheilt werden. (AIZ 18 [alt]/1747) Allerhand neu-angekommene Musicalien in Kupffer gestochen, unter andern: Zieglers 40. Interludia sive breviores Versiculi (Fugettae) ad Musicam, Choralem ubique neccssarii &c. hat 32. Seiten, ä 46 kr. (AIZ 19 [alt]/1747) Allwo [sc. in dem Avis- und Zeitungscomtoir] dann auch ferners zu verkauffen seynd: I) Herrn Bachs VI. Sonate per Cembalo, dedicate all' Altezza Serenissima di Carlo Eugenio, Duca di Würtemberg e Teckh &c. &c.

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ge (AIZ 1, 12 und 16/1749) sind. Johann Jakob (II) Lotter (vgl. Anm. 16, 52, 54, 107, 154 und 165) hatte in seinen Verlagskatalogen der Jahre 1751 und 1753 (Catalogus aller Musicalischen Bücher 1753, S. 8; vgl. Anm. 54) C.Ph.E. Bachs 'VI. Sonates nouveaux per Cembalo' angeboten, was Bach dann in seinem Werk 'Versuch über die wahre Art das Ciavier zu spielen' öffentlich zurückwies (C.Ph.E. Bach, Versuch über die wahre Art das Ciavier zu spielen [...], Berlin 1753, Ndr. 4. Aufl. Leipzig 1978. S. 62). Zu Johann Ludwig Steiner (1688-1761) vgl. M G G (1. Aufl., Anm. 5) Bd. 12. Sp. 1239f. Keine Nachweise bei L. Hoffmann-Erbrecht: Haffner (Anm. 38), Ders.: Haffner Nachträge (Anm. 38), W. S. Newman: Haffner (Anm. 38), H. Heussner: Nürnberger Musikverlag und Musikalienhandel (Anm. 38) und F. Krautwurst, W. Zorn: Bibliographie (Anm. 5). Zu Johann Nikolaus Tischer (1707-1774) vgl. M G G (1. Aufl., Anm. 5) Bd. 13. Sp. 430f.; kein Nachweis bei F. Krautwurst, W. Zorn: Bibliographie (Anm. 5). Keine Datierung Nürnberg für Tischers ' D a s vergnügte Ohr [...]' [dat. 1746]; Datierung Nürnberg für Tischers 'Divertissement musical contentant III Suites pour le Clavessin', op. 1, und 'VI leichte und dabey angenehme Clavier-Parthien' am 30.7.1746 nach L. Hoffmann-Erbrecht: Haffner (Anm. 38) S. 119f. Zu Christoph Förster (1693-1745) vgl. M G G (1. Aufl., Anm. 5) Bd. 4. Sp. 452f.; kein Nachweis bei F. Krautwurst, W. Zorn: Bibliographie (Anm. 5). Datierung Nürnberg 6.12.1747 bei L. Hoffmann-Erbrecht: Haffner (Anm. 38) S. 120. Zu Franz Ziegel (Ziegler, 1710-1771) vgl. Robert Eitner: Biographisch-Bibliographisches Quellenlexikon der Musiker und Musikgelehrten christlicher Zeitrechnung bis Mitte des neunzehnten Jahrhunderts. Leipzig 1900-1904. Ndr. Wiesbaden, 2. Aufl. Graz 1959 (Bd. 14). Sp. 1265; kein Nachweis bei F. Krautwurst, W. Zorn: Bibliographie (Anm. 5). Datierung Nürnberg 30.4.1746 bei L. Hoffmann-Erbrecht: Haffner (Anm. 38) S. 120. Zu Tischer vgl. Anm. 167. Keine Datierung Nürnberg der ,Clavier-Partien 2. Teil' [1746] nach L. Hoffmann-Erbrecht: Haffner (Anm. 38) S. 120.

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422 ä 1 fl. 30 kr. 2) Herrn Battiste171

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VI. Sonate da Camera a Flauto Traverso ο Violino Solo e Cembalo ο Vin-

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loncello [sie] ä 48. kr. 3) Herrn Agrells VI. Sinfonien a quatro cioe Violino /., Violino II., Alto Viola, Cembalo e Violoncello, con II. Trombe, Timpani, Corni da Caccia, Flauti dolei, Traversi, 173 Oboe ad lib: Opera I. In Folio, auf sauber Super-Real-Papier abgedruckt, ä 2 j1. 45. kr. 4) Herrn Daube , VI. Sonates pour le Lut dans le Gout moderne, &c. folio, Oeuvre I. ά 2. fl. 5) Herrn Försters VI. Sinfonie ä due Violini, Viola, Cembali 4 lo e Violoncello, con Ripieni di diversi stromenti, &c. In Folio, ä2.fl. 2 ) Herrn Friedrichs VI. Sonatines sur le Clavessin &c. In Folio, a 36. kr. 7) Herrn Grafens175 VI. leichte Partien con II. Violino, Viola e Basso &c. In Folio ä 36. kr. 8) Herrn Platti 76, VI. Sonates pour le Clavessin sur le Goüt Italien &c. Oeuvre I a I fl. 30 kr. 9) Sei Sinfonie a Due Violina, Viola, Cembalo e Violoncello, con Ripieni di diuersi stromenti, da Cr ist of er ο Fcerster. 10) Sei Concerti ä Liuto, Traverso Oboe ό Violino e Violoncello Composti da Adamo Falkenhagen. Opera terza. I I ) Divertissement Musical, contenant III. Suites pour le Clavessin, composees par Jean Nicolas 177 Fischer , Maitre de Concerts. (AIZ 29 [alt]/1747) Die Music ist in unsern Tagen eben so hoch gestiegen, und hat ihren Söhnen eben so grossen Ruhm erworben, als die andern Wissenschafften ihre Meister groß, glücklich und der Welt gefällig gemacht. Bißhero hat es nur daran gefehlet, daß die musicalischen Wercke der besten Meister immer in geschriebenen Büchern mitgetheilet wurden, und sich nur derjenige Schätze damit sammlen könnte, der sowohl mehr Geld, als auch leichter Gelegenheit dazu anwenden konnte. Die folgenden Ausführung des parat stehenden Verlags des Lautenisten in Nürnberg, Hn. Johann Ulrich Haffners, zeiget dem Publico, wer die Verfertiger wohl gerathener Stücke sind, als: Bachs, 6. Sonaten per Cembalo, Opera II. ä 2. fl. Agrells 6. Sinfonien, ä quatro, cioe Violino primo, Violino secondo, Alto Viola e Cembalo ο Violoncello, con Corni da Caccia, Trombe, Oboe, Flauti dolei e Traversi, e due Sinfonia con Timpani ά 2 fl. 45. kr. Falckenhagen 6. Concerti ä Luito, Traverso Oboe ό Violino e Violoncello, ä 6. fl. Fischers Divertissements musical, contenant III. Suites pour le Clavessin, ά I. fl. Förster 6. Sinfonie, ά due Violini, Viola, Cambalo [sic] e Violoncello, con Ripieni di diversi stromenti, ά 2. fl. (AIZ 4 [neu]/1747)

Zu Ludwig Albert Friedrich Baptiste (Luigi Alberto Federigo Battista, 1700-1764) vgl. MGG (2. Aufl., Anm. 5) Personenteil Bd. 2. Sp. 161f.; nach der Besetzungsangabe Sp. 162 müsste es sich um das im Augsburger Verlag von Johann Christian (I) Leopold (1699-1755) 1736 gedruckte op. 2 handeln. Bei L. Hoffmann-Erbrecht: Haffner (Anm. 38) S. 121, sind nur Haffners eigenes Verlagsprodukt der 'XXIV Menuets nouveaux [...] op. 1' mit Datierung Nürnberg 5.5.1752 angegeben. Zu Johann Joachim Agrell (Giovanni Agrelli, 1701-1765) vgl. MGG (2. Aufl., Anm. 5) Personenteil Bd. 1. Sp. 205-211; kein Nachweis bei F. Krautwurst, W. Zorn: Bibliographie (Anm. 5). Keine Datierung Nürnberg der 6 Sinfonien nach L. Hoffmann-Erbrecht: Haffner (Anm. 38) S. 123 und Ders.: Haffner Nachträge (Anm. 38) S. 141, Datierung 1746 nach MGG (2. Aufl., Anm. 5) Personenteil Bd. 1. Sp. 208. Zu Johann Friedrich Daube (1733-1797) vgl. R. Eitner: Quellenlexikon (Anm. 169. Bd. 1) S. 326; MGG (1. Aufl., Anm. 5) Bd. 3. Sp. 27-29; kein Nachweis bei F. Krautwurst, W. Zorn: Bibliographie (Anm. 5). In AIZ 2/1772 findet sich ein anderes Werk Daubes inseriert: Der musikalische Dilletant eine Abhandlung des Generalbasses durch alte 24 Tonarten, mit untermengten Opernarien, Solis, Quartetten und Trio, [...] von Johann Friedrich Daube erster Sekretär der kais. francis. Akademie der freien Künste und Wissenschaften in Wien und Augsburg. Erster und 2ter Band. Wien 1771; zur Franciscischen Akademie vgl ASL (2. Aufl., siehe Anm. 7) S. 406f. recte: 6. Zu Johann Graf ( t um 1745) vgl. MGG (1. Aufl., siehe Anm. 5. Bd. 5) Sp. 668-670. Einer der Söhne war Friedrich Hartmann Graf (vgl. Anm. 49). Zu Giovanni Benedetto Platti (1700-1763) vgl. MGG (1. Aufl., Anm. 5) Bd. 10. Sp. 1341f.; kein Nachweis bei F. Krautwurst, W. Zorn: Bibliographie (Anm. 5). Datierung Nürnberg der 6 Sonaten (op. 1) 17.9.1742 und der 6 Sinfonien (op. 2) 7.9.1742 bei L. Hoffmann-Erbrecht: Haffner (Anm. 38) S. 119. Fischer recte: Tischer; zu Tischer vgl. Anm. 167.

Zu Musik und Aspekten des Musikmarkts des 18. Jahrhunderts (9)

Gantz neu componirte und in Kupjfer-gestochene 6. Duetti ä Cembalo Obligato e Violino ο ßauto 178 concertato, da Christoforo Schaffvath [sie], pro ä 1 fl. 12 kr. (AIZ 15 [neu]/1747)

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(10) Allerhand neue und fein-gestochene Musicalien; als Slümbachs Clavier-Sonaten, Ziegels 84. Interludia, Tischers 6. leichte Clavier-Partien, Ister und 2ter Theil; Wie auch dessen seine 3. Clavier-Suiten, lstes, und 2tes Werck, Scheuenstuhls Galantien-Suiten, Boehms 3. Flutravers-Sonaten, Steiners 6. Sonate da Camera ä Violoncello solo col Basso, Bachs 6. Sonate per Cemb. Op. llda, Krebs181 6. Flutravers-Trio; wie auch dessen ,S2 Clavier-Übungen, Trippenbachs und Tischlers Ciavier Partien, Ister und 2ter Theil; Falckenhagen, 6. Concerten auf die Laute 6. Sinfonien von Agrell und Foerster, und dergleichen mehr, davon einzele [sie] wenig oder viele Stück um billigen Preiß allhier verkaufft werden. (AIZ 33/1748) (11) Bey Verlegern diß ist zu haben: Förster 6. Sinfonien mit 2. Violina, Viola, Cembalo, und Baß, mit Untermischung der Wald-Horn auch Flütraversier und andern Instrumenten, ä 2ß. Fernerns: 6. Sinfonia ä Quatuor, mit der Violine primo, secundo, Alta viola e Cembalo ο Violoncello, von dem berühmten Agrell, a 2. β. 45. kr.

(AIZ 35/1748) (12) Deßgleichen werden zu verkauffen angetragen, ganz neu-componirte und erst diese Woche eingeschickte Musicalien; als: 1) Von Sr. Königl. Preussischen Majestät Sinfonien ä 2. Violini, 3. Flauti-Traversi, 2. Oboi, 2. Corni da Caccia, Violetta e Basso, ä 1 ß. 24 kr. Gantz neue 12. Berlienische Violin-Menuetts-Piecen, ά 12. kr. So viel Berlienische Clavier-Menuetts, ä 12. kr. Ferner Hn. Hahns184 12. Clavier-Minuetts-Stücke, ä 10. kr. Herrn Bachs Concerto, ä 48. kr. Teilemanns185 Ouvertouren, ä 30 kr. (Nächstens werden von dem berühmten

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Zu Christoph Schaffrath (1709-1763) vgl. MGG (1. Aufl., Anm. 5) Bd. 11. 1540f.; kein Nachweis bei F. Krautwurst, W. Zorn: Bibliographie (Anm. 5). Datierung Nürnberg 30.4.1746 nach L. Hoffmann-Erbrecht: Haffner (Anm. 38) S. 120. Zu Johann Julius Schlümbach vgl. R. Eitner: Quellenlexikon (Anm. 169. Bd. 9) S. 31 mit Werkdatierung 1756. Keine Nachweise bei L. Hoffmann-Erbrecht: Haffner (Anm. 38). Ders.: Haffner Nachträge (Anm. 38), W. S. Newman: Haffner (Anm. 38), H. Heussner: Nürnberger Musikverlag und Musikalienhandel (Anm. 38) und F. Krautwurst, W. Zorn: Bibliographie (Anm. 5). Zu Gottfried Böhm vgl. E. L. Gerber: Lexicon (Anm. 86) Bd. 1. Sp. 178; kein Nachweis bei F. Krautwurst, W. Zorn: Bibliographie (Anm. 5). Bei W. S. Newman: Haffner (Anm. 38) S. 195, gibt Hoffmann-Erbrecht das Druckjahr mit 1747 an. Zu Johann Ludwig Krebs (1713-1780) vgl. MGG (1. Aufl., Anm. 5) Bd. 7. Sp. 1726-1736; kein Nachweis bei F. Krautwurst, W. Zorn: Bibliographie (Anm. 5). Datierung Nürnberg 1745 nach W. S. Newman: Haffner (Anm. 38) S. 194; 9.2.1746 nach L. Hoffmann-Erbrecht: Haffner (Anm. 38) S. 119. Zu Martin Trippenbach vgl. R. Eitner: Quellenlexikon (Anm. 169 Bd. 9) S. 31; MGG (1. Aufl., Anm. 5) Bd. 4. Sp. 837; kein Nachweis bei F. Krautwurst, W. Zorn: Bibliographie (Anm. 5). Datierung Nürnberg 30.7.1735 (Verlag Windter; vgl. Anm. 162) nach H. Heussner: Nürnberger Musikverlag und Musikalienhandel (Anm. 38) S. 340. Zu König Friedrich II. von Preußen (der Große, 1712-1786 vgl. MGG (1. Aufl., Anm. 5) Bd. 4. Sp. 955-962. Keine Nachweise bei L. Hoffmann-Erbrecht: Haffner (Anm. 38). Ders.: Haffner Nachträge (Anm. 38), W. S. Newman: Haffner (Anm. 38), H. Heussner: Nürnberger Musikverlag und Musikalienhandel (Anm. 38) und F. Krautwurst, W. Zorn: Bibliographie (Anm. 5). Die beiden nachfolgenden Kompositionen werden Friedrich II. von Preußen zugeordnet und nicht dem Komponisten Johann Daniel Berlin (1714-1787, vgl. MGG (2. Aufl., Anm. 5) Personenteil Bd. 2. Sp. 1316f.), von dem nur ein einziger, im Augsburger Verlag von Johann Christian (I) Leopold (1699-1755) 1751 erschienener Druck 'Musicalisches Divertissement bestehend, aus [...] fur das Ciavier gesetzte Sonatina' bekannt ist. Zu Georg Joachim Joseph Hahn vgl. R. Eitner: Quellenlexikon (Anm. 169. Bd. 4) S. 116; MGG (1. Aufl., Anm. 5) Bd. 5. Sp. 1318f. und weitere Nachweise bei F. Krautwurst, W: Zorn: Bibliographie (Anm. 5). Kein Nachweis bei L. Hoffmann-Erbrecht: Haffner (Anm. 38). Ders.: Haffner Nachträge (Anm. 38), W. S. Newman: Haffner (Anm. 38) und H. Heussner: Nürnberger Musikverlag und Musikalienhandel (Anm. 38). Zu Telemann vgl. Anm. 42, 50, 55 und 201. Kein Nachweis von Telemanns ,Ouverturen' bei L. Hoffmann-Erbrecht: Haffner (Anm. 38). Ders.: Haffner Nachträge (Anm. 38), W. S.

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Haffnerischen Musicalien-Verlag eine schöne Anzahl von zerschiedenenen Piecen Concerten, Synfonien, Quatuor, Trio &c. bekannt gemacht werden, welche sodann auch in dem disseitigen Zeitungscomtoir in Zukunfft zu verkaufen seyn werden. (AIZ 40/1748) Gantz neue erst in vorigem Monat von dem berühmten Virtuosen und Lautenisten in Nürnberg in Kupjfer heraus gegebene vortreffliche Musicalien, welche nun auch hier um nachstehenden Preiß zu verkauffen seynd: Agrells 6. Sonate per il Cembalo Solo, accompagnate con alcune Ariette, Polonesi, e Menueti, ä 1. fl 30. kr. Kleinknechts VI. Sonate da Camera a Flauto Traversiere Solo e Cembalo ο Violoncello, ä 1 fl. 30 kr. Tischers 6. leichte und dabey anegenehme Clavier-Partien, 3ter & 4ter Theil, jeder 30. kr. (AIZ 44/1748) Agrells 6. Sinfonien a quatro cioe Violino I, Violino II., Alto Viola, Cembalo e Violoncello, con II. Trombe, Timpani, Corni da Caccia, Flauti dolci, Traversi, Oboe ad lib: Opera 1. In Folio, auf sauber Super-RealPapier abgedruckt, 2fl. 45. kr. Ejusd. 6. Sonate per il Cembalo solo accompagnate con alcune Ariette, Polonesi, e Menueti I. fl 30. kr. Bachs 6. Sonate per Cembalo, dedicate all'Altezza Serenissima di Carlo Eugenio, Duca di Würtemberg e Teckh &c. &c. Zweyte Edition, mit dessen erklärten Maniern vermehrt, 1 fl. 12 kr. Falkenhagens 6. Concerti ä Liuto - obligato, Traverso, Oboe ο Violino e Violoncello &c. Opera III, 6fl. Ejusd. 6. Concerti ä Liuto obligato, Traverso, Oboe ο Violino e Violoncello &c. Opera IV, 6 fl. Friedrichs 6. Sonatines sur le Clavessin &c. 36 kr. Hofmanns 6. Murki pour le Clavessin, 36 kr. Försters 6. Sinfonie a due Violini, Viola, Cembalo e Violoncello, con Ripieni di diversi stromenti &c. 2fl. (AIZ 1/1749) Von Musicalien sind wieder neu eingeschikt worden, das vorgnügte [sie] Ohr und der erquikte Geist, in 6. Galanteriepartien zu Ciavierübung, von Tischer, Ister Theil ä 48 kr. und dessen 6 leichte Ciavierpartien, Ister, 2ter, 3ter und 4ter Theil, ä 2 fl. (AIZ 9/1749) Agrells 6. Sinfonien α quatro cioe Violino /., Violino II, Alto Viola, Cembalo e Violoncello, con II. Trombe, Timpani, Corni da Caccia, Flauti dolci, Traversi, Oboe ad lib: Opera I. In Folio, auf sauber Super-RealPapier abgedruckt, 2 fl. 45. kr. Scheuenstuhls 6. Galanteriepartien, Ister Theil, ä 40 kr. und Schaffraths 6. Duetti ä Cembalo obligato e Violino ο flauto Traverso concertato ä 2 fl. 15 kr. Bachs 6. Sonate per Cembalo, dedicate all 'Altezza Serenissima di Carlo Eugenio, Duca di Würtemberg e Teckh &c. &c. Zweyte Edition, mit dessen erklärten Maniern vermehrt, 1 fl. 12 kr. (AIZ 12/1749) Döbberts 6. Sonaten pour la Flute-traversiere seule avec la Basse chiffree, Oeuvre 1., welches unter andern von dem bekannten Virtuosen in Nürnberg, Herrn Johann Ulrich Hafners Verlag, schön in Kupfer herausgekommen, und nun auch in dem Zeitungscomtoir allhier pro 1 fl. 30 zu haben ist. (AIZ 13/1749) In dem Maschenbaurischen Avis- und Zeitungscomtoir allhier zu Augspurg, und bei Johann Ulrich Hafner in Nürnberg ist zu verkauffen: Agrells 6. Sinfonie α quatro cioe Violino /., Violino II, Alto Viola, Cembalo e Violoncello, con II Trombe, Timpani, Corni da Caccia, Flauti dolci, Traversi, Oboe ad lib: Opera I. In Folio, auf sauber Super-Real-Papier abgedrukt, 2 fl. 45. kr. Dessen 6. Sonate per il Cembalo solo accompagnate con alcune Ariette, Polonesi, e Menueti 1. fl 30. kr. Bachs 6. Sonate per Cembalo, dedicate all 'Altezza Serenissima di Carlo Eugenio, Duca di Würtemberg e Teckh cfee. &c. Zweyte Edition mit dessen erklärten Maniern vermehrt, ä 1 fl. 12 kr. Döbberts 6. Sonaten pour la Flute traversiere seule avec la Basse chiffree, Oeuvre 1., ά 1 fl. 30 kr. Falkenhagens 6. Sonate ä Liuto Solo &c. Opera I, ä 2 fl. Kleinknechts VI. Sonate da Camera α Flauto Traversiere Solo e Cembalo ο Violoncello, a I fl. 30 kr. Köhlers VI. Sonaten auf die Violin, mit dem Accompagnement eines obligaten Cempalo [sie] oder Claviers, ä 45 kr. Krebs VI. Trio α Flauto Traverso I. e II. ο Violino e Cembalo a 1 fl. 30 kr. Dessen Clavier-Uebung, bestehend in einer Suite &c. zweiter Theil ä 24 kr. Leffloths

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Concerto per il Cembalo concertando e Violino &c. ä 20 kr. Leuthards

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Sonate ä Cembalo Solo

N e w m a n : H a f f n e r (Anm. 38) und H. Heussner: Nürnberger Musikverlag und Musikalienhandel ( A n m . 38). J a k o b F r i e d r i c h K l e i n k n e c h t ( 1 7 2 2 - 1 7 9 4 ) . Z u r F a m i l i e vgl. M G G (1. A u f l . , A n m . 5) B d . 7. Sp. 1208-1210; kein w e i t e r e r N a c h w e i s bei F. K r a u t w u r s t , W . Z o r n : B i b l i o g r a p h i e ( A n m . 5). D a t i e r u n g N ü r n b e r g 19.10.1748 n a c h L. H o f f m a n n - E r b r e c h t : H a f f n e r N a c h t r ä g e ( A n m . 3 8 ) S. 120. Z u J o h a n n G e o r g H o f f m a n n ( 1 7 0 0 - 1 7 8 0 ) vgl. R. E i t n e r : Q u e l l e n l e x i k o n ( A n m . 169) B d . 5. Sp. 175. K e i n e N a c h w e i s e bei L. H o f f m a n n - E r b r e c h t : H a f f n e r ( A n m . 3 8 ) . D e r s . : H a f f n e r N a c h t r ä g e ( A n m . 3 8 ) , W . S. N e w m a n : H a f f n e r ( A n m . 38), H . H e u s s n e r : N ü r n b e r g e r M u s i k v e r l a g u n d M u s i k a l i e n h a n d e l ( A n m . 3 8 ) u n d F. K r a u t w u r s t , W . Z o r n : B i b l i o g r a p h i e ( A n m . 5). Z u Christian F r i e d r i c h D ö b b e r t (f 1770) vgl. F. J. L i p o w s k y : M u s i k - L e x i k o n ( A n m . 117) S. 70; M G G ( l . A u f l . , A n m . 5) B d . 1. Sp. 1455; kein N a c h w e i s bei F. K r a u t w u r s t , W . Z o r n : Bib l i o g r a p h i e ( A n m . 5). D a t i e r u n g N ü r n b e r g 1 8 . 4 . 1 7 4 9 n a c h L . H o f f m a n n - E r b r e c h t : H a f f n e r ( A n m . 3 8 ) S. 120. Zu J o h a n n M a t t h ä u s L e f f l o t h ( 1 7 0 5 - 1 7 3 3 ) vgl. M G G (1. A u f l . , A n m . 5) B d . 8. Sp. 4 6 8 f . ; kein N a c h w e i s bei F. K r a u t w u r s t , W . Z o r n : B i b l i o g r a p h i e ( A n m . 5). W . S. N e w m a n : H a f f n e r

Zu Musik

und Aspekten

des Musikmarkts

des 18.

425

Jahrhunderts

&c. Opera I. ä 1 fl. 30 kr. Platti VI. Sonates pour le Clavessin Sur le Gout Italien &c. Oeuvre I ä 1 ß. 30 kr. Dessen Opera II di II Concertia Cembalo obligato, Violino I. e II. Alto Viola e Violoncello, ä 1 ß. 30 kr. Dessen 6. VI. Sonate a Flauto Traversiere solo e Cembalo, Opera III. a 1 fl. 30 kr. Schaffraths 6. Duetti ä Cembalo obligato e Violino ο flauto Traverso concertato &c. ä2fl. 15 kr. Scheuenstuhls 6. Galanterie-Partien, Ister Theil, ä 40 kr. Schornbachs III Sonates pour le Clavessin &c. 4to ä 24 kr. Tischers Divertissement musical, contenant III. Suites Sonates pour le Clavessin &c. Oeuvre I ä I β. (A1Z 16/1749) (19) Zu Nürnberg von Herrn Johann Ulrich Haffner, sind wieder neue Musicalien herauskommen, und bei ihme sowohl als auch in dem disseitigen Avis- und Zeitungscomtoir zu haben: Les Doits parlans en douze fugues 191 doubles ä deux & trois Sujets pour le Clavessin, par Mr. de Mattheson &c., seconde Edition, a I fl 45 kr. (A1Z 26/1749) (20) Bei dem berühmten Lautenisten, Johann Ulrich Hafner, sind in Kupfer heraus gekommen, und auch allhier 192 in dem Avis- und Zeitungscomtoir sowohl, als auch bei dem Verfasser, Herrn Organisten Kobrich in Landsperg zu haben; Koberichs 6. leichte und dabei angenehme Ciavierpartien, Ister Theil, ä 1. fl. 45. kr. 193 Desgleichen Dehec 6. Sonate ä Violino Imo, Violino Ildo, Violoncello e Cembalo, ä 24 kr. (AIZ 30/1749) (21) Dech IV. [sie] Sonate ä due Violini, Violoncello & Cembalo, ä 1. fl. 45. kr. und Kobrichs VI. leichte Ciavierpartien, Ister Theil. ä 24 kr. (AIZ 33/1749) (22) Zu Nünberg bei Herrn Johann Ulrich, Hafner ist im Verlag heraus gekommen, und im disseitigen Avis- und Zeitungscomtoir zu haben: Sammlung auserlesener Fabeln mit darzu verfertigten Melodeien, Ister Theil ä 1 fl. 45 kr. (AIZ 41/1749) (23) Tischers musicalische Zwillinge in 2. Concerten eines Thons,194 Namens Ε moll, vor das Ciavier, oder harmonisehe Freude, auf klingender Seite, 3te Frucht, 30 kr. Gerano VI. Menuetten, welche sowohl auf dem Ciavier allein, als auch mit Bestimmung einer Viola da Gamba, Viola, Violoncello, oder Violino, Traverso, nach Belieben können gespielet werden, 15 kr. (AIZ 42/1749) (24) Bei dem berühmten Lautenisten, Johann Ulrich Hafner, sind in Kupfer heraus gekommen, und auch allhier in dem Avis- und Zeitungscomtoir sowohl, als auch bei dem Verfasser, Herrn Organisten Kobrich in Landsperg zu haben: Koberichs 6. leichte und dabei angenehme Ciavierpartien, Ister Theil, ä 1. fl. 45. kr. Desgleichen Dehec 6. Sonate ä Violino Imo, Violino Udo, Violoncello e Cembalo, ä 24 kr. (AIZ 15/1750)

( A n m . 3 8 ) S. 195, g i b t d a s D r u c k j a h r mit 1 7 4 5 an. V g l . H. H e u s s n e r : N ü r n b e r g e r M u s i k v e r lag u n d M u s i k a l i e n h a n d e l ( A n m . 3 8 ) S. 3 3 5 , der m i t D a t i e r u n g N ü r n b e r g 1 9 . 2 . 1 7 3 4 ein , C o n c e r t o p e r il C e m b a l o c o n c e r t a n d o c o n V i o l i n o ' v o n L e f f l o t h im V e r l a g v o n F e l ß e c k e r s Erben u n d der W i t w e d e s K o m p o n i s t e n n a c h w e i s t . 190

Z u J o h a n n D a n i e l Leuthard ( * 1 7 0 6 ) v g l . R. Eitner: Q u e l l e n l e x i k o n ( A n m . 1 6 9 ) B d . 6. S. 156; M G G ( 1 . A u f l . , A n m . 5 ) B d . 1. Sp. 1 4 5 5 . D a t i e r u n g N ü r n b e r g 3 0 . 6 1 7 4 5 bei H. H e u s s n e r : N ü r n b e r g e r M u s i k v e r l a g u n d M u s i k a l i e n h ä n d e l ( A n m . 3 8 ) S. 3 3 5 ; k e i n N a c h w e i s bei F. K r a u t w u r s t , W . Zorn: B i b l i o g r a p h i e ( A n m . 5).

191

Z u J o h a n n M a t t h e s o n ( 1 6 8 1 - 1 7 6 4 ) v g l . M G G ( 1 . A u f l . , A n m . 5 ) B d . 8. Sp. 1 7 9 5 - 1 8 1 5 ; k e i n N a c h w e i s bei F. K r a u t w u r s t , W . Zorn: B i b l i o g r a p h i e ( A n m . 5). Erster T e i l u.d.T. , D i e w o l k l i n g e n d e F i n g e r - S p r a c h e in z w ö l f F u g e n mit z w e y b i ß d r e y S u b j e c t e n ' ( S e l b s t v e r l a g H a m burg 1 7 3 5 ) mit D a t i e r u n g N ü r n b e r g 1 5 . 8 . 1 7 3 5 n a c h H. H e u s s n e r : N ü r n b e r g e r M u s i k v e r l a g und M u s i k a l i e n h a n d e l ( A n m . 3 8 ) S. 3 3 6 . Z w e i t e r T e i l D a t i e r u n g N ü r n b e r g 2 5 . 6 . 1 7 4 9 n a c h L. H o f f m a n n - E r b r e c h t : H a f f n e r ( A n m . 3 8 ) S. 120.

192

Z u J o h a n n A n t o n K o b r i c h ( 1 7 1 4 - 1 7 9 1 ) v g l . M G G (1. A u f l . , A n m . 5 ) B d . 7. Sp. 1 2 8 7 f . und w e i t e r e N a c h w e i s e bei F. K r a u t w u r s t , W . Zorn: B i b l i o g r a p h i e ( A n m . 5). D a t i e r u n g N ü r n b e r g 3 0 . 7 . 1 7 4 9 n a c h L. H o f f m a n n - E r b r e c h t : H a f f n e r ( A n m . 3 8 ) S. 120.

193

Z u N a s s o v i u s ( N a z a r i o ) D e h e c v g l . E. L. Gerber: L e x i c o n ( A n m . 8 6 ) B d . 1. S p . 3 3 0 ; k e i n Nachweis

bei

Bibliographie

(Anm.

5).

30.7.1749

n a c h L. H o f f m a n n - E r b r e c h t : H a f f n e r ( A n m .

F.

Krautwurst,

W.

Zorn:

3 8 ) S.

120; v g l . L.

Datierung

Nürnberg Hoffmann-

Erbrecht: H a f f n e r N a c h t r ä g e ( A n m . 3 8 ) S. 141. 194

Z u G e r a n o v g l . R. Eitner: Q u e l l e n l e x i k o n ( A n m . 1 6 9 ) B d . 4 . S. 2 0 2 . K e i n e N a c h w e i s e bei L. H o f f m a n n - E r b r e c h t : H a f f n e r ( A n m . 3 8 ) . D e r s . : H a f f n e r N a c h t r ä g e ( A n m . 3 8 ) , W . S. N e w m a n : H a f f n e r ( A n m . 3 8 ) , H. H e u s s n e r : N ü r n b e r g e r M u s i k v e r l a g und ( A n m . 3 8 ) u n d F. K r a u t w u r s t , W . Zorn: B i b l i o g r a p h i e ( A n m . 5).

Musikalienhandel

Josef Mancal

426 Anhang 2: Musikalieninserate für Johann Gottlieb Mizler 1748-1750 (1)

(2)

(3) (4)

1) Gradus ad Parnassum, oder Anführung zur regelmäßigen musicalischen Composition, auf eine neue, gewisse und bißhero noch niemahls in so deutlicher Ordnung an das Licht gebrachte Art, ausgearbeitet von Johann Joseph Fia 195 , Weil. Sr. Kayserl. und Königl Catholischen Majestät Cals [sie] des VI. Ober-Capellmeister. Aus dem Lateinischen ins Teutsche übersetzt, mit nöthigen und nützlichen Anmerckungen versehen und heraus gegeben von Doct. Lorentz Mizlern. Mit 57. Kupfer-Tafeln in 4 to. Der Ρ reiß 2. j1. 45. kr. Es ist bekannt, daß dieses Buch in der musicalischen Composition ein Auetor Classicus, welches der trefßiche Baron Fux, nachdem er dreyer Kayser Capellmeister gewesen, in seinem Alter, dem Componisten zum Besten mit vieler Geschicklichkeit verfertiget, auch deßwegen mit allgemeinem Beyfall aufgenommen worden. Die hinzugekommenen Anmerckungen eines zu unsern Zeiten beliebten Music-Gelehrten machen solches noch brauchbarer. 2) Musicalischer Staarstecher, in welchem rechtschaffener Music-Verständigen Fehler bescheiden angemercket, eingebildeter und selbst gewachsener sogenannten Componisten Thorheiten aber lächerlich gemacht werden. Als ein Anhang ist des Herrn Riva , damahls des Hertzogs von Modena Residenten zu London, Nachricht vor die Componisten und Sänger beygefiigt, und aus dem Italiänischen ins Teutsche übersetzet von Doct. Lorentz Mizlern. Der Ρreiß 30. kr. 3) Dritte Sammlung auserlesener Moralischer Oden, zum Nutzen und Vergnügen der Liebhaber des Singens und des Claviers, componirt und heraus gegeben von Doct. Lorentz Mizlern. Die erste Sammlung wird auf Michaeli zum drittenmal aufgelegt, nebst der andern Sammlung zweyte Auflage, und die vierte und letzte Sammlung neu zu haben seyn. Eine Sammlung kostet 30. kr. welche aus 24. sauber in Kupffer gestochenen Arien bestehet, unter welchen der Text beygedruckt ist. (AIZ 21/1748) Allhier zu Augspurg, in dem Avis- und Zeitungscomtoir, ist bei Johann Gottlieb Mizler in Commission zu haben: Dritte Sammlung auserlesener moralischer Oden, zum Nuzen und Vergnügen der Liebhaber des Singens u. des Claviers, componirt und herausgegeben von Doct. Lorenz Mizlern. Eine Sammlung kostet 30 kr. welche aus 24. sauber in Kupfer gestochnen Arien bestehet, unter welchen der Text beigedrukt ist. (AJZ 12/1749) Musicalischer Zeitvertreib, bestehend in einer Sammlung ausserlesener Oden zum Singen und Spielen auf dem beliebten Ciavier, 8. 1. Theil ä 1 fl. 12 kr, und dessen 2ter Theil. (AIZ 34/1749; 18/1750) Augspurgische respect. Herren Liebhaber zu der bis längstens Sommer-Johannis d. J. bey mir fertig werdenen noch so stark vermehrten und mit einem Lieder-Register für Auswärtige, eingerichteten neuen Auflage der von dem H. Diak zum H. Kreuz in Augspurg herausgegebenen: Nachrichten von Liederdichtern des Augsp. Gesangbuchs- können sich ißt und künftig mit 30 kr. Pränumeration, gegen Emfang einer vorläufigen Nachricht davon in einem Avertissement und eines Scheins, bey dem H. Verfasser se lbs ten melden, und wird Ihnen diese zu Berichtigung der Liederdichter in ihr Gesangbuch und zur Erbauung auch gemeiner Christen abzielende Schrift, in gutem Druck und Papier, aus meinem Verlage seiner Zeit richtig und zum Vergnügen eingehändigt werden. Den 20ten Jan. 1775. Johann Gottlieb Mizler, Hochfürstl. Brandenb. Onolzb. und Bayreuth, privileg. Hofbuchdrucker. (ΑΪΖ4/1775) Anhang 3: Subskriptionsinserat für CJPh.E. Bachs , Versuch über die wahre Art, das Ciavier zu spielen 9 1752

Berlin. Versuch über die wahre Art, das Ciavier zu spielen, durch Carl Philipp Emanuel Bach, Königl. Cammermusicus. Es werden hier erstlich die allgemeinen Regeln von der einzigen möglichen guten Fingerordnung festgesezet. Der Verfasser suchet insbesondere den Artikul von den Zierrathen und Annehmlichkeiten im Spielen, die viele so willkührlieh ansehen, feste zu sezen, und ihren Siz so viel möglich zu bestimmen. Es dient dieses denen Liebhabern darzu, daß sie ein Stük ohne Beihülfe eines Meisters von selbst zierlich spielen lernen können., wenn der Componist die Annehmlichkeiten nicht durch gewise Figuren bezeichnet hat. Es sollen aber auch zugleich die Lehrer hierbei ihre Rechnung finden, indem man sie ausser Stand zu sezen suchet, ihre Scholaren durch falsche Grunde zu verderben. Nach diesem wird von dem Vortrage auf dem Claviere noch überhaupt gehandelt. Alles dieses hat der Verfasser mit hinlänglichen Exempeln erläutert, und noch zulezt 18. Probstüke, welche 6. Sonaten ausmachen, hinzugefüget. Hierinnen findet man allerhand Tonarten, allerhand Gattungen von Noten, von Tacten, von Manieren, von Gängen, alle Stüke mit ihren Annehmlichkeiten bezeichnet, und über jede Note die Finger gesezt. Diese sollen mit den bisher ο gewöhnlichen Gassenhauern, womit man die Anfänger zum seichten und falschen Spielen angeßihret hat, nichts, als die Leichtigkeit gemein haben, so, daß man gleich an diese Stüke gehen kan. Das schwerste hierunter wird mit wenigerer Mühe heraus zu bringen seyn, als das leichteste von den bishero gedrukten Sachen des Verfassers. Jedermann zu Gefallen ist alles auf den gewöhnlichen Ciavierschlüssel geschrieben, und erstreki sich der Umfang der Compositionen nicht weiter, als auf die 4. ordentlichen Octaven des Claviers von c, zu c. Jetzt angezeigtes Werk liegt zum Druke fertig, und soll von hier bis Johannis Vorschuss darauf angenommen werden. Erhält man nicht eine ansehnliche Zahl Subscribenten, so bleibt

195

196

Johann Joseph Fux (1660-1741); vgl. MGG (1. Aufl., Anm. 5) Bd. 4. Sp. 1159-1175 und weitere N a c h w e i s e bei F. Krautwurst, W. Zorn: Bibliographie (Anm. 5). Zu Giuseppe Riva (* um 1696) vgl. R. Eitner: Quellenlexikon (Anm. 169) Bd. 7. S. 255f.; kein N a c h w e i s bei F. Krautwurst, W. Zorn: Bibliographie (Anm. 5).

Zu Musik und Aspekten

des Musikmarkts

des 18.

Jahrhunderts

All

es liegen; ausser dem aber können auf Michaelis emplar für 3. franco eingesendete Rthlr. current,

die Exemplaria ausgegeben werden. Wer pränumerirt, erhält das Exoder 4. u. 1. halben Französische Gulden. Nachhero wird keins unter 197 5. Rthlr. verlassen werden. Die Herren Collecteurs sind folgende: In Berlin, der Herr Verfasser, und Herr Busse 19S Organist am grossen Fridrichs-Hospital. In Augspurg, der Herr Musicdirector, Joh. Caspar Seifert . In Eisenach, I99 200 der Herr Organist Bach . In Halberstadt, der Herr Domsecretarius Gleim . In Hamburg, der Herr Capellmeister Telemann201.

In Leipzig,

die Frau Capellmeisterin

berg, des seligen Baltharsar

Schmids

Wittib

Bachin202.

In Naumburg,

. In Stettin, der Herr Organist

der Herr Organist Wolf05.

Altnikol203,

In

Nürn-

(AIZ 12/1752)

Anhang 4: Musikalieninserate von Konrad Heinrich Stage 206 (1)

Sammlung geistlicher Lieder aus den Schriften der besten deutschen Dichter, zur Beförderung der HausAndacht, nebst einem Gebet-Buche und Lavaters Nachdenken über sich selbst, mit einer Vorrede Herrn Johann Georg Schelborns, Predigers und Stadtbibliothekars in Memmingen, in Verlag Johann Christoph Diefels 1772. Es bestehet diese Sammlung aus 500. Lidern, aus Gellerts, Schlegels, Cramers, Klopfstocks [sie], Lavaters und Seilers Schriften. Herr Prediger Schelborn hat außer eigenen Liedern auch eine lesenswürdige Vorrede beygefüget, von den gewönlichsten Fehlern bei der christlichen Hausandacht. Ein geschikler Tonkünstler Herr Johann Conrad Heinsius, hat 49. neue Melodien zum Ciavier in Discant und Baß darzu componirt. (AIZ 52/1772)

(2)

Ueber die Geschichte der lezten Leiden und des Todes Jesu Christi, ein Lied von Johann vierter Diakon, der Gemeine zu den Barfüßern, 8vo. 1780 ä 4 kr. (AIZ 12/1780)

(3)

Reinecks zweyte Liedersammlung kr. (AIZ 17/1780)

197

198 199

200

201 202

203

204

205

206 207

208

mit Ciavier-Melodien,

in Musik gesezt, Fol. Memmingen,

Christoph

Heckel,

1780. ä 1 ß. 30

Zu Joachim B u s s e vgl. R. Eitner: Quellenlexikon ( A n m . 169) Bd. 2. S. 251; kein N a c h w e i s bei F. Krautwurst, W . Zorn: Bibliographie ( A n m . 5). Zu Seyfert vgl. A n m . 76. Zu J o h a n n Ernst Bach (1722-1777) vgl. M G G (2. Aufl., A n m . 5) Personenteil Bd. 1. Sp. 1300-1302; kein N a c h w e i s bei F. Krautwurst, W . Zorn: Bibliographie ( A n m . 5). Zu Johann Wilhelm L u d w i g Gleim (1719-1803) vgl. M G G (1. Aufl., A n m . 5) Bd. 5. Sp. 254256 und Killy: Literaturlexikon ( A n m . 21. Bd. 4) S. 173-175; kein N a c h w e i s bei F. Krautwurst, W . Zorn: Bibliographie ( A n m . 5). Zu T e l e m a n n , d e m T a u f p a t e n C.Ph.E. Bachs, vgl. A n m . 42, 50, 55 und 185. Zu A n n a M a g d a l e n a B a c h (1701-1760); zur Stiefmutter C.Ph.E. B a c h s vgl. M G G (2. Aufl., A n m . 5) Personenteil Bd. 1. Sp. 1289f.; kein N a c h w e i s bei F. Krautwurst, W . Zorn: Bibliographie ( A n m . 5). Johann Christoph Altnikol (1.1.1720 [getauft] - 25.7.1759); zum Schwiegersohn J.S. B a c h s vgl. M G G (2. Aufl., A n m . 5) Personenteil Bd. 1. Sp. 549-552; kein N a c h w e i s bei F. Krautwurst, W . Zorn: Bibliographie ( A n m . 5). H. H e u s s n e r : N ü r n b e r g e r Musikverlag und Musikalienhandel ( A n m . 38) S. 323-325. Zu Balthasar Schmid vgl. Horst Heussner: D e r M u s i k d r u c k e r Balthasar Schmid in N ü r n b e r g . In: Die M u s i k f o r s c h u n g 16 (1963). S. 350f. Zu Christian Michael W o l f ( 1 7 0 9 - 1 7 8 9 ) vgl. E. L. Gerber: Lexicon ( A n m . 86) Bd. 2. Sp. 823; kein N a c h w e i s bei F. Krautwurst, W . Zorn: Bibliographie ( A n m . 5). Zu Stage vgl. A n m . 58, 136 und 210. Johann G e o r g Schelhorn (d.Ä., f 1773). Zu Geliert vgl. A n m . 21, zu Karl Gottlob C r a m e r (1758-1817) vgl. M G G (1. Aufl., A n m . 5) Bd. 15. Sp. 1630, und Killy: Literaturlexikon ( A n m . 21) Bd. 2. S. 473. Zu Friedrich Gottlieb Klopstock (1724-1803) vgl. M G G (1. Aufl., A n m . 5) Bd. 7. Sp. 1237-1241, und Killy: Literaturlexikon ( A n m . 21) Bd. 6. S. 392-399. Zu Johann C a s p a r Lavater (1741-1801) vgl. M G G (1. Aufl., A n m . 5) Bd. 3. Sp. 1177, und Killy: Literaturlexikon ( A n m . 21) Bd. 7. S. 181-183. Zu Sebastian (Johann Valentin) Sailer (17141777) vgl. M G G (1. Aufl., A n m . 5) Bd. 11. Sp. 1240f„ und Killy: Literaturlexikon ( A n m . 21) Bd. 10. S. 114. Zu Schelhorn, Geliert, Cramer, Klopstock, Lavater und Sailer kein N a c h w e i s bei F. Krautwurst, W. Zorn: Bibliographie ( A n m . 5). Zu Christoph R h e i n e c k (1748-1797) vgl. M G G (1. Aufl., A n m . 5) Bd. 11. Sp. 381-383 und weitere N a c h w e i s e bei F. Krautwurst, W . Z o m : Bibliographie ( A n m . 5).

428 (4) (5)

Josef

Mancal

J2 Charakterische Ciavierstücke von G.C. Fuger, quer Folio. Tübingen, 1785. äß. 3. 36 kr. in dem 8ten Stück der Pomona 1784 findet man diese vortrefiiche Stücke auf das beste angezeigt. (AIZ 9/1785) 209 Herrn Abt Voglers sämmtliche Musikalien sind in der Stägischen Buchhandlung in Comission zu haben, und wird davon ein Katalog umsonst herausgegeben [...] 45 kr. Pränumeration angenommen. (AIZ 38/1785) 210

(6) (7)

(8) (9)

[...] auf die musikalischen Rhapsodien des Herrn Schubarts , nimmt obiger Buchhändler noch 48 kr. Pränumeration an. (AIZ 44/1785) Die Entführung aus dem Serail ein komisches Sing-Spiel in 3 Aufzügen. Die Musik ist von dem vortreflichen Herrn von Mozart, der Klavier-Auszug von Herrn AbbeΊ 1Stark. Gestochen und herausgegeben von B. Schott, 1 Kurfürstl. Hof. Musikstecher in Mainz, queer Fol. 1785. (AIZ 50/1785) Gebete und Lieder fur die Häusliche Andacht, von Friedrich Eberhard, Prinz zu Hohen-Kichberg, 8vo Dehringen, 1787, auf Schreibpapier 45 kr. - eben dasselbe auf Druckpapier 36 kr. (AIZ 37/J 787) 212 213 Schlegels gründliche Anleitung die Flöte zu spielen, nach Quanzens Anweisung, mit Noten, gr. 8vo ibid. 1788; (AIZ 49/1787) 214

(10) Die treuen Köhler, ein Singspiel in zween Aufzügen von Hermann, in Musik gesezt von Lucas Schubaur , der Medicin Doctor, Verfasser der Deputirten, quer Folio, Mannheim und München, 1788. (AIZ 7/1788) (11) Schubarts Franz von der Trenk, Panduren-Obrist dargestellt von einem Unpartheilschen, 3tes Bändchen mit Kupfer und Musik. Stuttgard, 1790 NB. Das 2te Bändchen, ά 32 kr. ist auch noch zu haben. Recueil des differens allemandes, Minuets, & Anglaises, faciles & agreables pour le Clavecin ou fortepiano par Kirmair , premier cahier. 4. Stougart. 1790 (AIZ 3/1790) (12) Musikalischer Potpourri, 2tes Vierteljahr, herausgegeben von Abeille, Eidenbenz216, Schwegler, Zumsteeg211'. 4. Stuttgardt, 1790 (AIZ 31/1790). (13) [...] Liederbuch für Freunde des Gesangs, 2te Auflage 8. Ulm, 1791 Potpourri, musikalischer, 3tes Vierteljahr, herausgegeben von Apeille, Eidenbenz, Schwegler, und Zumsteeg. 4. Stuttgart, 1790. von Böcklins Beiträge zur Geschichte der Musik besonders in Deutschland, nebst freimüthigen Anmerkungen über die Kunst. 8. Freiburg, 1790. Schubarts und Procopio Opfer einer deutschen und welschen Muse, am großen deutschen Nazionalfeste, der Krönung Kaiser Leopold IL in drei Gedichten. 8. Stuttgart. 1790 (AIZ 49/1790).

209

Zu Vogler vgl. Anm. 117, 136, 151 und 152. Zu Christian Friedrich Daniel Schubart (1739-1791) vgl. M G G (1. Aufl., Anm. 5) Bd. 12. Sp. 95-99 und Anm. 2 3 2 sowie weitere N a c h w e i s e bei F. Krautwurst, W. Zorn: Bibliographie (Anm. 5). Schubart hatte bei seinem Aufenthalt in Augsburg bei seinem Verleger K.H. Stage (vgl. Anm. 58 und 136) erstmals am 31.3.1774 die kurz darauf untersagte ,Deutsche Chronik' herausgebracht. 2 " Zu W.A. Mozart vgl. Anm. 8, 9, 25, 128, 130, 149, 159 und 223; zu Bernhard Schott (17481809) vgl. MGG (1. Aufl., Anm. 5) Bd. 12. Sp. 50-52; zur Klavierausgabe von K V 3 8 4 vgl. Franz Giegling, Alexander Weinmann, Gerd Sievers (Bearb.): Ludwig Ritter von Kochel; Chronologisch-thematisches Verzeichnis sämtlicher Tonwerke Wolfgang Amade Mozarts, 7. Aufl. Wiesbaden 1965. S. 411. 212 Zu Franz Anton Schlegel vgl. M G G (1. Aufl., Anm. 5) Bd. 11. Sp. 1812f.; kein N a c h w e i s bei F. Krautwurst, W. Zorn: Bibliographie (Anm. 5). 213 Zu J.J. Quantz und seinem Werk 'Versuch einer Anweisung, die Flöte traversiere zu spielen' vgl. Anm. 89. 214 Zu Johann Lucas Schubaur (1749-1815) vgl. M G G (1. Aufl., Anm. 5) Bd. 12. Sp. lOOf. und weitere N a c h w e i s e bei F. Krautwurst, W. Zom: Bibliographie (Anm. 5). 215 Zu Wolfgang Kirmair (Kirmayr, f 1795) vgl. R. Eitner: Quellenlexikon (Anm. 169) Bd. 7. S. 255f.; kein N a c h w e i s bei F. Krautwurst, W. Zorn: Bibliographie (Anm. 5). 216 Zu Johann Christian Eidenbenz (1761-1799) vgl. M G G (1. Aufl., Anm. 5) Bd. 16. Sp. 29f.; kein N a c h w e i s bei F. Krautwurst, W. Zorn: Bibliographie (Anm. 5). 217 Zu Johann Rudolf Zumsteeg (1760-1802) vgl. M G G (1. Aufl., Anm. 5) Bd. 14. Sp. 14271434 und weitere Nachweise bei F. Krautwurst, W. Zorn: Bibliographie (Anm. 5). 210

Zu Musik und Aspekten des Musikmarkts des 18. Jahrhunderts

429

Anhang 5: Musikalieninserat von Johann Georg Christoph Braun 2 1 8 1790

•>|9 J. G. Chr. Braun, Buchbinder und auswärtigen

und Futralmacher

Herrn Liebhabern

allhier, wohnhaft

der Music bekannt,

bei St. Anna Lit. D Nro. 235"

daß bei ihme folgende

Musicalien

macht denen

in Kommission

hiesig

zu

haben

sind12" | Ä[ück]. 1. Pleyel Sinfonia. op. 3. fl. 2. 8 kr. \ 2. Schmitt Fl. Concert, op. 15. a 2 fl. 16 kr. fl. 4. 32 kr. \ 1. Beeke222 3 Quart. Quart, lib. I. & II.}I 3. | 1. Mozart223 Quart, op. 15.fi. 1. | 1. Neubauer224 Quart, op. l.fl. 1. 36 kr. | I. Pleyel Quart, op. 4. fl. 3. 36 kr. \ 1. [Pleyel] Quint, op. 18. fl. 2. \ 1. Rosetti22> 227

Quint, fl. 1. 45 kr. \ 1. Wolfj

229

bauer

3. Trios 1 ß.J2

28

Quart, op. 3. fl. 2. | 2. Haydn

kr. \ }. Soirees

amüsantes

Sextett fl. 1. 12 kr. \ 1.

Vetter226

3. Trios op. 32 a 1 fl. 12 kr. | fl. 2. 24 kr. \ 1.

Schmitt-

6 Cahiers. ß. 2. 45 kr. \ 2. Luhe Claviere

Rosetti Concert α β. 2. 40 kr. | β. 5. 20 kr. j /. Mozart gr. Concert,

Concert,

op. 9ß. 2 40 kr. \ 2. Kozeluch230

α β. 2. β. 4. \ 2.

Sonat. op. 20 α β.

2. β. 4. I. I [Kozeluch] Sonat. op. 18 fl. ] \ 2. Martin"31 Ouverture una cosa rara. 40 kr. \ 2. Neumann Ouverture del opera Eurid. 32 kr. j J. Pleyel gr. Son. op. 20 40 kr. \ 2. Schmittbauer Pot-Pourr. a 40 kr. 1 β. 20 kr. \ 2. Rosetti differentes pieces

a 1 fl.fl. 2 ι 2. Schubart

40 kr. [ 3 Unteraltungen

13. variations,

a 40 kr. fl. 1 20 kr. \ 2. Schweizer

[sic] am Clavier a 48 kr. fl. 2. 24 kr. \ 2. Van Beethoven

234

opera d'Alceste

a 20 kr.

Son. a fl. 1. 30 kr. [fl.3.

\ 1.

Bach2iS Klopstoks [sic] Morgengesang. 40 kr. | 3. Blumenkranz, a 45 kr.,fl. 2. 15 kr. [ 2. Bibliothek der Grazien, JanMay. wovon 6 Monate oder ein halbes Jahr kosten fl 2. 45 kr. rest. Jun. 5 fl. 30 kr. \ 3. Etwas zum N. Jahr a 24 kr.,fl. 1. 12 kr. \ 2. Knecht236

6ter Psalm Davids a fl. 3. 30 kr. 7 fl. | 2. Knecht

Oberon 26 kr. j 2. Launen,

2,8 219 220

221

222 223 224

225 226

227

228 229

230 231

232 233

234 235 236 237

238

a 58 kr.,fl.

