Schneeglöckchen. Fibel [5. Aufl. [Ausgabe mit Lateinschrift]. Reprint 2020] 9783112374382, 9783112374375


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German Pages 133 [144] Year 1911

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Schneeglöckchen. Fibel [5. Aufl. [Ausgabe mit Lateinschrift]. Reprint 2020]
 9783112374382, 9783112374375

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SCHNEE­ GLÖCKCHEN FIBEL VON KARL H ESSEL. AUSGABE MIT LATEIN­ SCHRIFT.

^AUFLAGE. UNTER MITWIRKUNG VON HELENE L. KLOSTER­ MANN UND MARIA HESSEL. A.MARCUS L E.WEBERS VERLAG. BONN,1911.

Was klingt aus dem Haus dort wie Glöckchen ans Ohr? Der Kleinsten hellstimmiger Lesechor! Das läutet so froh den Frühling ins Land: Schneeglöckchen ist dies Buch genannt.

chneeglöckchen? Weshalb wir diesem an­ mutenden Blümchen die Patenschaft un­ serer „Fibel“ angetragen haben, daserklären die vorstehenden vier Zeilen. „Schnee­ glöckchen!“ das erinnert noch an den Kindergarten, und das erste Schuljahr soll ja auch vom Kindergarten oder der Kinderstube zur eigentlichen Lernschule überleiten. Die „Schneeglöckchen“ erscheinen zunächst in der vorliegenden Ausgabe mit Lateinschrift, d. h. mit voran­ stehender Lateinschrift. Dies ist geschehen als folgerichtige Durchführung der pädagogischen Grundlehre, man solle vom Einfachen zum Zusammengesetzten, vom Leichten zum Schweren gehen. Denn die lateinischen Großbuch­ staben in ihrer ursprünglichen Form, die sogenannten Druckbuchstaben oder Versalien sind nun einmal die einfachsten Formen unserer Schrift. Darum konnte diese Ausgabe auf unzusammenhängende Wortreihen völlig verzichten, die nach unserer Erfahrung das Lesenlernen den Kindern nur verleiden und darum erschweren. Die Übungen sind ganz nach den Vorschlägen von Frl. He­ lene L. Kl oster mann angeordnet, der Direktorin des Comenius-Seminars zu Bonn, die in dem hier folgenden eingehenden Vorwort die Grundsätze unserer gemein­ samen Arbeit für Lehrer und Eltern dargelegt hat. Alles in diesem Buch, Vorwort und Quellennach­ weise ausgenommen, ist für die Hand der Kinder. Jeder geschulte Lehrer erkennt ja doch sofort, daß die Nummern 8 bis 13 keinerlei Schwierigkeiten der Recht­ schreibung enthalten, Nr. 14 bis 41 einen methodischen

Kursus der Rechtschreibe-Schwierigkeiten darstellen, und daß von Nr. 42 ab ein Lesebüchlein geboten wird, das in­ haltlich nach dem Fortgang des Jahres geordnet ist. Bei der Auswahl der Lesestücke hat meine Tochter Maria Hessel ihre reichen Erfahrungen auf diesem Gebiet betätigen können: jeder Ausdruck ist immer wie­ der daraufhin geprüft worden, ob er für dies Lebensalter verständlich ist, und ob er „gemeindeutsch“ ist, da gerade die Kindersprache landschaftlich sehr verschieden ist. So ist „Oma“, ein in einer neuen Fibel wiederholt vor­ kommender Ausdruck für Großmama, hierzulande auch in der Kindersprache unbekannt. Eine Ausnahme bilden manche volkstümliche Kinderreime, die als uraltes Sprach­ gut nicht untergehen dürfen. In der Prosa haben wir stark aufgeräumt mit jenen altmodischen Stücken, die sich beharrlich von Fibel zu Fibel weiterschleppen. Da mußten wir denn öfter selbst zur Feder greifen; darüber ist im Quellennachweis Rechenschaft gegeben. Die Vers­ ehen auf die Lieblinge der Kinder aus der Blumen weit sind entstanden, weil die Kindergedichte zwar oft Blumen ver­ herrlichen, doch nicht bedenken, daß das Kind bestimmte Blumen liebt und an diesen wieder ganz bestimmte Eigen­ schaften. Diese Verse sollen zugleich in die Heimatkunde einführen und zur Naturbeobachtung anregen. Die frühe Vorführung zusammenhängender Stücke in Schreibschrift halten wir für besonders geeignet, die Rechtschreibung einzuprägen. Denn Rechtschreibung erlernt sich nicht durch Regeln und nicht durch Einzelbeispiele, sondern durch unbewußt haftende Vor­ stellungen von Wortbildern aus dem Zusammenhänge solcher Lesestücke, deren Inhalt und Form das Kind gefesselt hat. Ist dies Erinnerungsbild ein gedrucktes

Wort, so bedeutet die Niederschrift dieses Wortes bereits eine Übersetzung für das Kind. Ist das Erinnerungsbild aber ein geschriebenes Wort, so lebt das Vorbild genau so in der Seele, wie es niedergeschrieben werden soll. Die Vorführung zusammenhängender Schreibschrift ist darum der natürlichste und sicherste Weg zur Befestigung der Rechtschreibung. Auf diesem Gebiet ist noch viel zu tun, und unser Versuch ist nur ein Anfang. So, wie man jetzt in den Schulen arbeitet, sehen die Kinder von Schreib­ schrift nur ihre eigenen unbeholfenen Schriftzüge und das Wenige, was der Lehrer an die Schultafel schreibt. Scheint der Stoff vielleicht allzureich, so mag der Lehrer eine Auswahl treffen und kann manches getrost der freiwilligen Lesetätigkeit außer der Schulzeit überlassen. Uns ist nicht bange, daß dies nicht geschehen sollte. Die Anordnung der Stücke ging von der Annahme aus, daß das Schuljahr zu Ostern beginne; da nun die Stoffe zu der Jahreszeit passen sollen, wo sie durch­ genommen werden, so kommen Frühling und Sommer erst gegen Ende des Buches zur vollen Geltung. Bleibt einiges für das zweite Schuljahr zurück, das ist kein Unglück. Der Bilderschmuck und die Schrift, soweit sie nicht Letternsatz ist, ist von Herrn Professor N i g g, Lehrer an der Kunstgewerbeschule zu Magdeburg, entworfen, unter Mitwirkung seiner Schüler, der Herren Walter Beyer, Richard Daenert und Ernst Zoberbier. Die Bilder bitten wir als Buchschmuck zu betrachten, der hier und da die Kleinen auf den Inhalt des Gelesenen hinweist und ihre Lernfreude erhöhen soll. Koblenz, April 1911. Dr. Karl Hessel, Direktor der Hildaschule.

An die Lehrer und Eltern. Wir sind gewöhnt, den ersten Unterricht an eine Fibel anzuknüpfen. Hier soll derVersuch gemacht werden, kurz darzulegen, wie sich ein Anfangsunterricht gestalten läßt, der für die allererste Einführung in das Schreiben und Lesen von einem Buch ganz absieht und ein solches erst in Gebrauch nehmen läßt, wenn das Kind zusammen­ hängende Stücke, kleine Erzählungen, Versehen u. dgl. in großer deutlicher Druckschrift zu lesen imstande ist. Ein dieser Forderung entsprechendes erstes Lesebuch ist die in neuer Auflage hier vorliegende Fibel. Was bis zu ihrem Gebrauch im deutschen Unterricht geschehen soll, dazu soll dies Vorwort einige Winke geben. Von Bei­ spielen ließ sich weder hier, noch im Text selbst (Nr. 1 bis 7 des Büchleins) ganz absehen, einmal, damit die ersten Buchstaben in mustergültiger Form den Kindern dauernd vor Augen stehen, dann als Probe, wie wir uns die ersten Schreibübungen denken, auch für den Fall, daß bei einer Unterbrechung durch Krankheit oder Reisen die Eltern genötigt sind, dem Kinde zu Hause nachzuhelfen. Ich betone aber ausdrücklich, daß die Beispiele nicht gegeben sind, um der Reihe nach durchgenommen zu werden,, sondern daß es sich beim Unterricht selbst um eine freie Gestaltung nach bestimmten Grundsätzen handelt, in jeder Schule und in jedem Jahrgang wieder anders, weil nur so ein lebensvoller, dem Bedürfnis des Kindes Rechnung tragen­ der Übergang von der Kinderstube zur Schule möglich ist. Gestützt auf meine langjährige Beschäftigung mit den Fröbelschen Erziehungsgedanken, ließ ich in zwei Jahrgängen meiner höheren Mädchenschule und der zu

meinem Seminar gehörigen Übungsschule praktische Versuche in der Anwendung dieser Vorschläge machen. Diese Versuche bewährten sich so, daß ich nie wieder einen andern Weg einschlagen möchte, wohl aber hoffe, in der Ausgestaltung dieses Anfangsunterrichts von Jahr zu Jahr weitere fruchtbare Erfahrungen zu sammeln. Die Neuordnung des höheren Mädchenschulwesens hat ja glücklicherweise für die Handhabung der Anfänge alles Unterrichts die Bahn freigemacht. Die Ausführungsbe­ stimmungen vom 12. Dezember 1908 lassen es sogar dem Ermessen der Anstaltsleitung anheimgestellt, wann der eigentliche Leseunterricht beginnen soll. Es dürfte also sogar in der ersten Schulzeit ganz davon abgesehen werden, und allerdings erkennt ein für die geistige Ent­ wicklung des sechsjährigen Kindes geschärftes Auge leicht, daß nur sehr wenige von unsern als schulpflichtig erklärten Kindern die Stufe erklommen haben, auf der naturgemäß zum Schreiben und Lesen übergegangen werden kann. Allein es ist noch etwas anderes zu beachten: Das Kind kommt mit der Erwartung in die Schule, Schreiben und Lesen zu lernen; wer diese Erwartung täuscht, knickt mit ungeschickter Hand einen eben ans Licht sich drän­ genden Trieb, denn nie wieder kommt der Augenblick, wo die Seele des Kindes sich mit gleicher Empfäng­ lichkeit dem Neuen, Unbekannten, das die Schule bringt, zuwendet. Das Bedürfnis und der Wille, Schreiben und Lesen zu lernen, ist vorhanden. Damit ist schon sehr viel gewonnen, gleichviel ob der Zeitpunkt der rechte ist oder noch verfrüht. Gerade im letzteren Fall aber heißt es nun mit größter Sorgsamkeit die Bedin­ gungen nachträglich erfüllen, die zu einem ersprießlichen Fortschritt gehören.

Man mache sich ganz klar, was Schreiben und Lesen bedeutet: Schreiben ist die Sichtbarmachung der bis dahin nur hörbaren Sprache, Lesen die Zurückverwandlung sichtbarer Schrift in hörbare Sprache. Aber erst muß sich das Kind bewußt werden, daß seine Sprache über­ haupt etwas von den Dingen, die sie bezeichnet, Verschie­ denes ist, daß sie, -aus willkürlichen Lauten zusammen­ gesetzt, nur die Dinge bedeutet, also deutet, nicht ein­ mal nach der Auffassung des Kindes bezeichnet. Die natürliche Sichtbarmachung der Sprache für die Kindes­ stufe ist — nächst der plastischen Darstellung, durch die der Gegenstand selbst wiedergegeben wird — die Zeich­ nung, sie ist das Zeichen für die Sache und damit für das Wort, denn das Wort deckt sich für das Kind noch mit der Sache. Ganz unzertrennlich sind zunächst die beiden Vorstellungen verknüpft. Die erste Aufgabe des Unterrichts, der zum Schrei­ ben und Lesen führen soll, ist nun, die Vorstellung des Wortes von der der Sache loszulösen. Am geeignetsten sind dazu Eigennamen. Eigentlich sollte jeder Schreib­ unterricht damit beginnen, daß das Kind seinen Namen schreiben lernt. In der Tat bringen manche Kinder, die einen nach Lauten und Schriftzeichen einfachen Namen haben, die Fertigkeit, ihn zu schreiben, schon mit in die Schule. Unbewußt hat da der Vater oder die Mutter, vom Zufall oder von dem Bedürfnis des Kindes geleitet, den richtigen Ausgangspunkt für die Entwicklung der Schreibfähigkeit gefunden; im Elternhause würde sich daran naturgemäß alles Weitere anknüpfen lassen. Allein der Schule ist damit noch nicht gedient; es sind der Namen zu viele, und die meisten Namen bieten in ihrer Schreib­ weise auch zu große Schwierigkeiten, erhöhte Schwierig-

keiten durch die schwer zu schreibenden Formen unserer deutschen Buchstaben, namentlich der Großbuchstaben. Hier vor allem heißt es zurückgehen auf einfache An­ fänge, auf die Buchstabenformen, die unserer Schrift zu­ grunde liegen, die großen lateinischen Druckbuchstaben (Versalien), die auch im wahren Sinne des Wortes auf der Straße liegen, so daß die Anwendung der er­ lernten Formen im täglichen Leben sich ganz von selbst ergibt. Aus diesen einfachsten Buchstabenformen lasse man den Namen, der allen Kindern geläufig ist, vor der Kinderschar entstehen: MA-MA, man lasse sie von der „Mama“ erzählen, man bringe ihnen zum Bewußt­ sein, wie das Wort, aus der zweimaligen Wiederholung einer ganz einfachen Silbe bestehend, sich auch aus der Wiederholung derselben Zeichen zusammensetzt, man lasse sie beglückt der Mutter daheim den Beweis mit­ bringen, daß von ihr in der Schule gesprochen, geschrie­ ben worden ist, und das erste Band zwischen dem Leben und der Schule ist geknüpft. Die ganze weitere Folge sei eine Fortsetzung davon! Wer diese Aufgabe löst, wird bald die Gewißheit erlangen, daß er den rechten Weg eingeschlagen hat. Von selbst gegeben ist der Übergang von MA-MA zu PA PA, zu den Namen der Eltern gesellen sich einfache Mädchen- und Knabennamen: LI-LI,IDA, E-Mil, li-NA,R.u-Di, ganz wieder Zufall es fügt. IsteinKind dieses Namens in der Klasse, so ist es ein gegebener Anknüpfungspunkt, aus dem das Bedürfnis, alle übrigen Namen schreiben zu lernen, wie ein mächtiger Trieb her­ vorwachsen wird. Ist der Name nicht vertreten, so zaubert die Phantasie einen kleinen Gefährten oder eine Gefährtin vor, die nun in den Mittelpunkt tritt. Wir schreiben: WO IST ER.-NA? WAS TUT ERrNA? Dies geschieht am

besten an einer mit Netzlinien versehenen Wandtafel mit Buchstaben von etwa 10cm Höhe;die Kinder können zuerst diese mit Stäbchen legen, dann in kleinerem Maßstab zeich­ nen. Nur sorge man für Zusammenhang und knüpfe immer an das eigeneLeben der Kinder an. Aus dem Sach- und Be­ schäftigungsunterricht, der in den ersten Wochen einen breiten Raum einnehmen muß, werden sich leicht ge­ eignete Stoffe finden lassen. Gegeben sei z. B. ein Stück­ chen Gartenland, in dem die Klasse arbeiten darf, dann wird man etwa schreiben: 5A-M EN, KAN-NE, El-MER., WIR. GRA-BEN, WIR. HAR-KEN, WIR. 5A-EN 5A-MEN, WIR HA­ BEN EI-NEN GAR-TEN, WIR HA-BEN' BLU-MEN, Man wird Gartengeräte, wie Kanne, Eimer, Spaten zeichnen, buntmachen, ausschneiden, aufkleben lassen und den Namen darunter schreiben in der Schrift der Kinder, man kann kleine Samentäschchen aus Papier falten und SA MEN daraufschreiben, auf die Beetchen kleine Schil­ der mit RE-5E-DA,KLEE,KRE5-5Estecken u. dergl. Nicht alle Schulen sind so glücklich, über einen Garten zu verfügen. Ein anderer Stoff ist aber leicht gefunden. Ein Kind bringt einen Ball mit. DER BALL

IST RUND. WIR HA BEN EI-NEN BALL.MEIN BALL 157 ROT. DEIN BALL IST BLAU, Ähnliche Beispiele lassen sich

in Fülle finden, nur sorge man, daß sie der Wirklichkeit entsprechen, daß sie der Ausdruck dessen sind, was das Kind mit seinen Sinnen wahrnimmt, am besten immer Sätze, die von den Kindern selbst gefunden sind; man lasse sie plaudern, bis ein Satz kommt, der sich zur Niederschrift eignet, dann benutze man ihn als Stoff zum Schreiben. Das Lesen erstreckt sich zunächst nur auf das Selbstgeschriebene, dann auf das unter der Hand der Lehrerin entstehende Geschriebene an der Wand-

täfel. Einmal geschriebene Wörter benutze man immer wieder. WIR,DA,I5T,WO,EIN,IN,IM u. a. werden den Kin­ dern bald ganz geläufig sein. Besondere Ereignisse, durch die die Aufmerksam­ keit der Kinder gefesselt wird, dürfen nie unbenutzt vorübergehen. Bei uns lieferte einmal eine Amsel, die man vom Fenster des Schulzimmers aus beobachten konnte, den Stoff: AM-5EL,VO-GEL,EJ, NES7 mit entsprechenden Zeichnungen oder dem Formen der Dinge aus Ton; IM GAR-TEJsl I5J El-NE AM-SEj-DLE AM-5EL HAT EIN NEST IM NEST SIND EI-ER. Der Zusammenhang solcher

Stoffe mit Liedchen und Darstellungsspielen ist selbst­ verständlich. Vogelspiele werden bei so gegebener Ver­ anlassung einen viel tieferen Eindruck machen, als zu anderer Zeit. Auf unseren Schulhof kommen Tauben aus einem benachbarten Schlage. Die Kinder schreiben :TAU-BE DIE TAU - BEN KOM-MEN. EJ-NE T/^J-ßE IST WEISS. El-NE

TAU-ßE IST GRAU. WIR. GE-ßEN DEN TAU - BEN BR.OT

Das Wetter beschäftigt die Kinder. Sie schreiben: SON-NE, RE-GEN DlESON-NE SCHEINT SO SCHÖN DER RE GEN MACHT DIE BLU-MEN NÄSS. ES DON-NERT

und anderes. Ein Kind hat Geburtstag. Es wird geschrieben: WIR GRA TU LIE -REN, nach Belieben mit bunten Blumen und Sternen verziert. Ein Kind ist krank und fehlt in der Schule. Die andern schreiben der kleinen Freundin einen Brief: LIE BE IL SE WIR MA-LEN KIRSCHEN KOMM BALD WIE DER ZU UNS Natürlich müssen alle Kinder unter­

schreiben. Die Gelegenheit zu einem Brief werde nie versäumt. Die Schrift als Verbindungsmittel zwischen

getrennten Menschen kennen zu lernen, bedeutet ein Er­ eignis im Kindesleben. Der Brief kann, mit Umschlag, Aufschrift und Marke versehen, eigenhändig in den Kasten geworfen werden. Es ergibt sich als Schreibstoff: WIK HA BEN DEN BRIEF IN DEN KA-STEN GE WOK­ FEN DER POST-BO-TE- HOLT DEN BR.IEf'tr.A-RA DIE POST IST DA mit angeschlossenem Spiel, Zeichnen, Buntmachen eines Postwagens, eines Posthorns. DER. PO ST-WA-GEN IST GEJ.B ICH WUN-SCHE MIR. EJN pOs't-hOR.n und anderes.

