"Im Schutz und Schirm des Reiches": Spielräume der Reichspolitik der innerösterreichischen Landstände im 16. Jahrhundert 9783205201878, 9783205796954


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German Pages [288] Year 2016

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"Im Schutz und Schirm des Reiches": Spielräume der Reichspolitik der innerösterreichischen Landstände im 16. Jahrhundert
 9783205201878, 9783205796954

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VERÖFFENTLICHUNGEN DER KOMMISSION FÜR NEUERE GESCHICHTE ÖSTERREICHS Band 110 Kommission für Neuere Geschichte Österreichs Vorsitzende: Univ.-Prof. Dr. Brigitte Mazohl Stellvertretender Vorsitzender: Univ.-Prof. Dr. Reinhard Stauber Mitglieder: Dr. Franz Adlgasser Univ.-Prof. Dr. Peter Becker Univ.-Prof. i. R. Dr. Ernst Bruckmüller Univ.-Prof. Dr. Laurence Cole Univ.-Prof. Dr. Margret Friedrich Univ.-Prof. Dr. Elisabeth Garms-Cornides Univ.-Prof. Dr. Michael Gehler Univ.-Doz. Mag. Dr. Andreas Gottsmann Univ.-Prof. Dr. Margarete Grandner em. Univ.-Prof. Dr. Hanns Haas Univ.-Prof. i. R. Dr. Wolfgang Häusler Univ.-Prof. i. R. Dr. Ernst Hanisch Univ.-Prof. Dr. Gabriele Haug-Moritz Dr. Michael Hochedlinger Univ.-Prof. Dr. Lothar Höbelt Mag. Thomas Just Univ.-Prof. i. R. Dr. Grete Klingenstein em. Univ.-Prof. Dr. Alfred Kohler Univ.-Prof. Dr. Christopher Laferl Gen. Dir. Univ.-Doz. Dr. Wolfgang Maderthaner Dr. Stefan Malfèr Gen. Dir. i. R. H.-Prof. Dr. Lorenz Mikoletzky Dr. Gernot Obersteiner Dr. Hans Petschar em. Univ.-Prof. Dr. Helmut Rumpler em. Univ.-Prof. Dr. Gerald Stourzh Univ.-Prof. Dr. Arno Strohmeyer Univ.-Prof. i. R. Dr. Arnold Suppan Univ.-Doz. Dr. Werner Telesko Univ.-Prof. Dr. Thomas Winkelbauer Sekretär: Dr. Christof Aichner

Sašo Jerše

Im Schutz und Schirm des Reiches Spielräume der Reichspolitik der innerösterreichischen Landstände im 16. Jahrhundert

2016

BÖHLAU VERLAG WIEN · KÖLN · WEIMAR

Die in den Veröffentlichungen der Kommission für Neuere Geschichte Österreichs gemachten Aussagen sind die der jeweiligen Verfasser, nicht die der Kommission.

Das Werk erscheint auch in der Reihe Forschungen zur geschichtlichen Landeskunde der Steiermark, Band 68

Gedruckt mit der Unterstütung durch: Bundesministerium für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft Amt der steirischen Landesregierung Österreichische Austauschdienst GmbH Historische Landeskommission für Steiermark Philosophische Fakultät der Universität Ljubljana Richard Plaschka Stipendium Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek  : Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen National­bibliografie  ; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http  ://dnb.d-nb.de abrufbar. Umschlagabbildung: Ausschnitt aus dem Brief Matthes Ammans an die Veordneten Steiermarks. Regensburg, 14. Juli 1576. StLA, Laa. A. A. IV/2 Gesandtschaften, Sch. 44, unfol. © 2016 by Böhlau Verlag Ges. m. b. H. & Co. KG, Wien ·  Köln ·  Weimar www.boehlau-verlag.com Korrektorat: Philipp Rissel, Wien Satz: Michael Rauscher, Wien Umschlaggestaltung: Michael Haderer, Wien Druck  : Theiss, St. Stefan Gedruckt auf chlor- und säurefreiem Papier Printed in the EU ISBN 978-3 205-79695-4

INHALT

Danksagung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   7 Die Beschreibung der Ereignisse von innen – eine Einleitung . . . . . .   9 Reichspolitik der innerösterreichischen Herzogtümer aus forschungsgeschichtlicher Perspektive . . . . . . . . . . . . . . . . .  11 Die Geschichte der innerösterreichischen Reichs- und Reichstagspolitik in „dichter Beschreibung“ – zur Fragestellung und Quellenlektüre . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  15 STUDIE I. Gesandtschaften der innerösterreichischen Landstände ins Reich – Vorspiel in den Ländern und im Hause Habsburg . . . . . . . . . . .   31 I. 1 Gesandtschaft zum Wahltag zu Regensburg 1575 – eine Mission, die nicht stattfinden sollte . . . . . . . . . . . . . . . .  31 I.2 Vorbereitungen auf den Regensburger Reichstag 1576 . . . . .  51 II. Der Reichstag zu Regensburg im Jahre 1576. . . . . . . . . . . . . .   72 II.1 Die Verhandlungen über die Türkenhilfe unter der kaiserlichen „Reichstagsregie“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  72 II.2 Ritterorden an den ungarischen Grenzen – die letzte Niederlage des Lazarus von Schwendi. . . . . . . . . . . . . . . 112 III. Die Innerösterreichische Gesandtschaft beim Reichstag, ihre Kontakte und Konflikte. . . . . III.1 Der Kaiser und die „finsteren“ Blicke seiner Geheimräte . . . . III.2 Verständnis und Mitgefühl der Reichsstände, schuz und schermb des Reiches und Bangen um die Ehre der Gesandten . III.3 Verhüllte Bedeutung(slosigkeit) der Reise nach Bamberg . . . III.4 Amen als allerletztes Wort – Das Gutachten der Gesandtschaft über den Ritterorden an den ungarischen Grenzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

124 124 145 176 180

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Inhalt

IV. Im Schutz und Schirm des Reichstages – Landständische Reichspolitik auf dem Doppelboden ihrer Spielräume. . . . . . . . . 185 Die innerösterreichischen Länder am „Hofzaun des Reiches“ sowie des Kaiserhofes. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 189 Schutz und Schirm des Reiches als „bucella panis“ . . . . . . . . . . 195 QUELLEN I. Das Tagebuch der Gesandtschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 209 Exkurs. Wer mag „ich“ sein? Die Frage nach dem Verfasser . . . . . . . 224 II. Briefe Matthes Ammans aus Regensburg an die Verordneten Steiermarks. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 Datum 8. Juli 1576. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 a Post scripta I . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1b Post scripta II. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2 Datum 14. Juli 1576 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3 Datum 27. Juli 1576 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4 Datum 16. August 1576 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5 Datum 13. September 1576 . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6 Datum 19. September 1576 . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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229 229 234 235 236 238 241 243 247

III. Bericht – Relation – der Gesandten über Verrichtung ihrer Reichstagsmission. s. l. [Regensburg], 18. Oktober 1576 . . . . . . . 248 Transkriptionsregeln.. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 255 Abkürzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 258 Archivalien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 260 Gedruckte Quellen und Literatur.. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 261 Personenregister . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 289

DANKSAGUNG

Die erste Anregung zur Forschung, so wie sie in dieser Studie dargelegt wird, kam aus dem Bereich der belles lettres. Doch wäre die Studie ohne den Beistand und das Verständnis von treuen Kollegen und guten Freunden nicht entstanden. Dafür, dass er mich auf diese zunächst sehr einsame historische Reise ins Heilige Römische Reich des 16. Jahrhunderts entsandte und mir ermöglichte, von dort immer wieder zurückzukehren und mit ihm meine Fragen und Erkenntnisse teilen zu können, danke ich zunächst Vasko Simoniti. Die Gespräche mit ihm waren für mich von großem Gewinn und stets eine sehr große Freude. Ebenso erfreulich waren die Gespräche mit Lilijana Žnidaršič Golec und Marko Štuhec. Ohne sie wäre meine Zeit im Archiv viel weniger interessant gewesen und hätte mir weniger Einsichten gebracht. Die anregenden Gespräche mit Elisabeth Zingerle über die Mikropolitik des innerösterreichischen Hofes machten mir dessen Geschichte immer wieder von Neuem schmackhaft. Ohne die Hilfe der Archivare des Slowenischen Staatsarchivs in Laibach, des Steiermärkischen Landesarchivs in Graz, des Kärntner Landesarchivs in Klagenfurt sowie des Wiener Haus-, Hof- und Staatsarchivs wäre meine Arbeit in den Archiven äußerst mühsam gewesen. Für ihre Hilfe möchte ich ihnen freundlich danken. Dafür, dass meine Forschung überhaupt möglich war, danke ich dem Institut für Geschichte an der Laibacher Philosophischen Fakultät. Die Unterstützung seines Vorstands ging stets über das Maß hinaus, das man hätte erwarten dürfen. Besonderer Dank gilt dem Deutschen Akademischen Austauschdienst (DAAD), der mir ermöglichte, am Historischen Seminar der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn meine Archivarbeit mit Erkenntnissen der älteren und modernen Geschichtsforschung zu ergänzen. Für ihre Gastfreundschaft im Wintersemester 2004/2005 und wertvolle Gespräche danke ich Maximilian Lanzinner und Arno Strohmeyer. Günther Burkert-Dottolo danke ich für seine freundliche Erlaubnis, die Archivaliensammlung, welche im Rahmen seines Projektes über die Außenpolitik der österreichischen Landstände in der Frühen Neuzeit entstand, für meine Recherche nutzen zu dürfen. Ohne unsere Divergenzen im Bezug auf das Thema dieser Studie ganz beilegen zu können, brachte mir die Korrespondenz mit Albrecht Pius Luttenberger wichtige Anregungen. Dafür danke ich Herrn Luttenberger ganz besonders. Die Studie konnte ich während meines Aufenthalts als Gast am Institut für Geschichte der Karl-Franzens-Universität Graz im akademischen Jahr 2009/2010 weitgehend für den Druck vorbereiten. Für jene wertvolle Zeit

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Danksagung

geht mein herzlicher Dank an Gabriele Haug-Moritz, mit welcher ich meine Dilemmata in Hinsicht auf die Forschung zur Land- und Reichsgeschichte teilen durfte. Der Richard-Plaschka-Kommission und Tibor Szabó vom Österreichischen Austauschdienst (OeAD) danke ich dafür, dass sie meinen Grazer Forschungsaufenthalt großzügig gefördert haben. Dafür, dass die Studie auf Deutsch erscheinen kann, bin ich dem Wissenschaftlichen Institut der Philosophischen Fakultät in Laibach (ZIFF) zu Dank verpflichtet, das die Übersetzung des slowenischen Textes unterstützte, Primož Debenjak, der die Übersetzung auf sich nahm, Anna Huemer und Christiane Leskovec Redek für ihre Korrekturvorschläge und insbesondere Karin Schneider für ihre einfühlsame Bearbeitung des Manuskriptes. Ihre sprachlichen Ambitionen überstiegen bei Weitem meine eigenen. Für seine frohmütige Lektüre des Manuskriptes danke ich schließlich Jürgen Kirner. Die Tage auf der steirischen Alm bleiben unvergesslich. Dieses Buch hat viele Paten. Dankend hervorheben möchte ich die Gewogenheit von Grete Klingenstein und Arno Strohmeyer. Sie haben mir ihre Förderung bona fide entgegengebracht. Es ist vornehmlich ihr Verdienst, dass man das Buch nun aus der Taufe heben kann. Für die Aufnahme des Buches in ihre angesehenen Publikationsreihen bin ich der Kommission für Neuere Geschichte Österreichs und der Historischen Landeskommission für Steiermark, im Besonderen Brigitte Mazohl und Alfred Ableitinger, zu Dank verpflichtet. Eva Reinhold-Weisz vom Böhlau Verlag möchte ich für ihre äußerst freundliche redaktionelle Arbeit meine Wertschätzung zum Ausdruck bringen. Dieses Buch möchte ich all denjenigen widmen, die meine Reise ins Reich des 16. Jahrhunderts möglich gemacht und mich, viele ohne es zu wissen, dabei begleitet haben. Sašo Jerše Laibach, im Dezember 2015

DIE BESCHREIBUNG DER EREIGNISSE VON INNEN – EINE EINLEITUNG Refaire du dedans ce que les archéologues du XIXe siècle ont fait du dehors. Marguerite Yourcenar, Carnets de notes de Mémoire d’Hadrien

„Gestern ist Ammana bei mir gewesen und hat mir angezaigt, daß ihm, alß er vor drei Tagen in der Nähe von Fürstenfeld, nicht weit von der ungarischen Grenze, in der Weinlese war, sieben Kutschen mit Adels und anderen Personen begegneten, die mit Weib und Kind elendiglich von Ungarn herauf flüchteten. Mit großem Flehen und aufgehobenen Händen beklagten sie ihren Jammer, daß sie all ihr Hab und Gut durch den Türken verloren und kaum das Leben gerettet hätten. Ein alter 70jähriger Mann sagte, zu keiner Zeit noch sei in Ungarn solcher Jammer gehört worden.“1

Diese Worte, die der Seckauer Bischof Georg Agricola am 10. Oktober 1575 niederschrieb, waren seine Antwort auf die Bitte des Salzburger Erzbischofs, Johann Jakob von Khuen-Belasi, ihm Neuigkeiten aus der Steiermark zukommen zu lassen, damit man „auch zu Regensburg wisse, wie schlecht es jenen an den Grenzen [ginge]“2. In der Reichsstadt sollte Anfang Oktober der Wahltag stattfinden, der den neuen römischen König küren sowie die Angelegenheiten des Reiches erörtern würde. Der Salzburger Erzbischof plante, wie seiner Korrespondenz mit Agricola zu entnehmen ist, sich auf den Weg nach Regensburg zu machen. Er war bereit, den Kurfürsten und anderen Dignitären des Reiches die Lage an den südöstlichen Reichsgrenzen, also an jenen der Herzogtümer Steiermark, Kärnten und Krain sowie an den kroatischen, slawonischen und ungarischen Grenzen, vor Augen zu führen. Die Situation an den Grenzen war damals, wie wohl generell in der Mitte des 16. Jahrhunderts, als der Druck der Osmanen im Südosten des Reiches nicht nachlassen wollte, äußerst schwierig und kaum überschaubar. Um a 1 2

Matthes Amman (†1601), Sekretär und Berater der steirischen Landstände, ab 1578 auch selbst deren Mitglied. Siehe Loserth, Matthes Amman von Ammansegg (1920), S. 1–68. Der Seckauer Bischof Georg Agricola an den Salzburger Erzbischof Johann Jakob von Khuen-­Belasi, am 10. 10. 1575, zit. nach Loserth, Innerösterreich (1934), S. 74. Der Salzburger Erzbischof an den Seckauer Bischof am 18. 9. 1575. Loserth, Salzburg und Steiermark (1905), S. 85.

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Die Beschreibung der Ereignisse von innen – eine Einleitung

sie den Fürsten des Reiches in ihrem tatsächlichen Zustand darstellen zu können, waren Klarheit und Bildhaftigkeit vonnöten, vor allem aber waren die aktuellen Nachrichten über die betroffenen Gebiete notwendig. Der Salzburger Erzbischof benötigte diese Neuigkeiten, welche ihm sein Suffragan zukommen lassen sollte, zur Durchführung der selbst gewählten Aufgabe. Zugleich ließ er Berichte zum Beschluss des im August 1575 in Bruck an der Mur stattgefundenen Ausschusslandtages der innerösterreichischen Territorien, welcher die Entsendung einer Gesandtschaft zum Kurfürstentag beschlossen hatte, nach Salzburg senden.3 Dies spielte sich am 24. August ab. Doch gut einen Monat später, am 9. Oktober, wandte sich Agricola erneut nach Salzburg. Er meldete, dass die Entsendung einer Gesandtschaft zum Wahltag nun „durch bevelch abgestelt worden“ sei.4 Eine Erklärung darüber, woher ein solcher für die Stände der innerösterreichischen Länder unerwarteter, äußerst unwillkommener und aller Einschätzung nach ungünstiger, möglicherweise sogar ihr weiteres Schicksal fatal beeinflussender Befehl gekommen sei, ist der Nachricht des Seckauer Bischofs nicht zu entnehmen. Kein Wort darüber floss aus seiner Feder. Er gab lediglich die Enttäuschung der steirischen Stände, deren Erwartungen an eine Gesandtschaft zu den Kurfürsten sehr groß gewesen wären, zu verstehen. Die Neuigkeiten, die der Bischof nach Salzburg schicken sollte, gewannen demnach erheblich an Wert: Nachdem die Entsendung der Gesandtschaft Steiermarks, Kärntens und Krains „abgestelt“ worden war, wurde der Salzburger Primas zu einer der wenigen, möglicherweise sogar zur einzigen Partei, die bereit war, den Kurfürsten die Zustände an den bedrohten Grenzen zu schildern und sie zur Hilfe für ihre Verteidigung zu animieren. Wie, und ob überhaupt, der Salzburger Erzbischof die Rolle eines Befürworters der innerösterreichischen Verteidigung der Grenzen im Süden des Reiches am Kurfürstentag bekleidete, muss offenbleiben. Klar ist allemal, dass sich die innerösterreichischen Herzogtümer auf ihn allein nicht verlassen zu können glaubten. Als im Sommer 1576 der Reichstag in Regensburg tagte, entsandten die Landschaften ihre Repräsentanten zum Reichstag mit dem Mandat, einen möglichst hohen und für ihre Länder und deren Grenzen „in specie“ festgelegten Anteil an der Reichstürkenhilfe zu erzielen.5 Mit ihrem Mandat, die kaiserliche Verwaltung der Reichshilfe infrage zu stellen, ferner die Praxis der Reichsbewilligung zu ändern und die Alleinkompetenz 3 4 5

Der Seckauer Bischof an den Salzburger Erzbischof, 24. 8. 1575. Loserth, Salzburg und Steiermark (1905), S. 72. Der Seckauer Bischof an den Salzburger Erzbischof, 9. 10. 1575. Loserth, Salzburg und Steiermark (1905), S. 93. Loserth, Salzburg und Steiermark (1905), S. 74f.

REICHSPOLITIK DER INNERÖSTERREICHISCHEN HERZOGTÜMER

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des Kaisers bezüglich deren Verwaltung zu sprengen – ein höchst ambitioniertes Vorhaben –, konnten sich ihre Gesandten jedoch nicht behaupten. Die Enttäuschung der Landstände war infolgedessen sehr groß. Sie verwarfen allerdings den Gedanken an einen für sie positiven Ausgang nicht und glaubten Misserfolg mittels Hoffnung ausgleichen zu können. Ihre Hoffnung verflüchtigte sich jedoch in kürzester Zeit. Dies bezeugt das große Lamento der Landstände auf dem Ausschusslandtag im Januar 1577 angesichts der Unzulänglichkeit der eigenen Türkenabwehr und des Gefühls, auf sich allein gestellt zu sein.6 War die Gesandtschaft, die allem Anschein nach ohne greifbare Erfolge blieb, in der Tat nutz- und wirkungslos? Georg Agricola jedenfalls konnte nichts von seinem Zweifel an der Aktion der Landschaften abbringen. In einem seiner Briefe an den Salzburger Erzbischof kommentierte er die Vorbereitungen auf die Gesandtschaft zum Regensburger Reichstag mit den Worten: „Ich bestee, es werd ain thail so wenig reichen als der ander von der reichshilf. Werd[en] [die Länder] selbs das kalt eisen [das heißt ihre Waffen] müssen in die handt nemen.“7 Reichspolitik der innerösterreichischen Herzogtümer aus forschungsgeschichtlicher Perspektive Diese Studie geht zunächst der Skepsis Georg Agricolas nach, die sich gegen die Hoffnung, welche die innerösterreichischen Landstände in Bezug auf ihre Gesandtschaft zum Regensburger Reichstag 1576 versuchten aufrechtzuerhalten, positionierte und die Reichspolitik der Länder selbst infrage stellte; diese Skepsis zieht sich auch in der historischen Forschung bis dato weiter. Aber war die innerösterreichische Reichspolitik in der Tat bereits im Voraus als nutzlos einzuschätzen und von Beginn an ohne Aussichten auf Erfolg oder Wirkung gewesen? Wie steht dieser, in der Aussage Agricolas mit leichtem Zynismus versehene Standpunkt zu dem Engagement, das die Stände der innerösterreichischen Landstände sowie ihr Landesfürst im Hinblick auf eine Gesandtschaft nach Regensburg aufgebracht hatten? Welche Gründe veranlassten sie zu ihrer Hoffnung und auf welcher verfassungspolitischen Grundlage und in welchem Rahmen hatte sich ihr Engagement zu beweisen? Ebenso stellt sich die Frage, worauf Agricola glaubte, seine skeptische Haltung bauen zu müssen. Zuversicht und Skepsis hielten sich als Grundbausteine der innerösterreichischen Reichs- und Reichstagspolitik 6 7

Loserth, Salzburg und Steiermark (1905), S. 82. Zit. nach Loserth, Salzburg und Steiermark (1905), S. 92.

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Die Beschreibung der Ereignisse von innen – eine Einleitung

offenbar die Waage. Die Hoffnung auf einen Erfolg der Mission und die Gewissheit über deren Misserfolg standen sich diametral gegenüber. Lässt sich jedoch das Vorhaben der innerösterreichischen Landstände, bei den Reichsständen um Hilfe für den Kampf gegen die Osmanen anzusuchen, jenseits der Gegensätze von Erfolg und Misserfolg, von Gelingen und Scheitern, deuten? Wenn ja, zu welchen Erkenntnissen dürfte man somit gelangen? Bei der Beantwortung dieser Fragen könnte man den Studien von Johann Loserth und seinen Schülern folgen, den Historikern des 19. Jahrhunderts, die die Ereignisse der innerösterreichischen Reichspolitik erstmals behandelt haben. Allerdings galt ihre Aufmerksamkeit vor allem dem Land Steiermark und den dortigen politischen und konfessionellen Verhältnissen.8 Man könnte auch den Weg gehen, den die Analytiker der politischen Strukturen des Reiches, allen voran Winfried Schulze und Albrecht Pius Luttenberger, eingeschlagen haben.9 Diese betrachteten die Gesandtschaften aus Perspektiven, die laut Luttenberger von den „verfassungsrechtlichen“ beziehungsweise „reichsrechtlichen“ Bedingungen vorgezeichnet worden wären.10 Diese Grundmuster hätten den Verhandlungsspielraum für die Durchsetzung der Interessen der Länder geschaffen, zugleich seien sie eine Art imaginärer Raum des Politischen gewesen, in welchem sowohl die Land- als auch die Reichsstände ihre Auffassung der jeweiligen Interessen herauszubilden gehabt hätten. Schulze rief überdies dazu auf, über die Befassung mit rechtlichen und formellen Problemen des Reichstages hinauszugehen und den „politischen Interessenstand“ zu analysieren, was mit „einer Betrachtungsweise [zu tun hätte], die den politischen Interessenkonflikt und dessen Realisierungsversuche am Reichstag in den Vordergrund [stelle]“11. Ebendiese Herausforderung nahm Luttenberger in der Folge an und setzte sich mit der Frage nach den Grenzen auseinander, die den Bedürfnissen der Herzogtümer und deren Durchsetzung in den verfassungsrechtlichen und reichs  8 Johann Loserth und seine Schüler gingen systematisch vor, doch das geringste Augenmerk haben sie der Reichstagsgesandtschaft des Jahres 1576 geschenkt, und leider beschränkten sich ihre Forschungen vorwiegend auf die Archivalien des Steiermärkischen Landesarchivs. Siehe Schollich, Der Regensburger Reichstag (1907). Schollich, Die Verhandlungen (1907). Trattner, Der Reichstag von Augsburg (1907). Loserth, Das Tagebuch (1931). Loserth, Steiermark und das Reich (1927), S. 161–170. Vgl. auch Loserth, Die Reformation (1898), insbes. S. 393f.  9 Schulze, Das Haus Österreich (1972), S. 121–131. Luttenberger, Innerösterreich und das Reich (1994), S. 357–371. Siehe auch Luttenberger, Landstände, Kaiser und Reichstag (2006), S. 163–182. 10 Luttenberger, Innerösterreich und das Reich (1994), S. 370. 11 Schulze, Das Haus Österreich (1972), wie in Anm. 9, S. 129. Mit dieser Vorgabe setzte sich Schulze in seinem Werk über die Auswirkungen der Türkengefahr auf die politische Gesamtkonstellation im Reich auseinander. Schulze, Reich und Türkengefahr (1978).

R EICHSPOLITIK DER INNERÖSTERREICHISCHEN HERZOGTÜMER

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rechtlichen Strukturen sowie jenen des Reichstages gesetzt worden seien. Ebenso befasste er sich mit dem Spektrum der Möglichkeiten, diese Grenzen zu überschreiten und die Interessen erfolgreich zu vertreten.12 Luttenberger gab sich dabei mit den Quellen, die Johann Loserth ediert hatte, zufrieden, und seine Aufarbeitung der Reichspolitik der innerösterreichischen Landstände machte bei der Erforschung der formellen sowie informellen Herrschafts- respektive Machtstrukturen, die die (Miss-)Erfolge der innerösterreichischen landständischen Reichspolitik gestaltet haben sollen, halt. Verwandte Forschungsanliegen verfolgten Günther Burkert und seine Mitarbeiter. Sie setzten mit ihren Studien zu den landständischen Gesandtschaften Loserths Arbeit fort und steckten sich das Ziel, das österreichische Gesandtschaftswesen des Spätmittelalters und der Frühen Neuzeit systematisch zu beschreiben und zu analysieren. Sie brachten ihr Vorhaben bedauerlicherweise nicht zu Ende. Nichtsdestotrotz konnte Burkert in seinen Abhandlungen Fragmente der österreichischen landständischen Reichs- respektive Außenpolitik nachzeichnen.13 Man könnte seine Agenda aufnehmen und an eigene Vorhaben adaptieren, um die Geschichte des österreichischen beziehungsweise innerösterreichischen Gesandtschaftswesens, die Geschichte der Reichs- und Außenpolitik der Steiermark, Kärntens und Krains in der formativen Phase ihrer „Staatsbildung“, also in den Jahren zwischen 1564 und 1619, zu beschreiben.14 Diese Herzogtümer samt der Grafschaft Görz entwickelten sich in diesen Jahren zu einer weitgehend selbstständigen politischen Entität innerhalb 12 Luttenberger, Landstände, Kaiser und Reichstag (2006), S. 30–31. 13 Burkert, Ständische Gesandtschaften (1990), S. 3–11. Burkert, Die Landstände (1999), S. 3–24. Ich danke Günther Burkert und seinen Mitarbeitern sowie Arno Strohmeyer, dem „Verwalter“ dieser Materialien herzlich, dass sie mir Einsicht in die im Laufe ihrer Forschungen gesammelten Archivmaterialien gewährt haben. 14 Die Geschichte der frühneuzeitlichen Außenpolitik bleibt eines der großen Themen der Reichsgeschichtsschreibung, die Außenpolitik der Landstände einzelner Territorien des Reiches ist dagegen nur punktuell erforscht. Die älteren monografischen Studien sind in ihrem historiografischen Ansatz weitgehend überholt, neuere Studien widmen sich dem Thema vor allem unter den Aspekten der dynastischen Politik beziehungsweise des Konfessionskonfliktes. Siehe z. B. Lang, Auswärtige Politik (1885). Loserth, Ständische Beziehungen (1911), S. 1–41. Franz, Nürnberg, Kaiser und Reich (1930). Lehsten, Die hessische Reichstagsgesandten (2003). Siehe auch Zöllner, Diplomatie und Außenpolitik Österreichs (1977). Bahlcke, Außenpolitik, Konfession und kollektive Identitätsbildung (1999), S. 193– 209. Heilingsetzer, Bündnus – Uniones – Correspondenzen (1999), S. 179–191. Pickl, Die Europapolitik Innerösterreichs (2003). Neue Wege ging diesbezüglich eine Gruppe von Forschern unter der Leitung von Winfried Schulze. Siehe Beiderbeck, Dimensionen der europäischen Außenpolitik (2003). Dem klassischen Paradigma der außenpolitischen Geschichtsforschung blieb dagegen Heinz Schilling treu. Schilling, Konfessionalisierung und Staatsinteressen (2007).

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Die Beschreibung der Ereignisse von innen – eine Einleitung

des habsburgischen Herrschaftsbereichs. Es fanden politische, soziale und ökonomische Prozesse statt, die als Anfänge frühmoderner „Staatsbildung“ verstanden werden können.15 Als eine Art élément provocatif des innerösterreichischen Staatsbildungsprozesses hat Schulze zu Recht die Osmanengefahr bezeichnet,16 die im Laufe des 16. Jahrhunderts nicht nachließ. Als élément cristallisant dieses Prozesses sollte jedoch der konfessionspolitische Konflikt zwischen dem in seinem katholischen Glauben fest verankerten Landesfürsten auf der einen und den vorwiegend protestantischen Landständen auf der anderen Seite verstanden werden. Dieser Konflikt spitzte sich Ende des 16. und in der ersten Dekade des 17. Jahrhunderts in höchstem Maße zu.17 Allen konfessionellen Divergenzen und völlig entgegengesetzten Herrschaftskonzepten zum Trotz sahen die politischen Protagonisten der innerösterreichischen Territorien ihre Hauptaufgabe in der Verteidigung der Landesgrenzen, also in der Defension der Südostgrenze des Reiches und der sich weiter östlich befindenden windischen und kroatischen Grenzen. Letztere waren zwar de iure Teil des kroatischen beziehungsweise ungarischen Königsreichs, doch ihre Defensionskraft war von großer strategischer Bedeutung und an ihrer Herausbildung waren die Länder seit den 20er-Jahren des 16. Jahrhunderts intensiv beteiligt.18 Die Geschichtswissenschaft schenkte dem Prozess der innerösterreichischen Staatsbildung große Aufmerksamkeit, gleichwohl blieb die zweite Seite dieses Vorganges, die Außenpolitik der Länder und insbesondere die Außenpolitik der Landstände, weitgehend unbeachtet. Diese Tatsache muss überraschen, denn der innerösterreichische Staatsbildungsprozess erfolgte ja in keinem politisch abgeschlossenen Raum. Er verlief im Rahmen des Hauses Habsburg sowie in dem des Reiches und wies gar europäische Dimensionen auf. Die Protagonisten dieses Prozesses, der Landesfürst einerseits sowie die politisch starken und selbstbewussten Stände der Steiermark, Kärntens und Krains andererseits, behaupteten zwar stets, sich für 15 Standardwerke zum innerösterreichischen Staatsbildungsprozess bleiben Schulze, Landesdefension und Staatsbildung (1973). Simoniti, Vojaška organizacija (1991). Siehe auch Dolinar, Katoliška prenova (1994), siehe auch das dort publizierte Verzeichnis der älteren Literatur. Winkelbauer, Ständefreiheit und Fürstenmacht (2003), insbes. S. 44f. 16 Schulze, Reich und Türkengefahr (1978), S. 16f. 17 Zum innerösterreichischen Konfessionskonflikt siehe Loserth, Die Reformation (1898). Amon, Innerösterreich (1989), S. 102–116. Pörtner, The Counter-Reformation (2001). Leeb, Geschichte des Christentums (2003), S. 145–279. Siehe auch Leeb, Der Augsburger Religionsfrieden (2006), S. 23–54. Leeb, Staatsgewalt und Seelenheil (2006), S. 490–509. Jerše, Vera, upanje, oblast (2009), S. 67–103. Deutsche Fassung: Jerše, Glaube, Hoffnung, Herrschaft (2013), S. 352–373. Siehe auch oben Anm. 15. 18 Simoniti, Vojaška organizacija (1991), S. 228–245.

Die Geschichte der innerösterreichischen Reichs- und Reichstagspolitik

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ihr „Vaterland“ einsetzen zu müssen, dennoch waren ihre Blicke, ihre Hoffnungen sowie ihr Handeln stets auch über dieses hinaus gerichtet. Es ergeben sich somit eine Reihe von Fragen, die als Problemfelder der ständischen Außenpolitik verstanden werden können. Wie wurde der Prozess der innerösterreichischen Staatsbildung von außen wahrgenommen, vom Haus Habsburg, von anderen Territorien des Hauses und von den Ständen des Heiligen Römischen Reiches? Welche Rolle spielten in diesem Vorgang die Beziehungen zwischen den verschiedenen Linien des seit dem Jahr 1564 geteilten Hauses Habsburg? Wie waren in diesem Zusammenhang die Verbindungen zwischen den Ständen der Steiermark, Kärntens, Krains und von Görz beschaffen? Wer gab den Ton an, wer war lediglich ein Mitläufer? Und wie wurden die politischen Ereignisse und Prozesse im Reich und in den Nachbarländern wahrgenommen? Wie wurden die ausländischen Beziehungen der innerösterreichischen Länder vorangebracht? Kann man schließlich in der innerösterreichischen Reichs- und Außenpolitik gewisse „real“- und ideenpolitische Grundmuster erkennen? All diese Fragen rufen zu einer Analyse der innerösterreichischen Reichsrespektive Außenpolitik auf, um diese mit den innenpolitischen Verhältnissen und Entwicklungstendenzen in Verbindung zu bringen und somit den innerösterreichischen Staatsbildungsprozess in seiner Vielfältigkeit erklären zu können. Eine Auseinandersetzung mit dem Thema im Sinne der modernen historischen Politikforschung könnte somit eine bisher kaum erforschte Dimension der Staatsbildung ans Licht bringen – die der Außenpolitik; sie könnte sowohl ihre „realpolitischen“ als auch ideenpolitischen Merkmale aufzeigen. Dass die Außenpolitik, insbesondere die Reichs- und Reichstagspolitik der Länder im Prozess der innerösterreichischen Staatsbildung eine wichtige, ja konstitutive Rolle innehatte, lässt sich aufgrund des aktuellen Forschungsstandes jedenfalls feststellen. Die Geschichte der innerösterreichischen Reichs- und Reichstagspolitik in „dichter Beschreibung“ – zur Fragestellung und Quellenlektüre Auf Basis ebendieser Erkenntnisse mag es naheliegend erscheinen, sich all diesen Fragen zunächst in einer strukturgeschichtlich angelegten Studie des gesamten Zeitraums zwischen 1564 und 1619 zu widmen. Dies war zu Beginn meiner Forschung durchaus meine Absicht. Doch als ich mich den besonders gut erhaltenen Quellen der landständischen Gesandtschaft zum Regensburger Reichstag 1576 sowie den Briefen, Berichten, Memoranda und Protokollen, die im Vorfeld verfasst worden waren, widmete, zeigten sich wie

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Die Beschreibung der Ereignisse von innen – eine Einleitung

in einem Kaleidoskop die unterschiedlichsten, sich stets kreuzenden und kollidierenden Meinungen, Standpunkte und Wünsche der politischen Akteure, ihre Absichten und Bestrebungen, Argumente, Bedenken, Ängste und Hoffnungen. Während der Lektüre taten sich die kleinsten Tatsachen und Ereignisse vor mir auf, die mir alles andere als unwichtig erschienen. Im Gegenteil, in diesen glaubte ich, um Major Duroc, eine der Figuren Marcel Prousts zu bemühen, die geistige, sogar ästhetische Wirklichkeit der Historie wiederzuerkennen. Mit diesem Gedanken versuchte Duroc, den Sinn seiner mit vielen Details ausgestatteten Vorlesungen über Kriegsgeschichte auf den Punkt zu bringen; mithin rechtfertigte Proust ein weiteres Mal seine minutiöse Darlegung der Geschichten seiner Recherche, die Erforschung seiner Lebenswelt schlechthin. Mich führte dies zur Entscheidung, den kleinen, ja den kleinsten Ereignissen nachzugehen, ohne die vermeintlich „großen“, sogar „historischen“ Ereignisse aus dem Blick zu verlieren, noch viel weniger intendierte ich, ebendiese gering zu schätzen. Ich hielt mich an Major Duroc, der meinte, „dass auch die kleinsten Tatsachen und die kleinsten Ereignisse nur Zeichen einer Idee sind, die herauszulösen ist und die oftmals, so wie in einem Palimpsest, noch andere Ideen verbirgt“19. Dieser Gedanke steht der Geschichtsschreibung wohl sehr nahe. Er zeichnet die Wege ihrer Forschung vor und verweist zugleich auf ihre Horizonte. Im Jahr 1900 schrieb Georg von Below, einer der heute beinahe vergessenen Großmeister der deutschen Geschichtsschreibung, zum Thema „System und Bedeutung der landständischen Verfassung“,20 über Macht und Herrschaft in den politischen Entitäten des Reiches an der Wende vom Spätmittelalter zur Frühen Neuzeit. Vor allem aber wandte er sich den Strukturen und Instrumenten von Herrschaft zu. Herrschafts- und Machtmechanik machte er zu seinem Thema. Das Fazit seiner vergleichenden Analyse liegt in der Feststellung, dass die formelle Herrschaftsstruktur und die formellen Machtinstrumente wenig Bedeutung hätten. Entscheidend sei dagegen der „Geist“, der sie durchdringt, sie in Gang setze, und welcher von ihnen nicht abzutrennen sei.21 Mit anderen Worten, im Feld des Politischen komme es auf den „Geist“ der Politik an. Auf die Suche nach dem „Geist“ der spätmittelalterlichen und frühneuzeitlichen Politik wollte sich von Below selbst interessanterweise jedoch nicht begeben. Er stellte bloß Fragen, über welche auch Major Duroc nachdachte, und von denen ich nun meinte, sie erneut aufrollen zu müssen. Die historische Politikforschung, von welcher von Below schrieb, ebenso wie die Geschichte Durocs, ist dabei nicht primär daran interessiert, wel19 Proust, A la recherche du temps perdu (1946), S. 133. 20 Below, Territorium und Stadt (1900), S. 163–282. 21 Below, Territorium und Stadt (1900), S. 275.

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ches die „großen“ historischen Ereignisse und Geistesgiganten waren. Sie ist ebenso wenig eine politische Geschichte, welche das Politische bloß in den Strukturen und in der Mechanik von Herrschaft her- und dargestellt sieht. Vor allem aber sollte sie keine histoire historisante sein, vor welcher Jacques Le Goff warnte und welche er als einen Kadaver brandmarkte. Die politische Geschichte, zu welcher von Below hinstrebte, geht einher mit der Kulturgeschichte. Diese sei an dieser Stelle in dem Sinne verstanden, den das Wort „Kultur“ selbst in sich trägt, nämlich „Kult“ – cultus –, also etwas Heiliges und Transzendentes. Dies ist wiederum jenseits jeglicher religiösen Implikation zu verstehen, als Bestandteil der Lebenswelten, der sich über das menschliche Handeln erhebt, dieses zugleich durchdringt und durchwebt. Es handelt sich um den Stoff, aus dem Paramente gewoben werden, in welche sich jegliche politische, somit auch kulturelle Entität kleidet, mit welchem sie sich schmückt und in welchem sie sich zu erkennen gibt. Es handelt sich um ein certain je ne sais quoi, das die Herrschaftsstrukturen durchdringt und die Machtinstrumente in Gang setzt. Es betrifft den Geist des Politischen, der dem Handeln der Akteure Sinn verleiht und somit ihre politische und kulturelle Existenz stiftet; erzeugt wird dadurch ebenfalls die Entität selbst, welcher die politischen Akteure angehören. Dieser sinnstiftende Geist dürfte den politischen Akteuren in ihren Räsonnements über Tun und Lassen nicht immer präsent sein, ebenso wenig freilich müssen sie ihm immer uneingeschränkt, geradlinig und strategisch konzentriert folgen. In ihrem Handeln aber spiegelt er sich in seinen vielfältigen Facetten wider. Die Problematik, die sich hierbei jedoch ergibt, wird in der Frage nach dem „Wie“ deutlich. Legt man den Fokus auf die politische Entität des Heiligen Römischen Reichs deutscher Nation in der Frühen Neuzeit, so sucht die geschichtswissenschaftliche Forschung nach ihrem politischen Geist und somit nach ihrem Sinn, so wie er sich in den Augen und durch das Handeln von politischen Akteuren herausbildete, in aller Regel im Reich der Symbole, in dem symbolbeladenen Theater der Rituale und des Zeremoniellen.22 Dem Reichstag käme dabei die zentrale Rolle zu. Die Hauptthese dieses symbolgeschichtlichen respektive kulturalistischen Forschungsansatzes in Bezug auf die Reichs- und Reichstagsgeschichte besagt nämlich, dass der Reichstag nicht nur das Forum gewesen sei, in welchem über die Angelegenheiten des Reichs beraten wurde, um zu den Lösungen der Probleme sowie zu verpflichtenden Beschlüssen zu gelangen. Er habe zugleich das „Theatrum“ geformt, in welchem sich das Reich selbst zur Schau stellte und in seiner 22 Stollberg-Rilinger, Die Symbolik der Reichstage (2006), S. 77–93. Stollberg-Rilinger, Die zeremonielle Inszenierung des Reiches (2002), S. 233–246.

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inszenierten Form als Grundlage des politischen Handelns darstellte. Mehr noch, „die Reichstage [stellten]“, schreibt Barbara Stollberg-Rilinger, die Vestalin dieses Forschungsansatzes, „‚das Reich‘ als handlungspolitisches Ganzes nicht nur dar, sie stellten es zugleich auch als solches her. Dazu war es erforderlich, daß ein Reichstag […] durch symbolisch-zeremonielle Mittel als politische Handlungseinheit überhaupt erst konstituiert wurde, der sich dann bestimmte Entscheidungen zurechnen ließen.“23 Die historische Politikforschung des Symbolischen unterscheidet dabei sorgsam zwischen dem „instrumentellen Handeln“ einerseits, das einen bestimmten Zweck verfolge, und dem „symbolischen Handeln“ andererseits, das den Sinn des politischen Handelns und somit der politischen Entität selber stifte; das symbolische Handeln erschöpfe sich dabei nicht in der Erreichung eines Zwecks.24 Wenngleich auf der theoretischen Ebene deutlich herausgearbeitet wird, dass sowohl instrumentelles als auch symbolisches Handeln für die politische Entität in actu ihrer Sinnstiftung und folglich in ihrem politischen Handeln konstitutives Potenzial in sich tragen – „am Gegenstand selbst läßt sich beides nicht trennen“,25 schreibt Stollberg-Rilinger –, wird in der historischen Politikforschung, die diesem kulturalistischen Paradigma folgen möchte, das symbolische Handeln in den Vordergrund gestellt, das instrumentelle Handeln wird dagegen unter dem Aspekt der politischen Sinnstiftung wenig beachtet, gelegentlich sogar auf die bloße Macht- und Herrschaftsmechanik für die unmittelbare Durchsetzung von politischen, sozialen, wirtschaftlichen und sonstigen Interessen und Zwecken reduziert.26 At the end of the day bleibt in der Forschung das politische Forum der Beratungen und Verhandlungen vom politischen Theatrum der symbolischen Formen in bemerkenswertem Gegensatz zu ihren Forschungsanliegen klar getrennt. Geht es etwa doch anders? Möglicherweise gälte es zunächst, das kulturalistische Plädoyer ernst zu nehmen, vor allem die These, wonach die instrumentelle und die symbolische Dimension des politischen Handelns am Gegenstand selbst nicht voneinander zu trennen seien. Auf die Studien zur 23 24 25 26

Stollberg-Rilinger, Die zeremonielle Inszenierung des Reiches (2002), S. 83. Stollberg-Rilinger, Die zeremonielle Inszenierung des Reiches (2002), S. 80. Stollberg-Rilinger, Die zeremonielle Inszenierung des Reiches (2002), S. 81. Siehe z. B. Neu, Zelebrieren und Verhandeln (2009), insbes. die Einleitung der Herausgeber. Kritische Distanz zu solcher Einengung der Erforschung des Politischen bei Haug-Moritz, Reichstag, schmalkaldische Bundestage (2009), S. 37–60, insbes. 37–47, 58–60. Luttenberger, Zeremonial- und Sessionskonflikte (2009), S. 233–252. Siehe auch die Bilanz des Münsteraner Sonderforschungsprojektes 496 „Symbolische Kommunikation und gesellschaftliche Wertesysteme vom Mittelalter bis zur Französisichen Revolution“ in: Stollberg-Rilinger, Alles nur symbolisch? (2013).

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politischen Anthropologie sowie auf die Studien zur vormodernen politischen Kommunikation rekurrierend,27 könnte man sich diesem Ansatz ohne Vorbehalt anschließen. Wenngleich instrumentelles und symbolisches Handeln in der Tat stets ihre eigene, ihnen immanente Autonomie aufweisen, stehen sie dennoch in einem engen dynamischen Verhältnis: Das Instrumentelle spielt sich immer im Gewölbe des Symbolischen ab, und das heißt zugleich, dass sich dieses in actu seines Handelns auf das andere stützt. Politische Akteure sind bei der Durchsetzung ihrer unmittelbaren Interessen beziehungsweise in der Verfolgung des Zwecks ihres jeweiligen Handelns wohl stets gezwungen, das Geflecht des Symbolischen aufrechtzuerhalten: Es gilt es mit großer Sorgsamkeit zu pflegen, sofern man nicht Gefahr laufen möchte, sich dem Sinn des jeweiligen politischen Handelns zu entziehen, ihn möglicherweise sogar zu verlieren und damit seine legitime politische Existenz aufs Spiel zu setzen. Demzufolge ist weder dem symbolischen Handeln die Rolle des „Überschusses“28 zuzuschreiben noch dem instrumentellen Agieren jene der reinen Machtmechanik. Diese beiden Aspekte sind vielmehr als Grundbausteine des Politischen aufzufassen. Sie konstituieren, ineinander verzahnt, die jeweilige politische Kultur. Im Kontext der Reichsgeschichte hat Albrecht Pius Luttenberger in seiner Studie über die Rolle der reichsständischen Repräsentation auf dem Reichstag auf diesen Sachverhalt aufmerksam gemacht.29 Im Mittelpunkt seines Interesses standen allerdings die strukturellen respektive verfassungsrechtlichen Rahmenbedingungen, in welchen sich „Pracht und Ehre“ der Reichsstände her- und darstellen sowie für die Durchsetzung von unmittelbaren Interessen einsetzen ließen. Dabei stellte Luttenberger zunächst fest, dass die „zeremoniellen Steuerungselemente“ auf den politischen Alltag des Reichstages unmittelbaren Einfluss nahmen. Diese Elemente, so Luttenberger, resultierten wiederum „aus maßgeblichen strukturellen Bedingungen politischen Handelns“;30 hinzu kam, dass sich „das Zeremoniell […] im 27 Vgl. z. B. Balladier, Anthropologie historique (1967), insbes. S. 42f. Geertz, The Interpretation of Cultures (1992), insbes. Kapitel „Ideology as a Cultural System“. Politische Kommunikation, verstanden als „Beziehung zwischen allen sprachlichen und zeichenhaften Äußerungen und politischer Wirklichkeit“ wurde das Thema des Internationalen Graduiertenkollegs „Politische Kommunikation von der Antike bis ins 20. Jahrhundert“, getragen von den Universitäten in Frankfurt am Main, Innsbruck, Pavia und Trient. Das Kolleg machte sich das jeweilige Verhältnis zwischen den Rechtfertigungsnarrativen auf der einen Seite und dem Handeln auf den anderen im Bereich des Politischen zu seinem Thema. Siehe vor allem Schorn-Schütte, Politische Kommunikation als Forschungsfeld (2009). Schorn-Schütte, Einleitung: Das Politische als Argument (2013). 28 Vgl. Stollberg-Rilinger, Die zeremonielle Inszenierung des Reiches (2002), S. 81f. 29 Luttenberger, Pracht und Ehre (1987), S. 219–326. 30 Luttenberger, Pracht und Ehre (1987), S. 318.

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Verhandlungsgang des Reichstages vielfältig politisch instrumentalisieren“31 ließ. Auf dem Reichstag, in den Verhandlungen sowie im Zeremoniell und den Ritualen waren das instrumentelle und symbolische Handeln also eng verzahnt, zugleich aber vermochten die beiden Handlungssphären ihre Autonomie zu bewahren, und sie ließen sich klar voneinander abgrenzen. An diesen Befund der Forschung Luttenbergers möchte ich anschließen und nach jenen Gewissheiten, Überzeugungen und Hoffnungen fragen, von welchen das Engagement der innerösterreichischen Herzogtümer auf dem Reichstag getragen wurde, sowie nach Bedenken und Zweifeln, welche man in diesem Zusammenhang hegte. Die Erörterung des „Geistes“ der innerösterreichischen Reichspolitik, ja das innerösterreichische Reichsbewusstsein und die Spielräume, in denen sich dieses gestaltet hatte und folglich zum Steuerungselement des politischen Handelns geworden war – des instrumentellen sowie des symbolischen Handelns –, rückte im Laufe meiner Forschung demnach in den Fokus meines Interesses. Der „Geist“ der Politik, welchen diese Studie eruieren will, ist dabei nota bene weder in reinem Below’schen Sinne zu verstehen, als Treibstoff der Macht- und Herrschaftsmechanik, weniger noch im Sinne von Friedrich Meinecke als jene „schöpferische Spontanität“ im Menschen, dem Sittlichen verpflichtet und nach dem Ideellen strebend.32 Vielmehr bin ich in meinem Verständnis des Begriffes davon ausgegangen, was der amerikanische Anthropologe Clifford Geertz als „the said of the social discourse“33 bezeichnete, das heißt soziokulturelle samt verfassungspolitische Konzepte, welche sich vor den Augen der Akteure gestalten und von welchen sich diese sonach in ihrem instrumentellen sowie symbolischen Handeln leiten lassen. In ihrem instrumentellen und symbolischen Handeln, wiedergegeben durch ihre 31 Ebd. 32 „So kann er [das heißt der Historiker, Anm. S. J.] nur sagen, daß er in dem geschichtlichen Leben eine zwar einheitliche, aber zugleich doppelpolige Welt vor Augen hat, eine Welt, die beider Pole bedarf, um so zu sein, wie sie uns erscheint. Natur und Geist, gesetzliche Kausalität und schöpferische Spontaneität sind diese Pole, die sich als solche scharf und anscheinend unvereinbar gegenüberstehen, aber das geschichtliche Leben, das zwischen ihnen liegt, wird immer gleichzeitig von beiden her, wenn auch durchaus nicht von beiden immer in gleicher Stärke, bestimmt.“ Meinecke, Die Idee der Staatsräson (1963), S. 10 und passim. Siehe und vgl. Meinecke, Zur Theorie und Philosophie der Geschichte (1965), insbes. die Kapitel „Willensfreiheit und Geschichtswissenschaft“, „Germanischer und romanischer Geist im Wandel der deutschen Geschichtsauffassung“ und „Kausalitäten und Werte“. Über Friedrich Meinecke siehe z. B. Schulin, Friedrich Meinecke (1971), S. 39–57. Erbe, Friedrich Meinecke heute (1981). Schulin, Das Problem der Individualität (1963), S. 102–133. 33 Geertz, The Interpretation of Cultures (1992), das Kapitel „Thick Description: Toward an Interpretive Theory of Culture“.

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Worte, das Agieren und Reagieren, werden diese Konzepte auch für die Forschung greifbar.34 Um nach den Ideen und Konzepten, welche die innerösterreichischen Länder in Bezug auf das Reich entwickelt haben, sowie nach dem „Geist“ der innerösterreichischen Reichspolitik zu greifen, folgte ich ebenfalls Geertz und seinem Paradigma, das er als „thick description“, als „dichte Beschreibung“ bezeichnet hat;35 a la italiana hat es sich in der Geschichtswissenschaft als mikrohistorischer Forschungsansatz einen Namen gemacht.36 Auf dem Pfad der „confined contexts“37 lassen sich, so war meine Überzeugung, welche ich auf die Geertz’sche sowie mikrohistorische Forschung stützte, die Ereignisse der innerösterreichischen Reichs- und Reichstagspolitik mit Erkenntnisgewinn herausschälen, um dadurch zu ihrem eigentlichen Wesen sowie ihrer Bedeutung in den Augen der Akteure zu gelangen: Auf dem Forschungsweg der „densely textured facts“38 lässt sich nämlich die Dynamik der „reichsrechtlichen“ und „verfassungsrechtlichen“ Rahmenbedingungen, kurz der Reichs- und Reichstagsstrukturen, in welchen das innerösterreichische reichspolitische Handeln stattzufinden hatte, aufgreifen. Wie es sich im Laufe der Anwendung dieses Paradigmas zeigte, ist im Fall der innerösterreichischen Außenpolitik eine vom Detail ausgehende Analyse der Ereignisse und deren Dynamik von besonderer Bedeutung, sofern man das instrumentelle sowie das symbolische Agieren gleichzeitig im Blick behalten möchte. Das symbolische Handeln der innerösterreichischen Gesandten auf dem Reichstag ist nämlich bei oberflächlicher Betrachtung kaum wahrzunehmen. Dass das symbolische Handeln jedoch bei der Durchsetzung der Interessen der innerösterreichischen Länder eine konstitutive Rolle spielte, dass es geradezu die Voraussetzung für instrumentelles Handeln auf dem Reichstag war, vermag diese Studie hoffentlich aufzuzeigen. 34 Geertz, The Interpretation of Cultures (1992), S. 24f. 35 Geertz, The Interpretation of Cultures (1992), 33. 36 Ginzburg, La micro-histoire (1981), S. 133–136. Deutsche Fassung des Aufsatzes: Ginzburg, Was ist Mikrogeschichte? (1985), S. 48–52. Vgl. Levi, On Microhistory (1991), S. 93–113. Eine Genealogie des mikrohistorischen Forschungsansatzes bei Ginzburg, Mikro-Historie (1993), S. 169–192. Revel, L’histoire au ras du sol (1989), S. I–XXXIII. Revel, Jeux d’échelles (1996), insbes. das Kapitel von Jacques Revel „Microanalyse et construction du social“, S. 15–36. Schlumbohm, Mikrogeschichte – Makrogeschichte (1998). Zur Rezeption von Mikrogeschichte in der deutschen geschichtswissenschaftlichen Forschung sowie über das Erkenntnispotential der mikrogeschichtlichen Forschung siehe Schulze, Mikrohistorie versus Makrohistorie? (1988). Medick, Mikrohistorie (1994), S. 40–53. Medick, Weben und Überleben (1996), S. 20–38. Ulbricht, Mikrogeschichte (1994). S. 347–365. Ulbricht, Mikrogeschichte. Menschen und Konflikte (2009), insbes. S. 9–60 und 339–369. 37 Geertz, The Interpretation of Cultures (1992), S. 23. 38 Geertz, The Interpretation of Cultures (1992), S. 28.

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„Le pari de l’analyse micro-sociale – et son choix expérimental, si l’on veux – c’est que l’expérience le plus élémentaire est la plus eclairante parce qu’elle est la plus complexe et parce qu’elle s’inscrit dans le plus grand nombre de contextes différents“, schrieb Jacques Revel in seiner Überblicksdarstellung des mikrohistorischen Forschungsansatzes.39 Diese pari, ja diese Herausforderung, habe ich angenommen und versucht, diesen Forschungsansatz im Bereich des politischen Handelns auf die Probe zu stellen; bis dato geht man nämlich dem mikrohistorischen Forschungsanliegen in aller Regel lediglich im Bereich der Sozialgeschichte nach, sie wird gelegentlich sogar als einer der Um- und Irrwege der Sozialgeschichte begriffen.40 Dass sich Mikroge39 Revel, Jeux d’échelles (1996), S. 30. 40 Siehe Ulbricht, Mikrogeschichte. Menschen und Konflikte (2009), S. 361f. Das mikrogeschichtliche Paradigma mag den Anschein erwecken, bestimmte Ähnlichkeiten mit dem Forschungsansatz „Mikropolitik“ von Wolfgang Reinhard aufzuweisen. Dieser Eindruck täuscht jedoch. „Mikropolitik“ – aus der Taufe gehoben wurde das Forschungsanliegen allerdings unter dem Namen „Verflechtung“-Konzept – widmet sich nämlich der Erörterung der Mechanik des soziokulturellen Handelns und nicht dessen Wesen in dem oben dargelegten Sinne. Mit anderen Worten, „Mikropolitik“ nach Reinhards Verständnis ist Macht- respektive Herrschaftsmechanik der historischen Akteure und nicht ein Paradigma der historischen Forschung. „Mikropolitik“, schreibt Reinhard, „soll heißen der mehr oder weniger planmäßige Einsatz eines Netzes informeller persönlicher Beziehungen zu politischen Zwecken, wobei die Besetzung einer Stelle und der Rang ihres Inhabers in der Regel sehr viel wichtiger sind als das, was diese Person anschließend treibt […]. Mikropolitik beschränkt sich demnach nicht auf bestimmte Verfahren zur Bearbeitung makropolitischer Probleme, sondern wird oft genug zum Selbstzweck, verzichtet häufig sogar auf jeden makropolitischen Vorwand.“ Wenngleich systematischer sowie präziser in ihrer Auslegung macht auch die Theorie der „territorialen Integration“, welche Birgit Emich, eine Schülerin Reinhards, vorlegte, an den epistemologischen Grenzen des mikropolitischen Forschungsansatzes halt. In ihrer Erörterung der politischen Kultur, verstanden als kollektive, eingeübte oder einverleibte Handlungs- und Deutungsmuster, wird davon ausgegangen, dass die historischen Akteure ihre soziale und kulturelle Existenz, sonach auch ihre politische Existenz vordergründig im dreistöckigen Gebäude der Institutionen – klientäre Verflechtungen – Gewinnverteilung zu behaupten haben; im Klartext: das Leben der politischen Akteure ist kaum mehr wert als Ware und als solche in der Formulierung von Claude Lévi-Strauss den drei Fundamentalprozessen der Gesellschaft auf Gedeih und Verderb ausgeliefert, das heißt dem Austausch von Waren, Worten und Frauen. Obgleich naheliegend, nimmt Emich in ihren Auslegungen auf Lévi-Strauss keinen Bezug, ebenso wenig auf die kulturanthropologischen Studien, die darauf aufmerksam gemacht haben, dass sich die Beschaffenheit des Menschen der politischen Kultur, so wie Emich sie verstehen will, vielmehr zu widersetzen weiß, als dass sie sich von ihr vereinnahmen lassen würde, wie die Reinhard’sche „Mikropolitik“ suggeriert und die „Integrationstheorie“ von Birgit Emich mit Nachdruck wiederholt. Reinhard, Einleitung. Römische Politik und spanisches Mittelmeer (2004), S. 1–20, hier 3. Reinhard, Freunde und Kreaturen (1979). Emich, Territoriale Integration (2005). Levi-Strauss, Anthropologie structurale (1958). Jerše, V iskanju izgubljenega smisla (2011), S. 25–70.

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schichte auch im Bereich der historischen Politikforschung mit Erkenntnisgewinn ausüben lässt, war dagegen mein zweiter pari. Die Forderung der Mikrogeschichte, den Blick vom Zentrum auf die Peripherie zu lenken, ist dabei in Bezug auf die innerösterreichische Reichs- und Reichstagsgeschichte nicht nur im metaphorischen, sondern auch im wörtlichen Sinn zu verstehen.41 Zur Annahme der Perspektive von unten beziehungsweise vom Rande fordert die Forschungsproblematik selbst auf. Die innerösterreichischen Territorien pflegten sich bekanntlich als „Hofzaun des Reiches“ zu bezeichnen, um damit ihre Rolle im Kampf des Reiches gegen die Osmanen hervorzuheben; sie glaubten damit bei den Reichsständen Unterstützung für ihren „Türkenkampf“ zu finden. Zu diesem Zweck entsandten sie im Sommer 1576 eine Gesandtschaft zum Regensburger Reichstag. Diese Delegation, die man als événement matrice der innerösterreichischen Reichspolitik auffassen darf, ist im verfassungspolitischen Sinne an der Peripherie des Reichstages anzusiedeln, am Rande der Geschehnisse rund um seine Sitzungen und Beratungen, gewissermaßen an dessen „Hofzaun“. Dennoch war sie gänzlich in die Reichstagsereignisse, -handlungen und -begegnungen eingebunden und somit nicht ohne Einfluss auf deren Verlauf. Die vorliegende Studie behandelt ebendiese Thematik und befasst sich dabei mit Land- und Reichsideen sowie mit der politischen Selbstbestimmung und Selbstbehauptung, die all dieses Geschehen antrieben. Folgt man dem zitierten Gedanken von Major Duroc, liegen darin zweifelsfrei weitere Geisteshaltungen begraben, die zum Teil aufgedeckt werden könnten, zum Teil jedoch unerörtert bleiben müssen. Es sollte in dieser Studie jedoch vor allem darum gehen, das historische Kaleidoskop großer, kleiner und kleinster Tatsachen und Ereignisse sowie der Wünsche, Hoffnungen und Überzeugungen der innerösterreichischen Länder in Bezug auf die Reichspolitik so oft wie möglich zu drehen und auf die Bilder der Historie, die dabei entstehen, aufmerksam zu machen. Zu einer solchen Betrachtung des Politischen dürfte bereits Winfried Schulze aufgerufen haben, als er vorschlug, sich der Analyse des politischen Interessenstandes zu widmen, welchen stets ein wie auch immer gearteter Geist durchdringe.42 Major Duroc würde dem hinzufügen, dass wir erst nach Aufdeckung ebendieses Geistes das Gesamtbauwerk erahnen können, das uns als Betrachter zufriedenzustellen vermag. Anders gesagt, die Horizonte der historischen Politikforschung sind stets jene, die von der Geschichte des Geistes nachgezeichnet worden sind. Sich auf solche Art und Weise den vergangenen Prozessen zu widmen, scheint mir eben nur aufgrund einer Betrachtung auch der kleinsten Ereignisse sowie der subtilsten Gedanken 41 Levi, The Origins of the Modern State (1998), S. 53–82, insbes. 61f. 42 Schulze, Das Haus Österreich (1972), S. 130–131.

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möglich. Von dem mikrohistorischen Forschungsansatz über die Recherche von Proust und die Vorlesungen über die Kriegsgeschichte seines Protagonisten, Major Duroc, zur Verfassungsgeschichte von Below lässt sich wohl ein Bogen hin zur Suche nach der Beschaffenheit, ja nach dem Geist des Politischen spannen. Die Analyse des spezifischen politischen Interessenstandes, welchem die Reichspolitik der innerösterreichischen Herzogtümer entsprang und welcher ihr zugleich ihre Grenzen vorzeichnete, wurde demnach zur Agenda der vorliegenden Studie. Dieser Problemstellung unterliegt sowohl die Lektüre der Quellen als auch das Schreiben der Abhandlung selbst. Ebendiesem Interessenstand und seinen besonderen Ausprägungen wollte ich möglichst nahe kommen. Auch aus diesem Grund befasste ich mich primär mit der Gesandtschaft nach Regensburg im Jahre 1576, ihren Vorbereitungen sowie den einzelnen Schritten, welche die Gesandten und ihre Gesprächspartner setzten. Vordergründig stehen also die Aktionen des Kaisers und seiner Geheimräte, der Reichsstände und deren Gesandtschaften sowie des innerösterreichischen Landesfürsten, Erzherzog Karl, und der landständischen Ämter in Graz, Klagenfurt und Laibach im Zentrum der Untersuchung. Dabei stieß ich freilich sowohl an meine eigenen als auch an die Grenzen der Quellen. Mein Vorhaben musste daher in manchen Programmpunkten eine Wunschvorstellung bleiben. Aus diesem Grund mag die Geschichte, wie sie in dieser Studie rekonstruiert wurde, möglicherweise nicht uneingeschränkt dem Geschmack Durocs und von Belows entsprechen. Dies kann auch daran liegen, dass der Forschungsweg, unter dessen Gesichtspunkten diese Studie entstanden ist, in mancherlei Hinsicht doch eine histoire historisante ist. Es war jedoch mein Anliegen, die Quellenlektüre sowie die Erkenntnisse der Archäologen der Historie des 19. und 20. Jahrhunderts noch einmal zu prüfen. Dabei bestätigte sich die These, dass die Außenpolitik der innerösterreichischen Länder als Fortsetzung der Innenpolitik aufgefasst werden dürfe, als Abbild und Wiedergabe der internen innerösterreichischen Zustände, ihrer ideen- und geistespolitischen Stimmung. Demzufolge meinte ich, dass es nun von innen aufzurollen gilt, was die Archäologen des 19. und 20. Jahrhunderts von außen wiederhergestellt haben, um die Worte von Marguerite Yourcenar, wohl der vornehmsten Advokatin der Geistesgeschichte, zu entlehnen. Im Lichte ebendieser Absichten wurde diese Studie fast zur Gänze auf der Grundlage innerösterreichischer Archivalien geschrieben. Diese befinden sich im Slowenischen Staatsarchiv in Laibach, im Steiermärkischen Landesarchiv in Graz, im Kärntner Landesarchiv in Klagenfurt sowie im Haus-, Hof- und Staatsarchiv in Wien. Sie können in drei Gruppen gegliedert werden. Zunächst handelt es sich um Quellen, die innerhalb des landständischen Behördenappa-

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rates einzelner Herzogtümer und im Rahmen der Kommunikation zwischen diesen entstanden waren. Sie sind Niederschriften der Verordneten- und anderer Ämter der Landstände. Diese Dokumente wurden von den Kärntner Landständen besonders sorgfältig geführt, womit die Möglichkeit geboten wird, die Herausbildung der Standpunkte einzelner Territorien genau beobachten zu können. Ebenso verhält es sich mit Diskussionen in den landständischen Foren, und gleiches gilt für Niederschriften der Sitzungen des Brucker Ausschusslandtages 1575 und die Protokolle der Landtage in den Jahren 1575 und 1576. Letztere wurden in Graz mit besonderer Sorgfalt aufbewahrt. Weiter zeigt die Lektüre der von den Ländern geführten Korrespondenz die Unterschiede in Gewichtung und Geltungsanspruch ihrer Standpunkte auf. Sie beleuchtet zudem den Weg, der zur Bildung gemeinsamer Standpunkte der Stände aller drei Herzogtümer und zur Herausbildung einheitlicher Dokumente führte. Diese Korrespondenz ist im Slowenischen Staatsarchiv gut erhalten, einige Lücken ließen sich durch Archivalien aus dem Steiermärkischen Landesarchiv ergänzen. Leider fiel das Kärntner Landesarchiv in der Vergangenheit zwei Bränden zum Opfer, welche die Materialien des Ständearchivs mit Ausnahme der Protokolle der Ständeämter zerstörten. Bedauerlicherweise wurden jene Quellen, die ihren Ursprung in der innerösterreichischen Hofkanzlei und im engsten Kreis des Landesfürsten fanden, Opfer des Archivierungseifers, und sind demnach heute entweder zerstreut in verschiedenen Archivbeständen oder sogar verloren. Sie konnten daher nicht in jenem Ausmaß Verwendung finden, wie es im Falle der Archivalien der Landstände möglich war. Unter den Quellen, welche durch die Reichstagsgesandtschaft sowie in engster Verbindung mit ihr entstanden sind, ist zunächst die Tägliche verrichtung bey dem reichstag zu Regensburg anno 76 hervorzuheben, eine tagebuchartige Niederschrift, die einen Überblick über den Verlauf der Gesandtschaft gibt. Der Verfasser der Täglichen verrichtung gibt am 15. Oktober Folgendes zu Protokoll: „Was aber sonsten mündtlich und schriftlich der khay. Mt., derselben gehaimen räthen, item den reichsstanden in irer aller versamblung oder bey jedem standt ansonderlich, also auch bey den chur und fürstlichen gesandten in sonderhait in namen der lande angebracht worden, und was entgegen für beschaidt und antwort mündtlich und schriftlich jederzeit ervolgt ist, und was auch sonst beynebens in andern hochwichtigen articln berathschlagt worden, das alles ist in drey underschidliche grosse prothocol von wort zu wort eingeschriben und solle ainem jedem landt, undter der herrn gesandten fertigung, zuegeschickht werden.“43 43 Siehe Quelle Nr. I, Tägliche verrichtung, 15. 10.

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Anhand der voluminösen Protokolle über die Regensburger Gesandtschaft, lagernd im Slowenischen Staatsarchiv und im Steiermärkischen Landesarchiv, kann die Aussage des oben angeführten Ausschnittes bestätigt werden. Das Laibacher Protokoll wird als Regenspurgerische reichshandlung, das Grazer als Reichshandlungen bezeichnet. Am vollständigsten ist jenes aus Laibach, denn es beinhaltet wohl sämtliche offizielle, die Reichstagsgesandtschaft betreffende Schreiben.44 Diesem Dokument kommt demnach in dieser Studie ein zentraler Platz zu. Die sechs Briefe des Sekretärs der Gesandtschaft, Matthes Amman, welche dieser an die steierischen Verordneten sandte und darin vom Geschehen auf dem Reichstag berichtete – oder verschwieg, solange es ihm strategisch sinnvoll erschien –, finden unter dem Fundus der Quellen zur innerösterreichischen Reichspolitik kaum Vergleichbares.45 Diese Briefe, ebenso wie die Tägliche verrichtung und der Bericht der Gesandten über die Durchführung ihrer Reichstagsmission46 bringen die Politik der Herzogtümer auf besonders signifikante Weise ans Licht. Die Quellenedition im Anschluss an die Studie ist diesen wertvollen Dokumenten gewidmet. Die letzte Quellengruppe schließlich besteht aus Archivalien, die auf der Reichs- beziehungsweise Reichstagsebene in den kaiserlichen und Reichstagsämtern entstanden sind und heute im Wiener Haus-, Hof- und Staatsarchiv aufbewahrt werden. Es handelt sich um Niederschriften und Protokolle der Sitzungen des kaiserlichen Geheimen Rates sowie des Kurfürsten- und des Fürstenrates. Sie beleuchten also jene Foren, in welchen die Standpunkte der politischen Protagonisten aufeinandertrafen und worin ihre gemeinsamen Standpunkte herausgebildet wurden: Diese Foren waren Prägestätten der kaiserlichen Auseinandersetzungen sowie der Reichs- und Reichstagspolitik und damit auch des Handelns der innerösterreichischen Gesandten am Reichstag. Der Einblick in ihre Debatten sowie die Lektüre der dort entstandenen Quellen machten es mir nicht nur möglich – ähnlich wie die Lektüre von anderen Quellen der Gesandtschaft –, die Macht- und 44 Regenspurgische reichshandlung. Der dreyer lande Steyer, Khärndten und Krain, auch fürstlichen grafschaft Görtz durch abgesandte. Neben angesuchten hilf wider den Türchen, bey der chur und reichsfürsten 1576 dabey die moscovitische handlung. N. 2., AS, Stan I, Sch. 934. Die Quelle wird im Folgenden als Regenspurgische reichshandlung zitiert. Vgl. auch das Grazer Volumen mit dem Titel Reichshandlungen und relation der lande Steyer, Khärndten und Crain sambt der fürstlichen grafschaft Görz auf den reichstag zu Regenspurg wegen der begerten türggenhülfen wider den erbfeindt de anno 1576. N. 16. StLA, Laa. A. A., III. Landtag, LH, Bd. 29. 45 StLA, Laa.A.A., IV/2 Gesandtschaften, Sch. 44. 46 Relation, datum 18. 10. Regenspurgerische reichshandlung, fol. 152r–155r. Siehe unten Quellen III, Relation.

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Herrschaftsmechanik aus der Nähe zu betrachten. Er bestätigte mich überdies in der Hoffnung, nach den Bildern der Historie, die der Geist der Akteure der Land- und Reichspolitik entworfen zu haben scheint, greifen zu können.

I. GESANDTSCHAFTEN DER INNERÖSTERREICHISCHEN LANDSTÄNDE INS REICH – VORSPIEL IN DEN LÄNDERN UND IM HAUSE HABSBURG

I. 1 Gesandtschaft zum Wahltag zu Regensburg 1575 – eine Mission, die nicht stattfinden sollte Es gehe, diktierte Erzherzog Karl am 10. August 1575 in die Feder, ums Vaterland, um alles Zeitliche und zugleich um alles Jenseitige und Ewige. Es gehe, so verlieh er seinen Worten Nachdruck, „umb unser christenlich freihait und dann umb unserer seelen seligkhait“1. Anschließend fuhr er fort: „[Es ist] ain sondere unvermeidenliche notturft, […] das wir nunmehr die augen mehrers aufthuen und [sich] des drohenden verderbens und gefär erinnern und mit gemainen zuethuen die weg und mitl erdenckhen, dardurch man noch lenger den mergedachten erbfeindt von dem geliebten vaterlandt abhalten und seinem tyranischen fürbrechen mit hilf, beystandt des Allmechtigen wehren und steuern müg, zumal weil man sich auf frembte hilfen wenig zu verlasen, sunder es ye an dem, daß wir uns von den genedigen Gottes, solang es derselben genedigister willen sein würde, mit dargebung unsers vermügen erhalten oder aber in der tyranney und des erbfeindts jämerliches joch geraten müssen.“2

Diese Zeilen des innerösterreichischen Landesfürsten bildeten die formale Begründung der Einberufung des Ausschusslandtages, der am 16. August 1575 in Bruck an der Mur zusammentrat. Zugleich stellten sie eine schriftliche Anweisung an die landesfürstlichen Kommissare dar, denn der Fürst selbst konnte an der Zusammenkunft seiner Länder in Bruck nicht teilnehmen. Die steirischen Stände hatten ihn zwar darum gebeten, doch galt es für Erzherzog Karl zu dieser Zeit, die kaiserlichen Geschäfte in Wien, stellvertretend für seinen Bruder Kaiser Maximilian II. zu leiten.3 So er1 StLA, Laa. A. A., III Landtag, LH, Bd. 27, fol. 270r–271r. 2 Ebd. 3 Im Sommer 1575 weilte Kaiser Maximilian II. in Prag, wo am 15. August der neue böhmische König Rudolf II., Maximilians Sohn und Nachfolger, gekrönt wurde. Für die Zeit seiner Abwesenheit hat Maximilian zur Wahrnehmung der Geschäfte des Reiches, des Königreichs Ungarn und der Länder Ober- und Niederösterreich Erzherzog Karl berufen. Ebenso wird er auch in der Zeit des Reichstages zu Regensburg in 1576 verfahren. Siehe Kaiser Maximilian II. an die Landschaft von Krain. Wien, 27. 5. 1576. AS, Stan I, Sch. 421. Siehe auch Vocelka, Die politische Propaganda Kaiser Rudolfs II. (1981), S. 124, 126–129.

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nannte der Erzherzog seine Kommissare Pankraz Windischgrätz, Georg Khevenhüller und Herward Auersperg zu Vertretern seiner fürstlichen Person. Den Beginn der Instruktion des Landesfürsten bildet eine auf weiterfolgende Anweisungen einstimmende Eröffnung:4 Der Text behandelte zunächst den Nutzen des aktuellen Waffenstillstandes an den kroatischen und ungarischen Grenzen hinsichtlich der Verbesserung der schlechten Versorgungslage und der Sicherung der Grenzen.5 Des Weiteren thematisierte er die finanziellen Rahmenbedingungen der Defensionsordnung der Länder und sprach die Notwendigkeit der Einführung neuer Abgaben, wie etwa des Wochenpfennigs, an. Es handle sich hierbei, so der Fürst, um eine Art der Besteuerung, die sich in Oberösterreich, trotz anfänglichem Widerstand der Stände, sehr gut bewährt hätte.6 Darüber hinaus sollte man die Zweckmäßigkeit eines gewisseren, beständigeren und vorhersehbareren Geldzuflusses erwägen, die Bewilligungen der Länder erörtern7 sowie auch die Polizeiordnung ausführlich diskutieren.8 Der Landesfürst gab dabei unmissverständlich zu verstehen, dass es sich um wichtige Angelegenheiten handle: Die Länder, dies war der Sukkus seiner Mitteilungen, müssten sich alleine für ihre Defension einsetzen. Denn wenngleich die Länder ein wichtiges Bollwerk in der Außenverteidigung der Grenzen des Reiches wären, sei die auswärtige Hilfe so bescheiden, dass es ungleich vernünftiger erscheine, den Fokus auf die eigenen Kräfte zu richten.9 Die Reaktion der Landstände auf Karls Schreiben fiel zurückhaltend aus: Die Zuversicht auf eigene Kräfte schien selbstverständlich, und auch den religiösen Aspekt in dieser Angelegenheit teilten sie mit den Instruktionen Karls. Ebenso wie Karl es zu verstehen gegeben hatte, stützten auch sie ihre Argumentation auf Vernunft und die alle Länder verbindende Christlichkeit. Doch hinsichtlich der Hilfe des Reiches sowie jener der Nachbarländer widersprachen sie dem Landesfürsten. Die steirischen Landstände meldeten sich als erste zu Wort. Die Instruktion der steirischen Gesandtschaft zum Brucker Ausschusslandtag wurde vom steirischen Landtag am 15. November 1575 ausgestellt, zugleich ließ man hier die

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StLA, Laa. A. A., III Landtag, LH, Bd. 27, fol. 270r f. Mit dem Frieden von Adrianopel, der den ungarischen Feldzug Maximilian II. zum bitteren Ende brachte, wurde ein sechsjähriger Waffenstillstand an den ungarischen und kroatischen Grenzen vereinbart. Dieser lief im Jahr 1574 aus, wurde jedoch im Jahr 1576 erneuert. Winkelbauer, Ständefreiheit und Fürstenmacht (2003), S. 142. 6 StLA, Laa. A. A., III Landtag, LH, Bd. 27, fol. 272v. 7 StLA, Laa. A. A., III Landtag, LH, Bd. 27, fol. 272r. 8 StLA, Laa. A. A., III Landtag, LH, Bd. 27, fol. 274v–275r. 9 Ebd.

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Gesandten ernennen.10 Wie üblich, fand dessen Sitzung auch im Jahre 1575 im November statt.11 Weniger üblich dürfte jedoch die Bereitschaft der steirischen Versammlung gewesen sein, neuen Steuern, diesmal einer „allgemainen neuen einlag“, zuzustimmen. Laut Auftrag des Landtages sollte der Vorschlag einer solchen Steuer den Gesandten Kärntens und Krains unterbreitet werden.12 Die steirische Gesandtschaft in Bruck unterstützte die Anliegen des Landesfürsten, die er in seiner Proposition zum Ausdruck gebracht hatte. Gleichzeitig kam der Fürst mit dem Appell der gleichmäßigen finanziellen Belastung seiner Länder – „[K]hain landt für das ander beschwerdt werden solle“13 –, den Bemühungen der Steirer entgegen, da sich diese für die Vereinheitlichung der Ordnung des Landesaufgebotes Innerösterreichs, die Normierung der Landeskontributionen und einen „allgemeinen neuen einlag“ aussprachen. Hinsichtlich der finanziellen Beteiligung an der Verteidigung der kroatischen und windischen Grenzen gäbe es, laut den steirischen Ständen, bedeutende Unterschiede. Demnach würden die beiden anderen Länder zu wenig zur gemeinsamen Sache beitragen: Kärnten läge mit 100.000 Gulden unter, und Krain mit nur 68.181 Gulden weit unter den Leistungen Steiermarks, das 102.000 Gulden aufbrächte. All dies würde für die Verteidigung nicht ausreichen, ebenso wenig wie die vom Kaiser beigesteuerten 60.000 Gulden, die für die slawonische Grenze aufgewendet werden sollten.14 Die Mittel des Kaisers in dieser Causa seien, so die Stände, bereits erschöpft, die Bitte der Länder bezüglich des Ansuchens um Hilfe bei den Reichsständen jedoch würde er ihnen nicht abschlagen.15 Der Besuch der Gesandtschaft der innerösterreichischen Landstände bei Kaiser Maximilian II. in Wien im Frühjahr 1574 hatte ebendieses Anliegen bereits zu dieser Zeit thematisiert,16 und Maximilian hatte in der Tat die Bitte der Landstände erhört.17 10 StLA, Laa. A. A., III Landtag, LH, Bd. 27., fol. 280r. 11 Siehe StLA, Laa. A. A., III Landtag, LH, Bd. 28, fol. 4r f. 12 An dieser Stelle wird Bezug auf ein Bündel der Dokumente aus dem Arhiv Slovenije genommen, mit dem Titel „Instruction der herrn abgesandten auß Crain zu der lannde angestollten gemainen zusamenkhunfft zu der Brugg an der Muer auff den 15 augusti diß 1575“. Es enthält unterzeichnete Beglaubigungsbriefe, Vollmachten und die Instruktion der krainischen Gesandtschaft zum Ausschusslandtag in Bruck an der Mur und wird im Folgenden als Instruction zitiert. AS, Stan I, Sch. 138. Instruction, fol. 86r. 13 AS, Stan I, Sch. 329. 14 Zur militärischen Belastung der Länder in den letzten Dekaden des 16. Jahrhunderts siehe Dimitz, Geschichte Krains III (1875), S. 47. Siehe auch Simoniti, Vojaška organizacija (1991), S. 243. Schulze, Landesdefension und Staatsbildung (1973), S. 42f. 15 StLA, Laa. A. A., III Landtag, LH, Bd. 27, fol. 281v. 16 Siehe Loserth, Innerösterreich (1934), S. 71. 17 Brief des Brucker Abgesandten an Erzherzog Karl. Bruck a. M., 21. 8. 1575. AS, Stan I, Sch. 161.

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Ein derartiges Entgegenkommen des Kaisers war nicht üblich, im Gegenteil, der Kaiser hatte die Stände diesbezüglich mehrmals zurückgewiesen.18 Diesmal jedoch zeigte er Verständnis. Die Vorbereitungen auf die Gesandtschaften zum Reichstag waren genauso wenig üblich, und mussten daher besonders sorgfältig und zeitgerecht getroffen werden.19 Über all das wurde auch in Laibach spätestens im Juni, vielleicht aber bereits im März 1575 diskutiert: Der Krainer Landtag kam im Frühjahr 1575 am 7. März und am 6. Juni zusammen. Er machte sich mit der fürstlichen Absicht der Einberufung eines Ausschusslandtages vertraut, zu welcher auch die steirischen Gesandten, die dem Krainer Landtag im Juni ebenfalls beiwohnten und dort eine Instruktion für den Ausschusslandtag vorlegten, drängten.20 Obgleich der Ausschusslandtag zu diesem Zeitpunkt noch nicht einberufen worden war – dies sollte, ebenso wie die Festlegung des Tagungsortes Bruck an der Mur, erst am 25. Juni erfolgen21 –, waren die Agenden bereits seit dem Frühjahr bekannt und in der Instruktion der steirischen Gesandtschaft niedergelegt.22 Der Krainer Landtag behandelte also am Vormittag des 7. Juni die landesfürstliche Proposition und machte sich mit den Standpunkten der steirischen Landschaft vertraut. Am Nachmittag schließlich fand die Beratung der Instruktion der Krainer Gesandtschaft zum Ausschusslandtag statt.23 Doch weder wurde diese damals durch die Diskutanten aufgesetzt noch bestimmte man zu diesem Zeitpunkt die Gesandten. Erst auf Beschluss des Landtages vom 2. und 3. August 1575 sollten ebendiese Schritte erfolgen: Man ernannte die Gesandten, und die Verordneten stellten an den Landesfürsten – sowie gesondert an die Delegierten der Länder Steiermark und Kärnten – adressierte Beglaubigungsschreiben und die Vollmacht aus; zuletzt setzte man die Instruktion auf. 24 Die erste Gesandtschaftsurkunde, die „gwalt“, stellte eine Vollmacht und eine Beilage zu den Beglaubigungsbriefen dar. Darin fasste der Ausschuss die Geschichte der Vorbereitungen des Landes auf den Brucker Ausschusslandtag zusammen, führte die Namen der Gesandten an, erinnerte an die Zusicherung des Fürsten hinsichtlich der nicht allzu groß ausfallenden Las18 Siehe oben S. 41f. 19 Die Verordneten der Steiermark sprachen in ihrem Brief an Erzherzog Karl vom 26. September 1575 von vergangenen Bemühungen und zurückgewiesenen Bitten um eine Gesandtschaft zu den Reichsständen. Die Verordneten der Steiermark an Erzherzog Karl. Graz, 26. 9. 1575. AS, Stan I, Sch. 419. 20 Instruction, fol. 77r. 21 Instruction, fol. 69r. 22 Instruction, fol. 86r. 23 AS, Stan I, Sch. 329. 24 AS, Stan I, Sch. 140, fol. 3r f.

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ten Krains in der kommenden Versammlung25 und sprach die Absicht des Landtages und des Ausschusses aus, „mit aller gebür und fleiß“26 über den Frieden und die Sicherheit der Länder zu beraten. Des Weiteren setzte er sich für wechselseitigen Austausch und die Zusammenarbeit der Länder ein.27 Die Vollmacht wurde vom Ausschuss unterzeichnet und versiegelt, wobei dieser, wie in der Instruktion, der anderen Gesandtschaftsurkunde, festgelegt, verlangte, ebendiese Vollmacht dem Fürsten beziehungsweise dessen Kommissaren sowie den Gesandtschaften Kärntens und der Steiermark vorzulegen. Dies sollte jedoch nur dann geschehen, wenn sich dafür eine Gelegenheit ergäbe und es ihnen die Delegationen anderer Länder gleichtun würden.28 Die Instruktion selbst, vom Ständeausschuss unterzeichnet und versiegelt, enthielt eine Zurückweisung des steiermärkischen Vorschlages bezüglich einer allgemeinen Besteuerung und lehnte die Vereinheitlichung der Landesaufgebote und -bewilligungen ab: Als Argumentationsgrundlage dieser Entscheidung führte der Ständeausschuss die ungleich hohe Belastung, wenn nicht Überlastung des Landes Krain an. Denn im Vergleich zur Steiermark, die über ein Kontingent von 700 Reitern verfüge – Krain dagegen lediglich über 280 und Kärnten nur über 180 – würde die Krainer Landschaft, ebenso wie die Steirische, einen Reiter zu 100 Pfund Herrengült stellen, angesichts „der schmelen grundt und klainen hüblein“ in Krain erweise sich diese Belastung jedoch als zu hoch.29 Der Ausschuss plädierte daher für die Aufstellung einer neuen Defensionsordnung und für eine Vereinbarung über „gleiche purde der lande, neue und beschwärliche ausschlag in verfürung der wein und wie merer nachparschaft und friden zwischen den landen zu erhalten“ sowie für eine „instruction der gesandten zum khünftigen reichstag zu erlangung ainer hilf“30. Die Instruktion der Kärntner Gesandtschaft für die Brucker Gesandten, verfasst vom Kärntner Landtag am 4. Juni 1575, war präziser. Sie wies jegliche neuen Steuern zurück, forderte eine an die Kärntner Landesbewilligung angepasste entsprechende Krainer Bewilligung und setzte sich für die Ausarbeitung einer besseren Defensionsordnung ein.31 Letzterem sei der Kaiser, laut Instruktion, besonders gewogen, weshalb man sich dessen Stimmung zunutze machen solle.32 Es gab jedoch Vorbehalte. Die endgültige Ausfüh25 Instruction, fol. 78. Siehe auch fol. 70r, 74r, 82r, 98r. 26 Instruction, fol. 82r. 27 Instruction, fol. 78r–79r. 28 Instruction, fol. 86r. 29 Instruction, fol. 88r–89r. 30 Instruction, fol. 91r–92r. 31 StLA, Laa. A. A., III Landtag, LH, Bd. 27, fol. 288r. 32 Ebd.

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rung eines neuen Verteidigungsplanes sollte erst nach zuverlässiger Zusage des Kaisers und des Reiches hinsichtlich der erbetenen Hilfeleistung in Angriff genommen werden. Obgleich der Fürst bereits auf die unsichere Lage in diesem Punkt hingewiesen hätte, gelte es nach Meinung der Kärntner sich umso eher um „frembde hilf und beystandt“ zu bemühen und diese schließlich auch zu erwerben.33 Der Standpunkt des Kärntner Landtages stand also in starkem Kontrast zu dem Vorschlag der steiermärkischen Landstände.34 Diese hatten zunächst die Ausarbeitung der Defensionsordnung vorgeschlagen und betrachteten erst danach die Bitte um Hilfe aus dem Reich als sinnvoll. Zudem ist festzuhalten, dass die Anweisungen des Kärntner Landtages diesbezüglich am konkretesten, zugleich aber auch die forderndsten waren. Die Instruktionen der steierischen und der Krainer Stände für die Brucker Gesandten sprachen lediglich von der Bildung einer Gesandtschaft zum Reichstag, der Ernennung der Gesandten und der Aufsetzung ihrer Instruktion. Die Instruktion der Kärntner Gesandten ging weit darüber hinaus. Zunächst sollte eine Auswahl jener Reichsstände getroffen werden, die es anzusprechen galt. Zudem mussten ein Memorandum, mit welchem sich die Gesandtschaft an den Reichstag wenden sollte, wie auch verschiedene Schriften an einzelne Reichsstände, Ermächtigungen und Beglaubigungsschreiben verfasst werden. Da der Kaiser zwar erklärt hatte, er sei der Gesandtschaft der innerösterreichischen Herzogtümer zum nächsten Reichstag nicht abgeneigt, die Einberufung des Reichstages jedoch als dahingestellt befand, stellte sich den Kärntnern die grundlegende Frage nach der Sinnhaftigkeit der Entsendung der Delegation. Strategisch geschickter könnte möglicherweise, so die Einschätzung, eine Mission zu den einzelnen Kurfürsten und anderen Reichsfürsten sein. Diese Überlegung war durchaus gewagt, denn sie signalisierte eine sehr einfallsreiche Auslegung der Erlaubnis des Kaisers bezüglich der Reichs- und der Reichstagspolitik der innerösterreichischen Herzogtümer. Diese ungewöhnliche Auslegung des Handlungsspielraumes der Länder im Bezug aufs Reich stellte sich jedoch bald als zu kühn heraus. Die zum Ausschusslandtag in Bruck an der Mur gesandten Vertreter der Herzogtümer setzten sich, nachdem sie sich in der ersten Sitzung am 16. August mit den Instruktionen der Kommissare des Landesfürsten befasst, ihre eigenen gelesen und somit die Agenda der Versammlung abgesteckt hatten, mit den Angelegenheiten der Gesandtschaft zu den Kur- und Reichsfürsten auseinander.35 Die Gesandten waren sich in Notwendigkeit und 33 StLA, Laa. A. A., III Landtag, LH, Bd. 27, fol. 288r–288v. 34 Ebd. 35 Den Verlauf des Brucker Auschusslandtages lässt sich aufgrund eines Tagebuches er-

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Dringlichkeit einer Entsendung der Länder zum Kurfürstentag einig. Diese Versammlung sollte in Regensburg am 26. September 1575 zusammenkommen, weshalb die Bildung und Ernennung der Gesandtschaft sowie die Formulierung und Ausstellung der Instruktion unverzüglich zu erfolgen hatte. Der Brucker Tag wandte sich daher am 20. August an Hans Friedrich Hofmann, Ludwig Ungnad und Jobst Joseph Thurn mit der Bitte, ihrer Ernennung zu Gesandten zuzustimmen;36 ausgewählt sollten lediglich „wolerfarne und taugliche personen“37 werden. Diese Herren entsprachen dabei offenbar durchaus den Ansprüchen der Ständeversammlung: „Wir dann euch dermassen qualificirt befinden“, brachten sie zum Ausdruck „daß ir in diser not, in vorstenden legation, den landen samentlich und dem geliebten vaterlandt vil nuz und guetes schaffen und verrichten müeget.“38 Sie schlug in ihrem Brief an Ungnad vor, die Kur- und anderen anwesende Fürsten, Erzherzog Ferdinand sowie die Bischöfe zu Bamberg, Würzburg und Freising und, im Brief an Hofmann und Thurn, den Herzog von Bayern und den Erzbischof von Salzburg aufzusuchen. Die Instruktion, die bereits erarbeitet und an den Landesfürsten zur Durchsicht geschickt worden war, sollte sie in dieser Angelegenheit leiten. Dabei griffen sie jedoch dem tatsächlichen Geschehen voraus, denn Erzherzog Karl wurde erst am 21. August 1575 angeschrieben.39 Man teilte ihm die Absicht der Herzogtümer mit, eine Gesandtschaft zum Kurfürsten- respektive zum Wahltag zu entsenden. Dieses Vorhaben wurde mit der Erlaubnis des Kaisers, den Reichstag aufzusuchen, gerechtfertigt. Da jedoch der Reichstag noch nicht einberufen worden sei und der Zeitpunkt von dessen Abhaltung noch nicht feststünde, die Länder sich dagegen sehr großen, ja verhängnisvollen Gefahren ausgeliefert sähen, würde die Organisation einer Gesandtschaft zum Reichstag keinerlei Nutzen und Trost bringen,40 so die Argumentationslinie. Der Standpunkt war kreativ. Den Einfallsreichtum begleitete jedoch Ungewissheit hinsichtlich der Gewogenheit des Kaisers gegenüber der Gesandtschaft zum Wahltag, denn die Agenden beider, sowohl des Wahltages als auch der Gesandtschaft, waren unterschiedlich. Ihre Bedenken äußerten schließen, das mit der Feder eines Anonymus zwischen dem 16. August und dem 5. September 1575 geführt wurde. Die Quelle wird im Folgenden als Anonymus zitiert. StLA, Laa. A. A., IV/1, Sch. 43. 36 Die Brucker Gesandten an Hans F. Hofmann, Jobst J. Thurn und Ludwig Ungnad. Bruck a. M., 20. 8. 1575. 37 Die Brucker Gesandten an Hans F. Hofmann und Jobst J. Thurn. Bruck a. M., 20. 8. 1575. AS, Stan I, Sch. 161. 38 Ebd. 39 Die Brucker Gesandten an Erzherzog Karl. Bruck a. M., 21. 8. 1575. AS, Stan I, Sch. 161. 40 Ebd.

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sich weniger hinsichtlich der Gesandtschaft per se, sondern vielmehr bezüglich ihres Ablaufes und ihrer Manier. Zwei wesentliche Fragen schienen den Brucker Ausschusslandtag dabei zu beschäftigen: Sollte man an die Kurfürsten und andere Würdenträger des Reiches vor oder nach der Wahl appellieren, und hatten sie einzeln oder als Korpus angesprochen zu werden? Dies erschien als besonders relevant, denn die Gesandtschaft sollte ihre Arbeit sorgfältig und von Beginn an fehlerfrei verrichten.41 Diese Bedenken legten die Brucker Gesandten dem Landesfürsten dar und baten ihn um seine Meinung. Zugleich ersuchten sie um Kommentar und Urteil zur Instruktion, welche dem Brief beigelegt worden war, und teilten ihm die Namen jener Landsleute mit, die man als Gesandte bestellt hatte: Hans Friedrich Hofmann, Ludwig Ungnad und Herward Auersperg.42 Die Wahl, dies ist den Quellen zu entnehmen, fiel anders aus als am Tag zuvor. Herward Auersperg war Krainer Landeshauptmann, fürstlicher und kaiserlicher Kriegsrat sowie Befehlshaber der kroatischen Militärgrenze.43 Zudem genoss er großes Ansehen, was ihm hervorragende Referenzen verlieh. Doch das Kommando der kroatischen Militärgrenze war ein Amt, das Auersperg ohne kaiserliche und landesfürstliche Erlaubnis weder verlassen durfte noch wollte: Seine Argumentation basierte auf der Beschreibung der beträchtlichen Gefahr durch den „erbärmlichen“ Zustand an der kroatischen Grenze. Zudem beklagte er sich über die bis dato wenig fortgeschrittenen Lösungsansätze.44 Obgleich sich Auersperg aus triftigen Gründen entschuldigte, ließen die Brucker Gesandten zunächst nicht von ihrem Ansuchen ab und baten den Landesfürsten, Auersperg eine Erlaubnis zum Verlassen der Grenze zu erteilen sowie die Bewilligung des Kaisers zu erwirken. Der Beitrag des Landeshauptmannes zur Gesandtschaft nämlich, schrieben sie, wäre von großer Bedeutung.45 Jedoch noch einen Tag davor, am 20. August, hatten sie, wie wir gesehen haben, einen Brief an Jobst Joseph Thurn gerichtet, worin sie ihn ebenfalls ersuchten, seiner Berufung zum Deputierten zuzustimmen. Letztendlich, nachdem Auersperg Ende August den Brucker Tag verlassen hatte und nach Kroatien abgereist war, um sich seinen Truppen ob der erwarteten starken Türkeneinfälle anzuschließen, teilte man dem Fürsten mit, an Auerspergs Stelle Jobst Joseph Thurn zu ernennen. Dieser war zwar der Befehlshaber der Uskoken, doch könnte er, meinte der Brucker Ausschuss, für die Zeit der Gesandtschaft von seinem Bruder Wolf Thurn 41 Ebd. 42 Ebd. 43 Zu Herbert Auersperg siehe Radics, Herbard VIII. (1863). 44 Anonymus, 4. 9. 1575. 45 Wie in Anm. 40.