Versuch aus einigen

1. 56 kr. [ 2. Minna 's frohe Empfindung

Stellen

aus

Wielands

am Ciavier fl. 2. \ 1. Pergolesi

238

's

sal-

Zu Braun vgl. Anm. 68. Lit. D235: Annastr. 26. Aus Platzgründen wird die zweispaltige Anzeige fortlaufend, das Zeilenende durch einen senkrechten Strich wiedergegeben. Zu Ignaz Joseph Pleyel (1757-1831) vgl. MGG (1. Aufl., Anm. 5) Bd. 10. Sp. 1353-1359; kein Nachweis bei F. Krautwurst, W. Zom: Bibliographie (Anm. 5). Zu Beecke vgl. Anm. 138 und 148. Zu W.A. Mozart vgl. Anm. 8 , 9 , 2 5 , 128, 130, 149, 159 und 211. Zu Franz Christoph Neubauer (Neubaur, 1760-1795) vgl. MGG (1. Aufl., Anm. 5) Bd. 9. Sp. 1387f.; kein Nachweis bei F. Krautwurst, W. Zom: Bibliographie (Anm. 5). Zu Rosier (Rosetti) vgl. Anm. 117, 138 und 149. Unklar ist, ob Vetter mit Nicolaus (Andreas) Vetter (1666-1734) zu identifizieren ist; zu letzterem vgl. MGG (1. Aufl., Anm. 5) Bd. 13. Sp. 1571f. Zu Ernst Wilhelm Wolf (1735-1792) vgl. MGG (1. Aufl., Anm. 5) Bd. 14. Sp. 770-775; kein Nachweis bei F. Krautwurst, W. Zorn: Bibliographie (Anm. 5). Zu Haydn vgl. Anm. 67, 117, 126 und 148. Unklar ist, ob Schmittbauer als Joseph Aloys Schmittbaur (1718-1809) zu identifizieren ist; zu letzterem vgl. MGG (1. Aufl., Anm. 5) Bd. 11. Sp. 1878-1881. Zu Kozeluch vgl. Anm. 67. Zu Vincenzo Martin y Solar (1754-1810) vgl. MGG (1. Aufl., Anm. 5) Bd. 8. Sp. 1710-1715; kein Nachweis bei F. Krautwurst, W. Zorn: Bibliographie (Anm. 5). Zu Schubart vgl. Anm. 210. Zu Anton S c h w e i t z e r (1735-1787) vgl. MGG (1. Aufl. Anm. 5) Bd. 12. Sp. 372-376; kein Nachweis bei F. Krautwurst, W. Zorn: Bibliographie (Anm. 5). Zu Beethoven vgl. Anm. 124 und 149. Zu C.Ph.E. Bach vgl. Anm. 165 und 201f. Zu Klopstock vgl. Anm. 207. Zu Justin Heinrich Knecht (1752-1817) vgl. MGG (1. Aufl., Anm. 5) Bd. 7. Sp. 1266-1268. Zu Christoph Martin Wieland (1733-1813) vgl. MGG (Aufl., Anm. 5) Bd. 14. Sp. 593-599 und Killy: Literaturlexikon (Anm. 21) Bd. 12. S. 308-315; kein Nachweis bei F. Krautwurst, W. Zorn: Bibliographie (Anm. 5). Zu Giovanni Battista Pergolesi (1710-1736) vgl. MGG (1. Aufl., Anm. 5) Bd. 14. Sp. 10481064; kein Nachweis bei F. Krautwurst, W. Zorn: Bibliographie (Anm. 5).

Josef

430 ve regina. 36 kr. \ 3. v. Dalberg

239

Mancal

Evas Klagen α β. 1. β. 3. \ 2. Junker Friz a 30 kr. β. 1. | 3. Pleyel 6. Men. 45 kr. | 1. 240

Schulze 12 Engl. Contretänzeβ. 2. \ 1. Stamitz 6 Menuets. 28 kr. \ 1. Elementarbuch der Tonkunst s. prakt. Beispiele 1 Thl. kplt. β. 6. 30 kr. ) 1. detto 2 Thi kplt. Text bis J. Bogen, β. 5. 30 kr. \ Briefe und Gelder bittet man sich postfrei aus. (AIZ 16/1790J Anhang 6: Konzertinserate von Gottfried Val[l]entin 1789-1791 (1)

Bey dem Durchmarsch des Löbl. Kaiserl. Infanterie-Regiments Tiller aus den Niederlanden durch allhiesige Stadt, hat das Musik-Chor durch die Feldmusik so viel Vergnügen gemacht, daß man solche nicht satt hören können; da man nun durch gütige Mittheilung des Herrn Kapellmeisters von 12. verschiedenen sehr lebhaften Stücken, und Anschaffung der hierzu erforderlichen besondern Instrumenten in der Stand gesezet worden, diese allgemein beliebte Feldmusik aufzuführen, so hat solches dem Publikum hie mit benachrichtigen wollen Gottfried Valient in, Stadt-Trompeter. Die Aufführung dieser Musik ist am Dienstag den 14ten März 1786 im Beringer Saal am Gögingerthor, für die Entree zahlt die Person 30 und 15 kr. Die Billets sind bey Unternehmer diß, und bey dem Eingang zu haben. (AIZ 11/1786)

(2)

Durch ein besonderes Circulare haben sich bereits von hoher Noblesse und andern angesehenen Musikliebhabern, eine Anzahl zu dem in den Sommermonaten Mai, Juni, Juli, August veranstalteten Konzerten in 242 dem von Stahlischen Garten , zwischen dem rothen und gegginger Thor, wo schon ehemals dergleichen gehalten worden, und vor einem Anwetter in Zimmern und Saal geschüzet sein kann, schriftlich zu Aboniren die Gnade und Gute gehabt; weil aber solches Vorhaben mehr andern unbekannten Liebhabern nicht wissend wäre, so habe die Ehre solches hie mit zu benachrichtigen, daß das Abonement für 17 Konzerten mit Einschluß der eigenen Hausfamilien ß. 5 kostet, wozu die Entree Billet bei unten benannten am Judenberg Lit. Ε. Nro. 243 303. gegen baaren Erlag zu bekommen sind, die nicht abonirte Personen bezahlen jedes mal beim Eintritt extra 36 kr. Das erste Konzert ist Mittwoch den 6ten Mai Abends um 5 Uhr, und wird damit an diesem Tag alle 17 Wochen continuirt. Augsburg den 4ten Mai. 1789 Gottfried Valentin. (AIZ 19/1789) Den verehrungswürdigen Musikfreunden wird hiemit angezeigt, daß den 12, Okt. und sofort alle Dienstag, das gewöhnliche Winterkonzert Abends um 6 Uhr in dem Ueblichen Gasthaus gehalten wird; und sind die Abonements Billet aß. 4. -8 Familie bei Endesunterzogenem zu haben. Gottfried Valentin. (AIZ 40/1790) Liebhabern der Musik dienet zur Nachricht, daß von nächstem Mittwoch den 12.Okt. an; alle 14. Tag am Mittwoch Abends um 6 Uhr ein vollstimmiges Konzert im Gasthaus bei Hr. Aibel gehalten werden wird, wozu man sich ä 4 ß. überhaupts aboniret, oder auch beim Eingang 30 kr. bezahlen kann. Gottfried Valentin, StadtTrompeter. (AIZ 40/1791)

241

(3)

(4)

Anhang 7: Inserate für eine Musikautomatenvorführung 1748 (1)

239

240

241 242

243 244

Mit gnädiger Bewilligung Einer hohen Obrigkeit, werden allhier in dem Gast-Hof zu den 3. Mohren anheute die in gantz Europa so berühmte als zu bewundernde 3. Avtomatische Figuren, welche von dem Herrn Vaucanson , Mitglied der Königl. Franzößischen Academie der Wissenschafften erfunden und verfertiget worden, zum erstenmal zu sehen seyn. Diese 3. Mechanische Kunst-Stücke, welche menschlichen Verstand zu übertreffen scheinen, und deren Werth allein von grossen Kennern eingesehen und erkläret werden kann, enthalten in ihrem innerlichen Bau, einen Zusammenhang von vielen Künsten und Wissenschafften, hauptsächlich aber sind es Meisterstücke in der Anatomie, Physic, Mechanic und Music. Kenne re werden dabey Nutzen und

Zu Johann Friedrich H u g o von Dalberg ( 1 7 6 0 - 1 8 1 2 ) vgl. M G G (1. Aufl., A n m . 5) Bd. 2. Sp. 1869-1871; kein N a c h w e i s bei F. Krautwurst, W. Zorn: Bibliographie (Anm. 5). Zu Carl Philipp Stamitz ( 1 7 4 5 - 1 8 0 1 ) vgl. M G G (1. Aufl., A n m . 5) Bd. 12. Sp. 1157-1161 und zu Stamitz' in den Nota nicht nachweisbaren Aufenthalt in Augsburg 1774 weitere N a c h w e i s e bei F. Krautwurst, W. Zorn: Bibliographie (Anm. 5). Exemplar nicht nachweisbar. Lit. I 55 (Eserwallstr. 19). D a s Grundstück befand sich von 1785 bis 1803 im Eigentum von Johann Benedikt v o n Stahl (StadtAA, Grundbuchauszüge Lit. I 55). Zum Garten vgl. P.v. Stetten: Beschreibung der Reichs-Stadt Augsburg (Anm. 159) S. 149. Lit. C 303: Judenberg 13. Zu Jacques de Vaucanson ( 1 7 0 9 - 1 7 8 2 ) vgl. A k o s Paulinyi, Ulrich Troitzsch: Mechanisierung und Maschinisierung ( W o l f g a n g K ö n i g [Hrsg.]: Propyläen Technikgeschichte), Frankfurt a.M., Berlin 1991, S. 152, 154, 159 u.ö.; kein N a c h w e i s bei F. Krautwurst, W. Zorn: Bibliographie (Anm. 5).

Zu Musik und Aspekten des Musikmarkts

(2)

des 18.

Jahrhunderts

431

Vergnügen finden, curiose Liebhaber aber darüber erstaunen. Die erste Figur stellet einen sitzenden Mann vor in Lebens-Grösse von Holtz, welcher 11. unterschiedliche Arien auf der Flute-Traversiere bläßt, mit eben der Annehmlichkeit und Fertigkeit, wie es dieses Instrument erfordert, und zwar mit gleicher Mittheilung der Luft in das Mund-Loch, Greiffung der Thöne, Bewegung der Finger, der Lippen und der Zunge, wie solches ein lebendiger Mensch zu thun p/leget. Die 2te ist eine Manns-Person von Pappendeckel, welche 20. unterschiedliche Arien auf einer Pfeiffe, wie solche in der Provence geführet wird, und das schwerste blasende Instrument ist, nebst Rührung der Trommel mit der einen Hand, gleichfalls wie ein lebendiger Mensch blaset. Die 3te Figur ist eine Ente, von vergoldtem Meßing und Stahl, welche alle die Bewegungen, so eine lebendige Ente macht, nachahmet, von sich selbst das Essen u. Trincken hineinschluckt, verdauet, und wieder, wie einen ordentlichen Koth von sich gibt, nicht weniger die Flügel ober, unter sich und alles dasjenige verrichtet, was eine natürliche Ente thun kann. Es ist unmöglich alles so genau zu beschreiben, als es sich in der That befindet und im Werck selbsten zeigt, dahero nur noch dieses beygefüget wird, daß an einem einigen Enten-Flügel 400. Theile und besondere Zergliederungen sich befinden. Wer nun Belieben trägt, diese der Natur nachahmende Machine zu sehen, dem stehet jeden Tag Nachmittags um 3. und auch 5. Uhr der Zutritt offen, gegen Erlag 36. kr. in dem vordem- und 18. kr. in dem hintern Platz; zwischer dieser Zeit ist man ehr biet ig, die innerliche Structur u. Zusammensetzung derer Machinen, nebst einer kleinen Auslegung zu zeigen, wofür jede Person, wann ein hinlänglicher Numerus vorhanden, 36. kr. besonders zu erlegen; Standes-Personen und andern vornehmen Familien wird man zu selbst beliebiger Zeit, Vormittags oder Abends geziemend aufwarten, und die Renumeration deren eigenen Generosität anheimstellen. (AIZ 15/1748) Die so wunderbare als extra-schöne Avtomatische Figuren, davon letzthin schon ausführlich Meldung gethan, sind diese Woche noch in den 3. Mohren zu sehen, wo jetzo zugleich eine teutsche Übersetzung aus dem Frantzösischen wegen der Structur dieser mathemathischen Figuren, auf 3. Bögen in Quart gedruckter. (AIZ 17/1748)

Anhang 8: Bericht über eine Musikautomatenerfindung 1751 Regenspurg, vom 2. Oct. / Der Ehrwürdige Pater, Hr. Procopius Divisch, des exemten Ρrämonstratenserordens zu Kloster Bruk profess, der H. Schrift Doctor, und dermaliger Pfarrer zu Breediz, ohnweit Znaim in Mähren, hat eine curieuse musicalische Maschine erfunden und verfertiget. Es bestehet dieselbe in einem etwas über 5. Schuh breiten vierekigten Kasten von proportionirter Höhe, welcher mit 700. und etlich 90. Saiten, und inclusive des dabei befindlichen Pedals mit 48. Mutationen versehen ist. Der Erfinder weis darauf alle Instrumenten, die man verlanget, als z.E. die Laute, die Harpfe, die Geige, ein gemeines Clavesin, die Flaute, das Waldhorn, den schönsten Clarin oder Trompete, den besten Fagot, den Bass, die Geigenstimme Stoccato, ja so gar das seltene Instrument, Pantaleon, nebst der Menschenstimme und dergleichen mehr, nachzuahmen, und der Resonanz dieser Maschine ist so stark, daß es, wann tutti darauf gespielet wird, ein ganz wohl beseztes Chor Musicanten überschreitet. Was ausser allem diesem am meisten daran zu bewundern, ist, daß der Herr Erfinder alle Saiten, falls sie auch noch so sehr verstimmet sind, in einer Zeit von drei Viertelstunden in den gehörigen Ton bringet. Über dieses findet sich an diesem schönen Werke die Commodität, daß es mit einer Hand aus einem Zimmer in das andere geschoben, und ohne daß die mindeste Verlezung zu besorgen, über Land geführet werden kann. Eben dieser Herr Pater hat es auch in der Electricität ungemein weit gebracht, und erwarten wir die versprochene Beschreibung seiner ausserordentlichen

Experimenten mit Verlangen, 245

um selbige denen Liebhabern der Experimentalphysik ebenfalls mittheilen zu können. (AIZ 40/1751) Anhang 9: Buchrezension 1750 Zu London auf Coopers Kosten sind gedruki worden: Reflections on antient and modern Musik, with the Application to the cure of diseases. To wich is subjoined an Essay to solve the Question, wherein consisted the Difference of antient Musik from that of modern times, in gros 8, 6. Bogen. In dem ersten Capitel zeiget der Verfasser den Ursprung der Music, und wie solche das Gemüth rühre. In dem zweiten redet er von den Wirkungen der Music in den Werkzeugen, oder Gliedmassen des Körpers. Das dritte wendet er dazu an, daß er die Kraft der Music bei den Unordnungen des Gemüthes zeiget; und das vierte, bei was für Krankheiten des Gemüths und des Körpers die Music könne gebrauchet werden, und auch nützlich sey gebrauchet worden. Er erzählet darinnen verschiedene Beispiele aus den alten und neuen Geschichten, wo die Music mehr Dienste geleistet, als alle Arzneimittel thun können. Die vornehmsten Krankheiten aber, bei denen die Music geholffen hat, sind Wahnwiz, Schwermüthigkeit, Raserei, und Tollheit. Bei dieser Gelegenheit will er die Unsinnigkeit, die von dem so berühmten Tarantelnbisse entstehen soll, lieber für eine besondere Krankheit ausgeben, die von ganz andern Ursachen herrühre, und gewisser masse η eine epidemische Krankheit sey. Zugleich führet er auch an, daß die Alten das Hüftweh durch die Music gehoben, und daß Theophrastus solche selbst dabei vorgeschlagen, welcher sie auch bei giftigen Schlangenbissen zu brauchen angepriesen. In dem fünften Capitel lehret der Verfasser, wie das Alter durch die Music könne zuruk gehalten, und der Abgang der Kräfte und Lebensgeister in demselben einigermassen wiederum ersezet werden. Das sechste Capitel endlich hat er zu der Untersuchung bestimmet, w or innen der Unterschied der alten und heutigen Music bestehe, und woher jene so viel Kraft gehabt, da 245

Besprechung der angekündigten Schrift in: AIZ 26 und 28/1752.

432

Josef Mancal

die heutige nicht so viel wundersames mehr ausrichten könne. Er glaubet, solches darinnen zu finden, daß die alte Music mehr Einfalt an sich gehabt, und die Natur also gemässer gewesen, dadurch aber auch das Gemüth besser einnehmen, und die Seele mehr rühren können. Die heutige Music hingegen sey gar zu gekünstelt, und in viele weit gesuchte Übereinstimmungen verwikelt, welche die Seele nicht so gleich auf eben die Art empfinden könne; daher sie sich auch nicht so leicht davon bewegen liese, wenn gleich ein grosser Kenner ungemein dadurch gerühret würde.

(AIZ 36/1750)

Kunst im Spiegel der Augsburger Intelligenzzettel1 Gode Krämer

Als ich Josef Mancals Aufsatz in dem großen und verdienstvollen Buch , Augsburger Buchdruck und Verlagswesen' las,2 in dem er sich unter anderem dem Augsburger Intelligenzzettel widmet, war ich fasziniert und versprach mir viel davon, diese Intelligenzzettel im Hinblick auf Kunst und Kunstgeschichte auf ihren Gehalt zu prüfen. Denn die in seinem Aufsatz zitierten Anzeigen ließen einiges erwarten. So hoffte ich, es müsse mehr herauszufinden sein über das in Nr. 49 im Jahrgang 1746 offerierte grosses Gemähld, so eine Landschafft mit zerschiedenen Bauren und allerhand Vieh vorstellt, von dem Rosa, ä 100. β oder3 2. Gleiche Gemähide mit Ramen, davon eines den Loth mit seinen Töchtern, und das andere den Vatter Jacob vorstellet; von Brücke, einem Flamänder, ά 100. fl. oder Detto ein Gemähld, das die Aurora repräsentieret, wie sie von dem Meer kommt; von der Schule deß Wandick, ä 80 fl.4 Doch, nachdem die Angebote noch in einigen späteren Nummern gleichlautend bzw. leicht verändert wiederholt wurden, verliert sich ihre Spur, ohne daß weitere Hinweise auf die Größe der Bilder, ihre Qualität, eventuelle Käufer oder Verkäufer hinzugekommen wären. Auch der Hinweis auf die in Nr. 6 des Jahrganges 17485 angezeigte Kunstauktion in Raesfeld erweckte Interesse: In der üblicherweise 3. Rubrik mit der Überschrift: Sachen, so ausserhalb zu verkauffen findet sich ein längerer Text, daß am 7. März fliessenden Jahres um 9.00 Uhr morgens bei den Hofräthen und Stadtvogten von Raesfeld - wohl der Ort nahe der holländischen Grenze bei Bocholt -

2

3 4 5

Der Aufsatz resultiert aus einem Vortrag anläßlich einer Tagung über das Pressewesen der Aufklärung. Periodische Schriften im Alten Reich; die Form des Vortrags wurde weitgehend beibehalten. Joseph Mancal [Zu Augsburger Zeitungen vom Ende des 17. bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts]: Abendzeitung, Postzeitung und Intelligenzzettel. In: Augsburger Buchdruck und Verlagswesen. Von den Anfangen bis zur Gegenwart. Hg. von Helmut Gier und Johannes Janota im Auftrag der Stadt Augsburg. Wiesbaden 1997. S. 683f. AIZ 49/1746, 1,6. AIZ 49/1746, 1,7 und 1,8. AIZ 6/1748, 3.

434

Gode Krämer

deponirte, höchst=schätzbare in Europa nicht befindliche Original=Mahlereyen öffentlich ausgestellt, und dem Meistbiethenden aus freyer Hand verkauft und zugeschlagen werden sollen, wozu alle und jede Lust tragende Liebhaber höflichst invitirt werden. Die Nachricht ist hiervon einzunehmen bey wohlbedachten Herrn [...]. Bonn, den 24. Januarii 1748. Darauf folgt eine Aufzählung von 32 Nummern mit Bildern von Künstlern mit in der Tat überaus klangvollen, wenn auch häufig schaurig verunstalteten Namen: Z.B: No.l Ein S. Sebastianus von Raphaelo.No.2 Ein S. M. Magdalena von Lemanda da Vinci. N.3 4. kleine Stücke von And. Mantigna so den Triumph Jul. Caes. vorstellen, also die Kupferstiche von Antonio da Brescia oder Giulio Campagnola nach Mantegnas in London aufbewahrten großen Temperabildern. Nach der Findung Moysis von Paolo Veronese werden die Beschreibungen merklich pauschaler, ζ. B: Ein Frauen=Bad von P.R., ein Vesper=Bild von Dyck, ein M. Magdalena von Guido, oder Garraz, worunter wohl Guido Reni oder einer der Carracci zu verstehen ist. Und so geht es weiter, man kennt diese Verballhornungen in frühen Sammlungskatalogen etc. und weiß auch, daß die Erwähnungen der bedeutenden Künstler sich dann meist auf Kopien beziehen, während Namen wie sie in der Aufzählung auch vorkommen, Franck, Querforth, Gerard Dan [gemeint ist Dou; G.K.], Tennico [Tenniers], Carlo Lotti [Johann Carl Loth], Sammelnamen sind und eine bestimmte Richtung angeben: Die Malerfamilie Franz und Hieronymus Francken, das Reitergenre bei August Querfurt, die Feinmalerei bei Dou, das bäuerliche Genre bei Tenniers etc. Da es sich bei dieser Aufzählung um die üblichen Themen handelt, erscheint es ganz unmöglich, ein heute bekanntes Bild zu bestimmen und damit nachzuweisen, daß es damals auf dieser Auktion war. Doch gibt es eine Erwähnung, die interessant sein könnte, weil sie einen Künstler mit einem für ihn nicht ganz üblichen Werk in Verbindung bringt: No.22 Ein Vogel=Gesang von Hamilthon. Nun ist die Künstlerfamilie Hamilton zwar weit verzweigt, doch sind die Bildmotive der meisten der Mitglieder Wildstilleben, Tierbilder, Darstellungen von Reptilien etc. Dagegen sind Vogeldarstellungen eher selten und der hier genannte Titel erweckt Erinnerung an ein außerordentlich ungewöhnliches Bild von Franz de Hamilton: Das „Konzert der Vögel", eine 62 χ 78 cm große Kupfertafel in der Staatlichen Kunsthalle Karlsruhe. Bekannt ist von diesem Bild nur, daß es sich 1772 in Schloß Rastatt im Besitz der Markgrafen von Baden befand und dort im Inventar als das „Geschlecht der Vögel" bezeichnet wurde. Ob man tatsächlich hier eine Verbindung herstellen könnte, ist natürlich unsicher.6 Eine weitere höchst interessante Eintragung findet sich in Nr. 28 des Jahrganges 1746:7

6

7

Siehe zu Franz de Hamilton und dem genannten Bild: Staatliche Kunsthalle Karlsruhe. Katalog der Gemälde bis 1800. Bearbeitet von Jan Lauts. Karlsruhe 1966. S. 136 im Textband und Abb. 201 im Bildband. AIZ 28/1746, 1,12.

Kunst im Spiegel der Augsburger

Intelligenzzettel

435

234 Stuck kostbare Mahlereyen von verschiedenen fürnehmsten Meistern; Wie auch 2 Geridon, so 2. Musici in besondern Masquen=Kleydern repräsentiren, einer mit einer Lauten, der andere mit der Violin, alles nach Bildhauerarbeit nach dem Leben, wie sie den Tact observiren, auch Gustos in Farben, auf Glantz=vergoldeten Postamenter stehend. Und dann ein Schreib =Zeug, der den Ritter St. Georg zu Pferd repräsentiret, nach der Historie mit der Königstochter, und Erlegung des Drachens. Diese Stuck insgesammt werden von einem Freund von Wien aus offeriret, und zum Verkauff anerbotten. Da es sich um eine zumindest zahlenmäßig bedeutende Sammlung von Gemälden handelt, zusammen mit ungewöhnlich genau beschriebenen Goldschmiedewerken, deren Herkunftsort - Wien - überdies noch angegeben ist, so besteht immerhin eine Chance, sie zu entdecken. Man stürzt sich während der Lektüre der Intelligenzzettel voll Vergnügen auf solche Beispiele, denn der übergroße Teil der Anzeigen auf dem Gebiet der Malerei ist völlig unergiebig. Immer wieder lesen wir nahezu gleichlautend: Allerhand schöne Gemählder sowohl moderne als antique, umb billichen Preißi, oder: Allerhand Gemähide von Antiquitäten und Portraits, worunter Kayser und Könige,9 oder: Allerhand Mahlereien, darunter viele Ovalstück, fein emailliert, und Fünf Stük künstliche Mahlereyen, darunter einige alte Köpffe seynd.10 oder Allerhand groß und kleine Mahlereyen, von besondern Maitres, darunter die Heil. Magdalena und der Heil. Johannes der Täufer, wie er in der Wildniß ist, beyde Meyländer Stück, und andere rare Piecen befindlich." oder auch: Unterschiedliche Italiänische Mahlereien, worunter auch 4. Holländische Cabinetstük, auf Holz gemahln, in gut vergoldeten Rahmen, um billichen Preiß.'2 Seltener, wenn auch ebenfalls nicht weiterführend sind Anzeigen, die Plastik betreffen, ζ. B: Zwei Kabinettstükke von Bildhauerarbeit, heidnische Historien vorstellend ä 250 fl.13 Daß mit solchen Anzeigen keine Spur zu heute noch existierenden Gemälden führen kann, ist selbstverständlich. Hier muß auf eine Tendenz innerhalb der Intelligenzzettel hingewiesen werden. Maschenbauer sprach offenbar in den frühen Jahrgängen eher ein für die Kunst interessiertes Publikum an, denn in diesen Jahrgängen sind die Anzeigen, die Malerei betreffen, noch ausführlicher und häufiger. Für die Jahrgänge um und nach 1760 sind pauschalere Aufzählungen charakteristisch, wie die in Nr. 2 von 1760:14 Eine Parthie Originalmalereien von denen berühmten Mahlern, Schönfeld, Rugendas, Brigel, Copezki, Carlo Maratti, Piazetta, Luca Giordano, Anibal

8 9 10 11 12 13 14

AIZ 36/1746, 1,6. AIZ 50/1746, 1,2. AIZ 1/1750, 2,7 und AIZ 2/1750, 2,11. AIZ 8/1748, 1,5. AIZ 46/1754, 1,2. AIZ 46/1754, 1,4. AIZ 2/1760, 1,4.

436

Gode

Kramer

Caracci, Palestra, Rizzi, Tesserini, Rossi, alle in billichen Preissen. oder die aus Nr. 25 von 1771: Verschiedene Mahlereyen berühmten Mahler . Doch fallen in den Anzeigen der Intelligenzzettel, die Malerei und Plastik betreffen, ganz generell so selten Namen von Künstlern, daß man sich schon über die relativ häufigen Erwähnungen der Bataillenstück von Rugendas freut, die so kontinuierlich und gleichlautend angeboten werden, daß es unsicher ist, ob es sich über lange Zeit um dieselben Stücke oder verschiedene handelt.15 Neben Rugendas werden nur wenige Namen von Augsburger Künstlern genannt - wobei ich zunächst Verleger und Kupferstecher beiseite lasse, die innerhalb der Intelligenzzettel eine eigene Rolle spielen. Ohne behaupten zu wollen, nicht doch die eine oder andere Eintragung mit Augsburger Namen übersehen zu haben, ist es doch auffallend, daß so bedeutende Augsburger Künstler wie Johann Esaias Nilson,16 Johann Elias Ridinger, Matthäus Günther, Johann Wolfgang Baumgartner, Johann Evangelist Holzer, um nur besonders bekannte Namen zu nennen, gar nicht und Johann Georg Bergmüller nur einmal in der Nr. 40 von 176617 mit der Anzeige auftauchte: Ettliche Stücke von Bergmüller und von anderen berühmten Meistern, alles um billigen Preis. Auch die berühmten Maler des 16. und 17. Jahrhunderts, deren Namen immer wieder in Sammlungen des 18. Jahrhunderts auftauchen, werden in Kauf- oder Verkaufsanzeigen kaum gesucht und angeboten. Die Erwähnung Schönfelds in der oben zitierten Anzeige vom 10.1.1760 bildet eine Ausnahme. Allerdings ist eine weitere Ausnahme bemerkenswert, da sie gerade einen Künstler betrifft, der zumindest heute weniger bekannt ist. In der Nr.l des Jahrganges 177118 werden Verschiedene Mahlereyen von Fridr. Franc nebst Jagdstuk, Landschaften und andere diverse zum billichen Preiß angeboten. Nun ist Franz Friedrich Franck (1627 - 1687), Sohn des als bedeutender eingestuften Hans Ulrich Franck, ein zweifellos unterschätzter Maler, der zur Zeit nur als untergeordneter Stilleben- und Bildnismaler19 bekannt ist und dessen religiöse und mythologische Historien häufig unter fremden Namen laufen; doch daß sein Name im 18. Jahrhundert bekannt genug war, um in einer Anzeige zu wirken, ist interessant und wertet seine Bedeutung in ungeahnter Weise auf. 15

16

17 18 19

In diesem Zusammenhang sei eine amüsante, wissenschaftlich allerdings nicht weiterführende Anzeige erwähnt, die am 2.5.1754 in der Nr. 18 erschien: In dem Rugendasischen Haus in der Kohlergassen stehet der daran befindliche Garten und Gartenhaus zu verleihen, welcher sogleich könnte bezogen, auch das mehrere daselbsten ersehen, und nach Gefallen in Bestand oder Accord genommen werden. Da einerseits die Wohnstätte der Rugendas bekannt war, andererseits kein Grund bekannt oder auch nur denkbar ist, weswegen die Familie die Lust am Garten verloren hätte, fuhrt die Anzeige nicht weiter. J. E. Nilson z.B. wird in AIZ 28/1746 nicht namentlich genannt, sondern lediglich als „geschickte Hand" bezeichnet, s. Anm. 29. AIZ 40/1766, 1,5. AIZ 1/1771,2,1. Zu Fr. Fr. Franck s. AK: Augsburger Barock. Augsburg 1968. S. 104f mit Abb. 82 und S. 210.

Kunst im Spiegel der Augsburger

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Zum Schluß noch ein wahres Highlight für diesen Teilbereich: In der letzten Nr. 52 - vom 29. 12. 174620 werden wiederum um billichen Preiß, erlassen Zehn Mahlereyen von Allessandro Marchesino gemahlt, den gantzen Passion in sich haltend, jedes Stuck 5. Schuh hoch und 3. Schuh und 1. Viertel breit, welche in eine Kirche oder auch Capelle dienlich. Gemeint ist damit der in Verona 1664 geborene und dort 1738 gestorbene A. Marchesini, und es handelt sich möglicherweise um monumentale Kreuzwegstationen. Zwar scheinen die Bilder nicht bekannt zu sein, doch besitzen die Bayerischen Staatsgemäldesammlungen eine von Marchesini signierte Kreuzigung, die mit 107 χ 133 cm in der Größe etwa übereinstimmt.21 Nun zum zweiten wichtigen Teilbereich: die Annoncen, die immer wieder von Kupferstechern und Verlegern in die Intelligenzzettel eingeschoben werden. Ein großer Anteil der Anzeigen in den Augsburger Intelligenzzetteln gilt den Büchern. Sowohl in den Rubriken Wird in oder ausserhalb der Stadt zu kauffen oder verkauffen angetragen wie vor allem in der Rubrik Gelehrte Sachen und Verkauf von Büchern werden sie in großer Menge angeboten, wobei ein Unterschied gemacht wird zwischen den „einfachen" Büchern und Kupferstichwerken. In einigen Jahrgängen überwiegt der Büchermarkt deutlich alle anderen Angebote. Diese Tendenz veranlaßte zweifellos besonders Kupferstecher und Verleger, sich mit Annoncen in Erinnerung zu bringen, ihre Vorhaben anzukündigen bzw. ihre bereits erschienenen Werke vorzustellen, wobei das Maschenbauersche Avis- und Zeitungs Comptoir häufig, wenn auch keineswegs immer, als Vermittler oder Ansprechadresse fungiert. Doch sind es nicht allein solche Verlagsanzeigen, denen wir mitunter ein - allerdings meist schon anderweitig bekanntes - Entstehungsdatum entnehmen können; vielmehr annoncieren Kupferstecher oder Verlage auch in rein geschäftlichen Angelegenheiten, z.B. um Mitarbeiter zu werben oder um Teile der Werkstatt zu verkaufen etc. Ich werde Ihnen Beispiele beider Anzeigenarten vorfuhren. Vorher jedoch möchte ich ein praktisch alle Jahrgänge - ich habe sie bis 1777 mit einiger Genauigkeit durchgesehen - durchziehendes Kontinuum erwähnen: Die Friedensgemälde, die als saubere, gebundene Exemplare unentwegt angeboten werden,22 wobei die Preise durch die gesamten Jahre zwischen 5 und 7 Gulden liegen. 20 21

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AIZ 52/1746, 1,1. Zu Alesandro Marchesini und die Kreuzigung s. Bayerische Staatsgemäldesammlungen. Alte Pinakothek München: "Venezianische Gemälde des 17. Jahrhunderts". Bearbeitet von Rolf Kultzen. München 1986. S. 45 mit weiterer Literatur. Zu den Friedensgemälden s. Wolfgang Seitz: Die Augsburger „Friedensgemähld". Eine Studie zur Geschichte des Augsburger Kupferstichs. Augsburg 1969. In: Das Friedensfest. Augsburg und die Entwicklung einer neuzeitlichen Toleranz-, Friedens- und Festkultur. Hg. von Johannes Burkhardt und Stephanie Haberer. Berlin 2000 (Colloquia Augustana. Bd. 13). S. 387-445; zu den in den AIZ angesprochenen Sammelbänden von 1678, 1748, 1790 etc. S. 399f.

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Auch für den Bereich Verlegeranzeigen hat Mancal bereits Beispiele gebracht, z.B. jene beiden Anzeigen, in denen die jeweiligen Verleger finanzkräftige Partner suchen. Leider ist es mir nicht gelungen den Kunst-Verleger, Kupffer - und Sammet - Stecher, C. [atholischer] R. [eligion] allhier, der starck mit Theses handelt zu identifizieren, der am 19. 5. 174623 desiderirt und sucht Jemand in Compagnie, der um gleichen Theil mit ihm anstehet, damit der Eine so viel wie der Andere Theil an dem Profit partcipiret. Es läßt sich 15. — 20. pro Cento ä Conto tornieren. Und ist diese Gelegenheit erwünscht, vor einen, der auch das Kupferstechen nicht kan. Immerhin weiß man von ihm, daß er katholisch ist, während der andere, der in der Nr. 20 des Jahrgangs 1747 einen Partner sucht, der 1000. 2000 fl. in den Verlag bringt, ausdrücklich schreiben läßt, daß seine Konfession gleichgültig ist. Hier bietet der Nachsatz einen kleinen Hinweis auf die Person des Suchenden: Und sodann, da der Künstler schon alt, und die Frau noch jung ist, folglich keine Kinder vorhanden seynd, kann ein solcher, der ein dergleichen Capital hat, eintziger Besitzer von diesem gantzen Kunst=Verlag werden. Doch ist diese Konstellation eines alten Künstlers und einer jungen Frau - wie natürlich auch sein Pendant des jungen Künstlers und der älteren Künstlerwitwe - in der Zeit häufig und der Hinweis deshalb bei der Vielzahl an Kupferstechern nur von geringer Aussagekraft. Sehr überraschend ist, wie häufig Teile von Stecherwerkstätten, z.B. Kupferstecherpressen, vor allem aber Kupferplatten, und zwar schon gestochene, angeboten werden, z.B. die Anzeige in Nr. 6, 174824 : Schöne Kupffer=Platten von schwartzer Kunst, fast noch gantz neu, in halb Regal, grosser Herrn und Potentaten Portraits, nach dem Leben. Wird wohlfeil erlassen, worauf viele 1000. Abdruck gemacht werden können. Daraus könnte sich ergeben, daß eine veränderte Verlegeradresse keineswegs immer als Grund eine Verlagsübernahme voraussetzt; sie kann nach der obigen Anzeige auch dadurch zu erklären sein, daß ein Verlag Teile seines Bestandes, aus welchen Gründen immer, abstößt und ein anderer Verlag sie aufkauft. In der folgenden Anzeige vom 3.4.1760, Nr. 14 25 wird gleich ein ganzer Verlag angeboten: Ein aus ohngefehr 17. Centner oder 1000 Blatten bestehender curanter Kunstverlag, wird um billigen Preiß täglich zu verkauffen angebotten, und ist in dem Avis - Comptoir zu befragen. Wie schwer es war, diesen Verlag loszuwerden, zeigt die Tatsache, daß die gleichlautende Anzeige in der nächsten und dann in der 17., 18., 19., und 22. Nr. erneut auftaucht. Auf welche Künstler bzw. Verlage sich diese beiden Anzeigen beziehen, habe ich bisher nicht herausfinden können. Doch solche oder ähnliche Annoncen halten sich ζ. T. wegen der Formulierungen oder der Betonung der 17 Zentner Gewicht hartnäckig im Kopf und

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AIZ 20/1746, 7,1. AIZ 6/1748, 2,20. AIZ 14/1760,2,1.

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könnten sich bei Gelegenheit oder nach eingehenderen Recherchen zuordnen lassen. Immer wieder finden sich Anzeigen von Künstlern und Verlegern, die ihre in Arbeit befindlichen bzw. schon erschienenen Werke annoncieren. Andererseits weist mitunter auch die Redaktion des Intelligenzzettels auf herausragende neue Werke hin. Z.B. wird in Nr. 30 des Jahrganges 176626 unter der Rubrik 10 Allerlei Avertissements das neue Werk von Caspar Walter folgendermaßen angepriesen: Den Liebhabern der Baukunst dienet hiermit zur Nachricht, daß Caspar Walter, Zimmer = und Stadtbrunnen = auch baugeschworener Wasserwerk Meister dahier, abermal ein schönes und nützliches Werk herausgegeben habe, betietelt: Brükenbau, oder Anweisung, wie allerley Arten von Brüken, sowohl von Holz als Steinen nach den besten Regeln der Zimmerkunst dauerhaft anzulegen sind. Der Preis fur das auf sauberem Schreibpapier mit 33 Kupfertafeln ausgestattete Buch wird mit 2 fl 45 kr. angegeben. Schon in dem eingangs genannten Aufsatz wurde auf die den Portraits des Kaisers und der Kaiserin von Gottfried Berhard Göz gewidmete Anzeige in der Nr. 9 von 174627 hingewiesen: Bey Gottfried Berhard Götz, wohnhafft in der Heil. Creutz - Gassen nächst der Evangelischen Kirchen, ist zu haben in Kupffer gestochen: Das Portrait Ihro Majestät des jetzt glorreichen regierenden Rom. Kaysers, und Ihro Majestät der Rom. Kayserin, in gantzer Positur und halb Lebens=Grösse jedes besonders. Welche beyde mit guten Concepten vorgestellet seynd. Diese Anzeige allerdings verwirrt ziemlich, dann wie kann man die Worte in gantzer Positur und halb Lebens=Grösse anders interpretieren, als daß die Bildnisse 70 - 90 cm hoch sein sollen. Bildnisse dieser Größe, ja überhaupt Kupferstiche dieser Größe kenne ich von Göz nicht, und Bildnisse dieser Größe wurden damals gemeinhin in Schabkunst ausgeführt. Dieser Anzeige gilt es nachzugehen.28 Daneben gibt es Anzeigen, die nicht nur auf Werke hinweisen, sondern die Praxis der Fertigung, des Angebots, des Verkaufs, der Subskription betreffen und ausfuhrlich schildern: Am 14.7.1746 in der Nr. 28 wird in der Rubrik 7 Allerhand vermischte Nachrichten eines der schönsten und kompliziertesten Kupferstichwerke des 18. Jhds angekündigt: Da die Merckwürdigkeiten unserer Zeit so beschaffen sind, daß sie ihrer besondern Umstände wegen angemercket und der Vergessenheit entzogen zu werden verdienen; so hat Johann Andreas Pfeffel, weil. Kayserl. Maj. Hof= KupfferStecher und Kunst=Ver leger allhier in Augspurg sich entschlossen, die Vornehmsten davon aussuchen, und nachdem es sich thun läßt, 26 27 28

AIZ 30/1766, 10. AIZ 9/1746, 7,1. Bei Rudolf Wildmoser, Gottfried Berhard Göz (1708 - 1774) als ausführender Kupferstecher. Untersuchung und Katalog der Werke. (Teil I Untersuchung. Teil II Katalog). In: Jahrbuch des Vereins fur Augsburger Bistumsgeschichte e.V. (18. Jahrgang). S. 25 7f. (19. Jahrgang). S. 140f. ist kein Porträt dieser Größe des Kaisers und der Kaiserin aufgeführt.

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in einer Kupffer= Platten, was in jeglichem Monat vorfällt, vorstellig machen zulassen. Es wird eine sorgfältige Wahl solcher Begebenheiten, welche sich vor anderen auszeichnen, beobachtet werden, nichts ungewisses vorgestellt, die Zeichnungen von einer geschickten, Wahrheit und Wohlstand = beobachtenden Hand verfertiget, und mit besonderm Fleiß in Kupfer gestochen. Damit aber auch das Aug und Gemüthe Vergnügen findet, so soll jedes Blatt auf eine symbolische Art, vorstellig gemacht und mit sinnreichen Aufschriefften gezieret, jeder Begebenheit eine schrifftlich Anzeige beygefüget, und jedes Blat mit Deutschen und Lateinischen versen, so auf das Hauptwerck zielen, versehen werden. Es geht um die von Johann Esaias Nilson - er ist die geschickte, Wahrheit und Wohlstand beobachtende Hand - gezeichneten und von Pfeffel gestochenen Denkmale der Merkwürdigkeiten unserer Zeit, also in Kupfer gestochen und vorstellig gemacht, daß alles, was in jeglichem Monat merkwürdig vorfällt, darinnen enthalten - so der Titel dieses wunderbaren Werkes. Die Anzeige fährt fort: Würde nicht dieses Blat des verstrichenen Monats so gleich erscheinen, so wird es doch mit dem nachfolgenden zu erwarten seyn. D.h. die politischen Ereignisse des Monats sollen direkt, nahezu zeitgleich erscheinen und die Blätter spätestens zwei Monate nach den Ereignissen beim Käufer sein. Und sind deren bereits 4. Monats=Stuck biß auf den May =Monat fertig auf Groß = Median, das Stuck ά 6. kr. nebst dem Titel=Blatt gratis, als das auf das 1746ste Jahr eingerichtet ist. Das alles scheint nicht ganz nach Plan abgelaufen zu sein, denn mir ist die Titelseite von 1746 nicht bekannt, und in der mir zugänglichen Ausgabe des Werkes sind die Blätter 1747 datiert.29 Die - allerdings wohl bekannte - enge Verbindung zwischen Zürcher Künstlern und Augsburger Verlegern belegen mehrere Anzeigen. Ich will zwei sehr ausfuhrliche vorstellen, die auch noch aus anderen Gründen interessant sind. Die erste vom 2. Juni 174630 betrifft das von David Herrliberger in Zürich herausgegebene Kupferstichwerk Religionszeremonien aller Völker und gibt denen S. T. Herren Liebhabern und Pränumeranten [d.h. Subskribenten] von Hrn. David Herrlibergers in Zürich heraus gegebenen Pirartischen31 Kupffer=Werck, [...] geziemenst Nachricht [...], daß die erste Haupt= Abtheilung deren Religions=Ceremonien der Christen complet und die Exemplarien der siebenden und letzten Ausgabe nächstens hier ankommen wird, welche wegen anfangs mit fl.2. gethanem Vorschuß, allein gegen Bezahlung 6. kr. vor Frachtkosten zu empfangen ist. D.h. diejenigen, die das Werk subskribiert hatten, brauchten nur noch die Fracht zu bezahlen. Darauf wird in der Anzeige ausfuhrlich auf die folgenden zwei Hauptabteilungen, den Zeitplan, die Preise hingewiesen. Die zweyte Haupt=Abtheilung dieses Wercks, wird die Religions=Ceremonien aller Völcker die sich durch die Beschneidung unterscheiden, in 5. Außgaben begreiffen, und

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Augsburg, Städtische Kunstsammlungen, Graphische Sammlung. AIZ 22/1746, 7,4. Gemeint ist Picardisches, s. Anm. 32.

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-werden die erste und zweyte Ausgaben davon mit obiger siebenden Ausgabe allhier ankommen. Die dritte und letzte Haupt=Abtheilung wird aller heidnischen Völcker Religions=Ceremonie in 8.Ausgaben begreiffen und das gantze Werck mit Anfang 1748 fertig seyn. Es wird zur Continuation dieses Wercks folgender Antrag gemacht, wer bis zu Ende diß 1746. Jahrs aufs neue fl. 4. pränumerit, bekommt jede deren nachfolgen 13. Ausgaben vor fl. 1.24. und 6. kr. vor Fracht, also zusammen allhier vor fl. 1. 30. kr. bey Empfang der 4. letzten Ausgaben der dritten Haupt=Abtheilung wird an jeder fl. 1. von gethanem Vorschuß abgezogen, und in allen nur kr. 30. Nachbezahlt, nach solcher Zeit aber wird keine Ausgabe anders als von fl. 1. Kr. 48. In Zürich abgegeben werden. Zum Schluß wird noch einmal, weilen auch dieses Werck anfänglich nicht bekannt genug worden und doch noch von einigen S. T: Hrn. Liebhabern gantz complet verlangt werden möchte, der erste, bereits erschienene Hauptteil zum ursprünglichen Subskriptionspreis von 9 fl. 18 kr. angeboten, doch nur bis Ausgang dieses Monaths Junii [...], später aber nicht mehr und verpflichtet sich der Herr Verleger zu einer Straffe von 100. Reichsthalern, an die Armen zu zahlen, wann erwiesen werden kan, daß nach benannter Zeit annoch etwas in dem wohlfeylen Pränumerations=Preiß abgegeben worden. Der Augsburger Kontaktmann für Herrliberger, der sicherlich auch die Anzeige aufgab, war der Kunsthändler Johann Georg Mertz. 32 Eine ähnlich ausfuhrliche Anzeige ist in der Nr. 46 vom 17.11.1746 33 von Gabriel Bodenehr d.J. zugunsten des Werks Portraits aller Herren Burger=Meistern, der Vortrefflichen Republique, Stadt und Vor=Orths Zürich, Von dem 1336ten biß auf das 1742te Jahr auf eigene Kosten in Kupffer gebracht, und herauß gegeben von Sebastian Walch, Kempten Anno MDCCLVI , das er in Augsburg anbot, erschienen: Von Zürich aus wird dem Publico bekandt gemachet, daß der dasige Kunst=Mahler, Herr Johann Caspar Füeßli, intentioniret ist, aller dasigen Herrn Burgermeistern Portaits in Schwartze Kunst zu bringen und heraus zu geben. Wie nun diß gantze Werck aus 60. Der würcklich verstorbenen Tit. Herrnn Burgermeistern Portraits bestehen, und alles auf das Beste und nach guten Originalien ausgearbeitete werden wird, so obligiret derselbe sich, alle Monat 2. Stück darvon auszugeben, daß also dieses Werck gel. GOTT seine Endschafft in circa in 2. Jahren erreichet. Danach folgt eine komplizierte Pränumerationsrechnung, aus der sich zum Schluß ergibt, daß Derjenige Liebhaber aber, so sich diese Stücke nur einzeln zulegen und beziehen will, solle für jedes Stuck 10. kr. bezahlen, daß also dieser, so sich das gantze Werck anschaffet, 2. fl. wohlfeiler als derjenige, so nicht pränumerirt dazu kommet, da erstere 8. fl. letzter aber 10. fl. bezahlen. Allhier in Augsburg wird die Zahlung bey Gabriel Bodenehr juniori, angenommen. 32

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Das Werk ist eine Deutsche Ausgabe nach der Französischen Originalausgabe von Bernard Picard. Zu David Herrliberger s. Hermann Spiess-Schaad, David Herrliberger: Zürcher Kupferstecher und Verleger 1697 - 1777. Zürich 1983, dort über das Ceremonien Werk. S. 127f. AIZ 46/1746, 8.

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Zum Schluß sei noch eine Anzeige vorgeführt, die Philipp Andreas Kilian am 11.4. 175434 in das Blatt einrückt, und in der er seine berühmte Bibel mit Kupferstichen des Alten und Neuen Testaments nach Originalen berühmter Maler folgendermaßen vorstellt: Nachdeme der Anfang des nach denen besten Kunstmahlereien und Zeichnungen in Kupfer zu verfertigenden historischen Kunst=Bibelwerks, durch die erste Ausgabe, mit 20. Blatt allbereit gemacht worden, wofür, wie für die andere 7. folgende, auf extra fein Papier l.fl.30 kr. per jede, und auf ordinaire Papier ebenfalls in Folio 1. fl. 15. kr. baar zu zahlen ist: So hat sich Endesbenanter Kunstverleger entschlossen, dieses so beliebte Werk mit allem möglichsten Fleis fortzusezen, besonders da die Anzahl der resp. Hrn. Liebhaber hierzu, je mehr und mehr anwachset. So daß solches bis Ende des künftigen 1755. Jahres in 150. historischen Vorstellungen, alt und neuen Testaments, mit Titulblätter, und andern hierzu behörig und versprochenen, nach allem völligen Contento complet in 8. Ausgaben verfertigt, seyn solle. Weiter beschreibt er die Bibel, wie sie dann wirklich herauskam, ziemlich genau - unter jedes Stük, in einer zierlichen Rame der name des Kunst=Author is nebst einem Text aus der Vulgata, und in 2. Zeilen bestehnd schöner Teutscher Vers, oben aber nebst dem Lateinischen Titul die Schriftstelle des historischen Inhalts =, geht aber, wie oben beschrieben, von einer Zahl von 150 Tafeln - historischen Vorstellungen - aus, während es tatsächlich nur 130 werden sollten, und von einer Fertigstellung bereits im Jahr 1755. Er erhofft davon das Folgende, was in einer paritätischen Stadt in der Tat zu wünschen ist: also kann sodann dieses schöne Werk auf allerlei Weise und zu einer jeden gedrukten Bibel, sie seye in gros fol. 4to und gr. 8vo oder einer Catholisch= Evangelisch = und Reformierten Edition dienen, so zumal denen Herren Buchhändlern und Verlegern in und ausser Teutschland nicht anders als bequem seyn kann, und fordert alle Herren Liebhaber auf, sich direkt also nur alleinig an ihn zu wenden. Danach folgt eine besonders interessante Bitte an diese Liebhaber, d.h. die Käufer seiner Bibel: Und da dieselben etwann selbst schöne historische Stük alten Testaments von oder nach trefliche Kunstmahlereien besizen sollten, oder ausfindig zu machen wüsten, so will hiemit der Verleger um die Communication derselben, um solche eigenhändig diesem Werk einzuverleiben, gebührend ersucht haben, mit schuldigster Offerte per jedes Stuk eine Anzahl Abdruk nach deren Verfertigung, nebst der best conservirten Mahlerei oder Zeichnung mit höflichen Dank wieder zuzustellen. D.h., da Kilian offenbar Vorbilder fehlen, nach denen er seine Vorstellungen des Alten und Neuen Testaments stechen konnte, bittet er die Kunstinteressierten, ihm geeignetes Material zur Verfügung zu stellen, verpflichtet sich, die Originale, nachdem er sie kopiert hat, gut konserviert zurückzugeben und sich mit einer gewissen, aber ungenannten Anzahl von Abdrucken das Reproduktionsrecht zu erkaufen. Es war ja immer die Frage, woher Kilian eigentlich das Material an z.T. hochbedeutenden Gemälden hatte.

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AIZ 15/1754, 10,1.

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Aus seinen eigenen Worten dieser Anzeige wird klar, daß es für ihn egal war, ob er nach Originalen oder bereits nach Kopien arbeitete. Künstlerannoncen und Verlegeranzeigen dieser Art finden sich in größerer Zahl in den Intelligenzzetteln, und aus ihnen lassen sich neben Fakten, die ebenso aus den Titelblättern oder Vorworten der Bücher und Kupferstichwerke selbst, aus Verkaufslisten von Verlagen oder Anzeigen anderer Zeitungen bekannt sind, neue überraschende Nachrichten ziehen. Insofern sind die Intelligenzzettel für kunsthistorische Forschungen - und natürlich nicht nur dafür - ein ausgezeichnetes Hilfsmittel, wenn sie neben den anderen genannten benutzt werden. Bei sorgfaltiger und, solange die Bände nicht übersichtlich publiziert sind, sehr zeitraubender Benutzung ergeben sich mit Sicherheit bedeutende Erkenntnisse etwa zu Verlagsverbindungen oder zu Preisgestaltungen etc. Darüber hinaus sind sie eine Fundgrube für Kuriosa und stecken vor allem voller Zeitkolorit, das in der kunsthistorischen Forschung so häufig unterschätzt und vernachlässigt wird.

Am meisten aber nehme ich die Naturlehre in ihrem weitesten Umfange mit [...] Zur Präsenz der Naturwissenschaften im ,Augsburgischen Intelligenz-Zettel' Oliver Hochadel

In einem programmatischen Vorwort erklärt Johann Andreas Erdmann Maschenbauer zu Beginn des Jahres 1748: Am meisten aber nehme ich die Naturlehre in ihrem weitesten Umfange mit, so viel was nützlich ist, und wunderbar heißt, und will auch die Arzneykunst, die sich guten Theils auf die Naturlehre gründet, nach allen ihren Theile darunter begreiffen Der Gründer und Herausgeber des ,Augsburgischen Intelligenz-Zettels' stellt seine Prioritäten deutlich heraus und begründet sie auch. Nützlich sein und staunen machen soll die Naturlehre. Das klingt verheißungsvoll, allein die Wissenschaftsgeschichte der Aufklärung hat bisher weder den ,Augsburgischen Intelligenz-Zettel' im besonderen noch das Medium Intelligenzblatt im allgemeinen als Quelle herangezogen. Dabei verlangt das Material geradezu nach einer gezielten Auswertung, wie im folgenden gezeigt werden soll. Beginnen wir mit einem kurzen Überblick über die für eine kulturgeschichtlich interessierte Wissenschaftsgeschichte relevanten Elemente des ,Intelligenz-Zettels'. An erster Stelle sind hier die von Maschenbauer verfaßten oder kompilierten Gelehrten Sachen zu nennen, die nicht selten naturkundliche Themen zum Inhalt haben. In der Rubrik zu verkaufen finden sich viele wissenschaftliche Instrumente, darunter zahlreiche Elektrisiermaschinen, aber ebenso optische Instrumente und Naturalien. Avertiert wird auch naturkundliche Literatur. Bemerkenswert ist weiter die regelmäßige Veröffentlichung meteorologischer Meßdaten. Hinzu kommen Anzeigen durchreisender Schausteller,

AIZ 1748, Vorbericht. Den folgenden Ausführungen liegen die 48 Jahrgänge des Zeitraums 1746 bis 1793 zugrunde. Der erste Jahrgang (1745) des AIZ ist nicht erhalten, der Jahrgang 1747 kennt zwei Numerierungen, die durch den Zusatz Alt bzw. Neu unterschieden werden.