Aus den angeführten Beispielen geht schon hervor, daß kleine Schwierigkeiten in der Rechtschreibung ruhig gewagt werden können. Sie werden tatsächlich viel leich­ ter überwunden als man annimmt. Natürlich müssen sie den Kräften der Kinder angepaßt sein, dürfen sich nicht zu sehr häufen und müssen durch Wiederholung befestigt werden, z. B. iE als langes i bezeichnet, inDiJ. WIE, NIE li Eß usw., Buchstaben, die zusammen einen Laut bilden, wer­ den im Anfang immer durch einen Bindehaken vereinigt. Hierher gehören El,CH.SCH.ST,SP, EN EM.EL,ER.,E 5,AU, Ej) Gefunden werden die Laute durch langsames Vor­ sprechen der Worte seitens der Lehrerin und Nachsprechen seitens der Kinder, sowie durch ganz kindliche phonetische und Artikulationsübungen. Die Silben finden sie durch Öffnen und Schließen des Mundes: bei einsilbigen Wörtern wird der Mund einmal, bei zweisilbigen zweimal aufge­ macht usw. Die Stimme sitzt im Hals und will heraus, wir machen ihr das Tor auf (Selbstlaute), wir halten ihr das Tor zu, durch die Lippen — durch die Zähne, durch die Zunge; sie kommt durch die Nase heraus (M.N) sie stößt das Tor auf, stark (F,T). sachte (B.D). sie schiebt sich durch (S.5CH), sie bläst wie der Wind (H.Ch), usw. Zuweilen

läßt man die Kinder schreiben, was sie wollen. Wenn es fehlerhaft wird, schadet es nichts; es ist ein Versuch in der Selbständigkeit. Man bediene sich dazu der Tafel, damit es wieder ausgewischt werden kann und keine falschen Wortbilder sich einprägen. Im übrigen aber be­ nutze man von Anfang an Papier und Bleistift, damit die Kinder behalten, was sie geschrieben haben. Die lateinischenVersalbuchstaben schreiben sich am besten im Netz. Wir benutzen Oktavheftchen (Breitformat, 11 zu 22 cm) mit Gevierten von 1 cm Seitenlänge. Mit den Blättern aus Netzpapier wechseln weiße Blätter zum Zeichnen ab. Das Breitformat eignet sich besser zum Zeichnen und vermindert die Schwierigkeiten beim Schreiben, weil die Lage für die kleine Kinderhand und den kurzen Arm viel bequemer ist. Auf jede Seite kommen entweder drei Reihen Schreibstoff oder in die Mitte ein geschriebener Satz und ringsherum ein Rand in einfacher Netzzeichnung, die den Kindern große Freude macht und ihre Geschick­ lichkeit für die Herstellung der Buchstabenformen erhöht. Schon nach wenigen Wochen wird man die Beob­ achtung machen, daß die Kinder berichten, wo sie die Buchstaben, die sie in der Schule gelernt haben, auch sonst sehen. Viele Kinder bringen Stücke von Zeitungen mit, wo auf den Anzeigenseiten die ihnen bekannten Schriftzüge vorkommen. Die Namenschilder in den Straßen fallen ihnen auf, zuweilen auch deutliche Poststempel. Man verwerte solche Entdeckungen sofort für die För­ derung der Kinder. Ein Lesespaziergang durch eine Straße, in der viele geeignete Namen zu lesen sind, be­ reitet ihnen eine festliche und fruchtbare Stunde. Die geeigneten Buchstaben in Zeitungsanzeigen können aus­ geschnitten, aufgeklebt und gesammelt, werden zu wei-

teren Zusammensetzungen von Wörtern. Will man den Kindern reichlichere Übung im Lesen verschaffen, so schreibe man fortlaufende kleine Erzählungen in ein­ fachen Sätzen an die Tafel und lasse sie von den Kindern lesen. Beispielsweise sei dieGeschichte vom Rotkäppchen erzählt worden. Die Kinder malen mit Buntstiften ein Bild dazu. Währenddessen schreibt die Lehrerin an die Tafel: R.OT-KAPP-CHEN GEHT IN DEN WALD ES HAT KU­ DA KOMMT DER. WOLF u. s. w. Das Schreiben an der Wandtafel, deren eine Seite wie die Heftchen mit Netzlinien versehen sein muß, wird natürlich auch seitens der Kinder geübt. Sehr bewährt hat sich die Übung, die Klasse die Buchstaben mit den Fingern bilden zu lassen, während ein Kind an die Wand­ tafel schreibt. So kommt sogar das Fingeralphabet, das sonst höchstens zu heimlicher Zeichensprache dient, im Unterricht zur Geltung. Die Kinder sind beglückt, wenn sie ihre Hände gebrauchen dürfen, und ihre Finger wer­ den gelenkig und gewandt. Im Laufe des Sommerhalbjahres wird bei fast allen Kindern die Kenntnis der sämtlichen Buchstaben und ihre Anwendung in einfachen Sätzen aus dem eigenen Sprach­ schatz erreicht. Wo die Sicherheit noch fehlt, wird sie oft in den Ferien ohne besondere Übungen erzielt. Die Kinder fahren mit den Eltern in der Eisenbahn. Da stehen die Namen der Orte mit den ihnen bekannten Schriftzeichen an den Bahnhöfen. Im Eisenbahnwagen, auf allerlei Schildern lesen sie Inschriften und erweitern ihre Kenntnisse und Fertigkeit im Lesen. Nach den Ferien werden die Erlebnisse etwaiger Reisen und Wanderungen berichtet und als Schreib- und Lesestoff verwertet. Jetzt kann auch von der großen CHEN UND WEIN

zur kleinen Druckschrift übergegangen werden. Begabte Kinder lesen letztere überhaupt von selber. Für die Schwächeren treten als Einführung die Anfangs-und die „Haupt“-wörter mit größeren Anfangsbuchstaben auf, z. B. Wir. woh-nen in Bonn Bonn ist am Rhein, Eine große Anzahl von Buchstaben kennen sie sofort, denn sie unter­ scheiden sich nur durch die Größe in der Groß- und Kleinschrift:Oo,Ss,li,Cc,Vv, Ww.Zz, die übrigen werden aus den bekannten Formen entwickelt, und zwar: a) durch Vereinfachung, z. B. H h,Ff, R.r, Bb,Tt,K k b) durch Herstel­ lung in einem oder wenigen SchriftzügenEe,Mm,Nn, am schwierigsten sind Aa und Lüg, aber man braucht den Kindern nur nahezulegen, daß es sich um etwas beson­ ders Schweres handelt, so sind sie mit doppeltem Eifer dabei und überwinden auch die Schwierigkeiten. In der nun erlangten Druckschrift mit Groß- und Kleinbuchstaben werden die Schreibübungen fortgesetzt, während für das Lesen die nachstehende Fibel neuen und reichlichen Stoff bringt. Wenn die Buchstabenformen bis zur völligen Sicherheit eingeprägt sind, kann aus der lateinischen Druckschrift die lateinische Schreibschrift entwickelt werden, indem man die Buchstaben durch feine Linien miteinander verbinden läßt und die Formen etwas abrundet. Aus Buch wirdßizc/i auslüsch wird Ti*ch aus Schu le; Mude usw. Die Kinder gewöhnen sich auf dieser Stufe leicht schöne, runde und ziemlich steile Schriftformen an, die leicht zu lesen sind, und bei denen die Haltung nicht leidet. Man sollte sie in dieser Schrift völlige Fertigkeit erlangen lassen, ehe man zur deutschen Schreibschrift übergeht. Sie lernen zwar auch diese und die deutsche Druckschrift(o=o; fastohneSchwierigkeiten.

Zum Schluß möchte ich nicht unerwähnt lassen, daß mir die verwandten Bestrebungen des Herrn Direk­ tor Wetekamp in Berlin-Schöneberg und andrer Metho­ diker wohlbekannt sind. Das Ausgehen von den latei­ nischen Druckbuchstaben ist ein so unverkennbarer Ge­ winn, daß dieser Gedanke wohl schon in vielen Schulen verwertet worden ist. Auch die Anwendung von Hand­ fertigkeiten, wodurch man Fröbels Forderungen zu er­ füllen glaubt, ist heutzutage nichts Neues mehr. Dem gegenüber aber erscheint es mir als eine weitere uner­ läßliche Forderung im Sinne Fröbels, daß auch Schreiben und Lesen als ein lebendiger Sproß des kindlichen Ent­ wicklungsganges angesehen und nicht als etwas Fremdes von außen an das Kind herangebracht werde. Es han­ delt sich hier um eine Methode, die nicht künstlich durch das Buch, sondern naturgemäß durch die Kinder selbst gegeben wird. „Nicht Kunst, nicht Buch“, sagt Pestalozzi, „das Leben selbst ist das Fundament der Er­ ziehung und des Unterrichts.“

Bonn, April 1911. Helene L. Klostermann Direktorin des Comenius-Seminars.

SCHNEE­ GLÖCKCHEN

4 El, DER. SCHÖ NE BRAUNE KUCHEN. RUNDUM ZIEHEN SIE BEN ROTE UND GEL-BE KERZEN, DIE

LEU CH-TE-N HELL. ILSE HAT GEBURTSTAG. SIE IST SCHON SIJ-ßEN JÄH-RE ALT DIE MUTTER HAT FÜR ILSE DEN KU-CHEN GE-BAKKEN. BALD BLÄST ILSE DIE LICHT­ LEIN AUS. DANN WIRD DER KUCHEN GEGESSEN. GE­ WISS SIND AUCH ROSINEN UND MAN-DELN DRIN.

2. WAU-WAU MACHT DER. GROSSE HUND. ER. IST BÖS. ER WILL NICHT MIT KLAUS SPNE-LEN. KLAUS V-/

V___ X

V-Z

HAT DEN BEL-LO GE NECKT. ER HAT IHM SEI NE WURST GENO/VVMEJN. DA­ RUM BRUMMT DER BELLO. ALS UN SER MOPS EIN MOPS- CH EN WAR, DA KONNT ER FREUND-LI CH SEIN NUN BRUMMT ER AULE TAGE UND BELLT NOCH O-BEN-DREIN.

3. WEM GE HÖ REN DIESE SCHÖ-NEJN SACHEN?-^IIST DAS CHRISJEKIND DA GE-WE-5EN 0-0 ER

WAR GEBURTS TAG. SEHT DEN ROTEN HAM-PEL-MANN UND DAS PÜPP-CHEJN IN DER WIE-GE UND DIE BUNTEN BÄLLE. SEHT DAS SCHÖ NE PFERD DI_E'~EI-SENBAHN UND'" DEN SOL- DA-TEJN MIT DEM GRÜNEN FE­ DER-HUT

4. IN DER BLAU-EN WIE-GE SCH LÄ FT EIN LIE-BE5 KIND. ES WAR SO MÜD. DAS PÜPP-CHEJN

LIEGT UNTEN. DAS FLÄSCH-CHEN IST leermaut-ter HAT DAS KIND WA RAA ZU-GE-DECKT KIND CHEN SCHLAF!

STIL-LE, STILL! KEIN GERÄUSCH G E-AAAQH T! DA­ RUM SEID NUN ALLE STILL. WEIL AAEIN KIND-CHEN SCH LA-FEN WILL STIL LE, STILL!

ÄH-REN-FELD? WIR WOLLEN BLU-MEN bre-chen IN DEM

ÄH-REN-FELD. WIR WOLLEN UNS VER5TEIVKEJN. KEI-NER KANN UNS SE-HEJM. KEI-NER KANN UNS FIN-DEN. NUR DER BLAU-E H IM-MEL SCHAUT INS ÄHREN-FELD. DIE ÄH-REN, WAS SCHWAN-KEN UND RAU SCHEN SIE SO? Sljs WOLLEN'GOTT DAN-KEN, DRUM RAU-SCH EN SIE SO.

6.KOMMT IHR WEIS­ SEN SCHWÄ-NE, ZU MIR HER ANS LAND. ICH GEB EUCH BROT UND ZUK-KER. ICH

WILL EUCH STREI­ CHELN. IHR HABT SO GROS-SE FLÜ­ GEL. KÖNNT IHR AUCH FLIE-GEN? NEHMT MICH AUF EUREN RÜK-KEN, ICH HALTE MIQH FEST AM HALS. LASST MICH MIT EUCH SCHVVIM"MEN AUF DEM BLAU EN WAS­ SER IHR' LLE-BEN v SCHWA-NI E.

7. IM SOM-MER WA­ REN DIEÄP-FELGRÜN UND HART. IM FRÜH­ LING WAREN ES BLU­ TEN ROT UND WEISS.

JETZT SIND SIE END­ LICH GELB UND REIF. DA FREU-EN SICH DIE KIN-DER-LEIN. UN-TER DEM BLÜH EN-DEN A P - F ELBAUM TRÄUMT ICH EI-NEN SCHÖ-NEIN TRAUM: ÄP FEL GOL­ DEN WIE KER-ZENSCH EJ N. DA-RÜBER SCHWEB-TE DAS CHRIST-KIND­ LEIN.

8.

Der. ist in

den

Busch ge-gan-gen, DER

HAT

DRIN

Häschen

EIN

getan-

GEN, DER HAT ES NACH H AUS

der

ge-tra-gen,

hat

es

im

Schmalz ge braten, UND

DER

KLEI-NE

Schelm da hat es dem

Jä ger

GESAGT.

9. Eins, zwei, drei, alt ist nicht neu, neu ist nicht alt, warm ist nicht kalt, kalt ist nicht warm, reich ist nicht arm.

10. Ida, Eva, Li-li, Ro-sa, Do-ra, Lu-ise, Gre-te, Pau-la, Il-se, Lo-ra, Hil-da, Ir ma, Er-na, Mar-ta, Ber-ta, Kla-ra, Tru-de, Kar-la, Hed-wig, Her-ta, Kä-te, Ger-trud, Irm gard, Li- na, Ma-ria, Eri-ka, Ade-le, Tri-na, Emi - lie, He-le-ne, Wil - hei - mi - ne, Hil-de-gard, Au-gu-ste, Ka-ro-line.

11. Max, Paul, Karl, Ernst, Hans, Klaus, Emil, Adolf, An-ton, Franz, Ge-org, Al-Bert, Wer-ner, Rein-hard, Os-kar, Hu-go, Hel-mut, Mein - hard. Her-mann, Kon-rad, Pe-ter, Ar-nold, Au - gust, Al - fred, Gu - stav, Leo - pold, Ro-bert, Hein-rich, Wil-helm, Fer-di-nand, Ju-li-us, Isi-dor und Hil-de-brand. 3

17

12. Das Häs-lein. Häs-lein war auf dem Ra-sen, wei-de-te, rupf, zupf. Es war Nacht. Häs-lein war mü-de. Es hüpf-te in den Wald, such-te sein La-ger. Schlaf, mein Häs-lein, schla fe nun!

