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German Pages 149 Year 1994
Schriften zum Öffentlichen Recht Band 656
Rechtfertigungserfordernisse für die straßenrechtliche Planfeststellung Zugleich eine Auseinandersetzung mit der Kategorie der „planerischen Gestaltungsfreiheit“ Von
Wolfgang Tzschaschel
Duncker & Humblot · Berlin
WOLFGANG TZSCHASCHEL
Rechtfertigungserfordernisse für die straßenrechtliche Planfeststellung
Schriften zum Öffentlichen Recht Band 656
Rechtfertigungserfordernisse für die straßenrechtliche Planfeststellung Zugleich eine Auseinandersetzung mit der Kategorie der „planerischen Gestaltungsfreiheit"
Von
Wolfgang Tzschaschel
Duncker & Humblot * Berlin
Die Deutsche Bibliothek - CIP-Einheitsaufnahme Tzschaschel, Wolfgang: Rechtfertigungserfordernisse für die strassenrechtliche Planfeststellung : zugleich eine Auseinandersetzung mit der Kategorie der „planerischen Gestaltungsfreiheit" / von Wolfgang Tzschaschel. — Berlin : Duncker und Humblot, 1994 (Schriften zum öffentlichen Recht ; Bd. 656) Zugl.: Augsburg, Univ., Diss., 1993 ISBN 3-428-08014-9 NE: GT
Alle Rechte vorbehalten © 1994 Duncker & Humblot GmbH, Berlin Fotoprint: Werner Hildebrand, Berlin Printed in Germany ISSN 0582-0200 ISBN 3-428-08014-9
Vorwort Die vorliegende Arbeit, die von der Juristischen Fakultät der Universität Augsburg als Dissertation angenommen wurde, ist in ihren Grundlinien wesentlich von den Ideen Dieter Suhrs beeinflußt worden. Seinem Andenken widme ich dieses Buch.
Karlsruhe, im Dezember 1993
Wolfgang
Tzschaschel
Inhaltsverzeichnis
Einleitung
15
1. Kapitel Normen und Handlun&sformen der Planung, insbesondere des Fachplanun&srechts I.
Die Merkmale der Planungsnormen 1. Konditionale und finale Programmierung
Π.
18 18 19
a) Gängige Unterscheidung
19
b) Kritik
20
2. Geringe Regelungsdichte
21
3. Mindestinhalt
22
Die fachplanerische Handlungsform
23
1. Unterscheidung zwischen Plan und Planung
23
2. Die Rechtsnatur des Plans
24
3. Formen der Verkehrswegeplanung
25
a) Insbesondere: Die Planfeststellung
26
b) Konzentrationswirkung der Planfeststellung
26
4. Der Planungsvorgang
27
a) Anforderungen und Möglichkeiten
27
aa) Planung als Zukunftsgestaltung
27
bb) Planung als Konfliktlösung
27
cc) "Wahlfreiheif
28
dd) Gestaltung. Abwägung. Prognose
28
ee) Die Formel des Bundesverwaltungsgerichts
28
ff) Anforderungen an die Behörden b) Einzelne Elemente des Planungsprozesses
29 29
aa) Gesamtablauf
29
bb) Insbesondere: Die Informationsverarbeitung
30
Inhaltsverzeichnis
8
ΙΠ. Spezielle Vorschriften des Fernstraßenplanungsrechts 1. Die Ausnahmeregelung des § 17 Abs. 2 FStrG
30 31
2. Planfeststellungsrichtlinien
31
3. Das Beschleunigungsgesetz
32
a) Berücksichtigung öffentlicher Belange
32
b) Umweltverträglichkeitsprüfung
33
c) Mögliche Weiterungen
34
4. Die Neufassung des § 1 FStrAbG
34
a) Bisherige Regelung
34
b) Inhalt und Reichweite der Änderung
35
aa) Inhalt
35
bb) Zweck der Gesetzesänderung
35
cc) Bedeutung für die Planrechtfertigung
36
IV. Die naturschutzrechtliche Eingriffsregelung 1. Anwendbarkeit
37 38
a) Gesetzliche Regelung
38
b) Eignung des Regelungsortes
38
2. Inhaltliche Probleme
39
a) "Leistungsfähigkeit des Naturhaushalts"
39
b) "Erheblichkeit" der Beeinträchtigung
40
c) Vermeidbarkeit
41
d) Abwägung
41
aa) Nachrangigkeit des Naturschutzes
42
bb) Abweichendes Landesrecht
43
e) Vollzugsfragen
43
aa) Zuständigkeit
43
bb) Beteiligung der Naturschutzbehörde 3. Bewertung
44 44
2. Kapitel Die Begründung des Rechtfertigun&serfordernisses aus der Beeinträchtigung privater und öffentlicher Belange I.
46
Die Beeinträchtigung von Rechten einzelner
46
1. Enteignung
46
2. Rechtsgüter von Anliegern a) Gesundheit
47 47
aa) Art der Beeinträchtigung
47
bb) Relevanz der Gesundheitsschädigungen
48
cc) Konsequenzen in der Rechtsprechung
48
Inhaltsverzeichnis dd) Planerische "Eingriffe"? b) Grundeigentum aa) Immissionswirkungen
50
bb) Begünstigung durch Preissteigerung?
51
cc) Beeinträchtigung trotz Preissteigerung 3. "Indirekt" Betroffene
51 52
a) Immissionen
52
b) Strukturelle Veränderungen
53
c) Zusammenhänge der Verkehrsvermehrung
54
d) Relevanz der Beeinträchtigungen
55
aa) Bündelung verstreuter Betroffenheit
55
bb) Rechtsprechung
56
4. Eingriff durch Planfeststellung
56
5. Rechtfertigungserfordernis
II.
49 50
57
a) Geltungsbereich
57
b) Entwicklung der Rechtsprechung
58
Die Beeinträchtigung von Gemeinschaftsgütern 1. Betroffene Rechtsgüter
59 59
a) Landschaftsschutz
59
b) Immissionsschutz
60
2. Mangelnde Kompensationsmöglichkeiten
61
3. Normative Berücksichtigung
62
4. Mangelnder Rechtsschutz
62
a) Verbandsklage
62
b) Geltendmachung durch einzelne
63
c) Stellung der Gemeinden
63
aa) Restriktive Rechtsprechung bb) Legitimation der Gemeinden d) Sperrgrundstücke
64 64 65
aa) Eigentumsmißbrauch?
66
bb) Gewichtung der Eigentümerinteressen
66
5. Berücksichtigung bei der Planfeststellung a) Rechtfertigungserfordernis
67 67
aa) Anknüpfung an Individualinteressen
67
bb) Abweichung bei Privatnützigkeit
68
b) Anderweitige Berücksichtigung
69
c) Gleichsetzung privater mit öffentlichen Belangen
70
ΙΠ. Teilergebnis
70
Inha ltsverzeichnis
10
3. Kapitel Die Stufen der Fachplanung und ihre jeweiligen Rechtfertigungsprobleme I.
Π.
72
Die Einteilung der Fachplanung in Stufen
72
1. Stufenanzahl
72
2. Gegenstände der Stufen
73
Die Rechtfertigung von Planung generell
74
ΙΠ. Die Planung auf politischer Ebene
75
1. Eingrenzung des Gegenstandes
75
2. Zulässigkeit parlamentarischer Planung allgemein
76
3. Der Bedarfsplan nach § 1 FStrAbG als Sonderproblem
76
a) Parallele zu den Maßnahmegesetzen
76
b) Problem der Gewaltenteilung
77
c) Rechtsschutzverkürzung
77
IV. Die Linienbestimmung nach § 16 FStrG
78
1. Gegensatz "Verwaltungsinternum" - Bindungswirkung
78
2. Anfechtbarkeit der Linienbestimmung
79
3. Feststellungsklage
80
4. Verfassungsrechtliche Bedenken
81
V . Teilergebnis
82
4. Kapitel Die Ausgestaltung des Rechtfertigungserfordernisses durch die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts
83
I.
Die Rechtfertigung als bloße Schranke der Gestaltungsfreiheit
83
II.
Die für die Rechtfertigungsprüfung geltenden Kriterien
84
1. Straßenrechtliche Zielsetzung als Ausgangspunkt
85
a) Strukturverbesserung als Rechtfertigungsgrund
85
b) Ökologisch motivierte Rechtfertigungsgründe
85
c) Erweiterung auch des Rechtfertigungserfordernisses?
87
d) Mangelhafter Grundrechtsschutz
87
2. Erforderlichkeit
88
a) Bloße Plausibilitätskontrolle
88
b) Entbehrlichkeit der Rechtfertigung?
89
III. Die Berücksichtigung entgegenstehender Belange
90
Inhaltsverzeichnis 1. Gesetzliche Planungsleitsätze
91
a) Leitsätze des Fernstraßengesetzes
91
b) Trennungsgrundsatz und Lärmschutz
92
c) Naturschutzrechtliche Eingriffsregelung 2. Abwägung
93 94
a) Umfang des Abwägungserfordernisses
95
aa) Fehlerlehre als Negativentsprechung
95
bb) Einbeziehung von Vorgang und Ergebnis
96
cc) Umfang der einzustellenden Belange
96
b) Rangfolge und Optimierungsgebote
97
aa) Vorrang für Umweltbelange?
97
bb) Optimierungsgebote
98
cc) Absoluter und relativer Vorrang c) Abwägung und Gestaltungsfreiheit d) Verhältnis zur Rechtfertigung
98 98 99
aa) Schwäche des Schrankensystems
100
bb) Abwägung als "Notbehelf"
100
cc) Stellenwert der Abwägung
100
e) Praktische Probleme
101
IV. Teilergebnis
101
5. Kapitel Rechtfertigung als adäquate Eingriffsvoraussetzung: Die strikte Anwendung des Übermaßverbuts I.
II.
102
Das Übermaßverbot und seine Geltung im Fachplanungsrecht
102
1. Herleitung und Geltungsbereich
102
2. Anwendung im Planungsrecht
103
Die Geeignetheit des Projektes zur Problembewältigung
104
1. Kontraproduktive Effekte
104
2. Besondere Aspekte verminderter Eignung
105
ΙΠ. Die Erforderlichkeitsprüfung als Kernpunkt des Übermaßverbots 1. Unzulänglichkeit der "Bedürfnis"-Prüfung
106 107
2. Ermittlung relevanter Fakten
107
3. Insbesondere: Kosten-Nutzen-Analyse
109
a) Anwendung
109
b) Umfang
109
4. Sachgerechte Fragestellung
110
5. Mögliche "mildere Mittel"
111
12
Inhaltsverzeichnis a) Ansätze der Rechtsprechung
111
b) Öffentlicher Verkehr als Alternative
112
c) Verkehrslenkung
112
d) Verkehrseindämmung
113
aa) Strukturpolitik
113
bb) "Null-Variante"
113
cc) Bedarfskritik heute
114
IV. Die Verhältnismäßigkeit in ihrer besonderen planungsrechtlichen Ausprägung 1. Substitution durch "Abwägung"
115 115
a) Rechtsprechung
115
b) Eigene Stellungnahme
115
c) Abwägung als "Leerformel"?
116
2. Berücksichtigung öffentlicher Belange
116
3. Rücksichtnahmegebot
117
V . Teilergebnis
118
6. Kapitel Die "planerische Gestaltungsfreiheit": Funktion und Alternative I.
Π.
119
Die Gestaltungsfreiheit im Verständnis der Rechtsprechung
119
1. Begründung der Gestaltungsfreiheit
120
2. Inhalt und Ausübung
121
Gestaltungsspielraum als begriffliche und inhaltliche Alternative
122
1. Handlungsbedarf als Ausgangslage
122
a) Problemlösung
122
b) Zielverwirklichung
122
c) Konfliktbewältigung
123
2. Erfüllung des Optimierungsgebots a) Behördliche "Freiheit"? aa) Verpflichtung statt Freiheit
123 124 124
bb) Andersartigkeit der Bauleitplanung
124
cc) Stellungnahmen im Schrifttum
125
dd) Abwägung und Gestaltungsfreiheit
125
b) Abstimmung
126
c) Sachzwänge
127
aa) Abschnittbildung
127
bb) "Vollendete Tatsachen"
128
cc) Bewahrung von Handlungsalternativen
128
d) Gestaltungsspielraum
129
Inhaltsverzeichnis aa) Offenheit als Verpflichtung
129
bb) Verpflichtungsfunktion des Abwägungsgebots
129
cc) Gegenläufige Rechtsprechung
130
3. Ermessensunterschreitung ΠΙ. Das Verhältnis zwischen "Gestaltungsspielraum" und "Rechtfertigung" IV. Das Problem einer möglichen Kompetenzverschiebung 1. Kompetenz des Gesetzgebers
130 131 131 132
2. Kontrolle der Verwaltung
132
3. Aufgabe der Rechtsprechung
133
4. Schlußbemerkung
134
Zusammenfassung
136
Literaturverzeichnis
141
Einleitung Kaum ein Wirtschaftssektor in Deutschland steht Anfang der neunziger Jahre so deutlich im Zeichen von Wachstum wie das Verkehrswesen. Die zuvor schon beachtlichen Steigerungsraten erhalten noch einen weiteren kräftigen Schub durch die Verwirklichung des Europäischen Binnenmarktes. Die Verkehrspolitik, die zudem von der deutschen Einheit unsanft überrascht worden ist, begegnet dieser Herausforderung einerseits mit der Absicht, Verkehrsbedarf durch den (Aus-) Bau von Verkehrswegen zu befriedigen. Hinzu kommt die angestrebte Verkürzung der Planungsdauer - bei derzeit üblichen Laufzeiten von zehn bis zwanzig Jahren1 ein durchaus verständliches Unterfangen. 2 Das rechtliche Instrumentarium, das nun geschaffen wurde, setzt sich im wesentlichen zusammen aus dem Verkehrswegebeschleunigungsgesetz, den Investitionsmaßnahmegesetzen3 sowie der Straffung des Planungsverfahrens durch das Dritte Rechtsbereinigungsgesetz. Insgesamt soll der Bau von Verkehrswegen - vorrangig von Fernstraßen - schneller, aber auch leichter durchsetzbar werden. 4 Diesem Ansatz steht die immer noch unerfüllte Forderung von D. Suhr aus dem Jahre 1988 gegenüber, "die Rechtfertigungsbedürftigkeit der planerischen . . . Groß- und Masseneingriffe wieder rechtsstaatlich ernster" zu nehmen5. Den Hintergrund für diesen Appell bildet die Erkenntnis, daß bei der Planung staatlicher Großprojekte (namentlich im Verkehrsbereich) regelmäßig ι
Vgl. Stüer. DVB1 1992. S. 549; RonellenfUsch.
LKV 1992. S. 116.
2 Nicht ganz zu Unrecht weist allerdings Viebrock (NVwZ 1992. S. 942) darauf hin. daß gewisse Verzögerungen bei der Verwirklichung solcher Projekte für die Konsensbildung durchaus hilfreich sein können. 3
Verfassungswidrig (wegen Verstößen gegen die Grundsätze der Gewaltenteilung, gegen das Rechtsstaatsprinzip sowie gegen Art. 28 Abs. 2 GG) sind solche Gesetze nach der überzeugenden Darstellung von RonellenfUsch. DÖV 1991, S. 778 ff; ebenso ders.. LKV 1992, S. 116 f.; zustimmend Stüer. DVB1 1992, S. 553. 4 Vor allem für die Verkehrswege in Ostdeutschland wird ein schnellstmöglicher Ausbau für dringlich erachtet, vgl. etwa Reinhardt. DtZ 1992. S. 258. 5
Suhr, Gleiche Freiheit. S. 47.
Einleitung
16
diverse private, aber auch öffentliche Interessen mit dem eigentlichen Gegenstand des Planungsvorgangs konkurrieren. Beispiel: Eine geplante Autobahn droht wertvolle Biotope zu zerstören, erfordert Enteignungen, läßt für die Umgebung die Zunahme von Lärm- und Abgasimmissionen erwarten. Die zuvor gestellte Frage nach der Planrechtfertigung ist in Folge der Novellierung des Fernstraßenausbaugesetzes (FStrAbG) 6 durch das bereits erwähnte Dritte Rechtsbereinigungsgesetz7 nicht gegenstandslos geworden: Zum einen ist für zahlreiche "Altfälle" weiterhin die vor dem 1. 7. 1990 geltende Gesetzeslage maßgeblich. Dies wird angesichts der immer noch erheblichen Dauer der Planungsverfahren noch für etliche Jahre zu berücksichtigen sein. Zum anderen hat der Gesetzgeber in § 1 Abs. 2 S. 2 FStrAbG n. F. zwar die Verbindlichkeit des Bedarfsplans für die Bundesfernstraßen angeordnet. Dies läßt aber nicht den Schluß zu, daß die Planrechtfertigung insgesamt der Überprüfung entzogen sein wird. 8 Während jedoch das Erfordernis der Rechtfertigung eine rechtliche Bindung des Planungsträgers verkörpert, steht im Mittelpunkt des geltenden, weitgehend von der Rechtsprechung entwickelten9 Planungsrechts der dazu kontrastierende Begriff der Gestaltungsfreiheit. Diese soll dem Umstand Rechnung tragen, daß die planende Verwaltung weniger auf vorgegebene Sachverhalte zu reagieren als vielmehr Problemlösungen schöpferisch zu gestalten hat. R. Beenken weist in diesem Zusammenhang auf die Doppelnatur der Planung hin: Es handelt sich dabei um einen sowohl technischen wie auch schöpferischen Vorgang. 10 Neben der "Gestaltungsfreiheit" figuriert als weiteres zentrales Institut des Planungsrechts die Abwägung. Sie hat die Funktion, neben den jeweiligen Primärzielen der Fachplanung all jene Belange zur Geltung zu bringen, deretwegen das Planobjekt eigentlich der Rechtfertigung bedarf. Da jedoch die gerichtliche Kontrolle der Planrechtfertigung zu einer bloßen "Vorabprüfung" auf "offensichtliche Mängel" 11 degeneriert ist, fällt der Abwägung die Auf-
6
FStrAbG in der Fassung der Bekanntmachung vom 21. 4. 1986. BGBl I S. 558.
7
Art. 27 des Gesetzes vom 28. 6. 1990. BGBl I S. 1221.
8
Dies allerdings erwartet Fliegauf,
9
Ibler, Schranken planerischer Gestaltungsfreiheit. S. 26 f.; Kiihling, Fachplanungsrecht,
N V w Z 1991. S. 750.
Rdnr. 43; Wahl. N V w Z 1990. S. 429. 10
Beenken. Überprüfbarkeit der Bauleitpläne. S. 13.
11
So die Formulierung von Niehues. WiVerw 1985. S. 253.
Einleitung
gäbe zu, die jedenfalls in bezug auf Effektivität wichtigste12 Schranke der Gestaltungsfreiheit zu bilden. Hier stellt sich allerdings die Frage, ob auf der Abwägungsebene ein adäquater Ersatz für die strikte Rechtfertigungskontrolle bei Rechtsbeeinträchtigungen gefunden werden kann. Denn prägend für diese Ebene - ähnlich wie für die Gestaltungsfreiheit selbst - sind Vorgänge des "Wertens" und des "Bewertens", 13 die nur schwer objektivierbar und überprüfbar sind. Die vorliegende Arbeit beschreibt nun - nach der Darstellung der normativen und prozeduralen Grundlagen - zunächst die Gegebenheiten, die eine Planrechtfertigung erforderlich machen. Daran schließt sich eine Untersuchung der einzelnen Planungsstufen an. Das Rechtfertigungserfordernis wird sodann in der Konzeption des Bundesverwaltungsgerichts dargestellt, gefolgt von einem alternativen Ansatz, der eine konsequentere Anbindung an die Kriterien des Übermaßverbots versucht. Die Auseinandersetzung mit der "planerischen Gestaltungsfreiheit" bildet das letzte Kapitel der Arbeit. Die Darstellung bezieht sich primär auf den in der Praxis überaus wichtigen Sektor der Fernstraßenplanung 14. Auf andere raumbeanspruchende Fachplanungen15 - insbesondere auf solche aus dem Verkehrsbereich - ist sie jedoch übertragbar, soweit sich nicht aus der Natur der Sache oder aus unterschiedlichen Verfahrensnormen Besonderheiten ergeben. 16
12
Vgl. etwa Kühimg. Fachplanungsrecht. Rdnr. 406; Wahl, N V w Z 1990, S. 436.
13
Dazu (in bezug auf die planerische Gestaltungsfreiheit) BVerwG. U. v. 12. 12. 69 - E
34, 301/304. 14
Geregelt in den §§ 16 - 17a Bundesfernstraßengesetz (FStrG), die durch die §§ 7 2 - 7 8 VwVfG ergänzt werden. Der Begriff "Fachplanung" wird üblicherweise - im Gegensatz zur "Gesamtplanung" - für die projektbezogene Planung verwendet, vgl. z. B. Forsthoff/Blümel,
S. 18 ff.; Ossenbühl,
Gutachten, S. Β 28; Czybulka, Legitimation der öffentlichen Verwaltung, S. 230. 16
Im Schrifttum ist die paradigmatische Hervorhebung der Straßenplanung verbreitet, vgl.
Steinberg. Nachbarrecht. S. 83 ff.; Hoppe /Schiarmann, 2 Tzschaschel
Rdnr. 5.
1. Kapitel
Normen und Handlungsformen der Planung, insbesondere des Fachplanungsrechts Wenn man die für einen bestimmten Verwaltungsbereich zur Verfügung stehenden Rechtsvorschriften und Handlungsmuster genauer betrachtet, so muß man berücksichtigen, daß diese nicht im "luftleeren Raum" existieren. So wird einerseits der normative Gehalt etwa eines Planungsgesetzes durch die Struktur des betroffenen Lebensbereichs geprägt.1 Vom Inhalt der anzuwendenden Normen wiederum hängen Auswahl und Beschaffenheit der dazugehörigen Handlungsformen ab. Im folgenden werden daher als erstes - zunächst generalisierend - die Normen des Planungsrechts beschrieben. Daran schließt sich die Frage nach der planungstypischen Handlungsform an. Die nochmalige Betrachtung der "normativen Seite" im dritten und vierten Abschnitt gründet sich darauf, daß ein Schritt vom Allgemeinen zum Speziellen vollzogen werden soll: Es geht dann um die für die Fernstraßenplanung geltenden Vorschriften sowie - als ausgewähltes Einzelproblem - um die naturschutzrechtliche Eingriffsregelung.
I. Die Merkmale der Planungsnormen Planung als solche kann durchaus als eigentlich "außerrechtlicher Vorgang" bezeichnet werden, 2 der zudem dazu neigt, die von der normativen Ordnung gesetzten Grenzen zu überschreiten3. Die Aufgabenstellung, der sich die Planungsbehörde gegenübersieht, hat aber - wie die anderen Bereiche öffentlicher Verwaltung auch - wesentliche (verfassungs-)rechtliche Aspekte. Namentlich
ι
Hoppe. DVB1 1974. S. 645.
2
So Hoppe, in: Ernst/Hoppe, Rdnr. 179.
3
Hoppe. in: Isensee/Kirchhof. Rdnr. 54.
I. Die Merkmale der Planungsnormen
19
das Ergebnis der planerischen Tätigkeit ist angesichts seiner Rechtfertigungsbedürftigkeit 4 alles andere als "außerrechtlich". P. Badura warnt davor, die Planung "als eine Art schöpferischen Urvorgangs" aufzufassen, der erst "nachträglich in eine rechtliche Ausdrucksform" zu bringen wäre 5. Gleichwohl liegt in der Steuerung der Planung durch "Recht" immer noch eines der zentralen verwaltungsrechtlichen Probleme der Gegenwart.6 Bei näherer Betrachtung der zur Verfügung stehenden "rechtlichen Ausdrucksform", also derjenigen Normen, an denen (raumbeanspruchende Fach-) Planung sich zu orientieren hat, zeigen sich Besonderheiten: 1. Konditionale und finale Programmierung a) Gängige Unterscheidung Sonstige öffentlich-rechtliche Normen, die sich meist in Tatbestand und Rechtsfolge aufspalten lassen, folgen dem "Wenn-dann-Schema"; sie werden als "Konditionalprogramme" bezeichnet.7 Das Verwaltungshandeln ist hier weitgehend gesetzlich determiniert, 8 und zwar meist durch direkte Verhaltensregeln mit "abstrakt-genereller Vorwegprogrammierung" 9. Planungsnormen enthalten dagegen typischerweise ein "Zweck-MittelSchema": Sie setzen Ziele und regeln die zu deren Erreichung zulässigen Mittel. 1 0 Diese Normen sind also "final programmiert". 11 Sie lassen bei ihrer Umsetzung eine größere Zahl verschiedener Entscheidungsmöglichkeiten zu als die Konditionalprogramme 12 und verlangen statt des Gesetzes Vollzugs die Geseizesverwirklichung 13. Zugleich kann (verwaltungsrechtliche) Planung aber auch dahingehend beschrieben werden, daß sie "auf Vollzug in die 4
Dazu unten 2. Kap.
5
Badura, in: Festschrift zum 25-jährigen Bestehen des BayVerfGH, S. 164.
6
Schulze-Fielitz,
7
JURA 1992. S. 208.
Ossenbühl (Gutachten. S. Β 184) im Anschluß an N. Luhmann und P. Oberndorfer,
vgl.
dazu auch Hoppe. in: Ernst/Hoppe, Rdnr. 186. 8
Schmidt-Aßmann, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg. § 1 Rdnr. 305.
9
Wahl, Landesplanung und Landesentwicklung. Bd. 1. S. 48 f.
10 Hoppe, in: Ernst/Hoppe, Rdnr. 186: ausführlich Wahl, Landesplanung und Landesentwicklung, Bd. 1. S. 62 ff. u
Ossenbühl, Gutachten. S. Β 184.
12
Hoppe, in: Ernst/Hoppe. Rdnr. 186.
13
Ossenbühl, Gutachten. S. Β 185.
20
1. Kap. Normen und Handlungsformen der Planung
Wirklichkeit hin angelegt" ist. 1 4 Auf diese Weise erfolgt eine Abgrenzung von der weniger entscheidungsorientierten, sondern eher konzeptionell strukturierten politischen (Programm-)Planung. 15 b) Kritik Die beschriebene Typologie darf nun nicht dazu führen, die Planung gleichsam in einen rechtsfreien Raum zu stellen. 16 Soweit strikte Normen bestehen, gelten sie auch dort, wo die Rechtsanwendung "eigentlich" typischerweise final geprägt ist. Es überzeugt daher nicht, wenn W. Kügel befürchtet, die Planung werde "ihres wesentlichen Inhalts beraubt", sofern sie an das materielle Recht der (durch die Konzentrationswirkung) ersetzten Einzelgenehmigungen gebunden bleibe 17 . Die dezidierte Unterscheidung der beiden Normtypen ist im übrigen nicht unumstritten: H. J. Papier warnt vor "schablonenhafter Zuordnung" der Planungsnormen, da diese nicht in jedem Fall einen geringeren Grad an normativer Determination des Verwaltungshandelns aufweisen. 18 G. F. Schuppert bezweifelt unter Hinweis auf die Vergleichbarkeit der jeweils möglichen Abwägungsfehler die grundlegende strukturelle Unterschiedlichkeit von planerischer Gestaltungsfreiheit und VerNdXixxngsermessen. 19 Entschieden abgelehnt wird diese Differenzierung insbesondere von R. Rubel. Er vertritt die Auffassung, jede Planungsnorm lasse sich so umformulieren, daß sie die Gestalt einer herkömmlichen, konditional programmierten Ermessensnorm annehme.20 H.-J. Koch und R. Hosch halten auch herkömm14
So formuliert von Erbguth. DVB1 1992. S. 402.
15
Dazu Schröder,
16
In diesem Sinne auch Erbguth (DVB1 1992, S. 403): Planung ist "keineswegs von recht-
Planung auf staatlicher Ebene, S. 14.
lichen Vorgaben freigestellt". 17
Kügel,
Planfeststellungsbeschluß.
S. 68; ähnlich Fickert,
in:
Bartlsperger/Blümel/
Schroeter, S. 385/399, und Erbguth. DVB1 1992, S. 400; ablehnend zu Recht Wahl, N V w Z 1990, S. 430. 18 Papier, NJW 1977, S. 1715; a. A. Hoppe. in: Ernst/Hoppe, Rdnr. 186. 19 Schuppert. DVB1 1988, S. 1199; ähnlich Schmidt-Aßmann. in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg, § 1 Rdnr. 306. und Beckmann, Verwaltungsgerichtlicher Rechtsschutz. S. 145 f.; ablehnend wiederum Hoppe, a. a. O.. Rdnr. 299. Bezogen auf die Planfeststellung vertritt neuerdings Erbguth (DVB1 1992, S. 399 und passim) die Auffassung, der Behörde sei kein Gestaltungsspielraum, sondern Ermessen eingeräumt. 20 Rubel, Planungsermessen, S. 10 ff.. 140 ff; ihm folgend Börger, Genehmigungs- und Planungsentscheidungen. S. 147 ff.; ähnlich Ibler, Schranken planerischer Gestaltungsfireiheit, S. 38. Badura (in: Festschrift zum 25-jährigen Bestehen des BayVerfGH, S. 167) spricht zwar
I. Die Merkmale der Planungsnormen
21
liches Verwaltungsermessen für final strukturiert und warnen davor, die bestehenden Gemeinsamkeiten "auseinanderzudi vidieren". 21 Andere Autoren sprechen im Hinblick auf die verschieden enge Gesetzesbindung von einem eher "quantitativen" Unterschied zwischen den beiden Normtypen. 22 2. Geringe Regelungsdichte Auf die Richtigkeit der vorstehend beschriebenen Einwände kommt es letztlich nicht an. Denn maßgeblich für die hier behandelten Fragen ist allein die Tatsache, daß die Planungsnormen den handelnden Behörden durchweg nur punktuelle Vorgaben liefern, 23 also zu jenem Bereich der Gesetzgebung zählen, den man als "weich programmiert" bezeichnen kann 24 . Hier bedarf es demnach der Ergänzung durch die Aufstellung planungseigener Programme. 25 Die Ziele und Planungsleitsätze des Fernstraßengesetzes sind ein typisches Beispiel für solch ein offenes System. Die "geringere Determinationskraft" der Planungsnormen besteht im übrigen unabhängig von der Rechtsform des jeweiligen Plans. 26 Vom Bundesverfassungsgericht wird das Fehlen detaillierter gesetzlicher Regelungen zur Bewältigung von Planungskonflikten nicht beanstandet.27 Angesichts der Vielfalt möglicher Problemkonstellationen wird eine weitgehende gesetzliche Determinierung auch nicht möglich sein. 28 Demgegenüber scheint das Bundesverwaltungsgericht eher geneigt zu sein, den Gesetzgeber an seine Aufgabe zu erinnern: In der Schlußbemerkung eines einschlägigen Urteils hat das Gericht eine politische Entscheidung über das Maß zumutbarer
ebenfalls vom "Planungsermessenmeint aber, dieses könne nicht einfach den Regeln des Rechtsfolgeermessens unterworfen werden. 21 Koch/Hosch. S. 151. 22 Schmidt-Aßmann. W D S t R L 34. S. 252: Ule/Laubmger.
S. 280 f.
23
Ossenbühl (Gutachten. S. Β 164) legt dar, daß Planungs- und Gestaltungsgesetze "bewußt unvollständig" sind. 24
So Schuppert, in: Richter/Schuppert. S. 12. Nach Börger (Genehmigungs- und Planungs-
entscheidungen. S. 150) macht die "gelockerte Gesetzesbindung das Wesen einer PlanungsnornT aus. 25 Erbguth, DVB1 1992, S. 402 f. 26
Wahl. Landesplanung und Landesentwicklung. Bd. 1. S. 107.
27 BVerfG. B. v. 6. 6. 89 - E 80. 137/163: angedeutet auch schon im B. v. 30. 11. 88 BVerfGE 79, 174/199. 2«
Wahl. N V w Z 1990. S. 429.
22
1. Kap. Normen und Handlungsformen der Planung
Lärmbelästigung angemahnt.29 Im übrigen ist zwar nicht von der Hand zu weisen, daß neben dem Gesetzestext Rechtsnormen auch in Gestalt der von der Rechtsprechung entwickelten Anforderungen zur Verfügung stehen.30 Auch darin liegt aber kein der schlichten Subsumtion zugängliches Tatbestand-Rechtsfolge-System. Dies bedingt primär, daß in der Planungsverwaltung mehr Entscheidungsmöglichkeiten
offenstehen als in anderen Verwal-
tungsbereichen.31 Dementsprechend unterscheidet R. Alexy zwischen Subsumtion und Abwägung als den beiden "Grundstrukturen der Rechtsanwendung". 32 Für R. Wahl folgt aus der geringen Regelungsdichte des Planungsrechts der "allgemeine Abwägungsauftrag an die Verwaltung". 33 Dieser Sichtweise kann auch vom hier vertretenen Standpunkt aus zugestimmt werden, sofern in die Argumentation ein dogmatischer Zwischenschritt eingefügt wird: Die dargestellte normative Situation läßt eine Mehrzahl von Entscheidungen zu, zwischen denen (soweit sie rechtfertigungsfähig sind!) dann abzuwägen ist. 3 4 3. Mindestinhalt Einige Elemente muß nach P. Badura ein Planungsgesetz aus rechtsstaatlichen Gründen stets enthalten: "Die Bestimmung des Planungssubjekts (Zuständigkeit),
nungsverfahrens,
die Ordnung des Pla-
die Definition der Planungsaufgabe und die Aufstellung der für
die planerische Abwägung maßstäblichen Grundsätze"
Dieses "Regelungsminimum"36 besteht bei der Fernstraßenplanung zunächst in den Zuständigkeitsvorschriften des § 16 Abs. 1 S. 1 ("Der Bundesminister
29
BVerwG. U. v. 21. 5. 76 - E 51. 15/34 f. Senatsmitglied G. Korbmacher stellte in D Ö V
1978, S. 590 klar, daß dies als heftige Kritik zu interpretieren war. 30 31
Vgl. Winter.
NuR 1985, S. 44; Wahl. N V w Z 1990, S. 429.
Hoppe. in: Ernst/Hoppe, Rdnr. 186.
32 Alexy, JZ 1986, S. 710. 33 Wahl, N V w Z 1990, S. 429. Etwas anders der Ansatz des Bundesverwaltungsgerichts, nach dessen Auffassung sich die Abwägung "aus dem Wesen einer rechtsstaatlichen Planung" ergibt (U. v. 14. 2. 75 - BVerwGE 48. 56/63). 34
Dazu im einzelnen unten 6. Kap. II. und III.
35
Badura, in: Festschrift zum 25-jährigen Bestehen des BayVerfGH, S. 175 (Hervorhe-
bungen hinzugefügt). 36
So die Bezeichnung durch Schuppert (in: Richter/Schuppert. S. 270), der die von Badura
entwickelten Grundsätze am Beispiel des Bauplanungsrechts darstellt.
. Die fachplanerische Handlungsform
23
für Verkehr bestimmt . . . die Planung und Linienführung . . .") und des § 17 Abs. 5 S. 1 FStrG ("Die oberste Landesstraßenbaubehörde stellt den Plan fest.") 37 . Das Verfahren bestimmt sich nach den allgemeinen Regeln der §§ 72 - 78 VwVfG, während die Planungsaufgabe der Regelung des § 3 Abs. 1 S. 2 FStrG entnommen werden kann ("Die Träger der Straßenbaulast haben . . . die Bundesfernstraßen in einem dem regelmäßigen Verkehrsbedürfnis genügenden Zustand zu bauen . . ."). Dieselbe Vorschrift enthält schließlich auch einen Abwägungsgrundsatz: " . . . dabei sind die sonstigen öffentlichen Belange einschließlich des Umweltschutzes zu berücksichtigen."38
I I . Die fachplanerische Handlungsform Allgemeingültige Aussagen über die Handlungsform der Planung zu treffen, ist, wie auch bisherige Systematisierungsversuche gezeigt haben, wegen der Vielgestaltigkeit der Planungsgegenstände mit Schwierigkeiten verbunden. 39 Gleichwohl wird immer wieder die Wichtigkeit einer rechtlichen Einordnung betont: aus dogmatischen Gründen, da hier zu klären sei, ob in Form von Rechtssätzen oder von Einzelakten geplant wird; 4 0 oder aus der praktischen Erwägung, mit Hilfe der Kategorisierung Verfahrens- und Inhaltsanforderungen sowie die Art des Rechtsschutzes bestimmen zu können41. 1. Unterscheidung zwischen Plan und Planung An dieser Stelle erscheint eine begriffliche Klärung angebracht. Wenn in der planungsrechtlichen Literatur die "Handlungsform" angesprochen wird, fehlt es gelegentlich an einer klaren Differenzierung zwischen "Plan" und
37
Ergänzend enthält § 22 FStrG Ermächtigungen zur Befugnisübertragung sowie eine nä-
here Ausgestaltung der Zuständigkeiten. 38
Speziell für die Planfeststellung verlangt § 17 Abs. 1 S. 3 FStrG modifizierend, die "öf-
fentlichen und privaten Belange" abzuwägen. 39 Ibler, Schranken planerischer Gestaltungsfreiheit. S. 19; Maurer. Allgemeines Verwaltungsrecht, S. 344. 40
Wahl, Landesplanung und Landesentwicklung. Bd. 1. S. 22.
41
Ossenbühl, Gutachten. S. Β 45.
1. Kap. Normen und Handlungsformen der Planung
24
"Planung".42 Dabei liegt es eigentlich auf der Hand, daß die planende Tätigkeit, also die Handlung des Planers, durch den Begriff "Planung"43 bezeichnet ist, während der "Plan" das als Ergebnis dieser Tätigkeit resultierende Instrument darstellt. 44 Das Bundesverwaltungsgericht hat die Notwendigkeit einer solchen Differenzierung unmißverständlich zum Ausdruck gebracht und auch auf die einzelnen Bestandteile des Plans (besonders wichtig: die Unterscheidung zwischen Abwägungsvorgang und Abwägungsergebnis45) bezogen. 4 6 Diese (jedenfalls typische) Eigenschaft des Plans, Resultat des planerischen Handelns zu sein, wird auch nicht dadurch aufgehoben, daß Pläne keine endgültige Gestalt haben müssen:47 Auch eine Planänderung ist wiederum das Ergebnis von Planung. In der oben 48 begründeten Reihenfolge wird nun zuerst die rechtliche Einordnung des Plans dargestellt, sodann die eigentliche planerische Handlungsform. 2. Die Rechtsnatur des Plans Um den verwaltungsrechtlichen Plan begrifflich zu erfassen, kann auch heute noch auf die Definition K. Obermayers aus dem Jahre 1959 zurückgegriffen werden. Danach handelt es sich um eine
42
Besonders kraß bei Wahl (Landesplanung und Landesentwicklung. Bd. 1, S. 21 ff. und
S. 101 ff.), der längere Passagen seiner grundlegenden Arbeit der "Handlungsform von Plänen" widmet. Vgl. in diesem Sinne auch Ossenbühl. Gutachten, S. Β 45 ff. 43
Umfassend zum Planungsbegriff Würtenberger,
Staatsrechtliche Probleme politischer Pla-
nung. S. 38 ff. 44 Ausdrücklich für eine solche Unterscheidung auch Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 16. Rdnr. 13 f. 4
5
* 47
Dazu unten 4. Kap. III. 2. a. bb. U. v. 5. 7. 74 - BVerwGE 45, 309/312 f. ("Flachglas"). Mit diesem Argument lehnt Schröder (Planung auf staatlicher Ebene, S. 8 f.) es ab, den
Plan als "Abschluß des Planungsprozesses" zu definieren. Ähnlich auch schon Kaiser (in: Planung II, S. 25), der eine "Einheit von Planung und Plandurchführung" sieht, sowie Hoppe, in: Isensee/Kirchhof. Rdnr. 3. «
1. Kap.. vorl.
II. Die fachplanerische Handlungsform
25
"Ausarbeitung eines Verwaltungsorgans, die durch verschiedene aufeinander abgestimmte Maßnahmen die Verwirklichung eines bestimmten Ordnungszustandes anstrebt". 49
Nicht geklärt ist damit allerdings die Rechtsform des Plans, insbesondere die Frage, ob es sich dabei um ein "aliud" zu den sonstigen verwaltungsrechtlichen Formen handelt. Diese These wurde vor allem von J. H. Kaiser vertreten, 50 spielt aber heute keine wesentliche Rolle mehr. Überwiegend wird der Plan nicht als eigenständige Form angesehen:51 Eine solche, eigens zu schaffende Kategorie, die alle Arten von Plänen zu erfassen hätte, müßte in ihren Konturen zwangsläufig unscharf und damit ohne großen Nutzen bleiben. 5 2 Statt dessen bedient sich das Planungsrecht der in den anderen Bereichen staatlichen Handelns verwendeten Formen. So gibt es Pläne in Gestalt von förmlichen Gesetzen, Verordnungen, Satzungen, Verwaltungsakten, Verwaltungsvorschriften, Richtlinien der Politik. 53 Diese Vielfalt, und damit auch das Fehlen einer planungsspezifischen Form, resultiert daraus, daß für jede Planart sinnvollerweise diejenige Form gewählt wird, die zu den jeweils gewünschten Rechtsfolgen führt. 54 3. Formen der Verkehrswegeplanung Auch die Ergebnisse der Verkehrs-, namentlich der Fernstraßenplanung weisen unterschiedliche Formen auf. Hier ist zunächst der Bedarfsplan nach dem Fernstraßenausbaugesetz55 zu erwähnen, der als förmliches Gesetz beschlossen wird. Die sich anschließende Planungsstufe, die Linienbestimmung
49 50
Obermayer, W D S t R L 18, S. 150. Kaiser, in: Planung II, S. 20 ff. Weitere Nachweise bei Wahl (Landesplanung und Lan-
desentwicklung, Bd. 1. S. 23). der sich ausführlich mit dieser Diskussion auseinandersetzt (insbesondere auf S. 22 ff., 107 ff.). 51
Vgl. etwa Schmidt-Aßmann.
DÖV
1974, S. 541; Schuppert, in: Richter/Schuppert,
S. 269 f. m. w. Nachw. 52
Ähnlich Ossenbühl, Gutachten. S. Β 49.
53
Ossenbühl, Gutachten. S. Β 46.
54
Ossenbühl, Gutachten. S. Β 47.
55
Dazu unten 1. Kap. III. 4.
1. Kap. Normen und Handlungsformen der Planung
26
durch das Bundesverkehrsministerium gem. § 16 FStrG, gilt als vorbereitende, behördeninterne Verwaltungsentscheidung ohne Außen Wirkung. 56 a) Insbesondere: Die Planfeststellung Als planungsrechtlicher Ort der Rechtfertigung ist hier von besonderem Interesse die Planfeststellung (normiert in §§72 ff. VwVfG). Sie wird als "Prototyp" der Fachplanung angesehen57 und ist in der Mehrzahl 58 der wichtigen Fachplanungsgesetze vorgeschrieben 59. Der Planfeststellungsbeschluß (§ 74 VwVfG) stellt eine einheitliche Entscheidung dar, 6 0 an die der Anspruch einer umfassenden Problembewältigung gestellt wird. 6 1 Es handelt sich bei diesem Beschluß um einen rechtsgestaltenden Verwaltungsakt (in Form der Allgemeinverfügung nach § 35 S. 2 V w V f G ) , 6 2 dem durch § 75 VwVfG vor allem Konzentrations- und Gestaltungswirkung63 verliehen ist. b) Konzentrationswirkung der Planfeststellung Die der Planfeststellung zugewiesene Konzentrationswirkung ist nur formeller A r t , 6 4 so daß zwar die einzelnen in Betracht kommenden Genehmigungsverfahren ersetzt werden, gleichwohl aber deren materiell-rechtliche Vorgaben bestehen bleiben. W. Erbguth hält diese - inzwischen allgemein an-
56 BVerwG. U. v. 26. 6. 81 - E 62. 342: Schroeter. Rdnr. 5.2. 57
in: Marschall/Schroeter/Kastner. § 16.
