Kreditgewährung im europäischen Mehrwertsteuersystem: Eine interdisziplinäre Auseinandersetzung mit der geltenden Mehrwertsteuerbefreiung und etwaigen Reformoptionen 9783504387716

Eine interdisziplinäre Auseinandersetzung mit der geltenden Mehrwertsteuerbefreiung und etwaigen Reformoptionen

169 62 2MB

German Pages 340 [338] Year 2022

Report DMCA / Copyright

DOWNLOAD PDF FILE

Recommend Papers

Kreditgewährung im europäischen Mehrwertsteuersystem: Eine interdisziplinäre Auseinandersetzung mit der geltenden Mehrwertsteuerbefreiung und etwaigen Reformoptionen
 9783504387716

  • 0 0 0
  • Like this paper and download? You can publish your own PDF file online for free in a few minutes! Sign Up
File loading please wait...
Citation preview

Julia Kamps Kreditgewährung im europäischen Mehrwertsteuersystem

Schriften zum Umsatzsteuerrecht Band 35

Herausgegeben vom UmsatzsteuerForum e.V. – Vereinigung zur wissenschaftlichen Pflege des Umsatzsteuerrechts –

Kreditgewährung im europäischen Mehrwertsteuersystem Eine interdisziplinäre Auseinandersetzung mit der geltenden Mehrwertsteuerbefreiung und etwaigen Reformoptionen

von

Dr. Julia Kamps Borken

2021

Erstgutachter: Prof. Dr. Joachim Englisch Zweitgutachter: Prof. Dr. Marcel Krumm Dekan: Prof. Dr. Matthias Casper Tag der mündlichen Prüfung: 14. Juni 2021 Zugleich: Münster (Westf.), Univ., Diss. der Rechtswissenschaftlichen Fakultät, 2021

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Verlag Dr. Otto Schmidt KG Gustav-Heinemann-Ufer 58, 50968 Köln Tel. 02 21/9 37 38-01, Fax 02 21/9 37 38-943 [email protected] www.otto-schmidt.de ISBN 978-3-504-62235-0 ©2021 by Verlag Dr. Otto Schmidt KG, Köln Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung, die nicht ausdrücklich vom Urheberrechtsgesetz zugelassen ist, bedarf der vorherigen Zustimmung des Verlages. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Bearbeitungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Das verwendete Papier ist aus chlorfrei gebleichten Rohstoffen hergestellt, holz- und säurefrei, alterungsbeständig und umweltfreundlich. Einbandgestaltung: Lichtenford, Mettmann Druck und Verarbeitung: Stückle, Ettenheim Printed in Germany

Vorwort Die vorliegende Arbeit wurde im Wintersemester 2020/2021 von der rechtswissenschaftlichen Fakultät der Westfälischen Wilhelms-Universität zu Münster als Dissertation angenommen. Es wurden Literatur, Rechtsprechung und Gesetzeslage bis zum November 2020 berücksichtigt. An erster Stelle möchte ich mich sehr herzlich bei meinem Doktorvater Herrn Prof. Dr. Joachim Englisch bedanken, der durch seine wertvollen Anregungen wesentlich zum Entstehen dieser Arbeit beigetragen und mir die Tätigkeit als wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Steuerrecht ermöglicht hat. Für die rasche Erstellung des Zweitgutachtens sowie die Mitwirkung an der Disputation möchte ich mit zudem sehr herzlich bei Herrn Prof. Dr. Marcel Krumm bedanken. Für die gemeinsame Zeit am Institut für Steuerrecht und die jahrelange, hervorragende Zusammenarbeit möchte ich insbesondere Arno Görlitz, Jan Luis Lemli, Till Krummel und Frau Mechthild Rövekamp danken. Zuletzt möchte ich mich bei meiner Familie, vor allem meinem Mann und meiner Schwester für den bedingungslosen Zuspruch und die unglaubliche Unterstützung während der Zeit der Entstehung dieser Arbeit bedanken. Ihnen möchte ich diese Arbeit widmen. Borken, im September 2021

Julia Kamps

V

Inhalt Seite Vorwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . V Abbildungsverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . XI Anlagenverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . XIII Abkürzungsverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . XV

Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 A. Kreditgewährung im geltenden Mehrwertsteuersystem . . . . . . 9 I. Einführender Überblick über die geltende Rechtslage . . . . . . . . 9 II. Die grundlegenden Anforderungen an die Ausgestaltung des ­europäischen Mehrwertsteuersystems . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13 1. Grundprinzipien des europäischen Mehrwertsteuerrechts . 13 a) Die Forderung der Gleichmäßigkeit der Lastenverteilung 15 aa) Allgemeiner Gleichheitssatz, Art. 20 EU-GrCh . . . . . 15 bb) Ableitung bereichsspezifischer Konkretisierungen . . 16 b) Der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz . . . . . . . . . . . . . . . . . 31 c) Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 36 2. Finanzwissenschaftliche Anforderungen an ein rationales ­Steuersystem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37 a) Historische Entwicklung der Besteuerungsgrundsätze . . . 37 b) Einzelne Anforderungen an ein rationales Steuersystem . 39 aa) Wirtschaftliche Effizienz qua Neutralität der Besteuerung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 39 bb) Verwaltungstechnische Einfachheit der Besteuerung 43 cc) Flexibilität der Besteuerung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 45 dd) Transparenz der Besteuerung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 46 ee) Ergänzende Forderung einer gerechten Besteuerung . 47 3. Verhältnis primärrechtlicher und finanzwissenschaftlicher ­Anforderungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 49 III. Besteuerungswürdigkeit der Kreditgewährungsleistung im ­europäischen Mehrwertsteuersystem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 50 1. Die mehrwertsteuerliche Kreditgewährungsleistung . . . . . . 51 a) Kapitalüberlassung als Leistung des Kreditgebers . . . . . . 52 VII

 Inhalt

b) Kreditzinszahlungen als typisches Leistungsentgelt . . . . 54 2. Überprüfung der Besteuerungswürdigkeit . . . . . . . . . . . . . . 56 a) Überprüfung anhand des Konzepts der Konsumleistungs­ fähigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 56 aa) Auseinandersetzung mit dem nationalen Streitstand 56 bb) Konkretisierung des konsumtiven Aspekts der Vermögens­verwendung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 59 cc) Zusammenfassung der Erkenntnisse . . . . . . . . . . . . . 66 b) Überprüfung anhand der Forderung der Allokationsneutralität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 67 aa) Die Kreditgewährungsleistung aus ökonomischer ­Perspektive . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 68 bb) Wahrung der intertemporalen Neutralität . . . . . . . . . 72 cc) Zusammenfassung der Erkenntnisse . . . . . . . . . . . . . 89 c) Abschließende Festhaltungen zur Besteuerungswürdigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 89 IV. Mehrwertsteuerbefreiung der Kreditgewährung . . . . . . . . . . . . 90 1. Rechtfertigung der Mehrwertsteuerbefreiung . . . . . . . . . . . . 90 a) Vereinfachungszweck . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 91 b) Sozialzweck . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 96 c) Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 103 2. Ausgestaltung der Mehrwertsteuerbefreiung . . . . . . . . . . . . . 103 a) Anwendungsbereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 103 b) Ausschluss des Vorsteuerabzugsrechts . . . . . . . . . . . . . . . 106 3. Folgen der Mehrwertsteuerbefreiung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 108 a) Folgen bei konsumtiver Kreditinanspruchnahme . . . . . . . 109 aa) Abweichungen von den primärrechtlichen ­Besteuerungsprinzipien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 109 bb) Abweichungen von den Maßgaben einer rationalen ­Besteuerung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 115 b) Folgen bei unternehmerischer Kreditinanspruchnahme . 117 aa) Abweichungen von den primärrechtlichen Besteuerungsprinzipien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 117 bb) Abweichungen von den Maßgaben einer rationalen ­Besteuerung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 122 c) Folgen für den Kreditgeber . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 124 aa) Komplexität der Steueranwendung . . . . . . . . . . . . . . 124 bb) Erhöhung der Steuerbefolgungskosten . . . . . . . . . . . . 131 cc) Verzerrung unternehmerischer Entscheidungen . . . . 132 d) Folgen für die Steuerverwaltung und das Steueraufkommen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 137 aa) Erhöhung der Steuererhebungskosten . . . . . . . . . . . . 138 VIII

Inhalt

bb) Negative Aufkommenswirkung . . . . . . . . . . . . . . . . . 138 cc) Risiko der Ausdehnung der Steuerbefreiungsvorschrift 141 e) Folgen im grenzüberschreitenden Kontext . . . . . . . . . . . . 141 aa) Verzerrungswirkungen bei innergemeinschaftlichen ­Fallgestaltungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 142 bb) Verzerrungswirkungen bei Fallgestaltungen mit ­Drittlandsbezug . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 145 f) Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 147 4. Auswirkungen des Optionsrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 150 V. Zusammenfassung der geltenden Rechtslage . . . . . . . . . . . . . . . 156

B. Die Mehrwertbesteuerung der Kreditgewährung im  internationalen Vergleich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 159 I. Die Nullsatzbesteuerung der Kreditgewährung . . . . . . . . . . . . . 160 1. Darlegung des Besteuerungsansatzes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 160 a) Die allgemeine Regelungskonzeption . . . . . . . . . . . . . . . . 160 b) Die konkrete Ausgestaltung in Neuseeland . . . . . . . . . . . 161 2. Bewertung des Besteuerungsansatzes . . . . . . . . . . . . . . . . . . 164 a) Bewertung der vollständigen Nullsatzbesteuerung . . . . . 164 b) Bewertung der eingeschränkten Nullsatzbesteuerung . . . 168 II. Die Steuerbefreiung der Kreditgewährung mit anteiligem ­Vorsteuerabzugsrecht des Kreditgebers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 171 1. Darlegung des Besteuerungsansatzes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 172 a) Die allgemeine Regelungskonzeption . . . . . . . . . . . . . . . . 172 b) Die konkrete Ausgestaltung in Australien . . . . . . . . . . . . 173 c) Die konkrete Ausgestaltung in Singapur . . . . . . . . . . . . . 176 2. Bewertung des Besteuerungsansatzes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 179 a) Bewertung der allgemeinen Regelungskonzeption . . . . . 179 b) Bewertung der konkreten Ausgestaltung in Australien . . 181 c) Bewertung der konkreten Ausgestaltung in Singapur . . . . 183 III. Die Besteuerung nur expliziter Leistungsentgelte . . . . . . . . . . 186 1. Darlegung des Besteuerungsansatzes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 186 a) Die allgemeine Regelungskonzeption . . . . . . . . . . . . . . . . 186 b) Die konkrete Ausgestaltung in Südafrika . . . . . . . . . . . . . 187 2. Bewertung des Besteuerungsansatzes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 189 IV. Die Besteuerung der gesamten Kreditzinszahlungen . . . . . . . . . 191 1. Darlegung des Besteuerungsansatzes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 191 a) Die allgemeine Regelungskonzeption . . . . . . . . . . . . . . . . 192 b) Die konkrete Ausgestaltung in Argentinien . . . . . . . . . . 193 c) Die konkrete Ausgestaltung in China . . . . . . . . . . . . . . . 195 IX

Inhalt

2. Bewertung des Besteuerungsansatzes . . . . . . . . . . . . . . . . . . 199 a) Bewertung der allgemeinen Regelungskonzeption . . . . . 200 b) Bewertung der konkreten Ausgestaltung in Argentinien . 202 c) Bewertung der konkreten Ausgestaltung in China . . . . . 203 V. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 204

C. Reformvorschläge zur Mehrwertbesteuerung der Kreditgewährung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 207 I. Der Reformvorschlag einer Cash-Flow-Besteuerung . . . . . . . . . 210 1. Die Ausgangskonzeption einer Cash-Flow-Besteuerung . . . . 211 a) Die Funktionsweise der Ausgangskonzeption . . . . . . . . . 211 b) Die Vorzüge der Ausgangskonzeption . . . . . . . . . . . . . . . 217 c) Die Mängel der Ausgangskonzeption . . . . . . . . . . . . . . . . 219 2. Die Cash-Flow-Besteuerung mit Steuerverrechnungskonto 223 a) Die Funktionsweise der ersten Abwandlung . . . . . . . . . . . 223 b) Die Vorzüge der ersten Abwandlung . . . . . . . . . . . . . . . . . 229 c) Die Schwierigkeiten der ersten Abwandlung . . . . . . . . . . 231 aa) Verzinsung des Steuerverrechnungskontos . . . . . . . . 231 bb) Anpassung der Verzinsung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 235 cc) Steuerbefolgungsaufwand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 238 3. Die verkürzte Cash-Flow-Besteuerung . . . . . . . . . . . . . . . . . 240 a) Die Funktionsweise der zweiten Abwandlung . . . . . . . . . 240 b) Bewertung der zweiten Abwandlung . . . . . . . . . . . . . . . . . 241 4. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 245 II. Ergänzender Reformvorschlag zur Mehrwertbesteuerung der Kreditgewährung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 247 1. Die grundlegende Konzeption des Reformvorschlags . . . . . . 247 2. Die Mehrwertbesteuerung der Kreditgewährung in der Niedrigzinsphase . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 251 Schlussbetrachtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 255 Anlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 261 Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 281 Weitere Nachweise . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 313 Stichwortverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 319 X

Abbildungsverzeichnis Seite Abbildung 1: Struktur der Kreditgewährungsleistung . . . . . . . . 52 Abbildung 2: Leistungsstruktur aus mehrwertsteuerrechtlicher Perspektive . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 52 Abbildung 3: Entgeltableitung Intermediationsleistung . . . . . . . 69 Abbildung 4: Entgeltaufspaltung Intermediationsleistung . . . . . 70 Abbildung 5: Entgelt Einlageleistung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 71 Abbildung 6: Entgelt Kreditgewährungsleistung . . . . . . . . . . . . . 72 Abbildung 7: Steuerverrechnungskonto Finanzinstitut – ­Einlageleistung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 226 Abbildung 8: Steuerverrechnungskonto Finanzinstitut – ­Kreditgewährungsleistung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 227 Abbildung 9: Steuerverrechnungskonto Leistungsempfänger . . 228

XI

Anlagenverzeichnis Seite Anlage 1:

Herleitung der optimalen intertemporalen Konsumgüterallokation sowie der entsprechenden Grenzrate der Substitution im Besteuerungsfall (Besteuerungsfall 1): . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 261

Anlage 2:

Herleitung der optimalen intertemporalen Konsumgüterallokation sowie der entsprechenden Grenzrate der Substitution bei Besteuerung auch der Reinzinszahlungen (Besteuerungsfall 2): . . . . . . . . . . . . . . . . . . 262

Anlage 3:

Herleitung der optimalen intertemporalen Konsumgüterallokation sowie der entsprechenden Grenzrate der Substitution bei Nichtbesteuerung (Nichtsteuerfall 1): . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 263

Anlage 4:

Herleitung der optimalen intertemporalen Konsumgüterallokation sowie der entsprechenden Grenzrate der Substitution bei Besteuerung auch expliziter Leistungsentgelte (Besteuerungsfall 3): . . . . . . . . . . . 264

Anlage 5:

Herleitung der optimalen intertemporalen Konsumgüterallokation sowie der entsprechenden Grenzrate der Substitution bei Besteuerung auch expliziter ­Leistungsentgelte und der Zinsspanne (Besteuerungsfall 4): . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 265

Anlage 6:

Herleitung der optimalen intertemporalen Konsumgüterallokation sowie der entsprechenden Grenzrate der Substitution bei Nichtbesteuerung ausgehend von einer umgeformten intertemporalen Budget­ gleichung (Nichtsteuerfall 2): . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 266

Anlage 7:

Herleitung der optimalen intertemporalen Konsumgüterallokation sowie der entsprechenden Grenzrate der Substitution bei Besteuerung auch expliziter Leistungsentgelte und der Zinsspanne ausgehend von ­einer umgeformten intertemporalen Budget­ gleichung (Besteuerungsfall 5): . . . . . . . . . . . . . . . . . . 267

Anlage 8:

Cash-Flow-Besteuerung in ihrer Ausgangskonzeption bei konsumtivem Bezug der Einlage- und Kreditgewährungsleistung: . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 268 XIII

Anlagenverzeichnis

Anlage 9:

Cash-Flow-Besteuerung in ihrer Ausgangskonzeption bei vorsteuerabzugsberechtigendem Bezug der Einlage- und Kreditgewährungsleistung: . . . . . . . . . . . . . . 270

Anlage 10: Cash-Flow-Besteuerung in ihrer Ausgangskonzeption bei vorsteuerabzugsberechtigendem Bezug der Ein­lageleistung und konsumtivem Bezug der Kredit­ gewährungsleistung: . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 272 Anlage 11: Cash-Flow-Besteuerung in ihrer Ausgangskonzeption bei grenzüberschreitender Einlageleistung und konsumtivem Bezug der Kreditgewährungsleistung: . . . 274 Anlage 12: Cash-Flow-Besteuerung mit Steuerverrechnungs­ konto bei Einführung: . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 276 Anlage 13: Cash-Flow-Besteuerung mit Steuerverrechnungs­ konto bei Steuersatzänderung: . . . . . . . . . . . . . . . . . . 278

XIV

Abkürzungsverzeichnis aA. ABl.

anderer Auffassung Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften / Europäischen Union Abs.  Absatz AEUV Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union aF. alter Fassung ARG Argentinien Art. Artikel Aug. August AUS Australien BB Betriebs-Berater (Zeitschrift) Begr. Begründer BFH Bundesfinanzhof BFH/NV Sammlung amtlich nicht veröffentlichter Entscheidungen des Bundesfinanzhofs BFHE Sammlung der Entscheidungen des Bundesfinanzhofs BGB Bürgerliches Gesetzbuch BGBl. I Bundesgesetzblatt Teil I BKR Zeitschrift für Bank- und Kapitalmarktrecht (Zeitschrift) BMF Bundesfinanzministerium bspw. beispielsweise ­BStBl. I Bundessteuerblatt Teil I ­BStBl. II Bundessteuerblatt Teil II BVerfG Bundesverfassungsgericht BVerfGE Sammlung der Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts BVerwG Bundesverwaltungsgericht bzw. beziehungsweise D.C. District of Columbia DB Der Betrieb (Zeitschrift) ders. derselbe Dev. Devision Dez. Dezember DStJG Veröffentlichungen der Deutschen Steuerjuristischen Gesellschaft DStR Deutsches Steuerrecht (Zeitschrift) XV

Abkürzungsverzeichnis

DStZ

Deutsche Steuer-Zeitung (Zeitschrift)

ebd. ebenda EG Europäische Gemeinschaft EGMR Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte EGV Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft ehem. ehemalige EL Ergänzungslieferung EMRK(-ZP) Europäische Menschenrechtskonvention (Zusatzprotokolle) engl. englisch EU Europäische Union EU-GrCh Charta der Grundrechte der Europäischen Union EuGH Europäischer Gerichtshof EuR Europarecht (Zeitschrift) Euribor Euro Interbank Offered Rate EUV Vertrag über die Europäische Union EuZW Europäische Zeitschrift für Wirtschaftsrecht (Zeitschrift) EWG Europäische Wirtschaftsgemeinschaft EWS Europäisches Wirtschafts- und Steuerrecht (Zeitschrift) f. folgende FAT Finanzaktivitätssteuer ff. und die folgenden FG Finanzgericht Fn.  Fußnote Fortf. Fortführer FR Finanz-Rundschau (Zeitschrift) FS Festschrift FTT Finanztransaktionssteuer GA Generalanwalt gem. gemäß GG Grundgesetz ggf. gegebenenfalls GST Goods and Services Tax Hrsg. Herausgeber IBFD IFA XVI

International Bureau of Fiscal Documentation International Fiscal Association

Abkürzungsverzeichnis

ifst IRAS iS. iSd. IStR iVm.

Institut Finanzen und Steuern Inland Revenue Authority of Singapore im Sinn im Sinn der/des Internationales Steuerrecht (Zeitschrift) in Verbindung mit

Jan. Januar kA. keine Angabe Kap. Kapitel KWG Gesetz über das Kreditwesen lit. littera MEX Mexiko mwN. mit weiteren Nachweisen MwStR Mehrwertsteuerrecht (Zeitschrift) MwStSystRL Mehrwertsteuersystemrichtlinie MwStVO Durchführungsverordnung zur Mehrwertsteuersystemrichtlinie Nov. November Nr.  Nummer nv. nicht veröffentlicht NVwZ Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht (Zeitschrift) NZL Neuseeland OECD

Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung Okt. Oktober Reg. Regulation RFH Reichsfinanzhof Rs.  Rechtssache RStBl. Reichssteuerblatt Rz.  Randziffer S. Seite s.  siehe Sec. Section XVII

Abkürzungsverzeichnis

Sept. September SGP Singapur sog. sogenannte(s/r) StuW Steuer und Wirtschaft (Zeitschrift) u. und u. Nb. unter der Nebenbedingung U.S.  United States ua. und andere / unter anderem UR Umsatzsteuer-Rundschau (Zeitschrift) Urt. Urteil USt Umsatzsteuer UStAE Umsatzsteuer-Anwendungserlass UStG Umsatzsteuergesetz UVR Umsatzsteuer- und Verkehrsteuer-Recht (Zeitschrift) v. va. VAT vgl. Vol.

vom vor allem Value A ­ dded Tax vergleiche Volume

WM

Wertpapier-Mitteilungen (Zeitschrift)

ZAF Südafrika zB. zum Beispiel ZfZ Zeitschrift für Zölle und Verbrauchsteuern (Zeitschrift) ZP Zusatzprotokoll zzgl. zuzüglich

XVIII

Einführung Finanzmärkte und die dort gehandelten Finanzdienstleistungen sind ein wesentliches Element einer jeden Volkswirtschaft.1 Nicht nur im europäischen Mehrwertsteuersystem ist die Mehrzahl der Leistungen, welche auf den Finanzmärkten erbracht werden, gleichwohl von der Mehrwertbesteuerung befreit, weil die Mehrwertbesteuerung der Leistungen va. wegen ihrer Eigenart und der einhergehenden Schwierigkeiten im Zusammenhang mit der Ermittlung der Steuerbemessungsgrundlage weitgehend für nicht praktikabel umsetzbar gehalten wird. Auch die Kreditgewährungsleistung ist aufgrund der angegebenen Erwägungen von der Mehrwertbesteuerung befreit. Mit der nationalen Regelung des § 4 Nr. 8 lit. a, Fall 1 UStG wird diesbezüglich der verbindlichen Vorgabe aus Art. 135 I lit. b, Fall 1 MwStSystRL entsprochen. Nach Art. 1 II MwStSystRL ist die europäische Mehrwertsteuer eine allgemeine Verbrauchsteuer. Steuerliche Leistungsfähigkeit indizierender Anknüpfungspunkt der Mehrwertbesteuerung sind die geldwerten Aufwendungen, die ein Verbraucher zu Zwecken eines konsumtiven Leistungsbezugs tätigt. Entsprechend ist die Steuerbemessungsgrundlage im Ausgangspunkt das Leistungsentgelt, welches der Leistungsempfänger zum Erhalt der Leistung aufbringt. Wesentlich zur Erreichung einer sachgerechten Mehrwertsteuerbelastung ist im europäischen Mehrwertsteuersystem somit, dass das Leistungsentgelt der einzelnen Leistung ermittelt werden kann. Ebendiese notwendige Ermittlung einzelner Leistungsentgelte zeigt sich bezüglich der Kreditgewährungsleistung, wegen der monetär geprägten Leistungsbeziehungen, erheblich erschwert.2 Aus ökonomischer Perspektive wird die Kreditgewährungsleistung durch ein Finanzinstitut als Vermittlungs- bzw. Intermediationsleistung zwi-

1 Ebenso Europäische Kommission, KOM (2005) 629 endgültig, S. 5; Henkow, Financial Activities in European VAT, S. 1. Bereits im Jahr 2004 gab Zee an, dass in den Industrieländern durchschnittlich ein Viertel des jeweiligen Bruttoinlandsprodukts auf den Finanzdienstleistungssektor zurückzuführen sei, so Zee, Intertax 2004, 352 (352 ff.). Vergleiche diesbezüglich des Weiteren Merrill, in: Tax Analysts, The VAT Reader, S. 163 (S. 163); Zee, National Tax Journal 2005, 77 (77 f.); Huizinga, Economic Policy 2002, 499 (499 ff.). 2 S. zugleich zu entsprechenden Schwierigkeiten bei weiteren Finanzdienstleistungen, Zee, Intertax 2006, 458 (461); Huizinga, Economic Policy 2002, 499 (500); Kerrigan, International VAT Monitor 2010, 103 (105).

1

Einführung

schen Einlegern und Kreditnehmern verstanden.3 Das Finanzinstitut bringe im Rahmen des Einlage- und Kreditgeschäfts das Kapitalangebot der Einleger und die Kapitalnachfrage der Kreditnehmer zusammen und nehme somit eine Vermittlung zwischen Individuen mit verschiedenen intertemporalen Konsumpräferenzen vor.4 Diese Vermittlungsleistung enthalte sowohl Leistungselemente gegenüber den Einlegern als auch Leistungselemente gegenüber den Kreditnehmern. Als besteuerungswürdiges Entgelt der Vermittlungsleistung wird aus ökonomischer Perspektive überwiegend die Zinsspanne zwischen Kreditzinszahlungen und Einlagezinszahlungen erachtet, wobei eine Aufteilung der Zinsspanne in ein Leistungsentgelt des Kreditnehmers und ein Leistungsentgelt des Einlegers anhand der Verzinsung der reinen Kapitalüberlassung zu erfolgen habe.5 Zum Teil wird weitergehend eine Minderung der Zinsspanne um etwaige Risikozuschläge gefordert.6 Aus rechtlicher Perspektive ist die Kreditgewährung keine Vermittlungsleistung, sondern eine selbständige Leistung in Form einer zeitweisen Nutzungsüberlassung von Kapital.7 Trotz der divergenten Einordnung der Leistung, wird zum Teil ebenso die Kreditzinszahlung, abzüglich der Verzinsung der reinen Kapitalüberlassung oder weitergehend zudem abzüglich der Risikozuschläge, als besteuerungswürdiges Leistungsentgelt identifiziert.8 Zum Teil wird dementgegen das Vorliegen eines besteuerungswürdigen Leistungsentgelts im Fall der Kreditgewährungsleistung vollständig bestritten.9

3 S. Grubert/Krever, in: de la Feria, VAT Exemptions, S. 309 (S. 320); Kerrigan, International VAT Monitor 2010, 103 (105); Zee, Intertax 2006, 458 (458 f.). 4 Vergleiche hierzu und im Folgenden Poddar/English, National Tax Journal 1997, 89 (93); Henderson, New England Economic Review 1988, 37 (41); Hoffman/Poddar/ Whalley, National Tax Journal 1987, 547 (547). 5 So ua. Zee, Intertax 2006, 458 (462). Im Ergebnis ebenso zudem Grubert/Krever, in: de la Feria, VAT Exemptions, S. 309 (S. 324); van Brederode/Krever, in: van Brede­ rode/Krever, VAT and Financial Services, S. 15 (S. 18 f.). 6 S. Carroll/Viard, Tax Notes 2010, 1117 (1125); Auerbach/Gordon, American Economic Review 2002, 411 (414); Poddar/English, National Tax Journal 1997, 89 (91 f.); Hoffman, Canadian Tax Journal 1988, 1204 (1211); Hoffman/Poddar/Whalley, Na­ tional Tax Journal 1987, 547 (547). Ebenso zudem Merrill, in: Tax Analysts, The VAT Reader, S. 163 (S. 165). 7 Zur Einordnung der Kreditgewährungsleistung grundlegend EuGH, v. 11.7.1996, Rs. C-306/94 (Régie dauphinoise), ECLI:­EU:­C:­1996:290, Rz. 17. Ebenso bereits BFH, v. 19.3.1970, V R 137/69, ­­BStBl. II 1970, 602 (603); v. 8.3.1956, V 216/54 U, ­­BStBl. III 1956, 158 (158 f.). 8 Eingehend diesbezüglich im Folgenden S. 61 ff. 9 So Friedrich-Vache, Verbrauchsteuerkonforme Umsatzbesteuerung von Finanzdienstleistungen, S. 225. 

2

Einführung

Legt man die Meinung zugrunde, ein besteuerungswürdiges Leistungsentgelt wäre in einer der angesprochenen Formen gegeben, soll weiter die Mehrwertbesteuerung der Kreditgewährungsleistung im geltenden Mehrwertsteuersystem nicht verträglich umgesetzt werden können. Wie angeführt ist im europäischen Mehrwertsteuersystem eine Feststellung der einzelnen Leistungsentgelte zwingend geboten. Bezüglich der Kreditgewährung ist aber lediglich die Kreditverzinsung – und gerade nicht das Leistungsentgelt – erkennbar. Eine Ableitung des Leistungsentgelts aus der Kreditverzinsung soll aufgrund des mangelnden Wissens um die Reinverzinsung wie die Risikozuschläge nicht ohne erhebliche Schwierigkeiten möglich sein.10 Zuvörderst wegen ebendieser Schwierigkeiten ist die Kreditgewährungsleistung im europäischen Mehrwertsteuersystem, trotz erheblicher Kritik, unter Versagung des Vorsteuerabzugsrechts des Kreditgebers von der Mehrwertbesteuerung befreit. In der wissenschaftlichen Auseinandersetzung sind bereits vielgestaltige Mängel der geltenden Mehrwertsteuerbefreiung erkannt und aufgezeigt worden. So wird etwa dargetan, dass angesichts der stetigen Entwicklung neuartiger Formen von Finanzdienstleistungen erhebliche Auslegungsund Abgrenzungsschwierigkeiten bezüglich des Anwendungsbereichs der Mehrwertsteuerbefreiung bestünden.11 Mit diesen Auslegungs- und Abgrenzungsschwierigkeiten ergebe sich wiederrum ein Steuergestaltungs- und Steuervermeidungsrisiko. Zudem zeigten sich in der weiteren Folge erhöhte Steuererhebungskosten auf Seiten der Steuerverwaltung wie erhöhte Steuerbefolgungskosten auf Seiten der Steuerpflichtigen. Weiter sei die Mehrwertsteuerbelastung der Kreditgewährungsleistung in Anbetracht der Steuerbelastungskonzeption bei einem konsumtiven Leistungsbezug grundsätzlich zu gering.12 Im Fall eines unternehmerischen Leistungsbezugs liege indes wegen der Versagung des Vorsteuerabzugsrechts eine zu hohe Mehrwertsteuerbelastung vor.13 Mit der Überbe10 S. Henkow, Financial Activities in European VAT, S. 272; Zee, Intertax 2006, 458 (462); Huizinga, Economic Policy 2002, 499 (505). 11 S. hierzu und im Folgenden de la Feria, ec Tax Review 2007, 74 (81); zudem entsprechend de la Feria/Walpole, International and Comparative Law Quarterly 2009, 897 (907); Lejeune/Stevens/Killer, in: Lang/Melz/Kristoffersson, Value ­Added Tax and Direct Taxation, S. 673 (S. 685 f.). 12 S. Englisch, in: FS Bundesfinanzhof, S. 1491 (S. 1519); Heidemann, Die Umsatzsteuerbefreiungen von Finanzdienstleistungen, S. 38. 13 S. Englisch, in: FS Bundesfinanzhof, S. 1491 (S. 1519); Friedrich-Vache, Verbrauchsteuerkonforme Besteuerung von Finanzdienstleistungen, S. 48; Zee, Intertax 2006, 458 (463).

3

Einführung

steuerung des unternehmerischen Leistungsbezugs wären zugleich sog. Kaskadenwirkungen in Form einer Mehrwertbesteuerung der verbleibenden Vorsteuerbelastung möglich und wahrscheinlich.14 Ferner soll die Mehrwertsteuerbefreiung weitreichende Verzerrungen va. der unternehmerischen Entscheidungen des Kreditgebers sowie der privaten und unternehmerischen Kreditnachfrage verursachen, welche die Funktionsfähigkeit der Finanzmärkte grundlegend beeinträchtigen könnten.15 Bezüglich der Entscheidungen des Kreditgebers soll die Mehrwertsteuerbefreiung etwa aufgrund der Versagung des Vorsteuerabzugsrechts zur Eingliederung von Vorleistungen verleiten und so ökonomisch rationale Entscheidungen hemmen.16 Ebenso soll bezüglich der Kreditnachfrage ua. ein Anreiz zu einem Leistungsbezug aus dem Drittlandsgebiet bestehen, weil die Leistungen in Abweichung zu den Leistungen aus dem Inland oder einem Mitgliedstaat aufgrund der Ortsbestimmungs- und Vorsteuerabzugsregelungen gemeinhin keine endgültige Vorsteuervorbelastung tragen.17 Zumeist wird des Weiteren von einer Aufkommensminderung in Folge der Mehrwertsteuerbefreiung ausgegangen.18 Trotz der verbreitet reklamierten Mängel der geltenden Mehrwertsteuerbefreiung und der wiederholt bekundeten Reformbestrebungen ist bislang keine Änderung der Mehrwertbesteuerung der Kreditgewährungsleistung erfolgt. Eine Auseinandersetzung mit der Mehrwertbesteuerung der Kreditgewährungsleistung im europäischen Mehrwertsteuersystem ist weiterhin dringend geboten.

14 Vergleiche Friedrich-Vache, Verbrauchsteuerkonforme Besteuerung von Finanzdienstleistungen, S. 47; de la Feria, ec Tax Review 2007, 74 (78). 15 Vergleiche Gruber/Krever, in: de la Feria, VAT Exemptions, S. 309 (S. 326); Schenk/ Thuronyi/Cui, Value ­Added Tax, S. 362; Edgar, in: Krever/White, GST in Retrospect and Prospect, S. 131 (S. 134 f.). 16 S. Englisch, in: FS Bundesfinanzhof, S. 1491 (S. 1519); Schenk/Thuronyi/Cui, Value Added Tax, S. 362; Lejeune/Stevens/Killer, in: Lang/Melz/Kristoffersson, Value ­ ­­Added Tax and Direct Taxation, S. 673 (S. 682). 17 S. Friedrich-Vache, Verbrauchsteuerkonforme Besteuerung von Finanzdienstleistungen, S. 66; Edgar, in: Krever/White, GST in Retrospect and Prospect, S. 131 (S. 136). 18 S. Yilmaz/Baydur, VAT Treatment of the Financial Services, S. 43; Büttner/Erbe, International Tax and Public Finance 21 (2014), 1028; Huizinga, Economic Policy 2002, 499 (517 ff.); Genser/Winker, Finanzarchiv 54 (1997), 563.

4

Einführung

Zwar liegen bereits international wie national wissenschaftliche Monographien zur Mehrwertbesteuerung von Finanzdienstleistungen vor.19 Aufgrund der Ausrichtung der einzelnen Ausarbeitungen einerseits und gewisser Fortentwicklungen andererseits verbleibt aber ein erheblicher Forschungsbedarf: Zuvörderst ist va. in den nationalen Werken bislang nicht hinreichend abgeleitet worden, wieweit die Kreditzinszahlungen ein besteuerungswürdiges Leistungsentgelt abgeben. Eine grundlegende und interdisziplinäre Erörterung der Fragestellung ist jedoch zur Einordnung der geltenden Mehrwertsteuerbefreiung sowie etwaiger Reformoptionen zwingend notwendig. Ferner wurden bisher zumeist nur punktuell die Mehrwertsteuerbefreiung oder einzelne Reformvorschläge, allerdings sodann bezüglich sämtlicher Finanzdienstleistungen, besprochen.20 Aus einer Eingrenzung der Auseinandersetzung auf die Kreditgewährungsleistung und zugleich der Erörterung diverser Reformoptionen, va. der konkreten Erörterung abweichender Länderpraktiken und der vielversprechendsten Reformvorschläge, kann daher ein weitergehender Erkenntnisgewinn erreicht werden. Mit der Einführung einer allgemeinen Mehrwertbe­ steuerung von Finanzdienstleistungen in China mit Wirkung zum 1. Mai 2016, hat die Thematik zusätzlich an Aktualität gewonnen. Zudem ist die technologische Weiterentwicklung zu beachten. In der Vergangenheit ist bestimmten Reformvorschlägen zur Mehrwertbesteuerung der Kreditgewährungsleistung vorwiegend der vorausgesehene Steuerbefolgungs- und Steuererhebungsaufwand vorgehalten worden.21 Möglicherweise ist dieser Einwand gegenüber den Reformvorschlägen aber nicht länger gültig, weil durch die Nutzung von moderner Informa-

19 National: va. Friedrich-Vache, Verbrauchsteuerkonforme Besteuerung von Finanzdienstleistungen; Heidemann, Die Umsatzsteuerbefreiungen von Finanzdienst­ leistungen. Zudem Klinker, Einschränkungen des Rechts auf Vorsteuerabzug von Kreditinstituten infolge der Umsatzbesteuerung von Finanzinstituten; Schiller, Outsourcing im Finanzdienstleistungs- und Versicherungssektor; Weber, Umsatzbesteuerung von Finanzdienstleistungen der Banken und Finanzinstitute. Interna­ tional: va. Henkow, Financial Activities in European VAT; Bohn Jespersen, Inter­ mediation of insurance and financial services in European VAT. 20 So konzentriert sich Heidemann etwa auf die Rechtfertigung der Umsatzsteuerbefreiung und Friedrich-Vache auf die Erörterung der Cash-Flow-Methode. 21 Vergleiche bezugnehmend auf Europäische Kommission, Consultation Paper on Modernizing Value ­Added Tax Obligations for Financial Services and Insurances, S. 2 f., de la Feria/Lockwood, Fiscal Studies 2010, 171 (193).

5

Einführung

tionstechnologie eine hinreichende Aufwandsminderung erzielbar wäre.22 Im Folgenden soll daher der Forschungsfrage nachgegangen werden, ob eine Änderung oder Aufhebung der Mehrwertsteuerbefreiung der Kreditgewährungsleistung im europäischen Mehrwertsteuersystem geboten ist. Die Untersuchung der Forschungsfrage untergliedert sich in drei Abschnitte. Im ersten Abschnitt der Untersuchung werden nach einer kurzen Einführung in die geltende Rechtslage zunächst die Anforderungen besprochen, anhand derer die geltende Mehrwertsteuerbefreiung und etwaige Reformoptionen im Weiteren zu würdigen sind. Es werden die verbindlichen Vorgaben abgeleitet, die sich aus der systemtragenden Werteordnung der Europäischen Verträge hinsichtlich der Ausgestaltung des europäischen Mehrwertsteuersystems ergeben. Ferner werden auch die Anforderungen aufgezeigt, die ein rationales Steuersystem aus ökonomischer Perspektive verwirklichen muss. Die Einbeziehung der ökonomischen Erwägungen in die Untersuchung verspricht va. aufgrund der monetären Eigenart der Kreditgewährungsleistung und der mit der Kreditgewährungsleistung ermöglichten intertemporalen Konsumverschiebung einen weitergehenden Erkenntnisgewinn bezüglich der zugrundeliegenden Leistungsstruktur und der Folgen verschiedener mehrwertsteuerlicher Regelungsoptionen. Anhand der besprochenen Anforderungen wird sodann zuerst die Besteuerungswürdigkeit der Kreditgewährungsleistung überprüft. Anknüpfend an die gewonnenen Erkenntnisse werden die Rechtfertigung und die Folgen der geltenden Mehrwertsteuerbefreiung diskutiert. Im zweiten Abschnitt der Untersuchung werden verschiedene internationale Ansätze zur Mehrwertbesteuerung der Kreditgewährungsleistung rechtsvergleichend erörtert. Die Besteuerungsansätze werden erst in ihrer allgemeinen Regelungskonzeption und sodann in den konkreten Ausgestaltungen der verschiedenen Rechtsordnungen dargelegt und bewertet. Das Vorgehen ermöglicht politisch motivierte Einschränkungen und Abwandlungen der allgemeinen Regelungskonzeption zu erkennen und die Bewertung der Regelungskonzeptionen auch unter dem Aspekt der politischen Realisierbarkeit vorzunehmen.

22 Zur Notwendigkeit der erneuten Überprüfung Englisch, in: FS Bundesfinanzhof, S. 1491 (S. 1523). Zudem de la Feria/Ness, Canadian Tax Journal 2016, 373 (386); Englisch, in: de la Feria, VAT Exemptions, S. 37 (S. 75).

6

Einführung

Im dritten Abschnitt der Untersuchung werden weitere Reformoptionen behandelt. Es werden die verschiedenen Reformvorschläge einer Cash-­ Flow-Besteuerung, die zurecht als bislang vielversprechendste Reformvorschläge angesehen werden, dargestellt und einer kritischen Würdigung unterzogen. Zuletzt wird unter Einbeziehung der erzielten Erkenntnisse, insbesondere der Erkenntnisse aus der kritischen Würdigung der Cash-­ Flow-Besteuerung mit Steuerverrechnungskonto, ein ergänzender Reformvorschlag unterbreitet.

7

A.  Kreditgewährung im geltenden Mehrwertsteuersystem Im Folgenden wird die Kreditgewährung im geltenden Mehrwertsteuersystem betrachtet. Nach einem einführenden Überblick über die gel­ tende Rechtslage, werden zunächst die grundlegenden Anforderungen an die Ausgestaltung des europäischen Mehrwertsteuersystems aus der Perspektive der Steuerrechtswissenschaft und Finanzwissenschaft besprochen. Mit der Erläuterung der Grundprinzipien des europäischen Mehrwertsteuerrechts sowie der ökonomischen Anforderungen an ein rationales Steuersystem, wird das notwendige Fundament für die sodann folgende Prüfung der Besteuerungswürdigkeit der Kreditgewährung gegründet. Zuletzt wird unter Beachtung der erzielten Erkenntnisse die geltende Mehrwertsteuerbefreiung eingeordnet.

I. Einführender Überblick über die geltende Rechtslage Das nationale Umsatzsteuerrecht ist wesentlich durch unionsrechtliche Maßgaben determiniert.23 Hinsichtlich der Kreditgewährung verpflichtet Art. 135 I lit. b, Fall 1 MwStSystRL die Mitgliedstaaten zur Steuerbefreiung. Dieser Vorgabe wird auf nationaler Ebene durch die Regelung des § 4 Nr. 8 lit. a, Fall 1 UStG entsprochen. Nach § 4 Nr. 8 lit. a, Fall 1 UStG ist die „Gewährung von Krediten“24 von der Umsatzbesteuerung befreit. Unter der Gewährung eines Kredits wird diesbezüglich die zeitweise Nutzungsüberlassung von Kapital bzw. die sich aus der Kapitalüberlassung ergebende zeitweise Verschaffung von Kaufkraft verstanden.25 23 Die Grundlage für die unionsrechtliche Prägung des nationalen Umsatzsteuerrechts bildet der in Art. 113 AEUV (ex-Art. 93 EGV) kodifizierte Harmonisierungsauftrag. Demnach sind Rechtsvorschriften über die Umsatzsteuern innerhalb der EU zu harmonisieren, soweit diese Harmonisierung für die Errichtung und das Funktionieren des Binnenmarkts und die Vermeidung von Wettbewerbsverzerrungen notwendig ist. Zu den seit 1967 auf Grundlage des Harmonisierungsauftrags ergangenen Rechtsvorschriften im Bereich des Umsatzsteuerrechts, vgl. grundlegend Englisch, in: Tipke/Lang, Steuerrecht, § 17 Rz. 6 f. Im Folgenden von Relevanz sind va. die Mehrwertsteuersystemrichtlinie sowie ergänzend die Mehrwertsteuerdurchführungsverordnung. 24 So der genaue Wortlaut der nationalen sowie der unionsrechtlichen Bestimmung. 25 S. grundlegend EuGH, v. 11.7.1996, Rs. C-306/94 (Régie dauphinoise), ECLI: EU:C:1996:290, Rz. 17. Entsprechend bereits BFH, v. 19.3.1970, V R 137/69, ­­BStBl. II 1970, 602 (603); weniger eindeutig noch BFH, v. 8.3.1956, V 216/54 U, ­­BStBl. III 1956, 158 (158 f.). Zum Aspekt der Verschaffung von Kaufkraft s. BFH, v. 21.7.1988, V R 201/83, BFHE 154, 261 (263 f.); zudem Philipowski, in: Rau/Dürr-

9

A.  Kreditgewährung im geltenden Mehrwertsteuersystem

Nach der allgemeinen Mehrwertsteuerrechtsdogmatik ist einer Auseinandersetzung mit der Steuerbefreiung der Kreditgewährung, die Frage der Steuerbarkeit der Leistung vorgelagert. Aufgrund der Ausrichtung der Forschungsfrage auf die Mehrwertsteuerbefreiung und etwaige Reform­ optionen, sollen die zum Teil streitbefangenen Fragen der Steuerbarkeit der Kreditgewährungsleistung nachfolgend soweit wie möglich ausgeklammert werden. Es ist jedoch notwendig anzumerken, dass keine steuerbare Leistung vorliegt, wenn die Kreditgewährung bspw. durch einen Nichtunternehmer oder unentgeltlich erfolgt.26 Zu beachten diesbezüglich ist, dass nach verbreiteter Auffassung das Unterhalten von Spar- und Girokonten allein keine Unternehmereigenschaft begründen soll.27 Mangels steuerbarer Leistung, komme es daher in den Fällen der Kapitaleinlage durch Privatpersonen auf die Steuerbefreiungsvorschrift regelmäßig bereits nicht mehr an. Sofern eine steuerbare Leistung anzunehmen ist, bestimmt sich die Steuerbefreiung der Kreditgewährung allein anhand der Merkmale der Leistung.28 Auf subjektive Merkmale des Leistenden kommt es hingegen nicht an. Insbesondere ist die Steuerbefreiung nicht auf die Kreditgewährung durch Kreditinstitute beschränkt.29 Erfasst von der Steuerbefreiungsvorschrift sind alle Ausgestaltungen des von einem Unternehmer bewirkten Kapitalkredits gegen Entgelt – unabhängig von dem Zweck sowie der konkreten Ausgestaltung der Nutzungsüberlassung.30 Dinglich gesicherte, zweckgebundene Geldkredite über feste Kreditsummen, wie ua. regelmäßig im Fall von fremdfinanwächter, EL März 2019, § 4 Nr. 8, Rz. 32; Friedrich-Vache, Verbrauchsteuerkonforme Umsatzbesteuerung von Finanzdienstleistungen, S. 25. 26 Vergleiche Wäger, in: Sölch/Ringleb, EL Sept. 2019, § 4 Nr. 8, Rz. 88; Philipowski, in: Rau/Dürrwächter, EL März 2019, § 4 Nr. 8, Rz. 17. 27 Vergleiche BFH, v. 1.2.1973, V R 2/70, B ­ StBl. II 1973, 172; Wäger, in: Sölch/Ringleb, EL Sept. 2019, § 4 Nr. 8, Rz. 1; Philipowski, in: Rau/Dürrwächter, EL März 2019, § 4 Nr. 8, Rz. 46. S. zudem EuGH, v. 14.11.2000, Rs. C-142/99 (Floridienne und Berginvest), ECLI:­EU:­C:­2000:623, Rz.  28. 28 Vergleiche EuGH, v. 19.4.2007, Rs. C-455/05 (Velvet&Steel), ECLI:EU:C:2007:232, Rz. 22; v. 5.6.1997, Rs. C-2/95 (SDC), ECLI:­EU:­C:­1997:278, Rz. 32. Zu objektiven Steuerbefreiungen im Allgemeinen, Englisch, in: Tipke/Lang, Steuerrecht, § 17 Rz. 195.  29 S. EuGH, v. 19.4.2007, Rs. C-455/05 (Velvet&Steel), ECLI:­EU:­C:­2007:232, Rz.  22; v. 5.6.1997, Rs. C-2/95 (SDC), ECLI:­ EU:­ C:­ 1997:278, Rz. 33 f.; v. 27.10.1993, Rs. C-281/91 (Muys’ en de Winter’s), ECLI:­EU:­C:­1993:855, Rz.  13; Wäger, in: Sölch/ Ringleb, EL Sept. 2019, § 4 Nr. 8, Rz. 25 f.; Philipowski, in: Rau/Dürrwächter, EL März 2019, § 4 Nr. 8, Rz. 1.  30 S. Wäger, in: Sölch/Ringleb, EL Sept. 2019, § 4 Nr. 8, Rz. 91; Philipowski, in: Rau/ Dürrwächter, EL März 2019, § 4 Nr. 8, Rz. 45.

10

I.  Einführender Überblick über die geltende Rechtslage

zierten Anschaffungen zu finden, liegen dementsprechend ebenso im Anwendungsbereich, wie die zumeist vollkommen variablen Kontokorrentkredite.31 Da die Nutzungsüberlassung von Kapital nicht zwangsläufig die Übertragung von Kapital voraussetzt, kann des Weiteren der im Zusammenhang mit einer Warenlieferung gewährte, sog. Warenkredit nach § 4 Nr. 8 lit. a, Fall 1 UStG von der Umsatzbesteuerung befreit sein.32 Erforderlich ist nach der allgemeinen Mehrwertsteuerrechtsdogmatik aber, dass die Kreditgewährung als selbständige Leistung neben der meist steuerpflichtigen Warenlieferung eingeordnet werden kann.33 Mangels Kapitalüberlassung fällt die Gewährung eines Sachdarlehens hingegen nicht in den Anwendungsbereich der Steuerbefreiungsvorschrift.34 Die Steuerbefreiungsvorschrift umfasst, sofern der Anwendungsbereich eröffnet ist, nicht nur die entgeltliche Kapitalüberlassung, sondern zugleich mit dieser in Zusammenhang stehende, unselbständige Nebenleistungen.35 Von der Mehrwertbesteuerung befreit sind daher ua. Informations- und Beratungsleistungen, die der Kreditgeber im Rahmen des Kreditvergabeprozesses erbringt.36 Neben dem Befreiungstatbestand selbst, sind insbesondere dessen unmittelbare Auswirkungen auf das Vorsteuerabzugsrecht zu beachten. 31 Ausführlich diesbezüglich Philipowski, in: Rau/Dürrwächter, EL März 2019, § 4 Nr. 8, Rz. 45. Zudem S. 103 ff. 32 So in Bezug auf ein Abzahlungsgeschäft iSd. § 1a Abzahlungsgesetz bereits, BFH v. 18.12.1980, V B 24/80, ­BStBl. II 1981, 197 (200). Vergleiche des Weiteren Wäger, in: Sölch/Ringleb, EL Sept. 2019, § 4 Nr. 8, Rz. 98 ff.; Philipowski, in: Rau/Dürrwächter, EL März 2019, § 4 Nr. 8, Rz. 114. 33 Die Abgrenzung ist nicht nur auf sog. Warenkredite begrenzt, sondern immer dann fraglich, wenn die Kreditgewährung mit einer Lieferung oder sonstigen Leistung verbunden ist. Allein der oftmals naturgemäß bestehende Zusammenhang zwischen der Lieferung oder sonstigen Leistung und der Kreditgewährung kann die ­Eigenständigkeit der Kreditgewährung nicht verhindern. Vielmehr muss eine umfassende und einzelfallbezogene Würdigung der Gesamtumstände erfolgen. Zur geänderten Verwaltungsauffassung s. Abschnitt 3.11 UStAE. Vergleiche zudem EuGH, v. 17.01.2013, Rs. C-224/11 (BGZ Leasing), ECLI:EU:C:2013:15; BFH, v. 13.3.2013, XI R 24/11, ­BStBl. II 2017, 1147. 34 S. Philipowski, in: Rau/Dürrwächter, EL März 2019, § 4 Nr. 8, Rz. 118; Wäger, in: Sölch/Ringleb, EL Sept. 2019, § 4 Nr. 8, Rz. 91. 35 Vergleiche Huschens, in: Schwarz/Widmann/Radeisen, EL April 2017, § 4 Nr. 8, Rz. 47. 36 S. BFH, v. 6.9.2007, V R 14/06, BFH/NV 2008, 624 (625 f.), allerdings zum vergleichbaren Fall der Kreditvermittlung; v. 9.7.1970, V R 32/70, B ­ StBl. II 1970, 645 (647 f.); Philipowski, in: Rau/Dürrwächter, EL März 2019, § 4 Nr. 8, Rz. 81; Handzik, in: Offerhaus/Söhn/Lange, EL Jan. 2017, § 4 Nr. 8, Rz. 30.

11

A.  Kreditgewährung im geltenden Mehrwertsteuersystem

Nach § 15 II 1 Nr. 1, IV UStG geht die Erbringung der steuerfreien Kreditgewährung grundsätzlich mit der (anteiligen) Versagung des Vorsteuer­ abzugs hinsichtlich der zur Ausführung der steuerfreien Kreditgewährung verwendeten Eingangsleistungen einher.37 Im grenzüberschreitenden Kontext ist ferner § 15 II 1 Nr. 2, IV UStG zu bedenken, wonach der Vorsteuerabzug (anteilig) verwehrt wird, wenn die Auslandsumsätze, wären sie Inlandsumsätze, der Befreiungsvorschrift unterfallen würden. Von dieser grundsätzlichen Versagung des Vorsteuerabzugs im Fall der steuerfreien Kreditgewährung sieht § 15 III UStG jedoch zwei Ausnahmen vor.38 Zum einen ist das Recht zum Vorsteuerabzug nach § 15 III Nr. 1 lit. b UStG in den Fällen des § 15 II 1 Nr. 1 UStG dann nicht ausgeschlossen, wenn sich der nach § 4 Nr. 8 lit. a UStG steuerfreie Umsatz unmittelbar auf Gegenstände bezieht, die in das Drittlandsgebiet ausgeführt werden. Zum anderen kommt es nach § 15 II 1 Nr. 2 UStG dann nicht zu einem Ausschluss, wenn der Leistungsempfänger der Kreditgewährung im Drittlandsgebiet ansässig ist oder sofern sich die Kreditgewährung unmittelbar auf Gegenstände bezieht, die in das Drittlandsgebiet ausgeführt werden, § 15 III Nr. 2 lit. b UStG. Die Rückausnahmen des § 15 III Nr. 1 lit. b, Nr. 2 lit. b UStG sollen vor allem verhindern, dass Leistungen europäischer Finanzdienstleister im Gegensatz zu Leistungen von Drittlandsanbietern mit nicht abzugsfähiger Vorsteuer belastet und damit im internationalen Wettbewerb womöglich weniger konkurrenzfähig sind.39 Zu einem Ausschluss des Vorsteuerabzugs kommt es zudem nicht, wenn der Unternehmer auf die Steuerbefreiung nach § 9 I UStG verzichtet.40 Das Optionsrecht nach § 9 I UStG setzt dabei voraus, dass der Umsatz – die Kreditgewährung – an einen Unternehmer für dessen Unternehmen 37 Vergleiche hierzu und im Folgenden Englisch, in: Tipke/Lang, Steuerrecht, § 17 Rz. 206 ff., Rz. 345 ff. Zu den besonderen Schwierigkeiten hinsichtlich der Aufteilung der Vorsteuern im Fall der gemischten Verwendung s. S. 106 ff., 132 ff. Die Versagung des Vorsteuerabzugs nach § 15 II UStG sowie die im Folgenden dargestellten Ausnahmen nach § 15 III UStG betreffen nicht nur die Kreditgewährung, sondern auch andere steuerfreie Leistungen. Aufgrund der Ausrichtung der Bearbeitung wird hier aber nur auf die Kreditgewährung abgestellt. 38 Nicht nur die grundsätzliche Versagung des Vorsteuerabzugs nach § 15 II UStG, sondern genauso die Befreiungstatbestände des § 15 III UStG sind durch die Maßgaben der Art. 168, 169 MwStSystRL unionsrechtlich vorbestimmt. 39 Vergleiche Englisch, in: Tipke/Lang, Steuerrecht, § 17 Rz. 346. Zudem im Folgenden S. 106 ff., 145 ff. 40 Das Optionsrecht beruht auf Art. 137 MwStSystRL, der die Umsetzung des Op­ tionsrechts in das Ermessen der Mitgliedstaaten stellt. Eingehender diesbezüglich S. 150 ff.

12

II.  Die grundlegenden Anforderungen

ausgeführt wird. Durch das Optionsrecht soll eine tatsächliche, steuerliche Mehrbelastung innerhalb der unternehmerischen Leistungskette, die alleinige Konsequenz der Steuerbefreiung ist, verhindert werden.41

II. Die grundlegenden Anforderungen an die Ausgestaltung des europäischen Mehrwertsteuersystems Neben den Grundprinzipien des europäischen Mehrwertsteuerrechts, bilden die ökonomischen Anforderungen an ein rationales Steuersystem aufgrund des besonderen ökonomischen Einschlags der Thematik, die wesentlichen Leitlinien in der Auseinandersetzung mit der Mehrwertbesteuerung der Kreditgewährung. Eine vorangehende Erörterung der Leitlinien ist angezeigt. 1. Grundprinzipien des europäischen Mehrwertsteuerrechts Als Grundprinzipien des europäischen Mehrwertsteuerrechts sind die Prinzipien anzusehen, die sich aus der systemtragenden Werteordnung ergeben und somit die Ausgestaltung des europäischen Mehrwertsteuersystems in besonderer Weise prägen.42 Das europäische Mehrwertsteuerrecht hat seine Grundlage va. in der Mehrwertsteuersystemrichtlinie. Die Mehrwertsteuersystemrichtlinie ist ein sekundärrechtlicher Rechtsakt der Europäischen Union, welcher nach Art. 288 III AEUV allein für die Mitgliedstaaten hinsichtlich des zu erreichenden Ziels verbindlich ist und daher grundsätzlich einer Umsetzung durch nationale Rechtsvorschriften bedarf.43 Den konstitutionellen Rahmen bezüglich der Ausgestaltung sekundärrechtlicher Rechtsakte bildet das Primärrecht. Neben dem Recht der Europäischen Verträge sowie den allgemeinen Rechtsgrundsätzen, zählen die in der Europäischen Grundrechtecharta verbürgten Unionsgrundrechte zum Primärrecht.44

41 Vergleiche Englisch, in: Tipke/Lang, Steuerrecht, § 17 Rz. 230. 42 Entsprechend zu den systemtragenden Prinzipien auf nationaler Ebene, Hey, in: Tipke/Lang, Steuerrecht, § 3 Rz. 13.  43 Zu Richtlinien im Allgemeinen Ruffert, in: Callies/Ruffert, EUV/AEUV, Art. 288 AEUV, Rz. 23 ff.; Nettesheim, in: Grabitz/Hilf/Nettesheim, Das Recht der EU, EL Aug. 2012, Art. 288 AEUV, Rz. 104 ff.; Schroeder, in: Streinz, EUV/AEUV, Art. 288 AEUV, Rz. 52 ff. 44 Zum Begriff und zur konstitutionellen Bedeutung des Primärrechts s. Schroeder, in: Streinz, EUV/AEUV, Art. 288 AEUV, Rz. 17 f.; Nettesheim, in: Grabitz/Hilf/ Nettesheim, Das Recht der EU, EL Aug. 2012, Art. 288 AEUV, Rz. 27 f.; Ruffert, in: Calliess/Ruffert, EUV/AEUV, Art. 288 AEUV, Rz. 8 f.

13

A.  Kreditgewährung im geltenden Mehrwertsteuersystem

In Bezug auf die Ausgestaltung der Mehrwertbesteuerung ist va. der in Art. 20 EU-GrCh kodifizierte Gleichheitssatz zu beachten.45 Die se­ kundärrechtlichen Vorgaben zur Mehrwertbesteuerung, wie insbeson­ dere die Mehrwertsteuersystemrichtlinie, müssen den Gleichheitssatz respektieren.46 Ein Verstoß gegen den Rechtsgrundsatz führt zur Nichtigkeit der entsprechenden sekundärrechtlichen Regelung.47 Ferner sind ebenso die Mitgliedstaaten nach Art. 51 I EU-GrCh im Rahmen der mehrwertsteuerrechtlichen Rechtsetzung zur Achtung der Charta und somit zur Achtung ua. des unionsrechtlichen Gleichheitssatzes verpflichtet.48 Im Fall zwingender Richtlinienvorgaben, wie der Steuerbefreiung der Kreditgewährung, wirkt der unionsrechtliche Gleichheitsgrundsatz auf die nationale Umsetzung allerdings nur mittelbar über eine primärrechtskonforme Auslegung der Richtliniennorm ein.49 Nationale, verfassungsrechtliche Grundsätze finden im Fall zwingender Richtlinienvorgaben grundsätzlich keine Anwendung.50 Sie sind in Anerkennung des Vorrangs des Europarechts folglich nur noch soweit beachtlich, wie dem nationalen Rechtsetzer im Rahmen der Umsetzung der europarechtlichen Vorgaben ein Spielraum verbleibt.51 Aufgrund der bestehenden normativen Verdichtung auf europarechtlicher Ebene, kommt 45 Vergleiche Dobratz, UR 2014, 425 (427 f.); Krumm, ZfZ 2014, 281 (285 ff.). Ferner Engler, Steuerverfassungsrecht im Mehrebenensystem, S. 263 ff. Neben dem allgemeinen Gleichheitssatz soll im Folgenden auch der allgemeine Rechtsgrundsatz der Verhältnismäßigkeit betrachtet werden, s. S. 31 ff. 46 Zugleich ist zu berücksichtigen, dass Art. 20 EU-GrCh aber zum Teil auch durch die sekundärrechtlichen Regelungen bereichsspezifisch konkretisiert wird. 47 Vergleiche Schroeder, in: Streinz, EUV/AEUV, Art. 288 AEUV, Rz. 20; Englisch, in: Schön/Beck, Zukunftsfragen des Steuerrechts, S. 39 (S. 45 ff.). 48 S. eingehend diesbezüglich Kingreen, in: Calliess/Ruffert, EUV/AEUV, Art. 51 EUGrCh, Rz. 7 f.; Jarass, EU-GrCh, Art. 51, Rz. 16. 49 Vergleiche Englisch, in: Tipke/Lang, Steuerrecht, § 4 Rz. 36. Soweit den Mitgliedstaaten ein Umsetzungsspielraum verbleibt, sollen nach nicht unbestrittener Auffassung die allgemeinen Rechtsgrundsätze des Europarechts neben den nationalen Grundrechten unmittelbare Wirkung entfalten. So EuGH, v. 26.2.2013, Rs. C-617/10 (Åkerberg Fransson), ECLI:­ EU:­ C:­ 2013:15, Rz. 17 ff.; bestätigt durch EuGH, v. 16.5.2017, Rs. C-682/15 (Berlioz Investment Fund), ECLI:EU:C:2017:373, Rz. 32 ff.; v. 5.4.2017, Rs. C-217/15 ua. (Orsi ua.), ECLI:EU:C:2017:264, Rz. 16. Ferner Dobratz, UR 2014, 425 (426 f.). Abweichend indes BVerfG, v. 24.4.2013, 1 BvR 1215/07, BVerfGE 133, 267 (316); Kingreen, in: Calliess/Ruffert, EUV/AEUV, Art. 51 EU-GrCh, Rz. 12 ff. (mwN.). 50 So bereits EuGH, v. 17.12.1970, Rs. C-11/70 (Internationale Handelsgesellschaft), ECLI:­EU:­C:­1970:114, Rz. 3 f.; später ebenso BVerfG, v. 22.10.1986, 2 BvR 197/83, BVerfGE 73, 339. Speziell zum harmonisierten Steuerrecht, Englisch, in: Tipke/ Lang, Steuerrecht, § 4 Rz. 53; Krumm, ZfZ 2014, 281 (285 ff.). 51 Vergleiche Scholz, in: Maunz/Dürig, GG, EL Aug. 2019, Art. 23, Rz. 90. Steuerrechtsbezogen zudem Englisch, in: Weber, Traditional and Alternative Routes to

14

II.  Die grundlegenden Anforderungen

dem nationalen Verfassungsrecht bezüglich der Ausgestaltung der Mehrwertbesteuerung, letztlich keine wesentliche Bedeutung mehr zu. a) Die Forderung der Gleichmäßigkeit der Lastenverteilung Als hervorstechende Leitlinie bezüglich der Ausgestaltung des europäischen Mehrwertsteuersystems ist die Forderung der Gleichmäßigkeit der Lastenverteilung zu erkennen, welche dem allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 20 EU-GrCh entspringt. aa) Allgemeiner Gleichheitssatz, Art. 20 EU-GrCh Der allgemeine Gleichheitssatz normiert, dass alle Personen vor dem Gesetz gleich sind. Als Gleichbehandlungsgrundsatz gebietet er, dass vergleichbare Sachverhalte gleichbehandelt und nicht vergleichbare Sachverhalte nicht gleichbehandelt werden, wenn ein andersartiges Vorgehen nicht objektiv gerechtfertigt ist.52 Neben der Rechtsanwendungsgleichheit wird ebenso die Rechtsetzungsgleichheit verbürgt.53 Ein Vergleichsmaßstab ist dem Gleichbehandlungsgrundsatz allerdings nicht zu entnehmen. Es hat diesbezüglich vielmehr stets eine bereichsspezifische Konkretisierung zu erfolgen. In Ansehung der Steuererhebung ist der Gleichbehandlungsgrundsatz zuvörderst zu der Forderung einer gleichen Steuerbelastung vergleichbarer Sachverhalte zu präzisieren. Für die Ableitung der weiteren bereichs­ spezifischen Konkretisierung ist zu berücksichtigen, dass über den Gleichbehandlungsgrundsatz das konstitutionelle Verlangen nach einer gerechten Lastenverteilung abgesichert werden soll.54 Nur ein gerechter Vergleichsmaßstab kann in der Folge eine taugliche steuerrechtsbezogene Konkretisierung des Gleichbehandlungsgrundsatzes abgeben.

European Tax Integration, S. 231 (S. 231 ff.); ders., in: Tipke/Lang, Steuerrecht, § 4 Rz. 55.  52 S. in ständiger Rechtsprechung ebenso zum Folgenden EuGH, v. 7.3.2017, Rs. C-390/15 (RPO), ECLI:­ EU:­ C:­ 2017:174, Rz. 41. S. zugleich Jarass, EU-GrCh, Art. 20, Rz. 2; Englisch, in: Schaumburg/Englisch, Europäisches Steuerrecht, Kap. 12 Rz. 12.18 f. 53 Vergleiche Jarass, EU-GrCh, Art. 20, Rz. 3; Rossi, in: Calliess/Ruffert, EUV/ AEUV, Art. 20 EU-GrCh, Rz. 7 ff.; Hölscheidt, in: Meyer/Hölscheidt, EU-GrCh, Art. 20, Rz. 18. S. des Weiteren hierzu und im Folgenden Englisch, in: Schön/Beck, Zukunftsfragen des Steuerrechts, S. 39 (S. 57). 54 Vergleiche Englisch, in: Brokelind, Principles of Law, S. 439 (S. 448). Ferner grundlegend zum nationalen Verständnis Tipke, in: FS Vogel, S. 561 (S. 567 ff.).

15

A.  Kreditgewährung im geltenden Mehrwertsteuersystem

bb) Ableitung bereichsspezifischer Konkretisierungen Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs wird der Gleichbehandlungsgrundsatz im Mehrwertsteuerrecht vornehmlich durch das Neutralitätsprinzip konkretisiert.55 Zwar wurde wiederholt angemerkt, dass „der Grundsatz der Gleichbehandlung auf dem Gebiet der Steuern nicht mit dem Grundsatz der steuerlichen Neutralität deckungsgleich ist“56, realiter wurde in der Rechtsprechung bislang aber nahezu immer das Neutralitätsprinzip zur Konkretisierung herangezogen.57 Eine primäre Konkretisierung durch das Neutralitätsprinzip überzeugt indes bereits nicht, weil dem noch zu erörternden Neutralitätsprinzip keine Gerechtigkeitserwägungen bezüglich der Anknüpfung der Steuerbelastung an eine konsumtive Vermögensverwendung entnommen werden können.58 Im Fall von Fiskalzwecksteuern wie der Mehrwertsteuer,59 55 S. zuletzt ua. EuGH, v. 17.5.2018, Rs. C-566/16 (Vamos), ECLI:­EU:­C:­2018:321, Rz. 46; v. 26.10.2017, Rs. C-534/16 (BB construct), ECLI:­EU:­C:­2017:820, Rz.  29; v. 16.11.2017, Rs. C-308/16 (Kozuba Premium Selection), ECLI:EU:C:2017:869, Rz. 43; v. 14.7.2017, Rs. C-38/16 (Compass Contract Services), ECLI:­EU:­C:­2017:454, Rz. 24. Eingehender zum Neutralitätsprinzip, va. dessen Einordnung und Ausprägungen, sogleich S. 29 ff.  56 EuGH, v. 25.4.2013, Rs. C-480/10 (Kommission/Schweden), ECLI:­EU:­C:­2013:263, Rz. 18. Entsprechend ua. EuGH, v. 14.6.2017, Rs. C-38/16 (Compass Contract Services), ECLI:­EU:­C:­2017:454, Rz. 24; v. 7.3.2017, Rs. C-390/15, (RPO), ECLI:­EU:­ C:­2017:174, Rz. 37 ff. 57 S.  entsprechend Englisch, in: Schaumburg/Englisch, Europäisches Steuerrecht, Kap. 12 Rz. 12.22. Ausnahmsweise allerdings EuGH, v. 7.3.2017, Rs. C-390/15 (RPO), ECLI:­EU:­C:­2017:174, Rz. 37 ff. Vergleiche des Weiteren Wäger, DStR 2017, 2017. Zurecht kritisch bezüglich der regelungsakzessorischen Bestimmung des ­Vergleichsmaßstabs, Krieger, Unechte Umsatzsteuerbefreiungen im Unionsrecht, S. 335 ff. 58 Vergleiche Englisch, in: Tipke/Lang, Steuerrecht, § 17 Rz. 24 f.; ders., in: Lang/ Melz/Kristoffersson, VAT and Direct Taxation, S. 1 (S. 18 ff.); Spilker, BB 2017, 1758, (1760); aA. Ohlendorf, Grundrechte als Maßstab des Steuerrechts in der Europäischen Union, S. 234. Die Rechtsprechung lässt sich zwar durch die zunächst integrationspolitische Motivation erklären. Sie steht aber längst im Widerspruch zu der Weite der mehrwertsteuerrechtlichen Harmonisierung und der damit einhergehenden nahezu vollständigen Verdrängung der mitgliedstaatlichen Vorgaben bezüglich einer gerechten Steuerbelastung. Vergleiche diesbezüglich Englisch, in: Schön/ Beck, Zukunftsfragen des Steuerrechts, S. 39 (S. 60). Kritisch ebenso Kube, UR 2013, 489 (490); Häberle/Kotzur, Europäische Verfassungslehre, Rz. 1486. Zur ursprünglichen integrationspolitischen Motivation der Mehrwertsteuerharmonisierung s. Erwägung der Ersten Richtlinie des Rates, v. 11.4.1967 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuer, 97/227/EWG, ABl. P71, v. 14.4.1967, 1301. 59 Besonders deutlich auf nationaler Ebene BFH, v. 8.11.1972, II B 24/72, ­BStBl. II 1973, 94 (96): „Die meisten Verkehrsteuern einschließlich der Umsatzsteuer haben keinen tieferen Sinn als den, dem Staate Geld zu bringen.“

16

II.  Die grundlegenden Anforderungen

die einzig zur Erzielung von Einnahmen erhoben werden, muss aber zwingend zuvörderst ein sachgerechter Anknüpfungspunkt für die Steuerbelastung abgeleitet werden. Auch im europäischen Mehrwertsteuerrecht ist diesbezüglich womöglich das Leistungsfähigkeitsprinzip einschlägig. (1) Das Leistungsfähigkeitsprinzip als primäre Konkretisierung des Art. 20 EU-GrCh Das Leistungsfähigkeitsprinzip ist in vielen Rechtsordnungen als steuerrechtsbezogene Konkretisierung der Forderung einer gleichheitsgerechten Lastenverteilung anerkannt.60 Dagegen ist bislang nur vereinzelt eine Ableitung des Leistungsfähigkeitsprinzips als sachgerechtes Vergleichsprinzip iSd. primärrechtlichen Werteordnung und primärer Konkretisierung des Art. 20 EU-GrCh im Fall der Steuererhebung erwogen worden. (a) Nationales Verständnis des Leistungsfähigkeitsprinzips Das Leistungsfähigkeitsprinzip postuliert die steuerliche Lastenauferlegung entsprechend der steuerlichen Leistungsfähigkeit des Einzelnen.61 Nur, wenn und soweit dem Einzelnen steuerliche Leistungsfähigkeit zukommt, soll dieser Einzelne der Besteuerung unterworfen werden. Als steuerliche Leistungsfähigkeit wird dabei grundlegend die „Fähigkeit von Personen, Steuern aus dem gespeicherten Einkommen entsprechend der Höhe des disponiblen Einkommens zahlen zu können“62 bezeichnet. Die steuerliche Leistungsfähigkeit ihrerseits ist nicht offenkundig, sondern wird erst durch das Vermögen oder darauf bezogene Vorgänge indiziert. Neben dem Zuwachs von Vermögen, kann auch dessen Bestand sowie dessen Verwendung als Indiz steuerlicher Leistungsfähigkeit betrachtet werden.63 Im Fall der Mehrwertbesteuerung wird an die Leis-

60 Vergleiche Tipke, Die Steuerrechtsordnung, Band I, S. 479 ff.; ders., in: FS Vogel, S. 561 (S. 567 ff.). Eingehend des Weiteren Englisch, in: Brokelind, Principles of Law, S. 439 (S. 452 f.). 61 S. grundlegend Tipke, Die Steuerrechtsordnung, Band I, S. 479 ff.; Schaumburg, in: FS Reiß, S. 25 (S. 25 ff.). Vergleiche zu Zustand und Zukunft des Leistungsfähigkeitsprinzips zudem, F. Kirchhof, BB 2017, 662. 62 S. Tipke, Die Steuerrechtsordnung, Band I, S. 481.  63 Vergleiche Tipke, Die Steuerrechtsordnung, Band II, S. 981; Birk, Das Leistungsfähigkeitsprinzip als Maßstab der Steuernormen, S. 167; Hey, in: Tipke/Lang, Steuerrecht, § 3 Rz. 55 ff., 70 f.; Löhr, Das umsatzsteuerliche Optionsrecht für Vermietungsumsätze, S. 217 f.

17

A.  Kreditgewährung im geltenden Mehrwertsteuersystem

tungsfähigkeit, ausgedrückt durch eine konsumtive Vermögensverwendung, angeknüpft.64 Eine gleichmäßige Besteuerung iSd. Leistungsfähigkeitsprinzips verlangt grundsätzlich, dass bei gleicher Leistungsfähigkeit eine gleiche Steuerbelastung auferlegt wird; eine nicht gleiche Leistungsfähigkeit hingegen mit einer nicht gleichen Steuerbelastung einhergeht.65 Ferner soll der Leistungsfähigere in höherem Maße zur Lastentragung herangezogen werden. Das Leistungsfähigkeitsprinzip ist aus nationaler Perspektive ein gerechtes Vergleichsprinzip, weil es unmittelbar den grundlegenden Wertentscheidungen des Grundgesetzes entnommen werden kann.66 Die verfassungsrechtlichen Wurzeln des Leistungsfähigkeitsprinzips liegen im Sozialstaatsprinzip.67 Das Sozialstaatsprinzip beinhaltet eine Grundentscheidung für die Wahrung des Gemeinwohls, geprägt durch Solidarität, sozialen Ausgleich und soziale Gerechtigkeit.68 Für die Gewährleistung des sozialen Ausgleichs zwischen wirtschaftlich schwächeren und wirtschaftlich stärkeren Bevölkerungsschichten, ist die Ausgestaltung der steuerlichen Lastenauferlegung grundlegend.69 Die ­ Bedeutung des Steuerrechts erschöpft sich dabei nicht nur in der Generierung von Einnahmen, die einen sozialstaatlichen Ausgleich durch Sozialleistungen erst ermöglichen. Vielmehr begründet das Sozialstaatsprinzip auch eine unmittelbare Maxime für die solidarische Verteilung 64 Vergleiche Englisch, in: Tipke/Lang, Steuerrecht, § 17 Rz. 13, 25; Schaumburg, in: FS Reiß, S. 25 (S. 31); Reiß, D ­ StJG 13 (1990), S. 3 (S. 19 ff.). Tiefergehend Englisch, Wettbewerbsgleichheit im grenzüberschreitenden Handel, S. 585 ff. 65 S. hierzu und im Folgenden Tipke, Die Steuerrechtsordnung, Band I, S. 481; Birk, Das Leistungsfähigkeitsprinzip als Maßstab der Steuernormen, S. 165 ff.; Schaumburg, in: FS Reiß, S. 25 (S. 25). Sowie in ständiger Rechtsprechung zuletzt mwN. BVerfG, v. 10.4.2018, 1 BvR 1236/11, BVerfGE 148, 217 (244); v. 29.3.2017, 2 BvL 6/11, BVerfGE 145, 106 (142 f.); v. 14.6.2016, 2 BvR 290/10, ­BStBl. II 2016, 801 (805). 66 Vergleiche Reiß, D ­ StJG 13 (1990), S. 3 (S. 10 ff.); Tipke, Die Steuerrechtsordnung, Band I, S. 316 ff. 67 Vergleiche Tipke, Die Steuerrechtsordnung, Band I, S. 484; Birk, Das Leistungsfähigkeitsprinzip als Maßstab der Steuernormen, S. 139 ff.; Englisch, Wettbewerbsgleichheit im grenzüberschreitenden Handel, S. 577 ff.; Schaumburg, in: FS Reiß, S. 25 (S. 26); aA. Reiß, D ­ StJG 13 (1990), S. 3 (S. 12). 68 Vergleiche Robbers, in: Bonner Kommentar, GG, EL April 2009, Art. 20 Abs. 1, Rz. 1514; Wittreck, in: Dreier, GG, Band II, Art 20, Sozialstaat, Rz. 35. Wie zudem Sommermann, in: von Mangoldt/Klein/Starck, GG, Band II, Art. 20 Abs. 1, Rz. 104 ff. 69 Vergleiche Wittreck, in: Dreier, GG, Band II, Art. 20, Sozialstaat, Rz. 35; Robbers, in: Bonner Kommentar, GG, EL April 2009, Art. 20 Abs. 1, Rz. 1630; Birk, Das Leistungsfähigkeitsprinzip als Maßstab der Steuernormen, S. 145. 

18

II.  Die grundlegenden Anforderungen

der Lasten des öffentlichen Finanzbedarfs.70 Es gilt insoweit zu erkennen, dass nur eine Steuerrechtsordnung, die bereits bei der Überwälzung des öffentlichen Finanzbedarfs die Maßgaben der Solidarität und des sozialen Ausgleichs hinreichend beachtet, verfassungsrechtlich zulässig sein kann.71 Ein solcher, sozialer Ausgleich ist dem Leistungsfähigkeitsprinzip insofern immanent, als dass gerade der Leistungsfähigere in höherem Maße zur Lastentragung herangezogen wird.72 Verstärkt wird das Sozialstaatsprinzip in Bezug auf die Verschonung des existenziellen Bedarfs vor allem durch den Schutz der Menschenwürde.73 Für die Gestaltung der Steuerrechtsordnung bedeutet dies, dass indisponible Aufwendungen zur Befriedigung des existenziellen Bedarfs, keine Leistungsfähigkeit und damit auch keine Besteuerungswürdigkeit indizieren.74 Das Leistungsfähigkeitsprinzip erkennt jedoch nicht nur das Bedürfnis nach sozialem Ausgleich sowie der Verschonung des existenziellen Bedarfs, sondern gewährleistet auch den Schutz des Leistungsfähigen, indem es eine freiheitsschonende Ausgestaltung des steuerlichen Zugriffs fordert.75 Das Leistungsfähigkeitsprinzip trägt insofern dem Umstand Rechnung, dass die Besteuerung einen Eingriff in die Freiheitsrechte76 des Einzelnen begründet und damit va. einer die Anforderungen des Verhält70 Vergleiche Ossenbühl, Die gerechte Steuerlast, S. 83 f. 71 So ausdrücklich Englisch, Wettbewerbsgleichheit im grenzüberschreitenden Handel, S. 578 f. Vergleiche des Weiteren Birk, Das Leistungsfähigkeitsprinzip als Maßstab der Steuernormen, S. 145 ff. 72 Vergleiche Tipke, Die Steuerrechtsordnung, Band I, S. 402; Englisch, Wettbewerbsgleichheit im grenzüberschreitenden Handel, S. 577 f. 73 Vergleiche überwiegend auch unter Verweis auf Art. 6 I GG bezüglich des familiären Existenzminimums Herdegen, in: Maunz/Dürig, GG, EL Mai 2009, Art. 1 Abs. 1, Rz. 121; Wittreck, in: Dreier, GG, Band II, Art. 20, Sozialstaat, Rz. 46; Robbers, in: Bonner Kommentar, GG, EL Apr. 2009, Art. 20 Abs. 1, Rz. 1632 f. Ferner Tipke, Die Steuerrechtsordnung, Band I, S. 393 ff., 420 f.; Hey, in: Tipke/Lang, Steuerrecht, § 3 Rz. 160 f. 74 Vergleiche Reiß, in: FS Lang, S. 861 (S. 878); Tipke, Die Steuerrechtsordnung, Band I, S. 420 ff.; Birk, Das Leistungsfähigkeitsprinzip als Maßstab der Steuernormen, S. 135 ff. S. grundlegend weiter BVerfG, v. 29.5.1990, 1 BvL 20/84 ua., BVerfGE 82, 60 (85 f.). 75 Vergleiche Englisch, Wettbewerbsgleichheit im grenzüberschreitenden Handel, S. 579 ff.; Birk, Das Leistungsfähigkeitsprinzip als Maßstab der Steuernormen, S. 123 ff. Ferner P. Kirchhof: „Das Leistungsfähigkeitsprinzip fordert also Gleichheit in einer angemessenen Last.“, P. Kirchhof, StuW 1985, 319 (322). 76 Die Auferlegung steuerlicher Lasten betrifft jedenfalls den Schutzbereich der allgemeinen Handlungsfreiheit des Art. 2 I GG. Inwiefern darüber hinaus auch die ­Eigentumsgarantie des Art. 14 I GG respektive die Berufsfreiheit des Art. 12 I GG betroffen sein können, ist streitig, für die vorliegende Betrachtung jedoch ohne Be-

19

A.  Kreditgewährung im geltenden Mehrwertsteuersystem

nismäßigkeitsgrundsatzes wahrenden Ausgestaltung bedarf. Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verbietet weiter eine übermäßige Lasten­ auferlegung,77 sodass sich aus den Freiheitsrechten insbesondere auch eine absolute Belastungsobergrenze ableiten lässt,78 wenngleich sich die Begrenzungsfunktion der Freiheitsrechte nicht hierin erschöpft.79 Das Leistungsfähigkeitsprinzip gründet demnach auf der sozialstaatlichen Idee des sozialen Ausgleichs sowie der Solidarität. Gleichzeitig anerkennt es die Grenzen der gesteigerten Inanspruchnahme des Leistungsfähigen, die sich aus den Freiheitsrechten ergeben. (b) Europarechtliche Verortung des Leistungsfähigkeitsprinzips Fraglich ist, ob das Leistungsfähigkeitsprinzip ebenso aus der primärrechtlichen Werteordnung abgeleitet und somit zur steuerrechtsbezogenen Konkretisierung des Art. 20 EU-GrCh herangezogen werden kann.80 Der primärrechtlichen Werteordnung ist zunächst der Grundsatz der Solidarität, welcher, wie aufgezeigt, als wesentlicher Ursprung des Leistungsfähigkeitsprinzips erachtet werden kann, gleich mehrfach immanent.81 In der Präambel der Grundrechtecharta wird die Solidarität zunächst als ein Wert angeführt, auf den sich die Europäische Union, neben den Werten der Achtung der Menschenwürde, Freiheit und Gleichheit gründet. Wenngleich Art. 2 EUV die Solidarität zwar nicht als Wert normiert auf den sich die Europäische Union gründet,82 so soll die Solidarität gleichwohl als wertendes Merkmal allen Mitgliedstaaten in einer

deutung. S. so auch mwN. zum Streitstand Englisch, Wettbewerbsgleichheit im grenzüberschreitenden Handel, S. 574.  77 S. hierzu Lang, Die Bemessungsgrundlage der Einkommensteuer, S. 144 ff. 78 Vergleiche grundlegend diesbezüglich Birk, Das Leistungsfähigkeitsprinzip als Maßstab der Steuernormen, S. 136. 79 Vergleiche Englisch, Wettbewerbsgleichheit im grenzüberschreitenden Handel, S. 580 f. Kritisch bezüglich der Durchsetzbarkeit der Begrenzungsfunktion der Freiheitsrechte, Hey, in: Tipke/Lang, Steuerrecht, § 3 Rz. 182 f. 80 S. grundlegend im Folgenden Englisch, in: Brokelind, Principles of Law, S. 439 (S. 446 ff.). Nur vage diesbezüglich hingegen Vanistendael, ec Tax Review 2014, 121 (122). 81 Neben der nachfolgend erörterten Normierung in Art. 2 EUV, Art. 3 EUV sowie der Erwähnung in der Präambel der Grundrechtecharta, lässt sich der Grundsatz der Solidarität zudem in den Bestimmungen der Art. 21 I EUV, Art. 22 EUV sowie der Art. 27-38 EU-GrCh wiederfinden. 82 S. diesbezüglich auf die Satzstruktur des Art. 2 EUV verweisend Hilf/Schorkopf, in: Grabitz/Hilf/Nettesheim, Das Recht der EU, EL Mai 2020, Art. 2 EUV, Rz. 43. Ferner Calliess, in: Calliess/Ruffert, EUV/AEUV, Art. 2 EUV, Rz. 29.

20

II.  Die grundlegenden Anforderungen

europäischen Gesellschaft gemein sein.83 Ferner verpflichtet Art. 3 III (II) EUV die Europäische Union zur Förderung der sozialen Gerechtigkeit. Die grundlegende Bedeutung dieser Maßgaben für die steuerliche Rechtsetzung auf unionaler Ebene wird allerdings weitgehend übersehen. Oftmals werden die Maßgaben der Solidarität sowie der sozialen Gerechtigkeit einzig im Rahmen des europäischen Staatenverbundes erörtert. Einhergehend wird hinsichtlich der Maßgabe des Art. 3 III (II) EUV teilweise angeführt, dass eine Förderung der sozialen Gerechtigkeit durch die Europäische Union realiter mangels Ertrags- respektive Umverteilungskompetenz nicht möglich sei.84 Eine derartige Einschätzung zeigt sich allerdings verfehlt. Es muss erkannt werden, dass die Maßgaben der Solidarität wie der sozialen Gerechtigkeit richtigerweise nicht auf die Solidarität / die soziale Gerechtigkeit zwischen den Mitgliedstaaten begrenzt sein können, sondern zugleich die Solidarität / soziale Gerechtigkeit innerhalb eines einzelnen Mitgliedstaats beinhalten müssen. Im harmonisierten Mehrwertsteuersystem folgt dies bereits aus der unmittelbaren Einwirkung der unionsrechtlichen Vorgaben auf die nationale Lastenverteilung und der zugleich weitgehenden Verdrängung von nationalen Leitprinzipien der Mitgliedstaaten. Bezüglich der Anerkennung der Leistungsunfähigkeit im Fall indisponibler, existenzieller Aufwendungen, kann das Leistungsfähigkeitsprinzip vornehmlich auf die Maßgaben der Art. 1, Art. 34 III EU-GrCh zurückgeführt werden.85 Nach Art. 34 III EU-GrCh erkennt die Europäische Union das Recht auf soziale Unterstützung zur Sicherstellung eines menschenwürdigen Daseins an. Bereits dem Wortlaut des Art. 34 III EU-GrCh lässt sich entnehmen, dass Art. 34 III EU-GrCh keinen Anspruch auf soziale Unterstützung gegenüber der Europäischen Union begründet,86 sondern vielmehr vornehmlich die Anerkennung sowie Achtung der einzelstaatlichen Rechte zur sozialen Unterstützung durch die Europäische Union

83 Vergleiche Hilf/Schorkopf, in: Grabitz/Hilf/Nettesheim, Das Recht der EU, EL Mai 2020, Art. 2 EUV, Rz. 43 ff. 84 So Ruffert, in: Calliess/Ruffert, EUV/AEUV, Art. 3 EUV, Rz. 32; Terhechte, in: Grabitz/Hilf/Nettesheim, Das Recht der EU, EL Mai 2014, Art. 3 EUV, Rz. 53. 85 Vergleiche grundlegend Englisch, in: Brokelind, Principles of Law, S. 439 (S. 449). Sowie des Weiteren Ohlendorf, Grundrechte als Maßstab des Steuerrechts in der Europäischen Union, S. 244; Zirkl, Die Neutralität der Umsatzsteuer als euro­ päisches Besteuerungsprinzip, S. 37.  86 Vergleiche Kingreen, in: Calliess/Ruffert, EUV/AEUV, Art. 34 EU-GrCh, Rz. 4 u. 15; Jarass, EU-GrCh, Art. 34, Rz. 4; Rohleder, in: Meyer/Hölscheidt, EU-GrCh, Art. 34, Rz. 85. Abweichend hingegen Zirkl, Die Neutralität der Umsatzsteuer als europäisches Besteuerungsprinzip, S. 37.

21

A.  Kreditgewährung im geltenden Mehrwertsteuersystem

verbürgt.87 Ein durchsetzbarer Anspruch auf die Gewährleistung eines menschenwürdigen Daseins soll sich hingegen aus der Menschenwürdegarantie des Art. 1 EU-GrCh ergeben.88 Die Menschenwürdegarantie ihrerseits ist als oberster Wert der Europäischen Union anzusehen.89 Dies ergibt sich nicht nur aus der hervorgehobenen Stellung im Rahmen der Grundrechtecharta, sondern überdies durch die weiteren Erwähnungen in Art. 2 S. 1 EUV sowie der Präambel der Grundrechtecharta.90 Obgleich die dargestellten Maßgaben zuvörderst das Recht auf soziale Unterstützung, sei es die Anerkennung der Rechte auf mitgliedstaatlicher Ebene oder das Recht des Art. 1 EU-GrCh, betreffen, kann diesen Grundsätzen dennoch mittelbar das Gebot der steuerlichen Freistellung des exis­tenziellen Bedarfs entnommen werden. Der Widerspruchsfreiheit der Rechtsordnung liefe es nämlich zu wider, erfolgte zunächst eine Besteuerung, die sodann aufgrund der anerkannten Pflicht zur sozialen Unterstützung durch die Mitgliedstaaten oder durch die Europäische Union kompensiert werden müsste.91 Hinsichtlich des Schutzes des familiären Existenzmi­ nimums findet diese Erkenntnis zudem Bekräftigung durch Art. 33 I ­EU-GrCh.92 Nicht zuletzt lässt sich auch die freiheitsrechtliche Dimension des Leistungsfähigkeitsprinzips als Ausdruck der primärrechtlichen Werteordnung verstehen.93 Besondere Beachtung verdient diesbezüglich das Eigentumsrecht des Art. 17 EU-GrCh, welches seinerseits als wesentliche Observanz des grundlegenden Bekenntnisses zur individuellen Freiheit, 87 Vergleiche Kingreen, in: Calliess/Ruffert, EUV/AEUV, Art. 34 EU-GrCh, Rz. 4. Anders Zirkl, Die Neutralität der Umsatzsteuer als europäisches Besteuerungsprinzip, S. 37. 88 So Kingreen, in: Calliess/Ruffert, EUV/AEUV, Art. 34 EU-GrCh, Rz. 15. Anders hingegen (jedoch vor Inkrafttreten der EU-GrCh) Hoffsümmer, Steuerbefreiungen für Inlandsumsätze, S. 65.  89 Vergleiche Jarass, EU-GrCh, Art. 1, Rz. 2. 90 Vergleiche Englisch, in: Brokelind, Principles of Law, S. 439 (S. 449); Borowsky, in: Meyer/Hölscheidt, EU-GrCh, Art. 1, Rz. 27 f. 91 Vergleiche so im Ergebnis gleichermaßen Kokott, Das Steuerrecht der Euro­päischen Union, § 3 Rz. 51; Zirkl, Die Neutralität der Umsatzsteuer als europäisches Be­ steuerungsprinzip, S. 37. S. grundlegend auf nationaler Ebene zudem BVerfG, v. 29.5.1990, 1 BvL 20/84 ua., BVerfGE 82, 60 (85 f.). Vergleiche des Weiteren Hey, in: Tipke/Lang, Steuerrecht, § 3 Rz. 161. 92 Vergleiche Ohlendorf, Grundrechte als Maßstab des Steuerrechts in der Euro­ päischen Union, S. 244. Englisch verweist zudem noch auf Art. 151 AEUV, s. Englisch, in: Brokelind, Principles of Law, S. 439 (S. 449 f.). 93 S. hierzu und im Folgenden grundlegend Englisch, in: Brokelind, Principles of Law, S. 439 (S. 450 f.); sowie aufgreifend Kokott, Das Steuerrecht der Europäischen ­Union, § 3 Rz. 51. Teilweise abweichend dagegen Ohlendorf, Grundrechte als Maßstab des Steuerrechts in der Europäischen Union, S. 361 ff.

22

II.  Die grundlegenden Anforderungen

als Wert auf den sich die Europäische Union gründet, verstanden werden kann.94 Nach Art. 17 I 1 EU-GrCh unterfällt der Besitz und die Nutzung von rechtmäßig erworbenem Eigentum sowie die Verfügung darüber dem Schutzbereich des Eigentumsrechts. Darüber hinaus ist auch der Entzug des Eigentums grundsätzlich gemäß Art. 17 I 2 EU-GrCh rechtfertigungsbedürftig. Eine Beeinträchtigung des Eigentumsrechts durch die Auferlegung steuerlicher Lasten ist jedenfalls dann anzunehmen, wenn die Lastenauferlegung übermäßig erfolgt.95 Diese Bedeutung hat der EGMR dem Art. 1 EMRK-ZP ausdrücklich beigemessen.96 Nach Art. 52 III EU-GrCh ist dieser Bedeutungsgehalt gleichzeitig auch bezüglich des Eigen­ tumsrechts des Art. 17 I EU-GrCh zu berücksichtigen.97 Dieser pri­ märrechtlichen Prohibition einer übermäßigen Besteuerung entspricht das Leistungsfähigkeitsprinzip, indem es auch die Inanspruchnahme des Leistungsfähigen auf eine angemessene Lastentragung begrenzt.98 Folglich ist das Leistungsfähigkeitsprinzip ein gerechtes Lastenverteilungsprinzip iSd. primärrechtlichen Werteordnung. Es ist somit ebenso

94 Das Bekenntnis zur Freiheit lässt sich sowohl in Art. 2 S. 1 EUV, als auch in der Präambel der Grundrechtecharta finden. Mit dem Bekenntnis zur Freiheit ist in positiver Hinsicht vor allem die Anerkennung der Selbstbestimmung des Einzelnen und damit der grundsätzliche Vorrang des Einzelnen vor der Gemeinschaft verbunden. In negativer Hinsicht fordert der Wert der Freiheit überdies die Begrenzung hoheitlicher Befugnisse. S. Calliess, in: Calliess/Ruffert, EUV/AEUV, Art. 2 EUV, Rz. 18 f.; Pechstein, in: Streinz, EUV/AEUV, Art. 2 EUV, Rz. 3. 95 Vergleiche Englisch, in: Brokelind, Principles of Law, S. 439 (S. 450). Inwiefern auch darüber hinaus Abgaben das Eigentumsrecht beeinträchtigen können, wird nicht einheitlich beurteilt. Dies weitgehend ablehnend: BFH, v. 19.6.2013, II R 10/12, ­BStBl. II 2013, 746 (750); Jarass, EU-GrCh, Art. 17, Rz. 22; Streinz, in: Streinz, EUV/ AEUV, Art. 17 EU-GrCh, Rz. 6; Vosgerau, in: Stern/Sachs, EU-GrCh, Art. 17, Rz. 52 ff. Bejahend: Frenz, Handbuch Europarecht, Band IV, Rz. 2856 ff.; sowie wohl auch Ohlendorf, Grundrechte als Maßstab des Steuerrechts in der Europäischen Union, S. 377 ff. Unklar diesbezüglich ist die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs: EuGH, v. 11.07.1989, Rs. C-265/87 (Schräder), ECLI:­EU:­C:­1989:303, Rz. 15 ff.; v. 21.2.1991, Rs. C-143/88 (Zuckerfabrik Süderdithmarschen), Rs. C-92/89 (Zuckerfabrik Soest), ECLI:EU:C:1991:65, Rz. 73 ff.; v. 17.7.1997, Rs. C-248/95 (SAM Schiffahrt und Stapf), ECLI:EU:C:1997:377, Rz. 73 ff. Offengelassen von BVerwG, v. 26.4.2012, 3 C 20/11, NVwZ 2012, 1467 (1471). 96 S. EGMR, v. 14.5.2013, Nr. 66529/11 (N.K.M./Ungarn), nv., Rz. 65 ff.; v. 25.6.2013, Nr. 49570/11 (Gáll/Ungarn), nv., Rz. 64 ff. 97 Zur Maßgeblichkeit vergleiche auch Erläuterungen zu Art. 17, 52 EU-GrCh, ABl. C 303, v. 14.12.2007, S. 23, S. 33 f. Überdies haben die Rechte der EMRK, sowie deren Auslegung durch den EGMR nach Art. 6 III EUV als allgemeine Grundsätze des Unionsrechts eine eigenständige primärrechtliche Bedeutung. 98 Vergleiche hier nur P. Kirchhof, StuW 1985, 319 (321 f.).

23

A.  Kreditgewährung im geltenden Mehrwertsteuersystem

im harmonisierten Mehrwertsteuerrecht als Fundamentalprinzip zu beachten.99 Anerkennt man die primärrechtliche Fundierung des Leistungsfähigkeits­ prinzips und die Funktion des Leistungsfähigkeitsprinzips zur steuerrechtsbezogenen Konkretisierung des Art. 20 I EU-GrCh, muss folgerichtig auch der Unionsrechtsgeber bei der Ausgestaltung des harmonisierten Mehrwertsteuerrechts die Vorgaben des Leistungsfähigkeitsprinzips befolgen.100 Eine Abweichung vom Leistungsfähigkeitsprinzip und damit vom allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatz bedarf einer Rechtfertigung. Ist die Abweichung einer Rechtfertigung etwa wegen mangelnder Verhältnismäßigkeit nicht zugänglich, ist die entsprechende Regelung nichtig. Festgehalten wurde soeben, dass nur das Leistungsfähigkeitsprinzip das Fundamentalprinzip der Mehrwertbesteuerung sein kann. Allerdings ist das Leistungsfähigkeitsprinzip wiederrum selbst konkretisierungsbedürftig.101 Erst durch die Ableitung tauglicher Indikatoren steuerlicher Leistungsfähigkeit und entsprechender Subprinzipien, wird richtigerweise die Funktionsfähigkeit des Fundamentalprinzips ermöglicht.102 (2) Das Verbrauchsteuerprinzip als Konkretisierung des Leistungs­ fähigkeitsprinzips Bezüglich der Mehrwertbesteuerung wird das Leistungsfähigkeitsprinzip vornehmlich durch das Verbrauchsteuerprinzip konkretisiert. 99 Im Ergebnis ebenso Kokott, Das Steuerrecht der Europäischen Union, § 3 Rz. 76; Krieger, Unechte Umsatzsteuerbefreiungen im Unionsrecht, S. 340 ff.; Zirkl, Die Neutralität der Umsatzsteuer als europäisches Besteuerungsprinzip, S. 40; Eiling, Verfassungs- und europarechtliche Vorgaben an die Einführung neuer Verbrauchsteuern, S. 171; Seiler, in: Grabitz/Hilf/Nettesheim, Das Recht der EU, EL Juli 2016, Art. 113 AEUV, Rz. 24; Koritnik/Podlipnik, The Ability-to-Pay Principle, S. 12. Bekräftigung findet diese Erkenntnis überdies in den gemeinsamen Verfassungsüberlieferungen der Mitgliedstaaten, welche nach Art. 6 III EUV als allgemeine Grundsätze Teil des Unionsrechts sind. Eingehend diesbezüglich mwN. Kokott, Das Steuerrecht der Europäischen Union, § 3 Rz. 52; sowie Englisch, in: Brokelind, Principles of Law, S. 439 (S. 451 ff.). Eine Herleitung sowohl aus dem europäischen Recht als auch aus dem Recht der Mitgliedstaaten dagegen ablehnend, Hoffsümmer, Steuerbefreiungen für Inlandsumsätze, S. 64 ff.; kritisch ebenso Stöber, in: Schön/Sternberg, Zukunftsfragen des deutschen Steuerrechts III, S. 121 (S. 152 f.). Trotz Anerkennung der primärrechtlichen Anknüpfungspunkte die Stellung als Fundamentalprinzip unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des EuGH ablehnend Grassi, Status and impact of the ability to pay principle, S. 17 ff. Ferner jüngst überblicksartig Valta/Gerbracht, StuW 2019, 118 (123). 100 S. diesbezüglich und im Folgenden bereits S. 13 f. 101 S. grundlegend zur Konkretisierungsnotwendigkeit Tipke, Die Steuerrechtsordnung, Band I, S. 492 ff. 102 So Birk, Das Leistungsfähigkeitsprinzip als Maßstab der Steuernormen, S. 166.

24

II.  Die grundlegenden Anforderungen

Die harmonisierte Mehrwertsteuer versteht sich als allgemeine Verbrauchsteuer.103 Der Mehrwertbesteuerung unterworfen wird der Verbrauch iS. einer konsumtiven Vermögensverwendung und nicht etwa der Verbrauch als tatsächlicher Vorgang.104 Denn nur die konsumtive Vermögensverwendung und gerade nicht der tatsächliche Verbrauch indiziert – grundsätzlich105 – steuerliche Leistungsfähigkeit und damit Besteuerungswürdigkeit.106 Als konsumtive Vermögensverwendung ist dabei überhaupt nur die private Vermögensverwendung und nicht etwa auch die Vermögensverwendung zur Verfolgung einer unternehmerischen Tätigkeit zu verstehen. In Abgrenzung zur konsumtiven Vermögensverwendung, die durch den entgeltlichen Bezug von Waren oder Leistungen persönliche Bedürfnisse befriedigen soll, dient die unternehmerische Vermögensverwendung in Form von Investitionen der Erwerbssicherung.107 Anders als Aufwendungen zur persönlichen Bedürfnisbefriedigung indizieren Aufwendungen zur Erwerbssicherung keine Konsumleistungsfähigkeit und dürfen folglich nicht mit einer endgültigen Mehrwertsteuerbelastung einhergehen.108 In subjektiver Sicht folgt dar103 S. Art. 1 II MwStSystRL. Danach beruht das gemeinsame Mehrwertsteuersystem auf dem Grundsatz, „dass auf Gegenstände und Dienstleistungen, ungeachtet der Zahl der Umsätze, die auf den vor der Besteuerungsstufe liegenden Produktionsund Vertriebsstufen bewirkt wurden, eine allgemeine, zum Preis der Gegenstände und Dienstleistungen genau proportionale Verbrauchsteuer anzuwenden ist“. 104 Vergleiche Englisch, in: Lang/Melz/Kristoffersson, VAT and Direct Taxation, S. 1 (S. 22); ders., in: Tipke/Lang, Steuerrecht, § 17 Rz. 11. Ausführlich ferner Löhr, Das umsatzsteuerliche Optionsrecht für Vermietungsumsätze, S. 251 ff. 105 Sofern Vermögensverwendungen den existentiellen Bedarf betreffen, wird keine Konsumleistungsfähigkeit/Besteuerungswürdigkeit indiziert; eingehend diesbezüglich Englisch, Wettbewerbsgleichheit im grenzüberschreitenden Handel, S. 594; Krieger, Unechte Umsatzsteuerbefreiungen im Unionsrecht, S. 348 ff. Ebenso Schneider Fossati, Die sozialstaatliche und freiheitsschonende Dimension des Leistungsfähigkeitsgrundsatzes im Umsatzsteuerrecht, S. 254 ff.; Ossenbühl, Die gerechte Steuerlast, S. 134. Eine Berücksichtigung dieser Erkenntnis nur im Rahmen der Einkommensbesteuerung befürwortend, Tipke, in: FS Reiß, S. 9 (S. 16 f.). 106 S. grundlegend zur Vermögensverwendung als einem Indikator steuerlicher Leistungsfähigkeit, Reiß, ­DStJG 32 (2009), S. 9 (S. 11 ff.); ders., ­DStJG 13 (1990), S. 1 (S. 19 f.); Tipke, Die Steuerrechtsordnung, Band II, S. 981.  107 Vergleiche Löhr, Das umsatzsteuerliche Optionsrecht für Vermietungsumsätze, S. 245 f., S. 258 f.; Englisch, in: Lang/Melz/Kristoffersson, VAT and Direct Taxa­ tion, S. 1 (S. 31). 108 Richtigerweise muss diese Erkenntnis unabhängig davon gelten, ob dem Aufwendenden die umsatzsteuerliche Unternehmereigenschaft zukommt oder nicht. Vergleiche so und entsprechend kritisch hinsichtlich der geltenden Ausgestaltung des Umsatzsteuerrechts Englisch, in: Lang/Melz/Kristoffersson, VAT and Direct Taxation, S. 1 (S. 31); ders., Wettbewerbsgleichheit im grenzüberschreitenden Handel, S. 591 f. In Bezug auf die Mittelverwendung der öffentlichen Hand auch Löhr, Das umsatzsteuerliche Optionsrecht für Vermietungsumsätze, S. 259 f.; aA. Reiß,

25

A.  Kreditgewährung im geltenden Mehrwertsteuersystem

aus, dass die endgültige Mehrwertsteuerbelastung nur den privaten Endverbraucher, nicht aber auch den unternehmerisch Tätigen, treffen darf. Aufgrund von Praktikabilitätserwägungen schuldet gleichwohl va. der unternehmerisch Tätige dem Fiskus die Umsatzsteuer.109 Das harmonisierte Mehrwertsteuersystem ist demzufolge indirekt konzipiert.110 Um trotz der indirekten Erhebungsweise eine Mehrwertsteuerbelastung nur der konsumtiven Vermögensverwendung zu erreichen, muss erstens gewährleistet sein, dass der Unternehmer, wenn er eine Leistung erbringt, eine Möglichkeit zur Abwälzung des geschuldeten Mehrwertsteuerbetrags auf den Leistungsempfänger hat.111 Zweitens, wenn der Unternehmer eine Leistung empfängt und daher selbst der Abwälzung der Mehrwertsteuerbelastung durch den Leistungserbringer unterliegt, eine entsprechende Entlastung erfolgt.112 Eine gleichheitsgerechte Steuerbelastung iSd. Art. 20 EU-GrCh bedeutet im harmonisierten Mehrwertsteuerrecht nach alledem, dass der Verbrauch, im Sinn einer Vermögensverwendung zum Bezug von Waren oder Leistungen zur privaten Bedürfnisbefriedigung einer gleichmäßigen Mehrwertsteuerbelastung unterliegen muss.113 Abweichungen von dieser gleichheitsrechtlichen Vorgabe, insbesondere durch Mehrwertsteuerbe­ StJG 13 (1990), S. 3 (S. 24 ff.). Entsprechend erweist sich auch die gängige BegriffD lichkeit der unternehmerischen Vermögensverwendung als nicht hinreichend präzise. 109 S. Art. 193 MwStSystRL. Vergleiche zu dem Praktikabilitätsaspekt Söhn, StuW 1975, 1 (3); Englisch, in: Tipke/Lang, Steuerrecht, § 17 Rz. 12. Sowie des Weiteren P. Kirchhof, DStR 2008, 1 (3); Löhr, Das Optionsrecht für Vermietungsumsätze, S. 271 ff.; Widmann, D ­ StJG 32 (2009), S. 103 (S. 107). 110 Eine indirekte Steuererhebung liegt immer dann vor, wenn der intendierte Steuerträger nicht zugleich Steuerschuldner ist. 111 Vergleiche Englisch, in: Schön/Beck, Zukunftsfragen des Steuerrechts, S. 39 (S. 71 f.). Weitergehend Tipke, in: FS Reiß, S. 9 (S. 17 f.), der auch die tatsächliche Überwälzbarkeit im Einzelfall fordert. 112 Entsprechend hat der Europäische Gerichtshof das Recht zum Vorsteuerabzug (Art. 167 ff. MwStSystRL) wiederholt als „integralen Bestandteil“ des Mehrwertsteuerrechts bezeichnet. S. zuletzt ua. EuGH, v. 7.8.2018, Rs. C-16/17 (TGE Gas Engineering), ECLI:­ EU:­ C:­ 2018:647, Rz. 44; v. 25.7.2018, Rs. C-140/17 (Gmina ­Ryjewo), ECLI:­EU:­C:­2018:595, Rz. 30; v. 27.6.2018, Rs. C-364/17 (Varna Holideis), ECLI:­EU:­C:­2018:500, Rz. 23; v. 21.3.2018, Rs. C-533/16 (Volkswagen), ECLI:­EU:­ C:­ 2018:204, Rz. 39; v. 7.3.2018, Rs. C-159/17 (Dobre), ECLI:­EU:­C:­2018:161, Rz. 29. S. zudem ebenso Reiß, ­DStJG 13 (1990), S. 3 (S. 24); Englisch, in: Tipke/ Lang, Steuerrecht, § 17 Rz. 307; Oelmeier, in: Sölch/Ringleb, EL Sept. 2018, § 15, Rz. 33; Kraeusel, in: Reiß/Kraeusel/Langer, EL Juli 2019, § 15, Rz. 44; ­Stadie, Das Recht des Vorsteuerabzugs, S. 1. 113 Vergleiche ebenso Krieger, Unechte Umsatzsteuerbefreiungen im Unionsrecht, S. 346 f.; Englisch, in: de la Feria, VAT Exemptions, S. 37 (S. 57).

26

II.  Die grundlegenden Anforderungen

freiungen, sind folglich nur zulässig, wenn und soweit sie gerechtfertigt werden können.114 (3) Die Bedeutung des Neutralitätsprinzips Der Europäische Gerichtshof konkretisiert den Gleichbehandlungsgrundsatz dagegen vornehmlich durch das Neutralitätsprinzip, welchem er somit die Qualität eines Fundamentalprinzips im harmonisierten Mehrwertsteuerrecht zuspricht.115 Im Wesentlichen entnimmt die Rechtsprechung dem Neutralitätsprinzip zwei Forderungen.116 Erstens gebiete das Neutralitätsprinzip eine gleiche Mehrwertsteuerbelastung gleichartiger und daher in Wettbewerb stehender Waren und Leistungen (Gebot der Wettbewerbsgleichheit);117 wobei gleichartige Waren oder Leistungen vorliegen sollen, wenn ein durchschnittlicher Verbraucher die Waren oder Leistungen unter Einbeziehung der Verhältnisse der Leistungserbringung bezüglich der angestrebten Bedürfnisbefriedigung als substituierbar betrachtet.118 Eine mehrwertsteuerliche Ungleichbehandlung gleichartiger Waren oder Leistungen ist aufgrund der unmittelbaren Auswirkungen auf das Preisgefüge grundsätzlich geeignet Substitutionseffekte und damit Wett­ bewerbsverzerrungen hervorzurufen. Solche Wettbewerbsverzerrungen 114 Vergleiche Krieger, Unechte Umsatzsteuerbefreiungen im Unionsrecht, S. 347; Hey, StuW 2005, 317 (320); Englisch, in: Schön/Beck, Zukunftsfragen des Steuerrechts, S. 39 (S. 62 f.); Ruppe, in: FS Tipke, S. 457 (S. 461). 115 Vergleiche zuletzt ua. EuGH, v. 17.5.2018, Rs. C-566/16 (Vamos), ECLI:EU: C:2018:321, Rz. 46; v. 26.10.2017, Rs. C-534/16 (BB construct), ECLI:EU: C:2017:820, Rz. 29; v. 16.11.2017, Rs. C-308/16 (Kozuba Premium Selection), ECLI:­EU:­C:­2017:869, Rz. 43; v. 14.7.2017, Rs. C-38/16 (Compass Contract Services), ECLI:­EU:­C:­2017:454, Rz. 24. Die Auffassung unterstützen die Erwägungsgründe 4, 5, 7, 13, 30 und 34 zur MwStSystRL. S. diesbezüglich ebenso Englisch, in: Tipke/Lang, Steuerrecht, § 17 Rz. 23. Zur Bedeutung konkret bezüglich der Mehrwertsteuerbefreiungen de la Feria, in: Lang, CJEU – Recent Developments in Value ­Added Tax 2015, S. 1 (S. 5 ff.). 116 S. Englisch, in: Tipke/Lang, Steuerrecht, § 17 Rz. 23. Vergleiche im Folgenden zudem weiter nur Reiß, D ­ StJG 32 (2009), S. 9 (S. 14 f.). 117 S. in ständiger Rechtsprechung zuletzt EuGH, v. 17.5.2018, Rs. C-566/16 (Vamos), ECLI:­EU:­C:­2018:312, Rz. 48; v. 14.12.2017, Rs. C-305/16 (Avon Cosmetics), ECLI:​ EU:­ C:­ 2017:970, Rz. 52; v. 9.11.2017, Rs. C-499/16 (AZ), ECLI:EU:C:2017:846, Rz. 30; v. 14.7.2017, Rs. C-38/16 (Compass Contract Services), ECLI:­EU:​ ­C:­2017:454, Rz.  21.  118 Vergleiche hierzu und im Folgenden EuGH, v. 9.11.2017, Rs. C-499/16 (AZ), ECLI:­ EU:­ C:­ 2017:846, Rz. 31; v. 11.9.2014, Rs. C-219/13 (K Oy), ECLI:EU: C:2014:2207, Rz. 25; v. 10.11.2011, Rs. C-259/10 und 260/10 (The Rank Group), ECLI:­EU:­C:­2011:719, Rz.  34.  Auch Nieuwenhuis, UR 2013, 663 (665).

27

A.  Kreditgewährung im geltenden Mehrwertsteuersystem

durch die Mehrwertbesteuerung zu vermeiden, obliegt va. dem Neutralitätsprinzip in der Ausprägung der Wettbewerbsgleichheit. Die Forderung der Wettbewerbsgleichheit bzw. -neutralität hat der Europäische Gerichtshof weiter durch die Forderungen einer rechtsform- und organisationsformneutralen Mehrwertbesteuerung spezifiziert.119 Zweitens verlange das Neutralitätsprinzip die vollständige Entlastung eines unternehmerischen Leistungsbezugs von der Mehrwertbesteuerung.120 Die Mehrwertsteuer sei ihrem Steuerbelastungsgrund nach eine allgemeine Verbrauchsteuer und daher einzig auf die Steuerbelastung von Endverbrauch gerichtet. Es sei deswegen geboten, die infolge der Erhebungsweise gleichwohl erzeugte Mehrwertsteuerbelastung des unternehmerischen Leistungsbezugs durch ein Vorsteuerabzugsrecht wieder zu beseitigen. Wiederholt hat der Europäische Gerichtshof dementsprechend das Vorsteuerabzugsrecht als „integralen Bestandteil des Mechanismus der Mehrwertsteuer“121 bezeichnet. Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs ist das Neutralitätsprinzip hinsichtlich der Mehrwertbesteuerung direkter Ausdruck des primärrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes.122 Anders als dem Gleichbehandlungsgrundsatz komme aber dem Neutralitätsprinzip keine primärrechtliche Stellung zu.123 Vielmehr sei das Neutralitätsprinzip 119 Zur Rechtsformneutralität: EuGH, v. 10.11.2011, Rs. C-259/10 und C-260/10 (The Rank Group), ECLI:­EU:­C:­2011:719, Rz. 46; v. 6.8.2009, Rs. C-267/08 (SPÖ Landesorganisation Kärnten), ECLI:­EU:­C:­2009:619, Rz. 20; v. 17.2.2005, Rs. C-453/02 und C-462/02 (Linneweber und Akritidis), ECLI:­EU:­C:­2005:92, Rz. 25; v. 7.9.1999, Rs. C-216/97 (Gregg), ECLI:­EU:­C:­1999:390, Rz. 20. Zur Organisationsformneutralität: EuGH, v. 13.3.2014, Rs. C-464/12 (ATP PensionService), ECLI:­EU:​ C:­ ­ 2014:139, Rz. 64; v. 18.7.2013, Rs. C-26/12 (PPG Holdings), ECLI:­EU:​ C:­ ­ 2013:526, Rz. 28; v. 7.3.2013, Rs. C-275/11 (GfBk), ECLI:EU:C:2013:141, Rz. 31. Problematisch EuGH, v. 12.1.2017, Rs. C-28/16 (MVMMagyar Villamos Művek), ECLI:­EU:­C:­2017:7, Rz. 45. Vergleiche diesbezüglich weiter Nieuwenhuis, UR 2013, 663 (666 ff.). 120 S. hierzu und im Folgenden EuGH, v. 7.3.2018, Rs. C-159/17 (Dobre), ECLI: EU:C:2018:161, Rz. 28; v. 19.10.2017, Rs. C-101/16 (Paper Consult), ECLI: EU:C:2018:775, Rz. 35 ff.; v. 23.4.2015, Rs. C-111/14 (GST – Sarviz Germania), ECLI:­ EU:­ C:­ 2015:267, Rz. 32; v. 13.3.2014, Rs. C-204/13 (Malburg), ECLI:EU: C:2014:147, Rz. 41. 121 So ua. EuGH, v. 7.8.2018, Rs. C-16/17 (TGE Gas Engineering), ECLI:EU: C:2018:647, Rz. 44. Vergleiche diesbezüglich bereits Fn. 111. 122 Zu weiteren Nachweisen s. bereits Fn. 114. 123 S. deutlich hierzu und im Folgenden EuGH, v. 8.2.2018, Rs. C-380/16 (Kommission/Deutschland), ECLI:­EU:­C:­2018:76, Rz. 58; v. 9.3.2017, Rs. C-573/15 (Oxycure Belgium), ECLI:­ EU:­ C:­ 2017:189, Rz. 32; v. 15.11.2012, Rs. C-174/11 (Zimmermann), ECLI:­EU:­C:­2012:716, Rz. 50 ff.; v. 19.7.2012, Rs. C-44/11 (Deutsche Bank), ECLI:­ EU:­ C:­ 2012:484, Rz. 45; v. 29.10.2009, Rs. C-174/08 (NCC Construction

28

II.  Die grundlegenden Anforderungen

grundsätzlich lediglich eine Auslegungsregel. Eine Abweichung vom Neutralitätsprinzip etwa durch Regelungen der Mehrwertsteuersystemrichtlinie sei entsprechend nicht rechtfertigungsbedürftig und verbleibe somit ohne Auswirkung. Eine verbindliche Vorgabe soll das Neutralitätsprinzip nur im Fall des mitgliedstaatlichen Ermessens, respektive der begrenzten mitgliedstaatlichen Autonomie, abgeben.124 Soweit eine nationale Regelung in Wahrnehmung des Ermessens, respektive der Autonomie das Neutralitätsprinzip verletze, habe die nationale Regelung daher unangewendet zu bleiben.125 Die Einordnung des Neutralitätsprinzips durch den Europäischen Gerichtshof, zunächst als primäre Konkretisierung des Gleichbehand­ lungsgrundsatzes hinsichtlich der Mehrwertbesteuerung und zugleich dennoch nur als Auslegungsregel bezüglich der europäischen Mehrwertsteuerrechtsetzung, kann grundsätzlich nicht überzeugen. Nicht nur, dass die Einordnung bereits in sich widersprüchlich ist.126 Vielmehr sind ebenso deren einzelne Implikationen fragwürdig. In Fortführung der bereits angeführten Erwägungen zeigen die einzelnen Neutralitätspostulate, dass dem Neutralitätsprinzip keinerlei Rechtfer­ tigung der Mehrwertsteuerbelastung der konsumtiven Vermögensverwendung entnommen werden kann. Aus der Forderung einer Entlastung des unternehmerischen Leistungsbezugs von der Mehrwertbesteuerung, kann gerade nicht eine Rechtfertigung der Mehrwertsteuerbelastung der konsumtiven Vermögensverwendung gefolgert werden. Im Kontext der Danmark), ECLI:­EU:­C:­2009:669, Rz. 42 ff. Ebenso Herber, UR 2014, 957 (964); Engler, Steuerverfassungsrecht im Mehrebenensystem, S. 267 f.; Rosentahl, DStR 2013, 433 (446). 124 Diese Auffassung beruht auf dem Gedanken der sekundärrechtlichen Verwur­ zelung des Neutralitätsprinzips. Vergleiche EuGH, v. 9.3.2017, Rs. C-573/15 (Oxycure Belgium), ECLI:­EU:­C:­2017:189, Rz. 28; v. 15.11.2012, Rs. C-174/11 (Zimmermann), ECLI:­EU:­C:­2012:716, Rz. 50; v. 10.4.2008, Rs. C-309/06 (Marks & Spencer), ECLI:­EU:­C:­2008:211, Rz. 34. Zum sekundärrechtlichen Verständnis des Europäischen Gerichthofs s. des Weiteren, Krieger, Unechte Umsatzsteuerbefreiungen im Unionsrecht, S. 307 f. 125 Zu Unklarheiten hinsichtlich der Prüfung von Rechtfertigungsmöglichkeiten durch den Europäischen Gerichtshof in derartigen Fällen vergleiche Zirkl, Die Neutralität der Umsatzsteuer als europäisches Besteuerungsprinzip, S. 236. Siehe ferner auch Hoffsümmer, Steuerbefreiungen für Inlandsumsätze, S. 51 ff. 126 So zugleich Krieger, Unechte Umsatzsteuerbefreiungen im Unionsrecht, S. 308; Wiesch, Die umsatzsteuerliche Behandlung der öffentlichen Hand, S. 21 f.; Englisch, in: de la Feria, VAT Exemptions, S. 37 (S. 55); ders., in: Tipke/Lang, Steuerrecht, § 17 Rz. 24. Kritisch ebenso Dobratz, UR 2014, 425 (427); aA. entgegen Herber UR 2014, 957 (964); Engler, Steuerverfassungsrecht im Mehrebenensystem, S. 267 f.

29

A.  Kreditgewährung im geltenden Mehrwertsteuersystem

Steuererhebung hat der Gleichbehandlungsgrundsatz indes die wesentliche Funktion der Absicherung einer gerechten Lastenauferlegung. Eine Erfüllung dieser Funktion ist richtigerweise nur möglich, wenn der Gleichbehandlungsgrundsatz zuvörderst an die Steuerbelastungsentscheidung anknüpft. Weil das Neutralitätsprinzip weder die Steuerbelastungsentscheidung noch den Steuerträger ins Auge nimmt, kann es entgegen der aufgezeigten Rechtsprechung gerade nicht die primäre Konkretisierung des Art. 20 EU-GrCh abgeben.127 Aus den Ausführungen kann wiewohl nicht geschlossen werden, dass dem Neutralitätsprinzip gar kein gleichheitsrechtlicher Wert zuzusprechen ist.128 Vielmehr ist das Neutralitätsprinzip als eine folgerichtige Fortführung, respektive als ein Reflex, der durch das Leistungsfähigkeitsprinzip gerechtfertigten Steuerbelastungsentscheidung, zu verstehen.129 Soweit im Sinne einer leistungsfähigkeitsgerechten Besteuerung nämlich nur konsumtive Vermögensverwendungen einer Mehrwertsteuerbelastung unterliegen dürfen, folgt daraus letztlich zugleich, dass im Übrigen eine Entlastung von der Mehrwertbesteuerung zu erfolgen hat.130 Die Einhaltung der Wettbewerbsgleichheit ist zudem ein zentrales Erfordernis für die vollständige Überwälzungsmöglichkeit der Mehrwertsteuerbelastung auf den Leistungsempfänger und dient mithin ebenso dem Zweck eine Steuerbelastung entgegen der grundlegenden Steuerbelastungsentscheidung zu vermeiden.131 Neben dieser gleichheitsrechtlichen Bedeutung hat die Forderung der Wettbewerbsgleichheit des Weiteren eine freiheitsrechtliche Bedeutung, weil sie die Wettbewerbsfreiheit 127 So eindeutig Englisch, in: Lang/Melz/Kristoffersson, VAT and Direct Taxation, S. 1 (S. 20). 128 Ebenso Krieger, Unechte Umsatzsteuerbefreiungen im Unionsrecht, S. 288; Zirkl, Die Neutralität der Umsatzsteuer als europäisches Besteuerungsprinzip, S. 223 f.; Wiesch, Die umsatzsteuerliche Behandlung der öffentlichen Hand, S. 21 f.; Englisch, UR 2011, 401 (402); Hidien, EWS 2003, 342 (343); sowie jedenfalls in Bezug auf den Aspekt der Wettbewerbsgleichheit Kokott, Das Steuerrecht der Europäischen Union, § 3 Rz. 27. Eine sekundärrechtliche Fundierung bejahend hingegen Herbain, VAT Neutrality, S. 3; Engler, Steuerverfassungsrecht im Mehrebenensystem, S. 267 f.; Rosentahl, DStR 2013, 443 (446); Klenk, UVR 2006, 107 (109); sowie wohl auch Mellinghoff, UR 2013, 5 (9). 129 Vergleiche Englisch, in: Lang/Melz/Kristoffersson, VAT and Direct Taxation, S. 1 (S. 21); Reiß, D ­ StJG 32 (2009), S. 9 (S. 14). S. im Folgenden zudem Englisch, in: Tipke/Lang, Steuerrecht, § 17 Rz. 25. Diese Fortführung ist aufgrund der Einbeziehung des unternehmerisch Handelnden in den Erhebungsprozess auch unbedingt geboten. 130 Ein umgekehrtes Verständnis lässt sich hingegen nicht unterstützen. Ebenso Englisch, in: Lang/Melz/Kristoffersson, VAT and Direct Taxation, S. 1 (S. 21). 131 S. Englisch, in: Schön/Beck, S. 39 (S. 60); Reiß, in: FS Tipke, S. 433 (S. 440).