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vertreten werden.46 Noch am selben Tag, am 4. September 1575, wandten sie sich mit der Auskunft an Herward Auersperg, ihn vor einigen Tagen als Gesandten zum Kurfürstentag vorgeschlagen und diesen Wunsch dem Landesfürsten mitgeteilt zu haben. Eine Antwort, so die Brucker an Auersperg, sei jedoch bislang ausgeblieben. Sie formulierten Vermutungen betreffend der Bedenken des Fürsten hinsichtlich seiner Abwesenheit von den Grenzen. Da jedoch, führten sie weiter aus, die Gesandtenbriefe, die Beglaubigungsschreiben sowie die Instruktion auszufertigen und darin die Namen der Gesandten einzutragen seien, hätten sie „auf andere personen [zu] gehen“. Sie beteuerten, dass sie, hätte es die Zeit zugelassen, seine Person keinesfalls übergangen und auf seiner Ernennung beharrt hätten. Des Weiteren ersuchten sie um sein Verständnis und baten ihn, es ihnen nicht übel zu nehmen.47 Der Brief dürfte sinngemäß wohl doch nicht völlig aufrichtig gewesen sein, ebenso wenig wie die Bemühungen der Brucker Gesandten um Auerspergs Bestellung. Die Bitte an den Fürsten um Bewilligung der Abwesenheit Auerspergs, verfasst am 21. August, erfolgte unmittelbar nach dem Ansuchen an Thurn um Zustimmung zur Bestellung, verfasst am 20. August. Sich bei Auersperg entschuldigend, beriefen sie sich auf die Notwendigkeit der raschen Ausstellung der Gesandtschaftsurkunden. Gleichzeitig aber verschwiegen sie ihm Thurns Bestellung zum Gesandten und gaben lediglich zu verstehen, dass „wir gedrungentlich auf andere personen [haben] gehen müessen und solches alberait irer frh. Drh. gehorsamist zugeschriben“48. Mit anderen Worten: Auersperg hatte zwar die Krainer Landeshauptmannschaft inne, der Name des designierten ständischen Gesandten wurde ihm dennoch verschwiegen. Womöglich erfuhr er die Identität des Vertreters nie, denn Ende September wurde er in der Schlacht von Budački gefangen genommen und geköpft. Auch Thurn gab letztlich dem Ansuchen um seine Bestellung nicht statt. Er teilte dies dem Krainer Verordnetenamt in einem Schreiben mit, worin er seine labile gesundheitliche Verfassung für seine Absage verantwortlich machte.49 Die Ernennung Ludwig Ungnads war ebenfalls nicht einfach. Auch er entschuldigte sich zunächst.50 Als Begründung nannte er sein Mitwirken an der kaiserlichen Kommission zur Prüfung der Lage an den kroatischen Grenzen, die zur Zeit der Vorbereitungen der Gesandtschaft ihre Arbeit noch nicht 46 Die Brucker Gesandten an Erzherzog Karl. Bruck a. M., 4. 9. 1575. AS, Stan I, Sch. 161. 47 Die Brucker Gesandten an Herward von Auersperg. Bruck a. M., 4. 9. 1575. AS, Stan I, Sch. 161. 48 Ebd. 49 Die Verordneten von Krain an die Verordneten der Steiermark. Laibach, 25. 9. 1575. AS, Stan I, Sch. 419. 50 Anonymus, 4. 9. 1575.

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abgeschlossen hatte.51 Eine Reaktion folgte rasch: Die Brucker Gesandten baten Erzherzog Karl, beim Kaiser einen Erlass für die Abwesenheit Ungnads zu erwirken, denn die Länder würden Ungnads Dienste keinesfalls länger als vier oder fünf Wochen in Anspruch nehmen. Des Weiteren ersuchten sie den Landesfürsten, „seine [das heißt Ungnads] handlung zu hof, auch in landts und hofrechten in Steyr und Khärndten genedigist ex officio ein[zu] stellen“52. Der designierte steirische Gesandte, Hans Friedrich Hofmann, ein Mann von Namen, dem die Titel „freyherr zu Grüenspüchl und Streckau, erblandtmarschalckh in Österreich und oberisten erblandhofmaister und landmarschalckh in Steyr, fürsterlicher Durchlaucht rath“ folgten,53 lehnte seine Teilnahme an der Gesandtschaft bereits am 24. August ab. Er hatte großen Einfluss in der steiermärkischen landes- und landständischen Politik, war Oberhaupt der Familie, die im Volksmund den Titel „Könige im Ennstal“54 trug, und er selber zeichnete sich durch reichhaltige diplomatische Erfahrungen aus. Außerdem hatte er zu diesem Zeitpunkt das Amt des steirischen Landesverwesers inne. In seinem an den Landesfürsten und die Landschaft der Steiermark adressierten Brief dankte er für das ihm entgegengebrachte 51 Die steirischen Verordneten schickten dem Landesfürsten am 2. August 1575 einen Brief, in dem sie behaupteten, die kaiserliche Kommission für die Prüfung der Lage an den kroatischen Grenzen habe ihre Arbeit noch nicht beendet. Zugleich haben sie den Landesfürsten gebeten, den Ausschusslandtag um acht beziehungsweise vierzehn Tage aufzuschieben. Die Verordneten erwarten, schrieben sie, so wie auch der Kärntner Landtag und die Verordneten von Krain, die Kommission werde bis dahin ihren Bericht verfassen und ihn dem Ausschusslandtag vorlegen. Karl, der am 25. Juni den Tag des Beginns der Tagung des Ausschusslandtages festgelegt hatte, nämlich den 15. August 1575, erhörte die Bitte nicht, er trug jedoch seinen Kommissaren beim Brucker Tag auf, die Versammlung sollte sich mit den Grenzkommissaren beraten und sich mit ihrem Bericht vertraut machen. Die Kommission war aber sowohl kaiserlich als auch, wie es in der Instruktion an die fürstlichen Kommissare steht, landesfürstlich. Als die Brucker Gesandten am 31. August die Grenzkommissare um ihren Bericht baten, antworteten diese, dass sie den Bericht nur dem Kaiser zeigen dürften. Auf das Insistieren der Gesandten und nach Intervention des Fürsten hin erklärten die Kommissare letzlich, sie wären bereit, der Versammlung über die Lage an den Grenzen zu berichten, doch den Bericht selbst könnten sie ihnen nicht überreichen. Die Verordneten der Steiermark an Erzherzog Karl. Graz, 2. 8. 1575. StLA, Laa. A. A., IV/2, Sch. 43. Siehe auch StLA, Laa. A. A., III Landtag, LH, Bd. 27, fol. 272r. Vgl. Anonymus, 31. 8. 1575. 52 Wie in Anm. 40. 53 Aus der Instruktion an die Gesandtschaft der innerösterreichischen Länder beim Reichstag zu Regensburg 1576. Instruktion, Datum 1. 11. 1575. Regenspurgerische reichshandlung, fol. 6r. 54 Siehe Burkert, Politik und Verwaltung (1992), S. 53–54. Ehrlicher, Die Könige des Ennstales (1972). Burkert, Die Hofmann (1992), S. 79–86.

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Vertrauen und beteuerte, nichts lieber zu tun, als dem Vaterland zu dienen und den Landesständen entgegen zu kommen. Allerdings berief er sich zugleich auf die „schwachait“ seiner Gesundheit und schlug vor, „auf ain andere taugliche person“55 zurückzugreifen. Wen man in Graz als Alternative zu Hofmann erwog, bleibt uns verborgen. Wir wissen lediglich, dass die Kärntner an Bartholomäus Khevenhüller dachten, freilich nur sofern Erzherzog Karl keine kaiserliche Erlaubnis für Ungnad hätte erwirken können.56 Unbekannt bleibt ebenfalls, ob sich Karl tatsächlich die Mühe machte, auf die kaiserliche Erlaubnis zu drängen. Sicher ist jedoch, dass er hinsichtlich dieser gewagten Idee seiner Länder und ihrer Mission zum Kurfürstentag Zweifel hegte. In seiner Antwort auf den Brief des Brucker Ausschusslandtages, worin ihm dieser seine Anliegen bezüglich des Vorhabens vorgelegt hatte, brachte Karl zwar seine generelle Gewogenheit gegenüber der Gesandtschaft zum Ausdruck, wies aber zugleich darauf hin, dass sie ohne Vorwissen des Kaisers nicht entsendet werden dürfe. Er fuhr dennoch mit dem Hinweis fort, mit der Information bereits an den Kaiser herangetreten zu sein.57 Die schnell erfolgte Antwort des Kaisers lautete: „Nein.“58 Erzherzog Karl leitete diese Reaktion des Kaisers jedoch bewusst nicht an den Brucker Tag weiter, wie nachfolgend zu sehen sein wird. Dies hatte zur Folge, dass sich die dortigen Gesandten weiterhin um die Gesandtschaft bemühten, und zwar in der fälschlichen Annahme, die volle Unterstützung des Kaisers, wie sie im Brief an Erzherzog Karl vom 4. September schrieben, zu genießen. Sie verharrten folglich in der Überzeugung, dass der Regensburger Gesandtschaft am 1. Oktober nichts mehr im Wege stünde und dass der Erzherzog den Gesandten sein Beglaubigungsschreiben sowie seine Empfehlungen ausstellen würde.59 Die drei Tage später verfasste Antwort Karls war knapp und kühl. Der Landesfürst übersah darin die Bitte um die Ausstellung der erhofften Dokumente und verschwieg den Standpunkt des Kaisers bezüglich des Wahltages und dessen Meinung zur Gesandtschaft der Länder. Er gab bloß die Anweisung, nicht zu eilen, da der Kaiser ohnehin erst Anfang Oktober nach Regensburg käme und es daher ausreiche, wenn ihm die Gesandten Ende des Monats folgten. Des Weiteren teilte er mit, dass er die Korrespondenz 55 Hans F. Hofmann an Erzherzog Karl und die Landschaft der Steiermark. Graz, 24.8.1575. AS, Stan I, Sch. 161. 56 Wie in Anm. 48. 57 Erzherzog Karl an die Brucker Gesandten. Wien, 24. 8. 1575. AS, Stan I, Sch. 161. 58 Kaiser Maximilian II. an Erzherzog Karl. Prag, 31. 8. 1575. AS, Stan I, Sch. 419. 59 Die Brucker Gesandten an Erzherzog Karl. Bruck a. M., 4. 9. 1575. AS, Stan I, Sch. 161.

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mit dem Brucker Ausschusstag an den Kaiser übersenden würde.60 Diesem Antwortschreiben legte Karl zudem seinen Brief an Maximilian II. bei, welcher nun knapper oder gar kühler Elemente zur Gänze entbehrte. Ganz im Gegenteil: Karl setzte sich darin für die Gesandtschaft seiner Länder zum Kurfürstentag ein. Zugleich versicherte er, der Einschätzung des Kaisers in puncto Reichshilfe recht zu geben und wenig Erwartungen in dieses Unterfangen zu investieren. Somit formulierte er sein vollstes Verständnis gegenüber dem Standpunkt des Kaisers und drückte damit zugleich sein innigstes Vertrauen aus. Im selben Atemzug aber erinnerte er den Kaiser an die Brisanz der türkischen Gefahr, an die Entschlossenheit der Herzogtümer bezüglich der Entsendung einer Delegation zum Wahltag sowie an deren Hoffnung, bei ihrem Vorhaben die kaiserliche Unterstützung zu erhalten. Demzufolge musste sich Karl eingestehen, dass sich „[die] lande von irem endschluss schwarlich bewegen lassen werden“ und dass er „auf solch ir starckhes ansuechen und erclaren davon nit abzuhalten waiss“. Karl befürchtete, dass eine Verhinderung der landständischen Gesandtschaft zum Wahltag überhaupt die Beschlussfassung des Brucker Ausschusslandtags gefährden würde, was nur Schwierigkeiten zur Folge hätte. Daher riet Karl seinem kaiserlichen Bruder, die Gesandtschaft der Länder zuzulassen und sich persönlich an die Landstände zu wenden. Die Angelegenheit könnte auf diese Weise, so der Erzherzog, zur allgemeinen Zufriedenheit geregelt werden.61 Der Landesfürst und die Brucker Gesandten rechneten sich somit gute Chancen auf eine kaiserliche Bewilligung aus. Der Brucker Tag endete zum einen mit dem endgültigen Beschluss der Entsendung der landständischen Delegation nach Regensburg. Dabei sollte die Diskretion einen wesentlichen Eckpfeiler der Mission darstellen: Die Gesandten sollten „alle bescheidenhait darunder fürkheren, damit an der vorsteunden whal irer Mayt. nichts verhinderlich ervolge“62. Zum anderen schlossen sie den Tag mit der erneuten Bitte an den Landesfürsten, die Beglaubigungsbriefe auszustellen und dem Kaiser die Anliegen und Bestrebungen der Herzogtümer ausführlich darzulegen: Man machte außerdem ein weiteres Mal auf die Dringlichkeit der Gesandtschaft aufmerksam.63 Dabei führte der Brucker Tag die überaus gefährdete Lage der Länder und die drohende weitreichende, möglicherweise sogar fatale Niederlage an, die dem Reich mit dem Verlust des innerösterreichischen Verteidigungsbollwerks sicher sein würde. Thematisiert 60 61 62 63

Erzherzog Karl an die Brucker Gesandten. Wien, 7. 9. 1575. AS, Stan I, Sch. 419. Erzherzog Karl an Kaiser Maximilian II. Wien, 7. 9. 1575. AS, Stan I, Sch. 419. Die Verordneten der Steiermark an Erzherzog Karl. Graz, 11. 9. 1575. AS, Stan I, Sch. 419. Der Brucker Tag an Erzherzog Karl. 15. 9. 1575. StLA, Laa. A. A., III Landtag, LH, Bd. 27, fol. 296v–297r.

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wurden zudem der potenzielle Verlust der Glieder des Reiches, welche es eigentlich zu verteidigen gelte, und die enorme Verantwortung, die das Reich gegenüber seinen Territorien hätte. Weniger war es die Hoffnung, die die Länder zu ihrem Vorhaben bewog, sondern vielmehr reine Hoffnungslosigkeit sowie die Absicht, mahnend auf die Notwendigkeit rascher Handlungen hinzuweisen.64 Eine günstige Gelegenheit dazu würde daher, so die Brucker Gesandten, der Besuch des Kurfürstentags. Damit baten sie den Landesfürsten wiederholt, die Gesandtschaft nicht zu verhindern und eine Chance wie diese nicht ungenutzt zu lassen.65 Man argumentierte mit den bereits getroffenen organisatorischen Vorkehrungen: Darunter fiel einerseits die Ernennung der Gesandten, andererseits die bereits verfasste Instruktion, welche sowohl an den Landesfürsten als auch an den Kaiser, auf dessen Zustimmung man noch wartete, geschickt worden war. Nach der Zustimmung des Landesfürsten sollte nunmehr die Antwort des Kaisers erfolgen.66 Alles war vorbereitet. Offenbar hatte man selbst die Frage nach der Bestellung der Gesandten gelöst. Lediglich Hofmann und Ungnad versuchten sich zunächst, wie wir gesehen haben, zu entschuldigen. Ihre Absage hatte der Brucker Ausschusstag dem Landesfürsten jedoch verschwiegen. Die Gesandten in Bruck sowie die landständischen Ämter in Graz und Klagenfurt setzten die Gespräche mit Hofmann und Ungnad dennoch, offenbar erfolgreich, fort. Zuletzt hatte man nur noch auf die fürstlichen Beglaubigungsschreiben und – nach wie vor – auf die Erlaubnis des Kaisers zu warten. Man wartete jedoch vergebens. In seinem Brief an Erzherzog Karl, verfasst am 15. September 1575, beharrte Maximilian auf dem Standpunkt, den er bereits in seinem Schreiben vom 31. August festgehalten hatte und der auch schon in seiner Zusage an die Gesandtschaft, die ihn in Wien im Frühjahr 64 „Wan wir aber entgegen gedenckhen, was lezlich unsern benachparten und den Heiligen Romischnen Reich auch daraus wierdt ervolgen, wan er [das heißt der Türke] unser geliebtes vaterlandt in sein viechischen tyraney und servitut wirdt gezwungen und sie dise vormauern unser darstreckhung leibs, guets und bluets verloren haben und zur zeit, da es noch wol sein khan, nit gedenkhen, wie sie yre mitglieder, weliche auch, sowol als andere glider des Reichs in schuz und scherm desselben sein, aufrecht erhalten khünnen, so wirdt inen, neben der schwären verantwortung, so sie destwegen auch tragen müssen, das verderben, ehe sie es vermainen, zu hauß und hof khommen. Derwegen wir ein unvermeidenliche grossen notturft zu sein erachten, das diese gehorsamist lande zu irer selbst khunftigen entschuldigung soliches alles den chur und fürsten, auch andern ständen des Reichs notwendigelich entdeckhen und sich hernach nit sagen mügen, das wir sie nie ersuecht, unser not nit zeitlich angezaigt oder dizfals sie ausgeschlagen und hindangestelt.“ StLA, Laa. A. A., III Landtag, LH, Bd. 27, fol. 294v–295r. 65 Ebd. Siehe auch den Brief der Steirer Verordneten an Erzherzog Karl. Graz, 11. 9. 1575. AS, Stan I, Sch. 419. 66 StLA, Laa.A.A, III Landtag, LH, Bd. 27, fol. 297r.

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1574 besucht hatte, enthalten war: Er sei einer Entsendung von Repräsentanten der Länder Steiermark, Kärnten und Krain zu den Reichsständen gewogen und von ihrem Nutzen und ihrer Notwendigkeit durchaus überzeugt. Was die Frage bezüglich der Gesandtschaft zum Kurfürstentag betraf, sei leider wenig bis gar nichts zu erreichen: Mühe und Kosten würden sich in Anbetracht der wenig erfolgversprechenden Perspektiven nicht bezahlt machen. Die Gesandtschaft sei daher „mer hinderlich dann furderlich.“67 Der Kaiser verwies dabei auf die noch nie dagewesene Unsicherheit der Lage.68 Ob er dabei an seine eigene Situation und die des Thronfolgers vor dem Wahltag, oder an die Bedrohung an den Grenzen dachte, tat er jedoch nicht kund. Allemal riet er seinem erzherzoglichen Bruder, die innerösterreichischen Landstände von ihrer Absicht abzuhalten. Sie sollten sich bis zum kommenden Reichstag gedulden, und auch er selbst und seine Länder, Ober- und Niederösterreich, würden diese zukünftige Gelegenheit zielstrebig anvisieren. Ihre Energie sollten die innerösterreichischen Landstände nun eher in die Vorbereitungen auf den Reichstag sowie in ihr Vertrauen in ihn, den Kaiser, investieren.69 Diesen kaiserlichen Brief verheimlichte Karl den Landständen nun nicht mehr. Er schickte ihn an die Steirer weiter und legte das kaiserliche Schreiben vom 31. August, gemeinsam mit seiner eigenen Reaktion darauf, bei. Somit offenbarte er sein Engagement für die Gesandtschaft, obgleich es erfolglos geblieben war. Damit meinte er offensichtlich, bei den Landständen Verständnis für sein Tun und Lassen zu erlangen: Gegen den Willen des Kaisers könne und wolle er nicht aufbegehren. Mit Bitten, schrieb Karl, sei der Kaiser nicht mehr zu bewegen und der kaiserlichen Meinung sei daher Folge zu leisten. Nachdrücklich wiederholte er die Pflicht und Notwendigkeit, dem Kaiser Vertrauen entgegenzubringen. Dieser würde den Reichstag zuverlässig einberufen, versicherte er.70 Dennoch sprach der Erzherzog diesbezüglich noch nicht sein letztes Wort, im Gegenteil, dieses wollte er seinen Landständen überlassen: „Doch stellen wir es in alweg zu euren vernern und noch merern bedenckhen, dann wir ye nit gern wolten disfals euer und der lande wolfart, deren sich aus beruerten legation eures erachtens, zu verhindern, sonder wilmer, bestens unsers vermuegens, befurdern, wie wier dann solches zu thuen schuldig und euch hieneben mit gnaden wol genaigt seyen.“71 67 Kaiser Maximilian II. an Erzherzog Karl. Prag, 15. 9. 1575. AS, Stan I, Sch. 419. 68 Ebd. 69 Ebd. 70 Erzherzog Karl an die Landstände der Steiermark. Wien, 21. 9. 1575. AS, Stan I, Sch. 419. 71 Ebd.

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Das steirische Hoftaiding las all diese Briefe am 26. September. Die Diskutanten, ein Mitglied der Familie Windischgrätz, Hans Friedrich Hofmann, der Landesvizedom, Erasmus Stadler, Felician von Herberstein und Otto von Ratmannsdorf, gaben sich zurückhaltend und enthielten sich großer Worte. Sie nahmen den Standpunkt des Kaisers hinsichtlich der Funktion des Regensburger Tages als Wahltag zur Kenntnis und waren sich bewusst, dass bezüglich der Hilfe durch die Reichsstände weder etwas zu erwarten und noch viel weniger zu erreichen sei. Eine Gesandtschaft wäre, so Windischgrätz, „one nuz“, weshalb man, gab diesmal Rattmansdorf zu verstehen, darauf zu verzichten hätte. Hofmann schlug vor, sich an Kärnten und Krain zu wenden und deren Standpunkt sowie jenen der Landtage abzuwarten. Diese wiederum sollten den weiteren Weg festlegen. Trotz aller Bedenken diesbezüglich schlug er zudem vor, den Salzburger Erzbischof und Erzherzog Ferdinand zu besuchen und sie um Hilfe zu bitten. In diesem Entschluss waren sich sowohl der Vizedom als auch die Verordneten einig.72 Die weitere Vorgehensweise sei nun erneut an den Landesfürsten zu berichten, um auf diese Schwierigkeiten hinzuweisen und ihm Neuigkeiten von der Grenze zukommen zu lassen.73 Der Brief an den Fürsten wurde noch am selben Tag verfasst und vom Landeshauptmann Hans von Scharffenberg, vom Landesverweser Hans Friedrich Hofmann, von den Mitgliedern des Verordnetenamtes und einigen anderen Landsleuten unterzeichnet.74 Der Inhalt des Briefes an den Landesfürsten war erbittert: Bedauern, Überraschung, Verzweiflung, Angst und Kühnheit zeichneten sich in ihm ab. Neuigkeiten von der kroatischen Grenze erforderten, so die Verfasser, „das wir mit der ainmal treuherzig und eüferig, mit gemainnem euer f. D. gehorsamisten lande abgesandten einhölligen stimmen berathschlagten legation vortgehn und davon uns nichte verhindern lassen solten“75. Sie befürchteten also, eine externe Hilfeleistung nicht rechtzeitig zu erhalten und taten die Bedenken der Länder kund, den Reichstag möglicherweise nicht mehr zu erleben: Gott selbst sei erzürnt, weshalb auch seine Hilfe ausbleiben werde. Nichtsdestotrotz versicherten sie, dem Kaiser und dem Landesfürsten zu folgen und sich dem Willen Gottes zu ergeben. So verzichteten die steirischen Stände auf die Gesandtschaft, obgleich die Möglichkeiten noch nicht erschöpft waren. Dies zeigt der letzte Brief Erzherzog Karls deutlich. Um diese finale Chance in Anspruch zu neh72 StLA, Laa. A. A., III Landtag, Karton 99, Heft 414, fol.13r–14v. 73 Siehe die Verordneten der Steiermark an die Verordneten von Krain. Graz, 26. 9. 1575. AS, Stan I, Sch. 419. 74 Die Verordneten der Steiermark an Erzherzog Karl. Graz, 26. 9. 1575. AS, Stan I, Sch. 419. 75 Ebd.

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men, war jedoch Mut, zumindest Beharrlichkeit und ein Anstoß nötig. Ein solcher Anreiz kam vom Landesfürsten, Courage und Beharrlichkeit gingen primär von Kärnten aus. Aus Krain dagegen war davon nur eine laue Brise der Zustimmung zu spüren. Die Krainer Verordneten schrieben am 25. September an die steiermärkischen, dass weder der kranke Jobst Joseph Thurn noch Herward Auersperg, welchem ein, wie sie sich ausgedrückt hatten, „trauriger fall“ widerfahren sei, an der Gesandtschaft teilnehmen könnten. In ganz Krain ließe sich niemand finden, den man zum Gesandten ernennen könnte, denn das Land sei bereits mobilisiert, das Landesaufgebot wäre einberufen und jeder 20. Mann eingezogen.76 Die Verordneten wiesen folglich auf jenen Artikel der Gesandtschaftsinstruktion hin, der besagte, dass im Falle der Abwesenheit des Gesandten eines Landes dessen Mandat von den Gesandten der beiden anderen Länder allein weiter zu erfüllen sei.77 Der nach Graz abgesandte Brief dürfte die steirischen Verordneten nicht überrascht haben. Sie wussten über Thurns labile Gesundheit Bescheid, und so schlugen sie in ihrer Einberufung der Zusammenkunft der Gesandten, welche in Steyr am 7. Oktober stattfinden sollte, Folgendes vor: Thurn hatte, sofern gut erholt, innerhalb von acht Tagen in Regensburg zu erscheinen, ansonsten sei bei dem eben erwähnten Artikel der Gesandtschaftsinstruktion zu bleiben.78 Das war am 16. September. Zehn Tage später wurden Abschriften der kaiserlichen und fürstlichen Briefe betreffend die Gesandtschaft nach Laibach geschickt und die eigene Stellungnahme beigelegt.79 Dies war der Beschluss, den man in der Sitzung vom 26. September gefasst hatte, und welchem man folgende Zeile hinzufügte: „Nebendem die kay. Mt., da wider iren willen unser gesandten die sachen anbringen und vertreiben wolten, allerlay bedenckhen darüber haben möchten.“80 Wie konnte diese Skepsis nun beschaffen sein? Denn „allerlay“ ist ja eine sehr vage Formulierung. Die Krainer Verordneten, so scheint es, hatten jedoch keine Bedenken: „So müssen wir doch all sachen dem lieben Gott bevelhen“,81 gaben sie zu verstehen. 76 Die Verordneten von Krain an die Verordneten der Steiermark. Laibach, 25. 9. 1575. AS, Stan I, Sch. 419. 77 Siehe Instruktion, Regenspurgerische reichshandlung, fol. 11v. 78 Die Verordneten der Steiermark an den Landeshauptmann von Krain. Graz, 16. 9. 1575. AS, Stan I, Sch. 419. 79 Die Verordneten der Steiermark an die Verordneten von Krain. Graz, 26. 9. 1575. AS, Stan I, Sch. 419. 80 Ebd. 81 Die Verordneten von Krain an die Verordneten der Steiermark. Laibach, 1. 10. 1575. AS, Stan I, Sch. 419.

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Die Kärntner nahmen hingegen eine andere Haltung ein. Nachdem sie den Brief des Fürsten bezüglich der Gesandtschaft erhalten hatten, wandten sie sich an die steirischen Verordneten mit der Frage, ob an den Beschlüssen des Brucker Tages festzuhalten und die Gesandtschaft abzuschicken sei. Sie selber, so die Kärntner, seien trotz aller Widersprüche gewillt, davon nicht abzulassen. Auch ihr Gesandter, Ludwig Ungnad, sei in zahlreichen Korrespondenzen darüber in Kenntnis gesetzt worden und befände sich bereits auf dem Weg nach Steyr. Dennoch baten sie um Auskunft, ob man bei den Beschlüssen des Brucker Tages bleiben solle.82 Das Kärntner Verordnetenamt hatte offensichtlich Bedenken. Der Landesfürst dagegen brachte keine Vorbehalte zum Ausdruck. Ebenso wenig fügte er sich dem Kaiser, wie es zunächst schien. Ganz im Gegenteil, er ermunterte die Stände in einer „vätterliche[n] erkhlärung“ zu ihrer Gesandtschaft. „Dieweil es aber unser mainung nie gewest, auch noch nit ist, euch in sölcher euer vorhabenden legation zu verhindtern, sonder vilmer zu fortsezung derselben, euch allen genedigen fürschub, durch erthailung der hievor begerten credenzschreiben und furschriften, auch in all ander weg mit gnaden zu erthailen, wie wir dann selbs der mainung seyen, das sy nit gar one frucht abgeen solle […] Doch ist hienebens unser genedigistes begern an euch, das ir dise unser wolmainende väterliche erkhlärung, aus denen euch wolbewüssten bedenkhen, in aller still und gehaimb verhalten wellet.“83

Es liegt auf der Hand: Bei diesem Schreiben handelte es sich um eine Anregung, die vorerst im Geheimen bleiben sollte. Diese wurde nämlich hinter dem Rücken und gegen den Willen des Kaisers vorgebracht. Ein ausdrückliches Verbot missachtete Erzherzog Karl dabei dennoch nicht. Das sinngemäße „Nein, bloß nicht“ des Kaisers musste nicht als Verbot, sondern konnte auch als Ratschlag interpretiert werden. Zu diesem Ergebnis kam die offenbar sehr subtile landesfürstliche Lektüre der kaiserlichen Briefe. Fest steht jedenfalls, dass der Fürst die Stände – wenngleich diskret – dazu ermutigte, von ihrem Vorhaben nicht abzuweichen. Geheim bleiben sollte diese Ermunterung, so Erzherzog Karl, aus den „euch wolbewuessten bedenkhen“. Wieder stellt sich die Frage nach dem Motiv, das dem Zweifel zugrunde lag. Man war sich der Einwände durchaus bewusst: Natürlich, der Landesfürst, 82 Die Verordneten von Kärnten an die Verordneten der Steiermark. Klagenfurt, 2. 10. 1575. StLA, Laa. A. A., IV/2, Sch. 43. 83 Erzherzog Karl an die Gesandten der Steiermark beim Kurfürstentag. Wien, 2. 10. 1575. StLA, Laa. A. A., IV/2, Sch. 43.

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Erzherzog Karl, der seinem kaiserlichen Bruder ansonsten sehr nahestand, unterstützte ein Vorhaben, welches der Kaiser als „mer hinderlich dann furderlich“84 einstufte. Führte der Grazer Habsburger womöglich etwas im Schilde? Empfahl er nicht in seinem Brief an die steirischen Landstände am 21. September, den Kaiser nicht mehr mit Bitten um Gestattung der Gesandtschaft zu behelligen, ihm Vertrauen entgegenzubringen und sich auf den Reichstag vorzubereiten? Zugleich wies er aber auch darauf hin, dass er der Gesandtschaft zum Kurfürstentag gesonnen sei, und dass sich die Stände auf seine Unterstützung verlassen könnten.85 In Graz las man den Brief des Landesfürsten wenig subtil und bar jeden Verständnisses. Hans Friedrich Hofmanns zu Folge, dies hielt der Protokollführer der Diskussion vom 26. September fest, sei es „ir Dt. gleichfals zu zuschreiben, das man der k. M. und ir D. volgen, wiewol denen landen vast beschwärlich, was man ainmal so treuherzig beratschlagt“86. Auch das Hoftaiding richtete sich am selben Tag in einem Brief an den Fürsten und gab zu verstehen, dass „jedoch dieweil die rom. kay. Mt. und euer f. D. es ja fur guetachten, daß man mit dieser legation stillhalten solle“. Sowohl Hofmann als auch das Hoftaiding warfen dem Landesfürsten damit vor, die Gesandtschaft verhindern zu wollen. Der Landesfürst ließ den Vorwurf freilich nicht gelten. Er antwortete mit Beteuerungen seines Glaubens an die Bedeutung der Gesandtschaft sowie mit seiner Bereitschaft, den Gesandten Beglaubigungsbriefe auszustellen. Beides bezeichnete er als „wolmainende väterliche erkhlärung“, die man jedoch unter Verschluss behalten sollte. Meinte es der Fürst ernst? Fest steht, dass er sich von der Gesandtschaft zum Kurfürstentag, ebenso wie der Kaiser und letztlich die steirischen Landstände, wenig versprach. Andererseits wollte sich Karl dem Vorwurf der Länder, ihre Gesandtschaft ins Reich verhindert zu haben, entziehen. Die Gründe dafür sind dem Brief zu entnehmen, den Karl dem Kaiser am 7. September geschrieben hatte: Eine Verhinderung der Gesandtschaft könnte die vielversprechenden Beschlüsse des Brucker Ausschusslandtages untergraben, was nur Konflikte und Schwierigkeiten zur Folge hätte. Und dennoch ist die Aufrichtigkeit des Fürsten hinsichtlich der Ermunterung zur Gesandtschaft nicht vollständig geklärt: Handelte es sich bei seiner großzügig angebotenen Unterstützung etwa bloß um eine Rechtfertigung, oder plante er doch etwas hinter dem Rücken beider Parteien? 84 Siehe Anm. 69. 85 Siehe Anm. 72. 86 StLA, Laa. A. A., III Landtag, Karton 99, Heft 414, fol. 14r.

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Der Brief, in dem Karl die Gesandtschaft weiterhin unterstützte, wurde von den steirischen Verordneten nach Klagenfurt geschickt. In einem kurzen Begleitschreiben hielten sie fest, man hätte das Angebot des Fürsten unter anderen Umständen annehmen können, so aber, da seine Reaktion lange auf sich warten ließ, „wäre man in namen Gottes fortgezogen“87. Es blieb jedoch nicht dabei. Die Kärntner Verordneten entsandten am 17. Oktober Ludwig Ungnad zu Hans Friedrich Hofmann, um über die Gesandtschaft zu beraten.88 Die beiden in Bruck zu Gesandten bestellten Herren waren offensichtlich in Kontakt geblieben und bereiteten sich bereits auf die Reise vor. Obgleich Hofmann in der Sitzung des steirischen Hoftaidings am 26. September Zweifel am Erfolg der Gesandtschaft äußerte und demnach den Ratschlägen des Kaisers und des Fürsten tendenziell folgte, richtete er Mitte Oktober erneut ein Schreiben an die Verordneten, welches sie am 26. Oktober erhielten.89 Den Inhalt des Briefes fassten die Verordneten als „treülichs bedenckhen“ auf: Der Rückäußerung ist zu entnehmen, dass sie seine Bedenken zur Kenntnis nahmen, doch auf die große Verzögerung aufmerksam machten. Der Landeshauptmann, der Landesvizedom, dann Jakob Windischgrätz, Erasmus Stadler und Khainach, Holenegg und Tonhausen lehnten Hofmanns Ausführungen ab und waren unisono vom Misslingen des Vorhabens überzeugt: „Es sei spät, viel zu spät“, lässt sich deren Entgegnung zusammenfassen. Diese Reaktion erfolgte nicht zuletzt aufgrund der Tatsache, dass, wie Tonhausen meldete, die Wahl in Regensburg am 28. Oktober, die Krönung nur zwei Tage später stattfinden sollte. Hinzu kam außerdem die bereits dem Landesfürsten übermittelte Nachricht, auf die Gesandtschaft zu verzichten. Windischgrätz ergänzte das Argument der fehlenden Entscheidungsmacht der Verordneten hinsichtlich der Entsendung der Gesandtschaft und der damit verbundenen Notwendigkeit, das Einverständnis des diesem Vorhaben grundsätzlich positiv gegenüberstehenden Landesfürsten einzuholen. Doch die Verordneten konnten es nicht oft genug wiederholen, es sei zu spät. Die Kärntner hätten ihre Entscheidung früher zum Ausdruck bringen sollen, wüssten sie doch über die Gespräche mit dem Landesfürsten Bescheid. Die gegebenen Umstände, so meinte Tonhausen, ließen das geplante Vorgehen nicht zu. Außerdem würde das Bestehen auf das Vorhaben auf Unverständnis beim Landesfürsten stoßen. Sonst wusste er nichts hin87 Die Verordneten der Steiermark an die Verordneten von Kärnten. Graz, 5. 10. 1575. StLa, Laa. A. A., IV/2, Sch. 43. 88 Die Verordneten von Kärnten an Hans F. Hofmann. Klagenfurt, 17. 10. 1575. StLA, Laa. A. A., IV/2, Sch. 43. 89 Die Verordneten der Steiermark an Hans F. Hofmann. Graz, 26. 10. 1575. StLA, Laa. A. A. IV/2, Sch. 43. Siehe auch StLA, Laa. A. A., III Landtag, Karton 99, Heft 414, fol. 17v f.

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zuzufügen. Erneut wiederholte er: „Es ist spät, wirklich spät.“90 Der Vizedom und Holenegg teilten diese Meinung, Khainach hingegen riet, sich erneut an den Landesfürsten zu wenden, und Stadler hielt fest, sich sehr wohl gut an die Brucker Beschlüsse zu erinnern. Wie dem auch sei, auf das Schweigen des Landeshauptmannes hin schloss der Protokollführer mit den Worten „Schluss – zu spath“ und beendete damit die Sitzung.91 Womit könnte Hofmann diese aufgeregte Debatte im ständischen Ausschuss ausgelöst haben? Was schlug er vor, wovor warnte er? Dass die Gesandtschaft doch zum Wahltag zu entsenden sei, da er ansonsten „treülichs bedencken“ hegte? Eine Gesandtschaft nach Regensburg sollte dennoch nicht zustande kommen, so der Beschluss der steirischen Verordneten. In ihrem Brief an Hofmann erklärten sie: „Nebendem man, do es also mißlinge, alle schuldt dießem landt zumessen wurde, so doch hievor aus stattlichen und hochbeweglichen ursachen und fast gedringenlich, auch lautern ausgedruckhten bevelch, wie ungern es die herrn und landtleut gethan, die raiß einstellen müsen und sie viel lieber gesehen, das es die khay. Mt. und f. D. so scherf nit eingestellt hetten.“92 Primär für das Misslingen der geplanten Gesandtschaft verantwortlich war nach Ansicht der Verordneten der Kaiser auf der einen und der Landesfürst auf der anderen Seite; diese hätten, darauf beharrten sie, das Vorankommen ihres Vorhabens aufgehalten. Tatsächlich aber waren letztlich die steirischen Verordneten selbst maßgeblich für den Abbruch der Gesandtschaft verantwortlich. In ihren Augen war die Gesandtschaft zu riskant, die Anregung aus Kärnten kam nicht rechtzeitig, und die Ermunterung des Landesfürsten schien ihnen nicht überzeugend genug. Hätte mehr Zeit zur Verfügung gestanden, brachten sie in ihrem Brief an Hofmann zu Papier, hätte sich der Fürst die Gesandtschaft „ex proprio motu“ gewünscht, hätten sie sich eines Empfangs der Gesandten durch die Reichsfürsten sicher sein können, so hätten sie nicht weiter gezögert. Sie wiesen darauf hin, der Gesandtschaft grundsätzlich nicht ablehnend gegenüber gestanden zu haben und stellten klar, dass sie durchaus hätte erfolgreich sein können. Ein solches Vorhaben gegen den Willen des Kaisers durchsetzen zu wollen jedoch, schrieben sie im Brief an die Krainer Verordneten, hätte allerlei Vorbehalte zur Folge. Die Schuld an dem eventuellen Misserfolg wiederum würde, behaupteten sie in einem anderen Brief an Hofmann, dem Land Steiermark zugeschrieben werden. Dies seien, resümierten sie, die Hauptgründe für die Absage der lang diskutierten Gesandtschaft. 90 StLA, Laa. A. A., III Landtag, Karton 99, Heft 414, fol.17v. 91 StLA, Laa. A. A., III Landtag, Karton 99, Heft 414, fol.18r. 92 Wie in Anm. 91.

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In der Tat: Die als groß eingeschätzte Chance ließen sich die Länder somit entgehen. Der explizit geäußerte Wunsch der Kärntner und die günstige Gesinnung des Landesfürsten konnten sich nicht gegen die Bedenken der steiermärkischen Landstände durchsetzen, die Krainer erwiesen sich dabei als einfache Mitläufer. Über eine neue Gelegenheit sollten die kommenden Landtage beraten, und somit ergriff der steirische Landtag bereits Ende November 1575 eine weitere Initiative. I.2 Vorbereitungen auf den Regensburger Reichstag 1576 „Also wo sy, die getreuen stände, an solcher khayserlichen vertrüstung je nit ersettigt und iren vorigen vorhaben nach nochmalen ire gesandten zu denen chur und fürsten des Heiligen Römischen Reichs zumal auf negsten, im monat Februario eingeendes sechsundsibenzigisten jars, angestölten reichstag abzufertigen und umb derlay hülf absonderlich anzulangen bedacht, das es irer f. D. gar nit zuwider, sondern sy inen darzue hülfen und fürderung voriger vertröstung nach gern thuen und erweisen wölle.“93

Die Zeilen, die Erzherzog Karl in seiner Proposition an den steirischen Landtag richtete und die in dessen Sitzung am 27. November 1575 verlesen wurden, stellten zugleich eine Ansprache und eine Ermunterung dar. Diesmal handelte es sich um keine vertrauliche Mitteilung, um kein Geheimnis mehr. Das Schreiben ähnelte sehr jenen, die er im Oktober desselben Jahres an die steirischen Verordneten gerichtet hatte und für diese so schwer verständlich gewesen waren. Karl rekapitulierte nun: Er sei der Gesandtschaft der Länder zum Kurfürstentag stets wohl gewogen gewesen, und den Ständen sei dies wohl bewusst. Auch würden sie die Gründe kennen, welche ihr Vorhaben letztendlich aufgehalten hätten.94 Die Zeilen Erzherzog Karls unterschieden sich allerdings deutlich von jenen, die der Fürst in der Instruktion an seine Kommissare zum Brucker Ausschusslandtag verfasst hatte. Erzherzog Karl meinte damals, dass auf die Hilfe der Nachbarländer und des Reichs nicht zu hoffen sei und dass seine Herzogtümer, aufbauend auf dieser Erkenntnis, nur mit Gottes Gnaden und aus eigenen Mitteln gegen die Türkengefahr bestehen könnten.95 „Auch die benachbarten bißher bey 93 StLA, Laa. A. A., III Landtag, LH, Bd. 28, fol. 4v. 94 StLA, Laa. A. A., III Landtag, LH, Bd. 28, fol. 4r. 95 Aus der Instruktion von Erzherzog Karl an die landesfürstlichen Kommissare beim Brucker Ausschusslandtag. Wien, 10. 8. 1575. StLA, Laa. A. A., III Landtag, LH, Bd. 27, fol. 270r.

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innen vil ain mehrers thuen sollen,“96 betonte der Landesfürst gut zwei Monate später und versicherte gleichzeitig sich zu bemühen, einen Anteil der Reichshilfe mit dem Kaiser auszuhandeln. Die Tatsache, dass diese eigentlich schon lange aufgebraucht sei, kommentierte er wie folgt: Auf des Kaisers „tröstliche zuversicht“ und „zimbliche vertröstung“ sollte man sich verlassen, und auf eigenes Engagement bei den Reichsständen, auch den Ländern Steiermark, Kärnten und Krain ihre Türkenhilfe zuteilwerden zu lassen, sollte man setzen.97 Sollte den Landständen dieser tröstliche Zuspruch nicht ausreichen, fuhr Karl fort, und sollten sie sich mit der kaiserlichen Zusicherung eines Anteils der Reichshilfe nicht begnügen, so hätten die Landstände ihre Gesandtschaft zu den Reichsständen zu schicken. Er selbst wäre dieser Mission gewogen und würde sie unterstützen.98 Der Brief, auf den sich der Erzherzog in seiner Proposition für den steiermärkischen Landtag berief und in dem er die Zusicherungen Maximilians II. thematisierte, wurde am 18. November verfasst; das Original ist leider nicht erhalten. Der Kaiser hatte dem Erzherzog allerdings bereits acht Tage zuvor, am 10. November, Nachricht über den Regensburger Wahltag sowie über das Klima im Reich bezüglich der osmanischen Gefahr zukommen lassen. Er habe die Reichsfürsten, schrieb er, über die Gefahr in den ungarischen Grenzräumen sowie über deren Verteidigung unterrichtet. Man erwäge nun vor allem die Bestellung eines starken Heeres an den ungarischen Grenzen, eine Idee, von welcher er sich nur widerwillig überzeugen habe lassen. Dennoch könne er keine bessere Alternative bieten, wolle man die „Visitation“ des Sultans, die für den kommenden Sommer ankündigt wurde, um Ungarn und die angrenzenden österreichischen Herzogtümer und letztlich auch die übrigen Länder des Reiches einzunehmen, abwehren. Die Kräfte der österreichischen Territorien des Hauses, so Kaiser Maximilian, seien völlig erschöpft und auf eine Antwort der Hohen Pforte auf die Initiative des Kaiserhofes um eine Erneuerung des mittlerweile bereits abgelaufenen Waffenstillstands warte man vergebens. Auch auf Nachrichten des Orators in Konstantinopel müsste man bereits seit drei Monaten verzichten. Man habe gute Gründe, hinter dem Ausbleiben von Informationen bewusste Verhinderung diplomatischer Kommunikation durch die Pforte zu vermuten, und in Konsequenz dessen, so fuhr der Kaiser in seinem Schreiben fort, seien auch die Möglichkeiten gezielter Vorwarnung unterbunden.99 Mahnend machte Maximilian II. die Fürsten auf den Stellenwert all dieser Probleme aufmerk96 StLA, Laa. A. A., III Landtag, LH, Bd. 28, fol. 4r. 97 StLA, Laa. A. A., III Landtag, LH, Bd. 28, fol. 4v. 98 Ebd. 99 Siehe unten Anm. 103.

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sam und markierte diese als Reichsagenden, welchen es sich mit allem Ernst zu widmen gälte. Nicht zuletzt aus diesem Grunde, schloss er, sei die Einberufung des Reichstages notwendig. Die Agenden waren tatsächlich vielfältiger und komplexer Natur. Zunächst einmal stand Gefahr von außen bevor: Auf der einen Seite drohten die Osmanen in die Erbländer einzufallen, auf der anderen schwächten die Kriege in Frankreich das Reich enorm. Daneben hatte man die Anwerbung fremder Heere zu organisieren und die Wiedereroberung verlorener Reichsstädte voranzutreiben. Auch innere Gefahren durften keinesfalls unterschätzt oder vernachlässigt werden: Dazu zählten der Erhalt des Landfriedens sowie die Verbesserung der Finanzen, der Erlass einer neuen Reichsmünzordnung und die Korrekturen der Reichsmatrikel. Wie unschwer zu erkennen, standen primär Fragen über Krieg und Frieden im Vordergrund.100 Mit seiner Argumentation würde es ihm gelingen, so behauptete der Kaiser, die Kurfürsten zu überzeugen. Einer Einberufung des Reichstages, dessen Abhaltung von Maximilian auf den 15. Februar des kommenden Jahres festgesetzt wurde, stand also nichts mehr im Wege. Als Tagungsort war die Reichsstadt Regensburg vorgesehen. Der Kaiser, so bestätigte er in seinem Brief, wollte persönlich daran teilnehmen und seinem Bruder, Erzherzog Karl, schlug er vor, es ihm gleich zu tun. Bei eventueller Verhinderung sollten ihm seine Räte und Gesandten – ausgestattet mit der Vollmacht, sich an den Beratungen und Beschlussfassungen des Tages zu beteiligen – als Vertretung dienen. Auf deren engagiertes Mitwirken und aktive Teilnahme „mit und neben unß, auch churfürsten, fürsten und gemainen staenden des Heiligen Reichs,“101 würde man sich, so Maximilian, verlassen. Die bewusste und planmäßige Beteiligung des Erzherzogs und seiner Gesandten sollte beispielhaft für bevorstehende Zusammenkünfte der Reichsstände sein und dem Gemeinwohl Nutzen bringen. Zuletzt ermahnte Maximilian seinen Bruder, ihrer Sache treu zu bleiben, Hilfe zu leisten und kein Hindernis in ihrer gemeinsamen Angelegenheit darzustellen, ansonsten hätten sie mit größeren Nachteilen als nur mit finanziellen Einbußen zu rechnen.102 Wozu lud der Kaiser in diesem Brief nun eigentlich ein? Wollte er Erzherzog Karl und seine Räte in der Tat zu seinen Reichstagsberatungen sowie zu den Entscheidungen über die Angelegenheiten des Reiches, zumindest 100 Siehe Moritz, Die Wahl Rudolfs II. (1895), S. 229f. Westphal, Der Kampf um die Freistellung (1975), S. 198–200. 101 Kaiser Maximilian II. an Erzherzog Karl. Linz, 10. 11. 1575. StLA, Laa. A. A., IV/2, Sch. 43. 102 Ebd.

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jenen der Verteidigung, heranziehen? Dies ist nicht auszuschließen, wobei er Erzherzog Karl und seinen Beratern gleichzeitig klare Grenzen setzte: So begriff er eine eventuelle Teilnahme Karls am bevorstehenden Reichstagsgeschehen als eine Aktion „mit und neben unß“; eigene Wege sollten der innerösterreische Landesfürst beziehungsweise seine Reichstagsemissäre keineswegs einschlagen. Wie die Antwort des Erzherzogs auf das kaiserliche Schreiben ausfiel, ist leider nicht überliefert. Bekannt ist lediglich, dass Karl den Brief zur weiteren Ansicht und Diskussion an den steirischen Landtag weiterleitete und somit die Landstände ermunterte, ihre Gesandtschaft zum Reichstag zu entsenden; seine Unterstützung diesbezüglich sicherte Karl offen zu.103 Diesmal handelte es sich also um keine vertrauliche und unter vorgehaltener Hand kommunizierte Ermunterung seitens des Landesfürsten mehr. Der steirische Landtag beantwortete das Schreiben des Landesfürsten am 19. Dezember mit der Bestätigung, die Gesandtschaft ebenfalls als eine dringende, nicht zu unterschätzende Angelegenheit einzustufen. Auch die Steirer waren sich bewusst, dass es sich um ein Thema „höchste[r] und unvermeidenliche[r] notturft“ handelte. Gemäß den Brucker Vereinbarungen sollte die Mission zum Reichstag also stattfinden: Zunächst sollten Kärnten und Krain benachrichtigt, instruiert und in weiterer Folge dazu angehalten werden, eigene Vertreter zu ernennen. Des Weiteren hätte man, so die Steirer, die bereits aufgesetzte Instruktion durchzusehen, zu korrigieren und dem Landesfürsten, dessen Gutachten man erwartete, zu übermitteln. Eine weitere derart günstige Gelegenheit, darin war man sich einig, sollte man sich nicht entgehen lassen. Außerdem erachteten die Landstände die Präsenz des Erzherzoges beim Reichstag als sinnvoll und ersuchten ihn, die Gesandtschaft seiner Landstände vor Ort zu unterstützen. Sollte dies dem Fürsten nicht möglich sein, möge er Beglaubigungsschreiben und Empfehlungen ausstellen und an Kaiser, Kurfürsten sowie Fürsten adressieren. Die Dankbarkeit der Stände wäre ihm gewiss und ein wichtiger Beitrag zur Erleichterung und gleichzeitig zur Stärkung des Landes wäre geleistet. Um ihrer Bitte Nachdruck zu verleihen, betonten sie in diesem Zusammenhang erneut die Kraftlosigkeit des Herzogtums.104 Bereits am ersten Tag seiner Zusammenkunft ernannte der Landtag seinen Regensburger Gesandten und fasste den Beschluss zur Finanzierung der ständischen Vertretung.105 103 Erzherzog Karl an den steirischen Landtag. s. l., 29. 11. 1575. StLA, Laa. A. A., IV/2, Sch. 43. 104 Aus der Antwort des steirischen Landtages auf die fürstliche Proposition. Graz, 19. 12. 1575. StLA, Laa. A. A., III Landtag, LH, Bd. 28, fol. 16v. 105 StLA, Laa. A. A., III Landtag, LH, Bd. 28, fol. 153r.

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Zunächst sprach sich der Landtag für Hans Friedrich Hofmann aus, welcher anfänglich seine Zusage zwar erteilt hatte, sie jedoch später, im März, wieder zurückzog: Verantwortlich dafür machte Hofmann ungeregelte familiäre Angelegenheiten, die weder der Ungewissheit noch dem Zufall überlassen werden sollten. Seine mindestens zwölf Wochen andauernde Abwesenheit im Falle einer Gesandtschaft würde ihm dabei nur Schwierigkeiten, Sorgen und Schaden bereiten. Hofmann selbst schlug daher die Ernennung eines anderen ständischen Vertreters an seiner Stelle vor, jemanden, der „besser und nutzlicher“ sein könnte.106 Das Hoftaiding reagierte auf den Einwand Hofmanns und fasste Jakob Windischgrätz oder Felician Herberstein als für dieses Vorhaben geeignete Persönlichkeiten ins Auge. Die vorherrschende Meinung hielt es aber nach wie vor für angebracht, Hofmann von einer Teilnahme zu überzeugen.107 Sowohl der Landeshauptmann als auch der Landesverwalter und die Verordneten sollten ihn kontaktieren und an das Vertrauen, das ihm wiederholt erwiesen worden war, erinnern. Er sollte sich durch das aufrichtige Vertrauen sowohl des Landes als auch des Brucker Tages sowie der designierten Kärntner und Krainer Gesandten in seiner anfänglichen Zusage bestätigt fühlen. Letztere hätten der Gesandtschaft zur Zeit der Brucker Verhandlungen nur zugestimmt, wenn sie unter der Leitung Hofmanns stattfände. Erneut wären alle bereit, ihr Vertrauen in seine Geschicklichkeit, seine Erfahrung und Ergebenheit gegenüber dem Vaterland auszudrücken. Auch auf seine persönliche Hingabe, welche er in der Vergangenheit vielfach bewiesen habe, glaubte man sich weiterhin verlassen zu können. Des Weiteren sollte die Nachricht an Hofmann eine erneute Ermahnung, aber auch die Zusage der Unterstützung und der Honorierung seiner Dienste beinhalten; darüber hinaus könnte er sich des „ewigs lob und ruem“ sicher sein.108 Die Überzeugungsarbeit der steiermärkischen Landstände war offensichtlich von Erfolg gekrönt, denn Hofmann beteiligte sich in den Monaten April und Mai an den Vorbereitungen. Gleichzeitig jedoch verschlechterten sich die Beziehungen zwischen ihm und seinen Landsleuten erheblich. Streit gab es aufgrund des Beschlusses des Landtages zur Finanzierung der Gesandtschaft Hofmanns und seiner damit in Beziehung gebrachten „reissenkheri106 Hans F. Hofmann an das Hoftaiding von der Steiermark. s. l., s. d. StLA, Laa. A. A., IV/2, Sch. 44. 107 Prothocoll der herren vnd landtleuth ratschläg vnd handlungen in vnd ausßer denen hoffthädingen de annis 1575 […] 1582. StLA, Laa. A. A., III Landtag, Karton 99, Heft 414, fol. 32r–38r. Die Quelle wird im Folgenden als Prothocoll angeführt. Prothocoll, 30. 3. 1576, fol. 32r–38r. 108 Der Landeshauptmann, der Landesverwalter und die Verordneten der Steiermark an Hans F. Hofmann. Graz, 30. 3. 1576. StLA, Laa. A. A., IV/2, Sch. 44.

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schen schulden“, von der Bezahlung welcher die Landstände Hofmann entbinden sollten. Die Verordneten und das Hoftaiding legten den betreffenden Beschluss konträr zu Hofmanns Interessen aus, weswegen dieser, nun die treibende Kraft bei den Vorbereitungen auf die Gesandtschaft,109 die Umsetzung seiner Interpretation zur Bedingung seiner Abreise nach Regensburg machte.110 An die Landstände richtete er im Zuge dieses Streits einige bissige Briefe – den letzten schloss er mit den Worten: „Ich hab bisher dem landt nur mit meinem schaden und mit khayner ergözligkhayt filfeltig gedient und verhoffet ainen pössern danckh, als dise auflag für meine schwäre müehe und arbeit zu erlangen.“111 Er ging sogar so weit, seinen Vertrauten Matthes Amman zu den Verordneten zu entsenden, welcher diese von seinem – das heißt Hofmanns – Recht überzeugen sollte.112 Es zeigte sich jedoch, dass Amman seinerseits nicht viel zugunsten des steirischen Landverwesers bewegen konnte, ganz im Gegenteil: Die Verordneten reagierten mit Einbeziehung des Landesfürsten in diesem Streitpunkt und ersuchten um dessen Unterstützung.113 Der Brief, den sie an den Landesfürsten adressiert hatten,114 wurde wohl nie abgesandt, denn Hofmann gab sich mit den Beschlüssen des Hoftaidings letztendlich doch zufrieden115 und reiste schließlich nach Regensburg ab. Am 1. Juli 1576 traf er, in Begleitung des Sekretärs der Gesandtschaft Matthes Amman, des Kärntner Vertreters Ludwig Ungnad und des Krainer Gesandten Jobst Joseph Thurns, in der Reichsstadt ein.116 Die Bestellung Thurns verlief ebenfalls nicht ohne Zwischenfälle. Der Krainer Landesverwalter Wolf von Thurn, Achaz von Thurn, Kosmas Rau109 Siehe die Briefe von Hans F. Hofmann an die Verordneten der Steiermark. Strechau, 9. 5. und 15. 5. 1576. StLA, Laa. A. A., IV/1, Sch. 2. 110 Hans F. Hofmann an die Verordneten der Steiermark. Strechau, 9. 5. 1576. StLA, Laa. A. A., IV/1, Sch. 2 111 Hans F. Hofmann an die Verordneten der Steiermark. Strechau, 15. 5., 26. 5., 27. 5. 1576. StLA, Laa. A. A., IV/1, Sch. 2. 112 Memoriall was Matheß Amman an meiner stadt bey den herrn Verordneten anbringen vnnd verrichten solle. Hans F. Hofmann an Matthes Amman. Strechau, 4. 6. 1576. Siehe auch Matthes Amman an Franz von Neuhaus und Erasmus von Saurau, Verordneten der Steiermark. Graz, 6. 6. 1576. StLA, Laa. A. A., IV/1, Sch. 2. 113 Die Verordneten der Steiermark an Matthes Amman. Graz, 6. 6. 1576. StLA, Laa. A. A., IV/1, Sch. 2. 114 Der Brief wurde nach dem Empfang von Matthes Amman bei dem Hoftaiding und nach deren Tagung am 8. 6. 1576 geschrieben. Die Verordneten der Steiermark an Erzherzog Karl. s. l., s. d. StLA, Laa. A. A., IV/1, Sch. 2. 115 Prothocoll, 8. 6. 1576, fol. 47r–48r. 116 Tägliche verrichtung bey dem reichstag zu Regensburg anno 76, 1. 6. 1576. AS, Stan I, Sch. 161. Siehe unten S. 209.

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ber sowie die Verordneten Ambros von Thurn, Nikolaus Bonhomo und Leonhard Kren trafen sich bereits am 7. Januar 1576, um die Absendung der Regensburger Gesandtschaft zu diskutieren.117 Sie machten sich zunächst mit den Schreiben vertraut, die ihnen Erzherzog Karl und das Kärntner Verordnetenamt zugesandt hatten. Der Landesfürst teilte in seinem in Wien am 24. Dezember 1575 verfassten Brief die Einberufung des Reichstages mit und wiederholte seine Gewogenheit hinsichtlich der Gesandtschaft.118 Die Kärntner Verordneten übermittelten den Krainern die Botschaft des steirischen Landeshauptmanns Hans von Scharffenberg, ihre Antwort auf seine Rückmeldung sowie die Gesandtschaftsinstruktion. Scharffenberg führte in seinem Brief, welchem er die Gesandtschaftsinstruktion beigelegt hatte, aus, dass der Reichstag am 15. Februar 1576 beginnen werde. Die Länder hätten zu dieser Zusammenkunft eine Gesandtschaft zu entsenden und der Landesfürst sei einem solchen Unternehmen gewogen. Die oben erwähnte Instruktion war in Graz schon zur Zeit des Landtages paraphiert und an den Fürsten geschickt worden, welcher sie bereits durchgesehen und mit einigen Bemerkungen versehen hatte. Da die Zeit allmählich knapp wurde, bemerkte Scharffenberg weiter, sollten sich die Verordneten von Kärnten und Krain mit der Durchsicht der Instruktionen und der Ernennung der Gesandten beeilen. Sie hatten nämlich noch vor dem Reichstag ein Treffen zu vereinbaren, bei welchem die Standpunkte abzustimmen und die Schreiben, die von den Herzogtümern und der Gesandtschaft an den Reichstag und die Reichsstände gerichtet werden sollten, aufzusetzen seien. Darüber hinaus sollten noch einige andere Themen besprochen werden.119 Die Kärntner Verordneten rieten in ihrer Antwort auf Scharffenbergs Nachricht zur Vorsicht. Sie zerlegten den Wortlaut der Instruktionen detailliert und meinten, es sei nicht ratsam, den Protest hinsichtlich der ungewissen, unzeitigen und unzulänglichen Hilfe des Reiches für die Länder Innerösterreichs sowie die kroatischen und windischen Grenzen in den Text der Instruktion zu integrieren. Sie schlugen daher eine gesonderte, zusätzliche Instruktion – eine Art „nebeninstruction“ – vor, die den Gesandten als in den Gesprächen mit den Reichsständen eventuell nötige Leitlinie dienen sollte. Bei diesen Zusammenkünften seien primär die schweren Verluste zu unterstreichen, welche die Länder und die Grenzen im Laufe der vergange117 Landtags auch Verordneten Session und Ausschuss Protocol. No. 2. 1574 bis 1579 inclusive, pa. 182. AS, Stan I, Sch. 876. Die Quelle wird im Folgenden als Protocol angeführt. Protocol, fol. 182r. 118 Erzherzog Karl an die Verordneten von Krain. Graz, 24. 12. 1575. AS, Stan I, Sch. 161. 119 Der Landeshauptmann und die Verordneten der Steiermark an die Verordneten von Kärnten. Graz, 24. 12. 1575. AS, Stan I, Sch.161. Siehe auch StLA, Laa. A. A., III Landtag, LH, Bd. 28, fol. 156r.

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nen Jahre erlitten hatten: Insbesondere das traurige Los des Befehlshabers der kroatischen Militärgrenze, Herward von Auersperg, dürfe nicht vergessen werden, ebenso wenig wie all die „seelen“, die entweder erbeutet und fortgeschafft oder verloren gegangen waren, sowie die „volckhl“, welche zwar überlebten, doch nun leidend darniederlagen.120 In Laibach gab man sich allem Anschein nach mit der Instruktion zufrieden. In ihrem Brief an die steirischen Verordneten schrieben die Krainer, dass „wir für unsers pesten nichts daran zu verpessern wissen“121 und versprachen, alsbald einen Gesandten zu schicken. Dies sollte sich allerdings nicht als einfach erweisen: Jobst Joseph Thurn, der in Bruck vorgeschlagen und ernannt worden war, konnte diesmal an der Gesandtschaft aufgrund seines schlechten Gesundheitszustandes und des Dienstes an der Grenze nicht teilnehmen. Vom Statthalteramt des Hauptmannes an der kroatischen Grenze wurde er – ebenso wie Hans von Auersperg nach dem Tode Herward von Auerspergs – seiner schlechten Verfassung wegen freigestellt und zum kaiserlichen Hofkriegsrat ernannt.122 Mit seiner Amtseinsetzung hatte es jedoch folgende Bewandtnis: Aufgrund der Gefährdung der Grenzen veranlasste der Erzherzog beim Kaiser eine Intervention betreffend der Ernennung Thurns, der gleichzeitig Befehlshaber der Uskokentruppen war, worin er um dessen Verbleib im Statthalteramt bis zur Einstellung eines neuen Befehlshabers bat. Kaiser Maximilian gab diesem Ansuchen Erzherzog Karls statt.123 Infolge dieser Entwicklungen einigten sich die versammelten Krainer Landsleute, nicht an der Ernennung Jobst Joseph Thurns festzuhalten und beauftragten Achaz Thurn sowie Kosma Raubar, Maximilian Lamberg für die Gesandtschaft zu gewinnen.124 Dieser hatte wenig Erfahrung im Bereich der Außenpolitik seines Landes, immerhin hatte er im Jahre 1563 Erzherzog Karl zur Krönung Maximilians nach Prag begleitet.125 Dennoch dürfte er mit der Lage und den Interessen Krains sowie der anderen innerösterreichischen Länder vertraut gewesen sein: So war er im Jahre 1566 Landesverordneter sowie im April 1574 und im August 1575 Mitglied der Krainer Ge120 Die Verordneten von Kärnten an die Verordneten der Steiermark. Klagenfurt, 3. 1. 1576. AS, Stan I, Sch. 161. Siehe auch die Instruktion der Gesandtschaft der Länder Innerösterreichs beim Reichstag zu Regensburg 1576. Regenspurgerische reichshandlung, fol. 11v und passim. 121 Der Landesverwalter und die Landschaft von Krain an die Verordneten der Steiermark. Laibach, 7. 1. 1576. AS, Stan I, Sch. 161. 122 Die Verordneten von Krain an Erzherzog Karl. Laibach, 1. 2. 1576. AS, Stan I, Sch. 420. 123 Wie in Anm. 118. 124 Wie in Anm. 117. 125 Valvasor, Die Ehre (1689), X, S. 341.

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sandtschaften zum Grazer und zum Brucker Ausschusslandtag gewesen.126 Diesmal sträubte er sich zunächst gegen seine Einberufung zur Teilnahme an der Gesandtschaft, doch schließlich willigte er ein. Somit konnte der Landesverwalter Wolf Thurn ein Schreiben an die Kärntner und Steirer Verordneten richten, worin er sie autorisierte, die Instruktion und die Kredenzschreiben auszufertigen. Zugleich bat er um Informationen über das Treffen der Gesandten.127 Am 11. Januar ersuchte Wolf Thurn den Landesfürsten, die für die Gesandten auszustellenden Beglaubigungsbriefe von den Ständebehörden überprüfen zu lassen.128 Die Antwort Erzherzog Karls erfolgte am 15. Januar. Er teilte mit, dass der Reichstag erst am 1. April 1576 zu tagen beginnen würde und rief die Krainer dazu auf, an Thurns Stelle jemand anderen zu ernennen.129 Seine Argumentation basierte auf dem knappen zeitlichen Spielraum. In Laibach sollte zudem ein Bericht über die Verluste an der kroatischen Grenze erstellt werden, welcher der Gesandtschaft möglicherweise von Nutzen sein würde.130 Wolf Thurn reagierte darauf: Er bat in der Tat Jobst Joseph Thurn und Hans von Auersperg, den Stellvertreter des Hauptmannes der kroatischen Grenze, Verlustberichte auszufertigen.131 Beide Offiziere reagierten auf dessen Anfrage. Thurn meldete, sich auf den Weg nach Kroatien zu machen und zu versuchen, möglichst viel über die Verluste an den Grenzen in Erfahrung zu bringen. Er tat jedoch gleichzeitig seine Befürchtungen kund, dass „niemandt in ganz Crabathen wol derzeit zu finden sein wirdt, der das recht anzuzaigen weste“. Er selbst wisse jedoch, schrieb er, dass seit 1572 zwischen zehn- und zwölftausend Personen aus Kroatien verschleppt und zahlreiche wichtige Festungen sowie fruchtbares Land verloren gegangen waren. Er legte eine Liste von Festungen und Gutsherrschaften, die seit 1556, als die Osmanen Kostajnica und Novigrad erobert hatten, verloren gegangen waren, seinem Brief bei und hängte der 126 Dimitz, Geschichte Krains II (1874), S. 40. Košir, Stanovski organi (1996), S. 191. 127 Der Landesverwalter von Krain an die Verordneten der Steiermark und Kärnten. Laibach, 11. 1. 1576. AS, Stan I, Sch. 161. 128 Der Landesverwalter von Krain an Erzherzog Karl. Laibach, 11. 1. 1576. AS, Stan I, Sch. 161. 129 Erzherzog Karl an den Landesverwalter und die Landschaft von Krain. Graz, 15. 1. 1576. AS, Stan I, Sch. 161. Über die Vertagung des Reichstages schreiben sie aus Graz nach Klagenfurt bereits drei Tage davor, am 12. Januar. Der Landeshauptmann und die Verordneten der Steiermark an die Verordneten von Kärnten. Graz, 12. 1. 1576. StLA, Laa. A. A., IV/2, Sch. 44. 130 Siehe Jobst J. Thurn an den Landesverwalter und die Verordneten von Krain. Gradac nad Črnomljem (Neuhaus), 10. 1. 1576. Hans Auersperg an die Verordneten von Krain. Črnomelj, 24. 1. 1576. AS, Stan I, Sch. 161. 131 Der Landesverwalter Krains an Hans Auersperg und Jobst J. Thurn. Laibach, 8. 1. 1576. AS, Stan I, Sch. 161.

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Liste post scripta folgende Worte an: „Die herrn mügen in irem bericht an ir D. sovil vermelden, das die Crabatisch gränizen laider nunmer biß an den confin dises landts geraten, auch khain grosses hör mer was ausser Crain schier weder zu rauben noch zu nemen.“132 Die Antwort Hans Auerspergs auf das Ansuchen Wolf Thurns ähnelte den Berichten und Befürchtungen Jobst Joseph Thurns. Er gab zu verstehen, dass alle Festungen und Dörfer von Krupa bis zur Korana und von Bihać bis zur Kolpa ausgeplündert und zerstört worden seien. Gleichzeitig erklärte er, große Hoffnung in die Gesandtschaft zum Reichstag zu setzen, denn diese sei ein „hohes nuzliches und guetes werckh“. Auersperg befand das Vorhaben also als hilfreich, ja als geboten, um die elende Situation an den Grenzen zu verbessern.133 Dies war Ende Januar, danach aber kam das Räderwerk der Vorbereitungen zum Stillstand. Bis Anfang des Monats April sollte an keinen weiteren Schrauben mehr gedreht werden. Zu diesem Zeitpunkt erhielten die krainischen Verordneten einen Brief von Erzherzog Karl, der besagte, dass der Reichstag auf den 1. Mai verschoben worden sei und die Gesandtschaft weiterhin als sinnvoll eingeschätzt werde.134 Zudem erhielten sie ein Schreiben des Kärntner Verordnetenamtes, welches zu einem Treffen der Gesandten aufrief und sich nach dem Namen des Krainer Vertreters erkundigte.135 Letztlich legte das Schreiben des steirischen Verordnetenamts besagte Zusammenkunft fest: Die Gesandten sollten sich am 10. Mai in Steyr versammeln. Diesem Brief aus Graz waren Gesandtenurkunden, Beglaubigungsschreiben sowie die Instruktion beigelegt. Man beauftragte die Verordneten, diese Urkunden durchzusehen, wenn nötig zu ergänzen und auszufertigen.136 Diese Schreiben trafen in Laibach spätestens während des Landtages, welcher zwischen dem 9. und dem 17. April tagte,137 ein. An dieser Versammlung nahm auch der Landesfürst Erzherzog Karl teil, der 132 Jobst J. Thurn an den Landesverwalter und die Verordneten von Krain. Gradac nad Črnomljem, 10. 1. 1576. AS, Stan I, Sch. 161. Vgl. Kruhek, Krajiške utvrde (1995), S. 185–195. 133 Hans Auersperg an die Landschaft von Krain. Črnomelj, 24. 1. 1576. AS, Stan I, Sch. 161. 134 Erzherzog Karl an die Verordneten von Krain. Klagenfurt, 2. 4. 1576. AS, Stan I, Sch. 161. 135 Die Verordneten von Kärnten an die Verordneten von Krain. Klagenfurt, 6. 4. 1576. AS, Stan I, Sch. 161. 136 Die Verordneten der Steiermark an die Verordneten von Kärnten. Graz, 7. 4. 1576. AS, Stan I, Sch. 161. 137 Am 9. April wurde vor dem Landtag und dem Landesfürsten der neue Landeshauptmann Weikhard Auersperg vereidigt, am 10., 11. und 13. April diskutierte der Landtag über die landesfürstliche Proposition, am 14. April überreichte der Hofkanzler Wolfgang Schranz dem Fürsten die Antwort des Landtages, und am 17. April behandelte der Landtag die Replik des Landesfürsten. Siehe Protocol, fol. 197r–217r.

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sich damals – so die Fragmente aus den Archiven – auf Reisen durch seine Länder befand. Zunächst, am 2. April, hielt er sich in Klagenfurt auf, wo er sich in einem Brief an die krainischen Verordneten wandte und ihnen die Aufschiebung des Beginns des Reichstages mitteilte.138 Danach, am 9. April, weilte er in Laibach, wo er, wie der Niederschrift der Zusammenkunft des Landtages zu entnehmen ist, der Vereidigung des neuen Landeshauptmanns Weikhard Auersperg beiwohnte.139 Am 26. April schließlich war er in Görz, wo er den Gesandten der Herzogtümer Beglaubigungsbriefe für den kommenden Reichstag ausstellte.140 Dabei gilt es zu erwähnen, dass das Görzer Verordnetenamt am selben Tag, am 26. April, das krainische Pendant ersuchte, ihm Neuigkeiten bezüglich der Vorbereitungen auf die Gesandtschaft zukommen zu lassen, obgleich die Görzer Stände keinen eigenen Gesandten nach Regensburg zu entsenden planten;141 im Januar hatten sie nämlich Georg Thurn ernannt.142 War die Entscheidung der Görzer, nicht wie ursprünglich geplant an der Gesandtschaft teilzunehmen, vom Besuch Erzherzog Karls selber beeinflusst worden? Rief der Erzherzog sie explizit dazu auf, und wenn ja, warum? Leider müssen wir diese Fragen unbeantwortet lassen, ebenso wie jene nach dem Grund der Reise des Landesfürsten durch seine Länder. Dieser Aspekt steht wohl nicht in direktem Bezug zu unserem Thema, erscheint aber dennoch interessant: Wollte Karl die Länder im Laufe ihrer Frühjahrslandtage und angesichts der bedrohlichen Türkengefahr auf der einen und dem großem Lamento der Stände auf der anderen Seite zu einem entschlossenem Vorgehen animieren? Versuchte er sie erneut zur Durchführung der Beschlüsse des Brucker Ausschusslandtages aufzufordern und ihnen dabei sein landesfürstliches Engagement, sein „vätterliches“ Verständnis und seinem Gott, dem Haus Habsburg und seinen Ländern ergebenenes Pflichtbewusstsein zu beweisen? All dies sind mögliche und wahrscheinliche Rechtfertigungsansätze, die vor dem Hintergrund der andauernden Klage der Herzogtümer sowie der beklagenswerten Situation ihrer Verteidigung dem innerösterreichischen Landesfürsten wohl nicht unangebracht erscheinen mussten. Der Krainer Landtag befasste sich am 13. April mit der Instruktion und bestätigte die Ernennung Maximilian Lambergs. Die Beglaubigungsbriefe stellte er jedoch noch nicht aus,143 denn dieser Aufgabe sollte sich das Ver138 Wie in Anm. 136. 139 Protocol, fol. 197r. 140 Siehe Regenspurgerische reichshandlung, fol. 51r–52r. 141 Die Verordneten von Görz an die Verordneten von Krain. Görz, 26. 4. 1576. AS, Stan I, Sch. 161. 142 Dies. an ebendiese. Görz, 13. 1. 1576. AS, Stan I, Sch. 161. 143 Die Verordneten von Krain an die Verordneten der Steiermark. Laibach, 13. 4. 1576. AS,

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ordnetenamt bis spätestens 27. April widmen. Darauf ließ dieses den steirischen Verordneten einen Brief zukommen, worin es von Lambergs Reise nach Salzburg berichtete.144 Dort sollten die Gesandten der Länder zusammentreffen, wie die steirischen Verordneten den Kärntnern zu verstehen gaben, denn Steyr sei, im Unterschied zu Salzburg, eine abgelegene Stadt. Gleichzeitig böte sich in Salzburg die Möglichkeit eines Besuches beim Erzbischof und, unterwegs nach Innsbruck, auch bei Erzherzog Ferdinand. Die innerösterreichischen Reichstagsgesandten sollten also am 10. Mai in Salzburg eintreffen. Hofmann gab diesbezüglich sein Einverständnis.145 Ungnad jedoch, der dem Kaiser in Wien Bericht über die Lage an der kroatischen Grenze abstatten musste – dessen Ausführung wurde schon während des Brucker Tages thematisiert –, würde verhindert sein; eine Reise nach Salzburg wäre für ihn erst am 15. Mai möglich gewesen.146 Ungnads Abwesenheit musste sich auf das Zustandekommen des Treffens auswirken, und so bat Hofmann Matthes Amman, andere Möglichkeiten aufzuzeigen.147 Die Krainer Verordneten jedoch wurden über all dies nicht informiert. Der Krainer Landeshauptmann entsandte Lamberg am 27. April nach Salzburg und übergab ihm die Gesandtschaftsurkunden, eine Auflistung der Verluste an der kroatischen Grenze sowie „ainen schreiben, auch copi, an der andern lande herrn abgesandten“, wobei es sich vermutlich um eine Beschreibung des Zustandes an den Grenzen und der Erwartungen des Landes in Bezug auf erhoffte Hilfeleistungen handelte. Zudem erinnerte er ihn an die Vereinbarung über die Kriegsmeister, von welchen er einen oder zwei finden und nach Laibach schicken sollte.148 Maximilian Lamberg reiste jedoch nicht ab. Einen Tag vor dem geplanten Aufbruch erlitt er einen Gichtanfall und ließ alle Schreiben, die ihm zugesandt worden waren, zurückschicken. Zur Gänze wollte er jedoch nicht auf die Gesandtschaft verzichten. Er reise ab, teilte er per Boten mit, sobald er sich erholt haben werde, und ließ seine Ankunft mit höchstens acht oder zehn Tagen Verspätung ankündigen.149 Weikhard Auersperg hoffte auf der anderen Seite nicht auf Lambergs baldige Genesung und wandte sich am 5. Mai mit der Erklärung an den Landesfürsten, dass Krain in der verblieStan I, Sch. 161. 144 Dies. an ebendiese. Laibach, 27. 4. 1576. AS, Stan I, Sch. 161. 145 Die Verordneten der Steiermark an die Verordneten von Kärnten. Graz, 12. 4. 1576. AS, Stan I, Sch. 161. 146 Ludwig Ungnad an Hans F. Hofmann. Sonnegg, 26. 4. 1576. StLA, Laa.A.A., IV/2, Sch. 44. 147 Hans F. Hofmann an Matthes Amman. Strechau, 2. 5. 1576. StLA, Laa. A. A., IV/2, Sch. 44. 148 Weikhard Auersperg an Maximilian Lamberg. Laibach, 27. 4. 1576. AS, Stan I, Sch. 161. 149 Landschaft von Krain an Erzherzog Karl. Laibach, 5. 5. 1576. AS, Stan I, Sch. 161.

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benen Zeit keinen neuen Gesandten ernennen könne. Dieser Umstand sollte jedoch weder für den Fürsten noch für die steirischen und Kärntner Landstände ein Hindernis zur Entsendung der Delegierten darstellen, da diese nach wie vor gemäß den Brucker Beschlüssen agieren könnten.150 Lambergs Fall, dieser „inopinatus casus“, wie sich der Landesverweser Christoph Auersperg ausdrückte,151 überzeugte den Erzherzog nicht. Nachdem er auf der Rückreise aus Görz in Laibach Station gemacht hatte und ihm die versammelten Landsleute die Ereignisse und deren Hintergründe erklärt hatten, wandte sich Karl an Jobst Joseph Thurn. Seine Teilnahme an der Gesandtschaft der Länder beim Reichstag würde ihn zufriedenstellen und käme obendrein sowohl den Grenzen als auch den Herzogtümern zugute. Karl versicherte zudem, beim Kaiser eine Freistellung Thurns vom Amt des Hofkriegsrats zu erwirken. Diese Maßnahme sollte dessen Ernennung zum Gesandten ermöglichen. Zugleich wurde Joseph Thurn von Christoph Auersperg kontaktiert, worauf der designierte Gesandte über den gleichen Boten antwortete. So nehme er den Auftrag, wie bereits dem Fürsten zugesichert, an, bereite sich auf die Reise vor und warte lediglich auf den kaiserlichen Erlass. Er werde, so versprach er, alle Anweisungen befolgen und keine Mühen – im Sinne gewissenhafter Ausführung – scheuen. Ein Aspekt schien ihm besonders wichtig: Die Frage nach den Kosten und seinem Verdienst, nämlich, „ob die herrn mit mir, wie wolgedachte landtschaft in Steyr und Khärndten mit iren zweyen herrn abgesandten, in allen sachen diser rais wegen ain gleichhait halten wöllen.“152 Am 11. Mai ließ Thurn dieses Schreiben absenden, worauf die Krainer Landstände am 1. Juni antworteten.153 In der Zwischenzeit versuchten die Krainer, sich an die Vorbereitungen Kärntens und der Steiermark anzuschließen. In einem Brief an das Kärntner Verordnetenamt fragten sie, ob Ludwig Ungnad bereits abgereist sei, wann er aufzubrechen plane, und ob das Treffen der Gesandten nicht auf einen späteren Zeitpunkt verschoben werden könnte. Da der Kaiser Wien erst am 20. Mai verlassen würde, hätten die Gesandten keinen Grund zur Eile.154 Gleichzeitig wandten sie sich an den Erzherzog, um ihm Thurns Einwilli-

150 Ebd. 151 Der Landesverweser und die Verordneten von Krain an die Gesandten der Steiermark und Kärnten beim Reichstag. Laibach, 10. 5. 1576. AS, Stan I, Sch. 161. 152 Jobst Joseph Thurn an die Verordneten von Krain. Laibach, 11. 5. 1576. AS, Stan I, Sch. 161. 153 Siehe unten Anm. 159. 154 Die Verordneten von Krain an die Verordneten von Kärnten. Laibach, 10. 5. 1576. AS, Stan I, Sch. 161.

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gung mitzuteilen und ihn um dessen Freistellung zu bitten.155 Die Kärntner Verordneten antworteten am 13., der Erzherzog am 20. Mai. Der Erzherzog bestätigte die Erlaubnis des Kaisers, dass Thurn an der Gesandtschaft teilnehmen dürfe, mahnte jedoch gleichzeitig, dass dieser nach Abschluss der Mission sein Amt als Hofkriegsrat wieder aufzunehmen hätte.156 Ein Brief Ludwig Ungnads wurde aus Klagenfurt nach Laibach transferiert, worin dieser die Nachricht von der späten Abreise des Kaisers nach Regensburg bestätigte und sich wunderte, von Hofmann bislang keine Rückmeldung erhalten zu haben. Er staunte über die Trägheit der steirischen Verordneten und gab an, sich selbst auf den Weg zu Hofmann zu machen, um mit ihm über weitere Schritte bezüglich der Gesandtschaft zu beratschlagen. Des Weiteren verlangte Ungnad von Thurn, so schrieb er ebenfalls am 12. Mai, gute Vorbereitungsarbeit zu leisten.157 Ludwig Ungnad meldete sich erneut am 24. Mai, diesmal aus Wien, zu Wort: Demnach reise der Kaiser erst am 1. Juni nach Regensburg. Ein Treffen mit Hofmann hätte es nicht gegeben, sie stünden dafür aber in schriftlichem Kontakt. Des Weiteren gab er Information bezüglich der Gesandtschaft weiter: Die ständischen Vertreter, so hätten sie vereinbart, sollten einander zu Pfingsten – dies fiel in jenem Jahr auf den 10. Juni – in Rottenmann anstatt in Salzburg treffen. Er wies Thurn an, jederzeit zum Aufbruch bereit zu sein.158 Nachdem diese Nachrichten Laibach erreicht hatten, wandten sich die Krainer Verordneten an Thurn. Sie überbrachten ihm die Informationen und ermahnten ihn, sich während seiner Gesandtschaft für die kroatische Grenze sowie für das Wohl des Landes einzusetzen und die Instruktionen zu befolgen. Des Weiteren sollte er den Gesandten Steiermarks und Kärntens die Liste der an den Grenzen verlorenen Befestigungsanlagen und Güter überreichen sowie gemäß den Beschlüssen des Landtages und dem Wunsch des Landesfürsten einen oder zwei Kriegsmeister ausfindig machen. Letztendlich sicherte man ihm die Rückerstattung seiner Kosten durch das Land nach seiner Rückkehr zu.159 Das Geld dafür planten die Krainer von der Lan155 Der Landesverwalter und die Verordneten von Krain an Erzherzog Karl. Laibach, 16. 5. 1576. AS, Stan I, Sch. 161. 156 Erzherzog Karl an den Landesverwalter und die Verordneten von Krain. Graz, 20. 5. 1576. AS, Stan I, Sch. 161. 157 Ludwig Ungnad an die Verordneten von Kärnten. Sonnegg, 12. 5. 1576. Siehe auch den Brief der Verordneten von Kärnten an den Landesverwalter und die Verordneten von Krain. Klagenfurt, 13. 5. 1576. AS, Stan I, Sch. 161. 158 Ludwig Ungnad an die Verordneten von Kärnten. Wien, 24. 5. 1576. Die Verordneten von Kärnten an die Verordneten von Krain. Klagenfurt, 29. 5. 1576. AS, Stan I, Sch. 161. 159 Die Verordneten von Krain an Jobst J. Thurn. Laibach, 1. 6. 1576. AS, Stan I, Sch. 161.

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desbewilligung abzuziehen, wofür sie bei den Verordneten in Graz um Rat ansuchten.160 Diese bedauerten, nicht weiterhelfen zu können, gaben jedoch auch zu verstehen, einen Eingriff in die Landesbewilligung zu einem solchen Zweck etwas befremdlich zu finden: „Gleichwol wissen wir uns nit erinnern, des etwo wann gsantten von der f. D. aus disem landt in landsachen erfordert, die zerung von den bewilligungen abgezogen wäre.“161 Die Steiermark hat, wie wir gesehen haben, die Kosten von Hofmanns Gesandtschaft laut Beschluss des Landtages beglichen. Bereits am 21. April 1576 zahlte ihm der Landeseinnehmer, so das Ausgabenbuch, 4.500 fl. aus.162 Der Beschluss des Landtages war jedoch, wie bereits erwähnt, strittig. Hofmann erinnerte die Verordneten an die Vorkommnisse beim Landtag,163 nahm das Geld aber an, obwohl ihm die Summe zu gering erschien. Er betonte, ob der Teuerung in Regensburg und der großen Ziele der Gesandtschaft mindestens weitere 1.000 fl. zu benötigen. In seinem Memoriall an Matthes Amman gab er zu verstehen, selbst nicht immer über ausreichend Geld für die Angelegenheiten des Landes zu verfügen.164 Amman seinerseits versuchte, dem Hoftaiding Hofmanns Standpunkte darzulegen und übergab ihm dessen Schreiben, worunter sich auch sein Memoriall befand. Das Hoftaiding einigte sich schließlich darauf, der Landschaft vorzuschlagen, Hofmann die gewünschten 1.000 fl. zu bewilligen.165 Dieser Beschluss vom 8. Juli hatte Hofmann wohl zufriedengestellt,166 denn in seinem Memoriall, geschrieben am 4. des Vormonats, war er nach wie vor fest entschlossen, sich der Gesandtschaft zu entziehen, sollten die Landstände an ihrem Standpunkt festhalten.167 Nach diesem Schriftwechsel versiegte die Korrespondenz zwischen Hofmann und den landständischen Ämtern. Ansonsten aber verwendete Hofmann auf die Vorbereitung der Gesandtschaft große Sorgfalt. Anfang Mai schickte er Matthes Amman und David Lengheim nach Salzburg, um Neuigkeiten über „allerhandt gelegenhaiten“ zu sammeln und in Erfahrung zu bringen, wie die Stimmung unter den Reichsständen sei, wie die Vorbereitungen auf den Reichstag verliefen, und 160 Die Verordneten von Krain an die Verordneten der Steiermark. Laibach 17. 5. 1576. StLA, Laa. A. A., IV/1, Sch. 2. 161 Die Verordneten Steiermarks an die Verordneten von Krain. Graz, 20. 5. 1576. StLA, Laa. A. A., IV/1, Sch. 2. 162 StLA, Laa. A. A., VI Ausgabenbücher 1575, fol. 130v. Siehe auch Die Verordneten der Steiermark an Hans F. Hofmann. Graz, 21. 5. 1576. StLA, Laa. A. A., IV/1, Sch. 2. 163 Wie in Anm. 112. 164 Siehe oben Anm. 114. 165 Prothocoll, 8. 6. 1576, fol. 48r. 166 Ebd. 167 Wie in Anm. 112.

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letztlich, um zu klären, ob die Gesandten mit einem Darlehen beim Salzburger Erzbischof rechnen könnten. Hofmann selbst erachtete einen raschen Aufbruch noch nicht als sinnvoll, wenngleich man ihn in Graz dazu zu animieren versuchte. Er widersetzte sich also dem Wunsch der Grazer Ämter und wartete auf Beglaubigungsschreiben und Schuldbrief. Gleichzeitig korrespondierte er mit seinen Agenten in Wien, vermutlich, um Neuigkeiten über die Abreise des Kaisers nach Regensburg zu erhalten. Es ist anzunehmen, dass er sich davon klarere Verhältnisse in Bezug auf die Pläne der Länder versprach. Zudem riet er den Verordneten, sich selber über die Lage im Reich zu informieren:168 Böse Überraschungen, die mit dem Sammeln von Informationen vermieden werden könnten, seien zu umgehen, da sie naturgemäß Schwierigkeiten und Unbehagen mit sich brächten. Ohnedies würde es, meinte Hofmann, an Problemen nicht mangeln. So habe er etwa erfahren, dass der Seckauer Bischof nicht nach Regensburg reisen würde,169 was er zutiefst bedauere. Man hatte den Bischof bereits von Graz aus benachrichtigt und ihn gebeten, der Gesandtschaft stets gewogen und behilflich zu sein.170 Hofmann verband sowohl die Abwesenheit des Salzburger Erzbischofs als auch des Seckauer Bischofs mit großen Nachteilen für die der Gesandtschaft anvertraute Aufgabe.171 Dies bestätigte ihn wiederum in seinem Vorhaben, Informationen gewissenhaft zu sammeln: Jene Neuigkeiten nämlich, die ihm bis dato zur 168 Hans F. Hofmann an die Verordneten der Steiermark. Strechau, 9. 5. 1576. StLA, Laa. A. A., IV/1, Sch. 2. 169 Ebd. 170 Der Landeshauptmann, der Landesverwalter, der Landesverweser, die Verordneten und die Landschaft der Steiermark an den Seckauer Bischof. Graz, 7. 5. 1576. StLA, Laa. A. A., IV/1, Sch. 2. 171 Hofmanns Besorgtheit lässt sich mit einem Blick in den Brief erklären, den Matthes Amman an die steirischen Verordneten aus Regensburg am 27. Juli 1576 geschrieben hat. Darin berichtet Amman, dass der Seckauer Bischof Georg Agricola, der beim Reichstag den Salzburger Erzbischof vertritt, als einer der Direktoren der Fürstenkurie agiert, womit ihm eine sehr große Rolle im Reichstagsverfahren zukomme: Der Bischof sei den Gesandten sehr wohl gewogen und unterhalte eine vertrauliche Korrespondenz mit ihnen. Als Hofmann von Schwierigkeiten schrieb, die die Abwesenheit des Seckauer Bischofs vorhersagte, schrieb er über die Abwesenheit der Gewogenheit des Bischofs und der Neuigkeiten, die dieser den Gesandten beschaffen könnte. Mit anderen Worten, er schrieb von der Abwesenheit informeller Hilfe eines der Reichsstände und eines hohen Reichstagsfunktionären. Die Abwesenheit solcher Hilfe könnte laut Hofmann den Gesandten etliche Schwierigkeiten bereiten. Dass Hofmann in seiner Einschätzung nicht falsch lag und dass die Gesandten trotz wohlwollender Assistenz von Agricola ohnehin große Schwierigkeiten beim Verrichten ihrer Reichstagsmission hatten, wird im Folgenden noch zu zeigen sein. Matthes Amman an die Verordneten der Steiermark. Quellen II, Nr. 5, Amman, 27. 7.

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Verfügung standen, kategorisierte er als wenig hilfreich für das Gelingen der Mission der Gesandtschaft. So erfuhr Hofmann vom Fernbleiben der Kurfürsten und deren Vertretung durch ihre Gesandtschaften. Es hätten sich auch einige Fürsten entschuldigt, darunter jene, die laut Gesandteninstruktion aufzusuchen wären. Hofmann überlegte daher umzudisponieren: Sollten die Gesandten die Fürsten besser an ihren Höfen besuchen? Dies wäre eine mögliche Option, meinte Hofmann, doch würde diese sowohl Zeit als auch Geld in Anspruch nehmen. Vor allem am Geld würde es mangeln, da mit einem Darlehen aus Salzburg nicht zu rechnen sei. Eine Beratung mit dem Landesfürsten sollte diesbezüglich Klarheit schaffen und die Länder zu einem Entschluss animieren. Dies war vor allem vor dem Hintergrund neuester Gerüchte von Bedeutung, welchen zufolge die Einberufung des Reichstages widerrufen oder weit in die Zukunft aufgeschoben werden könnte. Das Treffen und die Beratschlagung der Landesfürsten in dieser Causa durften also keinesfalls vertagt werden.172 Die steirischen Verordneten taten sich mit besagter Entscheidung schwer. Über den Reichstag, bedeuteten sie Hofmann, wüssten sie nichts zu berichten,173 und auch der Landesfürst schwieg dazu. Die Verordneten wandten sich daher am 22. Mai an Erzherzog Karl und teilten ihm mit, dass die Gesandten bereits Anfang des Monats abgereist wären, unterwegs aber vom Aufschub des Reichstages erfahren hätten und nun nicht wüssten, wie sie weiter verfahren sollten: Sei die Reise nun fortzusetzen oder nicht?174 Die Antwort der fürstlichen Kanzlei traf zwei Tage später, am 24. Mai, ein: Der Erzherzog vermochte ihnen lediglich zu versichern, dass der Reichstag bald beginnen werde und der Kaiser Wien am 1. Juni verlassen würde.175 Am 27. Mai schrieb Hofmann an die Verordneten und forderte sie nochmals auf, seine Angelegenheiten um den strittigen Landtagsbeschluss in Ordnung zu bringen; ansonsten sei er gezwungen, die Gesandtschaft, obgleich ihm dies ob der großen Gefahren und der Bedeutung seiner Hilfe nicht leicht fallen würde, endgültig abzulehnen.176 Die im Landtaiding versammelten Landsleute hatten diesbezüglich zunächst ihre Bedenken. Zwei Tage vor 172 Hans F. Hofmann an die Verordneten der Steiermark. Strechau, 15. 5. 1576. StLA, Laa. A. A., IV/1, Sch. 2 173 Die Verordneten der Steiermark an Hans F. Hofmann. Graz, 21. 5. 1576. StLA, Laa. A. A., IV/1, Sch. 2. 174 Die Verordneten der Steiermark an Erzherzog Karl. Graz, 22. 5. 1576. StLA, Laa. A. A., IV/2, Sch. 44. 175 Erzherzog Karl an die Verordneten der Steiermark. Graz, 22. 5. 1576. StLA, Laa. A. A., IV/1, Sch. 2. 176 Hans F. Hofmann an die Verordneten der Steiermark. Strechau, 27. 5. 1576. StLA, Laa. A. A., IV/1, Sch. 2.