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die mit ,wissenschaftlichen' Darbietungen um Zuschauer werben. Kurz, sowohl hinsichtlich der ideellen wie auch der materiellen Verbreitung der Naturlehre ist der ,Augsburgische Intelligenz-Zettel' eine äußerst ergiebige Quelle. Bevor wir das Material interpretieren noch zwei Vorbemerkungen zum Kontext, eine übergeordnete und eine lokale. Im Laufe des 18. Jahrhunderts nimmt das Interesse, ja die Begeisterung vieler Zeitgenossen für die Naturlehre geradezu endemische Ausmaße an. Franz Zeno etwa, der Herausgeber der Neuen Physikalischen Belustigungen, bezeichnet die Naturlehre als den herrschenden Geschmack des Zeitalters.2 Die Zunahme populärwissenschaftlicher Zeitschriften, die Gründung naturkundlicher Gesellschaften oder die rege Teilnahme an Preisfragen der wissenschaftlichen Akademien belegen dies eindrücklich. So unbestritten dieser Boom der Naturlehre in der Forschung ist, so wenig wissen wir über die Praxis und die Rezeption der Naturwissenschaften ,vor Ort'. Das Forschungsfeld Wissenschaft und Stadt ist noch weitgehend unbestellt. 3 Es mag daher besonders reizvoll sein, dies für die freie Reichsstadt Augsburg zu untersuchen, die in den Augen mancher Spätaufklärer ein Ort des Obskurantismus und der Gegenaufklärung ist.4 Welche Praxis der Naturlehre und welche Praktiker finden wir in dieser vermeintlich so rückständigen Stadt? Damit wären wir bei der zweiten, der lokalen Vorbemerkung zum Kontext des ,Intelligenz-Zettels'. Mitte des 18. Jahrhunderts finden wir in Augsburg eine Reihe von Personen, die sich in verschiedener Weise mit der Naturlehre beschäftigen, wir wollen sie der Einfachheit halber die Augsburger Gruppe nennen. Diese Gruppe verfügt über keinen formalen Rahmen und nimmt sich wohl selbst kaum als geschlossene Formation wahr, arbeitet aber auf mehreren Ebenen eng zusammen, wie wir noch sehen werden. Das Zentrum dieser Gruppe ist der seinerzeit bekannteste deutsche Instrumentenmacher Georg Friedrich Brander (1713-1783). Der Physiker und Wissenschaftstheoretiker Johann Heinrich Lambert (1729-1777) wohnt von 1759 bis 1762 im Hause Branders und konzipiert mit ihm Instrumente. Als Lambert an die Akademie der Wissenschaften nach Berlin geht, setzen sie ihre gemeinsame Arbeit fort, wovon ein reger BriefVerkehr Zeugnis ablegt. Branders Schwager Johann Christoph Thenn (1729-1783) ist in Personalunion Pfarrer, Übersetzer (u.a. der französischen Werke Lamberts), Amateurwissenschaftler und bemüht sich letztlich erfolgreich um die Einführung eines Unterrichts in Experimentalphysik am Augsburger Gymnasium bei St. Anna. Jakob

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Neue Physikalische Belustigungen. Bd. 1 (1770). Vorrede. Vgl. das Plädoyer von Richard Toellner: Kritisches Forum und Fortschrittszuversicht - Wissenschaft und Stadt in der Aufklärung. In: Schweinfurter Forschungen. Beiträge zur Stadtund Wissenschaftsgeschichte. Hg. von Uwe Müller. Schweinfurt 1993 (Veröffentlichungen des Stadtarchivs Schweinfurt 8). S. 55-68. Vgl. Eduard Gebele: Augsburg im Urteil der Vergangenheit. In: Zeitschrift des Historischen Vereins fiir Schwaben und Neuburg 48 (1930). S 1-165.

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Langenbucher (1738-1791), ein Lehrling Branders, macht sich in den 1780er Jahren mit der Herstellung von Elektrisiermaschinen einen Namen. 5

Auf der Suche nach natürlichen Erklärungen Einer der wichtigsten Vertreter der Augsburger Gruppe ist Maschenbauer selbst. So wenig wir über sein Leben wissen, so wenig können wir an seinem großen Interesse für die Naturlehre zweifeln. Er verfugt über eine bemerkenswerte Sammlung von physicalischen Instrumenten und Maschinen, erwirbt sich durch eigenen Fleiß viele Erfahrung in der Physik und stellt selbst Versuche und Beobachtungen an. Baut Brander ein neues Instrument, so ist es sein Freund H. Maschenbauer (Zeitungsschreiber) der sie zugleich immer, gleichwie mit physicalischen Vorlesungen H. Pfarrer Thenn [...], experimentirt.6 1744 und 1755 veröffentlicht Maschenbauer zwei kleinere Abhandlungen, in denen er jeweils zu aktuellen Naturereignissen Stellung nimmt, um das Publico in etwas zu eclairciren. Hinsichtlich der Ursachen bzw. der Bedeutung des Kometen und des Lissabonner Erdbebens äußert er sich - bei aller Vorsicht und dogmatischer Absicherung - letztlich rationalistisch. Die Himmelserscheinung hat natürliche Ursachen und kündigt kein Unheil an, denn zu allen Zeiten brechen Kriege aus und sterben gekrönte Häupter. Der Komet bedeutet nemlich dasjenige, was er wircken kann - und nicht mehr.7 Daß eine derartige Interpretation Mitte des 18. Jahrhunderts noch einer ausdrücklichen Rechtfertigung bedarf, um nicht in den Verdacht einer deistischen oder gar materialistischen Betrachtungsweise zu gera-

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Für ein ausführliches Porträt dieser Gruppe samt entsprechender Nachweise s. Oliver Hochadel: Öffentliche Wissenschaft. Elektrizität in der deutschen Aufklärung (1740-1800). Freiburg i. Ue. 2000 (Phil. Diss.). Kap. 3. Dort gehe ich auch auf die katholische Wissenschaftskultur Augsburg ein, die hier unberücksichtigt bleiben muß. Paul von Stetten d.J.: Die vornehmsten Merkwürdigkeiten der Reichs-Stadt Augsburg. Augsburg 1772. S. 18; ders.: Kunst-, Gewerb- und Handwerksgeschichte der Reichs-Stadt Augsburg. Augsburg 1779. S. 175; Otto F. Hoerner: Alphabetisches Verzeichnis oder Lexicon der itztlebenden Schwäbischen Schriftsteller. Nördlingen 1771. S. 44f. Die gute Beziehung zwischen Maschenbauer und Brander zeigt sich auch daran, daß Maschenbauers Frau Patin einer Tochter Branders ist; Inge Keil: Georg Friedrich Brander (1713-1783). Mechanicus in Augsburg. In: Uranus 17 (1984). S. 8-15, hier S. 10. Johann Andreas Erdmann Maschenbauer: [Über einen im Jahre 1744 erschienenen Cometen]. Augsburg 1744. Nicht pag.; vgl. zum Kontext William Clark: Der Untergang der Astrologie in der deutschen Barockzeit. In: Im Zeichen der Krise. Religiosität im Europa des 17. Jahrhunderts. Hg. von Hartmut Lehmann, Anne-Charlott Trepp. Göttingen 1999 (Veröffentlichungen des Max-Planck-Instituts für Geschichte 152). S. 433-472, S. 470: „Noch bis etwa 1740 hatten Kometen theologische und teleologische Bedeutungen. Für ihre endgültige Naturalisierung scheint der Komet von 1744 die Wende gewesen zu sein. Wie immer erschien eine Flut von Schriften, und die meisten meinten, der Komet .bedeute' nichts."

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ten, zeigt Maschenbauers prophylaktische Vorbemerkung nach der Katastrophe von Lissabon: Wir wollen die Ursachen des Erdbebens nach physicalischen Gründen näher betrachten; zuvor aber noch einem Einwürfe hier begegnen, welcher von solchen ernsthaften, und es wohlmeinenden Leuten gemacht werden könte, die sich in allen Bemühungen eine natürliche Ursache von Erdbeben anzugeben zu ärgern fähig sind. Man solte aber billig erwägen, daß der ordentliche Lauf der Natur eben sowohl durch die göttliche Würkung regieret wird, als die ausserordentlichen und wunderbaren Begebenheiten,8 Der Naturforscher Maschenbauer sucht seine natürliche Erklärung des Erdbebens mit dem Allmachtsanspruch des Schöpfers in Einklang zu bringen. Der ordentliche Lauf der Natur ist ebenso göttlichen Ursprungs wie der ausserordentliche.

Elektrizität in den Gelehrten Sachen Seit Mitte der 1740er Jahre avanciert die Elektrizität zu einer, wenn nicht zu der Modewissenschaft der Aufklärung schlechthin. Die Gründe hierfür sind vielfältig. Neben technischen Verbesserungen der Elektrisiermaschine und der Erfindung der Leidener Flasche 1745/46 ist hier vor allem an die Leit-, Leucht- und Schockeffekte der Elektrizität zu denken, die der Funkenwissenschaft ein breites Publikum bescheren. Forschung, Popularisierung und Unterhaltung sind dabei kaum voneinander zu trennen. Im Verein mit den medizinischen Anwendungen der Elektrizität und des Nachweises der elektrischen Natur des Blitzes durch Benjamin Franklin erregt diese wundersame Materie großes Interesse.9

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Johann Andreas Erdmann Maschenbauer: Angestellte Betrachtung über die den 1. November 1755 so ausserordentliche Erdbeben und Meeresbewegungen [...]. Augsburg 1755. S. 5. Die umfassendste Geschichte der Elektrizität in diesem Zeitraum stammt von John L. Heilbron: Electricity in the 17th and 18th Century. Α Study of Early Modern Physics. Berkeley 1979. Stärker sozial- und kulturgeschichtlich ausgerichtet fragt Geoffrey V. Sutton: Science for a Polite Society. Gender, Culture and the Demonstration of Enlightenment. Boulder/Colo. 1995, nach dem Erfolgsgeheimnis der Elektrizität.

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Abb. 6. Elektrizität als gesellige Wissenschaft: Frontispiz von Jean Antoine Nollet: Essai sur l'electricite des corps, Paris 1746.

Was erfährt der Leser des ,Augsburgischen Intelligenz-Zettels' über die Elektrizität? Und woher bezieht Maschenbauer seine Texte? Für die Zeit von 1746 bis 1784 lassen sich gut 40 Artikel nachweisen, die sich mit der Elektrizität beschäftigen. Sie erscheinen in der Rubrik Gelehrte Sachen oder Merkwürdigkeiten und sind meist mehrere Spalten lang, zum Teil erscheinen sie als Fortsetzungen über mehrere Nummern. Das Gros der Artikel, nämlich 15, beschäftigt sich mit der medizinischen Elektrizität, von denen allein neun zwischen 1747 und 1756 erscheinen. 10 Dies m a g wenig überraschen, da dieser die größte praktische Bedeutung zukommt. Die Kurierung von Lähmungen und anderer Gebrechen durch die wundersamen Funken klingt verheißungsvoll. In diesem Bereich ist die Berichterstattung auch vergleichsweise aktuell; Meldungen über Heilungserfolge erreichen die Leser recht zügig. Die Artikel sind affirmativ gehalten, der Nutzen der Elektrizität in der Medizin scheint immer weniger in Frage zu stehen. Ähnlich optimistisch tönen die meisten anderen Publikationen der Zeit zu diesem Thema: Der ,Augsburgische In-

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AIZ 6Neu/1747; 2/1748; 50/1748; 1/1750; 38/1750; 37/1751; 10/1752; 28/1752; 43/1756; 43/1765; 44/1765; 52/1765; 5/1771; 10/1774; 11/1774.

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telligenz-Zettel' vertritt in diesem Punkt also eine durchaus repräsentative Position."

Abb. 7. Die Elektrizität wurde als Heilmittel gegen jedes nur erdenkliche Gebrechen eingesetzt. Pierre Bertholon: De l'electricite du corps humain dans Γ etat de sante et de maladie, Paris 1786.

Eine kleinere Zahl von Artikeln zur Elektrizität ließe sich unter der Kategorie ,Neue Erfindungen' subsumieren. Hier werden die neuen Maschinen des mährischen Priesters Prokop Divisch und des Dillinger Professors Joseph Weber sowie eine Electrische Erfahrung, wie ein Licht ohne Schwefel und Zunder anzustecken 11

Was die medizinische Elektrizität im 18. Jahrhundert angeht, ist die Forschung erst ansatzweise über positivistische Bestandsaufnahmen, sprich: wer wann wen von was geheilt hat, hinausgekommen. Symptomatisch dafür ist Margaret Rowbottom, Charles Susskind: Electricity and Medicine. History of their interaction. San Francisco 1984. S. 4-31. Wie spannend und ertragreich die Beschäftigung mit diesem Thema sein kann, zeigt Paola Bertucci: Sparks of Life. Electricity, the human Body and the Economy of Nature in late Eighteenth-Century England. Oxford 2000 (Phil. Diss.).

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präsentiert. So erfährt der Leser zwar 1777 von der Erfindung des Elektrophors durch Volta (1775), aber nur im Zusammenhang mit Branders Konstruktion einer elektrischen Pistole, die durch das Elektrophor gezündet wird.12 Der Leser erfährt, daß die geheimnisvolle Kraft vermutlich Ursache von Erdbeben, Wind und dem Wachstum der Pflanzen ist.13 Vier Artikel beschäftigen sich mit der atmosphärischen Elektrizität und acht - sechs davon zu Beginn der 1780er Jahre - mit dem Blitzschutz.14 Letzteres hängt mit der öffentlichen Debatte um die Einführung der Blitzableiter - in Augsburg und anderswo - zusammen.15 So viel was nützlich ist, und wunderbar heißt, und [...] auch die Arzneykunst, kündigt Maschenbauer, wie eingangs zitiert, 1748 an. Die Artikel zur Elektrizität - sie befassen sich mit Medizin, Blitzschutz, Erfindungen - lösen dies ein. Es sind Themen, die für das tägliche Leben der Leser von Belang sind oder zumindest sein könnten sowie im Falle der Erfindungen staunenmachende Kuriosa. Was fast völlig ausgespart bleibt, sind die gelehrten Auseinandersetzungen über die Natur der elektrischen Phänomene, die die Monographien und die naturkundlichen Periodika der Zeit prägen. Ob es eine oder zwei Arten von Elektrizität gibt - mit derartigen Fragen verschont der Redakteur den Leser des ,Augsburgischen Intelligenz-Zettels'. Der Selektionsmechanismus Maschenbauers kann derartige Details aussparen, da sie weder nützlich noch wunderbar sind. Bei der Frage nach Ursprung und Natur des Lichts macht der Redakteur dies sogar explizit: Ob nun die auf Newton zurückgehende Korpuskulartheorie (Lichtteilchen werden emittiert) oder Eulers Wellentheorie die richtige theoretische Erklärung darstellten, sei zweitrangig. Entscheidend ist der ,moralische Mehrwert' der naturkundlichen Betrachtungen: Wie viel Großes, wie viele Beweise der Liebe Gottes wird man nicht in allen diesen Hypothesen entdecken!16

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AIZ 40/1751; 26/1752; 28/1752; 47/1777; 48/1781; 6/1782. AIZ 22/1757; 31/1760; 10/1784; für die Wirkungen der Elektrizität im allgemeinen: 13/1778; 14/1778. AIZ 29/1763; 30/1763; 32/1768; 21/1773 (atmosphärische Elektrizität); 24/1766; 39/1769; 22/1782; 28/1783; 31/1783; 32/1783; 42/1784 (Blitzschutz). Hinzu kommt eine Folge von drei Artikeln zur Ursache des Blitzes (mit .vorelektrischen' Erklärungen) sowie ein Artikel zur Gewitterangst; 32-34/1755; 24/1770. Artikel über neue Versuche von Winkler in Leipzig sowie über einen elektrischen Menschen lassen sich keiner Kategorie zuordnen; AIZ 10/1752; 9/1778. Vgl. dazu Oliver Hochadel: „Hier haben die Wetterableiter unter den Augsburger Gelehrten eine kleine Revolution gemacht." Die Debatte um die Einfuhrung der Blitzableiter in Augsburg (1783-1791). In: Zeitschrift des Historischen Vereins für Schwaben 92 (1999). S. 139164. AIZ 2/1779.

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Maschenbauers Quellen Bei den Gelehrten Sachen zur Elektrizität wie auch zu anderen Themen handelt es sich in der Regel um Übernahmen bzw. Übersetzungen aus anderen Zeitschriften, selten um eigene Beiträge. Um dem ,Format' des Mediums zu entsprechen, müssen diese oft gekürzt bzw. zusammengefaßt werden. Mit Quellenangaben ist Maschenbauer bzw. sein Nachfolger sparsam. Aber er tut es oft genug, um deutlich werden zu lassen, daß er sich im Laufe von Jahrzehnten bei einer großen Zahl westeuropäischer Zeitschriften bedient. Neben deutschen kompiliert er vor allem aus englischen und französischen, aber auch aus Schweizer Periodika.17 Der Augsburger Aufklärer informiert sich über den Erkenntnisfortschritt in anderen Ländern und vermag die gesammelten Informationen problemlos in den eigenen Kontext zu übersetzen. ,Aktualität' im heutigen Sinne spielt dabei kaum eine Rolle; oft sind die wiedergegebenen Artikel bereits vor Jahren oder gar Jahrzehnten erschienen. Neben den Zeitschriften werden auch Monographien ausgewertet, im Falle der medizinischen Elektrizität etwa die Schriften von Kratzenstein, Jallabert, Spengler, Schäffer und de Sauvage. An entsprechender Literatur mangelt es Maschenbauer nicht: Ich könnte noch eine Menge aus andern Schriften von dergleichen Curen anführen, dadurch viele preßhafte Personen in Deutschland, Frankreich, Schweden etc. durch die rechte Application des Electrisirens wieder hergestellt worden sind, wann es der Raum dieser Blätter verstatten würde.™ Die Technik der Kompilation, ja, wenn man so will, des Recyclings von Wissens, kann als typisch für die (Früh-)Aufklärung gelten. Sie kommt nicht nur in den Intelligenzblättern, sondern auch in den Gelehrten Journalen und Rezensions17

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Die Schriften der englischen, schwedischen und französischen Akademie der Wissenschaften werden ebenso benutzt wie populäre Magazine: das ,Journal encyclopedique', das ,Journal des Dames', das Journal Oeconomique', der ,Mercure de France', der ,Avantcoureur', das ,Journal Helvetique', das ,British Magazine', das ,Universal Magazine', das ,Gentleman Magazine' usw. Aus dem deutschsprachigen Raum sind zu nennen: das .Wiener Diarium', die ,Hannöverischen Gelehrten Anzeigen', die ,Göttingischen Gelehrten Anzeigen', das ,Wittenberger Wochenblatt', das .Deutsche Museum', Wielands ,Deutscher Merkur' und Lichtenbergs ,Göttingisches Magazin der Wissenschaften und Litteratur'; für den naturkundlichen Bereich im engeren Sinne: die physikalischen Belustigungen' und das ,Hamburgische Magazin'. AIZ 5/1771. Auch in puncto Monographien ist Maschenbauer international ausgerichtet. Und was für die Elektrizität zutrifft, gilt etwa auch für die Naturgeschichte. Buffons ,Histoire Naturelle' findet sich ebenso zitiert wie Reaumurs ,Histoire des Insectes' und der Klassiker Plinius.

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Organen zur Anwendung. „Excerpt literature was not only limited to scholarship and its journals. What was important was that these media forms selected and arranged knowledge in accordance with public demand."'9

Instrumente Neben den Gelehrten Sachen, die die Naturwissenschaft der Aufklärung aufbereiten und verbreiten und so den Leser im weitesten Sinne auf dem laufenden halten, deckt der ,Augsburgische Intelligenz-Zettel' auch den materiellen Bereich ab. In den Ausgaben der 1740er und 1750er Jahre werden wissenschaftliche Instrumente in großer Zahl inseriert. Im Bereich der Elektrizität etwa ist eine Korrespondenz zwischen der Berichterstattung über entsprechende Entdeckungen und der Entstehung eines Marktes fur elektrische Gerätschaften nicht zu übersehen. Im März 1749 wird erstmals und einzig eine Elektrisiermaschine zu kaufen gesucht, ab Juli 1749 wird dieselbe zum Kauf angeboten. Stellt man die Anzahl der avertierten Elektrisiermaschinen zusammen, so kommt man für den Zeitraum von 1749 bis 1757 auf die erstaunliche Anzahl von 68 und für die Jahre 1749 bis 1752 allein auf 48. Es gilt allerdings zu berücksichtigen, daß dasselbe Instrument häufig zwei bis drei Mal inseriert wird; so bleiben bei einer vorsichtigen Schätzung noch etwa 25 Elektrisiermaschinen, die im Laufe von nur neun Jahren zum Verkauf angeboten werden. Bei manchen wird auch der verlangte Preis mit angegeben, der meist zwischen acht und zehn Gulden liegt, mitunter aber auch 16 Gulden beträgt.20 Die Instrumente werden zusammen mit vielerlei Feuer-Experimenten oder mit allem Zugehör vertrieben. Um welchen Typ von Elektrisiermaschine es sich handelt, ob der Reibekörper eine Kugel, eine Scheibe oder ein Zylinder ist, erfahren wir nicht, lediglich, daß sie nach der jezigen guten Einrichtung gefertigt sind. Die einzige Spezifikation bezieht sich auf das Material, ob es aus purem Eisen oder aus Holz gedrehet ist.21

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AIZ 31/1763, 19/1767 (Buffon); 18/1757, 17/1758 (Reaumur); 31/1764, 14/1781 (Plinius). Zitat: Martin Gierl: Compilation and the Production of Knowledge in the Early German Enlightenment. In: Wissenschaft als kulturelle Praxis 1750-1900. Hg. von Hans Erich Bödeker, Peter H. Reill, Jürgen Schlumbohm. Göttingen 1999. S. 69-103, hier S. 84; zur Geschichte der Gelehrten Sachen vgl. Brigitte Tolkemitt: Der Hamburgische Correspondent. Zur öffentlichen Verbreitung der Aufklärung in Deutschland (Studien und Texte zur Sozialgeschichte der Literatur. Bd. 53). Tübingen 1995. S. 36-42. AIZ 6, 37 u. 40/1750, 12, 29 u. 31/1751. AIZ 43 u. 47/1749, 6, 15 u. 23/1750, 31/1752.

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Abb. 8. Die Elektrisiermaschine wurde ab den 1740er Jahren zu einem viel benutzten und stark nachgefragten Instrument. Kupferstich aus Jean Antoine Nollet: Essai sur l'electricite des corps, Paris 1746.

Die Inserate werfen eine ganze Reihe von Fragen auf, die leider nicht befriedigend beantwortet werden können. Nicht zu eruieren ist etwa, wer die Instrumente anbietet. Langenbucher und die Brandersche Werkstatt stellen erst ab Ende der

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1770er Jahre elektrische Gerätschaften her.22 Unklar ist auch, wer die Abnehmer sind, ob diese aus Augsburg kommen bzw. wie viele der angebotenen Instrumente überhaupt verkauft werden. Mit Sicherheit nachweisen lassen sich nur zwei Elektrisiermaschinen fur diese Zeit; eine davon benutzt der junge Jakob Langenbucher 1749 als Elfjähriger (!). Und 1759 schreibt Brander in einem Brief: Ein hiesiger Chirurgus nahmens Reis hat wohl eine schöne u. wohleingerichtete Electrisir Machin die einen ziemlich Effect leistet, von diesen ausserordentlich. Phenomenon ist ihme aber selbsten nichts bewußt.23 Die beiden Augsburger Gymnasien St. Anna und St. Salvator erstehen ihre Elektrisiermaschinen erst in den 1770er Jahren.24 Trotz dieser offenen Fragen läßt sich sicherlich von einem Markt für elektrische Gerätschaften sprechen, der in den 1750er Jahren recht ansehnlich ist. Aufgrund des kontinuierlichen Angebots an Elektrisiermaschinen kann auf eine entsprechende Nachfrage geschlossen werden; die Anzeigenhäufigkeit unterstreicht den Warencharakter wissenschaftlicher Instrumente. Nach 1757 werden mit einer Ausnahme überhaupt keine Elektrisiermaschinen mehr zum Verkauf im ,Augsburgischen Intelligenz-Zettel' inseriert.25 Das hängt sicher mit dem zwischenzeitlich abnehmenden Interesse an der Elektrizität zusammen - die Jahre von etwa 1755 bis 1775 sind ein Wellental - , was als Erklärung für das schlagartige Ende der Anzeigen aber nicht ausreicht. Denn auch andere Instrumente werden seit Ende der 1750er Jahre so gut wie nicht mehr angeboten, auch nach Ende des Siebenjährigen Krieges nicht. Eine befriedigende Erklärung für das plötzliche Ausbleiben der Inserate ergibt sich aus den vorliegenden Quellen nicht. Außer Elektrisiermaschinen werden stets auch andere Instrumente angeboten: die sogenannten mathematischen Instrumente, etwa Proportionalzirkel und Kompasse, aber auch zahlreiche optische - Laterna Magica, Camera Obscura, Mikro22

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Es ist auch nicht auszuschließen, daß die Elektrisiermaschinen von einem Instrumentenmacher außerhalb Augsburgs angeboten werden. Allerdings tragen entsprechende Anzeigen meist den Vermerk von außerhalb, was bei den Elektrisiermaschinen durchweg nicht der Fall ist. Naturalienkabinette werden hingegen sehr wohl von außerhalb angeboten; AIZ 8/1748 (Nürnberg); 16/1750 (Stuttgart). Jakob Langenbucher: Beschreibung einer beträchtlich verbesserten Elektrisiermaschine, sammt vielen Versuchen und einer ganz neuen Lehre vom Laden der Verstärkung. Augsburg 1780. S. 1; Brief Branders an Limprun 30.8.1759, Briefe 1759, No. 7/3. Daß Brander selbst eine Elektrisiermaschine besitzt, ist anzunehmen, aber nicht belegt. Georg von Lori, der Präsident der gerade gegründeten Bayerischen Akademie der Wissenschaften, schreibt am 1.9.1759 an das Gründungsmitglied Brander: Eine electrische Maschine werden wir nächstens machen lassen. Melden Sie uns die neueste Art, welche wir auswählen sollen. Worauf dieser postwendend die gewünschte Auskunft erteilt; Briefe 1759, No. 7/4 u. 5, alle Archiv der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, München. Vgl. dazu Oliver Hochadel: Physik für alle? Zur Geschichte des öffentlichen Physikunterrichts in der deutschsprachigen Aufklärung. In: Spurensuche. Zeitschrift für Geschichte der Erwachsenenbildung und Wissenschaftspopularisierung N.F. 10/1-4 (1999). S. 89-107. AIZ 36/1778. Dieses Inserat könnte von Jakob Langenbucher sein, der Ende der 1770er Jahre mit dem Verkauf elektrischer Gerätschaften beginnt.

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skope - und astronomische Instrumente wie Astrolabien und gelegentlich auch Teleskope sowie Globen. Neben Instrumenten werden sehr viele Gegenstände aus der Naturgeschichte inseriert: Einen Vorrath von zerschiedenen Insecten, nebst noch andern Naturalien. Annoncen wie diese erscheinen häufig: Schnecken, Muscheln, ausgestopfte Tiere - all das findet sich in Hülle und Fülle. Daß beim Erwerb dieser Naturalien weniger wissenschaftliche' Motive in unserem heutigen Sinne eine Rolle spielen, wird schon in den Anzeigen deutlich, wenn es heißt, die angebotenen Schnecken und Muscheln seien zu Auszierung einer Grotte dienlich}6 Insgesamt werden Naturalien am häufigsten inseriert, die aber gleich den Elektrisiermaschinen Ende der 1750er Jahre weitgehend aus dem ,Augsburgischen Intelligenz-Zettel' verschwinden. Naturhistorische Bücher werden auch danach noch inseriert, Maschenbauer selbst oder Augsburger Buchhändler bieten immer wieder Werke wie ,Die wunderschöne Belustigung im Reiche der Natur von Schneken u. Muscheln' oder Martin Frobenius Ledermüllers Bestseller .Mikroskopische Augen- und Gemüthsergözungen' an. Literatur zur Elektrizität wird hingegen selten annonciert. In den 1780er Jahren wird aber mehrmals Johann Jakob Hemmers ,Anleitung, Wetterleiter an allen Gattungen von Gebäuden auf die sicherste Art anzulegen' inseriert.27 Neben naturkundlichen Objekten und entsprechender Literatur werden auch entsprechende Dienstleistungen angeboten. Ein gewisser Emanuel Eichel bietet Unterricht in Architectura civilis an, Christoph Andreas Nilson, Mathematiklehrer am Gymnasium bei St. Anna, gibt auch privat Stunden. Umherziehende wissenschaftliche Schausteller wie Martin Berschitz machen im Intelligenzblatt auf ihre elektrischen Darbietungen aufmerksam, ein berühmter Mechanikus preist sein Kunstkabinett, seine Modelle von Maschinen und seine Feuerwerke an.28 Praktischen Nutzen verheißender Unterricht, unterhaltsame Kunststücke oder eine Mischung von beidem sind Teil einer konsumorientierten Wissenschaftskultur, die sich uns beim Blick durch das Fenster des ,Intelligenz-Zettels' in all ihrer Vielfalt darbietet.

Meteorologie Ein dritter Bereich, der neben der Elektrizität und der Naturgeschichte im ,Augsburgischen Intelligenz-Zettel' häufig abgehandelt wird, ist die Meteorolo26 27

28

AIZ 23 u. 29/1755. AIZ 23/1758; 40/1759; für die späteren Jahre s. etwa AIZ 10/1779 u. 48/1783 (Naturgeschichte), 21/1746 u. 24/1758 (Elektrizität), 18, 19, 20/1786, 22/1787 (Hemmer). Rezensionen naturkundlicher Werke finden sich fast nie; für eine Ausnahme s. AIZ 5/1750. AIZ 19/1750, 10 u. 12/1789, 10/1791.

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gie. In diesem Kontext gilt es sich zu vergegenwärtigen, daß Wetter bzw. Klima im Verständnis des 18. Jahrhunderts weit über das hinausgeht, was man heute darunter subsumiert. Dem Klima wird bekanntlich eine prägende Kraft auf den Charakter der Menschen und die Verfassung ihrer Gesellschaft zugestanden. Auch wird dem Wetter bzw. der Luft ein entscheidender Einfluß auf Gesundheit und Krankheit zugeschrieben.29 Hinzu kommt die (behauptete) praktische Bedeutung der Wettervorhersage fur die Landwirtschaft, die mit einer Kritik traditioneller Prognostik einhergeht.30 Das große persönliche Interesse Maschenbauers an der Meteorologie kann also als durchaus zeittypisch gelten.31 Die Witterung habe einen derart großen Einfluß auf die menschlichen Verhältnisse, daß es an der Zeit sei, die Witterungslehre endlich zum Range einer Wissenschaft zu erheben. Dann wäre man etwa auf die letzten harten Winter viel besser vorbereitet gewesen, wird 1785 in der Rubrik Gelehrte Sachen versichert. Bemerkenswert am ,Augsburgischen Intelligenz-Zettel' sind die ab 1767 monatlich, ab 1777 sogar wöchentlich veröffentlichten Witterungs-Beobachtungen. Nach Maschenbauers Tod 1773 werden diese von Thenn und nach dessen Tode 1783 von Christoph Caspar Höschel, dem Schwiegersohn und Teilhaber Branders, weitergeführt - ein weiterer Beleg für den engen Zusammenhalt der Augsburger Gruppe.32 Temperatur, Druck, Feuchtigkeit etc. werden täglich zweimal gemessen, und die Daten in eine Tabelle eingetragen. Die Meteorologie versucht sich als Wissenschaft zu konstituieren, indem sie ein breites Datennetz aufbaut, das bestimmten vereinheitlichten Normen genügen muß. Lambert etwa verwendet später die hygrometrischen Messungen Maschenbauers, vermittelt über Brander, für seine eigenen Forschungen.33

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Theodore Feldman: Late Enlightenment Meteorology. In: The quantifying spirit in the 18th century. Hg. von Tore Frängsmyr, John L. Heilbron, Robin E. Rider. Berkeley 1990. S. 143177, S. 143f. AIZ 30/1754; 36/1757; 20/1779 sowie in Johann Andreas Erdmann Maschenbauer: Der aus dem Reiche der Wissenschaften wohl versuchte Referendarius; oder auserlesene Sammlungen von allerhand wichtigen Abhandlungen [...] aus der Naturlehre, Arzneywissenschaft [...]. 10 Bde. Augsburg 1750-1769. Bd. 1. S. 300-305. Andreas Erdmann Maschenbauer war unter anderm sehr achtsam in richtiger Beobachtung der Witterung in unserer Stadt, welche Beobachtungen er in das wöchentliche Intelligenzblat einrückte. Paul von Stetten d.J.: Kunst-, Gewerb- und Handwerksgeschichte der Reichs-Stadt Augsburg. Zweiter Theil oder Nachtrag. Augsburg 1788. S. 59; vgl. bereits den Brief Branders an Lambert vom 27.7.1772: Der hiesige Hr. Maschenbauer, Zeitungsverleger, legt sich auf meteorologische Observationen und setzt sie alle Monat in sein Intelligenzblatt. Johann Heinrich Lamberts deutscher gelehrter Briefwechsel. Hg. von Johann Bernoulli. Bd. 3. Berlin 1783. S. 349. AIZ 35/1785; J. H. Lambert (Anm. 31) S. 385; P.v. Stetten: Merkwürdigkeiten (Anm. 6) S. 59. Hans-Günter Körber: Vom Wetteraberglauben zur Wetterforschung. Leipzig 1987. S. 132136; Engelhard Weigl: Instrumente der Neuzeit. Die Entdeckung der modernen Wirklichkeit.

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Maschenbauer und seine Nachfolger betreiben die Meteorologie als eine Meßund Beobachtungswissenschaft, weil sie davon überzeugt sind, durch die instrumentengestützte Untersuchung natürlicher Phänomene praktischen Nutzen zu stiften. Sie sind Teil einer Bewegung, die vor allem von der Mannheimer Societas meteorologica palatina und den patriotisch-ökonomischen Gesellschaften in Leipzig, Hamburg und anderswo getragen wird. Überzeugt von der Bedeutung der Meteorologie fur den Aufschwung der Landwirtschaft bemüht man sich im ganzen deutschen Reich um den Aufbau von Beobachtungsnetzwerken. 34 Man mag sich nun fragen, wie zuverlässig die Wettervorhersagen des 18. Jahrhunderts sind bzw. wie ergiebig das Sammeln riesiger Datenmengen ist und ob man die Meteorologie dadurch endlich zum Range einer Wissenschaft erheben kann. John Casti hat jüngst darauf aufmerksam gemacht, daß ,unglücklicherweise' die Astronomie als erste neuzeitliche Wissenschaft ,ausgereift' ist, eine Disziplin, in der langfristige und sehr genaue Prognosen möglich sind. Die Astronomie hat damit Standards an Präzision und Vorhersagekraft gesetzt, an denen sich die Meteorologie und andere Wissenschaften orientieren, denen sie aber bis heute nicht genügen können. 35 Wenn also der prognostische Wert der Meßtabellen im ,Augsburgischen Intelligenz-Zettel' gegen Null geht, so ist dieses scheinbar naivempirische Herangehen doch nicht ohne Folgen. Nicht die Präzision der Vorhersage, wohl aber die der meteorologischen Instrumente verbessert sich durch die Datenerhebung, und zwar vor allem durch die Notwendigkeit des Vergleichs von Daten, die an verschiedenen Orten mit verschiedenen Instrumenten erhoben werden. So sind noch um 1750 über 70 verschiedene Meßskalen in Gebrauch! Die Meteorologie der Zeit liefert somit ein Paradebeispiel für die Problemgeschichte der Vereinheitlichung instrumentell gewonnener Daten. 36 Das Bedürfnis nach einem ,Universal-Thermometer' treibt die Zeitgenossen um - vielleicht sollten wir daher auch eher von Eichung denn von zunehmender Präzision sprechen. Auch die ,Augsburger Gruppe' arbeitet daran. Thenn übersetzt 1757 JacquesBarthelemy Micheli du Crests ,Sammlung einiger kleinen Schriften von den Thermometern und Barometern durch den Verfasser der Methode eines Universal-Thermometers' aus dem Französischen und verweist darin auf Brander, der in der Lage sei, die Thermometer des Genfer Naturforschers akkurat nachzubauen. Gerade die Werkstatt Branders stellt sehr viele meteorologische Instrumente her,

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Stuttgart 1990. S. 88; Johann Heinrich Lambert: Hygrometrie oder Abhandlung von den Hygrometern. Bd. 2. Augsburg 1775. S. 10. Vgl. AIZ 34/1763; 22/1765 u. 20/1779 für die Betonung der eigenen Beobachtungen (mit Instrumenten); Henry E. Lowood: Patriotism, profit and the promotion o f science in the German Enlightenment. The economic and scientific societies, 1760-1815. N e w York, London 1991. S. 122f. Heureka! Das Wissenschaftsmagazin im Falter 3/2000. S. 15. E. Weigl (Anm. 33) S. 94; zu Micheli du Crest vgl. Pirmin Meier: Die Einsamkeit des Staatsgefangenen Micheli du Crest. Eine Geschichte von Freiheit, Physik und Demokratie. München, Zürich 1999.

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und es sind ganz überwiegend diese Thermometer und Barometer, die für die Messungen in Maschenbauers ,Intelligenz-Zettel' benutzt werden.37 Die Erhebung meteorologischer Daten geht mit der Beförderung des eigenen Instrumentenhandels, der Thermometer und Barometer Branders, Hand in Hand. Die Behauptung der Nützlichkeit naturkundlicher Forschung erscheint auch in diesem Falle vor allem legitimatorische Funktion zu haben. Nicht daß Maschenbauer, Thenn und Brander nicht selbst an den Nutzen ihrer naturkundlichen Arbeit glauben und dies nur vorschützen würden. Ganz im Gegenteil: sie sind so sehr davon überzeugt, daß sie wie im Falle der Meteorologie auch ohne konkret verwertbare Ergebnisse ihre Forschungen mit aller Kraft vorantreiben.

Aufklärung durch Wissenschaft? Versuchen wir nun den Stellenwert der Naturwissenschaft im ,Augsburgischen Intelligenz-Zettel' zu bestimmen. Die Gelehrten Sachen mit naturwissenschaftlichen Themen stehen im Dienste der angestrebten (Volks-)Aufklärung. Bei der Popularisierung der neuen Erkenntnisse geht es nicht nur um die Erweiterung des Wissens und dessen praktischer Nutzbarmachung, sondern auch um den moralischen Mehrwert'. Der Beschäftigung mit der Natur, bestehe diese nun im Blättern in Ledermüllers ,Mikroskopischen Augen- und Gemüthsergözungen' oder im Experimentieren mit der Elektrizität, wird eine erzieherische und moralisch veredelnde Funktion zugesprochen. In einer Zeit, in der volkstümliche Vergnügungen immer wieder Anstoß aufgeklärter Kritik sind und als Zeitvergeudung abgetan, sogar als Gefahr für die moralische Integrität angesehen werden, wird die Na-

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AIZ 18, 22 u. 34/1765; monatlicher Auszug der meteorologischen Beobachtungen im Jahrgang 1775. Als Thenn die Meteorologie im AIZ übernimmt, betont er gar, daß alle die Instrumente, derer ich mich zu meinen Beobachtungen bediene von der geschickten Hand des hiesigen allenthalben berühmten Mechanici, Herrn Branders verfertiget worden sind. AIZ 1/1777; vgl. 12/1778. Golinski hat gezeigt, daß der erstaunlich weit verbreitete Gebrauch von Barometern im späten 17. und im 18. Jahrhundert in gewisser Weise ein Modephänomen ist; es gilt als chic, ein so eigenartiges Instrument zu besitzen. Was genau die Bewegungen der Meßflüssigkeit bedeuten, ist umstritten. Die Interpretationsbedürftigkeit ist aber gerade das Anziehende am Barometer. Jan Golinski: Barometers of Change: Meteorological Instruments as Machines of Enlightenment. In: The Sciences in Enlightened Europe. Hg. von William Clark, Jan Golinski, Simon Schaffer. Chicago 1999. S. 69-93.

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turlehre als eine ideale Alternative präsentiert.38 Auch diese unterhält, vertreibt die Zeit, befriedigt die Neugierde, aber auf sinnvolle, erbauliche, in keinem Falle schädliche oder lasterhafte Weise. Praktischer Nutzen für den Menschen und die Beförderung seiner Glückseligkeit werden in Aussicht gestellt.39 Dieses Wunschbild des aufgeklärten Landmannes oder Handwerkers findet sich nicht nur im ,Augsburgischen Intelligenz-Zettel'. Christian Friedrich Daniel Schubart lobt in seiner,Deutschen Chronik' den Seifensieder Karas, der in seinem Gewerbe ebensosehr Muster als er es in seinem Privatfleiße war. Mit Recht erheben die Zeitungen sein Lob. Denn statt die leeren Stunden seiner Zeit mit Spiel, Trunk und pöbelhaftem Gewäsche auszufüllen (wie es leider sehr viele von unsern Handwerksleuten zu tun pflegen), so beschäftigte er sich mit Mathematik, Physik, Sprachen, Musik; führte einen tugendhaften Wandel und starb als Christ mit der Zufriedenheit eines Mannes der seine Zeit wohl angewandt hatte. Ein Seifensieder in Ungarn mit dem Pluche und dem Abbt in der Hand [...].40 Im ,Augsburgischen Intelligenz-Zettel' finden sich auch deutliche Anklänge an die Physiko-Theologie der Frühaufklärung: Es macht aber einen Theil der Glük38

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Zu Fest und Volksbelustigungen und der zeitgenössischen Kritik vgl. Beate Heidrich: Fest und Aufklärung. Der Diskurs über die Volksvergnügungen in bayerischen Zeitschriften (1765-1815). München 1984 (Münchner Beiträge zur Volkskunde. Bd. 2); Elisabeth Fendl: Volksbelustigungen in Regensburg im 18. Jahrhundert. Das „Curiöse" in der Chronik des Christian Gottlieb Dimpfel. Vilseck 1988 (Regensburger Schriften zur Volkskunde. Bd. 5). S. 106-111. Diese Diskussion wird auch im AIZ geführt; vgl. etwa den Text Von dem üblen Gebrauch der Zeit, und wie man sie am nüzlichsten vertreiben soll·, AIZ 31/1755. In dem Artikel Ermunterung die Zeit sorgfältig anzuwenden wird explizit die Beschäftigung mit der Natur empfohlen; AIZ 6/1757. AIZ 26/1756; 32/1757; 18/1764; 1/1770. Es gibt allerdings auch Gegenstimmen; so spricht sich etwa der italienische Aufklärer Lodovico Antonio Muratori dafür aus, daß sich viele Besizer von Ländereyen, die mit so viel Eifer das Buch der Natur studiren, um die Schwere und Stärke der Luft, die Materie des Lichts und ihre Bewegungen, den Ursprung der Farben, die seltsamen Erscheinungen der Electricität, die Mannigfaltigkeit der Kräuter, der Insekten, der Phosphoren, und andere Sachen mehr zu ergründen, die für das gemeine Wesen nur einen sehr entfernten Nuzen haben, vielmehr auf eine Kunst legten, von welcher der tägliche Unterhalt des gemeinen Wesens abhänget. Vielmehr seien ordentliche Schulen für den Landbau, so wie für die Staatskunst anzulegen; AIZ 47/1763. Deutsche Chronik, 3. St., 7.4.1774. Nachgedruckt in: Christian Friedrich Daniel Schubart: Deutsche Chronik. Eine Auswahl aus den Jahren 1774-1777 und 1787-1791. Hg. von Evelyn Radczun. Köln 1989. S. 8f. Mit dem Pluche ist Noel-Antoine La Pluches vielbändiges und viel gelesenes - vgl. Andreas Kleinert: Mathematische und anorganische Wissenschaften. In: Wissenschaften im Zeitalter der Aufklärung. Hg. von Rudolf Vierhaus. Göttingen 1985. S. 210-248, S. 246 - ,Le spectacle de la nature' gemeint, mit Abbt der Popularphilosoph und vaterländische' Schriftsteller Thomas Abbt. Die ersten Stücke seiner Chronik gibt Schubart, der sich als einen Freund Branders bezeichnet - Christian Friedrich Daniel Schubart: Leben und Gesinnungen. 2 Theile. Berlin 1980 (ND der Ausgabe Stuttgart 1791-1793). 2. Theil, S. 31 - noch in Augsburg heraus, bevor ihn die Zensur zwingt, ab Mai 1774 in Ulm zu publizieren.

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Seligkeit erhobener Menschen aus, die Größe des Schöpfers aus den Wundern der Schöpfung zu erkennen [...].41 Die Wissenschaftspopularisierung im ,Augsburgischen Intelligenz-Zettel' fugt sich somit nahtlos ein in dessen Programmatik der Volksaufklärung und -erziehung, wie sie für die Intelligenzblätter des 18. Jahrhunderts als typisch gelten kann.42 Gerade der Kampf gegen den Aberglauben ist hier ein zentrales Anliegen. So etwa im Falle des Zauberkünstlers Thomas Peladine, der Ende der 1740er Jahre in ganz Deutschland für Aufsehen sorgt, indem er bei seinen Auftritten seinen Diener in ein Pferd verwandelt und Tieren die Köpfe abschlägt, um sie ihnen dann wieder aufzusetzen. Als Maschenbauer vermutet, daß wir ihn auch bald in Augsburg sehen, warnt er davor, dessen Kunststücke für Hexerey zu halten: Die Schande dieses Aberglaubens muss nun endlich völlig aus einem Reiche verbannet werden, wo die größten Weltweisen auch dem Pöbel den Weg zur Vernunft längst gebahnet haben [...].'43 Schwieriger verhält es sich hingegen im Bereich der Naturlehre selbst. So spricht man sich im ,Augsburgischen Intelligenz-Zettel' einerseits gegen einen astrologisch gefärbten Mondglauben aus, konzediert aber andererseits, daß der Mond aufgrund seines Dunstkreises sehr wohl einen Einfluß auf die Erde und damit auch auf den Menschen haben könne.44 Gerade in Bereichen wie der Elektrizität, dem Magnetismus, der Meteorologie und Astronomie, in denen mysteriöse Fernwirkungen oder eben Dunstkreise eine Rolle zu spielen scheinen, sind die genauen Kausalzusammenhänge unklar. Statt eines Konsenses unter den Naturkundigen konkurrieren häufig verschiedene Interpretationen miteinander. Zwar gilt nach wie vor Maschenbauers Diktum, daß ein Naturphänomen nur das bedeutet, was es physisch wircken kann, aber gerade dessen Wirkmächtigkeit ist umstritten oder schlicht unbekannt: Der Magnet allein lehret schon den Menschen, in seinen Schlüssen bescheiden zu seyn,45 Man hält vieles für denkbar und will nicht vorschnell bestimmte Möglichkeiten ausschließen. Hat nicht der Blick durch das Mikroskop gezeigt, daß es winzig kleine Lebewesen gibt? Warum soll es dann nicht auch sehr große Kreaturen, etwa Seeungeheuer, geben? Ausgerechnet die Instrumente der neuen Naturwissenschaft wie das Mikroskop oder auch die Elektrisiermaschine erweitern den Raum des Denkbaren, ohne das Wunderbare auszuschließen. Im Gegenteil: die Naturlehre scheint das Verlangen des Publikums nach dem Wunderbaren durch die Art

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AIZ 10/1767; vgl. 6/1757. Vgl. dazu Holger Böning: Aufklärung und Presse im 18. Jahrhundert. In: „Öffentlichkeit" im 18. Jahrhundert. Hg. von Hans-Wolf Jäger. Göttingen 1997 (Das achtzehnte Jahrhundert. Supplementa 4). S. 151-163, S. 159. AIZ 4/1748; vgl. 33/1748. Zur Problematik des Aberglaubens im ,Augsburgischen Intelligenz-Zettel' vgl. den Beitrag von Nicole Stieb im vorliegenden Band. AIZ 8/1776; vgl. 48/1752. AIZ 25/1772.

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ihrer Präsentation zu fordern. Nachrichten über Mischwesen, etwa ein Riesenfisch mit menschlichen Extremitäten oder eine Gans mit Schweinsfüßen, finden sich immer wieder im ,Augsburgischen Intelligenz-Zettel'. 46 In diesem Falle geizt Maschenbauer auch nicht mit bildlichen Darstellungen, die ansonsten nur sehr sporadisch in seinem Intelligenzblatt auftauchen. Eine sinnliche Vorstellung der vorzutragenden Sachen sei nötig, befindet der Herausgeber, betont demgegenüber aber auch die Mühe des Zeichnens und die Kosten des Kupferstichs.

Abb. 9. Abbildung eines Schweinsigels, AIZ 25/1748 An Vampire mag Maschenbauer nicht glauben, er hält sie für eine Geburt der menschlichen Einbildungskraft. Was aber, wenn glaubhafte Zeugen deren Existenz verbürgen? 47 Diese Frage stellt sich Mitte des 18. Jahrhunderts nicht nur Maschenbauer. 1751 erscheint bei dem Augsburger Verleger Rieger eine Übersetzung der .Gelehrten Verhandlung der Materi, von Erscheinungen der Geisteren, und denen Vampiren in Ungarn, Mahren' des lothringischen Benediktinerabtes Augustin Calmet. Calmet, der unter Berufung auf die Heilige Schrift Geister für sehr wohl möglich hält, argumentiert gegen die Existenz von Vampiren, da nur Gott Menschen wiederauferstehen lassen könne. Der Geistliche sieht sich aber vor dasselbe Problem gestellt wie Maschenbauer. In bezug auf Berichte über Blutsauger in Ungarn und eine nachfolgende Untersuchung am kaiserlichen Hof in Wien 46

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AIZ 50/1762; 2/1766; 23/1767; für weitere Berichte über Mischwesen bzw. Mißgeburten vgl. AIZ 30 u. 31/1749. S. etwa die Darstellung eines Schweinsigel oder eines Fischkörpers mit Schweinekopf, AIZ 25/1748; 41/1749; Zitat: 30/1748; Vampire: 22 u. 23/1748.

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schreibt er: Doch kann ich änderst nicht, als eine so gerichtlich untersucht, und von ansehntlichen glaubwürdigen Personen bezeugte Geschieht für wahrhafft halten4' Es ist somit sowohl für konservative Geister wie auch für der Aufklärung verpflichtete Zeitgenossen schwierig bis unmöglich, eine genaue Scheidelinie zwischen Aberglauben und Wissenschaft, dem Unmöglichen und dem Möglichen zu ziehen. Neben dem Kampf gegen den Aberglauben wird auch der (mögliche) praktische Nutzen immer wieder als Rechtfertigung der Naturlehre ins Feld geführt. Es geht dabei häufig mehr um den zukünftigen, erhofften, behaupteten, denn um den bereits realisierten Nutzen. „[...] science announced its achievements before it achieved any notable successes", schreibt Sutton über die Wissenschaft der Aufklärung. 49 Möglichen Zweifeln an der Legitimität der Naturforschung soll aber von vornherein der Wind aus den Segeln genommen werden, so etwa wenn es um die Frage des Nutzens von Raben geht: Es folget eben nicht, daß die Dinge unnüze seyn sollten, deren Absicht wir nicht genau einsehen können. Auch diese Vögel müssen zu etwas gut sein, denn in der Schöpfung gibt es nichts Unsinniges oder Überflüssiges. Mit dem strukturgleichen Argument wird auch die Beschäftigung mit der Elektrizität gerechtfertigt. 50 Und scheint ein praktischer Nutzen ganz unglaublich, etwa bei Lebewesen, die man nur unter dem Mikroskop zu erkennen vermag, dann bleibt immer noch das Erbauungsargument, wonach die Betrachtung dieser wundersamen Miniaturwelt zur Bewunderung der Schöpfung anleitet.51 Trotz der zahlreichen naturkundlichen Themen im ,Intelligenz-Zettel' hütet sich der Herausgeber, eine Inkompatibilität oder gar einen Gegensatz zwischen den Erkenntnissen der Naturforschung und dem christlichen Offenbarungsglauben aufscheinen zu lassen. Im Gegenteil: Das Naturbuch stimmet, wie allenthalben, also auch in diesem Stüke [es geht um das Erdalter, Ο. H.] mit dem Buche der näheren götlichen Offenbarung vortreflich überein. Aber, wie wenig würde aus ihnen [den menschlichen Beobachtungen, Ο. H.] allein mit einiger Gewisheit ausgemacht werden können? Die heilige Schrift mus uns erst erweken, und Anleitung geben, im Naturbuche

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Augustin Calmet: [...] Gelehrte Verhandlung der Materi, von Erscheinungen der Geisteren, und denen Vampiren in Ungarn, Mahren [...]. Augsburg 1751. 2. Teil. S. 34. G. Sutton (Anm. 9) S. 284. Zitat: AIZ 8/1752; Elektrizität: 1/1750. AIZ 13/1753; vgl. 2/1750 für den Bereich der Insekten. Dazu gibt es aber auch Gegenstimmen: Ists nicht Thorheit, wenn der Mensch den Schöpfer durchs Mikroskop an der Blatlaus suchen will. Sich über diesem trägen Fleiße die Augen blind macht und nie seine Werke in der großen weiten Natur erforscht [gemeint ist die Bergwelt]; AIZ 9/1786.

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mit wahrem Nuzen zu lesen. Sonst würden wir vieles nicht darin bemerken und verstehen, was uns doch auf gewisse Weise vor Äugen gemahlet ist.52 Hier wird die Bibel gar zu einem Leitfaden für die Erforschung der Natur. Ob sich dahinter nun Maschenbauers persönliche Überzeugung oder reine Vorsicht verbirgt, läßt sich nicht entscheiden. Der weltanschauliche Horizont des Augsburgischen Intelligenz-Zettels' ist damit aber abgesteckt, der Grundkonsens, die Übereinstimmung von Naturforschung und Offenbarung sowie das Primat der letzteren, wird nicht in Frage gestellt. Gleichzeitig wird durch diese Rückversicherung erstere legitimiert.

Die Rolle der Leser Abschließend ist nach der Rezeption des ,Augsburgischen Intelligenz-Zettels', insbesondere seiner naturkundlichen Abhandlungen zu fragen. Die Gelehrten Sachen gibt Maschenbauer unter dem Titel ,Referendarius' in den Jahren 1750 bis 1769 gesondert heraus. Sie bilden die Grundlage einer zwölfbändigen (!) Sammlung naturkundlicher und ,ökonomischer' Abhandlungen. Zum Teil überarbeitet er die Artikel aus seinem Intelligenzblatt leicht oder fügt neue aus anderen Quellen hinzu. Die Neuauflage in Buchform, die Kompilation des Kompilierten, begründet er so: [D]er so geneigte Beifall der in den vorigen 2. Jahren mitangefügten gelehrten Sachen, hat mich zu dem Entschlus gebracht, dasjenige, was in diesen Intelligenzzetteln oder sonst benamsten wöchentlichen Anzeigsblättern öffters von den schönen Wissenschaften nur Stukweise vorgetragen worden, in einem Zusammenhang mit einigen dazugehörigen Anmerkungen druken zu lassen [...].53 Das Interesse an den Gelehrten Sachen ist also vorhanden. Der Augsburger Verleger bedient einen rentablen Markt für eine erbaulich-unterhaltsame Aufklärung und praktische Lebenshilfe in gedruckter und leicht konsumierbarer Form. Der Erfolg läßt sich quantitativ an der Nachfrage ablesen. Auch im ,Augsburgischen Intelligenz-Zettel' selbst finden sich - allerdings spärlich - Spuren seiner Rezeption. In einem Brief aus Kaufbeuren vom 25. Januar 1750 heißt es: Dero Intelligenzzettel, den wir hier mit Vergnügen lesen, hat uns schon zu allerhand Experimenta veranlasset, die wir aus Begierde, auf neue Erfindungen zu kommen, in ein- und anderen Dingen versucht haben. Lezthin sind wir, nemlich ich und meine Frau, gar auf das Electrisiren gekommen.™

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AIZ 1/1760; vgl. 28/1752; 23/1755. J. Α. E. Maschenbauer (Anm. 30) Bd. 1. Vorrede. AIZ 5/1750.