30

II.  Die grundlegenden Anforderungen

schützt.132 Auch dem Neutralitätsprinzip ist daher eine primärrechtliche Stellung zuzugestehen. Entgegen der Auffassung des Europäischen Gerichtshofs ist die mehrwertsteuerliche Rechtsetzung auf unionaler Ebene somit an die Vorgaben des Neutralitätsprinzips gebunden. Liegt eine ungerechtfertigte Abweichung einer sekundärrechtlichen Regelung vom Neutralitätsprinzip vor, ist diese Regelung entsprechend nichtig.133 b) Der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz Neben dem Gleichbehandlungsgrundsatz zeigt sich zudem der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz als bedeutsamer Leitgrundsatz134 bezüglich der Ausgestaltung der Mehrwertbesteuerung im Allgemeinen und bezüglich der Mehrwertbesteuerung der Kreditgewährung im Speziellen. Der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz ist auf unionsrechtlicher Ebene als allgemeiner Rechtsgrundsatz, also als ein solcher Rechtsgrundsatz der bei wertender Rechtsvergleichung den Verfassungstraditionen der Mitgliedstaaten zu entnehmen ist,135 anerkannt und folglich von primärrechtlicher Bedeutung.136 Das grundlegende Postulat der Verhältnismäßigkeit belastender hoheitlicher Maßnahmen hat der Europäische Gerichtshof bereits früh in seiner Rechtsprechung konkretisiert. Demzufolge sind belastende hoheitliche 132 Vergleiche Englisch, in: Schön/Beck, Zukunftsfragen des Steuerrechts, S. 39 (S. 60, S. 70); Zirkl, Die Neutralität der Umsatzsteuer als europäisches Besteuerungsprinzip, S. 223 f.; Krieger, Unechte Umsatzsteuerbefreiungen im Unionsrecht, S. 280 ff., S. 297. Zur Wettbewerbsfreiheit als Teil der unternehmerischen Freiheit des Art. 16 EU-GrCh s. Jarass, EU-GrCh, Art. 16, Rz. 9; Ruffert, in: Calliess/Ruffert, EUV/AEUV, Art. 16 EU-GrCh, Rz. 2. Kritisch hingegen hinsichtlich einer subjektiv-rechtlichen Komponente, Streinz, in: Streinz, EUV/AEUV, Art. 16 EUGrCh, Rz. 5 f. 133 Vergleiche Englisch, in: de la Feria, VAT Exemptions, S. 37 (S. 55); ders., UR 2011, 401 (402); Krieger, Unechte Umsatzsteuerbefreiungen im Unionsrecht, S. 308; Hoffsümmer, Steuerbefreiungen für Inlandsumsätze, S. 54; Hidien, EWS 2003, 342 (343). 134 Zur Bedeutung als „eines der tragenden Querschnittsprinzipien der Unionsrechtsordnung“ s. Trstenjak/Beysen, EuR 2012, 265 (265). 135 Vergleiche zum Begriff des allgemeinen Rechtsgrundsatzes Gaitanides, in: von der Groeben/Schwarze/Hatje, Europäisches Unionsrecht, Art. 19 EUV, Rz. 18; Huber, in: Streinz, AEUV/AEUV, Art. 19 EUV, Rz. 20 f. 136 Vergleiche Calliess, in: Calliess/Ruffert, EUV/AEUV, Art. 5 EUV, Rz. 44; Schroeder, in: Streinz, EUV/AEUV, Art. 288 AEUV, Rz. 18; Brigola, EuZW 2017, 406 (406). S. ferner EuGH, v. 11.7.1989, Rs. C-264/87 (Schräder), ECLI: EU:C:1989:303, Rz. 21. Vergleiche zum Rechtsgedanken bereits EuGH, v. 29.5.1955, Rs. C-8/55 (Fédération charbonnière), ECLI:­EU:­C:­1956:11.

31

A.  Kreditgewährung im geltenden Mehrwertsteuersystem

Maßnahmen – seien sie exekutiver oder legislativer, unionaler oder mitgliedstaatlicher Natur137 – vor dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz nur dann rechtmäßig, „wenn sie zur Erreichung der zulässigerweise mit der fraglichen Regelung verfolgten Ziele geeignet und erforderlich sind. Dabei ist, wenn mehrere geeignete Maßnahmen zur Auswahl stehen, die am wenigsten belastende zu wählen; ferner müssen die auferlegten Belastungen in angemessenem Verhältnis zu den angestrebten Zielen stehen“138. Der allgemeine Rechtsgrundsatz der Verhältnismäßigkeit ist auf unionsrechtlicher Ebene in verschiedenen Ausprägungen anerkannt.139 Im Folgenden bedeutsam ist der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz va. als Beschränkung von Grundrechtsbeeinträchtigungen.140 Nunmehr in Art. 52 I 2 EU-GrCh kodifiziert, normiert dieser grundrechtliche Verhältnismäßigkeitsgrundsatz, dass eine Rechtfertigung von Beeinträchtigungen der Rechte der Grundrechtecharta erfordert, dass die Beeinträchtigung ein legitimes Ziel in geeigneter, erforderlicher und angemessener Weise verfolgt.141 Als erforderlich ist dabei nur diejenige Beeinträchtigung anzusehen, die unter den gleichgeeigneten Mitteln, dasjenige ist, welches das beeinträchtigte Recht am wenigsten belastet. Darüber hinaus fordert das Postulat der Angemessenheit, dass das Ausmaß der Beeinträchtigung nicht außer Verhältnis zu dem legitimen Regelungszweck der Beeinträchtigung steht.142 Diesen Maßgaben ist unmittelbar zu entnehmen, dass der grundrechtliche Verhältnismäßigkeitsgrundsatz nicht für sich stehen kann, sondern vielmehr stets eines Rückbezugs zu einer beeinträchtigten Rechtsposition bedarf.143 Erst wenn die Beeinträchti137 Vergleiche Calliess, in: Calliess/Ruffert, EUV/AEUV, Art. 5 EUV, Rz. 44.  138 EuGH, v. 11.7.1989, Rs. C-264/87 (Schräder), ECLI:­EU:­C:­1989:303, Rz. 21. Ferner EuGH, v. 25.7.2018, Rs. C-239/17 (Teglgaard und Fløjstrupgård), ECLI: EU:C:2018:597, Rz. 49; v. 14.6.2017, Rs. C-422/16 (TofuTown.com), ECLI:EU: C:2017:458, Rz. 45 (mwN.). 139 Vergleiche Trstenjak/Beysen, EuR 2012, 265 (265); Brigola, EuZW 2017, 406 (406); Streinz, in: Streinz, EUV/AEUV, Art. 5 EUV, Rz. 44.  140 Vergleiche zum Verhältnis Jarass, EU-GrCh, Art. 52, Rz. 35.  141 Vergleiche hierzu und im Folgenden Jarass, EU-GrCh, Art. 52, Rz. 35 f.; Streinz/ Michl, in: Streinz, EUV/AEUV, Art. 52 EU-GrCh, Rz. 16 ff. Kingreen, in: Calliess/ Ruffert, EUV/AEUV, Art. 52 EU-GrCh, Rz. 65 ff. S. ferner Englisch, EuR 2009, 488 (499 f.). 142 Eine eigenständige Prüfung der Angemessenheit hat der Europäische Gerichtshof bislang nur selten vorgenommen. Oftmals wird die Maßgabe der Angemessenheit in die Prüfung der Maßgabe der Erforderlichkeit integriert. Vergleiche Kingreen, in: Calliess/Ruffert, EUV/AEUV, Art. 52 EU-GrCh, Rz. 71; Jarass, EU-GrCh, Art. 52, Rz. 36. Vertiefend Koch, Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit in der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften, S. 217 ff. 143 S. Englisch, in: Schön/Beck, Zukunftsfragen des Steuerrechts, S. 39 (S. 73); ders., in: de la Feria, VAT Exemptions, S. 37 (S. 58 f.); von Danwitz, EWS 2003, 393 (396);

32

II.  Die grundlegenden Anforderungen

gung einer geschützten Rechtsposition feststeht, muss ein bestehender Prinzipienkonflikt sodann nach den Maßgaben des grundrechtlichen Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes aufgelöst werden.144 Dieser notwendige Rückbezug des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes wird durch den Europäischen Gerichtshof oftmals verkannt.145 Anerkennt man hingegen diese Bedeutung des grundrechtlichen Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes, so sei hier bereits auf zwei für die weitere Auseinandersetzung wesentliche und daher folgend noch zu vertiefende Aspekte hingewiesen. Die Ausführungen zur gleichheitsgerechten Mehrwertbesteuerung haben aufgezeigt, dass Art. 20 EU-GrCh eine gleichmäßige Belastung ­konsumtiver Aufwendungen gebietet und Abweichungen von diesem Grundsatz daher einer Rechtfertigung bedürfen. Liegt eine solche rechtfertigungsbedürftige Abweichung etwa durch eine Mehrwertsteuerbefreiung vor, so muss sich diese Mehrwertsteuerbefreiung an dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz messen lassen. Eine rechtfertigungsbedürftige Mehrwertsteuerbefreiung ist demnach nur rechtmäßig, wenn dieser eine legitime Zielsetzung zugrunde liegt.146 Als legitime Zielsetzung erachtet Art. 52 I 2 EU-GrCh sowohl die von der Union anerkannten, dem Gemeinwohl dienenden Zielsetzungen (Alt. 1), als auch das Ziel des Schutzes von Individualpositionen (Alt. 2).147 Den Erläuterungen zu Art. 52 I 2 EU-GrCh ist dabei zu entnehmen, dass als anerkannte gemeinwohldienliche Zielsetzungen nur solche Werte anzusehen sind, denen eine primärrechtliche Verwurzelung zuzusprechen ist.148 Die Prüfungsintensität ferner so im Ergebnis bereits Nettesheim, EuZW 1995, 106 (106 f.); Berrisch, EuR 1994, 461 (466). 144 S. zum Verständnis des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes als Grundsatz zur Auflösung von Prinzipienkonflikten Trstenjak/Beysen, EuR 2012, 265 (265). Vergleiche zudem Kokott, Das Steuerrecht der Europäischen Union, § 2 Rz. 61; Englisch, in: Schön/Beck, Zukunftsfragen des Steuerrechts, S. 39 (S. 73); ders., in: de la Feria, VAT Exemptions, S. 37 (S. 58 f.). 145 S. hier nur EuGH, v. 26.4.2018, Rs. C-81/17 (Zabrus Siret), ECLI:EU:C:2018:283, Rz. 50; v. 17.5.2018, Rs. C-566/16 (Vámos), ECLI:­EU:­C:­2018:321, Rz.  41; v. 26.10.2017, Rs. C-534/16 (BB construct), ECLI:­EU:­C:­2017:820, Rz. 26 ff. Anders jedoch EuGH, v. 7.3.2017, Rs. C-390/15 (RPO), ECLI:­EU:­C:­2017:174, Rz. 52 ff. Ebenfalls kritisch von Danwitz, EWS 2003, 393 (396). 146 Vergleiche Englisch, in: de la Feria, VAT Exemptions, S. 37 (S. 58); ders., in: FS Lang, S. 167 (S. 199 ff.). 147 Vergleiche auch Kingreen, in: Calliess/Ruffert, EUV/AEUV, Art. 52 EU-GrCh, Rz. 67; Streinz/Michl, in: Streinz, EUV/AEUV, Art. 52 EU-GrCh, Rz. 17.  148 Vergleiche diesbezüglich Erläuterungen zur Charta der Grundrechte, ABl. EU, 2007/C 303/02, S. 32 iVm. Art. 52 VII EU-GrCh; sowie Streinz/Michel, in: Streinz, EUV/AEUV, Art. 52 EU-GrCh, Rz. 17. S. weitergehend auch Englisch, EuR 2009,

33

A.  Kreditgewährung im geltenden Mehrwertsteuersystem

des Europäischen Gerichtshofs bezüglich der Legitimität der Zielsetzung, aber auch bezüglich der Geeignetheit, Erforderlichkeit sowie Angemessenheit der Maßnahme ist, bei einer Beeinträchtigung des allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatzes, jedenfalls sofern die Beeinträchtigung durch ein Organ der Europäischen Union erfolgt, jedoch bislang oftmals nur gering. So liege eine Unverhältnismäßigkeit und damit Rechts­ widrigkeit einer Maßnahme eines Organs der Europäischen Union nach Auffassung des Europäischen Gerichtshofs regelmäßig nur dann vor, wenn die Maßnahme zur Erreichung des Ziels offensichtlich ungeeignet sei.149 Diese Begrenzung der Prüfungsintensität auf eine bloße Will­ kürkontrolle sieht der Europäische Gerichtshof dabei in einem weit­ gehenden Beurteilungsspielraum der Organe der Europäischen Union begründet.150 Diese weitgehende Begrenzung des allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatzes auf ein bloßes Willkürverbot wird jedoch nicht nur der Bedeutung dieses Grundsatzes als wesentliche Effektuierung einer gerechten Rechtsordnung nicht gerecht, sondern erweist sich auch angesichts des fortbestehenden Demokratiedefizits auf europäischer Ebene als sehr bedenklich.151 Eine strengere richterliche Überprüfung der Erwägungen der Unionsorgane zu den einzelnen Maßgaben des grundrechtlichen Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes auf deren Konsistenz ist daher unbedingt geboten.152

488 (500), wonach das Gebot gleichmäßiger Behandlung nur durch gleichwertige Belange verdrängt werden darf. 149 Vergleiche nur EuGH, v. 7.2.2018, Rs. C-304/16 (American Express), ECLI:EU: C:2018:66, Rz. 86; v. 4.5.2016, Rs. C-547/14 (Philip Morris Brands ua.), ECLI: EU:C:2016:325, Rz. 166. S. zur Einschränkung der gerichtlichen Kontrolle auch EuGH, v. 7.3.2017, Rs. C-390/15 (RPO), ECLI:­EU:­C:­2017:174, Rz. 54 (mwN.). In der Rechtssache RPO nahm der EuGH gleichwohl ausnahmsweise eine vollständige Verhältnismäßigkeitsprüfung vor. Kritisch anzumerken ist in diesem Zusammenhang weiter, dass bislang nur selten ein Verstoß einer sekundärrechtlichen Regelung gegen eine Maßgabe des Primärrechts bejaht wurde. Ebenso Krieger, Unechte Umsatzsteuerbefreiungen im Unionsrecht, S. 365. 150 Vergleiche speziell im Mehrwertsteuerrecht EuGH, v. 9.3.2017, Rs. C-573/15 (Oxycure Belgium), ECLI:­EU:­C:­2017:189, Rz. 23; v. 7.3.2017, Rs. C-390/15 (RPO), ECLI:­EU:­C:­2017:174, Rz.  54. 151 Vergleiche Englisch, EuR 2009, 488 (500); von Danwitz, EWS 2003, 400 (400 ff.); Hoffsümmer, Steuerbefreiungen für Inlandsumsätze, S. 127. Auf nationaler Ebene bereits Tipke, Die Steuerrechtsordnung, Band I, S. VII, 330 f.; aA. wohl Rossi, in: Calliess/Ruffert, EUV/AEUV, Art. 20 EU-GrCh, Rz. 26 f. Unkritisch Jarass, EUGrCh, Art. 20, Rz. 18. 152 Vergleiche diesbezüglich Englisch, EuR 2009, 488 (500); ähnlich zudem Trstenjak/ Beysen, EuR 2012, 265 (273 f.). Ferner kritisch Heidemann, Die Umsatzsteuerbefreiungen von Finanzdienstleistungen, S. 138 ff.

34

II.  Die grundlegenden Anforderungen

Neben der Bedeutung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes für die Rechtfertigung von Beeinträchtigungen des Gleichbehandlungsgrundsatzes, soll ferner auch die freiheitsrechtliche Bedeutung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes für die Ausgestaltung des harmonisierten Mehrwertsteuersystems angesprochen werden. Zuvörderst ist diesbezüglich festzuhalten, dass die Einbeziehung der Unternehmer in die Erhebung der Mehrwertsteuer ein Eingriff in die unternehmerische Freiheit des Art. 16 EU-GrCh ist.153 Die Inanspruchnahme der Unternehmer als Steuereinsammler bedarf folglich einer Rechtfertigung im Lichte des grundrechtlichen Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes. Wenngleich diese indirekte Erhebungsform der Mehrwertsteuer zwar grundsätzlich durch ein einerseits bestehendes Interesse an einer solidarischen Lastentragung im Sinn des Leistungsfähigkeitsprinzips sowie ein andererseits – im Fall der direkten Besteuerung konsumtiver Aufwendungen – drohendes strukturelles Vollzugsdefizit einer Rechtfertigung zugänglich erscheint,154 so kann der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz jedenfalls eine äußere Grenze der mehrwertsteuerlichen Inanspruchnahme begründen. Eine Inanspruchnahme der Unternehmer ist demnach jedenfalls dann unzulässig, wenn die Beeinträchtigung der unternehmerischen Freiheit etwa durch eine komplexe Ermittlung der steuerlichen Bemessungsgrundlage in keinem Verhältnis zu dem ansonsten drohenden Vollzugsdefizit steht.155 Zudem kann eine unzulässige Inanspruchnahme durch eine übermäßige Vorfinanzierungslast der Unternehmer im mehrwertsteuerlichen Erhebungsverfahren begründet werden.156 Zusammengefasst werden kann, dass der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz ein wesentlicher Leitgrundsatz zur Abwägung widerstreitender, primärrechtlich verwurzelter Prinzipien ist. Hinsichtlich der Ausgestaltung des europäischen Mehrwertsteuersystems begrenzt er nicht nur die Abweichungen von einer gleichmäßigen Mehrwertsteuerbelastung, sondern 153 Vergleiche Kokott, Das Steuerrecht der Europäischen Union, § 4 Rz. 37; Englisch, in: Schön/Beck, Zukunftsfragen des Steuerrechts, S. 39 (S. 70 ff.); Fischer, Die Rechtfertigung einer Umsatzbesteuerung und ihre Vereinbarkeit mit den Grundrechten, S. 289. Auf nationaler Ebene den Eingriff voraussetzend Widmann, ­DStJG 32 (2009), S. 103 (S. 108); sowie im Ergebnis ebenso Drüen, ­DStJG 31 (2008), S. 167 (S. 184 f.). 154 So Kokott, Das Steuerrecht der Europäischen Union, § 4 Rz. 37; Englisch, in: Schön/Beck, Zukunftsfragen des Steuerrechts, S. 39 (S. 71); sowie auf nationaler Ebene Widmann, D ­ StJG 32 (2009), S. 103 (S. 108). 155 Vergleiche im Ansatz ähnlich Fischer, Die Rechtfertigung einer Umsatzbesteuerung und ihre Vereinbarkeit mit den Grundrechten, S. 289 f.; Englisch, in: Schön/ Beck, Zukunftsfragen des Steuerrechts, S. 39 (S. 71). 156 S. Englisch, in: Schön/Beck, Zukunftsfragen des Steuerrechts, S. 39 (S. 74).

35

A.  Kreditgewährung im geltenden Mehrwertsteuersystem

des Weiteren ebenso die Inanspruchnahme der Unternehmer für Steuer­ erhebungszwecke. c) Zusammenfassung Nach alledem sind den Grundprinzipien des europäischen Mehrwertsteuersystems die folgenden Vorgaben zu entnehmen: Der Gleichbehandlungsgrundsatz des Art. 20 EU-GrCh gebietet eine gleichmäßige Auferlegung von Steuerlasten. Bezüglich des steuerbe­ zogenen Vergleichsmaßstabs ist der Gleichbehandlungsgrundsatz konkretisierungsbedürftig. Entgegen dem Verständnis des Europäischen Gerichtshofs erfolgt die notwendige Konkretisierung primär durch das Leistungsfähigkeitsprinzip und nicht durch das Neutralitätsprinzip. Das Leistungsfähigkeitsprinzip ist auf primärrechtlicher Ebene verwurzelt. Es postuliert die Auferlegung von Steuerlasten entsprechend der steuerlichen Leistungsfähigkeit, welche ihrerseits durch das Vermögen oder darauf bezogene Vorgänge indiziert wird. Das Verbrauchsteuerprinzip konkretisiert wiederum das Leistungsfähigkeitsprinzip hinsichtlich der Vermögensverwendung als Indikator steuerlicher Leistungsfähigkeit. Der Mehrwertbesteuerung unterliegen sollen dem Verbrauchsteuerprinzip zufolge, solche Vermögensverwendungen die konsumtiven Zwecken dienen und demnach Konsumleistungsfähigkeit indizieren. Das Neutralitätsprinzip verlangt als Reflex des Leistungsfähigkeitsprinzips in seiner Konkretisierung durch das Verbrauchsteuerprinzip nicht nur die steuerliche Entlastung der unternehmerischen Vermögensverwendung, sondern ebenso die Gleichbehandlung gleichartiger Waren und Dienstleistungen zur Sicherung der Wettbewerbsgleichheit. Als Konkretisierungen des Art. 20 EU-GrCh binden das Leistungsfähigkeitsprinzip wie weiter das Verbrauchsteuer- und Neutralitätsprinzip den unionalen Rechtsetzer hinsichtlich der Ausgestaltung des euro­ päischen Mehrwertsteuersystems. Abweichungen vom Gleichbehandlungsgrundsatz wie seinen Konkretisierungen müssen unter Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes gerechtfertigt werden. Ist eine Mehrwertsteuerbefreiung rechtfertigungsbedürftig, so muss ihr folglich zuvörderst eine legitime Zielsetzung zugrunde liegen. Zudem muss die Zielsetzung durch die Mehrwertsteuerbefreiung in geeigneter, erforderlicher und angemessener Weise verfolgt werden.

36

II.  Die grundlegenden Anforderungen

Zuletzt wurde festgehalten, dass der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz in freiheitsrechtlicher Hinsicht einer übermäßigen Inanspruchnahme der Unternehmer als Fiskalgehilfen entgegensteht. 2. Finanzwissenschaftliche Anforderungen an ein rationales Steuersystem Die rechtswissenschaftliche Erörterung der Grundprinzipien des europäischen Mehrwertsteuerrechts diente der normativen Einbettung des Mehrwertsteuerrechts in die allgemeine rechtstaatliche Grundordnung. Eine normative Einbettung ist im Spezialgebiet des Steuerrechts allerdings nicht ausreichend, weil das Steuerrecht zuvörderst zugleich ökonomisches Recht ist.157 Dem Steuerrecht liegen nicht nur ökonomische Vorgänge als Anknüpfungspunkt der steuerlichen Lastenauferlegung zugrunde; das Steuerrecht ist vielmehr weiter Auslöser besonderer, ökonomischer Folgewirkungen. Eine Auseinandersetzung mit den Maßgaben ökonomischer Rationalität ist daher zur Verwirklichung eines sachgerechten Steuersystems neben der rechtswissenschaftlichen Betrachtung zwingend geboten. Die Anforderungen an ein rationales Steuersystem werden im Folgenden vornehmlich aus Sicht der Finanzwissenschaft, also aus volkswirtschaftlicher Perspektive, betrachtet. Auf Maßgaben der betriebswirtschaftlichen Steuerlehre soll nur ergänzend eingegangen werden, soweit aus der Befassung mit den einzelwirtschaftlichen Entscheidungen mittelbar neue Erkenntnisse für die gesamtwirtschaftliche Ebene abgeleitet werden können.158 a) Historische Entwicklung der Besteuerungsgrundsätze Die Forderung der Finanzwissenschaft nach einem ökonomisch rationalen Steuersystem ist historisch betrachtet viel früher verwurzelt, als die rechtswissenschaftliche Erkenntnis um die Notwendigkeit eines prin­ zipiengeleiteten Steuersystems.159 Wohlbekannt sind die vier Grund­ sätze eines ökonomisch rationalen Steuersystems, die Adam Smith im 157 S. hierzu und im Folgenden Seer, in: Tipke/Lang, Steuerrecht, § 1 Rz. 15; Hey, in: Tipke/Lang, Steuerrecht, § 7 Rz. 1. 158 Vergleiche zur mittelbaren Bedeutung der betriebswirtschaftlichen Steuerlehre, Elschen, StuW 1991, 99 (101); sowie Wagner, Finanzarchiv 44 (1986), 32, der ua. darauf hinweist, dass die betriebswirtschaftliche Steuerplanung bestehende Unzulänglichkeiten des geltenden Steuersystems aufzuzeigen vermag. 159 Vergleiche Hey, in: Tipke/Lang, Steuerrecht, § 7 Rz. 2, die diesbezüglich auf die eher jüngeren Werke, insbesondere von Tipke und P. Kirchhof, verweist.

37

A.  Kreditgewährung im geltenden Mehrwertsteuersystem

Jahr 1776 formulierte: Gleichmäßigkeit der Besteuerung; Bestimmtheit der Besteuerung; Bequemlichkeit der Besteuerung und Wohlfeilheit der Besteuerung.160 Wenngleich diese Besteuerungsgrundsätze nach Adam Smith historisch von herausragender Bedeutung waren, so begründeten sie zu ihrer Zeit jedoch bereits kein Novum.161 Fast eindrücklicher verfasste der deutsche Kameralist von Justi schon im Jahre 1762 im Rahmen seiner sechs Besteuerungsgrundsätze ua. die Maßgabe: „Die Abgaben müssen mit einer gerechten Gleichheit erhoben werden.“162 Diese normativ-ethische Prägung der Finanzwissenschaft, die neben den Postulaten wirtschaftlicher Effizienz auch soziale Wirkungen der Besteuerung umfasste, wurde auf nationaler Ebene zunächst va. durch Adolph Wagner163 sowie sodann va. durch Fritz Neumark164 und Heinz Haller165 fortgeführt.166 Deren ökonomische Erkenntnisse, insbesondere hinsichtlich des Aspekts steuerlicher Gerechtigkeit, haben die erst später einsetzende rechtswissenschaftliche Auseinandersetzung wesentlich vorgeprägt.167 In Abwendung von diesem normativ-ethischen Verständnis der finanzwissenschaftlichen Steuerlehre, versteht sich die moderne Finanzwissenschaft nunmehr weitgehend als wertfrei-quantifizierende Wissenschaft, deren wesentliche Maxime die effiziente (wohlfahrtsoptimale) 160 S. Smith, An Inquiry into the Nature and Causes of Wealth of Nations, in der deutschen Ausgabe von Recktenwald, Der Wohlstand der Nationen, S. 703 ff. 161 Vergleiche diesbezüglich auch Reding/Müller, Einführung in die Allgemeine Steuerlehre, S. 230 ff.; Gerloff, in: Gerloff/Neumark, Handbuch der Finanzwissenschaft, Band II, S. 240 (S. 270 f.); Mann, Steuerpolitische Ideale, S. 144 f. 162 Von Justi, Ausführliche Abhandlung von denen Steuern und Abgaben, S. 26 f. 163 S. Wagner, Finanzwissenschaft, Zweiter Theil, S. 139 ff. 164 S.  Neumark, Grundsätze gerechter und ökonomisch rationaler Steuerpolitik, S. 45 ff. Neumark unterscheidet grundsätzlich zwischen fiskalisch-budgetären, ethisch-sozialpolitischen und wirtschaftspolitischen Besteuerungsgrundsätzen. Darüber hinaus nennt Neumark auch (untergeordnete) steuerrechtliche und steuertechnische Grundsätze (ausführlich ebenda, S. 334 ff.). 165 S. Haller, Die Steuern, S. 13 ff. 166 Vergleiche Reding/Müller, Einführung in die Allgemeine Steuerlehre, S. 232 ff.; darüber hinaus ist auch die Darstellung von Musgrave/Musgrave beachtenswert, siehe Musgrave/Musgrave, Public Finance in Theory and Practice, in der deutschen Ausgabe Musgrave/Musgrave/Kullmer, Die öffentlichen Finanzen in Theorie und Praxis, Band II, S. 9 ff. Vergleiche auch Hey, in: Tipke/Lang, Steuerrecht, § 7 Rz. 17. 167 Die Bedeutung eines gemeinsamen Diskurses um Steuergerechtigkeit hervorhebend, Eckhoff, StuW 2016, 207 (215 f.). Ferner Hey, in: Tipke/Lang, Steuerrecht, § 7 Rz. 17. Kritisch hingegen Wagner, StuW 1992, 2 (2 ff.), der wiederholt die oberflächliche Auseinandersetzung der Rechtswissenschaft mit teils überholten Maßgaben der Finanzwissenschaft moniert.

38

II.  Die grundlegenden Anforderungen

Allokation von Ressourcen bildet.168 Diese moderne Strömung der Finanzwissenschaft, der auch die Theorie der Optimalbesteuerung (engl. Optimal Taxation169) zuzurechnen ist,170 soll im Folgenden zuvörderst in Anlehnung an die Ausführungen von Joseph E. Stiglitz eingehender erörtert werden. b) Einzelne Anforderungen an ein rationales Steuersystem In seiner Schrift zur Finanzwissenschaft führt Stiglitz fünf Kriterien an, die nach Ansicht der modernen Finanzwissenschaft ein ökonomisch rationales Steuersystem erfüllen sollte: wirtschaftliche Effizienz, verwaltungstechnische Einfachheit, Flexibilität, Transparenz und Gerechtigkeit.171 Die Abfolge der Maximen erweist sich dabei bereits als erster Ausdruck des gewandelten Selbstverständnisses der modernen Finanzwissenschaft. Als herausragende Maxime wird die wirtschaftliche Effizienz vorangestellt. Der Gerechtigkeit hingegen wird allenfalls – wie noch näher zu zeigen sein wird – eine nachgeordnete Bedeutung beigemessen. aa) Wirtschaftliche Effizienz qua Neutralität der Besteuerung Ein Steuersystem muss der modernen Finanzwissenschaft zufolge zuvörderst wirtschaftlich effizient sein. Die Maxime der wirtschaftlichen Effizienz ist ihrerseits als Forderung einer allokativen Effizienz zu verstehen.172 Nach der paretianischen Wohlfahrtstheorie ist eine Allokation dann effizient, wenn eine Änderung der Allokation nicht nur mit einer Besserstellung eines Individuums einherginge, sondern zugleich mit ­einer Schlechterstellung eines anderen Individuums.173 Eine effiziente 168 Vergleiche bereits Andel, Finanzwissenschaft, S. 6 ff. Ferner Hey, in: Tipke/ Lang, Steuerrecht, § 7 Rz. 16 ff. Kritisch in Bezug auf eine vergleichbare Entwicklung im Bereich der Betriebswirtschaftslehre, Kußmaul ua., DB 2017, 1337. 169 S. diesbezüglich statt aller Ramsey, Economic Journal 37 (1927), 47; Mirrlees, Review of Economic Studies 38 (1971), 175; Atkinson/Stiglitz, Journal of Public Economics 6 (1976), 55; Stiglitz, in: Auerbach/Feldstein, Handbook of Public Economics, S. 991; Mankiw/Weinzierl/Ferris, Journal of Economic Perspectives 23 (2009), 147. Ferner Slemord, Journal of Economic Perspectives 4 (1990), 157. Kritisch hinsichtlich der realitätsfernen Annahmeabhängigkeiten dieser Theorie hingegen, Haller, Finanzarchiv 46 (1988), 236. 170 Vergleiche Hey, in: Tipke/Lang, Steuerrecht, § 7 Rz. 18; Reding/Müller, Einführung in die Allgemeine Steuerlehre, S. 251. 171 Vergleiche Stiglitz/Schönfelder, Finanzwissenschaft, S. 408. 172 S. so beispielsweise Hiller, Cash-Flow-Steuer und Umsatzsteuer, S. 8. 173 S. Mankiw/Taylor, Grundzüge der Volkswirtschaft, S. 242; Brümmerhoff/Büttner, Finanzwissenschaft, S. 44; Stiglitz/Schönfelder, Finanzwissenschaft, S. 62; Mankiw/Taylor, Grundzüge der Volkswirtschaft, S. 250.

39

A.  Kreditgewährung im geltenden Mehrwertsteuersystem

Allokation iSd. Pareto-Optimalität entspricht folglich dem volkswirtschaftlichen Wohlfahrtsoptimum. Weiter gilt es diesbezüglich zu bemerken, dass nach der Wohlfahrtstheorie ein Marktgleichgewicht, welches durch funktionierende Marktmechanismen entstanden ist, eine solche pareto-optimale Allokation abgeben soll.174 Hinsichtlich der steuerlichen Lastenauferlegung kann die Maxime der wirtschaftlichen Effizienz dementsprechend grundsätzlich als Forderung einer allokativen Neutralität verstanden werden.175 Eine durch Marktmechanismen entstandene pareto-optimale Allokation soll durch die Besteuerung nicht verzerrt werden.176 Es wird diesbezüglich richtigerweise angeführt, dass Verzerrungswirkungen einer Steuererhebung aber einzig dann ausgeschlossen seien, wenn der Steuerpflichtige keine Möglichkeit habe auf die Steuererhebung zu reagieren und damit die Steuerbelastung zu verändern.177 Nur dann trete neben den bezweckten Einkommenseffekt der Besteuerung, nicht zugleich ein effizienzbeeinträchtigender Substitutionseffekt.178 Nichtverzerrend, mangels Reaktionsmöglichkeit durch den Steuerpflichtigen, und mithin unter der Maxime der wirtschaftlichen Effizienz grundsätzlich vorzugswürdig, sollen va. Pauschalsteuern (wie die Kopfsteuer) sein.

174 S. Mankiw/Taylor, Grundzüge der Volkswirtschaft, S. 244; Brümmerhoff/Büttner, Finanzwissenschaft, S. 54; Stiglitz, Economics of the Public Sector, S. 60.  175 S. Englisch, in: de la Feria, VAT Exemptions, S. 37 (S. 49 f.); Reding/Müller, Einführung in die Allgemeine Steuerlehre, S. 175 f. Etwas anderes gilt jedoch, wie bereits angedeutet, wenn der Marktmechanismus aufgrund von Marktversagen bspw. in Folge externer Effekte nicht zu einer effizienten Allokation geführt hat. In diesem Fall kann eine Pigou-Steuer als bewusst aneutrales Korrektiv nicht nur Steueraufkommen generieren, sondern zugleich noch die wirtschaftliche Effizienz erhöhen. Die Neutralität der Steuer ist in diesen Fällen folglich gerade nicht angestrebt, s. Stiglitz/Schönfelder, Finanzwissenschaft, S. 410.  176 Vergleiche Stiglitz/Schönfelder, Finanzwissenschaft, S. 408; Englisch, in: de la Feria, VAT Exemptions, S. 37 (S. 49). Das finanzwissenschaftliche Postulat der Allokationseffizienz soll diesbezüglich einen engen Bezug zum betriebswirtschaftlichen Postulat der Entscheidungsneutralität aufweisen, wonach unternehmerische Entscheidungen nicht von der Besteuerung beeinflusst werden sollten. Letzteres soll sich daher als taugliches Mittel zur Beurteilung der Allokationseffizienz verstehen, so Elschen, StuW 1991, 99 (107 f.). Vergleiche zur betriebswirtschaftlichen Perspektive ferner Herzig/Watrin, StuW 2000, 378 (379 f.). 177 S. Stiglitz/Schönfelder, Finanzwissenschaft, S. 410; Reding/Müller, Einführung in die Allgemeine Steuerlehre, S. 254 f. 178 Ausführlich diesbezüglich und im Folgenden Stiglitz/Schönfelder, Finanzwis­ senschaft, S. 454; Reding/Müller, Einführung in die Allgemeine Steuerlehre, S. 254. Vergleiche zudem Homburg, Allgemeine Steuerlehre, S. 148.

40

II.  Die grundlegenden Anforderungen

Eine tatsächliche Verwirklichungsmöglichkeit von derartigen Steuern wird allerdings selbst aus ökonomischer Warte bezweifelt.179 Ist die Verwirklichung einer Besteuerung ohne jegliche Verzerrungswirkungen aufgrund von Einschränkungen, wie politischen Aspekten oder etwa Informationsmängeln,180 nicht möglich, verlangt die Maxime der wirtschaftlichen Effizienz aber zumindest, dass Abweichungen von dem optimalen Referenzrahmen zu minimieren sind.181 Mit anderen Worten, ist das Wohlfahrtsoptimum aufgrund bestimmter Einschränkungen nicht erreichbar, so ist nach der Maxime der wirtschaftlichen Effizienz die Wohlfahrtseinbuße (Zusatzlast), die va. von der Stärke des durch die Steuererhebung ausgelösten Substitutionseffekts abhängig ist,182 bestmöglich zu begrenzen. Sollen somit im Ergebnis Substitutionseffekte, die eine Wohlfahrtsminderung begründen, vermieden werden, muss noch einmal hervorgehoben werden, dass Substitutionseffekte auf der Möglichkeit beruhen, auf die Steuererhebung zu reagieren.183 Bezüglich der Mehrwertbesteuerung wird daraus grundsätzlich gefolgert, dass eine Mehrwertbesteuerung sämtlicher Waren und Leistungen, der Maxime der wirtschaftlichen Effizienz am gerechtesten werde.184 Sofern 179 Vergleiche Reding/Müller, Einführung in die Allgemeine Steuerlehre, S. 255 f. 180 Solche grundlegenden Informationsdefizite bestehen unter anderem hinsichtlich individueller Nutzenfunktionen, sodass auch eine nichtverzerrende Zielgrößenbesteuerung in Form einer Nutzensteuer nicht umsetzbar ist, s. diesbezüglich Hiller, Cash-Flow-Steuer und Umsatzsteuer, S. 8, sowie zur Problematik des Informationsdefizits ferner auch Homburg, Allgemeine Steuerlehre, S. 152 ff. 181 Dies entspricht auch dem Ansatz der Optimalsteuertheorie. Die Optimalsteuertheorie erkennt ebenso bestimmte Restriktionen, wie etwa den Ausschluss einer Pauschalbesteuerung, grundsätzlich an. Oftmals wird die Optimalsteuertheorie daher auch als Theorie der Zweitbestlösung verstanden. Vergleiche Reding/Müller, Einführung in die Allgemeine Steuerlehre, S. 257; Stiglitz/Schönfelder, Finanzwissenschaft, S. 475 f.; Homburg, Allgemeine Steuerlehre, S. 156. 182 Vergleiche Stiglitz/Schönfelder, Finanzwissenschaft, S. 460. 183 Das Ausmaß des Substitutionseffekts ist wiederum wesentlich von der Elastizität des Angebotes oder der Nachfrage abhängig. Demgemäß wird teilweise nach der Inverse-Elastizitäten-Regel die (höhere) Besteuerung derjenigen Güter gefordert, bezüglich derer die Konsumenten nur eine geringe Preiselastizität aufweisen und daher nur geringe Substitutionseffekte zu erwarten sind. Vergleiche statt vieler auch zu dem ähnlichen Ergebnis der sog. Ramsey-Regel Reding/Müller, Einführung in die Allgemeine Steuerlehre, S. 262 f.; kritisch diesbezüglich Haller, Finanzarchiv 46 (1988), 236 (241 ff.); Englisch, Wettbewerbsgleichheit im grenzüberschreitenden Handel, S. 579. 184 Vergleiche van Brederode, Systems of General Sales Taxation, S. 46; Cnossen, in: Institute for Fiscal Studies, Dimensions of Tax Design, S. 370 (S. 370). Cnossen führt überdies an, dass eine Besteuerung zu einem einheitlichen Steuersatz geboten sei. So könne Neutralität und Einfachheit gewährleistet werden. S. diesbezüg-

41

A.  Kreditgewährung im geltenden Mehrwertsteuersystem

die Mehrwertbesteuerung sämtliche Waren und Leistungen erfasse, sei sichergestellt, dass durch die Mehrwertbesteuerung keine relative Preisänderung eintrete.185 Sei eine relative Preisänderung ausgeschlossen, käme es sodann selbst bei Elastizitäten größer Null nicht zu einem wohlfahrtsmindernden Substitutionseffekt. Eine weitere wesentliche Empfehlung hinsichtlich der Ausgestaltung einer effizienten Besteuerung folgt aus dem Produktionseffizienztheorem, das Diamond und Mirrlees im Jahr 1971 zum ersten Mal bewiesen haben.186 Das Produktionseffizienztheorem besagt, dass ein optimales Steuersystem iSd. Zweitbestlösung keine Produktionsentscheidungen verzerrt, indem nur Konsumgüter, die Variablen der Nutzenfunktion der Konsumenten sind, nicht aber Zwischenprodukte besteuert werden.187 Für die Ausgestaltung der Mehrwertbesteuerung rät das Produktionseffizienztheorem mithin eine Verschonung der unternehmerischen Verwendung von Gütern und Dienstleistungen an.188 Die wirtschaftliche Ineffizienz der Mehrwertsteuerbefreiung erscheint vor diesen Festhaltungen naheliegend.189 Eine Mehrwertsteuerbefreiung kann zuvörderst die Konsumentscheidung zwischen den einzelnen Konsumgütern verzerren, weil durch die unterschiedlichen Mehrwertsteuerbelastungen das relative Preisverhältnis zwischen steuerbefreiten und

lich ferner auch Agha/Haughton, Review of Economics and Statistics 78 (1996), 303 (307). Betrachtet man hingegen nur die wirtschaftliche Effizienz so wird von der modernen Finanzwissenschaft – jedenfalls unter modelltheoretischen Annahmen – teilweise eine Differenzierung der Steuersätze nach der Freizeitsabhängigkeitsregel gefordert, weil zu berücksichtigen sei, dass die Freizeit wie ein Konsumgut einen Nutzen habe aber nicht praktikabel besteuert werden könne. S. hierzu Reding/Müller, Einführung in die Allgemeine Steuerlehre, S. 262 f.; Homburg, Allgemeine Steuerlehre, S. 155; Crawford/Keen/Smith, in: Institute for Fiscal ­Studies, Dimensions of Tax Design, S. 275 (S. 286 ff.). Siehe zur Ramsey-Regel sowie zur Inverse-Elastizitäten-Regel bereits, Fn. 182. Ferner ebenso im Folgenden Englisch, in: de la Feria, VAT Exemptions, S. 37 (S. 50). 185 Es sei nun hier ein einheitlicher Mehrwertsteuersatz unterstellt. S. ebenso van Brederode, Systems of General Sales Taxation, S. 46. Vergleiche diesbezüglich grundsätzlicher zudem Homburg, Allgemeine Steuerlehre, S. 151.  186 S. Diamond/Mirrlees, American Economic Review 1971, 8.  187 S. Diamond/Mirrlees, American Economic Review 1971, 8. S. zudem Homburg, in: Andel, Probleme der Besteuerung III, S. 9 (S. 17); ders., Allgemeine Steuerlehre, S. 163.  188 Vergleiche Homburg, Allgemeine Steuerlehre, S. 167.  189 Vergleiche zu Steuerbefreiungen unter dem Aspekt der Neutralität Englisch, in: de la Feria, VAT Exemptions, S. 37 (S. 50). S. zu weiteren Ineffizienzen aufgrund von Steuerbefreiungen Crawford/Keen/Smith, in: Institute for Fiscal Studies, Dimensions of Tax Design, S. 275 (S. 305 ff.).

42

II.  Die grundlegenden Anforderungen

steuerpflichtigen Konsumgütern verändert wird.190 So soll die geringere Mehrwertsteuerbelastung der Kreditgewährungsleistung infolge der Mehrwertsteuerbefreiung zu einer privaten Kreditnachfrage führen, die die wohlfahrtsoptimale private Kreditnachfrage übersteigt.191 Ferner kann die Mehrwertsteuerbefreiung der Kreditgewährungsleistung ebenso eine Verzerrung unternehmerischer Entscheidungen verursachen, weil die Mehrwertsteuerbefreiung mit einer Versagung des Vorsteuerabzugsrechts einhergeht und damit die Vorsteuerbelastung zu einer endgültigen Steuerbelastung der unternehmerischen Verwendung wird.192 In der Folge kann es zu vielgestaltigen Verzerrungen von unternehmerischen Entscheidungen, etwa Verzerrungen hin zur vertikalen Integration von Leistungen, kommen. Im Folgenden sollen die hier nur angedeuteten Verzerrungswirkungen der Mehrwertsteuerbefreiung noch eingehend erörtert werden.193 bb) Verwaltungstechnische Einfachheit der Besteuerung Weiter soll die Steuererhebung von einer verwaltungstechnischen Einfachheit geprägt sein. Ein übermäßiger Steuererhebungsaufwand soll sowohl auf Seiten der Steuerverwaltung als auch auf Seiten des Steuerpflichtigen vermieden werden.194 Die Forderung ist ebenso wohlfahrtsökonomisch zu erklären, wie auch die vorangegangene Forderung der Allokationsneutralität. Mit der Forderung der Allokationsneutralität sollen Wohlfahrtsminderungen infolge von Allokationsverzerrungen, die sog. unsichtbare Zusatzlast, vermieden werden. Die Forderung der verwaltungstechnischen Einfachheit will 190 Eine (versteckte) Mehrwertsteuerbelastung liegt auch im Fall der Mehrwertsteuerbefreiung vor, wenn die Mehrwertsteuerbefreiung – wie im Fall der Kreditgewährungsleistung – mit einer Versagung des Vorsteuerabzugsrechts einhergeht, weil es dann zu einer endgültigen Vorsteuerbelastung kommt. 191 Vergleiche hier nur Edgar, in: Krever/White, GST in Retrospect and Prospect, S. 131 (S. 135). Eingehend im Folgenden S. 115 f. 192 Vergleiche hierzu und im Folgenden nur Crawford/Keen/Smith, in: Institute for Fiscal Studies, Dimensions of Tax Design, S. 275 (S. 305). 193 Ausführlich im Folgenden S. 115 ff. 194 Vergleiche Stiglitz/Schönfelder, Finanzwissenschaft, S. 412. Auch diese Maßgabe ist bereits von Justis Ausführungen zu entnehmen, s. von Justi, Ausführliche Abhandlung von denen Steuern und Abgaben, S. 42. Ferner fordern auch andere Ökonomen wie Musgrave/Musgrave grundsätzlich die Minimierung derartiger Kosten. Im Unterschied ua. zu Stiglitz messen Musgrave/Musgrave dieser Maßgabe jedoch nur eine untergeordnete Bedeutung zu, s. Musgrave/Musgrave/ Kullmer, Die öffentlichen Finanzen in Theorie und Praxis, Band II, S. 9.

43

A.  Kreditgewährung im geltenden Mehrwertsteuersystem

indes Wohlfahrtsminderungen infolge von Steuererhebungskosten und Steuerentrichtungskosten,195 die sog. sichtbare Zusatzlast, begrenzen.196 Letztlich zielen beide Forderungen auf die Optimierung der gesamtwirtschaftlichen Wohlfahrt im Fall der Steuererhebung ab. Soll die sichtbare Zusatzlast minimiert und dadurch die Wohlfahrt gesteigert werden, muss zuvörderst festgestellt werden, was genau unter Entrichtungs- und Erhebungskosten zu verstehen ist, und welche Faktoren diese Kosten wesentlich beeinflussen. Betrachtet man zunächst die Erhebungskosten der Steuerverwaltung, so setzen sich diese va. aus den Kosten der Steuerveranlagung, der Steuerprüfung sowie der Steuerdurchsetzung zusammen.197 In einer älteren Studie kam man zu dem Ergebnis, dass derartige Erhebungskosten für das Jahr 1984 in Höhe von ca. 1,5% des Mehrwertsteueraufkommens angefallen sein sollen.198 Die Entrichtungskosten der Steuerpflichtigen iS. der gesamten Kosten, die einem Steuerpflichtigen durch die Erfüllung der Steuerpflichten entstehen,199 also va. die Kosten zur Erstellung entsprechender Aufzeichnungen und Erklärungen, sollen für das Jahr 1984 sogar 2,5% des Mehrwertsteueraufkommens ausgemacht haben.200 Wenngleich sich nunmehr die Vollzugskosten, die sich aus der Summe der Erhebungs- und Entrichtungskosten ergeben, aufgrund des technologischen Fortschritts tendenziell rückläufig zeigen,201 dürfen diese Kosten dennoch keinesfalls vernachlässigt werden.202 Sie begründen selbst in gemin-

195 Diese Differenzierung zwischen Erhebungskosten der Steuerverwaltung und Entrichtungskosten der Steuerpflichtigen erscheint gegenüber der Differenzierung von Stiglitz zwischen direkten Erhebungskosten (der Verwaltung) und indirekten Erhebungskosten (der Steuerpflichtigen) vorzugswürdig. S. so auch Reding/Müller, Einführung in die allgemeine Steuerlehre, S. 172; Homburg, Allgemeine Steuerlehre, S. 54. Anders entgegen Stiglitz/Schönfelder, Finanzwissenschaft, S. 412. 196 Vergleiche grundlegend Reding/Müller, Einführung in die allgemeine Steuerlehre, S. 172; s. auch Homburg, Allgemeine Steuerlehre, S. 54 sowie S. 142. 197 Vergleiche Homburg, Allgemeine Steuerlehre, S. 55. Zudem Musgrave/Musgrave/ Kullmer, Die öffentlichen Finanzen in Theorie und Praxis, Band II, S. 90. 198 S. Rappen, Vollzugskosten der Steuererhebung und der Gewährung öffentlicher Transfers, S. 232, zitiert nach: Homburg, Allgemeine Steuerlehre, S. 55. 199 Vergleiche Stiglitz/Schönfelder, Finanzwissenschaft, S. 412.  200 S. Rappen, Vollzugskosten der Steuererhebung und der Gewährung öffentlicher Transfers, S. 232, zitiert nach: Homburg, Allgemeine Steuerlehre, S. 55. 201 Vergleiche Rheinisch-Westfälisches Institut der Wirtschaftsforschung, Arbeitsbericht 2002, S. 73. Demzufolge sollen die Erhebungskosten für das Jahr 1995 in Deutschland 0,5% des Umsatzsteueraufkommens, die Entrichtungskosten 2,6% des Umsatzsteueraufkommens betragen haben. 202 So auch Homburg, Allgemeine Steuerlehre, S. 56. 

44

II.  Die grundlegenden Anforderungen

derter Form eine immer noch erhebliche Zusatzlast und sind daher soweit möglich weiter zu minimieren. Die Vollzugskosten werden wesentlich durch die Kompliziertheit des Steuersystems bedingt.203 Je komplexer der Tatbestand der Steuernorm, die Struktur der Steuerbefreiungen oder auch je komplexer die Berechnung der Bemessungsgrundlage ausgestaltet sind, desto größere Vollzugskosten gehen regelmäßig mit der Besteuerung einher. Ist eine Minderung der Vollzugskosten angestrebt, muss dementsprechend va. die Kompliziertheit des Steuerrechts reduziert werden. Hinsichtlich der Forderung der verwaltungstechnischen Einfachheit wird noch eingehend zu erörtern sein, inwieweit die Mehrwertsteuerbefreiung der Kreditgewährung gerade in Erfüllung der Forderung ergangen ist oder aber zu dieser in Widerspruch steht. Angedeutet wurde bereits, dass die Steuerbefreiung bislang durch den mit einer Mehrwertbesteuerung einhergehenden Steuererhebungs- und Steuerbefolgungsaufwand gerechtfertigt wird. Zugleich muss aber genauso der Steuererhebungs- und Steuerbefolgungsaufwand erwogen werden, der durch die Steuerbefreiung selbst, etwa durch Abgrenzungsfragen, hervorgerufen wird.204 cc) Flexibilität der Besteuerung Nach der Forderung der Flexibilität soll das Steuersystem „relativ ge­ räuschlos […] auf Veränderungen der wirtschaftlichen Lage reagieren“205. Der Anforderung liegt die Erkenntnis zugrunde, dass wirtschaftliche Veränderungen einen Anpassungsbedarf des Steuersystems begründen können.206 Im Fall einer Rezession kann etwa die Minderung der Auf­ kommensgenerierung ökonomisch sinnvoll sein, um die Konjunktur zu stabilisieren.207 Der Flexibilitätsforderung wird dabei umso mehr entsprochen, je einfacher und je schneller, eine derartige Anpassung erfolgen

203 Vergleiche Homburg, Allgemeine Steuerlehre, S. 55; s. auch Stiglitz/Schönfelder, Finanzwissenschaft, S. 412. Ferner unter Rückgriff auf verschiedene empirische Studien Böhringer/Wiegard, Analyse der fiskalischen Auswirkungen des ermäßigten Umsatzsteuersatzes in Deutschland unter Verwendung eines Simulationsmodells sowie der Wachstumseffekte von Straffungskonzepten, S. 77 f. 204 Vergleiche auch Englisch, in: de la Feria, VAT Exemptions, S. 37 (S. 51); Heidemann, Die Umsatzsteuerbefreiungen von Finanzdienstleistungen, S. 38 f. 205 Stiglitz/Schönfelder, Finanzwissenschaft, S. 408. 206 Vergleiche Stiglitz/Schönfelder, Finanzwissenschaft, S. 413; Neumark, Grund­ sätze gerechter und ökonomisch rationaler Steuerpolitik, S. 284 ff. 207 S. hierzu und im Folgenden Stiglitz/Schönfelder, Finanzwissenschaft, S. 413. 

45

A.  Kreditgewährung im geltenden Mehrwertsteuersystem

kann.208 Nicht nur die Anpassung an sich, sondern auch die Anpassungsgeschwindigkeit, ist folglich von besonderer Bedeutung. Im Bereich der verbindlichen Vorgaben des harmonisierten Mehrwertsteuerrechts, wie ua. dem verbindlichen Katalog der Mehrwertsteuerbefreiungen, erweist sich das Mehrwertsteuersystem als nur bedingt flexibel. Insbesondere das Einstimmigkeitserfordernis erscheint aufgrund der damit verbundenen politischen Schwierigkeiten regelmäßig einer ökonomisch gebotenen Anpassung entgegenzustehen.209 Hinsichtlich der Flexibilitätsforderung unterliegt die Ausgestaltung der Mehrwertsteuerbefreiungen daher bereits grundsätzlichen Zweifeln. Die Möglichkeit einzelstaatlicher Anpassungen außerhalb des Mehrwertsteuersystems vermag diesen Mangel des Mehrwertsteuersystems nicht tauglich zu kompensieren.210 dd) Transparenz der Besteuerung Ferner soll das Steuersystem transparent gestaltet sein. Transparenz bedeutet dabei zuvörderst Offenkundigkeit der steuerlichen Lastenverteilung.211 Mit anderen Worten soll ein Steuersystem so konzipiert sein, dass den Steuernormen ihrerseits bereits eindeutig zu entnehmen ist, wer die Lasten der Besteuerung zu tragen hat. Zudem soll unverschleiert ersichtlich sein, wer durch steuerliche Befreiungsvorschriften begünstigt werden soll.212 Nur so soll gewährleistet werden können, dass die Aus­ gestaltung des Steuersystems tatsächlich dem demokratischen Willens208 Erfolgt die Anpassung „automatisch“ bezeichnet Neumark dies als „passive Flexibilität“, eine bewusst vorgenommene Anpassungen ordnet Neumark dem Grundsatz der „aktiven Flexibilität“ zu, s. Neumark, Grundsätze gerechter und ökonomisch rationaler Steuerpolitik, S. 283 ff. 209 Vergleiche aus juristischer Perspektive Englisch, in: Tipke/Lang, Steuerrecht, § 17 Rz. 7; Seiler, in: Grabitz/Hilf/Nettesheim, Das Recht der EU, EL Juli 2016, Art. 113 AEUV, Rz. 47 ff. 210 Vergleiche diesbezüglich auch Englisch, in: de la Feria, VAT Exemptions, S. 37 (S. 52), der darauf hinweist, dass im Bereich der Umsatzsteuerbefreiungen zwar grundsätzlich wohl eine Anpassung durch eine weitere nationale Steuer (zB. Versicherungssteuer) erfolgen könne, dies gleichwohl nicht die Unzulänglichkeiten des Umsatzsteuersystems gänzlich kompensiere. 211 Vergleiche hierzu und im Folgenden Stiglitz/Schönfelder, Finanzwissenschaft, S. 416 f. Vergleiche im Übrigen auch Neumark, der den Grundsatz der Transparenz weiter in den Aspekt der Bestimmtheit sowie den Aspekt der Verständlichkeit/Eindeutigkeit unterteilt, Neumark, Grundsätze gerechter und ökonomisch rationaler Steuerpolitik, S. 342 ff. 212 S. Englisch, in: de la Feria, VAT Exemptions, S. 37 (S. 51), danach dürfe der Umfang der Begünstigung insbesondere auch nicht durch Besteuerungstechniken oder Marktmechanismen verschleiert werden.

46

II.  Die grundlegenden Anforderungen

bildungsprozess entsprungen ist.213 Richtigerweise muss diesbezüglich jedoch nicht nur die Offenkundigkeit der gesetzlichen Belastungskonzeption gegeben sein, sondern vielmehr auch deren Übereinstimmung mit der ökonomischen Realität.214 ee) Ergänzende Forderung einer gerechten Besteuerung Ein normatives Gerechtigkeitsverständnis ist der modernen Finanzwissenschaft, anders als noch der älteren, normativ-ethisch geprägten Strömung,215 weitgehend fremd.216 Forderten Ökonomen wie Musgrave noch eine horizontale wie vertikale Gerechtigkeit des Steuersystems, also, dass Steuerpflichtige mit gleicher Leistungsfähigkeit gleich und höherer Leistungsfähigkeit in höherem Maße der Besteuerung zu unterwerfen seien,217 äußern Ökonomen der modernen Strömung Bedenken gegenüber diesen Forderungen. Bezüglich der Maßgabe der horizontalen Gerechtigkeit führt Stiglitz etwa aus, dass bereits nicht festgestellt werden könne, wann Individuen vergleichbar seien.218 Zudem sei nicht festzustellen, wann eine gleiche Behandlung dieser Individuen vorliege. Auch die Maßgabe der vertikalen Gerechtigkeit sei untauglich, da – selbst wenn man das Leistungsfähigkeitsprinzip als tauglichen Vergleichsmaßstab akzeptiere – nicht feststehe, wie die Leistungsfähigkeit konsistent zu bemessen und wie die vertikale Differenzierung auszugestalten sei.219 Infolge dieser vermeintlichen Umsetzungsdefizite hat sich die moderne Finanzwissenschaft von derartigen Gerechtigkeitserwägungen abgewandt und ein wohlfahrtsökonomisches Gerechtigkeitsverständnis ent213 Jedoch auch auf teilweise Bedenken hinsichtlich des Minderheitenschutzes hinweisend Stiglitz/Schönfelder, Finanzwissenschaft, S. 417.  214 Vergleiche Englisch, in: de la Feria, VAT Exemptions, S. 37 (S. 51). 215 Vergleiche Neumark, Grundsätze gerechter und ökonomisch rationaler Steuerpolitik, S. 67 ff.; Musgrave/Musgrave/Kullmer, Die öffentlichen Finanzen in Theorie und Praxis, Band II, S. 11 ff. 216 Vergleiche Stiglitz/Schönfelder, Finanzwissenschaft, S. 417 ff. Vergleiche des Weiteren Rose/Wiegard, in: Pohmer, Zur optimalen Besteuerung, S. 9; Seidl, in: Pohmer, Zur optimalen Besteuerung, S. 163. Zu Recht kritisch diesbezüglich Eckhoff, StuW 2016, 207 (218 f.). 217 Vergleiche Musgrave/Musgrave/Kullmer, Die öffentlichen Finanzen in Theorie und Praxis, Band II, S. 19. Aus juristischer Perspektive so bereits S. 17 f. 218 Oder anders ausgedrückt, sei es nicht feststellbar, wann Unterschiede von steuerlicher Relevanz seien. Vergleiche hierzu und im Folgenden Stiglitz/Schönfelder, Finanzwissenschaft, S. 417 f. 219 Vergleiche Stiglitz/Schönfelder, Finanzwissenschaft, S. 419; Hiller, Cash-FlowSteuer und Umsatzsteuer, S. 12. Auch Musgrave erkennt diese Schwierigkeiten, sieht die Auseinandersetzung mit diesen Schwierigkeiten jedoch um der Gerechtigkeit willen geboten, Musgrave/Musgrave/Kullmer, Die öffentlichen Finanzen in Theorie und Praxis, Band II, S. 27.

47

A.  Kreditgewährung im geltenden Mehrwertsteuersystem

wickelt. Demzufolge sei zuvörderst die Pareto-Effizienz des Steuersystems anzustreben.220 Erst, wenn nach wohlfahrtsökonomischer Analyse mehrere Steuersysteme die Maßgabe der Pareto-Effizienz erfüllten, sei unter Rückgriff auf soziale Wohlfahrtsfunktionen eine gerechte Auswahl iS. der Maximierung der sozialen Wohlfahrt zu treffen. Nach der utilitaristischen Wohlfahrtsfunktion sei dabei die soziale Wohlfahrt die Summe der Nutzen der Individuen.221 Als ökonomisch rational erweise sich dementsprechend dasjenige Steuersystem, das über die Pareto-Effizienz hinaus die Summe der individuellen Nutzen maximiere. Die rawlsia­ nische Wohlfahrtsfunktion erachtet hingegen die soziale Wohlfahrt als das Nutzenniveau, welches durch dasjenige Individuum erreicht wird, welches in der Gesellschaft am schlechtesten gestellt ist.222 Unter den Pareto-effizienten Steuersystemen sei daher das Steuersystem vorzugswürdig, welches dieses Nutzenniveau maximiere. Nach Stiglitz gewährleiste dieser Ansatz, dass verschiedenartige Werturteile, wie etwa über die Bestimmung der sozialen Wohlfahrt, nicht die Effizienz des Steuersystems beeinträchtigten, da die werturteilbehafteten Erwägungen nur hinsichtlich solcher Steuersysteme erfolgten, die die Forderung der Pareto-Effizienz erfüllten.223 Ferner folge die Bestimmung der sozialen Wohlfahrt (jedenfalls nach Bestimmung der maßgeblichen Wohlfahrtsfunktion) einer eindeutig quantifizierenden, wertfreien und sonach von mathematischer Gewissheit geprägten Betrachtung. Eine normative Gerechtigkeitserwägung finde mithin einzig bezüglich der Auswahl der sozialen Wohlfahrtsfunktion statt. Ansonsten erfolge die Bewertung eines Steuersystems in mathematisch-quantifizierender Weise unter der leitenden Maxime der wohlfahrtsökonomischen Effizienz.224 220 Vergleiche hierzu und im Folgenden Stiglitz/Schönfelder, Finanzwissenschaft, S. 424 f. Die Optimalsteuertheorie hingegen strebt bereits kein Steuersystem an, dass das Pareto-Optimum erreicht. Aufgrund der Ausklammerung von Kopf- oder Pauschalsteuern versteht sich die Optimalsteuertheorie vielmehr als Theorie der Zweitbestlösung. S. hierzu bereits mit weiteren Nachweisen Fn. 180. 221 S. grundlegend hierzu Bentham, An Introduction to the Principles of Morals and Legislation, in der deutschen Fassung nach Nash/Seidenkranz, S. 10 ff. 222 Vergleiche diesbezüglich grundlegend Rawls, A Theory of Justice, S. 152 ff.; ­zusammenfassend auch ders., American Economic Review 1974, 141. S. zudem Stiglitz/Schönfelder, Finanzwissenschaft S. 77 ff. Die Definition der sozialen Wohlfahrt beschränkt sich jedoch keinesfalls auf den utilitaristischen oder rawlsianischen Ansatz. Die soziale Wohlfahrtsfunktion nach Nash definiert die soziale Wohlfahrt etwa abweichend als Produkt aller individuellen Nutzen. Vergleiche diesbezüglich Nash, Econometrica 18 (1950), 155. 223 Vergleiche Stiglitz/Schönfelder, Finanzwissenschaft, S. 424.  224 S. diesbezüglich auch Wagner, StuW 1992, 2 (4), der die vergebliche Suche nach einer Maßgröße der steuerlichen Leistungsfähigkeit für beendet und durch ein klar interpretierbares Konzept der ökonomischen Effizienz ersetzt sieht.

48

II.  Die grundlegenden Anforderungen

3. Verhältnis primärrechtlicher und finanzwissenschaftlicher Anforderungen Folgend verbleibt das Verhältnis der erörterten primärrechtlichen und finanzwissenschaftlichen Anforderungen, va. der leitenden Maximen der leistungsfähigkeitsgerechten Besteuerung zum einen und der Allokationseffizienz zum anderen, festzuhalten. Wenn, wie hier, die Forschungsfrage auf eine Erörterung der Möglichkeiten der Mehrwertbesteuerung im europäischen Mehrwertsteuersystems gerichtet ist, muss das Leistungsfähigkeitsprinzip das dominierende Prinzip sein.225 Eingehend aufgezeigt wurde, dass die Steuerbelastung nach dem Leistungsfähigkeitsprinzip den primärrechtlichen Wertentscheidungen entspringt und somit durch das Leistungsfähigkeitsprinzip der Rahmen der primärrechtlich zulässigen Steuerrechtsordnungen vorgegeben wird. Eine Mehrwertbesteuerung der Kreditgewährung, die zwar den ökonomischen Anforderungen an ein rationales Steuersystem entsprechen zugleich aber in einem ungerechtfertigten Widerspruch zum Leistungsfähigkeitsprinzip stehen würde, wäre primärrechtswidrig und somit einer Verwirklichung im europäischen Mehrwertsteuersystem nicht zugänglich. Wegen der Ausrichtung der Ausarbeitung auf die geltende Mehrwertsteuerbefreiung wie mögliche Reformoptionen im europäischen Mehrwertsteuersystem, kann folglich nur das Leistungsfähigkeitsprinzip das primäre Leitprinzip abgeben. Das Leistungsfähigkeitsprinzip und auch der Anknüpfungspunkt der Konsumleistungsfähigkeit sind aber, wie bereits dargelegt, konkretisierungsbedürftig. Bei der wertenden Konkretisierung des Leistungsfähigkeitsprinzips und im Folgenden vor allem des Konzepts der Konsum­ leistungsfähigkeit können und sollten die ökonomischen Erwägungen berücksichtigt werden, insoweit wie dadurch der Kerngehalt der Prinzipien nicht aufgeben wird, weil die nach dem Konzept der Konsumleistungsfähigkeit notwendige konsumtive Vermögensverwendung letztlich ein ökonomischer Vorgang ist.226 Vor allem in weniger eindeutigen Fällen sollten die Fragen wann eine Vermögensverwendung vorliegt und wann

225 Vergleiche diesbezüglich Hey, in: Tipke/Lang, Steuerrecht, § 7 Rz. 6; Englisch, Wettbewerbsgleichheit im grenzüberschreitenden Handel, S. 579. Entgegen differenzierend Wagner, StuW 1992, 2 (7); sowie aA. aus betriebswirtschaftlicher Sicht Hiller, Cash-Flow-Steuer und Umsatzsteuer, S. 12, der aus dem Wertepluralismus des Leistungsfähigkeitsprinzips dessen Untauglichkeit als grundlegende Maxime der Steuererhebung ableiten will. 226 S. Englisch, Wettbewerbsgleichheit im grenzüberschreitenden Handel, S. 579. 

49

A.  Kreditgewährung im geltenden Mehrwertsteuersystem

die Vermögensverwendung zu Konsumzwecken erfolgt, daher zumindest unter Einbeziehung ökonomischer Erwägungen erörtert werden. Ferner ist den ökonomischen Forderungen eine Relevanz im Rahmen der leistungsfähigkeitsgerechten Regelungsmöglichkeiten zuzusprechen. Wären beispielsweise mehrere Regelungsmöglichkeiten mit dem Leistungsfähigkeitsprinzip vereinbar, so wäre richtigerweise die ökonomisch rationale Regelung zu verwirklichen. Zudem kann die ergänzende ökonomische Betrachtungsweise die ökonomischen Wirkungen der grundlegenden Wertentscheidungen wie deren Konkretisierungen aufzeigen und dadurch zur Aufdeckung von Mängeln beitragen und weitergehend einen Anpassungsprozess oder grundlegenden Reformprozess erwirken.227 Soweit sich die ökonomischen Anforderungen im Einzelnen des Weiteren an primärrechtliche Wertentscheidungen anknüpfen lassen, kann darüber eine Abweichung vom Leistungsfähigkeitsprinzip gerechtfertigt werden. Erhebliche Konflikte zwischen den primärrechtlichen Anforderungen und den ökonomischen Anforderungen an ein rationales Steuersystem sind mit Blick auf die Forschungsfrage grundsätzlich nicht zu erwarten. Insbesondere hinsichtlich der Frage der Besteuerungswürdigkeit der Kreditgewährungsleistung wird wegen ihrer monetären Eigenart und der durch die Leistung ermöglichten intertemporalen Konsumverschiebung, nämlich schon eine ökonomisch inspirierte Auslegung des Konzepts der Konsumleistungsfähigkeit vorgenommen werden müssen. Im Folgenden soll nunmehr die Mehrwertbesteuerung der Kreditgewährungsleistung, unter Achtung der angeführten primärrechtlichen wie ökonomischen Vorgaben und deren Einordnung, eingehend besprochen werden.

III. Besteuerungswürdigkeit der Kreditgewährungsleistung im europäischen Mehrwertsteuersystem Zuvörderst ist zu hinterfragen, ob die Kreditgewährungsleistung nach den vorgehend erläuterten Vorgaben überhaupt der Mehrwertbesteuerung zu unterliegen hat. Festgehalten wurde, dass nach dem Verbrauchsteuerprinzip eine endgültige Mehrwertsteuerbelastung nur bei Vorliegen einer konsumtiven Ver227 S. Eckhoff, StuW 2016, 207 (218); Wagner, StuW 1992, 2 (3). Vergleiche diesbezüglich des Weiteren Hey, in: Tipke/Lang, Steuerrecht, § 3 Rz. 60. 

50

III.  Besteuerungswürdigkeit der Kreditgewährungsleistung

mögensverwendung gerechtfertigt werden kann. Fraglich und bislang streitig ist, ob die Vermögensverwendung, die der Kreditnehmer zum Erhalt der Kreditgewährungsleistung tätigt, eine konsumtive und somit besteuerungswürdige Vermögenswendung ist. Ebenso ist aus ökonomischer Warte streitig, ob eine vollständige Ausklammerung der Kreditgewährungsleistung von der Mehrwertbesteuerung möglicherweise zur Vermeidung von Verzerrungen der intertemporalen Konsumallokation geboten ist. Ehe eine Auseinandersetzung mit den Streitfragen der Besteuerungswürdigkeit der Kreditgewährungsleistung erfolgen kann, muss zuvor aber zwingend dargelegt werden, was im Rahmen der vorliegenden Auseinandersetzung unter einer Kreditgewährungsleistung verstanden werden soll und welches Entgelt dieser Kreditgewährungsleistung regelmäßig gegenübersteht. Aufgrund der Ausrichtung der Auseinandersetzung insbesondere auf die geltende Mehrwertsteuerbefreiung im europäischen Mehrwertsteuersystem, soll diesbezüglich vom Verständnis des Befreiungstatbestands ausgegangen werden. 1. Die mehrwertsteuerliche Kreditgewährungsleistung Eine Kreditgewährung ist ganz allgemein durch Leistungsbeziehungen zwischen einem Kreditgeber und einem Kreditnehmer geprägt. Im Übrigen wird der Leistungsgehalt der Kreditgewährungsleistung nicht einheitlich, sondern vielmehr abhängig vom einschlägigen Rechtsgebiet verstanden.228 Für die Kreditgewährung iSd. europäischen Mehrwertsteuersystems kann der Leistungsgehalt aus dem Anwendungsbereich der Steuerbefreiungsvorschrift abgeleitet werden. Die Steuerbefreiungsnorm – wie das har­ monisierte Mehrwertsteuerrecht im Übrigen – enthalten jedoch keine Legaldefinition der Kreditgewährung. Der Leistungsgehalt der Kreditgewährung wurde daher vornehmlich durch die europäische wie nationale Rechtsprechung geprägt.229 Der Rechtsprechung zufolge kann die grund228 Zu verschiedenen Begriffsbestimmungen im nationalen Recht s. Meincke/Hingst, WM 2011, 633. Einer Ableitung des mehrwertsteuerlichen Bedeutungsgehalts aus den nationalen Begriffsbestimmungen steht die Autonomie des Unionsrechts entgegen, s. hier nur Philipowski, in: Rau/Dürrwächter, EL März 2019, § 4 Nr. 8, Rz. 29 f. 229 Vergleiche grundlegend EuGH, v. 11.7.1996, Rs. C-306/94 (Régie dauphinoise), ECLI:­ EU:­ C:­ 1996:290, Rz. 17; sowie auf nationaler Ebene unter anderem RFH, v. 22.12.1933, V A 395/32, RStBl. 1934, 636 (638); BFH, v. 4.9.1952, V 19/51 U, ­BStBl. III 1952, 277 (278); v. 8.3.1956, V 216/54 U, B ­ StBl. III 1956, 158 (158 f.);

51

A.  Kreditgewährung im geltenden Mehrwertsteuersystem

sätzliche Struktur der Kreditgewährungsleistung zunächst wie folgt beschrieben werden: Der Kreditgeber ist verpflichtet dem Kreditnehmer einen Kapitalbetrag für einen begrenzten Zeitraum zur Nutzung zu überlassen.230 Der KreditSkizze 1: Grundstrukturen der Kreditgewährung nehmer ist demgegenüber zur Rückzahlung des Kapitalbetrags und zur Entrichtung von Zinsen verpflichtet. Rückzahlung des Kapitalbetrags + Zinsen

Kreditgeber

Kreditnehmer Verschaffung und zeitweise Überlassung des Kapitalbetrags

Abbildung 1: Struktur der Kreditgewährungsleistung

Als Kreditgewährungsleistung iSd. Mehrwertsteuerrechts wird sodann des Kapitalbetrags – als Entgelt va. die Zinszahlung erachtet.231

Skizze 2: Grundstrukturen Kreditgewährung überwiegend diederNutzungsüberlassung

Entrichtung von Zinsen

Kreditgeber

Kreditnehmer Zeitweise Nutzungsüberlassung

Abbildung 2: Leistungsstruktur aus mehrwertsteuerrechtlicher Perspektive

a) Kapitalüberlassung als Leistung des Kreditgebers Die Nutzungsüberlassung wird durch die Verschaffung des Kapitalbetrags eingeleitet. Die Kapitalverschaffung ist nicht mit einer Kapitalüberv. 19.3.1970, V R 137/69, ­BStBl. II 1970, 602 (603); v. 21.7.1988, V R 201/83, BFHE 154, 261 (264). 230 Durch das Erfordernis der Kapitalüberlassung wird deutlich, dass sich der mehrwertsteuerliche Begriff der Kreditgewährung beispielsweise von dem Begriff des Kreditgeschäfts nach dem nationalen Kreditwesengesetz unterscheidet. Erfasst § 1 I Nr. 2 KWG neben dem Gelddarlehen auch sogenannte Akzeptkredite, sind Letztere mangels Kapitalüberlassung gerade nicht von der Befreiungsvorschrift des § 4 Nr. 8 lit. a, Fall 1 UStG erfasst. Vergleiche Philipowski, in: Rau/Dürrwächter, EL März 2019, § 4 Nr. 8, Rz. 58; Handzik, in: Offerhaus/Söhn/Lange, EL Jan. 2017, § 4 Nr. 8, Rz. 30. Ferner Weber, Umsatzsteuerbefreiung von Finanzdienstleistungen der Banken und Finanzinstitute, S. 22 ff. 231 S. hier nur EuGH, v. 11.7.1996, Rs. C-306/94 (Régie dauphinoise), ECLI:EU: C:1996:290, Rz. 17; BFH, v. 21.8.1988, V R 201/83, BFHE 154, 261 (264).

52

III.  Besteuerungswürdigkeit der Kreditgewährungsleistung

tragung gleichzusetzen. Für die Kapitalverschaffung ist nur notwendig, dass dem Kreditgeber die Nutzung eines Kapitalbetrags ermöglicht wird. Eine Übertragung von liquiden Mitteln muss hierzu nicht zwingend erfolgen. Vielmehr kann eine Nutzungsmöglichkeit ebenso eingeräumt werden, indem beispielsweise eine bestehende Zahlungsverpflichtung des Kreditnehmers gegenüber dem Kreditgeber zeitweise aufgeschoben wird.232 Die Kapitalverschaffung, gleich welcher Art, ist zwar konstitutiv für die Kreditgewährung, aber gleichwohl nicht Teil der mehrwertsteuerlichen Kreditgewährungsleistung. Als mehrwertsteuerliche Kreditgewährungsleistung wird nur die zeitweise Nutzungsüberlassung des Kapitalbetrags angesehen.233 Entsprechend hat etwa der Bundesfinanzhof wiederholt ausgeführt, dass sich das Wesen der Kreditgewährung aus mehrwertsteuerlicher Perspektive durch die Nutzungsüberlassung von Kapital auszeichne.234 Diese Nutzungsüberlassung könne aus wirtschaftlicher Warte genauso als Verschaffung von Kaufkraft verstanden werden.235 Durch die Überlassung des Kapitalbetrags werde die Kaufkraft des Kreditnehmers gesteigert. Der Kreditgeber indes verzichte durch die zeitweise Nutzungsüberlassung auf die eigene Nutzungsmöglichkeit und habe entsprechend spiegelbildlich eine Kaufkraftminderung zu tragen.236 Ebenso konstitutiv für die mehrwertsteuerliche Kreditgewährung iS. einer zeitweisen Nutzungsüberlassung ist die Verknüpfung der Kapitalüberlassung mit dem Versprechen der künftigen, ungeschmälerten Rückzahlung.237 Fehlt eine solche Rückzahlungsverpflichtung hinsicht232 Vergleiche so bereits RFH, v. 22.12.1933, RStBl. 1934, 636 (638); BFH, v. 4.11.1952, V 19/51 U, ­BStBl. III 1952, 277 (278); v. 8.12.1988, V R 193/83, BFH/NV 1990, 66 (66). Anders noch hingegen RFH, v. 16.12.1923, V A 43/23, RFHE 11, 344 (345). Zu zwischenzeitlichen, va. durch die Rechtsprechung hervorgerufenen Unklarheiten hinsichtlich des umsatzsteuerlichen Leistungsgehalts, vergleiche Philipowski, in: Rau/Dürrwächter, EL März 2019, § 4 Nr. 8, Rz. 31; ders., UR 1979, 1 (1). Ferner Heidemann, Die Umsatzsteuerbefreiungen von Finanzdienstleistungen, S. 92. 233 S. grundlegend auf europäischer Ebene EuGH, v. 11.7.1996, Rs. C-306/94 (Régie dauphinoise), ECLI:­ EU:­ C:­ 1996:290, Rz. 17; daran anknüpfend zudem EuGH, v. 29.3.2004, Rs. C-77/01 (EDM), ECLI:­EU:­C:­1996:290, Rz.  65. 234 Vergleiche BFH, v. 21.7.1988, V R 201/83, BFHE 154, 261 (264); v. 19.3.1970, V R 137/69, ­BStBl. II 1970, 602 (603); v. 8.3.1956, V 216/54 U, B ­ StBl. II 1952, 158 (158 f.). 235 S. auch im Folgenden BFH, v. 21.7.1988, V R 201/83, BFHE 154, 261 (264). 236 Vergleiche Friedrich-Vache, Verbrauchsteuerkonforme Umsatzbesteuerung von Finanzdienstleistungen, S. 27 f. 237 Vergleiche BFH, v. 19.3.1970, V R 137/69, B ­ StBl. II 1970, 602 (603); v. 8.3.1956, V 216/54 U, ­BStBl. III 1956, 158 (158 f.). Siehe ferner Huschens, in: Schwarz/Widmann/Radeisen, EL März 2019, § 4 Nr. 8a, Rz. 5. 

53

A.  Kreditgewährung im geltenden Mehrwertsteuersystem

lich des verschafften Kapitals, kann eine Kreditgewährung iSd. euro­ päischen Mehrwertsteuersystems nicht angenommen werden.238 Mit der vollständigen Tilgung des Kreditbetrags endet letztlich die mehrwertsteuerliche Leistung der zeitweisen Kapitalüberlassung.239 b) Kreditzinszahlungen als typisches Leistungsentgelt Festgehalten wurde soeben, dass die mehrwertsteuerliche Kreditgewährung eine Leistung in Form einer zeitweisen Kapitalüberlassungsleistung ist. Folglich können zuvörderst überhaupt nur diejenigen Vermögensverwendungen in die Entgelterwägungen eingehen, die der Kreditnehmer tätigt, um die Nutzungsüberlassung zu entlohnen. Nach einhelliger Meinung ist die Rückzahlung des Kapitalbetrags daher kein Entgelt bezüglich der Kreditgewährungsleistung.240 Ebenso wie die Kapitalverschaffung ist die Rückzahlung zwar eine konstitutive Voraussetzung der zeitweisen Nutzungsüberlassung.241 Die Rückzahlung erfolgt aber gerade nicht zur Entlohnung der Nutzungsüberlassung. Ist der Kreditnehmer, wie va. im Fall eines zinslosen Darlehens, einzig zur Rückzahlung des Kapitals, aber nicht zur Entrichtung weiterer Entgelte verpflichtet, liegt mithin kein Entgelt und somit nach einhelliger Meinung keine besteuerungswürdige Leistung vor.242 Die Entgeltlichkeit der mehrwertsteuerlichen Kreditgewährungsleistung folgt indes typischerweise aus der Entrichtung von Kreditzinsen.243 Eine 238 Vergleiche BFH, v. 19.3.1970, V R 137/69, ­BStBl. II 1970, 602 (603). Danach liegt im Fall der Kapitalüberlassung unter Beteiligung am Gewinn und Verlust der entsprechenden Geschäfte mangels ungeschmälerter Rückzahlungsverpflichtung keine Kreditgewährung vor. S. diesbezüglich Wäger, in: Sölch/Ringleb, EL Sept. 2019, § 4 Nr. 8, Rz. 92; Huschens, in: Schwarz/Widmann/Radeisen, EL Nov. 2015, § 4 Nr. 8a, Rz. 25. Ferner Abschnitt 4.8.2 Absatz 7 UStAE. 239 Die Kreditgewährungsleistung wird richtigerweise als Dauerleistung verstanden, s. Philipowski, in: FS Umsatzsteuer, S. 579 (S. 585); ders., in: Rau/Dürrwächter, EL März 2019, § 4 Nr. 8, Rz. 34. 240 Vergleiche Wäger, in: Sölch/Ringleb, EL Sept. 2019, § 4 Nr. 8, Rz. 115; Huschens, in: Schwarz/Widmann/Radeisen, EL Nov. 2015, § 4 Nr. 8a, Rz. 13; Handzik, in: Offerhaus/Söhn/Lange, EL Jan. 2017, § 4 Nr. 8, Rz. 19. Vergleiche ferner bereits BFH, v. 4.9.1952, V 19/51 U, B ­ StBl. III 1952, 277 (278); RFH, v. 22.12.1933, V A 395/32, RStBl. 1934, 636 (638). 241 So Heidemann, Die Umsatzsteuerbefreiungen von Finanzdienstleistungen, S. 92. 242 Vergleiche Wäger, in: Sölch/Ringleb, EL Sept. 2019, § 4 Nr. 8, Rz. 90; Handzik, in: Offerhaus/Söhn/Lange, EL Jan. 2017, § 4 Nr. 8, Rz. 19; Friedrich-Vache, Verbrauchsteuerkonforme Umsatzbesteuerung von Finanzdienstleistungen, S. 26. 243 Vergleiche hier nur BFH, v. 21.7.1988, V R 201/83, BFHE 154, 261 (263 f.); v. 4.9.1952, V 19/51 U, ­BStBl. III 1952, 277 (278); Friedrich-Vache, Verbrauchsteu-

54

III.  Besteuerungswürdigkeit der Kreditgewährungsleistung

Zinszahlungsverpflichtung bewirkt grundsätzlich, dass der Kreditnehmer absolut mehr Kapital zurückzuzahlen hat als ihm ursprünglich durch den Kreditgeber zur Nutzung überlassen wurde. Der Mehrbetrag in Höhe der Kreditzinszahlungen wird als Entgelt der Kreditgewährungsleistung angesehen.244 Weiter soll grundsätzlicher ein Entgelt hinsichtlich der Nutzungsüberlassung, unabhängig von der konkreten Ausgestaltung, immer dann vorliegen, wenn der Rückzahlungsbetrag den Verschaffungsbetrag aufgrund der Nutzungsüberlassung übersteigt.245 Auch ein Aufgeld oder Abgeld kann demzufolge beispielsweise die Entgeltlichkeit der Kreditgewährung begründen.246 Ebenso können durch den Kreditgeber einzelne Leistungsgebühren oder Leistungsprovisionen erhoben werden.247 Im Wirtschaftsleben werden diese sog. expliziten Leistungsentgelte gewöhnlich neben den Kreditzinszahlungen zur Entlohnung bestimmter, abgrenzbarer Leistungselemente verlangt.248 Zumeist sind die expliziten Leistungsentgelte den Zinszahlungsverpflichtungen wertmäßig untergeordnet.

erkonforme Umsatzbesteuerung von Finanzdienstleistungen, S. 25 ff.; Wäger, in: Sölch/Ringleb, EL Sept. 2019, § 4 Nr. 8, Rz. 115. Ausgeklammert werden im Folgenden noch die Implikationen der Niedrigzinsphase. Zu den Auswirkungen der Niedrigzinsphase s. aber später S. 251 ff. 244 S. Friedrich-Vache, Verbrauchsteuerkonforme Umsatzbesteuerung von Finanzdienstleistungen, S. 25.  245 Vergleiche im Ansatz bereits BFH, v. 4.9.1952, V 19/51 U, ­BStBl. III 1952, 277 (278). Zudem Wäger, in: Sölch/Ringleb, EL Sept. 2019, § 4 Nr. 8, Rz. 115. 246 Vergleiche so jedenfalls im Ergebnis auch Friedrich-Vache, Verbrauchsteuerkonforme Umsatzbesteuerung von Finanzdienstleistungen, S. 27. Weiter sind etwa auch sog. Zins-Cap-Regelungen nur spezielle Formen der Zinszahlungsvereinbarung und daher ebenso als Teil der (einheitlichen) Entgeltvereinbarung bedeutsam, vergleiche Philipowski, in: Rau/Dürrwächter, EL März 2019, § 4 Nr. 8, Rz. 71. Zur zivilrechtlichen Beurteilung und damit künftigen praktischen Relevanz s. aber BGH, v. 5.6.2018, XI ZR 790/16, BGHZ 219, 35.  247 S. nur Wäger, in: Sölch/Ringleb, EL Sept. 2019, § 4 Nr. 8, Rz. 115 f.; sowie Huschens, in: Schwarz/Widmann/Radeisen, EL Nov. 2015, § 4 Nr. 8a, Rz. 14. Auf die Veränderungen im Zeitablauf hinweisend Philipowski, in: FS Umsatzsteuer, S. 579 (S. 585). Die Mehrwertbesteuerung der expliziten Leistungsentgelte ist grundsätzlich weniger streitbefangen, weshalb sich die folgende Auseinandersetzung überwiegend auf die Zinszahlungen konzentrieren wird. 248 In der Praxis geläufig sind ua. Abschluss- oder Zuteilungsgebühren. S. diesbezüglich Philipowski, in: Rau/Dürrwächter, EL März 2019, § 4 Nr. 8, Rz. 68 f.; Abschnitt 4.8.2 Absatz 4 UStAE.

55

A.  Kreditgewährung im geltenden Mehrwertsteuersystem

2. Überprüfung der Besteuerungswürdigkeit Wie einleitend erwähnt, wird die Besteuerungswürdigkeit der dargetanen Kapitalüberlassungsleistung va. gegen Kreditzinszahlung im europä­ ischen Mehrwertsteuersystem bislang zum Teil vehement bestritten. Sie soll daher im Folgenden einer eingehenden Überprüfung anhand der im vorhergehenden Kapitel erarbeiteten Vorgaben unterzogen werden. a) Überprüfung anhand des Konzepts der Konsumleistungsfähigkeit Eine besteuerungswürdige Leistung liegt dem Verbrauchsteuerprinzip zufolge nur vor, wenn eine leistungsfähigkeitsindizierende konsumtive Vermögensverwendung gegeben ist. Eine konsumtive Vermögensverwendung soll wiederum voraussetzen, dass Aufwendungen zur Inanspruchnahme konsumierbarer Waren oder Leistungen zur privaten Bedürfnisbefriedigung, kurzum zum privaten Endverbrauch, getätigt werden. aa) Auseinandersetzung mit dem nationalen Streitstand Die Feststellung der Besteuerungswürdigkeit monetär geprägter Leistungen, wie etwa der Kreditgewährung, zeigt sich vor diesem Hintergrund besonders schwierig, da ein wesentliches Element der Leistung, nämlich das Kapital, als reines Zahlungsmittel ohne konsumtiven Nutzen, nicht als Konsumgut im angeführten Sinn befunden werden kann.249 Fälschlich ist es gleichwohl, wie teilweise vertreten, die Erörterung der Besteuerungswürdigkeit der Kreditgewährung verkürzt allein an der Hingabe des Kapitals auszurichten und sodann mangels Konsumierbarkeit des Kapitals abzulehnen.250 Eine solche Auffassung verkennt den zuvor festgehaltenen mehrwertsteuerlichen Leistungsgehalt der Kreditgewährung, der gerade nicht in der Hingabe des Kapitals, sondern vielmehr in der zeitweisen Überlassung des Kapitals, respektive der zeitweisen Verschaffung von Kaufkraft besteht. Richtigerweise ist daher vielmehr zu erörtern, inwiefern diese zeitweise Nutzungsüberlassung oder auch zeitweise Kaufkraftverschaffung als konsumierbarer Vorteil zu erachten ist.

249 S. Englisch, in: Tipke/Lang, Steuerrecht, § 17 Rz. 89; Nieskens, in: Rau/Dürrwächter, EL Jan. 2019, § 1, Rz. 430; Friedrich-Vache, in: Reiß/Kraeusel/Langer, EL Mai 2017, § 1, Rz. 62; Oelmaier, in: Sölch/Ringleb, EL Juni 2017, § 1, Rz. 5.  250 So aber wohl Schmidt, Die Umsatzbesteuerung der Bankleistung im Einlagenund Kreditgeschäft, S. 175; Heidner, in: Bunjes/Geist, § 4 Nr. 8, Rz. 2. Kritisch zurecht indes Heidemann, Die Umsatzsteuerbefreiungen von Finanzdienstleistungen, S. 92. 

56

III.  Besteuerungswürdigkeit der Kreditgewährungsleistung

Der Besteuerungswürdigkeit dieser zeitweisen Kapitalüberlassung wird teilweise entgegengehalten, dass die Kapitalüberlassung zwar einen vorgezogenen Konsum ermögliche, allein die Möglichkeit eines vorgezo­ genen Konsums gleichwohl nicht als besteuerungswürdiger, konsumierbarer Vorteil betrachtet werden könne.251 Allein durch die zeitweise Kapitalüberlassung werde dem Kreditnehmer nämlich kein verbrauchbarer Nutzen zugewendet.252 Es müsse erkannt werden, dass der überlassene Kapitalbetrag gerade kein Konsumgut darstelle und mithin auch die Überlassung dieses Kapitalbetrags keinen konsumierbaren Nutzen begründen könne.253 Dieser Rückschluss greift indes fehl. Allein aus der Nichtsteuerbarkeit der Übertragung des Überlassungsgegenstands mangels konsumierbaren Nutzens kann nicht ohne Weiteres geschlossen werden, dass auch die Überlassungsleistung sowie ferner sämtliche, andere Leistungen hinsichtlich dieses Überlassungsgegenstands stets zu keinem konsumierbaren Nutzen führen.254 Ein solches Verständnis missachtet ebenso den abweichenden Charakter der jeweiligen Zuwendung sowie das damit einhergehende Erfordernis der individuellen Überprüfung dieses jeweiligen Zuwendungsgehalts. Ferner wird vorgebracht, dass aus der Kreditinanspruchnahme gerade nicht auf die Leistungsfähigkeit des Kreditnehmers geschlossen werden könne und daher eine Erfassung dieser Kreditinanspruchnahme im Rahmen der Mehrwertbesteuerung verfehlt sei.255 Nehme man zwei Personen, von denen die erste Person die Finanzierung einer Leistung aus seinem verfügbaren Vermögen bestreiten könne, die zweite Person für die 251 S. Friedrich-Vache, Verbrauchsteuerkonforme Umsatzbesteuerung von Finanzdienstleistungen, S. 220 f. Ebenso ohne überzeugende, tiefergehende Begründung das Gegenteil annehmend indes Department of Treasury, Tax Reform for Fairness, Simplicity, and Economic Growth, S. 51. 252 So Friedrich-Vache, Verbrauchsteuerkonforme Umsatzbesteuerung von Finanzdienstleistungen, S. 220 f. Zu Recht kritisch hingegen Heidemann, Die Umsatzsteuerbefreiungen von Finanzdienstleistungen, S. 93.  253 So Friedrich-Vache „Auch die Leistung zum vollen Zins ist noch nicht als verbrauchsfähige Leistung zu werten, da der zur Verfügung gestellte Geldbetrag kein Verbrauchsgut ist“, Friedrich-Vache, Verbrauchsteuerkonforme Umsatzbesteuerung von Finanzdienstleistungen, S. 222. 254 So va. Wäger, DStR 2012, 1829 (1832) mit Hinweis auf EuGH, v. 29.6.1999, Rs. C-158/98 (Coffeeshop „Siberië“), ECLI:­EU:­C:­1999:334, Rz. 15 f., 22 f. Ebenso EuGH, v. 14.7.1998, Rs. C-172/96 (First National Bank of Chicago), ECLI: EU:C:1998:353, Rz. 35; Englisch, in: Tipke/Lang, Steuerrecht, § 17 Rz. 89.  255 Vergleiche hierzu und im Folgenden Reiß, in: IFA, cahiers de droit fiscal interna­ tional, Band 88b, S. 351 (S. 372); ders., UR 2003, 209 (219). Siehe auch Friedrich-Vache, Verbrauchsteuerkonforme Umsatzbesteuerung von Finanzdienstleistungen, S. 222. Kritisch indes Heidemann, Die Umsatzsteuerbefreiungen von Finanzdienstleistungen, S. 93 f.

57

A.  Kreditgewährung im geltenden Mehrwertsteuersystem

Inanspruchnahme dieser Leistung derweil auf eine Fremdfinanzierung in Form einer Kreditgewährung zurückgreifen müsse, so müsse erkannt werden, dass diese zweite Person nicht über eine gesteigerte Leistungsfähigkeit gegenüber der ersten Person verfügen könne. Nur eine solche gesteigerte Leistungsfähigkeit rechtfertige jedoch die zusätzliche mehrwertsteuerliche Besteuerungswürdigkeit der Kreditgewährung.256 Auch dieser va. von Reiß vorgebrachte Einwand kann,257 wie Heidemann zu Recht meint, im Ergebnis nicht durchgreifen.258 Führt man den vorgebrachten Vergleich nämlich über die Kreditlaufzeit fort, so muss festgestellt werden, dass die zweite Person im Fall der Fremdfinanzierung zwar mehr Einkommen, respektive Vermögen, aufwenden muss, um die erstrebte Leistung zu erhalten – hierzu aber gerade auch in der Lage ist. Sofern diese Mehraufwendungen der Kreditaufnahme als Akt konsumtiver Vermögensverwendung zu werten wären, wäre sodann auch die höhere mehrwertsteuerliche Inanspruchnahme im Fall der Fremdfinanzierung als im Fall ausreichender Eigenmittel, entgegen den Ausführungen va. von Reiß, gerade nicht evident gleichheitswidrig, sondern vielmehr konsistent.259 Maßgeblicher Indikator im Rahmen der Mehrwertbesteuerung ist schließlich allein die konsumtive Vermögensverwendung und nicht etwa der tatsächliche Vermögensbestand. Richtig ist indes, dass die Kreditzinsen mangels hinreichenden Zusammenhangs kein Teil des umsatzsteuerlichen Entgelts für die durch den Kredit finanzierte Leistung sind.260 Es handelt sich vielmehr um selbständige Leistungen mit einem eigenen Leistungsgehalt, die einer gesonderten Beurteilung unterliegen.

256 Vergleiche Reiß, in: IFA, cahiers de droit fiscal international, Band 88b, S. 351 (S. 372); ders., UR 2003, 209 (218 f.); Friedrich-Vache, Verbrauchsteuerkonforme Umsatzbesteuerung von Finanzdienstleistungen, S. 222 f. 257 Vergleiche Reiß, in: IFA, cahiers de droit fiscal international, Band 88b, S. 351 (S. 372); ders., UR 2003, 209 (218 f.). 258 S. auch im Folgenden Heidemann, Die Umsatzsteuerbefreiungen von Finanzdienstleistungen, S. 93 f. 259 Vergleiche einerseits Reiß, UR 2003, 209 (218 f.); sowie Friedrich-Vache, Verbrauchsteuerkonforme Umsatzbesteuerung von Finanzdienstleistungen, S. 223 f. Andererseits Heidemann, Die Umsatzsteuerbefreiungen von Finanzdienstleistungen, S. 93 f. 260 Ebenso auch im Folgenden Friedrich-Vache, Verbrauchsteuerkonforme Umsatzbesteuerung von Finanzdienstleistungen, S. 220 f. Hinsichtlich der finanzierten Leistung ist die Mittelherkunft irrelevant, vergleiche nur Reiß, UR 2003, 209 (218); ders., D ­ StJG 13 (1990), S. 3 (S. 19 f.).

58

III.  Besteuerungswürdigkeit der Kreditgewährungsleistung

Zuletzt kann die Besteuerungswürdigkeit der Kreditgewährung entgegen Friedrich-Vache nicht deswegen abgelehnt werden, weil der Empfänger durch die Kreditgewährung nicht in seiner Leistungsfähigkeit gesteigert werde.261 Die mehrwertsteuerliche Besteuerungswürdigkeit fordert gerade nicht eine Steigerung der Leistungsfähigkeit des Empfängers der Leistung durch deren Inanspruchnahme, sondern vielmehr, dass die Aufwendungen zur Inanspruchnahme dieser Leistung die Leistungsfähigkeit des Einzelnen indizieren. Nicht hinreichend erörtert verblieb bislang aber gerade dieser Aspekt, nämlich inwieweit im Fall der Kreditgewährung die Vermögensverwendung, in Form der Aufwendungen zur Inanspruchnahme der Kreditgewährungsleistung,262 ein Akt konsumtiver Vermögensverwendung ist und deswegen besteuerungswürdige Leistungsfähigkeit indiziert. bb) Konkretisierung des konsumtiven Aspekts der Vermögens­ verwendung Eine konsumtive Vermögensverwendung erfordert, wie zuvor schon festgehalten, einen Mittelabfluss zur persönlichen Bedürfnisbefriedigung im Sinn eines privaten Endverbrauchs von Gütern oder Dienstleistungen.263 Die Überprüfung dieser konsumtiven Dimension der Vermögensverwendung darf sodann gleichwohl nicht, wie teilweise anzutreffen, auf die reine Vermutung gestützt werden, dass mit der zeitweisen Kapitalüberlassung eine solche konsumtive Dimension nicht verbunden sei oder konträr, dass sich diese konsumtive Dimension im Rahmen der Kreditgewährung gerade aus der zeitweisen Nutzungsüberlassung ergebe. Vielmehr ist es im Fall der Kreditgewährung unumgänglich die konsumtive Dimension als solche zu hinterfragen.264

261 Vergleiche Friedrich-Vache, Verbrauchsteuerkonforme Umsatzbesteuerung von Finanzdienstleistungen, S. 223. 262 Zur Offenkundigkeit des Vorliegens einer Vermögensverwendung siehe Heidemann, Die Umsatzsteuerbefreiungen von Finanzdienstleistungen, S. 93.  263 Eine konsumtive Vermögensverwendung ist unabhängig von den unterschiedlichen Strömungen va. dann nicht anzunehmen, wenn die Vermögensverwendung unternehmerischen Zwecken iwS. zu dienen bestimmt ist. Die Kreditinanspruchnahme zu Zwecken der Erwerbssicherung sowie auch durch die öffentliche Hand indiziert keine Leistungsfähigkeit und somit keine Besteuerungswürdigkeit. Eine kurze Begründung diesbezüglich wird sogleich im Rahmen der Erörterung der einzelnen Strömungen abgegeben. 264 Vergleiche so auch van Brederode/Krever, in: van Brederode/Krever, VAT and Financial Services, S. 3 (S. 4); Grubert/Krever, in: de la Feria, VAT Exemptions, S. 309 (S. 309 ff.).

59

A.  Kreditgewährung im geltenden Mehrwertsteuersystem

Hinsichtlich dieser gebotenen Präzisierung sollen hier zwei wesentliche Strömungen erörtert werden.265 (1) Konkretisierung anhand der Leitlinien der persönlichen ­Ausgabenbesteuerung Eine Strömung rekurriert zur Konkretisierung des konsumtiven Aspekts der Vermögensverwendung auf die Leitlinien der persönlichen Ausgabenbesteuerung.266 Eine konsumtive Vermögensverwendung liege nach diesen Leitlinien vor, wenn die Vermögensverwendung des Einzelnen weder dem Vermögenserhalt noch der Vermögensbildung diene. Entsprechend müsse zwischen konsumtivem und investivem Aufwand sowie zudem der Ersparnisbildung unterschieden werden.267 Konsum soll nach dieser Strömung im Ergebnis daher nur angenommen werden können, soweit der Einzelne seine persönlichen Mittelressourcen nicht zur weiteren Einnahmeerzielung oder zur Ersparnisbildung einsetze.268 Für die Kreditgewährungsleistung folgt hieraus zuvörderst, dass der Inanspruchnahme der Kreditgewährungsleistung zur weiteren Einnahme­ erzielung (investive Kreditaufnahme) eindeutig und offenkundig keine konsumtive Dimension beizumessen ist.269

265 So auch Grubert/Krever, in: de la Feria, VAT Exemptions, S. 309 (S. 309 ff.). Die Differenzierung der unterschiedlichen Strömungen fällt nicht immer eindeutig aus. Teilweise lassen sich auch Überschneidungen identifizieren. Siehe etwa Advisory Commission, The Expenditure Tax, S. 19 ff. 266 S. grundlegend van Brederode/Krever, in: van Brederode/Krever, VAT and Finan­ cial Services, S. 3 (S. 4 ff.). Zur Entwicklung der persönlichen Ausgabensteuer sowie zu den maßgeblichen Beiträgen vor allem von Fischer und Kaldor siehe hier nur zusammenfassend Zumstein, Die Ausgabensteuer, S. 3 ff. 267 Vergleiche ähnlich van Brederode/Krever, in: van Brederode/Krever, VAT and Financial Services, S. 3 (S. 5); Grubert/Krever, in: de la Feria, VAT Exemptions, S. 309 (S. 310 f.). Siehe ferner Mitschke, Finanzarchiv 38 (1980), 274 (282). 268 Vergleiche van Brederode/Krever, in: van Brederode/Krever, VAT and Financial Services, S. 3 (S. 5). Die Ausklammerung der Kapitalhingabe sowie Kapitalrückzahlung aus dem mehrwertsteuerlichen Leistungsgehalt erweist sich nach dieser Betrachtungsweise als konsistent. Es fehlt insofern aufgrund der gegensätzlichen Rückzahlungsansprüche an einer tatsächlichen Mittelverwendung. Vergleiche auch van Brederode/Krever, in: van Brederode/Krever, VAT and Financial Services, S. 15 (S. 16). 269 S. zur investiven Kreditaufnahme Zumstein, Die Ausgabensteuer, S. 296; Advi­ sory Commission, The Expenditure Tax, S. 30. Siehe ferner zur grundlegenden Abgrenzung der konsumtiven und unternehmerischen Vermögensverwendung, ­ sowie vor allem zur gebotenen Unabhängigkeit der unternehmerischen Vermögensverwendung von der Unternehmereigenschaft des Leistungsempfängers schon S. 24 ff.

60

III.  Besteuerungswürdigkeit der Kreditgewährungsleistung

Ferner wird teilweise, vor allem im Zusammenhang mit der indirekten Ermittlung der steuerlichen Bemessungsgrundlage im Rahmen der persönlichen Ausgabenbesteuerung,270 weiter vertreten, dass im Fall der Kreditgewährung der Empfang der Mittel generell – unabhängig von der intendierten Mittelverwendung – bei dem Empfänger der Mittel als negative Ersparnis zu steuerpflichtigen Einnahmen führe und die Rückzahlung des Kreditbetrags samt Zinszahlungen sodann zu einer abzugsfähigen positiven Ersparnisbildung.271 Letztlich die Zinszahlungen also generell nicht Teil der zu versteuernden, konsumtiven Ausgaben seien. Transferierte man letztere Auffassung auf die harmonisierte Mehrwertbesteuerung, müsste man annehmen, dass im Fall der mehrwertsteuer­ lichen Kreditgewährung generell keine konsumtive Vermögensver­ wendung vorläge. Ein pauschaler Transfer ist nach eigener Auffassung gleichwohl nicht möglich. Insofern muss erkannt werden, dass die Auseinandersetzung mit der Kreditgewährung im Rahmen der persönlichen Ausgabenbesteuerung primär aus erhebungstechnischer Perspektive erfolgt. So wird überwiegend allein darauf verwiesen, dass eine Einordnung der Kreditaufnahme als steuerpflichtige Einnahme geboten sei, um auch die kreditfinanzierten Ausgaben schon im Zeitpunkt des Konsums und nicht erst im Zeitpunkt der Kredittilgung steuerlich zu erfassen.272 Die steuerliche Erfassung der rückfließenden Zahlungen erfolgt schlicht reziprok. Eine Befassung mit dem selbständigen Zuwendungsgehalt der Kreditgewährung sowie dessen Besteuerungswürdigkeit erfolgt indes weitgehend nicht.273 Nur eine solche Erkenntnis ließe sich jedoch übertragen. Es ist daher zwingend grundlegender zu diskutieren, inwiefern die Kreditgewährung außerhalb der ohnehin nicht besteuerungswürdigen investiven Kreditinanspruchnahme, nicht nur aus erhebungstechnischen, sondern 270 Für einen Überblick über die verschiedenen Methoden der indirekten Ermittlung des Konsums für Zwecke der persönlichen Ausgabenbesteuerung sowie eine kritische Auseinandersetzung, siehe Mitschke, Finanzarchiv 38 (1980), 274.  271 S. hierzu und im Folgenden Grubert/Krever, in: de la Feria, VAT Exemptions, S. 309 (S. 310); Institute for Fiscal Studies, The Structure and Reform of Direct Taxation, S. 178; Department of Treasury, Blueprints for Basic Tax Reform, S. 124 f.; abweichend indes Peffekoven, in: Neumark, Handbuch der Finanzwissenschaft, Band II, S. 417 (S. 422); Zumstein, Die Ausgabensteuer, S. 296. 272 So Peffekoven, in: Neumark, Handbuch der Finanzwissenschaft, Band II, S. 417 (S. 422). Siehe auch Mitschke, Finanzarchiv 38 (1980), 274 (300). Vergleiche zudem Peffekoven/Fischer, in: Albers ua., Handwörterbuch der Wirtschaftswissenschaft, Band IX, S. 697 (S. 698). Anderer Auffassung van Schalkwyk/Prebble, Asia-Pacific Tax Bulletin 2004, 363 (368). 273 Kritisch auch Grubert/Krever, in: de la Feria, VAT Exemptions, S. 309 (S. 310).

61

A.  Kreditgewährung im geltenden Mehrwertsteuersystem

vielmehr auch aus steuertheoretischen Gründen möglicherweise der nicht besteuerungswürdigen Dimension der Ersparnisbildung zuzurechnen ist. Für eine derartige Einordnung spräche nach teilweiser Auffassung, dass die Kreditinanspruchnahme, wie die Ersparnis, allein der zeitlichen Konsumverschiebung diene.274 Ein konsumtiver Nutzen sei mit dieser zeit­ lichen Konsumverschiebung nicht verbunden – nicht im Fall der Er­ sparnisbildung und auch nicht im Fall der Kreditgewährung.275 Eine besteuerungswürdige konsumtive Vermögensverwendung sei in diesen Fällen mithin abzulehnen. Die Kosten der Kreditgewährungsleistung seien vielmehr in voller Höhe entsprechend der Ersparnis als reine Kosten der zeitlichen Konsumverschiebung zu erfassen. Diese Ableitung der mangelnden Besteuerungswürdigkeit der Kreditgewährungsleistung aus der vermeintlich vergleichbaren Funktion der Konsumverschiebung im Fall der Ersparnisbildung einerseits und der Kreditaufnahme andererseits kann indes kaum überzeugen. Hinsichtlich der angeführten grundlegenden Differenzierung zwischen konsumtiven Vermögensverwendungen und Vermögensverwendungen zu Zwecken der Vermögensbildung oder des Vermögenserhalts, erweisen sich die angeführten Fälle der zeitlichen Konsumverschiebung nämlich gerade nicht als vergleichbar. Die Konsumverschiebung aufgrund der Ersparnisbildung zeichnet sich durch die Nichtverwendung vorhandenen Vermögens aus.276 Die Entscheidung zur Ersparnisbildung soll vor allem zu einem Erhalt dieses vorhandenen Vermögens führen.277 Eben wegen dieser vermögenserhaltenden Dimension sind die zeitliche Konsumverschie274 Vergleiche hierzu Grubert/Krever, in: de la Feria, VAT Exemptions, S. 309 (S. 320 f.); van Brederode/Krever, in: van Brederode/Krever, VAT and Financial Services, S. 15 (S. 17). 275 S. ebenso im Folgenden Jack, National Tax Journal 2000, 841 (845); Grubert/Mackie, National Tax Journal 2000, 23 (24); Chia/Whalley, Journal of Money, Credit and Banking 1999, 704 (705). So jedenfalls im Ergebnis auch Friedrich-Vache, ­Verbrauchsteuerkonforme Umsatzbesteuerung von Finanzdienstleistungen, S. 220. Vergleiche zusammenfassend ferner auch Grubert/Krever, in: de la Feria, VAT ­Exemptions, S. 309 (S. 323). 276 Vergleiche Zumstein, Die Ausgabensteuer, S. 88.  277 Vergleiche Heidemann, Die Umsatzsteuerbefreiungen von Finanzdienstleistungen, S. 56. Aus ökonomischer Sicht führt die Verzinsung der Ersparnisse zum Reinzins unter Außerachtlassung der Inflation zu einem schlichten Vermögenserhalt und nicht zu einer Vermögenserweiterung (s. Friedrich-Vache, Verbrauchsteuerkonforme Umsatzbesteuerung von Finanzdienstleistungen, S. 217 f.). Das gesparte und mithin erhaltende Vermögen indiziert zwar auch Leistungsfähigkeit, aber gerade keine Konsumleistungsfähigkeit. Siehe ausführlich auch Löhr, Das umsatzsteuerliche Optionsrecht für Vermietungsumsätze, S. 265.

62

III.  Besteuerungswürdigkeit der Kreditgewährungsleistung

bung durch Ersparnisbildung und auch die diesbezüglichen Aufwendungen nach den Leitlinien der persönlichen Ausgabenbesteuerung nicht besteuerungswürdig. Der zeitlichen Konsumverschiebung durch Kreditaufnahme ist eine solche vermögenserhaltende Dimension aber gerade nicht zuzusprechen. Die zeitweise Nutzung von Fremdmitteln soll vielmehr allein das konsumtive Bedürfnis einer vorgezogenen Liquidität respektive einer vor­ gezogenen Konsummöglichkeit befriedigen. Die entsprechenden Aufwendungen in Form der Zinszahlungen müssten mithin folgerichtig als besteuerungswürdige konsumtive Vermögensverwendung erfasst werden.278 (2) Konkretisierung anhand einer volkswirtschaftlichen ­Betrachtungsweise Eine andere Strömung nimmt eine konsumtive Vermögenswendung indes nur soweit an, wie mit der Leistungsinanspruchnahme aus volkswirtschaftlicher Perspektive auch ein tatsächlicher Ressourcenverbrauch verbunden ist.279 Erforderlich sei, dass die Leistungserbringung dazu führe, dass andere Individuen bezüglich der verwendeten Ressourcen endgültig in ihren Konsummöglichkeiten gemindert würden.280 Eine solche endgültige Minderung der Konsummöglichkeiten sei weiter vor allem dann nicht anzunehmen, wenn die Ressourceninanspruchnahme der Erbringung weiterer Leistungen diene und damit die Ressourcen, wenn auch in geänderter Form, dem gesellschaftlichen Zugriff erhalten blieben. Insbesondere die Ressourceninanspruchnahme zu Produktionszwecken sei daher nicht als besteuerungswürdiger Konsum zu erachten. Fer278 Vergleiche wenn auch nur im Ergebnis ähnlich Zumstein, Die Ausgabensteuer, S. 296; Advisory Commission, The Expenditure Tax, S. 30. Sowie ferner Ruppe, in: FS Tipke, S. 457 (S. 464). Die Ausklammerung der reinen Kapitalhingabe sowie Rückzahlung aus dem Leistungsgehalt der mehrwertsteuerlichen Kreditgewährung erweist sich nach den vorangegangenen Ausführungen indes als konsistent. 279 Vergleiche auch im Folgenden mit weiteren Nachweisen Grubert/Krever, in: de la Feria, VAT Exemptions, S. 309 (S. 310 f.). Demzufolge soll diese Strömung ihre Wurzeln in den Ausführungen von Hobbes haben, wonach die gesellschaftliche Inanspruchnahme mit der Fähigkeit der persönlichen Letztinanspruchnahme von gesellschaftlichen Ressourcen korrelieren sollte, vergleiche Hobbes, Leviathan, S. 238 f. Vergleiche des Weiteren zu dieser Betrachtungsweise Auerbach/Gordon, American Economic Review 2002, 411 (414); Merrill, in: Tax Analysts, The VAT Reader, S. 163 (S. 165); Edgar, in: Krever/White, GST in Retrospect and Prospect, S. 131 (S. 136). 280 Vergleiche grundlegend auch im Folgenden van Brederode/Krever, in: van Brede­ rode/Krever, VAT and Financial Services, S. 3 (S. 4 ff.); Grubert/Krever, in: de la Feria, VAT Exemptions, S. 309 (S. 311).

63

A.  Kreditgewährung im geltenden Mehrwertsteuersystem

ner erweise sich auch die staatliche Ressourceninanspruchnahme nicht als besteuerungswürdiger Ressourcenverbrauch.281 Hinsichtlich der zu überprüfenden Leistung der Kreditgewährung ist zuvörderst festzuhalten, dass die „reine“ Kapitalüberlassung aus volkswirtschaftlicher Perspektive offenkundig nicht zu einer Kapitalminderung, sondern nur zu einer interpersonellen Kapitalverschiebung führt.282 Auch wenn aus der reinen Kapitalüberlassung nicht ein – nach dieser Strömung notwendiger – gesellschaftlicher Ressourcenverbrauch resultiert,283 muss dennoch erkannt werden, dass die Erbringung dieser Leistung in Form der Kapitalüberlassung sehr wohl mit einem tatsächlichen Ressourcenverbrauch einhergehen kann. Zur Erbringung dieser Überlassungsleistung werden nämlich Ressourcen, wie etwa die Arbeitsleistung der Mitarbeiter des Finanzinstituts oder die Gebäude sowie Ausstattung der Finanzinstitute, verwendet.284 Diese Ressourcenverwendung führt, wie aufzeigt, gleichwohl nur dann zu einem Ressourcenverbrauch, wenn die Ressourcen endgültig aus dem gesellschaftlichen Zugriff ausscheiden. Eine konsumtive Dimension ist daher trotz Ressourcenverwendung vor allem dann abzulehnen, wenn die Kreditinanspruchnahme der weiteren Leistungserbringung dient oder etwa durch den Staat erfolgt.

281 Vergleiche jedenfalls implizit van Brederode/Krever, in: van Brederode/Krever, VAT and Financial Services, S. 3 (S. 4). 282 Die interpersonelle Kapitalverschiebung bezieht sich allein auf den Kreditbetrag. Saldiert man indes mit den gegenläufigen Forderungen, so führt die reine Kapitalüberlassung auch nicht zu einer Änderung der individuellen ökonomischen Positionen der Beteiligten. Siehe diesbezüglich van Brederode/Krever, in: van Brede­ rode/Krever, VAT and Financial Services, S. 15 (S. 16). Vergleiche des Weiteren Schenk/Thuronyi/Cui, Value ­Added Tax, S. 370; Poddar/English, National Tax Journal 1997, 89 (91). Ferner erklärt sich nach dieser Auffassung ebenso, warum die Kapitalhingabe von vornherein nicht als Teil der mehrwertsteuerlichen Leistung sowie die Kapitalrückzahlung nicht als Teil des Entgelts erachtet wurden. Es fehlt diesbezüglich eindeutig an einer volkswirtschaftlichen Ressourcenminderung. 283 Anders als etwa im Fall der zeitweisen Nutzungsüberlassung eines Fahrzeuges mindert sich der Wert der überlassenen Ressource im Fall der Kreditgewährung gerade nicht. Die reine, zeitweise Überlassung führt daher auch nicht zu einem entsprechenden Ressourcenverbrauch. Siehe ähnlich wohl Grubert/Krever, in: de la Feria, VAT Exemptions, S. 309 (S. 321). 284 S. Carroll/Viard, Tax Notes 2010, 1117 (1125); Hoffman, Canadian Tax Journal 1988, 1204 (1210); van Brederode/Krever, in: van Brederode/Krever, VAT and Financial Services, S. 15 (S. 18 f.); Grubert/Krever, in: de la Feria, VAT Exemptions, S. 309 (S. 323 f.).

64

III.  Besteuerungswürdigkeit der Kreditgewährungsleistung

Erfolgt die Kreditinanspruchnahme indes allein zur Ermöglichung der weiteren privaten Bedürfnisbefriedigung, so muss ein volkswirtschaft­ licher Ressourcenverbrauch angenommen werden. Soweit dieser identifizierte volkswirtschaftliche Ressourcenverbrauch mit einem Entgelt verbunden ist, soweit muss dann auch eine konsumtive Vermögensverwendung angenommen werden. Folgt man dieser Strömung, so ist letztlich eine differenzierte Betrachtung der Kreditzinszahlungen erforderlich. Die Kreditzinszahlungen entgelten einerseits die reine Kapitalüberlassung. Der entsprechende Zinssatz wird als reiner Zins benannt.285 Mangels Ressourcenverbrauchs der reinen Kapitalüberlassung ist in Höhe des reinen Zinses keine mehr­ wertsteuerliche Besteuerungswürdigkeit anzunehmen.286 Die Differenz zwischen Kreditzinszahlung und Reinzinszahlung beruht auf einem individuellen Zinsaufschlag. Dieser individuelle Zinsaufschlag ist nach teilweiser Auffassung in voller Höhe als Kompensation für die zuvor identifizierte konsumtive Dimension der Leistungserbringung des Kreditgebers und mithin als mehrwertsteuerlich besteuerungswürdig anzusehen.287 Teilweise wird indes abweichend vertreten, dass der individuelle Zins­ aufschlag weiter in einen nicht besteuerungswürdigen Risikoaufschlag sowie einen besteuerungswürdigen sonstigen Aufschlag aufzuspalten sei.288 Als Risikoaufschlag sei der Teil der Zinszahlung aufzufassen, der das Risiko des Zahlungsausfalls kompensiere.289 Der reine Transfer von Ausfallrisiken gehe nicht mit einer volkswirtschaftlichen Ressourcenminderung einher. Einer entsprechenden Kompensation könne daher auch keine mehrwertsteuerliche Besteuerungswürdigkeit beigemessen 285 S. hier nur Poddar/English, National Tax Journal 1997, 89 (91); EY, A study of Methods of Taxing Financial and Insurance Services, S. 28.  286 S. so Schenk/Thuronyi/Cui, Value ­Added Tax, S. 370; Grubert/Krever, in: de la Feria, VAT Exemptions, S. 309 (S. 324); Hoffman, Canadian Tax Journal 1988, 1204 (1210). Vergleiche ferner Poddar/Englisch, National Tax Journal 1997, 89 (91); ­Auerbach/Gordon, American Economic Review 2002, 411 (414). 287 S. so Grubert/Krever, in: de la Feria, VAT Exemptions, S. 309 (S. 324); van Brede­ rode/Krever, in: van Brederode/Krever, VAT and Financial Services, S. 15 (S. 18 f.); Schenk, Tax Law Review 63 (2010), 409 (412); Zee, Intertax 2006, 458 (462). Zustimmend Englisch, in: FS Bundesfinanzhof, S. 1491 (S. 1519). 288 Vergleiche va. Carroll/Viard, Tax Notes 2010, 1117 (1125); Auerbach/Gordon, American Economic Review 2002, 411 (414); Poddar/English, National Tax Journal 1997, 89 (91 f.); Hoffman, Canadian Tax Journal 1988, 1204 (1211); Hoffman/ Poddar/Whalley, National Tax Journal 1987, 547 (547). Zustimmend des Weiteren Merrill, in: Tax Analysts, The VAT Reader, S. 163 (S. 165). 289 S. auch im Folgenden vor allem Poddar/English, National Tax Journal 1997, 89 (91 f.); Auerbach/Gordon, American Economic Review 2002, 411 (414).

65

A.  Kreditgewährung im geltenden Mehrwertsteuersystem

werden. Nur der Teil der Zinszahlungen, welcher auf den sonstigen Aufschlag zurückzuführen sei, könne letztlich als Kompensation für die konsumtive Dimension der Leistungserbringung und mithin als besteuerungswürdig erachtet werden.290 Zurecht wird dieser Auffassung aber entgegengehalten, dass die Risikoübernahme gerade wesentlicher Bestandteil der eigentlichen Kreditgewährungsleistung sei und daher auch eine Einbeziehung der Zinszahlungen, die auf den Risikoaufschlag zurückzuführen seien, jedenfalls nicht unangebracht erscheine.291 Für eine derartige Einordnung spricht weiter, dass der reinen Risikoübernahme regelmäßig Handlungen vorausgehen, die offenkundig einen Ressourcenverbrauch verursachen – wie etwa die Risikoprüfung durch Mitarbeiter des Finanzinstituts.292 Ferner lässt sich ebenso annehmen, dass der Risikoaufschlag schlicht zu einem individuell abweichenden Entgelt für die entsprechende konsumtive Dimension der Kapitalüberlassungsleistung führt. cc) Zusammenfassung der Erkenntnisse Die mehrwertsteuerliche Besteuerungswürdigkeit verlangt dem Verbrauchsteuerprinzip zufolge das Vorliegen einer konsumtiven Vermögensverwendung. Die Überprüfung der Besteuerungswürdigkeit der Kreditgewährung zeigte sich vor dieser Maßgabe schwierig, weil der konsumtive Aspekt der Vermögensverwendung nicht unmittelbar aus dem Überlassungsgegenstand abgeleitet werden konnte. Es war vielmehr eine ökonomisch inspirierte Präzisierung des konsumtiven Aspekts der Vermögensverwendung notwendig. Die Präzisierung ergab, dass nach einer Strömung eine konsumtive Vermögensverwendung immer dann angenommen werden soll, wenn die persönliche Mittelverwendung nicht dem Vermögens­ erhalt oder der Vermögensbildung dient. Eine andere Strömung fordert indes, dass die Vermögensverwendung einen tatsächlichen volkswirtschaftlichen Ressourcenverbrauch entgilt. Für die Besteuerungswürdigkeit der Kreditgewährung konnten die folgenden Festhaltungen abgeleitet werden.

290 So Poddar/English, National Tax Journal 1997, 89 (91 f.); Auerbach/Gordon, American Economic Review 2002, 411 (414); Merrill, in: Tax Analysts, The VAT ­Reader, S. 163 (S. 165); EY, A study of Methods of Taxing Financial and Insurance Services, S. 18. 291 Vergleiche Grubert/Krever, in: de la Feria, VAT Exemptions, S. 309 (S. 324); siehe auch Zee, Intertax 2006, 458 (462). 292 So Zee, Intertax 2006, 458 (462).

66

III.  Besteuerungswürdigkeit der Kreditgewährungsleistung

Eine investive Kreditinanspruchnahme sowie auch eine staatliche Kreditaufnahme indizieren nach den angeführten Strömungen keine mehrwertsteuerliche Besteuerungswürdigkeit. Die mehrwertsteuerliche Besteuerungswürdigkeit der verbleibenden privaten Kreditinanspruchnahme respektive der entsprechenden Zinszahlung wird uneinheitlich beurteilt. Nach ersterer Strömung ließe sich die Besteuerungswürdigkeit der Zinszahlungen in voller Höhe herleiten. Die im Rahmen dieser Strömung teilweise vertretene Einordnung der Zinszahlungen, als der Ersparnis vergleichbare und mithin nicht besteuerungswürdige Kosten der zeitlichen Konsumverschiebung, überzeugte nicht. Der volkswirtschaftlich geprägten Strömung zufolge begrenzt sich die Besteuerungswürdigkeit jedenfalls auf die Differenz zwischen Kreditzinszahlungen und Reinzinszahlungen. Die Reinzinszahlungen kompensierten allein die reine Kapitalüberlassung, der mangels volkswirtschaftlichen Ressourcenverbrauchs keine konsumtive Dimension beizumessen sei. Teilweise wird fortgeführt, dass auch die Zinszahlungen, die auf dem individuellen Risikoaufschlag beruhten, keinen volkswirtschaftlichen Ressourcenverbrauch entgölten. Eine konsumtive Vermögensverwendung sei daher nur in Höhe der angeführten Differenz gemindert um entsprechende Risikozuschläge anzunehmen. Festzuhalten verbleibt mithin, dass die bisherigen Ausführungen zur mehrwertsteuerlichen Besteuerungswürdigkeit der Kreditgewährung zu keinem eindeutigen Ergebnis geführt haben. Ehe letztlich eine gebotene Festlegung diesbezüglich vorgenommen wird, sollen die bisherigen Erwägungen aber zuvor um weitere ökonomische Erwägungen ergänzt werden. b) Überprüfung anhand der Forderung der Allokationsneutralität Die Ausführungen zu den ökonomischen Anforderungen an ein rationales Steuersystem haben aufgezeigt, dass sich die Rationalität eines Steuersystems aus ökonomischer Perspektive zuvörderst an der Vorgabe der Allokationseffizienz bemisst. Eine durch Marktmechanismen entstandene effiziente Allokation im Sinn eines volkswirtschaftlichen Wohlfahrtsoptimums soll durch die Besteuerung nicht wohlfahrtsmindernd verzerrt werden. Anders ausgedrückt fordert die grundlegende Effizienzdirektive die Neutralität der Besteuerung gegenüber den effizienten Entscheidungen der einzelnen Wirtschaftssubjekte.

67

A.  Kreditgewährung im geltenden Mehrwertsteuersystem

Hinsichtlich der Mehrwertbesteuerung der Kreditgewährungsleistung ist ebenso aus dieser Perspektive zuvörderst eine Differenzierung zwischen einer investiven und einer privaten Leistungsinanspruchnahme geboten. Während die investive Leistungsinanspruchnahme aus ökonomischer Perspektive aufgrund entsprechender Effizienzerwägungen weitgehend einhellig,293 genauso wie bereits nach den vorgenannten Strömungen, als nicht besteuerungswürdig angesehen wird und daher aus der folgenden Erörterung ausgeklammert sein soll, wird die Besteuerungswürdigkeit der privaten Leistungsinanspruchnahme auch aus ökonomischer Perspektive nicht einheitlich beurteilt. Feststeht im Ausgangspunkt noch, dass eine Mehrwertbesteuerung der Kreditgewährungsleistung nur dann ökonomisch rational ist, wenn sie keine effizienzmindernde Verzerrung der intertemporalen Konsumallokation verursacht.294 Nur soweit die Mehrwertbesteuerung der Kreditgewährungsleistung diese Vorgabe der intertemporalen Neutralität erfüllt, soll sie auch aus ökonomischer Perspektive zu befürworten sein. Ehe eine entsprechende Überprüfung der intertemporalen Neutralität erfolgen kann, bedarf es zuvor aber einer kurzen Erläuterung der ökonomischen Charakterisierung der Kreditgewährungsleistung. aa) Die Kreditgewährungsleistung aus ökonomischer Perspektive Die ökonomische Einordnung der Kreditgewährungsleistung knüpft zumeist an eine Kreditgewährung durch Finanzinstitute an und erachtet die Leistung der Finanzinstitute sodann als Intermediationsleistung zwischen den Einlegern einerseits und den Kreditnehmern anderseits.295 Diese Intermediationsleistung der Finanzinstitute zeichne sich va. durch die Koordinierung zahlreicher Individuen mit unterschiedlichen intertemporalen Konsumpräferenzen aus.296 Das Finanzinstitut führe insofern 293 S. Boadway/Keen, in: Honohan, Taxation of Financial Intermediation, S. 31 (S. 65); Grubert/Mackie, National Tax Journal 2000, 23 (25). S. grundlegend des Weiteren auch Ebrill/Keen/Bodin/Summers, The Modern VAT, S. 15 f. Teilweise aA. hingegen Jack, National Tax Journal 2000, 841 (848 ff.). 294 Vergleiche Grubert/Mackie, National Tax Journal 2000, 23 (24); Jack, National Tax Journal 2000, 841 (841). Siehe ferner auch Grubert/Krever, in: de la Feria, VAT Exemptions, S. 309 (S. 324). 295 So Grubert/Krever, in: de la Feria, VAT Exemptions, S. 309 (S. 320); Kerrigan, International VAT Monitor 2010, 103 (103); Schenk, Tax Law Review 63 (2010), 409 (411); Zee, Intertax 2006, 458 (458); Schenk/Zee, Tax Notes International 2001, 3309 (3309); Poddar/English, National Tax Journal 1997, 89 (90 ff.); Henderson, New England Economic Review 1988, 37 (41). Im Folgenden auch Heidemann, Die Umsatzsteuerbefreiungen von Finanzdienstleistungen, S. 117.  296 Vergleiche Henderson, New England Economic Review 1988, 37 (41).

68

III.  Besteuerungswürdigkeit der Kreditgewährungsleistung

das Kapitalangebot der Einleger und die Kapitalnachfrage der Kreditneh-

297 Skizze Intermediationsleistung mer3:zusammen. Das Entgelt für diese Intermediationsleistung ergebe

sich aus der Differenz zwischen Kreditzins und Einlagezins.298

Intermediationsleistung

0

Einlagezins

Kreditzins

Intermediationsmarge Abbildung 3: Entgeltableitung Intermediationsleistung299

Der ökonomischen Erkenntnis entspricht es weiter, dass auf einem risikofreien Kapitalmarkt ohne Intermediationsleistung und Transaktionskosten ein Marktgleichgewicht zwischen dem Kapitalangebot und der Kapitalnachfrage in der Form einträte, dass die Kapitalüberlassung zu einer Zinszahlung in Höhe des reinen Zinses erfolgte.300 Diese Zinszahlung in Höhe des reinen Zinses entgelte sodann allein den Konsumaufschub des Kapitalanbieters. Aus dieser Erkenntnis wird für den Fall der 297 Vergleiche Hoffman/Poddar/Whalley, National Tax Journal 1987, 547 (547). Siehe weiter Heidemann, Die Umsatzsteuerbefreiungen von Finanzdienstleistungen, S. 117. Über die reine Zusammenführung hinaus seien auch die Betragsgrößentransformation, die Risikotransformation sowie die Fristentransformation durch das Finanzinstitut im Rahmen der Intermediationsleistung beachtlich. 298 Vergleiche so Zee, Intertax 2006, 458 (458); Schenk/Zee, Tax Notes International 2001, 3309 (3309); van Brederode/Krever, in: van Brederode/Krever, VAT and Financial Services, S. 15 (S. 18); Grubert/Krever, in: de la Feria, VAT Exemptions, S. 309 (S. 323 f.). Zusätzlich die Minderung um bestehende Risikoaufschläge fordernd de la Feria, ec Tax Review 2007, 74 (74); Auerbach/Gordon, American Economic Review 2002, 411 (414); Poddar, in: Honohan, Taxation of Financial Intermediation, S. 345 (S. 358); Hoffman/Poddar/Whalley, National Tax Journal 1987, 547 (547). Die Betrachtung unter der Prämisse von Sicherheit vornehmend hingegen Hiller, Cash-Flow-Steuer und Umsatzsteuer, S. 247. Die folgende Betrachtung lässt potentielle Risikozuschläge ebenfalls außer Betracht. Eine Einordnung der Risikozuschläge erfolgt auf den S. 79 ff. 299 Vergleiche ähnlich auch Hiller, Cash-Flow-Steuer und Umsatzsteuer, S. 249. 300 Vergleiche hierzu und im Folgenden Henderson, New England Economic Review 1988, 37 (41); Poddar/English, National Tax Journal 1997, 89 (92 f.); Hiller, CashFlow-Steuer und Umsatzsteuer, S. 249. 

69

A.  Kreditgewährung im geltenden Mehrwertsteuersystem

Intermediationsleistung gefolgert, dass die Intermediationsleistung sowohl Leistungselemente an den Einleger als auch den Kreditnehmer enthalte. Die Abgrenzung der verschiedenen Leistungselemente der Intermediationsleistung erfolge über den reinen Zins. So entgelte die Differenz zwischen Kreditzins und reinem Zins daher eine Leistung des Finanz­ Skizze 4: Aufspaltung Intermediationsleistung instituts an den Kreditnehmer; die Differenz zwischen reinem Zins und Einlagezins eine Leistung des Finanzinstituts an den Einleger.301 Leistungsanteil Einlagegeschäft

Leistungsanteil Kreditgeschäft

Intermediationsleistung

0

Einlagezins reiner Zins

Kreditzins

Intermediationsmarge

Entgeltanteil Einlagegeschäft

Entgeltanteil Kreditgeschäft

Abbildung 4: Entgeltaufspaltung Intermediationsleistung302

Nehme man an, dass ein Individuum für die reine Kapitalüberlassung und damit den Konsumaufschub einen Zinssatz von 3% verlange (reiner Zins). Das Finanzinstitut fordere für die Kreditgewährung gleichwohl einen Kreditzins in Höhe von 5%. Für die Kapitaleinlage hingegen gewähre das Finanzinstitut nur einen Zinssatz in Höhe von 1%. So wären als Entgelt für die Intermediationsleistung des Finanzinstituts die Zinszahlungen in Höhe von 4% anzusehen. 301 Vergleiche Poddar/English, National Tax Journal 1997, 89 (93); Friedrich-Vache, Verbrauchsteuerkonforme Umsatzbesteuerung von Finanzdienstleistungen, S. 103; Hiller, Cash-Flow-Steuer und Umsatzsteuer, S. 249. Ferner Institute for Fiscal ­Studies, Tax by Design – The Mirrlees Review, S. 195; Ebrill/Keen/Bodin/Summers, The Modern VAT, S. 95.  302 Eine ähnliche Darstellung findet sich bei Friedrich-Vache, Verbrauchsteuerkonforme Umsatzbesteuerung von Finanzdienstleistungen, S. 103; Hiller, Cash-FlowSteuer und Umsatzsteuer, S. 249; Schmidt, Konsumbesteuerung durch Mehrwertsteuer, S. 220.

70

III.  Besteuerungswürdigkeit der Kreditgewährungsleistung

Teilweise wird indes zurecht kritisch angemerkt, dass eine solche Charakterisierung der Leistungen der Finanzinstitute nicht dem eigentlichen Leistungsgehalt entspreche.303 Ein Finanzinstitut vermittle nicht zwischen Einlegern und Kreditnehmern, sondern erbringe sowohl an die Einleger als auch an die Kreditnehmer Leistungen mit einem je eigenständigen Zuwendungsgehalt. Dies ergebe sich allein schon aus der Risikoübernahme durch das Finanzinstitut.304 Die Leistung an die Einleger umfasse va. die Verwahrung sowie Verwaltung des eingelegten Kapitalbetrags.305 Die Leistung des Finanzinstituts an die Kreditnehmer bestehe derweil in der Ermöglichung der zeitweisen 306 Fortgeführt müsste man die Leistungsbeziehungen Kapitalnutzung. Skizze 5: Einlagedienstleistung wie folgt verstehen. Der Einleger überlasse dem Finanzinstitut einen Kapitalbetrag zum reinen Zins, gleichzeitig beziehe der Einleger Leistungen des Finanzinstituts. Für diese Leistungen werde entweder ein explizites Leistungsentgelt durch das Finanzinstitut gefordert oder aber es erfolge schlicht eine Minderung der Einlageverzinsung. In dem geminderten Einlagezins sei sodann implizit das Leistungsentgelt für die Leistungserbringung an den Einleger enthalten. Entgelt reine Kapitalüberlassung

0

Einlagezins reiner Zins

Kreditzins

Entgelt Einlageleistung

Abbildung 5: Entgelt Einlageleistung 303 Vergleiche Friedrich-Vache, Verbrauchsteuerkonforme Umsatzbesteuerung von Finanzdienstleistungen, S. 216. Siehe im Ansatz ferner auch Henderson, New England Economic Review 1988, 37 (42). 304 So Friedrich-Vache, Verbrauchsteuerkonforme Umsatzbesteuerung von Finanzdienstleistungen, S. 216. Darüber hinaus lässt sich anführen, dass eine derartige Betrachtungsweise durch die Beschränkung auf die Leistungserbringung durch Finanzinstitute missachtet, dass ein Kreditgeschäft tatsächlich nicht zwangsläufig mit einem entsprechenden Einlagengeschäft verbunden sein muss. 305 Vergleiche auch im Folgenden Friedrich-Vache, Verbrauchsteuerkonforme Umsatzbesteuerung von Finanzdienstleistungen, S. 230.  306 S. Friedrich-Vache, Verbrauchsteuerkonforme Umsatzbesteuerung von Finanzdienstleistungen, S. 216. 

71

A.  Kreditgewährung im geltenden Mehrwertsteuersystem

Auch zwischen dem Finanzinstitut und dem Kreditnehmer erfolge zunächst eine reine Kapitalüberlassung.307 Hierfür müsse der Kreditnehmer Skizze 6: Kreditdienstleistung den reinen Zins aufbringen. Ferner erbringe das Finanzinstitut an den Kreditnehmer eine Kapitalüberlassungsleistung, die mit einem entsprechenden Zinsaufschlag verbunden sei. Nur die Kapitalüberlassungsleistung und der entsprechende Zinsaufschlag sollen den Leistungsgehalt der Kreditgewährungsleistung nach dieser Betrachtungsweise ausmachen.

0

Einlagezins reiner Zins Entgelt reine Kapitalüberlassung

Kreditzins

Entgelt Kreditgewährungsleistung

Abbildung 6: Entgelt Kreditgewährungsleistung

Es wird gleichwohl deutlich, dass, unabhängig von der konkreten Betrachtungsweise, einerseits die Zinszahlungen in Höhe des reinen Zinses vollständig aus dem Leistungsgehalt ausgeklammert werden und andererseits jedenfalls in absoluter Höhe eine gewisse Einigkeit über das mehrwertsteuerliche Entgelt im Rahmen des Einlagen- und Kreditgeschäfts besteht.308 Es soll an dieser Stelle daher erst einmal offen gelassen werden, inwiefern die überwiegende Charakterisierung der Leistung als Intermediationsleistung tatsächlich überzeugen kann. Im Folgenden soll vielmehr erörtert werden, inwieweit die ökonomische Neutralitätsforderung tatsächlich die einhellige Ausklammerung der Reinzinszahlungen gebietet. Ferner ist zu überprüfen, inwieweit eine Mehrwertbesteuerung der Kreditzinszahlungen im Übrigen mit der Neutralitätsforderung vereinbar wäre. bb) Wahrung der intertemporalen Neutralität Eingangs wurde bereits angeführt, dass das grundlegende Effizienzpostulat eine hier bedeutsame Konkretisierung durch die Forderung der inter307 Vergleiche zu dieser isolierten Betrachtung der Kreditgewährungsleistung va. Grubert/Krever, in: de la Feria, VAT Exemptions, S. 309 (S. 319 ff.). 308 Zu kritisch daher Friedrich-Vache, Verbrauchsteuerkonforme Umsatzbesteuerung von Finanzdienstleistungen, S. 141; sowie ebenso Heidemann, Die Umsatzsteuerbefreiungen von Finanzdienstleistungen, S. 106.

72

III.  Besteuerungswürdigkeit der Kreditgewährungsleistung

temporalen Neutralität erfährt.309 Nach der Maßgabe der intertemporalen Neutralität darf die Besteuerung das Entscheidungskalkül zwischen vorgezogenem Konsum und aufgeschobenem Konsum, respektive der Ersparnisbildung, nicht verzerren.310 Ohne Besteuerung und unter der weitergehenden Annahme eines vollkommenen Kapitalmarkts lässt sich die intertemporale Konsumentscheidung durch ein (vereinfachendes) zwei periodisches Modell zunächst wie folgt ableiten:311 Angenommen sei die folgende Nutzenfunktion eines Haushalts: (1)  U = U (c1, c2)

_ Die entsprechenden Indifferenzkurven seien als U (c1, c2) benannt.312 Ferner wird angenommen, dass der Haushalt in der Periode P1 das fixe Einkommen Y erziele. Dieses Einkommen werde durch den Haushalt konsumiert (p1c1, mit p1 = Preis des Konsumgüterbündels in P1 und c1 = Konsumgüterbündel in P1) oder der Ersparnisbildung (s) zugeführt. Eben-

309 Vergleiche grundlegend Stiglitz/Schönfelder, Finanzwissenschaft, S. 462 ff. 310 Vergleiche Hiller, Cash-Flow-Steuer und Umsatzsteuer, S. 15; Zee, Intertax 2006, 458 (459); Grubert/Mackie, National Tax Journal 2000, 23 (31). Siehe ferner auch Friedrich-Vache, Verbrauchsteuerkonforme Umsatzbesteuerung von Finanzdienstleistungen, S. 86.  311 Vergleiche zu den folgenden Neutralitätserwägungen grundsätzlich Zee, Intertax 2006, 458 (459); sowie ferner Grubert/Mackie, National Tax Journal 2000, 23 (25 ff.); Jack, National Tax Journal 2000, 841 (843 ff.). Darüber hinaus sei an dieser Stelle auch auf weitere in der Literatur diskutierte Ansätze hingewiesen. Siehe unter anderem Boadway/Keen, in: Honohan, Taxation of Financial Intermediation, S. 31; Lockwood, How Should Financial Intermediation Services be Taxed?, S. 1 ff.; Edgar, Canadian Tax Journal 2011, 133; Auerbach/Gordon, American Economic Review 2002, 411; Chia/Whalley, Journal of Money, Credit and Banking 1999, 704. Diese ökonomischen Ansätze unterscheiden sich wie Henkow zurecht hervorhebt vor allem in den getroffenen Annahmen, „the researches have made a number of presumptions on what VAT is and what it taxes, what it is supposed to tax, equivalent theoretical tax bases and so on“, Henkow, Financial Activities in European VAT, S. 83. Die folgende Auseinandersetzung bedient sich, auch der grundsätzlich juristischen Ausrichtung geschuldet, bewusst einem eher einfachen ökonomischen Modell und versucht sodann, die entsprechenden Abweichungen hervorzuheben und kritisch zu betrachten. 312 Als Indifferenzkurve bezeichnet man eine Kurve auf der all solche Güterbündel aus gegenwärtigem Konsum (c1) und zukünftigen Konsum (c2) liegen, die dem Haushalt den gleichen Nutzen stiften und daher von dem Haushalt als gleichwertig erachtet werden. Vergleiche Endres/Martiensen, Mikroökonomik, S. 55.

73

bzw. Y + K = p1c1 (2) Y = p1c1 + s folgt: In der folgenden Periode P2 verfüge der Haushalt annahmegemäß über kein Einkommen. dem Haushalt der In der folgenden P2 steht verfüge der Haushalt über (2) Y = p1c1Periode +Folglich s bzw. Y + Kin=annahmegemäß p1c1zweiten Periode A.  Kreditgewährung im geltenden Mehrwertsteuersystem nur die verzinste Folglich Ersparnisbildung Konsumzwecken bereit. Die kein Einkommen. steht dem zu Haushalt in der zweiten Periode verfüge der Haushalt annahmegemäß über In der folgenden Periode P 2 P2 ergibt sich daher wie folgt: Budgetgleichung Periode nur die verzinsteder Ersparnisbildung zu Konsumzwecken bereit. Die

so bestehe die Möglichkeit der Kreditaufnahme (K) in der ersten Perio-

313 kein Folglich dem Haushalt inwie derfolgt: zweiten Periode de.Einkommen. Die Budgetgleichung der Periode P1 zeigt sich mithin wie folgt: Budgetgleichung der Periodesteht P2 ergibt sich daher pErsparnisbildung 2cbzw. 2 nur(3) die Y(1 verzinste Y + bzw. K zu = p0Konsumzwecken c= p2c2 + (1 + r) Kbereit. Die (2)  =+pr)cs += s 1 1

1 1

bzw.sich 0 =der p2c2Haushalt +wie (1 +folgt: r) K (3) (1 folgenden + r) s =der p2cPeriode Budgetgleichung PP2 2ergibt daher In der Periode verfüge annahmegemäß über 2 Führt man die jeweiligen Budgetgleichungen der einzelnen Perioden kein Einkommen. Folglich steht dem Haushalt in der zweiten Periode nurman verzinste Ersparnisbildung Konsumzwecken bereit. Die Budzusammen ergibt die intertemporale Führt die jeweiligen Budgetgleichungen (3) die (1so + r) s = psich bzw. 0zu=Budgetgleichung: p2der c2 +einzelnen (1 + r) K Perioden 2c2 getgleichung der Periode P2 ergibt sich daher wie folgt:

zusammen so ergibt sich die intertemporale Budgetgleichung: c bzw. 0 = p2c2 + (1 + r) K (3)  (1 r) = p୮ଶୡଶ (4) Y +=die p1scjeweiligen Führt man Budgetgleichungen der einzelnen Perioden 1+ 2 2 (ଵା୰)

Führt man die ୮ଶୡଶ jeweiligen Budgetgleichungen der einzelnen Perioden zuzusammen sich die intertemporale Budgetgleichung: (4) Y =sop1ergibt c + (ଵା୰) sammen so 1ergibt sich die intertemporale Budgetgleichung: Durch Umformung nach dem zukünftigen Konsum (c2) erhält man die ୮ଶୡଶ

(4)  YYGleichung ==pp1c1c1 1++ (5), deren Abbildung auch als intertemporale (4) Umformung folgende Durch nach dem zukünftigen Konsum (c2) erhält man die (ଵା୰) Budgetgerade bezeichnet wird: folgende (5), nach derendem Abbildung auch Konsum als intertemporale DurchGleichung Umformung zukünftigen (c2) erhält man die Durch Umformung nach dem zukünftigen Konsum (c erhält man die Budgetfolgende Gleichung (5), deren Abbildung auch als 2) intertemporale Budgetgerade bezeichnet wird: gerade bezeichnet wird: folgende derenc1Abbildung auch als intertemporale (5) c2Gleichung = ୮ଶ Y - (5), (1 + r) ୮ଶ (ଵା୰)

୮ଵ

(ଵା୰) ୮ଵ Budgetgerade (5) cc22 = bezeichnet Y - (1 +wird: r) ୮ଶ c1 (5) ୮ଶ Die Steigung dieser intertemporalen Budgetgeraden beträgt:

Die Steigung Budgetgeraden beträgt: (ଵା୰)dieser intertemporalen ୮ଵ

c2 = dieser Yintertemporalen - (1 + r) ୮ଶ c1 Budgetgeraden beträgt: Die(5) Steigung ୮ଶ ୢୡଶ ୮ଵ (6) = - (1 + r) ୮ଶ (6)  ୢୡଵ

ୢୡଶ dieser intertemporalen ୮ଵ Die Steigung Budgetgeraden beträgt: (6) = - (1 + r) ୮ଶ Budgetgleichung Die intertemporale ist vor allem als Restriktion im ୢୡଵ Die intertemporale Budgetgleichung ist vor allem als Restriktion im Soll die individuellen Nutzenmaximierung zu wie erfassen. lässtRahmen sich die der optimale intertemporale Konsumentscheidung folgt ୢୡଶ

୮ଵ

Nutzenfunktion unter dieser Restriktion (4) maximiert werden, so (6) - (1 +Budgetgleichung r)(1) 313 Rahmen der =individuellen zu als erfassen. Soll die Die intertemporale ist vor allem Restriktion im ୮ଶ Nutzenmaximierung ableiten: lässt ୢୡଵ sich die optimale intertemporale Konsumentscheidung wie folgt Nutzenfunktion (1) unter dieser Restriktion (4) maximiert werden, so ableiten: Rahmen der 314 individuellen Nutzenmaximierung zu erfassen. Soll die Die(7)intertemporale Budgetgleichung ist vor(4) allem als Restriktion im c2) dieser Restriktion max! U(1) (c1,unter Nutzenfunktion maximiert werden, so (7)  max! U (c1, c2)

Rahmen der individuellen Nutzenmaximierung zu erfassen. Soll die ୮ଶୡଶ

u. Nb. Y(1) = punter 1c1 + dieser Restriktion (4) maximiert werden, so Nutzenfunktion (ଵା୰)

312

Aufgrund der Annahme eines vollkommenen Kapitalmarkts erfolgt die Erspar313 Aufgrund der Annahme eines vollkommenen Kapitalmarkts erfolgt die Ersparnisnisbildung sowie die Kreditaufnahme zu einem Zinssatz (r).Zinssatz Dieser (r). Dieser bildung sowie die Kreditaufnahme zu einheitlichen einem einheitlichen 312 Zinssatz entspricht demeines reinen Zinssatz. Vergleiche Zee, Intertax 2006, 458 458 (459); Aufgrund der Annahme Kapitalmarkts erfolgt die ErsparZinssatz entspricht demvollkommenen reinen Zinssatz. Vergleiche Zee, Intertax 2006, (459);Jack, Jack, National Tax (844 f.). nisbildung die Kreditaufnahme zu841 einem einheitlichen Diesowie Lagrange-Funktion ergibt sich somit als: Zinssatz (r). Dieser National Tax Journal Journal2000, 2000, 841 (844 f.). 82 Zinssatz entspricht dem Zinssatz. Zee, Intertax 2006, 458 314 S. grundlegend zurreinen Herleitung der Vergleiche nutzenoptimalen Konsumentscheidung sowie 312 (459); Jack, National Tax Journal 2000, 841 f.). Aufgrund der Annahme eines vollkommenen Kapitalmarkts erfolgt die Ersparden entsprechenden Annahmen der(844 Herleitung Endres/Martiensen, Mikroökono୮ଶୡଶ 82 nisbildung sowie die Kreditaufnahme zu einem der einheitlichen Dieser mik, 183 f.; Varian, Grundzüge Mikroökonomik, S. 79 ff. ȁ(cS. 76 f., ) Zinssatz (r). 1, c2, Ȝ) = U (c1, c2) + Ȝ (Y - p1c1 Zinssatz entspricht dem reinen Zinssatz. Vergleiche Zee, Intertax 2006, 458 (ଵା୰) (459); Jack, National Tax Journal 2000, 841 (844 f.). 74 82

Als notwendige Bedingungen für das Nutzenoptimum erweisen sich folglich:

(ଵା୰) ୮ଶୡଶ

u. Nb. Y = p1c1 + (ଵା୰)

Die Lagrange-Funktion ergibt sich somit als: ୮ଶୡଶ der Kreditgewährungsleistung III.  Besteuerungswürdigkeit

Die ergibt als:) Ȝ (Ysich - p1somit c1 - (ଵା୰) ȁ(cLagrange-Funktion 1, c2, Ȝ) = U (c1, c2) + Die Lagrange-Funktion ergibt sich somit als:

Die Lagrange-Funktion ergibt sich somit als: ୮ଶୡଶ

, c2, Ȝ) = U (c - p1das c1 -Nutzenoptimum ) ȁ(c 1, c2) + Ȝ (Yfür Als 1notwendige Bedingungen erwei(ଵା୰) ୮ଶୡଶ ȁ(c1, c2, Ȝ) = U (c1, c2) + Ȝ (Y - p1c1 - (ଵା୰)) sen sich folglich: Als notwendige Bedingungen für das Nutzenoptimum erweiAls Als notwendige für erweisen sich ஔஃ ஔ୙Bedingungen fürdas das Nutzenoptimum Nutzenoptimum erweisen sich folglich: (I) notwendige = - Bedingungen Ȝp = 0 folglich:

ஔୡଵ

ஔୡଵ

sen sich folglich: (I) (II) (I) (II) (III) (II)

1

ஔஃ ஔ୙ ஔஃ = ஔ୙ - Ȝp1୮ଶ = 0= 0 = - Ȝ(ଵା୰) ஔୡଵ ஔୡଵ ஔஃ ஔୡଶ ஔ୙ ஔୡଶ = Ȝp 1= 0 ஔୡଵ ஔୡଵ ஔஃ ஔ୙ ୮ଶ ஔஃ = - Ȝ(ଵା୰)୮ଶୡଵ =0 ஔୡଶ= Y ஔୡଶ p - (ଵା୰) = 1c1୮ଶ ஔஃ ஔ୙ ஔ஛

= - Ȝ(ଵା୰) = 0 ஔୡଶ ஔୡଶ ஔஃ

0

୮ଶୡଵ

(III) = Ydie - p1Gleichungen c1 - (ଵା୰) = 0(I) und (II) zusammen so ergibt Führt ஔ஛ man ஔஃ ୮ଶୡଵ (III) ஔ஛ = Y - p1c1 - (ଵା୰) = 0 sich: FührtFührt man man die Gleichungen (I) und (II) zusammen so ergibt sich: die Gleichungen (I) und (II) zusammen so ergibt ಌ౑ Führt die Gleichungen (I) und (II) zusammen so ergibt sich: man ୮ଵ (IV) ಌౙభ ಌ౑ = (1+r) ୮ଶ sich: ಌౙమ ಌ౑ ಌౙభ

୮ଵ

(IV)man (1+r)dass Bedenkt nun, die die Grenzrate derder Substitution (MRS) dem negaಌ౑ ಌ౑ = ୮ଶdass Bedenkt man nun,୮ଵ Grenzrate Substitution (MRS) Substitution intertemporale Konsuಌౙభ ಌౙమfür die nutzenoptimale 315 so lässt sich tiven reziproken Verhältnis der Grenznutzen entspricht, (IV) = (1+r) ಌ౑ ୮ଶ 315 der Substitution dem ಌౙమ negativen reziproken Verhältnis der Grenznutzen festhalten, dasswie sich diedarstellt: Grenzrate für dieentnutzenoptimentscheidung folgt 316 314 maleBedenkt intertemporale wie folgt darstellt: man nun,Konsumentscheidung dass festhalten, die Grenzrate Substitution (MRS) spricht, so lässt sich dassder sich die Grenzrate der

313

314 313

Bedenkt man dass୮ଵdie Grenzrate (MRS) ୢୡଶ nun, dem negativen Verhältnisder derSubstitution Grenznutzen ent= - reziproken (1+r) ୮ଶ (8) MRS c2c1 = ୢୡଵ 314 dem negativen reziproken Verhältnis der Grenznutzen entS. grundlegend Herleitung der festhalten, nutzenoptimalen spricht, zur so lässt sich dassKonsumentscheidung sich die Grenzratesowie der den entsprechenden der Herleitung Endres/Martiensen, Mikrolässt sich festhalten, dass sich die Grenzrate der spricht, 314 so Annahmen ökonomik, S. 76 f., 183 f.;Grenzrate Varian, Grundzüge der Mikroökonomik, 79 ff. Die intertemporale der Substitution (8), dieS. gra-

Vergleiche Varian, 70 f.; Endres/Martiensen, S. grundlegend zur Grundzüge Herleitung der der Mikroökonomik, nutzenoptimalen S. Konsumentscheidung sowie Mikroökonomik, S. 69.Annahmen Der Grenznutzen des gegenwärtigen Konsums įU/įc phisch als Steigung der entsprechenden intertemporalen 315 Vergleiche Varian, Grundzüge Mikroökonomik, S. 70 f.;InEndres/Martiensen, 1), den entsprechenden der der Herleitung Endres/Martiensen, MikroS. grundlegend Herleitung der nutzenoptimalen Konsumentscheidung sowie ), 79 beschreibt respektive der76zur Grenznutzen des Grundzüge zukünftigen įU/įc2S. Mikroökonomik, S. 69. Der Grenznutzen des gegenwärtigen Konsums (δU/δc1), reökonomik, S. f., 183 f.; Varian, derKonsums Mikroökonomik, ff. entsprechenden der Herleitung Mikroࡄ Annahmen differenzkurve 8Grenznutzen F1, c2des ) der zuNutzens, erkennen ist, Endres/Martiensen, entspricht im Nut314 den grundsätzlich die die durch Gewährung einer weiteren spektive derÄnderung des zukünftigen (δU/δc ), beschreibt grundVergleiche Varian, Grundzüge Mikroökonomik, S.Konsums 70 f.; Endres/Martiensen, 2 ökonomik, S. 76 f., 183 f.; Varian, Grundzüge der Mikroökonomik, S. 79 ff. 83 sätzlich dieS.Änderung des Nutzens, durch Gewährung einer weiteren (infinite69. Der Grenznutzen desdie gegenwärtigen Konsums įU/įc 314 Mikroökonomik, 1), zenoptimum ersichtlich derMikroökonomik, Steigung der intertemporalen Vergleiche Varian, Grundzüge der S.zukünftigen 70 f.; Endres/Martiensen, simalen) gegenwärtigen, respektive eintritt. Siehe ), beschreibt respektive der Einheit Grenznutzen des zukünftigen Konsums įU/įc2Konsums, Mikroökonomik, S. 69. Der Grenznutzen des gegenwärtigen Konsums įU/įc1), Varian, Grundzüge Mikroökonomik, S. 69. grundsätzlich die Änderung Nutzens, die durch Gewährung einer weiteren Budgetgeraden (6). 316derdes respektive der Grenznutzen desStelle, zukünftigen 2), beschreibt 316 Angemerkt sei an dieser dass die Konsums Grenzrate įU/įc der Substitution oftmals als ab83 grundsätzlich Änderung deswird Nutzens, die durch Gewährung weiteren abweichend soluter die Wert angegeben oder aber die Grenzrate dereiner Substitution als -dc /dc definiert wird. So soll allein vermieden werden, dass bei83der Befassung 313

2 1 Grenzrate der Substitution (MRS Diese intertemporale c2c1) bemisst mit der Grenzrate der Substitution mit negativen Werten argumentiert

wer-

Vergleiche Goolsbee/Levitt/Syverson, Mikroökonomik, S. 154; Hardes/ grundlegend den muss. das Substitutionsverhältnis zwischen gegenwärtigem Uhly, Grundzüge der Volkswirtschaftslehre, S. 128 ff.; Endres/Martiensen, Mik-

S. 62.  Konsum (c1)roökonomik, und zukünftigem Konsum (c2) bei gleichbleibendem

Nutzenniveau. 317 Die intertemporale Grenzrate der Substitution drückt folglich aus, auf wie viele Einheiten zukünftigen Konsums der Haushalt verzichten würde, um ohne Nutzeneinbuße eine weitere infinitesimale Einheit gegenwärtigen Konsums zu erhalten. Im Nichtsteuer-

75

A.  Kreditgewährung im geltenden Mehrwertsteuersystem

Die intertemporale Grenzrate der Substitution (8), die graphisch _ als Steigung der entsprechenden intertemporalen Indifferenzkurve U (c1, c2) zu erkennen ist, entspricht im Nutzenoptimum ersichtlich der Steigung der intertemporalen Budgetgeraden (6).317 Diese intertemporale Grenzrate der Substitution (MRSc2c1) bemisst grundlegend das Substitutionsverhältnis zwischen gegenwärtigem Konsum (c1) und zukünftigem Konsum (c2) bei gleichbleibendem Nutzenniveau.318 Die intertemporale Grenzrate der Substitution drückt folglich aus, auf wie viele Einheiten zukünftigen Konsums der Haushalt verzichten würde, um ohne Nutzeneinbuße eine weitere infinitesimale Einheit gegennomisch rational sein, wenn diese intertemporale Konsumallokation wärtigen Konsums zu erhalten. Im Nichtsteuerfall beträgt dieses Substitutionsverhältnis wie aufgezeigt (1+r) * p1wird; /p2. die Mehrwertbenicht durch die Mehrwertbesteuerung verzerrt

steuerung keine die intertemporalen Substitutionseffekte demdurch die Diese durch Grenzrate der Substitution, aberzwischen auch schon

intertemporale Budgetgleichung ausgedrückte, intertemporale Konsum­ allokation im Nichtbesteuerungsfall wird grundsätzlich als effizient erachtet.319 Eine Mehrwertbesteuerung kann folglich nur ökonomisch ratiFüronal einesein, nun angenommene Mehrwertbesteuerung nur der Konsumgüwenn diese intertemporale Konsumallokation nicht durch die Mehrwertbesteuerung verzerrt wird; die Mehrwertbesteuerung keine terbündel in den Perioden P1 und P2 zeigt sich, dass eine effizienzminintertemporalen Substitutionseffekte zwischen dem gegenwärtigen und 320 dernde der intertemporalen Konsumallokation nicht eindem Verzerrung zukünftigen Konsum verursacht.

gegenwärtigen und dem zukünftigen Konsum verursacht. 319

tritt. Für eine nun angenommene Mehrwertbesteuerung nur der Konsumgüterbündel in den Perioden P1 und P2 zeigt sich, dass eine effizienzminVerzerrung der intertemporalen nicht eintritt. Diedernde intertemporale Budgetgleichung ist für Konsumallokation die getroffene Annahme intertemporale Budgetgleichung ist für die getroffene Annahme der derDie Besteuerung wie folgt zu ergänzen: 320 321 Besteuerung wie folgt zu ergänzen:

(9)

Y = (1+t) p1c1 +

(ଵା୲)୮ଶୡଶ (ଵା୰)

Die intertemporale Grenzrate der Substitution zwischen gegenwärti-

317 S. diesbezüglich unter anderem Bender, in: Albers ua., Handwörterbuch der WirtMikroökonomik, S. 184 ff. 318 S. grundlegend hierzu und im Folgenden Goolsbee/Levitt/Syverson, Mikroökonoୢୡଶ ୮ଵ Hoyer/Eibner, (10)mik, MRSS. 152 ff.; = - (1+r) ୮ଶ Mikroökonomische Theorie, S. 181; Hardes/Uhly, c2c1 = ୢୡଵVolkswirtschaftslehre, Grundzüge der S. 130; Endres/Martiensen, Mikroökonomik, S. 62; von Böventer/Illing/Koll, Mikroökonomie, S. 196.  319 Vergleiche so ausdrücklich Grubert/Mackie, National Tax Journal 2000, 23 (27). Diese Grenzrate der Substitution entspricht der Für inter320 intertemporale Vergleiche hier nur Jack, National Tax Journal 2000, 841 (841). weitere Nachweise siehe schon zuvor Fn. 293, 309. temporalen Grenzrate der Substitution im Nichtsteuerfall. Die Besteu321 Vergleiche Zee, Intertax 2006, 458 (459); Wellisch, Finanzwissenschaft II, S. 113 ff. Die Konsumgüterbündel Variable (t) bezeichnet den entsprechenden erung der in den Perioden P Umsatzsteuersatz. und P führt mithin

gem Konsum und zukünftigem Konsum erweist sich nun als: 321 schaftswissenschaft, Band I, S. 232 (S. 234 ff.); Endres/Martiensen,

1

2

nicht 76 zu einer Effizienzminderung durch eine Verzerrung der intertemporalen Konsumallokation der Haushalte. 322 Erörterungsbedürftig verbleibt dem Erkenntnisinteresse entsprechend,

der Besteuerung wie folgt zu ergänzen: (9)

Y = (1+t) p1c1 +

(ଵା୲)୮ଶୡଶ (ଵା୰)

III.  Besteuerungswürdigkeit der Kreditgewährungsleistung

Die intertemporale Grenzrate der Substitution zwischen gegenwärti-

Die intertemporale Grenzrate der Substitution zwischen gegenwärtigem Konsum und zukünftigem Konsum erweist sich nun als:

gem Konsum und zukünftigem Konsum erweist sich nun als: 321 322 ୢୡଶ

୮ଵ

(10) MRSc2c1 = ୢୡଵ = - (1+r) ୮ଶ

Diese intertemporale Grenzrate der Substitution entspricht der intertemporalen Grenzrate der Substitution im Nichtsteuerfall. Die Besteuerung derGrenzrate Konsumgüterbündel in im denNichtsteuerfall. Perioden P1 und P2 führt mithin temporalen der Substitution Die Besteunicht zu einer Effizienzminderung durch eine Verzerrung der intertemerung der Konsumgüterbündel in den Perioden 323 P und P2 führt mithin poralen Konsumallokation der Haushalte. 1

Diese intertemporale Grenzrate der Substitution entspricht der inter-

nicht zu einer Effizienzminderung durch eine Verzerrung der inter-

Erörterungsbedürftig verbleibt dem Erkenntnisinteresse entsprechend,

322 temporalen der Haushalte. wie die Konsumallokation Mehrwertbesteuerung der einzelnen Kreditzinskomponenten

mit dieser Vorgabe der intertemporalen Neutralität vereinbar wäre.

Erörterungsbedürftig verbleibt dem Erkenntnisinteresse entsprechend, (1) Keine Besteuerungswürdigkeit der Reinzinszahlungen

wie die Mehrwertbesteuerung der einzelnen Kreditzinskomponenten

Eine wesentliche Komponente der Kreditzinszahlungen sind die Rein-

mitzinszahlungen. dieser Vorgabe der Neutralität wie vereinbar Derintertemporalen reine Zins kompensiert, schonwäre. dargetan, den rei-

nen Konsumaufschub.324 Unter der einleitend getroffenen modelltheoretischen Annahme eines vollkommenen Kapitalmarkts erfolgt sowohl die Ersparnis als auch die Kreditaufnahme zum reinen Zins.325 In dem angeführten zweiperiodischen Modell lässt sich der reine Zins als Variable (r) 319 Vergleiche hier nur 326 Jack, National Tax Journal 2000, 841 (841). Für weitere identifizieren. 320

Nachweise siehe schon zuvor Fn. 293, 309.

Vergleiche man Zee, nun Intertax 458 unter (459); Wellisch, Finanzwissenschaft II, Ergänzt das2006, Modell noch fortgeführter Annahme einer S. 113 ff. Die Variable (t) bezeichnet den entsprechenden Umsatzsteuersatz. 321 einheitlichen Kapitalmarktverzinsung, nicht nur um die MehrwertbeAusführlich zur Herleitung siehe Anlage 1 S. 291. 322 steuerung der Konsumgüterbündel, sondern auch um die MehrwertbeVergleiche auch Zee, Intertax 2006, 458 (459); Wellisch, Finanzwissenschaft II, steuerung des reinen Zinssatzes, muss erkannt werden, dass sich eine S. 113 ff. 85eindeutig solche Mehrwertbesteuerung auch der Reinzinszahlungen als nicht mit der Maßgabe der intertemporalen Neutralität vereinbar erweist.

322 Ausführlich zur Herleitung siehe Anlage 1. 323 Vergleiche auch Zee, Intertax 2006, 458 (459); Wellisch, Finanzwissenschaft II, S. 113 ff. 324 Vergleiche nur Friedrich-Vache, Verbrauchsteuerkonforme Umsatzbesteuerung von Finanzdienstleistungen, S. 85.  325 Vergleiche Henderson, New England Economic Review 1988, 37 (41); Endres/Martiensen, Mikroökonomik, S. 187 f. 326 S. diesbezüglich bereits Fn. 312.

77

tig nicht mit der Maßgabe der intertemporalen Neutralitätalsvereinbar solche Mehrwertbesteuerung auch der Reinzinszahlungen eindeuerweist. tig nicht mit der Maßgabe der intertemporalen Neutralität vereinbar erweist. Die intertemporale Budgetgleichung im Fall einer KreA. modifizierte Kreditgewährung im geltenden Mehrwertsteuersystem ditinanspruchnahme ergibt sich wie folgt: Die modifizierte intertemporale Budgetgleichung im Fall einer Kre-

Die modifizierte intertemporale Budgetgleichung im Fall einer Kreditin-

ditinanspruchnahme ergibt sich wie folgt: anspruchnahme ergibt sich wie folgt: (ଵା୲)୮ଶୡଶ (11) Y = (1+t) p1c1 + ଵା୰ (ଵା୲) (ଵା୲)୮ଶୡଶ

(11) Y = (1+t) p1c1 + ଵା୰ (ଵା୲)

Als entsprechende Grenzrate der Substitution für die nutzenoptimale

Als entsprechende Grenzrate der Substitution für die nutzenoptimale in-

326 intertemporale Konsumentscheidung ergibt sich: Als entsprechende Grenzrate der Substitution die327nutzenoptimale tertemporale Konsumentscheidung ergibtfür sich:

intertemporale Konsumentscheidung ergibt sich: 326 ୢୡଶ ୮ଵ (12) MRSc2c1 = ୢୡଵ = - [1+r (1+t)] ୮ଶ ୢୡଶ

୮ଵ

(12) MRSc2c1 = ୢୡଵ = - [1+r (1+t)] ୮ଶ

Die Besteuerung des reinen Zinses im Fall der Kreditgewährung führt demnach zu einer gegenüber dem angeführten Nichtsteuerfall (8) verzerrten intertemporalen Konsumallokation. Die Konsumverschiebung 323 durch einenur Kreditinanspruchnahme ist im Besteuerungsfall für den HausVergleiche Friedrich-Vache, Verbrauchsteuerkonforme Umsatzbesteuerung von Finanzdienstleistungen, S. 85. er gegenüber dem als effizient erachteten halt relativ teurer, weshalb 323 324 Vergleiche Friedrich-Vache, Verbrauchsteuerkonforme Umsatzbesteuerung Vergleiche nur Henderson, NewinEngland Economic Reviewkonsumieren 1988, 37 (41); wird. End- Es zeigt Nichtsteuerfall, mehr der zweiten Periode von Finanzdienstleistungen, S. 85.S. 187 f. res/Martiensen, Mikroökonomik, 324 325 sich, dass die Besteuerung des reinen Zinses nicht mit der Maßgabe der Vergleiche Henderson, England Economic Review 1988, 37 (41); EndS. diesbezüglich bereits New Fn. 312. 326 intertemporalen Neutralität vereinbar ist und mithin aus Effizienzaspekres/Martiensen, 187 f. 2 S. 292. Erkannt werden muss, dass Ausführlich zurMikroökonomik, Herleitung sieheS.Anlage 325 S. diesbezüglich Fn. 312. ten abgelehnt werden muss.328 demzufolge einebereits Kreditgewährung in Form einer Einlage bei einem Finanzinsti326

Ausführlich zur nicht Herleitung siehe Anlage 2ist. S. Der 292.ökonomischen Erkannt werden muss, dass tut regelmäßig besteuerungswürdig Betrachtungs-

Die Ausklammerung der Reinzinszahlungen aus Zindem ökonodemzufolge Kreditgewährung in Form einer Einlage bei nur einem weiseangeführte nach, eine erfolgt die Einlage grundsätzlich gegen Zahlung desFinanzinstireinen tut nicht besteuerungswürdig ist. Der Betrachtungsmischen Leistungsgehalt der Kreditgewährungsleistung nach beiden Beses.regelmäßig Ein besteuerungswürdiges Entgelt ist dann nichtökonomischen gegeben. weise nach, erfolgt die Einlage grundsätzlich gegen Zahlungund nur des reinen Zin86 konsistrachtungsweisen ist mithin nachvollziehbar ökonomisch ses. Ein besteuerungswürdiges Entgelt ist dann nicht gegeben. tent. 86 Die Implikationen dieser Festhaltungen für die Besteuerungswürdigkeit der Kreditgewährungsleistung dürfen nicht verkannt werden. Die Ausführungen verdeutlichen, dass die zum Teil zuvor nach dem Konzept der Konsumleistungsfähigkeit angenommene Besteuerungswürdigkeit der Reinzinskomponente letztlich nicht überzeugen kann. Es sollte dies327 Ausführlich zur Herleitung siehe Anlage 2. Erkannt werden muss, dass demzu­ folge eine Kreditgewährung in Form einer Einlage bei einem Finanzinstitut regelmäßig nicht besteuerungswürdig ist. Der ökonomischen Betrachtungsweise nach, erfolgt die Einlage grundsätzlich gegen Zahlung nur des reinen Zinses. Ein besteuerungswürdiges Entgelt ist dann nicht gegeben. 328 Vergleiche so van Brederorde/Krever, in: van Brederode/Krever, VAT and Financial Services, S. 15 (S. 16 ff.); Grubert/Krever, in: de la Feria, VAT Exemptions, S. 309 (S. 320 ff.); Poddar, in: Honohan, Taxation of Financial Intermediation, S. 345 (S. 358). Siehe grundsätzlich zur mangelnden Besteuerungswürdigkeit ferner auch Edgar, in: de la Feria, VAT Exemptions, S. 357 (S. 358); Friedrich-Vache, Verbrauchsteuerkonforme Umsatzbesteuerung von Finanzdienstleistungen, S. 86 f., S. 222; Schenk, Tax Law Review 63 (2010), 409 (412).

78

III.  Besteuerungswürdigkeit der Kreditgewährungsleistung

bezüglich die ökonomische Erkenntnis respektiert werden, dass der reine Zins die Basis der intertemporalen Konsumentscheidung bildet. Besteuerte man diesen Teil der Zinszahlungen, würde, wie aufgezeigt, eine Verzerrung der intertemporalen Konsumentscheidung zu Lasten der vorziehenden Konsumverschiebung durch eine Kreditinanspruchnahme hervorgerufen werden. Es würden folglich weniger Kredite aufgenommen. Eine Mehrwertbesteuerung der Reinzinszahlungen würde sich durch diese Folge womöglich weitgehend selbst ihrer Besteuerungsgrundlage berauben.329 Eingangs festgehalten wurde, dass soweit verschiedene Regelungsmöglichkeiten als mit dem Leistungsfähigkeitsprinzip vereinbar angesehen werden könnten, die ökonomisch rationale Regelung zu verwirklichen ist. Ökonomisch rational kann nach dem vorgenannten nur eine Ausklammerung der Reinzinszahlungen von der Mehrwertbesteuerung sein. (2) Besteuerungswürdigkeit der Zinsspanne zwischen Kredit- und Reinzinszahlung Als schwieriger indes erweist sich die Überprüfung der ökonomischen Besteuerungswürdigkeit der Kreditzinszahlungen, die über die Reinzinszahlungen hinausgehen. (a) Ableitung der intertemporalen Konsumallokation im ­Besteuerungsfall Bislang wurde die Erörterung der intertemporalen Konsumallokation und der intertemporalen Neutralität der Mehrwertbesteuerung unter der modelltheoretischen Annahme geführt, dass sowohl die Ersparnis als auch die Kreditaufnahme zu einem einheitlichen Kapitalmarktzins, dem reinen Zins, erfolgen könnten. Eine realitätsentsprechende Differenzierung zwischen dem Kreditzins und dem Reinzins wurde somit noch ausgeklammert. Rekapituliert man nun aber, dass sich aus ökonomischer Perspektive das Entgelt, respektive der Entgeltanteil, der Kreditgewährungsleistung gerade als Differenzbetrag zwischen der Kreditzinszahlung 329 Eine ähnliche Erkenntnis aus der Perspektive des Staates ableitend Grubert/Krever, in: de la Feria, VAT Exemptions, S. 309 (S. 321 f.). So müsse erkannt werden, dass die Konsumverschiebung durch die Kreditaufnahme für den Staat aufkommensmäßig vorteilhaft sei und mithin ein Anreiz bestünde, die Haushalte durch eine Senkung des Steuersatzes auf diese Zinsen zu einer derartigen Konsumverschiebung zu bewegen. Es sei nicht auszuschließen, dass dieser Anreiz letztlich zu einer vollständigen Beseitigung dieser Besteuerung dieser Zinszahlungen führen würde.

79

marktzinses zur weiteren Überprüfung aufgehoben werden muss. Nachfolgend sollweiteren eine Kreditgewährung deswegen zum Kreditzins rs marktzinses zur Überprüfung aufgehoben werden muss.329 zwischen erfolgen; einesoll Einlage zum Einlagezins rdeswegen Nachfolgend eine Kreditgewährung zum Kreditzins rs H. Die Zinspanne dem (rs) undim dem reinen Zins (r) die Variable (Į A. Kreditzins Kreditgewährung geltenden Mehrwertsteuersystem erfolgen; eine Einlage zum Einlagezins rH.soll Diedurch Zinspanne zwischen ausgedrückt werden. SpanneZins lässt wie schon dargetan, dem Kreditzins (rs) undDiese dem reinen (r)sich, soll durch die Variable (Į

und der Reinzinszahlung ergibt, so wird offenbar, dass diese modelltheo-

weiter in einen individuellen Risikoaufschlag sowie individuellen ausgedrückt werden. Diese lässt sich, wie schon dargetan, retische Annahme eines Spanne einheitlichen Kapitalmarktzinses zur weiteren

330 Überprüfung aufgehoben muss. Nachfolgend sollZins eine KreditZinsaufschlag unterteilen. Diewerden Zinsspanne zwischen demindividuellen reinen weiter in einen individuellen Risikoaufschlag sowie

gewährung deswegen zum Kreditzins r erfolgen; eine Einlage zum Einla-

s durch die Variable ȕ reinen dargestellt (r) und dem Einlagezins (rDie Zinsaufschlag unterteilen. Zinsspanne zwischen dem Zins H) soll gezins rH. Die Zinspanne zwischen dem Kreditzins (rs) und dem reinen Zins (r) soll durch die(rHVariable (α) ausgedrückt Diese Spanne werden. ) soll durch die Variable werden. ȕ  dargestellt (r) und dem Einlagezins

lässt sich, wie schon dargetan, weiter in einen individuellen Risikoauf-

werden. schlag sowie individuellen Zinsaufschlag unterteilen. Die Zinsspanne Die modifizierte intertemporale Budgetgleichung für den Fall der Erzwischen dem reinen Zins (r) und dem Einlagezins (rH) soll durch die Va-

sparnis in(β) derdargestellt Periode P1werden. soll sich nach teilweiserfür Auffassung sodann Dieriable modifizierte intertemporale Budgetgleichung den Fall der Er-

330 wie folgt Die modifizierte Budgetgleichung für densodann Fall der Ersparsparnis indarstellen: der Periodeintertemporale P1 soll sich nach teilweiser Auffassung

nis in der Periode P soll sich nach teilweiser Auffassung sodann wie folgt

330 1 wie folgt darstellen: darstellen:331 ୮ଶୡଶ (13) Y = p1c1 + ଵା୰ିఉ

୮ଶୡଶ

(13) Y = p1c1 + ଵା୰ିఉ

Für den umgekehrten Fall der Kreditaufnahme (K) in der ersten Perio-

Für den umgekehrten Fall der Kreditaufnahme (K) in der ersten Periode,

331 de, ergäbe sich mithin:Fall Für den umgekehrten der Kreditaufnahme (K) in der ersten Perioergäbe sich mithin:332

de, ergäbe sich mithin: 331 ୮ଶୡଶ (14) Y = p1c1 + ଵା୰ା஑ ୮ଶୡଶ

(14) Y = p1c1 + Werde neben derଵା୰ା஑ Zinszahlung zusätzlich noch ein fixes Entgelt (γ), etwa Werde neben der Zinszahlung zusätzlich noch ein fixes Entgelt (Ȗ), eine Verwahrungsgebühr im Einlagefall oder eine Abschlussgebühr im

333 etwa eine Verwahrungsgebühr im Einlagefall oder AbschlussgeWerde neben der Zinszahlung zusätzlich eineine fixes Entgelterfolgen: (Ȗ), Kreditfall verlangt, so müsse noch dienoch folgende Ergänzung

bühr verlangt, soimmüsse noch die Ergänzung etwa im eineKreditfall Verwahrungsgebühr Einlagefall oderfolgende eine Abschlussge332 erfolgen: bühr im Kreditfall verlangt, so müsse noch die folgende Ergänzung 330 Vergleiche auch Hiller, Cash-Flow-Steuer und Umsatzsteuer, S. 248 f.

332 331 Vergleiche Zee, Intertax 2006, 458 (459); Boadway/Keen, in: Honohan, Taxation of erfolgen: 329 330 329 330

331 331 332 332

Financial Intermediation, S. 31 (S. 62). Differenzierter, den Zinsaufschlag aber kongruent verortend Jack, National Tax Journal 2000, 841 (846). Ohne ent­ Vergleiche auch Hiller, Cash-Flow-Steuer und Umsatzsteuer, 248 f. 2000, 23 (31 f.). Die sprechenden Ansatz Grubert/Mackie, National Tax S. Journal Vergleiche Zee, Intertax 458 (459); Boadway/Keen, in: Honohan, Taxationdes FinanzAusführungen von2006, Auerbach/Gordon hingegen legen eine Verortung Vergleiche auch Hiller, Cash-Flow-Steuer undKonsumgüterpreises Umsatzsteuer, S. 248Zinsaufschlag f. of Financial Intermediation, S. (S. des 62). Differenzierter, den dienstleistungsentgelts als31Teil nahe, vergleiche AuerVergleiche Zee, verortend Intertax 2006, (459);Tax Boadway/Keen, Honohan, Taxation aber bach/Gordon, kongruent Jack,458 National Journal2002, 2000,in: 841 (846). Ohne ent- man eine American Economic Review 411 (412 ff.). Nähme of Financial Intermediation, S. 31 (S. 62). Mehrwertbesteuerung Differenzierter, den 23 Zinsaufschlag sprechenden Ansatz Grubert/Mackie, National Tax Journal 2000, (31 f.). solche Einordnung vor, so wäre eine nach derDie Maßgabe der aber intertemporalen kongruentvon verortend Jack, National Tax Journal 841 (846). Ohne ent- in: de la Ausführungen Auerbach/Gordon hingegen legen 2000, eineS. auch Verortung des FinanzNeutralität eindeutig geboten. Grubert/Krever, sprechenden Ansatz Grubert/Mackie, National Tax Journal 2000, 23 (31 f.). Die dienstleistungsentgelts als TeilS. 309 des Konsumgüterpreises nahe, vergleiche AuerFeria, VAT Exemptions, (S. 315). Ausführungen von Auerbach/Gordon hingegen legen eine desman Finanzbach/Gordon, American Review 2002, 411Kreditgewährungsleistung (412Verortung ff.). Nähme eine findet sich 332 Eine originäre oderEconomic isolierte Betrachtung der dienstleistungsentgelts Konsumgüterpreises nahe,nach vergleiche Auersolche vor,als so Teil wäredes eine Mehrwertbesteuerung der Maßgabe imEinordnung Rahmen der ökonomischen Auseinandersetzungen kaum. Vielmehr werden bach/Gordon, American Economic Review 2002, 411 (412 ff.). Ersparnis Nähme man der intertemporalen Neutralität eindeutig geboten. S. auch in:eine de die Erkenntnisse meist aus dem umgekehrten FallGrubert/Krever, der abgeleitet. solche Einordnung vor, soS.wäre eine315). Mehrwertbesteuerung nach der Maßgabe in: Honola Feria, VAT Exemptions, 309Zee, (S. 333 Vergleiche grundsätzlich Intertax 2006, 458 (459); Boadway/Keen, der intertemporalen eindeutig geboten. S. auch(S. 62). Grubert/Krever, in:weiterer de Eine originäre oderNeutralität Betrachtung der Kreditgewährungsleistung findet han, Taxation ofisolierte Financial Intermediation, S. 31 Sowie trotz Diffela Feria, VAT Exemptions, S. 309 (S.Auseinandersetzungen 315).Tax Journal 2000,kaum. sich im Rahmen derauch ökonomischen Vielmehr werrenzierungen Jack, National 841 (846).

Eine originäre oder isolierte der Kreditgewährungsleistung findet den die Erkenntnisse meist ausBetrachtung dem umgekehrten Fall der Ersparnis abgeleitet. sich im Rahmen der ökonomischen Auseinandersetzungen kaum. Vielmehr werVergleiche grundsätzlich Zee, Intertax 2006, 458 (459); Boadway/Keen, in: Ho80 den die Erkenntnisse meist aus dem umgekehrten Fall der Ersparnis abgeleitet. 89 Vergleiche grundsätzlich Zee, Intertax 2006, 458 (459); Boadway/Keen, in: Ho89

ଵା୰ା஑ ୮ଶୡଶ

(15) Y = p1c1 Ȗ+ ଵା୰ା஑ ୮ଶୡଶ

Y =intertemporalen p1c1 Ȗ+ ଵା୰ା஑Budgetgleichung wird sodann zum Teil Aus(15) dieser Aus dieser intertemporalen Budgetgleichung wird sodann zum Teil abgeleitet, dass eine Mehrwertbesteuerung der fixen Leistungsentgelte III.  Besteuerungswürdigkeit der Kreditgewährungsleistung Aus dieserdass intertemporalen Budgetgleichung wird Leistungsentgelte sodann zum Teil abgeleitet, eine Mehrwertbesteuerung der fixen im Fall der Kreditgewährung mit der Forderung der intertemporalen im Fall derdass Kreditgewährung mit der Forderung derLeistungsentgelte intertemporalen abgeleitet, eine Mehrwertbesteuerung der fixen ୮ଶୡଶ Neutralität eine Mehrwertbesteuerung der Zinsspanne (15) Y =vereinbar p1c1 Ȗ+sei, ଵା୰ା஑ im Fall der vereinbar Kreditgewährung der Forderung der intertemporalen Neutralität sei, einemit Mehrwertbesteuerung der Zinsspanne indes nicht. 333 333intertemporalen Budgetgleichung wird sodann zum Teil abgeAus dieser indes nicht. vereinbar sei, eine Mehrwertbesteuerung der Zinsspanne Neutralität Aus dieser intertemporalen Budgetgleichungder wird sodann zum Teil leitet, dass eine Mehrwertbesteuerung fixen Leistungsentgelte im 333 Unter den angeführten Modifikationen der intertemporalen Budget- Neutraindes nicht. Fall der Kreditgewährung mit der Forderung derLeistungsentgelte intertemporalen abgeleitet, dass eine Mehrwertbesteuerung der fixen Unter angeführten Modifikationen der intertemporalen Budgetlität den vereinbar sei, ergäbe eine Mehrwertbesteuerung der Zinsspanne indes gleichung im Kreditfall sich die ökonomisch effiziente Grenzimnicht. Fall der 334 Kreditgewährung mit der Forderung der intertemporalen Unter den im angeführten Modifikationen der intertemporalen gleichung Kreditfall 334 ergäbe sich die ökonomisch effizienteBudgetGrenzrate der Substitution als: Neutralität vereinbar sei, eine Mehrwertbesteuerung der Zinsspanne Unter den angeführten Modifikationen der intertemporalen Budgetgleirate der Substitution als: 334 gleichung im Kreditfall ergäbe sich die ökonomisch effiziente Grenz333 chung im Kreditfall ergäbe sich die ökonomisch effiziente Grenzrate der indes nicht. 334 ୢୡଶ rate der Substitution als:= - (1+r+Į) ୮ଵ 335 = ୢୡଵ (16) MRSc2c1als: Substitution ୮ଶ ୢୡଶ ୮ଵ (16) MRSc2c1 = ୢୡଵ = - (1+r+Į) ୮ଶ Unter den angeführten der intertemporalen Budgetୢୡଶ Modifikationen ୮ଵ = ୢୡଵ = die - (1+r+Į) (16) MRS c2c1 Besteuerte man nun nur fixen Leistungsentgelte, so stelle sich die ୮ଶ gleichung im Kreditfall ergäbe sich die ökonomisch effiziente GrenzBesteuerte man nun nur 334 die fixen Leistungsentgelte, so stelle sich die intertemporale Budgetgleichung folgtLeistungsentgelte, dar: Besteuerte man nun fixen so stelle sich die rate der Substitution als: nur diewie intertemporale Budgetgleichung wie folgt dar: dar: so stelle sich die Besteuerte man nun nur die fixen Leistungsentgelte, intertemporale Budgetgleichung wie folgt (ଵା୲)୮ଶୡଶ intertemporale Budgetgleichung ୮ଵfolgt dar: (17) Y = (1+t)p c1 +=(1+t)Ȗ +wie 1ୢୡଶ (1+r+Į) (16) MRS ଵା୰ା஑ c2c1 = (ଵା୲)୮ଶୡଶ ୢୡଵ ୮ଶ (17) Y = (1+t)p1c1 + (1+t)Ȗ + ଵା୰ା஑ (ଵା୲)୮ଶୡଶ

335 (17) Y = (1+t)pGrenzrate + Substitution 1c1 + (1+t)Ȗ Als intertemporale der ergäbe ergäbe sich sodann: ଵା୰ା஑ Als intertemporale Substitution sich sodann: Besteuerte man nun nurGrenzrate die fixen der Leistungsentgelte, so stelle sich die 336 Als intertemporale Grenzrate der Substitution ergäbe sich sodann: 335 intertemporale Budgetgleichung wie୮ଵfolgt dar: ୢୡଶ Als(18) intertemporale der Substitution ergäbe sich sodann: 335 MRSc2c1 =Grenzrate = - (1+r+Į) ୢୡଵ ୮ଶ ୢୡଶ ୮ଵ (18) MRSc2c1 = ୢୡଵ = - (1+r+Į)(ଵା୲)୮ଶୡଶ ୮ଶ (17)effizienzoptimale Y = (1+t)p1ୢୡଶ c1 + (1+t)Ȗ + ଵା୰ା஑ ୮ଵ Die intertemporale Konsumallokation werde mithin = = (1+r+Į) (18) MRS c2c1 Die effizienzoptimale mithin ୢୡଵintertemporale ୮ଶ Konsumallokation durch die Besteuerung der fixen Leistungsentgeltewerde allein, nicht beein337 Die effizienzoptimale intertemporale Konsumallokation werde mithin trächtigt. 335 durch die Besteuerung der fixen Leistungsentgelte allein, nicht beeinAls intertemporale Grenzrate der Substitution ergäbe sich sodann: durch die336 Besteuerungintertemporale der fixen Leistungsentgelte allein,werde nicht mithin beeinDie effizienzoptimale Konsumallokation trächtigt. 336 trächtigt. durch die Besteuerung allein, nicht beeinୢୡଶ der fixen Leistungsentgelte ୮ଵ (18) MRSc2c1 = ୢୡଵ = - (1+r+Į) ୮ଶ 334 S. so 336vor allem Jack, National Tax Journal 2000, 841 (846). Diese vermeintliche trächtigt. Konsequenz aufzeichnend und gleichwohl ablehnend Zee, Intertax 2006, 458

(459). Abweichend wohl grundsätzlichS. die Besteuerungswürdigkeit nohan, Taxation of Financial Intermediation, 31 (S. 62). Sowie trotz weitererverneinend

Grubert/Mackie, National Tax Journal 2000, 23 (23 ff.). DieDifferenzierungen effizienzoptimale intertemporale werde mithin Jack, National TaxKonsumallokation Journal 841Sowie (846). nohan, Taxation ofauch Financial Intermediation, S. 312000, (S. 62). trotz weiterer

333 335

zur National Herleitung Anlage S. soAusführlich vor allem Jack, Taxsiehe Journal 2000,3.841 (846). Diese vermeintliche S. so vor allem Jack, National Tax Journal 2000, 841 (846). Diese vermeintliche 337 Vergleiche Jack, National Tax Journal 2000, 841841 (846); Zee,verneinend Intertax 2006, 458 336 (459). Abweichend wohl grundsätzlich dieJournal Besteuerungswürdigkeit Differenzierungen auch Jack, National Tax 2000, (846). Konsequenz aufzeichnend und gleichwohl ablehnend Zee, Intertax 2006, 458 trächtigt. 333 Boadway/Keen, Honohan, Taxation of Financial Intermediation, S. 31 Grubert/Mackie, National Taxin:Journal 2000, 23 (23 ff.). S. so(459); vor allem Jack, National Tax Journal 2000, 841 (846). Diese vermeintliche (459). Abweichend wohl grundsätzlich die Besteuerungswürdigkeit verneinend 334 (S. 62). Nach eigener Auffassung muss gleichwohl dass eine BeAusführlich zur Herleitung siehe Anlage 3 S. 23 293. Konsequenz aufzeichnend undJournal gleichwohl ablehnend Zee,erwogen Intertaxwerden, 2006, 458 Grubert/Mackie, National 2000, (23 ff.). 335 steuerung allein der Tax fixen Leistungsentgelte potentiell mit entsprechenden Aus334 (459). Ausführlich zur Herleitung siehe Anlage 4 S. 294. Abweichend wohl grundsätzlich die Besteuerungswürdigkeit verneinend Ausführlich zur Herleitung siehe Anlage 3 So S. 293. 336 weichreaktionen verbunden wäre. läge(846); es um eine Mehrwertbesteuerung zu 335 Vergleiche Jack, National Tax Journal 2000, 841 Grubert/Mackie, Tax Journal 2000, (23 ff.). Zee, Intertax 2006, 458 Ausführlich zur Herleitung siehe Anlage 4 S. 23 294. vermeiden nicht fern, wenn möglich, besteuerten fixen Leistungsentgelte 334 336 (459); Boadway/Keen, in: Tax Honohan, Taxation ofdie Financial Intermediation, S.458 31 nohan, Taxation of Financial Intermediation, S. 31 (S. 62). Sowie trotz2006, weiterer Ausführlich zur Herleitung siehe Anlage 3 S. 293. Vergleiche Jack, National Journal 2000, 841 (846); Zee, Intertax durch eine Erhöhung der unbesteuerten Zinsdifferenz zu substituieren. Vergleiche 335 (S. 62). Nach eigener Auffassung muss gleichwohl erwogen werden, dassS.eine Differenzierungen auch Jack, National Tax Journal 2000, 841 (846). Ausführlich zur Herleitung siehe Anlage 4 S. 294. (459); Boadway/Keen, in: Honohan, Taxation of Financial Intermediation, 31 hierzu auch Edgar, in: de la Feria, VAT Exemptions, S. 357 (S. 361). 333 336 Besteuerung allein der fixen Leistungsentgelte potentiell mit entsprechenden S. so vor allem Jack, National Tax Journal 2000, 841 (846). Diese vermeintliche Vergleiche Jack, National Tax Journal 841 (846); Zee, Intertax 458 (S. 62). Nach eigener Auffassung muss2000, gleichwohl erwogen werden, 2006, dass eine Ausweichreaktionen verbunden wäre. So läge es Financial um eine Mehrwertbesteuerung Konsequenz aufzeichnend undLeistungsentgelte gleichwohl ablehnend Zee, Intertax 2006,S.458 (459); Boadway/Keen, in:fixen Honohan, Taxation of Intermediation, 31 Besteuerung allein der potentiell mit entsprechenden 81 90 (459). wohl grundsätzlich Besteuerungswürdigkeit (S. 62).Abweichend Nach eigener Auffassung muss gleichwohl werden,verneinend dass eine Ausweichreaktionen verbunden wäre. Sodie läge es umerwogen eine Mehrwertbesteuerung Grubert/Mackie, National Tax Journal 2000, 23 (23potentiell ff.). Besteuerung allein der fixen Leistungsentgelte mit entsprechenden 90 334 Ausführlich zur Herleitung siehewäre. Anlage S. 293. Ausweichreaktionen verbunden So3 läge es um eine Mehrwertbesteuerung 335 Ausführlich zur Herleitung siehe Anlage 4 S. 294. 90 336 Vergleiche Jack, National Tax Journal 2000, 841 (846); Zee, Intertax 2006, 458 (459); Boadway/Keen, in: Honohan, Taxation of Financial Intermediation, S. 31

Differenzierungen auch Jack, National Tax Journal 2000, 841 (846).nicht beeindurch dieTaxation Besteuerung derund fixen Leistungsentgelte allein, Ausführlich zur Herleitung siehe Anlage 333 336 Konsequenz aufzeichnend gleichwohl ablehnend Zee, Intertax 2006, 458 nohan, of Financial Intermediation, S. 4. 31 (S. 62). Sowie trotz weiterer

Eine ebensoMehrwertsteuersystem der Zinsspanne zwischen dem A.  Mehrwertbesteuerung Kreditgewährung im geltenden Eine Mehrwertbesteuerung ebenso der Zinsspanne zwischen dem Kreditzins und dem reinen Zins führe indes zunächst zu der folgenden Kreditzins und dem reinen Zins führe indes zu der folgenden Eine Mehrwertbesteuerung ebenso der zunächst Zinsspanne zwischen dem Kreditintertemporalen Budgetgleichung: 337 337 indes zunächst zu der folgenden interzins und dem reinen Zins führe intertemporalen Budgetgleichung: 338 temporalen Budgetgleichung:

(ଵା୲)୮ଶୡଶ

(19) Y = (1+t)p1c1 + (1+t)Ȗ+ ଵା୰ା(ଵା୲)஑ (ଵା୲)୮ଶୡଶ (19) Y = (1+t)p1c1 + (1+t)Ȗ+ ଵା୰ା(ଵା୲)஑

Als intertemporale Grenzrate der Substitution ergäbe sich sodann: 338 Als intertemporale Grenzrate der Substitution ergäbe sich sodann:339 Als intertemporale Grenzrate der Substitution ergäbe sich sodann: 338 ୢୡଶ

୮ଵ

(19) MRSc2c1 = ୢୡଵ = - [1 + r + (1+t)Į] * ୮ଶ ୢୡଶ ୮ଵ (19) MRSc2c1 = ୢୡଵ = - [1 + r + (1+t)Į] * ୮ଶ

Diese intertemporale Grenzrate der Substitution im Fall der Mehrwert-

Diese intertemporale der Substitution Fall der Mehr- nicht der besteuerung auch Grenzrate der Zinsspanne entsprichtim augenscheinlich Diese intertemporale Grenzrate der Substitution im Fall der Mehrangeführten, auch effizienten intertemporalen der Substitution des wertbesteuerung der Zinsspanne entsprichtGrenzrate augenscheinlich nicht Nichtsteuerfalls wertbesteuerung auch(16). der Zinsspanne entspricht augenscheinlich nicht der angeführten, effizienten intertemporalen Grenzrate der Substitutider angeführten, effizienten intertemporalen Grenzrate der Substitutider Neutralitätswidrigkeit? on (b) des Nachweis Nichtsteuerfalls (16). on des Nichtsteuerfalls (16).

Interpretierte man das Ergebnis, so müsste man annehmen, dass die Be(b) Nachweis Neutralitätswidrigkeit? steuerung derder Spanne zwischen Kreditzinszahlung und Reinzinszahlung (b) Nachweis der Neutralitätswidrigkeit? unter der Annahme positiver Zinssätze zu einer relativen Verteuerung des gegenwärtigen und folglich zuannehmen, einem gesteigerten Interpretierte man das Konsums Ergebnis, so müsste man dass die zukünf340 tigen Konsum des Haushalts führen würde. Interpretierte man das Ergebnis, so müsste man annehmen, dass die

Besteuerung der Spanne zwischen Kreditzinszahlung und ReinzinsNach Auffassung einiger Autoren erscheint damit Besteuerung der Spanne zwischen Kreditzinszahlung underwiesen, Reinzins- dass eine zahlung unter der Annahme auch positiver zu einer relativen Ver-Kreditzins Mehrwertbesteuerung der Zinssätze Zinsspanne zwischen dem zahlung unter der Annahme positiver Zinssätze zu einer relativen Verund dem Zins nicht mit derund Vorgabe derzu intertemporalen teuerung desreinen gegenwärtigen Konsums folglich einem gestei- Neutra341 derartige, aneutrale der lität vereinbar sei. EineKonsums teuerung des gegenwärtigen und folglich Mehrwertbesteuerung zu 339 einem gesteigerten zukünftigen Konsum Haushalts führen würde. Kreditzinszahlungen seides unter dem leitenden Effizienzpostulat abzuleh339 gerten nen.zukünftigen Konsum des Haushalts führen würde.

Nach Auffassung einiger Autoren erscheint damit erwiesen, dass eine Nach Auffassung einiger Autoren erscheint damit erwiesen, dass eine Mehrwertbesteuerung auch der Zinsspanne zwischen dem Kreditzins Mehrwertbesteuerung auch so derdeutlich Zinsspanne zwischen Kreditzins 338 Vergleiche zwar nicht aber implizit Jack,dem National Tax Journal 2000, und dem ZinsIntertax nicht mit der458 Vorgabe der intertemporalen Neut-Taxation of 841reinen (846); Zee, 2006, (459); Boadway/Keen, in: Honohan, und dem reinen Zins nicht mit der Vorgabe der intertemporalen Neut340 Financial Intermediation, S. 31 (S. 62). ralität vereinbar sei. Eine derartige, aneutrale Mehrwertbesteuerung 339 Ausführlich zur 340Herleitung siehe Anlage 5. ralität vereinbar sei. Eine derartige, aneutrale Mehrwertbesteuerung 340 Betrachtet man umgekehrt die intertemporale Budgetgleichung im Fall der Ersparnis (13), so führt die Besteuerung der Zinsspanne hier aufgrund des umgekehrten

337 337 338 339 338 339 340 340

Vorzeichens einer relativen Verteuerung des zukünftigen Konsums. zu vermeiden nichtzufern, wenn möglich, die besteuerten fixen Leistungsentgelte 341 Vergleiche so Grubert/Mackie, National Tax Journal 2000, 23 (31 f.); durch eine Erhöhung der wenn unbesteuerten Zinsdifferenz zufixen substituieren. Verglei-Jack, Natiozu vermeiden nicht fern, möglich, die besteuerten Leistungsentgelte nal Tax Journal 2000, 841 (842 ff.). Ferner so Boadway/Keen, die gleichwohl die che hierzu auch Edgarder in: de la Feria, VATZinsdifferenz Exemptions, S. 357 (S. 361). Vergleidurch eine Erhöhung unbesteuerten zu substituieren. Bedeutung dieserso Erkenntnis teilweise relativieren, Boadway/Keen, in: HoVergleiche zwar Edgar nicht deutlich aber implizit Jack, National Tax Journal 2000, che hierzu auch in: de la Feria, VAT Exemptions, S. 357siehe (S. 361). nohan,Zee, Taxation of2006, Financial Intermediation, S. 31 Kritisch und im Ergeb841 (846); Intertax 458aber (459); Boadway/Keen, in:(S. 62). Honohan, Taxation Vergleiche zwar nicht so deutlich implizit Jack, National Tax Journal 2000, nis ablehnend indes Zee, 458 (459). in: Honohan, Taxation of Intermediation, S. 458 31Intertax (S. 62).2006, 841Financial (846); Zee, Intertax 2006, (459); Boadway/Keen, Ausführlich Herleitung siehe of Financial zur Intermediation, S. 31Anlage (S. 62).5 S. 295. Betrachtet umgekehrt siehe die intertemporale Budgetgleichung im Fall der Er82 Ausführlichman zur Herleitung Anlage 5 S. 295. sparnis (13), so umgekehrt führt die Besteuerung der Zinsspanne hier aufgrund desder umgeBetrachtet man die intertemporale Budgetgleichung im Fall Erkehrten Vorzeichens einer relativen Verteuerung des zukünftigen Konsums. sparnis (13), so führtzudie Besteuerung der Zinsspanne hier aufgrund des umgeVergleiche so Grubert/Mackie, National Tax Journaldes 2000, 23 (31 f.); Jack, Natikehrten Vorzeichens zu einer relativen Verteuerung zukünftigen Konsums. onal Tax Journal 2000, 841 (842 ff.). Ferner so Boadway/Keen, Vergleiche so Grubert/Mackie, National Tax Journal 2000, 23 (31 die f.); gleichwohl Jack, Natidie dieser Erkenntnis relativieren, siehe Boadway/Keen, in: onalBedeutung Tax Journal 2000, 841 (842 teilweise ff.). Ferner so Boadway/Keen, die gleichwohl

gegengehalten, dass zwar die einzelnen Schlussfolgerungen aus der aufgestellten intertemporalen Budgetgleichung zutreffend seien, einerseits die getroffenen Annahmen aber gewissen Zweifeln unterlägen III.  Besteuerungswürdigkeit der Kreditgewährungsleistung und andererseits überdies eine Befassung mit der intertemporalen

Budgetgleichung der Haushalte allein nicht ausreichend sei. 341 (c) Kritische Stellungnahme

vermeintlichen Nachweis wird indes weitgehend zurecht entgeSo Diesem muss zuerst erkannt werden, dass die Ausgangsgleichungen auch gengehalten, dass zwar die einzelnen Schlussfolgerungen aus der aufge-

zu stellten einer anderen Form der intertemporalen Budgetgleichung zusamintertemporalen Budgetgleichung zutreffend seien, einerseits die

getroffenen Annahmen gewissen Zweifeln unterlägen und anderermengeführt werden können,aber die eine entgegengesetzte Schlussfolgeseits überdies eine Befassung mit der intertemporalen Budgetgleichung

rung kann. allein nicht ausreichend sei.342 derstützen Haushalte

So muss zuerst erkannt werden, dass die Ausgangsgleichungen auch zu

Dieeiner Ausgangsgleichungen zuvor verwendeten Form der intertemanderen Form derder intertemporalen Budgetgleichung zusammengeführtBudgetgleichung werden können, die eine entgegengesetzte Schlussfolgerung stütporalen waren: zen kann.

Die der zuvor verwendeten Form der intertempo(20) Ausgangsgleichungen Y = p1c1 + Ȗ - K ralen Budgetgleichung waren:

(21) Y0==ppc2c2++γ(1 + r + Į) K -K (20) 1 1 K 0 = p2c2 + (1 + r + α)wurden Die(21) Ausgangsgleichungen sodann zu der folgenden intertem342 poralen Budgetgleichung zusammengeführt: Die Ausgangsgleichungen wurden sodann zu der folgenden intertempo-

ralen Budgetgleichung zusammengeführt:343 ୮ଶୡଶ

(22) Y = p1c1 + Ȗ + ଵା୰ା஑

Die Ausgangsgleichungen können mathematisch aber genauso wie folgt

Diezusammengeführt Ausgangsgleichungen können mathematischen aber genauso wie werden: Zunächst wird die Ausgangsgleichung (21) wie folgt umgeformt: folgt zusammengeführt werden:

Zunächst wird die Ausgangsgleichung (21) wie folgt umgeformt:

(23) - p2c2 = (1 + r)*K + Į*K

341

342

Honohan, Taxation of Financial Intermediation, S. 31 (S. 62). Kritisch und im ୮ଶୡଶ ஑‫୏כ‬ Ergebnis (24) - ablehnend K= ଵା୰ indes + ଵା୰Zee, Intertax 2006, 458 (459). Vergleiche Grubert/Krever, in: de la Feria, VAT Exemptions, S. 309 (S. 325); Edgar, in: Krever/White, GST in Retrospect and Prospect, S. 131 (S. 137); Zee, Intertax 2006, 458 (459). Zusammenfassend des Weiteren Henkow, Financial AcFügt man nun die umgeformte Ausgangsgleichung (24) in die Austivities in European VAT, S. 83. S. so Ausgangsgleichung (15). gangsgleichung (20) ein, ergibt sich die nachfolgende Form der in92

tertemporalen Budgetgleichung:

342 Vergleiche Grubert/Krever, in: de la Feria, VAT Exemptions, S. 309 (S. 325); Edgar, in: Krever/White, GST in Retrospect and Prospect, S. 131 (S. 137); Zee, Intertax ୮ଶୡଶ ஑‫୏כ‬ 2006, 458 (459). Zusammenfassend des Weiteren Henkow, Financial Activities in + ଵା୰ + ଵା୰ (25)European Y = p1cVAT, 1 + ȖS. 83.  343 S. so Ausgangsgleichung (15).

Als intertemporale Grenzrate der Substitution ergäbe sich: 343 ୢୡଶ

୮ଵ

(26) MRSc2c1 = ୢୡଵ = - (1+r) ୮ଶ

83

୮ଶୡଶ ஑‫୏כ‬ Fügt die+ umgeformte Ausgangsgleichung (24) in die Aus(24) man - K=nun ଵା୰die umgeformte ଵା୰ Fügt man nun Ausgangsgleichung (24) in die Aus୮ଶୡଶ ஑‫୏כ‬ gangsgleichung + ଵା୰ein, ergibt sich die nachfolgende Form der in(24) - K= ଵା୰ (20) gangsgleichung (20) ein, ergibt sich die nachfolgende Form der intertemporalen Fügt man nun Budgetgleichung: die umgeformte Ausgangsgleichung (24) in die AusA.  Kreditgewährung im geltenden Mehrwertsteuersystem tertemporalen Budgetgleichung: Fügt man nun die umgeformte (24)Form in die Ausgangsgleichung (20) ein, ergibtAusgangsgleichung sich die nachfolgende der in୮ଶୡଶ

஑‫୏כ‬

(25) man Y = pnun Ȗ +umgeformte gangsgleichung (20) ein, +ergibt sich die nachfolgende Form 1c1 +die Fügt Ausgangsgleichung (24) inder dieinAusgangs୮ଶୡଶ ஑‫୏כ‬ tertemporalen Budgetgleichung: ଵା୰ ଵା୰ (25) Y = p(20) + Ȗ +ergibt + 1c1 ein, gleichung sich die nachfolgende Form der intertemporalen ଵା୰ ଵା୰ tertemporalen Budgetgleichung: Budgetgleichung: 343

୮ଶୡଶ ஑‫୏כ‬Substitution ergäbe sich: Als(25) intertemporale Ȗ + ଵା୰ +der Y = p1c1 +Grenzrate 343 ଵା୰Substitution ergäbe sich: Als intertemporale Grenzrate ୮ଶୡଶ der ஑‫୏כ‬ (25) Y = p1c1 + Ȗ + ଵା୰ + ଵା୰ ୢୡଶ ୮ଵ (26) MRSc2c1 =Grenzrate = - (1+r) ୢୡଶ ୮ଵ AlsAls intertemporale der୮ଶ Substitution ergäbe sich: 343sich:344 ୢୡଵ intertemporale Grenzrate (26) MRSc2c1 = ୢୡଵ = - (1+r) ୮ଶder Substitution ergäbe Als intertemporale Grenzrate der Substitution ergäbe sich: 343

ୢୡଶ ୮ଵ Im (26) Fall der Mehrwertbesteuerung MRS = - (1+r) ୮ଶder fixen Leistungsentgelte (Ȗ) und c2c1 = ୢୡଵ Im Fall der Mehrwertbesteuerung ୢୡଶ ୮ଵder fixen Leistungsentgelte (Ȗ) und = ୢୡଵ = - (1+r) ୮ଶ MRSc2c1(Į) der(26) Zinsspanne modifiziert sich die intertemporale BudgetgleiderImZinsspanne (Į) modifiziert sich die BudgetgleiFall der Mehrwertbesteuerung der intertemporale fixen Leistungsentgelte (γ) und der chung ImZinsspanne Fallwie derfolgt: Mehrwertbesteuerung derdiefixen Leistungsentgelte (Ȗ) und (α) modifiziert sich intertemporale Budgetgleichung wie chung wie folgt: Im Fall der Mehrwertbesteuerung der die fixenintertemporale Leistungsentgelte (Ȗ) und derfolgt: Zinsspanne (Į) modifiziert sich Budgetglei(ଵା୲)୮ଶୡଶ

(ଵା୲)஑‫୏כ‬

(27) Y =folgt: (1+t)p + (1+t)Ȗ + (ଵା୲)୮ଶୡଶ der Zinsspanne (Į) sich die+ intertemporale Budgetglei1c1 modifiziert (ଵା୲)஑‫୏כ‬ chung wie ଵା୰ ଵା୰ (27) Y = (1+t)p1c1 + (1+t)Ȗ + ଵା୰ + ଵା୰ chung wie folgt: (ଵା୲)୮ଶୡଶ (ଵା୲)஑‫୏כ‬ Als(27) intertemporale ergäbe sich: 344 345 (1+t)Ȗder + Substitution + ଵା୰ Y = (1+t)p1cGrenzrate intertemporale der Substitution 1 + Grenzrate ଵା୰ AlsAls intertemporale Grenzrate der(ଵା୲)୮ଶୡଶ Substitution ergäbe ergäbe sich: 344sich: (ଵା୲)஑‫୏כ‬ (27) Y = (1+t)p1c1 + (1+t)Ȗ + ଵା୰ + ଵା୰ ୢୡଶ ୮ଵ = - (1+r) MRSc2c1 =Grenzrate ୢୡଶ ୮ଵ Als(28) intertemporale der୮ଶ Substitution ergäbe sich: 344 ୢୡଵ (28) MRSc2c1 = ୢୡଵ = - (1+r) ୮ଶ Als intertemporale Grenzrate der Substitution ergäbe sich: 344

Legte man also die umgeformte intertemporale Budgetgleichung der

୮ଵ Legte also dieୢୡଶ umgeformte Budgetgleichung der = zugrunde, - (1+r) intertemporale (28)man MRS c2c1 = Auseinandersetzung entspräche die intertemporale Grenzrate Legte man also dieୢୡଵ umgeformte୮ଶ intertemporale Budgetgleichung der ୢୡଶ ୮ଵ der auch der Besteuerung der Zinsspanne weiterhin der = - bei (1+r) (28)Substitution MRSc2c1 = ୢୡଵ Auseinandersetzung zugrunde, entspräche die intertemporale Grenzra୮ଶ Auseinandersetzung zugrunde, entspräche die intertemporale Grenzra- 346 Folgintertemporalen Grenzrate der Substitution im Nichtsteuerfall. te der Substitution bei der Besteuerung der Zinsspanne weiterhin Legte man dieauch umgeformte intertemporale Budgetgleichung der Budgetwärealso unter Verwendung der umgeformten intertemporalen te lich der Substitution auch bei der Besteuerung der Zinsspanne weiterhin 345 Legte man also die umgeformte Budgetgleichung der gleichung nachgewiesen, eine Besteuerung der Zinsspanne zwischen der intertemporalen Grenzratedass derintertemporale Substitution im Nichtsteuerfall. Auseinandersetzung zugrunde, entspräche die intertemporale Grenzra345 derdem intertemporalen Grenzrate der Substitution im Nichtsteuerfall. Kreditzins und dem reinen Zins mit der Vorgabe der intertemporaAuseinandersetzung zugrunde, entspräche dieder intertemporale GrenzraFolglich wäre unter Verwendung der umgeformten intertemporalen te len der Substitution auch bei der Besteuerung Zinsspanne weiterhin Neutralität vereinbar wäre. Folglich wäre unter Verwendung der umgeformten intertemporalen 345 te der Substitutionnachgewiesen, auch bei der der Besteuerung der im Zinsspanne weiterhin Budgetgleichung dass eine Besteuerung der ZinsspanderDie intertemporalen Grenzrate Substitution Nichtsteuerfall. Verwendung der intertemporalen Budgetgleichung in der zuvor darBudgetgleichung nachgewiesen, dass eine Besteuerung der Zinsspan345 der intertemporalen Grenzrate der der Substitution im Nichtsteuerfall. gestellten zeigt indes, welche Annahmen der Auffassung der Folglich wäreForm unter(14), Verwendung umgeformten intertemporalen Autoren zugrunde liegen, die der dementgegen die Neutralitätswidrigkeit Folglich wäre unter Verwendung umgeformten 343 Budgetgleichung nachgewiesen, dass eine Besteuerungintertemporalen der Zinsspan344 343

Ausführlich zur Herleitung siehe Anlage S. 296. einer derartigen Besteuerung für6nachgewiesen halten.

Ausführlich zur Herleitung siehe Anlage S. 297. 296. Budgetgleichung nachgewiesen, dass76 eine Besteuerung der Zinsspan345 344 345 343

Die Zulässigkeit einerden solche Betrachtung ablehnend Boadway/Keen, in: sich Hono-die MehrAusführlich zur von Herleitung siehe Anlage 7 S. 297.angenommen, Erstens wird Autoren implizit dass han, Taxation of Financial Intermediation, S. 31 (S. und 63).Boadway/Keen, Die Zulässigkeit einernicht solche Betrachtung ablehnend in: Hono-beschränwertbesteuerung auf solche Güter Dienstleistungen Ausführlich zur Herleitung siehe Anlage 6 S. 296.

93 han, Taxation of Financial Intermediation, S. 31 (S. 63). Ausführlich 93 Ausführlich zur zur Herleitung Herleitung siehe siehe Anlage Anlage 7 6 S. S. 297. 296. Die Zulässigkeit einer solche Betrachtung ablehnend Boadway/Keen, in: HonoAusführlich zur Herleitung siehe Anlage 7 S. 297. Ausführlich zur Herleitung siehe Anlage 6.  63). han, Taxation of Financial Intermediation, S.ablehnend 31 (S. 345 344 Die Ausführlich Zulässigkeit einer solche Betrachtung 345 zur Herleitung siehe Anlage 7.  Boadway/Keen, in: Hono93 han, Taxation of Financial Intermediation, S. 31 (S. 346 Die Zulässigkeit einer solche Betrachtung 63). ablehnend Boadway/Keen, in: Hono93 han, Taxation of Financial Intermediation, S. 31 (S. 63). 344 343 345 344

84

III.  Besteuerungswürdigkeit der Kreditgewährungsleistung

ken müsse, die aus Sicht des Empfängers mit einem unmittelbaren Nutzen verbunden und daher Teil seiner Nutzenfunktion sind.347 So führt Jack etwa aus, dass die maßgebende Eigenschaft der Mehrwertbesteuerung nur sei, dass die Mehrwertbesteuerung die relativen Konsumgüterpreise nicht verzerre.348 Der diesbezüglich abweichenden Annahme von Grubert/Mackie, die die mehrwertsteuerliche Besteuerungswürdigkeit gerade einzig auf einen unmittelbar verbundenen Nutzen stützen und die mangelnde Besteuerungswürdigkeit der Finanzdienstleistungen aus dieser Annahme ableiten,349 wird indes zutreffend entgegengehalten, dass dann nicht nur Finanzdienstleistungen, sondern auch sämtliche andere Leistungen ohne unmittelbaren Nutzen nicht der Mehrwertbesteuerung unterliegen dürften.350 Zweitens wird von den Autoren implizit angenommen, dass der Zinsaufschlag, gerade anders als ein explizites Leistungsentgelt, zu zusätzlichen Kosten der zeitlichen Konsumverschiebung führe. Formalistisch ausgedrückt also die Variable (α) anders als die Variable (γ) als Teil des Diskontierungsfaktors dem reinen Zins aufzuschlagen sei.351 So führen auch Grubert/Krever, wenngleich in einem etwas anderen Zusammenhang richtig aus, dass die Neutralitätserwägungen der ablehnenden Auffassung auf der Annahme beruhen, dass sich der Barwert des zukünftigen Konsums stets individuell bemesse.352 Die Abzinsung des zukünftigen 347 Vergleiche Jack, National Tax Journal 2000, 841 (842 ff.). 348 So Jack, National Tax Journal 2000, 841 (842). 349 Vergleiche Grubert/Mackie, National Tax Journal 2000, 23 (25 ff.). 350 Vergleiche Jack, National Tax Journal 2000, 841 (842); Boadway/Keen, in: Honohan, Taxation of Financial Intermediation, S. 31 (S. 60 f.). Kritisch auch Auerbach/ Gordon, American Economic Review 2002, 411 (412 ff.); Henkow, Financial Activities in European VAT, S. 82; Poddar, in: Honohan, Taxation of Financial Intermediation, S. 345 (S. 360 f.). Mögliche Unterschiede zwischen Finanzdienst­ leistungen und weiteren Leistungen ohne unmittelbaren Nutzen aufzeigend, Rousslang, National Tax Journal, 2002, 281 (282 f.). Teilweise klarstellend Grubert/Mackie, National Tax Journal 2000, 23 (38). 351 Aus dieser Annahme erklärt sich ferner die gewählte Darstellungsform der intertemporalen Budgetgleichung. Die gewählte Darstellungsform (14) erfasst den Zinsaufschlag als Teil des Diskontierungsfaktors. Die alternative Darstellungsform (25) unterwirft hingegen die auf den Zinsaufschlag zurückzuführenden Zinszahlungen selbst der Diskontierung zum reinen Zinssatz. 352 S. Grubert/Krever, in: de la Feria, VAT Exemptions, S. 309 (S. 323): Nach der an­ geführten Darstellung erweise sich der Barwert des zukünftigen Konsums unter anderem als von dem individuellen Bedürfnis der Inanspruchnahme der Kreditgewährungsleistung oder etwa dem individuellen Risikoprofil abhängig. Die Ausführungen beziehen sich zwar unmittelbar überwiegend auf die Erwägungen von Grubert/Mackie, lassen sich gleichwohl hinsichtlich des Zinsaufschlags auch auf die vorgenannten Neutralitätserwägungen übertragen.

85

A.  Kreditgewährung im geltenden Mehrwertsteuersystem

Konsums erfolgt nach der von den Autoren verwendeten Form der intertemporalen Budgetgleichung nämlich nicht allein nach dem objektiven reinen Zins, sondern unter Einbeziehung der stets individuellen Zinsaufschläge. Ferner muss festgehalten werden, dass die Neutralitätserwägungen der ablehnenden Auffassung die Inanspruchnahme der Kreditgewährungsleistung mangels unmittelbaren Nutzens offenkundig nicht als Konsum ansehen.353 Diese Annahmen der ablehnenden Auffassung sind indes überwiegend kaum vereinbar mit den grundlegenden Erkenntnissen, die im Rahmen einer ökonomisch inspirierten Auseinandersetzung mit dem konsumtiven Aspekt der Vermögensverwendung schon gewonnen wurden und werden überdies auch durch weitergehende ökonomische Erwägungen nicht unterstützt.354 Zuvörderst muss erkannt werden, dass die Einordnung und Verortung des Zinsaufschlags letztlich eine Wertungsfrage ist, die bereits im Rahmen der ökonomisch inspirierten Auseinandersetzung mit dem kon­ sumtiven Aspekt einer Vermögensverwendung erörtert und beantwortet wurde. Die Einordnung der Kreditzinszahlungen als Kosten der zeitlichen Konsumverschiebung überzeugte dort insbesondere unter Einbeziehung ökonomischer Erwägungen nicht.355 Die Erfassung des Zinsaufschlags (α) als Teil des Diskontierungsfaktors im Rahmen der Neutralitätserwägungen ist mithin abzulehnen. Die Auseinandersetzung ergab aber mehr noch, dass der Inanspruchnahme der Kreditgewährungsleistung ein konsumtiver Aspekt beizumessen ist. Der Zinsaufschlag wurde nach überwiegender Auffassung als entsprechendes Entgelt identifiziert.356

353 Vergleiche Jack, National Tax Journal 2000, 841 (842); Boadway/Keen, in: Honohan, Taxation of Financial Intermediation, S. 31 (S. 62); Grubert/Mackie, National Tax Journal 2000, 23 (25 ff.). Siehe ferner auch Chia/Whalley, Journal of Money, Credit and Banking 1999, 704 (705). 354 Vergleiche ähnlich kritisch zu den Ausführungen von Grubert/Mackie etwa Edgar „Accepting this non-taxable characterization as correct, Grubert and Mackie then formally prove that taxation of the household consumption of financial interme­ diation services distorts the choice between current and deferred consumption”, Edgar, Canadian Tax Journal 2001, 1133 (1146). Sowie zudem van Schalkwyk/ Prebble, Asia-Pacific Tax Bulletin 2004, 363 (367 f.). 355 S. ausführlich zur Ablehnung dieser teilweisen Einordnung, S. 60 ff. 356 Eine solche Einordnung entspricht nur der überwiegenden steuerrechtswissenschaftlichen Erkenntnis, da, wie bereits aufgezeigt, teilweise der Teil der Zinszah-

86

III.  Besteuerungswürdigkeit der Kreditgewährungsleistung

Legte man nun diese Festhaltungen der Überprüfung der intertemporalen Neutralität zugrunde, so müsste die Inanspruchnahme der Kreditgewährungsleistung als Konsum (c) und der Zinsaufschlag als entsprechendes Entgelt (p) eingeordnet werden. Dann wäre eine Mehrwertbesteuerung des Zinsaufschlags aber nicht mehr nur mit der Forderung der intertemporalen Neutralität vereinbar, vielmehr führte umgekehrt eine Nichtbesteuerung des Zinsaufschlags zu einer verzerrten und somit ineffizienten Konsumentscheidung. Erfolgte keine Mehrwertbesteuerung käme es nämlich zu einer relativen Preisverzerrung zwischen der nichtbesteuerten konsumtiven Vermögensverwendung im Fall der Inanspruchnahme der Kreditgewährungsleistung und der besteuerten konsumtiven Vermögensverwendung im Fall der Inanspruchnahme sonstiger Leistungen, welche den Haushalt dazu veranlassen könnte, einen gegenüber der effizienten Konsumentscheidung zu hohen Anteil seines Einkommens auf die nichtbesteuerte Kreditgewährungsleistung zu verwenden.357 Eine derartige Einordnung wird letztlich auch durch die weiteren ökonomischen Erwägungen von Grubert/Krever unterstützt.358 Diesen Autoren zufolge griffen die Erkenntnisse aus den Neutralitätserwägungen der ablehnenden Auffassung schon deshalb fehl, weil die Perspektive des Staates, insbesondere dessen Budgetgleichung, überhaupt nicht erfasst werde. Aus der Perspektive des Staates bestehe zwischen vorgezogenem und aufgeschobenem Konsum nur dann eine Aufkommensneutralität, wenn auch die fragliche Zinsspanne der Besteuerung unterworfen werde. Diese Abweichung zu der Perspektive des Haushalts ergebe sich aufgrund der besonderen, staatlichen Diskontierungsrate, welche anders als die Diskontierungsrate der privaten Haushalte, die zusätzliche Zinspanne nicht umfasse. Hierzu führen Grubert/Krever das folgende Beispiel an:359 lung, der auf den individuellen Risikozuschlag zurückzuführen ist, mangels Ressourcenverbrauchs nicht als besteuerungswürdig erachtet wird. 357 Vergleiche ähnlich auch Edgar, in: Krever/White, GST in Retrospect and Prospect, S. 131 (S. 140). Vergleiche des Weiteren Grubert/Krever, die darüber hinaus darauf hinweisen, dass diese Verzerrung durch den Staat noch verstärkt werde. Der Staat müsse nämlich, um ein bestimmtes Steueraufkommen zu generieren, die besteuerte, sonstige konsumtive Vermögensverwendung mit einem höheren Steuersatz belasten. S. Grubert/Krever, in: de la Feria, VAT Exemptions, S. 309 (S. 326). 358 S. hierzu und im Folgenden Grubert/Krever, in: de la Feria, VAT Exemptions, S. 309 (S. 323 ff.); sowie des Weiteren van Brederorde/Krever, in: van Brederode/ Krever, VAT and Financial Services, S. 15 (S. 18 f.). 359 S. Grubert/Krever, in: de la Feria, VAT Exemptions, S. 309 (S. 324 f.).

87

A.  Kreditgewährung im geltenden Mehrwertsteuersystem

Erwarte ein Haushalt in der Periode P2 ein Einkommen von 112, so könne der Haushalt entweder in der Periode P2 in entsprechender Höhe konsumieren oder aber bei einem unterstellten Kreditzinssatz von 12% und einem unterstellten reinen Zins von 10% die Kreditleistung in Anspruch nehmen und schon in der Periode P1 in Höhe von 100 konsumieren. Das Verhältnis zwischen zukünftigem und gegenwärtigem Konsum betrage 1.12. Besteuerte man nun nur den Konsum, nicht aber auch die Finanzdienstleistung, so werde dieses Verhältnis zwar nicht verzerrt, die Besteuerung erweise sich dennoch nicht als vollständig neutral. Aus der Perspektive des Staates sei der Fall des aufgeschobenen Konsums eindeutig vorteilhaft, da der Barwert der Steuereinnahmen bei einem Konsum in der zweiten Periode den Barwert der Steuereinnahmen bei einem Konsum in der ersten Periode übersteige.360 Bei einem angenommenen Mehrwertsteuersatz von 20% führe der Konsum in der zweiten Periode zu Steuereinnahmen mit einem Barwert von 20,36, während ein Konsum in der ersten Periode nur mit Steuereinnahmen mit einem Barwert von 20 verbunden wäre. Die Neutralität zwischen vorgezogenem und aufgeschobenem Konsum aus staatlicher Perspektive könne nur gewahrt werden, wenn auch die vollständige Zinsspanne der Mehrwertbesteuerung unterliege.361 Die Mehrwertbesteuerung also va. auch den Teil der Zinszahlungen betreffe, die auf den individuellen Risikoaufschlag zurückzuführen seien.362 Nur in diesem Fall entspreche der Barwert der Steuerzahlungen auf den vorgezogenen Konsum dem Barwert der Steuerzahlungen auf den aufgeschobenen Konsum. Eine Einbeziehung der Kreditgewährungsleistung in das geltende System der Mehrwertbesteuerung ist nach alledem geboten. Letztlich verbleibt nichtsdestominder anzumerken, dass auch die vorangegangenen Ausfüh-

360 An dieser Stelle wurde das Beispiel aus Anschaulichkeitsgründen leicht modifiziert ohne aber den wesentlichen Bedeutungsgehalt zu verändern. Vergleiche Grubert/Krever, in: de la Feria, VAT Exemptions, S. 309 (S. 325). 361 Vergleiche so auch im Folgenden Grubert/Krever, in: de la Feria, VAT Exemptions, S. 309 (S. 324); sowie van Brederorde/Krever, in: van Brederode/Krever, VAT and Financial Services, S. 15 (S. 19). 362 Nach Auerbach/Gordon lege die Auseinandersetzung mit der theoretischen Äquivalenz einer pauschalen Besteuerung des Einkommens sowie der bestehenden Vermögensausstattung und der Mehrwertbesteuerung zwar eine Ausklammerung dieser Zinszahlungen nahe, gleichwohl müsse aber erkannt werden, dass unter bestimmten Annahmen eine Einbeziehung auch dieses Teils der Zinszahlungen dennoch nicht ein bestehendes Marktgleichgewicht beeinträchtigte. Siehe Auerbach/ Gordon, American Economic Review 2002, 411 (416).

88

III.  Besteuerungswürdigkeit der Kreditgewährungsleistung

rungen gewissen, angreifbaren Annahmen sowie Schlussfolgerungen unterliegen.363 cc) Zusammenfassung der Erkenntnisse Aus ökonomischer Perspektive ist die Mehrwertbesteuerung der Kreditgewährung va. an der Forderung der intertemporalen Neutralität zu messen. Nach dieser Forderung darf die Mehrwertbesteuerung der Kredit­ gewährung eine effiziente, intertemporale Konsumentscheidung nicht verzerren. Die Auseinandersetzung mit dieser Vorgabe ergab zuvörderst, dass der Teil der Kreditzinszahlungen, der auf den reinen Zins zurückzuführen ist, nicht der Mehrwertbesteuerung unterworfen werden darf. Es entspricht insofern der ökonomischen Erkenntnis, dass die intertemporale Konsumentscheidung maßgeblich durch diesen Zins geprägt wird. Die Mehrwertbesteuerung der Zinsspanne zwischen Kreditzinszahlungen und Reinzinszahlungen lässt sich nach hier vertretener Ansicht indes nicht nur mit der Maßgabe der intertemporalen Neutralität vereinbaren; eine Mehrwertbesteuerung dieser Spanne ist nach der Maßgabe der intertemporalen Neutralität vielmehr geboten. Entgegen der widerstreitenden Ansicht führen die Kosten der Kreditgewährungsleistung nämlich nicht zu weiteren Kosten der zeitlichen Konsumverschiebung, sondern zu Kosten einer konsumtiven Leistungsinanspruchnahme. c) Abschließende Festhaltungen zur Besteuerungswürdigkeit Nach der eingehenden Auseinandersetzung mit der mehrwertsteuer­ lichen Besteuerungswürdigkeit der Kreditgewährungsleistung, genauer der Kreditzinszahlungen, kann abschließend das Folgende festgehalten werden: Eine unternehmerische oder staatliche Leistungsinanspruchnahme ist nicht besteuerungswürdig. Sofern die Einbeziehung dieser Leistungsinanspruchnahmen aufgrund der allphasigen Ausgestaltung der Mehrwert363 Es soll an dieser Stelle ferner noch einmal hervorgehoben werden, dass im Rahmen der Ausführungen allein die Vereinbarkeit der Einbeziehung dieser Leistung in das geltende Mehrwertsteuersystem mit der Vorgabe der intertemporalen Neutralität überprüft wurde. Die Ergebnisse sollten daher wie Boadway/Keen zurecht ausführen auch allein als Neutralitätsvorgabe und nicht etwa als Optimalitätsvorgabe wahrgenommen werden. Vergleiche Boadway/Keen, in: Honohan, Taxation of Financial Intermediation, S. 31 (S. 63 f). Zustimmend des Weiteren Henkow, Financial Activities in European VAT, S. 83. 

89

A.  Kreditgewährung im geltenden Mehrwertsteuersystem

besteuerung gleichwohl erfolgt, muss daher eine Vorsteuerentlastung gewährt werden. Hinsichtlich der privaten Leistungsinanspruchnahme haben die ökonomischen Erwägungen offenbart, dass eine zum Teil noch unter Konsumleistungsfähigkeitsaspekten erwogene Mehrwertbesteuerung des Teils der Kreditzinszahlungen, der auf die Reinverzinsung zurückzuführen ist, letztlich aufgrund der ökonomischen Folgewirkungen abzulehnen ist. Der verbleibende Teil der Kreditzinszahlungen erweist sich indes als vollständig besteuerungswürdig. Eine weitergehende Ausklammerung des Teils der Zinszahlungen, der auf einen individuellen Risikoaufschlag zurückzuführen ist, ist nicht geboten. Die schon aus Konsumleistungsfähigkeitserwägungen angeführten Zweifel an einer derartigen Ausklammerung wurden durch die ökonomischen Neutralitätserwägungen, va. durch die Ergänzung der staatlichen Perspektive, verifiziert.

IV. Mehrwertsteuerbefreiung der Kreditgewährung Nach Art. 135 I lit. b, Fall 1 MwStSystRL sind die Mitgliedstaaten zur Steuerbefreiung der Kreditgewährungsleistung verpflichtet. Auf nationaler Ebene wird dieser verbindlichen Vorgabe durch § 4 Nr. 8 lit. a, Fall 1 UStG entsprochen. 1. Rechtfertigung der Mehrwertsteuerbefreiung Eingehend besprochen wurde bereits, dass nach Art. 20 EU-GrCh die Mehrwertbesteuerung entsprechend der Konsumleistungsfähigkeit zu erfolgen hat und Abweichungen hiervon einer Rechtfertigung bedürfen. Im vorherigen Kapitel wurde jedoch deutlich, dass das Leistungsfähigkeitsprinzip in der Konkretisierung durch das Verbrauchsteuerprinzip hinsichtlich des konsumtiven Aspekts der Vermögensverwendung mehr oder minder unbestimmt ist und somit eine Ausfüllung des verbleibenden Wertungsspielraums notwendig wurde. Liegt ein solcher Wertungsspielraum vor, kann sich der Rechtsetzer innerhalb des Wertungsspielraums für eine Regelungsalternative entscheiden, ohne dass sich daraus eine rechtfertigungsbedürftige Abweichung vom Leistungsfähigkeitsprinzip ergeben würde.364 Wird dagegen der Wertungsspielraum überschritten, ist eine Rechtfertigung der Abweichung notwendig. 364 Vergleiche Tipke, Die Steuerrechtsordnung, Band II, S. 984.

90

IV.  Mehrwertsteuerbefreiung der Kreditgewährung

Mit der Mehrwertsteuerbefreiung der Kreditgewährungsleistung überschreitet der Unionsrechtsetzer den verbleibenden Wertungsspielraum. Nach den hier erwogenen Konkretisierungsmöglichkeiten der Konsumleistungsfähigkeit indiziert die Vermögensverwendung zur Inanspruchnahme der Kreditgewährungsleistung zumindest in Höhe des Zinsaufschlags abzüglich des Risikoaufschlags die notwendige Konsumleistungsfähigkeit. Eine überzeugende Konkretisierungsmöglichkeit nach der sich insgesamt keine Besteuerungswürdigkeit der Kreditgewährungsleistung ergeben würde, war indes nicht ersichtlich. Die verpflichtende Vorgabe zur vollständigen Mehrwertsteuerbefreiung der Kreditgewährungsleistung überschreitet daher den verbleibenden Wertungsspielraum und begründet somit eine rechtfertigungsbedürftige Abweichung von Art. 20 EU-GrCh in der Konkretisierung durch das Leistungsfähigkeitsprinzip.365 Eine Rechtfertigung ist nach dem allgemeinen Rechtsgrundsatz der Verhältnismäßigkeit nur möglich, wenn die Mehrwertsteuerbefreiung einen gemeinwohldienlichen Zweck in geeigneter, erforderlicher und angemessener Weise verfolgt.366 Für die Rechtfertigung der Mehrwertsteuerbefreiung der Kreditgewährung wird zuvörderst ein Vereinfachungszweck angeführt. Die Ermittlung der sachgerechten Steuerbemessungsgrundlage sei im Fall der Kreditgewährung nicht möglich oder zumindest mit einem übermäßigen Aufwand verbunden. Ferner wird der Mehrwertsteuerbefreiung der Kreditgewährung auch ein Sozialzweck zugesprochen. So solle durch die Steuerbefreiung gerade auch eine Erhöhung der Kosten von Verbraucherkrediten vermieden werden. a) Vereinfachungszweck Die Mehrwertsteuerbefreiung der Kreditgewährung stützt sich tradi­ tionell auf die überwiegende Überzeugung, dass die Erfassung des implizit in den Zinszahlungen enthaltenen, besteuerungswürdigen Entgelts im Rahmen des geltenden Mehrwertsteuersystems nicht umsetzbar oder

365 So auch Heidemann, Die Umsatzsteuerbefreiungen von Finanzdienstleistungen, S. 137. Abweichend indes eine konsumtive Vermögensverwendung und mithin eine rechtfertigungsbedürftige Ungleichbehandlung ablehnend Friedrich-Vache, Verbrauchsteuerkonforme Umsatzbesteuerung von Finanzdienstleistungen, S. 222; Reiß, UR 2003, 209 (218); Heidner, in: Bunjes/Geist, § 4 Nr. 8, Rz. 2. 366 Zur gebotenen Prüfungsintensität im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung eingehend bereits S. 31 ff. Vergleiche des Weiteren Heidemann, Die Umsatzsteuerbefreiungen von Finanzdienstleistungen, S. 138 ff.

91

A.  Kreditgewährung im geltenden Mehrwertsteuersystem

zumindest mit unverhältnismäßigen Lasten verbunden sei.367 Diesen Zweck hat nun auch der Europäische Gerichtshof der unionsrechtlichen Norm ausdrücklich zugesprochen.368 Wenngleich eine überwiegende Einigkeit hinsichtlich der Schwierigkeiten der Erfassung der Kreditgewährung im geltenden Mehrwertsteuersystem zu erkennen ist, müssen gleichwohl auch die partiell bestehenden Unterschiede in den angenommenen Ursachen dieser Schwierigkeiten erkannt werden. Die ökonomische Literatur sieht die Kreditgewährung als Teil einer Intermediationsleistung, die ein Finanzinstitut gegenüber einem Einleger und einem Kreditnehmer erbringe.369 Das Entgelt der Intermediations367 S. so Englisch, in: de la Feria, VAT Exemptions, S. 37 (S. 73 f.); Kerrigan, International VAT Monitor 2010, 103 (103); Cnossen, International Tax and Public Finance 5 (1998), 399 (406). Zur Entwicklung der Erkenntnisse um die Schwierigkeiten der umsatzsteuerlichen Erfassung von Finanzdienstleistungen vergleiche auf nationaler Ebene zunächst Popitz, Umsatzsteuergesetz, S. 519; sowie später ferner Wissenschaftlicher Beirat, Sammelband 1949-1973, S. 232 (S. 262 ff.); Regierungsentwurf, v. 30.10.1963, BT-Drucks. IV/1590, S. 36 f. Auf unionsrechtlicher Ebene verwiesen die Ausführungen der Europäischen Kommission zum Vorschlag für eine sechste EG-Richtlinie allein auf die Rechtfertigungsgründe, die schon auf mitgliedstaatlicher Ebene anerkannt waren, vergleiche Europäische Kommission, COM (73) 950, S. 15. Später führte die Europäische Kommission dann aber ausdrücklich aus, dass vor allem die Schwierigkeiten im Zusammenhang mit der Ermittlung des Entgelts zu den Steuerbefreiungen der Finanzdienstleistungen geführt haben, vergleiche unter Verweis auf Europäische Kommission, Consultation paper on modernizing the Value A ­ dded Tax obligations for financial services and insurance, 2006, S. 2, Englisch, in: de la Feria, VAT Exemptions, S. 37 (S. 75). Diese Festhaltungen unter Verweis auf die Ausführungen von Maurice Lauré dagegen bezweifelnd Amand, International VAT Monitor 2010, 409 (414). 368 Vergleiche so grundlegend allerdings zur entsprechenden Befreiungsvorschrift der Richtlinie 77/388/EWG, EuGH, v. 19.4.2007, Rs. C-455/05 (Velvet&Steel), ECLI:­ EU:­C:­2007:232, Rz. 24: „Diese Auslegung wird im Übrigen, (…), durch den Zweck der Befreiung von Finanzgeschäften bestätigt, nämlich die Schwierigkeiten, die mit der Bestimmung der Bemessungsgrundlage und der Höhe der abzugsfähigen Mehrwertsteuer verbunden sind, zu beseitigen (…)“. Siehe folgend sodann auch EuGH, v. 10.3.2011, Rs. C-540/09 (Skandinaviska Enskilda Banken), ECLI:­EU:­ C:­2011:137, Rz. 21. Zur Entsprechung des Art. 13 Teil B lit. d, Nr. 1, Fall 1 der Richtlinie 77/388/EWG und des Art. 135 I lit. b, Fall 1 MwStSystRL siehe Anhang XII zur MwStSystRL. Eine ausdrückliche Äußerung des Europäischen Gerichtshofs zur Steuerbefreiung nach Art. 135 I lit. b, Fall 1 MwStSystRL liegt nicht vor. Siehe nur auf Art. 135 I lit. d bis f MwStSystRL abzielend, EuGH, v. 25.7.2018, Rs. C-5/17 (DPAS), ECLI:­EU:­C:­2018:592, Rz. 46: v. 22.10.2015, Rs. C-264/14 (Hedqvist), ECLI:­EU:­C:­2015:718, Rz. 36. Siehe nachfolgend auch BFH, v. 16.11.2016, XI R 35 14, ­BStBl. II 2017, 327 (329). 369 Vergleiche hierzu und im Folgenden ausführlicher und mit entsprechenden Nachweise schon S. 76 ff. Ablehnend indes Friedrich-Vache, Verbrauchsteuerkonforme Umsatzbesteuerung von Finanzdienstleistungen, S. 216. 

92

IV.  Mehrwertsteuerbefreiung der Kreditgewährung

leistung ergebe sich aus der Differenz zwischen Kreditzinszahlungen und Einlagezinszahlungen. Dieses Intermediationsentgelt in Form einer Intermediationsmarge umfasse einerseits das Entgelt für die Einlagedienstleistung an den Einleger und andererseits das Entgelt für die Kreditgewährungsleistung an den Kreditnehmer. Die Integration die­ ser Erkenntnisse in das geltende Mehrwertsteuersystem scheitere aber va. infolge der indirekt-subtraktiven Erhebungsweise der Mehrwertsteuer.370 Essentiell für diese Erhebungsweise der Mehrwertsteuer ist nämlich, dass das Entgelt für jede einzelne Leistung, sei sie erbracht oder empfangen worden, gesondert feststellbar ist. Die Feststellung der einzelnen Entgelte ist insbesondere erforderlich, um einen unternehmerischen Leistungsempfänger, der erst einer Mehrwertsteuerbelastung unterliegt, über ein entsprechendes Vorsteuerabzugsrecht in konsistenter Höhe wieder zu entlasten und somit eine kumulative Steuerbelastung innerhalb einer Leistungskette zu vermeiden. Die gebotene, gesonderte Feststellung der Leistungsentgelte sei aber für die angeführte Intermediationsleistung in mehrfacher Hinsicht nicht umsetzbar. So gäbe es in der Realität schon keine einzelne Intermedia­ tionsleistung zwischen einem einzelnen Einleger und einem einzelnen Kreditnehmer.371 Das Finanzinstitut vermittele nämlich nicht die individuelle Einlage eines Einlegers an einen Kreditnehmer, sondern bündele vielmehr die diversen Einlagevolumina sowie Einlagefristigkeiten zahlreicher Einleger, um sodann aus diesen gebündelten Einlagen die Kredite mit unterschiedlichen Kreditvolumina und Kreditfristigkeiten zu gewähren.372 Folglich lasse sich das Intermediationsentgelt zwar aggregiert auf institutioneller Ebene messen, die Feststellung eines einzelnen Intermediationsentgelts aber sei nicht möglich.373

370 S. so Zee, in: de la Feria, VAT Exemptions, S. 345 (S. 346); ders., National Tax Journal 2005, 77 (79); Kerrigan, International VAT Monitor 2010, 103 (105); Schenk/ Zee, in: Zee, Taxing the Financial Sector, S. 60 (S. 60 f.). Angemerkt sei an dieser Stelle, dass in der ökonomischen Auseinandersetzung zumeist fehlgehend die Schwierigkeit der konkreten Erhebungsweise und nicht dem dahinterstehenden Steuerbelastungsgrund angelastet wird. 371 Vergleiche Kerrigan, International VAT Monitor 2010, 103 (104); Zee, Intertax 2006, 458 (461); Poddar/English, National Tax Journal 1997, 89 (92). 372 Vergleiche Kerrigan, International VAT Monitor 2010, 103 (104). Vergleiche in diesem Zusammenhang ferner auch Heidemann, Die Umsatzsteuerbefreiungen von Finanzdienstleistungen, S. 116 f.; Friedrich-Vache, Verbrauchsteuerkonforme Umsatzbesteuerung von Finanzdienstleistungen, S. 137 f. 373 Vergleiche de la Feria/Krever, in: de la Feria, VAT Exemptions, S. 3 (S. 30); Ebrill/ Keen/Bodin/Summers, The Modern VAT, S. 90 f.; Kerrigan, International VAT Monitor 2010, 103 (105); Zee, National Tax Journal 2005, 77 (79).

93

A.  Kreditgewährung im geltenden Mehrwertsteuersystem

Überdies wäre selbst die Feststellung eines einzelnen Intermediationsentgelts nicht ausreichend, da dieses Intermediationsentgelt weiter in das Entgelt des Einlegers für die Einlagedienstleistung sowie das Entgelt des Kreditnehmers für die Kreditgewährungsleistung aufgespalten werden müsste. Diese Aufspaltung ist zweifelsfrei erforderlich, um dem unternehmerischen Einleger oder dem unternehmerischen Kreditnehmer das zutreffende Vorsteuerabzugsrecht zuzuteilen.374 Maßgebend für diese Aufspaltung soll, wie schon dargetan, der reine Zins sein.375 Dieser reine Zins ist aber anders, als etwa der Kreditzins oder der Einlagezins, ein Zins der ökonomischen Theorie, der nicht unmittelbar am Markt erkennbar ist.376 Mangels Identifizierbarkeit dieses maßgeblichen Trennungspunkts soll folglich auch die notwendige Allokation des Intermediationsentgelts zwischen Einleger und Kreditnehmer scheitern.377 Die Prämisse einer Intermediationsleistung akzeptiert, erscheinen die vorgebrachten Zweifel an der Integration der Kreditgewährungsleistung in das geltende Mehrwertsteuersystem nachvollziehbar. Indes nicht überzeugend ist die teilweise im Rahmen dieser ökonomischen Erwägungen mitschwingende Annahme, die Mehrwertbesteuerung ziele mit der Erfassung der Intermediationsmarge auf die Erfassung des durch die Finanzinstitutionen geschaffenen Mehrwerts ab.378 Die Mehrwertsteuer ist nämlich weder nach ihrer Besteuerungstechnik noch materiell eine Steuer, die die Wertschöpfung der Unternehmen belasten soll.379 Ferner ist festzuhalten, dass die ökonomischen Erwägungen weiter insofern zum Teil fehlgreifen, als sie die fehlende Identifizierbarkeit der individu374 Vergleiche de la Feria/Krever, in: de la Feria, VAT Exemptions, S. 3 (S. 30); de la Feria/Lockwood, Fiscal Studies 2010, 171 (176); Ebrill/Keen/Bodin/Summers, The Modern VAT, S. 95; Kerrigan, International VAT Monitor 2010, 103 (105); Poddar/ English, National Tax Journal 1997, 89 (92). 375 Vergleiche ausführlicher zur Aufspaltung der Intermediationsleistung S. 68 ff. 376 Vergleiche Ebrill/Keen/Bodin/Summers, The Modern VAT, S. 90 f. sowie S. 95. Siehe ferner anschaulich zum Problem der fehlenden Erkennbarkeit des Entgelts im Fall der Einlagedienstleistungen Lejeune/Stevens/Killer, in: Lang/Melz/Kristoffersson, Value A ­ dded Tax and Direct Taxation, S. 673 (S. 674 f.). Zu diesem ­Problem aus einkommensteuerrechtlicher Sicht Zee, Intertax 2006, 458 (460). 377 Vergleiche Ebrill/Keen/Bodin/Summers, The Modern VAT, S. 90 f.; Edgar, in: de la Feria, VAT Exemptions, S. 357 (S. 359); siehe auch ders., in: Krever/White, GST in Retrospect und Prospect, S. 132 (S. 134). Die Finanzinstitutionen zur Offenlegung der Zusammensetzung ihrer Intermediationsmargen zu verpflichten, um eine Allokationsmöglichkeit zu schaffen, sei nach Kerrigan offenkundig unzulässig. Siehe Kerrigan, International VAT Monitor 2010, 103 (105). 378 S. etwa Zee, National Tax Journal 2005, 77 (79); Schenk/Zee, in: Zee, Taxing the Financial Sector, S. 60 (S. 61); Huizinga, Economic Policy 2002, 499 (505). 379 S. Englisch, in: Tipke/Lang, Steuerrecht, § 17 Rz. 16 f.

94

IV.  Mehrwertsteuerbefreiung der Kreditgewährung

ellen Risikozuschläge als zusätzliche Ursache für die Steuerbefreiung der Kreditgewährungsleistung ansehen.380 Die Auseinandersetzung mit der Besteuerungswürdigkeit der Kreditzinszahlungen hat gezeigt, dass die individuellen Risikozuschläge als Teil der konsumtiven Vermögensverwendung zu erachten sind und mithin eine Separierung dieser Risikozuschläge gerade nicht erforderlich ist. Aus rechtlicher Perspektive ist die Kreditgewährungsleistung eine selbständige Leistung des Finanzinstituts an den Kreditnehmer.381 Entsprechend lassen sich die angeführten Schwierigkeiten, die die ökonomische Sichtweise vor allem in der Herleitung sowie Aufspaltung einer individuellen Intermediationsmarge sieht, aus rechtlicher Perspektive auch nicht unmittelbar teilen. Soll aus rechtlicher Sicht das einzelne besteuerungswürdige Entgelt für die Kreditgewährungsleistung ermittelt werden, so zeigt sich sodann aber mittelbar letztlich eine analoge Schwierigkeit, wie unter der Prämisse der Intermediationsdienstleistung. Das zu erfassende Entgelt ist nämlich, wie schon dargetan, nicht der am Markt ersichtliche Kreditzins respektive genauer die auf diesen Kreditzins zurückzuführenden Kreditzinszahlungen.382 Der Mehrwertbesteuerung unterworfen werden dürfen vielmehr nur die Kreditzinszahlungen abzüglich der Zinszahlungen, die auf den reinen Zins zurückzuführen sind. Korrespondierend ist die Ermittlung des zutreffenden mehrwertsteuerlichen Entgelts auch aus rechtlicher Perspektive auf die Identifizierbarkeit des reinen Zinses angewiesen. Dieser Zins ist jedoch, wie ebenso schon ausgeführt, anders als der Kreditzins ein theoretischer Zinssatz, der nicht am Markt erkennbar ist. Die Ableitung des besteuerungswürdigen Entgelts wird infolge dieser fehlenden Kenntnis bislang ebenso aus rechtlicher Perspektive als kaum realisierbar erachtet.383 Die Steuerbefreiung verfolgt nach alledem den gemeinwohldienlichen Zweck, eine allenfalls schwerlich durchführbare Ermittlung des besteue380 So aber Huizinga, Economic Policy 2002, 499 (505); de la Feria, ec Tax Review 2007, 74 (74); Poddar/English, National Tax Journal 1997, 89 (92). 381 Ausführlich zu den Leistungsbeziehungen aus rechtlicher Perspektive s. S. 51 ff. 382 S. so auch Englisch, in: FS Bundesfinanzhof, S. 1491 (S. 1518 f.). Abweichend indes Heidemann, Die Umsatzsteuerbefreiungen für Finanzdienstleistungen, S. 116; Weber, UVR 2012, 44 (47). 383 Abweichend Wäger, DStR 2012, 1829 (1833); Heidemann, Die Umsatzsteuerbefreiungen von Finanzdienstleistungen, S. 136; Weber, UVR 2012, 44 (47); Phi­ lipowski, in: FS Umsatzsteuer, S. 579 (S. 584). Die abweichende Einordnung der angeführten Autoren ist m.E. allerdings auf die abweichende Einschätzung des maßgeblichen Entgelts zurückzuführen. So führen Heidemann und Weber ausdrücklich aus, dass als maßgebliches Entgelt der volle Kreditzins anzusehen sei, (s. Fn. 381).

95

A.  Kreditgewährung im geltenden Mehrwertsteuersystem

rungswürdigen Entgelts zu vermeiden und somit letztlich den steuerpflichtigen Unternehmer sowie auch die Steuerverwaltung von übermäßigen Steuerbefolgungs- bzw. Steuererhebungslasten zu verschonen. Fraglich ist aber, ob die derzeitige Steuerbefreiung nach den Maßgaben des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes auch tatsächlich, überhaupt oder immer noch, das geeignete, erforderliche und angemessene Mittel zur Erreichung dieses Zwecks ist. Hierzu müssen im Folgenden vor allem die Auswirkungen der Steuerbefreiungen sowie die potentiellen Reformansätze zur Mehrwertbesteuerung der Kreditgewährungsleistung ausführlich und unter Einbeziehung neuerlicher Erkenntnisse sowie Entwicklungen erörtert werden.384 Neben den Kreditzinszahlungen unterfallen ferner auch explizite Leistungsentgelte für die Kreditgewährungsleistung der Mehrwertsteuerbefreiung. Die Rechtfertigung der Steuerbefreiung dieser expliziten Leistungsentgelte ist nicht auf einen Vereinfachungszweck zurückzuführen. Das besteuerungswürdige Entgelt entspricht hier dem Entgelt, welches dem Leistungsempfänger unmittelbar in Rechnung gestellt wird. Die Erfassung dieses Leistungsentgelts wäre folglich mühelos möglich.385 Die gleichwohl erfolgende Steuerbefreiung soll nach Auffassung von Englisch aber aus Neutralitätsaspekten zu rechtfertigen sein, sofern sich die entsprechenden Leistungen ebenso gut über die Kreditzinszahlungen entgelten ließen.386 Das Neutralitätsprinzip gebietet in der Ausprägung der Wettbewerbsneutralität gerade die gleichmäßige steuerliche Einordnung gleichartiger Leistungen. Der Steuerbefreiung auch expliziter Leistungsentgelte ließe sich mithin der Zweck zuschreiben, Wettbewerbsverzerrungen in Abhängigkeit von der Entgeltstruktur zu vermeiden. Inwieweit dieser Rechtfertigungsansatz überzeugend ist, soll im Folgenden noch unter Heranziehung der internationalen Erkenntnisse und Erfahrungen mit der Besteuerung nur expliziter Leistungsentgelte erwogen werden. b) Sozialzweck Der Europäische Gerichtshof hat in seiner Rechtsprechung weiter angeführt, dass die Steuerbefreiungsvorschrift auch dem Zweck diene, eine 384 Vergleiche hierzu auch Englisch, in: de la Feria, VAT Exemptions, S. 37 (S. 75). 385 Vergleiche Poddar/English, National Tax Journal 1997, 89 (90); Schenk/Zee, in: Zee, Taxing the Financial Sector, S. 60 (S. 63); de la Feria/Lockwood, Fiscal Studies 2010, 171 (175); Ebrill/Keen/Bodin/Summers, The Modern VAT, S. 94 f. Sowie ferner Schenk/Thuronyi/Cui, Value ­Added Tax, S. 354.  386 S. Englisch, in: de la Feria, VAT Exemptions, S. 37 (S. 75).

96

IV.  Mehrwertsteuerbefreiung der Kreditgewährung

Erhöhung der Kreditkosten für den einzelnen Endverbraucher zu vermeiden.387 Diese Zwecksetzung der Steuerbefreiungsvorschrift ist ferner auf unionsrechtlicher Ebene schon den Materialen zu der Richtlinie 77/388/ EG zu entnehmen.388 Der Zweck eine Erhöhung der Kreditkosten zu vermeiden, ist, wie Heidemann zurecht festhält, aber nur das notwendige Zwischenziel, das Nahziel der Steuerbefreiung.389 Die für die Rechtfertigung der Steuerbefreiung relevanten Fernziele sollen der Literatur zufolge tiefgründigere Ziele sowohl sozialpolitischer als auch wirtschaftspolitischer Art sein.390 So sei eine Erhöhung der Kreditkosten aus sozialpolitischen Erwägungen zu vermeiden, um Endverbrauchern mit geringeren Einkommen die Möglichkeit der Inanspruchnahme der Kreditgewährungsleistung zu erhalten.391 Die Steuerbefreiungsvorschrift verfolge also den sozialpolitisch motivierten, legitimen Zweck auch einkommensschwächeren Endver387 S. so zur entsprechenden Befreiungsvorschrift der Richtlinie 77/388/EWG, EuGH, v. 19.4.2007, Rs. C-455/05 (Velvet&Steel), ECLI:­EU:­C:­2007:232, Rz. 24. Siehe folgend sodann auch EuGH, v. 10.3.2011, Rs. C-540/09 (Skandinaviska Enskilda Banken), ECLI:­EU:­C:­2011:137, Rz. 21; v. 22.10.2009, Rs. C-242/08 (Swiss Re Germany Holding), ECLI:­EU:­C:­2009:647, Rz. 49. Siehe auch Fn. 367.  388 So verweisen etwa die Ausführungen der Europäischen Kommission zu dem Vorschlag für eine sechste EG-Richtlinie auf die Rechtfertigungsgründe, die schon auf mitgliedstaatlicher Ebene anerkannt waren, vergleiche Europäische Kommission, COM (73) 950, S. 15. Henkow führt hierzu aus, dass in Mitgliedstaaten wie Belgien zu dieser Zeit die Rechtfertigung der Steuerbefreiung vor allem auch auf die Vermeidung erhöhter Kreditkosten gestützt wurde, vergleiche Henkow, Financial Activities in European VAT, S. 88. Nach Hamacher/Haustein soll die Einführung des Art. 13 Teil B lit. d, Nr. 1, Fall 1 der Richtlinie 77/388/EWG ferner wesentlich durch den Report von Hutchings geprägt worden seien. In diesem Report sehe Hutchings die Steuerbefreiung vor allem als geboten an, um erhöhte Kreditkosten samt ihren Konsequenzen zu vermeiden. Siehe so Hamacher/Haustein, UR 2007, 837 (841) verweisend auf Gérard Hutchings, Les opérations financières et bancaires et la taxe sur la valeur ajoutée, 1973. Später führte die Europäische Kommis­ sion aus: „The perceived political sensitivities associated with imposing VAT on consumers were also an issue“, Europäische Kommission, Consultation paper on modernizing the Value A ­ dded Tax obligations for financial services and insurance, S. 2, zitiert nach Englisch, in: de la Feria, VAT Exemptions, S. 37 (S. 75). Vergleiche diesbezüglich des Weiteren Henkow, Financial Activities in European VAT, S. 89; Friedrich-Vache, Verbrauchsteuerkonforme Umsatzbesteuerung von Finanzdienstleistungen, S. 212; Englisch, in: van Brederode/Krever, VAT and Financial Services, S. 123 (S. 127). 389 Heidemann, Die Umsatzsteuerbefreiungen von Finanzdienstleistungen, S. 146.  390 So Heidemann, Die Umsatzsteuerbefreiungen von Finanzdienstleistungen, S. 124, 146; Hamacher, UR 2005, 362 (363); Weber, UVR 2012, 44 (47). 391 Vergleiche auch im Folgenden Weber, UVR 2012, 44 (47). S. zum sozialpolitischen Motiv zudem Englisch, in: de la Feria, VAT Exemptions, S. 37 (S. 67 f.).

97

A.  Kreditgewährung im geltenden Mehrwertsteuersystem

brauchern eine ausreichende Kreditversorgung zu ermöglichen. Nach Weber etwa sei die Steuerbefreiungsvorschrift aus diesen sozialpolitischen Erwägungen zu rechtfertigen.392 Zuvörderst ist festzuhalten, dass eine sozialpolitisch orientierte Ziel­ setzung allenfalls ein zusätzliches Motiv für die Steuerbefreiung der Kreditgewährung abgeben könnte. Sofern der sozialpolitische Zweck ­ das dominierende Motiv der Steuerbefreiung gewesen wäre, so wäre die Steuerbefreiung systematisch dem Art. 132 I MwStSystRL zugeordnet worden.393 Aber auch als nur untergeordneter, zusätzlicher Rechtfertigungsansatz ist der angeführte sozialpolitische Zweck untauglich. Eine Rechtfertigung aus sozialpolitischen Erwägungen erforderte nämlich, dass die Erhaltung einer ausreichenden Kreditversorgung als gemeinwohlorientiertes Erfordernis anzuerkennen und zudem die Steuerbefreiung hinsichtlich dieser Zielsetzung ihrerseits auch konsistent und verhältnismäßig ausgestaltet wäre.394 Richtigerweise ist schon zweifelhaft, inwiefern die Erhaltung einer ausreichenden Kreditversorgung überhaupt als gemeinwohlorientiertes Erfordernis anzuerkennen ist, wenn zugleich selbst die Kosten für existenzielle Nahrungsmittel durch die Mehrwertbesteuerung steigen, weil insoweit keine Mehrwertsteuerbefreiung vorgesehen ist.395 Letzteres ist möglicherweise zwar selbst zu beanstanden,396 aber solange der Rechtsetzer diesbezüglich keine Änderungen vornimmt, wäre es zumindest wertungswidersprüchlich eine Rechtfertigung der Mehrwertsteuerbefreiung der Kreditgewährungsleistung unter diesem sozialpolitischen Aspekt zu erwägen. Zumindest aber ist die Mehrwertsteuerbefreiung hinsichtlich der Erreichung der angeführten sozialpolitischen Zielsetzung nicht konsistent ausgestaltet. Eine konsistente Ausgestaltung läge nur vor, wenn von der 392 Vergleiche Weber, UVR 2012, 44 (47). Abweichend die Erforderlichkeit einer unechten Steuerbefreiung ablehnend Heidemann, Die Umsatzsteuerbefreiungen von Finanzdienstleistungen, S. 146. 393 Vergleiche Henkow, Financial Activities in European VAT, S. 90; Englisch, in: de la Feria, VAT Exemptions, S. 37 (S. 75). 394 Vergleiche Englisch, in: de la Feria, VAT Exemptions, S. 37 (S. 67 f.). Siehe zur Rechtfertigung von Sozialzwecknormen aus nationaler Perspektive Hey, in: Tipke/Lang, Steuerrecht, § 3 Rz. 131 ff. Vergleiche grundlegend zudem Tipke, Die Steuerrechtsordnung, Band II, S. 340 ff. 395 Vergleiche ähnlich auch Wäger, DStR 2012, 1829 (1833). 396 Vergleiche hierzu Englisch, Wettbewerbsgleichheit im grenzüberschreitenden Handel, S. 599; Löhr, Das umsatzsteuerliche Optionsrecht für Vermietungsumsätze, S. 231; Tipke, Die Steuerrechtsordnung, Band II, S. 1000.

98

IV.  Mehrwertsteuerbefreiung der Kreditgewährung

Mehrwertsteuerbefreiung auch überwiegend Endverbraucher mit geringeren Einkommen profitieren würden.397 Selbst wenn man dem Rechtsetzer diesbezüglich einen Prognosespielraum zugesteht, muss festgehalten werden, dass dieser Prognosespielraum überschritten wird, weil die Mehrwertsteuerbefreiung der Kreditgewährungsleistung realiter gerade nicht überwiegend Endverbrauchern mit geringen Einkommen zugutekommt.398 Zuvörderst ist der Wortlaut der Mehrwertsteuerbefreiung so ausgestaltet, dass sämtliche Kreditgewährungsleistungen an sämtliche Kreditnehmer einbezogen werden.399 Von der Mehrwertsteuerbefreiung profitieren somit etwa auch Endverbraucher mit hohen Einkommen, die Kredite zum Erwerb von Luxusgütern in Anspruch nehmen. Ökonomische Analysen zeigen diesbezüglich weiter, dass die Nachfrage nach Krediten und zudem die Höhe der Kreditvolumina mit zunehmendem Einkommen steigen.400 Im Ergebnis profitieren daher sogar Endverbraucher mit höheren Einkommen stärker von der Mehrwertsteuerbefreiung als Endverbraucher mit geringeren Einkommen.401 Eine Rechtfertigung der Mehrwertsteuerbefreiung aus sozialpolitischen Erwägungen ist folglich nicht möglich.402 Ferner werden Mehrwertsteuerbefreiungen zur Verfolgung sozialpoli­ tischer Zielsetzungen auch aus ökonomischer Perspektive weitgehend abgelehnt.403 Steuerbefreiungen verkomplizierten nämlich das Steuer­ system und verursachten in der Folge höhere Steuererhebungs- und Steu397 Vergleiche Englisch, in: de la Feria, VAT Exemptions, S. 37 (S. 67 f.); Hey, in: Tipke/Lang, Steuerrecht, § 3 Rz. 134.  398 So schon Englisch, in: de la Feria, VAT Exemptions, S. 37 (S. 68). 399 Vergleiche Ismer, in: Schön/Röder, Zukunftsfragen des deutschen Steuerrechts II, S. 95 (S. 113); Wäger DStR 2012, 1829 (Fn. 3); sowie ferner auch Englisch, in: de la Feria, VAT Exemptions, S. 37 (S. 68). 400 Auf nationaler Ebene s. hierzu Statistisches Bundesamt, Wirtschaftsrechnungen 2018, S. 30; Schupp, Repräsentative Analyse der Lebenslagen einkommensstarker Haushalte, S. 81, 86, 90. Auf internationaler Ebene hierzu Gendron, Canadian Tax Journal 2016, 401 (407 f.). Zurückhaltend indes Edgar, in: de la Feria, VAT Exemptions, S. 357 (S. 360 f.). 401 Ebenso Gendron, Canadian Tax Journal 2016, 401 (407 f.). 402 Vergleiche grundlegend Tipke, Die Steuerrechtsordnung, Band II, S. 343.  403 Vergleiche Crawford/Keen/Smith, in: Institute for Fiscal Studies, Dimensions of Tax Design, S. 275 (S. 277, 284); Cnossen, International Tax and Public Finance 10 (2003), 625 (628); Alt/Preston/Sibieta, in: Institute for Fiscal Studies, Dimensions of Tax Design, S. 1204 (S. 1216); Schock, Steuerreformvorschläge des Mirrlees Committee und der Stiftung Marktwirtschaft, S. 13. Ferner so und im Folgenden bereits Englisch, in: de la Feria, VAT Exemptions, S. 37 (S. 68).

99

A.  Kreditgewährung im geltenden Mehrwertsteuersystem

erentrichtungskosten.404 Erheblicher noch erzeugten Steuerbefreiungen neutralitätswidrige Anreizwirkungen und Allokationsverzerrungen. Zur Verfolgung sozialpolitischer Zielsetzungen seien Steuerbefreiungen weiter nicht einmal notwendig, weil die Zielsetzungen mit weniger ne­ gativen Folgewirkungen und daher vorzugswürdig etwa durch direkte Zuwendungen oder eine Erhöhung des Freibetrags im Rahmen der Einkommensbesteuerung ebenso erreicht werden könnten.405 Eine derartig allgemeine Aussage hinsichtlich der Vorzugswürdigkeit der Regelungsalternativen ist indes fragwürdig, weil auch die Regelungsalternativen in Abhängigkeit von ihrer Ausgestaltung mit Abgrenzungsschwierigkeiten und administrativen Lasten einhergehen können.406 Zudem wären Regelungsalternativen wie eine Freibetragserhöhung wahrscheinlich weniger zielgenau.407 Es sollten daher richtigerweise stets die Folgewirkungen der konkreten Ausgestaltungen einer Steuerbefreiung und der Regelungsalternativen abgewogen werden. Für die Mehrwertsteuerbefreiung der Kreditgewährung werden nachfolgend die ökonomischen Folgewirkungen noch eingehend besprochen werden. Angedeutet sei aber bereits hier, dass die Mehrwertsteuerbefreiung insbesondere aufgrund der korrespondierenden Versagung des Vorsteuerabzugsrechts mit erheblichen Anreiz- und Verzerrungswirkungen einhergeht. Zugleich wird die sozialpolitische Zielsetzung durch die Mehrwertsteuerbefreiung, wie schon dargelegt, nicht zielgenau verfolgt. Eine Rechtfertigung der Mehrwertsteuerbefreiung in ihrer derzeitigen Ausgestaltung aus sozialpolitischen Erwägungen ist daher insgesamt abzulehnen. Fraglich ist, ob die Steuerbefreiungsvorschrift aber aus wirtschaftspolitischen Erwägungen zu rechtfertigen ist. In der Literatur wird insofern vorgebracht, dass die Mehrwertbesteuerung der Kreditgewährungsleistung 404 Vergleiche Cnossen, International Tax and Public Finance 10 (2003), 625 (628); Evans, in: Institute for Fiscal Studies, Dimensions of Tax Design, S. 78 (S. 82); Bird, in: Institute for Fiscal Studies, Dimensions of Tax Design, S. 363 (S. 366). 405 Vergleiche Crawford/Keen/Smith, in: Institute for Fiscal Studies, Dimensions of Tax Design, S. 275 (S. 277, 284 f.); Cnossen, International Tax and Public Finance 10 (2003), 625 (628); Schock, Steuerreformvorschläge des Mirrlees Committee und der Stiftung Marktwirtschaft, S. 13; Peffekoven, Wirtschaftsdienst 2010, 575 (579). Ferner Ismer, in: Schön/Röder, Zukunftsfragen des deutschen Steuerrechts II, S. 95 (S. 113). Aus rechtlicher Perspektive wäre die Steuerbefreiung wie Englisch zu Recht anmerkt dann nicht mehr verhältnismäßig, vergleiche Englisch, in: de la Feria, VAT Exemptions, S. 37 (S. 68). 406 Vergleiche so auch im Folgenden Englisch, in: de la Feria, VAT Exemptions, S. 37 (S. 68). 407 Vergleiche kritisch auch Hickel, Wirtschaftsdienst 2010, 585 (589).

100

IV.  Mehrwertsteuerbefreiung der Kreditgewährung

zu unterlassen sei, da eine Erhöhung der Kreditkosten potentiell zu einer wirtschaftspolitisch unerwünschten Minderung des Endkonsums führen würde.408 Entsprechend referiert Heidemann, dass die Erhöhung der Kreditkosten den Endverbraucher eventualiter dazu veranlasse kreditfinanzierte Aufwendungen zu verschieben oder aufzugeben.409 Eine resultierende Minderung des Endverbrauchs schädige die wirtschaftliche Lage und sei mithin zu verhindern. Der legitime Zweck der Steuerbefreiung sei folglich, negative wirtschaftliche Konsequenzen infolge einer Minderung des Endkonsums zu vermeiden. Auch dieser wirtschaftspolitische Rechtfertigungsansatz ist im Ergebnis abzulehnen. Zuvörderst ist diesbezüglich zu vermerken, dass der Zweck eine Minderung des Endverbrauchs zu vermeiden allein nicht dazu geeignet ist, eine Steuerbefreiungsvorschrift zu rechtfertigen. Es entspricht nämlich bereits der Idee der Mehrwertsteuer, dass die steuerlichen Lasten über erhöhte Kosten auf den Endverbraucher überwälzt werden. Die mithin intendierte Erhöhung der Kosten des Endverbrauchs ist aber unter der Annahme eines festen Einkommens ceteris paribus mit einer Minderung des leistbaren Endverbrauchs verbunden. Eine Minderung des erstreitbaren Endverbrauchs ist der Mehrwertsteuer also gerade in gewisser Form immanent. Nur wenn ausnahmsweise die Minderung des Endverbrauchs mit weitergehenden negativen Folgewirkungen für das Allgemeinwohl verbunden wäre, könnte meines Erachtens überhaupt die Rechtfertigung einer Steuerbefreiung erwogen werden. Zwar könnten negative wirtschaftliche oder konjunkturelle Entwicklungen infolge der Mehrwertbesteuerung einer Leistung derartige negative Folgewirkungen sein. Hinsichtlich der Mehrwertbesteuerung der Kreditgewährungsleistung kann aber, selbst wenn man dem Rechtsetzer diesbezüglich ein Prognoseermessen zugesteht, va. in Zeiten stetig sinkender Zinssätze nicht von einer hinreichenden Probabilität solcher Folgewirkungen ausgegangen werden. 408 Vergleiche Heidemann, Die Umsatzsteuerbefreiungen von Finanzdienstleis­ tungen, S. 146; Weber, UVR 2012, 44 (47). Ebenso die Absicht einer wirtschaftspolitischen Förderung anführend Friedrich-Vache, UR 2006, 207 (207); sowie Philipowski, in: FS Umsatzsteuer, S. 579 (S. 584). Vergleiche zudem OECD, Indirect Tax Treatment of Financial Services and Instruments, S. 5.  409 S. so und auch im Folgenden Heidemann, Die Umsatzsteuerbefreiungen von Finanzdienstleistungen, S. 146. Vergleiche zudem Weber, UVR 2012, 44 (47). Ähnlich auf potentielle negative Konsequenzen einer Mehrwertbesteuerung für die Wirtschaft hinweisend, Generalanwalt Colomer, v. 12.7.2001, Rs. C-235/00 (CSC Financial Services), ECLI:­EU:­C:­2001:418, Rz. 24. Der EuGH hat diesen Ansatz allerdings nicht aufgegriffen, s. EuGH, v. 13.12.2001, Rs. C-235/00 (CSC Financial Services), ECLI:­EU:­C:­2001:696. 

101

A.  Kreditgewährung im geltenden Mehrwertsteuersystem

Fraglich ist darüber hinaus, ob die Mehrwertsteuerbefreiung überhaupt ein geeignetes wirtschaftspolitisches Steuerungsinstrument wäre. Ein Steuerungsinstrument ist zur Verfolgung wirtschaftspolitischer Zielsetzungen nämlich nur dann geeignet, wenn es möglichst zielgenau, flexibel und kontrollierbar die intendierte Wirkung auf die Zielvariable erzeugen kann.410 Die Auswirkungen einer Mehrwertsteuerbefreiung auf die private Konsumnachfrage sind aber keineswegs zielgenau und kontrollierbar. Es liegt zwar nahe, dass die private Nachfrage nach Kreditgewährungsleistungen infolge der Mehrwertsteuerbefreiung steigt.411 Zugleich kann die Mehrwertsteuerbefreiung der Kreditgewährungsleistung aber negative Auswirkungen auf die Konsumgüterpreise und somit die private Konsumnachfrage nach sonstigen Leistungen haben, wenn zu deren Erbringung ein Unternehmer auf einer vorgelagerten Leistungsstufe eine Kreditgewährungsleistung in Anspruch nimmt. Aufgrund der mit der Mehrwertsteuerbefreiung einhergehenden Versagung des Vorsteuerabzugsrechts kann es in diesem Fall nämlich zu sog. Kaskadenwirkungen kommen, die letztlich die Konsumgüterpreise am Ende der Leistungskette erhöhen.412 Ferner muss die Förderung kreditfinanzierter Aufwendungen nicht in jeder Konjunkturphase oder Wirtschaftslage wirtschaftspolitisch sinnvoll sein. In Zeiten hoher Inflation etwa könnten umgekehrt sogar höhere Kreditfinanzierungkosten sinnvoll sein, um die Konsumnachfrage im Sinn einer restriktiven Wirtschaftspolitik einzudämmen.413 Ein Steuerungsinstrument sollte sich daher allgemein den wandelnden ökonomischen Rahmenbedingungen möglichst dynamisch anpassen können. Hierzu ist die Mehrwertsteuerbefreiung aber schon aufgrund der langwierigen Entscheidungsprozesse auf der Ebene des europäischen Recht­ setzers nicht geeignet. Ein dynamischeres Instrument zur Einwirkung

410 Vergleiche Rose, Wirtschaftsdienst 1983, 185 (186). 411 Vergleiche Murphy, Australian GST Journal 2017, 84 (86); Gendron, Canadian Tax Journal 2016, 401 (408); Edgar, in: Krever/White, GST in Retrospect and Prospect, S. 131 (S. 135). Eingehender unter Einbeziehung der Preis-Absatz-Elastizität der Märkte und der Nachfragelastizität zudem Rose, Wirtschaftsdienst 1983, 185 (188). Ferner im Folgenden S. 115 ff. 412 Für eine genauere Auseinandersetzung mit diesen Auswirkungen der Mehrwertsteuerbefreiung s. im Folgenden S. 117 ff. 413 Vergleiche zur entsprechenden Intention in Argentinien Alba, International VAT Monitor 1995, 335 (341); Schenk/Zee, in: Zee, Taxing the Financial Sector, S. 60 (S. 68). Allgemeiner im Zusammenhang mit einer allgemeinen Ausgabenbesteuerung zudem Peffekoven, in: Neumark, Handbuch der Finanzwissenschaft, Band II, S. 417 (S. 443 f.).

102

IV.  Mehrwertsteuerbefreiung der Kreditgewährung

auf die Kreditfinanzierungskosten, welches zudem wahrscheinlich auch zielgenauer wirken würde, wäre sicherlich die Zinspolitik. Die Mehrwertsteuerbefreiung der Kreditgewährungsleistung ist nach alledem nicht aus wirtschaftspolitischen Erwägungen zu rechtfertigen. c) Zusammenfassung Eine Rechtfertigung der Steuerbefreiung der Kreditgewährung ist einzig unter Vereinfachungszwecken zu erwägen. Für eine endgültige Feststellung müssen aber im Folgenden sowohl die Auswirkungen der Steuerbefreiungsvorschrift sowie potentielle Alternativen erwogen werden. Eine Rechtfertigung aus sozial- oder wirtschaftspolitischen Erwägungen ist indes grundlegend abzulehnen. 2. Ausgestaltung der Mehrwertsteuerbefreiung Nach § 4 Nr. 8 lit. a, Fall 1 UStG ist die Kreditgewährung steuerfrei. Mit der Steuerbefreiung grundsätzlich verbunden, ist nach § 15 II UStG der Ausschluss des Vorsteuerabzugsrechts auf korrespondierende Eingangsleistungen. Die Mehrwertsteuerbefreiung der Kreditgewährung zeigt sich mithin als sog. unechte Mehrwertsteuerbefreiung. a) Anwendungsbereich In den Anwendungsbereich der Steuerbefreiungsvorschrift fallen sämtliche Formen der mehrwertsteuerlichen Kreditgewährung. Maßgebend ist allein die zeitweise und entgeltliche Kapitalüberlassung zur Nutzung. Eine Einschränkung auf die Kreditgewährung durch Finanzinstitute ist der Steuerbefreiungsvorschrift nicht zu entnehmen.414 Der Steuerbefreiungsvorschrift unterfallen neben Real-, Raten- oder Kontokorrentkrediten auch neue Erscheinungsformen wie das Crowdlending.415 Erbringt ein Unternehmer nur einzelne Leistungselemente der Kreditgewährungsleistung, ist der Anwendungsbereich der Steuerbefreiungsvor414 Vergleiche so in ständiger Rechtsprechung EuGH, v. 15.5.2019, Rs. C-235/18 (Vega International Car Transport and Logistic), ECLI:­EU:­C:­2019:412, Rz.  44; v. 19.4.2007, Rs. C-455/05 (Velvet&Steel), ECLI:­EU:­C:­2007:232, Rz.  22; v. 5.6.1997, Rs. C-2/95 (SDC), ECLI:­ EU:­ C:­ 1997:278, Rz. 33 f.; v. 27.10.1993, Rs. C-281/91 (Muys’ en de Winter’s), ECLI:­EU:­C:­1993:855, Rz. 13. Vergleiche zudem Wäger, in: Sölch/Ringleb, EL Sept. 2019, § 4 Nr. 8, Rz. 25 f. 415 Zur mehrwertsteuerlichen Behandlung des Crowdlending siehe Pfeiffer, in: van Brederode/Krever, VAT and Financial Services, S. 223; Jansen/Huget, UR 2018, 417; Merkx, International VAT Monitor 2016, 12.

103

A.  Kreditgewährung im geltenden Mehrwertsteuersystem

schrift nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs eröffnet, wenn diese Leistungselemente die spezifische und wesentliche Funktion der Kreditgewährungsleistung verkörpern.416 Noch nicht durch den Europäischen Gerichtshof konkretisiert worden ist aber, welche Leistungselemente der Kreditgewährungsleistung diese Funktion verwirklichen und mithin auch im Fall der Auslagerung auf einen anderen Unternehmer dem Anwendungsbereich der Steuerbefreiungsvorschrift unterfallen.417 Die wirtschaftlich oftmals als erstrebenswert angesehene Auslagerung einzelner Tätigkeiten des Kreditgewährungsprozesses ist entsprechend mit einer entscheidenden Rechtsunsicherheit verbunden.418 Erbringt ein Unternehmer neben der Kreditgewährungsleistung weitere mehrwertsteuerliche Leistungen an den Kreditnehmer, so unterfallen diese weiteren Leistungen der Steuerbefreiungsvorschrift nur, sofern sie als Teil einer einheitlichen Kreditgewährungsleistung anzusehen sind.419 416 Vergleiche so in ständiger Rechtsprechung zu den diversen Steuerbefreiungen von Finanzdienstleistungen EuGH, v. 3.10.2019, Rs. C-42/18 (Cardpoint), ECLI: EU:C:2019:822, Rz. 21; v. 25.7.2018, Rs. C-5/17 (DPAS), ECLI:­EU:­C:­2018:592, Rz. 34 ff.; v. 26.5.2016, Rs. C-607/14 (Bookit), ECLI:­EU:­C:­2016:355, Rz.  39; v. 22.10.2015, Rs. C-264/14 (Hedqvist), ECLI:­EU:­C:­2015:718, Rz. 39; v. 28.7.2011, Rs. C-350/10 (Nordea Pankki Soumi), ECLI:­EU:­C:­2001:532, Rz. 24; v. 22.10.2009, Rs. C-242/08 (Swiss Re Germany Holding), ECLI:EU:C:2009:647, Rz. 45; v. 13.12.2001, Rs. C-235/00 (CSC Financial Services), ECLI:­EU:­C:­2001:696, Rz.  25; v. 5.6.1997, Rs. C-2/95 (SDC), ECLI:­EU:­C:­1997: 278, Rz. 66. Allein, dass ein Leistungselement für die Erbringung der Kreditgewährungsleistung als unerlässlich anzusehen ist, dürfte indes für die Annahme einer Steuerfreiheit nach § 4 Nr. 8 lit. a, Fall 1 UStG nicht ausreichen. Vergleiche wie zuvor EuGH, v. 25.7.2018, Rs. C-5/17 (DPAS), ECLI:­ EU:­ C:­ 2018:592, Rz. 43; v. 26.5.2016, Rs. C-607/14 (Bookit), ECLI:­EU:­C:­2016:355, Rz. 45; v. 28.7.2011, Rs. C-350/10 (Nordea Pankki Soumi), ECLI:­EU:­C:­­2001:532, Rz. 31; v. 13.12.2001, Rs. C-235/00 (CSC Financial Services), ECLI:­EU:­C:­­2001:696, Rz. 32; v. 5.6.1997, Rs. C-2/95 (SDC), ECLI:­EU:­C:­­1997:278, Rz. 65. Siehe ebenso Wäger, in: Sölch/Ringleb, EL Sept. 2019, § 4 Nr. 8, Rz. 27 ff. 417 Siehe so und im Folgenden Englisch, in: van Brederorde/Krever, VAT and Financial Services, S. 123 (S. 133). 418 Vergleiche etwa zu den unterschiedlichen Rechtsauffassungen und der resultierenden Rechtsunsicherheit hinsichtlich der umsatzsteuerlichen Einordnung der Leistungen von Kreditfabriken Hamacher/Haustein, UR 2007, 837 (837 ff.). Eine ansprechende differenzierte Einordung dieser Leistungen vornehmend Wäger, in: Sölch/Ringleb, EL Sept. 2019, § 4 Nr. 8, Rz. 53. Vergleiche zudem im Allgemeinen weiter Ismer, in: Schön/Röder, Zukunftsfragen des deutschen Steuerrechts II, S. 95 (S. 111). 419 Zu unterscheiden sind die Fälle, in denen schon gar nicht mehrere umsatzsteuer­ liche Leistungen vorliegen. Vergleiche so zur internen Kreditverwaltung Phili­ powski, in: Rau/Dürrwächter, EL März 2019, § 4 Nr. 8, Rz. 68 f.; ders., in: FS ­Umsatzsteuer, S. 579 (S. 589): Der Annahme einer weiteren Leistung im umsatzsteuerlichen Sinn stünde in diesen Fällen entgegen, dass diese Handlungen nicht

104

IV.  Mehrwertsteuerbefreiung der Kreditgewährung

Die Annahme einer einheitlichen Leistung erfordert nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs, dass die Leistungen aus Sicht eines durchschnittlichen Verbrauchers wirtschaftlich so eng miteinander verbunden sind, dass eine Aufspaltung dieser Leistungen wirklichkeitsfremd erschiene.420 Entsprechend sollen vor allem Nebenleistungen, die aus Sicht eines durchschnittlichen Verbrauchers nur der optimalen Inanspruchnahme einer anderen Leistung dienen, als Teil dieser anderen einheitlichen Hauptleistung aufzufassen sein.421 Eine einheitliche Leistung ist für die Anwendung der Steuerbefreiungsvorschriften aber gleichwohl abzulehnen, wenn der Zweck der Steuerbefreiungsvorschrift einer solchen Einordnung entgegensteht.422 Im Kontext der Kreditgewährung sollen den Maßgaben folgend insbesondere Beratungs- und Informationsleistungen durch den Kreditgeber oder auch das Aufbewahren von Pfandstücken durch den Kreditgeber als Teil einer einheitlichen, steuerfreien Kreditgewährungsleistung aufzufassen sein.423 Die Inanspruchnahmit einem eigenständigen wirtschaftlichen Vorteil verbunden seien. Tendenziell so auch Hahne/Hamacher, UR 2003, 474 (478). In diesen Fällen indes eine weitere, aber unselbständige (Neben-)Leistung zur Kreditgewährung annehmend: BFH, v. 28.11.2002, V R 6/02, BFH/NV 2003, 517 (517); v. 9.7.1970, V R 32/70, ­BStBl. II 1970, 645 (647 f.); Handzik, in: Offerhaus/Söhn/Lange, EL Jan. 2017, § 4 Nr. 8, Rz. 30 „Stichwort Nebenleistung“; Abschnitt 4.8.2. Abs. 2 UStAE. Entgegen differenzierend Huschens, in: Schwarz/Widmann/Radeisen, EL Nov. 2015, § 4 Nr. 8a, Rz. 86. 420 In ständiger Rechtsprechung EuGH, v. 18.10.2018, Rs. C-153/17 (Volkswagen Financial Services), ECLI:­ EU:­ C:­­ 2018:845, Rz. 30 f.; v. 18.1.2018, Rs. C-463/16 (­Stadion Amsterdam), ECLI:­EU:­C:­­2018:22, Rz. 22 f.; v. 27.2.2017, Rs. C-208/15 (Stock ’94), ECLI:­EU:­C:­­2016:936, Rz. 27; v. 10.11.2016, Rs. C-432/15 (Baštová), ECLI:­EU:­C:­­2016:855, Rz. 70 f. Vergleiche auch im Folgenden Englisch, in: de la Feria, VAT Exemptions, S. 37 (S. 47 f.); ders., in: Tipke/Lang, Steuerrecht, § 17 Rz. 110 ff.; sowie Martin, in: Sölch/Ringleb, EL März 2020, § 3 Rz. 14 ff. 421 Vergleiche ua. EuGH, v. 18.10.2018, Rs. C-153/17 (Volkswagen Financial Services), ECLI:­EU:­C:­­2018:845, Rz. 31; v. 18.1.2018, Rs. C-463/16 (Stadion Amsterdam), ECLI:­EU:­C:­2018:22, Rz. 23; v. 4.5.2017, Rs. C-699/15 (Brockenhurst College), ECLI:­ EU:­ C:­­ 2017:344, Rz. 25; v. 27.2.2017, Rs. C-208/15 (Stock ’94), ECLI:­EU:­C:­­2016:936, Rz.  27.  Siehe auch Martin, in: Sölch/Ringleb, EL März 2020, § 3 Rz. 15. 422 Vergleiche so zur Steuerbefreiung von Heilbehandlungen EuGH, v. 2.7.2015, Rs. C-334/14 (De Fruytier), ECLI:­EU:­C:­2015:437, Rz. 29; v. 10.6.2010, Rs. C-262/08 (CopyGene), ECLI:­EU:­C:­2010:328, Rz. 40; v. 1.12.2005, Rs. C-394/05 u. 395/05 (Diagnostiko & Therapeftiko Kentro Athinon-Ygeia AE), ECLI:­EU:­C:­ 2005:734, Rz. 25. Auch Englisch, in: de la Feria, VAT Exemptions, S. 27 (S. 48). 423 Vergleiche BFH, v. 6.9.2007, V R 14/06, BFH/NV 2008, 624 (625 f.), allerdings zum vergleichbaren Fall der Kreditvermittlung; v. 9.7.1970, V R 32/70, B ­ StBl. II 1970, 645 (647 f.); Philipowski, in: Rau/Dürrwächter, EL März 2019, § 4 Nr. 8, Rz. 81; Handzik, in: Offerhaus/Söhn/Lange, EL Jan. 2017, § 4 Nr. 8, Rz. 30; Bustorff, in: Bustorff, Umsatzsteuer bei Finanzdienstleistern, S. 20.

105

A.  Kreditgewährung im geltenden Mehrwertsteuersystem

me dieser Leistungen durch den Kreditnehmer dient schließlich allein der Nutzung der Kreditgewährungsleistung und keinem weiteren eigenen Zweck. Ferner erscheint diese Einordnung grundsätzlich auch mit dem angeführten Zweck der Steuerbefreiungsvorschrift vereinbar. b) Ausschluss des Vorsteuerabzugsrechts Nach § 15 II 1 Nr. 1 UStG geht die Erbringung einer steuerfreien Kreditgewährung grundsätzlich mit dem Ausschluss des Vorsteuerabzugsrechts für die zur Ausführung dieser steuerfreien Leistung verwendeten Eingangsleistungen einher.424 Im grenzüberschreitenden Kontext verwehrt § 15 II 1 Nr. 2 UStG das Vorsteuerabzugsrecht ferner auch, wenn die Ausführung der Kreditgewährungsleistung im Ausland erfolgt. Diese Erhaltung der steuerlichen Belastung der Eingangsleistungen führt dazu, dass die Kreditgewährung, entgegen der allgemeinen Vorstellung von ­einer steuerfreien Leistung, nicht vollständig frei von mehrwertsteuer­ lichen Lasten ist.425 Es findet vielmehr grundsätzlich eine Eingangsbesteuerung im Sinne einer Besteuerung der zur Erbringung der Finanzdienstleistungen benötigten Vorleistungen statt.426 Das Mehrwertsteuerrecht hat in § 15 III UStG gleichwohl zwei Ausnahmen zu diesem grundsätzlichen Ausschluss des Vorsteuerabzugsrechts vorgesehen.427 Laut § 15 III Nr. 1 Bucht. b UStG tritt ein Ausschluss des Vorsteuerabzugsrechts nach § 15 II 1 Nr. 1 UStG nicht ein, wenn sich die steuerfreie Kreditgewährung unmittelbar auf Gegenstände bezieht, die in das Drittlandsgebiet ausgeliefert werden.428 Ferner ist das Vorsteuerabzugsrecht nicht nach § 15 II 1 Nr. 2 UStG ausgeschlossen, wenn der Leistungsempfänger der steuerfreien Kreditgewährung im Drittland ansässig 424 Anzumerken ist, dass die Regelungen des § 15 II UStG sowie des § 15 III UStG nicht nur auf eine Kreditgewährung Anwendung finden. Der Ausrichtung der Ausarbeitung entsprechend, stellen die folgenden Ausführungen gleichwohl nur auf diese Leistung ab. 425 Vergleiche Englisch, in: de la Feria, VAT Exemptions, S. 37 (S. 83); Friedrich-­Vache, Verbrauchsteuerkonforme Umsatzbesteuerung von Finanzdienstleistungen, S. 45; Heidemann, Die Umsatzsteuerbefreiungen von Finanzdienstleistungen, S. 38; ­Stadie, in: Rau/Dürrwächter, EL Jan. 2020, Einführung, Rz. 275. 426 Vergleiche Amand, ERA Forum 2008, 357 (360); Edgar, in: Krever/White, GST in Retrospect and Prospect, S. 131 (S. 135). 427 Nicht nur die Ausnahmen nach § 15 III UStG, sondern auch der grundsätzliche Ausschluss des Vorsteuerabzugsrechts nach § 15 II UStG sind durch die Maßgaben der Art. 168, 169 MwStSystRL unionsrechtlich vorbestimmt. 428 Vergleiche zum Unmittelbarkeitskriterium Oelmaier, in: Sölch/Ringleb, EL Juni 2018, § 15, Rz. 728 f.; Abschnitt 15.13 Absatz 3 UStAE; Riegel/Totsche, UR 2011, 721 (728). Kritisch zur Verwaltungsauffassung ­Stadie, in: Rau/Dürrwächter, EL Mai 2019, § 15, Rz. 1564 f.

106

IV.  Mehrwertsteuerbefreiung der Kreditgewährung

ist oder sich die steuerfreie Kreditgewährung unmittelbar auf Gegenstände bezieht, die in das Drittlandsgebiet ausgeliefert werden, § 15 III Nr. 2 lit. b UStG. Diese Ausnahmen verfolgen den Zweck die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Anbieter von Finanzdienstleistungen im internationalen Kontext zu wahren.429 Anders als das europäische Mehrwertsteuerrecht sehen einige Drittstaaten auch für den Fall der Erbringung einer steuerfreien Finanzdienstleistung ein Vorsteuerabzugsrecht und mithin eine Entlastung von der Mehrwertbesteuerung vor.430 Die fehlende Entlastung der europäischen Anbieter durch den Ausschluss des Vorsteuerabzugsrechts, führte im internationalen Kontext folglich zu einem unmittelbaren Wettbewerbsnachteil für die europäischen Anbieter.431 Diesen Nachteil für die europäischen Anbieter sollen die Ausnahmen nach § 15 III UStG eliminieren. Hat der Kreditgeber eine Eingangsleistung nicht nur für die Erbringung einer steuerfreien Kreditgewährungsleistung verwendet, sondern ferner auch für die Erbringung steuerpflichtiger Leistungen, so ist der Ausschluss des Vorsteuerabzugsrechts nach § 15 IV 1 UStG auf den Teil der Eingangsleistung restringiert, welcher der steuerfreien Leistung wirtschaftlich zuzurechnen ist. Die somit notwendige Vorsteueraufteilung muss sodann durch die Anwendung einer sachgerechten Methode er­ folgen.432 Für die Eingangsleistungen von Kreditinstituten führte ein Verwaltungsschreiben auf nationaler Ebene eine Vorsteueraufteilung ­ mithilfe des sogenannten neuen Bankenschlüssels als eine potentiell

429 Vergleiche ebenso im Folgenden Englisch, in: Tipke/Lang, Steuerrecht, § 17 Rz. 346. Zudem Henkow, Financial Activities in European VAT, S. 286.  430 Eingehend zu den entsprechenden Regelungen in Neuseeland, Singapur und Australien im Folgenden S. 159 ff. Weiter soll sich ggf. ebenso etwa in den Vereinigten Staaten aufgrund der Ausgestaltung des Mehrwertsteuersystems keine Mehrwertsteuerbelastung ergeben, vergleiche diesbezüglich Englisch, in: Tipke/ Lang, Steuerrecht, § 17 Rz. 206.  431 S. Europäische Kommission, zitiert in EuGH, v. 15.7.2010, Rs. C-582/08 (Kommission/Vereinigtes Königreich), ECLI:­EU:­C:­2010:419, Rz.  39.  432 Ein vollständiger Vorsteuerabzug soll aber nach § 43 Nr. 3 UStDV ausnahmsweise zulässig und eine Vorsteueraufteilung mithin entbehrlich sein, wenn die Kreditgewährung in Form einer Einlage bei einem Kreditinstitut erfolgt und dieser Umsatz als Hilfsumsatz anzusehen ist. Kritisch zur Ausgestaltung der nationalen Re­ gelung Englisch, MwStR 2016, 401 (405). Ausführlicher zu Schwierigkeiten im Zusammenhang mit der gebotenen Vorsteueraufteilung sowie zu den entsprechenden Maßgaben der Mehrwertsteuersystemrichtlinie s. eingehend im Folgenden S. 127 ff.

107

A.  Kreditgewährung im geltenden Mehrwertsteuersystem

sachgerechte Methode an.433 Der neue Bankenschlüssel sah dabei eine Vorsteueraufteilung anhand der erzielten Margen vor. Trotz der mittlerweiligen Aufhebung dieses Verwaltungsschreibens soll eine Aufteilung anhand des neuen Bankenschlüssels weiter der nationalen Verwaltungsauffassung entsprechen und jedenfalls dann zur Anwendung gelangen, wenn durch den Vorsteuerabzugsberechtigten keine geeignetere Aufteilungsmethode vorgetragen worden ist.434 3. Folgen der Mehrwertsteuerbefreiung Der dargetanen Ausgestaltung der Steuerbefreiung der Kreditgewährungsleistung werden vielgestaltige Folgewirkungen zugesprochen, die sowohl aus juristischer wie auch aus ökonomischer Perspektive erheb­ liche Bedenken gegenüber der geltenden Steuerbefreiungsvorschrift erwecken. Die wohlerkannten Folgewirkungen gründen vor allem in dem mit der Steuerbefreiung verbundenen Ausschluss des Vorsteuerabzugsrechts.435 Der Ausschluss dieses integralen Elements des geltenden Mehrwertsteuersystems,436 führt sowohl zu Problematiken was die eigentliche Kreditgewährungsleistung angeht, als auch zu einer Verkomplizierung der gesamten Steuerhebung für den steuerpflichtigen Leistungserbringer und die Steuerverwaltung.437 Die Erörterung der Erkenntnisse um diese sowie weitere Folgewirkungen der Steuerbefreiung ist zwingend geboten, weil eine umfassende Einordnung der geltenden Rechtslage vorgenom433 Vergleiche BMF, v. 12.4.2005, UR 2005, 574. Zu diesem Bankenschlüssel und zu einer weiteren diskutierten Methode, der sog. Philipowski-Methode, Philipowski, in: FS Umsatzsteuer, S. 579 (S. 601); Oelmaier, in: Sölch/Ringleb, EL Juni 2018, § 15, Rz. 836 ff. Der Bundesfinanzhof hat nunmehr entschieden, dass eine Vorsteueraufteilung nach der Philipowski-Methode nicht sachgerecht ist, s. BFH, v. 23.10.2019, XI R 18/17, BFHE 267, 146. Eingehend aus praktischer Perspektive zudem Klinker, in: Bustorff, Umsatzsteuer bei Finanzdienstleistern, S. 207 ff. 434 Vergleiche BMF, v. 31.12.2009, B ­ StBl. I 2010, 391 (391 ff.). Zudem Oelmaier, in: Sölch/Ringleb, EL Juni 2018, § 15, Rz. 837; Klinker, in: Bustorff, Umsatzsteuer bei Finanzdienstleistern, S. 208. Zur Anwendung des Bankenschlüssels (allerdings aF.) vergleiche weiter Friedrich-Vache, Verbrauchsteuerkonforme Umsatzbesteuerung von Finanzdienstleistungen, S. 57.  435 Zu der ursprünglichen nun aber eindeutig fehlgehenden Begründung der Versagung des Vorsteuerabzugsrechts sowohl aus steuerpolitischen sowie aus verkehrsteuerteleologischen Erwägungen Englisch, in: de la Feria, VAT Exemptions, S. 37 (S. 82 f.); ders., in: Tipke/Lang, Steuerrecht, § 17 Rz. 208; Friedrich-Vache, Verbrauchsteuerkonforme Umsatzbesteuerung von Finanzdienstleistungen, S. 39.  436 S. zu entsprechenden Rechtsprechungsnachweisen bereits Fn. 111. 437 Vergleiche Lejeune/Stevens/Killer, in: Lang/Melz/Kristoffersson, Value A ­ dded Tax and Direct Taxation, S. 673 (S. 678 f.); de la Feria/Walpole, International and Comparative Law Quarterly 2009, 897 (907). Sowie grundsätzlich zu den Folgewirkungen Englisch, in: Tipke/Lang, Steuerrecht, § 17 Rz. 207 ff.

108

IV.  Mehrwertsteuerbefreiung der Kreditgewährung

men und im Folgenden die Vorteilhaftigkeit potentieller Reformoptionen erwogen werden soll. a) Folgen bei konsumtiver Kreditinanspruchnahme Die steuerfreie Leistung der Kreditgewährung ist entgegen der semantisch implizierten Steuerfreiheit infolge des Ausschlusses des Vorsteuerabzugsrechts mit einer Mehrwertsteuerbelastung in Form einer verdeckten Vorsteuerbelastung verbunden.438 Diese verdeckte Vorsteuerbelastung führt im Fall der privaten Inanspruchnahme der Kreditgewährungsleistung zuvörderst zu Abweichungen von den primärrechtlich verorteten Grundprinzipien einer gerechten, steuerlichen Lastenauferlegung. Die konkrete Ausprägung der Abweichungen zeigt sich richtigerweise von der Möglichkeit zur Abwälzung der verdeckten Vorsteuerbelastung abhängig.439 aa) Abweichungen von den primärrechtlichen Besteuerungsprinzipien Dem Kreditgeber ist aufgrund der Steuerfreiheit der Kreditgewährungsleistung gemäß § 15 II UStG grundsätzlich der Vorsteuerabzug auf die für die Erbringung der Kreditgewährungsleistung verwendeten Eingangsleistungen versagt. Die Versagung des Vorsteuerabzugsrechts führt zu einer verdeckten Steuerlast in Höhe der Steuer auf die verwendeten Eingangsleistungen. Erfolgt der Bezug der Eingangsleistung durch den Kreditgeber zu dem ursprünglichen Bruttopreis, trifft die verdeckte Steuerlast zunächst den Kreditgeber. Entsprechend steigen für den Kreditgeber die Kosten der Erbringung der Kreditgewährungsleistung.440 Ist es dem Kreditgeber ­ ­möglich diese Kostenerhöhung durch eine analoge Erhöhung des Preises der Kreditgewährungsleistung zu kompensieren, so trägt letztlich der Empfänger der Kreditgewährungsleistung die verdeckte Steuerlast. Man spricht in diesem Fall von einer Abwälzung der Steuerlast auf den Leis438 Vergleiche Heidemann, Die Umsatzsteuerbefreiungen von Finanzdienstleistungen, S. 38; Friedrich-Vache, Verbrauchsteuerkonforme Umsatzbesteuerung von Finanzdienstleistungen, S. 45; Englisch, in: Tipke/Lang, Steuerrecht, § 17 Rz. 206; ­Stadie, in: Rau/Dürrwächter, EL Jan. 2020, Einführung, Rz. 275.  439 S. gleichermaßen differenzierend etwa Friedrich-Vache, Verbrauchsteuerkonforme Besteuerung von Finanzdienstleistungen, S. 43 ff. 440 Vergleiche Friedrich-Vache, Verbrauchsteuerkonforme Besteuerung von Finanzdienstleistungen, S. 40; Heidemann, Die Umsatzsteuerbefreiungen von Finanzdienstleistungen, S. 33; Englisch, in: Tipke/Lang, Steuerrecht, § 17 Rz. 206; ­Stadie, in: Rau/Dürrwächter, EL Jan. 2020, Einführung, Rz. 458; Riegel/Totsche, UR 2011, 721 (724).

109

A.  Kreditgewährung im geltenden Mehrwertsteuersystem

tungsempfänger. Scheidet eine Erhöhung des Preises der Kreditge­ währungsleistung und folglich eine Abwälzung der Steuerlast auf den Leistungsempfänger dagegen aus, führt der Ausschluss des Vorsteuerabzugsrechts zu einer endgültigen Steuerlast für den Kreditgeber. Alternativ ist, im Fall einer entsprechenden Marktmacht der Kreditinstitute, aber auch eine Änderung der Bruttopreise der Eingangsleistungen denkbar.441 Ist es dem Kreditinstitut möglich den ursprünglichen Nettopreis der Eingangsleistungen als künftigen Bruttopreis festzusetzen, zwingt das Kreditinstitut den Leistungserbringer der Eingangsleistungen die verdeckte Steuerlast vollständig zu tragen. Es erfolgt eine rückwärtsgerichtete Abwälzung der Steuerlast auf den Vorleistenden. Neben diesen angeführten Alternativen der vollständigen Abwälzung der Steuerlast auf den Leistungsempfänger, der vollständigen Tragung der Steuerlast durch den Kreditgeber sowie der vollständigen Abwälzung der Steuerlast auf den Erbringer der Eingangsleistungen erscheinen des ­Weiteren ebenso sämtliche Mischformen möglich. Zur eingänglicheren Verdeutlichung der Folgen der Steuerbefreiung, stellt die nachfolgende Erörterung gleichwohl weitgehend auf diese angeführten eindeutigen Ausprägungen ab. Misst man zuallererst die Alternative der vollständigen Abwälzung der Steuerlast auf den Leistungsempfänger an den erläuterten Besteuerungsprinzipien, so erscheint gerade die Vereinbarkeit mit dem Verbrauchsteuerprinzip fraglich. Das Verbrauchsteuerprinzip gebietet eine gleichmäßige steuerliche Belastung der konsumtiven Vermögensverwendungen. Erbringt der Kreditgeber die entgeltliche Kreditgewährungsleistung, wie angenommen, an einen Endverbraucher, so liegt eine konsumtive Vermögensverwendung zumindest in Höhe des Zinsaufschlags abzüglich des Risikoaufschlags vor. Eine Besteuerung dieser Vermögensver­wendung ist primärrechtlich gemäß Art. 20 EU-GrCh geboten. Die Steuerbe­freiung der Kreditgewährungsleistung rechtfertigt sich vor dieser Maßgabe nach überwiegender Auffassung aus Vereinfachungszwecken. Festgestellt worden ist gleichwohl, dass die Steuerbefreiung im Fall der Abwälzung der verdeckten Steuerlast keineswegs zu einer vollständigen steuerlichen Entlastung führt. Die steuerliche Entlastung erfolgt vielmehr nur bezüglich des Mehrwerts, welcher durch den Kreditgeber geschaffen 441 Vergleiche diesbezüglich Gendron, Canadian Tax Journal 2016, 401 (408). Diese Möglichkeit wird in der sonstigen Literatur allerdings kaum angemerkt. Ohne Hinweis etwa Heidemann, Die Umsatzsteuerbefreiungen von Finanzdienstleistungen, S. 33; Friedrich-Vache, Verbrauchsteuerkonforme Umsatzbesteuerung von Finanzdienstleistungen, S. 41 ff.

110

IV.  Mehrwertsteuerbefreiung der Kreditgewährung

wurde.442 Der Empfänger der Kreditgewährungsleistung trägt folglich eine Steuerlast in Höhe der Vorsteuerbelastung der verwendeten Eingangsleistungen.443 Fraglich ist, wie diese steuerliche Belastung angesichts des Verbrauchsteuerprinzips zu würdigen ist. Die steuerliche Belastung in Höhe der Vorsteuerbelastung des Kreditgebers führt gemessen an den, gemäß dem Verbrauchsteuerprinzip maßgebenden Konsumaufwendungen, regelmäßig zu einer zu geringen steuerlichen Belastung der Kreditgewährungsleistung.444 Auch diese zu geringe steuerliche Belastung, die keinen Rückbezug zu den Konsumaufwendungen zeigt, ist offenkundig eine eigenständige rechtfertigungsbedürftige Abweichung von der primärrechtlichen Maßgabe einer gleichmäßigen Steuerbelastung der Konsumaufwendungen. Ferner muss erkannt werden, dass die Steuerbefreiung mit einem fragwürdigen Wettbewerbsnachteil für Kreditgeber mit einem größeren Vorleistungsanteil einhergeht.445 Die Höhe der abzuwälzenden Vorsteuerbelastung ist schließlich gerade von der Höhe der verwendeten Vorleistungen abhängig. Entsprechend wird das Preisverhältnis der Kreditgewährungsleistungen durch die Eingangsbesteuerung zu Lasten der Kreditgeber verzerrt, die einen größeren Vorleistungsanteil aufzeigen. Dieser fragwürdige Wettbewerbsnachteil erlangt über die Maßgabe der Neutralität eine primärrechtliche Relevanz und soll im Folgenden unter dem Aspekt des Anreizes zur vertikalen Integration in einen weitergehenden Kontext gestellt werden. Misst man die verbleibenden Alternativen der vollständigen Tragung der Steuerlast durch den Kreditgeber sowie der vollständigen Abwälzung der Steuerlast auf den Leistungserbringer der Eingangsleistungen an den Grundprinzipien der Besteuerung, so führen diese Alternativen offen442 Vergleiche Englisch, in: de la Feria, VAT Exemptions, S. 37 (S. 83); ders., in: Tipke/ Lang, Steuerrecht, § 17 Rz. 206; Friedrich-Vache, Verbrauchsteuerkonforme Umsatzbesteuerung von Finanzdienstleistungen, S. 44; ­Stadie, in: Rau/ Dürrwächter, EL März 2017, Einführung, Rz. 275; Huizinga, Economic Policy 2002, 499 (506). 443 Vergleiche Gendron, Canadian Tax Journal 2016, 401 (406); Stiglitz/Schönfelder, Finanzwissenschaft, S. 575; Heidemann, Die Umsatzsteuerbefreiungen von Finanzdienstleistungen, S. 38; ­Stadie, in: Rau/Dürrwächter, EL Jan. 2020, Einführung, Rz. 275. 444 Vergleiche Englisch, in: FS Bundesfinanzhof, S. 1491 (S. 1519); Heidemann, Die Umsatzsteuerbefreiungen von Finanzdienstleistungen, S. 38. 445 Vergleiche Lejeune/Stevens/Killer, in: Lang/Melz/Kristoffersson, Value A ­ dded Tax and Direct Taxation, S. 673 (S. 681 f.); Friedrich-Vache, Verbrauchsteuerkonforme Umsatzbesteuerung von Finanzdienstleistungen, S. 46 sowie S. 50; Heidemann, Die Umsatzsteuerbefreiungen von Finanzdienstleistungen, S. 163 ff.

111

A.  Kreditgewährung im geltenden Mehrwertsteuersystem

kundig zu einem Verstoß gegen das Neutralitätsprinzip.446 Entgegen der Maßgabe des Neutralitätsprinzips trägt entweder der kreditgewährende oder aber der vorleistende Unternehmer endgültig die steuerliche Belastung. Ein rechtfertigendes Allgemeininteresse für diese finale Steuerbelastung des Kreditgebers oder aber des Vorleistenden liegt eindeutig nicht vor, weshalb eine Rechtfertigung dieser Abweichung vom Neutralitätsprinzip ausgeschlossen ist. Tritt eine dieser angeführten Alternativen ein, ist die Ausgestaltung der Steuerbefreiung der Kreditgewährungsleistung aufgrund der Versagung des Vorsteuerabzugsrechts entsprechend primärrechtswidrig. Die evidente Belastungs- und folgende Primärrechtswidrigkeit dieser Alternativen zeigt zugleich auf, dass das geltende Mehrwertsteuersystem von einer grundsätzlich vollständigen Abwälzungsmöglichkeit der Steuerlast auf den Leistungsempfänger ausgehen muss.447 Eine Rechtfertigung der gesetzgeberischen Konzeption ist nämlich, wie aufgezeigt, nur im Fall der Abwälzungsmöglichkeit überhaupt zu erwägen. Die Abwälzungsmöglichkeit muss allerdings nicht in jedem konkreten Fall bestehen, ausreichend ist vielmehr, wenn der Rechtsetzer davon ausgehen kann, dass die Abwälzung zumindest typischerweise möglich ist.448 Die Möglichkeit zur Abwälzung der Steuerlast ist von vielgestaltigen ökonomischen Faktoren, wie der Marktmacht des Kreditgebers oder auch den Preiselastizitäten von Angebot und Nachfrage, abhängig.449 So soll etwa nach einer Auffassung zwischen der Marktmacht des Kreditgebers und der Steuerabwälzungsmöglichkeit eine positive Korrelation vorliegen.450 Das Potential zur Abwälzung der Steuerbelastung sei folglich größer, je größer die Marktmacht des Kreditgebers ist. Bezüglich der 446 Vergleiche Englisch, in: de la Feria, VAT Exemptions, S. 37 (S. 83); Friedrich-­Vache, Verbrauchsteuerkonforme Umsatzbesteuerung von Finanzdienstleistungen, S. 46. Anders dagegen einen Verstoß gegen den allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatz nur im Fall gravierender Wettbewerbsnachteile als gegeben sehend ­­Stadie, in: Rau/Dürrwächter, EL Jan. 2020, Einführung, Rz. 460. 447 S. Englisch, in: de la Feria, VAT Exemptions, S. 37 (S. 83); Friedrich-Vache, Verbrauchsteuerkonforme Umsatzbesteuerung von Finanzdienstleistungen, S. 40; Reiß, in: Reiß/Kraeusel/Langer, EL Jan. 2015, Einführung UStG, Rz. 46. 448 S. Englisch, in: Schön/Beck, Zukunftsfragen des Steuerrechts, S. 39 (S. 71 f.). Weitergehend dagegen Tipke, in: FS Reiß, S. 9 (S. 17 f.), der auch die tatsächliche Überwälzbarkeit im Einzelfall fordert. 449 Vergleiche Gendron, Canadian Tax Journal 2016, 401 (408); Englisch, in: de la Feria, VAT Exemptions, S. 37 (S. 83); Teichmann, StuW 1975, 189 (195). Eine Auflistung weiterer maßgeblicher Faktoren enthält Reding/Müller, Einführung in die Allgemeine Steuerlehre, S. 144 f. 450 So Gendron, Canadian Tax Journal 2016, 401 (408). In einem generelleren Kontext zu einem anderen Ergebnis gelangend dagegen mwN. Konrad/Morath/Müller, Ca-

112

IV.  Mehrwertsteuerbefreiung der Kreditgewährung

Preiselastizitäten entspricht es der ökonomischen Theorie, dass der Leistungsempfänger einen größeren Anteil der Steuerbelastung trägt, je elastischer die Preiselastizität des Angebots im Vergleich zur Preiselastizität der Nachfrage ist.451 Liegt im Extremfall eine Preiselastizität der Nachfrage von Null vor, ist eine vollständige Abwälzung der Steuerlast sogar im Fall der perfekten Konkurrenz möglich.452 Ist eine Feststellung dieser maßgebenden Faktoren sowie deren Einwirkung auf die Abwälzungsmöglichkeit aus theoretischer Perspektive, wie dargetan, möglich, unterliegt der Transfer auf die praktische Ebene einem erheblichen Informationsdefizit. So erfordert etwa die Ermittlung der Elastizitäten in der Praxis den Zugang zu internen Informationen der Finanzinstitute.453 Einer Offenlegung dieser Informationen stehen aus Sicht der Finanzinstitute aber grundlegende Wettbewerbsaspekte entgegen.454 Mangels Kenntnis der notwendigen Informationen ist eine Ableitung der maßgebenden Elastizitäten entsprechend in der Praxis stark verkompliziert.455 Zu dem Faktor der Marktmacht ist speziell für den Finanzmarkt Kanadas ausgeführt worden, dass dieser Finanzmarkt von oligopolistischer Struktur sei – der Finanzmarkt also durch eine geringe Anzahl von Akteuren auf der Angebotsseite mit entsprechender Marktmacht gekennzeichnet sei.456 Infolge dieser gewissen Marktmacht soll es diesen wenigen Finanz­ nadian Tax Journal 2014, 173. Vergleiche grundlegend zudem Stiglitz/Schönfelder, Finanzwissenschaft, S. 430 ff. 451 S. Homburg, Allgemeine Steuerlehre, S. 104; Reding/Müller, Einführung in die Allgemeine Steuerlehre, S. 145 sowie S. 166; Mankiw/Taylor, Grundzüge der Volkswirtschaft, S. 265 ff.; Goolsbee/Levitt/Syverson, Mikroökonomie, S. 127. 452 Entsprechend ist eine vollständige Abwälzung auch im Fall eines vollkommen elastischen Angebots möglich. Vergleiche eingehend Homburg, Allgemeine Steuerlehre, S. 104; sowie Reding/Müller, Einführung in die Allgemeine Steuerlehre, S. 156 in Verbindung mit S. 166.  453 Vergleiche Gendron, Canadian Tax Journal 2016, 401 (406). Zur grundsätzlichen empirischen Bestimmung der Preiselastizität der Nachfrage vergleiche Natrop, Grundzüge der Angewandten Mikroökonomie, S. 116 f. 454 Vergleiche auch im Folgenden Gendron, Canadian Tax Journal 2016, 401 (406). 455 Die eingeschränkte Möglichkeit zur Substitution der Kreditgewährungsleistung spricht aber grundsätzlich für eine eher geringe Preiselastizität der Nachfrage. Siehe so zur Elastizität der Residualnachfrage Bikker/Spierdijk, Measuring and ex­ plaining competition in the financial sector, S. 6. Festgehalten werden muss aber auch, dass die Preiselastizität keineswegs allein von der Substitutionsmöglichkeit, sondern etwa auch von Art der entsprechenden Leistung abhängig ist. Vergleiche Mankiw/Taylor, Grundzüge der Volkswirtschaft, S. 96 f. 456 Vergleiche Gendron, Canadian Tax Journal 2016, 401 (406). Vergleiche grundlegend zu einer oligopolen Marktstruktur Mankiw/Taylor, Grundzüge der Volkswirtschaft, S. 453 ff.; Goolsbee/Levitt/Syverson, Mikroökonomie, S. 559.

113

A.  Kreditgewährung im geltenden Mehrwertsteuersystem

instituten grundsätzlich möglich sein, die verdeckte Steuerlast auch auf ihre Leistungsempfänger abzuwälzen.457 Jedenfalls aber sei die verdeckte Steuerlast aufgrund der jahrelangen Praxis der Versagung des Vorsteuerabzugsrechts längst in die Zinsmargen eingepreist worden.458 Für die maßgebenden Finanzmärkte auf europäischer Ebene, wie vor allem auch den nationalen Finanzmarkt, ist in der allgemeinen ökonomischen Literatur mehrfach festgestellt worden, dass diese Märkte überwiegend von monopolistischer Konkurrenz geprägt seien.459 Im Fall monopolistischer Konkurrenz weist ein Markt zwar eine Vielzahl von Anbietern und Nachfragern auf.460 In Abgrenzung zum Fall der perfekten Konkurrenz, erfüllt der Markt gleichwohl nicht alle Voraussetzungen eines vollkommenen Markts, weil etwa Präferenzen der Nachfrager hinsichtlich bestimmter Produkte oder Anbieter vorliegen oder es an Transparenz mangelt. Entsprechend verfügt auch der Anbieter auf einem Markt mit monopolitischer Konkurrenz über einen gewissen Preissetzungsspielraum. Bezüglich der maßgebenden Finanzmärkte ist zudem angeführt worden, dass sich infolge der mangelnden Transparenz sowie der Präferenzen der Nachfrager weiter eine gewisse regionale Abschottung der Finanzmärkte mit wenigen Anbieter zeige.461 Im Ergebnis agierten die Finanzinstitute daher oftmals auf regionalen Oligopolmärkten.462 Weiter sinke sowohl auf regionaler aber auch auf nationaler Ebene der Wett­ bewerb der Finanzinstitute infolge der persistenten Bankenkonsoli­ dierung.463 Diese angenommenen Marktstrukturen tragen an, dass auch auf europäischer Ebene von einer gewissen Marktmacht und, bei Zugrundelegung der angeführten Korrelation, gleichsam von einem entsprechenden Abwälzungspotential der Finanzinstitute ausgegangen werden 457 Vergleiche so Gendron, Canadian Tax Journal 2016, 401 (406). 458 Vergleiche Gendron, Canadian Tax Journal 2016, 401 (406). 459 Für eine Zusammenfassung der Studien vergleiche Fiorentino/Herrmann, Vierteljahrshefte zur Wirtschaftsforschung Vol. 78 (2009), 114 (119 ff.). Ausführlich zu den einzelnen Ländern sowie den diversen wettbewerbshindernden Determinanten siehe Bikker/Spierdijk, Measuring and explaining competition in the financial sector, S. 3 ff. 460 Vergleiche grundlegend zur Marktform der monopolitischen Konkurrenz sowie im Folgenden Mankiw/Taylor, Grundzüge der Volkswirtschaft, S. 431 ff.; Goolsbee/ Levitt/Syverson, Mikroökonomie, S. 602 ff. 461 Zu diesem Aspekt vergleiche Schöler, Jahrbuch für Sozialwissenschaft Band 45 (1994), 389 (389); Fiorentino/Herrmann, Vierteljahrshefte zur Wirtschaftsforschung Vol. 78 (2009), 114 (119). 462 Vergleiche Schöler, Jahrbuch für Sozialwissenschaft Band 45 (1994), 389 (389). 463 S. zum Konsolidierungsprozess mit zahlreichen Belegen Gischer/Richter, Jahrbuch für Wirtschaftswissenschaften, Band 62 (2011), 172 (173 ff.); sowie zu den Zusammenhängen zwischen Konsolidierungsprozess, Wettbewerb und Preissetzungsspielräumen der Finanzinstitute an selber Stelle (181 ff.).

114

IV.  Mehrwertsteuerbefreiung der Kreditgewährung

kann.464 Eine Prüfung der zukünftigen Entwicklungen, gerade der regionalen Marktstrukturen in Zeiten weitgehender Digitalisierung, ist gleichwohl stets geboten.465 Zusammenfassend festgehalten werden muss, dass die Steuerabwälzungsmöglichkeit von vielgestaltigen Faktoren abhängig ist. Die praktische Feststellung der Ausprägung der maßgeblichen Faktoren ist infolge von Informationsdefiziten zum Teil stark verkompliziert. Die derzeitigen Erkenntnisse über die Struktur der Finanzmärkte sowie auch das Fehlen eines anderslautenden Vorbringens der Finanzinstitute sprechen allerdings dafür, dass die Steuerabwälzung den Kreditgebern zumindest typischerweise möglich ist.466 Nochmalig sei hervorgehoben, dass diese grundsätzliche Steuerabwälzungsmöglichkeit eine zwingende Voraussetzung für die Rechtfertigung der geltenden Steuerbefreiungskonzeption ist. Nähme man entgegen der angeführten Einordnung an, dass die maßgeblichen Faktoren gegen eine grundsätzliche Steuerabwälzungsmöglichkeit auf den Leistungsempfänger sprächen, so wäre die Ausgestaltung der Steuerbefreiung wegen eines Verstoßes gegen das Neutralitätsprinzip primärrechtswidrig. Abschließend sei angemerkt, dass es für eine Einordnung auch der praktischen Relevanz der Steuerabwälzung auf den Erbringer der Eingangsleistung an entsprechender ökonomischer Forschung mangelt. bb) Abweichungen von den Maßgaben einer rationalen Besteuerung Die derzeitige mehrwertsteuerliche Behandlung der Kreditgewährung weicht aber nicht nur von den primärrechtlichen Grundprinzipien der steuerlichen Lastenauferlegung ab, sondern steht überdies auch aus ökonomischer Perspektive im Widerspruch zu den Maßgaben einer rationalen Besteuerung. Zuvörderst konfligiert die geltende Steuerbefreiung mit der Effizienzmaxime. Repetiert sei, dass die Maxime grundsätzlich die Neutralität der Lastenauferlegung gegenüber wohlfahrtsoptimalen Marktergebnissen 464 Vergleiche zum Ergebnis einer gewissen Marktmacht auch Bikker/Spierdijk, ­Measuring and explaining competition in the financial sector, S. 25. Zur Marktmacht im Fall monopolistischer Konkurrenz generell Mankiw/Taylor, Grundzüge der Volkswirtschaft, S. 436.  465 Zur Einwirkung der Digitalisierung auf den Bankdienstleistungssektor Schuster/ Hastenteufel, Die Bankenbranche im Wandel, S. 67 ff. 466 Zur Einstellung der Finanzinstitute gegenüber der geltenden Steuerbefreiungssystematik, vergleiche Kerrigan, International VAT Monitor 2010, 103 (110).

115

A.  Kreditgewährung im geltenden Mehrwertsteuersystem

verlangt.467 Eine durch Marktmechanismen entstandene, effiziente Allokation von Ressourcen, soll durch die Ausgestaltung des Besteuerungssystems in keiner Weise verzerrt werden. Der ökonomisch geprägten Literatur zufolge, ist eine grundlegende Folge der Steuerbefreiung der Kreditgewährungsleistung aber gerade die Verzerrung der privaten Kreditnachfrage.468 Die Steuerbelastung der Kreditgewährungsleistung ist aufgrund der Steuerbefreiung gegenüber sonstigen Leistungen zu gering,469 weshalb ceteris paribus die private Kreditnachfrage gemessen an dem wohlfahrtsoptimalen Maß potentiell zu groß sein soll.470 Zum Teil wird zudem angenommen, dass infolge dieser übermäßigen Nachfrage der Finanzmarkt sowie korrespondierend gleichermaßen die entsprechenden Vorleistungsmärkte die wohlfahrtsoptimale Ausdehnung übersteigen.471 Das Ausmaß der Nachfrageverzerrung ist vorwiegend von der Höhe des abgewälzten Steuerbetrags sowie auch der Preiselastizität der Nachfrage abhängig.472 Allgemein gilt je geringer der abgewälzte Steuerbetrag und je größer die Preiselastizität der Nachfrage sind, desto größer ist die Verzerrungswirkung der geltenden gesetzlichen Konzeption. Die empirische Feststellung des realen Ausmaßes der Nachfrageverzerrung unterliegt

467 Vergleiche eingehend zu dieser Maßgabe zuvor S. 39 ff.; sowie zudem hier nur Kerrigan, in: Chaudhry/Mullineux, Taxing Banks Fairly, S. 127 (S. 136). 468 Vergleiche Schenk/Thuronyi/Cui, Value A ­ dded Tax, S. 362; Edgar, in: Krever/ White, GST in Retrospect and Prospect, S. 131 (S. 134 f.); ders., Canadian Tax Journal 2001, 1133 (1151). 469 Vergleiche Edgar, in: Krever/White, GST in Retrospect and Prospect, S. 131 (S. 135); de la Feria/Krever, in: de la Feria, VAT Exemptions, S. 3 (S. 31); Schenk/ Thuronyi/Cui, Value ­Added Tax, S. 362; Zee, National Tax Journal 2005, 77 (80); Schmidt, Konsumbesteuerung durch Mehrwertsteuer, S. 226 f.; Büttner/Erbe, ifstSchrift 502 (2015), S. 65 (S. 71). 470 Vergleiche Murphy, Australian GST Journal 2017, 84 (86); Gendron, Canadian Tax Journal 2016, 401 (408); Edgar, in: Krever/White, GST in Retrospect and Prospect, S. 131 (S. 135); ders., Canadian Tax Journal 2001, 1133 (1151); Yilmaz/Baydur, VAT Treatment of the Financial Services, S. 4; Büttner/Erbe, ifst-Schrift 502 (2015), S. 65 (S. 71). 471 Vergleiche Büttner/Erbe, ifst-Schrift 502 (2015), S. 65 (S. 71); Gendron, Canadian Tax Journal 2016, 401 (408). Angemerkt sei aber, dass nach eigener Einschätzung bezüglich der Auswirkungen der Steuerbefreiungen auf die Ausdehnung des gesamten Finanzmarkts keineswegs nur die Verzerrung der private Kreditnachfrage Relevanz erlangt. Vielmehr bedarf die entgegengesetzte Verzerrung der Kreditnachfrage auf einer zwischenlagerten Leistungsstufe gleichermaßen Berücksichtigung. 472 Vergleiche zu diesem Aspekt sowie im Folgenden Edgar, in: Krever/White, GST in Retrospect and Prospect, S. 131 (S. 135 u. S. 145); Gendron, Canadian Tax Journal 2016, 401 (406).

116

IV.  Mehrwertsteuerbefreiung der Kreditgewährung

aber, wie schon zur Steuerabwälzungsmöglichkeit ausgeführt, erheblichen Schwierigkeiten. Die geltende Steuerbefreiungskonzeption widerspricht weiter auch der Maßgabe einer transparenten Steuererhebung. Dieser Maßgabe zufolge muss die steuerliche Lastenauferlegung für den Einzelnen offenkundig sein. Die gesetzliche Konzeption ist gemessen an dieser Maßgabe schon zweifelhaft, weil entgegen der semantisch implizierten Steuerfreiheit der Leistung aufgrund der Versagung des Vorsteuerabzugsrechts in demokratisch fragwürdiger Form gleichwohl eine Steuererhebung erfolgt.473 Weiter ist die sich so ergebende Steuerbelastung der Kreditgewährungsleistung von vorwiegend intransparenten Faktoren wie der individuellen Vorsteuerbelastung des Kreditgebers oder der Steuerabwälzungsmöglichkeit abhängig.474 Für den Empfänger der Kreditgewährungsleistung ist die Höhe der Steuerbelastung der Kreditgewährungsleistung entgegen der Transparenzmaßgabe folglich keineswegs offenkundig.475 b) Folgen bei unternehmerischer Kreditinanspruchnahme Die Erbringung der Kreditgewährungsleistung ist gleichermaßen auch auf zwischengelagerten Leistungsstufen an unternehmerische Leistungsempfänger geläufig. Realiter dürfte es wohl nur wenige Unternehmer geben, die zur Ausübung ihrer unternehmerischen Tätigkeit noch nie eine Kreditgewährungsleistung in Anspruch genommen haben. Den nachfolgend angeführten Auswirkungen der Steuerbefreiung ist eine entsprechende Bedeutung zuzusprechen.476 aa) Abweichungen von den primärrechtlichen Besteuerungsprinzipien Erfolgt die Erbringung der Kreditgewährungsleistung auf einer zwischengelagerten Leistungsstufe, so stehen die Folgewirkungen der Steuerbefreiung in eindeutigem Widerspruch zu der Belastungskonzeption der Mehrwertbesteuerung. Der Fall der Kreditgewährungsleistung auf einer zwischengelagerten Leistungsstufe stellt sich grundsätzlich wie folgt dar. Der Kreditgeber er473 Vergleiche Friedrich-Vache, Verbrauchsteuerkonforme Umsatzbesteuerung von Finanzdienstleistungen, S. 45; Gendron, Canadian Tax Journal 2016, 401 (407). 474 Vergleiche Kerrigan, in: Chaudhry/Mullineux, Taxing Banks Fairly, S. 127 (S. 135); Gendron, Canadian Tax Journal 2016, 401 (408). 475 So gleichermaßen Englisch, in: de la Feria, VAT Exemptions, S. 37 (S. 83). 476 Zur Bedeutung gleichermaßen Friedrich-Vache, Verbrauchsteuerkonforme Umsatzbesteuerung von Finanzdienstleistungen, S. 40; Schmidt, Konsumbesteuerung durch Mehrwertsteuer, S. 227. 

117

A.  Kreditgewährung im geltenden Mehrwertsteuersystem

bringt die steuerfreie Kreditgewährungsleistung an einen Leistungsempfänger, der diese Leistung sodann für seine unternehmerische Tätigkeit verwendet. Aufgrund der Steuerbefreiung erfolgt keine offene Steuererhebung in Bezug auf die Kreditgewährungsleistung. Korrespondierend ist der Empfänger der Kreditgewährungsleistung mangels gesetzlich geschuldeter Steuer nicht gemäß § 15 I 1 UStG zum Vorsteuerabzug berechtigt. Auch wenn der Kreditgeber die eigene Vorsteuerbelastung, die sich aus der Versagung des Vorsteuerabzugsrechts gemäß § 15 II UStG ergibt, auf den Leistungsempfänger abwälzt, steht dem Leistungsemp­ fänger bezüglich dieser verdeckten Steuerbelastung kein Vorsteuerabzugsrecht zu. Die geltende Steuerbefreiung geht folglich aufgrund der abgewälzten, verdeckten Steuerbelastung und der mangelnden Vorsteuerabzugsmöglichkeit mit einer Verteuerung der Kreditinanspruchnahme für den Leistungsempfänger gegenüber dem hypothetischen Fall der Vollbesteuerung einher.477 Der Empfänger der Kreditgewährungsleistung wird seinerseits versuchen diese gestiegenen Kosten der Kreditinanspruchnahme über eine analoge Erhöhung des eigenen Leistungspreises an seine Vertragspartner weiterzugeben. Eine derartige Abwälzung der verdeckten Steuerbelastung endet sodann spätestens auf der Stufe des privaten Endverbrauchers. Bezüglich der Abweichungen von der Belastungskonzeption der Mehrwertbesteuerung ist die folgende Differenzierung geboten. Ein Verstoß gegen das Neutralitätsprinzip liegt offenkundig vor, wenn der Kreditgeber die Vorsteuerbelastung mangels Steuerabwälzungsmöglichkeit selbst zu tragen hat.478 Das Neutralitätsprinzip ist weiter gleichermaßen verletzt, wenn zwar dem Kreditgeber die Steuerabwälzung gelingt, aber dafür einem der nachfolgenden Unternehmer die Steuerbelastung aufgebürdet wird.479 Eine derartige Belastung ist gegeben, sofern 477 Vergleiche Büttner/Erbe, ifst-Schrift 502 (2015), S. 65 (S. 71). Mit mathematischem Nachweis Huizinga, Economic Policy 2002, 499 (507 f.). 478 Vergleiche Englisch, in: de la Feria, VAT Exemptions, S. 37 (S. 83); Friedrich-­Vache, Verbrauchsteuerkonforme Umsatzbesteuerung von Finanzdienstleistungen, S. 46. Anders dagegen ­Stadie, in: Rau/Dürrwächter, EL Jan. 2020, Einführung, Rz. 460. 479 Vergleiche auch im Folgenden Friedrich-Vache, Verbrauchsteuerkonforme Umsatzbesteuerung von Finanzdienstleistungen, S. 48. Friedrich-Vache merkt zudem zu Recht an, dass sich losgelöst von der Abwälzungsmöglichkeit aufgrund der Vorsteuerbelastung eine Wettbewerbsverzerrung in Bezug auf die Leistungen der nachfolgenden Unternehmer ergibt. Die Vorsteuerbelastung der nachfolgenden Unternehmer ist grundsätzlich größer je größer der Fremdfinanzierungsanteil in Bezug auf die nachfolgenden Leistungen ist, weswegen nachfolgenden Unternehmern mit einem geringeren Fremdfinanzierungsanteil, respektive einem größe-

118

IV.  Mehrwertsteuerbefreiung der Kreditgewährung

einer der nachfolgenden Unternehmer nicht in der Lage ist die verdeckte Steuerbelastung vollständig über eine analoge Erhöhung der eigenen Nettoleistungsentgelte einzupreisen und somit auf seine Leistungsempfänger weiterzuwälzen. Es wäre dann nämlich dieser nachfolgende Unternehmer, der im Ergebnis die Steuerbelastung über eine Minderung der eigenen Marge entgegen der Belastungskonzeption trüge. Eine primärrechtswidrige Steuerbelastung eines Unternehmers in der Leistungskette ist folglich nur dann ausgeschlossen, wenn eine vollständige Weiterwälzung der verdeckten Steuerbelastung über sämtliche Leistungsstufen bis zur privaten Leistungsinanspruchnahme grundsätzlich gewährleistet ist. Liegt ein derartiger, nach dem Neutralitätsprinzip gebotener Fall der vollständigen Abwälzung der Steuerbelastung bis zum Ende der Leistungskette vor, so widerspricht die sich ergebende steuerliche Belastung sodann aber dem Prinzip einer Verbrauchsbesteuerung. Angeführt worden ist, dass die Abwälzung der Steuerbelastung über eine Erhöhung der Nettoleistungsentgelte um die Vorsteuerbelastung erfolgt. Die Erhöhung des Nettopreisentgelts ist zugleich aber auch eine Erhöhung der Steuerbemessungsgrundlage.480 Die Steuerbemessungsgrundlage schließt nun sowohl das ursprüngliche Nettoleistungsentgelt als auch den abgewälzten Steuerbetrag ein. Als Konsequenz ergibt sich eine systemwidrige Besteuerung der Vorsteuerbelastung (sogenannter Kaskaden­ effekt).481 Betrachtet man eine vierstufige Leistungskette, die sich durch eine gleichmäßige Wertschöpfung von 1.000 auf den ersten drei Leistungsstufen, eine steuerfreie Kreditgewährungsleistung auf der zweiten Leistungsstufe und eine vollständige Steuerabwälzung auszeichnet, so ergeren Eigenfinanzierungsanteil, ein entsprechender Wettbewerbsvorteil zukommt, S. 49 f. 480 Vergleiche hierzu und im Folgenden entsprechend Friedrich-Vache, Verbrauchsteuerkonforme Umsatzbesteuerung von Finanzdienstleistungen, S. 47; Heidemann, Die Umsatzsteuerbefreiungen von Finanzdienstleistungen, S. 38. 481 S. zu diesem sogenannten Kaskadeneffekt, welcher eigentlich gerade durch die Einführung der Netto-Allphasen-Umsatzsteuer abgeschafft werden sollte, speziell im Zusammenhang mit den Steuerbefreiungen der Finanzdienstleistungen, Edgar, in: Krever/White, GST in Retrospect and Prospect, S. 131 (S. 135); Lejeune/Stevens/Killer, in: Lang/Melz/Kristoffersson, Value A ­ dded Tax and Direct Taxation, S. 673 (S. 680 ff.); Büttner/Erbe, ifst-Schrift 502 (2015), S. 65 (S. 71); de la Feria, ec Tax Review 2007, 74 (78); Friedrich-Vache, Verbrauchsteuerkonforme Umsatzbesteuerung von Finanzdienstleistungen, S. 47; Heidemann, Die Umsatzsteuerbefreiungen von Finanzdienstleistungen, S. 38. Allgemein zu dieser Wirkung zudem Englisch, in: Tipke/Lang, Steuerrecht, § 17 Rz. 206; Kraeusel, in: Reiß/Kraeusel/ Langer, EL März 2009, § 4, Rz. 3. 

119

A.  Kreditgewährung im geltenden Mehrwertsteuersystem

ben sich nach der geltenden Steuerbefreiungskonzeption gegenüber dem Vergleichsfall einer Vollbesteuerung der Kreditgewährungsleistung die folgenden Abweichungen. Steuerfolgen bei Steuerbefreiung der Kreditgewährungsleistung: Leistungsstufe

Vorsteuer­ abzug

Wert­ schöpfung

Netto­ entgelt

Brutto­ entgelt*

-

1.000

1.000

1.200

Kreditgewährungsleistung

-, § 15 II UStG

1.000

2.200

-

Nachfolgende ­Leistung

-, § 15 I 1 UStG

1.000

3.200

3.840

640

1.000

4.200

5.040

Vorleistungen

Leistung an ­Verbraucher

* Angenommener Steuersatz von 20%

Steuerfolgen bei Vollbesteuerung der Kreditgewährungsleistung: Leistungsstufe

Vorsteuerabzug

Wert­ schöpfung

Netto­ entgelt

Brutto­ entgelt

-

1.000

1.000

1.200

Kreditgewährungsleistung

200

1.000

2.000

2.400

Nachfolgende Leistung

400

1.000

3.000

3.600

Leistung an Verbraucher

600

1.000

4.000

4.800

Vorleistungen

* Angenommener Steuersatz von 20%

Bezüglich der Steuerbelastung des privaten Leistungsempfängers am Ende der Leistungskette zeigt sich, dass mit der Steuerbefreiung zuvörderst eine Erhöhung der ausgewiesenen Steuerbelastung einhergeht. Diese Erhöhung der ausgewiesenen Steuerbelastung ist auf die systemwidrige Besteuerung der abgewälzten Vorsteuerbelastung zurückzuführen. Ferner ist zu registrieren, dass zudem eine systemwidrige, verdeckte Doppelbesteuerung der Vorleistungen vorliegt.482 Aufgrund der Versa482 Vergleiche auch im Folgenden Edgar, in: Krever/White, GST in Retrospect and Prospect, S. 131 (S. 135); Schmidt, Konsumbesteuerung durch Mehrwertsteuer, S. 226 f.; Gottfried/Wiegard, Journal of Public Economics 46 (1991), 307 (308); Zee,

120

IV.  Mehrwertsteuerbefreiung der Kreditgewährung

gung des Vorsteuerabzugsrechts unterliegen diese Leistungen schon auf der ersten Leistungsstufe einer endgültigen Steuererhebung. Zugleich ist der Wert der Vorleistungen aber auch Teil des Nettoentgelts auf der letzten Leistungsstufe, sodass eine weitere endgültige Besteuerung dieser Vorleistungen erfolgt. Neben der Steuerbelastung der Konsumaufwendungen, ergibt sich so entgegen der Belastungskonzeption eine echte Steuerbelastung der Investitionen des Kreditgebers.483 Eine vollständige Abwälzung der Vorsteuerbelastung angenommen, ist die Steuerbelastung des Verbrauchers am Ende der Leistungskette demzufolge, gemessen an seinen Konsumaufwendungen, zu groß.484 Der ­Verbraucher trägt entgegen dem Fall der Vollbesteuerung nicht nur die Steuerbelastung auf seine eigentlichen Konsumaufwendungen, sondern darüber hinaus auch noch die Steuerbelastung der Investitionen des Kreditgebers sowie die Steuer auf diese Steuerbelastung. Das Ausmaß dieser übermäßigen Steuerbelastung hängt vor allem von dem Umfang der eingesetzten Vorleistungen sowie dem einschlägigen Steuersatz ab.485 Diese angeführten Besteuerungsfolgen verstoßen eindeutig gegen das Prinzip einer gleichmäßigen steuerlichen Belastung nur der Konsumaufwendungen. Aus der Perspektive des Fiskus steigert die geltende gesetzliche Konzeption im Fall einer Leistungserbringung auf einer zwischengelagerten Leistungsstufe dagegen das Steueraufkommen sogar gegenüber dem Vollbesteuerungsfall.486 Die Steigerung des Steueraufkommens ist gleich-

National Tax Journal 2005, 77 (80); Büttner/Erbe, ifst-Schrift 502 (2015), S. 65 (S. 71). 483 Vergleiche Englisch, in: de la Feria, VAT Exemptions, S. 37 (S. 84); Stiglitz/Schönfelder, Finanzwissenschaft, S. 575; Gottfried/Wiegard, Journal of Public Economics 46 (1991), 307 (323). 484 Weitergehend zum mangelnden Rückbezug der Steuerbelastung an den eigentlichen Belastungsgrund Lejeune/Stevens/Killer, in: Lang/Melz/Kristoffersson, Value ­Added Tax and Direct Taxation, S. 673 (S. 680); Friedrich-Vache, Verbrauchsteuerkonforme Umsatzbesteuerung von Finanzdienstleistungen, S. 47 f.; Gottfried/ Wiegard, Journal of Public Economics 46 (1991), 307 (308). 485 Vergleiche de la Feria, ec Tax Review 2007, 74 (78); Heidemann, Die Umsatzsteuerbefreiungen von Finanzdienstleistungen, S. 173; Teichmann, StuW 1975, 189 (194). 486 Vergleiche Friedrich-Vache, Verbrauchsteuerkonforme Umsatzbesteuerung von Finanzdienstleistungen, S. 48; Gottfried/Wiegard, Journal of Public Economics 46 (1991), 307 (308); Teichmann, StuW 1975, 189 (194).

121

A.  Kreditgewährung im geltenden Mehrwertsteuersystem

wohl allein nie ein tauglicher Rechtfertigungsgrund für eine dergestaltige Belastungswidrigkeit.487 Erfolgt die Erbringung der Kreditgewährungsleistung auf einer zwischengelagerten Leistungsstufe liegt folglich, losgelöst von der Möglichkeit zur Steuerabwälzung, eine systemwidrige Steuerbelastung vor. Angemerkt sei an dieser Stelle zudem, dass sich aus dieser systemwidrigen Steuerbelastung entgegen dem Neutralitätsprinzip weitergehende Wettbewerbsverzerrungen sowie korrespondierende Anreizwirkungen zur Vermeidung etwaiger Wettbewerbsnachteile, va. durch vertikale Inte­ gration, ergeben.488 bb) Abweichungen von den Maßgaben einer rationalen Besteuerung Aus ökonomischer Perspektive sollen die angeführten Besteuerungsfolgen grundsätzlich mit einer Verzerrung der Kreditnachfrage sowie auch einer Verzerrung der Nachfrage von Leistungen, die der Kreditgewährungsleistung nachfolgen, einhergehen. Erfolgt eine Abwälzung der Vorsteuerbelastung, so steigt, wie angeführt, der Nettopreis der Kreditgewährungsleistung. Ist der Leistungsempfänger ein Unternehmer, steigen entsprechend dessen Aufwendungen für den Bezug der Kreditgewährungsleistung.489 Der Unternehmer hat neben dem ursprünglichen Nettopreis gerade auch die abgewälzte Steuerbelastung zu tragen. Unterläge die Kreditgewährungsleistung dagegen der Besteuerung, ergäbe sich zwar eine Erhöhung des Bruttopreises der Kreditgewährungsleistung. Eine Änderung des Nettopreises träte aber aufgrund der Möglichkeit zum Vorsteuerabzug nicht ein.490 Der Leistungsempfänger trüge in Übereinstimmung mit der gesetzlichen Konzeption keine Steuerbelastung.

487 Vergleiche Englisch, in: de la Feria, VAT Exemptions, S. 37 (S. 86 f.). Vergleiche zudem in Bezug auf das nationale Verfassungsrecht, BVerfG, v. 15.1.2014, 1 BvR 1656/09, BVerfGE 135, 126 (150 f.); v. 9.12.2008, 2 BVL ua., BVerfGE 122, 210 (233); v. 21.6.2006, 2 BvL 2/99, BVerfGE 116, 164 (182); v. 5.2.2002, 2 BvR 305, 348/93, BVerfGE 105, 17 (45). 488 S. eingehend zu diesem Aspekt sogleich S. 132 ff. 489 Vergleiche Kerrigan, in: Chaudhry/Mullineux, Taxing Banks Fairly, S. 127 (S. 136); Huizinga, Economic Policy 2002, 499 (506 ff.); Institute for Fiscal Studies, Tax by Design – The Mirrlees Review, S. 196; Yilmaz/Baydur, VAT Treatment of the Financial Services, S. 4. 490 Vergleiche Huizinga, Economic Policy 2002, 499 (507).

122

IV.  Mehrwertsteuerbefreiung der Kreditgewährung

Mit der Steuerbefreiung geht demgegenüber eine übermäßige Steuerbelastung der Kreditnachfrage der Unternehmer einher.491 Die übermäßige Steuerbelastung ist aus ökonomischer Perspektive auch dann von Bedeutung, wenn eine Weiterwälzung der Steuerbelastung gelingen kann, weil sie zu einer Erhöhung des Leistungspreises und somit potentiell zu einer Nachfrageverzerrung führen kann.492 Entsprechend soll die Kreditnachfrage der Unternehmer, der ökonomischen Literatur zufolge, wegen der Erhöhung des Nettopreises um die abgewälzte Vorsteuerbelastung gemessen an der wohlfahrtsoptimalen Nachfrage zu gering sein.493 Erwogen werden könnte aber auch, dass die Nachfrageverzerrung zu­ lasten des vorgezogenen Konsums möglicherweise eine inverse Anreizwirkung des Unternehmenssteuerrechts neutralisiert und somit eine Wohlfahrtsverbesserung begründet. Aus den Regelungen des Unternehmenssteuerrechts soll nämlich grundsätzlich eine Privilegierung der Fremdkapitalfinanzierung und somit eine Steigerung der Fremdkapitalnachfrage folgen.494 Für den Fall der unternehmerischen Kreditnachfrage könnte der Mehrwertsteuerbefreiung daher sogar eine Neutralisierungswirkung zukommen.495 Es überzeugt dennoch grundsätzlich nicht die neutralitätswidrige Ausgestaltung einer Steuer durch eine weitere neutralitätswidrige Ausgestaltung einer anderen Steuer auszugleichen. Erfolgt eine Abwälzung der Vorsteuerbelastung auf die nachfolgenden Leistungsempfänger, steigen auch auf den nachfolgenden Leistungs­ 491 Vergleiche de la Feria/Krever, in: de la Feria, VAT Exemptions, S. 3 (S. 30); Edgar, in: Krever/White, GST in Retrospect and Prospect, S. 131 (S. 135); Schenk/Thu­ ronyi/Cui, Value ­Added Tax, S. 362; Gendron, Canadian Tax Journal 2016, 401 (406); Zee, National Tax Journal 2005, 77 (80). 492 Vergleiche Huizinga, Economic Policy 2002, 499 (505); sowie zur Verzerrungswirkung Ebrill/Keen/Bodin/Summers, The Modern VAT, S. 86; Gendron, Bulletin for International Taxation 2008, 494 (498). Angemerkt sei, dass die konkrete Auswirkung der Preisänderung auf die Nachfrage der nachfolgenden Unternehmer gleichermaßen von den bereits angeführten Faktoren, wie etwa der Höhe der Vorsteuerbelastung oder der Preiselastizität der Nachfrage, abhängig ist. 493 Vergleiche Edgar, in: Krever/White, GST in Retrospect and Prospect, S. 131 (S. 135); Murphy, Australian GST Journal 2017, 84 (86); Henderson, New England Economic Review 1988, 37 (43). Zu der Effizienzminderung aus gesamtwirtschaftlicher Perspektive Schmidt, Konsumbesteuerung durch Mehrwertsteuer, S. 227.  494 S. hierzu eingehend Wissenschaftlicher Beirat, Finanzierungsneutrale Unternehmensbesteuerung in der Europäischen Union, S. 3 f.; Sachverständigenrat, Jahresgutachten 2015/16, S. 362 ff.; Hey, ­DStJG 24 (2001), S. 155 (S. 157 f.). 495 Im Fall der konsumtiven Kreditnachfrage wird die Nachfrageverzerrung durch die Mehrwertsteuerbefreiung dagegen durch die Regelungen des Ertragssteuerrechts verstärkt, weil die periodische Zinsbesteuerung die Sparentscheidung und somit implizit die intertemporale Konsumentscheidung zulasten des zukünftigen Konsums verzerrt. Vergleiche Hey, in: Tipke/Lang, Steuerrecht, § 3 Rz. 80. 

123

A.  Kreditgewährung im geltenden Mehrwertsteuersystem

stufen die Nettopreise der Leistungen und es ergeben sich weitere Verzerrungswirkungen.496 Die Verzerrung der Nachfrage des Verbrauchers am Ende der Leistungskette ist sogar aufgrund der angeführten, systemwidrigen Mehrwertbesteuerung der Vorsteuerbelastung nochmals gesteigert. Die Nachfrage nach Leistungen, zu deren Erbringung auf einer vorgelagerten Stufe auf eine Kreditgewährungsleistung zugegriffen worden ist, soll im Ergebnis daher genauso wie die Kreditnachfrage der Unternehmer gegenüber der wohlfahrtsoptimalen Nachfrage womöglich zu gering sein.497 Trägt der Kreditgeber die Vorsteuerbelastung mangels Abwälzungsmöglichkeit selbst, so ist mit der Steuerbefreiung der Kreditgewährungsleistung zwar keine Verzerrung der Nachfrage auf den nachfolgenden Leistungsstufen verknüpft. Aufgrund der Vorsteuerbelastung ergibt sich aber eine Minderung der Marge des Kreditgebers, was wiederrum möglicherweise mit einer Verringerung der Investitionstätigkeit in diesem Sektor einhergeht.498 Die Folgewirkungen der geltenden Steuerbefreiung weichen somit auch im Fall der Kreditgewährungsleistung auf einer zwischengelagerten Leistungsstufe gleich in mehrfacher Weise von der Effizienzmaßgabe ab. c) Folgen für den Kreditgeber Nachdem vorangegangen die grundlegenden Folgen der Steuerbefreiung in Abhängigkeit von der Art des Leistungsempfängers der Kreditgewährungsleistung dargelegt wurden, sollen im Folgenden die Konsequenzen der Steuerbefreiung eigens für den Kreditgeber erwogen werden. Für den Kreditgeber wirkt sich die Steuerbefreiung zuvörderst auf die Komplexität der Steueranwendung sowie entsprechend auf die Steuerbefolgungskosten aus. Zudem klang schon an, dass die Steuerbefreiung weiter mit einer Verzerrung der unternehmerischen Entscheidungen des Kreditgebers einhergeht. aa) Komplexität der Steueranwendung Die Komplexität der Steueranwendung ergibt sich einerseits aus ge­ wissen Schwierigkeiten im Zusammenhang mit der Anwendung der 496 Vergleiche Ebrill/Keen/Bodin/Summers, The Modern VAT, S. 86; Gendron, Bulletin for International Taxation 2008, 494 (498). 497 S. Edgar, in: Krever/White, GST in Retrospect and Prospect, S. 131 (S. 135); ders., Canadian Tax Journal 2011, 1131 (1151). 498 So Edgar, in: Krever/White, GST in Retrospect and Prospect, S. 131 (S. 135).

124

IV.  Mehrwertsteuerbefreiung der Kreditgewährung

Steuerbefreiungsvorschrift sowie andererseits aus der Notwendigkeit einer Vorsteueraufteilung, gerade sofern der Kreditgeber die bezogenen Eingangsleistungen sowohl für die Erbringung der Kreditgewährungsleistung als auch für die Erbringung sonstiger, steuerpflichtiger Leistungen nutzt. (1) Ermittlung des Anwendungsbereichs Das Vorliegen von Steuerbefreiungsvorschriften steigert stets die Komplexität des Steuersystems, da unweigerlich Abgrenzungsfragen in Bezug auf den Anwendungsbereich der Steuerbefreiungsvorschriften aufge­ worfen werden.499 Diese Abgrenzungsschwierigkeiten werden gerade im Fall der Finanzdienstleistungen durch die fortwährende Neuentwicklung von Finanzdienstleistungen, Leistungsbündelungen und Leistungswegen weiter erhöht.500 Die Begriffsverständnisse der Steuerbefreiungsvorschriften gelten dagegen, wie auch die Europäische Kommission festgestellt hat, als antiquiert.501 Der entsprechende Vorschlag zur Klarstellung des Anwendungsbereichs der Steuerbefreiungsvorschriften scheiterte gleichwohl.502 Infolge dieser Rahmenbedingungen zeigte und zeigt sich die Auslegung und Anwendung der Steuerbefreiungsvorschrift in den Mitgliedstaaten zum Teil widersprüchlich.503 Diese widersprüchliche Anwendung der 499 Vergleiche zu den Abgrenzungsschwierigkeiten bereits S. 103 ff. Zudem Kerrigan, in: Chaudhry/Mullineux, Taxing Banks Fairly, S. 127 (S. 136); de la Feria, ec Tax Review 2007, 74 (75); Heidemann, Die Umsatzsteuerbefreiungen von Finanzdienstleistungen, S. 38; Grambeck, UR 2009, 541 (541). Zum entsprechenden Problem in Kanada Gendron, Canadian Tax Journal 2016, 401 (404 f.). 500 Vergleiche de la Feria, ec Tax Review 2007, 74 (81); entsprechend de la Feria/Walpole, International and Comparative Law Quarterly 2009, 897 (907); Lejeune/Stevens/Killer, in: Lang/Melz/Kristoffersson, Value A ­ dded Tax and Direct Taxation, S. 673 (S. 685 f.). Zuvor ebenso Europäische Kommission, Summary of Results – Public Consultation of Financial and Insurance Services, S. 4 f. 501 Vergleiche Europäische Kommission, KOM (2007) 747 endgültig/2, S. 3.  502 S. zum Vorschlag Europäische Kommission, KOM (2007), 747 endgültig/2, S. 10 ff. Bezüglich der Kreditgewährung sah der Vorschlag ua. eine Ergänzung der Mehrwertsteuersystemrichtlinie um eine Begriffserläuterung in Art. 135a Nr. 3 MwStSystRL vor. Die Einfügung dieser Norm erfolgte aber nie. 503 S. Europäische Kommission, KOM (2007) 747 endgültig/2, S. 3. Vergleiche etwa zu den divergierenden Rechtsauffassungen und der entsprechenden Rechtsunsicherheit hinsichtlich der Einordnung der Leistungen von Kreditfabriken mwN. Hamacher/Haustein, UR 2007, 837 (837 ff.). Eingehend zu den grundlegenden Aus­ legungsmaßgaben in Bezug auf die Steuerbefreiungsvorschriften Englisch, in: de la Feria, VAT Exemptions, S. 37 (S. 43 ff.); de la Feria, in: Lang, CJEU – Recent Developments in Value A ­ dded Tax 2015, S. 1 (S. 5 ff.).

125

A.  Kreditgewährung im geltenden Mehrwertsteuersystem

Steuerbefreiungsvorschrift ist wiederrum ein Quell weiterer Imponderabilitäten für den Kreditgeber.504 Ferner resultiert aus der abweichenden Auslegung der Steuerbefreiungsvorschrift möglicherweise auch ein gewisser Wettbewerb zwischen den Mitgliedstaaten. Die Komplexität der Anwendung der Steuerbefreiungsvorschrift spiegelt sich zu guter Letzt in einer verhältnismäßig großen Anzahl von entsprechenden Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs sowie nationaler Gerichte wider.505 Diese angeführten Schwierigkeiten im Zusammenhang mit der Anwendung der Steuerbefreiungsvorschrift stellen keineswegs bloße Lästigkeiten dar. Ein übermäßiger Steuerbefolgungsaufwand ist aus juristischer Perspektive schon mit Blick auf den primärrechtlichen Verhältnismäßigkeitsgrundsatz fragwürdig. Ferner muss festgehalten werden, dass eine steuerliche Belastung des Kreditgebers entgegen dem Neutralitätsprinzip immer dann zu erwarten ist, wenn der Kreditgeber aufgrund der Abgrenzungsschwierigkeiten von der Steuerpflichtigkeit der Leistung ausgeht, diese Auslegung aber im Nachhinein keine Bestätigung findet.506 Die notwendige Abwälzung der Vorsteuerbelastung ist für den Kreditgeber im Nachhinein grundsätzlich kaum möglich. Mit Blick auf die Maßgaben eines rationalen Besteuerungssystems stehen die angeführten Schwierigkeiten im Widerspruch zu der Maßgabe der verwaltungstechnischen Einfachheit sowie der Maßgabe einer transparenten Lastenauferlegung. Die Steuerbefreiung ist, wie angeführt, entgegen ersterer Maßgabe mit einer gewissen Komplizierung des Steuersystems und entsprechenden Steuerentrichtungskosten für den Kreditgeber verbunden. Bezüglich der zum Teil divergierenden Auslegung der Steuerbefreiungsvorschrift, ist die mangelnde Eindeutigkeit der steuerlichen Lastenauferlegung zu rügen.

504 Vergleiche grundsätzlich de la Feria, ec Tax Review 2007, 74 (76). 505 Vergleiche so in Bezug auf die Steuerbefreiungen der Finanzdienstleistungen im Allgemeinen, Kerrigan, in: Chaudhry/Mullineux, Taxing Banks Fairly, S. 127 (S. 136); Lejeune/Stevens/Killer, in: Lang/Melz/Kristoffersson, Value ­Added Tax and Direct Taxation, S. 673 (S. 686); de la Feria, ec Tax Review 2007, 74 (76). Für die entsprechenden Rechtsprechungsnachweise sei an dieser Stelle vor allem auf die Erläuterungen zum Anwendungsbereich der Steuerbefreiungsvorschrift (S. 103 ff.) verwiesen. Eine allgemeinere Rechtsprechungsübersicht diesbezüglich enthält de la Feria, in: Lang, CJEU – Recent Developments in Value ­Added Tax 2015, S. 1 (S. 11 f.). 506 Zu diesem Aspekt im Ansatz Schenk/Thuronyi/Cui, Value A ­ dded Tax, S. 354 ff.

126

IV.  Mehrwertsteuerbefreiung der Kreditgewährung

(2) Vorsteueraufteilung Die Komplexität der Steueranwendung wird zudem gesteigert, soweit aufgrund der Steuerbefreiung der Kreditgewährungsleistung eine Vorsteueraufteilung geboten ist. Infolge der Regelung des § 15 IV 1 UStG ist eine Vorsteueraufteilung ­geboten, wenn eine sogenannte gemischte Verwendung einer Eingangsleistung, also eine Verwendung sowohl zur Erbringung von vorsteuerabzugsberechtigenden als auch von vorsteuerabzugsausschließenden Ausgangsleistungen, vorliegt.507 Es erfolgt demgemäß entgegengesetzt keine Vorsteueraufteilung, wenn eine fragliche Eingangsleistung entweder vollständig zur Erbringung von Ausgangsleistungen, die zum Vorsteuerabzug berechtigen oder aber vollständig zur Erbringung von Ausgangsleistungen, die mit einer Versagung des Vorsteuerabzugsrechts einhergehen, eingesetzt wird.508 Diesen Vorgaben folgend, ist eine Vorsteueraufteilung für die typischen Leistungserbringer einer Kreditgewährungsleistung zumeist geboten. So erbringen gerade Finanzinstitute neben Ausgangsleistungen, die aufgrund einer Steuerbefreiung mit einer Versagung des Vorsteuerabzugsrechts einhergehen, regelmäßig gerade auch Ausgangsleistungen, die zum Vorsteuerabzug berechtigen.509 Eine Ausgangsleistung mit Vorsteuerabzugsberechtigung liegt etwa vor, wenn die Ausgangsleistung eine originär steuerpflichtige Finanzdienstleistung oder sonstige Leistung ist. Weiter ist eine Ausgangsleistung mit Vorsteuerabzugsberechtigung aber auch gegeben, wenn in Bezug auf eine eigentlich steuerfreie Ausgangsleistung eine Optionsausübung gemäß § 9 I UStG erfolgt oder aber ein Vorsteuerabzugsrecht trotz Steuerbefreiung der Ausgangsleistung aufgrund der Rückausnahmen des § 15 III UStG gegeben ist.510 Zugleich 507 Eine Erleichterung für den Fall einer Einlage bei einem Finanzinstitut ist, wie bereits angemerkt, unter den Voraussetzungen des § 43 Nr. 3 UStDV gegeben. Siehe zuvor schon Fn. 431. 508 Vergleiche BFH, v. 24.4.2013, XI R 25/10, ­BStBl. II 2014, 346 (349); v. 16.9.1993, V R 82/91, ­BStBl. II 1994, 271 (271); v. 12.3.1992, V R 70/87, B ­ StBl. II 1992, 755 (756); ­Stadie, in: Rau/Dürrwächter, EL Mai 2019, § 15, Rz. 1772; Oelmaier, in: Sölch/ Ringleb, EL Juni 2018, § 15, Rz. 788; Heidner, in: Bunjes/Geist, § 15, Rz. 356 f.; sowie Abschnitt 15.16 Absatz 2 Satz 4 UStAE. 509 Vergleiche Huizinga, Economic Policy 2002, 499 (508 f.); sowie gleichermaßen de la Feria/Walpole, International and Comparative Law Quarterly 2009, 897 (908); de la Feria, ec Tax Review 2007, 74 (76). 510 Vergleiche zu diesem Aspekt Friedrich-Vache, Verbrauchsteuerkonforme Umsatzbesteuerung von Finanzdienstleistungen, S. 56; Schmidt, Konsumbesteuerung durch Mehrwertsteuer, S. 227. 

127

A.  Kreditgewährung im geltenden Mehrwertsteuersystem

dürfte eine vollständige Zuordnung der Eingangsleistungen entsprechend der angeführten Vorgaben aufgrund der speziellen Leistungsstrukturen regelmäßig ausgeschlossen sein. Folglich ist eine Vorsteueraufteilung gerade für die typischen Leistungserbringer zumeist geboten. Die Durchführung der gebotenen Vorsteueraufteilung ist in der Praxis aber ausgesprochen aufwendig, streitanfällig und im grenzüberschreitenden Kontext zudem mit Wettbewerbsverzerrungen verknüpft. Die Durchführung der Vorsteueraufteilung setzt zuerst die Feststellung der Verwendung der einzelnen Eingangsleistungen voraus. Diese Feststellung hat grundsätzlich über eine aufwendige Einzelzuordnung der Eingangsleistungen zu den entsprechenden Ausgangsleistungen zu erfolgen.511 Ein anderer Zuordnungsmaßstab ist allerdings zulässig, sofern die Einzelzuordnung im fraglichen Fall zu komplex ist.512 Ob eine Einzel­ zuordnung zu komplex ist und wie die Zuordnung in diesem Fall zu ­erfolgen hat, ist gleichwohl aufgrund der gegenläufigen Anliegen von Steuerpflichtigem und Steuerverwaltung ausgesprochen streitanfällig.513 Entsprechend ergibt sich schon aus der Feststellung der Verwendung der Eingangsleistungen eine gewichtige Beanspruchung der Zeit sowie der sonstigen Ressourcen des Steuerpflichtigen.514 Auf die Feststellung der Verwendung der Eingangsleistungen folgt die Aufteilung der Vorsteuerbeträge unter Anwendung einer sachgerechten Aufteilungsmethode. Bezüglich der Anwendung einer sachgerechten Aufteilungsmethode hat sich allerdings schon die nationale Regelungskonzeption in Bezug auf die Maßgaben der Mehrwertsteuersystemrichtlinie als streitanfällig gezeigt. 511 Vergleiche EuGH, v. 9.6.2016, Rs. C-332/14 (Wolfgang und Dr. Wilfried Rey Grundstücksgemeinschaft), ECLI:­ EU:­ C:­ 2016:417, Rz. 25 ff.; BFH, v. 10.8.2016, XI R 31/09, BFHE 254, 461 (470 ff.); ­Stadie, in: Rau/Dürrwächter, EL Mai 2019, § 15, Rz. 1783 f. Zum Aufwand zudem Lejeune/Stevens/Killer, in: Lang/Melz/­ Kristoffersson, Value A ­ dded Tax and Direct Taxation, S. 673 (S. 684). 512 Vergleiche EuGH, v. 9.6.2016, Rs. C-332/14 (Wolfgang und Dr. Wilfried Rey Grundstücksgemeinschaft), ECLI:­EU:­C:­2016:417, Rz. 27 f.; zu generalisierend dagegen BFH, v. 10.8.2016, XI R 31/09, BFHE 254, 461 (470 ff.). Siehe zudem zur pauschalisierenden Erleichterung der Vorsteueraufteilung von Verwaltungsgemeinkosten Abschnitt 15.18 Abs. 6 UStAE. 513 Vergleiche Huizinga, Economic Policy 2002, 499 (509); sowie auch im Folgenden  Lejeune/Stevens/Killer, in: Lang/Melz/Kristoffersson, Value ­Added Tax and Direct Taxation, S. 673 (S. 684). Zur generellen Streitanfälligkeit der Vorsteueraufteilung de la Feria/Walpole, International and Comparative Law Quarterly 2009, 897 (908); Friedrich-Vache, Verbrauchsteuerkonforme Umsatzbesteuerung von Finanzdienstleistungen, S. 56.  514 Zu den entsprechenden Aufzeichnungspflichten vergleiche § 22 UStG.

128

IV.  Mehrwertsteuerbefreiung der Kreditgewährung

Die Mehrwertsteuersystemrichtlinie sieht in Art. 173 I MwStSystRL als Regelaufteilungsmaßstab einen Pro-rata Satz vor, welcher sich den Art. 174 f. MwStSystRL zufolge als unternehmensbezogener Umsatzschlüssel ergibt. Neben diesem Regelmaßstab ist den Mitgliedstaaten gemäß Art. 173 II MwStSystRL gleichwohl auch die Anwendung weiterer Aufteilungsmaßstäbe zugestanden. Die nationale Regelung sieht in § 15 IV 2 UStG die Aufteilung im Wege einer sachgerechten Schätzung vor. Die Aufteilung mittels eines Umsatzschlüssels soll gemäß § 15 IV 3 UStG dagegen nur zulässig sein, wenn keine andere wirtschaftliche Zurechnung möglich ist. Bezüglich dieser nationalen Regelungssystematik hat der Europäische Gerichtshof indes wiederholt festgehalten, dass eine Aufteilung grundsätzlich nach dem unternehmensbezogenen Umsatzschlüssel zu erfolgen habe.515 Die Anwendung eines sonstigen Aufteilungsmaßstabs sei dagegen nur zulässig, wenn aus der Anwendung des sonstigen Aufteilungsmaßstabs ein präziseres Aufteilungsergebnis resultiere.516 Infolge dieser Entscheidungen legt die nationale Rechtsprechung die nationale Regelungssystematik nunmehr in dem Sinne aus, dass die Aufteilung mittels des unternehmensbezogenen Umsatzschlüssels nur erfolgen dürfe, wenn die Anwendung einer sonstigen Aufteilungsmethode nicht eine präzisere Zuordnung gewährleiste.517 Dieser Auslegung ­zufolge ist der unternehmensbezogene Umsatzschlüssel, entgegen der Forderung des Europäischen Gerichtshofs, gleichwohl nicht der Regelmaßstab der Vorsteueraufteilung. Entsprechend ergeben sich weiterhin

515 Vergleiche EuGH, v. 16.6.2016, Rs. C-186/15 (Kreissparkasse Wiedenbrück), ECLI:­EU:­C:­2016:452, Rz. 35; v. 9.6.2016, Rs. C-332/14 (Wolfgang und Dr. Wilfried Rey Grundstücksgemeinschaft), ECLI:­EU:­C:­2016:417, Rz. 31; v. 8.11.2012, Rs. C-511/10 (BLC Baumarkt), ECLI:­EU:­C:­2012:689, Rz. 17. Zudem gleichermaßen EuGH, v. 18.10.2018, Rs. C-153/17 (Volkswagen Financial Services), ECLI:­ EU:­C:­2018:845, Rz. 49; v. 18.12.2008, Rs. C-488/07 (Royal Bank of Scotland), ECLI:­EU:­C:­2008:750, Rz.  23. 516 Vergleiche EuGH, v. 16.6.2016, Rs. C-186/15 (Kreissparkasse Wiedenbrück), ECLI:­EU:­C:­2016:452, Rz. 35; v. 9.6.2016, Rs. C-332/14 (Wolfgang und Dr. Wilfried Rey Grundstücksgemeinschaft), ECLI:­EU:­C:­2016:417, Rz. 32; v. 8.11.2012, Rs. C511/10 (BLC Baumarkt), ECLI:­EU:­C:­2012:689, Rz. 18, 24. Zudem gleichermaßen EuGH, v. 18.10.2018, Rs. C-153/17 (Volkswagen Financial Services), ECLI:­EU:­ C:­ 2018:845, Rz. 51; v. 10.7.2014, Rs. C-183/13 (Banco Mais), ECLI:­EU:­ C:­2014:2056, Rz. 32.  517 Vergleiche ua. BFH, v. 10.8.2016, XI R 31/09, BFHE 254, 461 (475); v. 3.7.2014, V R 2/10, BFHE 245, 571 (574); v. 7.5.2014, V R 1/10, BFHE 245, 416, (419 ff.); v. 5.9.2013, XI R 4/10, ­BStBl. II 2014, 95 (98). Zur Rechtsprechungsentwicklung zudem Englisch, in: Tipke/Lang, Steuerrecht, § 17 Rz. 335. 

129

A.  Kreditgewährung im geltenden Mehrwertsteuersystem

Zweifel an der nationalen Regelungskonzeption sowie der angeführten Auslegung durch die nationale Rechtsprechung.518 Zudem ist gleichermaßen auch die konkrete Aufteilung der Vorsteuerbeträge, gerade in Bezug auf die Auswahl einer Aufteilungsmethode sowie die konkrete Anwendung der ausgewählten Aufteilungsmethode, ein regelmäßiger Streitpunkt zwischen dem Steuerpflichtigen und der Finanzverwaltung.519 Die konkrete Aufteilung der Vorsteuerbeträge ist weiter, wie bereits die Feststellung der Verwendung der Eingangsleistung, mit einer zusätzlichen Zeit- und Ressourcenbeanspruchung des Steuerpflichtigen verknüpft.520 Die zusammengefasste Belastung des Steuerpflichtigen infolge der Notwendigkeit einer Vorsteueraufteilung ist sowohl mit Blick auf den primärrechtlichen Verhältnismäßigkeitsgrundsatz als auch mit Blick auf die Rationalitätsmaßgabe der verwaltungstechnischen Einfachheit fragwürdig. Angemerkt sei zudem, dass im Fall der Vorsteueraufteilung anhand des Regelmaßstabs die Schwierigkeiten im Zusammenhang mit der Ermittlung des Entgelts der Kreditgewährungsleistung trotz der Steuerbefreiung weiterhin vorliegen.521 Zu Zwecken der Ableitung des Regel518 Nach Englisch ist die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs zwar sachgerecht, aber nicht mit den Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs vereinbar, vergleiche Englisch, in: Tipke/Lang, Steuerrecht, § 17 Rz. 355. Ebenso kritisch ­Scholz, UR 2014, 764 (766 f.); anders dagegen Heuermann, UR 2014, 505 (511). 519 S. ua. EuGH, v. 24.1.2019, Rs. C-165/17 (Morgan Stanley & Co International), ECLI:­EU:­C:­2019:58; v. 18.10.2018, Rs. C-153/17 (Volkswagen Financial Services), ECLI:­EU:­C:­2018:845; v. 14.12.2016, Rs. C-378/15, (Mercedes Benz Italia), ECLI:­ EU:­C:­2016:950; v. 16.6.2016, Rs. C-186/15 (Kreissparkasse Wiedenbrück), ECLI:­ EU:­C:­2016:452; v. 10.7.2014, Rs. C-183/13 (Banco Mais), ECLI:­EU:­C:­2014:2056; v. 12.9.2013, Rs. C-388/11 (Le Crédit Lyonnais), ECLI:­EU:­C:­2013:541; v. 18.12.2008, Rs. C-488/07 (Royal Bank of Scotland Group), ECLI:­EU:­ C:­2008:750. Siehe zu diesem Aspekt gleichermaßen Lejeune/Stevens/Killer, in: Lang/Melz/Kristoffersson, Value ­Added Tax and Direct Taxation, S. 673 (S. 684); Englisch, in: de la Feria, VAT Exemptions, S. 37 (S. 85); de la Feria, ec Tax Review, 2007, 74 (76); Friedrich-Vache, Verbrauchsteuerkonforme Umsatzbesteuerung von Finanzdienstleistungen, S. 56; Heidemann, Die Umsatzsteuerbefreiungen von Finanzdienstleistungen, S. 37. 520 Vergleiche Lejeune/Stevens/Killer, in: Lang/Melz/Kristoffersson, Value A ­ dded Tax and Direct Taxation, S. 673 (S. 684); de la Feria/Walpole, International and Comparative Law Quarterly 2009, 897 (908). Die Autoren verweisen zudem auf die entsprechenden Ausführungen der Europäischen Kommission im Zusammenhang mit dem Konsultationsverfahren zur Modernisierung der Mehrwertsteuerpflichten für Finanzdienstleistungen und Versicherungsleistungen. 521 S. gleichermaßen Friedrich-Vache, Verbrauchsteuerkonforme Umsatzbesteuerung von Finanzdienstleistungen, S. 57; abweichend dagegen Heidemann, Die Umsatzsteuerbefreiungen von Finanzdienstleistungen, S. 119. Eine Minderung der Ermitt-

130

IV.  Mehrwertsteuerbefreiung der Kreditgewährung

maßstabs ist zwar grundsätzlich, anders als in Bezug auf die Ermittlung der Steuerbemessungsgrundlage, eine aggregierte Feststellung der Entgelte genügend. Die Möglichkeit der Optionsausübung sowie der grenzüberschreitenden Leistungserbringung erfordern im Einzelfall gleichwohl eine weitergehende Differenzierung, die sodann genau mit den angeführten Schwierigkeiten in Bezug auf die Ableitung des einzelnen Leistungsentgelts verbunden ist.522 Im grenzüberschreitenden Kontext ergeben sich im Zusammenhang mit der Vorsteueraufteilung darüber hinaus Wettbewerbsverzerrungen, die im Widerspruch zum Neutralitätsprinzip stehen. Die mangelnde Harmonisierung der Vorsteueraufteilung ermöglicht den Mitgliedstaaten zuvörderst eine gewisse Standortpolitik über die Ausgestaltung der Vorsteueraufteilung zu verfolgen.523 Zudem erfolgt selbst die Anwendung des vorgegebenen Regelmaßstabs der Vorsteueraufteilung im Fall der Erbringung von Finanzdienstleistungen inhomogen. So stellen einige Mitgliedstaaten zur Umsatzermittlung auf die Bruttomarge der Finanzdienstleistungen ab, andere Mitgliedstaaten dagegen auf das Bruttoentgelt.524 Als Konsequenz ergibt sich eine potentiell gravierende Verzerrung des innergemeinschaftlichen Wettbewerbs.525 bb) Erhöhung der Steuerbefolgungskosten Mit der Komplexität der Steueranwendung, gerade aufgrund der Schwierigkeiten im Zusammenhang mit der Ermittlung des Anwendungs­ bereichs der Steuerbefreiungsvorschrift sowie der Durchführung der lungsschwierigkeiten für nicht ausgeschlossen erwägend Englisch, in: de la Feria, VAT Exemptions, S. 37 (S. 91). 522 Diesen Aspekt ignorierend Heidemann, Die Umsatzsteuerbefreiungen von Finanzdienstleistungen, S. 119.  523 Vergleiche Amand, International VAT Monitor 2010, 409 (415); de la Feria, ec Tax Review 2007, 74 (77); Huizinga, Economic Policy 2002, 499 (509), der in Bezug auf die Handhabung der Vorsteueraufteilung vor einer „race-to-the-bottom“-Mentalität der Mitgliedstaaten warnt; sowie Friedrich-Vache, Verbrauchsteuerkonforme Umsatzbesteuerung von Finanzdienstleistungen, S. 57; Reiß, IStR 2003, 515 (516). Eine tabellarische Zusammenfassung der verschiedenen Länderpraktiken bezüglich der Vorsteueraufteilung enthält Amand, ERA Forum 2008, 357 (368). 524 Vergleiche Amand, ERA Forum 2008, 357 (366). Vergleiche eingehend zu den divergierenden Länderpraktiken zudem IBFD, VAT Survey Financial Services, 2006; PWC, Study to Increase the Understanding of the Economic Effects of the VAT Exemption for Financial and Insurance Services, S. 205 (Tabelle 7.6). 525 Vergleiche Huizinga, Economic Policy 2002, 499 (509); Englisch, in: de la Feria, VAT Exemptions, S. 37 (S. 85); Friedrich-Vache, Verbrauchsteuerkonforme Umsatzbesteuerung von Finanzdienstleistungen, S. 57.

131

A.  Kreditgewährung im geltenden Mehrwertsteuersystem

­ orsteueraufteilung, steigen auch die Steuerbefolgungskosten für den V Steuerpflichtigen.526 Angenommen wird, dass diese Steigerung der Steuerbefolgungskosten signifikant ist, wenngleich es an einer eindeutigen Quantifizierung bislang mangelt.527 Eine Steigerung der Steuerbefolgungskosten als sichtbare Zusatzlast der Besteuerung, ist unter dem ­Aspekt der verwaltungstechnischen Einfachheit gleichwohl stets fragwürdig. cc) Verzerrung unternehmerischer Entscheidungen Die Steuerbefreiung der Kreditgewährungsleistung wirkt sich zudem maßgeblich auf die unternehmerischen Entscheidungen der Kreditgeber aus. So folgt aus der mit der Steuerbefreiung einhergehenden Versagung des Vorsteuerabzugsrechts ein Anreiz zu vertikaler Integration, sowie gleichermaßen ein Anreiz die Vorsteuerbelastung durch Steuergestaltungen zu vermeiden. Aus der Perspektive der Kreditgeber wird gerade der Anreiz zu vertikaler Integration, aufgrund der regelmäßigen Wettbewerbsnachteilhaftigkeit, als höchst negative Konsequenz der Steuerbefreiung empfunden.528 (1) Anreiz zu vertikaler Integration Ausgeführt worden ist, dass die Vorsteuerbelastung der fremdbezogenen Vorleistungen wegen der Versagung des Vorsteuerabzugsrechts im Regelfall für den Kreditgeber die Kosten der Erbringung der Kreditgewährungsleistung erhöht. Die Kostenerhöhung infolge der Versagung des Vorsteuerabzugsrechts ist größer, je größer die Vorsteuerbelastung ist. Die Höhe der Vorsteuerbelastung wirkt sich entsprechend negativ auf die Wettbewerbsfähigkeit des Kreditgebers aus.529 526 Vergleiche Englisch, in: de la Feria, VAT Exemptions, S. 37 (S. 85); de la Feria/­ Walpole, International and Comparative Law Quarterly 2009, 897 (908); Gendron, Bulletin for International Taxation 2008, 494 (499). 527 Vergleiche Gendron, Canadian Tax Journal 2016, 401 (407). 528 Vergleiche PWC, Study to Increase the Understanding of the Economic Effects of the VAT Exemption for Financial and Insurance Services, S. 19 f. 529 Entgegen dem Neutralitätsprinzip ergibt sich aus der Ausgestaltung der Steuerbefreiungskonzeption folglich eine Wettbewerbsverzerrung zulasten derjenigen Unternehmer, die einen größeren Anteil fremdbezogener Vorleistungen aufzeigen, siehe zu diesem Aspekt schon S. 122 ff. Eine PWC Studie kommt zu dem Ergebnis, dass sich infolge der Steuerbefreiungen zahlreicher Finanzdienstleistungen auf europäischer Ebene im Jahr 2007 insgesamt eine nicht abzugsfähige Vorsteuerbelastung des Finanzsektors in Höhe von ca. 33 Milliarden € ergeben haben dürfte, siehe PWC, How the EU VAT exemptions impact the banking sector, S. 4. Zudem zu der Höhe des Anteils der nicht abzugsfähigen Vorsteuerbelastung teils divergie-

132

IV.  Mehrwertsteuerbefreiung der Kreditgewährung

Der Kreditgeber kann die Vorsteuerbelastung grundsätzlich verringern, wenn er die bislang fremdbezogenen Vorleistungen in das eigene Unternehmen integriert.530 Die Verringerung der Vorsteuerbelastung folgt aus der mangelnden steuerlichen Belastung der eigenen Arbeitsleistung des Kreditgebers.531 Integriert der Kreditgeber die Vorleistung in das eigene Unternehmen, begrenzt sich die Vorsteuerbelastung auf die zur Erbringung der Vorleistung eingesetzten Leistungen.532 Erfolgt dagegen ein Fremdbezug der Vorleistung, entspricht die Vorsteuerbelastung der Steuerbelastung der fremdbezogenen Vorleistung, welche sich aufgrund der Anknüpfung an das Leistungsentgelt zusätzlich auf die eingesetzte Arbeitsleistung erstreckt.533 Die Integration der Vorleistungen mindert die Vorsteuerbelastung somit in Höhe der Vorsteuerbelastung der eingesetzten Fremdarbeitsleistung.534 Der Fremdbezug sowie gleichermaßen die Auslagerung bislang integrierter Leistungen, ist für den Kreditgeber folglich aufgrund der Ausgestaltung des Besteuerungssystems grundsätzlich weniger attraktiv.535 Anders ausgedrückt reizt die Ausgestaltung des Berend de la Feria/Lockwood, Fiscal Studies 2010, 171 (177); Huizinga, Economic Policy 2002, 499 (516). 530 Vergleiche Schenk/Thuronyi/Cui, Value ­Added Tax, S. 362; Edgar, Canadian Tax Journal 2001, 1133 (1180 f.); de la Feria, ec Tax Review 2007, 74 (78); Stiglitz/ Schönfelder, Finanzwissenschaft, S. 576. 531 Vergleiche entsprechend Edgar, Canadian Tax Journal 2001, 1133 (1181); Englisch, in: FS Bundesfinanzhof, S. 1491 (S. 1519); ders., in: Tipke/Lang, Steuerrecht, § 17 Rz. 207. 532 Vergleiche de la Feria/Walpole, International and Comparative Law Quarterly 2009, 897 (911); de la Feria, ec Tax Review 2007, 74 (78). 533 Vergleiche Lejeune/Stevens/Killer, in: Lang/Melz/Kristoffersson, Value A ­ dded Tax and Direct Taxation, S. 673 (S. 682); Edgar, Canadian Tax Journal 2001, 1133 (1181); de la Feria/Walpole, International and Comparative Law Quarterly 2009, 897 (911); de la Feria, ec Tax Review 2007, 74 (78). 534 Vergleiche Englisch, in: FS Bundesfinanzhof, S. 1491 (S. 1519); ders., in: Tipke/ Lang, Steuerrecht, § 17 Rz. 207; Lejeune/Stevens/Killer, in: Lang/Melz/ Kristoffersson, Value A ­ dded Tax and Direct Taxation, S. 673 (S. 682). 535 Vergleiche Schenk/Thuronyi/Cui, Value A ­ dded Tax, S. 362; Lejeune/Stevens/Killer, in: Lang/Melz/Kristoffersson, Value ­ Added Tax and Direct Taxation, S. 673 (S. 682); Institute for Fiscal Studies, Tax by Design – The Mirrlees Review, S. 196 f.; Gendron, Bulletin for International Taxation 2008, 494 (498); de la Feria, ec Tax Review 2007, 74 (78); Grambeck, UR 2009, 541 (547); Schiller, Outsourcing im Finanzdienstleistungs- und Versicherungssektor, S. 217. Angemerkt sei gleichwohl, dass von der Ausgestaltung des Besteuerungssystems in gewissen Fällen gleichermaßen eine entgegengesetzte Anreizwirkung zum Fremdbezug respektive zur Auslagerung gewisser Tätigkeiten ausgeht. Eine derartige Anreizwirkung ist potentiell gegeben, wenn die Tätigkeit hochgradig kapitalintensiv und weniger arbeitsintensiv ist und im Fall des Fremdbezugs respektive der Auslagerung der vorleistende Unternehmer zum Vorsteuerabzugsrecht berechtigt ist. Vergleiche Stiglitz/Schönfelder, Finanzwissenschaft, S. 576. Zudem ist es möglich, dass sonstige

133

A.  Kreditgewährung im geltenden Mehrwertsteuersystem

steuerungssystems den Kreditgeber zu einer vertikalen Integration der Vorleistungen. Eine Verwirklichung der vertikalen Integration der Vorleistungen wird gleichwohl nur erfolgen, wenn die Verringerung der Vorsteuerbelastung eine etwaige sonstige Kostenerhöhung infolge der vertikalen Integration übersteigt.536 Die eigene Leistungserbringung ist keineswegs zwangsläufig ein perfektes Substitut zum Fremdbezug, in der Form, dass die jeweilige Kostenstruktur der eigenen respektive fremden Vorleistungserbringung unter Ausklammerung der Besteuerungseinflüsse äquivalent ist.537 Eine Äquivalenz ist in diesem Zusammenhang umso weniger wahrscheinlich, je weitgehender der Spezialisierungsgrad und je größer die Möglichkeit zur Erzielung von zunehmenden Skalenerträgen im Zusammenhang mit der Erbringung der Vorleistung ist.538 Entsprechend zeigen sich Vorleistungen, zu deren Erbringung keine tiefergehende Expertise notwendig ist und deren Erbringung im Wege der Massenproduktion nur mit geringen Kostenminderungen einhergeht, als potentiell eher geeignet zur vertikalen Integration.539 Die Ausgestaltung der Steuerbefreiung der Kreditgewährungsleistung konfligiert aufgrund der angeführten Anreizwirkung zuvörderst mit dem Neutralitätsprinzip in Form der Organisationsformneutralität, da die Vorsteuerbelastung zu einem maßgebenden Entscheidungsfaktor in Bezug auf die Wahl der Organisationsstruktur des Kreditgebers wird. Weiter sollen typischerweise kleinere Unternehmungen in ihren Möglichkeiten zur Realisierung einer vertikalen Integration und somit zur Minderung der Vorsteuerbelastung eingeschränkt sein.540 Entsprechend wirkt die Versagung des Vorsteuerabzugsrechts entgegen dem Neutralitätsprinzip Faktoren, wie etwa die Ausgestaltung des Ertragssteuerrechts, die angeführten Anreizwirkungen kompensieren. Vergleiche zu diesem Aspekt Edgar, Canadian Tax Journal 2001, 1133 (1181). 536 Vergleiche Englisch, in: de la Feria, VAT Exemptions, S. 37 (S. 85); sowie mit weitergehender Vertiefung und entsprechenden Beispielen Edgar, Canadian Tax Journal 2001, 1133 (1181 f.). Auf diese Ausführungen Bezug nehmend auch Gendron, Bulletin for International Taxation 2008, 494 (498). 537 Eingehend Edgar, Canadian Tax Journal 2001, 1133 (1181 f.). 538 Vergleiche Gendron, Bulletin for International Taxation 2008, 494 (498). Zu zunehmenden Skalenerträgen grundlegend Mankiw/Taylor, Grundzüge der Volkswirtschaft, S. 191 f.; Goolsbee/Levitt/Syverson, Mikroökonomie, S. 307 f. 539 Vergleiche Ebrill/Keen/Bodin/Summers, The Modern VAT, S. 86 f. 540 Vergleiche Englisch, in: de la Feria, VAT Exemptions, S. 37 (S. 48); Lejeune/Stevens/Killer, in: Lang/Melz/Kristoffersson, Value A ­ dded Tax and Direct Taxation, S. 673 (S. 686); Schenk/Thuronyi/Cui, Value ­Added Tax, S. 362; Beretta, Interna­ tional VAT Monitor 2018, 142 (148).

134

IV.  Mehrwertsteuerbefreiung der Kreditgewährung

in Form der Wettbewerbsneutralität kosten- und somit wettbewerbsverzerrend typischerweise zulasten dieser kleineren Unternehmungen.541 Neben der Diskriminierung typischerweise kleinerer Unternehmungen ergibt sich zugleich aber auch eine Diskriminierung der Vorleistungsunternehmer, da die Inanspruchnahme ihrer Leistungen wegen der Versagung des Vorsteuerabzugsrechts gegenüber der eigenen Leistungserbringung potentiell nachteilig ist.542 Erfolgt die Kreditgewährungsleistung gegenüber einem Verbraucher, verstärkt die vertikale Integration zudem die zu geringe Steuerbelastung der Kreditgewährungsleistung. Entgegensetzt ergibt sich jedoch eine Min­ derung der systemwidrigen Mehrbelastung sowie der Verzerrungswirkungen, wenn die Kreditgewährungsleistung auf einer zwischengelagerten Leistungsstufe angesiedelt ist.543 Die Einordnung der Anreizwirkung zeigt sich in diesem Punkt entsprechend gespalten. Ist die eigene Leistungserbringung kein perfektes Substitut zum Fremdbezug und erfolgt gleichwohl eine vertikale Integration, ergibt sich aus der gesetzlichen Konzeption eine weitergehende Effizienzminderung.544 Dieser Widerspruch zur Effizienzmaßgabe zeigt sich als umso gravierender, da die Spezialisierung, die Auslagerung oder das Pooling von Vorleistungen aus der Perspektive der Kreditgeber stetig an wirtschaftlicher Bedeutung gewinnen.545 541 Vergleiche Englisch, in: de la Feria, VAT Exemptions, S. 37 (S. 85); Schenk/Thu­ ronyi/Cui, Value ­Added Tax, S. 362; Heidemann, Die Umsatzsteuerbefreiungen von Finanzdienstleistungen, S. 163 ff.; Edgar, Canadian Tax Journal 2001, 1133 (1182 f.). Edgar merkt zugleich aber an, dass es an einem eindeutigen Nachweis bezüglich der tatsächlichen Verwirklichung eines derartigen Wettbewerbsvorteils größerer Unternehmungen mangele. Vergleiche Edgar, Canadian Tax Journal 2001, 1133 (1181). 542 Vergleiche Schenk/Thuronyi/Cui, Value ­Added Tax, S. 362. Zudem folgt aus der gesetzlichen Konzeption weiter eine Verzerrung bezüglich der Wahl der Vorleistungen zugunsten derjenigen Vorleistungen, auf die ein ermäßigter Steuersatz zur Anwendung gelangt. Hierzu Ismer, in: Schön/Röder, Zukunftsfragen des deutschen Steuerrechts II, S. 95 (S. 112). 543 Vergleiche Ebrill/Keen/Bodin/Summers, The Modern VAT, S. 87. 544 Vergleiche eingehend Edgar, Canadian Tax Journal 2001, 1133 (1181 f.); ders., in: Krever/White, GST in Retrospect and Prospect, S. 131 (S. 135). Vergleiche zudem Englisch, in: Tipke/Lang, Steuerrecht, § 17 Rz. 207; Lejeune/Stevens/Killer, in: Lang/ Melz/Kristoffersson, Value ­Added Tax and Direct Taxation, S. 673 (S. 683); Schmidt, Konsumbesteuerung durch Mehrwertsteuer, S. 227.  545 Vergleiche PWC, Study to Increase the Understanding of the Economic Effects of the VAT Exemption for Financial and Insurance Services, S. 19 f.; entsprechend Lejeune/Stevens/Killer, in: Lang/Melz/Kristoffersson, Value A ­ dded Tax and Direct Taxation, S. 673 (S. 683); Hamacher/Haustein, UR 2007, 837 (837). Die Bedeutung

135

A.  Kreditgewährung im geltenden Mehrwertsteuersystem

Die optionale Möglichkeit der Mitgliedstaaten zur Behandlung einer Innendienstleistung wie eine Dienstleistung, die in Art. 27 MwStSyst-RL vorgesehen ist, soll realiter der ausgeführten Anreizwirkung kaum entgegenwirken.546 Eine partielle Abmilderung der negativen Folgewirkungen, etwa der Benachteiligung typischerweise kleinerer Unternehmungen oder der Effizienzminderung, durch die Möglichkeit der Bildung einer Kostenteilungsgemeinschaft ist für Finanzdienstleistungen zudem gerade ausgeschlossen.547 Angemerkt sei zuletzt, dass sich aus der Steuerbefreiungskonzeption neben dem Anreiz zu vertikaler Integration für den Kreditgeber zudem ein Anreiz ergibt, länger von arbeitssparenden Investitionen abzusehen, weil diese Investitionen, anders als der Einsatz der eigenen Arbeitskraft, der Vorsteuerbelastung unterliegen.548 Eine Substitution erfolgt aufgrund der Ausgestaltung des Steuersystems grundsätzlich erst, sobald die Kosteneinsparung infolge der Arbeitseinsparung, die zusätzliche Vorsteuerbelastung der arbeitssparenden Investition übersteigt. Diese Anreizwirkung zeigt sich vor dem Neutralitätsprinzip und dem Effizienzpostulat genauso fragwürdig, wie die Anreizwirkung zu vertikaler Integration. (2) Anreiz zu Steuergestaltungen Die Versagung des Vorsteuerabzugsrechts infolge der Steuerbefreiung der Kreditgewährungsleistung reizt die Kreditgeber weiter zu Steuergestaltungen, die mit einer Verringerung der Vorsteuerbelastung einhergeder Auslagerung gewisser Tätigkeiten zur Erhaltung der Wettbewerbsfähigkeit zugestehend zudem Europäische Kommission, KOM (2007) 747 endgültig/2, S. 3 f. 546 Vergleiche so de la Feria/Walpole, International and Comparative Law Quarterly 2009, 897 (911). 547 So EuGH, v. 21.9.2017, Rs. C-326/15 (DNB Banka), ECLI:­EU:­C:­2017:719.  Zur gescheiterten politischen Forderung einer kurzfristigen Lösung im Rahmen der sog. Quick-Fixes, Murchner/Haydl, IStR 2019, 635 (635). Auch die Möglichkeit zur Organschaftsbildung ist richtigerweise bereits grundsätzlich nicht geeignet dem tauglich entgegenzuwirken. Eingehend Reiß, IStR 2003, 515 (517). Zudem ist eine umsatzsteuerliche Organschaft nicht in jedem Mitgliedstaat vorgesehen. Zum Wahlrecht vergleiche Art. 11 I MwStSystRL. 548 Vergleiche Englisch, in: de la Feria, VAT Exemptions, S. 37 (S. 85); ders., in: Tipke/ Lang, Steuerrecht, § 17 Rz. 207; Gendron, Bulletin for International Taxation 2008, 494 (498). Zur dringenden Notwendigkeit etwa von Investitionen in Automatisierungsprozesse im Zeitalter der Digitalisierung Beretta, International VAT Monitor 2018, 142 (145). Zudem ergeben sich weitere Anreizwirkungen in Bezug auf die Organisationsgestaltungen der nachfolgenden Unternehmer. So ist es möglicherweise für nachfolgende Unternehmer aufgrund der Vorsteuerbelastung der Finanzdienstleistungen vorteilhaft diese Leistungen in die eigene Organisation zu integrieren, vergleiche Stiglitz/Schönfelder, Finanzwissenschaft, S. 576. 

136

IV.  Mehrwertsteuerbefreiung der Kreditgewährung

hen.549 Eine derartige Steuergestaltung zur Verringerung der Vorsteuerbelastung ist zum Beispiel die Herbeiführung einer Organschaft oder auch die Manipulation von Leistungsbezügen und Leistungsentgelten sowohl auf der Eingangs- als auch auf der Ausgangsseite.550 Die Möglichkeiten zur Verringerung einer Vorsteuerbelastung potenzieren sich überdies, zieht man grenzüberschreitende Steuergestaltungen in seine Betrachtung ein.551 So kann sich eine merkliche Minderung der Vorsteuerbelastung zum Beispiel durch eine Sitzverlegung in einen anderen Mitgliedstaat mit einem geringeren Steuersatz, einer großzügigeren Handhabung des Anwendungsbereichs der Steuerbefreiungsvorschrift oder der Vorsteueraufteilung ergeben.552 Weitergehend ist sogar eine gänzliche Vermeidung der Vorsteuerbelastung möglich, wenn die Vorleistungen aus dem Drittlandsgebiet bezogen werden.553 Der Anreiz zur Steuergestaltung steigert die Komplexität der Besteuerung und einhergehend primär die Steuererhebungskosten der Steuerverwaltung.554 Aus der Ausnutzung von Steuergestaltungsmöglichkeiten können sich, gerade im grenzüberschreitenden Kontext, ferner weitergehende Wettbewerbsverzerrungen ergeben.555 d) Folgen für die Steuerverwaltung und das Steueraufkommen Neben der Betrachtung der Folgewirkungen der Steuerbefreiungskonzeption eigens in Bezug auf den Kreditgeber, ist weiter eine Betrachtung der Folgewirkungen geboten, welche sich eigens in Bezug auf die Steuerverwaltung und das Steueraufkommen ergeben.

549 Vergleiche Englisch, in: FS Bundesfinanzhof, S. 1491 (S. 1519 f.); de la Feria, ec Tax Review 2007, 74 (76); Schmidt, Konsumbesteuerung durch Mehrwertsteuer, S. 227.  550 Vergleiche Englisch, in: Tipke/Lang, Steuerrecht, § 17 Rz. 207; Schmidt, Konsumbesteuerung durch Mehrwertsteuer, S. 228; de la Feria/Walpole, International and Comparative Law Quarterly 2009, 897 (909). 551 Vergleiche Schmidt, Konsumbesteuerung durch Mehrwertsteuer, S. 228.  552 Vergleiche PWC, Study to Increase the Understanding of the Economic Effects of the VAT Exemption for Financial and Insurance Services, S. 13; Institute for Fiscal Studies, Tax by Design – The Mirrlees Review, S. 196; Amand, ERA Forum 2008, 357 (360). Zur Problematik der Höhe der Steuersätze siehe zudem Friedrich-­Vache, Verbrauchsteuerkonforme Umsatzbesteuerung von Finanzdienstleistungen, S. 60 f. 553 Vergleiche hier nur Huizinga, Economic Policy 2002, 499 (509). Eingehend zu diesem Aspekt sogleich S. 145 ff. 554 Vergleiche Englisch, in: Tipke/Lang, Steuerrecht, § 17 Rz. 207. Zudem S. 138 ff. 555 Vergleiche Englisch, in: FS Bundesfinanzhof, S. 1491 (S. 1519 f.).

137

A.  Kreditgewährung im geltenden Mehrwertsteuersystem

aa) Erhöhung der Steuererhebungskosten Die Komplexität der Steueranwendung wirkt sich keineswegs nur auf die Steuerbefolgungskosten des Steuerpflichtigen, sondern gleichermaßen auch auf die Steuererhebungskosten der Steuerverwaltung aus. Die Steuerverwaltung hat die Anwendung respektive Nichtanwendung der Steuerbefreiungsvorschrift durch den Steuerpflichtigen, dessen Vorsteueraufteilung sowie dessen Steuergestaltungsmodelle zu prüfen.556 Das Ergebnis ist regelmäßig ein langwieriger und aufwendiger Verhandlungsprozess, welcher, wie zuvor bereits ausgeführt worden ist, ebenso regelmäßig mit einer gerichtlichen Auseinandersetzung endet.557 Die entsprechenden Steuererhebungskosten steigern, wie schon die Steuerbefolgungskosten des Steuerpflichtigen, entgegen der Maßgabe der verwaltungstechnischen Einfachheit die sichtbare Zusatzlast der Besteuerung.558 bb) Negative Aufkommenswirkung Die Steuerbefreiung der Kreditgewährungsleistung ist fraglos weiter mit einer Einwirkung auf die Höhe des generierten Steueraufkommens verknüpft. Aufgrund der Versagung des Vorsteuerabzugsrechts, welche grundsätzlich aus der Steuerbefreiung der Kreditgewährungsleistung folgt, zeigt sich diese Einwirkung gleichwohl keineswegs als eindeutig. Dargelegt worden ist, dass es grundsätzlich zu einer Erhöhung des Steueraufkommens gegenüber dem Fall einer Vollbesteuerung der Kreditgewährungsleistung kommt, wenn die Erbringung der Kreditgewährungsleistung auf einer zwischengelagerten Leistungsstufe erfolgt.559 Diese Erhöhung ergibt sich zum einen aus der Doppelbesteuerung der Vorleistungen des Kreditgebers sowie zum anderen aus der systemwidrigen zusätzlichen Besteuerung der Vorsteuerbelastung. Liegt eine Inanspruchnahme der Kreditgewährungsleistung zu konsumtiven Zwecken vor, generiert die Eingangsbesteuerung der Vorleistungen des Kreditgebers 556 Vergleiche de la Feria, ec Tax Review 2007, 74 (78); sowie gleichermaßen de la Feria/Walpole, International and Comparative Law Quarterly 2009, 897 (908). 557 Vergleiche zudem Lejeune/Stevens/Killer, in: Lang/Melz/Kristoffersson, Value ­Added Tax and Direct Taxation, S. 673 (S. 685); de la Feria/Walpole, International and Comparative Law Quarterly 2009, 897 (908); de la Feria, ec Tax Review 2007, 74 (78). 558 Zurecht wird angemerkt, dass es gleichwohl auch bezüglich dieses Aspekts an einer (gesonderten) Quantifizierung mangele, vergleiche so explizit de la Feria, ec Tax Review 2007, 74 (78). Zudem gleichermaßen aus kanadischer Perspektive Gendron, Canadian Tax Journal, 2014, 401 (407). 559 Eingehend bereits S. 117 ff. Vergleiche zudem auch im Folgenden Henderson, New England Economic Review 1988, 37 (43 ff.).

138

IV.  Mehrwertsteuerbefreiung der Kreditgewährung

dagegen grundsätzlich weniger Steueraufkommen als eine Vollbesteuerung der entsprechenden Ausgangsleistung. Neben diesen entgegengesetzten Einwirkungen können sich weitere Aufkommenseinwirkungen insbesondere aus der Handhabung der Vorsteueraufteilung, aus steuerbefreiungsbedingten Steuergestaltungen sowie der Inanspruchnahme eines Optionsrechts ergeben.560 Soll eine Bemessung der absoluten Einwirkung der Steuerbefreiung auf das Steueraufkommen erfolgen, müssen richtigerweise sämtliche dieser angeführten Einwirkungen in der Betrachtung zusammengefasst werden.561 Die Forschungen zur Bemessung der absoluten Aufkommenseinwirkung der Steuerbefreiungen kommen überwiegend zu dem Ergebnis, dass aus den Steuerbefreiungen der Finanzdienstleistungen eine Aufkommensminderung resultiert.562 Bezüglich der Höhe der Aufkommensminderung respektive der Aufkommenssteigerung im Fall der Abschaffung der Steuerbefreiungen zeigen die Forschungen allerdings zum Teil erhebliche Divergenzen. In einem bereits älteren Forschungsbeitrag bemessen Genser/Winker unter Zugrundelegung nationaler Daten aus dem Jahr 1994 die nationale Aufkommensminderung infolge der Steuerbefreiungen der Finanzdienstleistungen auf 9,72 Milliarden €.563 In einem neueren Forschungsbeitrag 560 So in Bezug auf die Handhabung der Vorsteueraufteilung Huizinga, Economic ­Policy 2002, 499 (501); de la Feria, ec Tax Review 2007, 74 (76). 561 Zu zusätzlichen „externen“ Faktoren, wie etwa der wirtschaftlichen Bedeutung des Finanzdienstleistungssektors, s. de la Feria, ec Tax Review 2007, 74 (76). 562 Vergleiche so Yilmaz/Baydur, VAT Treatment of the Financial Services, S. 43 f.; Büttner/Erbe, International Tax and Public Finance 21 (2014), 1028; Huizinga, Economic Policy 2002, 499 (517 ff.); Genser/Winker, Finanzarchiv 54 (1997), 563. Anderer Auffassung dagegen Lockwood, in: PWC, How the EU VAT exemptions impact the banking sector, S. 105. Nach Lockwood würde die Aufhebung der Steuerbefreiungen auf europäischer Ebene (EU-26) für die Jahre 2000-2007, je nach zugrunde gelegten Daten und in Abhängigkeit von der Elastizität der Nachfrage, mit einer Aufkommensminderung von durchschnittlich 6,460 bis zu 7,647 Milliarden € einhergehen können. Weniger eindeutig in Bezug auf die Aufkommensveränderung Henderson, New England Economic Review 1988, 37 (43 ff.). Für eine weitere überblickartige Zusammenfassung siehe Kerrigan, in: Chaudhry/Mullineux, Taxing Banks Fairly, S. 127 (S. 134). 563 Vergleiche Genser/Winker, Finanzarchiv 54 (1997), 563 (581). Bezieht man diese Aufkommensminderung, wie sogleich von Büttner/Erbe vorgenommen, auf das generierte Umsatzsteueraufkommen aus dem Jahr 1994 ohne Einbeziehung des Steueraufkommens aus der Einfuhrumsatzbesteuerung, so ergäbe sich im Fall der Abschaffung der Steuerbefreiungen eine Aufkommenssteigerung um ca. 9,74%. Die Abweichung dieser prozentualen Angabe zu der Angabe von Büttner/Erbe, die bezüglich der Forschung von Genser/Winker von einer Aufkommenssteigerung

139

A.  Kreditgewährung im geltenden Mehrwertsteuersystem

kommen Büttner/Erbe unter Zugrundelegung nationaler Daten aus dem Jahr 2007 für den Fall der Abschaffung der Steuerbefreiungen zu einer möglichen nationalen Aufkommenssteigerung in Höhe von 1,698 Milliarden € beziehungsweise 1,3% des Umsatzsteueraufkommens (ohne Einbeziehung des Steueraufkommens aus der Einfuhrumsatzbesteuerung).564 Auf europäischer Ebene ist der Beitrag von Huizinga zu erwähnen, der für die gesamten europäischen Mitgliedstaaten (EU-15), allerdings unter Ausklammerung von Luxemburg und Irland, gestützt auf Daten aus dem Jahr 1998, eine mögliche Aufkommenssteigerung von ca. 12 Milliarden € ableitet.565 Eine Studie der Europäischen Kommission im Zusammenhang mit der Einführung einer Finanztransaktionsteuer gibt weiter an, dass sich aus den Steuerbefreiungen der Finanzdienstleistungen im Jahr 2009 eine Aufkommensminderung von schätzungsweise 18 Milliarden € ergeben haben könnte.566 Die aufgezeigten Divergenzen gründen wenigstens partiell in den Annahmen, die den jeweiligen Auseinandersetzungen etwa in Bezug auf die Zusammensetzung der Ausgangsleistungen oder die Vorsteueraufteilung zugrunde gelegt wurden sowie in den verwendeten Datensätzen und Bezugspunkten.567 Die angeführten Studien belegen gleichwohl, dass jeden-

um 8,3% ausgehen [vergleiche Büttner/Erbe, International Tax and Public Finance 21 (2014), 1028 (1029)] ergibt sich zum einen aus dem Rückgriff auf die genauere Angabe von 9,72 Milliarden € statt der im Rahmen der Zusammenfassung von Genser/Winker angeführten 10 Milliarden €, sowie dem geänderten Bezugspunkt, den hier zur besseren Vergleichbarkeit nur das generierte Umsatzsteueraufkommen ohne Einbeziehung der Einfuhrumsatzbesteuerung darstellt. 564 So Büttner/Erbe, International Tax and Public Finance 21 (2014), 1028 (1040); Büttner/Erbe, ifst-Schrift 502 (2015), S. 65 (S. 75 f.). 565 S. Huizinga, Economic Policy 2002, 499 (517 ff.). 566 S. Europäische Kommission, Commission Staff Working Paper – Impact Assessment, SEC (2011) 1102 final, Vol. 6, Annex 5. Vergleiche in diesem Zusammenhang des Weiteren PWC, How the EU VAT exemptions impact the banking sector, S. 72 f.; sowie Kerrigan, in: Chaudhry/Mullineux, Taxing Banks Fairly, S. 127 (S. 134). Hervorgehoben sei an dieser Stelle, dass entgegen der teilweisen Interpretation dieser Studie die Aufkommensminderung keineswegs ein Vorteil ist, der den Finanzinstituten zugutekommt. Die Mehrwertbesteuerung zielt ihrer Rechtfertigung und Belastungskonzeption zufolge gerade nicht auf die steuerliche Belastung des leistungserbringenden Finanzinstituts ab, vergleiche entsprechend Wäger, DStR 2012, 1829 (1831). Fehlgehend daher ua. die Erwägungen von Weber, vergleiche Weber, UVR 2012, 44 (45). 567 Vergleiche Büttner/Erbe, International Tax and Public Finance 21 (2014), 1028 (1038 f.); Lockwood, in: PWC, How the EU VAT exemptions impact the banking sector, S. 9; sowie weiter Kerrigan, in: Chaudhry/Mullineux, Taxing Banks Fairly, S. 127 (S. 134 f.); de la Feria/Krever, in: de la Feria, VAT Exemptions, S. 3 (Fn. 110).

140

IV.  Mehrwertsteuerbefreiung der Kreditgewährung

falls in Bezug auf die insgesamt negative Aufkommenswirkung der Steuerbefreiungsvorschriften eine weitgehende Einigkeit gegeben ist. Erfolgt die Erbringung der Kreditgewährungsleistung im innergemeinschaftlichen Kontext, kann es weiter zu einer Verschiebung von Steueraufkommen zwischen den Mitgliedstaaten kommen, die dem Bestimmungslandprinzip widerspricht.568 cc) Risiko der Ausdehnung der Steuerbefreiungsvorschrift Angemerkt wird zum Teil im Übrigen, dass die Implementierung von Steuerbefreiungsvorschriften stets mit dem Risiko einhergehe, dass eine weitere vertikale sowie horizontale Ausdehnung der Steuerbefreiungsvorschriften auf bislang steuerpflichtige Leistungen verlangt werde (sog. Phänomen der „creeping exemptions“).569 Erfolgt die verlangte Ausdehnung der Steuerbefreiungsvorschriften, ergibt sich va. ein zusätzlicher Widerspruch zum Verbrauchsteuerprinzip. Entgegen der Maßgabe einer gleichmäßigen und entsprechend allgemeinen Mehrwertsteuerbelastung der Verbrauchsaufwendungen, wird die Steuerbemessungsgrundlage durch eine Ausdehnung der Steuerbefreiungsvorschriften weiter eingeengt.570 Aus ökonomischer Perspektive soll eine Einengung der Steuerbemessungsgrundlage grundsätzlich eine Effizienzminderung begründen.571 e) Folgen im grenzüberschreitenden Kontext Ergänzt man die vorangegangene Betrachtung um grenzüberschreitende Fallgestaltungen, die sich gerade aufgrund der steigenden Mobilität der Finanzdienstleistungen von steigender praktischer Relevanz zeigen, so verstärken sich die negativen Folgewirkungen der Steuerbefreiungskon-

568 Eingehend zu diesem Aspekt Kerrigan, in: Chaudhry/Mullineux, Taxing Banks Fairly, S. 127 (S. 138 ff.); sowie sogleich im Folgenden. Vergleiche zudem Ebrill/ Keen/Bodin/Summers, The Modern VAT, S. 88; Ismer, in: Schön/Röder, Zukunftsfragen des deutschen Steuerrechts II, S. 95 (S. 110); Englisch, in: de la Feria, VAT Exemptions, S. 37 (S. 84); Cnossen, European Taxation 2003, 434 (436). 569 S. grundlegend Ebrill/Keen/Bodin/Summers, The Modern VAT, S. 89. Vergleiche zudem in Bezug auf die Steuerbefreiungen der Finanzdienstleistungen konkret de la Feria/Walpole, International and Comparative Law Quarterly 2009, 897 (911); de la Feria, ec Tax Review 2007, 74 (79). 570 Vergleiche de la Feria/Walpole, International and Comparative Law Quarterly 2009, 897 (911); de la Feria, ec Tax Review 2007, 74 (79). 571 Vergleiche Cnossen, European Taxation 2003, 434 (435); de la Feria/Walpole, International and Comparative Law Quarterly 2009, 897 (910 f.).

141

A.  Kreditgewährung im geltenden Mehrwertsteuersystem

zeption ganz überwiegend.572 Eine zumindest partielle Minderung der Verzerrungswirkungen ergibt sich dagegen soweit die Versagung des Vorsteuerabzugsrechts des Kreditgebers in Fallgestaltungen mit Drittlandsbezug nach § 15 III Nr. 1 lit. b, Nr. 2 lit. b UStG wieder aufgehoben wird. aa) Verzerrungswirkungen bei innergemeinschaftlichen Fallgestaltungen Ist der Empfänger der Kreditgewährungsleistung in einem anderen Mitgliedstaat ansässig als der Kreditgeber, ist die Steuerbarkeit der Leistung den allgemeinen Besteuerungsregelungen zufolge, in Abhängigkeit von dem Zweck des Leistungsbezugs, grundsätzlich entweder am Ansäs­ sigkeitsort des Leistungsempfängers oder aber am Ansässigkeitsort des Kreditgebers gegeben.573 Eine Erfassung am Ansässigkeitsort des Leistungsempfängers erfolgt gemäß § 3a II UStG dann, wenn der Leistungsempfänger ein Unternehmer oder eine gleichgestellte Person ist und die Kreditgewährungsleistung für unternehmerische oder gleichgestellte Zwecke bezogen wird.574 Dient die Inanspruchnahme der Kreditgewährungsleistung hingegen konsumtiven Zwecken und ist keine Sonderregelung einschlägig, gilt die Kreditgewährungsleistung gemäß § 3a I UStG grundsätzlich als am Ansässigkeitsort des Kreditgebers ausgeführt.575 Aufgrund der verbindlichen Befreiungsvorgabe der Mehrwertsteuersystemrichtlinie ist die Kreditgewährungsleistung sodann gleichwohl in sämtlichen Mitgliedstaaten von der Mehrwertbesteuerung ausgenommen.

572 Vergleiche zur Bedeutung grenzüberschreitender Leistungen Zee, National Tax Journal 2005, 77 (80); Amand, ERA Forum 2008, 357 (360 f.); Friedrich-Vache, Verbrauchsteuerkonforme Umsatzbesteuerung von Finanzdienstleistungen, S. 68.  573 S. hierzu und im Folgenden sowie zu den zugrundeliegenden verbindlichen Vor­ gaben der Mehrwertsteuersystemrichtlinie eingehend Englisch, in: Tipke/Lang, Steuerrecht, § 17 Rz. 433 ff. Die nachfolgende kurze Darlegung ist aufgrund der Ausrichtung der Auseinandersetzung auf die zwei grundsätzlichen Regelungen zur Leistungsortsbestimmung bei sonstigen Leistungen begrenzt. Zu Sonderregelungen sowie zur Leistungsortbestimmung bei Lieferungen, vergleiche Englisch, in: Tipke/ Lang, Steuerrecht, § 17 Rz. 440 ff. bzw. Rz. 402 ff. 574 So die zwingende Vorgabe des Art. 44 MwStSystRL. Dieser Vorgabe entsprechend erfolgt gemäß § 3a II 1 UStG die Erfassung grundsätzlich am Sitzort des Leistungsempfängers (vgl. Art. 10 MwStVO). Wird die Leistung an eine Betriebsstätte des Leistungsempfängers (vgl. Art. 11 MwStVO) ausgeführt, ist nach § 3a II 2 UStG dagegen der Ort der Betriebsstätte maßgebend. 575 So die zwingende Vorgabe des Art. 45 MwStSystRL. Dieser Vorgabe entsprechend erfolgt gemäß § 3a I 1 UStG die Erfassung grundsätzlich am Sitzort des Leistungserbringers. Wird die Leistung allerdings von einer Betriebsstätte des Leistungserbringers ausgeführt, ist der Ort der Betriebsstätte maßgebend.

142

IV.  Mehrwertsteuerbefreiung der Kreditgewährung

Weiter ist das Vorsteuerabzugsrecht des Kreditgebers bei einer inner­ gemeinschaftlichen Leistungserbringung, wie bei einer rein inner­ staatlichen Leistungserbringung, mangels entsprechender Rückausnahmeregelung, gemäß § 15 II 1 UStG ausgeschlossen.576 Demzufolge ergibt sich auch bei einer innergemeinschaftlichen Leistungserbringung eine Steuerbelastung der Kreditgewährungsleistung in Höhe der endgültigen Vorsteuerbelastung der eingesetzten Vorleistungen. Diese sogenannte Eingangsbesteuerung erfolgt dabei in dem Mitgliedstaat, in dem die Vorleistungen als ausgeführt gelten. Die dargetane gesetzliche Konzeption geht, wie bereits wohl erkannt worden ist, mit gravierenden Wettbewerbsverzerrungen zwischen den einzelnen Mitgliedstaaten zugunsten derjenigen Mitgliedstaaten einher, die ein besonders günstiges Besteuerungsregime in Bezug auf die Besteuerung der eingesetzten Vorleistungen und somit auf die Steuerbelastung der Kreditgewährungsleistung aufzeigen.577 Als günstig kann in diesem Zusammenhang ein Besteuerungsregime mit möglichst geringen Steuersätzen, einer günstigen Auslegung des Anwendungsbereichs der Steuerbefreiungsvorschrift oder etwa einer großzügigen Handhabung der Vorsteueraufteilungsregelungen angesehen werden.578 Aufgrund der geringeren Vorsteuer- und somit Kostenbelastung kann der Kreditgeber die Kreditgewährungsleistung zu einem entsprechend günstigeren Preis anbieten.579 Die Kreditgeber mit Ansässigkeit in Mit­ gliedstaaten mit einem günstigeren Besteuerungsregime erlangen so ge576 Zur Versagung des Vorsteuerabzugsrechts nach § 15 II 1 Nr. 1 UStG bei einem Leistungsort im Inland und der Versagung nach § 15 II 1 Nr. 2 UStG bei einer Leistungsausführung im Ausland bereits S. 106 ff. Eingehend zudem Friedrich-Vache, Verbrauchsteuerkonforme Umsatzbesteuerung von Finanzdienstleistungen, S. 57 ff. 577 Vergleiche Englisch, in: FS Bundesfinanzhof, S. 1491 (S. 1519); ders., in: de la Feria, VAT Exemptions, S. 37 (S. 85); Friedrich-Vache, Verbrauchsteuerkonforme Umsatzbesteuerung von Finanzdienstleistungen, S. 60 f.; Heidemann, Die Umsatzsteuerbefreiungen von Finanzdienstleistungen, S. 34; Amand, ERA Forum 2008, 357 (361); Huizinga, Economic Policy 2002, 499 (509). Zu einem teils divergierenden Befragungsergebnis wohl aufgrund von sonstigen Aspekten jenseits der Besteuerungskonsequenzen, vergleiche PWC, Study to Increase the Understanding of the Economic Effects of the VAT Exemption for Financial and Insurance Services, S. 26 f. 578 Zum Vorsteuerabzugsrecht Huizinga, Economic Policy 2002, 499 (509). Zur Vorteilhaftigkeit niedriger Steuersätze Friedrich-Vache, Verbrauchsteuerkonforme Umsatzbesteuerung von Finanzdienstleistungen, S. 61; Heidemann, Die Umsatzsteuerbefreiungen von Finanzdienstleistungen, S. 34 f. Zudem grundsätzlich Englisch, in: FS Bundesfinanzhof, S. 1491 (S. 1519). 579 Vergleiche Huizinga, Economic Policy 2002, 499 (509); Heidemann, Die Umsatzsteuerbefreiungen von Finanzdienstleistungen, S. 35. 

143

A.  Kreditgewährung im geltenden Mehrwertsteuersystem

genüber Kreditgebern in sonstigen Mitgliedstaaten einen potentiell gewichtigen Wettbewerbsvorsprung. Die gesetzliche Konzeption bewirkt somit eine innergemeinschaftliche Wettbewerbsverzerrung, die sowohl dem Neutralitätsprinzip sowie zugleich der Effizienzmaßgabe widerspricht. Korrespondierend zeigt sich für die Empfänger der Kreditgewährungsleistung grundsätzlich ein prinzipienwidriger Anreiz die Kreditgewährungsleistung gerade von diesen Kreditgebern statt von Kreditgebern in Mitgliedstaaten mit einem weniger günstigen Besteuerungsregime nachzufragen. Aus standortpolitischen Erwägungen könnte in weiterer Folge ein fragwürdiger Kampf um das günstigste Besteuerungsregime mit weitergehenden Verzerrungswirkungen zwischen den Mitgliedsländern hervorgerufen werden.580 Aufgrund der angeführten Verzerrungswirkungen ist es zudem möglich, dass die Steuerabwälzung der Kreditgeber, die aufgrund der Ausgestaltung des einschlägigen Besteuerungsregimes (vorläufig) eine höhere Vorsteuerbelastung zu tragen haben, möglicherweise entgegen dem Neutralitätsprinzip nur noch anteilig gelingt.581 Daneben ergibt sich aus der gesetzlichen Besteuerungskonzeption eine innergemeinschaftliche Aufkommensverschiebung. Als sachgerechtes Prinzip der Zuordnung von Besteuerungsbefugnissen ist in Bezug auf die Verbrauchsbesteuerung das Bestimmungslandprinzip akzeptiert.582 Die Verbrauchsbesteuerung soll dementsprechend grundsätzlich dort erfolgen, wo sich die Verwendung der Leistung ereignet.583 Im Fall der Kreditgewährungsleistung erfolgt die Besteuerung aber entgegen dieser Maßgabe in dem Mitgliedstaat, in dem die Eingangsleistungen als ausgeführt gelten, also regelmäßig am Ansässigkeitsort des Kreditgebers.584 Das Ergebnis ist eine innergemeinschaftliche Aufkommensverschiebung entge-

580 So Englisch, in: FS Bundesfinanzhof, S. 1491 (S. 1519 f.). Zudem ebenso Huizinga, Economic Policy 2002, 499 (509). 581 Vergleiche Friedrich-Vache, Verbrauchsteuerkonforme Umsatzbesteuerung von Finanzdienstleistungen, S. 59.  582 Vergleiche OECD, International VAT/GST Guidelines, Kapitel 1 Rz. 1.11; Schenk/ Thuronyi/Cui, Value A ­ dded Tax, S. 195 f.; Englisch, in: Tipke/Lang, Steuerrecht, § 17 Rz. 394.  583 Zum Bestimmungslandprinzip OECD, International VAT Guidelines, 2015, Kapitel 1 Rz. 1.8 f.; Englisch, in: Tipke/Lang, Steuerrecht, § 17 Rz. 393 ff.; Reiß, in: Reiß/Kraeusel/Langer, EL Jan. 2015, Einführung, Rz. 30. 584 Vergleiche Ismer, in: Schön/Röder, Zukunftsfragen des deutschen Steuerrechts II, S. 95 (S. 110); Kerrigan, in: Chaudhry/Mullineux, Taxing Banks Fairly, S. 127 (S. 138); Friedrich-Vache, Verbrauchsteuerkonforme Umsatzbesteuerung von Finanzdienstleistungen, S. 60 bzw. 61.

144

IV.  Mehrwertsteuerbefreiung der Kreditgewährung

gen dem Bestimmungslandprinzip zugunsten derjenigen Mitgliedsländer mit einem höheren Ansässigkeitsanteil an Kreditgebern.585 Diese innergemeinschaftliche Aufkommensverschiebung sowie die zuvor dargetanen Neutralitätswidrigkeiten gründen im Fall einer konsumtiven Leistungsinanspruchnahme allerdings richtigerweise zugleich bereits in der Ortsbestimmung nach dem Herkunftslandprinzip, die bislang aus Vereinfachungszwecken weitgehend hingenommen worden ist. Entsprechend können im jetzigen Zeitpunkt nur die Folgewirkungen im Fall der sonstigen Leistungsinanspruchnahme als spezielle Folgewirkungen der Steuerbefreiungskonzeption angesehen werden. Mit den gegenwertigen Bestrebungen zur Implementierung eines endgültigen Mehrwertsteuersystems ist perspektivisch dagegen wohl eine andere Einordnung geboten.586 Soll die Leistungsortbestimmung zukünftig losgelöst vom Zweck des Leistungsbezugs dem Bestimmungslandprinzip folgen, steht die Beibehaltung der geltenden Steuerbefreiungskonzeption zu dieser dringend notwendigen Entwicklung in einem eindeutigen Widerspruch. bb) Verzerrungswirkungen bei Fallgestaltungen mit Drittlandsbezug Liegt eine Kreditgewährungsleistung mit Bezug zum Drittlandsgebiet vor, gelten bezüglich der Leistungsortsbestimmung die bereits zur innergemeinschaftlichen Leistungserbringung angemerkten Regelungen. Bezüglich der Einordnung der Steuerbefreiungskonzeption soll im Folgenden eine Differenzierung zwischen dem Exportfall und dem Importfall der Kreditgewährungsleistung vorgenommen werden.587 Für den Exportfall ist die maßgebliche Abweichung zur innergemeinschaftlichen Leistungserbringung, dass die Versagung des Vorsteuerabzugsrechts durch die Rückausnahmeregelungen des § 15 III Nr. 1 lit. b, 585 Eingehend zum Aspekt der Aufkommensverschiebung Kerrigan, in: Chaudhry/ Mullineux, Taxing Banks Fairly, S. 127 (S. 137 ff.). Der Problematik gleichfalls gewahr Europäische Kommission, SEK (2007) 1555, S. 3. Zum Verstoß gegen das Bestimmungslandprinzip vergleiche zudem Ebrill/Keen/Bodin/Summers, The ­ Modern VAT, S. 88.  586 Auf dem Weg zu der Verwirklichung eines endgültigen Mehrwertsteuersystems, vergleiche zunächst die sog. Quick-Fixes nach der Richtlinie (EU) 2018/1910 des Rates, v. 4.12.2018 zur Änderung der Richtlinie 2006/112/EG in Bezug auf die Harmonisierung und Vereinfachung bestimmter Regelungen des Mehrwertsteuersystems zur Besteuerung des Handels zwischen Mitgliedstaaten, ABl. 2018, L 311/3. Zu weiteren Bestrebungen in diesem Zusammenhang hier nur überblicksartig Becker, MwStR 2018, 681.  587 Die Differenzierung folgt Friedrich-Vache, Verbrauchsteuerkonforme Umsatzbesteuerung von Finanzdienstleistungen, S. 63 ff.

145

A.  Kreditgewährung im geltenden Mehrwertsteuersystem

Nr. 2 lit. b UStG wieder aufgehoben wird.588 Erfolgt die Kreditgewährungsleistung an einen im Drittlandsgebiet ansässigen Leistungsemp­ fänger, trägt die Kreditgewährungsleistung entsprechend gar keine Steuerbelastung. Die nunmehr echte Mehrwertsteuerbefreiung verfolgt den Zweck die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Kreditgeber gegenüber Kreditgebern aus dem Drittlandsgebiet zu gewährleisten.589 Ohne eine derartige Regelung ergäbe sich eine Benachteiligung gegenüber Kreditgebern aus dem Drittlandsgebiet, da in den dortigen Steuerrechtsordnungen zum Teil gar keine Besteuerung der Vorleistungen, ein pauschaler Vorsteuerabzug oder eine Besteuerung der Vorleistungen mit einem geringeren Steuersatz erfolgt.590 Für den Exportfall beseitigt die echte Mehrwertsteuerbefreiung die prinzipienwidrige Wettbewerbsverzerrung, die sich im Übrigen zulasten der europäischen Kreditgeber ergeben würde.591 Zudem kommt es bei einer echten Mehrwertsteuerbefreiung nicht zu einer Kumulationswirkung, sodass auch die in diesem Zusammenhang festgestellten Abweichungen von den Besteuerungsprinzipien wegfallen. Entgegen zeigt sich bei konsumtiver Verwendung der Kreditgewährungsleistung, aufgrund der vollständigen Steuerbelastungsfreiheit, allerdings eine Vertiefung der Abweichung vom Verbrauchsteuerprinzip. Erfolgt ein Import der Kreditgewährungsleistung aus dem Drittlandsgebiet durch einen privaten Leistungsempfänger, liegt der Leistungsort der Kreditgewährungsleistung grundsätzlich im Drittlandsgebiet. In den dortigen Rechtsordnungen ist regelmäßig eine vergleichbare echte Mehrwertsteuerbefreiung von Leistungen mit Drittlandsbezug vorgesehen, wenn überhaupt zuvor eine Mehrwertbesteuerung der Vorleistungen vorgenommen worden ist.592 Entsprechend ist die Kreditgewährungsleistung aus dem Drittlandsgebiet regelmäßig mit keiner Vorsteuerbelastung ver588 Zu den Rückausnahmeregelungen siehe zuvor bereits S. 106 ff. 589 Vergleiche Schlussanträge GA Jässkinen, v. 20.5.2010, Rs. C-582/08 (Kommission/ Vereinigtes Königreich), ECLI:­EU:­C:­2010:286, Rz. 33 f. Diese Ausführungen aufgreifend EuGH, v. 15.7.2010, Rs. C-582/08 (Kommission/Vereinigtes Königreich), ECLI:­EU:­C:­2010:429, Rz.  39.  Zudem Henkow, Financial Activities in European VAT, S. 286; Englisch, in: Tipke/Lang, Steuerrecht, § 17 Rz. 346; Reiß, IStR 2003, 515 (517). 590 Hierzu Englisch, in: de la Feria, VAT Exemptions, S. 37 (S. 91 f.), der explizit auf die im internationalen Vergleich hohen Steuersätze in den Mitgliedstaaten und die einhergehende Benachteiligung der europäischen Anbieter hinweist. 591 So Englisch, in: de la Feria, VAT Exemptions, S. 37 (S. 91 f.); Friedrich-Vache, Verbrauchsteuerkonforme Umsatzbesteuerung von Finanzdienstleistungen, S. 65.  592 Für einzelne, beispielhafte Länderpraktiken vergleiche im Folgenden S. 160 ff. Zu diesem Aspekt zugleich Friedrich-Vache, Verbrauchsteuerkonforme Umsatzsteuerbesteuerung von Finanzdienstleistungen, S. 66; Heidemann, Die Umsatzsteuerbefreiungen von Finanzdienstleistungen, S. 36.

146

IV.  Mehrwertsteuerbefreiung der Kreditgewährung

knüpft.593 Vergleichbares zeigt sich zudem im Fall des Imports der Kreditgewährungsleistung zu unternehmerischen oder gleichgestellten Zwecken. Der Leistungsort der Kreditgewährungsleistung liegt in diesem Fall zwar im Inland und dem Kreditgeber ist in der Folge im Inland der Vorsteuerabzug versagt. Im Drittlandsgebiet, wo der Kreditgeber aber regelmäßig seine Eingangsleistungen bezogen haben wird, erfolgt wie bereits angeführt zumeist entweder keine Vorleistungsbesteuerung oder aber der Kreditgeber ist wegen einer einschlägigen Rückausnahmeregelung zum Vorsteuerabzug berechtigt.594 Entsprechend ergibt sich ebenso keine Steuerbelastung der Kreditgewährungsleistung. Die aufgehobene Vorsteuerbelastung im Importfall ist ein Kosten- und somit Wettbewerbsvorsprung der Kreditgeber aus dem Drittlandsgebiet.595 Aus der Perspektive der Leistungsempfänger zeigt sich folglich ein Anreiz die Kreditgewährungsleistung aus dem Drittlandsgebiet zu beziehen.596 f) Zusammenfassung Die Steuerbefreiung der Kreditgewährungsleistung ist mit vielgestaltigen Folgewirkungen verknüpft, die gravierende Zweifel an der Ausgestaltung der geltenden Rechtslage begründen. Zuvörderst konfligiert die sich ergebende Steuerbelastung infolge der Steuerbefreiung unter Versagung des Vorsteuerabzugsrechts in gleich mehrfacher Hinsicht mit den primärrechtlichen Besteuerungsprinzipien, wobei eine Differenzierung in Abhängigkeit von dem Zweck des Leistungsbezugs und der Möglichkeit zur Abwälzung der Steuerbelastung der Eingangsleistungen angezeigt ist. Erfolgt die Inanspruchnahme der Kreditgewährungsleistung zu konsumtiven Zwecken, ist die Steuerbelastung des Leistungsempfängers, bei angenommener Steuerabwälzung, gemessen an den Konsumaufwendungen 593 Vergleiche Friedrich-Vache, Verbrauchsteuerkonforme Umsatzbesteuerung von Finanzdienstleistungen, S. 66; Heidemann, Die Umsatzsteuerbefreiungen von Finanzdienstleistungen, S. 37. 594 Hierzu und im Folgenden Friedrich-Vache, Verbrauchsteuerkonforme Umsatzbesteuerung von Finanzdienstleistungen, S. 66; Heidemann, Die Umsatzsteuerbefreiungen von Finanzdienstleistungen, S. 36 f.; Reiß, IStR 2003, 515 (517). 595 Vergleiche Edgar, in: Krever/White, GST in Retrospect and Prospect, S. 131 (S. 136); Huizinga, Economic Policy 2002, 499 (509). 596 Vergleiche de la Feria/Walpole, International and Comparative Law Quarterly 2009, 897 (911); Gendron, Bulletin for International Taxation 2008, 494 (499); Ebrill/Keen/Bodin/Summers, The Modern VAT, S. 88.

147

A.  Kreditgewährung im geltenden Mehrwertsteuersystem

zu gering. Diese eigenständige Abweichung vom Verbrauchsteuerprinzip ist gleichwohl aus Vereinfachungszwecken solange gerechtfertigt, wie aus der geltenden Steuerbefreiungskonzeption eine wirkliche Verein­ fachung der Steuererhebung hervorgeht und der Vorteil der partiellen Aufkommensgenerierung die negativen Folgewirkungen der Eingangs­ besteuerung aufwiegt. Misslingt dagegen eine Abwälzung der Steuerbelastung auf den Leistungsempfänger, widerspricht die Steuerbelastung des Kreditgebers oder aber, bei rückwärtsgerichteter Abwälzung, des Vorleistenden dem Neutralitätsprinzip. Die Auseinandersetzung ergab weiter, dass trotz gewisser Schwierigkeiten bei der praktischen Erfassung der maßgebenden Faktoren, grundsätzlich von einer Möglichkeit zur Abwälzung der Vorsteuerbelastung auf den Leistungsempfänger der Kreditgewährungsleistung ausgegangen werden kann. Liegt eine Inanspruchnahme der Kreditgewährungsleistung zu sonstigen Zwecken vor, folgt aus der geltenden Steuerbefreiungskonzeption hingegen eine zu große Steuerbelastung der entsprechenden Leistungskette. Aufgrund der Versagung des Vorsteuerabzugsrechts trägt sich zum einen eine doppelte Besteuerung der Vorleistungen des Kreditgebers und zum anderen eine systemwidrige Besteuerung der Vorsteuerbelastung zu. Diese weitere Steuerbelastung widerspricht bei Abwälzung bis zum konsumtiven Leistungsbezug dem Verbrauchsteuerprinzip, im Übrigen dem Neutralitätsprinzip. Aus ökonomischer Perspektive wird die Steuerbefreiung in diesem Zusammenhang sowohl bei konsumtiver als auch bei sonstiger Leistungs­ inanspruchnahme gerade unter Effizienzaspekten angegriffen. So geht mit der geltenden Konzeption eine neutralitätswidrige Verzerrung der Nachfrage nach der Kreditgewährungsleistung und/oder nachfolgender Leistungen einher, die das wohlfahrtsoptimale Marktergebnis beeinträchtigt. Zudem liegen Bedenken in Bezug auf die Transparenz der Besteuerung vor, da die Steuerbelastung vor allem von der intransparenten Vorsteuerbelastung des Kreditgebers abhängig ist. Neben diesen Folgewirkungen bezogen auf die Kreditgewährungsleistung und sonstige Leistungen in der Leistungskette, wurden weitere Folgewirkungen eigens bezogen auf den Kreditgeber sowie die Steuerverwaltung dargelegt. Bezüglich der Folgewirkungen für den Kreditgeber ist festgestellt worden, dass sich die Steueranwendung aufgrund von Schwierigkeiten bei der Ermittlung des Anwendungsbereichs der Befreiungsvorschrift sowie der weitgehend gebotenen Vorsteueraufteilung als sehr komplex zeigt 148

IV.  Mehrwertsteuerbefreiung der Kreditgewährung

und korrespondierend hohe Steuerbefolgungskosten begründet. Die sich ergebende Belastung des Steuerpflichtigen ist bereits mit Blick auf den primärrechtlichen Verhältnismäßigkeitsgrundsatz fragwürdig, konfligiert aber jedenfalls mit der ökonomischen Forderung der verwaltungstechnischen Einfachheit der Besteuerung. Weiter wurde herausgearbeitet, dass der Kreditgeber aufgrund der Versagung des Vorsteuerabzugsrechts zur Integration von Vorleistungen angeregt wird. Diese Anreizwirkung widerspricht in mehreren Aspekten dem Neutralitätsprinzip und kann zudem mit einer ökonomisch fragwürdigen Effizienzminderung einhergehen, wenn die eigene Leistungserbringung kein perfektes Substitut zum Fremdbezug ist. Neben der angeführten Anreizwirkung folgt aus der gesetzlichen Konzeption eine ebenso fragwürdige Anreizwirkung zur Realisierung von Steuergestaltungen, die eine Verringerung der Vorsteuerbelastung ermöglichen. Für die Steuerverwaltung ist die Steuererhebung gleichsam komplex und mit entsprechenden Steuererhebungskosten verknüpft. Bezüglich der Auswirkungen auf das Steueraufkommen wurden gegensätzliche Einwirkungen der Steuerbefreiungskonzeption ausgemacht. Nach überwiegender Auffassung soll sich infolge der Steuerbefreiung insgesamt aber eine Aufkommensminderung ergeben, wenngleich über die Höhe dieser Aufkommensminderung keine Einigkeit vorliegt. Die Erörterung der Folgewirkungen ist zuletzt um eine grenzüberschreitende Betrachtung ergänzt worden. Hier zeigte sich, dass im Fall einer grenzüberschreitenden Leistungserbringung die Steuerbefreiungskonzeption grundsätzlich weitere negative Folgewirkungen, gerade in Form von neutralitätswidrigen Wettbewerbsverzerrungen, begründet. Im Fall einer innergemeinschaftlichen Leistungserbringung wurde zudem die Möglichkeit einer prinzipienwidrigen Aufkommensverschiebung zwischen den Mitgliedstaaten dargelegt. Nur soweit eine Versagung des Vorsteuerabzugs bei Exportfällen mit Drittlandsbezug zurückgenommen wird, konnte eine partielle Abmilderung der negativen Folgewirkungen der Steuerbefreiungskonzeption festgestellt werden. Zuletzt muss angemerkt werden, dass zwar in der Theorie eine weitgehende Einigkeit bezüglich der hervorgerufenen Verzerrungswirkungen besteht. Eine Feststellung der realen Verzerrungen entgegen kaum erfolgt und eine notwendige, aktuelle Quantifizierung der negativen Folgewirkungen entsprechend bislang nicht vorliegt.

149

A.  Kreditgewährung im geltenden Mehrwertsteuersystem

4. Auswirkungen des Optionsrechts Die vorangegangene Auseinandersetzung ergab, dass die Steuerbefreiung der Kreditgewährungsleistung unter Versagung des Vorsteuerabzugsrechts mit gravierenden negativen Folgewirkungen einhergeht. Dieses Ergebnis zeigt sich allerdings insoweit lediglich vorläufig, als die Auswirkungen des Optionsrechts bislang aus Differenzierungsaspekten keine Beachtung gefunden haben. Die gebotene Ergänzung soll im Folgenden geleistet werden. Als Optionsrecht bezeichnet man im vorliegenden Zusammenhang das Recht eines Steuerpflichtigen die Besteuerung seiner Ausgangsleistung trotz eigentlich einschlägiger Steuerbefreiung zu wählen. Die Möglichkeit zur Einräumung eines derartigen Optionsrechts durch eine nationale Regelung folgt aus Art. 137 I MwStSystRL.597 Eine Verpflichtung der Mitgliedstaaten ergibt sich aus dieser Bestimmung aber nicht.598 Nutzt ein Mitgliedstaat die Möglichkeit zur Optionseinräumung, wird ihm bezüglich der konkreten Ausgestaltung, etwa was den Anwendungsbereich, weitere Voraussetzungen oder die Wirkungsweise der Optionsausübung angeht, gemäß Art. 137 II MwStSystRL ein weiter Entscheidungsspielraum zugestanden.599 Nur wenige Mitgliedstaaten haben bislang überhaupt die Möglichkeit wahrgenommen und ein Optionsrecht nach ihren Vorstellungen implementiert.600 Die wenigen Ausgestaltungen zeigen ferner erhebliche Unterschiede.601

597 Ein Optionsrecht war im nationalen Recht bereits bei der Einführung der All­ phasen-Netto-Umsatzbesteuerung mit Vorsteuerabzug zum 1.1.1968 vorgesehen, Umsatzsteuergesetz, v. 29.5.1967, BGBl. I 1967, 545 (§ 9). Zur Entwicklung des Optionsrechts sowie der Optionspraxis Kraeusel, in: Reiß/Kraeusel/Langer, EL Okt. 2011, § 9, Rz. 1 ff.; Philipowski, in: FS Umsatzsteuer, S. 579 (S. 597 f.). 598 Das Optionsrecht ist folglich einer der wenigen grundlegenden Aspekte des Mehrwertsteuersystems ohne europäische Harmonisierung. 599 Zu diesem Aspekt Englisch, in: de la Feria, VAT Exemptions, S. 37 (S. 42); ­Stadie, in: Rau/Dürrwächter, EL Mai 2019, § 15, Rz. 1585.  600 Zu den einzelnen Optionsmöglichkeiten der Mitgliedstaaten bei Finanzdienstleistungen Annacondia, EU VAT Compass 2020/2021, Abschnitt 7.2.2. Eine Optionsmöglichkeit für Finanzdienstleistungen im Allgemeinen haben demzufolge Österreich, Belgien, Bulgarien, Deutschland, Estland, Frankreich, Kroatien und Litauen implementiert. Speziell in Bezug auf die Kreditgewährungsleistung ist eine Op­ tionsmöglichkeit weiter nur in Österreich (eingeschränkt), Bulgarien, Estland, Deutschland, Frankreich, Kroatien und Litauen vorgesehen. 601 Vergleiche Annacondia, EU VAT Compass 2020/2021, Abschnitt 7.2.2; de la Feria/Lockwood, Fiscal Studies 2010, 171 (183, Appendix B); EY, Design and Impact of the „Option to Tax” System for Application of VAT to Financial Services, S. 31 und Annexure A.

150

IV.  Mehrwertsteuerbefreiung der Kreditgewährung

Für die vorliegende Auseinandersetzung ist zuvörderst die nationale Regelung in § 9 I UStG von Bedeutung.602 Nach § 9 I UStG kann der Kreditgeber die Kreditgewährungsleistung als steuerpflichtig behandeln, wenn der Leistungsempfänger ein Unternehmer ist und die Kreditgewährungsleistung für die Unternehmung bezogen wird.603 Der Anwendungsbereich des nationalen Optionsrechts ist folglich hinsichtlich der Art des Leistungsempfängers respektive des Zwecks des Leistungsbezugs begrenzt.604 Liegen die genannten Voraussetzungen vor, ist eine Optierung transaktionsbezogen, also gesondert je Leistung möglich (sog. Einzeloption). Als Rechtsfolge der Optierung ergibt sich die Besteuerung der Kreditgewährungsleistung. Aufgrund der Besteuerung der Ausgangsleistung greift weiter die Versagung des Vorsteuerabzugsrechts gemäß § 15 II 1 UStG nicht länger ein, sodass es entgegen dem Regelfall ohne Options­ausübung zu keiner endgültigen Vorsteuerbelastung des Kreditgebers kommt. Diese Wirkungsweise der Optionsausübung gibt zugleich zu erkennen, welcher Zweck der Einräumung einer Optionsmöglichkeit zugrunde liegt. Die Möglichkeit der Optierung zur Besteuerung verfolgt den Zweck, den systemwidrigen Folgewirkungen der Steuerbefreiungskonzeption, die in der Versagung des Vorsteuerabzugsrechts gründen, etwa der prinzipienwidrigen Steuerbelastung der Beteiligten aufgrund von Kaskadenwirkungen sowie den neutralitätswidrigen Verzerrungswirkungen, entgegenzuwirken.605 Aufgrund der Besteuerung der Kreditgewährungsleistung und dem korrespondierenden Vorsteuerabzugsrecht des Kreditgebers ergibt sich bei Op-

602 Eingehend zum nationalen Optionsrecht speziell im Zusammenhang mit der Erbringung von Finanzdienstleistungen Bleckmann, in: Bustorff, Umsatzsteuer bei Finanzdienstleistern, S. 147 ff. 603 Die Entscheidung über die Optionsausübung liegt somit allein beim Kreditgeber. Zu diesem Aspekt sowie der Wirkung der Optionsausübung auf die Entgeltvereinbarung Lehr, DStR 2006, 2243 (2244). Demzufolge kommt es bei Optionsausübung zu keiner Entgelterhöhung, soweit keine anderweitige Vereinbarung getroffen worden ist. Entsprechend Kraeusel, in: Reiß/Kraeusel/Langer, EL Okt. 2011, § 9, Rz. 119 f.; Riegel/Totsche, UR 2011, 721 (727). 604 Eingehend zu den Anwendungsbereichen der mitgliedstaatlichen Optionsrechte de la Feria/Lockwood, Fiscal Studies 2010, 171 (Appendix B); EY, Design and Impact of the „Option to Tax“ System for Application of VAT to Financial Services, S. 31. 605 Vergleiche Englisch, in: de la Feria, VAT Exemptions, S. 37 (S. 42); Heidemann, Die Umsatzsteuerbefreiungen von Finanzdienstleistungen, S. 180; Friedrich-­ Vache, Verbrauchsteuerkonforme Umsatzbesteuerung von Finanzdienstleistungen, S. 51; Kraeusel, in: Reiß/Kraeusel/Langer, EL Okt. 2011, § 9, Rz. 19.

151

A.  Kreditgewährung im geltenden Mehrwertsteuersystem

tionsausübung keine endgültige Vorsteuerbelastung der Leistung mehr.606 Angeführte negative Folgewirkungen der Eingangsbesteuerung, wie die übermäßige Steuerbelastung bei Kreditgewährungen auf zwischengelagerten Leistungsstufen, die Wettbewerbsverzerrungen infolge ungleicher Vorsteuerbelastungen der Kreditgeber oder die Anreizwirkung zu vertikaler Integration samt einhergehender, weiterer Verzerrungswirkungen, können mithin durch eine Optierung verhindert werden.607 Trotz dieser positiven Auswirkungen einer Optierung auf die prinzipiengetreue Ausgestaltung der Mehrwertbesteuerung, vermag die Optionsmöglichkeit die bisherige negative Bewertung der geltenden Rechtslage nicht zu kompensieren. Zuvörderst ist schon fraglich, wie die Besteuerung der Ausgangsleistung im Fall der Optionsausübung gerade bei Finanzdienstleistungen überhaupt erfolgen soll.608 Festgehalten worden ist zuvor, dass die Steuer­ befreiung der Kreditgewährungsleistung nur aufgrund von Schwierigkeiten bei der Ermittlung der Bemessungsgrundlage einer Rechtfertigung zugänglich ist. Die Ermittlung der richtigen Bemessungsgrundlage ist aber bei der Optionsausübung eigentlich genauso geboten, wie im Fall einer Abschaffung der Steuerbefreiung. Fraglich ist, ob und wenn ja wie dieser augenscheinliche Widerspruch aufgelöst werden kann. Läge eine allgemein gangbare Möglichkeit zur Ermittlung der richtigen Bemessungsgrundlage vor, so wäre schon die Steuerbefreiung der Kreditgewährungsleistung nicht länger gerechtfertigt und das Optionsrecht somit

606 Dies ist zugleich für den Leistungsempfänger vorteilig, soweit er zum Abzug der nun ausgewiesenen Steuerbelastung berechtigt ist und sich in der Folge das Nettoentgelt bei Optionsausübung gegenüber dem Bruttoentgelt bei Steuerbefreiung als gemindert anzeigt, vergleiche ähnlich Riegel/Totsche, UR 2011, 721 (727). 607 Zur positiven Wirkung der Optionsausübung ebenso Englisch, in: FS Bundesfinanzhof, S. 1491 (S. 1519); Schmidt, Konsumbesteuerung durch Mehrwertsteuer, S. 227. Angemerkt sei gleichwohl, dass keineswegs alle negativen Folgewirkungen durch eine Optionsausübung aufgehoben werden können. Dies ergibt sich bereits aus dem begrenzten Anwendungsbereich des Optionsrechts, der etwa die Notwendigkeit einer aufwendigen Vorsteueraufteilung ganz überwiegend erhält. Zudem merken de la Feria/Lockwood richtigerweise an, dass sich in Abhängigkeit von der Ausgestaltung des Optionsrechts weitere Steuergestaltungsmöglichkeiten und zusätzliche Steuerbefolgungs-/erhebungskosten ergeben können, de la Feria/Lockwood, Fiscal Studies 2010, 171 (184). 608 Kritisch gleichsam Englisch, in: FS Bundesfinanzhof, S. 1491 (S. 1519); de la Feria/ Lockwood, Fiscal Studies 2010, 171 (184 f.); Kerrigan, International VAT Monitor 2010, 103 (109). Zu den einzelnen Länderpraktiken bezüglich der Ermittlung der Bemessungsgrundlage EY, Design and Impact of the „Option to Tax“ System for Application of VAT to Financial Services, S. 31 ff., sowie zusammengefasst ­Annexure A.

152

IV.  Mehrwertsteuerbefreiung der Kreditgewährung

gegenstandslos.609 Mangelte es entgegen weiter an einer allgemein gangbaren Möglichkeit zur Ermittlung der richtigen Steuerbemessungsgrundlage, könnte man annehmen, dass dem Optionsrecht kein praktischer Anwendungsbereich und somit keine positive Ausgleichswirkung verbliebe. Eine Erwägung zur Auflösung könnte indes sein, dass die Ermittlung der richtigen Steuerbemessungsgrundlage zwar mit so erheblichen Schwierigkeiten verbunden ist, dass die Aufhebung der Steuerbefreiung im Allgemeinen ausgeschlossen ist. Das Optionsrecht aber eine taugliche Kompromisslösung dargibt, die eine systemgerechte Mehrwertbesteuerung zumindest bei freiwilliger Entscheidung des Steuerpflichtigen für die Besteuerung und korrespondierend für die Mehrbelastung infolge der Schwierigkeiten bei der Ermittlung der richtigen Steuerbemessungsgrundlage ermöglichen will. Allerdings ginge eine derartige Einordnung der Optionsmöglichkeit mit einer eigenständigen Neutralitätsproblematik einher. Typischerweise werden nämlich größere Unternehmungen die Mehrbelastung im Zusammenhang mit der Ermittlung der richtigen Steuerbemessungsgrundlage aufgrund der verfügbaren Ausstattung und Fähigkeiten leichter tragen können. Nimmt man hinzu, dass eine Op­ tionsausübung nur bei entsprechender Vorteilhaftigkeit dieser Wahlmöglichkeit erfolgt, zeigte sich eine eigene, neutralitätswidrige Wettbewerbsverzerrung zu Lasten von typischerweise kleineren Unternehmungen, die keine vergleichbare Möglichkeit zur Ableitung der richtigen Steuerbemessungsgrundlage und folglich Optionsausübung haben. Eine andere Erwägung wäre, dass im Fall der Optionsausübung bewusst von der Ermittlung der richtigen Steuerbemessungsgrundlage abgesehen wird, weil im Fall des unternehmerischen Leistungsbezugs die fehlerhafte Mehrwertsteuerbelastung über das korrespondierende Vorsteuerabzugsrecht des Leistungsempfängers wieder aufgehoben wird. Aber auch diese Erwägung zeigt sich stark mangelbehaftet. Zuvörderst ist eine Aufhebung über einen korrespondierenden Vorsteuerabzug nicht immer möglich, etwa dann nicht, wenn der Leistungsempfänger nicht zum (vollständigen) Vorsteuerabzug berechtigt ist. In dem Fall würde die Optionsausübung selbst wiederrum eine prinzipienwidrige Mehrwertsteuerbelastung und einhergehende Verzerrungen begründen. Noch grundlegender gilt zu erkennen, dass die Möglichkeit zur Optionseinräumung nach Art. 137 MwStSystRL nicht auf Leistungen an Unternehmer be-

609 Ähnlich Kerrigan, International VAT Monitor 2010, 103 (110).

153

A.  Kreditgewährung im geltenden Mehrwertsteuersystem

grenzt ist und somit eine Optionsmöglichkeit unabhängig von der Art des Leistungsbezugs eingeräumt werden könnte. Ferner muss bemerkt werden, dass es bei einer Akzeptanz der unrichtigen Steuerbemessungsgrundlagenermittlung im Fall der Optionsausübung zu einer weiteren Verzerrung der zumeist notwendigen Vorsteueraufteilung des Kreditgebers kommen könnte. Während in die Ableitung des Vorsteuerabzugsanteils die sonstigen Ausgangsleistungen mit der richtigen Steuerbemessungsgrundlage eingehen würden, würden die optierten Kreditgewährungsleistungen mit einer zu geringen oder aber zu hohen Steuerbemessungsgrundlage eingehen und in der Folge den Vorsteuerabzugsanteil verfälschen. Im Zusammenhang mit den angestellten Erwägungen ist zuletzt der Mangel an grundlegenden Vorgaben,610 wie die Mehrwertbesteuerung der Ausgangsleistungen bei Optionsausübung zu erfolgen hat, zu rügen. Ohne derartige Vorgaben zeigt sich eine Vertiefung der angeführten Verzerrungswirkungen sowie eine inakzeptable Rechtsunsicherheit für die Beteiligten. Ein weiterer zu berücksichtigender Aspekt ist, dass die dargetane positive Wirkung des Optionsrechts auf die Systemgerechtigkeit durch die festgelegten Anwendungsvoraussetzungen begrenzt ist. Bezogen auf die nationale Regelung ist die Beschränkung auf Leistungen auf zwischen­ gelagerten Leistungsstufen bereits angemerkt worden. Entsprechend verbleibt es bei den negativen Folgewirkungen der Steuerbefreiungskon­ zeption, wenn die Erbringung der Kreditgewährungsleistung an einen privaten Leistungsempfänger erfolgt. Bei grenzüberschreitenden Fallgestaltungen kann es aufgrund der mangelnden europäischen Harmoni­ sierung der Optionseinräumung sogar zu zusätzlichen Wettbewerbszerrungen kommen.611 Ausgehend von der nationalen Optionsmöglichkeit ergibt sich etwa eine grundsätzliche Nachteilhaftigkeit der Regelung zulasten von Kreditgebern mit Ansässigkeit in Mitgliedstaaten ohne Optionsmöglichkeit, soweit diese ihre Eingangsleistungen im Ansässig610 Zusammentragend zu diesem Aspekt EY, Design and Impact of the „Option to Tax“ System for Application of VAT to Financial Services, S. 31 ff. 611 Eingehend zu Mängeln der Optionsmöglichkeit bei grenzüberschreitenden Fällen sowie der partiellen Abmilderung aufgrund der sog. fiktiven Optionsmöglichkeit nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs Friedrich-Vache, Verbrauchsteuerkonforme Umsatzbesteuerung von Finanzdienstleistungen, S. 61 ff.; Heidemann, Die Umsatzsteuerbefreiungen von Finanzdienstleistungen, S. 181 f. Zudem Kerrigan, International VAT Monitor 2010, 103 (109); de la Feria/Lockwood, Fiscal Studies 2010, 171 (184).

154

IV.  Mehrwertsteuerbefreiung der Kreditgewährung

keitsstaat bezogen haben, die Kreditgewährungsleistung aber in Deutschland erbringen.612 Auch in Bezug auf das Steueraufkommen zeigt das Optionsrecht eine negative Einwirkung.613 Einem grundlegenden Forschungsbeitrag zufolge soll diese negative Aufkommenswirkung allerdings eher von geringerer Bedeutung sein.614 Somit kann festgehalten werden, dass das Optionsrecht zwar grundsätzlich zur Systemgerechtigkeit der Besteuerung der Kreditgewährungsleistung im Rahmen der Anwendungsvoraussetzungen beitragen kann. Zugleich aber eigene Mängel der Optionsmöglichkeit bestehen. Zumindest eine Klärung der Besteuerung der Ausgangsleistungen wäre zeitnah geboten. Aufgrund der Abhängigkeit der Erreichung der Ausgleichswirkung von der Entscheidung erst der Mitgliedstaaten und sodann des Steuerpflich­ tigen, sowie der aus der Optionsmöglichkeit folgenden eigenen Ver­ zerrungswirkungen, ist die Steuerbefreiung mit Optionsmöglichkeit ­keineswegs eine Optimallösung was die Mehrwertbesteuerung der Kreditgewährungsleistung angeht.615 In diesem Zusammenhang ist zudem von Bedeutung, dass die nationale Optionsmöglichkeit in der Praxis von den Steuerpflichtigen nur wenig genutzt werden soll,616 sodass die Ausgleichswirkung stark eingeschränkt, 612 Vergleiche Friedrich-Vache, Verbrauchsteuerkonforme Umsatzbesteuerung von Finanzdienstleistungen, S. 63; Heidemann, Die Umsatzsteuerbefreiungen von Finanzdienstleistungen, S. 181.  613 Vergleiche Kerrigan, International VAT Monitor 2010, 103 (109). 614 So de la Feria/Lockwood, Fiscal Studies 2010, 171 (189 ff.). Angemerkt sei, dass die Forschung zu dem gescheiterten Reformvorschlag der Optionsmöglichkeit erfolgte, ein Transfer der Kernaussagen aber gleichwohl mit Blick auf die geltende Ausgestaltung möglich ist. 615 Entsprechend Friedrich-Vache, Verbrauchsteuerkonforme Umsatzbesteuerung von Finanzdienstleistungen, S. 54; Kerrigan, International VAT Monitor 2010, 103 (110). 616 So zur Optionspraxis vor Erhöhung des Regelsteuersatzes Lehr, DStR 2006, 2243 (2243); Schmidt, Konsumbesteuerung durch Mehrwertsteuer, S. 227. Eine zum Teil prognostizierte grundlegende Änderung der Rechtspraxis kann allerdings auch für die Folgejahre nicht ausgemacht werden. Vergleiche entsprechend Kraeusel, in: Reiß/Kraeusel/Langer, EL Okt. 2011, § 9, Rz. 51. Etwas positiver nun Bleckmann, in: Bustorff, Umsatzsteuer bei Finanzdienstleistern, S. 148. Zur Ablehnung bereits bei Einführung in den sechziger Jahren Philipowski, in: FS Umsatzsteuer, S. 579 (S. 598). Eine grundlegende ökonomische Betrachtung der Anreize zur Optionsausübung nehmen zudem de la Feria/Lockwood vor, vergleiche de la Feria/Lockwood, Fiscal Studies 2010, 171 (185 ff.).

155

A.  Kreditgewährung im geltenden Mehrwertsteuersystem

die Verzerrungswirkung bei Entscheidung zur Besteuerung dagegen entsprechend gegeben ist. Als Begründung für die nur geringe Wahrnehmung der Optionsmöglichkeit wird von den Kreditgebern angeführt, dass die Verwaltungsbelastung, die mit der Besteuerung der Ausgangsleistung einhergehe, gerade für Kreditgeber mit privaten und sonstigen Leistungsempfängern regelmäßig gewichtig sei und korrespondierend keine Vorteilhaftigkeit der Optionsausübung vorliege.617 Zugleich wird von den Kreditgebern verlautbart, dass eine Erwägung der Optionsausübung, selbst bei im Ergebnis positiver Wirkung speziell für den Leistungsempfänger, die Vertragsverhandlungen dennoch beeinträchtigen könne.618 Für eine angestrebte Reform der Optionsmöglichkeit, die den dargetanen Mängeln der geltenden Rechtslage jedenfalls partiell entgegenwirken sollte, konnte dennoch keine Einigung zwischen den Mitgliedstaaten erreicht werden.619

V. Zusammenfassung der geltenden Rechtslage Die Auseinandersetzung mit der geltenden Rechtslage hat gravierende Mängel der Steuerbefreiungskonzeption mit Optionsmöglichkeit aufgedeckt. Festgehalten worden ist zunächst grundlegend, dass jede Form der steuerlichen Behandlung der Kreditgewährungsleistung an den primärrechtlichen Besteuerungsprinzipien und den ökonomischen Anforderungen an ein rationales Steuersystem gemessen werden muss. Für die vorliegende Forschungsfrage wurde als dominierendes Prinzip das Leistungsfä617 Als aufwendig wird sowohl die Ermittlung der Bemessungsgrundlage als auch die Prüfung der Anwendbarkeit sowie Vorteilhaftigkeit der Optionsausübung angesehen, vergleiche Kraeusel, in: Reiß/Kraeusel/Langer, EL Okt. 2011, § 9, Rz. 51; Lehr, DStR 2006, 2243 (2243); retrospektiv zudem Philipowski, in: FS Umsatzsteuer, S. 579 (S. 598). 618 Diesbezüglich Philipowski, in: FS Umsatzsteuer, S. 579 (S. 598). Skeptisch bezüglich der Durchsetzungsmöglichkeit zugleich Friedrich-Vache, Verbrauchsteuerkonforme Umsatzbesteuerung von Finanzdienstleistungen, S. 52 f. Eine Zusammenfassung möglicher weiterer Begründungen enthält EY, Design and Impact of the „Option to Tax“ System for Application of VAT to Financial Services, S. 43. 619 Der Reformvorschlag sah eine Verpflichtung der Mitgliedstaaten zur Optionsgewährung sowie die (künftige) Einführung von Vorgaben zur einheitlichen Rechtsanwendung vor (vgl. Art. 137a MwStSystRL-E), s. Europäische Kommission, KOM (2007) 747 endgültig/2, S. 14. Zum gescheiterten Reformvorschlag zudem Englisch, in: FS Bundesfinanzhof, S. 1491 (S. 1520 ff.); Bohn Jespersen, Intermediation of Insurance and Financial Services in European VAT, S. 387 ff.; de la Feria/Lockwood, Fiscal Studies 2010, 171 (182 ff.).

156

V.  Zusammenfassung der geltenden Rechtslage

higkeitsprinzip in seiner Konkretisierung durch das Verbrauchsteuerprinzip erkannt. Die Befassung mit der Besteuerungswürdigkeit der Kreditgewährungsleistung anhand der angeführten Prinzipien legte anfänglich die fehl­ gehenden Erwägungen der bisherigen nationalen Auseinandersetzung sowie die Notwendigkeit einer weitergehenden Konkretisierung des Verbrauchsteuerprinzips dar. Ein eindeutiges Ergebnis bezüglich der Besteuerungswürdigkeit der Kreditgewährungsleistung ergab sich dennoch erst nach einer weiteren Ergänzung der Erörterung um die ökonomische Forderung der intertemporalen Neutralität der Besteuerung. Eine Besteuerungswürdigkeit ist im Fall einer entgeltlichen Kreditgewährungsleistung demzufolge nur in Höhe der Kreditzahlungen abzüglich der Reinzinszahlungen gegeben. Die Steuerbefreiung der Kreditgewährungsleistung ist vor dieser Feststellung um die Besteuerungswürdigkeit, wenn überhaupt nur aus Vereinfachungszwecken, einer Rechtfertigung zugänglich. Die Ermittlung der Steuerbemessungsgrundlage zeigt sich aufgrund des mangelnden Wissens um die Höhe der Reinzinszahlungen grundsätzlich verkompliziert. Eine endgültige Einordung dieser Rechtfertigungserwägung kann gleichwohl erst erfolgen, wenn die sonstigen Besteuerungsansätze sowie Re­ form­optionen gleichsam anhand der angeführten Prinzipien und Maß­ gaben gewürdigt wurden. Eine Rechtfertigung der Steuerbefreiung aus sozialpolitischen sowie wirtschaftspolitischen Erwägungen muss dagegen bereits im Ansatz abgelehnt werden. Weiter ist aufgezeigt worden, dass die Steuerbefreiung der Kreditgewährungsleistung gerade aufgrund der einhergehenden Versagung des Vorsteuerabzugsrechts mit vielgestaltigen Folgewirkungen verknüpft ist, die den primärrechtlichen Besteuerungsprinzipien wie den ökonomischen Anforderungen an ein rationales Steuersystem widersprechen. Die Möglichkeit der Optierung zur Steuerpflicht kann diesbezüglich kaum Abmilderung leisten. Die Mangelhaftigkeit der geltenden Rechtslage könnte somit kaum eindeutiger sein. Eine Befassung mit alternativen Besteuerungsansätzen anderer Rechtsordnungen sowie sonstigen Reformvorschlägen ist im Folgenden entsprechend dringend geboten.

157

B.  Die Mehrwertbesteuerung der Kreditgewährung im internationalen Vergleich Die angeführten negativen Folgewirkungen einer Steuerbefreiung der Kreditgewährungsleistung unter Versagung des Vorsteuerabzugsrechts des Kreditgebers haben einige Länder dazu bewogen alternative Besteuerungsansätze zu verfolgen. Konzeptionell muss zuvörderst eine Differenzierung zwischen solchen Besteuerungsansätzen vorgenommen werden, die eine abweichende Regelung im Rahmen des jeweiligen Mehrwertsteuersystems getroffen ­haben und solchen Besteuerungsansätzen, die die negativen Folgewirkungen der angeführten Steuerbefreiungskonzeption des Mehrwert­ steuersystems durch zusätzliche Besteuerungssysteme, wie etwa eine Finanzaktivitätsbesteuerung oder Finanztransaktionsbesteuerung, zu kompensieren versuchen.620 Dem Forschungsinteresse der Ausarbeitung entsprechend, werden die gänzlich alternativen Besteuerungssysteme bei der nachfolgenden Betrachtung ausgeklammert. Die mehrwertsteuerlichen Besteuerungsalternativen sollen im Folgenden dagegen zuerst bezüglich ihrer grundsätzlichen Regelungskonzep­ tion und sodann ergänzend bezüglich ihrer konkreten nationalen Normierungen aufgezeigt und anknüpfend einer Bewertung unterzogen werden. Die Befassung mit den konkreten Länderpraktiken ist in diesem Zusammenhang gerade deswegen von Bedeutung, weil sie politisch motivierte Einschränkungen und Abwandlungen der grundsätzlichen Rege620 Eine Finanzaktivitätssteuer (FAT) ist eine direkte Bankenbesteuerung, deren Bemessungsgrundlage der Bankengewinn zzgl. der gezahlten Löhne und Gehälter ist. Diese Form der Bankenbesteuerung soll nach teilweiser Auffassung die Mängel der Steuerbefreiungskonzeption gerade deswegen kompensieren können, weil aus ökonomischer Perspektive eine konzeptionelle Äquivalenz zwischen der Finanzaktivitätsbesteuerung und der geltenden europäischen Mehrwertbesteuerung vorliege. Die Finanzaktivitätsbesteuerung sei nämlich lediglich eine andere Erhebungsweise der gleichsamen Mehrwertbesteuerung, vergleiche Henkow, Financial Activities in European VAT, S. 315 f. Eine FAT wurde bislang ua. in Israel, Dänemark, Island und Norwegen eingeführt. Weitergehend zur FAT vergleiche hier nur Institute for Fiscal Studies, Tax by Design – The Mirrlees Review, S. 209 ff.; Stiglitz/Schönfelder, Finanzwissenschaft, S. 444. Die Finanztransaktionsbesteuerung (FTT) ist ebenso eine Form der direkten Bankenbesteuerung. Der Besteuerung unterliegen dabei die einzelnen Finanztransaktionen eines Finanzinstituts. Auch auf europäischer Ebene wird seit einiger Zeit die Einführung einer europäischen FTT, erst auf gesamteuropäischer Ebene und nun im Wege der verstärkten Zusammenarbeit erwogen, s. mwN. Englisch, in: Tipke/Lang, Steuerrecht, § 4 Rz. 66. Eine endgültige Einigung konnte bislang allerdings nicht erzielt werden.

159

B.  Die Mehrwertbesteuerung der Kreditgewährung im internationalen Vergleich

lungskonzeption offenlegt und so neben der Bewertung der grundsätzlichen Regelungskonzeption, die Bewertung einer politisch realisierbaren Regelungsform möglich macht.

I. Die Nullsatzbesteuerung der Kreditgewährung Zuvörderst soll sich der sog. Nullsatzbesteuerung gewidmet werden. Die Nullsatzbesteuerung ist im Rahmen der englischsprachigen Literatur unter dem Begriff des Zero-Rating bekannt. Eine eingeschränkte Form der Nullsatzbesteuerung wird derzeitig in Neuseeland verfolgt. 1. Darlegung des Besteuerungsansatzes Die Nullsatzbesteuerung wird nachfolgend erst in ihrer grundsätzlichen Regelungskonzeption dargelegt. Anknüpfend erfolgt eine überblicksartige Befassung mit der konkreten Länderpraxis. a) Die allgemeine Regelungskonzeption Die grundsätzliche Regelungskonzeption der Nullsatzbesteuerung ist durch die Besteuerung der Ausgangsleistungen zu einem Steuersatz in Höhe von Null und begleitendem Vorsteuerabzugsrecht des Leistungserbringers bezüglich der korrespondierenden Eingangsleistungen nach den allgemeinen Regelungen gekennzeichnet.621 Bei einer Nullsatzbesteuerung ergibt sich folglich keine ausgewiesene, aber auch keine verdeckte Steuerbelastung der Ausgangsleistungen.622 Die Nullsatzbesteuerung kann grundsätzlich ohne Einschränkungen bezogen auf die Ausgangsleistungen zugestanden oder aber in ihrem Anwendungsbereich zum Beispiel auf Ausgangsleistungen an qualifizierte Leistungsempfänger, etwa Unternehmer, begrenzt werden. Eine derartige Begrenzung der Nullsatzbesteuerung nur bei qualifizierten Leistungsempfängern der Kreditgewährungsleistung, ist in der sogleich darzulegenden Regelungspraxis Neuseelands gegeben.623 621 Eine entsprechende Beschreibung der Nullsatzbesteuerung wird angeführt ua. durch López-Laborda/Peña, International VAT Monitor 2017, 457 (457); Gendron, Bulletin for International Taxation 2008, 494 (500); Bakker/Chronican, Financial Services and the GST, S. 17. 622 Vergleiche Bakker/Chronican, Financial Services and the GST, S. 17. 623 Angemerkt sei bereits, dass bei einer Beschränkung der Nullsatzbesteuerung stets die Behandlung der Leistungen, die nicht in dem Anwendungsbereich der Nullsatzbesteuerung liegen, einer weiteren Regelung bedarf. Zu verschiedenen Regelungsmöglichkeiten de la Feria/Lockwood, Fiscal Studies 2010, 171 (193).

160

I.  Die Nullsatzbesteuerung der Kreditgewährung

Die Zielsetzung der Einführung einer Nullsatzbesteuerung kann gegenüber der Regelungskonzeption im europäischen Mehrwertsteuersystem, insbesondere in der Vermeidung von prinzipienwidrigen Steuerbelastungen aufgrund von Kumulationswirkungen und bzw. oder der Verhinderung negativer Anreizwirkungen liegen.624 In ihrer Wirkung kommt die Nullsatzbesteuerung einer Steuerbefreiung mit Vorsteuerabzugsrecht des Leistungserbringers gleich.625 Anders als bei einer Steuerbefreiung muss bei einer Nullsatzbesteuerung allerdings eine Feststellung der Bemessungsgrundlage erfolgen, auf die die Nullsatzbesteuerung angewendet werden kann. Die Schwierigkeiten bei der Ermittlung der richtigen Bemessungsgrundlage werden dennoch auch bei einer Nullsatzbesteuerung grundsätzlich vermieden, weil eine Abweichung von der richtigen Bemessungsgrundlage wegen der Besteuerung mit einem Steuersatz von Null im Ergebnis gerade keine Auswirkung auf die Steuerbelastung hat. b) Die konkrete Ausgestaltung in Neuseeland Nachdem Neuseeland bei der Einführung der Mehrwertbesteuerung bezüglich der Besteuerung von Finanzdienstleistungen zunächst den europäischen Besteuerungsansatz einer Steuerbefreiung mit Versagung des Vorsteuerabzugsrechts aufgegriffen hatte, erfolgte im Jahr 2005 eine grundlegende Reform hin zur Möglichkeit der partiellen Nullsatzbesteuerung.626 Die Besteuerung von Finanzdienstleistungen im Allgemeinen und der Kreditgewährung im Speziellen zeigt sich nunmehr wie folgt.627 624 Bezüglich der Zielsetzung der neuseeländischen Besteuerungsreform vergleiche Minister of Finance, GST & financial services – A government discussion do­ cument, Rz. 2.12; Pallot/Allen, in: van Brederode/Krever, VAT and Financial ­Services, S. 159 (S. 165); Annacondia/van der Corput, International VAT Monitor 2011, 310 (312); Lejeune/Stevens/Killer, in: Lang/Melz/Kristoffersson, Value ­Added Tax and Direct Taxation, S. 673 (S. 692). In einem allgemeineren Kontext zudem Schenk/Zee, in: Zee, Taxing the Financial Sector, S. 60 (S. 70); López-Laborda/Peña, International VAT Monitor 2017, 457 (457). 625 So und im Folgenden Bakker/Chronican, Financial Services and the GST, S. 17. 626 Zur historischen Entwicklung der Behandlung von Finanzdienstleistungen Pallot/ Allen, in: van Brederode/Krever, VAT and Financial Services, S. 159 (S. 160). Zur Zielsetzung vergleiche bereits Fn. 623. 627 Zum Besteuerungsansatz Neuseelands eingehend Pallot/Allen, in: van Brederode/ Krever, VAT and Financial Services, S. 159 (S. 161 ff.). Zudem Merrill, in: Tax Analysts, The VAT Reader, S. 163 (S. 170); Schenk/Thuronyi/Cui, Value A ­ dded Tax, S. 378; Lejeune/Stevens/Killer, in: Lang/Melz/Kristoffersson, Value ­Added Tax and Direct Taxation, S. 673 (S. 692 f.); Annacondia/van der Corput, International VAT Monitor 2011, 310; Henkow, International VAT Monitor 2011, Ergänzungsbeitrag (online); Burns, Asia-Pacific Tax Bulletin 2008, 352 (354 f.).

161

B.  Die Mehrwertbesteuerung der Kreditgewährung im internationalen Vergleich

Ausgehend von einer breiten Legaldefinition der Finanzdienstleistungen, welche in Sec. 3 GST Act NZL niedergelegt ist und ua. gemäß Sec. 3 (1) (f) GST Act NZL die Kreditgewährung im Rahmen eines Kreditvertrags ohne Beschränkungen bezüglich der Art des Leistungserbringers erfasst,628 ergeben sich die steuerlichen Konsequenzen der Erbringung einer derartigen Leistung maßgeblich aus Sec. 11A und Sec. 14 GST Act NZL. Nach Sec. 11A (1) (q) sowie (r) GST Act NZL hat der Leistungserbringer der Finanzdienstleistung das Recht eine Nullsatzbesteuerung der Finanzdienstleistung zu wählen,629 wenn der Leistungsempfänger ein Unternehmer ist, dessen Ausgangsleistungen in einer vorgegebenen Periode zu nicht weniger als 75% aus steuerpflichtigen Ausgangsleistungen bestehen, die nicht der Nullsatzbesteuerung unterliegen (q) oder wenn der Leistungsempfänger ein Unternehmer ist, der einer Gruppe von Unternehmungen angehört, deren Ausgangsleistungen in einer vorgegebenen Periode zu nicht weniger als 75% aus steuerpflichtigen Ausgangsleistungen bestehen, die nicht der Nullsatzbesteuerung unterliegen (r).630 Für die Finanzdienstleistungen, die nicht gemäß Sec. 11A GST Act NZL der Nullsatzbesteuerung unterliegen,631 ist in Sec. 14 (1) (a) GST Act NZL eine Steuerbefreiung vorgesehen. Diese Steuerbefreiung geht der Regelung der Sec. 20 (3C) GST Act NZL zufolge mit einer Versagung des Vorsteuerabzugsrechts bezüglich der korrespondierenden Eingangsleistungen einher. 628 Bezüglich des Begriffs des Kreditvertrags verweist Sec. 3 (2) GST Act NZL sodann weiter auf Sec. 3 des Credit Contracts Acts 1981. Eingehend zur weiten Begriffs­ bestimmung und der Erfassung sowohl impliziter wie expliziter Leistungsentgelte  Pallot/Allen, in: van Brederode/Krever, VAT and Financial Services, S. 159 (S. 161 ff.). 629 Bezüglich der Ausübung des Wahlrechts ist Sec. 20F GST Act NZL zu beachten. Zum Wahlrecht der Nullsatzbesteuerung merken Pallot/Allen an: „The regime was made voluntary considering the compliance costs associated with zero-rating business-to-business supplies, such as the costs of apportioning input tax de­ ductions and identifying GST-registered business customers“, Pallot/Allen, in: van Brederode/Krever, VAT and Financial Services, S. 159 (S. 166). 630 Zu dieser Regelung Pallot, in: Krever/White, GST in Retrospect and Prospect, S. 163 (S. 167 f.). Angemerkt sei, dass des Weiteren eine Nullsatzbesteuerung erfolgt, wenn die Finanzdienstleistungen exportiert werden, Sec. 11A (1) (k) GST Act NZL. 631 So Sec. 14 (1B) (a) GST Act NZL. Die Steuerbefreiung nach Sec. 14 (1) (a) GST Act NZL ist zudem in den Fällen der Sec. 14 (1B) (b) und (c) GST Act NZL nicht einschlägig – nach Sec. 14 (1B) (c) GST Act NZL etwa bei einer Leistung, die zwar Teil einer Finanzdienstleistung, aber selbst keine Finanzdienstleistung ist. S. diesbezüglich Pallot/Allen, in: van Brederode/Krever, VAT and Financial Services, S. 159 (S. 164).

162

I.  Die Nullsatzbesteuerung der Kreditgewährung

Die Nullsatzbesteuerung der Finanzdienstleistungen ist folglich auf qualifizierte Leistungsempfänger, nämlich Unternehmer mit entsprechenden Ausgangsleistungen begrenzt. Bei privaten und sonstigen Leistungsempfängern, die den Anforderungen der Sec. 11A (1) (q) oder (r) GST Act NZL nicht entsprechen, verbleibt es dagegen bei der ursprünglichen Besteuerungskonsequenz einer Steuerbefreiung mit Versagung des Vorsteuerabzugsrechts des Leistungserbringers.632 Ohne Sonderregelung wäre aufgrund der angeführten Begrenzung ein Vorsteuerabzug gerade bei Kreditgewährungen an Finanzinstitute respektive Erbringer von Finanzdienstleistungen ausgeschlossen, da diese regelmäßig einen geringeren Anteil als die geforderten 75% an ent­ sprechend steuerpflichtigen Ausgangsleistungen aufzeigen und sich somit nicht für die Nullsatzbesteuerung qualifizieren.633 Allerdings ist in Sec. 20 (3) (h), 20C GST Act NZL vorgesehen, dass Unternehmern, soweit sie Finanzdienstleistungen an Anbieter von Finanzdienstleistungen erbringen, auf Antrag ein besonderes formelbasiertes Vorsteuerabzugsrecht zugestanden wird.634 Aufgrund der Versagung des Vorsteuerabzugsrechts, gerade bei Kreditgewährungen an private Leistungsempfänger, kann eine Vorsteueraufteilung grundsätzlich notwendig werden. Von einer Vorsteueraufteilung kann nach der Sonderregelung in Sec. 20 (3D) GST Act NZL, der sog. de-minimis-Regelung, allerdings abgesehen werden, wenn der Leistungserbringer vernünftigerweise davon ausgehen darf, dass der Wert der steuerfreien Leistungen den geringeren Betrag von (a) $90.000 oder (b) 5% der gesamten Leistungsentgelte in einer vorgegebenen Periode nicht übersteigen wird.635

632 Möglich wäre grundsätzlich auch die Leistungen an nicht qualifizierte Leistungsempfänger zum Beispiel der Cash-Flow-Besteuerung zu unterwerfen. Vergleiche diesbezüglich ua. de la Feria/Lockwood, Fiscal Studies 2010, 171 (193); Institute for Fiscal Studies, Tax by Design – The Mirrlees Review, S. 203 f.; Edgar, in: Krever/White, GST in Retrospect and Prospect, S. 131 (S. 145 ff.); Huizinga, Economic Policy 2002, 499 (511 ff.). 633 Vergleiche auch im Folgenden Schenk/Thuronyi/Cui, Value ­Added Tax, S. 379; Annacondia/van der Corput, International VAT Monitor 2011, 310 (312 f.); sowie bereits Pallot/White, International VAT Monitor 2002, 481 (484 f.). 634 S. diesbezüglich zugleich Pallot/Allen, in: van Brederode/Krever, VAT and Financial Services, S. 159 (S. 165); Merrill, in: Tax Analysts, The VAT Reader, S. 163 (S. 170). 635 Zur de-minimis-Regelung entsprechend Pallot/Allen, in: van Brederode/Krever, VAT and Financial Services, S. 159 (S. 164).

163

B.  Die Mehrwertbesteuerung der Kreditgewährung im internationalen Vergleich

Neben der dargelegten eingeschränkten Nullsatzbesteuerung in Neuseeland, verfolgte Quebec in der Vergangenheit einen noch weitergehenden Nullsatzbesteuerungsansatz, der infolge einer Anpassungserklärung allerdings mit Wirkung zum 1.1.2013 aufgehoben worden ist.636 2. Bewertung des Besteuerungsansatzes Wie bei der geltenden europäischen Steuerbefreiungskonzeption, erfolgt bei der Nullsatzbesteuerung aufgrund der Schwierigkeiten bei der Ermittlung der Steuerbemessungsgrundlage keine ausgewiesene Steuer­ belastung der Kreditgewährungsleistung. Die Schwierigkeiten bei der Ermittlung der Bemessungsgrundlage werden folglich durch den Nullsatzbesteuerungsansatz ebenso nicht gelöst, sondern lediglich vermieden.637 Die Nullsatzbesteuerung ist dennoch grundsätzlich vorzugswürdig gegenüber der geltenden Rechtslage; vor allem dann, wenn eine Implementierung ohne weitere Einschränkungen in Bezug auf den Anwendungsbereich ergeht. Die Vorzugswürdigkeit folgt aus der weitgehend problemlosen und kaum aufwendigen Eingliederungsmöglichkeit in das europäische Mehrwertsteuersystem638 und den zugleich weniger negativen Folgewirkungen. a) Bewertung der vollständigen Nullsatzbesteuerung Die Nullsatzbesteuerung hat grundlegend zur Folge, dass sich in Abgrenzung zur geltenden Steuerbefreiungskonzeption keine verdeckte Steuerbelastung der Kreditgewährungsleistung ergibt. Die Nullsatzbesteuerung ist dementsprechend geeignet die prinzipienwidrige Steuerbelastung des Leistungsempfängers bei Kreditgewährungsleistungen auf zwischengelagerten Leistungsstufen und die anknüpfenden Kumulationswirkungen und Belastungswidrigkeiten zu beseitigen.639 Zugleich ist damit auch die 636 Vergleiche Memorandum of Agreement Regarding Sales Tax Harmonization with a View to Concluding a Canada-Quebec Comprehensive Integrated Tax Coordination Agreement, S. 4; López-Laborda/Peña, International VAT Monitor 2017, 457 (461). Eine Nullsatzbesteuerung von Finanzdienstleistungen soll dagegen noch in Ecuador erfolgen, vergleiche Coelho, Taxing Bank Transactions – The Experience in Latin America and Elsewhere, S. 22. Zu einem entsprechenden Vorschlag zur Einführung einer Nullsatzbesteuerung in Hong Kong, der allerdings keine Umsetzung gefunden hat, Lejeune/Stevens/Killer, in: Lang/Melz/ Kristoffersson, Value ­Added Tax and Direct Taxation, S. 673 (S. 693). 637 Entsprechend Gendron, Canadian Tax Journal 2016, 401 (411). 638 Vergleiche López-Laborda/Peña, International VAT Monitor 2017, 457 (463); ­Edgar, in: Krever/White, GST in Retrospect and Prospect, S. 131 (S. 142). 639 Vergleiche van Brederode/Krever, in: van Brederode/Krever, VAT and Financial Services, S. 15 (S. 24); Schenk/Zee, in: Zee, Taxing the Financial Sector, S. 60

164

I.  Die Nullsatzbesteuerung der Kreditgewährung

Neutralität der Besteuerung gegenüber der Kreditnachfrage auf zwischengelagerten Leistungsstufen gewährleistet, sodass sich die Nullsatzbesteuerung auch angesichts der Effizienzforderung vorzugswürdig zeigt. Erfolgt die Kreditgewährung dagegen an einen privaten Leistungsempfänger, ist die zu geringe Steuerbelastung der konsumtiven Vermögensverwendung bei einer Nullsatzbesteuerung mangels verdeckter Steuerbelastung gegenüber der geltenden Befreiungskonzeption gesteigert.640 Diese Abweichung vom Verbrauchsteuerprinzip wäre gleichwohl nach eigener Auffassung durch die Schwierigkeiten bei der Ermittlung der Bemessungsgrundlage und die zugleich gravierenden negativen Folgewirkungen der geltenden Steuerbefreiungskonzeption zu rechtfertigen. Aus ökonomischer Perspektive ist bei einer grundsätzlichen Nullsatzbesteuerung zunächst die gesteigerte neutralitätswidrige Bevorzugung der privaten Kreditnachfrage gegenüber sonstigen Leistungen und die potentiell korrespondierend gesteigerte Nachfrageverzerrung zu bemängeln.641 (S. 70); Merrill, in: Tax Analysts, The VAT Reader, S. 163 (S. 170); López-Laborda/ Peña, International VAT Monitor 2017, 457 (457); Zee, Intertax 2006, 458 (465); van Schalkwyk/Prebble, Asia-Pacific Tax Bulletin 2004, 451 (453). 640 Vergleiche, wenngleich ohne Anknüpfung an die konsumtive Vermögensverwendung, Merrill, in: Tax Analysts, The VAT Reader, S. 163 (S. 170); López-Laborda/ Peña, International VAT Monitor 2017, 457 (457); Gendron, Bulletin for Interna­ tional Taxation 2008, 494 (501); Zee, Intertax 2006, 458 (466); van Schalkwyk/ Prebble, Asia-Pacific Tax Bulletin 2004, 451 (453). 641 Aufgrund der Nullsatzbesteuerung und der entsprechenden vollständig aufgehobenen Steuerbelastung ist der Preis der Kreditgewährungsleistung gegenüber dem Preis sonstiger Leistungen, die der Besteuerung unterliegen, zu niedrig, weshalb ceteris paribus die private Kreditnachfrage gemessen an dem wohlfahrtsoptimalen Maß potentiell weiter gesteigert ist. Zu dem Aspekt der Nachfrageverzerrung und der einhergehenden Verletzung des Neutralitätspostulats grundlegend bereits S. 117 ff., S. 122 ff. mwN. Vergleiche konkret zur Nullsatzbesteuerung des Weiteren Europäische Kommission, Summary of Results – Public Consultation on Financial and Insurance Services, Punkt „Zero-Rating“; Schenk, Tax Law Review 63 (2010), 409 (440); Gendron, Bulletin for International Taxation 2008, 494 (501); van Schalkwyk/Prebble, Asia-Pacific Tax Bulletin 2004, 451 (453); sowie Schenk/ Zee, in: Zee, Taxing the Financial Sector, S. 60 (S. 71), die vermuten, dass die Verzerrungswirkung bei eingeschränkter Substitutionsmöglichkeit der Leistungen von insgesamt nur geringer Signifikanz sein könnte. Edgar zufolge ergibt sich eine Nachfrageverzerrung zudem dann nicht, wenn die Kreditnachfrage vollständig einkommens- statt preiselastisch ist, vergleiche Edgar, in: Krever/White, GST in Retrospect and Prospect, S. 131 (S. 145). Diese Anmerkungen von Schenk/Zee und Edgar erlangen gleichwohl nur im Rahmen der Abwägung der einzelnen Besteuerungsmöglichkeiten Bedeutung. Die geforderte Prinzipiengerechtigkeit der Besteuerung können sie gerade nicht begründen, da die angeführte neutralitätswidrige Verzerrungswirkung nicht bereits aus dem Besteuerungssystem, sondern erst in Verbindung mit zusätzlichen (zum Teil schwer nachprüfbaren und veränderlichen) ökonomischen Faktoren vermieden wird.

165

B.  Die Mehrwertbesteuerung der Kreditgewährung im internationalen Vergleich

Folgt man der hier zugrundeliegenden Auffassung, die eine Besteuerung der Kreditzinszahlungen nach der Maßgabe der intertemporalen Neutralität als geboten betrachtet, liegt auch bezüglich dieses Neutralitätsaspekts eine weitergehende Durchbrechung vor.642 Bezüglich der Maßgabe der Transparenz der Besteuerungsfolgen ist die Nullsatzbesteuerung der geltenden Steuerbefreiungskonzeption hingegen eindeutig überlegen. Ein weiterer Vorzug der Nullsatzbesteuerung ist die Neutralität der Besteuerungsfolgen gegenüber der unternehmerischen Organisationsstruktur des Kreditgebers. Aufgrund des Vorsteuerabzugsrechts des Kreditgebers ist bei der Nullsatzbesteuerung gerade kein Anreiz mehr gegeben, Vorleistungen in die eigene Unternehmung zu integrieren oder arbeitssparende Investitionen zu prokrastinieren.643 Eine dem Neutralitätsprinzip widersprechende Benachteiligung typischerweise gerade kleinerer Unternehmungen, die Vorleistungen nicht in gleicher Weise integrieren können, wird durch eine Nullsatzbesteuerung ebenso vermieden. Für den Steuerpflichtigen reduziert ein vollständiger Nullsatzbesteuerungsansatz weiter den Steuerbefolgungsaufwand, da eine Vorsteueraufteilung nicht länger notwendig ist.644 An Bedeutung gewinnt dagegen die Auslegung und Abgrenzung des Anwendungsbereichs der Nullsatzbesteuerung, der die Trennlinie zwischen einer vollständigen Steuerbelastung und einer vollständigen Steuerentlastung festlegt.645 Der Anreiz zu Steuergestaltungs- und Steuerumgehungsversuchen ist in Bezug auf den Anwendungsbereich der Nullsatzbesteuerung mithin groß und eine gewisse Streitanfälligkeit angelegt.646 Die Auswirkungen der Nullsatzbesteuerung auf die Steuererhebungskosten zeigen sich weniger eindeutig. Mit der Beseitigung der Notwendig642 Zu diesem Aspekt ebenso mit konzeptionellem Rückbezug Edgar, in: Krever/ White, GST in Retrospect and Prospect, S. 131 (S. 142). 643 Vergleiche López-Laborda/Peña, International VAT Monitor 2017, 457 (457). 644 Vergleiche van Brederode/Krever, in: van Brederode/Krever, VAT and Financial Services, S. 15 (S. 24); Schenk/Zee, in: Zee, Taxing the Financial Sector, S. 60 (S. 70); Zee, Intertax 2006, 458 (466). Angenommen wird hier und im Folgenden zunächst, dass keine weiteren unechten Steuerbefreiungen vorhanden sind. 645 Vergleiche van Brederode/Krever, in: van Brederode/Krever, VAT and Financial Services, S. 15 (S. 24); Englisch, in: de la Feria, VAT Exemptions, S. 37 (S. 89); Pallot, in: Krever/White, GST in Retrospect and Prospect, S. 163 (S. 170). Wie zur geltenden Steuerbefreiungskonzeption bereits unter dem Aspekt der Ausdehnung der Steuerbefreiungsvorschriften besprochen (S. 157), geht Schenk zudem von einem vergleichbaren Risiko bezüglich des Anwendungsbereichs der Nullsatzbesteuerung aus, vergleiche Schenk, Tax Law Review 63 (2010), 409 (441). 646 Vergleiche Gendron, Canadian Tax Journal 2016, 401 (501); van Schalkwyk/ ­Prebble, Asia-Pacific Tax Bulletin 2004, 451 (453).

166

I.  Die Nullsatzbesteuerung der Kreditgewährung

keit einer Vorsteueraufteilung und somit auch der Prüfung der Vorsteueraufteilung durch die Steuerverwaltung geht zuvörderst eine klare Minderung des Steuerverwaltungsaufwands einher.647 Zugleich soll die Nullsatzbesteuerung aber entgegengesetzt einen Anstieg der Steuerpflichtigen und entsprechend der Steuererhebungskosten begründen.648 Zu einem Anstieg der Steuerpflichtigen kommt es indes richtigerweise nur, soweit alle Leistungen des fraglichen Leistungserbringers bislang einer Steuerbefreiung unterlagen und nun die Nullsatzbesteuerung angewendet werden müsste. Da die überwiegende Zahl der typischen Erbringer von Kreditgewährungsleistungen wohl gleichzeitig steuerpflichtige Leistungen erbringen wird649 und zudem die Feststellungen zur Besteuerungswürdigkeit ergeben haben, dass bei Einlagen grundsätzlich bereits keine entgeltliche Kreditgewährungsleistung gegeben ist, ist dieser angenommene Anstieg wohl eher von geringer Bedeutung.650 Eine gewisse Mehrbelastung der Finanzverwaltung ergibt sich dagegen ohne Zweifel aus der notwendigen Prüfung der nun bestehenden Vorsteuerabzugsmöglichkeit und der Anwendung der Nullsatzbesteuerung, va. aufgrund der bereits angemerkten potentiellen Steuergestaltungsanfälligkeit.651 Aus politischer Warte die wahrscheinlich nachteiligste Folgewirkung einer vollständigen Nullsatzbesteuerung ist die negative Aufkommenswirkung, die aus der Aufhebung der Versagung des Vorsteuerabzugsrechts bei einer Nullsatzbesteuerung folgt.652 Soll die Aufkommensminderung durch eine Anhebung der Regelsteuersätze kompensiert werden, so ist in 647 Vergleiche Schenk/Zee, in: Zee, Taxing the Financial Sector, S. 60 (S. 70); Englisch, in: de la Feria, VAT Exemptions, S. 37 (S. 88). 648 So Gottfried/Wiegard, Journal of Public Economics 46 (1991), 307 (327). Vergleiche mwN. zudem Englisch, in: de la Feria, VAT Exemptions, S. 37 (S. 88). 649 Zur Struktur der Ausgangsleistungen der Kreditgeber vergleiche bereits S. 127 f. 650 Zu einem vergleichbaren Ergebnis in einem anderen Zusammenhang, Englisch, in: de la Feria, VAT Exemptions, S. 37 (S. 89). Zur grundsätzlich mangelnden Besteuerungswürdigkeit der Einlage, s. Fn. 326. 651 Vergleiche Ebrill/Keen/Bodin/Summers, The Modern VAT, S. 91. 652 Vergleiche Europäische Kommission, Summary of Results – Public Consultation on Financial and Insurance Services, Punkt „Zero-Rating“; Edgar, in: Krever/ White, GST in Retrospect and Prospect, S. 131 (S. 142). Zur negativen Aufkommenswirkung der Nullsatzbesteuerung zudem López-Laborda/Peña, International VAT Monitor 2017, 457 (457); de la Feria/Lockwood, Fiscal Studies 2010, 171 (193); Schenk, Tax Law Review 63 (2010), 409 (441); Gendron, Bulletin for International Taxation 2008, 494 (501); Gottfried/Wiegard, Journal of Public Economics 46 (1991), 307 (310); Schenk/Zee, in: Zee, Taxing the Financial Sector, S. 60 (S. 71); Bird/Gendron, VAT Revisited – A New Look at the Value ­Added Tax in Deve­ loping and Transitional Countries, S. 74.

167

B.  Die Mehrwertbesteuerung der Kreditgewährung im internationalen Vergleich

der ökonomischen Literatur angemerkt worden, dass eine derartige aufkommensneutrale Einführung einer Nullsatzbesteuerung nur bei großen Volkswirtschaften mit einem Wohlfahrtsgewinn gegenüber der geltenden Steuerbefreiungskonzeption einherginge.653 Bei kleineren Volkswirtschaften käme es zu einer Wohlfahrtsminderung. Bei grenzüberschreitenden Fallgestaltungen zeigt sich die Nullsatzbesteuerung dagegen eindeutig der geltenden Rechtslage überlegen. Mit der Aufhebung der Versagung des Vorsteuerabzugsrechts würden zunächst die innergemeinschaftlichen Wettbewerbsverzerrungen aufgrund von divergierenden Vorsteueraufteilungsmethoden aufgehoben. Zudem ergäbe sich nicht länger eine Benachteiligung von europäischen Leistungserbringern bei Fallgestaltungen mit Drittlandsbezug, da die europäischen Leistungserbringer bei einer Nullsatzbesteuerung ebenso keine Vorsteuerbelastung zu tragen hätten.654 Zusammengefasst kann die Nullsatzbesteuerung gerade wegen der Aufhebung der systemwidrigen Vorsteuerbelastung und der entsprechenden Folgewirkungen überzeugen. Aufgrund der mangelnden Steuerbelastung des besteuerungswürdigen Teils der Kreditzinszahlungen, ist die Nullsatzbesteuerung gleichwohl keine Optimallösung in einem System einer allgemeinen Verbrauchsbesteuerung. Die politische Realisierungschance einer vollständigen Nullsatzbesteuerung muss gerade wegen dieser vollständigen Aufhebung der Steuerbelastung und der sich gegenüber der geltenden Rechtslage somit ergebenden negativen Aufkommenswirkung als sehr gering eingeschätzt werden.655 b) Bewertung der eingeschränkten Nullsatzbesteuerung Eine politische Kompromisslösung könnte, wie die Länderpraxis in Neuseeland belegt, möglicherweise eine nur partielle Einführung der Nullsatzbesteuerung mit Begrenzung auf qualifizierte Leistungsempfänger abgeben. Die negative Aufkommenswirkung ist bei einer derartigen ­Begrenzung der Nullsatzbesteuerung erheblich geringer, da soweit kein 653 So und im Folgenden Gottfried/Wiegard, Journal of Public Economics 46 (1991), 307 (324). Eine Auseinandersetzung mit diesem Aspekt erfolgt zugleich durch Englisch, in: de la Feria, VAT Exemptions, S. 37 (S. 89). 654 Zu diesem Aspekt Edgar, in: Krever/White, GST in Retrospect and Prospect, S. 131 (S. 142). Angemerkt sei zudem, dass mangels Aufkommensgenerierung ebenso keine Aufkommensverschiebung mehr erfolgt. 655 Vergleiche Europäische Kommission, Summary of Results – Public Consultation on Financial and Insurance Services, Punkt „Zero-Rating”. Ebenso Edgar, in: Krever/White, GST in Retrospect and Prospect, S. 131 (S. 142).

168

I.  Die Nullsatzbesteuerung der Kreditgewährung

qualifizierter Leistungsbezug vorliegt, wie gewohnt, über die Versagung des Vorsteuerabzugsrechts ein gewisses Steueraufkommen generiert wird. Zugleich liegt eine gewisse Steuerbelastung der konsumtiven Leistungsinanspruchnahme vor, sodass die angeführten Mängel der vollständigen Steuerbelastungsfreiheit, wie die gesteigerte Verzerrung der privaten Kreditnachfrage, nicht hervorgerufen werden.656 Diesen positiven Aspekten einer eingeschränkten Nullsatzbesteuerung stehen allerdings gewichtige Nachteile gegenüber. So ergeben sich die grundlegenden Vorzüge der Nullsatzbesteuerung nur noch in deren Anwendungsbereich. Bei Leistungserbringungen an nicht qualifizierte Leistungsempfänger verbleibt es dagegen bei den Mängeln der geltenden Rechtslage, wie gerade dem Anreiz zu vertikaler Integra­ tion.657 Aufgrund der partiellen Aufrechterhaltung der Versagung des Vorsteuerabzugsrechts ist zudem eine Vorsteueraufteilung mit entsprechenden Steuerbefolgungs- und Steuererhebungskosten notwendig.658 Eine de-minimis-Regelung wie in Sec. 20 (3C) GST Act NZL vorgesehen, kann hier nur begrenzt eine besondere Benachteiligung von typischerweise kleineren Unternehmungen vermeiden. Mit jeder Begrenzung des Anwendungsbereichs sowie ergänzenden Sonderregelungen gehen weiter zwangsläufig eigenständige Anwendungsund Abgrenzungsschwierigkeiten sowie Steuerumgehungsmöglichkeiten einher, welche die Steuerbefolgungs- und Steuererhebungskosten zusätzlich steigern.659 656 Die Steuerbelastung bleibt gleichwohl gemessen an der konsumtiven Vermögensverwendung zu gering. Vergleiche Zee, Intertax 2006, 458 (465). 657 Vergleiche Pallot/Allen, in: van Brederode/Krever, VAT and Financial Services, S. 159 (S. 165); Lejeune/Stevens/Killer, in: Lang/Melz/Kristoffersson, Value ­Added Tax and Direct Taxation, S. 673 (S. 693); Henkow, International VAT Monitor 2011, Ergänzungsbeitrag (online), S. 3. Bezüglich der angeführten Länderpraxis in Neuseeland merkt Zee zu Recht an, dass sich weiterhin Kaskadenwirkungen ergeben können, wenn der Leistungsempfänger ein Unternehmer ist, der allerdings den Anforderungen der Sec. 11A (1) (q) oder (r) nicht genügt, vergleiche Zee, Intertax 2006, 458 (465). 658 Vergleiche López-Laborda/Peña, International VAT Monitor 2017, 457 (457); Merrill, in: Tax Analysts, The VAT Reader, S. 163 (S. 171); Schenk/Zee, in: Zee, Taxing the Financial Sector, S. 60 (S. 71); Pallot/White, International VAT Monitor 2002, 481 (485). Vergleiche zu diesem Aspekt sowie grundsätzlich kritisch bezüglich des Steuererhebungs- sowie des Steuerverwaltungsaufwands der neuseeländischen Ausgestaltung zudem Zee, Intertax 2006, 458 (465). 659 Offenkundig ergeben sich derartige Schwierigkeiten ua. auch bezüglich der angeführten, ergänzenden de-minimis-Regelung oder der Sonderregelung zum Vorsteuerabzug für Erbringer von Finanzdienstleistungen. Wie sogleich zur eingeschränkten Nullsatzbesteuerung dargelegt, ist die Möglichkeit des Vorsteuerabzugs für die

169

B.  Die Mehrwertbesteuerung der Kreditgewährung im internationalen Vergleich

So muss der leistungserbringende Unternehmer etwa bei einer Eingrenzung der Nullsatzbesteuerung nur auf qualifizierte Leistungsempfänger bezüglich jeder einzelnen Leistung prüfen und später gegenüber der Finanzverwaltung belegen können, ob die Leistung überhaupt an einen zur Nullsatzbesteuerung geeigneten Leistungsempfänger erfolgt ist. Soweit die Nullsatzbesteuerung nur auf Leistungen an Unternehmer begrenzt ist, kann eine derartige Prüfung bereits einen gewissen Aufwand begründen.660 Liegt aber eine Begrenzung der Nullsatzbesteuerung wie in Sec. 11A (1) (q) und (r) GST Act NZL vor, mit der Folge, dass der leistungserbringende Unternehmer zudem prüfen muss, ob die Ausgangsleistungen des leistungsempfangenden Unternehmers den Anforderungen der genannten Regelungen entsprechen,661 muss die daraus folgende Belastung des Steuerpflichtigen eindeutig als unverhältnismäßig angesehen werden.662 Der Steuerpflichtige hat nämlich keinen unmittelbaren Zugriff auf die benötigten Angaben. Eine somit notwendige Beschaffung derartig tiefgehender Angaben, sei es über den Leistungsempfänger oder womöglich über offizielle Mitteilungen, kann dem leistungserbringenden Unternehmer, der eben nur in der Funktion eines Steuererhebungsgehilfen agiert, nicht zugemutet werden. In Erinnerung sei hier zudem noch einmal gerufen, dass die Nullsatzbesteuerung gerade bei Leistungen an Unternehmer keineswegs eine Begünstigung der beteiligten Unternehmer begründet, sondern vielmehr einzig die Vermeidung prinzipienwidriger Besteuerungsfolgen bezweckt.

Erbringer von Finanzdienstleistungen von Angaben abhängig, über die diese Unternehmer keine unmittelbare Kenntnis haben. Vergleiche zu dieser Problematik gleichsam Schenk/Thuronyi/Cui, Value ­Added Tax, S. 379. Entsprechend zum Fall einer Verbindung von Nullsatzbesteuerung und Cash-Flow-Besteuerung Edgar, in: Krever/White, GST in Retrospect and Prospect, S. 131 (S. 148). 660 Zu den diesbezüglichen Bedenken der Beteiligten s. Europäische Kommission, Summary of Results – Public Consultation on Financial and Insurance Services, Punkt „Zero-Rating“. Vergleiche grundsätzlich kritisch zur Prüfungspflicht van Brederode/Krever, in: van Brederode/Krever, VAT and Financial Services, S. 15 (S. 25); anders dagegen Zee, Intertax 2006, 458 (465). 661 Vergleiche zu zulässigen Prüfungsmethoden Pallot/Allen, in: van Brederode/Krever, VAT and Financial Services, S. 159 (S. 166); Schenk/Thuronyi/Cui, Value ­Added Tax, S. 378.  662 Vergleiche ebenso grundsätzlich kritisch van Schalkwyk/Prebble, Asia-Pacific Tax Bulletin 2004, 451 (455); Zee, Intertax 2006, 458 (465); Lejeune/Stevens/Killer, in: Lang/Melz/Kristoffersson, Value ­Added Tax and Direct Taxation, S. 673 (S. 692). Aufgrund dieser Belastung ist die Nullsatzbesteuerung in Neuseeland keine zwingende Regelung, sondern wird nur bei entsprechender Wahl des Steuerpflichtigen angewendet, s. ua. Pallot/Allen, in: van Brederode/Krever, VAT and Financial Services, S. 159 (S. 166).

170

II.  Die Steuerbefreiung der Kreditgewährung

Als höchst wahrscheinlich müssen im Übrigen Steuerumgehungsversuche eingeordnet werden, die eine Anwendung der Nullsatzbesteuerung durch die Täuschung über die Eignung des Leistungsempfängers auch bei privatem Leistungsbezug erlangen wollen.663 Die Steuerbefolgungs- und Steuererhebungskosten können demzufolge bei einer dergestaltigen, eingeschränkten Nullsatzbesteuerung sogar die der geltenden Steuerbefreiungskonzeption übersteigen.664 Eine eingeschränkte Nullsatzbesteuerung ist nach alledem eindeutig einer vollständigen Nullsatzbesteuerung unterlegen. Im Vergleich zur besprochenen Steuerbefreiung mit Optionsmöglichkeit ist die Nullsatzbesteuerung von Leistungen an qualifizierte Leistungsempfänger dagegen grundsätzlich vorzugswürdig. Anders als bei der Steuerbefreiung mit Optionsmöglichkeit sind die Verbesserungen der Systemgerechtigkeit bei einer solchen Nullsatzbesteuerung nämlich nicht von Vorteilhaftigkeitserwägungen des Leistungserbringers abhängig.665 Ferner wurde im Zusammenhang mit den Auswirkungen des Optionsrechts festgehalten, dass es im Fall der Optionsausübung ua. dann zu prinzipienwidrigen Mehrwertsteuerbelastungen und Verzerrungswirkungen kommen kann, wenn der Empfänger der Kreditgewährungsleistung nicht zum (vollständigen) Vorsteuerabzug berechtigt ist.666 Im Fall der Nullsatzbesteuerung sind derartige Folgewirkungen indes durch die Verwendung des Nullsteuersatzes ausgeschlossen. Zur Vermeidung höherer Steuererhebungs- und Steuerbefolgungskosten sollte die Nullsatzbesteuerung aber möglichst simpel und eindeutig ausgestaltet sein.

II. Die Steuerbefreiung der Kreditgewährung mit anteiligem Vorsteuerabzugsrecht des Kreditgebers Eine Regelungskonzeption, die systematisch regelmäßig zwischen der europäischen Steuerbefreiungskonzeption und der vollständigen Nullsatzbesteuerung angesiedelt wird,667 ist die Steuerbefreiung mit anteiligem Vorsteuerabzugsrecht. 663 Vergleiche Gendron, Canadian Tax Journal 2016, 401 (411); Pallot/White, International VAT Monitor 2002, 481 (486). 664 Ebenso van Schalkwyk/Prebble, Asia-Pacific Tax Bulletin 2004, 451 (455). 665 Anders, wie dargelegt, in Neuseeland, wo der Leistungserbringer wie im Fall der Optionsmöglichkeit die Nullsatzbesteuerung wählen kann. 666 Hierzu eingehend S. 153.  667 Vergleiche López-Laborda/Peña, International VAT Monitor 2017, 457 (458); Merrill, in: Tax Analysts, The VAT Reader, S. 163 (S. 171); van Schalkwyk/ Prebble, Asia-Pacific Tax Bulletin 2004, 451 (456).

171

B.  Die Mehrwertbesteuerung der Kreditgewährung im internationalen Vergleich

1. Darlegung des Besteuerungsansatzes Diese Besteuerungskonzeption einer Steuerbefreiung mit anteiligem Vorsteuerabzugsrecht wird gegenwärtig in Australien und Singapur ­verfolgt und ist in der entsprechend englischsprachig geprägten Auseinandersetzung unter der Bezeichnung des „partial“ oder „limited“ „Input Tax Recovery Approach“ geläufig.668 a) Die allgemeine Regelungskonzeption Mit der geltenden europäischen Steuerbefreiungskonzeption gemein ist diesem Besteuerungsansatz, dass die Kreditgewährungsleistung und zahlreiche sonstige Finanzdienstleistungen selbst nicht der Mehrwertbesteuerung unterliegen.669 Zudem ist mit der mangelnden Mehrwertbesteuerung der Ausgangsleistungen grundsätzlich ebenso die Versagung des Vorsteuerabzugsrechts bezüglich derjenigen Eingangsleistungen verbunden, die der Unternehmer zur Erbringung der befreiten Finanzdienstleistungen eingesetzt hat.670 In Abgrenzung zu der europäischen Steuerbefreiungskonzeption wird im Rahmen dieses Besteuerungsansatzes allerdings eine Sonderregelung implementiert, die dem Kreditgeber zugesteht einen festgelegten, prozentualen Anteil seiner Vorsteuerbelastung doch in Abzug zu bringen. Die Festlegung der Höhe des Abzugsanteils hängt, wie die Länderpraktiken sogleich zeigen werden, von der Zweckrichtung ab, die der Sonderregelung zugrunde liegt. Sieht die Sonderregelung zum Beispiel einen Abzugsanteil von 75% vor, so kann der Kreditgeber, der zur Erbringung der Kreditgewährungsleistung diverse Vorleistungen im Wert von insgesamt 100 zzgl. 19 USt bezogen hat, über die Sonderregelung einen Vorsteuerabzug in Höhe von

668 Vergleiche mit zum Teil kleineren Abweichungen López-Laborda/Peña, International VAT Monitor 2017, 457 (458); Zee, Intertax 2006, 458 (463); Merrill, in: Tax Analysts, The VAT Reader, S. 163 (S. 171). 669 Vergleiche hierzu und im Folgenden überwiegend bereits mit konkretem Bezug zur jeweiligen Länderpraxis Schenk/Thuronyi/Cui, Value ­Added Tax, S. 376 ff.; Schenk/Zee, in: Zee, Taxing the Financial Sector, S. 60 (S. 67); Gendron, Bulletin for International Taxation 2008, 494 (501). 670 Man spricht daher auch von einer Eingangsbesteuerung. Keine Eingangsbesteuerung, sondern eine Steuerbefreiung mit Vorsteuerabzugsrecht, wie beim europäischer Besteuerungsansatz, bzw. eine Nullsatzbesteuerung erfolgt dagegen, wenn die Finanzdienstleistung exportiert wird, vergleiche Dev. 38-190 GST Act AUS und Sec. 21 GST Act SGP.

172

II.  Die Steuerbefreiung der Kreditgewährung

14,25 geltend machen.671 Beträgt der prozentuale Anteil der abzugsfähigen Vorsteuerbelastung dagegen 100%, so kann der Kreditgeber entsprechend die gesamte Vorsteuerbelastung in Abzug bringen. Der Besteuerungsansatz kommt in seiner Wirkung dann einer Steuerbefreiung mit Vorsteuerabzugsrecht respektive einer Nullsatzbesteuerung gleich.672 b) Die konkrete Ausgestaltung in Australien Die mehrwertsteuerliche Behandlung von Finanzdienstleistungen im Allgemeinen und der Kreditgewährungsleistung im Speziellen zeigt sich in Australien gegenwärtig wie folgt.673 Nach Dev. 40-5 (1) GST Act AUS unterliegen Finanzdienstleistungen der Eingangsbesteuerung. Bei der Eingangsbesteuerung erfolgt der Legaldefinition der Dev. 40-1 GST Act AUS zufolge, keine Besteuerung der Ausgangsleistung; dem Erbringer der Finanzdienstleistung kommt aber zugleich kein Vorsteuerabzugsrecht zu.674 Bezüglich der Begriffsdefinition der Finanzdienstleistungen verweist Dev. 40-5 (2) GST Act AUS auf die Regulations.675 Die GST Regulations 671 Vergleichbare Beispiele enthalten Zee, Intertax 2006, 458 (463); Schenk/Zee, in: Zee, Taxing the Financial Sector, S. 60 (S. 67). 672 Vergleiche so zur Nullsatzbesteuerung Bird/Gendron, VAT Revisited – A New Look at the Value ­Added Tax in Developing and Transitional Countries, S. 74; Gendron, Bulletin for International Taxation 2008, 494 (501). 673 Die Einführung der GST, einer allphasigen Umsatzbesteuerung mit Vorsteuerabzugsrecht, erfolgte in Australien mit Wirkung zum 1.7.2000. Ebenso wie auf europäischer Ebene ging man davon aus, dass eine vollständige Integration der Finanzdienstleistungen aufgrund ihrer besonderen Entgeltstruktur nicht möglich sei [vergleiche hierzu und im Folgenden A New Tax System (Goods and Services Tax) Regulations 1999, Explanatory Statements, Statutory Rules 1999 No. 245, Punkt B. sowie Attachment E.]. Da man sich allerdings zugleich der negativen Folgewirkungen der europäischen Besteuerungspraxis gewahr war, beschloss man die im Folgenden dargelegten Regelungen. Vergleiche hierzu und zu weiteren Entwicklungen seit der Einführung Krever/Teoh, in: van Brederode/Krever, VAT and Financial Services, S. 51 (S. 51 ff., S. 61); sowie zudem Walpole, International VAT Monitor 2011, 316 (316 f.). 674 Zu den einzelnen Voraussetzungen des Vorsteuerabzugsrechts vergleiche Dev. 11 GST Act AUS, hier vor allem Dev. 11-5 (2) (a) GST Act AUS. Eine Steuerbefreiung mit Vorsteuerabzugsrecht erfolgt dagegen, wenn die Finanzdienstleistung exportiert wird, vgl. Dev. 38-190 GST Act AUS. Hierzu Krever/Teoh, in: van Brederode/ Krever, VAT and Financial Services, S. 51 (S. 63); McMahon, in: IFA, cahiers de droit fiscal, Band 88b, S. 117 (S. 136 f.). 675 Vergleiche eingehend und zum Teil kritisch zur Begriffsdefinition Krever/Teoh, in: van Brederode/Krever, VAT and Financial Services, S. 51 (S. 53 ff.); zudem McCouat, Australian Master GST Guide, S. 271 ff.; Schenk/Thuronyi/Cui, Value ­Added Tax, S. 376. 

173

B.  Die Mehrwertbesteuerung der Kreditgewährung im internationalen Vergleich

AUS sehen in Reg. 40-5.08 bis Reg. 40-5.13 sowie in Schedule 2 und 3 eine eingehende, positive und negative Beschreibung von Finanzdienstleistungen vor. Das Ergebnis ist ein im internationalen Vergleich sehr enges Begriffsverständnis der Finanzdienstleistungen.676 Die Kredit­ gewährungsleistung ist gemäß Reg. 40-05.09 (3) iVm. Schedule 2 Abschnitt 2 Item 1 GST Regulations AUS gleichwohl inbegriffen und unterliegt entsprechend der Eingangsbesteuerung. Entgegen dieser grundsätzlichen Eingangsbesteuerung kann der Erbringer von Finanzdienstleistungen zuvörderst gemäß Dev. 189-1 GST Act AUS dann einen Vorsteuerabzug bezüglich der zur Erbringung der Finanzdienstleistung verwendeten Eingangsleistungen geltend machen, wenn die Vorsteuerbelastung im Zusammenhang mit der Erbringung der Finanzdienstleistung ein begrenztes Maß nicht übersteigt (sog. „finan­ cial acqusition threshold“).677 Nach Dev. 189-1 GST Act AUS iVm. Dev. 189-5 und Dev. 189-10 GST Act AUS ist ein vollständiger Vorsteuerabzug möglich, wenn die Vorsteuerbelastung aus den zur Erbringung der Finanzdienstleistung eingesetzten Eingangsleistungen,678 weder (a) größer als $150.000 noch (b) größer als 10% der gesamten Vorsteuerbelastung des Leistungserbringers ist.679 Ist ein Vorsteuerabzug nach der angeführten de-minimis-Regelung nicht möglich,680 erlangt die Sonderregelung der Dev. 70 GST Act AUS Be­ deutung. Nach Dev. 70 GST Act AUS kann im Fall der Erbringung von 676 Entsprechend Lejeune/Stevens/Killer, in: Lang/Melz/Kristoffersson, Value ­Added Tax and Direct Taxation, S. 673 (S. 690); van Schalkwyk/Prebble, Asia-Pacific Tax Bulletin 2004, 451 (462). So werden zum Beispiel ua. einige Leistungen mit expliziten Leistungsentgelten der Besteuerung unterzogen. 677 Die konkrete Ableitung des Vorsteuerabzugsrechts folgt aus Dev. 11-1, 11-5, 11-15 (4) GST Act AUS iVm. Dev. 189 GST Act AUS. Eingehend zur de-minimis-Regelung ua. Krever/Teoh, in: van Brederode/Krever, VAT and Financial Services, S. 51 (S. 57 f.); de la Feria/Walpole, International and Comparative Law Quarterly 2009, 897 (919 f.). 678 Angemerkt sei, dass die Eingangsleistungen, welche zur Kreditaufnahme bezogen werden, gemäß Dev. 189-15 GST Act AUS aus der Betrachtung ausgeklammert werden. Eingehend diesbezüglich sowie zu der in diesem Zusammenhang ebenso bedeutsamen Sonderregelung der Dev. 11-15 (5) GST Act AUS Krever/Teoh, in: van Brederode/Krever, VAT and Financial Services, S. 51 (S. 60); McMahon, in: IFA, cahiers de droit fiscal, Band 88b, S. 117 (S. 133). 679 Diese Höchstgrenzen gelten nach Dev. 189-5 GST Act AUS für die vergangenen zwölf Monate und nach Dev. 189-10 GST Act AUS zudem für die künftigen zwölf Monate, sodass eine Prognose notwendig ist. 680 Die Subsidiarität gegenüber der de-minimis-Regelung sowie der Sonderreglung der Dev. 11-5(5) GST Act AUS folgt aus Dev. 70-5 (1A) GST Act AUS. Vergleiche hierzu McCouat, Australian Master GST Guide, S. 288. 

174

II.  Die Steuerbefreiung der Kreditgewährung

Finanzdienstleistungen trotz der Versagung des Vorsteuerabzugsrechts nach den allgemeinen Regeln, gleichwohl ein anteiliges Vorsteuerabzugsrecht (sog. „reduced input tax credit“) bezüglich der in Reg. 70 GST Regulations AUS festgelegten Eingangsleistungen vorliegen, wenn die benannten Eingangsleistungen zur Erbringung befreiter Finanzdienstleistungen eingesetzt werden.681 Der abzugsfähige Anteil der Vorsteuerbelastung aus den qualifizierten Eingangsleistungen beträgt sodann gemäß Reg. 70-5.03 GST Regulations AUS grundsätzlich 75%, in wenigen Fällen allerdings nur 55%. Diese Sonderregelung verfolgt den Zweck die negativen Folgewirkungen, zuvörderst die Anreizwirkung hin zu vertikaler Integration, die bei vollständiger Versagung des Vorsteuerabzugsrechts nach europäischer Besteuerungspraxis festgestellt wurden, zu vermeiden.682 Dementsprechend sollen in Reg. 70 GST Regulations AUS überwiegend solche Eingangsleistungen zum anteiligen Vorsteuerabzug qualifiziert worden sein, die Finanzinstitute ohne Steuerbefreiung der Finanzdienstleistungen regelmäßig auslagern würden.683 Zudem soll der abzugsfähige Anteil von 75% genau den Anteil repräsentieren, der mindestens zum Abzug zugelassen werden muss, um bezüglich dieser Eingangsleistungen einen Anreiz zu vertikaler Integration zu beseitigen.684 681 Regelungstechnisch gelten die zur Erbringung einer Finanzdienstleistung eingesetzten, nach Reg. 70 GST Regulations AUS abzugstauglichen, Eingangsleistungen gemäß Dev. 70-10 GST Act AUS als zur Erbringung eines abzugsberechtigen Zwecks eingesetzte Leistungen. Hierzu McCouat, Australian Master GST Guide, S. 288. Zu der Sonderreglung der Dev. 70 GST Act AUS ganz grundsätzlich sowie kritisch ua. bezüglich der Einflussnahme der Finanzinstitute auf die abzugstauglichen Eingangsleistungen sowie der großzügigen Handhabung der Regelungen durch die Finanzverwaltung Krever/Teoh, in: van Brederode/Krever, VAT and Financial Services, S. 51 (S. 61 f.). Vergleiche ganz grundsätzlich zudem de la Feria/ Walpole, International and Comparative Law Quarterly 2009, 897 (920 ff.); Stitt, in: Krever/White, GST in Retrospect and Prospect, S. 205 (S. 207 ff.); McMahon, in: IFA, cahiers de droit fiscal, Band 88b, S. 117 (S. 134). 682 Einhergehend versprach man sich von dieser Sonderregelung zudem positive Auswirkungen auf die Steuerbefolgungskosten speziell kleinerer Unternehmungen und die Wettbewerbsfähigkeit des eigenen Finanzdienstleistungssektors, vergleiche A New Tax System (Goods and Services Tax) Regulations 1999, Explanatory Statements, Statutory Rules 1999 No. 245, Punkt B. sowie Attachment E. Zu diesem Aspekt ebenso Schenk/Thuronyi/Cui, Value ­Added Tax, S. 377; Stitt, in: Krever/White, GST in Retrospect and Prospect, S. 205 (S. 208); Zee, Intertax 2006, 458 (463). 683 Vergleiche so McCouat, Australian Master GST Guide, S. 288; Lejeune/Stevens/ Killer, in: Lang/Melz/Kristoffersson, Value A ­ dded Tax and Direct Taxation, S. 673 (S. 690). 684 Vergleiche so PWC, Study to Increase the Understanding of the Economic Effects of the VAT Exemption for Financial and Insurance Services, S. 206; Poddar, in:

175

B.  Die Mehrwertbesteuerung der Kreditgewährung im internationalen Vergleich

c) Die konkrete Ausgestaltung in Singapur Die konkrete Länderpraxis in Singapur zeigt sich dagegen wie folgt. Zuvörderst ist in Sec. 22 (1) iVm. § 1 Part I Fourth Schedule GST Act SGP eine Steuerbefreiung zahlreicher Finanzdienstleistungen niedergelegt,685 welche gemäß Sec. 19, 20 (2) GST Act SGP grundsätzlich mit einer Versagung des Vorsteuerabzugsrechts bezüglich der zur Erbringung der befreiten Finanzdienstleistungen eingesetzten Eingangsleistungen, einhergeht.686 Die Kreditgewährungsleistung ist gemäß § 1 (g) Part I Fourth Schedule GST Act SGP in den Anwendungsbereich dieser Steuerbefreiungskonzeption eingeschlossen. Entgegen der grundsätzlichen Versagung des Vorsteuerabzugsrechts kann sich ein vollständiges Vorsteuerabzugsrecht eines Finanzdienstleistungserbringers allerdings aus einer allgemeinen de-minimis-Regelung gemäß Sec. 20 (3) (a) GST Act SGP iVm. Reg. 28 GST Regulations SGP oder aufgrund einer Sonderregelung gemäß Sec. 20 (3) (c) GST Act SGP iVm. Reg. 33 GST Regulations SGP ergeben.687 Nach Reg. 33 (e) GST Regulations SGP ist ein vollständiger Vorsteuerabzug auch bei der Erbringung von Kreditgewährungsleistungen möglich, allerdings nur unter Beachtung bestimmter Einschränkungen ua. bezüglich der Art des Leistungserbringers (Reg. 34 GST Regulations SGP) und der Höhe der sonstigen steuerfreien Leistungen des Leistungserbringers (Reg. 35 GST Regulations

Krever/White, GST in Retrospect and Prospect, S. 179 (S. 187); Zee, Intertax 2006, 458 (463). 685 Der Anwendungsbereich der Steuerbefreiungsvorschrift ist gleichwohl gegenüber der europäischen Regelung erheblich enger gefasst. So werden ua. einige Finanzdienstleistungen mit expliziten Leistungsentgelten der Besteuerung unterzogen, § 3 Part III Fourth Schedule GST Act SGP. Zudem Lejeune/Stevens/Killer, in: Lang/Melz/Kristoffersson, Value ­Added Tax and Direct Taxation, S. 673 (S. 688); Schenk/Zee, in: Zee, Taxing the Financial Sector, S. 60 (S. 67); Jenkins/Khadka, International VAT Monitor 1998, 35 (40). 686 Eine Nullsatzbesteuerung erfolgt dagegen, wenn die Leistungen exportiert werden, Sec. 21 (3) GST Act SGP. Vergleiche zudem Jenkins/Khadka, International VAT Monitor 1998, 35 (40). 687 Nach der allgemeinen de-minimis-Regelung ist ein vollständiger Vorsteuerabzug möglich, wenn in der vorgegebenen Periode die steuerfreien Leistungen des Steuerpflichtigen weder (a) im Monat durchschnittlich $40.000 noch (b) 5% des gesamten Werts von steuerpflichtigen und steuerfreien Leistungen übersteigen. Neben den angeführten Regelungen sei zudem auf Reg. 29 (3) GST Regulations SGP hingewiesen, die einen vollständigen Vorsteuerabzug ermöglicht, wenn die Finanzdienstleistungen nur Nebenleistungen zu sonstigen steuerpflichtigen Leistungen des Steuerpflichtigen sind. Eingehend zu dieser Regelung IRAS e-Tax Guide, GST: Partial Exemption and Input Tax Recovery, S. 10. 

176

II.  Die Steuerbefreiung der Kreditgewährung

SGP).688 Für die typischen Leistungserbringer der Kreditgewährungsleistung ist die angeführte Sonderregelung bereits aufgrund der Einschränkung bezüglich der Art des Leistungserbringers, die gerade Banken aus dem Anwendungsbereich ausgrenzt, jedoch nicht einschlägig. Eine größere Bedeutung erlangen dagegen zwei weitere Sonderregelungen, die den Erbringern von Finanzdienstleistungen ein eingeschränktes Vorsteuerabzugsrecht zugestehen.689 Zuvörderst können bestimmte Erbringer von Finanzdienstleistungen gestützt auf Sec. 20 (3) (b) GST Act SGP iVm. Reg. 30 (2) GST Regulations SGP ein eingeschränktes Vorsteuerabzugsrecht in festgelegter, prozentualer Höhe der gesamten Vorsteuerbelastung geltend machen.690 In Abhängigkeit von der Art des Leistungserbringers liegt der abzugsfähige Anteil derzeitig zwischen 60% und 96%.691 Erbringt eine Bank („Full Bank“) diverse Ausgangsleistungen im Wert von insgesamt 500 und bezieht die Bank zur Erbringung dieser Ausgangsleistungen Eingangsleistungen im Wert von insgesamt 100 zzgl. 19 USt, 688 Die Regelung zielt entsprechend vor allem auf Steuerpflichtige ab, deren eigentliche, unternehmerische Tätigkeit in der Erbringung sonstiger ganz überwiegend steuerpflichtiger Leistungen liegt. Eingehend zu dieser Regelung IRAS e-Tax Guide, GST: Partial Exemption and Input Tax Recovery, S. 3 ff. 689 Angemerkt sei bereits, dass die nachfolgenden Sonderregelungen zwar eine gesetzliche Anknüpfung haben aber in ihrer konkreten Ausgestaltung gerade nicht gesetzlich niedergeschrieben sind. 690 Anders als nach der zuvor dargelegten Länderpraxis in Australien, erfolgt die Anwendung des anteiligen Vorsteuerabzugsrechts hier auf die gesamte Vorsteuerbelastung und nicht nur auf den Teil der Vorsteuerbelastung, der den befreiten Finanzdienstleistungen zugerechnet werden kann. Eine Aufteilung der Eingangsleistungen ist also gerade nicht mehr notwendig. Vergleiche Burns, Asia-Pacific Tax Bulletin 2008, 352 (355); Schenk/Zee, in: Zee, Taxing the Financial Sector, S. 60 (S. 67); Jenkins/Khadka, International VAT Monitor 1998, 35 (40). 691 Auf Nachfrage teilte die Inland Revenue Authority of Singapore die folgenden Abzugsanteile mit:

 

Fixed rates for 1 Apr 17 to 31 Mar 18 (%)

Fixed rates for 1 Apr 18 to 31 Mar 19 (%)

Fixed rates for 1 Apr 19 to 31 Mar 20 (%)

Full banks

72

72

72

Wholesale banks

94

94

94

Offshore banks

96

96

96

Merchant banks

94

94

94

Finance companies

60

60

60

177

B.  Die Mehrwertbesteuerung der Kreditgewährung im internationalen Vergleich

kann die Bank über die angeführte Sonderregelung eine Vorsteuerbelastung in Höhe von 13,68 in Abzug bringen. Diese Sonderregelung des anteiligen Vorsteuerabzugsrechts verfolgt in Abgrenzung zu der dargelegten Sonderregelung in Australien einen grundsätzlicheren Zweck, der in der generellen Vermeidung der ne­ gativen Folgewirkungen einer Versagung des Vorsteuerabzugsrechts auf zwischengelagerten Leistungsstufen liegt.692 Entsprechend sollen die festgelegten Prozentangaben den Anteil der Finanzdienstleistungen repräsentieren, den die jeweilige Art von Leistungserbringer exportiert oder an Leistungsempfänger erbringt, die diese Leistung zu eigenen unternehmerischen Zwecken weiterverwenden.693 Die Festlegung der Prozentangaben erfolgt jährlich unter Rückgriff auf ökonomische Statistiken. Die Sonderregelung soll so quasi die Besteuerungsfolgen einer Nullsatzbesteuerung respektive Steuerbefreiung mit Vorsteuerabzugsrecht von Finanzdienstleistungen im zwischenunternehmerischen Leistungsverkehr bewirken, ohne dass allerdings der Leistungserbringer die Art des Leistungsempfängers respektive genauer den Zweck des Leistungsbezugs und korrespondierend die Qualifikation zur Steuerbefreiung mit Vorsteuerabzugsrecht bezüglich jeder einzelnen Ausgangsleistung prüfen muss.694 Neben der angeführten Sonderregelung besteht gleichsam, gestützt auf Sec. 20 (3) (b) GST Act SGP und Reg. 30 (2) GST Regulations SGP, bei Zustimmung der IRAS für bestimmte Erbringer von Finanzdienstleistungen die Möglichkeit bei der Ermittlung der abzugsfähigen Vorsteuerbelastung, die Finanzdienstleistungen, deren Leistungsempfänger die Finanzdienstleistungen zu unternehmerischen Zwecken bezogen haben, als vorsteuerabzugsberechtigende Leistungen zu behandeln.695 Über diese 692 Vergleiche Bird/Gendron, VAT Revisited – A New Look at the Value A ­ dded Tax in Developing and Transitional Countries, S. 74; Schenk/Zee, in: Zee, Taxing the Financial Sector, S. 60 (S. 67); Zee, Intertax 2006, 458 (463 f.). 693 Vergleiche hierzu und im Folgenden Merrill, in: Tax Analysts, The VAT Reader, S. 163 (S. 171); Burns, Asia-Pacific Tax Bulletin 2008, 352 (355); Zee, Intertax 2006, 458 (464). 694 Vergleiche Merrill, in: Tax Analysts, The VAT Reader, S. 163 (S. 171); Burns, Asia-Pacific Tax Bulletin 2008, 352 (355). Zur Wirkungsgleichheit von Nullsatzbesteuerung und Steuerbefreiung mit Vorsteuerabzugsrecht bereits S. 160 f. 695 Zu dieser Sonderregelung Lejeune/Stevens/Killer, in: Lang/Melz/Kristoffersson, Value A ­ dded Tax and Direct Taxation, S. 673 (S. 689); Schenk/Zee, in: Zee, Taxing the Financial Sector, S. 60 (S. 67); Jenkins/Khadka, International VAT Monitor 1998, 35 (40).

178

II.  Die Steuerbefreiung der Kreditgewährung

Sonderregelung können ebenso die von der vorgenannten Sonderregelung angestrebten Besteuerungsfolgen einer Nullsatzbesteuerung respektive Steuerbefreiung mit Vorsteuerabzugsrecht dieser qualifizierten Finanzdienstleistungen erzeugt werden.696 In Abgrenzung zu der vorgenannten Sonderregelung ist bei der Anwendung dieser Sonderregelung allerdings die Feststellung der Art des Leistungsbezugs durch den Empfänger der Ausgangsleistungen notwendig.697 Angemerkt sei zuletzt, dass der Erbringer einer Finanzdienstleistung grundsätzlich die Sonderregelung wählen wird, die mit einer insgesamt geringeren Belastung einhergeht. Neben der Höhe der Vorsteuerabzugsmöglichkeit werden diesbezüglich gerade die Steuerbefolgungskosten der jeweiligen Sonderregelung Bedeutung erlangen.698 2. Bewertung des Besteuerungsansatzes Die Steuerbefreiung mit anteiligem Vorsteuerabzugsrecht ist ebenso wie bereits die Nullsatzbesteuerung lediglich eine abgewandelte Form der Ausklammerung der Kreditgewährungsleistung von der Mehrwertbesteuerung. a) Bewertung der allgemeinen Regelungskonzeption Die Folgen dieses Besteuerungsansatzes entsprechen zunächst grundsätzlich denen einer Nullsatzbesteuerung, wenngleich in abgeschwächter Form. Die Abschwächung folgt aus der eingeschränkten Vorsteuerabzugsmöglichkeit und ist mithin größer, je geringer der abzugsfähige Teil der Vorsteuerbelastung ist. Erfolgt ein Bezug der Kreditgewährungsleistung zu privaten Zwecken, bleibt es im Fall einer Steuerbefreiung mit anteiligem Vorsteuerabzugsrecht bei einer zu geringen Steuerbelastung der Kreditgewährungsleis-

696 Vergleiche hierzu und im Folgenden Poddar, in: Krever/White, GST in Retrospect and Prospect, S. 179 (S. 188). 697 Vergleiche Schenk/Zee, in: Zee, Taxing the Financial Sector, S. 60 (S. 67); Gendron, Bulletin for International Taxation 2008, 494 (501); Jenkins/Khadka, International VAT Monitor 1998, 35 (40).­ 698 Entsprechend richtig zur Anwendung der besonderen Vorsteueraufteilungsme­ thode Lejeune/Stevens/Killer, in: Lang/Melz/Kristoffersson, Value ­Added Tax and Direct Taxation, S. 673 (S. 689): “However, adoption of this approach would only happen if it resulted in a significantly better recovery rate then the fixed rate, as the administrative burden to track these transactions is likely to be significant.”

179

B.  Die Mehrwertbesteuerung der Kreditgewährung im internationalen Vergleich

tung.699 Weil ein anteiliges Vorsteuerabzugsrecht losgelöst von dessen Ausgestaltung der ökonomischen Theorie zufolge, generell mit einer Verringerung der Vorsteuerbelastung aller und nicht etwa nur qualifizierter Ausgangsleistungen einhergehen soll,700 ist die zu geringe Steuerbelastung weiter gegenüber einer Steuerbefreiung ohne Vorsteuerabzugsrecht gesteigert, gegenüber einer Nullsatzbesteuerung dagegen grundsätzlich gemindert. Analog ergibt sich potentiell eine größere respektive geringere Verzerrung der privaten Kreditnachfrage. Bei einer Kreditgewährungsleistung auf einer zwischengelagerten Leistungsstufe bewirkt das anteilige Vorsteuerabzugsrecht gegenüber der europäischen Steuerbefreiungskonzeption eine Verringerung der neutralitätswidrigen Steuerbelastung der nachfolgenden Unternehmer und in weiterer Folge eine Verringerung der systemwidrigen Kaskadenwirkungen und Nachfrageverzerrungen entlang der Leistungskette.701 Eine vollständige Aufhebung erfolgt, anders als bei einer Nullsatzbesteuerung, allerdings nicht. Bezüglich der Einwirkungen der Besteuerung auf die Kreditgeber kann durch das Zugestehen eines anteiligen Vorsteuerabzugsrechts der Anreiz zu vertikaler Integration gesenkt und so einer Benachteiligung typischerweise kleinerer Unternehmungen entgegengewirkt werden.702 Die Auswirkungen einer Steuerbefreiung mit anteiligem Vorsteuerabzugsrecht auf die Komplexität der Steueranwendung, die Steuerbefolgungs- und Steuererhebungskosten sowie die Aufkommensgenerierung sind im Übrigen wesentlich von der Ausgestaltung des anteiligen Vorsteuerabzugsrechts abhängig und werden daher nachfolgend anhand der jeweiligen Länderpraktiken näher besprochen.703 Verallgemeinert werden kann 699 Vergleiche hierzu und im Folgenden Zee, Intertax 2006, 458 (464); Merrill, in: Tax Analysts, The VAT Reader, S. 163 (S. 172). 700 So ua. Poddar, in: Krever/White, GSt in Retrospect and Prospect S. 179 (S. 188). Nach der Vorstellung der Länderpraxis Singapurs sollte das anteilige Vorsteuerabzugsrecht dagegen wie eine Nullsatzbesteuerung qualifizierter Ausgangsleistungen wirken. Näher im Folgenden S. 183 ff. 701 So und im Folgenden van Brederode/Krever, in: van Brederode/Krever, VAT and Financial Services, S. 15 (S. 24); Schenk/Zee, in: Zee, Taxing the Financial Sector, S. 60 (S. 68); Merrill, in: Tax Analysts, The VAT Reader, S. 163 (S. 172). 702 Vergleiche van Brederode/Krever, in: van Brederode/Krever, VAT and Financial Services, S. 15 (S. 24); Zee, Intertax 2006, 458 (464); Merrill, in: Tax Analysts, The VAT Reader, S. 163 (S. 172). Zudem entsprechend zur Länderpraxis in Australien van Schalkwyk/Prebble, Asia-Pacific Tax Bulletin 2004, 451 (462). 703 Allgemein von einer Komplizierung der Steueranwendung ausgehend Europäische Kommission, Summary of Results – Public Consultation on Financial and Insurance Services, Punkt „Limited input tax deduction“. Anders dagegen ohne Rücksicht auf die Ausgestaltung von einer Minderung der Steueranwendungs-

180

II.  Die Steuerbefreiung der Kreditgewährung

aber, dass die Komplexität der Steueranwendung im Vergleich zu einer Steuerbefreiung ohne Vorsteuerabzugsrecht verringert werden kann, wenn das anteilige Vorsteuerabzugsrecht nur wenigen und zugleich leicht nachprüfbaren Anwendungsvoraussetzungen unterliegt und eine Vorsteueraufteilung obsolet werden lässt. Indes ist die Aufkommensminderung im Vergleich zu einer Steuerbefreiung ohne Vorsteuerabzugsrecht grundsätzlich umso höher je weiter der Anwendungsbereich der Vorsteuerabzugsregelung und je höher der abzugsfähige Vorsteueranteil sind. Bei grenzüberschreitenden Fallgestaltungen könnte ein anteiliges Vorsteuerabzugsrecht jedenfalls die Benachteiligung von europäischen Leistungserbringern gegenüber Leistungserbringern aus dem Drittlandsgebiet verringern.704 Zudem könnten die innergemeinschaftlichen Wettbewerbsverzerrungen, die bislang aufgrund von divergierenden Vorsteueraufteilungsmethoden bestehen, je nach Ausgestaltung des anteiligen Vorsteuerabzugsrechts, möglicherweise vollständig aufgehoben werden. Die Ausgestaltung des anteiligen Vorsteuerabzugsrechts ist, wie die bisherige Befassung bereits angedeutet hat, von herausragender Bedeutung für die Einordnung des Besteuerungsansatzes. Entsprechend ist eine gesonderte Würdigung der einzelnen Länderpraktiken geboten. b) Bewertung der konkreten Ausgestaltung in Australien Bezüglich der Länderpraxis in Australien ist festgehalten worden, dass das anteilige Vorsteuerabzugsrecht nach Dev. 70 GST Act AUS nur bezüglich festgelegter Eingangsleistungen und zudem nur bezüglich der Vorsteuerbelastung zur Anwendung gelangt, die der Erbringung von befreiten Finanzdienstleistungen zugeordnet werden kann. Ein pauschaler Vorsteuerabzug in prozentualer Höhe der Vorsteuerbelastung des Leistungserbringers ist in Abgrenzung zur Länderpraxis Singapurs gerade nicht möglich. Diese Form der Ausgestaltung eines anteiligen Vorsteuerabzugsrechts begründet eine gravierende zusätzliche Komplizierung der Steueranwen-

schwierigkeiten gegenüber der europäischen Steuerbefreiungskonzeption ausgehend Schenk/Zee, in: Zee, Taxing the Financial Sector, S. 60 (S. 67). 704 Vergleiche Merrill, in: Tax Analysts, The VAT Reader, S. 163 (S. 172). Die euro­ päischen Leistungserbringer müssten bei einem anteiligen Vorsteuerabzugsrecht zwar weiterhin noch eine gewisse, aber gegenüber der geltenden Steuerbefreiungskonzeption geminderte, Vorsteuerbelastung tragen und wären so gegenüber den Leistungserbringern aus dem Drittlandsgebiet, die ihre Leistung regelmäßig ohne jegliche Steuerbelastung in Europa anbieten können, weniger benachteiligt.

181

B.  Die Mehrwertbesteuerung der Kreditgewährung im internationalen Vergleich

dung.705 So muss der Steuerpflichtige zuvörderst prüfen, ob die verwendeten Eingangsleistungen dem anteiligen Vorsteuerabzugsrecht überhaupt zugänglich sind. Für die Vorsteuerabzugsmöglichkeit des Steuerpflichtigen erlangen entsprechend die Auslegung und Abgrenzung der zugänglichen Eingangsleistungen eine herausragende Bedeutung, was eine gewisse Steuergestaltungs- und Streitanfälligkeit nahelegt.706 Erbringt der Steuerpflichtige nicht nur grundsätzlich eingangsbesteuerte Finanzdienstleistungen, beseitigt eine derartige Ausgestaltung des anteiligen Vorsteuerabzugsrechts entgegen der zum Teil zu pauschalen Feststellungen,707 zudem keineswegs die Notwendigkeit einer Vorsteuer­ aufteilung.708 Richtigerweise fügt diese Ausgestaltung eines anteiligen Vorsteuerabzugsrechts der Vorsteueraufteilung sogar noch ein weiteres Differenzierungskriterium hinzu. Der Steuerpflichtige muss nämlich zusätzlich diejenigen Eingangsleistungen gesondert bestimmen, bezüglich derer die Voraussetzungen des anteiligen Vorsteuerabzugs vorliegen. Die direkte oder pro-rata Zuordnung der angefallenen Vorsteuerbeträge wird dementsprechend weiter verkompliziert. Zudem ist die besondere de-minimis-Regelung kaum tauglich Steuerpflichtige, deren Ausgangsleistungen nur zu einem geringen Teil aus Finanzdienstleistungen bestehen, wirksam von den Belastungen im Zusammenhang mit der Vorsteueraufteilung zu befreien. Die Anwendung dieser Regelung zeigt sich selbst höchst aufwendig, da die Verwendung 705 Ebenso Lejeune/Stevens/Killer, in: Lang/Melz/Kristoffersson, Value A ­ dded Tax and Direct Taxation, S. 673 (S. 691); McMahon, in: IFA, cahiers de droit fiscal, Band 88b, S. 117 (S. 142); van Schalkwyk/Prebble, Asia-Pacific Tax Bulletin 2004, 451 (462); zudem Australia’s future tax system – Report to the Treasurer, S. 307. Anders dagegen López-Laborda/Peña, International VAT Monitor 2017, 457 (463); Schenk/Zee, in: Zee, Taxing the Financial Sector, S. 60 (S. 68). 706 Vergleiche entsprechend Stitt, in: Krever/White, GST in Retrospect and Prospect, S. 205 (S. 209 f.); Lejeune/Stevens/Killer, in: Lang/Melz/Kristoffersson, Value ­Added Tax and Direct Taxation, S. 673 (S. 691); Poddar, in: Krever/White, GST in Retrospect and Prospect, S. 179 (S. 187); Schenk, Tax Law Review 63 (2010), 409 (428). Zu den Schwierigkeiten zudem McMahon, in: IFA, cahiers de droit fiscal, Band 88b, S. 117 (S. 134). Eingeschränkt dagegen de la Feria/Walpole, International and Comparative Law Quarterly 2009, 897 (926). Zu pauschal jedenfalls Gendron, Bulletin for International Taxation 2008, 494 (497). 707 Zu pauschal ohne Differenzierung zwischen den Ausgestaltungsmöglichkeiten López-Laborda/Peña, International VAT Monitor 2017, 457 (458); Zee, Intertax 2006, 458 (464); Schenk/Zee, in: Zee, Taxing the Financial Sector, S. 60 (S. 68). 708 Vergleiche hierzu und im Folgenden Dev. 70-20 GST Act AUS; GST Ruling GSTR2006/3 §§ 133 ff.; McMahon, in: IFA, cahiers de droit fiscal, Band 88b, S. 117 (S. 134 ff.); McCouat, Australian Master GST Guide, S. 290; de la Feria/Walpole, International and Comparative Law Quarterly 2009, 897 (924); van Schalkwyk/ Prebble, Asia-Pacific Tax Bulletin 2004, 451 (463).

182

II.  Die Steuerbefreiung der Kreditgewährung

sämtlicher Eingangsleistungen für die Vergangenheit festgehalten und für die Zukunft prognostiziert werden muss.709 Das anteilige Vorsteuerabzugsrecht kann zwar grundsätzlich den nega­ tiven Folgewirkungen der europäischen Steuerbefreiungskonzeption entgegenwirken.710 Aufgrund der Begrenzung des Vorsteuerabzugsrechts sowohl in der Höhe als auch bezüglich der Eingangsleistungen, sind die positiven Wirkungen gleichwohl erheblich gegenüber einer vollständigen Nullsatzbesteuerung abgeschwächt.711 Eine weitere Folge einer derartigen Begrenzung des Vorsteuerabzugsrechts ist aber zugleich, die gegenüber einer vollständigen Nullsatzbesteuerung wahrscheinlich erheblich geringere negative Aufkommenswirkung.712 Es ist daher naheliegend, dass diese Form der Ausgestaltung eines anteiligen Vorsteuerabzugsrechts nichts Anderes als eine politische Kompromisslösung zwischen der Vermeidung der negativen Folgewirkungen einer vollständigen Versagung des Vorsteuerabzugsrechts und der Vermeidung einer zu großen negativen Aufkommenswirkung bei einer Nullsatzbesteuerung ist. Nur zur Vermeidung einer zu großen negativen Aufkommenswirkung, die Vorzüge einer vollständigen Nullsatzbesteuerung zu begrenzen und einhergehend eine erhebliche Verkomplizierung der Steueranwendung zu tolerieren, kann aber keineswegs überzeugen. c) Bewertung der konkreten Ausgestaltung in Singapur Bezüglich der Länderpraxis in Singapur ist festgehalten worden, dass dort das anteilige Vorsteuerabzugsrecht von der Art des Leistungserbringers 709 Entsprechend de la Feria/Walpole, International and Comparative Law Quarterly 2009, 897 (920). 710 Vergleiche ebenso Krever/Teoh, in: van Brederode/Krever, VAT and Financial Services, S. 51 (S. 62); Lejeune/Stevens/Killer, in: Lang/Melz/Kristoffersson, Value ­Added Tax and Direct Taxation, S. 673 (S. 689); de la Feria/Walpole, International and Comparative Law Quarterly 2009, 897 (927). 711 So kann etwa der Anreiz zu vertikaler Integration keineswegs in jeglichen Fallgestaltungen vollständig aufgehoben werden, vergleiche Stitt, in: Krever/White, GST in Retrospect and Prospect, S. 205 (S. 210). Positiver dagegen de la Feria/ Walpole, International and Comparative Law Quarterly 2009, 897 (928). Ein Beispiel zur vollständigen Aufhebung der Anreizwirkung durch das anteilige Vor­ steuerabzugsrecht enthalten Schenk/Thuronyi/Cui, Value A ­ dded Tax, S. 377; Zee, Intertax 2006, 458 (463). Angemerkt sei im Übrigen, dass die Begrenzung des anteiligen Vorsteuerabzugsrechts bezüglich nur bestimmter Eingangsleistungen eine weitergehende Beeinträchtigung der Neutralität des Besteuerungssystems begründet. 712 Hierzu López-Laborda/Peña, International VAT Monitor 2017, 457 (463). Zudem allgemeiner Schenk/Zee, in: Zee, Taxing the Financial Sector, S. 60 (S. 67).

183

B.  Die Mehrwertbesteuerung der Kreditgewährung im internationalen Vergleich

abhängig ist und auf die gesamte Vorsteuerbelastung angewendet wird. Anders als bei der vorgenannten Ausgestaltung werden so Steueran­ wendungsschwierigkeiten, die sich im Zusammenhang mit einer Vorsteueraufteilung ergeben, vollständig vermieden und zugleich die Ma­ nipulationsanfälligkeit des Vorsteuerabzugs verringert.713 Aufgrund des weitgehend hohen Vorsteuerabzugsanteils werden des Weiteren die negativen Wirkungen der Versagung des Vorsteuerabzugsrechts nahezu vollständig aufgehoben.714 Neben diesen Vorzügen, zeigt die Länderpraxis aber ebenso bedeutsame Mängel. Zuvörderst ist die Anwendung des anteiligen Vorsteuerabzugsrechts sowie der weiteren Sonderregelung auf bestimmte Kategorien von Leistungserbringern begrenzt.715 Für Leistungserbringer, denen weder ein vollständiger Vorsteuerabzug gestützt auf die Regelungen in Sec. 20 (3) (a) GST Act SGP iVm. Reg. 28 GST Regulations SGP oder die Regelung in Sec. 20 (3) (c) GST Act SGP iVm. Reg. 33 GST Regulations SGP möglich ist und die zugleich nicht den bestimmten Kategorien von Leistungserbringern angehören, denen eine quasi Nullsatzbesteuerung von Leistungen an qualifizierte Leistungsempfänger zugänglich ist, ergibt sich eine neutralitätswidrige Benachteiligung. Das anteilige Vorsteuerabzugsrecht soll der Zielsetzung zufolge weiter einer Nullsatzbesteuerung von Finanzdienstleistungen auf zwischengelagerten Leistungsstufen gleichkommen, ohne dass der Erbringer der Finanzdienstleistung den Zweck des Leistungsbezugs bezüglich jeder einzelnen Ausgangsleistung prüfen muss. Richtig ist, dass ein so gestaltetes prozentuales Vorsteuerabzugsrecht mangels Notwendigkeit einer Prüfung des Leistungsbezugs zwar den Steuerbefolgungsaufwand gegenüber einer Nullsatzbesteuerung von Finanzdienstleistungen auf zwischengelagerten Leistungsstufen verringert. Diese Verringerung des Steuerbefolgungsaufwands geht jedoch zulasten der Zielgenauigkeit der Besteuerungsfolgen.716

713 Vergleiche Jenkins/Khadka, International VAT Monitor 1998, 35 (40). Bezüglich der Länderpraxis Singapurs zudem richtig Gendron, Bulletin for International Taxation 2008, 494 (497). 714 Vergleiche Lejeune/Stevens/Killer, in: Lang/Melz/Kristoffersson, Value A ­ dded Tax and Direct Taxation, S. 673 (S. 689); Poddar, in: Krever/White, GST in Retrospect and Prospect, S. 179 (S. 187). 715 Vergleiche hierzu ebenso Burns, Asia-Pacific Tax Bulletin 2008, 352 (355). 716 Ebenso Merrill, in: Tax Analysts, The VAT Reader, S. 163 (S. 171); Edgar, in: Krever/White, GST in Retrospect and Prospect, S. 131 (S. 149); Zee, Intertax 2006, 458 (464). Zudem Burns, Asia-Pacific Tax Bulletin 2008, 352 (355).

184

II.  Die Steuerbefreiung der Kreditgewährung

Zunächst ist hierzu in der ökonomischen Theorie angemerkt worden, dass sich aufgrund der Loslösung der Vorsteuerabzugsberechtigungen von der Qualifizierung der einzelnen Ausgangsleistungen keine Aufhebung der Vorsteuerbelastung nur der qualifizierten Ausgangsleistungen ergeben werde, sondern vielmehr eine Verringerung der Vorsteuerbelastung jeglicher Ausgangsleistungen.717 Ein empirischer Nachweis diesbezüglich liegt bislang allerdings nicht vor. Ferner ist der abzugsfähige Anteil der Vorsteuerbelastung gerade nur eine Approximation des Teils der Ausgangsleistungen, die der Leistungserbringer exportiert oder an qualifizierte Leistungsempfänger erbringt.718 Für die einzelnen Leistungserbringer wird die Approximation in Abhängigkeit von der tatsächlichen Zusammensetzung ihrer Ausgangsleistungen divergierende Auswirkungen haben und somit potentiell weitere, neutralitätswidrige Verzerrungswirkungen begründen. Zuletzt zeigt die Länderpraxis aus politischer Perspektive den Mangel, dass die hohen Vorsteuerabzugsanteile mit einer entsprechend negativen Aufkommenswirkung einhergehen. Am Ende muss festgehalten werden, dass der Besteuerungsansatz eines anteiligen Vorsteuerabzugsrechts zwar gewisse Vorzüge gegenüber der geltenden europäischen Besteuerungskonzeption aufzeigt, zugleich aber in Abhängigkeit von der Ausgestaltung, weitergehende Steueranwendungsschwierigkeiten und Verzerrungswirkungen möglich sind. Eine politische Realisierungschance kann diesem Besteuerungsansatz auf europäischer Ebene kaum beigemessen werden. Eine Einigung bezüglich der konkreten Ausgestaltung des Vorsteuerabzugsrechts, wie der Höhe des Vorsteuerabzugsanteils, wird auf europäischer Ebene insbesondere aufgrund der verschiedenen Ausgangssituationen der Mitgliedstaaten, etwa was die Finanzmarktstrukturen oder die Lohnkosten und somit den Anreiz zu vertikaler Integration anbelangt, als kaum möglich angesehen.719 717 So Poddar, in: Krever/White, GST in Retrospect and Prospect, S. 179 (S. 188); Zee, Intertax 2006, 458 (464). Diese Einwendung muss gleichwohl dahingehend abgeschwächt werden, dass auch bei einer begrenzten Nullsatzbesteuerung eine Abwälzung der verbleibenden Vorsteuerbelastung entgegen der gesetzgeberischen Vorstellung keineswegs vollständig ausgeschlossen ist. Der Mangel gründet richtigerweise in der Begrenzung der Vorsteuerabzugsberechtigung. 718 Vergleiche hierzu und im Folgenden ebenso Merrill, in: Tax Analysts, The VAT Reader, S. 163 (S. 171); Edgar, in: Krever/White, GST in Retrospect and Prospect, S. 131 (S. 151). 719 Vergleiche Europäische Kommission, Summary of Results – Public Consultation on Financial and Insurance Services, Punkt “Limited input tax deduction”. Vergleiche zudem zu den weiterhin erheblichen Abweichungen der Finanzmarkt-

185

B.  Die Mehrwertbesteuerung der Kreditgewährung im internationalen Vergleich

III. Die Besteuerung nur expliziter Leistungsentgelte Ein weiterer Besteuerungsansatz, den einige Länder in Ergänzung zu den vorgenannten Besteuerungsansätzen mehr oder minder weitgehend verfolgen,720 ist die Besteuerung expliziter Leistungsentgelte. 1. Darlegung des Besteuerungsansatzes Eine besonders weitgehende Besteuerung von expliziten Leistungsentgelten erfolgt derzeitig beispielsweise in Südafrika, weswegen diese na­ tionale Ausgestaltung, nach einer kurzen Einführung in die generelle Regelungskonzeption, näher aufgezeigt werden soll. a) Die allgemeine Regelungskonzeption Eingehend dargelegt worden ist, dass die Steuerbefreiung der Kreditgewährungsleistung aus den Schwierigkeiten bei der Ermittlung der Bemessungsgrundlage folgt.721 Diese Schwierigkeiten ergeben sich gleichwohl nur soweit das Leistungsentgelt in den Kreditzinszahlungen integriert ist. Liegt dagegen ein explizit ausgewiesenes Leistungsentgelt zum Beispiel in Form einer Bearbeitungs- oder Abschlussgebühr vor, ist die Feststellung der Bemessungsgrundlage ohne jegliche Schwierigkeiten möglich. Dieser Differenzierung entsprechend, werden die Besteuerungsfolgen nach dem darzulegenden Besteuerungsansatz von der Art des Leistungsentgelts der Finanzdienstleistung abhängig gemacht.722 Liegt ein explizit ausgewiesenes Leistungsentgelt vor und ist somit die Feststellung der Bemessungsgrundlage ohne Schwierigkeiten möglich, erfolgt eine Besteuerung der Finanzdienstleistung nach den allgemeinen Regelungen. Korrespondierend ist der Erbringer der Finanzdienstleistung unter den allgemeinen Voraussetzungen zum Vorsteuerabzug berechtigt.

strukturen in den einzelnen Mitgliedstaaten, Schmidt, Vierteljahrshefte zur Wirtschaftsforschung Vol. 87 (2018), 9 (17). 720 Zur Verbreitung dieses Besteuerungsansatzes allgemein, siehe López-Laborda/ Peña, International VAT Monitor 2017, 457 (462); Schenk, in: Krever, VAT in ­Africa, S. 31 (S. 41 f.). Speziell zur Verbreitung in den Ländern Südamerikas, siehe Coehlho, Taxing Bank Transactions – The Experience in Latin America and Elsewhere, S. 20 ff. 721 Vergleiche hierzu und im Folgenden eingehend bereits S. 91 ff. 722 Vergleiche López-Laborda/Peña, International VAT Monitor 2017, 457 (458); Gendron, Bulletin for International Taxation 2008, 494 (501); Schenk/Zee, in: Zee, Taxing the Financial Sector, S. 60 (S. 66).

186

III.  Die Besteuerung nur expliziter Leistungsentgelte

Bezüglich der sonstigen Leistungsentgelte verbleibt es entgegen, aufgrund der Schwierigkeiten bei der Ermittlung der Bemessungsgrundlage, bei einer Ausklammerung von der Mehrwertbesteuerung. Hierzu kann bspw. eine Steuerbefreiung nach europäischem Vorbild, eine Steuerbefreiung mit anteiligem Vorsteuerabzugsrecht oder eine vollständige oder begrenzte Nullsatzbesteuerung vorgesehen werden.723 b) Die konkrete Ausgestaltung in Südafrika Nachdem Südafrika bei der Einführung der Mehrwertbesteuerung bezüglich der Besteuerung von Finanzdienstleistungen zunächst (nach neuseeländischem Vorbild) weitgehend den europäischen Besteuerungsansatz einer Steuerbefreiung mit Versagung des Vorsteuerabzugsrechts aufgegriffen hatte, erfolgte im Jahr 1996 eine grundlegende Reform hin zur Besteuerung von expliziten Leistungsentgelten.724 Die grundlegenden Regelungen zur Mehrwertbesteuerung der Finanzdienstleistungen, insbesondere der Kreditgewährungsleistung, zeigen sich heute wie folgt.725 Nach Sec. 12 (a) VAT Act ZAF werden Finanzdienstleistungen grundsätzlich von der Besteuerung befreit.726 Der Steuerpflichtige ist entsprechend nicht zum Abzug, der zur Erbringung der befreiten Finanzdienstleistung eingesetzten Eingangsleistungen, berechtigt, vergleiche Sec. 16 (3) iVm. Sec. 1 (1) (input tax) VAT Act ZAF. Der Begriff der Finanzdienstleistung ist in Sec. 2 VAT Act ZAF legaldefiniert. In Sec. 2 (1) (a)-(o) VAT Act ZAF werden hierzu zunächst zahlreiche 723 Eine Verbindung mit einer Steuerbefreiung nach europäischem Vorbild ist, wie sogleich dargelegt werden wird, etwa in Südafrika vorgesehen. Eine Besteuerung einiger expliziter Leistungsentgelte bei sonstiger Steuerbefreiung mit anteiligem Vorsteuerabzugsrecht erfolgt dagegen, wie bereits angedeutet, in Australien oder Singapur, vergleiche Fn. 675 und 684. 724 Eingehend zur historischen Entwicklung de Koker/Badenhorst, in: van Brederode/ Krever, VAT and Financial Services, S. 169 (S. 170 f.). Vergleiche zudem ebenso Schenk/Thuronyi/Cui, Value ­Added Tax, S. 374; Merrill, in: Tax Analysts, The VAT Reader, S. 163 (S. 168). 725 Für eine weitergehende Befassung mit der Besteuerung von Finanzdienstleistungen in Südafrika, siehe de Koker/Badenhorst, in: van Brederode/Krever, VAT and Financial Services, S. 169 (S. 171 ff.); Baig/Harris/Scholten/Ismail, in: IFA, cahiers de droit fiscal, Band 88b, S. 679 (S. 679 ff.). 726 Eine Steuerbefreiung erfolgt gleichwohl gemäß Sec. 12 (a) VAT Act ZAF nicht, wenn die Finanzdienstleistungen der Nullsatzbesteuerung nach Sec. 11 VAT Act ZAF unterliegen. Nach Sec. 11 VAT Act ZAF ist eine Nullsatzbesteuerung vor allem für Leistungen mit Auslandsbezug vorgesehen. So erfolgt eine Nullsatzbesteuerung nach den Maßgaben der Sec. 11 (2) (l) VAT Act ZAF beispielsweise, wenn der Empfänger der Leistung im Ausland ansässig ist, vergleiche de Koker/ Badenhorst, in: van Brederode/Krever, VAT and Financial Services, S. 169 (S. 176).

187

B.  Die Mehrwertbesteuerung der Kreditgewährung im internationalen Vergleich

Leistungen aufgelistet, die grundsätzlich als Finanzdienstleistungen angesehen werden können. Die Kreditgewährungsleistung ist gemäß Sec. 2 (1) (f) VAT Act ZAF eingeschlossen. Eine Eingrenzung erfolgt gleichwohl durch Sec. 2 (1) am Ende VAT Act ZAF. Demzufolge sollen die in Sec. 2 (1) (a)-(d), (f) und (o) VAT Act ZAF angeführten Leistungen soweit nicht als Finanzdienstleistungen gelten, wie das für diese Leistung zu entrichtende Entgelt explizit in bestimmten Formen, wie ua. einer Leistungsgebühr oder einer Provision, ausgewiesen wird.727 Eine Anwendung der Steuerbefreiungsvorschrift der Sec. 12 (a) VAT Act ZAF ist bezüglich einer Kreditgewährungsleistung folglich nur soweit möglich, wie kein explizites Leistungsentgelt zum Beispiel in Form von Bearbeitungs- oder Abschlussgebühren gegeben ist.728 Liegt dagegen ein derartiges explizites Leistungsentgelt vor, gilt die Kreditgewährungsleistung nicht als Finanzdienstleistung. Die Steuerbefreiungsvorschrift ist entsprechend nicht einschlägig und es erfolgt grundsätzlich eine Besteuerung der Leistungsentgelte zum Regelsteuersatz.729 Zugleich ist der Steuerpflichtige zum Vorsteuerabzug bezüglich der zur Erbringung dieser Ausgangsleistung eingesetzten Eingangsleistungen berechtigt. Werden Eingangsleistungen sowohl zur Erbringung steuerfreier wie steuerpflichtiger Ausgangsleistungen eingesetzt, ist eine Vorsteueraufteilung grundsätzlich notwendig.730 Zu zulässigen Methoden der Vorsteueraufteilung hat die zuständige Finanzverwaltung eingehend Stellung bezogen.731 727 Vergleiche Sec. 2 (1) am Ende VAT Act ZAF: „Provided that the activities contemplated in paragraphs (a), (b), (c), (d), (f) and (o) shall not be deemed to be financial services to the extent that the consideration payable in respect thereof is any fee, commission, merchant’s discount or similar charge, excluding any discount cost.” 728 Vergleiche hierzu und im Folgenden de Koker/Badenhorst, in: van Brederode/Krever, VAT and Financial Services, S. 169 (S. 178 f.). Zudem überblicksartig Lejeune/ Stevens/Killer, in: Lang/Melz/Kristoffersson, Value ­Added Tax and Direct Taxation, S. 673 (S. 689). 729 Eine Nullsatzbesteuerung erfolgt dagegen ebenso wie bei den Finanzdienstleistungen, wenn die Voraussetzungen der Sec. 11 VAT Act ZAF gegeben sind. Vergleiche de Koker/Badenhorst, in: van Brederode/Krever, VAT and Financial Services, S. 169 (S. 179); Baig/Harris/Scholten/Ismail, in: IFA, cahiers de droit fiscal, Band 88b, S. 679 (S. 684 f.). 730 Vergleiche Sec. 17 VAT Act ZAF. Ein vollständiger Vorsteuerabzug ist dagegen gemäß Sec. 17 (1) (i) VAT Act ZAF möglich, wenn beabsichtigt ist die Eingangsleistung zu wenigstens 95% zur Erbringung steuerpflichtiger Leistungen zu verwenden. Vergleiche de Koker/Badenhorst, in: van Brederode/Krever, VAT and Financial Services, S. 169 (S. 180 f.). 731 Zur entsprechenden Ermächtigung, Sec. 41B VAT Act ZAF. Eingehend zur Vorsteueraufteilung de Koker/Badenhorst, in: van Brederode/Krever, VAT and Finan-

188

III.  Die Besteuerung nur expliziter Leistungsentgelte

2. Bewertung des Besteuerungsansatzes Nach dem dargelegten Besteuerungsansatz werden Finanzdienstleistungen soweit in das allgemeine Besteuerungssystem eingegliedert, wie ein Leistungsentgelt explizit ausgewiesen ist. So werden prinzipienwidrige Steuerbelastungen und einhergehende Verzerrungswirkungen soweit beseitigt, wie eine Ermittlung der Bemessungsgrundlage und entsprechend eine Besteuerung ohne Schwierigkeiten erfolgen kann.732 Aufgrund der Aufrechterhaltung der Ausklammerung der sonstigen Leistungsentgelte von der Besteuerung, verbleibt es dagegen bei den besprochenen Folgewirkungen, soweit kein explizit ausgewiesenes Leistungsentgelt vorliegt. Ebenso ist weiterhin eine Vorsteueraufteilung notwendig, wenn hinsichtlich der impliziten Leistungsentgelte, wie im Fall der dargelegten Länderpraxis, eine Steuerbefreiung unter Versagung des Vorsteuerabzugsrechts vorgesehen ist.733 Auf den abzugsfähigen Anteil der Vorsteuerbelastung wirkt sich die Besteuerung der expliziten Leistungsentgelte allerdings vorteilig aus, da ceteris paribus der Anteil der steuerpflichtigen Leistungen steigt und sich somit der Anteil der nicht abzugsfähigen Vorsteuer verringert.734 Eine weitere positive Folge ist, dass mit der Besteuerung der expliziten Leistungsentgelte eine gewisse, ausgewiesene und mithin transparente Aufkommensgenerierung erfolgt. Der Besteuerungsansatz zeigt gleichwohl zwei grundlegende Mängel. Zuvörderst birgt eine Besteuerung nur expliziter Leistungsentgelte ein gewisses Entgeltmanipulationsrisiko. Eine allgemein geäußerte Befürchtung ist, dass die Erbringer von Finanzdienstleistungen bei Leistungen an vorsteuerabzugsberechtigte Leistungsempfänger vermehrt explizite Leiscial Services, S. 169 (S. 180 ff. u. S. 185 f.). Vergleiche zudem Schenk/Thuronyi/ Cui, Value A ­ dded Tax, S. 375. 732 Entsprechend richtig merkt Poddar an: „The greater the share of explicit fee, the smaller would be the biases and distortions”, Poddar, in: Krever/White, GST in Retrospect and Prospect, S. 179 (S. 188). Des Weiteren hierzu und im Folgenden, vergleiche Schenk/Zee, in: Zee, Taxing the Financial Sector, S. 60 (S. 66); Merrill, in: Tax Analysts, The VAT Reader, S. 163 (S. 169); López-Laborda/Peña, International VAT Monitor 2017, 457 (458, 463). 733 Vergleiche Schenk/Zee, in: Zee, Taxing the Financial Sector, S. 60 (S. 66); Merrill, in: Tax Analysts, The VAT Reader, S. 163 (S. 168); Gendron, Bulletin for International Taxation 2008, 494 (501). 734 Vergleiche Kerrigan, International VAT Monitor 2010, 103 (110); Merrill, in: Tax Analysts, The VAT Reader, S. 163 (S. 168); Lejeune/Stevens/Killer, in: Lang/Melz/ Kristoffersson, Value A ­ dded Tax and Direct Taxation, S. 673 (S. 689).

189

B.  Die Mehrwertbesteuerung der Kreditgewährung im internationalen Vergleich

tungsentgelte verlangen könnten, um eine vollständige Steuerbelastungsfreiheit dieser Leistungen zu erreichen.735 Bei Leistungen an Leistungsempfänger ohne Vorsteuerabzugsrecht könnten, zur Vermeidung einer höheren Mehrwertsteuerbelastung, dagegen implizite Leistungsentgelte bevorzugt werden. Bezüglich dieser allgemeinen Befürchtung ist jedoch eine Einschränkung geboten. Richtigerweise entspricht die vollständige Steuerbelastungsfreiheit von Leistungen an vorsteuerabzugsberechtigte Leistungsempfänger der gesetzlichen Belastungskonzeption, sodass die befürchtete Entgeltanpassung hin zu mehr expliziten Leistungsentgelten und somit hin zu einer vollständigen Steuerbelastungsfreiheit grundsätzlich keinen Mangel begründen kann.736 Der wirkliche Mangel der Besteuerung nur expliziter Leistungsentgelte ist dagegen, dass bei Leistungen an Leistungsempfänger ohne Vorsteuerabzugsberechtigung durch eine Entgeltveränderung hin zu sonstigen Leistungsentgelten, der wesentliche Vorzug der Besteuerungskonzeption vollständig konterkariert werden könnte. Ein empirischer Nachweis, dass eine derartige Entgeltveränderung bei einer Besteuerung nur expliziter Leistungsentgelte realiter erfolgt, liegt bislang allerdings nicht vor.737 Angemerkt wird in diesem Zusammenhang zurecht, dass die grundlegende Anreizwirkung des Mehrwertsteuersystems möglicherweise durch entgegenwirkende, sonstige Beschränkungen abseits des Mehrwertsteuersystems, wie etwa regulatorische Beschränkungen bezüglich der Entgeltstruktur oder Einwirkungen des Markts, kompensiert wird.738 Zugleich zeigt sich aber ein weiterer Mangel der Regelungskonzeption. Wegen der Abhängigkeit der Besteuerungsfolgen von der Art des Entgelts können sich nämlich dort neutralitätswidrige Verzerrungswirkungen er-

735 Vergleiche hierzu und im Folgenden de Koker/Badenhorst, in: van Brederode/Krever, VAT and Financial Services, S. 169 (S. 171); Merrill, in: Tax Analysts, The VAT Reader, S. 163 (S. 168); Kerrigan, International VAT Monitor 2010, 103 (110). 736 Zur gleichwohl möglichen Neutralitätsproblematik sogleich. 737 Vergleiche de Koker/Badenhorst, in: van Brederode/Krever, VAT and Financial Services, S. 169 (S. 171); Kerrigan, International VAT Monitor 2010, 103 (110); KPMG, GST Applicability to the Financial Services Sector in Canada, S. 39. Zudem Edgar, in: de la Feria, VAT Exemptions, S. 357 (S. 361). 738 Vergleiche de Koker/Badenhorst, in: van Brederode/Krever, VAT and Financial Services, S. 169 (S. 171); Schenk/Zee, in: Zee, Taxing the Financial Sector, S. 60 (S. 66); Merrill, in: Tax Analysts, The VAT Reader, S. 163 (S. 169). Zudem Edgar, in: de la Feria, VAT Exemptions, S. 357 (S. 361).

190

IV.  Die Besteuerung der gesamten Kreditzinszahlungen

geben,739 wo die Erbringer vergleichbarer Finanzdienstleistungen nicht in gleicher Weise zwischen der Erhebung von expliziten oder impliziten Entgelten wechseln können.740 Inwieweit die Substitutionsmöglichkeiten der Leistungserbringer real divergieren, ist bislang jedoch noch nicht konkreter dargelegt worden.741 Aufgrund der angeführten Mängel ist die Besteuerung nur expliziter Leistungsentgelte ebenso keine optimale Lösung zur Mehrwertbesteuerung von Finanzdienstleistungen. Besonders bezüglich der Kreditgewährungsleistung wird eine Mehrwertbesteuerung nur expliziter Leistungsentgelte kaum positive Auswirkungen zeigen, weil die Entgelterhebung typischerweise vorwiegend in Form von Kreditzinszahlungen erfolgt und die Zinszahlungen weiterhin von der Besteuerung ausgeklammert sind.

IV. Die Besteuerung der gesamten Kreditzinszahlungen Die bisherige Auseinandersetzung hat aufgezeigt, dass die meisten Länder aufgrund der Schwierigkeiten bei der Ermittlung der richtigen Steuerbemessungsgrundlage eine Ausklammerung der Kreditzinszahlungen von der Besteuerung, nur in verschiedenartigen Ausgestaltungen, vorgenommen haben. Eine gänzlich andere Form den Schwierigkeiten zu entgegnen, ist die Mehrwertbesteuerung der gesamten Kreditzinszahlungen. Dieser Besteuerungsansatz wird bereits seit dem Jahr 1990 in Argentinien verfolgt und ist zudem in China im Zuge der grundlegenden Reform des Mehrwertsteuersystems im Jahr 2016 eingeführt worden. 1. Darlegung des Besteuerungsansatzes Ehe aber im Folgenden näher auf die einzelnen Länderpraktiken eingegangen werden kann, soll wiederrum zunächst eine Beschreibung der allgemeinen Regelungskonzeption vorgenommen werden.

739 Aufgrund dieser potentiellen Verzerrungswirkungen kann eine Ausdehnung der Steuerbefreiung zugleich auf Leistungen mit expliziten Leistungsentgelten gerechtfertigt werden, vergleiche hierzu bereits S. 91 ff. 740 Vergleiche Schenk/Zee, in: Zee, Taxing the Financial Sector, S. 60 (S. 66); Lejeune/ Stevens/Killer, in: Lang/Melz/Kristoffersson, Value ­Added Tax and Direct Taxa­ tion, S. 673 (S. 689); KPMG, GST Applicability to the Financial Services Sector in Canada, S. 17. 741 Vergleich auch nur mit allgemeinen Erwägungen Schenk/Zee, in: Zee, Taxing the Financial Sector, S. 60 (S. 66).

191

B.  Die Mehrwertbesteuerung der Kreditgewährung im internationalen Vergleich

a) Die allgemeine Regelungskonzeption Nach der allgemeinen Regelungskonzeption erfolgt eine vollständige Mehrwertbesteuerung der Kreditgewährungsleistung. Der Mehrwertbesteuerung unterliegen sowohl die Kreditzinszahlungen sowie die zudem vereinbarten expliziten Leistungsentgelte. Als Steuerbemessungsgrundlage werden bezüglich der Kreditzinszahlungen die vollen Kreditzinszahlungen herangezogen.742 Eine Minderung der Kreditzinszahlungen um die Reinzinszahlungen wird nicht vorgenommen. Die Feststellung der Steuerbemessungsgrundlage zeigt entsprechend keine besonderen Schwierigkeiten. Aufgrund der Besteuerung der Kreditgewährungsleistung ist der Er­ bringer der Kreditgewährungsleistung zum Vorsteuerabzug berechtigt.743 Zudem kann der Empfänger einer Kreditgewährungsleistung unter den allgemeinen Voraussetzungen einen Vorsteuerabzug bezüglich der ausgewiesenen Vorsteuerbelastung der Kreditgewährungsleistung geltend machen.744 742 Vergleiche López-Laborda/Peña, International VAT Monitor 2017, 457 (458). Eine Abwandlung verfolgt dagegen das mexikanische Mehrwertsteuerrecht. Nach dem mexikanischen Mehrwertsteuerrecht werden als Steuerbemessungsgrundlage einer steuerpflichtigen Kreditgewährungsleistung die inflationsbereinigten Kreditzinszahlungen herangezogen, Art. 18-A (I) (a) VAT Act MEX. Bezüglich der Kre­ ditgewährungsleistung ist weiter grundsätzlich der Regelsteuersatz von 16% einschlägig, Art. 1 VAT Act MEX. Eine Nullsatzbesteuerung erfolgt dagegen nur bei grenzüberschreitender Leistungserbringung und bezüglich einzelner, besonders qualifizierter Kreditgewährungsleistungen, Art. 2o.- A (II), (IV) VAT Act MEX. Vergleiche zur Mehrwertbesteuerung von Finanzdienstleistungen in Mexico grundlegend Coelho, Taxing Bank Transactions – The Experience in Latin America and Elsewhere, S. 23; Schatan, International VAT Monitor 2003, 287; Natera, in: IFA, cahiers de droit fiscal, Band 88b, S. 563. Angemerkt sei zu dieser Form der Mehrwertbesteuerung von Kreditgewährungsleistungen hier nur, dass der Reinzins richtigerweise als Nominalzins zu verstehen ist und folglich eine Inflationsbereinigung zumindest eine teilweise aber grundsätzlich nicht vollständige Ausklammerung der Reinzinszahlungen von der Besteuerung begründet. Die negativen Folgewirkungen einer Besteuerung der gesamten Reinzinszahlungen können entsprechend abgeschwächt, aber nicht beseitigt werden. Die Besteuerung nur der realen Kreditzinszahlungen ist gleichwohl konzeptionell fehlgehend, weil gerade keine Approximation des besteuerungswürdigen Entgelts angestrebt wird. Auf eine gesonderte und weitergehende Betrachtung der konkreten Länderpraxis Mexikos wird im Folgenden aufgrund eines Mangels an aktueller englischsprachiger Literatur verzichtet. 743 Vergleiche Xu/Krever, Australian Tax Review 2016, 38 (47). Anders dagegen López-Laborda/Peña, International VAT Monitor 2017, 457 (458). 744 Vergleiche López-Laborda/Peña, International VAT Monitor 2017, 457 (458); Schenk/Zee, in: Zee, Taxing the Financial Sector, S. 60 (S. 68).

192

IV.  Die Besteuerung der gesamten Kreditzinszahlungen

b) Die konkrete Ausgestaltung in Argentinien Bei der Einführung der Mehrwertbesteuerung hatte sich Argentinien zunächst für eine Besteuerung nur weniger festgelegter Dienstleistungen entschieden, zu denen die Finanzdienstleistungen nicht gehörten.745 Eine Einbeziehung der Finanzdienstleistungen in den Anwendungsbereich der Mehrwertbesteuerung erfolgte erst im Zuge einer grundlegenden Reform hin zu einer allgemeinen Mehrwertbesteuerung von Dienstleistungen ab dem Jahr 1990.746 Die Regelungssystematik zeigt sich nunmehr wie folgt. Nach Art. 1, Art. 3 (e) (21) VAT Act ARG unterliegen alle Arten von Dienstleistungen, ungeachtet ihrer rechtlichen Ausgestaltung, der Mehrwertbesteuerung, soweit die Dienstleistung gegen Entgelt und nicht im Rahmen eines Abhängigkeitsverhältnisses ausgeführt wird und zudem die Erbringung oder Nutzung der Dienstleistung in Argentinien erfolgt. Die Kreditgewährung ist entsprechend in den Anwendungsbereich der Mehrwertbesteuerung eingeschlossen.747 Nach Art. 7 (h) (16) VAT Act ARG sind jedoch einige Kreditgewährungsleistungen von der Besteuerung befreit.748 Einbegriffen sind ua. Kredit­ 745 So und im Folgenden Teijeiro, in: van Brederode/Krever, VAT and Financial Services, S. 35 (S. 36 f.); Alba, International VAT Monitor 1995, 335 (341). Zur histo­ rischen Entwicklung der Mehrwertbesteuerung in Argentinien zudem Kaplan, Bulletin for International Taxation 2005, 341 (341). 746 Eingehend Alba, International VAT Monitor 1995, 335 (341), demzufolge bis zum Jahr 1992 allerdings noch die Erbringung von Finanzdienstleistungen durch Finanz­ institute von der Besteuerung ausgenommen war. So lassen sich möglicherweise auch die zum Teil divergierenden Angaben bezüglich des Beginns der Besteuerung von Finanzdienstleistungen bei Teijeiro, in: van Brederode/Krever, VAT and Financial Services, S. 35 (S. 36 f.), Martin, in: IFA, cahiers de droit fiscal, Band 88b, S. 87 (S. 90) und Schenk/Zee, in: Zee, Taxing the Financial Sector, S. 60 (S. 68) erklären. 747 Vergleiche hierzu sowie zu der anfänglichen Verunsicherung bezüglich der Einbeziehung der Finanzdienstleistungen Teijeiro, in: van Brederode/Krever, VAT and Financial Services, S. 35 (S. 37). Demzufolge bestand eine gewisse Verunsicherung, weil in Art. 3 VAT Act ARG die Finanzdienstleistungen, anders als diverse sonstige Dienstleistungen, nicht explizit aufgeführt werden. Nach nun einhelliger Auffassung ist die Aufzählung aber nur von beispielhafter Natur und die Kreditgewährungsleistung entsprechend in den Anwendungsbereich einbezogen. 748 In Ergänzung zu Art. 7 (h) (1) VAT Act ARG vergleiche Art. 35 und 36 des Dekrets 692/98. Hierzu und im Folgenden mit einer knappen Auflistung der durch Art. Art. 7 (h) (16) VAT Act ARG befreiten Finanzdienstleistungen, vergleiche Teijeiro, in: van Brederode/Krever, VAT and Financial Services, S. 35 (S. 39 f.). Ebenso Martin, in: IFA, cahiers de droit fiscal, Band 88b, S. 87 (S. 94); Alba, International VAT Monitor 1995, 335 (342). Erwähnenswert ist neben den angemerkten Befreiungen zudem noch die Befreiung von Einlagen bei Finanzinstituten. Nach Alba soll diese Steuerbefreiung einen Vereinfachungszweck verfolgen, nämlich die Vermeidung eines übermäßigen Anstiegs an Steuerpflichtigen und einhergehenden Steuerbe-

193

B.  Die Mehrwertbesteuerung der Kreditgewährung im internationalen Vergleich

gewährungsleistungen zwischen bestimmten Finanzinstituten, gewisse Wohnungsbaudarlehen sowie Kreditgewährungsleistungen deren Leistungsempfänger der Staat, eine Provinz oder eine Stadt ist. Mit der jeweiligen Steuerbefreiung der Kreditgewährungsleistung geht grundsätzlich die Versagung des Vorsteuerabzugsrechts des Kreditgebers bezüglich der eingesetzten Vorleistungen einher.749 Die verbleibenden Kreditgewährungsleistungen unterliegen dagegen der Besteuerung. Als Steuerbemessungsgrundlage werden die gesamten Zinszahlungen und expliziten Leistungsentgelte herangezogen. Zur Ermittlung des geschuldeten Steuerbetrags ist in Art. 28 VAT Act ARG grundsätzlich die Anwendung eines Regelsteuersatzes von 21% vorgesehen. Bei bestimmten Kreditgewährungsleistungen gelangt allerdings ein ermäßigter Steuersatz von 10,5% zur Anwendung. Eine ermäßigte Besteuerung soll etwa erfolgen, wenn der Kreditgeber den Regelungen des argentinischen Bankenrechts unterliegt und der Leistungsempfänger ein Unternehmer ist, der die Kreditgewährungsleistung zu Zwecken seiner unternehmerischen Tätigkeit bezogen hat.750 Erfolgt eine Besteuerung der Kreditgewährungsleistung, ist der Kreditgeber bezüglich der zur Erbringung dieser steuerpflichtigen Kreditgewährungsleistung eingesetzten Eingangsleistungen zum Vorsteuerabzug berechtigt.751 Werden die einzelnen Eingangsleistungen nicht nur zur Erbringung steuerpflichtiger Ausgangsleistungen, sondern zugleich zur

folgungs- und Steuererhebungsschwierigkeiten, Alba, International VAT Monitor 1995, 335 (343). 749 Vergleiche Art. 12 f. VAT Act ARG, sowie diesbezüglich Teijeiro, in: van Brede­ rode/Krever, VAT and Financial Services, S. 35 (S. 40 f.); Alba, International VAT Monitor 1995, 335 (343). Bei Finanzdienstleistungen, die im Ausland genutzt werden, ist kein Besteuerungstatbestand des Art. 1 VAT Act ARG gegeben und es erfolgt entsprechend keine Besteuerung der Kreditgewährungsleistung; gleichwohl soll der Kreditgeber, anders als im Fall der angeführten Steuerbefreiungen, einen Vorsteuerabzug geltend machen können, vergleiche so Kaplan, Bulletin for International Taxation 2005, 341 (342). 750 So explizit Teijeiro, in: van Brederode/Krever, VAT and Financial Services, S. 35 (S.  40); Martin, in: IFA, cahiers de droit fiscal, Band 88b, S. 87 (S. 90). Zudem kann der ermäßigte Steuersatz unter den Voraussetzungen des Art. 28 (d) VAT Act ARG bei Kreditgewährungsleistungen durch im Ausland ansässige Finanzinstitute zur Anwendung gelangen. Nach Kaplan wurde diese ermäßigte Besteuerung zugestanden, weil man bezüglich der festgelegten Kreditgewährungsleistungen eine weitere Erhöhung der Leistungsentgelte vermeiden wollte, Kaplan, Bulletin for International Taxation 2005, 341 (342). 751 So Art. 12 VAT Act ARG. Vergleiche grundsätzlich zum Vorsteuerabzugsrecht hier nur Kaplan, Bulletin for International Taxation 2005, 341 (343).

194

IV.  Die Besteuerung der gesamten Kreditzinszahlungen

Erbringung steuerbefreiter Ausgangsleistungen eingesetzt, ist eine Vorsteueraufteilung notwendig.752 Der Leistungsempfänger einer steuerpflichtigen Kreditgewährungsleistung ist unter den allgemeinen Voraussetzungen zum Abzug der ausgewiesenen Steuerbelastung berechtigt. Der Implementierung einer dergestaltigen Mehrwertbesteuerung der Kreditgewährungsleistung soll, zum Zeitpunkt der Einführung, primär die Zielsetzung einer Inflationsreduzierung zugrunde gelegen haben.753 Ergänzend soll man die Verzerrungswirkungen einer Steuerbefreiung nach europäischem Vorbild habe vermeiden wollen.754 c) Die konkrete Ausgestaltung in China In den vergangenen Jahren hat die Volksrepublik China eine grundlegende Reform ihres Mehrwertsteuersystems vorgenommen. Das gespaltene System der indirekten Besteuerung zwischen einer Mehrwertbesteuerung weitgehend nur von Lieferungen und einer Besteuerung der sonstigen Leistungen unter dem sog. Business-Tax-Regime wurde zugunsten der Mehrwertbesteuerung aufgegeben.755 Die sonstigen Leistungen wurden mit Wirkung zum 1. Mai 2016 vollständig in das Mehrwertsteuersystem eingegliedert und die Business-Tax mit Erklärung vom 19. November 2017 endgültig abgeschafft.756 Im Zuge dieser grundlegenden Reform wurde auch die Kreditgewährungsleistung in das allgemeine Mehrwertsteuersystem integriert, wobei wesentliche Merkmale der vorangegangenen Besteuerung unter dem

752 So Art. 13 VAT Act ARG. Vergleiche zudem Teijeiro, in: van Brederode/Krever, VAT and Financial Services, S. 35 (S. 40 f.); Alba, International VAT Monitor 1995, 335 (343); Kaplan, Bulletin for International Taxation 2005, 341 (343). 753 Vergleiche Alba, International VAT Monitor 1995, 335 (341); Schenk/Zee, in: Zee, Taxing the Financial Sector, S. 60 (S. 68). 754 Vergleiche unter Verweis auf die Einführung des Dekrets 879/92 Alba, International VAT Monitor 1995, 335 (341); Martin, in: IFA, cahiers de droit fiscal, Band 88b, S. 87 (S. 106). 755 Vergleiche hierzu und im Folgenden Li/Krever, in: van Brederode/Krever, VAT and Financial Services, S. 109 (S. 109 f.); Shen/Krever, International VAT Monitor 2017, 147 (147 ff.); Musetti, Australian GST Journal 2017, 60 (72 f.). 756 S. State Council, Order No. 691. Angemerkt sei aber, dass die Business-Tax bereits seit dem 1.5.2016 nicht mehr angewendet worden ist, siehe Li/Krever, in: van Brederode/Krever, VAT and Financial Services, S. 109 (S. 112).

195

B.  Die Mehrwertbesteuerung der Kreditgewährung im internationalen Vergleich

­ usiness-Tax-Regime, wie die Besteuerung der gesamten KreditzinszahB lungen und expliziten Leistungsentgelte, erhalten geblieben sind.757 Nach den geltenden Regelungen des chinesischen Mehrwertsteuersystems ist die Erbringung von sonstigen Leistungen nunmehr mehrwertsteuerbar, wenn die Leistungserbringung im Staatsgebiet der Volksrepublik China erfolgt.758 Als Teil dieser sonstigen Leistungen werden die Finanzdienstleistungen und als Subkategorie der Finanzdienstleistungen die Kreditgewährungsleistung, ohne Einschränkung bezüglich der Art des Leistungserbringers, explizit angeführt.759 Die Kreditgewährungsleistung liegt somit im Anwendungsbereich der Mehrwertbesteuerung, wenn die Leistungserbringung im Staatsgebiet der Volksrepublik China erfolgt.760 Eine Steuerbefreiung der Kreditgewährungsleistung ist nur bezüglich bestimmter Kreditgewährungsleistungen vorgesehen.761 Es erfolgt ua. eine Steuerbefreiung von Kreditgewährungsleistungen der Zentralbank an Finanzinstitute, von Kreditgewährungsleistungen zwischen Finanzinstitu757 Eingehend zur vorherigen Business-Tax-Besteuerung Li/Krever, in: van Brederode/ Krever, VAT and Financial Services, S. 109 (S. 112 f.). 758 Vergleiche Notice of the Ministry of Finance and the State Administration, Cai Shui 2016 No. 36: Measures for the Implementation of the Pilot Scheme on ­Levying Value-added Tax in Place of Business Tax Art. 1. Eine Leistungserbringung im Staatsgebiet der Volksrepublik China liegt weiter grundsätzlich vor, wenn der Leistungserbringer oder Leistungsempfänger im Staatsgebiet (ausgeklammert sind Hong Kong, Macau, Taiwan) ansässig ist, s. ebd. Art. 12 (1). 759 Vergleiche Notice of the Ministry of Finance and the State Administration, Cai Shui 2016 No. 36: Measures for the Implementation of the Pilot Scheme on Levying Value-added Tax in Place of Business Tax Art. 9 iVm. Notes on Sale of services, Intangible Assets and Immovables (I) (5). Zudem Li/Krever, in: van Brederode/Krever, VAT and Financial Services, S. 109 (S. 111); Musetti, Australian GST Journal 2017, 60 (76). Zur Bedeutung der Abgrenzung zwischen den einzelnen Subkategorien zudem Shen/Krever, International VAT Monitor 2017, 147 (150). Nicht zu den Finanzdienstleistungen gehört dagegen das Leasing, vergleiche ebd. (I) (6). Die Abgrenzung zwischen einer Finanzdienstleistung und dem Leasing ist gerade bezüglich der Vorsteuerabzugsberechtigung von besonderer Bedeutung. Zur Vorsteuerabzugsberechtigung sogleich. 760 Nicht im Anwendungsbereich der Mehrwertbesteuerung liegen dagegen Einlagezinszahlungen, vergleiche Notice of the Ministry of Finance and the State Ad­ ministration, Cai Shui 2016 No. 36: Provisions on Matters Relating to the Pilot Scheme on Levying Value-added Tax in Place of Business Tax (I) (2) (b). Entsprechend Li/Krever, in: van Brederode/Krever, VAT and Financial Services, S. 109 (S. 116); Musetti, Australian GST Journal 2017, 60 (72 f.). 761 Vergleiche diesbezüglich mit einer Auflistung diverser, befreiter Leistungen, Notice of the Ministry of Finance and the State Administration, Cai Shui 2016 No. 36: Provisions on the Transitional Policies Concerning the Pilot Scheme on Levying Value-added Tax in Place of Business Tax, Appendix 3 (19).

196

IV.  Die Besteuerung der gesamten Kreditzinszahlungen

ten762 sowie von bestimmten Studenten- und Wohnungsbaukrediten.763 Zudem werden derzeitig (temporär) zinslose Kreditgewährungsleistungen innerhalb einer Unternehmensgruppe von der Besteuerung ausgenommen.764 Mit der Befreiung der jeweiligen Kreditgewährungsleistung geht einher, dass der Kreditgeber nicht zum Vorsteuerabzug bezüglich der zur Erbringung dieser Ausgangsleistung eingesetzten Eingangsleistungen berechtigt ist.765 Soweit keine Steuerbefreiungsvorschrift einschlägig ist, unterliegt die Kreditgewährungsleistung der Besteuerung.766 Die Bemessungsgrundlage bilden die gesamten Kreditzinszahlungen.767 Der Regelsteuersatz beträgt

762 Vergleiche Notice of the Ministry of Finance and the State Administration, Cai Shui 2016 No. 36: Provisions on the Transitional Policies Concerning the Pilot Scheme on Levying Value-added Tax in Place of Business Tax (I) (23). Der Anwendungsbereich dieser Vorschrift wurde gleichwohl direkt durch Supplementary Notice of the Ministry of Finance and the State Administration of Taxation, Cai Shui 2016 No. 70 konkretisiert. Zu den grundsätzlichen Schwierigkeiten im Zusammenhang mit dieser Befreiungsvorschrift weitergehend Musetti, Australian GST Journal 2017, 60 (79 f.); KPMG, China Tax Alert, Issue 20, July 2016. 763 Vergleiche Notice of the Ministry of Finance and the State Administration, Cai Shui 2016 No. 36: Provisions on the Transitional Policies Concerning the Pilot Scheme on Levying Value-added Tax in Place of Business Tax (I) (19) und (23). 764 Vergleiche Notice on Clarifying Policies Including Exempting Elderly Care Service Agencies from Value-added Tax, Cai Shui 2019 No. 20. Die Bedeutung der Steuerbefreiung folgt aus Notice of the Ministry of Finance and the State Administra­ tion, Cai Shui 2016 No. 36: Measures for the Implementation of the Pilot Scheme on Levying Value-added Tax in Place of Business Tax Art. 14, der eine Steuerbarkeit auch entgeltloser Leistungen begründen kann. 765 Vergleiche Notice of the Ministry of Finance and the State Administration, Cai Shui 2016 No. 36: Measures for the Implementation of the Pilot Scheme on ­Levying Value-added Tax in Place of Business Tax Art. 27 (1). Zudem Li/Krever, in: van Brederode/Krever, VAT and Financial Services, S. 109 (S. 116). 766 Neben den nachfolgend dargelegten Besteuerungsfolgen ist für Steuerpflichtige von geringerer Unternehmensgröße ein grundsätzlich abweichendes Besteuerungsregime in Form einer pauschalen Besteuerung der Ausgangsleistungen zu einem Steuersatz von 3%, bei gleichzeitiger vollständiger Versagung des Vorsteuerabzugsrechts, einschlägig. Vergleiche hierzu Li/Krever, in: van Brederode/ Krever, VAT and Financial Services, S. 109 (S. 114 f.); Musetti, Australian GST Journal 2017, 60 (72 f.). Zudem ist eine Schwellenregelung vorgesehen bei deren Unterschreitung eine Steuerbefreiung des Steuerpflichtigen erfolgen soll, vergleiche Notice on Implementation of Inclusive Tax Relief Policy for Small Low-profit Enterprises, Cai Shui 2019 No. 13.  767 Vergleiche Notice of the Ministry of Finance and the State Administration, Cai Shui 2016 No. 36: Provisions on Matters Relating to the Pilot Scheme on Levying Value-added Tax in Place of Business Tax (I) (3) (a). Zu expliziten Leistungsentgelten vergleiche ebd. (I) (3) (b). Entsprechend zugleich Li/Krever, in: van Brederode/ Krever, VAT and Financial Services, S. 109 (S. 115).

197

B.  Die Mehrwertbesteuerung der Kreditgewährung im internationalen Vergleich

derzeitig 13%.768 Für die Besteuerung von Finanzdienstleistungen ist gleichwohl die Anwendung eines ermäßigten Steuersatzes von 6% vorgesehen.769 Liegt eine steuerpflichtige Kreditgewährungsleistung vor, ist der Kreditgeber nach den allgemeinen Regelungen zum Abzug der Vorsteuerbelastung aus den eingesetzten Eingangsleistungen berechtigt.770 Eine Vorsteueraufteilung ist notwendig, wenn eine Eingangsleistung zugleich für die Erbringung vorsteuerabzugsberechtigenden wie vorsteuerabzugsversagender Ausgangleistungen eingesetzt wird. Bezüglich des Vorsteuerabzugsrechts des Leistungsempfängers einer steuerpflichtigen Kreditgewährungsleistung zeigt das Mehrwertsteuersystem Chinas eine grundlegende Abweichung von der zuvor dargelegten Länderpraxis Argentiniens. Ein Abzug der Vorsteuerbelastung der Kreditzinszahlungen ist generell ausgeschlossen.771 Der Leistungsempfänger einer steuerpflichtigen Kreditgewährungsleistung kann entsprechend selbst bei Vorliegen der allgemeinen Vorsteuerabzugsvoraussetzungen aufgrund eines speziellen Versagungsgrunds die Steuerbelastung der Kreditzinszahlungen nicht in Abzug bringen. Diese generelle Versagung des

768 Der Regelsteuersatz wurde im Jahr 2019 von 16% auf 13% gesenkt, Announcement on Policies for Deepening the VAT Reform, Announcement 2019 No. 39.  769 Vergleiche Notice of the Ministry of Finance and the State Administration, Cai Shui 2016 No. 36: Measures for the Implementation of the Pilot Scheme on ­Levying Value-added Tax in Place of Business Tax Art. 15 (1). Vergleiche zudem Shen/Krever, International VAT Monitor 2017, 147 (149). 770 Hierzu und im Folgenden Notice of the Ministry of Finance and the State Administration, Cai Shui 2016 No. 36: Measures for the Implementation of the Pilot Scheme on Levying Value-added Tax in Place of Business Tax Art. 24 ff. Vergleiche zugleich Li/Krever, in: van Brederode/Krever, VAT and Financial Services, S. 109 (S. 116); Musetti, Australian GST Journal 2017, 60 (80 f.). 771 Vergleiche Notice of the Ministry of Finance and the State Administration, Cai Shui 2016 No. 36: Measures for the Implementation of the Pilot Scheme on ­Levying Value-added Tax in Place of Business Tax Art. 27 (6). Auch bezüglich bestimmter weiterer, expliziter Leistungsentgelte im Zusammenhang mit der Kreditgewährungsleistung wird das Vorsteuerabzugsrecht des Leistungsempfängers generell ausgeschlossen, Notice of the Ministry of Finance and the State Administration, Cai Shui 2016 No. 36: Provisions on Matters Relating to the Pilot Scheme on Levying Value-added Tax in Place of Business Tax (I) (4) (c). Dagegen erfolgt keine generelle Versagung des Vorsteuerabzugsrechts etwa bei Leasingleistungen, weswegen die Abgrenzung besondere Bedeutung erlangt und eine gewisse Steuergestaltung zu erwarten ist, vergleiche Li/Krever, in: van Brederode/Krever, VAT and Financial Services, S. 109 (S. 117, 121); Musetti, Australian GST Journal 2017, 60 (77).

198

IV.  Die Besteuerung der gesamten Kreditzinszahlungen

Vorsteuerabzugsrechts bezüglich der Kreditzinszahlungen soll primär Aufkommensaspekten geschuldet sein.772 Dieses Spezifikum erklärt zugleich, weswegen, gerade im Leistungsverkehr zwischen Finanzinstituten, eine Steuerbefreiung eingeführt worden ist. Eine Besteuerung der Kreditgewährungsleistungen zwischen Finanzinstituten ohne Vorsteuerabzugsrecht des Leistungsempfängers bezüglich der Steuerbelastung der Kreditzinszahlungen, hätte eine enorme Belastung des gesamten Finanzmarkts begründet.773 Auch hinsichtlich des Exports von Finanzdienstleistungen weicht das Mehrwertsteuersystem Chinas von den zuvor dargelegten Länderpraktiken ab. Eine Nullsatzbesteuerung von exportierten, sonstigen Leistungen ist nur für wenige festgelegte Leistungen vorgesehen, zu denen die Finanzdienstleistungen gerade nicht zählen.774 Auch liegt die Kreditgewährungsleistung nicht in dem Anwendungsbereich der Regelung, die sonstige Leistungen bei grenzüberschreitender Leistungserbringung zum Teil unter weiteren Voraussetzungen von der Besteuerung befreit.775 2. Bewertung des Besteuerungsansatzes Der dargelegte Besteuerungsansatz einer Besteuerung der Kreditgewährungsleistung unter Anknüpfung an die gesamten Kreditzinszahlungen ermöglicht eine vollständige und reibungslose Eingliederung der Kre­ ditgewährungsleistung in das allgemeine Mehrwertsteuersystem und entsprechend die Vermeidung der negativen Folgewirkungen einer Steuerbefreiungskonzeption. Aufgrund der Anknüpfung an die gesamten Kreditzinszahlungen ergeben sich zugleich keine besonderen Schwierigkeiten bei der Ermittlung der Steuerbemessungsgrundlage.776 772 So Li/Krever, in: van Brederode/Krever, VAT and Financial Services, S. 109 (S. 119); Musetti, Australian GST Journal 2017, 60 (72 f.). 773 Vergleiche Musetti, Australian GST Journal 2017, 60 (79 f.); KPMG, China Tax Alert, Issue 20, July 2016.  774 Vergleiche Notice of the Ministry of Finance and the State Administration, Cai Shui 2016 No. 36: Measures for the Implementation of the Pilot Scheme on ­Levying Value-added Tax in Place of Business Tax Art. 15 (4) iVm. Provisions on Zero VAT Rate and Tax Exemption Policies applicable for Cross-border Taxable Acts (I). Hierzu und im Folgenden zudem Li/Krever, in: van Brederode/Krever, VAT and Financial Services, S. 109 (S. 119 f.); Shen/Krever, International VAT Monitor 2017, 147 (150); Musetti, Australian GST Journal 2017, 60 (81 f.). 775 Vergleiche Notice of the Ministry of Finance and the State Administration, Cai Shui 2014 No. 36: Provisions on Zero VAT Rate and Tax Exemption Policies applicable for Cross-border Taxable Acts (II). 776 Vergleiche Xu/Krever, Australian Tax Review 2016, 38 (47); Schenk/Zee, in: Zee, Taxing the Financial Sector, S. 60 (S. 69).

199

B.  Die Mehrwertbesteuerung der Kreditgewährung im internationalen Vergleich

Trotz dieser gewissen Vorzüge ist eine Besteuerung der gesamten Kreditzinszahlungen weder in ihrer grundsätzlichen Regelungskonzeption noch in den Ausgestaltungen der angeführten Rechtsordnungen eine taugliche Option zur Besteuerung der Kreditgewährungsleistung. a) Bewertung der allgemeinen Regelungskonzeption Zuvörderst widerspricht die Besteuerung der gesamten Kreditzinszahlungen zum Regelsteuersatz dem Verbrauchsteuerprinzip. Festgehalten worden ist, dass eine besteuerungswürdige konsumtive Vermögensverwendung nur in Höhe der Kreditzinszahlungen abzüglich der Reinzinszahlungen gegeben ist. Erfolgt entgegen dieser Feststellungen eine Einbeziehung der Reinzinszahlungen in die Steuerbemessungsgrundlage und gelangt zugleich der Regelsteuersatz zur Anwendung, ist die Steuerbe­ lastung der Kreditgewährungsleistung eindeutig zu hoch.777 Eine Rechtfertigung dieser Abweichung vom Verbrauchsteuerprinzip ist ausgeschlossen. Allein die Schwierigkeiten bei der Ermittlung der richtigen Steuerbemessungsgrundlage sowie potentiell negative Aufkommenswirkungen bei einer Steuerbefreiungskonzeption, können die zu hohe Steuerbelastung der Kreditgewährungsleistung keineswegs rechtfertigen. Aus ökonomischer Perspektive ist die zu hohe Steuerbelastung weiter geeignet eine Nachfrageverzerrung in Form einer Minderung der privaten Kreditnachfrage zu begründen und in der Folge eine Effizienzbeeinträchtigung hervorzurufen. Ferner kann eine Verzerrung der Nachfrage von vorsteuerabzugsberechtigten Leistungsempfängern aus der zu hohen Liquiditätsminderung, infolge der zu hohen Mehrwertsteuerbelastung bis zur Vorsteuervergütung, folgen.778 Bei einer Mehrwertbesteuerung der Kreditgewährungsleistung zu einem geringeren Steuersatz ist dagegen zu erwägen, ob diese Privilegierung möglicherweise die Ausdehnung der Steuerbemessungsgrundlage kompensieren und somit letztlich eine verbrauchsteuergerechte Steuerbe­ lastung begründen kann.779 Auch wenn die Erzielung einer derartigen 777 Im Ergebnis ebenso, aber ohne notwendige Differenzierung hinsichtlich des angewendeten Steuersatzes, Schenk/Zee, in: Zee, Taxing the Financial Sector, S. 60 (S. 69); Kerrigan, International VAT Monitor 2010, 103 (108); Alba, International VAT Monitor 1995, 335 (337). 778 Die Liquiditätswirkung einer dergestaltigen Besteuerung allerdings ohne Bezug zur Nachfrage wird von Xu/Krever, Australian Tax Review 2016, 38 (47) angedeutet. 779 Vergleiche Hiller, Cash-Flow-Steuer und Umsatzsteuer, S. 265 ff. Angedeutet zudem von Amand, ERA Forum 2008, 357 (375). Diese Möglichkeit dagegen nicht erwägend Xu/Krever, Australian Tax Review 2016, 38 (47); Kerrigan, International

200

IV.  Die Besteuerung der gesamten Kreditzinszahlungen

Kompensationswirkung gerade keine Motivation für die Steuersatzpri­ vilegierung in den angeführten Mehrwertsteuersystemen Argentiniens oder Chinas gewesen ist, so ist diese Wirkung aus konzeptioneller Perspektive keineswegs abwegig. Nehme man beispielweise eine Kreditgewährungsleistung mit Kreditzinszahlungen in Höhe von 100 und einem Anteil der Reinzinszahlungen von 50% an. Nach den Feststellungen zur Besteuerungswürdigkeit wäre ein besteuerungswürdiges Entgelt in Höhe von 50 gegeben. Bei einem angenommenen Regelsteuersatz von 10%, läge die prinzipiengerechte Steuerbelastung entsprechend bei 5. Eine prinzipiengerechte Steuerbelastung von 5 ergäbe sich aber gleichsam, wenn die Besteuerung der Kreditzinszahlungen von 100 nicht zum Regelsteuersatz, sondern zu einem ermäßigten Steuersatz von 5% erfolgte. Bezüglich der expliziten Leistungsentgelte wäre dagegen weiterhin die Besteuerung zum Regelsteuersatz geboten. Es zeigen sich gleichwohl eindeutig die Schwierigkeiten, die mit einer derartigen Kompensation der Ausdehnung der Steuerbemessungsgrundlage durch eine Steuersatzverringerung einhergehen würden. Aufgrund der mangelnden Kenntnis des Anteils der Reinzinszahlung, kann der kompensationstaugliche Steuersatz nur approximiert werden. Eine Approximation ist wegen der mangelnden Kenntnis des reinen Zinses aber nahezu immer notwendig, wenn man eine prinzipiengerechte Eingliederung der Kreditgewährungsleistung in das geltende Mehrwertsteuersystem vornehmen will. Allein die Notwendigkeit einer Approximation kann entsprechend keinen besonderen Mangel dieser Besteuerungskonzeption begründen. Der besondere Mangel folgt vielmehr aus der Approximation über das Steuersatzsystem.780 Zur Erreichung einer prinzipiengerechten Steuerbelastung müsste bei jeder Änderung des Reinzinses eine Änderung des einschlägigen Steuersatzes erfolgen. Für eine derartige, stetige Steuersatzanpassung ist aber das europäische Mehrwertsteuersystem nicht ausgelegt.781 Zudem würde eine Steuersatzermäßigung den irrigen Eindruck einer Privilegierung der Kreditgewährungsleistung erwecken.

VAT Monitor 2010, 103 (108); Schenk/Zee, in: Zee, Taxing the Financial Sector, S. 60 (S. 69). 780 Ebenso kritisch Hiller, Cash-Flow-Steuer und Umsatzsteuer, S. 268. 781 So müsste zunächst auf europäischer Ebene der kompensierende Steuersatz stetig festgelegt und sodann auf mitgliedstaatlicher Ebene implementiert werden. Auf nationaler Ebene ist zur Steuersatzänderung etwa eine Änderung des Umsatzsteuergesetzes notwendig. Eine stetige Gesetzesänderung ist nach eigener Auffassung kaum das vorzugswürdige Mittel zur Erreichung eines richtigen Belastungsergeb-

201

B.  Die Mehrwertbesteuerung der Kreditgewährung im internationalen Vergleich

Ein weiterer Mangel ergibt sich, wenn aufgrund der generellen Ausgestaltung des Besteuerungssystems eine Vorsteueraufteilung notwendig wird. Aufgrund der Ausdehnung der Steuerbemessungsgrundlage kann es dann zu einer Verzerrung des Vorsteuerabzugsanteils kommen.782 Neben diese Mängel der allgemeinen Regelungskonzeption treten weitere spezielle Mängel der konkreten Ausgestaltungen der Besteuerung in Argentinien und China. b) Bewertung der konkreten Ausgestaltung in Argentinien Bei der argentinischen Ausgestaltung sind die Steuerbefreiungsvorschriften, soweit der Empfänger der Kreditgewährungsleistung bei einer Besteuerung der Kreditgewährungsleistung zum Vorsteuerabzug berechtigt gewesen wäre, völlig widersprüchlich zum sonstigen Besteuerungssystem. Mit der Steuerbefreiung dieser Leistungen werden die bekannten negativen Folgewirkungen einer Versagung des Vorsteuerabzugsrechts auf zwischengelagerten Leistungsstufen hervorgerufen.783 Bei einer Besteuerung dieser Leistungen hätte sich dagegen, wegen der bestehenden Vorsteuerabzugsmöglichkeit, weder eine prinzipienwidrige Steuerbelastung noch die Notwendigkeit einer aufwendigen wie streitanfälligen Vorsteueraufteilung ergeben.784 Weiter wäre bezüglich der Steuerbefreiung von Wohnungsbaukrediten, die eindeutig einen Sozialzweck verfolgen, eine Steuerbefreiung mit Vorsteuerabzugsrecht oder eine Besteuerung zu einem noch geringeren Steuersatz vorzugswürdig gewesen.785 Eine Steuerbefreiung mit Vorsteuerabzugsrecht, wie eine Besteuerung zu einem noch geringeren Steuersatz, ermöglichen sozialzweckverfolgende Privilegierungen ohne zugleich die Notwendigkeit einer Vorsteueraufteilung zu begründen. Auch die Ausgestaltung der Steuersatzermäßigung bezüglich einzelner Kreditgewährungsleistungen lässt jegliche Anknüpfung an konzeptionel-

nisses. Ein geeigneteres Mittel soll sogleich im Rahmen des weiteren Reformvorschlags besprochen werden. 782 Vergleiche Kerrigan, International VAT Monitor 2010, 103 (108). 783 Zu pauschal López-Laborda/Peña, International VAT Monitor 2017, 457 (463). 784 Vergleiche zum Aspekt der Vorsteueraufteilung Alba, International VAT Monitor 1995, 335 (343). 785 Zur Vorzugswürdigkeit der Besteuerung zu einem geringeren Steuersatz gegenüber einer Steuerbefreiung ohne Vorsteuerabzugsrecht Englisch, in: de la Feria, VAT ­Exemptions, S. 37 (S. 89); Heidemann, Die Umsatzsteuerbefreiungen von Finanzdienstleistungen, S. 144 f.; Ebrill/Keen/Bodin/Summers, The Modern VAT, S. 91. 

202

IV.  Die Besteuerung der gesamten Kreditzinszahlungen

le Erwägungen vermissen. Prinzipienwidrige und verzerrungsbegründende Steuerbelastungen werden so hingenommen.786 Erkennbar wird eindeutig, dass die Motivation zu der Besteuerung der Kreditgewährungsleistung in Argentinien weitgehend der Fiskalpolitik entsprungen ist. Die Erzielung eines prinzipiengerechten Besteuerungsergebnisses wurde dagegen vernachlässigt. c) Bewertung der konkreten Ausgestaltung in China Die Mehrwertbesteuerung der Kreditgewährungsleistung in China krankt grundlegend an der generellen Versagung des Vorsteuerabzugsrechts bezüglich der Vorsteuerbelastung der Kreditzinszahlungen.787 Die Auswirkungen einer Versagung des Vorsteuerabzugsrechts wurden im Zusammenhang mit der europäischen Steuerbefreiungskonzeption bereits eingehend besprochen. Diese bekannten Belastungswidrigkeiten und Verzerrungswirkungen sind bei einer Versagung des Vorsteuerabzugsrechts des Leistungsempfängers der Kreditgewährungsleistung gegenüber der europäischen Steuerbefreiungskonzeption, aufgrund der grundsätzlich höheren Vorsteuerbelastung, gleichwohl sogar noch gesteigert. Eine Rechtfertigung einer derartigen Ausgestaltung rein zu Zwecken der Aufkommensgenerierung wäre auf europäischer Ebene keineswegs möglich. Teilweise ist diesen Auswirkungen durch eine Ausdehnung der Steuerbefreiungsvorschriften entgegengetreten worden. Mit einer Steuerbefreiung der Kreditgewährungsleistung unter Versagung des Vorsteuerabzugsrechts des Kreditgebers bleiben aber die angeführten Systemwidrigkeiten in abgemilderter Form und die regelmäßige Notwendigkeit einer Vorsteueraufteilung erhalten.788

786 Zumindest im Ergebnis entsprechend Schenk/Zee, in: Zee, Taxing the Financial Sector, S. 60 (S. 69); Alba, International VAT Monitor 1995, 335 (337). Anders dagegen López-Laborda/Peña, International VAT Monitor 2017, 457 (463). 787 Ebenso Li/Krever, in: van Brederode/Krever, VAT and Financial Services, S. 109 (S. 109, S. 119); Li/Teoh/Krever, International Tax Review, 387 (395); Musetti, Australian GST Journal 2017, 60 (75). Nicht überzeugend dagegen eine Kompensation der Versagung des Vorsteuerabzugsrechts durch die Steuersatzermäßigung erwägend Wolfers/Shen/Wang/Li, in: KPMG, China Looking Ahead, S. 30 (S. 32). 788 Bezüglich einer Vorsteueraufteilung wirken sich die Steuerbefreiungen weiter negativ auf den abzugsfähigen Anteil aus, vergleiche KPMG, China Tax Alert, Issue 20, July 2016; Musetti, Australian GST Journal 2017, 60 (80 f.). Vergleiche weiter richtigerweise bereits kritisch zu der Notwendigkeit dieser Steuerbefreiung Wolfers/Shen/Wang/Li, in: KPMG, China Looking Ahead, S. 30 (S. 32).

203

B.  Die Mehrwertbesteuerung der Kreditgewährung im internationalen Vergleich

Weiter mangelt es bei der Ausgestaltung der Steuersatzermäßigung ebenso an konzeptionellen Erwägungen. Prinzipienwidrige und verzerrungsbegründende Steuerbelastungen werden hier gleichsam hingenommen.789 Eine mögliche Doppelbesteuerung der Kreditgewährungsleistung und einhergehende Wettbewerbsverzerrungen zulasten der heimischen Leistungserbringer folgen zudem aus der Besteuerung der exportierten Leistungen.790 Diese Mängel der Mehrwertbesteuerung der Kreditgewährungsleistung in China gründen weitgehend in der Ableitung der Besteuerungsregelungen aus dem vorherigen Business-Tax-Regime und der gleichzeitig mangelnden Auseinandersetzung mit der Prinzipiengerechtigkeit dieser Regelungen im Rahmen einer Mehrwertbesteuerung.791 Am Ende kann festgehalten werden, dass eine Besteuerung der Kreditzinszahlungen bei mangelnder Steuersatzkompensation aufgrund der nicht zu rechtfertigenden Abweichung vom Verbrauchsteuerprinzip ­abgelehnt werden muss. Nur im Fall der Kompensation der Ausdehnung der Steuerbemessungsgrundlage über eine Steuersatzverringerung kommt dieser Besteuerungsansatz zu einem ordnungsgemäßen Belastungsergebnis. Eine stetige Steuersatzanpassung ist gleichwohl im europäischen Mehrwertsteuersystem kaum möglich. Eine Mehrwertbesteuerung der gesamten Kreditzinszahlungen ist somit letztlich keine wirklich taugliche Reformoption.

V. Zusammenfassung Einige Mehrwertsteuerordnungen verfolgen bezüglich der Kreditgewährungsleistung einen von der europäischen Steuerbefreiungskonzeption verschiedenen Besteuerungsansatz. Nach der generellen Regelungskonzeption konnte eine Kategorisierung der einzelnen Länderpraktiken in vier grundlegende Formen der mehrwertsteuerlichen Behandlung der Kreditgewährungsleistung vorgenommen werden.

789 Im Ergebnis ebenso Li/Teoh/Krever, International Tax Review, 387 (394). 790 Vergleiche ebenso Li/Krever, in: van Brederode/Krever, VAT and Financial Services, S. 109 (S. 120); Wolfers/Shen/Wang/Li, in: KPMG, China Looking Ahead, S. 30 (S. 33); Musetti, Australian GST Journal 2017, 60 (82). 791 Ebenso kritisch Li/Krever, in: van Brederode/Krever, VAT and Financial Services, S. 109 (S. 119); Shen/Krever, International VAT Monitor 2017, 147 (149); Musetti, Australian GST Journal 2017, 60 (75).

204

V. Zusammenfassung

Zuvörderst wurde die Nullsatzbesteuerung besprochen. Eine vollstän­ dige Nullsatzbesteuerung zeigt den grundlegenden Vorzug, dass es zu keinen Belastungswidrigkeiten und Verzerrungswirkungen wegen einer Versagung des Vorsteuerabzugsrechts kommt. Aufgrund der Vorsteuer­ abzugsmöglichkeit des Kreditgebers ergibt sich bei einer vollständigen Nullsatzbesteuerung aber zugleich eine negative Aufkommenswirkung, welche der Einführung einer vollständigen Nullsatzbesteuerung aus politischer Perspektive entgegensteht. Diese politischen Zwänge bezüglich der Ausgestaltung des Mehrwertsteuersystems wurden durch die Betrachtung der konkreten Ausgestaltung der Nullsatzbesteuerung in Neuseeland belegt. Die zur Abschwächung der negativen Aufkommenswirkung in Neuseeland vorgenommene Begrenzung der Nullsatzbesteuerung konnte nicht überzeugen. Sodann wurde der Besteuerungsansatz einer Steuerbefreiung der Kreditgewährungsleistung bei anteiligem Vorsteuerabzugsrecht des Kreditgebers betrachtet. Dieser Besteuerungsansatz ist, wie bereits die Nullsatzbesteuerung, lediglich eine abgewandelte Form der Ausklammerung der Kreditgewährungsleistung von der Besteuerung. Die Bewertung zeigte sich besonders von der konkreten Ausgestaltung des anteiligen Vorsteuerabzugsrechts abhängig. Eine grundsätzliche Vorzugswürdigkeit gegenüber der Nullsatzbesteuerung konnte gleichwohl bezüglich keiner Ausgestaltung des anteiligen Vorsteuerabzugsrechts festgestellt werden. Bei einer Besteuerung nur expliziter Leistungsentgelte wird die Ausklammerung der Kreditgewährungsleistung von der Mehrwertbesteuerung soweit aufgehoben, wie eine Ermittlung der Steuerbemessungsgrundlage ohne Schwierigkeiten möglich ist. Eine prinzipiengerechte Besteuerung erfolgt entsprechend soweit wie ein explizites Leistungsentgelt verlangt wird. Bezüglich der Kreditgewährungsleistung ist die positive Wirkung einer Besteuerung nur expliziter Leistungsentgelte allerdings aufgrund der weitgehend impliziten Entgelterhebung begrenzt. Zudem birgt eine Besteuerung nur expliziter Leistungsentgelte das Risiko einer Änderung der Entgeltstruktur zur Verringerung der Steuerbelastung. Zuletzt ist der Besteuerungsansatz der Besteuerung der gesamten Kreditzinszahlungen besprochen worden. Eine Besteuerung der gesamten Kreditzinszahlungen zum Regelsteuersatz verletzt das Verbrauchsteuerprinzip wie das ökonomische Neutralitätspostulat. Erfolgt dagegen eine Kompensation der Ausdehnung der Steuerbemessungsgrundlage durch eine Steuersatzverringerung, kann eine vollständig prinzipiengerechte Steuerbelastung der Kreditzinszahlungen erreicht werden. Notwendig wäre aber eine stetige Steuersatzanpassung in Abhängigkeit von der 205

B.  Die Mehrwertbesteuerung der Kreditgewährung im internationalen Vergleich

Höhe des reinen Zinses. Diese stetige Steuersatzanpassung wurde jedenfalls auf europäischer Ebene als kaum gangbar eingeordnet. Weder bezüglich der Ausgestaltung der Besteuerung in Argentinien noch in China wurden gleichwohl bislang derartige konzeptionelle Erwägungen vorgenommen. Die Auseinandersetzung in diesem Kapitel hat letztlich aufgezeigt, dass derzeitig auf internationaler Ebene neben der Steuerbefreiung unter Versagung des Vorsteuerabzugsrechts noch weitere Ansätze der mehrwertsteuerlichen Behandlung der Kreditgewährungsleistung verfolgt werden. Die verfolgten Besteuerungsansätze bieten gerade in ihrer generellen Regelungskonzeption zumeist gewisse Vorzüge gegenüber der europäischen Steuerbefreiungskonzeption. Die konkreten Ausgestaltungen der Besteuerungsansätze in den einzelnen Mehrwertsteuerordnungen leiden dagegen unter dem Einfluss erheblicher politischer Restriktion. Das Ergebnis mutet zumeist wie eine Löschung einzelner, bedeutender und politischer Brandpunkte an, die wiederum die Notwendigkeit von weiteren Folgeregelungen zur Vermeidung eigener neuer, negativer Folgewirkungen begründet. Eine vollständig prinzipiengerechte Mehrwertbesteuerung der Kreditgewährung wird in keiner der betrachteten Mehrwertsteuerordnungen erreicht. Die Auseinandersetzung konnte entsprechend keine aus steuertheore­ tischer Perspektive überzeugende und zugleich politisch realisierbare Alternative zur mehrwertsteuerlichen Behandlung der Kreditgewährungsleistungen hervorbringen. Im Folgenden wird daher auf weitere Reformvorschläge zur Mehrwertbesteuerung der Kreditgewährungsleistung eingegangen.

206

C. Reformvorschläge zur Mehrwertbesteuerung der Kreditgewährung Die Wissenschaft hat in den vergangenen Jahrzehnten einige weitergehende Reformvorschläge zur Erreichung einer prinzipiengerechten Mehrwertbesteuerung der Kreditgewährungsleistung im geltenden Mehrwertsteuersystem vorgelegt.792 Als prominentester Reformvorschlag ist der Reformvorschlag zur Besteuerung der Kreditgewährungsleistung nach den Maßgaben einer Cash-Flow-Besteuerung anzugeben, der in seiner grundlegenden Konzeption eine prinzipiengerechte Besteuerung des in den Zinszahlungen enthaltenen Leistungsentgelts durch eine Besteuerung sämtlicher Zahlungsströme des Einlagen- und Kreditgeschäfts erwirken will.793 Mit der Zeit wurde dieser Reformvorschlag, in Erkennung gewisser Schwierigkeiten bei einer dergestaltigen Besteuerung sämtlicher Zahlungsströme, um die Einführung eines Steuerverrechnungskontos ergänzt, welches weiter in der verkürzten Form der Cash-Flow-Besteuerung zudem nur von Finanzinstituten geführt werden muss.794 In den neunziger Jahren ist auf europäischer Ebene im Auftrag der Euro­ 792 Reformvorschläge zur Mehrwertbesteuerung der Kreditgewährung im geltenden Mehrwertsteuersystems erfolgten ua. von López-Laborda/Peña, National Tax Journal 2018, 155; Edgar, in: Krever/White, GST in Retrospect and Prospect, S. 131; Zee, National Tax Journal 2005, 77; Huizinga, Economic Policy 2002, 499; Poddar/English, National Tax Journal 1997, 89; Hoffman/Poddar/Whalley, National Tax Journal 1987, 547; Bakker/Chronican, Financial Services and the GST, S. 17; Department of Treasury, Tax Reform for Fairness, Simplicity, and Economic Growth, S. 49 f. Für eine überblicksartige Zusammenfassung weiterer Reformvorschläge auch solcher, die über eine Eingliederung in das geltende Mehrwertsteuersystem hinausgehen, López-Laborda/Peña, International VAT Monitor 2017, 457 (459). Vergleiche zudem hierzu und im Folgenden Englisch, in: FS Bundesfinanzhof, S. 1491 (S. 1520). 793 Zum Reformvorschlag grundlegend, zunächst bezüglich der Mehrwertbesteuerung von Versicherungsleistungen, Barham/Poddar/Whalley, National Tax Journal 1987, 171; sodann in Bezug auf Finanzdienstleistungen Hoffman/Poddar/ Whalley, National Tax Journal 1987, 547. Nachfolgend des Weiteren Poddar/English, National Tax Journal 1997, 89; Poddar, in: Krever/White, GST in Retrospect and Prospect, S. 179. Vergleiche diesbezüglich eingehend zudem EY, A study of Methods of Taxing Financial and Insurance Services, S. 37 ff.; Henkow, Financial Activities in European VAT, S. 322 ff.; Friedrich-Vache, Verbrauchsteuerkonforme Umsatzbesteuerung von Finanzdienstleistungen, S. 75 ff. Für eine entsprechende Zusammenfassung vergleiche zuletzt Englisch, in: FS Bundesfinanzhof, S. 1491 (S. 1520). 794 Zu den vorgeschlagenen Weiterentwicklungen grundlegend Poddar/English, Na­ tional Tax Journal 1997, 89 (99 ff.). Vergleiche ebenso zu den Weiterentwicklungen eingehend Friedrich-Vache, Verbrauchsteuerkonforme Umsatzbesteuerung von Finanzdienstleistungen, S. 98 ff.

207

C.  Reformvorschläge zur Mehrwertbesteuerung der Kreditgewährung

päischen Kommission eine Erprobung dieses weiterentwickelten Reformvorschlags einer verkürzten Cash-Flow-Besteuerung mit Steuerverrechnungskonto erfolgt.795 Die Erprobung ergab, dass eine dergestaltige Besteuerung zwar eine sachgerechte und ökonomisch rationale Steuerbelastung aber zugleich einen erheblichen Steuerbefolgungsaufwand bei den zur Führung des Steuerverrechnungskontos verpflichteten Steuerpflichtigen begründen würde.796 Der festgestellte Steuerbefolgungsaufwand soll letztlich der Verwirklichung des Reformvorschlags auf europäischer Ebene entgegengestanden haben.797 Ein vergleichbarer Einwand wird ebenso gegenüber einem Reformvorschlag von Zee vorgebracht.798 Nach diesem Reformvorschlag wird ein Finanzinstitut zuvörderst bezüglich der geleisteten Einlagezinszahlungen zur Ausstellung von Eigenrechnungen berechtigt und verpflichtet.799 Die abgerechneten Einlagezinszahlungen werden weiter in ein Verrechnungskonto eingestellt, welches von jedem Finanzinstitut geführt werden muss. Das Verrechnungskonto verfolgt den Zweck einen Abzug der eingestellten Einlagezinszahlungen von den Kreditzinszahlungen zu ermöglichen und somit eine zu große Steuerbelastung der Kreditgewährungsleistung zu verhindern. Ergänzend soll mit der Einfügung eines Korrekturzinses in das Besteuerungssystem, welcher das implizite Leis795 Vergleiche im Vorgang EY, A study of Methods of Taxing Financial and Insurance Services, 1996. Die Ergebnisse der Erprobung wurden im sog. TCA-ADD Report zusammengefasst. Eine Veröffentlichung des Reports ist allerdings aufgrund der zuvor gegenüber den beteiligten Finanzinstituten zugesicherten Vertraulichkeit nicht erfolgt (https://ec.europa.eu/taxation_customs/business/vat/vat-reports-published_en). Vergleiche hierzu zugleich Englisch, in: FS Bundesfinanzhof, S. 1491 (S. 1522); de la Feria/Lockwood, Fiscal Studies 2010, 171 (173); Friedrich-Vache, Verbrauchsteuerkonforme Umsatzbesteuerung von Finanzdienstleistungen, S. 144. 796 Vergleiche Friedrich-Vache, Verbrauchsteuerkonforme Umsatzbesteuerung von Finanzdienstleistungen, S. 144; Henkow, Financial Activities in European VAT, S. 330; Englisch, in: FS Bundesfinanzhof, S. 1491 (S. 1522); de la Feria/Lockwood, Fiscal Studies 2010, 171 (173). 797 Vergleiche Englisch, in: FS Bundesfinanzhof, S. 1491 (S. 1522); Amand, ERA Forum 2008, 357 (369). Zur Ablehnung von Seiten der Steuerpflichtigen wie von staatlicher Seite zugleich de la Feria/Lockwood, Fiscal Studies 2010, 171 (173). 798 Vergleiche López-Laborda/Peña, International VAT Monitor 2017, 457 (458); Kerrigan, International VAT Monitor 2010, 103 (107); Englisch, in: FS Bundesfinanzhof, S. 1491 (S. 1521); Edgar, in: Krever/White, GST in Retrospect and Prospect, S. 131 (S. 144). 799 Zum Reformvorschlag grundlegend Zee, National Tax Journal 2005, 77; Zee, ­Intertax, 2006, 458; Zee, in: de la Feria, VAT Exemptions, S. 345. Für eine entsprechend knappe Zusammenfassung vergleiche Englisch, in: FS Bundesfinanzhof, S. 1491 (S. 1520); Edgar, in: Krever/White, GST in Retrospect and Prospect, S. 131 (S. 144).

208

Eine Verwirklichung dieses Reformvorschlags ist entsprechend ebenso bislang in keinem Mehrwertsteuersystem erfolgt. C.  Reformvorschläge zur Mehrwertbesteuerung der Kreditgewährung

Des Weiteren haben erst kürzlich López-Laborda/Peña eine formelbatungsentgelt der Einlageleistung widerspiegeln soll, eine sachgerechte sierte Methode zur Ableitung der besteuerungswürdigen LeistungsentSteuerbelastung sowohl des Empfängers der Kreditgewährungsleistung, 800 wie des Empfängers derReformvorschlag Einlageleistung gewährleistet werden. Dem zufolge ergibt sich das geltezugleich vorgeschlagen. Auch bezüglich dieser Reformoption wird der mit der Führung eines ­dbesteuerungswürdige ergestaltigen Verrechnungskontos einhergehende SteuerbefolgungsaufLeistungsentgelt grundsätzlich durch Multiplikawand bemängelt.800 Eine Verwirklichung dieses Reformvorschlags ist tion der Zinszahlung mit in einem Faktor, welcher die in dem Abrechentsprechend ebenso bislang keinem Mehrwertsteuersystem erfolgt. Des Weiteren haben erst kürzlich López-Laborda/Peña eine formelbasiernungszeitraum durch den Leistungserbringer generierte Zinsmarge zu te Methode zur Ableitung der besteuerungswürdigen Leistungsentgelte den gesamten801vom erhaltenen unddas gezahlten DemLeistungserbringer Reformvorschlag zufolge ergibt sich besteue- Zinsvorgeschlagen. rungswürdige Leistungsentgelt grundsätzlich durch Multiplikation der 801 Einedie Anpassung des Faktors erfolgt, zahlungen inmitVerhältnis setzt.welcher Zinszahlung einem Faktor, in dem Abrechnungszeitraum durch den Leistungserbringer generierte Zinsmarge zu den gesamwenn nur Zinszahlungen empfangen und nicht zugleich geleistet werten vom Leistungserbringer erhaltenen und gezahlten Zinszahlungen in EineSteuerpflichtiger Anpassung des Faktors erfolgt, wenn nur ZinsVerhältnis den, weil setzt. etwa802ein nur eine isolierte Kreditgewähzahlungen empfangen und nicht zugleich geleistet werden, weil etwa ein 802 rungsleistung erbringt. Steuerpflichtiger nur eine isolierte Kreditgewährungsleistung erbringt.803 Trotz der in der Vergangenheit bereits vielzählig geführten wissenschaft804 lichen mit den angeführten Reformoptionen, Trotz Auseinandersetzungen der in der Vergangenheit bereits vielzählig geführten wissenwerden im Folgenden die vorgeschlagenen Formen einer Cash-Flow-Besteuerung erneut besprochen. Die Notwendigkeit einer erneuten Auseischaftlichen Auseinandersetzungen mit den angeführten Reformoptionandersetzung folgt generell bereits aus der rasanten technischen Weiterentwicklung, welche eine Neubewertung des mit der Reformoption einhergehenden Steuerbefolgungsaufwands gebietet. Nach eigener Auffassung kann eine Erörterung gerade der vorgeschlagenen Formen einer 799

Für diesbezügliche Nachweise s. bereits Fn. 797.

800 Für diesbezügliche Nachweise s. bereits Fn. 797. 800 S. López-Laborda/Peña, National Tax Journal 2018, 155. 801 S.  National Tax Journal 2018, 155.  801 S. López-Laborda/Peña, López-Laborda/Peña, National Tax Journal 2018, 155 (166). Die Ableitung 802 S. López-Laborda/Peña, National Tax Journal 2018, 155 (166). Die Ableitung des des Faktors erfolgt im Reformvorschlag unter Einbeziehung der margenbagesamten, marFaktors erfolgt im Reformvorschlag unter Einbeziehung der gesamten, genbasierten Leistungen des Steuerpflichtigen. Wegen der Ausrichtung der Aussierten Leistungen des Steuerpflichtigen. Wegen der Ausrichtung der Ausarbeitung sei angenommen, ein Steuerpflichtiger erbrächte nur Einlage- und arbeitung sei angenommen, ein Steuerpflichtiger erbrächte nurKreditgeEinlage- und währungsleistungen, so wäre derso Faktor wieFaktor folgt zu ermitteln: Kreditgewährungsleistungen, wäre(ρ)der (ߩ) wie folgt zu ermitteln:

802

ߩ=

୏୰ୣୢ୧୲୸୧୬ୱ୸ୟ୦୪୳୬୥ୣ୬ି୉୧୬୪ୟ୥ୣ୸୧୬ୱ୸ୟ୦୪୳୬୥ୣ୬ ୏୰ୣୢ୧୲୸୧୬ୱ୸ୟ୦୪୳୬୥ୣ୬ା୉୧୬୪ୟ୥ୣ୸୧୬ୱ୸ୟ୦୪୳୬୥ୣ୬

S. López-Laborda/Peña, National Tax Journal 2018, 155 (168). Demzufolge 803 S. López-Laborda/Peña, National Tax Journal 2018, 155 (168). Demzufolge ergäbe ergäbe derinFaktor Fall aus dem Verhältnis von Kreditzinszahlunsich der sich Faktor diesem in Falldiesem aus dem Verhältnis von Kreditzinszahlungen abzüglich abzüglich der Reinzinszahlungen und den Kreditzinszahlungen. gen der Reinzinszahlungen und den Kreditzinszahlungen. 804 Vergleiche hier nur Friedrich-Vache, Verbrauchsteuerkonforme Umsatzbesteue- 235 rung von Finanzdienstleistungen, S. 75 ff.; Schmidt, Konsumbesteuerung durch Mehrwertsteuer, S. 237 ff.; Henkow, Financial Activities in European VAT, S. 315 ff.; Edgar, in: Krever/White, GST in Retrospect and Prospect, S. 131; Merrill, Taxation of Financial Services under a Consumption Tax, S. 30 ff.

209

C.  Reformvorschläge zur Mehrwertbesteuerung der Kreditgewährung

Cash-Flow-Besteuerung zudem, bei einer genauen Betrachtung der Funktionsweisen und unter Berücksichtigung der bisher getroffenen Feststellungen zur Leistungs- und Entgeltstruktur im Einlagen- und Kreditgeschäft, eine weitere bislang kaum erwogene Reformoption aufzeigen. Weil diese weitere Reformoption gegenüber den sonstigen Reformvorschlägen von Zee und López-Laborda/Peña vorzugswürdig erscheint,805 wird nachfolgend auf eine gesonderte Besprechung dieser Reformvorschläge verzichtet.

I. Der Reformvorschlag einer Cash-Flow-Besteuerung Eine Cash-Flow-Besteuerung ist grundlegend durch die Anknüpfung der Besteuerung an Zahlungsströme gekennzeichnet. Die Bemessungsgrundlage ergibt sich aus dem Differenzbetrag zwischen eingehenden und ­ausgehenden Zahlungsströmen, wobei sich die in die Besteuerung ein­ bezogenen Zahlungsströme von der konkreten Ausprägung der CashFlow-­Besteuerung abhängig zeigen.806 Eine dergestaltige Besteuerung wurde bereits in den vierziger Jahren erstmalig vorgeschlagen und später in den siebziger Jahren im sog. ­ ­Meade-Report eingehend als Alternative zu einer herkömmlichen Unternehmensbesteuerung erwogen.807 Eine „Fruchtbarmachung“808 der grundlegenden Konzeption einer zahlungsstromorientierten Besteuerung für die Mehrwertbesteuerung von Finanzdienstleistungen erfolgte erst später gegen Ende der achtziger Jahre.809 Der entsprechende Reformvorschlag gründete auf der bedeutsamen Feststellung, dass sich die besteuerungswürdige Marge zwischen Kreditzinszahlungen und Einlagezinszahlungen in dem Differenzbetrag zwischen eingehenden und ausgehenden 805 Auf die Vorzugswürdigkeit der weiteren Reformoption gegenüber den sonstigen Reformvorschlägen von Zee und López-Laborda/Peña wird an den entsprechenden Stellen näher eingegangen, s. hierzu Fn. 948 sowie S. 250.  806 Vergleiche zur Cash-Flow-Besteuerung im Allgemeinen Reding/Müller, Einführung in die Allgemeine Steuerlehre, S. 524 ff.; Homburg, Allgemeine Steuerlehre, S. 251. Zudem eingehend zu verschiedenen Formen einer zahlungsstromorientierten Besteuerung Hiller, Cash-Flow-Steuer und Umsatzsteuer, S. 43 ff. 807 Erst Brown, in: Metzler ua., Income, Employment and Public Policy, S. 300; später Institute for Fiscal Studies, The Structure and Reform of Direct Taxation, S. 230 ff., (Meade-Report). 808 So prägnant Friedrich-Vache, Verbrauchsteuerkonforme Umsatzbesteuerung von Finanzdienstleistungen, S. 77. 809 Vergleiche Hoffman/Poddar/Whalley, National Tax Journal 1987, 547. Zuvor bereits in Bezug auf Versicherungsleistungen Barham/Poddar/Whalley, National Tax Journal 1987, 171.

210

I.  Der Reformvorschlag einer Cash-Flow-Besteuerung

Zahlungsströmen widerspiegelt und daher eine zahlungsstromorientierte Mehrwertbesteuerung eine sachgerechte Mehrwertsteuerbelastung von Finanzdienstleistungen verbürgen könnte.810 Im Folgenden wird der Reformvorschlag erst in seiner Ausgangskonzeption besprochen, ehe nachfolgend weiter auf die vorgeschlagenen Ergänzungen und Modifizierungen eingegangen wird.811 1. Die Ausgangskonzeption einer Cash-Flow-Besteuerung Der Reformvorschlag einer zahlungsstromorientierten Mehrwertbesteuerung wurde in seiner Ausgangskonzeption in einem Literaturbeitrag von Lorey A. Hoffman, Satya N. Poddar und John Whalley vorgebracht.812 Ausgehend von der ökonomischen Einordnung der Leistung eines Finanzinstituts als Kapitalintermediation zwischen Einlegern und Kreditempfängern, schlagen die Autoren vor, dass eine prinzipiengerechte Mehrwertbesteuerung der besteuerungswürdigen Zinsmarge im geltenden Mehrwertsteuersystem durch eine zahlungsstromorientierte Besteuerung sämtlicher eingehender und ausgehender Zahlungen des Einlagenund Kreditgeschäfts gewährleistet werden könne.813 a) Die Funktionsweise der Ausgangskonzeption Nach dem Reformvorschlag sollen alle eingehenden Zahlungen gleich welcher Art im Zahlungszeitpunkt als steuerpflichtige Ausgangsleistungen, alle ausgehenden Zahlungen im Zahlungszeitpunkt dagegen als besteuerte und folglich vorsteuerabzugsberechtigende Eingangsleistungen

810 Vergleiche Hoffman/Poddar/Whalley, National Tax Journal 1987, 547 (550); Henkow, Financial Activities in European VAT, S. 323. Die Auseinandersetzung mit der Cash-Flow-Besteuerung in der Ausgangskonzeption folgt der grundlegenden Erörterung von Poddar/English, National Tax Journal 1997, 89 (92 ff.). 811 Eine eingehende Erörterung ist durch Friedrich-Vache erfolgt, vergleiche Friedrich-Vache, Verbrauchsteuerkonforme Umsatzbesteuerung von Finanzdienstleistungen, S. 75 ff. 812 Vergleiche Hoffman/Poddar/Whalley, National Tax Journal 1987, 547. 813 Zur Einordnung der Leistungsstruktur Hoffman/Poddar/Whalley, National Tax Journal 1987, 547 (547) und zur vorgeschlagenen Besteuerung ebd. (550). Eingehend zur Betrachtung der Finanzinstitute als Finanzintermediäre und der Finanzdienstleistungen als Vermittlungsleistung zudem Friedrich-Vache, Verbrauchsteuerkonforme Umsatzbesteuerung von Finanzdienstleistungen, S. 79 ff., zu kritisch aber S. 141. Des Weiteren muss angemerkt werden, dass der Anwendungsbereich einer dergestaltigen Cash-Flow-Besteuerung keineswegs zwangsläufig auf Leistungen von Finanzinstituten beschränkt ist. Vergleiche EY, A study of Methods of Taxing Financial and Insurance Services, S. 84.

211

C.  Reformvorschläge zur Mehrwertbesteuerung der Kreditgewährung

gelten.814 Aus der Perspektive eines Finanzinstituts müsste entsprechend eine Besteuerung der Kapitaleinlagen, der Kreditzinszahlungen und der Kreditrückzahlungen erfolgen.815 Ein Vorsteuerabzug wäre dagegen bezüglich der ausgezahlten Kreditbeträge, der Einlagezinszahlungen und der Einlagenrückzahlungen zu gewähren. Eine derartige zahlungsstrom­ orientierte Mehrwertbesteuerung verbürgt, wie die nachfolgende Beispielsbesprechung zeigen soll, ohne weitere Einwirkungen in den diversen Fallgestaltungen ein sachgerechtes Besteuerungsergebnis.816 Angenommen wird ein Finanzinstitut erhalte am 1. Januar (T0) eine Einlage in Höhe von 1.000 zu einem Einlagezins von 10%.817 Zugleich gewähre das Finanzinstitut einen Kredit in Höhe von 1.000 zu einem Kreditzins von 15%. Die Zinszahlungen wie Rückzahlungen der Einlage und 814 Vergleiche grundlegend Hoffman/Poddar/Whalley, National Tax Journal 1987, 547 (550); Poddar/English, National Tax Journal 1997, 89 (92). Zudem Friedrich-Vache, Verbrauchsteuerkonforme Umsatzbesteuerung von Finanzdienstleistungen, S. 89; EY, A study of Methods of Taxing Financial and Insurance Services, S. 37; Institute for Fiscal Studies, Tax by Design – The Mirrlees Review, S. 197 f.; Ismer, in: Schön/Röder, Zukunftsfragen des deutschen Steuerrechts II, S. 95 (S. 114). 815 Vergleiche diesbezüglich und im Folgenden Hoffman/Poddar/Whalley, National Tax Journal 1987, 547 (550); EY, A study of Methods of Taxing Financial and Insurance Services, S. 37.  816 Vergleiche entsprechend bereits Hoffman/Poddar/Whalley, National Tax Journal 1987, 547 (550); Poddar/English, National Tax Journal 1997, 89 (94 ff.); EY, A ­study of Methods of Taxing Financial and Insurance Services, S. 37 ff.; Huizinga, Economic Policy 2002, 499 (510 f.). Anders ergäbe sich etwa nach dem vom Department of Treasury erwogenen Vorschlag einer Mehrwertbesteuerung der ­ Kredit- und Einlagezinszahlungen mit einem entsprechenden Vorsteuerabzugsrecht des Leistungserbringers (Fn. 791) bereits keine sachgerechte Mehrwertsteuerbelastung. Vergleiche eingehend und mit Modifizierungsvorschlägen, die gleichwohl keine befriedigende Lösung begründen können, Hoffman/Poddar/Whalley, National Tax Journal 1987, 547 (548 ff.). Auch das sog. „Full Invoicing“, welches von Bakker/Chronican angeführt worden ist, ginge nicht mit einer sachgerechten Mehrwertsteuerbelastung einher, vergleiche Bakker/Chronican, Financial Services and the GST, S. 20.  817 Das Beispiel entspricht weitgehend dem Beispiel von Hoffman/Poddar/Whalley, National Tax Journal 1987, 547 (550); beziehungsweise dem Beispiel von Friedrich-Vache, Verbrauchsteuerkonforme Umsatzbesteuerung von Finanzdienst­ leistungen, S. 91 oder EY, A study of Methods of Taxing Financial and Insurance Services, S. 37 f. Der Einlagebetrag und der Kreditbetrag verstehen sich als Nettobeträge. Zudem wird angenommen, dass dem Fiskus eine Finanzierung von Vorsteuererstattungen und ein Anlegen der vereinnahmten Steuerbeträge zum Zins der reinen Kapitalüberlassung möglich ist. Vergleiche diesbezüglich und zu wei­ teren Annahmen Poddar/English, National Tax Journal 1997, 89 (93); Friedrich-Vache, Verbrauchsteuerkonforme Umsatzbesteuerung von Finanzdienstleistungen, S. 104; EY, A study of Methods of Taxing Financial and Insurance Services, S. 37 f.

212

I.  Der Reformvorschlag einer Cash-Flow-Besteuerung

des Kreditbetrags erfolgten am 31. Dezember (T1). Als Zins der reinen Kapitalüberlassung gelte ein Zinssatz von 12%. Der Regelsteuersatz betrage 10%. Bei einer zahlungsstromorientierten Mehrwertbesteuerung in ihrer vorgeschlagenen Ausgangskonzeption muss die Einlage beim Finanzinstitut im Zeitpunkt T0 als eine steuerpflichtige Ausgangsleistung angesehen werden. Es erfolgt eine Mehrwertsteuererhebung in Höhe von 100. Ausgehend von einer angenommenen Nettoeinlage in Höhe von 1.000 beträgt die Bruttoeinlage entsprechend 1.100. Die Kreditauszahlung im Zeitpunkt T0 dagegen gilt als besteuerte und vorsteuerabzugsberechtigende Eingangsleistung. Es ergibt sich ein Bruttokreditbetrag in Höhe von 1.100 und eine Vorsteuervergütung in Höhe von 100. Im Zeitpunkt T0 hat das Finanzinstitut, aufgrund der sich ausgleichenden geschuldeten Mehrwertsteuer aus der Einlage und der Vorsteuervergütung aus der Kreditauszahlung, keine Steuerzahlung an den Fiskus zu entrichten.818 Korrespondierend erfolgt keine Aufkommensgenerierung.819 Im Zeitpunkt T1 unterliegen die eingehende Rückzahlung des Kreditbetrags, wie die eingehenden Kreditzinszahlungen, der Mehrwertbesteuerung. Ausgehend von einem Nettokreditbetrag von 1.000 hat eine Mehrwertsteuererhebung in Höhe von 100 zu erfolgen. Bezüglich der Nettokreditzinszahlungen von 150 ergibt sich eine Mehrwertsteuerbelastung von 15. Hingegen wird bezüglich der ausgehenden Rückzahlung der Einlage, wie der Zahlung der Einlagezinsen, eine Vorsteuervergütung in Höhe von 100 respektive 10 vorgenommen. Bei Verrechnung der geschuldeten Mehrwertsteuer aus Kreditrückzahlung, wie Kreditzinszahlung und den Vorsteuervergütungen aus Einlagenrückgewährung und Einlagezinszahlung, hat das Finanzinstitut im Zeitpunkt T1 folglich eine Steuerzahlung in Höhe von 5 an den Fiskus zu entrichten.820 Aus der Perspektive des Staates ergibt sich korrespondierend im Zeitpunkt T1 eine Aufkommensgenerierung in Höhe von 5, was einer sachgerechten Steuerbelastung des gesamten besteuerungswürdigen Leistungsentgelts 818 Vergleiche Hoffman/Poddar/Whalley, National Tax Journal 1987, 547 (550); ­Poddar/English, National Tax Journal 1997, 89 (94); Friedrich-Vache, Verbrauchsteuerkonforme Umsatzbesteuerung von Finanzdienstleistungen, S. 91; EY, A ­study of Methods of Taxing Financial and Insurance Services, S. 39; Institute for Fiscal Studies, Tax by Design – The Mirrlees Review, S. 198. 819 Vergleiche Hoffman/Poddar/Whalley, National Tax Journal 1987, 547 (550); ­Poddar/English, National Tax Journal 1997, 89 (94). 820 Vergleiche Hoffman/Poddar/Whalley, National Tax Journal 1987, 547 (550); ­Poddar/English, National Tax Journal 1997, 89 (94); Friedrich-Vache, Verbrauchsteuerkonforme Umsatzbesteuerung von Finanzdienstleistungen, S. 86. 

213

C.  Reformvorschläge zur Mehrwertbesteuerung der Kreditgewährung

des Einlagen- und Kreditgeschäfts in Höhe von 50 – dem Differenzbetrag zwischen Kreditzinszahlungen in Höhe von 150 und Einlagezinszahlungen in Höhe von 100 – zu dem Regelsteuersatz von 10% entspricht. Die sachgerechte Aufteilung der Steuerbelastung auf das in der Zinsmarge enthaltene Leistungsentgelt des Einlegers und das Leistungsentgelt des Kreditempfängers, erfolgt bei der vorgeschlagenen zahlungsstromorientierten Mehrwertbesteuerung ohne weitere Einwirkungen durch die Besteuerung der Kapitalverschiebungen.821 Aus der Perspektive des Einlegers begründet die Besteuerung der Einlage, wie das nachfolgende Beispiel verdeutlichen wird, einen Zinsnachteil in Höhe der Reinverzinsung des zu tragenden Steuerbetrags. Dieser Zinsnachteil wird bei Zahlung der Einlagezinsen allerdings durch die vorgesehene Steuererstattung teilweise wieder aufgehoben, sodass sich im Ergebnis nur eine sachgerechte Mehrwertsteuerbelastung des Differenzbetrags zwischen den hypothetischen Reinzinszahlungen und Einlagezinszahlungen ergibt. Aus der Perspektive des Empfängers der Kreditgewährungsleistung geht mit der Besteuerung des Kreditbetrags entgegengesetzt ein Zinsvorteil in Höhe der Reinverzinsung der erfolgten Steuererstattung einher. Der Zinsvorteil in Höhe der Reinverzinsung der Steuererstattung ist äquivalent zu einer Steuererstattung der Reinzinszahlungen. Er kompensiert entsprechend die nachfolgende Besteuerung der gesamten Kreditzinszahlungen. Letztlich zeigt sich so gleichsam bezüglich der Kreditgewährungsleistung eine sachgerechte Mehrwertsteuerbelastung. Der Einleger hat aufgrund der Einlage im Zeitpunkt T0 einen Steuer­ betrag in Höhe von 100 zu tragen.822 Bei Rückzahlung der Einlage im Zeitpunkt T1 erhält der Einleger diesen Steuerbetrag gleichwohl wieder zurück. Der Einleger erleidet wegen der Besteuerung der Kapitalbetrags821 Vergleiche Poddar/English, National Tax Journal 1997, 89 (97); Friedrich-Vache, Verbrauchsteuerkonforme Umsatzbesteuerung von Finanzdienstleistungen, S. 92 f.; Hiller, Cash-Flow-Steuer und Umsatzsteuer, S. 257. Den diesbezüglichen Ausführungen von Ismer mangelt es hingegen an einer hinreichenden Abgrenzung zwischen den einzelnen Spielarten der Cash-Flow-Besteuerung, vergleiche Ismer, in: Schön/Röder, Zukunftsfragen des deutschen Steuerrechts II, S. 95 (S. 115). 822 Wie im Fall der herkömmlichen Mehrwertbesteuerung soll eine Abwälzung der Steuerbelastung auf die Leistungsempfänger etwa durch eine Erhöhung der (­Brutto-)Kreditzinsen und eine Minderung der (Netto-)Einlagezinsen erfolgen, vergleiche Friedrich-Vache, Verbrauchsteuerkonforme Umsatzbesteuerung von Finanzdienstleistungen, S. 90. Die sich somit ergebende Verteuerung der Kreditgewährungsleistung und Einlageleistung bei einem privaten Leistungsbezug ist prinzipiengerecht. Zu den Auswirkungen auf das Leistungsentgelt, die Nachfrage und die Wohlfahrt weitergehend aus ökonomischer Perspektive Huizinga, Economic Policy 2002, 499 (513).

214

I.  Der Reformvorschlag einer Cash-Flow-Besteuerung

bewegungen folglich einen Zinsnachteil in Höhe der Reinverzinsung des Steuerbetrags – hier in Höhe von 12. Die Reinverzinsung des Steuerbetrags, genauer der besteuerten Einlage, entspricht, wie zu erkennen gilt, einer Besteuerung der Reinzinszahlungen. Aus der Besteuerung der Einlage und der späteren Rückgewähr ist der Einleger im Zeitpunkt T1 somit wie bei einer Besteuerung der Reinzinszahlungen belastet. Mit der Auszahlung der Bruttozinszahlungen wird diese Steuerbelastung aber in Höhe der besteuerten Einlagezinszahlungen – hier in Höhe von 10 – wieder aufgehoben. Es verbleibt eine sachgerechte Mehrwertsteuerbelastung der Einlageleistung in Höhe von 2.  Aus der Perspektive des Kreditnehmers ergibt sich aus der Auszahlung des Bruttokreditbetrags in T0 und der späteren Rückzahlung in T1 ein Zinsvorteil in Höhe der Reinverzinsung des Kreditbetrags – hier in Höhe von 12. Bei Verrechnung dieses Zinsvorteils mit der Mehrwertbesteuerung der gesamten Kreditzinszahlungen in Höhe von 15, zeigt sich eine sachgerechte Mehrwertsteuerbelastung der Kreditgewährungsleistung in Höhe von 3. Für eine tabellarische Zusammenfassung der Besteuerungsfolgen siehe Anlage 8. Wenn der Leistungsempfänger nach den allgemeinen Regelungen zum Vorsteuerabzug berechtigt ist, wird zugleich beim Leistungsempfänger eine zahlungsstromorientierte Mehrwertbesteuerung vorgenommen.823 Mit der entsprechenden Mehrwertbesteuerung der entgegengesetzten Zahlungsströme beim Leistungsempfänger verbleibt prinzipiengerecht keine Steuerbelastung des Leistungsbezugs.824 Der steuerpflichtige Einleger kann im Zeitpunkt T0 aufgrund der ausgehenden Einlage eine Vorsteuererstattung in Höhe von 100 verlangen. Im Zeitpunkt T1 hat er dagegen wegen der eingehenden Rückzahlung der

823 Vergleiche Hoffman/Poddar/Whalley, National Tax Journal 1987, 547 (550); EY, A study of Methods of Taxing Financial and Insurance Services, S. 77; Friedrich-Vache, Verbrauchsteuerkonforme Umsatzbesteuerung von Finanzdienstleistungen, S. 89. Zu beachten ist grundlegend, dass eine zahlungsstromorientierte Mehrwertbesteuerung des Leistungsempfängers nur vorgenommen werden kann, wenn zugleich eine derartige Mehrwertbesteuerung des Leistungserbringers erfolgt. Ansonsten käme es zu Vorsteuererstattungen obwohl durch den Leistungserbringer keine Mehrwertsteuer abgeführt worden ist. 824 Vergleiche Poddar/English, National Tax Journal 1997, 89 (96). Eingehend so und im Folgenden zudem Friedrich-Vache, Verbrauchsteuerkonforme Umsatzbesteuerung von Finanzdienstleistungen, S. 94 f.

215

C.  Reformvorschläge zur Mehrwertbesteuerung der Kreditgewährung

Einlage und der eingehenden Einlagezinszahlungen insgesamt Mehrwertsteuer in Höhe von 110 zu entrichten. Der steuerpflichtige Kreditempfänger ist wegen des eingehenden Kreditbetrags im Zeitpunkt T0 zur Entrichtung von Mehrwertsteuer in Höhe von 100 verpflichtet. Im Zeitpunkt T1 kann der Kreditempfänger dagegen einen Vorsteuerabzug bezüglich der ausgehenden Rückzahlung des Kreditbetrags in Höhe von 100 und der ausgehenden Kreditzinszahlungen in Höhe von 15 geltend machen. Es erfolgt sachgerecht keine Aufkommensgenerierung.825 Für eine tabellarische Zusammenfassung der Besteuerungsfolgen siehe Anlage 9. Auch wenn nur die Einlage- oder nur die Kreditgewährungsleistung zu einem vorsteuerabzugsberechtigenden Zweck bezogen und die entsprechend andere Leistung konsumtiv genutzt wird, verbürgt die zahlungsstromorientierte Mehrwertbesteuerung ein sachgerechtes Besteuerungsergebnis.826 Angenommen sei bezüglich des angeführten Beispiels, dass nur der Bezug der Einlageleistung zu einem vorsteuerabzugsberechtigenden Zweck erfolge. Bezüglich der Kreditgewährungsleistung sei weiterhin eine konsumtive Leistungsinanspruchnahme gegeben. Auch in diesem Fall hat das Finanzinstitut im Zeitpunkt T0 keine Steuerzahlung vorzunehmen. Der Einleger kann im Zeitpunkt T0 einen Vorsteuerabzug in Höhe von 100 geltend machen. Entsprechend ergibt sich aus der Perspektive des Fiskus im Zeitpunkt T0 ein Vorsteuerüberhang in Höhe von 100.  Im Zeitpunkt T1 muss das Finanzinstitut eine Steuerzahlung in Höhe von 5 und der Einleger eine Steuerzahlung in Höhe von 110 leisten. Bei Berücksichtigung der Reinverzinsung des Vorsteuerüberhangs aus T0, ergibt sich aus der Perspektive des Staates zudem ein Zinsverlust in Höhe von 12. Bei Verrechnung der Steuerzahlungen und des Zinsverlusts, verbleibt sachgerecht eine Aufkommensgenerierung in Höhe von 3.

825 Vergleiche entsprechend EY, A study of Methods of Taxing Financial and Insurance Services, S. 44; Zee, Intertax 2006, 458 (467). 826 Vergleiche entsprechend EY, A study of Methods of Taxing Financial and Insurance Services, S. 39. Zur entgegengesetzten Konstellation Poddar/English, National Tax Journal 1997, 89 (94 f.); Schmidt, Konsumbesteuerung durch Mehrwertsteuer, S. 240 f.

216

I.  Der Reformvorschlag einer Cash-Flow-Besteuerung

Für eine tabellarische Zusammenfassung der Besteuerungsfolgen siehe Anlage 10. Bezüglich exportierter Leistungen ist eine vollständige Ausklammerung von der Besteuerung vorgesehen.827 So soll eine dem Bestimmungslandprinzip entsprechende vollständige Steuerbelastungsfreiheit gewährleistet werden.828 Zuletzt sei festgehalten, dass dem Reformvorschlag zufolge eine zahlungsstromorientierte Mehrwertbesteuerung bezüglich jeglicher Einlageund Kreditgewährungsleistungen losgelöst von der Art des Leistungserbringers erfolgen soll, soweit ein implizites Leistungsentgelt erhoben wird. Soweit dagegen ein explizites Leistungsentgelt vorliegt, soll es bei der herkömmlichen Mehrwertbesteuerung verbleiben.829 b) Die Vorzüge der Ausgangskonzeption Wie eingehend belegt, kann die vorgeschlagene zahlungsstromorientierte Mehrwertbesteuerung eine sachgerechte Mehrwertsteuerbelastung der Einlage- und Kreditgewährungsleistung verbürgen, ohne dass die als schwierig geltende Aufspaltung der Zinsmarge zur Feststellung der einzelnen besteuerungswürdigen Entgelte notwendig ist.830 Bei vorsteuerabzugsberechtigendem Leistungsbezug wird zudem eine sachgerechte Vorsteuererstattung gewährleistet.831 Anders als nach der geltenden Steuerbefreiungskonzeption werden so Belastungswidrigkeiten, Anreiz- und

827 Vergleiche Poddar/English, National Tax Journal 1997, 89 (92); EY, A study of ­Methods of Taxing Financial and Insurance Services, S. 37; Henkow, Financial ­Activities in European VAT, S. 323. 828 Für eine tabellarische Darstellung der Besteuerungsfolgen des angeführten Beispiels bei grenzüberschreitender Einlageleistung s. Anlage 11. Vergleiche zudem entsprechend Poddar/English, National Tax Journal 1997, 89 (97). Zu weiteren grenzüberschreitenden Fallgestaltungen EY, A study of Methods of Taxing Financial and Insurance Services, S. 45 ff. 829 Vergleiche Friedrich-Vache, Verbrauchsteuerkonforme Umsatzbesteuerung von Finanzdienstleistungen, S. 83; EY, A study of Methods of Taxing Financial and Insurance Services, S. 52. 830 Vergleiche Poddar/English, National Tax Journal 1997, 89 (97); EY, A study of ­Methods of Taxing Financial and Insurance Services, S. 53; Henkow, Financial ­Activities in European VAT, S. 324; Schmidt, Konsumbesteuerung durch Mehrwertsteuer, S. 243. Anders als die besteuerungswürdigen Leistungsentgelte können die Zahlungsströme gerade ohne Schwierigkeiten beobachtet und somit leicht zur Steuererhebung herangezogen werden, vergleiche Friedrich-Vache, Verbrauchsteuerkonforme Umsatzbesteuerung von Finanzdienstleistungen, S. 91.  831 Vergleiche Poddar/English, National Tax Journal 1997, 89 (97).

217

C.  Reformvorschläge zur Mehrwertbesteuerung der Kreditgewährung

Verzerrungswirkungen grundsätzlich vollständig vermieden.832 Aufgrund der Besteuerung der Einlage- und Kreditgewährungsleistung erübrigt sich zugleich die Notwendigkeit einer aufwendigen Vorsteueraufteilung.833 Ferner wird überwiegend angenommen, dass bei einer Vollbesteuerung der Leistungen das generierte Aufkommen gegenüber der geltenden Steuerbefreiungskonzeption steigen würde. Die Aufkommensgenerierung wäre zudem transparenter. Aufgrund der Loslösung der Besteuerung von dem besteuerungswürdigen Entgelt, wäre die Aufkommensgenerierung dennoch keineswegs vollständig transparent.834 Mit der Ausklammerung von grenzüberschreitenden Leistungen, wird weiter eine das Bestimmungslandprinzip wahrende vollständige Steuerbelastungsfreiheit von exportierten Leistungen ermöglicht.835 Entsprechend wäre bei einer Einführung einer dergestaltigen Besteuerung keine Wettbewerbsverzerrung zu Lasten von europäischen Exporteuren gegenüber Anbietern im Drittlandsgebiet zu erwarten.836 Zuletzt ist die vorgeschlagene Mehrwertbesteuerung der Einlage- und Kreditgewährungsleistung trotz des abweichenden Anknüpfungspunkts der Besteuerung vollständig verträglich mit dem geltenden Mehrwertsteuersystem.837 Eine zahlungsstromorientierte Mehrwertbesteuerung 832 Vergleiche Poddar/English, National Tax Journal 1997, 89 (97); EY, A study of Methods of Taxing Financial and Insurance Services, S. 94; Schenk, Tax Notes International 1994, 823 (839); Cnossen, International Tax and Public Finance 5 (1998), 399 (407). Entsprechend, wenngleich zur Weiterentwicklung des Reformvorschlags, zudem Friedrich-Vache, Verbrauchsteuerkonforme Umsatzbesteuerung von Finanzdienstleistungen, S. 148; de la Feria/Lockwood, Fiscal Studies 2010, 171 (194). 833 Vergleiche Poddar/English, National Tax Journal 1997, 89 (92); van Schalkwyk/ Prebble, Asia-Pacific Tax Bulletin 2004, 451 (458). Zudem, wenn auch zur Weiterentwicklung des Reformvorschlags, Friedrich-Vache, Verbrauchsteuerkonforme Umsatzbesteuerung von Finanzdienstleistungen, S. 148; Huizinga, Economic Policy 2002, 499 (522). 834 Vergleiche im Ansatz Zee, Intertax 2006, 458 (467). 835 Vergleiche Poddar/English, National Tax Journal 1997, 89 (97); van Schalkwyk/ Prebble, Asia-Pacific Tax Bulletin 2004, 451 (463); Schmidt, Konsumbesteuerung durch Mehrwertsteuer, S. 243. 836 Vergleiche Poddar/English, National Tax Journal 1997, 89 (97); EY, A study of Methods of Taxing Financial and Insurance Services, S. 45 u. S. 53; Schmidt, Konsumbesteuerung durch Mehrwertsteuer, S. 243. 837 Vergleiche Poddar/English, National Tax Journal 1997, 89 (98). Zudem EY, A ­study of Methods of Taxing Financial and Insurance Services, S. 53; Henkow, Financial Activities in European VAT, S. 325; Zee, Intertax 2006, 458 (466); van Schalkwyk/Prebble, Asia-Pacific Tax Bulletin 2004, 451 (458); Schmidt, Konsumbesteuerung durch Mehrwertsteuer, S. 243.

218

I.  Der Reformvorschlag einer Cash-Flow-Besteuerung

der Einlage- und Kreditgewährungsleistung könnte im geltenden Mehrwertsteuersystem unter Aufrechterhaltung der geltenden Mehrwertbesteuerung bezüglich der sonstigen Lieferungen und Leistungen eingeführt werden.838 Anders als etwa bei einer vorgeschlagenen Finanzaktivitätsbesteuerung oder Finanztransaktionsbesteuerung entginge man folglich der Einführung eines weiteren, eigenständigen Besteuerungsregimes mit entsprechenden Abstimmungsschwierigkeiten zum bestehenden Mehrwertsteuersystem.839 c) Die Mängel der Ausgangskonzeption Der Reformvorschlag zeigt aber zugleich grundlegende Mängel, welche einer Verwirklichung einer dergestaltigen Mehrwertbesteuerung in der Vergangenheit entgegengestanden und am Ende zu einer Fortentwicklung des Reformvorschlags geführt haben.840 Als ein gravierender Mangel des Reformvorschlags ist die Liquiditätsbeeinträchtigung des Kreditnehmers bei einem vorsteuerabzugsberechtigenden Leistungsbezug der Kreditgewährungsleistung anzusehen.841 Mit der Auszahlung des Kreditbetrags ist der vorsteuerabzugsberechtigte Leistungsempfänger zur Steuerzahlung verpflichtet. Folglich verbleibt ihm lediglich der Nettokreditbetrag zur wirklichen Nutzung. Ausgehend von einem gegebenen und gleichbleibenden Betrag an benötigten Finanz838 So vorgesehen von Poddar/English, National Tax Journal 1997, 89 (92). 839 Zu den Schwierigkeiten bei der Einführung eines eigenständigen Besteuerungs­ regimes, s. Englisch, in: FS Bundesfinanzhof, S. 1491 (S. 1523); Hoffman/Poddar/ Whalley, National Tax Journal 1987, 547 (552). 840 Vergleiche Poddar/English, National Tax Journal 1997, 89 (98). Teilweise wird die Behandlung uneinbringlicher Forderungen als eine weitere Schwierigkeit angeführt, vergleiche EY, A study of Methods of Taxing Financial and Insurance Services, S. 84. Die Zweifel gründen aber weniger in der Konzeption der Cash-Flow-Besteuerung und werden hier entsprechend nicht weiter vertieft. 841 Vergleiche so Poddar/English, National Tax Journal 1997, 89 (98); EY, A study of Methods of Taxing Financial and Insurance Services, S. 94; Henkow, Financial ­Activities in European VAT, S. 325; Friedrich-Vache, Verbrauchsteuerkonforme Umsatzbesteuerung von Finanzdienstleistungen, S. 97; Schmidt, Konsumbesteuerung durch Mehrwertsteuer, S. 245; Zee, National Tax Journal 2005, 77 (90); Zee, Intertax 2006, 458 (468); Huizinga, Economic Policy 2002, 499 (511); Cnossen, International Tax and Public Finance 5 (1998), 399 (407). Zurückhaltender Institute for Fiscal Studies, Tax by Design – The Mirrlees Review, S. 200. Entgegen merken die Begründer des Reformvorschlags zu Recht an, dass die Liquiditätswirkung im Fall eines konsumtiven Bezugs einer Einlageleistung vernachlässigt werden kann, vergleiche Hoffman/Poddar/Whalley, National Tax Journal 1987, 547 (550): Es werde quasi nur die verzinste Kapitalüberlassung an das Finanzinstitut durch eine verzinste Kapitalüberlassung an den Fiskus ersetzt.

219

C.  Reformvorschläge zur Mehrwertbesteuerung der Kreditgewährung

mitteln, ist entsprechend eine Erhöhung des Kreditbetrags um den zu entrichtenden Steuerbetrag notwendig.842 Es ergibt sich zwar keine wirkliche Mehrbelastung des Leistungsempfängers, weil die Steuerzahlung durch die nachfolgenden Vorsteuererstattungen im Zeitpunkt der Zinszahlung und der Rückzahlungen des Kreditbetrags wieder vollständig ausgeglichen wird.843 Die Steuerzahlung bewirkt nichtsdestoweniger aber eine vorübergehende Minderung der Liquidität des Leistungsempfängers, welche in der Literatur zu Recht als problematisch angesehen wird.844 Die vorgeschlagene Mehrwertbesteuerung ist weiter zur Erreichung einer sachgerechten Mehrwertsteuerbelastung auf die Besteuerung der eingehenden und ausgehenden Kapitalbewegungen einer Leistung zu einem einheitlichen Steuersatz angewiesen.845 Nur bei einer Besteuerung der Kapitalbewegungen zu einem einheitlichen Steuersatz ist die gebotene Neutralisierung der Besteuerung dieser Zahlungsströme vollständig möglich.846 Ohne weitere Anpassungen ergäben sich folglich Schwierigkeiten, wenn es während der Laufzeit einer Einlage- oder Kreditge­ währungsleistung zu einer Steuersatzänderung käme.847 Im Fall einer Kreditgewährungsleistung und einer Steuersatzerhöhung nach der Kreditauszahlung käme etwa einem vorsteuerabzugsberechtigten Leistungsempfänger im Rückzahlungszeitpunkt eine zu hohe Vorsteuererstattung

842 Vergleiche Poddar/English, National Tax Journal 1997, 89 (98); Friedrich-Vache, Verbrauchsteuerkonforme Umsatzbesteuerung von Finanzdienstleistungen, S. 97; Hiller, Cash-Flow-Steuer und Umsatzsteuer, S. 258. 843 Vergleiche Poddar/English, National Tax Journal 1997, 89 (98); Schmidt, Konsumbesteuerung durch Mehrwertsteuer, S. 245; Friedrich-Vache, Verbrauchsteuerkonforme Umsatzbesteuerung von Finanzdienstleistungen, S. 97; Hiller, Cash-FlowSteuer und Umsatzsteuer, S. 258. 844 Vergleiche bereits Poddar/English, National Tax Journal 1997, 89 (98). Zudem López-Laborda/Peña, National Tax Journal 2018, 155 (163); Friedrich-Vache, Verbrauchsteuerkonforme Umsatzbesteuerung von Finanzdienstleistungen, S. 98; Hiller, Cash-Flow-Steuer und Umsatzsteuer, S. 258. 845 Vergleiche bereits Poddar/English, National Tax Journal 1997, 89 (98). Zudem López-Laborda/Peña, National Tax Journal 2018, 155 (163); Friedrich-Vache, Verbrauchsteuerkonforme Umsatzbesteuerung von Finanzdienstleistungen, S. 97; EY, A study of Methods of Taxing Financial and Insurance Services, S. 95. 846 Vergleiche so bereits Friedrich-Vache, Verbrauchsteuerkonforme Umsatzbesteuerung von Finanzdienstleistungen, S. 97. 847 Vergleiche Hoffman/Poddar/Whalley, National Tax Journal 1987, 547 (550); ­Poddar/English, National Tax Journal 1997, 89 (98); EY, A study of Methods of Taxing Financial and Insurance Services, S. 95; Kerrigan, International VAT Monitor 2010, 103 (106); de la Feria/Lockwood, Fiscal Studies 2010, 171 (192).

220

I.  Der Reformvorschlag einer Cash-Flow-Besteuerung

zu.848 Dagegen läge bei einem konsumtiven Leistungsbezug eine zu hohe Mehrwertsteuerbelastung der Kreditgewährungsleistung vor. Auch bei der Einführung der vorgeschlagenen Mehrwertbesteuerung ergäben sich diese Schwierigkeiten.849 Die Einführung ist richtigerweise in ihren Folgen mit einer Steuersatzerhöhung von einer Nullsatzbesteuerung zu einer Regelsatzbesteuerung vergleichbar.850 Ohne weitere Anpassungen käme es entsprechend bereits mit der Einführung der vorgeschlagenen Mehrwertbesteuerung zu den angeführten Belastungswidrigkeiten. Der erwogenen Anpassungsmöglichkeit in Form einer ausgleichenden Steuererhebung im Einführungszeitpunkt, wie bei jeder Steuersatzänderung, mangelt es allerdings an politischer Realisierbarkeit.851 Eine zusätzliche Steuererhebung auf bereits erfolgte Zahlungen bei der Einführung einer Mehrwertbesteuerung von Einlage- und Kreditgewährungsleistungen sowie bei jeder nachfolgenden Steuersatzerhöhung, wäre – obgleich mit dieser Steuererhebung keine tatsächliche Mehrbelastung einhergehen würde – politisch schlicht nicht vermittelbar.852 Zudem wäre der hervorgerufene zusätzliche Steuererhebungs- und Steuerverwaltungsaufwand signifikant. Ferner verbleibt die Erfassung von importierten Einlage- und Kreditgewährungsleistungen ungeklärt.853 Eine Mehrwertsteuerbelastung dieser 848 Vergleiche EY, A study of Methods of Taxing Financial and Insurance Services, S. 95; Merrill/Edwards, National Tax Journal 1996, 487 (493). Zu den Wirkungen einer Steuersatzerhöhung im Fall einer Einlageleistung, Hoffman/Poddar/ Whalley, National Tax Journal 1987, 547 (550). 849 Vergleiche Poddar/English, National Tax Journal 1997, 89 (98); EY, A study of Methods of Taxing Financial and Insurance Services, S. 66. Zudem Institute for Fiscal Studies, Tax by Design – The Mirrlees Review, S. 200; Schmidt, Konsumbesteuerung durch Mehrwertsteuer, S. 244. 850 Entsprechend EY, A study of Methods of Taxing Financial and Insurance Services, S. 95. 851 Vergleiche zum Vorschlag und zugleich zu einer sachgerechten Einschätzung der Verwirklichungsmöglichkeit Poddar/English, National Tax Journal 1997, 89 (98); EY, A study of Methods of Taxing Financial and Insurance Services, S. 95 f.; Schmidt, Konsumbesteuerung durch Mehrwertsteuer, S. 244. Nur im Ansatz dagegen Friedrich-Vache, Verbrauchsteuerkonforme Umsatzbesteuerung von Finanzdienstleistungen, S. 97. 852 Vergleiche entsprechend zur nicht vorhandenen Mehrbelastung Friedrich-Vache, Verbrauchsteuerkonforme Umsatzbesteuerung von Finanzdienstleistungen, S. 97. 853 Eingehend zur vergleichbaren Schwierigkeit bei einer verkürzten Cash-Flow-Besteuerung mit Steuerverrechnungskonto, Friedrich-Vache, Verbrauchsteuerkonforme Umsatzbesteuerung von Finanzdienstleistungen, S. 151. Auch zum Folgenden zudem Merrill, Taxation of Financial Services under a Consumption Tax, S. 41; Reiß, IStR 2003, 515 (518).

221

C.  Reformvorschläge zur Mehrwertbesteuerung der Kreditgewährung

Leistungen wäre allerdings dringend geboten, um am europäischen Markt keine Wettbewerbsverzerrung zulasten der europäischen Leistungsanbieter zu begründen. Zuletzt wird der Steuerbefolgungs- und Steuererhebungsaufwand, welcher aus der notwendigen Erfassung der gesamten Zahlungsströme folgt, als weiterer wesentlicher Mangel des Reformvorschlags angesehen.854 Mit der Loslösung der Besteuerungsfolgen vom eigentlichen Entgelt und der Erfassung der gesamten Zahlungen wird der Steuerbefolgungsaufwand für die Steuerpflichtigen gegenüber der herkömmlichen Mehrwertbesteuerung nur der Entgelte erheblich gesteigert. Für Steuerpflichtige von eher geringerer Unternehmensgröße und Steuerpflichtige, die nur gelegentlich in Ergänzung zu einer sonstigen Tätigkeit eine Einlage- oder Kreditgewährungsleistung erbringen, ist der gesteigerte Steuerbefolgungsaufwand richtigerweise unter Verhältnismäßigkeitserwägungen wenigstens fragwürdig.855 Am Ende haben die angemerkten Mängel richtigerweise der Verwirklichung des Reformvorschlags entgegengestanden. Der Reformvorschlag wurde aber keineswegs aufgegeben. Es ist vielmehr eine Weiterentwicklung in Erkennung der bisherigen Mängel erfolgt.856 Mit der Weiterentwicklung des Reformvorschlags wird der Reformvorschlag in der besprochenen Ausgangskonzeption nicht mehr als wirkliche Reformoption erwogen.

854 Ebenso Poddar/English, National Tax Journal 1997, 89 (98); EY, A study of ­Methods of Taxing Financial and Insurance Services, S. 96; Henkow, Financial ­Activities in European VAT, S. 326; Friedrich-Vache, Verbrauchsteuerkonforme Umsatzbesteuerung von Finanzdienstleistungen, S. 97; Zee, Intertax 2006, 458 (468). 855 Vergleiche entsprechend bereits Poddar/English, National Tax Journal 1997, 89 (98). Zudem López-Laborda/Peña, National Tax Journal 2018, 155 (163); Kerrigan, International VAT Monitor 2010, 103 (106); de la Feria/Lockwood, Fiscal Studies 2010, 171 (192); EY, A study of Methods of Taxing Financial and Insurance Services, S. 96; Cnossen, International Tax and Public Finance 5 (1998), 399 (407); Henkow, Financial Activities in European VAT, S. 326. 856 Vergleiche bereits Poddar/English, National Tax Journal 1997, 89 (99); Friedrich-Vache, Verbrauchsteuerkonforme Umsatzbesteuerung von Finanzdienstleistungen, S. 98.

222

I.  Der Reformvorschlag einer Cash-Flow-Besteuerung

2. Die Cash-Flow-Besteuerung mit Steuerverrechnungskonto Erkannt worden ist, dass die besprochenen Mängel der Ausgangskonzeption nahezu vollständig in der Steuerzahlungsverpflichtung bezüglich der Kapitalbewegungen gründen.857 Die Besteuerung der Kapitalbewegungen aber gleichzeitig ein notwendiger Ausgleich zur Besteuerung der gesamten Zinszahlungen und folglich zur Erreichung einer sachgerechten Mehrwertsteuerbelastung zwingend geboten ist. Nach der Weiterentwicklung des Reformvorschlags kann diese Pro­ blematik durch die Ergänzung der Ausgangskonzeption um ein Steuerverrechnungskonto gelöst werden.858 Entsprechend wird bezüglich der Weiterentwicklung von einer Cash-Flow-Besteuerung mit Steuer­ verrechnungskonto respektive wegen der englischsprachigen Wurzeln des Reformvorschlags von einer Cash-Flow-Besteuerung mit Tax Calculation Account gesprochen.859 a) Die Funktionsweise der ersten Abwandlung Bei einer Cash-Flow-Besteuerung mit Steuerverrechnungskonto verbleibt es zuvörderst bei einer Besteuerung der gesamten Zahlungsströme in der besprochenen Form. In Abgrenzung zu der Ausgangskonzeption ist der Steuerpflichtige aber nicht zur sofortigen Steuerzahlung verpflichtet.860 Die sich ergebenden Steuerbeträge werden hingegen vorerst nur in ein Steuerverrechnungskonto eingestellt.861 Zur Erreichung einer sachgerechten Mehrwertsteuerbelastung trotz mangelnder Steuerzahlung wird eine Indexierung, richtigerweise genauer eine Verzinsung, der eingestellten Steuerbeträge zu einem Index respektive Verrechnungszins vorge-

857 Vergleiche Poddar/English, National Tax Journal 1997, 89 (99). Entsprechend EY, A study of Methods of Taxing Financial and Insurance Services, S. 103.  858 Vergleiche Poddar/English, National Tax Journal 1997, 89 (99). Eingehend zum Reformvorschlag, allerdings mit einer weniger trenngenauen Abgrenzung zwischen der Cash-Flow-Besteuerung mit Steuerverrechnungskonto und der verkürzten Form des Reformvorschlags, zudem Friedrich-Vache, Verbrauchsteuerkonforme Umsatzbesteuerung von Finanzdienstleistungen, S. 98 ff. 859 Vergleiche Poddar/English, National Tax Journal 1997, 89 (99); EY, A study of ­Methods of Taxing Financial and Insurance Services, S. 103. 860 Vergleiche EY, A study of Methods of Taxing Financial and Insurance Services, S. 103; Friedrich-Vache, Verbrauchsteuerkonforme Umsatzbesteuerung von Finanzdienstleistungen, S. 100 f.; Hiller, Cash-Flow-Steuer und Umsatzsteuer, S. 259.  861 Vergleiche Poddar/English, National Tax Journal 1997, 89 (99); EY, A study of ­Methods of Taxing Financial and Insurance Services, S. 103; Friedrich-Vache, Verbrauchsteuerkonforme Umsatzbesteuerung von Finanzdienstleistungen, S. 100.

223

C.  Reformvorschläge zur Mehrwertbesteuerung der Kreditgewährung

nommen, welcher den Zins der reinen Kapitalüberlassung widerspiegeln soll.862 Eine Steuerzahlung erfolgt nur, wenn und soweit das Steuerverrechnungskonto bei der Abrechnung nach Abzug eines Abrechnungsbetrags, welcher sich aus der Multiplikation des verbleibenden Einlage- oder Kreditbetrags im Abrechnungszeitpunkt mit dem einschlägigen Regelsteuersatz ergibt, einen positiven Differenzbetrag aufzeigt.863 Eine Steuererstattung wird dagegen gewährt soweit der Differenzbetrag negativ ist.864 Eine Abrechnung des Steuerverrechnungskontos würde jeweils am Ende einer festgelegten Abrechnungsperiode oder aber spätestens bei vollständiger Rückzahlung des Einlage- oder Kreditbetrags vorgenommen.865 Weiter müsste ein dergestaltiges Steuerverrechnungskonto grundsätzlich von dem Erbringer der Einlage- oder Kreditgewährungsleistung und bei einem vorsteuerabzugsberechtigenden Leistungsbezug zugleich von dem Leistungsempfänger bezüglich jeder Leistung geführt werden.866 Zur Verdeutlichung der dargelegten Funktionsweise soll erneut das angeführte Fallbeispiel besprochen werden.867

862 Nach eigener Auffassung sollte aufgrund der Funktion von einer Verzinsung und einem Zins gesprochen werden. Vergleiche zur eigentlichen Funktion ent­ sprechend Poddar/English, National Tax Journal 1997, 89 (106); EY, A study of Methods of Taxing Financial and Insurance Services, S. 104; Friedrich-Vache, Verbrauchsteuerkonforme Umsatzbesteuerung von Finanzdienstleistungen, S. 101. 863 Vergleiche Poddar/English, National Tax Journal 1997, 89 (99); Cnossen, Inter­ national Tax and Public Finance 5 (1998), 399 (407); EY, A study of Methods of Taxing Financial and Insurance Services, S. 104 u. eingehender zum Abzugsbetrag S. 105. 864 Vergleiche Poddar/English, National Tax Journal 1997, 89 (99); EY, A study of Methods of Taxing Financial and Insurance Services, S. 104. 865 Vergleiche Poddar/English, National Tax Journal 1997, 89 (99); Henkow, Financial Activities in European VAT, S. 327; Cnossen, International Tax and Public Finance 5 (1998), 399 (407). Entgegen eine Abrechnung nur im Zeitpunkt der vollständigen Rückzahlung erwägend, Friedrich-Vache, Verbrauchsteuerkonforme Umsatzbesteuerung von Finanzdienstleistungen, S. 100; Schmidt, Konsumbesteuerung durch Mehrwertsteuer, S. 245. 866 Vergleiche Poddar/English, National Tax Journal 1997, 89 (99); EY, A study of Methods of Taxing Financial and Insurance Services, S. 104. Zudem Friedrich-Vache, Verbrauchsteuerkonforme Umsatzbesteuerung von Finanzdienstleistungen, S. 102; Merrill/Edwards, National Tax Journal 1996, 487 (495). 867 Eine vergleichbare Beispielsbesprechung wird angeführt von Poddar/English, National Tax Journal 1997, 89 (99 ff.); EY, A study of Methods of Taxing Financial and Insurance Services, S. 104 ff. Eingehend zudem und zu weiteren Fallgestaltungen etwa mit Auslandsbezug Friedrich-Vache, Verbrauchsteuerkonforme Umsatzbesteuerung von Finanzdienstleistungen, S. 104 ff.

224

I.  Der Reformvorschlag einer Cash-Flow-Besteuerung

Das Finanzinstitut hat im Zeitpunkt T0 bezüglich der Einlage den Steuerbetrag in Höhe von 100 in das Steuerverrechnungskonto einzutragen. Eine Steuerzahlung oder Vorsteuererstattung bezüglich der Einlage erfolgt am Ende der ersten Abrechnungsperiode gleichwohl nicht, weil sich der eingestellte Steuerbetrag in Höhe von 100 und der Abrechnungsbetrag, welcher sich durch Multiplikation des bestehenden Werts der Einlage in Höhe von 1.000 und dem Regelsteuersatz von 10% ergibt, entsprechen. Mit der Kreditauszahlung muss im Zeitpunkt T0 ein Vorsteuererstattungsbetrag in Höhe von 100 in dem Steuerverrechnungskonto festgehalten werden. Eine Steuerzahlung oder Vorsteuererstattung erfolgt aber genauso bezüglich der Kreditgewährung am Ende der ersten Abrechnungsperiode nicht, weil sich der eingestellte Steuerbetrag und der Abrechnungsbetrag ebenso ausgleichen. In der nachfolgenden Abrechnungsperiode ist zuvörderst die Verzinsung der eingestellten Steuerbeträge zum Verrechnungszins – hier in Höhe von 12% – zu berücksichtigen.868 Weiter hat das Finanzinstitut im Zeitpunkt T1 infolge der Zinszahlungen und Rückzahlungen die entsprechenden Steuerbeträge respektive Vorsteuererstattungsbeträge einzutragen. Zudem muss wegen der vollständigen Rückzahlung eine Abrechnung der Steuerverrechnungskonten vorgenommen werden. Bezüglich der Einlageleistung liegt ein aufgerechneter Steuerbetrag in Höhe von 2 und bezüglich der Kreditgewährungsleistung in Höhe von 3 vor. Der Abrechnungsbetrag ist jeweils aufgrund der im Abrechnungszeitpunkt erfolgten vollständigen Rückzahlung der Einlage und des Kreditbetrags Null. Folglich hat das Finanzinstitut im Abrechnungszeitpunkt einen Steuerbetrag in Höhe von 2 respektive in Höhe von 3 zu entrichten.

868 Vergleiche Poddar/English, National Tax Journal 1997, 89 (101); EY, A study of Methods of Taxing Financial and Insurance Services, S. 104; Friedrich-Vache, Verbrauchsteuerkonforme Umsatzbesteuerung von Finanzdienstleistungen, S. 110 f.

225

sgangsfall:

bellen Steuerverrechnungskonto

nlage:

C.  Reformvorschläge zur Mehrwertbesteuerung der Kreditgewährung

Das Steuerverrechnungskonto der Einlageleistung zeigt sich insgesamt wie folgt:

Zeitpunkt Zahlungsstrom T0

Einlage

Nettobetrag Eingestellter Steuerbetrag +1.000 +100

Abrechnung am Ende der Abrechnungsperiode Eingestellte Steuerbeträge

+100

Abzug des Abrechnungsbetrags

-

100

Steuerzahlung T1 Verzinsung eingestellter Steuerbeträge Einlagenrückzahlung Einlagezinszahlung Abrechnung bei Einlagenrückzahlung

0 +12 -1.000

-100

-100

-10

Eingestellte Steuerbeträge

+2

Abzug des Abrechnungsbetrags

-

Steuerzahlung

0 +2

Abbildung 7: Steuerverrechnungskonto Finanzinstitut – Einlageleistung

869

869 Eine Abbildung eines Steuerverrechnungskontos erfolgt, wenngleich mit einigen Abweichungen, ebenso durch Poddar/English, National Tax Journal 1997, 89 (100), EY, A study of Methods of Taxing Financial and Insurance Services, S. 104 und Friedrich-Vache, Verbrauchsteuerkonforme Umsatzbesteuerung von Finanzdienstleistungen, S. 105.

226

edit:

I.  Der Reformvorschlag einer Cash-Flow-Besteuerung

Das Steuerverrechnungskonto der Kreditgewährungsleistung zeigt sich insgesamt wie folgt:

Zeitpunkt Zahlungsstrom T0

Kreditvergabe

Nettobetrag Eingestellter Steuerbetrag -1.000 -100

Abrechnung am Ende der Abrechnungsperiode Eingestellte Steuerbeträge

-100

Abzug des Abrechnungsbetrags

-

-100

Steuerzahlung T1 Verzinsung eingestellter Steuerbeträge Kreditrückzahlung Kreditzinszahlung Abrechnung bei Kreditrückzahlung

0 -12 +1.000

+100

+150

+15

Eingestellte Steuerbeträge Abzug des Abrechnungsbetrags Steuerzahlung

+3 -

0 +3

Abbildung 8: Steuerverrechnungskonto Finanzinstitut – Kreditgewährungsleistung

Die Steuerbelastung der Einlage- wie Kreditgewährungsleistung ist sachgerecht.870 Liegt ein vorsteuerabzugsberechtigender Leistungsbezug vor, ist zugleich der Leistungsempfänger zur Führung eines Steuerverrechnungskontos verpflichtet. Das Steuerverrechnungskonto zeigt sich wegen der entgegengesetzten Zahlungsströme als Spiegelbild des vom Finanzinstitut geführten Steuerverrechnungskontos:871

870 Vergleiche entsprechend bereits Poddar/English, National Tax Journal 1997, 89 (101). Zudem Englisch, in: FS Bundesfinanzhof, S. 1491 (S. 1522). 871 Vergleiche Poddar/English, National Tax Journal 1997, 89 (101); EY, A study of Methods of Taxing Financial and Insurance Services, S. 105. Für eine eingehendere

227

edit aus der Perspektive des Leistungsempfängers bei vorsteuerabzugsberechtigendem istungsbezug: C.  Reformvorschläge zur Mehrwertbesteuerung der Kreditgewährung

Zeitpunkt Zahlungsstrom T0

Kreditvergabe

Nettobetrag Eingestellter Steuerbetrag +1.000 +100

Abrechnung am Ende der Abrechnungsperiode Eingestellte Steuerbeträge

+100

Abzug des Abrechnungsbetrags

-

100

Steuerzahlung T1 Verzinsung eingestellter Steuerbeträge Kreditrückzahlung Kreditzinszahlung Abrechnung bei Kreditrückzahlung

0 +12 -1.000

-100

-150

-15

Eingestellte Steuerbeträge Abzug des Abrechnungsbetrags Steuerzahlung

-3 -

0 -3

Abbildung 9: Steuerverrechnungskonto Leistungsempfänger

Eine vollständige Aufhebung der Steuerbelastung bei vorsteuerabzugsberechtigendem Leistungsbezug ist folglich gewährleistet.872 Bei Einführung der zahlungsstromorientierten Mehrwertbesteuerung mit Steuerverrechnungskonto wäre in Abgrenzung zu der Ausgangskonzeption weiter keine wirkliche, nachträgliche Steuerzahlung oder Steuererstattung bezüglich bereits erfolgter Zahlungen zur Erreichung einer im Ergebnis sachgerechten Mehrwertsteuerbelastung notwendig. Im Zeitpunkt der Einführung würde lediglich ein ausgleichender positiver oder negativer Ausgangsbetrag in das Steuerverrechnungskonto eingestellt und nachfolgend der allgemeinen Funktionsweise der vorgeschla-

Beispielsbesprechung zudem Friedrich-Vache, Verbrauchsteuerkonforme Umsatzbesteuerung von Finanzdienstleistungen, S. 102 und S. 105 ff. 872 Vergleiche entsprechend Friedrich-Vache, Verbrauchsteuerkonforme Umsatzbesteuerung von Finanzdienstleistungen, S. 109.

228

I.  Der Reformvorschlag einer Cash-Flow-Besteuerung

genen Besteuerung unterzogen.873 Der einzutragende Ausgangsbetrag ergäbe sich aus einer Summierung des (hypothetischen) Steuerbetrags bezüglich des gegenwärtigen Einlagebetrags, respektive Kreditbetrags, und der bereits generierten, aber noch nicht geleisteten, Zinszahlungen.874 Bei einer Steuersatzänderung wären gleichsam nur eine Zwischenabrechnung des Steuerverrechnungskontos und eine Anpassung der bereits eingestellten Steuerbeträge um die Steuersatzänderung erforderlich.875 b) Die Vorzüge der ersten Abwandlung Die zahlungsstromorientierte Mehrwertbesteuerung mit Steuerverrechnungskonto kann eine sachgerechte Mehrwertsteuerbelastung verbürgen ohne zugleich die in der Ausgangskonzeption bemängelten Liquiditätswirkungen zu erzeugen, weil die Kapitalbewegungen nicht mehr mit einer Steuerzahlungsverpflichtung einhergehen.876 Nach der Konzeption des Steuerverrechnungskontos werden die Steuerzahlungen bezüglich der Kapitalbewegungen vielmehr solange aufgeschoben bis sie durch eine entgegengesetzte Kapitalbewegung ausgeglichen werden.877 Eine Steuerzahlung erfolgt, in Annäherung an die herkömmliche Mehrwertbesteuerung der sonstigen Lieferungen und Leistungen, nur bei Zahlung eines wirklichen Leistungsentgelts.878 Der Mangel der Liquiditätsbeeinträchti873 Vergleiche Poddar/English, National Tax Journal 1997, 89 (102); Poddar, in: Honohan, Taxation of Financial Intermediation, S. 345 (S. 365); Cnossen, International Tax and Public Finance 5 (1998), 399 (407); Friedrich-Vache, Verbrauchsteuerkonforme Umsatzbesteuerung von Finanzdienstleistungen, S. 102. 874 Für eine eingehende Darstellung der notwendigen Anpassungen bei Einführung einer zahlungsstromorientierten Mehrwertbesteuerung mit Steuerverrechnungskonto und einen Beleg bezüglich der Erreichung einer sachgerechten Mehrwertsteuerbelastung, s. Anlage 12. Eingehend zudem auch Poddar/English, National Tax Journal 1997, 89 (102 f.); EY, A study of Methods of Taxing Financial and Insurance Services, S. 108 f. 875 Vergleiche Poddar/English, National Tax Journal 1997, 89 (103). Für eine eingehende Darstellung der Zwischenabrechnung und Anpassung der eingestellten Steuerbeträge bei einer Steuersatzänderung und einen Beleg bezüglich der Erreichung einer sachgerechten Mehrwertsteuerbelastung, siehe Anlage 13.  876 Vergleiche Poddar/English, National Tax Journal 1997, 89 (101); EY, A study of Methods of Taxing Financial and Insurance Services, S. 106; Friedrich-Vache, Verbrauchsteuerkonforme Umsatzbesteuerung von Finanzdienstleistungen, S. 101 u. S. 119; Hiller, Cash-Flow-Steuer und Umsatzsteuer, S. 260.  877 Vergleiche Poddar, in: Krever/White, GST in Retrospect and Prospect, S. 179 (S. 191); Friedrich-Vache, Verbrauchsteuerkonforme Umsatzbesteuerung von Finanzdienstleistungen, S. 119. 878 Vergleiche Hiller, Cash-Flow-Steuer und Umsatzsteuer, S. 259.

229

C.  Reformvorschläge zur Mehrwertbesteuerung der Kreditgewährung

gung konnte folglich mit der Weiterentwicklung des Reformvorschlags beseitigt werden.879 Aus der Aufschiebung der Steuerzahlung folgt weiter für den Fiskus grundsätzlich kein gesteigertes Risiko bezüglich der Aufkommensgenerierung.880 Diesbezüglich mangelt es der Besteuerung der Kapitalbewegungen bereits an dem Zweck der Aufkommensgenerierung. Sie ist in der Ausgangskonzeption des Reformvorschlags lediglich ein Werkzeug zur Erreichung einer Steuerbelastungsfreiheit der Reinzinszahlungen trotz Anknüpfung der Besteuerung an die Einlage- und Kreditzinszahlungen. Letztlich ist die Erreichung einer sachgerechten Mehrwertsteuerbelastung bei Einführung der Besteuerung, wie bei nachfolgender Steuersatz­ änderung, nur durch eine Anpassung im Steuerverrechnungskonto möglich.881 Im Zeitpunkt der Einführung der Besteuerung wäre eine Erfassung und Bewertung der schon geleisteten Zahlungen und zudem bereits fälliger Zahlungsverpflichtungen im Steuerverrechnungskonto notwendig.882 Im Fall einer Steuersatzänderung hätte eine Neubewertung zu erfolgen. Es ergäbe sich folglich zwar ein gewisser Erfassungs- und Bewertungsaufwand. In Abgrenzung zu der Ausgangskonzeption müsste aber keine nachträgliche, zahlungswirksame Steuererhebung erfolgen. Die Weiterentwicklung des Reformvorschlags hat mithin grundlegende Mängel der Ausgangskonzeption beseitigen können.

879 Vergleiche entsprechend López-Laborda/Peña, National Tax Journal 2018, 155 (163); Kerrigan, International VAT Monitor 2010, 103 (106); Huizinga, Economic Policy 2002, 499 (511); Cnossen, International Tax and Public Finance 5 (1998), 399 (407); Henkow, Financial Activities in European VAT, S. 327; Friedrich-Vache, Verbrauchsteuerkonforme Umsatzbesteuerung von Finanzdienstleistungen, S. 101; Schmidt, Konsumbesteuerung durch Mehrwertsteuer, S. 245. 880 So bereits Poddar/English, National Tax Journal 1997, 89 (102); EY, A study of Methods of Taxing Financial and Insurance Services, S. 106. Richtigerweise sogar von einer Risikoverringerung gegenüber der Ausgangskonzeption ausgehend Institute for Fiscal Studies, Tax by Design – The Mirrlees Review, S. 208. 881 Vergleiche Poddar/English, National Tax Journal 1997, 89 (102); EY, A study of Methods of Taxing Financial and Insurance Services, S. 106; Institute for Fiscal Studies, Tax by Design – The Mirrlees Review, S. 209; Henkow, Financial Activities in European VAT, S. 327; Hiller, Cash-Flow-Steuer und Umsatzsteuer, S. 261; van Schalkwyk/Prebble, Asia-Pacific Tax Bulletin 2004, 451 (459). 882 Vergleiche Poddar/English, National Tax Journal 1997, 89 (106), die die Bewertungsnotwendigkeit als eine Schwierigkeit des Reformvorschlags erachten. Ebenso Cnossen, International Tax and Public Finance 5 (1998), 399 (408).

230

I.  Der Reformvorschlag einer Cash-Flow-Besteuerung

c) Die Schwierigkeiten der ersten Abwandlung Mit der Aufhebung der sofortigen Steuerzahlungsverpflichtung und der Einführung eines Steuerverrechnungskontos gehen aber zugleich eigene Schwierigkeiten einher.883 aa) Verzinsung des Steuerverrechnungskontos Zuvörderst ist die Erreichung einer sachgerechten Mehrwertsteuerbe­ lastung in Abgrenzung zu der Ausgangskonzeption nunmehr von einer möglichst genauen Näherung des reinen Zinses abhängig.884 In der Ausgangskonzeption des Reformvorschlags war gerade die zahlungswirksame Erfassung der Kapitalbewegungen ein wesentliches Element zur Erreichung einer sachgerechten Mehrwertsteuerbelastung nur der Leistungsentgelte. Aus der zahlungswirksamen Besteuerung der Kapitalbewegungen folgte bezüglich der Einlageleistung eine Mehrwertsteuerbelastung in Höhe der Reinverzinsung des aus der Einlage zu tragenden Steuerbetrags. Nach Abzug der Vorsteuererstattungen aus den Einlagezinszahlungen zeigte sich eine sachgerechte Mehrwertsteuerbelastung. Hingegen ergab sich bezüglich der Kreditgewährungsleistung aus der zahlungswirksamen Vorsteuererstattung im Zeitpunkt der Kreditauszahlung eine Mehrwertsteuerentlastung in Höhe der Reinverzinsung des Erstattungsbetrags, welcher die nachfolgende Mehrwertsteuerbelastung 883 Die Erörterung der Schwierigkeiten folgt Poddar/English, National Tax Journal 1997, 89 (103 ff.). Der von Friedrich-Vache angeführte Einwand, dass der Reformvorschlag bereits an der Fehlvorstellung einer Vermittlungsleistung kranke, kann nicht überzeugen, weil – wie besprochen – im Ergebnis keine Abweichung be­ züglich der besteuerungswürdigen Leistungsentgelte gegenüber der juristischen Betrachtungsweise gegeben ist, vergleiche eingehend S. 68 ff. Zu kritisch daher  Friedrich-Vache, Verbrauchsteuerkonforme Umsatzbesteuerung von Finanzdienstleistungen, S. 141; wie auch Heidemann, Die Umsatzsteuerbefreiungen von Finanzdienstleistungen, S. 106 f. 884 Vergleiche Poddar, in: Honohan, Taxation of Financial Intermediation, S. 345 (S. 365); Hiller, Cash-Flow-Steuer und Umsatzsteuer, S. 259 u. S. 261; van Schalkwyk/Prebble, Asia-Pacific Tax Bulletin 2004, 451 (461); Institute for Fiscal Studies, Tax by Design – The Mirrlees Review, S. 205; Friedrich-Vache, Verbrauchsteuerkonforme Umsatzbesteuerung von Finanzdienstleistungen, S. 149. Eine vergleichbare Schwierigkeit ergäbe sich richtigerweise bei dem Reformvorschlag von Zee bezüglich der Festlegung des Korrekturzinses. Die Anmerkung von Zee, dass man die Festlegung des Korrekturzinses den Leistungserbringern überlassen könne, weil der Korrekturzins keine Auswirkungen auf das insgesamt generierte Aufkommen habe und für die Leistungserbringer kein Anreiz zu Steuergestaltungen bestünde, ist vollständig fehlgehend. Ebenso kritisch Henkow, Financial Activities in European VAT, S. 332; Poddar, in: Krever/White, GST in Retrospect and Prospect, S. 179 (S.192); Edgar, in: de la Feria, VAT Exemptions, S. 357 (S. 358). Anders Zee, National Tax Journal 2005, 77 (89).

231

C.  Reformvorschläge zur Mehrwertbesteuerung der Kreditgewährung

der gesamten Kreditzinszahlungen kompensierte. Eine Feststellung des reinen Zinses war aufgrund der zahlungswirksamen Erfassung der Kapitalbewegungen nicht notwendig. Mit der Weiterentwicklung des Reformvorschlags ist keine zahlungswirksame Erfassung der Kapitalbewegungen mehr vorgesehen. Die kompensierende Mehrwertsteuerbelastung oder Mehrwertsteuerentlastung soll nunmehr über eine Verzinsung der Steuerbeträge im Steuerverrechnungskonto erzeugt werden, welche quasi die zahlungswirksame Er­ fassung der Kapitalbewegungen fingiert.885 Eine sachgerechte Mehr­ wertsteuerbelastung gelingt gleichwohl nur, wenn die Verzinsung der eingestellten Steuerbeträge zum reinen Zins erfolgt. Demgegenüber ergibt sich eine zu große Mehrwertsteuerbelastung der Kreditgewährungsleistung und zu geringe Mehrwertsteuerbelastung der Einlageleistung, wenn der angewendete Verrechnungszins unter dem reinen Zins liegt oder eine zu geringe Mehrwertsteuerbelastung der Kreditgewährungsleistung und zu große Mehrwertsteuerbelastung der Einlageleistung, wenn der angewendete Verrechnungszins den reinen Zins übersteigt.886 Der reine Zins ist allerdings ein Zins der ökonomischen Theorie. Er ist als solcher nicht am Markt erkennbar. Es muss entsprechend eine Ableitung erfolgen. Als taugliche Näherungen werden etwa die Verzinsung kurzfristiger Staatsanleihen oder die Verzinsung kurzfristiger Kapitalausleihungen im Interbankengeschäft erwogen.887 In Abgrenzung zu sonstigen Verzinsungen sollen die angeführten Verzinsungen nahezu keinen Risikoaufschlag und nahezu kein Leistungsentgelt enthalten und folglich dem reinen Zins nahezu gleichkommen.888 Angemerkt worden ist gleichwohl zu Recht, dass die angeführten Ver­ zinsungen in den europäischen Ländern starke Abweichungen aufzei885 Vergleiche Poddar/English, National Tax Journal 1997, 89 (106). 886 Vergleiche Hiller, Cash-Flow-Steuer und Umsatzsteuer, S. 261 f.; Institute for Fiscal Studies, Tax by Design – The Mirrlees Review, S. 208. 887 Vergleiche Poddar/English, National Tax Journal 1997, 89 (104); EY, A study of Methods of Taxing Financial and Insurance Services, S. 110; Europäische Kommission, The TCA System – Executive Summary; Friedrich-Vache, Verbrauchsteuerkonforme Umsatzbesteuerung von Finanzdienstleistungen, S. 149. Auf einen Interbankenzins (3-Monats FIBOR) als Approximation des reinen Zinses wurde ebenso von Genser/Winker im Rahmen ihrer Analyse der Aufkommenswirkung der geltenden Steuerbefreiungskonzeption zurückgegriffen, siehe Genser/Winker, Finanzarchiv 54 (1997), 563 (573). Hingegen verkürzt Ismer, in: Schön/Röder, Zukunftsfragen des deutschen Steuerrechts II, S. 95 (S. 115). 888 Vergleiche so bezüglich der Verzinsung kurzfristiger Staatsanleihen Poddar/ ­English, National Tax Journal 1997, 89 (102); EY, A study of Methods of Taxing Financial and Insurance Services, S. 110.

232

I.  Der Reformvorschlag einer Cash-Flow-Besteuerung

gen,889 aber gleichzeitig zur Vermeidung von Wettbewerbsverzerrungen zwischen den Mitgliedstaaten eine einheitliche Festlegung der Verzinsung dringend geboten ist. Als mögliche Lösung ist die Verwendung eines Euribor-Zinssatzes vorschlagen worden.890 Die Euribor-Zinssätze geben für verschiedene Laufzeiten an, zu welchem Zinssatz am europäischen Markt eine ungesicherte Kapitalausleihung im Interbankengeschäft erfolgen könnte.891 Zur Ermittlung der Euribor-Zinssätze zeigen bestimmte Teilnehmerbanken geschäftstäglich entsprechende Angebotszinsen einer zentralen Einrichtung an.892 Von der zentralen Einrichtung wird sodann die Berechnung der Euribor-Zinssätze in Form einer Durchschnittsberechnung der angezeigten Angebotszinsen für die jeweiligen Laufzeiten vorgenommen. Bereits die erkannte Manipulationsanfälligkeit der Ermittlungsweise spricht gleichwohl eindeutig gegen eine Verwendung eines Euribor-Zinssatzes zur Verzinsung der Steuerverrechnungskonten.893 Weiter gelten die Euribor-Zinssätze nicht länger als risikolose Zinssätze.894 In Folge der weltweiten Krise des Bankengeschäfts soll nunmehr ebenso bei Kapitalausleihungen im Interbankengeschäft ein Risikoaufschlag verlangt werden. Eine weiterhin bestehende Eignung der Euribor-Zinssätze zur Näherung des reinen Zinses muss daher angezweifelt werden.

889 So und im Folgenden Friedrich-Vache, Verbrauchsteuerkonforme Umsatzbesteuerung von Finanzdienstleistungen, S. 150. 890 Vergleiche Friedrich-Vache, Verbrauchsteuerkonforme Umsatzbesteuerung von Finanzdienstleistungen, S. 150. 891 Vergleiche https://www.ecb.europa.eu/explainers/tell-me-more/html/benchmark_ rates_qa.de.html; Coen, in: Gsell/Krüger/Lorenz/Reymann, BeckOGK BGB, Aktualisierungsstand Juni 2020, § 247, Rz. 52. 892 Vergleiche zum konkreten Verfahren Steinhaeuser, Die Manipulation von Referenzzinsen wie LIBOR und EURIBOR, S. 27; Sajnovits, Financial-Benchmarks, S. 46 f.; Park, in: Park, Kapitalmarktstrafrecht, Einleitung, Rz. 18. 893 Zur Manipulationsanfälligkeit Coen, in: Gsell/Krüger/Lorenz/Reymann, BeckOGK BGB, Aktualisierungsstand Dez. 2019, § 247, Rz. 53; Park, in: Park, Kapi­ talmarktstrafrecht, Einleitung, Rz. 19. Weiter mit einer historischen Zusam­ menfassung des Manipulationsskandals Steinhaeuser, Die Manipulation von Referenzzinsen wie LIBOR und EURIBOR, S. 32 ff. Zudem zum noch nicht abgeschlossenen Reformierungsprozess ua. durch die Verordnung (EU) 2016/11 des Europäischen Parlaments und des Rates, v. 8.7.2016, ABl. 2016, L 171/1, hier nur Mülbert/Sajnovits, WM 2019, 1813 (1814). 894 So und im Folgenden Coen, in: Gsell/Krüger/Lorenz/Reymann, BeckOGK BGB, Aktualisierungsstand Juni 2020, § 247, Rz. 52.

233

C.  Reformvorschläge zur Mehrwertbesteuerung der Kreditgewährung

Als vorzugswürdig ist eine Näherung des reinen Zinses durch die Ver­ zinsung der kurzfristigen Anleihen der Mitgliedstaaten zu erachten.895 Die Anknüpfung gerade an Anleihen mit einer kurzen Laufzeit gründet in der Festhaltung, dass die Abweichung in der Verzinsung zwischen einer kurzfristigen und einer langfristigen Anleihe nur aus der Erhebung von Risikozuschlägen oder Leistungsentgelten folgen soll.896 Die Verzinsung von Anleihen der Mitgliedstaaten mit einer kurzen Laufzeit zeigt sich deswegen als geeignetere Näherung des reinen Zinses. Zur weitergehenden Ausklammerung von Risikozuschlägen könnten nur die Mitgliedstaaten mit dem höchsten Kreditrating in die Betrachtung einbezogen werden. Aus den Mitgliedstaaten mit dem höchsten Kreditrating könnte etwa die geringste Anleihenverzinsung gewählt werden. Zur Vermeidung von Manipulationen durch einzelne Mitgliedstaaten wäre aber möglicherweise eine Durchschnittsberechnung der entsprechenden Anleiheverzinsungen empfehlenswerter. Die Ermittlung müsste auf der Ebene der Europäischen Union erfolgen und das Ergebnis als Näherung des reinen Zinses im gesamten Anwendungsbereich des europäischen Mehrwertsteuersystems zur Verzinsung der Steuerverrechnungskonten zugrunde gelegt werden. Mit der einheitlichen Anwendung wären Wettbewerbsverzerrungen zwischen den Mitgliedstaaten nicht zu erwarten. Weiter genügte die Festlegung von nur einem Verrechnungszins zur Ver­ zinsung des Steuerverrechnungskontos.897 Eine zum Teil geforderte Differenzierung der Verrechnungszinsen in Abhängigkeit von der Fristigkeit der Kapitalüberlassung würde der Festhaltung widersprechen, dass sich der reine Zins gerade nicht von der Fristigkeit der Kapitalüberlassung abhängig zeige.898 Angemerkt wurde diesbezüglich bereits, dass die am Markt erkennbaren Abweichungen der Verzinsung in Abhängigkeit von der Fristigkeit nur aus einer Anpassung von Risikozuschlägen und Leistungsentgelten folgen sollen.

895 Vergleiche entsprechend Poddar/English, National Tax Journal 1997, 89 (104); EY, A study of Methods of Taxing Financial and Insurance Services, S. 110; Institute for Fiscal Studies, Tax by Design – The Mirrlees Review, S. 205; Hiller, Cash-FlowSteuer und Umsatzsteuer, S. 261. Anders Europäische Kommission, The TCA System – Executive Summary. 896 So Poddar/English, National Tax Journal 1997, 89 (104); EY, A study of Methods of Taxing Financial and Insurance Services, S. 110. 897 Entsprechend Poddar, in: Honohan, Taxation of Financial Intermediation, S. 345 (S. 365); aA. Hiller, Cash-Flow-Steuer und Umsatzsteuer, S. 262. 898 Vergleiche Poddar/English, National Tax Journal 1997, 89 (104).

234

I.  Der Reformvorschlag einer Cash-Flow-Besteuerung

Zusammengefasst erscheint die Festlegung des Verrechnungszinses als eine lösbare Schwierigkeit.899 Mögliche Wege zu einer Näherung des reinen Zinses wurden aufgezeigt. Eine genaue Ableitung des reinen Zinses ist gleichwohl wenig wahrscheinlich.900 Mit einer tauglichen Näherung vermag es aber nur zu einer eher marginalen Abweichung und entsprechend nur zu geringen und gegenüber der geltenden Steuerbefreiungskonzeption eindeutig geminderten Belastungswidrigkeiten und Verzerrungswirkungen kommen. Der Widerstand der Finanzinstitute gegen die Festlegung eines Verrechnungszinses ist letztlich haltlos.901 Mit der Festlegung des Verrechnungszinses werden zwar die Leistungsentgelte für die Leistungsempfänger ersichtlich, eine Schlechterstellung gegenüber sonstigen Leistung mit expliziten Leistungsentgelten ist aber gerade nicht gegeben. bb) Anpassung der Verzinsung Die angeführte Anleihenverzinsung als Näherung des reinen Zinses ist weiter, wie gleichsam der reine Zins, keineswegs über die Zeit festgeschrieben.902 Vielmehr ist eine stetige Änderung der Verzinsung in Abhängigkeit von dem Kapitalangebot und der Kapitalnachfrage gegeben.903 Entsprechend wäre zur Erreichung einer vollständig sachgerechten Mehrwertsteuerbelastung eine permanente Anpassung des Verrechnungszinses notwendig.904 Bezüglich der einzelnen Leistungen müsste die Erfassung vorangegangener Zinsänderungen spätestens im Zeitpunkt einer Änderung des Steuerverrechnungskontos vorgenommen werden.905 899 Ebenso bereits Friedrich-Vache, Verbrauchsteuerkonforme Umsatzbesteuerung von Finanzdienstleistungen, S. 150. 900 Vergleiche hierzu wie im Folgenden van Schalkwyk/Prebble, Asia-Pacific Tax Bulletin 2004, 451 (461). 901 Diesbezüglich aA. Amand, ERA Forum 2008, 357 (359). Zum Widerstand der Finanzinstitute Henkow, Financial Activities in European VAT, S. 330; Englisch, in: FS Bundesfinanzhof, S. 1491 (S. 1522); Poddar, in: Honohan, Taxation of Financial Intermediation, S. 345 (S. 365). 902 Vergleiche Poddar/English, National Tax Journal 1997, 89 (105); EY, A study of Methods of Taxing Financial and Insurance Services, S. 111. 903 Vergleiche Hiller, Cash-Flow-Steuer und Umsatzsteuer, S. 262.  904 Vergleiche Poddar/English, National Tax Journal 1997, 89 (106); EY, A study of Methods of Taxing Financial and Insurance Services, S. 113. Von Friedrich-Vache wird diesbezüglich zu Recht angemerkt, dass für die Mehrwertbesteuerung nur die wirklich vereinnahmten und nicht die vereinbarten Leistungsentgelte von Bedeutung sind, Friedrich-Vache, Verbrauchsteuerkonforme Umsatzbesteuerung von Finanzdienstleistungen, S. 149.  905 Diesbezüglich kann die Bildung einer Mischverzinsung notwendig werden, wenn es im fraglichen Zeitraum zu mehreren Zinsänderungen gekommen ist. Verglei-

235

C.  Reformvorschläge zur Mehrwertbesteuerung der Kreditgewährung

Für das Einlagengeschäft, welches durch zumeist tägliche Zahlungsströme gekennzeichnet ist, wäre folglich etwa eine tägliche Prüfung und Erfassung von Zinsänderungen geboten.906 Mit einer Verpflichtung zur permanenten Erfassung von Zinsänderungen ginge gleichwohl ein erheblicher Steuerbefolgungs- wie Steuererhebungsaufwand einher.907 Eingebracht wurde zu Recht, ob nicht eine mo­natliche Zinsanpassung genügen könnte.908 Eine sich möglicherweise ergebende Abweichung von einer vollständig sachgerechten Mehrwertsteuerbelastung wäre aufgrund des weiterhin kurzen Anpassungszeitraums vermutlich eher gering und könnte wahrscheinlich durch die eindeutige Minderung des Steuerbefolgungs- wie Steuererhebungsaufwands gerechtfertigt werden.909 Eine endgültige Einschätzung ist gleichwohl erst nach einer Einigung bezüglich des zugrunde zu legenden Näherungszinses und einer Auseinandersetzung mit dessen Änderungen über die Zeit, möglich. Weiter kann sich gerade bei Anpassungen des Verrechnungszinses und einer gleichzeitig längeren Zinsbindung im Einlagen- oder Kreditgeschäft die Sonderproblematik ergeben, dass der Verrechnungszins nicht in der Spanne zwischen dem Kreditzins und dem Einlagezins liegt.910 Die Ableitung der richtigen Besteuerungsfolgen ist in einem derartigen Fall besonders schwierig. Liegt ein Einlagezins über dem Verrechnungszins als Näherung des reinen Zinses, wäre eine mögliche Erklärung, dass der Einleger für die Kapitalüberlassung von dem Finanzinstitut ein Entgelt erhält, welches das Entgelt des Einlegers für die Einlageleistung übersteigt.911 Obgleich eine genaue Feststellung der einzelnen Leistungsentgelte nie gelingen wird, weil nur der Einlagezins ersichtlich ist, soll eine Mehrwertbesteuerung che zur Erfassung der Änderungen bezüglich der einzelnen Leistungen zugleich Poddar/English, National Tax Journal 1997, 89 (106). 906 Vergleiche Poddar/English, National Tax Journal 1997, 89 (106); EY, A study of Methods of Taxing Financial and Insurance Services, S. 113. 907 Vergleiche entsprechend Poddar/English, National Tax Journal 1997, 89 (106). 908 Vergleiche Poddar/English, National Tax Journal 1997, 89 (106). Entsprechend EY, A study of Methods of Taxing Financial and Insurance Services, S. 113. 909 Vergleiche zudem Poddar/English, National Tax Journal 1997, 89 (106), die für den Fall einer derartigen Verlängerung des Anpassungszeitraums von einer eher geringen Aufkommenswirkung und einem geringen Steuergestaltungspotential ausgehen. Entsprechend EY, A study of Methods of Taxing Financial and Insurance Services, S. 113. 910 Vergleiche Poddar/English, National Tax Journal 1997, 89 (104); EY, A study of Methods of Taxing Financial and Insurance Services, S. 110. 911 Vergleiche Poddar/English, National Tax Journal 1997, 89 (104); EY, A study of Methods of Taxing Financial and Insurance Services, S. 110.

236

I.  Der Reformvorschlag einer Cash-Flow-Besteuerung

nach dem weiterentwickelten Reformvorschlag aber ohne weitergehende Schwierigkeiten erfolgen können, wenn der Einleger ein Steuerpflichtiger ist.912 Diesbezüglich wird mit dem Reformvorschlag angenommen,913 dass der Einlagezins im Ausgangsbeispiel nun 14% und der Verrechnungszins respektive reine Zins weiterhin 12% betrage. Es könnte etwa ein Leistungsentgelt des Finanzinstituts an den Einleger in Höhe von 5% und ein Leistungsentgelt des Einlegers an das Finanzinstitut in Höhe von 3% vorliegen.914 Die genaue Zusammensetzung der Leistungsentgelte wäre aber gerade nicht erkennbar. Wenn der Einleger ein Steuerpflichtiger wäre, soll sich die Mehrwert­ besteuerung nach dem Reformvorschlag wie folgt antragen.915 Bei dem Einleger ergäbe sich bei Abrechnung des Steuerverrechnungskontos im Ergebnis eine Mehrwertsteuerbelastung der 2%, welche er dem Finanz­ institut in Rechnung stellen würde. Das Finanzinstitut könnte einen entsprechenden Vorsteuerabzug geltend machen. Weiter folgte aus der Kreditgewährungsleistung eine Steuerbelastung der 3%, welche an den Leistungsempfänger abgewälzt würde. Falls der Einleger hingegen kein Steuerpflichtiger ist, sei der Differenzbetrag zwischen Verrechnungszins und Einlagezins, nach Auffassung der Begründer des Reformvorschlags den allgemeinen Regelungen des geltenden Mehrwertsteuersystems folgend, von der Mehrwertbesteuerung auszugrenzen.916 Es wäre weder eine Mehrwertsteuererhebung bei dem Einleger vorzunehmen, noch wäre dem Finanzinstitut ein Vorsteuerabzugsrecht in der angeführten Höhe zuzugestehen.917 Nach eigener Auffassung entspräche die geforderte Versagung des Vorsteuerabzugsrechts zwar den allgemeinen Regelungen des Mehrwertsteuersystems, konfligierte zugleich aber mit der grundlegenden Funktionsweise der vorgeschlagenen Mehrwertbesteuerung. Wechselseitige Leistungsentgelte zwischen Einleger und Finanzinstitut wären wider die 912 So Poddar/English, National Tax Journal 1997, 89 (105). Entsprechend EY, A study of Methods of Taxing Financial and Insurance Services, S. 110. 913 Vergleiche Poddar/English, National Tax Journal 1997, 89 (104). 914 Die Änderung der Leistungsentgelte gegenüber dem angeführten Beitrag ist zur Angleichung an das besprochene Ausgangsbeispiel erfolgt. 915 Zum Folgenden Poddar/English, National Tax Journal 1997, 89 (105). 916 So Poddar/English, National Tax Journal 1997, 89 (105). Entsprechend EY, A study of Methods of Taxing Financial and Insurance Services, S. 110. 917 Vergleiche Poddar/English, National Tax Journal 1997, 89 (106). Entsprechend EY, A study of Methods of Taxing Financial and Insurance Services, S. 110.

237

C.  Reformvorschläge zur Mehrwertbesteuerung der Kreditgewährung

bisherige Betrachtungsweise genauso möglich, wenn der Verrechnungszins über dem Einlagezins liegt. In diesem Fall würde das Entgelt des ­Finanzinstituts an den Einleger nach der Funktionsweise des Reform­ vorschlags aber gerade zum Abzug zugelassen, weil die Mehrwertsteuer­ erhebung bei dem Finanzinstitut nur an den Differenzbetrag anknüpfen würde. Möglich wäre etwa, dass sich der Einlagezins aus dem Ausgangsbeispiel in Höhe von 10% aus dem reinen Zins in Höhe von 12%, einem Leistungsentgelt des Finanzinstituts an den Einleger in Höhe von 3% und einem entgegengesetzten Leistungsentgelt des Einlegers an das Finanzinstitut in Höhe von 5% ergibt. Aus der Einlageleistung folgte gleichwohl selbst wenn der Einleger kein Steuerpflichtiger ist nur eine Mehrwertsteuererhebung in Höhe von 2%. Festgehalten werden muss, dass sich der Reformvorschlag diesbezüglich keineswegs ausgereift zeigt. cc) Steuerbefolgungsaufwand Eine Verwirklichung des Reformvorschlags ist in der Vergangenheit vorrangig an dem erwarteten Steuerbefolgungsaufwand gescheitert.918 Die Erfassung sämtlicher Zahlungsströme ist aufwendig. Die Führung und Abrechnung der Steuerverrechnungskonten ist komplex.919 Die sich ergebende Mehrbelastung der beteiligten Steuerpflichtigen wurde in der Vergangenheit als nicht tragbar angesehen.920 Mit der technologischen 918 Vergleiche bezugnehmend auf Europäische Kommission, Consultation Paper on Modernizing Value ­Added Tax Obligations for Financial Services and Insurances, S. 2 f., de la Feria/Lockwood, Fiscal Studies 2010, 171 (193). Des Weiteren Gendron, Bulletin for International Taxation 2008, 494 (500). Zudem soll gleichsam die für die Beteiligten ungewohnte Erhebungsweise der Verwirklichung entgegengestanden haben, vergleiche hier nur Poddar, in: Krever/White, GST in ­Retrospect and Prospect, S. 179 (S. 191). Zu den gescheiteren Bestrebungen einer grundlegenden Reformierung im zeitlichen Verlauf ansprechend, de la Feria, ec Tax Review 2007, 74 (79 ff.). 919 Vergleiche entsprechend EY, A study of Methods of Taxing Financial and Insurance Services, S. 117; Henkow, Financial Activities in European VAT, S. 327; Friedrich-Vache, Verbrauchsteuerkonforme Umsatzbesteuerung von Finanzdienstleistungen, S. 144; Hiller, Cash-Flow-Steuer und Umsatzsteuer, S. 261; Edgar, in: Krever/White, GST in Retrospect and Prospect, S. 131 (S. 144); de la Feria/Lockwood, Fiscal Studies 2010, 171 (193); Zee, National Tax Journal 2005, 77 (91); ­Huizinga, Economic Policy 2002, 499 (522 f.); Merrill/Edwards, National Tax Journal 1996, 487 (496). Zum Widerspruch der Finanzinstitute gegen den Reformvorschlag des Weiteren Henkow, Financial Activities in European VAT, S. 330.  920 Vergleiche Zee, in: de la Feria, VAT Exemptions, S. 345 (S. 347).

238

I.  Der Reformvorschlag einer Cash-Flow-Besteuerung

Fortentwicklung ist aber eine erneute Bewertung der Mehrbelastung der Steuerpflichtigen zwingend geboten. Längst hat die technologische Fortentwicklung einen weiträumigen Einzug in den Finanzsektor gefunden.921 Einerseits ist eine grundlegende Anpassung des Leistungsangebots an die gewandelten Erwartungen der Leistungsempfänger erfolgt. Andererseits ist die Digitalisierung und Entwicklung von Informationstechnologien zur Optimierung betrieblicher Leistungsprozesse, ua. zur Automatisierung der Leistungsprozesse, eingesetzt worden.922 Die Nutzung von Informationstechnologien soll im Finanzsektor in der Vergangenheit zu einer merklichen Effizienzsteigerung geführt haben.923 Entsprechend könnte aus der technologischen Fortentwicklung bezüglich der vorgeschlagenen Mehrwertbesteuerung eine merkliche Min­ derung der Mehrbelastung der Steuerpflichtigen folgen.924 Bereits gegenwärtig werden die Zahlungsströme im Einlagen- und Kreditgeschäft gemeinhin digital aufgezeichnet. Mit der Anwendung einer tauglichen Technologie wäre zudem wahrscheinlich eine weitgehende Automatisierung der Führung und Abrechnung der Steuerverrechnungskonten erreichbar.925 Eine eingehendere Aufzeichnung und kritische Erörterung einzelner möglicher Technologien zur Führung und Abrechnung der Steuerverrechnungskonten hat allerdings von der einschlägigen Fachdisziplin zu erfolgen. Obgleich des somit verbleibenden Forschungsbedarfs, erscheint eine erhebliche Minderung der Mehrbelastung der Steuerpflichtigen gegenüber der zuletzt erfolgten Bewertung vor fast 15 Jahren aufgrund des angeführten technologischen Fortschritts wahrscheinlich.926 Eine gewisse Mehrbelastung ergäbe sich gleichwohl selbst bei einer weitgehenden Automatisierung wegen der Notwendigkeit der Einführung, Anwendung und 921 Vergleiche hierzu und im Folgenden eingehend Beretta, International VAT Monitor 2018, 142. 922 Vergleiche Beretta, International VAT Monitor 2018, 142 (143); Kaya, Künstliche Intelligenz im Bankensektor, S. 5. 923 So und weitere Möglichkeiten durch die Nutzung von künstlicher Intelligenz aufzeigend Kaya, Künstliche Intelligenz im Bankensektor, S. 1. Vergleiche des Weiteren Beretta, International VAT Monitor 2018, 142 (143). 924 Ebenso López-Laborda/Peña, National Tax Journal 2018, 155 (164). 925 Zum Aspekt der Automatisierung eingehender Beretta, International VAT Monitor 2018, 142 (143). 926 Vergleiche entsprechend Englisch, in: FS Bundesfinanzhof, S. 1491 (S. 1523). Zu den Ergebnissen der Bewertung zudem Poddar, in: Krever/White, GST in Retro­ spect and Prospect, S. 179 (S. 191).

239

C.  Reformvorschläge zur Mehrwertbesteuerung der Kreditgewährung

Prüfung der Technologie weiterhin.927 Nach dem Reformvorschlag ohne weitere Modifizierungen käme diese Mehrbelastung nahezu den gesamten Steuerpflichtigen zu, weil eine Verpflichtung zur Führung von Steuerverrechnungskonten bereits gegeben wäre, wenn ein Steuerpflichtiger eine Einlage- oder Kreditgewährungsleistung erbringt oder sogar nur empfängt. Die verbleibende Mehrbelastung könnte sich nach wie vor als besonders nachteilig und fragwürdig zeigen, wenn der Steuerpflichtige kein Finanzinstitut ist und womöglich nur wenige Einlage- und Kreditgewährungsleistungen erbringt oder empfängt.928 3. Die verkürzte Cash-Flow-Besteuerung Zur Minderung des Steuerbefolgungsaufwands ist bereits gleichzeitig mit der Weiterentwicklung des Reformvorschlags eine verkürzte Form der Cash-Flow-Besteuerung mit Steuerverrechnungskonto, sog. Trun­ cated Cash-Flow-Besteuerung mit Tax Calculation Account, vorgelegt worden.929 a) Die Funktionsweise der zweiten Abwandlung Nach dieser weiteren Abwandlung ist die Anwendung der zahlungs­ stromorientierten Mehrwertbesteuerung mit Steuerverrechnungskonto zuvörderst auf Einlage- und Kreditgewährungsleistungen von Finanzinstituten eingegrenzt.930 Bezüglich der sonstigen Einlage- und Kreditgewährungsleistungen soll es dagegen aus Vereinfachungszwecken bei der geltenden Steuerbefreiung verbleiben.931 Ferner ist in Abgrenzung zu der vorherig besprochenen Spielart einzig das Finanzinstitut zur Führung und Abrechnung von Steuerverrechnungskonten verpflichtet.932 Wegen der festgestellten Spiegelbildlichkeit 927 Angemerkt sei, dass in Abgrenzung zu der geltenden Steuerbefreiungskonzeption mit der vollständigen Besteuerung der gesamten Leistungen keine Vorsteueraufteilung mit entsprechendem Steuerbefolgungsaufwand mehr notwendig wäre. 928 Vergleiche in der Vergangenheit bereits Friedrich-Vache, Verbrauchsteuerkon­ forme Umsatzbesteuerung von Finanzdienstleistungen, S. 120; EY, A study of ­Methods of Taxing Financial and Insurance Services, S. 114 u. S. 117. 929 Vergleiche Poddar/English, National Tax Journal 1997, 89 (107); EY, A study of Methods of Taxing Financial and Insurance Services, S. 117. 930 Vergleiche EY, A study of Methods of Taxing Financial and Insurance Services, S. 118. 931 Vergleiche Friedrich-Vache, Verbrauchsteuerkonforme Umsatzbesteuerung von Finanzdienstleistungen, S. 100. 932 Vergleiche Poddar/English, National Tax Journal 1997, 89 (108); Henkow, Finan­ cial Activities in European VAT, S. 328; Friedrich-Vache, Verbrauchsteuerkonfor-

240

I.  Der Reformvorschlag einer Cash-Flow-Besteuerung

der Besteuerungsfolgen wird von der Führung eines korrespondierenden Steuerverrechnungskontos durch einen vorsteuerabzugsberechtigten Leistungsempfänger abgesehen.933 Die Steuerberechnung leistet folglich einzig das Finanzinstitut. Zur Ermöglichung eines Vorsteuerabzugs hat das Finanzinstitut weiter regelmäßig eine Erklärung an den Leistungsempfänger auszugeben, aus welcher sich der berechnete und entrichtete Steuerbetrag ergibt.934 Aus der Erklärung kann der Leistungsempfänger, wie aus einer Rechnung, nach den allgemeinen Regelungen einen Vorsteuerabzug geltend machen.935 b) Bewertung der zweiten Abwandlung Mit der weiteren Abwandlung der Cash-Flow-Besteuerung wird zuvörderst der Steuerbefolgungsaufwand bei einem vorsteuerabzugsberech­ tigenden Leistungsbezug gegenüber der zuvor besprochenen Spielart ­erheblich gemindert, weil nur ein Steuerverrechnungskonto geführt werden und nur eine Steuerberechnung erfolgen muss. Die vorsteuerabzugsberechtigten Leistungsempfänger werden vollständig von den Erfassungs- und Berechnungspflichten entbunden. Für sie ergibt sich mithin kein gesteigerter Steuerbefolgungsaufwand mehr. Vielmehr können sie

me Umsatzbesteuerung von Finanzdienstleistungen, S. 120; Hiller, Cash-FlowSteuer und Umsatzsteuer, S. 262 f. 933 Vergleiche Poddar/English, National Tax Journal 1997, 89 (107); EY, A study of Methods of Taxing Financial and Insurance Services, S. 118; Friedrich-Vache, Verbrauchsteuerkonforme Umsatzbesteuerung von Finanzdienstleistungen, S. 120; Hiller, Cash-Flow-Steuer und Umsatzsteuer, S. 263. 934 Vergleiche Poddar/English, National Tax Journal 1997, 89 (107); Friedrich-Vache, Verbrauchsteuerkonforme Umsatzbesteuerung von Finanzdienstleistungen, S. 120 f.; Hiller, Cash-Flow-Steuer und Umsatzsteuer, S. 263.  935 Vergleiche Poddar/English, National Tax Journal 1997, 89 (107); EY, A study of Methods of Taxing Financial and Insurance Services, S. 118; Edgar, in: Krever/ White, GST in Retrospect and Prospect, S. 131 (S. 143); Hiller, Cash-Flow-Steuer und Umsatzsteuer, S. 263. Zum Teil wird zur Vereinfachung des Systems eine Nullsatzbesteuerung von Leistungen an Unternehmer vorgeschlagen, Poddar, in: Honohan, Taxation of Financial Intermediation, S. 345 (S. 366); de la Feria, ec Tax Review 2007, 74 (80); Friedrich-Vache, Verbrauchsteuerkonforme Umsatzbesteuerung von Finanzdienstleistungen, S. 121. Vorzugswürdig ist eine Nullsatzbesteuerung nach eigener Auffassung keineswegs. Einerseits wäre die womöglich schwierige und manipulationsanfällige Feststellung der Art des jeweiligen Leistungsempfängers nötig und zudem wäre eine Nullsatzbesteuerung eine weitere Abkehr von der herkömmlichen Mehrwertbesteuerung eines vorsteuerabzugsberechtigenden Leistungsbezugs. Die Erreichung einer wirklichen Vereinfachung des Besteuerungssystems erscheint entsprechend kaum möglich.

241

C.  Reformvorschläge zur Mehrwertbesteuerung der Kreditgewährung

genau wie bei sonstigen Vorleistungen, einen Vorsteuerabzug schlichtweg aufgrund der ausgestellten Erklärungen verlangen. Für die leistungserbringenden Finanzinstitute verbleibt es dagegen bei der angeführten Mehrbelastung.936 Zudem ist ein Finanzinstitut nach der Abwandlung zur Erklärung der entrichteten Steuerbeträge gegenüber dem Leistungsempfänger verpflichtet. Die Erklärungspflicht ist richtigerweise aber mit der Rechnungsausstellung im herkömmlichen Mehrwertsteuersystem vergleichbar und kann somit nicht als eine weitere Mehrbelastung nur aufgrund der vorgeschlagenen Mehrwertbesteuerung angesehen werden. Die Abwandlung der Cash-Flow-Besteuerung beseitigt mit der Modifi­ zierung der Funktionsweise folglich einen im Ergebnis mehrwertlosen Steuerbefolgungsaufwand der Leistungsempfänger ohne zugleich eigene negative Folgewirkungen zu erzeugen.937 Mit der vorgeschlagenen Funktionsweise wird sich zudem an das herkömmliche Mehrwertsteuersystem angenähert, was mit einer besseren Verwirklichungsmöglichkeit einhergehen könnte. Die Abwandlung zeigt sich bezüglich der Funktionsweise daher als eindeutig vorzugswürdig gegenüber der zuvor besprochenen Form der Cash-Flow-Besteuerung. Hingegen muss die vorgeschlagene Eingrenzung des Anwendungsbereichs der Cash-Flow Besteuerung gerügt werden. Mit der Eingrenzung des Anwendungsbereichs auf Leistungen von Finanzinstituten mag zwar die fragwürdig gebliebene Mehrbelastung der sonstigen Steuerpflichtigen abgewendet und aufgrund der geringeren Anzahl der einbezogenen Steuerpflichtigen eine leichtere Steuererhebung ermöglicht werden können.938 Zugleich würde aber die Abgrenzungsfrage, wann ein Steuerpflichtiger als Finanzinstitut angesehen und entsprechend in den Anwendungsbereich einbezogen werden muss, ausgelöst.939 Auf europäi936 Vergleiche kritisch diesbezüglich López-Laborda/Peña, National Tax Journal 2018, 155 (164); Edgar, in: Krever/White, GST in Retrospect and Prospect, S. 131 (S. 144); Friedrich-Vache, Verbrauchsteuerkonforme Umsatzbesteuerung von Finanzdienstleistungen, S. 136 u. S. 144. Entgegen Friedrich-Vache haben die Finanzinstitute aber nicht zwangsläufig eine Abgrenzung zwischen den Leistungsempfängern vorzunehmen. 937 Eine vergleichbare Bewertung erfolgt durch Hiller, Cash-Flow-Steuer und Umsatzsteuer, S. 263.  938 Vergleiche Henkow, Financial Activities in European VAT, S. 329; López-Laborda/ Peña, National Tax Journal 2018, 155 (164); EY, A study of Methods of Taxing Financial and Insurance Services, S. 120. 939 Vergleiche ebenso kritisch López-Laborda/Peña, National Tax Journal 2018, 155 (164); Friedrich-Vache, Verbrauchsteuerkonforme Umsatzbesteuerung von Fi-

242

I.  Der Reformvorschlag einer Cash-Flow-Besteuerung

scher Ebene könnte diesbezüglich erwogen werden zumindest im Zusammenhang mit dem Einlagen- und Kreditgeschäft etwa an die Begriffsbestimmung des Kreditinstituts nach Art. 4 Abs. 1 Nr. 1 der Verordnung über die Aufsichtsanforderungen an Kreditinstitute und Wertpapierfirmen anzuknüpfen.940 Ein Kreditinstitut ist demzufolge ein Unternehmen, dessen Tätigkeit darin besteht, Einlagen oder andere rückzahlbare Gelder des Publikums entgegenzunehmen und Kredite für eigene Rechnung zu gewähren. Auch wenn damit die generelle Abgrenzungsfrage möglicherweise zu klären wäre, wäre aber zu erwarten, dass sich die Abgrenzung im konkreten Fall aufgrund ihrer Auswirkungen auf die Steuerfolgen dennoch schwierig und streitanfällig gestalten würde. Wesentlicher noch ergeben sich erhebliche Zweifel hinsichtlich der Neutralitätsgerechtigkeit einer derartigen Ausgestaltung.941 Das Neutra­ litätsprinzip gebietet gleichartige Leistungen gleich zu behandeln, um eine Wettbewerbsgleichheit zu gewährleisten. Auch aus ökonomischer Perspektive ist die Neutralität der Besteuerung respektive die Abwesenheit von Verzerrungswirkungen eine grundlegende Anforderung an ein rationales Steuersystem. Nach der vorgeschlagenen Ausgestaltung käme es dementgegen in Abhängigkeit von der Art des Leistungserbringers zu einer Abweichung in der Mehrwertsteuerbelastung der Ausgangsleistungen.942 Für die Leis­ tungen von Finanzinstituten ergäbe sich eine sachgerechte Mehrwertsteuerbelastung. Zudem wäre bei einem vorsteuerabzugsberechtigenden Leistungsbezug eine vollständige Entlastung des Leistungsempfängers möglich. Bezüglich der Leistungen von sonstigen Steuerpflichtigen zeigten sich weiterhin die eingehend besprochenen Steuerbelastungswidrigkeiten der geltenden Steuerbefreiungskonzeption. Es ist naheliegend, dass dergestaltige Steuerbelastungsunterschiede weitergehende Verzerrungswirkungen erzeugen könnten.

nanzdienstleistungen, S. 145. Nur die Bedeutung der Abgrenzung ansprechend Europäische Kommission, The TCA System – Executive Summary. Eingehender zur Abgrenzungsfrage Poddar/English, National Tax Journal 1997, 89 (108 f.). 940 S. hierzu und im Folgenden Verordnung (EU) Nr. 575/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates, v. 27.6.2013, ABl. 2013, L 176/1. 941 Entsprechend Friedrich-Vache, Verbrauchsteuerkonforme Umsatzbesteuerung von Finanzdienstleistungen, S. 144 f. Im Ansatz zu möglichen Verzerrungswirkungen Poddar/English, National Tax Journal 1997, 89 (109); Reiß, IStR 2003, 515 (518). Weniger kritisch hingegen Henkow, Financial Activities in European VAT, S. 329.  942 Entsprechend hierzu und im Folgenden Friedrich-Vache, Verbrauchsteuerkonforme Umsatzbesteuerung von Finanzdienstleistungen, S. 145.

243

C.  Reformvorschläge zur Mehrwertbesteuerung der Kreditgewährung

Für vorsteuerabzugsberechtigte Leistungsempfänger bestünde grundsätzlich ein Anreiz hin zu Leistungen von Finanzinstituten, weil der Leistungsempfänger bei einem Leistungsbezug von einem Finanzinstitut sachgerecht keine Mehrwertsteuerbelastung, indes bei einem Leistungsbezug von einem sonstigen Steuerpflichtigen die abgewälzte Vorsteuerbelastung, zu tragen hätte. Eine entgegengesetzte Anreizwirkung wäre gegeben, wenn der Leistungsbezug nicht zu einem vorsteuerabzugsberechtigenden Zweck erfolgt. Eingehend besprochen worden ist, dass mit der Steuerbefreiungskon­ zeption aufgrund der Versagung des Vorsteuerabzugsrechts zwar eine gewisse Mehrwertsteuerbelastung der Ausgangsleistung einhergeht. Die Mehrwertsteuerbelastung aber grundsätzlich unter der sachgerechten Mehrwertsteuerbelastung liegen soll. Folglich wäre ein Leistungsempfänger ohne Vorsteuerabzugsrecht wegen der geringeren Mehrwertsteuerbelastung verleitet die Leistung eher von einem sonstigen Steuerpflichtigen und nicht von einem Finanzinstitut zu beziehen. Bereits in der Vergangenheit ist diesbezüglich kritisch ausgeführt worden, dass etwa im Fall des Verbrauchsgüterkaufs eine Substituierung der Bankenfinanzierung durch eine Herstellerfinanzierung zu erwarten wäre.943 Ferner ist zu berücksichtigen, dass in den letzten Jahren die Digitalisierung zu einer geringeren Ortsgebundenheit von Leistungen und der Entwicklung neuer Finanzierungsmöglichkeiten wie etwa dem Crowdfunding und somit zu weiteren Substituierungsmöglichkeiten geführt hat.944 Aufgrund der gegebenen Anreizwirkungen und der Substituierungsmöglichkeiten, würde die Eingrenzung des Anwendungsbereichs vermutlich

943 So Friedrich-Vache, Verbrauchsteuerkonforme Umsatzbesteuerung von Finanzdienstleistungen, S. 145. Für den Fall, dass eine Refinanzierung der Hersteller durch Kreditinstitute im Sinn der Regelungskonzeption erfolgte, könnte sich indes auch ein entgegengesetzter Anreiz ergeben, wenn die Kreditgewährungsleistung der Hersteller als eine gesonderte Leistung des Herstellers an den Kunden und nicht als Teil der steuerpflichtigen Sachleistung zu bewerten wäre. Der Hersteller wäre dann nämlich nicht zum Vorsteuerabzug hinsichtlich der Leistungen des Kreditinstituts berechtigt und hätte somit eine höhere Vorsteuerbelastung an den Kunden abzuwälzen. 944 Vergleiche hierzu Beretta, International VAT Monitor 2018, 142 (143). Zur rasanten Entwicklung des alternativen Finanzmarkts in Europa, vergleiche Ziegler ua., Expanding Horizons – The 3rd European Alternative Finance Industry Report, S. 20 ff., wonach ua. das Volumen des europäischen Online-Markts für alternative Finanzierungen im Jahresvergleich 2015/2016 um ca. 41% auf ein Volumen von ca. 7,6 Milliarden Euro angestiegen ist.

244

I.  Der Reformvorschlag einer Cash-Flow-Besteuerung

wenigstens eine gravierende Nachfrageverzerrung erzeugen.945 Eine Rechtfertigung der vorgeschlagenen Ausgestaltung unter dem Aspekt der Mehrwertbesteuerung der Leistungen und gleichzeitiger Vermeidung der zuvor fragwürdig gebliebenen Mehrbelastung der sonstigen Steuerpflichtigen ist ausgeschlossen. Aus dem eingeschränkten Anwendungsbereich könnte sich aber gar eine gänzliche Sinnlosigkeit der Einführung einer zahlungsstromorientierten Mehrwertbesteuerung ergeben. Kann eine Substituierung zwischen den Leistungen von Finanzinstituten und den Leistungen von sonstigen Steuerpflichtigen ohne jegliche Einschränkungen erfolgen, würden die Leistungen von Finanzinstituten womöglich nur von vorsteuerabzugs­ berechtigten Leistungsempfängern und die Leistungen der sonstigen Steuerpflichtigen nur von Leistungsempfängern ohne Vorsteuerabzugsberechtigung bezogen. Mit der zahlungsstromorientierten Mehrwertbesteuerung würde entsprechend zwar eine sachgerechte Entlastung der vorsteuerabzugsberechtigten Leistungsempfänger, aber keine Mehrwertsteuerbelastung der sonstigen Leistungsempfänger bewirkt. Eine eingeschränkte Nullsatzbesteuerung käme richtigerweise zu dem gleichen Besteuerungsergebnis nur ohne die angeführten Verzerrungswirkungen und mit einem wohl wesentlich geringeren Steuerbefolgungsaufwand. Eine Einschränkung des Anwendungsbereichs muss folglich abgelehnt werden. 4. Zusammenfassung Eingehend erörtert wurden die vorgeschlagenen Möglichkeiten einer zahlungsstromorientierten Mehrwertbesteuerung des Einlagen- und Kreditgeschäfts. Nach der Ausgangskonzeption einer zahlungsstromorientierten Mehrwertbesteuerung soll im Einlagen- und Kreditgeschäft eine Mehrwertbesteuerung der eingehenden Zahlungsströme und eine Vorsteuererstattung bezüglich der ausgehenden Zahlungsströme erfolgen. Festgestellt wurde, dass eine derartige Mehrwertbesteuerung zwar eine sachgerechte Mehrwertsteuerbelastung verbürgen und ohne wesentliche Schwierig945 Vergleiche entsprechend Friedrich-Vache, Verbrauchsteuerkonforme Umsatzbesteuerung von Finanzdienstleistungen, S. 145. Angemerkt werden muss, dass die Ausprägung der Verzerrungswirkungen richtigerweise ua. von dem Anwendungsbereich der zahlungsstromorientierten Mehrwertbesteuerung und somit letztlich von der Begriffsdefinition eines Finanzinstituts abhängig ist. Vergleiche Poddar/ English, National Tax Journal 1997, 89 (106).

245

C.  Reformvorschläge zur Mehrwertbesteuerung der Kreditgewährung

keiten in das geltende Mehrwertsteuersystem eingegliedert werden könnte. Es zeigten sich aber zugleich ernstliche Mängel ua. in Form von gravierenden Anpassungsschwierigkeiten bei der Einführung der Mehrwertbesteuerung und bei Steuersatzänderungen, einem erheblichen Steuererhebungs- und Steuerbefolgungsaufwand sowie einer zu Recht als problematisch erachteten Liquiditätsbeeinträchtigung, wenn eine Kreditgewährungsleistung zu einem vorsteuerabzugsberechtigenden Zweck bezogen wird. Aufgrund der Mängel ist der Reformvorschlag in der Ausgangskonzeption keine taugliche Reformoption. Die Weiterentwicklung des Reformvorschlags zu einer Cash-Flow-Besteuerung mit Steuerverrechnungskonto versucht die Feststellungen zu vereinigen, dass die Mängel der Ausgangskonzeption zuvörderst in der Mehrwertbesteuerung der Kapitalbewegungen gründen; zugleich aber die Mehrwertbesteuerung der Kapitalbewegungen ein notwendiger Ausgleich zu der Mehrwertbesteuerung der gesamten Zinszahlungen ist. Vorgeschlagen wird die Ergänzung der zahlungsstromorientierten Mehrwertbesteuerung um ein Steuerverrechnungskonto. Erfolgt eine eingehende oder ausgehende Zahlung, soll der entsprechende Steuerbetrag in das Steuerverrechnungskonto eingestellt und bis zum Abrechnungszeitpunkt verzinst werden. Ein Steuerverrechnungskonto würde von dem Leistungserbringer und, bei einem vorsteuerabzugsberechtigenden Leistungsbezug, zudem von dem Leistungsempfänger geführt werden. Aufgezeigt wurde, dass mit der vorgeschlagenen Ausgestaltung ebenso eine sachgerechte Mehrwertsteuerbelastung der Einlage- und Kreditgewährungsleistungen erreicht werden kann und überdies wesentliche Mängel der Ausgangskonzeption beseitigt wurden. Die Weiterentwicklung hat aber gleichzeitig andersartige Schwierigkeiten mit sich gebracht. Als weitgehend lösbar wurden die Schwierigkeiten angesichts der notwendigen Festlegung eines Verrechnungszinses als Näherung des reinen Zinses und möglicher Verrechnungszinsänderungen bewertet. Trotz technologischen Fortschritts verblieb hingegen der Steuerbefolgungsaufwand, welcher für die leistungserbringenden wie leistungsempfangenden Steuerpflichtigen aus der Verpflichtung zur Führung und Abrechnung der Steuerverrechnungskonten folgen würde, teilweise fragwürdig. Zur Minderung des Steuerbefolgungsaufwands ist eine weitere Abwandlung des Reformvorschlags eingebracht worden. Als vorzugswürdig an der sog. verkürzten Cash-Flow-Besteuerung mit Steuerverrechnungskonto wurde angesehen, dass ein vorsteuerabzugsberechtigter Leistungsempfänger nicht länger zur Führung eines spiegelbildlichen Steuerverrechnungskontos verpflichtet werden soll. Die zudem vorgenommene 246

II.  Ergänzender Reformvorschlag zur Mehrwertbesteuerung der Kreditgewährung

Eingrenzung des Anwendungsbereichs der zahlungsstromorientierten Mehrwertbesteuerung zeigte sich indes als nicht mit dem Neutralitätsprinzip vereinbar. Am Ende muss die verkürzte Cash-Flow-Besteuerung mit Steuerverrechnungskonto aber ohne Eingrenzung des Anwendungsbereichs als geeignetste Form einer zahlungsstromorientierten Mehrwertbesteuerung der Kreditgewährungsleistung festgehalten werden. Mit der Aufhebung der Eingrenzung des Anwendungsbereichs würde das Neutralitätsprinzip gewahrt. Es käme aber zugleich zu der fragwürdig verbliebenen Mehrbelastung der sonstigen Leistungserbringer. Eine Verwirklichung der Reform­ option kann deswegen bereits im Ausgangspunkt nur erwogen werden, wenn der Steuerbefolgungsaufwand aufgrund des technologischen Fortschritts soweit gemindert werden kann, dass er ebenso für die sonstigen Leistungserbringer tragbar erscheint. Selbst bei einer entsprechenden Minderung wäre eine Verwirklichung der Reformoption aber dennoch nicht verhältnismäßig, wenn die aufgezeigten Besteuerungsfolgen in anderer Weise mit einem noch geringeren Steuerbefolgungsaufwand erreicht werden könnten. Nachfolgend soll diesbezüglich ein ergänzender Reformvorschlag vorgestellt werden.

II. Ergänzender Reformvorschlag zur Mehrwertbesteuerung der Kreditgewährung Kaum erwogen worden ist bislang eine weitere Besteuerungsmöglichkeit, welche sich gleichwohl in Erkennung der grundlegenden Funk­ tionsweise der besprochenen Weiterentwicklung des Reformvorschlags einer Cash-Flow-Besteuerung mit Steuerverrechnungskonto zwangsläufig aufdrängt.946 1. Die grundlegende Konzeption des Reformvorschlags Die Erfassung und Verzinsung der Steuerbeträge in einem Steuerverrechnungskonto zu einem Verrechnungszins, als angenähertem Zins der rei946 Für einen vergleichbaren Vorschlag zur Mehrwertbesteuerung der Einlageleistung, Friedrich-Vache, Verbrauchsteuerkonforme Umsatzbesteuerung von Finanzdienstleistungen, S. 244. Vergleiche zudem mit einem im Ergebnis entsprechenden Auffangfaktor zur Entgeltermittlung López-Laborda/Peña, National Tax Journal 2018, 155 (168). Nur mit einer Andeutung entsprechender Erwägungen Schenk/Oldman, Tax Lawyer Vol. 44 (1990), 181 (190).

247

C.  Reformvorschläge zur Mehrwertbesteuerung der Kreditgewährung

nen Kapitalüberlassung, verfolgt in der Weiterentwicklung des Reformvorschlags, wie eingehend aufgezeigt, den Zweck, eine Steuerbelastung der Reinzinszahlungen trotz Anknüpfung der Mehrwertbesteuerung an die gesamten Kreditzinszahlungen zu verhindern. Bezüglich dieser Zielsetzung ist der Reformvorschlag aber möglicherweise nutzlos kompliziert. Anstatt die Steuerbelastung der Reinzinszahlungen über eine entgegengesetzte, angenäherte Reinverzinsung der Steuerbeträge auf die Kapitalbewegungen in einem Steuerverrechnungskonto aufzuheben, könnte ebenso nur eine Mehrwertbesteuerung der Kreditzinszahlungen abzüglich der angenäherten Reinverzinsung im Zeitpunkt der Zinszahlung erfolgen. Bezüglich des angeführten Fallbeispiels ergäben sich folglich aus der Auszahlung wie der Rückzahlung des Kreditbetrags gar keine Besteuerungsfolgen. Eine Erfassung, Aufzeichnung und Verzinsung der Kapitalbewegungen wäre in Abgrenzung zu der vorgenannten Reformoption gerade nicht notwendig. Nur die Zinszahlungen gingen mit einer Mehrwertbesteuerung einher. Als Steuerbemessungsgrundlage wäre die Kreditzinszahlung in Höhe von 150 abzüglich des (angenäherten) Anteils der Reinverzinsung in Höhe von 120 heranzuziehen. Mithin würde eine sachgerechte Mehrwertsteuerbelastung der Kreditgewährungsleistung in Höhe von 3 auferlegt. Für die Einlageleistung wäre die Steuerbemessungsgrundlage die (angenäherte) Reinverzinsung in Höhe von 120 abzüglich der Einlagezinszahlung in Höhe 100.947 Es ergäbe sich somit – wie nach den vorgenannten Reformoptionen, eine Mehrwertsteuerbelastung der Einlageleistung in Höhe von 2.  Anzumerken ist, dass sich nach dem ergänzenden Reformvorschlag stets das gleiche Belastungsergebnis, wie nach der vorgenannten Reformoption, ergibt, weil eine Äquivalenz zwischen dem Abzug einer (angenäherten) Reinverzinsung der Mehrwertsteuerbelastung der Kapitalbeträge

947 Aufgrund der Ausrichtung der Ausarbeitung auf die Kreditgewährungsleistung ist hier keine eingehende Prüfung der Besteuerungswürdigkeit der Einlageleistung vorgenommen worden. Es wird insoweit in Übereinstimmung mit den Reformvorschlägen der Cash-Flow-Besteuerung angenommen, dass das besteuerungswürdige Entgelt im Fall der Einlageleistung der Zinsabschlag zwischen Reinverzinsung und Einlageverzinsung ist. Angedeutet sei allerdings, dass unter Zugrundelegung der Leitlinien der persönlichen Ausgabenbesteuerung möglicherweise auch eine andere Auffassung vertretbar wäre.

248

II.  Ergänzender Reformvorschlag zur Mehrwertbesteuerung der Kreditgewährung

und dem Abzug der Reinverzinsung von der Steuerbemessungsgrundlage gegeben ist.948 Eine derartige Mehrwertbesteuerung zeigt sich nach eigener Auffassung als grundlegend vorzugswürdig gegenüber der vorgenannten Reformoption. Zuvörderst wäre der Steuerbefolgungsaufwand erheblich geringer.949 Die Erfassung der Kapitalbewegungen sowie die Führung und Ab­ rechnung von Steuerverrechnungskonten wären nach dem ergänzenden Reformvorschlag gerade nicht notwendig. Vielmehr hätte der Steuerpflichtige, wie aufgezeigt, bei der Zinsabrechnung nur einen auf mitgliedstaatlicher Ebene vorgegebenen Verrechnungszins in Abzug zu bringen und den verbleibenden Betrag als Steuerbemessungsgrundlage der Mehrwertbesteuerung zugrunde zu legen. Die Erhebungsweise entspräche folglich quasi vollständig der bekannten Erhebungsweise der Mehrwertsteuer. Mithin könnten einerseits in Abgrenzung zu der vorgenannten Reformoption bereits keine allgemeinen Einwände wegen der nicht gewohnten Erhebungsweise vorgebracht werden.950 Weiter wäre die Erhebungsweise insbesondere für Steuerpflichtige von geringerer Unternehmensgröße oder mit nur wenigen Einlage- oder Kreditgewährungsleistungen eindeutig verträglicher. Mit der Anknüpfung der Mehrwertbesteuerung direkt an das angenäherte Leistungsentgelt wäre die Aufkommensgenerierung zudem vollständig transparent. Weil eine Erfassung und Mehrwertbesteuerung der Kapitalbewegungen nicht länger erfolgte, ergäben sich keine besonderen Schwierigkeiten re948 Vergleiche entsprechend Poddar, in: Honohan, Taxation of Financial Intermediation, S. 345 (S. 365). Auf eine Einordnung der sich ergebenden Mehrwertsteuerbelastung kann mithin verzichtet werden. Erwähnt werden soll nur, dass die Erreichung einer sachgerechten Mehrwertsteuerbelastung nach dem ergänzenden Reformvorschlag ebenso wie im Fall einer Cash-Flow-Besteuerung mit Steuerverrechnungskonto von einer möglichst genauen Näherung der Reinverzinsung abhängig ist. Die Näherung der Reinverzinsung wurde im Rahmen der Auseinandersetzung aber als möglich und die Folgewirkungen kleinerer Abweichungen als grundsätzlich hinnehmbar bewertet (S. 258 ff.). 949 Aus denselben Erwägungen ist der Reformvorschlag auch dem Reformvorschlag von Zee vorzuziehen. Der Reformvorschlag von Zee würde nämlich insbesondere wegen der notwendigen Führung des Verrechnungskontos mit einem erheblich höheren Steuerbefolgungsaufwand einhergehen. S. hierzu López-Laborda/Peña, International VAT Monitor 2017, 457 (458); Kerrigan, International VAT Monitor 2010, 103 (107); Englisch, in: FS Bundesfinanzhof, S. 1491 (S. 1521); Edgar, in: Krever/White, GST in Retrospect and Prospect, S. 131 (S. 144). 950 Zu der Besorgnis wegen der nicht gewohnten Erhebungsweise im Fall einer Cash-Flow-Besteuerung mit Steuerverrechnungskonto, Fn. 917.

249

C.  Reformvorschläge zur Mehrwertbesteuerung der Kreditgewährung

spektive Anpassungs- oder Bewertungsnotwendigkeiten im Zeitpunkt der Einführung der Mehrwertbesteuerung, wie im Fall von nachfolgenden Steuersatzänderungen.951 Auch diesbezüglich würde mithin eine Vereinfachung der Mehrwertsteuererhebung gegenüber der vorgenannten Reformoption ohne Auswirkungen auf die sich ergebende Mehrwertsteuerbelastung erreicht. Die Ermittlung des Verrechnungszinses könnte, wie schon im Zusammenhang mit dem Reformvorschlag der Cash-Flow-Besteuerung mit Steuerverrechnungskonto erörtert wurde, monatlich erfolgen. Für den Fall, dass sich etwa während einer jährlichen Zinszahlungsperiode der vorgegebene Verrechnungszins veränderte, wäre sodann das arithmetische Mittel der vorgegebenen monatlichen Verrechnungszinsen während der Zinszahlungsperiode zu bilden und von der Kreditverzinsung in Abzug zu bringen.952 Der ergänzende Reformvorschlag ist des Weiteren ebenso gegenüber dem Reformvorschlag von López-Laborda/Peña vorzugswürdig, weil von einer aufwendigen und zugleich manipulationsgefährdeten, wie möglicherweise verzerrungswirkenden Ermittlung des persönlichen Abzugsfaktors eines Steuerpflichtigen zur Feststellung des Leistungsentgelts abgesehen wird. Nach einer eingehenden Auseinandersetzung mit den möglichen Reform­ optionen muss eine allgemeine Mehrwertbesteuerung der Kreditgewährungsleistung nach dem ergänzenden Reformvorschlag angeraten werden. Mit einer derartigen Mehrwertbesteuerung ist eine weitgehend sachgerechte Mehrwertsteuerbelastung der Kreditgewährungsleistung möglich, ohne zugleich die Steuererhebung erheblich zu verkomplizieren. Mit der simplen Möglichkeit der Mehrwertbesteuerung der Kredit951 Im Fall einer Steuersatzänderung wäre vielmehr wie allgemein in der Vergangenheit bereits bei Steuersatzänderungen während des Leistungszeitraums einer ­Dauerleistung vorzugehen. Vergleiche in dem Zusammenhang zur Anhebung des allgemeinen Steuersatzes zum 1.1.2007, BMF, v. 11.8.2006, IV A 5 – S 7210 – 23/06, ­BStBl. I 2006, 477 (481). Zur Einordnung der Kreditgewährungsleistung als Dauerleistung BFH, v. 21.7.1988, V R 201/83, BFHE 154, 261 (264); Philipowski, in: Rau/Dürrwächter, EL März 2019, § 4 Nr. 8, Rz. 32. 952 Läge der Verrechnungszins pro annum etwa während der Monate Januar bis Juni bei 10% und während der Monate Juli bis Dezember bei 11% und würde sodann im Dezember die jährliche Kreditzinszahlung in Höhe von 12% erfolgen, wäre von der Kreditverzinsung in Höhe von 12% ein Verrechnungszins in Höhe von (6*10+6*11):12=10,5% abzuziehen. Zur Notwendigkeit einer solchen Mischverzinsung auch im Fall der Cash-Flow-Besteuerung mit Steuerverrechnungskonto, siehe bereits Fn. 904.

250

II.  Ergänzender Reformvorschlag zur Mehrwertbesteuerung der Kreditgewährung

gewährungsleistung verliert die geltende Steuerbefreiungskonzeption im europäischen Mehrwertsteuersystem ihre Rechtfertigung. Ebenso wäre die Einführung einer allgemeinen Nullsatzbesteuerung der Kreditgewährungsleistung, welche von den derzeitig verfolgten Besteuerungskonzeptionen als vorzugswürdig angesehen wurde, angesichts der gegebenen Besteuerungsmöglichkeit keiner Rechtfertigung zugänglich. Zur zielgerechten Verfolgung bestimmter Sozialzwecke könnte aber eine entsprechend zugeschnittene Nullsatzbesteuerung bzw. Steuerbefreiung ohne einhergehende Versagung des Vorsteuerabzugsrechts eingeführt werden. Zudem wäre in Erkennung der mangelnden Besteuerungswürdigkeit und den zumindest auf nationaler Ebene sonst eintretenden Kapitalverschiebungen, eine echte Steuerbefreiung von Leistungen an juristische Personen des öffentlichen Rechts dringend zu erwägen. 2. Die Mehrwertbesteuerung der Kreditgewährung in der Niedrigzinsphase Das derzeitige Jahrzehnt ist durch eine anhaltende Niedrigzinsphase geprägt.953 Bereits seit März 2016 beträgt etwa der Hauptrefinanzierungszins der Europäischen Zentralbank 0,00%. Die Verzinsung der Einlagenfazilität hat mit nunmehr -0,50% sogar ein negatives Niveau erreicht. Folglich erhalten Finanzinstitute nicht mehr nur keine Zinszahlungen, wenn sie kurzfristig überschüssiges Kapital bei der Zentralbank anlegen. Vielmehr müssen gegenwärtig entgegengesetzt die Finanzinstitute eine Zinszahlung an die Zentralbank wegen der Entgegennahme des Kapitals leisten. Auf die Niedrigzinspolitik der Europäischen Zentralbank haben derweil bereits viele Finanzinstitute mit der Weitergabe der negativen Einlagenverzinsung an ihre Kunden reagiert.954 Einige Finanzinstitute gehen weiter und vergeben unter besonderen Voraussetzungen sogar Kredite mit einer negativen Verzinsung.955 Mit der Vergabe von Krediten mit einer negativen, aber über der Verzinsung der Einlagefazilitäten liegenden Verzinsung, versuchen die Finanzinstitute eine Kostenminderung bezüglich des überschüssigen Kapitals zu erzielen. 953 Vergleiche zur Zinsentwicklung https://data.oecd.org/interest/short-term-interest-rates.htm#indicator-chart. Zur Entwicklung der EZB-Zinssätze s. zudem Deutsche Bundesbank, EZB-Zinssätze – Statistik ab 1999.  954 Eingehend hierzu Vogel, BKR 2018, 45. Ferner relativ detailliert zur Einführung der Negativzinsen durch einzelne Finanzinstitute Wagner, BKR 2017, 315.  955 Vergleiche diesbezüglich und im Folgenden Philipowski, in: Rau/Dürrwächter, EL März 2019, § 4 Nr. 8, Rz. 64.

251

C.  Reformvorschläge zur Mehrwertbesteuerung der Kreditgewährung

Zur Vervollständigung der Auseinandersetzung muss erwogen werden, welche Folgen sich aus einer derartigen Zinsentwicklung bezüglich der vorgeschlagenen Mehrwertbesteuerung der Kreditgewährungsleistung ergeben. Zuvörderst ist möglich, dass die Kreditgewährung zwar zu einer negativen Kreditverzinsung erfolgt. Die Kreditverzinsung aber gleichwohl weiterhin über der ebenso negativen Reinverzinsung liegt.956 Ausgehend von den bisherigen Erwägungen, wäre in einem derartigen Fall trotz negativer Kreditverzinsung richtigerweise weiterhin ein Leistungsentgelt des Kreditempfängers bezüglich der Kreditgewährungsleistung gegeben. Läge die Reinverzinsung beispielsweise bei -2%, erhielte der Kreditgeber für die reine Kapitalüberlassung eines Kreditbetrags in Höhe von 1.000 im Zeitpunkt T0 und bei Rückzahlung im Zeitpunkt T1, nur einen Kapitalbetrag in Höhe von 980 zurück. Die negative Reinverzinsung muss mangels Besteuerungswürdigkeit von der Mehrwertbesteuerung ausgeklammert werden. Würde weiter bei der angegebenen negativen Reinverzinsung eine Kreditverzinsung von -1% vereinbart werden, hätte entsprechend im Zeitpunkt T1 nunmehr eine Rückzahlung in Höhe von 990 zu erfolgen. Erkenntlich wird, dass die Kreditgewährungsleistung trotz negativer Kreditverzinsung entgolten wird. Entsprechend ist von einer entgeltlichen und somit zu besteuernden Kreditgewährungsleistung trotz negativer Kreditverzinsung auszugehen, wenn die Kreditverzinsung höher als die Reinverzinsung ist. Weiter ist möglich, dass die Kreditgewährung zu einem negativen und zudem unter der Reinverzinsung liegendem Zins erfolgt. Eine entgeltliche Kreditgewährungsleistung ist in einer derartigen Fallgestaltung eindeutig nicht gegeben.957 Erwogen werden könnte aber eine entgegengesetzte entgeltliche Einlage- oder Verwahrungsleistung des Empfängers des Kreditbetrags an den Kreditgeber.958 Als Entgelt wäre entsprechend die Reinverzinsung abzüglich der Kreditverzinsung zu erachten. Vergleichbar wird bereits zum Teil, ua. bei Stromlieferungen zu negativen Leistungsentgelten, eine Lieferung des Anbieters abgelehnt und eine 956 Hingegen werden die Folgen einer negativen Kreditverzinsung von Philipowski zu pauschal ohne eine entsprechende Abgrenzung nach der Beziehung von Kreditverzinsung zur Reinverzinsung eingeordnet, vergleiche Philipowski, in: Rau/ Dürrwächter, EL März 2019, § 4 Nr. 8, Rz. 65 ff. 957 Nicht überzeugend ist die Erwägung einer Entgeltlichkeit aufgrund einer Zuwendung von ersparten Aufwendungen vom Kreditnehmer an den Kreditgeber, aA. Philipowski, in: Rau/Dürrwächter, EL März 2019, § 4 Nr. 8, Rz. 66.  958 Vergleiche Philipowski, in: Rau/Dürrwächter, EL März 2019, § 4 Nr. 8, Rz. 67.

252

II.  Ergänzender Reformvorschlag zur Mehrwertbesteuerung der Kreditgewährung

sonstige Leistung des Abnehmers in Form einer Entsorgungsleistung angenommen.959 Eine derartige Einordnung der Leistungsbeziehungen überzeugt angesichts der vertraglichen Vereinbarungen allerdings nicht.960 Der Empfänger des Kreditbetrags will im Fall einer negativen Kreditver­ zinsung grundsätzlich keine Verwahrungsleistung an den Kreditgeber erbringen. Ebenso will der Kreditgeber keineswegs eine Verwahrungsleistung empfangen. Mit der negativen Kreditverzinsung will der Kreditgeber vielmehr einzig einen Anreiz zur Entgegennahme der Kreditgewährungsleistung geben, um so eine Minderung der eigenen Kosten gegenüber sonstigen Anlagemöglichkeiten zu erwirken. Folglich kann im Fall einer negativen und zudem unter der Reinverzinsung liegenden Kreditverzinsung grundsätzlich keine entgegengesetzte Einlage- oder Verwahrungsleistung des Empfängers des Kreditbetrags an den Kreditgeber angenommen werden.

959 So Korn, in: Bunjes/Geist, § 10, Rz. 7; Korf, UVR 2019, 344 (345); ders., UVR 2011, 116 (118); Abschnitt 1.7 Absatz 1 Satz 3 UStAE. Zudem Trinks, International VAT Monitor 2017, 279 (280). 960 Auch Philipowski, in: Rau/Dürrwächter, EL März 2019, § 4 Nr. 8, Rz. 65; aA. Trinks, International VAT Monitor 2017, 279 (280).

253

Schlussbetrachtung Die vorliegende Arbeit hat die Mehrwertbesteuerung der Kreditgewährungsleistung im europäischen Mehrwertsteuersystem betrachtet. Als zentrale Forschungsfrage galt zu beantworten, ob eine Änderung oder Aufhebung der Mehrwertsteuerbefreiung der Kreditgewährungsleistung im europäischen Mehrwertsteuersystem geboten ist. Einleitend ist eine Erläuterung der grundlegenden Anforderungen an die Ausgestaltung des europäischen Mehrwertsteuerrechts, zuvörderst der Grundprinzipien des europäischen Mehrwertsteuerrechts, vorgenommen worden. Aufgrund des besonderen ökonomischen Einschlags der Forschungsfrage ist in Ergänzung zudem eine Auseinandersetzung mit den ökonomischen Anforderungen an ein rationales Steuersystem und dem Verhältnis der ökonomischen Anforderungen zu den Grundprinzipien des Mehrwertsteuerrechts erfolgt. Aus Art. 20 EU-GrCh ergab sich die grundlegende Forderung einer gleichmäßigen steuerlichen Lastenauferlegung. Mit der Ableitung des Leistungsfähigkeitsprinzips und weiter des Verbrauchsteuerprinzips ist die notwendige Konkretisierung des Gleichbehandlungsgebots geleistet worden. Festgehalten wurde, dass der Normgeber bei der Ausgestaltung des europäischen Mehrwertsteuersystems an die konkretisierte Forderung einer gleichmäßigen Lastenauferlegung entsprechend der steuerlichen Konsumleistungsfähigkeit, angezeigt in Form von konsumtiven Vermögensverwendungen, gebunden ist. Eine Abweichung von diesem allgemeinen Rechtsgrundsatz bedarf einer Rechtfertigung unter Wahrung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes. Weiter ist der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz bei der Ausgestaltung des Mehrwertsteuersystems als Einschränkung der Einschränkungsmöglichkeiten der unternehmerischen Freiheit aus Art. 16 EU-GrCh zu berücksichtigen. Aus ökonomischer Perspektive wird ein Steuersystem va. an der Maxime der wirtschaftlichen Effizienz gemessen. Ausgeführt wurde, dass die ­Maxime der wirtschaftlichen Effizienz grundsätzlich als Neutralitäts­ forderung verstanden werden kann. Eine verzerrende Einwirkung der Mehrwertbesteuerung auf die Entscheidungen der Steuerpflichtigen, wie ebenso der Steuerträger, ist demzufolge zu vermeiden. Das Verhältnis von mehrwertsteuerrechtlichen Grundprinzipien und ökonomischen Erwägungen ist durch die aufgeworfene Forschungsfrage vorgegeben. Ist die Forschungsfrage, wie hier, auf die Auseinander­setzung mit der geltenden Mehrwertsteuerbefreiung wie möglichen Reform­ 255

Schlussbetrachtung

optionen im europäischen Mehrwertsteuersystem ausgerichtet, können nur die mehrwertsteuerlichen Grundprinzipien va. das Leistungsfähigkeitsprinzip das primäre Leitprinzip abgeben. Eine Einbeziehung der ökonomischen Erwägungen zeigte sich gleichwohl zur Konkretisierung des Leistungsfähigkeitsprinzips sowie zur Ableitung und Einordnung der ökonomischen Wirkung der rechtlichen Ausgestaltung dringend geboten. Anhand des Leistungsfähigkeitsprinzips und unter Einbeziehung der ökonomischen Erwägungen, ist sodann eine Erörterung der grundsätzlichen Besteuerungswürdigkeit der Kreditgewährungsleistung und anknüpfend der derzeitigen Mehrwertsteuerbefreiungskonzeption im europäischen Mehrwertsteuersystem erfolgt. Zuvörderst ist festgehalten worden, dass ein Leistungsbezug zu einem anderen als einem privaten Zweck kein Ausdruck von Konsumleistungsfähigkeit ist und folglich keine endgültige Mehrwertsteuerbelastung rechtfertigen kann. Im Übrigen ergab eine weitergehende Auseinandersetzung mit dem konsumtiven Aspekt der Vermögensverwendung, dass der Leistungsbezug der Kreditgewährungsleistung zu privaten Zwecken zumindest in Höhe des Zinsaufschlags abzüglich des Risikoaufschlags die notwendige Konsumleistungsfähigkeit indiziert und somit der Mehrwertbesteuerung zu unterwerfen ist. Eine vollständige Mehrwertsteuerbefreiung der Kreditgewährungsleistung ist daher eine rechtfertigungsbedürftige Abweichung von Art. 20 EU-GrCh in der Konkretisierung des Leistungsfähigkeitsprinzips. Weiter ist unter Einbeziehung des Aspekts der intertemporalen Neutralität abgeleitet worden, dass das besteuerungswürdige Entgelt im Fall der Kreditgewährungsleistung im Ergebnis die Kreditzinszahlung abzüglich der theoretischen Reinverzinsung ist. Ein weitergehender Abzug etwaiger Risikozuschläge wurde als nicht angezeigt eingeordnet. Die geltende Mehrwertsteuerbefreiung der Kreditgewährungsleistung unter grundsätzlicher Versagung des Vorsteuerabzugsrechts des Kreditgebers soll vor der angeführten Feststellung aus einem Vereinfachungsgrund gerechtfertigt werden können. Weil die Reinverzinsung eine Ver­ zinsung der ökonomischen Theorie ist, soll sich die Ableitung der Steuerbemessungsgrundlage nach verbreiteter Meinung zu kompliziert zeigen und deswegen den Steuerpflichtigen nicht zugemutet werden können. Eine vollständige Freiheit der Leistung von einer Mehrwertsteuerbelastung soll mit der Versagung des Vorsteuerabzugs des Kreditgebers verhindert werden. 256

Schlussbetrachtung

Eingehend aufgezeigt worden ist aber, dass die geltende Ausgestaltung der Mehrwertbesteuerung der Kreditgewährungsleistung in vielgestaltiger Weise den mehrwertsteuerrechtlichen Grundprinzipien sowie den ökonomischen Rationalitätsanforderungen widerspricht. Als schwerwiegende Mängel der geltenden Rechtslage wurden ua. die gleichheitswidrige Mehrwertsteuerbelastung im Fall der Leistungserbringung an Steuerpflichtige, wie die einhergehenden Nachfrageverzerrungen, die Verleitung des Kreditgebers zur Eingliederung von Vorleistungen, die komplexe Steuerbefolgung, wie Steueranwendung und die Wettbewerbsverzerrungen bei grenzüberschreitender Leistungserbringung eingeordnet. Festgehalten wurde zudem, dass die nationale Möglichkeit der Optierung zur Steuerpflicht bezüglich der angeführten Mängel realiter kaum eine Abmilderung leisten kann. Eine Erwägung systemgerechterer Möglichkeiten zur Einfügung der Kreditgewährungsleistung in das europäische Mehrwertsteuersystem wurde folglich als dringend geboten angesehen. Zur Ableitung von Reformmöglichkeiten wurden zuerst einige Mehrwertsteuerordnungen betrachtet, welche bezüglich der Kreditgewährungsleistung keine Mehrwertsteuerbefreiung nach europäischem Vorbild vorsehen. Es konnten im Wesentlichen vier weitere grundsätzliche Formen der Mehrwertbesteuerung der Kreditgewährungsleistung ermittelt werden: die Nullsatzbesteuerung, die Mehrwertsteuerbefreiung mit anteiligem Vorsteuerabzugsrecht, die Mehrwertbesteuerung nur expliziter Leistungsentgelte und die Mehrwertbesteuerung der gesamten Kreditzinszahlungen. In ihrer generellen Regelungskonzeption zeigen die angeführten Besteuerungsansätze zumeist bedeutsame Vorzüge gegenüber der europäischen Mehrwertsteuerbefreiung. Dagegen wurde im Zuge der Auseinandersetzung mit den konkreten Ausgestaltungen der einzelnen Mehrwertsteuerordnungen erkenntlich, dass eine Verwirklichung der jeweilig angestrebten Regelungskonzeption in den Ländern va. aufgrund politischer Einwirkungen nur mit gewissen Einschränkungen erfolgt ist. Aus den Einschränkungen ergaben sich eigenständige und zum Teil gravierende Mängel der jeweiligen Länderpraktiken. Eine überzeugende Mehrwertbesteuerung der Kreditgewährungsleistung wird in keiner der betrachteten Mehrwertsteuerordnungen erreicht. Aus der Auseinandersetzung mit den abweichenden Länderpraktiken konnte somit keine sachgerechte und zugleich politisch realisierbare Reformmöglichkeit abgeleitet werden. Weiter wurden Reformvorschläge zur Mehrwertbesteuerung der Kre­ ditgewährungsleistung vorgestellt. Einer eingehenden Erörterung unterzogen wurde der Vorschlag einer Cash-Flow-Besteuerung mit seinen 257

Schlussbetrachtung

nachfolgenden Weiterentwicklungen. In der Ausgangskonzeption ist der Reformvorschlag durch eine Mehrwertbesteuerung der eingehenden Zahlungsströme und eine Vorsteuererstattung bezüglich der ausgehenden Zahlungsströme geprägt. Nachgewiesen wurde, dass eine derartige Mehrwertbesteuerung eine sachgerechte Mehrwertsteuerbelastung der Kreditgewährungsleistung verbürgen kann. Zugleich zeigten sich aber ernstliche Mängel des Reformvorschlags ua. in Form von Anpassungsschwierigkeiten bei der Einführung der vorgeschlagenen Mehrwertbesteuerung, wie bei nachfolgenden Steuersatzänderungen, und einem erheblichen Steuererhebungs- und Steuerbefolgungsaufwand. Festgehalten wurde, dass die angeführten Mängel des Reformvorschlags aus der Mehrwertbesteuerung der Kapitalbewegungen folgen, welche allerdings zur Erreichung einer sachgerechten Mehrwertsteuerbelastung nach dem Reformvorschlag zwangsläufig geboten ist. Aufgrund der Mängel wurde der Reformvorschlag in der Ausgangskonzeption nicht als taugliche Reformoption angesehen. Mit der Weiterentwicklung des Reformvorschlags, zuerst durch die Einführung eines sog. Steuerverrechnungskontos, wurden die Mängel der Ausgangskonzeption weitgehend eliminiert. Zum Teil fragwürdig verblieb trotz technologischen Fortschritts aber der Steuerbefolgungs­ aufwand, welcher für die leistungserbringenden, wie leistungsemp­ fangenden Steuerpflichtigen, mit der Führung und Abrechnung der Steuerverrechnungskonten einhergehen würde. Eben diesbezüglich ist nachfolgend eine weitere Abwandlung des Reformvorschlags erwogen worden. Nach der weiteren Abwandlung soll mit einer Eingrenzung des Anwendungsbereichs der vorgeschlagenen Mehrwertbesteuerung und zudem durch die Verpflichtung nur der leistungserbringenden Steuerpflichtigen zur Führung und Abrechnung der Steuerverrechnungskonten eine erhebliche Minderung des Aufwands der Steuererhebung und Steuerbefolgung erreicht werden können. Letztere Modifizierung überzeugte. Entgegen wurde die vorgeschlagene Eingrenzung des Anwendungsbereichs als nicht mit dem Neutralitätsprinzip vereinbar eingeordnet. Am Ende wurde festgehalten, dass eine verkürzte Form der Cash-Flow-Besteuerung mit Steuerverrechnungskonto aber ohne Eingrenzung des Anwendungsbereichs als tauglichste Spielart der in der Vergangenheit eingebrachten Reformvorschläge angesehen werden muss. Richtigerweise wäre die Einführung einer derartigen Mehrwertbesteuerung gleichwohl nicht verhältnismäßig, wenn dieselbe Mehrwertsteuerbelastung in ande-

258

Schlussbetrachtung

rer Weise mit einem geringeren Aufwand für die Steuerpflichtigen erreichbar wäre. Mit dem ergänzenden Reformvorschlag ist eine ebenso sachgerechte und zugleich erheblich simplere Möglichkeit zur Mehrwertbesteuerung der Kreditgewährungsleistung aufgezeigt worden. Angeraten wird eine Mehrwertbesteuerung der Kreditzinszahlungen abzüglich einer von der Europäischen Union festgelegten und stetig angepassten Näherung der Reinverzinsung. Weil nun eine simple Methode zur Mehrwertbesteuerung der Kreditgewährungsleistung gegeben ist, verliert die Mehrwertsteuerbefreiung ihre Rechtfertigung. Der Rechtsetzer ist folglich zur Aufhebung der Mehrwertsteuerbefreiung verpflichtet.

259

Anlagen Anlage 1: Herleitung der optimalen intertemporalen KonsumgüteralloAnlagesowie 1: Herleitung der optimalenGrenzrate intertemporalen Konsumgüterallokation kation der entsprechenden der Substitution im Besteue-sowie der entsprechenden Grenzrate der Substitution im Besteuerungsfall (Besteuerungsfall 1): rungsfall (Besteuerungsfall 1):

max! U (c1, c2) u. Nb. Y = (1+t)p1c1 +

(ଵା୲)୮ଶୡଶ (ଵା୰)

Die Lagrange-Funktion ergibt sich somit als: ȁ(c1, c2Ȝ  U (c1, c2 Ȝ (Y - (1+t)p1c1 -

(ଵା୲)୮ଶୡଶ (ଵା୰)

)

Als notwendige Bedingungen für das Nutzenoptimum erweisen sich folglich: (I) (II) (III)

ஔஃ

ஔ୙

ஔୡଵ

= ஔୡଵ - Ȝ(1+t)p1 = 0

ஔୡଶ

= ஔୡଶ - Ȝ

ஔஃ

ஔஃ ஔ஛

ஔ୙

(ଵା୲)୮ଶ (ଵା୰)

=0

= Y - (1+t)p1c1 -

(ଵା୲)୮ଶୡଵ (ଵା୰)

=0

Führt man die Gleichungen (I) und (II) zusammen, so ergibt sich: (IV)

ಌ౑ ಌౙభ ಌ౑ ಌౙమ

= (1+r)

୮ଵ ୮ଶ

Als intertemporale Grenzrate der Substitution ergibt sich mithin: MRSc2c1 = - (1+r)

୮ଵ ୮ଶ

261

Anlagen

Anlage 2: Herleitung der optimalen intertemporalen Konsumgüterallokation sowie der en

Anlage 2: Herleitung optimalen intertemporalen Konsumgüterallosprechenden Grenzrate der der Substitution bei Besteuerung auch der Reinzinszahlungen (Beste kation sowie der entsprechenden Grenzrate der Substitution bei Besteuerungsfall erung auch2):der Reinzinszahlungen (Besteuerungsfall 2):

max! U (c1, c2) u. Nb. Y = (1+t)p1c1 +

(ଵା୲)୮ଶୡଶ ଵା୰(ଵା୲)

Die Lagrange-Funktion ergibt sich somit als: ȁ(c1, c2Ȝ  U (c1, c2 Ȝ (Y - (1+t)p1c1 -

(ଵା୲)୮ଶୡଶ ଵା୰(ଵା୲)

)

Als notwendige Bedingungen für das Nutzenoptimum erweisen sich folglich: (I) (II) (III)

ஔஃ

ஔ୙

ஔୡଵ

= ஔୡଵ - Ȝ(1+t)p1 = 0

ஔୡଶ

= ஔୡଶ - Ȝଵା୰(ଵା୲) = 0

ஔஃ

ஔஃ ஔ஛

ஔ୙

(ଵା୲)୮ଶ

= Y - (1+t)p1c1 -

(ଵା୲)୮ଶୡଵ ଵା୰(ଵା୲)

=0

Führt man die Gleichungen (I) und (II) zusammen, so ergibt sich: (IV)

ಌ౑ ಌౙభ ಌ౑ ಌౙమ

୮ଵ

= [1+r(1+t)] ୮ଶ

Als intertemporale Grenzrate der Substitution ergibt sich mithin: ୮ଵ

MRSc2c1 = - [1+r(1+t)] ୮ଶ

262

Anlagen

Anlage der optimalen optimalenintertemporalen intertemporalen Konsumgüterallo- sowie der e Anlage 3: 3: Herleitung Herleitung der Konsumgüterallokation kation sowie der entsprechenden Grenzrate der Substitution bei Nichtsprechenden Grenzrate der Substitution bei Nichtbesteuerung (Nichtsteuerfall 1): besteuerung (Nichtsteuerfall 1):

max! U (c1, c2) ୮ଶୡଶ

u. Nb. Y = (p1c1) + Ȗଵା୰ା஑

Die Lagrange-Funktion ergibt sich somit als: ୮ଶୡଶ

ȁ(c1, c2Ȝ  U (c1, c2 Ȝ (Y - p1c1 - Ȗ- ଵା୰ା஑ )

Als notwendige Bedingungen für das Nutzenoptimum erweisen sich folglich: (I) (II) (III)

ஔஃ

ஔ୙

ஔୡଵ

= ஔୡଵ - Ȝp1 = 0

ஔୡଶ

= ஔୡଶ - Ȝଵା୰ା஑ = 0

ஔஃ

ஔஃ ஔ஛

ஔ୙

୮ଶ

୮ଶୡଶ

= Y - p1c1 - ଵା୰ା஑ = 0

Führt man die Gleichungen (I) und (II) zusammen, so ergibt sich: (IV)

ಌ౑ ಌౙభ ಌ౑ ಌౙమ

୮ଵ

= (1+r+Į) ୮ଶ

Als intertemporale Grenzrate der Substitution ergibt sich mithin: ୮ଵ

MRSc2c1 = - (1+r+Į) ୮ଶ

263

Anlagen

Anlage 4: Herleitung der optimalen intertemporalen Konsumgüterallokation sowie der en

sprechenden Grenzrateder deroptimalen Substitution bei BesteuerungKonsumgüteralloauch expliziter Leistungsentge Anlage 4: Herleitung intertemporalen kation sowie der entsprechenden Grenzrate der Substitution bei Besteu(Besteuerungsfall 3): erung auch expliziter Leistungsentgelte (Besteuerungsfall 3): max! U (c1, c2) u. Nb. Y = (1+t)(p1c1) + (1+t)Ȗ

(ଵା୲)୮ଶୡଶ ଵା୰ା஑

Die Lagrange-Funktion ergibt sich somit als: ȁ(c1, c2Ȝ  U (c1, c2 Ȝ (Y - (1+t)p1c1 - (1+t)Ȗ-

(ଵା୲)୮ଶୡଶ ଵା୰ା஑

)

Als notwendige Bedingungen für das Nutzenoptimum erweisen sich folglich: (I) (II) (III)

ஔஃ

ஔ୙

ஔୡଵ

= ஔୡଵ - Ȝ(1+t)p1 = 0

ஔୡଶ

= ஔୡଶ - Ȝ ଵା୰ା஑ = 0

ஔஃ

ஔஃ ஔ஛

ஔ୙

(ଵା୲)୮ଶ

= Y - (1+t)p1c1 - (1+t)Ȗ-

(ଵା୲)୮ଶୡଶ ଵା୰ା஑

=0

Führt man die Gleichungen (I) und (II) zusammen, so ergibt sich: (IV)

ಌ౑ ಌౙభ ಌ౑ ಌౙమ

୮ଵ

= (1+r+Į) ୮ଶ

Als intertemporale Grenzrate der Substitution ergibt sich mithin: ୮ଵ

MRSc2c1 = - (1+r+Į) ୮ଶ

264

Anlagen

Anlage 5: Herleitung der optimalen intertemporalen Konsumgüterallokation sowie der en

Anlage 5: Herleitung der optimalen intertemporalen Konsumgüterallosprechenden der Substitution bei Besteuerung auch expliziter Leistungsentgelte u kation sowieGrenzrate der entsprechenden Grenzrate der Substitution bei Besteuerung auch expliziter Leistungsentgelte und der Zinsspanne (Besteueder Zinsspanne (Besteuerungsfall 4): rungsfall 4):

max! U (c1, c2) (ଵା୲)୮ଶୡଶ

u. Nb. Y = (1+t)(p1c1) + (1+t)Ȗଵା୰ା(ଵା୲)஑ Die Lagrange-Funktion ergibt sich somit als: (ଵା୲)୮ଶୡଶ

ȁ(c1, c2Ȝ  U (c1, c2 Ȝ (Y - (1+t)p1c1 - (1+t)Ȗ- ଵା୰ା(ଵା୲)஑ ) Als notwendige Bedingungen für das Nutzenoptimum erweisen sich folglich: (I) (II) (III)

ஔஃ

ஔ୙

ஔୡଵ

= ஔୡଵ - Ȝ(1+t)p1 = 0

ஔୡଶ

= ஔୡଶ - Ȝଵା୰ା(ଵା୲)஑ = 0

ஔஃ

ஔஃ ஔ஛

ஔ୙

(ଵା୲)୮ଶ

= Y - (1+t)p1c1 - (1+t)Ȗ-

(ଵା୲)୮ଶୡଶ

ଵା୰ା(ଵା୲)஑

=0

Führt man die Gleichungen (I) und (II) zusammen, so ergibt sich: (IV)

ಌ౑ ಌౙభ ಌ౑ ಌౙమ

୮ଵ

= [1+r+(1+t)Į] * ୮ଶ

Als intertemporale Grenzrate der Substitution ergibt sich mithin: ୢୡଶ

୮ଵ

MRSc2c1 = ୢୡଵ = - [1+r+(1+t)Į] * ୮ଶ

265

Anlagen

Anlage 6: Herleitung der optimalen intertemporalen Konsumgüterallokation sowie der en

Anlage 6: Herleitung der optimalen intertemporalen Konsumgüterallosprechenden der Substitution bei Nichtbesteuerung ausgehend von einer umgeform kation sowieGrenzrate der entsprechenden Grenzrate der Substitution bei Nichtbesteuerung ausgehend von einer umgeformten intertemporalen Budgetten intertemporalen Budgetgleichung (Nichtsteuerfall 2): gleichung (Nichtsteuerfall 2):

max! U (c1, c2) u. Nb. Y = p1c1 + Ȗ +

୮ଶୡଶ ଵା୰

஑‫୏כ‬

+ ଵା୰

Die Lagrange-Funktion ergibt sich somit als: ȁ(c1, c2Ȝ  U (c1, c2 Ȝ (Y - p1c1 - Ȗ-

୮ଶୡଶ ଵା୰

஑‫୏כ‬

- ଵା୰)

Als notwendige Bedingungen für das Nutzenoptimum erweisen sich folglich: (I) (II) (III)

ஔஃ

ஔ୙

ஔୡଵ

= ஔୡଵ - Ȝp1 = 0

ஔୡଶ

= ஔୡଶ - Ȝଵା୰ = 0

ஔஃ

ஔஃ ஔ஛

ஔ୙

୮ଶ

= Y - p1c1 - Ȗ -

୮ଶୡଶ ଵା୰

஑‫୏כ‬

- ଵା୰ = 0

Führt man die Gleichungen (I) und (II) zusammen, so ergibt sich: (IV)

ಌ౑ ಌౙభ ಌ౑ ಌౙమ

୮ଵ

= (1+r) ୮ଶ

Als intertemporale Grenzrate der Substitution ergibt sich mithin: ୮ଵ

MRSc2c1 = - (1+r) ୮ଶ

266

Anlagen

Anlage 7: Herleitung der optimalen intertemporalen Konsumgüterallokation sowie der en

Anlage 7: Herleitung optimalen intertemporalen Konsumgüterallosprechenden Grenzrate der der Substitution bei Besteuerung auch expliziter Leistungsentgelte u kation sowie der entsprechenden Grenzrate der Substitution bei Besteuder Zinsspanne ausgehend von einer umgeformten intertemporalen Budgetgleichung (Beste erung auch expliziter Leistungsentgelte und der Zinsspanne ausgehend von einer umgeformten intertemporalen Budgetgleichung (Besteuerungserungsfall 5): fall 5):

max! U (c1, c2) u. Nb. Y = (1+t)p1c1 + (1+t)Ȗ

(ଵା୲)୮ଶୡଶ ଵା୰

+

(ଵା୲)஑‫୏כ‬ ଵା୰

Die Lagrange-Funktion ergibt sich somit als:

(ଵା୲)୮ଶୡଶ

ȁ(c1, c2Ȝ  U (c1, c2 Ȝ (Y - (1+t)p1c1 - (1+t)Ȗ- ଵା୰ା(ଵା୲)஑ ) Als notwendige Bedingungen für das Nutzenoptimum erweisen sich folglich: (I) (II) (III)

ஔஃ

ஔ୙

ஔୡଵ

= ஔୡଵ - Ȝ(1+t)p1 = 0

ஔୡଶ

= ஔୡଶ - Ȝ

ஔஃ

ஔஃ ஔ஛

ஔ୙

(ଵା୲)୮ଶ ଵା୰

=0

= Y - (1+t)p1c1 - (1+t)Ȗ-

(ଵା୲)୮ଶୡଶ ଵା୰

-

(ଵା୲)஑‫୏כ‬ ଵା୰

=0

Führt man die Gleichungen (I) und (II) zusammen, so ergibt sich: (IV)

ಌ౑ ಌౙభ ಌ౑ ಌౙమ

୮ଵ

= (1+r) ୮ଶ

Als intertemporale Grenzrate der Substitution ergibt sich mithin: ୢୡଶ

୮ଵ

MRSc2c1 = ୢୡଵ = - (1+r)୮ଶ

267

Anlagen

Anlage 8: Cash-Flow-Besteuerung in ihrer Ausgangskonzeption bei konsumtivem Bezug der Einlage- und Kreditgewährungsleistung: I. Perspektive des Finanzinstituts Zeitpunkt

Zahlungsstrom

T0

Einlage

+1.000

+1.100

+100

Kreditvergabe

-1.000

-1.100

-100

0

0

0

Summe

Nettobetrag Bruttobetrag

0

Summe der Steuerzahlungen in T0 T1

Einlagenrückzahlung

Steuer­ zahlung

-1.000

-1.100

-100

Einlagezinszahlung

-100

-110

-10

Kreditrückzahlung

+1.000

+1.100

+100

Kreditzinszahlung

+150

+165

+15

+50

+55

+5

Summe

+5

Summe der Steuerzahlungen in T1

II. Perspektive des Einlegers Zeitpunkt

Zahlungsstrom

T0

Einlage

-1.000

-1.100

+100

T1

Einlagenrückzahlung

+1.000

+1.100

-100

+100

+110

-10

Einlagezinszahlung

Nettobetrag Bruttobetrag

Verzinsung der Steuerbelastung aus T0 Summe der Steuerbelastung in T1

268

Steuer­ belastung

+12 +2

Anlagen

III. Perspektive des Kreditnehmers Zeitpunkt

Zahlungsstrom

Nettobetrag Bruttobetrag

T0

Kreditvergabe

+1.000

+1.100

-100

T1

Kreditrückzahlung

-1.000

-1.100

+100

Kreditzinszahlung

-150

-165

+15

Verzinsung der Steuerentlastung aus T0 Summe der Steuerzahlungen in T1

Steuer­ belastung

-12 +3

IV. Perspektive des Staates Zeitpunkt

Steuerpflichtiger

T0

Finanzinstitut

Summe der Steuerzahlungen in T0 T1

Finanzinstitut

Summe der Steuerzahlungen in T1

Steuerzahlung 0 0 +5 +5

269

Anlagen

Anlage 9: Cash-Flow-Besteuerung in ihrer Ausgangskonzeption bei vorsteuerabzugsberechtigendem Bezug der Einlage- und Kreditgewährungsleistung: I. Perspektive des Finanzinstituts Zeitpunkt

Zahlungsstrom

T0

Einlage

+1.000

+1.100

+100

Kreditvergabe

-1.000

-1.100

-100

0

0

0

Summe

Nettobetrag Bruttobetrag

Steuer­ zahlung

0

Summe der Steuerzahlungen in T0 T1

Einlagenrückzahlung

-1.000

-1.100

-100

Einlagezinszahlung

-100

-110

-10

Kreditrückzahlung

+1.000

+1.100

+100

Kreditzinszahlung

+150

+165

+15

+50

+55

+5

Summe

+5

Summe der Steuerzahlungen in T1

II. Perspektive des Einlegers Zeitpunkt

Zahlungsstrom

T0

Einlage

Nettobetrag -1.000

Bruttobetrag Steuer­ zahlung -1.100

-100

Summe der Steuerzahlungen in T0 T1

Einlagenrückzahlung Einlagezinszahlung

Summe der Steuerzahlungen in T1

270

-100

+1.000

+1.100

+100

+100

+110

+10

+10

Anlagen

III. Perspektive des Kreditnehmers Zeitpunkt

Zahlungsstrom

T0

Kreditvergabe

Nettobetrag Bruttobetrag +1.000

+1.100

+100 +100

Summe der Steuerzahlungen in T0 T1

Steuer­ belastung

Kreditrückzahlung

-1.000

-1.100

-100

Kreditzinszahlung

-150

-165

-15

Summe der Steuerzahlungen in T1

- 115

IV. Perspektive des Staates Zeitpunkt

Steuerpflichtiger

T0

Finanzinstitut

0

Einleger

-100

Kreditnehmer

+100

Summe der Steuerzahlungen in T0 T1

Steuerzahlung

Finanzinstitut Einleger

0 +5 +110 -115

Summe der Steuerzahlungen in T1

0

271

Anlagen

Anlage 10: Cash-Flow-Besteuerung in ihrer Ausgangskonzeption bei vorsteuerabzugsberechtigendem Bezug der Einlageleistung und konsumtivem Bezug der Kreditgewährungsleistung: I. Perspektive des Finanzinstituts Zeitpunkt

Zahlungsstrom

T0

Einlage

+1.000

+1.100

+100

Kreditvergabe

-1.000

-1.100

-100

0

0

0

Summe

Nettobetrag Bruttobetrag

0

Summe der Steuerzahlungen in T0 T1

Einlagenrückzahlung

Steuer­ zahlung

-1.000

-1.100

-100

Einlagezinszahlung

-100

-110

-10

Kreditrückzahlung

+1.000

+1.100

+100

Kreditzinszahlung

+150

+165

+15

+50

+55

+5

Summe

+5

Summe der Steuerzahlungen in T1

II. Perspektive des Einlegers Zeitpunkt

Zahlungsstrom

T0

Einlage

Nettobetrag Bruttobetrag -1.000

-1.100

Einlagenrückzahlung Einlagezinszahlung

Summe der Steuerzahlungen in T1

272

-100 -100

Summe der Steuerzahlungen in T0 T1

Steuer­ zahlung

+1.000

+1.100

+100

+100

+110

+10 +110

Anlagen

III. Perspektive des Kreditnehmers Zeitpunkt

Zahlungsstrom

Nettobetrag Bruttobetrag

T0

Kreditvergabe

+1.000

+1.100

-100

T1

Kreditrückzahlung

-1.000

-1.100

+100

Kreditzinszahlung

-150

-165

+15

Verzinsung der Steuerentlastung aus T0 Summe der Steuerbelastung in T1

Steuer­ belastung

-12 +3

IV. Perspektive des Staates Zeitpunkt

Steuerpflichtiger

T0

Finanzinstitut Einleger

Summe der Steuerzahlungen in T0 T1

Finanzinstitut Einleger

Summe der Steuerzahlungen in T1

Steuerzahlung 0 -100 -100 +5 +110 +115

Summe der Steuerzahlungen Steuerzahlungen in T0 Verzinsung Steuerzahlungen in T0 Steuerzahlungen in T1 Summe der Steuerzahlungen

-100 -12 +115 +3

273

Anlagen

Anlage 11: Cash-Flow-Besteuerung in ihrer Ausgangskonzeption bei grenzüberschreitender Einlageleistung und konsumtivem Bezug der Kreditgewährungsleistung: I. Perspektive des Finanzinstituts Zeitpunkt

Zahlungsstrom

T0

Kreditvergabe

Nettobetrag Bruttobetrag -1.000

-1.100

-100 -100

Summe der Steuerzahlungen in T0 T1

Steuer­ zahlung

Kreditrückzahlung

+1.000

+1.100

+100

Kreditzinszahlung

+150

+165

+15

+1.150

+1.265

+115

Summe

+115

Summe der Steuerzahlungen in T1

II. Perspektive des Einlegers Zeitpunkt

Zahlungsstrom

T0

Einlage

Nettobetrag Bruttobetrag -1.000

-

Einlagenrückzahlung Einlagezinszahlung

-

Summe der Steuerzahlungen in T0 T1

Steuer­ belastung

+1.000

-

-

+100

-

+110

Summe der Steuerzahlungen in T1

III. Perspektive des Kreditnehmers Zeitpunkt

Zahlungsstrom

Nettobetrag Bruttobetrag

T0

Kreditvergabe

+1.000

+1.100

-100

T1

Kreditrückzahlung

-1.000

-1.100

+100

Kreditzinszahlung

-150

-165

+15

Verzinsung der Steuerentlastung aus T0 Summe der Steuerbelastung in T1

274

Steuer­ belastung

-12 +3

Anlagen

IV. Perspektive des Staates Zeitpunkt

Steuerpflichtiger

T0

Finanzinstitut

Summe der Steuerzahlungen in T0 T1

Finanzinstitut

Summe der Steuerzahlungen in T1

Steuerzahlung -100 -100 +115 +115

Summe der Steuerzahlungen Steuerzahlungen in T0 Verzinsung Steuerzahlungen in T0 Steuerzahlungen in T1 Summe der Steuerzahlungen

-100 -12 +115 +3

275

Anlagen

Anlage 12: Cash-Flow-Besteuerung mit Steuerverrechnungskonto bei Einführung: Die Darstellung knüpft an das bekannte Fallbeispiel an. Zur besseren Abbildung der Anpassungen bei Einführung der Besteuerung sei aber angenommen, dass die Einführung der Besteuerung am Ende von P0 und die Rückzahlung der Einlage respektive des Kreditbetrags erst in T2 erfolgt.

nlage 12:

Aus der Perspektive des Finanzinstituts ergäben sich die folgenden Steuerverrechnungskonten. as Steuerverrechnungskonto der Einlageleistung: Das Steuerverrechnungskonto der Einlageleistung:

Zeitpunkt Zahlungsstrom T0

Einlage

Nettobetrag Eingestellter Steuerbetrag + 1.000 -

Ausgangsbetrag bei Einführung am Ende von P0 T1

Einlagezinszahlung

110

-100

-10

Abrechnung am Ende der Abrechnungsperiode Eingestellte Steuerbeträge

+100

Abzug des Abrechnungsbetrags

-

100

Steuerzahlung T2 Verzinsung eingestellter Steuerbeträge Einlagenrückzahlung Einlagezinszahlung Abrechnung bei Einlagenrückzahlung

0 +12 -1.000

-100

-100

-10

Eingestellte Steuerbeträge Abzug des Abrechnungsbetrags Steuerzahlung

276

+2 -

0 +2

as Steuerverrechnungskonto der Kreditgewährungsleistung:

Anlagen

Das Steuerverrechnungskonto der Kreditgewährungsleistung:

Zeitpunkt Zahlungsstrom T0

Kreditvergabe

Nettobetrag Eingestellter Steuerbetrag - 1.000 -

Ausgangsbetrag bei Einführung am Ende von P0 T1

Kreditzinszahlung

-115

+150

+15

Abrechnung am Ende der Abrechnungsperiode Eingestellte Steuerbeträge

-100

Abzug des Abrechnungsbetrags

-

-100

Steuerzahlung T2 Verzinsung eingestellter Steuerbeträge Kreditrückzahlung Kreditzinszahlung Abrechnung bei Kreditrückzahlung

0 -12 +1.000

+100

+150

+15

Eingestellte Steuerbeträge Abzug des Abrechnungsbetrags Steuerzahlung

+3 -

0 +3

Es zeigt sich eine sachgerechte Mehrwertsteuerbelastung richtigerweise nur der Kreditzinszahlungen, welche die Kapitalüberlassung nach Einführung der Besteuerung entgelten. Auf eine zusätzliche Darstellung der Steuerverrechnungskonten der Leistungsempfänger bei vorsteuerabzugsberechtigendem Leistungsbezug wird aufgrund der Spiegelbildlichkeit verzichtet.

277

Anlagen

Anlage 13: Cash-Flow-Besteuerung mit Steuerverrechnungskonto bei Steuersatzänderung: Die Darstellung knüpft an das bekannte Fallbeispiel an. Am Ende von P1 kommt es aber zu einer Steuersatzänderung auf 15%. Weiter sei zur besseren Abbildung der notwendigen Anpassungen angenommen, dass die Rückzahlung der Einlage respektive des Kreditbetrags erst in T2 erfolgt. Aus der Perspektive des Finanzinstituts ergäben sich die folgenden Steuerverrechnungskonten. Auf eine zusätzliche Darstellung der Steuerverrechnungskonten der Leistungsempfänger bei vorsteuerabzugsberechtigendem Leistungsbezug wird aufgrund der Spiegelbildlichkeit verzichtet.

278

nlage 13:

as Steuerverrechnungskonto der Einlageleistung:

Anlagen

Das Steuerverrechnungskonto der Einlageleistung: Zeitpunkt Zahlungsstrom T0

Einlage

Nettobetrag Eingestellter Steuerbetrag + 1.000 +100

Abrechnung am Ende der Abrechnungsperiode Eingestellte Steuerbeträge

+100

Abzug des Abrechnungsbetrags

-

100

Steuerzahlung T1 Verzinsung eingestellter Steuerbeträge

0 +12

Einlagezinszahlung -100 Abrechnung am Ende der Abrechnungsperiode

-10

Eingestellte Steuerbeträge

+102

Abzug des Abrechnungsbetrags

-

Steuerzahlung Restwert eingestellter Steuerbeträge

100 +2 +100

Anpassung wegen Steuersatzänderung am Ende von P1 T2 Verzinsung eingestellter Steuerbeträge Einlagenrückzahlung Einlagezinszahlung Abrechnung bei Einlagenrückzahlung

+50 +18

-1.000

-150

-100

-15

Eingestellte Steuerbeträge Abzug des Abrechnungsbetrags Steuerzahlung

+3 -

0 +3

279

Das Steuerverrechnungskonto der Kreditgewährungsleistung: Anlagen

Das Steuerverrechnungskonto der Kreditgewährungsleistung: Zeitpunkt Zahlungsstrom T0

Kreditvergabe

Nettobetrag Eingestellter Steuerbetrag - 1.000 -100

Abrechnung am Ende der Abrechnungsperiode Eingestellte Steuerbeträge

-100

Abzug des Abrechnungsbetrags

-

-100

Steuerzahlung T1 Verzinsung eingestellter Steuerbeträge

0 -12

Kreditzinszahlung +150 Abrechnung am Ende der Abrechnungsperiode

+15

Eingestellte Steuerbeträge

-97

Abzug des Abrechnungsbetrags

-

Steuerzahlung Restwert eingestellter Steuerbeträge

-100 +3 -100

Anpassung wegen Steuersatzänderung am Ende von P1 T2 Verzinsung eingestellter Steuerbeträge Kreditrückzahlung Kreditzinszahlung Abrechnung bei Kreditrückzahlung

-50 -18

+1.000

+150

+150

+22,5

Eingestellte Steuerbeträge

+4,5

Abzug des Abrechnungsbetrags

-

Steuerzahlung

+4,5

0

Es zeigt sich eine sachgerechte Mehrwertsteuerbelastung der Zinszahlungen bis zur Steuersatzänderung zu dem Regelsteuersatz von 10% und der Zinszahlungen nach der Steuersatzänderung zu dem neuen Regelsteuersatz von 15%. 280

Literaturverzeichnis Advisory ­Commission

The Expenditure Tax: Concept, Administration and possible Applications, Washington D.C. 1974 (zit.: Advisory Commission, The Expenditure Tax)

Agha, Ali / Designing VAT Systems: Some Efficiency Con­side­ ­Haughton, Jonathan rations, Review of Economics and Statistics 78 (1996), 303 Alba, Christian E. Rosso

Taxation of Financial Services under the Value ­­Added Tax: A Survey of Alternatives and an Ana­ lysis of the Argentine Approach, International VAT Monitor 1995, 335

Alt, James / Preston, Ian / Sibieta, Luke

The Political Economy of Tax Policy, in: Institute for Fiscal Studies (Hrsg.), Dimensions of Tax Design, Oxford 2010, S. 1204 (zit.: Alt/Preston/Sibieta, in: Institute for Fiscal Studies, Dimensions of Tax Design)

Amand, Christian

Are VAT Exemptions Compatible with Primary EU Law, International VAT Monitor 2010, 409

Amand, Christian

VAT on financial services: the unanswered questions, ERA Forum 2008, 357

Andel, Norbert

Finanzwissenschaft, 4. Auflage, Tübingen 1998 (zit.: Andel, Finanzwissenschaft)

Annacondia, Fabiola (Hrsg.)

EU VAT Compass 2020/2021, Amsterdam 2020 (zit.: Annacondia, EU VAT Compass 2020/2021)

Annacondia, Fabiola / van der Corput, Walter

New Zealand – Financial Services under New Zealand’s GST, International VAT Monitor 2011, 310

Atkinson, Anthony B. / Stiglitz, Joseph E.

The Design of Tax Structure: Direct versus Indirect Taxation, Journal of Public Economics 6 (1976), 55

Auerbach, Alan J. / Gordon Roger H.

Taxation of Financial Services under a VAT, American Economic Review 2002, 411

281

Literaturverzeichnis

Baig, Aneesa / Harris, Cedric / Scholten, Ronald / Ismail, Sadia

Länderbericht Südafrika, in: International Fiscal Association (Hrsg.), cahiers de droit fiscal, Band 88b, Den Haag 2003, S. 679 (zit.: Baig/Harris/Scholten/ Ismail, in: IFA, cahiers de droit fiscal, Band 88b)

Bakker, Carl / ­Chronican, Phil

Financial Services and the GST, Wellington 1985 (zit.: Bakker/Chronican, Financial Services and the GST)

Barham, Vicky / Poddar, Satya / Whalley, John

The Tax Treatment of Insurance under a Consumption Type, Destination Basis VAT, National Tax Journal 1987, 171

Becker, Stefanie

Der zweite Teilschritt zum endgültigen Mehrwertsteuersystem für den grenzüberschreitenden Handel, MwStR 2018, 681

Bender, Dieter

Angebot des Haushalts, II: Kapitalangebot, in: Albers, Willi ua. (Hrsg.), Handwörterbuch der Wirtschaftswissenschaft, Band I, Stuttgart 1977, S. 232 (zit.: Bender, in: Albers ua., Handwörterbuch der Wirtschaftswissenschaften, Band I)

Bentham, Jeremy

Eine Einführung in die Prinzipien der Moral und Gesetzgebung, nach der englischen Fassung von Burns, James H. / Hart, Herbert L. A. (Hrsg.), An Introduction to the Principles of Morals and Legislation, London 1970, in der Übersetzung von Nash, Irmgard / Seidenkranz, Richard, Saldenburg 2013 (zit.: Bentham, An Introduction to the Principles of Morals and Legislation, in der deutschen Fassung nach Nash/Seidenkranz)

Beretta, Giorgio

VAT on Financial and Insurance Services at the Dawn of the Fourth Industrial Revolution, International VAT Monitor 2018, 142

Berrisch, Georg M.

Zum „Bananen“-Urteil des EuGH vom 5.10.1994 – Rs. C-280/93, Deutschland ./. Rat der Europäischen Union, EuR 1994, 461

282

Literaturverzeichnis

Bikker, Jacob A. / Spierdijk, Laura

Measuring and explaining competition in the financial sector, Utrecht School of Economics, Discus­ sion Paper Series 09-01, Februar 2009 (zit.: Bikker/ Spierdijk, Measuring and explaining competition in the financial sector)

Bird, Richard

Commentary by Richard Bird, in: Institute for Fiscal Studies (Hrsg.), Dimensions of Tax Design, Oxford 2010, S. 362 (zit.: Bird, in: Institute for Fiscal Studies, Dimensions of Tax Design)

Bird, Richard / Gendron, Pierre-­ Pascal

VAT Revisited – A New Look at the Value A ­ dded Tax in Developing and Transitional Countries, Washington D.C. 2005 (zit.: Bird/Gendron, VAT Revisited – A New Look at the Value ­Added Tax in Developing and Transitional Countries)

Birk, Dieter

Das Leistungsfähigkeitsprinzip als Maßstab der Steuernormen, Köln 1983 (zit.: Birk, Das Leistungsfähigkeitsprinzip als Maßstab der Steuernormen)

Boadway, Robin / Keen, Michael

Theoretical Perspectives on the Taxation of Capital Income and Financial Services, in: Honohan, Patrick (Hrsg.), Taxation of Financial Intermediation, Washington D.C. 2003, S. 31 (zit.: Boadway/Keen, in: Honohan, Taxation of Financial Intermediation)

Bohn Jespersen, Claus

Intermediation of Insurance and Financial Services in European VAT, Alphen aan den Rijn 2011 (zit.: Bohn Jespersen, Intermediation of Insurance and Financial Services in European VAT)

Böhringer, Christoph / ­Wiegard, Wolfgang

Analyse der fiskalischen Auswirkungen des ermäßigten Umsatzsteuersatzes in Deutschland unter Verwendung eines Simulationsmodells sowie der Wachstumseffekte von Straffungskonzepten, Rheinisch-Westfälisches Institut für Wirtschaftsforschung, Endbericht, Oktober 2013 (zit.: Böhringer/ Wiegard, Analyse der fiskalischen Auswirkungen des ermäßigten Umsatzsteuersatzes in Deutschland unter Verwendung eines Simulationsmodells sowie der Wachstumseffekte von Straffungskonzepten)

283

Literaturverzeichnis

Brigola, Alexander

Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit im Gefüge der EU-Grundfreiheiten – Steuerungsinstrument oder Risikofaktor?, EuZW 2017, 406

Brown, E. Cary

Business-Income Taxation and Investment Incen­ tives, in: Metzler, Lloyd A. ua. (Hrsg.), Income, ­Employment and Public Policy, New York 1948, S. 300 (zit.: Brown, in: Metzler ua., Income, Employment and Public Policy)

Brümmerhoff, Dieter / Büttner, Thiess

Finanzwissenschaft, 12. Auflage, Berlin 2018 (zit.: Brümmerhoff/Büttner, Finanzwissenschaft)

Bunjes, Johann / Geist, Reinhold (Begr.)

Umsatzsteuergesetz, Kommentar, 19. Auflage, München 2020 (zit.: Bearbeiter, in: Bunjes/Geist)

Burns, Lee

Consumption Taxation of Supplies of Financial Services in the Asia-Pacific Region, Asia-Pacific Tax Bulletin 2008, 352

Bustorff, Ingo (Hrsg.)

Umsatzsteuer bei Finanzdienstleistern, München 2019 (zit.: Bearbeiter, in: Bustorff, Umsatzsteuer bei Finanzdienstleistern)

Büttner, Thiess / Erbe, Katharina

Umsatzsteuerbefreiung des Finanzsektors: Rechtfertigung, Effekte und Reformalternativen, in: Büttner, Thiess / Erbe, Katharina / Hanning, Till / v. Schweinitz, Oliver (Hrsg.), ifst-Schrift 502 (2015), S. 65 [zit.: Büttner/Erbe, ifst-Schrift 502 (2015)]

Büttner, Thiess / Erbe, Katharina

Revenue and welfare effects of financial sector VAT exemption, International Tax and Public Finance 21 (2014), 1028

Calliess, Chris­tian / EUV/AEUV, Kommentar, 5. Auflage, München Ruffert, Matthias 2016 (zit.: Bearbeiter, in: Calliess/Ruffert, EUV/ (Hrsg.) AEUV) Carroll, Robert / Viard, Alan D.

Value A ­ dded Tax: Basic Concepts and Unresolved Issues, Tax Notes 2010, 1117

Chia, Ngee-Choon / The Tax Treatment of Financial Intermediation, Whalley, John Journal of Money, Credit and Banking 1999, 704 284

Literaturverzeichnis

Cnossen, Sijbren

Commentary by Sijbren Cnossen, in: Institute for Fiscal Studies (Hrsg.), Dimensions of Tax Design, Oxford 2010, S. 370 (zit.: Cnossen, in: Institute for Fiscal Studies, Dimensions of Tax Design)

Cnossen, Sijbren

Is the VAT’s Sixth Directive Becoming an Anachronism?, European Taxation 2003, 434

Cnossen, Sijbren

How Much Tax Coordination in the European ­Union?, International Tax and Public Finance 10 (2003), 625

Cnossen, Sijbren

Global Trends and Issues in Value A ­ dded Taxation, International Tax and Public Finance 5 (1998), 399

Coelho, Isaias

Taxing Bank Transactions – The Experience in Latin America and Elsewhere, 2009 abrufbar unter: http://www.ccif.com.br/wp-content/​ uploads/2017/07/Coelho-Taxing-Bank-Transacti​ons​ .pdf (zit.: Coelho, Taxing Bank Transactions – The Experiance in Latin America and Elsewhere)

Crawford, Ian / Keen, Michael / Smith, Stephen

Value ­ Added Tax and Excises, in: Institute for Fiscal Studies (Hrsg.), Dimensions of Tax Design, Oxford 2010, S. 275 (zit.: Crawford/Keen/Smith, in: Institute for Fiscal Studies, Dimensions of Tax Design)

de Koker, Alwyn / Badenhorst, Gerhard

Loan Intermediary Services: South Africa, in: van Brederode, Robert F. / Krever, Richard (Hrsg.), VAT and Financial Services, Singapur 2017, S. 169 (zit.: de Koker/Badenhorst, in: van Brederode/Krever, VAT and Financial Services)

de la Feria, Rita

EU VAT Principles as Interpretative Aids to EU VAT Rules: The Inherent Paradox, in: Lang, Michael ua. (Hrsg.), CJEU – Recent Developments in Value ­­Added Tax 2015, Wien 2016, S. 1 (zit.: de la Feria, in: Lang, CJEU – Recent Developments in Value ­Added Tax 2015)

285

Literaturverzeichnis

de la Feria, Rita

The EU VAT treatment of insurance and financial services (again) under review, ec Tax Review 2007, 74

de la Feria, Rita / Krever, Richard

Ending VAT Exemptions: Towards a Post-Modern VAT, in: de la Feria, Rita (Hrsg.), VAT Exemptions, Alphen aan den Rijn 2013, S. 3 (zit.: de la Feria/ Krever, in: de la Feria, VAT Exemptions)

de la Feria, Rita / Lockwood, Ben

Opting for Opting-In? An Evaluation of the Euro­ pean Commission’s Proposal for Reforming VAT on Financial Services, Fiscal Studies 2010, 171

de la Feria, Rita / Ness, Richard

Policy Forum: The EU Financial Transaction Tax as an Unsuitable and Unnecessary Proxy Tax, Canadian Tax Journal 2016, 373

de la Feria, Rita / Walpole, Michael

Options for Taxing Financial Supplies in Value ­­Added Tax: EU VAT and Australian GST Models Compared, International and Comparative Law Quarterly 2009, 897

Department of Treasury

Tax Reform for Fairness, Simplicity, and Economic Growth, Volume 3, Washington D.C. 1984 (zit.: Department of Treasury, Tax Reform for Fairness, Simplicity, and Economic Growth)

Department of Treasury

Blueprints for Basic Tax Reform, Washington D.C. 1977 (zit.: Department of Treasury, Blueprints for Basic Tax Reform)

Diamond, Peter A. / Optimal Taxation and Public Production I: Pro­ Mirrlees, James A. duction Efficiency, American Economic Review 1971, 8 Dobratz, Lars

EU-Grundrechte und Umsatzsteuerrecht, UR 2014, 425

Dreier, Horst (Hrsg.) Grundgesetz, Kommentar, Band II, 3. Auflage, Tübingen 2015 (zit.: Bearbeiter, in: Dreier, GG, ­ Band II)

286

Literaturverzeichnis

Drüen, Klaus-­ Dieter

Inanspruchnahme Dritter für den Steuervollzug, in: Widmann, Werner (Hrsg.), Steuervollzug im Rechtsstaat, ­DStJG 31 (2008), S. 167 [zit.: Drüen, ­DStJG 31 (2008)]

Ebrill, Liam / Keen, The Modern VAT, International Monetary Fund, Michael / Bodin, Washington D.C. 2001 (zit.: Ebrill/Keen/Bodin/ Jean-Paul / SumSummers, The Modern VAT) mers, Victoria Eckhoff, Rolf

„Steuergerechtigkeit“ als verfassungsrechtliches und als steuerpolitisches Argument, StuW 2016, 207

Edgar, Timothy

Comment: Is the Comprehensive Application of Cash-Flow Taxation Necessary to Integrate Financial Services into an Invoice/Credit VAT?, in: de la Feria, Rita (Hrsg.), VAT Exemptions, Alphen aan den Rijn 2013, S. 357 (zit.: Edgar, in: de la Feria, VAT Exemptions)

Edgar, Timothy

The Search for Alternatives to the Exempt Treatment of Financial Services under a Value A ­ dded Tax, in: Krever, Richard / White, David (Hrsg.), GST in Retrospect and Prospect, Wellington 2007, S. 131 (zit.: Edgar, in: Krever/White, GST in Retro­ spect and Prospect)

Edgar, Timothy

Exempt Treatment of Financial Intermediation Services Under a Value ­Added Tax: An Assessment of Alternatives, Canadian Tax Journal 2001, 1133

Eiling, Astrid

Verfassungs- und europarechtliche Vorgaben an die Einführung neuer Verbrauchsteuern, München 2014 (zit.: Eiling, Verfassungs- und europarechtliche Vorgaben an die Einführung neuer Verbrauchsteuern)

Elschen, Rainer

Entscheidungsneutralität, Allokationseffizienz und Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit, StuW 1991, 99

Endres, Alfred / Martiensen, Jörn

Mikroökonomik, Stuttgart 2007 (zit.: Endres/Martiensen, Mikroökonomik)

287

Literaturverzeichnis

Engler, Friederike

Steuerverfassungsrecht im Mehrebenensystem, Baden-Baden 2014 (zit.: Engler, Steuerverfassungsrecht im Mehrebenensystem)

Englisch, Joachim

Entwicklungslinien und Zukunftsfragen des Rechts der indirekten Steuern, in: Drüen, Klaus-­Dieter / Hey, Johanna / Mellinghoff, Rudolf (Hrsg.), 100 Jahre Steuerrechtsprechung in Deutschland, Festschrift für den Bundesfinanzhof, Köln 2018, S. 1491 (zit.: Englisch, in: FS Bundesfinanzhof)

Englisch, Joachim

Loan Intermediary Services: European Union, in: van Brederode, Robert F. / Krever, Richard (Hrsg.), VAT and Financial Services, Singapur 2017, S. 123 (zit.: Englisch, in: van Brederode/Krever, VAT and Financial Services)

Englisch, Joachim

Darlehensvergabe im Konzern, MwStR 2016, 401

Englisch, Joachim

Ability to Pay, in: Brokelind, Cécile (Hrsg.), Prin­ ciples of Law: Function, Status and Impact in EU Tax Law, Amsterdam 2014, S. 439 (zit.: Englisch, in: Brokelind, Principles of Law)

Englisch, Joachim

The EU Perspective on VAT Exemptions, in: de la Feria, Rita (Hrsg.), VAT Exemptions, Alphen aan den Rijn 2013, S. 37 (zit.: Englisch, in: de la Feria, VAT Exemptions)

Englisch, Joachim

Ausnahmen und Ermäßigungen bei der Umsatzsteuer – Reformbedarf und Reformvorschläge, UR 2011, 401

Englisch, Joachim

Folgerichtiges Steuerrecht als Verfassungsgebot, in: Tipke, Klaus / Seer, Roman / Hey, Johanna / Englisch, Joachim (Hrsg.), Festschrift für Joachim Lang, Köln 2010, S. 167 (zit.: Englisch, in: FS Lang)

Englisch, Joachim

VAT and General Principles of EU Law, in: Weber, Dennis (Hrsg.), Traditional and Alternative Routes to European Tax Integration, Amsterdam 2010, S. 231 (zit.: Englisch, in: Weber, Traditional and Alternative Routes to European Tax Integration)

288

Literaturverzeichnis

Englisch, Joachim

Gemeinschaftsgrundrechte im harmonisierten Steuerrecht, in: Schön, Wolfgang / Beck, Karin E. M. (Hrsg.), Zukunftsfragen des deutschen Steuerrechts, Heidelberg 2009, S. 39 (zit.: Englisch, in: Schön/Beck, Zukunftsfragen des Steuerrechts)

Englisch, Joachim

VAT/GST and Direct Taxes: Different Purposes, in: Lang, Michael / Melz, Peter / Kristoffersson, Eleonor (Hrsg.), Value A ­ dded Tax and Direct Taxation, Amsterdam 2009, S. 1 (zit.: Englisch, in: Lang/Melz/​ Kristoffersson, VAT and Direct Taxation)

Englisch, Joachim

Zur Bedeutung des gemeinschaftsrechtlichen Gleich­ behandlungsgrundsatzes im Recht der Gemeinschaftsbeihilfen, EuR 2009, 488

Englisch, Joachim

Wettbewerbsgleichheit im grenzüberschreitenden Handel, Tübingen 2008 (zit.: Englisch, Wettbewerbsgleichheit im grenzüberschreitenden Handel)

Evans, Chris

Commentary by Chris Evans, in: Institute for Fiscal Studies (Hrsg.), Dimensions of Tax Design, Oxford 2010, S. 79 (zit.: Evans, in: Institute for Fiscal Studies, Dimensions of Tax Design)

Fiorentino, Elisabetta / Herrmann, Heinz

Effizienz und Wettbewerb im deutschen Bankensektor, Vierteljahrshefte zur Wirtschaftsforschung Vol. 78 (2009), 114

Fischer, Clemens

Die Rechtfertigung der Umsatzbesteuerung und ihre Vereinbarkeit mit den Grundrechten, Berlin 2007 (zit.: Fischer, Die Rechtfertigung der Umsatzbesteuerung und ihre Vereinbarkeit mit den Grundrechten)

Frenz, Walter

Handbuch Europarecht, Band IV, Europäische Grundrechte, Berlin 2009 (zit.: Frenz, Handbuch Europarecht, Band IV)

Friedrich-Vache, Heidi

Plädoyer für die Abschaffung unechter Befreiungen im Finanzdienstleistungsbereich, UR 2006, 207

289

Literaturverzeichnis

Friedrich-Vache, Heidi

Verbrauchsteuerkonforme Umsatzbesteuerung von Finanzdienstleistungen, Köln 2005 (zit.: Friedrich-­ Vache, Verbrauchsteuerkonforme Umsatzbesteuerung von Finanzdienstleistungen)

Gendron, Pierre-­ Pascal

Policy Forum: Canada’s GST and Financial Services – Where Are We Now and Where Could We Be?, Canadian Tax Journal 2016, 401

Gendron, Pierre-­ Pascal

VAT Treatment of Financial Services: Assessment and Policy Proposal for Developing Countries, Bulletin for International Taxation 2008, 494

Genser, Bernd / Winker, Peter

Measuring the Fiscal Revenue Loss of VAT Exemption in Commercial Banking, Finanzarchiv 54 (1997), 563

Gerloff, Wilhelm

Steuerwirtschaftslehre, in: Gerloff, Wilhelm / Neumark, Fritz (Hrsg.), Handbuch der Finanzwissenschaft, Band II, 2. Auflage, Tübingen 1956, S. 240 (zit.: Gerloff, in: Gerloff/Neumark, Handbuch der Finanzwissenschaft, Band II)

Gischer, Horst / Richter, Toni

Konsolidierung, Effizienz und Stabilität: Sind große Banken Leistungsfähiger als kleine?, Jahrbuch für Wirtschaftswissenschaften Band 62 (2011), 172

Goolsbee, Austan / Levitt, Steven / Syverson, Chad

Mikroökonomik, übersetzt von: Berger-Kögler, Ulrike / Flik, Reiner / Letzgus, Oliver / Pfister, Gerhard, Stuttgart 2014 (zit.: Goolsbee/Levitt/Syverson, Mikroökonomie)

Gottfried, Peter / Wiegard, Wolfgang

Exemption versus zero rating, Journal of Public Economics 46 (1991), 307

Grabitz, Eberhard (Begr.) Hilf, Meinhard (Fortf.) Nettesheim, Martin (Hrsg.)

Das Recht der Europäischen Union, Kommentar, München, Loseblatt, Werksstand: 70. Ergänzungslieferung – Mai 2020 (zit.: Bearbeiter, in: Grabitz/ Hilf/Nettesheim, Das Recht der EU)

Grambeck, Hans-Martin

Outsourcing im Finanzdienstleistungssektor – wohin geht die Reise? UR 2009, 541

290

Literaturverzeichnis

Grassi, Clara Maria Status and impact of the ability to pay principle in the ECJ’s case law concerning tax benefits based on personal and family circumstances, CFE Working Papers series No. 52, 2015 (zit.: Grassi, Status and impact of the ability to pay principle) Grubert, Harry / Krever, Richard

VAT and Financial Services, in: de la Feria, Rita (Hrsg.), VAT Exemptions, Alphen aan den Rijn 2013, S. 309 (zit.: Grubert/Krever, in: de la Feria, VAT Exemptions)

Grubert, Harry / Mackie, James

Must Financial Services be Taxed Under a Consumption Tax?, National Tax Journal 2000, 23

Gsell, Beate / Krüger, Wolfgang / Lorenz, Stephan / Reymann, Christoph (Hrsg.)

beck-online Großkommentar BGB, München, Online-Kommentar, Aktualisierungsstand der Norm: 1. Juni 2020 (zit.: Bearbeiter, in: BeckOGK BGB)

Häberle, Peter / Kotzur, Markus

Europäische Verfassungslehre, 8. Auflage, Baden-­ Baden 2016 (zit.: Häberle/Kotzur, Europäische Verfassungslehre)

Hahne, Klaus D. / Umsatzsteuerliche Behandlung der Verwaltung Hamacher, Rolfjosef von Treuhandkrediten, UR 2003, 474 Haller, Heinz

Bemerkungen zu einigen Ergebnissen der Optimal Taxation- und Excess Burden-Analysen, Finanzarchiv 46 (1988), 236

Haller, Heinz

Die Steuern, 3. Auflage, Tübingen 1981 (zit.: Haller, Die Steuern)

Hamacher, Roljosef Vermittlungsbegriff in § 4 Nr. 8 UStG, UR 2005, 362 Hamacher, Roljosef / Umsatzsteuerfreiheit von Kreditfabriken, UR 2007, Haustein, Andrea 837 Hardes, Heinz-­ Dieter / Uhly, Alexandra

Grundzüge der Volkswirtschaftslehre, 9. Auflage, München 2007 (zit.: Hardes/Uhly, Grundzüge der Volkswirtschaftslehre)

291

Literaturverzeichnis

Heidemann, Silke

Die Umsatzsteuerbefreiungen von Finanzdienstleistungen, Berlin 2008 (zit.: Heidemann, Die Umsatzsteuerbefreiungen von Finanzdienstleistungen)

Henderson, Yolanda K.

Financial Intermediaries under Value-­Added Taxation, New England Economic Review 1988, 37

Henkow, Oskar

New Zealand – Comments on the treatment of financial services in the New Zealand GST System, International VAT Monitor 2011, Ergänzungsbeitrag abrufbar unter: https://research.ibfd.org/

Henkow, Oskar

Financial Activities in European VAT, Alphen aan den Rijn 2008 (zit.: Henkow, Financial Activities in European VAT)

Herbain, Char­ lène A.

VAT Neutrality, Windhof 2015 (zit.: Herbain, VAT Neutrality)

Herber, Caroline

Kooperationen als Teil der nichtwirtschaftlichen Sphäre, UR 2014, 957

Herzig, Norbert / Watrin, Christoph

Betriebswirtschaftliche Anforderungen an eine Unternehmenssteuerreform, StuW 2000, 378

Heuermann, Bernd

Neujustierung der Vorsteueraufteilung bei gemischter Verwendung von Eingangsleistungen – insbesondere bei Gebäuden, UR 2014, 505

Hey, Johanna

Erosion nationaler Besteuerungsprinzipien im Binnenmarkt, StuW 2005, 317

Hey, Johanna

Besteuerung von Unternehmensgewinnen und Rechtsformneutralität, in: Ebling, Iris (Hrsg.), Besteuerung von Einkommen, ­DStJG 24 (2001), S. 155 [zit.: Hey, D ­ StJG 24 (2001)]

Hickel, Rudolf

Reformbedarf Mehrwertsteuer: Soziale Gestaltung und Bekämpfung von Steuerbetrug, Wirtschaftsdienst 2010, 585

Hidien, Jürgen W.

Kommentar zu EuGH, Urt. v. 3.4.2003, Rs. C-144/00 (Hofmann), EWS 2003, 342

292

Literaturverzeichnis

Hiller, Matthias

Cash-Flow-Steuer und Umsatzsteuer, Wiesbaden 2003 (zit.: Hiller, Cash-Flow-Steuer und Umsatzsteuer)

Hobbes, Thomas

Leviathan, nach Richard, Tuck (Hrsg.), Cambridge 2019 (zit.: Hobbes, Leviathan)

Hoffman, Lorey A.

The Application of a Value-­Added Tax to Financial Services, Canadian Tax Journal 1988, 1204

Hoffman, Lorey A. / Taxation of Banking Services under a Consump­ Poddar, Satya / tion Type, Destination Basis VAT, National Tax Whalley, John Journal 1987, 547 Hoffsümmer, Philipp

Steuerbefreiungen für Inlandsumsätze, Frankfurt am Main 2009 (zit.: Hoffsümmer, Steuerbefreiungen für Inlandsumsätze)

Homburg, Stefan

Allgemeine Steuerlehre, 7. Auflage, München 2015 (zit.: Homburg, Allgemeine Steuerlehre)

Homburg, Stefan

Perspektiven der internationalen Unternehmensbesteuerung, in: Andel, Norbert (Hrsg.), Probleme der Besteuerung III, Berlin 2000, S. 9 (zit.: Homburg, in: Andel, Probleme der Besteuerung III)

Hoyer, Werner / Eibner, Wolfgang

Mikroökonomische Theorie, 4. Auflage, Konstanz 2011 (zit.: Hoyer/Eibner, Mikroökonomische Theorie)

Huizinga, Harry

A European VAT on financial services?, Economic Policy 2002, 499

Institute for Fiscal Studies

Tax by Design – The Mirrlees Review, Oxford 2011 (zit.: Institute for Fiscal Studies, Tax by Design – The Mirrlees Review)

Institute for Fiscal Studies

The Structure and Reform of Direct Taxation, Report of a Committee chaired by Professor J. E. Meade, London 1978 (zit.: Institute for Fiscal Studies, The Structure and Reform of Direct Taxation)

293

Literaturverzeichnis

Ismer, Roland

Grundfragen der Besteuerung des Finanzsektors, in: Schön, Wolfgang / Röder, Erik (Hrsg.), Zukunftsfragen des deutschen Steuerrechts II, Berlin 2014, S. 95 (zit.: Ismer, in: Schön/Röder, Zukunftsfragen des deutschen Steuerrechts II)

Jack, William

The Treatment of Financial Services under a Broad-­ Based Consumption Tax, National Tax Journal 2000, 841

Jansen, Thomas / Huget, Dennis

Umsatzsteuerrechtliche Beurteilung des Crowdfunding, UR 2018, 417

Jarass, Hans D.

Charta der Grundrechte, 3. Auflage, München 2016 (zit.: Jarass, EU-GrCh)

Jenkins, Glenn P. / Khadka, Rup

Value A ­ dded Tax Policy and Implementation in Singapore, International VAT Monitor 1998, 35

Kahl, Wolfgang / Waldhoff, Christian / Walter, Christian (Hrsg.)

Bonner Kommentar zum Grundgesetz, Heidelberg, Loseblatt, Werksstand: 206. Ergänzungslieferung – August 2020 (zit.: Bearbeiter, in: Bonner Kommentar, GG)

Kaldor, Nicholas

An Expenditure Tax, London 1955 (zit.: Kaldor, An Expenditure Tax)

Kaplan, Hugo E.

Aspects of VAT and Other Consumption Taxes ­Affecting Investments into Argentina, Bulletin for International Taxation 2005, 341

Kaya, Orçun

Künstliche Intelligenz im Bankensektor, Juni 2019 abrufbar unter: https://www.dbresearch.de/ PROD/ RPS_DE-PROD/PROD 0000000000496371/Künst​ liche_Intelligenz_ im _Banken-sektor%3A_Ein_bis​ her.pdf (zit.: Kaya, Künstliche Intelligenz im Bankensektor)

Kerrigan, Arthur

Effects of VAT on financial services, in: Chaudhry, Sajid M. / Mullineux, Andrew W. (Hrsg.), Taxing Banks Fairly, Cheltenham 2014, S. 127 (zit.: Kerri­ gan, in: Chaudhry/Mullineux, Taxing Banks Fairly)

294

Literaturverzeichnis

Kerrigan, Arthur

The Elusiveness of Neutrality – Why Is It So Difficult To Apply VAT to Financial Services?, International VAT Monitor 2010, 103

Kirchhof, Ferdinand Das Leistungsfähigkeitsprinzip nach dem Grundgesetz – Zustand und Zukunft, BB 2017, 662 Kirchhof, Paul

40 Jahre Umsatzsteuergesetz – Eine Steuer im Umbruch, DStR 2008, 1

Kirchhof, Paul

Der verfassungsrechtliche Auftrag zur Besteuerung nach der finanziellen Leistungsfähigkeit, StuW 1985, 319

Klenk, Friedrich

Die Zukunft der deutschen Umsatzsteuer – aus der Sicht der deutschen Rechtsprechung, UVR 2006, 107

Klinker, Philipp

Einschränkungen des Rechts auf Vorsteuerabzug von Kreditinstituten infolge der Umsatzbesteuerung von Finanzdienstleistungen, Siegburg 2010 (zit.: Klinker, Einschränkungen des Rechts auf Vorsteuerabzug von Kreditinstituten infolge der Umsatzbesteuerung von Finanzdienstleistungen)

Koch, Oliver

Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit in der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften, Berlin 2003 (zit.: Koch, Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit in der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften)

Kokott, Juliane

Das Steuerrecht der Europäischen Union, München 2018 (zit.: Kokott, Das Steuerrecht der Europäischen Union)

Konrad, Kai A. / Morath, Florian / Müller, Wieland

Taxation and Market Power, Canadian Tax Journal 2014, 173

Korf, Ralph

Abrechnung von Umsätzen zu negativen Preisen, UVR 2019, 344

Korf, Ralph

Negative Preise und verwandte Erscheinungen, UVR 2011, 116 295

Literaturverzeichnis

Koritnik, Boštjan / Podlipnik, Jernej

The Ability-to-Pay Principle as a Primarily Constitutional Basis for Tax Norms of a Financial Nature, Maribor 2017 (zit.: Koritnik/Podlipnik, The Ability-­ to-Pay Principle)

Krever, Richard / Teoh, Jonathan

Loan Intermediary Services: Australia, in: van Brede­ rode, Robert F. / Krever, Richard (Hrsg.), VAT and Financial Services, Singapur 2017, S. 51 (zit.: ­Krever/Teoh, in: van Brederode/Krever, VAT and Financial Services)

Krieger, Richard

Unechte Umsatzsteuerbefreiungen im Unionsrecht, Köln 2017 (zit.: Krieger, Unechte Umsatzsteuerbefreiungen im Unionsrecht)

Krumm, Marcel

Besondere Verbrauchsteuern im Lichte des verfassungs- und unionsrechtlichen Gleichheitssatzes, ZfZ 2014, 281

Kube, Hanno

Verantwortung für ein prinzipiengeleitetes Umsatzsteuerrecht, UR 2013, 489

Kußmaul, Heinz ua. Normative theorie- und praxisbezogene Betriebswirtschaftslehre – Methodenpluralismus am Beispiel der Betriebswirtschaftlichen Steuerlehre und der Rechnungslegung, DB 2017, 1337 Lang, Joachim

Die Bemessungsgrundlage der Einkommensteuer, Köln 1988 (zit.: Lang, Die Bemessungsgrundlage der Einkommensteuer)

Lehr, Helmut

Umsatzsteuerpflichtige Darlehen: Die (neue) Optionspraxis der Banken aus Sicht des Darlehensnehmers, DStR 2006, 2243

Lejeune, Ine / Stevens, David / Killer, Mark

The International Direction in the VAT Treatment of Financial Services, in: Lang, Michael / Melz, Peter / Kristoffersson, Eleonor (Hrsg.), Value ­Added Tax and Direct Taxation, Amsterdam 2009, S. 673 (zit.: Lejeune/Stevens/Killer, in: Lang/Melz/Kristoffersson, Value ­Added Tax and Direct Taxation)

296

Literaturverzeichnis

Li, Na / Krever, Richard

Loan Intermediary Services: China, in: van Brede­ rode, Robert F. / Krever, Richard (Hrsg.), VAT and Financial Services, Singapur 2017, S. 109 (zit.: Li/ Krever, in: van Brederode/Krever, VAT and Financial Services)

Li, Na / Teoh, Jonathan / Krever, Richard

VAT Reform in China Reaches a Critical Turning Point, Tax Notes International 2016, 387

Lockwood, Ben

How Should Financial Intermediation Services be Taxed?, Warwick Economic Research Papers No. 948, 2010 (zit.: Lockwood, How Should Financial Intermediation Services be Taxed?)

Löhr, Kerstin

Das umsatzsteuerliche Optionsrecht für Vermietungsumsätze, Berlin 2003 (zit.: Löhr, Das umsatzsteuerliche Optionsrecht für Vermietungsumsätze)

López-Laborda, Julio / Peña, Guillermo

A New Method for Applying VAT to Financial Services, National Tax Journal 2018, 155

López-Laborda, Julio / Peña, Guillermo

International Practices for Financial VAT, International VAT Monitor 2017, 457

Mankiw, N. Gregory / Taylor, Mark P.

Grundzüge der Volkswirtschaftslehre, 7. Auflage, Stuttgart 2018 (zit.: Mankiw/Taylor, Grundzüge der Volkswirtschaftslehre)

Mankiw, N. Gregory / Weinzierl, Matthew C. / Yagan, Danny

Optimal Taxation in Theory and Practice, Journal of Economic Perspectives 23 (2009), 147

Mann, Fritz K.

Steuerpolitische Ideale, Vergleichende Studien zur Geschichte der ökonomischen und politischen Ideen und ihres Wirkens in der öffentlichen Meinung 1600-1935, Jena 1937 (zit.: Mann, Steuerpolitische Ideale)

297

Literaturverzeichnis

Martin, Julián A.

Länderbericht Argentinien, in: International Fiscal Association (Hrsg.), cahiers de droit fiscal, Band 88b, Den Haag 2003, S. 87 (zit.: Martin, in: IFA, cahiers de droit fiscal, Band 88b)

Maunz, Theodor / Dürig, Günther (Begr.) Herzog, Roman / Scholz, Rupert / Herdegen, Matthias / Klein, Hans H. (Hrsg.)

Grundgesetz, Kommentar, München, Loseblatt, Werksstand: 90. Ergänzungslieferung – Februar 2020 (zit.: Bearbeiter, in: Maunz/Dürig, GG)

McMahon, Peter

Länderbericht Australien, in: International Fiscal Association (Hrsg.), cahiers de droit fiscal, Band 88b, Den Haag 2003, S. 117 (zit.: McMahon, in: IFA, cahiers de droit fiscal, Band 88b)

Meincke, Eberhard / Der Kreditbegriff im deutschen Recht, WM 2011, Hingst, Kai-Michael 633 Mellinghoff, Rudolf Deutsches Umsatzsteuerrecht unter unions- und verfassungsrechtlichem Einfluss, UR 2013, 5 Merkx, Madeleine

European Union – The VAT Consequences of Crowdfunding, International VAT Monitor 2016, 12

Merrill, Peter R.

VAT Treatment of the Financial Sector, in: Tax Analysts (Hrsg.), The VAT Reader, USA 2011, S. 163 (zit.: Merrill, in: Tax Analysts, The VAT ­Reader)

Merrill, Peter R.

Taxation of Financial Services under a Consump­ tion Tax, Washington D.C. 1997 (zit.: Merrill, Taxation of Financial Services under a Consumption Tax)

Merrill, Peter R. / Edwards, Chris R.

Cash-Flow Taxation of Financial Services, National Tax Journal 1996, 487

Meyer, Jürgen / Hölscheidt, Sven (Hrsg.)

Charta der Grundrechte der Europäischen Union, 5. Auflage, Baden-Baden 2019 (zit.: Bearbeiter, in: Meyer/Hölscheidt, EU-GrCh)

298

Literaturverzeichnis

Mirrlees, James A.

An Exploration in the Theory of Optimum Income Taxation, Review of Economic Studies 38 (1971), 175

Mitschke, Joachim

Methoden der indirekten Konsummessung für Zwecke einer persönlichen allgemeinen Ausgabensteuer, Finanzarchiv 38 (1980), 274

Mülbert, Peter O. / Sajnovits, Alexander

Neue Referenzzinssäte, Zinssatzformeln und das Zinseszinsverbot, WM 2019, 1813

Murchner, Imke / Haydl, Karl-Heinz

Seminar C: „Indirect Taxation and Financial Services“ – Indirekte Steuern und Finanzdienstleistungen, IStR 2019, 635

Murphy, Chris

GST and how to tax Australian banking, Austra­ lian GST Journal 2017, 84

Musetti, Mattia

Value-added Tax and financial services: China as a benchmark for reform in the 21st century?, Australian GST Journal 2017, 60

Musgrave, Richard A. / Musgrave, Peggy B. / Kullmer, Lore

Die öffentlichen Finanzen in Theorie und Praxis, Band II, 5. Auflage, Tübingen 1993 (zit.: Musgrave/ Musgrave/Kullmer, Die öffentlichen Finanzen in Theorie und Praxis, Band II)

Nash, John F.

The Bargaining Problem, Econometrica 18 (1950), 155

Natera, Christian R. Länderbericht Mexiko, in: International Fiscal Association (Hrsg.), cahiers de droit fiscal, Band 88b, Den Haag 2003, S. 563 (zit.: Natera, in: IFA, cahiers de droit fiscal, Band 88b) Natrop, Johannes

Grundzüge der Angewandten Mikroökonomie, 2. Auflage, München 2012 (zit.: Natrop, Grundzüge der Angewandten Mikroökonomie)

Nettesheim, Martin Grundrechtliche Prüfdichte durch den EuGH, EuZW 1995, 106

299

Literaturverzeichnis

Neumark, Fritz

Grundsätze gerechter und ökonomisch rationaler Steuerpolitik, Tübingen 1970 (zit.: Neumark, Grundsätze gerechter und ökonomisch rationaler Steuerpolitik)

Nieuwenhuis, Helmut

Grundsatz der Neutralität der Umsatzsteuer in der Rechtsprechung des EuGH, UR 2013, 663

OECD

International VAT/GST Guidelines, Paris 2017 (zit.: OECD, International VAT/GST Guidelines)

Offerhaus, Klaus / Söhn, Hartmut / Lange, Hans-Friedrich (Hrsg.)

Umsatzsteuergesetz, Kommentar, Heidelberg, Loseblatt, Werksstand: 326. Ergänzungslieferung – August 2020 (zit.: Bearbeiter, in: Offerhaus/Söhn/ Lange)

Ohlendorf, Lutz

Grundrechte als Maßstab des Steuerrechts in der Europäischen Union, Tübingen 2015 (zit.: Ohlendorf, Grundrechte als Maßstab des Steuerrechts in der Europäischen Union)

Ossenbühl, Klaus H. Die gerechte Steuerlast, Heidelberg 1972 (zit.: Ossenbühl, Die gerechte Steuerlast) Pallot, Marie

GST and Financial Services – Rating Zero-rating, in: Krever, Richard / White, David (Hrsg.), GST in Retrospect and Prospect, Wellington 2007, S. 163 (zit.: Pallot, in: Krever/White, GST in Retrospect and Prospect)

Pallot, Marie / Allen, Thomas

Loan Intermediary Services: New Zealand, in: van Brederode, Robert F. / Krever, Richard (Hrsg.), VAT and Financial Services, Singapur 2017, S. 159 (zit.: Pallot/Allen, in: van Brederode/Krever, VAT and Financial Services)

Pallot, Marie / White, David

Improvements to the GST Treatment of Financial Services – The Proposed New Zealand Approach, International VAT Monitor 2002, 481

Park, Tido (Hrsg.)

Kapitalmarktstrafrecht, 5. Auflage, Baden-Baden 2019 (zit.: Bearbeiter, in: Park, Kapitalmarktstrafrecht)

300

Literaturverzeichnis

Peffekoven, Rolf

Reformbedarf bei der Mehrwertsteuer: Steuerausfälle, Wettbewerbsverzerrungen und Ineffizienzen vermeiden, Wirtschaftsdienst 2010, 575

Peffekoven, Rolf

Persönliche allgemeine Ausgabensteuer, in: Neumark, Fritz (Hrsg.), Handbuch der Finanzwissenschaft, Band II, 3. Auflage, Tübingen 1980, S. 417 (zit.: Peffekoven, in: Neumark, Handbuch der Finanzwissenschaft, Band II)

Peffekoven, Rolf / Fischer, Helmut

Ausgabensteuer (persönliche, allgemeine), in: Albers, Willi ua. (Hrsg.), Handwörterbuch der Wirtschaftswissenschaft, Band IX, Stuttgart 1982, S. 697 (zit.: Peffekoven/Fischer, in: Albers ua., Handwörterbuch der Wirtschaftswissenschaft, Band IX)

Pfeiffer, Sebastian

A VAT/GST Perspective on Crowdfunding, in: van Brederode, Robert F. / Krever, Richard (Hrsg.), VAT and Financial Services, Singapur 2017, S. 223 (zit.: Pfeiffer, in: van Brederode/Krever, VAT and Financial Services)

Philipowski, Rüdiger

Finanzdienstleistungen: Steuerbefreiungen – Op­ tion – Vorsteuerabzug, in: UmsatzsteuerForum / Bundesministerium der Finanzen (Hrsg.), 100 Jahre Umsatzsteuer in Deutschland, Festschrift, Köln 2018, S. 559 (zit.: Philipowski, in: FS Umsatzsteuer)

Philipowski, Rüdiger

Zum Begriff der Kreditgewährung, UR 1979, 1

Poddar, Satya

VAT on Financial Services – Searching for a Workable Compromise, in: Krever, Richard / White, David (Hrsg.), GST in Retrospect and Prospect, Wellington 2007, S. 179 (zit.: Poddar, in: Krever/White, GST in Retrospect and Prospect)

Poddar, Satya

Consumption Taxes: The Role of the Value-­Added, in: Honohan, Patrick (Hrsg.), Taxation of Financial Intermediation, Washington D.C. 2003, S. 345 (zit.: Poddar, in: Honohan, Taxation of Financial Intermediation)

301

Literaturverzeichnis

Poddar, Satya / English, Morley

Taxation of Financial Services under a Value-­­Added Tax: Applying the Cash-Flow Approach, National Tax Journal 1997, 89

Popitz, Johannes

Umsatzsteuergesetz, 3. Auflage, Berlin 1928 (zit.: Popitz, Umsatzsteuergesetz)

Ramsey, Frank P.

A Contribution to the Theory of Taxation, Economic Journal 37 (1927), 47

Rau, Günter / Dürr­ Umsatzsteuergesetz, Kommentar, Köln, Loseblatt, wächter, Erich / Werksstand: 188. Ergänzungslieferung – Juli 2020 Flick, Hans / Geist, (zit.: Bearbeiter, in: Rau/Dürrwächter) Reinhold (Hrsg.) Rawls, John

Concepts of Distributional Equity: Some Reasons for the Maximin Criterion, American Economic Review 1974, 141

Rawls, John

A Theory of Justice, Cambridge 1971 (zit.: Rawls, A Theory of Justice)

Recktenwald, Horst C. (Hrsg.)

Der Wohlstand der Nationen, Eine Untersuchung seiner Natur und seiner Ursachen, 11. Auflage, München 2005 – als deutsche Ausgabe von Adam Smith, An Inquiry into the Nature and Causes of the Wealth of Nations, 5. Auflage, London 1789 (zit.: Recktenwald, Der Wohlstand der Nationen)

Reding, Kurt / Müller, Walter

Einführung in die Allgemeine Steuerlehre, München 1999 (zit.: Reding/Müller, Einführung in die Allgemeine Steuerlehre)

Reiß, Wolfram

Steuergerechtigkeit und Umsatzbesteuerung im Europäischen Binnenmarkt, in: Tipke, Klaus / Seer, Roman / Hey, Johanna / Englisch, Joachim (Hrsg.), Gestaltung der Steuerrechtsordnung, Festschrift für Joachim Lang, Köln 2010, S. 861 (zit.: Reiß, in: FS Lang)

Reiß, Wolfram

Die harmonisierte Umsatzsteuer im nationalen Wirtschaftsverkehr – Widersprüche, Lücken und Harmonisierungsbedarf, in: Seer, Roman (Hrsg.), Umsatzsteuer im Europäischen Binnenmarkt, ­DStJG 32 (2009), S. 9 [zit.: Reiß, D ­ StJG 32 (2009)]

302

Literaturverzeichnis

Reiß, Wolfram

Länderbericht Deutschland, in: International Fis­ cal Association (Hrsg.), cahiers de droit fiscal, Band 88b, Den Haag 2003, S. 351 (zit.: Reiß, in: IFA, ­cahiers de droit fiscal, Band 88b)

Reiß, Wolfram

Finanzdienstleistungen und Mehrwertsteuer – Generalthema II des IFA-Kongresses Sydney, IStR 2003, 515

Reiß, Wolfram

Null-Steuersatz für Finanzdienstleistungen, UR 2003, 209

Reiß, Wolfram

Der Verbraucher als Steuerträger der Umsatzsteuer im Europäischen Binnenmarkt, in: Lang, Joachim (Hrsg.), Die Steuerrechtsordnung in der Diskussion, Festschrift für Klaus Tipke, Köln 1995, S. 433 (zit.: Reiß, in: FS Tipke)

Reiß, Wolfram

Der Belastungsgrund der Umsatzsteuer und seine Bedeutung für die Auslegung des Umsatzsteuergesetzes, in: Woerner, Lothar (Hrsg.), Umsatzsteuer in nationaler und europäischer Sicht, D ­ StJG 13 (1990), S. 3 [zit.: Reiß, D ­ StJG 13 (1990)]

Reiß, Wolfram / Kraeusel, Jörg / Langer, Michael (Hrsg.)

Umsatzsteuergesetz, Kommentar, Bonn, Loseblatt, Werksstand: 161. Ergänzungslieferung – August 2020 (zit.: Bearbeiter, in: Reiß/Kraeusel/Langer)

Riegel, Martin / Totsche, Sven

Vorsteuerabzug bei Banken, UR 2011, 721

Rose, Manfred

Verfolgung finanzpolitischer Zielsetzungen mit der Mehrwertsteuer, Wirtschaftsdienst 1983, 185

Rose, Manfred / Wiegard, Wolfgang

Zur optimalen Struktur öffentlicher Einnahmen unter Effizienz- und Distributionsaspekten, in: Pohmer, Dieter (Hrsg.), Zur optimalen Besteuerung, Berlin 1983, S. 9 (zit.: Rose/Wiegard, in: Pohmer, Zur optimalen Besteuerung)

Rosentahl, Michael Der Grundsatz der steuerlichen Neutralität in der aktuellen Entscheidung des EuGH vom 15.11.2012, DStR 2013, 443

303

Literaturverzeichnis

Rousslang, Donald J. Should Financial Services be Taxed under a Consumption Tax? Probably, National Tax Journal 2002, 281 Ruppe, Hans Georg

„Unechte“ Umsatzsteuerbefreiungen, in: Lang, Joachim (Hrsg.), Die Steuerrechtsordnung in der Diskussion, Festschrift für Klaus Tipke, Köln 1995, S. 457 (zit.: Ruppe, in: FS Tipke)

Sajnovits, Alexander Financial-Benchmarks, Berlin 2018 (zit.: Sajnovits, Financial-Benchmarks) Schatan, Roberto

VAT on Banking Services: Mexico’s Experience, International VAT Monitor 2003, 287

Schaumburg, Harald

Das Leistungsfähigkeitsprinzip im Verkehr- und Verbrauchsteuerrecht, in: Kirchhof, Paul / Nieskens, Hans (Hrsg.), Festschrift für Wolfram Reiß, Köln 2008, S. 25 (zit.: Schaumburg, in: FS Reiß)

Schaumburg, Harald / Englisch, Joachim (Hrsg.)

Europäisches Steuerrecht, 2. Auflage, Köln 2020 (zit.: Bearbeiter, in: Schaumburg/Englisch, Europäisches Steuerecht)

Schenk, Alan

Taxation of Financial Services (including In­surance) under a U.S. Value-­Added Tax, Tax Law Review 63 (2010), 409

Schenk, Alan

Financial Services, in: Krever, Richard (Hrsg.), VAT in Africa, Pretoria 2008, S. 31 (zit.: Schenk, in: Krever, VAT in Africa)

Schenk, Alan

Taxation of Financial Services under a Value ­Added Tax: A Critique of the Treatment Abroad and the Proposals in the United States, Tax Notes International 1994, 823

Schenk, Alan / Oldman, Oliver

Analysis of Taxation Treatment of Financial Services under a Consumption-Style VAT, Tax Lawyer Vol. 44 (1990), 181

Schenk, Alan / Thuronyi, Victor / Cui, Wei

Value A ­ dded Tax, A Comparative Approach, 2. Auflage, Cambridge 2015 (zit.: Schenk/Thuronyi/Cui, Value A ­ dded Tax)

304

Literaturverzeichnis

Schenk, Alan / Zee, Financial Services and the Value ­Added Tax, in: Howell H. Zee, Howell H. (Hrsg.), Taxing the Financial Sector, Washington D.C. 2004, S. 60 (zit.: Schenk/Zee, in: Zee, Taxing the Financial Sector) Schenk, Alan / Zee, Treating Financial Services under a Value A ­ dded Howell H. Tax: Conceptual Issues and Country Practices, Tax Notes International 2001, 3309 Schiller, Martin

Outsourcing im Finanzdienstleistungs- und Ver­ sicherungssektor, Köln 2006 (zit.: Schiller, Out­ sourcing im Finanzdienstleistungs- und Versicherungssektor)

Schmidt, Peter

Konsumbesteuerung durch Mehrwertsteuer, Bielefeld 1999 (zit.: Schmidt, Konsumbesteuerung durch Mehrwertsteuer)

Schmidt, Reinhard H.

Diversity in finance: An Overview, Vierteljahrshefte zur Wirtschaftsforschung Vol. 87 (2018), 9

Schneider Fossati, Gustavo

Die sozialstaatliche und freiheitsschonende Dimension des Leistungsfähigkeitsgrundsatzes im Umsatzsteuerrecht, Frankfurt am Main 2014 (zit.: Schneider Fossati, Die sozialstaatliche und freiheitsschonende Dimension des Leistungsfähigkeitsgrundsatzes im Umsatzsteuerrecht)

Schock, Matthias Malte

Steuerreformvorschläge des Mirrlees Committee und der Stiftung Marktwirtschaft, Hannover 2019 (zit.: Schock, Steuerreformvorschläge des Mirrlees Committee und der Stiftung Marktwirtschaft)

Schöler, Klaus

Verhalten der Banken in oligopolistischen Märkten, Jahrbuch für Sozialwissenschaften Band 45 (1994), 389

Scholz, Jürgen

Vorsteueraufteilung gemischt genutzter Gebäude, UR 2014, 764

Schupp, Jürgen ua.

Repräsentative Analyse der Lebenslagen einkommensstarker Haushalte, Berlin 2003 (zit.: Schupp, Repräsentative Analyse der Lebenslagen einkommensstarker Haushalte)

305

Literaturverzeichnis

Schuster, Hannes / Hastenteufel, Jessica

Die Bankenbranche im Wandel, Baden-Baden 2017 (zit.: Schuster/Hastenteufel, Die Bankenbranche im Wandel)

Schwarz, Bernhard / Widmann, Werner / Radeisen, Rolf-­ Rüdiger (Hrsg.)

Umsatzsteuergesetz, Kommentar, Freiburg, Loseblatt, Werksstand: 215. Ergänzungslieferung – September 2020 (zit.: Bearbeiter, in: Schwarz/Widmann/Radeisen)

Seidl, Christian

Gerechtigkeit und Besteuerung unter besonderer Berücksichtigung der Optimalsteuertheorie, in: Pohmer, Dieter (Hrsg.), Zur optimalen Besteuerung, Berlin 1983, S. 163 (zit.: Seidl, in: Pohmer, Zur optimalen Besteuerung)

Shen, Shirley / Krever, Richard

China (People’s Rep.) – China’s VAT Reform: Ex­ periences and Lessons Learned, International VAT Monitor 2017, 147

Slemrod, Joel

Optimal Taxation and Optimal Tax Systems, Journal of Economic Perspectives 4 (1990), 157

Söhn, Hartmut

Die Umsatzsteuer als Verkehrsteuer und/oder Verbrauchsteuer, StuW 1975, 1

Sölch, Otto / Ringleb, Karl (ehem. Fortf.) Wagner, Wilfried (Hrsg.)

Umsatzsteuergesetz, Kommentar, München, Loseblatt, Werksstand: 89. Ergänzungslieferung – Juni 2020 (zit.: Bearbeiter, in: Sölch/Ringleb)

Spilker, Bettina

Muss eine nicht mögliche Überwälzung von besonderen Verbrauchsteuern zu einer Rückerstattung führen? – Überprüfung der Gesetzeslage anhand des unionsrechtlichen und verfassungsrechtlichen Gleichheitssatzes, BB 2017, 1758

­Stadie, Holger

Das Recht des Vorsteuerabzugs, Köln 1989 (zit.: ­Stadie, Das Recht des Vorsteuerabzugs)

Steinhaeuser, Philipp

Die Manipulation von Referenzzinsen wie LIBOR und EURIBOR, Berlin 2019 (zit.: Steinhaeuser, Die Manipulation von Referenzzinsen wie LIBOR und EURIBOR)

306

Literaturverzeichnis

Stern, Klaus / Sachs, Europäische Grundrechte-Charta, München 2016 Michael (Hrsg.) (zit.: Bearbeiter, in: Stern/Sachs, EU-GrCh) Stiglitz, Joseph E.

Economics of the Public Sector, 3. Auflage, New York 2000 (zit.: Stiglitz, Economics of the Public Sector)

Stiglitz, Joseph E.

Pareto Efficient and Optimal Taxation and the New New Welfare Economics, in: Auerbach, Alan J. / Feldstein, Martin (Hrsg.), Handbook of Public Economics, 2. Auflage, North Holland 1987, S. 991 (zit.: Stiglitz, in: Auerbach/Feldstein, Handbook of Public Economics)

Stiglitz, Joseph E. / Schönfelder, Bruno

Finanzwissenschaft, 2. Auflage, 3. Nachdruck, München 2000 (zit.: Stiglitz/Schönfelder, Finanzwissenschaft)

Stitt, Ross

Financial Supplies and Reduced Input Tax Credits – An Australian Perspective, in: Krever, Richard / White, David (Hrsg.), GST in Retrospect and Prospect, Wellington 2007, S. 205 (zit.: Stitt, in: Krever/White, GST in Retrospect and Prospect)

Stöber, Michael

Zur Zukunft der Zinsschranke, in: Schön, Wolfgang / Sternberg, Christian (Hrsg.), Zukunftsfragen des deutschen Steuerrechts III, Berlin 2018, S. 121 (zit.: Stöber, in: Schön/Sternberg, Zukunftsfragen des deutschen Steuerrechts III)

Streinz, Rudolf (Hrsg.)

EUV/AEUV, 3. Auflage, München 2018 (zit.: Bearbeiter, in: Streinz, EUV/AEUV)

Teichmann, Knud M.

Der Verlust des Vorsteuerabzugs im steuerfreien Bereich der Mehrwertsteuer (§ 15 Abs. 2 UStG), StuW 1975, 189

Teijeiro, Guillermo

Loan Intermediary Services: Argentina, in: van ­Brederode, Robert F. / Krever, Richard (Hrsg.), VAT and Financial Services, Singapur 2017, S. 35 (zit.: Teijeiro, in: van Brederode/Krever, VAT and Financial Services)

307

Literaturverzeichnis

Tipke, Klaus

Das Folgerichtigkeitsgebot im Verbrauch- und Verkehrsteuerrecht, in: Kirchhof, Paul / Nieskens, Hans (Hrsg.), Festschrift für Wolfram Reiß, Köln 2008, S. 9 (zit.: Tipke, in: FS Reiß)

Tipke, Klaus

Die Steuerrechtsordnung, Band II, 2. Auflage, Köln 2003 (zit.: Tipke, Die Steuerrechtsordnung, Band II)

Tipke, Klaus

Die Steuerrechtsordnung, Band I, 2. Auflage, Köln 2000 (zit.: Tipke, Die Steuerrechtsordnung, Band I)

Tipke, Klaus

Europäisches Steuerverfassungsrecht, in: Kirchhof, Paul / Lehner, Moris / Raupach, Arndt / Rodi, Michael (Hrsg.), Staaten und Steuern, Festschrift für Klaus Vogel, Heidelberg 2000, S. 561 (zit.: Tipke, in: FS Vogel)

Tipke, Klaus / Lang, Steuerrecht, 23. Auflage, Köln 2018 (zit.: BearbeiJoachim (Begr.) ter, in: Tipke/Lang, Steuerrecht) Seer, Roman / Hey, Johanna / Montag, Heinrich / Englisch, Joachim / Hennrichs, Joachim (Fortf.) Trinks, Matthias

VAT on Negative Prices, International VAT Monitor 2017, 279

Trstenjak, Verica / Beysen, Erwin

Das Prinzip der Verhältnismäßigkeit in der Unions­ rechtsordnung, EuR 2012, 265

Valta, Matthias / Gerbracht, Jochen

Perspektiven des Europäischen Leistungsfähigkeitsprinzips am Beispiel der Zinsschranke, StuW 2019, 118

van Brederode, Robert F.

Systems of General Sales Taxation, Alphen aan den Rijn 2009 (zit.: van Brederode, Systems of General Sales Taxation)

308

Literaturverzeichnis

van Brederode, Robert F. / Krever, Richard

Theories of Consumption and the Consequences of Partial Taxation of Financial Services, in: van ­Brederode, Robert F. / Krever, Richard (Hrsg.), VAT and Financial Services, Singapur 2017, S. 3 (zit.: van Brederorde/Krever, in: van Brederode/Krever, VAT and Financial Services)

van Brederode, Robert F. / Krever, Richard

Taxing Loan Intermediary Services: Theory and Design Considerations, in: van Brederode, Robert F. / Krever, Richard (Hrsg.), VAT and Financial Services, Singapur 2017, S. 15 (zit.: van Brederorde/ Krever, in: van Brederode/Krever, VAT and Financial Services)

van Schalkwyk, Sybrand / Prebble, John

Value ­ Added Tax and Financial Services, Asia-­ Pacific Tax Bulletin 2004, 363

Vanistendael, Frans Ability to Pay in European Community Law, ec Tax Review 2014, 121 Varian, Hal R.

Grundzüge der Mikroökonomik, 9. Auflage, Berlin 2016 (zit.: Varian, Grundzüge der Mikroökonomik)

Vogel, Hans-Gert

Negativzinsen im Einlagengeschäft der Kreditinstitute, BKR 2018, 45

von Böventer, Edwin / Illing, Gerhard / Koll, Robert

Mikroökonomie, 5. Auflage, München 1997 (zit.: von Böventer/Illing/Koll, Mikroökonomie)

von Danwitz, Thomas

Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit im Gemeinschaftsrecht, EWS 2003, 393

von der Groeben, Hans / Schwarze, Jürgen / Hatje, Armin (Hrsg.)

Europäisches Unionsrecht, Kommentar, 7. Auf­ lage, Baden-Baden 2015 (zit.: Bearbeiter, in: von der Groeben/Schwarze/Hatje, Europäisches Unions­ recht)

von Justi, Johann H. Ausführliche Abhandlung von denen Steuern und Abgaben, Königsberg 1762 (zit.: von Justi, Ausführliche Abhandlung von denen Steuern und Abgaben)

309

Literaturverzeichnis

von Mangoldt, Hermann (Begr.) Klein, Friedrich / Starck, Christian (Fortf.) Huber, Peter M. / Voßkuhle, Andreas (Hrsg.)

Grundgesetz, Kommentar, Band II, 7. Auflage, München 2018 (zit.: Bearbeiter, in: von Mangoldt/ Klein/Starck, GG, Band II)

Wäger, Christoph

Neues aus Europa: Der Gleichbehandlungsgrundsatz und seine Bedeutung für die MwStSystRL, DStR 2017, 2017

Wäger, Christoph

Indirekte Besteuerung des Finanzsektors – Bereits gescheiterte, derzeit diskutierte und bislang unerörterte Reformmöglichkeiten, DStR 2012, 1829

Wagner, Adolph

Finanzwissenschaft, Zweiter Theil: Gebühren und allgemeine Steuerlehre, Leipzig 1880 (zit.: Wagner, Finanzwissenschaft, Zweiter Theil)

Wagner, Franz W.

Neutralität und Gleichmäßigkeit als ökonomische und rechtliche Kriterien steuerlicher Normkritik, StuW 1992, 2

Wagner, Franz W.

Der gesellschaftliche Nutzen einer betriebswirtschaftlichen Steuervermeidungslehre, Finanzarchiv 44 (1986), 32

Wagner, Klaus-R.

Zur rechtlichen Wirksamkeit von Negativzinsen, BKR 2017, 315

Walpole, Michael

Australia – The Miraculous Reduced Input Tax Credit for Financial Supplies in Australia, International VAT Monitor 2011, 316

Weber, Antje

Umsatzsteuerbefreiung von Finanzdienstleistungen der Banken und Finanzinstitute, Erlangen-­ Nürnberg 2004 abrufbar unter: http://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:​ bvb:29-opus-1433 (zit.: Weber, Umsatzsteuerbefreiung von Finanzdienstleistungen der Banken und Finanzinstitute)

310

Literaturverzeichnis

Weber, Sabine

Rechtfertigt die Umsatzsteuerfreiheit der Finanzdienstleistungen die Einführung einer Finanztransaktionssteuer, UVR 2012, 44

Wellisch, Dietmar

Finanzwissenschaft II, München 2000 (zit.: Wellisch, Finanzwissenschaft II)

Widmann, Werner

Vollzugsdefizite und Vollzugslasten im Umsatzsteuerrecht, in: Seer, Roman (Hrsg.), Umsatzsteuer im Binnenmarkt, D ­ StJG 32 (2009), S. 103 [zit.: Widmann, ­DStJG 32 (2009)]

Wiesch, Thomas

Die umsatzsteuerliche Behandlung der öffentlichen Hand, Köln 2016 (zit.: Wiesch, Die umsatzsteuerliche Behandlung der öffentlichen Hand)

Wissenschaftlicher Entschließungen, Stellungnahmen und Gutachten Beirat beim Bundes- 1949-1973, Tübingen 1974 (zit.: Wissenschaftlicher ministerium der Beirat, Sammelband 1949-1973) Finanzen Wolfers, Lachlan / Shen, Shirley / Wang, John / Li, Jean

Post VAT reform in China – what’s next?, in: KPMG (Hrsg.), China Looking Ahead, International Tax Review, 6. Auflage, 2016, S. 30 abrufbar unter: https://assets.kpmg/content/dam/ kpmg/cn/pdf/en/2016/12/China-Looking-Ahead-​ ITR-­201601.pdf (zit.: Wolfers/Shen/Wang/Li, in: KPMG, China Looking Ahead)

Xu, Yan / Krever, Richard

Applying VAT to financial services in China: ­Opportunities for China and lessons for the world?, Australian Tax Review 2016, 38

Yilmaz, Fatih / Baydur, Ismail,

VAT Treatment of the Financial Services: Implications for the Real Economy, Oktober 2018, abrufbar unter: http://www.tcmb.gov.tr/wps/wcm/ connect/ EN/TCMB+EN/Main+Menu/Publications/​ Research/Working+Papers/2018/ 18-15 (zit.: Yilmaz/Baydur, VAT Treatment of the Financial Services)

311

Literaturverzeichnis

Zee, Howell H.

Further Thoughts on Reforming the VAT, in: de la Feria, Rita (Hrsg.), VAT Exemptions, Alphen aan den Rijn 2013, S. 345 (zit.: Zee, in: de la Feria, VAT Exemptions)

Zee, Howell H.

VAT Treatment of Financial Services: A Primer on Conceptual Issues and Country Practices, Intertax 2006, 458

Zee, Howell H.

A New Approach to Taxing Financial Intermediation Services Under a Value-­Added Tax, National Tax Journal 2005, 77

Zee, Howell H.

World Trends in Tax Policy: An Economic Perspective, Intertax 2004, 352

Ziegler, Tania / Shneor, Rotem / Garvey, Kieran ua.

Expanding Horizons – The 3rd European Alternative Finance Industry Report, Cambridge 2018, abrufbar unter: https://www.jbs.cam.ac.uk/wp-con​ tent/up-loads/2020/08/2018-02-ccaf-exp-horizons. pdf (zit.: Ziegler ua., Expanding Horizons – The 3rd ­European Alternative Finance Industry Report)

Zirkl, Cornelia

Die Neutralität der Umsatzsteuer als europäisches Besteuerungsprinzip, Berlin 2015 (zit.: Zirkl, Die Neutralität der Umsatzsteuer als europäisches Besteuerungsprinzip)

Zumstein, Peter

Die Ausgabensteuer, Diessenhofen 1977 (zit.: Zumstein, Die Ausgabensteuer)

312

Weitere Nachweise Australia’s future tax system – Report to the Treasurer, Dezember 2009

abrufbar unter: http://www.taxreview.treasury.gov.au/content/ downloads/final _report_part_2/AFTS_Final_Report​ _Part_2_ Vol_2_Consolidated.pdf (zit.: Australia’s future tax system – Report to the Treasurer)

Deutsche Bundesbank, EZB-Zins­sätze  – Statistik ab 1999

abrufbar unter: https://www.bundesbank.de/de/bundesbank/ eurosystem/ezb-zinssaetze-607780 (zit.: Deutsche Bundesbank, EZB-Zinssätze – ­Statistik ab 1999)

EY, Design and Impact of the „Option to Tax“ System for Application of VAT to Financial Services, Oktober 2009

abrufbar unter: http://www.ebf-fbe.eu/uploads/documents/ publications/Reports/ Others/D1925_EBF_-_EY_ Final_Report_28_October_ 2009_TB-NT-200901580-01-E.pdf (zit.: EY, Design and Impact of the „Option to Tax” System for Application of VAT to Financial Services)

EY, Value ­Added Tax – A study of Methods of Taxing Financial and Insurance Services, 1996

abrufbar unter: https://ec.europa.eu/taxation_customs/business/ vat/vat-reports-published_en (zit.: EY, A study of Methods of Taxing Financial and Insurance Services)

Europäische Kommission, Summary of Results – Public Consultation on Financial and Insurance Services, 2006

abrufbar unter: https://ec.europa.eu/taxation_customs/sites/ taxation/files/resour-ces/documents/common/ consultations/tax/rep_financial_insu-rance_ser​ vices_en.pdf (zit.: Europäische Kommission, Summary of Results – Public Consultation on Financial and Insurance Services)

313

Weitere Nachweise

Europäische Kommission, The TCA System – A Detailed Des­ cription, Executive Summary, kA.

abrufbar unter: https://ec.europa.eu/taxation_customs/sites/ taxation/files/resources/documents/tca_system_ introduction.pdf (zit.: Europäische Kommission, The TCA System – Executive Summary)

IBFD, VAT Survey Financial Services, 2006

abrufbar unter: https://ec.europa.eu/taxation_customs/sites/ taxation/files/docs/body/vat_survey_financial.pdf (zit.: IBFD, VAT Survey Financial Services)

Inland Revenue Authority of Singapore e-Tax Guide, GST: Partial Exemption and Input Tax Recovery (Fourth edition), 2018

abrufbar unter: https://www.iras.gov.sg/irashome/uploadedFiles/ IRASHome/e-Tax_Guides/etaxguide_GST_Partial​ %20Exemption%20 and%20Input%20Tax%20 Recovery.pdf (zit.: IRAS e-Tax Guide, GST: Partial Exemption and Input Tax Recovery)

KPMG, China Tax Alert, Issue 20, July 2016

abrufbar unter: https://assets.kpmg/content/dam/kpmg/pdf/​ 2016/07/china-tax-alert-20-new-circular-expandsupon-china-vat-exemptions-for-financial-services-​ industry.pdf (zit.: KPMG, China Tax Alert, Issue 20, July 2016)

KPMG, GST Applicability to the Financial Services Sector in Canada, Februar 2011

abrufbar unter: https://www.ific.ca/wp-content/uploads/2013/09/ KPMG-Study-GST-Applicability-to-the-Financial-​ Services-Sector-in-Canada-February-11-20111. pdf/4910/ (zit.: KPMG, GST Applicability to the Financial Services Sector in Canada)

314

Weitere Nachweise

Memorandum of Agreement Regarding Sales Tax Harmonization with a View to Concluding a Canada-Quebec Comprehensive Integrated Tax Coordination Agreement, September 2011

abrufbar unter: http://www.finances.gouv.qc.ca/documents/ Communiques/en/ COMEN_20110930-memoran​ dum.pdf (zit.: Memorandum of Agreement Regarding Sales Tax Harmonization with a View to Concluding a Canada-Quebec Comprehensive Integrated Tax Coordination)

Minister of Finance / Minister of Revenue, GST & financial services – A government discussion document, 2002

abrufbar unter: https://taxpolicy.ird.govt.nz/sites/default/files/​ 2002-dd-gst-financial-services.pdf (zit.: Minister of Finance, GST & financial services – A government discussion document)

OECD, Indirect Tax Treatment of Financial Services and Instruments, Oktober 1998

abrufbar unter: http://www.oecd.org/tax/consumption/1915300. pdf (zit.: OECD, Indirect Tax Treatment of Financial Services and Instruments)

PWC, How the EU VAT exemptions impact the banking sector, Oktober 2011

abrufbar unter: https://www.pwc.com/gx/en/financial-services/ pdf/2011-10-18_vat_study_final_report.pdf (zit.: PWC, How the EU VAT exemptions impact the banking sector)

315

Weitere Nachweise

PWC, Study to Increase the Understanding of the Economic Effects of the VAT Exemption for Financial and Insurance Services, November 2006

abrufbar unter: https://ec.europa.eu/taxation_customs/business/ vat/vat-reports-published_en (zit.: PWC, Study to Increase the Understanding of the Economic Effects of the VAT Exemption for Financial and Insurance Services)

Sachverständigenrat, Jahresgutachten 2015/16, November 2015

abrufbar unter: https://www.sachverstaendigenrat-wirtschaft.de/ publikationen/jahresgutachten/fruehere-jahres​ gutachten/jahresgutachten-201516.html (zit.: Sachverständigenrat, Jahresgutachten 2015/16)

Statistisches Bundesamt, Wirtschaftsrechnungen 2018, April 2019

abrufbar unter: https://www.destatis.de/DE/Themen/Gesellschaft-​ Umwelt/ Einkommen-Konsum-Lebensbedingungen/​ Vermoegen-Schulden/Publikationen/Downloads-​ Vermoegen-Schulden/evs-geld-immobilienvermoe​ gen-schulden-2152602189004.pdf? __blob=publi​ cationFile (zit.: Statistisches Bundesamt, Wirtschaftsrechnungen 2018)

Rheinisch-Westfälisches Institut der Wirtschaftsforschung, Arbeitsbericht 2002, April 2003

abrufbar unter: http://www.rwi-essen.de/media/content/pages/ publikationen/rwi-jahresberichte/RWI-Arbeits​ bericht-2002.pdf (zit.: Rheinisch-Westfälisches Institut der Wirtschaftsforschung, Arbeitsbericht 2002)

316

Weitere Nachweise

Wissenschaftlicher Beirat beim Bundesministerium der Finanzen, Finanzierungs­ neutrale Unternehmens-besteuerung in der Europäischen Union? Eine Stellungnahme zum Richtlinienvorschlag der EU-Kommission vom Oktober 2016, Oktober 2017

abrufbar unter: https://www.bundesfinanzministerium.de/ Content/DE/Standard-artikel/Ministerium/ Geschaeftsbereich/Wissenschaftlicher_ Beirat/ Gutachten_und_Stellungnahmen/Ausgewaehlte_Texte/2017-11-16-Finanzierungsneutrale-­ Unternehmensbesteuerung-in-der-EU-anlage. pdf?__blob=publicationFile&v=4 (zit.: Wissenschaftlicher Beirat, Finanzierungs­ neutrale Unternehmensbesteuerung in der Europäischen Union).

317

Stichwortverzeichnis Abgrenzungsschwierigkeiten 125 Abwälzung 30, 109, 110 Allgemeiner Gleichheitssatz 15 – bereichsspezifische Konkretisierungen 16 Anleihenverzinsung 234 Argentinien 193, 202 Ausgabenbesteuerung – persönliche 60 Australien 173, 181 Cash-Flow-Besteuerung 210 – Ausgangskonzeption 211 – mit Steuerverrechnungskonto 223 – verkürzte 240 China 195, 203 Effizienz 39 Eingangsbesteuerung 106, 109 Einlageleistung 248 Einlagezins 69 Entgelt 54 – explizite Leistungsentgelte 55, 81, 96, 186 – Kreditzinszahlungen 54 Entlastung 28 Euribor 233 Europarecht 13 Finanzwissenschaft 37 Flexibilität 45 Indirekte Erhebungsweise 26, 35, 93 Input Tax Recovery Approach 172 Intermediationsleistung – Begriff 68 – Entgelt 69 – Entgeltaufspaltung 70, 92, 214 Investitionen 136

Kaskadeneffekt 119 Kompensationswirkung 201 Konsumentscheidung – intertemporale 73 Konsumtive Vermögensverwendung 25, 56 – Konkretisierungen 59 Konsumverschiebung 62 Kostenteilungsgemeinschaften 136 Kreditgewährung – Begriff 9, 51 – Besteuerungswürdigkeit 50, 56 – Entgelt 54 – Kapitalüberlassung 52 – Leistungsbeziehungen 51 Kreditkosten 101 Kreditnachfrage – private 116 – unternehmerische 118, 123 – Verzerrung 116, 123 Kreditverzinsung – negative 252 Kreditzinszahlungen 54, 56 – Aufspaltung 65 – Besteuerungswürdigkeit 77 – Vollbesteuerung 191 Länderpraxis – Argentinien 193, 202 – Australien 173, 181 – China 195, 203 – Neuseeland 161, 168 – Singapur 176, 183 – Südafrika 187 Leistungsbeziehungen – innergemeinschaftliche 142 Leistungsentgelt – Aufspaltung 214 Leistungsfähigkeitsprinzip 17 – Konkretisierungen 24, 27 – primärrechtliche Fundierung 20

319

Stichwortverzeichnis

– verfassungsrechtliche Wurzeln 18 Liquiditätsbeeinträchtigung 219 Neuseeland 161, 168 Neutralität 39 – allokative 40, 67 – intertemporale 72 Neutralitätsprinzip 16, 27, 112, 118, 134 Nullsatzbesteuerung 160 Optionsrecht 150, 171 Pareto-Optimalität 40 Produktionseffizienztheorem 42 Rationales Steuersystem – Anforderungen 37, 39 Rechtfertigung – sozialpolitische Erwägungen 96 – Vereinfachungszweck 91 – wirtschaftspolitische Erwägungen 100 Reformvorschläge 207 – Cash-Flow-Besteuerung 207 – ergänzender Reformvorschlag 247 – López-Laborda/Peña 209 – Zee 208 Ressourcenverbrauch 63 Risikoaufschlag 65, 88, 234 Risikozuschlag 95 Singapur 176, 183 Steueraufkommen 138 – Aufkommensneutralität 87 – Aufkommensverschiebung 144 Steuerbefolgungsaufwand 35 Steuerbefolgungskosten 131 Steuerbefreiung 90 – Anwendungsbereich 10, 103 – Aufkommenswirkung 138 – Folgen 108

320

– mit anteiligem Vorsteuerabzugsrecht 171 – Rechtfertigung 90 Steuerbelastung – systemwidrige 111, 118 Steuererhebungsaufwand 43, 221 Steuererhebungskosten 138 Steuergestaltungen 136 Steuersatzänderung 220 Steuerverrechnungskonto – Abrechnung 224 – Funktionsweise 224 – Verzinsung 223 Substitutionseffekt 41 Südafrika 187 Transparenz 46, 117 Unternehmereigenschaft 10 Verbrauchsteuerprinzip 24, 56 Verhältnismäßigkeitsgrundsatz 31 Vermittlungsleistung 68 Verrechnungszins 231 – Anpassung 235 – Festlegung 231 Vertikale Integration 132 Verzerrungswirkungen 40, 111, 115, 122, 132 – Fallgestaltungen mit Drittlandsbezug 145 – innergemeinschaftliche Fallgestaltungen 142 Vorsteuerabzug 28 – Ausschluss 106 Vorsteueraufteilung 107, 127, 202 Vorsteuerbelastung – verdeckte 109 Zero-Rating 160 Zins – reiner 65, 77, 95 Zinsaufschlag 65, 79, 86 Zusatzlast 41, 43