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dem vereinbarten Treffen der Gesandten, am 8. Juni, aber fasste man zwei Beschlüsse, die Hofmann offenbar zu überzeugen vermochten. Erlauben wir uns nun ein paar Variationen in der Causa Hofmann. Es läge der Schluss nicht allzu fern, Hofmanns endgültige Beweggründe nicht primär den Ergebnissen des Landtaidings zuzuschreiben, denn möglicherweise erklärte er sich in der Tat lediglich aus Sorge um das „vaterlandt“ bereit, nach Regensburg zu gehen. Er selbst bestätigte diese ehrenhafte Absicht wiederholt. Womöglich aber machte er sich letztendlich auch auf die Reise, um dem Vorwurf des Landes, er hätte die Gesandtschaft verhindert, zu entgehen. Noch im Herbst 1575 war dies dem Erzherzog selbst vorgehalten worden, nun, beinahe ein Jahr darauf, sollte sich Hofmann mit der Tatsache konfrontiert sehen, von den Landsleuten vor dem Fürsten angeschwärzt zu werden. „Wiewol wir unß nun ganzlicher versehen, er wurde auf so treuherziges unser zueschreiben sich bewegten, landt und leüth und zwar sein aignes liebes vaterlandt nit also stökhen lassen, so khümpt unß doch von ime, wider all unser verhofen, schriftlichen sovil zue, das er alles ligenlassen, nit michte vortziehen und die ganze legation handlung stöckhenlassen wil, schreibt auch guet rundt, wir sollen ein andern an sein stadt ordnen und hinaufschickhen, destwegen auch den secretari Amman, so dises alles bei unß anbracht, an izo herabschikht.“177

Und weiter: „Veil dan dise waigerung unß dermassen, zumal weil die zeit so khurz, zu gemüeth gangen und frembt fürkhommen, darzue landt und leüthen merkhlichen grosser schaden, nicht weniger auch schindpesst und spot im Reich, bey den andern landen und menigelichen daraus entsehen möchte, haben wir nit underlassen khünen, die sachen eur f. D. ghorsamist fürzutragen.“178

Bemühte sich Hofmann in der Tat in aller Aufrichtigkeit und völlig selbstlos um die Gesandtschaft, so wie er es vorgab? Oder war der Vorwurf des Landes gerechtfertigt, und wenn ja, wie ernst nahm Hofmann diese Anschuldigung? War ihm womöglich das Wohlergehen des Landes gleichgültig und war er lediglich an den, wie Franz von Teuffenbach meinte, „reissenkherische schulden“179 interessiert? Dahingehende Gerüchte waren nach Hof177 Die Verordneten der Steiermark an Erzherzog Karl. s. l., s. d., StLA, Laa. A. A., IV/1, Sch. 2. 178 Ebd. 179 Quellen II, Nr. 1, Amman, 8. 7.

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manns Abreise nach Regensburg weiterhin im Umlauf und erreichten sogar die Reichsstadt. Hofmann selbst äußerte sich niedergeschlagen über diese, wie er selber meinte, üble Nachrede.180 Allem Gerede zum Trotz – oder vielleicht gerade deswegen – machte sich Hofmann, ebenso wie Ludwig Ungnad und Jobst Joseph Thurn, schließlich doch auf den Weg. Die Gesandtschaft bestand wohl aus den kompetentesten Personen, welche den Landständen zu jener Zeit zur Verfügung standen. Hans Friedrich Hofmann etwa war steirischer Landmarschall und Landesverweser, darüber hinaus war er einer der führenden Landsleute der Steiermark und zählte zu den Spitzenpolitikern Innerösterreichs. Ludwig Ungnad war kaiserlicher Rat, bekleidete einst sogar das Amt des Hofmarschalls, war Verwalter des Hofmeisteramtes und Mitglied der Kommission, die im Jahr 1575 die kroatischen Grenzen inspiziert hatte.181 Jobst Joseph Thurn zu guter Letzt war kaiserlicher Hofrat, Befehlshaber der Uskoken und stellvertretender Befehlshaber der kroatischen Militärgrenze. Die Die Herrschaften wussten also gut über die Situation der Länder und die Verhältnisse an den Grenzen Bescheid. Dies galt insbesondere für Thurn, wogegen sich Hofmann durch seine Gesandtschaftserfahrung auszeichnete und Ungnad gute Kenntnis der Verhältnisse innerhalb des Reiches und am Hof selbst gesammelt hatte. Die Gesandten wurden von Matthes Amman,182 Sekretär der steirischen Landstände und deren einflussreicher Berater, begleitet.183 Reisten die Gesandten gemeinsam oder einzeln ab? Wann reisten sie ab? All das ist den Quellen nicht zu entnehmen. Faktum ist jedoch, dass sie tatsächlich abreisten und dass sie nicht nur mit dem Einverständnis des Lan180 Ebd. 181 Ludwig Ungnad ist in den Ausgabenbüchern des Hofes für das Jahr 1564 als Obersthofmarschall und Verwalter des Hofmeisteramtes angeführt, danach verschwindet sein Name aus den Hoflisten. Laut Maximilian Lanzinner habe Ungnad die Hofämter verloren, weil er Protestant war. Kaiser Maximilian II. habe in den Kreis der höchsten Beamten und Berater keine Protestanten zugelassen. Doch wenn Ungnads protestantische Gesinnung in der Tat ein Hindernis für die Erreichung der höchsten Ämter am Kaiserhof gewesen sei, war dieser Umstand dennoch kein Hindernis für den Genuss der Gewogenheit des Kaisers und dessen Vertrauens. Im Gegenteil, als in der Zeit des Regensburger Reichstages, wie wir noch sehen werden, Kaiser Maximilian II. seine Gesandtschaften zu den Kurfürsten entsandte, um sie über seine Replik auf die Stellungnahme des Reichstages zur Türkenhilfe zu unterrichten, hat in der Gesandtschaft zu den Kurfürsten von Mainz, Trier und Pfalz neben dem Sohn des Reichspfennigmeisters Georg Ilsung, Johann Achilles Ilsung, auch Ludwig Ungnad mitgewirkt. Siehe Lanzinner, Geheime Räte und Berater (1994), S. 313. Lanzinner, Friedenssicherung und Zentralisierung (1985), S. 474– 483. Vgl. Quellen I, Tägliche verrichtung, 20. 8. 182 Siehe Quellen I, Tägliche verrichtung, 8. 7. Siehe auch StLA, Laa. A. A., IV/2, Sch. 44. 183 Loserth, Matthes Amman von Ammansegg (1920), S. 7f.

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desfürsten, sondern, anders als im Jahr 1575, mit der Zustimmung des Kaisers aufbrachen. Seine Gewogenheit brachte Maximilian II. im Brief an die krainische Landschaft zum Ausdruck.184 Darin kündigte der Kaiser seinen Aufbruch zum Reichstag an und teilte mit, für die Zeit seiner Abwesenheit – die wohl nicht länger als drei Monate dauern sollte – die Regierungsgeschäfte der ungarischen Krone, Ober- und Niederösterreichs sowie die Verwaltung der Grenzen an Erzherzog Karl zu übergeben. Die Bedenken der Landstände, so der Kaiser, seien aufgrund der aktuellen Bedrohung berechtigt. Auch ihre Sorge wegen der schwierigen Lage an den Grenzen sei vor dem Hintergrund der in den Augen der Herzogtümer umstrittenen Abwesenheit des Erzherzogs verständlich. Doch sollten sie diesbezüglich in Betracht ziehen, fuhr Maximilian fort, dass auch die kaiserlichen Länder, sowohl Ober- und Niederösterreich als auch Ungarn und im Besondern die Stadt Wien, bedroht seien. Nicht nur, betonte Kaiser Maximilian mit Nachdruck, die innerösterreichischen Grenzgebiete, sondern auch seine Länder und die Stadt Wien bedürften demnach in der Zeit seiner Abwesenheit einer guten Verwaltung, welche letztendlich allen, auch Karls Herzogtümern, zugutekäme. Mit dieser Aufgabe könne er, betonte Maximilian II., nur einen betrauen, nämlich seinen Bruder Karl, der über die osmanische Gefahr Bescheid wisse und in der Sorge um die Verteidigung sehr erfahren sei. Er ersuchte die Landschaft daher, diese Gründe zur Kenntnis zu nehmen und die Abwesenheit des Fürsten zu entschuldigen. Sie sollten zudem Verständnis dafür aufbringen, dass seine Reise zum Reichstag sowohl von Nutzen für seine Länder als auch für die Herzogtümer seines Bruders und letztendlich für die gesamte Christenheit sei. Die Gesandtschaft, schrieb Maximilian II. schließlich, welche die Landstände zum Reichstag entsenden würden, wolle er unterstützen und ihr gewogen sein, beides dem „gemainem wesen zum besten“.185 Wie sind diese Zeilen des Kaisers zu verstehen? Waren sie mehr als „väterliche“ Worte, die die Krainer Landschaft im Kampf gegen die Osmanen mobilisieren und dem Haus Habsburg ergeben halten sollten? Handelte es sich etwa um eine Art Ermunterung oder suchte der Kaiser die Landstände damit vielmehr zu warnen? Maximilian II. hielt zwar sein Versprechen, das er den innerösterreichischen Landständen im Jahre 1574 gegeben und mit welchem er sein Einverständnis zur Gesandtschaft der Länder zum Reichstag signalisiert hatte,186 doch seine Worte waren dennoch nicht eindeutig 184 Kaiser Maximilian II. an die Landschaft von Krain. Wien, 27. 5. 1576. AS, Stan I, Sch. 421. Dieser Brief dürfte Maximilian II. auch nach Graz und Klagenfurt entsandt haben. 185 Ebd. 186 Siehe Loserth, Innerösterreich (1934), S. 71.

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auszulegen. Klar scheint allemal, dass sich der Kaiser vom Reichstag viel versprach und dass er, wie er in seinem Brief an Erzherzog Karl vom 10. November 1575 zu verstehen gab, die innerösterreichische Gesandtschaft als Teil seiner Verhandlungstaktik mit den Reichsständen, ja als Teil seiner „Reichstagsregie“ verstand. Ihre Pflicht sei es, diktierte Maximilian II. damals in die Feder, für die kaiserlichen Angelegenheiten ein- und neben den Kurfürsten, Fürsten und Ständen des Reiches aufzutreten, sobald über das Reich betreffende, dringende Themen beraten würde, deren Lösung allen und jedermann einzeln zu Ehre, Nutzen und Wohlstand gereichen sollte.187 Die Worte des Kaisers an Karl sowie jene an die Krainer Landstände mochten ermunternd und mahnend zugleich wirken, zugleich trugen sie eine Warnung in sich: Die Gesandtschaft habe für, und nicht wider die gemeinsame, gemeinsame – und dies hieß freilich kaiserliche Sache – einzutreten, sie sollte nicht im Widerspruch zur kaiserlichen „Reichstagsregie“ agieren.188 In diesem Sinne hatte der Kaiser große Erwartungen an den kommenden Reichstag. Seine Hoffnung – und kaum mehr als diese, wie diese Studie zeigen wird – teilte er mit den innerösterreichischen Landständen. In Graz, Klagenfurt, Laibach sowie in den kroatischen Festungen gab man sich hinsichtlich des Erfolgs der Gesandten zuversichtlich. Einen Misserfolg konnten, vor allem aber wollten sich die innerösterreichischen Landsleute kaum vorstellen, denn schließlich bot die Gesandtschaft eine extraordinäre Möglichkeit, die unter großem Druck stehende Grenze zu entlasten, die Verteidigung gar auszubauen.189 Die Gesandtschaft brach Mitte Juni auf und gelangte am 1. Juli 1576 nach Regensburg. Die große Hoffnung der Länder und das diplomatische Geschick ihrer Reichstagsgesandten wurden nun auf die Probe gestellt.

187 Siehe oben Anm. 103. 188 Vgl. Schulze, Das Haus Österreich (1972), S. 124–126. 189 Siehe oben Anm. 132.

II. DER REICHSTAG ZU REGENSBURG IM JAHRE 1576

II.1 Die Verhandlungen über die Türkenhilfe unter der kaiserlichen „Reichstagsregie“ Die Proposition, die Kaiser Maximilian II. am 25. Juni 1576 vor den im Regensburger Rathaus versammelten Reichsständen und ihren Gesandtschaften verlesen ließ, unterstrich in ihren ersten Zeilen die osmanische Gefahr als primären Grund, weswegen die unverzügliche Einberufung des Reichstages geboten gewesen war.190 Der Inhalt verwies auf die Ereignisse im Oktober 1575, als der Kaiser den beim Wahltag zu Regensburg versammelten Kurfürsten die Verhältnisse im Reich vor Augen geführt und deren Zustimmung zur Einberufung des Reichstages erlangt hatte.191 Der Kaiser hatte den Reichstag am 10. November 1575 einberufen und seinen Beginn ursprünglich auf den 1. Februar 1576 gesetzt. Doch die Schwierigkeiten mit der polnischen Krone,192 jene mit den böhmischen Ständen und den ungari190 Siehe Proposition, presentatum 25. 6. Regenspurgerische reichshandlung, fol. 12r–24r, hier 12. Zum Reichstag siehe Ritter, Deutsche Geschichte (1889), S. 479–511. Moritz, Die Wahl Rudolfs II. (1895), S. 261–445. Westphal, Der Kampf um die Freistellung (1975), S. 212–239. Wessely, Die Regensburger Reichshilfe (1976), S. 31–38. Lanzinner, Friedenssicherung und politische Einheit (1993), S. 474–509. Edel, Der Kaiser und Kurpfalz (1997), S. 371–444. Heil, Die Reichspolitik Bayerns (1998), S. 541–566. 191 Zum Wahltag siehe Moritz, Die Wahl Rudolfs II. (1895), S. 137–184. Westphal, Der Kampf um die Freistellung (1975), S. 169–197. Edel, Der Kaiser und Kurpfalz (1997), S. 367–370. 192 Als 1572 mit dem Tod von Sigismund August die männliche Linie der Jagellonen augestorben war und somit der Thron des Königreichs Polen-Litauen frei wurde, wählte sich der polnische Adel einen neuen König. Zur Wahl bewarben sich auch Kaiser Maximilian II. im Namen seines Sohnes Erzherzog Ernst und der Moskauer Großfürst, Zar Iwan IV., doch der Adel entschied sich für den französischen Kandidaten, Heinrich von Valois. Als 1574 jedoch dessen Bruder, der französische König Karl IX. starb, verließ Heinrich den polnischen Thron, um sich auf den französischen zu setzen, und stellte somit den polnischen Adel vor Neuwahlen. Um die Wahl von Erzherzog Ernst bewarb sich erneut Maximilian II.; um für seine Werbung die Gewogenheit von Iwan IV. und den Einfluss, den dieser auf den polnischen Adel haben konnte, zu gewinnen, schickte er seine Gesandtschaft nach Moskovien. Über diese Gesandtschaft wird an anderer Stelle ausführllicher zu reden sein, an dieser sei nur erwähnt, dass die Gesandtschaft keinen Einfluss auf den Ausgang der Wahl hatte, denn diese hatte bereits stattgefunden, bevor die Gesandtschaft vor den Zaren gelangte. Im Dezember 1575 wählte nämlich ein Teil des polnischen Adels zum König nicht Erzherzog Ernst, sondern gar Maximilian selbst, ein Teil des Adels dagegen den siebenbürgischen Fürsten Stefan Báthory. Stefan Báthory war aber ein türkischer Vasall. Seine Besteigung des polnischen Throns konnte sowohl

Die Verhandlungen über die Türkenhilfe

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schen Grenzen sowie die eigene, immer labiler werdende Gesundheit, hätten den Beginn des Reichstags immer weiter verzögert, wie der Kaiser einigen Reichsständen erklärte.193 Zunächst wurde er auf den 1. April, dann auf den 1. Mai und letztlich auf den 1. Juni verschoben.194 Von der letzten Änderung wurde jedoch die Mehrheit der Reichsstände nicht mehr rechtzeitig informiert. So fanden sich bereits Anfang Mai die ersten Gesandtschaften der Reichsstände in Regensburg ein. Sie waren offenbar in der Überzeugung angereist, dass das Datum der Einberufung nicht fest einzuhalten sei. Darin sollten sie recht behalten. Der Kaiser, der dem Reichstag persönlich beiwohnen wollte, war damals noch nicht in der Reichsstadt angekommen. Er konnte Wien erst am 1. Juni verlassen und gelangte demnach erst am 17. Juni, nachdem er seine Reise krankheitsbedingt einige Tage unterbrochen hatte, in Regensburg an. Seine Enttäuschung bei seiner Ankunft aber war groß. Er hatte sich nämlich sehr um eine persönliche Teilnahme der Reichsstände am Reichstag bemüht und wünschte sich insbesondere die Mitwirkung der Kurfürsten;195 seinen Überlegungen zufolge sollte dies den Beratungen zugutekommen, die Verhandlungen erleichtern und die Dauer der Tagung verkürzen. Dennoch aber waren die Stände größtenteils nicht persönlich erschienen und hatten lediglich ihre Gesandtschaften als Vertretung gesandt. Der Kaiser bemühte sich nach seiner Ankunft abermals um die Teilnahme des Erzbischofs von Mainz, des Fürsten von Sachsen sowie des Herzogs von Bayern. Er rief die Fürsten erneut auf, bei der Tagung zu erscheinen, wartete auf ihre Ankunft und hielt damit das Verlesen der kaiserlichen Proposition zurück. Doch die Fürsten leisteten der erneuten Einladem Moskoviter als auch dem Haus Habsburg kaum unangenehmer sein, denn sie war ihren politischen und militärischen Plänen und Strategien vollkommen entgegengesetzt: Maximilian wollte mit der Gewinnung von Polen vor allem eine neue Festung für seinen Kampf gegen die Türken erwerben, Ivan IV. dagegen das Königreich aufteilen und seiner Herrschaft das Großherzogtum Litauen anschließen; Báthory auf dem Thron würde bedeuten, dass das Königreich ungeteilt bliebe und dass die Osmanen erneut und noch näher an die beiden Fürsten heranrückten. Báthory setzte seine Wahl schnell durch. Im Februar 1576 wurde er auf die Wahlkapitulationen vereidigt und ließ sich am 1. Mai in Krakau krönen. Maximilian legte seinen Eid erst im März ab, seine königlichen Rechte waren folglich erst zu erkämpfen. Um Hilfe, mit welcher sein polnisches Engagement erst reale Züge gewinnen sollte, wollte Maximilian II. die beim Reichstag zu Regensburg versammelten Reichsstände bitten. Ritter, Deutsche Geschichte (1889), S. 480–482. Moritz, Die Wahl Rudolfs II. (1895), S. 230–231. Völkl, Die Beziehungen Ivans ‚des Schrecklichen‘ (1976), S. 20–27. 193 Moritz, Die Wahl Rudolfs II. (1895), S. 263. 194 Moritz, Die Wahl Rudolfs II. (1895), S. 194, 262. Westphal, Der Kampf um die Freistellung (1975), S. 200. 195 Moritz, Die Wahl Rudolfs II. (1895), S. 232.

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Der Reichstag zu Regensburg im Jahre 1576

dung nicht Folge, und so verlas Hofrat Andreas Erstenberger die Proposition ausschließlich vor dem Regensburger, dem Augsburger und dem Seckauer Bischof sowie drei Pfalzgrafen und vor den Gesandtschaften der anderen Reichsstände. Davor wurden die Versammelten im Namen des Kaisers von einem Pfalzgrafen angesprochen.196 Trotz der persönlichen Abwesenheit der Reichsstände war der Reichstag dank der zahlreichen reichsständischen Gesandtschaften gut besucht.197 Das Verhalten der Fürsten ist dabei freilich nicht als Geringschätzung der Reichstags-Agenda zu verstehen. Das Gegenteil ist eher der Fall. Die Problemstellungen, mit denen sich der Reichstag auseinandersetzen sollte, waren Themen, die in das Gefüge des Reiches, wie es durch die Beschlüsse des Reichstags zu Augsburg 1555 bestätigt beziehungsweise gestaltet worden war, eingriffen. Es ging in erster Linie um drei Fragen. An erster Stelle ist die Religionsfrage, die sogenannte „Freystellungs“-Bewegung, zu nennen;198 dabei war die Kluft zwischen den protestantischen und den katholischen Ständen durch die konfessionspolitischen Umtriebe des Pfälzer Kurfürsten deutlich vertieft worden. Des Weiteren behandelte man die Frage des Reichssteuerwesens, deren Lösung vom kaiserlichen Hofrat und Reichspfennigmeister Georg Ilsung gefordert wurde.199 Es handelte sich dabei um zwei große und bedeutende Themenkomplexe, die das Gefüge des Reiches und die Verhältnisse darin grundlegend zu verändern vermochten. Während der Verhandlungen wurden sie mit der dritten großen Frage, jener nach der Hilfe der Reichsstände im Kampf des Kaisers gegen die Osmanen, eng verflochten. Mit ihrer Abwesenheit dürften sich die Reichsstände, freilich vor allem diejenigen, deren Standpunkte ein beträchtliches politisches Gewicht hatten, eine Verhandlungsdistanz zu den erwähnten Fragen verschafft haben. Sie konstruierten sich somit einen Diskussionsspielraum, in dem sie die Debatten verfolgten, das Geschehen beurteilten, Standpunkte formulierten 196 Edel, Der Kaiser und Kurpfalz (1997), S. 384–385. 197 Aulinger, Das Bild des Reichstages (1980), S. 360–374. 198 An den Namen selbst schieden sich die Geister. Die Katholiken verstanden unter „Freystellung“ alle auf eine Veränderung des Augsburger Religionsfriedens gerichteten Bestrebungen, die Protestanten dagegen hatten zweierlei im Sinne: „einerseits die Zulassung der Evangelischen zu den hohen Stiftern (Freystellung im engeren Sinne), andererseits die Gewährung der Gewissensfreiheit (ohne Kultus) oder der vollen Religionsfreiheit an alle Untertanen (allgemeine Freystellung).“ Moritz, Die Wahl Rudolfs II. (1895), S. 2, Anm. 3. Der „Kampf“ um die „Freystellung“ auf dem Reichstag zu Regensburg 1576 wurde von Hugo Moritz minutiös geschildert. Moritz, Die Wahl Rudolfs II. ((1895). Siehe auch Westphal, Der Kampf um die Freistellung (1975), samt Angabe der älteren Literatur. Edel, Der Kaiser und Kurpfalz (1997), S. 367f. 199 Zur Person und zum Amt von Georg Ilsung siehe auch Lanzinner, Friedenssicherung und Zentralisierung (1985), S. 481–483. Siehe auch ADB XIV 33f. NDB X 142.

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und an allem aktiv teilnehmen konnten, ohne allzu viel am Geld und Einfluss sowie an Ehre aufs Spiel zu setzen. Die Gründe für das Fernbleiben der Reichsstände waren zudem sowohl protokollarischer wie alltäglicher, eher banaler Art. Sie sind insbesondere in den hohen Kosten zu suchen, die für die Reise zum Reichstag und einen standesgemäßen Aufenthalt in der Reichstagsstadt erforderlich waren.200 Eine weitere Rolle spielten die Krankheiten, die nicht unbedingt nur eine Ausrede gewesen sein müssen.201 Dass die beiden großen Verhandlungspunkte, die Religionsfrage sowie die Problematik des Steuersystems, in der kaiserlichen Proposition nicht erwähnt wurden, erscheint zunächst verwunderlich: Gleichzeitig ist aber diese Tatsache als ein taktisch gewählter Ausgangspunkt für Verhandlungen der kaiserlichen Seite auszulegen. Der Kaiser hatte den protestantischen Kurfürsten beim Wahltag im Oktober 1575, als diese die Wahl des römischen Königs vivente imperatore mit der Lösung der Religionsfrage junktimierten, vorgeschlagen, die Frage auf den kommenden Reichstag zu verschieben. Die Fürsten gaben ihr Einverständnis, und der Kaiser versprach ausdrücklich, sich um die Lösung dieses äußerst komplexen und virulenten Problemfelds zu bemühen.202 Und doch hätte den Kaiser dieses Thema auf der Tagesordnung des Reichstages fraglos die Sympathien der katholischen Reichsstände gekostet, auf deren Gunst Maximilian jedoch hinsichtlich der Lösung aller anderen Probleme des Reiches sowie seiner eigenen dringend angewiesen war. Daher beschloss er, die Religionsfrage in der Proposition nicht zu erwähnen und überließ damit den protestantischen Ständen die Initiative. Auf diese Weise hielt er sich selbst das Verhandlungsfeld offen. Auch in der Frage des Steuersystems beschränkte sich die kaiserliche Seite auf eine allgemeine Beschreibung der Erfordernisse der Reichsbewilligung. Als Grund dafür ist der Versuch anzusehen, die eigene Verhandlungsbasis möglichst breit zu halten.203 200 Siehe Luttenberger, Pracht und Ehre (1987), S. 291–326. 201 Der Brandenburger Kurfürst Johann Georg entschuldigte seine Abwesenheit mit zu hohen Kosten, der sächsische Kurfürst August mit der Krankheit seiner Gemahlin und seiner jüngsten Tochter. Auch der bayerische Herzog Albrecht entschuldigte sich und gab als Grund an, seine Ärzte hätten ihm ein Heilbad empfohlen, den Salzburger Erzbischof Johann Jakob von Khuen-Belasi habe dagegen sein krankes Bein an der Anreise gehindert. Doch sowohl der Kurfürst August als auch Herzog Albrecht haben stark in das Reichstagsgeschehen eingegriffen und den Ausgang stark geprägt. Der Herzog von Bayern nahm am Reichstag bei seinem Ende dennoch persönlich teil, ebenso der Salzburger Erzbischof. Moritz, Die Wahl Rudolfs II. (1895), S. 232, 246, 347, 355f. 202 Moritz, Die Wahl Rudolfs II. (1895), S. 169f. 203 Vgl. Edel, Der Kaiser und Kurpfalz (1997), S. 386f. Heil, Die Reichspolitik Bayerns (1998), S. 541f.

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Eine solche Strategie barg jedoch das Risiko, das Gegenteil des Erwünschten zu erzielen: Sie konnte den Widerstand der protestantischen Reichsstände hervorrufen, denn der Kaiser erfüllte ja ihre hohe Erwartung nicht, er hatte vielmehr sein Versprechen gebrochen. Diese Gefahr führte sich der Kaiser sehr wohl vor Augen, konnte aber, dessen war er sich ebenfalls bewusst, auf seine hervorragenden Kontakte zu einigen protestantischen Fürsten, insbesondere dem sächsischen Kurfürsten, vertrauen. Außerdem wusste er sich auf seine persönliche Autorität, ja auf sein persönliches Kapital zu stützen. So wandte er sich nach verlesener Proposition „[m]it geschiklicher ausfuerung“, wie die sächsischen Gesandten berichteten, direkt an die Stände und wies wiederholt auf die Schlüsselprobleme des Reiches hin. Er unterstrich dabei insbesondere die osmanische Gefahr und seine Ohnmacht, ihr ohne fremde Hilfe standzuhalten. Seine Länder seien außerstande, der osmanischen Bedrohung zu begegnen und ähnelten dabei „[einem] prunnen, dem die adern deß wassers gar abgegraben unnd dadurch ersoucht worden [ist]“204, so Maximilian II. Die persönliche Ansprache des Kaisers hinterließ zwar bei den Reichsständen großen Eindruck, doch war dieser nur von kurzer Dauer. Die Proposition wurde von den Ständen, wie zu sehen sein wird, nüchtern und mit wenig Aufgeschlossenheit für die darin liegenden Metaphern gelesen. Der Kaiser kennzeichnete die osmanische Gefahr in seiner Ausführung der Agenden als ein im Laufe der Jahre immer größer gewordenes Problem, dem weder Ungarn noch die österreichischen Erblande ob ihrer finanziellen und militärischen Lage Herr werden konnten. Aus diesem Grund hatte sich Maximilian II. um einen Friedensschluss mit den Osmanen bemüht, und in der Tat war in den vorangegangenen Monaten ein Waffenstillstand ausgehandelt worden. Damit war jedoch die osmanische Gefahr noch lange nicht gebannt. Es sei, davon war der Kaiser überzeugt, eher mit dem Gegenteil zu rechnen, denn die Osmanen würden, gemäß ihrer „blutigen hundenatur“, das „Instrument“ des Waffenstillstandes allein zur Erlangung neuer strategischer Vorteile und zur Stärkung ihrer Militärmacht nutzen. Somit gefährdeten sie, mit neuen Kräften ausgestattet, sowohl Ungarn als auch die Erblande und das gesamte Reich.205 Weil „der feindt also geweltig, darzue untreu und unbestendig [sei]“, könne man sich auf den vereinbarten Frieden nicht verlassen.206 Ganz im Gegenteil: Nach der Wahl Maximilians II. zum polnischen König – ein Schritt, der den Interessen der Pforte nicht entsprach – sei mit erneuten kriegerischen Auseinandersetzungen zu rechnen.207 204 Zit. von Edel, Der Kaiser und Kurpfalz (1997), S. 387. 205 Proposition, Regenspurgerische reichshandlung, fol. 16r. 206 Proposition, Regenspurgerische reichshandlung, fol. 15r. 207 Die Pforte ließ Maximilian in der Tat deutlich mitteilen, sie würde auf dem polnischen

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In Anbetracht der ernsten Lage erinnerte der Kaiser daran, Vorbereitungen zur Abwehr der türkischen Einfälle in Ungarn zu treffen und auf einen Feldzug des Sultans selbst gefasst zu sein. In erster Linie war die Befestigung der geschwächten und schlecht versorgten ungarischen Grenzen Ziel der umfassend zu planenden Vorkehrungen. Diese stellten das Schlüsselelement in der Türkenabwehr dar und hätten daher, so der Kaiser, vorrangig versorgt zu werden. Die ungarischen Grenzen seien viel mehr als nur ein Bollwerk gegen die Türken. Das Reichsoberhaupt betitelte sie als „die rechten vormauer[n] der teutschen nation“, und sollte es passieren, dass „die gräniz ainmal verlorn, [würde] alle last und gefar des ganzen kriegs und einbruch des feinds ire khay. Mayt. negst anrainunden erblanden und der teutschen nation desto beschwerlicher und unträglicher auf den halß wachsen“.208 Daher forderte der Kaiser die Umsetzung zweier Maßnahmen. Erstens drängte er auf Hilfe zur Befestigung von 123 Verteidigungswällen sowie zur Unterhaltung und Verstärkung einer 28.000 Mann starken Armee an den ungarischen Grenzen. Dafür benötige man jährlich, so seine präsentierten Berechnungen, 1.600.000 Gulden. Dies war in seinen Augen als eine „beharrliche Türkenhilfe“, also als eine nachhaltige Unterstützung des Reiches im Kampf gegen die Osmanen, zu werten. Zweitens suchte der Kaiser unmittelbaren Beistand im Falle eines türkischen Angriffs. Dabei sollte es sich um eine Art Interventionshilfe des Reiches gegen die einfallenden Osmanen handeln, welche als „eilende Türkenhilfe“ bezeichnet wurde und mit keiner exakt definierten Summe an Hilfeleistungen verbunden wurde. Nichtsdestotrotz lag seinen eingeforderten Zielen ein gewisser Finanzrahmen zugrunde. Wenngleich die Begründung der zu leistenden Unterstützung sowie die kaiserliche Darstellung der mittels Reichshilfe finanzierten Verteidigungsstrategien ebenfalls nur sehr allgemein und bloß narrativ formuliert waren, bedeutete dies nicht die gleichzeitige Planlosigkeit des Kaisers und seiner Berater hinsichtlich der Erhebung der Gelder und deren Verwendung. Konkrete Vorstellungen einer effektiveren Abwehr der osmanischen Gefahr und detaillierte Konzepte diesbezüglich sollten jedoch erst im Laufe des Reichstages Gestalt annehmen; damit ging auch die Formulierung klarer und konzise artikulierter Argumente zur Untermauerung ihrer Notwendigkeit einher. Die Architekten dieser Pläne waren der Reichspfennigmeister Georg Ilsung und der in Militärangelegenheiten erfahrene, einflussreiche und dem Kaiser vertraute Lazarus von Schwendi.209 Darüber hinaus themaThron keinen Habsburger dulden. Moritz, Die Wahl Rudolfs II. (1895), S. 231. Vgl. Edel, Der Kaiser und Kurpfalz (1997), S. 385. 208 Proposition, Regenspurgerische reichshandlung, fol. 16r. 209 Zu Schwendi siehe ADB 33, 282f. Siehe auch Lanzinner, Die Denkschrift des Lazarus

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tisierte der Kaiser in seiner Proposition die Schwerpunkte des Landfriedens, der Reichsgerichtsbarkeit, der Münzangelegenheiten sowie Fragen hinsichtlich der Restitution von Reichsgebieten. Er brachte des Weiteren Änderungen der Reichsmatrikel sowie die Frage der Session auf die Tagesordnung des Reichstages.210 All diese für die Verfassung des Reiches relevanten Fragen standen jedoch im Schatten der Diskussionen über die Türkenhilfe und der beiden eng mit ihr verbundenen erwähnten religiösen und fiskalischen Themenkomplexe. Georg Ilsung hatte seine Reform des Reichssteuerwesens bereits beim Reichstag zu Speyer 1570 vorgestellt. Dem Reichssteuerwesen lag bekanntlich die Reichsmatrikel zugrunde, welche die in Römermonaten ausgedrückten Anteile der Reichsstände bei der Reichsbesteuerung festlegte.211 Die Hauptnachteile dieses Systems lagen, zumindest nach Ilsungs Einschätzung, darin, dass es den Ständen erlaubt war, ihre Steuern auf die Untertavon Schwendi (1987), S. 141–185, in Anm. 22 auch Anführung älterer Literatur über Schwendi. Nicklas, Um Macht und Einheit (1995). Mohrmann, Bemerkungen (1982), S. 501–521. Louthan, The Quest for Compromise (1997). Zu Schwendis Rolle beim Regensburger Reichstag siehe unten S. 77f., 112f. 210 Regenspurgerische reichshandlung, fol. 17v f. Siehe Moritz, Die Wahl Rudolfs II. (1895), S. 281. Edel, Der Kaiser und Kurpfalz (1997), S. 386. Heil, Die Reichspolitik Bayerns (1998), S. 560f. 211 Der Wert des Römermonats war grundsätzlich aufgrund der Reichsmatrikel festgelegt, wie sie vom Reichstag zu Worms 1521 aufgestellt worden war. Deren Wert wurde damals auf etwa 128.000 Gulden geschätzt, doch im Laufe der darauffolgenden Jahrzehnte wurde der Wert geringer und wurde 1576 sehr unterschiedlich geschätzt: von den Kaiserlichen auf 100.000 Gulden, vom Fürstenrat auf 75.000, der tatsächliche Wert belief sich wohl auf etwa 80.000 Gulden, Rudolf II. schätzte dann letztlich ihren Wert auf 60.000 Gulden, was jedoch, wie Kurt Wessely meinte, „wohl zu niedrig“ war. So unterschiedliche Bewertungen konnten deshalb möglich sein, weil es dem Reich trotz vieler Versuche von Reichstagen und Reichsmoderationstagen keineswegs gelungen war, das Matrikularsystem völlig und endgültig dem aktuellen finanziellen Verteidigungs- und nicht zuletzt politischen Stand des Reiches und einzelner Reichsstände anzunähern und es entsprechend zu gestalten, sowie somit die Reichsmatrikel abzustecken und ihren normativen Gesamtertrag festzulegen. So gab es drei Matriken, die verwendet wurden. Erstens die nominelle Matrikel, die auf der Wormser Reichsmatrikel aus 1521 beruhte, die aber deren Revisionen berücksichtigte, und die im Jahr 1567 auf 115.577 Gulden geschätzt wurde. Dann die „reale“ Matrikel, die die Kontributionen jener Reichsstände nicht berücksichtigte, die exempt waren und denen ein Erlass der Bezahlung von Reichssteuern anerkannt wurde. Ihr Wert wurde auf etwa 94.000 Gulden geschätzt. Und letztlich noch die „fiskalische“ Matrikel, wie sie als Grundlage für die Reichssteuererhebung vom Reichspfennigmeister festgelegt wurde. Diese Matrikel wurde 1566/67 auf 82.000 beziehungsweise 84.000 Gulden geschätzt. Wessely, Die Regensburger Reichshilfe (1976), S. 36. Lanzinner, Friedenssicherung und politische Einheit (1993), S. 399–400. Vgl. Rauscher, Kaiser und Reich (2003), S. 64. Rauscher, Zwischen Ständen und Gläubigern (2004), S. 93f.

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nen umzuwälzen. Die Stände nutzten ihre Befugnisse zu ihren Gunsten und verlangten zum Teil höhere als die vom Reichstag eingeforderten Summen. Hinzu kam, dass die Eintreibung nicht bezahlter Steuern praktisch unmöglich war. Ilsung war bestrebt, diese Mängel zu beseitigen und zugleich den Trend des Rückzugs der Stände aus der Aufsicht über die Verwendung der Steuerbewilligung zu nutzen. All dies wurde letztlich mit den Beschlüssen des Reichstages zu Speyer 1570 in die Wege geleitet.212 Georg Ilsungs Reform beinhaltete demnach zwei gewichtige Neuerungen. Zum einen ging damit eine Entlastung der Untertanen sowie eine proportionale Verteilung der Reichssteuern einher. Zum anderen verband man damit eine Zentralisierung des Steuersystems, das heißt die Übergabe der Steueraufbringung und die Entscheidung über die Verwendung der Reichssteuern in die Hände des Kaisers. Details von Ilsungs Reformplänen aus dem Jahre 1570 sollen hier jedoch nicht weiter ausgeführt werden. Es sei bloß erwähnt, dass Ilsung mehrere Varianten vorgeschlagen hatte, welche von Aufschlägen auf Wein und Salz über eine Besteuerung auf der Grundlage der Kirchen- und Pfarrsprengel bis hin zu einer Haussteuer sowie einem „Gemeinen Pfennig“ reichten. Gleichzeitig setzte sich die kaiserliche Seite in den Verhandlungen mit den Reichsständen für die Besteuerung „von heusern unnd ansitzen“ ein. Dabei handelte es sich um Abgaben, welche für alle Bevölkerungsschichten von den Kurfürsten bis hin zu den Bauern verpflichtend sein sollten und die einmal jährlich von den Reichskreisämtern zu erheben wären. „Damit wäre“, so Maximilian Lanzinner, „im Reich eine erste Form hierarchischer Auftragsverwaltung mit dem Kaiser an der Spitze errichtet worden, die bis zu den Untertanen reichte.“213 Diese Forderung aber ging den Ständen entschieden zu weit, weshalb sie im Jahre 1570 weder dafür noch für die Pläne Schwendis, die eine Bildung des Reichskriegskontingents und der Zentralisierung der Reichsexekutivgewalt214 vorsahen, zu gewinnen waren.215 Im Frühjahr 1576 schließlich, im Laufe der Vorbereitungen auf den Regensburger Reichstag, arbeiteten die kaiserlichen Räte gemeinsam mit Ilsung und Schwendi einen neuen Vorschlag zur Steuerreform aus. Diesmal erwog man die Idee eines Gemeinen Pfennigs für die Dauer von zwei Jahren, welcher ausschließlich der Finanzierung der türkischen Grenzen dienen 212 213 214 215

Lanzinner, Friedenssicherung und politische Einheit (1993), S. 482f. Lanzinner, Friedenssicherung und politische Einheit (1993), S. 477. Lanzinner, Die Denkschrift des Lazarus von Schwendi (1987), S. 141–185. Dies gilt zumindest für den Fürstenrat. Siehe Lanzinner, Friedenssicherung und politische Einheit (1993), S. 477. Siehe auch ders., Friedenssicherung und Zentralisierung (1985), S. 287–310.

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sollte. Sowohl der Mainzer als auch der sächsische und der brandenburgische Kurfürst sowie der Herzog von Bayern wurden von diesem kaiserlichen Vorschlag unterrichtet. Bei ihnen mündete er allerdings in eine Zurückweisung. Bei der Ausarbeitung der kaiserlichen Proposition bestand Georg Ilsung dennoch darauf, den Vorschlag der Steuerreform mit Einführung des Gemeinen Pfennigs in den Wortlaut der zu behandelnden Themenkomplexe aufzunehmen. Doch die kaiserlichen Räte Leonhard von Harrach, Hans von Trautson, der Reichsvizekanzler Dr. Johann Baptista Weber und Lazarus von Schwendi überzeugten den Kaiser schließlich, dies nicht zu tun, sondern vielmehr „eine beharrliche versehung der grenitzen und eilenden widerstand“ zu fordern, und zwar beides „sine specificatione“.216 Im Anschluss an die Verlesung der Proposition beschäftigten sich die kaiserlichen Räte erneut mit den möglichen Optionen der Reichssteuerreform. Wieder beriet man den Vorschlag eines Gemeinen Pfennigs, der eine halbprozentige Besteuerung des Vermögens der Stände und der Untertanen sowie eine zusätzliche zehnprozentige Besteuerung der Einkünfte der Geistlichkeit vorsah. Eine Umsetzung dieses Plans würde dem Kaiser, so errechnete man, die bis dato unerreichte, für die Mehrheit der Reichsstände unvorstellbare, geradezu unglaubliche Summe von 5.873.352 Gulden einbringen.217 Ein zweiter Vorschlag beinhaltete die Besteuerung der Reichsstände auf Basis der Reichsmatrikel sowie eine zusätzliche Besteuerung der mediaten Geistlichen und des Adels auf der Grundlage bestimmter Steuersätze. Die Umsetzung dieses Plans würde jährlich etwa fünfeinhalb Millionen Gulden einbringen.218 Der dritte Vorschlag, der von einem der Geheimräte, Sigmund Vieheuser, vorgebracht wurde, war als eine Immobiliensteuer aufzufassen, welche die Reichsstände selbst unangetastet lassen würde. Dafür erwog man, sämtliche Eigentümer von Immobilien, also die Geistlichkeit, den Adel, Bürger, Bauern, Müller uvm. als steuerpflichtig zu werten. Wieder sollten bestimmte Prozentsätze die Basis der Steuereinhebung bilden und 3.346.800 Gulden einbringen.219 Angesichts solcher Vorhaben konnte die Einschätzung Leonhards von Harrach, wonach eine zwölf Römermonate umfassende Reichsbewilligung, die jährlich 800.000 Gulden ergeben würde, „stargkh genueg“220 wäre, nur als eine recht bescheidene, möglicherweise beinahe zu vernachlässigende Summe erscheinen. 216 Lanzinner, Friedenssicherung und politische Einheit (1993), S. 478. 217 Lanzinner, Friedenssicherung und politische Einheit (1993), S. 479. 218 Ebd. 219 Ebd. 220 Lanzinner, Friedenssicherung und politische Einheit (1993), S. 478.

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Ganz anders geartet waren freilich die vorhin erwähnten Pläne, die laut Maximilian Lanzinner das bestehende Steuersystem und die damit verbundenen Verfassungsverhältnisse im Reich sowohl quantitativ als auch qualitativ verändern, mehr noch, untergraben sollten: „Der Kaiser verfügte über ein Kollektationsrecht, das auch die Untertanen und Landstände der Territorien erfaßte. Deren Amtleute hatten die Steuer einzutreiben und in den Kassen der Kreise zu hinterlegen sowie die Säumigen zu bestrafen. Die Kreise wurden damit steuerliche Verwaltungsbezirke des Kaisers. Die Reichsstände wurden veranlangt wie die anderen Gruppen, indem sie ihre Steuer selbst bezahlten und nicht auf die Untertanen umlegen konnten. Diese Nivellierung stellte steuerlich einen einheitlichen Untertanenverband im Reich her, der die Territorialgewalt der Reichsstände aus­höhlte.“221

Dies war eine äußerst ambitionierte Vision der Gestaltung eines zentralisierten Reichs-, oder besser gesagt, kaiserlichen Steuersystems. Es handelte sich um eine Idee, welche die Reichsverfassung grundsätzlich verändern wollte.222 Der Einfall war überaus ambitioniert und konnte kaum weiter von den grundsätzlichen Standpunkten der Reichsstände entfernt sein.223 Diese große Diskrepanz zwischen den in den Reformplänen der kaiserlichen Räte festgehaltenen Visionen einerseits und den grundsätzlich entgegengesetzten Standpunkten der Reichsstände andererseits – sowohl gegenüber der Steuerreform als auch gegenüber allgemeinen Neuerungen der bestehenden Verfassungsordnung – drängt freilich die Frage auf, ob die reformerischen Überlegungen und Anstrengungen auf der kaiserlichen Seite aufrichtig und ernst gemeint waren. Handelte es sich nicht vielmehr um ein geschickt kalkuliertes Verhandlungsmanöver, womit die kaiserliche Seite bei den Reichsständen Widerstand gegen derart gewagte Reformen des Steuersystems zu provozieren suchte, um sie somit leichter für herkömmliche, doch dabei möglichst größte Hilfe zu gewinnen? Es stellen sich in diesem Zusammenhang die Fragen, ob der Kaiser, nach der Erfahrung mit Schwendis Reformkonzept von 1570, aufgrund seiner fortgeschrittenen Krankheit und dem ihm bereits ins Bewusstsein rückenden Lebensende, tatsächlich an Ilsungs Pläne glaubte. Hielt abgesehen von 221 Lanzinner, Friedenssicherung und politische Einheit (1993), S. 480. 222 Eine Erläuterung dieser Perspektive und der Gründe der Reichsstände für ihre Zurückweisung siehe bei Lanzinner, Friedenssicherung und politische Einheit (1993), S. 493– 499. 223 Siehe Luttenberger, Kurfürsten, Kaiser und Reich (1994), S. 146–176. Fröschl, ‚in Frieden, ainigkaitt und ruhe beieinandersitzen‘ (1997), S. 66–68, 87–91.

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Georg Ilsung überhaupt jemand aus dem Kreis der kaiserlichen Räte daran fest, und wie stand Ilsung selbst dazu? Strebten der Kaiser und seine Räte in der Tat nach Innovationen in der Steuerproblematik, um ein neuartiges System zu kreieren? Oder bemühten sie sich vielmehr darum, die Bereitschaft der Reichsstände, horrende Summen für die Türkenhilfe zu bewilligen, zu erhöhen, und dies mithilfe der ambitionierten, weitgreifenden Reformvorschläge, die jedoch nichts weiter als lediglich die Requisiten des kaiserlichen „Reichstagstheaters“ waren? Die Frage muss, nicht zuletzt wegen der wiederholt unter Beweis gestellten Neigung des Kaisers und seiner Räte zum Theatralen im Verhandlungs- und Entscheidungsprozess des Reichstages, offenbleiben.224 Als der Ausschuss des Fürstenrats am 4. Juli über den ersten Punkt der kaiserlichen Proposition diskutierte, schlug die österreichische Gesandtschaft Ilsungs Plan vor. Sie plädierten für die Bewilligung einer Steuer in Form des Gemeinen Pfennigs durch die Reichsstände. Der österreichische beziehungsweise kaiserliche Antrag wurde jedoch nur von Bremen, Paderborn und Lüttich unterstützt. Bayern, Salzburg, Worms, Württemberg, Eichstätt und Hessen sowie alle Prälaten und Grafen der Wetterauer Bank widersetzten sich. Brandenburg-Küstrin und Brauenschweig-Lüneburg enthielten sich der Stimme.225 So kam es, dass der Vorschlag im Fürstenrat, zumindest vorläufig, beiseite gelegt, und dem Kurfürstenrat von der kaiserlichen Seite gar nicht erst vorgelegt wurde. Die Reichsstände diskutierten somit nur über die Höhe der matrikularen Bewilligung. Im Kurfürstenrat fand die Diskussion am 7. Juli statt, welche folgende Zwischenbilanz verzeichnete: Die Gesandten des Pfälzer Kurfürsten waren bereit, acht Römermonaten zuzustimmen, jene aus Brandenburg sechzehn beziehungsweise achtzehn, und alle übrigen Fürsten achtzehn. Letztendlich einigten sich die kurfürstlichen Vertreter auf die Summe von sechzehn Römermonaten, verteilt auf die Dauer von vier Jahren, also von 1577 bis 1580. Der Fürstenrat sollte die Diskussion am 18. und 19. Juli fortsetzen. Die Gesandten der weltlichen Stände stimmten nun für sechzehn Römermonate, ebenfalls für die Dauer von vier Jahren. Österreich, Bayern und die Vertreter der kirchlichen Stände votierten für achtunddreißig Römermonate, verteilt zwischen 1577 und 1582. Dieser Zeitspanne waren ebenso die Städte gewogen, wobei sie sich aber lediglich zu einer Belastung von drei Monaten jährlich, also insgesamt 15 Römermonaten, bereit erklärten.226 Der Be224 Vgl. Heil, Die Reichspolitik Bayerns (1998), S. 525. 225 Lanzinner, Friedenssicherung und politische Einheit (1993), S. 491. Siehe auch Heil, Die Reichspolitik Bayerns (1998), S. 542f. 226 Lanzinner, Friedenssicherung und politische Einheit (1993), S. 500.

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schluss des Kurfürstenrates setzte sich letztlich durch. Ihre Replik, einen ziemlich kurzen Text, übergaben die Reichsstände dem Kaiser am 28. Juli.227 Darin hielten sie fest, sich der großen Gefahr, welcher Ungarn und die österreichischen Herzogtümer ausgesetzt wären, bewusst zu sein. Demzufolge würden sie das große Defensionsengagement des Kaisers und seine herausragenden Bemühungen in diesem „hochwichtigen werckh (daran nit allain dem Heiligen Reich, sonder auch allen christlichen potentaten gemainer Christenhait hoch und vil gelegen)“228 zu schätzen wissen. Obgleich die Stände diesen ihren letzten Gedanken in Klammern stellten, ist darin doch das zentrale Argument zu sehen, womit sie die Höhe ihrer Bewilligung begründeten, die, aus kaiserlicher Perspektive gesehen, sehr niedrig ausfiel. Letzteres gaben die Stände selbst in ihrem Text zu, als sie vermerkten, dass die von ihnen bewilligte Unterstützung lediglich als Hilfe zur Festigung der Grenzen zu verstehen sei. Einer finanziellen Unterstützung in jener Höhe, welche die Zustände an den Grenzen erforderten und eine Offensive gegen die Osmanen ermöglichen würde, könnten die Stände nicht zustimmen. Steigende Teuerung, Kriege, Überschwemmungen und Frost hätten sie nämlich, so fügten sie hinzu, in eine schwierige Lage gebracht. Sie rieten dem Kaiser daher, die Grenzen zu verbessern und sich gleichzeitig darum zu bemühen, den Waffenstillstand mit den Osmanen aufrechtzuerhalten sowie eine Rückgabe verlorener Territorien und Festungen beim Sultan zu bewirken. Für die Verteidigung selbst solle er zudem auch Leistungen von anderen christlichen Territorien, darunter die Hansestädte und die Schweizer Eidgenossenschaft, sowie der freien Ritterschaft einfordern.229 Überdies legten die Stände dem Kaiser zwei Bitten beziehungsweise Empfehlungen vor. Erstens, meinten sie, sei eine doppelte Besteuerung jener Reichsstände zu vermeiden, deren Güter sich in den oberösterreichischen und niederösterreichischen Ländern befänden.230 Zweitens – und dies ist für die vorliegende Studie besonders interessant – wandten sie sich mit Nachdruck an den Kaiser, bei der Verteilung der Reichshilfe die Herzogtümer Steiermark, Kärnten und Krain sowie die Grafschaft Görz zu berücksichtigen, um ihnen den Schutz der Grenzen zu ermöglichen und den Druck des Feindes zu mildern. Auf diesem Wege könne eine Optimierung der Hilfeleistungen für den Kaiser und letztlich auch für sie selbst erfolgen.231 227 Moritz, Die Wahl Rudolfs II. (1895), S. 330. Siehe auch Replik, presentatum 28. 7. Regenspurgerische reichshandlung, fol. 63v–67r. 228 Replik, Regenspurgerische reichshandlung, fol. 64r. 229 Replik, Regenspurgerische reichshandlung, fol. 66r. 230 Replik, Regenspurgerische reichshandlung, fol. 65v. 231 Replik, Regenspurgerische reichshandlung, fol. 66v.

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Mit einer solchen Antwort konnten sich weder der Kaiser noch seine Räte zufriedengeben. Sie waren enttäuscht, sogar empört, und Maximilian soll zudem „Aut principes mihi non credunt aut nihil intelligunt aut alia quaerunt“232 geklagt haben. Noch am selben Tag, am 28. Juli, kam der Geheime Rat zusammen. An dieser Sitzung nahmen neben dem Kaiser alle Geheimräte, Hans von Trautson, Leonhard von Harrach, Dr. Sigmund Vieheuser sowie der Vizekanzler Dr. Weber teil. Anwesend war auch Lazarus von Schwendi.233 Als Erster ergriff Hans von Trautson das Wort und meinte, die Antwort der Stände sei nicht „ad propositionem Caesaris“, lediglich „in genere“ und als „gar wenig“ zu verstehen. Er begriff sie somit als den kaiserlichen „petita“ nicht entsprechend und befand eine derartige Reichsbewilligung für den Erhalt des Friedens, „zu geschweigen, das man auch Steier und Carnten etc. davon geben solte“ als kaum ausreichend. So schlug er vor, in der Duplik wiederholt auf die große osmanische Gefahr und das Verteidigungssystem des Reiches hinzuweisen und erneut zu betonen, man könne sich weder auf den Waffenstillstand noch auf die Hilfe anderer christlicher Herrscher verlassen. Leonhard von Harrach teilte diese Auffassung. Er wiederholte die Standpunkte der kaiserlichen Proposition und befürwortete den Vorschlag, die Stände abermals auf den Ernst und den verhängnisvollen Charakter der osmanischen Gefahr hinzuweisen. Sollten jedoch, meinte er, die Stände den Kaiser in seinem Kampf gegen die Osmanen alleine lassen, sei der Kaiser aller Last, die ihm dieser Kampf aufbürde, und jedweder Verantwortung, die ihn zur Aktion verpflichte, entbunden.234 Viel umfassender, ausführlicher und genauer in seinen Ausführungen war Lazarus von Schwendi.235 Zunächst wies er auf die unterschiedlichen Charaktere der osmanischen Armee einerseits und der „deutschen“, wie er sich ausdrückte, andererseits hin. Die osmanische zeichne sich durch Kraft und Ordnung, Zahlenstärke, Gehorsam und Erfolge aus, während die deutsche von Übermut und Ehrlosigkeiten, Ungehorsam, Versprengtheit, Not und Elend untergraben werde. Damit sei sie von den Wogen der Zeit und dem Zorn Gottes gegeißelt.236 Diese Unterschiede, vielmehr diese schicksalshaften Gegensätze, solle man sich vor Augen führen, sobald über die osmanische Gefahr und die Möglichkeiten, ihr zu begegnen, nachgedacht werde. Sowohl Krieg als auch Frieden erschienen dabei als eine denkbare Option, erörterte 232 So berichteten nach Hause die Gesandten des Herzogs von Hessen. Zit. von Moritz, Die Wahl Rudolfs II. (1895), S. 330. 233 HHStA RK RTA Fasc. 54a, Protocolum concilii secreti, fol. 44r. Die Quelle wird im Folgenden als Protocolum concilii secreti angeführt. 234 Protocolum concilii secreti, fol. 44r–44v, 45r. 235 Protocolum concilii secreti, fol. 45v f. 236 Protocolum concilii secreti, fol. 45v.

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Schwendi. Aufgrund der erwähnten osmanischen Qualitäten jedoch – „ex superdictis qualitatibus“ – seien lediglich das Bemühen um Verteidigung und die Bewahrung des Friedens sinnvoll: „Also das wir allain in terminis defensionis und nit offensionis stehen, darunter dennoch gegen diesem feindt eins gar vleissigen aufsehen vonnotten“, und deshalb sei „den fridt zu erwelen und derselbig, wie man kan, […] zu erhalten, weil sich sonst kein volck bisdahero gegen den Türken auferhalten kunden als allain durch disen weg.“237 Er riet der kaiserlichen Seite daher, den Reichsständen in den nachfolgenden Verhandlungen möglichst genaue Verteidigungspläne vorzulegen. Des Weiteren sei die osmanische Gefahr und die Schwierigkeiten ihrer Abwendung, anschließend der Zustand an den Grenzen samt allen horrenden Konsequenzen, mit Bedacht zu schildern. Man hätte zudem die Bemühungen des Kaisers und seiner Länder bei der Türkenabwehr darzulegen, ebenso wie deren Ohnmacht, den Osmanen ohne externe Hilfe standzuhalten. Weitere Punkte seiner Empfehlung waren die detaillierte Darstellung der kaiserlichen Pläne für die Verteidigung und deren Kosten sowie die endgültige Definition und Formulierung der Wünsche und Erwartungen hinsichtlich der Ständehilfe bei der Türkenabwehr.238 Schwendi war der Meinung, dass die oben genannte Unterstützung in der Höhe von 700.000 Gulden jährlich – unter der Voraussetzung der Beisteuerung der gleichen Summe durch die Territorien des Kaisers – hoch genug sei, um die Grenzen zu halten und deren Lage, wie er sagte, besser, beziehungsweise erträglicher zu gestalten: „Vermaint er [das heißt Lazarus von Schwendi] seiner raitung nach, dieweil ir Mt. erblande als Behaim, Schlesien, Meerhen, baide Österreich und Hungern jherlich in die 700.000 gulden contribuiern, wan das Reich auch so vil dazugebe, das mecht 14 tonnen goldts, es wolte die greniz gegen disem veindt wol erhalten, sonderlich wan man wol zalet, wurde es vil besser und leichter gehn als bishero, und damit solche hilf desto ehe erlangt, müssten etwa leidliche und dem armen man verglichtere mittel furzuschlagen werden.“239

Über Letzteres sprach Schwendi wohl nicht ausführlicher, ebenso wenig wie über den Ritterorden an den ungarischen Grenzen, für dessen Sache er sich einsetzte.240 Seine Betrachtung schloss Schwendi mit dem Gedanken, bei den Reichsständen Vertrauen herzustellen und dabei nicht das, was „recht“, sondern das, was „necessitas“ sei, zu berücksichtigen. Dies seien jene Punkte, die Maximilian leiten sollten: 237 Protocolum concilii secreti, fol. 46r. 238 Ebenda. 239 Protocolum concilii secreti, fol. 46v. 240 Protocolum concilii secreti, fol. 47r.

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„Letztlich muß auch ein gut vertrauen hiezwischen der stenden angericht und mistrauen abgestellt werden. Das zu erlangen muß ir Mt. nit sehen was eben recht […], sondern was necessitas were, noch achtung geben, was von Rom geschriben, auch Hispanien oder was legatus oder ein andern sagen, sondern simpliciter sehen und furnemen, was per sens necessitas erfordert, und also exemplo Alexandri den Gorgonem nodum des mistrauen, und denen die gern darunter sich solches erheben […], hauen und gladio, nit mit fingern, resoluirn und auflosen.“241

Daran anschließend gaben Weber und Vieheuser ihre Standpunkte zu Protokoll und wiederholten dabei jene Argumente, die bereits in der kaiserlichen Proposition niedergeschrieben waren.242 Zuletzt trug auch der Kaiser selbst vor. Enttäuscht über die Antwort der Stände gab er Folgendes zu verstehen: „Die antwort der stendt sei spottisch und gar nit ad propositum, sondern allain ex reputatione electorum hergeflossen.“243 Diesen Worten des Reichsoberhauptes, ebenso wie der oben angeführten Äußerung – „Aut principes mihi non credunt aut nihil intelligunt aut alia quaerunt“ – ist sicherlich primär große Enttäuschung zu entnehmen. Zugleich jedoch ist dabei seine Einsicht zu erkennen, dass die Verhandlungen noch nicht den Punkt erreicht hatten, von welchem ausgehend man ernsthaft über die Reichshilfe diskutieren hätte können, denn die Selbstbezogenheit der Kurfürsten – „ex reputatione electorum“ –, die simplen Vorwände – „aut mihi non credunt aut nihil intelligunt“ –, und taktischen Züge – „aut alia quaerunt“ – hatten nach wie vor die Oberhand. Obgleich der Kaiser sehr enttäuscht war – resigniert sagte er sogar „Wan es auch dabey pleiben solte, wer besser gar nicht, als diss anzunemen“ –, beharrte er dennoch darauf, die Verhandlungen fortzuführen und in der Duplik von Neuem die äußerste Gefahr hervorzuheben, die den habsburgischen Ländern und dem Reich drohe. Zudem sei auf den baldigen Feldzug des Sultans hinzuweisen sowie auf die „huldigung und abfall der unterthanen“ an die türkischen Paschas, eine Sache, die das Reichsoberhaupt, wie es scheint, besonders traurig stimmte. Er trug Schwendi auf, einen Plan für einen neuen Ritterorden an den ungarischen Grenzen zu konzipieren sowie Übersichten der Grenzen und des neuen Verteidigungssystems zu erstellen. Er selbst war entschlossen, über diese Angelegenheit mit den Räten der Reichsstände persönlich zu verhandeln.244 In den folgenden Tagen erstellten die kaiserlichen Räte eine Antwort auf 241 242 243 244

Protocolum concilii secreti, fol. 46v–47r. Protocolum concilii secreti, fol. 47r–47v. Protocolum concilii secreti, fol. 47v. Vgl. Moritz, Die Wahl Rudolfs II. (1895), S. 330. Protocolum concilii secreti, fol. 47v–48r.

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die Replik der Reichsstände. Lazarus von Schwendi hatte dabei einen wichtigen, möglicherweise sogar den Hauptanteil inne. Andreas Erstenberger, der Protokollant des geheimen Rates, hielt jedenfalls am 29. und 30. Juli fest: „Tota dies consumpta est in legendo des herrn von Schwendi bedencken und discursus uber das ganz türkisch kriegswesen.“245 In diesen Tagen wurden auch die ersten beiden Texte über das Verteidigungssystem, sicherlich auf Basis von Schwendis Ausarbeitungen, erstellt. Die Geheimräte planten, den einzelnen Ständen beide Texte zur Durchsicht zu geben.246 Sie waren außerdem hinsichtlich der militärischen Angelegenheiten der Meinung, in die projektierten Verteidigungspläne auch die Reichsstände selbst einbeziehen zu müssen. Diese würden somit nicht nur an der Finanzierung der Verteidigung beteiligt sein, sondern auch zur Defension selbst, das heißt zu Kriegshandlungen, herangezogen werden.247 Leider teilt das Protokoll des Geheimen Rates nicht die konkreten Formen dieser Idee mit. Schwendi, der sich am 1. August mit den innerösterreichischen Gesandten getroffen und mit ihnen über die Versorgung der kroatischen und windischen Grenzen gesprochen hatte,248 thematisierte die militärischen Angelegenheiten in der Sitzung des Geheimen Rates am 2. August ausführlich. Diesmal setzte er sich, anders als einige Tage zuvor, für ambitioniertere, gar offensive Verteidigungsmaßnahmen ein, welche auch die Möglichkeit eines Angriffes beinhalten sollten; der „offensiv krieg“ schien ihm also nicht mehr unmöglich.249 Im Gegenteil, er hielt ihn für unbedingt notwendig, und daher sei in jedem Fall eine Lösung des Problems zu finden. Mit drei Argumenten begründete er seinen Standpunkt. Erstens, die Vermeidung des Kampfes ermutige die Osmanen und nähre ihre Verachtung für die „Deutschen“.250 Zweitens würden, so seine Überzeugung, Gottes Segen sowie gottgegebene Chancen und Erfolge bei einem solchen Krieg nicht ausbleiben: „So were auch die handt Gottes nit verkhurzt, das er nit ein gelegenhait schicken kann, etwas fruchtbares auszurichten.“251 Und drittens spielten auch taktische Überlegungen in diesem Unterfangen eine Rolle: Schwendi vertrat die Ansicht, dass die osmanische Gefahr durch bloße Verteidigung nicht wirklich abgewendet werden könne: „Sollte man der immer zu allain in terminis defensionis pleiben, so wurdt man nimer aus der not kumen und wer dem wesen gar nit gehol-

245 Protocolum concilii secreti, fol. 48r. 246 Protocolum concilii secreti, fol. 49r. 247 Ebd. 248 Siehe Quellen I, Tägliche verrichtung, 1. 8. 249 Protocolum concilii secreti, fol. 49v. 250 Ebd. 251 Ebd.

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fen“252, gab er zu verstehen. Trotz aller argumentativen Bemühungen aber konnte Schwendi weder den Kaiser noch die Geheimräte mit seinen Argumenten überzeugen. Diese wiederum schätzten eine Offensive „zur zeit [als] gar schwerlich“ ein,253 weshalb sie Schwendis Anregungen zurückwiesen. Nicht nur aufgrund dieser Umstände schien diese Sitzung sehr unangenehm für Schwendi gewesen zu sein. Seine Ratschläge bezüglich des Gemeinen Pfennigs und der Besteuerung der Geistlichkeit wurden äußerst kritisch betrachtet, worauf Schwendis Protest unmittelbar folgte: Die Ratschläge, die er gegeben hätte, wären nicht „odio papatus“, sondern vielmehr „amore patriae et necessitate extrema“ gewesen.254 Als Reaktion auf seine Ansprache über das Verteidigungssystem, den Anteil der Königreiche des Kaisers und der darin integrierten Länder an demselben sowie über die Formulierung der Texte, welche den Reichsständen in dieser Angelegenheit vorgelegt werden sollten, erwiderte Leonhard von Harrach, dass „dieweil königreiche und lande der hilfen und zuzugs nicht gewiß und richtig [seien], item die greniz sich durch verlust viler heuser etlicher orten geendert, so konte man disfals in specie nichts, sonder sondern allain in genere ubergeben“255. Schwendi jedoch bestand darauf, die Texte dennoch aufzusetzen und im Anschluss daran den Anteil der von den Ständen zu erbringenden Leistungen zu entscheiden.256 Bei dieser Tagung des Geheimen Rats wurde bereits der erste Entwurf der kaiserlichen Antwort auf die Replik der Reichsstände verlesen. Wieder war es Lazarus von Schwendi, der dieses Konzept aufsetzte, es berichtigte und ergänzte. Schwendi, Ilsung und Weber machten sich somit am 3. August desselben Jahres an die Erstellung einer Finanzübersicht über das ordentliche und außerordentliche Heer an den Grenzen sowie einer Spezifikation der Finanzierung der strategisch bedeutendsten Grenzfestungen.257 Ihren Schätzungen zufolge beliefen sich die Kosten der regelmäßigen Grenzarmee auf 1.305.959 Gulden, jene der außerordentlichen Besatzung, also der „extraordinary besazung“, dagegen auf 596.400 Gulden. Des Weiteren setzte man die Erhaltung und Befestigung der Grenzfestungen bei nicht weniger als 315.100 Gulden an, wobei allein die Befestigung der Stadt Wien 200.000 Gulden ausmachte.258 Gleichzeitig erörterten Schwendi, Weber und Ilsung die kaiserliche Proposition bezüglich der Einrichtung eines Ritterordens an den ungari252 Protocolum concilii secreti, fol. 50r. 253 Ebd. 254 Protocolum concilii secreti, fol. 50v. 255 Ebd. 256 Protocolum concilii secreti, fol. 51r. 257 Ebd. 258 Ebd.

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schen Grenzen. Dieses Thema aber wurde nicht besonders breit diskutiert, dafür kam es aber zur Verlesung eines weiteren Schriftstücks von Schwendi – „item ein andere schriften, so der herr von Schwendi verfasset, von anstellung der ganzen kriegswesen auf der frontier“ –, welches die Geheimräte dem Kaiser vorzulegen und danach in die Antwort des Reichsoberhauptes auf die Replik der Stände einzusetzen planten.259 Darüber hinaus wurden jene Beilagen geordnet, die später der kaiserlichen Duplik angefügt werden sollten. Es handelte sich dabei um eine Auflistung der Grenzfestungen und deren ordentlichen Besatzungen sowie um eine Übersicht der Befestigungskosten. Zudem fügte man eine Abhandlung über die Verfassung des Verteidigungssystems und ein Exposé über den oben thematisierten Ritterorden bei.260 Der Entwurf der kaiserlichen Duplik wurde im Geheimen Rat erneut am darauffolgenden Tag, also am 4. August verlesen. Schwendi nahm an dieser Sitzung nicht teil, den Kaiser sowie die Geheimräte stellte das Konzept dennoch zufrieden.261 Anlass zur Diskussion gaben nun der Anhang zur Duplik, in welchem die Verteidigungsstrategien beschrieben wurden, sowie jene Abschnitte, in welchen vom Anteil der kaiserlichen Territorien in puncto Verteidigung die Rede war. Behandelte Themen waren Wehrordnungen sowie „personlicher zuzug“, welche beide aus dem Entwurf gestrichen werden sollten, denn, so die kurze Begründung, „dero ding keines richtig“.262 Kaiser und Räte beschlossen zudem, sich in den weiteren Verhandlungen insbesondere an die Kurfürsten zu wenden; der Kaiser selbst sollte mit den Kurfürsten verhandeln und ihnen ein „manu propria“ verfasstes Schreiben zusenden lassen. Ebendieses würde das Reichsoberhaupt jenen Gesandten anvertrauen, die den Kurfürsten gleichzeitig seine Antwort auf die Replik der Stände überreichen sollten. Man ernannte zunächst Sigmund Vieheuser, der den sächsischen und den brandenburger Kurfürsten aufzusuchen hatte, und Hans von Hansenstein, welcher nach Mainz und Heidelberg abgesandt werden sollte. An deren Stelle wurden schließlich jedoch Ludwig Ungnad und Johann Achilles Ilsung nominiert.263 Der Wortlaut der Duplik wurde letztlich in der Sitzung des Geheimen Rates am 8. August verlesen. Neben dem Kaiser waren alle Geheimräte sowie Lazarus von Schwendi anwesend. Sie zeigten sich mit der Diktion einverstanden, und so konnte die Abschrift am darauffolgenden Tag, am 9. August, vor den Reichsständen verlesen werden.264 259 Protocolum concilii secreti, fol. 51v. 260 Ebd. 261 Ebd. 262 Protocolum concilii secreti, fol. 52r. 263 Ebd. 264 Protocolum concilii secreti, fol. 53r. Siehe auch Duplik, presentatum 9. 8. Regenspurgerische reichshandlung, fol. 87v–96r. Vgl. Moritz, Die Wahl Rudolfs II. (1895), S. 332.

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In seiner Einleitung erörterte der Kaiser zunächst die Argumente der Reichsstände für die angedachte Höhe ihrer Bewilligung sowie deren anderweitige Vorschläge.265 Der Wortwahl Maximilians war Enttäuschung einerseits und Verwunderung andererseits zu entnehmen. Sowohl die Teuerung als auch zahlreiche andere Schwierigkeiten würden die Stände an der Bewilligung einer ausgiebigeren Hilfe hindern, so das Reichsoberhaupt. Seine Antwort vereinte sowohl Verständnis gegenüber der ständischen Position als auch Nachdruck und Entschlossenheit in seiner Sache. So gestand er sich ein, alle angesprochenen Schwierigkeiten zu kennen und deren Brisanz zu erahnen. Dies dürfe jedoch, laut seiner Meinung, keinesfalls ein Hindernis für die Anerkennung der äußersten Gefahr darstellen, die der Christenheit und insbesondere „dem geliebten vaterlandt, teütscher nation“ drohe. Der Kaiser habe, schrieb er, auf eine gewogene und einsichtige Antwort gehofft, weniger auf eine Reaktion, die ihn im Glauben ließe, dass die Stände am Ernst der Gefahr und der Erschöpfung und Ohnmacht seiner Länder zweifelten. Aus eben diesem Grund seien auch die von den Ständen innerhalb ihrer Replik aufgezählten Vorschläge dahingehend verfasst, dass man sie weder annehmen noch richtig nachvollziehen könne. Die Stände hätten ihm geraten, fuhr Maximilian fort, sich um den Frieden zu bemühen und eine Restitution der von den Osmanen besetzten Gebiete und eroberten Festungen zu fordern. Daraufhin war bekanntlich ein Waffenstillstand geschlossen worden, doch war der Preis dafür ein Restitutionsverzicht. Zudem war der Waffenstillstand eine Notwendigkeit, die nicht nur von der Ohnmacht des Kaisers und der Unfähigkeit seiner Königreiche und Länder, sich den Osmanen allein entgegenzustellen, diktiert worden war, sondern auch von der Erfahrung, die gezeigt habe, dass alle Kaiserreiche, Königreiche, Fürstentümer und überhaupt alle Herrschaften geschlagen und vernichtet worden wären, die versucht hätten, sich den Osmanen zu widersetzen, sie abzuwehren und sich nicht rechtzeitig ihrer Gewalt unterworfen hätten. Die Übermacht des Feindes stünde also klar fest, wohingegen die Vereinbarung des Waffenstillstandes als Gebot der möglicherweise letzten Stunde deklariert wurde. Die beschlossene Waffenruhe, setzte der Kaiser fort, sei aber kein Frieden, nicht einmal eine Zusage desselben. Die Osmanen würden den Zustand nämlich für ihre Zwecke, also für einen Ausbau ihrer Militärmacht, nutzen. Zahlreiche Beispiele an den Grenzen, „daß diser feindt undter dem schein des fridens der Christenhait mer schadens und abbruchs gethan und mer landt und leyth unter sich gerissen hat, dann in offenen kriegen und veltzügen“,266 würden diese Erkenntnis belegen. Ohne 265 Duplik, Regenspurgerische reichshandlung, fol. 87v f. 266 Duplik, Regenspurgerische reichshandlung, fol. 90r.

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Unterbrechung würden Einfälle, Plünderungen, Brandschatzungen, Verwüstungen, Menschenraub und Tötungen fortgesetzt. Insbesondere die kroatischen Grenzen, wo die türkischen Truppen jüngst die Festungen Bužin, Novigrad, Gvozdansko und Cazin erobert hatten, seien dieser Tragödie ausgesetzt. Ebenso hatte es unlängst einen Angriff auf Hrastovica gegeben, der allerdings gescheitert war, einige benachbarte Befestigungen waren jedoch niedergebrannt worden. Bihać und andere wichtige Festungen in Kroatien seien, fuhr der Kaiser fort, dermaßen schlecht versorgt, dass deren Verteidigung das größte Risiko darstelle. Die Türken würden sich auch der slawonischen Grenze und Ortschaften nähern, die nur drei Meilen vom steirischen Radkersburg entfernt lägen. Hinzu käme, dass die Einfälle des Feindes nicht nur auf Plünderungen und Brandschatzungen beschränkt blieben, sondern sich auf die Bevölkerung auszuweiten drohten: Mit der Eroberung neuer Gebiete würden die Osmanen die ansässigen Bewohner zwingen, sich ihrer Gewalt zu unterwerfen und ihnen Abgaben zu zahlen. Auf diese Art hätten die Türken ihre Territorien bis an die Raab erweitert und seien nahe an die oberösterreichischen und steirischen Grenzen gelangt. Es sei ihnen gelungen, so das Reichsoberhaupt, ihr Kriegsvolk dermaßen zu verstärken, dass „ime nit weiters vonnöten (wie er etwa hievor thuen müssen) von Constantinopel und andern weit entlegenen orten ein kriegsvolck, munition und dergleichen khriegsnotturft herauszubringen, sonder nunmehr solchs alles gleich an der hand“ sei.267 Unter solchen Umständen, vor dem Hintergrund einer dermaßen ausgeprägten Übermacht der osmanischen und der gravierenden Schwäche der kaiserlichen Seite, sei die Verteidigung eine äußerst schwierige Aufgabe, also ein Unterfangen, schloss der Kaiser, welches mit der Vereinbarung des Waffenstillstandes alleine nicht ad acta gelegt werden könne. Zur Bewältigung des Problems seien vielerlei Maßnahmen notwendig: Zunächst gelte es, ein starkes und nachhaltiges Abwehrbollwerk – „ein guete, starckhe, ordenliche und beharrliche defension“ – zu errichten. Dies bedeutete, das Kriegsvolk an den Grenzen zu verstärken, die Festungen zu sichern und mit Waffen und anderem Kriegsgerät zu versorgen. Gleichzeitig, so fuhr er fort, müsse man sich auf den Feldzug des Sultans sowie seiner Beys und Paschas vorbereiten und eine schnelle und gut ausgebildete Armee zusammenstellen. Diese, wie er sie nannte „ansehnlich eilende hilf und vorrath“, sollte in der Lage sein, einen drohenden Angriff gekonnt abzuwehren. Ein fester Verteidigungsgürtel und im Falle unmittelbarer Gefahr leicht zu mobilisierende Truppen würden die Angelpunkte des Verteidigungssystems darstellen, das sowohl von den Ländern des Kaisers als auch 267 Duplik, Regenspurgerische reichshandlung, fol. 90r f.

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vom Reich getragen werden sollte. Dieses Defensionsssystem übernahmen bis dato, ließ Maximilian schreiben, die ungarischen, kroatischen und windischen Grenzen; deren Verlust bedeute freie Passage für die Osmanen in den Donauraum und andere deutsche Territorien, welche vom Feind ohne viel Mühe verwüstet werden könnten, wodurch „unzeliche beschwärungen, verhörung […] und elend“ verursacht würden.268 In diesen Regionen, argumentierte der Kaiser weiter, existiere keine aus starken Festungen bestehende und im Falle eines türkischen Vormarschs mit rasch zu mobilisierenden Truppen ausgerüstete Verteidigungskette. Sollte man sich dennoch auf diese Option vorbereiten, so bedeutete dies, neben enormem Aufwand, ein Zehnfaches jener Kosten, die für den Erhalt und die Verstärkung der Grenzen in Ungarn aufgewendet werden müssten. Hinzu käme, schrieb er weiter, dass in Ungarn „dennoch noch etlich veste plaz und leüt zu finden, die den feindt khennen und sein art zum kriegen wissen“.269 Der Verlust des Donauraumes hätte zudem auch wirtschaftliche Auswirkungen: Man liefe unweigerlich Gefahr, fruchtbare Felder und bedeutende Handelswege, welche in Zeiten der Not den Export von Lebensmitteln nach Deutschland ermöglichten, zu verlieren. Der Verlust der ungarischen Grenzen hätte also fatale Auswirkungen. Der Kaiser schlug den Ständen demnach vor, eigene Kommissare in die betroffenen Regionen zu entsenden, um sich von der desaströsen Lage der Grenzen und der Schwäche des Verteidigungssystems zu überzeugen. Drei ergänzende Anhänge, welche der Kaiser der Duplik beilegte, sollten einen Sinneswandel der Reichsstände hinsichtlich der Erfordernisse in den Grenzgebieten und der Kosten der Errichtung eines starken Verteidigungssystems herbeiführen. Zunächst handelte es sich um eine Auflistung der Wehranlagen von der Adria bis nach Siebenbürgen sowie eine Zusammenstellung der Festungen der kroatischen, windischen, ungarischen, bergstädtischen und Zipser Grenze, in der die Anzahl der Soldaten nach einzelnen Kastellen und die monatlichen Kosten ihres Unterhaltens genannt wurden. Außerdem beinhaltete das Konzept einen Plan zur Verstärkung der umstrittenen Regionen mit Soldaten, inklusive Angaben zu den Kosten der Initiative sowie eine Skizze der Verteidigungstaktik. Diese Schreiben sollten den Ständen verdeutlichen, wie unangemessen ihre Bewilligung von lediglich vier Römermonaten pro Jahr sei. Mit einer solchen Summe, die, wie der Text besagt, weniger als 300.000 Gulden betrage, könnten nicht einmal die wichtigsten Mängel behoben werden. Die Bewilligung der Stände, wie sie in ihrer Replik festgeschrieben wurde, sei somit völlig unverständlich und inakzep268 Duplik, Regenspurgerische reichshandlung, fol. 91v. 269 Ebd.

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tabel. Der Kaiser rief in der Folge erneut zur „unvermeidlichen“ und „mitleidenlichen“ ständischen Zustimmung auf. Das Reichsoberhaupt schlug zwei Finanzierungsalternativen vor: einen Matrikularbeitrag oder eine Bewilligung in Form des Gemeinen Pfennigs, wobei er selbst letzteren Weg favorisierte. Die Matrikularbewilligung sei, behauptete der Kaiser, ohne weiter vertiefend auf seine Behauptungen einzugehen, unzureichend und darüber hinaus Ursprung diverser Missverständnisse und Klagen. Der Gemeine Pfennig dagegen stelle „mehr austreglichere und gleichmessigere mitl“ dar. Transparenz und die Möglichkeit der ausgewogeneren Verteilung der Lasten waren für das Reichsoberhaupt also entscheidende Aspekte. Der Gemeine Pfennig war somit des Kaisers Präferenz, sein Modus war Folgender: Die Fürsten sollten die Höhe ihrer Kontribution auf Basis ihrer eigenen Bewertung des Kameralbesitzes und ihrer finanziellen Leistungsfähigkeit selbst bestimmen, der weltliche Adel und die Untertanen hätten ein Dreißigstel ihres Einkommens, die Geistlichkeit ein Zwanzigstel und die Juden ein Zehntel zu bezahlen.270 Darüber hinaus forderte der Kaiser eine Soforthilfe in Höhe von zwölf Römermonaten, eine Leistung, die der Linderung der dringendsten Bedürfnisse an den Grenzen und der Verhinderung ihres weiteren Verfalls gewidmet werden sollte. Würden die Reichsstände jedoch Schwierigkeiten bei der Durchführbarkeit dieses Plans sehen und sich in weiterer Folge nicht dafür aussprechen, sollte der Vorschlag des Kaisers bezüglich der Matrikularbewilligung in Kraft treten: 120 Römermonate, verteilt auf die folgenden fünf Jahre, also jährlich 24 Römermonate. Maximilian empfahl den Ständen weiters, Kriegs- und Finanzmeister zu ernennen, welche bei der Verwaltung und Verwendung der Reichsbewilligung mitwirken sollten. Gleichzeitig sicherte er ihnen zu, sich selbst „ehrenhaft, richtig und konsequent“ dafür einzusetzen. Wiederholt thematisierte er den erwarteten getreuen Einsatz und die Ergebenheit seiner Territorien in der Verteidigung der Christenheit, des Reiches sowie der einzelnen Länder. Er wurde nicht müde, die Stände wieder und wieder zu ermutigen, seinen Plänen Gehör zu schenken, folglich ihre Hilfe zu erbringen und auf diese Weise ihn selbst sowie das Reich, das heißt sich selbst, zu stärken. Bevor wir uns ansehen, wie die Stände die Argumentation des Kaisers aufnahmen und wie groß ihre Bereitschaft war, seinen Anliegen entgegenzukommen, gilt es zunächst die Anhänge zur kaiserlichen Duplik zu behandeln. Diese Zusätze beinhalten eine detaillierte Schilderung der Lage an den kroatischen und ungarischen Grenzen, ebenso wie Angaben zu ihren finanziellen Erfordernissen und zur Strategie der Türkenabwehr. Wie der Diskussion des 270 Duplik, Regenspurgerische reichshandlung, fol. 94r f.

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Geheimen Rates zu entnehmen ist, handelte es sich um Schriftstücke, die der kaiserlichen Seite als Argumentationsgrundlage im Gespräch mit den Reichsständen dienen sollten, und somit zwangsläufig einen fiktiven und nicht den tatsächlichen Zustand an den Grenzen sowie in den habsburgischen Territorien schilderten. Daher sind die Titel der drei Anhänge, mit welchen sie in den kaiserlichen Kanzleien versehen wurden, irreführend. Die Schriftstücke sollten ein für die Reichstagsdebatten inszeniertes Wirklichkeitbild abgeben und nicht die wahren Zustände aufzeigen: Nicht von der wahren Tragik der Zustände an den Grenzen des Reiches, sondern von einer gewissermaßen inszenierten Tragik und Aussichtslosigkeit der Lage glaubte die kaiserliche Seite in den Verhandlungen mit den Reichsständen Gebrauch machen zu können. Die in den Anhängen angeführten Angaben sind daher keineswegs verlässlich; vielmehr müssen sie einer genauen Überprüfung unterzogen werden. Doch dies soll nicht das Thema in dieser Studie sein. Anliegen dieser Studie ist es vielmehr, sich dem Argument selbst zu widmen. Da das Argument wohl niemals in der gelebten, sondern zuerst in der gewünschten respektive imaginierten Realität seine Wurzeln schlägt, um erst danach in die Wirklichkeit einzudringen, darin zu gedeihen und sie zu formen, so ist in dieser kaiserlichen Duplik und ihren Anhängen kein militärisches Konzept der Türkenabwehr zu sehen, an das der Kaiser und seine Berater wirklich geglaubt hätten. Zunächst einmal ist sie als Verhandlungsmanöver – als solches wird sie sich schließlich entpuppen, wie im Folgenden noch zu zeigen sein wird – zu interpretieren, die auf der einen Seite die militärischen Kompetenzen des Kaisers und seiner Berater, gleichzeitig aber auch ihren strategisch-diplomatischen, ja politischen Einfallsreichtum unter Beweis stellt. Nach dem ungünstigen Ergebnis der ersten Verhandlungsrunde mit den Reichsständen musste der Kaiser mit seiner Duplik mit den Forderungen, die er stellte, und den Argumenten, womit er sein Ansinnen rechtfertigte, an die äußersten politischen beziehungsweise verfassungsmäßigen Grenzen der Reichsverfassung gehen. Wie es um die tatsächlichen realitätsbezogenen Möglichkeiten dieses kaiserlichen Manövers bestellt war, ist eine besondere Frage, die sicherlich nicht eindeutig beantwortet werden kann. An dieser Stelle soll das Manöver selbst thematisiert werden: das Argument in seiner analytischen und politischen Dimension. Es sei dabei im Voraus gesagt, dass der militärische, strategische Wert dieses Konzepts nur ein kurzfristiger war. Über den Stellenwert des Argumentes ging die kaiserliche Duplik also nicht hinaus. Der erste Anhang beinhaltete eine Liste der Festungen an den kroatischen, windischen, ungarischen, bergstädtischen und Zipser Grenzen,271 mitsamt der Zahl der darin stationierten Soldaten und den Kosten ihres Un271 Duplik, Beilage A, Regenspurgerische reichshandlung, fol. 87v–96r.

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terhalts. Laut dem Verzeichnis befanden sich in diesen Regionen 123 Festungen, worin 14.546 Fußknechte und 6.511 Reiter, insgesamt also 21.057 Soldaten, davon 15.670 an den ungarischen sowie 5.362 an den kroatischen und windischen Miltärgrenzen, stationiert waren.272 Die Aufteilung des Kriegsvolkes war, ebenso wie die Summen für deren Unterhalt, also sehr unausgewogen.273 In den kroatischen Grenzräumen existierten 63 Befestigungen mit 2.219 Fußknechten und 531 Reitern. Jährlich benötigte man allein für sie 173.132 Gulden. Im windischen Gebiet, dem jährlich 132.180 Gulden zukommen sollten, gab es neun größere Wehranlagen, worin 1.861 Fußknechte und 751 Reiter untergebracht waren. Insgesamt zählte man 72 Festungen an den kroatischen und windischen Militärgrenzen, 4.080 Fußknechte und 1.282 Reiter. Hier war eine finanzielle Leistung von 305.312 Gulden notwendig, um für den Unterhalt der Truppen aufzukommen. Die Verteidigungsstruktur der ungarischen Krone wies sowohl in strategischer als auch in finanzieller Hinsicht einen anderen Charakter auf und war ungleich teurer. Die ungarische Kanizsa- und Raabgrenze umfasste 22 mit 5.643 Fußknechten und 1.950 Reitern bemannte Bastionen, welche jährlich etwa 448.620 Gulden verschlangen. Im bergstädtischen Raum zählte man 18 Festungen mit 2.152 Fußknechten und 1.314 Reitern. Die Zahl der Truppen an der Zipser Grenze belief sich auf 13 Wehrkastelle mit 2.661 Fußknechten und 1.950 Reitern. Die für die Verteidigung an der bergstädtischen Grenze erforderliche Summe betrug 178.932, jene für den Zipserraum etwa 378.996 Gulden. Insgesamt zählte man an den ungarischen Grenzen also 53 Festungen, 10.456 Fußknechte und 5.214 Reiter, der Unterhalt dieses Gebietes und der darin stationierten Männer erforderte jährlich 1.006.548 Gulden. Die jährlich für den Unterhalt des Kriegsvolks an den ungarischen und kroatischen Grenzen aufzuwendende Summe betrug somit 1.311.860 Gulden. Hinzu kamen noch 15.476 Gulden, die für die Bezahlung von Kriegsräten, des Kanzleipersonals des Kriegsrates, von Dolmetschern, Kriegs- und Pfennigmeistern und sonstigem Hilfspersonal verwendet werden mussten. Doch 272 Die Angaben in Regenspurgerische reichshandlung unterscheiden sich deutlich von den Angaben, die aufgrund der Schriftstücke der Reichshofkanzlei und der in der Kanzlei des Mainzer Kanzlers aufbewahrten Materialien des Reichstages von Géza Pálffy angeführt werden und die besagen, dass es an den kroatischen und ungarischen Grenzen 123 Festungen gäbe, in denen sich insgesamt 22.513 Soldaten befinden würden, davon 17.190 an den ungarischen und 5.323 an den kroatischen und windischen Militärgrenzen; darüber hinaus gäbe es an den Grenzen noch 4.500 Soldaten des Sondereinsatzes, sodass die Gesamtzahl aller Soldaten 27.013 betragen würde. Pálffy, Der Preis für die Verteidigung der Habsburgermonarchie (1992), S. 24. Rauscher, Kaiser und Reich (2003), S. 74–76. Loserth, Innerösterreich (1934), S. 205–208. 273 Wie in Anm. 276.

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auch die Summe dieser beiden Beträge zusammen, also 1.327.336 Gulden, war noch nicht die finale Berechnung. Die jährlichen türkischen Huldigungen, die dringenden Reparaturen an den Festungen sowie Aufwendungen für Waffen und Proviant, die, wie der Text besagt, nicht näher bestimmt werden könnten, waren darin nicht inbegriffen.274 Der zweite Anhang der kaiserlichen Duplik bestand aus zwei Teilen. Der erste stellte einen Plan zur Verstärkung der Grenzen und den damit verbundenen finanziellen Aufwand dar: In Zeiten täglicher Türkeneinfälle und immerwährender Waffenstillstandsverletzungen gälte es eine starke Armee zu bilden, die in der Lage sein sollte, rasch und effektiv zu intervenieren, um die Bedrohung abzuwehren.275 Dabei sei wichtig, „das an jedem ort der frontier der obrist ain sonder khriegsvolckh habe, das auf ime warte und das er in solichen fällen eylendts allerorts zur handt haben und hin und wider verschickhen möge“276. Der Plan sah zudem vor, die Grenzen mit 1.550 deutschen Reitern, 1.500 Husaren, 750 Arkebusieren, 1.600 deutschen Schützen, 600 Haramien und 700 Hajduken, insgesamt also mit 6.700 Mann zu verstärken; dabei sollten 1.100 Mann in den kroatischen und 900 in den slawonischen Gebieten ihren Dienst aufnehmen. Die gleiche Anzahl an Soldaten sei auf der Kanizsa-Grenze aufzustellen, in den Räumen an der Raab, Bergstadts und Zips sollte man zusätzliche 1.400, 1.100, beziehungsweise 1.300 Soldaten stationieren. Die ungarischen Grenzen seien also mit weiteren 3.710 Soldaten zu verstärken, die kroatischen mit zusätzlichen 2.000. Die jährlich für die Unterhaltung dieser außerordentlichen und zusätzlichen Armee erforderliche Summe, der „extraordinary besatzung“, betrug insgesamt 596.400 Gulden. Den zweiten Teil des Anhanges bildete eine Auflistung der Orte und Festungen, die es zu befestigen galt. Insbesondere die Stadt Wien, die Festungen Komorn, Raab, Papa, Veszprém, Todtes, Erlau, Sender, Tokaj und Kanizsa wurden darin hervorgehoben. Letztere bedürfe, laut Text, möglichst rascher Hilfe, denn sie gelte als jener Stützpunkt, dem in der Verteidigung der völlig ungeschützten Länder Steiermark und Oberösterreich eine Schlüsselrolle zukomme. Ebenso schwach ausgerüstet sei auch die bergstädtische Grenze. Die für die dringendsten Arbeiten zu deren Befestigung nötige Summe würde 400.000 bis 500.000 Gulden übersteigen, wobei, nach Schätzungen der Stände Kärntens und der Steiermark, allein die Befestigung der kroatischen und windischen Grenzländer etwa 300.000 Gulden kosten würde. Diese Summen könnten allerdings weder durch den Kaiser 274 Duplik, Regenspurgerische reichshandlung, Beilage A, fol. 96v–104r. 275 Duplik, Regenspurgerische reichshandlung, Beilage B, fol. 105r–107v. 276 Duplik, Regenspurgerische reichshandlung, Beilage B, fol. 105r.

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noch durch die Landschaften der kaiserlichen Territorien aufgebracht werden, weshalb Maximilian seinen Aufruf an die Reichsstände, die bedrängte Lage an den Grenzen verständnisvoll, ja emphatisch zur Kenntnis zu nehmen, wiederholte. Auf die allgemeine Einschätzung der Lage und den Aufruf zur Tat folgte eine Spezifizierung der Baukosten beziehungsweise der finanziellen Aufwendungen zur Sicherung der Grenzanlagen. In den die kroatischen und windischen Territorien betreffenden Textteilen277 gab der Anhang die Bewilligung der Landstände Steiermarks, Kärntens und Krains von 20.000 Gulden für Kanizsa bei der Tagung in Bruck an der Mur an. Dabei handele es sich jedoch nicht um die für die Fertigstellung der Festung erforderliche Summe, so das Fragment. An der kroatischen Grenze sei zudem die Anlage Hrastovica zu befestigen, wofür man mit 2.000 Gulden rechnen müsse. Die gleiche Summe sei auch für die Aufrüstung von Serin und Podel erforderlich. Für die Befestigung von Ogulin seien 1.000 Gulden notwendig, für Vlinia 600 und für Gvozdansko 500 Gulden. Einen Zuschuss von 5.000 Gulden benötige man für die militärische Aufrüstung von Slunj, Cetin und Krstinje, für Senj dagegen gar 10.000 Gulden. An der windischen Grenze bedürfe man für Vombra 60.000 Gulden, ebendiese Summe sei auch für die Festungen Ivanić, Koprivnica und Cirkvena notwendig, und ein vollständiger Aufbau der Schutz- und Wehrkastelle Derniš, Topolovac und Sveti Ivan verschlinge zudem jeweils 5.000 Gulden. Die Gesamtsumme für den Ausbau der erwähnten Festungen an der kroatischen Grenze betrage somit 250.000, jener der windischen Grenze dagegen 82.100 Gulden. Insgesamt also beliefen sich die Ausgaben auf 352.100 Gulden. Die Anhänge zur kaiserlichen Duplik zeigen also, dass an den ungarischen Grenzen 15.670 Soldaten der ordentlichen Armee und 3.710 Soldaten der zusätzlichen Mannschaft, der „extraordinary besatzung“, stationiert waren. Im ungarischen Grenzgebiet sollten daher im Ganzen 19.320 Mann, im kroatischen dagegen nur 7.362 Soldaten, davon 5.632 in den Festungen und 2.000 zur Verstärkung, aufgestellt sein. Insgesamt plante man, an den kroatischen, windischen, ungarischen, bergstädtischen und Zipser Grenzen 26.743 Soldaten einzusetzen. Addiert man nun die geschätzten Kosten der Instandhaltung, der Verstärkung und Befestigung der genannten Räume, ergibt dies eine Summe von 2.423.736 Gulden, einen Betrag, der den Leistungen von vierundzwanzig Römermonaten, der nachhaltigen Türkenhilfe, die der Kaiser in seiner Duplik von den Reichsständen einforderte und er277 Im zitierten Abschnitt, „Auszug des paugelts aus den gemachten uberschlag“, führt die Regenspurgerische reichshandung nur die Festungen der kroatischen und windischen Grenze an. Duplik, Regenspurgerische reichshandlung, Beilage B, fol. 107r f.

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wartete, weitgehend entspricht. Der Kaiser verlangte somit im ersten Jahr von den Reichsständen, zusammen mit seiner Forderung von zwölf Römermonaten Soforthilfe, etwa 3,6 Millionen Gulden. Die Verwendung dieser großen Summe behandelte schließlich der dritte Anhang zur kaiserlichen Duplik.278 Dieser Zusatz galt als eine Art Übersicht der Strategien der Türkenbekämpfung und entstammte jenem militärischen Traktat, welchen die Kaiserlichen in den Sitzungen des Geheimen Rates diskutierten: dem von Lazarus von Schwendi entworfenen „kriegsdiscurs“. Es handelt sich allerdings nur um einen kurzen Text und eine bloß schematische Übersicht, ohne dabei genauere Verteidigungspläne und detailliertere militärische Strategien oder Taktiken anzuführen. Beschrieben werden zunächst drei Arten militärischer Aktionen oder drei Stufen der militärischen Mobilisierung, bedingt durch Art und Grad der türkischen Gefahr: 1. Im Falle eines Angriffs der türkischen Befehlshaber aus dem grenznahen Raum würde es reichen, wenn die Grenzen befestigt und mit Soldaten und Waffen in der Weise und dem Maße versehen wären, wie es in den ersten beiden Anhängen dargelegt wurde. Die Grenzen wären geschützt, bemannt und effektiv genug, sodass die Befehlshaber der Grenzen den Angreifern allein gegenübertreten und sie bekämpfen könnten. Bei einer eventuellen Steigerung der Gefahr würden ihnen die Einziehung des dreißigsten Mannes sowie die Ritter aus den kaiserlichen Erblanden zu Hilfe kommen; 2. Sollte ein Angriff der „neuen türkischen armee“ unter der Führung „eines fremden paschas oder beylerbeys“ drohen, so würden sich der Grenzarmee und der Armee aus den Erblanden erforderlichenfalls einige Tausend deutsche Reiter und „regimentsknechte“ anschließen, die aus anderen Territorien des Reiches kämen und von eigens für eine solche Abwehraktion gestellten Befehlshabern geführt würden; auch die Kosten dieser reichsinternen militärischen Verstärkung würde man aus der Reichsbewilligung bezahlen. Der Verfasser der Abhandlung ermahnte im selben Kontext, sich im Falle einer solchen Gefahr weder auf fremde Söldner noch auf das „landtvolckh“ zu verlassen, da diesen kein Vertrauen entgegengebracht werden könne;279 3. Letztendlich, im Falle eines Feldzuges des Sultans selbst, hoffte Maximilian, dass die Stände des Reiches den mobilisierten militärischen Kräften des Kaisers zu Hilfe kommen und den Türkenangriff mit äußerster Kraft abwehren würden.

278 Duplik, Regenspurgerische reichshandlung, Beilage C, fol. 108r–110r. 279 Duplik, Regenspurgerische reichshandlung, Beilage C, fol. 108v.

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Ein Einfall des Feindes jedweder Art sei aber nicht vor der Erntezeit zu erwarten, so der Wortlaut. Ebenso wenig sei anzunehmen, dass die Osmanen für die Wintermonate aufrüsten würden. Demnach sollte eine weitgehende Befestigung der Grenzen vor einem allfälligen Angriff durchaus möglich sein. Vielleicht, so die Diktion, könne man einige Festungen zurückgewinnen und kleinere osmanische Besatzungen beziehungsweise Festungen bezwingen, um danach „das ganz landt vor dem feindtheer [zu] eröden und also denselben allerlay gelegenhait und vorthail zum khrieg ab[zu]strickhen“280. Der Text thematisiert kurz die Vorgehensweise der Osmanen, Militärlager aufzustellen und hebt die Relevanz gleicher Aktionen bezogen auf die eigene Streitmacht hervor. Die Belagerung türkischer Lager könne den Feind zum Rückzug zwingen, hieß es. Detailliertere Pläne für einen solchen Türkenkrieg und dessen Vorbereitungen präsentierte der Kaiser den Ständen in diesem Text nicht. Er rief sie lediglich zur Bestellung ihrer Kommissare und Pfenningsmeister zum Zwecke der Verwaltung und Verteilung der Reichshilfe auf. Damit intendierte er, es zu keinen Unregelmäßigkeiten oder mangelhafter Versorgung der Grenzfestungen und des Kriegsvolkes kommen zu lassen. Er ging sogar darüber hinaus: Das Reichsoberhaupt plante, eine Spezifizierung der Grenzfestungen und Besatzungen zu initiieren, mit deren Unterhaltung einzelne Reichsstände betraut werden sollten.281 Der Kaiser betonte und versicherte nochmals, seine nach den Defensionsordnungen organisierten Länder würden alles in ihrer Kraft stehende tun, um dem Feind gerüstet entgegenzutreten. Er selbst würde der Verteidigung all seine Sorge und Aufmerksamkeit widmen und mutige und dieser Ämter und Ehren würdige Befehlshaber mit militärischen Positionen betrauen; zum Oberbefehlshaber plante er seinen Sohn zu ernennen. Zuletzt drückte Maximilian II. seine Zuversicht im Bezug auf das Engagement der Reichsstände bei der Verteidigung der osmanischen Grenzen aus und hoffte, dass sie rasch Kriegskommissare und Räte ernennen würden.282 Obwohl der dritte Anhang zur kaiserlichen Duplik, dieser kriegsdiscurs Schwendis, nur eine kurze und skizzenhafte Schrift war, wurde darin ein sehr ambitionierter Gedanke sehr klar festgeschrieben. Ein kühner Plan war damit geboren, der die Reichsstände in den Kampf gegen die Osmanens einband. Deren Engagement sollte nicht nur aus der Reichshilfe bestehen, welche sich nun eingebürgert und über dreißig Jahre bestanden hatte,283 280 Ebd. 281 Ebd. 282 Ebd. 283 Vgl. Rauscher, Kaiser und Reich (2003), S. 52.

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sondern sollte zudem den alten, tradierten Grundsätzen der Reichsverfassung folgen, insbesondere dem Grundsatz Rat und Hilfe: Die Reichsstände waren angehalten, den Kaiser mit ihren Finanzkommissaren bei der Verwaltung und Verteilung der Reichshilfe zu unterstützen. Sie sollten Verantwortung für bestimmte Grenzfestungen und Besatzungen tragen, mit ihren militärischen Kommissaren bei der Ausarbeitung von Kampfstrategien gegen die Osmanen mitwirken und selbst mit einer eigenen Armee in der Zeit der höchsten osmanischen Gefahr dem Kaiser zur Seite stehen. Der alte Grundsatz von Rat und Hilfe war zwar auf der Argumentationsebene eine geläufige politische und rechtliche Grundlage der Reichshilfe. Doch mit seiner Berufung auf die althergebrachte Maxime wollte Kaiser Maximilian II. – ganz im Sinne des Lazarus von Schwendi – diese nicht bloß als reichsrechtliches Argument gelten lassen, sondern als tatkräftiges Engagement der Reichsstände ins Leben rufen. Dennoch mangelte es trotz dieser kühnen Aspekte des kaiserlichen Konzepts an Entschlossenheit. Die Tatsache, dass es sich, trotz weitestgehend expressis verbis formulierter Gedanken, lediglich um eine Skizze handelte, zeigt deutlich, dass diese Pläne weder zu Ende geschrieben noch zu Ende gedacht wurden. Dennoch: Trotz ihrer Skizzenhaftigkeit scheinen sowohl die Idee als auch der Plan außergewöhnlich. Sie behandelten eine bedeutsame Angelegenheit, nämlich das große Engagement der Reichsstände, das sich vor allem in der Bereitstellung eines nicht geringen, von den Ständen bewilligten und vom Kaiser im Kampf gegen die Osmanen, die „Erbfeinde“, zu verwendenden Betrages zur Reichshilfe, zeigen sollte. Ebendiese kaiserlichen Pläne und Vorstellungen überraschten die Verhandlungspartner nicht nur, sie übertrafen ihre kühnsten Erwartungen und schockierten sie geradezu.284 Im Kreise des Pfälzer Kurfürsten stufte man die Absichten und Forderungen Maximilians gar als „unerhört“, „unmöglich“ und „unerreichbar“ ein, sah sie als Aktion wider die Ehre und das gesunde Maß an und befand sie als „der Ehrbarkeit und Billigkeit widrig“.285 Andere zweifelten sogar an der Aufrichtigkeit des Kaisers: Er meine es mit seinen Forderungen nicht ernst, munkelten manche Stimmen. Ebendiese hielten es auch für wahrscheinlich, dass er sich mit der Summe von 48 Römermonaten, über welche der Ausschuss des Fürstenrates aktuell diskutiere, zufriedengeben werde, und dass er den Reichstag möglichst schnell zu beenden und anlässlich einer ernsteren türkischen Gefahr erneut einzuberufen plane; die Gesandtschaften, die der Kaiser zu den Kurfürsten schicken wollte, würden 284 Moritz, Die Wahl Rudolfs II. (1895), S. 333f. Lanzinner, Friedenssicherung und politische Einheit (1993), S. 501r f. 285 Moritz, Die Wahl Rudolfs II. (1895), S. 333–334.

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somit vor allem bezwecken, eine Zustimmung der Fürsten zu einer neuen Einberufung des Reichstages zu erreichen. Doch diese Meinung war falsch. Sigmund Vieheuser reiste am 20. August zum sächsischen sowie zum brandenburgischen Fürsten, zwei Tage darauf begaben sich Ludwig Ungnad und Johann Achilles Ilsung ins Rheinland. Ihre Instruktionen gaben ihnen lediglich die Anweisung, die Fürsten für eine möglichst hohe Kontribution zu gewinnen. Dazu sollten auch persönliche Briefe des Kaisers dienen, die er den jeweiligen fürstlichen Empfängern durch Gesandte überbringen ließ.286 Sigmund Vieheuser fand im Herzog von Sachsen einen aufmerksamen und dem Kaiser wohlgesonnenen Zuhörer. Kurfürst August sprach sich zwar gegen den Gemeinen Pfennig aus und befand, zunächst in einem an seine Gesandten in Regensburg gerichteten Schreiben, die geforderten 132 Römermonate als „etwas hoch und im Reich also antzulegen unbreuchlich“, doch war er bereit, zwölf Römermonate Soforthilfe sowie 60 Römermonate für die Dauer von sechs Jahren und weitere 24 Monate für den Fall unmittelbarer türkischer Gefahr zu bewilligen.287 Weniger Bereitschaft zu einer großzügigen Bewilligung zeigte der Brandenburger Kurfürst Johann Georg. Dieser nannte erst nach einem mehrstündigen persönlichen Gespräch mit Vieheuser konkrete Summen, welche sich letztendlich auf zwölf Monate Soforthilfe und jährliche zehn Monate für die Dauer von sechs Jahren beliefen. Ludwig Ungnad und Johann Achilles Ilsung erreichten bedeutend weniger. Der Mainzer Fürst opponierte gegen die Einführung des Gemeinen Pfennigs und äußerte Bedenken bezüglich der vorgeschlagenen Besteuerungen von Gütern und Einkommen. Seinen Standpunkt zur Höhe der Matrikularbewilligung beschränkte er auf die Äußerung, dass sich der Kurfürstenrat in dieser Angelegenheit beraten, und dass die anschließende Bewilligung zur Zufriedenheit des Kaisers ausfallen werde. Der Trierer unterstützte den Plan zur Einführung des Gemeinen Pfennigs und den kaiserlichen Vorschlag zur Einhebung einer Steuer auf Güter und Einkommen zwar, doch waren von ihm keine konkreteren Zusicherungen oder Unterstützungen zu bekommen. Sehr konkret, der kaiserlichen Sache jedoch völlig entgegenlaufend, war der Standpunkt des Pfälzer Kurfürsten. Dieser sah in den Forderungen des Kaisers eine Bestrebung, um, wie er sagte, „ex libero Imperio“ eine Art „tributarium“ herzustellen, was natürlich nicht akzeptiert und keineswegs zugelassen werden könne. Über die Höhe seiner Kontribution äußerte sich der Fürst wohl nicht, sprach jedoch an den Kaiser gerichtete Warnungen und Ratschläge aus: Maximilians Unterfangen in Polen und seine Pläne an den türkischen Grenzen seien eher eine Gefahr als eine Maßnahme zum Erhalt 286 Lanzinner, Friedenssicherung und politische Einheit (1993), S. 502. 287 Lanzinner, Friedenssicherung und politische Einheit (1993), S. 501–502.

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des Friedens. Ebenso kritisch zu betrachten wie gefährlich seien seine Forderungen nach hohen Kontributionen und sein Verhalten in der Freistellungs-Angelegenheit, einer protestantischen Sache, welcher der Kaiser mit weitgehendem Entzug seiner Gunst begegnete. Ein weiteres strittiges Thema, schloss der Kurfürst, sei die Problematik um die Kriege in den Niederlanden.288 Inzwischen begannen Anfang September in Regensburg erneute Beratungen der Reichsstände und deren Gesandtschaften über die Türkenhilfe. Während der Tagung des Kurfürstenrates am 4. September setzten sich die Abgesandten der Erzbischöfe von Trier und Köln für den Gemeinen Pfennig ein, die Gesandten des Mainzer Erzbischofs und des Kurfürsten von Brandenburg dagegen für eine Matrikularbewilligung in Höhe von 24 Römermonaten. Der Pfälzer Kurfürst erklärte sich bereit, 16 Monate zu bewilligen, der Brandenburger zusätzliche 24 Monate im Falle eines tatsächlichen Kriegsausbruches. Der Standpunkt des sächsischen Kurfürsten stand frühestens am 9. September endgültig fest. In einem an diesem Tag von Herzog August an den Reichspfennigmeister für die beiden sächsischen Reichskreise, Daniel von Sebottendorfer, verfassten Brief erklärte sich der Herzog bereit, eine Hilfe in Höhe von 200.000 Talern, also etwa 194.000 Gulden, zu bewilligen. Diese Summe entsprach jener der Verschuldung des Kaisers beim Kurfürsten von Sachsen, welche nun mit dem sächsischen Anteil an der Reichsbewilligung an den Kaiser abgeschrieben werden sollte; mit dem sächsischen Beitrag zur Reichsbewilligung wären die kaiserlichen Schulden bei Kurfürst August getilgt.289 Der Ausschuss des Fürstenrates nahm die Diskussion am 5. September wieder auf. Die österreichische Gesandtschaft rief zur Bewilligung in Höhe 288 Lanzinner, Friedenssicherung und politische Einheit (1993), S. 503. 289 Diese gigantische Schuld hatte Kaiser Maximilian II. 1575 angehäuft, als er Geld für seine Reise zum Kurfürstentag und die dortigen Ehrungen und Traktierungen der Kurfürsten, Fürsten und anderer Würdenträger brauchte. Den Schuldschein unterzeichneten Kaiser Maximilian II. und der eben gewählte römische König Rudolf II. einen Tag nach der Krönung und verpflichteten sich, die Summe mitsamt fünfprozentigen Zinsen innerhalb eines Jahres zurückzuzahlen. In den darauffolgenden Verhandlungen bemühten sich Maximilian und August zunächst, die Verschuldung des Kaisers mit der Verpachtung eines der Reichslehen an den Sachsen zu regeln, doch letztlich schlug August den oben erwähnten Vergleich vor und stellte somit nochmals seine fürstliche Largesse unter Beweis und verdoppelte seine freundschafliche Gewogenheit gegenüber dem Kaiser: August bezahlte die bei der Wahl und Krönung des Nachfolgers des Kaisers entstandene Zeche und ebnete mit seiner großen Kontributionsbereitschaft den Weg zu einer präzedenzhaften Reichsbewilligung. Die Gewogenheit, welche der sächsische Fürst für den Kaiser hatte, war damit jedoch noch nicht erschöpft. Siehe Fröschl, ‚in Frieden, ainigkaitt und ruhe beieinandersitzen‘ (1997), S. 79f.

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von 120 Römermonaten auf, doch niemand stimmte diesem Appell zu. Die bayerischen Gesandten schlugen stattdessen zwölf Römermonate pro Jahr für den Zeitraum von 1577 bis 1580 vor, im Kriegsfall zusätzliche 24 Monate. Diese Empfehlung wurde von der großen Mehrheit der anderen Gesandtschaften unterstützt. Einige Tage später, am 13. und 14. September, diskutierte der Ausschuss erneut über den Vorschlag des Kaisers bezüglich der Einführung des Gemeinen Pfennigs, doch auch diesmal sprach sich die Mehrheit der anwesenden Fürsten und deren Gesandtschaften dagegen aus.290 Mit dieser letzten Abstimmung wurde der Plan von Georg Ilsung endgültig begraben. Mitte September kehrten die zu den Kurfürsten entsandten kaiserlichen Räte in die Reichstagsstadt zurück, und der Kurfürstenrat setzte seine Diskussion am 18. September fort. Die Brandenburger schlugen sodann vor, Maximilian jährlich zehn Römermonate auf sechs Jahre zu bewilligen, von 1577 bis 1582, insgesamt also sechzig Römermonate. Darüber hinaus dachten sie an weitere zehn Römermonate „eilende hilfe“. Dieser Vorschlag wurde von Sachsen und allen drei Kirchenfürsten unterstützt, wohingegen die Pfälzer Gesandten auf die Einhebung von 24 Monaten bestanden. Zwei Tage darauf, während der Tagung des Rates am 20. September, bestätigte man allerdings den Vorschlag der Brandenburger. Mit diesem Entwurf des Kurfürstenrates war man auch im Fürstenrat einverstanden. Die Beratung, an welcher auch Herzog Ernst von Bayern, der Pfälzer Markgraf Hans von Veldenz und der Salzburger Erzbischof Johann Jakob von Khuen-Belasi persönlich teilnahmen, dauerte zwei Tage, vom 24. bis 25. September. Alle Anwesenden unterstützten den Vorschlag, so auch die Gesandten des bayerischen Herzogs Albrecht und die Mehrheit der Kirchenfürsten. Dagegen sprachen sich die Gesandten von Brandenburg-Ansbach, Braunschweig-Lüneburg, Württemberg, Hessen, Pommern, Eichstätt, Augsburg und Lüttich aus. Sie argumentierten, bereits mit der Zustimmung zu 48 Monaten die Bestimmungen ihrer Instruktionen übertreten zu haben und betonten, dass sie für die Zustimmung zu solch einem „unerhörten“ Beschluss die Einwilligung ihrer Herren bräuchten. Trotz dieser Gegenstimmen blieb der Beschluss unverändert und wurde den Gesandten der Städte am 27. September vorgelegt. Deren Entscheidung, den Beschluss des Kurfürsten- und Fürstenrates lediglich zur Kenntnis zu nehmen, selbem jedoch nicht zuzustimmen – die Höhe der Bewilligung übersteige ihre Vollmachten –, vermochte nichts zu ändern. Zwei Tage darauf, am 29. September, händigte man dem Kaiser den Beschluss der Reichsstände aus.291 290 Lanzinner, Friedenssicherung und politische Einheit (1993), S. 491–492. 291 Triplik, presentatum 29. 9. Regenspurgerische reichshandlung, fol. 123r–124r. Zu den

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Darin hielten die Stände fest, die Ausführungen Maximilians II. hinsichtlich der türkischen Gefahr und der dringenden Verteidigung erneut erwogen zu haben und betonten, ihm ihren Rat und Hilfe bei diesem „gemainen wichtigen werckh“ keineswegs vorenthalten zu wollen. Die Stände beschlossen daher, dem Kaiser mit einer nachhaltigen Verteidigungshilfe – „zu beharrlichen defensiv hilf“ – in der Gesamtsumme von sechzig Römermonaten für die Dauer von sechs Jahren, von 1577 bis 1582, zu helfen. Jedes Jahr sollten somit zehn Römermonate in drei Teilen ausgezahlt werden, erstmals am Sankt-Martinstag, am vierten Fastsonntag und schließlich am Festtag der Geburt Mariä, jeweils in den dafür vorgesehenen Städten: Frankfurt, Nürnberg, Regensburg, Augsburg oder Leipzig. Neben dieser Hilfe seien die Stände bereit, dem Kaiser mit einer schnellen Interventionshilfe – „zur eilender hilf“ – zur Seite zu stehen, und zwar für den Fall, dass der Sultan oder seine Beys und Paschas innerhalb von sechs Jahren „mit einem khriegshör herauserziehen und die hungerische oder andere anrainende christliche Lande mit einem haubtkhrieg angreifen“ würden. Die Zusatzleistung sollte zehn Römermonate umfassen, der gewöhnlichen Hilfe im Jahr eines potenziellen Großangriffes beigefügt und anlässlich der gewöhnlichen Fristen ausgezahlt werden. Sollte es nicht zum Krieg mit den Osmanen kommen, so würden diese zu leistenden Beträge annulliert. In dieser Angelegenheit gaben die Stände deutlich zu verstehen, gezwungen zu sein, die Diskussion, trotz des Bewusstseins für die Relevanz und Dringlichkeit der Versorgung, Befestigung und Verteidigung der Grenzen, auf die Versammlung des kommenden Reichsdeputationstages zu verlegen. Wiederholt appellierten sie an den Kaiser, die bewilligte Reichshilfe ausschließlich für die Grenzen und deren Verteidigung zu verwenden. Wichtige Aspekte hoben sie hervor: So sollten etwa die Festungen gesichert und mit Soldaten und allem, was diese brauchten, verstärkt werden. Das bewaffnete Grenzpersonal selbst sollte nicht mit Decken, Wein und Lebensmitteln, sondern „in parem, guetem gelt, wie dasselbig im Heiligen Reich gangpar“, bezahlt werden. Was die Rekrutierung anbelange, sei es nötig, so fügten sie hinzu, die Frist der Entlohnung einzuhalten. Nur so werde der Kaiser gute, erfahrene und kampfbereite Soldaten be- und erhalten können. Besonders eindringlich konfrontierte man Maximilian II. mit dem Punkt der Verteilung der Reichshilfe: Dabei sollte den Territorien Steiermark, Kärnten, Krain sowie Görz die Unterstützung „mitleidenlich und emphindlich genug“ zuteilwerden; Septemberdebatten siehe Protocolum concilii secreti, fol. 102v f. Protocolum des reichstags, fol. 473v f. Siehe auch Lanzinner, Friedenssicherung und politische Einheit (1993), S. 499f. Edel, Der Kaiser und Kurpfalz (1997), S. 388f. Heil, Die Reichspolitik Bayerns (1998), S. 554f.

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eine Festschreibung der kaiserlichen Gunst also, welche schriftlich in den Beschlüssen des Reichstages festgehalten werden sollte. Eine Woche später, am 5. Oktober, folgte die Antwort des Reichsoberhauptes.292 Maximilian II. bemängelte zwar, dass die bewilligten Summen für die Verteidigung gegen die Osmanen und einen allfälligen Krieg nicht ausreichten, doch zeigte er Verständnis für die Bedenken und Klagen. Dankbar nehme er die Hilfe der Reichsstände an und hoffe, dass diese innerhalb der festgelegten Fristen und in „gueten, groben, gangparn reichsmünzen“ ausgezahlt werde. Einverstanden zeigte sich Maximilian zudem mit der Vertagung der Diskussion über die Verteilung der Hilfe sowie der Beschlussfassung über die Befestigung und Verteidigung der Grenzen, welche man während des kommenden Reichsdeputationstags ins Auge fassen solle. Genauere Vorstellungen der Stände könnten demnach bald geäußert werden, da jene Zusammenkunft bereits in naher Zukunft in Frankfurt zustande kommen werde. Der Kaiser rief die Stände erneut zur Bestellung militärischer Fachmänner und Finanzexperten, Kriegsräten und Pfennigmeistern auf. Diese sollten sich an den künftigen Debatten über eine möglichst effektive Türkenabwehr und eine angemessene Verwendung der Reichshilfe beteiligen. Zuletzt versprach der Kaiser, die bewilligten Mittel ausschließlich den Grenzregionen zu widmen, darunter auch jenen der Länder Steiermark, Kärnten und Krain sowie der Grafschaft Görz.293 Diese kaiserliche Erklärung bildete den Abschluss der Verhandlungen. Nun fehlte nur noch die Formulierung der Reichstagsbeschlüsse. Gespräche darüber hatten bereits die Gesandten des Mainzer und des Pfälzer Fürsten sowie die Abgesandten einiger anderer Reichsstände am 29. September mit den Geheimräten Maximilians II. geführt, also unmittelbar während der Übergabe der ständischen Triplik an den Kaiser.294 Anfang Oktober setzte man die weiterführenden Debatten fort.295 Am 8. Oktober fand die Lesung des Textentwurfes im Geheimen Rat statt,296 und schließlich beriet man darüber in der Sitzung des Kurfürstenrates. An dieser nahmen auch Vertreter der beiden anderen Kurien teil, darunter die Gesandten Salzburgs, Österreichs und Bayerns sowie die kaiserlichen Geheimräte Weber und Vieheuser.297 Der Text wurde zwar an einigen Stellen korrigiert, die Korrekturen waren jedoch, zumindest hinsichtlich der Türkenhilfe, nur stilistischer 292 Quadraplik, presentatum 5. 10. Regenspurgerische reichshandlung, fol. 126r–128r. 293 Quadraplik, Regenspurgerische reichshandlung, fol. 127v. 294 Protocolum Comitiorum, fol. 191v. 295 Protocolum concilii secreti, fol. 69r f. 296 Protocolum concilii secreti, fol. 70r. 297 Protocolum Comitiorum, fol. 200v.

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Natur und griffen nicht in die bei den Verhandlungen erreichten und letztlich mit der ständischen Triplik und deren Beantwortung durch den Kaiser festgelegten Standpunkte und Entscheidungen ein. Das traf etwa auf jenen Artikel zu, der sich mit jenem Anteil befasste, der den innerösterreichischen Ländern aus der Reichshilfe zukommen sollte. Auf den Inhalt dieses Artikels und seinen Wert für die landständische Gesandtschaft zum Reichstag sowie für die Länder selbst wird im Folgenden noch zurückzukommen sein. An dieser Stelle ist es jedoch angebracht, auf einige Worte des besprochenen Artikels näher einzugehen; konkret auf die Syntagma „nit weniger“. Die Räte Weber und Vieheuser schlugen in der Debatte zum „innerösterreichischen“ Artikel Folgendes vor: „[Was] Steir, Kernten und Krain anlangen, sehett, daß sie hilff nit weniger geniessen sollen, weren die wortt (nit weniger) haußzelassen, dieweil one daß die kay. Mt. die grenizen vom Adriatischen mehr zu versehen.“298 Die Worte „nit weniger“ implizierten, dass Steiermark, Kärnten und Krain sowie deren Grenzen keinen geringeren Anteil als andere Länder des kaiserlichen Hauses an der bewilligten Reichshilfe erhalten sollten. Dieser Zusatz sei aus dem Text zu entfernen, meinten die kaiserlichen Räte; da der Kaiser ohnehin und ausnahmslos für alle Grenzen zu sorgen habe, sei ein besonderer Hinweis in oben dargestellter Form überflüssig. Die Triplik der Stände enthielt eine solche Formulierung, wie aufgezeigt werden konnte, nicht. Sie besagte lediglich, der Kaiser möge den Herzogtümern bei der Distribution der Reichshilfe „genaigt“ sein und die Leistungen so verteilen, dass die Länder sie „auch mitleidenlich und emphindlich geniessen mögen“299. In seiner Antwort darauf zeigte sich das Reichsoberhaupt damit einverstanden. Und doch, der Entwurf der Reichstagsbeschlüsse, der bei der erweiterten Sitzung des Kurfürstenrates diskutiert wurde, wies eine davon divergierende Formulierung auf. Eine solch abweichende Formulierung war jedenfalls nicht neu. Sie ähnelte jener in der ständischen Replik vom 28. Juli. Man hielt damals fest, keinen Zweifel daran zu hegen, dass der Kaiser „obberürte hochbedrangte angesessene landen und leyth nit weniger als alle andere hungerische und osterreichische frontier und landtschaft iro an irem khaiserlichen schuz und schiermb allergenedigist bevolchen lassen sein, […] damit auch die angrenzende päß, ort und fleckhen obgemelte landtschaften notwendigclich verwart, versehen und sy also in iren zuestenden nöten und gefärlichaiten derselben sich auch mithilflich erfreuen und geniessen mügen“300. Eine solche Formulierung, beziehungsweise eine sehr ähnliche Version des inneröster298 Protocolum Comitiorum, fol. 201r. 299 Quadraplik, Regenspurgerische reichshandlung, fol. 124v. 300 Replik, Regenspurgerische reichshandlung, fol. 66v.

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reichischen Artikels, fand mit Sicherheit auch in das Konzept der Reichstagsbeschlüsse Eingang. Dies beweist etwa die Intervention der kaiserlichen Räte. Der Unterschied zwischen ihrem Standpunkt auf der einen und der Formulierung der ständischen Triplik auf der anderen Seite scheint dabei keineswegs nur stilistischer Natur zu sein. Ganz im Gegenteil, die Bedeutung der Unterschiede belegt nämlich erneut die Intervention der kaiserlichen Räte. Der Punkt, in welchem sich die erwähnten drei Texte, nämlich die Triplik einerseits sowie die Replik der Stände und der Entwurf der Reichstagsbeschlüsse andererseits, so sehr unterschieden, ist in der impliziten Bedeutung ihrer Formulierungen zu verorten. Man kann davon ausgehen, dass der Wortlaut der Replik der Reichsstände und des Konzepts der Reichstagsbeschlüsse in der Passage „nit weniger“ eine Verpflichtung des Kaisers hinsichtlich der Hilfe für die innerösterreichischen Länder und ihre Grenzen darstellte. Der Inhalt der ständischen Triplik hingegen empfahl lediglich die Unterstützung der Territorien und versuchte, den Kaiser davon zu überzeugen, die Hilfeleistungen „mitleidenlich“ und „emphindlich“ zu gestalten. Mit anderen Worten: Der in der Replik und im Konzept formulierte Beschluss favorisiert die Lande zweifach und verpflichtet den Kaiser doppelt: Die Stände sicherten den Ländern den Anteil der Reichshilfe mit den Angaben „nit weniger als alle andere hungerische und osterreichische frontier und landtschaft[en]“ definitiv zu. Aus dieser Formulierung konnten zwar keine konkrete Zahlungsbeträge, aber doch relative Summen abgeleitet werden. Die Unterstützung sollte zudem so konzipiert sein „[dass] auch die angrenzende päß, ort und fleckhen [der] obgemelte[n] landtschaften notwendigclich verwart, versehen [werden]“, also dergestalt, dass das Verteidigungssystem der Landschaften geschützt und entsprechend versorgt werde. Man wurde nicht müde, dies zu betonen. Die Worte „nit weniger“ waren also nicht ohne Bedeutung. Unklar bleibt leider, wie diese kurze, aber sehr bedeutende Passage aus der Replik der Stände in das Konzept der Reichstagsbeschlüsse gelangte. Klar ist allemal, wie sie aus dem Konzept entfernt wurden, nämlich durch die Intervention der kaiserlichen Geheimräte. Ihre Angaben waren letztendlich jene, die die Entscheidung besiegeln sollten. Den beiden Räten widersprach niemand, weitere Diskussionen gab es nicht.301 Der innerösterreichische Artikel des Reichstagsabschieds lautete schließlich folgendermaßen: „Nachdem auch an jezo wehrendem Reichs-Tag, gemeinen Ständen, Räthen und Bottschafften, von wegen der dreyen Landschafften, Steyer, Kernten und 301 Wie in Anm. 301. Siehe auch Reichstagsabschied, publiziert 12. 10. Regenspurgerische reichshandlung, fol. 130r–150v, hier 134v–135r.

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Crain / und der Fürstlichen Grafschafft Görz / durch dero Abgesandten kläglich fürbracht, welcher massen dieselbige Land- und Grafschaffft, dieser Zeit vom Türckischen Kriegs-Volck auf den Grenzen, mit gewaltigen Außfällen, Feuer und Schwerdt, erschröcklich angriffen und bedrengt, darumben sie auch gemeine Stände deß Heil. Reichs, umb mitleidenlichen Christliche Hülff und Rettung, ganz flehentlich bitten und anruffen thäten, etc. Dieweil dann solche bedrangte Land und Leut, unserm Kayserl. Schutz und Schirm auch verwandt, und darumb von ihnen den Ständen, Räthen und Bottschafften an uns gewiesen worden seynd, dergestalt, daß sie dieser bewilligten Reichs-Steuer, wie andere unsere Christliche Länder, so von den Türcken beschwerdt werden, geniessen, und sich erfreuen solten, so seynd wir dessen Kayserl. vätterlichen Gemüths und Erbietens in Abwendeung mehr gedachter Reichs-Steueren, solche gnädigiste Anordnung zu thun, damit sie derselben auch mithülfflich und empfindlich geniessen mögen und sollen.“302

Am darauffolgenden Tag, dem 9. Oktober, kam der Geheime Rat zum letzten Mal zusammen.303 Weder der Kaiser noch Lazarus von Schwendi nahmen an diesem abschließenden Treffen teil. Alle anderen Geheimräte, Hans von Trautson, Leonhard von Harrach, Johann Baptista Weber und Sigmund Vieheuser waren jedoch anwesend. Die Räte diskutierten über die Auszahlung der in Aussicht gestellten Reichshilfe und über die Schwierigkeiten, die sie verlangsamen könnten. Weiters besprach man die „anticipation“, also die Eingriffe in die Reichsfinanzen und den Erhalt der Reichshilfe vor dem tatsächlichen Zufluss des Geldes der Stände sowie die Variablen, die dies ermöglichen beziehungsweise verhindern könnten. All dies betraf lediglich die Organisation der Rechnungsführung. Vielleicht dürfte man gerade deshalb den Reichspfennigmeister Georg Ilsung – ebenso wie Schwendi, wenngleich aus völlig anderen Gründen – unter den Diskutierenden vermissen. Die Räte meinten nämlich, wie Protokollant Erstenberger festhielt, man solle sich an Erzherzog Ernst mit den Worten: „ist bedacht, das man erzh. Ernsten der stenndt bewilligung erindern vnd darauf beuolchen soll, die sachen, wie das kriegswesen anzustellen vnd greniz zu besezen mit den kriegsrethen beratschlagen soll“304, wenden; dieser sollte im darauffolgenden Jahr mit der Sorge um die ungarischen Grenzen betraut werden,305 weshalb er über die 302 Abschiedt der Römischen Kayserlichen Mayestat / vnd gemeyner Stände / auff dem Reichstag zu Regenspurg / Anno Domini M. D. LXXVI. auffgericht. […], Meyntz / durch Franciscum Behem / Anno M. D. LXXVI, § 28. 303 Protocolum concilii secreti, fol. 70r–70v. 304 Protocolum concilii secreti, fol. 70v. 305 Wessely, Die Regensburger Reichshilfe (1976), S. 39.

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ständische Bewilligung in Kenntnis zu setzen sei und man ihm aufzutragen hätte, sich mit den Kriegsräten über die Organisation des Militärs beziehungsweise des Defensionssystems an den Grenzen zu beraten. Die kaiserliche Seite hatte, wie wir gesehen haben, einen solchen Plan bereits ausgearbeitet, den Reichsständen vorgelegt und damit gleichzeitig ihre Forderungen hinsichtlich der Türkenhilfe begründet. Obgleich der Reichstag den bis dahin höchsten Betrag bewilligt hatte, belief er sich doch kaum auf der Hälfte der geforderten Summe; daher waren die Möglichkeiten zur Umsetzung des vorgeschlagenen Plans sehr beschränkt. Folglich waren neue Überlegungen und ein Plan erforderlich, wie das Geld der Stände zu verteilen und damit eine angemessene und effektive Türkenabwehr zu bilden sei. Die Geheimräte beabsichtigten, ebendiese Aufgaben Erzherzog Ernst und den Kriegsräten aufzutragen. Hat also der alte Entwurf der Verteidigung der ungarischen Grenzen, der in der kaiserlichen Duplik und ihren Anhängen festgehalten war, alle Relevanz eingebüßt? Dies muss nicht unbedingt der Fall gewesen sein. Neue Überlegungen zur Türkenabwehr konnten natürlich darauf zurückgreifen und daraus sowohl sachliche Informationen schöpfen – sofern es welche gab –, wie auch Verteidigungsstrategien entwickeln, so weit die Konzeption dafür einen Ausgangspunkt bot. Der Plan selbst aber, so, wie er in den Reichstagsverhandlungen als feste Grundlage für die Aufstellung einer Verteidigungsorganisation der österreichischen Länder und Ungarns sowie ihrer Defensionsstrategien dargelegt worden war, wurde nach dem Ende des Reichstages begraben. Sich darauf zu verlassen – wie die innerösterreichischen Gesandten glaubten es tun zu können, wie im Folgenden noch zu zeigen sein wird –, sprach entweder für eine gezielte Irreführung oder blanke Naivität. Mit anderen Worten, dem regensburgischen kaiserlichen Plan der Türkenabwehr ist letztlich nichts anderes als der Verhandlungswert geblieben, jener eines offenbar erfolgreichen – wenn auch möglicherweise nicht entscheidenden – Argumentes in den Verhandlungen des Kaisers mit den Reichsständen. Die große Idee vom Engagement der Reichsstände war abgetan. Man hatte es offenkundig nicht geschafft, sie dafür zu begeistern. Aus diesem Grunde ist es wohl nicht angebracht, bei der post-festum-Sitzung des Geheimen Rates Lazarus von Schwendi zu vermissen, denn die Geheimräte waren im Begriff, die Rolle der Bestatter des Schwendischen Verteidigungsplans zu spielen – eine Rolle, die Schwendi selber, diesem erfolglosen, in seinem Planen und Konzipieren jedoch unermüdlichen Berater des sterbenden Kaisers, nicht zuzumuten war. Die Beschlüsse des Reichstages wurden letztlich am Morgen des 12. Oktober im Regensburger Rathaus und in Anwesenheit König Rudolfs, der zwei Tage davor eilends aus Prag angereist war, verlesen. Kaiser Maximi-

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lian selbst konnte dem Schlussakt des Reichstages nicht mehr beiwohnen.306 Völlig erschöpft und ausgezehrt von seiner Krankheit war er am Ende seiner Kräfte.307 Gerüchten zu Folge schlug seine letzte Stunde gerade beim Lesen der Reichstagsbeschlüsse, ausgerechnet während der Lektüre der Unterzeichner der Beschlüsse.308 Der Kaiser starb, wie dem Bericht eines Höflings zu entnehmen ist, in Frieden mit Gott und zufrieden mit sich selbst. Wenn wohl auch ohne Sprachvermögen, habe er den Beichtvater, der ihm die Sterbesakramente erteilen wollte, zurückgewiesen und bedeutet, dass er alles Nötige getan habe und weitere Schritte nicht erforderlich wären.309 Der dahinscheidende Kaiser brachte damit ein letztes Mal sein in der Tat rätselhaftes religiöses Profil zum Ausdruck.310 Er starb, wie er gelebt hatte: Bei aller Distanz zur katholischen Kirche konnte sich Maximilian II. von ihr nicht völlig abwenden, und sei ihm die lutherische respektive evangelische Botschaft noch so nahe gewesen, wollte – und konnte – er dem protestantischen Lager nicht beitreten. Sein Tod wirft die Frage auf, ob nicht mit ihm einer der letzten, wenn nicht sogar der letzte prominente Erasmianer, oder vielleicht einer der Großmeister der Kunst der „dissimulatio“, hinscheiden musste?311 Diese Frage muss unbeantwortet bleiben. Ein weiteres Gerücht besagt, dass Maximilian, als man ihm von der Verlesung der Reichstagsbeschlüsse im Rathaus erzählte, erwidert habe: „Nun will ich desto lieber sterben mit diser Dannckhsagung, o lieber Gott, dir sey lob, Preiß vnnd Dannckh, das ich des werckh auch wol vnnd nutzlich verrichtet.“312 Die Zufriedenheit des Kaisers war nicht unbegründet. Bei den beiden bedeutendsten Themen, die auf dem Reichstag verhandelt worden waren, konnte er bemerkenswerte Erfolge verbuchen. Er brachte es zustande, eine bis dahin unerreichte Summe für die Reichstürkenhilfe zu erzielen und erwirkte damit eine Präzedenz-Bewilligung, die in Zukunft neue Maßstäbe setzen sollte.313 Darüber hinaus ist es Maximilian II. gelungen, die 306 Moritz, Die Wahl Rudolfs II. (1895), S. 430. 307 Siehe Koch, Bericht über die Krankheit und den Tod Maximilian’s II. (1871), S. 101–107. Vgl. Becker, Die letzten Tage (1877). Senfelder, Kaiser Maximilian’s II. letzte Lebensjahre (1898). Vocelka, Die Begräbnisfeierlichkeiten für Kaiser Maximilian II. (1976), S. 105–136. 308 Siehe Quellen I, Tägliche verrichtung, 12. 10. 309 Siehe Hansen, Nuntiaturberichte aus Deutschland (1894), XXXIII. 310 Zum politischen und religiösen Profil Maximilians II. siehe Bibl, Maximilian II. (1929). Edelmayer, Kaiser Maximilian II. (1992). 311 Vgl. Press, Maximilian II. (1990), S. 471–475. Zur Bedeutung der „dissimulatio“ in der österreichischen Politik des konfessionellen Zeitalters siehe auch Strohmeyer, Religionsfrieden in den habsburgischen Erblanden (2009), S. 104–123, insbes. 119f. 312 Zit. nach Becker, Die letzten Tage (1877) 8. 313 Siehe Schulze, Reichstage und Reichssteuern (1975), S. 43–58.

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„Freistellungs“-Bewegung zum Stillstand zu bringen. Die dieser Bewegung zugrunde liegende Gefahr war für die konfessionspolitische Verfassung des Reiches, wie sie auf dem Augsburger Reichstag 1555 festgelegt worden war, in höchstem Maße störend.314 Er hatte also in der Tat, rein macht- oder herrschaftstechnisch betrachtet, bemerkenswerte Erfolge erzielen können. Dennoch zeigt der Blick auf das dem Kaiser nachgesagte erasmianische, ja irenische Weltbild sowie der Fokus auf die Regensburger Reichstagsverhandlungen eine tiefgreifende Diskrepanz zwischen dem Gewünschten einerseits und dem Möglichen, Wahrscheinlichen und schließlich dem Erreichten andererseits. Musste die „Freistellungs“-Bewegung mit ihrer Forderung nach allgemeiner Glaubensfreiheit der Religionsauffassung Maximilian II. nicht sehr entgegenkommen, seine politische Räson ihn aber auf die konfessionspolitische Gesamtkonstellation des Reiches hinweisen, um zu zeigen, dass ihre Forderung jenseits des Möglichen war? Waren die Finanz- und Verteidigungspläne, die seine Berater Georg Ilsung und Lazarus von Schwendi in Regensburg vorlegten und die ebenfalls die Grundpfeiler der Reichsverfassung tangierten, in vollem Einklang mit der Überzeugung des Kaisers? Zweifel in dieser Angelegenheit sind angebracht. Wie die Debatte im kaiserlichen Geheimrat und der Verlauf der Reichstagsverhandlungen zeigen, spricht vieles dafür, dass die Pläne von Ilsung und Schwendi Maximilians Haltung nicht widerspiegelten, sondern dass er sie vor allem – wenn nicht ausschließlich – als Überzeugungsmittel auffasste, welche die Reichsstände zu einer möglichst hohen Reichstürkenhilfe bewegen sollten. Die Verhandlungsstrategie des kranken Kaisers ließe sich demnach wie folgt zusammenfassen: Das Unmögliche vorschlagen, um das Wahrscheinliche eintreten sowie in die Höhe treiben zu lassen. Oder anders gesagt, sowohl die Pläne für eine weitreichende Reform des Reichsfinanz- und -verteidigungswesens, welche Maximilian II. den Reichsständen vorlegte, als auch seine offensichtlich fingierte Unentschlossenheit bezüglich der Freistellungs-Bewegung waren vor allem aus gegebenem Anlass umgesetzte Aspekte seiner „Reichstagsregie“. Für die Verhandlungen während des Reichstages bedeuteten sie viel: Sie trugen entscheidend dazu bei, dass der Kaiser sowie das Reich – genauer die im Jahr 1555 festgelegte Herrschaftskonstellation des Reiches – aus dem Reichstag intakt, ja als Gewinner hervorgingen. Als Verlierer blieben die treuesten Räte des Kaisers und die glühendsten Befürworter des – nach ihren eigenen Vorstellungen entworfenen und in ihren Konzepten herausgearbeiteten – Reichsgesamtinteresses zurück: Georg Ilsung und Lazarus von Schwendi.

314 Siehe oben Anm. 201.

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II.2 Ritterorden an den ungarischen Grenzen – die letzte Niederlage des Lazarus von Schwendi Im Laufe der abschließenden Diskussionen des Reichstages über die Türkenhilfe wandte sich der Kaiser mit einem weiteren Vorschlag zur Aufstellung einer effektiveren Reichsverteidigung an die Reichsstände. Er übergab ihnen am 15. September ein Konzept – ein „Ungevärlich bedenckhen“ – betreffend die Einrichtung eines Ritterordens in Ungarn und eine allfällige Übertragung des Deutschen Ritterordens ebendorthin.315 Ein solches Manöver versuchte Maximilian II. in Regensburg nicht zum ersten Mal. Schon im Jahre 1570, beim Reichstag zu Speyer, suchte er Unterstützung der Reichsstände für die Pläne zur Errichtung eines Ritterordens an den ungarischen Grenzen; damals jedoch schenkten die Reichsstände dem Kaiser diesbezüglich kein Gehör und man gab ihm nichts als leere Antworten.316 Dieser gescheiterte Anlauf aber vermochte den ersten und wohl einzigen überzeugten Befürworter dieser Pläne, Lazarus von Schwendi, nicht daran zu hindern, weiterhin um Unterstützung bei einzelnen Reichsständen sowie beim Landesfürsten der innerösterreichischen Länder, Erzherzog Karl, zu werben.317 Beim Regensburger Reichstag war die Idee zur Installation eines Ritterordens somit wieder ein großes Anliegen des kaiserlichen Beraters. Schwendi wies Maximilian II. bereits im Laufe der Vorbereitungen auf den Reichstag auf die Notwendigkeit der Errichtung beziehungsweise Übertragung des Ordens an die ungarischen Grenzen hin. Seinen Vorschlägen zur Regelung der Verhältnisse im Reich und zur Aufstellung seiner Verteidigung, welche er dem Reichsoberhaupt Ende 1575 beziehungsweise Anfang 1576 zusandte, lag auch eine Empfehlung zur Frage des Ritterordens bei.318 Schwendi versprach zu jener Zeit eine besondere 315 „Ungevärlich bedenckhen, wie auf der frontier in Hungern wider den Türggen ein ritterorden angestellt und der deütsch orden dahin tranßferiert werden müge.“ Regenspurgerische reichshandlung, fol. 159v–162. Die Quelle wird im Folgenden als „Ungevärlich bedenkhen“ zitiert. Dieses Großprojekt des Kaisers haben Hans Zwiedineck-Südenhorst und Wilhelm Erben behandelt, deren Thesen jedoch – zumindest was die Verhandlungen am Regensburger Reichstag angeht – zu korrigieren sind, wie im Folgenden noch zu zeigen sein wird. Siehe auch Zwiedineck-Südenhorst, Über den Versuch einer Translation (1878), S. 403–445. Erben, Die Frage der Heranziehung (1895), S. 516–598. 316 Moritz, Die Wahl Rudolfs II. (1895), S. 419f. 317 Moritz, Die Wahl Rudolfs II. (1895), S. 419. Erben, Die Frage der Heranziehung (1895), S. 521. 318 „Verzaichnus etlicher articl, so auf künftigem reichstag durch die kay. Mt. bey den stenden wegen notdeuftigclich [sic] fürgebracht und gehandelt werden“. s. l., s. d. HHStA, RK,

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Schrift – einen „discours“319 – zu diesem Thema aufzusetzen, welche er dem Kaiser und den Geheimräten in Regensburg in der Tat vorlegte. Bereits davor hatte er gemeinsam mit Georg Ilsung ein kürzeres Memorandum verfasst,320 worin er dem Kaiser geraten hatte, noch vor Beginn des Reichstages Verhandlungen mit den ungarischen Ständen sowie mit dem Großmeister des Deutschen Ritterordens und dem Großmeister der Johanniter aufzunehmen, den Kurfürsten und Fürsten alle Pläne in diesem Zusammenhang darzulegen und gleichzeitig klar zu verstehen zu geben, dass „die sache […] bei den stenden stattlich und bedechtig fürzunemmen“ sei. Außerdem empfahl Schwendi, den Großmeister des Deutschen Ritterordens „umb mehrer befürderung willen ine nit allein selbs personlich zum reichstag [zu] erfordern, sonder im auch bevelchen welle, alle seine landcomenthur mitzubringen, damit desto schleiniger und onaufzügiger die ganze handlung mege fortgesetzt werden“321. Schwendis sowie Ilsungs Engagement hinsichtlich einer Übergabe von Teilen der ungarischen Grenzen an den Deutschen Ritterorden beziehungsweise einer Installation eines neuen Ritterordens in Ungarn war offenkundig sehr groß. Es scheint aber, dass der Kaiser Schwendis Begeisterung für derartige Pläne und den Optimismus bezüglich ihrer Umsetzung nicht teilte. Kurz vor Beginn des Reichstages schickte Schwendi dem Reichsoberhaupt einen Brief, in welchem er diesem auf seine Bedenken sowohl hinsichtlich des Gemeinen Pfennigs als auch offenbar im Zusammenhang mit dem Ritterorden antwortete. Schwendi schrieb Folgendes: „Was dann die vil gemelt ordinari hilf zu den ungerischen kriegswesen belangt, da rath ich e. Mt. nochmals unterthenigist und treulichst, sy welle die anstellung eins ritterordens und die verwendung und reformierung des teütschen ordens auf die frontier aufs tringenlichst, wie es immer gesein mag, ins werckh richten. Dann ich befind aus weiterm nachdenken und erforschung sovil, wie kalt und schlecht es am anfang würt nacher geen, das doch solcher orden in kurzer zeit mit treffenlichem beyfal und grosser glegenheit würt wachsen und zuenemmen und das er e. Mt. und iren nachkommen zu gar grosRTA, Fasz. 53, fol. 105r–198v. Die Quelle wird im Folgenden als Verzaichnus angeführt. Diese Vorschläge von Schwendi wurden am 15. März 1576 im Geheimen Rat diskutiert. Protocolum concilii secreti, fol. 31r f. 319 Verzaichnus, fol. 105r. 320 „Was in ansuechung des ritterordens in Ungern und auf die handlung, so auf künftigem reichstag derwegen von der hand mitlerweil zu bedenckhen und zu thuen welle vonneten sein“. s. l., s. d. HHStA, RK, RTA, Fasz. 53, fol. 109r–111v. Siehe auch die Diskussion im Geheimen Rat am 15. März 1576. Protocolum concilii secreti, fol. 31r. 321 Ebenda, fol. 111r–111v.

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sen, unglaublichen statten würt kommen mügen. Aber von disem und anderm hoff ich einmal e. Mt. mündtlichen weitern bericht zu thuen.“322

Derart pflichtbewusste Worte wären wohl nicht nötig gewesen, wäre der Kaiser den Plänen Schwendis gegenüber nicht sehr zurückhaltend gewesen. Mit den verschiedenen beziehungsweise wahrscheinlichen Gründen für die Zurückhaltung Maximilians gegenüber den allzu weitreichen Veränderungen des Verteidigungswesens – die zwangsläufig die Grundlagen der Reichsverfassung selbst tangieren würden – sollten wir uns an dieser Stelle nicht aufhalten.323 Es sei dennoch ein weiteres Mal hervorgehoben, dass Schwendis Eifer den Kaiser offensichtlich nicht mitriss. Nachdem Schwendi bei der Sitzung des Geheimen Rates am 28. Juli seine Defensionspläne sowie seine Ideen zum Ritterorden erneut vorgestellt hatte,324 blieb das Reichsoberhaupt weiterhin sehr reserviert und befahl, einen neuen Entwurf des Textes betreffend den Orden aufzusetzen; Bedingung war, dass darin auch ein Konzept des militärischen Systems und der Verteidigung der Grenzen enthalten sein sollte. Konkretere Details dieses kaiserlichen Auftrags bleiben unbekannt. Möglicherweise wünschte sich der Kaiser, Schwendi würde seine Pläne hinsichtlich des Ritterordens im Rahmen seiner sonstigen Verhandlungsstrategien beim Reichstag und eingebettet in seine eigene, also in kaiserliche Argumentation, präsentieren. Diese Vermutung stützt sich auf die Tatsache, dass der Geheime Rat anlässlich der Vorbereitung der kaiserlichen Antwort auf die Replik der Stände, wobei, wie gezeigt werden konnte, Schwendi die Hauptrolle spielte, auch diese Frage diskutierte. Der Orden wurde demnach von den Räten in den Sitzungen am 29. und 30. Juli thematisiert.325 Einige Tage darauf, am 2. August, bat Schwendi den Kaiser und die Geheimräte um Auskunft, ob in die Duplik auch der Plan über den Ritterorden an den ungarischen Grenzen einzubeziehen sei.326 Die Antwort muss positiv ausgefallen sein, da sich die drei Herren Schwendi, Vizekanzler Weber und Reichspfennigmeister Georg Ilsung umgehend mit dessen Konzeption beschäftigten. Im Protokoll des Geheimen Rates sind ihre Diskussionen zwar nicht erfasst, es steht jedoch außer Zweifel, dass die Räte die politischen und finanziellen Gesichtspunkte dieser Frage erörterten, und dass sie ihnen grundsätzlich günstig erscheinen mussten. Zumindest stuften sie sie für 322 Lazarus von Schwendi an Kaiser Maximilian II. Küelsheim, 6. 5. 1576. HHStA, RK, Berichte aus dem Reich, Fasz. 6d, fol. 313r–313v. 323 Siehe oben S. 78f. 324 Protocolum concilii secreti, fol. 45v–47r. 325 Protocolum concilii secreti, fol. 47v–48r. 326 Protocolum concilii secreti, fol. 50v.

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die weiteren Verhandlungen mit den Reichsständen als vorteilhaft ein, denn den dazugehörigen Plan legten sie bereits den Anhängen der kaiserlichen Duplik bei.327 Drei Tage später, bei der Tagung am 5. August, bei der neben dem Kaiser nur die Räte Trautson, Harrach, Weber und Vieheuser anwesend waren, während Schwendi fehlte, wurde der Plan über den Ritterorden mit den Worten „wil [viel] impossibilia“ abgetan. Man entschied, ihn den Reichsständen nicht gemeinsam mit der Duplik zu übergeben, sondern, wie Erstenberger notierte, „erst in conclusione istis articuli“.328 Und so sollte es auch geschehen. Dies bedeutete natürlich, dass das Konzept der Errichtung eines Ritterordens aus dem zentralen Dokument herausgenommen wurde, mit welchem der Kaiser den Ständen sein Konzept der Türkenabwehr vorlegte. Dies hatte freilich zur Folge, dass der Plan aus dem Reichstagsforum katapultiert wurde. Man drängte die Idee an den Rand der Reichstagsdebatten und entwertete sie somit als einen jener Teile der geplanten Strategien der Türkenabwehr, welche dem Reichstag von kaiserlicher Seite als bedeutende, ja entscheidende Schritte zur Verbesserung der Grenzverteidigung vorgelegt wurden. Womöglich beabsichtigten das Reichsoberhaupt und seine Geheimräte nicht die völlige Marginalisierung des Vorschlages, doch ihre Entscheidung ließ kein anderes Resultat zu, obwohl er sowohl im Kurfürstenrat als auch im Fürstenrat sehr wohlwollend diskutiert worden war. Am 15. September schließlich ließ Maximilian den Reichsständen das erwähnte Schriftstück übergeben.329 327 Protocolum concilii secreti, fol. 51v. 328 Protocolum concilii secreti, fol. 52v. 329 Erben, Die Frage der Heranziehung (1895), S. 529. Siehe auch Anm. 321. Der von Hans Zwiedineck-Südenhorst in seiner Abhandlung verwendete Text trägt den Titel „Rätlich Bedenken, wie der Teutsch-Orden in Hungarn wider den Türken zu gebrauchen und dahin transferirt werden möchte“. Zwiedineck-Südenhorst fand den Text im Archiv des Deutschen Ritterordens in Wien. Ein Vergleich dieses Textes mit dem Text aus der Regenspurgerischen reichshandlung, das heißt mit der kaiserlichen Propoposition zum Ritterorden, zeigt, dass es sich um denselben Text und somit um denselben Plan handelt. Die Wiener Variante ist zwar ohne Unterschrift, ihren Autor aber fand Zwiedineck-Südenhorst im Laibacher Komtur Johann Khobenzl, was er mit der Erklärung begründete, „die sachlichen Bemerkungen und Vorschläge, welche in dem kaiserlichen Bedenken gemacht werden, deuten auf Kenntniss der Ordensverhältnisse“; und dies „deutet darauf hin, dass bei der Abfassung des Bedenkens irgend Jemand intervenirt habe, der in der Lage war, aus eigener Beobachtung ein Urteil abzugeben“ und dies, meinte Zwiedineck-Südenhorst, „war eben Niemand geeigneter als Johann von Cobenzl“. Diese Erklärung steht jedoch auf tönernen Füßen. Erstens wegen der Reaktion, die die kaiserliche Anregung beim Deutschen Ritterorden hervorrief, und die zeigt, dass der Autor des Plans die Verhältnisse des Ordens eher schlecht als gut kannte – oder sie zumindest völlig außer Acht ließ –, was jedoch Zwiedineck-Südenhorst Johann Khobenzl wohl kaum zuschreiben wollte. Weiter ist Zwiedineck-Südenhorst die Rolle von Lazarus von Schwendi

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In der Einleitung hob der Kaiser wieder die Dimension der osmanischen Gefahr hervor und gab erneut zu verstehen, ihr allein mit seinen Ländern nicht trotzen zu können. Um die Osmanen dennoch abzuwehren, müssten die Grenzen verstärkt und gut versorgt sowie mit einer ständigen, starken Armee versehen werden. All dies sollte in erster Linie für Ungarn Geltung erlangen, damit „man dardurch in unversehenen uberfal desto weniger ubereilt werdt und sich desto besser gegen ime aufhalten, […] und dem feindt von den teütschen poden aufhalten müge“.330 Da das Reichsoberhaupt diese strategisch bedeutenden Grenzen alleine aber nicht zu befestigen und das Reich zu verteidigen vermöge, sei eine gründliche Überlegung der weiteren Strategien, mit welchen eine effektive Verteidigung umgesetzt werden könnte, unbedingt notwendig. Man strebe damit auch eine Verminderung der enormen finanziellen Lasten an, welche durch die osmanische Bedrohung sowohl auf den Kaiser als auch auf die Reichsstände zukämen. Anschließend wandte sich der Text der Geschichte „der deutschen und anderer christlicher Völker“ und den Bedrohungen zu, welchen sie ausgesetzt seien. Der Lauf der Zeit zeige nämlich, „daß man jederzeit in dergleichen notfällen auf stätte und ordenliche khriegsubung gedrachtet und sonderlich dem adl und ander namhaftige ritterliche leythe allerlay anraizung und vorthailige mitl darzue an die handt gegeben“. Des Weiteren führe er die Sinnhaftigkeit der Gründung von Ritterorden und die Notwendigkeit ihrer finanziellen Ausstattung vor Augen, vor allem in Zeiten, in welchen die Christenheit von den Sarazenen und jedweden anderen Ungläubigen bedroht war. Eine gute Ausrüstung helfe, feindliche Angriffe vorbereitet abzubei der Gestaltung des Ritterordenplans völlig unbekannt geblieben, sowie auch der Umstand, dass der Text, den der Kaiser den Reichsständen überreichte, aus Schwendis Traktat Quomodo Turcis sit resistendum hervorgeht, worauf zwar bereits Wilhelm Erben hingewiesen hatte. Freilich bleibt auch die Möglichkeit, dass Schwendi dem Kaiser einen Text übergab, den Khobenzl verfasst hatte. Doch dies ist eine Möglichkeit, die äußerst gering erscheinen muss, und zwar wegen des ersten Arguments von Zwiedineck-Südenhorst, des Arguments von der guten Kenntnis des Deutschen Ritterordens: Johann Khobenzl dürfte seinen Orden in der Tat gut gekannt haben und wäre demnach in der Lage gewesen, einen realitätsnäheren Plan zu verfassen. Dies hat, wie Zwiedineck-Südenhorst zeigte, Johann Khobenzl zwei Jahre später auch getan in einem Traktat, den er auf die Anfrage des Großmeisters des Deutschen Ritterordens hin schrieb und der den Titel „Getreues Bedenken über weilland Ihrer Kais. Maj. hochlöblichster Gedächtnis auf jüngst fürgeloffenem Reichstag gethanes Anbringen und Begehren von wegen Translation des Ritterlichen teutschen Ordens in Hungarn“ trägt. Die Urheberschaft dieser Abhandlung ist nicht strittig, denn Johann Khobenzl sicherte sie mit seiner Unterschrift. Moritz, Die Wahl Rudolfs II. (1895), S. 421. Zwiedineck-Südenhorst, Über den Versuch einer Translation (1878), S. 408, 410–411, 429f. 330 „Ungevärlich bedenckhen“, Regenspurgerische reichshandlung, fol. 159v.

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wehren und damit die Christenheit adäquat zu verteidigen. Basierend auf diesen Überlegungen wurden in der Vergangenheit Templerorden, Malteserund der Deutsche Ritterorden ins Leben gerufen, später folgten der Santiagoorden in Spanien sowie die Ritterschaft des savoyischen Lazarus und der florentinische Stephansorden. Diese Beispiele legen den Schluss nahe, so ist es dem Text zu entnehmen, „das man in Heiligen Reich Teütscher Nation bey jeziger obligunder grossen gfar und noth khain pessern und gelegenen weg und mitl zu merrer erhaltung und beschüzung der frontier und unvermeidlicher stätter defension an die handt nemen khan, dann die anrichtung eines solchen ritterordens, der sich beharrlich, selbst und steett aus seinen einkhumen khan unterhalten und auf der frontier khriegen mecht“331. Der Deutsche Ritterorden sei, schrieb Maximilian weiter, zu diesem Zweck besonders geeignet; dazu würden ihn sowohl „sein esse und wesen“, seine sehr solide Vermögenslage sowie die Bereitschaft und der Eifer, sogar die Freude der Ritter an ihrer Aufgabe, die Verteidigung des Vaterlandes und des Glaubens auf sich zu nehmen, empfehlen. Letzteres seien Aspekte, die er, der Kaiser, nicht anzweifeln wolle. Daher verspreche er sich vom Orden und seinem Engagement an den ungarischen Grenzen vielerlei Nutzen, insbesondere in folgenden, hier konkret formulierten Punkten: 1. Die Tätigkeit des Deutschen Ritterordens an den ungarischen Grenzen wird aus dem deutschen Adel und „andere ehrliche leyth“ erfahrene und in der Kriegsführung gegen die Türken erprobte Soldaten machen. 2. Aus den Reihen dieser routinierten Soldaten werden gute Befehlshaber hervorgehen, die in der Lage sein werden, die Armee gekonnt in Kämpfe gegen den Glaubensfeind zu führen. Dabei werden sie Kenntnisse über das osmanische Militär- und Verteidigungswesen für sich gut zu nutzen wissen. 3. Unter den Befehlshabern und Rittern des Ordens ist mit weit mehr Kampfeifer, Hingabe, Standhaftigkeit und Gehorsam zu rechnen als bei jenen, die an den Grenzen nur einige Monate – womöglich nur des Geldes und der Abenteuer willen – verweilen. 4. Die deutschen Reiter, die die größte Wehrkraft wider die Türken darstellen, werden dem Beispiel des Ritterordens folgen, wodurch Ordnung in ihren Reihen geschaffen werden wird. Dies wird zur Verbesserung des gesamten deutschen Verteidigungswesens, der gesamten Abwehr des Reiches und der Christenheit führen. Daraus wiederum wird man Hoffnung schöpfen können, da Folgen und Wirkungen des neuen Systems bestimmte Vorteile im Krieg gegen die Türken mit sich bringen werden. 331 „Ungevärlich bedenckhen“, Regenspurgerische reichshandlung, fol. 160v.

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5. Letztendlich verfügt der Ritterorden über ein beachtliches Vermögen, wodurch zumindest eine größere Festung an den ungarischen Grenzen unterhalten werden könne.332 Der Text reiht Vorschläge aneinander, auf welche Weise der Orden eingerichtet und verstärkt werden könnte.333 Der Kaiser sei bereit, sich mit den ungarischen Ständen zu einigen, dem Orden die Festung Kanizsa mitsamt ihrer Umgebung und den umliegenden Kastellen zu überlassen und bei ihrer Befestigung und Versorgung zu helfen; er sei gewillt, der Ritterschaft sämtliche Eroberungen, mit Ausnahme der kaiserlichen Regalien, zu überlassen und verspreche auch sich bei den Reichsständen dafür einzusetzen, dass seinen Kommenden die Teilnahme am Kampf gegen die Türken erlaubt werde. Besonders plane er sich in den Reihen der protestantischen Ständen darum zu bemühen, dass aus dem Vermögen der inkorporierten kirchlichen Güter einige Kommenden gestiftet werden, ebenso wie er anstrebe den Domstiftungen vorzuschlagen, dem Orden einige jährliche Pfründe zu überlassen. All dies solle dem Orden zum Zwecke der Wahrnehmung seiner neuen Berufung dienen. Der Kaiser versprach außerdem, sich an den spanischen König und die niederländische Regierung zu wenden, um den Stiftungen des Deutschen Ritterordens in den Niederlanden eine Teilnahme an diesem antitürkischen Unterfangen zu erlauben. Er werde auch den Papst bitten, dem neuen Orden für die Wahrnehmung seiner Mission die nötigen Dispense zu erteilen. Maximilian stellte zudem weitere Ideen zur Diskussion, etwa den Anschluss des Malteser an den Deutschen Ritterorden in diesem Unterfangen, denn „sintemal billicher, daß derselbig der gemainen noth in Teütschlandt, dann an andern frembden orten und nationen helfen soll“;334 er selbst werde den Orden nach besten Kräften unterstützen. So sei er durchaus bereit, dem Orden neue Privilegien, Dispense, Immunitäten und Erleichterungen von gewöhnlichen, vom Reich auferlegten Lasten zu erteilen. Letztlich äußerte das Reichsoberhaupt Vorschläge bezüglich der inneren Struktur der Ritterschaft: Demnach solle der Orden eine eigene, autonome, hoheitliche, verwaltungsmäßige und juristische Entität bilden, die selbst über ihre Angelegenheiten entscheiden könne. Die Festlegung der Struktur dieser neuen Ordensentität – beziehungsweise der neuen „Einrichtung“ – überlasse der Kaiser künftigen Gesprächen, bei welchen die Konstitutionen des Deutschen und anderer Orden gründlich behandelt werden sollte. Natürlich erwartete Maximilian, so entnimmt man letztlich dem Text, dass der Deutsche Orden 332 „Ungevärlich bedenckhen“, Regenspurgerische reichshandlung, fol. 160v–161r. 333 „Ungevärlich bedenckhen“, Regenspurgerische reichshandlung, fol. 161r f. 334 „Ungevärlich bedenckhen“, Regenspurgerische reichshandlung, fol. 161v.

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im Bewusstsein um seine ursprüngliche Berufung diese Aufgabe annehmen und sie gewissenhaft durchführen werde; dazu sollte ein besonderer Eid die Ordensritter verpflichten, den sie vor dem Reichsoberhaupt, in weiterem Sinne also vor dem Reich, zu leisten hätten. Die Reichsstände antworteten dem Kaiser in einer kurzen Replik. Darin erörterten sie die kaiserliche Proposition und zogen daraus den Schluss, dass es eine bedeutende Angelegenheit wäre, sofern die kaiserlichen Pläne zur Einrichtung des Ordens wirklich umgesetzt werden könnten. Sie sahen darin die sichere Gewähr für eine bessere Verteidigung sowie die Verhinderung weiterer Kampfhandlungen an den Grenzen. Mit der Realisierung des Planes wären die Stände dem Kaiser zu Dank verpflichtet, ebenso wie sie ihm in seinen weiteren Bemühungen in diesem Zusammenhang gewogen bleiben und sie unterstützen würden. Doch gerade ob der Relevanz der Bemühungen und des Planes, welcher das gesamte Reich betreffen würde, äußerten die Stände die Absicht, zunächst die Reichskreistage und in weiterer Folge den kommenden Reichsdeputationstag darüber beratschlagen zu lassen. Vor weiteren Diskussionen sei es aber, meinten die Stände, erforderlich, dass sich der Kaiser über diesen Vorschlag mit den Großmeistern des Deutschen und des Malteser Ritterordens berate, um sie für seine Sache zu gewinnen. Die Stände rieten dem Kaiser davon ab, bei der Umsetzung seines Vorschlages den Deutschen und den Malteser Orden an den ungarischen Grenzen zu vereinen; sie plädierten vielmehr für eine Zuteilung eigener, getrennter Gebiete, die von den beiden Orden jeweils separat zu verteidigen wären. Des Weiteren rieten sie zu weiteren Planungsschritten zur Prüfung der Einrichtung anderer Ritterorden, nämlich jener, die der Kaiser in seiner Proposition erwähnt hatte. Zudem sollte überlegt werden, welche Faktoren in der Vergangenheit zum Erfolg und Wachstum der Macht der Ritterorden beigetragen hatten. Ansonsten überließen die versammelten Reichsstände jegliche Überlegung, Planung und allfällige Umsetzung den kaiserlichen Kommissaren und künftigen Ständetagungen. 335 Wann genau die Stände dem Kaiser ihre Antwort übergaben, lässt sich nicht sagen, sicher jedoch nach dem 26. September, jenem Tag, an dem das Thema Ritterorden an den ungarischen Grenzen ein letztes Mal vom Kurfürstenrat erörtert wurde.336 Der Fürstenrat wandte sich der Problemstellung aber noch zu, bevor der Kaiser den Reichsständen seine Proposition übergab, also am 5. September,337 und nach ihrer Übergabe noch einmal, am 335 Replik der Reichsstände auf das „Ungevährlich bedenckhen“. Regenspurgerische reichshandlung, fol. 162v–163r. 336 Protocolum Comitiorum, fol. 186r–187v. 337 Protocolum des reichstags, fol. 485v.

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22. September.338 Damals beriet sich auch der Kurfürstenrat,339 dem zwei Tage zuvor die Erklärung des Großmeisters des Deutschen Ritterordens übergeben worden war.340 Zur selben Zeit bat der Mainzer Kanzler die Gesandten der Länder Steiermark, Kärnten und Krain um ihre Meinung zum kaiserlichen Plan. Der Kurfürstenrat machte die Idee anschließend noch zweimal, zuerst am 24.341 und zuletzt am 26. September, zum Thema, als man den Standpunkt des Fürstenrates abhandelte.342 Als man sich aber am 8. Oktober, gemeinsam mit den Ausschüssen des Fürsten- und des Städterates sowie mit den kaiserlichen Kommissaren Johann Baptista Weber und Sigmund Vieheuser, mit dem Text der Reichstagsbeschlüsse auseinandersetzte, wurde auch die Stellungnahme zum Ritterorden verlesen, die man im Kreise der Kurfürsten endgültig formuliert hatte und womit sich die Vertreter des Fürstenrates und des Städterates zufriedengaben. Weder Weber noch Vieheuser widersprachen dieser Ausfertigung343 und übergaben dem Kurfürstenrat die themenbezogene Stellungnahme der Gesandten der Herzogtümer Steiermark, Kärnten und Krain.344 In den Diskussionen haben, wie bereits erwähnt, sowohl die Kurfürsten als auch die Fürsten ihre grundsätzliche Zustimmung zum Vorschlag des Kaisers bezeugt.345 Doch ihre Antwort an Maximilian verschriftlichten sie letztlich doch nur in Konjunktiven und Wunschformen, streuten einige Vorschläge ein und schoben somit die Debatte und die Entscheidungen auf zukünftige Tagungen hinaus. Konnten sie überhaupt etwas anderes ausrichten, konnten sie mehr tun? Sie nahmen den Vorschlag des Kaisers zur Kenntnis und holten die Meinung der Gesandten des Großmeisters des Deutschen Ritterordens, welcher vom kaiserlichen Plan am stärksten betroffen war, ein.346 Sie baten die Gesandten der Länder Innerösterreichs um eine Stellungnahme, also die Repräsentanten jener Territorien, die eine bedeutende Säule der Türkenabwehr darstellten und in deren Abwehrstrategie die allfällige Einrichtung des Ritterordens stark eingreifen könnte. Doch das, was die Stände dem Vorschlag des Kaisers entnehmen konnten, war, 338 339 340 341 342 343 344

Protocolum des reichstags, fol. 491r–492v. Protocolum Comitiorum, fol. 177v–181r. Protocolum Comitiorum, fol. 177r. Protocolum Comitiorum, fol. 182r. Protocolum Comitiorum, fol. 186r–187r. Protocolum Comitiorum, fol. 201v. Protocolum Comitiorum, fol. 204r. Wortlaut der Stellungnahme der Gesandten siehe in Regenspurgerische reichshandlung, fol. 163r–165v. Siehe auch unten S. 180f. 345 Siehe Protocolum des reichstags, fol. 491v–492r. Protocolum comitiorum, fol. 177v–179v. 346 HHStA, MEA RTA Fasc. 72, Bd. I, fol. 402r–403v. Siehe auch Protocolum Comitiorum, fol. 177r.

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wie man es im Geheimen Rat sehr treffend ausdrückte, nur „wil impossibilia“: Die Einrichtung des Ritterordens an den Grenzen, weil man hier eine ständige und solide Armee bräuchte; das Engagement des Ordens an den Grenzen, weil ein solches im Einklang mit seinen Konstitutionen stünde und sein Vermögen es ermöglichen würde; die Einbeziehung der Johanniter in dieses Vorhaben, weil ihr Dienst bei der Verteidigung des Reiches von oberster Priorität sein solle; und schließlich die Einrichtung eines neuen Ordens als autonome militärische, hoheitliche, verwaltungsmäßige und juristische Körperschaft. All diese vom Kaiser genannten Vorschläge wurden ohne vorherige Zustimmungen der Generäle der beiden Orden, ohne die Zustimmung und Unterstützung der ungarischen und kroatischen Stände und letztendlich auch ohne jene der Stände der Länder Innerösterreichs aneinandergereiht. Darüber hinaus wurden die militärischen Dimensionen der Einrichtung eines solchen Ordens ebenso wenig herausgearbeitet – sie waren nur in Umrissen bekannt – wie die politischen, herrschaftlichen und letztlich religiösen Aspekte. Die protestantischen Reichsstände waren der Idee der Einrichtung des Ritterordens zunächst wohlgesonnen, denn sie sahen darin die Möglichkeit einer gleichberechtigten Kohabitation katholischer und protestantischer Benefiziaten. Doch sank ihre Zustimmung zum kaiserlichen Vorschlag beziehungsweise wurde gar zurückgezogen, da man keine Zusicherungen hatte, den Orden zum Nutzen der protestantischen Sache einspannen zu können.347 Das „Ungevärlich bedencken“ war somit in der Tat nur als solches wahrzunehmen, nämlich als ein skizzenhafter Entwurf. Es stellte lediglich eine Skizze dar, weshalb sich die Frage aufdrängt, warum der Kaiser die Reichsstände mit einem schemenhaften Konzept konfrontierte, obwohl es sich ja, wie das „Bedenckhen“ besagte, um eine neue, für die Verteidigung gegen die Türken, ja für deren Bekämpfung in höchstem Maße wichtige Strategie handelte. Wollte der Kaiser lediglich prüfen, ob die Reichsstände seinem Vorschlag Gehör schenken würden? Vielleicht intendierte er das Thema vor den Reichsständen nur hervorzuheben und die Diskussion zu eröffnen, um die Initiative anschließend den Ständen zu überlassen, und um selbst Zeit für eine klarere Artikulierung des Vorschlags zu gewinnen? Dies stünde vollkommen im Einklang mit seiner sonstigen Verhandlungsstrategie während des Reichstages. Allerdings hätte dies der Kaiser bereits bei der Übergabe der Antwort auf die ständische Replik tun können. Darüber beriet man im Geheimen Rat zwar, doch entschied man sich letztlich dagegen. Maximilian seinerseits akzeptierte den Standpunkt seiner Räte. Womöglich entschied sich das Reichsoberhaupt für die Übergabe der Ritterorden-Proposition nur 347 Moritz, Die Wahl Rudolfs II. (1895), S. 420f.

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aufgrund von Schwendis Beharrlichkeit, die sich in den Quellen zu den letzten Wochen des Reichstags zwar nicht mehr niederschlägt, aber dennoch nicht ausgeschlossen werden kann. Es wäre nicht das erste Mal, dass der Kaiser die Stände mit einem Plan konfrontierte, dessen Mastermind Lazarus von Schwendi war, der sich zwar nicht als Einzelkämpfer unter den kaiserlichen Räten, dennoch aber ohne viel Unterstützung für seine Ideen einsetzte; auf diese Weise war Maximilian beim Reichstag zu Speyer 1570 vorgegangen, als er den Ständen Schwendis großes Reform-Konzept vorgelegt hatte.348 Jegliche Fragen in diese Richtung müssen allerdings offenbleiben. Jedenfalls bestanden Ähnlichkeiten zwischen den beiden Reichstagen nicht nur in den kaiserlichen Verhandlungsstrategien, sondern auch im Los der Konzepte Schwendis. Der Reichstag zu Speyer wies bekanntlich den auf die Stärkung der Position des Kaisers ausgerichteten Schwendischen Vorschlag zurück, und beim Regensburger Reichstag konnte Schwendi seine Ideen zur Reform der Reichstürkenbekämpfung genausowenig durchsetzen. Wie wir gesehen haben, vermochte sich Schwendi mit seinen Visionen nicht einmal im kaiserlichen Geheimrat zu behaupten. Der Regensburger Reichstag brachte somit seine letzte politische Niederlage, möglicherweise jedoch nicht seine letzte Enttäuschung im Bezug auf das Reich. Nach dem Tod Kaiser Maximilians II. nämlich verlor Schwendi seinen maßgeblichen Einfluss auf die kaiserliche Reichspolitik und zog sich auf seinen Gutshof im Breisgau zurück. Dort spazierte er durch Weinberge und Obstgärten, beobachtete Bauern bei der Arbeit, widmete sich seinen Diskursen und schrieb Gedichte.349 Dabei drängt sich die Parallele zum Los seines großen Vorgängers im Geiste, Niccolò Machiavelli, auf.350 Ein Gedicht Schwendis, in seiner Pointe einem Gedicht von Machiavelli sehr nah, trägt den Titel „Der Hofdank“.351 Das Werk richtet sich gegen das höfische Leben samt allen Spielen und Spielchen, ja gegen das durch Intrigen gekennzeichnete sowie sich in Neid, Treu- und Danklosigkeit ergehende Hof-„Theater“. 348 Lanzinner, Friedenssicherung und politische Einheit (1993), S. 309f. Siehe auch Lanzinner, Die Denkschrift des Lazarus von Schwendi (1987), S. 151–152. 349 Siehe Janko, Lazarus Freiherr von Schwendi (1871), S. 135f. Nicklas, Um Macht und Einheit (1995), insbes. S. 165f. Siehe auch Martin, Lazarus von Schwendi (1893), S. 389–418. Siehe auch oben Anm. 209. 350 Beeindruckende Parallelen zwischen den beiden politischen Denkern bleiben ein Forschungsdesiderat. Angesprochen wurden sie bei Schulze, Landesdefension und Staatsbildung (1973), S. 198f. Simoniti, Vojaška organizacija (1991), S. 231f. Siehe auch Baillet, Schwendi, lecteur de Machiavel (1986), S. 119–197. 351 Publiziert bei Janko, Lazarus Freiherr von Schwendi (1871), S 166–168. Vgl. Machiavelli, Dell’Ingratitudine (2006), S. 161–166.

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Mein treuer Dienst bleibt unerkannt, Das Spiel zu Hof hat sich gewandt, In Zeit der Not war ich der best, Jetzt bin schier geworden der letzt […] Adieu Hofleben mit deiner Pracht Ich fahr’ davon, deiner nicht mehr acht.

Selbstbewusstsein, Selbstsicherheit und Selbstbehauptung auch in den aussichtslosesten und finstersten Momenten der Existenz eines der politiques am habsburgischen Hof – das war der Tenor aller Schriften, die Schwendi an Maximilian II. adressierte. Diese Eigenschaften machte sich Schwendi, der vertriebene Gerechte, wie er sich selbst verstand, auch in den dunkelen Stunden seiner persönlichen Existenz offensichtlich zu eigen. Demgemäß ist der Grundtenor seines Auftritts am Ende seiner bemerkenswerten Karriere als Berater des Kaisers, wie er den zitierten Versen zu entnehmen ist, wenig überraschend: Ich war – das heißt ich bin – der Beste, dennoch bin ich dazu verurteilt, der Letzte zu sein. Wie sich Lazarus von Schwendi von seinem ihm so nahestehenden, nun am Ende des Reichstages sterbenden Kaiser verabschiedete, geben die Quellen leider nicht kund. Jenseits der Vermutung darf jedoch allemal stehen, dass er den Reichstag noch vor seinem Ende mit dem bitteren Gefühl der Undankbarkeit verließ. Ist seine Abwesenheit von der letzten Sitzung des Geheimrates, die die Ergebnisse des Reichstages bilanzierte und neue Beratungen über die Türkenabwehr einzuleiten hatte, anders zu erklären? Der nachfolgende Kaiser Rudolf II. ließ Schwendi aber dennoch nicht mit leeren Händen wegziehen. Anfang November 1576 befahl er dem Kriegszahlamt und dem Reichspfennigmeister, Schwendi für seit vielen Jahren erwiesene „getreue“, „gehorsame“ und „hochersprießliche“ Dienste 12.000 Taler auszuzahlen.352 Dies war eine stolze Summe. Dass sie gerade aus der Bewilligung des Regensburger Reichstages entnommen wurde, dürfte angesichts des großen Engagements Schwendis für die kaiserliche Sache auf dem Reichstag jeglicher zeitüblicher Pikanterie entbehren.

352 Janko, Lazarus Freiherr von Schwendi (1871), S 135.

III. DIE INNERÖSTERREICHISCHE GESANDTSCHAFT BEIM REICHSTAG, IHRE KONTAKTE UND KONFLIKTE

III.1 Der Kaiser und die „finsteren“ Blicke seiner Geheimräte Die Gesandten der innerösterreichischen Länder kamen am 1. Juli nach Regensburg und wandten sich zuerst, wie ihnen ihre Instruktion auftrug, an den Kaiser, der sie am 4. Juli empfing. An jenem Tag, um sieben Uhr morgens, begrüßte sie zunächst der Obersthofmeister und einer der kaiserlichen Geheimräte, Hans von Trautson.353 Die Gesandten übergaben Trautson die Beglaubigungsbriefe der Landschaften und des Landesfürsten,354 sie unterrichteten ihn über ihre Mission und beteuerten laut ihrem Protokoll, dass sie „allain ihr aug auf ihr Mt. dizfals billich haben und alles nach derselben allergenedigisten willen und mainung zu dirigiren gehorsamist willig und befliessen [seien]“.355 Sie baten Trautson, er möge sich beim Kaiser für ihre Mission einsetzen und die Audienz beim Reichsoberhaupt veranlassen. Die Antwort des Geheimrates zeugt von dessen Vertrautheit mit den Gründen, welche die Gesandten zum Reichstag führten; er sei darüber von Erzherzog Karl sowie von den innerösterreichischen Landständen selbst unterrichtet worden.356 Den Gesandten beteuerte er, ihnen wohl gewogen zu sein und versprach ihnen seine Hilfe bei der Wahrnehmung ihrer Mission. Trautson bewerkstelligte in der Tat, dass der Kaiser die Gesandten noch am selben Tag um vier Uhr nachmittags empfing. Zu dieser kaiserlichen Audienz begleitete er sie bezeichnenderweise mit der Äußerung, dass „die khay. Mt. […] hierinen den ganzen gemainen wesen zum besten dasjhenig befürdern [werde], was den landen zum besten und gueter wolfart ersprießlich sein möchte“357. Auf ihrem Weg zum Kaiser statteten die Gesandten noch dessen Kämmerer und Geheimrat Leonhard von Harrach und anschließend 353 Regenspurgerische reichshandlung, fol. 25r. 354 Siehe Actorum liber in comitiis Ratisbonensibus Anno Domini M. D. LXXVI, fol. 68r–69v, 71r–72r. HHStA, MEA RTA Fasz. 72. Die Quelle wird im Folgenden als Actorum liber angeführt. 355 Regenspurgerische reichshandlung, fol. 25r. 356 Soweit man sich auf die Quellen zur Vorbereitung der Länder auf den Regensburger Reichstag stützen kann, liegt die Vermutung nahe, dass die Unterrichtung der kaiserlichen Räte über die Gesandtschaft der Länder zum Reichstag auf das Engagement Hans Friedrich Hofmanns im Frühjahr 1576 zurückzuführen ist. Siehe oben S. 65f. 357 Ebd.

Der Kaiser und die „finsteren“ Blicke seiner Geheimräte

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dem Reichsvizekanzler Dr. Johann Baptista Weber einen Besuch ab. Beide zeigten sich den Gesandten gegenüber wohlwollend und versicherten ihnen ihre guten Absichten.358 Auf den ersten Blick könnte angenommen werden, dass die Gesandten von den Höflingen bestens, in aller Freundlichkeit und Gewogenheit, empfangen wurden. Doch der Satz, mit dem Trautson die Gesandten zu ihrer Audienz beim Kaiser begleitete, nämlich dass der Gedanke des Reichsoberhauptes „zum besten“ für das Gemeinwesen und somit für die innerösterreichischen Herzogtümer sei, musste die zugesicherte, vermeintlich wohlwollende Grundstimmung der kaiserlichen Räte deutlich verwässern: Er suggerierte wohl, dass die Gesandtschaft wenig willkommen, ja gar entbehrlich sei; „zum besten“, um auf die Worte von Trautson zu rekurrieren, lässt sich ja nichts Gutes hinfügen. Das Reichsoberhaupt empfing die Gesandten an jenem Nachmittag freundlich und mit Handschlag. Anschließend ergriff der Orator der Gesandtschaft, Hans Friedrich Hofmann, das Wort. Seine Rede eröffnete er mit der Erläuterung der überaus großen Bedeutung seiner Gesandtschaft für die Länder Steiermark, Kärnten, Krain und Görz. Anschließend zeigte er auf, dass diese ihre Gesandtschaft als rare Gelegenheit wahrnähmen, den Reichsständen die eigene erbärmliche Lage vorzutragen und um sie um Hilfe zu bitten. Er erinnerte den Kaiser daran, dass ihn die Landschaften und deren Landesfürst Erzherzog Karl über die Absicht der Gesandtschaft unterrichtet hätten, dass er der Mission zugestimmt und ihr seine Unterstützung zugesichert habe. Die Gesandten seien also vor dem Kaiser erschienen, verdeutlichte Hofmann, um ihm ihre Beglaubigungsbriefe zu übergeben und ihn im Namen der Länder erneut zu bitten, ihnen bei der Wahrnehmung ihrer Aufgabe zu helfen und sie darin zu unterstützen. Die Gesandtschaft sei schließlich, schloss Hans Friedrich Hofmann seine kurze Ansprache, mit ihrer Instruktion dem Kaiser verpflichtet.359 Letzteres sowie die Äußerung dem Geheimrat Trautson gegenüber, dass die Gesandten in ihrem Tun und Handeln „allain ihr aug auf ihr Mt. dizfals billich [haben]“, ging freilich über den Tatbestand hinaus: Die Instruktion nämlich verpflichtete die Gesandten weder gegenüber dem Kaiser und noch weniger gegenüber seiner Politik. Ersteres hätte möglicherweise selbstverständlich sein können, Letzteres keineswegs; Hofmann jedoch berief sich in beiden Angelegenheiten auf die Instruktion. Seine Worte lassen sich demnach lediglich als eine Art captatio benevolentiae auslegen, welche jedoch, da sie auf grundsätzlich irreführender Auslegung der gesandtschaftlichen 358 Regenspurgerische reichshandlung, fol. 25r–25v. 359 Regenspurgerische reichshandlung, fol. 25v–26r.

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Die Innerösterreichische Gesandtschaft beim Reichstag

Instruktion aufgebaut worden war, leicht ins Gegenteil hätten verkehrt werden können. Die Gesandten waren sich dessen offensichtlich bewusst. In der Supplik, die sie nach Hofmanns Ansprache dem Kaiser übergaben und worin sie diesem ihren Gehorsam erklärten, wiederholten sie die Ausführungen ihres Orators daher nicht.360 In ihrer Supplik schilderten die Gesandten zunächst die Gefährdung der innerösterreichischen Länder und deren mangelnde militärische Schlagkraft, um danach die Behauptung aufzustellen, dass die Länder „von khainen ort ainiche würckhliche hülf, dardurch inen also zuegesetzt, daß sie sich nur etwas wenigs erholen und respiriren khünnen, biß dato nit empfindten“; aus diesen Gründen hätten sich die Länder an die Reichsstände zu wenden und sie um ihre Hilfe zu bitten. Danach fassten die Gesandten die Bemühungen der Länder um die Gesandtschaft zu den Reichsständen zusammen und erinnerten den Kaiser erneut an sein Versprechen gegenüber den Herzogtümern, dem Vorhaben der innerösterreichischen Länder geneigt zu sein. Auf sein Wort würden sie sich nun verlassen, weshalb sie sich auch viel von ihrer Gesandtschaft versprächen: Ihre Intention sei aber nicht bloß eine Darstellung der Krise der Länder, ihrer Gefährdung und Erschöpfung, sondern vielmehr, vermerkten die Gesandten diskret, eine günstige Antwort der Reichsstände im Hinblick auf die Misere der Länder und ihrer Grenzen, denn „nun [sei] die not, allergenedigister khayser, in höchster warhait groß“.361 Die Türken näherten sich den Herzogtümern Steiermark und Krain zusehends, jüngst „wüteten“ sie erneut in der Umgebung um Kanizsa, führten die Gesandten aus. Graf Zrinski habe der steirischen Landschaft sogar die Botschaft zukommen lassen, seine Untertanen nicht mehr lange daran hindern zu können, sich den Türken zu unterwerfen, so, wie es bereits viele andere zuvor getan hätten. Die Gesandten legten ihrer Supplik eine Abschrift dieses Briefes Zrinskis bei, woraus der Kaiser entnehmen sollte, wie unerträglich die Verhältnisse an den Grenzen einerseits und wie günstig die Situation des Feindes andererseits sei. Wiederholt betonten sie, dass ein Einfall der Türken in die Steiermark jederzeit möglich sei, und sollte es tatsächlich dazu kommen, „[sei] khain rettung, khain hilf, khain widerstandt“ vorhanden. Steiermark, Kärnten und Krain versprächen sich also viel vom Reichstag und würden darin sogar, schrieben die Gesandten, „ihr eüsseristess und ultimum refugium“ sehen.362

360 Erste Supplik an den Kaiser, presentatum 4. 7. Regenspurgerische reichshandlung, fol. 27v–28r. 361 Regenspurgerische reichshandlung, fol. 27v. 362 Regenspurgerische reichshandlung, fol. 28.

Der Kaiser und die „finsteren“ Blicke seiner Geheimräte

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Der Kaiser antwortete den Gesandten,363 er würde sich an die Bemühungen Erzherzog Karls und seiner Herzogtümer erinnern, ihre Gesandtschaft zu diesem Reichstag zu schicken, um den Ständen des Reiches selbst die Notlage der Länder darzustellen. Weiter bestätigte er, sich einem solchen Vorhaben in der Tat nicht widersetzt, im Gegenteil, ihm die volle Unterstützung versprochen zu haben. Da er sich der Krise der von den Türken bedrohten Ländern und der Situation der Grenzgebiete bewusst sei, habe er in seinen Gesprächen mit den Reichsständen und ihren Gesandtschaften all diese Umstände sowie Gefahren aus dem Orient selbst „genuegsamb erclärt und für augen gestelt“364 und darauf hingewiesen, dass auf den mit den Osmanen geschlossenen Waffenstillstand kein Verlass sei. Daher solle man sich der osmanischen Bedrohung viel überlegter und rascher widersetzen, „da man an jezo, da noch zeit verhanden, disen feind nit mit ernst und beharlich begegenen wurde, das sie die reu palt treffen und hernach gern alle trühen und casten fürtragen wolten, wie es dann andern völckhern auch beschehen, da wierdt es hernach zu spat sein“365. Der Kaiser informierte die Gesandten außerdem, dass die Reichsstände am Reichstag nicht persönlich teilnehmen könnten, sondern lediglich ihre Gesandtschaften geschickt hätten. Zwar gäben ihm, meinte er, die Vollmachten, über welche die Gesandtschaften der Reichsstände verfügten, und der gute Wille der Stände, den sie auswiesen, Grund zur Hoffnung auf eine günstige Beschlussfassung des Reichstages, doch äußerte der Kaiser zugleich Zweifel: „Aber, wie man sagt, die thumbherrn sind alle guete, das capitl ist ein selzamer man.“366 Die innerösterreichischen Gesandten verabschiedete er jedoch mit den ermutigenden Worten: „Ihr solt auch khainen zweifl tragen, was ich noch dem algemainen wesen zum besten khan und mag helfen und befürdern, daß ich an mir nichts wil erwinden lassen.“367 Die letzten Worte des Reichsoberhauptes wiesen erneut auf die große Diskrepanz zwischen dem Mandat der innerösterreichischen Gesandtschaft auf der einen und dem kaiserlichen Verständnis der Gesandtschaft auf der anderen Seite hin. Während die Gesandten dem Kaiser vortrugen, dass der Zweck und letztlich das Ziel ihrer Mission nicht nur die Schilderung des miserablen Zustandes seien, im dem sich ihre Länder befänden, sondern vor allem die Erlangung einer gesonderten Hilfe der Reichsstände für die in363 Antwort des Kaisers auf die erste Supplik, Datum 8. 7. Regenspurgerische reichshandlung, fol. 26–26v. 364 Ebd. 365 Ebd. 366 Ebd. 367 Ebd.

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nerösterreichischen Territorien, wiederholte der Kaiser seinen alten Standpunkt: Die Gesandtschaft, die den Reichsständen die Not der Länder vor Augen führen sollte, sei jene, welcher er die Genehmigung erteilt und seine Hilfe versprochen hätte; mehr hätte er nicht zugesichert, im Gegenteil. Er versprach nachdrücklich, selbst alles zu tun, die Diskussion des Reichstags über die Türkenhilfe zum bestmöglichen Schluss zu führen; die Gesandten könnten sich darauf verlassen. Damit grenzte der Kaiser den Wirkungskreis der Gesandten während des Reichstags deutlich ein und wies ihnen die Rolle eines Illustrators der osmanischen Gefahr in seinen Verhandlungen mit den Reichsständen zu; anders gesagt, er sah sie in einer nur demonstrativen Nebenrolle. Ein derart geschrumpfter Aktionsradius, der nur der Untermauerung der kaiserlichen Argumente dienen sollte – ein an sich nur demonstratives Handeln der landständischen Gesandtschaft auf dem Reichstag –, war natürlich weit vom Mandat der Gesandten entfernt. Den Gesandten eröffneten sich somit bereits am Anfang ihres Reichstagsaufenthaltes zwei parallel verlaufende Verhandlungsfronten. Sie sahen sich nicht nur, was freilich ein zu erwartendes Problem gewesen sein musste, mit den Reichsständen konfrontiert, die sie vom Ernst der Lage, in der sich die Länder befanden, überzeugen und deren Hilfe sie erlangen mussten. Sie waren zugleich dem Kaiser, seinen Räten und ihrem Verständnis der Gesandtschaft, welchem zufolge diese bloß ein Instrument der kaiserlichen Politik beim Reichstag – oder besser gesagt, der kaiserlichen „Reichstagsregie“ – sein sollte, ausgesetzt. Die Abgesandten hätten einen solchen Standpunkt des Reichsoberhauptes nicht erwartet, so schrieben sie in einem ihrer ersten Briefe nach Graz; die distanzierte Haltung des Kaisers und seiner Räte habe sie überrascht und ihnen den Mut geraubt.368 Die Gemütslage der Gesandten dürfte alldem zufolge in der Tat getrübt gewesen sein. Auf eine Überraschung ist sie dennoch nicht zurückzuführen. Der Standpunkt des Kaisers bezüglich der innerösterreichischen Gesandtschaft blieb nämlich seit der Zeit der Vorbereitung darauf unverändert. Haben die innerösterreichischen Landschaften und folglich ihre Gesandten auf dem Reichstag die ihnen zugesicherte Unterstützung des Kaisers auf eine Art und Weise interpretiert, die sich von der des Kaisers deutlich unterschied? Oder versuchten sie etwa, die Unterstützung des Kaisers umzudeuten und ihr sonach einen anderen verhandlungsstrategischen Wert beizulegen? Klar ist, dass die Gesandten beziehungsweise die innerösterreichischen Länder im Vorfeld des Reichstages von den Absichten und Verhandlungsstrategien des kaiserlichen Hofes nicht in Kenntnis gesetzt worden waren; dass sich die Kaiserlichen im Laufe der Verhandlungen weiterhin wenig 368 Siehe unten 131f.

Der Kaiser und die „finsteren“ Blicke seiner Geheimräte

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Mühe gaben, die innerösterreichischen Gesandten über ihr Tun und Handeln aufzuklären, werden wir im Folgenden deutlich sehen. Wie ebenso zu zeigen sein wird, mussten sich die Gesandten, um sich an die eigentliche Reichstagsfront zu begeben und dort ihre Mission zu verrichten, zuerst eine günstige Position auf der kaiserlichen Seite verschaffen. Am Tag nach den Audienzen beim Kaiser und seinen Räten forderte Hans von Trautson von den Gesandten die Schriftstücke, die diese den Reichsständen zu übergeben gedachten, ein. Sie überreichten ihm ein an die Reichsstände adressiertes Memorandum und zwei Tage darauf, am 7. Juli, war die innerösterreichische Reichstagsgesandtschaft Diskussionsthema im kaiserlichen Geheimrat.369 Maximilian II. sowie die Räte Trautson, Harrach, Vieheuser und der Vizekanzler Weber machten sich mit dem Inhalt des Memorandums vertraut und erörterten insbesondere jenen Teil, in dem sich die Gesandten mit ihrer Bitte um zwei verschiedene Hilfeleistungen an die Reichsstände wandten: um militärische, das heißt um „eilende hilfe“, sowie um Unterstützung für die Befestigung von bereits bestehenden Festungen und für den Bau von neuen. Sie meinten, dass „solches also vilfeltig begern und commulatio der hilfen die stende leichtlich unlustig machen und eins das andern verhindern mochte“370 und beschlossen deshalb, die Gesandten aufzufordern, beide Ansuchen zu junktimieren. Ansonsten zeigten sich sowohl der Kaiser wie auch seine Geheimräte, wie das Protokoll des Geheimen Rates besagt, mit dem Text zufrieden. Sie schlugen lediglich vor, einige Worte des Memorandums abzuändern und seine Einleitung zu „stilisirn“; ansonsten „caetera placent“371. Was jedoch den Brief des Grafen Zrinskis betreffend seine Untertanen anging, welche angeblich planten, sich den Osmanen zu unterwerfen, waren die Räte bestimmter in ihrer Haltung: Dies sei keineswegs zuzulassen. Erzherzog Karl sollte in diesem Belange kontaktiert und gebeten werden, sich über diese Angelegenheit zu erkundigen, und er solle in weiterer Folge Vorschläge liefern, wie solche Unterwerfungen nicht nur zu verhindern wären, sondern wie auch jene Untertanen, welche sich den Osmanen bereits unterworfen hatten, wieder aus dem türkischen Machtbereich zurückzubringen wären.372 Der Kaiser setzte das Vorhaben, sich an Erzherzog Karl zu wenden, in die Tat um.373 Auch den Gesandten stellte man am darauffolgenden Tag, dem 8. Juli, eine schriftliche Antwort aus, mit welcher sie über den in der erwähn369 Protocolum concilii secreti, fol. 40v. 370 Ebd. 371 Ebd. 372 Protocolum concilii secreti, fol. 41r. 373 Ebd.

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ten Sitzung des Geheimen Rates erarbeiteten Standpunkt der kaiserlichen Seite in Kenntnis gesetzt wurden. In seiner Antwort forderte das Reichsoberhaupt die Gesandten auf, ihre beiden an die Reichsstände gerichteten Anliegen miteinander zu verknüpfen. Zugleich ermahnte er sie, dass, wenn die Reichsstände „je etwas bewilligen, dasselbig anders nit als in genere und in einer suma thuen und die österreichischen lande oder gränizort nit thailen wellen, sonder vilmehr dasselbig ganz wesen und austhailung der hilf ihrer Mayt. als dem oberhaubt haimbgeben“374. Während der Lesung des Memorandums fanden die Kaiserlichen offenbar nicht nur die Bitte der innerösterreichischen Herzogtümer um zweifache Hilfe bedenklich, sondern auch das eigentliche Anliegen der Gesandten: ihren Appell an die Reichsstände, die Unterstützung für die innerösterreichischen Länder zu bestimmen und sie unmittelbar in die Kassen der Länder fließen zu lassen.375 Die kaiserliche Antwort war somit eine Mahnung, die einerseits die Absichten der Gesandten noch einmal eingrenzen und andererseits ihre Erwartungen dämpfen sollte. Die Gesandten sahen sich nun freilich veranlasst, all dem zu widersprechen. Sie taten dies mit dem Argument, dass ein solcher Standpunkt im Widerspruch zu ihrer Instruktion stünde. In den noch am selben Tage folgenden Gesprächen versuchten sie, Maximilian und seinen Räten die Angemessenheit des strittigen Punktes sowie ihre Gebundenheit an die Vorgaben und die Instruktion selbst zu erklären. Der erste fragliche Punkt, die Forderung nach doppelter Hilfe, dürfte nicht besonders problematisch gewesen sein, wenngleich er einen Schritt über die Bestimmungen der Instruktionen hinausging; Genaueres dazu wird im Folgenden noch zu zeigen sein. Ganz anders gelagert waren die Umstände beim „haubtpunct“ des Memorandums, nämlich der Bitte um eine besondere und sichere Hilfe der Reichsstände. Dieser Punkt sei, schrieb der Skriptor in das Tagebuch der Gesandtschaft, Tägliche verrichtung, „der lande höchste notturft […], darauß die herrn gesandten nit schreiten khünnen“376. Die Gesandten legten den kaiserlichen Räten nochmals ihre Instruktion vor und betonten erneut, „daß man hiever noch zeitlich gnueg eben dise instruction der khay. Mt. von Pruckh auß zugeschickht, und ir Mt. iro dieselbig also gefallen lassen“377. Das Ergebnis dieser Verhandlungen sollte für die Gesandten schließlich dennoch äußerst 374 Regenspurgerische reichshandlung, fol. 29r. 375 Siehe Memorandum, presentatum 9. 7. Regenspurgerische reichshandlung, fol. 36v–46r, hier fol. 45v f. Vgl. Instruktion, Regenspurgerische reichshandlung, fol. 6r–12r, hier fol. 11r. 376 Siehe unten Quellen I, Tägliche verrichtung, 8. 7. 377 Ebd.

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günstig und angesichts ihrer ersten Audienzen nicht wenig überraschend ausfallen: „Auf solches der herrn gesandten anhalten haben ir khay. Mt. bewilligt, das es also wie gestellt ist, der begerter absonderlichen hülf halber, bleiben solle.“378 Unverändert blieb auch, trotz der Diskrepanz zwischen der Instruktion der Gesandten und ihrem Memorandum, die Angelegenheit der zweifachen Hilfe.379 Ein solcher Ausgang der präliminären Verhandlungen der Gesandten mit Maximilian II. und seinen Geheimräten war in der Tat überraschend. Die Forderungen der Gesandten standen ja in deutlichem Gegensatz zur Reichstagspraxis und zur Art und Weise der Bewilligung und Verwaltung der Reichshilfe. Sie erweckten demnach die Missbilligung des Kaisers und seiner Geheimräte. Die Bewilligung der Reichshilfe „under ainst“, wie sich der Reichsvizekanzler gegenüber den Gesandten ausdrückte, bedeutete, dass die Verhandlungen zwischen dem Kaiser und den Reichsständen über die Türkenhilfe allein die Unterstützung des Kaisers als Reichsoberhaupt bei der Verteidigung gegen die Osmanen betrafen. Es handelte sich nicht um Erörterungen über die Hilfe für einzelne Länder und Königreiche des Kaisers beziehungsweise seines Hauses, oder ihre Abwehrstrategien und Defensionssaktivitäten. Die Verteilung der Türkenhilfe war somit kein Gegenstand der Reichstagsverhandlungen und keine Angelegenheit, mit der sich die Reichsstände im Besonderen befassten; anders ausgedrückt gewährten die Reichsstände dem Reichsoberhaupt ihre Türkenhilfe stets in einem „Guss“ und bona fide.380 Diese Praxis stellte für die innerösterreichischen Delegierten natürlich eine äußerst ungünstige Ausgangslage bei der Wahrnehmung ihrer Reichstagsmission dar und ließ ihre Forderung nach konkreter Hilfe an die Länder, wie der Vizekanzler ihnen zu erklären versuchte, zu ambitioniert und dem Kaiser sowie den Reichsständen missliebig erscheinen. Die Reichstagsmission der innerösterreichischen Gesandten bestand dennoch gerade darin, die übliche Reichstagspraxis zu durchbrechen, die Politik der Reichsstände und des Kaisers betreffend der Reichshilfe zu ändern und den Herzogtümern den Anteil an dieser zu sichern. Allen Bedenken in diesem Zusammenhang galt es demnach entgegenzutreten und ihre Relevanz in den Verhandlungen in Relation zu den Argumenten für den innerösterreichischen Anteil an der Reichshilfe zu mindern. Die Gesandten hatten also Großes, nahezu Umstürzendes vor, dennoch gestattete der Kaiser, den strittigen Aspekt des Memorandums unverändert zu belassen. In welcher Gemütslage sich der Kaiser befand, als er diese Erlaubnis erteilte, zeigt ein Brief des Ge378 Ebd. 379 Siehe unten S. 127f. 380 Vgl. Lanzinner, Friedenssicherung und politische Einheit (1993), 499f.

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sandtschaftssekretärs Matthes Amman an die steirischen Verordneten: Das Reichsoberhaupt sei von den Anliegen der Gesandten missmutig gestimmt worden; auch die kaiserlichen Geheimräte zeigten für ihr Handeln kein Verständnis und würden darauf nur mit ihren „finsteren“ Blicken reagieren.381 Eine andere Reaktion des kaiserlichen Stabs ist wohl schwer vorstellbar: Die Anliegen, womit sich die Gesandten an die Reichsstände zu wenden planten, hätten die Verhandlungen des Kaisers beträchtlich erschweren und vielleicht sogar bewirken können, dass die Reichsstände den Gesandten tatsächlich Gehör schenken, ihre Bemühung unterstützen und ihre Bitte erhören würden, was in den Augen des Kaisers und seiner Räte offensichtlich als eine durchaus realistische Vorstellung erschien, wie ihre Auseinandersetzung mit den Schriften der innerösterreichischen Gesandtschaft bezeugt. Sollten also die Reichsstände der Gesandtschaft in ihrem Anliegen entgegenkommen, hätte dies zur Folge, dass des Kaisers Führungsposition in den Reichstagsverhandlungen – eine Stellung, die ihm wohl niemand hätte streitig machen wollen – zu bröckeln beginnen und ihm das Primat über die Reichsbewilligung und die Verfügung darüber genommen würden. Das waren große Risiken sowohl in Bezug auf die politischen respektive verfassungsmäßigen Verhältnisse im Reich im Allgemeinen als auch auf das Reichstagsklima im Besonderen. Sollten nämlich die Reichsstände der Bitte der innerösterreichischen Gesandtschaft stattgeben, würde dies einen jener Präzedenzfälle darstellen, die in ihren Gesamtdimensionen nicht vorauszusehen gewesen sein dürften. Das Jahr 1576 stand, wie mehrmals aufgezeigt, im Zeichen des starken osmanischen Druckes auf die ungarischen Grenzen, worauf die Boten der ungarischen und kroatischen Gebiete während des Reichstages bei jeder Gelegenheit aufmerksam machten.382 Die stets schwierigen Verhandlungen des Kaisers mit den Reichsständen wurden zusätzlich durch zugespitzte Religionskonflikte verhärtet. In Anbetracht der äußerst prekären Lage an den Grenzen sowie des allgemeinen angespannten politischen Klimas im Reich musste das Neue und darüber hinaus das neue Besondere in Bezug auf die Reichshilfe, das ohne Zweifel – zumindest aus der Perspektive der Kaiserlichen – Schwierigkeiten zu bedeuteten hatte und leicht Risiken und Ungewissheiten verursachen konnte, in den Augen des Kaisers und seiner Geheimräte unwillkommen und abwegig gewesen sein; sie vermochten darin keinen Nutzen für die Verhandlungen mit den Reichsständen oder eine Aussicht auf einen günstigen Ausgang dieser Zusammenkünfte zu erkennen. Die Kaiserlichen wachten daher sorgfältig über den Zu381 Siehe unten Quellen II, Nr. 3, Amman, 8. 7., P. S. II. 382 Über den starken türkischen Druck wird Ende Juli auch Erzherzog Karl schreiben. Erzherzog Karl an den Kaiser, Wien, 28. 7. Regenspurgerische reichshandlung, fol. 74r–76r.

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gang zu den Reichsständen und waren bemüht, die Auftritte vor ebendiesen gewissenhaft und in ihrem Sinne zu lenken. Als die niederösterreichischen Gesandten Mitte Juli in Regensburg eintrafen, um dem Kaiser ihre Vollmachten und ihre Instruktion mit der Bitte auszuhändigen, den Reichsständen die osmanische Gefahr schildern zu dürfen und um ihre Hilfe in derselben Angelegenheit anzusuchen, diskutierten Maximilian und seine Räte in der Sitzung des Geheimen Rates am 15. Juli zwar über ihre Mission und das den Reichsständen auszuhändigende Memorandum, waren jedoch der Meinung, dass das Vorhaben der niederösterreichischen Landschaften weder zur rechten Zeit geplant noch allgemein angemessen sei: „Weil proposition alberait lengst beschehen, die beratschlagung furgenommen, dann auch ir Mt. die notturft selbst furbracht und es auch mit inen ein ander gelegenheit als mit Steier383, so hilt ir Mt. dafur, man mocht die werbung einstellen“.384 Der Missmut des Kaisers und die „finsteren“ Blicke seiner Berater sind daher leicht nachvollziehbar. Weniger einsichtig ist dagegen die Entscheidung des Reichsoberhauptes, den innerösterreichischen Gesandten die ihm unwillkommene, in der Reichstagspraxis neuartige und in den Verhandlungen mit den Reichsständen riskante und überdies teils eigenwillige und eigenartige Forderung dennoch zu gestatten. Zu diesem Entschluss bewogen ihn wohl weder der Ratschlag seiner Geheimräte noch die Reichstagspraxis per se; ebenso wenig wird ihn die offensichtliche und eigentlich durchwegs sinnvolle Einbindung einer solchen Bemühung in seine Verhandlungen oder das Argument der Gesandten, ausschließlich an ihre Instruktion gebunden zu sein, überzeugt haben. Am ehesten bewegten ihn entweder seine besondere Gunst gegenüber den Gesandten oder die Anerkennung der außerordentlichen Lage der Länder Innerösterreichs; freilich besteht auch die Möglichkeit einer Verzahnung beider Argumente bei dieser kaiserlichen Entscheidungsfindung. Ein besonderes Verständnis für die außergewöhnliche und besorgniserregende Situation der innerösterreichischen Herzogtümer bezeugten Maximilian und seine Geheimräte bereits beim Empfang der Gesandtschaft Niederösterreichs beim Reichstag und bei der Erörterung von deren Anliegen vor den Reichsständen. Das Anliegen der niederösterreichischen Gesandtschaft ähnelte jenem der innerösterreichischen, doch fiel das kaiserliche Urteil über die Zielsetzung der niederösterreichischen Stände völlig anders aus, 383 Das Wort Steier steht an dieser Stelle nicht nur für das Land Steiermark, sondern für die gesamte Gruppe der innerösterreichischen Länder. Der Protokollist des Geheimen Rates bezeichnete, womöglich dem Hofjargon folgend, die Angelegenheiten der innerösterreichischen Gesandtschaft konsequent mit den Worten Steier, steirische. 384 Protocolum concilii secreti, fol. 43v.

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obwohl es sich um die Gesandtschaft seines eigenen Landes handelte. In der Sitzung des Geheimen Rates, in welcher von der niederösterreichischen Gesandtschaft die Rede war, waren Maximilian II. und die Räte der Ansicht, dass es „auch mit inen [also den niederösterreichischen Abgesandten] ein ander gelegenheit als mit Steier [sei]“. Die Frage, die sich nun aufdrängt, ist jene nach der „gelegenheit […] mit Steier“. Woraus setzte sich dieser Themenkomplex rund um die innerösterreichischen Länder zusammen und welcher Aspekt ließ die Stellung dieser Territorien in den Augen des Reichsoberhauptes und seiner Geheimräte besonders und außerordentlich erscheinen? Die Antwort auf diese Frage muss bis zum Ende unserer Studie aufgeschoben werden. In den darauffolgenden Tagen wandten sich die innerösterreichischen Gesandten mit ihrer Bitte an die Reichsstände. Dies geschah zunächst im Rahmen einer Audienz im Reichstagsplenum, danach in Audienzen beim Kölner Kurfürst und den Gesandtschaften der anderen Kurfürsten; schließlich wurden sie vom Städterat, vom Kurfürstenrat und vom Fürstenrat empfangen. Dabei richteten sie neben dem erwähnten Memorandum zwei Suppliken an die Stände, in welchen sie erneut auf die Gefährdung und Not ihrer Länder hinwiesen, ihre Bitte wiederholten und sie zu begründen versuchten.385 Die Reichsstände schenkten den Gesandten Gehör und sicherten ihnen zu, dass die Situation der Herzogtümer und die Bitte der Gesandten erörtert werden würden. Letztlich jedoch ging der ständische Beschluss, festgehalten in der am 28. Juli dem Kaiser übergebenen Replik, seiner Natur sowie seinem Inhalt nach mit der gewöhnlichen Reichstagspraxis völlig konform. Die Stände bewilligten zur Verfügung des Kaisers, wie bereits gezeigt, sechzehn Römermonate für die Dauer von vier Jahren. In der Replik der Stände war festgeschrieben, dass die Länder Steiermark, Kärnten und Krain sowie die Grafschaft Görz ihre Unterstützung „nit weniger“ genießen sollten als andere Territorien des Kaisers, doch eine solche Empfehlung an den Kaiser, obgleich nicht ohne eine reichsrechtliche Nachwirkung,386 war natürlich weit davon entfernt, worum sich die Gesandten bemüht hatten, worum sie die Reichsstände gebeten hatten und was sie zu erreichen trachteten. Sollte der Kaiser der Empfehlung der Stände nachkommen und den Ländern tatsächlich einen Teil der Reichshilfe zusprechen, was zu jenem Zeitpunkt, wie die Gesandten die Geschichte lehrte und worauf sie ihre Intuition hinweisen musste, sehr unwahrscheinlich war, so wären die Herzogtümer vermutlich mit einer dermaßen geringen Summe aus der Reichshilfe beteilt worden, dass diese nicht zur Deckung der dringendsten Bedürfnisse ausgereicht 385 Siehe unten S. 128f. 386 Siehe unten S. 195f.

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hätte. Das meinte wenigstens Matthes Amman, als er am 27. Juli, offenbar bereits im Bilde über den Beschluss der Reichsstände, den Verordneten nach Graz schrieb: „Sie [die Reichsstände hätten] ein bewilligung gethan, do es darbey bleiben solte, schier mer ein spott als ein hulf zu nennen.“387 Er ging jedoch auch davon aus, dass der Kaiser den Reichsständen mit einer „kräftigen“ Replik, mit starken Argumenten und einer gut begründeten Zurückweisung des ständischen Angebots sowie mit einer erneuten Erläuterung der kaiserlichen Forderungen antworten werde. Ammans Schreiben lässt darüber hinaus erahnen, dass sich der Sekretär der innerösterreichischen Gesandtschaft darüber im Klaren war, dass ein in irgendeine Richtung gearteter Einfluss, den die Gesandtschaft bei der Fassung der kaiserlichen Antwort eventuell haben würde, äußerst marginal sein würde, denn, so schrieb er, „die herrn gesanten auch gar wenig dancks verdienen bey ihrer Mt. von wegen ihres so embsigen anhaltens“388. Die ungünstige Antwort der Reichsstände, ferner, wie der Brief von Matthes Amman zeigt, die schlechte Stimmung des Kaisers und mangelhafte, nur punktuelle Vertrautheit mit den Standpunkten und Verhandlungsplänen der kaiserlichen Räte raubten den Gesandten den Atem. So wandten sie sich am 24. Juli an den Landesfürsten Erzherzog Karl und baten ihn, seine Gesandten, die ihnen bei ihrer Mission behilflich sein sollten, nach Regensburg zu entsenden. Ihre eigenen Verhandlungskräfte, so gaben sie zu verstehen, seien völlig ausgeschöpft, ihre Verhandlungsspielräume äußerst begrenzt.389 Am 31. Juli richteten sie eine neue Supplik an den Kaiser, in der sie ihn um seine Entscheidung bezüglich der bewilligten Reichshilfe baten. Sie schrieben, von den Ländern zum Reichstag geschickt worden zu sein, „allein von wegen der gewißhait, ob das Heilig Reich helfen wolle, auch was und wie solche hülfen auf dise beeden gränizen deputirt“,390 und erinnerten Maximilian nochmals daran, dass das Schicksal der innerösterreichischen Länder, sofern ihnen eine ausreichende und sofortige Hilfe vorenthalten würde, besiegelt sei. Des Weiteren baten sie den Kaiser um eine Antwort, die, wie sie es formulierten, zum Trost ihrer „principaln“ ausfallen würde.391 Anders ausgedrückt wünschten die Gesandten, der Kaiser möge die bewilligte Hilfe verteilen und den Gesandten seine Entscheidung über den Anteil an der Reichshilfe, welchen er den innerösterreichischen Ländern zukommen zu lassen gedenke, schriftlich mitteilen. Doch das Reichsoberhaupt, mitten in 387 Quellen II, Nr. 5, Amman, 27. 7. 388 Ebd. 389 Siehe unten S. 135. 390 Zweite Supplik an Kaiser, presentatum 31. 7. Regenspurgerische reichshandlung, fol. 67r. 391 Ebd.

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den Reichstagsverhandlungen, nahm Abstand von einem solchen Vorschlag. Den Gesandten ließ er lediglich folgende Antwort zukommen: „Ihr Mt. habe selbst noch nichts vom Reich erlangt und seindt auch [mit] diser relation der reichsstände nit zufriden.“392 Am nächsten Tag, am 1. August, trafen die Gesandten mit Lazarus von Schwendi zusammen, um mit ihm die Verwaltung und Versorgung der kroatischen und windischen Grenzen zu besprechen: „Den ersten Augusti sein die herrn gesandten zum herrn von Schwendi erfordert und mit inen von wegen fürsehung windischer und crabatischen granizen conferirt.“393 Mit diesen Worten resümiert der Verfasser der Täglichen verrichtung dieses Gespräch. Leider stellen jene Zeilen die einzige Informationsquelle dar, die das Treffen der Gesandten mit dem Rat und Vertrauten des Kaisers erschließt. Die Gesandten äußerten sich nämlich in ihrer Korrespondenz nicht weiter über das Gespräch mit Schwendi, obwohl es sich um ein Treffen mit dem engsten Berater des Kaisers und, wie wir gesehen haben, wichtigsten Verfasser des kaiserlichen Reichstagsschrifttums handelte. War das Gespräch etwa nicht wichtig genug, um darüber detailliert Bericht zu erstatten? Von dieser Annahme kann wohl kaum ausgegangen werden, weshalb es nicht weit hergeholt wäre zu mutmaßen, dass es unter Umständen nur von dürftigem Erfolg gekennzeichnet war. Diese Vermutung kann ob der knappen Erwähnung der Unterhaltung eher als wahrscheinlich erachtet werden. Lazarus von Schwendi, dieser geist- und einfallsreiche, stets um die Stärkung der Position seines Herrn bemühte Berater Maximilians II., war den Gesandten und ihrer Bemühung vor den Reichsständen womöglich nicht besonders geneigt. Vielleicht hatte er kein Verständnis für ihr Mandat, zumindest keines, das die Gesandten als fördernd und aussichtsreich einschätzen würde. Womöglich gab sich Schwendi distanziert, wenig freundlich und entgegenkommend, weshalb ein schlechtes Gesprächsklima entstand und die Gesandten sich vor den Kopf gestoßen fühlten und dementsprechend reagierten, freilich zum Nachteil ihrer Mission? Vielleicht betrachtete Schwendi seine Gesprächspartner mit einem jener „finsteren“ Blicke der kaiserlichen Geheimräte und sprach sie in seiner deutsch-lateinischen Höflingssprache an, was die Gesandten als über die Maßen irritierend empfunden haben mögen, sodass ihre Geduld an die Grenzen der Courtoisie getrieben wurde? Ist also beim Treffen der Gesandten mit Lazarus von Schwendi alles misslungen, was scheitern konnte? Diese Frage muss unbeantwortet bleiben. Eine weitere Angelegenheit der Gesandten deutet jedoch darauf hin, warum diese Probleme hatten, sich an ihre Begegnung mit Schwendi zu erin392 Regenspurgerische reichshandlung, fol. 67v. 393 Quellen I, Tägliche verrichtung, 1. 8.

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nern. So erwähnte Matthes Amman in seinen Briefen an die Verordneten der Steiermark mehrfach den Seckauer Bischof Georg Agricola. Dieser habe, so Amman, als Stellvertreter des Erzbischofs von Salzburg und somit als Direktor der fürstlichen Kurie den Gesandten bei der Wahrnehmung ihrer Mission in vielfacher Weise geholfen. Lazarus von Schwendi – wenngleich es sich um den ersten Berater des Kaisers, seinen ersten Militärstrategen und einen in Graz wohlbekannten sowie hoch geschätzten Herren handelte –394 verzeichnete Amman hingegen mit keinem Wort. Die überaus trockene Passage aus der Täglichen verrichtung, worin steht, dass „die herrn gesandten zum herrn von Schwendi erfordert [wurden] und mit inen des uberschlags halber von wegen fürsehung windischer und crabatischen granizen conferirt wurde“, führt demnach zurück zu Ammans Aussage, wonach „die herrn gesanten auch gar wenig dancks verdienen bey ihrer Mt. von wegen ihres so embsigen anhaltens“. Anders gesagt: Auch Schwendi mochte für die innerösterreichischen Gesandten wenig mehr als seinen „finsteren“ Blick übrig gehabt haben. Ammans Annahme schließlich, wonach der Anteil der Gesandtschaft beim Verfassen der kaiserlichen Antwort an die Reichsstände nur marginal werden sollte, dürfte gerade in diesem Kontext ihre Wurzeln haben. Als sich die Gesandten am 6. August abermals an den Kaiser wandten, gingen sie dabei von eben diesem Tatbestand aus.395 In ihrer Supplik gaben sie ihre Meinung hinsichtlich der von den Ständen bewilligten Reichshilfe wieder. Diese sei so knapp bemessen, dass sie weder dem Kaiser selbst und noch viel weniger den Ländern nützlich sei. Aus diesem Grund befanden sie es als notwendig, sich mit ihrem Schreiben bei der Übergabe der kaiserlichen Duplik nochmals an die Reichsstände zu wenden, um ihnen erneut die Bedrohung und Notlage der betreffenden Gebiete zu skizzieren und um sie gleichzeitig zur „herzhaft[en]“ Auseinandersetzung mit dieser Gefahr aufzurufen; ihrer Begründung fügten sie die spitze Bemerkung hinzu, die Lage der Länder sei „fürwahr khain scherz mer“396. Zur Bekräftigung ihrer Worte und ihres Vorschlags wurde der Supplik ein Brief beigelegt, als dessen Verfasser Niclas von Banffy, einer der kroatischen Adeligen, galt, dessen Besitztümer besonders unter den türkischen Einfällen litten. Der Brief wurde vom Landeshauptmann, dem Landesvizedom und den Ständeverordneten 394 Siehe Simoniti, Vojaška organizacija (1991), S. 58f. 395 Dritte Supplik an Kaiser, presentatum 6. 8. Regenspurgerische reichshandlung, fol. 78r–79r. 396 Dritte Supplik, Regenspurgerische reichshandlung, fol. 78v. Banffys Brief, von dem die Gesandten sprechen, konnten wir in den durchgesehenen Archivalien nicht finden. Der Actorum liber bewahrt jedoch einen Brief, auf den Banffy an Erzherzog Karl geschrieben hat. Niclas Banffy an Erzherzog Karl. s. l., s. d. Actorum liber, fol. 95r–97v.

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der Steiermark nach Regensburg geschickt. Banffy teilte mit, so fassten die Gesandten seinen Brief zusammen, dass die Türken das gesamte Gebiet um die Festung Kanizsa und das Gebiet zwischen Kanizsa und dem Kloster Semeni besetzt hätten. Der Zugang zur Festung sei somit unmöglich, weshalb diese Soldaten entbehren musste und damit auch das Kloster in ständiger Gefahr sei. Die Türken, so schrieb er, hätten es bereits eingenommen, wären sie nicht vom schlechten Wetter daran gehindert worden. Den Osmanen, resümierte Banffy, hätte sich somit das Tor ins Land Steiermark geöffnet, in welches sie jeden Augenblick einfallen könnten. Da das Gebiet selbst ungeschützt sei, baten die Gesandten den Kaiser um die Ausarbeitung eines Plans zur Verteidigung und Befestigung des Klosters. Damit wäre Banffy geholfen und die Grazer Landleute wären beruhigt. Anfang August dürfte der Brief Maximilian II. erreicht haben, den Erzherzog Karl am 28. Juli an ihn gerichtet hatte.397 Dieser hielt sich damals in Wien auf, wo er die kaiserlichen Geschäfte lenkte.398 Im Schreiben zeigte sich Karl besorgt ob des starken osmanischen Drucks an den ungarischen Grenzen. Der Erzherzog berichtete vom nicht eingehaltenen Waffenstillstand mit den Osmanen und deren Ambition, gewaltsam in die kaiserlichen Gebiete einzufallen und sie teilweise zu erobern. Er befürchtete, dass diese groben türkischen „unthaten“ kein Ende nehmen würden. Er habe, so schrieb Karl, den Ofener Pascha bereits zur Einstellung der Waffenstillstandsverletzungen aufgefordert, die von den Angreifern verschleppten Personen zurückzuschicken und die Aggressoren selbst zu bestrafen; dennoch war Karl der Meinung, dass „[…] das nichts solches von ime beschiecht“. Deshalb riet er seinem kaiserlichen Bruder, einen Gesandten zur Pforte zu entsenden, um dem Sultan diese „gar zu grobe unthanen“ vor Augen zu führen. Zugleich ließ Karl wissen, an die Länder Ober- und Niederösterreich sowie an die Steiermark und Kärnten einen Aufruf zur Einberufung des dreißigsten Mannes adressiert zu haben, um dem Feind zu zeigen, „daß man sich auch diserseiten etwas zu gegenwöhr thuet stellen“. Diese Einberufung war aber, wie dem Brief Karls zu entnehmen ist, keine auf große militärischen Erfolge zielende Defensionsstrategie. Sie sollte vielmehr eine abschreckende Wirkung haben; eine tatkräftigere Verteidigungsleistung war den österreichischen Ländern im Sommer 1576 offenbar nicht möglich. Die Lage jedoch hätte erheblich größere Maßnahmen zum Schutz der Länder erfordert. Es wäre unbedingt notwendig, appellierte der Erzherzog an den Kaiser, vor allem die Festung Kanizsa zu halten: In jener Befestigung, welcher eine Schlüsselfunktion bei der Verteidigung der österreichischen Territorien zukäme, 397 Wie in Anm. 389. 398 Siehe oben S. S. 70–71.

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fehlte es sowohl an einer nennenswerten schlagkräftigen Mannschaft als auch an der notwendigen Ausrüstung; so zähle man dort etwa weniger als sechzehn Pferde. Erzherzog Karl unterrichtete auch die Gesandten seiner Länder über die Abfassung seines Briefes an den Kaiser und unterstützte sie bei der Wahrnehmung ihrer Mission.399 Dem Kaiser allerdings empfahl er die Gesandtschaft nicht noch einmal. Dies hätte man angesichts der ernsthaften Lage an den Grenzen und der Relevanz der Gesandtschaft, deren Handeln offensichtlich zwingend notwendig war, wohl erwarten müssen. Die Gesandten der Länder Karls blieben damit bei ihrer Mission auf sich alleine gestellt, und auch die kaiserliche Beantwortung ihrer letzten Supplik, die am 11. August von Vizekanzler Weber verfasst worden war, war nicht in ihrem Sinn ausgefallen.400 Darin stand geschrieben, dass die Darstellung der Gefährdung Ungarns und der österreichischen Länder, wie sie in der kaiserlichen Duplik beschrieben worden war, so ausführlich wie möglich und ausreichend informativ gewesen wäre und deshalb sicherlich nicht fruchtlos bleiben würde. Aufgrund dessen war Maximilian überzeugt, dass ein erneuter Auftritt der Gesandten weder nötig noch adäquat wäre, daher könne er den Gesandten bei der Wahrnehmung ihres Vorhabens nicht entgegenkommen. Die Antwort befasste sich zudem kurz mit Banffys Brief. Der Kaiser werde sich, erklärte die Duplik, schriftlich an Erzherzog Karl wenden, welcher alles Nötige in die Wege leiten werde, um das Überlaufen der Untertanen zu den Türken zu unterbinden und die Verteidigung des Kloster Semeni in die Wege zu leiten. Das Schreiben schloss jedoch mit einem offenen Eingeständnis des Kaisers: Ihm falle nichts schwerer, als solche Umstände hilflos mit ansehen zu müssen, doch, so diktierte Maximilian in die Feder, „hoffen [wir] aber zu Gott, es solle sich in khurz zu merer besserung und richtigkhait schickhen“401. Diese letzten Zeilen der kaiserlichen Antwort lassen sich entweder als ein schlichtes, bescheidenes Eingeständnis des totgeweihten Kaisers, als ein Moment der zugegebenen Einfalls- und Willensschwäche des kaiserlichen Stabs oder als ein in Einfalls- und Willensschwäche gekleideter Hofzynismus auslegen. Sei das eine oder das andere der Fall gewesen, es sollte nicht dabei bleiben. Die Gesandten traten noch am selben Tag, am 11. August, schriftlich an Maximilian heran und baten ihn, dem Mainzer Kanzler aufzutragen, ihr an 399 Brief Erzherzog Karls an die Gesandten. Wien, 29. 7. Regenspurgerische reichshandlung, fol. 73r–74r. 400 Johann Baptista Weber an die Gesandten, Datum 11. 8. Regenspurgerische reichshandlung, 81r–81v. 401 Johann Baptista Weber an die Gesandten. Regenspurgerische reichshandlung, fol. 81v.

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die Reichsstände gerichtetes Schreiben gleichzeitig mit der Übergabe der kaiserlichen Duplik auszuhändigen. Ihre Bitte gründeten die Gesandten auf die vom Kaiser erteilte Erlaubnis, den Reichsständen ein erneutes Schreiben übergeben zu dürfen. Sie waren allerdings dazu verpflichtet, dieses zuvor zur Durchsicht und Korrektur einzureichen.402 Neben dem vom Vizekanzler verfassten Schreiben war den Gesandten offenbar noch eine andere Antwort ausgehändigt worden, die der ersten zuwiderlief; möglicherweise wurde diese am selben Tag wie das Ansuchen, also am 11. August, verfasst. Dies geht aus der Bitte der Gesandten hervor, deren Inhalt die zweite kaiserliche Antwort voraussetzt. Eine weitere mögliche Interpretation erscheint, wenngleich sehr unwahrscheinlich, nicht vollkommen ausgeschlossen: Demnach hätte der Kaiser den innerösterreichischen Gesandten die Erlaubnis für die Übergabe einer weiteren Schrift an die Reichsstände nicht geben wollen und die Gesandten schoben ihm mit ihrer letzten Supplik eine Zusage dafür schlicht unter. Sie konstruierten damit einen für ihre Sache günstigen, doch dem eigentlichen Lauf der Dinge konträren Zustand, was zunächst als eine Art in sich selbst und in die eigenen Vorstellungen versunkenes realitätsfernes Handeln erscheinen möchte, zugleich aber als eine Aktion, welche für die Gesandten ihrer eigenen Einschätzung nach profitable Auswirkung hätte haben können und ihnen zu einem Durchbruch in der Wahrnehmung ihrer Reichstagsmission hätte verhelfen können. In der Tat liegen beide Optionen im Bereich des Möglichen, und die Antwort des Kaisers, mit welcher dieser die Übergabe der Supplik der Gesandten an die Reichsstände erlaubte, ist tatsächlich erzwungen worden. So zumindest wollte es Matthes Amman die Verordneten in Graz glauben lassen. „Als die khay. Mt. den reichsstanden ein starckhe replickschriften mit angehengter protestation ubergeben, haben die herrn im rath befunden, das sie mit ihren repliciren auch einkhommen und die den reichsstanden ubergeben sollen, aber ihr Mt. haben nit wöllen darain consentiren oder dasselbig zulassen. Nichtsdestominder ist man mit der replickschriften auch fortgefaren, das es lezlich ihr khay. Mt. auch gleich geschehen hat müssen lassen.“403

Obgleich man Ammans Worten nicht vollen Glauben schenken und sich mit seiner kurzen Beschreibung nicht zufriedengeben sollte, so kann ungeachtet allen Zweifels durchaus behauptet werden, dass die Gesandten nach Eintreffen der ersten, ihnen keineswegs günstig gesonnenen Antwort Maximilians nicht verzagten. Die Worte des Kaisers vermochten sie in ihrem Vorhaben 402 Die Gesandten an den Kaiser, Datum 11. 8. Regenspurgerische reichshandlung, fol. 113r. 403 Quellen II, Nr. 6, Amman, 16. 8.

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nicht aufzuhalten. Im Gegenteil, sie widersetzten sich seiner Antwort, versuchten sie zu vereinnahmen und brachten schließlich eine für sie günstige Abänderung zustande. Da Ammans Brief sowie das am 11. August verfasste Schreiben der Gesandten an den Kaiser die einzigen Quellen bilden, worauf sich die Auslegung ihres Handelns stützen kann, bleiben der von den Gesandten eingeschlagene Weg sowie die gewählte Art und Weise, die sie ersonnen, um eine solche Antwort zu erreichen, ungeklärt. Ganz deutlich sind dagegen ihre Kühnheit und letztlich ihr Erfolg. Ihren Brief an den Kaiser und die Schrift, die sie den Reichsständen zu übergeben gedachten, händigten die Gesandten Leonhard von Harrach am 12. August aus und baten ihn, dem Kaiser beide Schriftstücke zu übergeben. Dabei betonten sie noch einmal, dass sich die Supplik, die sie an die Reichsstände richten wollten, nicht gegen den Kaiser wende, sondern vielmehr seine Bemühungen stärke; sie argumentierten dahingehend, „weil es gar nichts wieder ihr Mt., sundern vilmer ein befürderung aller sachen sein wierdt“404. Harrach tat, wie von den Gesandten gebeten, und bereits am darauffolgenden Tag, am 13. August, diskutierte man im Geheimen Rat über deren Supplik. Der Text wurde, wie die Tägliche verrichtung berichtet, „in geheimer rath verlesen und haben ir Mt. in dreyen worten die correctur selbst gethan und dann zu übergeben bevolhen“405. An jener Sitzung nahmen neben dem Kaiser die Räte Trautson, Harrach, Weber und Vieheuser teil. Dabei stellt sich freilich die Frage, welche Passagen es waren, die vom Kaiser und seinen Räten korrigiert wurden. Der Protokollist des Geheimen Rates fasste die Diskussion über die Gesandtenreplik an die Reichsstände zwar weitläufig zusammen, doch können seinen Aufzeichnungen leider nur fragmentarische Informationen entnommen werden.406 Der Protokollist notierte, dass der Wortlaut des Memorandums dem Kaiser und den Räten zwar zusagte, sie sich jedoch an der von den Gesandten verfassten Stelle stießen, worin dieselben die Grenzen als unbefestigt und als Waffen und Proviant ermangelnd bezeichneten. Ferner warfen die Feststellungen, die Länder Innerösterreichs seien die „vormauer der deutschen nation“, sowie eine Passage, worin von der Reichshilfe für den Festungsbau die Rede war, weiteren Diskussionsbedarf auf. Betrachtet man die Notizen des Protokollisten als symptomatisch für die kaiserliche Lektüre der innerösterreichischen Gesandtenreplik, so ist wenig überraschend zu erkennen, dass jene Punkte der Gesandtenreplik sowohl für das Reichsoberhaupt als auch für die Ge404 Regenspurgerische reichshandlung, fol. 110r. Vgl. Quellen I, Tägliche verrichtung, 9. in 12. 8. 405 Quellen I, Tägliche verrichtung, 9. 8. 406 Siehe Protocolum concilii secreti, fol. 53v.

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heimräte weiterhin problematisch waren, welche die Mission der innerösterreichischen Gesandten von der kaiserlichen „Reichstagsregie“ sowie dem grundsätzlichen Standpunkt des Kaisers bezüglich der Reichshilfe trennten. Leider sind uns die Äußerungen einzelner Geheimräte sowie des Kaisers zu diesen Punkten nicht bekannt. Dennoch darf angenommen werden, dass sich die Ansichten der Kaiserlichen hinsichtlich der innerösterreichischen Gesandtschaft auf der einen und der Gesandten selbst auf der anderen Seite nach wie vor grundlegend unterschieden. Oder anders formuliert, der Kontrast zwischen den beiden Gesichtspunkten war augenfällig genug, um die Aufmerksamkeit der Geheimräte zu erwecken. Daher stellten die Korrekturen, die vom Kaiser „in dreyen worten“ vorgenommen worden waren, wohl nicht nur einen stilistischen Eingriff in die Gesandtenreplik dar. Bedeutender für die Analyse der Aktionen der innerösterreichischen Gesandtschaft ist jedoch die Erschließung der Frage nach der Funktion respektive Performanz ihrer Replik an die Reichsstände, wie sie sich in den Augen der Akteure, vor allem des Reichsoberhauptes, herausbilden konnte. Ist die Übergabe der innerösterreichischen Replik an die Reichsstände als ein rein demonstrativer Akt zu sehen, den es, nachdem die „gelegenheit mit Steier“ reichstagsbekannt geworden war, durchzuführen galt, um den Verhandlungsverlauf dem Reichstagsprozedere konform zu gestalten, und keine Verstimmung aufkommen zu lassen? Oder aber ist die Erlaubnis des Kaisers zur Übergabe der Replik auf seine Erkenntnis zurückzuführen, dass ein erneuter Auftritt der Gesandtschaft in den Reichstagsdebatten seinen Schlussverhandlungen mit den Reichsständen von Nutzen sein könnte? Oder ist sie hingegen doch primär als ein performativer Zusatz zu den Verhandlungen des Kaisers mit den Reichsständen auszulegen, das heißt, als ein weiteres Requisit seiner „Reichstagsregie“? Oder handelte es sich um nichts anderes als um eine freundliche, gnädige Geste des damals bereits schwer erkrankten und dem Tode nahen Kaisers gegenüber den Gesandten? Diese Fragen müssen offenbleiben. Am selben Tag jedenfalls übergab Vizekanzler Weber in Begleitung der Gesandten dem Mainzer Kanzler die Replik und trug ihm auf, sie den Reichsständen zusammen mit der kaiserlichen Duplik auszuhändigen. Der Mainzer Kanzler gab sein Wort, dies zu tun.407 Die Gesandten wandten sich danach am 1. Oktober, zwei Tage nachdem die Reichsstände dem Kaiser ihre letzte Replik in puncto Reichshilfe ausgehändigt hatten, ein letztes Mal an Kaiser Maximilian II.408 In ihrer Schrift 407 Regenspurgerische reichshandlung, fol. 113r. Siehe auch Quellen I, Tägliche verrichtung, 13. 8. 408 Vierte Supplik an den Kaiser, presentatum 6. 10. Regenspurgerische reichshandlung, fol. 124v–125v.

Der Kaiser und die „finsteren“ Blicke seiner Geheimräte

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brachten sie ihre Überzeugung zum Ausdruck, die Reichsstände wären sich der großen Gefahr bewusst, welche den Ländern des Kaisers sowie jenen ihres Landesfürsten Erzherzog Karl drohe. Sie hätten daher eine großzügige und sehr entgegenkommende Reichshilfe bewilligt. Eine solche Unterstützung seitens der Reichsstände sei aufgrund „der gwissen und ungezweiflichen hoffnung“, so behaupteten die Gesandten, zustande gekommen, da sie über umfassende Informationen über die Gefährdung der windischen und kroatischen Grenzen verfügten. Die Reichsstände hätten erkannt, dass diese Bedrohung alarmierender war als jene an anderen ungarischen Grenzen; nicht zuletzt war es ein Verdienst der Gesandten selbst, das Reich darauf aufmerksam gemacht und es wiederholt gebeten zu haben, den Grenzen in ihrer Notlage zu helfen. Und nun appellierten die Gesandten an den Kaiser, sowohl die kroatische als auch die slawonische Grenze auf die im Anhang der kaiserlichen Duplik vorgesehenen Art und Weise mit Kriegsvolk zu verstärken;409 mit anderen Worten, man rief Maximilian II. dazu auf, die bewilligte Reichshilfe gemäß dem Entwurf der Türkenabwehr, den er den Reichsständen im Laufe der Verhandlungen vorgelegt hatte, und entsprechend den Beschlüssen der Reichsstände, zu verteilen. Darüber hinaus forderten sie ihn auf, die für die kroatischen und windischen Grenzen geplante Reichshilfe Jahr für Jahr zu den dafür von den Reichsständen festgelegten Fristen auszuzahlen. Letztlich bat man um die Ausstellung des Beschlusses in dieser Angelegenheit.410 In der Sitzung des Geheimen Rates am 30. September, in der Trautson, Harrach, Weber, Vieheuser und Schwendi über die Triplik der Stände diskutierten und die Antwort des Kaisers darauf formulierten, machten sie sich mit der Stellungnahme der Reichsstände zur vorgesehenen Unterstützung Steiermarks, Kärntens und Krains vertraut. Sie widmeten sich dieser Angelegenheit scheinbar nur beiläufig und meinten, die Länder seien in allen jenen Artikeln des Reichstagsabschiedes zu erwähnen, in welchen die Verteilung der Reichshilfe abgehandelt werde.411 Ob sie sich dazu aus eigenem Antrieb entschlossen hatten oder bloß unter dem nicht zu ignorierenden Einfluss der Replik und der Triplik der Reichsstände standen, muss offenbleiben. Das eine schließt freilich das andere nicht aus, doch führt uns die Betrachtung der grundsätzlichen Einstellung der Geheimräte zur innerösterreichischen Gesandtschaft zur Annahme, dass die Räte zu dieser Beschlussfassung gezwungen worden waren. Als die Vertreter der Reichstagskurien gut eine Woche später, am 8. Oktober, zusammenkamen, um den Entwurf der Reichstagsbeschlüsse ein letztes Mal durchzulesen und sie end409 Siehe unten S. S. 144–145. 410 Vierte Supplik an den Kaiser. Regenspurgerische reichshandlung, fol. 125v. 411 Protocolum concilii secreti, fol. 64v–65r.

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gültig festzulegen, setzten sich die Räte Weber und Vieheuser erfolgreich dafür ein, dass die Erwähnung der innerösterreichischen Herzogtümer im Reichstagsabschied möglichst wenige Konsequenzen für den Kaiser nach sich zog; die kaiserlichen Räte meinten damals, dass, was „Steir, Kernten und Krain anlangen, sehett, daß sie hilff nit weniger geniessen sollen, weren die wortt (nit weniger) außzelassen“412. Die nun reichstagsbekannte „gelegenheit mit Steier“ ließe sich jedoch nicht mehr ignorieren und ihrer Erwähnung im Reichsabschied nicht völlig ausweichen. Als die Geheimräte bereits am nächsten Tag, dem 9. Oktober, zweifellos zufrieden mit den abgeschlossenen Verhandlungen und den formulierten Beschlüssen des Reichstages, über die Verwendung der bewilligten Reichshilfe diskutierten und beschlossen, Erzherzog Ernst und die Kriegsräte mit der Ausarbeitung eines neuen Militär- und Verteidigungsplans zu beauftragen, sprachen sie auch von „[der] steirisch[en] gesanten pitten, inen auß der bewilligten hilf ein deputat zu machen und zu verordnen“413. Die Räte schlugen vor, den Gesandten die Antwort vorzulegen, dass der Kaiser noch keine Entscheidung bezüglich der Distribution der Reichshilfe und der Ausgestaltung der Türkenabwehr getroffen habe. Aus diesem Grund sei vorerst auf diesen kaiserlichen Beschluss zu warten. Laut Protokoll des Geheimen Rates hätte man den Gesandten diesen Standpunkt in schriftlicher Form übergeben wollen; die Gesandten lehnten diese Vorgehensweise jedoch ab.414 Dieser Schritt überrascht nicht. Die ausformulierte Antwort des Kaisers, die einer quasi offiziellen Bestätigung ihres vollkommenen Misserfolgs beim Reichstag gleichkäme – betrachtet in der Perspektive der rigiden Auslegung der gesandtschaftlichen Instruktion –, wollten die Gesandten nicht hinnehmen: Die kaiserliche Schrift hätte eine positive Bilanzziehung bezüglich der Reichstagsmission erheblich erschweren, wenn nicht sogar unmöglich machen müssen.415 Kurz vor ihrer Abreise wandten sich die Gesandten noch an Rudolf II., den neuen Kaiser. Bereits am 19. Oktober richteten sie eine Supplik an ihn, die sie ihm, möglicherweise wegen der Begräbnisfeierlichkeiten nach dem Tode Maximilians II., erst bei der Audienz am 29. Oktober überreichten.416 Darin hieß es eingangs, dass ihre Gesandtschaft beim Reichstag in Einklang mit der Absprache zwischen dem verstorbenen Kaiser sowie Erzherzog Karl und seinen Ländern stünde. Die Gesandtschaft hätte die Mission, den Reichs412 Protocolum Comitiorum, fol. 201r. 413 Protocolum concilii secreti, fol. 70v. 414 Ebd. 415 Siehe unten S. 185f. 416 Fünfte Supplik an den Kaiser, presentatum 27. oder 29. 10. Regenspurgerische reichshandlung, fol. 150v–151v. Vgl. Quellen I, Tägliche verrichtung, 27. 10.

Verständnis und Mitgefühl der Reichsstände

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ständen die Verhältnisse an den Grenzen der Herzogtümer zu schildern und sie um Hilfe zu bitten; ein Unterfangen, dass sie nicht erfolglos ausgeführt hätten. Dabei hätten sie „nicht wenig“ dazu beizutragen, dass die Reichsstände die Gefährdung der innerösterreichischen Länder sowie der ungarischen und kroatischen Grenzen eingesehen und dem Kaiser letztlich eine derart große Hilfe bewilligt hätten. Die Gesandten wollten zudem auf zweierlei aufmerksam machen. Erstens, dass die Grenzen der kroatischen und slawonischen Gebiete im Besitz des Kaisers bleiben, ebenso wie die eigentliche Verantwortung für deren Verteidigung. Zweitens erinnerten sie daran, dass der verstorbene Kaiser die Verteilung der Reichshilfe an die Länder bereits geregelt und über ihre militärische Verstärkung Verfügungen getroffen habe; man unterrichtete die Reichsstände darüber und empfahl dem Kaiser insbesondere sowohl die Länder als auch deren Grenzen, was letztlich auch in den Beschlüssen des Reichstages festgeschrieben wurde. Die Gesandten brachten schließlich ihre Hoffnung zum Ausdruck, dass Rudolf II. am Plan seines Vaters zur Verstärkung und Befestigung der kroatischen und windischen Grenze festhalten und somit den Beschlüssen des Reichstages folgen sowie den Ländern jene Zuversicht geben würde, welche sie bei der Gestaltung ihrer Abwehr benötigten. Der neue Kaiser antwortete den Gesandten nur mündlich. Er versicherte ihnen, in kürzester Zeit eine Beratung über die Versorgung und Verstärkung der Grenzen einzuberufen, darunter auch für die kroatischen und windischen Gebiete. Schließlich dankte er den Gesandten, denn sie hätten ihre Mission beim Reichstag bestmöglichst verrichtet.417 III.2 Verständnis und Mitgefühl der Reichsstände, schuz und schermb des Reiches und Bangen um die Ehre der Gesandten „Als auf der herrn gesandten so starckhes anhalten von der khay. Mt. guete vertröstung gegeben worden der audienz halben […] hat gleich das gluck geben, das die stande des Heiligen Reichs durch den menzischen canzler auf ihr Mt. anhalten die audienz den 9. July umb 2 uhr nachmittag gegeben, dahin die herrn gesandten fur sie alle erschienen, und hat h. Hoffman fast ein stunde ein herliche und außfürliche redt gethan und alles mit gueter ordnung forfürgebracht und haben sich die stande des Reichs, nachdem der saal groß, gar eng zußamengethan, das sie ime gar wol hören khünnen. Hat lezlich die schriften auch uberantwort und sindt also mit guetem trost abgangen.“418 417 Quellen I, Tägliche verrichtung, 27. 10. 418 Quellen II, Nr. 1, Amman, 8. 7. Regenspurgerische reichshandlung beschreibt die Audienz wie folgt: „Den neündten July umb sechs uhr ist secretari Amman zum herrn vicecanzler

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Mit diesen Worten beschrieb Matthes Amman die erste Audienz, die die Reichsstände den Gesandten am 9. Juli 1576 gewährten. Es konnte bereits gezeigt werden, wie steinig der Weg zu dieser Audienz war, gleichzeitig aber auch, dass man schwierige Passagen erfolgreich gemeistert und die kaiserlichen Hindernisse glücklich überwunden hatte. Man hatte beim Kaiser alles zu Wege gebracht, was zu erreichen war: zunächst die Erlaubnis, vor den Reichsständen aufzutreten, und schließlich die Zusage, sich mit ihrem – in den „finsteren“ Augen der kaiserlichen Geheimräte – delikaten Anliegen an sie zu wenden. Bezogen auf die eigene Einschätzung der Gesandten verliefen die gesetzten Handlungen äußerst erfolgreich. Nach der Audienz im Reichstagsplenum, so heißt es in einem Brief Matthes Ammans an die steirischen Verordneten, hätten die Gesandten die Reichsstände „mit guetem trost“ verlassen,419 was all seine Erwartungen diesbezüglich übertroffen hätte. Trost, so ist seinem Schreiben zu entnehmen, sei von solcher Beschaffenheit, dass er die Hoffnung und Zuversicht erwecke, und selbige sei wohl alles, was die Gesandten in ihrer ersten Audienz bei den Reichsständen erwarten und erreichen hätten können. Es waren eben diese Unterstützung und die damit verbundene Zuversicht, worum Hans Friedrich Hofmann in seiner Rede vor den versammelten Reichsständen bat.420 Er blickte einer „ansehenliche[n], beharrliche[n] und umbgehenliche[n] hilfen“ der Reichsstände entgegen und wünschte deren „schuz, schierm und rettung“.421 Die Argumentation der Loyalität und Solidarität im Kampf gegen die osmanische Gefahr kam dabei freilich zuerst zum oratorischen Einsatz: Man hätte sich die Unterstützung der Herzogtümer in den langen Jahren des Ausharrens im Kampf gegen die Osmanen gangen und die schriften sambt der instruction abgefordert, und haben die herrn gesandten auf der reichsstände zusamenkhunft gewartet. Darauf hat der mänzische canzler den herrn gesandten ein stundt zu der audienz für die versamblung der reichsstände gegeben, desselben neündten tags umb zway uhr nachmittag. Die herrn gesandten sindt zur bemelten stunden auf den rathaus, auf den grossen saal, da man die fürträge pflegt zu thuen, erschienen, alspalt hat sie der reichsmarschalckh, den [sic] von Pappenhaim, absunderlich in ein zimmer gefürt, dasselbig sie gewartet biß die reichsstände zusamenkhummen sein. Es hat sich aber die audienz biß auf drey uhr verzogen. Volgundts hat sie der reichsmarschalckh aus der stuben in saal und mitten in die session der reichsstände belaitet, daselbst inen ein ort, da sie ir notturft fürbringen sollen, ausgezaigt. Alsdann, so hat herr Hannß Fridrich Hoffman freyherr vor den reichsständen […] mündtliche redt gethan, welche fast ein stundt gewerth.“ Regenspurgerische reichshandlung, fol. 30r–30v. Vgl. Quellen I, Tägliche verrichtung, 9. 7. Vgl. auch Protocolum des reichstags, fol. 405v–406r. 419 Quellen II, Nr. 1, Amman, 8. 7. 420 Hofmanns Rede siehe in Regenspurgerische reichshandlung, fol. 30–36. Zu den oratorischen Auftritten der innerösterreichischen Gesandten bei den Reichstagen siehe Jerše, Die Reichstagsoratorik der Gesandtschaften Innerösterreichs (2008), S. 105–134. 421 Regenspurgerische reichshandlung, fol. 31r.

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wohl verdient. Immerhin zögen die Auseinandersetzungen mit den Osmanen die völlige materielle respektive finanzielle Erschöpfung der Länder sowie militärische Entkräftung ihrer Grenzen nach sich. Gemeint waren freilich die kroatischen und slawonischen Militärgrenzen, wo „khain ainiger wolerwarter paß, schärfes gebürg, tife wassergemöß, verhockte gehülz oder dergleichen da zu finden, das diesen feindt nur was wenigs aufhalten khindte“422. Die innerösterreichischen Länder blieben zwar standhaft die „vormauer des reiches“, seien jedoch äußerst verwundbar und somit dem Belieben des „erb- und erzfeindes“ überlassen. „Nun aber unsere principaln in irem und unsern gemainen vaterlandt mit schmerzen nahendt aus den fenstern sehen und darüber augenplickhlichen gewärtig sein müessen, wann diser weit umb sich fressende feindt, welcher sein grosse macht gar an hofzaun diser lande gewaltigclich ausgestreckht, tir und thor (also davon zu reden) oft in seinen handen hat, gleich zu seinem selbst aigenen gefallen wie in gelust auch unverwerth biß mitten in dise landt feindtlichen einfallen thuet.“423

Sollte dieses kaum vorstellbare, zugleich aber sehr wahrscheinliche Schreckensbild zur grauenvollen Realität werden, behauptete Hofmann, würde dies nicht nur einen in höchstem Maße bedauernswerten Verlust für die Christenheit bedeuten – denn christliche Länder fielen damit in die Hand des „heidnischen“ Feindes und dessen „viechische[s] servitut“ –, sondern auch bedeutende strategische Einbußen mit sich bringen: Der Verlust der überaus wichtigen Vormauer des Reiches wäre damit unvermeidlich. „Dem allen nach, so wellen eur cur. und f. G., g. und fr. derselben höchsterleichtisten verstandt nach der sachen wichtigkheit mit allen iren umbstenden recht erwegen, daraus, was des nuzist ist, erwelen und genedigist warnemen, ob nicht vil waigerer und ratsamer fallen will, an des nachparn wandt (wie man sagt) und weit hindan disem feur unverdrossen und ritterlichen und embsig zu weren, und damit dise lande, iere arme benachperte mitglider und glaubensgenossen, dem geblüet nach auch merrersthails iere befreundte oder verwandte, darzue ainerlay sprachen und sitten, welche von so vil langen jaren her nicht anderst als getreue vormauern disorts die ganzen christenhait vorgestanden, alle das irige getreulichen zuegesezt und eben unter disem schwären dienst der christenhait gar in höchste armuet gedigen, darundter sie ganz erligen und verderben müesen, bey ierer christlichen 422 Regenspurgerische reichshandlung, fol. 32r–32v. 423 Regenspurgerische reichshandlung, fol. 31v.

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freyhait, bey weib und khindt in ierem geliebten vaterlandt, ja vilmer eurem f. G., g. und fr. selbst zu einer beständigen, langwerenden vormauern aufs eüsserist schüzen, schermen und erholen helfen, als eben dasselbe oftangezogene und ausgefürte verderbliche feur der verwüestung, verabsambte hilf und dardurch accelerierten untergang der lande paldt an iren aigenen wenden mitten in iren geliebten vaterlandt (darvon sie Gott genediglichen beschuzen wälle) gar unableßlich und und unherwiderbringlichen jederzeit sehen und empfinden müessen.“424

Dies war ein Aufruf an den Pragmatismus der Reichsstände, und zugleich eine Ermahnung zur Übernahme von Verantwortung, welche ebendiese vor Gott und der Welt, vor der Christenheit und vor den Ländern zu tragen hätten; die innerösterreichischen Länder seien immerhin, betonte Hofmann mehrmals, „von verdenckhlichen zeiten in den schuz und schermb des Heiligen Römischen Reichs einkhumen, darinen noch seindt und vermittls göttlicher genaden bis an ir endt beständig zu verharren gedenckhen.“425 Das Argument „schutz und schermb“ brachten die Gesandten in ihrem Memorandum, welches Hofmann den Reichsständen im Anschluss an seine Rede übergab, mehrfach vor.426 Angelehnt an den Wortlaut der Instruktion und, wie oben bereits aufgezeigt, mit geringer Rücksicht auf die Interessen des Kaisers und die „finsteren“ Blicke seiner Geheimräte, setzten die Gesandten die Erörterungen aus der Rede Hofmanns fort und schilderten die Gefahrenlage, welcher die Länder und ihre Grenzen ausgesetzt waren. Des Weiteren stellten sie sämtliche Bestrebungen der Herzogtümer dar, die diesen Bedrohungen entgegenzutreten versuchten. Es handelte sich dabei um Bemühungen, die äußerst weitreichend hätten sein müssen, tatsächlich jedoch erschreckend wenig effektiv waren. Ein Hauptgrund für die weitgehende Ohnmacht der Länder als Einzelakteure sei die Übermacht des „erzund erbfeindt[s]“. Nicht zuletzt deshalb ergriffen die innerösterreichischen Herzogtümer nun die Chance, sich an die Reichsstände zu wenden, bei welchen sie ihr „ultimum refugium et remedium“ suchten.427 Die Bitte um Refugium und um Hilfeleistungen bei den Reichsständen glaubten die Gesandten aus folgenden legitimen Gründen geltend machen zu können: „Fürs erste, das dise christliche arme bedrangten lande Steyr, Khärndten, Crain sambt der fürstlichen grafschaft Görz inhalt derselben von ainem khai424 Regenspurgerische reichshandlung, fol. 35r. 425 Regenspurgerische reichshandlung, fol. 31v. 426 Memorandum, presentatum 9. 7. Regenspurgerische reichshandlung, fol. 36v–46r. 427 Memorandum, Regenspurgerische reichshandlung, fol. 39r.

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ser zu dem andern biß auf disen jezt regierunden römischen khaiser confirmirten und stattlichen freyhaiten im schuz und schermb des Heiligen Römischen Reichs angenuemen. Furs andere, so sein dise obbemelte lande von dem Römischen Reich zu lehen, die sein auch zu ordenlicher zeit durch unsere herrn und landtsfürsten biß auf den jezt regierenden unsern genedigisten herrn erzherzogen Carl zu Österreich von den römischen khayser zu lehen empfangen, dardurch willen sy als arme mitglider an izo in diser irer lezter eüsseristen noth billich ir zueflucht dahersezen. Fürs dritte, sein dise gehorsamisten lande gleichformige glaubensgenossen, weliche mit allen christlichen potentaten und glidern des Heiligen Reichs mit hülf des Almechtigen den namen Jesu Christi, unsers ainigen erlösers und mitlers, biß in den todt bekhennen wöllen. Dann fürs vierte, so sein dise lande der teütschen nation sprachen und sitten, sowol als andere des teütschen landts völckher. Nebendem wir die vormaurn des hochlöblichen ganzen teütschen landts sein.“428

Mit diesen rechtlichen, „nationalen“ sowie strategischen und schließlich religiösen Argumenten also wandten sich die Gesandten an die Reichsstände; die konfessionellen Unterschiede respektive Loyalitäten wurden dabei bezeichnenderweise ausgeblendet, dagegen wurde die allgemeinchristliche Solidarität in den Vordergrund gestellt. Damit legitimierten die innerösterreichischen Repräsentanten ihre Mission und richteten ihre Bitte um konkrete, ergiebige, zumindest ausreichende sowie den Ländern gesondert zu bewilligende Hilfe an den Reichstag. Die Tatsache, dass ihr Ansuchen in einer großen Diskrepanz zu den Interessen des Kaisers stand und dass es „finstere“ Blicke der kaiserlichen Geheimräte nach sich zog, konnte bereits gezeigt werden. All dies überrascht wenig, da die Gesandteninstruktion ganz offensichtlich gegen die Interessen des Kaisers und seine „Reichstagsregie“ gerichtet war. Doch ging es um weit mehr. Die Bitte der Gesandten an die Reichsstände stand nämlich in deutlichem Kontrast zu ihrer Instruktion selbst. Laut obrigkeitlicher Anweisung wurde den Gesandten aufgetragen, sich mit dem Anliegen an die Reichsstände zu wenden, sie mögen den Ländern „mit ainer stattlichen harrigen hülf […], damit sie [die Länder] an iren gränizen ain mehrer anzal volckhs zu roß und zu fueß beharrlich erhalten, ire granizfleckhen erpauen und mit notwendiger munition zeitlich, neben iren dargeben, versichern khönnen“ unterstützen;429 die Gesandten jedoch forderten mehr, formulierten präziser und schärfer. Das Hilfsansuchen, das sie vorbrachten, beinhaltete zwei unterschiedliche Aspekte. Zunächst baten sie die Reichsstände, sich ihren Territorien „mit einer ansehenlichen statt428 Memorandum, Regenspurgerische reichshandlung, fol. 43r–43v. 429 Instruktion, Regenspurgerische reichshandlung, fol. 11r.

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lichen und beharrlichen expedition und hilf“ günstig zu erweisen,430 um die Länder und die gesamte Christenheit zu erhalten.431 Darüber hinaus suchten sie um „ein stattliche summa gelts“ für ihre Länder an, um die noch verbliebenen Grenzgebiete zu befestigen und sie mit allem Nötigen zu versorgen; letzteren Wunsch bekräftigten sie mit einer Auflistung der Festungen, die sie als von vorrangiger Bedeutung für die Verteidigung der Länder begriffen, sowie einer Schätzung der Befestigungs- und Baukosten, die sich auf fast 639.000 Gulden beliefen. Mit anderen Worten, während die Instruktion die Gesandten anwies, die Reichsstände um eine finanzielle Unterstützung zu bitten, mit der das Kriegsvolk an den Grenzen unterhalten, entsprechend versorgt und die Festungen ausgebaut werden sollten, forderten die Gesandten in ihrem Memorandum zuerst Hilfe in der Aufstellung des Kriegsvolkes – „expedition“ –, und weiters Unterstützung bei dessen Ausrüstung sowie der Befestigung der Grenzen – „ain stattliche harrige hülf“.432 Sie baten die Stände zudem, die den Ländern zugesprochene Hilfe jeweils über ihre Kommissaren direkt zukommen zu lassen, denn „sonst wäre inen gar nichts geholfen“433. Mit dieser Vorgehensweise stellten die Gesandten noch einmal ihre bemerkenswerte Distanz zum Kaiser unter Beweis und riskierten ein weiteres Mal, die Kluft weiter zu vergrößern. Zugleich demonstrierten sie ihr volles Engagement für ihre Mission, das sich offenbar nicht einmal innerhalb der Grenzen ihres Mandates halten ließ. Nach Hofmanns Rede und der Übergabe des Memorandums begleitete der Reichsmarschall die Gesandten aus dem Plenarsaal in ein separates Zimmer. Die Reichsstände zogen sich wieder in ihre Kurien zurück, diskutierten kurz, um eine gemeinsame Antwort zu formulieren und anschließend in den Sitzungssaal zurückzukehren. Auch die Gesandten führte man nach gefälltem Entschluss der Stände dorthin, wo der Mainzer Kanzler, Dr. Christoph Faber, ihnen die Antwort der Reichsstände verlautbarte. Dies erfolgte jedoch lediglich mündlich.434 Mehr war für die Gesandtschaft wohl nicht zu erwarten gewesen, denn die Antwort der Reichsstände war nur in „allgemeinhöflichen“ Tönen abgefasst. Die Stände dankten den vertretenen Herzogtümern und ihrem Landesfürsten für das ihnen in Zeiten der äußersten Bedrohung entgegengebrachte Vertrauen. Sie brachten ihre Bestürzung und ihr Mitgefühl angesichts ihrer miserablen Lage zum Ausdruck und versicherten, 430 Memorandum, Regenspurgerische reichshandlung, fol. 44v. 431 Ebenda. 432 Memorandum, Regenspurgerische reichshandlung, fol. 45v. 433 Memorandum, Regenspurgerische reichshandlung, fol. 45v–46r. 434 Regenspurgerische reichshandlung, fol. 46v. Vgl. Protocolum des reichstags, fol. 406r–406v.

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in ihren Debatten über die kaiserliche Proposition auch die Angelegenheiten der innerösterreichischen Länder zu behandeln. Sie würden das von den Gesandten überreichte Memorandum erörtern, auf dessen Grundlage eine Entscheidung fällen und die Verfasser darüber unterrichten. Das mögliche Verhandlungsergebnis selbst aber ließen die Reichsstände offen; die Regenspurgerischen reichshandlung fasst die Rede des Kanzlers mit diesen Worten zusammen: „[S]o werden sich doch die Stände des Heiligen Reichs auf alles das entschliessen, damit es in die algemaine bewilligung, so der khay. Mt. beschechen werdt, gezogen oder, da es vonnötten, den gesandten ein absunderliche antwort zu geben“435. Wie bereits erwähnt, unterrichtete Amman die Landsleute in Graz darüber, dass die erste Audienz bei den Reichsständen den Gesandten „gueten trost“ gespendet hätte. Ob er freilich selbst diese Überzeugung hegte, ist zweifelhaft; vielmehr darf man dahinter die Intention vermuten, die steirischen Landsleute zu beruhigen und gleichzeitig die Bedeutung der Gesandtschaft hervorzuheben, denn die Erklärung der Reichsstände bietet genügend Raum für eine positive Auswertung. Der angebliche Trost, der den Gesandten bei der Audienz gespendet wurde, sowie die diesem erwachsende Hoffnung waren eher dem geäußerten guten Willen geschuldet. Die Reichsstände sicherten den Gesandten de facto keinerlei Versprechen zu, mit Gewähr der Reichshilfe ihrem Anliegen beziehungsweise dem ihrer Länder entgegenzukommen; eine aufmerksame Lektüre der reichsständischen Antwort musste den Gesandten eher das Gegenteil vor Augen führen. Der Mainzer Kanzler verkündete nämlich nur, die Reichsstände würden alles tun, um den betroffenen Gebieten Unterstützung in Form einer Hilfe zukommen zu lassen, welche sie, so wie der Brauch wollte, dem Kaiser bewilligen würden. Sie erklärten sich aber bereit, den Gesandten eine gesonderte Antwort auszustellen. Die Replik des Kanzlers beziehungsweise der Reichsstände dürfte demnach eine beruhigende Absicht verfolgt haben, ein Vorhaben, das den Gesandten nicht aufgegangen zu sein scheint. Sie gab den Gesandten keinerlei Gewissheit, im Gegenteil, sie ließ alles offen. Der Trost, den die Antwort der Reichsstände den Gesandten spenden sollte, erzielte daher eine der ursprünglichen Intention gänzlich entgegengesetzte Wirkung. Ein Abtreten „in guetem trost“ war den Gesandten daher kaum vergönnt. So sind Ammans Worte nach Graz wohl entweder als ein Missverständnis des Tatbestandes oder als ein gewaltiges Zurechtbiegen der Wirklichkeit zu werten. Letzteres hätte wohlwollend gemeint sein können, um die Landstände in Graz, Klagenfurt und Laibach nach den ersten Schritten ihrer Reichstagsgesandtschaft nicht vollkommen verzweifeln zu lassen, 435 Siehe Protocolum des reichstags, fol. 406v.

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ungeachtet des Preises freilich, sie dafür in die Irre zu führen. Die zweite Überlegung ist nicht vollständig auszuschließen, ebenso wenig wie der Umstand, dass sich die Gesandten des wahren Wertes des angeblichen „guete[n] trost[es]“ bewusst waren und auf Grundlage dessen versuchten, am 10. und 11. Juli bessere Ergebnisse in den Audienzen beim Kölner Kurfürsten und bei den Gesandtschaften anderer Kurfürsten zu erzielen. Doch auch dort bekamen sie gleichermaßen allgemein und unverbindlich formulierte, freundliche Antworten sowie das Bekunden des Wohlwollens gegenüber den Ländern und das Versprechen, deren Ansuchen zu erörtern.436 Der Reichstag griff die Fragen bezüglich der türkischen Angelegenheiten erneut in den Tagen nach dem 17. Juli auf,437 und in diese Debatten versuchten die Gesandten einzugreifen. Am 20. Juli erwirkten sie eine Audienz bei der Gesandtschaft des Mainzer Kurfürsten, anschließend eine Anhörung im Reichsstädterat.438 Am Tag darauf überreichten sie eine Supplik an einzelne Kurien,439 und am 24. Juli wurden sie zunächst im Kurfürstenrat, dann im Fürstenrat und zuletzt in der gemeinsamen Sitzung der Reichsstände empfangen. Dabei händigten sie dem Kurfürsten- und dem Fürstenrat ihre neue Supplik aus.440 Da Hans Friedrich Hofmann die Gesandtschaft für einige Zeit verlassen hatte – in welche Richtung und aus welchen Gründen geben die Quellen leider nicht preis –, übernahm in diesen Audienzen Ludwig Ungnad seine Stelle als Orator.441 In der Audienz bei der Gesandtschaft des Mainzer Kurfürsten legte Ungnad noch einmal mit sehr klaren Worten den Standpunkt der Länder hinsichtlich der Reichshilfe und des eventuellen innerösterreichischen Anteils an derselben dar. Die Reichsstände hätten dem Kaiser zwar immer große Unterstützung im Kampf gegen die Osmanen bewilligt, meinte Ungnad, „aber do es zur austhaillung khummen, daß man solche hülfen auf die windisch und crabatisch gränizen, sowol als die ungerisch granizen anlegen und anwenden hetten sollen, ist solches niemaln beschechen“.442 Die gesamte Last der Verteidigung der kroatischen und windischen Grenzen wurde so436 437 438 439

Regenspurgerische reichshandlung, fol. 46v–47r. Protocolum des reichstags, fol. 409v–410r. Regensurgerische reichshandlung, fol. 53v–55r. Zweite Supplik an die Reichsstände, presentatum 21. 7. Regenspurgerische reichshandlung, fol 55r–56v. 440 Vgl. Quellen I, Tägliche verrichtung, 20., 24. 7. Siehe auch Dritte Supplik an die Reichsstände, presentatum 24. 7. Regenspurgerische reichshandlung, 57v–58r. 441 Über die Gründe von Hofmanns Abwesenheit berichtet leider keine unserer Quellen. Zu den Aktivitäten der Gesandten am 24. 7. siehe Regenspurgerische reichshandlung, 56v–57r. 442 Regenspurgerische reichshandlung, fol. 54r.

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mit auf die Schultern der Steiermark, von Kärnten, Krain und Görz gelegt, die diese Bürde nun nicht mehr tragen könnten. Die Länder selbst seien im Laufe der Jahre zu Grenzen des Reiches geworden. „Und werden die hochlöblichen stände in jeziger reichsversamblung und beratschlagung nit selbst auf die austhailung bedacht sein, was und wievil man aus diser algemainen reichsbewilligung auf die windisch und crabatisch gränizen absonderlich wil deputiren und geben, sondern alles in gemain der röm. khay. Mt. zu unterhaltung der granizen bewilligen, oder daß sie sich hernach mit erzherzog Carl, unsern genedigisten herrn und landtsfürsten, vergleichen solle, so ist den landen nichts damit geholfen und sie werden darunter müessen zu grundt und poden gehn.“443

Ungnads Appell hätte kaum direkter formuliert werden können. Gleichzeitig wäre es beinahe unmöglich gewesen, den Kaiser sowie den innerösterreichischen Landesfürsten in ein schlechteres Licht zu rücken. Im Klartext bedeutete Ungnads Auftritt ja nichts anderes als eine wortgewaltige Misstrauenserklärung gegenüber dem Reichsoberhaupt und dem Landesfürsten: Die Übergabe der Reichshilfe an den Kaiser und deren Verwaltung und Verteilung seinen Unterhandlungen mit Erzherzog Karl zu überlassen, würde bedeuten, die innerösterreichischen Länder und deren Grenzen dem sicheren Verfall zu überlassen; sich auf den Kaiser und den Landesfürsten in dieser schweren, möglicherweise sogar letzten noch „christlichen“ Stunde zu verlassen, sei naiv und ignorant, so das unverhüllte Verdikt Ungnads. Seine Worte ließen sich somit unschwer als doppelter Affront auslegen; doch damit scheinen sich die Gesandten nicht sonderlich aufgehalten zu haben. Im Gegenteil, sie blieben bei der in den Augen der Kaiserlichen und des Landesfürsten sicherlich anstößig wirkenden Wortführung und diktierten ihre anmaßend formulierten Anliegen in die Feder Ammans. Die Supplik überreichten sie dem Mainzer Kanzler mit der Bitte, auch andere kurfürstliche Gesandtschaften über ihren Inhalt zu informieren.444 Der Mainzer Kanzler versicherte, seine Gesandtschaft werde alles tun, „was zu befürderung dises begerns anlangt“. Er werde außerdem versuchen, „auch bey den andern iren mitverwandten, den churfürstischen gesandten, alles dahin zu dirigiern, daß diser bedrangten lande not mitleidenlich bedacht werde“.445 Den Gesandten garantierte er zudem, sie über die Antwort, die die Reichsstände dem Kaiser bezüglich der innerösterreichischen Ter443 Ebd. 444 Ebd. 445 Regenspurgerische reichshandlung, fol. 54v.

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ritorien übergeben würden, in Kenntnis zu setzen.446 Dass die Verbindlichkeit der Antwort des Kanzlers nur sehr bedingt den Zielen der Gesandten entsprach und diese darüber hinaus, entsprechend einer bloßen Formalität, sehr trocken und zurückhaltend, wenn nicht sogar ablehnend verbalisiert wurde, war Ungnad natürlich nicht entgangen. Deswegen fühlte er sich aufgefordert zu wiederholen, dass den kroatischen und windischen Grenzen Hilfe für deren Unterhalt nie zuteilwurde, als die Reichsstände den Kaisern ihre Hilfe für die Verteidigung gegen die Osmanen zusagten. Dies war auch der Grund, meinte Ungnad, weshalb sich die innerösterreichischen Länder nun mit ihrem Anliegen an den Reichstag wendeten. Mit diesem ihrem Ansuchen planten sie jedoch nicht, den Rahmen der herkömmlichen Förderungsleistungen zu sprengen; es war lediglich ihre Intention, jenen Anteil an der dem Reichsoberhaupt zugebilligten Summe festzulegen, der „in specie“ der Unterhaltung und Verteidigung der kroatischen und windischen Grenzen gewidmet sein sollte. „Hat herr Ungnad zum andermal repetiert, es sindt gleichwol den vorigen khaysern, wie dann auch jeziger khay. Mt. des reichsbewilligungen in genere zu unterhaltung der gränizen ervolgt, aber von dannen ist hernach nichts auf dise granizen angewent, derwegen die lande verursacht worden, die gesandten an jezo alher zu schickhen, und durch sie anlangen zu lassen, daß sie abgethailte hülfen auf ihre gränizen bekhumen mügen, nit dahin zu versteen, das die lande ein neue und absonderliche hülf von den reichsstanden begereten, sundern allain aus der algemainen reichsbewilligung bitten sie, die abthailung zu benennen, was man in specie auf die crabatisch und windisch granizen wil dargeben.“447

Die Antwort der Mainzer Gesandten war nicht weniger präzise. Sie hätten den Standpunkt der Gesandten „genuegsamblich verstanden“,448 hieß es trocken. Dies genügte wohl bei Weitem, um den Gesandten mittzuteilen, dass sie mit ihrer Wortgewaltigkeit und Hartnäckigkeit die Grenzen der Diskussions- respektive Beratungsetikette am Reichstag erreicht hätten. In der Audienz beim Reichsstädterat, wo die Gesandten wenig später empfangen wurden,449 wiederholte Ludwig Ungnad die Ausführungen hinsichtlich der bis dato fehlenden Reichshilfe für die Steiermark, Kärnten und Krain. Erneut wies er auf die Folgen des Mangels hin, der sich noch ver446 Ebenda. Vgl. Protocolum Comitiorum, fol. 65v–66r. 447 Regenspurgerische reichshandlung, fol. 54v. 448 Ebd. 449 Regenspurgerische reichshandlung, fol. 54v–55r.

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schärfen würde, wenn die Stände keinen gesonderten Anteil der Reichsbewilligung für die gefährdeten Gebieten festlegten: Zum einen prophezeite er einen baldigen Türkeneinfall in die innerösterreichischen Länder, zum anderen die osmanische Annexion der kroatischen und windischen Grenzen.450 Ungnad rief die Gesandten der Städte dazu auf, die Lage der Länder und ihrer Grenzen zu erörtern, insbesondere den Umstand, dass die Festlegung einer besonderen Hilfe die einzige Möglichkeit sei, wirklich zur Unterstützung beizutragen. Ungnad überreichte dem Rat eine neue Supplik.451 Ein Syndikus antwortete im Namen der Reichsstädte, versprach die Erörterung des Gesandtenschreibens durch die Stände und versicherte, dass alles getan werde, was im Bereich des Möglichen stünde.452 In ihrer Supplik, die sie am 21. Juli getrennt an alle drei Kurien der Reichsstände richteten,453 ersuchten die Gesandten die Stände erneut um gründliche Erwägung all dessen, worüber sie bereits in ihren vorhergegangenen Suppliken und Audienzen hingewiesen hatten. Zudem brachten sie eine neue Idee vor: Den Appell an die Reichsstände, für die Auszahlung der Reichshilfe ihre eigenen, also reichsständischen, Kommissare zu bestellen. „Also sahen wir gehorsamblich und ganz gern, daß solche ausgezaigte und nambhaft gemachte hülfen, welche durch die hochlöblichen stände an izo zu eilender und beharrlicher hülf mit gnaden bewilligt wurde, durch derselben selbst aigene und darzue deputierte personen dem khriegsvolckh ausgezalt, und sie bey allen musterungen selbst zugegen wären.“454

Die Gesandten machten also nicht nur wiederholt auf ihr Anliegen, die Festlegung eines bestimmten Anteils der Reichshilfe für die Unterstützung der Länder und ihrer Grenzen, aufmerksam, sondern äußerten auch den Vorschlag zur Selbstverwaltung der Hilfe durch die Reichsstände: Ausgezahlt werden sollte der Beistand über die ständischen Kommissare und direkt an das Kriegsvolk; des Weiteren sollten die reichsständischen Kommissare bei den Musterungen anwesend sein. Obgleich ein solcher Aufruf der „äußersten not“, in welcher sich die bedrohten Regionen befanden, wie auch dem Umstand, dass die Reichshilfe, die von den Ständen dem Kaiser „generaliter“ für den Kampf gegen die Tür450 Regenspurgerische reichshandlung, fol. 55r. 451 In Regenspurgerische reichshandlung wird diese Supplik zwar erwähnt, doch ist darin keine Abschrift enthalten. Regenspurgerische reichshandlung, fol. 55r. 452 Ebd. 453 Wie in Anm. 447. 454 Zweite Supplik, Regenspurgerische reichshandlung, fol. 56r.

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ken bewilligt worden war, die innerösterreichischen Länder und deren Grenzen nie erreicht hatte, entsprungen sein dürfte, liegt es dennoch nahe, dass der Aufruf der Gesandten ohne Aussicht auf Erfolg war: Man hätte wohl eine weit fundiertere Basis für die Umsetzung eines so radikalen und weitreichenden Eingriffs in das Wesen der Reichstagsbewilligung und die Art und Weise ihrer Verwaltung benötigt; ein Konzept also, welches die Gesandten nicht vorlegten. Dieser Umstand mag zum Schluss führen, dass es zu jenem Zeitpunkt entweder noch nicht existent war, oder der Rahmen der Verlautbarung den Gesandten unpassend schien. Es war für die Gesandten jedoch klar an der Zeit, sich auf eine andere „äußerste not“ zu besinnen, nämlich auf die Lage, in welcher sie sich selbst befanden. Als sie ihre letzte Supplik an die Reichsstände verfassten und darin ihren Aufruf zu einem großen und außergewöhnlichen Engagement derselben festschrieben, neigte sich die Debatte des Reichstages über die Türkenhilfe dem Ende ihrer ersten Runde zu,455 die Gesandten hatten aber noch keinerlei Zusicherung des Entgegenkommens der Reichsstände in der Hand; sicher waren ihnen bis zu diesem Zeitpunkt lediglich Freundlichkeiten, Mitleidsbekundungen und allgemeine Versprechen. Dies war freilich ein sehr dürftiges Ergebnis, und im Vergleich mit der Instruktion kam dies einem vorläufigen Misserfolg der Gesandtschaft gleich. Um diese Niederlage zu vermeiden, glaubten die Gesandten offensichtlich eine Art Verhandlungsmanöver durchführen zu müssen, mit dem sie die „äußerste not“ der Länder noch radikaler darzustellen suchten – so extrem, dass sie das unmittelbare Engagement der Reichsstände als Notwendigkeit forderten, die Länder aus ihrer fatalen Lage zu befreien. Der Aufruf, mit dem sich die Gesandten an die Reichsstände wandten, hätte bei einem anderen Anlass, zu einem anderen Zeitpunkt und vor allem in einer anderen, besser argumentierten und expliziteren Form durchaus relevant sein können. In jener Angelegenheit, zu jenem Zeitpunkt und in der uns bekannten Form konnte er jedoch lediglich ein Verhandlungsmanöver mit äußerst geringen Erfolgsaussichten darstellen. Mit anderen Worten: Der Aufruf der Gesandten kam nicht in erster Linie aus der „äußersten not“, in der sich die Länder befanden, sondern aus der äußerst peinlichen Notlage, in welcher die Gesandten selber am Ende des Reichstages ungünstig verweilten. Ludwig Ungnad und Jobst Joseph Thurn – Hans Friedrich Hofmann war immer noch abwesend – schickten Matthes Amman noch am selben Tag, am 21. Juli, mit dieser Supplik zum Reichsmarschall, um diesen zu bitten, sie dem Referenten der fürstlichen Kurie mit dem Ansuchen zu übergeben, sie seinerseits dem für die Reichshilfe wider die Türken zuständigen Ausschuss 455 Siehe Moritz, Die Wahl Rudolfs II. (1895), S. 328f.

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des Reichstages vorzulegen.456 Nicht nur die Supplik war also ein Manöver, ebenso war es die Überreichung der Supplik selbst. Ammans Weg war ja eine Art prozeduraler Bypass, mit welchem die Gesandtschaft den Kaiser und die kaiserlichen Räte sowie die österreichische Gesandtschaft im Fürstenrat umgehen wollte – und offensichtlich auch konnte –, die alle ob des Aufrufes der Gesandten, deren Bestrebungen und nicht zuletzt deren Hartnäckigkeit hätten Bedenken haben können und die Überreichung der Supplik sogar hätten verhindern können. Deshalb wandten sich die Gesandten unmittelbar an einen Reichstagsbeamten und über ihn an die Salzburger Gesandtschaft, welche der Seckauer Bischof Georg Agricola leitete. Dieser war bekanntlich ein steirischer Landsmann und, wie Matthes Amman mehrfach geschrieben hatte, der „steirischen“ Gesandtschaft wohl gewogen, wenngleich, wie in der Einleitung zu dieser Studie dargelegt, er bezüglich der Gesandtschaft sehr skeptisch war und sie sogar leicht zynisch betrachtete. Die Supplik erreichte den Fürstenrat tatsächlich. Der Rat machte sich mit ihr vertraut und studierte sie eingehend, eine Entscheidung des Fürstenrates ließ jedoch auf sich warten.457 In der dem Kurfürstenrat am 23. Juli vorgestellten Stellungnahme zur Reichstagsbewilligung wurde dennoch der Entschluss der Fürsten verlautbart, den innerösterreichischen Ländern aufgrund der großen Anstrengungen im Kampf gegen die Osmanen einen bestimmten Anteil an der Reichshilfe zu sichern.458 Ob die Gesandten von diesem Standpunkt des Fürstenrates Kenntnis hatten, muss offenbleiben. Klar ist jedoch, dass sie offenbar auf Gegenteiliges hingewiesen wurden, darauf nämlich, dass die Reichsstände ihre Bewilligung dem Kaiser allein und ihre Verteilung der Absprache zwischen dem Kaiser und Erzherzog Karl überlassen würden.459 Diese Nachricht musste die Gesandten freilich äußerst unruhig stimmen. So begab sich Ludwig Ungnad am 24. Juli zur Sitzung des Kurfürstenrates, suchte um Audienz an und wurde empfangen. Er erinnerte die Kurfürsten an all die Schreiben, die seine Gesandtschaft an die Reichsstände gerichtet hatte und äußerte die Überzeugung, dass die Reichsstände die Problemlage der innerösterreichischen Herzogtümer aufmerksam und verständnisvoll erörtern würden. Zudem ließ er wissen, dass die Gesandten auf die Debatten der Reichsstände in der Causa Türkenhilfe sowie auf deren diesbezügliche Antwort an den Kai456 457 458 459

Regenspurgerische reichshandlung, fol. 55r. Protocolum des reichstags, fol. 417v f. Protocolum Comitiorum, fol. 67r. Quellen I, Tägliche verrichtung, 24. 7. Regenspurgerische reichshandlung schreibt sogar, dies sei bereits geschehen, was aber nicht stimmte. Regenspurgerische reichshandlung, fol. 56v. Siehe Quellen II, Nr. 5, Amman, 27. 7.

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ser hingewiesen worden waren und sich daher erneut mit der Bitte an die Stände wandten, die Reichshilfe den innerösterreichischen Territorien sowie den Grenzgebieten gesondert zukommen zu lassen.460 Abschließend übergab Ungnad den kurfürstlichen Delegierten eine neue Supplik.461 Anschließend wurde Ungnad in der Sitzung des Fürstenrates empfangen, wo er das Ansuchen seiner Gesandtschaft abermals wiederholte, und wo er den Räten und den Gesandten der Fürsten die gleiche Supplik überreichte.462 Währenddessen kam es auch im Kurfürstenrat zur Auseinandersetzung mit den Themen rund um die Angelegenheiten der innerösterreichischen Länder und die Bemühungen ihrer Gesandtschaft. Die kurfürstlichen Gesandten ließen sich beide an den Kurfürstenrat gerichtete Schreiben vorlesen, und der Mainzer Kanzler unterrichtete seine Kollegen über den Standpunkt des Fürstenrates. In der Debatte vertraten die Gesandten des Trierer Kurfürsten eine klare Position: Demnach sei eine Diskussion dieses Problemfeldes erst dann angebracht, wenn auch der Reichstag seine Entscheidung hinsichtlich der Türkenhilfe gefällt haben werde. Sie befanden zudem, die Bitte der Länder zu erhören und einen gesonderten Anteil an der Reichshilfe festzulegen, sei ein „preiuditial“: Die Verwaltung der Reichshilfe stünde nicht im Machtbereich des Kurfürstenrates, weshalb die Verteilung der Reichshilfe dem Kaiser überlassen werden solle. Dieser Meinung schlossen sich auch die Gesandten der anderen Kurfürsten an, wobei die Pfälzer hinzufügten, nicht an der kaiserlichen Gewährung der angesuchten Hilfeleistungen zu zweifeln. Brandenburg hingegen, etwas pessimistischer, merkte an, das Reichsoberhaupt in jedem Falle auf die Bedürfnisse der innerösterreichischen Länder aufmerksam machen zu wollen. Die Mainzer Abordnung schloss sich an und schlug, die Debatte zusammenfassend, vor, dass die Reichstagsbewilligung zwar dem Kaiser „generaliter“ überlassen werden solle, doch dass man gleichzeitig nicht auf eine nachdrückliche Erinnerung in der Angelegenheit der innerösterreichischen Länder verzichten dürfe. Mit diesem Standpunkt der Mainzer gingen auch die anderen kurfürstlichen Gesandten konform. Darüber setzte man anschließend den Fürstenrat in Kenntnis, welcher sich diesem Votum anschloss. Damit stand schließlich der gemeinsame Entschluss der Reichsstände in dieser Angelegenheit fest.463 Die innerösterreichischen Gesandten wurden in der Folge zur gemeinsamen Sitzung der Reichsstände eingeladen, wo ihnen der Mainzer Kanzler 460 Regenspurgerische reichshandlung, fol. 56v–57r. 461 Dritte Supplik an die Reichsstände, presentatum 24. 7. Regenspurgerische reichshandlung, fol. 57v–58r. 462 Protocolum des reichstags, fol. 423r. 463 Protocolum Comitiorum, fol. 69v–72r. Siehe auch Protocolum des reichstags, fol. 424r.

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den Standpunkt beziehungsweise die Entscheidung der Stände offenbarte: Die Reichsstände würden den Kaiser aufrufen, die Grenzen der Länder Steiermark, Kärnten, Krain und Görz im selben Ausmaß mit Reichshilfe zu versorgen wie jene der österreichischen Herzogtümer;464 somit hofften die Stände, dass „die khay. Mt. aus diser anregung ursach werden haben, diese lande und derselben granizen treulich zu bedenckhen“.465 Ludwig Ungnad, der im Anschluss daran zu Wort kam, konnte seine Enttäuschung nicht verbergen. Er dankte den Ständen nicht, wie es wohl die Courtoisie verlangt hätte, und obwohl es ob der guten Absicht und der wohlwollenden Haltung der Reichsstände zu erwarten gewesen wäre. Ungnad tat das Entgegengesetzte. Für ihn war die Einstellung der Reichsstände entweder völlig naiv, vollkommen unnütze oder beides, jedenfalls aber – dies stand für ihn fest – war das beschlossene Vorgehen eine wirkungs-, ja sinnlose Maßnahme. Die Gesandten erwarteten zumindest, gab Ungnad zu verstehen, ein Übereinkommen der Reichsstände, welches den Ländern eine Reichshilfe sicherstellen würde. Daher trat er erneut an die Entscheidungsträger heran und bat, dass „man […] die sachen zum besten erwegen [wölle], damit sie, die gesandten, mit gueten trost anhaimbs khummen, und unsere principaln der hochlöblichen stände so treuherzigs wolmainen würckhlich empfinden und geniessen und sich desselben erfreüen mügen“466. An eine positive Rückmeldung diesbezüglich glaubte er selbst nicht mehr, und die Gesandten wandten sich daher noch am selben Tag an Erzherzog Karl und baten ihn, seine Räte nach Regensburg zu schicken; er sollte sie zudem mit der Aufgabe betrauen, den Gesandten bei der Wahrnehmung ihrer Mission zu helfen, sie selbst nämlich hätten alle Möglichkeiten ausgeschöpft.467 Zwei Tage später, am 26. Juli, griff der Kurfürstenrat noch einmal die Angelegenheit der innerösterreichischen Länder auf.468 Dies geschah im Rahmen der Debatte über die ständische Duplik, die von den Reichsständen in den folgenden zwei Tagen an den Kaiser übergeben werden sollte. Die Pfälzer Delegation forderte eine gute Versorgung der bedrohten Territorien: „Steier, Kernten und Krain sey[n] wol [zu] versehen“;469 die Stände sollten ihnen wohlgesinnt bleiben – „Steier, Kernten und Krain in g[nade] zu bleiben“470 –, und daher sollte man den Kaiser an sie erinnern – „Caesarem zu 464 465 466 467

Protocolum Comitiorum, fol. 73r. Regenspurgerische reichshandlung, fol. 57v. Regenspurgerische reichshandlung, fol. 57v. Die Gesandte an Erzherzog Karl, datum 24. 7. Regenspurgerische reichshandlung, fol. 58r–60r. 468 Protocolum Comitiorum, fol. 73r–75r. 469 Protocolum Comitiorum, fol. 73v. 470 Protocolum Comitiorum, fol. 74v.