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Das elektrisierende Ehepaar wendet sich im folgenden mit einer Frage an Personen, welche das Electrisiren verstehen. Wie ist es zu erklären, daß ihre Katze Feuerfunken von sich gibt, wenn sie im Dunkeln gegen das Fell gestreichelt wird? Handelt es sich dabei um ein elektrisches Phänomen, obwohl man in der Hand nichts verspürt?55 Dieses Beispiel unterstreicht einmal mehr die ,kulturelle Durchschlagskraft' der Elektrizität. Die Lektüre eines Intelligenzblattartikels genügt, um die Leser zu eigenen Versuchen zu animieren. Immer wieder fordert Maschenbauer bzw. seine Nachfolger die Leser auch auf, selbst eigene Nachforschungen zu bestimmten naturkundlichen Themen anzustellen.56 Entsprechende Anfragen der Leser werden ebenfalls beantwortet. Einmal kann Maschenbauer den Augsburger Stadtmedikus Georg Friedrich Gutermann, den Vater von Sophie La Roche, dafür gewinnen, eine Antwort auf die Frage, wie man Ertrunkene wieder zu sich bringe, zu verfassen. 57 Namentlich signierte Artikel sind freilich die große Ausnahme, so daß sich über mögliche weitere Mitarbeiter Maschenbauers keine verläßlichen Aussagen treffen lassen. Indirekt läßt sich der Philosophiehistoriker Johann Jakob Brucker als Autor eines vierteiligen Artikels zur Geschichte des Augsburger Buchdrucks identifizieren.58 Von der Einbindung Branders und Thenns war bereits die Rede. So sind zumindest Teile der (evangelischen) Oberschicht Augsburgs mit dem ,Intelligenz-Zettel' verwoben. Welche Richtung hat nun die Kommunikation des ,Intelligenz-Zettels', wer spricht hier zu wem? Kempf schreibt mit Blick auf das Intelligenzblatt als Genre: „Die Kommunikation des Intelligenzblattes ist einseitig, es verordnet und sein Ideal ist nicht die in die Öffentlichkeit gestellte wissenschaftliche Korrespondenz, sondern die Edictal Citation. Solcherart eingebunden mischt die Obrigkeit ihre Stimme unter diejenige des Autors."59 Dieses Verdikt fällt zu scharf bzw. zu generell aus. Je nach Herausgeberschaft nehmen die Intelligenzblätter sehr unterschiedliche Profile an. Wie Böning festhält, ist für die Mehrzahl „ihre Symbiose mit dem Staat nicht so ausgeprägt wie oft vermutet". 60 Dies trifft sicherlich für das Augsburger Intelligenzblatt zu, das in seiner Kommunikation nicht immer und ausschließlich einseitig ist. Der Leser wird miteinbezogen, zu eigenen Stellungnahmen, Nachforschungen und Nachfra55 56

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AIZ 5/1750. Ich empfehle das Phänomen [eine neue Art eines Barometers] selbst noch der Untersuchung aufmerksamer Naturforscher, und wünsche ihre Beobachtungen inskünftige in diesen Blättern zu lesen. AIZ 38/1768. AIZ 8Neu/1747. AIZ 8,9,11, 12/1750; nach Josef Mancal: Augsburger Zeitungen 1680 bis 1850. In: Augsburger Buchdruck und Verlagswesen. Von den Anfängen bis zur Gegenwart. Hg. von Helmut Gier, Johannes Janota. Wiesbaden 1997. S. 683-733, S. 711. Thomas Kempf: Aufklärung als Disziplinierung. Studien zum Diskurs des Wissens in Intelligenzblättern und gelehrten Beilagen der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts. München 1991. S. 173. H. Böning (Anm. 42) S. 159.

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gen aufgefordert. Wohl werden politische und weltanschaulich-theologische Themen ausgeklammert bzw. nur affirmativ verhandelt. Aber gerade im Bereich der Naturlehre wird ein eigener, rational-empirischer Zugang ,eingeübt', der sich auf eigene Beobachtungen und Überlegungen, auf die instrumentengestützte Erhebung von Daten und den selbstorganisierten Austausch zwischen den naturkundlichen Praktikern stützt. Geradezu kontrovers wird die Debatte zur Frage der Sicherheit der Blitzableiter Anfang der 1780er Jahre gefuhrt. Die Naturlehre wird somit zu einem wichtigen Bereich der sich im 18. Jahrhundert herausbildenden bürgerlichen Öffentlichkeit, der nicht von der Obrigkeit dominiert wird. Und der ,Augsburgische Intelligenz-Zettel' bietet hierfür ein Forum.

Der AIZ im Vergleich Damit wären wir bei der Frage nach der Repräsentativität des ,Augsburgischen Intelligenz-Zettels': Kommt der Naturlehre in anderen Intelligenzblättern im deutschen Reich eine ähnlich prominente Stellung zu? Dies kann nur sehr vorläufig beantwortet werden, da das Interesse der Forschung an diesem Medium zwar wächst, aber immer noch viel zu wenige Einzeluntersuchungen vorliegen, um entsprechende Vergleiche anstellen zu können. Zu nennen wäre das von Johann Daniel Titius herausgegebene ,Wittenbergische Wochenblatt zum Aufnehmen der Naturlehre und des ökonomischen Gewerbes' (1768-1785). Wie der Titel bereits andeutet, liegt hier sogar ein Schwerpunkt auf naturkundlichen und hauswirtschaftlichen Artikeln. Es übt einen direkten Einfluß auf den ,Augsburgischen Intelligenz-Zettel' aus, welcher 1777 die meteorologischen Meßtabellen nach dem Wittenberger Vorbild gestaltet. Die ,Promotion' des Blitzableiters findet im Wochenblatt' bereits in den 1770er Jahren statt.61 Ein Blick in das ,Erfurtische Intelligenzblatt' (1771-1795) zeigt, daß naturkundliche Artikel hier seltener erscheinen. Aber entsprechende Artikel zum Gewitterschutz Anfang der 1780er Jahre fehlen auch hier nicht. Gleiches gilt für das ,Leipziger Intelligenz-Blatt'. 62 Es ist anzunehmen, daß es sich bei anderen Intelligenzblättern ähnlich verhält, auch wenn hierzu noch etliche Jahrgänge dieser wichtigen, aber arbeitsaufwendigen Quelle zu entstauben wären.

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AIZ 52/1776; 2/1777. Wittenbergisches Wochenblatt 3 u. 4/1772; 36/1774; 44/1778. Erfurtisches Intelligenzblatt: 1780, S. 244f. u. 364f.; 1782, S. 230f.; Artikel zur Elektrizität: 1775, S. 259f.; 1790, S. 383; angegeben nach Wolfram Suchier, Else Theile: Erfurts Einwohner und ihr Gesichtskreis zu Dalbergs Zeit im Spiegel der amtlichen Lokalpresse: Register zum Erfurtischen Intelligenzblatt 1771-1795 (Erfurter Genealogischer Abend. Wissenschaftliche Abhandlungen H. 10-12). Erfurt 1938; Gnädigst privilegirtes Leipziger Intelligenz-Blatt 15, 20-23 u. 30/1779.

Astronomie im Spiegel des Augsburger Intelligenzzettels Karl-August Keil

Ende Februar des Jahres 1744 stand jeden Abend am Westhimmel ein großer Komet von Venushelligkeit mit einem langen Schweif. Johann Andreas Erdmann Maschenbauer gab dazu eine Kometenschrift mit einem Kupferstich von Elias Baeck (1679-1747) heraus.1 Nach der Stellung des Kometen und des zunehmenden Mondes wurde die Situation vom 16. Februar 1744 dargestellt. Der Komet hat die Menschen tief beeindruckt, wohl noch stärker als wir es im August 1999 mit der totalen Sonnenfinsternis hier in Augsburg erlebt haben. Vielleicht rührt von diesem Erlebnis das große Interesse Maschenbauers an der Astronomie. Er richtete sich auf seinem Haus bei St. Ulrich eine Beobachtungsmöglichkeit ein, die er mit Geräten des bedeutendsten Instrumentenbauers des 18. Jahrhunderts in Deutschland, Georg Friedrich Brander (1713-1783), ausstattete; dieser war seit 1734 in Augsburg ansässig und mit Maschenbauer befreundet. 2 Vergegenwärtigen wir uns die Situation der Astronomie Mitte des 18. Jahrhunderts: Das kopernikanische Weltbild mit der Sonne als Mittelpunkt des Planetensystems hatte sich zumindest in der wissenschaftlichen Welt durchgesetzt. Die geschlossene Fixsternsphäre war einem ins Unendliche hinausreichenden Raum mit ungezählten Sonnen gewichen. Die Kometen waren als außerirdische Himmelskörper erkannt, die sich auf Keplerschen Bahnen bewegen. Die Keplerschen Gesetze und vor allem das Gravitationsgesetz Newtons faszinierten die interessierten Kreise, wie man es auch aus Artikeln Maschenbauers spürt. Der Kalenderstreit war in Deutschland überwunden; in England wurde der neue Kalender allerdings erst 1753 eingeführt. Die Oberflächen von Mond und Planeten und die Physik der Sonne und der Sterne lagen noch im Bereich der Spekulation. Saturn galt noch als der äußerste Planet, Uranus wurde erst 1781 entdeckt, die ersten Kleinplaneten in der Silvesternacht 1800. Entfernungsmessungen von Fixsternen gelangen erst 1831, es gab nur Abschätzungen der Mindestentfernung. Maschenbau-

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Johann Andreas Erdmann Maschenbauer: Kometenschrift ohne Titelblatt. Augsburg 1744. Exemplar: Augsburg SStB Aug. 2552/9. Maschenbauers Frau war Patin bei Branders Tochter Johanna Katherina, getauft am 20.2.1769. Ev. Kirchenregisteramt Augsburg. Taufbuch St. Anna II. S. 432.

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ers Artikel zeigen aber, daß in der allgemeinen Öffentlichkeit noch erheblicher Aufklärungsbedarf bestand. Bei den astronomischen Beiträgen in den Intelligenzzetteln, die anfangs unter der Rubrik Allerhand vermischte Nachrichten und ab August 1747 unter Gelehrte Sachen und Verkauff der Bücher erschienen, handelt es sich einerseits um Voraussagen oder Berichte über aktuelle Ereignisse, andererseits um größere Artikel zu astronomischen Themen. Dabei ist nach dem Stand dieser Zeit oft nicht scharf von geophysikalischen Themen zu trennen. Maschenbauer nennt viele Wissenschaftler, auf die er sich stützt: Kepler, Riccioli, Huygens, Newton, Leibniz, Descartes, Euler, Doppelmaier, Pater Hell und viele andere weniger bekannte Namen; zum Teil gibt er explizit die verwendete Literatur an. Vieles davon findet man heute noch in der Augsburger Stadtbibliothek. Es deutet manches darauf hin, daß der 1745 in Augsburg erschienene Mathematische Atlas von Tobias Mayer (17231762)3 eine wichtige Grundlage für ihn darstellte.

I. Aktuelle astronomische Ereignisse Am 23. May 1748 erscheint im Intelligenzzettel: Von Halle erhalten wir unter dem 29. April eine Nachricht, die wir unsern Lesern nicht vorenthalten wollen, ohnerachtet wir den Herrn Oberservatorem nicht wissen, auch übrigens die Sache auf ihren Werth und Unwerth beruhen lassen. [Maschenbauer steht anonymen Quellen also nicht unkritisch gegenüber.] [...] Schon im Anfang der abgewichenen Woche sähe man allhier einen neuen Cometen, den man aber wegen unstäter Witterung erst in der Nacht zwischen dem 28. und 29. deutlich bemercken konnte. Der Comet ist an Licht und scheinbarer Grösse ein Stern vierter Grösse, und sein Schweif nur etwas über einem Grad oder 2. Monden breit lang. Seine Stelle ist am gestirnten Himmel zunächst dem kleinen aus dunkelen Stern bestehenden Sternbilde, Lacerta, oder Stellio, zwischen Hand und Ringe von der Andromeda, und dem Knie des Pegasus [...] Er muß des Abends bald nach eingebrochener Nacht schon zu sehen seyn, weil er alsdann gerade in Mitternacht [im Norden] gantz am Horizont stehet. [...]." Maschenbauer hat in diesem Fall offenbar keine eigene Kontrollbeobachtung gemacht, vielleicht wegen ungünstiger Witterung; sonst hätte er die Angaben für Ende Mai aktualisiert. Bis der Leser den Intelligenzzettel in der Hand hatte, zog 3

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Tobias Majer: Mathematischer Atlas. Augsburg 1745. Mayer lebte von 1744 bis 1746 in Augsburg, wurde 1751 Professor der Mathematik in Göttingen und 1754 Leiter der dortigen Sternwarte. AIZ 21/1748.

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der Komet, wie die Berechnung zeigt, durch die Sternbilder Cassiopeia und Giraffe. Die Sternbilder werden noch als Figuren beschrieben mit Hand, Knie usw., wie sie auch auf den damals gebräuchlichen Sternkarten abgebildet waren.5 Es handelte sich um den Komet Maraldi, der sein Perihel, also seine Sonnennähe, am 29.4.1748 erreichte und von dem in der Literatur Beobachtungsberichte vom 25. April bis 30. Juni vorliegen.6 Interessant ist dann die Ankündigung im Frühjahr 1756: Da die Zeit heran nahet, in welcher der Comet oder Schweifstern wieder erscheinen soll, der sich im Jahr 1682. gezeiget, [...] Ein Comet ist ein ungewöhnlicher Stern, der entweder einen Schweif oder einen Bart hat, auch wohl rund um gleichsam, wie mit Haarloken besezt ist. Die Gelehrten sind lange Zeit nicht mit sich einig gewesen, ob die Cometen beständige oder lauter zufällige Himmelszeichen wären. [...] Dem sey wie ihm wolle, Pythagoras, Hippocrates von Chio, Appollonius von Myndus hielten die Schweifsterne für Planeten, und die Chaldeer rechneten die Cometen unter die Irrsterne, und kenneten, nach nur gedachten Appollonius, ihren Lauf. [Planeten und Irrsterne wurden synonym gebraucht]. Seitdem also Nicephorus Gregoras [vorher genannt, Constantinopel 1337] zur Nachrechnung von dem Lauf der Cometen den Weg gebahnet hat, sind ihm viele jüngere Gelehrte auf dieser Spur nachgefolgt, so, daß sie gegenwärtig im Stande sind, die bevorstehende Erscheinung eines Schweifsterns ziemlich genau vorher sagen zu können, wie dann versichert wird, daß der Comet, welcher sich 1682. gezeiget, zu Ende des jezigen, oder zu Anfang des künftigen Jahrs wieder zum Vorschein kommen werde. Weil einige Schwanzsterne sich verschiedenemale gezeiget, so haben die Sternseher hieraus Anleitung bekommen, ihrem Laufe nachzugehen, besonders der drei vornehmsten, da man dann siehet, daß der erste, welcher sich 1531. 1607. und 1682 gezeiget, und der anjezo wiederum erwartet wird, allemal 75. Jahr gelaufen.7 Die verbreitete frühere Ansicht von Kometen als Ausdünstungen der Erde erwähnt Maschenbauer nicht. Man ist erstaunt, wie sicher die Ankündigung der Wiederkehr des Kometen von 1682 klingt, obwohl zum ersten Mal die Wiederkehr eines Kometen erwartet wurde. Edmund Halley (1656-1742) hatte den später nach ihm benannten Kometen 1705 vorausgesagt. Er nahm zunächst noch die Wiederkehr von zwei weiteren Kometen an, die Maschenbauer auch nennt: Ein Komet mit 129 Jahren Umlaufszeit, der nach 1532 und 1661 im Jahr 1789 wiederkehren sollte, und einer mit ungefähr 575 Jahren Umlaufszeit. Dessen nächste Wiederkehr nach 44 vor und 531, 1106 und 1680 nach Christus wäre 2255 zu er5

6 7

Z.B. in der Uranometria des Augsburger Ratskonsulenten Johann Bayer (1572-1625) von 1603 oder in den Augsburger Sternkarten von Matthäus Seutter (1678-1757) und Tobias Conrad Lotter (1717-1777). Hermann Mucke: Helle Kometen von -86 bis +1950. Wien 1976. AIZ 10/1756.

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warten. In diesen beiden Fällen hatte sich Halley geirrt. Maschenbauer nennt den Namen Halley hier übrigens nicht. Er erwähnt nicht, wie man erkannte, daß es sich bei den Kometen der Jahre 1531, 1607 und 1682 um den gleichen Kometen handeln müsse. In der 1761 in Augsburg erschienenen Schrift von Johann Heinrich Lambert (1728-1777)8 dagegen, werden die parabolischen Bahnelemente von 20 Kometen abgedruckt, die Halley berechnet hatte und an denen er die Ähnlichkeit und damit die Ellipsenbahn erkannte. Der Komet wurde dann allerdings erst am 25. Dezember 1758 von dem Amateurastronomen und Landwirt Palitzsch nach einer genaueren von Clairaut und Lalande durchgeführten Rechnung, die die Einflüsse von Jupiter und Saturn berücksichtigte, wiedergefunden 9 . Überraschend ist, daß die tatsächliche Entdekkung dieser ersten Wiederkehr eines Kometen von Maschenbauer dann nicht erwähnt wird. Es zeigt sich daran, was auch auf anderen Gebieten zu beobachten ist, daß er nicht kontinuierlich über ein Gebiet berichtet, sondern ziemlich willkürlich, manchmal mit Abständen von vielen Jahren. Im Herbst 1769 schreibt er im Rahmen seiner Meteorologischen Beobachtungen von einer eigenen KometenBeobachtung: [...] zum Beschluß diser Abhandlung, von dem jezo erschienenen und zu Ende dises Monats dahier beobachteten brennenden Cometen, welcher gegenwärtig auch bey uns so viele andächtige Zuschauer hat, und folglich von dem Feuer, das in der Sonne die bewohnten Planeten erleuchtet und erwärmet, und in electrischen Wirbeln den ganzen Erdkreis durchwandelt, - - noch was weniges melden. Alleine, die Zeit, und der enge Raum dieser Blätter erlaubt es dermahlen nicht. Ich werde aber bey Beschreibung anderer Wunder, das merkwüdigste hievon in einem besondern Tractat abhandeln.10 Es handelte sich um den Kometen Messier 1769, der von August bis Dezember beobachtet wurde. Mitte September war er heller als nullter Größe, sein Schweif zog sich über ein Drittel des Himmels. Von dem angekündigten Tractat wird unten noch die Rede sein. Eine genauere und damit verwertbare Beschreibung eines Kometen auf Grund eigener Beobachtung, der allerdings schwächer war, bringt Maschenbauer am 6. Juni 1771: Uebrigens hat sich der May auch noch merkwürdig gemacht, wegen Erscheinung eines grossen Nordlichts, und eines abermaligen Cometens, der in diesem ganzen Monat durch gute Telescope und Tubos gegen Nord=West ist beobachtet worden. Derselbe hat seinen scheinbaren Lauf vom Ruken des Widders über

9 10

J. H. Lambert: Cosmologische Briefe über die Einrichtung des Weltbaues. Augspurg 1761. Exemplar: Augsburg SStB Nat 981. Lambert lebte von 1759 bis 1762 in Augsburg bei Brander, ab 1764 in Berlin. Markus Griesser: Die Kometen im Spiegel der Zeiten. Bern 1985. AIZ 36/1769.

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die Plejaden oder Siebengestim, Pollux und Cancer [Sternbild Krebs] genommen. Den 14. Abends um 10. Uhr war derselbe im 7ten Grad des Krebses mit einer nördlichen Breite von 7. Grad; Am 24sten erblikte man ihn in den Zwillingen. Sein Schweif, so anfänglich über 3. Grad lang war, hatte zimlich abgenommen, und am 25. kaum ein Dritten=Grad mehr betragen. Eine totale Sonnenfinsternis gab es in dieser Zeit in Deutschland nicht. Die letzte in Augsburg war 1706 und ist in einer anonymen Chronik belegt." 1748 finden wir im Intelligenzzettel:

Ankündigung von 2 grossen Finsternissen, sowol auf unserer Erde als an dem Mond. Erstere, welche sonsten eine Sonnen =Finsterniß genandt wird, und ehender eine Erd=Finsterniß geheissen werden solle (weil nicht der Sonnen ihr Licht benommen, sondern nur ihre Strahlen von dem Cörper des Monds aufgefangen werden, daß sie die Erde nicht treffen können, wodurch dieselbe mit einem Schatten bedeckt, und folglich der unter der Sonne stehende finstere Theil des Monds für die Sonne selbst angesehen wird, wie wir solches in unserm curiosen Dollmetscher pag. 205 angeführet haben) wird freylich denjenigen, welche ihre Sinnen und Gedancken bloß auf das Irrdische hefften, und um das, was an dem gestirnten Himmel vorgehet, unbekümmert sind, in ihren Augen fürchterlich fallen, wann sie wahrnehmen, wie am hellen Tage die Nacht einbricht;

[...]. Maschenbauer bringt dann ausführliche Erklärungen der beiden Finsternisar-

ten. Er spart sich erläuternde Figuren, weil diese Figuren in so viel hundert physikalischen Schriften befindlich, und fast in jedermanns Händen sind. Ob das damals zutraf? Heute sicher nicht!

Der vortrefflichen Astronomie haben wir es demnach zu dancken, daß wir das Jahr, den Tag, die Stund und Minuten gewiß wissen, wann dergleichen Phaenomena, oder Himmels=Zeichen erscheinen. Einer so ausnehmenden Gewißheit, kann sich die vortreffliche Astronomie, für allen übrigen Theilen der Weltweisheit rühmen: und dadurch wird der ihr eigene Vorzug desto gröser [...] Niemand anders wird sich leicht eine so untrügliche Gewißheit, mit Recht in dem Vorherkündigen vermessen dürffen.12 Er vergleicht damit die unsichere Voraussage bei Wetter, Weinwuchs, Wasserfluten, Zeiten von Krieg und Frieden, gefährliche Empörungen und Veränderungen im Regiment. Dabei erwähnt er, im Hinblick auf die bevorstehende Finsternis, die weiter nördlich von Augsburg ringförmig war: Gleichwie nun grosse und

" 12

Karl-August Keil: Zur Geschichte der Sonnenfinsternisse. In: Totale Sonnenfinsternis 11. August 1999. Hg. von Martin Birkmaier. Augsburg 1999. S. 9-22, bes. S. 13f. AIZ 29/1748.

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vortreffliche Männer der Astronomie gezweiffeit haben, ob jemalen dergleichen Ringförmige Sonnen=Finsternisse erschienen seyn. Maschenbauer kennt also die Diskussion um dieses Problem, an der vor allem Tycho Brahe und Kepler beteiligt waren. Er erwähnt auch, daß man dabei genauere Oerter von Sonne, Mond und Nodi [Knoten der Mondbahn] bestimmen will. Er warnt vor den eitlen Träumereien der Sterndeuter, die Krieg u.a. ankündigen, versucht aber doch manche Aussagen rational zu erklären: Es sey fern von mir, daß ich den eitlen Träumereyen der alten Stern=Deuter Beyfall geben, und glauben sollte, daß diese Erscheinungen in den Krieges—Lauf, das bevorstehende Friedens=Geschäft, oder in dem Reiche der Welt=Händel einen Einfluß haben können. Unterdessen will ich doch nicht gantz in Abrede stellen, daß in dem Reiche der Natur nicht einige Veränderungen sollten seyn. [...] Es sind auch über diß, durch die heißen Sonnestrahlen viele Dünste hervorgebracht, und in die Höhe gezogen worden; wenn nun diese, ehe sie durch die Mittags=Wärme völlig ausgekocht und aufgelöst sind, bey plötzlich einfallender Erkühlung durch die Finsternis wieder dicker und schwerer werden, und daher in dem untern Theile der Atmosphäre bleiben müssen da man sie dann mit dem Othem an sich ziehet. [...] Vielleicht ist daraus die Furcht einiger Hirten entstanden, welche an dem Tage, da eine Sonnenfinsterniß einfällt, ihr Vieh nicht austreiben wollen, indeme sie vorgeben, daß während der Finsternis ein gifftiger Thau falle, welcher dem Vieh schädlich wäre [...] Er versucht offensichtlich vom Volke befürchtete Folgen von Finsternissen rational zu begründen, soweit ihm dies möglich erscheint, diese also aufzunehmen, ihnen aber den abergläubischen Charakter zu nehmen. Am 25. Juli dann: Heute ist nun der Tag, an welchem wir die grosse Himmels=Begebenheit, ich meyne, die grosse und fast totale Sonnen =Finsterniß erwarten, theils mit Verlangen, theils mit Bestürtzung erwarten, und zu welcher ein geschickter Mathematicus und zugleich der Astronomie=Ergebener allhier, bereits so grosse Vorbereitungen gemacht. [...] An diesem heutigen Tag wird fast gantz Europa, wer Augen hat, die Häupter aufheben. Manche werden zwar diese Begebenheit auf eine Minute vorher wissen und erwarten, andere wird eine ungewohnte Dunckelheit über der Mittags=Tafel erschrocken, und sie, mit dem Bissen im Munde, an die Fenster locken. Er schildert recht anschaulich, wie die Menschen reagieren. Mit dem Mathematikus könnte er Jeremias Neuhofer gemeint haben, der ab 1741 am AnnaGymnasium lehrte, wo nach langer Pause wieder Mathematik unterrichtet wurde. Tobias Mayer kommt nicht mehr in Frage, da er schon 1746 nach Nürnberg gezogen war. Die Finsternis wurde demnach in Augsburg sorgfältig beobachtet. Sie betrug hier 83%. Weitere partielle Sonnenfinsternisse 1750 mit 56%, 1753 mit 67%, 1760 mit 57% und auch 1764 mit 83% in Augsburg ebenso groß wie die

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von 1748, kündigt Maschenbauer nicht an, erst wieder die schwächere 1769. Es zeigt sich auch hier, daß er nicht versuchte, systematisch über alle wichtigen astronomischen Ereignisse zu berichten. Eine nur 23 prozentige Sonnenfinsternis am 5. August 1766 erwähnt er nur nachträglich am 28.8. in 35/1766, um zu zeigen, wie die Voraussagen nur um Bruchteile einer Minute abgewichen sind. Als Quelle nennt er „Connoissance des Mouvemens celestes pour l'Annee 1766. par Mr. de la Lande de l'Academie Royale des Science ä Paris". Er erwähnt Beobachtungen von Versailles in Gegenwart des Königs, von Bologna, Wien, Hamburg und eine Augsburger Beobachtung. Aus der Zeitdifferenz wurde der Schluß gezogen, daß Augsburg 29° 26' 15" östlich vom primo Meridiane, der damals auf Teneriffa festgelegt war, liegt oder 10° 34' östlich von Paris. Der Wert weicht vom richtigen noch stark ab, was an der Ungenauigkeit der Augsburger Beobachtung lag. Maschenbauer ist sich darüber auch im Klaren und nennt Schwierigkeiten mit den Instrumenten. Am 28. August 1766 schreibt er: Dahero, wann diese Observation auch noch so richtig wäre; so würde sie doch noch nicht hinlänglich seyn, zu genauer Bestimmung der Länge von Augspurg. Es gehören wenigstens noch viele Observationen dazu, derer Satelliten des Jupiters, als deren Immersiones [man] in etlichen Monaten zu observiren Gelegenheit haben werde" Aus dem Vergleich des beobachteten Zeitpunkts des Eintritts (Immersion) eines Jupitermondes oder seines Schattens vor der Jupiterscheibe und dem berechneten Wert erhofft er sich also eine bessere Bestimmung der geographischen Länge von Augsburg. 1769 wird dann berichtet, daß bei der Sonnenfinsternis 1769 die Angaben von 1766 korrigiert werden konnten: Nach dieser Observation liegt Augsburg von Paris in Theilen des AEquators 7°:59' gegen Morgen, welche in der Zeit betragen 31':56". Doppelmaier in seinem großen gnomonischen Werk, gibt in Theilen des AEquators 8°: 7' welche in der Zeit 32 ':28'' ausmachen, so von dieser Observation eben nicht viel differiret, und durch künftige Oberservationes vollends auszumachen seyn wird. Die Anno 1766. in diesen Blättern angegebene Differentia Meridianorum ist demnach nach dieser leztern und gewißern, einsweilen zu corrigiren, bis man eine völlige Gewißheit disfalls erhält.14 Der tatsächliche Wert beträgt etwa 8° 30', wobei diese Genauigkeit nur sinnvoll ist, wenn bestimmte Punkte in den beiden Städten angegeben werden. Man war also sehr daran interessiert, die präzise Lage der Stadt zu erhalten. Die genaue geographische Breite war ja längst durch Höhenbestimmung von Gestirnen ermittelt. Die Länge dagegen erfordert die Bestimmung von Zeitunterschieden. Maschenbauer gibt eine genaue Angabe der verwendeten Instrumente: Ein Horizon13 14

AIZ 35/1766. AIZ 23/1769.

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tal-Quadrant von einem Pariser Schuh im Radio mit Micrometer und ein Newtonsches Telescop von 4 Schuhen. Es können nur Brandersche Instrumente gewesen sein (1 Schuh ~ 30 cm). Ein seltenes Ereignis war 1769 der Venusdurchgang vor der Sonne, der seit Erfindung des Fernrohrs erst zum dritten Mal beobachtet werden konnte. Am 8. Juni 2004 und am 6. Juni 2012 können wir übrigens in unserem Jahrhundert ebenfalls Venusdurchgänge beobachten. Am 1.6.1769 schreibt Maschenbauer: In etlichen Tagen zeigt der Himmel denen meisten Erdbürgern die vorhin schon lange Zeit verkündete Erscheinung, die uns so selten, und für die Sternkundige von so groser Wichtigkeit ist: nemlich der weit grösere Planet als unsere Erde, die Venus, welche vor Auf gang der Sonne, der Morgenstern, Lucifer oder Phosphorus, und nach Untergang der Sonne, der Abendstern, Hesperus, genannt wird, passirt dermalen den 3ten Jun. unter der Sonne, und zwischen unserer Erde, vorbei, so daß, wenn dieser Planet, die Venus, nicht so weit von unserer Erdkugel entfernt wäre, wir eine grose totale und viele Stunden lange Finsternis haben würden.15 Venus ist etwas kleiner als die Erde. Maschenbauer könnte seine Angabe aus dem Mathematischen Atlas von Mayer haben. Dort wird in Tabelle XXIV angegeben, daß die Venus 1 V21 mal größer als die Erde ist. Maschenbauer erklärt auch, warum das Ereignis so wichtig ist: Die Astronomen, fangen alle ihre Berechnungen damit an, daß sie die Entfernungen von der Erde nach der Sonne, und nach allen Planeten, als bekannt annehmen, und sie sind noch nicht gewiß genug, ob sie diese Entfernung richtig angenommen haben. Denn obschon im Jahr 1761. dieselbige allen Fleiß angewant, um sich den Durchgang der Venus durch die Sonne zu Nutze zu machen, so ist doch die Parallaxin16 der Sonne durch die damalige Beobachtungen noch nicht so genau bestimmt worden, als man erwartet hat; indeme einige Beobachter unter den Sternkundigen sie nur von 8. Secunden, und andere hingegen bis 10. und ein viertel Secunden, observiert und gefunden haben. So klein aber dieser Differenz nur von etlichen Secunden ist, so beträchtlich wird aber dadurch die Verschiedenheit in der grossen Entfernung, worinn die Erde von der Sonne sich befindet: indeme ein Secunde mehr oder weniger unsere Erdkugel um mehr als eine Million deutsche Meilen näher zu der Sonne, oder weiter von derselben, weg bringt. Er erklärt, daß von verschiedenen Beobachtungsorten auf der Erde unterschiedliche Positionen des Venusscheibchens auf der Sonnenscheibe gemessen werden

15

AIZ 22/1769.

16

Unter der Sonnenparallaxe versteht man den Winkel, unter dem der Erdradius von der Sonne aus erscheint. Sie ist ein Maß für die Sonnenentfernung und beträgt etwa 8,8 Winkelsekunden.

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und nennt das bekannte Verhältnis der Entfernungen von Erde und Venus zur Sonne. [...] Mit diesen beyden Zaubersätzen wollen sie nun mittelst sehr genauer mathematischer Operationen die wahre Entfernung von der Sonne, zur Venus, und zu allen Planeten ausfinden; und es wird ihnen gelingen. Mit den Zaubersätzen sind die trigonometrische Entfernungsbestimmung von verschiedenen Orten aus und das dritte Keplersche Gesetz gemeint, das er aber nicht explizit nennt. Man weis aus den Zeitungen, daß zween Hauptposten sind, einer im Norden u. der andere im Westen, den erstem haben die Russen, Schweden und Dänen besetzt, und den andern die Franzosen und Engelländer. [...] Die Beobachtungsorte reichten von sechs Orten in Rußland über Schweden, Dänemark bis zur Südsee und Kalifornien. Maschenbauer erwähnt, daß bereits Venusdurchgänge im Dezember 1639 und am 6.6.1761 beobachtet wurden, und schreibt dann 1769: den dritten erwarten wir den 6. Juni 1769, und denn wird sie allererst nach 105Ά Jahren im Dec. 1874. wieder durch die Sonne gehen." Am 8.6.1769 berichtet er dann, daß Wolken aufgekommen sind: [...] so daß folglich die Venus, welche den Schönheit öfters nur allzureizend vor der Immersion ihres Transitu per Schleyer, um 13 Min. zu früh, an dem hüllt hat.18

sich sonst in ihrer Pracht und glänzendem menschlichen Geschlechte zeiget, Discum Solis, gleichsam in einen diken Horizon, von St. Ulrich aus, sich einge-

Den Eintritt ihres Durchgangs vor der Sonnenscheibe nennt er plötzlich auf Latein. Er wendet sich hier also nicht an den einfachen Bürger. Durch die weltweite Beobachtung des Venusdurchgangs gelang es tatsächlich, die Sonnenentfemung gegenüber dem Wert, den Cassini 1672 gefunden hatte, entscheidend zu verbessern. Die Sonnenentfernung, heute auch astronomische Einheit genannt, ist so wichtig, weil damit nach dem dritten Keplerschen Gesetz die Planeten- und Kometen-Entfernungen aus den bekannten Umlaufszeiten berechnet werden können. Während Maschenbauer sachlich die Ereignisse, ihre Beobachtung und Auswertung schildert, erscheint 1772 in Augsburg eine Schrift von Johann Georg Bullmann über die Trübsaljahre 1770 bis 1772,19 in der noch der Komet von 1769 und sogar der Venusdurchgang als Vorzeichen von seltsamen Witterungen, Teuerung, Hunger und epidemischer Seuche genannt werden.

17 18 19

AIZ 22/1769. AIZ 23/1769. Johann Georg Bullmann: Merkwürdige Abbildung der Trübsalsjahre und Zeit der Noth und Theurung. Augsburg 1772. Exemplar: Augsburg SStB Aug. 2557/12.

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Berichte von Nordlichtbeobachtungen finden sich vom 26. 9. und 27. 10. 1769, vom 6. 6. 1771 und vom 27. 10. 1772 mit Angabe der Himmelsrichtung und der Sternbilder. 1769 heißt es: [...] in derselbigen Nacht darauf am 27ten, um halb 8. Uhr ist abermals ein Nordlicht entstanden, davon ein Strahl über 3. Grad breit, und 26. Grad lang, über die vordere Brazen und Kopf des großen Bärens, fast bis an den Camelopardalus [Giraffe], dahier beobachtet worden, der weit feuriger und röther, aber nicht so ausgebreitet, als der leztere vom 26. September, war.20 Er mischt hier, wie auch an anderen Stellen, lateinische und deutsche Namen der Sternbilder. Zum Nordlicht von 1771 schreibt er: Die Strahlen des Nordlichts, welches auch in Italien an vielen Orten beobachtet worden, haben sich am 13ten in der Nacht um 1 I.Uhr von Westen über 60.Grad, und von Nord=West, fast bis an unsern Zenith erstrekt; davon bereits in denen hiesigen ordinari Zeitungen Nr. 81 Meldung geschehen ist.2' Und 1772: Uebrigens ist hier noch anzumerken, daß am 27sten Nachts nach 10. Uhr ein von Anfang gering scheinendes Nordlicht gegen Nord=Nord=West beobachtet worden, welches sich nachher gegen Nord=Westen weiters ausgebreitet, und nach 11. Uhr in der Höhe über 53. Grad zugenommen, und über die Sternbilde, Bootes, Hercules, Cerberus [heute Teil des Herkules], Lyra, Cygnus, Draco, Ursa minor &c. sich ausgebreitet; in welcher Zeit der Himmel mit Wolken von Westen überzogen worden, und dieser zunehmende Nordschein nicht mehr wohl gesehen [...].22 Man sieht, daß die aktuellen Hinweise auf solche Ereignisse zunächst in der ebenfalls von Maschenbauer herausgegebenen , Wöchentlich Ordinari PostZeitung' erfolgten. In der gleichen Nummer des Intelligenzblattes gibt er auch einen Bericht von der Beobachtung des Nordlichts von 1772 durch den berühmten Pater Hell in Wien wieder. Daran schließt sich der Versuch einer Erklärung durch feinste Eisteilchen in der Lufthülle, die das Licht von Sonne oder Mond reflektieren. Aus der Existenz von Eisteilchen in der Luft schließt Maschenbauer dann auf häufigen Schnee und Kälte im darauffolgenden Winter. 1769 beobachtete er eine ungewöhnliche Häufung starker Schneefälle. Die Ursachen suchte man also noch in unserer Atmosphäre, nicht bei der Sonne. Nordlichter waren in Augsburg gar nicht so selten zu sehen: die Luft war noch weniger verschmutzt und vor allem fehlte das viele Licht von Straßenbeleuchtung, Reklame, Autoscheinwerfern usw. Auch in den meteorologisch-astronomischen Jahrbüchern des Augsburger Domherrn Augustin Stark (1771-1839), etwa ein 20 21 22

AIZ 44/1769. AIZ 23/1771. AIZ 45/1772.

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All

halbes Jahrhundert später, sind sie mehrmals genannt.23 Solche Berichte bieten eine Möglichkeit die Maximumsjahre der Sonnenaktivität, die oft mit Nordlichtern auch in mittleren geographischen Breiten verbunden sind, in früheren Jahrhunderten zu ermitteln. Die mittlere Periodenlänge von ca. 11 Jahren zeigt erhebliche Schwankungen.

II. Geophysikalische Themen Über das große Erdbeben am 1. November 1755 in Lissabon schreibt Maschenbauer zum ersten Mal am 11. Dezember, nachdem vorher schon in der ,OrdinariZeitung' darüber berichtet worden war. Das Ereignis regt Maschenbauer zu Artikeln zu diesem Thema an. Er fragt nach den Ursachen von Erdbeben und anderen Naturkatastrophen und erörtert auch astronomische Auslöser. Am 26. Dezember 1755 und Anfang 1756 gibt er außerdem gesonderte Schriften zu dem Erdbeben heraus.24 1756 schreibt er:

[...] Man mus ferner aus den Schriftstellern aller Zeiten gelernt haben, wie unter der Erde und dem Meere alles von entzündbaren Materien voll sey; wie dieselben beständig in Brand gerathen und wieder verlöscht sind; wie sie hier feuerspeiende Berge, dort heisse Bäder verursacht; hier Länder umgeworfen, dort neue Länder aus der Tiefe empor gehoben, und jederzeit die allerentsezlichsten Verwüstungen auf dem Erdboden angerichtet haben. Alles, sage ich, mus man wissen, wenn man nicht einen Augenblik länger zweifeln soll, daß das allgemeine Erdbeben dieses und des vorigen Jahres von einer gewaltigen unterirdischen Entzündung entstanden seyn müsse, die sich vielleicht unter dem Boden des Atlantischen Meeres entsponnen, und nachher weiter fortgepflanzet hat, wie solches bei ähnlichen Erderschütterungen öfters bemerket worden. Es ist wahr, wir haben bisher noch keine ausdrükliche Nachricht von gesehenen Spuren einer Entzündung. Allein, wir haben mehr Sachen in der Welt nicht gesehen, die dennoch wahr sind, und es kan seyn, daß entweder das Feuer im Meere an Oertern ausgebrochen, wo es eben zu der Zeit keine Beobachter gegeben hat, oder daß es zu keinem so offenbaren Ausbrüchen gekomen, oder daß auch würklich solche Beobachtungen gemacht worden, und uns nur noch nicht bekannt geworden sind. [...]25

23 24

25

Augustin Stark: Meteorologische Jahrbücher. Augsburg 1814-1836. J. Α. E. Maschenbauer: Angestellte Betrachtung über die den 1. November 1755 so ausserordentliche Erdbeben und Meeresbewegungen wodurch die Grundfeste eines grossen Theils Europens erschüttert, und einige derer Städten verunglüket worden. Augsburg 1755 und 1766. Exemplare: Augsburg SStB Nat. 841/842. AIZ 7/1756.

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Er erklärt Erdbeben durch unterirdische Entzündungen. Um seine Meinung zu bekräftigen, nennt er als Belege u.a. Tagebücher über die Erdbeben von 1747 und 1748 von der Königlich Schwedischen Akademie der Wissenschaften. Maschenbauer fuhrt dann die ungewöhnlich warme Witterung im Winter 1755/56 auf Auswirkungen der Erdbeben zurück und rechtfertigt sich: [...] Ich will eine Stelle aus Keyslers Reisen anführen, woraus erhellen wird, daß ich wenigstens nicht diesen Einfall blos einer hinter dem Ofen gemachten Reflexion zu danken habe. Seine Quelle: Keyslers neueste Reisen, 2te Abtheilung, 57ster Brief, s. 746. der neuesten Aufl. Hanover 1751. Maschenbauer bringt nicht nur seine Erklärung, sondern stellt auch andere Meinungen dar und sucht sie zu widerlegen, beispielsweise die These, daß das Erdbeben die Erde näher an die Sonne gebracht hätte und daß daher der milde Winter gefolgt sei. Er beruhigt besorgte Leute damit, daß die beständige Beobachtung des Himmels dies schnell entdeckt hätte. Für die Entzündungen in der Erde werden auch astronomische Auslöser verantwortlich gemacht: [...] Da nichts ohne hinreichenden Grund: so müssen auch jederzeit die Erdbeben dergleichen haben. Nun befindet sich zwar beständig der Stoff darzu in der Erden, nemlich Salpeter = und Schwefelmaterie. Es ist aber dis nicht die nächste Ursache: indem sonst die Erde immer beben müste. Es wird eine grosse Entzündung erfordert. [...] Daß Conjunctionen Erdbeben machen können, ist im Referendario26 nicht aus astrologischen Muthmasungen: sondern Newtonischen Gründen gezeiget worden. Gegenwärtig sehen wir gleiches v. den Cometen. Sollte es denn sogar unrecht seyn, wenn man überhaupt diese Himmelsbegebenheiten, als die vornehmsten Ursachen der Erschütterungen unserer Erdfläche angäbe? Man könte einwenden, daß Erdbeben auch ausser den Conjuctionen, und wenn kein Comet am Himmel ist, verspüret würden. Aber woher weis man das lezte? Kan er nicht bei Tage über dem Horizont seyn? Possidonius, der gelehrte Freund des Cicero, hat einen am Tag bei einer Sonnenfinsternis bemerket, welcher ohne diesen Umstand unbekant geblieben seyn würde. Vid. Seneca libr. VII quaest. nat cap. 20. Vielleicht ist die Ursache dieser Entzündungen, weil bei den grossen Conjuctionen, und bei der Erscheinung eines Cometen die Luft nach einer Centrallinie durch die anziehende Kraft bewegt wird: da die ordentlichen Winde fast mit der Erdfläche parallel gehen, und in den Klüften der Erden keine sonderliche Wirkung haben. Ich gebe dis für nichts anders, als einen Gedanken aus, der weiter geprüft werden muss.21

26

27

J. Α. E. Maschenbauer: Referendarius oder auserlesene Sammlung von allerhand vermischten Schriften und Versuchen. Augsburg 1750 bis 1761. AIZ 11/1756.

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Maschenbauer versucht mit rationalen Überlegungen die Möglichkeit astronomischer Ursachen fur Erdbeben zu erörtern. Er äußert hier offensichtlich eigene Gedanken, die er zur Diskussion stellt. Überschwemmungen und Erdbeben verheeren die Länder, daß sie ihre hinreichende Menge Früchte nicht geben können. Da nun dergleichen von den Cometen gewirket werden können: so vermag auch der Comet Hunger und theure Zeit an einigen Orten zu wirken. Auf Überschwemmungen, Hunger und dergleichen kan Pestilenz folgen. Wir können aber auch noch aus einem Grund den Cometen von der Ursach dieser bösen Plagen nicht gänzlich frei sprechen. Der Comet kan uns so nahe kommen, daß er unsere Erde berührt. Sein Schweif bestehet aus Schwefeldünsten. Und dergleichen sind der Gesundheit sehr zuwider. Man ziehe die Erfahrung zu rathe. Meine Meinung aber ist keineswegs, die Pestilenz jedesmal auf die Rechnung des Cometen zu schreiben. Es geschieht nur, wenn er uns nahe genug kommt. Vielleicht ist ein Comet derjenige Abgeordnete gewesen, so durch seinen Dampf siebenzig tausend in Israel getötet, und welchen David gesehen hat. 2. Sam. 24,15 seqq. Wenn nur einmal die ganze Erde durch die Dampfsäule des Cometen wandlen solte, welches geschehen kan, und von allen Himelskundigen zugestanden wird: so mögte solcher Durchgang wol die allerbetrüblichsten Folgen haben, und ein Zerstören anrichten, dergleichen seit der Sündflut nicht vorgegangen ist. Er nennt zwölf geschichtliche Berichte, wo Kometen und Erdbeben zusammen auftraten. Auch die Sintflut könnte von einem Kometen ausgelöst worden sein. Diese Ansicht war von William Whiston,28 dem Nachfolger Newtons, vertreten worden, den er gelegentlich auch erwähnt. Maschenbauer wehrt sich einerseits gegen eine unbegründete Kometenfurcht, sucht aber doch mit physikalischen Überlegungen die Möglichkeit von Wirkungen auf die Erde zu begründen. Bei den Kometen gab es noch keine brauchbaren Abschätzungen ihrer Masse, so daß deren Gravitations-Wirkung sehr stark überschätzt wurde. Ähnlich argumentiert er beim Mond. In zwei teilweise wörtlich gleichen Artikeln 1759 und 1761 spricht er davon, daß die neue Weltweisheit die Altäre für Mond und Planeten als Aberglaube niederwarf, daß aber durch die Newtonsche Gravitation der Mondeinfluß über die Ebbe-Flut-Wirkung auf Wasser und Lufthülle wieder erklärbar wurde: Von den Würkungen des Monds auf unserη Erdballen, und dessen Einflus in die menschliche Körper, zumalen um die Zeiten der Gleich=Tage. Ich bedaure des öftern das Schiksal unserer Vorfahren, wenn ich sehe, wie sie den Augen ihrer Nachkommenschaft so lächerlich scheinen. [...] Ein Marian stellt das 28

William Whiston: A new theory of the earth. Cambridge 1708. Exemplar: Augsburg SStB Math. 955.

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Centraifeuer wieder her. Ein Baumgartner giebt den Seelen nach dem Tode neue leichte Körper zu ihren Wohnungen. Ein Geoffroy entdeket bei kalten Gährungen aufsteigende kaltmachende Dünste. Wolf selbst vertheidigt die Ubereinstimmung der Neigungen mit den Gesichtsbildungen [...] und wie lange wird es dauern, so nehmen es alle Naturforscher für eine ausgemachte Wahrheit an, daß die Gestirne einen Einfluß in Menschen und Thieren haben? So ist es. Die Einsichten der Weltweisen verändern sich, wie die Kopfzeuge des Frauenzimmers, und die alten Lehrsäze werden ebenso wieder Mode, wie die Trachten des vorigen Jahrhunderts. Lasset uns sehen, ob wir nicht auch die Gestirne und den Mond wieder in seine alten Rechte einsezen können. Man mus eine Meynung nur in so fern verwerfen, als man ihren Ungrund erweisen kan, und in so fern habe ich den wunderbaren und abergläubischen Einflus der Gestirne auf den Erdboden öfters getadelt. Wir nähern uns der Zeit des Gleichtages, und des Vollmonds, die in einigen Wochen, als den 22sten Merz, wieder vorkommt, da Tag und Nacht gleich seyn wird. Diese Zeit ist in dem Rufe, daß sie den kranken und schwächlichen Leuten gefährlich sey. Der Mondwechsel ist seines Einflusses wegen in den menschlichen Körper nicht weniger berühmt; und wenn ich beweisen werde, daß diese Einflüsse nicht blos chimärisch, sondern auf deutliche Beweise gegründet sind, so hoffe ich, daß mich um deswillen kein Mensch für abergläubisch halten werde. [...] Ehedem hatte der Mond viele Verehrer. Der Gärtner, der Säemann, der Arzt und der Kranke fielen vor ihm nieder, und vermischten ihre Anrufungen mit den Seufzern der Verliebten. Allen diesen Abgöttereyen aber schien die neue Weltweisheit mit einemmale ein Ende zu machen. Sie warf die Altäre nieder, die man den Planeten errichtet hatte, und erklärte den Einflus, welchen man ihnen in die Gewächse, in den menschlichen Körper und in die Witterungen zutrauete, für einen einfältigen Aberglauben. Aber was geschähe? Newton hatte dem Monde die Direction der Ebbe und Fluth im Meere aufgetragen. Seine Meinungen waren Naturgeseze, und so wie er urtheilte, daß die Maschine des Weltgebäudes gehen müste, so gieng sie. Niemand unterstand sich, ihm und der Natur zu widersprechen. Der tiefsinnige Meskünstler und der scharfsichtige Schiffer sagten einmünthig, daß Newton recht hätte. Die Fluth richtet sich so genau nach dem Monde, daß man ihr keine wahrscheinlichere Ursache, als seine anziehende Kraft, zuschreiben konnte. Vermöge dieser ziehet er das Wasser im Meere, da, wo er mit seinem runden Gesicht über ihm schwebte, 10. Fus hoch in die Höhe [...]29 Er fuhrt dann aus, daß die Gravitation auch auf die Luft die gleiche Wirkung haben müßte. Diese überschätzt er aber erheblich. Er argumentiert, daß diese Flut der Luft Ursache von Wind, Wärme, Kälte, Wolken, Dünste, Nebel und Ungewitter sein kann, und diese Auswirkungen auf das Wetter auch den Wohlstand unseres Körpers beeinflussen können. 29

AIZ 3/1759 und AIZ 9/1761.

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Diese Themen beschäftigen Maschenbauer offenbar über Jahre sehr stark, wobei er auch eigene Ansichten entwickelt hat. Während sein Buch Dollmetscher 30 1748 und die Bände des Referendarius 1750 bis 1769 alle wissenschaftlichen und andere Themen aufgreifen, kündigt er 1769 ein Traktat speziell zu diesen Themen an, das offenbar nicht mehr erschien; der Titel sollte lauten:

Meteorologische, Physikalische und astronomische Wahrnehmungen, mit Beschreibung und Abschilderung des wunderbaren auf= und unter der Erde, in dem Wasser, in der Luft, im Feuer und am Firmament; mit nützlichen Anmerkkungen und vielen Kupfern beleuchtet, zu besserern Erkanntniß der Natur und Kunst, und zu mehrerer Betrachtung der Werke des grossen Schöpfers,31 Er fügt aber hinzu:

[...] wenn mich die Confoderirten, Dissidenten, Kosaken, Türken und Tartaren, Wallachen und Kaimucken nicht mehr so beschäfftigen, und mehr Ruhe, Zeit und Muße lassen. Zwei Jahre später32 verweist er wieder auf die geplante Schrift; der Titel lautet

nun: J. Α. Ε. M. meteorologische Beobachtungen und physicalische Abhandlung von dem Dunstkreis unserer Erdkugel [...] Die Astronomie ist nicht mehr genannt; in der Meteorologie scheint er für seine Theorien größere Aussichten zu sehen z.B. mit seinen Experimenten über den Tau. Er verwendete dabei fur die Messungen eine selbst erfundene Thau=Maschine. Hier sieht man übrigens, daß Maschenbauer selbst der Autor der Artikel ist. Der Einfluß des Mondes auf den Dunstkreis durch Flut-Ebbe-Wirkungen und damit auf die Witterung und deshalb schließlich auf den menschlichen Körper, ist auch in den 70er Jahren nach Maschenbauers Tod noch ein Thema z.B. 1776:

Vielleicht giebt es selbst im menschlichen Körper eine Art von Ebbe und Flut, die von dem Monde eben so wie in der Luft und im Meere gewirket wird. [...] In unserm Luftkreise können wohl noch große und und ganz unbekannte Wunder verborgen liegen, die wichtige Veränderungen in der Natur verursachen; allein, mit einer abergläubischen Unwissenheit einem unmittelbaren und unbekannten Einflüsse des Mondes gute oder schlimme Wirkungen auf die Körper der Thiere oder Pflanzen zuschreiben, und sich ängstlich darnach richten, ist eben solche Thorheit, als jene der Indianer [Inder], welche aus Furcht, die verfinsterte Sonne möchte von einem Drachen ganz verschlungen werden, sich in den Ganges tauchen und unter tausend unvernünftigen Geberden Handlungen unternehmen, deren sich ein Europäer, bloß weil sie seine Nebenmenschen sind, schämen muß,33 30

J. Α. E. Maschenbauer: Der curiose und in allen nöthigen Wissenschaften Nützlicher Dollmetscher oder Allgemeines ZeitungsHandbuch [...] Augsburg 1748.

31

AIZ 36/1769.

32

AIZ 45/1771. AIZ 8/1776.