Kühimg. Fachplanungsrecht. Rdnr. 305: Wahl, N V w Z 1990, S. 427. Kritisch Erbguth,
DVB1 1992, S. 399. 58
59
Zu den sonstigen Planungsverfahren Kühling, Fachplanungsrecht. Rdnr. 348 ff. Vgl. § 17 FStrG. § 36 Bundesbahngeselz. § 8 Luftverkehrsgesetz, § 28 Personenbeförde-
rungsgesetz. § 14 Wasserstraßengesetz. § 31 Wasserhaushaltsgesetz (als Rahmenrecht), § 7 Abfallgesetz, § 9b Atomgesetz. § 41 Flurbereinigungsgesetz. 60
BVerwG, U. v. 14. 12. 73 - E 44. 235/240.
61 Bonk, in: Stelkens/Bonk/Sachs, § 74, Rdnr. 1. Der Grundsatz der Problembewältigung gilt nach BVerwG, U. v. 9. 3. 79 - E 57, 297/300 - allerdings "für jede hoheitliche Planung". 62 KügeL Planfeststellungsbeschluß, S. 82: Bonk, in: Stelkens/Bonk/Sachs. § 74, Rdnr. 13, m. w. Nachw. auch zu abweichenden Einstufungen in andere Verwaltungsakttypen. Verfassungsrechtliche Bedenken gegen Planungsentscheidungen in Form von Verwaltungsakten äußert Börger, Genehmigungs- und Planungsentscheidungen. S. 154. 63
Dazu ausführlich Bonk, in: Stelkens/Bonk/Sachs. § 75, Rdnr. 8 ff., 15 ff. Die Konzen-
trationswirkung wird auch hervorgehoben vom BVerwG. U. v. 14. 12. 73 - E 44, 235/240. 64
Dazu bereits oben, bei Fußn. 17. Differenzierend zur Reichweite des Konzentrationsprin-
zips Breuer, in: Festschrift für H. Sendler, S. 361.
II. Die fachplanerische Handlungsform
27
erkannte 65 - Auffassung für bedenklich, da hierdurch der Handlungsspielraum für die planfeststellende Behörde zunehmend eingeengt werde 66 . Er zieht daraus (und aus der Tatsache, daß die eigentliche Planung vom jeweiligen Vorhabenträger gestaltet wird) letztlich den Schluß, "daß die Planfeststellung keine Planung darstellt" 67. Was diesen Punkt betrifft, bestätigt Erbguth damit im Grunde nur die auch hier hervorgehobene Unterscheidung zwischen Plan und Planung. 68 4. Der Planungsvorgang Hier soll nun die planerische Tätigkeit, also die Handlungsform Sinne,
69
im engeren
untersucht werden. a) Anforderungen und Möglichkeiten
Die Gestaltung des Planungsvorgangs richtet sich primär nach dem einschlägigen Normgefüge, aber auch - und in dieser Beziehung natürlich mit Wechselwirkung - nach dem zu erarbeitenden Ergebnis, also dem jeweiligen Plan. Bei den definierenden Beschreibungen dieses Vorgangs werden unterschiedliche Akzente gesetzt: aa) Planung als Zukunftsgestaltung Im Lehrbuch von H. J. Wolff und O. Bachof heißt es, "Planen ist vorausschauendes Setzen von Zielen und gedankliches Vorwegnehmen der zu ihrer Verwirklichung erforderlichen Verhaltensweisen." 70
bb) Planung als Konfliktlösung Das sicherlich nicht falsche, aber doch allzu friedliche Bild von Wolff/ Bachof kann sinnvoll ergänzt werden durch J. Kühlings Beschreibung der planerischen "Entscheidungslage": Diese sei 65
Kühling, in: Festschrift für H. Sendler, S. 396.
66 Erbguth, DVB1 1992, S. 400. 67
Erbguth, DVB1 1992. S. 400. 403: ähnlich auch Hoppe/Beckmann
(§ 7 Rdnr. 6, m. w.
Nachw.), die den Planfeststellungsbeschluß als "Mittel der direkten Verhaltenssteuerung" ansehen. 68
Vgl. oben 1. Kap. II. 1.
69
Gemäß der oben (1. Kap. II. 1.) vorgenommenen Abgrenzung.
70
Wolff/Bachof,
§ 47 DC a.
1. Kap. Normen und Handlungsformen der Planung
28
"durch Zielkonflikte gekennzeichnet, die zu einer kompromißhaften Lösung drängen". 7 1
cc) "Wahlfreiheit" Ein weiteres wichtiges Element steuert W. Hoppe bei, der ebenfalls Ziel-, aber auch A//tfe/konflikte nennt und daneben auf die "Wahlfreiheit zwischen unterschiedlichen Gestaltungsmöglichkeiten" hinweist 72 . Inwieweit staatliche Planung "Wahlfreiheit" gewähren kann, wird noch kritisch zu untersuchen sein. 73 Hier klingt jedoch - in Übereinstimmung mit den entsprechenden Beobachtungen bei der Normstruktur 74 - an, daß Planung in weitaus geringerem Maße als andere Verwaltungstätigkeit am "punktuellen Normvollzug" orientiert ist (so die treffende Formulierung von F. Ossenbühl75). dd) Gestaltung, Abwägung, Prognose Demgegenüber spielt beim planerischen Handeln das schöpferische Moment eine um so größere Rolle: 76 Problemlösungen, die meist nicht "subsumtionsfähig" vorgegeben sind, müssen mit Phantasie entwickelt werden. Hinzu kommt noch die Notwendigkeit, die berührten Interessen abzuwägen und (mögliche) künftige Entwicklungen zu prognostizieren. 77 ee) Die Formel des Bundesverwaltungsgerichts Die Rechtsprechung betont vor allem die Aspekte der Gestaltungsfreiheit und der Abwägung. Das Bundesverwaltungsgericht sieht die Entscheidungslage bei der Planung
71
72
Kühling, Fachplanungsrecht. Rdnr. 4. Hoppe. DVB1 1974. S. 644.
73
Unten 6. Kap.. insbesondere II. 2. a.
74
Vgl. oben 1. Kap. I. 1.
75
Ossenbühl, Gutachten, S. Β 185.
76
Vgl. Beenken, Überprüfbarkeit der Bauleitpläne. S. 13; Badura, in: Festschrift zum 25-
jährigen Bestehen des BayVerfGH, S. 164; Kodal/Krämer, fehlt allerdings weitgehend bei der Phnfeststellung,
S. 797. Das schöpferische Element
vgl. Beckmann, Verwaltungsgerichtlicher
Rechtsschutz. S. 149. 77
Ossenbühl, Gutachten, S. Β 185. Demgegenüber weist wiederum Beckmann (Verwaltungsgerichtlicher Rechtsschutz, S. 121) darauf hin. daß jede Gesetzesanwendung der Abwägung bedürfe und daß prognostische Einschätzungen auch bei komplexen Genehmigungsverfahren (die nicht als "Planung" gelten) notwendig seien.
II. Die fachplanerische Handlungsform
29
"einerseits durch einen weiten planerischen Gestaltungsfreiraum gekennzeichnet, andererseits aber an das Gebot gebunden, die unterschiedlichen Interessen und Belange in einem einheitlichen EntscheidungsVorgang abzuwägen". 78
ff) Anforderung
an die Behörden
Insgesamt ist festzuhalten, daß die Entwicklung von Plänen eine vergleichsweise hohe "Eigenleistung" der Verwaltungsstellen voraussetzt oder, um es mit den Worten von M. Börger auszudrücken, "daß der Anteil der vom Normanwender zur Alternativenreduktion heranzuziehenden autonomen Determinanten aufgrund der lediglich schwach ausgeprägten heteronomen Determination durch die Norm selbst besonders groß ist" 7 9 .
b) Einzelne Elemente des Planungsprozesses aa) Gesamtablauf Der Ablauf einer Projektplanung stellt sich je nach Fachplanungsart verschieden dar und kann sich auch von Vorhaben zu Vorhaben unterscheiden. Gleichwohl läßt sich ein typisches Handlungsmuster nachzeichnen, das sich aus den folgenden Phasen zusammensetzt:80 -
Analyse der zu lösenden Probleme;
-
Erfassen und Bewerten der relevanten Informationen und Daten; Prognose über die Entwicklung im Falle der unterlassenen Beeinflussung; 81 Bestimmung der Entwicklungsziele und Lösung von Zielkonflikten; Erarbeiten der zur Zielerreichung verfügbaren Mittel; Bewerten der verschiedenen Mittel (und ihrer Auswirkungen) in Relation zu den angestrebten Zielen;
-
Darstellung des Ergebnisses in Form des Plans (gegebenenfalls auch als Verzicht auf planmäßige Steuerung des weiteren Verlaufs).
78
BVerwG. B. v. 71. 12. 85 - NVwZ 1986. 640/641: ähnlich U. v. 11. 4. 86 - BVerwGE
74, 124/133. 79
Börger, Genehmigungs- und Planungsentscheidungen, S. 150.
80
Die Darstellung stützt sich auf die ausführliche Abhandlung von Schröder
(Planung auf
staatlicher Ebene. S. 7 ff.) sowie die hiervon teilweise abweichende knappe Aufzählung bei Ko dal/Krämer. 81
S. 797.
Vgl. aber den oben (in Fußn. 77) referierten Einwand von Beckmann.
30
1. Kap. Normen und Handlungsformen der Planung
bb) Insbesondere: Die Informationsverarbeitung Von besonderer Bedeutung ist beim Planungsvorgang die Informationsverarbeitung (wenn unter "Information" sowohl objektive Daten als auch das gesamte Material der betroffenen Belange verstanden wird). Planungsspezifisch besteht die Besonderheit, daß - wiederum in Korrelation zu den zugeordneten Normen - diese Informationsverarbeitung nicht dem Wenn-dann-Schema folgt, sondern auf angestrebte Ergebnisse eingestellt ist. 8 2 Dazu kommt, daß die zu sammelnden und auszuwertenden Informationen regelmäßig von erheblicher Komplexität sind. Die planende Verwaltung ist daher in besonderem Maße darauf angewiesen, diese Komplexität soweit zu reduzieren und zu strukturieren, daß die notwendigen Entscheidungen überhaupt möglich werden. N. Luhmann spricht - ohne allerdings die Planung gegenüber sonstiger Verwaltungstätigkeit hervorzuheben - von "Entscheidungsvereinfachung durch entlastende Strukturbildung" 83.
I I I . Spezielle Vorschriften des Fernstraßenplanungsrechts Das Bundesfernstraßengesetz hat, in einer gewissen technokratischen Beschränktheit, den Bau und die "Unterhaltung" von Straßen zum Thema. Gerade die mit dem Straßenbau typischerweise konkurrierenden Belange werden hingegen innerhalb dieses Gesetzes nicht berücksichtigt. Allgemein läßt sich von Fachplanungsgesetzen sagen, daß sie "monofinal" strukturiert sind. 84 Ihr rechtliches Instrumentarium ist primär auf die Verwirklichung der planerischen Vorhaben ausgerichtet.85 Ein solches Gesetz kann daher, für sich genommen, noch nicht die Frage beantworten, ob all die ökologischen, gesundheitlichen, eigentumsrechtlichen, sozialen, ästhetischen und sonstigen Probleme, die mit einem verkehrstechnischen Großvorhaben verbunden sein können, in Kauf zu nehmen sind.
82
Hoppe, DVB1 1974, S. 643.
83
Luhmann, Theorie der Verwaltungswissenschaft. S. 65. Dazu auch Hoppe, DVB1 1974,
S. 646 f. «
Erbguth/Püchel,
85
Kugel, Planfeststellungsbeschluß, S. 121.
NuR 1984. S. 212.
. Spezielle Vorschriften des Fernstraßenplanungsrechts
31
1. Die Ausnahmeregelung des § 17 Abs. 2 FStrG Die beschränkte Sichtweise des Fernstraßengesetzes wird besonders deutlich bei der Vorschrift des § 17 Abs. 2 S. 1, die folgenden Wortlaut hat: "Die Planfeststellung kann in den Fällen des § 19 Abs. 2a und bei Änderungen oder Erweiterungen von unwesentlicher Bedeutung unterbleiben."
Zunächst fällt auf, daß die Regelung redaktionell verunglückt ist: Die Verweisung auf § 19 Abs. 2 a 8 6 würde es bei wörtlicher Auslegung genügen lassen, daß gegebenenfalls von mehreren Beteiligten nur einer zustimmt. Dies kann natürlich nicht gemeint sein. Schwerwiegender als dieser wegen seiner Offensichtlichkeit leicht zu korrigierende Mißgriff erscheint jedoch ein anderer Umstand: Nach dem Wortlaut von § 17 Abs. 2 S. 1, 1. Alt. FStrG ist es für den Wegfall des Planfeststellungsverfahrens ausreichend, daß die Interessen von einzelnen Betroffenen keines Schutzes bedürfen. Die Beeinträchtigung öffentlicher Belange etwa durch Flächen verbrauch, Naturschädigung, Lärm- und Abgasemissionen genügt danach also nicht, um das immerhin gründliche Verfahren nach §§ 72 ff. VwVfG erforderlich zu machen. 2. Planfeststellungsrichtlinien Sinnvoller als diese Vorschrift des Fernstraßengesetzes erscheinen demgegenüber die Planfeststellungsrichtlinien des Bundesverkehrsministeriums 87. Solche Richtlinien haben als (interne) Verwaltungsvorschriften grundsätzlich keine rechtliche Außenwirkung. 88 Sie spielen aber bei der Feinabstimmung der unvermeidlich groben gesetzlichen Vorgaben eine wichtige Rolle. 8 9 In den für das Planfeststellungsverfahren einschlägigen Richtlinien wird nun zum einen klargestellt, daß das Einverständnis aller Beteiligten i. S. des § 19 Abs. 2a FStrG für das Unterbleiben der Planfeststellung vorausgesetzt ist. 9 0 86
§ 19 Abs. 2a FStrG lautet: "Hat sich ein Beteiligter mit der Übertragung oder Beschrän-
kung des Eigentums oder eines anderen Rechtes schriftlich einverstanden erklärt, kann das Entschädigungsverfahren unmittelbar durchgeführt werden". 87
Richtlinien für die Planfeststellung nach dem Bundesfernstraßengesetz vom 12. 4. 1984:
ARS Nr. 12/84. VkBl 1984. S. 189. 88
Vgl. allgemein zu den Verwaltungsvorschriften etwa Stelkens.
in: Stelkens/Bonk/Sachs,
§ 35. Rdnr. 91 ff., insbes. Rdnr. 93. 89
Zu Typologie und Rechtsnatur der Verwaltungsvorschriften Ossenbühl, in: Erichsen/
Martens, § 7 I V 2. und 3.. m. w. Nachw. 90
Ziff. 5 Abs. 1 der Richtlinien.
1. Kap. Normen und Handlungsformen der Planung
32
Zusätzlich wird verlangt, daß "öffentlich-rechtliche Beziehungen nicht berührt werden oder zu ihrer Regelung schriftliche Vereinbarungen geschlossen sind". 91 Hier wäre zwar eine eindeutigere Formulierung wünschenswert. Da aber sonstige Inhalte vernünftigerweise nicht in Betracht kommen, wird der Begriff "öffentlich-rechtliche Beziehungen" nur in der Bedeutung öffentlicher Belange zu interpretieren sein. 92 3. Das Beschleunigungsgesetz a) Berücksichtigung öffentlicher Belange Der mögliche Wegfall des Planfeststellungsbeschlusses, genauer: dessen Ersatz durch eine Plangenehmigung, ist auch einer der Kernpunkte des Gesetzes zur Beschleunigung der Verkehrswegeplanungen in den neuen Ländern 93 . Für den genannten Ersatz läßt § 4 Abs. 1 S. 1 dieses Gesetzes es genügen, daß alternativ zum Einverständnis der Betroffenen - "Rechte anderer nicht beeinträchtigt werden". In beiden Fällen müssen zusätzlich die öffentlichen Belange berücksichtigt werden. Abweichend von den Richtlinien zu § 17 Abs. 2 FStrG verlangt allerdings § 4 Abs. 1 S. 1 des Beschleunigungsgesetzes lediglich, daß "mit den Trägern öffentlicher Belange . . . das Benehmen hergestellt worden ist". Dies ist insofern von Bedeutung, als das Benehmen einen nur beratenden Einfluß der anderen Verwaltungsstellen ausdrückt - im Gegensatz zum Einvernehmen, das die Zustimmung voraussetzt.94 Die Berücksichtigung der genannten Belange beschränkt sich hier also auf eine - im Konfliktfall unverbindliche - Kenntnisnahme der widerstreitenden öffentlichen Interessen durch die Verkehrsplaner. Dabei besteht die Gefahr, daß diejenigen Belange, die nicht von privaten Klägern geltend gemacht werden (können), - im Sinne größtmöglicher Beschleunigung - schnell übergangen werden. 95
91
Ebenda.
92
Diese Auslegung findet sich auch bei Fickert, Planfeststellung für den Straßenbau, S. 102, 108. 93 94
Verkehrswegeplanungsbeschleunigungsgesetz vom 16. 12. 1991, BGBl I S. 2174. Zur Unterscheidung der beiden Begriffe etwa Badura. in: Erichsen/Martens. § 40 ΠΙ;
ausführlich VG Darmstadt. U. v. 28. 11. 90 - NuR 1991, 390/393 f. 95
Α. A. Stüer (DVB1 1992, S. 551), der das Genehmigungsverfahren in Fällen fehlender
Drittbetroffenheit für sachgerecht hält. Eine "verfassungswidrige Verwaltungspraxis" sehen dagegen Klinski/Gassner
(NVwZ 1992, S. 237) voraus.
III. Spezielle Vorschriften des Fernstraßenplanungsrechts
33
Auch bei der Bestimmung der Linienführung nach § 16 FStrG wird das "Einvernehmen" durch bloßes "Benehmen" ersetzt. Hier droht ebenfalls ein allzu leichtes Beiseiteschieben gewichtiger Argumente, die gegen ein Verkehrsprojekt sprechen könnten. 96 b) Umweltverträglichkeitsprüfung Im Geltungsbereich des Beschleunigungsgesetzes findet die Umweltverträglichkeitsprüfung ( U V P ) 9 7 nicht mehr in vollem Umfang statt: Bei der Linienbestimmung ist die ansonsten vorgesehene Einbeziehung der Öffentlichkeit (§§ 15, 16 UVPG) ausgeschlossen.98 Dies ist im Planfeststellungsverfahren zwar nicht der Fall. Dieses Verfahren kann aber, wie bereits erwähnt, durch eine einfache Plangenehmigung ersetzt werden. Damit entfällt dann nach dem UVPG die Notwendigkeit, eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen. Verlangt wird diese indessen von der UVP-Richtlinie der EG (85/ 337/EWG), und zwar unabhängig davon, ob eine Planfeststellung oder ein Genehmigungsverfahren vorliegt (vgl. Anhang I I Ziff. 12 der Richtlinie). Naheliegend wäre nun, "je nach Sachlage . . . zu entscheiden", ob sich die Erforderlichkeit der UVP unmittelbar aus der EG-Richtlinie ergibt. 99 Dies ließe allerdings außer acht, daß die Richtlinie die entsprechende Umsetzung ihres Inhalts in nationales Recht vorschreibt. Es erscheint daher plausibel, wenn G. Winter in seiner Stellungnahme zum Gesetzentwurf die Unvereinbarkeit des Beschleunigungsgesetzes mit den EG-rechtlichen Normen konstatiert 1 0 0 .
96 Bezogen auf die Fernstraßenplanung hält auch Reinhardt (DtZ 1992, S. 259) die Regelung für "problematisch". Er betont seinerseits indessen den dabei zu erwartenden Beschleunigungseffekt. 97
Umfassend zur UVP im Bereich der Straßenplanung, allerdings noch ohne Berücksichti-
gung des Beschleunigungsgesetzes Klößner, Straßenplanung und Umweltverträglichkeitsprüfung. 98
Kritisch hierzu mit Recht KlinskUGassner.
NVwZ 1992. S. 238.
99
So die Auffassung von Reinhardt, DtZ 1992. S. 261. in Übereinstimmung mit der Gesetzesbegründung. Gassner (NuR 1992. S. 452) hält es nur in Ausnahmefällen für zulässig, auf die UVP zu verzichten. 100 Winter, Stellungnahme zum Verkehrswegebeschleunigungsgesetz. S. 8 f., unter Hinweis auf die entsprechende Rechtsprechung des EuGH. Im Ergebnis ebenso Viebrock, N V w Z 1992, S. 940 f. und Klinski/Gassner. NVwZ 1992. S. 237 f.
3 Tzschaschel
34
1. Kap. Normen und Handlungsformen der Planung
c) Mögliche Weiterungen Während Winter in bezug auf die Gesamtkonzeption der Planungsbeschleunigung nicht zu Unrecht vor der Gefahr einer ökologisch falschen Weichenstellung warnt, 1 0 1 kritisiert M. Ronellenfitsch das Beschleunigungsgesetz aus der gewissermaßen entgegengesetzten Richtung: Seiner Meinung nach sind die potentiell vorhandenen Beschleunigungsmöglichkeiten längst nicht ausgeschöpft; das vorliegende Gesetz bringe vielmehr lediglich "marginale und geringfügige Korrekturen". 102 Zustimmung verdient dabei die Anregung, den ohnehin nicht klar gefaßten Anwendungsbereich (§ 1 des Gesetzes) auf ganz Deutschland auszudehnen103. (Entsprechende Gesetzgebungsmaßnahmen, nunmehr unter dem Namen "Planungsvereinfachungsgesetz", wurden im Laufe des Jahres 1993 auch eingeleitet.) Wenn Ronellenfitsch jedoch vorschlägt, neben den eher formellen Beschleunigungsmaßnahmen die Planungskontrolle auch materiell zu lockern (gedacht ist vor allem an Erleichterungen bei den Abwägungsanforderungen), 104 so mag damit die Planungsdauer durchaus zu verkürzen sein. Nicht abzusehen ist aber, ob der zu erwartende Verlust an Rechtsstaatlichkeit durch eine solche Art von Beschleunigung gerechtfertigt wäre. 4. Die Neufassung des § 1 FStrAbG a) Bisherige Regelung In der ursprünglichen Fassung105 vom 21. 4. 1986 war § 1 FStrAbG auf die Feststellung beschränkt, das Fernstraßennetz werde nach dem (gem. § 4 alle fünf Jahre der Verkehrsentwicklung anzupassenden) Bedarfsplan ausgebaut. 1 0 6 Aus dieser Zurückhaltung (und wohl auch aus dem inhaltlichen Ge101 Stellungnahme zum Verkehrswegebeschleunigungsgesetz. S. 1. Insgesamt skeptisch auch Gassner, NuR 1992. S. 449 ff. 102 Ronellenfitsch, LKV 1992. S. 116. 118 - auch zu weiteren, hier nicht angesprochenen Einzelheiten des Beschleunigungsgesetzes.
A. a. O.. S. 117 f. (unter Hinweis auf den Gleichheitssatz); zustimmend Stüer. DVB1 1992. S. 549; kritisch Viebrock. 104 Ronellenfitsch.
N V w Z 1992. S. 941 f.
LKV 1992. S. 117. 118; ähnlich wiederum Stüer. DVB1 1992. S. 552.
105 Zu den Einzelheiten etwa Kühling. Fachplanungsrecht. Rdnr. 213 f. 106 Selbst in der damaligen (bzw. in der entsprechenden vorausgehenden) Fassung begegnete die Gesetzesform der Bedarfsplanung schon Zweifeln, vgl. Becker. Verfahren der Bundesfernstraßenplanung. S. 107.
. Spezielle Vorschriften des Fernstraßenplanungsrechts
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wicht des Plans) folgerte das Bundesverwaltungsgericht richtigerweise, daß die Einstufung einer Maßnahme im Bedarfsplan nur zu einer internen Bindung der Verwaltung, nicht aber zur Zulässigkeit eines konkreten Vorhabens im Außenverhältnis führte 107 . Die Vorarbeit des Gesetzgebers (der den Bedarfsplan beschließt) konnte zwar "Aufschlüsse über die Zielkonformität" des betreffenden Projektes geben, sie verlieh diesem aber keine besondere rechtliche Durchsetzungskraft gegenüber anderen Belangen. 108 b) Inhalt und Reichweite der Änderung aa) Inhalt Art. 27 des Dritten Rechtsbereinigungsgesetzes vom 28. 6. 1990 1 0 9 brachte eine wesentliche, in der Öffentlichkeit allerdings kaum beachtete110 Änderung von § 1 FStrAbG. Im neuen Abs. 1 wird zunächst klargestellt, daß der Fernstraßenbau zu den "Hoheitsaufgaben des Bundes" zählt. Bedeutender ist jedoch der eingefügte Abs. 2: "Die in den Bedarfsplan aufgenommenen Bau- und Ausbauvorhaben entsprechen den Zielsetzungen des § 1 Abs. 1 des Bundesfernstraßengesetzes. Die Feststellung des Bedarfs ist für die Linienbestimmung nach § 16 des Bundesfernstraßengesetzes und für die Planfeststellung nach § 17 des Bundesfernstraßengesetzes verbindlich."
bb) Zweck der Gesetzesänderung Die pauschale Feststellung der Zielkonformität erinnert zunächst auf fatale Weise an die ebenso pauschale naturschutzrechtliche Exkulpation der Landund Forstwirtschaft in § 1 Abs. 3 und § 8 Abs. 7 Bundesnaturschutzgesetz.111 107 BVerwG. U. v. 22. 3. 85 - E 71. 166/169; ähnlich auch noch BVerwG. B. v. 3. 4. 90 UPR 1990. 336. 108 BVerwG, U. v. 22. 3. 85 - E 71. 166/170 f. Kritisch dazu Springob, in: Blümel, Bedarfsplanung - Planfeststellung - Immissionsschutz. S. 108 f. 109 B G B I I S . 1221. HO Selbst während der Plenardebatte des Bundestages, in der die Opposition verschiedene andere Teile des Rechtsbereinigungsgesetzes angriff, wurde Art. 27 nicht diskutiert (vgl. Aussprache zu TOP 16 in der 204. Sitzung des 11. Bundestages am 29. 3. 1990 - Stenographische Berichte Bd. 153. S. 15992 ff.). Das gleiche gilt für die Beratung des Gesetzes im Verkehrsausschuß. der auf Antrag der Regierungsfraktionen die Novellierung von § 1 FStrAbG in das 3. Rechtsbereinigungsgesetz einfügte (vgl. Protokoll der 46. Sitzung des Ausschusses für Verkehr am 18. 10. 1 9 8 9 - T O P 2). m
Kritisch zu den Landwirtschaftsklauseln, mit denen der "ordnungsgemäßen Land- und
Forstwirtschaft" bescheinigt wird, sie diene in der Regel dem Naturschutz und greife nicht in
1. Kap. Normen und Handlungsformen der Planung
36
Gekoppelt mit der Verbindlicherklärung des Bedarfsplans, zielt sie auf die zentrale
Anforderung,
die das Bundesverwaltungsgericht
in
ständiger
Rechtsprechung an die Rechtfertigung straßenrechtlicher Planung stellt. Seit dem grundlegenden Urteil zur Bundesstraße 42 wird ein Vorhaben dann als gerechtfertigt angesehen, wenn dafür "nach Maßgabe der vom Bundesfernstraßengesetz allgemein verfolgten Ziele ein Bedürfnis besteht". 112
Zielkonformität und Bedürfnis sollen nun allein durch die Aufnahme eines Projektes in den Bedarfsplan von vornherein feststehen. Entsprechend lautet die Erwartung, die der Verkehrsausschuß des Bundestages an die von ihm initiierte Neuregelung stellt: "Verwaltung und Gerichte sind dann an diese gesetzliche Feststellung gebunden. Zeitraubende Prüfungen bzw. Nachweise hinsichtlich des Bedarfs entfallen damit sowohl im Planfeststellungsverfahren als auch bei Gerichtsverfahren." 113
cc) Bedeutung für die Planrechtfertigung In der vorstehend zitierten Begründung wird zwar die Prüfung des - im Gesetz auch ausdrücklich genannten - Bedarfs angesprochen, nicht aber die übergeordnete Kategorie der Planrechtfertigung. Gleichwohl findet sich im Schrifttum die Auffassung, einer gerichtlichen Prüfung der Planrechtfertigung sei nun "weitestgehend die Grundlage entzogen" 114 . Auf den ersten Blick spricht für diese Einschätzung die oben zitierte Formel des Bundesverwaltungsgerichts. Bei näherem Hinsehen stellen sich allerdings Zweifel ein, die ihrerseits die auffallend zurückhaltende Formulierung der Gesetzesbegründung verständlich werden lassen: Erstens ist die Reduzierung der Rechtfertigung auf Zielkonformität und Bedürfnis, wie sie die Rechtsprechung bisher betreibt, durchaus angreifbar. 115
Natur und Landschaft ein: Czybulka. NuR 1988. S. 220; ders.. VB1BW 1991. S. 89: Ehrlein. VB1BW 1990. S. 122. m. w. Nachw. 112 BVerwG. U. v. 14. 2. 75 - E 48. 56/60. Näheres dazu unten 4. Kap. II. U3 Begründung für den Änderungsvorschlag in der Stellungnahme des Verkehrsausschusses vom 18. 10. 1989, wiedergegeben im Bericht des Innenausschusses. BT-Drucksache 11/6805, S. 67. 114 Fliegauf. N V w Z
1991, S. 750. Ähnlich in der Tendenz Zeitler (NVwZ
1992, S.
830/832), der aus der Erforderlichkeit ohne weiteres auf die Rechtfertigung schließt. Etwas vorsichtiger Klößner. Straßenplanung und Umweltverträglichkeitsprüfung. S. 51. Im übrigen fallt auf, wie wenig die Änderung des FStrAbG in der Literatur beachtet wurde. 115 Dazu ausführlich unten 4. Kap. und 5. Kap.
IV. Die naturschutzrechtliche Eingriffsregelung
37
Zweitens liegt die Vermutung nicht ganz fern, daß das Bundesverwaltungsgericht, gerade um ein Leerlaufen der Planrechtfertigung zu verhindern, sich auf andere als die bisherigen Rechtfertigungsmaßstäbe besinnt. 116 Daß das Gericht an einer wenigstens kursorischen Rechtfertigungsprüfung festhalten müßte, folgt aus seiner eigenen - kaum zu revidierenden - Feststellung, daß "hoheitliche Planung ihre Rechtfertigung nicht etwa schon in sich selbst trägt" 1 1 7 . Der materielle Gehalt dieser Rechtfertigung 118 kann sich nun nicht in jenem - formal aufgewerteten - Bedarfsplan erschöpfen, dem dieselbe Rechtsprechung bisher lediglich verwaltungsinterne Bedeutung beimaß 119 . Die noch vor der maßgeblichen Gesetzesänderung getroffene Feststellung M. Iblers, den Ausbaugesetzen komme im Hinblick auf die Planrechtfertigung "keine Ermächtigungsgrundlagenfunktion z u " , 1 2 0 dürfte also weiterhin Gültigkeit beanspruchen.
IV. Die naturschutzrechtliche Eingriflfsregelung Wesentliche Aspekte der Auswirkungen von Verkehrsprojekten lenken den Blick auf das Naturschutzrecht, auch wenn hier keine primären Planungsnormen angesiedelt sind. § 8 Abs. 2 S. 1 Bundesnaturschutzgesetz (BNatSchG) verlangt, "vermeidbare Beeinträchtigungen von Natur und Landschaft" zu verbieten; bei unvermeidbaren Beeinträchtigungen sind landschaftspflegerische Ausgleichsmaßnahmen vorgeschrieben. Die Vorschrift ist als bloßes Rahmenrecht nach § 4 S. 1 und 3 BNatSchG nicht unmittelbar anwendbar. Die Naturschutzgesetze der Länder haben den bundesrechtlich vorgegebenen Rahmen jedoch durch entsprechende Regelungen 1 2 1 ausgefüllt, 122 jedenfalls soweit dies für die hier untersuchten Zusammenhänge von Bedeutung ist 1 2 3 . Bei den folgenden Überlegungen wird desAuf diese Maßstäbe wird ebenfalls unten. 4. Kap.. näher eingegangen. 117 BVerwG. U. v. 14. 2. 75 - E 48. 56/60. U8 Näheres dazu noch unten 2. Kap. I. 5. und 4. Kap. I. 119 Vgl. oben bei Fußn. 107. 108. 120 Ibler, Schranken planerischer Gestaltungsfreiheit. S. 165. 121 In Bayern Art. 6a BayNatSchG. 122 Gaentzsch. NuR 1986. S. 90; Ehrlem. VB1BW 1990. S. 121. 123 Zur Anwendungsbeschränkung der Eingriffsregelung durch § 10 Abs. 1 des baden-württembergischen Naturschutzgesetzes Czybulka, VB1BW 1991. S. 85 f.
38
1. Kap. Normen und Handlungsformen der Planung
halb aus Gründen der Vereinfachung die Norm des BundesnaturSchutzgesetzes herangezogen. Von Interesse sind hier nur die für das Planfeststellungsrecht relevanten Aspekte; bezüglich sonstiger Einzelheiten kann auf das einschlägige Schrifttum verwiesen werden 124 . 1. Anwendbarkeit a) Gesetzliche Regelung Die Eingriffsregelung der Naturschutzgesetze findet im gesamten übrigen Umweltrecht keine Entsprechung. Sie ist im Fernstraßenplanungsrecht (wie auch in den anderen Fachplanungen) anwendbar, 125 wenngleich eine ausdrückliche Verweisung im Fernstraßengesetz fehlt 1 2 6 . Die Anwendbarkeit ergibt sich aus der Definition des "Eingriffs" in § 8 Abs. 1 BNatSchG 127 : "Eingriffe . . . sind Veränderungen der Gestalt oder Nutzung von Grundflächen, die die Leistungsfähigkeit des Naturhaushalts oder das Landschaftsbild erheblich oder nachhaltig beeinträchtigen können."
Noch deutlicher ist die entsprechende Vorschrift Baden-Württembergs, die unter anderem die "Errichtung oder wesentliche Änderung von . . . Straßen und Wegen" beispielhaft als Eingriff nennt (§ 10 Abs. 1 Nr. 2 NatSchGBW). b) Eignung des Regelungsortes Wenn demgegenüber D. Czybulka, insbesondere mit Blick auf die genannte landesrechtliche Ausgestaltung, meint, mit "Planung im eigentlichen Sinne" habe die Eingriffsregelung "nichts zu tun", 1 2 8 so mag dies für die Raumordnungsverfahren und für die Bau lei tpianung zutreffen. Denn als passende Regelungsgegenstände kommen wohl in der Tat nur Einzelvorhaben in Betracht. 129 Aber um nichts anderes als um Einzelvorhaben handelt es sich bei 124 wichtig insbesondere: Schroeter. DVB1 1979, S. 89 ff.: Erbguth/PücheL NuR 1984, S. 213 f.: Gaentzsch. NuR 1986. S. 89 ff.; Paetow. NuR 1986, S. 145 f.; Kuchler, Naturschutzrechtliche Eingriffsregelung. S. 119 ff.; Ehrlein. VB1BW 1990. S. 121 ff.; Czybulka, VB1BW 1991. S. 85 ff. 125 Überzeugend dargelegt von Gaentzsch. NuR 1986. S. 96. Breuer (NuR 1980, S. 89) spricht von einem "Einbruch" des § 8 BNatSchG in das Plan feststellungsrecht. 1 2 6 Anders etwa § 9b Abs. 4 S. 2 Nr. 2 AtomG für die Endlagerung atomarer Abfälle. 127 Wörtlich insoweit übereinstimmend Art. 6 Abs. 1 BayNatSchG. 128 Czybulka, VB1BW 1991, S. 86. 129 Angedeutet auch bei Gaentzsch. NuR 1986, S. 98.
IV. Die naturschutzrechtliche Eingriffsregelung
39
den Planfeststellungen des Fernstraßengesetzes oder der sonstigen Fachplanungen. 130 Diese beziehen sich gerade nicht auf übergreifende Gesamtplanungen, sondern jeweils auf eine einzelne Fernstraße (bzw. ein sonstiges fachplanerisches Projekt). Czybulka läßt keinen Zweifel daran aufkommen, daß auch die Fachplanungen Naturschutz und Landschaftspflege zu berücksichtigen haben. Er weist diesem Anspruch jedoch einen anderen Regelungsort als die Naturschutzgesetze zu: Die Berücksichtigungspflicht "muß sich . . . aus den Fachgesetzen, etwa dem FernstraßenG ergeben". 131 De lege ferenda verdient dies Zustimmung. Korrekt wäre allerdings zu formulieren: "Die Berücksichtigungspflicht müßte sich aus den Fachgesetzen ergeben." Denn tatsächlich kommen die Belange des Naturschutzes namentlich im Fernstraßengesetz nicht vor. Der am 1. 8. 1990 in § 17 Abs. 1 FStrG eingefügte neue Satz 2 beschränkt sich auf das allgemeine Erfordernis, die "Um weit Verträglichkeit zu prüfen"; darüber hinaus verlangt die Vorschrift des § 3 Abs. 1 FStrG, die den Umfang der Straßenbaulast bestimmt, die "sonstigen öffentlichen Belange einschließlich des Umweltschutzes" zu beachten132. Es findet sich im Fernstraßengesetz jedoch keine Norm, die mit dem Minimierungsgebot des § 8 Abs. 2 BNatSchG auch nur annähernd zu vergleichen wäre. Die Ergänzung des Fachplanungsrechts durch die naturschutzrechtliche Eingriffsregelung 133 ist also sinnvoll und notwendig. 2. Inhaltliche Probleme Zu klären bleibt, wieviel durch die Anwendung der Eingriffsregelung tatsächlich für den Naturschutz gewonnen ist. Einige wichtige Aspekte seien herausgegriffen. a) "Leistungsfähigkeit des Naturhaushalts" Schutzgut des § 8 BNatSchG ist - neben dem "Landschaftsbild" - die "Leistungsfähigkeit des Naturhaushalts" (§ 8 Abs. 1). Zur Interpretation dieses
130 Vgl. Breuer. Hoheitliche raumgestaltende Planung. S. 43; Kodal/Krämer,
S. 792.
131 Czybulka. VB1BW 1991. S. 86, Fußn. 21 (Hervorhebung hinzugefügt). 132 Zur Frage, ob es sich hierbei - und auch bei § 8 Abs. 2 BNatSchG - um einen Planungsleitsatz handelt, vgl. unten 4. Kap. [II. 1. 133 Vgl. Gaentzsch, NuR 1986, S. 96.
1. Kap. Normen und Handlungsformen der Planung
40
Begriffs ist die übergreifende Zielbestimmung in § 1 des Gesetzes heranzuziehen. 1 3 4 Dort (§ 1 Abs. 1 Nr. 1) heißt es, Natur und Landschaft seien so zu schützen, daß die besagte Leistungsfähigkeit "als Lebensgrundlage des Menschen und als Voraussetzung für seine Erholung in Natur und Landschaft nachhaltig gesichert" ist. 1 3 5 Die Zielsetzung des Gesetzes im ganzen erweist sich somit als rein anthropozentrisch. 136 Daß diese Bewertung für § 8 Abs. 1 BNatSchG gleichermaßen g i l t , 1 3 7 wird insofern um so deutlicher, als dasjenige Schutzgut der Zielbestimmung, das nicht ausschließlich menschlichen Nutzungsinteressen dient, nämlich "die Pflanzen- und Tierwelt" (§ 1 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG), in § 8 des Gesetzes nicht mehr in Erscheinung tritt. Fraglich ist daher - so wünschenswert dies auch wäre -, ob die diesbezügliche Gegenmeinung sich letztlich durchzusetzen vermag. 138 Sie sieht in der "Leistungsfähigkeit" gerade nicht "die auf den Menschen bezogene Nutzbarkeit". 1 3 9 Vielmehr gehe es um die Fähigkeit der Natur, die vorhandene Artenvielfalt zu erhalten und Störungen des Ökosystems abzugleichen. 140 Selbst diese Interpretation, die wohl das äußerste sein dürfte, was dem Wortlaut des § 8 Abs. 1 BNatSchG abgerungen werden kann, setzt erst bei der Fähigkeit der Natur an, eingetretene Schäden zu bewältigen, nicht aber bei der Bewahrung vor solchen Beschädigungen. b) "Erheblichkeit" der Beeinträchtigung Der Eingriffstatbestand setzt ferner voraus, daß die Leistungsfähigkeit des Naturhaushalts oder das Landschaftsbild "erheblich oder nachhaltig" beeinträchtigt werden könnten. Daß Straßenbauprojekte (wohl in jedem Fall) diese Schwelle überschreiten, ist evident, wurde jedoch auch schon angezweifelt 141.
134 Breuer, NuR 1980. S. 92. 135 Hervorhebung hinzugefügt. 136 Bosselmann. KJ 1985. S. 353 f.; Kuchler. Naturschutzrechtliche Eingriffsregelung, S. 175; Spiegier, Umweltbewußtsein und Umweltrecht, S. 43. 137 So auch Fickert,
BayVBl 1978. S. 685. und Breuer, NuR 1980, S. 92.
138 Die Rechtsprechung hat sich mit der Frage, soweit ersichtlich, bisher nicht ausdrücklich befaßt. 139 Czybulka,
VB1BW 1991, S. 87; ähnlich Burmeister,
Schutz von Natur und Landschaft,
S. 48, 73 f.; einschränkend Kuchler (Naturschutzrechtliche Eingriffsregelung. S. 127) und Engelhardt/Brenner
(BayNatSchG Art. 1. Rdnr. 6). die den Begriff "nicht nur" auf diese Nutzbar-
keit bezogen sehen. 140 Czybulka. VB1BW 1991. S. 87.
IV. Die naturschutzrechtliche Eingriffsregelung
41
c) Vermeidbarkeit § 8 Abs. 2 BNatSchG postuliert einen eindeutigen Vorrang der Vermeidungs- gegenüber der Ausgleichspflicht. 142 Ein Vorrang der Belange des Naturschutzes gegenüber jeglichen Bauvorhaben folgt daraus jedoch nicht. Denn hier ist nicht Vermeidbarkeit 143 im (strengen) Wortsinn gemeint; sie wäre bei jeder Beeinträchtigung insofern zu bejahen, als es wohl keinen Eingriff gibt, der nicht auch unterbleiben könnte. 144 Es handelt sich eher um ein Minimierungsgebot, 145 also eine durch den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz modifizierte Vermeidungspflicht 146. So ist etwa eine Trassenführung, durch die ein ökologisch wertvolles Gebiet zerschnitten würde, dann unzulässig, wenn der verfolgte Verkehrszweck ebensogut auf schonendere Weise erfüllt werden kann. 1 4 7 d) Abwägung Vor einen möglichen Sieg des Naturschutzes im Konkurrenzkampf mit den Belangen der Fachplanung hat der Gesetzgeber mit § 8 Abs. 3 BNatSchG die vielleicht schwierigste Hürde gesetzt: Sind unvermeidbare Beeinträchtigungen nicht ausgleichbar, so ist der betreffende Eingriff (nur dann) zu untersagen, wenn "die Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege bei der Abwägung aller Anforderungen an Natur und Landschaft im Range vorgehen." 1 4 8
141 Solche Zweifel äußert Fickert
(Planfeststellung für den Straßenbau, S. 214). der aller-
dings auch die Auffassung vertritt, eine durch ein großes Waldgebiet führende Straße beeinträchtige das Landschaftsbild nicht (BayVBl 1978. S. 685). 142 Kuschnerus, DÖV 1987. S. 415. 143 Zur "Vermeidbarkeit" auch unten 5. Kap. III. 2. 144 Gaentzsch, NuR 1986. S. 91; ähnlich BVerwG. B. v. 30. 10. 92 - N V w Z 1993, 565/568. 145 Burmeister,
Schutz von Natur und Landschaft, S. 94.