13. Das Oster - häs - eben. Der Win-ter war zu En-de; es kam das schö-ne Oster-fest. Schon am Mor-gen war das Oster-häs-chen auf dem Weg ins Dorf. Wo in ei-nem Haus ein ar-ti-ges Kind war, da leg te das Oster-häs-chen Ei-er in den Gar-ten und hüpf-te fort. El-sa und Al-bert ka men in den Gar­ ten; hui, glänz - ten da Ei-er im Ra-sen! Drei la gen un-ter dem Ap-fei-bäum, ande-re am Ha-sei-husch. Ein gel-bes Ei lag zwi - sehen zwei Veil - eben. El-sa und Al­ bert spran-gen vor Freu - de. Das Oster-häs-chen war aber nicht zu fin-den; es war schon fort, um auch ande-re Kin-der zu er-freu-en.

14. Troß, troß, trill, der Bau er hat ein Füll, das Füll eben will nicht lau fen, der Bau er will’s ver kau fen.

15. Schön ste Ro se, fall nicht ab, bis ich komm und brech dich ab. Wenn schon bö se Dor nen ste eben, will ich doch das Rös lein bre oben.

16. Han sei mann ist ins Was ser ge fal len, hab es hö ren plum pen, er dacht, er wär ein großer Herr, ist nur ein klei ner Stum pen.

17. Brü der lein, fleißig sein! schaffen, schaffen, schaffen und nicht im mer gaf fen!

18. Ei, Müt ter lein, mein Müt ter lein, das Gäns lein ist im Gar ten. Jag’s hin aus, jag’s hin aus, es tut mir gro ßen Scha den. Ei, Mütterlein, mein Mütterlein, das Gäns lein will mich bei ßen. Nimm ein Gä bei eben, schlag’s aufs Schnä bei eben, dann wird es nim mer bei ßen.

19. Eia po peia! das Süpp lein ist gut, wenn man brav Butter und Zukker drein tut. But ter und Zuk ker und Man del kern, das es sen die klei nen Büb lein so gern. Eia po peia! das Süpp lein ist gut, wenn man brav Butter und Zuk ker drein tut.

20. Hopp, Ma ri ann eben, hopp, Ma ri ann eben, laß das Pupp eben tan zen! Hat so schö ne Röck eben an, hin ten und vor ne Schell eben dran, rund herum mit Fransen! Hopp, Ma ri ann eben, hopp, Ma ri ann eben, laß das Pupp eben tan zen!

21. Zik ke lein, was kla gest du, mekkerst du meck, meck? Im dun kein Stall mag ich nicht sein, ich su ehe Licht und Son nen schein, dar um, dar um meck re ich, meck re meck, meck, meck.

22. Trab, Pferd eben, tra be, wirf den Rei ter abe! Der Rei ter ist nichts nüt ze, wälzt sich in der Pfütze.

23. Bin der Herr von Trip pen - Trap pen, trag ein Kleid von bun ten Lap pen, auf dem Kop fe ro ten Putz, scharre gar zu gern im Schmutz.

24. Am Hirn mels saal, dem blau en, kann man Vög lein schau en, schwim men dort ein her, gleich Fisch lein in dem Meer.

25. Das Vög lein schläft im Ne ste, im wei eben, war men Moos, mein Plätz eben ist das be ste, in mei ner Mut ter Schoß.

26. Erst weiß wie Schnee, dann grün wie Klee, dann rot wie Blut, schmeckt al len Kin dem gut. 27. Häs eben in der Gru be saß und schlief; ar mes Häs eben, bist du krank, daß du nicht mehr hüp fen kannst? Has hüpf, Has hüpf! 28. Im kla ren Bach die Fisch lein, die he ben Kopf und Schwänz lein, sie schwim men lu stig hin und her, sie schwim men in die Kreuz und Quer, die klei nen Fisch lein die. 29. Es war ein mal ein Mann, der hießPumpan, und sei ne Frau hieß Lie se; da kam ei ne große Wie se, da muß ten sie drei mal niesen, hazie! ha ziel hazie!

30.

Es wohnt in ei nem klei nen Haus, dar aus geht nie mals es her aus; und will’s an ei nen an dem Ort, so trägt’s das Häuslein mit sich fort.

31.

Mai kä fer, flieg, dein Vater ist im Krieg, dei ne Mut ter ist in Pom mer land, Pom mer land ist ab ge brannt. Mai kä fer, flieg. 32. Gro ße Uh ren ge hen: tick — tack — tick — tack. Klei ne Uh ren ge hen: tick, tick — tack, tack — tick, tick—tack, tack. Und die kleinen Taschenuhren: tik ke, tak ke, tik ke, tak ke — tik ke, tak ke, tick.

33. Kuk kuck, Kuk kuck ruft aus dem Wald. Las set uns sin gen, tan zen und sprin gen! Frühling, Frühling wird es nun bald.

34. Der ist ins Was ser ge fal len, der hat ihn her aus ge zo gen, der hat ihn ins Bett ge­ legt, der hat ihn warm zu ge deckt, und der klei ne Schelm da hat ihn wie der aufge weckt

35. Schnee wei ßer Schwan, schwimmst ohne Ruh, so stolz den Hals ge bo gen, hätt Flü gel ich so schön wie du, längst wär ich fort ge flo gen.

36. Geht ein Männ chen über die Brück, hat ein Säck chen auf dem Rück, legt es auf den Pfo sten, Pfo sten kracht, Männ chen lacht, Männ chen fällt in Ohn macht. 37. Al le mei ne Ent chen schwim men auf dem See, Köpf chen in dem Was ser, Schwänz chen in die Höh.

38. Das Huhn gagakt, die En te quakt, die Glock schlägt sechs, steh auf, steh auf, du faule Hex!

39. Hei del bee ren. In Ham bürg und an ders wo nennt man die Hei del bee ren Bick bee ren. Bick bee­ ren! blaue Bick bee ren! Aha, da ruft ei ne Bick bee ren trau. Bit te, Ma ma, laß uns heu te Bick bee ren mit Milch es sen! — Schnell lauf ich hin unter mit unserer größ­ ten Schüs sei. Blank und trok ken sind die Bick bee ren un ter den grü nen Blät tern von Farn kraut. Sie duf ten nach dem Wal­ de. Die Ver käu fe rin hat ganz blaue Hän­ de be kom men. Ich la ehe da rü ber, aber ich den ke nicht, daß es mir eben so ge hen kann. Auf der Trep pe stek ke ich flink ei ne Hand voll Bee ren in den Mund. Ha, wie die schmek ken! Nicht sehr süß, aber so frisch und gut. Ich tre te in uns re Tür. Ma ma, hier sind die Bick bee ren! Ma ma sieht mich an, schüt telt mit dem Kopf und gibt mir ganz ver gnügt ei ne klei ne Ohr­ fe! ge. Da, weil du ge nascht hast. O, wo­ her weißt du das? sa ge ich klein laut. Ja, be sieh mal dei nen Mund im Spie gel! sagt Ma ma. O weh, o weh!

40. Storch, Storch, Langbein, wann fliegst du ins Land herein, bringst dem Kind ein Brü der lein? wenn der Roggen reifet, wenn der Frosch pfeifet, wenn die gold nen Ap peln in der Ki ste rap peln. 41. Auf uns rer. Wie se ge het was, wa tet durch die Sümp fe, es hat ein wei ßes Jäcklein an, trägt auch ro te Strümp fe; fängt die Frö sehe, schnapp, wapp, wapp! klap pert lu stig, klap per di klapp! Wer kann das er-

42. Wo bin ich gewesen? Wo bin ich gewesen? nun rat einmal schön! Im Wald bist du ge we sen, das kann ich ja sehn. Spinn we ben am Kleid dien, Tan na dein im Haar, das bringt ja nur mit, wer im Tan nen wald war.

Was tat ich im Wal de? sprich, weißt du das auch? Hast Beer lein ge pickt von dem Hei del beerstrauch, o, sieh nur, wie blau um das Münd eben du bist, das be kommt man ja nur, wenn man Hei delbee ren ißt.

43. Die Nußschale. Die klei ne Hil de fand ein mal im Gar ten ei ne Nuß, die war noch in der grü nen Scha le. Hil de glaub te, es wä re ein Ap fei, dar um biß sie hinein. Aber da machte sie ein Gesicht, rief: pfui, wie bitter! und warf die Nuß auf die Erde. Ihr Bru der Karl stand da bei, der war klü ger. Er hob die Nuß wie der auf, schäl te die grü ne Scha le ab und sag te: Die grü ne Scha le kann man frei lieh nicht es sen, auch hier die har te brau ne Scha le nicht, und auch die wei ehe gel­ be Schale nicht, aber dann kommt ein süßer Kem, der soll mir prächtig schmekken.

44. Wem ge hört der Ap fei? Ot to warf ei nen gold gel ben Ap fei fort, der war wur mig. Häß li eher Wurm! stiehlst un se re Ap fei I schimpf te er. Die Mut ter sag te: Das Würm dien denkt, das wä re sein Ap fei, sein Haus dien und sei ne Spei se. Der lie be Gott schenkt die Äp fei nicht uns al lein. Wem denn noch? fragte Otto. Die Mutter sagte: Die Blü ten ha ben Ho nig für die Bie nen, die Äp fei Saft für die Würm dien; dann na sehen gro ße Am sein und klei ne Spat zen da von, Wes pen schlüp fen hin ein, Amei sen und Kä fer dien kom men und es sen, und zu letzt im Kel 1er die Maus dien, und je des denkt, das wä re sein Ap fei. Da nahm Ot to den Ap fei wie der auf und aß, was das Würm oben üb rig ge las sen hat te.

45. Rätsel. Im Baum an kur zen Stäb dien schau kein run de Knäb dien, gelb, grün, und auch mit Fleck dien und dun kel ro ten Bäck dien; oft springt ins Gras ein Büb lein rot, dann weint es, und wir küssens tot.

46. Die Sperlinge im Weinberg. I.

Wohin willst du denn, Spätzchen? fragte ein Sperling den andern. Ei, meinte der andere, ich weiß es eigentlich nicht recht, aber hier möchte ich nicht bleiben. Sie waren nämlich beide auf einem Acker, der frisch gepflügt war. Nun, so wollen wir einmal dorthin gehen, meinte der an­ dere. In der Nähe war ein Weinberg, dahin guckte er und nickte mit dem Köpfchen, und beide flogen hin. Da fanden sie ganz herrliche reife Trauben, die schmeckten ihnen trefflich, und sie sagten fortwährend zu einander: Hübsch I hübsch! hübsch! hübsch! hübsch!

II.

Wie das die andern Sperlinge hörten, die in der Nähe waren, da flogen die auch hin und wollten sehen, was es da gäbe. Da fanden sie die herrlichen Trauben und sagten auch fort­ während: Hübsch! hübsch! hübsch! hübsch! und aßen nach Herzenslust. Die vielen Spatzen machten ein solches Geschrei, daß der Herr des Wein­ berges herbeigeeilt kam, um zu sehen, was da wäre. Wie er die Sperlinge sah, nahm er eine Klapper und klapperte damit. Da erschraken die Spatzen und flogen alle davon. Es dauerte aber nicht lange, da waren die Spatzen wieder da, und wenn der Mann die frechen Gäste los sein wollte, mußte er wieder klappern.

47. Kätzchen im Stroh. Eia, popeia, was raschelt im Stroh? das Kätzchen geht barfuß, das Mäuschen ist froh. Der Schuster hat Leder, kein Leisten dazu, drum kann er dem Kätzchen auch machen kein Schuh.

Eia, popeia, was raschelt im Stroh? das Kätzchen geht barfuß, drum raschelt es so.

48. Mäuschen. Mäuschen, Mäuschen, lauf in dein Häuschen, spring in dein Loch, sonst kommt das Kätzchen und fängt dich doch! Grau, grau Mäuschen, bleib in deinem Häuschen, frißt du mir mein Butterbrot, kommt das Kätzchen und beißt dich tot.

49. Rätsel. Es ist eine lebendige Mausefalle, die kennen wohl die Kinder alle, bald ist sie weiß, bald schwarz, bald grau und schreiet stets miau! miau!

50. Rätsel. Man schüttelt es vom Bäumchen, ist mitten drin ein Steinchen, ist innen gelb und außen blau; wer rät mir das? wer ist so schlau? 4

33

51. Sonnenschein. Es hatte so lange geregnet. Endlich, endlich blickte die liebe Sonne wieder aus den Wolken, und die Wolken flogen schnell auseinander, wie ein Vorhang zurückgeschoben wird. Der blaue Himmel war wieder da. Wie freuten sich die Kinder! Man sah keinen Regenschirm mehr und bekam keine nassen Füße mehr. Nur wenn man über die Pfützen springen wollte, die hier und da noch auf der Straße waren, platschte man manch­ mal noch ins Regenwasser. Aber das war schön, und die Kinder sprangen sogar noch einmal zu­ rück, um das Vergnügen noch länger zu haben. Und zu Hause bettelten sie alle, daß der Vater mit ihnen in den Wald gehen solle. Dafür war es aber doch noch zu naß.

52. Wenn es regnet. Es regnet, es regnet, der Kuckuck wird naß, bunt werden die Blumen, und grün wird das Gras! Der Regen bringt Segen, und werden wir naß, so wachsen wir lustig, wie Blumen und Gras.

Es regnet, es regnet, der Kuckuck wird naß, wir sitzen im Trocknen, was schadet uns das?

DJ. Im Kinderzimmer. Und regnet’s noch immer, dann bleibt man zu Haus und spielt in dem Zimmer. Soldaten, heraus! Zum Sieg, ihr Soldaten! Musik und Geschütz ! Tut mutige Taten, ich führ euch, der Fritz. 4*

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55. Schlößchen. Reite, reite, Rößchen, droben steht ein Schlößchen, droben steht ein schönes Haus, gucken drei schöne Jungfern heraus. Die eine wickelt Weide, die andere spinnet Seide, die dritte strickt einen roten Rock für den Bruder Jakob.

56. Kniereiter. Troß, troß, trill, der Bauer hat ein Füll; ein Füllchen hat der Bauer, das Leben wird ihm sauer; sauer wird ihm das Leben, der Weinstock der trägt Reben; Reben trägt der Weinstock, Hörner hat der Ziegenbock; der Ziegenbock hat Hörner, Im Wald da wachsen Dörner; Dörner wachsen im Wald, der Winter der ist kalt; kalt ist der Winter, das Lied ist aus, ihr Kinder.

57. Jung Häschen. Jung Häschen war neugierig und wollte alles sehen, auch das, was es nicht sehen sollte. Wenn es ein Geräusch hörte, gleich stellte es sich auf seine Hinterfüße, machte ein Männchen und schaute sich um. Die Hasenmutter sprach immer zu ihm: Jung Häschen, leg dich ins Gräschen! Aber es gehorchte nicht. Einmal ging es im Felde immer puff! puff! Da dachte jung Häschen: Was mag das nur sein? und es stellte sich wieder auf seine Hinter­ füße, machte ein Männchen und schaute sich um. Was sah es denn? einen Mann und einen Blitz. Puff! puff! ging es, und jung Häschen lag im Gräschen und machte kein Männchen mehr.

58. Birnenbaum. Steht ein schöner Birnenbaum, steht in unserm Garten, und ich hab mich drunter gestellt, bis ein Birnlein niederfällt. Schöner Birnenbaum im Garten, sag, wie lang soll ich noch warten?

59. Das Fischlein. Ein kleines Fischlein wollte nicht mehr in seinem Bach bleiben. Es schwamm den Bach hinab und in den See hinein. Da kamen aber viele große und böse Fische daher, die jagten ihm nach den ganzen Tag. Sie wollten es fangen und verschlukken. Das Bachfischlein schwamm in großer Angst und suchte wieder seinen Heimweg. Als es ihn gefunden, schwamm es schnell in seinen stillen Bach hinauf und war wieder froh über die alte, kleine Heimat.

60. Puppen-Geburtstag. Komm, Gertrud, sagte Walter zu seiner Schwe­ ster, wir wollen Mutter und Kind spielen. Ich bin der Vater, du bist die Mutter, und deine Puppe ist das Kind. Was soll ich denn sein? fragte Herbert, ich will auch mitspielen. Du bist der Onkel, du mußt zu uns zu Besuch kommen. Das war nun allen recht, und sie spielten PuppenGeburtstag. Ein Brötchen war der Geburtstags­ kuchen. Der Sofaschoner war die Tischdecke. Sie­ ben abgebrannte Streichhölzer waren die sieben Lichter. Walter schenkte der Puppe ein Schiff aus Papier, Gertrud ein Kleid und Herbert einen Hampelmann. Dann mußte die Puppe den Geburtstagstisch be­ sehen, und sie mußte sich bedanken und durfte mit dem Hampelmann spielen. 5

49

61. Puppen-Wiegenlied. Jetzo, mein Püppelein, sing ich dich ein! Draußen, da ist es kalt, ist beschneit Feld und Wald; aber in deinem Bett liegt es sich nett.

Schlafe, mein Püppelein, schlafe nun ein! Tu nun die Augen zu, schlaf nun in guter Ruh! Schnell ist ja hin die Nacht, eh wir’s gedacht.

Morgen schon früh um acht sind wir erwacht, wünsch ich dir gute Zeit, zieh ich dir an dein Kleid, nimmst du das Süppelein froh mit mir ein. Und zu der Großmama, heisasassa! gehen dann du und ich. Juchhe, wie freu ich mich! Guten Tag, Großmama, jetzt sind wir da!

62. Eine klein winzige Geschichte. Es ist einmal ein klein winzig winziges Weibchen gewesen, das hat ein klein winzig winziges Häuschen gehabt, und in dem klein winzig winzigen Häuschen war ein klein winzig winziges Ställchen, und in dem klein winzig winzigen Ställchen ein klein winzig winziges Kühlein. Und dieses klein winzig winzige Kühlein hat ein klein winzig winziges Töpfchen Milch gegeben, und dies klein winzig winzige Töpfchen Milch hat sie in ihrem klein winzig winzigen Stübchen aufgestellt, und da ist ein klein winzig Kätzchen gekommen und hat das klein winzige Töpfchen Milch ausgeleckt, da hat das klein winzig winzige Weibchen gesagt hinaus, Katz, hinaus!

63. Kuchenbacken. Bidee backe Kuchen, der Bäcker hat gerufen, hat gerufen die ganze Nacht, bis mein Kind ist aufgewacht. Wer will gute Kuchen backen, der muß haben sieben Sachen, Eier und Schmalz, Butter und Salz, Milch und Mehl, Safran macht die Kuchen gehl. Schieb’s geschwind in den Ofen!

64. Butzemann. Es tanzt ein Bi-Ba-Butzemann in unserm Haus herum, di-dum. Er rüttelt sich, er schüttelt sich, er wirft sein Säckchen hinter sich. Es tanzt ein Bi-Ba-Butzemann in unserm Haus herum.

65. Schulkinder. Zwanzig kleine Kinder seh ich gehn, wollen in die Schule, das ist schön, wollen fleißig lernen, das ist fein, fleißig müssen Kinder allzeit sein.

Fängt es an zu läuten: bim, bam, bum, ist die lange Schulzeit schon herum, sagt der Lehrer: Kinder, nun ist’s aus! eilen zwanzig Kinder froh nach Haus.

66. Tintenfaß. Ene, dene, Tintenfaß, geh in die Schul und lerne was. Wenn du was gelernet hast, komm nach Haus und sag mir das. Ene, dene, Tintenfaß, geh in die Schul und lerne was. Ene, mene, Sandbüchs, bleib daheim, du kannst nix.

67. Guten Morgen! Die Sonne schlief die ganze Nacht, nun aber ist sie auf und lacht. Nun treiben wir den Schlaf heraus und rufen froh durchs ganze Haus: Guten Morgen, guten Morgen!

68. Laternenlied. Laterne! Laterne! Wie Sonne, Mond und Sterne so leuchtest du uns wunderschön, wenn wir mit dir spazieren gehn. Wir haben all Laternchen, die leuchten wie die Sternchen. Laterne! Laterne! Wie Sonne, Mond und Sterne die Welt erfreun mit ihrem Schein, so sollst du unsre Freude sein. Wir haben all Laternchen, die leuchten wie die Sternchen.

69. Was hast denn du? Die Schnecke hat ein Haus, ihr Fellchen hat die Maus, der Sperling hat die Federn sein, der Schmetterling schöne Flügelein. Nun sage mir, was hast denn du? Ich habe Kleider und auch Schuh und Vater und Mutter, Lust und Leben, das hat mir der liebe Gott gegeben.

70. Lämmchen im Klee. Ma, Lämmchen, mä, das Lämmchen lief in Klee.

Es stieß sich an ein Steinchen, da tat ihm weh sein Beinchen, da schrie das Lämmchen mä! 54

Es stieß sich an ein Sträuchelchen, da tat ihm weh sein Bäuchelchen, da schrie das Lämmchen mä! Es stieß sich an ein Gräschen, das kitzelt ihm sein Näschen, da schrie das Lämmchen mä! Es stieß sich an ein Stöckchen, da tat ihm weh sein Köpfchen, da schrie das Lämmchen mä und lief nicht mehr in Klee.

71. Das geschorene Schäfchen. Ein Schäfchen wurde zum ersten Male ge­ schoren und hielt geduldig stille. Als es aber geschoren war, wurde es traurig; denn es fror sehr, so daß das arme Tierchen am ganzen Leibe zitterte. Und das sah der liebe Gott im Himmel, und er schickte ein warmes Lüftchen und schönen Sonnenschein. Da wurde das gute Schäfchen wieder munter und froh. Das Schäfchen hat einer Bäuerin gehört, und die Bäuerin hatte ein kleines lustiges Büblein. Es ist aber Winter geworden; da war das Büb­ lein nicht mehr lustig, denn es war sehr kalt, und das Büblein zitterte oft vor Frost. Die Mutter aber strickte ihm aus der Wolle des Schäfleins ein warmes Leibchen und ein Paar warme Strümpfe und legte alles dem Büblein an. Da wurde es wieder lustig und munter, und es freute sich, daß der liebe Gott ihm das Schäfchen gegeben, das so warme Wolle für die Menschen hat.

72. Regen. Regen, Regen rauschet, Kindchen stille lauschet, immer geht es platsch, platsch, platsch, an das Fenster klatsch, klatsch, klatsch!

Regen, Regen rinnet, Kindchen sich besinnet, ob es auch wohl tropf, tropf, tropf, fällt auf seinen kleinen Kopf.

Regen, Regenschauer, freuet sich der Bauer; werden seine Wiesen naß, wird auch groß das grüne Gras.

73. Schwalbenlied. Als ich Abschied nahm, als ich Abschied nahm, waren Kisten und Kasten schwer. Als ich wiederkam, als ich wiederkam, war alles leer.

74. Im Schnitzelputz-Häuschen. So geht es im Schnitzelputz-Häuschen, da singen und tanzen die Mäuschen, die Kätzchen, die schlafen in Ruh, so geht es im Schnitzelputz-Häuschen zu.

75. Der erste Schnee. In der Nacht fing es an zu schneien. Als man am Morgen erwachte, lag Schnee auf der Erde. Schnee lag auf dem Dache und im Hofe, Schnee lag in den Straßen und auf den Beeten im Garten. Ha ha ha! lachte das kleine Gretchen, und es freute sich über das weiße Hütchen, das der Schorn­ stein trug. Doch der Sperling freute sich nicht, er saß auf dem kalten Dache. Seine Körnlein waren zuge­ schneit, er fand kein Morgenbrot. Bald schmolz der Schnee. Da fand der Sperling Körnlein und war erfreut darüber.

76. Rätsel. Weiß wie Kreide, leicht wie Flaum, weich wie Seide, feucht wie Schaum.

77. ABC. A, B, C, das Kätzchen lief in Schnee, und wie es wieder heraus kam, da hat es weiße Höschen an. O jemine, o je!

A, B, C, das Kätzchen lief zur Höh; es leckt sein kaltes Pfötchen rein und putzt sich ab die Höselein und ging nicht mehr in Schnee.

78. Der Fuchs und die Enten. Der Fuchs hat am frühen Morgen Wald und Feld durchstreift. Gern hätte er ein Häslein erwischt, aber nur einige Mäuschen hat er gefangen, er ist noch recht hungrig, und die Jungen daheim möch­ ten auch gern etwas haben. Vielleicht ist dort am Teiche noch ein fetter Bissen. Am Ufer flattern die Enten; ob nicht eine zu erhaschen ist? Leise schleicht sich unser Füchslein durch das Gras. Schon ist es dicht am Ufer, brr! brr! da fliegen die Enten weg. Nur eine alte Ente bleibt auf dem Wasser und lacht den Fuchs aus.

79. Ein Kinderspiel. Miesekätzchen, wo bist du gewesen? im Kämmerchen. Was hast du da gemacht? aß Milch und Semmelchen. Wo hast du denn dein Lösseichen? entzwei gebrochen. Wo hast du denn dein Teilerchen? entzwei geschmissen. Husch, aus der Kammer! husch, aus der Kammer!

80. Feine Geschenke. Ich schenk dir was. Was ist denn das? Ein silbernes Warteinweilchen und ein goldiges Nixelchen in einem niemalenen Büchselchen.

81. Mäuschen. Mauskätzchen, wo bleibst du? In unserm Häuschen sind schrecklich viel Mäuschen, die pfeifen und rappeln und trippeln und trappeln in Kisten und Schränken, auf Tischen und Bänken; sie stehlen und naschen, und will man sie haschen, wupp! sind sie fort.

82. Die freche Gesellschaft. Wir Kinder hatten im Garten gesessen, hatten getrunken dort und gegessen, gingen spazieren darauf durch die Büsche, kamen zurück und — ei, der tausend, eine Gesellschaft fanden wir schmau­ send, trinkend und jubelnd an unserem Tische. Es waren Leut, ganz anders als wir, hatten so ihre eigne Manier, schön in Kleidern mit Federn geziert, taten sie doch sehr ungeniert, standen frech auf Tisch und Bank, schrieen gewaltig mit lautem Zank, konnten das Kratzen und Beißen nicht lassen, stiegen zuletzt gar in Teller und Tassen. Ja, ihr meint, es wär nicht zu glauben? gut, so hört die Namen an: Jungfer Ente und Fräulein Tauben, die Frau Huhn, Herr Spatz, Herr Hahn nebst Familien waren da; aber kaum, daß man uns sah, flogen sie alle mit Saus und Braus wie der Wind zum Garten hinaus, und aus war es mit dem Schmaus.

83. Hinkelchen. Mein Hinkelchen, mein Hinkelchen, was machst in unserm Garten? pflückst uns all die Blümchen ab, machst es gar zu arg. Mutter wird dich jagen, Vater wird dich schlagen. Mein Hinkelchen, mein Hinkelchen, was machst in unserm Garten?

84. Der Spitz. In unserm Hofe steht ein kleines, graues Haus. Es hat eine Tür, aber das ist nur ein Loch, das steht immer offen. Fenster hat das Häuschen keine. Es ist die Hundehütte. Sie gehört dem Spitz. Der Spitz ist der Haushund. Er ist grau und hat einen dicken Pelz, fast wie ein Bär. Der Spitz bewacht das Haus. Wenn fremde Leute kommen, die er nicht kennt, dann bellt er laut und läuft hin und her und springt am Gitter des Tores in die Höhe. Aber der Spitz ist nicht so böse, wie er aussieht. Er gibt auf die Kinder im Hause acht und spielt mit ihnen. Er tut ihnen nichts, nur manchmal knurrt er und brummt er, denn er ist nicht gerne geneckt. Jeden Freitag wird der Spitz gebadet und ge­ bürstet. Er weiß genau, wann Freitag ist, da geht er vors Tor spazieren und will nicht wieder heim. Endlich kommt er doch. Da hört er, wie die schreck­ liche Bütte herangerollt wird; er zittert und versteckt sich. Aber er wird geholt und muß in die Bütte. Wenn er aber rein ist und abgetrocknet, dann freut er sich doch. Dann schmeckt ihm sein Fressen viel besser als sonst.

85. Pudel. Bauer, bind den Pudel an, daß er midi nicht beißen kann. Beißt er mich, verklag ich dich, hundert Taler kost es dich. — Hundert Taler ist kein Geld, wenn mir nur mein Pudel gefällt.

86. Hasenbraten. Heute gibt es Hasenbraten. Der Onkel hat uns einen Hasen geschickt, den er geschossen hat. Nun liegt das Häschen in der Bratpfanne und muß in Butter schmoren. Bald ist es braun. Riech nur, wie es schon im ganzen Hause nach Hasenbraten duftet. Und auch unser Pudel freut sich schon und schnüffelt immerzu. Das arme Häschen!

87. Rätsel. Ohren hat es lang, ein Schwänzchen hat es klein, wie der Wind läuft’s in den Wald hinein, der Jäger mit Hund und Flinte hintendrein. In seiner Tasche trägt er es nach Haus, die Köchin zieht ihm das Pelzchen aus und macht einen köstlichen Braten daraus.

88. Wie die Tiere sich retten. Ein Häslein saß im Feld und knabberte Rüben­ blätter. Da kam ein Igel bedächtig heran. Du armer Kerl, sagte der Hase, du kannst nicht lau­ fen. Wenn nun Hunde kämen? Der Igel sagte: Ich kann aber eine List, das ist so gut wie laufen. Plötzlich hörte man: wau! wau! Das war Feld­ mann. Der Igel rollte sich kugelrund zusammen. Man sah keinen Kopf, keinen Schwanz, keine Beine, nur Stacheln. Feldmann schnappte wütend, aber er stach sich die Schnauze blutig. Da sah er das Häslein laufen. Dann fange ich das, dachte Feld­ mann. Aber das Häslein war schneller und ver­ schwand im Walde. Feldmann ging heim.

89. Seifenblasen. Eine Tasse ohne Griff, Wasser mit Seife, ein Strohhalm, mehr nicht. Die Kinder machen sich Luftballons, helle, zarte, für den Wind. Die können fliegen, die gehen auf Reisen. Immer mehr, immer mehr. Die ganze Welt soll voll werden. O, das war eine! eine ganz dicke! Mit bunten Farben, mit Häusern und Fenstern und Kindern. So groß wie dein Kopf. Wo ist sie? geplatzt!

90. Steckenreiter. Hopp, hopp, hopp!, Pferdchen, lauf Galopp über Stock und über Steine, tu dir ja nicht weh die Beine! Immer im Galopp, , hopp! hopp, hopp, Pitschi, patschi, patsch! Klatsche, Peitsche, klatsch! Mußt recht um die Ohren knallen, ha, das kann mir sehr gefallen! Peitsche, klatsche, klatsch! pitschi, patschi, patsch!

Brr, Brr, he! Pferdchen, steh doch, steh! Sollst schon heute weiter springen, muß dir doch erst Futter bringen. Steh doch, Pferdchen, steh! Brr, brr, brr, brr, he!

91. Die bösen Beinchen. Guten Morgen, ihr Beinchen! Wie heißt ihr denn? Ich heiße Hampel, ich heiße Strampel, und das ist das Füßchen Übermut, und das ist das Füßchen Tunichtgut! Übermut und Tunichtgut gehen auf die Reise, platsch durch alle Sümpfe, naß sind Schuh und Strümpfe. Guckt die Rute um die Eck, laufen sie alle beide weg!

92. Besen und Rute. Der Besen, der Besen, was macht man damit? Man kehrt damit die Stuben. Die Rute, die Rute, was macht man damit? Man klopft damit die Buben. Warum nicht die Mädchen? ’ne Schänd wäre das, die folgen schon von selber.

93. Rätsel. Es ist weiß und zart wie Wachs, und es liegt in Holz und Flachs, liegt in Federn und in Stroh, wenn’s stehn könnt, wär die Mutter froh.

94. Der Knabe und der Fluß. Ein Bauernknabe namens Hans wurde von seiner Mutter in die Stadt geschickt. Sie gab ihm einen Korb voll Käse mit, die sollte er auf dem Markte verkaufen. Hans sollte recht bald wieder nach Hause kommen, das hatte ihm die Mutter besonders be­ fohlen. Sein Weg führte über einen Fluß; aber die Brücke war am vorigen Tage durch das große Wasser fortgerissen worden. Hans blieb ruhig am Ufer sitzen bis zum Abend, dann ging er mit seinem Korb voll Käse wieder heim. Die Mutter war sehr böse und fragte ihn, wo er denn so lange geblieben wäre. Hans weinte sehr und sagte endlich: Ich kam an das große Wasser und konnte nicht hinüber. Das Wasser floß ganz schnell vorbei, aber es wurde gar nicht alle. Bis es dunkel wurde, habe ich gewartet, aber wie das Wasser immer noch lief, bin ich zuletzt wegge­ gangen. Das war aber ein dummer Hans.

95. Bruder Ärgerlich. Mein lieber Bruder Ärgerlich hat alles, was er will, und was er hat, das will er nicht, und was er will, das hat er nicht; mein lieber Bruder Ärger­ lich hat alles, was er will.

6

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96. Der süße Brei. I.

Es war einmal ein armes, frommes Mädchen, das lebte mit seiner Mutter allein, und sie hatten nichts mehr zu essen. Da ging das Kind hinaus in den Wald, und begegnete ihm da eine alte Frau, die wußte seinen Jammer schon und schenkte ihm ein Töpfchen, zu dem sollt es sagen: Töpfchen, koche! so kochte es guten, süßen Hirsenbrei, und wenn es sagte: Töpfchen, steh! so hörte es wieder auf zu kochen. Das Mädchen brachte den Topf seiner Mutter heim, und nun brauchten sie keinen Hunger mehr zu leiden und aßen süßen Brei, so oft sie wollten. II.

Auf eine Zeit war das Mädchen ausgegangen, da sprach die Mutter: Töpfchen, koche! Da kocht es, und sie ißt sich satt; nun will sie, daß das Töpf­ chen wieder aufhören soll, aber sie weiß das Wort nicht. Also kocht es fort, und der Brei steigt über den Rand hinaus und kocht immer zu, die Küche und das ganze Haus voll, und das zweite Haus und dann die Straße, als wollt es die ganze Welt satt machen, und ist die größte Not, und kein Mensch weiß sich da zu helfen.

III.

Endlich, wie nur noch ein einziges Haus übrig ist, da kommt das Kind heim und spricht nur: Töpf­ chen, steh! da steht es und hört auf zu kochen, und wer wieder in die Stadt wollte, der mußte sich durchessen. 6*

67

97.

Liebe Martha!

Wie geht es dir? Schreibe mir bald einmal! Wann besuchst du uns? Ich habe zu meinem Geburtstag eine Wachspuppe bekommen, die kann Mama sagen. Sie kann auch die Augen zumachen und schlafen. Wir schreiben schon ins Heft mit Tinte. Es ist ein neues Kind in unsere Schule gekommen, das heißt Hedwig, gerade so wie ich. Einen Gruß von deiner Hedwig.

98. Sperling ist hungrig. Sperling möchte doch auch gern etwas zu essen haben. Wenn Marie des Morgens die gelbe Gerste hinauswirft auf den Hof, kommen die Hühner ge­ laufen und der große Hahn. Will Sperling ein Körn­ chen nehmen, zankt der Hahn und jagt ihn fort. Heute war der Sperling sehr hungrig, hatte noch gar nichts gegessen. Lieber Hahn, sagte er, laß mich nur drei Körner nehmen, dann habe ich genug, du hast immer noch hundert. Nein, sagte der Hahn, du bist ein unnützes Tier, fort mit dir! Und er hackte auf den armen Sper­ ling los. Aber ich will doch auch leben, rief der arme Sperling. Sieh zu, wo du etwas findest, rief der böse Hahn. Das hörte ein kleines Hühnchen, pickte schnell drei Körnchen auf und brachte sie dem Spätzchen. Das war doch ein liebes Hühnchen, nicht wahr?

99. Wenn der Winter kommt Neulich sah ich ein schönes Bild. Da lief ein Mann über die Berge, so groß, daß er über alle Büsche herausragte. Er hatte einen grünen Hut mit einem Strauß von dürren Blättern und einen Rock, der war ganz bunt gesiedet, braun und grün. Die eine Hand hob er in die Höhe und machte damit eine Faust. Die Augen funkelten, und zwischen dem kohl­ schwarzen Bart riß er den Mund weit auf, man meinte ordentlich, man müßte ihn schimpfen hören. Da dachte ich: wen schimpft denn der Mann so? und warum läuft er fort? Aber nun sah ich auch, warum er so lief. Denn im Tal stand ein großer Mann mit einem langen, schneeweißen Bart und einem langen, schneeweißen Mantel; und der Mantel hatte einen Pelzkragen. Der Mann hatte eine rote Nase, und die Hände steckten in weißen Fausthandschuhen. Er schimpfte gerade so arg wie der braungefleckte Mann und machte ihm auch gerade so eine Faust, wie der ihm, und er riß auch den Mund so auf. Hinter dem dicken, weißen Mann lag Schnee, und man sah ordentlich, wie die Flocken fielen. Wie ich genauer hinsah, da wußte ich auf ein­ mal, daß die zwei Männer gar keine Menschen sein sollten, dafür waren sie viel zu riesengroß. Der braungefleckte Mann war der Herbst, und der weiße Mann war der Herr Winter, der über die Berge kommt und den Herbst zum Land hinausjagt. Und wenn der Herbst auch schimpft, so nützt es ihm doch nichts, denn der Herr Winter schimpft noch viel lauter, und der Herbst muß doch gehen.

100. Tannenbaum. O Tannenbaum, o Tannenbaum, wie grün sind deine Blätter, du grünst nicht nur zur Sommerzeit, nein, auch im Winter, wenn es schneit. O Tannenbaum, o Tannenbaum, wie grün sind deine Blätter.

O Weihnachtszeit! o Weihnachtszeit! du hast die schönsten Bäume. Manch Blümlein blüht im Gartenraum, doch glänzt keins wie der Weihnachtsbaum. O Weihnachtszeit! o Weihnachtszeit! du hast die schönsten Bäume.

101. Vogel am Fenster. An das Fenster klopft es: pick, pick! macht mir doch auf einen Augenblick! Dick fällt, der Schnee, der Wind geht kalt, habe kein Futter, erfriere bald; lieben Leute, o, laßt mich ein, will auch immer recht artig sein!

102. Das große Loch. Das große Loch, wie kam es doch in Gretchens neuen Schuh? die ganzen Zehn sind ja zu sehn; wer macht das Loch uns zu? Drübem hinterm Rathaus hängt ein großes Schild aus, goldner Stiefel drauf; da wohnt der Schuster Firlefanz, der macht dein Schühchen wieder ganz, lauf, Grete, lauf!

103. Eine kleine Geige. Eine kleine Geige möcht ich haben, eine kleine Geige hätt ich gern! alle Tage spielt ich mir zwei, drei Stückchen oder vier und sänge und spränge gar lustig herum, didel, didel, didel, dum, dum, dum, didel, didel, didel, dum. Eine kleine Geige klingt gar lieblich, eine kleine Geige klingt gar schön; Nachbars Kinder und unser Spitz kämen alle wie der Blitz und sängen und sprängen mit mir auch herum, didel, didel, didel, dum, dum, dum, didel, didel, didel, dum.

104. Noch einige Mädchennamen. Rös-chen, So-phie, Lies-chen, Hann-chen, Frie-da, Ruth, Min-na, Em ma, Lot-te, An-na, El-li, The-kla, Lis-beth, Fan-ny, Jo-han-na, Fran-zis-ka, The-re-se, Mat-hil-de, Char-lot-te, El-frie-de, Ot-ti-lie, Ka-thari-na, Eli-sa-beth, Do-ro-thea.

105. Noch einige Knabennamen. Fritz, Otto, Benno, Moritz, Philipp, Friedrich, Gottfried, Christoph, Günther, Siegfried, Siegmund, Wolfgang, Dietrich, Gottlieb, Johannes, Theodor, Matthias, Engelbert, Joachim, Nikolaus, Theobald, Eberhard, Cornelius, Alexander, Xaver.

106. Liebe Hedwig! Ich habe mich über deinen Brief sehr gefreut. Wenn wir Ferien haben, darf ich dich besuchen, dann spielen wir in eurem Garten wieder Versteck und essen Himbeeren und Stachelbeeren. Unser kleines Brüderchen ist schon getauft, es heißt Karl Robert, es ist sehr goldig und schreit gar nicht viel. Ich kann schon Latein lesen und rechne schon bis 20. Einen Gruß und Kuß von deiner lieben M artha.

107. Der junge Kater und sein Vater. Es war einmal ein Kater, der knurrte täglich sehr; da sprach zu ihm sein Vater: Komm, Söhnchen, einmal her!

Und als das Söhnchen zu ihm kam, der Vater einen Maulkorb nahm und steckt ihm Nas und Maul hinein, damit es lerne freundlich sein und knurre künftig nicht so sehr; da ging er sehr betrübt einher und knurrte ferner gar nicht mehr. Ein jeder merke sich die Lehr; sonst kommt des Katers Väterchen und tut ihm wie dem Käterchen.

108. Das Böckchen und der Wolf. Das Brüderchen des Geißchens war ein mut­ williges, ungehorsames Böckchen. Das stand einmal auf dem Dache, als der Wolf vorbeiging. Da dachte das Böckchen: Hier kann der Wolf midi nicht er­ reichen, von hier will ich ihn einmal necken. Und es nahm kleine Ziegelstückchen und warf den Wolf und schimpfte ihn und gab ihm häßliche Namen. Der Wolf aber schwieg stille und ließ es sich ge­ fallen; denn er dachte: Warte nur! ein andermal krieg ich dich doch. Als aber die Mutter Geiß dazu kam, zankte sie das Böckchen sehr und sagte: Du unartiges Kind, mußt du den Wolf necken? Er ist schon böse genug, und wenn er dich nun sieht, wird er dich zu allererst fressen. Und so ging es auch. Einmal spielte das Böck­ chen vor der Tür und dachte an gar nichts. Da kam der Wolf in großen Sprüngen aus dem Walde und sperrte das Maul auf, daß man die langen Zähne darin sah. Da schrie das Böckchen um Hilfe und wollte schnell wieder auf das Dach klettern; aber es war zu spät. Der Wolf sagte: Du hast mich einmal geschimpft, du sollst mich nicht wieder schimpfen. Er schleppte es in den Wald und fraß es auf.

109. Guter Nikolaus, komm in unser Haus! Triffst ein Kindchen an, das ein Versehen kann, das hübsch folgen will. Halte bei uns still! Leer dein Säcklein aus, guter Nikolaus.

110. Vom Nikolaus. Es ist dunkel im allein in der Stube. Wer hat Angst? O, laus fürchten? Lisa vom Nikolaus:

Zimmer. Die Kinder sitzen Heute kommt der Nikolaus. wer wird sich vor dem Niko­ sagt: Ich weiß ein Versehen

Holzapfelbäumchen, wie bitter ist dein Kern, ach, du lieber Nikolaus, wie hab ich dich so gern I Ich weiß aber ein viel besseres, rief der kecke Fritz. Er stellte sich mitten in die Stube und sagte: Lieber, lieber Nikolaus, was willst du denn von mir? Ich pack dich an der Zipfelkapp und werf dich vor die Tür!

Ja, ja, das tun wir! rief die übermütige Schar. Horch! Was war das? Was poltert so auf der Treppe? Was tappt so schwer herauf? Immer näher kommt es. Wo nur der Vater bleibt? Es klingelt. Es rumpelt an der Tür. Hu, da ist er, der Nikolaus, mit großem Sack und langem Bart. Er fragt mit tiefem Brummbaß: Sind die Kinder auch artig gewesen? Ganz still ist’s im Zimmer. Keins sagt ein Wort. Und Fritzchen steckt in der Ecke — und weint.

111. Ziege und Böckchen. Auf der grünen Wiese geht die braune Liese, Wenn sie rufet: meck, meck, meck! seht, dann springen um die Eck ihre kleinen Böckchen in den weißen Röckchen. Laufen schnell zur Mutter, suchen sich ihr Futter, schnuppern mit der kleinen Nas bald an Blumen, bald am Gras, alles sie belecken, lassen’s gut sich schmecken. Will es Abend werden, ziehen heim die Herden. Dann ruft Liese: meck, meck, meck! Drauf die kleinen Ziegenbock schütteln ihre Fellchen, eilen heim ins Ställchen.

112. Der schönste und der leideste Baum. Im Frühling freuten sich die Kinder an den herr­ lichen Blütenbäumen. Da fragte eins: „Wer weiß, welches der schönste Baum auf der Welt ist?“ Das kleine Hanneli rief lustig: „O, das ist der Christ­ baum!“ Und alle sagten: „Ja, ja, das ist der Christ­ baum.“ Das Kind fragte wieder: „Welches ist aber der leideste Baum?“ Und der schlimme Franz rief: „Das ist die Birke, der Rutenbaum!“ Die Kinder lachten laut, denn sie wußten wohl, daß Franzens Mutter noch eine Rute für das wilde Bürschlein brauchte.

113. Christkindchen. Christkindchen, komm in unser Haus, leer deine Kisten und Kasten aus, stell dein Eselchen auf den Mist, daß es Heu und Hafer frißt.

114. Weihnachten. Morgen, Kinder, wird’s was geben, morgen werden wir uns freun; welche Wonne, welches Leben wird in unserm Hause sein! Einmal werden wir noch wach, heisa, dann ist Weihnachtstag! Wie wird dann die Stube glänzen von der großen Lichterzahl, schöner, als bei frohen Tänzen ein geputzter Kronensaal. Wißt ihr noch vom vor gen Jahr, wie s am heilgen Abend war? Wißt ihr noch mein Räderpferdchen Und die schöne Jagd von Blei? Jettchens Küche mit dem Herdchen und die schöne Schäferei? Heinrichs bunten Harlekin mit der gelben Violin?

Welch ein schöner Tag ist morgen! viele Freude hoffen wir, unsre lieben Eltern sorgen lange, lange schon dafür. O, gewiß, wer sie nicht ehrt, ist der ganzen Lust nicht wert.

115. Spätzchen und Kätzchen. Wo wirst du denn den Winter bleiben? sprach zum Spätzchen das Kätzchen. Hier und dorten, aller Orten! sprach gleich wieder das Spätzchen. Wo wirst du denn zu Mittag essen? sprach zum Spätzchen das Kätzchen. Auf den Tennen, mit den Hennen! sprach gleich wieder das Spätzchen. Wo wirst du denn die Nachtruh halten? sprach zum Spätzchen das Kätzchen. Laß das Fragen, will's nicht sagen! sprach gleich wieder das Spätzchen.

Ei, sag mir s doch, du liebes Spätzchen! sprach zum Spätzchen das Kätzchen. Willst mich holen, Gott befohlen! Fort flog eilig das Spätzchen.

116. Puppen -Wiegenlied. Schlaf, Püppchen, schlaf, schlafe in Ruh, schlaf, Püppchen, schlaf und mach die Äuglein zu! Darfst nicht lesen und schreiben, kannst im Bettchen bleiben, morgen so wie heut, hast dazu die Zeit. Liegst du still und schläfst du brav, sing ich dir vom kleinen Schaf, sing ich dir vom Watschelgänschen mit dem kleinen Wickelwackelschwänzchen.

117. Es kommen sechs Propheten, die wollen das Kind anbeten. Der erst hat eine Pfeife, fi fa, fi fa Pfeife! Der zweit hat eine Geige, gi ga, gi ga Geige! Der dritt hat eine Trompete, tri tra, tri tra Trompete! Der viert hat eine Klingel, kling kling kling, Klingel! Der fünft hat eine Trommel, trom trom trom, Trommel! Der sechste aus den Noten singt: Schlafe ein, mein liebes Kind! 7

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118/Die Reifen orbereitun gen. „Die Kinder werden/ich aber /reu­ en !"/ggse die muner und jjolte am Abend die große, bunt besticke Reifetafdje vom ßoden. Sie parkte /re voll mit Wäsche undZeug und vergaß aud? die Strümpfe und Taschentücher nidjr. Die Kinder aber lagen im ßett undjteutrn /ich, boß/ie/erien chartech und/chliefen ein und dachten: morgen können wir aber lange /chlafen! iiL. 6an)/rüh außMjen. Auf/echs Uhr hatte der Vater dm TDecker geJTellt, und der raffelte auch pünktlich ab. Schnell waren die Eltern aus dem ßett. Die Mni-

terjegte Ka^retüaljer au£ und dann gingjle Jin und weckte Sie Kinder,rourbejucrjt wach. „tDarum lägt Du uns Senn nicht längerjrt)lasenFJragte er. Jwir Jaberya SochJ^enenl ^,NeinJteht /chnell ach)Jagte Die muttejJrfj hab euch euer Sonntagdjeug hin^ gdegt-toarum Senn,liebe Wut-trrF^Ja, ijrjollt gleich oerrejfen^wohin Senni Wohin DtnnV\^u Fante August? in heiSSorf.^-Js, Sa konntenJTe aber ra/ch aus Den ßeDern kommen, Denn dahin gin­ genJieju gern♦ ^Lo.Auchahwn mit Ser^henbahn. Wo ist Sie Fchlche? hcht Su Sie Schirme? wo kauft man Sie Kar

ren? töo Jteigen wir ein? tüann jyljren wir ab? So rufen Die Kin­ der. Sie wollen ja ausfapren mir Der Eisenbahn. Raset) eilen Die kyäuser vorbei. Da ist ein toeg. Da gehen Die TTlen^ jchen unD winken herauf. Dorbeil Da ijt ein s>äuschen/ür Den Sahnwarten Vorbeil Da ijt eine tveiDestillen laufen Darauf Vorbei, vorbei, vorbei! Die RäDer rollen, Die Taschen und Kajten wackeln. Die Leute palten fich/ejt. Ylun gehr es langsam,

immer langsamer; nunjinD wir da-unD puff-Dafallen Die Leute um.

121. Das Wölk lein. Oben war das Wölk lein. Un ten war das Kind. Da

kam der Wind; der schob das Wölk lein, es schweb te fort. Es schweb te über das Feld; es schweb te über den

Wald. Es schweb te über Busch und Baum. Wölk lein, ade!

122. Der Wind mit dem Hu te. Der Wind schnob ins Dors.

Hans kam aus dem Hau­

se; pu, war sein Hut schon oben am Dach. Über Zaun und Rasen flog der Hut bis in den Wald.

Der schöne Hut war fort.

Nun lernte Hans auf seine

Sachen achten.

123. Schnee mann. Seht, den Mann, o gro tze Not! wie er mit dem Stok ke droht, ge stem schon und heu te noch, aber nie mals schlägt er doch.

Schneemann, bist ein armer Wicht,

hast den Stock und wehrst dich nicht.

124. Unser Kaiser. Der Kaiser ist ein lieber Mann,

er wohnet in Berlin,

und wär es nicht so weit von hier, so ging ich heut noch hin. Und was ich bei dem Kaiser wollt?

ich gäb ihm eine Hand

und brächt das schön ste Blüm chen ihm, das ich im Garten sand. Und sagte dann: In treuer Lieb

bring ich dies Blümchen dir! und dann lies ich geschwinde fort,

so wär ich wieder hier.

125. Zum Ge burts tag der Mut ter. Ich bin noch klein, lieb Mütterlein,

und kann noch wenig sagen. Mein Herz ist dein,

lieb Mütterlein, das kam ich doch schon sagen.

126. Auch zum Geburtstag der Mutter. Liebe Mutter, ich bin da, will dir gratulieren, daß du mir von Herzen lieb, kannst du doch wohl spüren.

127. Zum Ge burts tag -es Ba ters. Bleibt lang, ihr Blüm chen, frisch auf dem Geburtstagstisch, und welken Blatt und Stiel, das schadet auch nicht viel, dann bleib ich Vaters Blümelein, dann soll er sich an mir noch freun.

128. Auch zum Ge burts tag -es Ba ters. Mel Glück und Segen aus allen Wegen wünsch ich dir heut; will dich lieben, dich nicht betrüben, artig sein allezeit!

ISS. Die Kinder und -er Mond.

I. Die Sonne war unter gegangen, und es wollte schon dunkel werden, aber die Kinder waren noch nicht alle zu Hause bei ihrer Mutter. Zwei Kinder waren noch auf dem Felde und hatten über dem Spiele vergessen, daß man des Abends, ehe es dunkel wird, nach Hause kommen muß. Als es nun immer mehr Nacht wurde, da wurde es ihnen bange, und sie weinten, denn sie wußten den Weg nicht recht zu finden, und er war doch sehr weit.

n. Da wurde es auf einmal hell hinter den Bäumen, und sie sahen ein rundes Licht heraufsteigen, das war der Mond. Als der die Kinder gewahr wurde, rief er: Guten Abend, Kinderchen, was macht ihr so spat auf dem Felde? Die Kinder waren anfangs erschrocken, als sie aber sahen, daß der Mond freundlich lächelte, faßten sie sich ein Herz und sprachen: Ach, wir haben uns verspätet, und nun finden wir den Weg nicht mehr zu unserer Mutter, weil es Nacht ist. Und sie weinten so laut, daß es den guten Mond rührte. Da sprach er zu ihnen: Wenn ihr das Haus wohl kennt, wo eure Mutter wohnt, so will ich euch ein wenig leuchten, daß ihr den Weg findet.

HI. Und der Mond leuchtete ihnen so Helle, als wenn es wieder Tag geworden wäre; und die Kinder faßten Mut und eilten, so viel sie konnten, und fanden glücklich den Weg. Als sie vor der Haustür standen, sagten sie: Schönen Dank, lieber Mond, daß du uns geleuchtet hast! Da lächelte er und antwortete: Es ist gern geschehen. Aber eilt nun, daß ihr zu eurer Mutter kommt, denn sie hat sich schon sehr um euch geängstigt.

180. Rätsel. Auf dem Felde steht ein Mann, der nicht sehen und hören samt; doch willst du nach dem Weg ihn fragen, den wird er dir ganz richtig sagen.

131. Ännchens Himmelfahrt. In Hut und Mantel, kleines Ännchen? Wohin soll denn die Reise gehn? Was schaust du immer nach dem Himmel? Man kann nicht in die Sonne sehn. „Ich nehme mir die große Leiter und steig zum Himmel fix hinauf. Ich will den lieben Gott besuchen, dann mach ich schnell die Sonne auf.

Dann guck ich in sein schönes Zimmer: Gu'n Tag, du lieber Herrgott, du! Er schenkt mir was. Dann sag ich: Danke! und mach die Sonne wieder zu."

182. Rätsel. Ich weiß ein Ställchen mit weißen Gesellchen; es regnet nicht drein, es schneit nicht hinein und ist doch immer naß darein. 89

133. Das Kätzchen «nd die Stricknadel«. I.

Es war einmal eine arme Frau, die in den Wald ging, um Holz zu lesen. Als sie mit ihrer Bürde auf dem Rück­ wege war, sah sie ein krankes Kätzchen hinter einem Zaun liegen, das kläglich schrie. Die arme Frau nahm es mit­ leidig in ihre Schürze und trug es nach Hause zu. Auf dem Wege kamen ihre beiden Kinder ihr entgegen, und wie sie sahen, daß die Mutter etwas trug, fragten sie: Mutter, was trägst du? und wollten gleich das Kätzchen haben; aber die mitleidige Frau gab den Kindern das Kätzchen nicht, aus Sorge, sie möchten es quälen, sondern sie legte es zu Hause auf alte weiche Kleider und gab ihm Milch zu trinken. Als das Kätzchen sich gelabt hatte und wieder ge­ sund war, war es mit einem Male fort und verschwunden.

II. Nach einiger Zeit ging die arme Frau wieder in den Wald, und als sie mit ihrer Bürde Holz auf dem Rückwege wieder an die Stelle kam, wo das kranke Kätzchen gelegen hatte, da stand eine ganz vornehme Dame dort, winkle die arme Frau zu sich und 'warf ihr fünf Stricknadeln in die Schüße. Die Frau wußte nicht recht, was sie denken sollte, doch nahm sie die fünf Stricknadeln des Abends auf den Tisch.

Aber als die Frau des andern Morgens ihr Lager ver­ lieh, da lagen ein Paar neue, fertig gestrickte Strümpfe auf dem Tisch. Das wunderte die arme Frau über alle Mähen, und am nächsten Abend legte sie die Nadeln wieder auf den Tisch, und am Morgen darauf lagen neue Strümpfe da. III.

Jetzt merkte sie, dah zum Lohn ihres Mitleids mit dem kranken Kätzchen ihr diese fleißigen Nadeln beschert waren, und lieh dieselben nun jede Nacht stricken, bis sie und die Kinder genug hatten. Dann verkaufte sie auch Strümpfe und hatte genug bis an ihr seliges Ende.

134. Taubenschlag. Täubchen im Sonnenschein, möcht mit euch fliegen, stets so beisammen sein,. wohnen in einem Schlag, spielen auf einem Dach, welch ein Vergnügen! Viel arme Kinderlein haben kein Schwesterlein, haben kein Brüderlein, spielen so ganz, so ganz allein.

135. Der goldene Schlüssel. Zur Winterszeit, als einmal ein tiefer Schnee lag, mutzte ein armer Junge hinausgehen und Holz auf einem Schlitten holen. Wie er es nun zusammengesucht und aufgeladen hatte, wollte er, weil er so erfroren war, noch nicht nach Haus gehen, fonbem erst Feuer anmachen und sich ein bitzchen wärmen. Da scharrte er den Schnee weg, und wie er so den Erdboden aufräumte, fand er einen kleinen goldenen Schlüssel. Nun glaubte er, wo der Schlüssel wäre, mützte auch ein Schlotz dazu sein, grub in der Erde und fand ein eisernes Kästchen. Wenn der Schlüssel nur patzt! dachte er, es sind gewitz kostbare Sachen in dem Kästchen. Er suchte, aber es war kein Schlüsselloch da; endlich entdeckte er eins, aber so klein, datz man es kaum sehen konnte. Er probierte, und der Schlüssel patzte glücklich. Da drehte er einmal her­ um, und nun müssen wir warten, bis er vollends aufge­ schlossen und den Deckel aufgemacht hat. Dann werden wir erfahren, was für wunderbare Sachen in dem Kästchen lagen.

136. Die fünf Hühnerchen. Ich war mal in dem Dorfe, da gab es einen Sturm, da zantten sich fünf Hühnerchen um einen Regenwurm.

Und als kein Wurm mehr war zu sehn, da sagten alle: piep! da hatten die fünf Hühnerchen einander wieder lieb.

137. Drei Gänschen. Drei Gänschen saßen im Haberstroh, saßen da und waren froh; da kam ein Bauer gegangen mit einer langen Stangen, ruft: Wer do? wer do? Drei Gänschen saßen im Haberstroh, saßen da und waren froh.

138. Kinderspruch. Da hast du einen Taler, geh auf den Markt, kauf eine Kuh und ein Kälbchen dazu; das Kälbchen hat ein Schwänzchen — Dideldideldänzchen.

139. Wie Lieschen auf den Markt ging. Das Lieschen war noch ganz klein, es war kaum drei Jahre alt und ging noch lange nicht in die Schule. Aber es meinte, es wäre schon groß und könnte schon alles, was die großen Kinder können. Einmal sagte es zur Slutter: Mutter, ich kann schon ganz allein auf den Markt gehen. Gib mir Veld, dann will ich dir Gemüse kaufen! Weil der Markt so nahe bei dem Hause war, erlaubte es die Mutter. Sie gab ihm ein Körbchen in die eine Hand und ein Geld­ stück in die andere Hand und sagte: So, jetzt geh auf den Markt und geh zur Gemüsefrau und laß dir Radieschen in dein Körbchen tun und eine Hand voll Petersilie und eine Gurke, und dann gibst du das Geld dafür! Da ging das Lieschen auf den Markt. Wie es aber auf dem Markte war, da stand es zwischen all den vielen Körben voll Gemüse und wußte nicht, was es sagen sollte. Da kam es wieder heim mit seinem leeren Körbchen, und das Geld hatte es noch in der Hand. Da lachte die Mutter und sagte: Siehst du, Lieschen, du bist noch zu klein, du kannst noch nicht allein auf den Markt gehen.

140. Wintergäste am Fenster. Ich will euch erzählen, wie lustig es im Winter vor meinem Fenster zugehl. Ich habe mir eine kleine Stange dort außen angemacht und daran allerlei festgebunden. Zuerst ein Holzschüsselchen, das hat oben am Rand drei Löcher, wo­ durch drei Bindfäden gezogen sind, die an die Stange geknüpft sind; daneben ein Beulelchen mit weiten Maschen und endlich eine leere Nußschale. In das Holznäpfchen tue ich Sonnenblumensamen, in das Beutelchen Nußkerne und in die Nußschale Butter. Und nun kommen meine Gäste. Husch, da schwirren sie herbei: Ein zierliches, flinkes Schwarz­ köpfchen sitzt einen Augenblick auf dem Schüsselrand, pickt zwei Samenkörner auf und, hast du nicht gesehn, ists wieder fort wie der Wind und ebenso schnell von neuem da und wiederum fort. Es kommt wohl zwanzigmal an einem Tag. Wer hängt da am Netz? Eine schlanke, grünlich schil­ lernde Blaumeise hat sich mit den Zehen eingekrallt in die Maschen und pickt mit dem Schnabel einen süßen Nußkern nach dem andern heraus. Sie hält sich so fest, daß der Wind oft das ganze Säckchen mitsamt unsrer Meise hin und her schaukelt. Das hat sie gerade gern und frißt lustig weiter. Sie läßt sich auch nicht stören, wenn noch eine andere dicke Blaumeise sich oben auf die Stange setzt und nun mit vielem Geklirr sich die kleine Aette heraufzieht, woran die Nußschale baumelt. Endlich hat sie sie oben, die Zehen halten das Buttertöpfchen fest, und nun wird schnabuliert ohne Ende. Ich möchte nicht so viel Butter essen, aber unsre Meise kann das vertragen. Ost sind auch hungrige Spatzen auf meinem Fensterbrett und schielen hinauf nach den herrlichen Sachen. Aber sie sind ja viel zu plump, zu ungeschickt zum ctlettem. Das können nur meine Turner, die zierlichen, schlanken, flinken Meisen.

Ul. TrirScherr. Unser Trudchen klein kann schon fleißig sein, wäscht in der Küche die Schüsseln und Kannen, trocknet die Teller und säubert die Pfannen.

Unser Trudchen klein mutz auch reinlich sein, darf sich beim Spülen, Schruppen und Putzen nicht an den Töpfen das Kleidchen beschmutzen.

Darum, lieb Mütterlein, willst du, datz Trudchen klein Sauberkeit lerne und nütze die Zeit, binde ein Schühchen ihm über das Kleid!

142. Gruß. Kommt ein Vogel geflogen, setzt sich nieder auf mein Futz, hat ein Zettel im Schnabel, von dem Lieschen ein Gruh.

Lieber Vogel, flieg weiter, nimm ein Grutz und ein Kutz! denn ich kann dich nicht begleiten, weil ich hier bleiben mutz.

143. Was die Uhren tu«. Die Uhren, liebe Kinder, die haben keine Ruh im Sommer wie im Winter, die gehen immer zu, tick tack; tick tack; tick tack.

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Die Uhren auf den Türmen, die sind gar hoch gestellt, sie gehn, und mag's auch stürmen, ganz ruhig durch die Welt, tick tack; tick tack; tick tack. Die Uhren an den Wänden, die gehen rascher schon und wollen gar nicht enden, mit immer gleichem Ton, tick tack; tick tack; tick tack. Die kleinen aber eilen und haben keine Zett, die möchten hundert Meilen wohl in der Stunde weit, tick tack; tick tack; tick tack.

144. Rätsel. Es steht ein dicker, schwarzer Mann still in der Ecke dort und reget und bewegt sich nicht und spricht kein einzig Wort.

Mein Kindlein, nimm dich wohl in acht und greif den Mann nicht an! er beißt dich in das Fingerlein, der schwarze, stumme Mann.

145. Wenn der Winter geht.

Jetzt habe ich ein Bild gesehen, das war ganz ähnlich wie das, wenn der Winter kommt, aber es war doch anders. Da stand der Winter in einiger Entfernung auf einem Berg und war wieder so riesengroß. Er hielt eine Hand vor die Augen, als ob ihm der Sonnenschein weh täte, und blinzelte ängstlich hinüber zu dem Berg auf der andern Seite des Tales. Da stand ein Mann, der war auch so groß und hatte blonde Haare, und man mertte, daß ihm warm sein mutzte, denn er hatte keinen Hut und blotze Beine und blotze Arme. Er hatte leichte, grüne Schuhe an und nicht einmal Strümpfe. Unter dem Arm hatte er ein offenes Körbchen voll goldgelber Schlüsselblumen, und im Gürtel hatte er noch viele blaue und gelbe und weitze Blumen stecken. Vor ihm auf der Erde stand erst recht ein Blumenkorb, der war bis obenhin angefüllt mit dicken Veilchensträutzchen und Anemonen und Krokus und vielen andern Blumen. In der rechten Hand hielt er einen Spaten, den hatte er eben mit dem Futz in die Erde gestohen, als wollte er all die Blümchen einpflanzen. Die Wiese vor ihm war schon ganz gelb und rötlich von lauter Blüten. Er sah zu dem Henn Winter hinüber, aber er schimpfte gar nicht, er lachte nur ein klein wenig, weil der Winter so trübselig und jämmerlich dastand und blinzelte. Und die Sonne schien so warm, und man sah in das Tälchen hin­ ein zwischen den zwei Bergen, da war hier und da noch ein weitzes Fleckchen auf den Wiesen, und ein Bächlein flotz munter dahin, das hatte all den Schnee verehrt und Wasser daraus gemacht. Zwischen den dunkeln Tannen glänzten die weitzen Stämme der Birken und zeigten ihre hellgrünen Blättchen, und der braune Wald hatte auch schon so einen grünlichen Schimmer. Jetzt war der Winter nicht mehr der Herr Winter, jetzt war der Frühling der Herr. 8*

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146. Abzählreim. Ene, bene, Ditzelchen, meine Mutter, die kocht Schnitzelchen; da will ich daran lecken, da kommt sie mit dem Stecken; da geh ich zu dem Knecht, der sagt, es wär mir recht; da geh ich zu der Magd, die hat mich fortgejagt; da geh ich zu der Maus, ich oder du bist aus!

147. Rätsel. 1. Ich weiß ein Ding, das ist von Leder, und an den Füßen trägt es jeder.

2. Ich weiß etwas, ich weiß etwas: Vom Himmel fällt es und macht naß.

3. Vom Himmel fällt's, tut sich nicht weh, ist weiß und kalt, was ist's?-------

148. Das Golölaiblein. Einst hüteten auf einem waldigen Berge zwei Knaben, Hans und Peter, und ein Mädchen, namens Grete, die Ziegen. Die Eltern der beiden Knaben waren reich, aber die Eltern des Mädchens waren arm. Die drei Kinder erzählten sich allerlei Märlein von den Zwergen, die im Berge drin hausten. Auf einmal kam ein graues Männchen zu ihnen und hörte

aufmerksam ihren Gesprächen zu. Endlich sprach es: Ihr seid gute Kinder, darum will ich nicht von euch gehen, ohne euch etwas geschenkt zu haben. Bei diesen Worten zog es drei kleine Laiblein Brot aus seiner Tasche und gab jedem der Kinder eins. Darauf ging es schnell wieder fort. Die beiden Knaben lachten über das ärmliche Geschenk. Brot haben wir genug zu Hause, sagte Peter, wenn der Knirps uns nichts Besseres schenken wollte, hätte er es lieber ganz lassen sollen. Hans sagte: Da hast du recht, und warf sein Laiblein verächtlich auf die Erde. Es hüpfte den Berg hinab in lustigen Sprüngen, bis es sich zwischen buschigem Gestrüpp verlor. Da sprach Peter: Halt, mein Laiblein mutz dein Laiblein suchen, und warf sein Laiblein auch fort. Da rollte es auch lustig den Berg hinab.

II. Nun wollten die leichtsinnigen Knaben das Mädchen bereden, ihr Geschenk auch wegzuwerfen. Die Grete aber wickelte ihr Laiblein fest in ihre Schürze und sprach: Nein, das tue ich nicht! Meine Eltern werden sich freuen, wenn ich ihnen etwas mitbringe, wenn es auch nur wenig ist. Als das Gretchen abends heimkam und seine Mutier das Brot anschnitt, da war ein Klumpen Gold hineingebacken, und da waren die armen Leute auf einmal reich geworden. Wie Hans und Peter von Gretchens Glück hörten, liefen sie schnell wieder zurück, um die weggeworfenen Laiblein zu suchen, aber sie konnten sie nicht finden, und alles Suchen war vergeblich. Da ärgerten sie sich sehr über ihre Dumm­ heit, im Hause des Mädchens aber lobte man das graue Männlein und hätte ihm gerne gedankt, wenn es nur da gewesen wäre.

149. Winter, ade! Winter, ade! Scheiden tut weh; aber dein Scheiden macht, daß jetzt mein Herze lacht. Winter, ade! Scheiden tut weh. Winter, ade! gerne vergeß kannst immer Winter, ade!

Scheiden tut weh; ich dein, ferne sein. Scheiden tut weh.

150, Frühstück. Alle unsre Tauben sind schon lange wach, sitzen auf den Lauben, sitzen auf dem Dach, sitzen auf dem Regenfaß. „Wer gibt denn uns Tauben was?" Alle unsre Hennen sind schon aus dem Stall, gackeln schon und rennen, scharren überall. Und der Hahn kräht: „Futter her! Immer mehr, nur immer mehr!"

Alle unsre Klemen machen ein Geschrei, strampeln mit den Beinen, wollen ihren Brei.

Lirum larum Löffelstiel, wer krakeelt, der kriegt nicht viel. Tauben, Hühner, kleine Kind jeden Morgen hungrig sind.

151. Zwei Häschen. Das Hänschen ist einmal durch die offene Gartentür gegangen und immer weiter über den Feldweg bis an ein großes Rübenfeld. 3n dem Rübenfeld faß ein Häschen und fraß von den Rüben. Wie das Häschen aber Schritte hörte, wollte es sehen, was da käme. Cs setzte sich auf seine Hinter­ beine, reckte seine langen Ohren hoch in die Luft und wackelte damit, mit den Vorderpfoten schlug es hin und her, und seine großen, runden Augen glänzten vor lauter Neugier. Und wie das Hänschen ein so großes, fürchterliches Tier da sitzen sah, mitten zwischen den Rüben, da bekam das Hänschen Angst und schrie laut und drehte sich um und lief fort, so schnell es nur konnte. Wie aber das Häschen das Hänschen sah mit seinem roten Kleidchen und das Hänschen schreien hörte und so schnell fort laufen sah, da bekam das Häschen auch Angst und lief, so schnell es nur konnte, auch fort. Hupp! hupp! ging es durch die Rüben. Das Hänschen hatte Angst vor dem Häschen, und das Häschen hatte Angst vor dem Hänschen. Waren das nicht zwei Häschen, das Häschen und das Hänschen?

152. Blauer Fingerhut. Blauer, blauer Fingerhut! hätten wir Geld, das wäre gut, Blumen alle Tage! Jungfer, sie muß tanzen in dem großen Kranze!

Jungfer, sie muß stille stehn und sich einen wählen! Schäfchen, Schäfchen, kniee dich, knie zu meinen Füßen! du hast mir versprochen, einen Kuß zu geben. Mach dich ab, du garstig End!

153. Schneeglöckchen läutet. Wie kalt war es doch noch auf der Erde! Aber da kamen schon die Sonnenstrahlen heran. Sie streichelten und küßten das kleine Schneeglöckchen, bis es sich ganz weit öffnete. Da fing es leise an zu läuten. Die Blümchen unter der Erde wachten auf und sagten: „Hört ihr? Das Schneeglöckchen läutet. Der Frühling kommt bald." Nun fingen sie an, sich ihre roten, blauen und gelben Kleidchen fertig zu machen. Als der Frühling ins Land zog, da kam ein Blümchen nach dem andern hinauf zur Erde, und alle freuten sich, daß der Frühling wieder da war.

154. Schneeglöckchen. Schneeglöckchen, Schneeglöckchen fürcht sich nicht vor Schneeflöckchen. Wirbeln sie auch noch im März, hat mein Schelmchen doch das Herz, hängt aus seinem grünen Haus viele weiße Glöckchen aus, läutet froh durch Feld und Wald: Frühling, Frühling wird es bald!

155. Gänseblümchen. Gänseblümchen in dem Garten können kaum die Zeit erwarten, wo der Winter ist vorbei, blühen gleich dann — eins, zwei, drei!

Strecken ihre roten Näschen halb erfroren durch die Gräschen. Liebe Blümchen, laßt euch sagen: nachts tut um die Spitzenkragen! 156. Osterhas.

Du kleiner Osterhas, leg Eier in das grüne Gras, viel Eier gelb und rot, die essen wir mit Salz und Brot. Du Has, versteck sie wohl unter den grünen Kohl, wir finden bald sie aus und tragen sie nach Haus.

157. Veilchen. Merkt ihr nichts? die ganze Luft riecht wie lauter Veilchenduft. Doch kein Veilchen guckt heraus, jedes Eckchen sucht ich aus.

Endlich ich zum Waldrand schau: da ist alles dunkelblau! Habt euch nicht genug versteckt, eins — zwei — drei! ihr seid entdeckt!

Liebe Trudi!

158.

Wie geht es dir? komm doch einmal jetzt, wo wir Ferien haben, zu uns auf Besuch. Bei uns im Dorf ist es im Sommer viel schöner als bei euch in der Stadt. Wir gehen dann ost auf die Wiese. Wir haben eine Luh, die ist braun und weiß gefleckt, und sie heißt Scheck. Sie gibt uns viele Milch, ich darf immer abends mit unserer Grete aus die Wiese gehen zum Melken. Wir nehmen dich dann auch mit. Die Grete trägt zwei Eimer, in jeder Hand einen, und ich trage den Melkstuhl. Beim Melken setzt sich die Grete aus den Melkstuhl, das ist ein rundes Schemelchen mit nur drei Beinen. Die Scheck freut sich, wenn wir kommen, und läuft uns ent­ gegen. Sie weiß ganz gut, daß ich ihr immer Salz mit­ bringe, das leckt sie aus meiner Hand, und dann brummt sie ganz laut: Muh! Auf der Wiese können wir auch spielen, die Scheck stört uns nicht dabei: rund um die Wiese sind Hecken, da können wir auch allerlei Blumen pflücken. Ich wünsche, du kämst bald, frag nur gleich deine Mutter, ob du darfst, ja? Auf Wiedersehen, liebe Trudi. Einen schönen Gruß von deiner Gerda.

159. Elschen. Seht mir mal mein Elschen an, wie mein Elschen schaukeln kann in der Hängematte! Elschen fern und Elschen nah, Elschen hier und Elschen da, kuckuck! Elschen, kuckuck!

Seht mir mal mein Elschen an, wie mein Elschen schaukeln kann in der Hängematte!

160. Airrikelche». Aurikelchen, Aurikelchen stehn auf meinem Beet und sehn den blauen Himmel an, wo schon den ganzen Morgen die goldne Sonne steht.

Aurikelchen, Aurikelchen, was guckt ihr denn so sehr? ihr seid ja selbst so gelb wie Gold und habt ein rotes Herrchen, was wollt ihr denn noch mehr?

161. Meine Blümchen. Meine Blümchen haben Durst, das hab ich gesehen, hurtig, hurtig will ich drum an den Brunnen gehen. Seht, da habt ihr Wasser schon, tut euch jetzt bemühen, wenn ihr euch bedanken wollt, lang, recht lang zu blühen.

162. Ein Unglücksfall. Karl hatte einen weißen Hund mit braunen Flecken, der hörte auf den Namen Hektor. Einmal nahm Karl den Hektor mit in die Stadt. Hektor lief immer dicht hinter seinem kleinen

Herrn her und gab gut acht, daß er ihn nicht verlor. Das war nicht leicht, denn in der engen Straße fuhren Wagen, Autos und elektrische Bahnen. Da wurde es dem Hektor un­ heimlich, er zitterte und guckte sich scheu um. Plötzlich hörte Karl ein lautes Gejammer und sah gerade, wie ein schwerer Bierwagen über Hektor hinwegfuhr. Karl bekam Herzklopfen, denn er dachte, Hektor wäre tot. Zum Glück war er doch noch lebendig, aber wahrscheinlich waren ein paar Rippen zer­ brochen. Karl ging in einen Kaufladen, wo er gut bekannt war, und bat die Leute um Hilfe. Sie wollten Hektor auf einer Karre nach Haus fahren, doch es tat dem Hektor zu weh, als man ihn anfaßte und auf die Karre legen wollte. Das war nun ein trauriger Heimweg. Hektor kroch so lang­ sam wie eine Schnecke, und Karl ging in Angst nebenher. Endlich waren sie zu Haus, nun wurde der arme Hund aus ein Kissen gelegt und der Tierarzt geholt. Es war ein Wunder, daß die Knochen ganz geblieben waren, aber es dauerte doch lange, bis Hektor wieder springen und bellen konnte.

163. Auf -er Straße. Auf der Straße, auf der Straße, nirgends kann es schöner sein! Lieber Regen auf der Straße als im Hause Sonnenschein. Wege gibt es ohne Ende, Freuden gibt es ohne Zahl. Jeder Baum fragt: kannst du klettern? Jeder Stein ruft: wirf mich mal!

Und da kommt's zum Spiel gesprungen, Nachbars Fritz und Hans und Hein. Auf der Straße, auf der Straße, nirgends kann es schöner sein.

164. Leseunterricht. Möpschen, komm und sei hübsch brav, lesen lernt sich nicht im Schlaf. Hör verständig auf mein Wort, sei nicht faul wie Ajar dort, der sich sonnt und schläft und ftißt und dabei ein Dummchen ist. Liebes Möpschen, sei du klug, rücke näher, guck ins Buch! So, nun paß genau mir auf: dicker Strich und Punkt darauf ist ein i, ein kleines i, nun behalt's, vergiß es nie!

Was das Buch noch weiter spricht, ja, das weiß ich selber nicht. Mutter sagt, ich werd's verstehn, wenn ich werd zur Schule gehn. Dann lernst du noch mehr von mir, vorläufig genügt dies hier. Aber merk das i dir gut, Möpschen, sonst sieh hier die Rui. Komm, nun wollen wir spielen gehn, draußen ist es gar zu schön!

165. Kettenblume. Kettenblumen mag ich gern: Sieh nur, Tante Liese, wie sie glänzen, Stern an Stern, golden auf der Wiese! Laß nur kurze Zeit vergehn, wird aus jedem Sternchen ein zerbrechlich wunderschön kugelrund Laternchen. Blasen eins ums andre aus, blasen um die Wette, pflücken Stengel, machen draus eine Ringelkette.

166. Glockenblume. Blauglöckchen — keine Glöckchen, ganz große Glocken! vom hohen Stöckchen wollen sie locken. Da kommen und schlürfen braungelbe Bienen, mit Honig dürfen sie sich bedienen.

Klein winzige Käfer kriechen hinein, wollen als Schläfer zu Nacht hier sein.

Liebe Gerda!

167.

Ich danke schön für deinen Brief. Ich habe meine Mutter gefragt, und sie hat gleich erlaubt, datz ich zu dir reise. Ich freue mich sehr und habe schon das Köfferchen geholt zum Packen. Aber das Schönste kommt noch, rate doch mal, wie ich zu dir komme. Ich glaube, du kannst es nicht raten. Denke nur, wie ich dem Onkel Fritz erjöljlt habe, daß ich zu dir darf, da hat er gesagt, er wollte mich im Auto mit­ nehmen bis an euer Haus, weil er am Sonntag doch den­ selben Weg fähtt. Ist das nicht ein Spatz? Onkel Fritz hat mich schon dreimal mitgenommen in seinem roten Auto, es ist ganz gemütlich drin, wie in einem Zimmerchen, und durchs Glas sieht man alles. Manchmal ging es so schnell, datz ich dachte, die Häuser und Bäume wären gelaufenEinmal habe ich vorne sitzen dürfen beim Führer und durste am Gummiball drücken, da hat es getutet, aber ganz laut. Also ich komme am Sonntag zu euch, um zehn Uhr fahren wir hier ab, und um zwölf Uhr sind wir schon dort. Ich bringe dir auch was Schönes mit. Patz nur gut auf, Gerda! Wenn es tutet: hu hu! dann lauf schnell auf die Stratze, dann bin ich es. Hurra, ich freue mich! Deine Trudi.

168. Rose. Sommer, Sommer kommt ins Land, bringt uns Blumen allerhand,überall, wohin ich schau, Blumen rot und gelb und blau! In dem Gatten über Nacht sind die Rosen aufgewacht: Rosen, Rosen weit und breit! O, du schöne Rosenzeit!

169. Heckenrose. Wie im schönsten Traum, alles rot und grün! wenn am Waldessaum Heckenrosen blühn. Rosen-Rosenkranz in die Locken dreh! Ringel-Ringeltanz! Dornen tun nicht weh.

Wie im schönsten Traum, alles rot und grün! wenn am Waldessaum Heckenrosen blühn.

170. Fischlein. Die Kinder spielen auf der Wiese, und weil sie heiße Hände haben, laufen sie an den Bach. Sie knien sich ans Ufer und stecken die Arme ins Wasser. Das ist so schön, das ist so kühl. Aber da erschrecken die kleinen Fischlein, sie glauben, man wolle sie fangen. Sie heben die Schwänz­ lein und schwimmen schnell davon. Da kommt eins und noch eins und noch eins und noch ganz viele, wie eine kleine Herde. Das nimmt gar kein Ende. Aber die Kinder können sie nicht fangen. Die Fischlein sind viel zu flink.

171. Mückchen. Mückchen, Mückchen Dünnebein, Mückchen, laß das Stechen sein, Siechen tut ja weh! Mückchen, Mückchen, weißt du was? beiß doch in das grüne Gras, beiß doch in den Klee!

172. Die Biene. Albert kam in den Garten des Nachbars und sah einen blühenden Rosenstrauch. Er pflückte eine Rose und sagte: Nun will ich mich einmal sott daran riechen! Als er aber sein kleines Näschen in die halb geöffnete Rose hineinsteckte, fühlte er auf einmal einen entsetzlichen Schmerz. Ein Bien­ lein war in der Rose verborgen, das stach ihn in die Nase, weil er es beinahe totgedrückt hatte.

173. Marienwürmchen. Marienwürmchen, setze dich aus meine Hand, auf meine Hand! ich tu dir nichts zuleide. Es soll dir nichts zuleid geschehn, will nur deine bunten Flügel sehn, bunte Flügel, meine Freude.

Marienwürmchen, fliege hin zu Nachbars Ätnb, zu Nachbars Kind!

sie tun dir nichts zuleide. Es soll dir nichts zuleid geschehn, sie wollen deine bunten Flügel sehn, und grüß sie alle beide!

174. Weihnachten im Sommer. An einem Sonntag im Sommer spielten die Kinder im Garten, Eduard, Otto und die kleine Liesanne. Da rief das Schwesterchen: „Wir wollen einmal Weihnachten spielen!" Otto lachte und sagte: „Wie dumm! Das kann man doch nicht im Sommer!" — „Warum denn nicht?" sagte Liesanne, „der Onkel Georg hat doch aus Südamerika geschrieben, dort wäre die verkehrte Welt, und es wäre an Weihnachten so heiß ge-

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wesen, daß sie im Fluß geschwommen hätten." Da sagte Eduard: „Gut, dann spielen wir, wir wären in Südamerika, und heute wäre Weihnachten." — „Dann muß aber dort der kleine Tannenbaum auf der Wiese Christbaum sein!" rief Liesanne. Da pflückten die Binder viele rote Johannisbeeren und banden sie mit Grashalmen an die Tanne. Das sah wunder­ schön aus, wie die roten leuchtenden Träubchen zwischen den dunkeln Nadeln im Winde schaukelten. „Nun noch ein paar Erdbeeren!" sagte Otto. Die setzte er auf die Spitzen der Äste. Aber eine dicke Erdbeere purzelte herunter, und die rote Beere fiel in das rote Mäulchen der Liesanne, weil die gerade drunterstand und mit offenem Mund hinaufguckte. Da lachten die Kinder. Eduard trug einen Gartenstuhl an den Kirschbaum und konnte ein paar Kirschen erreichen, die vom untersten Ast herabhingen. Es waren lauter Ohrbammeln, die ließ er aus den Tannenzweigen reiten. Liesanne pflückte auf der Wiese weiße Gänseblümchen, die wurden mit ihren langen Stengeln zwischen den Nadeln festgeklemmt. Da leuchteten sie, als wären es Weihnachtssterne. Gelbe Butterblumen und blaue Vergißmeinnicht mußten auch herbei, und der Baum war zuletzt ebenso bunt geschmückt, wie ein richtiger Weihnachtsbaum. Aus den hohlen Stengeln derverblühten Kettenblumen flochten die Kinder eine Kette, die war so lang, daß sie in fünf Bogen rund um die kleine Tanne reichte. „Wir haben keine Kerzen, wo kriegen wir Kerzen her?" jammerte Liesanne. Aber Eduard sagte: „Wir brauchen keine Kerzen, wir haben einen SommerWeihnachtsbaum, wie der Onkel Georg in Amerika!"

Zuletzt wurde ein Geschenktisch zurechtgemacht. Große Kastanienblätter waren die Teller, und braune, feste Sand­ kuchen wurden draufgestülpt. Kleine, weiße Steine waren die Spielsachen, zerhacktes Gras war das Weihnachtsgebäck, und Kirschen waren Bälle.

Und wie die Kinder ins Haus mußten, erzählten sie, so schön hätten sie noch nie gespielt. Andem Tags wurde der Sommer-Christbaum noch einmal beschaut und dann geplündert. Und als Liesanne das letzte Kirschenpärchen abnahm, sagte sie: „Gelt, Bäumchen, das kommt dir komisch vor, daß du jetzt wieder ein ganz gewöhnlicher Tannenbaum bist und weiterwachsen sollst!"

175. Butterblume. Wie auf einer grünen Platte, liegen tausend auf der Matte, Butterbrötchen gelb und fett; wer da nur ein Kälbchen hätt! Kälbchen gerne daran lecken, Menschen mögen es nicht schlecken; denn die tausend Brötchen sind gelbe Butterblümchen, Kind. Komm, ich halt dir eins ans Kinn, und dann seh genau ich hin: kommt ein gelber Schein zurück, schmierst du gern die Butter dick.

176. Vergißmeinnicht. Auf der feuchten Wiese blaue Blümlein stehn, schönere wie diese hab ich nie gesehn.

Hellblau wie ein Auge, und ein goldner Stern; Bienchen! komm und sauge! gelt, das tust du gern?

Bückt sich einer nieder, daß ess Blümchen bricht, sagt es immer wieder: „Du, Vergiß mein nicht!"



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177. Rätsel. Hoch auf dem Baum ein Fräulein sitzt, das rund und rot durchs Grüne blitzt, nur schade, daß ihr Herz ein Stein — was mag das wohl für Fräulein sein?

178. Klatschmohn. Ach, alles, was rot ist, hab ich so gern: Rotschwänzchen, Rotkehlchen, Rotkäppchen, und den roten Mohn — er glänzt schon von fern mit vier rot leuchtenden Läppchen.

Und biegt man die, wenn sie noch Knospen sind, nach unten, dann springt, o Freude! heraus ein schwarzes Mohrenkind, gekleidet in rote Seide. Und sind die vier Läppchen groß und alt, dann dreht sie zu Täschchen, zu hohlen, die schlagt an die Stirn, das klatscht und knallt so laut, als wären's Pistolen.

179. Kornblume. Ein dunkelblaues Blümchen vorn am Felde nickt, und viele stehen noch im Korn, wie eingestickt.

So blau gibt es kein Augenlicht, so dunkelblau, so blau ist selbst der Himmel nicht, so dunkelblau! Ach, in dem gelben Korn ist's gar so schön zu sehn! Da mutz in meinem gelben Haar es auch gut stehn!

180. Eselreiten. Die kleine Anni hakte Geburtstag. Sie wurde fünf Jahre alt. Und wie Tante Martha kam und der Anni gratulierte, sagte die Tante: „Anni, du darfst dir heut etwas wünschen, was du nur willst, ich tue es." Da rief die kleine Anni: „Ich weiß etwas, ich wünsche mir, daß ich einmal auf einem Esel den Schloßberg hinauf reiten darf." — „Hol dein Hütchen, Anni, wir wollen gleich gehen", sagte die liebe Tante. Nun durfte Anni wirklich reiten auf einem lebendigen Esel. Ein Bursche hob sie hinauf, da saß man gut auf einem schönen, weichen, roten Kissen, das trug der Esel auf dem Rücken. Es war festgeschnallt und hatte seitwärts und hinten eine rote Lehne. Auch gab der Bursche Anni einen Zügel in die Hand zum Festhalten, er selbst lief nebenher mit dem Stock. Aber er tat dem Esel nicht weh damit, er trieb ihn nur manchmal an, daß er schneller gehen sollte. Einmal rief der Esel sehr laut: J-a, i-a. Da erschrak die Anni aber, denn sie hatte geglaubt, die Esel riefen ganz zart. Plötzlich blieb der Esel an einer Mauer stehen und fraß das Gras, das da wuchs, da mußte der Treiber ganz oft rufen: „Wipp­ schwanz, Wippschwanz, willst du wohl weiter!" Über den

spaßigen Namen mußte Anni laut lachen. Es war ein liebes, graues Eselchen, und es war schade, als sie oben waren und die Geburtstagsfreude schon vorbei war.

181. Kuckuck und Esel. Der Kuckuck und der Esel, die hatten großen Streit, wer wohl am besten sänge zur schönen Maienzeit.

Der Kuckuck sprach: Das kann ich, und fing gleich an zu schrein. Ich aber kann es besser, fiel gleich der Esel ein.

Das klang so schön und lieblich, so schön von fern und nah, sie sangen alle beide: Kuckuck, Kuckuck! J-a!

182. Sonnenblume. Sonnenblume sonnenrund über unserm Zaune nickt und lacht mit breitem Mund, immer guter Laune. Goldne Blätter ohne Zahl stehen rund im Kreise, jedes ist ein Sonnenstrahl, und sie sprechen leise:

„Gelt, wir sind zu stolz und hoch, lassen uns nicht pflücken! ach, wie herrlich ist es doch überm Zaune nicken!"

183. Rotschwänzchen. I.

Zwei Schritte von unserm Gartenhäuschen ist in der Gartenmauer ein kleines Loch, so groß, daß man bequem eine Hand hineinlegen kann. Dort haben neulich Rotschwänz­ chen ein Nest hineingebaut. Man konnte sehen, wie ein

altes Vögelchen immer auf dem Nest faß und sein Köpfchen herausstreckte. Und an einem Tag hörte man ganz zart piepen, da waren die jungen Rotschwänzchen ausgeschlüpst. Die Kinder standen nun immer ganz nahe und sahen zu, wie die fünf Vögelchen gefüttert wurden. Georg hatte sie einmal genau zählen können, als alle Schnäbel nebenein­ ander sich in die Höhe streckten, weit aufgerissen, weil jedes ein Käferchen oder Würmchen aufschnappen wollte. II.

Nach einiger Zeit hatten sie Federn bekommen, und ein­ mal gegen Abend saßen vier kleine Vogelkinder neben dem Nest auf den Steinen im Mauerloch. Das fünfte hatte immer unten gelegen, da war es warm gewesen, aber seine Geschwister hatten so fest auf ihm gelegen, daß es kaum Luft bekam und viel seltener ein Würmchen, wie die andern, weil die ihm alle Würmchen wegschnappten. Wenn es auch noch so laut gezwitschert hatte: Ich habe so Hunger! so waren die Großen doch zu gierig und gaben ihm nichts ab. Darum war das fünfte noch zu schwach, um aus dem Neste zu kriechen. Andern Tags saßen die zwei Alten neben dem Nest, schwätzten unaufhörlich mit dem Kind und flatterten. Das sollte heißen: Probiere es doch nur einmal! Wir helfen dir ja! Deine Geschwister haben es doch auch gekonnt. Und du bist doch ganz gesund! Hier, nimm erst noch ein Mücklein, und hier noch ein zartes Räupchen! Von den andern vier Kindern war nichts mehr zu sehen. Endlich kam denn das Nesthäkchen auch heraus gehumpelt, sehr ängst­ lich und langsam. Aber als es dunkel wurde, krabbelte es wahrhaftig wieder ins Nest. Am dritten Tag hielten ihm die Alten wieder lange Reden, da ist es denn endlich für immer herausgekrochen.

III. Kems von den Kindern ist wieder ins Nest zurückgekehrt, aber sie blieben noch ein paar Wochen alle zusammen im Garten. Wo man ein rotes Schwänzchen wippeln sah und ein Stimmchen hell zirpen hörte, da war gleich darauf die ganze kleine Herde beisammen, und wenn es Abend wurde, dann sah man alle fünf in einer Reihe auf einem Zweig­ lein sitzen zum Schlafen. Vater und Mutter blieben auch noch lange in der Nähe und zeigten den Kleinen, wie man Würmchen sucht, und wie man fliegt. Das Nesthäkchen bekam dann jedesmal noch ein Würmchen mitgebracht und ins Schnäbelein gesteckt. Dabei piepte es, als säße es noch im Nest, und es war doch so kein kleines Vogelkindchen mehr.

184. Holunder. Es blüht im Hof ein großer Strauch, schneeweiß, der heißt Holunder; aus seinen Zweigen schält man auch ein Mark, so weich wie Zunder.

Holundermännchen, die sind schön! Kommt her, ihr putzigen Tröpfchen! Ihr wollt nicht auf den Beinchen stehn, dann purzelt nur aufs Köpfchen!

Im Herbst Holunderbeeren sind wie dunkelrote Trauben; doch daß sie zu verehren sind, das kann ich nimmer glauben.

185. Die Wohnung der Maus. Ich frag die Maus: Wo ist dein Haus? Die Maus darauf erwidert mir: Sag's nicht der Katz, so sag ich's dir. Treppauf, treppab, erst rechts, dann links,

dann wieder rechts und dann grad aus — da ist mein Haus, du wirst es schon erblicken. Die Tür ist klein, und trittst du ein, vergiß nicht, dich zu bücken.

186. Bom Mäuschen, Bratwürstchen und dem grauen Erbschen. I.

Es war einmal ein Mäuschen, das war gut Freund mit einem dicken Bratwürstchen und mit einer grauen Erbse. Und einmal sagte das Mäuschen: „Ihr Freunde, zieht mit mir in mein Mausloch. Du, Bratwürstchen, bist immer so ernsthaft, und du, Erbschen, bist immer am Lachen, da wird das Bratwürstchen vielleicht auch vergnügt und lacht mit. Sonntags essen wir zusammen Sauerkraut, und das Kochen geht Reihe um." Alle waren es zufrieden und zogen ins Mausloch und waren nun eine Familie von drei Leuten. Am ersten Sonntag ging die Maus mit dem dicken Würstchen spazieren, und das Erbschen blieb daheim und kochte Sauerkraut. Es schmeckte ganz gut, aber es hätte doch noch besser schmecken können. Am nächsten Sonntag blieb das Bratwürstchen daheim und kochte, und das Mäuschen ging mit der Erbse spazieren. Wie es zwölf Uhr schlug, standen sie wieder vor dem Maus­ loch. Da warf das Mäuschen sein Näschen hin und her und sagte: „Erbschen, riech doch einmal den herrlichen

Sauerkrautduft!" Und wirklich, das Kraut war so lecker, daß sie zuletzt alle drei in den Topf krochen und ihn aus­ leckten. Da sagte das Mäuschen: „Bratwürstchen, wie hast du das denn gemacht, daß das Sauerkraut so gut geworden ist?" Da sagte das Bratwürstchen: „Ich habe das so gemacht: wie das Kraut so recht brodelte und zischte, bin ich ein paarmal durchgelaufen, davon hat es den guten Ge­ schmack." Da sagte das Mäuschen: „Das will ich mir merken." Am dritten Sonntag kochte das Mäuschen, und das Bratwürstchen ging mit der Erbse spazieren. Und wie das Kraut im Topf so brodelte und zischte, daß es Blasen warf, da wollte das Mäuschen ein paarmal durchlaufen. Aber da sank es in das weiche, heiße Kraut und verbrühte.

II. Da schlug es zwölf Uhr, und das Erbschen kam mit dem Bratwürstchen nach Hause. Das Kraut brodelte und brotzelte, daß der Dampf zum Mausloch herausqualmte, aber vom Mäuschen war nichts zu sehen. Und wie sie lange gewartet hatten da sagte das Bratwürstchen: „Horch, da schlägt es schon halb, wir wollen essen, sonst brennt das Kraut an!" Da setzten sich die zwei an den Tisch und wollten essen, und das Bratwürstchen sagte immer: „Wo nur das Mäus­ chen bleibt?" Aber das Erbschen lachte und sagte: „Das dumme Mäuschen, es konnte ja daheim bleiben." Und wie sie das Sauerkraut auf den Teller schöpften, da kamen weiße Knöchelchen mit heraus und ein graues Schwänzchen. „Das ist vom Mäuschen! Das ist vom Mäuschen!" sagte das Bratwürstchen. „Gewiß hat es wollen durch das Sauerkraut lausen; es hat neulich gesagt, das wollte es sich merken!" Das dicke Bratwürstchen fing an fette Tränen zu weinen, weil es kein Mäuschen mehr hatte, aber die freche graue Erbse sagte: „Es war eine dumme Maus, da muß

man lachen." Und da lächle sie und lachte, bis ihr der Rücken platzte. Da lief sie schnell zum Schuster, der flickte ihr einen schwarzen Flicken auf die Haut. Und seit der Zeit haben alle grauen Erbsen einen schwarzen Flicken.

187. Rührmichnichtan. Rührmichnichtan, Rührmichnichtan heißt ein feines Kräutchen, bammeln gelbe Blümchen dran, schmuck wie kleine Bräutchen. Siehst du Schötchen dann und wann statt der Blümchen sprießen, rühr sie nicht an, rühr sie nicht an, denn sie könnten schießen. Ich tu's doch, ich rühr sie an, leise, wie auf Socken! Schötchen schießt, und fort ist's dann! Ach, bin ich erschrocken!

188. Wen« die Wiese gemüht ist. Ach ich kam zu spät! gestern bunte Farben, alles heut gemäht, meine Blümchen starben. Von Vergißmeinnicht keine Spur, kein Krümchen, und wie standen dicht goldige Butterblümchen!

Gestern noch gelacht, heute schon vergangen, alles über Nacht, weil die Sicheln klangen.

189. Morgengebet. Lieber Gott, du hast gewacht über mich die ganze Nacht, hilf auch, daß ich diesen Tag dein frommes Kindchen bleiben mag!

190. Nachtgebet. Müde bin ich, geh zur Ruh, schließe beide Äuglein zu;

Vater, laß die Augen dein über meinem Bette sein! Amen.

191. Gute Nacht, mein Kindl Guten Abend, gute Nacht! mit Rosen bedacht, mit Näglein besteckt, schlupf unter die Deck! Morgen früh, wenn Gott will, wirst du wieder geweckt.

Amen.

Löwenberg (abgedruckt aus Falke und Löwenberg, s. oben): 131, 163. Paysen-Petersen, Mütterchen, erzähl uns was, Hamburg, 1894: 28 (von F.Fröbel), 43, 46, 49, 57, 68 (von J. Meyer), 71 (nach Staub), 78, 87, 98, 109, 114 (von Splittergarb), 116 (von Köhler), 126, 141 (Nr. 141 ist von Paysen-Peterseh selbst verfaßt, die andern Stücke mehrfach geändert und gekürzt), 156 (von Johanna Kinkel). Reinick, Märchen-, Lieder- und Geschichtenbuch, Bielefeld, 1884: 48, 82. Scharrelmann, Im Rahmen des Alltags, Hamburg, 1907 : 60, 118, 119. Scherer (Deutsches Kinderbuch, 2 Bde., Leipzig, 1877): 8, 16, 22, 77, 95. Schmid, Christoph v., Kurze Erzählungen, Original-Ausgabe, München, 1855: 172. Seidel, Buntes aus dem Leben, Stuttgart, o. J.: 26, 130, 132. Staub, Kinderbuch und Neues Kinderbuch, Zürich, o. J.: 59, 71, 112. Trojan, Kinderlieder, Berlin, 1899: 42, 185. Wacker, Karola, Tante Karolas Kinderstube, Aachen, o. J.: 72, 111, 164 (164 ist Originalbeitrag von Frau Seminardirektor Wacker zu Koblenz). Wunderhorn, Des Knaben Wunderhorn, von Arnim und Brentano, Heidel­ berg, 1808, 3. Band: 36, 38, 40, 56, 64, 70, 80, 83, 137,173, 191.

Aus der Praxis des Comenius-Seminars in Bonn: 153. K. H. Gedichte: 5, 7, 10,11, 17, 24, 35, 45, 53,125,127,154, 155, 157, 165, 166, 168, 169, 175 bis 179, 182, 184, 187, 188. Prosa: 3, 44, 84, 88, 97, 99, 106, 139, 145, 151, 183, 186 (nach Reinick neu erzählt). M. H. 1, 2, 4 bis 6, 51, 54, 140, 158, 162, 167, 170, 174, 180. Volkstümlich: 20, 23, 113, 124, 142, 152, 189. Melodien findet man in: Böhme, Kinderlied (s. oben): 4, 15, 16, 20, 27, 31, 38, 47, 55, 63, 64, 70, 83, 137, 152. Fromm, Lieder (s. oben): 21, 27, 31 bis 33, 37, 41, 52, 61, 63, 67, 92, 103, 114, 142, 143, 149, 161. Kühn und Bauer, Liederbuch für mittlere und höhere Mädchenschulen, 1. Teil, Leipzig, 1910: 27, 33, 41, 47, 61, 64, 81, 92, 103, 137, 142, 149, 181. Paysen-Petersen (s. oben): 2, 27, 33, 41, 52, 90, 100, 103, 116, 142,149, 161, 181.