33

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Zu den geophysikalischen Themen muß man in den Intelligenzblättern auch die Sternschnuppen zählen, da sie noch nicht als Körper aus dem interplanetaren Raum erkannt, sondern als Erscheinungen gedeutet werden, die sich in der Atmosphäre bilden: 1771 sagt ein Artikel: [...] zeigten sich gegen Mitternacht ziemich große Neben=Monde, und öfters diesen ganzen Monat durch, zerschiedenen sogenannte fallende Sterne oder Sternschnuppen; welches die starke schweflichte und andere häufige Ausdünstungen veranlaßt haben; Denn wenn in den Gegenden der obern Luft schweflichte und andre Ausdünstungen sich in die Länge ziehen und dann entzünden, so sehen wir sehr oft einen glänzenden Strahl als ein Lauffeur schnell wegschiessen. Sind diese unreinen Dünste in einem Klumpen beysammen, so scheinen, wenn sie sich entzünden und alsdann herunter fallen, kleine Kugeln vom Himmel zu fallen, welche da sie in der Ferne die Grösse eines Sterns zu haben scheinen, die fallenden Sterne genannt werden. Der gemeine Mann bildet sich alsdenn ein, daß ein Stern wegschiesse, zerflattere, oder zum wenigsten sich reinige, woraus die Benennung der Sternschnuppen entstanden. Bisweilen sieht man diese fallenden Sterne mit ganz vortreflichem Glanz und Farben langsam herunter sinken, und immer glänzender erscheinen, bis sie endlich in den feuchten Dünsten der untern Luft verlöschen und auf die Erde herabfallen; da sie, wie man sagt, eine zähe und gallerartige Materie zurüklassen sollen?4 1777 wird sogar gezeigt, wie man Sternschnuppen simulieren kann: Man mischet Schwefel und Salpeter in ein wenig Zitronensaft, benezet mit Wein oder Franzbranntwein. Wenn man eine hieraus geformte und angezündete Kugel in die Luft wirft, [...] Zurück blieb eine schleimichte Masse.35 Meteoritenfunde wurden noch nicht als Körper aus dem All erkannt. Donnersteine oder Donnerkeile, die als Funde aus Stein oder Metall bekannt waren, wurden als Objekte, die mit Blitz und Donner aus der Luft herunterkamen, gedeutet oder nur als Steine am Boden betrachtet, die durch den Blitz verändert waren.36 Der Name fallende Sterne ist in der amerikanischen Literatur noch heute als „falling Stars" üblich. Bei den Sternschnuppen, ebenso wie beim Nordlicht, ist man in der Zeit der Aufklärung bemüht, diesen Erscheinungen das Unerklärliche, oder sogar Unheilkündende, zu nehmen und physikalische Theorien zu entwikkeln. Man nahm richtig an, daß es sich um Leuchterscheinungen in der Atmosphäre handelt. Die außerirdische Natur der Auslöser, Teilchenstrom von der Sonne (Sonnenwind) bzw. interplanetarer Staub, konnte noch nicht erkannt wer-

34 35 36

AIZ 41/1771. AIZ 45/1777. J. Α. E. Maschenbauer: Referendarius VI. Theil. S. 149-153.

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den; man suchte tellurische Erklärungsmodelle in der Lufthülle und versuchte sie sogar durch Experimente nachzuahmen wie 1772 oder 1777.37

III. Astronomische Themen Die astronomischen Abhandlungen münden, wie es auch im 18. Jahrhundert bei den meisten Autoren üblich war, in eine Lobpreisung Gottes. Das Weltall, als Zeichen der Allmacht des Schöpfers, ja als Gottesbeweis, durchzieht als Grundmotiv alle Einzelthemen. Zum Teil werden Grundkenntnisse vermittelt, z.B. 177138 der Unterschied von synodischer und siderischer Umlaufzeit des Mondes, Perigäum, Apogäum, und daraus die Gesetzmäßigkeiten von Flut und Ebbe erklärt. 1779 werden Größe, Entfernung und Umdrehung der Sonne, die aus der Beobachtung der Sonnenflekken erschlossen wird, erläutert, mit der Angabe, daß die Erde und die ganze Mondbahn leicht in der Sonne Platz hat.39 Die uns schwer vorstellbaren Größenverhältnisse werden anschaulich gemacht mit dem Vergleich einer Milbe zu dem Käse, in dem sie lebt, und der ihr unendlich groß erscheint. Als offenes Problem wird die Frage nach der ungeheuren Hitze gestellt, die die Sonne seit Beginn der Welt abstrahlt, also seit etwa 6000 Jahren, wie man überzeugt war. Es werden Hypothesen von Descartes (Wärme als Bewegung und Fortpflanzung im Äther) und Newton (leerer Raum, durch den sich der Fluß der Sonnen- und Sternstrahlung ergießt) beschrieben und die Einwände dagegen dargelegt. Ein Thema, das Maschenbauer immer wieder beschäftigt, sind die Oberflächen der Planeten. 1749 z.B.: Wir sehen, daß die 4. Jahreszeiten auf unserer Erde dazu dienen, daß auf selbiger Bäume und Kräuter wachsen, und daß allerley lebendige Geschöpfe ihr Leben erhalten und ihr Geschlecht fortpflantzen können. Dazu wird Erdreich, Wasser, Berg, Thal, Ebene und alles erfordert, was zum Wachsthume verschiedener Pflantzen nöthig. Der Mond zeiget durch Ferngläser sehr deutlich Spuren von diesem allen. Man sieht sogar mit blossem Auge, viele lichte Teile und dunckle Flecken auf selbigem vermischt, davon die duncklen wahrscheinlicher Weise theils Täler, teils Wasser; die lichten aber theils Berge und Höhen, theils eben festes Erdreich sind.40

37 38 39 40

AIZ AIZ AIZ AIZ

41/1772 oder 45/1777. 27/1771. 1/1779. 1/1749.

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Er führt dann aus, daß man auch Lichtpunkte erkennt: Bergspitzen, deren Höhe man messen kann. Vom Mond schließt er auf die Planeten, daß auch sie mit Bergen, Tälern, Ebenen, Erde und Wasser versehen sind. Er meint dann, daß, wenn die Gelehrten heute die Monde des Jupiter und Saturn berechnen können oder die ringförmige Sonnenfinsternis 1748, so könne man sich auch bei den Aussagen über Planeten auf sie verlassen. 1749 folgert Maschenbauer dann die Existenz mannigfaltiger Bewohner: Können wir nun also die Einwohner der Planeten fast mit Händen greiffen; so entsteht natürlicher Weise die Frage ob sie vernünftige oder unvernünftige Geschöpfe sind? Wahrscheinlich ist es, daß es vernünftige Geschöpfe sind [...] Man darf sich aber ja nicht einbilden, daß die lebendigen Geschöpfe von eben der Gestalt und Beschaffenheit sind, als wie die auf unserer Erde, und daß es gerad solche Geschöpfe da gibt, wie diejenigen sind, die wir bey uns Menschen, Löwen, Adler, Karpfen, Frösche, Schmetterlinge, Schnecken u.s.w. nennen. Gott u. die Natur lieben die Mannigfaltigkeit. [...] Vielleicht haben die Planetenbewohner theils weniger, theils mehr Sinne als wir; vielleicht fliegen auf manchen Planeten vernünfftige Einwohner in der Lufft, wie unsere Vögel; vielleicht schwimmen sie auf manchem im Wasser, wie unsere Fische; vielleicht kriechen sie auf manchem in dem Innersten des Planeten herum, wie unsere Würmer. [,..]41 Weiter malt er sich auf Grund der unterschiedlichen Jahreslängen die Situation auf anderen Planeten aus: Ein Jahr auf dem Saturn ist so groß, als bey uns 29 Jahre, auf dem Jupiter ist eins so groß als bey uns 12; [...] auf dem Mercur so groß, als ein viertel Jahr bey uns [...] auf den gemäßigten Strichen des Saturnus währet ein Frühling, ein Sommer, ein Herbst und ein Winter, jedes über 7. und ein viertel Jahr, nach unserer Zeit zu rechnen. Hingegen währet jede dieser 4. Jahreszeiten auf den gemäßigten Strichen des Mercurs nur 3. Wochen. Man sollte also diejenigen, welche aus Ungedult, ihre Jahre verfluchen, auf den Saturn, und die, welche derselben gern viele zehlen wollen, auf den Mercur verweisen; denn dort würden jene sehr wenig, und hier würden diese sehr viele Jahre erleben. So sind auch die Tage auf den Planeten sehr unterschieden. Jupiter dreht sich in 10. Stunden, Mars in 25. Stunden, der Mond in 27. Tagen, die Venus in 23. Stunden um die eigne Axe, und dieses ist allemal die Grösse ihrer Tage. Jupiter, welcher der gröste Planet und 1170. mal so groß ist, als die Erde, drehet sich dennoch in 10. Stunden, und also überaus geschwind, um seine Axe. Dieser Planet ist kein Ort für die Langschläfer, weil daselbst die Nacht höchstens 6. Stunden, offt auch kaum eine halbe Stunde lang ist. Für diese Leute schickt sich kein Planet besser, als der Mond; denn in 14. Tage kann man zur Noth schon ausschlafen. Die auf manchem Planet so langsam und auf manchem so 41

AIZ 2/1749.

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geschwind abwechselnde Wärme und Kälte, setzt nicht nur gantz besondere Naturen in den dasigen Einwohnern, sondern auch eben so besondere Arten der Gewächse daselbst voraus. Der saturnische Sallat muß wenigstens 7 Jahre wachsen, und manche saturninische Eiche muß 3000 Jahre alt werden. Was für hartes Holtz und was für vortreffliche Kohlen muß nicht dieses Holtz geben! Die Saturniten brauchen sie auch nothwendig, weil es dort viel kälter ist, als bey uns. Denn da der Saturn 10. mal so weit von der Sonne entfernt ist, als die Erde, so ist es auf demselben 100. mal so kalt als auf der Erde.42 Die Angaben über die Jahres- und Tageslängen auf den Planeten sind gerundete Werte. Nur die Tageslänge der Venus ist falsch. Der Tag auf der Venus beträgt nicht 23 Stunden sondern 117 unserer Tage. Diesen unrichtigen Wert hat er vielleicht aus Tobias Mayer Tab. XXIV. Auch Cassini gab schon diesen viel zu kleinen Wert an. Details auf der wolkenumhüllten Venus sind im Fernrohr so unsicher, daß sich die Umdrehungsdauer daraus nicht ermitteln läßt und eine andere Möglichkeit gab es noch nicht. Im Intelligenzzettel43 folgt dann der Schluß dieser Abhandlung, der übrigens teilweise wörtlich von seinem ,Dollmetscher' übernommen ist: Ich will sezen, daß Saturnus nur tausend mal so gros als die Erde ist [gemeint ist, wie damals häufig, das Volumen, nicht lineare Maße]. Wenn wir nun seine vernünfftigen Einwohner nach diesem Verhältnis lOOOmal grösser annehmen, als wir sind: so ist es ganz natürlich, daß auch ihre Haut tausendmal dicker als unserige seyn müsse [Hier schließt er irrtümlich doch mit einem linearen Maß]. [...] Wer weiß, wie gemütlich die Saturniten bey diesen Umständen leben, indeme einige Erdmänner besorgen, daß sie vor der lOOmal noch so grosen Kälte erstarren würden. Wer arm an Erfindung ist, der lese Guillivers Reisen. Am aller gewissesten würden wir von der Würcklichkeit der Planetenbürger versichert werden, wenn wir auf Luftschiffen dahin reisen könnten, oder so vortreffliche Sternröhren hätten, daß wir die Geschöpfe auf selbigen sehen könnte. Es ist längst erwiesen worden, daß Luftschiffe an sich möglich sind, aber auch zugleich dieses, daß es eine unüberwindliche Schwierigkeit ist, selbige zu Stande zu bringen, und darauf zu schiffen. Doch! Es ist gut, daß wir durch Schlüsse ganz natürlich auf die sehr gegründete Meinung geführt werden, daß die Planeten bewohnet sind. Die Planeten sind aber noch lang nicht alle die bewohnten Weltkörper. Jeder Fixstern ist eine Sonne, welche ohne Zweijfel wiederum eine Menge bewohnter Planeten erleuchtet und erwärmet. Ο unendliche Anzahl und Manichfaltigkeit der Geschöpfe! Ich überlasse es den eigenen Betrachtunegn meiner Leser, ihren Begriff von der Grösse des Schöpfers dadurch zu erweitern.44

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AIZ 2/1749. AIZ 6/1749. J.A.E. Maschenbauer: Dollmetscher. Augsburg 1748. pag 373.

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1757 heißt es zur Begründung für die Bewohner anderer Welten: [...] Man beruft sich 3) auf den geringen Nuzen, den die Planeten haben würden, wenn sie nicht bewohnt seyn, und für sich selbst einen Nuzen haben sollten. Um des geringen Scheins willen, den sie der Erde geben, können sie wohl nicht erschaffen seyn; zumal etliche der Erde gar wenig scheinen, als Mercurius, der selten gesehen wird, weil er unter den Sonnentrahlen verdekt liegt, da er der Sonne am nächsten stehet; etliche aber mit blossen Augen gar nicht einmal gesehen werden, und also mit ihrem Schein der Erde gar nicht dienen, als die vier Monden des Jupiters. [...] Noch ein Grund für die Muthmassung, daß die Planeten bewohnt seyn mögen, wird 4) aus ihrer ausnehmenden Größe hergenommen und deren Vergleichung mit der Weisheit GOttes. Der so grosse Cörper gemacht hat, die zum Theil die Grösse der Erde noch übertreffen, kann so wenig die Absicht gehabt haben, daß diese Cörper unbewohnt bleiben sollen, als wenig es von einem klugen Mann zu vermuthen ist, daß er ein weitläuftiges kostbares Gebäude aufführen und dabei zur Absicht haben sollte, daß es stets leer bleibe und nie gebraucht würde [...]45 Maschenbauer beruft sich auch auf den Danziger Astronomen Johannes Hevelius (1611-1687):46 Diejenigen, welche die Atmosphäre und Wolken des Monds für so ausgemacht halten, als Hevelius (der auch, bei seiner etliche Jahre angestellten Betrachtung des Monds, Inseln, Berge, Vorgebirge, Meere, Flüsse, Seen, Sümpfe, Meerbusen, u.s.f. im Monde bemerkt haben will) kommen mit dem Beweise der Einwohner des Monds noch leichter zurecht. Sie schliessen so: [...] Die Beweiskette schließt von Wasser und dicke[r] Luft auf Dünste, Tau und Regen, und weiter: Sollen sie nicht vergeblich seyn, so müssen Gewächse da seyn, zu deren Wachsthum sie dienen. Sind Kräuter= und Pflanzengewächse da, (wie denn die dunkeln und rauhen Gegenden im Mond Wälder zu seyn scheinen:) so müssen lebendige Geschöpfe da seyn, die solche zu ihrer Nahrung brauchen. Sind geringere Geschöpfe da, so sind auch muthmaslich edlere Geschöpfe da, und vernünftige Creaturen, durch welche der Zwek aller Schöpfung, daß GOtt in seinen Werken erkant werde, erhalten wird." Diese Vorstellungen waren durchaus üblich. Die Vielheit der bewohnten Welten hat Ende des 16. Jahrhunderts schon Giordano Bruno (1548-1600) postuliert und Daniel Eberhardt Beyschlag (1759-1835), Rektor des Augsburger AnnaGymnasiums und Stadtbibliothekar, spricht in einer Rede 1807, also ein halbes Jahrhundert nach Maschenbauer, noch von den glücklichen Bewohnern der Ko45 46 47

AIZ 18/1757. J. Hevelius: Selenographia. Danzig 1647. AIZ 18/1757.

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meten, die weit durch das Weltall eilen dürfen.48 Das Hauptargument ist der Nutzen, den die Himmelskörper in der Schöpfung haben müssen. Kometen sind ein anderes Thema in den Intelligenzzetteln, das z.B. 1756 mehrfach aufgegriffen wird: Man hält dafür, daß es weit mehr Schwanzsterne als andere zum Sonnenlauf gehörige Körper gebe, als da sind, die sechs Planeten mit ihren Trabanten, deren es zehen giebt, nemlich: einen für die Erde, 4. für Jupiter, und 5. für Saturnus, und aus ihrer Gröse und Bewegung mus man schliessen, daß sie eine Art von Irrsternen sind, welche eine Ellipsin ausmachen, die so langwürfig ist, daß der Theil, den wir davon sehen können, ein Brandschnitt genennet werden lean."9 Im Jahr 2000 kennen wir dagegen neun Planeten und über 60 Trabanten. Außerdem Zehntausende von Kleinplaneten, von denen Maschenbauer noch nichts wissen konnte. Die Cometen haben rund um sich einen unermeslichen Kreis oder einen Hof, welcher wie ein langer Schweif ausstehet, besonders bei ihrem nächsten Sonnenpunete; aus einer übergrossen Kälte oder Dunkelheit in ihrem weitesten Sonnenpuncte, gehen sie in eine grosse Hize und Klarheit zu ihrem nächsten Sonnenpuncte über, und sie scheinen bestirnt zu seyn bei ihrem Durchgange in den die gröste Umkehrung zu verursachen, nemlich allgemeine Wasserfluthen, wenn sie dieselben in ihrem Niedergang nach der Sonne begebnen, und allgemeine Entzündungen, wenn sie den Planeten in ihrem Aufsteigen zu nahe kommen. Der gemeine Mann, ja selbst Gelehrte, und unter diesen Aristoteles, sind der Meinung, daß die Erscheinung eines Cometen jederzeit mit grossen Unglüksfällen auf dem Erdboden begleitet sey, und einige erkühnen sich gar zu prophezeihen, daß der Comet, der in diesem oder dem bevorstehenden Jahre erwartet wird, der Erde so nahe käme, daß er die Lande in Brand steken würde, über welchen er unmittelbar stehet. Ausser dem aber, daß unter andern Herr Whiston dargethan hat, es könne kein bekannter Schwanzstern im Aufsteigen, der Erden nahe genug kommen, um eine Entzündung zu verursachen, (welche gleichwohl, im Fall er so nahe käme, unvermeidlich geschehen müste; denn der Herr Newton hat es ausgerechnet, wie der Comet 1680. der Sonnen so nahe vorbei gelaufen, daß die Hize, so die Erde von derselben entlehnet, 3000 mal grösser, als die Hize eines glühenden Eisens gewesen) auch siehet man nicht, daß der Comet, welcher anjezt erwartet wird, als er sich 1531. 1607. und 1682. gezeiget, niemals dergleichen Unglück verursachet, woraus folget, daß dieser Schwanzstern es gegenwärtig

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Daniel Eberhardt Beyschlag: Was läßt sich von den Kometen sagen? Augsburg 1807. S. 15. U.a. in AIZ 10/1756.

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wiederum nicht thun werde, indem man demselben einen vesten Creis oder Zirkel zueignet, den er nicht überschreiten kan. Wenn Maschenbauer auch überzeugt ist, daß der erwartete Komet kein Unheil bringt, so traut er den Kometen doch zu, daß sie prinzipiell auf Grund der Schwerkraft und der Dünste ihres Schweifs Überschwemmungen, Erdbeben u.a. bewirken können, wie weiter oben zu lesen war. Nach dem Meilchius, Gemma, Lavaterus, Lycosthenes, Garceus, Alstedius und andern, so alten als neuen Schriftstellern erhellet, daß seit dem Jahr 13. nach Christi Geburt, sich ohngefer 170 Cometen gezeigt, die letztere 1737. 1742. und 1744. erschienen. Indessen ist man jezt in der Känntnis der Cometen so weit gekommen, daß man entdekt hat, wie sie nicht auf eine verwirrte Weise nach unregelmässigen und unbeständigen Antrieben herumlaufen, sondern daß ihr Lauf welcher mit dem Laufe der Planeten schnurstraks streitet, regelmässig, und in gewissen Schranken durch seinen Laufkreis eingeschränkt, welche ihnen der grosse Schöpfer der Welt gesezet hat. Durchgängig hält man die Cometen für Vorboten von Pest, Krieg, Hungersnoth und dergleichen Plagen mehr; diese Gedanken kommen daher, weil auf verschiedene Cometen just dergleichen Unfälle gefolgt; wenn man aber genau erweget, daß man auch Pest, Hungernoth, Krieg u. d. gl. erlebt, ohne daß ein vorhergegangener Comet solches verkündiget, und wenn man über dieses auch anmerket, daß einige Schwanzsterne vielmehr Vorboten von darauf erfolgten gesegneten Zeiten gewesen, so werden dergleichen Weissagungen bei klugen Leuten ohnfehlbar viel von ihrer Achtung verlieren; und weil die irdischen Dinge so beschaffen sind, daß man selten einen Monat erlebet, in welchem nicht an einigen Orten des Erdbodens Unfälle geschehen, so folgt vielmehr, daß, weil nicht allezeit Cometen sind, welche Schwanzsterne die bösen Zeiten und Unglük gleichsam zufälliger Weise begegnen, als daß sie für Zeichen oder Ursachen dieser Unglüke angesehen werden müssen, und daß sie nichts anders sind, als Arten himmlischer Lichter, die nach ihrem Lauf zu ihren gesezten Zeiten erscheinen und wieder verschwinden müssen. 1756 folgt eine Erklärung des Kometenschweifs: Nimt man den Schweif für eine von den Cometen aufsteigende Dampfsäule an: so lässet sich alles erklären. Die leichtesten Dünste werden von dem Cometen durch die Sonne abgetrieben; daher wird er gegen Ende immer dünner, und man kan so gar öfters die Sterne durch ihn sehen. Der Schweif war A. 1681 ungleich grösser, als der Comet von der Sonne kam, als da er vorher Morgens zu ihr gieng: indem er anfänglich auf etliche Grade, hernach aber über 60.

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sich erstreket hat. Es ist diese Verschiedenheit öfters bemerket worden, und lasset sich durch die neue Erhizung so von der Sonne herstammend erklären.™ 1773 erscheint ein Aufsatz: Ob ein Comet die Erde ersäufen könne. Man hatte dem berühmten Herrn de la Lande nachgesagt, er hätte geweissaget, ein in kurzem zu erwartender Schwanzstern würde die Erdkugel zerstören. Man wird sich aus den Zeitungen noch erinnern, welche Angst sich der Gemüther aller Einwohner von Paris, und bey nahe von ganz Frankreich bemächtiget, als die Zeit herannahete, da der vermeinten Vorherverkündigung zufolge der Stern erscheinen und uns mit unserm Erdgebäude ersäufen oder zusammen brechen solte. Diese Furcht seinen Landsleuten, und allenfalls auch den künftigen Bewohnern des Erdbodens zu benehmen hat Herr la Lande eine kleine Abhandlung (unter dem Titel Reflexions über die Cometen, welche der Erde sich nähern können) geschrieben, in welcher er wiederholt, ein Comet könne in einem nicht unmöglichen Falle die Erde, eben wann sie in einem Knoten ist, berühren, oder sonst beschädigen. Einige Cometen sind in der That in ihrem Knoten dem Gleise der Erde sehr nahe gewesen: und ein Comet war Ao. 837 nur zwey Grad davon. Die zwey Cometen von Ao. 1638 und 1764 waren nur einen einzigen Grad von diesem Gleise entfernet; dennoch thaten sie keine sichtbare Wirkung auf die Erde. Wann aber der Knoten nur um einen einigen Grad wäre verrückt worden; so würde der Comet die Erde angetroffen und Gott weiß wie zugerichtet haben. Nun ist bekannt, daß durch die anziehende Kraft eines Planeten eine größere Veränderung bewirket werden kan, als die Versetzung eines Grades ist. Man hat Beyspiele, daß die anziehende Kraft des Jupiters und des Saturns den Umlauf des Ao. 1682 und 1759 erschienenen Cometen um 20 Minuten verlängert hat, und daß sein Knoten um dritthalb Grade vorwärts gerückt worden ist. Wann der Comet nur etwa 12 oder 13 tausend Stunden Weges von der Erde weggieng: so würde er die Meere gegen sich in die Höhe ziehen, und da der Mond in dieser Nähe eine Flut von 70 Schuh verursachen würde, so könnte der größere, nähere oder dichtere Comet eine Flut von 3000 Klaftern verursachen und die Erde gänzlich ersäufen; denn im Ocean ist Wasser genug. Es würde dabey ein Orcan entstehen, dem weder Schiffe noch Gebäude, auch wohl nicht die chinesische Mauer, widerstehen könnten. Ein Comet ist vermuthlich sehr dicht, weil er eine sehr große Hitze von der Sonne leiden, und ihr widerstehen muß. Nun ist die Gefahr nicht so wahrscheinlich; denn die Erde läuft sehr geschwinde. [...] Da sie auch sehr klein ist, und sich gegen den Umkreis ihres Gleises wie 1 gegen 76000 verhält: so ist eben so viel gegen eins zu wetten, wann schon der Comet das Gleis durchschnitte, die Erde würde nicht berühret werden. Vorsagungen sind hier ganz und gar unmöglich; [,..]51

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AIZ 11/1756. AIZ 46/1773.

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Auch hier wird wieder die Gefahr gesehen, aber mit sehr geringer Wahrscheinlichkeit. Das ist eine sehr moderne Auffassung. Eine Kollision eines Kometen oder Kleinplaneten mit der Erde hätte verheerende Folgen, auch bei den niedrigen Massen, die sie tatsächlich haben. In erdgeschichtlichen Zeiträumen hat es tatsächlich schon etliche gegeben. 1774 wird noch einmal an diese Schrift von Lalande und ihre Folgen erinnert: [...] so gleich hat man aus dieser Möglichkeit eine gewiß zuerfolgende Wirklichkeit gemacht, und in ganz Paris ward der panische Schrecken so allgemein, daß manche Weiber aus Furcht vor dem hereinbrechenden Weltende beynahe von Sinnen gekommen wären, und kein Mensch war im Stande die Gemüther zu beruhigen bis H. de Lalande einen besondern Aufsatz, das Gegentheil zu beweisen, bekannt gemacht; Wovon in diesen Blättern das Merkwürdigste angeführt worden.52 1756: Da sich die Cometen ihre meiste Zeit über dem Creis des Saturnus aufhalten; hernach aber näher zur Sonne kommen als die Erde, ja öfters als Mercurius: so mus der Comet die Fläche der Erdbahn nothwendig zweimal durchschneiden, nemlich sowohl wenn er sich der Sonne nähert, als wenn er dieselbe verlasset. Ja, es haben Cometen die Erdbahn selbst durchschnitten, wie von dem Anno 1680. bemerket worden. [...] es ist auch möglich, daß die beiden Körper wenigstens was ihre Dunstkreise betrift, aufeinander stossen. Es ist leicht zu glauben,daß von einer solchen Berührung sehr betrübte Folgen auf unserer Erde herstammen würden. ... Der Comet kan uns viel näher kommen, als der Mond ist, und also auch zwischen unserer Erden und dem Mond hindurch seinen Lauf nehmen. Ist dis also, woran kein Himmelskundiger zweifelt: so kan er auch eine Mondfinsternis machen, indem er ein vester und undurchsichtiger Körper ist. [...] Auf gleiche Weise kan man sich die Möglichkeit vorstellen, daß die Sonne durch einen Cometen uns bedeket, und daher verfinstert werden möge. Zwar kan ich kein Exempel aus der Profanhistorie anführen: doch giebt das Evangelium eines an die Hand, Matth.27.45. Und von der sechsten Stunde an ward eine Finsternis über das ganze Land, bis zu der neunten Stunde Maschenbauer weiß natürlich, daß eine Sonnenfinsternis durch den Mond nur Minuten dauert und versucht eine astronomische Erklärung des biblischen Berichts mit einem Kometen. Übrigens hat schon Sacrobosco im 13. Jahrhundert darauf hingewiesen, daß es bei der Kreuzigung keine normale Sonnenfinsternis gewesen sein kann, da das Passahfest der Juden bei Vollmond, eine Sonnenfinsternis durch den Mond aber nur bei Neumond stattfinden kann.54 Eine Mond52 53 54

AIZ 18/1774. AIZ 11/1756. Sacrobosco: Sphaera materialis, geteutscht durch meyster Conradt Heynfogel von Nuremberg. Köln 1519.

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oder Sonnenfinsternis durch einen Kometen ist aber unmöglich; dazu ist der Kometenkörper viel zu klein. Es heißt weiter: Dis, was ich vorgetragen, gehet auf die Cometen, so zu unserer Sonne gehören. Da aber noch eine unbestimmliche Zahl anderer Sonnen vorhanden, und der Grund der Aehnlichkeit erlaubet, dasjenige, so wir bei unserer finden, auch bei den übrigen zu vermuthen: so können sie auch ihre Cometen in grosser Anzahl haben. Man siehet manchmal Cometen, welche sich nicht um unsere Sonne schwingen, und so klein bleiben, daß ihr Schweif kaum einer Spanne lang wird. Nach aller Vermuthung sind dis Cometen, welche zu diesem oder jenem Fixstern gehören. Das ist ein Irrtum. Auch die uns schwach erscheinenden Kometen bewegen sich um unsere Sonne. Die Erde ist, nach sehr verständiger Leute Meinung, ein Comet gewesen, und die heilige Schrift gebraucht solche Ausdrüke, daß man schliessen mus, sie werde wieder ein Comet werden [...] Das menschl. Geschlecht bleibt nicht eine Minute, wie es war. Es gehen alle Pulsschläge einige ab, und andere kommen hinzu. Da nun, aus dem Exempel unserer Erde zu schliessen, die Cometen auch ihre Abwechslung haben: so könte es gleichergestalt wohl seyn, daß täglich neue Erden aus betrübten Cometen, und hingegen wieder Cometen aus solchen Planetenkörpern entstünden, welche ihren ordentlichen Lauf vollendet hätten. [...]» Hier handelt es sich offensichtlich um reine Phantasien über die Zukunft der Erde, mit denen Maschenbauer aber nicht allein dasteht. J.E.B. Wiedeburg in Jena meint noch 1776, daß unsere Erde wahrscheinlich zuerst ein Komet gewesen ist.56 1772 wird von Maschenbauer dagegen eine astronomisch fundierte Überlegung angestellt: Es ist noch nicht ausgemacht, daß die Jahre zu unseren Zeiten eben so lang sind, als sie vor einigen Jahrhunderten gewesen. Da der berühmte Euler die neuen Beobachtungen mit denjenigen verglichen, welche Walther von Nürnberg in dem funfzehenden Jahrhundert angestellet hatte, so fand er, daß seit dieser Zeit die Bewegung der Sonne, oder vielmehr der Erde, merklich schneller geworden, welcher Umstand die Jahre nothwendig kürzer machen muß. Diese geschwinde Bewegung konnte von dem Widerstand herkommen, welchen die Himmelsluft in dem Lauf der Erde verursacht, und wodurch diese einen engern Zirkel zu beschreiten genöthiget wird. Wenn diese Eulerische Beobachtung in der Folge bestätiget wird, so folgt daraus, daß, nachdem die Laufbahn der Erde immer enger wird, selbige endlich die Stelle der Venus, und nach diesem die Stelle des Merkurius einnehmen wird. In dieser Nähe aber

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AIZ 11/1756. Reinhard Schielicke: Astronomie in Jena. Jena 1988.

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würde sie das Feuer der Sonne nicht ertragen können, sondern durch die Flamme verzehrt werden.51 Die Überlegung ist korrekt, auch die Tatsache, daß durch Abbremsung eines Planeten dieser schneller wird und auf eine engere Bahn um die Sonne kommt. Die Voraussetzung, das kürzer werdende Jahr, wie Euler beobachtet haben will, stimmt aber nicht. Maschenbauer sucht dann nach historischen Belegen, daß es auf der Erde kälter wird. Zu den anderen Sonnen sagt er: Sehen wir auf die Fixsterne, so verhält sich der Abstand derjenigen Fixsterne, die uns am nächsten sind, von der Erde zu dem Abstände der Sonne von der Erde als 27664 : 1. Tatsächlich ist schon Alpha Centauri, unser nächster Fixstern, etwa zehnmal weiter entfernt. Aber ein jeder solcher Fixsterne ist der Mittelpunkt eines besondern Systematis und Sonnengebäudes, oder einer Anzahl dichter, schattigter Weltkörper; die Licht und Wärme, Leben und Fruchtbarkeit von einem solchen Sonnen=Fixstern empfangen.58 Oder es heißt: Daß ein jeder Fixstern ohngefehr so gros sey, als unsere Sonne, ist eine Sache, daran keiner, der den Bau des Himmels versteht, zweifeln kann. Ist dem so, so werden sie auch, nach einer Wahrscheinlichkeit, die von der völligen Gewisheit nicht weit entfernt ist, gleiche Verrichtungen haben. Ein jeder wird das Haupt eines besonderen Gebäudes seyn, ein jeder wird seine Planeten haben, und die ohngefehr einer gleichen Menge Materie die Bewegung mittheilen [...] Der fürtrefliche Sternkundige, Halley, hat gezeiget, daß nicht mehr als 13. Sternen, unserer Sonne so nahe seyn können. Weil sie uns am nächsten sind, so scheinen sie uns auch am aller grossesten, und werden daher Sternen von der ersten Grösse genennet. Diejenigen welche diesen am nächsten sind, werden Sternen von der zweiten Grösse genennet, weil sie uns wegen ihrer weit grössern Entfernung kleiner vorkommen, als die ersten. [...] Niemand würde zu viel sagen, wenn er behaupten wollte, daß 100. verschiedene Grössen der Sternen können bemerket werden. Man betrachte nur die Milchstraße, wo die Sternen so klein sind, und so nahe bei einander stehen, daß wir sie mit blossem Auge nicht unterscheiden können. Doch wir wollen nur zwanzig sezen, [...] Wenn wir uns nun vorstellen, es sey bei der Erschaffung der Welt, welche wir nicht über die gewohnte Zeitrechnung hinaussezen wollen, eine solche Kugel von einem Pol der Welt gegen den andern abgeschossen worden: so würde sie bis auf jezt, mit immer gleicher Geschwindigkeit, noch nicht den 6000sten Theil 57 58

AIZ 1/1772 (auf dem Titelblatt steht allerdings unrichtig 1771 Num. 1). ALZ 19/1757.

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dieser vor uns unendlichen Weite durchlaufen haben. Was vor eine unaussprechliche Anzahl von Geschöpfen wird nicht in diesem endlosen Gebäude wohnen können?59 Es wurde damals also angenommen, daß die Sterne mit der größten scheinbaren Helligkeit (wie heute noch als Sterngröße bezeichnet) auch die nächsten sind. Tatsächlich variiert die Entfernung der 13 hellsten Sterne von ca. 4 Lichtjahren bis 800 Lichtjahre. Maschenbauer schließt dann, daß es nur allein von der zwanzigsten Ordnung 1 300 000 Sterne geben muß. Die viel hundert Arten von Mineralien, Steinen, Salze, Metaille, Fossilien mit ihren verwunderlichen Eigenschaften. Die viel tausend Arten der Pflanzen, mit ihrer wunderbaren Bildung und Wirkung; die unbegreifliche Menge der Thiere, sowohl der vierfüssigen, als der Vögel, Fische, Würmer, Insecten, die sowohl auf dem Lande, als in dem Meer angetroffen werden. Das wenige, so wir davon kennen und wissen, sezet uns schon in die äusserste Verwunderung, und wir sollten bald glauben, der unendliche Schöpfer hätte den ganzen Schaz seiner Macht=Weisheit und Güte auf den einzigen Bau der Erden angewendet. Zu dem betrachtet die viel Millionen Menschen mit der Verschiedenheit ihrer Gemüther; so viele Künste und Wissenschaften, welche sie an den Tag gebracht haben; die wunderbaren Erfindungen der alten und neuern Zeiten. Dies überlegt, und sagt mir dann, was vor ein Begrif ihr von der Pracht der Erde habt. Aber wie nichts ist dieses alles gegen die ganze Welt. Im Vorwort des Jahrgangs 1760 spricht er in einer langen Abhandlung über die Zeit. Er erklärt, daß durch die Erddrehung unser Tag bestimmt wird. Die Zahl der Tage wird aber bald sehr groß. Wer 18250 derselben zurük geleget (ein Alter von 50. Jahren, wenn wir die Schalt=Tage jezt nicht mit berechnen) [...] Der Allmächtige hat zur Erleichterung und Befestigung unserer Zeitrechnung mehr gethan [...] Durch den Mond bzw. die Sonne sind Monat und Jahr festgelegt. Dazu fallen uns folgende Nachfragen ein: Wie alt ist denn nun die Welt [...] Aus den biblischen Geschichten wird geschlossen: Sie hat nun schon gegen 6000. Jahre gestanden. Aelter ist sie noch nicht [...] Vorher waren noch keine Jahre. Denn es war noch kein solcher Mond, und keine solche Sonne, als jezt da sind. Er fragt auch, wann der Neujahrstag zu setzen sei: Viele unsrer Gottesgelehrten nehmen zwar an, die gleich auf dem ersten Blate der göttlichen nähern Offenbarung beschriebene Schöpfung Himmels und der Erde, sey zur Herbstzeit geschehen. Dies sieht er aber als zweifelhaft an und ist der Meinung: da wir den nun schon längst durch unsre Vorfahren festgesezten Neujahrstag nicht verändern dürfen: so

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AIZ 12/1760.

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ists ohne Zweifel am verständigsten, daß wir diesen als den Geburtstag der Welt begehen. Er schneidet auch die Frage an, was vor der Schöpfung war: Erkühne ich mich, über diesen Anfang noch gleichsam weiter hinaus zu sehen; so verliehre ich mich ganz. Ich will nicht nachfragen: Ob denn nicht schon vorher etwas erschaffen worden, ehe der Himmel und die Erde, welche wir kennen, bereitet sind? Wie dies etwa beschaffen gewesen, und wie alt dies sey? [...] Gott war da. Mehr verlange ich nicht zu wissen. Sonst misbrauche ich das Erkäntnisvermögen, und die Begierde, allerley zu erforschen, diese edle Gabe, welche mein Schöpfer in meine vernünftige Natur geleget hat, zu Ausschweifungen und zu einer mir selbst schädlichen Tollkühnheit. Zum andern: Die Welt, worin wir leben, kommt ihrem Ende immer näher ... Himmel und Erde veralten, wie ein Kleid. Ps. 102.27. Jes.51.6. Hebr.1.11. Unsere Frechdenker mögen, wenn sie auf dies Stük der biblischen Physicotheologie kommen, spotten; und unsere Flüchtlinge in der menschlichen Gelehrsamkeit mögen ihre Verwunderung über solche Schriftstellen, und ihr Misfallen an ihnen bezeugen, wie sie wollen: ein ernsthafter und gesezter Naturforscher wird bald selbst einsehen, und auch andern zeigen können, wie richtig dies geredet sey, und wie sehr wir verpflichtet sind, dieser Vorstellung nachzuhängen. Mitten unter den unzähligen Beweisthümern der beständigen Erhaltung der durch die Schöpfung einmal im Weltgebäude hervorgebrachten Kräfte entdeken sich uns doch immer mehrere und deutlichere Spuren, daß die jezige Erdund Himmelsverfassung ihrer Endschaft entgegeneilen. 1774, also nach dem Tode Maschenbauers, wird auf die bevorstehende Zusammenkunft von fünf Planeten vorbereitet. Am 28. 12. 1780 waren tatsächlich alle bekannten Planeten am Morgenhimmel in einem Intervall von knapp 37° vereint. Man spürt den Stolz auf die astronomischen Errungenschaften des Jahrhunderts: Man kan nicht umhin, bey Gelegenheit der bevorstehenden Zusammenkunft von 5 Planeten sich der höchstwichtigen Vortheile zu erinnern, welche aus der Cultur der Astronomie auf die Wohlfahrt des menschlichen Lebens geflosssen, und zumal unserem Jahrhunderte vor allen vorhergehenden unendliche Vorzüge verschaft haben. Ehedem, da noch die Astrologie auf dem Throne saß, und in den Finsternissen der Unwissenheit und des Aberglaubens die einfältigen Menschen mit ihren Betrügereyen täuschete, wie sie wolte, hat man solchen Erscheinungen nicht ohne Entsetzen, und zum Theil mit einer angstvollen Erwartung der schrecklichsten Dinge entgegen gesehen: anstatt daß man sie jetzt in einen Gegenstand des Vergnügens und ein ergezendes Schauspiel verwandelt. Im Jahre 1186 hatten sich alle Astrologen von Europa, sie mochten Christen, Araber, oder Juden seyn, dahin vereiniget, daß sie sieben Jahre vorher eine Zusammenkunft von allen Planeten verkündigten, welche mit so fürchtigen Verwüstungen begleitet seyn würde, daß man eine allgemeine Zerstörung zu

Astronomie im Spiegel des Augsburger Intelligenzzettels

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befürchten Ursach hätte. Man erwartete, wie man sich leicht vorstellen kan, mit Angst und Schrecken das Ende der Welt: Aber dieses Jahr verfloß wie die andern, ohne das Ende der Welt mit sich gebracht, wohl aber jene vermeinte Himmelskundige mit Schande bedeckt zu haben. Viele dergleichen Begebenheiten könnte man anführen, wenn man über die elende Schwachheit der Menschen in diesem Stücke sich lustig machen wolte. Man will demnach nur dieses bemerken, daß man bey allem dem Licht, welches die wahre Philosophie und Sternkunde in der Bearbeitung der Vernunft in unsern Tagen angezündet, dennoch von Zeit zu Zeit Beyspiele findet, wo die Leichtgläubigkeit die Träume der Unwissenheit in wirkliche Uebelzu verwandeln weiß [...] Es wird also beklagt, daß sich die Vernunft noch nicht immer gegen die Astrologie durchgesetzt hat. Daß die astronomischen Kenntnisse sich wirklich allgemein durchsetzen werden, bezweifelt der Autor aber selbst, womit er ja bis heute recht behalten hat: [...] Diese und diesen ähnliche Träumereyen werden nicht eher aufhören, die menschliche Einbildungskraft von Zeit zu Zeit mit den abentheurlichsten Schreckbildern zu erfüllen, als bis die Masse der natürlichen und astronomischen Kentnisse in einem solchen Maaß sich in unsern Städten wird verbreitet haben, daß sie die Gewalt derselben völlig überwiegen; und dies wird wohl ein vergeblicher Wunsch seyn, so lange diejenigen Weltweisen, welche Zeit, Lust und Genie besitzen, sich dieser Wissenschaft ganz zu widmen, wenig unter uns geachtet und noch weniger unterstützt werden.''''

Zusammenfassung Maschenbauer und seine Nachfolger in der Herausgabe der Intelligenzblätter waren bemüht, ihre Zeitgenossen über astronomische Ereignisse und den Stand der Wissenschaft aufzuklären und andererseits Aberglauben zu bekämpfen. Es sollte alles rational begründbar sein. Maschenbauer nahm aber gerne Hypothesen auf, die zwar noch nicht beweisbar, aber mit den damaligen Erkenntnissen nicht im Widerspruch standen und entwickelte sie weiter. Davon war er dann aber doch sehr überzeugt, z.B. wenn er 1761 über den Einfluß des Mondes durch die FlutEbbe-Wirkung auf unseren Dunstkreis und damit indirekt auf die Witterung und unsere Gesundheit sagt:

[...] und man müßte ungläubiger, als Thomas, seyn, wenn man zweifeln wollte, daß der Mond solche Veränderungen im Dunstkreis wirke,6'

60 61

AIZ 18/1774. AIZ 9/1761.

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Man darf seine Vorstellungen über die Mondwirkungen aber nicht als eine neue Form des Aberglaubens bezeichnen. Er ist sich des hypothetischen Charakters der Aussage bewußt und würde sie ohne Zweifel verwerfen, wenn sie wissenschaftlich widerlegt würde, im Gegensatz zu modernem Aberglauben, der logischen Argumenten normalerweise nicht zugänglich ist. Bei ungesicherten Thesen, wie den Bewohnern anderer Planeten und Planetensystemen, war ein wichtiges Argument, daß die Schöpfung sinnvoll sein müsse und nichts unnötig sei. Die Allmacht Gottes durch die Größe des Alls zu zeigen, war ein wichtiges Anliegen. Man erhält in den Intelligenzblättern einen hochinteressanten Einblick in die damaligen Vorstellungen über das Weltall, in die naturwissenschaftlichastronomische Denkweise dieser Zeit, sowie die Hypothesen und Spekulationen, wie sie auch in zeitgenössischen akademischen Veröffentlichungen zu finden sind. Eine Botschaft Maschenbauers kann auch für die Menschen des 21. Jahrhunderts noch gelten. Am 28.4.1757 schreibt er über seine Zeitgenossen: Man weis nicht, was man von denenjenigen halten soll, die Vernünftige heissen, und gleichwol den Himmel, unter welchem sie wohnen, kaum einmal eines geflissenen Anbliks würdigen [...] Jes. 40,26: Hebet eure Augen auf, in die Höhe, und sehet, wer hat solche Dinge, die himmlischen Cörper, erschaf fen.62

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AIZ 17/1757.

Die Aberglaubenskritik im Augsburger Intelligenzzettel Nicole Stieb

Und wir hoffen nichts destoweniger denen einen Dienst zu erweisen, die etwas abergläubisch seynd, sich mit Einbildung plagen, und sich zu viel von Furcht und Schröcken einnehmen lassen. Mit diesen Worten umschrieb der Verleger Johann Andreas Erdmann Maschenbauer in der 23. Ausgabe der Augsburger Intelligenzzettel des Jahres 1748 sein Programm zur Bekämpfung des Aberglaubens. Er wollte über den Betrug und abgeschmackten Aberglauben berichten, den er als den allerschändlichsten Feind des menschlichen Geschlechts1 bezeichnete. Diese Schande müsse nun endlich völlig aus einem Reich verbannet werden, wo die größten Weltweisen auch dem Pöbel den Weg zur Vernunft längst gebahnet haben, und welches zum Theil von Fürsten beherrschet wird, welche den Aberglauben durch ihre höchste Macht vollends noch gar den Rückweg in diejenigen finstern Zeiten und Länder zurückweisen, wo man ihn als einen Gott verehret} Denn trotz der jetzigen aufgeklärten Zeiten3 trage sich der gemeine Haufen noch mit vielen Hexenhistörchen4 herum und man könne viel abergläubische Reden und Handlungen5 finden. Maschenbauer setzte es sich zum Ziel, die lächerlichen Beschäftigungen des Aberglaubens6 und dessen schädliche Absichten aufzudecken und ihn durch Vernunftgründe zu widerlegen. Besonders leichtgläubige und einfältige Menschen warnte er davor, abergläubische Ansichten als Wahrheiten anzunehmen und damit Opfer von Betrug, Geldgier oder dem verdorbenen Willen des Menschen zu werden.7 Nicht selten habe auch der Teufel seine Hand im Spiel, der versuche, von den Seelen Besitz zu ergreifen und sie zu bösen Taten anzustiften.

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Johann Andreas Erdmann Maschenbauer: Augsburgischer Intelligenzzettel. Augsburg 1748. Nr. 33. AIZ 4/1748. AIZ 13/1769. AIZ 13/1769. AIZ 48/1752. AIZ 9/1749. AIZ 31, 33, 34/1748; 9/1749; 12/1753; 36/1757.

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Vehement trat Maschenbauer für die Beseitigung abergläubischer Vorstellungen ein, bekämpfte den Glauben an die Zauberkraft der Alraunwurzeln, an die Formen schwarzer Magie, das Vertrauen in den Einfluß der Gestirne oder in die Voraussagen des Kalenders. Als Ursache des Aberglaubens führte er neben der verdorbenen Natur des Menschen den mangelhaften Gebrauch des Verstandes an, der närrische Einbildung[enf, törichte Meinungen oder unbegründetes Blend= oder Fabel=Werck9 hervorbrächte. Aus Habgier [...] verderbet der verderbte Wille auch die Einbildungs=Krafft, so daß diese die Grund=Gesetze der Natur selbsten meistert, umkehret, und gar denen Wurtzeln [der Alraune] die Krafft Gold und geprägtes Geld zu machen zuschreibet [...] die Sünde des Aberglaubens hat keinen andern Ursprung, als den alle Sünden haben. Gleichwie aber alle Tugend fruchtbar ist, und wieder andere Tugenden gebiret, eben so hat auch das Böse die Natur an sich, daß es wiederum nichts als Böses hervorbringt.10 Gerade im Fall der Alraune, die ein ordentliches und natürliches Gewächs sei, wäre es der gröste Unsinn übernatürliche Kräfte anzunehmen, da die Erfahrung dagegen spreche und aus der Pflanze unwidersprechlich [...] kein Geld}1 wachse. Wie könnte es sonst möglich sein, gab der Autor zu bedenken, daß Apotheker ein ganzes Pfund dieser Wurzel für wenig Geld hergeben oder die Bewohner der Gegenden, wo sie wachsen, auch nur einige herausgeben? Wer dies noch nicht glaube, solle sich eine richtige Alraunwurzel kommen lassen, [...] er schnitze sie noch weiter so künstlich zu, als er kan, und bade sie alle Tage in Alicanten und ungarischen Wein, so wird er unbetrüglich finden, daß kein Geld von ihr kommet, sollte auch diese Übung ein gantzes Seculum continuirt werden [...].12 Abergläubische Vorstellungen wären nach genauer Untersuchung oft nur die Erdichtung einfältiger Menschen13 gewesen. Die meisten Arten der Gespenstergeschichten würden ohnehin auf Scherz, Bosheit oder Betrügerei hinauslaufen, wobei das Uebernatürliche sich leicht begreifen14 ließe. Insbesondere die Kraft eines eingewurzelten Vorurtheiles15, wie z.B. der Gedanke, sich wider Gewehr und Hexerei feste machen zu können, oder der Glaube an die Wahrsagereien aus dem Kaffee, würden

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15

AIZ 48/1752. AIZ 33/1748. J. Α. E. Maschenbauer: Der curiose und in allen nöthigen Wissenschaften nützliche Dollmetscher oder: Allgemeines Zeitungs-Handbuch [...]. Augsburg 1748 (Stichwort: „Mandragora". S. 387f.). 2. Band. Hier: S. 387. Exemplar: Augsburg UB 02/1.2.4.20. AIZ 34/1748. AIZ 34/1748. AIZ 34/1748. AIZ 9/1749. J. Α. E. Maschenbauer: Der aus dem Reiche der Wissenschafften wohlversuchte Referendarius oder auserlesene Sammlungen von allerhand vermischten Schrifften [...]. Augsburg 1750. 1. Teil. S. 271. AIZ 1/1754.

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bei vielen den Aberglauben erhalten, obwohl in ihm so viel Widersprüche als Worte16 seien. Der Mensch ließe sich durch seine Einbildungen in Angst und Schrecken versetzen, was einen negativen Einfluß auf die Gesundheit zur Folge hätte. Er werde durch seine Ahndungen [...] aller der Übel [...] wirklich theilhaftig und könne keine angenehmen Empfindungen und eine dauerhafte Gesundheit in sich tragen; so fehle seinem Gemüth eine weise Gleichgültigkeit, die stets voll angenehmer Erwartungen und Hoffnungen ist". Als Beispiel solcher abergläubischen Alfanzereien führte Maschenbauer die Handlungen vorwitzige[r] Mägde in der St. Andreasnacht an, die allerlei Anstalten vollführten, um ihren künftigen Bräutigam zu erfahren', so sprechen sie das Vater Unser rükwärts, [...] gissen Blei oder Zinn ins Wasser, [...] ziehen einen Scheit aus dem Holzstos [...] und was des närrischen Zeugs mehr ist.]S Weiter, bekundete der Autor, sei es nicht nöthig zu Wiederlegung solcher abgeschmackten Thorheiten, und nur die Menschen dafür zu warnen, allerhand Histörchen anzuführen, wie eine oder die andere in ihrem Vorhaben unglüklich gewesen, und entweder durch ein Gespenst, oder leiblichen Erscheinung des Satans Gestalt erschrekt worden, daß sie darüber in eine Krankheit gefallen, oder gar davon den Tod gehabt. Bei der Erziehung der Kinder warnte Maschenbauer die Eltern davor, deren zarte Gemüther [...] fähig und geschikt zu allerlei Aberglauben und wundersamein]| Vorstellungen19 zu machen; etwa indem sie ihnen fürchterliche Historien, Gespenster= und andere elende Geschichte[n] erzählten, oder sie bei Beschenkung an den H. Weihnachts=Neujahrstagen, oder am Niklastag, mit vermumten Personen halb zu erfreuen, halb zu erschrecken suchten. Die Folgen dieses Fehlverhaltens seien nicht auszudenken: Die Kinder würden krank, gemeiniglich erfolgt mit den Jahren, die Gicht, das hinfallende Wesen, und was dergleichen mehr. Aufgabe der Eltern müsse es daher sein, ihre Kinder vor dergleichen] unverantwortlichen Schwachheiten von Grausen und solchen Einbildungen zu verwahren, welche sie sich so leicht angewöhnen können, wenn sie noch jung sind; die sie aber nicht sogleich wieder abzulegen vermögen, wenn sie zu Jahren kommen. Um die Wahrheit zu sagen, fügte der Autor hinzu, ich sehe eine gesunde Einbildungskraft, nächst einer richtigen Ortheilungskraft, und einem guten Gewissen, für die gröste Glükseligkeit des Lebens an. Das Problem abergläubischer Menschen sei, bekundete Maschenbauer, daß sie nicht die geringste Kentnis der Natur20 hätten. Wenn ihnen deren Kräfte nur ein wenig besser bekannt wären, wie bald würde sowohl in diesen als andern Dingen der grobe Aberglaube aufhören? Nach dem glücklichen Wachstum der Wissen16 17 18 19 20

AIΖ A1Z AIZ AIZ AIZ

1/1754. 19/1761. 48/1752. 1/1754. 9/1749.

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schaften, besonders der Naturlehre, stellte der Verleger in seiner Zeitschrift ,Der [...] wohlversuchte Referendarius' fest, müsse man sich billig über die Einfalt gewisser Personen wundern, die ihre Ehre darinn sezen, bei dem allgemeinen Fortgange der Vernunft zurük zu bleiben.21 Ein altvaterischer Doctor oder Pfarrherr setze schon etwas von seiner Achtung aufs Spiel, wenn er dem Geschrei gegen die Weltweisheit keinen Einhalt gebiete. Die Mondfinsternisse, Kometen und Nordscheine gingen ihren Gang fort, ohne Fasttage und Casteiungen zu verursachen; die Hexen seien in Verfall gerathen und der Autor wisse noch nicht so recht, ob es der Wiz oder die Philosophie wären, die seit einiger Zeit auch an dem Umsturz der Gespenster arbeiteten. Dennoch gebe es genügend Leute, die wider der Vernunft an abergläubischen Vorstellungen festhielten und Dinge behaupteten, von denen sie keine Kenntnis hätten. Zum einen erklärten sie eine Sache, die sie nicht begriffen, für ein Wunder, zum anderen werde diese für eine Vorbedeutung gehalten, die sich dann nie auf etwas gutes beziehe, sondern vielmehr auf das schlimmste, das sich nur denken ließe. Die Macht und der Schaden abergläubischer Vorstellungen seien demnach nicht von der Hand zu weisen und der Mensch täte gut daran, sich von solchen Einbildungen und teuflischen Eingebungen fernzuhalten, lautete die Botschaft Maschenbauers in den Intelligenzzetteln. Gemeine Leute, bedauerte er, hielten magische Fähigkeiten für eine ausgemachte Wahrheit, so viel lächerliches [...] auch in der gantzen Sache22 sei. Er habe oft danach gestrebt, diesen Personen durch vernünftige Schlüsse ihren einfältigen Aberglauben zu benehmen, doch der gewöhnliche Beweis durch Exempeln [habe] jederzeit [seine] Demonstration fruchtlos gemachet. Im folgenden soll nun von einem ungewöhnlichen Fall berichtet werden, der die Intelligenzzettel im Jahr 1748 über mehrere Wochen und Monate hinweg beschäftigte und die Leserschaft in helle Aufregung versetzte: Ein gewisser Magier Thomas Peladine, gebürtig aus Livorno, war nach Berlin gekommen, um einige seiner - wie er selbst in einer Anzeige behauptete - mehr als 100 Künste aus dem Bereich der natürlichen Magie vorzuführen.23 So sei er in der Lage, einem lebendigen Tier den Kopf abzuschlagen, denselben zu nehmen, ihn an seine alte Stelle zu setzen und besagtes Tier wieder zum Leben zu erwecken. Ferner könne er alle Gegenstände in eine beliebige Sorte Holz verwandeln oder alle Arten in- und ausländischer Vögel samt ihrem Kolorit, ihrer Gestalt und ihrem Gesang herbeibringen. Außerdem vermöge er eine ganze Gesellschaft mit dem Leib ins Wasser zu tauchen, ohne daß diese naß werde und eine Menge anderer Geheimnisse mehr.