146 Gaentzsch, NuR 1986. S. 91. Kritisch zu dieser verwässerten Form der Vermeidungspflicht Bosselmann, Im Namen der Natur. S. 225. 147 Breuer, NuR 1980, S. 93. 148 Zur Bedeutung, die der Eingriffsregelung aufgrund des Abwägungserfordernisses im System der Planrechtfertigung zugewiesen ist. vgl. unten 4. Kap. III. 1. c.
1. Kap. Normen und Handlungsformen der Planung
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aa) Nachrangigkeit des Naturschutzes Mit der zitierten Formel wird den an Natur und Landschaft gestellten "Anforderungen" die potentielle Vorrangigkeit gegenüber den Interessen von Natur und Landschaft selbst zuerkannt. 149 Dies gilt - es sei nochmals verdeutlicht - auch und gerade in den Fällen, in denen der zu erwartende Schaden der Natur nicht einmal durch Ausgleichsmaßnahmen abgemildert werden kann. (Hier ist noch daraufhinzuweisen, daß landesrechtlich, ζ. B. in Art. 6a Abs. 3 BayNatSchG oder in § 11 Abs. 3 NatSchGBW 150 , noch zwischen Ausgleichs- und £>sflfc:maßnahmen differenziert wird 1 5 1 .) Die Verursacherhaftung, ansonsten ein tragendes Prinzip des § 8 BNatSchG, 152 kann dadurch vor allem bei Großprojekten entfallen. 153 Eine nicht nur potentielle Vorrangigkeit im oben beschriebenen Sinne sieht K. Bosselmann, wenn er die "Präferenz des Bauens und Flächenverbrauchens" gegenüber dem Umweltschutz kritisiert 154 . Daß eine solche Präferenz auch in der Praxis zu konstatieren ist, wird durch die (unter anderem) rechtstatsächliche Untersuchung von J. H. Burmeister belegt 155 . Danach werden, sofern es im Einzelfall überhaupt zu einer Abwägung gem. § 8 Abs. 3 BNatSchG kommt, die Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege meist als nachrangig eingestuft. Ziemlich unverblümt kommt dies in einer Entscheidung des V G H München zum Ausdruck: Das Gericht hält es für zulässig, sich bei der Sachverhaltsaufklärung in bezug auf komplexe Belange "mit vergleichsweise groben Erkenntnissen" zu begnügen; dies komme in Betracht, "wenn von vornherein feststeht, daß der fragliche Belang gegenüber anderen zurückzutreten hat". 1 5 6 Behördliche Voreingenommenheit zugunsten des geplanten Projektes wird hier also gerade in solchen Fällen zugelassen, in
149 Vgl. Gaentzsch. NuR 1986. S. 91. 150 Dazu Czybulka. VB1BW 1991. S. 90. 151 Gem. § 8 Abs. 9 BNatSchG sind die Landesgesetzgeber zu dieser Erweiterung ausdrücklich ermächtigt. 152 Breuer. NuR 1980. S. 90 f. 153 Dargelegt von Ehrlein
(VB1BW 1990. S. 124), der die Situation des § 8 Abs. 3 zu Recht
als "unbefriedigend" bezeichnet. 154 Bosselmann, NuR 1987, S. 2 f. 155 Burmeister,
Schutz von Natur und Landschaft, S. 84 ff., insbesondere S. 102 f.
156 BayV G H , B. v. 24. 1. 92 - BayVBl 1992, 692/693; demgegenüber hat das V G Darmstadt (U. v. 28. 11. 90 - NuR 1991, S. 390/394 ff.) deutlich gemacht, wie die umfassende Berücksichtigung von Umweltschutzbelangen eine ernsthafte Abwägung ermöglicht.
IV. Die naturschutzrechtliche Eingriffsregelung
43
denen die Komplexität der beteiligten Belange eigentlich besonders sorgfältige Ermittlungen verlangte. bb) Abweichendes Landesrecht Eine Besserstellung der Naturschutzbelange erkennt M. Ehrlein in einigen von § 8 Abs. 3 BNatSchG abweichenden Landesgesetzen.157 So sieht ζ. B. § 1 1 Abs. 3 S. 1 BWNatSchG die Zulassung von Eingriffen (mit nicht ausgleichbaren Beeinträchtigungen) nur zugunsten "überwiegender öffentlicher Belange" v o r . 1 5 8 Ob darin ein nennenswerter Unterschied zur bundesrechtlichen Regelung liegt, erscheint jedoch fraglich. Dort (in § 8 Abs. 3 BNatSchG) wird nämlich für die Zulässigkeit eines Eingriffs verlangt, daß die Anforderungen an Natur und Landschaft den Belangen der Schutzgüter "im Range vorgehen". Dies bedeutet aber letztlich nichts anderes, als daß es sich bei den "Anforderungen" ebenfalls um überwiegende Belange handeln muß. Keine Rolle spielt bei der (ohnehin nicht privatnützigen) Planung von Verkehrswegen die landesrechtliche Beschränkung auf öffentliche Belange. 159 e) Vollzugsfragen aa) Zuständigkeit Ausgesprochen werden die von der Eingriffsregelung vorgesehenen Rechtsfolgen durch die jeweilige Genehmigungs- bzw. Fachplanungsbehörde (§ 8 Abs. 2 S. 3 BNatSchG), also nicht durch die Naturschutzbehörde. Ein Verlust an Effektivität ist damit programmiert. 160 Denn derjenige, dessen Metier die Planung von Straßen ist, wird sich - auch bei meist wohl vorhandener Gutwilligkeit - kaum von einer gewissen Parteilichkeit zugunsten "seiner Sache" freimachen können. 161 M. Ehrlein spricht in diesem Zusammenhang von administrativem "Fachegoismus", der auch durch die beamtenrechtliche Neuis? Ehrlein, VB1BW 1990. S. 124. 158 Ähnlich § 14 Abs. 5 S. 2 BlnNatSchG ("...wenn überwiegende andere Belange der Allgemeinheit den Eingriff erfordern") und § 6 Abs. 2 S. 2 HessNatSchG ("...im Einzelfall aus Gründen des Allgemeinwohls"). 159 Der BayVGH (U. v. 12. 3. 91 - BayVBl 1991, 498/500) legt auch § 8 Abs. 3 BNatSchG (und Art. 6a Abs. 2 BayNatSchG) dahingehend aus. daß ausschließlich öffentliche Belange zu berücksichtigen sind: a. A. Kuchler, Naturschutzrechtliche Eingriffsregelung. S. 183, m. w. Nachw. 160 Ehrlein. VB1BW 1990. S. 129. 161 Ähnlich Schmidt-Aßmann, Fachplanungsrecht, Rdnr. 305.
DÖV 1979, S. 3: Sternberg,
DÖV 1982, S. 627; Kühling,
44
1. Kap. Normen und Handlungsformen der Planung
tralitätspflicht nicht verhindert werde. 1 6 2 Zudem ist in der planerischen Handlungsform die Tendenz angelegt, "Gegenkräfte und Grenzen als etwas der Idee nach Planungswidriges" erscheinen zu lassen. 163 bb) Beteiligung der Naturschutzbehörde Die für den Naturschutz von Haus aus zuständige Behörde ist gem. § 8 Abs. 5 S. 1 BNatSchG lediglich in der Form beteiligt, daß die Entscheidungen und Maßnahmen "im Benehmen" mit ihr zu treffen sind. Für die Fachplanungsbehörde besteht nach Bundesrecht also keine Notwendigkeit, bei Anwendung des Naturschutzgesetzes mit der Naturschutzbehörde Einvernehmen164 herzustellen. 165 Die Forderung nach einer Änderung dieses verfahrensrechtlichen Mißstandes erscheint unterstützenswert. 166 3. Bewertung Insgesamt kann die naturschutzrechtliche Eingriffsregelung durchaus als "schwach" eingestuft werden. 167 Sie stellt kein Mittel dar, welches es der Verkehrswegeplanung in ausreichendem Maße erschweren könnte, sich gegenüber den von dieser Planung besonders gefährdeten Gütern "Natur und Landschaft " durchzusetzen. 168 So erscheint es dann nur als konsequent, wenn der V G H München betont, die gesetzgeberische Entscheidung "für die Überwindbarkeit der Ziele des Naturschutzes durch sonstige Gemein wohl interessen" dürfe durch Anforderungen an die Sachaufklärung "nicht konterkariert werden" 169 . Denn, so die originelle Formulierung wiederum des V G H München, der Gesetzgeber habe 162 Ehrlein. VB1BW 1990. S. 129 f. 163 Schmidt-Aßmann. DÖV 1974, S. 542; Hoppe. in: Isensee/Kirchhof. Rdnr. 1. 164 Zu den unterschiedlichen Anforderungen an das "Benehmen" bzw. "Einvernehmen" bereits oben 1. Kap. III. 3. a. 165 Anders jedoch § 7 Abs. 1 HessNatSchG. § 12 Abs. 1 SaarlNatSchG. § 10 Abs. 1 HmbNatSchG, § 9 Abs. 1 LPflG SchlH. 166 Erhoben wird diese Forderung etwa von Ehrleui. VB1BW 1990, S. 130. 167 So Ehrlein. VB1BW 1990. S. 129; zurückhaltender Czybulka
(VB1BW 1991, S. 90). der
die Regelung - allerdings speziell im baden-württembergischen Landesrecht - als "extrem flexibel" oder "nachgiebig" bezeichnet. 168 Eine knappe, aber pointierte Kritik des Bundesnaturschutzgesetzes insgesamt findet sich bei Bosselmann, Im Namen der Natur, S. 158 f. 169 Bay V G H , B. v. 24. 1. 92 - BayVBl 1992. 692/694.
IV. Die naturschutzrechtliche Eingriffsregelung
45
"das kognitive Risiko sozusagen der Natur zugewiesen".170 Zu welchen Ergebnissen allerdings diese Haltung letztlich führen kann, mag erkennbar werden, wenn man sich vergegenwärtigt, daß die Natur ihrerseits diverse Risiken der Menschheit "zugewiesen" hat.
170 Ebenda.
2. Kapitel
Die Begründung des Rechtfertigungserfordernisses aus der Beeinträchtigung privater und öffentlicher Belange Im ersten Teil der Untersuchung waren als Grundlagen die anzuwendenden Normen sowie die planungstypischen Handlungsformen darzustellen. In diesem Kapitel geht es nun zunächst um die faktischen Auswirkungen der Planungsentscheidungen, aber auch um die rechtlichen Anforderungen, die sich prima facie aus dieser Bestandsaufnahme ergeben.
I. Die Beeinträchtigung von Rechten einzelner Bei der Eingriffswirkung planerischer Großprojekte sind auf Seiten der Betroffenen verschiedene Grade der Eingriffsintensität zu unterscheiden, je nachdem, ob es sich um Eigentümer zu enteignender Grundstücke, um Anlieger oder um sonstige durch das Vorhaben beeinträchtigte Dritte handelt. Mangels eindeutigem, einzelfallbezogenem Wirkungszusammenhang werden hier die Verkehrsopfer, also diejenigen, die auf den geplanten und gebauten Straßen getötet oder verletzt werden, nicht als "beeinträchtigte Dritte" gezählt. Um "Dritte" auch im nichtjuristischen Sinne handelt es sich allerdings schon insofern, als etwa die Hälfte dieser Opfer keine Teilnehmer des motorisierten Verkehrs sind1. 1. Enteignung Werden für die Verwirklichung eines Bauvorhabens private Grundstücke benötigt, so ist (beim Bau von Fernstraßen nach § 19 Abs. 1 FStrG) die Ent1
Wolf,
Eisenbahn und Autowahn. S. 201 f. Als Unbeteiligte fallen insbesondere Kinder
der "freien Fahrt für freie Bürger" (ADAC-Slogan) zum Opfer.
I. Die Beeinträchtigung von
47
echten
eignung zulässig. Durch diesen "Sachentzug" wird zu Lasten des betroffenen Eigentümers unmittelbar in das Grundrecht des Art. 14 GG eingegriffen. 2 Hierin liegt auch der wesentliche Anknüpfungspunkt für das Rechtfertigungserfordernis, wie es die Rechtsprechung auffaßt. 3 2. Rechtsgüter von Anliegern Anlieger von Straßen (und in noch höherem Maße die Nachbarn von Flughäfen) werden durch deren Emissionen, insbesondere in Form von Lärm und Abgasen, beeinträchtigt. In der Systematik des Bundesverwaltungsgerichts wird hier von "mittelbaren" Eingriffen gesprochen, die dadurch gekennzeichnet sind, daß das Eigentum Dritter nicht durch Entziehung oder Belastung im rechtlichen Sinne in Anspruch genommen wird. 4 a) Gesundheit aa) Art der Beeinträchtigung Bei entsprechender Nähe zu der jeweiligen Verkehrsanlage können die dort entstandenen Immissionen zu gesundheitlichen Schäden führen. Ins Gewicht fallen dabei insbesondere Belastungen durch Kohlenmonoxid (CO), Stickoxide (NOx), Kohlenwasserstoffe und Staub.5 Kohlenmonoxid beeinträchtigt den Sauerstofftransport im Blut, Stickoxide verursachen Reizungen der Luftwege, Kohlenwasserstoffe wirken stark krebserregend. 6 Stäube schließlich, die vor allem von Dieselfahrzeugen in Form von Ruß emittiert werden, sind in der Lage, andere Giftstoffe in die tieferen Atemwege zu transportieren. 7 Von Bedeutung ist neben den genannten gasförmigen und festen Stoffen auch der Lärm, der bei der Verursachung verkehrsbedingter Gesundheitsschäden eine wichtige Rolle spielt.8
2
Dazu Korbmacher, DÖV 1982. S. 519 f.; Bender, DVB1 1984. S. 301.
3
S. unten 4. Kap.
4
Anschaulich zu dieser Abgrenzung Korbmacher, DÖV 1982. S. 520.
5
Tabellarische Übersicht über die jeweiligen Anteile des Kfz-Verkehrs an der Emission der
einzelnen Stoffe bei Wolf,
Eisenbahn und Autowahn. S. 273.
6
Ausführlich m. w. Nachw. dargestellt bei Wolf,
7
Ebenda.
8
Details auch zu diesem Aspekt finden sich wiederum bei Wolf
Eisenbahn und Autowahn, S. 271 ff. a. a. O., S. 277 ff.
48
2. Kap. Die Begründung des Rechtfertigungserfordernisses
Der Schutzbereich des Grundrechts auf körperliche Unversehrtheit (Art. 2 Abs. 2 S. 1 GG) ist damit berührt. 9 bb) Relevanz der Gesundheitsschädigungen Selbst wenn man indessen im Einzelfall (oder auch generell) die Grundrechtsrelevanz der von Verkehrsanlagen hervorgerufenen Immissionen verneint, 10 so geht es doch jedenfalls um "schädliche Umwelteinwirkungen", deren Vermeidung erklärtes Ziel des § 1 Bundesimmissionsschutzgesetz (BImSchG) ist. (Ergänzt und konkretisiert wird diese Vorschrift für die Bereiche des Verkehrswegebaus bzw. der Planung allgemein durch die § § 4 1 und 50 BImSchG. 11 ) Wird ein von Immissionen betroffener Grundstücksnachbar für sich allein gesehen, so mag es damit sein Bewenden haben, daß ihm Schutzmaßnahmen nach § 42 BImSchG zugesprochen werden 12 . Diese isolierte Betrachtung einzelner Betroffener wird jedoch der Tatsache nicht gerecht, daß erst die Summe aller Auswirkungen eines Projektes eine realistische Bestimmung des Kosten-Nutzen-Verhältnisses ermöglicht. cc) Konsequenzen in der Rechtsprechung Das Bundesverfassungsgericht hat - in bezug auf die Lärmemissionen eines Flughafens 13 - aus Art. 2 Abs. 2 GG die "Pflicht zur Bekämpfung von gesundheitsgefährdenden Auswirkungen des Fluglärms" abgeleitet.14 Unter Hinweis auf diese Entscheidung deutet das Bundesverwaltungsgericht an, daß sich aus Gründen des Lärmschutzes für die Exekutive die Notwendigkeit ergeben könne, "Maßnahmen planerischer Art zu ergreifen". 15 Der gedankliche Schritt zu dem Erfordernis, aus den gleichen Gründen bestimmte planerische Maßnahmen zu unterlassen, kann eigentlich nicht allzu groß sein, wurde von 9
Zur Bestimmung der Grenze, bei deren Überschreiten das Grundrecht verletzt ist, Steinberg . Nachbarrecht. S. 189 f. 10 Vgl. aber zu möglichen Grundrechtsverletzungen durch Fluglärm Czybulka, D Ö V 1991, S. 412 f. 11
Dazu unten 4. Kap. III. 1. b.
12
So Niehues (WiVerw 1985, S. 253 f.). für den die "Fälle der bloßen Immissionsbetrof-
fenheit" bei der Planrechtfertigung "außer Betracht bleiben" können. 13
Vgl. dazu - auch zum Problem der den Anwohnern auferlegten Duldungspflichten - Czybulka fV/andres, D Ö V 1990, S. 1033 f. n
Β. v. 14. 1. 81 - BVerfGE 56. 54/78 (Düsseldorf-Lohhausen).
15
U. v. 5. 12. 86 - BVerwGE 75. 214/233.
I. Die Beeinträchtigung von
echten
49
der Rechtsprechung (bisher) jedoch in solcher Konsequenz nicht vollzogen. Im übrigen wurden Beeinträchtigungen durch Verkehrslärm vom Bundesverwaltungsgericht immerhin als "abwägungserheblich" anerkannt; dies gelte auch dann, wenn sie nicht im planungsrechtlichen Sinne "erheblich" sind. 16 Zur hervorgehobenen Verwendung des Begriffs "Erheblichkeit" ist anzumerken, daß zur Zeit der hier referierten Entscheidungen (1987 und 1988) in § 17 Abs. 4 FStrG der Schutz benachbarter Grundstücke gegen "Gefahren, erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästigungen" für das Straßenplanungsrecht geregelt war. Heute wird auf die allgemeinere Vorschrift des § 74 Abs. 2 S. 2 VwVfG ("Vermeidung nachteiliger Wirkungen auf Rechte anderer") zurückgegriffen. In einem neueren Urteil zum Flughafen München II betont das Bundesverwaltungsgericht, daß jede Lärmbelastung der Anlieger, sofern sie nicht lediglich geringfügig ist, bei der Planfeststellung zu berücksichtigen sei; allerdings hält das Gericht daran fest, daß ein solcher Belang bei der Abwägung (also nicht bereits im Rahmen der Rechtfertigung) in Erscheinung trete. 17 dd) Planerische "Eingriffe
"?
In der Zivilrechtsprechung des Bundesgerichtshofs sind Verkehrsimmissionen ausdrücklich als unmittelbare hoheitliche Eingriffe anerkannt. 18 Aber auch das Fehlen eines finalen und unmittelbaren Wirkens der öffentlichen Gewalt auf ein Grundrecht würde nicht ausschließen, daß es sich dabei um einen Eingriff handelt. 19 Hierfür läßt das Bundesverfassungsgericht eine tatsächliche Beeinträchtigung als mittelbare Folge des staatlichen Handelns genügen.20 Zwar wären die Besonderheiten planender (also primär gestaltender) Tätigkeit verkannt, wenn man von "Eingriffshandeln" der Verwaltung spräche. Bezüglich der Wirkungen dieses Handelns auf Seiten der drittbetroffenen Personen und Rechtsgüter bestehen aber insoweit keine wesentlichen Unterschiede zur sog. gesetzesakzessorischen Verwaltung 21 . 16
BVerwG. B. v. 14. 9. 87 - NVwZ 1988. 363; U. v. 4. 5. 88 - N V w Z 1989, 151.
17
BVerwG. U. v. 29. 1. 91 - E 87. 332 (LS 2).
18
U. v. 20. 3. 75 - BGHZ 64, 220/222; U. v. 17. 4. 86 - BGHZ 97. 361/364.
19 Pieroth/Schlink.
Rdnr. 274 ff.; für eine weitgehende Berücksichtigung mittelbarer Ein-
griffe, namentlich bei Planungsentscheidungen Bleckmann/Eckhoff, 20
DVB1 1988, S. 381.
Β. v. 16. 12. 83 - BVerfGE 66. 39/60; deutlicher in dieser Richtung BVerwG. U. v. 18.
4. 8 5 - E 71. 183/191. 21
Von H. J. Wolff
geprägter Begriff für den stärker durch kodifizierte Normen gebundenen
Verwaltungsbereich, vgl. Wolff/Bachof. 4 Tzschaschel
§ 18 Abs. 1 b 4.
50
2. Kap. Die Begründung des Rechtfertigungserfordernisses
Somit ist es nur folgerichtig, wenn E. Schmidt-Aßmann bei planungsbedingten Eingriffen für eine relativ strenge Anwendung des Übermaßverbots plädiert 22 . Nicht ganz konsequent erscheint es hingegen, wenn SchmidtAßmann es zugleich ablehnt, "die Maßstäbe des polizeilichen Eingriffsrechts" anzulegen23. Er bezieht sich allerdings auf den Spezialfall der Bauleitplanung, für den in dieser Hinsicht besondere Maßstäbe gelten mögen. Kritisch zur Verwendung der Eingriffs-Kategorie im Planungsrecht äußert sich auch E. Forsthoff: Der Plan sei "für die individuelle Freiheit ungleich einschneidender als der von der rechtsstaatlichen Dogmatik erfaßte Eingriff". 24 Indessen lassen sich die in der Tat vergleichsweise schwerwiegenden Planwirkungen erfassen, ohne einen Ersatz für den "Eingriff" zu benötigen. Dieser setzt begrifflich keineswegs zwingend eine Einzelmaßnahme voraus. D. Suhr hat dies dadurch zum Ausdruck gebracht, daß er die Wirkungen der Fachplanung als "multidimensionalen Eingriff" bezeichnete.25 b) Grundeigentum aa) Immissionswirkungen Das Grundrecht auf Eigentum ist - abgesehen von den Fällen, in denen Grundstücke unmittelbar in Anspruch genommen werden 26 - insofern betroffen, als benachbarte Grundstücke aufgrund der Immissionen in ihrem Wert gemindert werden. 27 Dies gilt für das subjektive Empfinden bei der direkten Nutzung, aber auch objektiviert durch einen geringeren Verkaufserlös (bis hin zur Unverkäuflichkeit). Auch hier liegen Grundrechtseingriffe vor, 2 8 wobei die Rechtsprechung in "schweren und unerträglichen" Beeinträchtigungen mittelbare Enteignungen sieht 29 .
22
Schmidt-Aßmann. Grundfragen des Städtebaurechts. S. 109.
23
Ebenda.
24
Forsthoff;
in: Planung III. S. 23. Auch Ossenbühl (Gutachten. S. Β 177) thematisiert
"eine Loslösung von dem überkommenen zu 'engen Eingriffsbild'". 25
Suhr, Gleiche Freiheit. S. 46.
26
Dazu oben 1.
27
Gallwas, Faktische Beeinträchtigungen. S. 9.
2« Steinberg. Nachbarrecht, S. 207: Bleckmann/Eckhoff, »
DVB1 1988. S. 377.
BVerwG. U. v. 14. 12. 79 - E 59. 253: BGH. U. v. 17. 4. 86 - Ζ 97. 361.
I. Die Beeinträchtigung von
echten
51
bb) Begünstigung durch Preissteigerung? Das Problem des Wertverfalls ist wohl für Grundstücke an linearen Verkehrseinrichtungen, also entlang der Trassen von Straßen und Bahngleisen, typisch. Ein gegenläufiges Phänomen wurde allerdings in der Umgebung des im Jahre 1992 fertiggestellten Flughafens München I I beobachtet: Dort erfuhren die Grundstückspreise innerhalb weniger Jahre Steigerungen von mehreren hundert Prozent, wodurch nicht zuletzt das Mietpreisniveau erheblich in die Höhe getrieben wurde. 30 Auf den ersten Blick scheint es in diesen Fällen so, als wären die betroffenen Grundeigentümer per saldo ausnahmslos von den eingetretenen Veränderungen begünstigt. Eine solche Reduktion auf den Verkaufswert der Grundstücke würde jedoch der Reichweite des Eigentumsgrundrechts nicht gerecht, das eine enge Beziehung zur persönlichen Freiheit aufweist 31. So betont denn auch das Bundesverfassungsgericht die "personenhafte Bezogenheit" des durch Art. 14 Abs. 1 S. 1 GG gewährleisteten Grundrechts; dieses "gewährt vor allem die Befugnis, jede ungerechtfertigte Einwirkung auf den Bestand der geschützten Güter abzuwehren". 32
cc) Beeinträchtigung trotz Preissteigerung In der Praxis kann zwar ein am Verkaufserlös festzumachender Wertverlust helfen, die Eigentumsbeeinträchtigung zu beziffern. Es entspricht aber auch praktischen Bedürfnissen, die Interessen derjenigen Grundeigentümer zu schützen, die - aus welchen Motiven auch immer - sich nicht an der Bodenspekulation schadlos halten können oder wollen, sondern ein Grundstück weiterbenutzen, das durch Lärm- und/oder Abgasimmissionen mehr oder weniger erheblich belastet wird. Keine Rolle spielt es in diesem Zusammenhang, ob dabei die Schwelle zur "Aufopferungsenteignung" überschritten wird 3 3 . Die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts bestätigt diese Sichtweise: In den einschlägigen Entscheidungen ist (beispielsweise) von Eingriffen die Rede, die die "Eigentumsnutzung unzumutbar schmälern" 34 oder "die
30 Vgl. etwa die Berichte in der Süddeutschen Zeitung Nr. 194 v. 23. 8. 1991, S. 18 und Nr. 207 v. 7. 9. 1991. S. 22. 31
Bryde. in: v. Münch. GG-Kommentar. Art. 14. Rdnr. 13.
32
U. v. 18. 12. 68 - BVerfGE 24. 367/400 (Hamburger Deichordnung).
33
Dazu Bender, DVB1 1984. S. 307 f. und S. 316.
34
U. v. 14. 12. 79 - BVerwGE 59. 253/261.
52
2. Kap. Die Begründung des Rechtfertigungserfordernisses
vorgegebene Grundstückssituation nachhaltig verändern" 35. Nicht abgestellt wird dagegen auf den (von der konkreten Nutzbarkeit oft unabhängigen) Verkauf swert. 3. "Indirekt"
Betroffene
Die Reihe derer, die von negativen Auswirkungen der Verkehrsanlagen betroffen sind, endet nicht bei deren Nachbarn. a) Immissionen Hinsichtlich der (gesundheitsgefährdenden) Immissionen36 bestehen zwischen unmittelbaren Nachbarn und entfernteren Betroffenen nur graduelle Unterschiede. Abgase und Lärm belästigen und schädigen auch Eigentümer und Mieter von Grundstücken in mehr oder weniger großer Entfernung, darüber hinaus - graduell noch einmal abgestuft - Spaziergänger, Erholungssuchende und sonstige Passanten. Besonders betroffen sind dabei Kinder: Sie erkranken in wachsendem Ausmaß an schweren, immissionsbedingten Atemwegserkrankungen wie Asthma oder Pseudo-Krupp. Die Frage, inwieweit das Grundrecht auf körperliche Unversehrtheit (Art. 2 Abs. 2 S. 1 GG) hier heranzuziehen wäre, scheint allzu häufig übergangen zu werden. Dabei sollte eigentlich außer Zweifel stehen, daß dieses höchstpersönliche Rechtsgut jedenfalls nicht schlechter gestellt werden darf als das (bei der Planrechtfertigung durchaus stets präsente) Eigentumsrecht.37 Zu beachten ist natürlich, daß ein Grundrechtseingriff im Einzelfall das Überschreiten der Belästigungsschwelle voraussetzt.38 Eine Grundrechtsbetroffenheit kann allerdings leicht "übersehen" werden, wenn alle in Frage kommenden Rechtsgüter ausschließlich über die Vermittlung durch den Eigentümerschutz berücksichtigt werden. 39 Dies sieht das Bundesverwaltungsgericht bei Ausgleichsregelungen im Bereich der bundesbahnrechtlichen Plan-
35
U. v. 23. 1. 81 - BVerwGE 61. 295/303. Vgl. oben 2. Kap. I. 2. a.
37
Ähnlich Gassner. DVB1 1981. S. 9.
3«
Dazu etwa Piero th/Schlink,
Rdnr. 283 ff.
39 Ablehnend gegenüber einer solchen Reduktion Steinberg. Nachbarrecht. S. 192. Kritisch - allerdings in einem anderen Kontext - auch Gassner. NuR 1992. S. 452.
I. Die Beeinträchtigung von
echten
53
feststellung vor. 4 0 Im Immissionsschutzrecht wurde hingegen anders entschieden: Zur "Nachbarschaft" i. S. des § 5 Nr. 1 BImSchG zählen nicht nur Grundstückseigentümer, sondern alle, die sich regelmäßig im Einwirkungsbereich der Immissionen aufhalten. 41 In der neueren Rechtsprechung zum Bauplanungsrecht bestätigt das Bundesverwaltungsgericht allerdings den für die bahnrechtliche Planung eingeschlagenen Weg, verlangt also für die Geltendmachung von Nachbarschutz eine Eigentümerposition (oder vergleichbare dingliche Rechte). 42 b) Strukturelle Veränderungen Bedeutende Verkehrsprojekte ziehen meist strukturelle Veränderungen in den betroffenen Regionen nach sich. So können sich infolge veränderter Verkehrsströme Wirtschaftsschwerpunkte verlagern, so daß bestehende Versorgungseinrichtungen wie Einzelhandelsgeschäfte möglicherweise unrentabel werden. Schon in der Vergangenheit hat sich vielfach gezeigt, welche Folgen die für den Autoverkehr gut erreichbare Plazierung von Einkaufszentren "auf der grünen Wiese" hatte: Die kleinen Einzelhandelsgeschäfte in den Wohnsiedlungen und Zentren mußten angesichts der preisgünstigeren Konkurrenz aufgeben, was nicht zuletzt wiederum ein Anwachsen des Einkaufsverkehrs bedingte.43 Ähnliches gilt für die Versorgung mit öffentlichen Verkehrsmitteln nach der Realisierung von Straßenbauprojekten: Werden für die Mehrheit der Verkehrsteilnehmer, also die Pkw-Benutzer, bessere Verbindungen geschaffen, so nimmt - bei entsprechender Streckenkonkurrenz - die Bereitschaft ab, Busse und Bahnen zu benutzen. Aus deren geringerer Auslastung folgt dann häufig eine Reduzierung des Angebots bis hin zur Streckenstillegung. In beiden Fällen mag zwar ein Großteil der betroffenen Verbraucher durch die Gesamtheit der Veränderungen begünstigt werden. Die - überwiegend so-
40
υ . v. 14. 12. 79 - BVerwGE 59. 253/261 f.
41
BVerwG, U. v. 22. 10. 82 - DVB1 1983. 183.
42
BVerwG, U. v. 11. 5. 89 - E 82. 61/74 f. Ähnlich in der Tendenz auch BVerwG. U. v.
27. 7. 90 - N V w Z 1991. 781/784: Einem "nur" zum Zwecke des Landschaftsschutzes erworbenen "Sperrgrundstück " wird bei der Abwägung ein geringerer Stellenwert zuerkannt als einem wirtschaftlich genutzten Grundstück. Dazu ausführlich unten II. 4. d. 43
Wolf ; Eisenbahn und Autowahn. S. 176.
54
2. Kap. Die Begründung des Rechtfertigungserfordernisses
zial schwache - Minderheit der Nicht-Kfz-Inhaber muß aber empfindliche Einbußen an Lebensqualität hinnehmen.44 c) Zusammenhänge der Verkehrsvermehrung Im Kontext mit den vorstehenden Ausführungen ist auf die kybernetische Untersuchung45 der Verkehrsentstehung durch F. Vester hinzuweisen. Vester beschreibt darin unter anderem folgenden Wirkungszusammenhang:46 Der mit zunehmender Verkehrsdichte verringerte Handlungsspielraum der Verkehrsteilnehmer wird durch eine verstärkte Hinwendung zu den "Sekundärfunktionen" des Automobils (Prestigegewinn, Luxusgefühl u. ä.) kompensiert. Dadurch sinkt die Attraktivität der öffentlichen Verkehrsmittel, die solche (überwiegend irrationalen) Sekundärbedürfnisse nicht befriedigen können. Die Folge ist eine weitere Zunahme des (individual-motorisierten) Gesamtverkehrsaufkommens, wodurch wiederum (über die Einengung des Handlungsspielraums) das Bedürfnis nach mehr Mobilität wächst. Vester hebt in diesem Zusammenhang besonders die genannten Sekundärfunktionen des Automobils hervor, die auch von der Industrie mit einigem Geschick in den Vordergrund des Käuferinteresses gerückt werden. Diese Funktionen bewirken, daß die Benutzung des Autos stetig zunimmt, obwohl es seine primäre Funktion, nämlich die Transportleistung, immer unzureichender zu erfüllen vermag. 4/ Eine durch positive Rückkopplung in Gang gehaltene Verkehrsspirale ist auch bei den Freizeit- und Urlaubsfahrten zu beobachten: Die Beeinträchtigung vor allem des ästhetischen Empfindens und der Ruhebedürftigkeit durch Einrichtungen der (Verkehrs-)Infrastruktur treibt Erholungssuchende zur Flucht. Sie legen zunehmend größere Entfernungen zurück, um die "Paradiese" zu finden, die durch eben diesen Verkehr und durch die begleitenden Infrastrukturmaßnahmen zerstört werden. 48
44
Vgl. dazu Litider/Maurer/Rcsch.
4
Hier sei daran erinnert, daß auch Planung als "kybernetisches System" zu verstehen ist,
5
S. 55.
vgl. etwa Schröder, Planung auf staatlicher Ebene. S. 9. 46 47
Vester, Ausfahrt Zukunft. S. 155 f. Vester, Ausfahrt Zukunft. S. 156. Vgl. auch dazu Vester,
wahn, S. 169.
Ausfahrt Zukunft. S. 193 ff. sowie Wolf,
Eisenbahn und Auto-
I. Die Beeinträchtigung von
echten
55
Die vorstehend beschriebenen, zum Teil durch irrationale Handlungsabläufe gesteuerten Entwicklungen sind an die Besonderheiten des motorisierten Individualverkehrs gebunden. Damit wird auch erklärlich, warum bei der Verbesserung des öffentlichen Verkehrsangebots, zum Beispiel durch die Schaffung von Verbundsystemen, "künstlicher Neuverkehr" in nennenswertem Umfang nicht geschaffen wird 4 9 . Die zitierte Arbeit Vesters kann sinnvollerweise nur die projektübergreifende Verkehrssituation interpretieren. Es darf aber nicht außer acht gelassen werden, daß jede einzelne Fernstraße (genauso wie jedes andere Bauvorhaben der Verkehrsinfrastruktur) einen Beitrag zum Gesamtgefüge leistet. d) Relevanz der Beeinträchtigungen aa) Bündelung verstreuter
Betroffenheit
Die Schwelle des (auch mittelbaren) Grundrechtseingriffs wird unter den Aspekten der Immissionserhöhung und der strukturellen Veränderungen bei den einzelnen Betroffenen nicht überschritten sein. Bejaht man jedoch eine aus dem Sozialstaatsprinzip resultierende "staatliche Mitverantwortung" für die Grundversorgung der Bevölkerung, 50 so kann man in dem geschilderten Belastungspotential jedenfalls eine weitere Dimension der von D. Suhr 51 als "multidimensionalen Eingriff" bezeichneten Planungswirkungen erkennen. Einen anderen Ansatz mit ähnlicher Zielrichtung vertritt E. Gassner: Bei der Frage, ob ein Betroffener andere Private prozessual repräsentieren darf, könne es von Bedeutung sein, ob aufgrund von Zahl und Ausmaß der privaten Belange diese "über die private Sphäre hinaus in die der öffentlichen Interessen ragen"; der Saldo der öffentlichen Belange würde dann ein entsprechend anderes Gewicht erhalten. 52 Zu bedenken ist in diesem Zusammenhang, daß es sich bei den durch eine straßenrechtliche Planfeststellung Betroffenen nicht um wenige einzelne handelt, deren Einbußen durch individuelle Entschädigungsleistungen abzugleichen wären. Es geht vielmehr um - schwer einzugrenzende - Bevölkerungs49
Linder/Maurer/Resch.
50
So etwa Stein. Staatsrecht, S. 237; zurückhaltender in der Interpretation des M
staats
S. 102.
51
Sozial-
allerdings das Bundesverfassungsgericht, vgl. die Übersicht bei Leibholz/Rinck/Hessel-
berger. Art. 20. Rdnr. 291 ff. 52
M
Suhr. Gleiche Freiheit. S. 46. Gassner. DVB1 1981. S. 9.
2. Kap. Die Begründung des Rechtfertigungserfordernisses
56
gruppen, deren "Opfer" zwar spürbar, aber kaum bezifferbar sind. Solche Beeinträchtigungen schlicht als "zum allgemeinen Daseinsrisiko" gehörig abzutun, 53 wird der Problemlage nicht gerecht. Drastische Rückschlüsse auf die Verantwortlichkeit für derart verstreute Planungswirkungen zieht demgegenüber G. Winter: "Indem der Staat individuell
vernachlässigbare,
kollektiv
aber dennoch zu Buche
schlagende Restrisiken zuläßt, und indem er gefahrschaffende und landverbrauchende Infrastruktur wie Straßen oder Flughäfen baut, ist er es selbst, der Menschen, Tiere, Pflanzen schädigt und auch tötet." 54
bb) Rechtsprechung Das Bundesverwaltungsgericht hat - wenngleich wiederum nur in bezug auf das Abwägungsgebot - ausdrücklich auch lediglich mittelbar betroffene Belange (im konkreten Fall: städtebauliche Folgen eines Straßenbauvorhabens) als zu berücksichtigen anerkannt. 55 Dies macht jedenfalls deutlich, daß auch für die Rechtsprechung die Überprüfbarkeit eines Projektes im Planfeststellungsrecht nicht erst jenseits von Grundrechtseingriffen einsetzt. Die Relevanz von Beeinträchtigungen unterhalb der Grundrechtsebene wurde allerdings im Planungsrecht nicht so klar ausgesprochen wie im Bereich des Immissionsschutzes gegen Hoheitsträger als Störer: Hier hat das Bundesverwaltungsgericht ausdrücklich einen öffentlich-rechtlichen Abwehranspruch gegen Störungen unterhalb der grundrechtlichen Eingriffsgrenze bejaht. 56 4. Eingriff
durch Planfeststellung
Für die Beurteilung der Zulässigkeit gestaltender Maßnahmen der öffentlichen Hand gilt eine gewisse Symmetrie zwischen Plan und Durchführung: Maßnahmen dürfen dann (und nur dann) geplant werden, wenn auch ihre Verwirklichung erlaubt ist. 5 7 Umgekehrt muß die Ausführung eines rechtmäßig geplanten Projektes ebenfalls zulässig sein, da anderenfalls Planung sinnlos wäre. Daraus wiederum folgt, daß eine mögliche Beeinträchtigung von 53
So Bender, DVB1 1984, S. 319.
54
Winter.
55
U. v. 15. 4. 77 - BVerwG E 52. 237/245.
56
BVerwG. U. v. 29. 4. 88 - E 79. 254/257.
57
DVB1 1988, S. 662 (Hervorhebung hinzugefügt).
Herzog, in: Regierungsprogramme und Regierungspläne. S. 57.
I. Die Beeinträchtigung von
echten
57
Rechten Dritter schon beim Abschluß der Planung einsetzt. Eingriffsqualität kommt also nicht etwa erst dem Bau einer Verkehrsanlage zu, sondern bereits der vorausgehenden Planfeststellung. 58 Letztere kann sich - so auch die Überzeugung des Bundesverwaltungsgerichts59 - "für Dritte, die von der Planung betroffen werden, als Eingriffsakt darstellen". Der bestandskräftig festgestellte Plan legt rechtsverbindlich gegenüber allen Beteiligten (und Drittbetroffenen!) die Merkmale des Projektes fest. Verfahrensrechtlich bedeutet dies, daß Einwendungen im Planfeststellungsverfahren geltend zu machen sind, nicht etwa erst (gegebenenfalls) im Enteignungsverfahren. 60 5. Rechtfertigungserfordertiis a) Geltungsbereich Daß Eingriffe in Rechtspositionen von Bürgern der Rechtfertigung bedürfen, gilt im Planungsrecht ebenso wie bei sonstigen hoheitlichen Maßnahmen. 61 Eine "Privilegierung" planerischer Entscheidungen ist in der Verfassung nicht vorgesehen.62 Ohne Bedeutung ist dabei, ob es sich um direkte oder um sogenannte mittelbare Eingriffe handelt.63 Auch auf die jeweilige Handlungsform kann es bei der Frage nach der Rechtfertigungsbedürftigkeit nicht ankommen. Diese liegt bei Planfeststellungen, die stets als Verwaltungsakte beschlossen werden, 64 klar auf der Hand. Zweifel könnten jedoch bei Planungen mit normativer Struktur aufkommen. So werden etwa die sogenannten Flugrouten (formell) mittels Rechtsverordnung festgelegt. 65 Auch hier trifft jedoch die Aussage M . Börgers zu, daß Planungsentscheidungen von der Verfassung nicht privilegiert sind 66 . Ebensowenig sind Rechtsverordnungen von der in Art. 1 Abs. 3 GG ausgespro-
58 Hoppe /Schiarmann, 59
Rdnr. 168: Steinberg, Nachbarrecht. S. 207.
U. v. 7. 9. 79 - BVerwGE 58. 281/285: ähnlich auch schon (zur gemeinnützigen wasser-
rechtlichen Planfeststellung) im U. v. 10. 2. 78 - BVerwGE 55. 220/226 f. 60
Fickert,
Planfeststellung für den Straßenbau. S. 573.
61 Suhr/Anäerl, 62 63
64
S. 55.
Börger, Genehmigungs- und Planungsentscheidungen. S. 151. Vgl. Galhvas, Faktische Beeinträchtigungen, S. 79 ff. S. oben 1. Kap. II. 3.a.
65
Zur Problematik dieser Einstufung Czybulka/Watidres.
66
Börger. Genehmigungs- und Planungsentscheidungen, S. 151.
DÖV 1990. S. 1035 ff.
2. Kap. Die Begründung des Rechtfertigungserfordernisses
58
chenen Grundrechtsbindung befreit. 67 Eine (verfassungsrechtliche) Rechtfertigung ist vielmehr generell in den Fällen gefordert, in denen der Staat Eingriffe vornimmt. 68 F. Ossenbühl verdeutlicht dies für den Bereich der Planung, indem er die Geltung des Übermaßverbots in gleicher Weise für den "Plangeber" (ohne Differenzierung nach der Planform) wie für den Gesetzgeber anspricht 69. Der Rechtfertigung bedarf ein Planungsakt nicht in Abhängigkeit von seiner rechtlichen Gestalt, sondern aufgrund der von ihm erzeugten Eingriffswirkungen. b) Entwicklung der Rechtsprechung Das Bundesverwaltungsgericht hat sich der Einsicht in die Notwendigkeit einer Rechtfertigung grundsätzlich geöffnet und diese erstmals im Jahre 1969 angesprochen: In einem Urteil zur Bauleitplanung findet sich die (etwas vorsichtig-umständliche) Formulierung, "das Verhältnis zwischen § 2 Abs. 1 und § 1 BBauG wäre . . . mißverstanden, wenn angenommen würde, daß die Ausübung der Planungshoheit von Haus aus keiner Rechtfertigung bedürfe, sondern gewissermaßen bis zum Beweis entgegenstehender Belange um ihrer selbst willen Rechtens sei."7®
Immer noch explizit auf die Bauleitplanung bezogen, werden in einer späteren Entscheidung dann die Rechte Dritter einbezogen: Das Gericht führt aus, daß "die von der Planung ausgehende Eigentumsbeschränkung rechtfertigungsbedürftig ist und keineswegs gleichsam bis zum Beweis des Gegenteils ihre Rechtfertigung schon in sich trägt"/ 1
Diese Rechtsprechung wurde schließlich auf andere Planungsbereiche übertragen und auch mit konkreterem Inhalt versehen. In dem für das gesamte Planfeststellungsrecht grundlegenden "B 42"-Urteil heißt es prägnant, "daß eine hoheitliche Planung ihre Rechtfertigung nicht etwa schon in sich selbst trägt, sondern im Hinblick auf die von ihr ausgehenden Einwirkungen auf Rechte Dritter für die jeweils konkrete Planungsmaßnahme rechtfertigungsbedürftig 1st" . 7 2
67
Stern. Staatsrecht ΙΠ/1, S. 1328 (m. w. Nachw.) und S. 1337.
«
Pieroth/Schlink.
69
Ossenbühl, Gutachten. S. Β 159.
Rdnr. 260. 292 ff.
70
U. v. 12. 12. 69 - BVerwGE 34. 301/305.
71
U. v. 5. 7. 74 - BVerwGE 45. 309/312.
72
U. v. 14. 2. 75 - BVerwGE 48. 56/60.
. Die Beeinträchtigung von Gemeinschaftsgütern
59
Wenn zur Begründung ausdrücklich die "Einwirkungen auf Rechte Dritter" herangezogen werden, 73 haben die Richter offenbar ausschließlich die (keineswegs bei jeder Planfeststellung zwingend erforderliche) 74 Enteignung vor Augen. Denn in denjenigen Entscheidungen, in denen die "Rechte Dritter" konkretisiert werden, ist stets nur von den Rechten aus Art. 14 GG (insbesondere Abs. 3) die Rede. 75 Andere Beeinträchtigungen, wie sie in den vorstehenden Ausführungen beschrieben wurden, sind zwar als "abwägungserheblich" anerkannt, 76 spielen aber für die Gerichte dort keine Rolle, wo es um das Rechtfertigungserfordernis geht. In einem eigenen Kapitel 77 wird näher auf die Anforderungen einzugehen sein, welche die Rechtsprechung an die Rechtfertigung stellt.
I I . Die Beeinträchtigung von Gemeinschaftsgütern Von der Planung verkehrstechnischer Großprojekte sind nicht nur Individualrechtsgüter betroffen, sondern in besonderem Maße auch widerstreitende Belange der Allgemeinheit. 1. Betroffene
Rechtsgüter
a) Landschaftsschutz Für jede neu zu errichtende Verkehrsanlage muß Gelände zur Verfügung gestellt werden, was bei zunehmender Besiedelungsdichte wachsende Probleme aufwirft. 78 An Einzel aspekten sind zu nennen die Boden Versiegelung, der Verlust von Rückzugsgebieten für gefährdete Arten, die Zerstörung von
73
Vgl. die beiden vorstehend zitierten Entscheidungen. Später wird dieser Gedankengang auch etwa im Bereich der Flughafenplanung wiederholt, vgl. BVerwG, U. v. 7. 7. 78 - E 56, 110/118 ("Startbahn West"). 74
Darauf weist auch Winter
75
Vgl. BVerwG. U. v. 5. 7. 74 - E 45. 309/312; U. v. 14. 2. 75 - BVerwGE 48, 56/59;
(NuR 1985, S. 43) hin.
besonders akzentuiert: U. v. 22. 3. 85 - BVerwGE 71. 166/168. 76
Vgl. oben 3.d.bb.
77
Unten 4. Kap.
78
Als besonders schwerwiegende Folge des sich erhöhenden Verkehrsaufkommens be-
zeichnet Wester (Ausfahrt Zukunft. S. 156) den Flächenverbrauch.
2. Kap. Die Begründung des Rechtfertigungserfordernisses
60
Erholungsgebieten sowie allgemein von Flächen, die für sonstige Zwecke zur Verfügung stehen. Bei einem Vergleich der verschiedenen Verkehrsmittel zeigt sich, daß der Flächenbedarf des motorisierten Individualverkehrs mit großem Abstand am höchsten ist. 7 9 Allerdings darf das Problem des Landschaftsverbrauchs dort, wo es um die Frage der Streckenführung geht, nicht ausschließlich unter dem quantitativen Aspekt gesehen werden: Von zwei zur Auswahl stehenden Trassen kann unter Umständen die großflächigere den Vorzug verdienen, wenn dadurch ökologisch besonders wertvolle Gebiete geschont werden. 80 Als einen "zu berücksichtigenden Belang ersten Ranges" hat der V G H München81 die Verringerung des Geländeverbrauchs bezeichnet. Auch das Bundesverwaltungsgericht 82 legt nach eigenem Bekunden "strenge Maßstäbe" an, wenn "freies Gelände des Naturhaushaltes geopfert werden" soll. b) Immissionsschutz Der zweite wichtige Komplex, der durch neugebaute Straßen negativ beeinflußt wird, ist die allgemeine Emissionsbilanz - mit weitgestreuten Folgeproblemen über die individuelle Schädigung und Belästigung einzelner hinaus. Ein Aspekt, der für einzelne betroffene meist keine Rolle spielt, soll hier erwähnt werden: Durch ausgewaschene Schadstoffe, die aufgrund von Reifenabrieb, Ölverlust u. ä. entstehen, kann Straßenverkehr zu erheblichen Gewässerbelastungen führen. 83 Nicht übergangen werden darf in diesem Zusammenhang, daß auch solche Anlagen, denen bei isolierter Betrachtung Um weit Verträglichkeit bescheinigt wird, den Gesamtsaldo an Belastungen erhöhen. 84
79
Konkrete Zahlen sind nachgewiesen bei Wolf,
Eisenbahn und Autowahn, S. 282 ff.
80 Auf diesen Zusammenhang weist auch das BVerwG (U. v. 27. 7. 90 - N V w Z 1991, 781/784) hin. 81
Bay VGH. B. v. 16. 4. 81 - BayVBl 1981. 401/405.
82
BVerwG. U. v. 5. 12. 86 - N V w Z 1987. 578/589.
83
Umfassend belegt von Schemel. Die UVP von Großprojekten, S. 370 ff.
84
Vgl. Winter.
ZRP 1987. S. 430.
II. Die Beeinträchtigung von Gemeinschaftsgütern
61
2. Mangelnde Kompensationsmöglichkeiten Nachteile bei einzelnen Betroffenen lassen sich auf mehr oder weniger befriedigende Weise durch - meist finanzielle - Leistungen ausgleichen, etwa in Form einer Entschädigung nach § 74 Abs. 2 S. 3 V w V f G 8 5 oder § 42 BImSchG. 86 Insbesondere der passive Lärmschutz in Gestalt von Schallschutzfenstern wird von der Rechtsprechung nach diesen Vorschriften, 87 aber auch unter Berufung auf einen "allgemeinen Rechtssatz"88 zuerkannt. Demgegenüber ist der Landschaftsverbrauch durch die Tatsache gekennzeichnet, daß "Land" keine regenerative Ressource darstellt. Eine "Entschädigung" ist hier ausgeschlossen, wenngleich einzelne Negativeffekte durch Ausgleichs- bzw. Ersatzmaßnahmen nach § 8 Abs. 2, 4 und 9 BNatSchG89 abgemildert werden können. Dabei jedoch handelt es sich lediglich um Ersatzmaßnahmen rechtlicher Art; ein Ersatz im ökologisch-naturwissenschaftlichen Sinne ist hier nicht möglich. 90 Ähnlich verhält es sich mit der Emissions- und Immissionsbilanz: Vordergründig mag zwar daran zu denken sein, durch neue Straßen würden vorhandene Umweltbelastungen lediglich umverteilt, indem Verkehrsteilnehmer den neuen - womöglich sogar kürzeren - Weg anstelle des bisherigen benutzen.91 Tatsache ist jedoch, daß insbesondere zusätzliche Stadtautobahnen (ebenso wie breit ausgebaute innerörtliche Straßen), die in der Absicht der Verkehrsentlastung gebaut wurden, zusätzlichen Verkehr provozieren. 92
85
Bis Juli 1990 spezialgesetzlich in § 17 Abs. 4 S. 2 FStrG geregelt.
86
Ausführlich dazu Wahl. N V w Z 1990. S. 438 ff.
87 Zu einem auf § 74 Abs. 2 VwVfG gestützten Anspruch etwa BVerwG. U. v. 11. 11. 88 N V w Z 1989. 255. 88
BVerwG. U. v. 29. 4. 88 - E 79. 254/262.
89
In seiner jeweiligen landesrechtlichen Entsprechung, vgl. z.B. Art. 6a Abs. 1 und 3
BayNatSchG. 90
Gaentzsch. NuR 1986. S. 96: ähnlich Ehrlein. VB1BW 1990. S. 123 m. w. Nachw. Kri-
tisch Bosselmann. Im Namen der Natur. S. 225. Zur "Relativierung" des Ausgleichsgedankens auch Bay V G H . B. v. 24. 1. 92 - BayVBl 1992, 692/695. 91 Schemel (Die UVP von Großprojekten. S. 405 ff.), der "positive Effekte" des Straßenbaus hinterfragt, übernimmt diese Vorstellung des "Entlastungseffekts" zu unkritisch. 92
Nachgewiesen im einzelnen von Meier, Neuverkehr infolge Ausbau und Veränderung des
Verkehrssystems, passim. Vgl. dazu auch Linder/Maurer/Resch. S. 34; Suhr, in: Hoffmann-Riem/Schmidt-Aßmann, S. 120; Vester, ferner unten 5. Kap. Π.
S. 67; Gehrmann, UPR 1984, Ausfahrt Zukunft, S. 155 f.;
2. Kap. Die Begründung des Rechtfertigungserfordernisses
62
Angesichts dieser Belastungs-Einbahnstraße und auch im Hinblick auf die soziale Relevanz der tangierten Rechtsgüter liegt der Gedanke nahe, daß diese Gemeinschaftsgüter mit besonders effektivem Rechtsschutz ausgestattet sein müßten. 3. Normative Berücksichtigung De lege lata sind die besonders betroffenen ökologischen Belange materiellrechtlich kaum erfaßt. Dies gilt jedenfalls für diejenigen Normen, welche die Planfeststellung regeln. 93 Die Nennung des "Umweltschutzes" als berücksichtigungspflichtiger Belang bei der Beschreibung der Straßenbaulast (§ 3 Abs. 1 S. 2 FStrG) ändert an diesem Befund nichts. Dagegen wurde wenigstens programmatisch im Baugesetzbuch an den sparsamen Umgang mit Grund und Boden (§ 1 Abs. 5 S. 3 BauGB), im Naturschutzrecht an die Geringhaltung von "Luftverunreinigungen und Lärmeinwirkungen" (§ 2 Abs. 1 Nr. 7 BNatSchG) gedacht. Darüber hinaus befaßt sich natürlich (als Spezialkodifikation) das BImSchG mit dem Schutz vor "schädlichen Umwelteinwirkungen" (§ 1). Der Anwendbarkeit dieses Gesetzes sind jedoch, wie noch zu erläutern sein wird, 9 4 von der Rechtsprechung enge Grenzen gesetzt. 4. Mangelnder Rechtsschutz Verfahrensrechtlich setzt die Anfechtung eines Planfeststellungsbeschlusses voraus, daß der Kläger die Verletzung eigener Rechte geltend macht (§ 42 Abs. 2 VwGO). a) Verbandsklage Erweiterte Möglichkeiten wenigstens in prozeßrechtlicher Hinsicht könnte die bundesweite Einführung der altruistischen Verbandsklage95 bringen. 96 Sie
93
Insbesondere § 17 FStrG. § § 8 - 1 1 LuftVG. §§ (bzw. Art.) 72 - 78 VwVfG.
94
Unten 4. Kap. III. 1. b.
95
Daneben käme auch eine kommunale Verbandsklage in Betracht: dafür Czybulka, Legiti-
mation der öffentlichen Verwaltung. S. 248. m. w. Nachw. 96 Zustimmend etwa Kühling, Fachplanungsrecht. Rdnr. 346: Bender/Sparwasser, Rdnr. 1396 ff. m. w. Nachw. Skeptisch hingegen u. a. Scholz, W D S t R L 34. S. 209 f.; Steinberg, Nachbarrecht. S. 213 f.
II. Die Beeinträchtigung von Gemeinschaftsgütern
63
würde die anerkannten Umweltschutzverbände in die Lage versetzen, gegen die Verletzung auch solcher öffentlich-rechtlicher Vorschriften vorzugehen, die allein dem Schutz öffentlicher Interessen dienen und damit - nach geltendem Bundesrecht - die Sperrwirkung des § 42 Abs. 2 VwGO auslösen.97 Mit der bundesweiten Zulässigkeit der Verbandsklage wäre immerhin die Überprüfung der Umweltverträglichkeit von Planungsentscheidungen nicht mehr allein "den Zufälligkeiten individueller Rechtsbetroffenheit" überlassen.98 Vorgesehen ist dieses Instrument bislang allerdings nur in einzelnen Bundesländern, 99 und zwar in jeweils unterschiedlicher Ausprägung 100. b) Geltendmachung durch einzelne Daß eine "Gemeinwohlkonkretisierung" aus dem Schutz der privaten Interessen von Betroffenen folgt, 1 0 1 ist für die hier behandelten Belange nicht ausreichend. Denn private Betroffene sind jedenfalls rechtlich spätestens dann in allen denkbaren Ansprüchen befriedigt, wenn das in Frage stehende Projekt räumlich außerhalb ihrer jeweiligen Interessensphäre gelegt wird. Demgegenüber sind Landschaftsverbrauch und Emissionserhöhung letztlich nur durch "Null-Lösungen" weitgehend zu verhindern. Der Mitverfolgung dieser Belange durch Betroffene sind daher enge Grenzen gesetzt, so daß eine weitgehende Beteiligung der Betroffenen im Verfahren, so nützlich sie ansonsten sein mag, 1 0 2 hier nicht weiterhilft. c) Stellung der Gemeinden Da der Verkehrswegebau (dies gilt allerdings auch für andere Fachplanungsprojekte) stets eine Vielzahl von Anliegern beeinträchtigt, läge es nahe, den Gemeinden die Möglichkeit einzuräumen, im Planungsverfahren die gebündelten Interessen ihrer Bürger zu vertreten. 103 Dies könnte kein Ersatz für
97
Hoppe/Beckmann, § 13. Rdnr. 44 f.
98
Kühling. Fachplanungsrecht. Rdnr. 346.
99
Vgl. § 44 BremNatSchG. § 36 HessNatSchG. § 41 HambNatSchG, § 29a BerlNatSchG.
§ 33b SaarlNatSchG. 100
Im einzelnen dargestellt etwa bei BenderISparwasser,
Rdnr. 1402 ff.
ιοί So Häher le. Öffentliches Interesse. S. 643. Ähnlich in der Tendenz Scholz, W D S t R L 34. S. 208: Nach seiner Auffassung "gelingt es dem individualen Verwaltungsrechtsschutz, auch kollektive Rechtsschutzanliegen zu vermitteln". 102 Hervorgehoben insbesondere durch Gassner, DVB1 1981. S. 6. 103 Ähnlich Kühling, Fachplanungsrecht. Rdnr. 460.
64
. Kap. Die
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des Rechtfertigungserfordernisses
einen effektiven Rechtsschutz des einzelnen sein, wohl aber eine sinnvolle Ergänzung - eine Ergänzung zumal, die, ähnlich wie die Verbandsklage, auch über den individuell-privaten Bereich hinausragende Interessen erfassen würde. Darüber hinaus würde die Entwicklung eines "phasenspezifischen" Rechtsschutzes durch die kommunale Klagemöglichkeit gefördert. 104 aa) Restriktive
Rechtsprechung
Von der Rechtsprechung wird den Gemeinden in dieser Frage jedoch nicht viel an Bewegungsmöglichkeiten zugestanden. Als klagebefugt werden sie nur dann angesehen, wenn es gilt, ihre eigene (aus Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG hergeleitete) Planungshoheit105 zu sichern. 106 Letztere muß nach Ansicht des V G H München auch beeinträchtigt sein, damit eine Gemeinde die "Störung des Orts- und Landschaftsbildes" prozessual geltend machen kann. 1 0 7 Generell verwehrt wird es den Gemeinden in derselben Entscheidung, sich auf Rechte ihrer Bürger zu berufen. 108 Darüber hinaus steht es ihnen nach Auffassung des Bundesverwaltungsgerichts auch nicht zu, eine Planfeststellung wegen fehlerhafter Abwägung zwischen Privateigentum und Gemeinwohlbelangen anzufechten. 109 Der Senat stützt sich dabei auf die "Sasbach"-Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts 110, die den Kommunen den Grundrechtsschutz aus Art. 14 GG versagt. bb) Legitimation der Gemeinden Die restriktive Haltung der Gerichte wurde zu Recht kritisiert. D. Czybulka verweist darauf, daß auch bei fehlender grundrechtlicher Absicherung die juristischen Personen des öffentlichen Rechts nicht von den einfachgesetzlichen Eigentumspositionen ausgeschlossen werden können; mit den Wertungen des Gesetzgebers sei es nicht zu vereinbaren, den von ihm allgemein konzipierten
104 Schmidt-Aßmann. DVB1 1981. S. 339. 105 Zu deren Inhalt Steinberg. Nachbarrecht. S. 225. 106 Vgl. BVerwG. U. v. 30. 5. 84 - E 69. 256/261: U. v. 1. 7. 88 - N V w Z 1989. 247/249. 107 Bay VGH. B. v. 19. 11. 85 - DÖV 1986. 208. 108 Ebenda: ähnlich V G H Mannheim, U. v. 19. 1. 77 - DVB1 1977. 345/346. und OVG Koblenz. U. v. 3. 6. 86 - N V w Z 1987. 71; angedeutet auch vom BVerwG. U. v. 12. 9. 80 BayVBl 1981. 185. Pfaff (VerwArch 1979, S. 5) weist darauf hin. daß es nach dieser Rechtsprechung auch nicht möglich ist. die (eigentlich kommunalen) Belange gesunder Wohnverhältnisse geltend zu machen. 109 BVerwG. U. ν. 1. 7. 88 - N V w Z 1989. 247/248. no Β. v. 8. 7. 82 - BVerfGE 61. 82/100 ff.
. Die Beeinträchtigung von Gemeinschaftsgütern
65
Drittschutz auf private Nachbarn zu beschränken. 111 Noch wesentlicher dürfte ein anderer Ansatz Czybulkas sein: Im Zusammenhang mit dem von ihm dargelegten hohen Legitimationspotential der Gemeinden macht er zunächst den Nutzen deutlich, den eine kommunale Beteiligung an der staatlichen Planung bringen kann. 1 1 2 Eine solche Beteiligung am Verwaltungsverfahren scheitert auch nicht am Fehlen eigener Rechte: Hier genügt es, eigene Interessen einzubringen, 113 die im Falle der Gemeinden schon deshalb besondere Beachtung verdienen, weil sie sich durch ihre Gemeinschaftsbezogenheit von sonstigen Partialinteressen abheben114. Und schließlich ist die Gemeinde nicht nur demokratisch legitimiert, die aggregierten Interessen ihrer Bürger auszuloten und zu vertreten; auch zu deren Grundrechtsverwirklichung ist sie von Verfassungs wegen ebenso berufen wie jeder andere öffentliche Verwaltungsträger. 115 Diese Sichtweise steht allerdings im Gegensatz zur Begründung der gemeindlichen Beteiligung am Fachplanungsverfahren durch das Bundesverwaltungsgericht: Danach dient diese Beteiligung dem Zweck, die Planungsbehörde möglichst frühzeitig und umfassend über den relevanten Sachverhalt zu informieren. 116 Von der Geltendmachung kommunaler Interessen ist dabei nicht die Rede. d) Sperrgrundstücke Einige praktische Bedeutung kommt in neuerer Zeit dem Einsatz von "Sperrgrundstücken M durch Umweltschutz-Gruppen und Bürgerinitiativen zu. Solche Sperrgrundstücke werden ausschließlich zu dem Zweck erworben, die für die prozessuale Bekämpfung eines (raumbeanspruchenden) Projektes benötigte Eigentümerposition und damit die Klagebefugnis zu erlangen. Damit verbunden ist dann auch die Möglichkeit, öffentliche Belange, die von dem Vorhaben betroffen sind, zu verteidigen. 117
m
Czybulka, DÖV 1991, S. 414. Kritisch gegenüber der Rechtsprechung auch Pf äff,
Verw-
Arch 1979, S. 4 ff. 112 Czybulka. Legitimation der öffentlichen Verwaltung. S. 243. 113 A. a. O.. S. 243 f. 114 Ähnlich wiederum Czybulka. Legitimation der öffentlichen Verwaltung, S. 244. 115 A. a. O.. S. 245 f.; in diesem Sinne auch Pfaff.
VerwArch 1979, S. 8. m. w. Nachw.
116 BVerwG. B. v. 29. 5. 67 - DVB1 1967. 917 (zur straßenrechtlichen Planfeststellung); ähnlich zur wasserrechtlichen Bewilligung BVerwG, U. v. 20. 10. 72 - DVB1 1973, 217/219. 117 Ständige Rspr.. vgl. BVerwG. U. v. 18. 3. 83 - E 67. 74 (LS): U. v. 12. 7. 85 - E 72, 15/16, 26; U. v. 27. 7. 90 - N V w Z 1991. 781/784. S Tzschaschel
. Kap. Die
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des Rechtfertigungserfordernisses
aa) Eigentumsmißbrauch? Kritisiert wurde diese Umgehung des Popularklage-Verbots als "Mißbrauch" des Eigentumsrechts, mit dem versucht werde, "eine rechtens erfolgte Planung" zu behindern 118 . Dem Kritiker ist dabei entgangen, daß es den betreffenden Klägern keineswegs darum geht, "rechtens erfolgte" Planungen anzugreifen, sondern im Gegenteil solche Projekte zu Fall zu bringen, die jedenfalls aus ihrer Sicht rechtswidrig sind. Es ist auch durchaus nicht überraschend, 119 daß das Bundesverwaltungsgericht in seiner ICE-Entscheidung 1 2 0 nicht auf Art. 14 Abs. 2 GG eingeht, dem nach Ansicht von H. Riegauf der dargestellte Eigentumsgebrauch "augenscheinlich zuwiderläuft" 121 . Bereits der schlichte Wortlaut von Art. 14 Abs. 2 ("Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohl der Allgemeinheit dienen.") fördert eher die Absichten der Sperrgrundstückseigentümer: nämlich durch die Verteidigung von Natur- und Landschaftsschutz das Eigentum gezielt im Sinne der Sozialpflichtigkeit zu verwenden - mag es sich auch um einen anderen Aspekt des Gemeinwohls handeln als den, der mit dem Verkehrswegebau verfolgt wird. In einem anderen Fall meinte auch der V G H München eine mißbräuchliche Rechtsausübung zu sehen und wies dementsprechend die Klage gegen eine abfallrechtliche Planfeststellung als unzulässig a b . 1 2 2 bb) Gewichtung der Eigentümerinteressen Anders als der V G H München hat das Bundesverwaltungsgericht - allerdings eher halbherzig - daran festgehalten, daß auch der nur vorübergehende Eigentumserwerb in Gestalt eines Sperrgrundstücks den Klageweg eröffn e t . 1 2 3 Bei der Abwägung soll dann jedoch negativ zu Buche schlagen, daß dieses Eigentum nicht wirtschaftlich genutzt wird und insofern für den Eigentümer nur von geringem Interesse sei. 1 2 4 Dies erscheint nicht ganz konsequent: Erst wird die Klagebefugnis eines Eigentümers anerkannt, dem es nicht 118
So Fliegauf (NVwZ 1991, S. 750) in seiner Polemik gegen die Bekämpfung einer ICETrassierung durch (von ihm so bezeichnete) Mselbsternannte Naturschützer". 119 Α. A. aber wiederum Fliegauf N V w Z 1991. S. 750. 120 BVerwG. U. v. 27. 7. 90 - N V w Z 1991. 781 ff. zur ICE-Trasse Mannheim-Stuttgart. 121 Fliegauf.
N V w Z 1991, S. 750.
122 Bay V G H , U. v. 20. 12. 88 - N V w Z 1989, 684 (Klärschlammdeponie). 123 BVerwG. U. v. 27. 7. 90 - N V w Z 1991. 781 (LS 4). 124 A. a. O . . S . 784.
. Die Beeinträchtigung von Gemeinschaftsgütern
67
um das typischerweise bei solchen Klagen geltend gemachte Interesse, nämlich den wirtschaftlichen Eigennutz, geht. Darin eine "Popularklage quasi durch die Hintertür" zu sehen, 125 liegt nicht ganz fern. Dann aber vergibt das Bundesverwaltungsgericht die Chance, für die fehlende Möglichkeit der Popular· bzw. Verbandsklage einen begrenzten Ersatz zu schaffen: Es verwendet die nicht nur uneigennützige, sondern explizit gemeinwohlorientierte Motivation des klagenden Vereins dazu, das Gewicht der geltend gemachten Belange herabzusetzen. 5. Berücksichtigung
hei der Planfeststellung
Von besonderer Bedeutung für die vorliegende Untersuchung ist die Frage nach dem Stellenwert der genannten öffentlichen Interessen im System der Planfeststellung. a) Rechtfertigungserfordernis aa) Anknüpfung an Individualinteressen Eingriffe in Güter der Allgemeinheit, die vom Eigentumsschutz nicht erfaßt werden, erzeugen nach der bisherigen Rechtsprechung nicht die Notwendigkeit einer Planrechtfertigung. 126 Wie bereits an anderer Stelle dargelegt, 127 ist der Rechtfertigungsanspruch nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichts ausschließlich mit Eingriffen in grundrechtliche Eigentumspositionen verbunden. Die Beachtung von Allgemeininteressen hängt danach also (weitgehend) von deren Übereinstimmung mit Individualinteressen a b . 1 2 8 Eine solche Konvergenz ist jedoch nicht in jedem Fall gegeben. 129
125 So die Befürchtung von Fliegauf, 126
Α. A. Bender/'Sparwasser,
NVwZ 1991, S. 748.
Rdnr. 177.
127 Oben I. 5. 12« Winter,
ZRP 1987. S. 430.
129 Demgegenüber argumentiert Scholz ( W D S t R L 34. S. 207). die Trennung zwischen öffentlichen und privaten Belangen habe im Planungsbereich wenig Bedeutung, da hier "die Kombination oder gar Substitution von öffentlichen und privaten Interessen" anzutreffen sei.
68
. Kap. Die
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des Rechtfertigungserfordernisses
bb) Abweichung bei Privatnützigkeit Anders ist die Rechtslage allerdings bei privatnützigen Vorhaben im Bereich des Wasserrechts. 130 Auch hier ist (nach § 31 Wasserhaushaltsgesetz) die Durchführung eines Planfeststellungsverfahrens vorgeschrieben, obwohl es sich funktional dabei eher um eine Genehmigung handelt 131 . Ein Rechtfertigungserfordernis mit Eingriffen in Rechte Dritter zu begründen, ist bei ausschließlich privatnützigen Projekten nicht möglich, 132 da diese gerade nicht geeignet sind, solche Eingriffe zu rechtfertigen 133. B. Bender und R. Sparwasser ziehen aus dieser Besonderheit den Schluß, daß die Legitimationsbasis für die privatnützige Planfeststellung "keine irgendwie geartete 'Planrechtfertigung 1" sein könne. 1 3 4 Nicht ganz so weit geht M . Ronellenfitsch, der das Rechtfertigungserfordernis offenbar bejaht, die Rechtfertigung allerdings "bereits aus der Grundrechtsposition des Antragstellers" für gegeben h ä l t . 1 3 5 Wenn jedoch - wofür gute Gründe sprechen - das Erfordernis der Planfeststellung aus den Auswirkungen der Gewässergestaltung auf öffentliche Güter wie "Raum" und "Umwelt" folgt, 1 3 6 so liegt es nahe, aus eben diesen Auswirkungen auch das Erfordernis der Planrechtfertigung abzuleiten. Vordergründig steht diese Auffassung im Widerspruch zur Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts: In der grundlegenden Entscheidung vom 10. 2. 1978 heißt es, es stelle sich "im Vorfeld der planerischen Abwägung nicht die Frage nach den das Vorhaben tragenden Rechtfertigungsgründen, sondern die Frage nach den ihm entgegenstehenden, einem möglichen Ausgleich in der planerischen Abwägung von vornherein unzugänglichen Versagungsgründen". 137
Ein in diesem Sinne zwingender Versagungsgrund liege vor, wenn die privatnützige Ausbaumaßnahme
130 Ausführlich dazu Steinberg, Nachbarrecht, S. 265 ff. 131 BVerwG, U. v. 10. 2. 78 - E 55. 220/227. 132 Etwas anderes gilt« wenn das Vorhaben auch dem Gemeinwohl dient; vgl. Kühling (in: Festschrift für H. Sendler, S. 397), der im übrigen eine Entscheidung darüber, ob eine Planfeststellung privat- oder gemeinnützig ist, für entbehrlich hält. 133 BVerwG. U. v. 10. 2. 78 - E 55. 220/227. 134 Bender/Sparwasser, 135 Ronellenfitsch.
Rdnr. 178.
Planungsrecht, S. 160.
136 So wiederum Ronellenfitsch,
ebenda, m. w. Nachw.
137 u . v. 10. 2. 78 - BVerwGE 55, 220/228 (Hervorhebung hinzugefügt).
II. Die Beeinträchtigung von Gemeinschaftsgütern
69
"unter irgendeinem rechtlichen Gesichtspunkt zur Beeinträchtigung des Wohls der Allgemeinheit fuhren würde". 1 3 8
Was die Absolutheit der zuletzt zitierten Aussage betrifft, ist die Entscheidung aus dem Jahre 1978 inzwischen überholt. 139 Bestand hat jedoch diejenige Besonderheit der privatnützigen Planfeststellung, die darin liegt, daß die öffentlichen Belange den Zulässigkeitsmaßstab bilden. Ob deren unzulässige Beeinträchtigung dann als Rechtfertigungshindernis oder als Versagungsgrund bezeichnet wird, ist jedenfalls praktisch ohne Bedeutung. Wichtiger erscheint hier der Hinweis darauf, daß es auch im Fachplanungsrecht einen Bereich gibt, in dem eine der Abwägung vorgelagerte Prüfungsstation sich nicht an privaten, sondern an öffentlichen Interessen orientiert. Mit einem solchen Gedanken wird also im Rechtssystem der planenden Verwaltung keineswegs Neuland beschritten. b) Anderweitige Berücksichtigung Die betroffenen Gemeinschaftsgüter spielen auf der Rechtfertigungsebene der Planfeststellung nur eine untergeordnete Rolle. Innerhalb der Entscheidungs- und Kontrollmechanismen des Planungsrechts finden sich allerdings andere (wenn auch nicht befriedigende) Möglichkeiten, um diesen Belangen Geltung zu verschaffen. 140 Zu berücksichtigen sind sie im übrigen - indirekt auch dann, wenn man nur die grundrechtlich geschützten Einzelinteressen dem öffentlichen Interesse an Planverwirklichung gegenüberstellt: In dem Maße nämlich, wie etwa ökologische Folgeschäden den voraussichtlichen "Gesamtwert" eines Bauprojektes mindern, verringert sich auch dessen Gewicht im Verhältnis zu den Individualinteressen. 141 Und in den Fällen, in denen naturschutzrechtliche Ausgleichs- oder Ersatzmaßnahmen geboten sind, wird durch die Inanspruchnahme der dafür erforderlichen Flächen die "enteignungsrechtliche Eingriffsschwere" noch erhöht. 142 Als planungsrechtlich "frei verfügbar" wird man die Belange des Umweltschutzes daher trotz aller Verbesserungsbedürftigkeit nicht bezeichnen können. 1 4 3 Gleichwohl bleibt zu fragen, wie dem Schutz der natürlichen Lebens138 BVerwG. U. v. 10. 2. 78 - E 55. 220/229. 139 Kühling. in: Festschrift für H. Sendler. S. 393 f.: 400 f. 140 Vgl. d a z u insbesondere unten 5. Kap. IV. 2. und 6. Kap. II. 2. 141 Im Ergebnis ähnlich Niehues. WiVerw 1985. S. 264. 142 Gaentzsch. NuR 1986. S. 91. 143 So aber Erbguth/Püchel,
NuR 1984. S. 211.
70
. Kap. Die
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des Rechtfertigungserfordernisses
grundlagen in der Verkehrsplanung zu einem größeren Gewicht verholfen werden kann. 1 4 4 c) Gleichsetzung privater mit öffentlichen Belangen Die Entwicklung eines völlig neuen Ansatzes zur Begründung eines Rechtfertigungserfordernisses müßte aus der von H. Steiger vertretenen Auffassung folgen. Danach sind private Interessen, die öffentlich geltend gemacht und für maßgebend erachtet werden, letztlich als öffentliche Interessen einzustufen. 145 Auch bei der Vorbereitung (oder Überprüfung) von Planungsentscheidungen wären dann also ausschließlich - zum Teil miteinander konkurrierende - öffentliche Interessen beteiligt. Für die Abwägung als die zentrale Prüfungsstation bei der Planfeststellung 146 würde dies keine Rolle spielen, zumal sich an der Gewichtung eines Belangs durch die andere Klassifizierung nichts änderte. Die Dogmatik müßte jedoch insofern auf ein neues Fundament gestellt werden, als die bisherige Begründung des Rechtfertigungserfordernisses mit den "Einwirkungen auf Rechte Dritter" 1 4 7 leerlaufen würde. Begrifflich ließen sich die "Rechte Dritter" zwar durchaus als öffentliche Interessen im Sinne Steigers definieren. Gerade dies ist aber von der Rechtsprechung offensichtlich nicht gemeint, die den öffentlichen Belangen die privaten gegenüberstellt 14*.
I I I . Teilergebnis Die Gegenstände der Verkehrsplanung bewirken eine Vielzahl von Eingriffen in private (nicht nur Eigentümer-)Rechte, aber auch in öffentliche Belange. Die Rechtsprechung bezieht die daraus resultierende Notwendigkeit der Planrechtfertigung jedoch zu einseitig auf den Bereich der Eigentumsbeein1 4 4 So auch Funke. DVB1 1987. S. 511. 145 Steiger. in: Festschrift für H. J. Wolff, S. 400 f. P. Haber le. auf den Steiger sich beruft, geht nicht so weit: Die grundrechtlichen Freiheitsgarantien bestehen auch im öffentlichen Interesse, meint jener, ohne aber zu einer Gleichsetzung privater und öffentlicher Interessen zu gelangen (Häberle. Öffentliches Interesse. S. 136). 146 Vgl. unten 4. Kap. ΠΙ. 2. und 5. Kap. IV. 1. 147 Grundlegend BVerwG. U. v. 7. 7. 78 - E 56. 110/118. 148 Vgl. z. B. BVerwG. U. v. 7. 7. 78 - E 56, 110/119; U. v. 22. 3. 85 - E 71, 163/164; Β. v. 20. 12. 88 - NVwZ-RR 1989. 458/459.
III. Teilergebnis
71
trächtigungen. Sonstige, insbesondere ökologische Belange werden auf die Abwägungsebene verwiesen.
3. Kapitel
Die Stufen der Fachplanung und ihre jeweiligen Rechtfertigungsprobleme Fragen der Planungs- oder Planrechtfertigung werden nicht erst im Planfeststellungsverfahren aufgeworfen. In diesem Kapitel sollen sie angeschnitten werden, soweit sie im Zusammenhang mit den vorhergehenden Planungsstufen in Erscheinung treten. Dabei erübrigt es sich, die Stufe der Planfeststellung hier näher zu betrachten: Sie wird in den folgenden Kapiteln der Arbeit behandelt.
I. Die Einteilung der Fachplanung in Stufen Eine Gliederung der Fachplanung in verschiedene Stufen ist inzwischen verbreitet, sollte aber nicht überbewertet werden. Sie hat keine dogmatische Bedeutung,1 kann allerdings zur Übersichtlichkeit beitragen. Letzteres setzt jedoch voraus, daß nicht durch unterschiedliche Begriffsbildung Verwirrung gestiftet wird. 2 1. Stufenanzahl Eine einheitliche Systematik hat sich bei der Einteilung noch nicht herausgebildet. F. Ossenbühl spricht allgemein von "Konkretisierungsstufen 3 bzw., mit Blick auf die Rechtsschutzmöglichkeiten, von einem "Stufensystem 1
Ähnlich Hoppe, in: Isensee/Kirchhof. Rdnr. 6. 18.
2 Beispielsweise verwendet Schulze-Fielitz (JURA 1992, S. 205) den Stufenbegriff im Zusammenhang mit dem planungsrechtlichen Abwägungsgebot zur Kennzeichnung der einzelnen Abwägungsschritte. Ähnlich auch schon Manner, Rechtsstaatliche Grundlagen des Planfeststellungsverfahrens. S. 80. 3
Ossenbühl, Gutachten. S. Β 176.
I. Die Einteilung der Fachplanung in Stufen
73
der Betroffenheit" 4. Vereinzelt werden nur zwei Planungsstufen genannt: Im Bereich der Fernstraßenplanung wäre dies zum einen (als "vorbereitende" Planung) die Linienbestimmung nach § 16 FStrG und als zweites die Planfeststellung gem. § 17 FStrG. 5 Damit bleibt die Systematisierung jedoch unvollständig. Denn die Entwicklung von der "Grobplanung" zur rechtsverbindlichen "Feinplanung"6 beginnt bereits auf der Ebene der (parlamentarisch-) politischen Willensbildung. Deshalb erscheint die Einteilung in drei Stufen, wie sie etwa von J. Kühling vorgenommen wird, 7 überzeugender. 2. Gegenstände der Stufen Auf der (in der zeitlichen Abfolge gezählten)8 ersten Stufe ist die politische Aufgabenplanung angesiedelt. Der Gesetzgeber entscheidet hier über die Gewichtung des Straßenbaus allgemein im Verhältnis zu anderen staatlichen Aufgaben. 9 Hier werden Konflikte über die Prioritäten sachlicher und zeitlicher Art ausgetragen sowie finanzielle Mittel bereitgestellt. 10 Wichtigstes Ergebnis dieser politischen Planungstätigkeit ist der Bedarfsplan des Fernstraßenausbaugesetzes.11 Die zweite Stufe wird bereits von der Exekutive besetzt: Das Bundesverkehrsministerium bestimmt (gem. § 16 FStrG) die Linienführung der mit entsprechender "Dringlichkeit" ausgestatteten Straßenbauprojekte. Damit ist dann ein deutlich höherer Grad an Konkretisierung gegenüber der ersten Stufe erreicht. Auf der dritten Stufe schließlich, die das jeweilige Vorhaben dann zur Planfeststellung hinführen soll, wird der Verlauf "parzellenscharf" festgelegt. Zwischen der Bedarfsplanung und der Linienbestimmung sind noch die sogenannte Voruntersuchung und das Raumordnungsverfahren angesiedelt. In 4
Ossenbühl. Gutachten. S. Β 177; vgl. auch Becker, Verfahren der Bundesfernstraßenplanung, S. 10 f. 5
Diese Einteilung findet sich bei Kodal/Krämer,
6
So die Bezeichnungen von Wahl. N V w Z 1990. S. 435.
7
Kühling, Fachplanungsrecht. Rdnr. 210 ff. Die Dreigliedrigkeit wird auch schon von
Erbguth/Püchel
S. 795; ebenso Forsthoff/Blümel,
S. 22 f.
(NuR 1984. S. 209 ff.) dargestellt. Ebenso Klößner. Straßenplanung und Um-
weltverträglichkeitsprüfung, S. 48 ff. 8
Erbguth/Püchel
(NuR 1984. S. 209 ff.) zählen - ohne erkennbaren Grund - in umgekehr-
ter Reihenfolge. 9
Kühling. Fachplanungsrecht. Rdnr. 212.
!0
Ebenda.
il
S. dazu oben 1. Kap. III. 4.
74
3. Kap. Die Stufen der Fachplanung und ihre Rechtfertigungsprobleme
der Voruntersuchung findet eine erste Prüfung von Planungsvarianten statt, und es werden die benötigten Unterlagen vorbereitet. Es handelt sich hierbei jedoch um informelle, in den Planungsgesetzen nicht geregelte Maßnahmen. Das Raumordnungsverfahren schließlich ist ein förmliches, nach § 6a Raumordnungsgesetz (ROG) erforderliches Verfahren. 12 Es zählt aber zum Bereich der GesamtpXmung, kann also im /acAplanerischen Stufenaufbau unberücksichtigt bleiben.
I I . Die Rechtfertigung von Planung generell Keine Rechtfertigungsprobleme entstehen, solange die Rechtsfigur "Planung" auf einer abstrakt-allgemeinen Ebene betrachtet wird, konkrete Eingriffe also noch ausgespart sind. Wie bei jeder Art staatlichen Handelns ist natürlich gleichwohl - gerade auch für den Bereich der Fachplanung - die Frage nach der Legitimation dieser besonderen Verwaltungstätigkeit zu stellen. 1 3 Es herrscht allerdings Einigkeit darüber, daß jede spezielle Sachkompetenz, die einem Verwaltungsträger eingeräumt ist, zugleich (stillschweigend) die Ermächtigung zum Planen umfaßt. 14 Planung ist "keine zu den einzelnen Sachbereichen hinzutretende Materie", sondern sie wird "begrifflich originär in den jeweiligen Kompetenztitel" einbezogen.15 So ist etwa die verfassungsrechtliche Ermächtigung zur Fern S t r a ß e n plan un g in der Zuständigkeitsregelung des Art. 74 Nr. 22 GG ("Bau . . . von Landstraßen für den Fernverkehr" als Gegenstand der konkurrierenden Gesetzgebung) enthalten.16
12
Dargestellt etwa bei Wagner. NVwZ 1992, S. 232 f.
13 Dazu Czybulka. Legitimation der öffentlichen Verwaltung, S. 235 und passim. Vgl. auch Hoppe (in: Isensee/Kirchhof. Rdnr. 2). der betont, daß Planung "kein extra constitutionem stehendes Phänomen" sei. 14
Statt vieler: Ossenbühl, Gutachten. S. Β 72; Suhr/Anderl,
Kirchhof, Rdnr. 54; Schmidt-Aßmann,
S. 44; Hoppe, in: Isensee/
in: Kloepfer/Rehbinder/Schmidt-Aßmann, S. 194; Erb-
guth. DVB1 1992, S. 401. 1 5 Schmidt-Aßmann. in: Kloepfer/Rehbinder/Schmidt-Aßmann. S. 194.; ähnlich auch schon in D Ö V 1974. S. 541; ihm folgend Czybulka. Legitimation der öffentlichen Verwaltung, S. 229. 16 Schmidt-Aßmann. in: Kloepfer/Rehbinder/Schmidt-Aßmann. S. 194.
ΠΙ. Die Planung auf politischer Ebene
75
Diese "Annex"-Stellung der Planung17 folgt aus der Tatsache, daß jedes final programmierte, zukunftsorientierte staatliche Handeln Planungsakte zwingend voraussetzt.18 So wie Planlosigkeit zu Grundrechtsbeschränkungen führen kann, 19 vermag umgekehrt das planerische Instrumentarium die Nutzbarmachung von grundrechtlichen Freiheitsräumen zu fördern 20. Planende Tätigkeit des Staates (und auch anderer Hoheitsträger) ist daher nicht nur gerechtfertigt. Sie wird auch als ein Gebot der Sozialstaatlichkeit angesehen.21
I I I . Die Planung auf politischer Ebene Gemäß der eingangs vorgenommenen Einteilung soll im folgenden die erste Planungsstufe betrachtet werden. 1. Eingrenzung des Gegenstandes In einer bekannten Definition von E.-W. Böckenförde wird die politische Planung beschrieben als "die im Vorfeld der Gesetzgebung sich vollziehende, mittel- und längerfristige, in der Regel auf der Stufe der Rahmenplanung sich haltende Ziel- und Programmplanung, die sektorale Fachplanungen zu einer Gesamtplanung abstimmt und integriert und von daher Entscheidungsvorhaben (im Hinblick auf Umfang, zeitliche Priorität, Koordinationsnotwendigkeit) für diese entwickelt". 22
Wenn hier nun von "Planung auf politischer Ebene" die Rede ist, so erfolgt dies in bewußter Abweichung von dem Begriff Böckenfördes. Denn in diesem Abschnitt geht es zwar um die im parlamentarischen Raum angesiedelte Planung, die sich aber nicht auf das "Vorfeld der Gesetzgebung" beschränkt.
17
Die Formulierung, daß die Befugnis zur Planung "ein Annex der Sachkompetenz " sei,
geht auf Ossenbühl (Gutachten, S. Β 72) zurück. 18
Suhr/Anderl,
19
Czybulka, Legitimation der öffentlichen Verwaltung. S. 228 f.
20
Würtenberger.
S. 44. Ähnlich Hoppe. in: Isensee/Kirchhof. Rdnr. 2. Staatsrechtliche Probleme politischer Planung, S. 380: ähnlich Ossenbühl,
Gutachten, S. Β 70. 21
Czybulka. Legitimation der öffentlichen Verwaltung. S. 228. m. w. Nachw.
22
Böckenförde.
Der Staat 1972. S. 437.
76
3. Kap. Die Stufen der Fahplanung und ihre Rechtfertigungsprobleme
2. Zulässigkeit parlamentarischer
Planung allgemein
Zunächst ist zu fragen, ob dem Parlament überhaupt das Recht zur planerischen Initiative zusteht. Dies könnte unter dem Aspekt der Gewaltenteilung zweifelhaft sein, 23 da die Planung zu den typischerweise exekutivischen Aufgaben gehört 24 . Bedenken bestehen auch im Hinblick auf eine womöglich erforderliche "Gegenbürokratie", die vom Parlament zur Durchführung eigener Planungen zu errichten ist. 2 5 An der verfassungsrechtlichen Legitimation parlamentarischer Planung fehlte es jedoch nur dann, wenn diese sich in Gestalt von Planungsauftrügen an die Regierung artikulieren würde. 26 Eine solche "Auftragsplanung" liegt aber nicht vor. Speziell im Recht der Fernstraßenplanung sind die Kompetenzen hinreichend deutlich getrennt. Die Setzung verkehrspolitischer Prioritäten durch Parlamentsbeschlüsse, insbesondere durch das genuin parlamentarische Instrument der Mittelzuweisung, bedarf noch keiner besonderen Rechtfertigung. Dazu ist der Zusammenhang zwischen solchen Richtungs-Entscheidungen und konkreten Rechtsbeeinträchtigungen zu diffus. 3. Der Bedarfsplan
nach § 1 FStrAbG als Sonderproblem
Ein in Gesetzesform gegossener Planungsakt des Parlaments ist der Bedarfsplan des Fernstraßenausbaugesetzes, dessen weitreichende Bindungswirkungen für das Planungs- und das Rechtsschutzverfahren an anderer Stelle bereits eingehend erörtert wurden 27 . Angesichts dieser Bindungswirkungen stellen sich auch verfassungsrechtliche Zweifel ein, auf die hier kurz eingegangen werden soll. a) Parallele zu den Maßnahmegesetzen Indem der Gesetzgeber nach dem novellierten § 1 FStrAbG die verbindliche Prüfung von "Zielkonformität" und "Bedürfnis" bei einzelnen Straßenbauprojekten für sich reklamiert, übernimmt er eine Aufgabe, die bislang die 23 24
25 26
27
Zu dieser Diskussion Hoppe. in: Isensee/Kirchhof. Rdnr. 63 ff., m. w. Nachw. Wiirtenberger. Böckenförde.
Staatsrechtliche Probleme politischer Planung. S. 221 f. Der Staat 1972. S. 448.
Hoppe, in: Isensee/Kirchhof. Rdnr. 65. Oben 1. Kap. III. 4.
77
ΙΠ. Die Planung auf politischer Ebene
Exekutive zu erfüllen hatte und deren rechtmäßige Bearbeitung die Judikative kontrollierte. In diesem Einbruch des Parlaments in eine Domäne der Verwaltung zeigt sich eine Parallele zu den "Investitionsmaßnahmegesetzen"28, die noch vor ihrer Verwirklichung auf entschiedene Ablehnung im Schrifttum stießen29. b) Problem der Gewaltenteilung Zunächst ist daran zu erinnern, daß der Grundsatz der Gewaltenteilung auch die Funktion hat, die Kompetenzen der Exekutive in Abgrenzung zum Parlament zu sichern. 30 Daß der Gesetzgeber Zuständigkeitsgrenzen mißachtet hat, ist bei § 1 FStrAbG zwar nicht so evident wie im Falle der Investitionsmaßnahmegesetze31, deutet sich aber insofern an, als auch hier Gesetzesanwendung im Einzelfall betrieben wird: Die Vereinbarkeit von konkreten Straßenbauprojekten "mit den Zielsetzungen des § 1 Abs. 1 des Bundesfernstraßengesetzes" ist zu prüfen. 32 Dabei sind öffentliche und private Belange abzuwägen, was mit parteipolitisch gesteuerten, dem Mehrheitsprinzip unterworfenen Abstimmungen schwerlich zu vereinbaren ist. 3 3 c) Rechtsschutzverkürzung Durch die Verbindlicherklärung der Bedarfsfeststellung in § 1 Abs. 2 FStrAbG wird jeglicher fachgerichtlicher Rechtsschutz gegen diese wichtige Rechtfertigungsvoraussetzung explizit ausgeschlossen.34 Sie ist, da eine inzidente Prüfung des Bedarfsplans selbst durch die Verwaltungsgerichte kaum erfolgen wird, 3 5 nur noch vor dem Bundesverfassungsgericht angreifbar, wo-
28
Etwa das Gesetz über den Bau der "Südumfahrung Stendal" der Eisenbahnstrecke Berlin-
Oebisfelde vom 29. 10. 1993. BGBl I. S. 1906. 29
Vgl. Ronellenfitsch.
DÖV 1991. S. 771 ff; Stüer. DVB1 1992. S. 553; Ronellenfitsch.
LKV 1992. S. 116 f. 30 Ronellenfitsch.
LKV 1992. S. 116.
31
Auch hierzu Ronellenfitsch.
32
Vgl. § 1 Abs. 2 S. 1 FStrAbG.
DÖV 1991. S. 779 f.
33
Zum Parallel-Problem bei den Maßnahmegesetzen Ronellenfitsch.
34
Vgl. die oben (1. Kap. III. 4. b. bb) wiedergegebene Begründung des Verkehrsausschus-
LKV 1992, S. 117.
ses vom 18. 10. 1989. 35
Dazu Klößner. Straßenplanung und Umweltverträglichkeitsprüfung. S. 51.
78
3. Kap. Die Stufen der Fachplanung und ihre Rechtfertigungsprobleme
bei in erster Linie an die Verfassungsbeschwerde zu denken ist. 3 6 Dieser Rechtsbehelf stellt allerdings nur einen beschränkten Prüfungsmaßstab zur Verfügung. 37 Hinzu kommt, daß das Bundesverfassungsgericht bei der Überprüfung des Bedarfsplans "in die Rolle eines Verwaltungsgerichts einrücken" würde. 38 Da hierbei jedoch die notwendige Kontrolldichte nicht gegeben wäre, ist der von Art. 19 Abs. 4 GG geforderte effektive Rechtsschutz nicht gewährleistet. 39 Die Neufassung des § 1 FStrAbG bedarf noch der gründlichen verfassungsrechtlichen Überprüfung, für die im Rahmen der vorliegenden Arbeit kein Raum ist. Die vorstehende knappe Untersuchung hat jedoch gezeigt, daß die Verfassungsmäßigkeit der Vorschrift zumindest fraglich ist.
IV. Die Linienbestimmung nach § 16 FStrG Die Besonderheit der zweiten fernstraßenrechtlichen Planungsstufe besteht darin, daß sie zwar eine weitgehende Festlegung des betreffenden Projektes mit sich bringt, von der Rechtsprechung aber gleichwohl als (nicht anfechtbares) Verwaltungsinternum angesehen wird. 1. Gegensatz "Verwaltungsinternum"
- Bindungswirkung
In der grundlegenden Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 26. 6. 1981 heißt es zur Charakterisierung der dem Bundesverkehrsministerium obliegenden Planung: "Die Planungs- und Linienführungsbestimmung Lst . . . nicht innerhalb eines mehrstufig angelegten VerwaltungsVerfahrens als selbständige, einer eigenen Bestandskraft fähige . . . Teilentscheidung ausgestaltet . . . Die Mitwirkung des Bundesministers für Verkehr ist vielmehr innerhalb des fernstraßenrechtlichen Planungspro-
36
Klößner (ebenda) hält eher das Vorlageverfahren nach Art. 100 GG für einschlägig, das jedoch - worauf Klößner selbst auch hinweist - eine entsprechende Überzeugung des jeweiligen Fachgerichts voraussetzt. 37 RonellenfUsch,
DÖV 1991. S. 780.
3« So wiederum RonellenfUsch zung bei den Maßnahmegesetzen. 39
(LKV 1992. S. 117) zur entsprechenden Rechtsschutzverkür-
Ebenda. Auch Stüer (DVB1 1992. S. 553) hält die Maßnahmegesetze unter anderem we-
gen Verstoß gegen die Rechtsweggarantie für verfassungsrechtlich unzulässig.
IV. Die Linienbestimmung nach § 16 FStrG
79
zesses lediglich ein unselbständiges Entscheidungselement auf dem Wege zum Erlaßdes Planfeststellungsbeschlusses . . . " 4 0
Dieser eher theoretischen Einschätzung steht eine beträchtliche Bindungswirkung der Entscheidung nach § 16 FStrG gegenüber: Zum einen besteht für die Planfeststellungsbehörde ein zumindest faktischer Druck, sich an dem zeitlich vorausgehenden Entwurf des Verkehrsministeriums zu orientieren. 41 Von rechtlich größerer Tragweite ist in diesem Zusammenhang aber die vom Bundesverwaltungsgericht entwickelte Schrankenlehre. Letztere erhob die Bindung der Planungsbehörde an die ministerielle Linienbestimmung zur ersten Schranke der "planerischen Gestaltungsfreiheit". 42 2. Anfechtbarkeit
der Linienbestimmung
Es werden also Führung und Verlauf der Trasse einer geplanten Fernstraße festgelegt, ohne daß für betroffene Bürger oder für Vertreter etwa von Naturschutzinteressen Einwendungsmöglichkeiten bestehen. Einwände können erst im Planfeststellungsverfahren geltend gemacht werden. Sind sie aus der Sicht der Planfeststellungsbehörde stichhaltig, so legt diese sie dem Bundesverkehrsministerium zur Überprüfung vor; die behördeninterne Bindung bleibt jedoch weiterhin bestehen,43 so daß letztlich erst das der Planfeststellung folgende Gerichtsverfahren die ministerielle Vorplanung "kippen" kann. Die genannte Vorlagepflicht der Planfeststellungsbehörde kann demnach nicht als Lösung des dargestellten Problems angesehen werden. 44 Die Chance auf eine unabhängige Kenntnisnahme und Überprüfung haben Gegenpositionen also erst bei einer Anfechtungsklage gegen den Planfeststellungsbeschluß. Zu diesem Zeitpunkt sind jedoch unter Umständen längst "vollendete Tatsachen" geschaffen worden. 45 Um tatsächlich Wirkung erzie40
U. v. 26. 6. 81 - BVerwGE 62. 342/345.
41
Darauf weist Ibler (Schranken planerischer Gestaltungsfreiheit. S. 65) hin. Eingehend zur Bindungswirkung Klößner. Straßenplanung und Umweltverträglichkeitsprüfung, S. 58 ff. m. w. Nachw. 42
Dazu (auch mit Rechtsprechungsnachweisen) unten 4. Kap. I.
43
Kühling, Fachplanungsrecht, Rdnr. 222.
44
So aber Wahl, N V w Z 1990. S. 435.
4
5 Ähnlich Redeker, NJW 1980, S. 1596: Ibler, Schranken planerischer Gestaltungsfreiheit, S. 66; Kühling, Fachplanungsrecht. Rdnr. 534 m. w. Nachw. Demgegenüber vertritt Steinberg (NVwZ 1983. S. 210) die Auffassung, die Linienbestimmung greife nicht "in die Rechtssphäre von Bürgern" ein.
3. Kap. Die Stufen der Fachplanung und ihre Rechtfertigungsprobleme
80
len zu können, müßten Argumente gegen eine Fernstraßentrasse hingegen auf der Stufe der Linienbestimmung vorgebracht und auch prozessual vertreten werden können. Nur dann könnte auch die Verpflichtung, in diesem Planungsstadium bereits die Belange von Naturschutz und Landschaftspflege zu berücksichtigen,46 ein hinreichendes Maß an Verbindlichkeit entfalten. Erforderlich wäre also nicht der "konzentrierte", sondern ein "phasenspezifischer" Rechtsschutz, wie er von E. Schmidt-Aßmann diskutiert worden ist 4 7 . Ein solcher Rechtsschutz auf deijenigen Stufe, die der Planfeststellung vorgelagert ist, sollte Voraussetzung dafür sein, daß hier bereits eine "verbindliche Alternativauswahl" 48 getroffen werden kann. 3. Festste/lungsklage Die Möglichkeit, de lege lata gerichtlich gegen eine Entscheidung nach § 16 FStrG vorzugehen, hat M. Ibler umfassend dargestellt: 49 Er hält auf dieser Planungsstufe die Feststellungsklage gem. § 43 VwGO für zulässig.50 Das Ergebnis seiner Überlegungen faßt Ibler wie folgt zusammen: "Es kann also festgehalten werden, daß weder die für § 43 Abs. 1 VwGO verlangte Konkretheit des Rechtsverhältnisses, noch das Erfordernis des Feststellungsinteresses, noch die grundsätzliche Subsidiarität dieser Klageart gegen die Überprüfbarkeit des durch die Linienführungsbestimmung begründeten (Planungs-)Rechtsverhältnisses mittels einer Feststellungsklage sprechen. Ebensowenig läßt sich die Unzulässigkeit einer Feststellungsklage aus einem 'vorbereitenden Charakter' der Linienführungsbestimmung . . . herleiten." 51
Mit einer solcherart vorverlagerten richterlichen Kontrolle würde nicht etwa die Planungstätigkeit erschwert, sondern es ließe sich verhindern, daß das Planfeststellungsverfahren auf rechtswidrigen Vorentscheidungen basiert. 52
46
Gaentzsch. NuR 1986. S. 95.
47
Schmidt-Aßmann. DVB1 1981. S. 336 ff.
48
Schmidt-Aßmann. DVB1 1981. S. 337.
49
Ibler. Schranken planerischer Gestaltungsfreiheit, S. 66 ff.
50 Schmidt-Aßmann (DVB1 1981. S. 339) sieht für gestufte Planungsverfahren die zumindest theoretische Möglichkeit einer Klagebefugnis nach § 42 Abs. 2 VwGO. 51
52
Ibler, Schranken planerischer Gestaltungsfreiheit, S. 84. ibler, Schranken planerischer Gestaltungsfreiheit. S. 66.
IV. Die Linienbestimmung nach § 16 FStrG
81
Die Gefahr der "unangenehmen Überraschungen" auf der späteren Planungsstufe würde dadurch gemindert. 53 Das Bundesverwaltungsgericht hat allerdings seine in der oben zitierten Entscheidung54 begründete Rechtsprechung bislang nicht revidiert, wonach die Linienführungsbestimmung einer selbständigen gerichtlichen Kontrolle nicht zugänglich ist. 4. Verfassungsrechtliche
Bedenken
Ähnlich wie schon bei der ersten Planungsstufe 55 treten auch hier Zweifel an der Vereinbarkeit mit Art. 19 Abs. 4 GG auf, 5 6 die das Bundesverwaltungsgericht indessen ausdrücklich zurückgewiesen hat 57 . Der Rechtsprechung ist entgegenzuhalten, daß die Rechtsschutzgarantie des Grundgesetzes eine effektive gerichtliche Kontrolle verlangt. Diese ist jedoch nicht gewährleistet, wenn die Überprüfbarkeit erst beim Planfeststellungsbeschluß ansetzt. 58 Dabei kommt der bei der Fernstraßenplanung üblichen Abschnittsbildung 59 besondere Bedeutung zu. Denn durch den jeweils vorhergehenden Abschnitt werden "Zwangspunkte" geschaffen, welche die Anfechtung späterer Abschnitte durch die dann betroffenen erschweren können.60 Zweifelhaft ist hier aber nicht nur die Effektivität
des verbleibenden Rechts-
schutzes. In Gefahr gerät auch die von der Rechtsprechung gleichfalls mit Blick auf die grundgesetzliche Rechtsschutzgarantie prinzipiell postulierte 53
So Ossenbühl (Gutachten, S. Β 194) zur allgemeiner gehaltenen Frage eines vorverlager-
ten Rechtsschutzes im Planungsrecht. 54
U. v. 26. 6. 81 - BVerwGE 62. 342.
55
Vgl. oben 3. Kap. III. 3. c.
56
Geäußert etwa von Rcdeker.
NJW 1980. S. 1596. Auch Czybulka
(Legitimation der öf-
fentlichen Verwaltung. S. 235) hält die Regelung des § 16 FStrG für verfassungswidrig. 57
U. v. 26. 6. 81 - BVerwGE 62. 342/347. Ebenso Steinberg. N V w Z 1983. S. 210 f.
58 So schon Blümel, DVB1 1975, S. 703 f. Vorsichtig zustimmend Kühling, Fachplanungsrecht, Rdnr. 535 f. Skeptisch gegenüber solchen Bedenken dagegen Schmidt-Aßmann, in: Maunz/Dürig. Komm. z. GG. Art. 19 Abs. IV. Rdnr. 166: Kügel. Planfeststellungsbeschluß, S. 204. 59
Vgl. dazu auch unten 6. Kap. II. 2. c. aa.
60
Zu diesem Problem im einzelnen Langer, DÖV 1987. S. 424. Die Bedeutung des Rechtsschutzes bei abschnittweiser Planung wird allerdings hervorgehoben durch BVerwG, B. v. 2. 11. 9 2 - N V w Z 1993. 887. 6 Tzschaschel
82
3. Kap. Die Stufen der Fachplanung und ihre Rechtfertigungsprobleme
Vorrangigkeit des Pn/nÄrrechtsschutzes 61. Denn die Verweigerung der frühzeitigen Anfechtbarkeit kann allzuleicht zu dem sekundären Behelf des "dulde und liquidiere", also zum Ausweichen auf Schadensersatzansprüche der privat betroffenen führen.
V . Teilergebnis Bei Betrachtung der einzelnen Planungsstufen zeigt sich, daß als problematisch zum einen (auf der parlamentarischen Stufe) der verbindliche Bedarfsplan anzusehen ist. Des weiteren mangelt es auf der Stufe der Linienbestimmung an einem - in Gestalt der Feststellungsklage an sich verfügbaren - effektiven Primärrechtsschutz.
61
Grundlegend BVerfG. B. v. 15. 7. 81 - E 58. 300/324.
4. Kapitel
Die Ausgestaltung des Rechtfertigungserfordernisses durch die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts Bei der im vorigen Kapitel erfolgten Erörterung der Planungsstufen wurde die letzte Stufe, also die Planfeststellung ausgespart. Auf sie richtet sich nun der Blick, da an dieser Stelle im herkömmlichen Planungsrechtssystem die Rechtfertigung angesiedelt ist. Die Rechtsprechung hat - unter Führung des 4. (und Beteiligung des 7.) Senats des Bundesverwaltungsgerichts - bereits frühzeitig das Rechtfertigungserfordernis von Planungsakten anerkannt.1 Die planungsspezifische Konkretisierung dieser Rechtsstaatlichkeit verheißenden2 Eingriffsschranke brachte jedoch einige wesentliche Aufweichungen mit sich, die im folgenden dargestellt werden.
I. Die Rechtfertigung als bloße Schranke der Gestaltungsfreiheit Das Bundesverwaltungsgericht räumt - im Urteil zur Bundesstraße 42 zunächst ein, daß "hoheitliche Planung ihre Rechtfertigung nicht etwa schon in sich selbst trägt". 3 Desgleichen wird eine Rechtfertigung verlangt, die den Anforderungen des Art. 14 GG gerecht wird. 4
1
Vgl. oben 2. Kap. I. 5. b.
2
Nach Ansicht von Wahl (NVwZ 1990. S. 434) "müßte man erwarten, daß dieser Plan-
bindung . . . eine griffige Bedeutung zukommt". Auch er sieht sich in seiner Erwartung jedoch getäuscht. 3
U. v. 14. 2. 75 - BVerwGE 48. 56/60 im Anschluß an die entsprechende Judikatur zur
Bauleitplanung (U. v. 12. 12. 69 - BVerwGE 34. 301/305: U. v. 5. 7. 74 - BVerwGE 45. 309/312). 4
BVerwG. U. v. 14. 2. 75 - E 48. 56/59.
84
4. Kap. Die Ausgestaltung des Rechtfertigungserfordernisses durch die Rspr.
Keine Rede ist jedoch davon, daß die planerischen Eingriffe, sei es in das Grundrecht des Art. 14 oder auch in andere Rechtspositionen, die Rechtfertigung voraussetzen. Das Rechtfertigungserfordernis dient vielmehr lediglich als Schranke der 7m übrigen umfassenden planerischen Gestaltungsfreiheit". 5 Es handelt sich dabei um die zweite von insgesamt vier durch das Bundesverwaltungsgericht aufgestellten Schranken. (Berücksichtigt werden hier nur die materiellen Schranken. Daneben sind formelle Schranken in Gestalt des gesetzlich vorgeschriebenen Verwaltungsverfahrens zu beachten.6) Die erste Schranke besteht in der innerbehördlichen Bindung an die vom Bundesverkehrsministerium nach § 16 Abs. 1 FStrG bestimmte Linienführung, 1 einer Planungsstufe, deren Verfassungskonformität zweifelhaft ist 8 . Als dritte und vierte Schranke gelten die gesetzlichen Planungsleitsätze 9 und die Anforderungen des Abwägungsgebots^.
I I . Die für die Rechtfertigungsprüfung geltenden Kriterien Bemerkenswert ist der Maßstab, den das Bundesverwaltungsgericht - wiederum im "B-42"-Urteil - für die Rechtfertigung von Planungsakten heranzieht. Nach Ansicht des 4. Senats "findet eine bestimmte straßenrechtliche Planung ihre Rechtfertigung darin, daß für das mit ihr beabsichtigte Vorhaben nach Maßgabe der vom Bundesfernstraßengesetz allgemein verfolgten Ziele ein Bedürfnis besteht, die mit ihr geplante Maßnahme unter diesem Blickwinkel also objektiv erforderlich ist." 1 1
5 BVerwG. U. v. 14. 2. 75 - E 48. 56 (Hervorhebung hinzugefügt). Ausführlich zur "Gestaltungsfreiheit " unten 6. Kap. 6
BVerwG. U. v. 7. 7. 78 - E 56. 110/117: U. v. 14. 12. 79 - E 59. 253/257.
7
BVerwG. U. v. 14. 2. 75 - E 48. 56/60.
8
Dazu oben 3. Kap. IV.
9
BVerwG. U. v. 14. 2. 75 - E 48. 56/59: konkretisiert im U. v. 22. 3. 85 - BVerwGE 71.
163. Näheres dazu s. unten III. 1. 10
BVerwG. U. v. 14. 2. 75 - E 48. 56/63 f.: dazu unten III. 2.
u
U. v. 14. 2. 75 - BVerwGE 48. 56/60.
. Die für die Rechtfertigungsprüfung geltenden Kriterien
1. Straßenrechtliche
85
Zielsetzung als Ausgangspunkt
Der "Blickwinkel" ist also nicht der allgemein-rechtsstaatliche, den die weitgestreuten Eingriffswirkungen des staatlichen Handelns eigentlich indizieren 1 2 . Verlangt wird vielmehr lediglich, daß die konkrete Planung mit den Zielen des Fernstraßengesetzes, die etwa in § 1 Abs. 1, § 3 Abs. 1 und § 4 zum Ausdruck kommen, 13 in Einklang steht. a) Strukturverbesserung als Rechtfertigungsgrund Von der alleinigen Ausrichtung der Rechtfertigung an den Verkehrsbedürfnissen ist der V G H Mannheim in seinem Urteil zur "Hochrhein-Autobahn" abgewichen: Die Autobahnplanung sei auch dann gerechtfertigt, wenn das prognostizierte Verkehrsaufkommen noch durch eine Bundesstraße zu bewältigen wäre, die Autobahn aber zudem der wirtschaftlichen Entwicklung eines Gebietes dienen würde. 14 Damit werden keineswegs strengere Rechtfertigungsmaßstäbe eingeführt, sondern im Gegenteil den Planfeststellungsbehörden zusätzliche Wege eröffnet, Verkehrsprojekte zu rechtfertigen. Beachtung verdient die Entscheidung jedoch insofern, als sie sich von der ausschließlichen Fixierung auf die "vom Bundesfernstraßengesetz verfolgten Ziele" löst. Das Bundesverwaltungsgericht hat in der betreffenden Revisionsentscheidung den vom V G H eingeführten Aspekt als zweifelhaft bezeichnet, ihn aber letztlich für nicht entscheidungserheblich gehalten, da die Rechtfertigung sich bereits auf andere Gesichtspunkte stützen ließ. 15 b) Ökologisch motivierte Rechtfertigungsgründe Andererseits hat das Bundesverwaltungsgericht selbst bereits in einem früheren Urteil - zum Flughafen München I I - einen noch bemerkenswerteren Rechtfertigungsgrund anerkannt: Es heißt dort, "auch Gründe des Immissionsschutzes können die Verlegung eines Flughafens rechtfertigen". 16 Die be12
Vgl. oben 2. Kap.
13
BVerwG, U. v. 15. 4. 77 - NJW 1978. 119 f.
w
V G H Mannheim. U. v. 15. 12. 87 - VB1BW 1988. 299/301.
15
BVerwG. U. v. 24. 11. 89 - DVB1 1990, 424/427 (insoweit in BVerwGE 84, 123 nicht
abgedruckt). Eine ähnliche Fragestellung hat das Gericht auch in seinem U. v. 6. 12. 85 - NJW 1986, 1508/1510 (wiederum in BVerwGE 72. 282 nicht abgedruckt) - wegen mangelnder Entscheidungserheblichkeit ausdrücklich offengelassen. 16
U. v. 5. 12. 86 - BVerwGE 75. 214/233.
4. Kap. Die Ausgestaltung des Rechtfertigungserfordernisses durch die Rspr.
86
sonders gravierenden Immissionswirkungen des bestehenden Flughafens rechtfertigten also die Errichtung einer neuen Anlage. Ausdrücklich weist das Gericht in diesem Zusammenhang auf den "Trennungsgrundsatz" des § 50 BImSchG hin 1 7 - der bei den Planungsschranken, wie noch zu zeigen sein wird, 1 8 von der Rechtsprechung eher vernachlässigt wird. In einem vergleichbaren Zusammenhang hat das Bundesverwaltungsgericht schließlich auch mit den schädlichen Auswirkungen des Kraftfahrzeugverkehrs argumentiert. In einer Entscheidung zur ICE-Neubaustrecke MannheimStuttgart führt der 4. Senat aus: "Da die wachsenden VerkehrsbedürfnLsse durch den Straßenverkehr immer schwieriger und nur unter erheblichen Umweltbelastungen zu bewältigen sind, ist die Bundesbahn mehr denn je . . . dazu angehalten, die Voraussetzungen für eine stärkere Verlagerung des Verkehrs von der Straße auf die Schiene zu schaffen. . . . 'Vernünftigerweise geboten' im Sinne der Rechtsprechung . . . ist eine solche Schnellbahntrasse allgemein schon deshalb, weil sie besser als andere Verkehrsmittel dazu geeignet 1st, den gegenwärtig schon sehr hohen Verkehrsbedarf auf eine Weise zu befriedigen, die ökologischen Belangen und dem Interesse an einer gesicherten Energieversorgung eindeutig besser als etwa der Straßenverkehr Rechnung trägt." 19
Aufhorchen läßt in diesem Urteil nicht zuletzt der klare Vorrang, den die Richter einem öffentlichen Verkehrsmittel gegenüber dem Individualverkehr einräumen - wenn auch hier nicht zu Lasten eines konkreten Straßenbauprojektes. Erstaunlicherweise ist dieser Aspekt in der bislang einzigen Besprechung 20 der zitierten Entscheidung unbeachtet geblieben. In einem zweieinhalb Jahre später ergangenen Beschluß des 4. Senats21 wird ebenfalls die Bedeutung des Verkehrsträgers Bundesbahn wirksam: Allerdings geben hier die Planungen der Bundesbahn die Rechtfertigungsgrundlage für ein Straßenbauvorhaben ("Stichstraße" zu einem Containerbahnhof). Es wird also gerade nicht die im ICE-Urteil angedeutete Linie fortgesetzt, sondern es werden eher zusätzliche Begründungsmuster für den Straßenbau aufgezeigt.
17
Ebenda.
18
Unten III. 1. b.
19
BVerwG. U. v. 27. 7. 90 - N V w Z 1991. 781/783.
20
Es handelt sich um eine Urteilsanmerkung von Fliegauf
(NVwZ 1990, S. 748). der sich
ausschließlich mit dem in dem Fall auch auftretenden Problem des HSperrgrundstücks" auseinandersetzt. 21
BVerwG. B. v. 23. 12. 92 - DÖV 1993. 433/435.
II. Die für die Rechtfertigungsprüfung geltenden Kriterien
87
c) Erweiterung auch des Rechtfertigungserfordernisses? Die erfolgte Planrechtfertigung mit Gründen des Immissionsschutzes22 ist deshalb besonders interessant, weil daran zu denken wäre, auch auf der "anderen Seite" die Rtthiienigungsbedürftigkeit mit Immissionsschutzbelangen zu begründen. Ebenso scheint es naheliegend, die festgestellte bessere Eignung der Bahn zur Lösung von Verkehrsproblemen auch bei in Frage stehenden Straßenplanungen ins Spiel zu bringen und die "stärkere Verlagerung des Verkehrs von der Straße auf die Schiene"23 auch dort voranzutreiben. Proklamiert wird ein Umdenken in diese Richtung gelegentlich sogar auf ministerieller Ebene. So erklärte etwa der damalige bayerische Umweltminister P. Gauweiler zu den Verkehrsproblemen im Alpenraum: "Am besten wäre die Verlagerung der Verkehrsströme vom Individual- auf den öffentlichen Verkehr." 24 Es bleibt abzuwarten, inwieweit die Rechtsprechung in der Folge des ICE-Urteils entsprechende Konsequenzen ziehen wird. Bei der Fernstraßenplanung ist das Bundesverwaltungsgericht bislang jedenfalls nicht von seinem Rechtfertigungsmaßstab der straßenrechtlichen Zielvorgabe abgewichen.25 Die in der Folge des Dritten Rechtsbereinigungsgesetzes fällige (teilweise) Neuordnung des richterrechtlichen Straßenplanungsrechts könnte eine Gelegenheit bieten, neue Wege auch in der hier beschriebenen Richtung zu gehen. d) Mangelhafter Grundrechtsschutz Eine wirkliche Rechtfertigung nach den sonst bei Grundrechtseingriffen geltenden Kriterien, insbesondere unter strikter Anwendung des Übermaßverbots, 26 wird mit dem oben dargestellten Maßstab verfehlt. Diese Sichtweise mag der Alltagspraxis der Fachgerichte entgegenkommen, bei der (naturgemäß) nicht die verfassungsrechtlichen Aspekte einer Sache im Mittelpunkt stehen. Hier zeigt sich jedoch ein Widerspruch zu dem berechtigten Postulat des "B-42"-Urteils nach einer "auch vor Art. 14 GG stand-
22
Kritisch dazu Blumenberg. DVB1 1989. S. 91 f.: Umweltschutzbelange sollten aus-
schließlich bei der Abwägung zum Tragen kommen. 23
BVerwG. U. v. 27. 7. 90 - NVwZ 1991. 781/783.
24
Interview in der VCD-Zeitschrift "fairkehr". Heft 6/1991. S. 21.
25
Vgl. Wahl. NVwZ 1990. S. 434.
26
Dazu unten 5. Kap.
4. Kap. Die Ausgestaltung des Rechtfertigungserfordernisses durch die Rspr.
88
haltenden" Rechtfertigung 27. (Dieser Aspekt wird in einer späteren Entscheidung 28 etwas präzisiert, indem es heißt, "die mit dem konkreten Vorhaben verfolgten öffentlichen Interessen" müßten "generell geeignet" sein, "etwa entgegenstehende Eigentumsrechte zu überwinden".) Art. 14 Abs. 3 S. 1 GG setzt nämlich vor den Eingriff das Wohl der Allgemeinheit 29, welches sich nicht notwendig bei jedem Straßenbauprojekt durch das Fernstraßengesetz und seine (fachspezifisch beschränkten30) Zielsetzungen repräsentieren läßt. Hier ist jedoch nochmals darauf hinzuweisen, daß die Planrechtfertigung in der bisherigen Konzeption des Bundesverwaltungsgerichts nicht dem Rechtfertigungsschema bei sonstigen Verwaltungsakten entspricht. Vielmehr ist die Planrechtfertigung nach diesem Verständnis im wesentlichen darauf beschränkt, eine Ermächtigungsgrundlage für Enteignungen aufzuzeigen und darüber hinaus eine Plausibilitätskontrolle über die straßenrechtliche Zielkonformität durchzuführen. 31 2. Erforderlichkeit Nicht eindeutig ist die Haltung des Bundesverwaltungsgerichts zum Begriff der Erforderlichkeit, 32 der als Bestandteil des Übermaßverbotes bei der Eingriffsrechtfertigung eine zentrale Rolle spielt. a) Bloße Plausibilitätskontrolle In der oben 33 zitierten Passage aus dem "B-42"-Urteil wurde die "objektive" Erforderlichkeit mit einem (aus fernstraßenrechtlichen Zielsetzungen entstandenen) Bedürfnis
gleichgesetzt. Demgegenüber nennt das Gericht in sei-
27
υ . v. 14. 2. 75 - BVerwGE 48. 56/59.
2«
BVerwG. U. v. 22. 3. 85 - E 71. 166/168 (unter Berufung auf einen nicht veröffentlich-
ten Β. v. 11. 9. 84 - A Z 4 C 26.84); ausdrücklich bestätigt im U. v. 3. 5. 88 - N V w Z 1989, 149. 29
Die Interpretation dieses Begriffs bereitet insbesondere in Fällen privatnütziger
Enteig-
nung Schwierigkeiten: s. dazu etwa das "Boxberg "-Urteil des BVerfG v. 24. 3. 87 - E 74, 264. 30
Vgl.dazuobenl.Kap.III.
31
Wahl. N V w Z 1990. S. 434. Näheres zur "Plausibilitätskontrolle" im folgenden.
32 Ibler (Schranken planerischer Gestaltungsfreiheit, S. 131 f.) kritisiert die wenig verständliche Verwendung von "verschachtelten, unpräzisen Begriffen" durch das Gericht. 33
Bei Fußnote 11.
. Die für die Rechtfertigungsprüfung geltenden Kriterien
89
nem Urteil zur "Startbahn West" 34 - unter Bezugnahme auf die "B-42"-Entscheidung - ein anderes Kriterium: "Nicht erst bei Unausweichlichkeit" sei eine Maßnahme erforderlich, sondern bereits dann, wenn sie "vernünftigerweise geboten" ist. Diese Entwertung der Erforderlichkeitsprüfung wird bei deren weiterer Konkretisierung fortgesetzt: Ein Vorhaben soll "vernünftigerweise geboten" (und damit erforderlich) sein, wenn es der fernstraßenrechtlichen Zielvorgabe "mit hinreichender Plausibilität dient". 35 Die praktische Auswirkung dieser Rechtsprechung wird vom Bundesverwaltungsgericht in derselben Entscheidung anschaulich exemplifiziert: Da bereits "die Verbesserung der Verkehrsverbindungen" zwischen zwei Städten ein legitimes Planungsziel darstellt, reicht es für die so definierte Planrechtfertigung aus, wenn eine neu zu bauende Straße für den überörtlichen Verkehr besser geeignet ist als eine alte Straße mit "zahlreichen Ortsdurchfahrten und unübersichtlichen Kurven und Kuppen" 36 . Nach diesem Verständnis wäre ein Verkehrsprojekt nur dann nicht "vernünftigerweise geboten", wenn es gelänge, dessen völlige Nutzlosigkeit nachzuweisen.37 Eine etwas engere Grenze für die Rechtfertigungsfähigkeit hat das Bundesverwaltungsgericht allerdings in einer späteren Entscheidung gezogen: Ein Vorhaben sei nicht mehr "vernünftigerweise geboten", wenn es "sinnvoll oder zweckmäßiger" unterbleiben könne. 38 Von der Beschränkung dieser Rechtmäßigkeitsanforderung auf eine bloße Plausibilitätskontrolle ist das Gericht jedoch nicht abgerückt. 39 b) Entbehrlichkeit der Rechtfertigung? Nicht von ungefähr kommt daher die Einschätzung von J. Kühling, ehemals selbst Richter im 4. Senat des Bundesverwaltungsgerichts: Er hält es für kaum
34
U. v. 7. 7. 78 - BVerwGE 56. 110/119; in diesem Sinne allerdings auch die weitere Rspr.. vgl. U. v. 22. 3. 85 - BVerwGE 71. 166/168 f. 35
U. v. 22. 3. 85 - BVerwGE 71. 166/168: daß eine solche Plausibilitätskontrolle nicht
etwa zur Erforderlichkeitsprüfung hinzukommt
(der Wortlaut ließe diese Inteipretation zu),
wurde in der einschlägigen Monographie des damaligen Senatsmitglieds Kühling (Fachplanungsrecht. Rdnr. 157. 405) bestätigt. 36
U. v. 22. 3. 85 - BVerwGE 71. 166/168 f.
37
Ähnlich Steinberg. N V w Z 1986. S. 813.
38
BVerwG. U. v. 3. 5. 88 - NVwZ 1989. 149.
39
Vgl. dazu Wahl. N V w Z 1990. S. 434 f.
4. Kap. Die Ausgestaltung des Rechtfertigungserfordernisses durch die Rspr.
90
denkbar, daß an der Rechtfertigungsschwelle jemals ein geplantes Projekt scheitern wird. 4 0 Allerdings hält Kühling das vom Bundesverwaltungsgericht als "vierte Schranke" installierte Abwägungsgebot 41 für ein hinreichendes (und damit die Wirkungslosigkeit der zweiten Schranke kompensierendes) Kontrollinstrument; dieses erlaube es sogar, auf die ausdrückliche Prüfung von Erforderlichkeit, Zielkonformität und Gemeinwohlbezug im Rahmen der Rechtfertigung zu verzichten. 42 Auch R. Wahl äußert Zweifel an der Berechtigung einer Rechtfertigungsschranke, bei der nur überschlägig diejenigen Anforderungen vorweggeprüft werden, die an anderer Stelle (bei der Abwägung) gründlich zu erörtern sind. 43 Aus Gründen der Rechtsstaatlichkeit erscheint es jedoch fragwürdig, die Planrechtfertigung deshalb ganz aufzugeben, weil sie von der Rechtsprechung weitgehend entwertet wurde. Vielmehr müßte der Versuch unternommen werden, das Fachplanungsrecht mit einer Rechtfertigungsmechanik auszustatten, die mehr als eine "überschlägige Vorwegprüfung" beinhaltet.44
I I I . Die Berücksichtigung entgegenstehender Belange Planungsmaßnahmen bedürfen der Rechtfertigung, weil sie andere rechtlich geschützte Interessen, seien sie privater 45 oder öffentlicher A r t 4 6 , beeinträchtigen. Das Bundesverwaltungsgericht begründet die Rechtfertigungsbedürftigkeit (einschränkend) mit den "Einwirkungen auf Rechte Dritter". 47 Innerhalb der (gerichtlichen) Prüfung der Planrechtfertigung - nach der vom Bundesverwaltungsgericht entwickelten Systematik48 - bleiben diese Belange gleich40 Kühling. Fachplanungsrecht. Rdnr. 166. Sein damaliger Senatskollege N. Niehues sieht in der Kontrolle der Planrechtfertigung lediglich eine MVorabprüfung" auf "offensichtliche Mängel" (WiVerw 1985. S. 253).
41
U. v. 14. 2. 75 - BVerwGE 48/56: zur Funktion der "Abwägung" innerhalb der Recht-
fertigung s. unten 5. Kap. IV. 1. 42
Kühling. Fachplanungsrecht. Rdnr. 406.
Wahl N V w Z 1990. S. 434 f. Paetow (in: Festschrift für H. Sendler, S. 430) ist darüber hinaus für einen Verzicht auf die Prüfungsstufe der Planungsleitsätze. 44
Dazu unten 5. Kap.
4
Dazu oben 2. Kap. I.
5
* 4
Oben 2. Kap. II. ?
«
Grundlegend U. v. 14. 2. 75 - BVerwGE 48. 56/60. U. v. 14. 2. 75 - BVerwGE 48. 56/59.
. Die Berücksichtigung entgegenstehender Belange
91
wohl unberücksichtigt. Sie werden zu einem kleinen Teil als Planungs/e/teâYze wirksam und bilden ansonsten abwägungserhebiiche Belange. G. Winter unterstellt indessen der Rechtsprechung das uneingestandene Motiv des Ressourcenschutzes (also eines wichtigen öffentlichen Belangs) bei der "Bedürfnisprüfung". 49 Demgegenüber weist M . Ibler nach, daß eine solche Intention den einschlägigen Entscheidungen nicht zu entnehmen ist. 5 0 1. Gesetzliche Planungsleitsätze Die Planungsleitsätze - als dritte Schranke der planerischen Gestaltungsfreiheit - haben in behördlicher Praxis und gerichtlicher Kontrolle nur eine vergleichsweise geringe Bedeutung erlangt; 51 insbesondere haben sie nicht zum Scheitern geplanter Projekte geführt 52. In der Literatur wird deshalb auch der Verzicht auf die dritte Planungsschranke gefordert, 53 wenngleich in diesem Bereich wichtige, die Gemeinschaft betreffende Belange angesiedelt wurden. Der - soweit zutreffende - Hinweis, die Beachtung strikter Rechtsvorschriften sei eine Selbstverständlichkeit, läßt es auch nicht als evident erscheinen, daß in diesem Zusammenhang eine eigene Planungsschranke überflüssig sei 54 . Diese gesetzlichen Zielvorgaben bereiten allerdings besondere Schwierigkeiten: Sie sind einerseits nicht immer klar von den Planungszielen abzugrenzen. 5 5 Zum anderen ist kein Kriterium ersichtlich, nach dem sich bestimmen ließe, welche ausdrückliche oder abgeleitete Rechtsnorm für das jeweilige Fachplanungsgebiet zum Leitsatz erhoben ist. 5 6 a) Leitsätze des Fernstraßengesetzes Zu den Leitsätzen im Bereich der Fernstraßenplanung zählen zunächst die Forderungen des Fernstraßengesetzes selbst. Sie werden im Schrifttum als
49
Winter.
NuR 1985. S. 43 f.
50 Ibler. Schranken planerischer Gestaltungsfreiheit. S. 143 f. 51 Steinberg. Nachbarrecht. S. 142. 52
Wahl. N V w Z 1990. S. 435.
53
Kuschnerus. DÖV 1987, S. 411; Wahl. NVwZ 1990, S. 435 f.
54
So aber Kühling, Fachplanungsrecht. Rdnr. 233; ebenso Paetow, in: Festschrift für H.
Sendler, S. 431. 55
Steinberg, N V w Z 1986. S. 813 f.
56
Ebenda.
4. Kap. Die Ausgestaltung des Rechtfertigungserfordernisses durch die Rspr.
92
"interne" Planungsleitsätze bezeichnet.57 Ein wichtiges Beispiel ist der gesetzliche Auftrag zur Bildung eines zusammenhängenden Verkehrsnetzes (§ 1 Abs. 1 FStrG). 58 Die in § 3 FStrG beschriebenen Inhalte der Straßenbaulast wurden mit Gesetz vom 19. 12. 1986 um folgenden Zusatz (in Abs. 1 S. 2) erweitert: "Dabei sind die sonstigen öffentlichen Belange einschließlich des Umweltschutzes zu berücksichtigen."
Ob es sich allerdings bei diesem Berücksichtigungsgebot um einen neuen Leitsatz handelt, ist - soweit ersichtlich - bisher nicht geklärt worden. 59 b) Trennungsgrundsatz und Lärmschutz Verbindlichere Normen als die oben zitierte, wonach Umweltschutz-Belange "zu berücksichtigen" sind, finden sich im Bundesimmissionsschutzgesetz: Nach § 50 (sog. Trennungsgrundsatz) ist bei "raumbedeutsamen Planungen" dafür zu sorgen, daß Wohngegenden und "sonstige schutzbedürftige Gebiete" (allerdings nur "soweit wie möglich") vor Immissionen bewahrt werden. 60 Darüber hinaus fordert § 41 BImSchG beim Bau von Verkehrswegen den Schutz vor Verkehrslärm (im Rahmen des Verhältnismäßigen und des technisch Möglichen). Im Schrifttum werden beide Vorschriften als "externe" Planungsleitsätze anerkannt. 61 Das Bundesverwaltungsgericht hatte zunächst den Immissionsschutz pauschal aus dem Kreis der planerischen Leitsätze ausgeschlossen.62 Die Vorschrift des § 41 BImSchG hat es für praktisch unanwendbar erklärt, 63 da zum damaligen Zeitpunkt die (in § 43 BImSchG vorgesehene) konkretisierende Rechtsverordnung noch nicht erlassen war 6 4 . Später
57
Sternberg , a. a. Ο.. S. 814: Kühling. Fachplanungsrecht. Rdnr. 233.
5β Steinberg, Nachbarrecht. S. 143. 59
Wenn Sternberg
(a. a. Ο.. S. 144) dies unter Berufung auf Broß (DÖV 1985, S. 254) be-
jaht. so übersieht er, daß dieser seinen Beitrag vor der genannten Ergänzung des § 3 Abs. 1 S. 2 FStrG veröffentlicht hat. 60 Nach Hoppe /Schiarmann (Rdnr. 183a) liegt hierin ein positiv-rechtlicher Ausdruck des Rücksichtnahmegebots: vgl. dazu unten 5. Kap. IV. 3.
61 Schmidt-Aßmann, in: Salzwedel. Grundzüge des Umweltrechts. S. 136: Korbmacher, D Ö V 1976, S. 3 f.: Steinberg, Nachbarrecht. S. 144 f. 62
U. v. 14. 2. 75 - BVerwGE 48. 56/62 f. Zu Recht kritisiert insbesondere von Steinberg,
Nachbarrecht. S. 145. 63 U. v. 23. 1. 81 - BVerwGE 61. 295/298 ff.: insoweit revidiert im U. v. 22. 3. 85 BVerwGE 71. 150/154 f. 64
Inzwischen gilt die Verkehrslärmschutzverordnung vom 12. 6. 1990 (16. BImSchV).
. Die Berücksichtigung entgegenstehender Belange
93
hat das Gericht - wiederum bei § 41 BImSchG - die Frage offengelassen, ob es sich um einen Leitsatz handelt.65 Entschieden wurde die Zuordnung - und zwar dahingehend, daß ein bloßes 'Optimierungsgebot" vorliege - für den Trennungsgrundsatz des § 50 BImSchG. 66 c) Naturschutzrechtliche Eingriffsregelung In der Ausgleichsverpflichtung bei unvermeidbaren Beeinträchtigungen von Natur und Landschaft 67 (§ 8 Abs. 2 BNatSchG68) sieht die neuere Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts lediglich ein (in der Abwägung überwindbares) Optimierungsgebot.69 Dies erscheint insofern verständlich, als die Abwägungsklausel in § 8 Abs. 3 durchaus auf eine Relativierung des Minimierungsgebotes hindeutet70. In der Literatur wurde § 8 Abs. 2 BNatSchG - allerdings vor der einschlägigen höchstrichterlichen Entscheidung - teilweise als Planungsleitsatz anerkannt. 71 Die Gegenmeinung vertritt etwa G. Gaentzsch, der überdies die betreffende Diskussion für "unfruchtbar" hält, da es für die Wirksamkeit einer Rechtsnorm nicht auf deren jeweilige Kategorisierung ankomme.72 Auch als bloßer Abwägungsbelang könne der Naturschutz ein solches Gewicht entfalten, daß er sich gegen die fachplanerischen Belange durchzusetzen vermöge. 73 Dieses potentiell sicher vorhandene Durchsetzungsvermögen kann jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, daß - wie das Bundesverwaltungsgericht aus-
65
U. v. 22. 3. 85 - BVerwGE 71. 150/154.
66
BVerwG, U. v. 22. 3. 85 - E 71. 163/165.
67
68
Dazu bereits oben 1. Kap. IV. In Gestalt der jeweiligen landesrechtlichen Bestimmung. z.B. Art. 6a Abs. 1 Bay-
NatSchG. 69
BVerwG. B. v. 21. 8. 90 - NuR 1991. 75; als "striktes Recht" hat das Gericht demge-
genüber (im Β. v. 30. 10. 92 - NVwZ 1993. 565/568) das Gebot bezeichnet, vermeidbare Beeinträchtigungen zu unterlassen. 70 Schroeter. DVB1 1979, S. 16. 71 Paetow. NuR 1986. S. 147: Kodal/Krämer. S. 961. Breuer (NuR 1980. S. 93) hält die Forderungen des § 8 BNatSchG für zumindest "den Planungsleitsätzen im Rang gleichgestellt". Eingehend zum Verhältnis zwischen Eingriffsregelung und Planrechtfertigung Burmeister, Schutz von Natur und Landschaft. S. 96 ff. 72
Gaentzsch. NuR 1986. S. 91; gegen die Einstufung von § 8 Abs. 2 als Planungsleitsatz
auch Ibler, NuR 1989, S. 250. Nach Ansicht von Czybulka "eher akademischer Natur". 73
Gaentzsch. NuR 1986, S. 92.
(VB1BW 1991, S. 86) ist der Streit
94
4. Kap. Die Ausgestaltung des Rechtfertigungserfordernisses durch die Rspr.
drücklich betont 74 - allein den Planungsleitsätzen "strikte Beachtung", also unüberwindbare Durchsetzungskraft zukommt. Entsprechend höher ist bei derart bindenden Normen auch die gerichtliche Kontrolldichte. 75 Hier soll nicht der Versuch unternommen werden, es "besser wissen" zu wollen als ein Mitglied desjenigen Spruchkörpers 76, dessen Rechtsprechung es zu interpretieren gilt. Der Widerspruch dürfte sich bei näherem Hinsehen jedoch von selbst erledigen. Denn Gaentzsch geht es in seinem Beitrag 77 offenbar vorrangig darum, das Verhältnis zwischen Ursache und Wirkung klarzustellen: Nicht die Einordnung einer Norm in die eine oder andere Kategorie entscheidet über Rechtsverbindlichkeit und Durchsetzungsvermögen, sondern der Geltungsanspruch, der der Norm nach Wortlaut und sonstigen Auslegungskriterien zukommt, bestimmt die Kategorisierung. So bleibt der Unterschied zwischen Leitsatz und Abwägungselement zwar relevant, stellt sich aber als eine Frage der Gesetzesauslegung und nicht der Rechtssetzung dar. 2. Abwägung Soweit die mit der Verwirklichung eines Vorhabens konkurrierenden Belange nicht durch die Anerkennung als Planungsleitsätze privilegiert sind, werden sie vom Abwägungsgebot erfaßt. Diese (vierte) Schranke der "planerischen Gestaltungsfreiheit" kann faktisch als deren entscheidende Kontrollinstanz gelten. 78 Sie ergibt sich "unabhängig von einer gesetzlichen Positivierung aus dem Wesen einer rechtsstaatlichen Planung".79 M. Ronellenfitsch weist dem Abwägungsgebot sogar Verfassungsrang zu, wenngleich er einräumt, daß dem Grundgesetz keine Abwägungskriterien und -maßstäbe zu
74
BVerwG. U. v. 22. 3. 85 - E 71. 163/165.
75
Steinberg, N V w Z 1986. S. 815.
76
G. Gaentzsch gehörte seinerzeit dem (für das Planungsrecht im wesentlichen zuständigen)
4. Senat des Bundesverwaltungsgerichts an. Gaentzsch. NuR 1986. S. 91 f. 78 So sieht es - mit Blick auf die Judikatur des Bundesverwaltungsgerichts nicht zu Unrecht Wahl, N V w Z 1990. S. 436. Senatsmitglied Korbmacher (DÖV 1982. S. 525) betont zwar, das Abwägungsgebot habe gegenüber den anderen Planungsschranken keinen Vorrang, hebt aber zugleich dessen "besondere Bedeutung" hervor. 79
BVerwG. U. v. 14. 2. 75 - E 48. 56/63; ähnlich auch schon U. v. 30. 4. 69 - Buchholz
407.4 § 17 FStrG Nr. 12. Zur Rçchtsnatur der Abwägung schließlich BVerwG. U. v. 27. 9. 90 - E 85, 348.
III. Die Berücksichtigung entgegenstehender Belange
95
entnehmen sind. 80 Das Abwägungserfordernis seinerseits kann als "Einfallstor verfassungsrechtlicher Prinzipien" bezeichnet werden. 81 Es wird im übrigen zugleich als Voraussetzung dafür angesehen, daß einem Erlaubnistatbestand "Planungscharakter" zukommt. 82 a) Umfang des Abwägungserfordernisses Die Anforderungen der vierten Planungsschranke formuliert das Bundesverwaltungsgericht dahingehend, "daß - erstens - eine Abwägung überhaupt stattfindet, daß - zweitens - in die Abwägung an Belangen eingestellt wird, was nach Lage der Dinge in sie eingestellt werden muß, und daß - drittens - weder die Bedeutung der betroffenen öffentlichen und privaten Belange verkannt noch der Ausgleich zwischen ihnen in einer Weise vorgenommen wird, die zur objektiven Gewichtigkeit einzelner Belange außer Verhältnis steht". 83
aa) Fehlerlehre als Negativentsprechung Aus den positiv formulierten Vorgaben der Rechtsprechung hat sich in der Folge eine Abwägungs/e/z/eHehre entwickelt, für die eine von W. Hoppe vorgenommene Einteilung begriffsbestimmend wurde: -
-
Beim Abwägungsausfall hat eine sachgerechte Abwägung überhaupt nicht stattgefunden. Sind einstellungsbedürftige Belange nicht in die Abwägung eingestellt worden, so liegt ein Abwägungsdefizit vor. Die Abwägungsfehleinschätzung ist dadurch gekennzeichnet, daß die Bedeutung der von der Planung berührten öffentlichen oder privaten Belange falsch eingeschätzt wurde. Die Abwägungsdisproportionalität schließlich besteht darin, daß der Ausgleich zwischen den betroffenen Belangen in einer Weise vorgenommen wurde, die "zur objektiven Gewichtigkeit einzelner Belange außer Verhältnis steht". 84
80 RonellenfUsch
(LKV 1992, S. 117) beruft sich dabei auf Hoppe (in: Ernst/Hoppe, Rdnr.
283), der - allerdings etwas zurückhaltender - im Abwägungsgebot den "Ausdruck eines bestimmten. verfassungsrechtlich verankerten Gemein wohl Verständnisses" erkennt. 81 Alexy, JZ 1986. S. 711. 82 Kühling. Fachplanungsrecht. Rdnr. 23. 83
U. v. 14. 2. 75 - BVerwGE 48. 56/63 f.: ständige Rspr. seit dem U. v. 12. 12. 69 -
BVerwGE 34. 301/309. 84
Hoppe. BauR 1970. S. 17.
4. Kap. Die Ausgestaltung des Rechtfertigungserfordernisses durch die Rspr.
96
Die dritte und vierte Art von Abwägungsfehlern wird von der Rechtsprechung und einem Teil der Literatur als eine Einheit gesehen.85 Dies hat jedoch weder dogmatische noch praktische Bedeutung, da inhaltlich die Anforderungen gleich sind. bb) Einbeziehung von Vorgang und Ergebnis Die Gestaltung des Abwägungserfordernisses durch das Bundesverwaltungsgericht bezieht sowohl den Abwägungsvorgang wie auch dessen Ergebnis in die gerichtliche Kontrolle ein. Dieser Dualismus findet die überwiegende Zustimmung der Literatur. 86 Die Gegenansicht, wonach das Rechtsstaatsprinzip lediglich die Überprüfung des Entscheidungsi/zAtf/te, also des Abwägungsergebnisses verlange, 87 überzeugt nicht. Denn die Abwägungs(ähnlich wie die Ermessens-) Befugnis ist durch weitgehende Vielfalt der rechtlich möglichen Ergebnisse gekennzeichnet, so daß der Nachweis einer willkürfreien, mit rechtsstaatlichen Grundsätzen zu vereinbarenden Entscheidung häufig nur durch Prüfung des Abwägungsvo/gtf/j^s; halbwegs wirksam geführt werden kann. 88 Das Bundesverwaltungsgericht selbst sieht den "Unterschied zwischen dem Abwägen von Belangen und dem inhaltlichen Abgewogensein eines Planes" als Teilaspekt der "Differenzierung zwischen dem Planen als Vorgang und dem Plan als Produkt dieses Vorganges". 89 cc) Umfang der einzustellenden Belange Im Hinblick auf die (zweite) Anforderung des "Einstellens von Belangen" warnt W. Hoppe vor einer "uferlosen Ansammlung" von Abwägungsmaterial; dadurch werde eine sachgerechte Planung eher behindert als gefördert. 90 Die wahllose Einbeziehung aller nur denkbaren Belange würde wohl in der Tat eine sinnvolle Entscheidung nur erschweren. Dies wird aber in dem zitierten 85 Vgl. etwa Ibler. Schranken planerischer Gestaltungsfreiheit, S. 216. m. w. Nachw. Wenn Schulze-Fielitz (JURA 1992. S. 205) behauptet, daß die Mneuere" Rechtsprechung die beiden Ebenen zu einer einheitlichen Mverschleift M. so übersieht er. daß das Bundesverwaltungsgericht von Anfang an mit nur drei Abwägungsstufen gearbeitet hat (vgl. das grundlegende U. v. 12. 12. 69 - BVerwGE 34. 301/309). 86 Erbguth. DVB1 1986. S. 1231. m. w. Nachw. 87
Heinze. N V w Z 1986. S. 89.
88
Für eine Prüfungsbeschränkung auf den Abwägungsvorgang Koch. DVB1 1983. S. 1125;
a. A. zutreffend Erbguth. DVB1 1986. S. 1231. 89
U. v. 5. 7. 74 - BVerwGE 45. 309/313 (unter Hinweis auf die in die gleiche Richtung
zielende frühere Rechtsprechung). Vgl. auch oben 1. Kap. II. 1. 90
Hoppe. DVB1 1977. S. 139.
III. Die Berücksichtigung entgegenstehender Belange
97
Urteil, auf das auch Hoppe sich bezieht, nicht verlangt. Anzusammeln sind vielmehr diejenigen Materialien, die "nach Lage der Dinge" in die Abwägung eingestellt werden müssen.91 Daß diese Klausel unbestimmt ist, 9 2 hat seinen guten Grund in der Notwendigkeit, sich im Einzelfall auf die jeweils relevanten Aspekte zu beschränken und so das "uferlose Ansammeln" zu vermeiden. Die "Masse des Tatsachenstoffs" und eine oft unübersehbare Zahl von Einwendungen bei Großprojekten können natürlich zu einer erhöhten Anfälligkeit für Verfahrensfehler führen. 9^ Dieser Gefahr wird die planende Behörde am ehesten dadurch begegnen können, daß sie bereits bei der Erarbeitung des betreffenden Plans für die Berücksichtigung aller berührten Belange Sorge trägt und von vornherein dem Eindruck entgegenwirkt, es seien mögliche Alternativen nicht bedacht worden. b) Rangfolge und Optimierungsgebote aa) Vorrang für Umweltbelange? Ein abstrakter Vorrang bestimmter abwägungserheblicher Belange, etwa des Umweltschutzes, wird von der Rechtsprechung nicht anerkannt. 94 Das bereits an anderer Stelle erörterte "ICE"-Urteil des Bundesverwaltungsgerichts deutet sogar eher auf eine schwächere Gewichtung des Umwelt- und Landschaftsschutzes gegenüber dem Eigentum hin. 9 5 Auch aus einer Erhebung des Umweltschutzes in den Rang eines verfassungsrechtlichen Staatsziels würde nach Ansicht von R. Wahl nicht folgen, daß Umweltbelangen a priori ein Vorrang einzuräumen wäre. 96 Im Bereich der Abwägung kann dies auch nicht anders sein, da diese gerade durch die einzelfallbezogene Gewichtung gekennzeichnet ist. Demgegenüber steht für die Festlegung grundsätzlicher Präferenzen das Instrument des Planungs/e/Vsatzes zur Verfügung.
91
BVerwG. U. v. 14. 2. 75 - E 48. 56/63f.
92
Hoppe. DVB1 1977. S. 139.
93
Breuer (in: Festschrift für H. Sendler. S. 362) sieht dadurch die Funktionsfahigkeit der
Planfeststellung gefährdet. 94
Vgl. BVerwG. B. v. 10. 10. 88 - N V w Z 1989. 154 - zur Standortwahl für eine Abfall-
verwertungsanlage; zur Fernstraßenplanung V G H Mannheim. U. v. 23. 6. 88 - NuR 1989, 439. 95
BVerwG. U. v. 27. 7. 90 - N V w Z 1991, 781: dazu oben 2. Kap. II. 4. d.
96
Wahl. N V w Z 1990. S. 437.
7 Tzschaschel
4. Kap. Die Ausgestaltung des Rechtfertigungserfordernisses durch die Rspr.
98
bb) Optimierungsgebote Gleichwohl verfügt der Gesetzgeber über Mittel, um auf die Gewichtung der Abwägungsbelange Einfluß zu nehmen. 97 Eine wichtige Rolle spielen dabei die 'Optimierungsgebote", 98 zu denen etwa die naturschutzrechtliche Eingriffsregelung 99 und der immissionsschutzrechtliche Trennungsgrundsatz 1 0 0 zählen. Eine solche Norm stattet die in ihr enthaltene Zielvorgabe mit einem besonderen Gewicht aus und schränkt insoweit auch die "planerische Gestaltungsfreiheit" e i n . 1 0 1 Damit wird die Argumentationslast bei der Abwägung zugunsten dieser Ziel vorgäbe verschoben. 102 cc) Absoluter und relativer
Vorrang
Es wird allerdings nicht zu erwarten sein, daß der Gesetzgeber die absolute Vorrangigkeit von Belangen konstatiert; denn es sind stets Fallkonstellationen denkbar, in denen die Beeinträchtigung auch überragend wichtiger Belange geringfügig genug ist, daß der absolute Vorrang unangebracht wäre. 1 0 3 Der "relative Vorrang" eines Belangs als weiter differenzierende, eigenständige Kategorie wird im Schrifttum erörtert, 104 ist aber in der Rechtsprechung ohne Widerhall geblieben. 105 c) Abwägung und Gestaltungsfreiheit Es liegt auf der Hand, daß die gerichtliche Kontrolle - ebenso wie in materieller Hinsicht die rechtliche Bindung - im Bereich der vierten Planungsschranke von vornherein nur eingeschränkte Wirksamkeit entfalten kann. Gerade hier werden Werturteile getroffen; hier wird - wie das Bundesverwal97
Dazu Funke, DVB1 1987. S. 514 ff.
98 Grundlegend BVerwG. U. v. 22. 3. 85 - E 71. 163/165. Erbguth (DVB1 1992, S. 400, m. w. Nachw.) hält den "schillernden Gehalt" der Optimierungsgebote noch für "klärungsbedürftig". »
Vgl. oben I . e .
100 Dazu oben 1. b. ιοί BVerwG. U. v. 22. 3. 85 - E 71. 163/165. 102 Wahl. N V w Z 1990. S. 437. 103 Wahl (ebenda) stellt diesen Umstand - sicher zu Recht - als Erfahrungssatz dar. 104 Hoppe. W D S t R L 38. S. 279 f.; Erbguth/Püchel.
NuR 1984. S. 215; Funke. DVB1
1987, S. 517; Klößner, Straßenplanung und Umweltverträglichkeitsprüfung. S. 102 ff. (auch zu den sonstigen Möglichkeiten des Vorrangs für Umweltbelange). 105 Kritisch gegenüber einer Aufspaltung in "zu viele und zu feinziselierte Abgrenzungen" Wahl. N V w Z 1990, S. 438.
. Die Berücksichtigung entgegenstehender Belange
99
tungsgericht ausdrücklich für zulässig erklärt h a t 1 0 6 - über die Bevorzugung bzw. Zurückstellung einzelner Belange entschieden. Die darin liegende Gewichtung bezeichnet das Gericht als "ein wesentliches Element der planerischen Gestaltungsfreiheit" 107. Daß im Rahmen einer Abwägung Raum bleibt für einen gewissen Entscheidungsspielraum - im Planungsrecht in der Erscheinungsform der "Gestaltungsfreiheit" - ist begründbar. 108 Deutlich wird hier jedoch, wie unscharf die rechtliche (in der Praxis vor allem die gerichtliche) Kontrolle unter diesen Umständen letztlich bleiben muß: Denn während einerseits der (im Wortsinn) entscheidende Schritt der Abwägung durch Gestaltungsfreiheit geprägt wird, soll eben diese Abwägung zugleich Schranke sein für eine "im übrigen umfassende" vorgelagerte Gestaltungsfreiheit. 109 Diese Ungereimtheit scheint das Bundesverwaltungsgericht selbst auch gesehen zu haben - allerdings bei der Bestimmung des Verhältnisses zwischen Planrechtfertigung und Gestaltungsfreiheit: "Es widerspräche der die Gestaltungsfreiheit rechtlich eingrenzenden Funktion dieser Planungsbindung, wenn auch sie selbst der planerischen Gestaltung der Behörde anheimgegeben . . . w ä r e . " 1 1 0
d) Verhältnis zur Rechtfertigung All die Rechte von Betroffenen, deren Beeinträchtigung durch einen Planungsakt eigentlich dessen Rechtfertigung erfordern, 111 werden von der Rechtsprechung erst auf der Ebene der vierten Schranke als "abwägungserhebliche Belange" ins Spiel gebracht. Gleiches gilt für die Mehrzahl der beeinträchtigten öffentlichen Belange. 112 Insofern dürfte es auch zutreffend sein, das Abwägungsgebot als eine der "Einbruchstellen" für die rechtliche Bewertung des Naturschutzes zu bezeichnen113. 106 υ . v. 14. 2. 75 - BVerwGE 48. 56/64. 107 Ebenda. 108 Dazu unten 6. Kap. II. 109 Ungenau insofern Papier (NJW 1977, S. 1715). der die Rechtsprechung dahingehend interpretiert. daß Gestaltungsfreiheit ausschließlich der Abwägungssphäre zugeordnet sei. no BVerwG. U. v. 6. 12. 85 - E 72. 282/284. m
Vgl. oben 2. Kap. I.
112 So ausdrücklich im Hinblick auf den Immissionsschutz: BVerwG. U. v. 14. 2. 75 - E 48, 56/62 f. Battis (DVB1 1978. S. 584) hat dies unter Hinweis auf den verfassungsrechtlichen Rang des Rechtsguts Gesundheit überzeugend kritisiert. 113 So Czybulka. NuR 1988. S. 220.
100
4. Kap. Die Ausgestaltung des Rechtfertigungserfordernisses durch die Rspr.
aa) Schwäche des Schrankensystems R. Steinberg weist zu Recht darauf hin, daß bei der hier erfolgenden Gewichtung in der Praxis nicht zu erwarten ist, daß die Belange zuungunsten eines Projektes abgewogen werden, dessen Rechtfertigung zuvor (bei der zweiten Schranke) bejaht wurde. 1 1 4 Stellt man dem die Einschätzung des "Insiders" Kühling gegenüber, wonach gerade die zweite Schranke nicht geeignet ist, die planerische Gestaltungsfreiheit wirksam zu begrenzen, 115 so verstärken sich die Zweifel an dem vom Bundesverwaltungsgericht installierten Schrankensystem. bb) Abwägung als "Notbehelf " Die Verlagerung des Kontrollschwerpunkts auf die Abwägung könnte sich indessen für die betroffenen Belange dann als segensreich erweisen, wenn infolge der Novellierung von § 1 FStrAbG die Rechtfertigungsschranke ganz zur Disposition gestellt werden sollte 116 . Da die vierte Planungsschranke von der neuen Verbindlichkeit des Bedarfsplans nicht erfaßt wird, könnte sie noch zu einem - bescheidenen, aber doch sicheren - Refugium für jene Interessen der Allgemeinheit werden, die von der "Hoheitsaufgabe" 117 Fernstraßenbau überrollt zu werden drohen. cc) Stellenwert der Abwägung Insgesamt jedoch erscheint es vom hier vertretenen Standpunkt aus nicht angemessen, bei denjenigen Konflikten abzuwägen, die der strikten Rechtfertigung bedürfen. Dabei soll dem Abwägungsgebot nicht die Bedeutung abgesprochen werden, die ihm im Planungsrecht zukommt. 118 Übertrieben mutet es aber an, wenn E. Schmidt-Aßmann das Abwägungsgebot als "die rechtswissenschaftliche Chiffre für sozialrechtsstaatliches Planen schlechthin"119 und die Abwägung als "den Kern des eigentlichen Planungsaktes"120 bezeichnet. Dabei betont Schmidt-Aßmann durchaus die unter dem Grundgesetz
»« Steinberg . N V w Z 1986. S. 813. us Vgl. oben II. 2. b. bei Fußn. 40. 116
Diese Möglichkeit wurde oben. 1. Kap. III. 4. b. cc, diskutiert.
H 7 So die ausdrückliche Bezeichnung im neuen § 1 Abs. 1 FStrAbG. 11® Dazu insbesondere unten 5. Kap. IV. 1. 119 Schmidt-Aßmann. in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg. § 1 Rdnr. 303. 120 A. a. O.. Rdnr. 304.
IV. Teilergebnis
101
notwendige rechtliche Bindung der Planung. 121 Die Beförderung der Abwägungsebene zum eigentlichen Ort der planerischen Entscheidung birgt jedoch eine Gefahr: die Gefahr nämlich, daß schwerwiegende Eingriffe nicht rechtsstaatlich sauber von ihrer Rechtfertigung abhängig gemacht werden, sondern daß in gestalterischer Freiheit, ohne klar durchschaubare und überprüfbare Kriterien, über die betroffenen Belange verfügt wird. In der Schrankensystematik des Bundesverwaltungsgerichts hat sich diese Gefahr verwirklicht. e) Praktische Probleme Zu den in der dogmatischen Konstruktion der "Abwägung" angelegten Schwachstellen kommen noch praxisbedingte Mängel: Die mit der Planung von Straßen befaßten Personen und Stellen werden sich meist nur schwerlich zu einer Problemlösung durchringen, die ohne Straßenbau auskommt. 122 Da bietet sich die Abwägung, die ja nur einer vergleichsweise schwachen gerichtlichen Kontrolle unterworfen ist, 1 2 3 als Einfallstor für persönliche (bzw. fachbehördliche) Wertvorstellungen an. Um vor den Anforderungen der Rechtsprechung zu bestehen, kann sich die nach außen hin dokumentierte Abwägung dann darauf reduzieren, daß die "richtige" (d. h. gerichtsbeständige) Begründung gefunden wird. 1 2 4
IV. Teilergebnis Die Rechtsprechung hat die Planrechtfertigung insbesondere durch deren Interpretation als PlausibHitätskontrolle unangemessen abgewertet. Das Abwägungsgebot kann keinen hinreichenden Ersatz für die Rechtfertigung als praktisch wichtigste Planungsschranke bieten.
121
Schmidt-Aßmann. in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg. § 1 Rdnr. 303.
122 Zu diesem Problem des MFachegoismusM lEhrlein. VB1BW 1990. S. 129) s. bereits oben 1. Kap. IV. 2. e. 123 Paetow allerdings wies in seinem in NuR 1986 (S. 146) erschienenen Beitrag auf eine "Ausweitung der Abwägungskontrolle" hin. die er letztlich jedoch nicht für bedeutsam erachtete. 124 Vgl. Ehr lein. VB1BW 1990. S. 130.
5. Kapitel
Rechtfertigung als adäquate Eingriffsvoraussetzung: Die strikte Anwendung des Übermaßverbots Bei der vorangegangenen Darstellung ist bereits Kritik an der Behandlung des Rechtfertigungsgebots durch die Rechtsprechung angeklungen. Es folgen Überlegungen, welche Anforderungen an eine Planrechtfertigung zu stellen wären, die den vielfältigen Eingriffen und sonstigen Beeinträchtigungen durch die Verkehrswegeplanung in einer rechtsstaatlich befriedigenden Weise Rechnung tragen.1
I. Das Übermaßverbot und seine Geltung im Fachplanungsrecht Das Hauptaugenmerk bei der Frage, ob Eingriffe gerechtfertigt sind, richtet sich auf das Übermaßverbot 2, häufig auch als "Grundsatz der Verhältnismäßigkeit (im weiteren Sinne)" bezeichnet. Es umfaßt die Einzelkriterien der Geeignetheit, der Erforderlichkeit und der Verhältnismäßigkeit (im engeren Sinne).3 1. Herleitung und Geltungsbereich Dieses mit Verfassungsrang ausgestattete4 Prinzip wurde insbesondere von P. Lerche unmittelbar aus den Grundrechten hergeleitet5. Das Bundesverfas1
Vgl. dazu auch Suhr, Gleiche Freiheit. S. 47.
2
Von Schmidt-Aßmann
(DÖV 1974. S. 543 f.) als Teil des nrechtsstaatlichen Instrumenta-
riums" zur Konfliktlösung bezeichnet. 3 Dazu BVerfG. B. v. 16. 3. 71 - E 30, 292/316 ff.; B. v. 20. 6. 84 - E 67, 157/173 ff.; ausführlich Pieroth/Schlink, Rdnr. 318 ff. 4
Ständige Rechtsprechung, vgl. BVerfG. B. v. 19. 10. 82 - E 61. 126/134 m. w. Nachw.
5
Lerche, Übermaß und Verfassungsrecht, namentlich S. 61 ff.. 98 ff.
I. Das Übermaßverbot und seine Geltung im Fachplanungsrecht
103
sungsgericht hat dieser Auffassung zugestimmt,6 betont aber mehr die Herkunft aus dem im wesentlichen in Art. 20 GG angesiedelten Rechtsstaatsprinzip 7 . Das Bundesverwaltungsgericht schließlich hat in einer wichtigen planungsrechtlichen Entscheidung aus dem Jahre 1968 - entsprechend seinem Begründungsmuster für die Rechtfertigungsbedürftigkeit 8 - das Grundrecht des Art. 14 GG als Ausgangspunkt für die Anwendung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes genommen.9 Die spätere Rechtsprechung hat den Grundsatz allerdings - wie bereits gezeigt wurde 10 - in den Hintergrund treten lassen. Das Übermaßverbot gilt in der gesamten Rechtsordnung und spielt demnach auch im Planungsbereich eine wesentliche Rolle. 11 Seine Funktion ist hier sogar von besonderer Bedeutung, wenn man den Plan als "Summe von koordinierten Einzelverfügungen" versteht. 12 2. Anwendung im Planungsrecht Für die Fachplanung ergeben sich aus dem Übermaßverbot folgende Anforderungen: Die von der jeweiligen Behörde geplante (Bau-)Maßnahme muß geeignet sein, um das aufgetretene (Verkehrs-)Problem zu lösen oder wenigstens zu entschärfen. Ferner muß es sich dabei um das mildeste zu Gebote stehende Mittel handeln. Und schließlich müssen die aus der Maßnahme resultierenden Beeinträchtigungen in angemessenem Verhältnis zu dem Problemlösungszweck stehen. Dieser Maßstab läßt sich anlegen, ohne von der finalen Programmierung des Planungsrechts13 abrücken zu müssen. Entgegen der Kritik von H. Schulze-Fielitz14 besteht keine Notwendigkeit, mit "tatbestandlich präzise vorherbestimmten gesetzlichen Eingriffsregeln" zu operieren, um für die "all-
6
Β. v. 15. 12. 65 - BVerfGE 19. 342/348 f.: Der Grundsatz ergebe sich "im Grunde be-
reits aus dem Wesen der Grundrechte selbst". 7
Ebenda: deutlich in diesem Sinne auch B. v. 4. 2. 75 - BVerfGE 38. 348/368.
8
S. oben 2. Kap. I. 5. b.
9
BVerwG. U. v. 23. 10. 68 - DVB1 1969. 360.
to
Oben 4. Kap. Vgl. auch unten 5. Kap. IV. 1.
11
Ossenbühl. Gutachten. S. Β 159. Ähnlich auch schon Lerche, Übermaß und Verfassungsrecht. S. 24; BVerwG, U. v. 23. 10. 68 - DVB1 1969. 360. 12
13
Lerche, Übermaß und Verfassungsrecht. S. 280. S. oben 1. Kap. I. 1.
14 Schulze-Fielitz.
JURA 1992. S. 208.
104
5. Kap. Rechtfertigung als adäquate Eingriffsvoraussetzung
seitige Abwägung" eine Alternative zu entwickeln. Die normative Offenheit läßt vielmehr der planenden Behörde denjenigen Spielraum, den sie ausfüllen muß, um schließlich zu einer Problemlösung zu gelangen, die sich - gemessen eben an den Anforderungen des Übermaßverbots - rechtfertigen läßt. Dabei hat auch die Abwägung ihren Platz - allerdings nicht als "allseitige" Kategorie, sondern als Hilfsinstrument im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung. 15
I I . Die Geeignetheit des Projektes zur Problembewältigung Die Beantwortung der Frage, ob ein Planungsakt zur Zweckerreichung überhaupt geeignet ist, setzt voraus, daß im Verlauf des Planungsvorgangs alle hierfür relevanten Fakten berücksichtigt wurden. Dazu gehören namentlich die kontraproduktiven Effekte, die bei der Verwirklichung des betreffenden Projektes zu erwarten sind. i. Kontraproduktive
Effekte
Gerade der Bau neuer Straßen wird heute häufig damit begründet, daß vorhandene Verkehrswege oder innerstädtische Bereiche von übermäßigem Verkehrsaufkommen entlastet werden sollen. 16 Hier ist jedoch nochmals auf den Umstand hinzuweisen,17 daß solche Baumaßnahmen zu einer Vermehrung des Kfz-Verkehrs führen: 18 Bequemere Straßenverhältnisse laden dazu ein, gerade diejenigen Ziele individual-motorisiert aufzusuchen, deren Entlastung ursprünglich mit dem Projekt bezweckt werden sollte. Auch Wohnsitz-Verlagerungen (an nunmehr leichter erreichbare Orte) können so provoziert werden, die dann ihrerseits Verkehrsbedarf erst schaffend Desgleichen wird durch den Bau entsprechender Autobahnen der Einzugsbereich für die (meist entla15
Dazu unten 5. Kap. IV. 1.
16
Vgl. etwa V G H Kassel. B. v. 19. 4. 84 - N V w Z 1986, 849; OVG Koblenz, U. v. 13. 3.
85 - N V w Z 1986, 314. 17
Vgl. dazu bereits oben 2. Kap. Π. 2.
18 ν ester (Ausfahrt Zukunft, S. 155 f.) schildert den Teufelskreis" des seinerseits verkehrsproduzierenden Straßenausbaus als Reaktion auf das erhöhte Verkehrsaufkommen. 19 S. 45.
Beschrieben am Beispiel der Autobahn Hamburg-Lüneburg von Winter, NuR 1985,
II. Die Geeignetheit des Projektes zur Rroblembewältigung
105
stungsbedürftigen) Ballungsräume vergrößert, so daß dort auch der Berufsverkehr durch "Pendler" verstärkt wird. 2 0 Wie sehr im Bereich des Straßenbaus das Angebot die Nachfrage regelt, wird durch eine Studie des Schweizer Verkehrswissenschaftlers Eugen Meier deutlichgemacht: Meier liefert zunächst eine theoretische Herleitung der Entstehung von Neuverkehr. 21 Sodann weist er in einer qualitativen Fundierung mit statistischen Verfahren nach, daß Verkehrsinvestitionen bis zu 30 Prozent Verkehrszunahme erzeugen können. 2 2 Dies ist vor dem verkehrsökonomischen Hintergrund zu sehen, daß die Attraktionserhöhung eines Verkehrsmittels für den einzelnen eine Verringerung des für eine Ortsveränderung zu betreibenden Aufwands bedeutet.23 Ob unter diesen Gesichtspunkten der Bau eines Verkehrsweges zur Problembewältigung geeignet ist, hat die Planungsbehörde durch Erstellung sorgfältiger Prognosen im Einzelfall zu klären. 2. Besondere Aspekte verminderter
Eignung
In eklatanter Weise an einer geeigneten Lösung vorbei geht die Straßenplanung etwa in dem Fall, daß - um eines vermeintlich "flüssigeren" Verkehrsablaufs willen - eine hochgeschwindigkeitstaugliche Fernstraße zur Bewältigung eines umfangreichen Verkehrsaufkommens konzipiert wird. Höhere Geschwindigkeiten erfordern bekanntermaßen größere Abstände zwischen den einzelnen Fahrzeugen. Damit wird die Kapazität der Straße reduziert, ihre Eignung zur Verkehrsentlastung also vermeidbar gemindert. In diesem Zusammenhang nur ein Nebeneffekt, gleichwohl aber bedenkenswert ist der geringere Flächen verbrauch einer für niedrigere Geschwindigkeiten gebauten Fahrbahn 24. Ein weiterer Umstand, der die längerfristige Eignung einer Straßenbaumaßnahme immerhin einschränken kann, liegt in den bereits angesprochenen25 Problemen, die der forcierte Straßenbau unter Umständen den (noch) vorhandenen öffentlichen Verkehrsmitteln bereitet: Deren Rückzug zwingt ihre vor-
20 Linder/Maurer/Resch. 21
22
S. 57.
Meier, Neu verkehr infolge Ausbau und Veränderung des Verkehrssystems, S. 28 ff. A. a. O.. S. 73 ff.
23
A. a. O . . S . 28.
24
Vgl. Wolf ; Eisenbahn und Autowahn. S. 286.
25
Oben 2. Kap. I. 3. b.
106
5. Kap. Rechtfertigung als adäquate Eingriffsvoraussetzung
maligen Benutzer zur vermehrten Teilnahme am Individualverkehr, was wiederum ein Anwachsen genau der Verkehrsprobleme zur Folge hat, deren Lösung mit dem Straßenbau eigentlich beabsichtigt war. 2 6 Die Berücksichtigung der dargestellten kontraproduktiven Effekte zwingt somit dazu, die vielleicht nur auf den ersten Blick adäquate Problemlösung, nämlich die Bereitstellung zusätzlicher Verkehrseinrichtungen, sorgfältig zu überprüfen und gegebenenfalls als ungeeignet zu verwerfen. Unter diesen Umständen kann auch ein "Grundrecht auf Mobilität" 27 keinen Anspruch auf Straßenbau begründen.
I I I . Die Erforderlichkeitsprüfung als Kernpunkt des Übermaßverbots Der Frage, ob eine geplante Maßnahme zur Lösung eines bestimmten Verkehrsproblems erforderlich ist, kommt besondere Bedeutung zu. Denn hier ergibt sich in weitaus geringerem Maße die Notwendigkeit, auf Wertungen zurückzugreifen als bei der "Abwägung" oder der Prüfung der "Angemessenheit". Zwar finden sich auch hier Unsicherheitsfaktoren (und damit auch Beschränkungen der gerichtlichen Kontrolle); sie liegen in der naturgemäß mangelnden Exaktheit der Prognosen, mit denen die Verwaltung zu arbeiten hat. 2 8 Die Ermittlung des tatsächlichen Bedarfs durch wissenschaftlich vertretbare Methoden ermöglicht aber doch meist eine vergleichsweise präzise Grenzziehung zwischen einer noch erforderlichen und einer bereits übermäßigen Planung. Insofern besteht auch kein Anlaß, das Festhalten an der "Erforderlichkeit" im Planungsrecht als überholt anzusehen29.
26
Dazu auch Suhr, in: Hoffmann-Riem/Schmidt-Aßmann, S. 120.
27
Ein solches Grundrecht läßt sich nach Auffassung von RoneUenfitsch
immerhin leichter aus dem Grundgesetz ableiten als ein "Umweltgrundrecht 28 Steinberg, Nachbarrecht, S. 163. 29
So aber Pf äff,
Planungsrechtsprechung, S. 152 f.
(LKV 1992, S. 116)
. Die Erforderlichkeitsprüfung als Kernpunkt des
bermaßverbots
107
1. Unzulänglichkeit der "Bedürfnis"-Prüfung "Objektiv erforderlich" ist eine Straßenbau-Maßnahme - entgegen der Ansicht des Bundesverwaltungsgerichts30 - nicht bereits dann, wenn für ihre Verwirklichung ein "Bedürfnis" besteht. Das "Bedürfnis" nach einer neuen Straße läßt sich schon dann bejahen, wenn diese der Bequemlichkeit ihrer Benutzer dient: Nicht mehr setzt letztlich das Erforderlichkeitskriterium der "Verbesserung der Verkehrsverbindungen" voraus, welches das Gericht mit der Begründung für ausreichend erachtet, es stimme mit der Zielsetzung des Fachplanungsgesetzes überein 31. Das Postulat, wonach landschaftsverbrauchende und emissionssteigernde Verkehrsanlagen sich nur dann rechtfertigen lassen, wenn sie erforderlich sind, muß weiter gehen: Es setzt angesichts der ökologischen Gegenwartsund Zukunftsprobleme - entgegen der Rechtsprechung32 - durchaus die "Unausweichlichkeit" der Maßnahme voraus. Nur so wird es auch möglich sein, an der Rechtfertigungsbedürftigkeit von Planungseingriffen überzeugend festzuhalten. Denn die Bedürfnisprüfung als bisheriger Hauptinhalt der zweiten Planungsschranke ist für neuere Projekte im Hinblick auf § 1 Abs. 2 FStrAbG gegenstandslos geworden. 33 2. Ermittlung
relevanter Fakten
Eine sachgerechte Beurteilung der Erforderlichkeit verlangt auf der Ebene der behördlichen Entscheidungsfindung - entgegen der von R. Steinberg vertretenen Meinung 34 - die Berücksichtigung der Ergebnisse von Bedarfs- und Kapazitätsprognosen. Dies auf die Ebene der Abwägungskontrolle zu verlagern 35 würde bedeuten, wichtiges Tatsachen-Material gerade in dem Bereich unberücksichtigt zu lassen, der durch die Orientierung an Fakten ein relativ hohes Maß an Objektivität ermöglicht. Diese relative Objektivität läßt die Zurückhaltung des Bundesverwaltungsgerichts bei der gerichtlichen Kontrolle 30
U. v. 14. 2. 75 - BVerwGE 48. 56/60: dazu oben 4. Kap. II. 2.
31
U. v. 22. 3. 85 - BVerwGE 71. 166/168 f.
32
BVerwG. U. v. 7. 7. 78 - E 56. 110/119.
33
Vgl. oben 1. Kap. III. 4. b.
34 Steinberg. Nachbarrecht. S. 162. 35
So aber auch BVerwG, U. v. 30. 5. 84 - E 69. 256/271 f.: anders hingegen U. v. 7. 7.
78 - E 56. 110/118 ff. und U. v. 6. 12. 85 - E 72. 282/286.
108
5. Kap. Rechtfertigung als adäquate Eingriffsvoraussetzung
nicht ganz verständlich erscheinen: Auch auf der Ebene der Planrechtfertigung sollen in die Planung einfließende Prognosen nicht justitiabel sein; 36 es komme nicht darauf an, ob die Ermittlung von Kapazität und Bedürfnis "in jeder Beziehung richtig" ist 3 7 . Gerade auf solche rationalen Planungsgrandlagen kommt es indessen nach der hier vertretenen Auffassung in besonderem Maße an. Denn es fragt sich, wodurch sonst, wenn nicht vermittels überprüfbarer Faktendarstellung, die Erforderlichkeit eines Verkehrsprojektes wirklich zu begründen sein soll. Die möglichst exakte Analyse der Ausgangslage und die ebenso gewissenhafte prognostische Vorausschau gehören im übrigen zu den Essentialien einer rationalen und effektiven Planung. E. Schmidt-Aßmann bringt dies treffend zum Ausdruck, wenn er - bezugnehmend auf die Planung - schreibt: "In Analyse, Prognose und Kalkulation liegt ihr Rationalitätsanspruch, über den sie versucht, einen Effektivitätsvorsprung vor unbeplanten Bereichen zu erlangen."3® Demgegenüber setzt der V G H München die Bedeutung der Tatsachenermittlung ausgesprochen niedrig an, wenn er betont, daß die Erkennung von Lücken im behördlichen Wissensstand nicht zu neuerlicher Abwägung nötige 39 . Der V G H hält darüber hinaus die Frage der hinreichenden Sachaufklärung für wertungsgesteuert; sie sei "nicht anhand erkenntnistheoretischer Kriterien" zu beantworten. 40 Diese Auffassung erscheint deshalb so bedenklich, weil hier die für eine - wenn auch wertende, so doch möglichst rationale - Entscheidung maßgebliche Grundlage, nämlich die Tatsachensammlung, ihrerseits der Subjektivität preisgegeben wird. Die oben aufgezeigte Tendenz in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts41 wird damit noch erheblich verstärkt.
36
BVerwG, U. v. 6. 12. 85 - E 72, 282/286.
37
BVerwG. U. v. 27. 7. 90 - N V w Z 1991, 781/784.
38 Schmidt-Aßmann. D Ö V 1974, S. 542. 39
Β. v. 24. 1. 92 - BayVBl 1992, 692/693.
40
Ebenda.
41
Erkennbar auch im B. v. 9. 3. 93 - UPR 1993, 267. Dieser Beschluâ spricht übrigens die
offenbar für möglich gehaltene Ausgangssituation einer Fernstraßenplanung an, "daß überhaupt keine Fauna mehr vorhanden war . . .".
. Die Erforderlichkeitsprüfung als Kernpunkt des Übermaßverbots
109
3. Insbesondere: Kosten-Nutzen-Analyse a) Anwendung Ein angemessenes Hilfsmittel für die Tatsachen-Aufbereitung bei komplexen Planungsaufgaben ist die Kosten-Nutzen-Analyse,42 deren Ergebnisse Aufschluß über die zu erwartenden Gesamtfolgen eines Projektes geben können. Brauchbar ist dieses Instrument allerdings nur dann, wenn in die Kostenbeschreibung wirklich alle negativen Effekte der Baumaßnahme43 eingehen.44 In bezug auf die Notwendigkeit dieses Instruments fällt wiederum die Zurückhaltung des Bundesverwaltungsgerichts auf: 45 Die Erforderlichkeit einer Baumaßnahme könne "auch dann nicht emstlich in Frage gestellt werden, wenn die Einzelheiten der volks- und betriebswirtschaftlichen Berechnungen und der sich daraus etwa ergebenden Kosten-Nutzen-Relation unberücksichtigt bleiben". 46
b) Umfang Wie eine realistische Kostenberechnung aussehen müßte, wird andeutungsweise klar, wenn man sich vor Augen hält, daß der Straßenverkehr quantifizierbare (und nicht durch Steuern gedeckte) Kosten in Höhe von jährlich 78 86 Milliarden D M allein in den westlichen Bundesländern verursacht 47. Aus einer solchen Rechnung ließen sich sogar konkrete Zahlen für eine einzelne Planfeststellung ableiten, wenn man unter Zugrundelegung entsprechender Erfahrungswerte den von dem Vorhaben zu erwartenden Verkehrszuwachs ermittelte. Dabei ist dann noch zu bedenken, daß ein Teil der Kosten, die durch den Personen- und Gütertransport auf der Straße erzeugt werden, überhaupt 42 Hoppe. in: Ernst/Hoppe. Rdnr. 312a: a. A. Kühling (Fachplanungsrecht. Rdnr. 157), der mit Blick auf die bloße MBedürfnisprüfung" eine Kosten-Nutzen-Analyse für grundsätzlich entbehrlich hält. 43
Insbesondere die oben (2. Kap.) erörterten Eingriffswirkungen.
44
Für die Präzisierung der rechtfertigungsbedürftigen Belastungen durch "möglichst strenge Kosten-Nutzen-Analysen und -Vergleiche" Suhr. Gleiche Freiheit. S. 47. 45
*
Kritisch dazu auch Suhr. in: Hoffmann-Riem/Schmidt-Aßmann, S. 121. BVerwG, U. v. 27. 7. 90 - N V w Z 1991. 781/783. Diese Entscheidung hat eine eisen-
bahnrechtliche Planfeststellung zum Gegenstand, dürfte aber ohne weiteres auch für andere Fachplanungen Gültigkeit beanspruchen. 47
Teufel.
ZRP 1988, S. 374: demgegenüber sind die Kraftstoffpreise - entgegen dem ersten
Anschein - Anfang der neunziger Jahre so niedrig wie selten zuvor, sofern sie inflationsbereinigt betrachtet werden (vgl. D I E Z E I T v. 22. 1. 1993. S. 26).
110
5. Kap. Rechtfertigung als adäquate Eingriffsvoraussetzung
nicht in Geld zu berechnen ist. 4 8 Zu nennen sind hier die Bereiche Energieverbrauch, 49 Luftverschmutzung (mit Auswirkungen vor allem auf Gesundheit, Pflanzenbestand und Kulturdenkmäler), 50 Lärm, 5 1 Flächenverbrauch 52 und Unfallhäufigkeit 53. Diese Art von Kosten ist schon deshalb schwer quantifizierbar, weil sich ihre Entstehung zum Teil in die Zukunft verlagert; durchaus möglich sind jedoch Vergleiche zwischen den verschiedenen Verkehrsträgern. 54 Deutlich wird jedenfalls, daß es nicht ausreicht, bei der Straßenplanung lediglich die reinen Baukosten zuzüglich etwaiger Entschädigungsleistungen für enteignete Grundstücke anzusetzen. 4. Sachgerechte Fragestellung Daß es für das rechtsstaatlich begründete Übermaßverbot nicht genügt, die Erforderlichkeit "nach Maßgabe der vom Bundesfernstraßengesetz . . . verfolgten Ziele" zu bestimmen55, wurde bereits zum Ausdruck gebracht. 56 Naheliegend erscheint es statt dessen, die Erforderlichkeit der konkreten Planung nach Maßgabe der im konkreten Einzelfall verfolgten Ziele zu prüfen. Ausschlaggebend wäre dann nicht, ob etwa der Neubau einer Straße erforderlich ist, um das Netz der Bundesfernstraßen zu vervollständigen (§ 1 Abs. 1 FStrG) 5 7 oder um zwischen zwei Ortschaften die Verkehrsverbindung zu verbessern 58. Es wäre vielmehr die Frage zu stellen, ob das Verkehrsproblem nicht durch andere, weniger einschneidende Maßnahmen gelöst werden kann.
48
Linder/Maurer/Resch,
49
Dazu im einzelnen Wolf,
»
S. 53. Eisenbahn und Autowahn, S. 263 ff.
A. a. Ο., S. 270 ff.
si
A. a. O., S. 277 ff.
52
A. a. O., S. 282 ff.
53
A. a. O., S. 286 ff.
54
Auch dazu Wolf,
55
So jedoch das BVerwG. U. v. 14. 2, 75 - E 48. 56/60.
Eisenbahn und Autowahn, S. 262 f.
56
Oben 4. Kap. Π. 1.
57
Vgl. Kühling, Fachplanungsrecht, Rdnr. 160.
58
Vgl. BVerwG. U. v. 22. 3. 85 - E 71. 166/168.
III. Die Erforderlichkeitsprüfung als Kernpunkt des Übermaßverbots
111
5. Mögliche "mildere Mittel" Daß bei der Dimensionierung eines Projektes gegebenenfalls Abstriche zu machen sind, ist ein naheliegendes Mittel, um der Erforderlichkeit Genüge zu leisten. Der Gedanke an Alternativlösungen, die keinen Straßenbau beinhalten, drängt sich dagegen einer Planungsbehörde, deren Hauptaufgabe gerade der Bau von Straßen ist, nicht ohne weiteres auf. a) Ansätze der Rechtsprechung Auch das Bundesverwaltungsgericht verlangt - freilich erst auf der Ebene der Abwägung -, die Frage nach Planungsalternativen zu erörtern. 59 Vorausgesetzt wird dafür allerdings, daß eine solche Alternative "sich nach Lage der konkreten Verhältnisse aufdrängt oder zumindest ' η aheliegt'". 60 Erst dann eine Alternativplanung zu erwägen, wenn diese sich "aufdrängt", 61 bedeutet aber einen Verzicht gerade auf dasjenige Element planerischer Verwaltungstätigkeit, das sonst als Planungsspezifikum besonders hochgehalten wird: Das Gestalten von Problemlösungen, das sich eigentlich dadurch auszeichnen müßte, daß (phantasievoll und ohne Beschränkung auf das "Naheliegende") nach Varianten und Alternativen gesucht wird. 6 2 Damit jedoch nicht genug: In den genannten Urteilen geht es um alternative Trassenführungen bzw. um den eventuellen Ausbau einer vorhandenen Straße anstelle der Neutrassierung. Auf diese Weise werden aber die Möglichkeiten der Planungsoptimierung längst nicht ausgeschöpft, wie im folgenden darzulegen sein wird.
59 υ . V. 22. 3. 85 - BVerwGE 71. 166/171 f. Demgegenüber heißt es in einer älteren luftverkehrsrechtlichen Entscheidung (U. v. 22. 3. 74 - NJW 1974. 1961/1964) noch, die Prüfung von Alternativstandorten sei nicht "schlechthin zwingend geboten"; kritisch dazu Czybulka, Legitimation der öffentlichen Verwaltung, S. 242. 60 BVerwG. B. v. 20. 12. 88 - NVwZ-RR 1989. 458: ähnlich auch schon im U. v. 22. 3. 85 - BVerwGE 71. 166/171 f. Noch restriktiver nunmehr BVerwG. U. v. 27. 7. 90 - N V w Z 1991. 781/784: "Erforderlich wäre vielmehr, daß eine bestimmte landschaftsschonendere Trassenführung oder Dimensionierung sich . . . hätte aufdrängen müssen." Nach Auffassung des V G H Mannheim (U. v. 6. 2. 92 - UPR 1992. 459) drängt eine Alternative sich dann auf. wenn sie "als eindeutig bessere Lösung ins Auge springt". 61
Kritisch dazu auch Steinberg. Nachbarrecht. S. 159.
62
Näheres dazu unten 6. Kap.
112
5. Kap. Rechtfertigung als adäquate Eingriffsvoraussetzung
b) Öffentlicher Verkehr als Alternative Eine "von der Sache her naheliegende Alternativlösung" 63 kann grundsätzlich auch im Verzicht auf das Straßenbauprojekt bei gleichzeitiger (qualitativer und quantitativer) Verbesserung des Angebots an öffentlichen Verkehrsmitteln liegen. 64 So könnte in Abstimmung mit anderen Planungsträgern 65 die Chance wahrgenommen werden, Verkehrsbedürfnisse auf "mildere" Weise zu befriedigen. Die schlichte Verweigerung von Einrichtungen der Verkehrsinfrastruktur, also der Verzicht auf Straßenbau bei zugleich stagnierendem öffentlichem Verkehrswesen, wird nicht immer in Betracht kommen, wenn Problemlagen zu bewältigen sind. Denn die Überbeanspruchung vorhandener Verkehrseinrichtungen kann zur Zunahme sowohl der Umweltschäden als auch der volkswirtschaftlichen Kosten führen. 66 Demgegenüber können Investitionsverlagerungen vom Straßenbau auf öffentliche Verkehrsmittel Umweltschäden mindern, die Lebensbedingungen der Bevölkerung verbessern und auch die Siedlungsstruktur verändern (letzteres etwa durch die verkehrstechnische Begünstigung der Bildung sogenannter Subzentren). 67 c) Verkehrslenkung Auch Verkehrs lenkende Maßnahmen vermögen überbeanspruchte Verkehrswege zu entlasten. In einem der ersten Urteile zum Straßenplanungsrecht hat das Bundesverwaltungsgericht - in ausdrücklicher Anwendung des Erforderlichkeitsprinzips - die Prüfung verlangt, ob anstelle einer straßenbautechnischen auch eine verkehrsordnende Lösung möglich ist, um das Planungsziel zu erreichen 68. Dieser Gedanke, seinerzeit wegen der Inanspruchnahme eines privaten Grundstücks aus Art. 14 GG abgeleitet, ist allerdings in der späteren Rechtsprechung offenbar in Vergessenheit geraten. Angesichts der zunehmenden Verknappung der Ressource "Boden" hätte er wieder mehr Beachtung verdient.
63
So das BVerwG (U. v. 22. 3. 85 - E 71. 166/171 f.) zum möglichen Ausbau einer vor-
handenen Straße anstelle eines Neubaus. «
Ähnlich Gehrmann. UPR 1984, S. 37.
65
Dazu noch unten 6. Kap. Π. 2. b.
66
Linder/Maurer/Resch,
S. 111 f.
67
Linder/Maurer/Resch,
S. 112 f.
68
BVerwG, U. v. 23. 10. 68 - DVB1 1969, 360.
III. Die Erforderlichkeitsprüfung als Kernpunkt des Übermaßverbots
113
d) Verkehrseindämmung Der umweit- und ressourcenschonendste (zugleich aber auch anspruchsvollste) Weg zur Bewältigung von Verkehrsbedürfnissen liegt in dem Versuch, ihre Entstehung wenn nicht zu verhindern, so doch zu begrenzen. "Bedarfskritik" verlangt G. Winter von den Behörden und Gerichten, das heißt, neben der Prognose des "faktischen" Bedarfs auch Möglichkeiten der "Bedarf seinschränkung" in Betracht zu ziehen. 69 In Frage kämen dafür etwa Planungen zur Beeinflussung der Siedlungsstruktur 70 oder allgemein raumordnungspolitische Maßnahmen71. aa) Strukturpolitik In seinem umfassenden Werk zur Geschichte und Gegenwart der verschiedenen Verkehrssysteme macht Winfried Wolf deutlich, wie weitreichend die Wirkungen strukturpolitischer Aktivitäten auf den individuellen Verkehrsbedarf sein können: So wurde in der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg insbesondere durch die "Entmischung" der Bereiche Wohnen, Arbeiten, Einkaufen und Erholung sowie durch den Abbau öffentlicher Verkehrsmittel die massenhafte individuelle Motorisierung geradezu erzwungen. 72 Daraus entstand in erheblichem Ausmaß der sogenannte "künstliche Verkehr". 73 Eine Verminderung dieser Art von Verkehr durch eine entsprechend gegensteuernde Siedlungs- und Strukturpolitik sollte bei der Lösung von Verkehrsproblemen zumindest erwogen werden. W. Wolf kommt in seiner Analyse immerhin zu dem Ergebnis, daß sich die Verkehrsleistungen auf diese Weise um die Hälfte reduzieren ließen. 74 bb) "Null-Variante" Bedenkenswert ist in diesem Zusammenhang der Vorschlag von W. Erbguth und H. Schiarmann, 75 die Prüfung einer straßenplanerischen "Null-Variante"
69
Winter.
NuR 1985. S. 45.
70
Beschrieben bei Linder/Maurer/Resch.
7
Gehrmann. UPR 1984. S. 37.
1
72
Wolf.
73
Ebenda. Vgl. auch Linder/Maurer/Resch.
74
Wolf.
7
5
Eisenbahn und Autowahn. S. 167 ff. S. 39 ff.
Eisenbahn und Autowahn. S. 417; ausführlich dargestellt auf S. 431 ff. und 445 ff.
Erbguth/Schiarmann.
8 Tzschaschel
S. 91 und passim.
UPR 1982. S. 351.
114
5. Kap. Rechtfertigung als adäquate Eingriffsvoraussetzung
zum gesetzlich ausdrücklich angeordneten Pflichtprogramm zu machen. 76 So ließe sich immerhin verhindern, daß eine Behörde "vergißt", solch eine radikale Planungsalternative in ihre Überlegungen einzubeziehen. Damit wäre keineswegs der "unbeplante status quo" 7 7 zum verkehrspolitischen Ideal erhoben. Es ginge vielmehr darum, den status quo dadurch weiterzuentwickeln, daß die insgesamt gesehen beste Problemlösung gefunden wird. Diese kann im Einzelfall durchaus darin bestehen, daß eine Straße (oder ein Flughafen usw.) gebaut wird. Sie kann aber eben beispielsweise auch einmal den Verzicht auf eine weitere Perfektionierung der dem motorisierten Individualverkehr zur Verfügung gestellten Infrastruktur beinhalten. Damit käme ein Gedanke von G. Winter zum Tragen, der den "planvollen Verzicht auf Planung" zur Diskussion stellt - als mögliche Reaktion auf die in massiven Umweltschäden manifest gewordene Erfolglosigkeit der "planvollen Bewirtschaftung der Natur" 78 . cc) Bedarfskritik
heute
Ansätze wie die der "Bedarfskritik" oder der "Null-Varianten" erscheinen natürlich angesichts der durch das Dritte Rechtsbereinigungsgesetz geprägten Rechtslage in einem anderen Licht als zur Zeit ihrer Formulierung. Sie sind jedoch keineswegs uninteressant geworden: Für Behörden und Gerichte ist zwar (nach § 1 Abs. 2 FStrAbG) der vom Gesetzgeber festgestellte "Bedarf" verbindlich. Aber auch der Gesetzgeber seinerseits muß sich fragen lassen, ob die auf seinen Bedarfsplan zurückzuführenden (Grundrechts-)Eingriffe mit dem Übermaßverbot zu vereinbaren sind. In diesem Zusammenhang ist nochmals an die vorstehend erwähnte Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts aus dem Jahre 1968 zu erinnern, wonach das in Art. 14 GG geschützte Grundrecht das Erwägen von ("milderen") Alternativen zum Straßenbau verlangt 79.
76
Nicht so weit geht Kühling (Fachplanungsrecht, Rdnr. 9), der die "Nullalternative" le-
diglich als "einbegriffen" bezeichnet. 77
Ablehnend gegenüber einer solchen Ausrichtung der Bauleitplanung Pfaff
%
Planungs-
rechtsprechung, S. 153. Die grundrechtsverwirklichende Funktion der Planung betont WOrtenberg er, Staatsrechtliche Probleme politischer Planung, S. 380 ff. 7
«
Winter,
DVB1 1988, S. 661.
BVerwG. U. v. 23. 10. 68 - DVB1 1969, 360.
IV. Die Verhältnismäßigkeit in ihrer besonderen planungsrechtlichen Ausprägung
115
IV. Die Verhältnismäßigkeit in ihrer besonderen planungsrechtlichen Ausprägung Ist ein belastender Verwaltungsakt (also auch eine Planfeststellung) als geeignet und erforderlich eingestuft worden, so muß er schließlich noch verhältnismäßig (im engeren Sinne) sein. 1. Substitution durch "Abwägung " a) Rechtsprechung Das Bundesverwaltungsgericht, das sich mit der "Erforderlichkeit" auf der Ebene der zweiten Schranke der Gestaltungsfreiheit ("Rechtfertigung") auseinandersetzt,80 lokalisiert den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz im Bereich der vierten Schranke: "Eine Planung, die (den Anforderungen des Abwägungsgebots) entspricht, entspricht damit auch dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz, dem bei planerischen Entscheidungen gerade durch die Beachtung des Abwägungsgebots Rechnung getragen wird und dessen Einhaltung daneben keiner eigenen Prüfung bedarf." 81
b) Eigene Stellungnahme Die Abwägung als planungsspezifische Ausprägung der Verhältnismäßigkeitsprüfung anzusehen,82 erscheint sachgerecht (zumal § 17 Abs. 1 S. 3 FStrG einen eindeutigen gesetzlichen Auftrag zur Abwägung enthält). Denn auch bei der Frage nach der Angemessenheit der Zweck-Mittel-Relation83 wird letztlich nur abgewogen. Die Anforderungen des Bundesverwaltungsgerichts an den Abwägungsvorgang und dessen Ergebnis 84 stellen zudem eine Konkretisierung dar, die die subjektiven (auch politischen) Momente bei der
80
Dazu oben 4. Kap. II. 2.
81 U. v. 7. 7. 78 - BVerwGE 56. 110/123: ähnlich auch schon U. v. 15. 4. 77 - Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 25. S. 67 f. Zustimmend auch das BVerfG. B. v. 30. 11. 88 - E 79. 174/198 f. 82 Alexy (JZ 1986. S. 711) meint sogar, der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz formuliere "nichts anderes als ein AbwägungsgebotM. 83
So die Inhaltsbestimmung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes, vgl. BVerfG. B. v.
18. 7. 73 - E 35. 382/401: Β. v. 18. 12. 74 - E 38. 281/302. W
U. v. 14. 2. 75 - BVerwGE 48. 56/63 f.: im Wortlaut zitiert oben 4. Kap. III. 2. a.
116
5. Kap. Rechtfertigung als adäquate Eingriffsvoraussetzung
Entscheidungsfindung zwar naturgemäß nicht ausschließt. Diese Subjektivität wird aber durch die Abwägungsregeln insofern eingedämmt, als der Stellenwert "objektiv" wichtiger Belange immerhin erörtert werden muß. c) Abwägung als "Leerformel"? N. Luhmann gibt zu bedenken, daß Abwägungs- und Verhältnismäßigkeitsformeln (die er als "Leerformeln" bezeichnet) zu einem "Ansteigen des Willkürpegels" führten. 85 Dem wäre zunächst - mit einer gewissen Hilflosigkeit zu entgegnen, daß auch die juristische Lösung eines komplexen Problems zwangsläufig an einen Punkt gelangt, an dem eindeutige normative Vorgaben nicht mehr weiterhelfen. Ein gewisses Maß an Willkür wird da in Kauf zu nehmen sein. Immerhin ist jedoch zu erwarten, daß der Rückzug des Rechts auf solche "Leerformeln" 86 bei dem hier favorisierten Planungsmodell sich auf ein geringstmögliches Ausmaß beschränkt. 2. Berücksichtigung öffentlicher
Belange
Das herkömmliche Eingriffs-/Rechtfertigungs-System bietet primär nur solchen Rechtsgütern Schutz, die einzelnen, individuell in ihren Grundrechten betroffenen Bürgern zugeordnet werden können. 87 Demgegenüber werden in die genannten Abwägungs-Anforderungen der Rechtsprechung die öffentlichen Belange ausdrücklich einbezogen. Angesichts der planungstypischen Besonderheit, daß gravierende Wirkungen weit über den Bereich individueller Interessen hinausgehen, erscheint dieser Mindestschutz unverzichtbar. Die hier vertretene Auffassung, herkömmliche Prüfungsmaßstäbe seien auch im Planungsrecht anzuwenden,88 steht dazu nicht im Widerspruch. Denn das der polizeirechtlichen Eingriffsdogmatik verwandte Rechtfertigungsschema knüpft vor allem an den Umstand an, daß Redite von Bürgern beeinträchtigt werden. Da es im Planungsrecht darüber hinaus um Eingriffe in Gemeinschaftsgüter geht, ist die Einbeziehung eines eigentlich systemfremden Ele-
85
Luhmann, Ökologische Kommunikation, S. 134 f.
86 Luhmann (ebenda) sieht hierin "nicht die schlechteste, aber keine spezifisch juristische Lösung". «7
Vgl. oben 2. Kap. Π. 5. a.
88
Vorstehend Π. und ΠΙ.
IV. Die Verhältnismäßigkeit in ihrer besonderen planungsrechtlichen Ausprägung
117
mentes in die (als Abwägungskanon ausgeformte) Verhältnismäßigkeitsprüfung angebracht. Wie die öffentlichen Güter Natur- und Landschaftsschutz über die Abwägungsmechanik zur Geltung gebracht werden können, hat das VG Darmstadt aufgezeigt: In einem (allerdings nicht rechtskräftig gewordenen) Urteil zu einem Straßenbauprojekt hat das Gericht detailliert dargelegt, in welchem Umfang Wirkungsgefüge und Wechselbeziehungen des Naturhaushalts sowie die Funktionen des Landschaftsbildes den verkehrsbedingten Belastungen gegenüberzustellen sind, um zu einer rechtsstaatlich einwandfreien Eingriffsbewertung zu gelangen.89 3. Rücksichtnahmegebot Im Kontext des Abwägungsgebots ist der Grundsatz der Rücksichtnahme90 zu erwähnen, der auf verschiedenen Gebieten des Verwaltungsrechts zunehmende Bedeutung erlangt, 91 in der Rechtsprechung zum Planfeststellungsrecht bislang allerdings nur am Rande erscheint 92. Ob es sachgerecht wäre, im Planungsrecht den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz durch das Rücksichtnahmegebot zu ersetzen,kann bezweifelt werden 94 . Konkretere Prüfungsmaßstäbe wären damit nicht gewonnen: Der Umfang der im Einzel fall zu nehmenden Rücksicht ist wiederum durch Abwägung (dessen, was den verschiedenen Beteiligten zumutbar ist 95 ) zu ermitteln, 96 nur eben unter dem speziellen Gesichtspunkt der jeweiligen Schutzwürdigkeit 97. Vor allem aber ist die "Rück-
89 90
VG Darmstadt. U. v. 28. 11. 90 - NuR 1991. S. 390/394 ff. Zur Ausgestaltung speziell im Planungsrecht ausführlich Ibler. Schranken planerischer
Gestaltungsfreiheit. S. 257 f. 91 Nachgewiesen bei Bauer (JuS 1990. S. 27). der insbesondere die "Aufweichung" der "Schutznormtheorie" in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zum Nachbarrecht herausstellt. 92
Vgl. BVerwG, U. v. 21. 5. 76 - E 51, 15/30 zum Verhältnis zwischen einem Straßen-
bauvorhaben und seiner Umgebung. Weitere Nachweise bei Ibler, Schranken planerischer Gestaltungsfreiheit. S. 259. 93
So aber Battis . DVB1 1978. S. 582.
94
Vgl. auch Koch/Hosch. S. 162 f.
95
Zu den verschiedenen Inhalten des Zumutbarkeitsbegriffs im Planungsrecht Korbmacher,
D Ö V 1982. S. 522. 96
Vgl. BVerwG, U. v. 25. 2. 77 - E 52. 122/126.
97
Ibler. JuS 1990. S. 16.
118
5. Kap. Rechtfertigung als adäquate Eingriffsvoraussetzung
sichtnahme" - zumindest in der Ausgestaltung, die ihr von Rechtsprechung und Lehre bisher gegeben wurde - ein Kriterium, das dem Nachbarschutz, allenfalls noch dem Schutz der "Umgebung"98 dient. 99 Es wäre damit also nur ein Ausschnitt des planerischen Problemkomplexes zu erfassen. 100
V . Teilergebnis Von der Planungskontrolle ist eine strenge Beachtung der einzelnen Elemente des Übermaßverbots zu fordern: -
-
Bei der Geeignetheit müssen insbesondere die kontraproduktiven Effekte berücksichtigt werden. Die Erforderlichkeit bemißt sich danach, ob - unter Heranziehung aller verfügbaren Daten - "mildere" Planungsalternativen, bis hin zur Reduzierung des Verkehrsbedarfs, ausgeschlossen sind. Die Verhältnismäßigkeit i. e. S. nimmt im Fachplanungsrecht die Gestalt des Abwägungsgebots an. Dabei sind die betroffenen öffentlichen Belange einzubeziehen.
98 99
s. den Rspr.-Hinweis in Fußn. 92. Darüber hinaus erwähnt Steinberg (Nachbarrecht, S. 95) das Rücksichtnahmeerfordernis
im Verhältnis verschiedener Planungsträger zueinander; im hier behandelten Zusammenhang ist dies aber nicht relevant. 100
Skeptisch auch Ibler, Schranken planerischer Gestaltungsfreiheit, S. 259 f.
6. Kapitel
Die "planerische Gestaltungsfreiheit Funktion und Alternative Im folgenden letzten Hauptteil der vorliegenden Arbeit geht es um die Fragen, welche Funktion der von der Rechtsprechung verwendeten Kategorie der "planerischen Gestaltungsfreiheit" zukommt und wie ein Gegenentwurf dazu aussehen könnte.
I. Die Gestaltungsfreiheit im Verständnis der Rechtsprechung In seinen frühesten Entscheidungen zum Planungsrecht hatte das Bundesverwaltungsgericht den planenden Behörden noch das - in den sonstigen Verwaltungsbereichen übliche - "Ermessen" eingeräumt.1 Im Jahre 1969 führte es dann (in einem Urteil zur Bauleitplanung) den Begriff der "Gestaltungsfreiheit" ein, 2 der später auch für andere Fachplanungen übernommen wurde 3 . (Die Bezeichnung blieb allerdings nicht einheitlich: Das Gericht sprach in der Folgezeit noch gelegentlich vom "Planungsermessen"4 oder auch von einem "Gestaltungsfreiraum" 5.)
ι Β. v. 15. 11. 62 - Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 1; B. v. 1. 9. 65 - BB 1965. 1376; U. v. 25. 10. 67 - DVB1 1968 . 342. 2
U. v. 12. 12. 69 - BVerwGE 34. 301/304. Im Schrifttum findet sich auch die Formulie-
rung "frei gestaltende Verwaltung" (Wolff/Bachof. 3
§ 31 III).
Vgl. BVerwG. U. v. 14. 2. 75 - E 48. 56/59. Kritisch zu dieser - ohne besondere Be-
gründung vorgenommenen - Übertragung Börger. Genehmigungs- und Planungsentscheidungen, S. 153 f.; Hoppe/Beckmann, § 7 Rdnr. 6. 4
Nachweise bei Ibler. Schranken planerischer Gestaltungsfreiheit. S. 40, Fußn. 22 f.
5
BVerwG. B. v. 17. 12. 85 - N V w Z 1986. 640/641.
120
6. Kap. Die "planerische Gestaltungsfreiheit": Funktion und Alternative
1. Begründung der Gestaltungsfreiheit Das Bundesverwaltungsgericht führt zur Begründung der planerischen Gestaltungsfreiheit an, "daß die Befugnis zur Planung . . . einen mehr oder weniger ausgedehnten Spielraum an Gestaltungsfreiheit einschließt und einschließen muß, weil Planung ohne Gestaltungsfreiheit ein Widerspruch in sich wäre." 6
Ausdrücklich wird (im "B-42"-Urteil) eingeräumt, daß etwa im Bundesfernstraßengesetz eine solche Gestaltungsfreiheit nicht erwähnt ist; 7 dies sei jedoch "ohne sachliche Bedeutung", denn die Zuweisung eines Planungsermessens sei "zentrales Element"8 der (in den §§17 Abs. 1, 18 FStrG enthaltenen) materiellen Ermächtigung zur straßenrechtlichen Fachplanung.9 Eine Begründung für den Schluß von der Planungsermächtigung auf die weitreichende behördliche Freiheit wurde von der Rechtsprechung bisher nicht geliefert. 10 Zurückhaltung hat in diesem Punkt auch die Literatur geübt. Als symptomatisch kann etwa die Darstellung von M. Börger 11 gelten: Er kündigt zwar an, die Bemühungen der Wissenschaft zu referieren, die Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts von 1969 1 2 "dogmatisch zu untermauern" 13 . Tatsächlich dargestellt wird dann aber als "Kernpunkt der Planungsrechtsdiskussion" der Streit darüber, ob das "Planungsermessen" sich vom "Verwaltungsermessen" qualitativ unterscheidet.14 Den Ansatz für eine Begründung der Rechtsprechung bietet M. Beckmann: Die Gestaltungsfreiheit, die er als zentrale Voraussetzung für die Verwendung des Rechtsbegriffs "Planung" bezeichnet, wird vom Gesetzgeber dadurch zugeteilt, daß dieser "auf eine eigene Regelung verzichtet"; die finale Normstruktur 15 könne ein
6
U. v. 12. 12. 69 - BVerwGE 34. 301/304.
7
Das gleiche gilt für die anderen Fachplanungsgesetze und für die Planfeststellungsvorschriften der VerwaltungsVerfahrensgesetze. 8
So auch wieder im U. v. 29. 1. 91 - BVerwGE 87. 332/341 - (zur Flughafenplanung) be-
kräftigt. 9
U. v. 14. 2. 75 - BVerwGE 48. 56/59.
10
Kritisch dazu auch Hoppe/Schlarmann,
11
Börger, Genehmigungs- und Planungsentscheidungen. S. 147 ff.
12
Rdnr. 141.
U. v. 12. 12. 69 - BVerwGE 34. 301/304: ". . . weil Planung ohne Gestaltungsfreiheit
ein Widerspruch in sich wäre. " 13 14
15
Börger. Genehmigungs- und Planungsentscheidungen. S. 147. Börger. a. a. O.. S. 147 ff. Ausführungen zu dieser Kontroverse oben 1. Kap. I. 1. Dazu wiederum oben 1. Kap. I. 1.
I. Die Gestaltungsfreiheit im Verständnis der Rechtsprechung
121
Indiz für einen solchen Verzicht sein. 16 Eine ausdrückliche gesetzliche Zuweisung wird nicht verlangt. 17 2. Inhalt und Ausübung Für den Inhalt der Gestaltungsfreiheit sind nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts insbesondere die Elemente "des Erkennens, des Wertens und Bewertens sowie des Wollens" von Bedeutung.18 Im "B-42"Urteil konkretisiert das Gericht die Schranken der "im übrigen umfassenden" Gestaltungsfreiheit. 19 Deren Inhalt bestimmt es damit im wesentlichen negativ.2® Ausgeübt wird die Gestaltungsfreiheit, die rechtlich der Planfeststellungsbehörde zusteht, faktisch meist vom jeweiligen Vorhabenträger. 21 Die Rechtsprechung läßt es genügen, daß die Planfeststellungsbehörde die ausgearbeitete Planung "abwägend η ach vollzieht". 22 Allerdings stellt das Bundesverwaltungsgericht, wenn es etwa um die Reichweite gerichtlicher Kontrolle geht, durchaus die gestalterische Freiheit der Planfeststellungsbehörde in den Vordergrund. 23 Daß die planfeststellende Behörde de facto nicht selbst gestaltet, ist für W. Erbguth Anlaß, den Planungscharakter der Planfeststellung zu verneinen. 24
16 Beckmann, Verwaltungsgerichtlicher Rechtsschutz. S. 122. 17
So auch Erbguth. DVB1 1992. S. 402.
18
U. v. 12. 12. 69 - BVerwGE 34. 301/304.
19
U. v. 14. 2. 75 - BVerwGE 48. 56: auch S. 59 ff.; dazu oben 4. Kap. I.
20
Ibler, Schranken planerischer Gestaltungsfreiheit. S. 42.
21 Kühling. Fachplanungsrecht. Rdnr. 13: Wahl. N V w Z 1990. S. 432. 22
BVerwG. U. v. 17. 1. 86 - E 72. 365/367.
23 Vgl. U. v. 29. 1. 91 - BVerwGE 87. 332/333 (LS 6) - zur Frage der Zulässigkeit einer gerichtlichen Verpflichtung der Plan festste 1 lu η gsbeh örde zur Lärmkontingentierung (Flughafen München II). 24
Erbguth, DVB1 1992. S. 400. 403. Dazu oben 1. Kap. II. 3.b.
122
6. Kap. Die "planerische Gestaltungsfreiheit": Funktion und Alternative
II. Gestaltungsspielraum als begriffliche und inhaltliche Alternative Wie schon beim Thema "Rechtfertigung" soll auch hier versucht werden, Alternativen zu dem vom Bundesverwaltungsgericht entwickelten Ansatz aufzuzeigen. 1. Handlungsbedarf als Ausgangslage a) Problemlösung Anlaß zu Planungsaktivitäten im Verkehrssektor besteht immer dann (und angesichts der Knappheit der Ressource "Raum" heute auch wohl nur dann), wenn als lösungsbedürftig angesehene Probleme entstehen oder entstanden sind. Zu denken ist dabei etwa an die Überlastung vorhandener Straßen, die Immissionsbelastung von Wohngebieten oder die mangelhafte Verkehrsanbindung von Industriestandorten. Die Gemeinwohl-Verpflichtung da- staatlichen (oder auch kommunalen) Organe verlangt die möglichst optimale Lösung solcher Probleme, hier also das Anstreben von Planungsoptimierung. (Das Optimierungsgebot ist darüber hinaus auch aus gesetzlichen Planungsaufträgen abzuleiten.25) Dieses Gebot wiederum bedeutet, daß die bestmögliche Lösung des betreffenden Problems mit der weitestgehenden Berücksichtigung sonstiger öffentlicher Belange und mit geringstmöglichen Eingriffen in die Rechte 26 betroffener Bürger in Einklang zu bringen sind. b) Zielverwirklichung Zu kurz gegriffen wäre es demgegenüber, Planungshandeln durch die "Maximierung der Ziel Verwirklichung" zu kennzeichnen,27 sofern mit dem zu verwirklichenden "Ziel" die Lösung des vorstehend beschriebenen (ζ. B. Verkehrs-)Problems gemeint ist. Diese Einengung ist in der Tat gängig: Das Bundesverwaltungsgericht verlangt, die Straßenplanung auf die "Erfüllung der spezifischen Aufgaben gerade ihres Fachplanungsbereiches" auszurich25
Das Bundesverwaltungsgericht (U. v. 7. 7. 78 - E 56, 110/116) spricht von der "mög-
lichst optimalen Verwirklichung der gesetzlich vorgegebenen Planungsaufgabe ". 26
Ähnlich Hoppe, in: Ernst/Hoppe. Rdnr. 312a.
27
So aber Wahl, Landesplanung und Landesentwicklung, Bd. 1, S. 51, Fußn. 17.
. Gestaltungsspielraum als begriffliche und inhaltliche Alternative
123
ten. 2 8 Insbesondere die planerischen Eingriffswirkungen verbieten jedoch eine solch einseitige Ausrichtung. Vielmehr müssen auch FacAbehörden dazu angehalten werden, über den Tellerrand ihrer fachspezifischen Interessen hinauszublicken.29 c) Konfliktbewältigung Daß zwischen den drei genannten Zielen Konflikte bestehen, ist bei raumbeanspruchender Planung unvermeidlich. Das Vorliegen von Zielkonflikten kann sogar als Kennzeichen für planungstypische Entscheidungslagen angesehen werden. 30 Das Bundesverwaltungsgericht mißt denn auch dem Gebot der Konfliktbewältigung 31 im Planungsrecht "besondere Bedeutung" z u . 3 2 F. Weyreuther betrachtet indessen als Planungsspezifikum - im Gegensatz zur Bewältigung von Interesse!Gegensätzen - die "Gestaltung von Interessengeßechten".^ Diese Diktion birgt jedoch die Gefahr, daß jene Konfliktlage, bei der die beteiligten Interessen eben gerade im Gegensatz zueinander stehen, unangemessen eingeebnet wird. 2. Erfüllung
des Optimierungsgebots
Die weniger ausgeprägte normative Eingrenzung der Verwaltungstätigkeit 34 führt notwendig dazu, daß - anstelle bzw. in Ergänzung der Rechtsnorm - die Behörde den Lösungsweg bestimmt, also gestaltet. Die Unausweichlichkeit dieses "Gestaltungsauftrags der Verwaltung" 35 resultiert aus dem (vorstehend erörterten) Gebot der Planungsoptimierung.
28
U. v. 14. 2. 75 - BVerwGE 48. 56/63.
29 Erbguth/PücheL
NuR 1984. S. 212.
30 Kühling, Fachplanungsrecht, Rdnr. 4. 23. 31
Ausführlich dazu Ibler, Schranken planerischer Gestaltungsfreiheit. S. 260 ff.
32
BVerwG, B. v. 17. 2. 84 - E 69. 30/34; überwiegend verwendet das Gericht allerdings
den offenbar synonym verstandenen Begriff der "fVo^Zembewältigung", vgl. etwa U. v. 7. 7. 78 - BVerwGE 56, 110/116, U. v. 9. 3. 79 - BVerwGE 57. 297/300. Koch/Hosch demgegenüber diese Kategorie für entbehrlich. 33 34
35
Weyreuther.
DÖV 1977, S. 420.
Hoppe/Schiarmann.
Rdnr. 149.
So formuliert von Ossenbühl. Gutachten. S. Β 184.