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erinnern“;471 dennoch sei die Reichshilfe allein der Entscheidung des Kaisers zu überlassen – „Caesari heimzustellen“.472 Der Pfälzer Meinung schlossen sich auch die sächsischen Gesandten an.473 Die Trierer meinten, man sollte dem Kaiser in puncto Innerösterreich mehr Vertrauen entgegenbringen,474 und die Mainzer verblieben dabei, die Hilfe ungeteilt zu belassen.475 Dabei sollte es schließlich bleiben. Wir haben bereits gesehen, wie die Replik der Reichsstände verfasst wurde und wie die Reaktionen des Kaisers, seiner Räte und der Gesandten der innerösterreichischen Länder ausfielen.476 Auch konnte gezeigt werden, dass sich diese um die Erlaubnis beim Kaiser bemüht hatten, bei den Reichsständen selbst zu replizieren. Die Kaiserlichen hatten sich zunächst zurückhaltend verhalten, was die Gesandten jedoch nicht sonderlich beeindruckte, ganz im Gegenteil.477 Schließlich konnte herausgearbeitet werden, dass die kaiserliche Seite letztlich nachgab. Die daraus entstandene neue Supplik der Gesandtschaft oder, wie die Gesandten selbst meinten, „der gesandten replikhschriften“, wurde daher am 15. August allen drei Kurien der Reichsstände überreicht.478 Die Supplik brachte allerdings nichts Neues. Die Reichsstände, so eröffneten die Gesandten ihr Schreiben, hatten dem Reichsoberhaupt zwar die Berücksichtigung Steiermarks, Kärntens, Krains und deren Grenzen empfohlen und diesbezüglich bereits dessen Zusage erhalten, diesen Territorien die Hilfe der Reichsstände in gleichem Maße zuteilwerden zu lassen wie den ungarischen und österreichischen Gebieten: Die von den Reichsständen nun bewilligte Hilfe reiche aber nicht einmal für die Versorgung der Grenzen in Friedenszeiten, in welchen man sich nun keineswegs befände. Mehrfach, so gaben die Gesandten zu verstehen, hätten sie den Entscheidungsträgern die Notlage und die drohenden Gefahren vor Augen geführt. Die Ungewissheit darüber, ob ihre Klagen und Darstellungen die Adressaten tatsächlich erreicht hatten, oder ob diese ins Gegenteilige verkehrt und damit nicht ernst genommen würden, ließ jedoch Zweifel in ihnen aufkommen. Könnte es sein, fragten sie sich rhetorisch, möglicherweise leicht provokant, dass es den Ständen merkwürdig vorkäme, dass die Herzogtümer „bey solicher stattlichen und ansehenlichen besazung und fürsehung der gränizen“, über welche der Kaiser in 471 Protocolum Comitiorum, fol. 73v. 472 Protocolum Comitiorum, fol. 74v. 473 Ebd. 474 Ebd. 475 Protocolum Comitiorum, fol. 74r. 476 Siehe oben S. 82f. 477 Siehe oben S. 124–125 und passim. 478 Vierte Supplik an die Reichsstände, datum 16. 8. Regenspurgerische reichshandlung, fol. 110r–112v.

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seiner Replik geschrieben hatte, die wenigen Türkeneinfälle nicht aufhalten könnten? Eine solche Einschätzung würde die Lage an den Grenzen des Reiches sowie das große Engagement des Kaisers und der innerösterreichischen Länder verkennen; die Last dieses Engagements könne aber weder vom Kaiser noch von den Ländern allein weiter getragen werden. Auch das Verteidigungssystem, das sich entlang einer sehr langen Grenze erstreckte und das in seinem gegenwärtigen Zustand keine Barriere für den Feind bieten würde, sei von der Unterversorgung durch die ständische Politik betroffen. An den kroatischen und windischen Grenzen waren 4.000 Fußknechte und 1.246 leichte Reiter stationiert, doch „die sindt dermassen an alle fleckhen, paß und örter ausgethailt, das sy von wegen weite sonderlich der crabatischen gränizen und beywonung der fleckhen, dahin sie geordnet worden, nit khünnen zusamenziehen und sindt dennoch alle fleckhen so gering mit disen volckh versehen, es khume der feindt für welchen fleckhen er wölle, so khünnen sy sich nit erhalten“479. Zudem war, wie bereits erwähnt, die Versorgung mit Waffen und Proviant ungenügend. Anders würde es sich auf der feindlichen Seite verhalten, wo alle Festungen gut besetzt und die Soldaten großzügig versorgt seien und den türkischen Beys bei jedem militärischen Unternehmen einige Tausend bewaffnete Mann zur Verfügung stünden. Der bosnische Pascha beispielsweise verfüge jederzeit über zwanzigtausend Soldaten, Fußvolk und Reiter. Einer solch gewaltigen militärischen Infrastruktur stehe das Heer der innerösterreichischen Territorien gegenüber, welches versprengt, schlecht versorgt und im Vergleich zur türkischen Aufstellung geradezu lächerlich sei. Die Gesandten betonten außerdem die gute Organistation der türkischen Truppen: Während der Feind ihre Territorien binnen eines Tages erreichen könnte, seien für die Zusammenstellung der Landesarmee 14 Tage einzuplanen.480 Die Gesandten riefen daraufhin die Stände auf, die Umsetzung des kaiserlichen Plans zur Verstärkung der Grenzen zu unterstützen, welcher den Reichsständen in den Anhängen der kaiserlichen Duplik dargelegt worden war. Die Realisierung eines solchen Konzeptes sei das mindest Notwendige, um die Grenzen der Länder und jene des Reiches zu verteidigen, ja zu retten. Die Stände könnten dies leicht erfüllen, behaupteten die Gesandten, „one allen iren und irer unterthanen beschwärung“. Zum Schluss riefen die Gesandten die Stände ein weiteres Mal dazu auf, ihre Hilfe an die Grenzsoldaten durch ständische Kommissare auszuzahlen. Den Delegierten selbst sollte dennoch eine Antwort ausgestellt werden, eine „beschaidtrelation“, also der ständische Beschluss über die bewilligte Hilfe.481 479 Regenspurgerische reichshandlung, fol. 111v. 480 Regenspurgerische reichshandlung, fol. 112r–112v. 481 Regenspurgerische reichshandlung, fol. 112v.

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An den Erfolg ihrer Replik scheinen aber die Gesandten nicht geglaubt zu haben. So hielt Matthes Amman am 16. August in einem Brief an die Grazer Verordneten fest: „In summa, ich trug sorg, es wirdt weder replica oder triplica viel helfen. Die gemüeter sindt weit voneinander. Der mißverstandt in religion verhindert viel.“482 Dennoch, setzte er fort, „In summa, ihr Mt. schickhen an izo aigene gesandten mit der replickschriften zu den churfürsten. Gott waiß ob sie in 3 oder 4 wochen werden wieder khommen. Mitlerweil steht alles stil, patientia.“483 Die Verhandlungen des Reichstages über die Türkenhilfe wurden tatsächlich bis Anfang September unterbrochen; erst nach der Rückkehr der kaiserlichen Gesandten, Mitte des Monats, kamen sie wieder in Gang. Unter den kaiserlichen Emissären war auch Ludwig Ungnad, der zusammen mit Johann Ilsung zu den Kurfürsten ins Rheinland gereist war. In Regensburg verblieben also lediglich Hans Friedrich Hofmann, Jobst Joseph Thurn sowie der Sekretär der Gesandtschaft, Matthes Amman. Hofmann und Amman nutzten den Stillstand der Reichstagsdebatten für eine Reise nach Bamberg, um zu prüfen, ob und auf welche Weise ihre Mission beim dortigen Bischof zu erfüllen wäre. Ihre Reise verlief jedoch, wie noch zu zeigen sein wird, erfolglos, ähnlich wie die in der Instruktion gebotene Mission beim Freisinger Bischof. Dies waren die Ergebnisse, welche die Gesandten in ihren Schriften nach Kräften zu verschweigen suchten, wie ebenfalls noch zu sehen sein wird.484 Andererseits behielten die Gesandten die düsteren Aussichten für das Gelingen ihrer Mission nicht für sich und verheimlichten auch ihre Enttäuschung, ja ihre Verzweiflung hinsichtlich des zu erwartenden Gangs der Reichstagsdebatten und deren Ausgang nicht. „Unser sachen alhie, die ziehen sich nur von tag zu tag auf, und wil schier je lenger je zunichter werden. Das macht der teüfl, der babst und sein mutter alhie, der cardinal, die religion, item die freystellung, die steckt“485, schrieb Matthes Amman am 19. September. Der Brief ist in jeder Hinsicht bemerkenswert, geradezu erstaunlich. Seine Ausführungen waren zuvor noch nie so salopp formuliert worden, seine Einschätzung zugleich noch nie so unzutreffend gewesen. Die Reichsstände nämlich, insbesondere die protestantischen, versuchten zu jenem Zeitpunkt nicht mehr, die Reichstagsagenda aus der kaiserlichen Proposition mit den Religionsfragen in Verbindung zu bringen; sie junktimierten ihre Bereitschaft zu Verhandlungen über die Reichstagsbewilligung und ihre Zustimmung dazu nicht mehr mit der Lösung dieser Fragen. Die 482 Quellen II, Nr. 6, Amman, 16. 8. 483 Ebd. 484 Siehe unten S. 176f. 485 Quellen II, Nr. 8, Amman, 19. 9.

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Religionsproblematik blieb somit ungelöst. Die Bemühungen der Protestanten auf der einen und der Katholiken auf der anderen Seite um die Durchsetzung der Konfessions- und Verfassungsvision des Reiches wurden zwar nicht eingestellt, und Amman lag nicht falsch, wenn er darüber schrieb, doch hatte all dies keinen Einfluss mehr auf die Reichstagsverhandlungen oder auf die Reichstagsbewilligung.486 Dem Sekretär der Gesandtschaft mochte es zwar erscheinen, als ob sich die Reichstagsdebatten über die Türkenhilfe und besonders die Angelegenheiten seiner Gesandtschaft, „nur von tag zu tag“ zögen, doch einen solchen Kommentar über das Reichstagsgeschehen konnte nur ein schlecht informierter Beobachter abgeben. Allerdings dürfen wir die Möglichkeit nicht außer Acht lassen, dass der Sekretär etwas in petto hatte und seine Einschätzung somit nicht einfach nur unzutreffend, sondern vielmehr, möglicherweise mit bester Absicht, sinnwidrig formuliert war. Amman könnte möglicherweise unzureichend berichtet haben, um die Erwartungen in Graz, Klagenfurt und Laibach zu dämpfen und die allzu scharfe Beurteilung der Gesandtschaft im Voraus abzumildern. In den Augen der Gesandten war zu erwarten, dass die Ergebnisse ihrer Reichstagsmission unzureichend und den Erwartungen nicht entsprechend ausfallen würden. Dennoch war gerade das Gegenteil der Fall: Der Reichstag sollte die Türkenhilfe sehr intensiv diskutieren, und um die gesandtschaftliche Mission war es noch nie so gut bestellt. Noch nie waren sie dem Erfolg so nahe, wenngleich nur für einen recht kurzen Augenblick. 487 Einen Tag nach dem erwähnten Brief Ammans, am 20. September, richteten die Gesandten eine neue Supplik an den Kurfürstenrat,488 mit welcher sie die Räte und die Gesandten der Kurfürsten noch einmal zur Erörterung der Schreiben, die sie ihnen überreicht hatten, animieren wollten. Sie wiederholten ein weiteres Mal, dass die Hilfe der Reichsstände der einzige Rettungsanker für die kroatischen und windischen Grenzen sei. Daher befänden sie eine festgelegte, anteilsmäßige Bewilligung der Reichshilfe für wichtig und waren darauf bedacht, dass sich die Stände in ihrer Antwort an den Kaiser dafür einsetzten, dass die Versorgung und Verstärkung der Grenzen, wie sie vom Kaiser bereits dargelegt worden waren, unverändert bliebe. Der Kurfürstenrat wurde von den Gesandten darüber hinaus gebeten, ihnen über seine Entscheidung, von der sie einen günstigsten Ausgang erhofften, eine schriftliche Antwort auszustellen. 486 Siehe Moritz, Die Wahl Rudolfs II. (1895), S. 417f. 487 Siehe Protocolum Comitiorum, fol. 170v f. Protocolum des reichstags, fol. 473v f. Siehe auch unten S. 164f. 488 Fünfte Supplik an die Reichsstände, presentatum 20. 9. Regenspurgerische reichshandlung, fol. 110r–112v.

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Der Kurfürstenrat machte sich noch am selben Tag mit der Supplik der Emissäre der Länder vertraut.489 Seinen Mitgliedern war die Notwendigkeit einer Debatte über die Lage Steiermarks, Kärntens und Krains grundsätzlich bewusst, doch vertagten sie diese auf den Tag ihrer letzten Sitzung, den 22. Oktober.490 Die Repräsentanten des Trierer Kurfürsten blieben bei ihrem alten Standpunkt, den Territorien die Hilfe im Rahmen der Reichstagsbewilligung zuzuteilen, ebendiese Unterstützung unter den Beschlüssen des Reichstages festzuschreiben, den Ländern jedoch keine genaue Summe zu bemessen. Bezüglich der Bitte der innerösterreichischen Gesandten hinsichtlich der schriftlichen Antwort über die Entscheidung der Reichsstände erklärten sich die Trierer „indifferentes“ zu sein und meinten, dass es wohl reiche, auf die Beschlüsse des Reichstages zu verweisen. Diesem Standpunkt schlossen sich auch die Gesandten des Kölner Kurfürsten an. Anders jedoch die Pfälzer: „Steier, Kernten und Krain anlangendt, da inen ein deputat möcht verordnet werden, wollens gern befürdern und können inen wol dieser schrifftlicher abschiedt mitgetheilt werden. Das sie aber von deß türkenheraußzug sagen, konnen sich nit genugsam vervundern, daß in friedensstandt solcher fürgewendet werde, und müssen darfür achten, daß man etwaß vorhanden hab, so zu fridensbruch ursach geben möcht.“491

Die Pfälzer waren nun offenkundig bereit, die Bitte der Gesandtschaft zu erhören, für die betroffenen Herzogtümer einen bestimmten Anteil an der Reichstagsbewilligung festzulegen und ihnen eine schriftliche Antwort über diese Entscheidung auszustellen. Die Gesandten der Kurpfalz bewiesen damit ihre äußerste Gewogenheit gegenüber Steiermark, Kärnten und Krain und akzeptierten, wenn auch nicht ohne Vorbehalt, deren Schilderung über die gefährdete Lage der Länder, so wie diese vor dem Reichstag vorgetragen worden war; womöglich nahmen sie somit, wenngleich auch nur mittelbar, sogar ihren Lösungsvorschlag an. Die Pfälzer Gesandten änderten also ihren Standpunkt, den sie in der ersten Verhandlungsrunde vertreten hatten. Über die Gründe für diesen Umschwung kann nun nur gemutmaßt werden. Es ist jedoch – lässt man die Debatten im Kurfürstenrat Revue passieren – unschwer zu erkennen, dass die Pfälzer damit einerseits den bedrohten Ländern und ihren Gesandten ihre besten Absichten erwiesen, gegenüber dem Kaiser andererseits ihr Misstrauen demonstrierten. 489 Protocolum Comitiorum, fol. 177r f. 490 Protocolum Comitiorum, fol. 180r. 491 Protocolum Comitiorum, fol. 180v.

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Den neuen Standpunkt der Pfälzer teilte jedoch niemand mit ihnen. So distanzierten sich sogleich die Gesandten des sächsischen Kurfürsten von dieser Position. Sie befanden eine ungeteilte Reichshilfe als bestmögliche Lösung, wenngleich man das Reichsoberhaupt an die Gefährdung der Länder und insbesondere deren Grenzen erinnern sollte. Eine schriftliche Antwort über den Beschluss der Reichsstände sollte man den innerösterreichischen Gesandten dennoch ausstellen. Die brandenburgischen Gesandten pflichteten den sächsischen bei und unterstützten sie, ähnlich wie jene des Mainzer Kurfürsten. Diese waren mit den Vorschlägen, die Reichshilfe ungeteilt dem Kaiser zu übergeben, einverstanden und plädierten dafür, dem Kaiser die missliche Lage der betroffenen Regionen mit Nachdruck in Erinnerung zu rufen. Zugleich hatten die Mainzer Gesandten auch keine Einwände, oder, wie sie sich ausdrückten, „nichts dagegen […]“, den Gesandten eine schriftliche Antwort der Reichsstände zu übergeben.492 In diesem Sinne wurde schließlich der Standpunkt des Kurfürstenrates abgefasst. Den Fürstenrat setzte man darüber zwei Tage später in Kenntnis. Auch er schlug vor, die Reichsbewilligung dem Kaiser zu überlassen und denselben auf die Lage der innerösterreichischen Länder dahingehend aufmerksam zu machen, „daß sie etwas bedacht und mehr geschüz[t] werden möchten“.493 Die Standpunkte beider Räte wichen substanziell nicht voneinander ab, weswegen einer raschen Einigung nichts im Wege stand.494 Ein solcher nunmehr einheitlicher Standpunkt oder Beschluss der Reichsstände war jedoch sehr weit von den Zielen der innerösterreichischen Reichstagsgesandtschaft entfernt. Die Möglichkeiten der Gesandtschaft, noch eine Änderung der Beschlüsse zu erreichen, wurden zunehmend geringer. Die Debatten des Reichstages kamen an ihr Ende, die Haltung der Stände war herausgebildet und ließ sich nicht mehr beinflussen, jene des Kaisers hatte sich bereits zu Beginn der Zusammenkunft in Regensburg abgezeichnet und gefestigt. Ganz am Anfang ihrer Mission, wie sie in der Instruktion festgeschrieben war, standen jedoch gegen Ende des Reichstags die Gesandten. Sie versuchten demnach wiederholt die Entscheidung der Reichsstände zugunsten der Länder und ihrer Mission abzuändern. Beiden Angelegenheiten widmeten sie sich mit gleicher Hingabe. Die erste Handlung, die sie nun diesbezüglich setzten, war, ein Schreiben an den Landesfürsten Erzherzog Karl zu richten. Dies geschah am 26. September, als sie offenbar bereits über die Beschlüsse der Reichsstände und

492 Protocolum Comitiorum, fol. 181r. 493 Protocolum Comitiorum, fol. 182v. 494 Ebenda.

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ihre großzügige Bewilligung in Kenntnis gesetzt worden waren.495 Darin teilten sie den Abschluss der Reichstagsverhandlungen über die Türkenhilfe und deren Ergebnis, welches einen Präzedenzfall darstellte, mit. Die Reichsstände hätten, so die Botschaft, ihre Hilfe aufgrund des vom Kaiser vorgelegten Plans der Befestigung und Verstärkung der Grenzen bewilligt. Dieses Konzept hätte der Kaiser zur Beurteilung der adäquaten Umsetzung an die Wiener Kriegsräte geschickt, fuhren die Gesandten fort. Aus Angst, ein Teil des Planes – vor allem jener die kroatischen und windischen Grenzen betreffend – könnte abgeändert werden, wandten sich die Gesandten nun an den Erzherzog. Sie baten ihn um Fürsprache und seinen Einsatz in dieser Angelegenheit: Die Reichshilfe läge nun in des Kaisers Händen und allein bei ihm sei ihr Anteil an der Unterstützung zu erwirken; ein erster Schritt in diese Richtung, so waren sie überzeugt, sei eine Intervention des Erzherzogs bei den kaiserlichen Kriegsräten. Am 29. September überreichten die Reichsstände dem Kaiser ihre letzte Replik in puncto Reichshilfe. Gemäß dem Beschluss des Kurfürstenrates schickte man eine Abschrift desselben Dokumentes an die Gesandten, welche nun ihrerseits versuchten, doch eine an sie gerichtete günstige Antwort zu erhalten. Mit der Bitte um Einholung einer speziellen Antwort der Reichsstände sandten sie daher Matthes Amman zum Mainzer Kanzler, der ihr Ansuchen jedoch, konträr zu den Beschlüssen der Reichsstände, zurückwies. Er argumentierte, dass die Ausstellung einer besonderen Rückmeldung ungewöhnlich, und darüber hinaus auch unnötig innerhalb des Regelkreises des Reichstages sei. Die Reichsstände hätten die Sachlage der betreffenden Gebiete ohnehin in ihrer Antwort an den Kaiser erläutert und Empfehlungen zur Hilfeleistung abgegeben. Des Weiteren, der Kanzler war sich dessen sicher, würden reichsständische Empfehlungen in den Beschlüssen des Reichstages festgeschrieben werden und der Kaiser würde mit seiner Unterschrift dafür bürgen, dass das Vereinbarte eingehalten werde: „So sind auch die reichsabschiedt also creftig, das alles das, was darein eingeleibt ist, pro lege zu halten sei. Wann es sych auch begäbe, daß ir Mt. hiezwischen gar mit todt abgieng […], so mueß doch der beschluß inhalt des reichsabschidt von nächst angeenden regierenden khaiser in alweg fest und steüf gehalten werden.“496 Eine solche juristisch pedantische Antwort des Mainzer Kanzlers konnte die Gesandten natürlich nicht zufriedenstellen. Die Geschichte der Verfügung der Reichshilfe, die den innerösterreichischen Ländern zum Lamento geworden war und worüber die Gesandten die Reichsstände so viele 495 Die Gesandten an Erzherzog Karl, Datum 29. 9. Regenspurgerische reichshandlung, fol. 121v–122r. 496 Quellen I, Tägliche verrichtung, 29. 9.

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Male in Kenntnis zu setzen versuchten, musste ihnen zeigen, dass die Beschlüsse des Reichstages eben nicht notwendigerweise „creftig“ waren und dass das, was darin festgeschrieben stand, möglicherweise in legibus, umsetzbar war, niemals jedoch in factis. Die Unzufriedenheit der Gesandten und ihre Enttäuschung mussten also äußerst groß gewesen sein. Sie hatten nichts Bestimmtes, nichts Spezifisches oder Gewichtiges erreicht. Die Reichsstände hatten den innerösterreichischen Herzogtümern zwar eine an den Kaiser gerichtete Empfehlung überreicht, die denselben „pro lege“ unter Druck zu setzen vermochte, dennoch aber wurde diese durch den Umstand geschwächt, dass die Reichshilfe in die Hände des Kaisers gelegt worden war und somit seiner freien Beurteilung unterworfen blieb. Es war offensichtlich, die Gesandten hatten allen Grund zu großer Enttäuschung. Beurteilten sie ihre Mission im Lichte der Paragrafen ihrer Instruktion, so fiel das Resümee noch viel ungünstiger aus: Danach musste die Durchführung ihrer Aufgabe sogar als erfolglos eingestuft werden. Obgleich eine derartige Einschätzung zutreffender nicht sein konnte, war sie dennoch nicht die einzige, die die Gesandten aufgrund der Lage, in der sie sich am Ende des Reichstages befanden, herauszuarbeiten und vertreten zu können glaubten. Sie gaben sich nämlich alle Mühe, eine andere, flexiblere Sicht auf die faits accomplis – oder vielmehr auf die faits pas accomplis – einzunehmen und von diesem Gesichtspunkt ausgehend die Beschlüsse und ihre Tragweite auszulegen. Auf diese Auslegung der gesandtschaftlichen Reichstagsmission wird am Ende der Studie näher einzugehen sein, an dieser Stelle sei nur erwähnt, dass die Gesandten ihre eigene Einschätzung im Bericht über ihren Auftrag darlegten, welchen sie den innerösterreichischen landständischen Behörden zusandten,497 und die gleiche Perspektive zuvor in ihrer letzten Audienz bei den Reichsständen zum Ausdruck gebracht hatten. Dies erfolgte am 10. Oktober, zwei Tage vor der Publikation der Reichstagsbeschlüsse.498 In dieser Audienz sprach zunächst Hans Friedrich Hofmann. Seine Worte waren allem Anschein nach sorgfältigst gewählt: Die Hoffnung der Gesandtschaft, meinte Hofmann, die Reichsstände würden sich beim Kaiser für die Lage der Länder Steiermark, Kärnten, Krain und Görz einsetzen, habe sich erfüllt. Die Reichsstände hätten diese Erwartung der inneröstereichischen Länder sogar übertroffen, so Hofmanns leicht provokative Beteuerung, denn sie hätten bewirkt, dass ihre Empfehlung an den Kaiser in dieser Angelegenheit unter den Beschlüssen des Reichstages festgeschrieben worden sei. 497 Relation, datum 18. 10. Regenspurgerische reichshandlung, fol. 152r–155r. Siehe unten Quellen III, Relation. 498 Protocolum des reichstags, fol. 499v. Siehe auch Quellen I, Tägliche verrichtung, 10. 10.

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Nun hofften die Gesandten, der Kaiser werde dieser Empfehlung folgen und angesichts der hohen Summe, die ihm die Stände bewilligt hatten, den bedrohten Gebieten und ihren Grenzen seine Hilfe mindestens in dem Maße und auf die Weise zukommen lassen, wie er es den Reichsständen im Laufe der Reichstagsverhandlungen dargelegt hatte. Hofmann bedankte sich im Namen der Gesandten bei den Reichsständen, dass sie der Gesandtschaft und somit den innerösterreichischen Ländern Gehör geschenkt hatten und beteuerte zugleich, dass die Länder, nachdem sie „solchen trost wirklich erhalten“ hätten, alles in ihrer Macht stehende auf sich nehmen würden, um weiterhin eine sichere Vormauer des Reiches zu bleiben und dessen Schutz zu garantieren.499 In einem kürzeren Schreiben, das Hofmann den Ständen nach seiner Rede überreichte, wiederholten die Gesandten ihre Danksagung. Sie kündigten an, dass sich ihre Länder beim Kaiser für die Umsetzung der Reichstagsbeschlüsse einsetzen würden, da sie durch die darin enthaltenen Empfehlungen dazu angehalten seien; denn schließlich habe der Reichstag ja seine Einsicht bezüglich der Gefährdung der kroatischen und windischen Grenzen bekundet, welche in der Verteidigung „der deutschen nation, mehr noch, der ganzen christenheit“ nicht gerade den „geringsten anteil“ hätten. Die Gesandten zeigten zudem auf, dass die Steiermark, Kärnten und Krain „mitglider“ des Reiches seien und damit unter seinem schuz und schermb stünden. Darüber hinaus hätten die Stände beschlossen, dass die bewilligte Reichshilfe nur für die Befestigung und den Erhalt aller dem Feind ausgesetzten Grenzen aufgewendet werden dürfe, was die kroatischen und windischen Grenzen als deren integraler Bestandteil auch beträfe. Überdies hegten sie nicht den geringsten Zweifel, dass der Kaiser ihnen Gehör schenken und gemäß dem Plan agieren würde, den er den Reichsständen vorgelegt hatte. Auf diese Nachricht antworteten die Empfänger des Schreibens nicht mehr, und mit der Übergabe des Memorandums sollten sich die Gesandten von den Ständen des Reiches verabschieden.500 Ihre Mission am Reichstag war damit abgeschlossen. Doch das Ende selbst fiel überraschend und für die Gesandten in höchstem Maße unangenehm aus. Ihre Ehre, wie sie selbst meinten, stand auf der Probe. Nach der öffentlichen Bekanntgabe des Reichstagsabschieds am 12. Oktober verblieben die Gesandten in Regensburg, um die Begräbnisfeierlichkeiten des verschiedenen Maximilian II. abzuwarten und die Abschiedsaudienz beim neuen Kaiser Rudolf II. abzustatten. Als Albrecht von Bayern am 20. Oktober nach Regensburg kam, wandten sich die Gesandten unmittelbar an 499 Regenspurgerische reichshandlung, fol. 128v. 500 Protocolum des reichstags, fol. 499v.

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dessen Hofmarschall und suchten um Audienz beim Herzog an; ein Besuch bei Albrecht von Bayern erlegte ihnen ohnehin ihre Instruktion auf.501 Drei Tage später, am 23. Oktober, um drei Uhr nachmittags, sollte der Empfang stattfinden.502 Die Atmosphäre war kalt und unfreundlich. Hans Friedrich Hofmann übergab zunächst die Kredenzschreiben und zeigte in seiner kurzen Ansprache die große Bedrohung der innerösterreichischen Territorien sowie ihr großes Defensionsengagement und ihre äußerste Erschöpfung auf,503 um anschließend seinen Appell um Hilfe für die bedrohten Gebiete an den Herzog zu richten.504 Den Appell unterfütterte Hofmann mit strategischen, rechtlichen sowie dynastischen Argumenten: Schutz und Schirm der Reichsstände für die innerösterreichischen Territorien, christlicher Beistand sowie ein Hinweis darauf, dass Blut doch dicker als Wasser sei, worin unmittelbar auf die engen Beziehungen zwischen den Häusern Wittelsbach und Habsburg aufmerksam gemacht wurde. All dies sollte den Herzog dazu bewegen, sich nicht nur als kühner, weitsichtiger und pflichtbewusster christlicher Fürst, sondern auch als fürsorglicher Vater zu erweisen.505 Was sich die Länder konkret darunter vorstellen konnten, gaben die Gesandten in ihrem Memorandum kund: Eine „erschwingliche“, jährlich abgestattete Summe für die innerösterreichische Landesverteidigung würde ihnen angebracht erscheinen.506 Nach Hofmanns Ansprache und der Übergabe des Memorandums ließ der Herzog die Gesandten abtreten. Kurz darauf rief er sie erneut zu sich und ließ ihnen durch seinen Kanzler mitteilen, dass er ihr Memorandum erörtern und ihnen am darauffolgenden Tag seine Antwort bekannt geben würde. Damit war die Audienz beendet. Die Distanz, mit welcher die Gesandten in dieser Audienz behandelt wurden, ist augenscheinlich. So gab es weder einen Ausdruck des Entgegenkommens noch von Gunst und Gnade oder einen Verständnis symbolisierenden Handschlag; kein einziges Wort kam dem Herzog von Bayern in dieser Audienz über die Lippen, die kaum mehr als eine Viertelstunde gedauert haben kann. Der bayrische Herzog nahm also die größtmögliche Distanz zu den innerösterreichischen Emissären ein und ließ sie jammervoll bittend, ja bettelnd über seine fürstliche Bühne gehen. Verglichen die Gesandten diese Audienz mit ihren Vorsprachen beim Kaiser, beim Kölner Kurfürsten, 501 Regenspurgerische reichshandlung, fol. 166r. 502 Siehe Regenspurgerische reichshandlung, fol. 166r f. 503 Regenspurgerische reichshandlung, fol. 166v–167r. 504 Memorandum an den Herzog von Bayern. presentatum, 23. 10. Regenspurgerische reichshandlung, fol. 155v–159r. 505 Regenspurgerische reichshandlung, fol. 158r–158v 506 Regenspurgerische reichshandlung, fol. 158r.

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Erzherzog Ferdinand von Tirol und dem Salzburger Erzbischof, so dürften sie sich nach jener bei Herzog Albrecht vor den Kopf gestoßen gefühlt haben. Darüber floss den Gesandten jedoch kein Wort in die Feder. Das ist kaum überraschend. Freundlichkeit und Entgegenkommen des Kaisers und der Reichsfürsten, eine positive Stimmung, welche den Gesandten in ihren Audienzen entgegenschlug, waren sowohl als ein Ausdruck der kaiserlichen beziehungsweise fürstlichen Anteilnahme angesichts der bedrängten Lage der innerösterreichischen Länder auszulegen als auch als klarer Ausdruck von deren Zuwendung gegenüber den Abgesandten. Doch dies war keineswegs selbstverständlich; die fürstliche Hoheit konnte sich jederzeit voll entfalten,507 wie Albrecht von Bayern dies allzu deutlich bewies. Zu dieser distanzierten Haltung musste den Herzog jedoch nicht zwangsläufig sein fürstliches Gehabe bewegt haben; ein anderer Hintergrund dürfte sich bereits während der Audienz abgezeichnet haben. Welcher das war, sollten die Gesandten am nächsten Tag erfahren. Am Nachmittag des 24. Oktober wurden sie abermals zur Audienz geladen. Der Herzog war abwesend, weshalb dessen Antwort durch dessen Kanzler kundgegeben werden sollte.508 Dieser wies zunächst auf die Rolle Herzog Albrechts und seiner Reichstagsgesandtschaft in den Verhandlungen über die Türkenhilfe hin, insbesondere auf sein Bestreben, eine spezielle Unterstützung für die „drey landschaften“ Innerösterreichs zu erwirken. Dieses Vorhaben Albrechts – das in den Reichstagsakten allerdings keinen Niederschlag fand und demnach äußerst diskret gewesen sein muss – sei bekanntlich, so der Kanzler, fehlgeschlagen. Ganz anders jedoch verhielte es sich mit den Absichten des Herzogs hinsichtlich der Reichstürkenhilfe im Allgemeinen, die schließlich in einer Präzedenz-Bewilligung des Reichstags als ein bemerkenswerter Erfolg zu betrachten sei. Dass der Kaiser die ihm nun gewährte Reichstürkenhilfe auch für die Sicherung, Befestigung und Unterhaltung der innerösterreichischen Länder und deren Grenzen aufwenden würde, daran wollte der Herzog nicht zweifeln. Eine über seinen geleisteten Beitrag zur Reichsbewilligung hinausgehende Hilfe sei ihm aufgrund der wirtschaftlichen Lage Bayerns und der gesamtpolitischen Konstellation innerhalb des Reiches aber unmöglich, obwohl er sich dazu verpflichtet fühle; dies hätte eine zu hohe Belastung seiner Untertanen zur Folge und würde als eine Art Anmaßung gegenüber anderen Reichsfürsten erscheinen. Überdies ließ Herzog Albrecht seinen Kanzler das Folgende mitteilen:

507 Dazu siehe Luttenberger, Pracht und Ehre (1987), S. 291–326. 508 Siehe Regenspurgerische reichshandlung, fol. 167v–168v.

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„Dabey […] khönnen ire f. G. nit umbgehn, den abgesandten in genedigen vertrauen zu vermelden, das ire f. G. glaublich bericht, nachdem etliche stende der Augspurgischen Confession auf jezigen reichstag allerhandt unzimbliche begern von wegen der freystellung und dan einer angemasten declaration halb gethan, auch jederzeit irer bewilligung diese protestation angehangen, das sie dieselb nit wortlaisten […], das die gesandten zu solchem selb geholfen, die stende der Auspurgischen Confession in disem irem fürnemen gesterckht und darzue geraizt. Daraus dann der verstorbnen und jezigen röm. khay. Mt. in der begerten bewilligung grosse verhinderung, auch letstlich ervolgt, das die türckhenhilf noch heutzutag von vilen in ungewißhait gezogen werden will, und da gleich die röm. khay. Mt. den confessionistischen stenden disem irem begeren statt gethan, hetten auf denselben fal die catholischen ainiche hilf nit laisten khünnen, wie sie dann auch gewißlich nit wurden gethan haben, also das durch dises suechen, sterckhen und raizen die begert türckhenhilff zum höchsten verhindert worden. Wie sich nun dise baide an ainem ort hilf begeren und dieselb an dem andern durch dergleichen mittl verhindern zusamen rheümen und ab soliches so wol den dreyen landtschaften und grafschaft als andern irer khay. Mayt. erblanden gemainen fridtwesen und der ganzen Christenhait zu statten und guetem khommen mög, hetten die abgesandten selb vernunftigclich zu erwegen.“509

Dass die Gesandten die protestantischen Stände in ihrem den Lauf der Reichstagsverhandlungen hindernden und die Bewilligung der Türkenhilfe gefährdenden Anliegen unterstützen, ja sie dazu sogar zu animieren versuchen würden, war für die Gesandten eine ungeheure Zumutung. Hans Friedrich Hofmann reagierte sofort: Ihm käme diese Anschuldigung „ganz frembdt und verwunderlich“ vor.510 Nach kurzer Unterredung mit Ungnad, Thurn und Amman führte er seine Verteidigung wortstark und mit dem ihm ureigenen Sinn für diskrete Provokation fort.511

509 Regenspurgerische reichshandlung, fol. 168v. 510 Regenspurgerische reichshandlung, fol. 170r. 511 Seine große rhetorische Kunstfertigkeit stellte Hans Friedrich Hofmann in seiner Regensburger Reichstagsrede sowie in seinen Reden vor Erzherzog Karl im Dezember 1580 beziehungsweise im Januar 1581 zur Schau, als die konfessionspolitische Auseinandersetzung zwischen den steiermärkischen evangelischen Landständen und ihrem katholischen Landesfürsten einen ihrer Höhepunkte erreichte. Kurze Zusammenfassung der Reden bei Loserth, Acten und Correspondenzen (1898), S. 150, 172. Die Edition der Landtagsreden Hofmanns sowie einiger anderer bisher wenig beachteten beziehungsweise unbekannter Quellen zum innerösterreichischen konfessionspolitischen Konflikt wird vom Verfasser vorbereitet.

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„Darauf erclären wir uns gegen eurn f. G. mit rainem und aufrechten gewissen gar gehorsamblich, das uns hierin vor Gott und der welt, auch eurn f. G. ungüetlichen und unrechts beschiecht und das solches khain ainicher erliebender mensch mit grundt der warhait auf uns darbringen khan, und wäre uns nichts liebers, dann das uns diser oder die, welche uns solche unbilliche auflag und unverdiente inzicht bey euren f. G. aufzudringen vermainen, für augen gestelt, wolten wir von euren f. G. oder, wie es sich gebürt, uns nicht allain gegen inen genuegsamblichen entschuldigen, sonder daß sy es weder mit grundt noch warhait uns beybringen khönnen khlärlichen erweisen und darthuen, darbey eur f. D. [sic] abzunemen, was von inen zu halten. Bitten hierauf eur f. G., sy wellen uns gedachte angeber genedigclich fürstellen lassen, dagegen seindt wier erbietig, biß zur ausfurung fueß zu halten.“512

Ähnlichen Unwahrheiten seien die Gesandten wiederholte Male ausgesetzt worden, räumte Hofmann ein, doch hätten sie sie zurückgewiesen und eine „entschuldigung“ sei stets angenommen worden; er stufte die Gerüchte als bösartige und grundlose Verleumdungen ein. In ihren Gesprächen mit den Reichsständen sei freilich auch über die Religion und die konfessionspolitischen Zusammenhänge in den innerösterreichischen Ländern debattiert worden, doch die Gesandten hätten, so Hofmann, laut ihrer Instruktion weder ein Mandat, in die ihnen nun vorgeworfene Richtung zu agieren, noch hätten sie dafür einen Grund: „Weil unser genedigister herr und landtsfürst uns bißher [sic] in unserm gwissen und religionssachen nicht beschwärdt, wier uns dessen auch noch nicht [sic] zu besorgen haben.“513 Hofmann übergab zugleich die schriftliche „entschuldigung“, eine kurze Schrift, versehen mit eigenhändigen Unterschriften und Siegeln der Gesandten.514 Der Kanzler nahm das ihm vorgewiesene Dokument und dessen Inhalt zur Kenntnis und lud die Gesandten zum Abendessen ein, an welchem auch der Erzbischof von Salzburg und Leonhard Harrach teilnahmen. Die Gesandten glaubten sich nun von den Vorwürfen freigesprochen.515 Doch darin täuschten sie sich. In der schriftlichen Antwort des Herzogs, die der Kanzler den Gesandten nach dem Abendessen übergab, war die Anschuldigung erneut enthalten.516 Die Gesandten reagierten darauf mit einer erneuten Visite beim bayerischen Kanzler, dem sie ihre Bestürzung vortrugen und ihn gleichzeitig baten, der Herzog möge ihre Entschuldigung letzt512 Ebd. 513 Regenspurgerische reichshandlung, fol. 170v. 514 Regenspurgerische reichshandlung, fol. 169r. 515 Regenspurgerische reichshandlung, fol. 171r. 516 Regenspurgerische reichshandlung, fol. 168v.

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lich doch akzeptieren. Der Kanzler sicherte ihnen zu, dass der Herzog ihre Entschuldigung angenommen habe, ebenso beteuerte er seine Bereitschaft, eine neue schriftliche Antwort verfassen zu lassen.517 Aber dazu sollte es schließlich doch nicht kommen. Was waren die ausschlaggebenden Gründe dafür? Gab sich Herzog Albrecht mit der Antwort der Gesandten doch nicht zufrieden und nahm er ihre Erklärung daher nicht an? Meinte er vielleicht, ein derartiger Schritt wäre nicht nötig? War es doch sein fürstliches Gehabe, das ihn daran hinderte, oder trug möglicherweise die Nachlässigkeit seines Kanzlers zu diesem Ergebnis bei? Vor allem ist aber zu hinterfragen, ob die Gerüchte, auf welche sich der Vorwurf des bayerischen Herzogs stützte, in der Tat eine, wie die Gesandten behaupteten, grundlose, unverschämte und bösartige Verleumdung waren. Einiges spricht dafür, dass der Vorwurf Herzog Albrechts doch hätte Bestand haben können. Die Gesandten verfolgten die Reichstagsdebatten in puncto „Freystellung“ sehr genau, worüber ihre Korrespondenz allerdings nur äußerst sparsam Auskunft gibt.518 Sehr deutlich dagegen bezeugt der Anhang des Gesandtschaftsprotokolls ihr Interesse an diesen Debatten. Dieser listet eine Reihe von Dokumenten auf, welche die „Freystellungs“-Bewegung betreffen und während des Regensburger Reichstags in Umlauf waren; den Anfang macht die Declaratio Ferdinandea.519 Die Frage, ob die Gesandten das „Freystellungs“-Schriftum aus eigener Initiative sammelten oder ob sie von den innerösterreichischen Landständen dazu tacite instruiert worden waren, muss offenbleiben. Jedenfalls hatten die Landstände in dieser höchst prekären Frage größtes Interesse an den Reichstagsdebatten. Die sogenannte Grazer Pazifikation nämlich, die im Jahr 1572 die konfessionspolitischen Divergenzen zwischen dem katholischen Landesfürsten Erzherzog Karl und den evangelischen steirischen Landständen vorübergehend beigelegt hatte, galt offensichtlich in den Augen der beiden Parteien nicht als letzter, den endgültigen Frieden gewährender Akt; die protestantischen Landstände glaubten sich in der Ausübung ihrer Konfession nach wie vor unsicher und bedroht, ein Gefühl allerdings, das sie mit den innerösterreichischen Katholiken teilten. Die am steirischen Winterlandtag 1575/76 wiederaufgeflammte konfessionspolitische Debatte, geführt nach dem bewährten Prinzip quid pro quo, also die konfessionellen Konzessionen des Landesfürsten im Gegenzug für die finanziellen Zusagen der Landstände, zeigt dies allzu deutlich.520 Auch die teils stolzen, teils trübsinnigen Worte 517 518 519 520

Regenspurgerische reichshandlung, fol. 171r–171v. Siehe unten Quellen II, Nr. 4, Amman, 14. 7. und Nr. 7, Amman, 13. 9. Regenspurgerische reichshandlung, fol. 194r f. Laa. A. A., III, K. 180, H. 597, unfol. Siehe auch Loserth, Die steirische Religionspacifica-

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Hofmanns in der Audienz beim bayerischen Herzog veranschaulichen dies: „[U]nser genedigister herr und landtsfürst [hat] uns bißher in unserm gwissen und religionssachen nicht beschwärdt, wier uns dessen auch noch nicht zu besorgen haben“; die landesfürstliche Gegenreformation, so die Aussage Hofmanns im Klartext, habe noch nicht eingesetzt, doch dies könne sich jederzeit ändern. Angesichts des Umstands, dass die innerösterreichischen Protestanten – wie das Imaginaire des konfessionellen Zeitalters es ihnen gebot – „beschwärung des gewissens“ stets als schwerwiegendsten Verstoß gegen ihre Religiösität sowie gegen die politische Verfassung des Landes wahrgenommen haben,521 deutet die Aussage Hofmanns zunächst auf die äußerst prekäre konfessionspolitische Lage in den innerösterreichischen Ländern. Darüber hinaus spiegelt sich in den Worten Hofmanns die nach eigenem Empfinden schwierige Lage der innerösterreischischen protestantischen Landstände im Herbst 1576 wieder, trotz des konfessionspolitischen Erfolges, den sie am Anfang desselben Jahres zu erzielen vermocht hatten, wie im Folgenden noch zu zeigen sein wird. Die erfolgreiche „Freistellungs“-Bewegung im Reich könnte also die latente landesfürstliche „religionsbeschwärung“, der sich die innerösterreichischen Protestanten ausgesetzt glaubten, beseitigen und somit ihr Konfessionsbesorgnis hinfällig machen. Mit anderen Worten, die erfolgreiche „Freistellungs“-Bewegung wäre dazu imstande, einen reichsrechtlichen Rückhalt für das konfessionspolitische Anliegen der innerösterreichischen evangelischen Stände zu erwirken. Das Interesse derselben am Erfolg der „Freistellungs“-Bewegung muss demzufolge äußerst groß gewesen sein, ebenso wie die Unterstützung der Bewegung seitens ihrer Reichstagsgesandten. Klare Grenzen zog den Gesandten diesbezüglich jedoch die konfessionspolitische Gesamtkonstellation im Reich, worauf der bayerische Herzog sie aufmerksam machen ließ: Die „Freistellungs“-Bewegung lähmte, ja gefährdete die Reichstagsverhandlungen in puncto Türkenhilfe und damit auch die potenzielle Unterstützung der innerösterreichischen Länder durch die Reichsstände.522 Dieser Aspekt der inhaltlichen Bezüge der Verhandlungen dürfte den Gesandten ohnehin bekannt gewesen sein. Zugleich hatten sie das zweite Problemfeld diesbezüglich im Blick zu behalten, nämlich jenes der innerösterreichischen konfessionspolitischen Lage: Die Austragung des Glaubenskonfliktes in diesen Territorien vor den Reichsständen war zu jener Zeit keineswegs ratsam; ein solches Vorgehen dürfte im Lichte der Retion (1896), S. 17–19, 60f. Zum innerösterreichischen Konfessionskonflikt zusammenfassend Jerše, Die Reichstagsoratorik (2008), S. 110–115. Siehe auch oben S. 14 Anm. 17. 521 Siehe Jerše, Glaube, Hoffnung, Herrschaft (2013), S. 352–373. 522 Siehe oben Anm. 517.

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ligionsverhandlungen der evangelischen Landstände mit dem katholischen Landesfürsten als nicht gerade fördernd erschienen sein, obwohl die innerösterreichische protestantische Bewegung ihre „Freystellung“ soeben erfolgreich durchgesetzt hatte. Den großen Erfolg der steirischen evangelischen Landstände deutet folgendes Zitat aus der Resolution Erzherzog Karls, publik gemacht auf dem steirischen Winterlandtag am 12. Januar 1576, an: „[I]r f. D. sy, die vom herrn und ritterstand, sambt irem weib, kind, gesind und angehörigen religionsverwhondten niemands außgeschlossen in denselben religionssachen wider ir gwissen nit bekomern, beschwären oder vergwältigen [wollen], sonder inen, zugleich den andern, so irer f. D. religion zugethon, jederzeit mit landsfürstlichen gnaden endtgegen gehen, voraus aber ire predicanten unangefochten und unverjagt, also auch ire habenden kirchen und schulen uneingestelt bleiben und niemand [sic!] im land, wer der imer sey, welcher sich guetwillig und unbezwungen zu irer religion bekhendt, ainiche beschwärung oder verfolgung auflögen und zuefügen lassen wellen.“523

Diese Erklärung des Landesfürsten – bezeichnen kann man sie als die Zweite Grazer Pazifikation –524 konnten die steirischen evangelischen Landstände als Erfolg ihrer eigenen „Freystellungs“-Bewegung verbuchen. Zu beruhigen vermochte sie dies jedoch keineswegs, wie Hofmanns Worte vor dem bayerischen Herzog deutlich zeigen.525 Alle Ruhe nahm die Resolution Erzherzog Karls auch den innerösterreichischen Katholiken, zumal dem Seckauer Bischof Georg Agricola, den die Resolution ans Bett gefesselt und ihm „den schlaff und daiung genummen“ habe.526 In seinem Brief an den Salzburger Erzbischof meinte er, dass schon die Grazer Pazifikation aus dem Jahre 1572 „mer dan zuvil“ gewesen sei; mit der jetzigen habe der Erzherzog „das kind sambt dem paab [sic] schir ausgossen“527. Dabei sollte es bekanntlich nicht bleiben. Gut drei Jahre später, unmittelbar nach der Brucker Pazifikation aus dem Jahre 1578, dem markantesten aller konfessionspolitischen Erfolge der innerösterreichischen Landstände Augsburger Konfession, wurde das Rad der Geschichte gerade mit dem maßgeblichen Einsatz des bayrischen Herzogs zurückgedreht; auf der soge523 StLA, Laa. A. A., III, K. 180, H. 597, unfol. 524 Die Ereignisse des steiermärkischen Winterlandtages 1575/76 fanden in der Forschung bisher wenig Beachtung. Siehe oben S. 14. Anm. 17. 525 Wie in Anm. 521. 526 Der Seckauer Bischof an den Salzburger Erzischof. Graz, am 15. 1. 1576. Loserth, Salzburg und Steiermark (1905), S. 130. 527 Der Seckauer Bischof an den Salzburger Erzischof. Graz, am 15. 1. 1576. Loserth, Salzburg und Steiermark (1905), S. 131.

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nannten Münchner Konferenz im Februar 1579 wurde der Plan für die innerösterreichische Gegenreformation geschmiedet.528 Die Einschätzung des bettlägrigen, gekränkten Seckauer Bischofs war somit, obgleich aus naheliegenden Gründen, überzogen. In ihrem offensichtlichen Affekt gab sie allerdings auf besonders signifikante Weise die prekäre konfessionspolitische Lage der innerösterreichischen Länder wieder. Eben diese Umstände dürfte auch der bayerischen Herzog, der wahre Primas der katholischen Germania, vor Augen gehabt haben, als die innerösterreichischen Gesandten vor ihm antraten. Auch er selbst agierte offensichtlich im Affekt und empfing sie demzufolge mit größtmöglicher Distanz: Seine zeremonielle Kälte war geradezu glühend. Die Gerüchte, ob fundiert oder nicht, die den Gesandten vorauseilten, zeigten offenbar ihre Wirkung. Die Gesandten befanden es folglich als notwendig, alles in ihrer Macht stehende in das Unterfangen zu investierten, um sich von dem ihnen entgegengebrachten Vorwurf loszusagen. Diese Angelegenheit war es ihnen wert, sich in einem speziellen Bericht an die Landstände zu wenden, denn es ging, wie sie schreiben ließen, sowohl um ihre Verantwortung als auch um ihre Ehre.529 III.3 Verhüllte Bedeutung(slosigkeit) der Reise nach Bamberg Nachdem der Kaiser den Reichsständen Anfang August seine Duplik in der Causa der Reichshilfe gegen die Türkengefahr überreicht und danach seine Delegierten zu den Kurfürsten geschickt hatte, um den Fürsten erneut die bereits in der Proposition dargelegte desolate Lage der ungarischen und kroatischen Grenzen zu schildern und die Unterstützung der Fürsten für die in der Duplik dargelegten Pläne zu erhalten, wurden die Debatten des Reichstages über die türkischen Angelegenheiten unterbrochen. Anfang September nahm man sie wieder auf, vollständig in Gang sollten sie jedoch erst nach der Rückkehr der kaiserlichen Gesandten Mitte des Monats kommen. Die Gesandten Innerösterreichs versuchten, sich die Zeit des Stillstandes in den Reichstagsdebatten zunutze zu machen, um die in ihrer Instruktion festgelegte Mission bei den Bischöfen in Bamberg und Freising durchzuführen.530 Daher reisten Hans Friedrich Hofmann und Matthes Amman am

528 Siehe Kohler, Bayern als Vorbild für die innerösterreichische Gegenreformation (1994), S. 387–403. 529 Regenspurgerische reichshandlung, fol. 171r–171v. 530 Siehe oben S. 100f

Verhüllte Bedeutung(slosigkeit) der Reise nach Bamberg

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31. August nach Bamberg und am 9. September wieder retour.531 Dies ist alles, was aus der Quellenlektüre zunächst hervorgeht. Klar ist dabei indes, dass sich Hofmann und Amman nicht nach Bamberg begaben, um sich mit Klagen über den Zustand der Länder und die Gefährdung der Landesgrenzen an den Bischof zu wenden, oder ihn gar um Hilfe zu bitten, so wie es ihnen die Instruktion aufgetragen hatte. Vielmehr ging es ihnen darum, zu prüfen, so versucht es die Regenspurgerische reichshandlung zurückhaltend auszudrücken, wie die Stimmungslage des Bischofs und des Domkapitels sei: „Den lezten Augusti ist herr Hofman nach Pamberg verraisst, daselbst bey den herrn bischove zu Pamberg und capitl die gelegenhait abgenumen, ob und wie die werbung an ir f. G. von wegen der lande angebracht möchte werden.“532 Nach ihrer Rückkehr nach Regensburg am 9. September erfuhren Hofmann und Amman von den Protesten, die von den Gesandten des Bamberger und des Freisinger Bischofs aufgrund der hohen Verschuldung ihrer Bistümer am Reichstag vorgetragen worden waren, ebenso wie von deren Bestrebungen, dass „man irer mit der anlag verschonen sollte“, und zwar „weil die khay. Mt. und reichsstende an hochmaister Teütscher Ritterordens ein sonderbares neues begeren stellen, wegen anrichtung des neuen ritterordens an der frontier des Ungerlandts“; und deswegen, lesen wir ferner in der Täglichen verrichtung, „haben die herrn gesandten [das heißt die innerösterreichischen Gesandten], weil es ir khay. Mt. sonderlich allergenedigist also bevolhen, ire werbung bey obbemelten fürsten eingestelt“533. Aus den Tagebucheinträgen der innerösterreichischen Gesandtschaft wäre also zu schließen, dass sich die Gesandten diesem kaiserlichen „allergnädigisten“ Befehl in Bezug auf ihre Mission bei den Bischöfen von Bamberg und Freising schlicht beugten und somit den ihnen in der Instruktion auferlegten Auftrag unerledigt ließen. Entspricht jedoch diese Schlussfolgerung den Tatsachen? Die Gesandten, die sich ansonsten allen Wünschen, Ratschlägen und Befehlen der Kaiserlichen, die ihrer Mission beim Reichstag oder bei den Reichsständen in irgendeiner Weise hinderlich sein könnten, entschieden widersetzt hatten, respektierten in diesem Fall den Befehl des Reichsoberhauptes und gingen auf seinen Wunsch ohne Widerspruch ein? Wie im Folgenden zu zeigen sein wird, haben wir allen Grund zu glauben, dass es nicht allein die kaiserliche Anweisung war, welche die Gesandten zur Einstellung ihrer Werbung bei den Bischöfen von Bamberg und Freising, und in weiterer Folge zu einem sehr zurückhaltenden Bericht über Reise und Ansuchen selbst, bewogen haben. 531 Regenspurgerische reichshandlung, fol. 11v. 532 Regenspurgerische reichshandlung, fol. 120r–120v. 533 Quellen I, Tägliche verrichtung, 9. 9.

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Eine der Absichten, die der Kaiser den Reichsständen in seiner Proposition über die Einrichtung des Ritterordens an den ungarischen Grenzen dargelegt hatte, war tatsächlich, den Domstiftungen vorzuschlagen, die Aufstellung und Einrichtung des Ordens mit ihren finanziellen Kontributionen zu unterstützen.534 Auch die Bistümer von Bamberg und Freising könnten demnach Adressaten dieses kaiserlichen Aufrufs gewesen sein, was für sie bedeutet hätte, bereits zum zweiten Mal von der Türkensteuer getroffen zu werden: Nach Entrichtung ihres Anteils an der Reichsbewilligung würde man zusätzlich finanzielle Mittel zugunsten des Ritterordens fordern. Dies jedoch hätte aus der Sicht der Bistümer eine zweifache Besteuerung aus ein und demselben Titel zu bedeuten. Aus diesem Sachverhalt setzte sich möglicherweise der Antrieb für die von den Delegierten beider Bistümer vor den Standeskollegen im Fürstenrat präsentierten Darstellungen zusammen, worüber der oben zitierte Tagebucheintrag Auskunft gibt. Doch das war nicht alles. Die zweifache Besteuerung, die den geistlichen Reichsständen drohte, hätte zu einer dreifachen mutieren können. Bamberg und Freising besaßen nämlich in Kärnten und Krain Besitztümer, die den Landtagsbewilligungen unterworfen waren. Somit war folgendes Besteuerungsszenario nicht auszuschließen: Zunächst sollten sie sich als Stände der Länder, dann als Stände des Reiches und schließlich als eine Art Zwangswohltäter zugunsten des neuen Ritterordens besteuern lassen.535 Solche Aussichten konnten die beiden Bistümer den Türkensteuern gegenüber wohl nur missmutig, vielleicht sogar feindlich stimmen. Selbiges galt natürlich auch gegenüber den Bemühungen und Zielen der innerösterreichischen Gesandten. Obwohl unsere Quellen diesbezüglich schweigen, liegt der Schluss nahe, dass Hofmann und Amman in Bamberg gereizte Würdenträger des Bistums und des Kapitels sowie Ökonomen mit möglicherweise etwas „finsteren“ Blicken antrafen. Hofmann und Amman hätten demnach wenig bis nichts erreichen und die Bamberger Prälaten, vorausgesetzt man hatte den Emissären Gehör geschenkt, nicht über die Standpunkte und Pläne ihrer Länder unterrichten können. Womöglich wurden sie daher bei ihrer Rückkehr tatsächlich vom Protest der Bistümer vor den Reichsständen überrascht. Die Reise nach Bamberg dürfte also sowohl für die Gesandtschaft als auch für den Kaiser und seine Verhandlungen sehr unangenehm verlaufen sein. Wie stellte sich der Ausgang dieser Reise schließlich dar? Welche Konturen nahm letztlich das Ende dieser in der Instruktion gebotenen und so sorgsam 534 Siehe oben S. 112f. 535 Zu den großen Standeskontributionen der „kleinen“ Reichsstände siehe Lanzinner, Friedenssicherung und politische Einheit (1993), S. 505f.

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geplanten Mission bei den Bischöfen zu Bamberg und Freising an? Die Gesandten hielten dazu in ihrem Tagebuch fest: „So haben die herrn gesandten, weil es ir khay. Mt. sonderlich allergenedigst also bevolhen, ire werbung bey obbemelten fürsten eingestelt.“536 Der Befehl des Kaisers ist leicht zu verstehen. Der in den Schlussverhandlungen des Reichstages von den Gesandten beider Bistümer geäußerte Protest war nicht der erste seiner Art, denn von einer Häufung der Kontributionen für den Kampf gegen die Osmanen hatten die Reichsstände bereits in ihrer Replik gesprochen. Darin hatte man den Kaiser aufgerufen, die zweifache Besteuerung der Reichsstände mit Besitztümern in den österreichischen Ländern zu vermeiden. Diese Problematik behandelte letztlich auch einer der Reichstagsbeschlüsse.537 Die Angelegenheit selbst war für den Kaiser und seine Verhandlungen mit den Reichsständen natürlich alles andere als günstig und nützlich. Er versuchte sie daher notwendigerweise weitestgehend zu beschränken. Dies tat er auch, indem er den Gesandten der innerösterreichischen Länder „ire werbung bey obbemelten fürsten“ verbot. Er unterband damit eine Aktion, die den Protest der Bistümer sehr wahrscheinlich weiter angefacht und somit weitere ungünstige Verhandlungssituationen für das Reichsoberhaupt mit den Reichsständen geschaffen hätte. Dass die Gesandten darüber nicht informiert gewesen wären, scheint zweifelhaft. Der oben zitierte Satz, Hofmann und Amman würden nach Bamberg reisen, um zu prüfen, „ob und wie die werbung an ir f. G. von wegen der lande angebracht möchte werden“, mag bedeuten, dass die Gesandten durchaus Bescheid wussten und deshalb sehr vorsichtig in ihren Bemühungen bei den Bistümern und sehr zurückhaltend in ihrer Berichterstattung waren. Doch alle Vorsicht konnte ihnen nicht helfen und vermochte ihre Mission, von vornherein mit geringen Chancen versehen, nicht zu retten. Der Auftrag dürfte darüber hinaus von Anfang an zum Scheitern verurteilt gewesen sein. Der These von der Mehrfachbelastung der Bistümer durch die für die Osmanenabwehr geforderten Kontributionen und der deshalb feindlichen Einstellung derselben gegen derartige Belastungen folgend, war die Entscheidung der Verfasser der Instruktion, die Gesandten mit der Bitte um Unterstützung zu den Bischöfen zu senden, wenig angebracht und noch weniger rücksichtsvoll: Ein erneuter Aufruf zu einer abermaligen Kontribution, zu einer weiteren Türkensteuer konnte die feindliche Einstellung der Bistümer zu ebendiesen Steuern nur noch verstärken; mit diesem Vorgehen war nicht viel oder gar nichts zu erreichen. Hofmann und Amman waren sich dessen vermutlich bewusst und reisten nur mit der Absicht nach Bamberg, das vor536 Quellen I, Tägliche verrichtung, 9. 9. 537 Abschiedt […] M.D.LXXVI., § 25, pa. 358.

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herrschende Klima zu prüfen. Eine Reise nach Freising hätten sie nur dann vorgesehen, wenn die Mission in Bamberg erfolgreich verlaufen wäre. Hinsichtlich einer Reise nach Freising beziehungsweise einer Begegnung mit dem Freisinger Bischof oder dessen Gesandten schweigen jedoch unsere Quellen. Der Schluss liegt also nahe, dass die Missionen bei den Bamberger und Freisinger Bischöfen schlicht keinen Erfolg haben konnten. Lediglich auf Basis der in der Instruktion niedergelegten Anweisung zur Durchführung der Besuche versuchten die Gesandten ihre Aufgabe zu meistern. Es handelte sich dabei zweifellos um eine Angelegenheit, deren Bewerkstelligung ihnen äußerst unangenehm sein musste. Damit war des Kaisers „allergnädigster“ Befehl zum Abbruch der gesandtschaftlichen Mission in ihren Augen vielmehr als ein „Gnadenstoß“ zu betrachten. Die Gesandten waren nicht nur mit der Missgunst der Bischöfe konfrontiert, sie mussten zudem mitansehen, wie sich die beiden Bischöfe mit der unter den Reichstagsbeschlüssen festgeschriebenen Empfehlung ihrer Standeskollegen vor den Türkensteuern schützen wollten. Was die Gesandten mit ihrer Mission also erreichten, ist verbaliter als weniger als gar nichts zu umschreiben. Ein solcher Sachverhalt animierte die Gesandten freilich zu keinen ausführlichen Berichten, im Gegenteil, er ließ sie in ihrer Berichterstattung äußerst zurückhaltend auftreten. III.4 Amen als allerletztes Wort – Das Gutachten der Gesandtschaft über den Ritterorden an den ungarischen Grenzen Die Gesandten hatten in ihrem Gutachten, das sie auf Bitte des Kurfürstenrats erstellt hatten,538 den Plan des Kaisers zur Einrichtung eines Ritterordens an den ungarischen, und damit auch an den kroatischen und windischen Grenzen mit der Forderung, dieser solle „alsbaldt und one verzug“ aufgebaut werden, unterstützt.539 Sie pflichteten darin den Schilderungen 538 Siehe oben S. 120. 539 Gutachten der Gesandtschaft. Regenspurgerische reichshandlung, fol. 163r. Siehe auch Actorum liber, fol. 425r–430v. Zwiedineck-Südenhorst fand einen Text gleichen Inhalts im Archiv des Deutschen Ritterordens. Er fand den Text unter den Akten des Frankfurter Reichsdeputationstages und glaubte, dass der Text entweder auf Aufruf des Kaisers oder der Frankfurter Gesandten verfasst wurde. Valvasors Angabe, dass der Text an die Reichsstände beim Regensburger Reichstag von den Gesandten überreicht wurde, hielt Zwiedineck-Südenhorst aus formellen Gründen für unwahrscheinlich. Der Text aus Regenspurgerische reichshandlung bestätigt jedoch die Angabe von Valvasor. Siehe Zwiedineck-Südenhorst, Über den Versuch einer Translation (1878), S. 419, 420. Valvasor, Die Ehre (1689), XII, S. 48.

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des Kaisers über die osmanische Gefahr ebenso bei wie seiner Einschätzung der eigenen militärischen Machtlosigkeit sowie dem Unvermögen der innerösterreichischen Landesfürsten, die ins Reich eindringenden Osmanen aufhalten zu können,540 und schlossen sich der Überzeugung des Reichsoberhauptes an, welches es als an der Zeit empfand, an den Grenzen „ein staette defension und anordnung eines ordinari khriegsvolcks von gueten redlichen leythen“ aufzustellen, also eine feste Verteidigungsstruktur bestehend aus einer regulären Armee gut ausgebildeter und zuverlässiger Soldaten. Einem solchen Kriegsvolk sollte das ritterliche Ethos zu eigen sein, es sollte keine eigenen Vorteile suchen, dem Gemeinwohl ergeben sein und das Vaterland über alles andere stellen. Deshalb sei, äußerten sich die Gesandten, die Einrichtung des Ritterordens möglicherweise eine Lösung, welche die Verteidigung der Grenzen verbessern könne. Sie merkten an, dass ein solches Vorhaben zwar schwer zu initiieren scheine, aber dennoch keine unmögliche Aufgabe sei: „So ist doch nichts so schwer wann es nur mit hilf des Almechtigen und zeitigen rath angefangen wierdt, daß es nit zu guetem und gewünschten endt gebracht mag werden, sonderlich da man eben warnimbt, daß man die edle zeit, guete gelegenhait und bequeme vortl nit aus den handen khumen lassen und verliere nam post hac occasio calua.“541 Die Gesandten befassten sich in ihrem Gutachten anschließend mit der Bekämpfung der Osmanen und der Verteidigung der Grenzen. Sie listeten die Festungen auf, die der Orden übernehmen, erneuern, befestigen, versorgen und daraus Dreh- und Angelpunkte der Verteidigung machen könnte. Dabei wurde insbesondere die Festung Kanizsa hervorgehoben, denn diese befinde sich in einer strategisch hervorragenden Position, sodass sie dem Feind – gesetzt den Fall sie wäre befestigt, mit Munition und Proviant versehen und unter Verwaltung des Ritterordens – sicherlich starken Widerstand leisten und den Vormarsch aufhalten würde; möglicherweise könnten in der Folge sogar verlorene Besitztümer wiedergewonnen werden. Ähnlich würde es sich mit der Festung Sisak verhalten. Diese sei nicht nur für die Verteidigung der kroatischen und windischen Grenzen sehr wichtig, sondern stelle aufgrund ihrer Lage eine Art Brücke oder Verbindung zu den Ländern Steiermark und Krain dar. Mit ihrer Eroberung stünde dem Feind der Weg in beide Herzogtümer völlig offen. Aufgrund der ständigen Bedrohung des „Erbfeindes“ – „es sey fridt oder unfridt (dann ime das alles gleichgült)“ – und seiner immer neuen Versuchen, wichtige Festungen an den Grenzen zu erobern und sich so gute Ausgangssituationen für Angriffe und den weiteren Vormarsch in Richtung des 540 Gutachten, Regenspurgerische reichshandlung, fol. 163v. 541 Ebd.

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Reiches zu verschaffen, solle also, schrieben die Gesandten, „periculum mora diser orden dahin auf die gränizen gericht und sie sich mit ernst der sachen annehmen“. Ihre Länder würden dem Orden zweifellos jede Hilfe in Form von Geld, Kriegsvolk und Proviant bieten, denn es handle sich, wie die Gesandten am Ende ihres Schriftstücks anmerkten, um ein „christlich hochnotwendig guetes werckh […] zu trost der christenheit und zu erhaltung der gränizen, auch der loblichen deütschen nation“542. Die Gesandten wiesen zudem auf die religiöse Dimension der Einrichtung hin. Mit dem durch die Ritter zu leistenden Eid, der sie zur Loyalität gegenüber den beiden Konfessionen verpflichten würde, könnten allzu leicht Meinungsverschiedenheiten, Streitigkeiten, Unruhen und sogar der Missbrauch des Ordens zur Verfolgung von christlichen Mitbrüdern, „neben- und mitchristen“, verursacht werden. Daher sei dieser Gesichtspunkt bei der Installation des Ritterordens gut zu überdenken, schlussfolgerten sie besorgt, denn man müsse den Aspekt der christlichen Einigkeit besonders achtsam bedenken, um die bestmögliche Abwehr gegen die Osmanen zu erzielen.543 Ihr Schriftstück und die darin festgehaltene Meinung versiegelten die Gesandten mit dem Wort „Amen“. Dies war ein einzigartiger Fall im Verlauf ihrer Korrespondenz, und es wird sich ob der Beschaffenheit und der Besonderheit ihres Vorgehens wohl kaum um einen Zufall gehandelt haben. Ganz im Gegenteil, es handelt sich schlicht um einen adäquaten Abschluss des Textes, der von allen Dokumenten, die die Gesandten den Reichsständen im Laufe ihres Aufenthaltes überreicht hatten, im verbindlichsten Tonfall verfasst worden war. Auf den ersten Blick ist der Sinn des Ausdrucks „Amen“ nicht zu greifen, auf den zweiten jedoch darf man feststellen, dass kein anderes Wort die Stellungnahme der Gesandten signifikanter hätte abschließen können, wie im Folgenden noch zu zeigen sein wird. Wie bereits ausgeführt, eröffneten die Gesandten ihre Denkschrift zum kaiserlichen Vorschlag über die Einrichtung des Ritterordens mit der Erklärung, der Orden solle „alsbaldt und one verzug“ eingerichtet werden. Anschließend reihten sie die sich dem Orden bietenden Vorteile und Hilfeleistungen auf. Daraufhin hielten sie es für angebracht, die Notwendigkeit der Hilfe Gottes und des „zeitigen rath[s]“ zu erwähnen, ebenso wie die „nützlich[e] und fruchtbar[e]“ Anwendung der strategischen Möglichkeiten der Grenzen, über welche der Orden verfügen würde. Zuletzt wiesen sie auf eine potenzielle Abänderung des kaiserlichen Planes hin, da er die religiöse Dimension des Unterfangens nur sekundär berücksichtigte und damit unüberlegte, schlecht geregelte religiöse Intoleranz, Verfolgungen und Kon542 Gutachten, Regenspurgerische reichshandlung, fol. 165v. 543 Gutachten, Regenspurgerische reichshandlung, fol. 165r–165v.

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frontationen zur Folge haben könnte. Die genaue Erörterung des rhetorisch raffiniert formulierten Votums zeigt, dass die Erklärung der Gesandten über die „sofort[ige] und unverzüglich[e]“ Errichtung des Ritterordens im Konjunktiv verfasst worden war. Es war zwischen den Aussichten auf „hilf des Almechtigen“ einerseits, die freilich nur jenen zuteilwerden sollte, deren Glaube unerschütterlich sei, und der Forderung nach „reiflicher ueberlegung“ andererseits verfasst worden. Wie wir oben bereits gesehen haben, konnte der kaiserliche Plan eines Ritterordens an den Grenzen zum Osmanischen Reich diesen Anforderungen nicht entsprechen. Die Erklärung der Gesandten stand somit zwischen „wil impossibilia“ und „Amen“, das heißt zwischen dem Bereich des (Un-)Möglichen und dem des Gesegneten. Vieles spricht also für die These, dass die innerösterreichischen Gesandten ihre Unterstützung des kaiserlichen Vorschlags im Bezug auf den Ritterorden bloß zum Schein geäußert, tatsächlich aber andere Absichten verfolgten. Dabei überschritten sie ohnehin ihr Mandat. Die Gesandten verfassten nämlich ihr Gutachten über die Belange des Ritterordens nicht im Rahmen jener Kompetenzen, die ihnen in ihrer Instruktion übertragen worden waren. In dieser war nämlich keine Rede vom Ritterorden und es wurde den Gesandten kein verpflichtend einzunehmender Standpunkt vorgeschrieben. Die Landschaften und der Landesfürst richteten die Beglaubigungsschreiben, die sie den Gesandten ausgestellt hatten, zwar auch an den Großmeister des Deutschen Ritterordens, doch wurde eine allfällige Installation einer ähnlichen Einrichtung an den ungarischen Grenzen mit keinem Wort erwähnt; hingewiesen wurde lediglich auf „inlendische herrschaften“, die dem Orden gehörten. Erörtert man die Charakteristika der Beglaubigungsbriefe, so wird diese Vorgehensweise verständlich. Anders verhält es sich jedoch mit dem Umstand, dass die Gesandten diese Angelegenheit nicht an die Landesstände weitergaben und von diesen keine zusätzlichen Instruktionen erbaten. Letzteres bestärkt die vorliegende These, dass dem vom Kaiser den Reichsständen vorgelegten Plan über die Einrichtung des Ritterordens an den Grenzen nur geringe Bedeutung beigemessen wurde und er zumindest in den Augen der innerösterreichischen Gesandten wenig Relevanz hatte. Die Instruktion hatte diesen zwar aufgetragen, sich an die Reichsstände zu wenden und zu versuchen, ihre Hilfe „mit allerhandt müglichen persuasionen“ zu erlangen, womit jedoch den Gesandten nicht das Mandat übertragen worden war, einen kaiserlichen Plan zu unterstützen, der im Begriff war, grundlegend in das Verteidigungssystem an den kroatischen und windischen Grenzen und damit in die Defensionspolitik der innerösterreichischen Länder einzugreifen. Dies war insbesondere deswegen ausgeschlossen, weil eine allfällige Ausführung des Plans auf dem Glacis der innerösterreichischen Herzogtümer möglicherweise die Entstehung eines katholischen Bollwerks

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nach sich gezogen hätte. In einer Zeit des brodelnden konfessionspolitischen Konfliktes mit dem katholischen Landesfürsten dürfte eine derartige militärische Maßnahme den innerösterreichischen protestantischen Ständen kaum als Teil der Türkenabwehr erschienen sein; vielmehr hätten sie in ihr eine weitere „papistische“ Machenschaft vermuten müssen. Doch wenn die Gesandten den Vorschlag weder offen noch im Allgemeinen unterstützen durften beziehungsweise konnten und wollten, so konnten sie sich ihm sicherlich auch nicht öffentlich widersetzen. Ihre Meinung ging, wie wir gesehen haben, stets durch die Hände der kaiserlichen Räte, und ein eventuelles offenes Opponieren gegen den Vorschlag hätte den Räten zumindest unangebracht erscheinen können. Es könnte als erneute Verletzung des Versprechens ausgelegt werden, das die Gesandten dem Kaiser so viele Male gegeben und das sie so oft gebrochen hatten: dass ihr Wirken beim Reichstag in allem und zur Gänze nur eine Unterstützung der kaiserlichen Standpunkte sein würde. Eine Missachtung dessen würde die Gesandten in den Augen des Kaisers und seiner Räte kurz vor der Fassung und Verabschiedung der Reichstagsbeschlüsse und kurz vor Beendigung des Reichstages erneut diskreditieren, womöglich alles in Gefahr bringen, was die Gesandten bereits erreicht hatten. Natürlich konnte aber der Grund für einen derart distanzierten Standpunkt auch in der Überzeugung wurzeln, dass der kaiserliche Vorschlag bezüglich des Ritterordens schlicht zu wenig durchdacht war und daher nicht wirklich unterstützt werden könne. Falls Letzteres zutraf, so ging die Einstellung der Gesandten diesbezüglich im Grunde mit jener des Reichoberhauptes und seiner Geheimräte, die in Schwendis Konzept des Ritterordens nur „wil impossibilia“ sahen, konform: viel des Möglichen, damit einhergehend aber auch viel des Unmöglichen. Doch da die Verteidigung der innerösterreichischen Länder sowie ihrer Grenzen klare, sichere und baldige Lösungen verlangte und weltliche, diesseitige Konzepte eben größtenteils unausführbare, unsichere Pläne blieben, lag der Blick ins Jenseits naturgemäß nicht fern. Das Wort „Amen“, das die Gesandten ans Ende ihres Schriftstücks setzten, drückte eben diesen Sachverhalt unmittelbar aus.

IV. IM SCHUTZ UND SCHIRM DES REICHSTAGES – LANDSTÄNDISCHE REICHSPOLITIK AUF DEM DOPPELBODEN IHRER SPIELRÄUME

„[Wir] geben euch herrn hiemit zu vernemen, das die reichsstände sich diser lande und derselben granizen ganz treulich und mitleidenlich angenuemen und beschlossen, damit dise lande und derselben hochbedrangte granizen aus diser so stattlichen und ansehenlichen reichshülfen nit weniger als andere der khay. Mt. lande und gränizen also bedacht, daß sie diser bewilligten reichshülfen würckhlich und empfindtlich geniessen sollen inmassen dann die khay. Mt. selbst, damals noch im leben, alberait die austhailung gemacht […] [Es] ist daneben auch diser lande fürgebrachte not und obligen und, wie die reichstände wöllen, das inen und derselben gränizen geholfen solle werden, in den reichsabschidt specifice und lauter eingeleibt, welches alles nunmehr für ein gesaz, so also gwislich volzogen solle werden, zu halten, und es hievor, alda die lande auch mit grosser clag ihre not angebracht, niemaln darzue khommen, das man in den reichsabschidt irer gedacht hette.“544

Die Bilanz ihrer Regensburger Reichstagsmission, so wie sie die innerösterreichischen Gesandten in ihrem Bericht, ihrer Relation, adressiert an die Landschaften in Graz, Klagenfurt und Laibach, zum Ausdruck brachten, war zunächst ausgesprochen positiv. So schrieben die Gesandten, die Reichsstände hätten in ihrer Erörterung der Lage, in welcher sich die bedrohten innerösterreichischen Länder sowie die kroatischen und windischen Grenzen befanden, große Aufmerksamkeit und Mitgefühl, sogar ihr Mitleid bewiesen. Demnach hätten sie beschlossen, ihre großzügig bewilligte Reichstürkenhilfe den Ländern und ihren Grenzen „nit weniger“ als den anderen Grenzen zum Osmanischen Reich zuteilwerden zu lassen. Der Anteil der innerösterreichischen Länder an der Reichstürkenhilfe sollte überdies „empfindtlich“ sein, das heißt ausgiebig genug, um den Ländern tatkräftige Hilfe zu gewährleisten, sie somit zu erhalten, ja zu stärken. Die Reichsstände hätten darüber hinaus verfügt, dass die bewilligte Reichshilfe mit der Aufteilung, welche der verstorbene Kaiser Maximilian II. im Laufe der Reichstagsverhandlungen festgelegt hatte, konform gehe. Dieser Beschluss der Reichsstände sei „specifice“ unter die Reichstagsbeschlüsse geschrieben worden, womit er zum Ge544 Aus dem Bericht – Relation – der Gesandten über Verrichtung ihrer Relation. s. l., 18. 10. 1576. Regenspurgerische reichshandlung, fol. 152r–155r, hier 152r. Der Bericht wird im Folgenden als Relation zitiert. Siehe auch unten Quellen III, Relation.

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setz geworden wäre. Dies sei ein Ergebnis, gaben die Gesandten kund, wie es die innerösterreichischen Länder noch nicht erreicht hätten. Doch nur wenige Zeilen weiter in ihrer Relation glaubten die Gesandten, im selbstbewussten Duktus ihrer Bilanzerstellung Maß halten zu müssen. So schrieben sie, dass der Anteil der Länder an der Reichsbewilligung keineswegs gesichert sei, denn die Reichsstände hätten diese in die Hände des Kaisers gelegt und sie somit seinem freien Gutdünken überlassen; die vom verstorbenen Kaiser festgelegte Aufteilung der Reichshilfe würde dennoch der Gegenstand weiterer Verhandlungen bleiben.545 Um einen Anteil an der Reichshilfe zu erhalten, müssten sich die Landschaften demnach an den Landesfürsten Erzherzog Karl wenden und ihn auf die durch den Reichstag neu geschaffenen Umstände aufmerksam machen. Der Landesfürst müsste seinerseits den Kaiser kontaktieren, und beide Parteien hätten zudem ihre Gesandtschaften zu den bevorstehenden Beratungen über die Verteilung der Reichshilfe und das Verteidigungssystem des Reiches zu entsenden. Ansonsten sei zu befürchten, meinten die Gesandten schließlich, dass die innerösterreichischen Länder und die kroatischen und windischen Grenzen nicht in jenem Ausmaß versorgt würden, wie es für eine erfolgversprechende Türkenabwehr erforderlich wäre. Den Gesandten floss darüber hinaus eine Reihe couragiert verfasster Vorschläge in die Feder, wie die Reichs- beziehungsweise Reichshilfepolitik der Herzogtümer weiter zu steuern sei, die Bilanz ihrer Mission beim Reichstag selbst kämpfte jedoch weiterhin mit Widersprüchen. Die Relation dürfte ihren Adressaten demzufolge bedenklich, ja kurios erschienen sein und die Frage aufgeworfen haben, welche Erfolge die Reichstagsgesandtschaft eigentlich vorweisen konnte. Diese Problemstellung war jedoch nicht eindeutig zu beantworten, wie die von Widersprüchen gezeichnete Berichterstattung der Gesandten ausweist. Doch obwohl diese allem Anschein nach bemerkenswerte Relation die mit der Türkendefension überforderten und in der Türkenangst gefangenen innerösterreichischen Länder kaum zufriedenzustellen, geschweige denn zu beruhigen vermochte, eher im Gegenteil, dürfte sie – wenngleich dies als Paradox erscheinen mag – an Klarheit des Urteils sowie an Courage der Vorschläge wenig zu wünschen übrig gelassen haben; und dies trotz einiger augenfälliger und irreführender Details. Die Widersprüchlichkeit der Relation ist zunächst auf das große Unbehagen, fraglos auch auf die Unzufriedenheit und Enttäuschung zurückzuführen, welche die Gesandten am Ende des Reichstages befallen haben mussten, hatten sie doch feststellen müssen, dass ihre Mission auf dem Reichstag im Gegensatz zu ihrem Mandat ohne greifbare, in Münzen ausgeprägte Er545 Relation, fol. 153r f.

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folge blieb: Es gelang ihnen weder eine ergiebige und nachhaltige – „stattliche“ und „harrige“ – Hilfe der Reichsstände für die innerösterreichischen Länder und deren Grenzen zu erzielen noch konnten sie sich mit ihrem Anliegen einer gesonderten Reichshilfe für die innerösterreichischen Länder, die ihnen somit „in specie“ zukommen würde, behaupten. Die Gesandten wiesen in ihrer Relation zwar auf den Beschluss der Reichsstände hin, dass die bewilligte Reichshilfe den innerösterreichischen Ländern „nit weniger“ als den anderen Territorien des Kaisers und deren Grenzen zugutekommen sollte, und machten auf die Aufteilung der Hilfsmaßnahmen, welche von Maximilian II. festgelegt worden war, aufmerksam, doch beide Hinweise waren irreführend. Erstens brachten die Reichsstände im Laufe der Verhandlungen zunächst in der Tat ihr Verständnis für die Lage der bedrohten Gebiete zum Ausdruck, mit dem Appell an den Kaiser, die Reichshilfe proportional aufzuteilen mit den durchaus bedeutenden Worten „nit weniger“,546 doch fand diese Aufforderung letztlich keinen Niederschlag im Reichstagsabschied. Die kaiserlichen Geheimräte sorgten nämlich dafür, dass die Stände lediglich ihre Empfehlung an den Kaiser zur „wirklichen“ und „empfindlichen“ Berücksichtigung der innerösterreichischen Länder und der kroatischen und windischen Grenzen in den Reichsabschied einfließen ließen. Dies war wohl ein deutlich geringeres Ergebnis, als die Stände mit ihrem ursprünglichen Appell es beabsichtigt hatten, zumal im Sinne der präzisen reichsrechtlichen Auslegung des Reichstagsabschiedes, zu welcher der Mainzer Kanzler den Gesandten geraten hatte.547 Zweitens präsentierte Kaiser Maximilian II. den Reichsständen in seiner Replik in der Tat die Aufteilung der Reichstürkenhilfe, doch diese gründete, wie sich zeigen sollte, auf zu hohen und der Einschätzung der Reichsstände zufolge schlicht unerfüllbaren Erwartungen des Kaisers. Die Reichsstände bewilligten demnach nur die Hälfte der ursprünglich erwarteten Summe, was die auf dem Reichstag vorgesehene Verteilung der Reichshilfe hinfällig machen musste. Ohnedies sind sowohl die Reichshilfeverteilung samt den Plänen zur Befestigung der südöstlichen Grenzen des Reiches als auch die Strategieentwürfe ihrer Verteidigung, welche der Kaiser den Entscheidungsgremien im Laufe des Verhandlungsgeschehens vorlegte, vor allem als Requisite der kaiserlichen „Reichstagsregie“ auszulegen, deren Grundprinzip lautete: Das Unerreichbare verlangen, um das Wahrscheinliche in die Höhe zu treiben. Mit dieser Strategie legte der Kaiser den Reichsständen seine Pläne zur Türkenabwehr vor, und auf diesem Weg versuchte er die Reichsfürsten für seine hohen Erwartungen zu 546 Siehe oben S. 106f. 547 Quellen I, Tägliche verrichtung, 29. 10.

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gewinnen. All die Vorschläge und Konzepte, mit welchen Maximilian II. an die Reichsstände herangetreten war, büßten ihre Aktualität in der letzten Phase des Reichstages dennoch nicht vollständig ein. Sie blieben zwar Gegenstand weiterer Beratungen, sich auf sie zu berufen, wie die innerösterreichischen Gesandten es taten, musste aber der Berufung auf tote Zeugen gleichkommen, was den Gesandten nicht entgangen sein dürfte. Sie hatten daher allen Grund zu unbehaglichen Vorahnungen sowie allen Grund zur Enttäuschung. Die Desillusionierung der Gesandten ging jedoch mit Stolz einher. Sie hätten – so sie selbst in ihrer Relation – bis dahin das Unerreichbare erreicht. Sie nahmen Bezug auf das Faktum, dass die Reichsstände die Gefährdung der innerösterreichischen Länder durch die Osmanen und ihr Unvermögen, dieser Gefährdung allein entgegenzutreten, sehr wohl anerkannten und sich beim Kaiser zugunsten der bedrohten Gebiete einsetzten. Des Weiteren ließen die Reichsstände ihre Empfehlung in die Reichstagsbeschlüsse eingehen; diese seien, erklärte der Mainzer Kanzler den Gesandten, in der Weise „creftig, das alles, das was darein eingeleibt ist, pro lege zu halten sey“548. Daran wollten die Gesandten allerdings weder vorbehaltlos glauben noch völlig zweifeln, und dennoch meinten sie, es sei das beste Ergebnis gewesen, welches die Länder bis dahin erreicht hätten. War es aber auch das Äußerste, was die Gesandten hätten erreichen können? Hätten sie andere Wege gehen müssen – und können –, um ihrer scheinbar vorauszusehenden Enttäuschung zu entgehen549 und ihrem am Ende des Reichstages mit Widersprüchen ringenden Stolz einen besseren, möglicherweise sogar überzeugenden Ausdruck verleihen zu können? Die Frage berührt die Verhandlungs- und Entscheidungsstrukturen des Reichstags und des Reichstags, ebenso die „reichsrechtlichen“ und „verfassungsrechtlichen“ Rahmenbedingungen,550 innerhalb derer sich die innerösterreichische Reichspolitik gestalten ließ und innerhalb derer die Reichstagsgesandtschaften der um Hilfe ansuchenden Landstände respektive der innerösterreichischen Länder stattzufinden hatten. Es handelt sich also um die Frage nach den verfassungspolitischen Spielräumen der innerösterreichischen Reichspolitik: nach der Aushandlungsmechanik einerseits, welche man glaubte für Wahrnehmung, Durchsetzung und Wahrung der innerösterreichischen Interessen in Anspruch nehmen zu können, sowie nach dem Belowschen „Geist“ andererseits, der diese Mechanik in Gang setzte und sie zu den in handfesten Summen ausgedrückten und zu den mit der ver548 Ebd. 549 Siehe oben S. 12. 550 Siehe S. 12, Anm. 10.

Die innerösterreichischen Länder am „Hofzaun des Reiches“

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fassungspolitischen Ratio sowie Emotio aufzufassenden (Miss-)Erfolgen zu steuern vermochte. In diesem Sinne lassen sich die Aktionsräume der Reichspolitik der Territorien Steiermark, Kärnten und Krain als geradezu doppelbödig auffassen. Ihre Strategie und Taktik spielte sich freilich auf dem festen Boden greifbarer, materieller Rahmenbedingungen ab. Zunächst aber musste sie sich im Terrain des politischen Geistes behaupten, um ihre ratio legitimationis aufzubauen. Im Reichsgebilde wollten die Länder ja ihr „ultimum refugium et remedium“ oder gar ihr „sacram anchoram“ sehen,551 was allerdings keineswegs nur im taktischen respektive verhandlungspragmatischen Lichte, viel weniger noch als bloße rhetorische Figur auszulegen ist, wie im Folgenden noch zu zeigen sein wird. Es scheint in diesem Zusammenhang zunächst sinnvoll, sich die verfassungspolitischen Rahmenbedingungen der innerösterreichischen Reichspolitik zu vergegenwärtigen, um im Anschluss daran die Frage nach deren ratio legitimationis anzusprechen. Die innerösterreichischen Länder am „Hofzaun des Reiches“ sowie des Kaiserhofes In seiner Studie über die verfassungspolitische Lage der innerösterreichischen Länder in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts wies Berthold Sutter zu Recht auf die Eigenständigkeit der innerösterreichischen Ländergruppe innerhalb des habsburgischen Herrschaftsbereiches hin: In den Jahren von 1564 bis 1619 hingen die innerösterreichischen Länder laut Sutter „nur mehr durch dünne, kaum merkbare Fäden mit der Hauptlinie des Hauses Habsburg, die zugleich die Kaiserkrone trug, [zusammen]“552. Die Eigenständigkeit Innerösterreichs zog jedoch eine Art Vereinsamung der Ländergruppe innerhalb des Hauses sowie des Reiches nach sich, und sie führte zum Gefühl der Verdrängung der Länder und der Vernachlässigung ihrer Lage und Interessen seitens des Kaiserhofes. Dieses Gefühl, das sich im wortstarken Lamento auf den Landtagen der innerösterreichischen

551 Siehe z. B. Memorandum der Gesandten an die Reichsstände. Regensburg, 9. 7. 1576. Regenspurgerische reichshandlung, fol. 39r. 552 Sutter, Innerösterreichs Eigenständigkeit 1564–1619 (1965), S. 33. Zur Lage der innerösterreichischen Ländergruppe in der zweiten Hälfte des 16. und zu Beginn des 17. Jahrhunderts siehe auch Sutter, Die geschichtliche Stellung (1956), S. 101–137, insbes. 116–126. Neunteufl, Die Entwicklung der innerösterreichischen Länder (1968), S. 513– 524. Schulze, Landesdefension und Staatsbildung (1973), insbes. S. 36–45. Metzler-Andelberg, Die Steiermark als Zentralland (1992), S. 223–242.

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Länder Luft machte und auf felsenfesten Gründen fußte,553 sowie, was Türkenabwehr und Reichshilfe betraf, sich in einer angespannten Atmosphäre zwischen dem Kaiserhof in Wien und Prag einerseits und dem Grazer Hof andererseits zeigte – von den Landeshäusern in Graz, Klagenfurt und Laibach ganz abzusehen –, kam auf den Reichstagen deutlich und auf besonders signifikante Weise zum Ausdruck. Nach der Erbteilung von 1564 stellte sich nämlich dem nun in drei Linien geteilten Haus Österreich die Frage nach dessen Vertretung auf dem Reichstag. Gemäß den reichsrechtlichen Bestimmungen gab es zwar die Möglichkeit, die Stimme Österreichs im Reichsfürstenrat zu verdreifachen, doch vereinbarten die erzherzoglichen Brüder, die Stimme gemeinsam zu führen, ohne dabei den grundsätzlichen Anspruch auf getrennte Stimmführung aufzugeben.554 Diese Vereinbarung habe, so Albrecht Pius Luttenberger, die „uneingeschränkte Interessenidentität zwischen dem Kaiser und seinen Verwandten in Innsbruck und Graz [vorausgesetzt]“555. Auf den Reichstagen von 1576, 1594 und 1597/98 intendierte man in der Tat zu einer Interessenidentität und dennoch ist das Abkommen als äußerst fragiles politisches Gebilde zu bezeichnen. Die Vorbereitungen des kaiserlichen Hofes auf die Reichstage und die diesbezüglichen Besprechungen mit den erzherzoglichen Residenzen in Innsbruck und Graz zeigen nämlich sehr deutlich, dass die mit den Reichstagsagenden verbundenen Interessen im Haus Österreich keine „uneingeschränkte Interessenidentität“ besaßen.556 Sie führen aber auch die Erkenntnis des Kaisers und der Erzherzöge vor Augen, dass die Austragung ihrer Interessendivergenzen vor allem im zentralen Beratungsgegenstand des Reichstages in puncto Türkenhilfe eine erhebliche und folgenschwere Lähmung der österreichischen Verhandlungsposition gegenüber den Reichsständen bedeutet hätte.557 Das primäre Ziel einer einheitlichen Vertretung des Hauses auf dem Reichstag war es also, die Interessendivergenzen zwischen den drei Linien des Hauses zu verschleiern und eine gemeinsame und einstimmige Argumentation Österreichs gegenüber den Reichsständen vorzulegen; auch dadurch sollten die Reichs- und Reichstagsthemen derart in Szene gesetzt werden, dass man die Stände zu einer möglichst hohen Bewil553 Vgl. auch Loserth, Innerösterreich (1934), insbes. S. 74f. 554 Luttenberger, Innerösterreich und das Reich (1994), S. 357. Vgl. Schulze, Das Haus Österreich (1972), S. 121f. 555 Luttenberger, Landstände, Kaiser und Reichstag (1988), S. 167–168. 556 Siehe Kapitel 1. Siehe auch Schollich, Die Verhandlungen (1907), S. 33f. Schollich, Der Regensburger Reichstag (1907), S. 12f. Siehe auch Hurter, Geschichte Kaiser Ferdinands II. (1851), S. 576f. 557 Schulze, Das Haus Österreich (1972), S. 124f. Luttenberger, Innerösterreich und das Reich (1994), S. 358–359.

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ligung der Türkenhilfe zu bewegen vermochte. Dass sich damit „die österreichische Reichstagsvertretung über die bloße Vertretung des Hauses hinaus eine wichtige Funktion als Interessenvertretung dieser österreichischen Länder“ aneignete,558 darf sicherlich als eine der Voraussetzungen der Vereinbarung zur gemeinsamen Stimme auf dem Reichstag betrachtet werden, deren Grundlagen in den testamentarischen Bestimmungen Ferdinands I. zu suchen sind und die wohl kaum einem Widerspruch hätte unterworfen werden können.559 Es wurde jedoch spätestens im Vorfeld des Regensburger Reichstags 1576 sehr stark daran gezweifelt, dass der kaiserliche Hof, der die Vorbereitungen des Hauses auf den Reichstag dirigierte, als Vertreter der partikularen Interessen der Erzherzöge in Innsbruck und Graz und ihrer Länder fungieren und daher eine österreichische Vertretung im Reichsfürstenrat aufstellen könnte – und wollte –, welche die Sonderinteressen Tirols und der innerösterreichischen Ländergruppe berücksichtigte. Dieser Zweifel hatte den Tiroler Erzherzog Ferdinand dazu bewogen, einen eigenen Emissär innerhalb der österreichischen Gesandtschaft zu delegieren, der seine Interessen auf dem Reichstag zu wahren hatte.560 Der innerösterreichische Landesfürst Erzherzog Karl überlegte das Gleiche zu tun, entschied sich schließlich jedoch dagegen.561 Er setzte sich aber zugleich für die Gesandtschaft ein, welche die Landstände der Steiermark, Kärntens und Krains zu den Reichsständen zu entsenden planten.562 Die am Anfang als halbherzig zu bezeichnende Unterstützung einer solchen Gesandtschaft sollte im Laufe der Vorbereitung einen anderen Charakter gewinnen: Auf dem steirischen Landtag im November 1575 forderte Erzherzog Karl die Landstände gewissermaßen verklausuliert, aber dennoch sehr deutlich auf, eine Gesandtschaft zum Reichstag zu entsenden.563 In der Korrespondenz mit Maximilian argumentierte Karl seinen Einsatz für diese Gesandtschaft mit den innenpolitischen Verhältnissen in seinen Ländern. Darüber hinaus steht außer Zweifel, dass die Vertretung der partikularen Interessen seiner Länder auf dem Reichstag 558 Schulze, Das Haus Österreich (1972), S. 126. 559 Siehe Schulze, Das Haus Österreich (1972), S. 123. Zu Beweggründen der testamentarischen Entscheidungen Ferdinands siehe Rauscher, Zwischen Ständen und Gläubigern (2004), S. 188–205. 560 Schulze, Das Haus Österreich (1972), S. 124f. 561 Nichtdestotrotz stellte Erzherzog Karl einen eigenen Informationskanal auf. Während des Reichstages stand er in engem Kontakt mit Andreas Erstenberger, dem Sekretär des kaiserlichen Geheimrates, der ihn über den Verlauf der Reichstagsverhandlungen informierte. Karls Kontakt blieb dabei rein informell und nutzte bezeichnenderweise dem innerösterreichischen Landesfürsten nicht das Geringste, um die Interessen seiner Länder zu fördern. HHStA, RK, RTA, Fasz. 54b, fol. 37r–37v und passim. 562 Siehe oben S. 51f. 563 StLA, Laa. A. A., III Landtag, LH, Bd. 28, fol. 4v.

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in seinem ureigenen Interesse im Bezug auf die Reichshilfe lag.564 Dieses lag nämlich nicht nur in einer möglichst hohen Bewilligung der Reichstürkenhilfe, sondern auch in ihrer Aufteilung. Das ansonsten alte Problem dieser Verteilung gewann für Innerösterreich Ende des Jahres 1575 zusätzlich an Bedeutung, denn im August desselben Jahres konzipierten die innerösterreichischen Länder mit der sogenannten Brucker Defensionsordnung einen neuen, weitgreifenden Plan für die Verteidigung der Länder und den Unterhalt der kroatischen und windischen Grenzen.565 Die Verfassung der Defensionsordnung akzentuierten die Landstände mit ihrer Einschätzung, die Bestimmungen derselben ließen sich nur mit der Reichshilfe ins Leben rufen. Erzherzog Karl drückte diesbezüglich seine Zurückhaltung und Skepsis aus, die Landstände ihrerseits waren hingegen fest entschlossen, sich um einen möglichst hohen Anteil an der Reichshilfe zu bewerben: Ihre Bewerbung wollten sie diesmal an die Reichsstände adressieren und nicht – wie es die in ihren Augen wirkungslose und in höchstem Maße enttäuschende Praxis der letzten zwanzig Jahre gewesen war – an den kaiserlichen Hof.566 Das Anliegen der Landstände bezüglich der Reichshilfe, das eine „staatliche“, „harrige hülf“ intendierte, die den innerösterreichischen Herzogtümern in der Reichsbewilligung sichergestellt werden und ihnen demzufolge direkt zugutekommen sollte,567 war in Bezug auf die verfassungspolitischen Zusammenhänge des Reichs schlicht radikal und hinsichtlich der Beziehungen innerhalb des Hauses Österreich zumindest konfliktträchtig: Das Anliegen implizierte eine Umorientierung der grundsätzlichen reichsständischen Position hinsichtlich der Reichstürkenhilfe und avisierte das Ende der kaiserlichen Alleinverwaltung der Reichsbewilligung.568 Dies wurde innerhalb des Hauses Habsburg natürlich nicht verkannt, freilich auch nicht von Erzherzog Karl, der in seiner nicht wenig paradoxen Lage sowohl dem Kaiser als auch den Landständen gegenüber gleichzeitig zurückhaltend und fordernd aufzutreten wusste. Diese konfliktträchtige Spannung zwischen dem verhandlungspolitischen Einheitspostulat des Hauses auf dem Reichstag und den partikularen Inte564 Zur Rolle des Landesfürsten grundlegend Schulze, Landesdefension und Staatsbildung (1973), S. 33–36, 215f. 565 Loserth, Innerösterreich (1934), S. 64f. Schulze, Landesdefension und Staatsbildung (1973), S. 56–64, insbes. 62. Simoniti, Vojaška organizacija (1991), S. 63–64. 566 Siehe Kapitel 1. Siehe auch Loserth, Innerösterreich (1934), S. 58f. 567 Siehe Instruktionen der Gesandtschaften in Regenspurgische reichshandlung […] 1576, fol. 6r–12r. Reichshilfeverhandlung de anno 1594, fol. 39r f. Regenspurgische reichsverhandlung de anno 1598, fol. 33r–47v. 568 Siehe Lanzinner, Friedenssicherung und politische Einheit (1993), S. 525–527. Vgl. Schulze, Reichstage und Reichssteuern (1975), S. 43–58. Rauscher, Kaiser und Reich (2003), S. 45–83.

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ressen Innerösterreichs wurde sonach zur Konstante in den Beziehungen zwischen dem kaiserlichen und dem Grazer Hof; sie entwickelte sich zu einer Art politischen Dichotomie, welcher im Vorfeld sowie im Laufe des Augsburger Reichstages 1582 Erzherzog Karl, und bei den Regensburger Reichstagen 1594 und 1597/98 seine Nachfolger, die Regenten Erzherzog Maximilian und Erzherzog Ferdinand, ausgesetzt waren. Aus seiner innerösterreichischen Perspektive betrachtet befand sich der Grazer Hof jedoch kaum in einem Dilemma, sondern geradezu unter Zugzwang. Den innerösterreichischen Sonderinteressen hinsichtlich der Türkenabwehr, deren Urgenz im Laufe der Jahre nicht nachgelassen hatte und die man bei den Reichsständen durchsetzen zu können glaubte, sollte auf dem Reichstag Nachdruck verliehen werden. Eine andere Vorgehensweise wäre mit Rücksicht auf die innenpolitischen Verhältnisse der Herzogtümer kaum zu rechtfertigen gewesen, wie es Erzherzog Karl in seiner Korrespondenz mit Kaiser Maximilian zu veranschaulichen suchte. Das Vorhaben der Landstände also, eine Gesandtschaft zum Reichstag zu entsenden, um die Reichsstände über die Gefährdung und militärische Erschöpfung ihrer Länder zu informieren und sie zur unmittelbaren Hilfe für ihren Kampf gegen die Osmanen zu bewegen, kam demnach Erzherzog Karl und seinem Nachfolger entgegen: Mit einer solchen Aktion ließen sich die Sonderinteressen seiner Herzogtümer auf dem Reichstag vertreten, ohne dass man gegen das Reichstagspostulat des Hauses hätte verstoßen müssen. Eine Ausnahme diesbezüglich bildete die Gesandtschaft zum Reichstag zu Augsburg 1582.569 Ähnlich wie sechs Jahre zuvor rieten die Landstände zu einer Gesandtschaft zum Reichstag, doch ihre Leitung übernahm schließlich der Landesfürst Erzherzog Karl selbst, ohne sich allzu lange in Augsburg aufhalten zu wollen. Nach seinem Auftritt im Reichstagsplenum, bei welchem er die Reichsstände in Form einer Oratio ansprach – ein Rarissimum in der Geschichte des Reichstages im späten 16. Jahrhundert –,570 schilderte er ihnen die Lage an den Grenzen und rief sie zur Hilfe auf. Einige weitere Empfänge bei den Reichsständen sollten absolviert werden, bis Erzherzog Karl seinen Geheimräten und ihren landständischen Coadjuncten die Gesandtschaft überließ. Diese Gesandtschaft des innerösterreichischen 569 Siehe Trattner, Der Reichstag von Augsburg (1907), dort auch Quellenverzeichniss. Siehe auch Luttenberger, Landstände, Kaiser und Reichstag (1988), S. 175–182. Jerše, Die Reichstagsoratorik (2008), S. 115, Anm. 33. 570 In Gegensatz zu den Reden, welche die landständischen Gesandten auf den Reichstagen 1576, 1594 und 1597/98 hielten, ist uns die Rede Erzherzog Karls bedauerlicherweise nicht überliefert. Über die innerösterreichischen Reichstagsreden und ihren verfassungspolitischen Dimensionen siehe Jerše, Die Reichstagsoratorik (2008), insbes. S. 121f. Siehe auch unten S. 200f.

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Landesfürsten sah sich jedoch vor ähnliche konfliktbeladene Divergenzen zwischen dem Kaiserhof und ihren Auftraggebern gestellt und hatte ähnliche institutionelle Schwierigkeiten zu meistern wie die landständische Gesandtschaft sechs Jahre zuvor. Bei den Reichstagen der Jahre 1594 und 1597/98 sollten die innerösterreichischen Interessen wieder durch die landständischen Gesandten vorgetragen werden, diskret unterstützt von ihrem Regenten beziehungsweise ihrem Landesfürsten.571 Der Einsatz der Landesfürsten der Steiermark, Kärntens und Krains für die Belange der landständischen Gesandtschaft beim Reichstag lässt sich demzufolge als Engagement für die Vertretung der partikularen Interessen Innerösterreichs bezeichnen, das gleichzeitig auch den Bedürfnissen des Hauses Österreich Rechnung zu tragen versuchte. Die Beglaubigungsbriefe, welche die Erzherzöge den Gesandten ausstellten, sollten diese Haltung des erzherzöglichen Hofes in Graz mit Nachdruck bestätigen, ebenso wie die Ausarbeitung der gesandtschaftlichen Instruktion. Diese wurde im Laufe der Vorbereitungen auf die Gesandtschaft zum Reichstag 1576 von den Landständen zwar verfasst, dann aber vom Landesfürsten durchgesehen, im Nachhinein korrigiert und schließlich dem Kaiser zur Einsicht übergeben. Im Vorfeld der Reichstage 1594 und 1597/98 blieb die präliminäre kaiserliche Gegenlektüre aus, was als Konsequenz der damals „dünnen, kaum merkbaren“ und in der Tat sehr angespannten Fäden zwischen dem kaiserlichen und dem Grazer Hof auszulegen ist. Dass die innerösterreichischen Gesandten beim Reichstag dies zu spüren bekamen und ihnen damit große Schwierigkeiten bereitet wurden, versteht sich von selbst.572 Die Gesandtschaften der österreichischen Landstände beim Reichstag waren in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts allerdings kein Novum und dem Kaiser und der Vertretung Österreichs im Reichsfürstenrat grundsätzlich auch nicht unwillkommen.573 Ganz im Gegenteil, die landständischen Gesandtschaften passten Winfried Schulze zufolge „vorzüglich ins Konzept der kaiserlichen Reichstagsregie“, solange sie sich mit der ihnen vorgeschriebenen Rolle zufrieden gaben, „den zaudernden Reichsständen, die sich in der Sicherheit des Reichs nichts Reales unter der Türkengefahr vorstellen 571 Siehe oben S. 12, Anm. 8. 572 Rellation herrn Georgen Khisls […] alß gesandten auf dem zu Regenspurg gehaltenen reichstag. AS, Stan I, Sch. 162, unfol. Siehe auch Martin Brenner an die Verordneten Steiermarks. Regensburg, 18. 12. 1597. AS, Stan I, Sch. 162, unfol. Martin Brenner an Erzherzog Ferdinand. Regensburg, 23. 2. 1598. Regenspurgische reichsverhandlung de anno 1598, fol. 167r–172r. Siehe auch Luttenberger, Landstände, Kaiser und Reichstag (1988), S. 169f. 573 Loserth, Innerösterreich (1934), S. 24f. Schulze, Das Haus Österreich (1972), S. 123. Luttenberger, Landstände, Kaiser und Reichstag (1988), S. 163f.

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konnten, die Gefahr der Grenzen und Österreichs nahe[zu]bringen. Die abstrakten Forderungen des Kaisers mit ihrer Konzentrierung auf Zahlen und Fakten der Grenzverteidigung konnten bei den Reichsständen nicht den emotionalen Effekt auslösen, der von einem steiermärkischen Adeligen ausging, der […] ein Land vertrat, das bekanntlich in der Verteidigung des Reichs […] schon Beachtliches geleistet hatte“574. In diesem Sinne erteilte der Kaiser anno 1576 seine Zustimmung zur Entsendung der innerösterreichischen Gesandten zum Reichstag.575 Die Abgesandten selbst dürften sich diese Rolle nach den Vorschriften ihrer Instruktion zwar ohne Weiteres angeeignet haben, sie mussten sie aber, wie in ihrer Instruktion zu lesen ist, anders inszenieren; also hatten sie sich gänzlich „ihrem beywohnenden verstand nach“ und „mit allerhand möglichen persuasionen“ für die Interessen ihrer Länder einzusetzen.576 Wie gezeigt, folgten die Gesandten dieser Anweisung geradlinig, auf die kaiserliche „Reichstagsregie“ waren sie ja mit keinem Satz ihrer Instruktion verpflichtet. Der kaiserliche Konsens zur innerösterreichischen Gesandtschaft beim Reichstag auf der einen Seite und die „substanz und petition“ ihrer Instruktionen auf der anderen standen sich auch in den Jahren 1582, 1594 und 1597/98 in krasser Dissonanz gegenüber. Dessen ungeachtet folgten die Gesandten pfeilgerade ihrem Mandat, obwohl es gegen die Interessen des Kaisers und dessen „Reichstagsregie“ gerichtet war. Sie legten damit jene Rolle ab, welche ihrer Funktion im Laufe der Vorbereitungen auf den Reichstag seitens des Kaiserhofes vorgeschrieben worden war. Mehr noch, sie hielten sich streng an das ultimative Ziel ihrer Mission, selbst wenn sie damit die Reputation des Kaisers und die des Landesfürsten beeinträchtigen und ihr Mandat selbst übertreten sollten, sofern dies ihnen geboten schien. Dass sie mit ihrem Drang und Eifer den Kaiser missmutig stimmten und die „finsteren“ Blicke der kaiserlichen Geheimräte auf sich zogen, überrascht demnach kaum.577 Schutz und Schirm des Reiches als „bucella panis“ Lässt man nun all die verfassungspolitischen, von verschiedenartigen bis entgegengesetzten Interessen innerhalb des Hauses Habsburg gezeichneten 574 Schulze, Reich und Türkengefahr (1978), S. 105. 575 Siehe oben S. 70–71. Siehe auch Kaiser Rudolf II. an Erzherzog Ferdinand II. Prag, 2. 1. 1597. Regenspurgische reichsverhandlung de anno 1598, fol. 25v–26v. 576 Regenspurgische reichshandlung […] 1576, fol. 11v. Vgl. Reichshilfeverhandlung de anno 1594, fol. 71v. 577 Siehe oben Kap. III. Siehe Rellation herrn Georgen Khisls, unfol. Vgl. Schollich, Der Regensburger Reichstag (1907), S. 28f.

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sowie von der Institution des Reichstags postulierten Rahmenbedingungen, in denen sich die innerösterreichische Reichspolitik zu behaupten hatte, Revue passieren, kann man zunächst die These Albrecht Pius Luttenbergers bestätigt finden, der Reichstag des 16. Jahrhunderts sei keineswegs „als ein nach unten rigide abgeschlossenes Handlungsforum aufzufassen“. Der Reichstag bot vielmehr stets einen Raum, in dem sich auch die landständischen Intentionen und Positionen artikulieren und behaupten ließen.578 Wie dargelegt, nahmen die Repräsentanten der Steiermark, Kärntens und Krains die verhandlungspolitischen Spielräume, die sich durch die grundsätzliche Offenheit des Reichstages anboten oder zumindest anzubieten schienen, in Anspruch, um somit unmittelbar einen Bezug zwischen zwei Politikebenen herzustellen, die in streng verfassungsrechtlicher Perspektive als nicht kompatibel erscheinen mögen: Sie konstruierten eine Verbindung zwischen der Ebene des Reiches einerseits und jener der Länder beziehungsweise der Landstände andererseits.579 Misst man dabei die landständische Reichspolitik nur nach dem Maß der mit Händen greifbaren und in Münzen ausgeprägten Erfolge, so war die Kompatibilität beider Ebenen in der Tat äußerst schwer und in den seltensten Fällen herzustellen, wie Luttenberger in seinen differenzierten Studien deutlich zeigen konnte. Im „Kommunikationszusammenhang des Reichstags“ sei es nämlich, laut Luttenberger, den landständischen Reichstagsgesandtschaften möglich gewesen, „ein gewisses Politisierungspotenzial“ hervorzubringen, „dessen Schubkraft aber in der Regel zu schwach blieb, um landständische Intentionen in formelle Reichstagsbeschlüsse umzumünzen“580. Der Grund dafür läge in der Tatsache, dass „der in Kurien und Ausschüssen formalisierte Entscheidungsprozess des Reichstages der politischen Kommunikation landständischer Gesandtschaften, die sich nur in seinem Vorfeld konstruktiv entfalten konnte, eine markante Grenze [zog]“581. Die Reichstagskontrahenten der Gesandtschaften – in erster Linie der Kaiserhof beziehungsweise die österreichische Gesandtschaft im Reichsfürstenrat als sein Transmissionsriemen – hätten sich also „einen kommunikativen Vorsprung“ vorbehalten, der nicht auszugleichen gewesen sei.582 Diskrete bis distanzierte Unterstützung des Landesfürsten, abweisende Haltung, „finstere“ Blicke und Machenschaften der kaiserlichen Geheimräte, ein sich in den Grenzen seiner „Reichstagsregie“ haltendes Entgegenkommen des Kaisers, ein erst zu ge578 Luttenberger, Landstände, Kaiser und Reichstag (1988), S. 163. 579 Ebd. 580 Luttenberger, Landstände, Kaiser und Reichstag (1988), S. 192. 581 Luttenberger, Landstände, Kaiser und Reichstag (1988), S. 193. 582 Ebd.

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winnendes und nie bedingungs- beziehungsweise vorbehaltloses Verständnis der Reichsstände und schließlich eine sich offensichtlich nur in ihren Widersprüchen abzeichnende Bilanz der Gesandtschaft – all das dürfte die vorliegende Studie deutlich an den Tag gebracht haben und sie bestätigt damit die These Luttenbergers mit Nachdruck. Das Fazit fällt zunächst wie folgt aus: Den landständischen Gesandtschaften am Hofzaun des Reichstages blieb das Los ihrer Länder am „Hofzaun des Reiches“ beschieden, das heißt das Los der Leidenden und Bittenden. Diese Erkenntnis lässt sich jedoch um eine weitere ergänzen. Den innerösterreichischen Gesandtschaften gelang es stets, wie dargestellt, trotz starker kaiserlicher Opposition, den Reichsständen das Anliegen ihrer Länder zu kommunizieren und somit die Beratung über ein Thema in Gang zu setzen, das man eigentlich abgeschlossen zu haben glaubte: die Verwaltung der Reichstürkenhilfe. Die Reichsstände zogen sich bekanntlich unter Maximilian II. grundsätzlich aus der Verwaltung der Reichsbewilligung zurück und überließen sie dem Kaiser,583 die innerösterreichischen Gesandten hatten indes die Aufgabe, dies zu problematisieren und das Thema wieder zum Beratungspunkt des Reichstags zu machen. An den Gesprächen selbst nahmen die Gesandten zwar nicht teil, ihr Auftritt im Reichstagsplenum, insbesondere ihre Reden vor den Reichsständen, kann dennoch als Ouvertüre zu den Beratungen aufgefasst werden,584 die neben ihrer instrumentell-argumentativen Kraft der symbolisch-demonstrativen Intention nicht entbehrte; darauf wird im Folgenden noch zurückzukommen sein. Dass die Gesandten ihr Memorandum im Anschluss an die Reden den Reichsständen überreichten und im Laufe der Beratungen ihre Schriften wiederholt an die Kurien adressierten, Sonderaudienzen bei den einflussreichen Reichsständen abstatteten und darüber hinaus von „den vielfältigen informellen Kommunikationsmöglichkeiten des Reichstags“ Gebrauch zu machen wussten,585 stellt ihr Bestreben deutlich dar, das Politisierungspotenzial ihres Reichstagsanliegens, das mit ihren Reden vor den Reichsständen vorerst artikuliert und somit in das Reichstags-„Theater“ gesetzt wurde, aufrechtzuerhalten beziehungsweise zu steigern. Ihre Bemühungen liefen nicht ins Leere, wie der Sitzungsverlauf der Reichstagskurien bezeugt.586 Die Teilnahme der innerösterreichischen Gesandten am Aushandlungs- und Entscheidungsprozess des Reichstags kommt somit deutlich zum Ausdruck, wobei sie der „kommunikative Vor583 Wie in Anm. 580. 584 Dazu siehe Jerše, Die Reichstagsoratorik (2008), insbes. S. 121f. 585 Siehe Luttenberger, Landstände, Kaiser und Reichstag (1988), insbes. S. 191f. 586 Siehe Siehe Kapitel III. 2. Siehe auch HHStA, MEA RTA, Fasz. 90, fol. 37v f. HHStA, RK RTA, Fasz. 71, fol. 52v–58r.

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sprung“ der Kaiserlichen in der Tat erheblich lähmte, ohne sie aber in ihrer Substanz ausmanövrieren zu können. „Melius est bucella panis cum gaudio quam multae divitiae cum iurgio“, bilanzierte sinnierend der Seckauer Bischof Martin Brenner die Ergebnisse seiner Gesandtschaft beim Reichstag zu Regensburg 1598.587 Der Bischof gab sich in seiner Berichterstattung gemessen, wie seinen Zeilen zu entnehmen ist, obwohl es ihm durchzusetzen gelang, woran all seine Vorgänger gescheitert waren: Die Festlegung der festen Quote zur Finanzierung der innerösterreichischen Türkenabwehr. Die zwei Römermonate, die der Reichstag für die Belange der innerösterreichischen Länder festlegte,588 dürften angesichts der horrenden Summen, welche die Kriege mit den Osmanen den gefährdeten Gebieten zu entziehen drohten, eher gering, in der Tat als „bucella panis“ erscheinen; die verfassungspolitischen Konsequenzen dieses Reichstagsbeschlusses aber hätten die Länder dennoch – nach Brenners Ausdruck – erfreuen müssen, denn die kaiserliche Alleinverwaltung der Reichstürkenhilfe wurde kraft dieses Reichstagsbeschlusses reichsrechtlich gesprengt und die Regierung des Reichsoberhauptes somit unter Druck gesetzt, die Interessen der betreffenden Gebiete zu wahren.589 Dennoch hatte der Bischof guten Grund, sich in seiner Freude und seinem Stolz angesichts dieses endlich greifbaren Erfolges zurückzunehmen: Diese Art von Freude wurde ihm nicht als Erstem zuteil und war überdies von kurzer Dauer. Ihren Stolz, die Interessen der innerösterreichischen Länder in den Beschlüssen des Reichstagsabschieds festgeschrieben zu haben und sie somit im Reichsrecht verankert zu wissen, glaubten schon die Gesandten beim Regensburger Reichstag 1576 anmelden zu können, ebenso die Gesandten beim Reichstag zu Augsburg 1582 und beim Regensburger Reichstag 1594.590 Ohne feste Quoten zu bestimmen, stellten die Reichstage seit 1576 die innerösterreichischen Länder stets unter Schutz und Schirm des Kaisers und erlegten diesem auf, „in anwendung mehrgedachter reichs-steuern solche gnädigiste anordnung zu tun, damit sie [die innerösterreichischen Länder] derselben auch mithülfflich und empfindlich geniessen mögen und sollen“591; der Augsburger Reichs587 Relatio Martin Brenners und Hans Auerspergs. s. l. s. d. AS, Stan I, Sch. 162, unfol. 588 Reichsabschied 1598, § 47–48. Senckenberg, Neue und vollständige Sammlung (1747), S. 460. 589 Dazu siehe Stellungnahme der österreichischen Gesandtschaft im Reichsfürstenrat in HHStA, RK RTA, Fasz. 71, fol. 53v–54r. 590 Siehe oben S. 12, Anm. 8. 591 Abschied der Römischen Kayserlichen Mayestat / vnd gemeyner Stände / auff dem Reichstag zu Regenspurg / Anno Domini M. D. LXXVI. aufgericht, § 28, pa. 358. Vgl. Reichsabschied 1582, § 26. Senckenberg, Neue und vollständige Sammlung (1747), S. 402. Reichsabschied 1594, § 23–24. Senckenberg, Neue und vollständige Sammlung (1747),

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tag 1582 bestimmte überdies eine proportionale Aufteilung der Reichstürkenhilfe.592 Dennoch blieben die Reichshilferessourcen nach Einschätzung der Landstände der Steiermark, Kärntens und Krains äußerst spärlich, kaum wahrnehmbar. Analog dazu blieb auch ihr Gefühl des Verdrängt- und Verlassenseins seitens des Kaiserhofes unverändert, ebenso wie das innerösterreichische Lamento auf den Landtagen sowie vor den Reichsständen. Als sich die Gesandten auf dem Reichstag 1576 mit dem Gesuch an den Mainzer Kanzler wandten, ihnen eine schriftliche Erklärung des reichsständischen Beschlusses in puncto innerösterreichische Länder auszustellen, wurde ihnen die Redundanz desselben vor Augen geführt: Die Reichsabschiede, gab der Mainzer Kanzler den Gesandten zu verstehen, seien „also creftig, das alles das, was darein eingeleibt ist, pro lege zu halten sei“593. Im reichsrechtlichen Sinn hatte man also allen Grund an die Sicherung der innerösterreichischen Interessen zu glauben, ohne dass ihnen de facto Genüge getan worden wäre. Die in der Tat markante Grenze zur Durchsetzung der innerösterreichischen Interessen am Reichstag verlief demnach nicht entlang des formalisierten Entscheidungsprozesses des Versammlungsgeschehens, wie von Luttenberger behauptet – diese Grenze konnten die Gesandten stets übertreten –, sondern entlang der kaiserlichen Beachtung oder aber Nichtbeachtung der Reichstagsbeschlüsse, des Reichsrechts schlechthin. Das rechtliche, und somit im Falle Innerösterreichs freilich rein politische Potenzial, das den Reichstagsbeschlüssen inhärent war, musste daher nach dem jeweiligen Reichstag erst umgesetzt werden.594 Angesichts der äußerst prekären Lage, in der sich die bedrohten Herzogtümer befanden, sollten sie sich, wie die Gesandten in ihrer Relation aus dem Jahre 1576 meinten, von nichts und niemandem täuschen lassen: Es sei nun an der Zeit, schrieben sie, dass man „den mundt aufthue und deütsch rede, dann man S. 423. Reichsabschied 1598, § 47–48. Senckenberg, Neue und vollständige Sammlung (1747), S. 460. 592 Reichsabschied 1582, § 26. Senckenberg, Neue und vollständige Sammlung (1747), S. 402. 593 Siehe oben S. 188–189. Den Gesandtschaften bei den Reichstagen 1594 und 1597/98 wurde die schriftliche Erklärung der Reichsstände – die beschaidte – in Bezug zu den innerösterreichischen Ländern dennoch erstellt. Die reichsständische Erklärung erfolgte durch die Kanzlei der Mainzer Kurfürsten, das heißt durch die Reichskanzlerkanzlei. Siehe Beschaidt der Reichsstände. Regensburg, 22. 7. 1594. Reichs-Verhandlung […] 1594, StLA, Laa. A. A., III Landtag, LH, Bd. 42, fol. 353v–355r. Beschaidt der Reichsstände. Regensburg, 3. 4. 1598. Handlungen des Reichstags […] 1598, StLA, Laa. A. A., III Landtag, LH, Bd. 45, fol. 190r–191v. Zu den Bedingungen der Erwirkung der Reichsbeschlüsse und ihrer „reichsgrundgesetzlichen Bedeutung“ siehe Neuhaus, Das Reich in der frühen Neuzeit (2003), S. 40. Neuhaus, Reichstag als Zentrum (2006), S. 43–51. Schulze, Der deutsche Reichstag (1997), S. 447–461. 594 Loserth, Innerösterreich (1934), S. 149f.

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je vor Gott und der welt schuldig ist, die trew gegen den vaterlandt also zu erzaigen, das one allen respekt jezundt nichts anders für augen gestelt und berathschlagt werde dann wie das liebe vaterlandt zu erhalten [wäre], oder die lande müessen […] in erbärmclichts verderben und untergang (welches der Almechtig verhüten wölle) gerathen“595. Es ist somit deutlich zu erkennen, dass die innerösterreichischen Reichstagsgesandtschaften keineswegs lediglich als landständische Gesandtschaften stricto sensu aufzufassen sind. Vielmehr sind diese, da sie sowohl die Interessen der Landstände als auch die des Landesfürsten zu vertreten hatten, als Repräsentanten der Länder aufzufassen, und dies nicht nur im pragmatischen, verhandlungspolitischen Sinne. Obgleich die Interessen der Landstände einerseits und die des Landesfürsten andererseits im Grunde dieselben waren – in ihrer Zweckrationalität intendierten sie die Erleichterung der finanziellen Bürde ihrer Kriege mit den Osmanen durch die Reichshilfe –, waren die verfassungspolitischen Grundlagen, um diese Interessen auf dem Reichstag anzumelden und schließlich durchsetzen zu können, grundsätzlich verschiedenartig: Die landständischen Gesandtschaften hatten sich mit der „kaiserlichen Reichstagsregie“ zu arrangieren, und der innerösterreichische Landesfürst seinerseits durfte reichsrechtlichen Bestimmungen gemäß seine Interessen mit „Sitz und Stimme“ im Reichsfürstenrat zum Ausdruck bringen lassen. Wie oben gezeigt, wollte – ja, konnte – man weder das eine noch das andere tun. Stattdessen entsandte man die landständischen Gesandtschaften zu den Reichstagen, welche man mit der Vertretung der Interessen der Länder beauftragte.596 Dies war allerdings keineswegs selbstverständlich, wie die Vorbereitung der Länder auf die Gesandtschaften und die stets ambivalente Haltung des Landesfürsten gegenüber den Auftritten der innerösterreichischen Repräsentanten auf dem Reichstag nahelegen. Nichtsdestoweniger war es die grundsätzliche, uneingeschränkte Interessenidentität des Landesfürsten und der Landstände, welche deren Gesandtschaften als Repräsentanten der Länder zu legitimieren vermochte. Jenseits dieses instrumentellen, im verhandlungspolitischen Sinne pragmatischen Aspekts der innerösterreichischen Reichspolitik tritt zugleich ihre zweite verfassungspolitische Dimension zutage, die in erster Linie als Ausdruck der Selbstwahrnehmung und Selbstbehauptung der innerösterreichischen Landstände sowie der Verfassung des innerösterreichischen „Ter-

595 Quellen III, Relation, fol. 153v. 596 Zur Begrifflichkeit der beiden Wörter sowie zur Landesverfasung selbst, wie sie hier verstande wird, siehe Brunner, Land und Herrschaft (1990), S. 231–239, 413f. Siehe auch Strohmeyer, Konfessionskonflikt und Herrschaftsordnung (2006), S. 455.

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ritorialstaates“ auszulegen ist.597 Die beständige, von Courage und Verhandlungsgeschick gezeichnete Reichspolitik der innerösterreichischen Länder entbehrte nämlich nicht ihrer ratio legitimationis. Wenngleich der Perspektive der Landstände wohl nichts entgegenstand, den Reichstag als „allgemein christlich, national und politisch definierte Solidargemeinschaft“598 wahrzunehmen und ihre Herzogtümer als Teil derselben zu sehen, galt es die Teilnahme der Länder an der Reichstagsgemeinschaft und deren Partizipation an der Reichspolitik bei der Vorstellung der innerösterreichischen Interessen erst demonstrativ zu bewerkstelligen. Dies bekunden sowohl das Reichstagsprozedere als auch die Memoranda der Gesandtschaften. Am deutlichsten und besonders signifikant sollte dies jedoch beim Auftritt der innerösterreichischen Gesandten im Reichstagsplenum zum Ausdruck kommen. Es sei dabei zunächst noch einmal hervorgehoben, dass sich die Reichstagsgesandtschaften der Steirer, Kärntner und Krainer keineswegs mit der ihnen vom Kaiserhof zugedachten Rolle des Chors innerhalb des kaiserlichen Reichstags-„Theaters“ zufriedengeben wollten, welcher die Aufgabe innehaben sollte, das drohende Los der österreichischen Länder, des Reichs und der Christenheit vorauszusagen. Ebenso wenig wollten sie als bloße Supplikanten vor der höchsten Versammlungs- und Entscheidungsinstanz des Reichs auftreten. Im Gegenteil, mit „allerhand möglichen persuasionen“, wie in den Gesandtschaftsinstruktionen zu lesen ist, sollten die Gesandten ins Beratungs- und Entscheidungsprozedere des Reichstags eingreifen. Im Besonderen wurde ihnen dabei aufgetragen, sich vorerst an die Reichsstände im Reichstagsplenum zu wenden.599 Die innerösterreichischen Länder griffen somit zu der im späten 16. Jahrhundert weitgehend antiquierten Form der Reichstags-Oratio:600 Eine im Zeremoniell formalisierte Audienz im Reichstagsplenum samt der Rede des „principal“-Gesandten sollte – so die offensichtliche Intention der Verfasser der Instruktionen – den unmittelbaren Bezug zwischen der Ebene der Reichspolitik einerseits und den Einzelinteressen der Länder andererseits herstellen. Es galt dadurch jenen formellen Raum zu gestalten, in dem sich das Reichs- und Reichstagsanliegen der Länder mit Aussicht auf Erfolg vortragen lassen sollte. Es ging dabei um zwei Hauptaspekte: Erstens um die argumentative Einbettung des in597 Dazu siehe Jerše, Glaube, Hoffnung, Herrschaft (2013), S. 361f., 373–378. Siehe oben S. 14, Anm. 17. 598 Luttenberger, Landstände, Kaiser und Reichstag (1988), S. 165. 599 Vgl. Schulze, Das Haus Österreich (1972), S. 124f. 600 Jerše, Die Reichstagsoratorik (2008), S. 106, 121f. Siehe auch Helmrath, Reden auf Reichsversammlungen (1998), S. 265–286, insbes. 284f. Helmrath, Rhetorik und ‚Akademisierung‘ (1997), S. 423–446.

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nerösterreichischen Anliegens in die Agenda des Reiches und, zweitens, um die demonstrative Platzierung der innerösterreichischen Länder im Reich selbst; das zweite Anliegen ging freilich dem Ersteren voraus.601 Mit anderen Worten, in Graz, Klagenfurt und Laibach war man der Auffassung, dass sich die innerösterreichischen Interessen beim Reichstag nur mittels einer demonstrativen Sonderstellung ihrer Gesandtschaften im Reichstagsprozedere gemäß ihrer Intention und schließlich Erfolg versprechend vertreten lassen würden. Mit dieser Sichtweise auf die Audienz der Gesandtschaften im Reichstagsplenum traten deren Initiatoren in Konkurrenz sowohl zur Auslegung des Kaisers sowie möglicherweise zu jener der Reichsstände. Wie das kaiserliche Reichstags-„Theater“ und dessen Epilog, also die kaiserliche Kenntnisnahme beziehungsweise Nicht-Beachtung der Reichstagsbeschlüsse deutlich bezeugen, gedachte der Kaiser die innerösterreichischen Gesandtschaften lediglich als Requisiten seiner „Reichstagsregie“ zu benutzen. Die Interessen der innerösterreichischen Länder waren hinsichtlich der Reichshilfe, wie wir gesehen haben, am kaiserlichen Hof mit wenig Verständnis, ja mit Ignoranz wahrgenommen worden. Die Reichsstände dagegen zeigten sich den innerösterreichischen Gesandtschaften grosso modo entgegenkommend. Die Frage aber, ob sie die innerösterreichische Auslegung des Auftrittes der Gesandten vor dem Reichstag zur Gänze teilten, muss offenbleiben. Allenfalls zeigten sich die Reichsstände als aufmerksame und schließlich auch als tatkräftige Zuhörer. Der auffallenden Ignoranz des kaiserlichen Hofes gegenüber den innerösterreichischen Interessen setzten die Reichsstände ihr Wort entgegen und unterstützen ihre Belange. Wie dargelegt, sollte das Wort der Reichsstände schließlich in die Beschlüsse des Reichstages eingehen und somit zum Reichsrecht werden, zumal in der Auslegung des Mainzer Kanzlers. Der Auftritt der Gesandten der Steiermark, von Kärnten und Krain auf dem Reichstag ist demnach als eine Art zusammengesetzter Akt anzusehen, an dem die innerösterreichischen Gesandten, der Kaiser und die Reichsstände, der Orator der drei Länder und sein Publikum in gleich wichtigen Rollen zu agieren hatten. Es handelt sich um einen deliberativen sowie demonstrativen Akt, gezeichnet von der Pluralität seiner Auslegung. Wie konnte es dazu kommen? Die These lässt sich aufstellen, da es gerade diese Auslegungspluralität war, die den Auftritt erst möglich machte und eine positive Wirkung hinsichtlich der Gesamtinteressen erzielte: Der Auftritt schaffte es, die Auslegungsdifferenzen und damit verbundene divergierende 601 Siehe Stollberg-Rilinger, Symbol und Diskurs (2008), S. 85–103, insbes. 85–87, 102. Stollberg-Rilinger, Die Symbolik der Reichstage (2006), S. 77–93, insbes. S. 77–79, 83f. Stollberg-Rilinger, Zeremoniell als politisches Verfahren (1997), S. 91–132.

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bis entgegengesetzte Interessen zeitweise zu versöhnen und somit eine Konsensfassade aufzubauen, vor der sich das Reich als „allgemein christlich, national und politisch definierte Solidargemeinschaft“ präsentieren und zelebrieren ließ.602 Der Doppelcharakter dieser Aktion ist offenkundig. Einerseits weist er ein persuasiv-deliberatives Wesen auf,603 mithilfe dessen sich sowohl die Absichten des Kaisers als auch die Interessen des innerösterreichischen Landesfürsten sowie jene der Landstände vor den Reichsständen vertreten ließen. Andererseits zeigt er einen demonstrativ-konsensuellen Charakter.604 Er veranschaulicht auf besonders signifikante Weise die sonst fragile, von der verhandlungspolitischen Ratio jedoch postulierte Einheit des Hauses Habsburg zum einen und zum anderen die Verbundenheit des Reiches schlechthin: Diese sei, mahnten die innerösterreichischen Oratoren, mit der Wahrnehmung oder eben der Missachtung der Interessen der Länder auf die Probe gestellt. Der Wahrnehmung der innerösterreichischen Interessen sollte sich der Reichstag nicht entziehen, sofern er die Grundprinzipien des Reiches wahren wollte. Welche Gesetzmäßigkeit des Reiches die innerösterreichischen Länder dabei im Sinne hatten, offenbarten ihre Oratoren im Reichstagsplenum deutlich: Schutz und Schirm des Reiches über seine Mitglieder.605 Wie gezeigt werden konnte, folgten sowohl die Reichsstände als auch schließlich der Kaiser diesem Appell und sicherten somit die innerösterreichischen Interessen im Reichsrecht. Dadurch wurden die „reichsrechtlichen“ respektive „verfassungsrechtlichen“ Rahmenbedingungen aufgebaut,606 innerhalb derer die innerösterreichische Reichspolitik stattfand und – zumindest aus der Perspektive des Grazer Hofes und der Landeshäuser in Graz, Klagenfurt und Laibach betrachtet – mit Aussicht auf Erfolg stattzufinden hatte. Winfried Schulze wies diesbezüglich zurecht darauf hin, dass die „[land] ständische Schutzbehauptung am Reichstag […] über mehrere Wege dazu diente, eine Reichsstandschaft Innerösterreichs anzunehmen“607. Dies implizierte jedoch kein Bestreben nach einer „Quasi-Befähigung der drei Landschaften zur Reichsstandschaft“, wie von Luttenberger behauptet.608 602 Wie in Anm. 611. 603 Vgl. Schild, Beratungsrede (1992), S. 1441–1454, insbes. S. 1441–1442, 1449. 604 Wie in Anm. 613. Siehe auch unten Anm. 623. 605 Siehe Jerše, Die Reichstagsoratorik (2008), S. 126, Anm. 73. 606 Vgl. oben. S. 12, Anm. 10. 607 Schulze, Das Haus Österreich (1972), S. 123. Zum Dilemma der älteren Forschung über die Reichsstandschaft Innerösterreichs siehe Schulze, Das Haus Österreich (1972), S. 122. 608 Luttenberger, Landstände, Kaiser und Reichstag (1988), S. 165, Anm. 11. In diesem Sinne auch Schulze, Das Haus Österreich (1972), S. 123.

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Vielmehr ist darin die Intention zu erkennen, die Reichsstandschaft der innerösterreichischen Länder selbst, die aufgrund der auch nach dem Jahr 1564 vereint gebliebenen Stimmführung Österreichs ausblieb, herzustellen und in die Reichs- und Reichstagsszenerie zu transferieren.609 Der Auftritt der Gesandten im Reichstagsplenum und ihre dort gehaltene Rede waren dafür, wie wir gesehen haben, von grundlegender Bedeutung.610 Trotz der Auslegungspluralität dieser Aktion zeichnete sie sich in zwei Aspekten durch Übereinstimmung aus: Erstens zollte man damit dem fundamentalen Reichsprinzip Schutz und Schirm Respekt, und zweitens wurde der Auftritt der innerösterreichischen Gesandten geradezu als Hochzeit der Reichsstandschaft Innerösterreichs aufgefasst und ihre Oratio vor den versammelten Reichsständen als Substitut für die ausgebliebene innerösterreichische Stimme im Reichsfürstenrat wahrgenommen. Dass die landständischen Repräsentanten Träger dieser in der Tat demonstrativen, symbolischen Stimme waren, ist angesichts der Verfassung des innerösterreichischen „Territorialstaates“ als systemimmanentes Faktum auszulegen. Dem latenten ständisch-fürstlichen Antagonismus zum Trotz und entscheidend gezeichnet von den konfessionspolitischen Divergenzen zwischen dem katholischen Landesfürsten und den mehrheitlich evangelischen Landständen, wurde das politische Handeln in der Steiermark, Kärnten und Krain in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts vom Gedanken des „vertreulichen miteinanderverhandelns“, der concordia schlechthin, geprägt.611 Dieser Gedanke wurde als Ideal der Landesverfassung verstanden, welchem sich sowohl der Landesfürst als auch die Landstände gleichermaßen verpflichtet fühlten. Das concordia-Bewusstsein leitete demnach den innerösterreichischen „Staatsbildungsprozess“ in seinen innenpolitischen612 sowie in seinen reichspolitischen Dimensionen, wie die vorliegende Studie hoffentlich zu zeigen vermochte. Dies änderte sich schrittweise, jedoch entscheidend im Laufe der letzten zwei Dekaden des 16. und schließlich endgültig im ersten Jahrzehnt des 17. Jahrhunderts. Das einander entgegengesetzte konfessionsgeleitete Verständnis der Landesverfassung – das landesfürstliche auf der einen und jenes der Landstände auf der anderen Seite – führte zu anderen Prinzipien des politischen Handelns, was freilich nicht ohne Konsequenzen für die Reichspolitik der Länder, insbesondere für die der Landstände 609 Vgl. Stollberg-Rilinger, Die Zeremonielle Inszenierung (2002), S. 235f. 610 Vgl. Kopperschmidt, Zwischen politischer Rhetorik (1995), S. 7–17, insbes. 12–13. Siehe auch Kopperschmidt, Oratorik (2008), S. 23–44. Helmrath, Der europäische Humanismus (2006), S. 18–48. Siehe auch oben Anm. 608. 611 Dazu siehe Jerše, Glaube, Hoffnung, Herrschaft (2013), wie in Anm. 521. 612 Siehe Schulze, Landesdefension und Staatsbildung (1973), insbes. S. 136f., 243–250.

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blieb. Nichtdestotrotz folgte die konfessionsgeleitete Reichs- beziehungsweise Außenpolitik in Graz, Klagenfurt und Laibach, die zum ersten Mal auf dem Regensburger Reichstag 1576 zum Ausdruck gebracht worden war und in der ersten Dekade des 17. Jahrhunderts ihren Höhepunkt erlangte, denselben Prinzipien, die ihre Reichspolitik in Bezug auf die Türkenhilfe offenlegte: dem innenpolitisch angestrebten Grundsatz des „vertreulichen miteinanderverhandelns“ und der reichsrechtlich in Anspruch genommenen Maxime Schutz und Schirm. Noch einmal bezeugte somit die Reichspolitik der innerösterreichischen Landstände ihre Doppelbödigkeit, zugleich jedoch, wie sich zeigen sollte, ihre doppelte Bodenlosigkeit. Mit ihrem konfessionspolitischen Anliegen konnten sich die Landstände nämlich nicht behaupten. Dennoch blieben sie der zweiköpfigen politischen Agenda treu, die sie zu ihrem Handeln veranlasst hatte, das heißt dem Wesen der Landesverfassung auf der einen und der Reichsverfassung auf den anderen Seite, stets allerdings so geartet, wie sie es in ihrem politischen Geiste wahrnehmen sowie auslegen konnten, und schließlich, wohlgemerkt, wollten.

I. DAS TAGEBUCH DER GESANDTSCHAFT AS, Stan I, Sch. 161, unfol.

Tägliche verrichtung bey dem reichstag zu Regenspurg anno 76. Den ersten tag July sein die herrn gesandten der lande geen Regenspurg ankhomen.1 Volgundts den vierten tag bey dem herrn Trautson2, der khay. Mt. gehaimen rath und oberisten hofmaister, gangen, ime von der lande wegen den grueß und dienst angezaigt und das credenzschreiben uberantwort und gebeten, dise der lande sachen, darumben sy daher geschickht worden, jederzeit in pesstem bevelch zu haben, und gebeten umb audienz bey der khay. Mt. Gleichfals sein sy zu Leonharden von Harrach3, irer Mt. gehaimen rath, khomen, ime gleichermassen der lande grueß und dienst angemelt und das credenzschreiben uberantwort. Dise bede gehaime räth haben bey irer Mt. noch desselben tag umb 4 uhr gegen dem abent bey der khay. Mt. die audienz erlangt.4 Volgundts sein die herrn auch zum reichsvicecanzler doctor Weber5 gangen, ime das credenzschreiben und der lande guetwilligkhait angezaigt. Den fünften tag July haben die herrn den herrn bischove zu Seggau6 auch ersuecht und iren f. G. das schreiben, so die aus Steyer an ime gethan,7 1 2 3 4

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Vgl. Quellen II, Nr. 1, Amman, 8. 7. Hans von Trautson. ADB 38, 519f. Siehe auch Lanzinner, Geheime Räte (1994), S. 298, 305–307, 315. Lanzinner, Geheime Räte (1994), S. 298. Bei der Audienz sprach zuerst Hans F. Hofmann und überreichte dem Kaiser die Gesandtschaftssupplik, anschließend antwortete der Kaiser den Gesandten persönlich. Regenspurgische reichshandlung, fol. 25v f. Siehe oben S. 125f. Lanzinner, Geheime Räte (1994), S. 302, 309. Edel, JOHANN BAPTIST WEBER (1997), S. 1–82. Georg Agricola, Seckauer Bischof in den Jahren 1572 bis 1584, zugleich Administrator des Bistums Lavant. Gulik, Hierarchia Catholica (1923), S. 295. Gams, Series Episcoporum (1873), S. 311. Amon, Agricola, Georg (1996), S. 7–8. Siehe auch Loserth, Salzburg und Steiermark (1905), S. XIII–XXXII. Der Brief, den die Steirer an den Bischof schickten, bleibt leider unbekannt. Angesichts

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ubergeben und gebeten, weil ir G. anstatt des herrn erzbischofs zu Salzburg8 den reichstag abwarten wirdt, das sy auch in einem und dem andern der lande nottdurft alß ein treues mitglidt befürden wölle helfen, wie es dann diser herr bischof in vil weg ganz treulich und würckhlich gethan. Den fünften und sechsten tag July hat man bey der khay. Mt. umb erledigung der supplication starckh angehalten. Und alß herr hofmaister, herr von Trautson, die schriften, so man den reichsständen übergeben solle, in namen der khay. Mt. begert hat, ist es alßbaldt beschehen. Den sibenden July ist nichts gehandlt worden, wegen des Moschcobitters potschaft einritt.9

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der vornehmen Rolle, die der Seckauer Bischof beim Reichstag innehatte, scheint es dennoch wahrscheinlich, dass sich die steirischen Landstände mit ihrem Brief an den Bischof wandten, um ihn zu bitten, er möge der Gesandtschaft bei der Verrichtung ihrer Mission behilflich sein. Vgl. Quellen Nr. II-2, Amman, 8. 7., Post scripta II. und Nr. II-5, Amman, 27. 7. Johann Jakob von Khuen-Belasi, Erzbischof von Salzburg zwischen 1561 und 1586. Gulik, Hierarchia Catholica (1923), S. 291. Gams, Series Episcoporum (1873), S. 307–308. Ortner, Kuen-Belasy, Johann Jakob (1996), 388–390. Siehe auch Loserth, Salzburg und Steiermark (1905), S. IX–XII. Obwohl die „gesandtschaft des Moscoviters“, wie die Gesandtschaft des Zaren die Regenspurgerische reichshandlung bezeichnet, zum Kaiser und nicht zum Reichstag entsandt wurde und nur eine Fortsetzung der in der zweiten Hälfte des sechzehnten Jahrhunderts verdichteten diplomatischen Kontakte zwischen dem kaiserlichen Hof und dem Hof des Zaren beziehungsweise Großfürsten war, dürfte die Ankunft der Gesandtschaft in der Reichstagsstadt doch nicht, wie es Ekkehard Völkl meinte, reiner Zufall gewesen sein. Das Unvermögen Maximilian II., seinen dynastischen Plan in Polen selbst zu verwirklichen, und sein Unvermögen, das Problem der Gebiete des Reiches, die im Livlandkrieg von Iwan IV. besetzt worden waren, selbst zu lösen, dürften diesem bekannt gewesen sein. Die zum Reichstag abgesandte Gesandtschaft ließe sich somit als Demonstration des guten Willens des Moskauer Herrschers auslegen, zugleich aber auch als sein Versuch, die dynastischen und politischen Standpunkte und Absichten des Kaisers zu ergründen, wobei diese beinahe völlig von der Gewogenheit und Hilfe der Reichsstände abhingen. Kaiser Maximilian II. hatte allerdings Ende 1575 seine Gesandten Hans Khobenzl und Daniel Printz zum Zaren entsandt, welche die Unterstützung von Iwan IV. für die Kandidatur von Erzherzog Ernst für den polnischen Thron erwirken und zugleich die Rückgabe der Reichsgebiete fordern sollten. Die Gesandten erreichten die Grenzen Moskoviens im Dezember 1575, der Zar sollte sie jedoch erst im Januar des folgenden Jahres empfangen. Ihre Gesandtschaft war somit, zumindest was Polen betrifft, von Anfang an post festum, denn die Wahl hatte bekanntlich bereits stattgefunden. Doch der Zar und die Gesandten wurden darüber offensichtlich nicht in Kenntnis gesetzt beziehungsweise sie taten, als wüssten sie darüber nicht Bescheid. Iwan IV. hat in Gesprächen mit den Gesandten seine Gewogenheit gegenüber der Kandidatur des Erzherzogs zum Ausdruck gebracht und versprochen, an

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Den achten July ist die erledigung auf die supplication beschehen. Und als ir Mt. der lande schriftliche werbung bey den ständen selbst abgehört, ist dem doctor Weber bevolhen worden, das ers auch in beysein der gesandten secretary Mathesen Ammans ubersehen unnd corrigieren solle, wölches also in gegenwurt des secretary Erstenbergers10 und Ammans beschehen, umb bey drey wort darin verändert worden. Alßvil aber die substanz und petition belangt, har herr canzler vermelt, ir khay. Mt. erachten, das solches begeren den reichsständen zuwider sein werde und khünnens auch nit thuen, dann die Stände des Königreichs Polen zu appellieren, für ihn zu stimmen, doch, wie Khobenzl später geschrieben hat, „mit berüerter Vertröstung und diser Condition, das seiner Gnaden [das heißt dem Zaren beziehungsweise Zarewitsch] Littauen, das Lifland und Churland in alweg verbleibe“. Über diese Forderung nach Aufteilung des polnischen Königreichs und Verzicht auf die Reichsgebiete konnten und durften die Gesandten freilich nicht diskutieren. Die Gesandtschaft endete mit Willensbekundungen beider Seiten, den Kontakt aufrechtzuerhalten. Und in der Tat begleitete Iwan IV. die Abreise der kaiserlichen Gesandten mit seiner Gesandtschaft, die am 7. Juli in Regensburg ankam. Der Empfang war pompös, überaus ambitioniert erschienen zudem die dynastischen Pläne beider Herrscher. Die Moskauer Gesandtschaft wiederholte den Standpunkt Iwans IV., man solle den Erzherzog auf den polnischen Thron heben und das Herzogtum Litauen dem Zarewitsch überlassen. Zugleich hatte der Zar vorgeschlagen, für den Fall, dass der polnische Adel diesem Plan nicht zustimmen sollte, eine Allianz zu bilden, die den Plan mit Gewalt durchsetze. Zu diesem Zweck sollte eine neue Gesandtschaft gebildet und zum Zaren abgesandt werden, um die militärische Intervention in Polen präzise zu erörtern. Bezüglich der livländischen Gebiete wiederholte die Gesandtschaft den bekannten Standpunkt, dass die besetzten Gebiete in den Händen des Moskauer Herrschers, dessen Erbe sie seien, verbleiben müssen. Maximilian II., todkrank, doch in Sachen Polen noch immer sehr engagiert, legte sämtliche Angelegenheiten zunächst den Reichsständen vor. Die Stände berieten darüber, rieten dem Kaiser letztlich von jeglichem militärischen Eingriff in Polen ab und schlugen Verhandlungen mit Báthory vor, in welchen die Kurfürsten von Sachsen und Brandenburg als Vermittler auftreten sollten. Was aber die Gesandtschaft zum Zaren betrifft, über die im Reich bereits längere Zeit nachgedacht wurde und auf deren Agenda sowohl die livländischen Probleme als auch die Bildung einer antitürkischen Allianz standen, so bewilligten die Stände dem Kaiser einen halben Römermonat für die Finanzierung der Gesandtschaft und überließen ihm die Bestellung der Gesandten und die Formulierung ihrer Instruktion, wobei sie sich die Zustimmung zu Letzterer vorbehielten. Über diese Standpunkte und Pläne in Kenntnis gesetzt, verließ die Gesandtschaft des Zaren Regensburg am 17. September. All diese geschmiedeten Pläne wurden allerdings nicht umgesetzt, und sind in die dynastische Geschichte beider Herrscher nur als solche eingegangen. Der Tod Maximilians II. löste die Verwicklungen des Hauses Habsburg mit der polnischen Krone, die Gesandtschaft wurde nie abgesandt, die livländischen Gebiete waren sowohl für das Reich als auch für den Zaren verloren: Als in den Jahren 1582/1583 der Livlandkrieg endete, musste sich Iwan IV., der aus dem Krieg als Verlierer hervorging, aus den Gebieten zurückziehen und sie Schweden und Polen überlassen. Ritter, Deutsche Geschichte (1889), S. 480–483. Moritz, Die Wahl Rudolfs II. (1895), S. 338–339, 389–394. Völkl, Die Beziehungen (1976), S. 7–29. 10 Andreas Erstenberger. Zu Erstenberger siehe Lanzinner, Geheime Räte (1994), S. 305. Westphal, Der Kampf (1975), S. 245–272.

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Das Tagebuch der Gesandtschaft

sy stellen ir bewilligung under ainst und werden khain neue bewilligung der lande wegen fürnemen. Begert derwegen disen punct zu corrigieren. Hat secretary Amman geantwort, er khündte daß für sich selbst nit thuen, dann es ist ain haubtpunct, aber er wölle solches den herrn gesandten fürbringen, wölches alßbaldt beschehen. Darauf herr Jobst Joseph vom Thurn und Amman widerumb zum doctor Weber gangen. Dem ist die gefertigte instruction fürgelegt, das diser haubtpunct der lande höchste notturft sey, das er also einkhome, darauß die herrn gesandten nit schreiten khünnen, mit vermelden, daß man hiever noch zeitlich gnueg eben dise instruction der khay. Mt. von Pruckh auß zugeschickht, und ir Mt. iro dieselbig also gefallen lassen. Bitten derwegen herrn canzler, die sachen der khay. Mt. pesstes fleiß anzubringen, damit disfalß nichts difficultiert werde. Herr canzler begert hernach abschrift des articls auß der instruction sambt dem uberschlag der granitzpeu. Das alles haben die herrn durch den Aman dem canzler umb 1 uhr nachmittag zuegeschickht. Volgundts haben die herrn selbst bey der khay. Mt. umb befürderderung der sachen, und damit man bey den reichsständen audienz erlangen müge, angehalten. Auf solches der herrn gesandten anhalten haben ir khay. Mt. bewilligt, das es also wie es gestellt ist, der begerten absonderlichen hülf halber, bleiben solle.11 11 Der Eintrag in Regenspurgerische reichshandlung unterscheidet sich wenig vom Eintrag im Gesandtschaftstagebuch: „Volgundts hat herr hofvicecanzler D. Weber in gegenwurt und beysein des reichssecretary Erstenbergers und secretari Ammans der lande schriften, so sie den reichsstanden uberantworten sollen, aus bevelch der khay. Mt., uber das sie hievor von der khay. Mt. selbst nach lengs abgehört worden und dann in sonderhait durch die herrn gehaimen räthe, noch ainst durch dem herr D. Weber selbst verlesen und in etlich wenig worten durch ime corrigirt worden, aber an dem lezlich gesanden, wegen der petition der absunderlichen hülfen, hat herr canzler vermeldt, ihr khay. Mt. erachtens, daß solches begern den reichsständen zuwider sein werde und khünnens auch nit thuen, dann sie stellen ir bewilligung unter ainst und werden khain neue bewilligung der lande wegen fürnemen, derwegen hat er begert, disen punct zu corrigiern. Hat Amman darauf geantwort, weil daß ein haubtpunct ist, wölle solches den herrn gesandten anbringen, welches alspalt beschechen. Darüber die herrn herr Jobst Joseph, freyherrn von Thurn, zu den herrn canzler zu gehn erbeten, und dem secretary Amman auch mitgeschickht. Der hat mit mehrern ernenten herrn canzler bericht, auch die gefertigte instruction fürgelegt, daß diser hauptpunct der lande höchste notturft sey, damit er also einkhome, so legt solches die instruction auch auf, daraus die gesandten nit schreiten khünnen, neben vermelden, das die khay. Mt. dise instruction hievor gesehen und ihro dieselbig gefallen lassen, bate derwegen dem herrn vicecanzler, daß er die sachen bey der khay. Mt. zum besten anbringen wölle, damit dizfals nichts difficultirt werde, welches er sich zu thuen erboten. Und hat herr canzler darauf begert abschrift des articls aus der instruction sambt den uberschlag der gräniz-

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Und ist auch alspald dem menzischen canzler12 auß bevelch der khay. Mt. auferlegt worden, das, wann die reichsstände samentlich in versambletem rath zusamenkhomen, der lande gesandten audienz geben solle.13 Alß man nun den neündten July von d. Weber die instruction und gestelte haubtschrift abgefordert, ist den herrn gesandten ain stundt noch desselben tags umb zway uhr nachmittag durch den menzischen canzler ankhündet worden. Alda sein die herrn gesandten zur benennten stundt auf dem rathhauß im grossen saal für die stände des Heiligen Reichs erschinen. Alßdann hat herr Hanß Fridrich Hofman mündtlich ein ausfüerliche sermon gethan und letstlich die schriften ubergeben.14 Darauf, nach genumner underredt, hat der menzischen canzler geantwort.15 Die volgunden tage vom zehenden biß auf den 18. tag July sein die herrn gesandten zu dem churfürsten von Cölln16 und dann zu den andern churfürstlichen gesandten, geistlichen und weltlichen, jeden in sonderhait, bey den losamenten besuecht, inen die credenzschreiben uberantwort und sy daneben gebeu. Das alles haben die herrn durch dem Amman und die gefertigte instruction originaliter dem herrn vicecanzler umb ain uhr nachmittag zuegeschickht. Und haben die herrn volgundts umb drey uhr selbst bey der khay. Mt. umb befürderung der sachen und damit man bey den reichsständen fürderlich audienz bekhumen müge angehalten. […] Auf solches der herrn gesandten starckhs anhalten, haben ihr khay. Mt. bewilligt, daß es bleiben solle mit den begeren der absonderlichen hilfen in der schriften, inmassen es gestelt ist, und haben auch starckhs dem vicecancler bevolchen, den manzischen canzler schriftlich zu ersuechen, und ime zu bevelchen, das er die reichsstände samentlich in versambleten rath zusamenfordere, damit die lande mit ihrer notturft fürkhumen mügen.“ Regenspurgerische reichshandlung, fol. 29r–30r. 12 Dr. Christoph Faber. Siehe Abschiedt der Römischen Kayserlichen Mayestat / vnd gemeyner Stände / auff dem Reichstag zu Regenspurg / Anno Domini M. D. LXXVI. auffgericht. […] Meyntz / durch Franciscum Behem / Anno M.D. LXXVI, fol. 37v. 13 Der Eintrag in Regenspurgerische reichshandlung unterscheidet sich nicht wesentlich von diesem Eintrag, lediglich die Zeitangaben sind genauer: Amman überreichte dem Vizekanzler um ein Uhr nachmittags die beiden Instruktionen, und um drei Uhr wurden die Gesandten vom Kaiser empfangen. Regenspurgerische reichshandlung, fol. 28r–30r. Vgl. Quellen Nr. II-1, Amman Nr. 1, 8. 7. 14 Siehe Regenspurgische reichshandlung, fol. 30r–36r. Siehe auch Protocolum des reichstags, fol. 405v–406r. Protocolum Comitiorum, fol. 50r–51v. 15 Protocolum Comitiorum, fol. 51v. 16 Salentin Graf von Ilsenburg, Erzbischof von Köln und Kurfürst in den Jahren 1573 bis 1577. Gulik, Hierarchia Catholica (1923), S. 172. Siehe auch Ritter, Deutsche Geschichte (1889), S. 473–476.

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umb befürderung angelangt, wölches dann bey andern fürstlichen gesandten und stenden ad partem auch beschehen.17 In bemelten tagen ist nichts sonderlichs beratschlagt, dann der religionarticl fasst agilirt und daneben die andern proponirten articl angestelt worden.18 Alß man nun den 20. July widerumben zu dem articl der türckhenhülf gegriffen, sein die herrn in guetem vertrauen erinndert worden, wohin etwo der beschluß dises articls geen möchte.19 Haben sy derwegen für ain notturft eracht, widerumben ain schriftliche anmanung an die reichsstände underschidlich im churfürsten, fürsten, also auch der reich und freystetträth zu übergeben, wölches alles schriftlich und mündtlich bey jedem rath durch den herrn Ungnaden, in abwesen des herrn Hoffmans20, beschehen.21 Hernach den 24. July, alß man in vertrauen erinnerung empfangen, die bewilligung mochte dahin khomen, das man alles irer Mt. haimstöllen wölle und sy solle mit irer f. D. der abthailung halber vergleichen22, haben die herrn nit underlassen, nochmallen bey den chur und fürstlichen gesandten in versambleten rath jeden standt in sonderhait mündtlich und schriftlich zu ermanen und zu bitten.23 17 Die Regenspurgerische reichshandlung beschreibt lediglich die Audienzen, die die Gesandten beim Kölner Kurfürsten und bei den Gesandtschaften der Kurfürsten absolvierten. Der Kölner Kurfürst und die Gesandten des Mainzer Erzbischofs wurden am 10. Juli von den Gesandten besucht, am folgenden Tag besuchten sie noch die Gesandten der Kurfürsten von Sachsen, Pfalz, Trier und Brandenburg. Regenspurgerische reichshandlung, fol. 46v f. 18 Vgl. Moritz, Die Wahl Rudolfs II. (1895), S. 310–330. Vgl. auch Quellen II, Nr. 4, Amman, 14. 7. 19 Die Debatte über die Türkenhilfe wurde am 12. Juli unterbrochen und am 17. Juli wieder fortgesetzt. Protocolum des reichstags, fol. 409v–418r. Siehe auch Moritz, Die Wahl Rudolfs II. (1895), S. 328f. 20 Über die Gründe für die Abwesenheit von Hans Friedrich Hofmann wird uns weder von Matthes Amman noch von der Regenspurgerische reichshandlung berichtet. 21 An diesem Tag um zwei Uhr nachmittags besuchten die Gesandten die Gesandtschaft des Mainzer Kurfürsten, zwei Stunden später wurden sie bei der Sitzung des Städterates empfangen. Die von der Regenspurgerischen reichshandlung erwähnte Supplik übergaben sie einen Tag darauf, am 21. Juli, an die Reichsstände. Damals wurden den Mainzer Gesandten zwei Schreiben überreicht, und zwar eine Schrift, gerichtet an den Kurfürsten, sowie ein an Erzherzog Karl adressierter Brief, der von Türkeneinfällen sprach. Der Fürstenrat diskutierte damals über die Verteilung der Reichshilfe zwischen dem Kaiser und beiden Erzherzögen, Erzherzog Karl und Erzherzog Ferdinand. Regenspurgerische reichshandlung, fol. 55r f. Vgl. Protocolum Comitiorum, fol. 65v–66r. Protocolum des reichstags, fol. 418v–419r. 22 Siehe Protocolum Comitiorum, fol. 69v–71r. 23 Siehe Protocolum des reichstags, fol. 423r–424r.

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Die stände haben vom 24. biß auf den 28. July etliche beratschlagte articl, darundter die türckhenhülf auch gewesen, conferirt stellen lassen und abgehört.24 Dise tag haben ir khay. Mt. moschcowitische und polnische sachen den reichsstanden zu beratschlagen fürtragen lassen.25 Den 28. July ist erzherzog Ferdinandt ankhumen und haben die herrn gesandten die schriften an ir f. D. gestelt dem herrn von Harrach ubergeben, daß er es irer Mt. zu übersehen fürbringen und hernach irer Mt. allergenedigist bedenckhen inen widerumben anzaigen wölle, wölches also beschehen, und ist die schrift in ainen punct etwas verandert worden, darin man vermelt hat (daß bißher auß des reichshülfen nichts auf dise gränizen hergeben worden).26 Alßdann haben die herrn gesandten alspalds bey irer f. D. umb audienz angehalten. Den lezten July umb 7 uhr vormittags haben die herrn audienz erlangt.27 Desselben tags haben die herrn auch ein supplication der khay. Mt ubergeben,28 darauf 24 Siehe Protocolum des reichstags, fol. 425r. Vgl. Amman Nr. 5, 27. 7. Siehe auch Moritz, Die Wahl Rudolfs II. (1895), S. 328f. 25 Über die Ankunft der Moskauer Gesandtschaft wurde der Reichstag am 18. Juli formal unterrichtet, zwei Tage darauf wurden im Kurfürstenrat die Beglaubigungsschreiben der Gesandten des Zaren und ein an den Kaiser gerichtetes Memorandum von Iwan IV. vorgelesen. Um ihre Meinung zu den polnischen Angelegenheiten hatte der Kaiser zwar schon am 25. Juni die Kurfürsten von Sachsen und Brandenburg sowie den Herzog von Bayern gebeten, dem Reichstag wurden die Angelegenheiten in der Tat erst am 28. Juli vorgestellt. Die beiden Kurfürsten und der Herzog von Bayern wandten sich Mitte August mit einem gemeinsamen Brief an den Kaiser, in dem sie ihm vom Krieg abrieten und Verhandlungen empfahlen, die entweder vom päpstlichen Legaten oder einem der angeseheneren Reichsfürsten zu führen wären, und sie rieten ihm, möglichst schnell die Meinung der anderen Reichsstände einzuholen. Der Kurfürstenrat und der Ausschuss des Fürstenrates begannen die Sache am 28. August zu behandeln, und in den folgenden Tagen einigten sich die Stände auf den Standpunkt, dem Kaiser vom Krieg abzuraten und ihm Verhandlungen zu empfehlen. Die Stände schlugen zugleich bereits den Kompromiss vor, der mit den Verhandlungen zu erreichen wäre: Den polnischen Thron sollten nach dem Tode von Báthory entweder Maximilian II. oder Erzherzog Ernst besteigen. Moritz, Die Wahl Rudolfs II. (1895), S. 339, 391–393. Völkl, Die Beziehungen (1976), S. 23. 26 Siehe Regenspurgische reichshandlung, fol. 67v–72v. 27 Regenspurgische reichshandlung, fol. 62r. 28 Die Regenspurgerische reichshandlung berichtet nicht von der Audienz beim Kaiser am 31. Juli, sie enthält aber eine weitere Supplik, die von den Gesandten an den Kaiser gerichtet und dem Kaiser an jenem Tag auch überreicht wurde, auf die der Kaiser jedoch nur mündlich antwortete. Regenspurgerische reichshandlung, fol. 67r–67v.

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Das Tagebuch der Gesandtschaft

Den ersten Augusti sein die herrn gesandten zum herrn von Schwendi29 erfordert und mit inen des uberschlags halber von wegen fürsehung windischer und crabatischen granizen conferirt. Dise obbemelte tage sein zu etlichmallen schreiben an ir f. D. und die lande uberschickht worden, von dannen wider antwort ervolgt, alles das kriegswesen und fursehung betreffendt.30 Den anderen Augusti ist von erzherzog Ferdinanden ein antwort ervolgt.31 Alßdann ir f. D. auch uberraist ist. Den 5. Augusti ist herrn grafen vom Thurn, statthalter zu Ynnspruckh, geschriben worden, daß er bei erzherzog Ferdinanden die sachen zum pesten befürdern und antwort heraußbringen wölle.32 Den 6. Augusti ist ein schreiben vom herrn landtshaubtman und verordneten khommen, neben eingeschlossenen schreiben des Banffi, darin vermelt ist, das der Türckh ein grossen einfall biß auf 3 meil von Rackherspurg gethan, vil leüth und viech hinweckhgetriben.33 Das alles haben die herrn gesandte der khay. Mt. sambt einer gehorsamisten supplication furgebracht. Den 7. Augusti, nachdem der erzbischove zu Salzburg auch persondlich alherkhomen, haben die herrn gesandten audienz erlangt und ire werbung in namen der lande schriftlich ubergeben. Alß nun dise tage fürüber die reichsstände ir relation in etlichen articl, darundter die türckhenhülf gewesen, der khay. Mt. ubergeben, haben ir khay. Mt. den 9 Augusti ein starckhe replicschriften in dem articl die türckhenhülf belangent den reichsstanden ubergeben, neben außthailung und verfassung eines uberschlags, wie noch die granizen zu friedenszeiten merers besterckht sollen werden, item was auf gepeu, munition und profiandt vonnötten. Darauf haben die herrn gesandten auch ein khurze replicen und anmeldung an die reichsstande stellen lassen, aber ir Mt. erstlich solches nit zugeben wöllen, daß sy es uberantworten sollen. Jedoch so haben die gesandten 29 Lazarus von Schwendi. Zu Schwendis Rolle beim Reichstag siehe oben S. 125f. 30 Die Gesandten schrieben am 24. Juli an Erzherzog Karl, an demselben Tag aber auch an den Landeshauptmann und die Verordneten der Steiermark sowie an die Verordneten von Kärnten und Krain. Erzherzog Karl antwortete der Gesandtschaft mit seinem am 29. Juli in Wien geschriebenen Brief. Siehe Regenspurgerische reichshandlung, fol. 58r f. 31 Siehe Regenspurgerische reichshandlung, fol. 73r–73v. 32 Siehe auch Regenspurgerische reichshandlung, fol. 77v–78r. 33 Siehe Regenspurgerische reichshandlung, fol. 80v.

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bey dem herrn von Harrach angehalten, ime die gestellte schrift ubergeben, das ers ir Mt. fürbringen sollte. Und weil es gar nichts wider ir Mt., sondern nur allerhandt befürderung verursachen werde, hat man gebeten, ir Mt. wölle es alle rgenedigist zulassen. Das ist volgendts in gehaimer rath verlesen und haben ir Mt. in dreyen worten die correctur selbst gethan und dann zu übergeben bevolhen. Den zwelfen Augusti haben die gesandten ein khurzes schriftl an die khay. Mt. gestellt und ubergeben.34 Den 13. Augusti hat doctor Weber in gegenwurt der herrn gesandten auß bevelch der khay. Mt. solche supplication oder schriftl dem menzischen canzler zuegestellt und ime angezaigt, daß er der lande replicschriften neben irer Mt. replica den reichsstenden fürzubringen, dessen er sich guetwillig zu thuen erboten. In volgunden tagen haben die reichsstände andere articl beratschlagt und die replicschriften zuruckht iren herrn und obern geschickht.35 34 Die Abschrift in Regenspurgerische reichshandlung trägt keine Orts- und Datumsangabe, der Redakteur nennt den 11. August. Regenspurgerische reichshandlung, fol. 113r. 35 Nachdem sie dem Kaiser ihre Replik zur Reichshilfe übergeben hatten, diskutierten die Reichsstände in den letzten zwei Tagen des Monats Juli zuerst über Möglichkeiten der Restitution der Gebiete, die das Reich in den Livlandkriegen verloren hatte und in diesem Zusammenhang auch über die Gesandtschaft des Reiches beim Moskauer Großfürsten. Davon wurde in dieser Studie bereits anderenorts ausführlich gesprochen, wie auch von den Angelegenheiten des Kaisers in Polen, worüber die Reichsstände Anfang August erneut zu diskutieren versuchten. Doch weil die Gesandten einiger Reichsstände zu diesem Punkt zusätzliche Instruktionen ihrer Herren einholen mussten, wurde die Diskussion auf einen späteren Zeitpunkt aufgeschoben. Sehr ausführlich war darüber hinaus die Diskussion über die Frage des Reichsfriedens und des Vermögens des Reiches, Frieden zu gewährleisten. Es handelte sich um die Frage einer leistungsfähigen Reichsarmee, die sich einem allfälligen Friedensstörer erfolgreich würde widersetzen können, und um die Frage der Kontrolle über die Anwerbungen von Kriegsvolk, die im Reich von fremden Fürsten durchgeführt wurden. Die Fragen waren eng miteinander verzahnt. Bereits am Frankfurter Reichsdeputationstag 1569 und danach am Reichstag zu Speyer 1570 hatten die Reichsstände und der Kaiser sie zu lösen versucht, doch beide Male ohne Erfolg. Dem Reichstag zu Speyer legte Maximilian II. einen ambitionierten Plan aus der Feder von Lazarus von Schwendi über die Aufstellung eines starken Reichsheers vor, welchem der Kaiser vorstehen sollte. Die Reichsstände jedoch wiesen den Plan zurück und der Kaiser legte daraufhin keine weiteren Vorschläge mehr vor. Die beiden Fragen blieben dennoch aktuell. Die Kriege in Frankreich und in den Niederlanden blieben nämlich nicht hinter den Grenzen des Reiches, wo auch nicht all jenes blieb, weswegen die Kriege gefochten wurden, also die religionspolitischen Antagonismen. So war der Pfälzer Hof etwa der Meinung, die französischen Religionskriege und der niederländische Widerstand seien keine

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Das Tagebuch der Gesandtschaft

Also haben die khay. Mt. den 20. Augusti doctor Fickhhauser36 zum churfürsten Saxen und Brandenburg, herr Ludwig Ungnaden und Ilssing37 zum churfürsten Menz, Trier und Phalzgrafen mit der replic geschickht.38 Hiezwischen vom 20. biß auf den 30. Augusti haben die herrn den landen Steyr, Khärndten und Crain,39 Item an herr Wolffen Maxlrainer, bayrischen hofmarschalckh, An erzherzog Ferdinanden40, ein anmanung schreiben lassen.

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rein französische Sache beziehungsweise die Angelegenheit der Provinzen, sie würden vielmehr auch die deutschen Protestanten betreffen, die Kurie ihrerseits bemühte sich, den Kaiser zu einer Intervention in den Niederlanden zu bewegen. Der Prinz von Oranje sowie die Provinzen Holland und Seeland schickten zudem einen Gesandten nach Regensburg, der dem Reichstag vorschlug, das Reich möge die beiden Provinzen in Schutz nehmen. Dies sollte zur Lösung ihrer Auseinandersetzung mit dem spanischen Hof wesentlich beitragen. Die Überzeugung der Mehrheit der deutschen Fürsten, die Aufrechterhaltung selbstständiger und vom Reich unabhängiger Kontakte mit fremden Fürsten sei ihr Recht, gegründet auf ihrer „deutschen Freiheit“, zugleich aber ihre Zurückhaltung gegenüber Eingriffen des Reiches im Ausland, sei es in Form von militärischen oder diplomatischen Unterfangen, bedeuteten natürlich, dass die Auseinandersetzungen auf fremdem Boden leicht auf den deutschen Boden überspringen konnten, und dies umso mehr, weil sowohl die französischen Hugenotten und die niederländischen Rebellen als auch der französische und der spanische König militärische Verstärkungen unter deutschen Söldnern suchten. Diese wussten sich allerdings, wenn ihre jeweiligen Herren ihre Dienste nicht rechtzeitig und im erwarteten Maße bezahlten, selber schadlos zu halten und zeigten sich wenig wählerisch, wenn es um das französische, niederländische, deutsche, katholische oder protestantische Gut ging. Der Reichstag zu Regensburg vermochte trotz solcher Umstände, ja Zwänge, die beiden erwähnten Fragen nicht zu lösen: Die Reichsstände unterstützten die Idee einer Gesandtschaft des Kaisers zum spanischen König, sie beschlossen ferner, dass der Kaiser von Anwerbungen von Söldnern in Kenntnis zu setzen sei, dass jedoch seine Zustimmung dazu nicht eingeholt werden müsse. Dem Kaiser wurde die Bestrafung jener überlassen, die gegen den Frieden und die Reichstagsbeschlüsse verstoßen würden, was jedoch dem Beschluss gleichkam, solche Verstöße nicht zu ahnden. Der Reichstag diskutierte zwar noch über den juridischen und monetären Punkt der kaiserlichen Proposition in dieser Angelegenheit, doch das Hauptaugenmerk der versammelten Stände und Ständegesandten war Ende des Monats August auf die Entscheidung zur Türkenhilfe und auf die Lösung der Religionsfragen gerichtet. Ritter, Deutsche Geschichte (1889), S. 508f. Moritz, Die Wahl Rudolfs II. (1895), S. 343f. Sigmund Vieheuser. Johann Achilles Illsung. ADB 26, 34–35. Siehe oben S. 101f. Regenspurgerische reichshandlung, fol. 114v f. Die Gesandten schrieben dem bayerischen Hofmarschall Wolf Maxlrainer am 22. August. Der Marschall antwortete ihnen am 26. August. Regenspurgerische reichshandlung, fol. 118r, 120r. An Erzherzog Ferdinand schrieben die Gesandten wieder am 27. August und am selben Tag auch an seinen Stellvertreter Georg Graf von Thurn. Siehe Regenspurgerische reichshandlung, fol. 119r–119v.

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Und weil hiezwischen in den articl die türckhenhülf belangendt nichts gehandlet worden biß die gesandten von den churfürsten widerkhomen, ist herr Hofman den letsten Augusti nach Pamberg geraisst und alle gelegenhait erforscht, ob und wie man die werbung an dem bischove zu Bamberg und teütschmaister fürbringen möchte. Den 9. September haben die herrn gesandten im rath befunden, weil Bamberg unnd Freysing sich in versambleten reichstag hoch unnd fest beclagt, irer grossen obligenden schulden und bey den reichsständen in sonderhait angehalten, das man irer mit der anlag verschonen sollte, also auch weil die khay. Mt. und reichsstende an hochmaister Teütscher Ritterordens ein sonderbares neues begeren stellen, wegen anrichtung des neuen ritterordens an der frontier des Ungerlandts zu halten. So haben die herrn gesandten, weil es ir khay. Mt. sonderlich allergenedigst also bevolhen, ire werbung bey obbemelten fürsten eingestelt. Den 20. September haben die herrn abermalß ein schriftliche anmanung an die churfürstliche gesandten stellen und den menzischen canzler durch den Amman antworten lassen.41 Den 26. an ir f. D. und den hofkriegsräten ein schreiben zuegeschickht wegen der austailung, das es also, wie es ir Mt. alhie stellen, lassen.42 Den 29. Septembris haben die reichsständen die antwort auf irer Mt. replicschriften ubergeben43 und hat der menzische canzler den herrn gesandten davon ein glaubwirdig abschrift zuekhommen lassen. Wiewol die herrn starckh durch den Amman bey dem meinzischen canzler anhalten haben lassen, damit den herrn von den reichsstanden ein absonderliche antwort ervolgen möchte, darauf er disen bericht gegeben, die reichsständen haben sich diser antwort also entschlossen und für unnoth geacht, das man den herrn gesandten absonderliche antwort geben solte. Es sey auch bey den reichsstanden dizorts nit im brauch, nebendem man der khay. Mt. lauter gnueg zu versteen geben, daß solche ansehenliche bewilligung allen granitzen gegen dem erbfeind zum pessten beschehen sey, und derwegen ir Mt. dieselbigen granizen auch allergenedigst bedenckhen solle, das sy es empfindtlich geniessen mügen, wie dann solches alles im reichsabschidt lauter eingefüert und verleibt solle werden, daran die landschaften 41 Siehe Regenspurgerische reichshandlung, fol. 122v. 42 Siehe Regenspurgerische reichshandlung, fol. 121v–122r. 43 Siehe Regenspurgerische reichshandlung, fol. 123r–124r. Siehe auch oben S. 103f.

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Das Tagebuch der Gesandtschaft

vil mer als an einer blossen antwort benüegig sein solle, dann die khay. Mt. selbst mit irer fertigung bekhennen wirdt, daß sy solches alles volziehen, und wie es beschlossen gewislich also halten wölle. So sindt auch die reichsabschiedt also creftig, das alles, das was darein eingeleibt ist, pro lege zu halten sey. Wann es sych auch begäbe, daß ir Mt. hiezwischen gar mit todt abgieng (wölches der almechtig Gott verhüten wölle), so mueß doch der beschluß inhalt des reichsabschidt von nächst angeenden regiernden khaiser in alweg fest und steüf gehalten werden. Lezlich ist canzler in namen der herrn gesandten angesprochen und gebeten worden, das er in stellung des reichsabschidt diser lande treulich in gedenckh sein wölle, wölches zu thuen er sich ganz willig erboten. Den ersten October haben die herrn gesandten bey der khay. Mt. umb absonderliche abthailung angehalten, 44 aber ir Mt. sein dise tag fürüber ser schwach worden. Den 5. October haben ir Mt. die lezte schrift und danckhsagung in dem articl die türckhenhilf belangent den reichsstenden ubergeben.45 Den 9. October haben die herrn umb audienz bey den reichsständen angehalten. Ist inen ain stundt benennt. Und sein den 10. October die herrn für die reichsstände in versambleten rath khommen, alda herr Hofman die danckhsagung mündtlich gethan, und hernach dieselbig schriftlich auch ubergeben.46 Den 12. Octobris umb 7 uhr vormittags ist der reichsabschidt in gegenwurt des romischen khünigs Rudolphi und der reichsstände gesandten und potschaften, auch sonst einer grossen anzal allerley volckhs auf dem rathhauß publiciert und verlesen worden. Alda anfangs d. Weber ein khurze sermon gethan und irer khay. Mt. schwachhait angemelt, das sy nit, wie sy sonst disen reichstag glückhlich und wol angefangen, also auch mit irer persondlichen gegenwurt, wie sy es gern gethan wolten haben, beschliessen khündten, jedoch was sich ir khay. Mt. mit den reichsständen und derselben gesandten und potschaften einhellig und aufrecht verglichen, das sey in abschidt begriffen, das soll irer Mt. thails sowol alß der stände thails treulich 44 Siehe Regenspurgerische reichshandlung, fol. 110r–112v. 45 Siehe Regenspurgerische reichshandlung, fol. 126r–128r. 46 Regenspurgerische reichshandlung, fol. 128r f. Siehe auch Protocolum Comitiorum, fol. 207r. Protocolum des reichstags, fol. 499v.

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und fest gehalten werden. Hernach hat der menzische canzler angefangen zu lesen.47 Nach verlesnem abschidt haben die khü. Mt. auch ein khurze danckhsagung mündtlich gethan und volgendts vom rathauß biß in derselben losament von inen, den reichsständen gesandten, belaitet worden. Baldt hernach ist die betrüebte zeitung khomen, daß die khay. Mt. zwischen 9 und 10 uhr vormittags und, wie man die zeit conferirt, gleich alß menzische canzler den ganzen reichsabschidt verlesen hatte und zu beschluß an die fertigung khomen, alda man der reichsstände gesandten und potschaften namen anfengt zu lesen, von disem jamerthal abgefordert, in Gott entschlafen und sein leben christlich geendet. Und wie sich meniglich dises publicierten reichsabschiedts erfreüet hat, Also ist hernach wegen dises fromen khaisers todtlichen abgangs ein grosse clag und betrüebnuß bey meniglichen hoch und niderstandts in der ganzen statt gesehen und gehört worden.48 Den 15. October haben die herrn gesandten ein supplication und erhollung der beschlossnen handlungen, dise lande und die windisch und crabatisch granizen belangendt, der khay. Mt. Rudolpho dem andern ubergeben und den abschidt von irer Mt. genumen. Was aber sonsten mündtlich und schriftlich der khay. Mt., derselben gehaimen räthen, item den reichsstanden in irer aller versamblung oder bey jedem standt ansonderlich, also auch bey den chur und fürstlichen gesandten in sonderhait in namen der lande angebracht worden, und was entgegen für beschaidt und antwort mündtlich und schriftlich jederzeit ervolgt ist, und was auch sonst beynebens in andern hochwichtigen articln berathschlagt worden, das alles ist in drey underschidliche grosse prothocol von wort zu wort eingeschriben und solle ainem jedem landt, undter der herrn gesandten fertigung, zuegeschickht werden.49 Den 19. tag October hat man die khay. Mt. hochloblichster gedächtnuß auß derselbigen zimer in ain khlaine capellen neben der thaimbkürchen condu47 Vgl. Protocolum des reichstags, 499v. 48 Zu Krankheit, dem Sterben und letzlich zum Tod, den anschließenden Leichenzügen und letztendlich der Beisetzung von Kaiser Maximilian II. siehe den „Bericht über die Krankheit und den Tod Maximilian’s II., erstattet an Philipp II. den 13. October 1576 vom Marquis d’Almazan, seinem Gesandten am Wiener Hofe“, in: Koch, Quellen zur Geschichte (1871), S. 101–107. Siehe auch Becker, Die letzten Tage (1877). Senfelder, Kaiser Maximilian’s II. letzte Lebensjahre (1898). Vocelka, Die Begräbnisfeierlichkeiten (1976), S. 105– 136. 49 Siehe oben S. 25–26.

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Das Tagebuch der Gesandtschaft

ciert, darbey allain di khay. Mt. sambt derselben baiden gebrüedern erzherzog Mathias und Maximilian, beyneben maistesthails hofgesindt gewessen. Und die herrn gesandten haben neben irer Mt. seligisster gedächtnuß camerer, ansehenlicher und räthen die leich biß in di capellen tragen, die andern aber mit windtlichtern vor und nebenher gangen. 50 Den 22. tag October haben wir gegen dem erzherzog von Bayrn51, vermüg unser instruction, die werbung mündtlich und schriftlich anbracht und unß alßdann des andern tags zu sich beschaiden. Den 23. tag hat unß ir f. G. ain mündtlichen beschaidt geben, aber wir haben ir f. G. umb schriftlichen beschaidt gehorsamist angelangt und gebeten, wölcher unß noch denselben abendt, da wir bey im zu nacht gessen, nach dem nachtmal uberanwort worden. Den 25. tag haben wir ir f. G. ain schrift und verantwortung unser, der gesandten ungöttlichen beschuldigung, under unser handtschrift und petschaft, seinem canzler uberraicht und zuegestellt.52 An bemelten 25. tag sein wir beym herrn bischof von Salzburg gewesst, urlaubt von im genommen, und umb beschaidt angehallten, der sich denselben zu geben mit ehisten bewilligt, mit vermelden, daß wir, gesandten, denen landtschaften, davon wir abgesandt sein, ganz freündtlich und guetwillig dienst anzaigen und vermelden sollen.

50 Die „Windlichter“, die Fackeln also, waren, wie in einem der Hofberichte über die Begräbnisfeierlichkeiten zu lesen ist, nicht unwichtig: „Dem Stat-Rath hat man Windlichter nach gebrauch austaillen, die er aber irer Religion halben nit annember wellen, sonder dafür gebetten. Also seyen die Windlichter allein der kais. Majestät Kaiserin und fürstlichen Durchlauchten Rath und Hofgesindt, der Clerisey aber und der capellen jeder person ain waxene kherzen brinende gegeben worden.“ Der Stadtrat von Regensburg, der offensichtlich aus Protestanten bestand, lehnte also das Tragen von Fackeln ab: An einem Leichenzug, der nach dem alten Brauch, das heißt nach dem katholischen Ritus, zu verfahren hatte beziehungsweise zumindest katholisch intoniert werden sollte, wollten die regensburgischen Stadträte offensichtlich nicht teilnehmen. Zugleich wollten sie aber nicht völlig darauf verzichten. Und damit beides möglich wäre, die Teilnahme am Leichenzug und die Nichtteilnahme an der Begräbniszeremonie, musste eine diskrete Distanz hergestellt werden. Die Protestanten brachten dies zustande, indem sie das Tragen von Fackeln ablehnten. Darüber berichtet der Protokollist des Gesandtschaftstagebuchs leider nicht ausführlicher. Das muss nicht überraschen, denn er war in seinen Beschreibungen oder Erwähnungen der religionsbezogenen Ereignisse beim Reichstag stets sehr zurückhaltend und beherrscht. Über die möglichen Gründe dafür siehe unten S. 168f. Zitate aus Becker, Die letzten Tage (1877), S. 32. 51 Das Wort „erzherzog“ durfte wohl ein lapsus calami des Verfassers gewesen sein. 52 Siehe oben S. 169f.

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Den 27. haben wir von ir Mt. urlaub genommen und ain supplication uberantwort, daneben alle drey landt gehorsamblich und zum bessten bevehlen, mit fernern vermelden, sy werden on zweifl ir f. D. erzherzog Carl zu Osterreich in kurzen durch schreiben und abgesandte gehorsambist ersuchen, damit die reichshilf, inmassen sy von den stenden bewilligt, wie es die khay. Mt. hochlöblichister gedachtnuß den standen uberraicht und fürbracht, auf der crabatischen und windischen gränizen also ins werckh richten, dann wir diser bewilligung nit die wenigist ursach gewesst sein. Darauf ir khay. Mt. unß beantwort, ir Mt. die wolten dem ehisten hierüber ain stattliche beratschlagung halten und der notturft noch alsvil müglich, eben sowol die crabatisch und windisch graniz sterckhen und versehen alß die andern. Und daß wir also die sachen zum pessten bey den reichsständen befürdert hetten, daß wissen ir khay. Mt. selbst woll. Sy bedanckhen sich auch solches gegen unß und wöllens gegen den landen und unß mit g. erkhennen und bedenckhen. Darauf haben wir also von ir Mt. unsern abschidt genommen und volgundts in Gottes namen den 29, daß ist am Montag, jetreder heimzogen und ich meinen weg nach Linz genommen.

EXKURS. WER MAG „ICH“ SEIN? DIE FRAGE NACH DEM VERFASSER

Das Gesandtschaftstagebuch befindet sich wahrscheinlich lediglich im Archiv der Krainer Landstände, das im Slowenischen Staatsarchiv in Laibach aufbewahrt wird. Da die Archivalien des Kärntner Ständearchivs durch Brände zum Teil zerstört wurden und der Rest sorgsam verzeichnet wurde, kann ein allfälliger Fund im Kärntner Landesarchiv ausgeschlossen werden. Aus den weiter unten dargelegten Gründen lässt sich dies bezüglich der Archivalien im Steiermärkischen Landesarchiv nicht behaupten. Das Tagebuch ist in zwei Ausfertigungen beziehungsweise zwei Fassungen erhalten. Die eine trägt die Überschrift Tägliche verrichtung bey dem reichstag zu Regenspurg anno 76. Es handelt sich um ein dünnes Bündel von sechzehn voll geschriebenen Seiten im Format 320 x 220 mm. Die zweite Fassung trägt die Überschrift Tagliche verrichtung bey dem reichstag zu Regenspurg anno 76 und gleicht ihrer Form und ihrem Inhalt nach der ersten, sie unterscheidet sich jedoch von ihr in Schrift und Länge, denn sie umfasst nur vierzehn Seiten. Die Tägliche verrichtung endet somit am 29. Oktober, die Tagliche verrichtung dagegen zehn Tage früher, am 19. Oktober. Die Niederschrift in dieser Fassung endet mit folgendem Satz: Den 19 tag October hat man die khay. Mt. hochloblichster gedächtnuß auß derselbigen zimer in ain khlaine capellen neben der thaimbkürchen conduciert, darbey allain di khay. Mt. sambt derselben baiden gebrüedern erzherzog Mathias und Maximilian, beyneben maistesthails hofgesindt gewessen. Und die herrn gesandten haben neben irer Mt. seligisster gedächtnuß camerer, ansehenlicher und räthen die leich biß in di capellen tragen, die andern aber mit windtlichtern vor und nebenher gangen etc.

Die Tägliche verrichtung beendet diesen Satz nicht mit etc., sondern setzt mit dem Eintrag des 22. Oktober fort. Den 22 tag October haben wir gegen dem erzherzog von Bayrn, vermüg unser instruction, die werbung mündtlich und schriftlich anbracht und unß alßdann des andern tags zu sich beschaiden.

Diesem Eintrag folgen Einträge zum Geschehen am 23., 25. und 27. Oktober und letztlich der Satz:

Wer mag „ich“ sein?

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Darauf haben wir also von ir Mt. unsern abschidt genommen und volgundts in Gottes namen den 29, daß ist am Montag, jetreder heimzogen und ich meinen weg nach Linz genommen.

Bei diesem letzten Satz, wenn nicht schon früher, muss sich der Leser fragen, wer denn „ich“ ist, das heißt, wer der Verfasser des Gesandtschaftstagebuches ist. Weiters muss man sich fragen, wer „jetweder“ ist, jedweder der beiden, wer ist der Verfasser des Tagebuchs und wer sein Gesandtschaftsgefährte? Doch das Tagebuch trägt keine Unterschrift und der Wortlaut deutet nicht auf den Verfasser hin, jedenfalls nicht auf den ersten Blick. Auch in der von den Gesandten und Matthes Amman mit den Landesbehörden und dem Landesfürsten geführten Korrespondenz sind keine Hinweise auf das Tagebuch zu finden. Es scheint also, als ob der Verfasser keine Spuren hinterlassen habe. Bei genauerem Hinsehen zeigt sich jedoch, dass dies nicht der Fall ist. Im Eintrag des 22. Oktobers verwendet der Verfasser zum ersten Mal das Wort „wir“. In allen Einträgen zuvor, sowohl in Tagliche verrichtung als auch in Tägliche verrichtung, ist von den „herrn gesandten“ die Rede. In allen Einträgen danach, freilich nur in Tägliche verrichtung, steht ausschließlich das Wort „wir“. Die Frage, die sich nun aufdrängt, lautet: Warum diese Änderung? Warum die Wende von den „herrn gesandten“, von der 3. Pers. Pl. zur 1. Pers. Pl., und letztlich zur 1. Pers. Sing.? Warum geschieht dies gerade zwischen dem 19. und dem 22. Oktober? Warum endet die Tagliche verrichtung ausgerechnet am 19. Oktober? Wer sind diese „wir“? Und wer ist es, der die „herrn gesandten“ beobachtet und begleitet, der den Herzog von Bayern, gemeinsam mit den anderen besucht „vermüg unser instruction“? Wer ist es, der letztlich, möglicherweise anders als sein Gefährte, nach Linz geht? Wer ist „jetweder“? Und wer ist „ich“? Da die Gesandtschaftsinstruktion an Hans Friedrich Hofmann, Ludwig Ungnad und Jobst Joseph Thurn gerichtet ist, ist der Verfasser unter ihnen zu suchen. Es kann sich aber auch um zwei Autoren handeln: bis 19. Oktober handelt es sich um eine Person, die kein Gesandter ist und die die Verrichtungen der Gesandten notiert. Am 22. Oktober wird dieser Schreiber durch einen anderen abgelöst, durch einen der Gesandten. Doch wiederum, wer sind die beiden Verfasser? Wer ist der Verfasser, der Gesandter ist, und wer ist der Verfasser, der es nicht ist? Neben den Gesandten befindet sich nur noch Matthes Amman in Regensburg. Setzen wir also voraus, dass Matthes Amman der Verfasser der Tagebucheinträge bis zum 19. Oktober ist. Amman würde, wenn er die „herrn gesandten“ beobachtete, die 3. Pers. Pl. verwenden und würde, wenn er über sich spräche, die 3. Pers. Sing. verwenden: „Und als ir Mt. der lande schriftliche werbung bey den ständen selbst

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angehört, ist dem doctor Weber bevolhen worden, das ers in beysein der gesandten secretary Mathesen Amman ubersehen und corrigieren solle.“ Die Annahme hilft uns, wie wir sehen, nicht weiter, denn es bleibt bei der Vermutung. Setzen wir aber voraus, dass Amman der Verfasser des gesamten Tagebuchs ist. Amman würde am 22. Oktober schreiben „wir […] vermüg unser instruction“. Das wäre offensichtlich eine Erhebung über die eigene formelle Stellung. Amman war eben nur Sekretär. Des Sekretärs Erhebung der eigenen formellen Stellung wäre also entweder Eitelkeit oder Ignoranz; einem Sekretär stehen wohl nur Fleiß und Sorgfalt gut zu Gesicht, Eigenschaften, die Amman in hohem Maß besaß. Diesmal wäre er etwas nachlässiger: „Den 22 tag October haben wir gegen dem erzherzog von Bayrn vermüg unser instruction die werbung mündtlich und schrifftlich anbracht.“ Amman wusste natürlich, dass der Bayer Herzog war, und das Wort „erzherzog“ ist sicherlich nur ein lapsus calami des Protokollisten. All dies führt uns ebenfalls nicht besonders weit, wir können uns jedoch gewiss sein, dass Matthes Amman nicht der Verfasser der Einträge nach dem 19. Oktober war. Doch selbst wenn wir das Gegenteil annehmen würden und Amman die Urheberschaft für das gesamte Tagebuch zuschrieben und ihm sowohl Eitelkeit als auch Ignoranz unterstellten, würde uns all dies nicht weiterhelfen. Die Frage des Wechsels von der 3. Pers. Pl. zur 1. Pers. Pl. und letztlich zur 1. Pers. Sing. bleibt bestehen, nämlich die Frage der Wende von den „herrn gesandten“ zu „wir“ und zu „ich“. Die Frage dürfte aber schlüssig sein. Es kann durchaus behauptet werden, dass die 3. Pers. Pl. – „herrn gesandten“ – eine formelle, und die 1. Pers. Pl., die zumindest in den letzten Worten des letzten Satzes für zwei Personen steht, „wir“, eine informelle sprachliche Manier gewesen sein könnte. Das würde nun bedeuten, dass der Wortlaut in zwei Nuancen niedergeschrieben wurde, in einer formellen und einer informellen. Die Wende von „herrn gesandten“ zu „wir“ könnte somit mit folgender These erklärt werden. Der Verfasser, einer der Gesandten oder, ebenso wahrscheinlich, Matthes Amman, fertigt das Tagebuch der Gesandtschaft zum Reichstag. Der Duktus der Sprache ist formell. Der Verfasser verwendet die 3. Pers. Pl., „herrn gesandten“, und die 3. Pers. Pl., z. B. „in beysein der gesandten secretary Mathesen Amman“. Als der Reichstag jedoch am 12. Oktober zu Ende ging und als der Kaiser, der den Reichstag einberufen hatte, starb und am 19. Oktober auch von den „herrn gesandten“ zur Totenbahre getragen wurde und am Tag davor, am 18. Oktober, ein Bericht über die verrichtete Gesandtschaft beim Reichstag aufgesetzt wurde, endete auch die formelle Manier des Schreibens. Anders ausgedrückt, da der Reichstag am 12. Oktober beendet wurde und, dies ist vielleicht nicht der wichtigste Aspekt, da der Kaiser, der den Reichstag einberufen hatte, starb, löste man auch die formelle Manier des Schreibens auf. Ein Ende fand auch die Tag-

Wer mag „ich“ sein?

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liche verrichtung. Die darauffolgenden Einträge der Täglichen verrichtung sollten nun in einer anderen, informellen Manier weiter geführt werden. Der Verfasser, einer der Gesandten oder, was allerdings weniger wahrscheinlich erscheint, Matthes Amman, verwendete nun die 1. Pers. Pl., „wir“. Eine derartige Niederschrift der Geschehnisse nach dem Ende des Reichstages, nämlich der Audienzen der Gesandten beim Herzog von Bayern, dem Erzbischof von Salzburg und dem neuen Kaiser, scheint dem Verfasser zu genügen. Die Sprache erscheint nicht nur informell, sondern auch ad personam: „Und ich meinen weg nach Linz genommen“, hieß es. Sie war außerdem diskret und selbstbewusst zugleich. Als die Gesandten am 27. Oktober von Rudolf II. Abschied nahmen und dem Kaiser beteuerten, sie würden über die Beschlüsse des Reichstages und die Reichstagsbewilligung wachen, gaben sie Folgendes zu verstehen: „Wir diser bewilligung nit die wenigist ursach gewesst sein.“ Manieren werden bekanntlich nicht nur von Gewohnheiten geleitet, sondern auch von den Umständen und den Absichten. Die Frage, die es sich nun zu stellen gilt, ist jene nach den Absichten des Verfassers des Tagebuchs. Umfassen diese zwei Ebenen, eine formelle und eine informelle, eine offizielle und eine private? Beantworten wir die Frage mit Ja. Wie aber sind diese beiden Absichten geartet und von wem gehen sie aus? Es bleibt uns nur noch eine Bemerkung, betreffend den Eintrag zum 6. August. Der Verfasser schreibt in seiner Notiz jenes Tages, die Gesandten hätten einen Brief „vom herrn landtshaubtman und verordneten“ erhalten. Wie wir aus der Regenspurgerischen reichshandlung wissen, war dies ein Brief, der aus Graz kam und vom steirischen Landeshauptmann Hans von Scharffenberg und den steirischen Landesverordneten geschrieben wurde.53 Doch der Verfasser des Tagebuchs benennt die Absender nicht genau. Er schreibt nur, der Brief sei vom Landeshauptmann und den Verordneten gekommen. Eine solche Formulierung genügte dem Verfasser völlig, und sie sollte auch seinem Leser genügen und verständlich sein. Es konnte sich demnach nur um einen steirischen Leser handeln: Nur ein steirischer Leser würde bei den Worten „vom herrn landtshaubtman und verordneten“ zuerst an die Herren von Scharffenberg und die steirischen Landsverordneten denken, nur ihm wären diese Worte eindeutig. Die Spur, die der Schreiber des Tagebuches an dieser Stelle hinterlässt, ist daher sehr wertvoll. Sie erlaubt uns, den Worten „jetweder“ und „ich“ richtige Namen zuzuordnen und uns der Absicht zu nähern, die mit dem Tagebuch verfolgt wurde. Nämlich, wenn unsere Vermessung der Spuren, die der Verfasser hinterlassen hat, und die Betrachtung sämtlicher Hinweise, die uns der Text gibt, nicht vollkommen falsch ist, dann können wir behaup53 Regenspurgerische Reichshandlung, fol. 79r–80r.

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ten, dass das Tagebuch in erster Linie mit der Absicht geschrieben wurde, die steirischen Landstände über den Verlauf der Gesandtschaft beim Reichstag zu unterrichten, und demnach ist sein Verfasser zuerst im Umfeld, ja in der Person des steirischen Gesandten Hans Friedrich Hofmann zu suchen. Das Tagebuch wurde von zwei Händen abgefasst: Der erste, offizielle respektive formelle Teil des Tagebuchs floss Hans Friedrich Hofmann oder Matthes Amman aus der Feder – möglicherweise auch beiden –, der zweite Teil dagegen zweifellos Hofmann alleine. Hans Friedrich Hofmann war ergo – „ich“.

II. BRIEFE MATTHES AMMANS AUS REGENSBURG AN DIE VERORDNETEN STEIERMARKS StLA, Laa. A. A., IV/2 Gesandtschaften, Sch. 44., unfol.

1 Datum 8. Juli 1576 Wolgeborn, edl, gestreng und vest gn. herrn. E. G. sindt mein willige und gehorßame dienst berait zuvor. Nachdem die herrn landegesandten vor etlich tagen und zeytlich gnug alher ankhummen, hab ich immerzu gewartet, ob etwas fürkhäme, das der mühe wert wäre, e. G. von dießen reichstag im anfang zu schreiben. Weil aber alles in der stil und fridem, wie man sagt, steckt, so hab ich dennoch nit wöllen unterlassen, e. G. zu erinnern, wie die sachen in gemain geschaffen. Wiewol dießer reichstag viel hochwichtige handlung, daran der ganzen christenhait am maisten gelegen, zu tractiren wirdt haben, und hette je ainst ein reichstag mit eifer und ernst besuecht sollen werden, so wäre es an izo zum höchsten vonnötten, aber do ist khain chur noch fürst in aigener person verhanden, sundern nur ihre gesandten, welches ihr Mt. selbst hoch beclagt. In haben solchs in der audienz gegen den herrn gesandten gemelt.54 Viel fürsten sindt bey dem churfürsten zu Sachsen.55 Was sie 54 Die karge Erwähnung der Audienz beim Kaiser dürfte zunächst etwas befremdlich erscheinen, denn, wie wir oben gesehen haben, verlief sie ja in einer ausgesprochen freundlichen Stimmung. Dass Matthes Amman glaubt, in seiner Berichterstattung zurückhaltend gerieren zu müssen, ist jedoch auf den wenig willkommenen Empfang der Gesandten seitens der kaiserlichen Geheimräte und somit auf ausgesprochen schlechte Aussichten für ihre Mission zurückzuführen. Amman dürfte offensichtlich seinen ersten Brief nicht mit einem Lamento über die schlechte Disponiertheit des Kaisers und seiner Räte gegenüber seiner Gesandtschaft beginnen wollen. Die leichten Korrekturen der Fakten und der Versuch, ihnen unangenehme Reichstagsszenen der Gesandten auszublenden, blieben jedoch die Konstanten der gesandtschaftlichen Berichterstattung. Bei den Landständen in Graz, Klagenfurt und Laibach ist diese Strategie der Verschwiegenheit, wie die Korrespondenz zwischen den Gesandten und den landständischen Ämtern bezeugt, nicht aufgegangen: Die Stille der Gesandten war zu laut, um nicht aufzufallen. Siehe oben S. 124f. 55 Die protestantischen Stände kamen vor Beginn des Reichstages in der Tat bei der Gesandtschaft des sächsischen Kurfürsten zusammen, um eine Einigung in der „Freystellungs“-Angelegenheit zu erreichen. Dieses Verhandlungsergebnis wollten sie dem Kaiser vorlegen, um von ihm eine klare Stellungnahme und letztlich eine Entscheidung zu fordern. Die Standpunkte der protestantischen Stände, insbesondere des sächsischen Kurfürsten einerseits und des pfälzischen andererseits, waren damals weit voneinander entfernt. Zur Frage selbst und ihrer Lösung siehe Westphal, Der Kampf (1975), insbesondere S. 208f.

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Briefe Matthes Ammans aus Regensburg

guts handlen, steckt in der federn. Ihr Mt. haben sie hoch ermant, das sie khommen sollen. Ob es beschehen wirdt, khen man von khainer gewißhait derzeyt schreiben. Die potschaften und der abweßenden chur und fürsten gesandten, die handlen gleichwol fort auf die beschehene proposition. Das alles macht die herrn der lande gesandten fast irrig, nichtsdestominder halten sie embsig an bey der khay. Mt. und gehaimen rathen, damit sie auch mit ihrer werbung fürkhommen mügen, weil sie sehen, das auf die chur und fürsten zu warten mißlich. Sie haben auch auf ihr Mt. begern die schrieften inhalt instruction zu ubersehen hieneingeben, aber nun etlich tag khainen beschaidt erlangen mügen.56 Es khümmen fast taglich potschaften des weida in Sibenburgen, der sich khünig in Poln schreibt. Potschaft ist diesen tag ankhommen, und hat sich in seinem loßament durch seine leut an der thür anschreiben lassen, des khünigs aus Poln potschaft, welches ihrer Mt. furier abgewischt, dessen sie sich hochbeschwart.57 An heüt ist die moscobitterische potschaft statlich eingeritten, dero das ganz hofgesindt entgegengezogen und durch den hofmarschalck, dem herrn von Aursperg,58 emphangen worden. 59 Die polnische sachen haben ihr Mt. in der proposition gedacht, das sie es hernach den standen des Reichs schrieftlich fürbringen wöllen, aber bißher ist es nit beschehen und man vermaint, ihr Mt. warten noch der chur und fürsten persönlichen ankhunft.60 In Franckreich ist friedt, doch ligt Casimiris an dem granizen mit dem volck in der khünigslandt biß die conditiones volzogen werden. Nebendem khriegscosten, so der khünig aus Franckreich bezalen soll, gibt er jharlich dem Casimiro 40.000 franckhen und soll ime ein stadt darzu an 56 Siehe Quellen Nr. I, Tägliche verrichtung, 8. 7. 57 Von der Gesandtschaft Stefan Báthorys und dem wohl schlechten Empfang, den die Gesandtschaft erlebte, wird nicht einmal vom ausführlichsten Kronisten des Reichstages zu Regensburg, Hugo Moritz, berichtet, noch konnten wir Ausführungen zu dieser Gesandtschaft in dem uns zugänglichen Quellenmaterial finden. Báthory hatte seine Gesandtschaft möglicherweise mit der Absicht abgesandt, den Konflikt hinsichtlich der polnischen Krone beizulegen. Zu diesem Konflikt siehe oben siehe oben S. 210, Anm. 9. 58 Diese Angabe Ammans ist als lapsus calami auszulegen: Der Obersthofmarschall am Hofe Maximilians II. war eben Hans von Trautson, vorüber Amman Bescheid wusste. 59 Der Empfang war prächtig. Schon vor dem Eingang in die Stadt wurde die Gesandtschaft, die zusammen mit dem Tross 28 Mann zählte, von fünfhundert Reitern und der kaiserlichen Kutsche erwartet, in welche sich der Leiter der Gesandtschaft, Fürst Zachar Iwanowitsch Sugorskij, begeben durfte. Die Gesandtschaft bewegte sich sodann mitsamt Begleitung in die Stadt, wo sie mit einem Spalier von zweitausend Soldaten, die vom Eingang in die Stadt bis zur Residenz der Gesandtschaft aufgestellt waren, beehrt wurde. Völkl, Die Beziehungen (1976), S. 20–22. Siehe S. 210, Anm. 9. 60 Siehe oben Anm. 9.

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der frontir eingegeben sein worden, also hab ich alhie von etlichen personen gehört, die darinnben ein wissen wöllen haben.61 61 Der Frieden, der am 6. Mai 1576 zwischen dem französischen Hof und den Hugenotten vereinbart wurde, war Jules Michelet zufolge ein großer Triumph Katharinas von Medici. Der Frieden teilte Frankreich unter den beiden Söhnen der Königin, König Heinrich III. und Herzog von Alençon, dann den König von Navarra, dem späteren Heinrich IV., und dem Führer der Hugenotten, Prinz Condé, auf, und, wie Michelet schreibt, „constituait les protestants en une sorte de république, ayant non seulement le culte libre partout, non seulement des places fortes de six provinces, mais se gouvernant par leurs assemblées“. Mit diesem Friedensschluss wurde eine Befriedung des Königreichs erreicht, denn man gelangte zu einer Einigung in der Frage der Protestanten, welchen damit die Religionsfreiheit sowie politische Freiräume gesichert waren. Der Frieden wurde aber nicht bloß geschlossen, er wurde ausgefochten und letztlich gekauft. Die Hugenotten begannen sich nämlich 1574 erneut auf einen Krieg gegen den Hof vorzubereiten und Bündnisse zu schmieden. So schloss Prinz Condé im Juni 1574 einen militärischen Vertrag mit dem Pfalzgrafen Johann Casimir, dem jüngsten Sohn des Pfälzer Kurfürsten. Im Vertrag verpflichtete sich der Graf, die Führung der deutschen Söldner zu übernehmen, und Condé seinerseits sicherte zu, dass er sowie seine französischen Verbündeten im Falle eines Angriffs auf die Pfalz oder irgendeinen Reichsstand der Augsburger Konfession an dessen Verteidigung teilnehmen werden, und weiters, dass sie dem Pfälzer helfen würden, die Bistümer Metz, Toul und Verdun zu erlangen, und davor und vor der Bezahlung der deutschen Söldner mit dem Hof keinen Frieden und auch keinen Waffenstillstand zu schließen, und schließlich, dass vor der Ratifizierung der Vertragsartikel seitens des Hofes sämtliche Eroberungen deutscher Truppen in den Händen des Pfälzers bleiben sollten, dessen Kriegsvolk die französischen Verbündeten auf eigene Kosten unterhalten und sich im äußersten Fall sogar selbst als Geiseln und Pfand für die Umsetzung der beschlossenen Vereinbarung zur Verfügung stellen würden. Es ist unschwer zu sehen, dass der Vertrag äußerst herb, nicht nur für die französischen Protestanten und Frankreich, sondern auch für das Reich, ausfiel. Die Anwerbung deutscher Truppen für Kriege im Ausland ohne Kenntnis des Kaisers und der militärischen Befehlshaber der Reichskreise war nach Beschluss des Reichstages zu Speyer 1570 verboten und sollte strengstens sanktioniert werden, der junge Pfälzer setzte dennoch den Kaiser und die Organe des Reiches von seinen Aktionen nicht in Kenntnis. Sein Vater entschuldigte ihn beim Kaiser mit den Worten, als „einem jungen und sonst noch unverbundenen Fürsten“ sei ihm sein Verhalten nicht übel zu nehmen. Der Kaiser, der sich auf die Wahl seines Nachfolgers vorbereitete und daher auch auf die Stimme des Pfälzer Kurfürsten rechnen musste, nahm die Entschuldigung an. Doch im Jahre 1574 lebte das französisch-pfälzische Bündnis nicht auf. Condé hoffte nämlich auf einen günstigen Ausgang der Verhandlungen mit dem König. Er hatte schließlich kein Geld, mit dem er den Krieg hätte bezahlen können. Als er jedoch im Sommer 1575 Hilfe aus England bekam, nahm er erneut Verhandlungen mit Johann Casimir auf, und im September 1575 wurde ein neuer Vertrag geschlossen, der ähnliche Verpflichtungen und Verhältnisse der verbündeten Seiten wie jener aus dem Jahre 1574 enthielt. Am Bündnis nahm auch der Leiter der katholischen politiques, der Königssohn Herzog von Alençon, teil. In den nachfolgenden Monaten folgten eine kleinere Niederlage des protestantischen Bündnisses, die Vereinbarung eines Waffenstillstandes und dessen Verletzungen, dann Verwüstungen, Verdächtigungen, Verrat und Verschwörungen, und Ende März 1576 der Zug des Bündnisses gegen Paris, den jedoch die Königinmutter mit ihrem Verhandlungsgeschick aufhalten konnte. Anfang des

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Briefe Matthes Ammans aus Regensburg

Es ist alhie alle sachen in solcher staigerung und tewrung, das ichs mein leben lang nit glaubt hette. Ein semel umb 7 phennig ist so groß wie zu Graz per 1 pfennig und ist khain abgang an traidt, es ist auch in zimblichen khauf, ein claines parmbl, ein fischl per 30 oder 40 k. Wir haben ein loßament, darin 3 stüben, etlich camern, ein khüchl, ein stal, darin 12 pfardt. Sehn begert der wirt monatlich 100 fl. zinß, petgewandt, alles in sein derhait zu bezalen, das sie es darleihen, bey den wirten ein malzeyt per 8 und 10 pazen, gibt man ein 4 oder 5 richtl aufs maiste.62 Monats Mai wurde der erwähnte Frieden geschlossen und eine Befriedung des Königreichs erreicht. Der Hof musste nun Johann Casimir und sein Kriegsvolk zufriedenstellen. In den darauffolgenden Verhandlungen verzichtete der Graf zwar auf die drei Bistümer, er bekam aber den Befehl über einen Teil der französischen Armee und viertausend deutsche Reiter und er erhielt, wie die von Matthes Amman zusammengefassten Neuigkeiten zutreffenderweise besagten, eine Jahresrente in Höhe von vierzigtausend Francs, dann Herrschaften in Burgund und die Herzogtümer Etampes und Château-Thierry, und angeblich, wenn Ammans Informationen zutreffen, noch eine Stadt an der Grenze zum Reich, vielleicht noch eines der Bistümer. Es musste aber auch Casimirs deutsches Kriegsvolk bezahlt werden. Der Betrag von 1.700.000 Francs war ungeheuer hoch, und es vergingen Monate, bevor der Hof Bürgschaften einholte und Geld beschaffte. Es folgten, wie auch aus Ammans Brief zu erahnen ist, Monate der Plünderungen und Verwüstungen. Johann Casimir kehrte inzwischen am 25. August nach Heidelberg zurück, wo er mit großen Ehren empfangen wurde. Er wurde mit einem Lorbeerkranz geschmückt, und der Hofdichter pries ihn als „Zierde Germaniens und Galliens“: Er habe ja, wie sein französisches Engagement am Pfälzer Hofe gedeutet wurde, zu einem großen Sieg der französischen Protestanten und zu einem großen Sieg der protestantischen Sache überhaupt beigetragen, womit der Standpunkt des Pfälzer Hofes, der deutsche Protestantismus sei auch in Frankreich und den Niederlanden zu verteidigen, noch einmal zum Ausdruck kam. Diesem verkündeten immanenten Anliegen des Pfälzer Hofes stand jedoch der Gedanke eines französischen Diplomaten gegenüber, der behauptete, Johann Casimir „non quaerit religionem, sed regionem“. Bezold, Briefe des Pfalzgrafen (1882), S. 140–182. Michelet, Renaissance et Réforme (1982), S. 645–652. 62 Ammans Angaben müssen etwas übertrieben, zumindest überraschend erscheinen. Die Preisspanne für Gerichte beziehungsweise Mahlzeiten, wie sie von der Herbergsordnung für den Reichstag zu Regensburg festgelegt waren, bewegte sich nämlich zwischen 18 Kreuzern für zwei Arten von Fisch und zwei Weinsorten, und 22 Kreuzern, die man für eine Mahlzeit mit drei Arten Fleisch und zwei Weinsorten bezahlen musste. Ammans Angaben sind ansonsten sehr knapp, sie besagen nur, dass „ein malzeyt per 8 und 10 pazen“ sei, und in seinem Brief vom 13. September, dass „an etlichen orten zu 1 fl. fur ein person uber ein malzeyt“ sei, was bedeuten würde, dass die tatsächlichen Preise 36, 40 und 61 Kreuzer erreichten, was jedoch die erlaubten Höchstpreise, wie sie in der Herbergsordnung der Reichstagsstadt festgelegt wurden, beträchtlich übertrifft. Mehr noch, Alfred Kohler, der die Herbergsordnung von 1576 analysierte, behauptet, dass die täglichen Aufenthaltskosten des Einzelnen in Regensburg, zu denen er auch die Kosten der Nächtigung und zweier Mahlzeiten zählte, zwischen 36 und 48 Kreuzer betrugen. Sollten Ammans Angaben zutreffen, so belief sich die Diskrepanz zwischen den erlaubten und den tatsächlichen Preisen auf mindestens hundert Prozent. Vgl. Kohler, Wohnen und Essen (1987), S. 222–257, insbes. 243–257.

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Wie es sich anläst, bedunckt mich, als viel ich verstehe, so khunnen wir vor 2 monathen von Regenspurg nit wegkhommen. E. G. mich hieneben dienstlich bevelhendt. Der von Schwendi63 soll heüt auch alher khommen. Datum Regenspurg, den 8. July a. 76. E. G. und hn. dienstwillig Matthes Amman.

63 Lazarus von Schwendi.

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Briefe Matthes Ammans aus Regensburg

1 a Post scripta I Khan ich dem herrn in vertrawen nit bergen, das durch ein person dem herrn Hoffman geschrieben worden, das etwa durch h. Franzen von Teüffenpach ichtes neulicher zeyt vermeldet sey wegen der reisseneckherischen posten,64 als solte herr Hoffman mehr derselben post halber dan wegen des gemainen weßens dießer raiß haben fürhanden genuemen. Das hat dem herrn so sehr geschmerzt, das er dießer und anderer seiner grossen ehehaften halber lenger nit warten wöllen, dan er ime ganzlich fürgenuemen und eracht hat, dieße raiß werde uber ein 2 monat nit wehren. Aber es hat herr von Thurn und ich, im abweßen des herrn Ungnaden, so starck und embsig angehalten, sunderlich weil wir aigentlich wissen, das an izo die sachen am maißten muß getrieben werden und herr von Schwendi den reichsstanden starck zu ohren ligt, damit die abthailung der hülfen alhie furgenuemen möchte werden,65 das do wir izo was versaumen solten, solchs den landen hernach vleücht zu schaden möchte geraichen. Haben ime, herrn Hoffman, auch zur persuasion anzaigt, es werde sich nit also befinden, das etwa der herrn von Teuff. das dergestalt gemaint und geredt, so schreibt man mehr als an ime selbst ist und ungeacht, das er herr Hoffman, sowol andere mit ihrer grossen ungelegenhait alhie warten müssen, so habe er zu erwegen, do man guts endt erwarten wolte, das die ubrige zeyt alle verloren, derwegen er seine verabsaumbnuß und anders, so ime in weg ligt, nit anziehen solle. Also das wir ime mit solchen reden taglich in ohren liegen, wäre meines erachtens nit böß, da von den herrn verordenten ein claines vermanschreiben gestelt, weil sich dieße handlungen ja wieder alles verhoffen so lang verziehen, das er sich dessen nit tawern wolte lassen, sundern noch wie bißher das beste thuen, wie dan die herrn dießem wol zu thuen wissen.

64 Siehe oben S. 55f. 65 Siehe oben S. 136–137.

Post scripta II

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1b Post scripta II Die herrn gesandten haben ihrer khay. Mt. die schriften, so sie den reichsstanden der lande wegen ubergeben sollen, noch vor etlich tagen sambt der instruction zu sehen begert haben. Ihr Mt. die petition von wegen der absunderlichen hülfen und daß die reichsstande mit abthailung ihrer bewilligung dießer lande granizen mit einer gewissen jharlichen und beharlichen summa gelts bedenckhen wölle, gar nit leiden mügen, darüber die herrn gesandten viel mühe und arbeit gehapt, sowol bey der khay.Mt. als bey den gehaimen rathen, auch mit grossen verdruß ihrer aller. Entlich an heut dato haben sie es erhalten, das es in der schriften bleibe, ungeacht das man sie finster ansieht.66 Der bischofe von Seccau helt sich uberaus und treflich wol, ungeacht das die herrn gesandten biß dato in völleger versamblung der reichsstande nit haben khunnen audienz haben, darumben man stundtlich und embsig bey der khay. Mt. und den manzischen canzler anhelt, jedoch thut er ad partem in viel weg das seinig, dan er ist anstadt des von Salzburg im fürstenrath das directorium, er hat die umbfrag und hat nach Paern die andere stim. Helt gar gute correspondenz mit den herrn.67 Als auf der herrn gesandten so starckhes anhalten von der khay. Mt. guete vertröstung gegeben worden der audienz halben, hab ich gleich mit dem brief nach einen tag verzogen, und hat gleich das gluck geben, das die stande des Heiligen Reichs durch den menzischen canzler, auf ihr Mt. anhalten, die audienz den 9. July umb 2 uhr nachmittag gegeben, dahin die herrn gesandten fur sie alle erschienen, und hat h. Hoffman fast ein stunde ein herliche und außfürliche redt gethan und alles mit gueter ordnung forfürgebracht und haben sich die stande des Reichs, nachdem der saal groß, gar eng zußamengethan, das sie ime gar wol hören khünnen. Hat lezlich die schrifte auch uberantwort und sindt also mit guetem trost abgangen.68 Die weidische potschaft hat auch dan 9 July für der khay. Mt. audienz gehapt,69 ist grob emphangen worden, wie ich vernuemen, dan so sie ihr sachen gleichwol in der camer fürgebracht, hat ein Staroffskhi und Laßkhi, welche am khaiserlichen hof sein, sie offentlich lügen haißen, das sie khain warhait der khay. Mt. fürbringen.

66 67 68 69

Siehe Quellen Nr. I, Tägliche verrichtung, 8. 7. Siehe oben S. 137. Siehe oben S. 145–151. Es handelt sich um die Gesandtschaft von Báthory. Siehe oben Anm. 57.

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Briefe Matthes Ammans aus Regensburg

2 Datum 14. Juli 1576 Wolgeborn, edl, gestreng unnd vest, g. herrn. E. G. und herrn sindt mein willige dienst berait zuvor. Und hab hievor e. G. und herrn geschrieben, wasmassen die herrn gesandten, Gott lob, zeytlich genug und statlich mit ausfuhrlichen mündtlichen furtrag fur den standen des Heyligen Römischen Reichs furkhommen sein, also auch bey allen andern chur und f. gesandten neben uberantwortung der credenzschreiben die notturft ausfuhrlich angebracht.70 Und als man ganzlich verhofft hat, inmassen dan die beratschlagung dahin gangen, man solle vor allen dingen zu denselben articl die türckhenhulf belangendt greifen und denselben aller müglichkhait nach befürdern, so ist ein gar schware incident wegen freystellung der religion durch die, so unserer Augspurgischen Confession verwant, eingefallen, nit allain chur und fürsten, sundern graven, herrn und von der ritterschaft, das sie vor erledigung desselben articls zu nichte mehr greifen wöllen, und hab in vertrauen abschrieft ihrer Mt. eingebrachten schriften uberkhommen, welche ich e. G. und h. zuschickhe,und tregt meniglich grosse sorg, ihr Mt. werde sich schwarlich sobaldt darüber resoluiren khünnen, daraus dan ein ganz beschwerlicher und langwiriger reichstag möchte ervolgen.71 Gott waiß, wie es in der zeyt der lande granizen ergehn wirdt. Die moscobitterische botschaft hat bißher noch nit audienz gehapt.72 Sunst ist nichs neues verhanden. Do sich was verrer zutregt, schreib ich hernach.

70 Siehe oben S. 145f. 71 Die protestantischen Reichsstände überreichten dem Kaiser am 10. Juli in der Tat ihr Schreiben, in dem sie an ihn appellierten, seinen Standpunkt bezüglich der Freystellungs-Frage einzunehmen und die Frage in ihrem Sinne zu lösen, denn ansonsten würden sie die Reichstagsdebatten nicht fortsetzen. Anders als Amman glaubte, antwortete Maximilian den Ständen bereits am 14. Juli und zwar, dass er sich vor seiner Entscheidung mit den katholischen Ständen beraten müsse. Er rief die protestantischen auf, schnellstmöglich zu den Beratungen zurückzukehren. Das haben die protestantischen Stände, nicht ohne großen Unwillen und Enttäuschungen, aber auch um den Preis eines Zerwürfnisses im eigenen Lager, letztendlich auch getan. Amman beziehungsweise die innerösterreichischen Gesandten haben bei diesem „incident“ ihre Qualitäten als aufmerksame und geschickte Beobachter des Reichstagsgeschehens unter Beweis gestellt: Es ist ihnen gelungen, die Schreiben sofort zu erlangen und sie nach Graz zu schicken. Siehe Westphal, Der Kampf (1975), S. 215f. Das an den Kaiser gerichtete Schreiben der protestantischen Stände sowie des Kaisers Antwort darauf siehe Regenspurgerische reichshandlung, fol. 201v f. 72 Der Kaiser empfing die Moskauer Gesandtschaft erstmals am 16. Juli. Völkl, Die Beziehungen (1976), S. 22.

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E. G. und h. ich mich hieneben gehorßamblich und dienstlich bevelhendt. Datum Regenßpurg den 14. July a. 76. Dienstwilliger und gehorßamer Matthes Amman.

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Briefe Matthes Ammans aus Regensburg

3 Datum 27. Juli 1576 Wolgeborne, gestreng, edl und vest, g. herrn. E. G. sindt mein willige dienst berait zuvor. Derselben schreiben73 hab ich heut dato emphangen und erinner e. G. hieneben, das die herrn gesandten izo vor 3 tagen der f. D. den grundt des ganzen handls geschrieben, welches schreiben e. G. sambt andern in wenig tagen wirdt zukhummen.74 Summa, ihr Mt. wöllen in religionssachen wegen freystellung der geistlichen den protestirunden nit beschaidt oder resolution geben,75 darauf sie so unlustig sein, das sie ein bewilligung gethan, do es darbey bleiben solte, schier mehr ein spott als ein hulf zu nennen, als auf 4 jhar brachte jedes jhar, nach den römerzug gerechnet, nit viel uber dreymalhundert taußent floren. Das wäre khaum genug ihrer Mt. auf den bißher angetreuten uncosten der polnischen und moscobiterischern sachen. Die schrieften dießes articls ist gleichwol noch nit ubergeben, es wirdt erst inner 3 oder 4 tagen beschehen, aber ihr Mt. werden gewiß starck darwieden repliciren.76 Der bischove zu Seccau hat im fürstenrath, anstadt des von Salzburg, die erste stim und ist referent im churfürstenrath darzu. Der helt sich in warheit, das ime die lande grossen danck sagen und gewißlich unvergolten nit lassen sollen. Er siecht der lande sachen und notturft statlich herfür, also das er bey ihrer Mt. gleich etwas angeben und man schier nit allerdings zufrieden sein wolte, eben wie die herrn gesanten auch gar wenig dancks verdienen bey ihrer Mt. von wegen ihres so embsigen anhaltens. Der bischof hat ein groß gehör im fürstenrath und helt vertreuliche und ganz notwendige correspondenz mit den gesandten und richtet man etwas aus, so hat man nur nit wenig darumben zu danckhen. Was man für ein schrieft den reichsstanden ubergeben, also auch zu erzherzogen Ferdinandt, item Salzburg, aber noch nit ubergeben, dan sie khommen erst alher.77 Das alles uberschick ich den hern hiemit, darin sie sich ersehen mügen, ob die herrn gesandten die lande notturft in einem oder 73 Der Brief der steirischen Verordneten, den Matthes Amman mit diesem Brief beantwortet, konnte unter den durchgesehenen Archivalien nicht gefunden werden. 74 Es handelt sich um zwei Briefe, welche die Gesandtschaft am 24. Juli an den Landesfürsten und die Verordnetenämter der Lande gerichtet hatte. Regenspurgerische handlung, fol. 58r–61v. 75 In diesem Punkt ist Ammans Berichterstattung nicht völlig zutreffend. Der Kaiser antwortete den protestantischen Ständen nämlich am 14. beziehungsweise am 17. Juli, wobei diese mit einer solchen Antwort freilich nicht zufrieden waren. Siehe Regenspurgerische handlung, fol. 218v f. 76 Siehe oben S. 84f. 77 Die beiden Memoranden wurden in der Tat erst am 31. Juli beziehungsweise am 7. August überreicht. Memorandum an Erzherzog Ferdinand, presentatum, 31. 7. Regenspurgerische handlung, fol. 67v–72v. Memorandum an Erzbischof von Salzburg, presentatum 7. 8. Regenspurgerische handlung, fol. 82r–87v.

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dem andern vergessen oder dahinten gelassen. Was nun fur beschaidt darauf ervolgt und was fur replicirens verner vonnötten, das wirdt die zeyt geben. Man hat mehr particularschrieften hieneingeben, aber wie eines und das andere fürgebracht worden, das wirdt hernach die relation geben. Mit Bäern und andern bin ich schon auch im werck, aber ich halt nichts darauf.78 Wir hören alhie laider mehr als zu viel zeytungen, wie es im Crobathen und Windischlandt auch in Ungerlandt zugeht. Aber man muß entgegen grobe stupffirung anhören, izt von wegen der hoffen, baldt das man glauben wil, das khain khriegsvolck auf den granizen wirdt gehalten, item ob auch leüt verhanden sein, welche sich umbs khriegsweßen annemen, was der fürst mache, der pracht und reichtumb sey nur bey dem N. O. landen und khünnen sich nit umb ein 3 oder 4000 Türkhen annemen, wan man alhie wisset in gemain, das ein 9 oder 10 martholoßen solche schlösser abstiegen.79 Ich maine sie wurden erst darauf hackhen, aber das verderben muß sich algemach also schickhen, Gott wende es zum besten. Was der Moscobitter anbringen alhie geweßen, das werden e. G. und h. ob den einschluß hiebey auch vernemen.80 Wir haben alhie gewisse zeytungen, das der türkhische khayßer gewiß aigener person harauskhompt, darnach mag man sich wol fursehen, in höchster warhait die defensionordnung soll man im landt ainrichten, damit man etlichermassen ein geübtes volck habe. Es ist sich, bey Gott, im grundt auf frembde hülfen nit zu verlassen. Ich sehe wol, wie es geht und was für clagen und beschwarungen alhie bey den standen sein. Viel höher und mehrers clagt man sich als die lande in den lantagen. Jezundt nit mehr dan e. G. und h. mich hieneben ganz dienstlich bevolhendt ganz dienstlich bevelhendt. Datum Regenspurg den 27. July a. 76. E. h. G. und h. Mathes Amman 78 An dieser Stelle schreibt Amman möglicherweise über die Petitionen, die die Gesandten gemäß den Bestimmungen ihrer Instruktion an einzelne Reichsstände richteten. In der Regenspurgerischen reichshandlung sind Abschriften von Memoranden erhalten, die die Gesandten an den Erzbischof von Salzburg, den Herzog von Bayern und Erzherzog Ferdinand richteten. Siehe Memorandum, gerichtet an den Erzbischof von Salzburg, presentatum 7. 8. 1576, Regenspurgerische reichshandlung, fol. 82r–87v. Memorandum, gerichtet an den Herzog von Bayern, presentatum 23. 10. 1576, Regenspurgerische reichshandlung, fol. 155r–159r. Memorandum, gerichtet an Erzherzog Ferdinand, presentatum 31. 7., Regenspurgerische reichshandlung, fol. 67v–72v. 79 Vgl. oben S. 138–139. 80 In der Regenspurgerischen reichshandlung sind Anschriften der Beglaubigungsbriefe der Gesandtschaft des Zaren und das von der Gesandtschaft an den Kaiser überreichte Memorandum erhalten. Das sind wohl jene Beilagen, die Amman nun an die steirischen Verordneten schickte. Regenspurgerische reichshandlung, fol. 242r–247r. Siehe auch oben Anm. 9.

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[P. S. I] Die herrn wissen, daß gute leut zum khriegsweßen, wan es heut darzu khumpt, fast mangeln. Wan e. G. und h. in namen e. l. solche leüt bestellen und aufnemen, auch der gebür noch unterhalten wolten, so mügen sie es den hern gesandten zuschreiben. Man wirdt wol sehen, wie es gehn wirdt. Von Poln singt man alhie khain liedl mehr. Es ist alles verloschen.81 Gott schieks zum besten. [P. S. II] Gestern gar spat khumpt ein […] zeytung das nit allain Buschin und Novigradt, sundern Zasin, Hussitgradiz auch dahin sein und würdt Wihitsch sich nit mehr erhalten khünnen.82 Die kriegsstädt windischer und crabatischer granizen, welche am neülichisten aufgericht, meines erachtens […] (im 71 oder 72), willen die herrn fürderlich auf der post herausschickhen. Man khan die copeyen baldt finden, dan ichs dem Windt hab zugestelt. Sie sindt in die buchen auch eingeschriben.83

81 Amman irrte sich. Siehe oben Anm. 9. 82 Das Geschehen an den kroatischen Grenzen stand im Sommer 1576 im Zeichen des üblichen „Kleinkrieges“ und auch von der Nachricht, der Sultan habe den 1575 geschlossenen Waffenstillstand widerrufen. Siehe Simoniti, Prispevek k poznavanju turških vpadov (1980), S. 87–99. 83 Ammans Hinweis könnte sich auf die Landtagsakten und Landtagsabhandlungen sowie auf die Ausgabenbücher beziehen.

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4 Datum 16. August 1576 Wolgeborn, gestreng, edl und vest, g. herrn. E. G. sindt meine willige dienst jederzeyt berait zuvor. Und erinner dieselbig hieneben, das herr Hoffman vor acht tagen wieder ankhommen ist.84 Und hetten die herrn nun lengst ichtes geschriben, do nur was furkhommen, das der mühe wert gewesen. Weil ich aber an izo guete gelegenhait uberkhommen, hab ich dennoch unangezaigter nit lassen wölen, das die herrn gesandten an allen orten embsig und vleissig anhalten und sollicitiren und schechten gnadt darüber erlangen, dan als die khay. Mt. den reichsstanden ein starckhe replickschriften mit angehengter protestation ubergeben, haben die herrn im rath befunden, das sie mit ihren repliciren auch einkhommen und die den reichsstanden ubergeben sollen, aber ihr Mt. haben nit wöllen darain consentiren oder dasselbig zulassen. Nichtsdestominder ist man mit der replickschriften auch fortgefaren, das es lezlich ihr khay. Mt. auch gleich geschehen hat müssen lassen, aber in summa ich trug sorg, es wirdt weder replica oder triplica viel helfen. Die gemüeter sindt weit voneinander. Der mißverstandt in religion verhindert viel. In summa, ihr Mt. schickhen an izo aigene gesandten mit der replickschriften zu den churfürsten. Gott waiß ob sie in 3 oder 4 wochen werden wieder khommen.85 Mitlerweil steht alles stil, patientia. Gott waiß, das mir meinesthail solches nit wenig schadt ist an mainer armen narung und haußhaltung. Baiern ist vorgestern alher khommen, heut dato wieder darvon, mitsambt seinen sünen und frauenzimmer. Cöln ist auch heut zu hauß. Was die herrn gesandten an Baiern gestelt, aber khurze der zeyt halben nit ubergeben khünnen, das uberschickhe ich hiemit und werden nach dem reichstag erst von nowen müssen Baier ersuechen. Erzherzog Ferdinandt hat auch noch khain antwort geben. Es soll wieder ein statlich potschaft zum Moscobitter abgefertigt werden, man sagt alhie von herzogen aus Pomern. Das Reich gibt auf die raiß 40.000 fl. Mit Poln ist alles stil, dan dieselbig handlung ist noch biß dato in khain beratschlagung gezogen worden.86 Die hern gesandten haben woclich gegen der khay. Mt. das maul recht aufgethan wegen Cannisa und jüngst ervolgten verlust halber. Ihr Mt. geben entgegen schlechten trost, doch erbiten sie sich noch das zu thuen, was immer müglich. Jezundt nit mehr dan e. G. und hn. mich dienßtlich bevelhendt. 84 Über die Gründe für die Abwesenheit Hofmanns berichten die Quellen leider nicht. Siehe oben S. 100f. 85 Siehe oben S. 100f. 86 Die Reichsstände nahmen die Diskussion über die polnischen Angelegenheiten in der Tat erst am 28. August wieder auf. Siehe oben Anm. 9.

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Briefe Matthes Ammans aus Regensburg

Datum, Regensburg, den 16. Augusti a. 76 Matthes Amman.

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5 Datum 13. September 1576 Wolgeborn, edl, gestreng und vest, gn. herrn. E. G. sindt mein gehorßam willig dienst jederzeyt berait zuvor. Und erinner die herrn hieneben, das der reichstag biß dato sich zum gewünschten ende nit wil schickhen. Der liebe Gott waiß es am besten, an wen es erwindt. Es geht alles gar langsam vonstatten. Ihr khay. Mt. sindt auch nit allerdings wol auf. In religionsachen ist khain entlicher und gewisser beschaidt, davon der Augspurgischen Confession stande khainswegs weichen wöllen, und haben den 10 tag diz monats abermal ein schriften eingelegt, welche sie, die gesandten und botschaften, persönlich, weil sie aus schwacheit der khay. Mt. nit haben khünnen fürkhommen, derselben hofmaister herrn von Trautson in starckher anzal uberantwort, darauf etwa die resolution, weil der cardinal Moronus,87 item an87 Giovanni Morone (1509–1580), seit 1529 Bischof von Modena und seit 1542 Kardinal. Die Gesandtschaft beim Regensburger Reichstag war nicht seine erste Reichs- und Reichstagsmission. Morone hatte bereits 1542 an den Religionsgesprächen zu Worms und Regensburg und am Reichstag zu Speyer teilgenommen, und beim Augsburger Reichstag 1555 fungierte er als päpstlicher Legat. Danach geriet der Förderer des Jesuitenordens bemerkenswerterweise unter Häresieverdacht, der sich letztlich als gegenstandslos erwies. In der Folge avancierte der Spitzendiplomat der Kurie zum Kandidaten für das höchste Amt der Christenheit, musste sich jedoch schließlich mit der Ernennung zum Dekan des Kardinalskollegs und mit diversen diplomatischen Herausforderungen zufriedengeben. Die Rolle des päpstlichen Legaten am Trienter Konzil und seine Entsendung zum Regensburger Reichstag 1576 zählten dabei zweifelsohne zu seinen schwierigsten Missionen. Auf dem Reichstag hatte Morone zwei Aufgaben. Zum einen hatte er Kaiser Maximilian II. für den Papst Gregor XIII. besonders am Herzen liegenden Plan einer neuen Türkenliga zu gewinnen und in diesem Zusammenhang Bestrebungen des Kaisers für den polnischen Thron zu unterstützen. In Rom empfand man die Türkengefahr nämlich als möglicherweise schicksalhafte Drohung für Italien, ja für die Christenheit. Die Wahl Báthorys musste laut kurialer Einschätzung diese Gefahr erheblich steigern. Die Aussichten für die Beteiligung des Kaisers an der Liga schienen damals besonders günstig. Der im Jahr 1568 geschlossene Waffenstillstand von Adrianopel war auf acht Jahre beschränkt und daher seinem Ende nahe, die Aussichten für eine Verlängerung wurden aber als sehr gering eingeschätzt. Wir haben bereits gesehen, dass dies eines der Argumente des Kaisers für die Einberufung des Reichstags war. Die Kurie fand es daher angebracht, die unmittelbare Not des Kaisers mit der allgemeinen Bedrohung Europas in Verbindung zu setzen und daraus eine neue Türkenliga zu schmieden. Die zweite, keineswegs nachgeordnete Aufgabe Morones bestand darin, den katholischen Reichsständen angesichts der „Freystellungs“-Offensive der protestantischen Reichsstände Beistand zu gewähren, für ihre Beständigkeit und nicht zuletzt ihre Eintracht zu sorgen. Dass die „Freystellungs“-Frage auf die Tagesordnung des Reichstages gesetzt würde, war spätestens seit dem Regensburger Wahltag klar, ebenso die Tatsache, dass man sich in dieser Frage keineswegs auf den Kaiser allein verlassen konnte. Im Gegenteil, der in Religionsfragen als unbeständig eingeschätzte Kaiser Maximilian II. kam der Kurie eher als ein Teil des protestantischen Problems als ein Teil einer für das katholische Lager günstigen Lösung vor. Morone musste daher all seine Verhand-

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dern mehr, ihrer Mt. starck in ohren liegen, auch langsam wirdt erfolgen.88 Das zu besorgen, do Gott der Almechtig nit mitl und weg schickt, es möchte ein unrath im Reich daraus ervolgen, welches sie dan auch in iren schrieften gnügsamblilch andeüten, und nit ob seine in gemain davon geredt wirdt. Aus was bedenckhen aber churfürst aus Sachsen von inen gesandten und sich nit unterschrieben ist nit unwissundt, doch lenden seine gesandten dahin, im faal ainicher tumult sich im Reich erheben wirde, so khan er seinesthails die türckhenhülf, wie starckh die immer bewilligt möchte, werden nit laisten, sundern bedarften des gelts alsdann zu defendirung siner lande. Sunst erbitten sich ihr chur f. G. starckher hülf wieder den Türckhen. Es hat auch bischof zu Würzburg ein schwären handl mit dem abte zu Fulda angefangen, welcher auch in die berathshlagung ist gezogen. Der Almechtig Gott, schick alle sachen zum besten. Es [be]darf in warhait allenhalben starckhes bethens und biettens.89 lungskünste unter Beweis stellen und erwies sich im Laufe des Reichstages in der Tat als mächtige Stütze des katholischen Lagers. Seine Rolle beim Reichstag ist dem innerösterreichischen Gesandtschaftssekretär Matthes Amman freilich nicht entgangen: Neben dem Teufel und dem Papst – nicht in einer Person, nota bene – sei Morone der Hauptschuldige für den langsamen und wenig erfolgreichen Lauf der Reichstagsverhandlungen gewesen. Die Konfessionszerwürfnisse hätten laut Amman das Übrige getan. Siehe Quellen Nr. II-8, Amman, 19. 9. Siehe auch Hansen, Nuntiaturberichte aus Deutschland (1894), S. XIIIf., 6–10. Siehe auch Moritz, Die Wahl Rudolfs II. (1895), S. 271 und passim. Westphal, Der Kampf (1975), S. 232f. 88 Die protestantischen Stände überreichten dem Kaiser die erneute, zweite Resolution am 8. bzw. 9. September. Der Kaiser beantwortete sie am 24. September. Siehe Regenspurgerische reichshandlung, fol. 223r–227r. 89 Im Sommer 1576 kam es im Hochstift Fulda zu einem plötzlichen Umschwung in der politischen und konfessionellen Gesamtkonstellation: Am 23. Juni trat der Abt Balthasar von Dernbach zurück. Zu diesem äußersten Akt haben den in konfessionellen Angelegenheiten fest entschlossenen und in allen anderen wenig kompromissbereiten Abt die Auflehnung der Landstände sowie das verloren gegangene Vertrauen des Kapitels gezwungen. Balthasar von Dernbach hatte sich nämlich bei der Übernahme des Abtsstabs im Jahre 1570 vorgenommen, sein „Territorium nach dem Vorbild der großen weltlichen Fürstentümer umzugestalten“ und ihm ein eindeutig katholisches Anlitz zu verleihen. Durchsetzen wollte er Reformen im Verwaltungs- und Steuerwesen, den Lutheranern verbot er ihren Glaubensritus, schließlich drohte er ihnen mit der Ausweisung. Der herrschafts- beziehungsweise konfessionspolitische Konflikt spitzte sich im Hochsommer 1576 im höchsten Maße zu und brachte den zielstrebigen Abt zur Abdankung. Den neuen Landesherrn fanden die Landstände im Würzburger Bischof Julius Echter. Ob sie damit einen milderen Landesherrn gewannen, blieb strittig: Seinen Gegnern allenfalls kam Julius Echter als ein „Jesuiter und mit demselben Teufelsgeschmeiss ganz und gar umgeben“ vor. Jenseits Konfessions- und Persönlichkeitscharakteristika der Akteure lagen dagegen die Gründe für die Entscheidung Kaiser Maximilians II., in die Fuldaer Zerwürfnisse einzugreifen und mittels Mandat die Restitution des Abtes zu fordern: Die Abdankung eines Reichsfürsten infolge

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Weil wir alhie auf die resolution der türckhenhülf warten müssen und sich die sachen so lang verzogen, und noch haben die herrn fur gut angesehen, das mitlerweil die besuechung des herrn bischove zu Bamberg möchte beschehen, darauf h. Hoffman sich auf die raiß gemacht, dem ich auch zugeordnet worden,90 h. Thurn mitlerweil alhie aufgesehen, herr Ludwig Ungnad ist von der raiß. nachdem er von der khay. Mt. zum Pfalzgrafen, Menz und Trier geschickht worden, noch nit khommen und haben auf dießer raiß 13 tag zugebracht. Ich hette alle meine tag solche unerhörte tewre zerung bey den wirten nit gedacht: an etlichen orten zu 1 fl fur ein person uber ein malzeyt, die ich in Steyrmark umb 12 oder 15 kr khündte haben, das macht auch auch unter andern, das die gefrür zu weingarten weit und brait alles in grundt erfrört und was noch etwas ubrigs, dießes unzeytigen frien khalten wetters halben, so alhie immerzu ist, mit schlechtem frucht khan eingebracht werden. Die polnische sachen haben die reichsstende an izo unterhanden und, wie ich verneme, so werden sie baldt fertig damit werden. Ich schick e. G. hiemit abschrift der lezten religionschriften, item einen discurs wegen des polnischen khriegs, welcher gleichwol von einer unbekanten person gestelt sein solle, aber im rath ist nit khommen oder gebracht worden.91 Ich hab zwar nit gedacht, das sich dießer reichstag so lang wierdt verziehen. Gott waiß, das es mir gleich eben izo zu mercklichen schaden meiner armuthey, davon einer das ganze jhar uber muß die unterhaltung haben thut, gedeyen, und ist mir doch umb nichs mehr layder, dan das wir so lang alhie der Auflehung seiner Untertanen würde ja eine gewaltige Störung der Reichsverfassung bedeuten. Da sein Mandatappell ohne Konsequenzen blieb, gab Maximilian II. die Sache an den Reichstag weiter. In den Tagen vom 7. bis 10. September, und dann wieder am 14. und 15. September, diskutierten der Kurfürsten- und Fürstenrat über die Fuldaer Frage, ohne zu einem einheitlichen Standpunkt gelangen zu können. Im Gegensatz zum Kurfürstenrat, der die Restitution des Abtes und die Bestrafung seiner Gegner vorschlug, setzte sich der Fürstenrat für „gütliche Unterhandlung durch kaiserliche Kommissare, beziehungsweise – wenn diese zu keinem Ergebnis führe – rechtlichen Austrag“ ein. Ihre divergierenden Meinungen übergaben die Räte dem Kaiser am 29. September. Der Vorschlag des Fürstenrates wurde schließlich umgesetzt: Im Jahr 1577 übernahmen die kaiserlichen Kommissare die Administration des Hochstifts. Knapp dreißig Jahre später jedoch folgte die zweite Amtsperiode von Dernbach. Siehe Moritz, Die Wahl Rudolfs II. (1895), S. 347f., 411f. Lanzinner, Konfessionelles Zeitalter (2001), S. 64–65, mit Angabe der Literatur. Walther, Abt Balthasars Mission (2002). 90 Siehe oben S. 176f. 91 Das Schriftstück über den „polnischen Krieg“, von dem Amman schreibt, konnten wir in den durchgesehenen Archivalien leider nicht finden. Die Religionsschriften enthält jedoch die Regenspurgerische reichshandlung. Siehe Regenspurgerische reichshandlung, fol. 194r f. Siehe auch oben S. 173.

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warten müssen mit beschwarlichen grossen uncosten der lande und das die handlungen so langsam und unschleinig von handen gehn. So haben wir auch gueten verstandt, das erzherzog Ferdinandt, herzog von Baiern und Salzburg khainen beschaidt alher schickhen oder geben werden, man wirdt erst nach beschlossenen reichstag, sie allesambt wiederumben bey ihrer hofhaltung ersuchen müssen. Dießes beschwarliches raißen zu winterszeyten wirdt nit wenig bedorfen, nebendem wir alhie noch nit wissen, was es ein endt wirdt geben. Und hat h. Hoffman, weil ich gleich in schreiben dießes briefs gewesen, mir bevolhen, e. G. zu ermanen der hievor beschehenen verordnung, das sie hernach mehrer zerung alher verordnen wolten, auf das e. G. einen schultbrief auf dem von Salzburg stellen liessen per 1000 fl. und mit dem ehristen alher zuschickhen. Es hat h. Ungnad und h. von Thurn vor etlich wochen bey statlichen herrn und ihren bekhanten lehengelt gesuecht, aber bey meiner warheit nichts bekhummen mögen. Jederman hat sich gar schwerlich alhie verzert. Herrn Hoffman ist man schuldig 2500 fl. aus der hofcamer, darauf er sich jederzeyt verlassen auf die starckhe vertröstung, so ime durch die hofcamerrathe ervolgt ist, aber die hoffnung ist in brunnen gefallen, und er muß biß ihr Mt. geen Wien khommen patientia halten. Sunst waiß ich nichts mehr zu schreiben, als das man an khainen ort etwas guts hören thut, weder im Niderlandt noch Frankreich. Es wil der Almechtig etwa ein endt dießes jamers und mit dießer bösen welt machen. E. G. und h. ich mich hieneben dienstlich bevelchendt. Datum Regenspurg, den 13. Septemb. A. 76. E. G. und h. Gehorsamer und dienstwilliger Matthes Amman.

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6 Datum 19. September 1576 Wolgeborn, gestreng, edl und vest gn. herrn. E. G. sindt mein willig und gehorßam dienst berait zuvor. Unser sachen alhie, die ziehen sich nur von tag zu tag auf, und wil schier je lenger je zunichtiger werden. Das macht der teüfl, der babst und sein mutter alhie, der cardinal, die religion, item die freystellung, die stekt. Meniglich ist unlustig und schwirig, wie ich dan gestern von einem ansehenlichen fursten und potentaten aus seinem mundt dieße wort gehört, der hat es zu mir gesagt, als ich etlicher sachen halber zu ime geschickt bin worden ([„]Ich sehe, dass es alles zu drimmern und boden wil gehn, helf uns Gott allen, wan es je verdorben soll sein, so schick man sich gleich mer darzu.[“]).92 Ich waiß derzeyt anders nichts zu schreiben als das ihr khay. Mt., welche noch schwach, dießes bedenckhen wegen ainstellung eines newen ritterordens vorgestern dem reichsstanden ubergeben lassen, das werden e. G. hiebey vernemen.93 Ich trug grossen sorg, wir müssen noch in Tyrol und andern orten umbraißen.94 Wan man nur wüste, was der reichstag fur ein beschluß wirdt geben. Davon hört man noch wenig. E. G. mich daneben dienstlich bevelchend. Datum Regenspurg den 19. Septemb. a. 76. E. G. Dw. Matthes Amman.

92 Siehe oben S. 243, Anm. 87. 93 Siehe oben S. 112f. 94 Dafür entschieden sich die Gesandten letztlich doch nicht, obwohl sie keine zufriedenstellenden Antworten vom Salzburger Erzbischof und von Erzherzog Ferdinand erhalten hatten. Dass die Antwort des Herzogs von Bayern völlig anders als erwartet oder zumindest gewünscht war, haben wir bereits gesehen. Siehe oben S. 168f.

III. BERICHT – RELATION – DER GESANDTEN ÜBER VERRICHTUNG IHRER REICHSTAGSMISSION. S. L. [REGENSBURG], 18. OKTOBER 1576 AS, Stan I, Sch. 934, Regenspurgische reichshandlung, fol. 152r–155r. StLA, Laa. A. A., Landtag III, LH, Bd. 29, Reichshandlungen […] de anno 1576. AS, Stan I, Sch. 161. N. der dreyer lande Steyr, Khärndten vnd Crain herrn abgesandten zum regensburischen reichstag relation ir verrichtung vnd anderer der iren begriffner notwendigen articl. Jh. 3. Novebmris 76. N.1295

[152] Hoch und erwürdig, wolgeborn, gestreng, edl und vest, gunstig und besonder liebe herrn und freundt. Den herren sindt unser freundtlich und guetwillig dienst berait zuvor. Und geben euch herrn hiemit zu vernemen, das der reichstag nunmehr sein endtschaft erraicht, der reichsabschidt publiciert und verlesen und meniglichen zu hauß zu verraisen erlaubt ist. Wiewol wir nun nit vermaint hetten, das sich unser legation so lang aufziehen, so haben wir doch nit mit geringer beschwärung hindan gesezt, unser aigene sachen und verabsaumbnus des unsrigen von des geliebten vaterlandts wegen gern gedult getragen, uns khainer mühe und arbait verdriessen lassen, auch darundter allerläy unwillen und verlust, so uns in vil weg begegenet, ausstehn müessen. Endtlich aber und mit hilf des Almectigen, ungeacht das uns in viel weg sperr und verhinderung zuegefüegt worden, die sachen so weit gebracht, das die reichsstände sich diser lande und derselben granizen ganz treulich und mitleidenllich angenuemen und beschlossen, damit dise lande, davon wir abgesandt, und derselben hochbedrangte granizen aus diser so stattlichen und ansehenlichen reichshülfen nit weniger als andere der khay. Mt. lande und gränizen also bedacht, daß sie diser bewilligten reichshülfen würckhlich und empfindtlich geniessen sollen, inmassen dann die khay. Mt. selbst, damals noch im leben, alberait die austhailung gemacht, wie nit allain die zipßerische und ungerische, sundern auch dise windische und crabattische gränizen über die jezige besazung und fürsehung besterckht sollen werden, und solchen uberschlag den reichsständen neben derselben replickhschriften 95 Die Berichterstattung der Gesandten wird in den Folianten Regenspurgerische reichshandlung und Reichshandlungen […] de anno 1576 auf den 18. Oktober datiert, die separate Version aus dem Slowenischen Staatsarchiv dagegen auf den 3. November. Alle drei Versionen sind jedoch gleichlautend.

Bericht – Relation – der Gesandten

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allergenedigiste fürtragen lassen,96 darauf dan volgundts, wie gemelt, der beschluß der so stattlichen bewilligung beschehen, ist daneben auch diser lande fürgebrachte not und obligen und wie die reichstände wöllen, das inen und derselben gränizen geholfen solle werden, in den reichsabschidt specifice und lauter eingeleibt, welches alles nunmehr für ein gesaz, so also gwislich volzogen solle werden, [152v] zu halten.97 Und es hievor, alda die lande auch mit grosser clag ihre not angebracht, niemaln darzue khommen, das man in den reichsabschidt irer gedacht hette, und was nun also allenthalben durch uns alhie bey disem reichstag gehandlet und verricht worden, auch andere daneben hochwichtige sachen, welche den landen zu wissen nit unnöttig, haben wir in drey untersschiedliche prothocol ordenlich einschreiben lassen, einen jeden landt eines unter unsern fertigung hernach zuzestellen.98 Dieweil sich aber unser ankhunft noch etwas verweilen möchte, haben wir demnach aus getreuen gemüet nit unterlassen, jedem landt, davon wir abgesandt, in sonderhait unser traues bedenckhen zu eröffenen, damit die herrn iren beywonenden verstandt nach, des geliebten vaterlandts not, wolfart oder verderben wol zu herzen füren und die notturft verer betrachten und beratschlagen wöllen. Und bitten auch daneben ganz freundtlich und dienstlich, man wölle es von uns in solchen treuen und aufrechten verstandt vermerckhen, wie wir es treuherzig dem gemainen wesen zum besten mainen. Wiewol nun dem also, wie obsteht, das dise sachen zu gueten beschluß gebracht worden, so wäre doch solches alles vil bequemer, ordenlicher und fürträglicher beschehen, wann die f. D., unser gnädigster herr und landtsfürst, als ein haubt und erbherr diser lande, welche nit allain in schuz und schermb des Heyligen Reichs, sondern auch in den reichskraisen, sowol als andere stande begriffen, bey diser reichsversamblung einen erfarnen und tauglichen man als einen gesandten, sowol als ir khay. Mt. und erzherzog Ferdinant gehabt, der den ratschlagen beigewont oder do es ein bedenckhen gewunen, welches wir doch aus allerley umbstenden nit khünnen befünden, das doch derselbig irer f. D. gesandte als principal neben unser der handlungen abgewartet und zugleich das werckh treiben solte helfen. Dann wir mit guetem grundt anzaigen khünnen, ob wir wol irer f. D. credenzschreiben fürgebracht, so hat es demnach bey vilen und vilen ein selzambs ansehen gehabt, das die lande für sich selbst ire gesandten mit so starckher instruction abgefertigt, ihr verderben und grosse not hoch angezogen und das entgegen ihr f. D. als 96 Es handelt sich um die Duplik, welche Kaiser Maximilian II. am 9. August samt Beilagen den Reichsständen übergeben ließ. Siehe auch oben S. 89f. 97 Vgl. Quellen Nr. I, Tägliche verrichtung, 29. 10. 98 Siehe oben S. 25–26.

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herr und landtsfürst, den es fürnemblich angeth, niemanden bey solcher legation gehabt haben, davon [153] ist derzeit nichts zu melden, sondern fürnemblich das wol zu gemüet füren und zu betrachten, das nunmehr khain ainige zeit tag oder stundt zu verabsaumen, damit dasjenig, so zu gueten beschluß khommen, in würckhliche volziehung gebracht werde. Wir haben neben andern auch nit gefeyret, do wir vermerckht, das die schwachait bey der röm.khay. Mt. hochstlöblichister gedachtnus von tag zu tag zuegenuemen, ehe und zuvor nach der reichsabschiedt publiciert worden, bey hochsernenter khay. Mt. embsig anzuhalten umb abthailung der bewilligten reichshilfen, so hat sich aber der laidige faal mit irer Mt. begeben, das sie von disen jamerthal mit billichen erschreckhen und betrüebnus der ganzen Christenhait den zwelfen Octobris zwischen neün und zehen uhr sindt abgeschieden,99 das derwegen unser anbringen irer khay. Mt. nit fürkhommen, nichtsdestominder so haben wir noch zum beschluß diser unserer gehabter legation bey der jezigen khay. Mt., khayser Rudoplho den andern, die sachen anhengig gemacht und mit nebenligunden supplication signo A.,100 alspalt wir die werbung bey herzog Albrecht zu Bayrn, welcher dise tag alher khummen solle, verricht,101 unsern gehorsamisten abschiedt zu nemen entschlossen. Es steht aber die sachen principaliter an dem, das obwol hochsternenter khayser Maximilians die austhailung, wie die granizen allenthalben besterckht solle werden, gemacht und den reichsstanden fürtragen lassen, so ist doch die veranlassung also beschehen, das das khriegswesen der grainizen noch mit merern berathschlagt solle werden und solche berathschlagung soll volgundts nach gehaltenen khraißtägen bey den deputationstag, welcher den ersten Augusti jezt eingeunden jars zu Franckhfurt am Main zu halten angestelt, den deputirten reichsständen fürgebracht, in sonderhait wie es mit den khriegszal und mustermaistern, auch den khriegsofficiern gehalten, item wie der neue ritterorden an dem granizen angericht und dergleichen hochwichtige sachen mehr schlieslich berathschlagt werden, bey welchen deputationstag wir nit allain für uns selbst, sundern mit rath ansehenlicher, trewherzigen personen ein unverrmeidliche grosse notturft zu sein erachten, das dise lande ihre gesandten darbey haben, doch mit maß und ordnung, wie hernach wierdt volgen. Und damit hiezwischen khain zeit verabsaumbt, weil sunderlich die beratschlagung des khriegswesen inhalt des reichsabschiedt fürderlich an die 99 Siehe oben S. 109-110. 100 Supplik der innerösterreichischen Gesandten an Kaiser Rudolf II. s. d., presentatum 27. 10. Regenspurgerische reichshandlung, fol. 150v–151v. 101 Siehe Regenspurgerische reichshandlung, fol. 166r f. Siehe auch oben S. 168f.

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handt genuemen solle werden, so ist hoch vonnöten, dasjenig, so nunmehr von den reichsständen und khaiser Maximiliano bewilligt, [153v] bey der jezigen khay. Mt. embsig und gar vleissig zu urgiren, auf das soliche berathschlagung mit irer f. D. und derselben lande Steyr, Khärndten und Crain nit etwa hernach aus ubersehen und vergessenhait beseits gestellt und ausser irer gegenwurt die berathschlagung an die handt genuemen werde. Wir zwar für unser personen haben an jezo solcher perturbation aller sachen, alda das regiment bey jezier khay. Mt. weder mit gehaimen noch andern räthen bestelt und vileicht noch in etlich wochen nit, sopalt alles in solche ordnung gebracht, wie es khay. Mt. Maximiliano verlassen, unser begeren in abangezogener lezten supplication an die jezig khay. Mt.102 anders nit, dann auf die gewißhait allain, wie es khay. Mt. angeordnet und den reichsstanden ubergeben zu stellen gewüst, und derzeit damit beschlossen, aber wir tragen daneben grosse beisorg, man möchte etwa in der vorhabenden und veranlasten berathschlagung des khriegswesen aller gränizen dise ihrer f. D. lande und derselben gränizen, wann ihr f. D. und die lande nit ire gesandten darbey hetten, nit dermassen, wie es die notturft erfordert und es der vorigen khay. Mt. sambt der reichsstände willen und mainung gewesen, bedenckhen oder etwa die sachen auf andere weg gericht werden. Ist nun je zeit gewesen, das ihr f. D. und derselben getreuen landtschaften der gurren, wie man sagt zum augen sehe, so erforderts gewiß an jezo die gegenwürtige zeit geforliche leüf und allerhandt besorgenden veränderung, das man nunmehr den mundt aufthue und deütsch rede, dann man je vor Gott und der welt schuldig ist, die trew gegen den vaterlandt also zu erzaigen, das one allen respekt jezundt nichts anders für augen gestelt und berathschlagt werde, dann wie das liebe vaterlandt zu erhalten, oder die lande müessen mit und in erbärmclichts verderben und untergang (welches der Almechtig verhüten wölle) gerathen. Derwegen die lande samentlich bey ir f. D. gehorsamist anzuhalten werden wissen, das sie solches alles gnädigst und väterlich beherzigen wölle und mit zeitlichen rath derselben getreuen landtschaft nit nachlasse noch ausseze, erstlich durch schreiben und ausfürung allerhandt beschlossenen sachen ir khay. Mt. dahin zu comoniren, das sie solche berathschlagung des khriegswesen one verzug an die handt nemen und irer f. D. sambt derselben landen entweder einen gewissen tag [154] zu solchen hochnotwendigen werckh bestime oder, do es sich speren wurde, einen ansehenlichen und der sachen erfarnen man zum gesandten neben denselben (doch daß man sich zugleich der instruction zuvor vergleiche) an irer 102 Supplik der innerösterreichischen Gesandten an Kaiser Maximilian II. s. d., presentatum 6. 10. Regenspurgerische reichshandlung, fol. 124v–125v.

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Mt. hof schickhen und davon nit aussezen, biß es entlich zu gueter erledigung gerathe, auf das man wissen khünne, was ir khay. Mt. zum khunftigen deputationstag dizfall soll fürbringen und den reichsabschiedt also in allem dem khriegswesen und fürsehung der gränizen anhengigen articln ein volliges beniegen bescheche, dann es sein die lande nun lang genueg dahinden bleiben, ungeacht das in allen reichstagen die windisch und crabattisch gränizen hoch und starckh mit der feindts gefahr angezogen, aber der bewilligten hülfen gar wenig genossen, wie dann deren nit wenig sein möchten, die immerzue zu hof vleissig dienen, ihren herren grossen nuz und inen vil gnad darbey suechen wellen, wann sie nur vil auf irer herrn seiten ziehen khünnen. Gott gebe, wie es den benachparten landen und den armen verlassenen gränizen ergehe, weliches die lande selbst aus genuegsamer erforenhait mit iren schaden die zeit herumb emphunden haben, derwegen ganz wol zu wachen, damit die lande und zuvordrist ir f. D. dizorts irer schanz wol warnemen und hierinen nichts verabsaumen, damit also dasjenige, welches an izo, Gott lob, zu erhaltung landt und leüt wol angefangen und durch reichsstände treuherzig beschlossen, zu würkhlicher volziehung gebracht werde. Darbey dann in f. D. und die lande das auch ganz wol zu bedenckhen haben, das khayser Maximilians hochlöblichster gedachtnus obrister khriegsherr gewesen, welches das khriegswesen die gränizen von den landen auf irer Mt. begeren vertraut und ubergeben worden, dannenher die lande umb alle und jede notwendige ein und fürsehung derselben granizen bey irer Mt. starckh und oftmaln bono iure et titulo angehalten und ob was darunter zu schaden gehaußt, solches alles der khay. Mt. als khriegsherrn zuegeschriben und alle verantwortung aufgeladen worden (gleichwol solche verandtwortung den landen wenig fürtragen, dann die schäden, so aus verlust der fleckhen oder des feindts einfal zu entlichen verderben der lande entstanden, hat man nie abgelegt. Der verlorn hat, dem ist das seinig, niemaln wider erstattet). An jezo, do die gränizen in grosse abödung geraten, der feindt alle besten vortl in sein gwaltsamb gebracht, alles ganz offen, bloß und unfürgesehen steht, wierdt es vileicht groß bedenckhen geben, ob die jezig khay. Mt. sich dergestalt, wie derselben geliebter herr vater, verrer einlassen werde. [154v] Nebendem hochstermelte khay. Mt. hochsäligister gedächtnus sich mit irer f. D. und den landen khurz verschienen jaren auch dahin verglichen, das sie zu hilf der crabattischen gränizen aus derselben aigenen camergüetern die 60.000 fl. dargeben lassen, doch nur auf wolgefallen, biß so lang sie sich mit irer f. D. und derselben landen eines andern vergleichen werden. Nun mechte dasselbig durch absterben irer Mt. an jezo auch besorgentlich fallen, das also allenthalben unvermeidlich vonnöten, damit die

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lande unverzüglich durch ire ausschlüß zusamenkhommen, sich diser und dergleichen hochnottewendigen articl, unterhaltung der gränizen stattlich und wol unterreden, irer f. D. die mangl und bedenckhen eröffenen und bey der khay. Mt. allenthalben zeitliche vergleichung diser aller punct halber gesuecht werde, auf das nit hernach, wann etwo der gächling fürbrechen solte an einem und dem andern ort, do sich ein thail auf den andern verliesse, die mangl mit untergang der lande erschienen und denselben khain mittl noch weg mehr zu helfen gefunden khündten werden. Wann dann solche beratschlagung obangezogener und anderer mehr articl, darunter der gemainen defensionordnung khainswegs zu vergessen aus gnädigster zuelassung irer f. D. fürderlich fürhanden genuemen, so wierdt volgundts die notturft erfordern, von instructionen, auch tauglichen personen zu reden, welche von irer f. D. und den landen nit allain an irer Mt. hof, sundern auch zum deputationstag abzufertigen, auf das allenthalben nichts verabsaumbt und diser lande gränizen ainst in besser fürsehung gebracht werden. Und das wir so fast auf die befürderung aller sachen dringen, bewegt uns unter andern, das die reichsstände mit vernunftigen und stattlichen ursachen die bezalung der bewilligten reichshilfen dahingestelt, weil die feindtsgefahr groß und man durchaus khain zeit mehr versaumen solle, die besterckhung und mehrer versicherung der gränizen an die zu nemen, das des ersten jhars deputat zu dreyen fristen als jezt khummenden Martini diz jars, hernach mitte Fasten und fürs dritte Natiulia Marie des 77 jars bey den leegstetten richtig erlegt solle werden. Wann dann der erste termin jezt Marttini gar an der handt und solle einesthails gelt bey den legstetten wichtig gemacht, ist zu besorgen, es mechte etwa zu andern [155] ausgaben, wie zuvor auch beschechen, entlechnet und hernach den landen iresthails gebür dardurch entzogen werden. Sonst haben die lande zu unterhaltung ihresthails gränizen an den reservoten, so irer Mt. bey den seestetten, freyen ritterschaft in Schwaden und Franckhen, item den bundtgenossen in sonderhait zu begeren bevor gelassen, und one zweifl ein stattliche summa wierdt bringen, die gebür auch gehorsamist zu begeren, dann solches alles nur zu unterhaltung der gränizen gegen dem erbfeindt gemaint wirdt, darunter windisch und crabatisch gränizen sowol als andere begriffen. Das alles was wir hieoben bedenckh weiß, aus treuherzigen wol mainunden gemüet, den herrn hiemit zu derselben mehrer nachgedenckhen anmelden

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thuen, das ist allain zu befürderung der sachen und gerinung der zeit beschechen und das die herrn khurzlich und summariter unserer verrichtung, relation, mittlerweil empfhangen mügen und wellen auch zu entschuldigung unserer personen das vermelt haben, do aus ainicher verabsaumbnus dise sachen steckhen bleiben und nit, wie sich gebürt, continuirt wurde, das uns hernach, als ob wir in unserer anbevolchenen legation ichtes verabsaumbt, die schuldt nit zugemessen werde. Was aber sunst unser tägliche in namen der lande verrichtung, werbung, fürtrag bey der khay. Mt., sowol als den reichsständen und andern potentaten und derselben rathn und gesandten in specie und in genere gewesen oder was alhie zu vermelden unterlassen bleiben, das wöllen wir entweder allesambt miteinander, do es die gelegenhait wirdt geben, oder obsonderlich den landen, davon ein jeder gesandt ist, zu unserer ankhunft mündtlich und mit fürbringung der actis und scheinen referieren und bitten ganz dienstlich und freundtlich, wie obsteht, uns solches alles zum besten zu vermerckhen. Den herrn wir uns daneben alle sambt dem Almechtigen bevelchen.

TRANSKRIPTIONSREGELN

Die Transkription folgt größtenteils den aktuellen Editionsprinzipien 1 frühneuzeitlicher Texte, und nimmt dabei Transkriptionen zum Beispiel, die den Texten dieser Edition in Zeit und Genre verwandt beziehungsweise ähnlich sind.2 Die Regeln der Transkription, welchen diese Edition folgt, sind folgende: 1. Die Interpunktion ist pragmatisch. Die Trennung und Zusammensetzung der Wörter hält sich an die der Schreibweise in der Vorlage. Ausnahmen dabei sind diese: a) die Trennung des Wortes zu von den Verben der Infinitivkonstruktion (z. B. „Es ie in iren vermügen nit ist, dise purden allain wie bißheer zu ertragen.“); b) die Zusammensetzung von Wörtern, die Verben, Fürwörter, Adjektive und Adverbien betreffen (z. B. wollgefallen, dasjhenig, weitschichtiger, allerhandt, nebendem); c) Textstellen, die möglicherweise nicht eindeutig sein sollten. 2. Der Gebrauch des großen Anfangsbuchstaben ist auf die Schreibweise folgender Arten von Wörtern beschränkt: a) Personennamen, Namen politischer und juristischer Entitäten sowie Verwaltungsentitäten (z. B. Heilliges Römisches Reich Teutscher Nation, Imperium, Teutsch Orden), Titel (Majestät, eure Liebden, eure Gnade) sowie Substantive zur Bezeichnung religiöser Entitäten (z. B. Christenheit, Gott, Augspurgische Confession); b) Toponyme; c) Monatsnamen, Namen von Tagen und Feiertagen; d) Ehrentitel und akademische Titel (D., G., W. usw.) sowie Bezeichnungen für Heilige (S.).

1

2

Empfehlungen zur Edition frühneuzeitlicher Texte der ‚Arbeitsgemeinschaft außeruniversitärer historischer Forschungseinrichtungen‘, in: Archiv für Reformationsgeschichte 72 (1981), S. 299-315. Empfehlungen zur Edition frühneuzeitlicher Texte, in: Jahrbuch der Historischen Forschung in der Bundesrepublik Deutschland, Berichtsjahr 1981, Stuttgart 1981, S. 85-96. Lutz, Kohler, Das Reichstagsprotokoll (1977). Lanzinner, Heil, Der Reichstag zu Augsburg 1566 (2002). Lanzinner, Der Reichstag zu Speyer 1570 (1988). Leeb, Der Reichstag zu Augsburg 1582 (2007). Fröschl, Der Reichsdeputationstag zu Worms 1586 (1994).

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Transkriptionsregeln

3. Die Buchstaben a und o werden in der modernen Lautgestalt verwendet. 4. Die Buchstaben i und u wurden nur als Vokale, die Buchstaben j, v und w nur als Konsonanten verwendet. Der Buchstabe u, der in der Bedeutung des Buchstaben f steht, wurde wie der Buchstabe v geschrieben (z. B. pfalzgrave). 5. Die Buchstaben uu und vu in der Bedeutung des Buchstabens w sind wie w geschrieben. 6. Das Wort dz in der Bedeutung das beziehungsweise daß wird dem Kontext entsprechend aufgelöst. 7. Die Verdoppelungen von Konsonanten (mm, nn, tt) wurden aufgehoben. 8. Die Redaktionskommentare sowie Ergänzungen im Text stehen in eckigen Klammern. Mit dem Zeichen […] werden ausgelassene Passagen beziehungsweise Leerstellen im Text gekennzeichnet. 9. Wörter in Lateinschrift sind kursiv gedruckt. 10. Marginalien wurden in den textkritischen Apparat übertragen und sind kursiv geschrieben. 11. Besonderheiten der Schreibweise, die zum Textverständnis von Bedeutung sind, werden in den Fußnoten erklärt, ebenso die Wörter mit archaischer Bedeutung sowie solcher mit zweideutiger Bedeutung. 12. Die den Inhalt betreffenden Bemerkungen im textkritischen Apparat werden mit Ziffern angeführt, Bemerkungen zur Schreibweise der Wörter dagegen mit Buchstaben. Auch die Marginalien werden mit Buchstaben geführt. 13. Abkürzungen sind aufgelöst. Abkürzungen für Geldeinheiten und die folgenden Abkürzungen wurden nicht aufgelöst: cf., churf. e. G. er. la., e. l. e. L. f., für.

Kurfürsten, kurfürstlich eure Gnade ersame Landtschafft euer Liebden fürstlich

Transkriptionsregeln

f. D. fürstliche Durchlaucht fr. Freundschaft gld. Gulden g., gn., G., Gn. Gunst, Gnade khay., khey. kaiserlich khön. königlich Mayt., Mt. Majestät röm. römisch s. L. sein Liebden W. Würde […] unlesbar

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ABKÜRZUNGEN AÖG Archiv für österreichische Geschichte AS Arhiv Slovenije Bd. Band BKSGQ Beiträge zur Kunde steiermärkischer Geschichtsquellen Car I Carinthia I Fasc. Faszikel FRA Fontes rerum Austriacarum H. Heft HHStA Haus-, Hof- und Staatsarchiv HK RA Hofkammerarchiv, Reichsakten HZ Historische Zeitschrift HS Handschriftensammlung JbGGPÖ Jahrbuch der Gesellschaft für die Geschichte des Protestantismus in Österreich K. Karton KLA Kärntner Landesarchiv Laa.A.A. Landesarchiv, Archivum Antiqum LA Landtagsakten LH Landtagshandlungen LR Landtagsratschläge MEA RTA Mainzer Erzkanzlerarchiv, Reichstagsakten MHVK Mitteilungen des Historischen Vereins für Krain MHVSt Mitteilungen des Historischen Vereins für Steiermark MIÖG Mitteilungen des Institus für Österreichische Geschichtsforschung MIÖStA Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs RK RTA Reichskanzlei, Reichstagsakten QFiAB Quellen und Forschungen aus italienischen Archiven und Bibliotheken St.A. Ständisches Archiv Stan I Stanovski arhiv, I. registratura StLA Steiermärkisches Landesarchiv Sch. Schuber VHKSt Veröffentlichungen der Historischen Kommission für Steiermark WBGNZ Wiener Beiträge zur Geschichte der Neuzeit ZHF Zeitschrift für historische Forschung ZHVSt Zeitschrift des Historischen Vereins für Steiermark

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Abkürzungen

ZČ ZZR

Zgodovinski časopis Zbornik znanstvenih razprav

ARCHIVALIEN Slowenisches Staatsarchiv (AS) Stan I, Sch. 161, 854, 857, 876, 934 Steiermärkisches Landesarchiv (StLA) Laa.A.A. Gruppe II. Landesfürst, K. 8, H. 41; K.16, H. 100 Laa.A.A. Gruppe III. Landtag, LH, Bd. 27, 28, 29 Laa.A.A. Gruppe III. Landtag, LR, K. 99, H. 413, 414; K. 104, H. 426 Laa.A.A. Gruppe III. Landtag, LA, K 180 h 579, 578. K 184 h 609, 610, 611 Laa.A.A. Gruppe III. Verordnetenamt, K 351, H. 1099, 1100 Laa.A.A. Gruppe VI/1. Reichshilfe, Sch. 2 Laa.A.A. Gruppe IV/2. Gesandtschaften, Sch. 43 Laa.A.A. Gruppe VI. Ausgabenbücher 1575, 1576, 1577 Laa.A.A. Gruppe IX. Religion, Chronologische Reihe, Sch. 5, 6, 7 Laa.A.A. Gruppe IX. Religion, Anrufung des Reiches, Sch. 74 Meilerakten XI-a, XI-e, XIII-l HS, Staatliche Archive Ia/1, II/15 Kärntner Landesarchiv (KLA) St.A., Sch. 482, Fasz. 2; Sch. 643, Fasz. 2 St.A., Ausschussprotokoll, HS 14, HS 19 Haus-, Hof- und Staatsarchiv (HHStA) RK RTA Fasz. 53, 54a MEA RTA Fasz. 72, 73 Hofkammerarchiv (HKA) RA Fasz. 51b, 98 Instructionen Nr. 241, 273

GEDRUCKTE QUELLEN UND LITERATUR

Abschiedt der Römischen Kayserlichen Mayestat/vnd gemeyner Stände/auff dem Reichstag zu Regenspurg/Anno Domini M. D. LXXVI. auffgericht. […], Meyntz/ durch Franciscum Behem/Anno M. D. LXXVI. Aelschker, Edmund: Geschichte Kärntens von der Urzeit bis zur Gegenwart mit besonderer Rücksicht auf die Culturverhältnisse. 2. Bd.: Von Kaiser V. bis zur Gegenwart, Klagenfurt 1885. Albrecht, Dieter: Die auswärtige Politik Maximilians von Bayern 1618–1635. Schriftenreihe der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften 6, Göttingen 1962. Allgemeine Deutsche Biographie, hg. von der Historischen Commission bei der Königl. Akademie der Wissenschaften. 56 Bände, Leipzig 1875–1912. Altfahrt, Maria: Die politische Propaganda für Maximilian II., in: MIÖG 88 (1980), S. 283–312. Altmann, Wilhelm: Zur Geschichte der Wahl Maximilians II. zum römischen König, in: MIÖG 13 (1892), S. 619–625. Ammerer, Gerhard/William Godsey/Martin Scheutz (Hg.): Bündnispartner und Konkurrenten der Landesfürsten? Die Stände der Habsburgermonarchie. Veröffentlichungen des Instituts für Österreichische Geschichtsforschung 49, Wien/München 2007. Amon, Karl: Agricola, Georg (†1584), in: Erwin Gatz (Hg.): Die Bischöfe des Heiligen Römischen Reiches 1448 bis 1648, Berlin 1996, S. 7–8. Amon, Karl: Innerösterreich, in: Territorien des Reichs im Zeitalter der Reformation und Konfessionalisierung. Bd. 1: Südosten. Anton Schindling/Walter Ziegler (Hg.): Katholisches Leben und Kirchenreform im Zeitalter der Glaubensspaltung 49, Münster 1989, S. 102–116. Amon, Karl: Katholische Reform und Gegenreformation, in: Gerhard Pferschy (Hg.): Evangelisch in Steiermark. Glaubenskampf – Toleranz – Brüderlichkeit, Graz 1981, S. 32–39. Amon, Karl (Hg.): Die Bischöfe von Graz-Seckau 1218–1968, Graz/Wien/Köln 1969. Anderson, Matthew S.: The Rise of Modern Diplomacy 1450–1919, London 1993. Anderson, Matthew S.: The Origin of the Modern State System 1494–1618, London 1998. Andritsch, Johann: Innerösterreich und die Länder der Stephanskrone, in: ZHVSt 61 (1970), S. 51–70. Angermann, Norbert: Studien zur Livlandpolitik Iwan Groznyis, Marburg/Lahn 1972. Angermeier Heinz, Erich Meuthen (Hg.): Fortschritte in der Geschichtswissenschaft durch Reichstagsaktenforschung, in: Schriftenreihen der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften 35, Göttingen 1988. Arndt, Johannes: Das Heilige Römische Reich und die Niederlande 1566 bis 1648. Politisch-konfessionelle Verflechtung und Publizistik im Achtzigjährigen Krieg. Münstersche Historische Forschungen 13, Köln/Weimar/Wien 1998.

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PERSONENREGISTER

Agricola Georg, Bischof von Seckau 9 – 11, 66, 137, 157, 175, 209, 235, 238 Alençon Hercule François, Herzog 231 Albrecht V., Herzog von Bayern 75, 80, 103, 169, 170, 173, 215, 239, 246, 247, 250 Amman Matthes 6, 9, 26, 56, 62, 65, 66, 132, 135, 140, 141, 145, 146, 153, 157, 162, 163, 166, 171, 176 – 179, 211, 212, 214, 219, 225 – 227, 229, 232, 233, 236, 238, 239, 244 August, Kurfürst von Sachsen 75, 101, 102, 244 Auersperg Christoph 63 Hans 58 – 60 Herward 32, 38, 39, 46, 58 Weikhard 62 Banffy Niclas von 137 – 139 Báthory Stephan, Fürst von Siebenbürgen 72, 73, 211, 215, 230, 235, 243 Bellow Georg von 16, 20 Bonhomo Nicolaus 56 Brenner Martin, Bischof von Seckau 198 Burkert Günther 13 Dernbach Balthasar, Abt von Fulda 244, 245 Duroc 16, 23, 24 Echter Julius, Bischof von Würzburg 244 Erben Wilhelm 112, 116 Ernst, Erzherzog 72, 108, 109, 193, 210, 215 Ernst, Herzog von Bayern 103 Erstenberger Andreas 74, 87, 108, 115, 191, 211, 212 Faber Christoph 150, 213 Ferdinand I., Kaiser 191 Ferdinand, Erzherzog 45, 62, 170, 191, 214 – 216, 218, 238, 239, 241, 246, 247, 249 Geertz Clifford 20, 21 Georg XIII., Papst 243 Hans von Veldenz, Pfalzgraf 103 Hansenstein Hans von 89

Harrach Leonhard von 80, 84, 88, 108, 115, 124, 129, 141, 143, 172, 209, 215, 217 Heinrich III., König von Frankreich 72, 231 Heinrich IV., König von Frankreich 231 Henri I. Bourbon de, Prinz von Condé 231 Herberstein Felizian 45, 55 Hofmann Hans Friedrich 37, 38, 40, 41, 43, 45, 47 – 50, 55, 56, 62, 64 – 69, 124 – 126, 146 – 148, 150, 152, 156, 162, 167 – 169, 171, 172, 176 – 179, 209, 213, 214, 220, 225, 228, 234, 235, 241, 245, 246 Ilsenburg Salentin von, Erzbischof von Köln 213 Ilsung Georg 69, 74, 77 – 82, 88, 103, 108, 111, 113, 114 Johann Achilles 69, 89, 101, 162 Iwan IV., Zar 72, 73, 210, 211, 215 Johann Casimir, Pfalzgraf 231, 232 Johann Georg, Kurfürst von Brandenburg 75, 101 Karl, Erzherzog 24, 31, 32, 40 – 45, 47 – 49, 51 – 54, 57, 59 – 61, 63, 64, 66, 68, 70, 112, 124, 125, 127, 129, 135, 138, 139, 142, 144, 153, 157, 159, 165, 173, 175, 191 – 193, 214, 216, 223 Karl IX., König von Frankreich 72 Katharina Medici, Königin von Frankreich 231 Khevenhüller Georg 32 Khobenzl Hans 210 Johann 115, 116 Kohler Alfred 232 Kren Leonhard 56 Khuen-Belasi Johann Jakob von, Erzbischof von Salzburg 9, 45, 62, 66, 75, 103, 210, 238, 239, 246, 247 Lamberg Maximilian 61 – 63 Lanzinner Maximilian 79, 81 Le Goff Jacques 17 Lengheim David 65 Loserth Johann 12

290 Luttenberger Albrecht Pius 12, 13, 19, 20, 190, 196, 199, 203 Machiavelli Niccolò 122 Matthias, Erzherzog 222 Maximilian II., Kaiser 31 – 33, 42, 43, 52, 53, 58, 62, 69, 70, 72 – 74, 76, 84, 85, 90, 99 – 105, 109 – 112, 114, 115, 117, 118, 120 – 123, 125, 127, 129 – 131, 133, 134, 136, 138, 139, 142, 144, 168, 185, 187, 188, 193, 210, 211, 215, 217, 221, 230, 236, 243, 245, 249 – 252 Maximilian, Erzherzog 193 Maxlrainer Wolf 218 Meinecke Friedrich 20 Moritz Hugo 230 Morone Giovanni, Kardinal 243, 244 Printz Daniel 210 Proust Marcel 16 Ratmannsdorf Otto von 45 Rauber Kosmas 56 Revel Jacques 22 Rudolf II., Kaiser 78, 102, 109, 123, 144, 145, 168, 220, 221, 250 Scharffenberg Hans von 45, 57, 227, 228 Schranz Wolfgang 60 Schulze Winfried 12, 14, 15, 23, 194 Schwendi Lazarus von 77, 79 – 81, 84, 85, 87 – 89, 100, 108, 109, 111 – 114, 116, 122, 123, 136, 137, 143, 216, 217, 233, 234 Sebottendorfer Daniel von 102 Sigismund August, König von Polen 72

Personenregister

Simoniti Vasko 14 Stadler Erasmus 45, 49 Stolberg-Rillinger Barbara 18 Teuffenbach Franz von 68, 234 Thurn Achaz 56 Ambros von 56 Georg Graf von 61, 218 Jobst Joseph 38, 39, 46, 56, 58 – 60, 63, 69, 156, 162, 171, 212, 225, 234, 245, 246 Wolf 59, 60 Trautson Hans von 80, 84, 108, 115, 124, 125, 129, 141, 143, 209, 210, 230, 243 Ungnad Ludwig 38 – 40, 43, 47, 49, 56, 63, 64, 69, 89, 101, 152 – 157, 159, 171, 214, 225, 234, 245, 246 Valvasor Johann Weikhard 180 Vieheuser Sigmund 80, 84, 86, 89, 101, 105, 106, 108, 115, 120, 129, 141, 143, 144, 218 Völkl Ekkehard 210 Weber Johann Baptista 80, 84, 86, 88, 105, 106, 108, 114, 115, 120, 125, 129, 139, 141 – 144, 209, 211 – 213, 217, 220, 226 Wessely Kurt 78 Windischgrätz Pankraz 32 Jakob 49, 55 Yourcenar Marguerite 9, 24 Zwiedineck-Südenhorst Hans 112, 115, 116, 180

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