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J. Α. E. Maschenbauer: Der [...] wohlversuchte Referendarius (Anm. 14). Augsburg 1750. 2. Teil. S. 78. AIZ 9/1749. AIZ 1,2/1748.

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Zu Beginn des ersten Artikels führte Maschenbauer den Magier mittels eines anonymen Leserbriefes aus Berlin ein, für dessen Wahrheitsgehalt er sich allerdings nicht verbürgen wollte: In folgendem Briefe stehen unglaubliche Sachen. Ich würde es nicht wagen, ihn hier einzurücken, wenn ich ihn nicht von sicheren Händen hätte. Ich verspreche, umständliche und zuverlässige Nachricht von der Sache einzuziehen, und sie meinen Lesern mitzutheilen. Eher will ich mich nicht unterstehen weder etwas im Guten noch im Bösen davon zu sagen.1* Kommentarlos teilte der Verleger seinem Publikum den Inhalt des Briefes mit. Der Autor desselben wurde durch seine Aussage als vertrauenswürdige Persönlichkeit ausgewiesen, die sich zudem als Angehörige einer gehobenen' Gesellschaftsschicht erwies. Aus einer in der zweiten Ausgabe der Intelligenzzettel des Jahres 1748 veröffentlichten Anzeige des Magiers geht hervor, daß dieser seine weisse Kunst nur in Häusern ausübe, wohin er die Ehre hat, geruffen zu werden. Der Verfasser des Leserbriefes konnte es sich - zusammen mit Freunden - leisten, diesen „Künstler" für 20 Reichstaler am Nachmittag zu engagieren; zu dieser Gesellschaft gehörte auch ein namentlich nicht erwähnter Hr. Secr. ***, der Beziehungen zu einem Marquis unterhielt, der den Magier ebenfalls in sein Haus bestellt hatte. In der sich nun über mehrere Ausgaben der Intelligenzblätter erstreckenden Korrespondenz gab der Berliner Autor seine Erfahrungen und persönlichen Eindrücke auf anschauliche Weise wieder: Peladine beschrieb er als einen schönen und höflichen Menschen mit angenehme^r] und zufriedene^r] Gesichts-Bildung, welche die Kennzeichen eines scharffen Nachdenckens25 in sich tragen. Der Magier käme allein ohne Begleitung. Er wäre prächtig in Samt und Gold gekleidet und habe weder Tasche noch Werkzeug bei sich. Alles, was er benötige, ließe er sich aus dem Haus bringen, um keinen Verdacht bei seinen Zuschauern zu erwecken. Peladine führe seine Kunststücke „sehr gelassen" aus und unterlasse jede Zwischenhandlung, welche die Aufmerksamkeit des Publikums ablenken könne. Der Magier habe die körperliche Gestalt von Lebewesen und Dingen vor den Augen der Zuschauer verändert, doch sei dies nicht von langem Bestand gewesen. Einen Sperling, den Herr R. in seine Rocktasche stecken mußte, verwandelte Peladine durch Berührung der Tasche von außen und indem er einige Worte sprach, in einen Papagei. In einer honetten Gesellschaft habe der Autor außerdem erfahren, daß der Magier auch im Haus eines Marquis aufgetreten sei, wo er für 50 Dukaten eine Menschen- oder Tierverwandlung vorführte. Dabei verwandelte er den Küchenjungen

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AIZ 1/1748. AIZ 2/1748.

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des Hausherren in ein Wildschwein, einen anderen Bediensteten in einen Budel=Hund. Dem letzteren schlug er mit einem kostbaren Degen den Kopf ab, erweckte ihn wieder zum Leben und gab beiden ihre ursprüngliche Gestalt zurück. Diese sagten aus, daß ihnen der Vorgang nicht bewußt gewesen wäre und sie sich die ganze Zeitdauer über wie in einen Schlafzustand versetzt gefühlt hätten. Eine Erklärung dieser merkwürdigen Ereignisse konnte der Verfasser der Briefe nicht liefern; der Leser der Intelligenzzettel erhielt vielmehr den Eindruck, als handle es sich bei diesen Vorführungen tatsächlich um Werke aus der weißen Magie. Die erste kritische Stimme meldete sich in der vierten Ausgabe zu Wort, als Maschenbauer seine Leser warnte, die Künste Peladines bey diesen erleuchteten Zeiten [,..\für Hexerey [zu] halten. Inzwischen sei dieser Künstler in Potsdam angelangt, wo er zwei Hühner enthauptet und sie danach wieder lebendig gemacht hätte. Allerdings sei eines davon drei Tage später gestorben. Der Verleger bekundete, er erwarte täglich neue Nachrichten von Peladine. Um die Spannung bei seinem Publikum zu erhöhen, kündigte er an, daß man ihn ohne Zweifel [...] auch bald in Augsburg sehen werde. Nähere Auskunft zu diesem Ereignis teilte er aber nicht mit. Am 14. März 1748 - knapp 2 Monate später - wußte Maschenbauer zu berichten, daß man von Peladine [...] seithers nichts mehr gehört noch geschrieben26 habe. Viele hätten hartnäckig behauptet, daß er in einem festen Schlosse die Schuld seiner Zauberey büssen müsse, andere wiederum hielten ihn und seine angeführten Processe für ein Hirngespinst. Zum ersten Mal taucht der Gedanke einer betrügerischen Absicht dieses Magiers auf. Der Verleger führte zur Rechtfertigung seiner Berichterstattung an, daß er alles, was er in den Intelligenzzetteln über ihn geschrieben habe, von anderen habe. Und Andere leihen wieder was von ihm, womit sie ihre magere[n] Blätter zieren?1 In der 31. und 33. Ausgabe der Intelligenzzettel gab er seine letzten Nachrichten über Peladine heraus und stellte ihn als einen Betrüger dar. Dieser Mann habe an vielen Orten unseres Teuschlandes seine Kunst=Stücke sehen lassen [...]. Sein Vorgänger sei ein gewisser miraculoso Florisanti aus Rom gewesen, der mit seinem Blendwerk die Leute betörte, weßwegen er auch von denen, die seine falsch=berühmte Kunst nicht einsehen, bewundert worden ist. Deutlich kommt die Meinung Maschenbauers über den angeblichen Magier zum Ausdruck. Der Leser, der die ganze Zeit über an die Wahrheit dieser Erzählung geglaubt hatte, wird nun als leichtgläubiger, einfaltiger und abergläubischer Mensch bezeichnet und nachhaltig vor voreiligen Schlüssen und leichtfertigen Meinungen gewarnt. Obwohl Maschenbauer die magischen Fähigkeiten Peladines bestritt, vermied er 26 27

AIZ 11/1748. AIZ 11/1748.

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es doch, die Frage nach der Möglichkeit und den Grenzen weißer Magie zu erörtern; er führte lediglich Parallelbeispiele von solchen Magiern an, deren Tricks ihm bekannt waren und die er auf natürliche Weise erklären konnte. Maschenbauer versuchte, den Aberglauben sowohl durch Erfahrungswerte als auch durch Vernunftgründe zu widerlegen und seine Erscheinungen auf beweisbare Gründe zurückzuführen. Dabei zog er Erklärungsmodelle verschiedener wissenschaftlicher Disziplinen heran und bemühte sich, medizinische, naturwissenschaftliche und moralische Ursachen zu finden. Den Glauben an die Zauberkraft der Alraune führte er neben der Habsucht und Leichtgläubigkeit der Leute auf die Etymologie des Wortes zurück28: Demnach wurden die Teuffels=Priesterinnen aus „Strabone" bei den alten Teutschen „Alraunen" genannt, da sie durch raunen und murmeln Antworten auf die Frage nach zukünftigen Ereignissen gaben. Der Ausspruch: einem etwas in das Ohr raunen sei noch heut zu Tage üblich, stellte Maschenbauer fest. In dem finsteren Heydentum wären die Menschen leicht geneigt zu abergläubischen Handlungen und insbesondere zur Zauberei gewesen. Der Verleger bemühte sich, historische Belege für die abergläubischen Vorstellungen über die Alraune zu finden. Da schon „I.B. della Porta" von Land=Vaganten berichtet hatte, die eine durch Kunst geschnitzte Alraun=Wurtzel mit sich führten, galt ihm dies als Beweis, daß der Betrug mit dieser Wurzel lange Zeit üblich und auch der Glaube, daß diese wahrsagen könne, längst bekannt gewesen sein mußte. Bereits Plinius habe in seinem 36. Buch eine solche Pflanze erwähnt, ihr jedoch den Namen Circae gegeben. Den Grund dieser Bezeichnung konnte der Autor nicht nennen; sie sei wohl in Anspielung auf die Zauberin Kirke entstanden, welche durch die Narcotische Schlaf=bringende und Schmertz-stillende Wirkung der Wurtzelrinde die Gefährten von Odysseus in ,Raserei' versetzt hatte oder weil die Alraune häufig auf dem Vorgebirge Circae, Capo de Circello wachse. Die genaue Untersuchung der Herkunft dieses Wortes wollte Maschenbauer denen Criticis überlassen. Der historische Textbeweis galt ihm als sichere Quelle für die Herleitung bestimmter Erzählungen, Fabeln und etymologischer Bedeutung von Wörtern. Allerdings fehlten seinen Untersuchungen eine quellenkritische Betrachtungsweise, sowie eine systematische Verfahrens- und Zugangsweise; die Argumente wurden willkürlich aneinandergereiht, bei der Beschreibung historischer Begebenheiten erfolgte nur eine Aufzählung von Ereignissen. Über die Sage vom ,ewigen Juden' schrieb der Verleger, daß es eine von Alters hergebrachte Fabel sei, die schon über 1000. Jahre alt29 wäre, ohne dies zu belegen. Dem Autor lag es nicht daran, systematisch alle geeigneten Quellen zu diesem Thema heranzuziehen und auszuwerten, sondern nur ein und anderes davon an{zü]führenv>. Er wollte keine theoretische Erörterung des Aberglaubens bieten, sondern seine Leser auf unterhaltsame Weise durch populärwissenschaftliche Beiträge von der Unrichtig28 29 30

AIZ 34/1748. AIZ 14/1752. AIZ 14/1752.

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keit ihrer Anschauungen überzeugen. Die Beispiele, die der Verleger dem alltäglichen Lebensumfeld seines Publikums entnahm, zeigen sein Bemühen, Einfluß auf die Meinung der Leser zu nehmen und sie zu kritischem Nachdenken anzuregen. Das einzelne Exempel stand dabei stellvertretend für die ganze Bandbreite abergläubischer Spekulation. Fast immer waren es einfache und ungebildete Leute, die im Vordergrund der Schriften standen und die der Autor mit seiner Kritik zu erreichen hoffte. Selten bezichtigte er Gelehrte abergläubischer Ansichten und Handlungen. Im 2. Heft der Intelligenzblätter von 1750 eröffnete ihm ein Leserbrief, daß Bauren auf einem Acker Schätze graben wollten, da sie dort öffters kleine Bergmännlein nächtlicher Zeit turniren gesehen hätten. An anderer Stelle wurde von den Heyducken berichtet, bei denen das bekannte Volk an Vampire glaube.31 Ferner fielen Soldaten auf den Gedanken, ihre Körper durch bestimmte Mittel fest machen zu können32 und der Landmann dachte, wenn seine Kuhmilch schleimig war, die Kühe wären verhext.33 Norwegische Fischer bekräftigten durchgehends und einhellig, ein Seeungeheuer gesehen zu haben, das unvermutet aus der Tiefe des Meeres herauf- und hinabsteige und dabei einen starken Wirbel verursache.34 Ein Professor hingegen handelte aus einem ächten Triebe der Menschen=Liebe, wenn er ein Mittel gegen Schlag=Flüsse zum Nutzen der menschlichen Gesellschaft herstellte;35 ein vernünftiger Offizier leugnete die Fähigkeit, sich fest machen zu können,36 der Pater Boschowiz lieferte eine hinlängliche Erklärung für den Wunderregen37 und das Gutachten eines Arztes bestätigte, daß eine Mißgeburt ihre natürliche Ursache haben müsse.38 Dennoch waren auch die gelehrten und gebildeten Personen von der Kritik Maschenbauers nicht gänzlich ausgenommen. In einer Abhandlung über den Gebrauch des Kalenders führte er an, daß sich auch Gelehrte der in diesem enthaltenen Ratschläge bedienen würden: Ein Advokat z.B. setze einen einträglichen Termin39 nach den Bestimmungen des Kalenders fest. Käme man auf die Stube eines solchen Herrn, so würde ein durchschossener und verunzelter Kalender, nebst einem Stos Acten den Tisch beschweren. Der Kaufmann, der Bürger und der Handwerker besäßen oft einen solchen, den sie höher als ihre Bibel achteten. Häufig führte der Verleger eigene Erfahrungen und Erlebnisse an oder berief sich auf Berichte vertrauenswürdiger Personen, Bekannte oder Freunde, um sich 31 32 33 34 35 36 37 38

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AIZ 22/1748. AIZ 9/1749. AIZ 13/1769. AIZ 50/1762. AIZ 16/1746. AIZ 9/1749. AIZ 9/1751. J. Α. E. Maschenbauer: Der [...] wohlversuchte Referendarius (Anm. 14). Augsburg 1752. 4. Teil. S. 45-49. AIZ 36/1757.

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für den Wahrheitsgehalt der Ausführungen und Ereignisse zu verbürgen. So habe er mehreren Freunden und Kollegen das Arzneimittel des Professors Dr. Formey gegeben, welche die heilende Wirkung des Medikaments bestätigen konnten;40 erst vorige Woche sei es geschehen, daß ein Mann mit dergleichen Alrauns hier geweßt, und solche um vieles Geld zu verkauffen gesucht41 habe. In der Abhandlung über die „Zauberkraft, welche der Klapperschlange zugeschrieben wird"42, behauptete Maschenbauer, ein glaubwürdiger Mann hätte im Wald ein Eichhörnchen gesehen, das vom Baum gefallen und von einer Klapperschlange verschlungen worden war. Der Verfasser schenkte der Erzählung um so mehr Glauben, da sein Bruder schon ähnliches erlebt hatte. An anderer Stelle berichtete er von der nächtlichen Erscheinung eines Toten in Ungarn, der im Jahr 1732 sein Unwesen getrieben haben soll. Dieser wurde fur einen Vampir gehalten, was durch die Untersuchung von vielen Oficieren [...] dem Regiments-Feldscheerer und von vielen Vornehmen des Orts bestätigt43 werden konnte. Das Verfahren wurde sogar schriftlich dem Kaiserlichen Kriegsrat zu Wien übersandt, welcher eine Kommission einsetzte, um die Wahrheit dieser Ereignisse zu prüfen. Es gäbe verschiedene Mittel, die Unmöglichkeit der Behauptung über die Vampire und deren körperliche Beschaffenheit darzulegen, erläuterte der Verleger der Intelligenzzettel: Das erste sei die Erklärung aller Wunder des Vampirismus durch physicalische Ursachen. Die zweite Möglichkeit sei, die Wahrheit dieser Geschichten gänzlich [zu] leugnen, was zweifellos das sicherste und klügste sei. Allein, da die Erzählung von Leuten von Ansehen und durch die Leute des Platzes bescheinigt wurde, schien es ein offenbahrer Beweis ihrer Wirklichkeit zu sein. Die Meinung eines Offiziers oder angesehener Personen zählte für Maschenbauer offensichtlich mehr als die Behauptung „einfacher" Menschen oder Bauern, die er gern mit dem ungelehrten Pöbel44 gleichsetzte. Weiterhin veröffentlichte er den Bericht eines Doktors, der einem nächtlichen Gespenst begegnet war, das sich später als ein boshafter Körner erwies, der ihn hatte erschrecken wollen. Was würden sie machen, Schloß der Arzt seine Erzählung ab, wenn sie die Gespenster leugnen wollten? Glauben sie wohl, daß sie mit allen ihren Gründen und vernünftigsten Schlüssen, gegen die einem Arzte geschehene Erscheinung [...] und das einem Mathematicverständigen nächtlich erschiene Gespenst, mit der Verneinung der übernatürlichen Gespenstererscheinung hätten bestehen können?45 Diese Geschichten könnten keine Märchen sein.

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45

AIZ 17/1746. AIZ 33/1748. AIZ 27/1750. AIZ 23/1748. J. Α. E. Maschenbauer: Der [...] wohlversuchte Referendarius (Anm. 14). 1750. 1. Teil. S. 270. J. Α. E. Maschenbauer: Der [...] wohlversuchte Referendarius (Anm. 14). 1750. 1. Teil. S. 272f.

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Maschenbauer zweifelte nicht an der Existenz übernatürlicher Wesen, sondern an deren Wirkung auf die sichtbare Welt. Teufel, Zwerge und Vampire wurden als Realitäten anerkannt und abergläubische Phänomene mit wissenschaftlicher Ernsthaftigkeit untersucht; fast immer wurden die scheinbar übernatürlichen Vorgänge als natürlich erklärbare entlarvt. Bei der Erörterung abergläubischer Phänomene fällt auf, daß der Verleger seine Ausführungen mit wissenschaftlichem Vokabular unterlegte und damit zugleich seine eigene Gelehrsamkeit unter Beweis stellte. Als hilfreiche Vorgehensweise erschien ihm dabei die genaue und ausführliche Beschreibung abergläubischer Praktiken sowie die gründliche Darlegung wissenschaftlicher Erkenntnis. Der Übergang von abergläubischen Vorstellungen und wissenschaftlichen Ergebnissen ist fließend, wie sich an mehreren Beispielen belegen läßt: Das sogenannte Johannisbluf6, das abergläubische Menschen am 24. Juni zwischen elf und zwölf Uhr mittags auf den Feldern suchten, erklärte der Verleger als rothes Bläsgen oder Wärzgen an den Wurzeln des Sceleranthus, der häufig als Unkraut im Heidekorn oder Buchweizen zu wachsen pflegte. Wenn man das Bläschen drücke, laufe ein roter Saft heraus. Dieser würde von einer kleinen Fliege aus dem Ichenomon=Geschlecht verursacht, die ihr Ei in der Wurzel dieser Pflanze ablege, wovon diese rothe Auswachsung entstehet. Einen wunderbaren Sturmregen über Rom, der sich im Jahr 1749 ereignet und schwere Schäden in der Stadt angerichtet hatte, meldete Maschenbauer mit dem Bericht des Paters Boschowiz, der das Unwetter selbst beobachtet hatte. Dieser gab an, es sei eine schwarze Wolke voll von entzündbaren Teilchen am Himmel gewesen, aus welcher beständig Β Uze heraus gefahren" seien; die Wolke wäre mit der grösten Geschwindigkeit vorbei gerauscht, und gar nicht hoch von der Erde erhaben gewesen [...]. Die zertrümmerten Dächer, die abgebrochene[n] Schornsteine, die zerschmetternde[n] Fenster, [...und] die umgeworfene[n] Mauren [...] [würden] zur Genüge [beweisen], daß diese Sturmwolke weder hoch in der Luft gewesen, noch langsam fortgezogen sey. Zur Erläuterung dieses reissenden Sturmwindes führte er an, daß die zirkulierende Bewegung des Windes eine anziehende Kraft erzeuge, die Gegenstände mit sich fortreißen und an anderer Stelle als Niederschlag zur Erde fallen lassen könnte. So würden sich z.B. die wundervollen Regen [...] der Geschichtsschreiber erklären lassen. Es sei durchaus möglich, daß es in kleinen Theilen Wolle regne, oder Eisen, Fleisch, Blut [oder] Milch vom Himmel kämen. Ein vernünftiger Mann, betonte Maschenbauer, müsse zuerst natürliche Erklärungen für solche Vorgänge finden; er dürfe das Natürliche nicht mit dem Wunderbaren vermengen. Besonders aufschlußreich für die Bewertung der Aberglaubenskritik in den Intelligenzzetteln sind die Nachrichten über Mißgeburten und Wunderfische, die größtenteils an die Prodigienliteratur des 16. und 17. Jahrhunderts anknüpften und 46 47

AIZ 30/1750. AIZ 9/1751.

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zur Unterhaltung und Befriedigung der Sensationslust des Publikums beitrugen; losgelöst von ihrer theologischen Bedeutung wurden sie nicht mehr als Zorneszeichen Gottes interpretiert, sondern als Merkwürdigkeiten und Kuriositäten präsentiert.48 Die Beiträge erschienen vorwiegend unter den Rubriken Merkwürdigkeiten, was inn und ausser der Stadt paßirt und vereinzelt unter Gelehrte Sachen. Sie beinhalten zum Teil kurze, auf das Wesentliche beschränkte Mitteilungen der Ereignisse - etwa in Form von Leserbriefen oder Auszügen aus anderen Zeitungen, Journalen oder Magazinen - oder etwas längere Berichte, doch umfassen sie in der Regel nicht mehr als einen Artikel. Besonders in den ersten Jahrgängen während der Jahre 1748 bis 1751 wurden oft nur kurze Beiträge über Mißgeburten und wunderbare Fische veröffentlicht, in den späteren Ausgaben der Intelligenzblätter, etwa ab Beginn der 60er Jahre ist eine ausführlichere Darstellung der Inhalte und Nachrichten zu bemerken, sowie eine stärkere Hinwendung zur wissenschaftlichen Reflexion. Während der Jahre 1748 und 1749 erschienen mehrere Artikel über mißgestaltete Kinder und sonderbare Fische, in denen der Verleger meist nur das Merkwürdige und Sensationelle der Begebenheiten schilderte, ohne den Wahrheitsgehalt der Erzählungen zu überprüfen, noch nähere Untersuchungen über die Ursachen und Umstände der Phänomene einzuziehen. Zwar wurden z.B. die natürlichen Gründe der Mißgeburten erkannt, sie aber nicht selten mit ungewöhnlichen Vorgängen in Beziehung gebracht. Häufig erschöpften sich die Berichte in einer bloßen Beschreibung der äußeren Gestalt der Menschen oder Tiere, manchmal genügte der Hinweis des Autors, man werde Näheres zu diesem Phänomen berichten, sobald man weitere Nachrichten davon erhalten habe. In der 3. Ausgabe der Intelligenzzettel aus dem Jahr 1748 publizierte Maschenbauer einen Brief aus England, in dem von einem riesen=mäßigen Knaben die Rede ist, der bey seiner Geburt etwas gantz ausserordentliches an sich hatte, sonderlich an den Zeugungsgliedern, nebst einer ungewöhnlichen Grösse seines gantzen Leibes. Nach einem dreiviertel Jahr starb die Mutter, da ihr das Kind, das ungewöhnlich stark gewachsen war, vermutlich die Nahrung entzogen hatte. Kommentarlos führte der Verleger den Bericht an; die einzige kritische Äußerung findet sich in dem Schlußsatz, daß das Gerücht von dieser Erzählung verursacht habe, daß die Leute von nah und fern kämen, um diesen Jungen zu sehen. In einem anderen Beitrag erhängte sich eine Mutter nach dem Tod ihres Kindes vor Gram und Herzenleid im Bette;49 dieses war als ein Monstrum zur Welt gekommen mit zwei Köpfen, drei Armen und vier Füßen. Der Kopf besaß sowohl fischals auch menschenähnliche Gestalt. Eine längere Abhandlung über eine Mißgeburt brachte der Verfasser in der 8. Wochenausgabe der Intelligenzzettel 1751, in der er über ein totgeborenes Kind aus dem „Amt Reichenberg" berichtete, das 48

49

Rudolf Schenda: Die deutschen Prodigiensammlungen des 16. und 17. Jahrhunderts. In: AGB. Band IV. Frankfurt am Main 1963. S. 638-710. A1Z 17/1748.

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starke Mißbildungen im Gesicht aufwies. Von Interesse ist hierbei die Aussage der Mutter, die erzählte, daß dies ihr erstes Kind gewesen sei. Sie habe sich im schwangeren Zustand über den Sarg ihres im vergangenen August verstorbenen Mannes gebeugt. Da sie an ihm wegen hochaufgeschwollenem Kopf und Gesicht keine Augen mehr [habe] sehen können, [hätte] sie sich heftig entsetzet und geweinet [...]. Dabei sei sie sich mit den Händen über das Gesicht gefahren, um die Tränen abzuwischen. Davon rühre nach ihrer Ansicht die gedachte Ungestalt des Kindes her. Maschenbauer äußerte sich zu diesem Verdacht nicht, doch verwies er zur Klärung dieses Vorfalls auf einen Beitrag in seiner Zeitschrift ,Der [...] wohlversuchte Referendarius'. Dort findet sich allerdings nur eine Beschreibung einer ähnlichen Mißgeburt aus dem Jahr 1752, bei der die organischen Schäden aufs ausführlichste dargelegt und natürliche Ursachen für die Mißbildungen gesucht werden.50 In den Intelligenzzetteln findet sich keine bildliche Darstellung von Mißgeburten, während den Berichten über merkwürdige Fische einige beigegeben sind. Welchen Stellenwert Maschenbauer den bildlichen Darstellungen beimaß, beweist eine Nachricht über die außergewöhnliche Geburt eines gesunden Mädchens in Bezgendorf unweit von Naumburg im Jahr 1672.51 Dieses soll acht Tage später einen Däumling zur Welt gebracht haben. Der Verleger zog die Wahrhaftigkeit der Erzählung in Zweifel, da der behandelnde Arzt, Johann Georg Otto, den Vorfall nicht durch einen Eintrag ins Kirchenbuch, durch Gerichtsakten oder durch eine Abbildung auf einem Kupferstich belegt hätte. Auf der Halbinsel Camschatka wurde 1748 in einem See ein wunder=würdiger Fisch52 gefangen, der die Gestalt eines vier=füßigen Thieres, und fast einen Kopf wie ein abgelebter Mensch hatte·, statt der Backen war er mit einem ordentlichen Gerippe und Fisch=Geräth versehen. Das Tier besaß auch kein Kinn und keine Wangen, sondern nur eine wenige Floß=Federn. Es hatte keine Zunge und bei seiner Gefangennahme machte es ein entsetzliches Gehäul,fast wie ein See =Hund.

50

J. Α. Ε Maschenbauer: Der [...] wohlversuchte Referendarius (Anm.14). IV. Teil. 1752. S.45-

49. 51 52

AIZ 30/1749. AIZ 24/1748 (Abbildung 10).

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Abb. 10. Darstellung eines wunderwürdigen

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Fisches aus Camschatka, AI Ζ 24/1748.

1749 gab Maschenbauer in der 17. Ausgabe 53 eine Nachricht über äußerst schädliche Tiere heraus, die am Meer lebten und den Menschen schon gewaltigen Schrecken eingejagt hätten: Im vorderen Bereich seien sie gestaltet wie Heuschrecken, da sie mit ihren aufgespannten Füssen ziemliche Sprünge machen könnten. Sie besäßen grosse blaue Schuppen, unten und oben Flosfedern, einen wohlgelenken Schwanz und zimlich zarte Vorderbeine. Ihre Augen wären fast w ie Grotten und der Rachen wäre fast so gros, wie bei einem Crocodil. Nachts, wenn sie an Land kämen, veranstalteten sie ein so förchterliches Quaken und Geheul [...] gleich einem Gethöne von etlichen 100. Fröschen und Grapen. Der Verleger schloß den Bericht mit der Auskunft ab, daß man bisher schon zwei von ihnen getötet habe, die so ausgesehen hätten, wie sie in den Intelligenzblättern abgebildet seien.

53

Vgl. Abbildung 11.

510

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Abb. 11. Darstellung eines heuschreckenartigen Fisches, AIZ 17/1749.

Aufschlußreich für die Darstellung abergläubischer Ansichten und ihrer Kritik ist eine längere Abhandlung, die sich ebenfalls mit der Entdeckung von Meerestieren beschäftigte, jedoch eine kritischere Distanz zum Gegenstand erkennen läßt. In den Nachrichten von Heeringen, mit neuen EntdekungenA verfolgte Maschenbauer das Ziel, sich wissenschaftlich mit dieser Fischgattung auseinanderzusetzen; er versuchte, den Herkunftsort der Heringe zu bestimmen, ihrem Einzugsgebiet nachzugehen und ihr natürliches Lebensumfeld aufzuzeigen. Durch die beiliegenden Bilder von zwei äußerst ungewöhnlichen Meeresbewohnern wurde das natürliche Phänomen zu einem kuriosen. Die Abbildungen zeigen das Meerschwein55 und den Nordcaper56, Feinde der Heringe, die eher an Fabelwesen erinnern, denn an reale Tiere. Es scheint, als habe der Verleger in seiner Abhandlung neue wissenschaftliche Erkenntnisse miteinbezogen, diese jedoch mit herkömmlichen bildlichen Darstellungen von wunderbaren Fischen unterlegt.

54 55 56

AIZ 41/1749. Vgl. Abbildung 12. Vgl. Abbildung 13.

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Abb. 13. Darstellung eines Nordcapers, AIZ 41(2)/1749

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Bei seinen Ausführungen berief sich Maschenbauer auf die Untersuchungen des berühmten Forschers Anson, aus dessen Texten über Island und Grönland er den Lesern auszugsweise berichten wollte. Es sei allgemein bekannt, daß die Heeringe vorwiegend aus Norden herabkämen undfolgends durch die Nordsee in verschiedene Arme zertheilet streichen-, sie wären nicht allein bei den Shetandischen Inseln zu finden, sondern auch um Island herum und bis zum Nordpol. Dabei gelte der Grundsatz: Wo diejenige grosse und kleine Fischsorten, deren gemeinste und liebste Kost der Heeringe ist, sich in besonderer Menge und Fettigkeit finden, daselbst müssen nothwendig Heeringe und zwar im grossesten Uberflus sich aufhalten. Ihrem Namen zufolge würden sie niemals einzeln, sondern Heerweise durch alle Meere ziehen. Die natürlichen Feinde dieser Fische seien das Meerschwein und der Nordcaper. Ersterer gehöre zur Gattung der Meerhunde oder Haifische; letzterer sei ein Vertreter der Wallfische, der vorwiegend eine große Anzahl von Heringen verschlucke. Er bewohne die äußerste Ecke Norwegens, Nordcap genannt, oder hause auch um Island herum, wo sich die größten Heringsschwärme aufhielten. Seine Beute fange er, indem er sie am Strand zusammentreibe und vermittelst einer kleinen Wendung seines grossen Leibes einen merklichen Wirbel im Wasser verursache. Dadurch ziehe er die Heringe an sich, die er gleich tonnenweise in seinem geöffneten Rachen einatme. So könne er selbst kleine Fischerboote mit sich fortreißen, einsaugen und in seinen weiten Magen hinab schlingen. Die wenigen Beispiele mögen genügen, die Absichten Maschenbauers darzulegen und seinen Umgang mit abergläubischen Phänomenen zu zeigen. Die den Aberglauben und seine Kritik umfassenden Themenbereiche in den Intelligenzzetteln sind vielfältig; sie beinhalten neben medizinischen, astrologischastronomischen, alchemistischen und magischen Stoffen auch Beiträge zum Wunderglauben, zur Vorzeichen- und Traumdeutung sowie abergläubische Vorstellungen über Pflanzen, Tiere oder Mineralien. Obwohl der Anteil abergläubischer Themen der während der Jahre 1746-1777 erschienenen Artikel nur etwa ein bis zwei Prozent der gesamten Beiträge umfaßt, spiegelt er doch in hohem Maße allgemeine aufklärerische Positionen wider. Vor allem in den ersten Jahrgängen, zwischen 1746-1752 wurden 60 Prozent aller sich mit dem Aberglauben befassenden Abhandlungen veröffentlicht, die ein großes Interesse an diesen Inhalten, insbesondere an magischen Stoffen dokumentieren; allein während des Jahres 1748 sind 16 Beiträge zur Aberglaubenskritik zu verzeichnen, was einem Anteil von knapp 25 Prozent entspricht. Mehr als die Hälfte dieser Artikel beinhalten Themen aus dem Bereich der Magie, Dämonen und Untoten. Daneben spielten Darstellungen über Astrologie, Vorzeichendeutung und Sensationsnachrichten eine wichtige Rolle. In den späteren Ausgaben ist zu bemerken, daß die Bedeutung abergläubischer Themen stetig zurückging; während der Jahre 17531762 lag ihr Anteil an den gesamten Beiträgen bei 23 Prozent, zwischen 17661777 bei knapp 17 Prozent.

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Gleichzeitig ist eine Verlagerung der Themenauswahl zu erkennen: Nach 1752 erschien kein einziger Artikel aus Bereich der Magie; zu den Abhandlungen über Untote und Dämonen fällt lediglich eine Betrachtung über Irrlichter57 von 1772 auf. Auch ein leichter Rückgang der Sensationsnachrichten ist festzustellen: Waren es während der Jahre 1746-1752 acht Meldungen, die von Seetieren und Mißgeburten berichten, erschienen bis 1761 keine einzigen, in den Jahrgängen bis 1777 fünf Berichte. Doch ist eine gewisse Kontinuität dieser Nachrichten während des gesamten Untersuchungszeitraumes zu erkennen. Während des Zeitraumes von 1753-1766 fällt eine stärkere Hinwendung zu Themen auf, die den wissenschaftlichen Bereich tangieren, wie etwa astrologischastronomische Abhandlungen zum Kometenglauben, zur Frage nach dem Einfluß des Mondes auf die Erde oder zur Problematik der Goldherstellung. Die astrologischen und alchemistischen Beiträge während der Jahre 1752-1766 machten knapp 70 Prozent der behandelten Themenstellung in diesem Zeitraum aus, in den Jahren bis 1777 gingen sie auf 35 Prozent zurück. Die Intelligenzzettel waren ein Medium der praktischen Aufklärung. Maschenbauer griff vielfältige Themenbereiche der zeitgenössischen Aberglaubensdiskussion auf und versuchte, seinen Lesern Kenntnisse aus den unterschiedlichsten Wissensgebieten zu vermitteln. Wie viele seiner Zeitgenossen erkannte er in der Bildung, insbesondere in der Kenntnis der Natur einen wichtigen Faktor für die Bekämpfung des Aberglaubens. 58 Im Mittelpunkt seiner Schriften stand der Mensch, der durch seinen Verstand und sein eigenes Urteilsvermögen in der Lage war, den Unsinn abergläubischer Vorstellungen und Verhaltensweisen zu erkennen und ihre natürlichen Ursachen aufzudecken. 59 Über das Ignis fatuus, ein Irrlicht schrieb der Verleger in seinem Zeitungshandbuch ,Der curiose und [...] nützliche Dollmetscher': [...] ist ein scheinendes Licht oder Flamme, welches sich in der Lufft nahe an der Erde gleichsam hüpffend, oder hin= und her lauffend sehen lasset, und am meisten von den Gottes =Ackern, über Morasten und auf fetten Aeckern zu Nacht oder gegen Abend wahrgenommen wird.60 Von diesen Irrlichtern besäße das gemeine Volck [...] viel Aberglauben. Sie würden für Gespenster 57 58

59

60

AIZ 38/1772. Hermann Bausinger: Aufklärung und Aberglaube. In: DVjLG (1963). 37. Band. S. 353-357; Martin Pott: Aufklärung und Aberglaube. Die deutsche Frühaufklärung im Spiegel ihrer Aberglaubenskritik. Tübingen 1992. S. 396-412. Martin Stute: Hauptzüge wissenschaftlicher Erforschung des Aberglaubens und seiner populärwissenschaftlichen Darstellungen der Zeit von 1800 bis in die Gegenwart. Eine Literaturanalyse. (Europäische Hochschulschriften, Reihe IX, Volkskunde / Ethnologie, Band 45). Frankfurt am Main 1997. S. 116-121. J. Α. E. Maschenbauer: Der curiose [...] Dollmetscher (Anm. 9). Augsburg 1748 (Stichwort: „Ignis fatuus"). 2. Buch. S. 298f., hier S. 298; s. fast wörtlich: Johann Georg Walch: Philosophisches Lexicon, darinnen die in allen Theilen der Philosophie, als Logic, Metaphysic, Physic, Pneumatic [...] und alles nach alphabetischer Ordnung vorgestellet worden, mit nöthigen Register versehen [...]. 2. verbesserte Auflage Leipzig 1740 (Stichwort: „Irrlicht"). 1. Teil. S. 1529f.

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gehalten, nachts die Leute verführen und sich durch Fluchen und Schwören abwehren lassen. Doch, hob Maschenbauer hervor, ein vernünftiger Mensch kehret sich an solche alte Weiber Geschwätze nicht, weil alles seine natürliche Ursache hat. Demnach entstünden Irrwische aus eigner zehen und fetten Ausdünstungen und wären nichts anderes, als ein leuchtender Dampff ohne Wärme [...]. Da sie durch die Bewegungen der Luft hin- und hergetrieben oder durch bestimmte Zusammensetzungen salpetrischer Stoffe entzündet würden, sei es natürlich, daß sie weichen, wenn man zurücke zugehet. In den Gegenden, wo Leichname verfaulen, wo es morastig, steigen von andrer fette öhlichte Dünste auf, daher lassen sie sich hier am meisten sehen. Am Schluß fügte er noch hinzu: Inzwischen gibt man zu, daß aus göttlicher Zulassung auch damit der Teuffei sein Spiel haben könne. Hermann Bausinger behauptete in seiner Studie über ,Aufklärung und Aberglauben', daß die ,,exakt[en]" und teilweise ,,abenteuerlich[en]" naturwissenschaftlichen Erläuterungen der Aufklärer für die Deutung abergläubischer Phänomene meist nichtssagend gewesen wären und oft „mitten in den Bereich des Aberglaubens" 61 hineingeführt hätten. Die wissenschaftsgläubige und fortschrittsoptimistische Haltung der Aufklärer bezeichnete er als im „Ansatz selber abergläubisch", ihre wissenschaftliche Erklärungen nannte er einen „technischefn] Aberglauben" 62 , der den alten durch neuen ersetzt hätte. Als Beispiel führte er die Auseinandersetzung mit neuen Technologien an, wie etwa die sich seit der Mitte des 18. Jahrhundert rasch verbreitende Elektrizität, deren Wirkweise als Erklärungsmodelle für vielfältige, scheinbar irrationale Erscheinungen herangezogen wurden. Vom Gewitterläuten wurde deswegen abgeraten, da einerseits der „Aberglaube an Hexenwetter wegfiele" 63 , andererseits, da „die durch das Glockengeläut in Bewegung gesetzten Metalle [...] den Bliz anziehen"64 würden. Zumindest für die erste Phase der Aufklärung mag dies zutreffen: Die Aufklärer setzten sich mit abergläubischen Ansichten auseinander und versuchten, sie durch empirisch bewiesene Erkenntnisse und (vermeintlich) vernünftig begründete Argumente zu widerlegen. Sie unterlagen dabei oft dem Irrtum, zwar die Meinung über diese Vorgänge als falsch und unbegründet anzusehen, doch die Erscheinungen selbst als höchst real zu begreifen. 65 Der Hang zur genauen wissenschaftlichen Darstellung und die ausführlichen Beschreibungen abergläubischer Praktiken ließen tradierte Vorstellungen bestehen oder fugten ihnen neue hinzu, hinter denen die Kritik in den Hintergrund trat. Die Vernunft sollte den Wahrheitsgehalt der aus der Erfahrung gewonnenen Kenntnisse überprüfen und eine ra61 62 63

64

65

H. Bausinger: Aufklärung und Aberglaube (Anm. 57) S. 349. H. Bausinger: Aufklärung und Aberglaube (Anm. 57) S. 350. Don Ferdinand Sterzingers Geister- und Zauberkatechismus. München 1783. S. 38. Zitiert nach: H. Bausinger: Aufklärung und Aberglaube (Anm. 57) S. 349. Anm. 11. Joseph Mack: Die Reform- und Aufklärungsbestrebungen im Erzstift Salzburg unter Erzbischof Hieronymus von Collorado. Diss. München 1912. S. 56f. Zitiert nach H. Bausinger.· Aufklärung und Aberglaube (Anm. 57) S. 349f. Anm. 12. M. Pott: Aufklärung und Aberglaube (Anm. 57) S. 400f.

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tional nachvollziehbare, naturwissenschaftliche Erklärung magisch interpretierter Phänomene bieten. Der Aberglaube wurde nicht am rechten Glauben bemessen, sondern an der Erfahrung, auf die sich Aufklärer und Abergläubige in gleichem Maße beriefen: „Er [der Abergläubige] beruft sich auf die Erfahrung: allein die Erfahrung ist eine wahre Erkenntniß, welche durch vernünftigen Gebrauch der äusserlichen Sinne erlangt wird. Der Gebrauch der äusserlichen Sinne wird von ihm nicht vernünftig angestellt."66 Die alltägliche Erfahrung wurde dem im Aberglauben verankerten Sonderfall gegenübergestellt. Johann Georg Walch bewertete die Deutung der Kometen als göttliche Vorboten eines bevorstehenden Unglücks folgendermaßen: Doch die Erfahrung widerspricht diesem solchen Wahn schon kräjftig genug. Man hat schlimme Zeiten erlebet, "wenn gleich kein Comet vorher erschienen; nach ihrer Erscheinung ist nichts besonders geschehen, und wenn sich ja was zugetragen, so ists ein zufälliger Fall gewesen, den der Comet vorher nicht angedeutet, ja man kann leicht zeigen, wie nach den erschienenen Cometen glückliche Veränderungen und Begebenheiten sich herfür gethan.61 Von den Astrologen behauptete er, daß ihre Erfahrung auf gar schwachen Füssen6s stehe. Ihren Exempeln könne man viel andere widerwärtige entgegen setzen, und dabey zeigen, wie manches entweder von ohngefehr, oder durch Betrug eingetroffen. Bei dem Vorhaben, dem Aberglauben durch Berufung auf die Erfahrung seine Argumentationsgrundlage zu entziehen, vergaßen die Aufklärer allzu leicht, daß sich der Aberglauben ebenfalls „aus empirischen Werten zu legitimieren"69 suchte. Christoph Daxelmüller betonte, daß für eine „adäquate Quelleninterpretation" vor allem der „rational-naturwissenschaftliche Standpunkt verlassen und die Realität von heute nicht mehr glaubbaren Vorstellungsinhalten anerkannt werden" 70 müsse. Er beschrieb dieses zeitliche Verhältnis mit den Worten von Franz Strunz: „Fast möchte man das Wort wagen: Aller Aberglaube ist alte Wissenschaft, alle Wissenschaft neuer Aberglaube [...] was heute Aberglaube ist, war einst Wissen66

67

68

69 70

Heinrich Carl Schütze: Vernunft= und schriftmäßige Abhandlung vom Aberglauben [...]. Wernigerode 1757; zitiert nach Dieter Harmening: Aberglaube und Alter. Skizzen zur Geschichte eines polemischen Begriffes. In: Volkskultur und Geschichte. Festgabe für Joseph Dünninger zum 65.Geburtstag. Hg. von Dieter Harmening, Gerhard Lutz, Bernhard Schemmel, Erich Winter. Berlin 1970. S. 210-235, hier S. 231. Anm. 107. J. G. Walch: Philosophisches Lexicon (Anm. 59) (Stichwort: „Comet". S. 426-432). 1. Teil. Hier S. 431. J. G. Walch: Philosophisches Lexicon (Anm. 59) (Stichwort: „Astrologie". S. 131-133). 1. Teil. HierS. 133. M. Stute: Hauptzüge wissenschaftlicher Erforschung (Anm. 58) S. 106. Christoph Daxelmüller: Disputationes Curiosae. Zum „volkskundlichen" Polyhistorismus an den Universitäten des 17. und 18. Jahrhunderts. Würzburg 1979 (Veröffentlichungen zur Volkskunde und Kulturgeschichte. Hg. von Wolfgang Brückner und Lenz Kriss-Rettenbeck. Band 5). S. 20.

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schaft."71 Um Wissenschaftsgeschichte angemessen beurteilen zu können, sollte nicht nach den „bleibenden Ergebnissen" gesucht, sondern nach den „historischen Bedingungen für die Möglichkeit wissenschaftlichen Erkennens, Denkens und Handelns"72 gefragt werden. Entscheidend war dabei nicht das Ergebnis, das die Aufklärung erzielte, sondern die Erklärung, nicht „die Wahrhaftigkeit wissenschaftlicher Resultate, sondern die Motivation, zu solchen zu gelangen."73 Die Aufklärer bemühten sich, durch eine wissenschaftliche Methodik, in dem sie die Phänomene empirisch und durch Vernunftschlüsse untersuchten, zu rational erklärbaren und nachvollziehbaren Ergebnissen zu gelangen. Eingebunden in ein Weltbild, das die Existenz übernatürlicher Wesen nicht leugnete, und sich noch nicht vollständig aus theologischen Vorgaben befreit hatte, erreichten sie es doch, abergläubische Vorstellungen zu beseitigen und magisch interpretierte Phänomene einer rational begründeten Weltsicht unterzuordnen. In der ,Deutschen Enzyklopädie' ist am Jahrhundertende zu lesen: Je mehr in den neuern Zeiten die Kenntniß der Natur auf sorgfältige Erfahrung und Versuche gebaut, und allgemeiner ausgebreitet wird, je mehr verschwindet dieser Aberglauben, und es giebt bereits unter dem gemeinen Volk Leute genug, die sich schämen, das zu glauben, was ihre Großmütter erzehlt, und ihre Väter geglaubt haben,74

71

72

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Franz Strunz: Beiträge und Skizzen zur Geschichte der Naturwissenschaften. HamburgLeipzig 1909. Zitiert nach: C. Daxelmüller: Dispuationes Curiosae (Anm. 69). S. 20. Anm. 26. Richard Toellner: Medizin in der Mitte des 18. Jahrhunderts. In: Rudolf Vierhaus: Wissenschaften im Zeitalter der Aufklärung. Göttingen 1985. S. 194-217, hier S. 201. C. Daxelmüller: Disputationes Curiosae (Anm. 69) S. 134. Deutsche Enzyklopädie oder Allgemeines Real=Wörterbuch aller Künste und Wissenschaften. Herausgegeben von einer Gesellschaft Gelehrten (Stichwort: „Aberglaube") Erster Band. Frankfurt am Mayn 1778. S. 32-35, hier S. 33.

Der , Augsburgische Intelligenz-Zettel' als populärmedizinischer Ratgeber zu Fragen der Prävention und Selbstbehandlung von Krankheiten Ulrike Große

Am meisten aber nehme ich die Naturlehre in ihrem weitesten Umfange mit [...] und will auch die Artzneykunst [...] nach allen ihren Theilen darunter begreiffen [...].' Mit dieser Erklärung stellte Johann Andreas Erdmann Maschenbauer, Herausgeber der 1745 erstmals unter dem Titel ,Augspurgischer Intelligenz-Zettel' 2 erschienenen Wochenzeitung, im Vorbericht der Ausgabe des Jahres 1748 die Programmschwerpunkte seiner redaktionellen Beiträge vor, die er unter der Rubrik Gelehrte Sachen publizierte. 3 Der hohe Anteil populärmedizinischer Abhandlungen4 zeigt, daß Maschenbauer wie viele aufklärerisch engagierte Ärzte und Gebildete seiner Zeit der medizinischen Laienaufklärung einen hohen Stellenwert beimaß. Mit der Veröffentlichung medizinischer Informationen und Ratschläge entsprach er der üblichen Praxis der Wochen- und Intelligenzblätter sowie damals bereits vereinzelt erscheinender populärmedizinischer Zeitschriften. Ziel des folgenden Beitrags ist, Maschenbauers Anliegen und sein ausgeprägtes Engagement zu verdeutlichen, in seinem Blatt Informationen und Ratschläge weiterzugeben, die seiner Überzeugung nach zur Verbesserung der Gesundheit und

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Johann Andreas Erdmann Maschenbauer (Hg.): Augspurgischer Wochentl. Intelligenz-Zettel in welchem auf Hoch- Obrigkeitliche gnädige Erlaubniß, publicirt und nachrichtlich angezeigt wird. Vorbericht [...] auf das Jahr 1748. StadtAA. Der Titel der im Stadtarchiv Augsburg nachweisbaren frühesten Exemplare (ab 2. Jg. 1746) lautete bis zum 27.7.1747: ,Augspurgischer Intelligenz-Zettel, in welchem auf HochObrigkeitl. gnädige Erlaubniß alle Wochen Nachricht ertheilet wird, was inn- und ausserhalb der Stadt zu kauffen und zu verkauffen, auszuleihen oder zu entlehnen, zu vermiethen, oder sonst anzutragen; deßgleichen was irgend gestohlen, verlohren oder gefunden worden ist etc. Nebst einem Anhang von allerhand Merckwürdigkeiten und anderen vermischten Nachrichten'. Im folgenden wird der Augsburgische Intelligenz-Zettel als AIZ zitiert. Nach mehrmaligen Veränderungen lautete ab 1774 der Titel ,Augsburgisches Intelligenzblatt'. Ca. 40-45 % pro Jahrgang.

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zur Selbsthilfe bei Krankheiten beitragen. Im Hinblick auf die Fülle populärmedizinischer Abhandlungen soll im folgenden versucht werden, einen ersten, möglichst repräsentativen Überblick über die Vielfalt der behandelten Themen zu vermitteln. Dazu wurden mehrere Beispiele der Jahrgänge 1747-1774 ausgewählt, da diese die für die medizinische Laienaufklärung charakteristischen Themen, Methoden und Ziele dokumentieren. Die Intention Maschenbauers, nicht nur einem Kreis Gelehrter oder gebildeter Leser medizinische Kenntnisse zu vermitteln und diese zu kritischer Reflexion über Lebensgewohnheiten und deren Konsequenzen für die Gesundheit anzuregen, ist dem Vorwort der ab 1750 erschienenen verlagseigenen Zeitschrift ,Der wohlversuchte Referendarius' zu entnehmen: [...] alles was aus der gesammten Arzenei-Wissenschaft [...] zu wissen nöthig ist, so begreiflich vorgelegt [...], daß Leute auch nur von mittelmäßiger Einsicht [...] die Grundsäze der Gesundheit, auch ohne Voraussezung einer besondern Gelehrsamkeit [...] begreifen [...] solche Begriffe davon geben, daß ein aufmerksamer Leser, ohne Schwierigkeit medicinisch denken lernt, um sich zu prüfen, was ihme gut und nicht gut seye.5 Bei einigen Abhandlungen scheint es jedoch aufgrund ihrer speziellen Thematik, sehr detaillierter Ausführungen und des unterschiedlichen Bildungsanspruchs fraglich, ob sie die von Maschenbauer erwartete Zielgruppe erreichten. Eine Grenzlinie zwischen Artikeln, die offensichtlich an den gebildeten Leser, und solchen, die an den ,gemeinen Mann' gerichtet waren, läßt sich schwer ziehen. Möglicherweise rechnete Maschenbauer auch mit dem damals noch üblichen Wissenstransfer durch den Pfarrer oder andere Personen. Grundsätzlich verweist er interessierte Leser zur weiteren Information oder zum besseren Verständnis seiner Artikel auf entsprechende Beiträge im ,Referendarius' und sein vier Bücher umfassendes ,Allgemeines Zeitungs-Handbuch', dessen zweiter Band medizinische Abhandlungen und ein alphabetisches Lexikon zum Nachschlagen medizinischer Begriffe enthielt.6 Der Diskurs über Gesundheitsfragen im ,Augsburgischen Intelligenz-Zettel' stellt sich im wesentlichen als Abfolge von medizinischen Informationen, Erfahrungsberichten und Ratschlägen zur Prävention von Krankheiten sowie Anleitungen zur Selbstbehandlung dar. In der Absicht, die medizinischen Kenntnisse der Leser zu fordern, um ihre Urteilsfähigkeit bezüglich medizinischer Maßnahmen

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Johann Andreas E. Maschenbauer (Hg.): Der aus dem Reiche der Wissenschafften wohlversuchte Referendarius, oder auserlesene Sammlungen. 1761. 5. Band, 8. u. 10. Th. (17501761, 1768). Exemplar: Augsburg SStB. 8° Enc. 562. Der volle Titel lautete: Der curiose und in allen nöthigen Wissenschafften nützliche Dollmetscher oder: Allgemeines Zeitungs-Handbuch, in welchem die üblichsten und in der Lesung Politisch-Historisch und in der Conversation vorkommenden Philosophischen, Mathematischen, Juristischen, Phisicalischen, Medicinischen und zu anderen Wissenschafften gehörige Kunstwörter [...] erkläret werden, Augsburg 1748. Exemplar: Augsburg SStB 4° Enc. 210.

Der,Augsburgische

Intelligenz-Zettel'

als populärmedizinischer

Ratgeber

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zu verbessern, wurden in den Beiträgen sowohl Informationen über neue Behandlungsmethoden und Wirkungsweisen verschiedener Hausmittel und Kuren vermittelt als auch medizinische Denkweisen, physiologische Vorgänge und Ursachen verschiedener Krankheiten erläutert. Das Spektrum behandelter Themen reicht u.a. von der kritischen Diskussion der noch weit verbreiteten medizinischen Praxis, therapeutische Maßnahmen nach dem astrologischen Kalender zu bestimmen und deren Wirkung von den Gestirnen oder der Witterung abzuleiten,7 zu damals aktuellen Fragen, z.B. ob der Einsatz der Elektrisiermaschine zur Blutverdünnung und Heilung gelähmter Gliedmaßen sinnvoll sei,8 wie Zahnschmerzen durch magnetische Kraft zu heilen9 oder der Wurm an den Fingern zu behandeln seien.10 Unter den Neuheiten, die meist ohne Rücksicht darauf, ob sie als gesichert zu betrachten waren, vorgestellt wurden, befand sich u.a. auch die aus heutiger Sicht kuriose Entwicklung des angesehenen Philosophieprofessors Johann Heinrich Samuel Formey (1711-1797), das sog. apoplectische Säckchen, das nach Angaben des Erfinders am Körper getragen sich sowohl zur Vorbeugung als auch Behandlung von Schlaganfällen bestens bewährt habe." Die Zusammensetzung dieses , Wundermittels' wird allerdings verschwiegen. Ein fur die medizinische Laienaufklärung typischer, auch in anderen Intelligenzblättern behandelter Topos, die Rettung Ertrunkener,12 - besonders für Augsburg mit seinen beiden Flüssen und vielen Kanälen von besonderer Aktualität wird im ,Augsburgischen Intelligenz-Zettel' in Form einer Frage aufgegriffen, deren Beantwortung durch den Augsburger Stadtphysikus und Mitglied des Collegi-

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AIZ 2/1751: Von der vernünftigen und abergläubischen Beobachtung des Calenders bei dem Mediciniren. AIZ 6/1747: Von der Electricität. U.a. wird der Fall einer erfolgreichen Behandlung eines Gewächses am Hals durch Berührung mit einem elektrisierten Finger berichtet. Als Autoritäten werden die Namen Krüger und Kratzenstein angegeben (es handelt sich dabei vermutlich um Joh. Gott. Krüger, Medizinprofessor in Halle u. Verfasser einer Naturlehre, 1763 und Christian Gottlieb Kratzenstein, Prof. d. Experimentalphysik u. Medizin, Kopenhagen). Dazu u.a. auch AIZ 43/1756, 43/1765, 10 u. 11/1774 Von der Electricität. Vgl.: August Hirsch (Hg.): Biographisches Lexikon bedeutender Ärzte. Bd. 3. Berlin, Wien 1931. S. 603. AIZ 50/1765: Versuch der magnetischen Kraft bei Zahnschmerzen. Darin wird geschildert, wie durch blosse Berührung und Anhaltung mit dem Nordpole des Magnets an dem Leidenden Theile [...] die Zahnschmerzen vertrieben wurden. Dazu auch: AIZ 14/1765; AIZ 23/1766; AIZ 26/1772. AIZ 10-13/1754: Ohntriegbares Mittel wider den sogenannten Wurm an der Hand oder den Fingern. Darin wird u.a. der Rat erteilt, das Geschwür mit gekochten, von der kranken Hand zerdrückten Feldbohnen zu kurieren. AIZ 16 u. 17/1747: Gelehrte Sachen. Formey war Mitglied der Königlichen Akademie der Wissenschaften, Berlin. Z.B. in: Osnabrückische Anzeigen. 1769: Mittel, ertrunkene Personen wieder zum Leben zu bringen. Vgl.: Holger Böning, Reinhardt Siegert: Volksaufklärung. Bibliographisches Handbuch zur Popularisierung aufklärerischen Denkens im deutschen Sprachraum von den Anfängen bis 1850. Bd. 1. Stuttgart Bad-Canstatt 1990. Anh. A2, Sp. 745.