(S. 166) halten
124
6. Kap. Die "planerische Gestatungsfreiheit": Funktion und Alternative
a) Behördliche "Freiheit"? W. Hoppe stellt in diesem Sinne zutreffend fest, die planende Verwaltung müsse "den Weg . . . selbst herausfinden", auf dem die angestrebten Ziele zu erreichen sind 36 . Damit gleichgesetzt wird jedoch ohne weiteres eine "Wahlfreiheit zwischen unterschiedlichen Gestaltungsmöglichkeiten"37 - in Übereinstimmung mit der allseits anerkannten38 "Gestaltungsfreiheit". aa) Verpflichtung
statt Freiheit
Es mag dahingestellt bleiben, ob es grundsätzlich überhaupt angemessen sein kann, einer Behörde Freiheit zuzugestehen39 (ob nicht vielmehr generell die öffentliche Gewalt sich darauf zu beschränken hat, Freiheiten der einzelnen Bürger zu sichern, zu erweitern, gegebenenfalls auch einzuschränken). "Gestaltungsfreiheit" jedenfalls läßt eine willkürliche Entscheidung zu, mag das konkret zulässige Maß an Willkür auch durch zu beachtende Schranken auf ein Minimum begrenzt sein. Die planerische Gestaltung hingegen steht im Dienst des (verbindlichen!) Suchens nach der "optimalen Lösung". Bei diesem Gestalten handelt es sich also weniger um eine Freiheit als vielmehr um eine Pflicht; die Pflicht nämlich, alle erheblichen Fakten zusammenzutragen und auszuwerten, alle in Betracht kommenden Lösungsalternativen zu entwickeln und - mit Blick auf das Ideal der optimalen Lösung - zu erörtern. bb) Andersartigkeit
der Bauleitplanung
Das Einräumen einer "Gestaltungsfreiheit" könnte noch am ehesten für den Bereich der Bauleitplanung begründbar sein, in dem die planungsrechtlichen Grundsätze vom Bundesverwaltungsgericht ursprünglich auch entwickelt wurden 4 0 . Hier wird von einer (in Art. 28 Abs. 2 GG angesiedelten) verfassungsrechtlichen Verankerung der Planungshoheit gesprochen,41 die bei der Fach36
Hoppe. in: Ernst/Hoppe. Rdnr. 186; ebenso Korbmacher. D Ö V 1982. S. 524.
37
Hoppe, in: Emst/Hoppe. Rdnr. 312a (Hervorhebung hinzugefügt).
3« Vgl. etwa Gassner. DVB1 1981. S. 5; Broß. DÖV 1985. S. 253. 255: Steinberg. Nachbarrecht. S. 135; Ibler. Schranken planerischer Gestaltungsfreiheit. S. 26 f. Schuppert (in: Richter/Schuppert. S. 270) bezeichnet die planerische Gestaltungsfreiheit als "der Sachaufgabe Planung" wesensgemäß. 39
Das Bundesverfassungsgericht (B. v. 2. 5. 67 - E 21. 362: Β. v. 31. 10. 84 - E 68. 193)
verweigert selbst den Trägern von Behörden bei der Ausübung hoheitlicher Befugnisse generell die Grundrechtsberechtigung: vgl. dazu auch Pieroth/Schlink. 40 41
Rdnr. 185 ff.
Vgl. BVerwG. U. v. 12. 12. 69 - E 34. 301/305: U. v. 5. 7. 74 - E 45. 309/312. Ule/Laubinger.
S. 279: Ibler. Schranken planerischer Gestaltungsfreiheit. S. 28.
II. Gestaltungsspielraum als begriffliche und inhaltliche Alternative
125
planung fehlt. Im äußeren Ablauf wird dieser Unterschied schon dadurch deutlich, daß die Planfeststellungsbehörde - anders als die einen Bebauungsplan aufstellende Gemeinde - nicht selbst plant, sondern über den Plan des Vorhabenträgers entscheidet. Allenfalls dort, wo ein verfassungsrechtlich abgesichertes Recht auf Planung in eigenen Angelegenheiten besteht, erscheint es vertretbar, planerische Freiheit zu bejahen.42 Die Übertragung dieser Position auf die Fachplanung, wie das Bundesverwaltungsgericht sie ohne weiteres vollzogen hat, 4 3 läßt dagegen die wesentliche Verschiedenheit der beiden Bereiche außer acht. 44 cc) Stellungnahmen im Schrifttum In der Literatur ist die Zuordnung planerischer Gestaltungsfreiheit zur Planfeststellung vereinzelt auf Ablehnung gestoßen.45 Den betreffenden Autoren geht es jedoch nicht um die Gestaltungsmaximen der Planung. Vielmehr stützt sich deren Kritik auf die in den Vordergrund gerückte Abgrenzung der - lediglich kontrollierenden, 46 aber eben nicht gestaltenden - Planfeststellung vom Planungsvorgang selbst47. M. Beckmann lehnt es darüber hinaus ab, eine von herkömmlicher Ermessensbetätigung qualitativ zu unterscheidende Gestaltungsfreiheit anzuerkennen.48 Im übrigen spricht er aber durchaus von "autonomen Entscheidungsbereichen der Verwaltung". 49 dd) Abwägung und Gestaltungsfreiheit Schließlich ist noch anzumerken, daß auch die Abwägung, die ein wesentliches Element des Planungsvorgangs darstellt 50 (und für die etwa § 17 Abs. 1 S. 3 FStrG einen ausdrücklichen Auftrag des Gesetzgebers enthält), weder
42
Für eine in diesem Sinne differenzierende Betrachtung auch Börger. Genehmigungs- und
Planungsentscheidungen. S. 152 und 154; ihm folgend Beckmann. Verwaltungsgerichtlicher Rechtsschutz. S. 146. 43
Im einzelnen dazu Ibler. Schranken planerischer Gestaltungsfreiheit. S. 30 ff.
44
So auch Ule/Laubinger,
45
Beckmann. Verwaltungsgerichtlicher Rechtsschutz. S. 122 ff., insbes. S. 149; Erbguth.
S. 279 f.
DVB1 1992, S. 399. Dazu Gaentzsch. in: Festschrift für H. Sendler. S. 420. 4
?
Vgl. oben 1. Kap. II. 1. und 3.
48
Beckmann. Verwaltungsgerichtlicher Rechtsschutz. S. 152.
4
Ebenda.
*
50
Dazu oben 1. Kap. II. 4. a.
126
6. Kap. Die "planerische Gestaltungsfreiheit": Funktion und Alternative
rechtlich noch denknotwendig mit gestalterischer Freiheit verbunden ist. 5 1 Das Bundesverwaltungsgericht stellt Gestaltungsfreiraum und Abwägungsgebot sogar antithetisch gegenüber. 52 b) Abstimmung Bei jeglicher Art von Verkehrswegeplanung muß gewährleistet sein, daß die wechselseitige Beeinflussungs- und Ergänzungsfähigkeit der verschiedenen Verkehrsträger bedacht und genutzt wird; zwischen den einzelnen planenden Behörden ist die von § 4 Abs. 5 S. 1 Raumordnungsgesetz (ROG) verlangte Abstimmung zu vollziehen.53 Daß diese raumordnungsrechtliche Grundsatznorm 54 auch für die Verkehrsplanung gilt, liegt im Hinblick auf deren raumbedeutsame Wirkung auf der Hand. 55 Um so erstaunlicher ist es, daß das Abstimmungsgebot weder in der Rechtsprechung noch in der Literatur zum Straßenplanungsrecht eine wesentliche Rolle spielt und auch von kompetenten Autoren mit einer gewissen Hilflosigkeit behandelt wird. So konstatiert etwa M . Ronellenfitsch, "ein Patentrezept für das Wie der Abstimmung" lasse sich nicht aufstellen. 56 Für die Koordination der Fachplanungen läßt er den "Grundsatz der zeitlichen Priorität" gelten, 57 was darauf hinausläuft, daß keine Abstimmung stattfindet. Die Schlußfolgerung, daß ein solches Defizit auch in der Planungspraxis anzutreffen ist, drängt sich da geradezu auf. Für diese Praxis liegt es oft nahe, sich hinter Zuständigkeitsgrenzen zu "verstecken", um Probleme dann mit ausschließlich fachspezifischen Mitteln zu lösen. Sinnvoller wäre es, die eigentlich deskriptiv gemeinte Feststellung, Planung wirke "zuständigkeitsverklammernd" und sogar "zuständigkeitsfeindlich", 58 als Programmsatz zu verstehen. Das Abstimmungsgebot des § 4 Abs. 5 S. 1 ROG könnte hierfür den normativen Hintergrund bilden. 51
52
Ähnlich Beckmann. Verwaltungsgerichtlicher Rechtsschutz. S. 122. BVerwG, B. v. 71. 12. 85 - N V w Z 1986. 640/641; ähnlich U. v. 11. 4. 86 - BVerwGE
74. 124/133. 53
Für den Bereich der naturschutzrechtlichen Ausgleichspflicht (§ 8 Abs. 2 BNatSchG) be-
tont etwa Ehrlein
(VB1BW 1990. S. 123) die Notwendigkeit, vor den sich aus administrativen
Zuständigkeitsbereichen ergebenden Problemen nicht zu kapitulieren. 54
55
Cholewa/Dyong/von
der Heide. § 4 Rdnr. 35.
Zu den Geltungsvoraussetzungen im einzelnen Cholewa/Dyong/von
Rdnr. 35 ff. 56 Ronellenfitsch, 57
5«
Ronellenfitsch,
Planungsrecht. S. 11. Planungsrecht. S. 12.
Ossenbühl. Gutachten. S. Β 73.
der Heide, § 4
. Gestaltungsspielraum als begriffliche und inhaltliche Alternative
127
c) Sachzwänge aa) Abschnittbildung Frühere Entscheidungen desselben oder eines anderen Planungsträgers können ursprünglich vorhandene Entscheidungsspielräume "verbrauchen". 59 Echte oder vermeintliche "Sachzwänge" führen zur Selbstbindung, etwa durch bereits fertiggestellte Teilabschnitte einer in Frage stehenden Fernstraßenplanung60. Diese Sachzwänge erweisen sich dann als besonders hartnäckig, wenn es um die Schließung einer "letzten Lücke" innerhalb einer durchgehenden Autobahn Verbindung geht. Einem solchen Planungszweck mißt das Bundesverwaltungsgericht "erhebliches sachliches Gewicht" bei. 6 1 Die bestandskräftigen Planfeststellungen bereits bestehender Abschnitte sollen dabei zu den "grundsätzlich hinzunehmenden Planungsbindungen" gehören. 62 Noch deutlicher wurde das Gericht in seinem - bereits mehrfach zititerten - Urteil zur ICE-Neubaustrecke Mannheim-Stuttgart: Dort hat es "die Fertigstellung beträchtlicher Teilabschnitte der Baumaßnahme" ausdrücklich als Rechtfertigungsgrund für eine lückenschließende Planfeststellung anerkannt. 63 Eine andere Tendenz ist demgegenüber in einer jüngeren Entscheidung zur Bundesstraße 31 zu erkennen: Hier wird zum einen die Notwendigkeit hervorgehoben, für betroffene Anlieger Rechtsschutzmöglichkeiten zu erhalten. 64 Zum anderen stellt das Gericht klar, daß die Diskussion von Planungsalternativen bei späteren Abschnitten nicht unter Hinweis auf entstandene Zwangspunkte "aus dem Abwägungsprogramm ausgeblendet" werden dürfe. 65 Es bleibt abzuwarten, ob dieser Beschluß des Bundesverwaltungsgerichts eine Wende in der Rechtsprechung zur Abschnittsbildung markiert.
59 Suhr. in: Hoffmann-Riem/Schmidt-Aßmann, S. 115. 60 Zu den aus der Abschnittsbildung resultierenden Problemen vgl. insbesondere Broß, D Ö V 1985. S. 257 ff.: Kühling. Fachplanungsrecht. Rdnr. 531 ff. Das BVerwG (B. v. 5. 6. 91 - NuR 1992, 468/469) hält die Abschnittsbildung für eine "Ausprägung des allgemeinen rechtsstaatlichen Abwägungsgebotes". 61
BVerwG. U. v. 6. 12. 85 - E 72. 282/289: Β. v. 30. 10. 92 - NVwZ 1993, 565 (LS 7).
62
BVerwG. U. v. 26. 6. 81 - E 62. 342.
63
BVerwG. U. v. 27. 7. 90 - N V w Z 1991. 781/783. Vgl. zur Straßenplanung B. v. 31. 1.
90 - UPR 1991. 410: Lückenschließung bei Fernstraße "von europäischer Bedeutung" als Planrechtfertigung. 64
BVerwG, B. v. 2. 11. 92 - NVwZ 1993. 887/888. Ähnlich auch bereits B. v. 5. 6. 91 -
NuR 1992, 468/470. 65
BVerwG. B. v. 2. 11. 92 - NVwZ 1993. 887/889.
128
6. Kap. Die "planerische Gestaltungsfreiheit": Funktion und Alternative
bb) "Vollendete
Tatsachen "
Die Stringenz der "Sachzwang"-Argumentation ist in den Fällen nur schwer von der Hand zu weisen, in denen tatsächlich die entsprechenden vollendeten Tatsachen geschaffen wurden. Ein sinnfälliges Beispiel stellen die in die Landschaft gesetzten Brückenbauwerke dar, die es jenseits aller juristischen Rechtfertigungsfragen jedem Betrachter plausibel erscheinen lassen, nun auch die jeweils dazugehörige Straße zu bauen. 66 Auch die oben erwähnte Lückenschließung ist in diesem Zusammenhang zu nennen. Die Kritik hat hier natürlich an derjenigen Planungsphase anzusetzen, in der die Vorgaben für spätere Sachzwänge geschaffen werden, also - um zum erstgenannten Beispiel zurückzukehren - beim Bau der Brücken und nicht bei der konsequenterweise hinzugefügten Straße. cc) Bewahrung von Handlungsalternativen Hilfreich könnte hier ein Vorschlag von K.-H. Ladeur sein, der als neues Handlungskriterium für Verkehrswegeplaner den "Grad der Irreversibilität einer Entscheidung" ins Spiel bringt 67 . (Mehr oder weniger) irreversibel im Sinne Ladeurs kann eine Planungsentscheidung zum einen im Hinblick auf den dadurch ausgelösten "Um weit verbrauch" sein, zum anderen aber - und das macht den Gedanken hier besonders interessant - in bezug auf die "Verminderung von Handlungsalternativen" für eventuelle Folgeentscheidungen.68 Das Bundesverwaltungsgericht ist demgegenüber allerdings der Auffassung, die Abschnittbildung beim Fernstraßenbau sei für eine effektive Planung unerläßlich. 69 Dies kann im Einzelfall zutreffen, sollte aber stets kritisch hinterfragt werden. Denn die von der Rechtsprechung weitgehend tolerierte Folge dieser Art von Effektivität ist, "daß die Planung sich im Fortschreiten selbst rechtfertigt". 70 Damit wiederum wird ein halbwegs effektiver Rechtsschutz für die Betroffenen, wie Art. 19 Abs. 4 GG ihn fordert, praktisch vereitelt. 71 Schließlich ist auch zu beachten, daß ein wichtiger Zweck des Planfeststellungsverfahrens, nämlich die umfassende Beurteilung der Umweltverträglich-
66
Zu diesem Phänomen auch Redeker. NJW 1980. S. 1596.
67
Ladeur, NuR 1985. S. 88.
68
Ebenda.
69
BVerwG. U. v. 26. 6. 81 - E 62. 342/353.
70 Kühling. Fachplanungsrecht. Rdnr. 533. 71
Auch hierzu im einzelnen Kühling. Fachplanungsrecht. Rdnr. 531 ff.
II. Gestaltungsspielraum als begriffliche und inhaltliche Alternative
129
keit eines Gesamtvorhabens, durch die Abschnittbildung zunichte gemacht werden kann. 72 d) Gestaltungsspieiraum aa) Offenheit als Verpflichtung Insgesamt ergibt sich für den Planungsträger die Notwendigkeit, all die Überlegungen anzustellen, die für die Kriterien "Geeignetheit" und "Erforderlichkeit" einschlägig sind 73 . Dabei hat er mit einer gewissen "Such-Offenheit" die möglichst optimale Lösung zu gestalten. Diese Anforderung wird allerdings mit dem Begriff der "Gestaltungsfreiheit" nicht zutreffend umschrieben. Es handelt sich indessen um einen Gestaltungsspieiraum 14, den die Verwaltung unter Ausschöpfung ihrer gestalterischen Mittel auszufüllen hat. Daß die Exekutive generell verpflichtet sein soll, vorhandene Spielräume auszufüllen, 75 kann als Unterstützung der hier dargelegten Auffassung angesehen werden. bb) Verpflichtungsfunktion
des Abwägungsgebots
Mit einem in diesem Sinne verpflichtenden Gestaltungsspieiraum geht das Erfordernis einher, jeweils nach Planungsalternativen zu suchen. Ohne eine solche Offenheit für Alternativen ist auch das im Zentrum planerischen Gestaltens stehende Abwägungsgebot/6 allenfalls zum Teil erfüllt. 77 So betont auch E. Schmidt-Aßmann die "besondere Verpflichtungsfunktion" des Abwägungsgebots; die Planungsbehörde müsse "sich ihres planerischen Gestaltungsraumes bewußt sein und ihn in Kenntnis seiner Dimensionen ausfüllen
72
Gaentzsch, in: Festschrift für H. Sendler. S. 421. Ausführlich zu dieser Problematik Klößner. Straßenplanung und Umweltverträglichkeitsprüfung. 73
Vgl. im einzelnen oben 5. Kap. II. und III.
74
Dieser Begriff wurde von der Rechtsprechung, soweit ersichtlich, erstmals durch den Bay V G H in seinem Urteil v. 23. 10. 90 - BayVBl 1991. 146 - verwendet, allerdings ohne besondere Hervorhebung oder Begründung. Entgegen dem (unrichtigen) Zitat bei Wahl (NVwZ 1990. S. 427) wird der Begriff vom Bundesverwaltungsgericht im B. v. 17. 12. 85 - N V w Z 1986. 640/641 - nicht gebraucht. ?
5
So Czybulka (Legitimation der öffentlichen Verwaltung. S. 314), der sich dabei nicht spe-
ziell auf das Planungsrecht bezieht. 7
6
77
Dazu oben 4. Kap. III. 2. und 5. Kap. IV. 1. Manner (Rechtsstaatliche Grundlagen des Planfeststellungsverfahrens, S. 83) bezeichnet
die Alternative als M Denkform M planerischer Abwägung.
130
6. Kap. Die "planerische Gestaltungsfreiheit": Funktion und Alternative
wollen". 78 Auch hier klingt an, daß eigentlich weniger die gestalterische Freiheit als vielmehr eine Ges\?\\\mgspflicht im Vordergrund steht. 79 cc) Gegenläufige Rechtsprechung Einzuräumen ist, daß die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts offenbar in eine andere Richtung tendiert. 80 In der ICE-Entscheidung vom 27. 7. 1990 heißt es ausdrücklich im Hinblick auf die planerische Gestaltungsfreiheit, daß es für die mögliche Rechtswidrigkeit irrelevant sei, ob "auch andere Planungen in Betracht gekommen wären". 81 Dies macht deutlich, daß die Bezeichnung "Gestaltungsfreiheit" nicht zufällig gewählt wurde. Denn man verzichtet auf den von der Sache her naheliegenden Anspruch, planerische Gestaltung obligatorisch zugunsten einer optimierten Problemlösung zu betreiben. 82 Statt dessen wird den Planungsbehörden in der Tat ein Freiraum eröffnet, der aber seinerseits eigentlich einer - bislang nicht ersichtlichen - Rechtfertigung bedürfte. 3. Ermessensunterschreitung Die hier postulierten Anforderungen an die Planungsbehörden können mit deijenigen Auffassung, die im Planungsrecht herkömmliche Ermessensnormen erkennt, 83 ohne weiteres in Einklang gebracht werden. Denn auch ein eingeräumtes Ermessen muß ausgeübt werden; anderenfalls wäre die betreffende (Planungs-)Entscheidung wegen Ermessensunterschreitung rechtswidrig. 84
78
Schmidt-Aßmann, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg. § 1 Rdnr. 307a.
79
Damit soll Schmidt-Aßmann allerdings nicht unterstellt werden, er lehne die Konstruktion der "planerischen Gestaltungsfreiheit" ab. Das Gegenteil ist der Fall, vgl. a. a. O.. Rdnr. 307: "Das Abwägungsgebot . . . bestätigt die im Planungsauftrag liegende planerische Gestaltungsfreiheit." 80
Daß die Anforderungen des 4. Senats an Prognose-Genauigkeit und Alternativplanung
eher geringer werden, wurde oben (5. Kap. III.) bereits aufgezeigt. 81
BVerwG. U. v. 27. 7. 90 - N V w Z 1991. 781/784.
82 Das Verständnis, die Nutzung eines Spielraums als Verpflichtung aufzufassen, klingt bei Schuppert (in: Richter/Schuppert. S. 298) an. wenn er formuliert, daß die Planfeststellungsbehörde durch die Linienbestimmung nach § 16 FStrG "nicht von ihrer planerischen Gestaltungsfreiheit entbunden" werde. Die Passage aus dem "B-42-Urteir (BVerwG. U. v. 14. 2. 75 - E 48. 56/60), auf die Schuppert sich bezieht, gibt jedoch für eine solche Interpretation nichts her. 83
Dargestellt oben 1. Kap. I. 1.
84
Vgl. BVerwG. U. v. 13. 12. 63 - E 15. 196/199: U. v. 28. 2. 75 - E 48. 81/84.
6. Kap. Die "planerische Gestaltungsfreiheit": Funktion und Alternative
I I I . Das Verhältnis zwischen "Gestaltungsspieiraum" und "Rechtfertigung" Während der Gestaltungsspieiraum Erlaubnis und Verpflichtung für den Vorgang der Planung darstellt, besteht das Rechtfertigungserfordernis für deren Ergebnis. 85 Das Ausnutzen der vorhandenen Spielräume ist ein Instrument, dessen Anwendung eine planerische Entscheidung ermöglicht, die ihrerseits das Übermaßverbot einhält. Denn insbesondere dem Grundsatz der Erforderlichkeit kann nur durch optimierte Planung Genüge geleistet werden, durch eine Planung also, bei der im Sinne der Eingriffsminimierung der Gestaltungsspieiraum ausgeschöpft wurde. Wo ein "objektives" Optimum nicht bestimmbar, wo also das Wertigkeitsverhältnis der konkurrierenden Rechtsgüter wed«· aus Verfassungs- noch aus sonstigen Normen herzuleiten ist, 8 6 darf und muß gewichtet werden. Der Abwägungs- wie allgemein der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz steht dem nicht entgegen, sondern läßt Gewichtung ausdrücklich z u . 8 7 Der Gestaltungsspieiraum als Mittel zur Planungsoptimierung hat dann allerdings bereits "sein Soll erfüllt". Die Bewertung der verschiedenen Planungsalternativen, in die auch (offenzulegende!) politische "Zielvorgaben und Weichenstellungen" einfließen können, 88 liegt auf der Ebene der (rechtfertigungsbedürftigen) Planungsentscheidung.
IV· Das Problem einer möglichen Kompetenzverschiebung Wenn hier die allgemein anerkannte "Gestaltungsfireiheit" in Frage gestellt wird (und darüber hinaus strengere Anforderungen an die Planrechtfertigung verlangt werden), so könnte dies Kritiker auf den Plan rufen, die eine Verla-
45
Zur Differenzierung zwischen den beiden Bereichen vgl. oben 1. Kap. Π. 1.
86
Zu den Schwierigkeiten einer solchen Objektivierung vgl. Gassner, DVB1 1981, S. 6 f.,
und Kühling, Fachplanungsrecht. Rdnr. 231. &
Dazu oben 5. Kap. IV. 1.
ω
Vgl. BayV G H , B. v. 30. 3. 84 - BayVBl 1984, 592.
132
6. Kap. Die "planerische Gestaltungsfreiheit": Funktion und Alternative
gerung der planungsrechtlichen Entscheidungskompetenz (und damit womöglich auch der Gestaltungsfreiheit) auf die Judikative befürchten. 89 L Kompetenz des Gesetzgebers Nicht zuletzt die Rechtsprechung selbst verwahrt sich dagegen, etwa "Leitentscheidungen in dem Spannungsfeld des Naturschutzes und der Landschaftspflege einerseits und des Straßenverkehrsinteresses andererseits zu treffen" 90 . Dies sei vielmehr Sache des parlamentarischen Gesetzgebers, während die Gerichte dessen verkehrspolitische Vorgaben hinzunehmen hätten. 91 Klarzustellen ist jedoch, daß es hier nicht darum geht, die Befugnis zur politischen Weichenstellung (insbesondere in Gestalt des Fernstraßenausbaugesetzes einschließlich des Bedarfsplans) durch die Legislative zu beschneiden. Ein solches Unterfangen würde wohl auch an der Kompetenzzuweisung in Art. 74 Nr. 22 GG scheitern. 2. Kontrolle der Verwaltung Worum es indessen geht, ist zum einen die rechtliche Bindung und Kontrolle der Exekutive. Die Planfeststellungsbehörden sind es ja, denen im herkömmlichen Planungsrecht die Gestaltungsfreiheit zugestanden wird. Daß aber für die vollziehende Gewalt eine strikte Rechtfertigungspflicht gefordert wird, die der verwaltungsgerichtlichen Kontrolle untersteht, wird jedenfalls unter dem Gesichtspunkt der Gewaltenteilung keine Bedenken hervorrufen. Dem Bundesverwaltungsgericht kann auch zugestimmt werden, wenn es betont, daß es "nicht Aufgabe der gerichtlichen Kontrollinstanzen (ist), durch eigene Ermittlungen ersatzweise zu planen" 92 . Aufgabe dieser Kontrollinstan#9
Eine anders gelagerte Kompetenzverschiebung, nämlich vom Parlament zur Exekutive,
sieht Maurer (Allgemeines Verwaltungsrecht. § 16. Rdnr. 12) als grundsätzliches Problem der Planung. 90 BVerwG. B. v. 14. 8. 89 - 4 Β 53.89 -, S. 4 (nicht veröffentlicht): ähnlich argumentiert der BayV G H (B. v. 24. 1. 92 - BayVBl 1992. 692/695). der den "anerkannten Rahmen des politisch-administrativen Gestaltungsspielraums" noch gewahrt sieht, wenn trotz erheblicher ökologischer Auswirkungen den Verkehrsbelangen der Vorzug gegeben wird. 91
BVerwG. ebenda: allgemeiner zur Entscheidungsprärogative des Gesetzgebers (und auch
der Regierung) die "Kalkar"-Entscheidung des BVerfG, B. v. 8. 8. 78 - E 49. 89/90 (LS 4), 131. 92
BVerwG. U. v. 27. 7. 90 - N V w Z 1991. 781/784.
IV. Das Problem einer möglichen Kompetenzverschiebung
133
zen muß es jedoch sein, über die Einhaltung der an die Planung zu stellenden rechtsstaatlichen Anforderungen zu wachen. J. Aufgabe der Rechtsprechung Des weiteren besteht ein letztlich von den Gerichten zu deckender "normativer Orientierungsbedarf" 93 auch dort, wo der Gesetzgeber durch Fernstraßenausbau-, Bundesfernstraßen- und Naturschutzgesetz seine Leitentscheidungen vorgegeben hat. Dieser Bedarf ergibt sich zunächst aus der Lückenhaftigkeit der gesetzlichen Regelungen94. Hinzu kommt die Lösungsbedürftigkeit von Widersprüchen, die bei der Konkretisierung normativer Wertungen entstehen. Beispielsweise kann die Verwirklichung eines vom Fernstraßenausbaugesetz (i. V. mit dem Bedarfsplan) vorgesehenen Projektes mit der in § 1 BNatSchG zum Ausdruck kommenden gesetzgeberischen Wertung in Konflikt stehen. Wo im Einzelfall die Überwindung solcher Gegensätze durch die Exekutive nicht von den maßgeblich Beteiligten akzeptiert wird, ist im Planfeststellungsrecht ebenso wie in anderen Verwaltungszweigen die Gerichtsbarkeit zur Entscheidung berufen. In diesem Sinne wird auch das Bundesverwaltungsgericht zu verstehen sein, wenn es einräumt, daß ungeachtet der zunächst hervorgehobenen Prärogative des Gesetzgebers die konkrete Abwägung der im Einzelfall beteiligten Interessen "gesetzlich nicht weiter gesteuert" ist. 9 5 Eine ähnliche, auf der Ebene der Planrechtfertigung ausgesprochene Relativierung der legislativen "Autorität" findet sich bereits in einer der Entscheidungen zur Bundesstraße 16, wo es heißt, die Bedarfsplanung des Fernstraßenausbaugesetzes reiche nicht hin, um eine konkrete Straßenplanung zu rechtfertigen 96. Es soll nicht übergangen werden, daß die zuletzt erwähnten Ausführungen des Bundesverwaltungsgerichts für neuere Planungen (unter der Geltung des novellierten § 1 FStrAbG) nicht mehr "passen". Um so deutlicher ist jedoch die andere genannte Entscheidung in diesem Zusammenhang hervorzuheben. Auch dort wird (vor der Änderung von § 1 FStrAbG) schon betont, das Ge93
Winter
(ZRP 1987. S. 428) verwendet diesen Begriff für die an die Rechtsprechung zu
richtenden Erwartungen bei der Bewertung technischer Risiken, also in einem mit der hier untersuchten Problematik verwandten Bereich. *
Dazu oben 1. Kap. I. 2.
95
BVerwG. B. v. 14. 8. 89 - 4 Β 53.89
96
BVerwG. U. v. 22. 3. 85 - E 71. 166/169.
9 Tzschaschel
S. 5.
134
6. Kap. Die "planerische Gestaltungsfreiheit": Funktion und Alternative
rieht müsse die "von dem Gesetzgeber getroffene verkehrspolitische Leitentscheidung . . . hinnehmen"; gleichwohl sei auch die Rechtsprechung dazu berufen, im Einzelfall die widerstreitenden Interessen zu gewichten.97 Insofern hat die neue Rechtslage keine grundlegende Änderung bewirkt. 4. Schlußbcmerkung Wenn also mit der in dieser Arbeit geäußerten Kritik an der herrschenden Abwägungsdogmatik der "Verlust an rechtsstaatlicher Klarheit" 98 beklagt wurde, dann impliziert dies eben nicht eine Stärkung der politischen Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers99. Gestärkt werden sollen letztlich vielmehr - ohne die exekutive Ebene zu verlassen - diejenigen von der Planung betroffenen Belange, deren Gewicht bei der Abwägung allzu leicht unterbewertet werden kann. Festzuhalten bleibt: Die Ablehnung der bisherigen "planerischen Gestaltungsfreiheit", verbunden mit einer Verschärfung des Rechtfertigungspostulats, könnte sicherlich zu einer Verschiebung von Planungskompetenzen auf die gerichtlichen Kontrollinstanzen führen. Damit würde das Fachplanungsrecht ein Stück weit aus seiner Sonderstellung gegenüber dem übrigen Verwaltungsrecht heraustreten. Es ergäbe sich jedoch keine Erweiterung judikativer Befugnisse zu Lasten der gesetzgebenden Gewalt. Schließlich sei noch darauf hingewiesen, daß die Kompetenz der politischen Instanzen, die Richtung der Verkehrspolitik zu bestimmen, hier grundsätzlich nicht in Frage gestellt wird. Bezogen auf eine abstraktere Ebene in der Entscheidungshierarchie, ist zu ergänzen: "Wer in der verfaßten Demokratie etwas verändern will, muß über das Bewußtsein der Menschen gehen." 100 Dazu muß "geistige Überzeugungsarbeit" geleistet werden, 101 für die aber unter anderem durchaus juristische Instrumente zur Verfügung stehen. Dabei ist es legitim, wenn dieses juristische Instrumentarium in dem von Verfassung und Gesetzgeber vorgegebenen Rahmen gelegentlich auch als Korrektiv der Verkehrspolitik erscheint. Auf diese Weise könnte ein entsprechend gestaltetes 97
BVerwG, B. v. 14. 8. 89 - 4 Β 53.89 -, S. 4.
98
So die Formulierung von Schulze-Fielitz
(JURA 1992. S. 208), der diese Sorge selbst al-
lerdings nicht teilt. 99
Dies ist wiederum die Schlußfolgerung von Schulze-Fielitz.
100
Spiegier. Umweltbewußtsein und Umweltrecht. S. 12 f.
ιοί Ebenda.
ebenda.
IV. Das Problem einer möglichen Kompetenzverschiebung
Planungsrecht in seinem Bereich durchaus zur Bewußtseinsentwicklung, möglich sogar zur Bewußtseinsveränderung beitragen.
Zusammenfassung 1. Die final strukturierten Planungsnormen sind durch eine prinzipiell geringere Regelungsdichte gekennzeichnet. Das notwendige Regelungsminimum ist im Fernstraßenplanungsrecht jedoch vorhanden. In Wechselbeziehung zu diesem Normgefüge steht die planerische Handlungsform, die vom Plan als ihrem Produkt zu unterscheiden ist. Letzterer stellt weder eine einheitliche noch eine eigenständige Kategorie dar. In der Form der Planfeststellung erlangt er eine herausragende Bedeutung. Demgegenüber zeichnet sich der Planungsvorgang dadurch aus, daß er der Verwaltung ein vergleichsweise hohes Maß an schöpferischer Eigeninitiative abverlangt. Die Spezialkodifikation des Fernstraßengesetzes ist einseitig auf den Straßenbau ausgerichtet und zudem in der zentralen Vorschrift des § 17 Abs. 2 mißverständlich abgefaßt. Eine gewisse Korrektur wird hier allerdings durch die einschlägigen Verwaltungsrichtlinien erzielt. Zusätzliche Belastungen insbesondere für ökologische Belange entstehen im Anwendungsbereich des Beschleunigungsgesetzes. Eine Ausdehnung dieses Gesetzes erscheint nur in bezug auf die räumliche Anwendbarkeit vertretbar. Zu einer weiteren wichtigen Straßenplanungsnorm ist § 1 Fernstraßenausbaugesetz geworden. Durch die Novellierung dieser Vorschrift erhalten Zielkonformität und Bedarf nach den jeweiligen Feststellungen des Bedarfsplans Bindungswirkung. Daraus folgt jedoch kein Leerlaufen der Planrechtfertigungsprüfung. Für die Fachplanung von Bedeutung ist schließlich die naturschutzrechtliche Eingriffsregelung, die auch im Bereich des Fernstraßengesetzes anzuwenden ist. Sie verleiht allerdings aufgrund ihrer inhaltlichen Gestaltung den Belangen des Natur- und Landschaftsschutzes keine hinreichende Durchsetzungskraft.
2. Grundlage für das Erfordernis einer Planrechtfertigung ist zunächst die Beeinträchtigung privater Rechte, in erster Linie durch Enteignung benötigter
Zusammenfassung
137
Grundstücke sowie durch Immissionen bei Anliegergrundstücken, woraus Gesundheitsschäden der Bewohner und Wertverluste der jeweiligen Immobilien resultieren können. Daneben sind jedoch zahlreiche sonstige Dritte von Immissionen ebenso betroffen wie von straßenbaubedingten Strukturveränderungen. Wirkungszusammenhänge bestehen zwischen verbessertem Straßenangebot einerseits und einer Vermehrung des Individualverkehrs sowie der Verschlechterung sonstiger Infrastrukturen andererseits. Es liegen dabei Elemente von multidimensionalen Eingriffen vor, auch wenn im Einzelfall die Schwelle der Grundrechtsverletzung nicht überschritten ist. Verwirklicht wird der Eingriffsakt nicht erst beim Bau des jeweiligen Vorhabens, sondern bereits mit der Planfeststellung. Ein solcher Eingriffsakt bedarf - unabhängig von der jeweiligen Planform - der Rechtfertigung, was von der Rechtsprechung (nur) mit den Einwirkungen auf das Eigentum begründet wird. Unter den von der Straßenplanung betroffenen öffentlichen Belangen treten der Landschaftsverbrauch und die Emissionserhöhung hervor. Beide Güter lassen eine Kompensation verursachter Schäden nicht zu. Gleichwohl werden sie von den eigentlichen Fachplanungsnormen vernachlässigt. Einen angemessenen Rechtsschutz gegen die Planfeststellung würde die Verbandsklage ermöglichen, wogegen die Mitverfolgung öffentlicher Belange durch private Kläger kaum Wirkung zeigt. Die Gemeinden wären eigentlich legitimiert, in der Fachplanung die gebündelten Interessen ihrer Bürger wahrzunehmen, werden aber von der Rechtsprechung auf die Geltendmachung ihrer Planungshoheit beschränkt. Restriktiv verhält sich die Rechtsprechung auch in der Frage der Sperrgrundstücke, wo die gemeinwohlorientierte Motivation der Kläger zur Verringerung des Abwägungsgewichts führen soll. Von besonderer Bedeutung ist, daß das Rechtfertigungserfordernis im Straßenplanungsrecht vom Bundesverwaltungsgericht ausschließlich auf die Einschränkung privater Eigentümerrechte gestützt wird. Danach können ökologische Belange erst auf der Ebene der Abwägung zur Geltung kommen.
3. Es erscheint praktikabel, die Fachplanung (und die mit ihr zusammenhängenden Rechtfertigungsfragen) auf drei verschiedenen Stufen zu untersuchen, wobei Planung an sich im Rahmen der jeweiligen Sachkompetenz mitlegitimiert ist. Planerische Aktivitäten auf der parlamentarischen Stufe sind nicht prinzipiell unzulässig. Ihre Konkretisierung in Gestalt des verbindlichen Bedarfsplans
138
Zusammenfassung
begegnet jedoch verfassungsrechtlichen Zweifeln im Hinblick auf die Gewaltenteilung und den Rechtsschutz. Die Linienbestimmung auf der zweiten Stufe entfaltet zwar eine erhebliche Bindungswirkung, wird aber von der Rechtsprechung als nicht anfechtbare Vorentscheidung behandelt. Demgegenüber wäre ein effektiver (Primär-) Rechtsschutz gegen die Linienbestimmung nicht nur verfassungsrechtlich geboten, sondern in Form der Feststellungsklage auch einfachgesetzlich möglich.
4. Die Rechtfertigung wird von der Rechtsprechung nicht als Voraussetzung für planerische Eingriffe verstanden, sondern als zweite von vier Schranken der "im übrigen umfassenden Gestaltungsfreiheit". Als Rechtfertigungsmaßstab gelten bei der Fernstraßenplanung primär die Ziele des Bundesfernstraßengesetzes. Vereinzelt ziehen die Gerichte aber auch strukturpolitische und ökologische Gründe für die Rechtfertigung heran. Dagegen finden solche Argumente bislang keinen Eingang in die Begründung der Rechtfertigungsbedürftigkeit. Diese wird allein auf das Eigentumsgrundrecht gestützt; dessen Beeinträchtigung ist jedoch mit der Erfüllung straßenrechtlicher Ziel vorgaben nicht hinreichend gerechtfertigt. Den Rechtfertigungsaspekt der Erforderlichkeit behandelt das Bundesverwaltungsgericht als bloße Plausibilitätskontrolle im Hinblick darauf, ob für ein Vorhaben ein Bedürfnis besteht bzw. ob es "vernünftigerweise geboten" ist. In der Literatur wird infolgedessen die Entbehrlichkeit der Rechtfertigungsprüfung erwogen. Belange, die einem Verkehrsprojekt entgegenstehen können, bilden zu einem kleinen Teil als gesetzliche Planungsleitsätze die (praktisch unbedeutende) dritte Planungsschranke. Wesentliche umweltschutzrechtliche Normen werden von der Rechtsprechung allerdings nicht als Leitsätze anerkannt. Als wichtigste Planungsschranke wird das Abwägungsgebot angesehen, bei dem die gerichtliche Kontrolle sowohl den Vorgang als auch das Ergebnis umfaßt. Systemfremd wäre auf der Abwägungsebene der absolute Vorrang bestimmter Belange; dagegen können gesetzliche Optimierungsgebote die Abwägung beeinflussen. Eine strenge rechtliche Bindung wird durch das Abwägungsgebot insbesondere deshalb nicht erzeugt, weil dieses als bloße Schranke der "planerischen Gestaltungsfreiheit" zugleich selbst einen solchen Freiraum
Zusammen fassung
139
beinhaltet. Die Konzentration der rechtlichen Prüfung auf die Abwägung und deren Übergewicht im Verhältnis zur Rechtfertigung
ist abzulehnen.
5. Anders als nach dem Ansatz des Bundesverwaltungsgerichts sollte im Zentrum der Planungskontrolle die Eingriffsrechtfertigung nach Maßgabe des Übermaßverbots stehen. Bei der Frage nach der Geeignetheit einer Straßenbaumaßnahme dürfen die kontraproduktiven Effekte nicht außer acht gelassen werden. Besonders die Probleme der Verkehrserzeugung und der Austrocknung öffentlicher Verkehrsmittel sind hier zu berücksichtigen. Die wichtige zweite Prüfungsstation, die Erforderlichkeit, darf sich nicht in einer Bedürfniskontrolle erschöpfen, zumal sich dieser Aspekt nach § 1 Abs. 2 FStrAbG n. F. nunmehr der Überprüfung entzieht. Prüfungsgrundlage muß eine möglichst umfassende Ermittlung von Kapazitäts- und Bedarfsdaten sein, wobei das Instrument der Kosten-Nutzen-Analyse unverzichtbar ist. Die Frage der Erforderlichkeit sollte nicht nach Maßgabe straßenrechtlicher Zielsetzungen beantwortet werden, sondern mit Blick auf mögliche mildere Mittel im Einzel fall. Die Entwicklung solcher Planungsalternativen ist nicht erst dann geboten, wenn diese sich "aufdrängen ". Inhaltlich kommen zunächst Abstriche bei der Dimensionierung sowie alternative Trassenführungen in Betracht. Zu erwägen sind aber auch die Verlagerung von Verkehrsleistungen auf öffentliche Verkehrsträger, Möglichkeiten der Verkehrslenkung und die Verkehrseindämmung durch bedarfsreduzierende Maßnahmen. Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit i. e. S. figuriert im Planungsrecht sachgerecht als Abwägungsgebot. Die sich dabei ergebende Einbeziehung öffentlicher Belange ist sinnvoll. Keine nennenswerten Vorteile wären für das Fachplanungsrecht vom Grundsatz der Rücksichtnahme zu erwarten.
6. Die zunächst als "Planungsermessen" bezeichnete planerische Gestaltungsfreiheit wurde vom Bundesverwaltungsgericht aus der Befugnis zur Planung abgeleitet, ohne daß dies allerdings dogmatisch überzeugend begründet wurde.
140
Zusammen fassung
Die planungstypische Ausgangslage ist dadurch gekennzeichnet, daß ein (Verkehrs-)Problem auftritt, dessen Lösung mit divergierenden öffentlichen und privaten Interessen in Einklang zu bringen ist. Die notwendige Optimierung dieser Aufgabe führt zu einem Gestaltungsauftrag an die Planungsbehörde. Darin liegt eine Verpflichtung, nicht jedoch eine gestalterische Freiheit. Eine solche Gestaltungsfreiheit kann lediglich in dem Bereich anerkannt werden, in dem kommunale Selbstverwaltungsträger ihre Planungshoheit ausüben. Die Pflicht zur optimalen Gestaltung muß unter anderem auf Abstimmung zwischen den verschiedenen Verkehrsträgern und sonstigen Behörden gerichtet sein. Sie darf nicht durch Sachzwänge, wie sie insbesondere aus der Abschnittbildung beim Straßenbau resultieren, unterlaufen werden. Der Alternativbegriff des Gestaltungsspielraums soll im Gegensatz zur gestalterischen Freiheit ein Pflichtpotential unter Einbeziehung von Planungsalternativen kennzeichnen. Er gilt für den Vorgang der Planung, wogegen deren Ergebnis, das auch der Gewichtung zugänglich ist, dem Rechtfertigungserfordernis unterliegt. Durch die in dieser Arbeit hevorgehobenen Wertungen werden Kompetenzen nicht grundsätzlich in Frage gestellt. Es sollen jedoch zum einen die Rechtsbindungen der Exekutive deutlicher hervortreten. Zum anderen gehört es zu den der gerichtlichen Kontrolle zugänglichen Verwaltungsaufgaben, Schwerpunkte zwischen gegenläufigen legislativen Entscheidungen zu setzen. Gewisse Korrekturen der Verkehrspolitik können darin impliziert sein.
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