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u m M e d i c u m A u g u s t a n u m , Dr. G e o r g Friedrich Gutermann, veröffentlicht wird. 13 In diesem Artikel - einer der seltenen Fälle, in denen der A u t o r genannt wird versucht letzterer u.a. die verbreitete abergläubische Vorstellung zu widerlegen, d a ß R e t t u n g s m a ß n a h m e n einen Eingriff in göttliche A b s i c h t e n darstellten. Viele Beiträge lassen erkennen, daß M a s c h e n b a u e r mit medizinischer und populärmedizinischer Literatur vertraut war, zu der er a u f g r u n d seiner weitläufigen K o r r e s p o n d e n z u n d Kontakte sicherlich Z u g a n g hatte u n d die u.a. in seinem Blatt z u m K a u f angeboten wurde. 1 4 A u f f ä l l i g sind bei vielen A b h a n d l u n g e n zur Prävention u n d vor allem bei diätetischen Artikeln der A u s g a b e n der 60er Jahre Ü b e r e i n s t i m m u n g e n v o n Titel und/oder Inhalt mit V e r ö f f e n t l i c h u n g e n in anderen Intelligenzblättern, 1 5 populärmedizinischen Zeitschriften, 1 6 aufklärerischer Hausväterliteratur oder Preisschriften. Gelegentlich scheinen auch Passagen medizinischen B ü c h e r n e n t n o m m e n zu sein. 17 W e n n in den A b h a n d l u n g e n wiederholt Ärzte als Autoritäten zitiert werden, 18 erfolgte dies vermutlich in der Absicht, damit die Seriosität und fachliche K o m p e t e n z der Artikel zu unterstreichen.

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AIZ 7 u. 8/1747: [...] Antwort auf die im Intelligenz-Zettel Nro.7 Cl.15 aufgegebene Frag: Ob-und wie man ins Wasser gefallene/und als Todt herausgezogene wieder zu sich selbst bringen könne? Gutermann (1705-1784) war seit 1741 Mitglied des Collegium Medicum Augustanum. U.a. AIZ 34/1760: Heisters Chirurgie, in welcher alles was zur Wundarznei gehöret, nach der neuersten und besten Art gründlich abgehandelt [...]. Es handelt sich wohl um das Lehrbuch der Chirurgie' von Lorenz Heister (1683-1758), berühmtester Chirurg seiner Zeit, Nürnberg 1719, 9. Aufl. U.a. wurde im AIZ 3/1746 angeboten: Teutsche Apotheck, darinn alle vermischten Artzneyen, so in denen Apotheken gefunden [...] beschrieben und erkläret sind. Z.B. Artikel zur Pockenschutzimpfung, die sowohl z.B. im AIZ 8 u.9/1757, 9 u. 10/1769, 20/1774 etc. als auch in den sog. 'Beylagen' der ,Osnabrückischen Anzeigen' erschienen (Vgl.: H. Böning, R. Siegert: (Anm. 12) Anhang A2. Sp.745. Z.B. Johann August Unzer (Hg.): Der Arzt. Hamburg 1759-1764. In der für gebildete Leser bestimmten Schrift erschien 1760 u.a. ein Artikel: Vortheile der Massigkeit im Genüsse der Speisen. Der AIZ veröffentlichte einen Artikel unter ähnlichem Titel: (AIZ 37 u. 38/1759). Bei Unzer 1760, St. 24 ein Artikel unter dem Titel Von der Wirkung der Gemüthsbewegungen, im AIZ 51/1760 unter dem Titel Zufällige Gedanken von einigen Gemüths-Bewegungen, welche die Gesundheit fördern und welche schädlich und tödlich seyn etc. Vgl.: Erdmuth Dreißigacker: Populärmedizinische Zeitschriften des 18. Jahrhunderts zur hygienischen Volksaufklärung. Diss. Marburg 1970. S. 17-19. Z.B. Georg Reimmann (Hg.): Herrn Friedrich Hoffmanns Gründlicher Unterricht. Wie ein Mensch [...] sein Leben und Gesundheit lang conserviren könne. Ulm 1722. Exemplar: Augsburg SStB. 8° Med 1957. Dieses Buch wurde im AIZ mehrmals zum Kauf angeboten U.a. Heinrich Friedrich Delius (1720-1791, Medizinprofessor in Erlangen). Vermutlich kannte Maschenbauer dessen Zeitschrift ,Fränkische Sammlungen von Anmerkungen aus der Naturlehre, Arzneigelehrtheit, Oekonomie und den damit verwandten Wissenschaften'. Nürnberg 1756-1768. Vgl.: A. Hirsch (Anm.8) Bd. 2. 2. Aufl. 1930. S. 214.

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Mit der Kontinuität einzelner Themen oder Argumente in den Abhandlungen über Jahre hinweg19 entspricht der ,Augsburgische Intelligenz-Zettel' der von Gerhardt Petrat für die Intelligenzblätter allgemein festgestellten Methode der „allmählichen Aufklärung". 20 Diese wurde offensichtlich in der Annahme angewendet, daß damit beim Leser am ehesten eine Verhaltensänderung zu erreichen und zudem von einem anhaltend regen Interesse der Leserschaft an Gesundheitsfragen auszugehen sei.

1. Ratschläge zur Prävention von Krankheiten 1.1 Aufklärung über die Bedeutung einer gesunden Lebensführung Gemäß dem Programm der medizinischen Laienaufklärung und den in populärmedizinisch unterrichtenden Zeitschriften behandelten Themen liegt auch im ,Augsburgischeri Intelligenz-Zettel' der Schwerpunkt der populärmedizinischen Abhandlungen bei allgemeinen Informationen und Ratschlägen zur Gesundheitsvorsorge, für die Maschenbauer sich besonders engagierte. Mit Formulierungen wie: In der That wüßte ich auch nicht, was den Zweke dieser Blätter gemässer sein könnte als dergleichen gemeinnützige Sachen, so viel möglich, zu jedermanns Wissenschaft zu bringen,21 wird stets die Gemeinnützigkeit der Beiträge hervorgehoben. Die Feststellung Holger Bönings, daß die „Erfahrung als zentrale Kategorie der Aufklärung" 22 in den Intelligenzblättern allgemein sichtbar war, trifft auch für den ,Augsburgischen Intelligenz-Zettel' zu, wie die wiederholten Hinweise wie z.B. [...] die Erfahrung lehret [...] o.ä. zeigen, mit denen sich der Herausgeber bemühte, die Glaubwürdigkeit seiner Empfehlungen zu unterstreichen. Die Abhandlungen zu Fragen der Prävention von Krankheiten präsentieren sich als eine Mischung von teilweise kommentierten medizinischen Informationen und diätetischen Ratschlägen. Vor allem in letzteren ist das zugrundeliegende Anliegen des Herausgebers zu erkennen, dem Leser Beispiele einer ungesunden Lebensweise vor Augen zu führen und ihn zu belehren, daß eine veränderte Lebensführung dazu beitragen könne, Krankheiten vorzubeugen und auch zu heilen. Da19

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Z.B. erstreckt sich die Diskussion über den therapeutischen Nutzen der Elektrizität von AI Ζ 6/1747 bis AIZ 10 u. 11/1774. Gerhardt Petrat: Das Intelligenzblatt - eine Forschungslücke. In: E. Blühm, H. Gebhardt: Presse und Geschichte II. Neue Beiträge zur historischen Kommunikationsforschung (Deutsche Presseforschung Bd. 26). München 1987. S. 215. AIZ 11/1757: Von dem Wurm am Finger. Holger Böning: Das Intelligenzblatt als Medium praktischer Aufklärung. Ein Beitrag zur Geschichte der gemeinnützig-ökonomischen Presse in Deutschland von 1768 bis 1780. In: Internationales Archiv für Sozialgeschichte der deutschen Literatur. Tübingen 1987. S. 109.

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bei wurde der Wert des einzelnen Menschenlebens betont und die Erhaltung der Gesundheit als eine moralische Pflicht angemahnt. Die Unterstellung eines mangelnden Gesundheitsbewußtseins im ,Augsburgischen Intelligenz-Zettel' ist charakteristisch für die Überzeugung vieler Aufklärer, ebenso die Belehrungen darüber, wie jedermann mit Hilfe einfacher, praktikabler Mittel selbst zur Gesundheitsvorsorge beitragen könne. Bereits in zahlreichen diätetischen Schriften und populärmedizinischen Zeitschriften des frühen 18. Jahrhunderts 23 finden sich entsprechende Anweisungen, zum Teil in Form von Regeln24, die Fragen der Ernährung, der Luft, der Bewegung und Ruhe, des Schlafens und Wachens, der Ausleerungen und Leidenschaften betreffen. Offensichtlich in Anlehnung an solche Schriften wurden im ,Augsburgischen Intelligenz-Zettel' diese Regeln sowohl in speziellen Abhandlungen thematisiert25 als auch in Beiträge zu allgemeinen Gesundheitsfragen eingebaut. Der ständig wiederholte Hinweis auf die durch Erfahrung belegte Notwendigkeit, diese Regeln einzuhalten, erfolgte offensichtlich in der optimistischen Überzeugung, daß der Leser diese somit als vernünftig erkennen und auch befolgen werde. Wiederholt wird an die Verantwortung des Einzelnen für seine Gesundheit appelliert und versucht, den Leser mit Anleitungen, wie sie vor allem die Diätetik beinhaltete, von der Bedeutung einer gesunden Lebensführung zu überzeugen. Allerdings findet sich auch ein Artikel, indem vor übertriebener Ängstlichkeit oder Beobachtung des eigenen Gesundheitszustandes gewarnt wird.26 Eine ausführliche Erläuterung der Gesundheitsregeln enthält u.a. ein Artikel in Form eines Lehrgedichtes unter der Überschrift: Die Kunst, die Gesundheit zu erhalten, in dem die [...] neuesten Entdeckungen und Erfahrungen von der Luft, der Diät, der Bewegung und den Leidenschaften [...] vorgestellt werden.27 In Abhandlungen zum Thema körperliche Ertüchtigung finden sich u.a. präzise Anleitungen zu Leibesübungen und gesunder Körperhaltung. Die Kritik an dem unterstellten Bewegungsmangel besonders der [...] von Mutterleibe an verwöhnte Muttersöhnchen, das schwache vornehme Frauenzimmer, und der Tros der sitzenden Künstler, Handwerksleute [...]28 wird mit dem Hinweis verbunden, daß die Erfahrung 23

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Z.B. in der von einem anonymen Verfasser herausgegebenen Zeitschrift ,Der patriotische Medicus', Hamburg 1724-1727. In Anlehnung an die von der Medizinerschule von Salerno im 13. Jh. in Versform verfaßten ,Regimen sanitatis Salernitanum'. Z.B. AIZ 6/1755: Einige Gesundheitsregeln und Beobachtungen für verschiedene Alter des Lebens. AIZ 32 u. 33/1759: Von den Leuten, die auf ihre Gesundheit lauren. AIZ 22-28/1758. Es handelt sich vermutlich um das Lehrgedicht in vier Gesängen: The Art of preserving health, 1741, des damals berühmten englischen Arztes Jean Armstrong (17091779), das Maschenbauer in Übersetzung anbot. Vgl. A. Hirsch (Anm. 8) Bd.l. Berlin, Wien 1929. S. 201. AIZ 51/1759: Medicinische Betrachtung, Wie die Leibesbewegungen beschaffen seyn müssen, wann solche der Gesundheit nüzlich seyn sollen? dazu auch: AIZ 20-22/1755: Betrachtung über verschiedene Krankheiten, die von den Stellungen des Leibes ihren Ursprung neh-

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gezeigt habe, daß körperliche Arbeit am besten sei: [...] indem man gemeiniglich findet, daß arbeitsame Leute stärker an Kräften [...] und dauerhafter gegen alle Zufälle des Lebens [...] und gesunder sind?9 Die Bedeutung frischer Luft und Reinlichkeit für die Gesundheit (der Begriff Hygiene wurde noch nicht verwendet) wird in speziellen Beiträgen in zum Teil doktrinärer Form erläutert. Dabei wird das angeblich besonders in vornehmen Kreisen eingewurzelte Vorurteil, sich vor frischer Luft bewahren zu müssen, anhand von Beispielen der Wohllust unserer Bequemlichkeit widerlegt und das in aufklärerischen Schriften gern strapazierte Bild vom angeblich so gesund lebenden Bauern gegenübergestellt, der [...] durch einfältige und mäßige Speisen rein, durch Arbeit gestärket und durch Gewohnheit zu allen Vorfällen [...] des Lebens ausgehärtet sei. Mit der Begründung, daß viele Krankheiten [...] meistens durch das geringste Volk herkommen, deren dürftige Umstände gemeiniglich auch die Unsauberkeit begleitet [...]32, wird u.a. auch über das Gesundheitsrisiko aufgeklärt, dem vor allem die Bewohner in engen Stadtvierteln ausgesetzt waren: Unrat und ungesunde Luft in engen Gassen, schädliche Ausdünstungen durch Gerberund Kürschnerwerkstätten etc. Verbesserungsvorschläge beschränken sich auf solche, die jeder selbst leicht befolgen könne: Reinlichkeit im Haus,33 Ratschläge gegen die beißende Schärfe frisch gekalkter Wände etc.34 Anleitungen zur Körperhygiene werden mit der Aufforderung verbunden, häufiger die zahlreichen Bäder der Stadt zu nutzen, etc. In diesem Zusammenhang wird die vorbildliche Einrichtung des Augsburger Rohrnetzes und der so berühmten Wassertürme erwähnt, von denen die Bewohner Augsburgs mit lebendigem Quellwasser versorgt wurden.35 Dem Thema Kleidung sind mehrere Beiträge gewidmet. Maschenbauer verurteilt die Mode generell als Tochter der müssigen Wohllust,36 vor allem die Sitte der engen Halsbinden, Kniebänder, Hemden und Schnürbrüste. Er plädiert für eine Aufnahme der medicinischen Kleiderordnung in die Lebensregeln und fordert u.a. eindringlich, das gesundheitsschädliche ,Einwindeln der Kinder' abzuschaffen.

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men und AIZ 3/1757: Ein leichtes, anbei bewährtes Mittel wider die Zufälle solcher Personen, die bei ihrer Lebensart keine genügsame Leibes-Bewegung haben. AIZ 51/1759. AIZ 23/1759: Betrachtung über das Verhalten der Menschen in Absicht der freien Luft. AIZ 26/1758: Fortsetzung der Abhandlung: Die Kunst die Gesundheit zu erhalten. AIZ 33 u. 34/1751: Von der Reinlichkeit, und in Unterlassung derselben, der daher rührenden Krankheiten. AIZ 35/1752: Von der Fatalität gewisser Örter. AIZ 12 und 13/1751: Von dem Schaden des Kalkdunstes [...] und dessen sorgfältigen Verhütung. Zur Verbesserung der Luft in den Wohnräumen wurde in dem Artikel, AIZ 25/1753: Fernere Vorschläge, die Luft zu reinigen und zu erfrischen die Erfindung eines neuen Ofens vorgestellt. AIZ 33/1751. AIZ 36-40/1753: Kleidercritik, oder Medicinische Kleiderordnung.

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In Form moralisierender Belehrungen - ein in der Aufklärung ab den 70er Jahren beliebtes Mittel37 - wurde versucht, den Leser zu überzeugen, daß entgegen der weitverbreiteten Ansicht, Krankheiten als Strafe Gottes zu betrachten, Unmäßigkeit, Müßiggang und sexuelle Unsitten die wahren Ursachen seien.38 Ein auf den Grundsätzen der Religion und Sittenlehre beruhendes Verhalten und das Bemühen um positive Emotionen wie Freude, ein heiteres Gemüth, ein frey Gewissen:39 und das Vermeiden heftiger Gefühlsausbrüche, so wurde propagiert, trügen wesentlich zur Erhaltung der Gesundheit bei. In einem Artikel mit dem Titel Gedanken vom Einflüsse der Tugenden in die Gesundheit distanziert sich Maschenbauer allerdings von manchen seiner aufklärerisch engagierten Zeitgenossen, die der Tugend eine zu große Bedeutung beimessen. Er entlarvt sie als heuchlerisch und stellt klar, daß er selbst keinen Sittenlehrer abgeben sondern lediglich erworbenes Wissen weitergeben wolle.41 Wie eng die Informationen und Ratschläge zur Prävention von Krankheiten mit der damals noch verbreiteten Humoralmedizin verbunden waren, zeigen die zahlreichen Artikel, in denen wiederholt der Einfluß falscher Anwendung oder Nichtbeachtung dieser Gesundheitsregeln auf Qualität und Gleichgewicht der Säfte erklärt und die hypothetische ,Säfteverderbnis' als primäre Ursache der Krankheiten angegeben wurde. Abhandlungen, in denen vorzugsweise Krankheitskonzepte und auch Behandlungsmethoden der damals berühmten Ärzte Friedrich Hoffmann 42 und Herman

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Z.B.: Franz Anton Mai: Medicinische Fastenpredigten oder Vorlesungen über Körper- und Seelendiätetik zur Verbesserung der Gesundheit und Sitten. 2 Bde. Mannheim 1793. Vgl.: Alfons Fischer: Geschichte des deutschen Gesundheitswesens. Hildesheim 1965. S. 48. A1Z 7/1764: Von dem Einflus des moralischen Characters der Menschen in den phisikalischen Zustand ihres Körpers. Im AIZ 51/1760 unter dem Titel: Zufällige Gedanken von einigen Gemüthsbewegungen welche die Gesundheit befördern, und welche schädlich und tödlich seyn?. Bei J. A. Unzer (Anm. 16) erschien ein Artikel unter dem Titel: Von der Wirkung der Gemüthsbewegungen in den menschlichen Körper. Hamburg 1760, Teil 1, St. 24; vgl.: E. Dreißigacker (Anm. 16) S. 17. AIZ 33 u. 34/1759. AIZ 33 u. 34/1759: Gedanken vom Einflüsse der Tugenden in die Gesundheit. Zitat: [...] inzwischen ist der Republik daran gelegen, daß die Menschen die Handlungen der Tugend ausüben [...]. Friedrich Hoffmann (1660-1742), Medizinprofessor in Halle, vertrat die Auffassung, daß der Körper des Menschen einer Maschine gleiche, die durch einen mit dem kosmischen Äther in Verbindung stehenden Nervenspiritus belebt werde und den Tonus im Körper aufrechterhalte. Krankheit wird als Zeichen eines gestörten Gleichgewichts betrachtet. Vgl.: Karl E. Rothschuh: Konzepte der Medizin in Vergangenheit und Gegenwart. Stuttgart 1978. S. 249f. In den Artikeln 29 u. 30/AIZ 1751: Was man in der Arznei von gemeinen Leuten lernt entsprechen ganze Passagen inhaltlich dem Buch von Friedrich Hoffmann (Anm. 17) Kap.l: Medicinische Betrachtung, wie man durch die Einrichtung seiner Lebensart nach den Gesundheitsregeln der Heiligen Schrift könne lange Jahre gesund und vergnügt leben und von vielen Krankheiten unangefochten bleiben. S. 1-70.

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Boerhaave 43 vorgestellt und physiologische Vorgänge ausführlich erklärt werden, waren offensichtlich für Ärzte und weniger für ein breites Lesepublikum bestimmt. Nach Hoffmanns Krankheitslehre entstehen Krankheiten hauptsächlich als Folge der Plethora44 und pathologischer Blutveränderungen, d.h. einer schadhaften Mischung der Säfte und deren angenommener Schärfe, die eine Passage des Blutes in den Gefäßen behindern.45 Ausdrücklich wird in den Beiträgen jeweils auf die Auswirkungen von Fehlern gegen die Regeln der Lebensordnung hingewiesen.46 Im Mittelpunkt aller Ratschläge zur Prävention standen daher Empfehlungen zu einer gesunden Ernährung und ausgewogenen Lebensführung.

1.2 Ermahnung zur Mäßigkeit Von zentraler Bedeutung in den Abhandlungen ist die von vielen aufklärerisch engagierten Medizinern vertretene These von der mäßigen Lebensweise als sicheres Mittel zur Vorbeugung von Krankheiten und Verlängerung des Lebens.47 Der Auffassung vieler Aufklärer, daß dies am wirkungsvollsten durch Belehrung zu erreichen sei, folgt auch der ,Augsburgische Intelligenz-Zettel', z.B. mit Beiträgen unter dem Titel: Beweis, das ausser der Mäsigkeit, keine wahre Glückseligkeit zu finden istiS und untermauert dies u.a. mit Beispielen berühmter Persönlichkeiten, die nach dieser Maxime lebend ein hohes Alter erreicht hätten. Maschenbauers ausgeprägter Belehrungseifer zeigt sich in den wiederholten Aufforderungen zur Mäßigkeit. In einem Artikel mit vorangestellten Verszeilen: Die ihr das stille Glük des Mittelstands verschmähet und das zur Nothdurft macht, warum nur Thorheit flehet [...]49 wird die Mäßigkeit als eine erstrebenswerte medizinische Tugend gepriesen. In diesem ganz offensichtlich an die wohlhabende Leserschaft gerichteten Beitrag wird deren [...] in neuern Zeiten aufgekommene[n] Lebensart im Essen und Trinken [...], d.h. besonders die Übernahme ausländischer Speisen, Getränke, Zubereitungsarten und üppige Gastereien kritisiert. Letztere seien 43

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Herman Boerhaave (1668-1738) war Prof. und Begründer der berühmten Ärzteschule in Leiden. Boerhaave unterscheidet Krankheiten der Solidae (feste Teile) von solchen der Humores (Säfte). Letztere würden z.B. durch einen Überfluß an sauren Säften oder zähes Blut entstehen. Vgl. Dieter Jetter: Geschichte der Medizin. Einfuhrung in die Entwicklung der Heilkunde aller Länder und Zeiten. Stuttgart 1992. S. 268. Plethora (Blutüberfullung der Gefäße). Vgl. Κ. E. Rothschuh (Anm. 42) S. 241-257. Z.B. AIZ 37/1759: Abhandlung von der Mäsigkeit im Genus der Speisen, als eine medicinische Tugend angepriesen. Z.B. AIZ 1/1752: Oeconomie der Ordnung des menschlichen Lebens; betreffend die Mäsigkeit. AIZ 9/1764. AIZ 37 u. 38/1759: Abhandlung von der Mäsigkeit im Genus der Speisen, als eine medicinische Tugend angepriesen.

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grundsätzlich als unnatürliche Geselligkeit und als gesundheitsschädlich abzulehnen. Maschenbauers Kritik an einem von üppigen Mahlzeiten, Kaffeegenuß und Spielen bestimmten Tagesablauf der wohlhabenden Gesellschaftsschicht scheint berechtigt gewesen zu sein, zumindest berichtet sein Zeitgenosse Christian Jakob Wagenseil50, daß diese [...] sich Pracht und Wohlleben zu ergeben51 hätte.

1.3 Aufklärung über eine gesunde Ernährung Gemäß dem Programm der medizinischen Laienaufklärung wurden auch im ,Augsburgischen Intelligenz-Zettel' Informationen über gesunde und schädliche Nahrungsmittel publiziert, wobei offensichtlich ein diesbezügliches Defizit beim Leser zugrundegelegt wurde. Die Artikel geben allerdings keine Auskunft darüber, ob ein solches zu dieser Zeit tatsächlich bestand oder ob der Verfasser mit der Behandlung dieser Themen lediglich der üblichen Praxis einschlägiger Schriften folgte. Sinn und Zweck, so wird betont, sei nicht etwa, detailliertes Wissen über Eigenschaften und Wirkungsweise der Nahrungsmittel anzubieten, sondern [...] bloß einige höchst schädliche Irrthümer anzumerken, worein die Menschen gar leicht fallen [...] und den Einfluß, den diese Irrthümer auf die Gesundheit haben, anzuzeigen,52 Als Begründung dient der Hinweis, daß die Erhaltung der Gesundheit wesentlich von einer guten Diät (Ernährung nach damaligem Verständnis) abhinge. Die Abhandlungen zur Ernährung spiegeln, zum Teil schon am Titel erkennbar, in erster Linie die Eßgewohnheiten der wohlhabenden Schicht wider.53 Als Quelle für die Einschätzung der allgemeinen Ernährungslage sind sie nicht geeignet. Die Mehrzahl der Ratschläge dürfte sich auf den Speisezettel wohlhabender Bürger bezogen haben, die auf den einzelnen Wochenmärkten aus einem breiten Sortiment an Nahrungsmitteln auswählen konnten.54

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Wagenseil, Jurist und Schriftsteller, war u.a. Herausgeber des: g e m e i n n ü t z i g e s Wochenblatt für Bürger ohne Unterschied des Standes und der Religion, besonders in Schwaben'. Kaufbeuren 1780. Christian Jakob Wagenseil: Versuch einer Geschichte der Stadt Augsburg. Band 4. 18191822. S. 240. Exemplar: Augsburg SStB. LS Aug 16. U.a. AIZ 32/1774: Betrachtungen über die Wahl der Nahrungsmittel. Dazu auch AIZ 46/1760: Einige Betrachtungen von den Eigenschaften thierischer Speisen; mit der Beurtheilung, von der Gesundheit oder Schädlichkeit der Speisen überhaupt. AIZ 26/1755: Untersuchung, wie man das Laster der Völlerei mit Arzneimitteln heben könne?. Dazu auch AIZ 47 u. 48/1760: Diätische Betrachtung vom Genüsse der fetten Speisen. Die Marktplätze-Neuordnung von 1761 vermittelt einen Eindruck des Warenangebots der damals existierenden zahlreichen Märkte. Vgl. Franz Häußler: Marktstadt Augsburg. Von der Römerzeit bis zur Gegenwart. Augsburg 1998. S.14.

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Auf der Liste ungesunder Speisen stehen Fleisch, vor allem Schweinefleisch, 55 ferner alle süßen Gerichte, Mehlspeisen, 56 harte, gesalzene und geräucherte Fleisch- und Seefischspeisen, deren gesundheitsschädliche Wirkung jeweils ausfuhrlich erläutert wird. Zur Vorsicht wird gemahnt bei Hülsenfrüchten und [...] übrige harte und mit klebrichten Säften angefüllte Speisen, weil sie ein dick Geblüt verursachen. Gurken, Melonen, Kürbise [...] und alles was einen rohen und kühlenden Saft bei sich führet und überhaupt alles süße und leicht gehrende Obst, weil es erkältet und schwächet [...].57 Vor allem saure Speisen und Getränke seien zu meiden, weil diese den Nahrungssaft verdürben, das Blut verdickten und u.a. Kopfschmerzen hervorriefen. Ebenso wird Mischkost als nicht zuträglich abgelehnt.58 In einigen Abhandlungen werden die gesundheitlichen Auswirkungen des Zuckers ausfuhrlich diskutiert. Die darin vorgestellten Auffassungen reichen von stärkenden Arzneien59 bis hin zu Warnungen vor den schädlichen Eigenschaften60, die durch detaillierte Schilderungen von tierquälerischen Versuchen belegt werden. Die Zubereitung der Speisen, durch die [...] oft das schädlichste Gift6' entstünde und vor allem der Trend zur Übernahme ausländischer Speisen wird von Maschenbauer teilweise heftig kritisiert und statt dessen die natürliche Ernährung des Landmannes als die einzig vernünftige propagiert. Anleitungen zur Konservierung von Nahrungsmitteln, Anlage von Eisgruben 62 , Trocknung von Gemüsen, Obst und Kräutern 63 oder zur Herstellung von Suppenwürfeln 64 , die 1770 als Neuheit präsentiert wurden, vermitteln einen interessanten Einblick in die Vielfalt verwendeter Nahrungsmittel und die damals mit hohem Zeit- und Arbeitsaufwand verbundene Vorratshaltung. Insgesamt dürfte nach der Lektüre der Artikel zum Thema Ernährung so mancher Leser damals zwar aufgeklärt aber doch einigermaßen ratlos gewesen sein, 55

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AIZ 4-6/1760: Einige Betrachtungen von den Eigenschaften thierischer Speisen; mit der Beurtheilung, von der Gesundheit oder Schädlichkeit der Speisen überhaupt. AIZ 16/1758: Wie allerlei weichliche Speisen, Semmel, Kuchen, Eier, gebachenes und Zukerwerk, der Gesundheit höchstschädlich werden kan. AIZ 48/1758: Einige Anmerkungen von der Diät. AIZ 26 u. 27/1757: Von dem Schaden der mannigfaltigen Speisen. AIZ 7/1758: Vom Nuzen und Schaden des Zukkers, der, bei dessen Gebrauch, in Betrachtung der Gesundheit, sich so mannigfaltig schon veroffenbahret. AIZ 27 u. 28/1758: Beobachtungen und Versuche über die Natur und die Eigenschaften des Zukers, mit neuen Entdeckungen, von dessen Schaden. AIZ 32/1774: Betrachtungen über die Wahl der Nahrungsmittel. AIZ 6/1752: Wie die Eisgruben anzulegen? Und wie weit solche nüzlich sind?. AIZ 34 u. 35/1774: Oeconomische Nachrichten. Nachricht von der höchstnüzlichen Erfindung des H.Pf. Eisen, eßbare Kräuter und Wurzeln zu trocknen, um solche zu allen Jahreszeiten frisch zu haben. Es handelt sich vermutlich um einen Beitrag aus dem von Peter von Hohenthal herausgegebene Periodikum, Leipzig 1749-1763. Vgl. H. Böning, R.Siegert (Anm. 12) Bd. 1. Titel-Nr. 176. AIZ 43/1770: Trokene Fleischbrüh=Kuchen, (Tablets de Jus Viande genannt) zu machen, um zu allen Zeiten [...] so oft man will, Fleischsuppen zu haben.

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was denn überhaupt noch guten Gewissens zu konsumieren sei und wie Speisen auf gesunde Art zubereitet werden könnten, zumal Dämpfen, Rösten, Dünsten in Butter oder Einmachen der Speisen als schädliche Küchenmethoden verurteilt wurden.65 Genußmittel werden im ,Augsburgischen Intelligenz-Zettel' nicht grundsätzlich abgelehnt sondern wie auch in anderen Wochenblättern oder populärmedizinischen Schriften66 lediglich deren Mißbrauch verurteilt und die natürliche Ernährung des Bauern zur Nachahmung empfohlen. Die Gewohnheit des Kaffeetrinkens war ebenso wie in anderen Wochenschriften auch im ,Augsburgischen Intelligenz-Zettel' Gegenstand ausfuhrlicher Abhandlungen. Während 1749 ein Artikel noch unter dem neutralen Titel Vom Caffeegetränke''1 sich auf allgemeine Informationen zur Herkunft des Kaffees und dessen unschädlicher Zubereitung beschränkte, lassen spätere Abhandlungen bereits aufgrund ihres Titels68 erkennen, daß sie unter dem Einfluß der in den 60er Jahren in vielen Territorien des Landes gestarteten Kampagne gegen die ,CaffeeSeuche'69 verfaßt wurden. Neben der Aufforderung: vermeide soviel als möglich die Caffee-Gesellschaftenn werden zur Abschreckung die gefährlichen Auswirkungen auf Gesundheit und Oeconomie geschildert und vor allem die Übernahme dieser Gewohnheit durch den niedrige[n] Haufe{n]71 kritisiert. In Augsburg scheint in der Tat das Kaffeetrinken stark verbreitet gewesen zu sein, zumindest hielt Paul von Stetten dies für erwähnenswert in seiner ,Kunst-Gewerb und Handwerks-Geschichte': [...] Ein neuer Gaumenluxus [...] schlich sich zu Anfang dieses Jahrhunderts auch hier ein [...] und nahm dergestalt überhand [...].72 Im ,Augsburgischen Intelligenz-Zettel' werden in verschiedenen Beiträgen jeweils

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AIZ 47 u. 48/1760: Diätische Betrachtung, vom Genüsse der fetten Speisen. U.a. Anton Heins: Der patriotische Medicus 4 Theile. Hamburg 1765. Exemplar: Augsburg SStB. 8° Aug Med 1793. Im 4. Stück, S. 49, wird auf die vernünftige Lebensweise des Bauern verwiesen: [...] er isset und trinket nichts anderes als was ihm dienet. AIZ 43/1749. AIZ 48/1757. Der volle Titel lautet: Von dem Misbrauch des Koffeetrinkens, und dem daher rührenden Schaden der Gesundheit und der Oeconomie; Welchen Personen derselbe zur Gesundheit dienlich? Und welchen er allerdings schädlich seyn muß? zumalen des Nachmittags; nebst anderen zufälligen Gedanken hievon. Vgl. Günter Wiegelmann: Alltags- und Festspeisen. Wandel und gegenwärtige Stellung. Marburg 1967. S. 165f. AIZ 35/1760: Beschlus der Gedanken von der seit geraumer Zeit in Deutschland ausgebrochenen Caffee-Seuche. AIZ 33/1760: Gedanken von der seit geraumer Zeit in Deutschland ausgebrochenen CaffeeSeuche. Paul von Stetten: Kunst-Gewerb und Handwerks-Geschichte. 2.Theil, Augsburg 1788. S. 157. Exemplar: Augsburg SStB. LS Aug 80

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Alternativen zum echten Kaffee vorgestellt, u.a. als neue Erfindung die Herstellung aus der getrockneten und gerösteten Zichorienwurzel. 73 Vergleichsweise gut beurteilt wird das zur Galanterie gewordene Kakaogetränk, das aufgrund seiner hitzigen Zutaten vor allem magern, trocknen Leuten, schwachen Temperamenten [...]74 als heilsame Arznei empfohlen wird. Grundsätzlich sollte jedoch als Getränk reines, gutes Wasser an erster Stelle stehen, da es die Körpersäfte verdünne. So mancher Weinliebhaber wird damals gerne die in detaillierten Abhandlungen vermittelte Botschaft vernommen haben, daß der Wein zwar nicht für jedermann geeignet, jedoch von berühmten Ärzten als eine: [...] wahre und vortreffliche Arzney75 empfohlen werde, allerdings nur unverfälscht und in Maßen genossen.

1.4 Ratschläge für die Ernährung in Notzeiten Für die bescheidene Ernährung z.B. von Handwerkern oder die dürftige der unteren städtischen Bevölkerungsschicht hielt der ,Augsburgische Intelligenz-Zettel' bis 1757 nur vereinzelt Ratschläge bereit. Erst der Siebenjährige Krieg wurde zum Anlaß genommen, in Beiträgen Anleitungen zur Zubereitung von Ersatzlebensmitteln anzubieten76 und u.a. auch Vorschläge, wie dem Brotmangel abzuhelfen sei: [...] mit der inneren Rinde an denen Linden, welche, wenn sie zu einem feinen Mehle zubereitet und mit andern Mehle vermischt würde, ein treffliches Nahrungsmittel seyn könnte [...].77 Während der Hungerkrise 1770/1771 war die Ernährungslage infolge Mißernten und hoher Getreidepreise besonders für die Mittel- und Unterschichten extrem schwierig geworden. Ca. 30-35% der Einwohner Augsburgs gehörten der Schicht der Arbeiter, Taglöhner und Dienstboten an, deren geringer Lohn für die enorm gestiegenen Lebensmittelkosten nicht ausreichte.78 Im ,Augsburgischen Intelli73

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AIZ 53/1756: Neue Erfindung, Caffee von Cichorien Wurzel oder Wegwart so zuzurichten und zu gebrauchen, daß er ebenso wohlschmekend, und weit gesunder ist, als der gewöhnliche Caffee. AIZ 45/1760: Vom Choquelade. AIZ 38 u. 39/1760; Geschichte und Wirkung des Weins. Unter gleichem Titel erschien eine Abhandlung bei J. A. Unzer (Anm. 16) 1760, 3.Theil, 66.Stück. Vgl.: E. Dreißigacker (Anm. 16) S. 87. Z.B. AIZ 7/1757: Schreiben von leichten und sehr wohlfeilen Mitteln zur Nahrung und Sättigung der Menschen. Es handelt sich hierbei um die Veröffentlichung eines Beitrags aus dem ,Journal historique sur les matieres du temps', April 1755, in dem ein Maismehlbrei als billig und nahrhaft empfohlen wurde. AIZ 20/1757: Wie bei grosser Theurung und Brodmangel, aus andern geringen Mitteln, Mehl und Brod, als ein trefliches Nahrungsmittel, auf eine sehr leichte Art zubereitet werden kan. Vgl. Peter Fassl: Konfession, Wirtschaft und Politik. Von der Reichsstadt zur Industriestadt. Augsburg 1750 -1850. Sigmaringen 1988. S. 102.

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genz-ZetteP wurden daher - wie auch in anderen Intelligenzblättern79 - Vorschläge zur Herstellung erschwinglicher und sättigender Nahrung publiziert.80 Abhandlungen mit Rezepten, z.B. Mehlnudeln aus 2 Pfund Mehl und Wasser, mit denen angeblich die Ernährung von 12 Personen pro Tag für 30 kr. dann sicherzustellen war, wenn die Hälfte der Personen Baumwolle spinnen würde,81 veranschaulichen die große Notlage, von der Christian J. Wagenseil berichtet, daß [...] mancher sich sogar bisher ungewohnter Speisen bedienen mußte, nur um den Hunger zu stillen [...]82 und ansteckende Krankheiten sowie hohe Sterblichkeit herrschten.

1.5 Aufklärung über medizinische Maßnahmen zur Vorbeugung von Krankheiten Mit Bemühungen vor allem in den 60er und 70er Jahren des 18. Jahrhunderts im ,Augsburgischen Intelligenz-Zettel' über medizinische Maßnahmen zur Prävention von Krankheiten aufzuklären, verfolgte Maschenbauer offensichtlich den Zweck, die Urteilsfähigkeit der Leser in bezug auf Behandlungsmethoden zu verbessern. Im wesentlichen wurden die Themen Aderlaß sowie Sinn und Zweck des Fastens, Schwitzens, Abführens und der sog. ,Präservationskuren' erörtert. Ab 1753 läßt sich über mehrere Jahrgänge hinweg die Diskussion über die innerhalb der Ärzteschaft umstrittene Anwendung des Aderlasses zur Vorbeugung verfolgen.83 Maschenbauer kritisiert in erster Linie den Mißbrauch und die vermeintliche Indikation bei Vollblütigkeit und erläutert dem Leser, daß doch [...] die Erfahrung bishero gelehrt habe, daß deren Ursachen in der Verdorbenheit des Blutes, mangelhafter Verdauung und Ausscheidung lägen, die nicht durch Aderlaß,

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Z.B. in: Osnabrückische Anzeigen: Gewisse Anweisung, wie man bey jetziger Theurung der Lebensmittel wohl und wohlfeil leben könne. In: Beylagen 1771. Sp. 81-88. Vgl. H. Böning; R. Siegert. (Anm. 12) Sp. 749. Z.B.: AIZ 38/1770: Von dem vielfältigen Nuzen der Kürbisse, sowohl zum Brodbacken, als zu Verfertigung allerlei wohlschmekenden Gerichten, Sallaten, Syropen ec. und besonders, (mit dem übrigen) zu Fütterung des Rind = und anderen Viehes : (aus dem 36.Stük des Leipziger=Wesens von Ao.1770.). Dazu auch: AIZ 49/1770: Betrachtungen über die aus verschiedenen Gattungen des Mehls zubereitete Nahrung des Menschen, mit Anweisimg, wie nothdürftige Personen in theuren Zeiten mit wenigen einfachen Speisen, die überall zu haben, durch besondere leichte Zubereitung derselben, wohlfeil, gesund und gut leben können. AIZ 23/1771: Mittel, wie man sich in diesen theuren Zeiten mit Mehlnudeln nähren kann, extrahirt aus den neuen Auszügen aus den besten ausländischen Wochen=und Monatschriften. Ch. J. Wagenseil (Anm. 51) Bd. 4. S. 242. AIZ 21/1753: Beweis von der Nüzlichkeit des Aderlassens, zur Verhütung der Krankheiten und u.a. AIZ 16-19/1755: Vom Nuzen und Schaden des Ablassens überhaupt, und ins besondere was für Personen, und in welchem Alter, auch zu welcher Jahreszeit das Bluthlassen nöthig haben.

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sondern am besten durch [...] mäßiges Essen und Trinken, Arbeit und Bewegung [...] zu verhüten seien.84 Ebenso wie in anderen Wochenschriften und populärmedizinischen Schriften85 sind auch im ,Augsburgischen Intelligenz-Zettel' Kuren zur Prävention von Krankheiten Thema ausfuhrlicher Abhandlungen. Der Wert der [...] besonders unter dem gesittetem Theile der Menschen [...] zur Mode geworden[en]86 Frühlingsund Brunnenkuren, die damals üblicherweise aus Aderlaß, Purganzien, Blutreinigungen oder Trinkkuren bestanden, wird in den jeweiligen Beiträgen mit der Begründung angezweifelt, daß deren ohnehin nur kurzzeitige Wirkung nicht auf dem Wasser, sondern auf der sie begleitenden Diät beruhe. Dem Leser sollte offensichtlich vermittelt werden, daß ein Mensch, der die Regeln der gesunden Lebensordnung beachte, zu keiner Jahreszeit eine Kur benötige. Für die Popularisierung der von aufklärerisch engagierten Ärzten, wie z.B. dem Schweizer Arzt Simon Andre Tissot87, propagierten Schutzimpfung mit menschlichen Pockenviren (die Inokulation der Kuhblattern war noch nicht bekannt), setzte sich der ,Augsburgische Intelligenz-Zettel' im Vergleich zu anderen Intelligenzblättern88 schon früh ein.89 Mit solchen Abhandlungen wollte Maschenbauer offensichtlich sowohl gesundheitliche Bedenken als auch religiöse Vorbehalte, die Impfung sei gegen den göttlichen Willen, entkräften und den Leser vom Erfolg dieser Vorsorgemaßnahme überzeugen. Diesen Zweck verfolgte vor allem eine 1768 veröffentlichte Abhandlung, in der von erfolgreichen Einpfropfungen an sechs Kindern in Augsburg berichtet wurde und folgende Aufforderung zu lesen war: Die Vornehmen, denen nicht unbekannt, wie groß der Schade ist, den der Volksmangel einem Reiche verursacht, sollten den Geringem mit gutem Exempel vorgehen.90 Die für einen Beitrag von 1774 gewählte, in der Tradition der Moralischen Wochenschriften stehende Form des fingierten, unterhaltsamen Dialogs läßt das für die aufgeklärten Gebildeten in den 70er und 80er Jahren des 18. Jahrhun84

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AIZ 21 u. 22/1756: Medicinische Gedanken über das, den Menschen im gesunden Zustande betrachtet, nunmehro zur Mode gewordene Aderlassen, par Precaution genannt, in wie weit es ein Misbrauch geworden, und die Gesundheit dadurch Schaden leide. Z.B. bei J. A. Unzer (Anm. 16) Teil 1. St. 3 (1760): Von den Frühlings= und Brunnencuren. AIZ 17/1753: Gedanken von den Frühlingscuren. Dazu auch AIZ 24, 25 u. 30/1759: Untersuchung von den Frühlings = oder sogenannten Präservations=Kuren; nebst den dienlichsten Mitteln dagegen. Simon Andre Tissot: Practische Vertheidigung des Einpropfens der Pokken, nebst einem Versuche über die Veränderung der Stimme [...]. Halle 1756. Vgl. Holger Böning: Medizinische Volksaufklärung und Öffentlichkeit. In: Internationales Archiv für Sozialgeschichte der deutschen Literatur. Bd. 15. Tübingen 1990. Bibliographie S. 59. Z.B. in: Osnabrückische Anzeigen. Beylagen 1769. Sp. 193-208: Die vertheidigte Inoculation der Blattern. Vgl. H. Böning, R. Siegert (Anm. 12) Anhang A2. Sp. 745. AIZ 8 u. 9/1757: Bestättigende Abhandlung vom Einpfropfen der Pokken. AIZ 47/1768: Von dem Nuzen und guten Fortgang der Blattern-Inokulation. Als ausfuhrende Augsburger Ärzte wurden der: „oberherrlich bestallter Blatternhaus Physicus, Dr. Georg J. Biermann und Salomon Ambrosius Kephalides, Chirurgus daselbst" angegeben.

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derts typische Bestreben erkennen, auf diese Weise speziell den ,gemeinen Mann' anzusprechen." Das von aufklärerisch engagierten Ärzten bekämpfte und in zahlreichen populärmedizinischen Schriften thematisierte Kurpfuschertum wird im .Augsburgischen Intelligenz-Zettel' nicht in eigenen Abhandlungen diskutiert. Allerdings wird wiederholt auf das Auftauchen fahrender Marktschreier und Heiler in der Stadt hingewiesen und vor diesen gewarnt.92 Unter der Rubrik Merkwürdigkeiten wird beispielsweise von der Anwesenheit des Wundersmann Ritter Tailor93 berichtet, der am 25.8.1750 in Augsburg vor Medizinern eine Vorlesung mit dem Titel Über die Erhaltung des Gesichts gehalten hatte. In den Artikeln wird Taylor in scharfer Form der Scharlatanerie bezichtigt, der Leser über Nutzlosigkeit und Schaden seiner Heilmethoden aufgeklärt und der Rat erteilt, sich grundsätzlich vor sog. Wunderheilern und deren fragwürdigen Vorbeugungsmitteln oder Behandlungsmethoden zu hüten.

2. Anleitungen zur Selbstbehandlung in Krankheitsfallen Programmatisch für die medizinische Laienaufklärung der 60er und 70er Jahre ist die Absicht, praktische Lebenshilfe in Form von Anleitungen zur Selbsthilfe bei Krankheiten anzubieten. In den einschlägigen Publikationen spiegelt sich sowohl das Mißtrauen gegenüber der ärztlichen Kunst wider als auch die Intention, dem Leser geeignete Mittel zur Selbsttherapie an die Hand zugeben. Im ,Augsburgischen Intelligenz-Zettel' findet sich bereits 1748 ein Artikel mit dem charakteristischen Titel: Wie ein jeder Mensch sein eigener Arzt seyn könne94. Als Begründung für die Notwendigkeit solcher Ratschläge wird jedoch nicht, wie beispielsweise in anderen Intelligenzblättern oder populärmedizinischen Zeitschriften, der Mangel an Ärzten angegeben (der in Augsburg auch nicht bestand), sondern

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AIZ 23/1774: Ein Gespräch. Z.B. AIZ 4/1751: Merkwürdigkeiten. Hier wurde vor einem Arzt gewarnt, der kranke Zähne mit Salben und Taubstumme mit einem Balsam zu heilen versprach. AIZ 35, 41 u. 46/1750. Es handelt sich um den berühmten englischen Okulisten und Starstecher John Taylor (1703-1772), promovierter Arzt und Schüler Boerhaaves. Dieser hielt als fahrender Okulist in ganz Europa Vorträge. Vgl. A. Hirsch (Anm. 8) Band 5. Berlin, Wien 1934. S. 523. AIZ 47/1748: Wie ein jeder Mensch sein eigener Artzt seyn, und seine Gesundheit an das von Gott bestimmte Ziel erhalten könne? Und was die Ursach sey, daß die Menschen selten ein Jahr lang ohne einigen Anstoß der Gesundheit zubringen?. Inhaltlich entsprechen viele Passagen dem Buch Friedrich Hoffmann (Anm. 17) besonders Kap. III. S. 119-189. Dazu auch AIZ 27 u. 28/1764: Wie ein jeder Mensch sein eigener Arzt seyn könne.

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vielmehr der Zweifel an deren fachlicher Kompetenz.95 In der Tat verfugten damals selbst die akademischen Ärzte nur über geringe anatomische Kenntnisse und keinerlei klinische Erfahrung. Ihre Therapie beschränkte sich auf traditionelle Methoden, wie sie auch von nichtakademischem Heilpersonal angewandt wurden. Die Thematik einiger Beiträge im ,Augsburgischen Intelligenz-Zettel' legt die Vermutung nahe, daß diese in erster Linie zur Information von praktizierenden Ärzten und sonstigem Heilpersonal geschrieben wurden. Ob Maschenbauers Kritik speziell auf die lokale medikale Versorgung gerichtet war oder ob er lediglich dem allgemeinen Trend folgte, konnte mangels entsprechender Hinweise nicht ermittelt werden. In Augsburg existierte seit 1582 ein als vorbildlich geltendes medizinisches Aufsichtsgremium, das Collegium Medicum Augustanum, dem u.a. die Examinierung und Beaufsichtigung der ansässigen Ärzte, Tierärzte, Apotheker, Bader, Barbiere und Hebammen oblag.96 Daß Maschenbauer sich offensichtlich nicht mit der Ärzteschaft anlegen wollte, zeigt sein Bemühen, seine Kritik so zu formulieren, daß sie nicht als seine eigene Meinung interpretiert werden konnte. Zudem vermittelte er nur solche medizinischen Kenntnisse, die ohne Gefahr anzuwenden waren, also im wesentlichen diätetische Regeln. Trotzdem wagte er, seinen Lesern als siebte Gesundheitsregel zu empfehlen, Medicos und Arzneien zu fliehen97 und sich statt dessen das nötige Wissen anzueignen, um sich selbst kurieren zu können. Dazu publizierte er vorzugsweise Ratschläge des damals sehr bekannten Arztes Friedrich Hoffmann und u.a. auch Auszüge aus dem Werk S. A. Tissots.98 An erster Stelle der Ratschläge zur Selbsthilfe steht Maschenbauers Mahnung: [...] die Erfahrung lehret, daß fast immer von den Krankheiten gewisse wiedernatürliche Empfindungen vorhergehen [...] und daher sorgfältig zu untersuchen sei, [...] worinnen man etwann einen Fehler wider die Lebensordnung begangen habe·." Generell wird geraten, sich vor Exzessen beim Essen und Trinken, vor häufigen Brech- und Purgiermitteln, Aderlässen oder gefährlichen Medikamenten100 zu 95

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Z.B. AIZ 39 u. 40/1757: Gedanken von der Arzneiwissenschaft: [...] so ist es unverantwortlich, daß man diese Freiheit, Aerzte zu machen, solchen Personen übergiebt, denen das Unglük der Menschen so wenig zu Herzen gehet, und die den Abschied ihres Geschlechtes verdienen [...]. Dazu auch AIZ 18/1752: Beweis, daß die meisten Aerzte nach ihrem Temperamente curiren oder AIZ 39 u. 40/1757: Gedanken von der Arzneiwissenschaft. In der Pharmacopoeia Augustana, Augsburg 1734, werden 14 ansässige Personen als Mitglieder des aus approbierten Ärzten und Apothekern bestehenden Collegiums aufgeführt. Exemplar: Augsburg SStB. Aug 2° 262a. Z.B. AIZ 48/1758: Einige Anmerkungen von der Diät. AIZ 38 u. 39/1765: Nachricht von den gewöhnlichen Ursachen der Krankheiten gemeiner Leute, von der Gefahr der Hülfsanstalten, welche man gemeiniglich anwendet, ehe man den Arzt herbeirufet, und von der Aufführung, welche man in solchen Umständen beobachten muß. Ausgestellt durch den Dr. Tyssot. AIZ 2/1757: Wie die Krankheiten zu verhüten seyn, zu allen Zeiten. AIZ 34 u. 35/1756: Von unzuverläßigen Medikamenten. Dazu auch: AIZ 24 u. 25/1755: Ob es möglich seye, Menschen durch Arzneien klug und tugendhaft zu machen.

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hüten und statt dessen vorbeugende oder therapeutische Mittel wie Leibesübungen, Schwitzkuren, Fasten101 und warme Wasserbäder anzuwenden. Vor allem letztere werden wegen ihrer blutreinigenden, den Kreislauf fördernden und schmerzstillenden Eigenschaften gelobt.102 Ein wesentlicher Bestandteil des Programms der medizinischen Aufklärung in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts war die Empfehlung traditioneller, erprobter Hausmittel, die für jedermann leicht zu beschaffen waren. Im , Augsburgischen Intelligenz-Zettel' sollte offensichtlich dem Leser sowohl in eigenen Abhandlungen103 als auch in Form von in Beiträge eingestreuten Rezepten vermittelt werden, daß mit wenigen natürlichen Mitteln größere Heilerfolge zu erzielen seien als mit manchen von Ärzten verordneten Medikamenten. 104 Um den zunehmenden Gebrauch ausländischer Arzneimittel einzudämmen, wurde vor diesen gewarnt und statt dessen zur Verwendung kostengünstiger und leicht zu beschaffender einheimischer Heilpflanzen geraten, deren medicinische Kräftem und Verarbeitung ausführlich erläutert wurden. Zur Heilung oder Linderung von Krankheiten wurde dabei besonders auf die eröffnenden Wurzeln (Knoblauch, Zwiebeln, Rettich, Meerrettich, etc.) verwiesen, deren Heilkräfte von Maschenbauer ebenso hoch gepriesen wurden wie die vielfältig nutzbaren heilsame[n] Tugenden des Holunderbaumes. Dem in der medizinischen Volksaufklärung wiederholt behandelten Thema der Blutreinigung schien auch der Herausgeber des ,Augsburgischen IntelligenzZettels' besondere Bedeutung beizumessen. Neben entsprechenden Anleitungen wurden auch geeignete Mittel zur so wichtigen Blutverdünnung empfohlen. Im Brot, Wein und Wasser, so wurde u.a. vermittelt, [...] liegt schon die größte und beste Medicin wider die schwersten Leibes Unfälle verborgen.106 Im Widerspruch zur Warnung aufklärerisch engagierter Ärzte (z.B. Tissot) vor der Anwendung dubioser, aber beliebter Universalmittel steht die ständige Werbung fur solche Mittel im ,Augsburgischen Intelligenz-Zettel'. Offensichtlich waren wirtschaftliche Interessen dafür ausschlaggebend, daß diese Mittel im Maschenbauerischen Zeitungscomptoir zum Kauf angeboten wurden. Auffällig ist jedoch, daß dabei kaum auf das reichhaltige Angebot der immerhin sechs Balsam-

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AIZ 9/1754: Medicinische Betrachtungen vom Fasten. Grundsätzlich wird Fasten bei gesunder Lebensführung als unnötig abgelehnt. Dazu auch AIZ 11/1757: Betrachtung über den Nuzzen und Schaden des freiwilligen Fastens. AIZ 23 u.24/1751: Von dem vortrefflichen Nuzen der gemeinen Wasserbäder in innerlichen Krankheiten. Auch hier sind wörtliche Übereinstimmungen mit Passagen aus Friedrich Hoffmanns ,Gründlicher Unterricht [..]' (Anm. 17) festzustellen. U.a. AIZ 21/1768: Von Kräutersäften. U.a. in AIZ 15/1747 in Form eines spöttischen Gedichts: Der fleissige Arzneynehmer. AIZ 2 u. 3/1752: Was von den ausländischen Arzneimitteln zu halten sey?. AIZ 43/1764: Gründliche Anweisung, zur Blutreinigung, als des Lebens wahres Gut".

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und Essenzhersteller Augsburgs zurückgegriffen wurde 107 sondern im wesentlichen Hamburger Produkte als Panazeen und Arcana in Kommission verkauft wurden, z.B. der Universal-Lebensbalsam, das Elixir Vitae108 oder der Kräuterund Gesundheilstee, der ohne Angaben zur Zusammensetzung so ziemlich alle Leiden zu heilen versprach: [...] Es dienet dieser Thee in allerhand brennend- und reissenden Gliederschmerzen, wie auch wider Verstopfung der Milz und Leber [...] wider allen Scharbock [...] das Malum hypochondriacum [...] die Wasser- wie auch Wind- und Lungensucht [...] in allerhand weiblichen Krankheiten [...].109 Auffallend häufig wird für den im Intelligenz-Comptoir angebotenen sog. Tabaco di Becco geworben. Im Widerspruch zu den ausdrücklichen, mit anschaulichen Beispielen untermauerten Warnungen vor den gesundheitlichen Konsequenzen des Tabakkonsums in verschiedenen Abhandlungen" 0 stehen die zahlreichen Empfehlungen dieses Tabaks als schleimlösende und schmerzstillende Panazee 1 ". In einem Artikel von 1769 überrascht der Autor den Leser mit dem Resümee: [...] Kurz der Tobak wirkt als eine Arzenei. Sein Unrechter Gebrauch macht Krankheiten, sein rechter Gebrauch curiret sie.m

3. Schlußbetrachtung Reflexionen in den einzelnen Abhandlungen darüber, ob die Popularisierung medizinischen Wissens im ,Augsburgischen Intelligenz-Zettel' und das darin mehrfach vermittelte Mißtrauen in die ärztliche Kunst vertretbar waren, konnten in den untersuchten Jahrgängen nicht gefunden werden. Wie viele seiner aufklärerisch engagierten Zeitgenossen scheint der Herausgeber Maschenbauer der Ansicht gewesen zu sein, daß der Zweck, die Vernunft, Einsicht und Selbstverantwortung seiner Leser zu fördern, dies rechtfertige. Daß er sich in seinem Engagement für medizinische Volksaufklärung durchaus seiner Verantwortung bewußt war, zeigt die Beschränkung seiner Informationen und Ratschläge auf hauptsäch-

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Z.B. die bekannte ,Dr. Kiesows Augsburger Lebensessenz', die in einer Werbeschrift Johann Georg Kiesows als das allervortrefflichste Medicament, so die Arzney-Kunst je hevorgebracht beschrieben wird. Siehe dazu: K.M.D.: Unterricht von denen Würckungen und dem Gebrauch der [...] Lebens-Essenz [..]. Augsburg 1763. Exemplar: Augsburg SStB. Aug 2430. Z.B. AIZ 40/1746. Es wurde als hervorragend geeignet zur Verdünnung der Säfte empfohlen. U.a. in AIZ 29/1747 und AIZ 27/1768 unter Allerlei Avertissements. Dieser Tee wurde jahrelang immer wieder angeboten. Z.B. AIZ 16 u. 17/1760: Von dem Nuzen und mancherlei Schaden des Rauch=und Schnupf Tobaks, wie und bei welchen Personen derselbe das Gedächtniß schwäche? auch, ob in dem Tobakskraute ein subtiler starker Gift steke?. Z.B. in AIZ 38/1759 unlet Allerlei Avertissements. AIZ24/1769: Ob der Schnupftobak schädlich oder nüzlich sei.

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lieh diätetische Anweisungen und auf solche Anleitungen zur Selbsthilfe, die nach seiner Auffassung ohne gesundheitliche Risiken anzuwenden waren. Aufgrund der auch in anderen Wochenblättern üblichen Anonymität der Verfasser war es - mit Ausnahme einiger Beiträge - nicht möglich zu ermitteln, ob und auf welche der damals zahlreich erschienenen diätetischen Schriften, aufklärerischen Hausväterliteratur oder Aufsätze sich der Autor der meist in Ich-Form verfaßten Artikel jeweils stützte. Ebenso wenig konnte festgestellt werden, ob die Informationen und Ratschläge der meist ohne Quellenangaben veröffentlichten Abhandlungen als repräsentativ für den Wissensstand der damaligen Medizin zu betrachten sind oder jeweils lediglich den des Herausgebers Maschenbauer bzw. anderer Autoren wiedergeben. Angesichts der teilweise hohen Anspruchsebene vieler Beiträge erscheint es fraglich, ob letztere auch von der Leserschicht rezipiert wurden, die Maschenbauer in seinem Blatt ansprechen wollte. Da kaum Leserzuschriften veröffentlicht wurden, konnte dies ebensowenig beantwortet werden wie die Frage, ob die populärmedizinischen Informationen und Ratschläge letztlich auch die beabsichtigte Wirkung zeigten.

Auswahlbibliographie Astrid Blome

Diese Auswahl verzeichnet ausschließlich Titel der Sekundärliteratur, die einen regionalen, chronologischen oder thematischen Überblick über das Intelligenzwesen vermitteln; Spezialuntersuchungen sowie zeitgenössische Äußerungen sind über die Quellen- und Literaturnachweise im Anmerkungsapparat zu erschließen. Asch, Jürgen: Ein Hildesheimer Intelligenzblatt aus dem ausgehenden 18. Jahrhundert. In: Alt-Hildesheim. Jahrbuch für Stadt und Stift Hildesheim 43/1972. S. 36-49. Baumann, Hans: Das Regensburger Intelligenzblatt als Zeitung und Zeitspiegel. Diss. München 1937. Behr, Christian August: Einige Ergänzungen und Berichtigungen des Aufsatzes: „Ueber politische Zeitungen und Intelligenzblätter in den königl. Preussischen Staaten. In: Allgemeiner Litterarischer Anzeiger 66/1801. S. 641-644. Beyer, Heinrich: „Es wird hiermit bekanntgemacht..." Eine Studie zum hannoverschen Anzeigenwesen von 1750-1850. In: Hannoversche Geschichtsblätter NF 16/1962. S. 1-79. Bobrowsky, Manfred: Das Wiener Intelligenzwesen und die Lesegewohnheiten im 18. Jahrhundert. Wien 1982. Böning, Holger: Das Intelligenzblatt. In: Ernst Fischer/Wilhelm Haefs/YorkGothart Mix (Hg.): Von Almanach bis Zeitung. Ein Handbuch der Medien in Deutschland 1700-1800. München 1999. S. 89-104. Böning, Holger: Das Intelligenzblatt - eine literarisch-publizistische Gattung des 18. Jahrhunderts. In: IASL 19,1/1994. S. 22-32. Böning, Holger: Das Intelligenzblatt. Dokumentation zu einer literarischpublizistischen Gattung der deutschen Aufklärung. Bremen 1991. Böning, Holger: Das Intelligenzblatt als Medium praktischer Aufklärung. Ein Beitrag zur Geschichte der gemeinnützig-ökonomischen Presse in Deutschland von 1768 bis 1780. In: IASL 12/1987. S. 107-133. Borchers, Gebrüder (Hg.): Zum 150jährigen Jubiläum der Lübeckischen Anzeigen und der 75jährigen Gründung der lithographischen Anstalt und Steindrukkerei 1826. 30. Mai 1901. Lübeck 1901.

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Bratvogel, Werner: Das Anzeigenwesen in Westfalen im 18. Jahrhundert. Halle/Westfalen 1933. Buck, Henning: „Jeder Hofgesessene sollte glauben, die öffentlichen Anstalten würden auch seinem Urteil vorgelegt": geistiger Aufbruch im Osnabrückischen Intelligenzblatt. In: Bodo Plachta (Hg.): Sturm und Drang: Geistiger Aufbruch 1770-1790 im Spiegel der Literatur. Tübingen 1997. S. 249-263. Bürger, Gerhard: Das Wernigeröder Intelligenzblatt 1797-1922. In: Schriften des Wernigeröder Geschichtsvereins 4/1922. S. 1-10. Cho, Sun-Ju: Das Giesser Wochenblatt: Ein aufklärendes Periodikum in der Provinz. Frankfurt a. Μ u.a. 2000 (Europäische Hochschulschriften. Reihe 3: Geschichte und ihre Hilfswissenschaften. Band 874). Deipenwisch, Rolf: Geschichte und Bedeutung der Holzmindener Presse von 1785 bis 1850. Das Entstehen der Nachrichtenübermittlung in einer Lokalzeitung. Diss. Hannover 1986. Demas, Ute: Die Onolzbachischen Frag- und Anzeigungs-Nachrichten als buchgeschichtliche Quelle für Ansbach in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts. Erlangen-Nürnberg o.J. [1990], Dietz, Alexander: Frankfurter Nachrichten und Intelligenz-Blatt. Festschrift zur Feier ihres zweihundertjährigen Bestehens 1722/1922. Frankfurt/Main 1922. Dietz, Alexander: Das Intelligenzblatt „Frankfurter Frag- und Anzeigungsnachrichten" 1722-1900. Frankfurt/Main 1900. Doering-Manteuffel, Sabine: Gelehrte Sachen fiir Jedermann. Mitteldeutsche Wissensagenturen im Spiegel des Augsburger Intelligenz=Zettels. In: Detlef Döring und Kurt Nowak (Hg.): Gelehrte Gesellschaften im mitteldeutschen Raum (1650-1820). Teil III. Abhandlungen der Sächsischen Akademie der Wissenschaften zu Leipzig. Erscheint Stuttgart/Leipzig 2001. Dresdner Anzeiger. Seine Geschichte von 1730 bis zur Gegenwart. Zur ersten Deutschen Städteausstellung Dresden 1903. Dresden 1903. Ettle, Josef: Eichstaetter Journale 1791-1991. Vom gnädigst privilegirten Eichstätter-Intelligenz-Blatt zum Eichstätter Kurier. Ingolstadt 1995. Eule, Wilhelm: Helmstädter Universitäts-Buchdrucker. Mit einem Beitrag Zur Geschichte des Helmstedter Zeitungswesens. Helmstedt 1921. Gobi, S.: Zur Geschichte der Presse in Würzburg bis zum Jahre 1815. In: Archiv des Historischen Vereins von Unterfranken und Aschaffenburg 38/1896. S. 201-273. Greiling, Werner: Presse, Publizistik und „Öffentlichkeit" in Thüringen im 18. und frühen 19. Jahrhundert. Ein Beitrag zur Genesis der bürgerlichen Gesellschaft. Habilitationsschrift. Jena o.J. [1996]. Greiling, Werner: „Einem Volke, welches die Bastille rasirt". Intelligenzblätter und Kulturtransfer in Thüringen, Bayern und Sachsen. In: Cahiers etudes germaniques 28/1995. S. 115-131.

Auswahlbibliographie

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540

Astrid Blome

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Index der Personen- und Ortsnamen Astaritta, Gennaro 412, 416f. A Aachen

17,245,248,260,264,267

Abel, Karl Friedrich 415,417f. Achenwall, Gottfried 274, 276f., 279-286, 288 Adair, James 278, 286f. Adelung, Jeremias 173

Augsburg 15, 17-25, 28f„ 32, 36-40, 71 f., 78f., 91,118, 358f., 361f„ 365, 367-370, 372-375, 378f., 381-385, 390-395, 399f., 402, 404, 406-410, 412, 418, 420, 422, 429, 431, 446-448, 451, 455, 457f., 460f., 463, 517-522, 525f., 528-535 - 3 Gläser (Gasthaus) 417

Agrell, Johann Joachim 422f.

- 3 Kronen (Gasthaus) 417

Agustinelli, Florante 419

- 3 Lilien (Gasthaus) 417

Aichach 416

- 3 Rosen (Gasthaus) 419

Albrecht, Herzog von Sachsen 149

- Am hinteren Perlachberg 417

Albuy, Operistin 412

- Am Katzenstadel 10 417

Alessandri, Feiice 415,417

- Am Perlachberg 3 417

Alexandria 416

- Bäckergasse 18 417

Almerigi, Giuseppe 395

- Bauerntanz (Gasthaus) 417

Altenburg 154, 156, 162, 164

- Bauerntanzgässchen 1 417

Altnikol, Johann Christoph 428

- Bauerntanzgässchen 8 407

Altona 33,82, U l f . , 116, 183-187, 198-

- Bayerischer Wirth (Gasthaus) 417

207, 343, 362

-Beckenhaus 419

Aman, Georg 406

- Bei der Jakobskirche 3 402

Amerika 35

- Blaue Ente (Gasthaus) 417

Amort, Eusebius 24

- Dilgerle (Tingerle, Gasthaus) 417

Amsterdam 204, 343, 345, 349, 362, 371,

- Eisenberg 402

378,416

- Eserwallstr. 19 431

Ancona 416, 418

- Finstere Stube 417

Andre, Johann 403, 405

- Frauentorstraße 29 417

Angiolini, Domenico Maria Gasparo 414

- Frauentorstraße 31 417

Annaberg 157

- Frauentorstraße 32 417

Ansbach 343f., 416

- Frauentorstraße 49 417

Apolda 167

- Georgenstraße 2 417

Arkstee und Merkus 349

- Geschlechterstube 410, 419

Armstrong, Jean 522

- Häring (Gasthaus) 417

Arnstadt 155, 162, 164

- Heilig Kreuz (Kloster) 400

Aschaffenburg 416

- Hohes Meer (Gasthaus) 417

Aschendorff, Anton Wilhelm 92f., 105

- Inselwirth (Gasthaus) 417

546

Index der Personen- und Ortsnamen

- Jakoberstraße 7 417

Baden

- Josephle (Gasthaus) 417

- Markgraf Carl von 341

- Karolinenstraße 2 419

- Markgraf Karl Friedrich von 341

- Kohlergasse 5 419

Baden-Baden 299,311,416

- Lethenwirth (Zum Goldenen Löwen,

Baden-Durlach 299f., 307, 312, 330f., 416

Gasthaus) 417

Baden-Durlach, Karl-Friedrich von 296

- Ludwigstraße 36 417

Baeck, Elias 467

- Mauerberg 6 417

Bahrdt, Carl Friedrich 61, 66

- Maximilianstr. 30 418

Bamberg 416

- Maximilianstraße 2 410

Baptiste, Ludwig Albert Friedrich 422

- Maximilianstraße 35 418

Barkhausen, F.E.V.W. 230

- Maximilianstraße 40 417

Basedow, Johann Bernhard 193

- Maximilianstraße 75 417

Basel 26,362

-Metzgplatzl 410

Bassi, Giovanni Battista de 22, 24f.

-Mezgerhaus 410

Baumgarten, Alexander Gottlieb 480

- Mohrenkopf (Gasthaus) 417

Baumgartner, Johann Baptist 418

- Oberer Graben 53 410

Baur, Josef Anton 412

-Obstmarkt9 418

Bautzen 150, 157, 159

- Paritätwirth (Gasthaus) 417

Bayern 361,369,372

- Philippine-Welser-Str. 22 407

Bayreuth 320

- Predigerberg 20 417

Bayreuth 416,427

- Predigerberg 9 417

Beaumont, Elie de 201

- Sackpfeife (Gasthaus) 417

Beck, Franz 412,415,418

- Schäflerherberg (Gasthaus) 417

Beck, L.J., Geheimrat, Koblenz 256

- Stockhaus (Zum Pelikan, Gasthaus) 417

Becker, Rudolph Zacharias 93, 116-118,

- Vorderer Lech 52 417

155f., 162, 202, 209, 239,327

- Weiser Gogeler (Zum Weißen

Beecke, Notker Ignaz Franz von 415

Gockelhahn, Gasthaus) 417

Beethoven, Ludwig van 411, 415, 417, 430

-Weiße Gasse 8 417

Bellarini, (Virtuose) 418

-Zeugplatz 7 419

Bencard, Johann Kaspar 339

August „der Starke" 149

Benda, Georg 402

August II. 149

Benzler, Johann Lorenz 229-231, 234, 242

August III. 149

Bergius, Johann Heinrich Ludwig 18, 134, 222, 295,303,319, 327, 330

Aurich 108,111

Bergmüller, Johann Georg 436

Australien 16f.

Berlin 14, 18, 23, 26, 70, 72, 76, 103, 119, Β Bach, Anna Magdalena 428 Bach, Carl Philipp Emanuel 420f., 428, 430

198, 209, 211, 216, 221, 236, 239, 337f., 343, 354, 360-362, 371, 375, 393f„ 396, 403, 405, 408, 415f., 421, 423, 427, 431

Bach, Johann Ernst 428

Bernasconi, Andrea 412, 415, 418

Bach, Johann Sebastian 398, 405, 428 Bachschmid, Anton Adam 412, 415, 417f.

Berschitz, Martin 456 Besold, Christoph 61

547

Index der Personen- und Ortsnamen Bevern, Jakob 302, 306, 310, 330

Bühler (Bihler), Franz Gregor 413,417

Beyschlag, Daniel Eberhardt 486f.

Bullmann, Johann Georg 475

Bianchi, Giuseppe Francesco 411,417

Bürgel 167

Biermann, Georg I., Dr. 531

Burscheid, Franz Carl Freiherr von 364

Böblingen 382

Büsch, Johann Georg 192f.

Bodenehr, Gabriel d. J. 441

Bussani, Francesco 412

Boerhaave, Herman 525, 532

Busse, Joachim 428

Böhm, Gottfried 423 C

Böhme, Adam Friedrich 161 Böhmen 89,349,416

Calmet, Augustin 462f.

Bohn, Justus Heinrich 106

Calonne, Charles Alexandre de 193

Boie, Reinhold Jacob 107

Campe, Joachim Heinrich 77

Bologna 343,362,412,416

Cannabich, Carl August (Konrad) 413,417

Bonn 17, 34, 112, 114, 245, 248, 253f„

Cassini, Jean Dominique 475, 485

257-259, 261, 263f., 416, 434

Casti, John 458

Bopfingen 371,416

Chemnitz 157, 159, 168, 170

Boroni, Antonio 412,416,418

Chladenius, Theodor 160

Borowsky, Valentin 403

Clairaut, Alexis Claude 470

Bourgogne 416

Claudius, Georg Carl 161

Bozen 416

Claudius, Matthias 77, 193

Brahe, Tycho 472

Clementi, Muzio 412,414-416,418

Brand, Stephan 258, 263f.

Coburg 154, 162-164, 166, 169

Brandenburg 45, 47

Consentius, Ernst 216

Brandenburg-Ansbach 370

Cotta, Johann Georg III. 297

Brander, Georg Friedrich 446f., 455, 457459, 467, 470, 474

Crailsheim 370 Cramer, Carl Gottlieb 428

Brandmüller, Tobias 374

Cremona 416

Braun, Johann Georg Christoph 404, 430

Cud, Antoni von 412

Braunschweig 118, 156, 202, 326, 328, 416 D

Braunschweig-Wolfenbüttel 328 Bremen 13, 26, 201 f., 204 Breslau 26, 362, 369

Dalberg, Johann Friedrich Hugo von 431

Brömel, Johann Friedrich 106

Dänemark 184,186,203

Bruchsal 295f., 299-303, 305-310, 316, 320-324,327, 329f., 331

Dannen, Hans Jerg 382 Darmstadt 319

Brucker, Jacob 337

Daube, Johann Friedrich 422

Brucker, Johann Jakob 23, 25, 29, 393f.,

Dehec, Nazario 425

465

Deidesheim 324

Brückner, Johann August 152

Delius, Heinrich Friedrich 520

Brühl, Heinrich von 149

Demmler, Johann Michael 420

Bruno, Giordano 486

Descartes, Rene 468,483

Buckup, Georg Friedrich 106

Dessau 153

548

Index der Personen- und Ortsnamen

Deutschland 358, 363, 368

Erlangen 26, 169, 343, 520

Dillenburg 106, 108, 110

Ernst, Kurfürst von Sachsen 149

Dillingen 339,372,416

Ersch, Johann Samuel 194

Dinkelsbühl 14, 20, 347, 360, 363, 370, 416

Erxleben, Dorothea Christiane 122 Eschermann, Johann Christoph 255 Essen 245f., 248f„ 260, 264

Divisch, Prokop 450 Döbbert, Christian Friedrich 424

Essich, Johann Gottfried 51

Donauwörth 370-372,416

Esslingen 112f.

Doppelmaier, Johann Gabriel 468, 473

Ettal (Kloster) 416

Dorelli, Anton 414

Ettinger, Carl Wilhelm 402

Dortmund 112f.

Euler, Leonhard 451, 468, 491 f.

Dresden l l l f . , 149-151, 156f„ 159, 161 f.,

F

175, 178 Duisburg 34, 216, 248-254, 260f., 264, 268

Falkenhagen, Adam 420, 422

Dulon, Friedrich Ludwig 414,417

Falter (Musikverleger) 414,418

Dumpf, Johann Wilhelm 190-193,206

Fasch, Karl Friedrich Christian 403

Durant, Paul 407

Felsecker, Druckhaus 360

Düsseldorf 245, 248f„ 252-254, 260, 262,

Fichte, Johann Gottlieb 63

266, 268

Fiorillo, Ignatio 401 Fischer, Christian Adolf 174f. Ε

Fischer, Familie 173

Ebeling, Christoph Daniel 192

Fischer, Gottlob Nathanael 119

Ebersdorf 154, 166

Fischer, Johann Friedrich Christoph 174f.,

Eckebrecht, Franz Josef 348

179

Edesheim 301

Fischer, William 194

Eichel, Emanuel 456

Fischietti, Domenik 413,418

Eichenberg, Johann Bernhard 350

Fleischer, Johann Michael 74f., 188f., 206

Eichhoff, Johann Peter 258f„ 263f.

Flensburg 69, 106-108, 111, 198,207

Eichmann, Otto Ludwig von 251

Flor, August 200

Eichstätt 415f.

Florenz 362, 416

Eisenach 154, 156, 162, 164f., 169

Florida 277, 279, 281, 284

Eisenbarth, Sebastian 346

Foest, R. G. 198

Elberfeld 112, 115, 248, 253, 259-261, 267

Formey, Johann Heinrich Samuel 519

Elbing 134

Formey, Professor Dr. 505

Ellwangen 416

Förster, Christoph 421-423

Engel, Johann Michael 173f.

Franck, Andreas 403

England 11, 16, 26, 28, 215, 218, 239, 269,

Franck, Franz Friedrich 434, 436

279f., 283f„ 291, 358, 414, 416

Francois, Etienne 20, 24, 28

Erbach, Friedrich Carl zu 364

Franken 17,416

Erbach, Grafen zu 364

Frankenhausen 162, 164, 178

Erfurt 12, 83, 104, 153-156, 162, 164-166,

Frankfurt a. Main 15, 26, 71 f., 74, 76, 82,

169-180,354,357,362, 466

116, 184, 188, 209-211, 213, 241, 295f.,

Index der Personen- und Ortsnamen 307, 313, 317, 328, 343f„ 348, 350-352,

549 Gleim, Johann Wilhelm Ludwig 77, 428

358, 361 f., 364, 370, 378, 382, 393, 396,

Glückstadt 106, 198

405,416, 431

Goethe, Johann Wolfgang von 307, 405

Franklin, Benjamin 276-279, 283, 286-289, 391,448

Görling, Johann Andreas 173-176 Görling, Johann Christoph 173f., 179

Frankreich 11, 26, 46, 320, 329, 394,414,

Görling, Regine Sophie 173 Görlitz 112,114,150

416 Freiberg 108, 110, 157, 159, 167, 170 Freiburg 296-298,307,416,429 Freising 416

Gotha 148, 154-156, 162, 164, 166, 172, 178, 402 Göttingen 96, 103, 105, 122, 127f„ 153,

Friedrich, Jakob Andreas (II) 345 Friedrich August I. 149

171, 174, 182, 269, 272, 278f., 281, 348 Gottsched, Johann Christoph 26

Friedrich August II. 149,151

Götz, Johann Michael 414,417

Friedrich II. 423

Göz, Gottfried Berhard 439

Friedrich Wilhelm I. 14,216

Gözel, Bernhard 382

Fritsch, Ahasver 61,214

Graciän, Baltasar 28

Frölich, Johann Tobias 345

Graf, Friedrich Hartmann 399f., 422

Füeßli, Johann Caspar 441

Graf, Johann 422

Funke, Johann Michael 354

Graun, Carl Heinrich 419

Fürstenfeldbruck 416

Graz 57,416,421

Füssen 416

Greiz 83, 154, 162, 164, 166, 169 Grevenbroich 267

Fux, Johann Joseph 427 G Galilei, Galileo 122 Gebauer, Johann Jacob 93 Geich, Johann Baptist 264 Geiger, Franz Xaver 79f. Geildorf 144 Geliert, Christian Fürchtegott 395, 428 Gemeiner, Carl Theodor von 359 Gentz, Friedrich von 62 Geoffroy, Etienne Francois 480 Gerano (Komponist) 425

Griebel, Christian Ernst 108 Griesheim, Christian Ludwig von 88 Grimma 159f. Großbritannien 277f. Großenhain 160 Grotian, Theodor Christoph 106 Grua, Francesco de Paula 413, 415, 417 Grund, Georg Christian 186,189 Grund, Sophia Wendelina 189 Guazzo, Stephano 57 Günzburg 366,372,416 Gutermann, Georg Friedrich 465, 520

Gerlach, Johann Christoph Friedrich 170

Η

Germershausen, Christian Friedrich 239 Germershausen, Johann Friedrich 105

Habermann, Johann 82

Gerstlacher, Carl Friedrich 313, 322

Hafel (Musiker) 419

Gerstlacher, Hofrat 308

Hafftier, Johann Ulrich 398f„ 420-425

Gillet, Johann Friedrich 60

Hager, Anna Sabine 173

Gilly, David 327

Hager, Johann Wilhelm Friedrich 198, 200-

Gladki, Johann Georg 414

202, 205

550

Index der Personen- und Ortsnamen

Hager, Rebecca 200

Heyne, Christian Gottlob 127

Hahn, Georg Joachim Joseph 423

Hildburghausen 162, 164, 166

Hall in Tirol (Stift) 416

Hildesheim 106

Halle 26,93, 128, 153, 156,214,216-218,

Hirzel, Hans Caspar 100

248, 251,354,362

Hochwanger, Johann Michael P. 413,418

Hal ley, Edmund 469f„ 492

Hoeck, Johann Wolfgang 190

Hamburg 15f„ 26, 33, 74f., 93, l l l f . , 169,

Hoffmann von Fallersleben, August

183-195, 197-207, 343, 361-363, 393, 400,416, 425,428,458

Heinrich 194 Hoffmann, Friedrich 524f., 532-534

Hamilton, Franz de 434

Hoffmann, Johann Georg 424

Hamm 252,268

Hohenhausen 243

Hamm, Andreas Julius 345

Hohenthal, Peter von 98f., 527

Hanau 169,343

Holland 26

Händel, Georg Friedrich 398, 409

Hölscher, Lucian 217,221,223

Hannover 16, 26, 35, 87, 93, 106, 111,

Holstein 202

121 f., 130, 156, 178, 198, 269-283, 285289, 291-293,326,416

Holzbauer, Ignaz Jakob 413,415,417 Holzminden 106

Hasenest, Friedrich 402

Horb am Neckar 416

Hasse, Johann Adolf 405, 413-415, 418

Höschel, Christoph Caspar 457

Haut, Johann Christian 77

Hutten, Franz Christoph von 299f., 317,

Haydn, Franz Joseph 403, 411, 413, 415, 417, 430 Hebenstreit, Pantaleon 408

331 Hutter, Philipp Heinrich 352 Huygens, Christiaan 468

Heidelberg 416 I

Heilbronn 347f. Heiligenstadt 172

Iffland, August Wilhelm 204

Heinz (Musikverleger) 414

Ilmenau 416

Heister, Lorenz 520

Ingolstadt 371,416

Heldmann, Justus August Hermann 226-

Innsbruck 372,416

231,234, 241

Iselin, Isaak 270

Hell, Maximilian SJ 468, 476 Helmstedt 269,280,351 Helwing, Christian Friedrich 226f., 229 Hemmer, Johann Jakob 456 Hermann, F. E. 197 Hermann, Johann Heinrich 195-197 Herrliberger, David 440f. Herz, Anna Katharina 341 Herz, Daniel 341 Hessen-Darmstadt, Joseph Ignaz Philipp Landgraf von 23,24,395 Hevelius, Johannes 486

Italien 26, 239, 394f„ 414, 416, 422, 425

J Jacobi, Carl Ludewig 160 Jacobi, Johann Georg 270 Jacoby, Georg 77 Jäger, Andreas 414 Jallabert, Jean 452 Jena 57, 153-155, 157, 161f., 164f„ 169, 172f., 175, 362, 491 Johann Friedrich Karl, Kurfürst 176 Johann Georg IV. 149

551

Index der Personen- und Ortsnamen Jommelli, Niccolo 394-396, 412, 414, 416, 418

Klopstock, Victor Ludewig 190,195 Knecht, Justin Heinrich 430

Joseph I 45

Kniphof, Johann Hieronymus 354

Jungert, Susanna Jakobina 410

Koblenz 34, 107, 112, 114, 248, 254-257,

Jung-Stilling, Johann Heinrich 78 Justi, Johann Heinrich Gottlob von 43, 55f., 96, 103, 181, 219f., 238, 241, 304, 327,

261,263-265 Kobrich, Johann Anton 425 Köhler, J. T. 277, 279, 281, 284, 286f. Köln 17, 26, 34, 245-248, 252-254, 257-

Κ

262, 264-267, 343, 362, 370

Kant, Immanuel 25

Köln (Hof) 416

Karl Friedrich von Baden 301

König, Johann Conrad 189,193

Karl V., Kaiser 338

Königsberg 216

Karlsruhe 90, 295-301, 303-305, 307-311,

Konstanz 14,360,369,372,416

313f„ 316-319, 321-326, 328f„ 331, 341,

Kopenhagen 198, 200, 202, 416

347,384,416, 434

Kopemikus, Nikolaus 39

Kaufbeuren 371,416

Koppmayer, Barbara 340

Keller, Ernst-Urban 61

Koppmayer, Jacob 339f.

Kempten 14, 22, 360, 363, 372, 416

Kothen 106

Kephalides, Salomon Ambrosius 531

Kozeluch, Johann Anton 404, 430

Kepler, Johannes 39, 122, 467f., 472, 475

Kratzenstein, Christian Gottlieb 452, 519

Kernle, Joseph 402

Krebs, Johann Ludwig 423 f.

Kiel 108

Krefeld 252

Kiesow, Johann Georg, Dr. 535

Kreuznach 267

Kilian, Philipp Andreas 442

Krug, Wilhelm Traugott 210

Kinzingen 320

Krüger, Joh. Gott. 519

Kirmair, Wolfgang 429

Krünitz 327

Kirrweiler 324

Krünitz, Johann Georg 221-223

Kislau 324

Kurmainz 45

Kiss, Anna Dorothea Amanda 200

Kurpfalz 320

Kiss, Friedrich Christian 200 L

Klaffschenkel, Philipp Ludwig 346 Klein, Ernst Ferdinand 61

L'Omer 327

Kleinhans, Hans Jakob 183 Kleinknecht, Jakob Friedrich 424

La Roche, Sophie 465 Lacher, Johann Joseph 414

Klett & Franck 346

Lalande, Joseph Jerome de 470, 473, 490

Klett, Eberhard 402

Lambert, Johann Heinrich 446, 457f., 470

Kleve 17, 245, 249f., 260

Landsberg 416

Klinkicht, Christian Ehregott 157

Lang, Hainrich 369

Klockenbring, Friedrich Arnold 121 f., 271,

Lang, Johann Georg 412

274

Langbein, August Friedrich Ernst 77

Klöffler, Johann Friedrich 413

Langenbucher, Jakob 447, 454f.

Klopstock, Friedrich Gottlieb 190, 428, 430

Lassaulx, Johann Claudius von 256, 263

552

Index der Personen- und Ortsnamen

Lavater, Johann Caspar 78, 428

Lübeck 204

Ledermüller, Martin Frobenius 456

Ludewig, Johann Peter von 75, 84-87, 90,

Leffloth, Johann Matthäus 425 Leibniz, Gottfried Wilhelm 468

214,216-220, 241,251 Ludwig XVI 193

Leiden 26,343

Ludwigsburg (Hof) 416

Leipheim 416

Lüneville 175

Leipzig 1 lf„ 14f., 26, 32f., 73, 75f., 81, 83,

Lupin, Friedrich von 359

86f„ 93f., 98f„ 102-104, 113, 149-157,

Lyon 362

159-161, 169f., 179, 181, 183, 193, 343, Μ

348f., 354, 360-362, 373, 451, 457f. Leisching, Polycarp August 190 Lemgo 11, 34, 45, 72, 111, 209, 226, 229

Macklot, Michael 90, 296-298, 307f., 311, 322-326, 328f., 331

Leo, Johann Christoph 406

Magdeburg 92, 111,202,216

Leonberg 44

Mai, Franz Anton 524

Leopold II 45

Maichelbeck, Franz Maria Joseph Anton

Leopold, Johann Christian 422f.

412

Lessing 45

Mailand 416

Leutgeb, Joseph 411, 418

Mainz 112,175,416,429

Leuthard, Johann Daniel 425

Mair, Paul Hektor, Ratschronist 375

Leutkirch 416

Mango, Hieronymus 413,415,418

Lichtenberg, Georg Christoph 77, 122, 127-

Mannes, Johann Anton 260

129 Limbach (Hof) 416 Limburg-Stirum, Damian August von 302f„ 309f., 329,331

Mannhardt, Christian 299-302, 309, 314, 316f. Mannheim 76, 111, 306-308, 310, 328, 362, 415f., 429

Lindau 14, 360, 363f., 416

Mannhold (Verleger) 331

Lipon, Franz 414

Mantegnas 434

Lippe 212f„ 220, 226, 228, 230, 237f„ 240,

Mantua 395,416

319, 326

Marchesini, Alesandro 437

Lissabon 477

Marpurg, Friedrich Wilhelm 394, 397f.

Livorno 416

Martin y Solar, Vincenzo 430

Lobeck, Tobias 345

Maschenbauer, Andreas 340f.

Lobenstein 106, 154, 162, 164, 166

Maschenbauer, Andreas Jakob 341

London 215, 280f., 286

Maschenbauer, Johann Andreas Erdmann

Lörrach 322

18, 21f„ 25, 27-29, 36, 38f., 337f„ 340-

Lossius, Johann Heinrich 175

342, 362, 374, 380, 384, 391, 398, 403,

Lothringen 416

445, 447-449, 451f., 456-459, 461f„

Lothringen, Prinz Carl von 366

464f., 497-506, 508-510, 512-514, 517f.,

Lotter, Johann Jakob 394, 400-402, 410f., 419, 421

520-527, 530f., 533-536 Maschenbauer, Verlagshaus 362, 373f.

Lotter, Tobias Conrad 344f.

Mattheson, Johann 425

Low, Victor de 183

Mauracher, Johann Jakob 402

553

Index der Personen- und Ortsnamen Mayer, Johann Friedrich 82f. Mayer, Tobias 468, 472, 474, 485 Mazzoni, Antonio Maria 414 Mecklenburg 194,202 Mecklenburg-Schwerin 416

Mozart, Leopold 22, 392, 396, 398, 410f„ 415-418, 420 Mozart, Wolfgang Amadeus 392, 396, 404, 415,417, 420, 429, 430 Mühlhausen 154, 162, 164f., 171 f., 175

Mecklenburg-Strelitz 416

Mühlhausen i. Thüringen 14,360

Meiningen 148, 154, 162, 164, 166, 169

Mülhausen 112

Meißen 157-159, 165

Mulini, Barnabas 414

Meißner, Joseph (Dominikus) Nikolaus

Müller, C.F. 330

411,418 Meister, Christoph Georg Ludwig 252

Müller, Johann Daniel 174f. München 12, 14, 19, 21-26, 30, 69, 71 f.,

Memmingen 14, 111, 35f., 362, 416, 428

76f., 92, 111, 366, 372, 394-396, 405,

Mendelssohn, Moses 76

411, 413, 415f., 429

Mensching, Justus Conrad 230f., 242

Münsingen 320

Merck, Johann Heinrich 78

Münster 76, 92f„ 105, 111, 172

Mergentheim 106, 108

Muratori, Lodovico Antonio 22, 24f.

Merkel, Christian Valentin 83 Ν

Mertz, Johann Georg 441 Merz & Meyer 345f.

Napoleon Bonaparte 152,154

Merz, David Raimund 346

Nardini, Pietro 418

Merz, Johann Georg 401 f.

Nassau 134f.

Messey, Marquis de 170f.

Neapel 395,416

Mexiko 284,288

Necker, Jacques 193

Meyer, Friedrich Johann Lorenz 192

Neubauer, Franz Christoph 430

Meyer, Johann 183

Neuburg a. d. Donau 416

Meyer, Johann Jakob 346

Neuenburg 382,416

Micheli du Crest, Jacques-Barthelemy 458

Neuffer, Christian Ludwig 77

Mildheim 93

Neuhofer, Jeremias 472

Miller, Johann Martin 77

Neuss 267

Minden 106,216,326

Neustadt 320

Mizler von Kolof, Johann Lorenz 398

Neustadt an der Orla 157, 159

Mizler, Johann Gottlieb 398f.

Neuwied 245, 248, 255, 260f„ 263f.

Modena 362

New York 270, 275, 277, 285

Mönchengladbach 267

Newton, Isaac 39, 122f., 451, 468, 480,

Montaigne, Michel de 215

483,487

Moretti, Peter 414

Nilson, Christoph Andreas 456

Moser, F.K.v. 309

Nilson, Johann Esaias 436, 440

Moser, Johann Jacob 362

Nordamerika 269, 274-279, 281-284, 288-

Moser, Justus 92, 95, 240, 241, 243 Motschmann, Johann Georg Theodor 174f. Mozart, Anna Maria Walburga 415

293 Nordhausen 153f., 162, 164f„ 171f. Nördlingen 14, 360, 363, 369-371, 416 North Carolina 278, 280

554

Index der Personen- und Ortsnamen

Noverre, Jean Georges 415,417

Platti, Giovanni Benedetto 422, 425

Nürnberg 15, 23, 112, 343, 346f„ 349, 351,

Plauen 92, 157, 159

354, 359f., 362, 369-372, 379, 398, 401, 416, 420-425, 428, 472, 491 Nüßmann, Adolph 278, 280, 282

Pleyel, Ignaz Joseph 430f. Polen 414,416 Porpora, Nicola Antonio Giacinto 395 Portner, Johann 413,415,418

Ο

Posch, Jakob Christoph 344

Obladen, Peter von 24

Potsdam 14

Ochsenfurt 416

Prag 412,416

Ochsenhausen (Kloster) 416

Preisler, Valentin Daniel 401

Oeningen 106f., 415f.

Prenzlau 216

Oettingen-Burghausen 57

Pressburg 416

Oslander, Beatus 355

Preußen 14, 47, 71, 205, 215, 217f„ 220f„

Osnabrück 92, 95, 103, 111, 139, 240, 326

416, 423

Oster, Hofgerichtsschöffe, Koblenz 256 Q

Ottobeuren 416 Ö

Quantz, Johann Joachim 408, 429 R

Österreich 14, 47, 116f., 319, 340, 344, 349,416

Raabe, August Heinrich 106 Rabini, Joseph 414,418 Ρ

Raesfeld 433

Paderborn 172

Rastatt 298

Padua 362,416

Rastrelli, Vincenzo 413,417

Palitzsch, Johann Georg 470

Ravenna 416

Pappe, Johann Joseph Christian 194

Rawlings, Thomas Α. 413

Pappenheim 416

Regensburg 1 5 , 2 3 , 2 6 , 3 3 7 , 3 4 3 , 3 4 7 ,

Paris 156, 170f., 178, 192f., 357, 362, 376, 473, 489f. Peladine, Thomas 461, 500-502 Pennsylvania 283f.

359f., 362, 405, 410, 415f. Rehm, Johann 407 Reichardt, Johann Friedrich 402, 413, 415, 417

Pergolesi, Giovanni Battista 430

Reil, Johann Christian 128

Peru 284

Reimarus, Johann Albert Heinrich 192

Pestalozzi, Johann Heinrich 77

Reimers, Christian 186

Petersburg 414, 416

Reis (Chirurgus zu Augsburg) 455

Peucer, Tobias 61

Reilstab, Johann Carl Friedrich 403

Pfeffel, Johann Andreas 402, 439f. Philadelphia 275, 277, 282 Philipp Landgraf von Hessen 395 Philippsburg 324 Picard, Bernard 349,441 Pirna 156f., 159, 165

Renaudot, Theophraste 11, 215, 357 Reutter, Georg von 413,416,417 Rheineck, Christoph 428 Rheinland 17,49 Rheydt 267 Riccioli, Giovanni Battista SJ 468

555

Index der Personen- und Ortsnamen Richter, Franz Xaver 413, 416, 418

Scalabrini, Paolo 413,416-418

Richter, Karl Ernst 159

Schacht, Hjalmar 132, 135f.

Riehls, Wilhelm Heinrich 22

Schäfer, Johann Anton 409

Rist, Johann 57

Schäffer, Johann Gottlieb 452

Ritschel, Johannes Michael Ignatius 413,

Schaffhausen 14, 26, 355, 360, 362 Schaffrath, Christoph 423

415,418 Riva, Giuseppe 427

Scheibner, Anton 412

Röhr, Johann Friedrich 45

Schelhorn, Johann Georg 428

Rom 362,377,416

Scheuenstuhl, Michael 420

Rommerskirchen, Ferdinand 258

Schikaneder, Emmanuel 402

Rond d'Alemberts, Jean Le 29

Schiller, Friedrich von 417

Ronzio, Ludovico 413

Schilles (Musiker) 414

Rosier, Franz Anton 413, 415, 417, 430

Schlegel, Christian Walter 106

Roth, Johann Michael 404

Schlegel, Franz Anton 429

Rottweil 108f., 370

Schlesien 416

Rudolstadt 154, 157, 162, 164, 166

Schleswig 106-108,202

Ruf, Johann Michael 414,418

Schleswig-Holstein 186, 194, 198,203

Rugendas 436

Schlett, Joseph 414,417

Rühle, August Friedemann 110

Schlosser, Johann Georg 54, 77

Rush, Benjamin 274, 278, 286, 289f.

Schlözer, August Ludwig von 21, 270, 309 Schlümbach, Johann Julius 423

S

Schmid, Johann Michael 412

Saalfeld 154, 162, 164 Saarbrücken 17

Schmidt, Franz 412

Saarbrücken 245, 248, 256, 260f., 263f. Sacchini, Antonio Maria Gaspare 410 Sachsen 15, 32f., 94, 193, 361, 409, 416 Sachsen-Hildburghausen 416 Sacrobosco von Holywood 490 Sailer, Sebastian (Johann Valentin) 428 Salerno 522

Schmittbaur, Joseph Aloys 430

Sales, Pietro Pompeo 395 Salieri, Antonio 413,415-418 Salignac de La Mothe-Fenelons, Franfois de 28

Schmidt, Johann Andreas 402 Schneeberg 157 Schnorr, Paul Dietrich 351 Schoenfeld, Johann Philipp 413,417 Scholl, Friedrich 347 Schöndorf, Johann Christian 106 Schott, Bernhard 429 Schramm, Johann Heinrich Philipp 348 Schröder, Wilhelm von 73, 86, 214-216, 241 Schuback, Arnold 197

Salzburg 12, 25, 91, 357, 392, 394f., 415f. Salzmann, Christian Gotthilf 78

Schubart, Christian Friedrich Daniel 270,

Salzuflen 237,243

Schubaur, Johann Lucas 429

Sarti, Giuseppe 413,416,418 Sattler, Christian Friedrich 348

Schuffenhauer, Gottlieb Wilhelm 157

Sauvage, Francois de 452

Schütz, Friedrich Wilhelm von 202-204

Savoyen 416

Schwaben 14, 17, 22-25, 359f., 364, 371

429f„ 460

Schuster, Joseph 413,415,417

556

Index der Personen- und Ortsnamen

Schwäbisch-Hall 14,360

Sterkel, Johann Franz Xaver 403f.

Schwarzkopf, Joachim von 361

Stetten 359

Schwaz 416

Stetten, Paul von 528

Schweiz 26, 57, 100, 349, 368, 414, 416

Stetten, Paul von d.J. 25, 359

Seume, Johann Gottfried 78

Stetten, Paul von, d.Ä. 359

Seyfert, Johann Kaspar 405, 428

Stettin 216

Siegen 318

Stockhausen, Hubert 253

Silbermann, Andreas 406

Stockholm 416

Silbermann, Gottfried 406

Stolberg, Graf zu 230

Simon, Ernst Heinrich 63, 65-67

Stosch, Friedrich Wilhelm 45

Sobieski, Johann 149

Straßburg 307,416

Solingen 246,266

Streicher, Johann Andreas 417

Sondershausen 154f., 162, 164, 166

Strobl, David Bartholomäus 411

Sonnin, Ernst Georg 192

Sturm, August d.Ä. 339

Spalding, Johann Joachim 46

Stuttgart 347, 392, 394, 405, 413, 415f„

Spanien 277,279,284,414,416

429

Späth, Franz Jakob 407

Sulzbach 108f.

Späth, Franz Joseph 407

Süs, Antoni 412

Späth, Johann Michael 341

Sus, Paul 412

Spengler, Lorenz 452

Sutton, Geoffrey 448, 463

Speyer 14, 296, 299, 302f., 306, 309f., 312-

Synezi, Augustin 411

314, 316, 318-324, 326, 328-331, 360, Τ

363 St. Gallen 382, 416

Taylor, John 532

Stage, Konrad Heinrich 346, 402, 415,

Telemann, Georg Philipp 398, 400f., 405,

428f. Stahl, Johann Benedikt von 431 f. Stamitz, Carl Philipp 431 Stammel, Johann Jakob 264 Stammel, Winand 264 Stark, Augustin 476f. Starke, Andreas Leberecht 149,160 Stefani, Jan 413,416,418 Stein, Anna Maria 417 Stein, Johann Andreas 417, 420 Steinbeck, Christoph Gottlieb 155 Steiner, Jakob 404 Steiner, Johann Ludwig 421 Steinfurt 416 Steinhausen, Hofkammerrat, Düsseldorf 254 Stendal 216

424, 428 Teneriffa 473 Tennemann, Regine Sophie 173 Thenn, Johann Christoph 446f., 457-459 Thierhaupten (Kloster) 416 Thomasius, Christian 57, 63 Thüringen 12, 14f„ 32f., 72, 83, 360f., 368 Tietz, August Ferdinand 403 Tirol 416 Tischer, Johann Nikolaus 421 f., 424 Tissot, Simon Andre 531,533f. Titius, Johann Daniel 181 Titius, Johann Daniel 466 Totti (Musiker) 414 Touchemoulin, Joseph 416,418 Trampe, Johann Gottfried 354 Trampel, D. 237

557

Index der Personen- und Ortsnamen Treuenbrietzen 239

Walter, Caspar 439

Trient 416

Walther, Benjamin 491

Trier 106f., 245, 248, 255f., 260, 263f„ 416

Warschau 416

Trippenbach, Martin 423

Wartenstein 416

Troye, Chr. 198

Weber, Joseph 450

Tschageny, Johann Jakob 352-354

Weber, Max 11

Tübingen 347-349

Weimar 50, 57, 147, 149f., 154, 159, 162,

Turin 416

164-167, 169, 172, 177f. Weimar, J.D. 175 U

Ulm 112,115,337,345-347,362,366,

Weise, Christian 60f., 67 Weißenfels 153 Wekhrlin, Wilhelm Ludwig 270

370f., 416, 429

Welser 375

Ungarn 416 Untermühlhausen 49

Welser, Marcus 339

Unzer, Johann August 520, 524, 529, 531

Wenger, Gregor Ferdinand 406f.

Utrecht 362

Werd 371 Wernigerode 108f. V

Werther, Johann David 173

Vafihal (Vanhall, Wanhal), Jan Kritel 404

Wesel 248-250,260

Vaucanson, Jacques de 431

Westerholt, Freiherr von, Koblenz 256

Veith, Gebrüder 346

Wettelsheim (bei Treuchtlingen) 340

Veith, Martin 346

Wetzlar 14, 17, 245, 248, 260f., 263, 360,

Veithusen, Johann Kaspar 269, 278, 280 Venedig 362,372,376,411,416

363 Weyer, Kaufmannsfamilie 375

Verona 416

Whiston, William 479, 487

Vetter, Nicolaus (Andreas) 430

Widemann, Heinrich Friedrich Christian 106

Vivaldi, Antonio 395 Vogler, Georg Josef 413, 415, 418, 429

Wiedeburg, Johann Ernst Basilius 491

Vogtland 69, 101

Wiegand, Johann 89

Vollmer, Gottfried Diederich Leberecht

Wieland, Christoph Martin 22, 60, 210, 223, 270, 430

202f„ 206 Volta, Alessandro 451

Wien 154, 159, 175, 177, 188, 363, 365f.,

Voltaire, F r a n c i s Marie Arouet 201

370, 396, 416, 418, 422, 435, 469, 473,

Voß, Christian Daniel 66

476 Wiering, Thomas von 185

W Wagenseil, Christian Jakob 526, 530 Wagner, Johann Michael 341 f., 347f. Wagner, Regina Jakobina 347 Waibstadt 300 Walch, Sebastian 441 Walldorf 319

Willmann, Samuel David 414,418 Wilms, Balthasar 253 Windter, Johann Wilhelm 420, 423 Wittenberg 80, 89-91, 93-98, 101, 104, 112, 156, 159, 161, 167, 181 Wittenberg, Albrecht 193 f. Wittenberg, August Wilhelm 174

558

Index der Personen- und Ortsnamen

Wohler, Johann Konrad 347 Wolf, Christian 480 Wolf, Christian Michael 428 Wolf, Ernst Michael 430 Wolfenbüttel 118 Wolff, Christian 25, 60f. Wörmer, Sigismund Wilhelm 197 Worms 360 Wüllen, Albrecht Christoph von 269, 272, 283, 292 Wunsiedel 108f. Württemberg 12, 21, 45, 136, 296, 299, 317,319,320,361,372,416 Würzburg 412,416 Ζ Zach, Johann 418f. Zedier, Johann Heinrich 75, 99, 111 Zehnpfennig, August 255 Zeno, Franz 446 Ziegel, Franz 421 Zimmermann, Hans 339 Zincke, Georg Heinrich 75, 81, 86-90, 220222, 241 Zittau 150, 156, 159, 161 Zöllner, Johann Friedrich 61 f. Zschokke, Heinrich 368 Zumsteeg, Johann Rudolf 429 Zürich 45, 362, 371f.,416 Zweibrücken 264 Zwickau 157, 159

Abbildungsnachweis Abb. 1-3.

Intelligenzblätter in deutschen Territorien des 18. Jahrhunderts. Karten aus Friedrich Huneke: Die „Lippischen Intelligenzblätter" (Lemgo 1767-1799). Lektüre und gesellschaftliche Erfahrung. Bielefeld 1989 (Forum Lemgo. Schriften zur Stadtgeschichte. Heft 4).

Abb. 4.

Säulendiagramm 1: Artikelauszählung der Rubrik „gelehrte Sachen".

Abb. 5.

Säulendiagramm 2: Die Kategorie „Praktische Wissenschaften" in der Rubrik „Gelehrte Sachen", in Unterkategorien aufgeschlüsselt.

Abb. 6.

Elektrizität als gesellige Wissenschaft: Frontispiz von Jean Antoine Nollet: Essai sur l'electricite des corps, Paris 1746. Bakken Library / Minneapolis.

Abb. 7.

Pierre Bertholon: De l'electricite du corps humain dans Γ etat de sante et de maladie, Paris 1786. Bakken Library / Minneapolis.

Abb. 8.

Kupferstich aus Jean Antoine Nollet: Essai sur l'electricite des corps, Paris 1746. Bakken Library / Minneapolis.

Abb. 9.

Abbildung eines Schweinsigels, AYL 25/1748.

Abb. 10.

Darstellung eines wunderwürdigen Fisches aus Camschatka, AYL 24/1748.

Abb. 11.

Darstellung eines heuschreckenartigen Fisches, AIZ 17/1749.

Abb. 12.

Darstellung eines Meerschweines, AYL 41(1)/1749.

Abb. 13.

Darstellung eines Nordcapers, AIZ 41(2)/1749.

Abkürzungsverzeichnis AdB AGB AIZ AK ALR ALZ ASL BSB DVjLG EWA

fl. GLAKA GVB1 IASL HJB HV JABVG JVAB LIB MGG NF SStB StadtAA StB SuStBA Tom UB ZBLG ZDB1 ZHF ZHVS

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Verzeichnis der Autorinnen und Autoren Dr. Astrid Blome, Institut für Geschichte, Universität Bremen Prof. Dr. Holger Böning, Zentrale Wissenschaftliche Einrichtung Deutsche Presseforschung, Universität Bremen Dr. Volker Depkat, Historisches Institut, Ernst-Moritz-Arndt-Universität Greifswald Prof. Dr. Sabine Doering-Manteuffel, Fach Volkskunde, Universität Augsburg PD Dr. Werner Greiling, Historisches Institut, Friedrich-Schiller-Universität Jena Ulrike Große M.A., Friedberg Ulrich Hagenah M.A., Staats- und Universitätsbibliothek Hamburg Oliver Hochadel M.A., Wien Friedrich Huneke, Bielefeld Dr. Karl-August Keil, Augsburg Dr. Thomas Kempf, Essen Dr. Gode Krämer, Städtische Kunstsammlungen Augsburg Dr. Hans-Jörg Künast, Staats- und Stadtbibliothek Augsburg Dr. Josef Mancal, Stadtarchiv Augsburg Prof. Dr. Gerhardt Petrat, Zentrale Wissenschaftliche Einrichtung Deutsche Presseforschung, Universität Bremen Prof. Dr. Thomas M. Safley, Department of History, University of Pennsylvania Dr. Lothar Schilling, Max-Planck-Institut fur europäische Rechtsgeschichte, Frankfurt am Main Nicole Stieb M.A., Augsburg Prof. Dr. Wolfgang E. J. Weber, Institut fur Europäische Kulturgeschichte, Universität Augsburg Prof. Dr. Wolfgang Wüst, Lehrstuhl fur Bayerische und Fränkische Landesgeschichte, Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg