313 100 10MB
German Pages [601] Year 2012
Bauen und Ökonomie
Herausgegeben von Univ.-Prof. Dr. Dietrich-Alexander Möller und Univ.-Prof. Dr.-Ing. Wolfdietrich Kalusche Bisher erschienene Titel: Kalusche: Projektmanagement für Bauherren und Planer Möller, Kalusche: Planungs- und Bauökonomie Möller, Kalusche: Übungsbuch zur Planungs- und Bauökonomie Oelsner: Praxis der Planungs- und Bauökonomie
Planungs- und Bauökonomie
Wirtschaftslehre für Bauherren und Architekten von
Univ.-Prof. Dr. Dietrich-Alexander Möller Technische Universität Dresden
Univ.-Prof. Dr.-Ing. Wolfdietrich Kalusche Brandenburgische Technische Universität Cottbus
6., vollständig überarbeitete und aktualisierte Auflage
Oldenbourg Verlag München
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.
© 2013 Oldenbourg Wissenschaftsverlag GmbH Rosenheimer Straße 145, D-81671 München Telefon: (089) 45051-0 www.oldenbourg-verlag.de Das Werk einschließlich aller Abbildungen ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Bearbeitung in elektronischen Systemen. Lektorat: Dr. Stefan Giesen Herstellung: Constanze Müller Titelbild: thinkstockphotos.de Einbandgestaltung: hauser lacour Gesamtherstellung: Grafik & Druck GmbH, München Dieses Papier ist alterungsbeständig nach DIN/ISO 9706. ISBN 978-3-486-72125-6 eISBN 978-3-486-72658-9
Vorwort Planungs- und Bauökonomie verstehen die Verfasser dieses Lehrbuches als Wirtschaftslehre für Bauherren und Architekten, d. h. für den Auftraggeber von Planungsleistungen und Bauleistungen und für den – dessen Interessen vertretenden – planenden und bauüberwachenden Architekten. Dementsprechend ist dieses Buch in Verbindung mit dem ergänzenden Übungsbuch aus Auftraggebersicht geschrieben. Die Sichtweise der Auftragnehmer – insbesondere der Bauunternehmer – wird nur dann eingenommen, wenn es ggf. darum geht, Interessenskonflikte zwischen Auftraggeber und Auftragnehmer zu verdeutlichen. Die Thematik der Planungs- und Bauökonomie umfasst die Grundlagen der wirtschaftlichen Bauplanung und die Grundlagen der wirtschaftlichen Bauausführung und wurde seit 1996 in den Bänden 1 und 2 behandelt. Nunmehr – ein Vierteljahrhundert nach dem Erscheinen der ersten Auflage – haben sich die Verfasser entschieden, die beiden Themenbereiche in einem gemeinsamen Band zusammenzufassen, nachdem die Einzelthemen vervollkommnet sind und sich in Lehre und Praxis bewährt haben. Weiterhin bietet das begleitende Übungsbuch besonders Studierenden die Möglichkeit, das neu erworbene Wissen anzuwenden und anhand von praktischen Aufgaben und Musterlösungen zu üben. Die vorliegende 6. Auflage ist gegenüber der Vorgängerauflage vollständig überarbeitet, aktualisiert, ergänzt und vertieft worden. Bei der Aktualisierung handelt es sich neben dem Fortschreiben von Kostenangaben und Indexreihen um Berücksichtigung der Änderungen in der DIN 276-1:2008-12 Kosten im Bauwesen Teil 1: Hochbau der DIN 18960:2008-02 Nutzungskosten im Hochbau der Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen (VOB) 2012 und der HOAI:2009-08 Honorarordnung für Architekten und Ingenieure. Besonders hervorzuheben ist der neue Abschnitt 2.5 Leitbild und Strategie der Nachhaltigkeit, in dem mit dem Indikatorenbericht des Statistischen Bundesamtes ein Instrument zur gesamtwirtschaftlichen Beurteilung der nachhaltigen Entwicklung in Deutschland vorgestellt wird. Zum besseren Verständnis dienen auch Ausführungen zur historischen Entwicklung von Normen und Rechtsordnungen, insbesondere die Entstehung der Gebührenordnung für Architekten bzw. der Honorarordnung für Architekten und Ingenieure. Seit dem Erscheinen der 5. Auflage des vorliegenden Buches wurden von den Autoren zahlreiche Buch-, Zeitschriften und Tagungsbeiträge verfasst, die inhaltlich in unterschiedlichem Umfang Eingang in die 6. Auflage gefunden haben. Sie sind einschließlich beteiligter Mitautoren im Literaturverzeichnis vollständig angegeben. Es handelt sich um folgende Texte: - Differenzierung anerkannter Begriffe bei Baumaßnahmen im Bestand (2012) - Nutzungs- und Personalkostenermittlung am Beispiel eines Kindergartens (2012) - Grundflächen und Planungskennwerte von Wohngebäuden (2011)
VI
Erkenntnisobjekt der Planungs- und Bauökonomie
- Ermittlung der Grundflächen von Gebäuden - ganz so einfach ist es nicht (2011) - HOAI 2009 - Risiken und Nebenwirkungen (2010) - Einführung in die Nutzungskostenplanung (2010) - HOAI 2009 - Relevante Änderungen aus Sicht des Projektmanagements (2010) - Terminplanung: Aufgabe des Architekten (2009) - Kostensicherheit bei Bauprojekten – Bessere Voraussetzungen durch die DIN 276-1 (2009) - Grundlagen und Gegenstand der Kostenplanung im Hochbau (2008) Der Autor Dietrich-Alexander Möller lehrte bis 2012 Bauökonomie und Computergestütztes Entwerfen an der Fakultät für Architektur der Technischen Universität Dresden. Der Autor Wolfdietrich Kalusche vertritt die Planungs- und Bauökonomie an der Fakultät Architektur, Bauingenieurwesen und Stadtplanung an der Brandenburgischen Technischen Universität Cottbus. Beide Verfasser gründen ihre Lehr- und Forschungstätigkeit auf langjähriger praktischer Berufserfahrung und verbinden die Ergebnisse mit deren Anwendung in der Praxis. So war Dietrich-Alexander Möller zunächst in der Krankenhausbetriebsplanung tätig, bevor er nach Lehrtätigkeiten an der Bergischen Universität - Gesamthochschule - Wuppertal und der Universität Karlsruhe nach Dresden ging. Wolfdietrich Kalusche war nach seiner Assistententätigkeit an der Universität Karlsruhe mit der Planung und Ausführung insbesondere von Flughafenbauten befasst, bevor er an die Brandenburgische Technische Universität in Cottbus berufen wurde. Bei der Überarbeitung und kritischen Durchsicht des Textes waren uns die akademischen Mitarbeiterinnen Dipl.-Ing. Ingeborg Dusatko, Dipl.-Ing. Franziska Bartsch, Ass. jur. Katharina Ballin sowie die Promotionsstudenten Sebastian Herke M.Sc. und Nina Vusatiuk M.Sc. am Lehrstuhl in Cottbus eine außerordentliche Hilfe. Ihnen wie auch den wissenschaftlichen Mitarbeitern Dipl.-Ing. Knuth Pietsch und Dipl.-Ing. Ulrike Mickan am Lehrstuhl in Dresden sei für ihre Unterstützung sehr herzlich gedankt. Ebenso möchten wir Dipl.-Päd., Dipl.-Des. Evelin Möller dankend erwähnen, die uns auch bei der 6. Auflage in Fragen der Ökologie und Nachhaltigkeit fachkundig beraten hat.
Dresden und Cottbus, im Oktober 2012
Dietrich-Alexander Möller Wolfdietrich Kalusche
Geleitwort Das Fach Bauökonomie stellt eine Schlüsselrolle bei Planungsprozessen in der Architektur dar, auch wenn es bei Architekturwettbewerben in der Regel nicht in gleicher Weise im Blickpunkt steht wie der Entwurf. Dabei sind ein effizienter Einsatz von Ressourcen bei Bauvorhaben sowie eine wirtschaftliche Umsetzung von Planungsideen seit jeher entscheidende Voraussetzungen erfolgreicher Architektur. Ihre Bedeutung dürfte, angesichts von globalen Veränderungen in der Wirtschaft, weiter zunehmen. Mit dem Erscheinen der 6. Auflage (2013) der „Planungs- und Bauökonomie“ etabliert sich ein „Standardwerk“ weiter, welches diese Kategorie bereits kurz nach Erscheinen der 1. Auflage (1988) aus Fachkreisen verliehen bekommen hat. Neben der Organisation der Planung in Kapitel 3 über die Kostenplanung in den Kapiteln 8 und 9 bis zur Honorarordnung in Kapitel 19 werden darüber hinaus sämtliche Themengebiete im Zusammenhang mit einer Baumaßnahme, von der Idee bis zur Fertigstellung und Nutzung, ausführlich dargestellt. Nicht nur im Hinblick auf gesamtwirtschaftliche Veränderungen ist es sehr erfreulich, dass in diesem Buch die Bedeutung der wirtschaftlichen Planung für Bauherren und Architekten hervorgehoben wird. Es wird mehr als deutlich, welche wesentlichen Aufgaben diese in der Umsetzung von Planungsprozessen übernehmen kann. Der inhaltliche Aufbau und die systematische Bearbeitung des vollständigen Leistungsbildes des Architekten stehen dabei jederzeit im Mittelpunkt der Betrachtung. Die notwendigen Anforderungen des Bauherrn an die Objektplanung finden detailliert Berücksichtigung. Auftraggeber und Nutzer werden mit ihrer Sicht auf das Planen und Bauen genauso anerkannt wie Architekten, die eine professionelle Planungsleistung anbieten und fachübergreifend abstimmen.
Berlin, im Oktober 2012
RA Dr. Tillmann Prinz, MA, Bundesgeschäftsführer der Bundesarchitektenkammer (BAK)
Inhaltsverzeichnis Vorwort Geleitwort Inhaltsverzeichnis Abbildungsverzeichnis Abkürzungsverzeichnis
V VII IX XV XXIII
1
Planungs- und Bauökonomie als wissenschaftliche Disziplin
1
1.1
Erkenntnisobjekt der Planungs- und Bauökonomie ................................................... 2
1.2
Erkenntnismöglichkeiten und Methoden der Planungs- und Bauökonomie .............. 2
1.3
Begriff der Wirtschaftlichkeit .................................................................................... 4
2
Gesamtwirtschaft und Bauwirtschaft
2.1
Wirtschaften als Folge der Knappheit von Gütern ................................................... 10
2.2 2.2.1 2.2.2
Wirtschaftsordnung .................................................................................................. 11 Marktwirtschaft........................................................................................................ 11 Zentrale Planwirtschaft (Zentralverwaltungswirtschaft) .......................................... 14
2.3
Wirtschaftskreislauf und Nationaleinkommen ......................................................... 14
2.4 2.4.1 2.4.2 2.4.3
Wirtschaftspolitik und ihre Zielsetzung ................................................................... 19 Wirtschaftswachstum ............................................................................................... 20 Vollbeschäftigung .................................................................................................... 21 Preisniveaustabilität und Inflation ........................................................................... 23
2.5
Leitbild und Strategie der Nachhaltigkeit ................................................................ 25
2.6
Bauwirtschaft ........................................................................................................... 29
2.7
Wohnungswirtschaft ................................................................................................ 34
3
Organisation des Planens und Bauens
3.1
Optimale Faktorkombination ................................................................................... 38
3.2 3.2.1 3.2.2
Grundsätzliches zur Organisation ............................................................................ 39 Betriebswirtschaftliche Grundlagen ......................................................................... 40 Praktische Hinweise zur Projektorganisation ........................................................... 42
9
37
X
Inhaltsverzeichnis
3.3 3.3.1 3.3.2 3.3.3 3.3.4 3.3.5 3.3.6 3.3.7 3.3.8 3.3.9 3.3.10 3.3.11 3.3.12
An Planung und Bau Beteiligte................................................................................ 45 Bauherr(enschaft) .....................................................................................................46 Projektsteuerer ..........................................................................................................47 Nutzer .......................................................................................................................49 Architekt bzw. Entwurfsverfasser .............................................................................50 Bauleiter ...................................................................................................................52 Sicherheits- und Gesundheits-Koordinator ...............................................................52 Fachingenieure bzw. Sonderfachleute ......................................................................53 Unternehmer .............................................................................................................53 Bauaufsichtsbehörden ...............................................................................................65 Kreditinstitute ...........................................................................................................66 Öffentlichkeit ............................................................................................................68 Sonstige Beteiligte ....................................................................................................68
3.4 3.4.1 3.4.2
Herstellen von Bauwerken ........................................................................................68 Baustellenfertigung und Industrielles Bauen ............................................................69 Schlüsselfertiges Bauen ............................................................................................72
3.5 3.5.1 3.5.2
Zentralisation von Aufgaben bei großen Bauvorhaben.............................................76 Begriffserläuterung und grundsätzliche Wertung .....................................................77 Zur Zentralisierung geeignete Aufgaben ..................................................................77
4
Vorbereitung der Planung
4.1
Bedarfsplanung .........................................................................................................83
4.2
Grundlagenermittlung ...............................................................................................85
4.3
Raum- und Funktionsprogramm ...............................................................................90
5
Wirtschaftliche Planung
5.1
Variantenbildung.......................................................................................................95
5.2
Variantenbewertung und -auswahl ............................................................................97
5.3
Ziele der wirtschaftlichen Planung .........................................................................100
5.4
Computerunterstützung beim Planen und Bauen ....................................................101
6
Beurteilung der Vorteilhaftigkeit
6.1 6.1.1 6.1.2 6.1.3 6.1.4
Nutzen-Kosten-Untersuchungen.............................................................................105 Kosten-Nutzen-Analyse..........................................................................................106 Nutzwertanalyse .....................................................................................................106 Kosten-Wirksamkeits-Analyse ............................................................................... 118 Ordinale Nutzenermittlung und Paarweiser Vergleich ............................................120
6.2 6.2.1 6.2.2
Verfahren der Investitionsrechnung ........................................................................126 Statische Verfahren der Investitionsrechnung .........................................................129 Dynamische Verfahren der Investitionsrechnung ...................................................135
83
95
103
Inhaltsverzeichnis
XI
7
Grundflächen und Rauminhalte
161
7.1 7.1.1
Bauland, Art und Maß der baulichen Nutzung....................................................... 162 Baunutzungsverordnung (BauNVO)...................................................................... 163
7.2 7.2.1 7.2.2 7.2.3 7.2.4 7.2.5
Regelwerke zur Ermittlung der Grundflächen und Rauminhalte ........................... 167 Grundflächen und Rauminhalte von Bauwerken im Hochbau ............................... 168 Elementmengen und Bezugseinheiten ................................................................... 179 Technische Normen, Gütevorschriften und Lieferbedingungen ............................ 179 Wohnfläche ............................................................................................................ 180 Richtlinien zur Berechnung der Mietflächen ......................................................... 185
8
Kosten im Bauwesen
8.1 8.1.1
Kosten im Bauwesen ............................................................................................. 192 Kostenermittlung nach DIN 276-1 ......................................................................... 192
8.2 8.2.1 8.2.2 8.2.3 8.2.4 8.2.5
Verfahren der Kostenermittlung ............................................................................. 206 Kostenermittlungen mit einer Bezugsgröße ........................................................... 208 Kostenermittlungen nach der Elementmethode ..................................................... 208 Kostenermittlungen nach der Kostenflächenartenmethode.................................... 209 Kostenermittlungen nach Leitpositionen ............................................................... 212 Aufwand und Genauigkeit der Kostenermittlungsverfahren.................................. 215
8.3
Allgemeiner Preisanstieg und Baupreisindizes ...................................................... 216
8.4 8.4.1 8.4.2 8.4.3
Baupreis- und Baukostendateien............................................................................ 221 SIRADOS-Baudaten .............................................................................................. 222 Baukosteninformationszentrum Deutscher Architektenkammern.......................... 225 Datenbank der Länderarbeitsgemeinschaft Hochbau ............................................. 236
8.5
Die Haftung des Architekten im Kostenbereich..................................................... 244
9
Nutzungskosten im Hochbau
9.1 9.1.1 9.1.2 9.1.3 9.1.4 9.1.5 9.1.6 9.1.7
Nutzungskostenplanung nach DIN 18960 ............................................................. 247 Nutzungskostenkennwerte ..................................................................................... 249 Zusammenhang von Nutzungskosten und Kosten im Bauwesen ........................... 249 Kalkulatorische Kostenarten .................................................................................. 253 Ausgabenwirksame Kostenarten ............................................................................ 256 Bezugseinheiten für die Nutzungskosten ............................................................... 257 Nutzungskostenermittlung mit der Kostenvergleichsrechnung ............................. 260 Beispiel zur Nutzungskostenermittlung - Kindergarten ......................................... 261
9.2
Betriebskosten im Wohnungsbau ........................................................................... 269
10
Erträge und Erlöse
10.1
Mieterträge ............................................................................................................. 275
10.2
Verkaufserlöse und Deckungsbeiträge ................................................................... 279
191
247
275
XII
Inhaltsverzeichnis
11
Genehmigungsplanung
283
11.1
Bauordnungen.........................................................................................................284
11.2
Genehmigungspflicht und Genehmigungsfreiheit ..................................................287
11.3
Baugenehmigungsverfahren und Bauaufsicht ........................................................290
12
Ausführungsplanung
12.1
Aufgaben des Architekten bei der Ausführungsplanung.........................................295
12.2
Gegenstand der Ausführungsplanung .....................................................................301
13
Vergabewesen
295
307
13.1 Rechtliche Grundlagen des Vergabewesens ............................................................307 13.1.1 Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen (VOB) Teil A ...........................310 13.1.2 Vergabe- und Vertragsordnung für Leistungen (VOL) ...........................................315 13.2 13.2.1 13.2.2 13.2.3 13.2.4 13.2.5
Vertragsbedingungen ..............................................................................................317 Allgemeine Vertragsbedingungen (VOB/B) ...........................................................319 Zusätzliche Vertragsbedingungen (VOB/B) ...........................................................319 Besondere Vertragsbedingungen (VOB/B) .............................................................319 Technische Vertragsbedingungen (VOB/C) ............................................................320 Reihenfolge der Gültigkeit der Vertragsbedingungen .............................................322
13.3 Leistungsbeschreibung ...........................................................................................323 13.3.1 Leistungsbeschreibung mit Leistungsverzeichnis...................................................323 13.3.2 Leistungsbeschreibung mit Leistungsprogramm ....................................................330 13.4 13.4.1 13.4.2 13.4.3 13.4.4
Vergabe ...................................................................................................................335 Angebotsprüfung mit Kosten- und Terminkontrolle ...............................................336 Vergabe von Bauleistungen in Fachlosen ...............................................................339 Gesamtgewerkevergabe ..........................................................................................350 Pauschalierung von Leistungen ..............................................................................354
13.5 Bauverträge und Vergütung ....................................................................................360 13.5.1 Leistungsvertrag .....................................................................................................361 13.5.2 Stundenlohnvertrag .................................................................................................364 13.6
Grundverständnis baubetrieblicher Kalkulation .....................................................365
13.7 13.7.1 13.7.2 13.7.3
Nachträge................................................................................................................368 Nachtragsarten ........................................................................................................370 Bearbeitung eines Nachtragsangebotes ..................................................................375 Nachträge als Ersatz für Aufträge ...........................................................................378
14
Baustelleneinrichtung
14.1
Elemente der Baustelleneinrichtung .......................................................................382
14.2
Übergeordnete Baustelleneinrichtung und ihre Kosten ..........................................384
14.3
Baustelleneinrichtungsplan .....................................................................................386
381
Inhaltsverzeichnis 14.4
XIII
Bereitstellung von Baubüros .................................................................................. 387
14.5 Baustellenverordnung ............................................................................................ 388 14.5.1 Baustellensicherheit, insbesondere Brandschutz ................................................... 390 14.5.2 Umweltschutz auf Baustellen, insbesondere Baumschutz ..................................... 391 15
Ablauf- und Terminplanung
393
15.1
Grundsätzliche Gesichtspunkte der Terminplanung............................................... 394
15.2
Verfahren der Terminplanung ................................................................................ 395
15.3
Unterschiedliche Detaillierung der Terminplanung ............................................... 401
15.4
Aufgaben der Terminplanung in den Leistungsphasen .......................................... 404
15.5
Terminplanung und Planungskennwerte ................................................................ 406
15.6
Terminkontrolle und -steuerung ............................................................................. 415
15.7
Bedingungen und Optimierung der Terminplanung ............................................... 415
15.8
Gestörter Bauablauf und Terminsicherung ............................................................ 417
16
Objektüberwachung (Bauüberwachung)
16.1 16.1.1 16.1.2 16.1.3 16.1.4 16.1.5
Die an der Bauüberwachung Beteiligten................................................................ 424 Bauherr und Objektüberwachung .......................................................................... 425 Objektplaner sowie fachlich Beteiligte und Objektüberwachung .......................... 426 Ausführende Firmen und Bauleitung ..................................................................... 428 Bauaufsichtsbehörden und Bauleitung................................................................... 429 Organisation der Bauüberwachung ........................................................................ 430
424
16.2 Die Leistungen der Objektüberwachung................................................................ 433 16.2.1 Überwachen der Ausführung des Objekts .............................................................. 435 16.2.2 Koordinieren der an der Objektüberwachung Beteiligten...................................... 438 16.2.3 Überwachung und Detailkorrektur von Fertigteilen .............................................. 440 16.2.4 Aufstellen und Überwachen eines Zeitplans (Balkendiagramm) ........................... 440 16.2.5 Führen eines Bautagebuchs.................................................................................... 441 16.2.6 Gemeinsames Aufmaß mit den bauausführenden Firmen...................................... 442 16.2.7 Abnahme der Bauleistungen .................................................................................. 443 16.2.8 Rechnungsprüfung ................................................................................................. 447 16.2.9 Kostenfeststellung .................................................................................................. 447 16.2.10 Antrag auf behördliche Abnahmen und Teilnahme daran ...................................... 447 16.2.11 Übergabe des Objekts ............................................................................................ 448 16.2.12 Verjährungsfristen .................................................................................................. 448 16.2.13 Überwachen der Beseitigung der festgestellten Mängel ........................................ 449 16.2.14 Kostenkontrolle...................................................................................................... 450 16.3 16.3.1 16.3.2 16.3.3
Bauabrechung ........................................................................................................ 450 Mengenermittlung zur Bauabrechnung .................................................................. 450 Rechnungslegung ................................................................................................... 451 Rechnungsprüfung ................................................................................................. 451
XIV 16.3.4 16.3.5 16.3.6 16.3.7 16.3.8 16.3.9
Inhaltsverzeichnis Anzahlungen ...........................................................................................................454 Abschlagsrechnungen .............................................................................................454 Abrechnung nach Zahlungsplan .............................................................................454 Schlussrechnungen und Teilschlussrechnungen .....................................................455 Ersatzvornahme im Zuge der Bauabrechnung ........................................................457 Wirtschaftsgüterzuordnung .....................................................................................458
16.4 Besondere Bedingungen der Bauausführung ..........................................................459 16.4.1 Winterbau ...............................................................................................................460 16.4.2 Bauschuttbeseitigung ..............................................................................................466 17
Baunutzung
473
17.1
Objektmanagement .................................................................................................473
17.2
Bauübergabe und Inbetriebnahme ..........................................................................475
17.3
Objektbetreuung .....................................................................................................478
18
Baufinanzierung
18.1
Grundlagen der Baufinanzierung ............................................................................480
479
18.2 Eigen- und Fremdfinanzierung ...............................................................................483 18.2.1 Eigenleistungen ......................................................................................................483 18.2.2 Fremdkapital ...........................................................................................................485 18.3 18.3.1 18.3.2 18.3.3
Steuervorteile, Lastenzuschüsse und Sparförderung ..............................................491 Steuervorteile ..........................................................................................................491 Lastenzuschüsse .....................................................................................................494 Sparzulagen und Wohnungsbauprämien .................................................................494
18.4
Finanzierungsplan ...................................................................................................494
18.5
Finanzierungsoptimierung ......................................................................................496
19
Honorarordnung
19.1
Entstehung der Honorarordnung und heutiger Stand ..............................................500
19.2
Aufbau der Honorarordnung...................................................................................503
19.3
Die Allgemeinen Vorschriften der Honorarordnung ...............................................504
19.4
Ausgewählte Leistungsbilder der Objektplanung ...................................................524
499
Literatur
547
Stichwortverzeichnis
562
Abbildungsverzeichnis Abb. 1.1: Abb. 1.2: Abb. 1.3: Abb. 2.1: Abb. 2.2: Abb. 2.3: Abb. 2.4: Abb. 2.5: Abb. 2.6: Abb. 2.7: Abb. 2.8: Abb. 2.9: Abb. 2.10: Abb. 2.11: Abb. 2.12: Abb. 2.13: Abb. 3.1: Abb. 3.2: Abb. 3.3: Abb. 3.4: Abb. 3.5: Abb. 3.6: Abb. 3.7: Abb. 3.8: Abb. 3.9: Abb. 3.10: Abb. 3.11: Abb. 4.1: Abb. 4.2: Abb. 4.3: Abb. 4.4:
Erkenntnisgewinn durch Modellbildung Wirtschaftlichkeit aus unterschiedlich weitem Blickwinkel Input- und Output-Größen im Lebenszyklus eines Bauwerks Typischer Verlauf von Angebotskurve und Nachfragekurve Grundschema des Wirtschaftskreislaufes Wirtschaftskreislauf einer offenen Volkswirtschaft Wirtschaftskreislauf der Bundesrepublik Deutschland im Jahre 2011 Bruttoinlandsprodukt und verschiedene Nationaleinkommen Wachstumsrate und Vervielfachungsdauer Preisentwicklung verschiedener Güter 1991 – 2011 Vom Leitbild zur Strategie der Nachhaltigkeit (1) Vom Leitbild zur Strategie der Nachhaltigkeit (2) Bruttoinlandsprodukt und Bauvolumen im Jahr 2010 Entwicklung des Bauvolumens in Deutschland von 1991 bis 2010 Bauinvestitionen in den Ländern der Europäischen Union im Jahre 2010 Entwicklung des Wohnungsbaus in der Bundesrepublik Deutschland Aufbauorganisation (Stablinienorganisation) Bearbeitung einer Schlussrechnung (SR) als Ablauforganigramm Checkliste Parkhaus Bauherr und die weiteren am Projekt Beteiligten Projektleitung und Projektsteuerung innerhalb der Projektorganisation Unternehmenseinsatzformen Generalunternehmer innerhalb der Projektorganisation Totalunternehmer innerhalb der Projektorganisation Bauträger Grundmodell einer Public Private Partnership PPP-Modelle unter dem Aspekt des Eigentumsübergangs Zuordnungsmatrix für ein Wohnhaus nach Funktionen Flächen für ein- bis viergruppige Kindertageseinrichtungen nach KVJS Planungskennwerte (BGF/NF) für Kindergärten Funktionsprogramm für eine Kindertageseinrichtung (3 Gruppen)
3 6 7 12 15 16 17 18 22 24 26 27 31 32 33 35 41 41 42 47 48 54 57 58 60 62 63 91 93 93 94
XVI Abb. 5.1: Abb. 5.2: Abb. 5.3: Abb. 5.4: Abb. 6.1: Abb. 6.2: Abb. 6.3: Abb. 6.4: Abb. 6.5: Abb. 6.6: Abb. 6.7: Abb. 6.8: Abb. 6.9: Abb. 6.10: Abb. 6.11: Abb. 6.12: Abb. 6.13: Abb. 6.14: Abb. 6.15: Abb. 6.16: Abb. 6.17: Abb. 6.18: Abb. 6.19: Abb. 6.20: Abb. 6.21: Abb. 6.22: Abb. 6.23: Abb. 6.24: Abb. 6.25: Abb. 6.26: Abb. 6.27: Abb. 6.28: Abb. 6.29: Abb. 6.30: Abb. 6.31: Abb. 6.32: Abb. 6.33:
Abbildungsverzeichnis Stufenweiser Prozess der Variantenbildung, -bewertung und -auswahl Morphologischer Kasten: Wohnhaus Strategien zur Erhöhung der Wirtschaftlichkeit Computergestützte Variantenbildung mit integrierter Baukostenermittlung Verfahren zur Beurteilung der Vorteilhaftigkeit von Investitionen Kosten-Nutzen-Analyse der Victoria-Line (U-Bahn-Linie in London) Beispiel für einen Zielbaum mit drei Zielebenen Zielbaum des Wohnungs-Bewertungs-Systems (WBS) Transformationsfunktion zur Beurteilung der Fenster in einer Wohnung Transformationsfunktion zur Beurteilung der Besonnung Wohnwertermittlung Wohnung Nr. 60 (Reihenhaus) Hauptkriteriengruppen des Bewertungssystems für Nachhaltiges Bauen Gewichtung der Nachhaltigkeitskriterien bei BNB Kosten-Wirksamkeits-Analyse von Entwurfsvarianten einer Montagehalle Auswahlentscheidung bei Paarweisem Vergleich Blick von Süden auf die Wohnsiedlung Aumatt II Wohnung Nr. 60 der Wohnsiedlung Aumatt Wohnung Nr. 76 der Wohnsiedlung Aumatt Paarweiser Vergleich der Wohnung 60 mit Wohnung 76 Gliederung der Verfahren der Investitionsrechnung Transformation der Baukosten in kalkulat. Abschreibung und Zinsen Kostenvergleich von Außenwänden Rentabilität eines abnutzbaren Anlagegutes je nach Nutzungsdauer Barwert- und Endwertfaktoren für p = 6 % p. a. Nachschüssige Rentenbarwertfaktoren Kumulierte Barwertfaktoren einer geometrischen Reihe Rentenbarwertermittlung einer nachschüssigen Rente über 1000 € Zusammenfassung von Einzelzahlungen zu Jahres-Gesamtzahlungen Kapitalisierung der Nutzungskosten bei der Kapitalwertmethode Kapitalwertvergleich von Außenwänden Beteiligung, Ausschüttungen, Steuervorteile bei einem Windkraftprojekt Kapitalwert einer Windkraftbeteiligung Vergleich von zwei Windkraft-Beteiligungen mit der Annuitätenmethode Interner Zinsfuß einer Windkraft-Beteiligung Vollständiger Finanzplan, festverzinslich mit endfälliger Rückzahlung Vollständiger Finanzplan für eine Windkraft-Beteiligung Fallunterscheidung bei der Verfahrensauswahl
96 98 99 102 104 107 108 111 112 113 114 115 117 119 122 122 123 123 125 127 132 132 134 138 139 141 143 145 146 146 147 148 150 152 154 155 157
Abbildungsverzeichnis Abb. 6.34: Abb. 7.1: Abb. 7.2: Abb. 7.3: Abb. 7.4: Abb. 7.5: Abb. 7.6: Abb. 7.7: Abb. 7.8: Abb. 7.9: Abb. 7.10: Abb. 7.11: Abb. 7.12: Abb. 7.13: Abb. 7.14: Abb. 7.15: Abb. 7.16: Abb. 7.17: Abb. 7.18: Abb. 7.19: Abb. 7.20: Abb. 8.1: Abb. 8.2: Abb. 8.3: Abb. 8.4: Abb. 8.5: Abb. 8.6: Abb. 8.7: Abb. 8.8: Abb. 8.9: Abb. 8.10: Abb. 8.11: Abb. 8.12: Abb. 8.13: Abb. 8.14: Abb. 8.15: Abb. 8.16:
Auswahl aus mehreren Investitionsmöglichkeiten Was kann in der Bau- und Immobilienwirtschaft ein Quadratmeter sein? Bruttobauland und seine Untergliederung Anwendung der Grundflächenzahl (GRZ) nach BauNVO Vergleich der Brutto-Grundfläche (BGF) und der Geschossfläche (GF) Bruttobauland und Nettobauland – Flächenbedarf pro Einwohner Regelwerke zur Ermittlung der Grundflächen und Rauminhalte (1) Regelwerke zur Ermittlung der Grundflächen und Rauminhalte (2) Ermittlung des umbauten Raumes - 1934 Grundflächen von Bauwerken im Hochbau Gliederung der Netto-Grundflächen nach Nutzungsgruppen Planungskennwerte Brutto-Grundfläche zu Nutzfläche Planungskennwerte Technische Funktionsfläche zu Brutto-Grundfläche Planungskennwerte Verkehrsfläche zu Brutto-Grundfläche Anteil der Konstruktions-Grundfläche an der Netto-Grundfläche Planungskennwerte Brutto-Rauminhalt zu Brutto-Grundfläche Zuordnung von Grundflächen und Räumen zu Nutzungsgruppen Mengen und Bezugseinheiten von Bauteilen Gegenüberstellung ausgewählter Normen zu entsprechenden TGL Mietfläche für Gewerblichen Raum (MF/G) nach gif Mietflächenschema zu MF/G-0 und MF/G nach gif (Auszug) Einbindung der Kostenermittlungen in die Objektplanung nach HOAI Kostenschätzung für eine Kindertagesstätte mit 3 Gruppen Kostenberechnung, 3. Ebene der Gliederung Gliederung der Baukonstruktionen nach Leistungsbereichen Verfahren der Kostenermittlung Ermittlung der Programmkosten nach der Kostenflächenarten-Methode Kostenermittlung nach Leitpositionen ABC-Analyse der Gewerke ABC-Analyse der Beton- und Stahlbetonarbeiten - 58 Positionen Aufwand und Genauigkeit von Kostenermittlungsverfahren Preisindizes Neubau Wohngebäude inkl. Mehrwertsteuer (2005 = 100,0) Marktpreise und Baupreisstatistik Preisindizes für Wohngebäude (2005 = 100,0) Feinelement: Fundamentplatte (132252233) Grobelement: Gründungskonstruktion (132092439) Makroelement: KG 300 Baukonstruktionen für ein Einfamilienhaus
XVII 159 161 163 164 165 166 167 168 169 171 172 173 174 174 176 177 178 179 180 188 189 194 198 200 201 206 211 212 213 214 215 217 218 220 224 224 225
XVIII Abb. 8.17: Abb. 8.18: Abb. 8.19: Abb. 8.20: Abb. 8.21: Abb. 8.22: Abb. 8.23: Abb. 8.24: Abb. 8.25: Abb. 8.26: Abb. 8.27: Abb. 9.1: Abb. 9.2: Abb. 9.3: Abb. 9.4: Abb. 9.5: Abb. 9.6: Abb. 9.7: Abb. 9.8: Abb. 9.9: Abb. 9.10: Abb. 9.11: Abb. 9.12: Abb. 9.13: Abb. 9.14: Abb. 9.15: Abb. 9.16: Abb. 9.17: Abb. 9.18: Abb. 9.19: Abb. 10.1: Abb. 10.2: Abb. 10.3: Abb. 10.4: Abb. 10.5: Abb. 10.6: Abb. 11.1:
Abbildungsverzeichnis Kostenkennwerte für die Kosten des Bauwerks Kostenkennwerte für die Kostengruppen der 1. und 2. Ebene DIN 276 Kostenkennwerte für Leistungsbereiche nach STLB Planungskennwerte für Flächen und Rauminhalte Objektübersicht zur Gebäudeart (Auszug) Planungs- und Kostenkennwerte der LAG-Datei (Auszug) Beispiel für die Dokumentationsblätter der LAG-Objekte Besondere Kosteneinflüsse, Grundrisse und Schnitt Kostendaten (DIN 276, 2. Ebene) der Fachhochschule Pforzheim Kostengruppe 300 (DIN 276, 3. Ebene) Kostengruppe 300 (DIN 276, 3. Ebene) Kosten- und Nutzungskostenermittlung als Teil der Objektplanung Kosten im Bauwesen und Nutzungskosten im Hochbau Kalkulatorische Abschreibung der Bauinvestition und Kapitalbindung Variation der Abschreibungsdauern und Kosten aus Abschreibung Bezugseinheiten der Nutzungskosten zur Kennwertbildung Kosteneinflüsse auf die Nutzungskosten Objektbeschreibung des Kindergartens Gesamtkosten (nach DIN 276-1:2008-12) des Kindergartens Kapitalkosten (KG 100) des Kindergartens, hier Grundstück Kapitalkosten (KG 100) des Kindergartens, hier Gebäude Betriebskosten (KG 300) des Kindergartens Instandsetzungskosten (KG 400) des Kindergartens Vollständige Nutzungskosten des Kindergartens (KG 100 bis 400) Nutzungskosten des Kindergartens ohne Grundstück Nutzungskosten des Kindergartens, nur Folgekosten Betriebskosten Aufstellung der Betriebskosten Verbraucherpreisindizes für Energie Betriebskosten pro m² Wohnfläche im Monat nach DMB Dresdener Mietspiegeltabelle 2010 Im Mietpreis zu berücksichtigende Kalkulationsbestandteile Mietpreiskalkulation einer Wohnung mit 80 m² Wohnfläche (WF) Verkaufspreise von Immobilien Deckungsbeitragsrechnung für eine Eigentumswohnungsanlage Vervielfältiger (Kaufpreis /Jahresnettokaltmiete) Überblick über die Gestattungsverfahren
227 229 231 233 234 237 238 239 240 241 242 248 250 253 255 258 259 262 262 263 263 265 266 267 268 268 269 270 271 272 276 277 278 279 280 281 288
Abbildungsverzeichnis
XIX
Abb. 11.2: Bauantrag nach § 68 Sächsische Bauordnung, Seite 1 Abb. 11.3: Bauantrag nach § 68 Sächsische Bauordnung, Seite 2 Abb. 12.1: Übersicht zu den Planunterlagen der Ausführungsplanung Abb. 13.1: Von der EU-Richtlinie 2004/18/EG bis zur VOB Abb. 13.2: Überlagerung des BGB-Werkvertragsrechtes mit VOB Teil B und C Abb. 13.3: Aufgliederung der Gesamtleistung in Teilleistungen Abb. 13.4: Aufbau eines Leistungsverzeichnisses Abb. 13.5: Mengenermittlung von Mauerarbeiten Abb. 13.6: Aufbau STLB-Bau – 012 Mauerarbeiten, Mauerwerk in Kalksandstein (1) Abb. 13.7: Aufbau STLB-Bau – 012 Mauerarbeiten, Mauerwerk in Kalksandstein (2) Abb. 13.8: STLB-Bau, Musterausschreibungstext Position – 012 Mauerarbeiten Abb. 13.9: Angaben in einer Leistungsbeschreibung mit Leistungsprogramm Abb. 13.10: Leistungsprogramm – Beispiel Fliesen- und Plattenarbeiten (1) Abb. 13.11: Leistungsprogramm – Beispiel Fliesen- und Plattenarbeiten (2) Abb. 13.12: Kostenkontrolle im Zuge der Vergabe (Muster) Abb. 13.13: Vergabevorschlag für ein Leistungsangebot (Muster) Abb. 13.14: Garantierter und tatsächlicher Preis beim GMP-Vertrag Abb. 13.15: Kalkulationsschema Abb. 13.16: Grundprinzip der Kalkulation von Einheitspreisen Abb. 13.17: Kosten und Preis einer Bauleistung in Abhängigkeit von der Menge Abb. 13.18: Veränderung des Fixkostenanteils gegenüber der Angebotskalkulation Abb. 13.19: Einheitspreis bei Mengenänderung über 10 v. H. Abb. 14.1: Baustellenverordnung - Auszug Abb. 14.2: Baustellenordnung, hier Brandschutz – Beispiel DRK-Kliniken Abb. 14.3: Baumschutz auf Baustellen - Beispiel Stadt Heidelberg Abb. 15.1: Arbeitsschritte zur Erstellung eines Terminplans Abb. 15.2: Projektstrukturplan mit Arbeitspaketen Abb. 15.3: Balkenplan Abb. 15.4: Weg-Zeit-Diagramm Abb. 15.5: Dauern und Abhängigkeiten der Vorgänge eines Terminplans Abb. 15.6: Netzplan und Darstellung Abb. 15.7: Bauzeiten von Ein- und Zweifamilienhäusern - Auswahl Abb. 15.8: Bauzeiten von Mehrfamilienhäusern, mit 6 bis 19 WE Abb. 15.9: Bauzeiten von Kindergärten - Auswahl Abb. 15.10: Bauzeiten von Pflegeheimen - Auswahl Abb. 15.11: Bauzeiten von Industriellen Produktionsgebäuden - Auswahl Abb. 15.12: Bauzeiten von Sporthallen (Dreifeldhallen) - Auswahl
292 293 298 308 318 324 325 327 328 329 329 331 333 334 337 338 364 365 367 371 372 373 389 390 391 396 397 398 399 400 401 409 409 410 410 411 411
XX
Abbildungsverzeichnis
Abb. 15.13: Leistungswerte je Mitarbeiter oder Kolonne - Auswahl Abb. 15.14: Richtwerte für den Stundenaufwand von Mauerarbeiten Abb. 15.15: Richtwerte für den Stundenaufwand von Putzarbeiten Abb. 15.16: Richtwerte für den Stundenaufwand von Estricharbeiten Abb. 15.17: Vereinbarung einer Terminsicherungsmaßnahme - Muster Abb. 15.18: Behinderungsanzeige - Muster Abb. 16.1: Objektüberwachung (Bauüberwachung) und Bauleitung Abb. 16.2: Baumanagement - Trennung von Planung und Überwachung Abb. 16.3: Grenzwerte für Winkelabweichungen nach DIN 18202:2005-10, Auszug Abb. 16.4: Koordination fachlich Beteiligter durch Objektplaner (LP 8) Abb. 16.5: Formen der Abnahme Abb. 16.6: Abnahmeprotokoll – Beispiel Abb. 16.7: Zahlungsplan beim Pauschalvertrag – Beispiel Abb. 16.8: Leistungsbeschreibung Bauschuttbeseitigung - Beispiel Abb. 17.1: Verfügbarkeit von Informationen während der Objektlebensdauer Abb. 18.1: Kostenermittlung und Finanzierungsplan Abb. 18.2: Zins- und Tilgungsanteil bei Darlehen mit konstanter Annuität Abb. 18.3: Effektivzins in Abhängigkeit vom Nominalzins und Disagio Abb. 18.4: Restdarlehen und Laufzeit von Tilgungsdarlehen mit konstanter Annuität Abb. 18.5: Übersicht über den möglichen Umfang der Selbsthilfe Abb. 18.6: Grenzsteuersatz der Einkommensteuer (Grundtabelle) Abb. 18.7: Finanzierungsplan Abb. 18.8: Barwertvergleich von zwei Finanzierungsvarianten Abb. 19.1: Das Prinzip der Berechnung des Architektenhonorars im Jahr 1869 Abb. 19.2: Gebühren- und Honorarordnungen für Architekten von 1855 bis heute Abb. 19.3: Vereinfachte Bewertung der Planungsanforderungen und Honorarzone Abb. 19.4: Anrechenbare Kosten nach § 15 HOAI:1996-01 Abb. 19.5: Anrechenbare Kosten nach dem Baukostenberechnungsmodell Abb. 19.6: Anrechenbare Kosten nach dem Baukostenvereinbarungsmodell Abb. 19.7: Zeithonorare nach HOAI und ein Vorschlag für Stundensätze ab 2010 Abb. 19.8: RifT-Stundensätze Abb. 19.9: Bewertung von Teilleistungen § 33 HOAI:2009-08 nach Siemon Abb. 19.10: Welche Kosten sind wann und wie anrechenbar? Abb. 19.11: Änderungen bei anrechenbaren Kosten nach HOAI:2009-08 Abb. 19.12: Leistungsphasen und Vomhundertsätze nach §§ 33, 38 HOAI:2009-08 Abb. 19.13: Honorartafel zu § 34 Absatz 1 - Gebäude und raumbildende Ausbauten Abb. 19.14: Bewertungsmerkmale zur Festlegung der Honorarzone – Gebäude
412 413 414 414 419 421 427 430 437 439 444 446 455 471 474 479 480 481 482 484 492 495 497 500 502 508 509 510 513 515 515 517 526 527 528 533 535
Abbildungsverzeichnis
XXI
Abb. 19.15: Unterschiedliche Honorarzonen am Beispiel Wohnbauten Abb. 19.16: Beispiel für eine Honorarermittlung Objektplanung Gebäude Abb. 19.17: Maßnahmen im Bestand nach HOAI:2009-08 und DIN 31051:2003-06
535 536 538
Abkürzungsverzeichnis a a. a. O. Abb. AG AGB Ah AN ARGEBAU ASMW At ATV AVA AVWG BauGB BauNVO BaustellV BBSR BetrKV BGB BGF BGH BImSchG BKK BKI BMVBS BNB BRD BRI II. BV BWK bzw. ca. CAD cm d. h. DAB DAF
Jahr (annum), allseits umschlossen und überdeckt (z. B. BGFa, BRIa ...) am angegebenen Ort Abbildung Aktiengesellschaft, Auftraggeber Allgemeine Geschäftsbedingungen Arbeitsstunden Auftragnehmer Arbeitsgemeinschaft für das Bau-, Wohnungs- und Siedlungswesen Amt für Standardisierung, Messwesen und Warenprüfung Auszahlungen der Periode t Allgemeine Technische Vertragsbedingungen Ausschreibung, Vergabe, Abrechnung ArzneimittelversorgungsWirtschaftlichkeitsgesetz Baugesetzbuch Baunutzungsverordnung Baustellenverordnung – Verordnung über Sicherheit und Gesundheitsschutz auf Baustellen Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung Betriebskostenverordnung Bürgerliches Gesetzbuch Brutto-Grundfläche Bundesgerichtshof Bundes-Immissionsschutzgesetz Kosten der Baukonstruktionen Baukosteninformationszentrum Deutscher Architekten und Ingenieure Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung Bewertungssystem Nachhaltiges Bauen Bundesrepublik Deutschland Brutto-Rauminhalt Zweite Berechnungsverordnung Bauwerkskosten beziehungsweise circa Computer Aided Design Zentimeter das heißt Deutsches Architektenblatt Dachfläche
XXIV DDR DNA DIN DGNB DM DMB DVA DV E e EG ELW EnEV EP EStG Et etc. EÜ EUR (€) e. V. evtl. EW f FBG fe fu f. ff. GAEB ggf. GmbH GMP GOA GU GWB h H HNF HOAI Hrsg.
I YB i. Allg. i. d. R. IW i. w. S. K
Abkürzungsverzeichnis Deutsche Demokratische Republik Deutscher Normenausschuss Deutsches Institut für Normung e. V. bzw. DIN-Norm Deutsche Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen Deutsche Mark Deutscher Mieterbund Deutscher Vergabe- und Vertragsausschuss für Bauleistungen Datenverarbeitung Einzahlung Preissteigerungssatz pro Jahr (in %) Europäische Gemeinschaft, Erdgeschoss Einliegerwohnung Energieeinsparverordnung Einheitspreis Einkommensteuergesetz Einzahlungen der Periode t et cetera, und so weiter jährlicher Einzahlungsüberschuss Euro eingetragener Verein eventuell Einheitswert Preissteigerungsfaktor Fläche des Baugrundstücks Preissteigerungsfaktor für Energie Preissteigerungsfaktor für Bauunterhalt (Instandsetzung) folgende (Seite) folgende (Seiten) Gemeinsamer Ausschuss für Elektronik im Bauwesen gegebenenfalls Gesellschaft mit beschränkter Haftung Garantierter Maximalpreis Gebührenordnung für Architekten Generalunternehmer Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen Stunde Höhe Hauptnutzfläche (DIN 277-1:1987-06) (in der DIN 277-1:2005-02 weggefallen) Honorarordnung für Architekten und Ingenieure Herausgeber Preisindex für das Jahr Y auf der Basis des Jahres B im Allgemeinen in der Regel Innenwand im weiteren Sinne Kelvin
Abkürzungsverzeichnis k.A. Kn KF, KFA Kfz KG KGF kg KSL KVJS KW kWh Ko LAG l LB LBB LBO lfd. LKW log m MBO ME MF-B MF/G MF/V MF/W Mio. Mrd. MwSt. MZ n NE NF NGF NNF Nr. o. Ä. o. a. o. g. OLG P p
keine Angabe Endkapital Kostenflächenarten Kraftfahrzeug Kostengruppe, Kellergeschoss Konstruktions-Grundfläche Kilogramm Kalksandlochsteine Kommunalverband für Jugend und Soziales Kapitalwert Kilowattstunde Anfangskapital Länderarbeitsgemeinschaft Hochbau Liter Leistungsbereich Landesverband Bayerische Bauindustrie Landesinstitut für Bauwesen und angewandte Bauschadensforschung Landesbauordnung laufend(e) Lastkraftwagen Logarithmus Meter Musterbauordnung für die Länder der Bundesrepublik Deutschland Mengeneinheit Mietfläche für Büroraum Mietfläche für Gewerblichen Raum Verkaufsfläche im Einzelhandel Mietfläche für Wohnraum Million Milliarde Mehrwertsteuer Mauerziegel Laufzeit, Nutzungsdauer des Investitionsobjektes, Zeitpunkt, Zeitdauer Nutzeinheiten Nutzfläche Netto-Grundfläche Nebennutzfläche (DIN 277-1:1987-06) (in der DIN 277-1:2005-02 weggefallen) Nummer oder Ähnliches oben angegeben oben genannt Oberlandesgericht Preis Zinsfuß Zinssatz
XXV
XXVI
Abkürzungsverzeichnis
Px
Preis im Jahr X
P0n
Barwert des Preises Pn
p. a. psch. q r RBBau RBK RBn RBv REn REv RifT
jährlich (per annum) pauschal Zinsfaktor Rente Richtlinien für die Durchführung von Bauaufgaben des Bundes Richtlinien für die Baukostenplanung Barwert einer nachschüssigen Rente Barwert einer vorschüssigen Rente Endwert einer nachschüssigen Rente Endwert einer vorschüssigen Rente Richtlinien der Staatliche Vermögens- und Hochbauverwaltung BadenWürttemberg für die Beteiligung freiberuflich Tätiger Richtlinien für die Durchführung von Bauaufgaben des Landes Raumlufttechnik Seite Sächsische Bauordnung Sächsisches Architektengesetz Sicherheits- und Gesundheitskoordinator Stahlbeton Standardleistungsbuch Stellplätze Periode (z. B. Jahr) Tiefgarage Technische Normen, Gütevorschriften und Lieferbedingungen Technischer Überwachungsverein unter anderem bzw. und andere und Ähnliches unbebaute Fläche des Baugrundstücks unter Umständen und vieles mehr und so weiter von Volkseigener Betrieb vom Hundert Verkehrsfläche Verkehrsfläche, horizontal Verkehrsfläche, vertikal vergleiche Vergabeverordnung Vergabehandbuch Vollständiger Finanzplan Wärmedurchgangskoeffizient Vereinte Nationen Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen Vergabe- und Vertragsordnung für Leistungen
RLBau RLT S. SächsBO SächsArchG SiGeKo Stb STLB Stp. t TG TGL TÜV u. a. u. Ä. UBF u. U. u. v. m usw. v. VEB v. H. VF VFH VFV vgl. VgV VHB VOFI U UN VOB VOL
Abkürzungsverzeichnis VOF W WBS WE WF z. B. ZBWB ZPO z. T.
Vergabe- und Vertragsordnung für freiberufliche Leistungen Watt Schweizer Wohnungs-Bewertungs-System, Wohnungsbauserien Wohneinheit Wohnfläche zum Beispiel Zentralstelle für Bedarfsbemessung und Wirtschaftliches Bauen Zivilprozessordnung zum Teil
XXVII
1
Planungs- und Bauökonomie als wissenschaftliche Disziplin
Das Bemühen, wirtschaftlich zu planen und zu bauen, dürfte so alt sein wie das Planen und Bauen selbst. Das Errichten von Bauwerken war von Anfang an mit einem hohen Arbeitsund Materialeinsatz verbunden, woraus schon immer ein Anreiz zur Reduzierung der Einsatzmengen resultierte. Auch das Problem, dass der erforderliche Mitteleinsatz unterschätzt wird, reicht zurück bis in biblische Zeiten. Aus der griechischen Antike berichtet Vitruv, dass in Ephesos ein Gesetz galt, wonach der Architekt bei einer Überschreitung des Voranschlages um mehr als ein Viertel den darüber hinausgehenden Betrag aus seinem eigenen Vermögen zu zahlen hatte, und bedauerte – aus gegebenem Anlass – dass dieses Gesetz in Rom keine Gültigkeit hatte. Das Bemühen um Wirtschaftlichkeit und Kosteneinhaltung bewegt die Planer also seit über 2000 Jahren. Eine wissenschaftliche Disziplin ist daraus aber erst in jüngster Zeit geworden. Hiervon kann man erst sprechen, seitdem im Streben nach Erkenntnis nicht mehr Einzelaspekte isoliert und vielfach in vereinfachender Weise betrachtet werden, sondern versucht wird, umfassend Erkenntnisse über die Wirtschaftlichkeit von Baumaßnahmen zu gewinnen und diese „zu einem in sich gegliederten, innerlich-logisch verbundenen Lehrgebäude“ (Lisowski, A. 1950, S. 611) zusammenzusetzen. Dieser Prozess vollzog sich im Wesentlichen in der zweiten Hälfte des letzten Jahrhunderts. Er ist gekennzeichnet durch die Durchdringung des Planungs-, Bau- und Nutzungsprozesses mit betriebswirtschaftlichen Methoden, vor allem mit den Verfahren der Investitionsrechnung, die die rechnerische Einbeziehung der Einnahmen und Ausgaben während der Nutzungszeit eines Bauwerks und die begründete Verknüpfung mit den Ausgaben für seine Planung und Errichtung erlauben. Obwohl die Beschaffung von Gebäuden eine der größten Ausgaben eines Betriebes erforderlich macht und obwohl Gebäude die Wirtschaftlichkeit eines Betriebes in erheblichem Maße beeinflussen können, werden Gebäude und ihre Wirtschaftlichkeit in der Betriebswirtschaftslehre gar nicht oder nur am Rande behandelt. So kommt es auch, dass das Bauwesen und die Betriebswirtschaftslehre mit unterschiedlichen, sich teilweise widersprechenden Terminologien arbeiten. Das offensichtlichste Beispiel hierfür ist der Begriff der Baukosten, bei denen es sich im betriebswirtschaftlichen Sinne um Ausgaben und nicht um Kosten handelt. Aber auch der Begriff der Wirtschaftlichkeit wird im Bauwesen in viel weiterem Sinne verwendet, als es die Gutenberg'sche Definition zulässt. (Gutenberg, E. 1958, S. 31) Nun könnte man sicherlich von den Architekten und Bauingenieuren verlangen, dass sie sich umstellen und sich eine Terminologie aneignen, die sie in die Lage versetzt, die wirtschaftlichen Sachverhalte widerspruchsfrei zu beschreiben. Da dann aber dem – in bauökonomi-
2
1 Planungs- und Bauökonomie als wissenschaftliche Disziplin
schen Fragen meist unkundigen – Bauherrn das Verständnis für diese Zusammenhänge noch mehr erschwert werden würde, muss versucht werden, die Integration der betriebswirtschaftlichen Verfahren unter Beibehaltung der eingeführten Terminologie im Bauwesen zu leisten. Aus diesem Grunde wird der zentrale Begriff der Wirtschaftlichkeit im Abschnitt 1.3 ausführlich erörtert. Zuvor sollen aber das Erkenntnisobjekt und die Methoden der Planungsund Bauökonomie behandelt werden.
1.1
Erkenntnisobjekt der Planungs- und Bauökonomie
Die Abgrenzung wissenschaftlicher Disziplinen untereinander erfolgt im Wesentlichen durch die jeweiligen Erkenntnisobjekte und Erkenntnisziele. Erkenntnisobjekt der Planungs- und Bauökonomie ist die wirtschaftliche Seite von Bauwerken während ihrer gesamten Lebensdauer von der Planung bis zu ihrer Beseitigung. Abzugrenzen ist die Planungs- und Bauökonomie von der Planungsbetriebslehre und von der Baubetriebslehre. Wie im Vorwort zur 1. Auflage schon ausgeführt wurde, verstehen wir die Planungs- und Bauökonomie als Wirtschaftslehre aus der Sicht des Bauherrn. Damit ist sie insofern zugleich eine Wirtschaftslehre für den Architekten, als dieser „Treuhänder“ des Bauherrn ist. Die wirtschaftlichen Belange des Architekten selbst sind Gegenstand der Planungsbetriebslehre und werden hier nur insoweit behandelt, wie sie zugleich auch den Bauherrn berühren – wie z. B. das Architektenhonorar, das einerseits Einnahme des Architekten, aber andererseits zugleich Ausgabe des Bauherrn ist. Die Baubetriebslehre ist eine spezielle Betriebswirtschaftslehre aus der Sicht des Bauunternehmers. Die zentrale Frage für ihn ist, wie er Bauleistungen, die im Regelfall durch die Bauplanung und Leistungsbeschreibung festgelegt sind, wirtschaftlich anbietet und ausführt. Überschneidungen mit der Planungs- und Bauökonomie ergeben sich insofern, als es natürlich im Interesse des Bauherrn ist und das Bemühen des Architekten sein muss, Planungsentscheidungen so zu treffen, dass sie von der Bauwirtschaft kostengünstig umgesetzt werden können. Die Planungs- und Bauökonomie ist sowohl theoretische als auch angewandte Wissenschaft. Daher verfolgt sie als Erkenntnisziele sowohl die Erkenntnis der wirtschaftlichen Zusammenhänge des Planungs-, Bau- und Nutzungsprozesses bis hin zur Beseitigung eines Bauwerks als auch seine optimale Gestaltung.
1.2
Erkenntnismöglichkeiten und Methoden der Planungsund Bauökonomie
Es gibt u. a. in den Wirtschaftswissenschaften zwei grundsätzliche Möglichkeiten, zu neuen Erkenntnissen zu gelangen. Man „kann erstens, ausgehend von der Erfahrung, die tatsächlich beobachteten Tatbestände und Erscheinungen beschreiben und vergleichen, durch Abstraktion von mehr oder weniger belanglosen Einzelheiten zu typischen Erscheinungen vordringen und durch induktives Folgern eine kausale Erklärung der Wirklichkeit versuchen [...] (und)
1.2 Erkenntnismöglichkeiten und Methoden der Planungs- und Bauökonomie
3
kann zweitens aus der Erfahrung und durch Denken sich die Grundprinzipien der betrieblichen (bzw. wirtschaftlichen) Prozesse erschließen, indem [...] (man) von der existentiellen Seite, dem realen Dasein der Gegenstände abstrahiert und nur die logische Seite der Gegenstände zu erkennen sich bemüht, um dann aus gesetzten Prämissen Relationen und funktionale Abhängigkeitsverhältnisse zwischen den betrieblichen (bzw. wirtschaftlichen) Größen auf deduktivem Wege [...] abzuleiten.“ (Wöhe, G. 2000, S. 34; in Klammern Ergänzungen des Verfassers) Da die wahrnehmbaren Tatbestände im Planungs-, Bau- und Nutzungsprozess meistens Auswirkungen eines Komplexes von Ursachen sind und eine experimentelle Isolierung einzelner Ursachen nur selten möglich ist, sind die Einsatzmöglichkeiten der induktiven Methode zur Gewinnung von planungs- und bauökonomischen Erkenntnissen begrenzt. Im Gegensatz zum naturwissenschaftlichen Experiment, bei dem ein Vorgang unter Konstanthalten aller übrigen Bedingungen (ceteris paribus) beliebig oft wiederholt werden kann und so induktiv Schlussfolgerungen möglich sind, ist eine Wiederholung wirtschaftlicher Prozesse bei exakt gleichen Rahmenbedingungen in der Regel nicht möglich. Die Planungs- und Bauökonomie hat jedoch ebenso wie die Betriebswirtschaftslehre „die Möglichkeit, anstelle von Experimenten im Rahmen der exakten Theorie Wirtschaftsmodelle zu bilden, d. h. einzelne Zusammenhänge gedanklich zu isolieren und nun durch logisches Schließen aus dem Modell zu deduzieren.“ (Wöhe, G. 2000, S. 35) Diese Modelle sind vereinfachte Abbilder der Wirklichkeit. Eine wesentliche Abstraktion von der Wirklichkeit besteht in der Anwendung der Ceteris-Paribus-Bedingung. Hierunter ist die Annahme zu verstehen, dass alle in dem Modell nicht berücksichtigten Größen gleich sind bzw. den gleichen Einfluss auf die betrachtete Fragestellung haben. Die aus dem Modell gezogenen Schlussfolgerungen bewahrheiten sich in der Realität nur insoweit, wie durch die Anwendung der Ceteris-Paribus-Bedingung keine unzulässigen Vereinfachungen vorgenommen werden (siehe Abbildung 1.1). Realität Realitätsauschnitt Reales Problem: Vorteilhaftigkeitsfrage
Abbildung der Realität Modell z.B. Investitionsrechnung ceteris paribus!
Beantwortung der Vorteilhaftigkeitsfrage Abb. 1.1: Erkenntnisgewinn durch Modellbildung
Modelllösung: Vorteilhaftigkeitskriterium
4
1 Planungs- und Bauökonomie als wissenschaftliche Disziplin
Weiterhin sind die aus dem Modell deduzierten Aussagen in Abhängigkeit zu sehen von den im Modell gemachten Prämissen. Nur wenn diese der Wirklichkeit entsprechen, können auch wirklichkeitsnahe Aussagen erwartet werden. Bei dem hier vorgestellten Konzept einer Planungs- und Bauökonomie wird angenommen, dass der Bauherr seine Bauentscheidungen rational treffen will (was nicht unbedingt mit einem egoistischen Verhalten gleichzusetzen ist, sondern durchaus von sozialem und ökologischem Verantwortungsbewusstsein getragen sein kann). Das diesem Verhalten zugrunde liegende Rationalprinzip wird im folgenden Abschnitt im Zusammenhang mit dem Wirtschaftlichkeitsbegriff erläutert. Mit dieser Prämisse soll nicht behauptet werden, dass Planungsentscheidungen stets rational zustande kommen, nur soll es Aufgabe dieses Buches sein, die Möglichkeiten und Bedingungen zur rationalen Entscheidungsfindung aufzuzeigen.
1.3
Begriff der Wirtschaftlichkeit
Selbst in der Betriebswirtschaftslehre wird der Begriff der Wirtschaftlichkeit unterschiedlich weit gefasst. Eine gemeinsame Basis für die unterschiedlichen Versionen dieses Begriffes ist das Rational- oder Wirtschaftlichkeitsprinzip. Dieses Wirtschaftlichkeitsprinzip „fordert eine möglichst sparsame Verwendung der verfügbaren Mittel bei der betrieblichen Leistungserstellung und -verwendung. Operationalisiert wird dieses Prinzip durch die Forderung nach Maximierung des Verhältnisses von Output zu Input. Output und Input können dabei durch Mengen wie durch Wertgrößen ausgedrückt werden.“ (Heinen, E. 1983, S. 33) Setzt man Output und Input als Mengen ins Verhältnis, so erhält man eine Messzahl für die Produktivität oder technische Wirtschaftlichkeit (siehe Abbildung 1.2). So kann z. B. die Arbeitsproduktivität eines Maurers in m² Mauerwerk pro Arbeitsstunde gemessen werden. Aber auch aus dem Verhältnis von Nutzfläche zu Brutto-Grundfläche lässt sich eine Aussage über die (technische) Wirtschaftlichkeit eines Entwurfes ableiten. Bewertet man die Einsatzmengen in Geld, so erhält man einen wertmäßigen Wirtschaftlichkeitsbegriff, für den Wöhe allein den Begriff Wirtschaftlichkeit verwendet. „Der wertmäßige Wirtschaftlichkeitsbegriff bezeichnet dann, wenn ein bestimmter Ertrag mit verschiedenen Kombinationen von Produktionsfaktoren erzielt werden kann, das Verhältnis zwischen der günstigsten und der tatsächlich erreichten Kostensituation. Wirtschaftlichkeit = Ist-Kosten /Soll-Kosten“ (Wöhe, G. 2000, S. 47) Die Festlegung von Soll-Kosten ist eine innerbetriebliche Entscheidung und ermöglicht eine individuelle Wirtschaftlichkeitsbeurteilung von Einzelmaßnahmen. Einem Bauherrn geht es aber meistens nicht um einen Wirtschaftlichkeitsvergleich eigener Baumaßnahmen untereinander – was bei einem „Einmal-Bauherrn“ auch gar nicht möglich ist – sondern um den Vergleich mit den örtlich und überörtlich erzielten Ergebnissen anderer Bauherren. Hierfür Soll-Kosten festzulegen, um daran die Wirtschaftlichkeit zu messen, wäre umständlich und im Ergebnis auch unanschaulich; denn für den nicht entsprechend vorgebildeten Bauherrn wäre die Aussage, dass bei seinem Bauvorhaben eine Wirtschaftlichkeit von 1,1 erreicht wurde, zunächst einmal nichtssagend.
1.3 Begriff der Wirtschaftlichkeit
5
Viel anschaulicher wird eine solche Aussage, wenn man die anfallenden Kosten auf eine Output-Einheit, z. B. auf einen m² Wohnfläche, bezieht und dann die sich ergebenden Verhältniszahlen miteinander vergleicht. So ist es z. B. im Wohnungsbau üblich, die Wirtschaftlichkeit der Gebäudeerstellung an den Baukosten pro m² Wohnfläche zu messen; auch die Baukosten pro m³ Brutto-Rauminhalt werden vielfach einer Wirtschaftlichkeitsbeurteilung zugrunde gelegt. Zur Abgrenzung von den anderen Wirtschaftlichkeitsbegriffen sollte hier von Wirtschaftlichkeit im engeren Sinne oder Kostenwirtschaftlichkeit gesprochen werden. (Heinen, E. 1983, S. 33) Lässt sich der Output eines Bauvorhabens als Ertrag (gemessen in Geldeinheiten) angeben, wie es bei erwerbswirtschaftlich genutzten Gebäuden – z. B. bei Mietwohnhäusern – der Fall ist, so kann die Vorteilhaftigkeit dieses Vorhabens anhand der Rentabilität beurteilt werden, indem man den Jahresertrag nach Abzug der jährlichen Kosten zum eingesetzten Kapital ins Verhältnis setzt. Ist dagegen der Output einer baulichen Anlage im Wesentlichen nicht-monetärer Art, wie z. B. bei einer Hochschule, so kann man auch keine Rentabilität ermitteln, sondern muss die Wirtschaftlichkeitsbetrachtung auf den Vergleich der Kosten beschränken oder man muss den Output als Nutzen berücksichtigen. Durch den Nutzen wird in der Wirtschaftstheorie der Grad an Bedürfnisbefriedigung angegeben. In diesem Fall ist es die Nutzen-Kosten-Relation, die – aus wirtschaftlicher Sicht – möglichst groß sein soll. Hierbei handelt es sich um die Wirtschaftlichkeit im weiteren Sinne. Berücksichtigt man schließlich in der Wirtschaftlichkeitsbetrachtung auch die externen Effekte, also Auswirkungen des Bauvorhabens auf die Umwelt und die Gesellschaft, auf die jetzt lebende Generation und auf zukünftige Generationen, so geht es um die Vorteilhaftigkeit im Sinne der Nachhaltigkeit. Vorteilhaftigkeit ist ein Begriff aus der Investitionstheorie, der dort als Oberbegriff für die verschiedenen Arten von Resultaten bei der Bewertung von Investitionen verwendet wird. Dementsprechend ist der Oberbegriff für die – je nach angewendetem Verfahren der Investitionsrechnung – unterschiedlichen Entscheidungskriterien das Vorteilhaftigkeitskriterium. Abbildung 1.2 veranschaulicht die unterschiedlich weit gefassten Wirtschaftlichkeitsbegriffe. Um zu einer möglichst einfachen Terminologie zu kommen, die auch für Bauherren und Architekten ohne ökonomische Ausbildung verständlich ist, soll im Folgenden der Begriff Wirtschaftlichkeit im erweiterten Sinne der Vorteilhaftigkeit, also als Oberbegriff für technische Wirtschaftlichkeit, Kostenwirtschaftlichkeit, Rentabilität, Nutzen-Kosten-Verhältnis und Nachhaltigkeit verwendet werden. In Abbildung 1.3 sind diejenigen Input- und Output-Größen, die – je nach Betrachtungsweise – in die Wirtschaftlichkeitsbeurteilung von Bauwerken einzubeziehen sind, beispielhaft erläutert. Zugleich ist die Zuordnung dieser Größen zu den einzelnen Phasen des Lebenszyklus eines Bauwerks dargestellt.
6
1 Planungs- und Bauökonomie als wissenschaftliche Disziplin
Effekte externe Positive
Schaden Negative externe Effekte
Abb. 1.2:
Wirtschaftlichkeit aus unterschiedlich weitem Blickwinkel
Nachhaltigkeit
Rentabilität
Wirtschaftlichkeit im weiteren Sinn
Kosten Ausgaben
Wirtschaftlichkeit i.e.S.
Einsatzmengen
(Kosten-)Wirtschaftlichkeit
INPUT
Ausbringungsmengen
Technische
OUTPUT
Wirtschaftlichkei
Einnahmen
(Gewinn: Kapitaleinsatz)
Nutzen
1.3 Begriff der Wirtschaftlichkeit
7
Planung und
Nutzung mit Erneue- Verkauf bzw.
Ausführung
rung und Umbau
Abriss
Positive externe Effekte
z. B. Verschönerung des Ortsbildes
ggf. „Stadtreparatur“
nicht monetär bewertbar: Nutzen
z. B. Selbstverwirklichung bei Eigenleistungen
z. B. Wohnqualität
ggf. Gewinn an neu gestaltbarer Freifläche
monetär bewertbar: Leistung(swert) Erlöse
z. B. Verkaufserlöse
z. B. Mieteinnahmen
ggf. Verkaufserlöse
Mengen
Wohnfläche
Wärmemenge
Anzahl Wohneinheiten
Mengen
Brutto-Rauminhalt Primärenergiebedarf Bauschutt, Transport-km
monetär bewertbar: Ausgaben, Kosten
z. B. Kaufpreis für z. B. Energiekosten, Abrisskosten, das Baugrundstück, InstandsetzungsDeponieErschließungsbei- kosten gebühren u. a. träge, Baukosten
nicht monetär bewertbar: Schaden
z. B. Stress, Verzicht auf Urlaub
negative externe Effekte
z. B. Zersiedelung der Landschaft Schadstoffemissionen
Input Einsatz
Abb. 1.3:
ggf. gesundheitliche z. B. Verlust an Schäden infolge Ver- Erinnerungswendung schadstoff- werten haltiger Baustoffe ggf. Verlust an histor. Substanz
Planung und
Nutzung mit Erneue- Verkauf bzw.
Ausführung
rung und Umbau
Input- und Output-Größen im Lebenszyklus eines Bauwerks
Abriss
Einzelwirtschaftliche Betrachtung Gesamtwirtschaftliche Betrachtung
Output Erzeugtes
2
Gesamtwirtschaft und Bauwirtschaft
Die Wirtschaftlichkeit von Bauvorhaben aus der Sicht des Bauherrn ist auch von der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung abhängig. Man denke nur an den Strukturwandel oder die Entwicklung der Energiepreise in den letzten Jahrzehnten. Dieser Strukturwandel sowie Überkapazitäten infolge verfehlter Subventionierung haben zum Leerstand vieler Wohn- und Betriebsgebäude geführt – mit zum Teil drastischen finanziellen Verlusten für die Investoren. Infolge des starken Energiepreisanstieges in den 1970er und Anfang der 1980er Jahre stellte sich der Aufbau von Außenwänden und Dächern vieler Häuser als nachteilig heraus. Dies veranlasste die Eigentümer zu nachträglichen Wärmedämmmaßnahmen, wodurch die Wirtschaftlichkeit ihrer Häuser verbessert und damit der finanzielle Nachteil begrenzt werden konnte. Auch die aktuellen Energiepreissteigerungen führen zum forcierten Einbau von Solaranlagen und zu anderen energiesparenden Maßnahmen. Viele private Bauherren müssen, wenn sie Wohneigentum erwerben wollen, an die Grenze ihrer finanziellen Belastungsfähigkeit gehen. Ob sie diese Belastung auf Dauer tragen können, ist in hohem Maße von ihrer Einkommensentwicklung abhängig. Und diese wiederum wird von der persönlichen und von der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung wesentlich beeinflusst. Hohe Inflationsraten ziehen meistens auch hohe nominale Einkommenssteigerungen nach sich – und zwar auch ohne dass der Betreffende in eine höhere Lohn- oder Gehaltsgruppe aufsteigt. Die Belastung aus dem Kapitaldienst für das Wohneigentum bleibt dagegen – bei Festzinsen – nominal gleich, und in Relation zum (gestiegenen) Einkommen wird sie geringer. Bei variablen Zinsen kann es zwar zu schmerzlichen Zinserhöhungen kommen, aber auch diese werden durch entsprechende Einkommenssteigerungen gemildert und schließlich überkompensiert – eine gesicherte Beschäftigung natürlich vorausgesetzt. Vereinfacht ausgedrückt heißt das, fremdfinanziertes Wohneigentum zahlt sich bei hoher Inflation leichter ab. Diese Beispiele mögen zeigen, wie sehr die wirtschaftlich sinnvolle Durchführung eines Bauvorhabens von der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung abhängen kann. Ein fachkundiger Einblick in die gesamtwirtschaftlichen Zusammenhänge kann dem Bauherrn daher die Entscheidungsfindung erleichtern. Das Wissen um die gesellschaftlichen und gesamtwirtschaftlichen Zusammenhänge ist auch erforderlich, wenn der Bauherr über seine individuelle Interessenslage hinaus gesellschaftliche Belange in seine Entscheidung einbeziehen will. Dabei kann es sich um die Umweltverträglichkeit der vorgesehenen Baustoffe und Bauteile, um die Unterstützung ortsansässiger Handwerker, um einen Beitrag zur Bekämpfung der Schwarzarbeit u. v. m. handeln. Man muss sich hierbei bewusst sein, dass das gesamtwirtschaftliche Geschehen sich aus der Summe individueller Aktivitäten ergibt und sich somit verschwindend geringe Beiträge der Einzelnen zu nennenswerten gesamtwirtschaftlichen Ausmaßen kumulieren können.
10
2 Gesamtwirtschaft und Bauwirtschaft
Aus diesen Gründen wird dem zentralen Anliegen der Bauplanung als Optimierungsaufgabe aus einzelwirtschaftlicher Sicht ein kurzer Überblick der gesamtwirtschaftlichen Zusammenhänge vorangestellt.
2.1
Wirtschaften als Folge der Knappheit von Gütern
Güter sind Dinge, die geeignet sind, Bedürfnisse der Menschen zu befriedigen. So ist z. B. eine Wohnung ein materielles Gut, mit dem Wohnbedürfnisse befriedigt werden können. Dabei ist zwischen freien und knappen Gütern zu unterscheiden. Freie Güter sind im Überfluss vorhanden und ohne Kosten zu beschaffen. Infolge der dichten Besiedlung der Erde und der extrem gesteigerten landwirtschaftlichen und industriellen Produktion gibt es kaum noch freie Güter. Die Luft, die zum Abbinden des Mörtels oder zum Austrocknen eines Neubaus erforderlich ist, kann z. B. als freies Gut betrachtet werden. Auch die vielen im Internet frei zugänglichen Informationen sind insofern im Überfluss vorhanden, als sie unendlich oft gelesen und kopiert werden können. Die dabei zusätzlich anfallenden Fernmeldegebühren sind meistens vernachlässigbar, so dass diese Informationen als freie Güter gelten können. Andere Güter wie z. B. Bodenaushub, der als Baustoff geeignet ist, aber wegen des damit verbundenen, zu hohen Transportaufwandes nicht verkäuflich ist, können – lokal betrachtet – freie Güter sein. Knappe Güter sind dagegen nicht im Überfluss vorhanden oder zumindest nicht ohne Kosten beschaffbar. Die meisten Güter auf unserer Erde sind knapp im Verhältnis zu den vorhandenen Bedürfnissen der Menschen, so die meisten Baustoffe, Erdöl, geeignete Wohnungen usw. Obwohl es bei uns auf dem Arbeitsmarkt ein Überangebot an Arbeitskraft gibt, ist diese weiterhin ein knappes Gut, da sie nicht kostenlos erhältlich ist. Bei knappen Gütern, die also in geringerem Umfang vorhanden sind, als Bedarf nach ihnen besteht, ergibt sich das Problem der optimalen Verwendung; denn aufgrund dieser Knappheit erfordert der Einsatz von Ressourcen für einen bestimmten Verwendungszweck den Verzicht auf Befriedigung eines anderweitigen Bedürfnisses. In diesen zumeist vorkommenden Fällen ist es notwendig zu wirtschaften. Ziel des Wirtschaftens ist es, die knappen Güter so zu verwenden, dass eine bestmögliche Befriedigung der menschlichen Bedürfnisse erreicht wird (vgl. Streit, M.E.; Umbach, D.C.; Bartlsperger, R. 1980, S. 12). Der Einsatz von freien, im Überfluss vorhandenen Gütern ist nicht Gegenstand des Wirtschaftens. In diesem Sinne versteht Wöhe Wirtschaft als „Inbegriff aller planvollen menschlichen Tätigkeiten, die unter Beachtung des ökonomischen Prinzips (Rationalprinzip) mit dem Zweck erfolgen, die – an den Bedürfnissen der Menschen gemessen – bestehende Knappheit der Güter zu verringern“. (Wöhe, G. 2000, S. 2) Infolge der erkennbaren Grenzen des Wachstums ist uns bewusst geworden, dass diese Knappheit auch im Hinblick auf die Bedürfnisse nachfolgender Generationen beurteilt werden muss. Aus diesem Grund findet Nachhaltigkeit als wichtigste Rahmenbedingung wirtschaftlichen Handelns weltweit immer mehr Befürworter. Der Begriff Nachhaltigkeit wurde in diesem Zusammenhang erstmals im Bericht der UN-Kommission für Umwelt und Entwicklung 1987 (Brundtland-Report, siehe Abschnitt 2.5) thematisiert.
2.2 Wirtschaftsordnung
2.2
11
Wirtschaftsordnung
Aufgabe jeder Volkswirtschaft ist die Versorgung ihrer Mitglieder mit Gütern zur Befriedigung von deren Bedürfnissen. Dabei stellen sich für jede Volkswirtschaft – unabhängig von ihrer Wirtschaftsordnung – u. a. die Fragen, welche Güter in welchen Mengen hergestellt und wie diese Güter auf die Mitglieder der Volkswirtschaft verteilt werden sollen. Je nachdem, ob die Antworten mehr durch die individuelle Entscheidung der einzelnen Wirtschaftseinheiten oder mehr planwirtschaftlich-kollektiv in zentralen Wirtschaftsplänen festgelegt werden, unterscheidet man dezentralisierte oder zentralisierte Wirtschaftsordnungen. Bei einer dezentralisierten Wirtschaftsordnung stellen die einzelnen Mitglieder der Volkswirtschaft ihre Wirtschaftspläne individuell auf. Die notwendige Koordination dieser individuellen Wirtschaftspläne erfolgt über den Markt, weswegen diese Art der Wirtschaftsordnung auch als Marktwirtschaft bezeichnet wird. Das Gegenteil davon ist eine zentralisierte Wirtschaftsordnung, bei der für die Volkswirtschaft ein Gesamtplan aufgestellt wird. Dieser wird dann in Teilpläne untergliedert. Aufgrund der bestimmenden Funktion dieser Pläne bezeichnet man diese zentralisierte Wirtschaftsordnung auch als zentrale Planwirtschaft.
2.2.1
Marktwirtschaft
Bei einer Marktwirtschaft handelt es sich um eine „Wirtschaftsordnung mit dezentraler Planung und Lenkung der wirtschaftlichen Prozesse, die über Märkte mittels PreisMechanismus miteinander koordiniert werden (Gabler Wirtschafts-Lexikon 1997, Band 4, S. 2559). In einer Marktwirtschaft werden den einzelnen Haushalten die Konsumgüter nicht zugewiesen, sondern sie bestimmen im Rahmen ihrer finanziellen Möglichkeiten selbst darüber, welche Güter sie in welchen Mengen beschaffen und wie viel Geld sie sparen wollen. Ebenso entscheiden die Betriebe im Rahmen ihrer finanziellen Möglichkeiten, was sie investieren und welche Güter sie in welchen Mengen produzieren und auf dem Markt anbieten wollen. Der Staat beschränkt sich darauf, die wettbewerblichen Rahmenbedingungen zu setzen und die erforderlichen öffentlichen Güter bereitzustellen. Die wirtschaftlichen Grundfragen, die sich in jeder Volkswirtschaft – unabhängig von der Wirtschaftsordnung – stellen (Welche Güter sollen in welchen Mengen hergestellt werden? Wie sollen diese Güter an die Mitglieder der Volkswirtschaft verteilt werden? u. a.), werden in der Marktwirtschaft also dezentral von den einzelnen Wirtschaftseinheiten beantwortet. Die Wirtschaftseinheiten treffen damit – jede für sich – die Entscheidung hinsichtlich Beschaffung, Verbrauch oder Herstellung und Verkauf von Gütern nach ihrer subjektiven Interessenlage. Diese Entscheidungen schlagen sich in den Wirtschaftsplänen der einzelnen Wirtschaftseinheiten nieder. Die Koordination dieser vielen einzelnen Wirtschaftspläne erfolgt auf dem Markt und wird als Marktmechanismus bezeichnet. Unter Markt versteht man den ökonomischen Ort des Tausches (Tausch = Hingabe eines Tauschgutes (Waren, Leistungen oder Geld) gegen Empfang eines anderen Tauschgutes), an dem sich durch Zusammentreffen von Angebot und Nachfrage die Preisbildung vollzieht.
12
2 Gesamtwirtschaft und Bauwirtschaft
Unter Angebot versteht man zunächst das Bestreben von Verkäufern, ein Gut auf dem Markt abzusetzen, dann aber auch die Menge eines Gutes, die die Gesamtheit der Anbieter auf dem Markt absetzen will. Diese Menge ist im Allgemeinen von dem zu erzielenden Verkaufspreis abhängig, und zwar wird umso mehr angeboten, je höher der erzielbare Verkaufspreis ist. Entsprechend versteht man unter Nachfrage einmal das Bestreben von Käufern, ein Gut auf dem Markt zu erwerben, aber auch die Menge eines Gutes, die die Gesamtheit der Nachfrager auf dem Markt erwerben will. Diese Menge ist im Allgemeinen ebenfalls vom Preis abhängig, und zwar wird umso mehr nachgefragt, je niedriger der Kaufpreis ist. In Abbildung 2.1 ist der typische Verlauf von Angebotskurve und Nachfragekurve dargestellt.
12,00
Angebot
Nachfrage
Menge
10,00
8,00
6,00
4,00
2,00
0,00 0
Abb. 2.1:
1
2
3
4
5
6
Preis
Typischer Verlauf von Angebotskurve und Nachfragekurve
Die Preisbildung am Markt hängt von den jeweiligen Gegebenheiten des Marktes hinsichtlich Marktform, Präferenzen und Markttransparenz ab. Die beiden diametral gegensätzlichen Marktformen sind der Monopol-Markt und der Polypol-Markt. Bei monopolistischen Märkten ist entweder auf beiden Marktseiten (Anbieter und Nachfrager) oder zumindest auf einer Marktseite nur ein Teilnehmer vorhanden. Beim polypolistischen Markt sind auf beiden Marktseiten viele kleine Marktteilnehmer vorhanden. Präferenzen liegen dann vor, wenn ein Anbieter oder ein Nachfrager Güter aus persönlichen, örtlichen oder sachlichen Gründen trotz ungünstigerer Preise bevorzugt. Vollständige Markttransparenz bedeutet, dass Anbieter und Nachfrager über alle zustande gekommenen Preise informiert sind.
2.2 Wirtschaftsordnung
13
Ein Idealfall der Marktwirtschaft ist die vollständige Konkurrenz, die auf einem polypolistischen Markt mit vollständiger Markttransparenz und ohne Präferenzen gegeben ist. Bei vollständiger Konkurrenz ergibt sich das Marktgleichgewicht im Schnittpunkt von Angebotskurve und Nachfragekurve. Der diesem Schnittpunkt zugeordnete Preis ist der Gleichgewichtspreis, der sich durch den Marktmechanismus einstellt. Bei diesem Gleichgewichtspreis oder Marktpreis steht der Angebotsmenge eine gleich hohe Nachfragemenge gegenüber, so dass sich ein stabiles Gleichgewicht ergibt. Jeder andere Preis wäre infolge Nachfrageüberhangs mit der Tendenz zur Preiserhöhung oder infolge Angebotsüberhangs mit der Tendenz zur Preissenkung instabil. Die Marktwirtschaft ist die wirtschaftliche Idealvorstellung des Liberalismus, in der die Voraussetzung für natürliche Harmonie und beste Güterversorgung gesehen wird. Er verfolgt eine möglichst staatsfreie Volkswirtschaft und eine funktionsfähige Wettbewerbswirtschaft. Die Praxis hat jedoch gezeigt, dass es auch in der Marktwirtschaft zu schweren Wirtschaftskrisen kommen kann und dass eine liberale Wirtschaftspolitik nicht zugleich eine gute Sozialpolitik sein muss. Um diese Nachteile zu vermeiden, wurde in der Bundesrepublik Deutschland eine Wirtschaftsordnung eingeführt, deren Leitbild die Soziale Marktwirtschaft ist. Als ihre Begründer gelten der Wirtschaftstheoretiker Walter Eucken (1881-1950) und Ludwig Erhardt (1897-1977), der erste Wirtschaftsminister und spätere Bundeskanzler der Bundesrepublik Deutschland. In dieser Wirtschaftsordnung wird die wirtschaftliche Entwicklung nicht allein dem Marktmechanismus und den individuellen Entscheidungen der einzelnen Wirtschaftseinheiten überlassen, vielmehr ist unter Sozialer Marktwirtschaft eine nach sozialen Gesichtspunkten gelenkte Marktwirtschaft zu verstehen. Hierbei wird die als ungerecht empfundene „Einkommensverteilung, wie sie sich aus dem marktwirtschaftlichen Produktionsprozess ergibt, [...] durch die Fiskalpolitik (progressive Einkommensteuern und Vermögenssteuern einerseits sowie Steuererleichterungen und Subventionen andererseits) und durch unentgeltliche bzw. finanziell geförderte Ausbildung korrigiert. Soziale Sicherheit [...] soll nicht dadurch herbeigeführt werden, dass bestehende Arbeitsplätze um jeden Preis gehalten werden. Vielmehr sollen Anpassungen an nachfragebedingte Änderungen der Wirtschaftsstruktur erleichtert werden“. (Streit, M.E.; Umbach, D.C.; Bartlsperger, R. 1980, S. 32) Das Ziel der optimalen Güterversorgung einer Volkswirtschaft kann nur erreicht werden, wenn die einzelnen Unternehmen und Haushalte bei ihren ökonomischen Entscheidungen auch die durch diese Entscheidungen verursachten sozialen Kosten und Erträge berücksichtigen. Geschieht dies nicht, bleiben insbesondere die sozialen Kosten unberücksichtigt (externe Kosten), so kommt es zu einer Fehllenkung durch den Markt, weil dann mit den öffentlichen Gütern verschwenderisch umgegangen wird. Dies hat sich vor allem im Umweltbereich gezeigt, wo Boden, Wasser und Luft als kostenlose Aufnahmemedien für Abfälle und Schadstoffe genutzt wurden und werden. Eine soziale und ökologische Marktwirtschaft muss daher durch ein entsprechendes Abgabesystem dafür Sorge tragen, dass die Verursacher von sozialen Kosten bzw. Umweltverschmutzungen auch mit diesen bzw. den daraus resultierenden Kosten belastet werden.
14
2.2.2
2 Gesamtwirtschaft und Bauwirtschaft
Zentrale Planwirtschaft (Zentralverwaltungswirtschaft)
Die meisten kommunistisch regierten Staaten wie z. B. die Mitglieder des früheren Rates für gegenseitige Wirtschaftshilfe (COMECON) hatten eine zentrale Planwirtschaft. In dieser Wirtschaftsordnung wird von staatlicher Seite festgelegt, in welcher Form die vorhandenen bzw. angenommenen Bedürfnisse der Mitglieder der Volkswirtschaft befriedigt werden sollen. Dabei können im Extremfall sowohl die zu produzierenden Güter und die dazu erforderlichen Investitionen als auch die Verteilung der Konsumgüter auf die einzelnen Haushalte zentral festgelegt werden. Verbreiteter war jedoch in der Vergangenheit die zentrale Planwirtschaft mit freier Konsumwahl. Das Ergebnis dieser zentralen Planung wird in Wirtschaftsplänen festgehalten. Diese Wirtschaftspläne bilden insgesamt ein hierarchisches System, an dessen Spitze der Gesamtplan und auf dessen unterster Ebene die Pläne für die einzelnen Betriebe stehen. Alle diese Wirtschaftspläne müssen aufeinander abgestimmt sein. Während bei der Marktwirtschaft diese Koordination im Nachhinein (Ex-post-Koordination) auf dem Markt mittels Marktmechanismus erfolgt, müssen die zentral aufgestellten Wirtschaftspläne im Vorhinein (Ex-ante-Koordination) koordiniert werden. Die Probleme bei der zentralen Ex-ante-Koordination bestehen darin, dass ein sehr hoher Aufwand bei der Informationsbeschaffung zur Quantifizierung der einzelnen Bedürfnisse erforderlich ist und dass zwischen Planaufstellung und Plandurchführung immer ein nicht unerheblicher Zeitraum liegt. Beide Faktoren – ein in vertretbaren Grenzen gehaltener Informationsaufwand und die Zeitdifferenz zwischen Planaufstellung und -durchführung – sind verbunden mit dem Risiko, dass die getroffenen Annahmen und die zugrunde gelegten Erwartungen zum Zeitpunkt der Planumsetzung nicht mehr oder nur noch teilweise zutreffen. Sind die tatsächlichen Bedürfnisse falsch eingeschätzt worden, kommt es zu Mangelsituationen oder Produktionsüberschüssen. Die hier erforderliche Anpassung ist nur mit zeitlicher Verzögerung möglich, denn auch die Preise werden zentral festgelegt und haben keine Lenkungsfunktion. Die zentrale Planwirtschaft konnte sich im Wettkampf der Systeme auf Dauer nicht durchsetzen. Sie hat heute auf der Welt kaum noch Anhänger, selbst das einst kommunistische China hat seine Wirtschaftsordnung dem westlichen marktwirtschaftlichen Modell angenähert.
2.3
Wirtschaftskreislauf und Nationaleinkommen
Das Modell des Wirtschaftskreislaufes und die Volkswirtschaftliche Gesamtrechnung dienen zur Beschreibung des wirtschaftlichen Geschehens in einer Volkswirtschaft. Während es sich bei der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung um die quantitative Erfassung und kontenmäßige Darstellung der Güter- und Einkommensströme handelt, werden mit Hilfe des Wirtschaftskreislaufes die vielfältigen Tauschbeziehungen und die daraus resultierenden Güterund Einkommensströme zwischen den Mitgliedern einer Volkswirtschaft graphisch dargestellt.
2.3 Wirtschaftskreislauf und Nationaleinkommen
15
Diese graphische Darstellung kann bei der Vielfalt und Vielzahl der Tauschbeziehungen in einer Volkswirtschaft nur dann übersichtlich sein, wenn die einzelnen Wirtschaftseinheiten und deren Tauschbeziehungen zu Sektoren und Strömen aggregiert (vereinfachend zusammengefasst) werden. Im einfachsten Fall beschränkt sich das Modell des Wirtschaftskreislaufes auf den Sektor der Betriebe und auf den Sektor der privaten Haushalte. Von den Haushalten werden ständig Arbeitsleistungen für Betriebe erbracht, während die Betriebe laufend Konsumgüter an die Haushalte liefern. Entgegengesetzt zu diesen beiden – sich zum Kreislauf schließenden – realen Ströme verlaufen gleich große monetäre Ströme: der Einkommensstrom als Entgelt für die Arbeitsleistungen und der Ausgabenstrom als Bezahlung für die Konsumgüter. (siehe Abbildung 2.2).
Realer Strom:
Konsumgüter
M onetärer Strom: Konsumausgaben
Betriebe
Haushalte M onetärer Strom: Geldeinkommen
Realer Strom: Abb. 2.2:
Arbeitsleistungen
Grundschema des Wirtschaftskreislaufes
(Stobbe, A. 1975, S. 17, auch: Gabler Wirtschafts-Lexikon 1997, Band 3, S. 2317)
Zur umfassenden Beschreibung des Wirtschaftsgeschehens in einer offenen Volkswirtschaft müssen zusätzlich zu den Sektoren der Betriebe und Haushalte noch die Sektoren Staat, Vermögensbildung und Ausland berücksichtigt werden. Die zwischen diesen fünf Sektoren bestehenden Beziehungen sind in Form der monetären Ströme in Abbildung 2.3 dargestellt. Abbildung 2.4 zeigt den Wirtschaftskreislauf Deutschlands im Jahre 2011 mit Angabe der Beträge der monetären Ströme zwischen allen Sektoren. Aus diesem quantifizierten Wirtschaftskreislauf lässt sich das Nationaleinkommen (früher Sozialprodukt) und das Inlandsprodukt in seinen verschiedenen Ausprägungen ermitteln (siehe Abbildung 2.5).
16
2 Gesamtwirtschaft und Bauwirtschaft
Sektor en ung zahl ngen t r o Imp rtzahlu o Exp
Ausland
Subventionen Direkte Steuern Indirekte Steuern Zahlungen für Güterkäufe
Sektor Betriebe
Sektor Staat
Po s Au itiver ß en bei tra g
ch e atli he a t S c atli Sta
Fak to Kon reinko m sum aus men gab en
Sektor
Sektor Vermögensbildung
Abb. 2.3:
Faktoreinkommen Direkte Steuern Transferzahlungen
nis par Ers tition es Inv
n me om nk rei kto Fa
Betriebl. Investitionen Ersparnis der Betriebe
Tra n Tra sfer A nsfe u r In sland land
Ersparnis der privaten Haushalte
private Haushalte
Wirtschaftskreislauf einer offenen Volkswirtschaft
(Gabler Wirtschafts-Lexikon 1997, Band 3, S. 2318)
Das Bruttonationaleinkommen (früher: Bruttosozialprodukt) „ist ein Maß für die wirtschaftliche Leistung einer Volkswirtschaft in einer Periode. Es entspricht dem Wert aller in der Periode produzierten Güter (Waren und Dienstleistungen), jedoch ohne die Güter, die als Vorleistungen bei der Produktion verbraucht wurden und einschl. der aus dem Ausland netto empfangenen Erwerbs- und Vermögenseinkommen. [...] Zu unterscheiden ist es vom Bruttoinlandsprodukt, das die im Inland entstandene wirtschaftliche Leistung umfasst (Wertschöpfung).“ (Gabler Wirtschafts-Lexikon 2000, Band 3, S. 3475) Zieht man vom Bruttonationaleinkommen bzw. vom Bruttoinlandsprodukt die Abschreibungen (Wertverlust durch Abnutzung der dauerhaften Produktionsmittel) ab, so erhält man das Nettonationaleinkommen bzw. das Nettoinlandsprodukt. Weiterhin unterscheidet man das Nationaleinkommen bzw. das Inlandsprodukt zu Marktpreisen, wenn darin indirekte Steuern (abzüglich Subventionen) enthalten sind, von dem Nationaleinkommen bzw. dem Inlandsprodukt zu Faktorkosten, von dem die indirekten Steuern bereits abgezogen und die Subventionen hinzugezählt sind.
2.3 Wirtschaftskreislauf und Nationaleinkommen
Abb. 2.4:
17
Wirtschaftskreislauf der Bundesrepublik Deutschland im Jahre 2011
(Streit, M.E.; Umbach, D.C.; Bartelsperger, R. 1980, S. 351, monetäre Ströme (in Mrd. €) aktualisiert anhand von: Statistisches Bundesamt: Fachserie 18, Reihe 1.4, Wiesbaden 2012)
Am Bruttoinlandsprodukt zu Marktpreisen wird i. Allg. das Wirtschaftswachstum gemessen. Da Wirtschaftswachstum vielfach mit Wohlstandsmehrung gleichgesetzt wird, kommt dem Bruttoinlandsprodukt in der wirtschaftspolitischen Diskussion ein hoher Stellenwert zu.
18
-
2 Gesamtwirtschaft und Bauwirtschaft Produktionswert (zu Herstellungspreisen) Vorleistungen
5010,82 2714,97
= Bruttowertschöpfung + Nettogütersteuern
2295,85 274,95
= Summe der Nettoproduktionswerte = Bruttoinlandsprodukt zu Marktpreisen - Abschreibung
2570,80
= Nettoinlandsprodukt zu Marktpreisen = Privater Konsum + Staatsverbrauch + Nettoinvestition + Exporte - Importe
2198,08 1474,42 502,92 78,32 1289,16 1157,74
+ Saldo der Primäreinkommen aus der übrigen Welt = Nettonationaleinkommen zu Marktpreisen - Produktions- und Importabgaben + Subventionen
383,72
41,62 2228,70 292,12 26,15
= Nettonationaleinkommen zu Faktorkosten = Volkseinkommen
1962,73
= Arbeitnehmerentgelt (Inländer) + Unternehmens- und Vermögenseinkommen
1318,32 644,41
Abb. 2.5:
Bruttoinlandsprodukt und verschiedene Nationaleinkommen im Zusammenhang als schematischer Überblick für die Bundesrepublik Deutschland im Jahre 2011
(Streit, M.E.; Umbach, D.C.; Bartelsperger, R. 1980, S. 357 und Statistisches Bundesamt: Fachserie 18, Reihe 1.4, Wiesbaden 2012)
Dabei bleibt häufig die nur beschränkte Aussagefähigkeit des Bruttoinlandsprodukts unberücksichtigt. Diese resultiert daraus, dass bei seiner Ermittlung keine Berücksichtigung finden: (1) unentgeltliche Leistungen (Haushaltsarbeit, Selbsthilfe am Bau, ehrenamtliche Tätigkeiten) und die sogenannte Schattenwirtschaft (Schwarzarbeit), (2) Schäden (Umweltbelastung, Unfallschäden, immissionsbedingte Gebäudeschäden), die eigentlich in Abzug zu bringen wären, (3) soziale Probleme (Krankheiten, Ehescheidungen, Selbstmorde) u. a. Die Problematik des „Wohlstandsindikators“ Bruttoinlandsprodukt wird besonders deutlich, wenn man bedenkt, dass das Bruttoinlandsprodukt bei höherer Unfallhäufigkeit (mit nachfolgenden Heilungsmaßnahmen und Reparaturen) steigt und bei sparsamerem Energieeinsatz sinkt.
2.4 Wirtschaftspolitik und ihre Zielsetzung
19
Um diese Nachteile bei der Beurteilung des wirtschaftlichen Wohlstandes zu eliminieren, haben H. E. Daly und J. B. Cobb Jr. in den Vereinigten Staaten von Amerika den Index of Sustainable Economic Welfare (ISEW) entwickelt, aus dem dann der Genuine Progress Indicator (GPI) hervorging. Aus diesen Indikatoren wurde in Deutschland der Nationale Wohlfahrtsindex (NWI) abgeleitet. Dieser Nationale Wohlfahrtsindex nimmt, wie sein Vorbild der GPI, nicht das Bruttoinlandsprodukt, sondern die Konsumausgaben der privaten Haushalte als Ausgangspunkt für die anschließenden Additionen von wohlstandssteigernden und Subtraktionen von wohlstandsmindernden Komponenten. „Zusätzlich zu den mit der Einkommensverteilung gewichteten Konsumausgaben werden die Werte von ehrenamtlicher Arbeit und Hausarbeit ebenso berücksichtigt wie die öffentlichen Ausgaben für Gesundheits- und Bildungswesen, aber auch die Kosten von Verkehrsunfällen und Kriminalität. Ökologische Parameter werden über Schäden z. B. durch Wasserverschmutzung, Lärm oder durch den Verlust landwirtschaftlich nutzbarer Fläche in den Index aufgenommen. Enthalten sind weiterhin Ersatzkosten für die Ausbeutung nicht erneuerbarer Ressourcen sowie die gesellschaftlichen Ausgaben zur Kompensation von Umweltbelastungen.“ (Enquete-Kommission 2012, S. 16 f.)
2.4
Wirtschaftspolitik und ihre Zielsetzung
Aufgabe der Wirtschaftspolitik ist die gezielte Beeinflussung und Gestaltung des Wirtschaftsgeschehens im Hinblick auf die gesetzten Ziele. Da Wirtschaftspolitik Teil der gesamten Politik ist, müssen sich die wirtschaftspolitischen Ziele aus den gesellschaftlichen Grundwerten ableiten. Als wichtigste Grundwerte seien hier genannt: Freiheit, Gerechtigkeit, Sicherheit und Fortschritt. Das wirtschaftspolitische Hauptziel in der Bundesrepublik Deutschland ist die Wahrung des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts (siehe Artikel 109, Abs. 2, Grundgesetz). Dieses Hauptziel wird durch das Gesetz zur Förderung der Stabilität und des Wachstums der Wirtschaft (StabG) vom 8. Juni 1967 konkretisiert. Dort heißt es in § 1: „Bund und Länder haben bei ihren wirtschafts- und finanzpolitischen Maßnahmen die Erfordernisse des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts zu beachten. Die Maßnahmen sind so zu treffen, dass sie im Rahmen der marktwirtschaftlichen Ordnung gleichzeitig zur Stabilität des Preisniveaus, zu einem hohen Beschäftigungsstand und außenwirtschaftlichem Gleichgewicht bei stetigem und angemessenem Wirtschaftswachstum beitragen.“ Diese Ziele, die kaum gleichzeitig erreichbar sind, zwischen denen also Zielkonflikte bestehen, werden deswegen als „magisches Viereck“ bezeichnet. Das angestrebte außenwirtschaftliche Gleichgewicht, durch das mögliche – von der Außenwirtschaft ausgehende – Gefahren für die binnenwirtschaftlichen Ziele vermieden werden sollen, hat für die Bauwirtschaft nicht den gleichen Stellenwert wie die weiteren im Stabilitätsgesetz genannten Ziele.
20
2 Gesamtwirtschaft und Bauwirtschaft
Diese jedoch, das stetige und angemessene Wirtschaftswachstum, der hohe Beschäftigungsstand und die Preisniveaustabilität, haben auch für die Bauwirtschaft eine hohe Bedeutung und werden deswegen in den folgenden Abschnitten ausführlicher behandelt. Das „magische Viereck“ wurde inzwischen um die Ziele gerechte Einkommens- und Vermögensverteilung und ökologisches Gleichgewicht zum „magischen Sechseck“ erweitert – zwar nicht auf gesetzlicher Grundlage, aber allgemein anerkannt. (Wildmann, L. 2010) Die sich in einer freien Marktwirtschaft einstellende Einkommens- und Vermögensverteilung wird im Allgemeinen nicht als gerecht empfunden. Hier muss die Wirtschaftspolitik z. B. durch steuerliche Maßnahmen versuchen, eine gerechtere Verteilung zu erreichen. Auch das Wohngeld, das bei geringem Einkommen zur Vermeidung sozialer Härten und zur Sicherung eines Mindestmaßes an Wohnraum gezahlt wird, trägt zur gerechteren Verteilung bei. Das ökologische Gleichgewicht auf unserer Erde ist in vielfacher Weise beeinträchtigt und gefährdet. Durch die verbreitete Ressourcenverschwendung, Verschmutzung der Umweltmedien Luft, Wasser und Boden, durch den Klimawandel und Meeresspiegelanstieg, durch den Artenschwund und diverse weitere Beeinträchtigungen unserer Lebensgrundlagen gefährden wir auf das Massivste den Wohlstand unserer Gesellschaft. Deswegen widmen wir der Nachhaltigkeit einen eigenen Abschnitt (2.5) im Rahmen dieser volkswirtschaftlichen Erörterung. Als ein weiteres wirtschaftspolitisches Ziel, das im Rahmen der Euro-Krise eine besondere Bedeutung erlangt hat, ist die Begrenzung der Staatsverschuldung zu berücksichtigen. Durch das Gesetz zur Änderung des Grundgesetzes vom 29.07.2009 BGBl. I S. 2248 (Nr. 48) erlangte die Begrenzung der Staatsverschuldung Verfassungsrang. „Nach dieser Regelung soll die strukturelle, also nicht konjunkturbedingte, jährliche Nettokreditaufnahme des Bundes maximal 0,35 % des Bruttoinlandsproduktes betragen (zwingend ab 2016). Für die Länder wird die Nettokreditaufnahme ganz verboten (ab 2020). Ausnahmen sind bei Naturkatastrophen oder schweren Rezessionen gestattet.“ (in Klammern Anm. d. Verf.) Neben dieser globalen Sichtweise der Wirtschaftspolitik kommt auch der sektoralen Wirtschaftspolitik eine hohe Bedeutung zu. Nach der Klassifikation der Wirtschaftszweige werden der primäre Sektor (Land- und Forstwirtschaft, Fischerei), der sekundäre Sektor (Produzierendes Gewerbe) und der tertiäre Sektor (Dienstleistungsbereich) unterschieden. Zum sekundären Wirtschaftssektor gehört neben dem verarbeitenden Gewerbe und dem Bergbau einschließlich der Gewinnung von Steinen und Erden das Baugewerbe (siehe Abschnitt 2.6).
2.4.1
Wirtschaftswachstum
Oberziel der Wirtschaftspolitik ist ein möglichst großer Wohlstand der Bevölkerung. Hierfür ist das Wirtschaftswachstum eine wichtige Grundlage. Vor allem hat ein hohes Wirtschaftswachstum einen positiven Einfluss auf die Beschäftigung (was nicht heißt, dass ein hohes Wirtschaftswachstum einen Anstieg der Arbeitslosigkeit ausschließt, aber es dürfte dann den Anstieg zumindest dämpfen).
2.4 Wirtschaftspolitik und ihre Zielsetzung
21
Zu den wachstumspolitischen Maßnahmen zählen u. a. staatliche Investitionen in die Infrastruktur (z. B. Hochschulbau, Krankenhausbau, Straßenbau). Durch den großen Multiplikatoreffekt von Bauinvestitionen kann es dabei zu deutlich spürbaren Wachstumseffekten kommen. Wichtig ist die Vermeidung großer konjunktureller Ausschläge beim Wirtschaftswachstum, d. h. es ist eine Verstetigung des Wachstums anzustreben. Dementsprechend ist im Stabilitätsgesetz auch ein stetiges und angemessenes Wirtschaftswachstum gefordert. Die Bundesregierung ging im Jahreswirtschaftsbericht von 1968 – dem Jahr nach Verabschiedung des Stabilitätsgesetzes – davon aus, dass das Ziel des stetigen und angemessenen Wirtschaftswachstums erreicht ist, wenn das reale Bruttonationaleinkommen (Bruttosozialprodukt) jährlich um 4 % wächst. Damit ist an eine (exponentielle) Wachstumsfunktion mit einer realen Wachstumsrate von 0,04 oder 4 % jährlich gedacht. Im Hinblick auf die Begrenztheit unserer Erde und ihrer Ressourcen ist es wichtig, sich vor Augen zu führen, dass dieses Wachstum in 100 Jahren zu einem real 50-fachen Inlandsprodukt führt, wie man der Abbildung 2.6 entnehmen kann.
2.4.2
Vollbeschäftigung
Die Vollbeschäftigung ist dasjenige der vier im Stabilitätsgesetz festgeschriebenen konjunkturpolitischen Ziele, das bei uns seit Jahrzehnten am deutlichsten verfehlt wird. Nach dem Jahreswirtschaftsbericht von 1968 galt das Ziel der Vollbeschäftigung als erreicht, wenn die jahresdurchschnittliche Arbeitslosenquote 0,8 % nicht übersteigt. Von 1994 bis 2007 lag die Arbeitslosenquote der abhängigen zivilen Beschäftigten in Deutschland jedoch im zweistelligen Prozentbereich mit einem Spitzenwert von 13,0 % im Jahre 2005. Danach ist die Arbeitslosenquote kontinuierlich auf 8,0 % im März 2012 gesunken. (Quelle: www.destatis.de/ DE/ZahlenFakten/Indikatoren/Konjunkturindikatoren/Arbeitsmarkt/arb210.html) Zur genaueren Analyse dieses Problems ist es erforderlich, den Begriff Arbeit zu präzisieren. Im umgangssprachlichen Sinne versteht man unter Arbeit „jede zielgerichtete Anstrengung, nicht nur entgeltlich verrichtete mit Ausnahme der Konsumvorgänge (Essen, Trinken, Fitnesstraining usw.)“ (Binswanger, H.C.; Frisch, H.; Nutzinger, H.G. u. a. 1983, S. 171). Im Zusammenhang mit dem Arbeitsmarkt ist mit Arbeit jedoch Erwerbstätigkeit gemeint. Dementsprechend spricht man von Erwerbstätigen und Erwerbslosen, beide Gruppen zusammen sind die Erwerbspersonen. Von der Arbeit im Erwerbssektor nimmt ein (sicherlich kleinerer) Teil freiwillig Abstand, weil er nicht bereit ist, zu den jeweils geltenden Bedingungen tätig zu werden, während der andere Teil unfreiwillig arbeitslos ist. Diese unfreiwillige Arbeitslosigkeit, die unser eigentliches Beschäftigungsproblem ist, beruht auf konjunkturellen oder strukturellen Gründen (wenn man die friktionelle Arbeitslosigkeit außer Acht lässt, die darauf zurückzuführen ist, dass das Zusammenführen von offenen Stellen und Stellensuchenden infolge von Koordinations- und Informationsproblemen Zeit in Anspruch nimmt, in der der Stellensuchende nicht beschäftigt ist).
22
2 Gesamtwirtschaft und Bauwirtschaft
Abb. 2.6: Wachstumsrate und Vervielfachungsdauer
Die konjunkturelle Arbeitslosigkeit stellt sich in der Rezessionsphase eines Konjunkturzyklus ein, wenn die Güternachfrage im Verhältnis zu den vorhandenen Produktionskapazitäten abnimmt und durch Entlassungen Arbeitslosigkeit entsteht bzw. zunimmt. Umgekehrt nimmt die konjunkturelle Arbeitslosigkeit in der Phase des Aufschwungs ab. Die konjunkturellen Ausschläge können durch eine antizyklische Konjunkturpolitik gedämpft werden, indem der Staat in der Rezessionsphase die gesamtwirtschaftliche Nachfrage durch Erhöhung der eigenen Nachfrage (Staatsausgaben), durch Erhöhung des verfügbaren Einkommens mittels Steuersenkung oder mit Hilfe einer Ausweitung der Geldmenge vergrößert. Die strukturelle Arbeitslosigkeit ist darauf zurückzuführen, dass die qualitativen Anforderungen des Arbeitsangebotes nicht mit denen der Arbeitsnachfrage übereinstimmen. Dies liegt an der Verschiebung der Arbeitskräftenachfrage zwischen den Wirtschaftssektoren und an den sich infolge des technologischen Wandels verändernden Qualifikationsanforderungen.
2.4 Wirtschaftspolitik und ihre Zielsetzung
23
Die strukturelle Arbeitslosigkeit kann nach Wagner direkt durch gezielte Arbeitsmarktpolitik (Fortbildung und Umschulung, Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen, Erhaltung von Arbeitsplätzen durch Kurzarbeitergeld u. a.) oder indirekt durch Wachstumspolitik bekämpft werden (Wagner, H. 2002, S.17). Umgekehrt kann ein Markteingriff wie das Festsetzen von Mindestlöhnen dazu führen, dass die Arbeitslosigkeit steigt, weil der Teil der Nachfrage ausfällt, der bei niedrigerem als dem Mindestlohn vorhanden wäre. Der allgemeine Produktivitätsfortschritt ist weitgehend gekennzeichnet durch eine Substitution des Produktionsfaktors Arbeit durch andere Produktionsfaktoren. Dieser Prozess bedarf angesichts der hohen Arbeitslosenzahlen dringend einer Umkehrung. Der Produktionsfaktor Arbeit muss im Vergleich zu den anderen Produktionsfaktoren relativ billiger und nicht teurer werden. Um der Verteuerung der Arbeitskraft u. a. durch Erhöhung der Sozialabgaben entgegenzuwirken, haben H. C. Binswanger, H. Frisch, H. G. Nutzinger u. a. 1983 eine Energieabgabe als Beitrag zur Rentenfinanzierung vorgeschlagen (a. a. O., S. 268 ff.). Diesen Vorschlag hat über 15 Jahre später die Bundesregierung Schröder/Fischer mit dem Gesetz zum Einstieg in die ökologische Steuerreform vom 3. März 1999 aufgegriffen. Dieses Gesetz sieht eine Erhöhung der Strom- und Mineralölsteuer vor. Mit den daraus resultierenden Steuermehreinnahmen sollen die Beiträge zur Rentenversicherung und damit die Lohnnebenkosten gesenkt werden. Im weiteren Sinne gehört auch diese Maßnahme ebenso wie eine teilweise Finanzierung der Krankenversicherung durch Steuern zur Arbeitsmarktpolitik. Zu den Maßnahmen der Wachstumspolitik, die auf eine Bekämpfung der Arbeitslosigkeit abzielen, gehören die Förderung von Zukunftsbranchen und neuen Technologien, die Schaffung von Anreizen für Investoren wie die Verbesserung der Standortbedingungen, insbesondere der Infrastruktur, sowie die Erhöhung des Bildungsniveaus (Wagner, H. 2002, S. 18).
2.4.3
Preisniveaustabilität und Inflation
Die Preisniveaustabilität ist eines der vier Ziele, die im Stabilitätsgesetz festgeschrieben sind. Die Europäische Zentralbank strebt eine Preisniveaustabilität an, bei der sich der Verbraucherpreisindex jährlich um nicht mehr als + 2 % verändert. (de.wikipedia.org/wiki/Europäische_Zentralbank) Unter Inflation versteht man dementsprechend einen Prozess ständiger Preissteigerungen. Es gibt sie in unterschiedlicher Intensität: von der schleichenden Inflation der Nachkriegszeit bis zur Hyperinflation zwischen den beiden Weltkriegen. Die schleichende Inflation in der zweiten Hälfte des letzten Jahrhunderts in der Bundesrepublik Deutschland resultierte im Wesentlichen aus dem Verteilungskampf um das Nationaleinkommen. Wenn eine gesellschaftliche Gruppe Preiserhöhungen für ihre Waren und (Arbeits-)Leistungen durchsetzt, um ihren Anteil am Nationaleinkommen zu erhöhen, so ist dies nur auf Kosten des relativen Anteils der anderen Gruppen möglich. Da die anderen Gruppen diese relative Verschlechterung nicht akzeptieren werden, versuchen sie nun ihrerseits Preiserhöhungen durchzusetzen. In der zweiten Hälfte des letzten Jahrhunderts hatte dieser Verteilungskampf in den alljährlichen Tarifverhandlungen mit Vereinbarungen über Lohnerhöhungen und kurzfristig folgenden Preiserhöhungen seinen Niederschlag gefunden (Lohn-Preis-Spirale).
24
2 Gesamtwirtschaft und Bauwirtschaft
Infolge der grundsätzlich möglichen Preiserhöhungen werden die Interessenkollisionen bei diesem Verteilungskampf gemildert. Daneben kommen als weitere Inflationsursachen infrage: Übernachfrage, Kostendruck und außenwirtschaftliche Einflüsse (importierte Inflation). Da es bei einer Inflation stets Gewinner und Verlierer gibt, ist sie mit einer – meistens sozial ungerechten – Umverteilung von Einkommen und Vermögen verbunden. Benachteiligt werden alle Bezieher von solchen Einkommen, die nicht kurzfristig an die inflatorische Entwicklung angepasst werden (z. B. Besitzer festverzinslicher Wertpapiere und – mit Einschränkung – Arbeitnehmer und Rentner).
Abb. 2.7:
Preisentwicklung verschiedener Güter 1991 – 2011 (einschl. Umsatzsteuer, 1992 = 100,0)
(www.sachverstaendigenrat-wirtschaft.de: Zeitreihen für Deutschland ZR084 und ZR085)
Inflationsgewinner sind vor allem Besitzer von Sachwerten und Schuldner. Auf die Tatsache, dass sich insbesondere Immobiliarkredite bei hoher Inflation leichter abzahlen lassen, ist schon im Abschnitt 2 hingewiesen worden. Zur Inflationsmessung bedient man sich der Preisindizes. In Abbildung 2.7 ist die Entwicklung verschiedener Preisindizes graphisch dargestellt. Im Übrigen wird hierauf im Abschnitt 8.3 Allgemeiner Preisanstieg und Baupreisindizes näher eingegangen.
2.5 Leitbild und Strategie der Nachhaltigkeit
2.5
25
Leitbild und Strategie der Nachhaltigkeit
Seit Jahrzehnten dienen das Wachstum des Bruttoinlandsproduktes, die Arbeitslosenquote und die Inflationsrate als zentrale Indikatoren der wirtschaftlichen Entwicklung. Als Maßstab für eine nachhaltig zukunftsverträgliche Entwicklung sind diese Indikatoren aber nur beschränkt geeignet. Hierfür bedarf es vielmehr einer umfassenderen Zielsetzung im Sinne des sustainable development, wie sie im Brundtland-Report Unsere gemeinsame Zukunft als eine dauerhafte Entwicklung definiert ist, die die Bedürfnisse der Gegenwart befriedigt, ohne zu riskieren, dass künftige Generationen ihre eigenen Bedürfnisse nicht befriedigen können. Auf der UN-Konferenz in Rio de Janeiro 1992 ist deutlich geworden, dass eine nachhaltige Entwicklung nur durch ein weltweit anerkanntes Aktionsprogramm erreicht werden kann. Als solches wurde auf dieser Konferenz für Umwelt und Entwicklung die Agenda 21 verabschiedet (Konferenz der Vereinten Nationen für Umwelt und Entwicklung: Agenda 21, Rio de Janeiro 1992). In der Präambel der Agenda 21 heißt es zu der globalen Zielsetzung: „Durch eine Vereinigung von Umwelt- und Entwicklungsinteressen und ihre stärkere Beachtung kann es […] gelingen, die Deckung der Grundbedürfnisse, die Verbesserung des Lebensstandards aller Menschen, einen größeren Schutz und eine bessere Bewirtschaftung der Ökosysteme und eine gesicherte, gedeihlichere Zukunft zu gewährleisten. Das vermag keine Nation allein zu erreichen, während es uns gemeinsam gelingen kann: in einer globalen Partnerschaft, die auf eine nachhaltige Entwicklung ausgerichtet ist.“ In diesem Sinne waren bzw. sind die einzelnen Unterzeichnerstaaten aufgefordert, eine nationale Strategie zu erarbeiten, „die eine wirtschaftlich leistungsfähige, sozial gerechte und ökologisch verträgliche Entwicklung zum Ziel hat“ (Die Bundesregierung 2002, S.1). So ist 1994 die Verantwortlichkeit für eine nachhaltige Entwicklung als Staatsziel in das deutsche Grundgesetz eingegangen. Im Artikel 20 a unseres Grundgesetzes heißt es: „Der Staat schützt auch in Verantwortung für die künftigen Generationen die natürlichen Lebensgrundlagen […] im Rahmen der verfassungsmäßigen Ordnung durch die Gesetzgebung und nach Maßgabe von Gesetz und Recht durch die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung.“ Zur Erarbeitung einer Nachhaltigkeitsstrategie hat der Deutsche Bundestag 1992 und 1995 zwei Enquete-Kommissionen Schutz der Menschen und der Umwelt eingesetzt. Die Bundesregierung hat aufbauend auf den Ergebnissen dieser Enquete-Kommissionen die nationale Nachhaltigkeitsstrategie unter dem Titel Perspektiven für Deutschland – Unsere Strategie für eine nachhaltige Entwicklung erarbeitet und im Jahre 2002 verabschiedet.
26
Abb. 2.8:
2 Gesamtwirtschaft und Bauwirtschaft
Vom Leitbild zur Strategie der Nachhaltigkeit (1)
(Bundesregierung und Enquete-Kommission „Schutz des Menschen und der Umwelt“ und Statistisches Bundesamt: Nachhaltige Entwicklung in Deutschland, Indikatorenbericht 2010 und Indikatoren zu Umwelt und Ökonomie 2011)
2.5 Leitbild und Strategie der Nachhaltigkeit
Abb. 2.9:
27
Vom Leitbild zur Strategie der Nachhaltigkeit (2)
(Bundesregierung und Enquete-Kommission „Schutz des Menschen und der Umwelt“ und Statistisches Bundesamt: Nachhaltige Entwicklung in Deutschland, Indikatorenbericht 2010 und Indikatoren zu Umwelt und Ökonomie 2011)
28
2 Gesamtwirtschaft und Bauwirtschaft
Die Entwicklung dieser Nachhaltigkeitsstrategie erfordert eine grundlegende Zielsetzung, die in Anbetracht der hohen Komplexität der Nachhaltigkeit nicht eindimensional sein kann, sondern aus einem vielfältigen Bündel von Zielen und Nachhaltigkeitsindikatoren bestehen muss. Die Bundesregierung hat im Rahmen der vier Ziel- und Indikatorenbereiche Generationengerechtigkeit Lebensqualität Soziale Zusammenarbeit Internationale Verantwortung zunächst 21 Schlüsselindikatoren mit den anvisierten Zielwerten zur Beurteilung der Zielerreichung festgelegt (siehe Abbildung 2.8 und 2.9). Einer dieser Indikatoren ist z. B. die Energieproduktivität (Bruttoinlandsprodukt je Einheit Primärenergieverbrauch), und als Ziel wird eine Verdoppelung dieses Indikators bis zum Jahre 2020 gegenüber 1990 angestrebt. Die Auswahl der Schlüsselindikatoren und deren Zielwerte sind nicht abschließend festgelegt, sondern können auf Grund neuer Entwicklungen und Erkenntnisse modifiziert werden. So ist zwischenzeitlich die Zahl der Nachhaltigkeitsindikatoren auf 38 erhöht worden (Stand 2012). Als ein neuer Indikator wurde z. B. der Primärenergieverbrauch eingeführt, der von 2008 bis 2020 um 20 % bzw. von 2008 bis 2050 um 50 % abgesenkt werden soll. Die Nachhaltigkeitsindikatoren, und ihre Zielwerte werden von der Bundesregierung festgelegt und dienen der Kontrolle der Zielerreichung. Diese wiederum wird vom Statistischen Bundesamt zweijährlich durchgeführt und in dem Indikatorenbericht – Nachhaltige Entwicklung in Deutschland veröffentlicht. Das Maß der Zielerreichung der einzelnen Nachhaltigkeitsindikatoren wird in dem Indikatorenbericht durch Wettersymbole von sonnig bis gewittrig dargestellt. Aus Platzgründen werden in der Abbildung 2.8a und b diese Symbole in abgeänderter Form mit folgender Bedeutung ++ Abweichung vom Zielwert (voraussichtlich) weniger als 5 % +
Abweichung vom Zielwert (voraussichtlich) zwischen 5 % und 20 %
-
Abweichung vom Zielwert (voraussichtlich) mehr als 20 %
--
Indikator entwickelt sich in die falsche Richtung
verwendet. Der Indikatorenbericht 2012 (Stichtag 31.10.2011) des Statistischen Bundesamtes konstatiert zum Teil Fortschritte, zum Teil aber auch Rückschritte. „Positive Entwicklungen gab es etwa im Klimaschutz, bei den erneuerbaren Energien, der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit, der Studienanfängerquote sowie bei der Erwerbstätigkeitsquote Älterer. In anderen Bereichen werden die gesteckten Ziele dagegen bisher nicht erreicht oder geht die Entwicklung sogar in die falsche Richtung. Dies gilt etwa für die Flächenneuinanspruchnahme, die Entwicklung der Gütertransportintensität oder den Verdienstabstand zwischen Frauen und Männern.“ (siehe Abbildungen 2.8 und 2.9; http://www.bundesregierung.de)
2.6 Bauwirtschaft
29
Die derzeit 38 Nachhaltigkeitsindikatoren stehen ohne eine Gewichtung entsprechend ihrer Bedeutung für eine zukunftsverträgliche Entwicklung nebeneinander. Eine Verfahrensvorschrift, wie die Bewertung der Einzelindikatoren zu einem Gesamturteil zusammenzufassen sind, enthält unsere nationale Nachhaltigkeitsstrategie nicht. Dies unterscheidet den Indikatorenbericht von den Bewertungsverfahren für Nachhaltiges Bauen, wie sie in Abschnitt 6.1.2. vorgestellt werden. Dabei handelt es sich um eine Vollaggregation, bei der alle Bewertungskriterien entsprechend individueller Berechnungsvorschriften bewertet und mittels Bedeutungsfaktoren und unterschiedlicher Gewichte zu einer Gesamtnote verrechnet werden. Anhand dieser Gesamtnote lassen sich die relativen Beiträge von verschiedenen Gebäuden zur nachhaltigen Entwicklung gut vergleichen. Selbiges kann und soll der Indikatorenbericht des Statistischen Bundesamtes nicht leisten. Er zeigt Fortschritte und Rückschritte bei den von der Bundesregierung gesetzten Nachhaltigkeitszielen auf. Eine Gewichtung dieser Ziele gibt es bisher nicht. Ein allgemein anerkanntes Gewichtungssystem würde die Entscheidungsfindung in umweltund entwicklungspolitischen Fragen sehr erleichtern. Jedoch sind die diesbezüglichen Meinungsverschiedenheiten in der Gesellschaft kaum zu überwinden – bestenfalls durch intensive Forschungsanstrengungen und Überzeugungsarbeit.
2.6
Bauwirtschaft
Unter Bauwirtschaft ist in Anlehnung an die von v. Stackelberg stammende Definition des Begriffes Wirtschaft „die Gesamtheit der Einrichtungen und Maßnahmen zur planvollen Deckung des menschlichen Bedarfs nach“ Bauleistungen bzw. Bauwerken zu verstehen. Danach umfasst die Bauwirtschaft im weitesten Sinne: „– die Bauproduktion, durchgeführt vom Bauhauptgewerbe Ausbau- und Bauhilfsgewerbe – die Baustoffproduktion, und zwar aus dem Industriebereich Steine und Erden der Stahlindustrie – der Holz- und holzverarbeitenden Industrie der Chemie- und Kunststoff-Industrie und dem Baustoffhandel – der Montagebau von Stahlbauten Fertigbauten – die Planungs- und Konstruktionsleistungen von Architekten Ingenieuren.“ (Mantscheff, J.; Helbig, W. 2004, Teil 2, S. 13) Im engeren Sinne wird der Begriff Bauwirtschaft entsprechend dem in der amtlichen Statistik verwendeten Begriff „Baugewerbe“ benutzt.
30
2 Gesamtwirtschaft und Bauwirtschaft
Dabei wird das Baugewerbe gemäß der Klassifikation der Wirtschaftszweige, Ausgabe 2003 folgendermaßen gegliedert: 45 Baugewerbe 45.1 Vorbereitende Baustellenarbeiten 45.11 Abbruch-, Spreng- und Enttrümmerungsgewerbe, Erdbewegungsarbeiten 45.12 Test- und Suchbohrung 45.2 Hoch- und Tiefbau 45.21 Hochbau-, Brücken- und Tunnelbau u. Ä. 45.22 Dachdeckerei, Bauspenglerei, Abdichtungen und Zimmerei 45.23 Bau von Straßen, Bahnverkehrsstrecken, Rollbahnen und Sportanlagen 45.24 Wasserbau 45.25 Sonstiger spezialisierter Hoch- und Tiefbau 45.3 Bauinstallation 45.31 Elektroinstallation 45.32 Dämmung gegen Kälte, Wärme, Schall und Erschütterung 45.33 Klempnerei, Gas-, Wasser-, Heizungs- und Lüftungsinstallation 45.34 Sonstige Bauinstallation 45.4 Sonstiges Ausbaugewerbe 45.41 Stuckateurgewerbe, Gipserei und Verputzerei 45.42 Bautischlerei und -schlosserei 45.43 Fußboden-, Fliesen- und Plattenlegerei, Raumausstattung 45.44 Maler- und Glasergewerbe 45.45 Baugewerbe, anderweitig nicht genannt 45.5 Vermietung von Baumaschinen und -geräten mit Bedienungspersonal (Statistisches Bundesamt 2003, Wirtschaftszweige 2003, S. 96 ff.) Die Bauwirtschaft im Sinne von Baugewerbe (gemäß amtlicher Statistik) gehört zu den wichtigen Wirtschaftsbereichen der Bundesrepublik Deutschland. Der Anteil des Baugewerbes an der gesamten Bruttowertschöpfung (zum Begriff Bruttowertschöpfung siehe Abb. 2.10) betrug 2011 100,90 Mrd. EUR oder 4,4 %. (Statistisches Bundesamt 2012, Tabelle 2.2.1) Addiert man zu dieser Bruttowertschöpfung des Baugewerbes im Wesentlichen die Vorleistungen (Baumaterialien und Fertigteile sowie Dienstleistungen) und die dazugehörigen Leistungen des verarbeitenden Gewerbes (industrielle Stahl- und Holzkonstruktionen, Fertighausbau) sowie die Architektenleistungen und amtliche Gebühren, so erhält man die „Summe aller Leistungen, die auf die Herstellung oder bauliche Erhaltung von Bauwerken gerichtet sind“. Diese Summe wird als Bauvolumen bezeichnet (siehe Abb. 2.10; Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung, 2011, S. 2).
2.6 Bauwirtschaft
31
Volkswirtschaftliche Gesamtrechnungen (Statistisches Bundesamt)
Bruttoinlandsprodukt 2374,5 Mrd. EUR 2009 2476,8 Mrd. EUR 2010 2570,8 Mrd. EUR 2011 Baureparaturen Vorleistungen
55,6
%
Bauproduktion
( in 2009)
Do-it-yourself-Aktivitäten =
=
Bruttowertschöpfung des Baugewerbes
Bauinvestitionen
94,8 Mrd. EUR 2009 96,3 Mrd. EUR 2010 100,9 Mrd. EUR 2011
227,1 Mrd. EUR 2009 235,0 Mrd. EUR 2010 255,5 Mrd. EUR 2011
Bauvolumen
278,4 Mrd. EUR 2009
Bauvolumensberechnungen (DIW - Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung)
290,0 Mrd. EUR 2010
1) 2)
Regionale Aufteilung
2010
Art der Bauleistungen %
Alte Bundesländer 233,9 Mrd. EUR
80,7%
Neue Bundesländer und Berlin 56,0 Mrd. EUR 19,3%
Neubauten Umbauten Erweiterungsbauten Reparaturen
Art der Bauten Wohnbauten 131,1 Mrd. EUR Wirtschaftsbauten 75,6 Mrd. EUR Öffentliche Bauten 38,1 Mrd. EUR
2010
45,2% 26,1% 13,1%
Art der Produzenten und deren Leistungen (Anteile am Bauvolumen 2010) Bauhauptgewerbe 1)
28,6 %
Abbrucharbeiten; Errichtung von Hochbauten im Rohbau; Tiefbauten; Straßenbauten.
Ausbaugewerbe 2)
41,6 %
Klempnerei; Gas- und Wasserinstallation; Heizungs-, Sanitär- und Elektroinstallation; Malergewerbe; Tischlerei; Fliesenlegerei; Dämmung gegen Wärme, Kälte, Schall und Erschütterung; Stukkateurgewerbe.
Sonstige Bereiche - Verarbeitendes Gewerbe (Aus- und Montagebau)
29,8 % Fertigteilbauten und Montagen; Stahl- und Leichtmetallbau; Bauschlosserei; elektrotechnische Einbauten (Aufzüge, Rolltreppen); Verkehrssignalanlagen.
- Architektenleistungen und Gebühren
Architekten- und Ingenieurleistungen, Gebühren für Makler, Notare, Grundbucheintragungen, Grunderwerbsteuer.
- Sonstige Bauleistungen
Außenanlagen, Eigenleistungen des Bauherrn.
Nach neuer Wirtschaftszweigsystematik (WZ 2003): 45.1 Vorbereitende Baustellenarbeiten, 45.2 Hoch- und Tiefbau Nach neuer Wirtschaftszweigsystematik (WZ 2003): 45.3 Bauinstallation, 45.4 sonstiges Baugewerbe
Abb. 2.10:
Bruttoinlandsprodukt und Bauvolumen im Jahr 2010
(Betriebswirtschaftliches Institut der Westdeutschen Bauindustrie 2004, S. 75; Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung 2011, S. 2; Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung, S.2; Statistisches Bundesamt 2012, Tabellen 2.1.15, 2.2.1, 2.3.9, 3.2.4 und 3.2.5)
32
2 Gesamtwirtschaft und Bauwirtschaft
Von diesem Bauvolumen, das in Deutschland im Jahre 2010 rund 290,0 Mrd. EUR betragen hat, entfielen nach Angabe des Bundesinstituts für Bau-, Stadt- und Raumforschung (2011): 28,6 % auf Hoch- und Tiefbau einschließlich vorbereitender Bauarbeiten 41,6 % auf Bauinstallation und sonstiges Baugewerbe 29,8 % auf sonstige Bereiche (Fertigteilbau und Montagen, Bauplanung, Eigenleistungen der Investoren) bzw.
45,2 % auf Wohnbauten 26,1 % auf Wirtschaftsbauten 13,1 % auf öffentliche und Verkehrsbauten.
In Folge der deutschen Wiedervereinigung kam es aufgrund des großen Nachholbedarfes in den neuen Bundesländern und Berlin zu einer starken Ausweitung des realen Bauvolumens. Dieser Nachholbedarf führte in Verbindung mit den für Investoren höchst interessanten Fördergebiets-Anreizen zu mehr als einer Verdoppelung des realen Bauvolumens in den neuen Bundesländern von 39,4 Mrd. € in 1991 auf 94,0 Mrd. € in 1995 (vgl. Abbildung 2.11). Mrd. EUR 400 350 300 250 200 150 100 50 0
1991 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010
Alte Bundesländer
Abb. 2.11:
Neue Bundesländer + Berlin
Entwicklung des Bauvolumens in Deutschland von 1991 bis 2010 (in Preisen von 2010)
(BMVBS (Hrsg.) 2011, Tabellen B1.2, B2.2 und B3.2, Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung 1995 und 1999)
Nach einer moderaten Schrumpfung des dortigen Bauvolumens in der zweiten Hälfte der 1990er Jahre kam es infolge des Auslaufens der Sonderabschreibungen und des zwischenzeitlichen Überangebotes von Wohn- und Gewerbebauten im Fördergebiet zu einem dramatischen Einbruch der Bautätigkeit in den ersten fünf Jahren des neuen Jahrtausends um ein Drittel, um dann wieder von 51,4 Mrd. € auf 55,5 Mrd. € zu steigen.
2.6 Bauwirtschaft
33
Im Gegensatz dazu stieg das reale Bauvolumen in den alten Bundesländern im Zeitraum von 1991 bis 1995 nur um knapp 10 %, um bis zum Jahre 2005 auf einen Tiefpunkt von 213,6 Mrd. EUR zu fallen und sich dann bis 2010 auf 234,4 zu erholen. Das gesamtdeutsche Bauvolumen betrug im Jahre 1991 289,1 Mrd. EUR, stieg auf 356,6 Mrd. EUR im Jahre 1994, fiel dann auf 265,4 Mrd. EUR in 2005, um dann im Jahre 2010 mit 289,9 Mrd. EUR ziemlich genau das reale Niveau von 1991 zu erreichen. Infolge dieser Stagnation des realen deutschen Bauvolumens – über 20 Jahre betrachtet – hat Frankreich Deutschland im Jahre 2010 vom europäischen Spitzenplatz verdrängt (siehe Abbildung 2.12: Bauinvestitionen in Ländern der Europäischen Union im Jahre 2010). Nach Berechnungen des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung stieg das reale Bauvolumen im Jahre 2011 um mehr als 5 %. Damit war dieses Jahr für die Bauwirtschaft eines der „wachstumsstärksten Jahre seit der Wiedervereinigung“ (Gornig, M. und Hagedorn, H. 2011, S. 1). Dagegen wird für das Jahr 2012 eine Stagnation des realen Bauproduktes erwartet. Dies „ist z. T. auf das Auslaufen der Konjunkturprogramme“ (a. a. O.) und auf die zu Beginn des Jahres 2012 bestehende Ungewissheit über die konkrete Ausgestaltung der weiter laufenden oder neu aufzulegenden Förderprogramme zurückzuführen.
Abb. 2.12:
Bauinvestitionen in den Ländern der Europäischen Union im Jahre 2010
(Eurostat, EU-Kommission in: Hauptverband der Deutschen Bauindustrie 2011)
34
2 Gesamtwirtschaft und Bauwirtschaft
Zieht man vom Bauvolumen im Wesentlichen die Leistungen für nicht werterhöhende Reparaturen ab, so erhält man den Betrag für die gesamten Bauinvestitionen, die sich 2011 auf 255,5 Mrd. EUR beliefen. Der Anteil der Bauinvestitionen am Bruttoinlandsprodukt (2.570,8 Mrd. EUR), die so genannte Bauinvestitionsquote, machte 2011 in Deutschland 9,9 % aus. Zwischen den Bauinvestitionen und dem Bruttoinlandsprodukt bestehen – wie Aule festgestellt hat (Aule, O. 1982, S. 49) – intensive gegenseitige Wechselbeziehungen, weswegen die Bauwirtschaft gern als Ansatzpunkt für konjunkturpolitische Maßnahmen gewählt wird. In Zeiten schwacher Konjunktur wird versucht, u. a. durch eine Erhöhung der staatlichen Ausgaben einen wirtschaftlichen Aufschwung herbeizuführen. Entscheidend für den Erfolg einer solchen Maßnahme ist, in welchem Umfang die Nachfrageerhöhung zusätzliche Nachfrage in der übrigen Wirtschaft induziert. Hierbei geht es zum einen darum, über die erforderlichen Vorleistungen (Zulieferbetriebe) einen möglichst großen Verbreitungseffekt über die gesamte Wirtschaft zu erzielen, und zum anderen darum, durch diese zusätzliche Nachfrage eine Ausweitung der Produktionsanlagen in dem einen oder anderen Betrieb zu bewirken. Die daraus resultierende Produktionszunahme ist höher als die zusätzliche staatliche Ausgabe. Der sich dabei ergebende Multiplikatoreffekt ist bei Bauinvestitionen besonders hoch. Janssen-Timmen u. a. haben 2001 festgestellt, dass eine „Erhöhung des Bauvolumens von 1 Mrd. DM im Ein- und Zweifamilienhausbau auf mittlere Frist zu einer Erhöhung der gesamtwirtschaftlichen Nachfrage um etwa 2,26 Mrd. DM“ führt (Janssen-Timmen, R. u. a. 2004, S. 9). Hier wirkt sich also ein Multiplikator in Höhe von 2,26 aus. Eine kurzfristig wirkende antizyklische Konjunktursteuerung durch Bauinvestitionen ist infolge der relativ langen Bauvorbereitungszeiten kaum möglich. Überhaupt erscheint es fragwürdig, kurzfristige Konjunkturpolitik mit so langfristigen Anlagegütern wie Bauwerken betreiben zu wollen. Dies kann man vielleicht in Zeiten großen Wirtschaftswachstums ungestraft tun, weil die Volkswirtschaft dann binnen Kurzem auch in ein Gebäudeüberangebot hineinwächst, aber in Zeiten der Sättigung und Stagnation wird ein Gebäudeüberangebot zu einer langfristigen Belastung der Gesellschaft, zumal Gebäude oft Folgekosten in mehrfacher Höhe der Baukosten nach sich ziehen. Nicht nur aus diesem Grunde wehrt sich die Bauindustrie gegen kurzfristige Stimulierungen der Baunachfrage und fordert vielmehr eine langfristige Verstetigung des Baugeschehens.
2.7
Wohnungswirtschaft
Unter Wohnungswirtschaft ist in Analogie zum Begriff der Bauwirtschaft die Gesamtheit der Einrichtungen und Maßnahmen zur planvollen Deckung des Wohnungsbedarfs zu verstehen. Dies bezieht sich einerseits auf die Errichtung und andererseits auf die Nutzung von Wohnraum. Dementsprechend untergliedert sich auch die Wohnungspolitik in Wohnungsbaupolitik und Wohnungsbestandspolitik.
2.7 Wohnungswirtschaft
35
Infolge intensiver Neubau- und Modernisierungstätigkeit auf dem Wohnungssektor in Ost und West hat sich die Lage auf dem deutschen Wohnungsmarkt deutlich entspannt. Allerdings gibt es neben Gebieten mit erheblichen Wohnungsleerständen auch solche, in denen Wohnungsfehlbestände zu beklagen sind. Z. B. mangelt es in verschiedenen Ballungsräumen insbesondere an Wohnungen für kinderreiche Familien zu sozialverträglichen Mieten. Insgesamt wird die Wohnungsnachfrage mittelfristig abnehmen. Das Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung geht in seiner Wohnungsmarktprognose bis 2020 von zunächst jährlich etwa 300.000 und ab 2010 von ca. 200.000 neuen Wohnungen aus. Dies ist vor allem auf die z. T. negative Bevölkerungsentwicklung in Deutschland zurückzuführen. Die Folgen für den Wohnungsmarkt werden allerdings durch den Trend zur Verringerung der durchschnittlichen Haushaltsgröße abgeschwächt, der die Zahl der Haushalte ansteigen lässt. Zusammen mit dem erhöhten Anspruch an Wohnfläche pro Einwohner wird sich daraus ein jährliches Wachstum der Flächennachfrage von 0,4 % bis 2020 ergeben. (Bundesamt für Bauwesen u. Raumforschung: Wohnungsmarktprognose, www.bbr.bund.de) In der Bundesrepublik Deutschland gibt es keinen staatlichen Wohnungsbau, sondern den frei finanzierten und den öffentlich geförderten privaten Wohnungsbau. Dabei wurde sowohl der Bau von Mietwohnungen als auch der Bau bzw. Erwerb von Eigenheimen und Eigentumswohnungen gefördert. Infolge des teilweisen Wohnungsleerstandes und der defizitären Situation der öffentlichen Haushalte wurde die öffentliche Wohnungsbauförderung sehr stark eingeschränkt. So wurden zum 1. Januar 2006 die Eigenheimzulage und die degressive Abschreibung von vermieteten Neubauwohnungen abgeschafft.
Abb. 2.13:
Entwicklung des Wohnungsbaus in der Bundesrepublik Deutschland (ab 1994 Gesamtdeutschland)
(DIW und Hauptverband der deutschen Bauindustrie)
36
2 Gesamtwirtschaft und Bauwirtschaft
Im öffentlich geförderten Wohnungsbau werden Wohneigentum und Mietwohnungen für spezielle Zielgruppen durch zinsverbilligte Darlehen gefördert (siehe Abschnitt 18.2.2). Beim selbst genutzten Wohneigentum kommen diejenigen Bauherren oder Erwerber in den Genuss dieser Darlehen, die die Förderbedingungen erfüllen, insbesondere die entsprechenden Einkommensgrenzen des II. Wohnungsbaugesetzes nicht überschreiten. Öffentlich geförderte Mietwohnungen sind preisgebunden (Bewilligungsmiete, Kostenmiete) und unterliegen der Belegungsbindung. Die nicht geförderten, sondern frei finanzierten Wohnungen unterliegen keiner Mietpreisund Belegungsbindung. Daher kann für frei finanzierte Wohnungen bei Erst- und Wiedervermietung die auf dem Markt durchsetzbare Miete vereinbart werden, soweit die Grenzen von § 5 Wirtschaftsstrafgesetz eingehalten werden. Bei bereits bewohnten frei finanzierten Wohnungen kann die Miete auf das übliche Entgelt vergleichbarer nicht preisgebundener Wohnungen angehoben werden, wenn der Mietzins in dem Zeitpunkt, zu dem die Erhöhung eintreten soll, seit 15 Monaten unverändert ist und sich damit nicht innerhalb eines Zeitraumes von drei Jahren um mehr als 20 % erhöht. Zunehmend größere Bedeutung erlangen die Bauleistungen im Bestand, insbesondere die Modernisierung und Instandsetzung von Altbauwohnungen. Seit dem Jahr 2000 ist das Bauvolumen der Bestandsmaßnahmen im Wohnungsbau größer als das der Neubaumaßnahmen (siehe Abbildung 2.13). Inzwischen wird allerdings auch der Rückbau von Mietwohnungen in Plattenbaugebieten und Innenstadtquartieren mit konzentriertem Wohnungsleerstand, soweit stadtentwicklungspolitisch und wohnungswirtschaftlich dringend erforderlich, gefördert (Bund-Länder-Programm Stadtumbau Ost).
3
Organisation des Planens und Bauens
Die Planung und Ausführung von Bauwerken ist in der Mehrzahl der Fälle durch einen hohen Grad an Arbeitsteilung und durch die Tatsache gekennzeichnet, dass sie nicht die hauptberufliche Betätigung des Bauherrn darstellt, also nicht zu seinem „Kerngeschäft“ gehört. Vielmehr schaltet er für die Erbringung der eigentlichen Planungs- und Ausführungsleistungen einen Architekten und Bauleiter, Bauunternehmer, Sonderfachleute u. a. ein. Die Planung beginnt nicht erst mit der objektbezogenen Entwurfsplanung, vielmehr ist sie in einem größeren Rahmen zu sehen. Wöhe versteht unter Planung „die gedankliche Vorwegnahme zukünftigen Handelns durch Abwägen verschiedener Handlungsalternativen und Entscheidung für den günstigsten Weg. Planung bedeutet also das Treffen von Entscheidungen, die in die Zukunft gerichtet sind und durch die der betriebliche Prozessablauf […] festgelegt wird.“ (Wöhe, G. 2000, S. 134) In diesem Sinne stellt auch Joedicke fest, „dass Planung als ein System beabsichtigter zukünftiger Handlungen verstanden wird. Während ein Entwurf objektorientiert ist, ist Planung prozessorientiert. Es geht in der Planung um die Typisierung von Prozessen. Der objektbezogene Entwurf ist der letzte Teil des Planungsprozesses, sofern das Problem durch die Erstellung von Gebäuden gelöst werden kann.“ (Joedicke, J. 1976, S. 10) Durch Planung wird also die Lösung eines Problems gesucht, die baulicher Art sein kann, aber nicht sein muss. So kann z. B. eine Produktionsausweitung in einem Betrieb mit einer baulichen Erweiterung verbunden sein, sie kann aber auch – ohne bauliche Maßnahmen – durch Erhöhung der Produktionsgeschwindigkeit oder durch Einführung von Schichtarbeit erreicht werden. Ist entschieden, dass das anstehende Problem durch eine bauliche Maßnahme gelöst werden soll, so muss der erste Schritt der Bauplanung darin bestehen, dass sich der Bauherr Gewissheit über seinen Bedarf verschafft. Dazu dient die Bedarfsplanung, die Aufgabe des Bauherrn und Voraussetzung für die anschließende Objektplanung nach §§ 33 und 38 HOAI ist (siehe Abschnitt 19.4). Ausgehend von der in der Bedarfsplanung erarbeiteten Aufgabenstellung für das Bauvorhaben ist dann im Rahmen der Objektplanung mit Hilfe der Methoden der wirtschaftlichen Planung eine möglichst optimale Lösung der Bauaufgabe zu suchen.
38
3 Organisation des Planens und Bauens
3.1
Optimale Faktorkombination
Jedes Bauvorhaben ist mit einem erheblichen Einsatz von materiellen und immateriellen Mitteln verbunden, so dass die Frage nach der Effizienz dieses Mitteleinsatzes nicht gleichgültig sein kann; vielmehr wird ein möglichst günstiges Ergebnis im Verhältnis zum Mittelaufwand angestrebt (Output-Input-Verhältnis). Die eingesetzten Mittel werden in der Volks- und Betriebswirtschaftslehre als Produktionsoder Einsatzfaktoren bezeichnet. Hierzu gehören die Betriebsmittel (Grundstücke, Gebäude, Anlagen und Geldmittel), Werkstoffe sowie dispositive Arbeit (Betriebsführung) und ausführende Arbeit. Durch Kombination der verschiedenen Einsatzfaktoren werden Produktionsprozesse und Dienstleistungen ermöglicht. Um ein bestimmtes Produkt zu erzeugen oder eine bestimmte Dienstleistung zu erbringen, müssen die Einsatzfaktoren in der erforderlichen Art, Menge und Qualität kombiniert werden. Im Sinne des Wirtschaftlichkeitsprinzips gilt es, die optimale Faktorkombination zu finden. Diese optimale Faktorkombination ist von verschiedenen Rahmenbedingungen abhängig: -
technologische Entwicklung der Gesellschaft
-
Verfügbarkeit der Einsatzfaktoren im Hinblick auf Menge, Qualität bzw. Ausbildungsstand
-
Preis bzw. Wert der Einsatzfaktoren u. a.
Ziel der Unternehmungen ist es, sich durch die Entwicklung noch besserer Faktorkombinationen Wettbewerbsvorteile zu verschaffen. Der dadurch initiierte technologische und wirtschaftliche Fortschritt ist geprägt von zunehmender Arbeitsteilung und Spezialisierung. Beispielhaft hierfür sind die Ausprägung der einzelnen Berufe mit zunehmender Differenzierung und – als Extremfall – die Fließbandarbeit, bei der die höchste Arbeitsproduktivität durch Spezialisierung auf wenige eingeübte Handgriffe erreicht werden soll. Mit der Spezialisierung und Arbeitsteilung sind für den einzelnen Betrieb ein größeres Risiko bei Veränderung der Rahmenbedingungen und eine Minderung des eigenen Wertschöpfungsanteils verbunden. Deswegen verfolgen viele Unternehmen eine Diversifikation, also eine Ausweitung des Leistungsprogramms, als Wachstumsstrategie und Risikoausgleich. Diese Entwicklung hat auch vor der Bauwirtschaft nicht Halt gemacht: Aus dem Baumeister sind der Architekt, der Bauingenieur und diverse Fachingenieure geworden. Als gegenläufige Tendenz hat sich der Generalplaner etabliert. Gab es früher nur ganz wenige Bauunternehmen unterschiedlicher Gewerke, so ist heute eine Vielzahl von Fachunternehmern an einem Bau beteiligt – eine Entwicklung, die auch in dem inzwischen auf über 60 Leistungsbereiche angewachsenen Teil C der Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen (VOB) ihren Niederschlag findet. Im Gegenzug haben sich Generalunternehmer und Totalunternehmer herausgebildet, die oft einen Großteil der Leistungsbereiche abdecken und die übrigen Leistungen durch Nachunternehmer erbringen lassen. Auch der Weg vom Entwurf bis zur Fertigstellung des Gebäudes ist durch einen hohen Grad an Arbeitsteilung gekennzeichnet. Bauherrenaufgaben, Planungsleistungen, Genehmigungen,
3.2 Grundsätzliches zur Organisation
39
Ausführungsleistungen und Lieferleistungen müssen in wohl aufeinander abgestimmter Weise erbracht werden. Dieses geordnete Zusammenspiel ergibt sich nicht von selbst, sondern ist immer nur das Ergebnis einer guten Organisation. Mangelhafte Organisation kann die Qualität eines Projektes, dessen Termineinhaltung und die Kostensituation beeinträchtigen, was in jedem Falle die Wirtschaftlichkeit des Bauvorhabens negativ beeinflusst. Daher muss der Bauherr auch über organisatorische Kenntnisse verfügen oder sich der fachkundigen Unterstützung z. B. eines entsprechend versierten Architekten oder Projektsteuerers bedienen. Aus diesem Grunde werden im Folgenden die wichtigsten Grundlagen der Projektorganisation dargestellt
3.2
Grundsätzliches zur Organisation
Die Bedeutung einer guten Projektorganisation hat in den letzten Jahrzehnten kontinuierlich zugenommen. Dies liegt daran, dass Bauprojekte zunehmend gekennzeichnet sind durch: -
vermehrte äußere Einflüsse aufgrund von Gesetzen und Bestimmungen
-
schneller wechselnde Nutzeranforderungen
-
kürzere Bauzeiten
-
hohen bzw. steigenden Fremdkapitalanteil und damit stärkerem Wettbewerbsdruck zwischen Bauinvestitionen und anderen Kapitalanlagemöglichkeiten
-
stärkere Arbeitsteilung bei zunehmender Spezialisierung der Projektbeteiligten
-
mehr Kontrolle, bedingt vor allem durch Interessen der Investoren (Kapitalanleger) und der Öffentlichkeit (Rechnungshöfe, Bürgerinitiativen)
-
hohe Investitionsbeträge (Großbauvorhaben, Infrastrukturmaßnahmen)
-
zunehmende Abstraktion der Informationen (EDV-Anwendung).
Das Erfordernis der Organisation steigt insbesondere mit der Größe eines Projektes, entsprechend steigt der Anteil formgebundener Abläufe und Ergebnisse. Der Einzelne kann dabei innerhalb des Projektes und für das Projekt nur dann wirklich Ordnung schaffen, wenn es sich um eine für alle erkennbare Ordnung handelt. Die damit verbundene Formalisierung, von Kritikern auch als Bürokratisierung bezeichnet, bedeutet nicht nur eine Arbeitserleichterung bei der Informationsbeschaffung, sondern gegebenenfalls auch einen Mehraufwand bei der Darstellung der Arbeitsergebnisse. Sie bedeutet im Hinblick auf die Arbeitsweise auch eine Einschränkung der Kreativität einzelner Beteiligter und im ungünstigen Fall die Verhinderung von Innovationen, die dem Projekt zugutekommen könnten. Dementsprechend darf auch durch die Vorgabe von Abläufen, Entscheidungen, Festlegungen usw. der Fortschritt des Projektes nicht erschwert werden. Es besteht gewissermaßen eine Kunst darin, das richtige Maß an Organisation zu finden, so dass Aufwand und Nutzen der Organisation dem Projekterfolg dienen.
40
3 Organisation des Planens und Bauens
Es stellt sich deshalb die Frage, wie bei der Planung und Ausführung von Bauvorhaben auf die auch aus diesen Gründen gestiegenen Anforderungen an die Projektorganisation reagiert werden kann. Die Grundlagen der Organisation werden im Rahmen der Wirtschaftswissenschaften behandelt. Inwieweit sind die dort gültigen Erkenntnisse auf Bauprojekte übertragbar?
3.2.1
Betriebswirtschaftliche Grundlagen
Die Organisationswissenschaften sind Teil der Betriebswirtschaftslehre. Dementsprechend sind auch dort die in Frage kommenden Definitionen zu finden. In den meisten Fällen wird die Unternehmung als Gegenstand der Organisation gesehen. „Das System der Unternehmung bedarf der integrativen, gefügehaften Strukturierung seiner Elemente und Beziehungen in einer dynamischen und variablen Umwelt. Diese formale Struktur der Unternehmung lässt sich als ein eigenes System, als Organisationssystem betrachten. Es betrachtet als Elemente Aufgaben, Personen und Sachmittel, die durch die Gestaltung besonderer organisatorischer Beziehungen miteinander verbunden werden. Diese lassen sich als Verteilungs- und Arbeitsbeziehungen kennzeichnen. Die einzelnen Organisationselemente werden durch sie formal, räumlich und zeitlich strukturiert.“ (Sellien, R. und Sellien, H. (Hrsg.) 1979, S. 581) Für die praktische Anwendung stellt sich die Frage, wie eine Organisation dargestellt und vermittelt werden kann. Hierzu gehört neben Beschreibungen vor allem die „ […] grafische Darstellung organisatorischer Tatbestände. Durch Visualisierung sollen Organisationsschaubilder meist sehr komplexe Zusammenhänge einsichtig machen.“ (a. a. O.) Für die mögliche Unterteilung in „1. Strukturschaubilder: typisch Organigramm als Abbild der Funktions- und Abteilungsgliederung, 2. Ablaufschaubilder (Flussdiagramme o. ä.) [...]“ (Sellien, R. u. Sellien, H. (Hrsg.) 1979, S. 593) sind in den Abbildungen 3.1 und 3.2 zwei Beispiele gezeigt. Für eine geordnete und überschaubare Projektarbeit ist die Verwendung von Organisationshilfsmitteln sehr förderlich. Dabei sollen diese so informativ und andererseits auch so einfach wie möglich sein. Dies bedeutet vor allem auch, dass ihre Anwendung von vielen Projektbearbeitern kurzfristig erlernt und rationell durchgeführt werden kann. Die Akzeptanz der Hilfsmittel ist durch ausreichende Erläuterungen, gegebenenfalls durch eine Schulung zu fördern. Der Einsatz und der Stellenwert jedes Hilfsmittels muss jeweils auf das Projektziel abgestimmt werden. Übliche Hilfsmittel in unterschiedlichster Form sind: -
Organigramme (Aufbau und Ablauf des Projektes, z. B. Abbildungen 3.1 und 3.2) Checklisten (z. B. Abbildung 3.3) Standardkataloge (z. B. zur Baubeschreibung) Formblätter (z. B. zum vereinfachten Schriftverkehr) Formatvorgaben (z. B. für Bauzeichnungen) Standardsoftware (z. B. für Kosten- und Terminplanung, CAD, Raumbuch u. v. m.).
3.2 Grundsätzliches zur Organisation
41 Gesamtleitung
Abteilung 1
Stelle 1.1 Abb. 3.1:
Stelle 1.2
Stelle 1.3
Stabsstelle
Abteilung 2
Stelle 1.4
Stelle 2.1
Stelle 2.2
Stelle 2.3
Stelle 2.4
Aufbauorganisation (Stablinienorganisation)
Vor ihrer Anwendung ist zu prüfen, ob die von Anfang an dabei zu verarbeitenden Informationen auch für die späteren Projektphasen ausreichen und vollständig sind. Ferner ist zu vermeiden, dass Informationen mehrfach bzw. zu oft erfasst oder verarbeitet werden. Zweckmäßig ist die Zusammenstellung der Organisationsunterlagen in Form eines Projekthandbuches. Die Beachtung der Organisationsvorgaben ist durch vertragliche Vereinbarungen sicherzustellen, d. h. das Projekthandbuch wird für alle Projektbeteiligten Bestandteil der Planungs- bzw. Bauverträge. Bauherr (BH)
Architekt (AR)
Ausführende Firma (AF)
rechtsgeschäftliche Abnahme der Leistung stellt SR auf und sendet diese an den BH gibt die SR an AR zur Prüfung prüft SR auf Grundlage von Bauvertrag und Abnahme BH zahlt SR an AF Abb. 3.2:
Bearbeitung einer Schlussrechnung (SR) als Ablauforganigramm
42
3 Organisation des Planens und Bauens
3.2.2
Praktische Hinweise zur Projektorganisation
Grundlegender und selbstverständlicher Bestandteil jeder Projektorganisation sollten die geltenden Gesetze, Verordnungen und Normen sein. Sie bieten Regeln und Orientierung für den Umgang der Projektbeteiligten miteinander und entlasten den Organisator von einem Teil der notwendigen Vorüberlegungen. Im Bauwesen gehören auf jeden Fall hierzu das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB), die Honorarordnung für Architekten und Ingenieure (HOAI), die jeweilige Landesbauordnung (LBO), die Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen (VOB) sowie die DIN-Normen, um nur die Wichtigsten zu nennen. Checkliste: Ausstattung von Bauten für den ruhenden Verkehr für die Überprüfung der Objektplanung einschließlich der Kostenermittlung -
Abfallbehälter (Wertstofftrennung) Anzeigetafeln Aschenbecher Automaten Beleuchtung (Allgemeine Beleuchtung, Notbeleuchtung) Beschriftungen Fluchtwegweiser Handfeuerlöscher Hinweisschilder Lichtsignalanlagen Notrufsäulen Parkwärterhaus (evtl. ersetzt durch Parkleitsystem) Rammschutz Raum für Reinigungsgeräte (evtl. Schrank) Schließfächer Schrankenanlagen Sichtblenden Stellplatzbeschilderung Beschilderung nach Straßenverkehrsordnung (StVO) Telefonboxen Uhren WC-Einrichtungen Werbeelemente / Werbeflächen für Dritte
Abb. 3.3:
Checkliste Parkhaus
Es muss allerdings festgestellt werden, dass in der Praxis gerade in dieser Beziehung und zu Beginn von Projekten die entscheidenden Fehler gemacht werden. Diese bestehen z. B. darin, dass eine nicht ausreichende Kenntnis der oben genannten Werke gegeben ist, diese falsch ausgelegt werden oder auf vertragliche Regelungen verzichtet wird.
3.2 Grundsätzliches zur Organisation
43
Bauherren verfolgen mit der Ausführung von Bauprojekten bestimmte Ziele, z. B. Bedarfsdeckung, Kapitalanlage, Betriebsoptimierung, um nur einige zu nennen. Entsprechend muss die Zielsetzung zunächst herausgearbeitet und gegenüber allen Projektbeteiligten deutlich dargestellt werden. Weiterhin muss sichergestellt werden, dass die von den einzelnen Beteiligten wie Planern, Fachunternehmen usw. verfolgten Teilziele mit dem Gesamtziel des Projektes harmonieren und diesem nicht entgegenstehen. Hilfreich für die Projektgliederung ist die Beschreibung von Leistungen anhand von Leistungsbildern in Leistungsphasen z. B. nach HOAI §§ 33 und 38 Objektplanung für Gebäude, Freianlagen und raumbildende Ausbauten. So ist vor allem zu entscheiden, wer mit welchen Leistungen beauftragt werden soll. Hierzu gehören unter anderem folgende Fragen: -
Soll ein Projektsteuerer eingeschaltet werden?
-
Sollen zunächst nur einzelne Leistungsphasen, z. B. bis einschließlich Leistungsphase 3. Entwurfsplanung, beauftragt werden?
-
Soll eine Trennung der Beauftragung von Leistungen in der Planungsphase und der Ausführungsphase erfolgen? Häufig sind Architektur- oder Ingenieurbüros auf bestimmte Leistungsphasen spezialisiert.
-
Sollen neben den (Grund-)Leistungen auch Besondere Leistungen beauftragt werden? Anzusprechen sind hier Fachgebiete wie Bauphysik, Fassadenkonstruktion, Betriebsplanung, Vertragswesen, Kostenplanung, Terminplanung u. v. m.
-
Wie können die Interessen der zukünftigen Nutzer in den Planungsprozess einfließen?
Mit der Zuordnung von Leistungen zu den verschiedenen Auftragnehmern – Architekturbüros, Ingenieurbüros, Berater usw. – stellt sich insbesondere bei großen Bauvorhaben auch die Frage, welche Aufgaben zentral und welche dezentral bearbeitet werden können und sollen. Beim Zentralisieren, also beim Zusammenziehen und Vereinheitlichen von Aufgaben, ist zunächst zu prüfen, welche Leistungen für eine derartige Bearbeitung geeignet sind (siehe auch Abschnitt 3.4). Grundsätzlich können hierzu gezählt werden: -
Entwicklung, Vermittlung und Durchsetzung von Gestaltungsrichtlinien, diese können ähnlich wie in der Bebauungsplanung vorgeben werden, jedoch auch bis in gebäudeübergreifende formale Aspekte und Ausführungsdetails reichen
-
Planung und Ausschreibung von gebäudeübergreifenden Systemen, hierzu gehören z. B. Brandmeldeanlagen, Telekommunikationseinrichtungen, Schließanlagen und andere Sicherheitssysteme, Mess-, Steuer- und Regelungstechnik/Zentrale Leittechnik u. v. m.
-
übergeordnete Einrichtungen der Baustelle wie z. B. Baustraßen, Bauzäune und Sicherungseinrichtungen (Tore, Schranken, Baustellenausweise), Büros und Unterkünfte für Bauleitungen und Arbeiter, Kantinen und Sanitäreinrichtungen sowie Fahrzeugwaschanlagen bis hin zu
-
Termin- und Kostenkontrolle durch ein auf diese Leistungen spezialisiertes Büro.
Dabei sind die Vor- und Nachteile von Fall zu Fall sorgfältig abzuwägen.
44
3 Organisation des Planens und Bauens
Für eine Zentralisation spricht im Allgemeinen, dass die jeweiligen Aufgaben von Spezialisten wahrgenommen werden können, dass innerhalb des Fachgebietes eine Einheitlichkeit und damit eine höhere Gewährleistung für die Funktionsfähigkeit erreicht werden kann und dass bei Ausführung größerer Einheiten geringere Kosten zu erwarten sind. Die Abhängigkeit der anderen Projektbeteiligten von einer zentral zuständigen Stelle und der damit erforderliche Abstimmungsaufwand können sich allerdings auch hemmend auf die Gesamtentwicklung auswirken. Kritisch ist ferner die mit der Zusammenfassung von Leistungen verbundene Delegation von Verantwortung für Teilaufgaben und -ziele an einzelne Stellen (Bauherrenvertreter, Fachplanungsbüros) zu sehen. Mit der Differenzierung von Aufgaben und der damit verbundenen Spezialisierung ergibt sich das Problem der Schnittstellen zwischen den einzelnen Aufgaben bzw. den Bearbeitern. Das frühzeitige Erkennen der damit verbundenen Probleme erfordert eine umfassende Erfahrung und ein hohes Einfühlungsvermögen in Verhaltensweisen der beteiligten Personen. Notwendig zur Vermeidung von Störungen bei der späteren Zusammenarbeit ist die klare und eindeutige Verteilung und Abgrenzung der Teilaufgaben. Bewährte Hilfsmittel hierfür sind neben den einzelnen Verträgen, in denen die einzelnen Kompetenzen und Pflichten geregelt werden müssen, Organisationsstrukturen. Diese sind, bevor sie als verbindlich erklärt werden, zwischen den Projektbeteiligten auf Akzeptanz zu prüfen und abzustimmen. Da die Kommunikation während der gesamten Zusammenarbeit nicht nur in Form von Gesprächen, sondern vor allem durch Austausch von Zeichnungen und Berechnungen erfolgt, die mittels EDV verarbeitet werden, gewinnt der Austausch von digitalen Daten an Bedeutung und damit die Vereinbarung von Datenformaten, die einen verlustfreien Datenaustausch sicherstellen. Für die Information über den Projektfortschritt sind Form und Periodizität von Niederschriften, Berichten und Entscheidungsunterlagen verbindlich vorzugeben. Entsprechendes gilt für die Planungsinhalte bezüglich der Vorgabe von Standards wie Gestaltungsrichtlinien oder spezifischen Betriebsnormen sowie den Einsatz bestimmter Systeme wie z. B. Telekommunikation, Mess-, Steuer- und Regelungstechnik/Zentrale Leittechnik, Brandmeldeanlagen, Sicherheitstechnik u. v. m. Es ist ferner im Vorfeld abzustimmen, wie Planungs- und Ausführungsänderungen zu behandeln sind. Als wesentlich ist dabei die vollständige Prüfung aller Auswirkungen von Einzeloder Bereichsänderungen anzusehen, angefangen von Termin- und Kostenkonsequenzen bis hin zur formalen Behandlung von z. B. Nachtragsangeboten seitens der beteiligten Planer und ausführenden Firmen. Grundsätzliche Überlegungen zur Ausschreibung, Vergabe und Abrechnung sind bereits in den frühen Planungsphasen anzustellen, so die Frage, ob eine Vergabe nach Fachlosen oder als Generalunternehmerauftrag erfolgen soll. Gerade die zuletzt genannte Möglichkeit hat entscheidenden Einfluss auf die Dauer und den Umfang der Architektenplanung, da z. B. bereits auf der Grundlage einer Vorplanung eine Beauftragung an einen Generalunternehmer möglich ist.
3.3 An Planung und Bau Beteiligte
45
Aus der Sicht der Nutzung sind Termine und Ablauf der Inbetriebnahme vorab zu klären, zweckmäßig kann die Beauftragung eines Inbetriebnahme-Fachmannes sein, der bereits ab dem Beginn der Ausführung eine Terminabstimmung aus der Sicht der Inbetriebnahme vornimmt. Hierzu gehören auch die Fragen der Teilinbetriebnahme einzelner Bereiche, des Probebetriebes, der öffentlich-rechtlichen Abnahmen, der Verfügbarkeit von Energien oder Medien sowie des Umzuges oder Einzuges der Nutzer. Das in der HOAI als Leistungsphase 9. Objektbetreuung und Dokumentation vorgegebene Leistungsbild wird nicht immer vom Bauherrn beauftragt, sei es, um Honorarkosten zu sparen, sei es, weil die Bedeutung der Leistungen nicht voll erkannt wird oder weil der Bauherr die Leistungen selbst erbringen will. Dies ist kritisch zu sehen, weil für die wirtschaftliche Gebäudenutzung ausreichende Projektunterlagen zweifelsohne erforderlich sind. Da die Leistungsphase 9 keine nachfolgende, sondern eine begleitende Aufgabe ist, muss konsequenterweise die Frage der Objektdokumentation so früh wie möglich geklärt werden. Dies trifft vor allem dann zu, wenn an die Objektdokumentation besondere Anforderungen wie z. B. die EDV-gestützte Darstellung von Plänen (CAD), Betriebsanleitungen oder technische Beschreibungen gestellt werden.
3.3
An Planung und Bau Beteiligte
Zu den an Planung und Bau Beteiligten gehören regelmäßig bzw. fallweise: (1)
Bauherr(enschaft)
(2)
Projektsteuerer
(3)
Nutzer
(4)
Architekt bzw. Entwurfsverfasser
(5)
Bauleiter
(6)
Sicherheits- und Gesundheits-Koordinator
(7)
Fachingenieure bzw. Sonderfachleute
(8)
Unternehmer
(9)
Bauaufsichtsbehörden
(10) Kreditinstitute (11) Öffentlichkeit (12) sonstige Beteiligte. Für eine erfolgreiche Gestaltung der Zusammenarbeit an einem Bauvorhaben ist es wichtig, die unterschiedlichen Zielsetzungen der einzelnen Beteiligten zu kennen. Sicherlich strebt jeder Beteiligte ein wirtschaftliches Ergebnis an, doch dieses kann – je nach Standpunkt des Betrachters – ganz unterschiedlich aussehen.
46
3 Organisation des Planens und Bauens
Was für den Bauunternehmer wirtschaftlich, weil besonders kostengünstig ist, kann für den Bauherrn gerade unwirtschaftlich sein, wenn es z. B. zu erhöhten Folgekosten führt. Die Berücksichtigung der unterschiedlichen Interessenlagen der Beteiligten begünstigt daher eine reibungslose Durchführung des Vorhabens. In der Musterbauordnung (MBO 2002, zul. geänd. 2008), die als Vorbild mit dem Ziel der Vereinheitlichung des Bauordnungsrechtes in den Ländern dient, ist im § 53 die Verantwortung des Bauherrn und im Rahmen ihres Wirkungskreises der anderen am Bau Beteiligten dafür grundsätzlich festgelegt, dass die öffentlich-rechtlichen Vorschriften eingehalten werden.
3.3.1
Bauherr(enschaft)
Es gibt unterschiedliche Definitionen des Bauherrenbegriffs. Am umfassendsten dürfte die von Pfarr verwendete sein: „Bauherr ist derjenige, der selbst oder durch dritte ein Bauvorhaben im eigenen Namen und auf eigene Verantwortung für eigene oder fremde Rechnung erstellen lässt, meist – aber nicht immer – Eigentümer des Grundstücks ist.“ (Pfarr, K. 1976, S. 74). Die Bauherrenschaft besteht in den meisten Fällen aus einer oder mehreren natürlichen Personen, dem privaten Haushaltsvorstand mit oder ohne Ehepartner oder der Bauherrengemeinschaft. Nicht selten handelt es sich aber um juristische Personen des privaten Rechts (AG, GmbH, u. a.) oder des öffentlichen Rechts (Gebietskörperschaften, öffentliche Sparkassen, u. a.). Der Architekt kann es daher in seiner Zusammenarbeit mit dem Bauherrn mit einer Einzelperson zu tun haben, die alle Rechte und Pflichten wahrnimmt und die volle Verantwortung trägt, oder mit mehreren gleichberechtigten Bauherren, die nicht selten unterschiedliche Interessen verfolgen, aber trotzdem auf einen gemeinsamen Konsens angewiesen sind, oder mit einem bzw. mehreren weitgehend entscheidungsbefugten Vertretern des Bauherrn, die sich aber für Grundsatzentscheidungen die Zustimmung der übergeordneten Instanz einholen müssen. Sind es mehrere Bauherrenvertreter, haben diese in der Regel unterschiedliche Aufgaben und vertreten damit unterschiedliche Interessenschwerpunkte. Ein typisches Beispiel sind Bauvorhaben der Bundesländer, bei denen das jeweils zuständige Fachministerium (z. B. Sozialministerium) die Nutzungsanforderungen aufstellt und das Finanzministerium für die Mittelbereitstellung zuständig ist. In solchen und ähnlichen Konstellationen vertreten die einzelnen Bauherrenvertreter gelegentlich unterschiedliche Auffassungen, was in Einzelfällen auch zu einer Wiederholung von Leistungen führen kann. Nach der Musterbauordnung hat der Bauherr zur Vorbereitung, Überwachung und Ausführung eines nicht verfahrensfreien Bauvorhabens einen geeigneten Entwurfsverfasser, geeignete Unternehmer und einen geeigneten Bauleiter zu bestellen. Dem Bauherrn obliegen die nach den öffentlich-rechtlichen Vorschriften erforderlichen Anzeigen und Nachweise an die Bauaufsichtsbehörde (MBO § 53). Mit seiner Baustelle eröffnet der Bauherr eine Gefahrenquelle, und damit obliegt ihm – unbeschadet der Verantwortlichkeit des Bauleiters und der Unternehmer – eine Verkehrssicherungspflicht.
3.3 An Planung und Bau Beteiligte
Kreditinstitute
Kreditverträge
Berater-
Mietverträge
Bauherr
verträge
Planungsverträge
Objektplaner
Abb. 3.4:
Nutzer
Bauverträge
Fachlich Beteiligte
Ausführende Firmen
Träger Öffentlicher Belange
Sonderfachleute
47
Bauherr und die weiteren am Projekt Beteiligten
Zu den Aufgaben des Bauherrn in seiner Funktion als Auftraggeber von Planungs- und Bauleistungen gehören insbesondere: -
Festlegen der Projektziele, z. B. Qualitätsvorstellungen
-
Aufstellen eines Organisations- und Terminplanes für die Bauaufgabe
-
Abschluss von Verträgen zur Verwirklichung der Projektziele
-
Koordination und Steuerung der Projektbeteiligten mit mehreren Fachbereichen
-
Prüfen der Planungsergebnisse auf Einhaltung der Planungsvorgaben
-
Untersuchung von Zielkonflikten und Entscheidung zur Fortschreibung der Projektziele
-
Ermittlung der vollständigen Kosten bzw. ihre Ergänzung im Hinblick auf die Finanzierung.
Der Bauherr muss – soweit er sich nicht persönlich die Projektleitung vorbehält – einen Projektleiter einsetzen. Zu den Aufgaben der Projektleitung gehören vor allem die Herbeiführung der erforderlichen Entscheidungen und Genehmigungen, Vertragsverhandlungen, Durchsetzung erforderlicher Maßnahmen, Konfliktmanagement zur Einhaltung der Projektziele und Leitung der zentralen Projektbesprechungen. (Volkmann, W. 1996, S. 1875)
3.3.2
Projektsteuerer
Auch wenn der Bauherr einen Architekten mit dem vollständigen Leistungsbild der Objektplanung nach HOAI (vgl. Kapitel 19) beauftragt hat, verbleiben ihm, wie im vorigen Abschnitt ausgeführt, eine Fülle von Bauherrenaufgaben, für die er vielfach – insbesondere bei größeren Projekten – das erforderliche Fachwissen nicht hat. Dann ist es zweckmäßig, dass er einen geeigneten Fachmann mit der Projektsteuerung beauftragt (vgl. Abbildung 3.5).
48
3 Organisation des Planens und Bauens
Die Projektleitung und die Projektsteuerung sind Gegenstand der Bauherrenaufgaben. In Einzelfällen wird auf der Bauherrenseite auch ein Projektcontrolling eingerichtet. In diesem Zusammenhang stellt sich grundsätzlich die Frage, welche Aufgaben der Bauherr selbst wahrnehmen muss, diese werden der Projektleitung zugerechnet, und welche an externe Fachleute im Rahmen eines Projektcontrolling oder an eine Projektsteuerung delegiert werden können. Der Projektleiter hat die direkte Verantwortung für die Erreichung der Projektziele. In diesem Sinne hat er das Projekt zu organisieren, Aufgaben zu verteilen und die Vielzahl der Projekt- und Planungsbeteiligten zu koordinieren. Der Projektleiter übt innerhalb der Bauherrenorganisation eine durchaus schwierige Funktion aus.
Kreditinstitute
Beraterverträge
Mietverträge
Nutzer
Bauherr im Projekt nach außen vertreten durch
Projektleitung
Stabs-
Projektsteuerung
funktion
Planungsverträge
Objektplaner
Abb. 3.5:
Fachlich Beteiligte
Bauverträge
Träger Öffentlicher Belange
Sonderfachleute
Kreditverträge
Ausführende Firmen
Projektleitung und Projektsteuerung innerhalb der Projektorganisation
Indem er einerseits zahlreichen und oft widersprüchlichen Anforderungen durch die Bauherren- und Nutzerseite ausgesetzt ist, hat er andererseits gegenüber den Planern und ausführenden Firmen die Rolle des Bauherrn verantwortlich wahrzunehmen. Um dies zu ermöglichen, sind ihm notwendige Kompetenzen und Vollmachten zu erteilen. Ferner benötigt er die notwendige Unterstützung nicht nur auf der Bauherrenseite, sondern im Bedarfsfall zusätzlich durch externe Fachleute, z. B. einen Projektsteuerer oder ein entsprechendes Team. Die Leistungen, welche ein Projektsteuerer im Auftrag eines Bauherrn und damit zu dessen zeitlicher und fachlicher Entlastung übernehmen kann, richten sich nach den Managementkompetenzen des Auftraggebers.
3.3 An Planung und Bau Beteiligte
49
Verbindliche oder für unterschiedliche Projekte in gleicher Weise geeignete Leistungsbilder für das Projektmanagement gibt es nicht. Die Form des Vertrages, Grundlage und Höhe der Vergütung sind von Fall zu Fall zwischen den Parteien zu vereinbaren. Leistungen des Projektmanagements unterliegen sowohl einem Leistungswettbewerb als auch einem Preiswettbewerb, da Leistungsbild und Leistungsumfang individuell geregelt werden können und keine verbindliche Honorarordnung als Preisverordnung besteht. Im Unterschied dazu bestehen ein Leistungswettbewerb für Architekten- und Ingenieurleistungen bei Beachtung der Honorarordnung sowie ein Preiswettbewerb für Bauleistungen auf der Grundlage einer erschöpfenden Leistungsbeschreibung. Mit der Verbreitung der Projektsteuerung als Wahrnehmung delegierbarer Bauherrenaufgaben wurden in den etwa letzten dreißig Jahren geeignete Leistungsbilder sowie Methoden speziell auch für das Bauwesen entwickelt und einem größeren Kreis von Interessierten zugänglich gemacht. Daneben verfügen öffentliche Bauherren schon länger über vergleichbare Regeln, z. B. Handbücher und Verwaltungsvorschriften für die Durchführung von Investitionen im Bauwesen. Als Handlungsbereiche des Projektmanagements (Projektleitung und Projektsteuerung) werden unterschieden: A – Organisation, Information, Koordination und Dokumentation B – Qualitäten und Quantitäten C – Kosten und Finanzierung D – Termine, Kapazitäten und Logistik E – Verträge und Versicherungen Die genannten Handlungsbereiche sind Gegenstand der „Untersuchungen zum Leistungsbild, zur Honorierung und zur Beauftragung von Projektmanagementleistungen in der Bau- und Immobilienwirtschaft, erarbeitet von der AHO-Fachkommission „Projektsteuerung/ Projektmanagement“, Heft Nr. 9, Stand März 2009. Siehe dazu auch ausführlich: Kalusche, W.: Projektmanagement für Bauherren und Planer, 3. Auflage 2012“. Aufgrund seiner vielseitigen Ausbildung ist ein in der Planung, Vergabe und Objektüberwachung erfahrener Architekt durchaus für die Projektsteuerung prädestiniert, jedoch sollte er nicht zugleich (Grund-)Leistungen der Objektplanung übernehmen, weil dann Loyalitätskonflikte unausweichlich sind.
3.3.3
Nutzer
Von einem Gebäude sind im Regelfall am meisten diejenigen Personen betroffen, die in dem Gebäude wohnen, arbeiten, lernen oder anderen Tätigkeiten nachgehen, die also das Gebäude nutzen. Dieser Personenkreis wird kurzgefasst als Nutzer bezeichnet. Häufig ist der Bauherr selbst auch Nutzer des Gebäudes, aber nur selten der alleinige Nutzer. Beim Eigenheimbau treten zum Bauherrn noch die übrigen Familienangehörigen bzw. Hausbewohner als Nutzer hinzu, beim Bau von Betriebsgebäuden die Belegschaft. Vielfach gehört aber der Bauherr bzw. die ihn bei der Planung vertretende(n) Person(en) nicht zu den Nutzern. Zwei typische Beispiele dafür sind der Krankenhausbau und der Mietwohnungsbau.
50
3 Organisation des Planens und Bauens
Der Architekt ist aus seiner sozialen Verantwortung heraus verpflichtet, die Nutzerbedürfnisse bei der Planung zu berücksichtigen. Dies ist am ehesten möglich, wenn die Nutzer – im Sinne der partizipatorischen Planung – eingeschaltet werden. Dieses ist weitgehend gewährleistet beim Bauherrn eines selbst genutzten Eigenheimes. Bei einem Betriebsgebäude hängt die Akzeptanz des Neubaus in hohem Maße von der Einbeziehung der Belegschaft bzw. der Personalvertretung in die Planung ab. Dies gilt auch für Krankenhäuser, wobei es sich immer wieder als besonders schwierig herausstellt, unter weitgehend autarken Klinikchefs, dem Verwaltungsleiter, der Personalvertretung u. a. einen Nutzerkonsens über Planungsfragen herbeizuführen. Und der Nutzer „Patient“ bleibt in der Regel ungehört. Ähnlich ist es im Mietwohnungsbau, wo meistens für den anonymen Bewohner geplant wird. Allerdings gibt es auch Ansätze, die zukünftigen Erst-Mieter oder Erst-Bewohner beim Geschosswohnungsbau an der Planung partizipieren zu lassen.
3.3.4
Architekt bzw. Entwurfsverfasser
Bei den Planungsbeteiligten ist u. a. zwischen dem Architekten und dem Entwurfsverfasser zu unterscheiden. Entwurfsverfasser ist derjenige, den der Bauherr mit der Planung einer baulichen Anlage beauftragt hat. Dies kann, muss aber nicht in jedem Fall ein Architekt sein. Die Berufsbezeichnung „Architekt“ ist durch die Architektengesetze der einzelnen Bundesländer geschützt. Den folgenden Ausführungen liegt als Beispiel das Sächsische Architektengesetz zugrunde. Zum Führen der Berufsbezeichnung „Architekt“ ist nur berechtigt, wer unter dieser Bezeichnung in die von der Architektenkammer eines Landes geführte Architektenliste eingetragen ist (SächsArchG § 2) oder wer als Auswärtiger diese oder eine vergleichbare Berufsbezeichnung nach dem Recht seines Herkunftsstaates führen darf oder wer die Eintragungsvoraussetzungen erfüllt, sein Herkunftsstaat eine vergleichbare gesetzliche Regelung aber nicht kennt (SächsArchG § 8). In die Architektenliste „ist auf Antrag einzutragen, wer (1) seinen Hauptwohnsitz oder seine Hauptniederlassung im Freistaat Sachsen hat, (2) als Architekt […] einen erfolgreichen Abschluss eines mindestens acht Semester Regelstudienzeit umfassenden Studiums an einer deutschen Universität, Hochschule, Fachhochschule oder gleichrangigen deutschen Lehranstalt nachweist, das […] ein technisches Grundstudium einschließen muss, (3) nach Abschluss seiner Ausbildung eine praktische Tätigkeit in den wesentlichen Berufsaufgaben seiner Fachrichtung von mindestens zwei Jahren ausgeübt hat und (4) nachweist, dass er nach Abschluss seines Studiums innerhalb der letzten drei Jahre vor Antragstellung mindestens fünf Weiterbildungsveranstaltungen in seiner Fachrichtung besucht hat.“ (SächsArchG § 5 (1)) Besitzt der Antragsteller die Befähigung zum höheren technischen Verwaltungsdienst, so gelten die Voraussetzungen nach (3) und (4) als erfüllt.
3.3 An Planung und Bau Beteiligte
51
Darüber hinaus ist ein Antragsteller, der die Voraussetzungen (2) und (3) „nicht erfüllt, in die Liste einzutragen, wenn er durch Vorlage eigener Planungsunterlagen und Arbeitsbescheinigungen nachweist, dass er […] bei einem Architekten […] eine mindestens zehnjährige praktische Tätigkeit ausgeübt hat, und die erforderlichen beruflichen Kenntnisse nachweist […] oder sich durch besonders herausragende Leistungen auf dem Gebiet der Architektur ausgezeichnet hat.“ (SächsArchG§ 5 (2)) Für die Eintragung von Angehörigen eines Mitgliedsstaates der Europäischen Union oder des Europäischen Wirtschaftsraumes gelten besondere Regelungen im Sinne der Harmonisierung des europäischen Rechts. Mit der Eintragung in die Architektenliste wird der Architekt zugleich bauvorlageberechtigt. Dies ist insofern wichtig, als nach der Musterbauordnung (und sinngemäß nach den Landesbauordnungen) Bauvorlagen für die nicht verfahrensfreie Errichtung und Änderung von Gebäuden von einem bauvorlageberechtigten Entwurfsverfasser unterschrieben sein müssen. Hierzu gehört, wer „1. die Berufsbezeichnung „Architekt“ führen darf, 2. in die von der Ingenieurkammer geführte Liste der Bauvorlageberechtigten eingetragen ist; …; 3. die Berufsbezeichnung „Innenarchitekt“ führen darf, für die mit der Berufsaufgabe des Innenarchitekten verbundenen baulichen Änderungen von Gebäuden oder 4. einen berufsqualifizierenden Hochschulabschluss eines Studiums der Fachrichtung Architektur, Hochbau oder Bauingenieurwesen nachweist, danach mindestens zwei Jahre auf dem Gebiet der Entwurfsplanung von Gebäuden praktisch tätig gewesen ist und Bediensteter einer juristischen Person des öffentlichen Rechts ist, für die dienstliche Tätigkeit.“ (MBO § 65 (2)) Diese Beschränkungen gelten nicht für Bauvorlagen, die üblicherweise von anderen Fachkräften mit anderer Ausbildung verfasst werden, und nicht für geringfügige oder technisch einfache Bauvorhaben (MBO § 65 (4)). Der Entwurfsverfasser „ist für die Vollständigkeit und Brauchbarkeit seines Entwurfes verantwortlich. Der Entwurfsverfasser hat dafür zu sorgen, dass die für die Ausführung notwendigen Einzelzeichnungen, Einzelberechnungen und Anweisungen den öffentlich-rechtlichen Vorschriften entsprechen. […] Hat der Entwurfsverfasser auf einzelnen Fachgebieten nicht die erforderliche Sachkunde und Erfahrung, so sind geeignete Fachplaner heranzuziehen. Diese sind für die von ihnen gefertigten Unterlagen, die sie zu unterzeichnen haben, verantwortlich. Für das ordnungsgemäße Ineinandergreifen aller Fachentwürfe bleibt der Entwurfsverfasser verantwortlich.“ (MBO § 54) Wesentliche Aufgabe des Architekten ist also die Entwurfsplanung mit der Integration der Beiträge der anderen Planungsbeteiligten.
52
3.3.5
3 Organisation des Planens und Bauens
Bauleiter
„Der Bauleiter hat darüber zu wachen, dass die Baumaßnahme entsprechend den öffentlichrechtlichen Anforderungen durchgeführt wird, und die dafür erforderlichen Weisungen zu erteilen. Er hat im Rahmen dieser Aufgabe auf den sicheren bautechnischen Betrieb der Baustelle, insbesondere auf das gefahrlose Ineinandergreifen der Arbeiten der Unternehmer zu achten. Die Verantwortlichkeit der Unternehmer bleibt unberührt.“ (MBO § 56 (1)) Nach gängiger Rechtsprechung sind die Aufgaben des Bauleiters gemäß Musterbauordnung Teil der (Grund-)Leistungen der Leistungsphase Objektüberwachung und damit obligatorische Leistung des Architekten, sofern er mit der Gesamtleistung der Objektplanung nach der Honorarordnung für Architekten und Ingenieure (HOAI) beauftragt ist (siehe Kapitel 19). Eine bestimmte Berufsausbildung des Bauleiters ist in den Landesbauordnungen nicht gefordert, er muss allerdings über die erforderliche Sachkunde und Erfahrung verfügen, was bei Architekten und Bauingenieuren am ehesten zutrifft. Besitzt der Entwurfsverfasser die für die Bauleitung erforderliche Fachkunde, so ist es grundsätzlich von Vorteil, wenn er auch die Umsetzung seiner Pläne überwacht. Das schließt allerdings nicht aus, dass mit der Planung einerseits und (der Vorbereitung und Mitwirkung der Vergabe sowie) der Objektüberwachung andererseits zwei verschiedene Architekten beauftragt werden; vielmehr ist dies üblich, wenn sich Architekten auf das eine oder andere spezialisiert haben. Hat der Bauleiter auf einzelnen Teilgebieten nicht die erforderliche Sachkunde und Erfahrung, so müssen geeignete Fachbauleiter hinzugezogen werden. Für die Abstimmung ihrer Tätigkeiten untereinander bleibt der Bauleiter verantwortlich. Von dieser Funktion des Bauleiters als Vertreter des Bauherrn gegenüber der Bauaufsichtsbehörde ist der Unternehmensbauleiter zu unterscheiden, der für die Leitung und Ablaufsteuerung von Bauarbeiten seines Unternehmens zuständig ist.
3.3.6
Sicherheits- und Gesundheits-Koordinator
Nach der 1998 erlassenen Baustellenverordnung sind für Baustellen, auf denen Beschäftigte mehrerer Arbeitgeber tätig werden, ein oder mehrere Sicherheits- und GesundheitsKoordinatoren zu bestellen. Hierauf hat der Architekt den Bauherrn hinzuweisen. „Bei der Planung der Ausführung eines Bauvorhabens, insbesondere bei der Einteilung der Arbeiten, die gleichzeitig oder nacheinander durchgeführt werden, und bei der Bemessung der Ausführungszeiten für diese Arbeiten, sind die allgemeinen Grundsätze nach § 4 des Arbeitsschutzgesetzes zu berücksichtigen“ (Baustellenverordnung § 2) und die hierzu erforderlichen Maßnahmen vom Sicherheits- und Gesundheits-Koordinator zu koordinieren. Unter bestimmten Voraussetzungen hat eine Vorankündigung des Bauvorhabens bei der zuständigen Behörde zu erfolgen. In diesen Fällen ist – sofern auf der Baustelle Beschäftigte mehrerer Arbeitgeber tätig werden – ein Sicherheits- und Gesundheitsplan durch den oder auf Veranlassung des Sicherheits- und Gesundheits-Koordinators aufzustellen. Während der Bauausführung hat der Sicherheits- und Gesundheits-Koordinator die Zusammenarbeit der Unternehmer aus sicherheitstechnischer Sicht zu organisieren und darauf zu achten, dass die allgemeinen Grundsätze nach § 4 des Arbeitsschutzgesetzes und die Pflichten nach der Baustellenverordnung durch die Unternehmer eingehalten werden.
3.3 An Planung und Bau Beteiligte
3.3.7
53
Fachingenieure bzw. Sonderfachleute
Der Architekt bzw. Entwurfsverfasser muss, sofern er auf einzelnen Fachgebieten nicht die erforderliche Sachkunde hat, seinem Bauherrn vorschlagen, geeignete Fachingenieure bzw. Sonderfachleute hinzuzuziehen. Hierzu zählen: Betriebsplaner Tragwerksplaner Ingenieure für die einzelnen Sparten der Haustechnik Bodengutachter Landschaftsarchitekt usw. Diese Fachplaner erbringen ihre Leistungen planungsbegleitend. Die Integration ihrer Leistungen ist Aufgabe des Architekten.
3.3.8
Unternehmer
Unternehmer im Sinne der Musterbauordnung sind die Auftragnehmer von Bauleistungen. Herkömmlicherweise wird für jedes Gewerk bzw. für jede Gewerkegruppe ein Unternehmer mit der entsprechenden Fachkenntnis beauftragt. „Jeder Unternehmer ist für die mit den öffentlich-rechtlichen Anforderungen übereinstimmende Ausführung der von ihm übernommenen Arbeiten und insoweit für die ordnungsgemäße Einrichtung und den sicheren Betrieb der Baustelle verantwortlich. Er hat die erforderlichen Nachweise über die Verwendbarkeit der verwendeten Bauprodukte und Bauarten zu erbringen und auf der Baustelle bereitzuhalten.“ (MBO § 55 (1)) Bei fehlender Sachkunde und Erfahrung für einzelne Arbeiten sind auch hier geeignete Fachunternehmer oder Fachleute heranzuziehen. Will der Bauherr bei eventuell eingetretenen Baumängeln bzw. Terminverzügen den Verursacher haftbar machen, so muss er – im Falle der herkömmlichen gewerkeweisen Auftragsvergabe – nachweisen, welcher Unternehmer der eigentliche Verursacher ist. Diese Frage erübrigt sich, wenn er die gesamten Bauleistungen einem Unternehmer als Generalunternehmer übergibt und dieser Bauleistungen, die er selbst nicht erbringen kann oder will, an Subunternehmer weiter vergibt. In diesem Fall ist dem Bauherrn gegenüber der Generalunternehmer allein verantwortlich für die fristgerechte und mängelfreie Bauausführung. Dieser Vorteil muss mit dem im Allgemeinen im Angebotspreis einkalkulierten Generalunternehmerzuschlag bezahlt werden. Weiterhin ist zu bedenken, dass die Haftungs- und Gewährleistungsansprüche für sämtliche Bauleistungen in Frage gestellt sind, wenn der beauftragte Generalunternehmer Insolvenz anmelden muss. Dem kann der Bauherr aber dadurch vorbeugen, dass er sich im Vertrag mit dem Generalunternehmer dessen Ansprüche aus den Verträgen mit seinen Subunternehmern vorsorglich abtreten lässt. Meldet der Generalunternehmer Insolvenz an, kann der Bauherr direkt gegen die Subunternehmer vorgehen. Allerdings könnten diese gegebenenfalls entgegenhalten, dass sie ein Leistungsverweigerungsrecht haben, weil der Generalunternehmer sie nicht oder nicht vollständig bezahlt hat. Dieses Risiko bleibt immer.
54
3 Organisation des Planens und Bauens
Fachunternehmer
Regelform
Nachunternehmer
Fachunternehmer, der Auftrag vom Hauptunternehmer erhält
Nebenunternehmer
Beteiligt sich neben dem Hauptunternehmer an der Erbringung der Leistung, unmittelbares Vertragsverhältnis zum Auftraggeber (kaum eingesetzt)
Bietergemeinschaft
Gemeinschaftlich anbietende Fachunternehmen, im Auftragsfall Zusammenschluss zu Arbeitsgemeinschaft erforderlich
Arbeitsgemeinschaft
Zusammenschluss von Fachunternehmern, Gesellschaft des BGB
Generalunternehmer
Übernimmt mehrere oder alle Leistungsbereiche, Ausführung größtenteils durch Nachunternehmer
Totalunternehmer
Generalunternehmer, der zusätzlich Planungsleistungen erbringt
Generalübernehmer
Übernimmt mehrere oder alle Leistungsbereiche, Ausführung ausschließlich durch Nachunternehmer, nach VOB unzulässig
Baubetreuer
Technische und wirtschaftliche Vorbereitung und Durchführung von Bauvorhaben für Dritte
Bauträger
Durchführung von Bauvorhaben im eigenen Namen, Verkauf an Dritte
Handelsunternehmen
Lieferung von Bauelementen mit Einbau
Betriebe der öffentlichen Hand und ähnliche Einrichtungen
Zum Wettbewerb mit gewerblichen Unternehmen nicht zugelassen
Leasingunternehmen
Vermietung von Bauobjekten mit Kaufoption, seltener Ausnahmefall im öffentlichen Bereich
Privater PPP-Partner
Unternehmung oder Projektgesellschaft, die neben der Errichtung eines Bauwerks weitere Aufgaben wie die Planung, Finanzierung und/oder das Facility Management übernimmt (Ergänzung der Verfasser)
Abb. 3.6:
Unternehmenseinsatzformen
(nach Heiermann, W. u. a. 1994, S. 332, ergänzt)
Fachunternehmer Zu den Fachunternehmern zählen einerseits Handwerksbetriebe und andererseits Baufirmen bis hin zu Baukonzernen. Während Handwerksbetriebe (vgl. Handwerksordnungen) überwiegend kleinere bis mittlere Aufträge ihres Gewerkes in Einzelfertigung und mit geringem Maschineneinsatz ausführen, übernehmen größere Baufirmen regional und überregional Leistungen meist mehrerer Gewerke, z. B. den vollständigen Rohbau, und bedienen sich dabei anderer Firmen als Nachunternehmer.
3.3 An Planung und Bau Beteiligte
55
Nachunternehmer Als Nachunternehmer oder Subunternehmer bezeichnet man solche ausführenden Firmen, die Bauleistungen im Auftrag anderer Unternehmen ausführen, ohne von dem Bauherrn dazu beauftragt worden zu sein. Bei dem vom Bauherrn beauftragten Unternehmen, dem Hauptunternehmer, handelt es sich in der Regel um Generalunternehmer, Totalunternehmer oder vergleichbare Unternehmenseinsatzformen. Somit bestehen auch Vertrag, Leistungs- und Mängelbeseitigungspflicht des Nachunternehmers gegenüber dem Hauptunternehmer, nicht aber gegenüber dessen Auftraggeber, dem Bauherrn. Der Bauherr (Auftraggeber) wählt die ausführende Firma u. a. nach Prüfung der Fachkunde, Leistungsfähigkeit und Zuverlässigkeit aus. Dieser Entscheidung und damit dem Bauvertrag liegt ein Vertrauensverhältnis zu Grunde, welches durch die Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen (VOB) geschützt wird. Sofern die VOB zwischen dem Bauherrn und dem Hauptunternehmer vereinbart wird, gilt entsprechend VOB/B § 4 Abs. 8: „1. Der Auftragnehmer hat die Leistung im eigenen Betrieb auszuführen. Mit schriftlicher Zustimmung des Auftraggebers darf er sie an Nachunternehmer übertragen. Die Zustimmung ist nicht notwendig bei Leistungen, auf die der Betrieb des Auftragnehmers nicht eingerichtet ist. […] 2. Der Auftragnehmer hat bei der Weitergabe von Bauleistungen an Nachunternehmer die Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen Teile B und C zugrunde zu legen. 3. Der Auftragnehmer hat die Nachunternehmer dem Auftraggeber auf Verlangen bekannt zu geben.“ Dem Bauherrn dürfen durch den Einsatz von Nachunternehmern im Grundsatz keine Nachteile entstehen. Wichtig ist, dass er sich vertraglich, insbesondere durch die Vereinbarung der VOB, absichert. Andererseits gibt es für den Hauptauftragnehmer häufig folgende Vorteile: -
geringerer Bestand an festen Arbeitskräften (Stammbelegschaften), damit Reduzierung des Fixkostenanteils (beschäftigungsunabhängige Lohnkosten)
-
Einsatz von kleineren Firmen zu vergleichsweise geringen Kosten
-
bessere Nutzung von Spezialwissen und Spezialgeräten im Kerngeschäft des Unternehmens, andererseits auch im Bedarfsfall
-
Durchführung von weniger häufig nachgefragten Leistungen durch eben darauf spezialisierte Nachunternehmer, z. B. im Spezialtiefbau.
Als negative Begleiterscheinungen müssen gesehen werden: -
Einsatz von reinen Lohnarbeitskolonnen, häufig ausländische Niedriglohnkräfte
-
Unterlaufen tariflicher Bestimmungen (Mindestlöhne, Arbeitszeiten u. a.)
-
wirtschaftliche Abhängigkeit der kleineren Betriebe von großen Baukonzernen, welche als Hauptunternehmer auftreten.
56
3 Organisation des Planens und Bauens
Bietergemeinschaften und Arbeitsgemeinschaften „Bietergemeinschaften sind Zusammenschlüsse von Unternehmen auf vertraglicher Grundlage mit dem Zweck, Bauaufträge für gleiche oder verschiedene Fachgebiete oder Gewerbezweige gemeinsam auszuführen.“ (§ 8 a, VHB - Vergabehandbuch 2002) Eine Bietergemeinschaft ist gewöhnlich die Vorstufe zu einer Arbeitsgemeinschaft (ARGE) von zwei, oft auch mehreren ausführenden Firmen. Sie ist ein Zusammenschluss rechtlich selbständiger Unternehmen zur gemeinsamen Übernahme und Abwicklung eines einzelnen, meist umfangreichen Bauauftrags. Die ARGE ist ein auf die Realisierungsphase für nur ein bestimmtes Bauprojekt zeitlich begrenzter Zusammenschluss von Unternehmen des Bauhaupt- und Baunebengewerbes in der Rechtsform einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR bzw. BGB-Gesellschaft auf der Grundlage §§ 705 bis 740 BGB) zur Verwirklichung von Gemeinschaftsinteressen. Alle Mitglieder der ARGE haften gesamtschuldnerisch und solidarisch für die Schulden der Gesellschaft (gemäß § 421 BGB). „Die Arbeitsgemeinschaften sollen (vermeintlich) auch mittelständischen Bauunternehmen die Chance eröffnen, als Bietergemeinschaft Zugang zu Großprojekten zu erhalten und so zu mehr Wettbewerb beitragen. Hieraus resultiert ein Anreiz zu Absprachen, um dem Konkurrenzdruck auszuweichen. Häufiger werden Arbeitsgemeinschaften jedoch von Großunternehmen für ein koordiniertes Auftreten im Rahmen einer ausgefeilten Wettbewerbsstrategie gebildet.“ (Rußig, V. u. a. 1996, S. 15) Aus der Sicht ausführender Firmen sprechen folgende Vorteile für die Bildung von Arbeitsgemeinschaften: -
Zusammenschluss überregional tätiger Großfirmen mit ortsansässigen Firmen, verbunden mit der Arbeitsteilung nach Orts- bzw. Fachkenntnissen
-
Addition der Kapazitäten mehrerer Baufirmen, insbesondere bezüglich des Fachpersonals
-
Risikostreuung bei der Angebotserarbeitung und -abgabe sowie bei der Durchführung
-
Ausgleich eines Liquiditätsengpasses während der Bauvorbereitung eines Großauftrags
-
bessere Kapazitätsauslastung, besonders bei Großaufträgen und der Suche nach Anschlussaufträgen wichtig
-
für kleinere Betriebe wird auch die Mitwirkung und der Erfahrungsgewinn bei großen und technisch anspruchsvollen Bauvorhaben möglich
Die ARGE hat keine eigene Rechtspersönlichkeit, alle Mitglieder der Gesellschaft haften gesamtschuldnerisch und persönlich für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft. Wichtig für den Bauherrn (Auftraggeber) ist der Umstand, dass er für den gesamten Umfang der Leistungen in der ARGE nur einen Vertragspartner hat und ausschließlich mit diesem die gesamte Baudurchführung (Überwachung der Leistungen, Rechnungen, Zahlungen bis hin zu den Mängelansprüchen) regeln kann. Die ARGE wird im Normalfall von ihren Gesellschaftern mit den erforderlichen Ressourcen (Personal, Geräte, Geld u. a.) ausgestattet und erbringt die beauftragten Bauleistungen wie ein eigenständiges Unternehmen.
3.3 An Planung und Bau Beteiligte
57
Die ARGE-Mitglieder können aber auch, unbeschadet der gesamtschuldnerischen Haftung gegenüber dem Bauherrn, unter dem Dach der ARGE-Geschäftsführung und -Gesellschafterversammlung als Subunternehmer die jeweils von ihnen übernommenen Bauleistungen erbringen (Dach-ARGE). Generalunternehmer „Als Generalunternehmer wird derjenige Hauptunternehmer bezeichnet, der sämtliche für die Herstellung einer baulichen Anlage erforderliche Bauleistungen zu erbringen hat und wesentliche Teile hiervon selbst ausführt. Bei der Vergabe an Generalunternehmer ist § 4 Nr. 4 VHB zu beachten.“ (§ 8 a, VHB – Vergabehandbuch 2002) Der Generalunternehmer ist für die beauftragten Leistungen der ausschließliche Vertragspartner des Bauherrn und hat als Hauptunternehmer sämtliche Aufgaben im eigenen Namen wahrzunehmen.
Kreditinstitute
Beraterverträge
Mietverträge
Bauherr
Planungsverträge
Objektplaner
Nutzer
Bauvertrag für alle Bauleistungen (GU-Vertrag)
Fachlich Beteiligte
Generalunternehmer Bauverträge für
Teilleistungen
Träger Öffentlicher Belange
Sonderfachleute
Kreditverträge
Nachunternehmer
Abb. 3.7:
Generalunternehmer innerhalb der Projektorganisation
Die vom Generalunternehmer beauftragten Nachunternehmer sind dessen Erfüllungsgehilfen, deshalb haftet der Generalunternehmer für die frist- und fachgerechte Erfüllung der von den Nachunternehmern zu erbringenden Leistungen einschließlich der Mängelbeseitigungsansprüche als Hauptunternehmer gegenüber dem Auftraggeber unmittelbar. Generalunternehmer arbeiten häufig auf der Grundlage einer Funktionalausschreibung (Leistungsbeschreibung mit Leistungsprogramm) und mit einem Pauschalvertrag. In der Praxis werden deshalb diese Unternehmenseinsatzform, die Form der Leistungsbeschreibung sowie die der Beauftragung – obwohl deren Verbindung nicht zwingend ist – gleichgesetzt.
58
3 Organisation des Planens und Bauens
In Kapitel 13 und folgende werden die Möglichkeiten der Leistungsbeschreibung, der Beauftragung und Abrechnung von Bauleistungen ausführlich behandelt. Totalunternehmer Im Unterschied zum Generalunternehmer, der sämtliche Ausführungsleistungen zu erbringen hat und wesentliche Teile davon selbst ausführt, übernimmt der Totalunternehmer eigenverantwortlich neben den Bauleistungen grundsätzlich die vollständigen Planungsleistungen. Für den Bauherrn bedeutet der Einsatz eines Totalunternehmers die am weitesten gehende Delegation von Aufgaben an – in diesem Fall – einen einzigen Auftragnehmer. Bau- und Planungsleistungen werden „als integrierte Problemlösung aus einer Hand“ ebenso angeboten wie Garantien für die kosten- und termingerechte Bauausführung. Der Auftragnehmer entlastet den Bauherrn damit in hohem Maße. Es werden zwar die ausführungsbezogenen Risiken stark vermindert, das unternehmerische Risiko des Bauherrn, das vor allem darin besteht, ob und inwieweit die Planung nutzungsgerecht oder wenigstens marktgerecht ist, lässt sich nicht delegieren.
Kreditinstitute
Beraterverträge
Mietverträge
Nutzer
Bauherr
Mischvertrag für
Planungs- und Bauleistungen
Totalunternehmer Planungsverträge
Objektplaner
Abb. 3.8:
Bauverträge
Fachlich Beteiligte
Träger Öffentlicher Belange
Sonderfachleute
Kreditverträge
Ausführende Firmen
Totalunternehmer innerhalb der Projektorganisation
Aufgrund ihrer Größe und ihres Kapitals sind die hier angesprochenen Unternehmen gegenüber kurzfristigen wirtschaftlichen Schwankungen im Allgemeinen weniger anfällig als kleinere Baufirmen und Planungsbüros. Zudem verfügen sie in der Regel über eine große Zahl von Leistungsträgern (angestellte Ingenieure und Architekten).
3.3 An Planung und Bau Beteiligte
59
Generalübernehmer und Totalübernehmer Daneben gibt es noch den Generalübernehmer und den Totalübernehmer, welche ähnlich dem Generalunternehmer bzw. dem Totalunternehmer den vollen Umfang aller Bauleistungen und ggf. aller Planungsleistungen in Auftrag nehmen, im Gegensatz zu den anderen Organisationsformen jedoch selbst keine Leistungen erbringen. „Im Gegensatz zum Generalunternehmer, der wesentliche Teile der verlangten Bauleistung selbst im eigenen Betrieb auszuführen hat, handelt es sich bei dem Generalübernehmer um ein Unternehmen, das den gesamten Bauauftrag vom Bauherrn übernimmt, ohne jedoch selbst Bauleistungen auszuführen. Die Bauleistung wird vielmehr in der Regel voll und ganz an einzelne Nachunternehmer vergeben (Bauleistungshändler).“ (Hofmann, O. und Frickell, E. 1985, S. 26). Dies gilt für den Totalübernehmer entsprechend. Die Einflussmöglichkeiten des Bauherrn auf die Planung und insbesondere die Ausführung sind von dem Zeitpunkt der Beauftragung an fast völlig eingeschränkt. Dies gilt insbesondere für die Preisverhandlungen bei möglicherweise als notwendig angesehenen Änderungen während der Ausführung. Hier fehlt für die Preisprüfung die Kalkulationsgrundlage aus dem Hauptauftrag, da die Beauftragung und Abrechnung von Generalunternehmer- und Generalübernehmerangeboten in der Regel über Pauschalverträge erfolgt. Baubetreuer Baut jemand auf dem Grundstück eines anderen, und schließt er im Namen und in Vollmacht dessen Verträge mit baubeteiligten Dritten ab, so spricht man von einem Baubetreuer. „Der Baubetreuungsvertrag ist ein Geschäftsbesorgungsvertrag eigener Art mit Werkvertragscharakter, in dem der Baubetreuer sich verpflichtet, für den Bauherrn neben der Errichtung des Hauses auch die organisatorische und finanzielle Abwicklung des Baus vorzunehmen. Beim Baubetreuungsvertrag im weiteren Sinne (auch Bauträgervertrag genannt) baut der Bauträger das Anwesen auf seinem eigenen Grundstück und verpflichtet sich zur schlüsselfertigen Übergabe; die Übereignung bedarf der Form des Grundstückskaufvertrages […].“ (Creifelds, C. 1978, S. 136) Baubetreuer werden häufig für Bauträger tätig bzw. Bauträger sind mit Baubetreuungsgesellschaften oft über Beteiligungen verbunden. Bauträger „Wird das Bauvorhaben vom Betreuer im eigenen Namen durchgeführt und besteht bereits eine Erwerbsverpflichtung des Betreuten, der auch die Pläne gebilligt hat, baut also der Betreuer im eigenen Namen für die Rechnung des Betreuten, dann spricht man von einem Bauträger. Der Baubetreuer ist Erfüllungsgehilfe des wirklichen Bauherrn, wenngleich er dem Auftragnehmer von Planungs- und Bauleistungen als der tatsächliche Bauherr erscheint.“ (Pfarr, K. 1984, S. 100) Der Bauträger ist bis zum Verkauf der Immobilie Eigentümer des Grundstücks, auf dem das Objekt errichtet wird.
60
3 Organisation des Planens und Bauens
Bauträger erstellen in vielen Städten bereits einen wesentlichen Teil von Wohn- und Nichtwohngebäuden. Nach Erhebungen des Statistischen Bundesamtes betrugen die Marktanteile im Jahr 2006 in den alten Bundesländern bei den Nichtwohngebäuden ca. 47 % (dazu zählen u. a. Büro- und Verwaltungsgebäude, Handels- und Lagergebäude, Fabrik- und Werkstattgebäude, Hotels und Gaststätten) sowie bei Wohngebäuden ca. 28 %. In den neuen Bundesländern beträgt der Anteil ca. 37 % bzw. 12 %. Die Arbeitsweise der Bauträger ist dadurch gekennzeichnet, dass sie -
große Baulandflächen erwerben
-
die Erschließung und Parzellierung durchführen
-
die Objektplanung vereinfachen und Standardgrundrisse verwenden
-
Gebäude in Serien ausführen, z. B. zwanzig Reihenhäuser,
-
die Finanzierungsplanung und Finanzierung sowie
-
Werbung und Verkauf übernehmen.
Bauträger (Objektgesellschaft)
Bauträgervertrag (zum Festpreis)
Erwerber (Nutzer/Betreiber)
Tätigkeitsbereiche des Bauträgers (Eigen- oder Fremdleistung)
Baubetreuung (im engeren Sinne) Vertrieb und Finanzierung Planungsleistungen Bauleistungen (versch. Formen) Hausverwaltung der Objekte Abb. 3.9:
Bauträger
(nach Pfarr, K. 1984, S. 100 und Brych, F. und Pause, H.-E. 1996, S. 15)
3.3 An Planung und Bau Beteiligte
61
Sie bieten dem Käufer des Gebäudes in der Regel einen (notariell verbürgten) Festpreis sowie einen genau vereinbarten Fertigstellungstermin an. Aufgrund der Vielzahl von Leistungen, die ein Bauträger wahrnimmt, und wegen des hohen finanziellen Risikos werden meist mehrere Firmen gebildet, welche die einzelnen Tätigkeitsbereiche des Bauträgergeschäftes wahrnehmen. Diese treten nach außen als selbständige Unternehmen auf und schließen für das jeweilige Objekt Verträge untereinander ab. Beim Vertrag mit einem Bauträger ist u. a. auf folgende Punkte zu achten: -
Inhalte der Leistungsbeschreibung (z. B. Küche, Außenanlagen enthalten?)
-
Sonderwünsche konkret festschreiben (was kosten z. B. andere Materialien?)
-
Nebenkosten einkalkulieren (z. B. Makler, Notar, Finanzierung)
-
Erschließungskosten berücksichtigen (z. B. Strom, Wasser, Straßennetz)
-
Gewährleistungsansprüche regeln, insbes. Fristen und Ansprüche, sowie
-
Vertragsstrafen bei Terminüberschreitungen.
Leasingunternehmen Leasing ist eine spezielle Form der Investitionsfinanzierung, bei der nicht gekauft, sondern gemietet (gepachtet) wird. Gegenstand des Leasings können Industrieanlagen, Konsum- bzw. Investitionsgüter sein, die entweder durch den Produzenten oder durch Leasing-Gesellschaften vermietet werden. Man unterscheidet -
Konsumgüter-Leasing: z. B. Kraftfahrzeuge, private Einrichtungsgegenstände
-
Equipment-Leasing: vermietete Geschäftsausstattung, wie z. B. Büromaschinen, Büromöbel, Baugeräte, Nutzfahrzeuge
-
Immobilien-Leasing: gewerblich genutzte Immobilien, wie Verwaltungsgebäude, Krankenhäuser, Supermarktgebäude, Industrieanlagen, Kläranlagen u. Ä.
Je nach dem Verpflichtungscharakter des Leasing-Nehmers lassen sich Leasing-Verträge in Operatives Leasing (Operate-Leasing) und in Finanzierungsleasing (Financial-Leasing) einteilen. „Operatives Leasing stellt ein klares Mietverhältnis im Sinne des BGB dar. Die Kündigungszeiten sind für beide Seiten im Verhältnis zur betriebsgewöhnlichen Nutzungsdauer des Leasingobjektes relativ kurz. Der Leasing-Geber trägt somit das Investitionsrisiko. Im OperateLeasing werden meist nur solche Anlagen zu haben sein, die zur Vermietung an mehrere oder viele Interessenten in Frage kommen (z. B. Autos). Die Gefahren des zufälligen Untergangs und die Kosten der Wartung, der Reparatur und der Versicherung trägt der Leasing-Geber.“ (Schweizer, M. 1990, S. 349 bis 350) Gegenstand des Operate-Leasing sind Ausstattungsgegenstände (equipment) oder Konsumgüter, es kommt also für bewegliche Güter, nicht aber für Bauwerke (Immobilien) in Betracht. Werden z. B. Bürogebäude über Leasing finanziert, handelt es sich um ein Finanzierungs-Leasing, auch als Plant Leasing bezeichnet.
62
3 Organisation des Planens und Bauens
„Beim Finanzierungs-Leasing trägt der Leasing-Nehmer das Investitionsrisiko. Typisch für einen solchen Leasing-Vertrag ist nämlich, dass er für eine mehr als die Hälfte (zwischen 40 % und 90 % nach Mobilien-Leasing-Erlass des Bundesministeriums der Finanzen; Anmerkung d. Verf.) der Nutzungszeit umfassende Grundmietzeit nicht gekündigt werden kann und dass die während dieser Grundmietzeit zu leistenden Leasing-Raten in Summe dem Leasing-Geber volle Amortisation des Anschaffungswertes des Leasingobjektes und einen Gewinn bringen. Wartungs-, Reparatur- und Versicherungsaufwendungen sowie das Bestandsrisiko hat der Leasing-Nehmer zu tragen. Finanzierungs-Leasingverträge werden für nichtmarktgängige, weil nach den speziellen Bedürfnissen des Leasing-Nehmers gestaltete Anlagen geschlossen.“ (Schweizer, M. 1990, S. 349 bis 350) Ob die Leasing-Finanzierung wirtschaftlich vorteilhaft ist, hängt vorrangig von den steuerlichen Möglichkeiten des Leasing-Nehmers ab. Die Anerkennung von Leasingraten als Betriebsausgaben kommt nur für private Unternehmen in Betracht. Private und öffentliche Haushalte, z. B. Kommunen, haben diese Möglichkeit nicht. Dennoch schließen Leasingunternehmen in den letzten Jahren auch mit Kommunen Verträge über Immobilien, z. B. Rathäuser, ab, da diese oft nicht die notwendigen Mittel zur Verfügung haben, um selbst zu bauen. Private Partner einer Public Private Partnership Unter einer Public Private Partnership (PPP) ist eine „langfristige, vertraglich geregelte Zusammenarbeit zwischen öffentlicher Hand und Privatwirtschaft zur Erfüllung öffentlicher Aufgaben, bei der die erforderlichen Ressourcen […] in einen gemeinsamen Organisationszusammenhang eingestellt und vorhandene Projektrisiken entsprechend der Risikomanagementkompetenz der Projektpartner angemessen verteilt werden“, zu verstehen. (Bundesministerium für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen 2003, Band I, S. 2)
Privater Partner
Planung Finanzierung Bauausführung Facility Management Verwertung
Abb. 3.10:
planbares Leistungsentgelt
Leistung
Öffentliche Hand
Aufgabe: Erbringung öffentlicher Leistungen (Daseinsvorsorge)
Grundmodell einer Public Private Partnership
(nach: www.ppp.niedersachsen.de)
Bereitstellung der öff. Leistung
3.3 An Planung und Bau Beteiligte
63
Bei dem privaten Partner kann es sich um ein einzelnes Unternehmen, z. B. eine Bauunternehmung, oder um eine aus mehreren Gesellschaftern, z. B. Bauunternehmung, Kreditinstitut und Facility Manager, bestehende Projektgesellschaft handeln. Diese Projektgesellschaft kann auch ein Gemeinschaftsunternehmen der öffentlichen Hand und eines privaten Partners sein (Kooperationsmodell). Im Folgenden wird dieses Kooperationsmodell nicht weiter verfolgt. Der von dem privaten Partner übernommene Leistungsumfang kann sehr unterschiedlich sein. Eine Variante besteht darin, dass der private Partner neben der Errichtung eines Bauvorhabens auch dessen Finanzierung übernimmt (Finanzierungsmodell z. B. in Form des Leasings). Typischer für PPP-Modelle ist es jedoch, dass der private Partner wesentliche Aufgaben in allen Lebensphasen einer Immobilie – von der Planung bis zum Betrieb – übertragen bekommt. In diesem Fall zieht sich der öffentliche Auftraggeber auf seine Kernaufgaben zurück und überträgt dem privaten Auftragnehmer die Aufgabe der langfristigen Bereitstellung des Bauwerks unter Einhaltung der vereinbarten Nutzungs- und Aufenthaltsbedingungen (siehe Abbildung 3.10). Hierfür zahlt der öffentliche Auftraggeber dem Auftragnehmer ein laufendes Nutzungsentgelt (Betreibermodell) oder er erteilt ihm die Konzession, ein Nutzungsentgelt direkt vom Nutzer zu erheben (Konzessionsmodell: Warnow-Unterquerung in Rostock, Autobahnen in Italien u. a.). Unabhängig von dieser Entgeltregelung ist noch der Eigentumsübergang charakteristisch für weitere Varianten der PPP-Vertragsmodelle (siehe Abbildung 3.11 und: Bundesministerium für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen 2003, Band I, S. 90 ff.) Planung
Finanzierung
Bau
Betrie b
Verwe rtung
Finanzie rungsmode ll FM-Leasingmode ll Vermie tungsmode ll Erwerbermode ll Inhabe rmode ll Aufgabenbereich des privaten Partners
Eigentum beim öffentlichen Partner
Eigentum beim privaten Partner
Eigentum beim öff. Partner im Fall der Kaufoption
planmäßiger Eigentumsübergang
Abb. 3.11:
Eigentumsübergang im Fall der Kaufoption
PPP-Modelle unter dem Aspekt des Eigentumsübergangs
(Gürtler, V. 2007, S. 27 und 31 ff.)
64
3 Organisation des Planens und Bauens
Das Facility-Management-Leasingmodell unterscheidet sich vom Finanzierungsmodell durch die Facility-Management-Leistungen, die der private Partner zusätzlich übernimmt. Ein abschließender Eigentumsübergang an die öffentliche Hand ist zunächst nicht bindend vorgesehen, kann aber bei entsprechend vereinbarter Option erfolgen. Der fällige Kaufpreis wird dann bereits im PPP-Vertrag festgelegt. Optional kann die Vertragsdauer auch verlängert werden. Ähnlich ist die Eigentumssituation beim Vermietungsmodell. Allerdings wird beim Abschluss des PPP-Vertrages kein fester Preis für die Ausübung der Kaufoption festgelegt. Vielmehr wird der Verkehrswert der Immobilie zum Kaufzeitpunkt als Kaufpreis angesetzt. Beim Erwerbermodell wird der Eigentumsübergang bei Ende der Vertragslaufzeit verbindlich vereinbart. Eine Entgeltzahlung für den Eigentumsübergang ist nicht vorgesehen. Denkbar ist auch eine Erbbaurechtsvariante, bei der „das Eigentum am Grundstück beim öffentlichen Auftraggeber verbleibt und das Eigentum am Gebäude zunächst den privaten Auftragnehmern zugeordnet wird.“ (Bundesministerium für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen 2003, Band I, S. 90 f.) Beim Inhabermodell geht das Eigentum im Zuge der Errichtung des Bauwerks auf den öffentlichen Partner über. Abgegolten wird dieser Eigentumsübergang mit dem regelmäßig vom öffentlichen Partner zu zahlenden Nutzungsentgelt. „Dem Auftragnehmer kann während der Betriebsphase ein umfassendes Nutzungs- und Besitzrecht an der Immobilie im Wege des Nießbrauchs oder einer schuldrechtlichen Vereinbarung eingeräumt werden.“ (ebenda, S. 93) Auf die Sonderform des Contractingmodells soll hier nicht weiter eingegangen werden. Ein besonderer Vorteil der PPP-Modelle, die die Nutzungsphase mit einbeziehen, besteht in dem Lebenszyklusansatz: Der private Auftragnehmer muss sowohl die Ausgaben für die Errichtung des Objektes bzw. für dessen Finanzierung als auch für das Betreiben, also für das Sicherstellen der Aufenthaltsbedingungen tragen. Führen Einsparungen bei den Baukosten zu erhöhten Betriebskosten, so lassen sich diese – bei entsprechender Vertragsgestaltung – nicht auf den öffentlichen Partner überwälzen, vielmehr besteht für den privaten Partner ein direkter Anreiz, die Faktorkombination mit dem für ihn vorteilhaftesten Ergebnis in Bau und Betrieb (sowie ggf. Verwertung) zu suchen. Die Frage, ob ein Bauobjekt in herkömmlicher Weise oder in öffentlich-privater Partnerschaft errichtet und betrieben werden soll, ist vor der Ausschreibung bzw. der Anfertigung der Leistungsbeschreibung zu klären, denn im ersten Fall sind nur die Bauleistungen (ggf. mit Leistungsverzeichnissen) auszuschreiben und im zweiten Fall sind die Leistungen vom Planen bis zum Betreiben und ggf. Verwerten ergebnisbezogen in einem Leistungsprogramm (Funktionale Leistungsbeschreibung) zu beschreiben. Hierzu ist entsprechend dem in den Haushaltsordnungen von Bund, Ländern und Gemeinden festgehaltenen Grundsatz der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit zu prüfen, ob die PPP-Ausschreibung voraussichtlich zu einem wirtschaftlicheren Ergebnis führen wird als die herkömmliche Beschaffung und Betreibung des Objektes. Dieser Wirtschaftlichkeitsvergleich der öffentlichen Hand muss unter Berücksichtigung aller zu erwartenden Zahlungen und Risiken (Kapitalwertmethode) sowie qualitativer Aspekte (Nutzwertanalyse) durchgeführt werden. Besonderer Beachtung bedarf dabei die z. T. unterschiedliche steuerliche Behandlung. So ist z. B. zu beachten, dass die Eigenrealisierung
3.3 An Planung und Bau Beteiligte
65
durch die öffentliche Hand nicht der Umsatzsteuer unterliegt, während bei der privatrechtlichen Leistungserbringung in der Regel die Umsatzsteuer in Rechnung gestellt werden muss, die allerdings ganz überwiegend dem Bund und den Ländern zufällt (Finanzministerium NRW 2003, S. 50). Die unterschiedliche Handhabung bei der Grunderwerbsteuer und der Grundsteuer ist durch das Gesetz zur Beschleunigung der Umsetzung von Öffentlich Privaten Partnerschaften und zur Verbesserung gesetzlicher Rahmenbedingungen für Öffentlich Private Partnerschaften vom 1. September 2005 eliminiert worden. Vordergründig vorteilhaft ist die Realisierung von PPP-Vorhaben in Zeiten leerer öffentlicher Kassen. Dadurch wird zwar eine (weitere) Kreditaufnahme vermieden, aber trotzdem eine langjährige Verbindlichkeit eingegangen. Da bei der Wirtschaftlichkeitsbeurteilung ein Vergleich des PPP-Vorhabens mit der konventionellen Finanzierungsvariante erfolgt, lässt sich nur der relative Einfluss auf die zukünftige Belastung bzw. auf das diskontierte Endvermögen abschätzen. Wenn aber unser Gemeinwesen mit der Durchführung eines Projektes „über seine Verhältnisse lebt“, wird dieses Projekt auch durch die PPP-Variante kaum zu rechtfertigen sein.
3.3.9
Bauaufsichtsbehörden
Bauen ist nicht nur ein privat-rechtlicher, sondern auch ein öffentlich-rechtlicher Vorgang. Für die öffentlich-rechtliche Genehmigung, Überwachung und Abnahme eines Bauvorhabens sind die Bauaufsichtsbehörden zuständig. „Bauaufsichtsbehörden sind a) die untere Verwaltungsbehörde als untere Bauaufsichtsbehörde b) die höhere Verwaltungsbehörde als höhere Bauaufsichtsbehörde c) das Ministerium … als oberste Bauaufsichtsbehörde.“ (MBO § 57 (1)) „Die Bauaufsichtsbehörden haben bei der Errichtung, Änderung, Nutzungsänderung und Beseitigung sowie bei der Nutzung und Instandhaltung von Anlagen darüber zu wachen, dass die öffentlich-rechtlichen Vorschriften eingehalten werden, soweit nicht andere Behörden zuständig sind. Sie können in Wahrnehmung dieser Aufgaben die erforderlichen Maßnahmen treffen.“ (MBO § 58 (2)) Für den Vollzug der Bauordnung und der damit zusammenhängenden öffentlich-rechtlichen Vorschriften ist die untere Bauaufsichtsbehörde sachlich zuständig, soweit nichts anderes bestimmt ist. Zuständig ist sie insbesondere für die Erteilung der Baugenehmigung, für die öffentlich-rechtliche Bauüberwachung und – soweit vorgesehen – für die Bauabnahmen. Für die Genehmigung von örtlichen Bauvorschriften ist in der Regel die höhere Bauaufsichtsbehörde zuständig.
66
3.3.10
3 Organisation des Planens und Bauens
Kreditinstitute
Es gibt verschiedene Arten von Kreditinstituten. Im Wesentlichen sind die folgenden Institute zu unterscheiden: (1) Europäische Zentralbank und Deutsche Bundesbank (2) Kreditanstalt für Wiederaufbau und Förderinstitute der Länder (3) Hypothekenbanken (4) Private Kreditbanken (5) Sparkassen (6) Institute des Genossenschaftswesens (7) Bausparkassen (8) Versicherungsgesellschaften. Mit Beginn der europäischen Währungsunion hat die Europäische Zentralbank die geldpolitische Entscheidungskompetenz von den nationalen Notenbanken – also auch von der Deutschen Bundesbank – übernommen. Ihre Geldpolitik ist insbesondere dem Ziel der Preisstabilität verpflichtet. Die geldpolitischen Beschlüsse des Rates der Europäischen Zentralbank werden mit Hilfe der nationalen Notenbanken umgesetzt. Diese versorgen die Kreditinstitute mit Geld und überwachen die bankmäßige Abwicklung des Zahlungsverkehrs. Die Europäische Zentralbank und die Deutsche Bundesbank verkehren geschäftlich nur mit Kreditinstituten und öffentlichen Verwaltungen. Als Kreditgeber für die private Baufinanzierung scheiden sie daher aus. Die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) – 1948 gegründet zur banktechnischen Organisation und Weiterleitung des von den USA finanzierten European Recovery Program (ERP; als Marshall-Plan bekanntes Wiederaufbauprogramm nach dem 2. Weltkrieg) – ist heute die zentrale Förderbank der Bundesrepublik Deutschland. Zu der Bankengruppe gehören u. a. die KfW Mittelstandsbank, bei der ein Architekt zinsgünstiges Startkapital zur Gründung seines Büros erhalten kann, und die KfW Förderbank, die zinsgünstige Immobilienkredite zur Verfügung stellt (siehe Abschnitt 18.2). Kreditanträge sind jeweils über die eigene Hausbank zu stellen. Ergänzend zu der Kreditanstalt für Wiederaufbau gibt es in den einzelnen Bundesländern eigene Förderinstitute – so z. B. die Sächsische Aufbaubank, die Fördermittel in den Bereichen Wirtschaft und Arbeitsmarkt, Wohnungsbau, Infrastruktur und Städtebau sowie Umwelt und Landwirtschaft vergibt. (www.sab.sachsen.de/de/index.jsp) Der Geschäftsbetrieb der Hypothekenbanken ist darauf ausgerichtet, Grundstücke durch Hypothekarkredite zu beleihen und aufgrund der erworbenen Hypotheken Pfandbriefe auszugeben. Die Hypothekenbanken refinanzieren sich also dadurch, dass sie Pfandbriefe ausgeben und damit Geld auf dem Kapitalmarkt aufnehmen. Zur Sicherung der Pfandbrieferwerber haben die Hypothekenbanken stets die Deckungskongruenz zu gewährleisten.
3.3 An Planung und Bau Beteiligte
67
„Die jederzeitige Deckung der umlaufenden Pfandbriefe nach dem Barwert, der die Zinsund Tilgungspflichten einbezieht, muss sichergestellt sein; der Barwert der eingetragenen Deckungswerte muss den Barwert der zu deckenden Verbindlichkeiten um 2 Prozent übersteigen (sichernde Überdeckung).“ (Gesetz zur Neuordnung des Pfandbriefrechts vom 22. Mai 2005, § 4 (1), zuletzt geändert durch Art. 12 G v. 9. Dezember 2010) Die Sparkassen sind – von wenigen Ausnahmen abgesehen – Anstalten des öffentlichen Rechts mit dem öffentlichen Auftrag, „in ihrem Geschäftsgebiet die Versorgung mit geldund kreditwirtschaftlichen Leistungen sicherzustellen. […] Sie fördern das Sparen und die allgemeine Vermögensbildung“ (Gesetz über das öffentlich-rechtliche Kreditwesen im Freistaat Sachsen vom 13. Dezember 2002). Die Sparkassen sind Einrichtungen in der Trägerschaft von Gebietskörperschaften (Stadtsparkasse, Kreissparkasse usw.). Früher gab es bei den Sparkassen eine Gewährhaftung des öffentlichen Trägers. Diese läuft auf Betreiben des EU-Wettbewerbskommissars aus, so dass seit Mitte 2005 neu eingegangene Verbindlichkeiten der Sparkassen nicht mehr der Gewährhaftung des öffentlichen Trägers unterliegen. Die Sparkassen wie auch die privaten Kreditbanken pflegen überwiegend das kurz- und mittelfristige Spar- und Einlagengeschäft. Da diesen Instituten die Möglichkeit der Refinanzierung durch langfristige Pfandbriefe nicht offensteht, muss diese aus dem kurz- und mittelfristigen Einlagengeschäft erfolgen. Weil auch die Sparkassen i. Allg. Einlagen mit keiner längeren Kündigungsfrist wieder anlegen, als sie hereingenommen worden sind, ist ihr Darlehens- und Kreditgeschäft – überwiegend kurz- und mittelfristig konzipiert. Die Kreditinstitute des Genossenschaftswesens liehen ursprünglich Geld nur an Mitglieder aus; so musste z. B. der Kreditnehmer bei der erstmaligen Kreditgewährung durch eine Volksbank gleichzeitig einen Genossenschaftsanteil erwerben, sofern er noch keinen hatte. Inzwischen ist dieses Prinzip von den meisten Kreditinstituten des Genossenschaftswesens aufgegeben worden. Bausparkassen gewähren Bauspardarlehen nur an Kunden, die vorher Sparleistungen in vorgeschriebenem Mindestumfang erbracht haben. Bei den Bausparkassen muss also der Darlehensanspruch durch Ansparen erworben werden. Das bedeutet, dass die Refinanzierung der von der Bausparkasse gewährten Kredite durch andere Bausparer erfolgt, die damit ihrerseits einen späteren Darlehensanspruch erwerben. Versicherungsgesellschaften gewähren erstrangig gesicherte Darlehen bevorzugt an Versicherungsnehmer, die bei ihnen eine Lebensversicherung auf den Todes- und Erlebensfall abgeschlossen haben. Bei dieser Art von Versicherung wird die Versicherungssumme zuzüglich eines Gewinnanteils in jedem Fall ausgezahlt – entweder im Todesfall oder nach Ablauf der Laufzeit. Die Refinanzierung erfolgt hier durch die Versicherungsprämien, die die Versicherungsgesellschaften nach Abzug ihrer Verwaltungskosten zinsbringend anlegen müssen, z. B. durch Gewährung von grundbuchlich gesicherten Darlehen. In den letzten Jahrzehnten ist es zu einer zunehmenden Kooperation von Kreditinstituten verschiedener Art gekommen, so dass man bei vielen Instituten nicht nur die „originären“ Darlehen erhält, sondern auch andersartige vermittelt bekommt (z. B. Kooperation der Sparkassen und Landesbausparkassen).
68
3.3.11
3 Organisation des Planens und Bauens
Öffentlichkeit
Jedes Gebäude ist Teil eines Orts- oder Landschaftsbildes und hat damit öffentliche Bedeutung. Hinzu kommen mögliche Umweltbelastungen und Gefahren, die von dem Gebäude ausgehen und die Öffentlichkeit tangieren. Je mehr ein Gebäude im Kontrast zur Umgebung steht oder gar eine Gefahr für sie darstellt, desto mehr Aufmerksamkeit erregt es. Eine nachhaltige Ablehnung in der Öffentlichkeit kann ein Projekt erheblich verzögern oder gar zu Fall bringen. Dazu wird es aber bei kleineren Projekten kaum kommen, wenn diese die Festlegungen des Bebauungsplanes berücksichtigen, da dann die Öffentlichkeit normalerweise über die Projekte gar nicht informiert wird. Anders ist es, wenn die vorgesehene Planung eine Befreiung oder gar eine Änderung des Bebauungsplanes erforderlich macht. Im letzten Fall kommt es zur öffentlichen Bekanntmachung und Auslegung des Bebauungsplanes mit den vorgeschlagenen Änderungen für die Dauer eines Monats. Anregungen hierzu können während der Auslegungsfrist vorgebracht werden (BauGB § 3 (2)). Je nach Brisanz des Projektes kann es hier zu einem erbitterten Widerstand einzelner Interessengruppen oder Bürgerinitiativen kommen. Der Bauherr wird dann sicher von seinem Architekten erwarten, dass dieser mithilft, die Argumente der Projektgegner zu entkräften und die Vorteile des Projektes deutlich herauszustellen, um so den Politikern in den zuständigen Entscheidungsgremien eine Befürwortung der Bebauungsplanänderung nahezulegen. Sind Presse, Rundfunk und Fernsehen mit eingeschaltet, so empfiehlt es sich, schriftliche Informationen (ggf. mit reproduktionsfähigem Bildmaterial) vorzubereiten als Formulierungshilfe für die häufig nicht baufachlich vorgebildeten Journalisten.
3.3.12
Sonstige Beteiligte
Neben den bisher behandelten Planungs- und Baubeteiligten gibt es noch eine Reihe weiterer. Dazu gehören z. B. die direkten Nachbarn, denen vor jeder Baugenehmigung Gelegenheit zum Einspruch gegeben wird, wobei ein Bauherr derartige Einsprüche nicht zu fürchten braucht, wenn alle öffentlich-rechtlichen Vorschriften in der Planung beachtet worden sind. Außerdem sind u. a. die Versorgungsträger (Gas, Wasser, Strom, Telefon) im Planungs- und Bauablauf entsprechend zu berücksichtigen.
3.4
Herstellen von Bauwerken
Die Herstellung von Bauwerken unterscheidet sich grundsätzlich von denen anderer Produkte. Insofern ist auch der Vergleich des Bauens mit z. B. dem Automobilbau nicht uneingeschränkt möglich. Gemeinsam ist aber diesen beiden wie auch den übrigen Sektoren der Wirtschaft das ständige Streben nach Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit der angebotenen Leistungen und Produkte. Dementsprechend wird auch in der Bauplanung und -ausführung ständig nach Möglichkeiten gesucht, um die Kosten zu senken und bzw. oder die Qualität der Bauwerke zu verbessern. Die Planungs- und Bauökonomie hat entsprechende Fragestellungen zum Gegenstand.
3.4 Herstellen von Bauwerken
69
Um jedoch die hier besonders behandelte Herstellung von Bauwerken richtig beurteilen zu können und um Planung und Ausführung verbessern zu können, ist es notwendig, die Besonderheiten der Bauwirtschaft herauszustellen. Hierzu gehören: -
Einzelfertigung (individuelle Lösungen)
-
Auftraggeberbindung (Vorgaben des Bauherren)
-
Bildung von Arbeitsgemeinschaften (Bietergemeinschaften, einerseits mehr Wettbewerb, andererseits Anreiz zu Absprachen)
-
Bereitstellungsgewerbe (Vorhaltung von Kapazitätsreserven, Produktion auf Lager nur sehr eingeschränkt möglich)
-
Standortvielfalt (Produktion auf Baustellen)
-
Transportempfindlichkeit (Absatzreichweite)
-
Kapitalbedarf und Langlebigkeit der Bauwerke (Zinsempfindlichkeit, Markteintrittsschwelle, gleichmäßig hohe Qualitätsansprüche für alle Bauteile)
-
unattraktiver Arbeitsplatz (Arbeit im Freien, Anstrengung und Gefährlichkeit der Arbeit)
-
Regulierungsdichte (zahlreiche Gesetze und Verordnungen, lange Genehmigungsfristen, mangelnde Stetigkeit politischer Zielvorstellungen und Maßnahmen). (Rußig, V. u. a. 1996, S. 14 f.) Vor diesem Hintergrund sind die folgenden Ausführungen zu sehen, die jeweils alternative Herstellungsverfahren behandeln und dabei sowohl aus der Sicht des Bauherrn als auch aus der Sicht seiner Auftragnehmer (Architekten, Ingenieure, ausführende Firmen) unterschiedlich bewertet werden können.
3.4.1
Baustellenfertigung und Industrielles Bauen
Die Organisation der für das Bauen typischen Baustellenfertigung unterscheidet sich erheblich von den produktions- oder sachleistungsbezogenen Organisationsmodellen des Industriebetriebes. Die wichtigsten Unterscheidungsmerkmale der Baustellenfertigung gegenüber der industriellen Fertigung sind: -
Erstmaligkeit hinsichtlich des Standortes bzw. des Umfeldes
-
dadurch erhöhte Anforderungen an die Improvisationsfähigkeit der Projektleitung und
-
vergleichsweise größerer Spielraum hinsichtlich der organisatorischen Gestaltung.
Wie in anderen Bereichen wird auch im Bauwesen die handwerkliche Fertigung zunehmend von industriellen Herstellungsverfahren ersetzt. Wegen zahlreicher Besonderheiten der Baustellenfertigung und der spezifischen Anforderungen an Bauwerke (z. B. durch die Nutzer) und der jeweiligen Umgebungsfaktoren (z. B. städtischer Raum) ist eine vollständige industrielle Fertigung von Gebäuden kaum möglich. Welche Unterschiedlichkeiten zwischen der Baustellenfertigung und dem Industriellen Bauen sind insbesondere zu berücksichtigen?
70
3 Organisation des Planens und Bauens
Aufgrund der hohen Qualität, der unter Wettbewerb stehenden Preisbildung und des immer mehr an Bedeutung zunehmenden Anteils der Personal- und Personalnebenkosten ist zumindest der Einsatz von Bauteilen aus industrieller Fertigung eine vielfach vorteilhafte Alternative zur handwerklichen Arbeitsweise. Voraussetzung hierfür ist die Berücksichtigung von Produkteigenschaften industrieller Erzeugnisse bereits in der Planung, insbesondere der Maßkoordination. Der Einsatz von Fertigbauten im städtischen Raum ist unter gestalterischen und besonders städtebaulichen Gesichtspunkten zu prüfen. In der Betriebswirtschaftslehre wird die Fertigung von Produkten nach Werkstattfertigung, Fließfertigung, Gruppen- oder Gemischtfertigung sowie Baustellenfertigung unterschieden. Diese Formen der Fertigung kommen grundsätzlich alle, jedoch in unterschiedlichem Maße, auch im Bauwesen vor. Während die industrielle Herstellung von Bauteilen oder Systembauten der Fließfertigung bzw. der Gruppen- oder Gemischtfertigung entspricht und dabei der Produktionsprozess anteilig bis zu 80 % und mehr in der Fabrik erfolgt, wird doch der überwiegende Teil des Bauens insgesamt in der Baustellenfertigung geleistet. Ein Bauwerk als Ganzes ist derzeit noch nicht ausschließlich industriell herstellbar. Zulieferungen, insbesondere der Ausbaugewerke wie z. B. Schlosserarbeiten, Tischlerarbeiten, werden meist in mittelständischen Betrieben in der Form der Werkstattfertigung vorbereitet und dann auf der Baustelle eingebracht. Lediglich mobile Gegenstände – wie z. B. Mobiliar – können vollständig industriell gefertigt werden. Alle fest mit dem Baugrundstück verbundenen Bauteile werden sowohl industriell als auch in der Baustellenfertigung verarbeitet. Bei der Planung von Bauwerken stellt sich stets auch die Frage, wie hoch der Grad der industriellen Fertigung sein kann und sein soll bzw. welche Teile des Bauwerkes industriell und welche in der Form der Baustellenfertigung erstellt werden sollen. Im Hinblick darauf werden im Folgenden die Unterschiede der Fertigungsformen anhand der wichtigsten Merkmale herausgearbeitet. Die industrielle Fertigung ist von der Form der Produktion her eine anonyme Fertigung, d. h. auf der Grundlage von Erfahrungen und Prognosen beim Absatz wird eine Vielzahl von Produkten auf Vorrat und damit auf Lager hergestellt und über ein Vertriebsnetz verkauft. Im günstigen Fall kann sich das Produkt nach erfolgreicher Markteinführung und geeigneter Werbung am Markt behaupten. Bauwerke können wegen ihrer Größe, des hohen Kapitaleinsatzes und wegen der notwendigen Berücksichtigung der Umgebungsbedingungen (Baugrundstück, Ver- und Entsorgung, stadträumliche Faktoren) nur nach Planung, Genehmigung und Beauftragung gefertigt werden (Auftragsfertigung). Ein besonderes Merkmal im Unterschied von industrieller und Baustellenfertigung sind die räumlichen Bedingungen des Herstellungsprozesses. Die Fertigung bei industrieller Produktion in der Halle wirkt sich insbesondere klimatisch günstig auf die Fertigungsbedingungen aus. Die An- und Auslieferung von Baustoffen und Bauteilen sowie der Produktionsfluss können vergleichsweise gut gestaltet werden. Die Produkte müssen jedoch zum Verbraucher geschafft werden. Bedingt durch die Transportmöglichkeiten sind Größe und Gewicht (StVO, Transportmittel) der Produkte (Stützen, Binder, Deckenplatten) begrenzt.
3.4 Herstellen von Bauwerken
71
Bei der Baustellenfertigung ist der Ort der Herstellung mit dem Ort der Nutzung identisch. Arbeitskräfte, Geräte und Baustoffe werden zum Einbauort gebracht. Die Herstellung erfolgt, außer bei Einhausung mit Winterbauzelten, im Freien und ist damit der Witterung ausgesetzt. Die Bedingungen des Baugrundstückes und damit der Gestaltung der Arbeitsabläufe sind von Fall zu Fall unterschiedlich und oft schwierig (innerstädtisches Bauen, Bauen am Hang). Die industrielle Fertigung ist gekennzeichnet durch einen hohen Wiederholungsgrad gleicher oder gleichartiger Vorgänge. Beispiele hierfür sind Dachziegel, Armaturen, Fensterelemente, Möbel u. v. m. Vorteilhaft sind in diesem Zusammenhang die Möglichkeiten der Qualitätssicherung, da bei vielen gleichartigen Produkten Erfahrungen gewonnen werden und in den Produktionsprozess eingebracht werden können. Auch die vorangehende Entwicklung von Prototypen und deren schrittweise Verbesserung trägt dazu bei, dass bereits mit der ersten Serie weitgehend fehlerfreie Produkte erzeugt werden können. Konventionell erstellte Bauwerke sind fast ausschließlich einmalige Maßnahmen. Somit besteht ein besonders hohes Risiko, dass Fehler bei der Planung zur Ausführung kommen. Entsprechend ist für jedes Einzelbauwerk ein besonders hoher Aufwand für die Bauüberwachung und Mängelbeseitigung erforderlich. Die Qualität von industriellen Erzeugnissen wird auch nach mehrmaliger Ausführung fast ohne Ausnahme nicht erreicht. Eine qualitative Verbesserung aufgrund des Wiederholungseffektes kann allerdings auch bei Linienbauwerken wie Eisenbahnanlagen, Straßen, Kanälen, Reihenhäusern usw. erreicht werden. Bei der konventionellen Bauausführung bringt der Bauherr über die Beauftragung von Architekten, Ingenieuren und ausführenden Firmen seine Nutzeranforderungen direkt ein. Bei ausreichendem Angebot an z. B. Wohnungen hat auch der Nutzer in seiner Eigenschaft als Mieter durch Annahme oder Ablehnung einer Wohnung indirekt Einfluss auf deren Eigenschaften. Die Nutzeranforderungen können in die Produktgestaltung bei industrieller Fertigung nur indirekt eingebracht werden. Im Vorfeld bestehen Möglichkeiten über die Marktforschung, konkret fallen Entscheidungen für oder gegen ein Produkt erst durch das Käuferverhalten unter Berücksichtigung des Preis-Leistungs-Verhältnisses eines Produktes. Bei den Kostenarten der industriellen Produktion überwiegen – bedingt durch den hohen Mechanisierungs- bzw. Automatisierungsgrad – die investitionsbedingten Abschreibungen, Kapitalkosten und Wartungskosten. Personalkosten fallen insbesondere für Firmenleitung, Entwicklung, Qualitätskontrolle und Störbeseitigung sowie Absatz an. Die Stoff- und Energiekosten beschränken sich im günstigen Fall auf das notwendige Mindestmaß. Trotz kontinuierlich steigenden Mechanisierungsgrades ist die Baustellenfertigung immer noch durch den hohen Anteil der Personalkosten gekennzeichnet. Arbeitserleichterungen ergeben sich allerdings durch den verstärkten Einsatz von Hebezeugen, vorgefertigten Produkten sowie modernen Baustoffen und Arbeitsverfahren. Durch den Einsatz von qualifizierten Facharbeitern und Bauleitern sowie die saison-, witterungs- und konjunkturbedingten Schwankungen der Auslastung entsteht ein insgesamt hohes Lohnniveau, entstehen Ausfallzeiten beim Personaleinsatz und damit ein vergleichsweise hoher Personalkostenanteil. Der Anteil der Planungskosten für Industrieprodukte ist zwar zu Beginn einer Produktreihe verhältnismäßig hoch, nimmt jedoch mit der Zunahme der Zahl von Produkten bezogen auf die Stückkosten ungefähr umgekehrt proportional ab.
72
3 Organisation des Planens und Bauens
Planung und Arbeitsvorbereitung bei Einzelbauvorhaben ohne Wiederholungseffekt können bei jedem Bauvorhaben von neuem durch individuelle Lösungsansätze, Nutzeranforderungen sowie die Umgebungsbedingungen geprägt sein. Die Planungskosten sind dadurch entsprechend höher. Die Preiskalkulation der Produkte erfolgt bei der industriellen Produktion für Lose oder Serien und damit für eine größere Stückzahl auf der Grundlage betrieblich ermittelter Kosten einerseits sowie der Wettbewerbsbedingungen und Absatzchancen andererseits. Hierbei ist die Kostenstruktur unter Umständen durch einen sehr hohen Anteil der Fixkosten gekennzeichnet. Wagnisse liegen weniger in der Fertigung als vielmehr in den Verkaufsmöglichkeiten. Die Preisbildung für die konventionelle Bauausführung erfolgt projektbezogen und jedes Mal von neuem auf der Grundlage von Ausschreibungen. Insgesamt bestehen bezüglich der Kalkulation wegen der konjunkturellen, saisonalen und regionalen Schwankungen sowie der Unwägbarkeiten während der Ausführung besondere Risiken bei der Preisbildung auf der Seite der Anbieter sowie bei der Kostenentstehung auf der Bauherrenseite. Wegen des geringen Anteils stationärer Einrichtungen und wegen des stark veränderlichen Personalbestandes überwiegt der Anteil der variablen Kosten. Die Dauer der Ausführung am Bestimmungsort kann bei industriell gefertigten Produkten oder Bauteilen sehr kurz sein. Die Erstellung ganzer Gebäude auf der Baustelle kann in wenigen Tagen erfolgen. Dies liegt vor allem daran, dass der überwiegende Teil der Fertigung bereits zuvor erfolgt ist. Bei schwierigen Baustellenverhältnissen kann dies von entscheidendem Vorteil sein. Die Ausführungsdauer ist sowohl für die Zeit im Werk als auch die Endmontage gut kalkulierbar. Die Dauer der Ausführung bei vollständiger Baustellenfertigung ist neben den geplanten Zeiten für die Teilvorgänge auch ganz erheblich abhängig vom reibungslosen Zusammenwirken einer Vielzahl von unterschiedlichen Auftragnehmern. Der daraus bedingten Störanfälligkeit kann nur durch die Objektüberwachung entgegengewirkt werden. Die winterlichen Witterungsverhältnisse erzwingen jedoch – bezogen auf den Gesamtverlauf – in der Regel längere Unterbrechungen.
3.4.2
Schlüsselfertiges Bauen
Schlüsselfertig meint gebrauchsfertig. Als Projekte im „Schlüsselfertigen Bauen“ bieten Unternehmer – in der Regel Totalunternehmer oder Bauträger – vor allem Fertighäuser (Wohnhäuser), Lager- und Werkstattgebäude, Selbstbedienungsmärkte (Hallenbauten), im Fall der Spezialisierung aber auch für den Kunden individuelle Bauten, wie Verwaltungsgebäude und Hotels, an. Auftraggeber sind hier sowohl Einzelkunden als auch Großkunden, wie Banken oder Investmentgesellschaften. Einen besonderen Bereich stellen Projekte des Anlagenbaus wie vollständig ausgerüstete Fabriken, Recyclinganlagen und ähnliche Bauwerke dar. Die hierdurch entstandenen Teilmärkte unterscheiden sich nicht nur in der Art der Projekte, sondern auch hinsichtlich der Abwicklung und der Bedürfnisse der Auftraggeber voneinander:
3.4 Herstellen von Bauwerken
73
Fertighäuser (Wohnhäuser); die Arbeitsweise der Anbieter von Fertighäusern entspricht vom Vertragsverhältnis her in besonderer Weise dem Leistungsbild des Totalunternehmers. Der Begriff Fertighaus lässt die industrielle Produktion von Gebäuden mit ausgereiften Grundrissen und Baukonstruktionen erwarten. Für einige Fertighäuser trifft dies auch zu. In der Mehrzahl sind aber Typenplanungen mit Variationen der Baustile anzutreffen, die konventionell erstellt werden. Sie sind Ergebnis vereinfachter Vorbereitung, Beratung durch Vertriebsbeauftragte und die Anwendung vorbereiteter Systeme und Detaillösungen. Die Anbieter von Fertighäusern werben mit kurzer Bauzeit, Festpreis und einfacher Finanzierung. Der Bauherr muss bei der Angebotsprüfung und beim Preisvergleich mit der alternativ möglichen Planung und Ausführung in konventioneller Weise darauf achten, welche Leistungen das Angebot an Fertighäusern umfasst und in welcher Höhe Kosten für eventuelle Zusatzwünsche anfallen. Sind Erschließung, Unterkellerung, Genehmigungsgebühren im Preis enthalten oder in welcher Höhe müssen sie hinzugerechnet werden? Hallenbauten; die Hallenbauten bestehen aus standardisierten Tragwerken in Stahl-, Stahlbeton- oder Holzbauweise. Fassaden, Stützen und Dächer der meist eingeschossigen Gebäude werden im Hinblick auf die Bemessung des Tragwerkes, dessen serielle Fertigung, den Transport und die Montage entwickelt. Die Grundrissplanung muss sich weitgehend in die bauliche Hülle einfügen. Individuelle Bauten; es handelt sich hierbei meist um gewerbliche Nutzungen wie Büro- oder Hotelbetriebe. Aus Kostengründen setzen Totalunternehmer für die vergleichsweise anspruchsvolle und zeitaufwendige Planung freie Architekten und Ingenieure als Nachunternehmer ein. Anlagenbau; bei Projekten mit hohem Technikanteil, wie z. B. Recyclinganlagen oder Energieerzeugungsanlagen, sind so genannte Komplettlösungen inzwischen die Regel. Hauptauftragnehmer sind weniger Bauunternehmen als die Hersteller der für den Betrieb vorherrschenden Anlagentechnik. Wird zunächst nur die Planung an einen Totalunternehmer vergeben, der auch Lieferant von betriebstechnischen Anlagen ist, muss der Bauherr damit rechnen, dass durch für ihn nicht erkennbare Spezifikationen in den Leistungsbeschreibungen der Wettbewerb erheblich eingeschränkt wird. Die Planungsabteilungen vieler Hersteller dienen nicht nur der Leistungserweiterung vorhandener Bereiche, sie werden indirekt und ganz bewusst für die Auftragsbeschaffung ihres Unternehmens eingesetzt. Die Zielsetzungen und Möglichkeiten der Bauherren sind sehr unterschiedlich. Wenn es um den Wettbewerb von Architekten und Totalunternehmern geht, lassen sich die folgenden Unterscheidungen treffen: Bauherren privater Wohngebäude; beim selbst genutzten Wohnhaus ist die Beratung des Bauherrn und die Planung durch den Architekten in idealer Weise möglich. In vielen Fällen kommt es jedoch nicht zur Zusammenarbeit des Bauherrn mit einem Architekten, denn Bauherren unterschätzen oft den Wert einer fachgerechten Planung. Dies gilt sowohl für die Optimierung des Entwurfes und die Gestaltung als auch für die Überwachung der Bauausführung. Beim Erwerb eines Fertighauses oder eines bereits vom Bauträger erstellten Gebäudes bezahlt der Bauherr anteilige Planungskosten mit, die jedoch üblicherweise im Angebotspreis für das Gebäude nicht ausgewiesen sind.
74
3 Organisation des Planens und Bauens
Mangels Vergleichsmöglichkeiten macht der Bauherr einen scheinbar günstigen Kauf, weil er kein gesondertes Architektenhonorar zu zahlen hat. Aus diesen und weiteren wirtschaftlichen Gründen (Erschließung von Bauflächen und Planung mehrerer Gebäude gleichzeitig) wird inzwischen mehr als die Hälfte der Eigenheime ohne die umfassende Planung von Architekten erstellt. Gewerbebetriebe (Handel, Handwerk u. a.); für die Bauherren von Großmärkten, Werkstätten und vergleichbaren Nutzungen stehen kurze Bauzeit und geringe Kosten im Vordergrund. Soweit Grundstück und Baurecht keine besonderen Anforderungen für die Bauaufgabe darstellen, sind Systembauten und die integrierte Planung und Ausführung durch einen Auftragnehmer für den Bauherrn von Interesse. Je nach Branchenzugehörigkeit und der Qualität ihres Angebotes achten einzelne Bauherren aber auch auf die Einbindung des Gebäudes in die Umgebung sowie die Innenraumgestaltung, z. B. der Verkaufsflächen. Bauherren von größeren Vorhaben – hier sind Bauherrenorganisationen oder -gesellschaften anzutreffen – versuchen häufig die Verantwortung für die Projektdurchführung soweit wie möglich zu delegieren. Das ist besonders dann der Fall, wenn sie „nur für die Abwicklung“ eines Projektes zuständig sind, jedoch das Objekt nicht übernehmen. Bauen wird dabei meist vorrangig als eine Form der Kapitalanlage gesehen. Finanzierung und steuerliche Gesichtspunkte, insbesondere Abschreibungen, haben einen höheren Stellenwert als die funktionale Eignung des Gebäudes und seine Gestaltung. Bauherren und Betreiber von Anlagen; für die Bauherren und Betreiber von Anlagen steht die Funktionalität der betriebstechnischen Anlagen stärker als die „bauliche Hülle“ im Vordergrund, denn unabhängig von der Form der Bauorganisation ist das Gebäude der kleinere Teil der Investition. Die zeitliche und fachliche Inanspruchnahme des Bauherrn; sie kann zwar verringert werden, dennoch bleiben auf der Seite des Bauherrn Pflichten und natürlich auch Risiken bestehen, die nicht auf Dritte übertragbar sind. Dazu gehören das unternehmerische Risiko (insbesondere Art und Maß der Nutzung bzw. Vermietung des Gebäudes) für die Investition, das Genehmigungsrisiko sowie Risiken aus eventuellen Altlasten auf dem Baugrundstück. (Durchführungs-)Risiken (Vertrag, Kosten und Termine); der mit einem Totalunternehmer geschlossene Vertrag beinhaltet im äußersten Fall alle Planungs- und Bauleistungen. Die Übernahme von Termin-, Kosten- und Mängelrisiken in einem Vertrag ist das häufigste Argument für die Beauftragung eines Totalunternehmers. Leistungsstörungen oder eventuelle Ausfälle einzelner Gewerke, z. B. durch Insolvenzen, sind durch den Auftragnehmer der Gesamtleistungen zu regeln. Dies ist für den Bauherrn natürlich keine Gewissheit für das einwandfreie Gelingen des Werkes insgesamt. Der Bauherr setzt sozusagen alles auf eine Karte. Dagegen ist das Vertragsrisiko des Bauherrn beim Architektenvertrag vergleichsweise gering, der Honorarumfang ist von Anfang an leicht abzuschätzen. Anhand der Leistungsphasen kann der Bauherr die Leistungsfähigkeit des Architekten prüfen und notfalls auch die Zusammenarbeit vorzeitig beenden. Risiken bei der Durchführung einzelner Gewerke bleiben bestehen.
3.4 Herstellen von Bauwerken
75
Welche Auswirkungen auf den Fertigstellungstermin haben dann aber notwendige Änderungen während der Ausführung? Um welchen Preis ist der Auftragnehmer in der Lage oder bereit, vereinbarte Termine auch bei Leistungsänderungen einzuhalten? Der Bauherr kann grundsätzlich versuchen, etwaigen Überschreitungen der Baukosten durch eine Pauschalierung der Bausumme zu begegnen. Der Pauschalvertrag ist beim „schlüsselfertigen Bauen“ üblich. Jedoch ist die Angebotsprüfung von Nachtragsangeboten wegen Leistungsänderungen beim Pauschalvertrag erheblich erschwert und für den Bauherrn ohne die Unterstützung seines Architekten kaum zu leisten. Nutzungsgerechte Planung (Funktion und Konstruktion); die Optimierung der Planung kann nicht immer vor der Beauftragung der ausführenden Firmen zum Abschluss gebracht werden. Immer dann, wenn die Nutzer, z. B. von Läden oder Büros, erst während der Bauausführung gefunden und unter Vertrag genommen werden, führen deren berechtigte Interessen fast unausweichlich zu Planungsänderungen. Der Architekt, der selbst plant, ist frühzeitig in der Lage, die gewünschten Änderungen auf ihre Machbarkeit zu prüfen und auf Kosten- und Terminauswirkungen zu bewerten. Er ist im Gegensatz zu gewerblichen Auftragnehmern unabhängig von wirtschaftlichen Interessen bei der Beurteilung von Änderungswünschen. Unabhängig davon steht für den Totalunternehmer die Optimierung der Bauausführung im Vordergrund. Es bietet sich bei Planungsänderungen die gern wahrgenommene Chance, über Nachträge ihre Auftragswerte zu verbessern. Für Nachtragsangebote gibt es keinen Wettbewerb. Bei der Pauschalierung der Bausumme ist für den Bauherrn die Angebotsprüfung auf Angemessenheit erschwert, wenn nicht unmöglich. Mehr als zwei Drittel seines Auftrags bestehen aus Bauleistungen. Nachträgliche Umplanungen führen in besonderem Maße auch zu Änderungen der Aufträge, welche er mit seinen Nachunternehmern geschlossen hat. Nutzungsänderungen berühren überwiegend den baulichen Ausbau und die technische Gebäudeausrüstung. Für deren Gewerke sind für den Totalunternehmer fast ausschließlich Nachunternehmer tätig. Wegen der daraus entstehenden Mehrkosten bei den Einzelleistungen und aufgrund der zusätzlichen Koordination beim Totalunternehmer kann diese Konstellation nicht kosten-günstiger sein als beim Einsatz von Planern und Fachunternehmern. Änderungen, auch wenn sie der Verbesserung der funktionalen Eignung dienen, werden ohne die Unterstützung eines unabhängigen Beraters, z. B. des Architekten, zum wirtschaftlichen Risiko besonderen Ausmaßes. Gestalterischer Anspruch (Städtebau, Objekt, Innenraum); die Suche nach einer gestalterisch anspruchsvollen Lösung einer Planungsaufgabe kann nur mit der Wahl eines geeigneten Architekten, nicht aber mit der Beauftragung einer ausführenden Firma beginnen. Wenn notwendig ist ein Architektenwettbewerb auszuschreiben. Dabei hat der Bauherr nicht nur die Chance, aus einer Vielzahl von Lösungsansätzen zu wählen, er kann vor allem auch über die stufenweise Entwicklung der Planung die Zielvorgaben für die Bauaufgabe schrittweise entwickeln. Die Architekten, Innenarchitekten und fachlich Beteiligten kann er nach seinen Erfordernissen auswählen und einzeln unter Vertrag nehmen.
76
3 Organisation des Planens und Bauens
Wirtschaftlichkeit (geringe Bau- und Folgekosten); Wirtschaftlichkeit beschränkt sich nicht auf die Reduzierung von Risiken vor der Inbetriebnahme, sondern resultiert neben der Investition (Bau- und Folgekosten) aus der Eignung des Gebäudes für die darin stattfindende Nutzung. Dies muss Ziel einer unabhängigen und sorgfältigen Planung sein. Der Bauherr ist gut beraten, wenn sein Projekt langfristig wirtschaftlich ist und er diesbezüglich nicht an der Planung und deren Optimierung spart. Ein eventuell zusätzliches Honorar für Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen hinsichtlich der funktionalen Eignung (z. B. Betriebsplanung), der sparsamen Energieverwendung und eines geringen Bauunterhaltes zahlt sich ohne Zweifel aus. Aufgaben und Möglichkeiten der Architekten; die planerische Optimierung der Nutzung, die Berücksichtigung aller funktionalen, technischen, wirtschaftlichen und gestalterischen Belange ist die Aufgabe des Architekten. Dafür ist nicht nur der direkte Kontakt zum Bauherrn und zu den Nutzern wünschenswert. Der Architekt muss mit der vollständigen Planung, besser noch mit zusätzlichen Optimierungsaufgaben (Besondere Leistungen) beauftragt werden. So kann er die berechtigten Wünsche seines Auftraggebers erfüllen und ihn in seiner Verantwortung gegenüber der Gesellschaft und der Umwelt unterstützen. Beauftragen ausführende Firmen Architekten, machen sie in der Regel enge Kostenvorgaben für die Planungsleistungen.
3.5
Zentralisation von Aufgaben bei großen Bauvorhaben
Mit der Zuordnung von Leistungen an die verschiedenen Auftragnehmer wie Architekturund Ingenieurbüros, Berater usw. stellt sich bei Bauvorhaben auch die Frage, welche Aufgaben zentral und welche dezentral bearbeitet werden können und sollen. Die Größe des Bauvorhabens und damit die Anzahl der Beteiligten sind dabei von entscheidender Bedeutung. Können kleine Bauten wie z. B. Einfamilienhäuser noch in der Zusammenarbeit eines Bauherren mit einem Architekten, unterstützt von einem Statiker, und wenigen ausführenden Firmen geplant und ausgeführt werden, so sind bei großen Bauvorhaben regelrechte Projektorganisationen erforderlich. Schon bei Bauten in der Größe eines Investitionsvolumens von zweistelligen Millionenbeträgen sind schnell 20 und mehr Personen mit der Bearbeitung von Planungsaufgaben auf Bauherren- und Architektenseite befasst. Entsprechend mehr sind in der praktischen Ausführung und deren Organisation tätig. Die erfolgreiche Erfüllung einer Bauaufgabe hängt mit zunehmender Projektgröße weniger von den technischen Möglichkeiten als vielmehr von der Qualität der Projektorganisation ab. Die Zentralisation von Aufgaben ist hierbei eine entscheidende Möglichkeit der Organisationsgestaltung. Bei den Fragen der Zentralisation von Aufgaben sind die Vor- und Nachteile von Fall zu Fall sorgfältig abzuwägen. Für eine Zentralisation spricht im Allgemeinen, dass die jeweiligen Aufgaben von Spezialisten wahrgenommen werden können, dass innerhalb des Fachgebietes eine Einheitlichkeit und damit eine höhere Gewährleistung für die Funktionsfähigkeit erreicht werden kann und dass bei Ausführung größerer Einheiten geringere Kosten zu erwarten sind.
3.5 Zentralisation von Aufgaben bei großen Bauvorhaben
77
Die Abhängigkeit der anderen Projektbeteiligten von einer zentral zuständigen Stelle und der damit erforderliche Abstimmungsaufwand können sich allerdings auch hemmend auf die Gesamtentwicklung auswirken. Kritisch ist ferner die mit der Zusammenfassung von Leistungen verbundene Delegation der Verantwortung zu sehen.
3.5.1
Begriffserläuterung und grundsätzliche Wertung
Fragen der zentralen oder dezentralen Aufgabenverteilung werden in der betriebswirtschaftlichen Fachliteratur behandelt. Dort sind die folgenden Definitionen zu finden. Man unterscheidet einmal die „sachliche Zentralisation: unabhängig von der räumlichen Zentralisation wenden alle Stellen eines Betriebes für die gleichen Arbeiten dieselben Methoden, Vordrucke, Geräte usw. an“ und die „räumliche Zentralisation: Organisationsform, bei der im Gegensatz zur Dezentralisation alle gleichartigen Arbeiten verschiedener Stellen eines Betriebes einheitlich von einer Stelle erledigt werden.“ Als Vorteile der Zentralisation werden genannt: „Kostenersparnis, bessere Verwendung von Spezialisten, Konzentration der Interessen, Einheitlichkeit der Entscheidungen.“ Als nachteilig dagegen gilt: „Initiative und Verantwortungsfreudigkeit der nachgeordneten Stellen werden beeinträchtigt.“ (Sellien, R. und Sellien, H. (Hrsg.) 1979, S. 2329) Der Begriff Betrieb kann in diesem Zusammenhang durch Baumaßnahme ersetzt werden. Stellen gibt es auch beim Bauen. Sie sind verteilt auf verschiedene Projektorganisationseinheiten beim Bauherrn, in Architektur- und Ingenieurbüros usw. Dezentralisation bedeutet die „Übertragung selbständiger Dispositionsbefugnis an untergeordnete Funktionsträger […] mit der Überlassung von Dispositionsrechten muss die Übertragung entsprechender Autorität und Verantwortung verbunden sein.“ Als Vorteil der Dezentralisation wird die Elastizität der Organisation gesehen, gemeint ist damit die Möglichkeit, auf sich ändernde Anforderungen und Randbedingungen zu reagieren. Dabei kann folgender Nachteil auftreten: „durch Verteilung des Dispositionsrechtes uneinheitliche Willensbildung innerhalb der Unternehmung; zu vermeiden durch Erteilung allgemeiner Richtlinien.“ (Sellien, R. und Sellien, H. (Hrsg.) 1979, S. 1021) Mit der Verteilung der Verantwortung und den allgemeinen Richtlinien sind insbesondere die Architekten- und Ingenieurverträge angesprochen, zu deren Ergänzung und Konkretisierung zweckmäßigerweise ein Projekthandbuch mit Organisationsrichtlinien, Standardvorgaben usw. erstellt und als Vertragsbestandteil eingebracht wird.
3.5.2
Zur Zentralisierung geeignete Aufgaben
Beim Zentralisieren von Aufgaben, was wörtlich vereinigen, vereinheitlichen, zusammenziehen bedeutet, ist zunächst zu prüfen, welche Leistungen für eine zentralisierte Bearbeitung geeignet sind. Um diese Frage möglichst umfassend behandeln zu können, wird von einem sehr großen Bauvorhaben mit einer Vielzahl von Gebäuden und der entsprechenden Infrastruktur ausgegangen. Grundsätzlich können die folgenden Aufgaben als geeignet gelten (die Reihenfolge entspricht in etwa dem Planungs- und Bauverlauf):
78
3 Organisation des Planens und Bauens
Gegenstand von Zentraler Bauvermessung und Bodengutachten sind Untersuchungen und Einmessen des gesamten Bau- und ggf. Erweiterungsgeländes, die erstmalige Kartographierung und die fortlaufende Dokumentation der Entwicklung aller Bauwerke. Besondere Beachtung ist hierbei den Bauwerken der Ver- und Entsorgung zu schenken, auch um durch ausreichende Information die spätere Beschädigung der nicht sichtbaren Bauteile zu vermeiden (z. B. Zerstörung von Telefonleitungen beim Aushub von Fundamenten oder anderen Tiefbauarbeiten). Die Ausführung dieser Arbeiten durch einen Auftraggeber ist deswegen besonders sinnvoll, weil es sich um Arbeiten handelt, die hohe Spezial- und Ortskenntnis erfordern und vom Umfang her meist auch von einem Büro gut geleistet werden können. Entsprechendes gilt für den Schutz des Grundwassers und eine eventuell erforderliche Gewässerneuordnung auf und insbesondere im Umfeld des Baugeländes. Wird ein großflächiges oder linear verlaufendes Baugelände von Grundwasserströmen im Bereich geplanter Trassen, Tunnelbauwerke oder Gründungen durchzogen, dann ist nach vollständiger Ermittlung aller Aspekte die Planung der Bauwerke nach den Erfordernissen des Grundwasserschutzes auszurichten. Gegebenenfalls sind die Oberflächen- und Grundwässer durch bauliche Maßnahmen wie Kanäle und Düker auf dem bzw. um das Baugelände umzuleiten. Dabei sind Grundwasserabsenkungen soweit wie möglich zu vermeiden, da diese häufig zu Beeinträchtigungen des Naturraumes (flach wurzelnde Bäume) und der umliegenden Bebauung (Setzungen, Risse in Gebäuden) führen. Durch die intensive Nutzung von Bauwerken und Freiflächen in einem dicht besiedelten Land wie Deutschland ist an vielen Standorten bereits von einer Beeinträchtigung der Böden und Gewässer durch Altlasten auszugehen. Industrielle und militärische Nutzungen erfolgten jahrzehntelang unter Missachtung des Schutzes natürlicher Lebensbedingungen. Die Untersuchung des Geländes, die Ermittlung und Kartierung eventueller Altlasten ist inzwischen eine für große Bauvorhaben unverzichtbare Aufgabe geworden. Sie muss auf jeden Fall vor der Bauplanung und durch eine kompetente Stelle zentral erfolgen. Im Fall der Belastung sind Art und Umfang der Schäden und die Altlastensanierung in zeitlicher und investiver Hinsicht für unterschiedliche Beseitigungsmaßnahmen zu kalkulieren. Mit steigendem Umweltbewusstsein nimmt auch die Bedeutung von Planung und Ausschreibung der Wertstoffbehandlung und Restmüllentsorgung zu. Hierzu gehört die Regelung der Wertstofftrennung am Entstehungsort (Beschaffung von geeigneten Behältern und ihre Unterbringung), des Transportes, z. B. in Form einer Müllsauganlage sowie der Lagerung und Entsorgung der Abfallstoffe. Eine konsequente Restmüllvermeidung und -behandlung kann nur durch ein übergreifendes und einheitliches Konzept erfolgen, das durch einen Sonderfachmann erstellt werden sollte. Hinsichtlich der Baustelleneinrichtung sind vorhandene Flächen auf dem Baugrundstück, geplante Bebauung und die Auftragsinhalte der ausführenden Firmen aufeinander abzustimmen. Dabei kann es wirtschaftlich vorteilhaft sein, bauherrenseitig eine übergeordnete Baustelleneinrichtung vorzuhalten. Entsprechende Hinweise sind bei Ausschreibung und Beauftragung zu berücksichtigen. Zu dieser bauherrenseitig besorgten Baustelleneinrichtung können Baustraßen, Bauzäune und Sicherungseinrichtungen (Tore, Schranken), Büros und Unterkünfte für Bauleitungen und Arbeiter, Kantinen und Sanitäreinrichtungen sowie Fahrzeugwaschanlagen und die Versorgung mit Wasser und Baustrom gehören.
3.5 Zentralisation von Aufgaben bei großen Bauvorhaben
79
Ferner ist die Organisation eines Wach- und Sicherheitsdienstes sowie des Ausweiswesens zur Vermeidung von Eigentumsdelikten und Sicherheitsproblemen durch den Auftraggeber zu regeln. Großräumiger Erdbau liegt dann vor, wenn auf einem weitläufigen Baugelände ein Planum geschaffen werden muss, das große Erdbewegungen erforderlich macht. Wenn der Aushub der einen Baumaßnahme bei einem benachbarten Bauprojekt verwendet werden kann (Reduzierung der Transporte, Deponien und Zukäufe), sollte die Ausführung des überwiegenden Teils der Erdarbeiten durch nur einen Auftragnehmer erfolgen. Entsprechendes gilt für die Wasserhaltung. Das Freihalten von mehreren nahe beieinander liegenden Baugruben von Grund- und Oberflächenwasser muss ohnehin koordiniert werden. Um gegenseitige Behinderungen oder mehrfaches Abpumpen von Wassermengen zu vermeiden, kann es wirtschaftlich sinnvoll sein, diese Leistungen nur einem Auftragnehmer zu übertragen. Die Entwicklung, Vermittlung und Durchsetzung von Gestaltungsrichtlinien dient der Qualitätssicherung bei größeren Bebauungen, besonders dann, wenn mehrere Architekten – aber auch Nutzer – ihre individuellen Gestaltungsvorstellungen einbringen möchten. Diese Richtlinien können ähnlich wie in der Bebauungsplanung vorgeben werden, jedoch auch bis in formale Aspekte und Ausführungsdetails (Materialien, Grundformen, Farben, Produktgruppen) der Bauwerke und Außenanlagen reichen. Nicht nur die zentrale, sondern vor allem auch die frühzeitige Erarbeitung der Gestaltungsrichtlinien ist Voraussetzung für die Schaffung eines harmonischen Gesamterscheinungsbildes von Anlagen, an denen viele Beteiligte mitwirken. Entsprechendes gilt für die Planung und Ausschreibung von Informationssystemen und Werbeträgern (visuelle Kommunikation). Hierzu gehören Straßen- und Wegebeschilderungen, Schilder an und in Gebäuden sowie die Integration von Werbung in die Objektgestaltung auf der Grundlage eines Informationsprogramms (Zielrichtung und Staffelung der Informationen). Dabei können Schilderformate, Farben und Schrifttypen, Normen sowie Symbole vorgegeben werden. Uneinheitliche oder unvollständige Wegweisungen schränken die Nutzbarkeit von Bauwerken besonders dann ein, wenn sich in ihnen überwiegend des Ortes Unkundige bewegen. Hierzu gehören Reisende in Bahnhöfen und Flughäfen, Personen in Behörden, großen Handels- und Freizeiteinrichtungen. Besonders kritisch kann dies im Brandoder Katastrophenfall sein. Die praktische Erfahrung zeigt, dass Beschilderungen von Bauanlagen besonders schwer zu planen sind, da das Verhalten von orientierungslosen oder in Panik befindlichen Personen nur schwer zu simulieren ist. Erst mit der Inbetriebnahme zeigen sich fehlende oder mangelhafte Beschilderungen. Der Einsatz eines Sonderfachmanns (Schilderbeauftragter), der in enger Zusammenarbeit mit dem Hersteller und den Nutzern sowie Behörden (Feuerwehr) das vorgegebene Konzept, die Anordnung und die Anzahl der Schilder prüft und verbessert, ist vielfach unabdingbar. Zu einem entsprechenden Spezialisten für die Gestaltung und Vermarktung von Werbeflächen ist – bei entsprechend großen Bauvorhaben – aus wirtschaftlichen wie auch architektonischen Gründen ebenfalls zu raten.
80
3 Organisation des Planens und Bauens
Gegenstand von Planung und Ausschreibung projektübergreifender Systeme können z. B. Brandmeldeanlagen, Fernsehsysteme für Betrieb und Überwachung, Monitor- und Anzeigesysteme, Telefonanlagen, Mess-, Steuer- und Regelungstechnik/Zentrale Leittechnik, Schaltanlagen und Transformatoren, Fernheizungs- und Fernkälte-Übergabe-stationen, Parksysteme, Sicherheits- und Zutrittskontrollsysteme sowie die Schließanlagen der Bauwerke (einschließlich Raumnummerierung und Zutrittskontrollsysteme für Nutzer und für die Feuerwehr) sein. Die Einheitlichkeit der Konzeption und der Produkte – gegebenenfalls wird nur ein Hersteller beauftragt – sowie die rechtzeitige Kapazitätsbemessung von Verbrauchs- und Informationseinheiten, Leitungsnetzen, Unter- und Hauptzentralen sind Grundvoraussetzungen für die Funktionstüchtigkeit und Wirtschaftlichkeit der Anlagen. Die frühzeitige Vergabe großer Mengen von Elementen bzw. die Mitwirkung von Herstellern bei der Planung (funktionale Leistungsbeschreibung von Systemen) ist Chance und Risiko zugleich. Während einerseits aufgrund von hohen Stückzahlen günstige Einheitspreise erwartet werden dürfen, besteht andererseits durch die Mitwirkung von Produzenten wie auch durch die ausschnittsweise Planung der Spezialisten die Gefahr der zu hohen Technisierung und der Suboptimierung von Systemen zuungunsten des Gesamtbauvorhabens. Der Integration von Systemplanung und Gebäudeplanung in allen Planungsphasen ist besondere Beachtung zu schenken. Hierzu gehören die Vorgabe von Verbrauchs- und Leistungsdaten aus der Gebäudenutzung, ferner die Angabe von Raum- und Flächenbedarf sowie der notwendigen Raumeigenschaften (Installationsräume, Durchbrüche, Klimabedingungen) zur sachgerechten Unterbringung der Systeme für die Objektplanung. Große Bauvorhaben können nur dann in angemessener Zeit geplant und ausgeführt werden, wenn mehrere leistungsfähige Architektur- und Ingenieurbüros gleichzeitig planen und die Ausführung überwachen. Die Anwendung einheitlicher EDV-Werkzeuge (CAD, AVA) – zumindest aber einheitlicher Datenschnittstellen (z. B. DXF) – ist dabei im Hinblick auf eine abgestimmte Planung und Steuerung der baulichen Anlagen zu empfehlen. Die praktische Erfahrung zeigt, dass die Standardisierung verschiedener Datenschnittstellen gegenwärtig noch nicht befriedigend gelöst ist, insgesamt dürfte diese Schnittstellenproblematik aber in absehbarer Zeit behoben sein. Unter dem Lebenszyklusaspekt kommt der Gebäudenutzung und damit dem Facility Management (FM) eine große Bedeutung zu. Deswegen ist es für die Auswahl des CADProgramms ein wichtiges Kriterium, inwieweit dieses mit dem FM-Programm kompatibel ist. Überhaupt sollte die Einheitlichkeit und Vergleichbarkeit der Planungsergebnisse im Vordergrund stehen. Der Bauherr als Auftraggeber und Entscheidungsträger muss bei Verfahrensfragen im Auge behalten, wie hoch der Aufwand von Vereinheitlichung und Umstellung im Verhältnis zu dem Ergebnis umfangreicher Daten im Hinblick auf die kurz- und langfristige Anwendung (Planungskoordination, Gebäudenutzung) tatsächlich ist.
3.5 Zentralisation von Aufgaben bei großen Bauvorhaben
81
Die übergeordnete Terminplanung und -kontrolle durch ein auf diese Leistungen spezialisiertes Büro ist bereits eine klassische Projektsteuerungsaufgabe. Hier ist vom Auftraggeber ein Rahmenterminplan auf der Objekt- und Auftragsebene angesprochen. Sie ist mit der Finanzierungsplanung (Mittelabfluss) und der Planung der Inbetriebnahme zu verbinden. Entsprechendes gilt für die Kostenplanung und -kontrolle. Die Vorgabe von Ermittlungs- und Darstellungsmethoden (EDV-Formate), Kostenprüfungen sowie die Ausarbeitung von Vorschlägen zur Kostensenkung und die zusammenfassende Kostenberichterstattung können am besten als zentrale Aufgabe wahrgenommen werden. Das Problem der Bauschuttentsorgung sollte eigentlich kein Thema sein, da die ausführenden Firmen die Bauschuttbeseitigung – zumindest bei Aufträgen nach VOB – als Nebenleistung im Vertrag haben. Kommen dennoch die ausführenden Firmen ihren vertraglichen Pflichten trotz mehrfacher Aufforderung nicht nach, ist der Bauherr praktisch gezwungen, den Bauschutt durch einen Dritten entsorgen zu lassen, um die Behinderung von nachfolgenden Gewerken oder der Inbetriebnahme zu vermeiden. Hierbei erhält dann eine Firma für die Bauschuttentsorgung einen Rahmenvertrag und wird im Bedarfsfall tätig. Die Planverwaltung und Technische Dokumentation ist die wichtigste Grundlage für die Informationen vor und nach der Inbetriebnahme. Planer, Firmen und Bauherr benötigen jederzeit die Kenntnis des aktuellen Planungsstandes. Ein zentrales elektronisches Datenarchiv bzw. ein Projektraum trägt wesentlich zu einer wirtschaftlichen Projektorganisation bei. Die umfassende Verfügbarkeit von digitalen Plänen ermöglicht eine schnelle Prüfung und Freigabe von Plänen sowie eine schnelle Erstellung von Folgeplänen und ein vereinfachtes Änderungsmanagement und führt damit zu erheblichen Kosteneinsparungen. Eine zentrale Planverwaltung auf Bauherrenseite ist insbesondere dann geboten, wenn an einem Baukomplex mehrere Architektur- und Ingenieurbüros arbeiten. Eindeutige Vorgaben für die laufende und abschließende Dokumentation der Projekte sollten zu den ersten Aktivitäten der Projektentwicklung gehören. Die Inbetriebnahme einer Bauanlage ist genauso eine Planungs- und Organisationsaufgabe wie die eigentliche Planung von Bauwerken. Sie erfolgt allerdings ab dem Zeitpunkt der Inbetriebnahme sozusagen rückwärts und stellt dabei eine Rahmenbedingung für die Bauausführung dar. Es sind Abnahmetermine vorzugeben, Probebetrieb und gegebenenfalls Maßnahmen für die Stillstandswartung zu koordinieren sowie die Umzugsaktivitäten zu steuern. Die Inbetriebnahme ist wegen der zahlreichen Voraussetzungen und Abhängigkeiten zumindest zentral zu koordinieren.
4
Vorbereitung der Planung
Unabhängig von Art, Größe und Komplexität ist die Planung eines Bauwerks sorgfältig vorzubereiten. Bei Einfamilienhäusern und anderen eher kleinen Bauvorhaben erarbeiten der Bauherr und sein Architekt die Grundlagenermittlung. Bei großen komplexen Bauvorhaben wie Universitätsgebäuden, Krankenhäusern oder Flughafenanlagen ist eine Bedarfsplanung als eigenständige Leistung durch darauf spezialisierte Fachleute oder Beratungsunternehmen erforderlich. In jedem Fall ist ein Raum- und Funktionsprogramm unverzichtbar.
4.1
Bedarfsplanung
„Wenn es beim Bauen Probleme gibt, liegt das oft an einer ungenügenden Bedarfsplanung. Das heißt, die Bauaufgabe ist ungenügend definiert, die Bedürfnisse von Bauherren und Nutzern werden nicht ausreichend ermittelt und vermittelt. Nun werden Planen und Bauen immer komplexer, die Anzahl der Beteiligten wie die der technischen Möglichkeiten steigt. Das macht es erforderlich, zu Beginn einer Planung die Bauaufgabe umfassend zu definieren.“ (DIN 18205:1996-04, Bedarfsplanung im Bauwesen, S. 2) Voraussetzung für die Planung von Gebäuden, soweit es sich nicht nur um die Ideenfindung (z. B. Ideenwettbewerb) handelt, ist eine konkrete Aufgabenstellung, die den zu erfüllenden Bedarf des Bauherrn in qualitativer und quantitativer Hinsicht vorgibt und die Rahmenbedingungen insbesondere in rechtlicher, finanzieller und zeitlicher Hinsicht enthält. Dazu dient die Bedarfsplanung, deren Aufgabe es ist, „die wesentlichen Projektgrundlagen, die Bedürfnisse, Wünsche und Möglichkeiten von Bauherren und Nutzern gemeinsam mit diesen zu erfassen, zu analysieren und an die Planer und Ausführer verständlich weiterzugeben bzw. im Dialog mit ihnen zu vervollständigen.“ (Kuchenmüller, R. 1995, S.1589). Seit 1996 gibt es die DIN 18205 Bedarfsplanung im Bauwesen. In ihr ist die Bedarfsplanung definiert als ein Prozess, der darin besteht, „- die Bedürfnisse, Ziele und einschränkenden Gegebenheiten (die Mittel, die Rahmenbedingungen) des Bauherrn und wichtiger Beteiligter zu ermitteln und zu analysieren […] - alle damit zusammenhängenden Probleme zu formulieren, deren Lösung man vom Architekten erwartet.“ Die Bauaufgabe muss so offen formuliert werden, dass die Kreativität des Entwerfers stimuliert und keine Lösung präjudiziert wird.“ (DIN 18205:1996-04)
84
4 Vorbereitung der Planung
Da die Begriffe Bedürfnis und Bedarf häufig synonym verwendet werden und im Fall der Bedarfsplanung unterschiedlich zu verstehen sind, werden diese kurz erläutert. Wird ein Gebäude nicht vom Bauherrn selbst genutzt, sondern soll es verkauft oder vermietet werden, dann muss darüber hinaus die Nachfrage eingeschätzt werden, auch diese wird definiert. -
Bedürfnis: „Gefühl eines Mangels und der Wunsch, diesem abzuhelfen. Die Art der Bedürfnisse kann durch Instinkt, Tradition, Bildung, soziale Stellung und Ähnliches, auch durch Bedürfnislenkung (Werbung), geprägt sein. Für die Wirtschaftswissenschaft stehen diejenigen Bedürfnisse im Vordergrund, die am Markt als effektive Nachfrage wirksam werden. Unterschieden werden existenzielle Bedürfnisse oder Grundbedürfnisse (z. B. Nahrung, Kleidung) von Wohlfahrtsbedürfnissen, Luxusbedürfnissen und Prestigebedürfnissen sowie Individualbedürfnisse von Kollektivbedürfnissen (z. B. öffentliche Sicherheit).“ (http://lexikon.meyers.de/wissen/Bedürfnis, aufgerufen am 20.10.2008)
-
Bedarf: „Art und Menge der zur Befriedigung der Bedürfnisse notwendigen Güter. Nur ein Teil des Bedarfs (potenzielle Nachfrage) wird zur kaufkräftigen (effektiven) Nachfrage am Markt, z. B. aufgrund fehlender Kaufkraft oder Bedarfsdeckung über Eigenproduktion.“ (http://lexikon.meyers.de/wissen/Bedarf, aufgerufen am 20.10.2008)
-
Nachfrage: „Bezeichnung für die Absicht von Haushalten, Güter und Leistungen auf Märkten zu erwerben. Die Nachfrage eines privaten Haushalts nach Gütern und Leistungen wird von verschiedenen Kriterien wie der Bedürfnisstruktur, dem Nutzen, den die Güter stiften, dem Einkommen des Haushalts oder den Güterpreisen beeinflusst. Grundsätzlich gilt der Zusammenhang, dass bei steigendem Preis eines Gutes normalerweise die Nachfrage nach diesem Gut fällt. Umgekehrt führt ein sinkendes Einkommen zu sinkender Nachfrage der Haushalte.“ (Duden Wirtschaft von A bis Z, aufg. am 20.10.2008). Vergleiche dazu auch Abschnitt 2.2.1.
Die Bedarfsplanung ist grundsätzlich eine Aufgabe des Bauherrn und gehört nicht zu den (Grund-)Leistungen der Objektplanung nach § 33 HOAI (siehe Abschnitt 19.4). Sie kann allerdings als Besondere Leistung einem Architekten oder einem Bedarfsplaner übertragen werden. Außerdem kann die Mitwirkung bei der Bedarfsplanung wie andere delegierbare Bauherrenleistungen einem Projektsteuerer übertragen werden. Das AHO-Leistungsbild Projektsteuerung sieht in der Stufe Projektvorbereitung, Handlungsbereich B - Qualitäten und Quantitäten als Grundleistungen u.a. vor: -
„Mitwirken bei der Erstellung der Grundlagen für das Gesamtprojekt hinsichtlich Bedarf nach Art und Umfang (Nutzerbedarfsprogramm)
-
Mitwirken beim Ermitteln des Raum-, Flächen- oder Anlagenbedarfs und der Anforderungen an Standard und Ausstattung durch das Bau- und Funktionsprogramm“ (AHO-Fachkommission Projektsteuerung/Projektmanagement 2009, S. 10) Eine Bedarfsplanung wird auch von Bund und Ländern gefordert. Für Baumaßnahmen, die nach § 44 BHO/LHO gefördert werden sollen, ist die Verpflichtung zum Einsatz einer Bedarfsplanung mittelbar festgeschrieben. In der „Richtlinie für die Durchführung von Zuwendungsmaßnahmen“ (RZBau) wird für den Zuwendungsantrag u. a. auch die Vorlage einer Bedarfsplanung verlangt. [ … ] In welcher Form eine solche Bedarfsplanung zu erstellen sei, sagt die RZBau jedoch nicht. Ein ausdrücklicher Bezug auf die DIN 18205 fehlt.“ (Preussner, M. 2009, S. 417)
4.2 Grundlagenermittlung
4.2
85
Grundlagenermittlung
Die Verordnung über die Honorare für Architekten- und Ingenieurleistungen (Honorarordnung für Architekten und Ingenieure - HOAI) enthält für alle Leistungsbilder die Grundlagenermittlung als erste Leistungsphase. Es werden (Grund-)Leistungen und Besondere Leistungen unterschieden. Die Grundlagenermittlung wurde mit der am 01.01.1977 in Kraft getretenen ersten Fassung der HOAI, welche die Gebührenordnung für Architekten (GOA) und die Gebührenordnung für Ingenieure (GOI) ablöste, in die Leistungsbilder aufgenommen. Sie war im Leistungskatalog des § 19 GOA nicht enthalten. Das beruht im Wesentlichen darauf, dass die Grundlagenermittlung ursprünglich als Aufgabe des Bauherrn gesehen wurde. Die Leistungsphase 1. Grundlagenermittlung ist im Unterschied zu den projektorientierten Leistungsphasen 2 bis 9 „problemorientiert“. In ihr sollen die Probleme, die sich aus der Bauaufgabe, den Planungsanforderungen und den Zielvorstellungen ergeben, mit Hilfe der Grundleistungen und gegebenenfalls der Besonderen Leistungen untersucht, analysiert und geklärt werden. (Pfarr, K. 1984, S. 225) Die einzelnen (Grund-)Leistungen der Grundlagenermittlung sind in Anlage 11 (zu den §§ 33 und 38 Abs. 2) der HOAI geregelt. Sie sind zur ordnungsgemäßen Erfüllung eines Auftrags im Allgemeinen erforderlich: a) Klären der Aufgabenstellung, b) Beraten zum gesamten Leistungsbedarf, c) Formulieren von Entscheidungshilfen für die Auswahl anderer an der Planung fachlich Beteiligter, d) Zusammenfassen der Ergebnisse. Zum Klären der Aufgabenstellung gehört die Beantwortung wenigstens der Fragen: Was soll gebaut oder geändert werden? Dabei steht in der Regel die Nutzungsart, z. B. ein Wohngebäude, im Vordergrund. Deren Auslegung und deren Umfang soll durch ein Raumund Funktionsprogramm beschrieben werden. Soweit nichts anderes vereinbart wird, stellt der Bauherr dieses zur Verfügung. Die Bauabsicht soll als eine Maßnahme oder als eine Kombination der folgenden Maßnahmen eindeutig benannt werden: -
Gebäude, raumbildende Ausbauten, Freianlagen, Ingenieurbauwerke oder Verkehrsbauwerke,
-
Neubauten und Neuanlagen, Wiederaufbauten, Erweiterungsbauten, Umbauten, Modernisierungen, Instandsetzungen oder Instandhaltungen.
Was jeweils darunter zu verstehen ist, wird in § 2 HOAI:2009-08 definiert. Die so bezeichneten Maßnahmen unterscheiden sich in Bezug auf das Leistungsbild und die zu vereinbarende Vergütung des Auftragnehmers, die Termin- und Ablauforganisation, die voraussichtlichen Kosten, die Möglichkeiten der Finanzierung sowie weitere Gesichtspunkte zum Teil erheblich.
86
4 Vorbereitung der Planung
„Im Rahmen dieser Teilleistung hat der Architekt ferner die finanziellen Möglichkeiten des Auftraggebers auszuloten und den wirtschaftlichen Rahmen abzustecken. Schon hier hat er ferner einen groben Zeitplan für Planung und Bauausführung aufzustellen.“ Locher, H. u.a. 2002, S.512) Für den oben so bezeichneten wirtschaftlichen Rahmen nennt die DIN 276-1:2008-12 den Kostenrahmen als erste Kostenermittlung, bei der die Bauwerkskosten (KG 300 + 400 nach DIN 276-1) gesondert ausgewiesen sein sollen. Diese erste, möglichst vollständige Kostenermittlung versetzt den Bauherrn in die Lage, die Finanzierbarkeit seines Bauvorhabens zu überprüfen. Entsprechend ist es zweckmäßig, auch den Terminrahmen aufzustellen und damit den Planungsbeginn und – nach einem angemessenen Planungsvorlauf für alle Leistungsphasen bis zur Mitwirkung bei der Vergabe (LP 7) – den Baubeginn und den Abschluss der Baumaßnahme zu benennen. Auch wenn diese Aussagen noch nicht verbindlich sein müssen, so bieten sie doch sowohl für den Bauherrn wie auch für den Architekten und die fachlich Beteiligten eine wichtige Grundlage für die jeweils eigenen Planungen. Weiterhin ist festzustellen, ob ein Grundstück vorhanden oder der Standort noch zu bestimmen und ein geeignetes Grundstück zu erwerben ist. Größe und Zuschnitt des Grundstücks, genauer die planungsrechtlichen Voraussetzungen sind für die Bauabsicht von entscheidender Bedeutung. Diesbezüglich ist zu klären, ob z. B. ein qualifizierter Bebauungsplan vorliegt, der Art und Maß der baulichen Nutzung verbindlich vorgibt, oder welche anderen städtebaulichen oder bauordnungsrechtlichen Vorgaben zu beachten sind. Das Beraten zum gesamten Leistungsbedarf bezieht sich auf den Umfang und die Tiefe der Architektenleistungen und der Leistungen der fachlich Beteiligten. Der Bauherr soll erkennen, welchen Vorteil er hat, wenn alle Leistungsphasen beauftragt werden. Er soll weiterhin erfahren, welche Besonderen Leistungen gegebenenfalls in Betracht kommen, um die Objektplanung zu optimieren oder seinen eigenen Aufwand im Bereich der Bauherrenaufgaben zu vermindern. Die Leistungsbilder Gebäude und raumbildende Ausbauten sowie Freianlagen können folgende Besondere Leistungen im Rahmen der Grundlagenermittlung umfassen, vgl. Anlage 2 (zu § 3 Abs. 3) der HOAI, die Aufzählung ist nicht abschließend. -
Bestandsaufnahme,
-
Standortanalyse,
-
Betriebsplanung,
-
Aufstellen eines Raumprogramms (siehe Abschnitt 4.3),
-
Aufstellen eines Funktionsprogramms,
-
Prüfen der Umwelterheblichkeit (siehe Abschnitt 4.2),
-
Prüfen der Umweltverträglichkeit;
„Eine Bestandsaufnahme ist häufig zusätzlich erforderlich, falls eine ordnungsgemäße Ausführung der eigentlichen Architektenplanung erst erfolgen kann, wenn der auf dem Baugrundstück vor Planungsbeginn vorhandene Bestand an Gebäuden und sonstigen
4.2 Grundlagenermittlung
87
Baulichkeiten nach Lage, Beschaffenheit, Funktion sowie Aufmaß festgehalten worden ist. Gleiches gilt im Hinblick auf Außen- und Freianlagen, z. B. wegen der Umgebung, des Pflanzenbestandes usw. […].“ (Korbion, H. u.a. 1996, S. 664) „Die Bestandsaufnahme ist bei Wiederaufbauten, Erweiterungsbauten, Umbauten, Modernisierungen, Instandsetzungen oder Instandhaltungen unverzichtbar. Dazu zählt vor allem die technische Bestandsaufnahme durch stichprobenartigen Vergleich vorhandener Bestandspläne mit der Wirklichkeit, die maßliche Bestandsaufnahme durch Aufmaß an Ort und Stelle, Anfertigen entsprechender Aufmaßpläne).“ Hierbei können Leistungen der fachlich Beteiligten zusätzlich erforderlich sein. (Höbel, P. u.a. 1996, S. 86) Mit Hilfe einer Standortanalyse soll eine möglichst objektive Aussage über die heutige und künftige Qualität des Standortes und seine Lage getroffen oder für den gesuchten Standort formuliert werden. Darüber hinaus ist die Grundlage für eine Entscheidung zur Auswahl von möglichen Standorten zu schaffen. Vor allem die Qualität des Grundstücks wird durch seine Beschaffenheit und die unmittelbare Umgebung bestimmt. Dazu gehören neben dem Image und den Aktivitäten auf den Nachbargrundstücken vor allem die so genannten physischen Eigenschaften des Baugrundstücks, des Bau- und Planungsrechts und der Erschließung. Im Einzelnen sind zu beurteilen: -
Topographie und Bodenbeschaffenheit einschließlich Altlasten
-
technische Ver- und Entsorgung
-
unmittelbare Nachbarschaft, z. B. in Bezug auf eine Versorgung mit Dienstleistungen
-
Verkehrsanbindung für das geplante Absatz- bzw. Einzugsgebiet durch Öffentlichen Personennahverkehr, Zufahrtstraßen, Parkplätze, Fuß- und Radwege sowie die
-
Raumordnung und Bauleitplanung.
Gegenstand der Betriebsplanung sind in erster Linie die Prozesse des nutzenden Betriebes oder Haushaltes, für die ein Bauwerk errichtet oder verändert werden soll. Im Zusammenhang mit der Planung von Bauvorhaben sind aus dem Ergebnis der Betriebsplanung die Anforderungen an das Bauwerk abzuleiten, hierzu zählen Grundflächen, funktionale Zusammenhänge, das Raumklima und vieles mehr. Eine Betriebsplanung wird in der Regel der Planung von größeren baulichen Anlagen der technischen Infrastruktur, z. B. Bahnhöfe und Flughäfen, und sozialen Infrastruktur, z. B. Krankenhäusern, oder gewerblich genutzten Bauten, z. B. Automobilfabriken, Logistikzentren, häufig auch Hotels, vorangestellt. Die Betriebsplanung wird im Allgemeinen von Sonderfachleuten, vereinzelt auch von in dieser Hinsicht fachlich ausgewiesenen Architekten erbracht. Sie ist eine wesentliche Grundlage für das Raum- und Funktionsprogramm. Die Prüfung der Umwelterheblichkeit und der Umweltverträglichkeit bezieht sich auf die Position des Bauwerks in seiner Umwelt und die Einflüsse der Umwelt auf das Objekt. „Als Umweltverträglichkeitsprüfung wird die verpflichtende Überprüfung der Vereinbarkeit des Vorhabens mit der Umwelt innerhalb eines Verwaltungsverfahrens bezeichnet. […] Die Umweltverträglichkeitsprüfung dient der Entscheidungsfindung über die Zulässigkeit des Vorhabens.
88
4 Vorbereitung der Planung
Zweck der Prüfung ist es, vor der behördlichen Genehmigung die zukünftigen Auswirkungen des Vorhabens auf a) Menschen, Tiere, Pflanzen, Boden, Wasser, Luft, Klima und Landschaft sowie auf b) Kultur- oder sonstige Sachgüter zu ermitteln, zu beschreiben und zu bewerten.“ (http://www.juraforum.de/lexikon/umweltvertraeglichkeitspruefung, am 05.06.2012) Für derartige Untersuchungen sind Architekten üblicherweise nicht ausgebildet, hierfür wird im Regelfall ein Sonderfachmann einzusetzen sein. Die in der Honorarordnung aufgeführten Besonderen Leistungen, vgl. Anlage 2 (zu § 3 Abs. 3), bilden keinen abgeschlossenen Katalog. Über die Besonderen Leistungen zur Leistungsphase 1: Grundlagenermittlung hinaus kommt zum Beispiel in Betracht: -
Anfertigen von Darstellungen durch besondere Techniken, wie zum Beispiel Perspektiven, Muster, Modelle,
-
Aufstellen einer Bauwerks- und Betriebs-Kosten-Nutzen-Analyse,
-
Kostenberechnung durch Aufstellen von Mengengerüsten oder Bauelementkatalog,
-
Aufbereiten des Zahlenmaterials für eine Objektdatei.
Die Besonderen Leistungen bedürfen der gesonderten Vereinbarung hinsichtlich Inhalt und Vergütung. Der Auftragnehmer hat die Leistungen vorab zu definieren, den Aufwand zu schätzen und dem Bauherrn ein Preisangebot zu unterbreiten. Zum Formulieren von Entscheidungshilfen für die Auswahl anderer an der Planung fachlich Beteiligter zählen bei Gebäuden und raumbildenden Ausbauten die Entscheidungen zur Einschaltung eines Tragwerksplaners und der Fachingenieure für die Planung der Technischen Anlagen sowie eines Baugrundgutachters sowie weiterer Berater. Der Objektplaner hat dem Bauherrn die Aufgaben und das Erfordernis der an der Planung fachlich Beteiligten zu erläutern und auf die Notwendigkeit des zeitgerechten Einsatzes hinzuweisen. Er hat damit die Möglichkeit, auf leistungsfähige Planungsbüros hinzuweisen. Weiterhin soll er die Höhe der dafür erforderlichen Planungskosten einschätzen und dem Bauherrn mitteilen. Zu den an der Planung fachlich Beteiligten und ihren Leistungen gehören insbesondere: -
Vermessungsingenieur; er fertigt die Flächen- und Höhenaufmaße am Grundstück oder an gegebenenfalls vorhandenen Bauwerken an.
-
Baugrundgutachter; er untersucht, ob die Tragfähigkeit des gewachsenen Bodens für das geplante Objekt ausreichend ist, gegebenenfalls Bodenverbesserungen oder ein Bodenaustausch erforderlich sind, wie hoch das Grundwasser unter dem Grundstück steht und ob mit Schichtenwasser zu rechnen ist, weiterhin ob im Bereich der das Erdreich berührender Bauteile eine Drainage ausreicht oder ob eine aufwendige Gebäudeabdichtung notwendig wird.
4.2 Grundlagenermittlung
89
-
Tragwerksplaner; er liefert die Voraussetzungen für die Bemessung von Tragwerken (Standsicherheitsnachweis) und zur Begrenzung von Verformungen von Bauteilen, er fertigt konstruktive Unterlagen (Schal- und Bewehrungspläne).
-
Fachingenieure für die Planung der Technischen Anlagen; sie berechnen vor allem den Wärmebedarf, die Dimensionierung der Ver- und Entsorgungsleitungen und unterbreiten Vorschläge für die erforderlichen Installations- und Beleuchtungssysteme.
-
Bauphysiker sowie gegebenenfalls weitere Planer und Sonderfachleute.
Weiterhin ist die Funktion der Träger öffentlicher Belange (TöB) zu erläutern. Je nach Art und Größe des Bauvorhabens zählen dazu die Bauaufsichtsbehörde, das Landschafts- oder Denkmalschutzamt sowie weitere Ämter und Institutionen. Schließlich wird der Bauherr ausführende Firmen für die Erstellung des Bauvorhabens beauftragen. Die Darstellung der Unternehmenseinsatzformen der ausführenden Betriebe und die Varianten der praktischen Durchführung einschließlich der bauvertraglichen Grundzüge sollen bereits im Rahmen der Grundlagenermittlung erläutert werden, da diese hinsichtlich der Terminplanung und in gewissem Umfang auch mit der Kostenplanung im Zusammenhang stehen. Fragen der Planungstiefe, der Leistungsbeschreibung und des Bauvertrages werden in der vorliegenden Veröffentlichung in den entsprechenden Kapiteln ausführlich behandelt. Auf die Notwendigkeit frühzeitiger Entscheidungen, z. B. ob die Bauleistungen im Rahmen einer Fachlosvergabe oder durch die Beauftragung eines Generalunternehmers erfolgen sollen, haben auch auf die Organisation der Objektplanung wesentliche Auswirkungen. Das Zusammenfassen der Ergebnisse der Grundlagenermittlung erfolgt vorzugsweise schriftlich in der Form eines Protokolls oder eines Abschlussberichtes. Sie bilden die entscheidende Grundlage für die Werkverträge, welche der Bauherr mit dem Architekten und den fachlich Beteiligten schließt. Werden die in dieser Form vereinbarten Grundlagen im Verlauf der Planung geändert, dann sollen diese Änderungen ebenfalls dokumentiert werden. Teilweise erbringen Bauherren die Leistungsphase 1. Grundlagenermittlung selbst. Das ist häufig bei gewerblichen Bauherren und grundsätzlich immer bei öffentlichen Bauherren wie Bund, Länder und Kommunen der Regelfall. Für den Bauherrn Bundesrepublik Deutschland gelten die Richtlinien für die Durchführung von Bauaufgaben des Bundes (RBBau), herausgegeben vom Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (BMVBS). Entsprechendes gilt für die Länder als Bauherren unter Anwendung der Richtlinien für die Durchführung von Bauaufgaben des Landes (RLBau), herausgegeben von der jeweiligen Landesregierung. Hervorzuheben sind der darin geregelte und formgebundene Bedarfsnachweis für große Neu-, Um- und Erweiterungsbauten sowie insbesondere das Raum- und Funktionsprogramm. Wird die Grundlagenermittlung vom Bauherrn statt vom Architekten erarbeitet, soll dieser vom Auftraggeber diese in schriftlicher Form verlangen. Er soll sie auf jeden Fall überprüfen und erforderlichenfalls kritisch hinterfragen. Das betrifft insbesondere die Vereinbarkeit der Wünsche und Vorstellungen des Bauherrn mit dem Kosten- und dem Terminrahmen. Schließlich übernimmt der Architekt mit der anschließenden Planung und Überwachung eine nicht unerhebliche Verantwortung für den Projekterfolg.
90
4 Vorbereitung der Planung
4.3
Raum- und Funktionsprogramm
Auf die Grundlagen und die Bedeutung des Raum- und Funktionsprogramms wurde bereits hingewiesen. Gegenstand dessen sind Vorgaben für die Objektplanung in Form von -
einer Liste aller einzelnen, gegebenenfalls der Mehrzahl der Räume oder Funktionen mit Raumnummer, Nutzungsart oder Raumbezeichnung sowie Angabe der geforderten Grundfläche
-
Bemerkungen zu den Räumen und Funktionen hinsichtlich der geforderten Raumeigenschaften, z. B. Art und Anzahl der Nutzeinheiten oder Nutzungsprozesse, Raumerschließung und Geschosslage sowie Verbindung zu anderen Räumen und Funktionen oder zum Außenraum, Raumhöhe, Belichtung, Raumklima und Raumhygiene, Sicherheitstechnik, Ausstattung, gegebenenfalls Anforderungen zur Umnutzung oder konstruktiven Veränderbarkeit, Hinweise auf Normen, Richtlinien oder besondere Nutzeranforderungen
-
Funktionsschema mit einer funktionalen oder geometrischen Gesamtdarstellung des Objektes oder Matrix mit Darstellung der Gebäudeerschließung sowie der Beziehungen der Räume und Funktionen untereinander.
Grundlage des Raum- und Funktionsprogramms muss die gewünschte Organisationsstruktur des unterzubringenden Betriebes oder Haushaltes sein. Da jeder Neubau und (größere) Umbau die Chance einer Effizienzsteigerung bietet, sollte auch eine bestehende Organisationsstruktur in die Optimierungsüberlegungen einbezogen werden. Hier besteht ein fließender Übergang zur Unternehmensberatung. Im Raum- und Funktionsprogramm sind also die erforderlichen Räume aufzulisten und ihre geforderte Größe als Nutzfläche nach DIN 277 anzugeben (siehe Abschnitt 7.2.1) um die Anmerkungen hinsichtlich besonderer Anforderungen und Bedingungen zu ergänzen. Die übrigen Flächenarten – Technische Funktionsfläche, Verkehrsfläche und KonstruktionsGrundfläche – sind zum Teil entwurfsabhängig und insoweit nicht Teil des Raum- und Funktionsprogramms. Mittels entsprechender Verhältniszahlen lässt sich näherungsweise von der Nutzfläche auf die übrigen Flächenarten einschließlich der Netto- und Brutto-Grundfläche schließen. Das Raum- und Funktionsprogramm darf nicht nur den kurzfristigen Bedarf abbilden, sondern „die quantitative und qualitative Programmerarbeitung muß zukunftsorientiert sein. Es darf daher nicht einfach im Sinne einer Trendanalyse die Vergangenheit in die Zukunft fortgeschrieben werden. Neue Technologien, grundsätzliche organisatorische Veränderungen, der Wandel der Mitarbeiterstruktur etc. führen evtl. zu ganz neuen, deutlich veränderten Anforderungen. Umgekehrt können erwartete Veränderungen (z. B. kleiner werdende Zentraleinheiten der Datenverarbeitungsanlagen) im Flächenbedarf irrelevant bleiben, wenn solche Effekte durch andere Maßnahmen überkompensiert werden (z. B. mehr Peripheriegeräte).“ (Wiegand, J. 1995, S. 78) Ein häufiger Fehler bei Flächenangaben besteht darin, dass bei ungenügender Analyse der Planungsbedingungen der Flächenbedarf eines Bauwerkes unvollständig ermittelt oder an der unteren Grenze orientiert wird. Dies hat zur Folge, dass im Nachhinein die Planungsanforderungen (z. B. Anzahl Stellplätze) nicht erfüllt werden können.
4.3 Raum- und Funktionsprogramm
91
Ein vollständiges Raum- und Funktionsprogramm ist eine unverzichtbare Voraussetzung jeder Bauaufgabe. Diesbezüglich ist festzustellen: -
die Verantwortung für das Programm liegt beim Bauherrn
-
der Bauherr soll sich bei der Programmfindung beraten bzw. das Programm überprüfen lassen
-
auf der Grundlage des Programms sind die Machbarkeit, Kosten und Termine zu prüfen
-
die Programmplanung bietet die größten Chancen für ein wirtschaftliches Ergebnis
-
Änderungen des Programms (Art, Umfang, Zeit) während der Planung sind oft nicht zu vermeiden.
Flächenangaben im Raumprogramm beinhalten die erforderlichen Mindestflächen für einzelne Räume oder entsprechende Nutzeinheiten. Die Beschreibung und Unterscheidung von Flächen erfolgt nach der DIN 277:2005-02 Grundflächen und Rauminhalte von Bauwerken im Hochbau bzw. ergänzenden Regelungen. Es werden die Nutzflächen angegeben. Ein Funktionsprogramm bietet die Möglichkeit vor der Objektplanung wesentliche funktionale Zusammenhänge und Abläufe darzustellen und gegebenenfalls durch Berechnungen zu überprüfen und zu optimieren.
Abb. 4.1: Zuordnungsmatrix für ein Wohnhaus nach Funktionen (Brehmer, E. und Beckmann, H.-W. 2000, S. 167)
Abbildung 4.1 zeigt ein Funktionsdiagramm in Form einer Zuordnungsmatrix für ein Wohnhaus. Die einzelnen Räume werden durch die unterschiedliche Beziehungen (0, 1, 2, 3) verknüpft.
92
4 Vorbereitung der Planung
Beispiel: Raum- und Funktionsprogramm für Tageseinrichtungen für Kinder Ein Raum- und Funktionsprogramm von Tageseinrichtungen für Kinder, das der geforderten Platzzahl und der Betreuungsform entsprechen soll, kann im Einzelfall wesentliche Funktionen des Gemeinwesens aufnehmen oder um diese erweitert werden. Das kann ein Mehrzweckraum, der eine multifunktionale Nutzung auch für Gruppen oder Personen außerhalb der Einrichtung erlaubt, oder bestimmte Funktionsbereiche wie Werk- oder Malräume sein. Der Kommunalverband für Jugend und Soziales (KVJS) Baden-Württemberg, Dezernat Jugend- Landesjugendamt, spricht für den Bau von Kindertageseinrichtungen folgende Empfehlungen aus. „Für die Bauplanung einer Tageseinrichtung für Kinder sind für das Raumkonzept ausschlaggebend: -
Platzzahl und Anzahl der Gruppen Gruppenkonstellation (Alter der Kinder, Gruppeneinteilung, behinderte Kinder) Betreuungsformen (Ganztagesbetreuung und/oder Teilzeitbetreuung) Pädagogische Konzeption (feststrukturierte Gruppenarbeit, offene Gruppen/gruppenübergreifendes Arbeiten, funktionsorientiertes Arbeiten).“ (KVJS (Hrsg.) 2011, S. 3) Die funktionale Gliederung einer Tagesstätte umfasst nach den Empfehlungen des Kommunalverbandes für Jugend und Soziales (KVJS) Baden-Württemberg, Dezernat Jugend- Landesjugendamt, folgende Bereiche und Räume: - Eingangsbereich - Garderobe - Büro - Personalraum - Aufenthaltsbereich/Gruppenbereich - Zusatzraum für kreatives/künstlerisches Arbeiten - Schlafraum - Küche - Mehrzweckraum - Sanitärbereich - Personaltoilette - Abstell- und Materialräume - Hauswirtschaftsraum - Putzmittelraum sowie einen Außenspielbereich. (KVJS (Hrsg.) 2011, S. 4-6) Weiterhin sollen nach den Empfehlungen des KVJS für den Bau von Kindertageseinrichtungen je nach Gruppengröße (ein bis vier Gruppen) von folgenden Grundflächen ausgegangen werden.
4.3 Raum- und Funktionsprogramm Raumbedarf/-flächen
93 1 Gruppe
2 Gruppen
3 Gruppen
4 Gruppen
Aufenthalts- und Kleingruppenraum (ca. 45 + 20 m²)
65 m²
130 m²
195 m²
260 m²
Zusatzraum (Mal- und Werkbereich)
12 m²
14 m²
14 m²
16 m²
Elterngesprächszimmer Mehrzweckraum
15 m² -
50 m²
60 m²
60 m²
10 m²
12 m²
14 m²
14 m²
-
-
16 m²
20 m²
8 m²
10 m²
12 m²
14 m²
Halle/Flur/Eingangsbereich
60 m²
70 m²
70 m²
70 m²
Sanitärbereich/Wickelbereich
10 m²
14 m²
18 m²
Personal-WC
3 m²
3 m²
3 m²
3 m²
Materialraum
8 m²
16 m²
24 m²
32 m²
Geräteraum
8 m²
10 m²
12 m²
14 m²
Putzraum
3 m²
3 m²
5 m²
5 m²
Haushaltsraum und Hausanschluss
8 m²
8 m²
10 m²
10 m²
Büro Personal-/Besprechungszimmer Küche
Abb. 4.2:
20 m² (2 x 10)
Flächen für ein- bis viergruppige Kindertageseinrichtungen nach KVJS
(KVJS (Hrsg.) 2011, S. 9)
Die Flächenangaben beinhalten die Nutzfläche (NF), die Verkehrsfläche (VF), also Halle, Flur und Eingangsbereich, sowie die Technische Funktionsfläche (TF) hier Heizungsraum und Hausanschluss. Die Summe der Flächen ergibt die Netto-Grundfläche (NGF) des Gebäudes nach DIN 277:2005-02. Auf der Grundlage ausschließlich der Nutzfläche kann mit Hilfe statistischer PlanungsKennwerte (BGF/NF) die Brutto-Grundfläche der Kindertagesstätte ermittelt werden. Es stehen als Planungs-Kennwerte zur Verfügung: Kindergarten, unterschiedliche Standards - Planungskennwerte
BGF/NF
Kindergarten, nicht unterkellert, einfacher Standard
147,2 %
Kindergarten, nicht unterkellert, mittlerer Standard
151,2 %
Kindergarten, nicht unterkellert, hoher Standard
150,6 %
Kindergarten, unterkellert
150,2 %
Durchschnittswert
149,6 %
Abb. 4.3:
Planungskennwerte (BGF/NF) für Kindergärten
(BKI (Hrsg.) 2011, S. 176 bis 213)
94
4 Vorbereitung der Planung
Die Abbildung 4.4 zeigt beispielhaft ein Funktionsprogramm für eine Kindertageseinrichtung für 3 Gruppen. Die innere Erschließung wird durch den angegebenen Flur dargestellt. Wichtige Beziehungen, die in der Regel durch eine Tür, z. B. Gruppenraum zu Freiraum, oder in Form einer Durchreiche, z. B. Küche/Vorrat zu Speisesaal, zu realisieren sind, können in dieser Form einfach dargestellt werden. Für den Bauherrn ist das Funktionsprogramm eine gute Möglichkeit, um die von ihm gewünschten Flächen- oder Raumbeziehungen aufzuzeigen. Für den Architekten ist es eine gute Orientierung für den Entwurf, dabei ergeben sich in der dreidimensionalen Umsetzung viele Möglichkeiten hinsichtlich der Gestaltung wie auch der Anordnung von Geschossen.
Büro WC
Gruppenraum I
Mal- u. Werkbereich
Garderobe
Nebenraum I
Elterngespräche
Außenbereich
S
Flur
Gruppenraum II
Küche & Vorrat
Nebenraum II S
Speisesaal
Garderobe
Gruppenraum III Lager Nebenraum III
Abb. 4.4:
Eingang
Funktionsprogramm für eine Kindertageseinrichtung (3 Gruppen)
S = Sanitär/Wickelbereich
5
Wirtschaftliche Planung
In Anlehnung an Wöhes Definition der Planung ist unter wirtschaftlicher Planung die gedankliche Vorwegnahme eines zukünftigen Handelns zu verstehen, wobei durch Bildung und Auswählen von Varianten ein Planungsziel unter Maximierung der Output-InputRelation (Nutzen-Kosten-Relation, Rendite o. Ä.) erreicht werden soll. Wirtschaftliche Planung - und dasselbe gilt für das Entwerfen - ist keine spezielle Art von Planung, sondern sie legt lediglich besonderes Gewicht auf die wirtschaftlichen Einflussmöglichkeiten der Planung. Sie berücksichtigt in besonderer Weise wirtschaftliche Zielgrößen während des gesamten Planungsprozesses, sie führt aber nicht zu einem prinzipiell anderen Planungsablauf. Wirtschaftliche Planungsergebnisse können auf unterschiedlichen Wegen zustande kommen: Sie können als „die Lösung“ dem Planer vor seinem geistigen Auge erscheinen und zu Papier gebracht werden oder sie können durch systematisches Vorgehen schrittweise erarbeitet werden. Insoweit ist auch Joedicke zuzustimmen, wenn er sagt, „systematische Methoden sind nicht der einzig mögliche oder sinnvolle Weg des Vorgehens beim Entwurf.“ (Joedicke, J. 1976, S. 7) In diesem Buch soll und kann keine Anleitung dafür gegeben werden, wie man sich die Fähigkeiten eines „großen Meisters“ aneignet, der wirtschaftliche Entwurfslösungen in einem Wurf zu Papier bringt. Hier soll vielmehr eine Methodik der wirtschaftlichen Planung für den systematisch vorgehenden Planer dargestellt werden. Unabhängig davon kann auch der weniger methodisch arbeitende Planer unschwer einzelne planungsökonomische Instrumente herausgreifen und nach Bedarf einsetzen. Systematisches Entwerfen besteht - ausgehend von einer Aufgabenstellung in Form eines Raum- und Funktionsprogramms - aus einem schrittweisen und detaillierter werdenden Prozess der Variantenbildung, Variantenbewertung und -auswahl (siehe Abbildung 5.1). Dabei ist die Variantenbewertung jeweils anhand des bzw. der Vorteilhaftigkeitskriterien, die sich aus der Zielsetzung ergeben, vorzunehmen.
5.1
Variantenbildung
Bei der Entwicklung von Lösungen und deren Variation handelt es sich um diejenige Entwurfsphase, in der Kreativität am meisten gefordert ist. Diesen Vorgang kann man durch verschiedene Kreativitätstechniken unterstützen, so z. B. durch den Morphologischen Kasten (Zwicky, F. 1989). Dabei wird das Gesamtproblem in einzelne Teilprobleme zerlegt und für jedes Teilproblem die möglichen Lösungen zusammengestellt.
96
5 Wirtschaftliche Planung
RAUMPROGRAMM
Räume
m²
W E K B S S A F
25 6 10 5 18 18 15 8
Wohnen Essen Küche Bad Schlafen Schlafen Arbeiten Flur
ENTWURFSSTUFE 1 Variantenbildung
Variante 1.1
Variante 1.2
Variante 1.3
K E
K
K E
W F
K B
A
W1.1
Variantenauswahl
F W
S
S
Variantenbewertung
E
B
A
S
S F
K W
S
S
A
W1.3
W1.2
nein
B
ja
nein
ENTWURFSSTUFE 2 Variantenbildung
Variante 2.1 E
K
Variante 2.2
F
K B
E W
Variantenbewertung
Variantenauswahl
A
S
S
B
F
W
W2.1
ja
ENTWURFSSTUFE 3
Abb. 5.1:
S
S
Stufenweiser Prozess der Variantenbildung, -bewertung und -auswahl
A
W2.2
nein
5.2 Variantenbewertung und -auswahl
97
Bei der Planung von Gebäuden kann man die einzelnen - optimal zu gestaltenden - Gebäudemerkmale als Teilprobleme auffassen und in die Kopfspalte des Morphologischen Kastens eintragen; die denkbaren Merkmalsausprägungen werden dann in der jeweiligen Zeile ausgewiesen (siehe Abbildung 5.2). Durch Kombination der verschiedenen Merkmalsausprägungen - in Abbildung 5.2 durch eine „Lauflinie“ gekennzeichnet - ergibt sich eine außerordentlich große Lösungsvielfalt und darunter ganz überraschende Lösungsmöglichkeiten, allerdings auch viele unzweckmäßige und sogar unzulässige Lösungen. So ist z. B. die Merkmalsausprägung (ein) Kfz-Stellplatz, Lage: im Haus (KG) kaum vereinbar mit der Ausprägung Kfz-Stellplatz, Standard: offener Stellplatz. Der Kreativität fördernde Effekt des Morphologischen Kastens besteht darin, dass sich der Planer für neue Ideen öffnet, indem ihm die für die verschiedenen Gebäudemerkmale grundsätzlich möglichen Ausprägungen vor Augen geführt werden. Bei der Variantenbildung ist die Entwicklung von Ausgangsvarianten und deren Weiterentwicklung zu unterscheiden. Bei der Entwicklung einer oder mehrerer Ausgangsvarianten wird man dem Ziel einer hohen Wirtschaftlichkeit durch Berücksichtigung von wirtschaftlichen Leitbildern und allgemeinen oder persönlichen Wirtschaftlichkeitserkenntnissen am ehesten nahe kommen. Hierzu gehören im Allgemeinen gültige Erkenntnisse wie z. B.: kompakte Baukörper sind kostengünstig, zumindest solange sie nicht wegen einer zu großen Tiefe künstlich belichtet und belüftet werden müssen; Hochhäuser – besonders solche knapp über der Hochhausgrenze – sind relativ aufwendig; nach Süden geöffnete, aber mit ausreichendem Sonnenschutz versehene Außenwände führen zu niedrigen Energiekosten; WC-Becken unterhalb der Rückstauebene verursachen hohe Kosten (Abwasserhebeanlage); bereits in Serie gefertigte Bauelemente kosten weniger als individuelle Lösungen; einfache Konstruktionsweisen erhöhen den möglichen Selbsthilfeanteil, offene Mittel- und Großgaragen sind kostengünstiger als geschlossene. Bei der Weiterentwicklung einer Ausgangsvariante verfolgt der Planer das Ziel, mögliche Schwachstellen dieser Lösung auszumerzen. Dabei kann er auf der im nächsten Abschnitt behandelten Wertung dieser und ggf. anderer Ausgangsvarianten aufbauen. Eine solche Bewertung lässt vielfach erkennen, wo sich in der bisherigen Lösung Ansatzpunkte zur Verbesserung der Wirtschaftlichkeit befinden - ob auf der Nutzenseite bei den funktionalen und gestalterischen Zielen oder auf der Kostenseite. Dementsprechend wird er eine unterschiedliche Vorgangsweise bei der Varianten-Weiterentwicklung wählen. Abbildung 5.3 zeigt eine Übersicht über die prinzipiell möglichen Vorgehensweisen.
5.2
Variantenbewertung und -auswahl
Mit der Bewertung soll die Eignung einer Variante für einen bestimmten Zweck, für die formulierte Zielsetzung beurteilt werden. Will man sich dabei nicht mit einem Pauschalurteil begnügen, so muss man entsprechend den verschiedenen Teilzielen, aus denen sich das Gesamtziel zusammensetzt, mit Teilurteilen arbeiten und kann so das Gesamturteil nachvollziehbar machen.
Abb. 5.2: Pultdach 7,00 m - 7,50 m 10,00 m - 11,00 m Außenkern zweiläufig nur Erker Mauerwerk mehrschalig Mauerwerk Dachträger im Haus (EG) Car-port 100 m2 - 150 m2 50 m2 - 75 m2 mittel
Satteldach bis 7,00 m bis 10,00 m Innenkern einläufig keine Anbauten Mauerwerk einschalig offener Grundriss Stahlbeton im Haus (KG) Garage bis 100 m2 bis 50 m2 niedrig
Dachform Gebäudebreite (ohne Anbauten) Gebäudetiefe (ohne Anbauten) Gebäudeerschließung Form der Treppe Fassade, Anbauten Außenwände Innenwände Geschossdecken Kfz-Stellplatz, Lage Kfz-Stellplatz, Standard Wohnfläche Gewerbefläche Standard
teilweise unterkellert zweigeschossig nicht ausgebaut
voll unterkellert eingeschossig ausgebaut
eigene Wohnnutzung mit Gewerbe
Kellernutzung Geschossigkeit Dachnutzung
nicht vorhanden ausschließlich eigene Wohnnutzung
Reihenhaus Ecktyp freistehend
freistehend
Morphologischer Kasten: Wohnhaus dreiläufig nur Windfang Beton mit Dämmung Leichtbaukonstruktion Holzbalken am Haus (Anbau) offener Stellplatz 150 m2 - 200 m2 75 m2 - 100 m2 hoch
Peripherer Kern
11,00 m - 12,00 m
Kriechkeller dreigeschossig Ausbau möglich oder vorgesehen Mansarddach 7,50 m - 8,00 m
Reihenhaus Mitteltyp gereiht Ecktyp eigene Wohnnutzung mit Einlieger
Ausprägung der Gebäudemerkmale Ost-West
Nord-Süd
Gebäudemerkmale
Orientierung des Gebäudes Hauptgebäude Bauweise Nebengebäude Bauweise Gebäudenutzung
freistehend kein Stellplatz 200 m2 - 250 m2 100 m2 und mehr
Integrierte Erschließung gebogen nur Wintergarten Holz mit Dämmung Stahlbeton
12,00 m und mehr
Flachdach 8,00 m - 8,50 m
gereiht Mitteltyp eigene Wohnnutzung mit Gewerbe und Einlieger nicht unterkellert
250 m2 und mehr
sonstiges
gewendelt mehrere Anbauten
8,50 m und mehr
98 5 Wirtschaftliche Planung
Abb. 5.3:
Strategien zur Erhöhung der Wirtschaftlichkeit Anreicherung der Fassaden mit gestalterischen Elementen: Verbesserung des Gesamteindrucks
Vergrößerung des Flächenangebotes: Verbesserung des Raumeindruckes
Erweiterung des Programms durch zusätzliche Räume: mehr individuelle Entfaltung
Verwendung dickerer Wände: verbesserter Schallschutz
u.a.
Verbesserung von Wege- und Sichtbeziehungen: Freiraumbezug, kurze Wege
Verbesserung der innenräumlichen Zonierung
Vereinheitlichung der Raumgestaltung: Erhöhung der Flexibilität
u.a.
u.a.
Verwendung besserer Materialien: Verbesserung des Raumeindruckes
bei erhöhtem Flächen- und Rauminhalt (BGF, BRI)
Verbesserung der Gestaltung
bei gleichbleibendem Flächen- und Rauminhalt (BGF, BRI)
Verbesserte Erfüllung der funktionalen Anforderungen
Erhöhung des Nutzens
u.a.
intensive Begrünung von Dachflächen: Regenwasseraufnahme, verbessertes Mikroklima
Verwendung natürlicher Baustoffe: angenehmeres und gesundes Raumklima
geringere Grundfläche des Gebäudes: geringere Bodenversiegelung
Verbesserte Erfüllung von ökologischen Anforderungen
Kosten
Nutzen
u.a.
Verringerung oder Überlagerung von Nutzflächen: geringere Fläche bzw. kleinerer Baukörper (BGF, BRI, Energie, Instandsetzung
verdichtete Bauweise: geringere Fläche Baugrundstück
u.a.
vorbeugende Instandsetzung: geringerer Folgeaufwand
Verzicht auf Trennwände: weniger Ausbau (Innenwandfläche) kompakter Baukörper: weniger Hüllfläche (Außenwandflächen, Dachflächen, Energie)
u.a.
u.a.
Verwendung preisgünstiger, aber möglicherweise kurzlebiger Baustoffe: geringere Anfangsbelastung verbesserter Wärmeschutz: geringerer Energieverbrauch
Grundrissvariation: z.B. Reduzierung der Außenwandfläche zu Lasten der Innenwandfläche
Rationalisierung der Baudurchführung: niedrigere Einheitspreise
einfache Details: kostengünstige Instandhaltung
Erbpacht: kein Grundstückskauf
Optimierung durch zeitliche und sachliche Substitution
dezentraler Standort: niedrigere Grundstückspreise
Reduzierung einzelner Einheitspreise
Senkung der Bau- und Folgekosten
bei gleichbleibenden Flächen und Rauminhalt (BGF, BRI)
Reduzierung einzelner Mengen
bei verringerten Flächen und Rauminhalt (BGF, BRI)
Erhöhung der Wirtschaftlichkeit
5.2 Variantenbewertung und -auswahl 99
100
5 Wirtschaftliche Planung
An die möglichen Prädikate eines Teilurteils sind folgende Anforderungen zu stellen: (1) Es müssen wenigstens zwei Prädikate zur Auswahl stehen (z. B. „geeignet“ und „ungeeignet“). (2) Für die Prädikate muss eine Rangfolge vereinbart sein oder werden (z. B. sehr gut, gut, befriedigend, ausreichend, ungenügend; wobei „sehr gut“ besser ist als „gut“ usw.). Bei quantitativen Kriterien (z. B. Brutto-Rauminhalt), vor allem bei monetären Kriterien (z. B. Kosten, Rendite) sind diese Anforderungen grundsätzlich erfüllt. Außerdem muss festgelegt werden, wie die Teilurteile zum Gesamturteil zusammenzufassen sind. Dabei handelt es sich im Wesentlichen um eine Gewichtung und anschließende Zusammenfassung der einzelnen Teilurteile. Es können damit aber auch Ausschließlichkeitsbedingungen verbunden werden (z. B. ist eine Variante auszuscheiden, wenn bei einem bestimmten Kriterium nicht ein bestimmter Mindestwert erreicht wird). Diese Festlegung beinhaltet im Regelfall die Entscheidungsregel, denn natürlich ist die Variante mit dem besten Gesamturteil als vorteilhafteste auszuwählen und weiterzuverfolgen.
5.3
Ziele der wirtschaftlichen Planung
Wirtschaftliche Planung verlangt eine Optimierung des Verhältnisses von Output zu Input bei der auszuwählenden Lösung für das Planungsproblem. Will man hierbei nicht nur die monetären, sondern auch die nicht-monetären Größen berücksichtigen, so muss man das NutzenKosten-Verhältnis bilden. Hierbei stellt sich allerdings die Problematik der Nutzenermittlung und ihrer Objektivierbarkeit, auf die im Abschnitt 6.1 noch näher eingegangen wird. In der praktischen Anwendung haben aus diesem Grunde Vorgehensweisen mit primär monetärer Zielsetzung größere Bedeutung, wie z. B. Maximierung des Vermögens Minimierung der laufenden finanziellen Belastung bzw. des Folgeaufwandes Minimierung der Baukosten Minimierung der Grundflächen (mit entsprechender Erwartung hinsichtlich der Kosten). Diese Zielformulierung unter ausschließlicher Berücksichtigung quantitativer, insbesondere monetärer Größen macht sogleich die Problematik des Weglassens der nicht-monetären Aspekte deutlich: Führt z. B. die Baukostenminimierung noch zu einem qualitativ akzeptablen Gebäude? Deswegen wird in politischen Programmen, aber auch in der Werbung nicht vom kostenbzw. flächenminimalen Bauen, sondern vom kostengünstigen Bauen und vom flächensparenden Bauen gesprochen. Mit der Kurzform „kostengünstiges Bauen“ ist gemeint: weitestgehende Kostenreduzierung unter Wahrung eines angemessenen Qualitätsstandards.
5.4 Computerunterstützung beim Planen und Bauen
101
Praktische Bedeutung haben daher die o. g. monetären Zielsetzungen nur unter der ausgesprochenen oder stillschweigenden Annahme der Einhaltung eines Mindest-Qualitätsstandards. Im Sinne der Generationengerechtigkeit sind auch die Ziele der Nachhaltigkeitsstrategie zu berücksichtigen (siehe Abschnitt 2.5).
5.4
Computerunterstützung beim Planen und Bauen
Im Zuge der allgegenwärtigen Computerunterstützung (ubiquitous computing) hat der Computereinsatz auch die gesamte Architektentätigkeit von der Planung bis zur Ausschreibung, Objektüberwachung und -dokumentation durchdrungen. Dabei sind einerseits Darstellungsformen von ganz neuen Qualitäten entwickelt worden, und andererseits haben sich die Chancen effizienten Arbeitens vervielfacht. Allerdings werden die Chancen hierzu vielfach nicht genutzt, weil vielen Architekten ein ausreichender Überblick über die Vielzahl von digitalen Medien und deren Wechselwirkungen fehlt. Dies führt zu unnötigen Redundanzen und einer eingeschränkten Effizienz in der Architektenarbeit, speziell bei der Präsentation der Planungsergebnisse. Die Methodik der wirtschaftlichen Planung im Sinne eines schrittweisen Prozesses der Variantenbildung, -bewertung und -auswahl hat im Planungsalltag wegen des relativ hohen Arbeitsaufwandes für die Bewertung der einzelnen Varianten nur begrenzte Verbreitung gefunden. Durch die zwischenzeitliche Weiterentwicklung der computergestützten Planungswerkzeuge konnte der diesbezügliche Planungsaufwand erheblich reduziert werden. Dies gilt vor allem für die Kostenermittlung. Eine computergestützte Ermittlung des Nutzens beschränkt sich dagegen auf die quantifizierbaren Kriterien, während sich ästhetische und andere eher qualitativ orientierte Kriterien der computergestützten Bewertung verschließen. Am Lehrstuhl des Verfassers in Dresden ist eine CAD-Marktrecherche durchgeführt worden, um ein leistungsfähiges 3D-Programm zu finden, mit dem einerseits eine effiziente Editierung von Gebäuden (Variantenbildung) möglich ist und das andererseits über eine Schnittstelle verfügt, die es erlaubt, die vom Computer ermittelten Mengendaten in ein Tabellenkalkulationsprogramm zu übergeben. Dort sollte dann die Ermittlung der Bau- und Nutzungskosten bzw. der Anfangsbelastung nach unseren speziellen Anforderungen erfolgen. Als für unsere Ziele am besten geeignet, hat sich dabei das CAD-Programm MicroStation von Bentley Systems herausgestellt. Mittels eines am Lehrstuhl entwickelten Tools (Programmerweiterung) ist es uns seither möglich, Gebäude am Bildschirm zu entwerfen und mittels eines „Mausklicks“ die Kostenermittlung zu starten. Dies setzt natürlich voraus, dass die einzelnen Elemente des digitalen Gebäudemodells mit den entsprechenden Kostenattributen versehen sind (siehe Abbildung 5.4). Parallel dazu wurde eine Datenbank auf der Basis der SIRADOS-Elemente (siehe Abschnitt 8.4.1) entwickelt, welche neben den Element-Kostenkennwerten für die Herstellung auch Daten für den Heizwärmebedarf und Instandsetzungskosten beinhaltet. Leider sind sowohl das Tool und auch die Datenbank auf den heute verwendeten Versionen nicht mehr lauffähig, da die Weiterentwicklung anbieterseits eingestellt wurde.
102
5 Wirtschaftliche Planung
Wegen des großen Umfanges der Werkzeuge und des erforderlichen Spezialwissens werden durchgängige Gebäudemodelle, welche in allen Bereichen mit Datenbanken verknüpfbar sind und dennoch größtmögliche Entwurfsvielfalt und Variationen ermöglichen, nicht auf dem Markt angeboten. Die hier erforderliche Nachfrage könnte stärker induziert werden, wenn sich die Hochschulen bei der Entwurfslehre verstärkt der Virtuellen Realität zuwenden und damit die Entwicklung integraler und umfassender Entwurfswerkzeuge fördern würden. Sonst wird es noch längere Zeit dauern, bis der Computer bei der Variantenbewertung eine wirkliche Hilfe darstellt. Erst dann steht ein Planungswerkzeug zur Verfügung, das es dem Architekten erlaubt, mit vertretbarem Zeitaufwand eine schrittweise Verbesserung seines Entwurfes zu betreiben, bis eine Lösung erreicht ist, bei der weder eine weitere Erhöhung des Nutzens ohne unverhältnismäßige Kostensteigerung noch eine weitere Kostensenkung ohne unverhältnismäßige Nutzeneinschränkung möglich erscheint.
Abb. 5.4:
Computergestützte Variantenbildung mit integrierter Baukostenermittlung und der Ermittlung des Jahresheizwärmebedarfs sowie der finanziellen Belastung im 1. Jahr
6
Beurteilung der Vorteilhaftigkeit
Vorteilhaftigkeit ist - wie schon im Abschnitt 1.2 ausgeführt - ein Begriff aus der Investitionstheorie, der dort als Oberbegriff für die verschiedenen Arten von Resultaten bei der Bewertung von Investitionen verwendet wird. Als Grundlage für Planungsentscheidungen, aber auch für die nachträgliche Erfolgskontrolle sind Investitionen im Allgemeinen und Entwürfe im Besonderen auf ihre Vorteilhaftigkeit bzw. Wirtschaftlichkeit hin zu beurteilen. Die Vorteilhaftigkeit einer Investition kann nur in Bezug auf die Ziele eines Betroffenen und zwar in erster Linie des Bauherrn - beurteilt werden. Als Hauptziel des Bauherrn ist die Maximierung seiner privaten Lebensqualität anzusehen. Komplementär zu diesem Hauptziel ist das Ziel der Nutzenmaximierung bei gegebenen Einsatzmitteln bzw. Budget. Unter der häufig zugrunde gelegten Annahme, dass ein größeres Vermögen bzw. ein höheres Einkommen die Chance zu mehr Lebensqualität eröffnet, stellt auch das Ziel der Vermögens- bzw. Einkommensmaximierung ein komplementäres Ziel dar, d. h. ein Ziel, dessen Erreichung zugleich die Erfüllung des Hauptzieles fördert (Kruschwitz, L. 1985, S. 13). Die Beurteilung der Vorteilhaftigkeit einer Investition(-salternative) erfordert, dass man die zu erwartenden Wirkungen in Bezug auf die gesetzten Ziele bewertet. Im Hinblick auf die monetären Ziele sind die quantifizierbaren Konsequenzen mit Hilfe der Verfahren der Investitionsrechnung zu bewerten. Die nicht-monetären Wirkungen lassen sich durch die Investitionsrechnung nicht erfassen. Sie sind bei der Investitionsentscheidung zusätzlich zu berücksichtigen. Will man auch dies mittels einer systematischen Methode leisten, so bieten sich die Nutzen-Kosten-Untersuchungen an. Die wichtigsten Verfahren der Vorteilhaftigkeitsbeurteilung und ihre Gliederung sind in der Abbildung 6.1 wiedergegeben. Notwendige Bedingung für die Wirtschaftlichkeit einer Investition ist, dass der Output gleich oder größer ist als der Input: Wenn der Nutzen geringer ist als die Kosten, sollte man eine Investition unterlassen. Dies gilt – auf die rein monetäre Ebene übertragen – in gleicher Weise für Einnahmen und Ausgaben: Übersteigen die Gesamtausgaben die Gesamteinnahmen, so ist die Investition unwirtschaftlich. Betrachtet man die entgangenen Zinsen, die man mit dem eingesetzten Kapital hätte erwirtschaften können, als Input, so muss – damit Output > Input – der Erlös wenigstens so hoch sein wie die Kosten (einschließlich kalkulatorischer Zinsen, siehe Kostenvergleichsrechnung), bzw. der Kapitalwert darf nicht negativ sein (siehe Kapitalwertmethode). Neben dieser ersten (notwendigen) Bedingung muss auch noch die zweite (hinreichende) Bedingung erfüllt werden: Die Output-Input-Relation soll möglichst groß sein, d. h. beim Wirtschaftlichkeitsvergleich ist die Investitionsalternative auszuwählen, bei der das NutzenKosten-Verhältnis, der Gewinn, die Rendite o. Ä. am größten ist.
104
6 Beurteilung der Vorteilhaftigkeit Verfahren zur Beurteilung der Vorteilhaftigkeit von Investitionen
Nutzen-KostenUntersuchungen
Kosten-Nutzen-Analyse Nutzwertanalyse Kosten-WirksamkeitsAnalyse Ordinale Nutzenermittlung und Paarweiser Vergleich
Abb. 6.1:
Verfahren der Investitionsrechnung
Statische Verfahren
Dynamische Verfahren
Gewinnvergleichsrechnung Kostenvergleichsrechnung Statische Amortisationsrechnung Rentabilitätsrechnung
Kapitalwertmethode Annuitätenmethode Dynamische Amortisationsrechnung Interne Zinsfuß-Methode Vollständiger Finanzplan
Verfahren zur Beurteilung der Vorteilhaftigkeit von Investitionen
Bei der Anwendung der Verfahren zur Beurteilung der Vorteilhaftigkeit von Investitionen sind grundsätzlich drei Fälle zu unterscheiden: Beurteilung einer Einzelinvestition Auswahl aus mehreren Investitionsmöglichkeiten Beurteilung einer Ersatzinvestition. Bei der Beurteilung einer Einzelinvestition muss man überprüfen, ob die notwendige Bedingung (Output > Input) erfüllt ist, ob also die Investition einen (nicht-negativen) Gewinn erbringt bzw. einen gleich hohen oder höheren Nutzen stiftet, als Kosten dafür anfallen. Die hinreichende Bedingung, die auf die Bildung einer Rangfolge von Investitionsalternativen hinausläuft, ist hier nicht anwendbar, da es sich um eine Einzelinvestition handelt. Verfahren der Vorteilhaftigkeitsbeurteilung, die nur die Bildung einer Rangfolge ermöglichen, wie z. B. die Nutzwertanalyse, sind daher für die Beurteilung von Einzelinvestitionen nicht anwendbar – es sei denn, es gibt in einem bestimmten Anwendungsbereich ein anerkanntes Bewertungssystem wie z. B. das Schweizer Wohnungs-Bewertungs-System (WBS) oder das Bewertungssystem Nachhaltiges Bauen (BNB). Im Übrigen benötigt man zur Beurteilung von Einzelinvestitionen externe Vergleichswerte wie z. B. Kostenrichtwerte oder die Kapitalmarktrendite. Bei der Auswahl aus mehreren Investitionsmöglichkeiten ist zu entscheiden, ob überhaupt eine der zur Wahl stehenden Investitionsalternativen vorteilhaft ist und – wenn ja – welche die vorteilhafteste ist.
6.1 Nutzen-Kosten-Untersuchungen
105
Es muss also zunächst sichergestellt werden, dass zumindest eine Investitionsalternative die notwendige Bedingung (Output > Input) erfüllt, und dann kann die vorteilhafteste Alternative mit Hilfe eines Vorteilhaftigkeitskriteriums (Kosten, Kapitalwert, Rendite u. a.) ausgewählt werden. Dieser Vergleich alternativer Investitionen lässt eine wesentliche Vereinfachung im Rechengang zu: Man kann diejenigen Faktoren, die bei allen Vergleichsinvestitionen gleich sind, unberücksichtigt lassen, denn sie beeinflussen nur die absolute Höhe der Einzelergebnisse (und zwar bei allen Vergleichsinvestitionen in gleicher Weise), nicht jedoch deren Rangfolge. Beispiel: Beim Kostenvergleich zweier Flachdachkonstruktionen, die beide eine 20 cm dicke Stahlbetondecke enthalten, können die Kosten für die Stahlbetondecke unberücksichtigt bleiben, da sie bei beiden Alternativen gleich sind. Die danach ermittelten Kosten enthalten dann zwar nicht die Kosten der Stahlbetondecke, dennoch führt auch dieses vereinfachte Verfahren bei der teureren Flachdachkonstruktion zu den höheren Kosten. Da die Kosten der Stahlbetondecke bei beiden Alternativen gleich hoch sind, führt die Kostenermittlung – ob mit oder ohne Stahlbetondecke – in beiden Fällen zu derselben Rangfolge. Die Beurteilung einer Ersatzinvestition läuft ebenfalls auf einen Vergleich hinaus, und zwar ist die Vorteilhaftigkeit der Ersatzinvestition gegenüber der Alternative „bisherigen Zustand beibehalten“ zu beurteilen. Auch hierbei lässt sich der Vergleich durch Weglassen gleicher Faktoren z. T. erheblich vereinfachen. Beispiele für die Anwendung hierfür sind Bauunterhaltungsmaßnahmen und Altbaumodernisierungen (wobei diese durch die mit der Modernisierung verbundene Verbesserung des Wohnwertes über den engen Begriff Ersatzinvestition hinausgeht).
6.1
Nutzen-Kosten-Untersuchungen
Der Nutzen von Gebäuden kann sehr vielfältig sein und ganz unterschiedlich bewertet werden. Einerseits gehen der Investor und die Nutzer mit unterschiedlichen Maßstäben an die Beurteilung von Gebäuden heran, und andererseits sind Bauwerke stets auch von öffentlichem, d. h. gesellschaftlichem Belang. Sie sind jeweils eingebunden in eine natürliche Umgebung und stellen unter Umständen eine ökologische Belastung dar. Diese Auswirkungen können mit Hilfe von Bewertungssystemen für das nachhaltige Bauen berücksichtigt werden, die zu den Nutzen-Kosten-Untersuchungen gehören. Infolge der bei den Nutzen-Kosten-Untersuchungen im Rahmen einer Wirtschaftlichkeitsentscheidung gebotenen Berücksichtigung monetärer und nicht-monetärer Größen hat man es mit mehrdimensionalen Zielsystemen zu tun. Bei solchen Zielsystemen gibt es zwei prinzipielle Vorgehensweisen: Entweder man macht alle Zielgrößen – ungeachtet ihrer Verschiedenheit – gleichnamig oder man versucht, unter Wahrung der unterschiedlichen Dimensionen der Zielgrößen zu einer Vorteilhaftigkeitsaussage zu gelangen. Ein solcher Versuch ist im Abschnitt 6.1.4 Ordinale Nutzenermittlung und Paarweiser Vergleich dargestellt. Für die erstgenannte Vorgehensweise, bei der die verschiedenen Zielgrößen gleichnamig gemacht werden, gibt es verschiedene Wege: Bei der Kosten-Nutzen-Analyse werden auch nicht-monetäre Größen monetär bewertet, so dass sie anschließend mit den monetären Größen zusammengefasst werden können.
106
6 Beurteilung der Vorteilhaftigkeit
Bei der Nutzwertanalyse wird umgekehrt vorgegangen, und zwar wird dabei für alle Größen ein nicht-monetärer Nutzwert ermittelt. Einen dritten Weg geht die Kosten-WirksamkeitsAnalyse, bei der die nicht-monetären Größen zu den monetären Größen – jeweils zusammengefasst – ins Verhältnis gesetzt werden.
6.1.1
Kosten-Nutzen-Analyse
Die Kosten-Nutzen-Analyse wird vor allem angewendet, wenn über die Einzelmaßnahme hinaus auch gesamtwirtschaftliche Zielgrößen berücksichtigt werden sollen. Viele Infrastrukturmaßnahmen sind – obwohl sie laufende Zuschüsse erfordern – gesamtwirtschaftlich betrachtet vorteilhaft. Berücksichtigt man neben den Ausgaben nur die tatsächlichen Einnahmen, so sind die meisten unserer öffentlichen Verkehrseinrichtungen unwirtschaftlich. Bei einer gesamtwirtschaftlichen Vorteilhaftigkeitsbeurteilung müssen aber auch die externen Effekte wie geringere Umweltbelastung, weniger Ressourcenverbrauch, weniger Straßenbauarbeiten u. a. infolge des verringerten Individualverkehrs berücksichtigt werden. Hierfür wurde die Kosten-Nutzen-Analyse entwickelt. Bei diesem Verfahren werden die Kosten als Barwerte aller Ausgaben – in Abweichung von dem betriebswirtschaftlichen Kostenbegriff (siehe Kostenvergleichsrechnung) – ermittelt und vom Nutzen, dem Barwert aller Einnahmen und monetär bewerteten sozialen Erträge, abgezogen. Ziel ist es, eine größtmögliche positive Nutzen-Kosten-Differenz zu erreichen. Die Vorgehensweise im Einzelnen wird am Beispiel der Londoner Victoria-Linie in Abbildung 6.2 deutlich. Als soziale Erträge bzw. Nutzen werden hier Zeit- und Kostenersparnisse, aber auch der größere Komfort angesetzt. Die erforderliche Transformation der Komfortverbesserung in eine monetäre Größe, die kaum objektivierbar ist, zeigt deutlich die Grenzen der KostenNutzen-Analyse auf.
6.1.2
Nutzwertanalyse
Das Vorteilhaftigkeitskriterium der Nutzwertanalyse ist der Nutzwert, eine dimensionslose Ordnungszahl, die sich aus einer Punktbewertung ergibt. Dabei werden also alle Kriterien – auch die monetären – mit Punkten bewertet. Um eine weitgehend objektive Bewertung zu ermöglichen, sind für die einzelnen Kriterien Beurteilungsmaßstäbe zu entwickeln, die bei den monetären Kriterien zu einer Festlegung der Relation von Nutzwertpunkt zu Geldeinheit führen. Im Umkehrschluss kann man dann die Beurteilung von jedem Kriterium auch monetär angeben und ebenso ermitteln, wie viel Geldeinheiten z. B. die günstigere Besonnung oder die Barrierefreiheit einer Wohnung im Vergleich zu einer anderen wert ist. Diese – besonders in der Architektur – problematische Kopplung von nicht-monetären Nutzenaspekten mit Geldeinheiten findet sich z. B. bei dem Bewertungssystem Nachhaltiges Bauen (BNB). Diese Problematik wird andererseits vielfach dadurch umgangen, dass auf der einen Seite der Nutzwert der nicht-monetären Kriterien ermittelt und auf der anderen Seite der monetäre Aufwand und ggf. Ertrag zu einem Kennwert (Kosten, Kapitalwert u. a.) zusammengefasst werden und schließlich beide Seiten einander gegenübergestellt werden.
6.1 Nutzen-Kosten-Untersuchungen
107
jährlicher Betrag in Mio. Pfund Sterling
Messgrößen
JÄHRLICHE BETRIEBSKOSTEN
nachschüssiger Rentenbarwert bei 6 % über 20 Jahre in Mio. Pfund Sterling
1,41
16,17
ERTRÄGE für den auf die VictoriaLinie umgelenkten Verkehr (1) U-Bahn:
Zeit Komfort
0,38 0,35
4,36 4,01
(2) Eisenbahn:
Zeit
0,21
2,41
(3) Busse:
Zeit
0,58
6,65
(4) Autofahrer:
Zeit Kosten
0,15 0,38
1,72 4,36
(5) Fußgänger:
Zeit
0,02
0,23
Zwischensumme:
2,07
23,74
für den nicht umgelegten Verkehr
3,92
44,96
für den neu hinzugekommenen Verkehr
0,82
9,41
Gesamterträge
6,81
78,11
GESAMTERTRÄGE ./. LAUFENDE KOSTEN
61,94
HÖHE DER INVESTITIONEN (Wert der Kapitalausgabe)
38,81
Anmerkungen des Verfassers: Die Differenz der letzten beiden Zeilen ergibt einen Kapitalwert von + 23,1 Mio. Pfund Sterling, womit diese Investition als vorteilhaft zu beurteilen ist. Abb. 6.2:
Kosten-Nutzen-Analyse der Victoria-Line (U-Bahn-Linie in London)
(Beesley, M.E. und Foster, C.D. 1963, S. 49)
108
6 Beurteilung der Vorteilhaftigkeit
In diesem Sinne wird auch bei dem in der Schweiz (zur qualitativen Beurteilung von Wohnbauprojekten bei der Gewährung von Bundeshilfen) angewendeten Wohnungs-BewertungsSystem (WBS) verfahren, das ebenso wie das Bewertungssystem Nachhaltiges Bauen im Folgenden zur Erläuterung der einzelnen Verfahrensschritte der Nutzwertanalyse herangezogen wird. Der erste Schritt bei der Nutzwertanalyse ist das Aufstellen eines Katalogs von Kriterien bzw. Zielen, anhand derer der Grad der Zielerreichung beurteilt werden soll. Dieser Zielkatalog ist zweckmäßigerweise hierarchisch zu strukturieren (vgl. Zielbaum in Abb. 6.3). Globalziel: hoher Nutzen 1/1 Oberziel 1: gute Gestaltung
Oberziel 2: gute Funktionserfüllung
1/4
unabdingbar (conditio sine qua non)
3/4
Unterziel 1.1
Unterziel 1.2
Unterziel 1.3
Unterziel 2.1
Unterziel 2.2
1/3 2/24
1/6 1/24
1/2 3/24
2/3 12/24
1/3 6/24
Abb. 6.3:
Oberziel 3: sichere Konstruktion
Beispiel für einen Zielbaum mit drei Zielebenen
Alle Ziele, die jeweils am Ende eines Zielbaumastes angeordnet sind, werden bei der Einzelbeurteilung herangezogen (Ausnahme: die unabdingbare Forderung nach der sicheren Konstruktion). Da in der Regel nicht allen Zielen die gleiche Bedeutung zukommt, muss eine Gewichtung erfolgen. Dabei gibt man bei der kardinalen Vorgehensweise dem Globalziel z. B. die Gewichtung 1 und verteilt die Gewichtung der Oberziele so, dass ihre Summe wiederum 1 ergibt. Das Gewicht eines jeden Oberziels verteilt man dann vollständig auf die zu diesem Oberziel gehörenden Unterziele usw. Zur besseren Übersichtlichkeit sollte man schließlich die Gewichte aller Ziele auf der jeweils untersten Zielebene auf den kleinsten gemeinsamen Nenner bringen. Die Summe aller Zähler muss dann gleich diesem Nenner sein. Die Bewertung, d. h. die Feststellung des Zielerreichungsgrades erfolgt anhand von Merkmalen. „Das Mittel, um Zustände oder Ereignisse zu beschreiben, sind Merkmale.“ (Joedicke, J. 1976, S. 29) Wichtig ist, dass alle Vergleichsvarianten nach einheitlichen Maßstäben beurteilt werden. Dies ist nicht so selbstverständlich, wie es auf den ersten Blick scheint, denn sehr leicht fließen bei der Beurteilung der einen oder anderen Variante spontane Überlegungen ein. Um dies zu verhindern, ist es zweckmäßig, für jedes einzelne Kriterium einen Bewertungsmaßstab in Form einer Transformationsfunktion festzulegen, die jeder Merkmalsausprägung einen bestimmten Zielerreichungs- bzw. Erfüllungsgrad zuordnet. In den Abbildungen 6.5 und 6.6 sind hierzu zwei Beispiele wiedergegeben.
6.1 Nutzen-Kosten-Untersuchungen
109
Bei der kardinalen Bewertung wird zur Feststellung des Zielerreichungsgrades ein Punktesystem verwendet, z. B. in Form der folgenden Transformationsskala: Ziel voll erfüllt : 1 zum Teil erfüllt : 0,5 nicht erfüllt
: 0
Bei messbaren Merkmalen, wie z. B. der Entfernung zwischen zwei Räumen, kann auch eine Transformationskurve eingesetzt werden. Da die einzelnen Kriterien ein unterschiedliches Gewicht innerhalb des Zielsystems haben (eine ausreichende Raumgröße ist z. B. wichtiger als eine Durchreichmöglichkeit von der Küche zum Essplatz), können die einzelnen Teilurteile nicht einfach aufaddiert werden, sondern müssen vorher mit einem Gewichtungsfaktor multipliziert werden, der das Gewicht des betreffenden Kriteriums innerhalb des Zielsystems wiedergibt. Das Produkt aus Gewichtungsfaktor und Teilurteil ergibt den (Teil-)Nutzwert eines einzelnen Kriteriums und deren Summe den (Gesamt-)Nutzwert der zu beurteilenden Maßnahme. In Abbildung 6.7 ist die Ermittlung des Wohnwertes eines Reihenhauses in der Wohnsiedlung Aumatt II dargestellt, die nördlich von Bern in den Jahren 1983 – 85 von der ARB Arbeitsgruppe Bern geplant wurde. Vorteilhaft ist bei diesem Verfahren, dass der Entscheidungsprozess weitgehend objektiviert wird und nachvollziehbar bleibt. Dabei kann man dann auch im Sinne einer Sensitivitätsanalyse die Empfindlichkeit der Entscheidung in Abhängigkeit von Teilurteilen und Gewichtungsfaktoren feststellen. Dies ist insofern wichtig, als durch die zahlenmäßige Gewichtung und Bewertung ein Schärfegrad in das Beurteilungsverfahren eingebracht wird, der in dieser Ausprägung von dem Anwender häufig gar nicht beabsichtigt ist. Durch Variation der Bewertungen oder der Gewichtungsfaktoren innerhalb eines zwangsläufigen Unschärfebereiches kann man überprüfen, ob hiervon die Vorteilhaftigkeitsaussage beeinflusst wird. Da der Nutzwert eine dimensionslose Ordnungszahl ist, lassen sich mit der Nutzwertanalyse im Allgemeinen nur Rangfolgen von Investitionen bestimmen. Wenn allerdings – wie bei den im Folgenden vorgestellten Wohnungs-Bewertungs-System (WBS) und Bewertungssystem Nachhaltiges Bauen (BNB) – ein in einem bestimmten Anwendungsbereich anerkanntes Bewertungssystem entwickelt und Mindestwerte festgelegt wurden, dann ist auch eine Beurteilung von Einzelinvestitionen möglich. Wohnungs-Bewertungs-System (WBS) Das Wohnungs-Bewertungs-System ist ein in der Schweiz entwickeltes Verfahren zur Beurteilung von Wohnbauprojekten im Sinne der Förderung von qualitätvollen Wohnungen zu tragbaren Kosten. Dabei dient das Bewertungssystem als Qualitätsmaßstab und zur systematischen Beurteilung eingereichter Fördergesuche. Fördervoraussetzung ist eine MindestPunktzahl und die Einhaltung von Grenzwerten für die Erstellungskosten.
110
6 Beurteilung der Vorteilhaftigkeit
Das Wohnungs-Bewertungs-System erfasst den Nutzen für die Bewohnerschaft im Hinblick auf folgende Oberziele „Größe und Möblierbarkeit der Wohnung Angebot an gemeinschaftlichen Einrichtungen der Wohnanlage Schulen, Einkaufsmöglichkeiten und ÖV-Erschliessung des Wohnstandortes“, (http://www.bwo.admin.ch/wbs/00212/index.html?lang=de) Die zusammenfassende Bewertung dieser Oberziele ergibt den Gesamt-Wohnwert des Objektes. Der vollständige Zielbaum des Wohnungs-Bewertungs-System in der Ausgabe 1986 ist in Abb. 6.4 dargestellt. Verdienstvoll sind die diversen Transformationsfunktionen der Unterziele, die eine weitestgehend einheitliche Bewertung auch durch unterschiedliche Personen sicherstellen. Als Beispiele finden sich in Abb. 6.5 und 6.6 die Beurteilung der Fenster im Aufenthaltsbereich einer Wohnung im Hinblick auf Belichtung und Belüftung sowie die Orientierung der Individualräume nach der Himmelsrichtung. Der Erfüllungsgrad aller Beurteilungskriterien (Unterziele) des Wohnwertes I (Wohnwert der Wohnung) liegt zwischen 0 und 4. Ihre Gewichtung reicht von 3 für die Anzahl der Sanitärapparate im Hygienebereich bis 32 für die Fläche des Individualbereiches. Der maximal mögliche Wert der Wohnung beträgt 1548 Punkte. Die Ermittlung des Wohnwertes des Reihenhauses in der Wohnsiedlung Aumatt II bei Bern ist in Abb. 6.7 dargestellt (ohne den Nutzwert der Wohnanlage und des Wohnstandortes). Der erreichte Wohnwert von 1147 Punkten liegt weit über dem Durchschnitt der von P. MeyerMeierling in dem Gesamtbericht verglichenen 50 Wohnbauten, die im Mittel nur wenig mehr als die Hälfte der maximalen Punktzahl erreichen. (Meyer-Meierling, P. und Bundesamt für Wohnungswesen 2000) Bewertungssystem Nachhaltiges Bauen (BNB) In neuerer Zeit sind zwei weitgehend übereinstimmende Verfahren zur Bewertung der Nachhaltigkeit von Gebäuden und baulichen Anlagen entwickelt worden, nämlich das Bewertungssystem Nachhaltiges Bauen und das Deutsche Gütesiegel Nachhaltiges Bauen. Dem Verfahren nach gehören beide in die Kategorie der Nutzwertanalyse. Im Folgenden wird das Bewertungssystem Nachhaltiges Bauen (BNB) näher erläutert. Gemäß der von der Bundesregierung verabschiedeten Strategie für eine nachhaltige Entwicklung in Deutschland (siehe Kapitel 2.5) ist es naheliegend, dass die Nachhaltigkeitsziele auch beim Bauen und insbesondere beim Bauen der Öffentlichen Hand verfolgt werden.
6.1 Nutzen-Kosten-Untersuchungen
Abb. 6.4: Zielbaum des Wohnungs-Bewertungs-Systems (WBS) (Wiegand, J.; Aellen, K.; Keller, Th. 1994, S. 17 f.)
111
112
Abb. 6.5:
6 Beurteilung der Vorteilhaftigkeit
Transformationsfunktion zur Beurteilung der Fenster in einer Wohnung (Ausblick und Lüftungsmöglichkeit) (Wiegand, J.; Aellen, K.; Keller, Th. 1994, S. 50)
6.1 Nutzen-Kosten-Untersuchungen
Abb. 6.6:
113
Transformationsfunktion zur Beurteilung der Besonnung
(Wiegand, J.; Aellen, K.; Keller, Th. 1994, S. 50)
Dementsprechend hat das „Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (BMVBS), wissenschaftlich begleitet durch das Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR), […] in einer zweijährigen kooperativen Zusammenarbeit mit der Deutschen Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen e. V. (DGNB) einen ersten Kriterienkatalog zur ganzheitlichen Betrachtung und Bewertung von Nachhaltigkeitsaspekten für Gebäude entwickelt. Mit dem Bewertungssystem Nachhaltiges Bauen für Bundesgebäude des Bundesministeriums für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung steht erstmalig ein zum Leitfaden Nachhaltiges Bauen des BMVBS ergänzendes ganzheitliches quantitatives Bewertungsverfahren für Büro- und Verwaltungsbauten zur Verfügung. Die Bemühungen der deutschen Bundesregierung sind dabei darauf gerichtet - mit dem neuartigen ganzheitlichen Nachhaltigkeitsansatz - ein wissenschaftlich fundiertes und planungsbasiertes Bewertungssystem für nachhaltige Gebäude zu schaffen. Es zeichnet sich durch die umfassende Betrachtung des gesamten Lebenszyklus von Gebäuden unter Berücksichtigung der ökologischen, ökonomischen, soziokulturellen Qualität sowie den technischen und prozessualen Aspekten und durch ein transparent, objektiv nachvollziehbares Bewertungssystem aus.“ (http://www.nachhaltigesbauen.de/bewertungssystem-nachhaltiges-bauen)
114
6 Beurteilung der Vorteilhaftigkeit
Beurteilungskriterium
Erfüllungsgrad
Gewicht
Wohnwert
4 4 4 4 4 4 4 1,2 4 4 4 3 1 3,5 4 3,5 4
32 20 6 18 8 7 8 11 4 5 7 3 10 11 7 11 7
128 80 24 72 32 28 32 13 16 20 28 9 10 38 28 38 28 624
4 4 3 2 3 4 4
6 4 4 6 10 7 4
24 16 12 12 30 28 16 138
Raumaufteilung Individualbereich Raumaufteilung Gemeinschaftsbereich Bewegliche Raumteiler Nichttragende Trennwände Veränderung der Wohnungsgröße Teil-Wohnwert Raumaufteilung und Veränderbarkeit
2 2 2,5 2 -
21 14 23 24 16
42 28 57 48 175
Sanitärapparate Hygienebereich Bepflanzung Außenbereich Fenster Aufenthaltsbereich Fenster Küchenbereich Fenster Hygienebereich Besonnung Individualbereich Besonnung Gemeinschafts- und Außenbereich Schallschutz gegenüber Nachbarräumen Schallschutz innerhalb der Wohnung Teil-Wohnwert wohn-physiologische Eignung
4 4 2 2 2 2,5 4 2 4
3 5 8 6 6 8 12 15 10
12 20 16 12 12 20 48 30 40 210
Fläche Individualbereich Fläche Gemeinschaftsbereich Fläche Außenbereich Fläche Küchenbereich Fläche Hygienebereich Fläche Verkehrsbereich Fläche Abstellbereich Breite Individualbereich Breite Gemeinschaftsbereich Breite Außenbereich Breite Küchenbereich Breite Hygienebereich Breite Verkehrsbereich Stellwände Individualbereich Stellwände Gemeinschaftsbereich Stellwände Küchenbereich Stellwände Verkehrsbereich Teil-Wohnwert Möblierbarkeit Verbindung Eingang – Küche Verbindung Eingang – WC Verbindung Eingang – Gemeinschaftsbereich Verbindung Eingang – Individualbereich Verbindung Hygiene- – Individualbereich Verbindung Küche – Essbereich Verbindung zum Außenbereich Teil-Wohnwert Beziehungen
Gesamt-Wohnwert
Abb. 6.7:
1147
Wohnwertermittlung Wohnung Nr. 60 (Reihenhaus) Wohnsiedlung Aumatt II bei Bern (Grundrisse und Systemschnitt siehe Abb. 3-16a)
(Meyer, P. 1992, S. 60)
6.1 Nutzen-Kosten-Untersuchungen
115
Auch das Bewertungssystem Nachhaltiges Bauen arbeitet mit einem hierarchischen Zielsystem – und zwar mit folgenden Ebenen: Globalziel: Hauptkriteriengruppen: Kriteriengruppen: Einzelkriterien: Teilkriterien:
Nachhaltigkeitsqualität Ökologische Qualität u.a. Ressourceninanspruchnahme u.a. Flächeninanspruchnahme u.a. Zunahme der Siedlungs- und Verkehrsfläche
Das Bewertungssystem Nachhaltiges Bauen arbeitet mit drei Gewichtungsstufen und zwar zum einen auf der Ebene der Hauptkriteriengruppen und zum anderen auf der Ebene der Einzelkriterien. Die Gewichtung der fünf Hauptkriteriengruppen (Ökologische Qualität, Ökonomische Qualität, Sozio-kulturelle und funktionale Qualität sowie die zwei Querschnittsqualitäten Technische Qualität und Prozessqualität) kann der Abb. 6.8 entnommen werden. Außerhalb der Bewertung und Gewichtung bleiben die Standortmerkmale, die als Zusatzinformation ausgewiesen werden können.
Ökologische Qualität
Ökonomische Qualität
(22,5 %)
(22,5 %)
Soziokulturelle und funktionale Qualität (22,5 %)
Technische Qualität (22,5 %) Prozessqualität (10,0 %)
Standortmerkmale
Abb. 6.8:
Hauptkriteriengruppen des Bewertungssystems für Nachhaltiges Bauen
(http://www.nachhaltigesbauen.de/bewertungssystem-nachhaltiges-bauen)
Als zweite Gewichtungsstufe wird auf der Ebene der Einzelkriterien mit Bedeutungsfaktoren gearbeitet. Diese können folgende Werte annehmen: geringe Bedeutung mittlere Bedeutung hohe Bedeutung
1 2 3.
116
6 Beurteilung der Vorteilhaftigkeit
Unter Berücksichtigung dieser Gewichte und der Anzahl der Einzelkriterien je Hauptkriteriengruppe ergeben sich die Gewichte der Einzelkriterien gemäß Abb. 6.9. Jedes Kriterium wird gemäß Mess- und Bewertungsvorschrift maximal mit 100 Punkten (Zielwert) bewertet. Eine dritte Gewichtungsstufe gibt es bei Einzelkriterien, die in Teilkriterien unterteilt sind und denen unterschiedliche Bewertungsspannweiten zugewiesen sind, wie z. B.: 5.1.1 Projektvorbereitung Bedarfsplanung oder vergleichbare Planung Zielvereinbarung Architektenwettbewerb
max. Pkt 35 35 30.
Für die eindeutige und nachvollziehbare Bewertung der Einzel- und Teilkriterien gibt es entsprechende Mess- und Bewertungsskalen in Form von Nominalskalen (genannte Merkmalsausprägung ist erfüllt / nicht erfüllt), Ordinalskalen (Merkmalsausprägungen mit Festlegung der Reihenfolge) und Intervallskalen (eindeutige Maße für den Abstand von Merkmalsausprägungen, Zwischenwerte sind interpolierbar). Der Gesamt-Erfüllungsgrad beim Bewertungssystem Nachhaltiges Bauen ergibt sich als Summe der gewichteten Einzelergebnisse mit dem Maximalwert von 100%. Im Erfolgsfall wird den bewerteten Gebäuden und baulichen Anlagen ein Zertifikat für Nachhaltiges Bauen in Gold, Silber oder Bronze verliehen. Dabei werden folgende Erfüllungsgrade vorausgesetzt: Zertifikat
Gesamt-Erfüllungsgrad
Gold Silber Bronze
≥ 80 bis 100% ≥ 65 bis < 80% ≥ 50 bis < 65%.
Abschließend sei noch einmal auf die Problematik hingewiesen, die sich ergibt, wenn bei der Nutzwertanalyse monetäre Größen mit Nutzwertpunkten bewertet werden, wie es bei dem Bewertungssystem Nachhaltiges Bauen der Fall ist. Hier werden unter dem Einzelkriterium 2.1.1 Gebäudebezogene Kosten im Lebenszyklus die Kostengruppen 300 und 400 nach DIN 276 sowie ausgewählte Nutzungskosten nach DIN 18960 als Barwert ermittelt und mit folgender auszugsweiser Intervallskala für Neubau von Büro- und Verwaltungsgebäuden ohne Sonderbedingungen bewertet. Erfüllungsgrad Anforderungsniveau 100% 90% … 20% 10%
≤ 2.000 €/m2 BGF ≤ 2.180 €/m2 BGF … ≤ 3.440 €/m2 BGF ≤ 3.620 €/m2 BGF
Anhand dieser Tabelle lässt sich eine monetäre Nutzenbewertung von Maßnahmen der Barrierefreiheit folgendermaßen herleiten:
6.1 Nutzen-Kosten-Untersuchungen Nachhaltigkeitskriterien 1. 1.1 1.1.1 1.1.2 1.1.3 1.1.4 1.1.5 1.1.6 1.1.7 1.2 1.2.1 1.2.2 1.2.3 1.2.4 2. 2.1 2.1.1 2.2 2.2.1 3. 3.1 3.1.1 3.1.2 3.1.3 3.1.4 3.1.5 3.1.6 3.1.7 3.1.8 3.2 3.2.1 3.2.2 3.2.3 3.2.4 3.2.5 3.3 3.3.1 3.3.2 4. 4.1 4.1.1 4.1.2 4.1.3 4.1.4 5. 5.1 5.1.1 5.1.2 5.1.3 5.1.4 5.1.5 5.2 5.2.1 5.2.2 5.2.3 6. 6.1 6.1.1 6.1.2 6.1.3 6.1.4 6.1.5 6.1.6
Ökologische Qualität Wirkungen auf die globale und lokale Umwelt Treibhauspotenzial (GWP) Ozonschichtabbaupotenzial (ODP) Ozonbildungspotenzial (POCP) Versauerungspotenzial (AP) Überdüngungspotenzial (EP) Risiken für die lokale Umwelt Nachhaltige Materialgewinnung / Holz Ressourceninanspruchnahme Primärenergiebedarf nicht erneuerbar (PEne) Gesamtprimärenergiebedarf (PEges) u. Anteil erneuerbare Primärenergie (PEe) Trinkwasserbedarf und Abwasseraufkommen Flächeninanspruchnahme Ökonomische Qualität Lebenszykluskosten Gebäudebezogene Kosten im Lebenszyklus Wertentwicklung Drittverwendungsfähigkeit Soziokulturelle und funktionale Qualität Gesundheit, Behaglichkeit und Nutzerzufriedenheit Thermischer Komfort im Winter Thermischer Komfort im Sommer Innenraumhygiene Akustischer Komfort Visueller Komfort Einflussnahme des Nutzers Aufenthaltsmerkmale im Außenraum Sicherheit und Störfallrisiken Funktionalität Barrierefreiheit Flächeneffizienz Umnutzungsfähigkeit Zugänglichkeit Fahrradkomfort Sicherung der Gestaltungsqualität Gestalterische und städtebauliche Qualität Kunst am Bau Technische Qualität Technische Ausführung Schallschutz Wärme- und Tauwasserschutz Reinigung und Instandhaltung Rückbau, Trennung und Verwertung Prozessqualität Planung Projektvorbereitung Integrale Planung Komplexität und Optimierung der Planung Ausschreibung und Vergabe Voraussetzungen für eine optimale Bewirtschaftung Bauausführung Baustelle / Bauprozess Qualitätssicherung der Bauausführung Systematische Inbetriebnahme Standortmerkmale Standortmerkmale Risiken an Mikrostandort Verhältnisse am Mikrostandort Quartiersmerkmale Verkehrsanbindung Nähe zu nutzungsrelevanten Einrichtungen Anliegende Medien / Erschließung
Abb. 6.9:
Gewichtung der Nachhaltigkeitskriterien bei BNB
117 Gewichtung [22,500%] 3,375% 1,125% 1,125% 1,125% 1,125% 3,375% 1,125% 3,375% 2,250% 2,250% 2,250% [22,500%] 13,500% 9,000%
1,607% 2,411% 2,411% 0,804% 2,411% 1,607% 0,804% 0,804% 1,607% 0,804% 1,607% 1,607% 0,804% 2,411% 0,804% [22,500%] 5,625% 5,625% 5,625% 5,625% [10,000%] 1,429% 1,429% 1,429% 0,952% 0,952% 0,952% 1,429% 1,429% -
118
6 Beurteilung der Vorteilhaftigkeit
Der untere Grenzwert mit einem Erfüllungsgrad von 10 % ist gegeben, wenn die öffentlich zugänglichen Bereiche des Gebäudes nach DIN 18040-1 barrierefrei sind. Zur Erlangung des Zielwertes von 100 % müssen zusätzlich mind. 95 % der als Arbeitsstätten ausgewiesenen Bereiche (Nutz- und Verkehrsfläche) entsprechend den Anforderungen der DIN 18040-1 sowie der Aufenthaltsflächen im Außenbereich – falls vorhanden – barrierefrei sein. Dabei muss die bauliche Voraussetzung für die barrierefreie Ausgestaltung von Arbeitsplätzen für schwerbehinderte Menschen gemäß §71 des SGB IX erfüllt sein. Diese Erhöhung des Einzel-Erfüllungsgrades um 90 % = 0,9 führt durch Multiplikation mit der Gewichtung des Einzelkriteriums Barrierefreiheit von 1,607 % zu einer Erhöhung des Gesamt-Erfüllungsgrades von 0,9 * 1,607 % = 1,446 %. Auf der anderen Seite würde die Senkung des Barwerts der Lebenszykluskosten um (2.180 – 2.000 =) 180 €/m2 BGF den Einzel-Erfüllungsgrad der Gebäudebezogenen Kosten im Lebenszyklus um 10% und den Gesamt-Erfüllungsgrad um 0,1 * 13,500 % = 1,350 % erhöhen. Im nächsten Schritt kann man herleiten, dass die oben beschriebene Verbesserung der Barrierefreiheit zu derselben Erhöhung des Gesamt-Erfüllungsgrades wie eine Senkung des Barwertes der Lebenszykluskosten um 180 €/m2 BGF *1,446 / 1,350 = 193 €/m2BGF führt. Bei einem Bürogebäude mit 1.000 m2 BGF hätten diese Maßnahmen zur Verbesserung der Barrierefreiheit also einen Nutzwert von 193.000 €. Ähnlich fragwürdige Relationen ließen sich beim Visuellen Komfort, der Kunst am Bau und anderen Einzelkriterien herleiten.
6.1.3
Kosten-Wirksamkeits-Analyse
Bei der Kosten-Wirksamkeits-Analyse erfasst man die Aufwendungen einer Maßnahme in monetären Größen, während die Auswirkungen (Nutzen) nicht-monetär bewertet werden. Damit vermeidet man die problematische Umwandlung nicht-monetärer Größen in monetäre oder umgekehrt. Für die Bewertung der Auswirkungen wird die Punktebewertung der Nutzwertanalyse angewendet. Dementsprechend ergibt sich als Vorteilhaftigkeitskriterium der Kosten-Wirksamkeits-Analyse der Quotient aus Wirksamkeit (Nutzwert) und Kosten. Durch diese Quotientenbildung können auch Maßnahmen mit unterschiedlich hohem Kapitaleinsatz direkt verglichen werden, was bei der Nutzen-Kosten-Analyse nur mit Einschränkung möglich ist. Zur Frage der Objektivierung und Nachvollziehbarkeit gilt das zur Nutzwertanalyse Gesagte in gleicher Weise. Die Kosten-Wirksamkeits-Analyse ermöglicht ebenso wie die Nutzwertanalyse nur Rangbestimmungen, die Beurteilung einer Einzelinvestition ist nicht möglich. Anhand des Beispiels von drei Varianten einer Montagehalle wird in Abbildung 6.10 die Vorgehensweise bei der Kosten-Wirksamkeits-Analyse dargestellt.
Abb. 6.10:
(Diederichs, C.J. 1984, S. 113 ff.) 5% 10 % 10 % 5% 15 % 10 % 10 %
Verhältnis AUF/BGF Verhältnis VF/BGF
Zugänglichkeit zu Arbeitsund Lagerplätzen
Anzahl Hallentore
Bedienung durch Kranbahn: Montage / Lager / Malerei
Flexibilität der Montageplatznutzung
Erweiterungsmöglichkeiten
Kosten-Wirksamkeits-Analyse von Entwurfsvarianten einer Montagehalle
Rang
Verkehrsbeziehungen 10 % Montage / Lager / Malerei Einbindung in die 5% Umgebung Gesamtwirksamkeit Investitionsausgaben Nutzungsdauer Annuität des Barwertes der Investitionsausgaben bei p = 5 % Bauunterhalt (1 % der Investitionsausgaben) Betriebskosten Baunutzungsannuität Wirksamkeits-Kosten-Verhältnis (Gesamtwirksamkeit/Baunutzungsannuität)
20 %
Gewicht
Erfüllung Flächenprogramm
Merkmale
Variante A: Langbau
A
B
54.000 €/a 202.000 €/a 552.000 €/a 0,84
56.000 €/a 221.000 €/a 580.000 €/a 0,70 2
296.000 €/a
303.000 €/a
befriedigend 5.392.000 € 50 Jahre
3
C
50 %
gut gegeben
gemeinsam
4 Stück
gut
145 % 17 %
91 %
1
1,50
175.000 €/a 530.000 €/a
55.000 €/a
300.000 €/a
5.472.000 € 50 Jahre
gut
teilw. kreuzende klarer Verkehrsströme Verkehrsfluss
50 %
gegeben
getrennt
4 Stück
befriedigend
133 % 32 %
84 %
5.530.000 € 50 Jahre
schlecht
kreuzende Verkehrsströme
0%
bedingt gegeben
getrennt
30 Stück
gut
166 % 17 %
90 %
Merkmalsausprägungen
Variante B: Kompaktbau, Lager mittig
0
3
0
3
4
0
9
1 9
5
5
6
8
6
4
9
5
9 0
2
8
9
8
9
8
9
9
6 9
6
Wirksamkeitspunkte (von 0 bis 10) A B C A
B
C
795
40
90
80
90
120
45
90
30 90
120
Grundriss und Schnitt der Variante C
25 465
0
60
80
60
60
45
50
45 0
40
405
30
0
30
60
0
90
5 90
100
Teilwirksamkeiten
Variante C: Kompaktbau, Lager als Kopfbau
6.1 Nutzen-Kosten-Untersuchungen 119
120
6.1.4
6 Beurteilung der Vorteilhaftigkeit
Ordinale Nutzenermittlung und Paarweiser Vergleich
Bei der Vorteilhaftigkeitsbestimmung unter Berücksichtigung nicht-monetärer Größen kann man den Nutzen kardinal oder ordinal ermitteln. Bei den bisher vorgestellten Nutzen-KostenUntersuchungen (Kosten-Nutzen-Analyse, Nutzwertanalyse, Kosten-Wirksamkeits-Analyse) wird der Nutzwert kardinal ermittelt, d. h. die Zielgewichtung und die Zielbewertung erfolgen mittels Intervallskalen. Intervallskalen sind dadurch gekennzeichnet, dass sie ein eindeutiges Maß für den Abstand von Merkmalsausprägungen angeben. Bei den oben beschriebenen Verfahren erfolgt eine Einzelbeurteilung der Varianten mit kardinalen Messergebnissen, die eine präzise Aussage über die Rangfolge der einzelnen Varianten (und in letzter Konsequenz auch über die Abstände der Einzelvarianten untereinander) beinhalten. Eine derart präzise Beurteilung nichtmonetärer Kriterien ist aber meistens nicht möglich. Der Bauherr dürfte kaum in der Lage sein, z. B. die äußere Gestaltung und die Gestaltung der Innenräume mittels Verhältniszahlen präzise zu gewichten und Gestaltungsvarianten ebenfalls präzise zu bewerten. Dagegen ist es ihm schon eher möglich, eine Rangfolge der Ziele aufzustellen und zu beurteilen, ob ein Ziel bei einer Variante besser oder schlechter erfüllt ist als bei einer anderen. Rangfolgen und Urteile wie besser und schlechter gehören zu den Ordinalskalen. Bei der ordinalen Nutzenermittlung erfolgen die Zielgewichtung und die Zielbewertung mittels Ordinalskalen. Durch solche Skalen kann neben der Feststellung der Gleichheit bzw. Ungleichheit von Merkmalsausprägungen auch eine Ordnungsrelation (größer oder kleiner bzw. besser oder schlechter) angegeben werden. Bei der kardinalen Bewertung von Varianten kann man zunächst jede Variante für sich beurteilen. Stellt man dann die Gesamturteile aller Varianten einander gegenüber, so lässt sich daraus eine genau definierte Rangfolge aller Varianten ableiten. Bei der ordinalen Nutzenermittlung kann man die Teilurteile nicht zu einem Gesamturteil zusammenfassen, mit dessen Hilfe man dann eine Rangfolge der Varianten aufstellen könnte. Hier muss man die einzelnen Varianten paarweise vergleichen, indem man Teilziel für Teilziel durchgeht und feststellt, welche Variante das einzelne Teilziel besser erfüllt. In vielen Fällen ergibt sich daraus eindeutig, welche Variante den höheren Nutzen erbringt. Es kann aber auch sein, dass die eine Variante bei einem oder mehreren Teilzielen besser und bei anderen Teilzielen schlechter beurteilt wird und dass diese Teilziele etwa gleichgewichtig einzustufen sind. Dann bleibt nichts anderes übrig, als die Vorteile der einen Variante denen der anderen Variante gegenüberzustellen und den Bauherrn aus seiner subjektiven Sicht entscheiden zu lassen. Kostet nun die Variante, deren Nutzen höher eingeschätzt wird, auch noch weniger als die andere, so dominiert sie die andere Variante, d. h. sie ist die vorteilhaftere. Dies ist der Trivialfall. Vielfach ist es aber so, dass die Variante mit dem höheren Nutzen auch mehr kostet. Dann muss man die Kostendifferenz ermitteln, und der Bauherr muss entscheiden, ob ihm die Vorteile der einen Variante ihre Mehrkosten wert sind oder nicht. Wollte man mittels Paarweisem Vergleich eine vollständige Rangfolge aller Varianten aufstellen, müsste man jede Variante mit allen anderen einzeln vergleichen, also bei n Varianten n·(n–1)/2 Vergleiche durchführen, das sind bei 8 Varianten 28 Vergleiche – ein kaum zu ver-
6.1 Nutzen-Kosten-Untersuchungen
121
tretender Arbeitsaufwand. Bei der wirtschaftlichen Planung sucht man aber nicht die Rangfolge aller Varianten, sondern will nur wissen, welche die beste Variante ist, um diese weiterzuverfolgen und die übrigen zu verwerfen. Hierzu reichen n–1 Paarweise Vergleiche aus, denn eine einmal als schlechter eingestufte Variante kann ausgeschieden werden, da sie mit Sicherheit nicht die gesuchte beste Variante ist. Im Einzelnen ist bei dem Paarweisen Vergleich mit ordinaler Nutzenermittlung folgendermaßen vorzugehen: (1) Zusammenstellung und Gliederung der nicht-monetären und der monetären Zielgrößen (1.1) Erstellung eines Zielbaumes mit ordinaler Gewichtung der Einzelziele (z. B. sehr wichtig, wichtig, weniger wichtig) (1.2) Kosten; Erfassung der Kosten, die bei der Vorteilhaftigkeitsbeurteilung zu berücksichtigen sind. (2) Vergleich des ersten Variantenpaares (2.1) Nutzenvergleich; Beurteilung, ob die Einzelziele von der einen Variante besser, gleich oder schlechter erfüllt werden als von der anderen – mit folgenden denkbaren Ergebnissen. - sicheres Ergebnis: alle Einzelziele werden von der einen Variante gleich oder besser erfüllt als von der anderen oder zumindest werden nur weniger wichtige Ziele von der anderen Variante besser erfüllt, während die wichtigen Ziele von der einen Variante besser erfüllt werden – und zwar in nicht geringerer Anzahl und nicht weniger deutlich. - ziemlich sicheres Ergebnis: die wichtigen Ziele werden bei der einen Variante besser und in größerer Zahl erfüllt als bei der anderen. Damit ist es ziemlich sicher, dass der Nutzen der einen Variante größer ist als der der anderen, wenn auch ein Rest an Unsicherheit bleibt (denn die Ziele, die von der anderen Variante besser erfüllt werden, könnten – obwohl im Einzelnen weniger wichtig – insgesamt gewichtiger sein). - unsicheres Ergebnis: bei der einen und bei der anderen Variante werden sowohl wichtige als auch unwichtige Ziele teils besser und teils schlechter erfüllt, so dass kein deutlicher Nutzenunterschied erkennbar ist. (2.2) Kostenvergleich: Ermittlung der Kostendifferenz (sofern gegeben) und Einschätzung, ob diese erheblich oder geringfügig ist (2.3) Auswahlentscheidung: Entscheidung gemäß Abbildung 6.11 In den einzelnen Tabellenfeldern ist angegeben, welche der beiden Varianten – je nach Ergebnis des Nutzenvergleichs einerseits und des Kostenvergleichs andererseits – die vorteilhaftere ist. In den beiden mit einem Fragezeichen gekennzeichneten Fällen weist eine Variante zwar einen Nutzenvorteil aber auch Mehrkosten gegenüber der anderen Variante auf. In diesem Fall ist der Nutzenvorteil detailliert zu beschreiben, und vom Entscheidungsträger ist dann zu entscheiden, ob ihm dieser Nutzenvorteil die damit verbundenen Mehrkosten wert ist oder nicht. (3) Paarweiser Vergleich mit den übrigen Varianten Vorgehensweise wie bei (2).
122
6 Beurteilung der Vorteilhaftigkeit
Nutzen Kosten Variante 1 > Variante 2
Variante 1 > Variante 2
Variante 1 Variante 2
Variante 1 < Variante 2
?
Variante 2
Variante 2
Variante 1
≈
Variante 2
Variante 1
Variante 1
?
≈
Variante 1
≈
Variante 2 Variante 1 < Variante 2 Abb. 6.11:
Auswahlentscheidung bei Paarweisem Vergleich
Im Folgenden soll der Paarweise Vergleich mit ordinaler Nutzenermittlung beispielhaft anhand der Wohnsiedlung Aumatt II in Hinterkappelen bei Bern dargestellt werden (siehe Abbildung 6.12). Diese Wohnsiedlung gehört zu den von Paul Meyer im Rahmen der Reihe Wohnbauten im Vergleich (Meyer, P. 1992) veröffentlichten Beispielen für die Anwendung des Wohnungs-Bewertungs-Systems.
Abb. 6.12:
Blick von Süden auf die Wohnsiedlung Aumatt II (Vergleichswohnungen Nr. 60 und 76 schwarz markiert)
(Meyer, P. 1992, S.19)
6.1 Nutzen-Kosten-Untersuchungen
Abb. 6.13:
Wohnung Nr. 60 der Wohnsiedlung Aumatt
(Meyer, P. 1992, S.12)
Abb. 6.14:
Wohnung Nr. 76 der Wohnsiedlung Aumatt
(Meyer, P. 1992, S.12)
123
124
6 Beurteilung der Vorteilhaftigkeit
Dabei werden zwei Wohnungen miteinander im Hinblick auf ihre Vorteilhaftigkeit verglichen (siehe Abbildungen 6.13 und 6.14), wobei die in der Originalquelle kardinal gemessenen Gewichtungen und Erfüllungsgrade vom Verfasser in ordinale Gewichtungen und Urteile transformiert worden sind. Die Ordnungsrelationen der Gewichtungen werden in Abbildung 6.15 durch die Schriftgröße folgendermaßen zum Ausdruck gebracht: Gewicht des Beurteilungskriteriums hoch mittel gering
Schrift große und fette Schrift mittlere Schrift kleine Schrift
Für die Unterschiede im Erfüllungsgrad werden folgende ordinale Urteile verwendet: viel besser besser = schlechter viel schlechter. Bei den beiden Vergleichsobjekten handelt es sich um eine reihenhausartige Wohnung (60) von 148,0 m² Nettowohnfläche und um eine Geschosswohnung (76) von 104,4 m² Nettowohnfläche. Beide Wohnungen sind bei angemessener Vollbelegung für einen 4 Personenhaushalt geeignet und werden nach den Anforderungen eines solchen Haushaltes beurteilt. Die deutlich unterschiedliche Größe der beiden Wohnungen führt dazu, dass die Wohnung 60 bei der für die Möblierbarkeit maßgebenden Raumgröße, Raumbreite und Stellwandfläche mehrfach viel besser oder zumindest besser bewertet wird, lediglich bei den Schlaf- und Arbeitsräumen (Individualbereich) geht das zusätzliche Zimmer bei der Wohnung 60 zu Lasten der Raumbreite und führt zur schlechteren Bewertung. Bis auf die relativ große Entfernung vom Wohnungseingang zum Gemeinschaftsbereich, die dem schmalen, aber tiefen Wohnungszuschnitt über zweieinhalb Geschosse geschuldet ist, werden auch die funktionalen Beziehungen bei der Wohnung 60 viel besser oder besser als bei der Wohnung 76 bewertet. Zielsetzung bei der Raumaufteilung Individualbereich ist, dass jeder zum Haushalt gehörenden Person ein Individualraum zur Verfügung stehen soll. Dabei werden Individualräume, die mindestens 16 m² groß sind und sinnvoll in Mindestflächen von 8 m² unterteilt werden können, als zwei Räume gezählt. Diese Aufteilung ist bei den Zimmern der Wohnung 76 wegen der Tür- und Fensteranordnung nicht möglich. Deswegen wird die Wohnung 60, die über einen Individualraum mehr verfügt, besser beurteilt. Das zusätzliche Gäste-WC, das – wie auch das Bad – an der Außenwand liegt, führt gegenüber dem innen liegenden Bad der Wohnung 76 zu einer besseren Bewertung der Wohnung 60. Dagegen ist die Ausblickmöglichkeit von der Küchenzeile geringfügig schlechter. Und schließlich wird unter dem Aspekt Bepflanzbarer Außenbereich der Wohngarten in Verbindung mit dem Vorgarten bei der Wohnung 60 besser bewertet als die Dachterrasse der Wohnung 76.
6.1 Nutzen-Kosten-Untersuchungen Beurteilungskriterien
125 Beurteilung der Wohnung 60 im Vergleich zur Wohnung 76
Fläche Individualbereich
=
Fläche Gemeinschaftsbereich
=
Möblierbarkeit
Fläche Außenbereich
besser
Fläche Hygienebereich
besser
Fläche Verkehrsbereich Fläche Abstellbereich
Breite Individualbereich
viel schlechter =
Breite Außenbereich
=
Breite Küchenbereich
=
Breite Hygienebereich
=
Breite Verkehrsbereich
=
Beziehungen
=
Stellwände Gemeinschaftsbereich
viel besser
Stellwände Küchenbereich
=
Stellwände Verkehrsbereich
=
Verbindung Eingang – Küche
Raumaufteilung Veränderbarkeit
= viel besser
Breite Gemeinschaftsbereich
Stellwände Individualbereich
Wohn-physiologische Eignung
=
Fläche Küchenbereich
besser
Verbindung Eingang – WC
viel besser
Verbindung Eingang – Gemeinschaftsbereich
schlechter
Verbindung Eingang – Individualbereich
=
Verbindung Hygiene- – Individualbereich
=
Verbindung Küche – Essbereich
=
Verbindung zum Außenbereich
besser
Raumaufteilung Individualbereich
besser
Raumaufteilung Gemeinschaftsbereich
=
Bewegliche Raumteiler
besser
Nichttragende Trennwände
=
Veränderung der Wohnungsgröße
=
Sanitärapparate Hygienebereich
viel besser
Bepflanzung Außenbereich
viel besser
Fenster Aufenthaltsbereich
=
Fenster Küchenbereich
schlechter
Fenster Hygienebereich
besser
Besonnung Individualbereich
=
Besonnung Gemeinschafts- und Außenbereich Schallschutz gegenüber Nachbarräumen Schallschutz innerhalb der Wohnung
= = =
Kaufpreis-Mehrbetrag der Wohnung 60 gegenüber der Wohnung 76 (Stand 1985) Abb. 6.15:
Paarweiser Vergleich der Wohnung 60 mit Wohnung 76 in der Wohnsiedlung Aumatt II bei Bern
(Meyer, P. 1992, S. 55 und 59 (ordinale Beurteilung vom Verfasser))
133.000 sFr.
126
6 Beurteilung der Vorteilhaftigkeit
Insgesamt kann man feststellen, dass die reihenhausartige Wohnung 60 bei der Möblierbarkeit, bei den funktionalen Beziehungen, bei der Raumaufteilung bzw. Veränderbarkeit und auch bei der wohn-physiologischen Eignung erhebliche Vorteile gegenüber der Wohnung 76 aufweist. Dies kann bei dem deutlichen Unterschied von Größe und Kaufpreis der beiden Wohnungen nicht überraschen. Die abschließende Frage der Vorteilhaftigkeit lässt sich objektiv nicht entscheiden, sondern der Kaufinteressent muss aus seiner subjektiven Sichtweise unter Berücksichtigung seiner Finanzierungsmöglichkeiten entscheiden, ob ihm bzw. seiner Familie die aufgezählten Vorteile der Wohnung 60 die Mehrausgabe von 133.000 Franken wert ist oder nicht. Der Paarweise Vergleich mit ordinaler Nutzenermittlung ist nach Ansicht der Verfasser das angemessene Verfahren zur Vorteilhaftigkeitsbeurteilung von Bauvorhaben unter Berücksichtigung nicht-monetärer Zielgrößen. Er zeigt dabei ganz deutlich die Grenzen des Nutzenvergleichs auf. Es wird beim Paarweisen Vergleich mit ordinaler Nutzenermittlung nicht versucht, vage Einschätzungen in präzise Zahlenangaben zu übertragen, um daraus genaue Vorteilhaftigkeitskennzahlen zu errechnen. Vielmehr wird von dem Bauherrn bzw. Architekten nur verlangt, die Ziele nach ihrer Wichtigkeit zu ordnen und zu entscheiden, ob diese Ziele von der einen oder der anderen Variante besser, ähnlich oder schlechter erfüllt werden. Dabei kann man nicht ausschließen, dass der Nutzen-Kosten-Vergleich der beiden Varianten zu keinem eindeutigen Ergebnis führt und eine zwingend logische Entscheidung mit Hilfe der Abbildung 6.11 nicht herleitbar ist. Aber auch in einem solchen Fall stellt diese Tabelle des Paarweisen Vergleichs eine geeignete Hilfe zur Vorstellung und entscheidenden Diskussion mit dem Bauherrn dar, indem der Architekt sie als Manuskript versteht, das ihm zeigt, auf welche Kriterien er besonders eingehen muss (fett gedruckt, abweichende Bewertung) und welche er gar nicht oder nur kurz behandeln kann (kleine Schrift, gleiche Bewertung). Zu den Aufgaben des Architekten im Rahmen der Vor- und Entwurfsplanung gehört auch die Entscheidungsvorbereitung dergestalt, dass er die Nutzen- und Kostenunterschiede der entwickelten Varianten deutlich herausarbeitet und dem Bauherrn so die begründete Entscheidung ermöglicht, welche Variante weiterverfolgt werden soll. Für die Entwurfsentscheidungen ist die ordinale Nutzenermittlung mit Paarweisem Vergleich ein adäquates Hilfsmittel.
6.2
Verfahren der Investitionsrechnung
Die Verfahren der Investitionsrechnung ermöglichen eine Beurteilung der Vorteilhaftigkeit von Investitionen unter monetärem Aspekt. Die Vorteilhaftigkeit einer Investition setzt – aus monetärer Sicht – voraus, dass der Investor die Anschaffungsausgabe sowie ggf. anfallende laufende Ausgaben wiedergewinnt und darüber hinaus eine von ihm als ausreichend angesehene Verzinsung erzielt. Hierbei geht es um die folgenden drei prinzipiellen Größen, die in einem direkten Abhängigkeitsverhältnis zueinander stehen: - Zahlungen (einschl. Auszahlung bzw. Rückzahlung des Anfangs- und Endkapitals) - Zinsfuß - Zeit.
6.2 Verfahren der Investitionsrechnung
127
Die Verfahren der Investitionsrechnung lassen sich danach gliedern, welche dieser drei prinzipiellen Größen bei der Vorteilhaftigkeitsbeurteilung im Vordergrund steht. Außerdem ist noch die Berücksichtigung der zeitlichen Verteilung der mit der Investition verbundenen Zahlungen ein wesentliches Unterscheidungsmerkmal. Die so genannten Hilfsverfahren der Praxis (statische Verfahren) rechnen mit jährlichen Durchschnittsbeträgen und berücksichtigen daher die Zeitstruktur der Zahlungen nicht oder nur unvollkommen. Demgegenüber gehen die finanzmathematischen Verfahren (dynamische Verfahren) von Einzahlungs- und Auszahlungsströmen aus und betrachten sie bis zum Ende der Nutzungsdauer des Investitionsobjektes. Dabei können Unterschiede der Zahlungsbeträge im Zeitablauf berücksichtigt werden. Die statischen und dynamischen Verfahren der Investitionsrechnung arbeiten mit einem einheitlichen (Kalkulations-)Zinssatz – unabhängig davon, ob es sich um die Anlage liquider Mittel oder um die Aufnahme von fehlenden Mitteln, also um Haben- oder Sollzinsen handelt. Um einen der Praxis entsprechenden, differenzierten Ansatz für Soll- und Habenzinsen zu ermöglichen, wurde das Verfahren des Vollständigen Finanzplanes entwickelt. Verfahrensart
Die Beurteilung der Vorteilhaftigkeit orientiert sich an: Zahlungen/Kapital
Zinsfuß
Zeit
Statische Verfahren
Gewinnvergleichsrechnung
Rentabilitätsrechnung
(keine Berücksichtigung des Zeitmoments)
Kostenvergleichsrechnung
Statische Amortisationsrechnung
Dynamische Verfahren
Kapitalwertmethode
Interne Zinsfußmethode
(mit Berücksichtigung des Zeitmoments)
Annuitätenmethode
Vollständiger Finanzplan:
Dynamische Amortisationsrechnung
Vollständiger Finanzplan:
(VOFIRentabilität)
(VOFIEndvermögen) Abb. 6.16:
Gliederung der Verfahren der Investitionsrechnung
Schulte bezeichnet den Vollständigen Finanzplan als ein „modernes Verfahren“ im Gegensatz zu den klassischen Verfahren der statischen und dynamischen Investitionsrechnung (Schulte, K.-W. 2002, S. 240). Da der Vollständige Finanzplan mit Hilfe eines finanzmathematischen Ansatzes unterschiedliche Zeitpunkte von Zahlungen berücksichtigt, wird er hier den dynamischen Verfahren der Investitionsrechnung zugeordnet. Entsprechend den genannten Unterscheidungsmerkmalen ergibt sich das in Abbildung 6.16 dargestellte Gliederungsschema für die Verfahren der Investitionsrechnung.
128
6 Beurteilung der Vorteilhaftigkeit
Bei der Anwendung der Verfahren der Investitionsrechnung im Rahmen der wirtschaftlichen Planung von Bauwerken muss man stets im Auge behalten, dass dies Modellrechnungen sind, die bei einem Betrachtungszeitraum von 50 und mehr Jahren immer von einem nicht unerheblichen Grad an Unsicherheit geprägt sind. Sie implizieren, dass die der Rechnung zugrunde gelegten Rahmenbedingungen über den Betrachtungszeitraum insgesamt konstant bleiben bzw. sich in der angenommenen Weise entwickeln. Wird diese Annahme durch die zukünftige Entwicklung widerlegt, so kann dadurch auch die Richtigkeit der getroffenen Vorteilhaftigkeitsaussage in Frage gestellt werden. Grundsatz der sich gegenseitig vollständig ausschließenden Investitionen Um die Wirtschaftlichkeit von zwei verschiedenen Investitionen miteinander korrekt vergleichen zu können, muss folgende Bedingung erfüllt sein: es muss sich um zwei sich vollständig gegenseitig ausschließende Kapitalanlagen handeln. Diese Forderung soll an einem Beispiel verdeutlicht werden: Ein Kapitalanleger hat genau 1.000 € für Anlagezwecke zur Verfügung. Es bieten sich ihm folgende, gleich sichere Anlagemöglichkeiten über ein Jahr an: A Genau 100 € können zu 20 % p. a. angelegt werden. B Es kann Geld in einer Mindeststückelung von 1.000 € zu 6 % p. a. angelegt werden. C Beliebige Beträge können zu 4 % p. a. angelegt werden. Beim Vergleich der Kapitalanlagen A und B scheint zunächst die 20 % ige Verzinsung für die Anlage A zu sprechen. Hierbei können aber nur 100 € angelegt werden, während der Anleger bei der Geldanlage B 1.000 € anlegen muss. Die Varianten A und B schließen sich gegenseitig nicht vollständig aus und sind daher nicht miteinander vergleichbar. Vergleichbar werden sie erst, wenn im Falle von A geklärt wird, was mit den übrigen 900 € gemacht wird. So kommt es zum vollständigen gegenseitigen Ausschluss, wenn der Anleger die Anlage A (100 €) mit der Anlage C (900 €) kombiniert. Dann allerdings zeigt sich, dass die Kombination A + C nur 100 € * 20 % + 900 € * 4 % = 56 € Zinsen, d. h. eine Verzinsung von 5,6 % p. a. erbringt und die auf den ersten Blick ungünstigere Anlage B mit einer Verzinsung von 6 % p. a. wirtschaftlicher ist. Diese Forderung nach dem vollständigen gegenseitigen Ausschluss von Vergleichsinvestitionen wird bei den klassischen Verfahren der Investitionsrechnung durch die Annahme erfüllt, dass das Kapital, das bei einer Investitionsalternative im Vergleich zur anderen frei verfügbar ist, zum Kalkulationszinsfuß wiederangelegt wird. Diese so genannte Wiederanlageprämisse ist eine teils plausible, teils aber auch fragwürdige Annahme, worauf bei der Beschreibung der verschiedenen Verfahren der Investitionsrechnung noch eingegangen wird. Mit dem Problem der Bildung sich vollständig ausschließender Alternativen befasst sich Kruschwitz ausführlich und beschreibt in diesem Zusammenhang den Vollständigen Finanzplan (Kruschwitz, L. 1985, S. 46 ff., siehe auch Abschnitt Vollständiger Finanzplan). Der Vollständige Finanzplan arbeitet nicht mit dieser Wiederanlageprämisse, sondern erlaubt die Wiederanlage frei verfügbaren Kapitals zu einem eigens dafür gewählten Zinssatz.
6.2 Verfahren der Investitionsrechnung
129
Investitionen mit und ohne Rückflüsse Der typische Fall einer Investition besteht darin, dass ein Investor Geld anlegt, um sein Kapital zu vermehren. Notwendige Voraussetzung hierfür ist, dass diese Investition mit Rückflüssen (Einnahmen oder zumindest Einsparungen) verbunden ist, ohne die es zu keiner Kapitalmehrung kommt. Daneben gibt es aber auch Investitionen, die zu keinen Rückflüssen führen (z. B. ein vom Bauherrn selbst genutztes Gebäude) oder bei denen einem betrachteten Teil der Investition die – zwar vorhandenen – Rückflüsse nicht zugerechnet werden können (z. B. Vergleich eines begrünten Flachdaches mit einem kupfergedeckten Flachdach bei einem Vermietungsobjekt). Diese Unterscheidung hat maßgeblichen Einfluss auf die Frage, welches oder welche Verfahren der Investitionsrechnung im speziellen Anwendungsfall geeignet sind (siehe auch Abschnitt Verfahrensauswahl). Fallen bei einer Investition keine Einnahmen (und auch keine Einsparungen) an bzw. sind solche auf den betrachteten Investitionsteil nicht zurechenbar, so lässt sich kein Gewinn, keine Rentabilität und auch kein Interner Zinsfuß ermitteln.
6.2.1
Statische Verfahren der Investitionsrechnung
Die statischen Verfahren werden auch als Ein-Perioden-Verfahren bezeichnet, weil das gesamte Investitionsgeschehen in einer Durchschnittsperiode abgebildet wird. Dies führt zu einer erheblichen rechentechnischen Vereinfachung, beinhaltet aber auch einen Verlust an Informationen. Durch die Durchschnittsbildung werden alle Zahlungen in gleicher Weise gewichtet – gleichgültig, ob sie im ersten oder im letzten Nutzungsjahr anfallen. Dies widerspricht der Tatsache, dass man mit früher empfangenen oder später zu leistenden Zahlungen zwischenzeitlich Zinsen verdienen kann. Lassen sich bei einem Investitionsvergleich keine Rückflüsse feststellen oder zurechnen, so ist, sofern mit einem statischen Verfahren gearbeitet werden soll, die Kostenvergleichsrechnung anzuwenden. Ist dagegen von Rückflüssen auszugehen, so kann die Gewinnvergleichsrechnung, eine um die Durchschnittserträge erweiterte Variante der Kostenvergleichsrechnung, zur Anwendung kommen. In der Immobilienwirtschaft wird wegen der (scheinbar) guten Vergleichsmöglichkeit mit Kapitalmarktanlagen gern mit der Rentabilität argumentiert, die dann meistens auf der Grundlage der statischen Rentabilitätsrechnung ermittelt wird. Außerdem kann im Fall von Rückflüssen die Amortisationsrechnung zur Anwendung kommen. Steht nämlich beim Investor die Rückgewinnung des eingesetzten Kapitals im Vordergrund, dann kann er mit Hilfe der Amortisationsrechnung ermitteln, wie lange es dauert, bis er das eingesetzte Kapital wiedererlangt hat und sich für die Investitionsvariante mit der kürzesten Amortisationsdauer entscheiden. Wegen ihrer besonderen Bedeutung für die Immobilienwirtschaft und die Planungsökonomie werden im Folgenden die Kostenvergleichsrechnung und die Rentabilitätsrechnung ausführlich dargestellt.
130
6 Beurteilung der Vorteilhaftigkeit
Kostenvergleichsrechnung Das Vorteilhaftigkeitskriterium der Kostenvergleichsrechnung sind die Kosten, und zwar werden zur Beurteilung von Bauinvestitionen im Allgemeinen die durchschnittlichen jährlichen Kosten der Bauten bzw. Bauelemente während ihrer Nutzungsdauer herangezogen. Da es sich um ein statisches Verfahren der Investitionsrechnung handelt, bleiben dabei Abweichungen von den als gleichmäßig verteilt angenommenen Durchschnittswerten unberücksichtigt (woraus Fehlaussagen resultieren können). Kosten sind jeder mit Geld bewertete Verzehr von Gütern und Dienstleistungen, der in Erfüllung des eigentlichen (Betriebs-)Zweckes erfolgt. Zu berücksichtigen sind vor allem die Nutzungskosten nach DIN 18960:2008-02. Zu ihnen gehören: 100 Kapitalkosten 200 Objektmanagementkosten 300 Betriebskosten 400 Instandsetzungskosten. Darüber hinaus muss man noch - soweit erheblich - die gebäudeabhängigen produktionsbzw. haushaltsbedingten Personal- und Sachkosten in den Kostenvergleich mit einbeziehen. Hierbei kann es sich z. B. um Weg-Zeit-Kosten für Personenverkehr und Materialtransport handeln, wenn bei zu vergleichenden Gebäudevarianten die Wege unterschiedlich lang sind. Die Kostenvergleichsrechnung ist ein im Bauwesen vielfach angewendetes Verfahren. Dies liegt zum einen daran, dass sie ein relativ einfach zu handhabendes Verfahren ist (zur Ermittlung der einzelnen Kostenarten siehe Abschnitt 8.1). Zum anderen ist das auch darauf zurückzuführen, dass viele – insbesondere konstruktive – Planungsentscheidungen den Nutzen einer Baumaßnahme kaum oder gar nicht, die Kosten dagegen erheblich beeinflussen. Im Falle der Beurteilung einer einzelnen Baumaßnahme wird man diese dann als vorteilhaft bezeichnen, wenn bestimmte Kostenkennwerte nicht überschritten werden. Beim Vergleich mehrerer Baumaßnahmen ist diejenige vorzuziehen, die die geringsten Kosten verursacht, was allerdings voraussetzt, dass die jeweiligen Erträge bzw. Nutzen dieser Maßnahmen als gleich angenommen werden. Im folgenden Rechenbeispiel soll zunächst mit Hilfe der Kostenvergleichsrechnung und im Abschnitt 6.2.2 mittels Kapitalwertmethode beurteilt werden, welche von zwei Außenwänden die wirtschaftlichere ist. Betrachtungszeitraum: Nominalverzinsung: Realverzinsung: Gradtagzahl: Jahreswirkungsgrad unterer Heizwert für Heizöl: Heizölpreis Dresden 07/2012 daraus ergibt sich:
50 Jahre 6 % p. a. (mittelfristiger Durchschnittswert) 3 % p. a. (bei einer Inflationsrate von ≈ 3 %; genauer: 1,06 / 1,03 - 1,00) = 2,91%) 66.000 K 0,9 10,08 kWh/l 0,90 €/l 66.000 · 0,90 /(10,08 · 0,9 · 1000) = 6,55 €/(m² · a) bei U = 1,0 W/(m² · K).
6.2 Verfahren der Investitionsrechnung Außenwand A Wandaufbau:
Baukosten:
131
Dispersion auf Kalkzementputz, 12 cm Wärmedämmverbundsystem, 17,5 cm Kalksandstein, Kalkzementputz, Silikatdispersion; U = 0,24 W/(m²·K) 145,00 €/m²
Jahres-Heizwärmekosten zum Bezugszeitpunkt (Baujahr):
((0,24W/( m² · K) · 6,55 €/( m²·a) =) 1,57 €/m² · a
Instandsetzungskosten zum Bezugszeitpunkt (Baujahr):
63,00 €/m² - alle 20 Jahre erforderlich
Außenwand B Wandaufbau:
Baukosten:
Dispersion auf Kalkzementputz, 20 cm Wärmedämmverbundsystem, 17,5 cm Kalksandstein, Kalkzementputz, Silikatdispersion; U = 0,13 W/(m²·K) 155,00 €/m²
Jahres-Heizwärmekosten zum Bezugszeitpunkt (Baujahr):
((0,13 W/(m² · K) · 6,55 €/(m²·a) =) 0,85 €/(m²·a)
Instandsetzungskosten zum Bezugszeitpunkt (Baujahr):
63,00 €/m² - alle 20 Jahre erforderlich
(Quelle der Bau- und Instandsetzungskosten: SIRADOS-Baudaten 2012) Als Vorteilhaftigkeitskriterium werden bei der Kostenvergleichsrechnung die jährlichen Kosten verwendet. Damit ergibt sich das Problem, die Erstinvestitionsausgabe, also die einmaligen Baukosten, in jährliche Kosten zu transformieren. Dies erfolgt durch den Ansatz der Abschreibung (in Geld bewertete Abnutzung der Außenwand) und der kalkulatorischen Zinsen für den Zinsentgang infolge des in der Außenwand gebundenen Kapitals (vgl. Abb. 6.17). Bei linearer Abschreibung werden die Baukosten gleichmäßig, d. h. mit 2 % jährlich, auf die 50-jährige Nutzungsdauer verteilt. Infolge dieses so unterstellten Abnutzungsverlaufes nimmt auch die Höhe des in der Außenwand gebundenen Kapitals gleichmäßig bis auf Null am Ende der Nutzungsdauer ab. Im Mittel ist also das investierte Kapital nur zur Hälfte gebunden. Deswegen wird bei der Ermittlung der kalkulatorischen Zinsen auch nur die Hälfte der Baukosten zugrunde gelegt. Bei der Berechnung in Abbildung 6.18 wird von einer inflationsbereinigten Betrachtungsweise ausgegangen und mit einem Realzinssatz von 3 % p. a. gerechnet. Dementsprechend bleiben die zu erwartenden Preissteigerungen für Energie und Instandsetzungsmaßnahmen unberücksichtigt. Als Ergebnis des Kostenvergleichs ist festzustellen, dass die Außenwand B geringere jährliche Kosten als die Außenwand A verursacht und daher wirtschaftlicher ist. Die höheren Baukosten für die 8 cm dickere Wärmedämmschicht werden bei der Wand B durch Energieeinsparungen während der Nutzungszeit ausgeglichen und überkompensiert. Die durchschnittlichen jährlichen Instandsetzungskosten der beiden Außenwände sind gleich hoch.
132
6 Beurteilung der Vorteilhaftigkeit
Der Grundsatz der sich gegenseitig vollständig ausschließenden Investitionen wird bei der Kostenvergleichsrechnung durch den Zinsentgang der differierenden Erstinvestitionsausgaben berücksichtigt. (EUR)
Baukosten
transformierte Baukosten Abschreibung kalkulatorische Zinsen Jahres-Heizwärmekosten Instandsetzungskosten Zeit
Abb. 6.17:
Transformation der Baukosten in kalkulat. Abschreibung und Zinsen
Kostenart
Berechnung
Kosten
Abschreibung
145,00 €/m² : 50 a
2,90 €/m² · a
Kapitalkosten (kalk. Zinsen)
0,5 · 145,00 €/m² · 3 % p. a.
2,18 €/m² · a
Jahres-Heizwärmekosten Instandsetzungskosten
1,57 €/m² · a 63,00 €/m² : 20 a
Kosten der Außenwand A
3,15 €/m² · a
9,80 €/m² · a
Kostenart
Berechnung
Kosten
Abschreibung
155,00 €/m² : 50 a
3,10 €/m² · a
Kapitalkosten (kalk. Zinsen)
0,5 · 155,00 €/m² · 3 % p. a.
2,33 €/m² · a
Jahres-Heizwärmekosten Instandsetzungskosten
0,85 €/m² · a 63,00 €/m² : 20 a
Kosten der Außenwand B Abb. 6.18:
Kostenvergleich von Außenwänden
3,15 €/m² · a
9,43 €/m² · a
6.2 Verfahren der Investitionsrechnung
133
Rentabilitätsrechnung Unter der Rentabilität versteht man das Verhältnis des (durchschnittlichen) Gewinns einer Rechnungsperiode zu dem (durchschnittlich) gebundenen Kapital. Ø Jahresgewinn (ggf. nach Abzug der Abschreibung) Rentabilität = Ø gebundenes Kapital Dass es wichtig ist, den Gewinn auf das durchschnittlich gebundene Kapital zu beziehen, sollen folgende Beispiele verdeutlichen: A 100 € sind vom 01.01. bis 31.12.2012 angelegt und haben zu 4 € Zinsen geführt. Damit hat die Kapitalanlage eine Rentabilität von (4 € / 100 € =) 4 % erzielt. B 100 € sind vom 01.01. bis 30.06.2012 angelegt. Am 31.12.2012 werden 2 € Zinsen gutgeschrieben. Damit hat auch diese Kapitalanlage eine Rentabilität von 4 % p.a. (und keineswegs von nur 2 %) erzielt. Zu beachten ist, dass das Kapital nur bis zur Jahresmitte angelegt war und damit im Durchschnitt nur zur Hälfte – also nur 50 € – gebunden war: 2 € / 50 € = 4 % p.a. C 3.650 € befinden sich am 01.01.2012 auf einem Konto. Täglich werden 10 € abgehoben, so dass das Kapital am 31.12.2012 bis auf die Zinsen in Höhe von 73 € aufgezehrt ist. Das Kapital wird von anfänglich 3.650 € linear auf 0 € abgetragen, es ist also im Mittel zu 1.825 € gebunden. Dementsprechend ergibt sich eine Rentabilität in Höhe von 73 € / 1.825 € = 4 % p.a. In entsprechender Weise kann auch die Rentabilität von abnutzbaren Anlagegütern ermittelt werden: D Mit einem für 5.000 € beschafften Kopiergerät erwirtschaftet ein Copyshop jährlich einen Überschuss in Höhe von 1.200 €. Es wird erwartet, dass die Nutzungsdauer 5 Jahre beträgt und der Restwert gerade die Entsorgungskosten deckt. Zur Ermittlung des Jahresgewinns ist der jährliche Überschuss noch um die jährliche abnutzungsbedingte Wertminderung (Abschreibung in Höhe von 5.000 € / 5 Jahre = 1.000 €) zu reduzieren: 1.200 € - 1.000 € = 200 €. Die mittlere Kapitalbindung bei linearem Abnutzungsverlauf beträgt 5.000 € / 2 = 2.500 €. Somit errechnet sich eine Rentabilität in Höhe von 200 € / 2.500 € = 8 % bezogen auf ein Jahr. Interessant ist, dass sich die Rentabilität mit jedem Jahr erhöht, da der Gewinn in Höhe von 200 € jedes neue Jahr mit einer verringerten Kapitalbindung (abnehmender Restbuchwert) erzielt wird (siehe Abbildung 6.19). Hierbei wird vorausgesetzt, dass sich das Kopiergerät jeweils zum Restbuchwert verkaufen lässt und der Gewinn nicht durch zunehmende Instandsetzungsmaßnahmen übermäßig geschmälert wird. Diese variierende Rentabilität wird den Copyshop-Besitzer nicht weiter irritieren, da für ihn ein Verkauf vor Erreichen der wirtschaftlichen Nutzungsdauer kaum in Frage kommt (worin ihn auch der Höchstwert der Rentabilität bei der längsten Nutzungsdauer bestärken dürfte).
134
6 Beurteilung der Vorteilhaftigkeit
Nutzungsdauer
Restwert am Ende der Nutzungsdauer
durchschnittlich Jahresgewinn gebundenes Kapital
Rentabilität
1 Jahr
4.000 €
4.500 €
200 €
4,4 %
2 Jahre
3.000 €
4.000 €
200 €
5,0 %
3 Jahre
2.000 €
3.500 €
200 €
5,7 %
4 Jahre
1.000 €
3.000 €
200 €
6,7 %
5 Jahre
0€
2.500 €
200 €
8,0 %
Abb. 6.19:
Rentabilität eines abnutzbaren Anlagegutes je nach Nutzungsdauer
Problematisch wird diese Vorgehensweise jedoch (ganz abgesehen von Prognoseschwierigkeiten), wenn ein Wiederverkauf zu einem noch unbestimmten Zeitpunkt denkbar ist oder die wirtschaftliche Nutzungsdauer den Planungshorizont übersteigt. Und dieser Fall ist häufig bei Immobilien gegeben. Erwerber – insbesondere von Neubauten – werden vielfach das Ende der wirtschaftlichen Nutzungsdauer und damit die über die gesamte Nutzungsdauer ermittelte Rentabilität nicht erleben. Eine solche nicht erlebbare RentabilitätsKennzahl ist aber als Wirtschaftlichkeitskriterium unpraktikabel. Verkürzt man dagegen den Planungshorizont auf erlebbare Zeiträume, so darf man Immobilien mit Hilfe der Rentabilität nur über gleiche Zeiträume vergleichen. Andernfalls könnte man einer Immobilie durch einseitige Verlängerung des Betrachtungszeitraumes zu einer ungerechtfertigten Erhöhung der Rentabilität verhelfen (sofern dem nicht außergewöhnliche Ausgaben im Verlängerungszeitraum entgegenstehen). Für das alltägliche Immobiliengeschäft werden einfache Vergleichskennzahlen benötigt. Rentabilitäts-Kennzahlen, die mit dem Anteil des Betrachtungszeitraumes an der Nutzungsdauer variieren, sind im täglichen Geschäft unpraktikabel. Hier benötigt man eine Normgröße, die weitgehend Anerkennung genießt. Als eine solche weitgehend anerkannte Normgröße hat sich die Anfangsrentabilität etabliert. Anfangsrentabilität =
Gewinn im 1. Jahr Anschaffungsausgabe
Diese Anfangsrentabilität stimmt mit der oben definierten Rentabilität überein, wenn man annimmt, dass es bei dem Investitionsobjekt zu keiner Wertveränderung kommt und daher keine Abschreibungen vorgenommen werden müssen. Die Rentabilität einer Einzelinvestition wird man an dem aktuellen Kapitalmarktzins oder einem anderen maßgebenden Zinssatz (z. B. Liegenschaftszinssatz) messen. Beim Vergleich von Investitionsalternativen ist die Alternative mit der höheren Rentabilität die vorteilhaftere. Auch bei der Rentabilitätsrechnung kommt die Wiederanlageprämisse zur Anwendung, um den Grundsatz des vollständigen gegenseitigen Ausschlusses von Investitionsalternativen zu gewährleisten.
6.2 Verfahren der Investitionsrechnung
135
Allerdings wird hierbei angenommen, dass frei verfügbare Differenzbeträge mit derselben Rentabilität wie die Investition selbst angelegt werden können. Diese Annahme ist umso fragwürdiger, je höher die Rentabilität der Investition ist (siehe auch Abschnitt Interne Zinsfuß-Methode).
6.2.2
Dynamische Verfahren der Investitionsrechnung
Die dynamischen Verfahren der Investitionsrechnung berücksichtigen aufgrund der ihnen eigenen Zinseszinskomponente die Tatsache, dass Zahlungen mit gleichem Nominalbetrag, die zu unterschiedlichen Zeitpunkten fällig sind, einen unterschiedlichen (Bar-)Wert haben (Ausnahme: Zinsniveau von 0,0 % p. a.). Durch Abzinsen (oder Aufzinsen) auf einen gemeinsamen Bezugszeitpunkt werden Zahlungen, die zu unterschiedlichen Zeitpunkten erfolgen, vergleichbar gemacht. Im Gegensatz zu den statischen Verfahren der Investitionsrechnung werden Unterschiede der Zahlungszeitpunkte nicht durch die Durchschnittsbildung nivelliert, sondern explizit berücksichtigt. Den dynamischen Verfahren liegt folgender finanzmathematischer Ansatz zugrunde: Summe der Barwerte der Einzahlungen abzüglich Summe der Barwerte der Auszahlungen n
n
Et
At
∑ q -∑ q t =0
t
t =0
t
t
= Periode (z. B. Jahr; t = 0, 1, 2, ... n)
n
= Nutzungsdauer des Investitionsobjektes
Et
= Einzahlungen der Periode t
At
= Auszahlungen der Periode t
q
= Zinsfaktor (q = 1 + p/100; p = Zinsfuß in %)
Mit Hilfe dieses Ansatzes wird der Kapitalwert ermittelt (Kapitalwertmethode): n
Kapitalwert =
Et
n
At
∑ q -∑ q t =0
t
t =0
t
Setzt man den Kapitalwert gleich Null und löst die Gleichung nach dem Zinsfaktor q auf, so lässt sich aus q der Interne Zinsfuß ableiten (Interne Zinsfuß-Methode). n
Et
n
At
∑q ∑q t =0
t
-
t =0
t
=0
Zinsfaktor q Æ Interner Zinsfuß p
136
6 Beurteilung der Vorteilhaftigkeit
Setzt man wiederum den Kapitalwert gleich Null und löst die Gleichung aber nach der Periodenzahl t auf, so ergibt sich die Amortisationsdauer, bei der die Rückgewinnung des eingesetzten Kapitals einschließlich der durch p bzw. q vorgegebenen Verzinsung erreicht wird (Dynamische Amortisationsrechnung). n
Et
n
At
∑ q -∑ q t =0
t
t =0
t
=0 Amortisationsdauer t
Finanzmathematische Grundlagen der dynamischen Investitionsrechnung
Die wichtigsten finanzmathematischen Grundlagen für die dynamischen Verfahren der Investitionsrechnung stellen die Zinseszins-Rechnung und die Rentenrechnung sowie die Berechnung geometrischer Reihen dar. Diese Grundlagen sollen im Folgenden dargestellt werden: Wird ein Geldbetrag (Anfangskapital Ko) zinsbringend angelegt und werden die anfallenden Zinsen jeweils am Fälligkeitstag dem Anfangskapital hinzugefügt und somit sofort zinsbringend angelegt, so ist das Endkapital Kn mit Hilfe der Zinseszins-Rechnung zu ermitteln; und zwar erhöht sich ein Anfangskapital in n Jahren bei einem Zinsfuß bzw. Zinssatz von p Prozent einschließlich Zinseszinsen auf K n = Ko · q n
(Zinseszinsformel).
Dabei ist q = 1 + p/100 (Zinsfaktor). Mit Hilfe der Zinseszinsformel lassen sich alle darin enthaltenen Größen berechnen, sofern von den vier Größen drei bekannt sind. Beispiel: Anfangskapital: Ko =
1.000 €
Endkapital:
Kn =
1.191 €
Zinssatz:
p =
6 % p. a.
Laufzeit:
n =
3 Jahre
Endkapital (Zeitwert):
Kn = Ko · qn = 1.000 € · 1,063 = 1.191 € (Aufzinsung)
Anfangskapital (Barwert): Ko =
Zinsfaktor:
q =
Kn q n
n
=
Kn Ko
1.191 € 1,06
=
3
3
= 1.000 € (Abzinsung)
1.191 € 1.000 €
= 1,06 ≙ 6 % p. a.
6.2 Verfahren der Investitionsrechnung
137
Kn log 1.191 € 1.000 € = 3 Jahre Ko = log q log 1,06
log
Laufzeit:
n =
Die Werte für den Aufzinsungsfaktor qn für p = 6 % p. a. können der Abbildung 6.20 entnommen werden. Eine regelmäßig wiederkehrende Zahlung von gleichbleibender Höhe bezeichnet man als Rente r. Sie heißt vorschüssig oder nachschüssig – je nachdem, ob die Zahlung am Anfang oder am Ende des jeweiligen Zeitabschnittes (Jahr, Monat) erfolgt. Bei der Rentenrechnung geht es um den Wert der einzelnen Rentenzahlungen und vor allem um den Gesamtwert einer Reihe von Rentenzahlungen. Dabei ist zwischen dem Rentenendwert und dem Rentenbarwert zu unterscheiden. Der Rentenendwert ist der Gesamtwert aller Zahlungen einer Rente einschließlich Zinseszinsen am Ende des Zeitabschnittes (Jahr, Monat o. Ä.), in dem die letzte Rentenzahlung erfolgt. Der Rentenbarwert ist der auf den Bezugszeitpunkt bzw. auf den Beginn der Rentenzahlungen abgezinste Rentenendwert. Danach ergeben sich für den Gesamtwert von Rentenzahlungen folgende Grundformeln: Beispiel: jährliche Rente r = 1000 € Zinssatz p = 6 % p. a. Laufzeit n = 3 Jahre Barwert einer vorschüssigen Rente (RBv): RBv =
n
r q
n −1
·
q −1 q −1
=
1.000 € 1,06
3-1
3
·
1,06 − 1 1,06 − 1
=
1.000 € · 2,833 = 2.833 € Endwert einer vorschüssigen Rente (REv): 3
n
REv = r · q ·
q −1 q −1
= 1.000 € · 1,06 ·
1,06 − 1 1,06 − 1
1.000 € · 3,375 = 3.375 € Barwert einer nachschüssigen Rente (RBn): RBn =
r q
n
n
·
q −1 q −1
=
1.000 € 1,06
3
1.000 € · 2,673= 2.673 €
3
·
1,06 − 1 1,06 − 1
=
=
138
6 Beurteilung der Vorteilhaftigkeit Aufzinsungsfaktor
n
Rentenbarwertfaktor (vorschüssig)
Rentenendwertfaktor (vorschüssig)
Rentenendwertfaktor (nachschüssig)
Barwertfaktor (nachschüssig) einer exponentiell steigenden Zahlungsreihe, für e = 3 %
1 2 3 4 5 6 7 8 9 10
1,060 1,124 1,191 1,262 1,338 1,419 1,504 1,594 1,689 1,791
1,000 1,943 2,833 3,673 4,465 5,212 5,917 6,582 7,210 7,802
1,060 2,184 3,375 4,637 5,975 7,394 8,897 10,491 12,181 13,972
1,000 2,060 3,184 4,375 5,637 6,975 8,394 9,897 11,491 13,181
0,972 1,916 2,833 3,725 4,591 5,433 6,251 7,046 7,818 8,568
11 12 13 14 15 16 17 18 19 20
1,898 2,012 2,133 2,261 2,397 2,540 2,693 2,854 3,026 3,207
8,360 8,887 9,384 9,853 10,295 10,712 11,106 11,477 11,828 12,158
15,870 17,882 20,015 22,276 24,673 27,213 29,906 32,760 35,786 38,993
14,972 16,870 18,882 21,015 23,276 25,673 28,213 30,906 33,760 36,786
9,298 10,006 10,695 11,364 12,014 12,645 13,259 13,856 14,435 14,998
21 22 23 24 25 26 27 28 29 30
3,400 3,604 3,820 4,049 4,292 4,549 4,822 5,112 5,418 5,743
12,470 12,764 13,042 13,303 13,550 13,783 14,003 14,211 14,406 14,591
42,392 45,996 49,816 53,865 58,156 62,706 67,528 72,640 78,058 83,802
39,993 43,392 46,996 50,816 54,865 59,156 63,706 68,528 73,640 79,058
15,546 16,077 16,594 17,096 17,584 18,058 18,519 18,966 19,401 19,824
31 32 33 34 35 36 37 38 39 40
6,088 6,453 6,841 7,251 7,686 8,147 8,636 9,154 9,704 10,286
14,765 14,929 15,084 15,230 15,368 15,498 15,621 15,737 15,846 15,949
89,890 96,343 103,184 110,435 118,121 126,268 134,904 144,058 153,762 164,048
84,802 90,890 97,343 104,184 111,435 119,121 127,268 135,904 145,058 154,762
20,234 20,633 21,021 21,398 21,764 22,120 22,465 22,801 23,128 23,445
41 42 43 44 45 46 47 48 49 50
10,903 11,557 12,250 12,985 13,765 14,590 15,466 16,394 17,378 18,420
16,046 16,138 16,225 16,306 16,383 16,456 16,524 16,589 16,650 16,708
174,951 186,508 198,758 211,744 225,508 240,099 255,565 271,958 289,336 307,756
165,048 175,951 187,508 199,758 212,744 226,508 241,099 256,565 272,958 290,336
23,753 24,052 24,343 24,626 24,901 25,168 25,427 25,679 25,924 26,162
100
339,302
17,615
5976,670
5638,368
32,389
n = Laufzeit in Jahren
Abb. 6.20:
Barwert- und Endwertfaktoren für p = 6 % p. a.
6.2 Verfahren der Investitionsrechnung
139
Zinssatz p = 1,0 ... 10,0 % p. a. n
1,0 %
2,0 %
3,0 %
4,0 %
5,0 %
6,0 %
7,0 %
8,0 %
9,0 %
10,0 %
1 2 3 4 5 6 7 8 9 10
0,990 1,970 2,941 3,902 4,853 5,795 6,728 7,652 8,566 9,471
0,980 1,942 2,884 3,808 4,713 5,601 6,472 7,325 8,162 8,983
0,971 1,913 2,829 3,717 4,580 5,417 6,230 7,020 7,786 8,530
0,962 1,886 2,775 3,630 4,452 5,242 6,002 6,733 7,435 8,111
0,952 1,859 2,723 3,546 4,329 5,076 5,786 6,463 7,108 7,722
0,943 1,833 2,673 3,465 4,212 4,917 5,582 6,210 6,802 7,360
0,935 1,808 2,624 3,387 4,100 4,767 5,389 5,971 6,515 7,024
0,926 1,783 2,577 3,312 3,993 4,623 5,206 5,747 6,247 6,710
0,917 1,759 2,531 3,240 3,890 4,486 5,033 5,535 5,995 6,418
0,909 1,736 2,487 3,170 3,791 4,355 4,868 5,335 5,759 6,145
11 12 13 14 15 16 17 18 19 20
10,368 11,255 12,134 13,004 13,865 14,718 15,562 16,398 17,226 18,046
9,787 10,575 11,348 12,106 12,849 13,578 14,292 14,992 15,678 16,351
9,253 9,954 10,635 11,296 11,938 12,561 13,166 13,754 14,324 14,877
8,760 9,385 9,986 10,563 11,118 11,652 12,166 12,659 13,134 13,590
8,306 8,863 9,394 9,899 10,380 10,838 11,274 11,690 12,085 12,462
7,887 8,384 8,853 9,295 9,712 10,106 10,477 10,828 11,158 11,470
7,499 7,943 8,358 8,745 9,108 9,447 9,763 10,059 10,336 10,594
7,139 7,536 7,904 8,244 8,559 8,851 9,122 9,372 9,604 9,818
6,805 7,161 7,487 7,786 8,061 8,313 8,544 8,756 8,950 9,129
6,495 6,814 7,103 7,367 7,606 7,824 8,022 8,201 8,365 8,514
21 22 23 24 25 26 27 28 29 30
18,857 19,660 20,456 21,243 22,023 22,795 23,560 24,316 25,066 25,808
17,011 17,658 18,292 18,914 19,523 20,121 20,707 21,281 21,844 22,396
15,415 15,937 16,444 16,936 17,413 17,877 18,327 18,764 19,188 19,600
14,029 14,451 14,857 15,247 15,622 15,983 16,330 16,663 16,984 17,292
12,821 13,163 13,489 13,799 14,094 14,375 14,643 14,898 15,141 15,372
11,764 12,042 12,303 12,550 12,783 13,003 13,211 13,406 13,591 13,765
10,836 11,061 11,272 11,469 11,654 11,826 11,987 12,137 12,278 12,409
10,017 10,201 10,371 10,529 10,675 10,810 10,935 11,051 11,158 11,258
9,292 9,442 9,580 9,707 9,823 9,929 10,027 10,116 10,198 10,274
8,649 8,772 8,883 8,985 9,077 9,161 9,237 9,307 9,370 9,427
31 32 33 34 35 36 37 38 39 40
26,542 27,270 27,990 28,703 29,409 30,108 30,800 31,485 32,163 32,835
22,938 23,468 23,989 24,499 24,999 25,489 25,969 26,441 26,903 27,355
20,000 20,389 20,766 21,132 21,487 21,832 22,167 22,492 22,808 23,115
17,588 17,874 18,148 18,411 18,665 18,908 19,143 19,368 19,584 19,793
15,593 15,803 16,003 16,193 16,374 16,547 16,711 16,868 17,017 17,159
13,929 14,084 14,230 14,368 14,498 14,621 14,737 14,846 14,949 15,046
12,532 12,647 12,754 12,854 12,948 13,035 13,117 13,193 13,265 13,332
11,350 11,435 11,514 11,587 11,655 11,717 11,775 11,829 11,879 11,925
10,343 10,406 10,464 10,518 10,567 10,612 10,653 10,691 10,726 10,757
9,479 9,526 9,569 9,609 9,644 9,677 9,706 9,733 9,757 9,779
41 42 43 44 45 46 47 48 49 50
33,500 34,158 34,810 35,455 36,095 36,727 37,354 37,974 38,588 39,196
27,799 28,235 28,662 29,080 29,490 29,892 30,287 30,673 31,052 31,424
23,412 23,701 23,982 24,254 24,519 24,775 25,025 25,267 25,502 25,730
19,993 20,186 20,371 20,549 20,720 20,885 21,043 21,195 21,341 21,482
17,294 17,423 17,546 17,663 17,774 17,880 17,981 18,077 18,169 18,256
15,138 15,225 15,306 15,383 15,456 15,524 15,589 15,650 15,708 15,762
13,394 13,452 13,507 13,558 13,606 13,650 13,692 13,730 13,767 13,801
11,967 12,007 12,043 12,077 12,108 12,137 12,164 12,189 12,212 12,233
10,787 10,813 10,838 10,861 10,881 10,900 10,918 10,934 10,948 10,962
9,799 9,817 9,834 9,849 9,863 9,875 9,887 9,897 9,906 9,915
100
63,029
43,098
31,599
24,505
19,848
16,618
14,269
12,494
11,109
9,999
n = Laufzeit in Jahren
Abb. 6.21:
Nachschüssige Rentenbarwertfaktoren
140
6 Beurteilung der Vorteilhaftigkeit
Endwert einer nachschüssigen Rente (REn): 3
n
REn = r ·
q −1 q −1
= 1.000 € ·
1,06 − 1 1,06 − 1
=
1.000 € · 3,184 = 3.184 € Den Abbildungen 6.20 und 6.21 können die entsprechenden Rentenbarwert- und -endwertfaktoren für p = 6 % p. a. entnommen werden. Den Rentenbarwert (Rentenendwert) erhält man, indem man den betreffenden Rentenbarwertfaktor (Rentenendwertfaktor) mit dem Betrag der Rente r multipliziert. In vielen Fällen der Wirtschaftlichkeitsbeurteilung muss man berücksichtigen, dass sich im Laufe des Betrachtungszeitraumes die Preise und damit die Höhe der Zahlungen verändern. Beispielsweise werden zum Ausgleich der allgemeinen Geldentwertung bei fast allen Gütern und Leistungen regelmäßig Preiserhöhungen vorgenommen. Bekannt bzw. erfassbar sind die Preise zum Zeitpunkt der Betrachtung. Nicht bekannt sind dagegen die Preise in den Folgejahren. Diese kann man jedoch mit Hilfe von Prognosewerten über die zu erwartenden Preissteigerungen abschätzen. Ist Po der aktuelle Preis und f der durchschnittliche jährliche Preissteigerungsfaktor (e = Preissteigerungssatz in %, f = 1 + e/100 = Preissteigerungsfaktor), so ist Pn der für das Jahr n zu erwartende Preis und Pon der Barwert des Preises Pn. Beispiel: Preis im Jahre 0
Po = 1000 €
Preissteigerungssatz
e = 3 % p. a.
Preissteigerungsfaktor
f = 1,03
Zinssatz
p = 6 % p. a.
Zinsfaktor
q = 1,06
Zeitdifferenz/Laufzeit
n = 3 Jahre n
= 1.000 € · 1,033 = 1.093 €
Preis im Jahre n:
Pn = Po · f
Barwert des Preises Pn:
⎛f⎞ Pon = Po · ⎜ ⎟ = 1.000 € · ⎝ q⎠
n
3
⎛ 1,03 ⎞ ⎜ ⎟ = 917 € ⎝ 1,06 ⎠
Analog zur Rentenrechnung gibt es Summenformeln auch für geometrische Zahlungsreihen, wie sie sich bei konstanten jährlichen Preissteigerungen ergeben, so beispielsweise bei einer jährlich zu leistenden Zahlung, deren Wert zum Bezugszeitpunkt (z. B. Baujahr) ro = 1.000 € beträgt:
6.2 Verfahren der Investitionsrechnung
141
Barwert (kumuliert) einer geometrischen Zahlungsreihe (nachschüssig) = n
ro ·
f q
·
⎛f⎞ ⎜ ⎟ −1 ⎝ q⎠ f q
−1
3
⎛ 1,03 ⎞ ⎜ ⎟ −1 1,03 ⎝ 1,06 ⎠ = 1.000 € · · = 2.833 € 1,06
1,03
1,06
−1
Die Höhe der Barwertfaktoren entscheidet über den Einfluss der Nutzungsausgaben auf die Wirtschaftlichkeit von Investitionsobjekten im Allgemeinen und Bauobjekten bzw. Bauteilen im Besonderen. Die Barwertfaktoren selbst sind – außer von der Investitionsdauer – von dem angenommenen Kalkulationszinssatz und der zu erwartenden Preissteigerung abhängig. Der Abbildung 6.20 können die kumulierten Barwertfaktoren einer geometrischen Zahlungsreihe (nachschüssig) für e = 3 % und p = 6 % p. a. entnommen werden. Zusätzlich sind in Abbildung 6.22 die Barwertfaktoren für verschiedene Relationen von Preissteigerungs- und Zinsfaktoren dargestellt.
Abb. 6.22:
Kumulierte Barwertfaktoren einer geometrischen Reihe (nachschüssige Zahlungen, f = Preissteigerungsfaktor, q = Zinsfaktor)
Diese Abbildung zeigt, dass bei Gleichstand von Preissteigerungssatz und Kalkulationszinssatz (f/q = 1,00) der Barwertfaktor gleich der Anzahl der Jahre der Investitionsdauer (Laufzeit) ist. In diesem – und nur in diesem Fall – darf man die Bauausgaben mit den Nutzungsausgaben (gleicher Preisstand) ohne Auf- oder Abzinsung zusammenzählen.
142
6 Beurteilung der Vorteilhaftigkeit
Ist bei einzelnen Gütern oder Leistungen die Teuerungsrate höher als der Kalkulationszinssatz, so sind die Barwertfaktoren größer als die Anzahl der Jahre der Investitionsdauer, wodurch der Einfluss der Nutzungsausgaben verstärkt wird. Da die Geldanlage am Kapitalmarkt i. Allg. nur attraktiv ist, wenn die Verzinsung über der Inflationsrate liegt, ist der anzusetzende Kalkulationszinssatz im Regelfall höher als die Teuerungsrate der meisten Güter und Leistungen, was dann im Ergebnis den Einfluss der Nutzungsausgaben auf die Wirtschaftlichkeit abschwächt. Arbeitet man bei einem Wirtschaftlichkeitsvergleich nicht mit unterschiedlichen Preissteigerungsraten für die verschiedenen Güter und Leistungen, so kann die allgemeine Geldentwertung auch durch Ansatz des (inflationsbereinigten) Realzinssatzes berücksichtigt werden, wie dies in dem Beispiel zu der im Abschnitt 6.2.1 beschriebenen Kostenvergleichsrechnung gezeigt wird. Neben der Berechnung von Barwerten und Endwerten mit Hilfe der Barwert- und Summenformeln hat sich inzwischen die Berechnung mittels Tabellenkalkulationstechnik bewährt. Infolge der einfachen Kopierfähigkeit der Formeln in der Tabellenkalkulationstechnik erzielt man durch die bisher übliche Anwendung der Summenformeln (Barwerte und Endwerte von Rentenzahlungen und geometrischen Zahlungsreihen) keinen Zeitvorteil mehr. Außerdem ist die jahresweise Aufstellung und Berechnung der Barwerte für den wenig Geübten übersichtlicher und viel leichter nachzuvollziehen. Dies belegt die Berechnung der Barwerte in Tabellenform in Abbildung 6.23. Diesem Beispiel ist eine Rente in Höhe von 1.000 € zugrunde gelegt. In den einzelnen Jahreszeilen sind die Barwerte dieser Rente mit und ohne Preissteigerung von 3 % angegeben. Durch einfache Addition kann nun der Rentenbarwert über fünf, zehn, fünfzehn Jahre oder eine andere beliebig lange Zeitdauer ermittelt werden. Im Anschluss werden die Kapitalwertmethode und die Annuitätenmethode als Beispiele für die dynamischen Verfahren vorgestellt, die auf den hier beschriebenen finanzmathematischen Grundlagen aufbauen. Kapitalwertmethode
Die Kapitalwertmethode geht von den Einzahlungs- und Auszahlungsströmen aus und betrachtet diese bis zum Ende der Nutzungsdauer des Investitionsobjektes. Durch Abzinsung der einzelnen Zahlungen auf einen gemeinsamen Bezugszeitpunkt wird die Zeitstruktur der mit einer Investition verbundenen Zahlungen berücksichtigt, d. h. durch Umrechnung der Zeitwerte in Barwerte werden Zahlungen, auch wenn sie zu unterschiedlichen Zeitpunkten erfolgen, vergleichbar gemacht. Dies entspricht dem realen Investitionsproblem insofern, als für den Investor Zahlungen umso weniger wert sind, je weiter sie in der Zukunft liegen. Der Kapitalwert, das Vorteilhaftigkeitskriterium der Kapitalwertmethode, errechnet sich als Summe der Barwerte aller Zahlungen, die mit der zu beurteilenden Investition zusammenhängen, wobei die Auszahlungen (einschließlich der Anschaffungsauszahlung) mit einem negativen Vorzeichen zu versehen sind. Fasst man Einzahlungen und Auszahlungen jeweils getrennt zusammen, dann ergibt sich der Kapitalwert als Differenz zwischen der Summe der Barwerte aller Einzahlungen und der Summe der Barwerte aller Auszahlungen:
6.2 Verfahren der Investitionsrechnung Jahr ohne 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 Rentenbarwert Abb. 6.23:
143
Barwert mit 3 %-iger ohne Preissteigerung 943 € 972 € 890 € 944 € 840 € 917 € 792 € 892 € 747 € 866 €
Barwert mit 3 %-iger ohne Preissteigerung 943 € 972 € 890 € 944 € 840 € 917 € 792 € 892 € 747 € 866 € 705 € 842 € 665 € 818 € 627 € 795 € 592 € 772 € 558 € 750 €
4.212 €
7.360 €
8.568 €
Barwert mit 3 %-iger Preissteigerung 943 € 972 € 890 € 944 € 840 € 917 € 792 € 892 € 747 € 866 € 705 € 842 € 665 € 818 € 627 € 795 € 592 € 772 € 558 € 750 € 527 € 729 € 497 € 709 € 469 € 689 € 442 € 669 € 417 € 650 € 9.712 € 12.014 €
Rentenbarwertermittlung einer nachschüssigen Rente über 1000 € Tabellenkalkulation (Kalkulationszinsatz 6 % p. a., jährliche Preissteigerung 0 % bzw. 3 %)
n
KW =
Et
n
At
∑q ∑q t =0
t
–
t =0
t
KW = Kapitalwert t
= Periode (z. B. Jahr; t = 0, 1, 2, ... n)
n
= Nutzungsdauer des Investitionsobjektes
Et
= Einzahlungen der Periode t
At
= Auszahlungen der Periode t
q
= Zinsfaktor (q = 1 + p/100; p = Zinsfuß in %)
Vergleicht man zwei alternative Baumaßnahmen miteinander, so ist die Maßnahme mit dem höheren Kapitalwert die vorteilhaftere. Ist eine einzelne Baumaßnahme zu beurteilen, so ist sie als vorteilhaft zu bezeichnen, wenn der Kapitalwert positiv ist (vorausgesetzt man hat die Einzahlungen (Erträge) mit positivem Vorzeichen und die Auszahlungen (Kosten) mit negativem Vorzeichen versehen). Ermittelt man dagegen z. B. bei einem selbst genutzten Wohnhaus nur den Barwert der Auszahlungen (Kosten) und erspart sich das negative Vorzeichen, dann ist selbstverständlich die Variante mit dem geringeren Barwert (der Auszahlungen) die vorteilhaftere.
144
6 Beurteilung der Vorteilhaftigkeit
Bei der Ermittlung der Barwerte stellt sich die Frage, welcher Kalkulationszinssatz p verwendet werden soll. Hier ist zweckmäßigerweise der auf dem Kapitalmarkt langfristig bei einer risikoarmen Anlage erzielbare Haben-Zinssatz anzusetzen. Dies bietet sich insofern an, als der bei der Kapitalwertmethode verwendete Kalkulationszinssatz als geforderte Mindestverzinsung fungiert. Erfüllt eine Investition genau diese Mindestforderung, ergibt sich ein Kapitalwert von 0. Wird dagegen die geforderte Mindestverzinsung übertroffen, ist der Kapitalwert positiv und die Investition wird als vorteilhaft eingestuft. Ein positiver Kapitalwert zeigt also die Wirtschaftlichkeit der zu beurteilenden Investition an. Der Kapitalwert einer Investition lässt sich in einer taggenauen Berechnung ermitteln. Dies ist aber mit einem unverhältnismäßig hohen Aufwand verbunden. Man kann diesen Aufwand durch eine Reihe von vereinfachenden Annahmen erheblich reduzieren. Hierbei müssen aber die rechentechnischen Auswirkungen (z. B. vorschüssige oder nachschüssige Zahlungsreihen) beachtet werden. Es ist daher zu empfehlen, ein vereinfachendes Standardmodell der Kapitalwertmethode und die dazugehörenden Formelansätze zu verwenden. Im Folgenden wird ein solches Standardmodell vorgestellt. Lassen sich die Gegebenheiten in einem Anwendungsfall nicht unter die Modellannahmen subsumieren, so ist zu prüfen, welche rechentechnischen Konsequenzen daraus zu ziehen sind. In dem hier favorisierten Standardmodell der Kapitalwertmethode werden zur rechentechnischen Vereinfachung die zu den unterschiedlichsten Zeitpunkten eines Jahres anfallenden Zahlungen in der Nutzungsphase zu einer Zahlung in Jahresmitte zusammengefasst. Weiterhin werden die Zahlungen für die Planungs- und Bauleistungen zu einer Gesamtzahlung zusammengefasst, die ein halbes Jahr vor Inbetriebnahme (≈ Mitte des Baujahres) zu leisten ist (dies stellt lediglich bei mehrjährigen Ausführungszeiten eine u. U. problematische Vereinfachung dar). Danach ergibt sich das in Abbildung 6.24 dargestellte Standardmodell. Als Bezugszeitpunkt, auf den die Zahlungen abzuzinsen sind, wird der Zeitpunkt 0 gewählt, zu dem die fiktive Gesamtzahlung für die Planungs- und Bauleistungen geleistet wird. Mit dem Zeitpunkt 0 beginnt die erste Zinsperiode, an deren Ende die zusammengefassten Zahlungen des ersten Nutzungsjahres anfallen. Danach folgt die zweite Zinsperiode, an deren Ende wiederum die Jahreszahlung des zweiten Nutzungsjahres steht. Da die Zahlungen jeweils am Ende der Zinsperioden angenommen werden, handelt es sich um nachschüssige Zahlungen. Daher sind bei dem hier zugrunde gelegten Standardmodell die Barwerte von Zahlungsreihen mit Hilfe der nachschüssigen Barwertfaktoren zu ermitteln. Im Folgenden soll die Kapitalwertmethode an Hand von Investitionen mit und ohne Rückflüssen vorgestellt werden. Als Beispiel für eine Investition ohne Rückflüsse folgt der Wirtschaftlichkeitsvergleich von Außenwänden aus dem Abschnitt 6.2.1. Bei der Berechnung des Kapitalwertes in Abbildung 6.26 werden folgende jährliche Preissteigerungsraten berücksichtigt Energie Instandsetzung
5% 3 %.
Hierbei wird angenommen, dass die Instandsetzungskosten ungefähr mit der auf mittlere Sicht zu erwartenden durchschnittlichen Inflationsrate steigen werden und der Steigerungssatz der Energiekosten etwas darüber liegen wird.
6.2 Verfahren der Investitionsrechnung
145
Einzahlungen Bezugszeitpunkt (auf den abgezinst wird) 1.
3.
2.
4.
Zinsperiode
Zeit
1.
Baujahr
2.
3.
Nutzungsjahr
Inbetriebnahme Auszahlungen Abb. 6.24:
Zusammenfassung von Einzelzahlungen zu Jahres-Gesamtzahlungen bei der Kapitalwertmethode
Sinnvollerweise verwendet man bei der Kapitalwertmethode den Zeitpunkt der Erstinvestitionsausgabe – in unserem Falle den (mittleren) Zeitpunkt der Bezahlung der Planungs- und Bauleistungen – als Bezugszeitpunkt, auf den die Barwerte aller Zahlungen zu beziehen sind (siehe Abbildung 6.24). Dies hat zur Folge, dass die Baukosten (Zahlungen für Planungsund Bauleistungen) nicht abgezinst zu werden brauchen (Barwertfaktor = 1,0). Es bleibt also die Aufgabe, die während der Nutzungsdauer anfallenden Zahlungen in einen Einmal-Betrag zu transformieren (Kapitalisierung, siehe Abbildung 6.25). In Abbildung 6.26 wird der Kapitalwert der Heizwärmekosten unter gleichzeitiger Berücksichtigung der Preissteigerungen durch Verwendung der Barwertformel für geometrische Reihen (siehe folgende Ausführungen) ermittelt. Für die nur alle 20 Jahre anfallenden Instandsetzungskosten sind die entsprechenden Formeln für Einzelzahlungen anzuwenden. Außenwand B führt zu einem geringeren Kapitalwert (der Auszahlungen) als die Außenwand A und ist damit – wie schon beim Kostenvergleich festgestellt – wirtschaftlicher.
146
6 Beurteilung der Vorteilhaftigkeit
(EUR) Kapitalisierte Nutzungskosten
Baukosten Jahres-Heizwärmekosten Instandsetzungskosten Zeit Abb. 6.25:
Kapitalisierung der Nutzungskosten bei der Kapitalwertmethode
Kostenart
Betrag
Baukosten
145,00 €/m²
Jahr
Faktor
Barwert
0
145,00 €/m² 50
Heizwärmekosten
1,57 €/m²
1 - 50
Instandsetzungskosten
63,00 m²
20 40
fe (fe/q) - 1 ── . ───── = 39,63 q f e/q - 1
62,30 €/m²
(fu/q)20 (fu/q)40
35,48 €/m² 19,98 €/m²
= 0,56 = 0,32
Kapitalwert der Außenwand A Kostenart
Betrag
Baukosten
155,00 €/m²
262,76 €/m² Jahr
Faktor
Barwert
0
Heizwärmekosten
0,85 €/m²
1 - 50
Instandsetzungskosten
63,00 m²
20 40
Kapitalwert der Außenwand B
155,00 €/m² fe (fe/q)50 - 1 ── . ───── = 39,63 q f e/q - 1
33,75 €/m²
(fu/q)20 (fu/q)40
35,48 €/m² 19,98 €/m²
= 0,56 = 0,32
244,21 €/m²
Kalkulationszinssatz p = 6 %, q = 1,06; Preissteigerungsfaktor fe = 1,05, fu = 1,03 Abb. 6.26:
Kapitalwertvergleich von Außenwänden
6.2 Verfahren der Investitionsrechnung
147
Als nächstes soll die Kapitalwertmethode am Beispiel einer Windkraftanlage, einer Investition mit Rückflüssen, erläutert werden. Eine Investition mit Rückflüssen ist dann wirtschaftlich, wenn ihr Kapitalwert gleich oder größer als Null ist. Ein Kapitalwert größer als Null zeigt an, dass die Verzinsung der Investition höher ist als die im Kalkulationszinsfuß vorgegebene Mindestverzinsung. Bei der Auswahl zwischen zwei oder mehr Investitionsmöglichkeiten ist diejenige mit dem höchsten Kapitalwert vorzuziehen. Jahr 0
Beteiligung (einschl. 5 % Agio)
Ausschüttungen
10.500 €
Steuervorteile 4.368 €
1
500 €
387 €
2
500 €
248 €
3
500 €
55 €
4
600 €
- 118 €
5
600 €
- 271 €
6
600 €
- 409 €
7
600 €
- 533 €
8
600 €
- 647 €
9
600 €
- 715 €
10
600 €
- 497 €
11
600 €
- 536 €
12
800 €
- 574 €
13
800 €
- 610 €
14
2.600 €
- 619 €
15
2.600 €
- 602 €
16
2.600 €
- 746 €
17
2.600 €
- 888 €
18
2.700 €
- 867 €
19
2.700 €
- 846 €
20
2.400 €
- 859 €
Abb. 6.27:
Beteiligung, Ausschüttungen, Steuervorteile bei einem Windkraftprojekt
148
6 Beurteilung der Vorteilhaftigkeit
Es soll mit Hilfe der Kapitalwertmethode die Frage beantwortet werden, ob eine Beteiligung an einem Windkraftprojekt vorteilhaft ist. In einem Prospekt für diese Beteiligung finden sich die in Abbildung 6.27 zusammengestellten Angaben. 1
2
3
4
Jahr
Beteiligung (einschl. 5 % Agio)
Ausschüttungen
Steuervorteile
0
5
6 Zahlungssaldo Zeitwert
10.500 €
Barwert
4.368 €
-6.132 €
-6.132 €
1
500 €
387 €
887 €
853 €
2
500 €
248 €
748 €
692 €
3
500 €
55 €
555 €
493 €
4
600 €
- 118 €
482 €
412 €
5
600 €
- 271 €
329 €
270 €
6
600 €
- 409 €
191 €
151 €
7
600 €
- 533 €
67 €
51 €
8
600 €
- 647 €
-47 €
- 34 €
9
600 €
- 715 €
-115 €
- 81 €
10
600 €
- 497 €
103 €
70 €
11
600 €
- 536 €
64 €
42 €
12
800 €
- 574 €
226 €
141 €
13
800 €
- 610 €
190 €
114 €
14
2.600 €
- 619 €
1.981 €
1.144 €
15
2.600 €
- 602 €
1.998 €
1.109 €
16
2.600 €
- 746 €
1.854 €
990 €
17
2.600 €
- 888 €
1.712 €
879 €
18
2.700 €
- 867 €
1.833 €
905 €
19
2.700 €
- 846 €
1.854 €
880 €
20
2.400 €
- 859 €
1.541 €
703 €
Kapitalwert:
3.652 €
Kalkulationszinsfuß: 4 % Abb. 6.28:
Kapitalwert einer Windkraftbeteiligung
6.2 Verfahren der Investitionsrechnung
149
Unter Berücksichtigung eines Agios (Vermittlungsprovision) von 5 % werden bei einer Beteiligung von 10.000 € insgesamt 10.500 € fällig. Danach sind über 13 Jahre Ausschüttungen zwischen 5 % und 8 % der Zeichnungssumme geplant. Vom 14. bis 20. Jahr sind Ausschüttungen zwischen 24 % und 27 % geplant, die im Wesentlichen der Rückgewinnung des eingesetzten Kapitals dienen. Die Gewinne und Verluste der Windkraft-Betreibergesellschaft werden den einzelnen Beteiligten als Einkünfte aus Gewerbebetrieb zugerechnet. Bei den angegebenen Steuervorteilen sind die steuerlichen Verhältnisse von 2012 (Spitzensteuersatz) zugrunde gelegt worden. In der zweiten bis vierten Spalte der Abbildung 6.28 sind die Zahlungsströme entsprechend den Prospektangaben aufgelistet. In der fünften Spalte werden die Zahlungssalden der einzelnen Jahre ermittelt: im Anlagejahr: Steuervorteil minus Beteiligung und Agio in den übrigen Jahren: Ausschüttung zuzüglich Steuervorteile bzw. abzüglich zusätzlicher Steuerbelastung. In der letzten Spalte werden die Barwerte der Zahlungssalden gebildet, indem sie mit dem Kalkulationszinsfuß auf den Anlagezeitpunkt 0 abgezinst werden. Abschließend wird der Kapitalwert als Summe der Barwerte der Einzahlungen abzüglich der Summe der Barwerte der Auszahlungen ermittelt, indem die Barwerte in der letzten Spalte über alle Jahre aufsummiert werden. Die Beteiligung führt – sofern sich die prognostizierten Ausschüttungen auch so einstellen – zu einem Kapitalwert von rund 3.650 €. Der positive Kapitalwert zeigt an, dass die Verzinsung dieser Anlage deutlich über der im Kalkulationszinsfuß vorgegebenen Mindestverzinsung liegt. An diesem Maßstab von 4 % p. a. gemessen, ist die Beteiligung für den Anleger wirtschaftlich. Der ermittelte Kapitalwert von rund 3.650 € besagt, dass der finanzielle Vorteil dieser Beteiligung im Vergleich zur 4 %-igen Anlage am Kapitalmarkt einem Gegenwartswert (Barwert) von 3.650 € entspricht. Bei den dynamischen Verfahren wird der Grundsatz der sich gegenseitig vollständig ausschließenden Vergleichsinvestitionen durch die Annahme berücksichtigt, dass Differenzbeträge bzw. frei werdende Beträge zum Kalkulationszinsfuß angelegt werden. Der Kapitalwert einer Investition erhöht sich durch zusätzlich angelegte Beträge, die eine über dem Kalkulationszinsfuß liegende Verzinsung erbringen, er vermindert sich durch Zusatzanlagen mit einer unter dem Kalkulationszinsfuß liegenden Verzinsung und er bleibt unverändert bei Zusatzanlagen zum Kalkulationszinsfuß. Daher ist die fiktive Anlage von Differenzbeträgen zum Kalkulationszinsfuß ergebnisneutral und braucht in der Kapitalwertberechung keine Berücksichtigung zu finden. Diese Annahme einer Anlage zum Kalkulationszinsfuß ist ohne weiteres plausibel, wenn – wie in den meisten Fällen zu empfehlen – als Kalkulationszinsfuß der Kapitalmarktzinssatz gewählt wird.
150
6 Beurteilung der Vorteilhaftigkeit
Annuitätenmethode
Die Wiederanlageprämisse zur Gewährleistung des vollständigen gegenseitigen Ausschlusses von zwei Investitionsalternativen führt bei der Kapitalwertmethode vor allem dann zu einem unbefriedigenden Ergebnis, wenn die beiden Investitionen eine unterschiedliche Nutzungsdauer haben und die Investition mit der kürzeren Nutzungsdauer dann mittels Wiederanlageprämisse verlängert werden muss, wobei die Wiederanlage zum Kalkulationszinsfuß den Kapitalwert nicht verändert. Angenommen man wollte zwei verschiedene Windkraft-Beteiligungen miteinander vergleichen. Beide Beteiligungen führen zu einem Kapitalwert von 3.650 €, jedoch wird bei der einen Beteiligung mit einer Nutzungsdauer von 20 Jahren und bei der anderen von 25 Jahren gerechnet. Bei der Alternative mit der 20-jährigen Nutzungsdauer werden die zurückgeflossenen Mittel fiktiv fünf Jahre länger zum Kalkulationszinsfuß angelegt. Dadurch schließen sich die beiden Beteiligungen vollständig gegenseitig aus. Die Anlage zum Kalkulationszinsfuß ist kapitalwertneutral, d. h. auch mit der fiktiven Verlängerung der kürzeren Beteiligung bleibt der Kapitalwert bei 3.650 €. Beide Beteiligungen führen also zum gleichen Kapitalwert und sind damit entsprechend der Maxime der Kapitalmethode gleichwertig. Jedoch sagt einem die einfache Anschauung schon, dass es wirtschaftlicher sein muss, einen Kapitalwert von 3.650 € in 20 Jahren als erst in 25 Jahren zu erwirtschaften. Dieser Widerspruch lässt sich mit Hilfe der Annuitätenmethode auflösen. Die Annuitätenmethode ist ein der Kapitalwertmethode verwandtes Verfahren. Bei ihr wird der Kapitalwert einer Investition periodisiert, indem der Kapitalwert mit dem Wiedergewinnungsfaktor (Kehrwert des Rentenbarwertfaktors) multipliziert wird. Dadurch wird der Kapitalwert in eine äquivalente Zahlungsreihe von gleichbleibender Höhe über die gesamte Anlagedauer transformiert. Dies führt bei einer kürzeren Anlagedauer zu einer höheren Annuität als bei einer längeren, genauso wie die Annuität eines Darlehens umso höher sein muss, je kürzer seine Laufzeit ist. Im Falle der zwei verschiedenen Windkraft-Beteiligungen ergeben sich bei einem Kalkulationszinssatz von 4 % p. a. folgende Annuitäten:
Nutzungsdauer Kapitalwert Annuität Abb. 6.29:
Beteiligung 1
Beteiligung 2
20 Jahre
25 Jahre
3.650 €
3.650 €
269 €/Jahr
234 €/Jahr
Vergleich von zwei Windkraft-Beteiligungen mit der Annuitätenmethode
Die Annuitätenmethode weist die Windkraft-Beteiligung 1 mit der kürzeren Investitionsdauer bei gleichem Kapitalwert als die vorteilhaftere Beteiligung aus.
6.2 Verfahren der Investitionsrechnung
151
Interne Zinsfußmethode
Die Interne Zinsfuß-Methode ist ein dynamisches Verfahren, bei der die Verzinsung einer Investition ermittelt und mit einer Vergleichsinvestition oder mit einer vorgegebenen Mindestverzinsung verglichen wird. Das Vorteilhaftigkeitskriterium dieser Methode, der so genannte interne Zinsfuß, gibt die Rendite einer Investition an. Der interne Zinsfuß ist der Zinssatz, bei dem der Kapitalwert einer Investition gleich 0 ist. Um den internen Zinsfuß zu berechnen, muss man also die Formel für den Kapitalwert gleich 0 setzen und diese Gleichung dann nach dem Zinsfaktor q auflösen: n
KW =
Et
n
At
∑ q -∑ q t =0
t
t =0
t
=0
Die Auflösung dieser Gleichung nach dem Zinsfaktor q ist nur bei den zwei im Folgenden genannten Sonderfällen auf einfache Weise möglich: Erstreckt sich die Investition nur über ein oder zwei Jahre, so ergibt sich aus der obigen Formel eine lineare bzw. quadratische Gleichung, die sich einfach nach q auflösen lässt. Der andere Sonderfall liegt dann vor, wenn Einzahlungen und Auszahlungen mit Ausnahme der Anschaffungsauszahlung in gleichbleibender Höhe anfallen. Dann lässt sich der Rentenbarwertfaktor als Quotient aus der Anschaffungsauszahlung Ao und den jährlichen Einzahlungsüberschüssen EÜt ermitteln: Rentenbarwertfaktor =
Ao EÜ t
Der gesuchte Zinssatz p kann der Abbildung 6.21 entnommen werden. Beispiel: Anschaffungsauszahlung
Ao
= 2.673 €
jährlicher Einzahlungsüberschuss (nachschüssig)
EÜt
= 1.000 €
Laufzeit
n
=
Rentenbarwertfaktor =
2.673 € 1.000 €
3 Jahre
= 2,673 Æ p = 6,0 % für n = 3 Jahre
Wenn jedoch die mit der betrachteten Investition verbundenen Zahlungen in unterschiedlicher Höhe anfallen und sich über mehrere Jahre erstrecken, ist eine Näherungslösung erforderlich. Diese ist dank der Zielwertsuche in der Tabellenkalkulationstechnik heutzutage sehr einfach durchzuführen (siehe Abbildung 6.30). Beim Auslösen der Zielwertsuche wird der Kalkulations-Zinsfuß solange variiert, bis der Kapitalwert gleich Null ist. Dann hat der Kalkulationszinsfuß den Wert des Internen Zinsfußes angenommen.
152 Jahr
0
6 Beurteilung der Vorteilhaftigkeit Beteiligung (einschl. 5 % Agio)
Ausschüttungen
Steuervorteile
Zahlungssaldo Zeitwert
10.500 €
Barwert
4.368 €
-6.132 €
- 6.132 €
1
500 €
387 €
887 €
819 €
2
500 €
248 €
748 €
638 €
3
500 €
55 €
555 €
437 €
4
600 €
- 118 €
482 €
350 €
5
600 €
- 271 €
329 €
221 €
6
600 €
- 409 €
191 €
118 €
7
600 €
- 533 €
67 €
38 €
8
600 €
- 647 €
-47 €
- 25 €
9
600 €
- 715 €
-115 €
- 56 €
10
600 €
- 497 €
103 €
46 €
11
600 €
- 536 €
64 €
27 €
12
800 €
- 574 €
226 €
87 €
13
800 €
- 610 €
190 €
67 €
14
2.600 €
- 619 €
1.981 €
648 €
15
2.600 €
- 602 €
1.998 €
604 €
16
2.600 €
- 746 €
1.854 €
517 €
17
2.600 €
- 888 €
1.712 €
441 €
18
2.700 €
- 867 €
1.833 €
436 €
19
2.700 €
- 846 €
1.854 €
407 €
20
2.400 €
- 859 €
1.541 €
312 €
Interner Zinsfuß:
8,31 %
Kapitalwert:
0€
Abb. 6.30:
Interner Zinsfuß einer Windkraft-Beteiligung
Bei dem vorgestellten Windkraft-Beispiel beträgt der Interne Zinsfuß und damit die Rendite 8,31 % p. a. (nach Steuern). Diese Rendite liegt deutlich über der derzeitigen Umlaufrendite von Wertpapieren. Die Anlage ist daher als wirtschaftlich zu beurteilen (und entspricht damit dem Ergebnis der Kapitalwertberechnung), wenn die Prognose der Ausschüttungen und Steuervorteile als zuverlässig gelten kann.
6.2 Verfahren der Investitionsrechnung
153
Die Interne-Zinsfuß-Methode ist bei verschiedenen Anwendungsfällen umstritten. Der Grund hierfür liegt zum einen darin, dass sich bei mehrfachem Vorzeichenwechsel (Jahre mit Überschüssen und Jahre mit Defiziten) mehrdeutige Lösungen ergeben können, also zwei oder mehr mathematisch korrekte Interne Zinsfüße. Zum andern liegt dies an der Wiederanlageprämisse, also an der den Verfahren der Investitionsrechnung zugrunde liegenden Annahme, dass Differenzbeträge zum Kalkulationszinsfuß angelegt werden (können). Dass diese Annahme bei dem Windkraft-Beispiel mit einer Verzinsung von 8,31 % p. a. (nach Steuern) plausibel ist, darf zu Recht bezweifelt werden. Was wäre, wenn die vorzeitigen Ausschüttungen nur zu einem Zinsfuß von 5,0 % p. a. angelegt werden können? Und wie wäre im Vergleich zur Windkraft-Beteiligung eine mit 7,0 % p. a. (nach Steuern) festverzinsliche Kapitalanlage über 20 Jahre mit endfälliger Rückzahlung zu beurteilen? Diesen Fragen soll in dem folgenden Abschnitt nachgegangen werden. Vollständiger Finanzplan (VOFI)
Beim Vollständigen Finanzplan werden alle mit der Investition verbundenen Zahlungen erfasst und mittels Verzinsung bis zum Planungshorizont fortgeschrieben. Dabei wird nicht zwangsläufig mit einem einheitlichen Zinsfuß gerechnet, vielmehr kann der Zinsfuß, zu dem Wiederanlagen oder Zwischenfinanzierungen erfolgen, entsprechend den Bedingungen des Kapitalmarktes festgelegt werden. Bei gleicher Anschaffungsausgabe ist die Investition die wirtschaftlichste, die zum höchsten Endvermögen führt. Aus dem Verhältnis von Endvermögen zur Anschaffungsausgabe kann unter Berücksichtigung der Investitionsdauer die so genannte VOFI-Rentabilität ermittelt werden:
VOFI − Rentabilität
=
n
Endvermögen Anschaffungsausgabe
n = Investitionsdauer
Mit diesem Instrumentarium lassen sich die am Ende des letzten Abschnitts gestellten Fragen beantworten. Zunächst soll ermittelt werden, wie hoch das Endvermögen und die VOFIRentabilität ausfällt, wenn der Netto-Investitionsbetrag in Höhe von 6.132 € (Beteiligung + Agio – Steuerersparnis) zu 7,0 % (nach Steuern) über 20 Jahre festverzinslich angelegt wird (siehe Abbildung 6.31).
VOFI − Rentabilität
= 20
23.729 € 6.132 €
= 1,07 → 7,0 % p. a.
Die Ermittlung zeigt, dass die VOFI-Rentabilität bei einer Kapitalanlage mit endfälliger Rückzahlung mit dem Internen Zinsfuß bzw. ihrer Rendite übereinstimmt. Bei der mit der 7 %-igen Kapitalanlage zu vergleichenden Windkraftbeteiligung sind wegen des Grundsatzes der sich vollständig gegenseitig ausschließenden Investitionsalternativen die Ausschüttungen (einschließlich Steuerersparnisse bzw. abzüglich Steuerbelastung) bis zum Ende der 20-jährigen Nutzungsdauer wiederanzulegen.
154 Jahr
6 Beurteilung der Vorteilhaftigkeit HabenZinsen
1
7,0 %
2
(Erst-) InvestitionsAusgabe
Guthaben am Jahresende
429 €
6.561 €
7,0 %
459 €
7.021 €
3
7,0 %
491 €
7.512 €
4
7,0 %
526 €
8.038 €
5
7,0 %
563 €
8.600 €
6
7,0 %
602 €
9.202 €
7
7,0 %
644 €
9.847 €
8
7,0 %
689 €
10.536 €
9
7,0 %
738 €
11.273 €
10
7,0 %
789 €
12.063 €
11
7,0 %
844 €
12.907 €
12
7,0 %
903 €
13.810 €
13
7,0 %
967 €
14.777 €
14
7,0 %
1.034 €
15.812 €
15
7,0 %
1.107 €
16.918 €
16
7,0 %
1.184 €
18.103 €
17
7,0 %
1.267 €
19.370 €
18
7,0 %
1.356 €
20.726 €
19
7,0 %
1.451 €
22.177 €
20
7,0 %
1.552 €
Endvermögen 23.729 €
Abb. 6.31:
6.132 €
HabenZinsen
Vollständiger Finanzplan, festverzinslich mit endfälliger Rückzahlung
Hierfür lassen sich jedoch – so soll angenommen werden – nur Habenzinsen in Höhe von 5 % p. a. nach Steuern erzielen. Dieser Sparvorgang mit 5 %-iger Verzinsung ist in den Spalten 6 bis 8 der Abbildung 6.32 dargestellt. In der Spalte 6 wird der Zahlungssaldo des jeweiligen Jahres gebildet. In der Spalte 7 werden die jeweiligen Haben-Zinsen ermittelt, die wegen der Annahme nachschüssiger Zahlungen erst im Folgejahr gutgeschrieben werden. In der Spalte 8 findet man den Guthabenstand jeweils zum Jahresende. Durch die oben dargestellte Wiederanlagestrategie wird auch die Windkraft-Beteiligung in eine Kapitalanlage mit vollständiger endfälliger Auszahlung umgewandelt. Damit schließen sich diese Beteiligung und die 7 %-ige Festgeldanlage über zwanzig Jahre gegenseitig vollständig aus und lassen sich somit direkt vergleichen.
Abb. 6.32: 600 EUR 600 EUR
5,0 %
5,0 %
5,0 %
5,0 %
5,0 %
5,0 %
5,0 %
5,0 %
5,0 %
5,0 %
5,0 %
5,0 %
5,0 %
5,0 %
5,0 %
5,0 %
5,0 % 5,0 %
5,0 %
3
4
5
6
7
8
9
10
11
12
13
14
Vollständiger Finanzplan für eine Windkraft-Beteiligung
bei 5 %-iger Verzinsung der vorzeitigen Ausschüttungen
15
16
17
18 19
20
2.400 EUR
2.700 EUR 2.700 EUR
2.600 EUR
2.600 EUR
2.600 EUR
2.600 EUR
800 EUR
800 EUR
600 EUR
600 EUR
600 EUR
600 EUR
600 EUR
600 EUR
500 EUR
500 EUR
5,0 %
500 EUR
4
Ausschüttungen (nachschüssig)
2
10.500 EUR
3
Beteiligung einschl. 5 % Agio
1
2
1
0
HabenZinsen
Jahr
-859 EUR
-867 EUR -846 EUR
-888 EUR
-746 EUR
-602 EUR
-619 EUR
-610 EUR
-574 EUR
-536 EUR
-497 EUR
-715 EUR
-647 EUR
-533 EUR
-409 EUR
-271 EUR
-118 EUR
55 EUR
248 EUR
387 EUR
4.368 EUR
5
Steuervorteile (nachschüssig)
1.541 EUR
1.833 EUR 1.854 EUR
1.712 EUR
1.854 EUR
1.998 EUR
1.981 EUR
190 EUR
226 EUR
64 EUR
103 EUR
-115 EUR
-47 EUR
67 EUR
191 EUR
329 EUR
482 EUR
555 EUR
748 EUR
887 EUR
6
1.026 EUR
759 EUR 889 EUR
642 EUR
523 EUR
403 EUR
289 EUR
266 EUR
243 EUR
228 EUR
213 EUR
208 EUR
200 EUR
188 EUR
170 EUR
146 EUR
116 EUR
84 EUR
44 EUR
0 EUR
7
Zahlungssaldo ohne Haben-Zinsen Haben-Zinsen
23.090 EUR Endvermögen
17.780 EUR 20.523 EUR
15.188 EUR
12.834 EUR
10.457 EUR
8.056 EUR
5.786 EUR
5.330 EUR
4.860 EUR
4.568 EUR
4.252 EUR
4.159 EUR
4.006 EUR
3.752 EUR
3.391 EUR
2.916 EUR
2.318 EUR
1.679 EUR
887 EUR
8
Guthaben am Jahresende
6.132 EUR
9
Eigenkapital nach Steuerrückerstattung
6.2 Verfahren der Investitionsrechnung 155
156
6 Beurteilung der Vorteilhaftigkeit
Die Vollständigen Finanzpläne zeigen, dass die Festgeldanlage zu einem höheren Endvermögen (23.729 €) führt als die Windkraft-Beteiligung (23.090 €). Dementsprechend liegt die VOFI-Rentabilität der Windkraft-Beteiligung mit 6,85 % p. a. unter der der 7 %-igen Festgeldanlage. VOFI − Rentabilität
= 20
23.090 € 6.132 €
= 1,0685 → 6,85 % p. a.
Unter der Bedingung der endfälligen Rückzahlung ist also nach Steuern die 7 %-ige Festgeldanlage wirtschaftlicher als die Windkraft-Beteiligung. Wegen des Grundsatzes der sich gegenseitig vollständig ausschließenden Investitionsalternativen ist die Windkraft-Beteiligung als eine Mischanlage zu betrachten, die sich aus der eigentlichen Beteiligung mit einer internen Verzinsung von 8,31 % p. a. und aus der Wiederanlage der vorzeitigen Ausschüttungen zu 5 % p. a. nach Steuern zusammensetzt. Daraus ergibt sich insgesamt eine VOFI-Rentabilität von 6,85 % p. a. Verfahrenswahl
Angesichts der nicht geringen Anzahl von Verfahren der Investitionsrechnung stellt sich die Frage, welches Verfahren bei welcher Fragestellung anzuwenden ist. Die Verfahrensauswahl hängt u. a. davon ab, ob ein schnelles, überschlägiges Urteil oder eine gründliche Untersuchung gefragt ist. Im einen Fall wird der Makler die Anfangsrentabilität des angebotenen Objektes im Kopf überschlagen und seinem Kunden spontan nennen, und im anderen Fall wird man mit Computerunterstützung den Internen Zinsfuß ermitteln oder in noch differenzierterem Vorgehen einen Vollständigen Finanzplan aufstellen und die VOFI-Rentabilität ermitteln. In Anbetracht der zumeist hohen Investitionsausgabe ist den präziseren, aber zeitaufwendigeren finanzmathematischen Verfahren (einschließlich des Vollständigen Finanzplanes) in der Regel der Vorzug zu geben. Ansonsten ist grundsätzlich die schon behandelte Fallunterscheidung zwischen der Beurteilung einer Einzelinvestition und der Auswahl aus mehreren Investitionsmöglichkeiten zu beachten. (Die Beurteilung einer Ersatzinvestition wird hier als Vergleich mit der Alternative „bisherigen Zustand“ beibehalten verstanden und insofern zu der zweiten Gruppe gezählt.) Eine weitere wichtige Fallunterscheidung besteht darin, ob die Investition zu Rückflüssen – Einnahmen oder zumindest Einsparungen – führt oder nicht. Daraus ergibt sich die in der Abbildung 6.33 dargestellte typische Fallunterscheidung bei der Verfahrensauswahl zur Beurteilung der Vorteilhaftigkeit von Investitionen unter monetärem Aspekt. Zur Wirtschaftlichkeitsbeurteilung einer Einzelinvestition ohne Rückflüsse, z. B. eines selbst genutzten Gebäudes, ist ein externer Vergleichswert erforderlich. Dabei kann es sich um -
die Verbrauchsmenge des vorherrschenden Baustoffes (z. B. Stahlverbrauch bei Hallen) die Kosten der Baumaßnahme oder einzelner Kostengruppen nach DIN 276 (siehe Abschnitt 8.1) oder um zusammengefasste, einmalige und laufende Ausgaben einer Baumaßnahme oder eines Bauteils (z. B. jährliche Nutzungskosten, siehe Abschnitt 9.1)
handeln (jeweils bezogen auf eine aussagekräftige Einheit).
6.2 Verfahren der Investitionsrechnung
Investition ohne Rückflüsse Investition mit Rückflüssen Abb. 6.33:
157
Beurteilung einer Einzelinvestition
Auswahl aus mehreren Investitionsmöglichkeiten
Input-Bewertung anhand eines externen Vergleichswertes
Auswahl der Investition mit dem geringsten Input
Vorteilhaftigkeitsaussage im Fall eines Output-Input-Überschusses
Auswahl der Investition mit dem größten Output-Input-Verhältnis
Fallunterscheidung bei der Verfahrensauswahl
Stehen davon mehrere externe Vergleichswerte zur Verfügung und sind die zur Berechnung dieses Vorteilhaftigkeitskriteriums erforderlichen Eingabedaten ermittelbar, so ist natürlich das umfassendste Kriterium auszuwählen, also möglichst eines, das die Berücksichtigung von einmaligen und laufenden Ausgaben erlaubt. Ihre Zusammenfassung kann mit Hilfe der Kostenvergleichsrechnung (jährliche Nutzungskosten), der Kapitalwertmethode (Anschaffungsausgabe + Barwert der Zahlungen während der Nutzungsdauer) oder der Annuitätenmethode erfolgen. Allerdings gibt es hierfür wenig bis gar keine veröffentlichten Kennwerte, so dass diese Überlegung eher theoretischer Natur ist. Die Wirtschaftlichkeitsbeurteilung einer Einzelinvestition mit Rückflüssen, also z. B. eines zu vermietenden Wohnhauses, ist unter Zugrundelegung eines Kalkulationszinssatzes ohne weiteren externen Vergleichswert mit Hilfe der Gewinnvergleichsrechnung, der Kapitalwertmethode oder der Annuitätenmethode möglich. Ein jährlicher Gewinn, ein positiver Kapitalwert oder eine positive Annuität stehen für einen Output-Input-Überschuss und zeigt die Vorteilhaftigkeit einer solchen Investition gegenüber der Kapitalanlage zum Kalkulationszinsfuß an. Auch eine dynamische Amortisationsdauer, die die geplante Nutzungsdauer nicht überschreitet, lässt auf die Vorteilhaftigkeit der Investition schließen, da in diesem Zeitraum aus den laufenden Überschüssen die Anschaffungsausgabe wiedergewonnen und eine Verzinsung in Höhe des Kalkulationszinsfußes erreicht wird. Dagegen gibt die statische Amortisationsdauer nur an, wie lange es dauert, die erforderliche Anschaffungsausgabe zurückzugewinnen. Eine Verzinsung wird innerhalb der statischen Amortisationsdauer nicht erreicht und insofern bleibt offen, ob die so beurteilte Investition vorteilhafter ist als die Kapitalmarktanlage. Will man eine Einzelinvestition mit Rückflüssen mittels Rentabilitätsrechnung oder Interner Zinsfuß-Methode beurteilen, wird als externer Vergleichswert die Kapitalmarktverzinsung, der Liegenschaftszinssatz oder ein anderweitig vom Investor erzielbarer Zinssatz benötigt. Hierbei wird aus der Beurteilung einer Einzelinvestition ein Investitionsvergleich, für den wiederum der Grundsatz des vollständigen gegenseitigen Ausschlusses gilt. Wie im vorangegangenen Text dargelegt, stellt die so genannte Wiederanlageprämisse bei der Internen Zinsfuß-Methode (und auch bei der Rentabilitätsrechnung) unter Umständen eine wenig plausible Annahme dar. Deswegen ist in diesem Fall der Gewinnvergleichsrechnung der Vorzug vor der Rentabilitätsrechnung zu geben und der Kapitalwertmethode bzw. der Annuitätenmethode der Vorzug vor der Internen Zinsfuß-Methode.
158
6 Beurteilung der Vorteilhaftigkeit
Bei der Auswahl aus mehreren Investitionsmöglichkeiten können – wie schon oben ausgeführt wurde – alle Faktoren, die bei allen Vergleichsinvestitionen gleich sind, unberücksichtigt bleiben, woraus eine wesentliche Vereinfachung im Rechengang resultieren kann. Bevor man diese Vereinfachung vornehmen kann, muss aber sichergestellt sein, dass wenigstens eine der zu beurteilenden Investitionsmöglichkeiten grundsätzlich wirtschaftlich ist, d. h. der Alternative „Investition unterlassen und das Geld am Kapitalmarkt anlegen“ vorzuziehen ist. Diese Überprüfung kann in analoger Weise zur Beurteilung einer Einzelinvestition durchgeführt werden. Der Architekt ist meistens mit dieser Frage nicht befasst, weil der Bauherr im Regelfall schon vor der Beauftragung des Architekten sich darüber Gewissheit verschafft hat, dass für ihn der Bau eines Wohnhauses, Bürogebäudes oder einer Produktionsstätte vorteilhaft ist, bzw. die Wirtschaftlichkeitsprüfung von Gebäude und Betrieb anderen Fachleuten überträgt. Hat der Architekt entsprechende Kenntnisse, so kann auch er diese Aufgabe übernehmen. Dafür ist in der HOAI als Besondere Leistung in der Leistungsphase 2 das Aufstellen einer Bauwerks- und Betriebs-Kosten-Nutzen-Analyse vorgesehen. Ist durch diesen ersten Schritt sichergestellt, dass wenigstens eine der zur Wahl stehenden Möglichkeiten grundsätzlich wirtschaftlich ist, so muss dies auch für jede vorteilhaftere Variante gelten, die im Rahmen eines systematischen Planungsprozesses gebildet, bewertet und ausgewählt wird (siehe Abschnitt 5.1 und folgende). Daher kann, solange das Prinzip der Variantenbildung, -bewertung und Weiterverfolgung der vorteilhaftesten Variante angewendet wird, die grundsätzliche Wirtschaftlichkeit unterstellt werden und der vereinfachte Vergleich bei der Investitionsauswahl angewendet werden. Je nachdem, ob Investitionsalternativen mit Rückflüssen verbunden sind oder nicht, orientiert sich die Wirtschaftlichkeitsaussage am (möglichst großen) Output-Input-Verhältnis oder am (möglichst geringen) Input. Die weitere Fallunterscheidung wird durch Abbildung 6.34 veranschaulicht. Führen zwei oder mehr zur Auswahl stehende Investitionsmöglichkeiten nicht zu Rückflüssen, so steht als statisches Verfahren nur die Kostenvergleichsrechnung zur Verfügung, während von den dynamischen Verfahren die Kapitalwertmethode, die Annuitätenmethode und der Vollständige Finanzplan in Frage kommen. Bei unterschiedlicher Nutzungsdauer der zu vergleichenden Investitionen sollte weder der Kapitalwert noch das VOFI-Endvermögen als Vorteilhaftigkeitskriterium gewählt werden. Sind dagegen die zu vergleichenden Investitionen mit Einnahmen oder zumindest mit Einsparungen verbunden, so sind alle Verfahren der Investitionsrechnung anwendbar – mit derselben Einschränkung bezüglich der Anwendung des Kapitalwertes und des VOFIEndvermögens bei einer unterschiedlichen Nutzungsdauer. Die Amortisationsrechnung sollte nur ergänzend oder dann angewendet werden, wenn es dem Investor vor allem auf eine frühzeitige Rückgewinnung des Kapitals (bei der dynamischen Amortisationsrechnung: einschließlich der kalkulatorischen Verzinsung) ankommt. Auch bei der Auswahl aus mehreren Investitionsmöglichkeiten stellt die so genannte Wiederanlageprämisse bei der Internen Zinsfuß-Methode (und auch bei der Rentabilitätsrechnung) unter Umständen eine wenig plausible Annahme dar. In solchen Fällen erlaubt der Vollständige Finanzplan eine gezielte, an der Plausibilität orientierte Annahme des Wiederanlagezinssatzes.
6.2 Verfahren der Investitionsrechnung Genauigkeitsgrad der Vorteilhaftigkeitsbeurteilung
Nutzungsdauer der Investitionsalternativen
159 Rückflüsse (Einnahmen, Einsparungen) nicht gegeben
gegeben dem Investor ist an einer frühzeitigen Rückgewinnung des eingesetzten Kapitals nicht vorrangig gelegen
Kostenvergleichsrechnung
überschlägig: Statische Verfahren
Gewinnvergleichsrechnung Kostenvergleichsrechnung
vorrangig gelegen
Statische Amortisationsrechnung
Rentabilitätsrechnung gleiche Nutzungsdauer
Kapitalwertmethode
Kapitalwertmethode
Annuitätenmethode
Annuitätenmethode Interne Zinsfußmethode Vollständiger Finanzplan:
hoch: Dynamische Verfahren
Vollständiger Finanzplan: VOFIEndvermögen unterschiedliche Nutzungsdauer
Annuitätenmethode
VOFIEndvermögen Vollständiger Finanzplan: VOFIRentabilität Annuitätenmethode Vollständiger Finanzplan: VOFIRentabilität
Abb. 6.34:
Auswahl aus mehreren Investitionsmöglichkeiten (von denen mindestens eine vorteilhafter ist als die Kapitalmarktanlage)
Dynamische Amortisationsrechnung
160
6 Beurteilung der Vorteilhaftigkeit
Prognoseproblematik
Jede rationale Investitionsentscheidung muss die Auswirkungen dieser Investition berücksichtigen. Diese Auswirkungen sind von veränderlichen Randbedingungen abhängig und liegen immer – vom Entscheidungszeitpunkt aus betrachtet – in der Zukunft, d. h. die zukünftige Entwicklung der Randbedingungen und der Auswirkungen muss prognostiziert werden. Dies ist aber in den meisten Fällen nicht mit Sicherheit möglich. Daher liegt die eigentliche Problematik der Investitionsrechnung nicht in der Rechnung selbst, sondern in der Beschaffung bzw. in der – in die Zukunft gerichteten – Annahme der Daten (Kruschwitz, L. 1985, S. 18). Tonne hat die Entwicklung der wesentlichen Eingabedaten der Investitionsrechnung im Rahmen der Bauplanung in dem Zeitraum von 1920 bis 1985 untersucht und aufgezeigt, in welchen Bandbreiten die Eingabedaten in Abhängigkeit von der historischen und persönlichen Situation eines Bauherrn schwanken (Tonne, W. 1987, S. 271 ff.). Dabei wird deutlich, dass nicht für jede Eingabegröße ein hinreichend zuverlässiger Erwartungswert berechnet werden kann, sondern dass vielfach der Bauherr und dessen ganz persönliche Einschätzung der Entwicklung gefordert ist. Da also in der Prognose der Eingabedaten eine besondere Problematik liegt, stellt sich die Frage, ob man durch die Wahl des Vorteilhaftigkeitskriteriums bzw. des Beurteilungsverfahrens dieses Problem vereinfachen kann. Die Prognoseproblematik kann man z. T. dadurch vereinfachen, dass man die am schwierigsten abzuschätzende Größe als Vorteilhaftigkeitskriterium wählt, die dann errechnet wird und nicht prognostiziert zu werden braucht. Oft hat man auch bei der Prognose der Eingabedaten insofern Schwierigkeiten, als man nur eine gewisse Bandbreite einigermaßen zuverlässig voraussagen kann, aber nicht einen bestimmten Einzelwert. Dann kann man entweder die Rechnung zunächst mit dem unteren Wert und danach mit dem oberen Wert der Bandbreite durchführen und prüfen, ob sich dabei die Vorteilhaftigkeitsaussage umkehrt oder nicht, oder man kann die entsprechende Formel umstellen und z. B. fragen, wie hoch die Einnahmen sein müssen, um den externen Vergleichswert der Verzinsung zu erreichen. Entsprechendes gilt, wenn z. B. für den Kapitalwert und die Amortisationsdauer externe Vergleichswerte vorliegen und man über die zu erwartende Nutzungsdauer nur eine sehr ungefähre Vorstellung hat. In diesem Fall kann es zweckmäßig sein, statt der Kapitalwertmethode die Amortisationsmethode anzuwenden. Ergibt die Rechnung dann, dass die Amortisationsdauer des betrachteten Investitionsobjektes unter der extern vorgegebenen Amortisationsdauer und auch unter der Bandbreite ihrer vermuteten Nutzungsdauer liegt, so erweist sich die Investition als vorteilhaft, ohne dass man einen Einzelwert für die Nutzungsdauer annehmen muss, wie es bei der Ermittlung des Kapitalwertes erforderlich wäre. Soweit die jeweilige Investitionsfrage Spielräume bei der Verfahrensauswahl lässt, sollte man diese nutzen, um die Prognoseprobleme zu vereinfachen.
7
Grundflächen und Rauminhalte
Die Anwendung der Investitionsrechnung macht die Bereitstellung diverser Eingabedaten erforderlich. Die hierfür wichtigsten Größen – wie Einnahmen und Ausgaben, Erlöse und Kosten – ergeben sich jeweils aus einer Mengenkomponente und einer Wertkomponente. So ergibt sich die Wohnungsmiete aus der Wohnungsgröße (in m² Wohnfläche) und dem Mietpreis pro m² Wohnfläche und Monat. Entsprechendes gilt für die Kosten während der Nutzung eines Gebäudes, z. B. die Reinigungskosten. Diese ergeben sich aus der zu reinigenden Fläche, der Häufigkeit und dem Preis für die Reinigungsleistung pro Quadratmeter. Grundlagen für die Ermittlung der zu erwartenden Grundstückskosten, Baukosten, Nutzungskosten sowie Miet- und Verkaufserlöse sind daher entsprechende Mengenermittlungen. Diese müssen, um am Ende zu vergleichbaren Ergebnissen zu führen, von einheitlichen Messvorschriften ausgehen. Brutto-Grundfläche (BGF) nach DIN 277-1:2005-02
Mietfläche (MF) nach individueller Vereinbarung
Nutzfläche (NF) nach DIN 277-1:2005-02, vereinzelt noch Hauptnutzfläche (HNF) und Nebennutzfläche (NNF) nach DIN 277-1:1987-06 Verkaufsfläche im Einzelhandel (MF/V) nach gif e.V.:2012-05 Netto-Grundfläche (NGF) nach DIN 277-1:2005-02
Mietfläche für gewerblichen Raum (MF/G) nach gif e.V.:2012-05
Was kann in der Bau- und Immobilienwirtschaft ein Verkehrsfläche (VF) nach DIN 277-1:2005-02
m²
sein?
Technische Funktionsfläche (TF) nach DIN 277-1:2005-02
Wohnfläche (WF) nach WoFlV:2004-01, vereinzelt Wohnfläche nach II. BV:1957-10 oder Wohnfläche (WF) und Nutzfläche (NF) nach DIN 283:1962-02 sowie neuerdings Mietfläche für Wohnraum (MF/W) nach gif e.V.:2012-05 Geschossfläche (GF) nach BauNVO:1990-01 Abb. 7.1:
Konstruktions-Grundfläche (KGF) nach DIN 277-1:2005-02
Was kann in der Bau- und Immobilienwirtschaft ein Quadratmeter sein?
162
7 Grundflächen und Rauminhalte
Wie die Ermittlung von Grundflächen zu erfolgen hat, wird durch Normen, Verordnungen und Richtlinien weitgehend vorgegeben. Die folgenden Ausführungen beziehen sich stets auf den Quadratmeter (m²) eines Gebäudes. Allein die Dimension stellt keine eindeutige und erschöpfende Information dar. Die wichtigsten Bestimmungen finden sich in der DIN 277, Grundflächen und Rauminhalte von Bauwerken im Hochbau, und in der Wohnflächenverordnung. Aber auch bei nicht genormten Größen wie dem Brutto- und Nettobauland und der Mietfläche im gewerblichen Bereich bedarf es einer entsprechenden Konvention. Eine Flächenangabe ohne die Angabe der Grundlage, z. B. DIN 277, und ohne eine Definition der Flächenart, z. B. BruttoGrundfläche, ist nicht nur unvollständig, sondern auch irreführend. Die in Abbildung 7.1 enthaltenen Flächenbezeichnungen sind, auch wenn die Grundlagen bereits überarbeitet oder aufgegeben wurden, alle noch gültig und werden in der Praxis angewendet. Je nachdem, welche Fläche gemeint ist, z. B. die Geschossfläche (GF nach der BauNVO) im Bebauungsplan als städtebauliche Rahmenbedingung oder die Nutzfläche (NF nach DIN 277) im Raum- und Funktionsprogramm für ein Bauprojekt, macht sie einen unterschiedlich großen Teil der Grundflächen eines Gebäudes aus. Die folgenden Abschnitte beinhalten die Grundlagen, Besonderheiten sowie Unterschiede der Normen, Verordnungen und Richtlinien der in Abbildung 7.1 aufgeführten Flächen.
7.1
Bauland, Art und Maß der baulichen Nutzung
Grund und Boden sind ein knappes, nicht vermehrbares Wirtschaftsgut, mit dem folglich sparsam umzugehen ist. Grund und Boden werden nicht nur für die individuellen Grundstücke benötigt, sondern auch für Flächen, die von der Allgemeinheit genutzt werden. Innerhalb eines Wohngebietes sind dies Flächen, die der gebietsinternen Verkehrserschließung und Versorgung sowie als Grünflächen dienen. Dementsprechend gliedert sich das Bruttobauland wie in Abbildung 7.2 dargestellt. Da nur die individuellen Baugrundstücke, also das Nettobauland, verkaufbar sind, sind die Eigentümer des Bruttobaulands daran interessiert, dass durch die Bauleitplanung ein möglichst hoher Anteil Nettobauland am Bruttobauland erreicht wird. Aus Sicht des Baulandanbieters muss der Verkaufserlös des Nettobaulandes die Einstandskosten des Bruttobaulandes mindestens abdecken. Je größer der Anteil der sonstigen Flächen (Verkehrsflächen, Grünflächen, Gemeinbedarfsflächen) ist, desto höher ist die Preisuntergrenze des Baulandanbieters. Aus dieser monetären Sicht sind also sowohl der Grundstücksanbieter als auch der Kaufinteressent an einem hohen Nettobaulandanteil interessiert. Dieser Anteil hängt von verschiedenen Faktoren, insbesondere aber von dem Erschließungskonzept und von der Bebauungsform ab (siehe Abbildung 7.2). Auffällig ist der bekannt hohe Verkehrsflächenanteil bei Ein- und Zweifamilienhäusern in offener Bauweise (freistehend). Bei der Auswahl eines Baugrundstückes stellt seine Nutzbarkeit ein wichtiges Kriterium dar. Diese wird im Wesentlichen durch die Geschossflächenzahl (GFZ) begrenzt. Sie gibt an, wie viele m² Geschossfläche pro m² Grundstücksfläche realisiert werden dürfen.
7.1 Bauland, Art und Maß der baulichen Nutzung
Nettobauland
163
Grundstücksflächen Zusätzliche Flächen für Garagen und Stellplätze
Bruttobauland
Verkehrsflächen (die der Gebietserschließung dienen)
Öffentliche Grünflächen
Gemeinbedarfsflächen
Abb. 7.2:
Bruttobauland und seine Untergliederung
Auf einem 1.000 m² großen Baugrundstück mit einer Geschossflächenzahl von 1,2 sind 1.200 m² Geschossfläche zulässig. Hierzu werden im Folgenden Grundzüge und ausgewählte Vorschriften der Baunutzungsverordnung (BauNVO) erläutert.
7.1.1
Baunutzungsverordnung (BauNVO)
Die Baunutzungsverordnung (BauNVO) ergänzt das Baugesetzbuch in Bezug auf die Bauleitplanung. Sie setzt Maßstäbe für die bauliche Nutzung von Grundstücken. Mit diesem Instrument können die Gemeinden unter anderem mit dem Bebauungsplan verschiedene Festlegungen treffen. Hierzu gehört neben der Art der baulichen Nutzung, z. B. Wohnen, auch das Maß der baulichen Nutzung durch die Grundflächenzahl, die Geschossflächenzahl, die Baumassenzahl, die Zahl der Vollgeschosse sowie die Höhe baulicher Anlagen. Das Baugesetzbuch (BauGB) ist ein Instrument des Städtebaus und regelt die Zulässigkeit von Bauvorhaben im Bebauungsplan, vgl. § 30 Abs. 1 BauGB. Wesentlich ist in diesem Zusammenhang, dass Art und Maß der baulichen Nutzung festgelegt werden. Eine vorbereitende Bauleitplanung (Flächennutzungsplan) und ein qualifizierter Bebauungsplan (B-Plan) bilden die Grundlage der Objektplanung, die durch den Architekten erfolgt. Im B-Plan werden, bezogen auf das Grundstück, die Bebaubarkeit insgesamt und für das Gebäude die Grundfläche, die Geschossfläche bzw. die Baumasse begrenzt. Die städtebaulichen Kennziffern hierfür sind: -
Grundfläche nach Grundflächenzahl GRZ (§ 19 BauNVO)
-
Geschossfläche nach Geschossflächenzahl GFZ (§ 20 BauNVO)
-
Baumasse nach Baumassenzahl BMZ (§ 21 BauNVO).
164
7 Grundflächen und Rauminhalte
Abbildung 7.3 verdeutlicht das Verhältnis von Baugrundstück zu überbaubarer Grundfläche. Der Begriff des Baugrundstücks wird durch den Gesetzgeber nicht definiert. Werner, Pastor und Müller beschreiben das Baugrundstück als „ein räumlich abgegrenzter Teil der Erdoberfläche, der im Bestandsverzeichnis eines Grundbuchblattes unter einer Nummer eingetragen ist. […] Die überbaubare Grundfläche wird nach § 19 BauNVO, der Grundflächenzahl (GRZ), geregelt. Diese legt das Ausmaß der Grundfläche fest, nach welcher ein Baugrundstück mit baulichen Anlagen überdeckt werden darf.“ (Werner, U.; Pastor, W.; Müller, K. 1995, S. 370)
Abb. 7.3:
Anwendung der Grundflächenzahl (GRZ) nach BauNVO
(Kalusche, W. und Herke, S. 2011a, S. 242)
Dabei ist zu beachten, dass die Grundflächen von Garagen und Stellplätzen, Nebenanlagen und Anlagen unterhalb der Geländeoberfläche, z. B. Schwimmbecken, ebenso bei der GRZ anzurechnen sind. Allerdings darf durch diese Anlagen die zulässige Grundfläche bis zu 50 vom Hundert, höchstens jedoch bis zu einer Grundflächenzahl von 0,8 überschritten werden (§ 19 Abs. 4 BauNVO). Von besonderem Interesse im Hinblick auf die Bemessung von baulichen Anlagen sind neben dem Vollgeschoss (VG) die Geschossflächenzahl (GFZ) und die davon abhängige Geschossfläche. Sie ist von der Brutto-Grundfläche (BGF) des geplanten Gebäudes zu unterscheiden.
7.1 Bauland, Art und Maß der baulichen Nutzung
165
Eine Verwechslung beider Flächenarten ist in der Praxis leider häufig anzutreffen. Unterschied und Zusammenhang der städtebaulichen Festlegung der Geschossfläche nach BauNVO einerseits und der Brutto-Grundfläche als Ergebnis einer Flächenermittlung im Hochbau nach DIN 277 andererseits werden durch die folgenden Ausführungen verdeutlicht. Die Geschossflächenzahl (GFZ) regelt im qualifizierten B-Plan das Verhältnis der zulässigen Geschossfläche zur Fläche des Grundstücks. „Die tatsächliche Geschossfläche eines Gebäudes setzt sich zusammen aus: -
der Summe der Flächen seiner Vollgeschosse einschließlich der Außen- und Innenwände, der Treppenhäuser sowie etwaiger in die Verkehrsfläche auskragender Gebäudeteile,
-
den Flächen von Aufenthaltsräumen in anderen Geschossen als Vollgeschossen (z. B. Keller- und Dachgeschossen) einschließlich der zu ihnen gehörenden Treppenräume und einschließlich der Außenwände.
Nicht zu berücksichtigen sind bei der Ermittlung der Geschossfläche Balkone, Loggien und Terrassen.“ (Werner, U.; Pastor, W.; Müller, K. 1995, S. 355)
Abb. 7.4:
Vergleich der Brutto-Grundfläche (BGF) und der Geschossfläche (GF)
(Kalusche, W. und Herke, S. 2011a, S. 243)
Abbildung 7.4 lässt erkennen, dass die Brutto-Grundfläche eines Gebäudes deutlich größer sein kann als die nach Bebauungsplan zulässige Geschossfläche. In § 20 der Baunutzungsverordnung ist definiert, wie die Geschossfläche zu ermitteln ist: „(3) Die Geschossfläche ist nach den Außenmaßen der Gebäude in allen Vollgeschossen zu ermitteln. Im Bebauungsplan kann festgesetzt werden, daß die Flächen von Aufenthaltsräumen in anderen Geschossen einschließlich der zu ihnen gehörenden Treppenräume und einschließlich ihrer Umfassungswände ganz oder teilweise mitzurechnen oder ausnahmsweise nicht mitzurechnen sind. (4) Bei der Ermittlung der Geschossfläche bleiben Nebenanlagen im Sinne des § 14, Balkone, Loggien, Terrassen sowie bauliche Anlagen, soweit sie nach Landesrecht in den Abstandsflächen (seitlicher Grenzabstand und sonstige Abstandsflächen) zulässig sind oder zugelassen werden können, unberücksichtigt.“
166
7 Grundflächen und Rauminhalte
Der Begriff Vollgeschoss ist in den einzelnen Landesbauordnungen definiert, in der Brandenburgischen Bauordnung vom 17.9.2008, zuletzt geändert am 13.4.2010, heißt es z. B. in § 2 (a): „Vollgeschosse sind alle oberirdischen Geschosse, deren Deckenoberkante im Mittel mehr als 1,40 m über die Geländeoberfläche hinausragt. Geschosse, die ausschließlich der Unterbringung technischer Gebäudeausrüstungen dienen (Installationsgeschosse) sowie Hohlräume zwischen der obersten Decke und der Bedachung, in denen Aufenthaltsräume nicht möglich sind, gelten nicht als Vollgeschosse.“ Dagegen kennt die Sächsische Bauordnung nur noch Geschosse und Kellergeschosse. Bezüglich der Vollgeschosse heißt es in § 90 Überleitungsvorschriften: „(2) Solange § 20 Abs. 1 BauNVO zur Begriffsbestimmung des Vollgeschosses auf Landesrecht verweist, gelten Geschosse, deren Deckenoberfläche im Mittel mehr als 1,40 m über die festgelegte Geländeoberfläche hinausragt und die über mindestens zwei Drittel ihrer Grundfläche eine lichte Höhe von mindestens 2,30 m haben, als Vollgeschosse.“
Wohnfolgefläche (m²/E)
ist e
Grünfläche (m²/E) Verkehrsfläche (m²/E)
fre
fre ist
eh en de s
Ei nf am he ili nd en es ha Zw us ei zw f a ei m ge ili sc en ho ha ss us ig es 3g Re es ih ch en os ha sig us er Z 5g w ei es sp ch än os ne sig r er 10 Zw ge ei sc sp ho än ss ne ig r er Zw ei sp än ne r
Flächenbedarf (m²)
100,0 90,0 80,0 70,0 60,0 50,0 40,0 30,0 20,0 10,0 0,0
Bebauungsformen Abb. 7.5:
Grundstücksfläche (m²/E)
Bruttobauland und Nettobauland – Flächenbedarf pro Einwohner
(Reinhardt, W. und Trudel, H. 1979, S. 76 f.)
Es zeigt sich, dass die Geschossfläche, mit der ein Grundstück bebaut werden darf, von Festlegungen in der bundesweit gültigen Baunutzungsverordnung (Wie ist die Geschossfläche zu ermitteln?), in der maßgeblichen Landesbauordnung (Was ist ein Vollgeschoss?) und in dem jeweiligen Bebauungsplan (Muss die Fläche von Aufenthaltsräumen in anderen als Vollgeschossen mitgerechnet werden? Wie hoch ist die GFZ?) abhängig ist. Für die effiziente Nutzung eines Grundstückes ist letztlich nicht die Geschossfläche entscheidend, sondern die Nutzfläche bzw. die Mietfläche als wesentlicher Teil der Brutto-Grundfläche eines Gebäudes. Die Nutzfläche wird im Rahmen der Grundflächen im Hochbau nach DIN 277 behandelt. Die vermietbaren Flächen, z. B. die Mietfläche, sind Gegenstand von Abschnitt 7.2.
7.2 Regelwerke zur Ermittlung der Grundflächen und Rauminhalte
7.2
167
Regelwerke zur Ermittlung der Grundflächen und Rauminhalte
Die Abbildungen 7.6 und 7.7 zeigen die wichtigsten Regelwerke zur Ermittlung der Grundflächen und die zugehörigen Begriffe und Abkürzungen. Bezeichnung (Abkürzung)
Normative Verweisung
Grundfläche (GR)
Baunutzungsverordnung
Geschossfläche (GF) Baumasse (BM) Nutzeinheit (NE)
freie Vereinbarung in der PE *)
Nutzfläche (NF) Technische Funktionsfläche (TF) Verkehrsfläche (VF)
DIN 277-1:2005-02
Netto-Grundfläche (NGF)
DIN 277-2:2005-02
Konstruktions-Grundfläche (KGF) Brutto-Grundfläche (BGF) Brutto-Rauminhalt (BRI) Wohnfläche (WF)
II. Berechnungsverordnung
Wohnfläche (WF n. F.)
WoFlV:2004-01
Wohnfläche (WF a. F.)
DIN 283-2:1962-02
Nutzfläche (NF a. F.) Mietfläche für Gewerblichen Raum (MF/G)
MF/G:2012-05
Verkaufsfläche im Einzelhandel (MF/V)
MF/V:2012-05
Mietfläche für Wohnraum (MF/W)
MF/W:2012-05
Mietfläche ( - )
freie Vereinbarung im Mietrecht *)
Abb. 7.6:
Regelwerke zur Ermittlung der Grundflächen und Rauminhalte (1)
*) Die freie Vereinbarung von Grundflächen und Nutzeinheiten in der Projektentwicklung (PE) und im Mietrecht ist zulässig, auf eine Erläuterung ist in besonderer Weise zu achten!
168
7 Grundflächen und Rauminhalte
Normen, Verordnungen und sonstige Regelwerke
Baunutzungsverordnung (BauNVO) DIN 18205:1996-04, Bedarfsplanung im Bauwesen DIN 277, Grundflächen und Rauminhalte von Bauwerken im Hochbau – Teil 1:2005-02, Begriffe, Ermittlungsgrundlagen Teil 2:2005-02, Gliederung der Netto-Grundfläche MF/G:2012-05, Richtlinie zur Berechnung der Mietfläche für Gewerblichen Raum MF/V:2012-05, Richtlinie zur Berechnung der Verkaufsfläche im Einzelhandel MF/W:2012-05, Richtlinie zur Berechnung der Mietfläche für Wohnraum WoFlV:2004-01, Wohnflächenverordnung II. BV:2002-01, II. Berechnungsverordnung (zurückgezogen am 31.12.2003) DIN 283-2:1962-02, Berechnung der Wohnfläche und Nutzflächen (zurückgezogen 1983) Abb. 7.7:
7.2.1
Regelwerke zur Ermittlung der Grundflächen und Rauminhalte (2)
Grundflächen und Rauminhalte von Bauwerken im Hochbau
Eine einheitliche Ermittlung der Grundflächen und Rauminhalte von Gebäuden ist unverzichtbare Voraussetzung für die korrekte Ermittlung von Kosten und Erträgen, um schlüssige Vergleiche und eine fehlerfreie Verwendung von Kennwerten zu ermöglichen. Dazu bedarf es einheitlicher Messvorschriften, wie wir sie insbesondere in der DIN 277 seit 1934 vorliegen haben. Die Notwendigkeit einer einheitlichen Ermittlung der „Grundflächen und Rauminhalte von Gebäuden im Hochbau“, so lautet die Bezeichnung der heute gültigen DIN 277:2005-02, wurde im Zusammenhang mit der Ermittlung der „Kosten von Hochbauten und damit zusammenhängenden Leistungen“ erkannt. Das ist die Bezeichnung der ersten Fassung der DIN 276:1934-08. Für die Kostenermittlung war eine Bezugseinheit zu definieren. Diese wurde mit der im gleichen Jahr erschienenen DIN 277:1934-08, Umbauter Raum von Hochbauten, vorgegeben. Damals erschien es ausreichend, den umbauten Raum, heute als BruttoRauminhalt bezeichnet, als wesentliche Bezugseinheit für die Kostenermittlungen zu definieren. Die heutige Fassung mit dem Titel „Grundflächen und Rauminhalte von Bauwerken im Hochbau“ hat in erster Linie die Gliederung und Bezeichnung der unterschiedlichen Grundflächen zum Gegenstand. Auch der umbaute Raum ist nicht einfach zu berechnen. Die Norm regelt im Zusammenhang mit dem umbauten Raum die Gebäudegrundflächen – entsprechend der heutigen BruttoGrundfläche - als deren wesentlichen Teil und enthält Vorgaben, wie sie in ähnlicher Weise auch heute noch gelten. An diesem fast 80 Jahre alten Text ist zu erkennen, dass bei der Ermittlung der Grundflächen von Gebäuden zahlreiche Punkte zu beachten sind. Werden diese nicht berücksichtigt, fallen die Flächenermittlungen unterschiedlich aus und sind im Sinn der Norm fehlerhaft.
7.2 Regelwerke zur Ermittlung der Grundflächen und Rauminhalte
I.
169
Ermittlung des umbauten Raumes für geplante und für ausgeführte Hochbauten
Der umbaute Raum ist in m³ anzugeben. […] B.
Hierbei ist:
1.
die Gebäudegrundfläche nach den Rohbaumaßen des Erdgeschosses zu berechnen,
2.
bei wesentlich verschiedenen Geschoßgrundrissen der umbaute Raum geschossweise zu berechnen.
3.
nicht abzuziehen der umbaute Raum, der gebildet wird von: a) äußeren Laibungen und Nischen in den Umfassungen, b) Abschrägungen durch Dachflächen in ausgebauten Dachräumen, wenn sie höher als 1,5 m über Dachgeschoßfußbodenoberfläche ansetzen, c) Loggien (d. h. an höchstens 2 Seitenflächen offene, im Übrigen umbaute Räume),
[…] Abb. 7.8:
Ermittlung des umbauten Raumes - 1934
(DIN 277:1934-08, Umbauter Raum von Hochbauten, Gebäudegrundflächen)
Die jetzt gültige DIN 277 definiert im Wesentlichen drei verschiedene Grundflächen. Dies sind die Brutto-Grundfläche (BGF), die Netto-Grundfläche (NGF) und als Differenz der beiden Flächenarten die Konstruktions-Grundfläche (KGF). Die Netto-Grundfläche als Grundfläche zwischen den aufgehenden Bauteilen wird weiter in die Nutzfläche (NF), die Verkehrsfläche (VF) und die Technische Funktionsfläche (TF) unterteilt. Die in der DIN 277 enthaltenen Bestimmungen sind Berechnungsgrundlagen für die Objektplanung im Hochbau. Die Grundflächen beziehen sich auf alle Grundrissebenen einschließlich Keller- und Dachgeschoss, unabhängig davon ob es sich hierbei um Vollgeschosse handelt oder nicht. Vor der eigentlichen Planung soll durch ein Raum- und Funktionsprogramm die Aufgabenstellung eindeutig beschrieben sein. Die Grundflächen der darin aufgeführten Räume sollen ausschließlich die Nutzflächen (NF) sein. In den letzten Jahrzehnten erfuhr die Norm einige Änderungen, hervorzuheben sind: -
Im Unterschied zur DIN 277-1:1973-05 waren nach DIN 277-1:1987-06 bei der Berechnung der Netto-Grundfläche (Nutz-, Funktions- und Verkehrsfläche) „die Grundflächen von Räumen oder Raumteilern unter Schrägen mit lichten Raumhöhen von 1,5 m und mehr sowie unter 1,5 m stets getrennt zu ermitteln.“ Diese Regelung ist mit DIN 277-1:2005-02 entfallen.
170 -
7 Grundflächen und Rauminhalte
Die DIN 277:1987-06, welche durch die heutige Fassung der Norm im Jahr 2005 abgelöst wurde, unterteilte die Nutzfläche (NF) in die Hauptnutzfläche (HNF) mit sechs Nutzungsarten (HNF 1 bis HNF 6) und in die Nebennutzfläche (NNF). Bei dieser handelte es sich um sonstige Nutzungen wie Sanitärräume, Garderoben, Abstellräume und andere (vgl. Nutzungsart 7 Sonstige Nutzungen nach DIN 277-2:1987-06). Diese Grundflächen werden bei entsprechender Gliederung und mit gleichen Bezeichnungen nunmehr unter Nutzfläche 7 Sonstige Nutzflächen zusammengefasst.
Bei der Aufstellung von Raum- und Funktionsprogrammen, vor allem bei Baumaßnahmen des Bundes und der Länder, wurde lediglich ausschließlich die Hauptnutzfläche (HNF) nach DIN 277:1987-06 angegeben. Vergleiche dazu die Richtlinien für die Durchführung des Bundes (RBBau) und der Länder (RLBau). Die Umstellung auf die derzeitige Fassung der Norm erfolgte bei Bund und Ländern teilweise erst im letzten Jahr, sodass heute noch Projekte in der Planung und Durchführung sind, die nach Hauptnutzflächen (HNF) bemessen wurden. Die Nebennutzfläche macht im Mittel etwa 10 % der Hauptnutzfläche aus, so dass die Nutzfläche um ca. ein Zehntel größer als die Hauptnutzfläche ist. Die Brutto-Grundfläche (BGF) nach DIN 277 ist für die Realisierung eines Bauprojektes die entscheidende Grundfläche. Sie ergibt sich aus den äußeren Maßen aller nutzbaren Ebenen eines Gebäudes, gemessen ab der Oberkante der Fundamente und umfasst damit das Bauwerk als Ganzes. Sie wird in die Konstruktions-Grundfläche und die Netto-Grundfläche unterteilt. Die Netto-Grundfläche gliedert sich in 9 Nutzungsgruppen, wobei die Nutzungsgruppe Nr. 1 Wohnen und Aufenthalt eine davon ist. Die Nutzungsgruppen Nr. 8 Betriebstechnische Anlagen und Nr. 9 Verkehrserschließung und -sicherung bilden die Technische Funktionsfläche (TF) und Verkehrsfläche (VF). Im Bereich Wohnen und Aufenthalt kennt die DIN 277 unter anderem die Nutzungsart Wohnräume. Hierbei handelt es sich nicht um eine abschließende Definition der Wohn- oder Mietfläche, sie ist deswegen auch nicht als solche anzuwenden. Aktuelle Fassung der DIN 277
Nach der aktuellen Fassung der DIN 277:2005-02, Grundflächen und Rauminhalte von Bauwerken im Hochbau, Begriffe und Ermittlungsgrundlagen, werden die Grundflächen, wie in Abbildung 7.9 dargestellt, gegliedert. Dazu finden sich in der Norm folgende Begriffsdefinitionen und Berechnungsvorschriften. Die Grundflächen und Rauminhalte sind getrennt nach folgenden Bereichen zu ermitteln: -
Bereich a: überdeckt und allseitig in voller Höhe umschlossen
-
Bereich b: überdeckt, jedoch nicht allseitig in voller Höhe umschlossen
-
Bereich c: nicht überdeckt (für den Rauminhalt sind als Höhen die Oberkanten der diesem Bereich zugeordneten Bauteile, z. B. Brüstungen, Attiken, Geländer, maßgebend).
„Sie sind ferner getrennt nach Grundrissebenen, z. B. Geschossen und getrennt nach unterschiedlichen Höhen zu ermitteln. Dies gilt auch für Grundflächen unter oder über Schrägen. […] Grundflächen von waagerechten Flächen sind aus ihren tatsächlichen Maßen, Grundflächen von schräg liegenden Flächen, z. B. Tribünen, Zuschauerräume, Treppen und Rampen, aus ihrer vertikalen Projektion zu ermitteln. (DIN 277-1)
7.2 Regelwerke zur Ermittlung der Grundflächen und Rauminhalte
171
Brutto-Grundfläche (BGF)
Technische Funktionsfläche (TF) Abb. 7.9:
Netto-Grundfläche (NGF)
KonstruktionsGrundfläche (KGF)
Nutzfläche (NF)
Verkehrsfläche (VF)
Grundflächen von Bauwerken im Hochbau
(DIN 277-1:2005-02)
Brutto-Grundfläche (BGF)
Die Brutto-Grundfläche (BGF) ist die „Summe der Grundflächen aller Grundrissebenen eines Bauwerks […] und deren konstruktive Umschließungen. Nicht zur Brutto-Grundfläche gehören Flächen, die ausschließlich der Wartung, Inspektion und Instandsetzung von Baukonstruktionen und technischen Anlagen dienen, z. B. nicht nutzbare Dachflächen, fest installierte Dachleitern und -stege, Wartungsstege in abgehängten Decken.“ (DIN 277-1) Der Ermittlung der Brutto-Grundfläche sind die äußeren Maße der Bauteile einschließlich der Bekleidungen in Höhe des Bodenbelages zugrunde zu legen. „Brutto-Grundflächen des Bereiches b sind an Stellen, an denen sie nicht umschlossen sind, bis zur vertikalen Projektion ihrer Überdeckung zu ermitteln. Brutto-Grundflächen von Bauteilen (KonstruktionsGrundflächen), die zwischen den Bereichen a und b liegen, sind dem Bereich a zuzuordnen.“ (DIN 277-1) Netto-Grundfläche (NGF)
Bei der Netto-Grundfläche handelt es sich um Flächen mit den in Abbildung 7.10 aufgeführten Nutzungen. Die Netto-Grundfläche „schließt die Grundflächen ein von: -
freiliegenden Installationen,
-
fest eingebauten Gegenständen, wie z. B. von Öfen, Heiz- und Klimageräten, Bade- oder Duschwannen,
-
nicht raumhohen Vormauerungen und Bekleidungen,
-
Einbaumöbeln,
-
nicht ortsgebundenen, versetzbaren Raumteilern,
-
Installationskanälen und -schächten sowie Kriechkellern über 1,0 m² lichtem Querschnitt,
-
Aufzugschächten.
[…]
172
7 Grundflächen und Rauminhalte
Für die Ermittlung der Netto-Grundfläche im Einzelnen sind die lichten Maße zwischen den Bauteilen in Höhe der Boden- bzw. Deckenbelagsoberkanten anzusetzen. Konstruktive und gestalterische Vor- und Rücksprünge, Fuß-Sockelleisten, Schrammborde und Unterschneidungen sowie vorstehende Teile von Fenster- und Türbekleidungen bleiben unberücksichtigt. Grundflächen von Treppen und Rampen sind als vertikale Projektion zu ermitteln. Diese Flächen sind, soweit sie keine eigene Ebene darstellen, der darüber liegenden Ebene zuzuordnen, sofern sie sich dort nicht mit anderen Grundflächen überschneiden. Grundflächen unter der jeweils ersten Treppe oder unter der ersten Rampe werden derjenigen Grundrissebene zugerechnet, auf der die Treppe oder die Rampe beginnt. Sie werden ihrer Nutzung entsprechend zugeordnet.“ (DIN 277-1) Nr.
Netto-Grundflächen
Nutzungsgruppe
1
Nutzfläche (NF)
Wohnen und Aufenthalt
2
Büroarbeit
3
Produktion, Hand- und Maschinenarbeit, Experimente
4
Lagern, Verteilen, Verkaufen
5
Bildung, Unterricht und Kultur
6
Heilen und Pflegen
7
Sonstige Nutzflächen
8
Technische Funktionsfläche (TF)
Technische Anlagen
9
Verkehrsfläche (VF)
Verkehrserschließung und -sicherung
Abb. 7.10:
Gliederung der Netto-Grundflächen nach Nutzungsgruppen
(DIN 277-2:2005-02)
Nutzfläche (NF)
Die Nutzfläche (NF) ist die Summe der Grundflächen, die den Nutzungsgruppen 1 bis 7 der Abbildung 7.10 zuzuordnen sind. In den Raumprogrammen, die der Architekt als Aufgabenstellung erhält, sind meistens nur Nutzflächen angegeben. Verkehrsflächen, Technische Funktionsflächen und Konstruktions-Grundflächen sind weitgehend entwurfsabhängig und können daher im Raumprogramm – wenn überhaupt – nur überschlägig angegeben werden. Trotzdem kann sich die Notwendigkeit ergeben, auch ohne Grundrissüberlegungen die Brutto-Grundfläche abzuschätzen. Daraus kann man z. B. die erforderliche Geschossfläche und über die Geschossflächenzahl die erforderliche Größe des Baugrundstückes ableiten. Mit Hilfe des Planungskennwertes BGF/NF kann man von dem Nutzflächenbedarf auf die zu erwartende Brutto-Grundfläche schließen. Hierzu dienen die in Abbildung 7.11 wiedergegebenen Kennzahlen.
7.2 Regelwerke zur Ermittlung der Grundflächen und Rauminhalte Gebäudearten
173
Planungskennwerte BGF/NF
von
Mittelwert
bis
Bürogebäude, mittlerer Standard
145,7 %
156,3 %
173,7 %
Instituts- und Laborgebäude
155,2 %
169,9 %
198,3 %
Krankenhäuser
168,5 %
180,5 %
191,0 %
Allgemeinbildende Schulen
142,4 %
155,3 %
164,7 %
Schwimmhallen
170,7 %
190,1 %
199,3 %
Mehrfamilienhäuser mit 6 bis 19 WE, mittlerer Standard
137,7 %
145,2%
153,3 %
Geschäftshäuser ohne Wohnungen
138,4 %
147,9 %
164,7 %
Tiefgaragen
165,1 %
193,3 %
210,0 %
Theater
183,9 %
183,9 %
203,5 %
Abb. 7.11:
Planungskennwerte Brutto-Grundfläche zu Nutzfläche
(BKI Baukosten Gebäude 2012, S. 109, 131, 139, 155, 257, 461, 577, 673, 703)
Technische Funktionsfläche (TF)
Bei der Technischen Funktionsfläche (TF) handelt es sich um die Summe der Grundflächen, die den Technischen Anlagen eines Bauwerks dienen. „Sofern es die Zweckbestimmung eines Bauwerks ist, eine oder mehrere betriebstechnische Anlagen unterzubringen, die der Ver- und Entsorgung anderer Bauwerke dienen, z. B. bei einem Heizhaus, sind die dafür erforderlichen Grundflächen jedoch Nutzflächen“ der Nutzungsgruppe Sonstige Nutzflächen (DIN 277-1). In Abbildung 7.12 ist der Planungskennwert TF/BGF für verschiedene Gebäudearten angegeben. Dieser Aufstellung kann man entnehmen, dass bei den meisten Gebäudearten der Anteil der Technischen Funktionsfläche unter 5 % der Brutto-Grundfläche liegt. Lediglich bei Gebäuden mit einem hohen Anteil an Technischen Anlagen wie zum Beispiel bei Laborgebäuden, Krankenhäusern, Schwimmhallen und Theatern kann dieser Anteil deutlich höher liegen und 20 bis 30 % erreichen. Es ist festzustellen, dass bei Rechenzentren ein noch höherer Anteil erforderlich werden kann. Allein für die Kühlung von Großrechnern (KG 470 nach DIN 276) sind die Technischen Funktionsflächen größer als die Nutzflächen, die für das Aufstellen und Bedienen der Rechner benötigt werden.
174
7 Grundflächen und Rauminhalte
Gebäudearten
Planungskennwerte TF/BGF
von
Mittelwert
bis
Bürogebäude, mittlerer Standard
2,6 %
3,8 %
7,4 %
Instituts- und Laborgebäude
7,5 %
10,1 %
12,0 %
Krankenhäuser
3,8 %
5,5 %
6,8 %
Allgemeinbildende Schulen
1,2 %
1,5 %
2,6 %
Schwimmhallen
19,2 %
26,0 %
29,4 %
Mehrfamilienhäuser mit 6 bis 19 WE, mittlerer Standard
1,1 %
1,3 %
2,1 %
Geschäftshäuser ohne Wohnungen
3,0 %
4,0 %
4,0 %
Tiefgaragen
1,2 %
1,4 %
1,2 %
Theater
10,8 %
11,7 %
10,9 %
Abb. 7.12:
Planungskennwerte Technische Funktionsfläche zu Brutto-Grundfläche
(BKI Baukosten Gebäude 2012, S. 109, 131, 139, 155, 257, 461, 577, 673, 703)
Gebäudearten
Planungskennwerte VF/BGF
von
Mittelwert
bis
Bürogebäude, mittlerer Standard
13,5 %
18,1 %
22,6 %
Instituts- und Laborgebäude
13,3 %
17,5 %
18,9 %
Krankenhäuser
21,4 %
24,8 %
27,7%
Allgemeinbildende Schulen
18,6 %
21,5 %
25,5 %
Schwimmhallen
7,4 %
7,7 %
8,8 %
Mehrfamilienhäuser mit 6 bis 19 WE, mittlerer Standard
11,9 %
14,9 %
20,5 %
Geschäftshäuser ohne Wohnungen
10,3%
17,1 %
24,3 %
Tiefgaragen
20,2 %
41,0 %
42,7 %
Theater
18,0 %
19,6 %
20,2 %
Abb. 7.13:
Planungskennwerte Verkehrsfläche zu Brutto-Grundfläche
(BKI Baukosten Gebäude 2012, S. 109, 131, 139, 155, 257, 461, 577, 673, 703)
Verkehrsfläche (VF)
Die Verkehrsfläche (VF) ist die Summe der Grundflächen, die der Verkehrserschließung und -sicherung dienen. „Bewegungsflächen innerhalb von Räumen, z. B. Gänge zwischen Einrichtungsgegenständen, zählen nicht zur Verkehrsfläche.“ (DIN 277-1)
7.2 Regelwerke zur Ermittlung der Grundflächen und Rauminhalte
175
Der Anteil der Verkehrsfläche an der Brutto-Grundfläche ist für verschiedene Gebäudearten der Abbildung 7.13 zu entnehmen. Er ist abhängig von dem Erschließungssystem und der Raumstruktur sowie der Nutzungsart des Gebäudes. Bei gleicher Raumtiefe führt eine einbündige Anlage von Büroräumen oder ähnlichen Einzelräumen zu einem in etwa doppelt so hohen Verkehrsflächenanteil wie eine zweibündige Anlage. Im Großraumbüro kommt es zu einer scheinbaren Reduzierung des Erschließungsanteils, weil die Gänge zu den einzelnen Arbeitsplätzen nicht der Verkehrsfläche zugerechnet werden, gleichwohl aber Erschließungsfläche sind. Sehr hoch ist der Verkehrsflächenanteil in Krankenhäusern, wo aus hygienischen Gründen ein Teil des Erschließungssystems doppelt ausgelegt wird und die meisten Flure ein problemloses Begegnen von Patienten in Krankenbetten zulassen müssen. Konstruktions-Grundfläche (KGF)
Die Konstruktions-Grundfläche (KGF) ist in der DIN 277-1 definiert als „Summe der Grundflächen der aufgehenden Bauteile aller Grundrissebenen eines Bauwerkes, z. B. von: -
Wänden,
-
Stützen,
-
Pfeilern,
-
Schornsteinen,
-
raumhohen Vormauerungen und Bekleidungen,
-
Installationshohlräumen der aufgehenden Bauteile,
-
Wandnischen und -schlitzen,
-
Wandöffnungen, z. B. Türen, Fenster, Durchgänge,
-
Installationskanälen und -schächten sowie Kriechkellern bis 1,0 m² lichtem Querschnitt.
Die Konstruktions-Grundfläche ist die Differenz zwischen Brutto- und Netto-Grundfläche.“ Die Konstruktions-Grundfläche ist für die Funktionen der Raumumschließung und Lastabtragung unverzichtbar, sie trägt aber zu den Mieterträgen bzw. der Befriedigung des Nutzflächenbedarfs nichts bei. Deswegen spielt die Konstruktions-Grundfläche in der Frage der Flächenwirtschaftlichkeit eine wichtige Rolle. Abbildung 7.14 zeigt, dass der Anteil der Konstruktions-Grundfläche (gemessen an der Netto-Grundfläche, aber auch an der Brutto-Grundfläche) mit zunehmender Raumgröße sinkt. Auch die Raumproportionen bestimmen den KGF-Anteil, allerdings in viel geringerem Maße, wie die Abbildung 7.14 ebenfalls zeigt. Bei den typischen Raumproportionen, die – von Fluren und Gängen abgesehen – zwischen 1:1 und 1:2 liegen, variiert der KGF-Anteil um weniger als 1 % der NGF. Am günstigsten sind auch hier quadratische Räume. Allerdings ist die Raumgröße nicht beliebig variierbar, sondern von der Raumfunktion bzw. der Gebäudenutzung abhängig und dem Architekten im Raumprogramm – soweit aufgestellt – vorgegeben. So verbleibt schließlich die Wahl des Konstruktionssystems, mit der der Architekt den Konstruktionsflächenanteil maßgeblich beeinflussen kann.
176
7 Grundflächen und Rauminhalte
Das Verhältnis der Konstruktions-Grundfläche zur Brutto-Grundfläche (KGF/BGF) beträgt bei nicht unterkellerten Ein- und Zweifamilienhäusern mittleren Standards im Mittel 20,8 % (von 18,0 % bis 23,8 %), bei nicht unterkellerten Ein- und Zweifamilienhäusern in Holzbauweise (meist Holzrahmenbauweise) jedoch im Mittel nur 16,5 % (von 15,0 % bis 18,2 %). (BKI Baukosten Gebäude 2012, S. 309 u. 363) 30
1,30
20 b
30
Schematischer Hausgrundriss Außenwände 30 cm dick Innenwände 20 cm dick
Konstruktions-Grundflächenanteil (KGF/NGF
b
1,25
1,20
1:1 2:1
1,15
1,10
1,05
1,00 0
20
40
60
80
100
120
Raumgröße (m²)
Abb. 7.14:
Anteil der Konstruktions-Grundfläche an der Netto-Grundfläche (KGF/NGF)
Brutto-Rauminhalt (BRI)
Der Brutto-Rauminhalt ergibt sich aus der Addition aller Rauminhalte des Bauwerks, die sich über Brutto-Grundflächen befinden. Ohne Brutto-Grundfläche gibt es auch keinen Brutto-Rauminhalt. „Der Brutto-Rauminhalt wird von den äußeren Begrenzungsflächen der konstruktiven Bauwerkssohle, der Außenwände und der Dächer einschließlich Dachgauben und Dachoberlichtern umschlossen. Nicht zum Brutto-Rauminhalt gehören Rauminhalte von: -
Tief- und Flachgründungen,
-
Lichtschächten,
-
Außentreppen,
-
Außenrampen,
-
Eingangsüberdachungen,
-
Dachüberständen soweit sie nicht Überdeckungen für Bereich b […] darstellen,
7.2 Regelwerke zur Ermittlung der Grundflächen und Rauminhalte
177
-
auskragenden Sonnenschutzanlagen,
-
über den Dachbelag aufgehenden Schornsteinköpfen, Lüftungsrohren und -schächten.
[…] Der Brutto-Rauminhalt ist aus den […] Brutto-Grundflächen und den dazugehörigen Höhen zu ermitteln. Als Höhen für die Ermittlung des Brutto-Rauminhalts gelten die vertikalen Abstände zwischen den Deckenbelagsoberkanten der jeweiligen Grundrissebenen bzw. bei Dächern die Dachbelagsoberkanten. Bei untersten Geschossen gilt als Höhe der Abstand der Unterkante der konstruktiven Bauwerkssohle bis zur Deckenbelagsoberkante der darüber liegenden Grundrissebene.“ (DIN 277-1) Gebäudearten
Planungskennwerte BRI/BGF (m)
von
Mittelwert
bis
Bürogebäude, mittlerer Standard
3,36
3,55
3,99
Instituts- und Laborgebäude
3,80
3,98
4,21
Krankenhäuser
3,45
3,73
3,82
Allgemeinbildende Schulen
3,98
4,14
4,71
Schwimmhallen
4,61
4,91
5,27
Mehrfamilienhäuser mit 6 bis 19 WE, mittlerer Standard
2,68
2,76
2,89
Geschäftshäuser ohne Wohnungen
3,43
3,50
3,86
Tiefgaragen
2,75
2,97
3,07
Theater
4,45
4,48
4,48
Abb. 7.15:
Planungskennwerte Brutto-Rauminhalt zu Brutto-Grundfläche
(BKI Baukosten Gebäude 2012, S. 109, 131, 139, 155, 257, 461, 577, 673, 703)
Der Planungskennwert BRI/BGF gibt die durchschnittliche Geschosshöhe eines Gebäudes wieder. Diese wird wesentlich durch die Funktion der Räume bestimmt. In Hoch- und Tiefgaragen kommt es nur darauf an, dass die Fahrzeuge hineinpassen und die Kopffreiheit für die Benutzer gesichert ist. Deswegen findet man bei PKW-Garagen die niedrigsten BRI/BGF-Werte. Anders ist es bei Schwimm- und Sporthallen, wo für Turmspringen oder Ballspiele erhebliche Raumhöhen benötigt werden. Die DIN 277-1 kennt auch den Netto-Rauminhalt (NRI), der aus den Netto-Grundflächen und den lichten Raumhöhen zu ermitteln ist. In Analogie zur Konstruktions-Grundfläche ergibt sich auch der Konstruktions-Rauminhalt (KRI) als Differenz zwischen dem BruttoRauminhalt und dem Netto-Rauminhalt.
178
7 Grundflächen und Rauminhalte
Nr.
Grundflächen und Räume
1.
Wohnen und Aufenthalt
1.1
Wohnräume
Wohn- und Schlafräume in Wohnungen, Wohnheimen, Internaten, Beherbergungsstätten, Unterkünften; Wohndielen, Wohnküchen, Wohnbalkone, -loggien, -veranden; Terrassen
1.2
Gemeinschaftsräume
Gemeinschaftsräume in Heimen, Kindertagessstätten, Tagesräume, Aufenthaltsräume, Clubräume, Bereitschaftsräume
1.3
Pausenräume
Wandelhallen, Pausenhallen, -zimmer, -flächen in Schulen, Hochschulen, Krankenhäusern, Betrieben, Büros; Ruheräume
1.4
Warteräume
Warteräume in Verkehrsanlagen, Krankenhäusern, Praxen, Verwaltungsgebäuden
1.5
Speiseräume
Gast- und Speiseräume, Kantinen, Cafeterien, Tanzcafes
1.6
Hafträume
Haftzellen
2.
Büroarbeit
2.1
Büroräume
Büro-, Diensträume für eine oder mehrere Personen
2.2
Großraumbüros
Flächen für Büroarbeitsplätze einschließlich der im Großraum enthaltenen Flächen für Pausenzonen, Besprechungszonen, Garderoben, Verkehrswege
2.3
Besprechungsräume
Sitzungsräume, Prüfungsräume, Elternsprechzimmer
2.4
Konstruktionsräume
Zeichenräume
2.5
Schalterräume
Kassenräume
2.6
Bedienungsräume
Schalträume und Schaltwarten für betriebstechnische Anlagen oder betriebliche Einbauten, Regieräume, Vorführkabinen; Leitstellen
2.7
Aufsichtsräume
Pförtnerräume; Wachräume, Haftaufsichtsräume
2.8
Bürotechnikräume
Photolabor-Räume, Vervielfältigungsräume, Räume für EDVAnlagen
2.9
Sonstige Büroflächen
Abb. 7.16:
Beispiele
Zuordnung von Grundflächen und Räumen zu Nutzungsgruppen
(DIN 277-2, Tabelle 2 auszugsweise)
7.2 Regelwerke zur Ermittlung der Grundflächen und Rauminhalte
179
Nutzungsarten, Räume und Nutzungsgruppen
In der DIN 277-2 ist die Gliederung der Netto-Grundfläche in Nutzflächen, Technische Funktionsflächen und Verkehrsflächen festgelegt (siehe Abbildung 7.10). Darüber hinaus enthält sie eine Zuordnung von Räumen und Grundflächen zu den Nutzungsgruppen und erläutert diese durch die beispielhafte Aufzählung von Nutzungsarten (vgl. Abbildung 7.16).
7.2.2
Elementmengen und Bezugseinheiten
Seit Juli 1998 gibt es einen Teil 3 der DIN 277. Dieser trägt den Untertitel Mengen und Bezugseinheiten. Dieser neue Teil enthält die Zuordnung der Bezugseinheiten zu den einzelnen Kostengruppen der DIN 276 Kosten im Hochbau (siehe Abschnitt 8.1.1). Die Kosten im Hochbau sind in dieser Norm seit Erscheinen der Ausgabe DIN 276:1993-06 elementweise gegliedert. Damit übernahm der Normenausschuss das Gliederungsprinzip der von dem damaligen Baukostenberatungsdienst der Architektenkammer Baden-Württemberg entwickelten Elementmethode. Im Teil 3 ist festgelegt, welche Bezugseinheit der Kostenermittlung eines Elementes bzw. einer Kostengruppe zugrunde zu legen ist und wie die zugehörige Menge zu ermitteln ist (siehe Beispiele in Abbildung 7.17). KGNr.
Kostengruppe nach DIN 276-1
Mengen- MengenMengen-Ermittlung Einheit Benennung
360
Dächer
m²
Dachfläche
363
Dachbeläge
m²
Dachbelags- Belegte Anteile der Dachfläche fläche
Abb. 7.17:
Summe aller Flächen flacher oder geneigter Dächer, die den BruttoRauminhalt nach oben abgrenzen, zuzüglich Dachüberstände
Mengen und Bezugseinheiten von Bauteilen
(DIN 277-2 (Tabelle 2 auszugsweise))
7.2.3
Technische Normen, Gütevorschriften und Lieferbedingungen
Die Technischen Normen, Gütevorschriften und Lieferbedingungen (TGL) der Deutschen Demokratischen Republik (DDR) gingen nach der Gründung der DDR aus dem Deutschen Normenausschuss (DNA), heute Deutsches Institut für Normung e. V. (DIN), hervor. Anfangs bearbeitete der DNA die Normen für beide deutsche Staaten. Ab 1961 wurde die bis dahin bestehende Kooperationsvereinbarung zwischen den beiden Instituten beendet. Die TGL-Standards wurden durch das Deutsche Amt für Messwesen, ab 1973 in Amt für Standardisierung, Messwesen und Warenprüfung (ASMW) umbenannt, eigenständig weiterentwickelt. (VEB Bibliographisches Institut Leipzig, 1982, S. 880 und 921)
180
7 Grundflächen und Rauminhalte
Aufgrund der Geschichte von DIN und TGL ist es nicht verwunderlich, dass auf verschiedenen Gebieten, so auch bei den Grundflächen im Hochbau, grundsätzlich Übereinstimmung besteht. Die einzelnen Flächenarten der TGL 13742:1962-03, Umbauter Raum von Bauwerken, unterscheiden sich von der seinerzeit gültigen DIN 277:1960-11, Hochbauten, Umbauter Raum, Raummeterpreis nur in der Bezeichnung, nicht aber in den Messvorschriften. Bezogen auf die Grundflächen im Hochbau ist die TGL 7798:1980-04, Flächenberechnung, Gebäude und bauliche Anlagen, zu nennen (vgl. Abbildung 7.18). Regelwerke
DIN
TGL
Umbauter Raum und Rauminhalt
DIN 277-1:1973-05
TGL 13742:1962-03
Flächenberechnung
DIN 277-1:1973-05
TGL 7798:1980-04
Flächensystematik in Gaststätten
DIN 277-1:1973-05
TGL 36849:1979-10
Flächensystematik im Krankenhaus
DIN 18080:2003-07
TGL 10733-01:1984-01
Wohngebäude, Wohnung, Zimmer
DIN 283:1962-02
TGL 9552:1981-07
Maßordnung im Hochbau u. Bauwesen
DIN 4172:1955-07
TGL 37706:1981-10
Abb. 7.18:
Gegenüberstellung ausgewählter Normen zu entsprechenden TGL
In der DDR wurden die Grundlagen zur Ermittlung von Wohnflächen mit der TGL verbindlich geregelt. In der Bundesrepublik Deutschland (BRD) gab es drei Jahrzehnte lang gleichzeitig eine Norm und die Zweite Berechnungsverordnung. Für die Wohnungswirtschaft der DDR stand bis zur Wende die Deckung des Bedarfs an Wohnraum im Vordergrund. Ergebnis waren die typisierten und industriell hergestellten Wohnungsbauserien (WBS). Die Wohnfläche war ein entscheidendes Kriterium bei deren Herstellung unter der gezielten gesellschafts-politischen Bedarfsdeckung. Wenn Flächenermittlungen bei Gebäuden in der ehemaligen DDR nach den TGL-Standards als dem seinerzeit geltenden Recht aufgestellt und die Ermittlungen Gegenstand von Verträgen geworden sind, besteht dafür auch heute noch Bestandsschutz. „Schon kurze Zeit nach dem Fall der Mauer stellte das DDR-Amt für Normierung seine Arbeit ein und überließ dem DIN-Institut die Vertretung der DDR in Internationalen Normenorganisationen. Die so genannte Normenunion zwischen beiden deutschen Staaten trat am 4. Juli 1990 in Kraft, drei Tage nach der Währungsunion.“ (Tagesspiegel, 05.04.2010)
7.2.4
Wohnfläche
Die Wohnfläche ist vor allem die Bezugsgröße zur Preisermittlung oder zum Preisvergleich von Wohnraum. Dies gilt sowohl für den Verkaufspreis als auch für den Mietpreis, die sich als Produkt aus der Wohnfläche und einem Quadratmeterpreis ergeben. Dabei geht es um eine einheitliche Festlegung, welchen Beitrag unterschiedliche Flächen in Räumen mit einer lichten Höhe von mindestens 2 m oder darunter, Ablageflächen über Installationsblöcken, Balkone usw. zum Wohnwert leisten und zur Mietpreisgestaltung rechtfertigen.
7.2 Regelwerke zur Ermittlung der Grundflächen und Rauminhalte
181
Für die Ermittlung der Wohnfläche wurden bzw. werden folgende Regelwerke angewendet: -
Verordnung über wohnungswirtschaftliche Berechnungen nach dem Zweiten Wohnungsbaugesetz (Zweite Berechnungsverordnung - II. BV), Fassung vom 17.10.1957, geändert 2007
-
DIN 283-1:1951-03, Wohnungen - Teil 1: Begriffe, und DIN 283-2:1962-02, Wohnungen - Teil 2: Berechnung der Wohnflächen und Nutzflächen (im August 1983 ersatzlos gestrichen)
-
Wohnflächenverordnung - WoFlV, Fassung vom 01.01.2004
Seit dem Jahr 2004 ist für den Neubau sowie für Umbau, Erweiterung und Modernisierung ausschließlich die Wohnflächenverordnung anzuwenden. Es wird die Entwicklung der Regelwerke zur Ermittlung der Wohnfläche kurz wiedergegeben: Durch das Erste Wohnungsbaugesetz vom 24. April 1950 wurde die Bundesregierung ermächtigt, u. a. durch Rechtsverordnungen, Vorschriften über die Anwendung von Normen des Deutschen Normenausschusses zu erlassen. Um den Besonderheiten der Wohnbauten gerecht zu werden, erschienen bald darauf DIN 283-1:1951-03, Wohnungen - Teil 1: Begriffe, und DIN 283-2:1962-02, Wohnungen - Teil 2: Berechnung der Wohnflächen und Nutzflächen. Aufgrund unzureichender Abstimmung zwischen dem Gesetzgeber und dem Deutschen Normenausschuss (DNA) heute Deutsches Institut für Normung e. V. (DIN) - gelang es nicht, die Vorschriften zur Wohnflächenberechnung, insbesondere der Verordnung über wohnungswirtschaftliche Berechnungen des Zweiten Wohnungsbaugesetzes (Zweite Berechnungsverordnung - II. BV) vom 17. Oktober 1957 und der DIN 283, für alle Wohnbauten einheitlich zu regeln. So enthielt die DIN 283-2:1962-02, Wohnungen - Teil 2: Berechnung der Wohnflächen und Nutzflächen, folgende Vorbemerkung: „Bei Anwendung dieser Norm ist zu beachten: Für den mit öffentlichen Mitteln geförderten und den steuerlich begünstigten Wohnungsbau gilt im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland die Verordnung über wohnungswirtschaftliche Berechnungen des Zweiten Wohnungsbaugesetztes (Zweite Berechnungsverordnung II. BV) vom 17.10.1957 (BGBl. S. 17/19), die für wohnungswirtschaftliche Berechnungen ergänzende Bestimmungen enthält, insbesondere in Bezug auf die anrechenbare Grundfläche.“(Kalusche, W. 2011b, S. 35) Die Flächenarten der DIN 277-1 erlauben, wie bereits erwähnt, eine dem Zweck entsprechende Abgrenzung der Wohnungsfläche nicht. Die Gliederung der Netto-Grundfläche nach Nutzflächen (NF 1 bis 7) gemäß DIN 277-2 enthält unter Nutzfläche Nr. 1 Wohnen und Aufenthalt in der 2. Ebene der Gliederung Wohnräume, Gemeinschaftsräume, Pausenräume, Warteräume, Speiseräume sowie Hafträume. Die Nutzungsgruppe Nr. 7 Sonstige Nutzungen enthält unter anderem Sanitärräume und die Nutzungsgruppe Nr. 9 Verkehrsflächen beinhaltet Flure und Treppen. Die genannten Flächen oder Räume können Teil einer Wohnung sein, aber eine Ermittlung der Wohnfläche nach dieser Gliederung ist in der Praxis nicht üblich. Da Flächen außerhalb einer Wohnung einer anderen Nutzungsgruppe zugeordnet werden können, ist eine abgrenzende Gliederung der Wohnflächen bezogen auf die gesamte Gebäudestruktur problematisch.
182
7 Grundflächen und Rauminhalte
Des Weiteren ist eine qualitative Unterscheidung von Flächen nach der lichten Raumhöhe, z. B. unter Dachschrägen, oder die teilweise Anrechnung von Flächen, z. B. Balkone, nicht Gegenstand der DIN 277. Der Schwerpunkt der DIN 277 liegt in der Objektplanung und ist für die Nutzungsphase nicht immer sinnvoll anzuwenden. In der Praxis herrscht folgendes Verständnis: Die Wohnfläche beginnt hinter der Eingangstür der Wohnung. Die in der Wohnung gemessenen Grundflächen werden als Wohnfläche im Mietvertrag vereinbart. Zubehörräume, das heißt Keller sowie Dachbodenräume zur Lagerung und sonstigen Verwendungen, sind davon ausgeschlossen. (Kohnke-Wensing, T.; Bachmann, S.; Kinne, H. 2008) In den Erläuterungen zu § 19 Anm. 2 Wohnraumförderungsgesetz (WoFG) vom September 2001 finden sich folgende Angaben zur Wohnfläche, welche sich auf deren Bestimmung nach II. BV und WoFlV beziehen. Die Wohnfläche unterliegt demnach folgenden Kriterien: -
anrechenbare Grundflächen der Wohnräume
-
ausschließlich in der Wohnung befindliche Räume (Wohnungsabschluss)
-
gemessene und berechnete Grundfläche (zwischen den aufgehenden Bauteilen).
Es ist geregelt, dass gewerblich genutzte Wohnungen als Wohnfläche bestehen bleiben, wenn die bauliche Ausstattung dem Wohnzweck entspricht. (Heix, G. 2004) Die Normen und Richtlinien zur Wohnflächenberechnung unterscheiden sich nach dem § 46 WoFG in frei und öffentlich finanzierten Wohnraum. Die frei finanzierten Wohnungen unterliegen – wie schon in Abschnitt 2.7 ausgeführt – keiner Mietpreis- und Belegungsbindung. Daher kann für frei finanzierte Wohnungen beim Erstbezug die auf dem Markt durchsetzbare Miete vereinbart werden, soweit die Grenzen von § 5 Wirtschaftsstrafgesetz (Mietwucher) eingehalten werden. Preisgebundener Wohnraum unterliegt einer weitaus stärkeren Regulierung. So sind die DIN 283 (1983 zurückgezogen), die Zweite Berechnungsverordnung (2003 zurückgezogen) oder die Wohnflächenverordnung hierfür anzuwenden. (Kohnke-Wensing, T.; Bachmann, S.; Kinne, H. 2008) Berechnung der Wohn- und Nutzflächen nach DIN 283
Die DIN 283 definiert ausschließlich Wohnflächen und Nutzflächen. Es folgt die Unterteilung in Wohn- und Schlafräume sowie Küchen und Nebenräume. Die Maße können den Bauzeichnungen entnommen werden, wobei ein Putzabzug von 3 Prozent zulässig ist. Ebenso sind Nutzräume im Sinne von Wirtschaftsräumen und gewerblichen Räumen als solche auszuweisen. 1983 wurde die DIN 283 ersatzlos gestrichen, da mit der Zweiten Berechnungsverordnung ein entsprechender Ersatz durch den Gesetzgeber erfolgte. Der DIN e. V. plant keine Neuauflage einer Norm zur Wohn- bzw. Mietflächenberechnung. Grund dafür sind die Regelungen des Gesetzgebers, welcher mit eigenen Verordnungen zur Regulierung des Wohnungsmarktes reagiert hat.
7.2 Regelwerke zur Ermittlung der Grundflächen und Rauminhalte
183
Zweite Berechnungsverordnung – II. BV
Die Einführung einer gesetzlichen Regelung im öffentlich geförderten Wohnungsbau ist bedingt durch das Zweite Wohnungsbaugesetz (Wohnungsbau- und Familienheimgesetz II. WoBauG). Dieses diente der Schaffung sozialen Wohnraums. Es begünstigte sowohl den preiswerten Mietraum, als auch das selbstgenutzte Immobilieneigentum. Das Gesetz führte zur Sicherung der Zweckbestimmung von Sozialwohnungen (Wohnungsbindungsgesetz WoBindG) und erhöhte den Schutz der Mieter. Im Gesetz sind sowohl die Kostenmiete als auch die Vergleichsmiete enthalten. In diesem Zusammenhang veröffentlichte der Gesetzgeber 1957 die Zweite Berechnungsverordnung, in welcher die Wirtschaftlichkeitsberechnung von öffentlich gefördertem Wohnraum geregelt wird. Als Rechtsverordnung hat sie verbindlichen Charakter. Die Zweite Berechnungsverordnung ist sowohl auf den sozialen, als auch für den steuerbegünstigten freien Wohnraum anzuwenden. Für die Wohnflächenberechnung sind die § 42 bis § 44 der II. BV entscheidend. In diesen Paragraphen werden entsprechende Festlegungen zur Flächenermittlung vorgegeben. Die Art der Flächenermittlung beruht auf der DIN 283. Die II. BV bestand parallel zur DIN 283 und galt als Ersatz der 1983 gestrichenen Norm, da nur geringe Abweichungen enthalten waren. Bis zum Erscheinen der Wohnflächenverordnung und nach dem Rückzug der DIN 283, war die II. BV die einzige Rechtsnorm im preisgebundenen Wohnungsmarkt. Sie wurde zudem vielfach im freien Wohnungsmarkt angewendet. Abweichungen gibt es bei der Wohnflächenermittlung zwischen der II. BV und der DIN 283, z. B. im Fall der Flächenberechnung bei Balkonen und Terrassen sowie bei der Flächenreduzierung in Zweifamilienhäusern. Das Aufmaß kann im Rohbau erfolgen, ein Putzabzug von 3 Prozent ist zulässig. Verordnung zur Berechnung der Wohnfläche (Wohnflächenverordnung – WoFlV)
Zum 1. Januar 2004 ist die Verordnung zur Berechnung der Wohnfläche (WoFlV) in Kraft getreten und hat damit den Teil IV Wohnflächenberechnung der Verordnung für wohnungswirtschaftliche Berechnungen (II. Berechnungsverordnung) abgelöst. Sie ist zwingend anzuwenden, wenn die Wohnfläche nach dem Wohnraumförderungsgesetz zu berechnen ist. Allerdings sind einmal angewendete Berechnungsgrundlagen für alle späteren Berechnungen maßgebend. So haben Wohnflächenberechnungen, die vor dem 1. Januar 2006 nach der II. Berechnungsverordnung erfolgt sind, weiterhin Gültigkeit. Grundsätzlich kann die Grundfläche einer Wohnung auch nach der DIN 277 ermittelt werden. Allerdings stimmt die Wohnfläche nach WoFlV in den meisten Fällen weder mit der Netto-Grundfläche noch mit der Nutzfläche nach DIN 277 überein. Die häufigste Differenz ergibt sich bei den Fluren und Treppen innerhalb einer Wohnung. Beide gehören zur Verkehrsfläche nach DIN 277. Der Flur gehört zur Wohnfläche und geht damit über die Nutzfläche hinaus, während die Wohnungstreppe nicht zur Wohnfläche, aber zur NettoGrundfläche gehört. Darüber hinaus gibt es bei dem Berechnungsverfahren der Grundflächen nach DIN 277 bzw. nach der Wohnflächenverordnung in einigen Fällen erhebliche Unterschiede. Während nach DIN 277 waagerechte Flächen in ihren tatsächlichen Abmessungen ermittelt werden, sind nach der Wohnflächenverordnung eine Reihe von Abweichungen davon vorgesehen (Grundflächen von Schornsteinen, Vormauerungen, Bekleidungen, freistehenden Pfeilern und
184
7 Grundflächen und Rauminhalte
Säulen, wenn ihre Grundfläche nicht mehr als 0,1 m² und ihre Höhe nicht mehr als 1,50 m beträgt, werden nicht in Abzug gebracht; die Grundflächen von Fenster- und offenen Wandnischen, die bis zum Fußboden herunterreichen und mehr als 0,13 m tief sind, werden hinzugerechnet usw.). Auch die hälftige Anrechenbarkeit von Grundflächen auf die Wohnfläche (Räume und Raumteile mit einer lichten Höhe von mindestens einem Meter und weniger als zwei Metern, unbeheizbare Wintergärten und Schwimmbäder sowie die Anrechenbarkeit von Balkonen, Loggien und Terrassen in der Regel zu einem Viertel, höchstens jedoch zur Hälfte) ist in der DIN 277 nicht vorgesehen. Es werden die §§ 1 bis 4 der WoFlV wiedergegeben: „§ 1 Anwendungsbereich, Berechnung der Wohnfläche (1) Wird nach dem Wohnraumförderungsgesetz die Wohnfläche berechnet, sind die Vorschriften dieser Verordnung anzuwenden. (2) Zur Berechnung der Wohnfläche sind die nach § 2 zur Wohnfläche gehörenden Grundflächen nach § 3 zu ermitteln und nach § 4 auf die Wohnfläche anzurechnen. § 2 Zur Wohnfläche gehörende Grundflächen (1) Die Wohnfläche einer Wohnung umfasst die Grundflächen der Räume, die ausschließlich zu dieser Wohnung gehören. Die Wohnfläche eines Wohnheims umfasst die Grundflächen der Räume, die zur alleinigen und gemeinschaftlichen Nutzung durch die Bewohner bestimmt sind. (2) Zur Wohnfläche gehören auch die Grundflächen von 1. Wintergärten, Schwimmbädern und ähnlichen nach allen Seiten geschlossenen Räumen sowie 2. Balkonen, Loggien, Dachgärten und Terrassen, wenn sie ausschließlich zu der Wohnung oder dem Wohnheim gehören. (3) Zur Wohnfläche gehören nicht die Grundflächen folgender Räume: 1. Zubehörräume, insbesondere: a) Kellerräume, b) Abstellräume und Kellerersatzräume außerhalb der Wohnung, c) Waschküchen, d) Bodenräume, e) Trockenräume, f) Heizungsräume und g) Garagen, 2. Räume, die nicht den an ihre Nutzung zu stellenden Anforderungen des Bauordnungsrechts der Länder genügen, sowie 3. Geschäftsräume. § 3 Ermittlung der Grundfläche (1) Die Grundfläche ist nach den lichten Maßen zwischen den Bauteilen zu ermitteln; dabei ist von der Vorderkante der Bekleidung der Bauteile auszugehen. Bei fehlenden begrenzenden Bauteilen ist der bauliche Abschluss zu Grunde zu legen. (2) Bei der Ermittlung der Grundfläche sind namentlich einzubeziehen die Grundflächen von 1. Tür- und Fensterbekleidungen sowie Tür- und Fensterumrahmungen, 2. Fuß-, Sockel- und Schrammleisten,
7.2 Regelwerke zur Ermittlung der Grundflächen und Rauminhalte
185
3. fest eingebauten Gegenständen, wie z. B. Öfen, Heiz- und Klimageräten, Herden, Badeoder Duschwannen, 4. freiliegenden Installationen, 5. Einbaumöbeln und 6. nicht ortsgebundenen, versetzbaren Raumteilern. (3) Bei der Ermittlung der Grundflächen bleiben außer Betracht die Grundflächen von 1. Schornsteinen, Vormauerungen, Bekleidungen, freistehenden Pfeilern und Säulen, wenn sie eine Höhe von mehr als 1,50 Meter aufweisen und ihre Grundfläche mehr als 0,1 Quadratmeter beträgt, 2. Treppen mit über drei Steigungen und deren Treppenabsätze, 3. Türnischen und 4. Fenster- und offenen Wandnischen, die nicht bis zum Fußboden herunterreichen oder bis zum Fußboden herunterreichen und 0,13 Meter oder weniger tief sind. (4) Die Grundfläche ist durch Ausmessung im fertig gestellten Wohnraum oder auf Grund einer Bauzeichnung zu ermitteln. Wird die Grundfläche auf Grund einer Bauzeichnung ermittelt, muss diese 1. für ein Genehmigungs-, Anzeige-, Genehmigungsfreistellungs- oder ähnliches Verfahren nach dem Bauordnungsrecht der Länder gefertigt oder, wenn ein bauordnungsrechtliches Verfahren nicht erforderlich ist, für ein solches geeignet sein und 2. die Ermittlung der lichten Maße zwischen den Bauteilen im Sinne des Absatzes 1 ermöglichen. Ist die Grundfläche nach einer Bauzeichnung ermittelt worden und ist abweichend von dieser Bauzeichnung gebaut worden, ist die Grundfläche durch Ausmessung im fertig gestellten Wohnraum oder auf Grund einer berichtigten Bauzeichnung neu zu ermitteln. § 4 Anrechnung der Grundflächen Die Grundflächen 1. von Räumen und Raumteilen mit einer lichten Höhe von mindestens zwei Metern sind vollständig, 2. von Räumen und Raumteilen mit einer lichten Höhe von mindestens einem Meter und weniger als zwei Metern sind zur Hälfte, 3. von unbeheizbaren Wintergärten, Schwimmbädern und ähnlichen nach allen Seiten geschlossenen Räumen sind zur Hälfte, 4. von Balkonen, Loggien, Dachgärten und Terrassen sind in der Regel zu einem Viertel, höchstens jedoch zur Hälfte anzurechnen. (http://www.gesetze-im-internet.de/woflv/BJNR234610003.html am 16.08.2010 )
7.2.5
Richtlinien zur Berechnung der Mietflächen
Für die Vermietung von Flächen - besonders Gewerbeflächen, Verkaufsflächen oder Wohnflächen - sind die Begriffe und die Gliederung der Grundflächen nach DIN 277 nicht gedacht und nur mit Einschränkungen geeignet. Aus diesem Grund hat die Gesellschaft für Immobilienwirtschaftliche Forschung e. V. (gif) in den 1990er Jahren damit begonnen, Richtlinien für die Berechnung der Mietfläche zu entwickeln.
186
7 Grundflächen und Rauminhalte
Durch die Angabe einer Mietfläche im Mietvertrag und dem daraus resultierenden Mietzins kommt der Mietfläche eine hohe Bedeutung zu, welche weder durch den Gesetzgeber noch durch die DIN 277 geregelt wird. Es ging darum, ein Regelwerk aufzustellen, „das die Mietfläche als eine Größe auffasst, die direkt aus den Objekteigenschaften abzuleiten ist. Sie ist damit nicht mehr regionalen Gepflogenheiten oder der Gebäudetypologie unterworfen. Genauso kennt sie bei ein und demselben Objekt keine Schwankungsbreite mehr.“ (MF-G:2004-11, S. 4) Es erschienen zunächst: Richtlinie zur Berechnung der Mietfläche für Büroraum (MF-B:1996-04) Richtlinie zur Berechnung der Mietfläche für Handelsraum (MF-H:1997-07) Richtlinie zur Berechnung der Mietfläche für Gewerblichen Raum (MF-G:2004-11). Dabei waren in der MF-G:2004-11 zunächst die Mietflächen für Büroraum und für gewerblichen Raum zusammengefasst worden. Inzwischen (Sommer 2012) liegen nunmehr drei Richtlinien als Ersatz und Erweiterung der bisherigen vor: Richtlinie zur Berechnung der Mietfläche für Gewerblichen Raum (MF/G:2012-05). Richtlinie zur Berechnung der Verkaufsfläche im Einzelhandel (MF/V: 2012-05) Richtlinie zur Berechnung der Mietfläche für Wohnraum (MF/W: 2012-05). Die Richtlinien nach gif sind keine Normen, sie sind aber in der Immobilienwirtschaft anerkannt und dürfen als Standard für die Ermittlung von Mietflächen gelten. Sie sind nicht nur für die Bemessung von Flächen in Mietverträgen, sondern auch für die Bedarfsplanung und Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen in der Immobilienprojektentwicklung von praktischer Bedeutung. Grundlage der Richtlinien nach gif ist die DIN 277. Für die Berechnung von Mietflächen nach gif sind deshalb gute Kenntnisse der DIN 277 unbedingt erforderlich. Im Rahmen der Bedarfsplanung und der Objektplanung von zu vermietenden Gebäuden sind sowohl die DIN 277 als Planungsnorm als auch die gif-Richtlinien als immobilienwirtschaftliche Regelwerke nebeneinander zu beachten. Die grundsätzlichen Unterschiede und infolgedessen die voneinander abweichenden Berechnungen bedürfen der Erläuterung. -
Welche Flächen zur gemeinschaftlichen Nutzung stehen zur Verfügung, z. B. Zufahrten, Treppenräume?
-
Welche gemeinsamen Einrichtungen gibt es, z. B. Toilettenanlagen, Teeküchen, Personalräume, Pförtnerloge?
-
Welche sonstigen Mietobjekte bestehen, z. B. Fahrzeugabstellplätze oder andere Flächen in den Außenanlagen?
7.2 Regelwerke zur Ermittlung der Grundflächen und Rauminhalte
187
Hierzu werden beispielweise in der Richtlinie (MF/G) mit Stand vom 01.05.2012 folgende Begriffsbestimmungen gegeben: „A Die Flächenarten dieser Richtlinie gliedern sich ausgehend von der Brutto-Grundfläche (BGF gemäß DIN 277) in MF/G-0 (keine Mietfläche nach gif) und MF/G (Mietfläche nach gif) B Die Unterscheidung der Flächenarten nach gif erfolgt in der Planungs- und Bauphase nach einer angenommenen Nutzungssituation. Das Verhältnis von MF/G-0 zu MF/G kann sich mit neuen Nutzungssituationen ändern. C Zur Ermittlung der MF/G-0 bei nur einem Mieter oder Nutzer im Gebäude wird der fiktive Fall angenommen, dass mehrere Mieter das Gebäude belegen. D Die Zuordnung von Grundflächenarten gemäß DIN 277 erfolgt i.d.R. raumweise. Grundflächenarten nach DIN 277 und Flächenarten nach gif gliedern sich wie folgt: E Als Mall gilt die für den Kundenverkehr vorgesehene Erschließungsfläche einer Gruppe von Geschäften […]. Nicht zur Mall zählen Flächen, die innerhalb einer Geschäftsfläche liegen (z. B. Rücksprünge in einer der Mall zugewandten Schaufensterfront). Als Geschäftsflächen gelten die gesamten betrieblich genutzten Grund- und Freiflächen für Verkaufs-, Ausstellungs-, Lager-, Versand-, Büro- sowie Personal- und Sozialzwecke.“ (Richtlinie zur Berechnung der Mietfläche für Gewerblichen Raum (MF/G:2012-05, S.6) Abbildung 7.19 zeigt deutlich, dass die Summe aller Mietflächen (MF/G) und aller Flächen, die keine Mietflächen (MF/G-0) sind, der Brutto-Grundfläche nach DIN 277 entspricht. Eine Ermittlung der Mietflächen setzt also eine Ermittlung der Grundflächen nach DIN 277 voraus, daraufhin werden Flächenanteile jeweils der Nutzflächen (NF), der Verkehrsflächen (VF) sowie der Konstruktions-Grundflächen (KGF) danach unterschieden, ob sie keine Mietfläche (MF/G-0) sind oder ob sie als exklusiv genutzte Mietfläche (MF/G-1) oder als gemeinschaftlich genutzte Mietfläche (MF/G-2) angerechnet werden. Keine Mietfläche (MF/G-0) sind beispielsweise: -
Kraftfahrzeugabstellflächen (NF nach DIN 277)
-
(Zivil-)Schutzräume (NF nach DIN 277)
-
Technische Funktionsflächen (TF nach DIN 277)
-
Aufzugsschacht-Grundflächen je Haltepunkt, Treppenläufe, Zwischenpodeste und Rampen, ausgenommen sind Treppenausgleichsstufen (einschließlich solche ersetzende Rampen), sowie Geschosspodeste mit direktem Zugang ins Freie […] (VF nach DIN 277)
-
Grundflächen von Außenwänden einschließlich deren Konstruktionshohlräumen, sowie von äußeren Umwehrungen (KGF nach DIN 277)
-
Grundflächen von aufgehenden Bauteilen wie Wände und Stützen, die zur konstruktiven, d. h. tragenden und/oder aussteifenden Raumbildung eines Gebäudes notwendig sind (KGF nach DIN 277)
188
7 Grundflächen und Rauminhalte
Nutzfläche
Verkehrsfläche
Technische Funktionsfläche
(NF)
(VF)
(TF)
Konstruktions-Grundfläche
Netto-Grundfläche
(KGF)
(NF)
Brutto-Grundfläche (BGF)
Grundflächen nach DIN 277 Flächenarten nach gif MF/G-0
MF/G
(keine Mietfläche)
(Mietfläche)
MF/G-1
MF/G-2
(Exklusive Mietfläche)
(Gemeinschaftliche Mietfläche)
Abb. 7.19:
Mietfläche für Gewerblichen Raum (MF/G) nach gif
(Richtlinie zur Berechnung der Mietfläche für Gewerblichen Raum (MF/G:2012-05, S.6))
Die vollständige Auflistung aller Flächenanteile und ihre Anrechnung als Mietflächen sowie die Messpunkte für die Berechnung und Darstellung sind in der Richtlinie ausführlich in einem Mietflächenschema geregelt. Dieses ordnet alle wesentlichen in Betracht kommenden Flächenarten der DIN 277 den Flächenarten nach gif (MF/G-0 und MF/G) eindeutig zu, vgl. Abbildung 7.20. Für die an dieser Stelle nicht weiter behandelten Verkaufsflächen im Einzelhandel (MF/V) und Mietflächen für Wohnraum (MF/W) bestehen entsprechende, auf die spezielle Nutzung bezogene Begriffsbestimmungen, Erläuterungen zu Sondermietobjekten, z. B. Freiflächen oder Schaufenster, sowie Regeln für die Berechnung und Darstellung, graphische Erläuterungen und Mietflächenschemata.
7.2 Regelwerke zur Ermittlung der Grundflächen und Rauminhalte DIN 277
189
Flächenarten nach gif
BGF
MF/G-0
[…] VF
[…] • Ladenstraßen/ Malls
MF/G
• Aufzugsschächte, Abwurfschächte
[…] • Flure, Eingangshallen, Foyers, sowie darin befindliche Treppenausgleichsstufen (einschließlich solche ersetzende Rampen) mit maximal 3 Steigungen
• Ausschließlich Flucht und Rettung dienende Wege, Treppen und Balkone
• Geschosspodeste mit direktem Austritt ins Freie oder in eine Geschossebene
• Treppenläufe, Zwischenpodeste und Rampen
• Zuwegungen von außen • Fahrzeugverkehrsflächen
[…] Abb. 7.20:
[…]
[…]
Mietflächenschema zu MF/G-0 und MF/G nach gif (Auszug)
(Richtlinie zur Berechnung der Mietfläche für Gewerblichen Raum (MF/G:2012-05, S.15))
8
Kosten im Bauwesen
Unter Kosten versteht man im Bauwesen im Allgemeinen „Aufwendungen für Güter, Leistungen und Abgaben, die für die Vorbereitung, Planung und Ausführung von Bauprojekten erforderlich sind“ (DIN 276-1:2008-12, Kosten im Bauwesen - Teil 1: Hochbau). Für den Bauherrn sind dies aber – in der betriebswirtschaftlichen Terminologie – (Bau-) Ausgaben. Unter Ausgaben versteht die Betriebswirtschaftslehre „jeden Geschäftsvorfall, der eine Verminderung des Geldvermögens hervorruft“ (Wöhe, G. 2000, S. 863), also Auszahlungen, Schuldenzugänge und Forderungsabgänge. Alle entgeltlichen Bauleistungen sind mit Ausgaben verbunden – gleichgültig, ob sie sofort in bar oder mit Scheck bezahlt werden (Auszahlung), ob ihre Bezahlung gestundet wird (Schuldenzugang) oder ob sie mit einem Guthaben verrechnet werden (Forderungsabgang). Werden diese Leistungen zur Planung und Erstellung eines Bauwerks erbracht, so kann man die damit verbundenen Ausgaben als Erstausgaben der Investition bezeichnen – im Gegensatz zu den laufenden Ausgaben in der Nutzungsphase. Zu den Erstausgaben gehören alle Ausgaben für Güter, Leistungen und Abgaben, die zur Planung und Ausführung von Baumaßnahmen erforderlich sind, wofür die DIN 276-1:2008-12 den Begriff Kosten im Bauwesen verwendet. Dieser Ausgabencharakter der Kosten im Bauwesen nach der Norm steht im Widerspruch zum betriebswirtschaftlichen Kostenbegriff. In der Betriebswirtschaftslehre wird unter Kosten der mit Geld bewertete Verzehr von Gütern und Dienstleistungen sowie Abgaben bei der Erbringung der betrieblichen Leistungen verstanden. Und die betriebliche Leistung besteht z. B. bei einem Miethausbesitzer primär nicht in der Errichtung des Miethauses, sondern in der Vorhaltung und Vermietung der Wohnungen. Daher erfolgt der „Verzehr des Gutes Wohnung“ nicht bei der Errichtung des Gebäudes, sondern durch Abnutzung während der Vermietungsdauer. Zwar entstehen dem Bauherrn Ausgaben bei der Errichtung des Gebäudes, aber die Kosten – im betriebswirtschaftlichen Sinne – fallen erst während der Nutzungsdauer an. Die in diesem Zeitraum anfallenden Kosten sind Gegenstand der DIN 18960:2008-02, Nutzungskosten im Hochbau, die in Abschnitt 9.1 behandelt werden. Sie bestehen aus kalkulatorischen Kostenarten. Das sind Kapitalkosten aus der Inanspruchnahme von Eigen- und Fremdmitteln sowie die kalkulatorische Abschreibung. Weiterhin gehören die ausgabenwirksamen Kostenarten zu den Nutzungskosten, die sich aus denen des Objektmanagements, den Betriebskosten und den Instandsetzungskosten zusammensetzen. Die Nutzungskosten insgesamt stimmen mit dem betriebswirtschaftlichen Kostenbegriff überein, aber die Kosten im Hochbau nach DIN 276-1:2008-12 entsprechen Ausgaben im betriebswirtschaftlichen Sinn.
192
8 Kosten im Bauwesen
Wegen der im Bauwesen fast ausnahmslosen Verwendung des Kostenbegriffes im Sinne der Norm für Ausgaben zur Vorbereitung, Planung und Erstellung von Bauwerken werden hierfür im Folgenden ebenfalls die Begriffe Kosten im Bauwesen, Kosten im Hochbau und Baukosten verwendet, wobei man sich immer ihres Ausgabencharakters bewusst sein muss.
8.1
Kosten im Bauwesen
Wie im vorangegangenen Abschnitt erwähnt, definiert die DIN 276-1:2008-12 die Kosten im Bauwesen als „Aufwendungen für Güter, Leistungen und Abgaben, die für die Vorbereitung, Planung und Ausführung von Bauprojekten erforderlich sind.“ Hierzu zählen folgende Kostengruppen: 100 200 300 400 500 600 700
Grundstück Herrichten und Erschließen Bauwerk – Baukonstruktionen Bauwerk – Technische Anlagen Außenanlagen Ausstattung und Kunstwerke Baunebenkosten.
Der Begriff Baukosten wird seit September 1971 in der DIN 276 nicht mehr verwendet. Gleichwohl arbeitet die Zweite Berechnungsverordnung (II. BV) weiterhin mit dem Begriff Baukosten, und zwar umfassen danach die Baukosten die Kosten der Gebäude, Kosten der Außenanlagen, Baunebenkosten, Kosten der besonderen Betriebseinrichtungen, Kosten des Gerätes und sonstiger Wirtschaftsausstattungen, nicht aber das Grundstück. Danach setzen sich die Gesamtkosten von Hochbauten aus den Kosten des Baugrundstückes (Wert des Baugrundstücks, Erwerbskosten und Erschließungskosten) sowie aus den Baukosten zusammen. Man kann also eine weitgehende Übereinstimmung des Begriffes Baukosten nach II. BV mit den Kostengruppen 300 bis 700 nach DIN 276-1 feststellen.
8.1.1
Kostenermittlung nach DIN 276-1
In der DIN 276-1:2008-12 werden neben der Definition des Anwendungsbereiches und der einschlägigen Begriffe die Kostenermittlung und die Kostengliederung behandelt. Im dritten Abschnitt sind die Grundsätze und Arten der Kostenermittlung beschrieben. Dort heißt es unter anderem: „Kostenermittlungen dienen als Grundlagen für Finanzierungsüberlegungen und Kostenvorgaben, für Maßnahmen der Kostenkontrolle und der Kostensteuerung, für Planungs-, Vergabe- und Ausführungsentscheidungen sowie zum Nachweis der entstandenen Kosten. […] Bei Kostenermittlungen ist vom Kostenstand zum Zeitpunkt der Ermittlung auszugehen; dieser Kostenstand ist durch die Angabe des Zeitpunktes zu dokumentieren. Sofern Kosten auf den Zeitpunkt der Fertigstellung prognostiziert werden, sind sie gesondert auszuweisen. […]
8.1 Kosten im Bauwesen
193
Bei der Kostenkontrolle und Kostensteuerung sind die Planungs- und Ausführungsmaßnahmen eines Bauprojekts hinsichtlich ihrer resultierenden Kosten kontinuierlich zu bewerten. Wenn bei der Kostenkontrolle Abweichungen festgestellt werden insbesondere beim Eintreten von Kostenrisiken, sind diese zu benennen. Es ist dann zu entscheiden, ob die Planung unverändert fortgesetzt wird, oder ob zielgerichtete Maßnahmen der Kostensteuerung ergriffen werden. […] Der Wert von Eigenleistungen ist bei den betreffenden Kostengruppen gesondert auszuweisen. Für Eigenleistungen sind die Personal- und Sachkosten einzusetzen, die für entsprechende Unternehmerleistungen entstehen würden.“ (DIN 276-1:2008-12) Die Umsatzsteuer kann in den Kostenangaben enthalten (Brutto-Angabe) oder nicht enthalten (Netto-Angabe) sein. Bei jeder Kostenaussage, ob Kostenkennwert oder Kostenermittlung, soll, um einen Irrtum zu vermeiden, erkennbar sein, ob die Umsatzsteuer enthalten ist oder nicht. Ist eine Umrechnung von Brutto- und Netto-Werten erforderlich, wird (bei gesetzlicher Umsatzsteuer in Höhe von 19 %) wie folgt verfahren: Netto-Angabe x 119 / 100 = Brutto-Angabe Brutto-Angabe x 100 / 119 = Netto-Angabe Kostenermittlungen sind ein unverzichtbarer Teil der Architekten- und Ingenieurleistungen. Folgende Stufen der Kostenermittlung sind zu unterscheiden: Kostenrahmen (seit 2006) Kostenschätzung Kostenberechnung Kostenanschlag Kostenfeststellung". Die Einbindung dieser Kostenermittlungen in den Planungs- und Ausführungsprozess ist der Abbildung 8.1 zu entnehmen. Die Kostenermittlung gliedert sich im Allgemeinen in vier Arbeitsschritte: (1) (2) (3) (4)
Beschreibung der Baumaßnahme Mengenermittlung Kennwertermittlung Ermittlung der Kosten der Einzelansätze und der Gesamtkosten.
Zunächst müssen die Baumaßnahme und die Bezugsgrößen, die der Kostenermittlung zugrunde gelegt werden sollen, in einem dem jeweiligen Planungsstand entsprechenden Detaillierungsgrad beschrieben und festgelegt werden. Dabei geht es um eine so ausreichende Beschreibung, dass eine Zuordnung von Kostenkennwerten vergleichbarer Bauwerke möglich ist. Bei der Mengenermittlung sind die Mengen der zugrunde gelegten Bezugsgrößen zu ermitteln. Die dabei anzuwendenden Vorschriften sind unter anderem in der DIN 277-3 niedergelegt. Bei der Kennwertermittlung geht es darum, die Kennwerte (bzw. Preise je Einheit) der einzelnen Bezugsgrößen zu bestimmen. Hierzu ist es zweckmäßig, die entsprechenden Kennwerte einiger vergleichbarer Objekte zusammenzustellen und ausgehend vom Mittelwert ggf. unter Berücksichtigung von Zu- oder Abschlägen für andersartige Marktbedingungen die geeigneten Kennwerte festzulegen.
194
8 Kosten im Bauwesen Grundlagenermittlung Kostenrahmen Vorplanung Planungskonzept mit zeichner. Darstellung Kostenschätzung
.
nein
ja
Entwurfsplanung Durcharbeiten des Planungskonzeptes bis zum vollständ. Entwurf Kostenberechng.
Kostenkontrolle nein
ja
Genehmigungsplanung Ausführungsplanung Vorbereiten der Vergabe Mitwirkung bei der Vergabe Kostenanschlag
Kostenkontrolle
nein
ja
Objektüberwachung Überwachung der Ausführung Kostenfeststellung
Kostenkontrolle
Objektbetreuung und Dokumentation Abb. 8.1: Einbindung der Kostenermittlungen in die Objektplanung nach HOAI
8.1 Kosten im Bauwesen
195
Haben die Kostendaten den Stand des Herstellungsjahres oder eines anderen zurückliegenden Referenzjahres, so sind sie mit Hilfe des Baupreisindex’ zu aktualisieren (siehe Abschnitt 8.3). Abschließend sind die Kosten der Einzelansätze als Produkt aus Menge und hochgerechnetem Kostenkennwert zu ermitteln und zu den Gesamtkosten des Objekts aufzuaddieren. Die Kostengliederung nach DIN 276-1:2008-12 sieht auf der 1. Ebene eine Unterteilung in die sieben Kostengruppen vor: 100 200 300 400 500 600 700
Grundstück Herrichten und Erschließen Bauwerk – Baukonstruktionen Bauwerk – Technische Anlagen Außenanlagen Ausstattung und Kunstwerke Baunebenkosten
Diese Hauptkostengruppen sind in der DIN 276-1:2008-12 jeweils in eine zweite und in den meisten Fällen auch noch in eine dritte Ebene unterteilt. Von Vorteil ist, dass die Kosten der Baukonstruktionen nach Elementen untergliedert sind, was bei der Kostenermittlung die Berücksichtigung der Gebäudegeometrie bereits auf der 2. Ebene der Gliederung begünstigt: 300 310 320 330 340 350 360 370 390
Bauwerk – Baukonstruktionen Baugrube Gründung Außenwände Innenwände Decken Dächer Baukonstruktive Einbauten Sonstige Maßnahmen für Baukonstruktionen
Als Beispiel für die 3. Ebene der Kostengliederung folgt die Unterteilung der Außenwände: 330 331 332 333 334 335 336 337 338 339
Außenwände Tragende Außenwände Nichttragende Außenwände Außenstützen Außentüren und -fenster Außenwandbekleidungen, außen Außenwandbekleidungen, innen Elementierte Außenwände Sonnenschutz Außenwände, sonstiges
Die DIN 276-1:2008-12 lässt es aber auch zu, dass die Kosten ausführungsorientiert gegliedert werden. Hierfür kann die Gliederung in Leistungsbereiche nach dem Standardleistungsbuch für das Bauwesen (STLB) oder die Gliederung der Allgemeinen Technischen Vertragsbedingungen (ATV) für Bauleistungen (VOB) Teil C verwendet werden (vgl. Abschnitt 13.2.4).
196
8 Kosten im Bauwesen
Kostenrahmen
Häufig wird eine Planung begonnen, ohne dass zwischen dem Bauherrn und dem Architekten die Kosten des Bauvorhabens ausreichend erörtert wurden. Bislang war in der Norm zu den Kosten im Hochbau erst im Rahmen der Leistungsphase 2. Vorplanung eine erste Kostenermittlung - die Kostenschätzung - vorgesehen. Um diesem Problem zu begegnen wurden die bis dahin vier Stufen der Kostenermittlung um eine weitere, den Kostenrahmen, ergänzt. „Der Kostenrahmen dient als eine Grundlage für die Entscheidung über die Bedarfsplanung sowie für grundsätzliche Wirtschaftlichkeits- und Finanzierungsüberlegungen und zur Festlegung der Kostenvorgabe. Bei dem Kostenrahmen werden insbesondere folgende Informationen zu Grunde gelegt: -
quantitative Bedarfsangaben, z. B. Raumprogramm mit Nutzeinheiten, Funktionselemente und deren Flächen;
-
qualitative Bedarfsangaben, z. B. bautechnische Anforderungen, Funktionsanforderungen, Ausstattungsstandards;
-
gegebenenfalls auch Angaben zum Standort.
Im Kostenrahmen müssen innerhalb der Gesamtkosten mindestens die Bauwerkskosten gesondert ausgewiesen werden.“ (DIN 276-1:2008-12) Der Kostenrahmen als eine erste Kostenermittlung soll bereits im Rahmen der Leistungsphase 1. Grundlagenermittlung definiert werden. Er wird entweder vom Bauherrn gesetzt, kann Ergebnis einer Projektvorbereitung nach DIN 18205:1996-04, Bedarfsplanung im Bauwesen, sein oder kann vom Architekten nach Vorgaben des Auftraggebers ermittelt werden. Er stellt zunächst noch keine verbindliche Kostenaussage dar. Erst nach der Formulierung weiterer Projektziele (Terminrahmen, Raum- und Funktionsprogramm, Qualitätsvorgaben u.a.) und der Überprüfung der Machbarkeit des Bauprojektes soll er verbindlich werden. Hierzu dient die Kostenvorgabe im Sinne einer „Festlegung der Kosten als Obergrenze oder als Zielgröße für die Planung“. Sie wird im Architekten- oder Ingenieurvertrag meistens als „verbindliche Kostenobergrenze“ bezeichnet und gilt als eine Beschaffenheitsvereinbarung im Sinne des Werkvertrages. Eine Kostenvorgabe kann bereits vor Beginn der Planung durch den Bauherrn gesetzt werden, wenn in erster Linie die zur Verfügung stehenden finanziellen Mittel des Auftraggebers die Entwurfsentscheidungen dominieren. Die Kostenvorgabe kann aber auch erst nach z. B. der Leistungsphase 3. Entwurfsplanung erfolgen, wenn die Vorstellungen des Bauherrn zunächst noch nicht ganz klar sind. Dann sollen im Rahmen der Objektplanung verschiedene Varianten geprüft werden, um erst dann eine Entscheidung zu treffen, zu welchen Kosten ein bestimmter Lösungsansatz realisiert werden kann. Der Kostenrahmen hat erst mit der DIN 276-1:2006-11 Eingang in die Norm gefunden, wurde aber schon lange vorher in den einschlägigen Kommentaren zur HOAI und zum Architektenrecht als ein unverzichtbarer Bestandteil von „Klären der Aufgabenstellung“ im Rahmen der „problemorientierten“ Leistungsphase 1. Grundlagenermittlung angesehen. Auch die Vertreter des Projektmanagements in der Bau- und Immobilienwirtschaft arbeiten seit mehreren Jahrzehnten mit dem Kostenrahmen als der „ersten Zahl“ für das Bauprojekt.
8.1 Kosten im Bauwesen
197
Kostenschätzung
Die Kostenschätzung nach DIN 276-1:2008-12 ist eine (Grund-)Leistung der Leitungsphase 2. Vorplanung der Objektplanung nach HOAI. Gegenstand der Kostenschätzung ist die überschlägige Ermittlung der Gesamtkosten eines Bauvorhabens. Die Kostenschätzung ist eine Voraussetzung u. a. für die Entscheidung, ob das in der Vorplanung erarbeitete Planungskonzept bis zum vollständigen Entwurf durchgearbeitet werden soll. Zugleich ist sie vorläufige Grundlage für Finanzierungsüberlegungen. In der DIN 276-1:2008-12 sind folgende Grundlagen für die Kostenschätzung aufgeführt: „- Ergebnisse der Vorplanung, insbesondere Planungsunterlagen, zeichnerische Darstellungen; -
Berechnung der Mengen von Bezugseinheiten der Kostengruppen, nach DIN 277;
-
erläuternde Angaben zu den planerischen Zusammenhängen, Vorgängen und Bedingungen;
-
Angaben zum Baugrundstück und zur Erschließung.“
Im Rahmen der Kostenschätzung sollen die Gesamtkosten nach den Kostengruppen ermittelt werden – und zwar mindestens bis zur 1. Ebene der Kostengliederung. Als Bezugseinheiten der Kostengruppen bei der Kostenschätzung kommen in Betracht: -
Nutzeinheit (NE), z. B. Arbeitsplatz,
-
Nutzfläche (NF) nach DIN 277-1:2005-02 gemäß Raum- und Funktionsprogramm, z. B. im Zusammenhang mit einem Architekturwettbewerb, wenn die Gesamtfläche des Objekts noch nicht bekannt ist,
-
Wohnfläche (WF) nach WoFlV:2004-01 im Wohnungsbau,
-
Brutto-Grundfläche (BGF) nach DIN 277-1:2005-02, wenn die Gesamtfläche des Objekts bekannt ist,
-
Brutto-Rauminhalt (BRI) nach DIN 277-1:2005-02, vorzugsweise zur Überprüfung der Plausibilität einer Kostenaussage nach der Ermittlung mit anderen Bezugseinheiten.
Ein Beispiel für eine Kostenschätzung im Rahmen der Vorplanung enthält Abb. 8.2. Die Kostenkennwerte einer Kostenschätzung, z. B. 1.280 € (KG 300 – 400, brutto)/m² BGF, können für die weitere Objektplanung und damit zusammenhängende Kostenermittlungen als Maßstab der Kostenkontrolle oder als Zielgröße (Benchmark) für die weitere Planung dienen. Sobald sich Kostenermittlungen, z. B. eine Kostenberechnung, auf andere Bezugseinheiten beziehen, z. B. Bauelemente, als die vorangegangene Kostenermittlung, ist die Kostenkontrolle nicht mehr so einfach wie bei einer einheitlichen Bezugseinheit. Die Kosten nur bis in die 1. Ebene der Kostengruppen zu gliedern, wird in vielen Fällen nicht ausreichen. Für schwierige Gründungen, aufwendige Fassaden oder eine innovative Gebäudetechnik sollen Kostenkennwerte bereits auf Bauelemente bezogen werden.
198
8 Kosten im Bauwesen
Objektbeschreibung (der Vorplanung): Nutzung: Nutzeinheiten: Flächen: Kosteneinflüsse:
Tageseinrichtung für Kinder, nicht unterkellert, mittlerer Standard 3 Gruppen, Ganztagsbetreuung, Alter der Kinder 3 bis 6 Jahre Grundstücksfläche 1.250 m², 750 m² Brutto-Grundfläche (BGF*), 2.825 m³ BruttoRauminhalt (BRI*), 450 m² Nutzfläche (NF*) Offene Bauweise, eingeschossig, Mauerwerksbau, Holzdachstuhl, Ziegeldach, voll funktionsfähige Küche für Speisenversorgung, öffentl. Ausschreibung.
Kostenschätzung nach Nutzeinheiten (NE: Gruppen): 3 Gruppen Kostenkennwert für KG 300 + 400 (BWK): gewählt 275.000 €/Gruppe KG
Kostengruppen (1. Ebene)
Einheit
100 200 300 400
Grundstück Herrichten und Erschließen Bauwerk – Baukonstruktion Bauwerk – Techn. Anlagen Bauwerk 300 + 400 Außenanlagen Ausstattung und Kunstwerke Baunebenkosten Gesamtkosten
m² FBG m² FBG NE NE
1.250 1.250 3 3
m² AUF m² BGF pauschal
500 750
500 600 700
Menge
% an BWK** 2,3 81,5 18,5 100,0 9,3 4,0
Kostenkennwert Kosten [€] [€/Einheit] 300 375.000 18.975 224.125 672.375 50.875 152.625 275.000 825.000 76.725 33.000 360.000 1.688.700
Kostenschätzung nach BGF: 750 m² BGF Kostenkennwert für KG 300 + 400 (BWK): gewählt 1.280 €/m² BGF KG
Kostengruppen (1. Ebene)
Einheit
100 200 300 400
Grundstück Herrichten und Erschließen Bauwerk – Baukonstruktion Bauwerk – Techn. Anlagen Bauwerk 300 + 400 Außenanlagen Ausstattung und Kunstwerke Baunebenkosten Gesamtkosten
m² FBG m² FBG m² BGF m² BGF
1.250 1.250 750 750
m² AUF m² BGF pauschal
500 750
500 600 700
Menge
% an BWK** 2,3 81,5 18,5 100,0 9,3 4,0
Kostenkennwert Kosten [€] [€/Einheit] 300 375.000 22.080 1.043 782.400 237 177.600 1.280 960.000 89.280 38.400 360.000 1.844.760
Kostenschätzung nach BRI: 2.825 m³ Kostenkennwert für KG 300 + 400 (BWK): gewählt 335 €/m³ BRI KG
Kostengruppen (1. Ebene)
Einheit
100 200 300 400
Grundstück Herrichten und Erschließen Bauwerk – Baukonstruktion Bauwerk – Techn. Anlagen Bauwerk 300 + 400 Außenanlagen Ausstattung und Kunstwerke Baunebenkosten Gesamtkosten
m² FBG m² FBG m² BGF m² BGF
1.250 1.250 750 750
m² AUF m² BGF pauschal
500 750
500 600 700
Menge
% an BWK** 2,3 81,5 18,5 100,0 9,3 4,0
Kostenkennwert Kosten [€] [€/Einheit] 300 375.000 15.000 1.043 771.225 237 175.150 1.280 946.375 88.013 37.855 360.000 1.822.243
* Ermittlung gemäß DIN 277 Grundflächen und Rauminhalte von Bauwerken im Hochbau, Teil 1 bis 3 ** Statistische Kostenkennwerte von Vergleichsobjekten „Kindergärten nicht unterkellert, mittlerer Standard“, aus BKI: Baukosten Gebäude, Statistische Kostenkennwerte 2012, S. 200 ff. (Alle Kostenangaben inkl. MwSt., Stand 1. Quartal 2012)
Abb. 8.2:
Kostenschätzung für eine Kindertagesstätte mit 3 Gruppen
8.1 Kosten im Bauwesen
199
Wenn sich Quantitäten und Qualitäten eines Objekts im Verlauf der Planung ändern, was oft vorkommt, und Kosten sich durch die allgemeine Teuerung verändern (vgl. Baupreisindex), dann soll der Vergleichswert möglichst einfach sein und bis zum Abschluss der Planung gleich bleiben. Dafür sind grundsätzlich alle oben genannten Kostenkennwerte geeignet. Das gilt insbesondere auch für den Wohnungsbau. Für diesen Wirtschaftszweig wird von der Planungsidee bis zur Vermarktung durchgängig überwiegend mit der Bezugseinheit Wohnfläche (WF) gearbeitet. Für die Vermarktung werden dann die Gesamtkosten (KG 100 - 700 nach DIN 276-1 einschließlich Bauherrenaufgaben (KG 710) und Finanzierung (KG 760)) auf die Wohnfläche bezogen, z. B. 4.000 € (KG 100 – 700, brutto)/m² WF. Kostenberechnung
Die Kostenberechnung nach DIN 276-1:2008-12 ist eine (Grund-)Leistung der Leistungsphase 3. Entwurfsplanung der Objektplanung nach HOAI. Gegenstand der Kostenberechnung ist die Ermittlung der angenäherten Gesamtkosten eines Bauvorhabens. Die Kostenberechnung ist eine Voraussetzung u. a. für die Entscheidung, ob für das Bauvorhaben auf der Basis des vorliegenden Entwurfes die Genehmigungsplanung erfolgen soll. Zugleich ist die Kostenberechnung Grundlage für die erforderliche Finanzierung. Grundlagen für die Kostenberechnung sind nach DIN 276-1:2008-12: „- Planungsunterlagen, z. B. durchgearbeitete Entwurfszeichnungen (Maßstab nach Art und Größe des Bauvorhabens), gegebenenfalls auch Detailpläne mehrfach wiederkehrender Raumgruppen; -
Berechnung der Mengen von Bezugseinheiten der Kostengruppen;
-
Erläuterungen, z. B. Beschreibung der Einzelheiten in der Systematik der Kostengliederung, die aus den Zeichnungen und den Berechnungsunterlagen nicht zu ersehen, aber für die Berechnung und die Beurteilung der Kosten von Bedeutung sind.“
Die Gesamtkosten sollen in der Kostenberechnung nach Kostengruppen mindestens bis zur 2. Ebene der Kostengliederung ermittelt werden, wie es das Beispiel in Abbildung 8.3 zeigt. Die Kostenberechnung ist, da es sich bei den verwendeten Kostenkennwerten weitgehend um Schätzwerte handelt, dem Wesen nach ein Schätzverfahren. Erst der im folgenden Abschnitt beschriebene Kostenanschlag baut auf verbindlichen Preisangaben aus den Unternehmerangeboten auf und ist insoweit frei von Schätzungen. Auch für die Kostenberechnung gilt, dass die Gliederung der Kostenermittlung über die 2. Ebene hinaus für die meisten Bauelemente erfolgen soll. Der Bedeutung der wirtschaftlichen Planung und der Einhaltung der Kosten im Bauwesen wird seit vielen Jahren eine noch größere Bedeutung beigemessen. Weiterhin stehen immer bessere statistische Kostenkennwerte abgerechneter Gebäude und Freianlagen sowie leistungsfähige Programme zur Verfügung. Sie gestatten bei vertretbarem Aufwand eine wesentlich höhere Differenzierung bei der Kostenermittlung als bisher. Die Kostensicherheit erhöht sich dabei überproportional zum Aufwand. Viele Bauherren fordern zu Recht differenzierte Kostenermittlungen und sind auch bereit, den erforderlichen Mehraufwand angemessen zu vergüten. Vergleiche dazu die Besondere Leistung „Kostenberechnung durch Aufstellen von Mengengerüsten und Bauelementkatalog“. (HOAI:2009-08, Anlage 2 (zu § 3 Abs. 3, Ziffer 2.6.3)
200
8 Kosten im Bauwesen
Kostengruppe 110 120 130 100 210 220 230 240 200 310 320 330 340 350 360 370 390 300 410 420 430 440 450 460 470 480 490 400 510 520 530 540 550 590 500 610 620 600 710 720 730 740 750 760 770 790 700
Grundstückswert Grundstücksnebenkosten Freimachen Grundstück Herrichten Öffentliche Erschließung Nichtöffentliche Erschließung Ausgleichsabgaben Herrichten und Erschließen Baugrube Gründung Außenwände Innenwände Decken Dächer Baukonstruktive Einbauten Sonstige Maßnahmen für Baukonstruktionen Bauwerk – Baukonstruktionen Abwasser-, Wasser-, Gasanlagen Wärmeversorgungsanlagen Lufttechnische Anlagen Starkstromanlagen Fernmelde- und Informationstechn. Anlagen Förderanlagen Nutzungsspezifische Anlagen Gebäudeautomation Sonstige Maßnahmen für Techn. Anlagen Bauwerk – Technische Anlagen Geländeflächen Befestigte Flächen Baukonstruktionen in Außenanlagen Technische Anlagen in Außenanlagen Einbauten in Außenanlagen Sonstige Maßnahmen für Außenanlagen Außenanlagen Ausstattung Kunstwerke Ausstattung und Kunstwerke Bauherrenaufgaben Vorbereitung der Objektplanung Architekten- und Ingenieurleistungen Gutachten und Beratung Kunst Finanzierung Allgemeine Baunebenkosten Sonstige Baunebenkosten Baunebenkosten
Einheit
Menge Kosten pro Einheit
Kosten
Kosten €
€
€
m² FBG € psch.
3.000 600.000 1
200 8% 0
m² FBG m² FBG psch. psch.
3.000 3.000 1 1
5 30 0 0
m³ m² m² m² m² m² m² BGF m² BGF
4.800 1.400 5.100 6.500 4.900 1.400 5.600 5.600
20 175 285 125 200 260 16 70
m² BGF m² BGF m² BGF m² BGF m² BGF m² BGF m² BGF m² BGF m² BGF
5.600 5.600 5.600 5.600 5.600 5.600 5.600 5.600 5.600
56 37 18 32 0 20 0 0 0
m² m² psch. psch. psch. m² UBF
1.500 300 1 1 1 1.800
20 60 10.000 0 0 5
psch. psch.
1 1
5.000 0
psch. psch.
1 1 5.345.400 1 1 1 1 1
0 0 15 % 0 0 265.000 50.000 25.000
600.000 48.000 0 648.000 15.000 90.000 0 0 105.000 96.000 245.000 1.453.500 812.500 980.000 364.000 89.600 392.000 4.432.600 313.600 207.200 100.800 179.200 0 112.000 0 0 0 912.800 30.000 18.000 10.000 0 0 9.000 67.000 5.000 0 5.000 0 0 801.800 0 0 265.000 50.000 25.000 1.141.800
psch. psch. psch. psch. psch.
Gesamtkosten
648.000
105.000
4.432.600
912.800
67.000 5.000
1.141.800 7.312.200
(1. Quartal 2012, inkl. MwSt.) Abb. 8.3: Kostenberechnung, 3. Ebene der Gliederung
Für alle Besonderen Leistungen nach HOAI gilt, dass die Bearbeitungstiefe der Teilleistung mit dem Auftraggeber abzustimmen ist, und der Auftragnehmer die Leistungen zu beschreiben und eine Angebotskalkulation zu erstellen hat. Die Vergütung ist vor Erbringung der Leistung – möglichst schriftlich – zu vereinbaren.
8.1 Kosten im Bauwesen
201
Eine differenzierte Kostenplanung, insbesondere die Kostenberechnung, ist darüber hinaus eine geeignete Grundlage zur Definition von Vergabeeinheiten als Umfang geplanter Bauleistungen in einem Bauvertrag (Fachlos, Teillos). Neben der dritten Ebene der Gliederung nach Kostengruppen bietet sich hierfür die weitere Unterscheidung nach Leistungsbereichen an (vgl. Abb. 8.4). Die Vergabeeinheiten gehen dann auch als Vorgänge der Bauausführung in die Terminplanung ein und sind für die Koordination bei der Vorbereitung der Vergabe hilfreich. Grund-, Roh- und Ausbauarbeiten nach Standard-Leistungsbuch-Nr. 38002-38039
Dieser gewerkespezifische Anhang zur Dokumentationsrichtlinie gilt für Arbeiten in Hochbaugewerken, insbesondere für folgende, nach DIN 276 in der Kostengruppe 380 (Ausführungsorientierte Gliederung der Kosten nach Leistungsbereichen entsprechend Standardleistungsbuch für das Bauwesen- STLB) aufgeführte Bauleistungen der Grundkonstruktionen: STLB-Nr. 38002 - Erdarbeiten, STLB-Nr. 38006 - Verbau-, Ramm-, Einpressarbeiten, STLB-Nr. 38008 - Wasserhaltungsarbeiten, STLB-Nr. 38010 - Drainarbeiten, STLB-Nr. 38012 - Maurerarbeiten, STLB-Nr. 38013 - Beton- und Stahlbetonarbeiten, STLB-Nr. 38014 - Naturwerkstein- und Betonwerksteinarbeiten, STLB-Nr. 38016 - Zimmer- und Holzbauarbeiten, STLB-Nr. 38017 - Stahlbauarbeiten, STLB-Nr. 38018 - Abdichtungsarbeiten gegen Wasser, STLB-Nr. 38020 - Dachdeckungs-, Dachabdichtungsarbeiten, STLB-Nr. 38022 - Klempnerarbeiten, STLB-Nr. 38023 - Putz- und Stuckarbeiten, STLB-Nr. 38024 - Fliesen- und Plattenarbeiten, STLB-Nr. 38025 - Estricharbeiten, STLB-Nr. 38027 - Tischlerarbeiten, STLB-Nr. 38028 - Parkett- und Holzpflasterarbeiten, STLB-Nr. 38029 - Beschlagarbeiten, STLB-Nr. 38030 - Rollladenarbeiten, Sonnenschutz/Verdunklungsanlagen, STLB-Nr. 38031 - Metallbauarbeiten und Schlosserarbeiten, STLB-Nr. 38032 - Verglasungsarbeiten, STLB-Nr. 38034 - Maler- und Lackierarbeiten, STLB-Nr. 38036 - Bodenbelagsarbeiten, STLB-Nr. 38039 - Trockenbauarbeiten, bezogen auch auf Baukonstruktionen in Außenanlagen! Abb. 8.4:
Gliederung der Baukonstruktionen nach Leistungsbereichen
(Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung, 03/2004 - http://www.bbr.bund.de) Anmerkung: Im Bereich Bauwerk - Baukonstruktionen kann die KG 380 nach den Leistungsbereichen des STLB ausführungsorientiert gegliedert werden.
202
8 Kosten im Bauwesen
Kostenanschlag
Der Kostenanschlag nach der Norm ist eine (Grund-)Leistung der Leistungsphase 7. Mitwirkung bei der Vergabe der Objektplanung nach HOAI. Aufgabe des Kostenanschlags ist die möglichst genaue Ermittlung der tatsächlich zu erwartenden Kosten insbesondere durch die Zusammenstellung von Angeboten der ausführenden Firmen, Eigenberechnungen, Honorar- und Gebührenberechnungen und anderen für das Baugrundstück, die Erschließung und die vorausgehende Planung bereits entstandenen Kosten. Grundlagen für den Kostenanschlag sind nach DIN 276-1:2008-12: „- Planungsunterlagen, z. B. endgültige, vollständige Ausführungs-, Detail- und Konstruktionszeichnungen; -
Berechnungen z. B. für Standsicherheit, Wärmeschutz, technische Anlagen;
-
Berechnung der Mengen von Bezugseinheiten der Kostengruppen;
-
Erläuterungen zur Bauausführung, z. B. Leistungsbeschreibungen;
-
Zusammenstellungen von Angeboten, Aufträgen und bereits entstandenen Kosten, z. B. für das Grundstück, Baunebenkosten usw.“
Beim Kostenanschlag soll die Ermittlung mindestens bis zur 3. Ebene der Kostengliederung differenziert werden. Der Kostenanschlag ist eine Voraussetzung unter anderem für die Entscheidung, ob das Bauvorhaben entsprechend der vorliegenden Planung ausgeführt und die Zuschläge auf das jeweils günstigste der eingegangenen Angebote erteilt und damit die Bauaufträge vergeben werden sollen. Auch wenn der Kostenanschlag in der HOAI als eine Teilleistung der Leistungsphase 7 genannt wird, so kann es doch zweckmäßig sein, den Kostenanschlag schon wesentlich früher aufzustellen. Wie in der Norm genannt, können sowohl Ausführungs-, Detail- und Konstruktionszeichnungen Grundlage eines Kostenanschlags sein. Entsprechend ist der Kostenanschlag bereits am Ende der Leistungsphase 5. Ausführungsplanung möglich. Dabei wird im Wesentlichen die Gliederung nach Kostengruppen und deren Bezugseinheiten - grundsätzlich wie bei der Kostenberechnung - anzuwenden sein. Werden in diesem Planungsstadium Kostenabweichungen erkannt, so kann die Ausführungsplanung entsprechend den Kostenvorgaben des Auftraggebers noch überarbeitet werden. Erst danach wird die Leistungsbeschreibung erstellt oder, soweit schon begonnen, geändert. Wie in der Norm genannt, können auch „Erläuterungen zur Bauausführung, z. B. Leistungsbeschreibungen“ eine Grundlage des Kostenanschlags sein. In der Praxis nennt man das „Bepreisen von Leistungsverzeichnissen“. Dabei werden die Leistungspositionen in der Leistungsbeschreibung mit Erfahrungswerten „bepreist“. Hierfür können allgemein zugängliche Datensammlungen und eigene Erfahrungswerte dienen. Der Arbeitsaufwand für den Architekten oder Ingenieur ist verhältnismäßig hoch. Viele Bauherren anerkennen diesen als Besondere Leistung nach HOAI und vergüten den Aufwand mit zusätzlich 1 v. H. des vollen Leistungsbildes oder mehr.
8.1 Kosten im Bauwesen
203
Erfolgt der Kostenanschlag, wie in der HOAI genannt, in Form der Zusammenstellung von Angeboten, gibt es nicht mehr viele Möglichkeiten, die Planung zu überarbeiten. Übersteigt der Kostenanschlag die Kostenvorgabe des Bauherrn, ist die Durchführung fraglich. Unabhängig davon ist der Kostenanschlag als Kostenermittlung auf der Grundlage aller oder wesentlicher Angebote zu einem Zeitpunkt ohnehin die Ausnahme. Denn die Rohbauarbeiten werden meist schon ausgeschrieben, bevor die Objekt- und Fachplanungen für den baulichen Ausbau und die technischen Anlagen abgeschlossen sind. Einem möglichst frühen Kostenanschlag soll deshalb eine regelmäßige Kostenkontrolle folgen, um während der Bauvorbereitung und der Baudurchführung ein hohes Maß an Kostensicherheit zu erreichen. Kostenfeststellung
Die Kostenfeststellung nach DIN 276-1 ist eine (Grund-)Leistung der Leistungsphase 8. Objektüberwachung der Objektplanung nach HOAI. Bei der Kostenfeststellung handelt es sich um eine Zusammenstellung der tatsächlich entstandenen Kosten eines Bauvorhabens. Die Kostenfeststellung dient für Vergleiche und Dokumentationen. Grundlagen der Kostenfeststellung sind nach DIN 276:2008-12: „- geprüfte Abrechnungsbelege, z. B. Schlussrechnungen, Nachweise der Eigenleistungen; - Planungsunterlagen, z. B. Abrechnungszeichnungen; - Erläuterungen. In der Kostenfeststellung müssen die Gesamtkosten nach Kostengruppen bis zur 3. Ebene der Kostengliederung unterteilt werden.“ Wie der Kostenanschlag erstreckt sich auch die Kostenfeststellung als letzte Kostenermittlung über einen längeren Zeitraum bis sie vollständig vorliegt. Alle Rechnungen der ausführenden Firmen müssen sorgfältig geprüft, eventuelle Nachforderungen geklärt sein. Die Kostenfeststellung bildet in den meisten Fällen den Abschluss der mit 31 v. H. hoch bewerteten Leistungsphase 8. Objektüberwachung (Bauüberwachung). Sie ist eine wichtige Voraussetzung für die Honorarabrechnung des Architekten. Eine Kostenfeststellung ist die beste Grundlage für die Erhebung statistischer Kostenkennwerte. Die Gliederung der tatsächlich entstandenen Kosten eines Bauvorhabens in der 3. Ebene der Kostengliederung ist hierbei als nur eine Variante von vielen anzusehen. Leider wird von den Möglichkeiten der Datenerhebung zu wenig Gebrauch gemacht. Das liegt oft daran, dass -
Bauleistungen teilweise oder vollständig pauschaliert wurden, z. B. bei Beauftragung eines Generalunternehmers,
-
der zusätzliche Aufwand für eine differenzierte Ermittlung von Kostenkennwerten gescheut wird, sofern nicht die „Ermittlung und Kostenfeststellung zu Kostenrichtwerten“ [soll besser heißen Kostenkennwerte] vom Auftraggeber als Besondere Leistung nach HOAI:2009-08, Anlage 2 (zu § 3 Abs. 3, Nr. 2.6.9) gesondert vergütet wird,
-
der Wert dieser Erfahrungen als Grundlage besserer Kostenermittlungen für weitere Bauvorhaben nicht erkannt wird.
204
8 Kosten im Bauwesen
Gliederung der Kostenermittlungen und Vollständigkeit
Bei den Kostenermittlungen wird jeweils angegeben, welche Anteile der Kostenermittlung mindestens auszuweisen sind oder bis zu welcher Ebene der Kostengliederung die Gesamtkosten mindestens zu gliedern sind. Kostenrahmen: Kostenschätzung: Kostenberechnung Kostenanschlag: Kostenfeststellung:
mindestens Bauwerkskosten (KG 300 + 400) gesondert ausgewiesen mindestens bis zur 1. Ebene der Kostengliederung mindestens bis zur 2. Ebene der Kostengliederung mindestens bis zur 3. Ebene der Kostengliederung mindestens bis zur 3. Ebene der Kostengliederung.
Die jeweilige Gliederung entsprechend den genannten Mindestanforderungen mag in vielen Fällen zu einer ausreichend genauen Kostenermittlung führen. Andererseits wird seit 2006 in der Norm gefordert, dass Kostenrisiken benannt werden. Hierzu heißt es in der Norm: „Unwägbarkeiten und Unsicherheiten bei Kostenermittlungen und Kostenprognosen. […] In Kostenermittlungen sollten vorhersehbare Kostenrisiken nach ihrer Art, ihrem Umfang und ihrer Eintrittswahrscheinlichkeit benannt werden. Es sollten geeignete Maßnahmen zur Reduzierung, Vermeidung, Überwälzung und Steuerung von Kostenrisiken aufgezeigt werden.“ (DIN 276-1:2008-12) Damit soll einer möglichen Kostenüberschreitung von vornherein entgegengewirkt werden. Das hier vorliegende Verständnis von Risiko entspricht der traditionellen Interpretation: „Gefahr bzw. Möglichkeit einer Fehlentscheidung aufgrund menschlichen Versagens und/ oder unvollkommener Informationen.“ Dagegen kann im Sinne einer modernen Interpretation Risiko auch verstanden werden als „Abweichung des tatsächlichen Ergebnisses von dem erwarteten Ergebnis.“ (http://www.wirtschaftslexikon24.net/d/risiko.htm, am 11.09.2010) Diese allgemeinen Aussagen treffen auf die Kostenplanung im Bauwesen uneingeschränkt zu. Die dem Architekten zur Verfügung stehenden Grundlagen für die Kostenermittlung sind vor allem zu Beginn der Planung häufig unvollkommen. Das betrifft insbesondere die Entwicklung der Baupreise in der Zeit bis zur Vergabe der Bauleistungen. Insofern ist er gehalten, den Markt für Bauleistungen zu beobachten und den mit Risiko behafteten Konstruktionen besondere Aufmerksamkeit zu schenken, den Bauherrn zu informieren und rechtzeitig Maßnahmen zur Kostensteuerung vorzubereiten. Für ausgewählte Elemente des Objekts, z. B. Fassaden, soll eine Risikoeinschätzung erfolgen und es sollen bereits in der Entwurfs- und Ausführungsplanung kostengünstige Alternativen untersucht werden. Hierfür sind differenzierte Kostenermittlungen unverzichtbar. Kostenermittlungen müssen grundsätzlich vollständig sein: „Die Kosten sind vollständig zu erfassen und zu dokumentieren.“ (DIN 276-1:2008-12) Die Erfahrung zeigt, dass die Mehrzahl der Architekten keine vollständigen Kostenermittlungen (KG 100 bis KG 700) anfertigen. Das liegt zum einen daran, dass die Bauherren nicht alle Informationen zur Verfügung stellen, z. B. Kosten des Grundstücks (KG 110), der Architekten- und Ingenieurleistungen (KG 730) oder der Zinsen vor Nutzungsbeginn (KG 760). Andererseits ermitteln Architekten, wenn es nicht anders verlangt wird, die Kosten nur für den von ihnen bearbeiteten Gegenstand, also die Baukonstruktionen (KG 300). Zur vollständigen Kostenermittlung gehören aber auch die Kosten der Technischen Anlagen (KG 400), deren Planungen der Architekt meist nur koordiniert und integriert.
8.1 Kosten im Bauwesen
205
Nur der fachkundige Bauherr ist in der Lage, sofort zu erkennen, welche Kostenanteile insgesamt zu berücksichtigen sind, um eine vollständige Kostenermittlung zu erhalten, welche eine unverzichtbare Grundlage für die Finanzierung des Bauvorhabens darstellt. Ein Bauherr, der zum ersten Mal baut, ist dabei oft überfordert. Es ist also in jedem Fall zwischen dem Bauherrn und dem Architekten zu klären, welche Kostenanteile in einer Kostenermittlung berücksichtigt werden und welche nicht. Die folgenden Angaben sollen hierzu eine Erläuterung und Hilfestellung sein. Oft wird vom Bauherrn die Vollständigkeit einer Kostenermittlung nicht verlangt, weil -
er erforderliche Informationen nicht bereitstellen will,
-
er die vollständige Kostenermittlung selbst aufstellt,
-
das Objekt nicht vollständig geplant, ausgebaut oder ausgestattet werden soll.
Die Einschränkung der Vollständigkeit einer Kostenermittlung soll vor Beginn der Objektplanung eindeutig bestimmt werden. Zu empfehlen sind Schnittstellendefinitionen über -
das Raum- und Funktionsprogramm oder das Ausstattungsprogramm,
-
die Kostengliederung nach DIN 276-1 (siehe folgende Aufzählung von Kostenanteilen),
-
die Gliederung der Leistungsbereiche nach STLB /GAEB,
-
die Termin- und Ablaufplanung.
Die Vollständigkeit der Kostenermittlung kann mit Hilfe der Kostengliederung bei ausdrücklicher Benennung von Kostenanteilen eingeschränkt werden. Es kommen in Betracht: -
Grundstückswert (KG 110)
-
Herrichten (KG 210)
-
Baukonstruktive Einbauten (KG 370)
-
Nutzungsspezifische Anlagen (KG 470)
-
Außenanlagen (KG 500)
-
Ausstattung und Kunstwerke (KG 600)
-
Bauherrenaufgaben (KG 710)
-
Finanzierungskosten (KG 760)
Die DIN 276-1:2008-12 fordert über die Vollständigkeit oder entsprechenden Erläuterungen zum Gegenstand der Kostenermittlung hinaus: -
„Die Grundlagen der Kostenermittlung sind anzugeben. Erläuterungen zum Bauprojekt sind in der Systematik der Kostengliederung zu ordnen.“
„Sofern Kosten durch außergewöhnliche Bedingungen des Standortes (z. B. Gelände, Baugrund, Umgebung), durch besondere Umstände des Bauprojekts oder durch Forderungen außerhalb der Zweckbestimmung des Bauwerks verursacht werden, sind diese Kosten bei den betreffenden Kostengruppen gesondert auszuweisen.“ (DIN 276-1:2008-12)
206
8 Kosten im Bauwesen
8.2
Verfahren der Kostenermittlung
Es gibt unterschiedliche Verfahren der Kostenermittlung. Ein wichtiges Unterscheidungsmerkmal ist das Mengengerüst der Kosten, also die Gliederungsstruktur des Objektes, die der Kostenermittlung zugrunde gelegt wird. Das Objekt kann als Summe von funktionalen Einheiten (Arbeitsplätze u.a.), Flächen (Wohnfläche, Elementflächen u.a.), Rauminhalten (der einzelnen Geschosse) oder Bauleistungen (von ganzen Leistungsbereichen bis zu Einzelpositionen) aufgefasst und die Kostenermittlung entsprechend gegliedert werden. Unabhängig von diesem Gliederungsaspekt muss die Gliederungstiefe mit fortschreitender Planung weiterentwickelt werden. Mit der Gliederungstiefe verbunden ist zugleich die Eignung für die verschiedenen Arten der Kostenermittlung (Kostenschätzung, Kostenberechnung usw.). Ein Überblick über die verschiedenen Verfahren der Kostenermittlung und ihre Eignung für die verschiedenen Kostenermittlungsarten wird in Abbildung 8.5 gegeben. Verfahren
Eignung für KostenKostenKostenschätzung berechnung anschlag
Vorwiegende bzw. ausschließliche Art der Ermittlung der Kostenkennwerte
Planungsorientierte Verfahren Verfahren mit einer Bezugsgröße Nutzungseinheiten Brutto-Rauminhalt Brutto-Grundfläche Nutzfläche Wohnfläche
X X X X X
Mittelwertbildung Mittelwertbildung Mittelwertbildung Mittelwertbildung Mittelwertbildung
Verfahren mit mehreren Bezugsgrößen Grobelemente (Unter-)Elemente Kostenelemente Kostenflächenarten
O O O X
X X O (X)
Mittelwertbildung Mittelwertbildung Mittelwertbildung Regression
O O
X O
X
O
X
X
Ausführungsorientierte Verfahren Verfahren mit Leistungsbereichen Teilleistungen Leitpositionen X (Grund-)Leistung nach HOAI Abb. 8.5:
Mittelwertbildung Mittelwertbildung/ Baupreiskalkulation Baupreiskalkulation
O Besondere Leistung nach HOAI
Verfahren der Kostenermittlung
(siehe auch: Ruf, L. 1994, S. 1227, ff., Anmerkung: (Grund-)Leistung nach HOAI:2009-08)
8.2 Verfahren der Kostenermittlung
207
In dieser Abbildung ist auch als zusätzliches Merkmal die Art der Kennwertermittlung angegeben, wie sie zumeist oder ausschließlich vorgenommen wird. Nur in Ausnahmefällen können Kennwerte von Einzelobjekten direkt übertragen werden. Es ist fast immer zu empfehlen, aus den Kennwerten einer Reihe vergleichbarer Objekte die Mittelwerte zu bilden und in begründeten Fällen einen Zu- oder Abschlag vorzunehmen (siehe auch Abb. 8.5). Bei einer ausführungsorientierten Gliederung der Kosten können die Kennwerte der Einzelpositionen auch in Analogie zur Baupreiskalkulation berechnet werden. Bei diesem Verfahren ist jeder Bezugsgröße ein Teilbetrag zugeordnet (Menge mal Kostenkennwert), der dann mit den anderen Teilbeträgen zu den Gesamtkosten addiert wird. Es können aber auch zwei oder mehr Bezugsgrößen gemeinsam auf einen Kostenbetrag einwirken, ohne dass sich die einzelnen Anteile an den Kosten direkt zuordnen ließen. Zum Beispiel werden die Kosten eines Gebäudes nicht nur vom Brutto-Rauminhalt, sondern auch von der Geschosshöhe beeinflusst. Folgendes Beispiel soll dies verdeutlichen: Wenn man bei einem Gebäude die Geschosshöhe verdoppelt (z. B. von 3 auf 6 m), dann verdoppeln sich nicht die Baukosten. Denn es vergrößern sich zwar die vertikalen Elemente, nicht jedoch die horizontalen Elemente (Geschossdecken, Dachflächen, horizontale Leitungen u. a.). Wenn sich dadurch z. B. die Baukosten um 60 % erhöhen, sich aber der Brutto-Rauminhalt infolge der Verdoppelung der Geschosshöhe verdoppelt, dann sinkt der Kostenkennwert pro m³ BRI: Variante A: Brutto-Rauminhalt: 1.000 m³ BRI Baukosten: 400.000 € Baukosten pro m³ BRI: 400 €/m³ BRI Variante B: Brutto-Rauminhalt: 2.000 m³ BRI Baukosten: 640.000 € Baukosten pro m³ BRI: 320 €/m³ BRI Die Geschosshöhe hat also einen unterproportionalen Einfluss auf die Baukosten. Bei unserem Beispiel wird davon ausgegangen, dass in einer realistischen Bandbreite der Geschosshöhe der Kostenkennwert pro m³ BRI für jeden zusätzlichen Meter Geschosshöhe um 26,7 € sinkt – ausgehend von einem theoretischen Ausgangswert von 480 € bei 0 m Geschosshöhe. Baukosten = Brutto-Rauminhalt * degressiver Kostenkennwert Variante A: Baukosten = 1.000 m³ * (480 € – 26,7 €/m * 3,0 m) €/m³ BRI = 400.000 € Variante B: Baukosten = 2.000 m³ * (480 € – 26,7 €/m * 6,0 m) €/m³ BRI = 640.000 € Hier ist angenommen worden, dass der Kostenkennwert pro m³ BRI linear mit zunehmender Geschosshöhe abnimmt. In der Realität dürfte es sich eher um eine hyperbolische Abnahme handeln, die aber durch einen linearen Verlauf angenähert werden kann. Etwas vereinfacht ist folgende Kostenfunktion denkbar: Baukosten = Brutto-Rauminhalt * ( X – Y * Geschosshöhe)
208
8 Kosten im Bauwesen
In den Klammern steht bei dieser Funktion der Kostenkennwert pro m³ Brutto-Rauminhalt, der mit steigender Geschosshöhe abnimmt. Die beiden Koeffizienten X und Y lassen sich hierbei nicht aus einem Einzelobjekt, sondern nur aus mehreren Objekten mit Hilfe der Regressionsrechnung ableiten. Die behandelten Kostenermittlungsverfahren beziehen sich schwerpunktmäßig auf die Kostengruppen 300 bis 600. Die Kostengruppen 100, 200 und 700 sind in sinngemäßer Weise zu ermitteln. Im Übrigen ist anzumerken, dass es in der praktischen Anwendung häufig zu Kombinationen der verschiedenen Verfahren kommt. So können z. B. beim Kostenanschlag die Kostengruppe 300 über Unterelemente (3. Gliederungsebene der DIN 276-1) und die Kostengruppe 400 über Teilleistungen ermittelt werden.
8.2.1
Kostenermittlungen mit einer Bezugsgröße
Die am wenigsten aufwendige Art der Kostenermittlung ist die Ermittlung mit einer Bezugsgröße. Diese Bezugsgröße kann funktionaler (Nutzungseinheiten) oder geometrischer Natur (Brutto-Rauminhalt, Wohnfläche u. a.) sein. Beispiele: 300 Büro-Arbeitsplätze · 50.000 €/Arbeitsplatz = 15 Mio. € 1.200 m³ BRI · 300 €/m³ BRI = 360.000 € 5.750 m² BGF · 960 €/m² BGF = 5.520.000 € 140 m² WF · 1.700 €/m² WF = 238.000 € Mit dieser sehr einfachen Ermittlung über eine Bezugsgröße – die nach DIN 276-1 nur für die Kostenschätzung zulässig ist – nimmt man den Nachteil einer vergleichsweise geringen Kostensicherheit (Fehlerrisiko des einen Kostenkennwertes, kein Fehlerausgleich durch mehrere Ansätze) in Kauf. Auch die Möglichkeit der Kostensteuerung ist nur sehr eingeschränkt gegeben. Sieht man von einer pauschalen Senkung des Kostenkennwerts ab, so besteht die einzige Möglichkeit einer mit diesem Verfahren belegbaren Kostensenkung in der Reduzierung der Arbeitsplätze, des Brutto-Rauminhalts, der Brutto-Grundfläche bzw. der Wohnfläche. Dagegen schlagen sich Optimierungen der Baukörperform bei diesem Rechenansatz im Ergebnis nicht nieder.
8.2.2
Kostenermittlungen nach der Elementmethode
Diese Nachteile bei der Kostenermittlung mit einer Bezugsgröße kann man vermeiden, wenn man auch schon bei der Kostenschätzung die Kostengruppen 300 und 400 bis zur 2. Ebene untergliedert, weil dann über die Mengen der so genannten Grobelemente wie Gründung, Außenwände, Dächer usw. die Gebäudegeometrie angemessen berücksichtigt werden kann. Diese elementweise Kostenermittlung ist als Elementmethode 1980 von dem Baukostenberatungsdienst (BKB) der Architektenkammer Baden-Württemberg in Deutschland eingeführt worden.
8.2 Verfahren der Kostenermittlung
209
Wichtig für den anwendenden Architekten war, dass er mit dem vom BKB herausgegebenen Baukosten-Handbuch und den veröffentlichten Baukosten-Daten nicht nur eine Darstellung und Anleitung zur Elementmethode erhielt, sondern auch die nach dieser Methode ermittelten Baukosten-Daten einer ständig zunehmenden Anzahl von Bauwerken. Dieses Baukosten-Handbuch wurde von der Nachfolgeeinrichtung Baukosteninformationszentrum Deutscher Architektenkammern (BKI) vollständig überarbeitet und unter dem Titel BKI Handbuch Kostenplanung im Hochbau, 2. Auflage 2008, herausgegeben. Dort werden die möglichen Anwendungen der Elementmethode sehr detailliert an Beispielen beschrieben und erläutert. Nachdem vor rund zwanzig Jahren die DIN 276:1993-06 die Gliederung im Sinne der Elementmethode übernommen hat, ist die Elementmethode zum Standardverfahren der Kostenermittlung geworden. Daneben lässt die DIN 276-1 allerdings auch die Gliederung nach Leistungsbereichen und -positionen zu. Hierzu heißt es in der aktuellen Fassung der Norm: „Soweit es die Umstände des Einzelfalls zulassen (z. B. im Wohnungsbau) oder erfordern (z. B. bei Modernisierungen), können die Kosten vorrangig ausführungsorientiert gegliedert werden, indem bereits die Kostengruppen der ersten Ebene der Kostengliederung nach ausführungs- oder gewerkeorientierten Strukturen unterteilt werden. Dies entspricht der 2. Ebene der Kostengliederung. Hierfür kann die Gliederung in Leistungsbereiche entsprechend dem Standardleistungsbuch für das Bauwesen (Internet unter www.gaeb.de) verwendet werden. (vgl. Abbildung 8.2) Im Falle einer solchen ausführungsorientierten Gliederung der Kosten ist eine weitere Unterteilung, z. B. in Teilleistungen, erforderlich, damit die Leistungen hinsichtlich Inhalt, Eigenschaften und Menge beschrieben und erfasst werden können. Dies entspricht der 3. Ebene der Kostengliederung. Auch bei einer ausführungsorientierten Gliederung sollten die Kosten in Vergabeeinheiten geordnet werden.“ (DIN 276-1:2008-12)
8.2.3
Kostenermittlungen nach der Kostenflächenartenmethode
Die Kostenflächenarten-Methode ist ein nutzungsorientiertes Kostenermittlungsverfahren und ermöglicht eine differenzierte Kostenermittlung bereits auf der Grundlage eines Raumprogramms. Sie wird – auch aus diesem Grunde – im öffentlichen Hochbau in Deutschland vielfach angewendet. In Baden-Württemberg ist sie Gegenstand der Richtlinien für die Baukostenplanung (RBK) und damit Teil der Dienstanweisungen. Die Kostenflächenarten-Methode in der dort praktizierten Form ist von der Zentralstelle für Bedarfsbemessung und Wirtschaftliches Bauen (ZBWB) bei der Staatlichen Vermögens- und Hochbauverwaltung Baden-Württemberg entwickelt worden. Bei der Kostenflächenarten-Methode werden zur Ermittlung der Kosten des Bauwerks die geplanten Nutzungen von Räumen mit einem aus der DIN 277-2 abgeleiteten Nutzungscode gekennzeichnet. Mit Hilfe des Nutzungskataloges werden, wie die folgenden Beispiele zeigen, Nutzungen ähnlicher Kostenintensität zu Kostenflächenarten (KFA) zusammengefasst:
210 NC-Code 7321 4211 1211 2112 2313 3523
5112 6311 3582
8 Kosten im Bauwesen Nutzungsbezeichnung Kostenflächenart Kellerabstellraum 1 Archiv 2 Aufenthaltsraum 3 Büroraum mit DV-Arbeitsplatz 4 Besprechungsraum mit DV und RLT-Anforderungen 5 Labor für analytisch-/präparativ-chemische Arbeiten mit besonderen RLT-Anforderungen 6 Hör-/Lehrsaal ansteigend mit Exp.-Bühne, Medienversorgung und besonderen RLT-Anforderungen 7 Operationsraum 8 Isotopenlabor mit erhöhten baukonstruktiven und RLT-Anforderungen mit Schleuse 9
Ergänzend zu diesen neun Kostenflächenarten der (allseits umschlossenen und überdeckten) Nutzfläche werden der Kostenermittlung auch die Technische Funktionsfläche, die horizontale und vertikale (Treppen und Aufzüge) Verkehrsfläche und der Brutto-Rauminhalt zugrunde gelegt. Diesen 12 Kostenflächenarten und dem Brutto-Rauminhalt sind Kostenkennwerte zugewiesen, die die Zentralstelle für Bedarfsbemessung und Wirtschaftliches Bauen (ZBWB) mittels Regressionsrechnung aus abgerechneten Baumaßnahmen abgeleitet hat. Wenn auf der Grundlage eines Raumprogramms die so genannten Programmkosten ermittelt werden sollen und mangels Planunterlagen der Brutto-Rauminhalt, die Verkehrsfläche und meist auch die Technische Funktionsfläche noch nicht bekannt sind, werden hierfür Planungskennwerte (BRIa/NFa) bzw. prozentuale Zuschlagsfaktoren vorgegeben. Bei der späteren Ermittlung der Objektkosten werden diese Mengen aus den dann vorliegenden Plänen ermittelt. Ein Schulungsbeispiel für die Kostenermittlung nach Kostenflächenarten ist in Abbildung 8.6 abgebildet. Bei den verwendeten Kostenkennwerten handelt es sich um Schulungswerte, die aktuellen Kostenkennwerte enthält das Programm PBK1-PC©, das die Zentralstelle für Bedarfsbemessung und Wirtschaftliches Bauen (ZBWB) zur computer-gestützten Kostenermittlung nach Kostenflächenarten anbietet. In dieses DV-Programm ist das jeweilige Raumprogramm einzugeben und den Räumen die entsprechenden Nutzungscodes zuzuordnen. Auf dieser Grundlage fasst das Programm die Nutzungen ähnlicher Kostenintensität zu Kostenflächenarten zusammen und ermittelt die Kosten des Bauwerks.
8.2 Verfahren der Kostenermittlung Kostenflächenart
Menge m² bzw. m³
211
Nutzfläche NF a %
Kostenkennwert (2000) €/m²
Kostenkennwert (2006) €/m²
Kosten einschl. MWSt.
300 Baukonstruktionen
KF 01 KF 02 KF 03 KF 04 KF 05 KF 06 KF 07 KF 08 KF 09
0 407 93 81 149 0 0 0 0
0,0 55,8 20,4 8,9 14.9 0,0 0,0 0,0 0,0
182,00 354,00 366,00 458,00 610,00 732,00 1.221,00 2.137,00 2.320,00
188,55 366,74 379,18 474,49 631,96 758,35 1.264,96 2.213,93 2.403,25
0 149.265 35.263 38.434 94.162 0 0 0 0
183,00 305,00 611,00 36,00
189,59 315,98 633,00 37,300
317.124 10.427 37.602 16.458 159.813 541.424
400 Technische Anlagen 0 6,00 55,8 30,00 20,4 49,00 8,9 152,00 14,9 488,00 0,0 580,00 0,0 916,00 0,0 3.665,00 0,0 6.108,00
6,22 31,08 50,76 157,47 505,57 600,88 948,94 3.796,94 6.327,89
0 12.650 4.721 12.755 75.330 0 0 0 0
518,00 31,08 259,00 5,18
105.455 28.490 3.699 6.734 22.196 166.574
NFa 730 TFa 55 VFHa 119 VFVa 26 BRIa 4.285 Bauwerk – Baukonstruktionen KF 01 KF 02 KF 03 KF 04 KF 05 KF 06 KF 07 KF 08 KF 09
0 407 93 81 149 0 0 0 0
NFa 730 TFa 55 VFHa 119 VFVa 26 BRIa 4.285 Bauwerk – Technische Anlagen
100,0 7,5 16,3 3,6
100,0 7,5 16,3 3,6
500,00 30,00 250,00 5,00
Bauwerkskosten Abb. 8.6:
707.998
Ermittlung der Programmkosten nach der Kostenflächenarten-Methode
(Landesbetrieb Vermögen und Bau Baden-Württemberg – Grundlagen Wirtschaftliches Bauen, 2000) Anmerkung: Bei den dargestellten Kostenkennwerten handelt es sich um Schulungswerte, die aktuellen Kostenkennwerte enthält das Programm PBK1-PC©)
€
212
8.2.4
8 Kosten im Bauwesen
Kostenermittlungen nach Leitpositionen
Bei den bisher beschriebenen Verfahren der Kostenermittlung ergibt sich das Problem, dass mit dem Kostenanschlag die Gliederungssystematik zugunsten einer Gliederung nach Leistungsbereichen und -positionen gewechselt werden muss, um eine wirksame Kostenkontrolle zu ermöglichen. Dieses Problem stellt sich bei der Kostenermittlung nach Leitpositionen nicht. Sie hat den Vorteil, dass sie von der Kostenschätzung an mit einer Gliederung nach Bauleistungen im Sinne der Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen arbeitet. Kostenabweichungen im Laufe des Planungs- und Baufortschrittes können infolge der durchgängigen Gliederungssystematik genau lokalisiert und zurückverfolgt werden. Der durchgängigen Kostenermittlung nach Leistungspositionen stand zunächst der damit verbundene zu hohe Ermittlungsaufwand entgegen, der über die Anforderungen der Kostenschätzung und Kostenberechnung weit hinausging. Dieser Nachteil ist durch die Einführung von Leitpositionen aufgehoben worden. Dies beruht auf der Tatsache, dass die Kosten sehr ungleichmäßig auf die einzelnen Gewerke bzw. Leistungsbereiche und innerhalb dieser wiederum ungleichmäßig auf die einzelnen Positionen verteilt sind (ABC-Analyse). Ordnet man die Einzelaufträge nach ihrer Kostenhöhe, so zeigt sich, dass bereits 20 % aller Aufträge ca. 80 % der Kosten ausmachen (siehe Abbildung 8.8). Bei dem Wohnbauprojekt in MainzLerchenberg machen 20 % der 78 Einzelaufträge bereits über 85 % der Bauwerkskosten aus. Gleiches gilt für die Positionen innerhalb eines Leistungsbereiches (siehe Abbildung 8.9). Ermittelt man die Kosten dieser ca. 20 %, die hier als Leitpositionen (A) bezeichnet werden, so kann man den Rest (B und C) ohne ein allzu großes Fehlerrisiko durch einen Zuschlagsfaktor berücksichtigen. Kostenkennwert für die Leitposition Sichtmauerwerk d = 24 cm
Kalkulationslohn: 37,10 €/Lohnstunde (h) Lohnanteil Bezeichnung h/Einheit Kalksandstein 20 - 1,8 IW, d = 24 Zulage für nachträgliches Verfugen
0,60 0,70
Material €/Einheit
Kostenkennwert €/Einheit
39,00 0,00
61,26 25,97
Kostenkennwert für zweiseitiges Sichtmauerwerk Kostenermittlung Leistungsbereich 012 Mauerarbeiten Leitpositionen/ Bezugsgröße Restpositionen Mauerwerk d = 24 cm 105 m² Mauerwerk d = 11,5 cm 110 m² Sichtmauerwerk d = 24 cm 60 m² Kosten der Leitpositionen Restpositionen 17.919,30 €
87,23 Kennwert €/m² 74,30 44,40 87,23
Leistungsbereich 012 Mauerarbeiten Abb. 8.7:
Kostenermittlung nach Leitpositionen
(Diederichs, C.J. und Hepermann, H. 1986, Kennwerte nach SIRADOS März 2012
20/80
Kosten 7.801,50 4.884,00 5.233,80 17.919,30 4.479,83 22.399,13
8.2 Verfahren der Kostenermittlung
213 Nebengewerke Baureinigung Sockelleisten Stahlblechfensterbänke Abdichtung nichtdr. Wasser Naturwerksteinarbeiten Klempner Treppenhäuser Klempnerarbeiten Gerüstbau Balkongeländer Kanalarbeiten Tapezierarbeiten Malerarbeiten Estricharbeiten Fliesenarbeiten Holzbau Bodenbelagsarbeiten Betonwerkstein Dachabdichtung Putz- und Malerarbeiten, außen Innenputz
20 % der Einzelaufträge
Erdarbeiten Innentüren Baustelleneinrichtung Heizung Trockenbau Elektro Metallbau Mauerarbeiten Sanitärarbeiten Tischlerarbeiten
Abb. 8.8:
0%
10%
20%
30%
40%
50%
60%
70%
80%
90%
100%
Beton- + Stahlbetonarbeiten
ABC-Analyse der Gewerke
(Wohnanlage in Mainz-Lerchenberg mit insgesamt 78 Einzelaufträgen, Arch.: Otto Steidle)
214
8 Kosten im Bauwesen
Nebenpositionen Ortbeton der Brüstung, d=17,5 cm incl. Schalung Betonfertigteilstütze, H=2,6 m Schalung des Überzuges, Höhe bis 3,0 m Stahl der Fertigteile Betonfertigteilstütze, H=5,515 m Wärmedämmung in Wand, d=40 mm Schotterschicht, d=30 cm Ortbeton der Deckenplatte d=20 cm Stahlbetonstützen mit KS-Verblendung Schalung der Fundamente Fundamentbeton + (Bodenplatte) Wärmedämmung, d = 50 mm Treppenlaufplatte als Fertigteil 8 Stg. Ortbeton der Deckenplatte Geschoßdecke aus FT/Stahlbeton, d=18cm
20 % der Einzelpositionen
Ortbeton der Fundamente Ortbeton der Wand B25 WU, d=24 cm Schalung der Deckenplatte, glatt, Höhe bis 3 m Betonstabstahl III (BST 500S) Balkonelement als Fertigteil, ca. 5,7*1,75 m Schalung der Wand, Höhe bis 3,0 m Betonstahlmatten
Abb. 8.9:
0%
10%
20%
30%
40%
50%
60%
70%
80%
90%
100%
Geschoßdecke aus FT/Stahlbeton, d=20cm
ABC-Analyse der Beton- und Stahlbetonarbeiten - 58 Positionen
(Wohnanlage in Mainz-Lerchenberg, Arch.: Otto Steidle)
8.2 Verfahren der Kostenermittlung
215
Die prinzipielle Vorgehensweise bei der Kostenermittlung nach Leitpositionen ist in Abbildung 8.7 am Beispiel des Leistungsbereiches 012 Mauerarbeiten dargestellt. Dabei wird zunächst beispielhaft die Ermittlung des Kostenkennwerts für zweiseitiges Sichtmauerwerk gezeigt. Daran schließt sich die Ermittlung der Kosten über die drei Leitpositionen Mauerwerk d = 24 cm und d = 11,5 cm sowie Sichtmauerwerk d = 24 cm und den Zuschlag für die Restpositionen an. Dieses Kostenermittlungsverfahren dürfte sich in der Praxis dann besonders bewähren, wenn der Architekt verbindliche Einheitspreise von Bauunternehmen (mit denen er häufig zusammenarbeitet) vorliegen hat.
8.2.5
Aufwand und Genauigkeit der Kostenermittlungsverfahren
Im Sinne einer effizienten Arbeitsweise möchte man bei der Kostenermittlung mit vergleichsweise geringem Aufwand eine möglichst hohe Kostensicherheit erreichen. Mit diesem Ziel sind die unterschiedlichsten Verfahren der Kostenermittlung entwickelt worden. Das Landesinstitut für Bauwesen und angewandte Bauschadensforschung (LBB) in Aachen hat die verschiedenen Kostenermittlungsverfahren im Hinblick auf Arbeitsaufwand und erreichte Genauigkeit untersucht. Dabei erfolgte die Beurteilung differenziert nach Kostenüberschlag, Kostenschätzung und Kostenberechnung. (Der Kostenüberschlag war seinerzeit als weitere Kostenermittlungsart vorgeschlagen, dann aber nicht in die DIN 276:1993-06 aufgenommen worden.)
Abb. 8.10:
Aufwand und Genauigkeit von Kostenermittlungsverfahren
(Landesinstitut für Bauwesen und angewandte Bauschadensforschung 1990, S. 127)
216
8 Kosten im Bauwesen
Unter dem Aspekt der Schätzgenauigkeit (Abweichung der ermittelten von den tatsächlichen Baukonstruktionskosten (BKK)) wurden folgende Ermittlungsverfahren am besten beurteilt: -
beim Kostenüberschlag die Kostenflächenarten-Methode
-
bei der Kostenschätzung die Ermittlung über den Brutto-Rauminhalt und die Elementmethode
-
bei der Kostenberechnung die Ermittlung über die Ausführungsarten.
Dabei hat sich der Ermittlungsaufwand bei den beiden erstgenannten Verfahren als gleich günstig, bei der Elementmethode als etwas und bei der Ermittlung über die Ausführungsarten als deutlich höher herausgestellt (siehe Abbildung 8.10)
8.3
Allgemeiner Preisanstieg und Baupreisindizes
In einer Marktwirtschaft ändern sich die Preise von Gütern je nach Angebot und Nachfrage ständig. Erhöhen sich viele Preise und nicht nur die Preise einzelner Güter, spricht man von einer allgemeinen Teuerung oder Inflation. In diesem Fall kann man für einen Euro weniger kaufen, einfach ausgedrückt: Ein Euro ist dann weniger wert als zuvor. Von der allgemeinen Teuerung sind auch die Preise für Bauleistungen betroffen. Deren Preisentwicklung wird mit dem Baupreisindex gemessen. Dabei werden über den Baupreisindex insgesamt hinaus die Preisentwicklungen für einzelne Sparten der Bauwirtschaft, z. B. Hoch- und Tiefbau oder Wohnungsbau, sowie einzelne Gewerke, z. B. Stahlbauarbeiten, gesondert erhoben. Die Preisindizes für Güter unterschiedlicher Art sowie für Bauleistungen werden vom Statistischen Bundesamt in Wiesbaden erhoben und vierteljährig veröffentlicht (www.destatis.de). „In einer repräsentativen Stichprobe werden die vertraglich vereinbarten Marktpreise für knapp 200 ausgewählte Bauleistungen erhoben. Hieraus wird die durchschnittliche Preisentwicklung für die jeweilige Bauleistung ermittelt. Der Preisindex für einen bestimmten Bauwerkstyp ergibt sich als gewichteter Mittelwert aus den einzelnen Messzahlen. […] Die Gewichte für die Indexberechnung werden etwa alle fünf Jahre angepasst. Das aktuelle Basisjahr ist 2005. Es werden Baupreisindizes für folgende Arten von Bauwerken berechnet: konventioneller Neubau (im Hochbau, z. B. Wohngebäude, Bürogebäude), Neubau von Einfamiliengebäuden in vorgefertigter Bauart aus Holz, Neubau im Tiefbau (z. B. Straßen) und die Instandhaltung von Mehrfamiliengebäuden.“ (http://wirtschaftslexikon.gabler.de/Definition/baupreisindex.html) Somit ist der Preisindex eine Größe zur Messung bzw. der Beschreibung der durchschnittlichen Preisentwicklung mehrerer Größen. Zur Beschreibung einer Zeitreihe wird der Index auf ein Basisjahr bezogen und für dieses Basisjahr gleich 100,0 gesetzt, aktuell 1. Quartal 2005. Beispiel: Der Baupreisindex von Wohngebäuden für das 1. Quartal 2011 zum 1. Quartal 2005 (Basisjahr) = 100,0 beträgt 117,0 (vgl. Abbildung 8.11). Dabei ist zu beachten, dass die Preisentwicklung für die einzelnen Sparten und Gewerke in vielen Fällen deutlich vom Baupreisindex insgesamt abweichen können.
8.3 Allgemeiner Preisanstieg und Baupreisindizes
217
Wohngebäude Jahr insgesamt 1958 D 1959 D 1960 D 1961 D 1962 D 1963 D 1964 D 1965 D 1966 D 1967 D 1968 D 1969 D 1970 D 1971 D 1972 D. 1973 D 1974 D 1975 D 1976 D 1977 D 1978 D 1979 D 1980 D 1981 D 1982 D 1983 D 1984 D 1985 D 1986 D 1987 D 1988 D 1989 D 1990 D 1991 D 1992 D 1993 D 1994 D 1995 D 1996 D 1997 D 1998 D 1999 D 2000 D 2001 D 2002 D 2003 D 2004 D 2005 D 2006 D 2007 D 2008 D 2009 D 2010 D 2011 D
davon nach Abschnitten RohbauAusbauarbeiten arbeiten
15,8 16,6 17,8 19,1 20,8 21,8 22,8 23,9 24,6 24,1 25,1 26,6 30,9 34,1 36,5 39,1 42,0 43,0 44,5 46,5 49,4 53,8 59,6 63,0 64,8 66,2 67,9 68,2 69,0 70,3 71,9 74,5 79,3 84,8 90,3 94,7 97,0 99,2 99,0 98,3 97,9 97,6 97,9 97,8 97,8 97,8 99,1 100 101,9 108,7 111,8 112,8 113,9 117,0
17,9 19,0 20,5 21,9 23,9 25,2 26,4 27,3 28,0 27,3 28,4 30,3 36,3 39,8 42,3 44,9 46,9 47,2 48,7 51,2 54,8 60,5 67,4 70,9 71,8 72,8 74,3 74,0 74,9 76,0 77,4 80,2 86,0 92,0 97,6 102,0 104,1 106,1 105,0 103,3 102,0 101,3 101,1 100,0 99,3 98,8 99,9 100 102,2 109,1 112,5 112,7 113,7 116,9
Einfamilien-
14,1 14,7 15,6 16,9 18,3 19,1 20,0 21,0 21,7 21,5 22,3 23,4 26,6 29,5 31,7 34,4 37,6 39,1 40,5 42,4 44,5 47,4 52,1 55,5 58,3 60,1 62,0 63,0 64,0 65,6 67,4 69,8 73,6 78,3 83,5 88,2 90,8 93,4 94,1 94,1 94,5 94,5 95,3 96,2 96,7 97,2 98,5 100 101,7 108,3 111,2 112,7 114,1 117,2
15,8 16,5 17,7 19,1 20,8 21,8 22,7 23,7 24,5 24,0 25,0 26,5 30,8 33,9 36,3 38,9 41,9 42,8 44,3 46,7 49,6 54,1 60,0 63,5 65,2 66,4 68,0 68,3 69,2 70,5 72,0 74,6 79,5 84,8 90,3 94,8 97,1 99,3 99,2 98,4 98,1 97,7 98,0 97,9 97,9 98,0 99,2 100 101,9 108,6 111,6 112,6 113,7 116,7
_______ *) Bis 1990 Gebietsstand früheres Bundesgebiet. - Statistisches Bundesamt, Fachserie 17, Reihe 4, 2/2012
Abb. 8.11:
Preisindizes Neubau Wohngebäude inkl. Mehrwertsteuer (2005 = 100,0)
(www.destatis.de, aufgerufen am 25.04.2012)
Mehrfamiliengebäude 15,8 16,7 17,9 19,2 20,9 21,9 23,0 23,8 24,7 24,2 25,1 26,6 31,0 34,2 36,5 39,2 42,1 43,1 44,6 46,6 49,5 53,8 59,5 63,1 64,9 66,3 68,0 68,3 69,3 70,7 72,2 74,8 79,6 85,0 90,5 95,0 97,2 99,4 99,1 98,4 98,0 97,7 97,9 97,8 97,7 97,7 99,1 100 102,1 109,1 112,7 113,5 114,7 118,1
218
8 Kosten im Bauwesen
Das Statistische Bundesamt teilte im Sommer 2012 mit: „Die Preise für Rohbauarbeiten sowie für Ausbauarbeiten stiegen von Mai 2011 bis Mai 2012 um jeweils 2,7 %. Die höchsten Preisanstiege unter den Bauarbeiten an Wohngebäuden gab es bei den Dämmarbeiten an technischen Anlagen (+ 4,0 %), bei Heizanlagen und zentralen Wassererwärmungsanlagen, Dachdeckungs- und Dachabdichtungsarbeiten (jeweils + 3,7 %). Die niedrigsten Preisanstiege gab es bei Stahlbauarbeiten (+ 0,6 %) und bei Verbauarbeiten (+ 1,4 %). Preisrückgänge gab es unter den Bauarbeiten an Wohngebäuden keine. Die Preise für Instandhaltungsarbeiten an Wohngebäuden (Mehrfamiliengebäude ohne Schönheitsreparaturen) nahmen gegenüber dem Vorjahr um 3,1 % zu.“ (https://www.destatis.de, am 22.08.2012) Abbildung 8.12 lässt erkennen, wie unterschiedlich sich die Preise für Rohbauarbeiten (grau unterlegt) zur tatsächlichen Entwicklung der Marktpreise der Bauwirtschaft im Bauhauptgewerbe entwickeln. Die Preisentwicklung wird hier für den Zeitraum von 1970 bis 1992 abgebildet. Das Phänomen der Preisunterschiede gilt jedoch grundsätzlich. Eine Ursache für die Preisunterschiede von Rohbauarbeiten und Einzelleistungen ist der schwankende Anteil von Gewinn und Wagnis bei den Rohbaukosten.
Abb. 8.12:
Marktpreise und Baupreisstatistik
(Grote, H. aus : Schmidt, H.Th. 1992, S. 44)
8.3 Allgemeiner Preisanstieg und Baupreisindizes
219
Will man die Baukosten von Gebäuden, die zu unterschiedlichen Zeitpunkten errichtet worden sind, miteinander vergleichen oder will man von den Baukosten eines bereits bestehenden Gebäudes auf die Baukosten eines geplanten Neubaus schließen, so muss man die zwischenzeitliche Baupreisentwicklung berücksichtigen. Zur Beschreibung einer Zeitreihe (Reihe von Werten eines Merkmals zu unterschiedlichen Zeitpunkten, z. B. Baupreise der Jahre 1913 – 2012) wird der Index auf ein Basisjahr bezogen und für dieses Basisjahr gleich 100 gesetzt. Dann ermittelt sich der Index für das Jahr Y nach folgender Formel:
I YB =
PY · 100 PB
I YB = Preisindex für das Jahr Y auf der Basis des Jahres B PY = Preis des betreffenden Gutes bzw. Durchschnittspreis der betreffenden Güter (z. B. Wohngebäude) im Jahre Y PB = Preis des betreffenden Gutes bzw. Durchschnittspreis der betreffenden Güter im Basisjahr B Mit Hilfe dieser Indexzahlen kann man die Baukosten von Gebäuden, die zu unterschiedlichen Zeitpunkten errichtet worden sind, vergleichbar machen, indem man die Baukosten des einen Gebäudes auf das Herstellungsjahr des Vergleichsgebäudes nach der folgenden Formel umrechnet: PY =
IY B IX B
· PX
PX = Preis eines Gebäudes in seinem Herstellungsjahr X (tatsächliche Baukosten) PY = auf das Jahr Y umgerechneter Preis dieses Gebäudes (äquivalente Baukosten) Y IX B , I B = Preisindex für das Jahr X bzw. Y auf der Basis des Jahres B
Beispiel: Gebäudepreis im Jahre 2002
P02 = 500.000 €
Preisindex für das Jahr 2002
I 02 05 = 97,9
für das Jahr 2011 Gebäudepreis 2011: P11 =
I11 05 = 117,0 I11 05 · P02 = 117,0 · 500.000 € = 597.549 € I02 97,9 05
220
8 Kosten im Bauwesen
Jahr
Index
Jahr
Index
Jahr
Index
1913
4,5
1952
14,1
1983
66,2
1914
4,9
1953
13,6
1984
67,9
1924
6,3
1954
13,6
1985
68,2
1925
7,7
1955
14,4
1986
69,0
1926
7,5
1956
14,8
1987
70,3
1927
7,6
1957
15,4
1988
71,9
1928
7,9
1958
15,8
1989
74,5
1929
8,1
1959
16,6
1990
79,3
1930
7,7
1960
17,8
1991
84,8
1931
7,0
1961
19,1
1992
90,3
1932
6,0
1962
20,8
1993
94,7
1933
5,8
1963
21,8
1994
97,0
1934
6,0
1964
22,8
1995
99,2
1935
6,0
1965
23,9
1996
99,0
1936
6,0
1966
24,6
1997
98,3
1937
6,1
1967
24,1
1998
97,9
1938
6,3
1968
25,1
1999
97,6
1939
6,3
1969
26,6
2000
97,9
1940
6,5
1970
30,9
2001
97,8
1941
6,7
1971
34,1
2002
97,8
1942
7,2
1972
36,5
2003
97,8
1943
7,3
1973
39,1
2004
99,1
1944
7,5
1974
42,0
2005
100,0
1945
7,7
1975
43,0
2006
101,9
1946
8,3
1976
44,5
2007
108,7
1947
9,7
1978
46,5
2008
111,8
1948
12,8
1979
49,4
2009
112,8
1949
12,0
1980
53,8
2010
113,9
1950
11,5
1981
59,6
2011
117,0
1951
13,2
1982
63,0
2012 Mai
119,2
Abb. 8.13:
Preisindizes für Wohngebäude (2005 = 100,0)
(Statistische Jahrbücher für die Bundesrepublik Deutschland 2004, S. 567 und 2005, S. 505; http://www.sachverständigenrat-wirtschaft.de/zr_deutschland.html c179:ZR085.xls und www.destatis.de)
8.4 Baupreis- und Baukostendateien
221
In der gleichen Weise kann man von den Baukosten oder von Kostenkennwerten (z. B. Baukosten pro m2 Nutzfläche) ausgeführter Gebäude auf die entsprechenden Werte für Neuplanungen schließen. Allerdings haben die veröffentlichten Preisindizes von Bauwerken nur beschreibende Funktion, d. h. sie geben die Preisentwicklung der Vergangenheit wieder, nicht jedoch die allerjüngste und schon gar keine Zukunftsentwicklung. Vielfach muss man jedoch Kostenschätzungen für das Folgejahr durchführen, während der Preisindex nur bis zum Vorjahr bekannt ist. In diesem Fall muss man die Preisentwicklung für das laufende Jahr und das Folgejahr abschätzen, was durch Extrapolation der Preisentwicklung der jüngsten Vergangenheit unter Berücksichtigung aktueller Tendenzen möglich ist. Beim Arbeiten mit dem Baupreisindex ist zu beachten, dass es sich um einen reinen Preisindex und nicht um einen Kostenindex handelt. Änderungen von Standard und Größe eines Objektes müssen daher zusätzlich berücksichtigt werden. So reicht es z. B. nicht aus, wenn man die Baukosten eines Wohngebäudes aus den 1950er Jahren mit Einfachverglasung, Einzelöfen usw. mit dem Baupreisindex hochrechnet, um damit die Kosten für einen Neubau zu schätzen. Da dieser Neubau sicherlich mit Mehr-Scheiben-Isolierverglasung, Zentralheizung usw. ausgestattet werden soll, muss diese Standarderhöhung zusätzlich berücksichtigt werden. Dem technischen Fortschritt wird bei der Indexermittlung nur in größeren Zeitabständen Rechnung getragen, indem bei der Umstellung auf ein neues Basisjahr von dem dann gültigen technischen Standard ausgegangen wird. Bei der Bildung langer Reihen werden die auf alter und neuer Basis festgestellten Preisänderungen ohne Sprung miteinander verkettet, so dass auch hier keine Kostenentwicklung, sondern nur die reine Preisentwicklung zum Ausdruck gebracht wird. Außerdem ist es bei der Anwendung des amtlichen Preisindex’ wichtig zu wissen, dass die seiner Ermittlung zugrunde liegenden Preise bei ausgewählten Bauunternehmen mittels Muster-Leistungsverzeichnissen erhoben werden. In den meisten Fällen dürfte die jeweilige Kalkulationsabteilung ihre Kalkulationssätze eintragen, ohne den markt- und auslastungsbedingten Zu- oder Abschlag der Geschäftsleitung zu berücksichtigen. Eine solche Vorgehensweise ist zwar nicht im Sinne des Statistischen Bundes- oder Landesamtes, aber anders lassen sich die offensichtlichen Differenzen zwischen amtlichem Index und tatsächlichem Preisgeschehen auf dem Baumarkt kaum erklären.
8.4
Baupreis- und Baukostendateien
Bei der Kostenermittlung von Gebäuden handelt es sich in den Phasen der Vorplanung und der Entwurfsplanung um Schätzverfahren (erst nach der Angebotseinholung können die Kosten auf der Grundlage verbindlicher Unternehmerangebote berechnet werden). Bei diesen Schätzverfahren wird von den Kosten ausgeführter Gebäude auf die zu erwartenden Kosten eines geplanten Neubaus geschlossen. Hierbei ist die Wahrscheinlichkeit, dass die geschätzten Kosten zutreffen, umso größer, je größer die Anzahl der der Schätzung zugrunde liegenden Ausführungsbeispiele ist und je gleichartiger das geplante Gebäude einerseits und die ausgeführten Gebäude, die der Schätzung zugrunde liegen, andererseits sind.
222
8 Kosten im Bauwesen
Um die Zuverlässigkeit von Baukostenschätzungen zu erhöhen, muss man daher die Kostendaten möglichst vieler ausgeführter Beispiele erfassen und für gleichartige Gebäude zusammenstellen. Zu diesem Zweck werden Baupreisdateien bzw. Baukostendateien angelegt. In den Baupreisdateien findet man Preise für Bauleistungen, die durch Auswertung von Ausschreibungsergebnissen oder Preiserhebung bei Bauunternehmern gewonnen werden. Dagegen werden Baukostendaten aus abgerechneten Bauobjekten abgeleitet. Einer Baukostendatei liegt im Allgemeinen eine Objektdatei zugrunde, in der die Daten fertig gestellter und abgerechneter Objekte nach einem einheitlichen Gliederungsprinzip aufbereitet und gespeichert werden. Bei Vorliegen einer ausreichenden Anzahl ausgewerteter Objekte lassen sich – unterschieden nach Gebäude- und Ausführungsarten – durch Mittelwertbildung geeignete Kostenkennwerte für Kostenermittlungen und Kostenvergleiche gewinnen. Derartige Kostenkennwerte, z. B. für Außenwände, lassen sich auch synthetisch zusammensetzen, indem man die anteiligen Mengen der erforderlichen Bauleistungen – multipliziert mit ihrem Preis – zusammenstellt und die sich so ergebenden Kostenbestandteile aufaddiert. Eine Objekt- und Baukostendatei sollte jeder Architekt unter Verwendung der Daten seiner ausgeführten Bauten aufbauen. Die „persönliche Handschrift“ eines Architekten wirkt sich über seine Entwurfsprinzipien im Groben und im Detail auch auf die Kosten seiner Bauwerke aus. Deswegen stellt die Verwendung von Kostenkennwerten eigener Bauten bei Neuplanungen einen wichtigen Beitrag zu größerer Kostensicherheit dar. Junge Architekturbüros verfügen in der Regel noch nicht über einen ausreichenden Fundus eigener Objekte, und auch ältere Büros stehen immer wieder vor neuen Bauaufgaben, bei denen sie nicht auf den eigenen Erfahrungsschatz zurückgreifen können. In diesen Fällen und auch, um das Kostenniveau der eigenen Werke mit dem vieler anderer Kollegen vergleichen zu können, sind überbetriebliche Baupreis- und Baukostendateien von großem Nutzen. Als Beispiele für Baupreisdateien seien hier die SIRADOS-Baudaten und für Objekt- und Baukostendateien die BKI Objekte und Baukosten des Baukosteninformationszentrums Deutscher Architektenkammern sowie die Zentrale Sammlung und Auswertung der Planungs- und Kostendaten von Hochbaumaßnahmen der Länder beim Landesbetrieb Vermögen und Bau Baden-Württemberg – Grundlagen Wirtschaftliches Bauen – vorgestellt.
8.4.1
SIRADOS-Baudaten
Die SIRADOS-Baudaten wurden ursprünglich von der Edition AUM GmbH herausgegeben. Inzwischen ist SIRADOS ein Geschäftsbereich der WEKA MEDIA GmbH & Co KG. Bei den SIRADOS-Baudaten handelt es sich im Kern um eine Preisdatei für Bauleistungen. Eine Preisangabe muss sich auf ein bestimmtes Gut oder eine bestimmte Leistung beziehen. Bei noch auszuführenden Leistungen bedarf es einer eindeutigen Leistungsbeschreibung. Deswegen findet man in den SIRADOS-Baudaten neben der Angabe des Mittelpreises und der Von-Bis-Preisspanne die jeweilige Leistungsbeschreibung in Form eines Kurz- und eines Langtextes, wie das folgende Beispiel des Herstellens einer Fundamentplatte aus Stahlbeton zeigt:
8.4 Baupreis- und Baukostendateien
223
Nr.: Kurztext: Von: Mittel: Bis:
1013006120 Fundamentplatte C20/25, Stb, d = 25 cm 29,10 € 36,40 € 43,90 € jeweils zuzüglich MwSt. Einheit: m² Zeitwert: 0,23 KG: 322 Langtext: Fundamentplatte aus Stahlbeton auf verdichteten Kiesunterbau, Trennlage oder Sauberkeitsschicht, Oberfläche abgezogen, Ausführung eben oder mit einem Gefälle bis 1,5 %; Schalung und Bewehrung in gesonderter Position (SIRADOS-Baudaten CD-ROM – Stand März 2012)
Aufbauend auf diesen Ausschreibungstexten und Baupreisen sind die SIRADOS-Elemente mit den entsprechenden Preisangaben entwickelt worden. Dabei werden die Feinelemente, Grobelemente, Makroelemente und Gebäudeelemente synthetisch aus den Bauleistungen (Ausschreibungstexten und Preisen) zusammengesetzt, indem über einen Faktor der Anteil einer Bauleistung an der jeweiligen Mengeneinheit eines Elementes berücksichtigt wird. Die Feinelemente bestehen aus Zusammenstellungen von Leistungspositionen zu Teilen von Baukonstruktionen – unterteilt nach Rohbau- oder Ausbaukonstruktion. Als Beispiel für ein Feinelement ist in Abbildung 8.14 die kostenmäßige Zusammensetzung einer Fundamentplatte (ohne Fußbodenaufbau) wiedergegeben. Die Grobelemente sind Baukonstruktionen oder Technische Anlagen einer bestimmten Ausführungsart, wie z. B. eine Gründungskonstruktion mit Belägen. Die Grobelemente werden aus Feinelementen zusammengesetzt, wie die Abbildung 8.15 zeigt. Makroelemente sind die Kostengruppe 300 Baukonstruktionen und 400 Technische Anlagen. Über die entsprechenden Faktoren multipliziert mit den Preisen der Grobelemente wird der Gesamtpreis pro m² Brutto-Grundfläche ermittelt (siehe Abbildung 8.16) Im Gebäudekatalog Neubau-Wohnungsbau sind auch so genannte Gebäudeelemente verfügbar, die aus Makroelementen und diese wiederum aus Grobelementen zusammengesetzt sind. Insgesamt ergeben sich für die Kostenplanung nach DIN 276 folgende Einsatzmöglichkeiten der verschiedenen SIRADOS-Elementtypen: „1. Gebäudeelement mit Zugriff auf Makroelemente für den Kostenrahmen 2. Makroelement mit Zugriff auf die Grobelemente zur Kostenschätzung 3. Grobelement mit Zugriff auf die Feinelemente zur Kostenberechnung 4. Feinelement mit Zugriff auf die Leistungspositionen zum Kostenanschlag.“ (SIRADOS-Baudaten CD-ROM – Stand März 2012)
224 Position
8 Kosten im Bauwesen Kurztext
Einheitspreis Mittel (€)
1013006120 Fundamentplatte C20/25, Stb, d=25 Bewehrung 1013015010 Betonstahl B 500 A, 12 – 14 mm 1013015030 Betonstahlmatten B 500 B Schalung 1013017030 Schalung, rau, Plattenränder Einbauteile 1013017030 Fundamenterder, Bandstahl, 30/3,5 mm 1013006920 Ausleitungen, Rundstahl, 10 mm Dämmungen 1013005210 Trennlage, PE-Folie 0,2 mm 1013027044 Dämmung Bodenplatte, XPS 120 mm Trennlagen, Unterbeton 1013003020 Sauberkeitsschicht C 8/10, d=5-10 cm 1013005210 Trennlage, PE-Folie 0,2 mm ergibt für 1 m² Fundamentplatte
ME Faktor
36,40 m²
Gesamtpreis Mittel (€)
1,000
36,40
0,013 0,018
18,71 23,18
30,40 m²
0,075
2,28
4,60 m 13,1m m
0,300 0,050
1,38 0,66
1,65 m² 25,50 m²
1,000 1,000
1,65 25,50
10,30 m² 1,65 m²
1,000 1,000
1439,00 1288,00
t t
10,30 1,65 121,71 (zuzüglich MwSt.) Hinweis: Die Faktoren der Positionen sind für eine durchschnittliche Sohlfläche von 10,0 x 20,0 m berechnet. Die Faktoren für Baustahlbewehrung beruhen auf einem Bewehrungsgehalt von 80 kg pro 1 m³ Beton. Aufteilung 35 % Stabstahl / 65 % Mattenstahl Abb. 8.14: Feinelement: Fundamentplatte (132252233) (SIRADOS-Baudaten CD-ROM – Stand März 2012)
Position
Kurztext
132541742
GR Holzdielen Ah, NF 22 mm, geölt, Sockel Ah 22/40 mm, Korkschrot 50 mm GR Textilbelag, Schlinge, Schurwolle, Sockel Fi 20/80 GR schw. Estrich CT 20-S 50, G200S4, MW 20/15, KH 65 mm GR Cotto-Belag, geölt, 30/30 cm, Sockel 8cm GR schw. Estrich CT 20.S 50, bewehrt, PS 22/20, Abdichtung, KH 70 mm
132421441 132513164 132532427 132513244 132252233
Einheitspreis Mittel (€)
GR Fundamentplatte C20/25, d=25 cm, XPS 120 mm
ME Faktor
Gesamtpreis Mittel (€)
153,25 m²
0,500
76,63
48,68 m²
0,150
7,30
31,81 m²
0,650
20,68
102,47 m²
0,100
10,25
33,16 m²
0,100
3,32
121,71 m²
0,940
114,41
ergibt für 1 m² Gründungskonstruktion mit Belägen
232,59 (zuzüglich MwSt.)
Hinweis: Die Faktoren der Elemente sind für eine Gründungsfläche von etwa 70 m² berechnet. Abb. 8.15:
Grobelement: Gründungskonstruktion (132092439) Beton, Estrich, Beläge – hoher Ausstattungsstandard
(SIRADOS-Baudaten CD-ROM – Stand März 2012)
8.4 Baupreis- und Baukostendateien Position
225
Kurztext
Einheitspreis ME Faktor Gesamtpreis Mittel (€) Mittel (€) 131017111 BGK-Aushub Bkl. 3-5, mit Oberbodenabtrag, 25,52 m² 0,543 13,86 Abfuhr, Hinterfüllung m. Liefermaterial 132092439 GRK, Beton, Estrich, Beläge – hoher Ausstattungsstandard 133067446 AKW Holz-Brettstapel, n. sichtbar, Fi,TrPutz, Zellulose 240, 3-Schichtpl., NH-Lasur 133084344 AWK Alu-Holz-Fenster o. Sprossen, div. Größen, F-Türen, Rolläden-LM elektr., Lasur 134054411 IWK Metallständer, MW 40, GK, 2x12,5 mm, F30, Dispersion 134054622 IWK Metallständer, MW 60, F30 Dispersions-Beschichtung/Fliesen 134342411 IW-Stütze BSH rechteckig, Naturharz-Lasur, 20 x 20 cm 134058212 IWK Vorwandinstallation Metall, zwischen Ständer, GK, Fliesen 134081111 IWK Holztüren, furniert, erhöhter Schallschutz, Behördenbeschläge 134093312 IWK FT-Schornsteinanlage, zweizüg., 15,0 m 135097439 DEK, Massivholz, Estrich, Beläge – hoher Ausstattungsstandard 135149916 DE-Unterzug, BSH, 25/45 cm 135064144 DEK-Treppe Holz, Eiche, gerade, einläufig, eingestemmt, Holzgeländer KH-Besch. 136047559 DAK Holz, flach, Brettstapel sichtbar, begrünt, MW 160 ergibt für 1 m² Brutto-Grundfläche
232,57 m²
0,500
116,29
239,64 m²
1,048
251,14
645,88 m²
0,176
113,67
66,10 m²
0,312
20,62
159,20 m²
0,303
48,24
51,61 m
0,056
2,89
121,90 m²
0,027
3,29
837,13 St.
0,043
36,00
5.823,80 St. 294,01 m²
0,005 0,479
29,12 140,83
39,11 m
0,057
2,23
4.301,16 St.
0,005
21,51
272,60 m²
0,500
136,30
935,99
(zuzüglich MwSt.) Hinweis: Der Kostenanteil der Positionen bezieht sich auf eine Doppelhaushälfte. Die Aussparungen der Türöffnungen werden mit Einzelgrößen < 2,5 m² angesetzt Abb. 8.16: Makroelement: KG 300 Baukonstruktionen für ein Einfamilienhaus nach EnEV mit Flachdach, ohne Kellergeschoss, mit Erd- und Obergeschoss in Brettstapelbauweise und hoher Ausstattung (SIRADOS-Baudaten CD-ROM – Stand März 2012)
8.4.2
Baukosteninformationszentrum Deutscher Architektenkammern
Das Baukosteninformationszentrum Deutscher Architektenkammern (BKI) wurde im Jahr 1996 von den 16 Architektenkammern der Länder als zentrale Service-Einrichtung in allen Fragen des wirtschaftlichen Planens und Bauens für die Architektinnen und Architekten gegründet. Das BKI konnte zu diesem Zeitpunkt die Datensammlungen der beiden bis dahin vorhandenen Einrichtungen Baukostenberatungsdienst der Architektenkammer BadenWürttemberg (BKB) und Kosteninformationsdienst der Architektenkammer NordrheinWestfalen übernehmen.
226
8 Kosten im Bauwesen
Es ist die Aufgabe des BKI, die Architektenschaft und alle am Bau Beteiligten, also auch die Bauherren, bei der qualifizierten Kostenplanung im Bauwesen zu unterstützen. Die seit 1996 vom BKI entwickelten Produkte decken inzwischen nicht nur die Kostenplanung ab, sondern reichen darüber hinaus von der Energieplanung über das Büromanagement bis zum Gebäudemanagement. Auf der Grundlage von über 2.000 abgerechneten Objekten stehen Kosten- und Planungskennwerte von Neu- und Altbauten im Hochbau, von Freianlagen sowie von ausgewählten Nutzungskosten im Hochbau (vgl. Abschnitt 9.1) in Form von Büchern und online zur Verfügung. Zahlreiche Handbücher und Programme unterstützen den Anwender der Datensammlung bei der praktischen Arbeit. Für die Kostenplanung sind zunächst einmal die wichtigsten Produkte von Interesse: Teil 1: Baukosten Gebäude 2012 – Statistische Kostenkennwerte Rund 25.000 Kostenkennwerte zu 74 Gebäudearten, Bezugsgröße sind in der 1. Ebene der Kostengliederung der Brutto-Rauminhalt, die Brutto-Grundfläche, die Nutzfläche, die Nutzeinheit, z. B. Arbeitsplatz oder Wohnfläche, in der 2. Ebene der Kostengliederung die Bauteile (Grobelemente) sowie die Unterscheidung des Bauwerks nach Leistungsbereichen (Gewerke). Die Kennwerte eignen sich insbesondere für die Kostenschätzung und die Kostenberechnung, darüber hinaus auch für den Kostenrahmen. Teil 2: Baukosten Bauelemente 2012 - Statistische Kostenkennwerte Rund 22.000 Kostenkennwerte unterschieden nach Gebäudearten, Kostengruppen der DIN 276, Ausführungsarten und Leistungsbereichen. Die Daten beziehen sich auf Neubau, Altbau und Freianlagen und enthalten für den Altbau differenzierte Kostenkennwerte bis in die 3. Ebene der Kostengliederung für Abbrechen, Wiederherstellen und Herstellen. Sie dienen damit vor allem für die Kostenplanung bei der Instandsetzung und der Modernisierung. Teil 3: Baukosten Positionen 2012 - Statistische Kostenkennwerte Hierbei handelt es sich um ein Nachschlagewerk für Ausschreibung und Vergabe von Neu- und Altbauten mit Positionen zu 45 Leistungsbereichen in Bezug auf Rohbau, Ausbau, Gebäudetechnik, Freianlagen und Abbruch. Mit Hilfe dieser Kennwerte kann bereits in der Leistungsphase 6. Vorbereitung Vergabe der Kostenanschlag aufgestellt werden. Als weitere Produkte stehen aktuell zur Verfügung (Auswahl): Statistische Kostenkennwerte Altbau Objektdaten Altbau Objektdaten Neubau Objektdaten energieeffizientes Bauen Objektdaten Technische Gebäudeausrüstung Objektdaten Freianlagen Nutzungskosten im Hochbau und vieles mehr. Informationen über die zahlreichen weiteren Produkte können unter www.bki.de abgerufen werden.
8.4 Baupreis- und Baukostendateien
227
Die folgenden Abbildungen 8.17 bis 8.21 wurden dem Teil 1: Baukosten Gebäude 2012 – Statistische Kostenkennwerte – entnommen und zeigen beispielhaft die Kosten- und Planungskennwerte am Beispiel von Ein- und Zweifamilienhäusern (Passivhausstandard, Massivbau). Alle Kostenangaben auf den folgenden Seiten (Text und Abbildungen) beziehen sich auf den Kostenstand 1. Quartal 2012, inkl. MwSt., Bundesdurchschnitt.
Abb. 8.17:
Kostenkennwerte für die Kosten des Bauwerks (Kostengruppe 300+400 nach DIN 276)
(BKI Baukosten Gebäude 2012, S. 328)
228
8 Kosten im Bauwesen
Abbildung 8.17 zeigt die Kostenkennwerte für die Kosten des Bauwerks, die in der DIN 276 als Kostengruppe 300 + 400 enthalten sind. Als Bezugseinheiten werden jeweils herangezogen und dienen der Bildung von Kostenkennwerten: Nutzeinheit (NE) Brutto-Rauminhalt (BRI nach DIN 277) Brutto-Grundfläche (BGF nach DIN 277) Nutzfläche (NF nach DIN 277)
1.980 €/NE 370 €/m³ BRI 1.170 €/m² BGF 1.690 €/m² NF
Die Nutzeinheiten unterscheiden sich jeweils nach der Gebäudeart, es werden in der Datensammlung zum Beispiel folgende Bezugseinheiten verwendet (unvollständige Aufzählung): NE Arbeitsplätze NE Betten NE Kinder oder Kindergruppen NE Schüler, Studierende NE Rinder, Pferde oder andere Tiere NE Feuerwehreinsatzfahrzeuge NE Kraftfahrzeug (KFZ) NE Wohnfläche (WF nach WoFlV)
Büro- und Verwaltungsgebäude, Werkstätten Krankenhäuser Kindergärten, Kindertagesstätten Schulen, Hochschulgebäude Stallungen Feuerwachen, Feuerwehrgebäude Parkhaus, Parkgarage Wohngebäude
Der Kostenkennwert in Bezug auf die Nutzeinheit (€/NE) hat den großen Vorteil, dass er meist schon im Rahmen der Leistungsphase 1. Grundlagenermittlung festgelegt wird. Damit ist es bereits ohne skizzenhafte Lösungsversuche möglich, eine erste Kostenaussage zu treffen, die als Kostenrahmen für die weitere Planung dienen kann (vgl. Abschnitt 8.1.1). Bei zahlreichen Gebäudearten werden diese nach dem Unterscheidungsmerkmal Standard in „einfach“, „mittel“ und „hoch“ unterteilt. „Diese Unterteilung wurde immer dann vorgenommen, wenn der Standard als ein wesentlicher Kostenfaktor festgestellt wurde. Grundsätzlich gilt, dass immer mehrere Kosteneinflussfaktoren auf die Kosten und damit auf die Kostenkennwerte einwirken. Einige dieser vielen Faktoren seien hier aufgelistet: Zeitpunkt der Ausschreibung, Art der Ausschreibung, regionale Konjunktur, Gebäudegröße, Lage der Baustelle, Erreichbarkeit usw. Wenn bei einem Gebäude große Mengen an Bauteilen hoher Qualität die übrigen Kosteneinflussfaktoren überlagern, dann wird von einem „hohen Standard“ gesprochen.“ (http://www.bki.de/fragen-und-antworten-zu-baukosten/items/standardzuordnung.html) Die Standardzuordnung kommt vor allem im Kostenkennwert KG 300 + 400 nach DIN 276 pro m² Brutto-Grundfläche (€/m² BGF) zum Ausdruck. Am Beispiel von Kindergärten sehen die Unterschiede der Standards wie folgt aus: einfach mittel hoch
1.090 €/m² BGF 1.280 €/m² BGF 1.610 €/m² BGF
(BKI Baukosten Gebäude – Statistische Kostenkennwerte 2012, S. 188) Zu den Kennwerten werden Abbildungen (vgl. auch Objektübersicht in Abb. 8.21) und VonBis-Werte von Objektbeispielen gezeigt. Man kann an diesen Ähnlichkeiten, z. B. die Größe des Objekts, aber auch Unterschiede erkennen, z. B. Dachform und -neigung.
8.4 Baupreis- und Baukostendateien
Abb. 8.18:
229
Kostenkennwerte für die Kostengruppen der 1. und 2. Ebene DIN 276
(BKI Baukosten Gebäude 2012, S. 329)
Diesbezüglich sollten entsprechende Kostenkennwerte der 2. Ebene der Gliederung nach DIN 276, also KG 330 Dächer bzw. Grobelement Dachfläche (€/m² DAF) untersucht werden (vgl. Abb. 8.18). Die oben gezeigten und erläuterten Kostenkennwerte, insbesondere €/m² BGF werden durch die in Abbildung 8.18 gezeigten Angaben ergänzt und erweitert.
230
8 Kosten im Bauwesen
Mit den Kostenkennwerten der 1. Ebene der Gliederung werden ausgehend von den Bauwerkskosten (KG 300 + 400 nach DIN 276), welche als 100,0 % ausgewiesen werden, prozentuale Zuschläge (auf Hundert) und Kostenkennwerte zu unterschiedlichen Bezugseinheiten, z. B. Fläche Baugrundstück (FBG) für weitere Kostengruppen der 1. Ebene angegeben. Nicht berücksichtigt wird KG 100 Grundstück, dieses ist im Einzelfall auf anderer Grundlage zu berücksichtigen, z. B. Kaufpreis oder Wertermittlung. Auch der Wert für KG 200 Herrichten und Erschließen sollte „vor Ort“ in Erfahrung gebracht werden. Die Angaben zu den weiteren Kostengruppen KG 500 Außenanlagen, KG 600 Ausstattung und Kunstwerke sowie KG 700 Baunebenkosten sollen als erste und grobe Orientierungswerte verstanden werden. Es sei an dieser Stelle daran erinnert, dass Kostenermittlungen grundsätzlich vollständig sein sollen. Denn der Bauherr hat in den meisten Fällen die Gesamtkosten zu tragen. Für die Außenanlagen stehen eigene Kostenkennwerte zur Verfügung, vgl. BKI Objektdaten Freianlagen (bislang fünf Bände: F1 bis F5). Hinsichtlich der Ausstattung (KG 600) ist mit dem Bauherrn im Rahmen der Leistungsphase 1. Grundlagenermittlung zu klären, ob oder welcher Teil der für die Nutzung erforderlichen Möbel und sonstigen Gegenstände ein Teil der Objektplanung und damit der Kostenplanung des Architekten sind oder welche Teile der Ausstattung bereits vorhanden sind, z. B. die Einrichtung eines Einfamilienhauses, oder von anderer Seite beschafft werden, z. B. die Büromöbel eines Verwaltungsgebäudes. Wichtig ist bei der Kostenplanung auch der Teil der Investition, der nicht zum Auftrag des Architekten gehört. Bei der Ermittlung der Baunebenkosten wird oft der notwendige Umfang von Planungsleistungen, Gutachten, Gebühren, Finanzierungkosten und andere notwendige Positionen unterschätzt, häufig werden Kostenbestandteile ganz einfach vergessen. Von der Rechnung mit einfachen prozentualen Aufschlägen wird dringend abgeraten. Eine möglichst genaue Ermittlung schon zu Beginn des Projekts dient der Kostensicherheit und schützt vor unliebsamen Überraschungen. Die an ausgeführten Bauvorhaben erhobenen Kosten der Kostengruppen der 2. Ebene der Gliederung nach DIN 276 erlauben die Herleitung von Kostenkennwerten für die Grobelemente – ein Begriff den der frühere Baukostenberatungsdienst mit der Elementmethode eingeführt hat und der auch heute noch häufig verwendet wird. Die Bezugseinheiten wurden so gewählt, dass sich die wesentlichen Bauteile bereits anhand von Skizzen, z. B. schon in Leistungsphase 2. Vorplanung aus Zeichnungen heraus messen lassen. Messregeln sind in Handbüchern enthalten. Die Kostenermittlung mit den Kennwerten zu den Grobelementen, z. B. €/m² AWF für KG 330 Außenwände und €/m² DAF für KG 360 Dächer erlauben schon recht genaue Ergebnisse für die Gebäudehülle (AWF + DAF). Der Einfluss der Gebäudegeometrie, z. B im Vergleich eines kompakten mit einem sehr stark gegliederten Baukörper, kann hiermit untersucht werden. Der relative Kostenanteil eines Grobelements wird als Prozentwert der Kosten der 1. Ebene ausgewiesen, z. B. machen die Außenwände häufig 30 bis 45 % der Kosten der Baukonstruktionen (KG 300) aus. Es macht Sinn, solche Grobelemente mit besonderer Sorgfalt zu ermitteln und frühzeitig in Varianten zu denken, z. B. unterschiedliche Materialien, Konstruktionsweisen, Wandaufbauten und vieles mehr.
8.4 Baupreis- und Baukostendateien
Abb. 8.19:
231
Kostenkennwerte für Leistungsbereiche nach STLB (Kosten des Bauwerks nach DIN 276)
(BKI Baukosten Gebäude 2012, S. 330)
Es war bereits in Abschnitt 8.1.1 darauf hingewiesen worden (vgl. auch Abbildung 8.4), dass die Gliederung der Kosten, insbesondere der Bauwerkskosten, auch ausführungsorientiert erfolgen kann. Die Abbildung 8.19 zeigt Kostenkennwerte für die Leistungsbereiche nach Standardleistungsbuch (STLB) im Umfang der Bauwerkskosten nach DIN 276.
232
8 Kosten im Bauwesen
Für alle Gebäudearten wird eine einheitliche Übersicht erstellt, in welcher die in Betracht kommenden Leistungsbereiche aufgelistet werden, wobei teilweise auch Leistungsbereiche zusammengefasst werden können, z. B. LB 026 Fenster, Außentüren inklusive LB 029 Beschlagarbeiten und LB 032 Verglasungsarbeiten: Rohbau:
LB 000 Sicherheits- und Baustelleneinrichtungen bis LB 022 Klempnerarbeiten
Ausbau:
LB 023 Putz- und Stuckarbeiten, Wärmeverbundsysteme bis LB 039 Trockenbauarbeiten
Gebäudetechnik:
LB 040 Wärmeversorgungsanlagen - Betriebseinrichtungen bis LB 075 Raumlufttechnische Anlagen
Sonstige Leistungsbereiche (mit geringem Umfang). Sowohl für Rohbau, Ausbau und Gebäudetechnik als auch die einzelnen Leistungsbereiche werden Kostenkennwerte sowohl mit Bezug auf die Brutto-Grundfläche als auch in Prozent bezogen auf die Kosten des Bauwerks (KG 300 + 400 nach DIN 276) angegeben, z. B. Rohbau: Rohbau: LB 012 Mauerarbeiten: LB 012 Mauerarbeiten:
41,3 % 470 €/m² BGF 7,4 % 84 €/m² BGF
Die ausführungsorientierte Gliederung wird für eine Kostenschätzung nur bedingt als sinnvoll angesehen, denn zu diesem Stand der Planung werden die notwendigen Entscheidungen in Bezug auf Konstruktion und Material noch nicht gefallen sein. Jedoch in der Leistungsphase 3. Entwurfsplanung sind diese weitgehend zu treffen. Dabei sind die bauteilorientierte Gliederung nach den Kostengruppen, insbesondere 3. Ebene, und die ausführungsorientierte Gliederung nach Standardleistungsbuch nicht nur als Alternativen zu verstehen. Bei Anwendung kombinierter Verfahren der Kostenplanung lassen sich beide Gliederungen kombinieren. Soll z. B. die KG 352 Deckenbeläge weiter unterteilt werden, kommen ausführungsorientiert grundsätzlich in Betracht: LB 024 Fliesen- und Plattenarbeiten LB 025 Estricharbeiten LB 028 Parkettarbeiten, Holzpflasterarbeiten LB 034 Maler- und Lackiererarbeiten LB 036 Bodenbelagsarbeiten. Die prozentuale Aufteilung der Kosten des Bauwerks nach Leistungsbereichen sowie nach Rohbau, Ausbau und Gebäudetechnik bietet die Möglichkeit, bereits mit der Kostenberechnung Vergabeeinheiten zu definieren, die einem Leistungsbereich entsprechen bzw. sich aus mehreren oder Anteilen von Leistungsbereichen zusammensetzen (Fachlose, Teillose). In Abbildung 8.20 werden Flächen und Rauminhalte, die als Bezugseinheiten der Kostenkennwerte in der 1. Ebene der Gliederung nach DIN 276 dienen im Verhältnis ihrer Mengen dargestellt. Die Anwendung dieser Planungskennwerte ist Gegenstand des Abschnitts 8.2.
8.4 Baupreis- und Baukostendateien
233
Mit dem Kostensimulationsmodell kann ein Kostenrahmen aufgestellt werden, welcher bereits bis in die 2. Ebene der DIN 276 gegliedert ist. Hierfür sind noch keine Skizzen oder Entwurfszeichnungen erforderlich, weil die Ermittlung ausschließlich auf der Grundlage von statistischen Kennwerten erfolgt. Sie ist aufgrund der Methode zwar noch nicht so genau wie eine Kostenschätzung, aber sie hat die gleiche Gliederung und ist damit für eine Kostenkontrolle als Vergleich der Kostenschätzung mit dem Kostenrahmen sehr gut geeignet.
Abb. 8.20:
Planungskennwerte für Flächen und Rauminhalte
(BKI Baukosten Gebäude 2012, S. 331)
234
8 Kosten im Bauwesen
Zum Verständnis des Kostensimulationsmodells gibt das Baukosteninformationszentrum (BKI) die folgenden Benutzerhinweise: „Die abgerechneten Objekte der BKI-Baukostendatenbank wurden 74 Gebäudearten zugeordnet. Eine Gebäudeart umfasst beispielsweise die Objektgruppe Bürogebäude – mittlerer Standard“.
Abb. 8.21:
Objektübersicht zur Gebäudeart (Auszug)
(BKI Baukosten Gebäude 2012, S. 332)
8.4 Baupreis- und Baukostendateien
235
Für die abgerechneten Objekte dieser Gruppe liegen unter anderem Baukostenauswertungen und Planungskennzahlen vor. Die BKI-Baukostenauswertungen beinhalten für diese Objektgruppe beispielsweise statistische Mittelwerte für: -
Baukosten 1. Ebene DIN 276 (z. B. für KG 300 Bauwerk-Baukonstruktionen) Baukosten 2. Ebene DIN 276 (z. B. für KG 330 Außenwände) Baukosten nach Leistungsbereichen (z. B. für LB 012 Mauerarbeiten).
Diese gründlichen Baukostenauswertungen in Verbindung mit den objektbezogenen Planungskennzahlen sind die Grundlage für die BKI-Baukostensimulation. Die Planungskennzahlen liefern Mengenansätze für die kostenentscheidenden Grobelemente im Verhältnis zur Brutto-Grundfläche z. B. für -
Baugrube (m³ BGI Baugrubeninhalt) Gründung (m² GRF Gründungsfläche) Außenwände (m² AWF Außenwandfläche) Innenwände (m² IWF Innenwandfläche) Decken (m² DEF Deckenfläche) Dächer (m² DAF Dachfläche).
Mit Angabe der Brutto-Grundfläche kann somit eine statistische Aussage über die zu erwartende Menge z. B. Außenwandfläche getroffen werden. Multipliziert mit dem mittleren Kostenkennwert (KKW z. B. 515 €/m² AWF für KG 330 Außenwände) erfolgt so die Baukostenkalkulation für dieses Grobelement wie auch für alle anderen Grobelemente. Eine komplett ausgeführte Baukostensimulation liefert als Ergebnis einen Kostenrahmen mit Kosten: -
für die erste Ebene DIN 276 für die zweite Ebene DIN 276 Kostengruppe 300 (Grobelemente) für die zweite Ebene DIN 276 Kostengruppe 400 (Grobelemente).
Die so ermittelten Kosten können mit der Tabelle „Kostenkennwerte für Leistungsbereiche nach StLB“ und deren Angaben in der Spalte „% an KG 300 + 400“ dann noch den Leistungsbereichen nach StLB zugeordnet werden.“ (BKI Baukosten Gebäude 2012, S. 46-47)
236
8.4.3
8 Kosten im Bauwesen
Datenbank der Länderarbeitsgemeinschaft Hochbau
Beim Landesbetrieb Vermögen und Bau Baden-Württemberg – Grundlagen Wirtschaftliches Bauen – in Freiburg werden im Auftrag des Ausschusses für staatlichen Hochbau der ARGEBAU in der LAG-Datenbank die Planungs- und Kostendaten von Hochbaumaßnahmen der Länder und des Bundes dokumentiert und ausgewertet. Die dort gesammelten Informationen werden den Bundes- und Länderbauverwaltungen sowie den Rechnungshöfen und sonstigen öffentlichen Institutionen zur Verfügung gestellt. Für andere Interessenten ist der käufliche Erwerb möglich. In der LAG-Datei sind Flächen- und Kostendaten sowie Daten von Nutzungskosten im Hochbau (siehe zu den Nutzungskosten auch Abschnitt 9.1) von Neubauten Umbauten – Bauen im Bestand – Bauerneuerung Baumaßnahmen, bestehend aus mehreren Bauwerken gespeichert. Sie werden im jährlichen Turnus um neue Objekte ergänzt und an den aktuellen Baupreisindex angepasst. Von den LAG-Objekten sind Objektübersichtslisten als Kurzinformation sowie für das Einzelobjekt Datenübersichten als Dokumentationsblätter erhältlich. Auf Wunsch können auch Spezialinformationen aufgrund gezielter Auswertungen zur Verfügung gestellt werden. Die jährlich aktualisierte Kurzinformation (siehe Abbildung 8.22) enthält Vergleichswerte für Flächen- und Rauminhalte sowie Kosten der in der LAG-Datei gespeicherten Objekte – gegliedert nach Bauwerksnutzungen und nach Kostenermittlungsstand: Kostenberechnung oder Kostenfeststellung (abgerechnet). Außerdem finden sich Hinweise auf zusätzlich vorhandene Angaben wie detaillierte Kosten- und Planungswerte, Baubeschreibungen, Pläne oder Fotos. Eine umfassende Übersicht über die Daten einzelner Objekte geben die Dokumentationsblätter (siehe Abbildungen 8.23 bis 8.27). Sie enthalten Angaben zu Flächen- und Rauminhalten nach DIN 277, Kosten nach DIN 276, 1. bis 3. Ebene sowie Kosten nach Leistungsbereichen. Ergänzend dazu gibt es weitere Angaben zu Bauzeit, Verfahrensstand, Bauart/Bauweise, Geschosszahl und ggf. Baubeschreibungen, Pläne und Fotos. Der Landesbetrieb Vermögen und Bau – Grundlagen Wirtschaftliches Bauen – hat im Auftrag des Ausschusses für staatlichen Hochbau der ARGEBAU das Programm PLAKODA zur computergestützten überschlägigen Ermittlung der Kosten und Nutzungskosten im Hochbau herausgegeben, an dem die Nutzungsrechte erworben werden können. PLAKODA ist erhältlich für Neubau und Erweiterung sowie als PLAKODA-BiB für das Bauen im Bestand.
8.4 Baupreis- und Baukostendateien
Abb. 8.22:
Planungs- und Kostenkennwerte der LAG-Datei (Auszug)
(Landesbetrieb Vermögen und Bau Baden-Württemberg 2000, S.2);
237
238
8 Kosten im Bauwesen
Baumaßnahme, Ort Ingenieurwissenschaftlichen Studiengänge Tiefenbronnerstraße 65 75175 Pforzheim
BWZ
2230
Gebäudedatenblatt
Objekt-Nr.
2853
Dokumentation
Bearbeiter
IWB Freiburg
Datum
31. 03. 2004
Neubau
Erweiterung
Neubau Zuständiges Amt
VBA Pforzheim Schwebelstraße 10 75172 Pforzheim
Entwurfsverfasser
Klein - Breucha Dipl.-Ing., Freie Architekten Stuttgart
Bauleitung
Klein - Breucha Dipl.-Ing., Freie Architekten Stuttgart
Genehmigung der BU (M/J)
06 / 1992
Baubeginn/Übergabe (M/J)
02 / 1994
Index (1995=100)
07 / 1996
99,1
Liegenschaftliche Angaben: LKNR LIN
0000003106
Liegenschafts-Kenn-Nr.
4444 71116 Länderspezifische Objekt-Kenn-Nr.
BM
71116
KNB
Baumaßnahmen-Nr. Kenn-Nr. Baumaßnahme
Objektbeschreibung Nutzung
Standort/Situation
Neubau für die ingenieurwissenschaftlichen Studiengänge Maschinenbau, Elektrotechnik/Elektronik u. Wirtschaftsingenieurwesen für ca. 600 Studenten mit Hörsälen, Seminar-u. Laborräumen, Werkstatt-und Praktikantenräumen, Büroarbeitsplätze für Lehre u. Verwaltung.
Im neuen Hochschulstandort südlich der Stadt Pforzheim an der Tiefenbronner Straße, in unmittelbarer Nähe zur Mensa und Rektorat. Leichte Hanglage, umgeben von Streuobstwiesen und mit Blick auf die Stadt Pforzheim.
Bauwerksgeometrie
Bauwerksqualität
2 rechteckige, 5-geschossige, formal unterschiedliche Baukörper, die durch eine großzügige Halle über alle Geschosse miteinander verbunden sind. Baukörper 1: Das Hanggeschoss ist in das fallende Gelände eingefügt und beherbergt Labore und Werkstätten. Weitere 4 Geschosse enthalten den Unterrichtsbereich. Dieser Baukörper zeichnet sich durch eine filigrane Außenhaut mit Vor-und Rückspringen der einzelnen Ebenen aus. Horizontal gegliedert, schwebende Wirkung durch Auskragungen. Baukörper 2: 5-geschossiger, schmaler, steiniger Baukörper mit Lochfassade, beherbergt Verwaltungsbereich. Zwischenbau als großzügig verglaste Halle über alle Geschosse.
Baukörper 1: Stahl-Glas-Fassade als filigrane Außenhaut, Stahlbetonskelettbau mit Stahlbetondecken, Betonstützen, teilweise abgehängten Lüftungsdecken, Holzpflaster-Parkett-Bodenbelägen, Trennwände in Trockenbau. Baukörper 2: Modulstein als Aussenmauerwerk des massiven Baukörpers, 2-schalig mit innenliegender Wärmedämmung, Stahlbetondecken, Metallfenster, Trennwände in Trockenbau mit Oberlichtern, Holztüren, Linoleumbeläge. Zwischenbau als Halle mit filigraner Außenhaut als Stahl-GlasFassade, großflächige Dach-Oberlichtverglasung, Stahltreppen. Alle Wände in den verschiedenen Bauteilen sind farblich beschichtet. Insgesamt bietet der Neubau eine hohe Bauwerksqualität im Detail.
Markt Einzelvergaben der Gewerke. Teilweise hohe Einheitspreise da Konjunkturphase in 1995/1996.
Öffentlichrechtl./ privatrechtl. Bestimmungen:
Sonstiges Ein Architektenwettbewerb fand im Jahre 1991 statt, indem auch die städtebauliche Gesamtkonzeption mit weiteren Ausbaustufen der FH berücksichtigt wurde. Die Kosten des Wettbewerbes sind in KG 700 enthalten.
Abb. 8.23: Beispiel für die Dokumentationsblätter der LAG-Objekte Allg. Daten der Fachhochschule Pforzheim: Neubau der Ingenieurwissenschaftlichen Studiengänge (Landesbetrieb Vermögen und Bau Baden-Württemberg 2000)
8.4 Baupreis- und Baukostendateien
239
Baumaßnahme, Ort Ingenieurwissenschaftlichen Studiengänge Tiefenbronnerstraße 65 75175 Pforzheim
BWZ
2230
Gebäudedatenblatt
Objekt-Nr.
2853
Dokumentation
Bearbeiter
IWB Freiburg
Datum
31. 03. 2004
Neubau
Besondere Kosteneinflüsse Besondere Anforderungen des Programms
Besondere funktionale u. technische Standorteinflüsse
4 Hörsäle und große Seminarräume / Praktikantenräume sind im Bauteil 1 enthalten. Im Hanggeschoss Labors und Werkstätten mit besonderen Anforderungen.
Leichte Hanglage. Hanggeschoß mit extensiver begrünter Dachfläche und Innenhöfen.
Technische und konstruktive Besonderheiten
Gestalterische Besonderheiten
Technikausstattung mit energetischer Optimierung. Wärmeversorgung: Fernleitungsanschluss an bestehende Anlage im Altbau mit bedarfsabhängiger automatischer Temperaturregulierung. Kälteversorgung: Eisspeicheranlage, die über Nacht Kälteenergie gewinnt für die tägliche Kühlung der PC-Pools durch installierte Kühldecken. Mechanische Lüftungsanlage: 2 Zentralen (UG u.DG), Be-und Entlüftungsanlagen mit hochwirksamen Wärmerückgewinnungs- systemen. Zutrittsystem: EDVgesteuert. Beleuchtung: Alle Leuchten mit elektronischen Vorschaltgeräten, teilweise tagelichtabhängige Beleuchtungsregelung.
Bauwerk: Verwendung von gegensätzlichen Baukörpern in Materialauswahl. Massivbauweise, steinern, geschlossene Lochfassade im Gegensatz zu filigranem Bauteil mit Stahl-GlasElementen. Zwischenbau als großzügige Halle mit offenem Treppenhaus. Brücke über die Tiefenbronnerstraße im Voreingangsbereich verbindet das Bauwerk mit den schon vorhandenen FH-Bauten. Aussenanlage: gegebene Hanglage mit Streuobstwiesen, Mauern und Natursteinpflaster aus Schwarzwaldgestein (Granit) und rotem Buntsandstein. Extensive Dachbegrünung auf Hanggeschoß und DG.
Anmerkung zu Kostengruppen KG 720 Kosten des Architektenwettbewerbes für die Gesamtgestaltung der FH enthalten. KG 475 Kosten der Laborausstattung in KG 372 und LB 027 enthalten.
Grundrisse und Schnitte
Abb. 8.24:
Besondere Kosteneinflüsse, Grundrisse und Schnitt der Fachhochschule Pforzheim: Neubau der Ingenieurwissenschaftlichen Studiengänge
(Landesbetrieb Vermögen und Bau Baden-Württemberg 2000)
240
8 Kosten im Bauwesen Baumaßnahme, Ort
Ingenieurwissenschaftlichen Studiengänge Tiefenbronnerstraße 65 75175 Pforzheim
Baugrundstück Bebaute Fläche
UBF
Unbebaute Fläche
FBG
Fläche des Baugrundstücks Fläche "a" m²
HNF 3 Produktion, Hand-und Maschinenarbeit, Experimente
HNF 5 Bildung, Unterricht, Kultur
Nutzfläche
FF
Funktionsfläche
VF
Verkehrsfläche
NGF
Netto - Grundfläche
KGF
Konstruktions-Grundfläche
BGF
Brutto-Grundfläche
Brutto-Rauminhalt
Nutzeinheiten NE 1
Neubau Geschosszahl
311
UG
1
OG
4
DG
1
Fläche m² gesamt
Fl."a"/ NFa %
428
479
0,5
0
0
984
14,3
3.078
0
0
3.078
44,8
142
0
0
142
2,1
2.437
0
0
2.437
35,5
13
0
0
13
0,2
6.691
14
428
7.133
97,5
173
0
0
173
2,5
6.864
14
428
7.306
100,0
775
0
0
775
11,3
3.002
0
0
3.002
43,7
10.642
14
428
11.084
155,0
871
0
3
874
12,7
11.512
14
431
11.958
167,7
BRI b m³
54
560 NGFa / NE m² / NE
600
11
Indexstand
99,1
€
Kosten / NFa
Kosten / NGFa
( Euro )
€ / m²
€ / m²
BRIa / BGFa
BRI m³ gesamt
BRI c m³
NFa / NE m² / NE
Anzahl
Studentenplätze
Fläche "c" m²
Fläche "b" m²
50.399
Bezeichnung
erfüllt
14
BRI a m³
BRI
31.03.2004
37
HNF 6 Heilen und Pflegen
Nebennutzfläche
Datum
984
HNF 4 Lagern, Verteilen, Verkaufen
NF
IWB Freiburg
gefordert
HNF 1 Wohnen und Aufenthalt
NNF
Dokumentation
Bearbeiter
Bauweise)
HNF 2 Büroarbeit
Hauptnutzfläche (1 - 6)
Gebäudedatenblatt
2853
Stellplätze
Grundflächen und Brutto-Rauminhalt des Bauwerks (nach DIN 277)
HNF
2230
Objekt-Nr.
BAW (Bauart/
m²
BF
BWZ
m
51.014
4,38
BWK / NE
GBK / NE
€ / NE
€ / NE
28.920
38.707
Kosten / BGFa
Kosten / BRIa
Kosten / BWK
€ / m²
€ / m³
%
18
NE 2 NE 3
Kostenübersicht (nach DIN 276) 100
Grundstück
200
Herrichten und Erschließen
300
Bauwerk - Baukonstruktionen
400
Bauwerk - Technische Anlagen
BWK
Bauwerk (300 + 400)
500
Außenanlagen
600
Ausstattung und Kunstwerke
619
Ausstattung, sonstiges
620
Kunstwerke
0
0
0
0
0
244.412
36
23
21
5
1,4
12.938.693
1.885
1.216
1.124
257
74,6
0,0
4.413.209
643
415
383
88
25,4
17.351.902
2.528
1.631
1.507
344
100,0
1.921.496
280
181
167
38
11,1
240.657
35
23
21
5
1,4
66.483
10
6
6
1
0,4
174.174
25
16
15
3
1,0
3.465.573
505
326
301
69
20,0
700
Baunebenkosten
GBK
Gesamtbaukosten (200-500,619,620,700)
23.224.040
3.383
2.182
2.017
461
133,8
GK
Gesamtkosten (100 -700)
23.224.040
3.383
2.182
2.017
461
133,8
Abb. 8.25:
Kostendaten (DIN 276, 2. Ebene) der Fachhochschule Pforzheim Neubau der Ingenieurwissenschaftlichen Studiengänge
(Landesbetrieb Vermögen und Bau Baden-Württemberg 2000)
8.4 Baupreis- und Baukostendateien Baumaßnahme, Ort
241
Ingenieurwissenschaftlichen Studiengänge Tiefenbronnerstraße 65 75175 Pforzheim
BWZ
2230
Objekt-Nr.
2853
Bearbeiter
IWB Freiburg
Datum
31.03.2004
Indexstand
Kostengruppen (nach DIN 276)
€ / m² NFa
€
Gebäudedatenblatt Dokumentation Neubau
99,1 € / m² BGFa
€ / m³ BRIa
Kosten / BWK %
110
Grundstückswert
0
0
0
0
0,0
120
Grundstücksnebenkosten
0
0
0
0
0,0
130
Freimachen
0
0
0
0
0,0
100
Grundstück
0
0
0
0
0,0
210
Herrichten
0
0
0
0
0,0
220
Öffentliche Erschließung
244.412
36
21
5
1,4
230
Nichtöffentliche Erschließung
0
0
0
0
0,0
240
Ausgleichsabgaben
0
0
0
0
0,0
200
Herrichten und Erschließen
244.412
36
21
5
1,4
310
Baugrube
1.095.746
160
95
22
6,3
320
Gründung
930.671
136
81
18
5,4
330
Außenwände
4.184.324
610
363
83
24,1
340
Innenwände
1.576.034
230
137
31
9,1
350
Decken
2.770.899
404
241
55
16,0
360
Dächer
1.249.558
182
109
25
7,2
370
Baukonstruktive Einbauten
462.382
67
40
9
2,7
390
Bauwerk - Baukonstruktionen, sonstiges
300
Bauwerk - Baukonstruktionen
669.079
97
58
13
3,9
12.938.693
1.885
1.124
257
74,6
410
Abwasser-, Wasser-, Gasanlagen
278.424
41
24
6
1,6
420
Wärmeversorgungsanlagen
814.100
119
71
16
4,7
430
Lufttechnische Anlagen
1.363.665
199
118
27
7,9
440
Starkstromanlagen
1.248.719
182
108
25
7,2
450
Fernmelde- u. informationstechnische Anlagen
316.839
46
28
6
1,8
460
Förderanlagen
470
Nutzungsspezifische Anlagen
480
Gebäudeautomation
490
Sonstige Maßnahmen für Technische Anlagen
400
Bauwerk Technische Anlagen
510 520
98.546
14
9
2
0,6
250.018
36
22
5
1,4
0
0
0
0
0,0
42.898
6
4
1
0,2
4.413.209
643
383
88
25,4
Geländeflächen
284.935
42
25
6
1,6
Befestigte Flächen
538.150
78
47
11
3,1
530
Baukonstruktionen in Außenanlagen
721.188
105
63
14
4,2
540
Technische Anlagen in Außenanlagen
249.988
36
22
5
1,4
550
Einbauten in Außenanlagen
29.259
4
3
1
0,2
590
Sonstige Maßnahmen für Außenanlagen
97.976
14
9
2
0,6
500
Außenanlagen
1.921.496
280
167
38
11,1
610
Ausstattung
66.483
10
6
1
0,4
620
Kunstwerke
174.174
25
15
3
1,0
600
Ausstattung und Kunstwerke
240.657
35
21
5
1,4
710
Bauherrenaufgaben
3.624
1
0
0
0,0
720
Vorbereitung der Objektplanung
144.747
21
13
3
0,8
730
Architekten- und Ingenieurleistungen
2.563.348
373
223
51
14,8
507.863
74
44
10
2,9
52.799
8
5
1
0,3
740
Gutachten und Beratung
750
Kunst
760
Finanzierung
770
Allgemeine Baunebenkosten
790
Sonstige Baunebenkosten
700
Baunebenkosten
GK
Gesamtkosten (100-700)
Abb. 8.26:
0
0
0
0
0,0
173.295
25
15
3
1,0
19.897
3
2
0
0,1
3.465.573
505
301
69
20,0
23.224.040
3.383
2.017
461
133,8
Kostengruppe 300 (DIN 276, 3. Ebene) der Fachhochschule Pforzheim: Neubau der Ingenieurwissenschaftlichen Studiengänge
(Landesbetrieb Vermögen und Bau Baden-Württemberg 2000)
242
8 Kosten im Bauwesen
Baumaßnahme, Ort
Ingenieurwissenschaftlichen Studiengänge Tiefenbronnerstraße 65 75175 Pforzheim
Kostengruppe 300 Bauwerk Baukonstruktionen (nach DIN 276) 311 312 313 319 310 321 322 323 324 325 326 327 329 320 331 332 333 334 335 336 337 338 339 330 341 342 343 344 345 346 349 340 351 352 353 359 350 361 362 363 364 369 360 371 372 379 370 391 392 393 394 395 396 397 398 399
Baugrubenherstellung Baugrubenumschließung Wasserhaltung Baugrube, sonstiges Baugrube Baugrundverbesserung Flachgründungen Tiefgründungen Unterböden und Bodenplatten Bodenbeläge Bauwerksabdichtungen Dränagen Gründung, sonstiges Gründung Tragende Außenwände Nichttragende Außenwände Außenstützen Außentüren und -fenster Außenwandbekleidungen, außen Außenwandbekleidungen, innen Elementierte Außenwände Sonnenschutz Außenwände, sonstiges Außenwände Tragende Innenwände Nichttragende Innenwände Innenstützen Innentüren und -fenster Innenwandbekleidungen Elementierte Innenwände Innenwände, sonstiges Innenwände Deckenkonstruktionen Deckenbeläge Deckenbekleidungen Decken, sonstiges Decken Dachkonstruktionen Dachfenster, Dachöffnungen Dachbeläge Dachbekleidungen Dächer, sonstiges Dächer Allgemeine Einbauten Besondere Einbauten Baukonstruktive Einbauten, sonstiges Baukonstruktive Einbauten Baustelleneinrichtung Gerüste Sicherungsmaßnahmen Abbruchmaßnahmen Instandsetzungen Recycling,Zwischendeponierung,Entsorgung Schlechtwetterbau Zusätzliche Maßnahmen Sonstige Maßnahmen für Baukonstruktionen, sonstiges
390
Sonstige Maßnahmen für Baukonstruktionen
300
Bauwerk - Baukonstruktionen
Abb. 8.27:
Gebäudedatenblatt Dokumentation
BWZ
2230
Objekt-Nr.
2853
Bearbeiter
IWB Freiburg
Datum
31.03.2004
Indexstand € / m² NFa
€ 901.652 190.700 3.394 0 1.095.746 12.337 205.543 0 374.778 248.052 62.510 27.451 0 930.671 1.509.467 0 25.144 94.041 47.174 22.394 1.951.487 514.262 20.355 4.184.324 11.076 35.002 75.432 421.769 202.593 787.469 42.693 1.576.034 1.437.206 702.938 505.865 124.890 2.770.899 530.892 118.756 558.129 10.116 31.665 1.249.558 212.105 250.277 0 462.382 395.907 132.849 0 0 0 6.298 0 105.625
Neubau
99,1 € / m³ BRIa
€ / m² BGFa
131 28 0 0 160 2 30 0 55 36 9 4 0 136 220 0 4 14 7 3 284 75 3 610 2 5 11 61 30 115 6 230 209 102 74 18 404 77 17 81 1 5 182 31 36 0 67 58 19 0 0 0 1 0 15
78 17 0 0 95 1 18 0 33 22 5 2 0 81 131 0 2 8 4 2 170 45 2 363 1 3 7 37 18 68 4 137 125 61 44 11 241 46 10 48 1 3 109 18 22 0 40 34 12 0 0 0 1 0 9
Kosten / 300 %
18 4 0 0 22 0 4 0 7 5 1 1 0 18 30 0 0 2 1 0 39 10 0 83 0 1 1 8 4 16 1 31 29 14 10 2 55 11 2 11 0 1 25 4 5 0 9 8 3 0 0 0 0 0 2
7,0 1,5 0,0 0,0 8,5 0,1 1,6 0,0 2,9 1,9 0,5 0,2 0,0 7,2 11,7 0,0 0,2 0,7 0,4 0,2 15,1 4,0 0,2 32,3 0,1 0,3 0,6 3,3 1,6 6,1 0,3 12,2 11,1 5,4 3,9 1,0 21,4 4,1 0,9 4,3 0,1 0,2 9,7 1,6 1,9 0,0 3,6 3,1 1,0 0,0 0,0 0,0 0,0 0,0 0,8
28.400
4
2
1
0,2
669.079
97
58
13
5,2
12.938.693
1.885
1.124
257
100,0
Kostengruppe 300 (DIN 276, 3. Ebene) der Fachhochschule Pforzheim: Neubau der Ingenieurwissenschaftlichen Studiengänge
( Landesbetrieb Vermögen und Bau Baden-Württemberg 2000)
8.4 Baupreis- und Baukostendateien
243
Kosteneinflüsse
Die Baukosten eines Gebäudes werden von verschiedenen Kosteneinflussfaktoren mitbestimmt. Die volkswirtschaftlichen Einflussfaktoren (Konjunktur, regionales Preisniveau) und die bauorganisatorischen Entscheidungen (Form und Zeitpunkt der Ausschreibung, Jahreszeit der Baudurchführung), aber auch die Zugänglichkeit der Baustelle berühren vor allem die Preise der Bauleistungen. Dagegen wirken andere Einflussfaktoren über die Konzeption des Gebäudes – im Großen wie im Detail – auf die Baukosten ein. Hierzu gehören insbesondere: Standort: Festlegungen des Bebauungsplanes, Baugrundverhältnisse (Tragfähigkeit, Grundwasserstand), Schallimmissionen u. a. Art der Gebäudenutzung: Wohnen, Büroarbeit, Gesundheitsversorgung u. a. Anzahl der Nutzeinheiten: Wohnungen, Büroarbeitsplätze, Krankenbetten u. a. Menge der Grundflächen: Nutzflächen, Verkehrsflächen, Grundflächen
Technische
Funktionsflächen und Konstruktions-
Räumliche Konzeption und Tragkonstruktion: Geschossigkeit, Erschließung, Gründungstiefe, tragende Konstruktionen (Anordnung der tragenden Bauteile, senkrecht durchgängige Lastabtragung) Ausbau: Nichttragende Konstruktionen, Gebäudetechnik (Anordnung der Sanitärräume und -objekte, Raumlufttechnik) Rationalisierungswirksamkeit: Rastermaße, standardisierte Bauteile in hohen Stückzahlen Standard: niedrig, mittel, hoch. Das Ausmaß der Kostenbeeinflussung ist sehr unterschiedlich. Generelle Aussagen hierzu sind kaum möglich. Beispielhaft ist in Abb. 8.18 gezeigt, mit welchen Kostenspannen bei Einfamilienhäusern zu rechnen ist. Die Angaben basieren auf 12 in den BKI Baukosten - Statistische Kennwerte 2012 veröffentlichten Ein- und Zweifamilienhäusern (Passivhausstandard, Massivbau). In der Abbildung 8.18 sind für die Kostengruppen der Baukonstruktionen (2. Ebene) sowie für die Kostengruppen 410 Abwasser, Wasser, Gas, 420 Wärmeversorgungsanlagen und 430 Lufttechnische Anlagen jeweils der niedrigste, der Mittelwert und der höchste Wert für die Kosten pro Einheit angegeben. Außerdem ist für den niedrigsten und den höchsten Wert vermerkt, worauf der Kosteneinfluss im Wesentlichen zurückzuführen ist.
244
8.5
8 Kosten im Bauwesen
Die Haftung des Architekten im Kostenbereich
Der Architekt ist verpflichtet, eine gestalterisch, technisch und wirtschaftlich einwandfreie Planung zu liefern. Ist die Planung nicht mängelfrei, so hat der Bauherr Anspruch auf Nacherfüllung bzw. Honorarminderung und ggf. auf Schadenersatz. Gestaltungsmängel sind – da nur schwer objektivierbar – äußerst selten Gegenstand rechtlicher Auseinandersetzungen. Technische Mängel sind – notfalls unter Einschaltung von Sachverständigen – relativ einfach nachweisbar. Ein eventueller Schadenersatzanspruch ist im Regelfall durch die Berufshaftpflichtversicherung des Architekten abgedeckt. Anders ist es bei wirtschaftlichen Mängeln der Planung. Selbst wenn es nicht gleich zur Schadenersatzforderung kommt, können Mängel im wirtschaftlichen Bereich den Bauherrn zur Kündigung des Architektenvertrages berechtigen – mit dem teilweisen oder vollständigen Verlust des Honoraranspruches auf Seiten des Architekten. So kann z. B. der Bauherr dem Architekten aus wichtigem Grunde kündigen, wenn es diesem wiederholt nicht gelingt, den vereinbarten Kostenrahmen einzuhalten (OLG Düsseldorf, 21.10.97 – 21 U 32/97). Ein wichtiges Mittel zur Abwehr unberechtigter Schadenersatzansprüche im Kostenbereich ist eine sorgfältige Kostenermittlung und -fortschreibung, zu der der Architekt ohnehin verpflichtet ist (Grund-)Leistungen nach HOAI: Kostenschätzung, Kostenberechnung, Kostenanschlag, Kostenfeststellung, Kostenkontrolle. Dadurch lassen sich die Ursachen von Bausummenüberschreitungen meistens leicht nachweisen. Hierfür kommen u. a. in Frage: -
verteuernde Sonderwünsche (zusätzliche Ausstattung, höherer Standard u. a.)
-
unvorhersehbare Ausschreibungsergebnisse
-
Mehrkosten wegen Behinderung der Unternehmer
-
ggf. Materialpreiserhöhungen
-
ggf. Lohnerhöhungen
-
fehlerhafte Kostenermittlungen.
Für unerwartete Lohnerhöhungen kann der Architekt ebenso wenig verantwortlich gemacht werden wie für ein kurzfristiges Anziehen der Baupreise. Bei verteuernden Sonderwünschen ist der Architekt verpflichtet, seinen Bauherrn auf die Kostenerhöhung aufmerksam zu machen, soweit diese nicht auch für Fachunkundige dem Grunde und der Höhe nach offensichtlich ist. Für die Frage, ob ein vom Architekten zu vertretender Mangel vorliegt, ist wesentlich, welche Vereinbarung hinsichtlich der Baukosten zwischen dem Bauherrn und dem Architekten getroffen wurde. Hat sich der Architekt hinreißen lassen, eine Bausummengarantie abzugeben, haben Bauherr und Architekt eine Kostenobergrenze als Beschaffenheit der Architektenleistung vereinbart oder haben sie nur über eine Größenordnung von z. B. 300.000 € gesprochen?
8.5 Die Haftung des Architekten im Kostenbereich
245
Bei der Bausummengarantie verpflichtet sich der Architekt, verschuldensunabhängig die über die Garantiesumme hinausgehenden Kosten zu übernehmen. Er müsste also auch für völlig unvorhersehbare Mehrkosten bei der Bauwerksgründung aufkommen (Rauch, B. 2005, S. 287). Ist eine Kostenobergrenze als Beschaffenheit der Architektenleistung vereinbart worden, kommen Toleranzen grundsätzlich nicht in Betracht. Nur dann, wenn sich im Vertrag Anhaltspunkte für einen gewissen Spielraum finden, könnte der Architekt in diesem Rahmen Toleranzen beanspruchen (BGH BauR 1997, S. 494). Ein solcher Anhaltspunkt wäre das Sprechen über eine „Größenordnung“ von z. B. 300.000 € oder auch eine schriftliche Formulierung, dass eine Obergrenze von „ca.“ 300.000 € einzuhalten sei. Eine Obergrenze hinsichtlich der Gesamtkosten kann bei Abschluss des Vertrages, jederzeit aber auch nachträglich, getroffen oder modifiziert werden. Insbesondere die Vorlage des Vorentwurfes oder Entwurfes mit einer Kostenermittlung führt im Falle der Zustimmung des Bauherrn zu einer (neuen) Beschaffenheitsvereinbarung. Diese Vereinbarung kann – je nach den Umständen des Einzelfalles – auch durch konkludentes Handeln zustande kommen, indem z. B. der Bauherr die Erläuterungen des Architekten zur Planung und Kostenermittlung zur Kenntnis nimmt und den Architekten – ohne die Kostenermittlung zu kommentieren – abschließend auffordert, so weiterzumachen. Ist eine Beschaffenheitsvereinbarung hinsichtlich der Kosten nicht getroffen worden, kann der Architekt gewisse Toleranzen beanspruchen. „Toleranzen sind – von der Kostenschätzung bis zum Kostenanschlag graduierlich abnehmend – nur für zum Zeitpunkt der Erstellung der jeweiligen Kostenermittlung „unvermeidliche Unsicherheiten und Unwägbarkeiten“ zu gewähren.“ (Rauch, B. 2005, S. 288). Sind die vom Architekten erstellten Kostenermittlungen grob fehlerhaft, bekommt er keine Toleranzen zugesprochen (BGH BauR 1997, S. 335). Bei der Frage des Schadenersatzes ist zwischen echten und unechten Bausummenüberschreitungen zu unterscheiden. Bei echten Bausummenüberschreitungen bringt der vorliegende Mangel dem Bauherrn nur Nachteile. Dies ist z. B. der Fall, wenn eine Wand wieder abgerissen werden muss, weil der Bauherr sich während der Bauausführung für eine andere Raumaufteilung entschieden hat, oder wenn zusätzliche Kosten entstehen, weil der Architekt Zeichnungen zu spät auf die Baustelle liefert. Im ersten Fall wäre der Bauherr und im zweiten der Architekt für diese echte Bausummenüberschreitung verantwortlich. Sind dagegen mit der Bausummenüberschreitung auch Vorteile verbunden, weil der Bauherr z. B. auch ein größeres und wertvolleres Haus bekommt als das, welches der fehlerhaften Kostenermittlung zugrunde lag, so handelt es sich um eine unechte Bausummenüberschreitung. So hatte der Bundesgerichtshof einen Fall mit einer 75 %-igen Bausummenüberschreitung zu entscheiden und bejahte den Schadenersatzanspruch dem Grunde nach. Der Anspruch scheiterte jedoch daran, dass der Wert des Hauses zum maßgeblichen Zeitpunkt (Schluss der letzten mündlichen Tatsachenverhandlung) 20 % über den entstandenen Baukosten – ohne das Architektenhonorar – lag und damit kein Schaden entstanden war (BGH BauR 1997, S. 335).
246
8 Kosten im Bauwesen
Ähnliches gilt, wenn z. B. aufgrund ungünstiger Baugrundbeschaffenheit höhere Gründungskosten entstehen. Diese Mehrkosten stellen an sich noch keinen Schaden dar, denn das der Kostenermittlung zugrunde liegende Haus wäre nicht standsicher gewesen. Ein Schaden kann jedoch darin bestehen, dass der Bauherr möglicherweise auf eine teurere Nachfinanzierung zurückgreifen muss, während er bei rechtzeitiger Kenntnis der tatsächlichen Kosten eine günstigere Finanzierung hätte wählen können. Ein Schadenersatzanspruch ergibt sich auch dann, wenn der Bauherr bei rechtzeitiger Kenntnis der Kostensteigerung von dem Bauvorhaben Abstand genommen hätte, sich nun aber zur Finanzierung des teurer gewordenen Hauses äußerste Einschränkungen auferlegen muss. Inwieweit bei der unechten Bausummenüberschreitung die Vorteile gegengerechnet werden müssen, hängt von den jeweiligen Bedingungen des Einzelfalles ab (siehe auch Locher, H. 1976, S. 126 ff.).
9
Nutzungskosten im Hochbau
Die wirtschaftliche Planung von Gebäuden beschränkt sich nicht auf das Erreichen günstiger Baukosten und das Einhalten einer ggf. vereinbarten Kostenobergrenze, sondern sie muss auch die während der Nutzungsdauer anfallenden Aufwendungen in ihre Optimierungsüberlegungen einbeziehen. Dazu ist eine vollständige Nutzungskostenplanung erforderlich. Diese umfasst ausgehend von den einmaligen Kosten des Grundstücks und der Vorbereitung, der Planung und der Ausführung des Gebäudes die daraus resultierenden Kapitalkosten sowie die Kosten des Objektmanagements, des Betriebes und der Instandsetzung ab Beginn der Nutzbarkeit des Gebäudes bis zu dessen Beseitigung (Nutzungsdauer).
Für die wirtschaftliche Planung werden demzufolge als Leitsätze formuliert: -
Planung darf nicht allein nach der Höhe der Projektkosten beurteilt werden. Dies gilt vor allem dort, wo ein höherer Aufwand für die Herstellung zu einem geringeren Aufwand bei der Nutzung führt (Substitutionseffekt).
-
Bei der Planung von Gebäuden sollen geeignete Varianten (Grundriss, Baukörper, Bauteile u. a.) entwickelt werden. Deren Bewertung und Auswahl sollen auf der Grundlage einer Nutzungskostenermittlung erfolgen. Dies gilt grundsätzlich auch für die Nutzung eines Gebäudes (Optimierung).
Die Grundsätze, die Begriffe und die Gliederung der Nutzungskosten werden durch die DIN 18960:2008-02, Nutzungskosten im Hochbau, vorgegeben. Verfahren zur praktischen Berechnung sind allgemein bekannt. Die erforderlichen Daten für die Nutzungskostenermittlung standen der Allgemeinheit in der erforderlichen Qualität bisher nicht zur Verfügung.
9.1
Nutzungskostenplanung nach DIN 18960
Aufgabe des Architekten ist die technische, gestalterische und wirtschaftliche Planung von Bauwerken. So oder ähnlich steht es in allen Architektengesetzen der Länder. Im Leistungsbild des Objektplaners nach der Verordnung über die Honorare für Architekten- und Ingenieurleistungen (HOAI) ist die wirtschaftliche Planung verankert als „Durcharbeiten des Planungskonzepts [...] unter Berücksichtigung [...] wirtschaftlicher, energiewirtschaftlicher [...] Anforderungen [...]“ (Anlage 11 zu den §§ 33 und 38 Abs. 2) oder als „Aufstellen einer Bauwerks- und Betriebs-Kosten-Nutzen-Analyse“ sowie als „Wirtschaftlichkeitsberechnung“ (Anlage 2 zu § 3 Abs. 3, Nr. 2.6 Leistungsbild Gebäude und raumbildende Ausbauten). (HOAI:2009-08) Darüber hinaus kann die Ermittlung der Nutzungskosten im Architektenvertrag ausdrücklich vereinbart werden. Hierzu kommentiert Locher: „Das Aufstellen einer Bauwerks- und Betriebs-Kosten-Nutzen-Analyse erfordert in der Regel die Mitwirkung anderer an der Planung
248
9 Nutzungskosten im Hochbau
fachlich Beteiligter zur Berechnung der Betriebskosten für Heizung, Klimaanlagen und anderer technischer Anlagen, zur Ermittlung der Kosten für die Unterhaltung, Instandsetzung und Reinigung eines Bauwerks oder zur Ermittlung der Belastungen durch die Finanzierung, durch Steuern und Abgaben. Die Baunutzungskosten sind in DIN 18960 erläutert und zusammengefasst. [...] Hierher gehören auch Ertragsberechnungen aus Vermietung, Verpachtung und Vergleichsberechnungen. Im Allgemeinen sind für die Aufstellung der Analyse betriebswirtschaftliche Erfahrungen und Kenntnisse des Kapitalmarkts, der Finanz- und Abschreibungsmöglichkeiten erforderlich.“ (Locher, H. 2002, S. 475 bis 476) Es werden nach der Norm fünf Stufen der Nutzungskostenermittlung unterschieden. Sie stehen jeweils im Zusammenhang mit einer Stufe der Kostenermittlung nach DIN 276-1. Der Nutzungskostenrahmen aus der Bedarfsplanung steht vor der eigentlichen Objektplanung des Architekten und der Fachplanungen der Ingenieure. Er ist damit ein wichtiger Teil der Aufgabenstellung, vergleichbar mit dem Kostenrahmen für mindestens die Bauwerkskosten (KG 300 + 400 nach DIN 276-1). Bei der Ermittlung der Bauwerkskosten nach DIN 276-1 ist der Kostenstand anzugeben. Entsprechend gilt: „Bei Nutzungskostenermittlungen ist der Zeitpunkt der Ermittlung und der Betrachtungszeitraum anzugeben.“ (DIN 18960:2008-02) Grundlage der Ermittlung von Kosten im Hochbau
Kostenermittlung (DIN 276-1:2008-12)
Nutzungskostenermittlung (DIN 18960:2008-02)
Bedarfsplanung
Kostenrahmen
Nutzungskostenrahmen
Vorplanung
Kostenschätzung
Nutzungskostenschätzung
Entwurfsplanung
Kostenberechnung
Nutzungskostenberechnung
Ausführungsvorbereitung
Kostenanschlag
Nutzungskostenanschlag
Endgültige Kosten
Kostenfeststellung
Nutzungskostenfeststellung
Abb. 9.1:
Kosten- und Nutzungskostenermittlung als Teil der Objektplanung
Die weiteren Nutzungskostenermittlungen (Nutzungskostenschätzung bis Nutzungskostenfeststellung) sollen mit zunehmender Genauigkeit infolge des Planungsfortschritts bis in das erste Betriebsjahr hinein (Rechnungsperiode z. B. ein Jahr) erfolgen. Sie sind regelmäßig, z. B. jährlich, fortzuschreiben. Vor allem in Bezug auf die Entwicklung von Energiepreisen sind langfristige Voraussagen und damit auch die Ermittlung von über längere Zeit verlässlichen Durchschnittswerten erfahrungsgemäß schwierig. Sowohl die Kostenermittlung nach DIN 276-1:2008-12 als auch die Nutzungskostenermittlung nach DIN 18960:2008-02 sollen im Planungsprozess (in Bezug auf die Nutzungskosten auch in einer anschließenden Abrechnungsperiode) jeweils fünfmal aufgestellt werden (Abbildung 9.1). Das ist im Planungsvertrag, insbesondere für die Nutzungskostenplanung, ausdrücklich zu vereinbaren. Somit ist der Objektplaner in besonderer Weise gefordert, die Grundlagen für die Nutzungskostenermittlung zu legen, für die Baukonstruktionen eigene Ermittlungen aufzustellen und für die technischen Anlagen die Leistungen der fachlich Beteiligten zu koordinieren und in eine umfassende Nutzungskostenermittlung zu integrieren.
9.1 Nutzungskostenplanung nach DIN 18960
249
Die Nutzungskostenplanung soll als Teil oder ergänzend zur Objektplanung und zu den Fachplanungen ausdrücklich beauftragt werden. Der damit verbundene Aufwand rechtfertigt eine Vergütung als Besondere Leistungen gemäß der HOAI. Hierauf ist bei der individuellen Vereinbarung der Vertragsleistungen und bei der Vergütung in besonderer Weise zu achten.
9.1.1
Nutzungskostenkennwerte
Mit der Reihe BKI Objektdaten Nutzungskosten von Bestandsimmobilien, NK 1 bis 4 hat das Baukosteninformationszentrum Deutscher Architektenkammern (BKI) erstmals eine Datensammlung von Nutzungskostenkennwerten vorgelegt. Es handelt sich dabei um Daten, die vom Institut für Bauökonomie der Universität Stuttgart ab dem Jahr 2009 an Bestandsimmobilien erhoben wurden. Grundlage der Datenerhebung ist die DIN 18960:2008-02, Nutzungskosten im Hochbau. Sie enthält normative Verweisungen, regelt den Anwendungsbereich der Nutzungskostenplanung und gibt hierfür die Grundsätze, die Begriffe sowie die Gliederung vor. Mit den inzwischen vorliegenden Bänden NK 1 bis 4 wurden für eine größere Anzahl von vergleichbaren Objekten Nutzungskostenkennwerte für die ausgabewirksamen Kostenarten Objektmanagementkosten (KG 200), Betriebskosten (KG 300) sowie Instandsetzungskosten (KG 400) bis in die zweite Ebene der Gliederung erhoben. Die internen Kosteneinflüsse, also des Bauwerks und des Nutzerverhaltens, werden umfassend erläutert, die Objekte werden durch zahlreiche Abbildungen veranschaulicht. Es ist damit möglich, für ausgewählte Nutzungen auf der Grundlage empirischer Kennwerte und in Bezug auf die Grundflächen und Rauminhalte von Gebäuden Nutzungskostenermittlungen zu erstellen. Dabei sind die auf die Nutzfläche (NF) bezogenen Kennwerte vor allem für die Planung von Interesse. Denn ein Raum- und Funktionsprogramm, vgl. DIN 18205:1996-04, Bedarfsplanung im Bauwesen, enthält die geforderten Funktionen, welche ein Gebäude erfüllen muss. Für den Vergleich von Bestandsimmobilien bieten sich die Brutto-Grundfläche (BGF) und der BruttoRauminhalt (BRI) für Vergleichsberechnungen an. Für die Untersuchung von Nutzungskosten an ausgewählten Baukonstruktionen und technischen Anlagen ist die bauteilorientierte Kostengliederung der DIN 276-1:2008-12 in Verbindung mit den Mengen und Bezugseinheiten der DIN 277-3:2005-04 zu verwenden. Hierzu werden abschließend sowohl eine Nutzungskostenberechnung an einem Bauteil als auch an einem Neubau gezeigt. Die Erhebung von weiteren Nutzungskostenkennwerten zu Bauteilen und ein Katalog der technischen Lebensdauer soll Gegenstand zukünftiger Datenerhebungen in der Praxis und der Forschung sein.
9.1.2
Zusammenhang von Nutzungskosten und Kosten im Bauwesen
Zwischen der Erstinvestitionsausgabe (Kosten im Hochbau) und den Nutzungskosten besteht insofern ein sehr enger Zusammenhang, als sich die Kosten im Hochbau als Kapitalkosten in der Kostengruppe 100 der Nutzungskosten im Hochbau niederschlagen (siehe Abbildung 9.2). Und zwar wird die Erstinvestitionsausgabe durch den Ansatz von Zinsen und Abschreibung in periodenbezogene Kosten – im Regelfall Jahreskosten – umgewandelt.
250
9 Nutzungskosten im Hochbau
Die Nutzungskostenplanung ergänzt also die Kostenplanung im Hochbau in der Weise, dass unter Zugrundelegung der Erstinvestition (KG 100 bis 700 nach DIN 276-1:2008-12) „alle in baulichen Anlagen und deren Grundstücken entstehenden regelmäßig oder unregelmäßig wiederkehrenden Kosten von Beginn ihrer Nutzbarkeit bis zu ihrer Beseitigung (Nutzungsdauer)“ berücksichtigt werden. Kostenermittlungen sollen grundsätzlich vollständig sein: „Die Nutzungskosten sind für alle Nutzungskostenarten vollständig zu erfassen.“ (DIN 18960:2008-02) Darüber hinaus soll grundsätzlich auch das gesamte Objekt Gegenstand der Ermittlung sein. Unabhängig davon kann eine Nutzungskostenermittlung für ein ausgewähltes Bauteil einen wertvollen Beitrag für die Optimierung der Planung leisten. Eine vollständige Nutzungskostenermittlung soll, über die Ermittlungen mit statistischen Kennwerten hinaus, auch die Kapitalkosten enthalten. Hierzu stehen jedoch häufig keine Daten zur Verfügung. Die Kapitalkosten können jedoch bereits auf Grundlage eines Planungskonzepts als eine erste Kostenermittlung (Kostenrahmen, Kostenschätzung) aufgestellt werden. Es müssen dann Annahmen zur Nutzungsdauer des Objekts und zur Verzinsung des eingesetzten Kapitals getroffen werden. DIN 276-1:2008-12, Kosten im Bauwesen – Teil 1: Hochbau
DIN 18960:2008-02, Nutzungskosten im Hochbau
KG
Bezeichnung
KG
Bezeichnung
100 200 300 400 500 600 700
Grundstück Herrichten und Erschließen Bauwerk - Baukonstruktionen Bauwerk - Technische Anlagen Außenanlagen Ausstattung und Kunstwerke Baunebenkosten
100
Kapitalkosten
ausgabenwirksame Kosten ab Beginn der Nutzbarkeit, Datenerhebung und Bildung von Nutzungskostenkennwerten durch BKI
200
Objektmanagementkosten
300
Betriebskosten
400
Instandsetzungskosten
110 120 130 190
Fremdmittel Eigenmittel Abschreibung Kapitalkosten, sonstiges
Die betriebsspezifischen und produktionsbedingten Personal- und Sachkosten sind nicht Teil der Nutzungskosten soweit sie sich von ihnen trennen lassen. Abb. 9.2:
Kosten im Bauwesen und Nutzungskosten im Hochbau
Grundsätzlich handelt es sich bei der Nutzungskostenermittlung nach DIN 18960:2008-02, genauso wie bei der Kostenplanung nach DIN 276-1:2008-12, um eine Aufgabe der Objektplanung. So heißt es in der Norm: „Die Nutzungskostenplanung dient der wirtschaftlichen und kostentransparenten Planung, Herstellung, Nutzung und Optimierung von Bauwerken.
9.1 Nutzungskostenplanung nach DIN 18960
251
Hierzu sind qualitative und quantitative Bedarfsvorgaben erforderlich. Dieses Vorgehen gilt vom Beginn der Planung bis zum Ende des Betrachtungszeitraumes, insbesondere bei Planungs-, Vergabe- und Ausführungsentscheidungen. Zur Erreichung der Kostentransparenz sind organisatorische und technische Messsysteme festzulegen. In Abhängigkeit zum Stand der Planung, Ausführung bzw. dem Bestand sind die Grundlagen für die Nutzungskostenplanung anzugeben.“ (DIN 18960:2008-02) Durch den Vergleich der Nutzungskosten mindestens zweier, besser zahlreicher Objekte oder Bauteile, lassen sich Wirtschaftlichkeitsbeurteilungen in der Objektplanung wie auch während der Nutzung durchführen und Optimierungsvorschläge ableiten. Die inzwischen vorliegenden Daten gestatten dies für mehrere Nutzungsarten, insbesondere Kindergärten, auf der Grundlage von umfangreichen Kennwerten. Auf die Vergleichbarkeit der Objekte, z. B. Baujahr und Baualter des Gebäudes, der Bauteile, z. B. Parkett, und weiterer Kosteneinflüsse, z. B. das Nutzerverhalten, ist bei der Anwendung besonders zu achten. Die Bedeutung der Nutzungskosten von Immobilien ist in Fachkreisen seit vielen Jahrzehnten bekannt. Die erste Fassung der Norm DIN 18960:1976-04, Baunutzungskosten von Hochbauten, wurde unter anderem durch die Energiekrise ausgelöst und ab Beginn der 1970er Jahre erarbeitet. Dennoch wird die Nutzungskostenermittlung bislang in der Praxis bei der Objektplanung noch viel zu wenig angewendet. Für die Nutzungskostenplanung durch den Architekten, unterstützt durch die an der Planung fachlich beteiligten Ingenieure, insbesondere für die Technische Ausrüstung von Gebäuden, sind einheitliche Parameter unverzichtbar. Dazu gehören -
die Objektbeschreibung, insbesondere Nutzungsart und Herstellung
-
die Ermittlung von Bezugseinheiten, Nutzeinheiten (NE), Grundflächen und Rauminhalten sowie für die Nutzungskosten relevante Bauteile
-
Überlegungen zur Strategie des Eigentümers und zum Nutzerverhalten, denn öffentliche, private und gewerbliche Eigentümer von Immobilien verfolgen in Bezug auf ihr Objekt teilweise sehr unterschiedliche Ziele
-
die Auswahl eines Verfahrens zur Berechnung, es kommen verschiedene statische und dynamische Verfahren der Investitionsrechnung in Betracht
-
die Vorgabe eines Betrachtungszeitraums (Wirtschaftliche Nutzungsdauer) unter Beachtung der Technischen Lebensdauer wesentlicher Bauteile
-
die Festlegung eines Zinssatzes zur Ermittlung der Kapitalkosten, soweit möglich auch die Berücksichtigung der Anteile von Fremd- und Eigenmitteln an der Finanzierung
-
die Auswahl geeigneter Nutzungskostenkennwerte für die Nutzungskostenermittlung, zum einen statistische Kostenkennwerte aus NK1 bis NK4, zum anderen eigene Daten und Annahmen
-
Einschätzung der Preisentwicklungen auf den Märkten für Güter und Leistungen, insbesondere für Energie und Instandsetzungsarbeiten.
252
9 Nutzungskosten im Hochbau
Die Höhe der Nutzungskosten als jährlicher Durchschnittswert (Kostenvergleichsrechnung) bezogen auf das ganze Objekt, eine Nutzeinheit, eine Grundfläche oder ein Bauteil kann je nach Strategie, Betrachtungszeitraum, Zinssatz oder Einschätzung von Preisentwicklungen unterschiedlich ausfallen. Insofern ist ein Vergleich von Nutzungskostenermittlungen unterschiedlicher Betrachtungsgegenstände nur dann transparent, wenn die oben genannten Parameter übereinstimmen. Wird zum Beispiel der Betrachtungszeitraum verändert, hat dies auf jeden Fall Auswirkungen auf die durchschnittliche Höhe der Abschreibung und der Instandsetzungskosten pro Bauteil und Jahr. (vgl. Kalusche, W. 2009a, S. 360 bis 364) Planung und Ausführung des Neubaus werden als Projekt verstanden und liegen damit ausdrücklich außerhalb der Nutzungsdauer. Ebenso zählen Abbruch und Beseitigung des Objektes als Projekt. Die dafür anfallenden Investitionskosten sind Gegenstand der DIN 2761:2008-12, Kosten im Bauwesen – Teil 1: Hochbau. Die dazwischen liegende Nutzungsdauer, genauer wirtschaftliche Nutzungsdauer, des Objektes ist als Bezugszeitraum für die Summe aller Nutzungskosten geeignet. Ein wesentlicher Teil der während der Nutzbarkeit anfallenden Kosten ist kurz- oder mittelfristig ausgabenwirksam. Dies gilt insbesondere für die Kosten aus Objektmanagement, Betrieb und Instandsetzung. Es ist einfach, diese über viele Jahre zu erfassen und im Nachhinein als jährlich durchschnittliche Kosten zu dokumentieren. Dagegen ist eine langfristige Voraussage schwierig. Die zukünftigen Kosten, welche aus unvorhersehbaren Preisentwicklungen von Energie, Stoffen und Löhnen resultieren und sich zusätzlich aus klimatischen Einflüssen ergeben, sind mit Unsicherheit behaftet. Auch die Kapitalkosten aus der Bereitstellung eines Gebäudes sind nicht ohne Weiteres zu bestimmen. Sie ergeben sich grundsätzlich aus der Abnutzung des einmal hergestellten Gebäudes sowie der Finanzierung des Gebäudes und des Grundstücks. Entscheidend ist auch die Festlegung des Betrachtungszeitraumes, welcher der voraussichtlichen oder beabsichtigten wirtschaftlichen Nutzungsdauer des Gebäudes entsprechen sollte. Sie wird in der Regel durch den Bauherrn oder Eigentümer vorgegeben. Die wirtschaftliche Nutzungsdauer wird nicht nur von den Kosten des Objekts, sondern auch von der Nachfrage auf dem Immobilienmarkt bestimmt. Nimmt diese an einem Standort deutlich ab, werden Abbruch und Beseitigung notwendig. Wegen der sich ändernden wirtschaftlichen Rahmenbedingungen, z. B. demographische Entwicklung, ist heute die von den Bauherren angesetzte wirtschaftliche Nutzungsdauer von Gebäuden kürzer als noch vor wenigen Jahrzehnten. Ist die wirtschaftliche Nutzungsdauer eines Gebäudes kürzer als die technische Lebensdauer einzelner Bauteile, kann deren Abnutzungsvorrat nicht ausgeschöpft werden. Es sei denn, sie können wieder verwendet werden. Kommentar zur Nutzungskostengliederung
Die Nutzungskostengliederung umfasst zwei unterschiedliche Kostenarten: -
kalkulatorische Kosten (Kapitalkosten und Abschreibung); die Ausgaben fallen insbesondere beim Neubau einmal an und werden auf die wirtschaftlichen Nutzungsdauer des Objektes verteilt
9.1 Nutzungskostenplanung nach DIN 18960 -
253
ausgabenwirksame Kosten (Objektmanagementkosten, Betriebskosten und Instandsetzungskosten); die Ausgaben fallen regelmäßig oder unregelmäßig wiederkehrend während der wirtschaftlichen Nutzungsdauer an und werden als jährlicher Durchschnittswert angesetzt. Wir bezeichnen diese Kostenarten auch als Folgekosten, weil dies (bei vollständiger Eigenfinanzierung) diejenigen Zahlungen sind, die auf die vollständige Bezahlung des Bauvorhabens folgen.
Soll die Wirtschaftlichkeit von öffentlichen, gewerblichen oder privaten Objekten verglichen werden, sind die kalkulatorischen Kosten aus Finanzierung und Abschreibung sowie die Objektmanagementkosten als Bestandteil der Nutzungskostenermittlung unverzichtbar. Private Eigentümer berücksichtigen oft die eingebrachten Eigenleistungen, z. B. Baugrundstück und Eigenkapital, nicht. Beim Vergleich von Mietobjekten und selbst genutzten Immobilien werden dann leicht Fehler gemacht. Denn die Kosten werden im einen Fall vollständig angegeben und im anderen Fall nicht.
9.1.3
Kalkulatorische Kostenarten
Die Gliederung der Nutzungskosten berücksichtigt die Umlage von Investitionen auf die wirtschaftliche Nutzungsdauer in Form der kalkulatorischen Abschreibung (vgl. Abb. 9.3). Darunter sind die Kosten für die Abnutzung eines Wirtschaftsgutes, hier des Gebäudes, zu verstehen. Im Gegensatz zur steuerlichen Abschreibung (fiskalische Abschreibung) ist die bei einer Wirtschaftlichkeitsrechnung berücksichtigte Abschreibung eine kalkulatorische Größe. Für die Ermittlung wird die wirtschaftliche Nutzungsdauer vom Investor in eigener Verantwortung festgesetzt. Die kalkulatorische und die fiskalischen Abschreibung sind getrennt voneinander zu betrachten.
Kosten
Baukosten (KG 200 – 700 nach DIN 276-1
durchschnittlich halbe Kapitalbindung
Grundstück Zeit Wirtschaftliche Nutzungsdauer Abb. 9.3:
Kalkulatorische Abschreibung der Bauinvestition und Kapitalbindung
254
9 Nutzungskosten im Hochbau
Den Kosten aus der Bereitstellung des Gebäudes während der wirtschaftlichen Nutzungsdauer wird durch die kalkulatorische Abschreibung Rechnung getragen. Die jährlichen Kosten aus kalkulatorischer Abschreibung (a) ergeben sich aus der Anschaffungsausgabe (A) für die Bauinvestition ohne Baugrundstück, dividiert durch die Anzahl der Jahre (n) der wirtschaftlichen Nutzungsdauer: a = A/n. Der Wertverlust des Gebäudes und des damit verbundenen weiteren Aufwands während des Betrachtungszeitraumes wird vereinfacht als jährlich gleich hoch angenommen. Diese Art der Abschreibung, z. B. mit dem 40-sten Teil des Anfangswertes pro Jahr, wird als linear bezeichnet. Auch wenn Gebäude laufend instand gehalten werden, kann dennoch auf deren Abschreibung nicht verzichtet werden, denn spätestens, wenn sie abgebrochen werden, beträgt ihr kalkulatorischer Restwert bestenfalls 0. Die Kosten von Abbruch und Beseitigung und gegebenenfalls die Erlöse aus der Verwertung von noch brauchbaren Bauteilen werden hier vernachlässigt. Das bedeutet nicht, dass es für das Objekt nach Ablauf des definierten Zeitraumes überhaupt keine Verwendung mehr geben kann, sie wird nur nicht berücksichtigt. Ein Verkaufserlös aus dem Restwert des Objektes ist nicht unwahrscheinlich, jedoch können Abbruch und Beseitigung erhebliche Kosten verursachen. Nur in Ausnahmefällen werden hierfür Kosten ermittelt und Rücklagen gebildet. Bei der Nutzungskostenermittlung über einen langen Betrachtungszeitraum darf auf diesen Gesichtspunkt erst einmal verzichtet werden. Das Grundstück steht nach dem Abbruch des Gebäudes für eine weitere Nutzung zur Verfügung. Es ist somit abnutzungsfrei. Hierauf eine Abschreibung anzusetzen, wäre ein grober Fehler. Deswegen ist es bei jeder wirtschaftlichen Betrachtung einer Immobilie notwendig, den Wert des Gebäudes vom Bodenwert zu unterscheiden. Wenn Immobilien im Laufe der Zeit eine Wertsteigerung erfahren, liegt dies meist an der Attraktivität des Standortes. Bei einer Nutzungskostenermittlung kann nicht ohne Weiteres davon ausgegangen werden, dass der Wertverlust des Gebäudes durch die mögliche Wertsteigerung des Grundstücks ausgeglichen wird. Dies wäre eine Spekulation. Zwar haben vergangene Entwicklungen diesbezügliche Hoffnungen genährt, in den letzten Jahren fallen jedoch im Norden und Osten der Bundesrepublik die Grundstückspreise vor allem in ländlichen Regionen erheblich. Gebäude und Grundstück binden während der wirtschaftlichen Nutzungsdauer Kapital. Bei der Ermittlung der Kapitalkosten ist zu berücksichtigen, dass sich die Kapitalbindung durch die Abnutzung des Bauwerkes, über die Abschreibung als Kosten bewertet, beständig verringert. Wegen des linear angenommenen Wertverlustes kann man bei der langfristigen Betrachtung von einer durchschnittlich halben Kapitalbindung (Anschaffungsausgabe von 1,00 + Restwert von 0,00 ergibt im Durchschnitt 0,50) im Gebäude ausgehen. Dem nachfolgenden Beispiel der Nutzungskostenberechnung für einen Kindergarten liegt eine Kostenermittlung nach DIN 276-1:2008-12 zu Grunde. Nach Abzug des Grundstückswertes betragen die Baukosten (Bauwerk einschließlich Herrichten und Erschließen, Außenanlagen, Ausstattung und Baunebenkosten) 1.040.000 €. Die kalkulatorische Abschreibung wird über 40 Jahre gerechnet. Wählt man eine andere wirtschaftliche Nutzungsdauer, hat das Auswirkungen auf die Höhe der anteiligen Nutzungskosten für Abschreibung pro Jahr, wie in Abbildung 9.4 gut zu erkennen ist.
9.1 Nutzungskostenplanung nach DIN 18960
255
Zu den Kapitalkosten zählen alle Kosten, die sich aus der Inanspruchnahme von Finanzierungsmitteln ergeben, namentlich die Zinsen und Zinseszinsen. Sie werden in Fremd- und Eigenkapitalkosten unterschieden. Als Eigenmittel kommen neben Geldmitteln auch Arbeitsleistungen des Bauherrn im Sinne der Selbsthilfe, eingebrachte Baustoffe, ein vorhandenes Baugrundstück oder vorhandene Bauteile in Betracht. Häufig werden aus Unkenntnis für das eingesetzte und langfristig gebundene Eigenkapital die Kapitalkosten nicht in Ansatz gebracht. Die Verzinsung des Eigenkapitals führt nicht zu Zinszahlungen. Dennoch handelt es sich um Kapitalkosten, da andernfalls die Verwendung des Eigenkapitals für eine andere Investition, die Zinserlöse erwarten lässt, möglich wäre. Da die Inanspruchnahme von Finanzierungsmitteln fast immer zu einem Teil aus Eigenmitteln erfolgt, werden die Zinsen und sonstigen Kosten aus Eigen- und Fremdmitteleinsatz insgesamt als kalkulatorische Kostengröße verstanden. Anschaffungsausgabe (A)
Zeitraum (n) in Jahren
Abschreibung (n) p. a.
1.040.000 €
20
52.000 €
1.040.000 €
30
34.667 €
1.040.000 €
40 (vgl. Bsp. S. 262 ff.)
26.000 €
1.040.000 €
50
20.800 €
1.040.000 €
60
17.333 €
1.040.000 €
80
13.000 €
Abb. 9.4:
Variation der Abschreibungsdauern und Kosten aus Abschreibung
Die Kapitalkosten können bei der Beurteilung der Wirtschaftlichkeit mit der Realverzinsung gerechnet werden. Die Realverzinsung ist eine um die allgemeine Teuerung bereinigte Nominalverzinsung. Das hat den Vorteil, dass Schwankungen auf dem Kapitalmarkt und langfristig unterschiedliche Teuerungsraten aus der Berechnung herausgenommen werden können. Die Realverzinsung ergibt als Quotient aus Nominalverzinsung und allgemeiner Teuerung langfristig nahezu konstant den Zinsfaktor 1,03 oder den Zinssatz 3 % (siehe Beispiel S. 262 ff.). Wie schon im Abschnitt 6.2 ausgeführt wurde, müssen bei Anwendung der Investitionsrechnung die drei prinzipiellen Größen, die in einem direkten Abhängigkeitsverhältnis zueinander stehen, berücksichtigt werden: -
Zahlungen (einschließlich Anfangs- und Endkapital),
-
Zins (Zinssatz, Zinsfuß),
-
Zeit (Anfangs- und Endtermin, Dauer).
Die sogenannten Hilfsverfahren der Praxis (statische Verfahren) rechnen mit jährlichen Durchschnittsbeträgen und berücksichtigen daher die Zeitstruktur der Zahlungen nicht oder nur unvollkommen. Demgegenüber gehen die finanzmathematischen Verfahren (dynamische Verfahren) von (Ein- und) Auszahlungsströmen aus und berücksichtigen mögliche Unterschiede der Zahlungsbeträge bis zum Ende der Betrachtungsdauer.
256
9 Nutzungskosten im Hochbau
Die Fragen der Verfahrenswahl werden hier nicht weiter vertieft. Für die Nutzungskostenplanung ist die Anwendung der Kostenvergleichsrechnung (statisches Verfahren) ausreichend genau. Die dabei in Kauf genommene Ungenauigkeit, insbesondere durch Vernachlässigung des Zinseszinseffektes, wiegt weniger als eine eventuelle Unsicherheit bei der Festlegung der Nutzungsdauer oder der Anwendung von statistischen oder geschätzten Nutzungskostenkennwerten. Dies schließt die Anwendung anderer Verfahren nicht aus. Das Vorteilhaftigkeitskriterium der Kostenvergleichsrechnung sind die jährlichen Kosten einer Investition. Dieses Verfahren kann als Wirtschaftlichkeitsvergleich nur dann angewendet werden, wenn Nutzen oder Erlöse verschiedener Investitionen gleich sind oder als annähernd gleich angenommen werden können.
9.1.4
Ausgabenwirksame Kostenarten
Die ausgabenwirksamen Kosten bei der Nutzung eines Gebäudes werden oft als laufende Kosten bezeichnet. Sie können jährlich erhoben werden. Soweit sie regelmäßig anfallen, wie die Objektmanagementkosten (KG 200) und die Betriebskosten (KG 300) sind Schwankungen vergleichsweise gering. Der Begriff Verwaltungskosten in der DIN 18960:1999-08 wurde in der neuen Fassung der Norm von 2008 durch Objektmanagementkosten ersetzt. Das sind Personalkosten für technische, kaufmännische und infrastrukturelle Managementleistungen sowie Sachkosten wie Büromaterialien, Mietkosten, Fahrtkosten und vieles mehr. Zu den Objektmanagementkosten gehören in der 2. Ebene der Gliederung: 210 Personalkosten 220 Sachkosten 230 Fremdleistungen 290 Objektmanagementkosten, sonstiges. Die Kosten für die Versorgung, Entsorgung, Reinigung und Pflege von Gebäuden und Außenanlagen, die Sicherheits- und Überwachungsdienste und schließlich für die Bedienung, Inspektion und Wartung von baulichen Anlagen machen die Betriebskosten aus. Änderungen ergeben sich unter anderem aus der Witterung, den Preisentwicklungen sowie dem Nutzerverhalten. Die Betriebskosten (KG 300) werden in der 2. Ebene der Gliederung unterschieden in: 310 Versorgung 320 Entsorgung 330 Reinigung und Pflege von Gebäuden 340 Reinigung und Pflege von Außenanlagen 350 Bedienung, Inspektion und Wartung 360 Sicherheits- und Überwachungsdienste 370 Abgaben und Beiträge 390 Betriebskosten, sonstiges.
9.1 Nutzungskostenplanung nach DIN 18960
257
Im Unterschied zur vorangegangenen Fassung der Norm wird bei den Kosten der Ver- und Entsorgung (KG 310 und 320) nicht mehr nach Anlagegruppen, z. B. Wärmeversorgungsanlagen, sondern nach Verbrauchsarten, z. B. Öl oder Gas, unterschieden. Damit wird der in der Praxis üblichen Erfassung von Mengen und Kosten nach Verbrauchsarten Rechnung getragen. Auch die bei vielen Nutzungen, z. B. Krankenhaus, kostenintensive Reinigung und Pflege von Gebäuden (KG 330) folgt nicht mehr der Gliederung nach Bauteilen, sondern der in der Praxis üblichen Unterscheidung nach Reinigungsarten, z. B. Unterhaltsreinigung, Glasreinigung, Fassadenreinigung oder Reinigung technischer Anlagen. Die Kosten der KG 400 Instandsetzung sind in den ersten Jahren nach Nutzungsbeginn oder nach einer Modernisierung vergleichsweise gering. Sie können jedoch nach 10 bis 15 Jahren sehr hoch sein. Ursache sind dann notwendige Maßnahmen am Dach oder im Bereich der technischen Anlagen. Bei der Gliederung der Instandsetzungskosten wurde die Systematik der DIN 276-1 berücksichtigt. Das erleichtert die Übertragung von Daten, z. B. Mengen der Bauelemente, aus der Kostenermittlung in die Nutzungskostenermittlung. Zu den Instandsetzungskosten zählen in der 2. Ebene der Gliederung folgende Kostenarten: 410 Instandsetzung der Baukonstruktionen 420 Instandsetzung der Technischen Anlagen 430 Instandsetzung der Außenanlagen 440 Instandsetzung der Ausstattung 490 Instandsetzung, sonstiges Für die Ermittlung der Instandsetzungskosten ist die Einschätzung des zeitlichen Anfalls und der Kosten von größeren Instandsetzungen entscheidend. Eine Instandsetzungsstrategie ist deshalb nicht nur Voraussetzung für die Betriebssicherheit eines Gebäudes, sondern eben auch für die Planung und Finanzierung aller Maßnahmen, die als Instandsetzung geplant werden müssen.
9.1.5
Bezugseinheiten für die Nutzungskosten
Kosten- und Nutzungskostenkennwerte werden zu mindestens einer Bezugsgröße ins Verhältnis gesetzt. Grundsätzlich können Nutzungskosten auf das gesamte Objekt und die gesamte Nutzungsdauer bezogen werden. Ein solcher Gesamtwert wird sinnvoller Weise auf den Zeitpunkt des Nutzungsbeginns gerechnet. Hierfür bietet sich die Abzinsung aller im Betrachtungszeitraum anfallenden Ausgaben mit Hilfe der Barwertberechnung (dynamisches Verfahren) an. Der Barwert ist allerdings eine abstrakte Größe. Er führt nur im Vergleich von Varianten oder im Vergleich mit dem Barwert der im selben Zeitraum zu erwartenden Einnahmen oder Einsparungen zu einer Aussage (Kapitalwert). Für eine Dokumentation wie auch eine Ermittlung der Nutzungskosten von z. B. Kindergärten können, wie in Abbildung 9.5 gezeigt, als Bezugseinheiten grundsätzlich sowohl die Nutzeinheit (NE), der Brutto-Rauminhalt (BRI), die Brutto-Grundfläche (BGF) als auch die Nutzfläche (NF) verwendet werden.
258
9 Nutzungskosten im Hochbau
Zur Optimierung der Planung oder Erhaltung von Objekten ist es sinnvoll, die vollständigen Nutzungskosten oder ausgewählte Kostenarten (Kostengruppen) auf Grundflächen, Rauminhalte, Bauteile oder andere Bezugseinheiten pro Jahr zu rechnen. Für den Vergleich, vor allem auch in der Größe unterschiedlicher Gebäude, bieten sich als Bezugseinheiten für die Kostenaussagen die Nutzeinheiten und die Grundflächen des Gebäudes an (Abb. 9.5). Bezeichnung (Abkürzung)
Beispiel
Normative Verweisung
Nutzeinheit (NE)
€/NE p. a.
DIN 18205:1996-04
Brutto-Rauminhalt (BRI)
€/m² BRI p. a.
DIN 277-1:2005-02
Brutto-Grundfläche (BGF)
€/m² BGF p. a.
DIN 277-2:2005-02
Nutzfläche (NF)
€/m² NF p. a.
DIN 277-3:2005-04
DIN 18205:1996-04, Bedarfsplanung im Bauwesen DIN 277, Grundflächen und Rauminhalte von Bauwerken im Hochbau – Teil 1:2005-02, Begriffe, Ermittlungsgrundlagen Teil 2:2005-02, Gliederung der Netto-Grundfläche Teil 3:2005-04, Mengen und Bezugseinheiten Abb. 9.5:
Bezugseinheiten der Nutzungskosten zur Kennwertbildung
Grundflächen sind die am häufigsten verwendeten Bezugseinheiten. Liegen noch keine Angaben hierzu vor, können auch Kennwerte in Bezug auf eine Nutzeinheit (NE), z. B. eine Kindergartengruppe, gebildet werden. Die Kosten pro Bezugseinheit werden für jeweils ein Jahr gerechnet, entweder für das erste Jahr ab Nutzungsbeginn oder für ein Durchschnittsjahr der wirtschaftlichen Nutzungsdauer (jeweils p. a. = per annum). Kostenkennwerte benötigen eine Angabe der Flächenart, z. B. €/m² BGF p. a. Da z. B. die Brutto-Grundfläche ein Eineinhalbfaches der Nutzfläche betragen kann, ist ein Kennwert ohne die Angabe der Flächenart eine Fehlerquelle. Einflüsse auf die Nutzungskosten und Erläuterungen
Aussagen zu den Nutzungskosten sind zu erläutern. Das gilt insbesondere für die Kosteneinflüsse. In der DIN 18960:2008-02 wird dazu erläutert: „Kosteneinflüsse entstehen durch die Festlegung von Standards (Service Levels), Nutzerverhalten und deren Veränderung sowie die daraus folgenden funktionalen, technischen und organisatorischen Systemeigenschaften und nicht beeinflussbare Größen aus der Systemumgebung. Sie sind in ihren Auswirkungen, bezogen auf einen Betrachtungszeitraum, zu beschreiben und im Hinblick auf die Nutzungskosten zu bewerten und in den Nutzungskostengruppen zu berücksichtigen.“ (DIN 18960:2008-02) Dieser berechtigten Anforderung ist sowohl bei der Erhebung von Daten als auch bei der Nutzungskostenermittlung mit empirischen Kennwerten Rechnung zu tragen.
9.1 Nutzungskostenplanung nach DIN 18960
259
Auf die Nutzungskosten wirken immer mehrere Einflüsse (vgl. Abbildung 9.6). Dazu gehören als interne Kosteneinflüsse die Systemeigenschaften des Gebäudes. Hierzu zählen die Nutzungsart (1), z. B. Schule, und die Herstellung des Gebäudes (2), mit dem Grundrisstyp, z. B. zweibündige Anlage mit Mittelgang, und die Konstruktion z. B. als Mauerwerksbau in Massivbauweise. Bei Neubauten und ebenso bei Bestandsimmobilien sind Angaben zu Baujahr und Baualter (3) erforderlich, z. B. in den 1950er Jahren erstellt. Gebäude bestimmter Baualtersklassen weisen überwiegend ähnliche Eigenschaften auf. Für die genannte Baualtersklasse sind das: Mauerwerksbau, unterkellert, Stahlbetondecken. Die Systemeigenschaften werden zum einen durch die Bedarfsanforderungen des Bauherrn vorgegeben und durch die von ihm beauftragten Architekten, Ingenieure und ausführenden Firmen umgesetzt. Zum anderen müssen sie zum Zeitpunkt der Technischen Abnahme der Bauleistungen den „Allgemein anerkannten Regeln der Technik“ entsprechen, diese verändern sich jedoch stetig (siehe auch 6). Auch zu den internen Kosteneinflüssen zählen die Strategie des Eigentümers, z. B. Werterhalt des Objektes durch regelmäßige Instandhaltung, und das Nutzerverhalten (4), z. B. eine regelmäßige und fachgerechte Reinigung der Innenräume. Auch dadurch wird die technische Lebensdauer der Bauteile beeinflusst. Interne Kosteneinflüsse (1, 2, 3, 4) und Externe Kosteneinflüsse (5, 6)
3) Baujahr und Alter des Gebäudes
2) Herstellung des Gebäudes
4) Strategie des Eigentümers und Nutzerverhalten
Nutzungskosten im Hochbau
1) Nutzungsart des Gebäudes
5) Preise auf Märkten für Güter und Leistungen
6) Umwelt, Umgebung und Gesellschaft
Systemeigenschaften (1, 2, 3), Nutzerverhalten (4) und Systemumgebung (5, 6) Abb. 9.6:
Kosteneinflüsse auf die Nutzungskosten
Bei der Angabe von Nutzungskostenkennwerten, z. B. Kosten der Reinigung und Pflege von Gebäuden (KG 330) pro m² Brutto-Grundfläche (BGF) einer Grundschule, sind, soweit möglich, die genannten Systemeigenschaften sowie die Strategie des Eigentümers und das Nutzerverhalten, z. B. Anzahl der Schüler, Art und Häufigkeit von Maßnahmen der Reinigung, zu beschreiben. Werden Angaben zu den Instandsetzungskosten gemacht, sind vor allem die bei der Herstellung eingesetzten Baumaterialien und die bereits durchgeführten Instandsetzungen in den letzten Jahren von Interesse.
260
9 Nutzungskosten im Hochbau
Als Kosteneinflüsse aus der Systemumgebung sind die Märkte für Güter und Leistungen (5), z. B. Heizöl für die Erwärmung des Gebäudes und Löhne für Reinigungsleistungen, zu nennen. Die Preise auf dem Energiemarkt weisen in der Vergangenheit sehr große Schwankungen auf und sind auch für die nächsten Jahrzehnte nur schwer zu prognostizieren. Für die Erhebung von Kennwerten und für die Nutzungskostenermittlung vor allem der Betriebskosten (KG 300), z. B. Öl (KG 312) sind möglichst die Verbrauchsmenge und der Preis pro Mengeneinheit gesondert auszuweisen und zu interpretieren. Ebenso sind die Kosteneinflüsse aus Umwelt, Umgebung und Gesellschaft (6) als Rahmenbedingungen der Kostenermittlung zu berücksichtigen. So besitzt das Jahresklima einen wesentlichen Einfluss, z. B. verursacht ein besonders milder Winter geringe Heizkosten. Auch der Standort kann einen Einfluss ausüben, z. B. bei einer sehr hohen Schadstoffbelastung der Luft und einer damit verbundenen Beeinträchtigung von Natursteinfassaden. Weiterhin zählen die Anforderungen der Gesellschaft an Gebäude zu den externen Kosteneinflüssen aus der Systemumgebung. Sie stellen sich in den bereits erwähnten „Allgemein anerkannten Regeln der Technik“ dar. Hierbei handelt es sich um technische Regeln und Technikklauseln, die für die Planung und Ausführung von Bauwerken beachtet werden müssen. Sie stellen nach dem Werkvertragsrecht für den Sollzustand, z. B. eines Bauwerks, eine Mindestanforderung dar. Bei Nichteinhaltung liegt ein Mangel vor. Diese Anforderungen haben sich in der Vergangenheit ständig erhöht, z. B. in Form der Wärmeschutzverordnung oder der Energieeinsparverordnung. Der heutige Gebäudebestand ist zum überwiegenden Teil mehr als 40 Jahre alt und erfüllt die heutigen Anforderungen ohne eine Modernisierung nicht. Entsprechend besteht allein hieraus ein erheblicher Einfluss auf die Nutzungskosten, z. B. die Betriebskosten (vgl. 3). Nur mit einer umfassenden Betrachtung aller Kosteneinflüsse aus den Systemeigenschaften (1, 2, 3), dem Nutzerverhalten (4) und der Systemumgebung (5, 6) können bei einer Erhebung die Nutzungskosten vollständig analysiert und erläutert werden. Das gilt nicht nur für den Neubau, sondern auch für die Erhaltung oder Veränderung eines Gebäudes.
9.1.6
Nutzungskostenermittlung mit der Kostenvergleichsrechnung
Die Ermittlung der Nutzungskosten im Hochbau lässt sich am besten an einem Beispiel erläutern. Es wird eine vollständige Nutzungskostenermittlung aufgestellt. Zusätzlich wird gezeigt, wie sich die Nutzungskosten absolut und prozentual verändern, wenn das Grundstück oder die kalkulatorischen Kostenarten nicht berücksichtigt werden. Die Nutzungskosten beziehen sich auf das erste Jahr ab der Nutzbarkeit. Dabei werden die kalkulatorischen Kosten (Finanzierung und Abschreibung) aus den Gesamtkosten (nach DIN 276-1) und die ausgabenwirksamen Kostenarten (Objektmanagementkosten, Betriebskosten und Instandsetzungskosten) mit Hilfe von empirischen Kostenkennwerten aus z. B. einer Datensammlung ermittelt. Die wesentlichen Variablen wie Nutzungsdauer (Zeit), Gesamtkosten (Zahlung) und Kapitalkosten (Zins) werden in beiden Fällen vorgegeben.
9.1 Nutzungskostenplanung nach DIN 18960
261
Folgendes gilt für das Beispiel mit der Kostenvergleichsrechnung: -
Die wirtschaftliche Nutzungsdauer wird für das Gebäude als Ganzes festgelegt. Der jährliche Abschreibungsbetrag wird jeweils durch einfache Division ermittelt (lineare Abschreibung). Das Grundstück ist davon ausgenommen.
-
Die Kapitalkosten für das Gebäude werden auf die durchschnittlich halbe Kapitalbindung bezogen. Dies entspricht dem linearen Abschreibungsverlauf.
-
Bei den Kapitalkosten für das Grundstück, das nicht abgeschrieben werden darf, wird von einem unveränderten Grundstückswert ausgegangen.
-
Bei der Ermittlung der Kapitalkosten wird zunächst nicht zwischen Eigen- und Fremdkapital unterschieden. Die Kapitalkosten von Eigenleistungen werden deshalb in vollem Umfang berücksichtigt. Liegt ein Finanzierungsplan vor, kann mit unterschiedlichen Zinssätzen gerechnet werden.
-
Für die Verzinsung des gebundenen Kapitals wird in Abstimmung mit dem Bauherrn ein Zinssatz festgesetzt. Der Verfasser geht, soweit keine anderen Vorgaben gemacht werden, für Berechnungen über lange Zeiträume von einer Nominalverzinsung in Höhe von 6 % p. a. aus.
-
Die allgemeine Teuerung wird langfristig mit durchschnittlich rund 3 % p. a. angesetzt. Damit ergibt sich eine Realverzinsung von 1,06 / rund 1,03 = 1,03 für die Berechnung einer um die allgemeine Teuerung bereinigten Verzinsung des gebundenen Kapitals: Realverzinsung in Höhe von 3 % p. a.
-
Die Betriebskosten werden aus den vorhandenen Kennwerten abgeleitet.
-
Die Instandsetzungskosten werden, aus den vorhandenen Kennwerten abgeleitet. Liegen die erforderlichen Kennwerte nicht vor, müssen Annahmen getroffen werden.
Diese Festlegungen sind Grundlage der folgenden Nutzungskostenermittlung am Beispiel eines Kindergartens. In den vorangegangenen Veröffentlichungen BKI Objektdaten NK1 und NK2 in den Jahren 2010 und 2011 sind enthalten: -
Beispiel: Optimierung der Baukonstruktionen – hier Dachbeläge
-
Beispiel: Nutzungskostenermittlung – hier Neubau einer Schule.
9.1.7
Beispiel zur Nutzungskostenermittlung - Kindergarten
Es werden die Nutzungskosten im Hochbau für einen Kindergarten auf der zweiten Ebene der Gliederung ermittelt. Bei diesem Beispiel handelt es sich um eine Nutzungskostenberechnung, grundsätzlich sollte hierzu eine Entwurfsplanung vorliegen. Allerdings kann auch auf der Grundlage statistisch ermittelter Mengengerüste (Nutzfläche, Brutto-Grundfläche, Bauteilmengen u. a.) und einer Objektbeschreibung eine Nutzungskostenberechnung erstellt werden. Aus der Berechnung können Vorgaben für die Objektplanung abgeleitet werden.
262
9 Nutzungskosten im Hochbau
Öffentliche Bauherren, angesprochen sind hier vor allem Städte und Gemeinden, die einen Großteil der Kindergärten bauen und betreiben, sind häufig schon Eigentümer des Baugrundstücks, wenn sie sich zum Bau eines Kindergartens entschließen. Der Erwerb und die Zwischenfinanzierung des Grundstücks sind in einem solchen Fall nicht erforderlich. Kostenermittlungen werden dann ohne KG 100 Grundstück aufgestellt. Diesem Umstand wird bei der folgenden Nutzungskostenermittlung in der Form Rechnung getragen, dass auch die Nutzungskosten aus dem Grundstück, also die Kapitalkosten für Fremd- und Eigenmittel (KG 110 + 120 nach DIN 18960:2008-02) gesondert ausgewiesen werden. Unabhängig davon sollen auch Nutzungskostenermittlungen die Anforderung der Vollständigkeit erfüllen. Objektbeschreibung Objekt: Kindergarten, mittlerer Standard, nicht unterkellert Nutzung: Tageseinrichtung für Kinder, Nebennutzung des Mehrzweckraums durch externe Nutzer Nutzeinheiten: 2 Gruppen, Ganztagesbetreuung, Alter der Kinder 3 bis 6 Jahre, insgesamt 50 Plätze, funktionsorientiertes Arbeiten, großer Mehrzweckraum Kosteneinflüsse: offene Bauweise, eingeschossig, Mauerwerksbau, Holzdachstuhl, Ziegeldach, voll funktionsfähige Küche für Speisenversorgung, öffentliche Ausschreibung, Abb. 9.7:
Objektbeschreibung des Kindergartens
Kindergarten, nicht unterkellert, mittlerer Standard 2 Gruppen, Plätze für 50 Kinder
Grundfläche
100 Grundstück
1.000 m² FBG
260 €/m²
260.000 €
200 Herrichten und Erschließen
1.000 m² FBG
15 €/m²
15.000 €
300 Bauwerk - Baukonstruktionen
500 m² BGF
1.100 €/m²
550.000 €
400 Bauwerk - Technische Anlagen
500 m² BGF
250 €/m²
125.000 €
500 Außenanlagen
500 m² AUF
100 €/m²
50.000 €
600 Ausstattung und Kunstwerke
500 m² BGF
80 €/m²
40.000 €
700 Baunebenkosten Gesamtkosten nach DIN 276-1
KostenKosten kennwert (DIN 276-1) €/m² €
Prozent
20 %
60 %
pauschal
-
260.000 €
20 %
-
-
1.300.000 €
100 %
Kostenstand 1. Quartal 2012, inkl. MwSt. Abb. 9.8:
Gesamtkosten (nach DIN 276-1:2008-12) des Kindergartens
Anmerkung: FBG = Fläche Baugrundstück, BGF = Brutto-Grundfläche, AUF = Fläche Außenanlagen
9.1 Nutzungskostenplanung nach DIN 18960
263
Ermittlung der kalkulatorischen Kostenarten des Kindergartens
Für die Ermittlung der Kapitalkosten (KG 100 einschließlich der KG 130 Abschreibung) als kalkulatorische Kostenarten der Nutzungskosten wird eine wirtschaftliche Nutzungsdauer des Gebäudes mit Außenanlagen und Ausstattung von 40 Jahren zu Grunde gelegt. Die Verzinsung des eingesetzten Kapitals wird mit einem Realzinssatz von 3 % p. a. gerechnet. Ermittlung KG 100 Kapitalkosten
110
120 130
190 100
Fremdmittel Grundstück (Kapitalbindung = 1,0) Eigenmittel Abschreibung (a= A/n)
Kapitalkosten, sonstiges Kapitalkosten (Grundstück)
Anteilige Nutzungskosten des Grundstücks ohne den Kindergarten pro Jahr
260.000 € x 1,0 x 0,03 =
7.800 €
(in KG 110 enthalten) (Zur Ermittlung der Abschreibung: Grundstücke sind abnutzungsfrei, eine kalkulatorische Abschreibung entfällt, vgl. Kapitalbindung = 1,0) (in KG 110 enthalten)
-
7.800 € Kostenstand 1. Quartal 2012, inkl. MwSt.
Abb. 9.9:
Kapitalkosten (KG 100) des Kindergartens, hier Grundstück
Ermittlung KG 100 Kapitalkosten
110
120 130
190 100
Fremdmittel Gebäude mit Herrichten und Erschließen, Außenanlagen, Ausstattung und Baunebenkosten (Kapitalbindung im Mittel = 0,5) Eigenmittel Abschreibung (a = A/n) Gebäude mit Herrichten und Erschließen, Außenanlagen, Ausstattung und Baunebenkosten (Nutzungsdauer 40 Jahre) Kapitalkosten, sonstiges Kapitalkosten (Gebäude)
anteilige Nutzungskosten des Kindergartens ohne das Grundstücks pro Jahr
1.040.000 € x 0,5 x 0,03 =
15.600 €
(in KG 110 enthalten) 1.040.000 € : 40 Jahre =
26.000 €
(in KG 110 enthalten) 41.600 € Kostenstand 1. Quartal 2012, inkl. MwSt.
Abb. 9.10:
Kapitalkosten (KG 100) des Kindergartens, hier Gebäude
Anmerkung: Gebäude = Bauwerk, Ausstattung, Außenanlagen und Baunebenkosten
264
9 Nutzungskosten im Hochbau
Die Kapitalkosten (KG 100 nach DIN 18960:2008-02) ergeben sich aus der Inanspruchnahme der notwendigen finanziellen Mittel. Diese führen bei einem Darlehen zu Zinszahlungen an den Kreditgeber. Wird das Grundstück mit Eigenkapital erworben oder ist das Grundstück bereits Eigentum des Bauherrn, fallen zwar keine Zinszahlungen an, jedoch ist im Grundsatz die Bereitstellung der Eigenmittel (Grundstück oder Kapital) in Form der kalkulatorischen Eigenkapitalverzinsung zu bewerten. Öffentliche wie private Bauherren berücksichtigen die kalkulatorischen Kosten in der Regel nicht, Kosten- und Nutzungskostenermittlung sind damit im strengen Sinne nicht vollständig. Gewerbliche Bauherren müssen die kalkulatorischen Kosten berücksichtigen, wenn sie dauerhaft erfolgreich wirtschaften wollen. Es wird der Einfachheit halber eine vollständige Fremdfinanzierung unterstellt. Die kalkulatorischen Kosten bei Eigenfinanzierung sind in gleicher Höhe anzusetzen. Die Kostenermittlung wie auch die Nutzungskostenermittlung sind Bestandteil der Investitionsplanung. Die Ermittlung der Kapitalkosten erfolgt zunächst stark vereinfacht, es wird ein inflationsbereinigter Zinsfaktor von q = 1,03 angesetzt, er entspricht der oben beschriebenen Realverzinsung von p = 3,0 %, denn es gilt q =1+ p/100. Eine differenzierte Berechnung der Kapitalkosten soll spätestens dann erfolgen, wenn die Investition als grundsätzlich erfolgversprechend eingeschätzt wird. Hierfür ist dann eine entsprechende Finanzplanung mit Ausweis der Eigen- und Fremdmittelanteile sowie der Kreditbedingungen aufzustellen. Die anteiligen Nutzungskosten für die Finanzierung (KG 100) einschließlich der Abschreibung in einem Betrachtungszeitraum von 40 Jahren für den Kindergarten ohne das Grundstück betragen 41.600 € pro Jahr. Die Anmerkungen zu den Finanzierungskosten des Grundstücks gelten sinngemäß auch für das Gebäude. Die Kapitalkosten (Fremdmittel, Eigenmittel, kalkulatorische Abschreibung) für Grundstück und Kindergarten betragen zusammen 7.800 € + 41.600 € = 49.400 € pro Jahr. Ermittlung der ausgabenwirksamen Kostenarten des Kindergartens
Für die weiteren Nutzungskosten, d. h. die Objektmanagementkosten, die Betriebskosten und die Instandsetzungskosten, wird mit dokumentierten Kostenkennwerten gearbeitet. Objektmanagementkosten (KG 200) des Kindergartens
Bei der Datenerhebung konnten nur in Einzelfällen die Kosten für Objektmanagement erhoben werden. Sie sind bei der Mehrzahl der Kindergärten in der Summe der Personal- und Sachkosten enthalten. Objektmanagement als Fremdleistung kommt selten vor. Soweit Angaben hierfür gemacht wurden, sind sie vergleichbar mit denen bei Schulen. Um der Systematik der DIN 18960:2008-02 zu entsprechen, werden die Kosten für das Objektmanagement mit einem Nutzungskostenkennwert von 8,00 €/m² BGF im Jahr gerechnet. Für den Kindergarten fallen damit im Jahr 8,00 €/m² BGF p. a. x 500 m² BGF = 4.000 € p. a. an. Betriebskosten (KG 300) des Kindergartens
Die Betriebskosten für den Kindergarten betragen 52,00 €/m² BGF p. a. x 500 m² BGF = 26.000 € p. a. Dabei sind die Kosten für Reinigung und Pflege von Außenanlagen (KG 340 nach DIN 18960:2008-02) enthalten. Kostenstand ist der Zeitpunkt der Berechnung.
9.1 Nutzungskostenplanung nach DIN 18960
265
Den Betriebskosten liegen regelmäßig wiederkehrende Ausgaben für den Kauf von Energie und Wasser zu Grunde. Die Betriebskosten setzen sich aus einer Mengen- und einer Preiskomponente zusammen. Die Mengen der Ver- und Entsorgungsleistungen, insbesondere Öl, Gas, Fernwärme oder feste Brennstoffe, schwanken je nach Jahreszeit und milden oder kalten Winterzeiten in gewissem Umfang. Einen großen Einfluss auf diesen Teil der Betriebskosten hat jedoch der Weltmarkt für Rohstoffe und Energie. Für eine langfristige Betrachtung, z. B. die wirtschaftliche Nutzungsdauer von 40 Jahren, wird man die Teuerung differenziert betrachten müssen. Seit der Energiekrise in den 1970er Jahren sind bislang z. B. die Heizölpreise um durchschnittlich über 6 % pro Jahr gestiegen. Ermittlung KG 300 Betriebskosten
Kostenkennwerte €/m² BGF p. a. gerechnet gewählt
310
Versorgung
12,99
13,00
320
Entsorgung
1,69
1,70
330
Reinigung und Pflege von Gebäuden
22,58
22,60
340
Reinigung und Pflege von Außenanlagen
8,49
8,50
350
Bedienung, Inspektion und Wartung
4,33
4,30
360
Sicherheits- und Überwachungsdienste
0,70
0,70
370
Abgaben und Beiträge (in Einzelfällen)
1,19
1,20
390
Betriebskosten, sonstiges
-
-
300
Betriebskosten Kindergarten
51,97
52,00
Kostenstand 1. Quartal 2012, inkl. MwSt. Abb. 9.11:
Betriebskosten (KG 300) des Kindergartens
Reinigung und Pflege sowohl des Gebäudes als auch der Außenanlagen machen bei Kindergärten, aber auch Schulen und Krankenhäusern, einen sehr großen Teil der Betriebskosten aus. Beim vorliegenden Beispiel betragen die Kosten für Reinigung und Pflege rund 60 % der Betriebskosten. Eine erste Nutzungskostenermittlung für ein Gebäude, wie in diesem Fall für einen Kindergarten, sollte Ausgangspunkt für weiterführende Überlegungen zur Energieeinsparung sowie zum reinigungsfreundlichen Innenausbau, z. B. Boden- und Deckenbeläge, sein. Instandsetzungskosten (KG 400) des Kindergartens
Zwar zählen auch die Instandsetzungskosten zu den ausgabenwirksamen Kostenarten als Teil der Nutzungskosten, aber sie fallen unregelmäßig an. In den ersten Jahren ab der Nutzbarkeit eines Bauwerks sind nur wenige Instandsetzungsarbeiten erforderlich, z. B. Malerarbeiten oder die Behebung kleiner Schäden. Größere Maßnahmen fallen erst viele Jahre nach Nutzungsbeginn an, infolgedessen werden die Kosten der Instandsetzung oft unterschätzt. Wissenschaftliche Untersuchungen haben ergeben, dass sich bei den meisten Gebäuden die Instandsetzungen jeweils etwa vor dem fünfzehnten und dem dreißigsten Nutzungsjahr häufen. Während die Maßnahmen und damit die erforderlichen Ausgaben unregelmäßig wiederkehren, sollen die Kosten als jährliche Durchschnittswerte berücksichtigt werden.
266
9 Nutzungskosten im Hochbau
Sie sind eine Grundlage für die Rücklage der langfristig erforderlichen Mittel, um das Objekt zu erhalten. Im Einzelfall wird darüber zu entscheiden sein, wann zum einen die wesentlichen Maßnahmen, z. B. Instandsetzung eines Daches oder der Austausch eines Heizkessels, erfolgen soll. Zum anderen muss berücksichtigt werden, in welchem Umfang am Objekt Verbesserungen durchgeführt werden sollen, um den sich ständig ändernden „Allgemein anerkannten Regeln der Technik“ nachzukommen, z. B. die Verbesserung des Schallschutzes infolge der Änderung des entsprechenden Normenwerkes. Ob bei einer Nutzungskostenermittlung die langfristig erforderlichen Maßnahmen der Instandsetzung richtig eingeschätzt wurden, zeigt sich erst nach vielen Jahren. Insofern ist es notwendig, dass die erste Nutzungskostenfeststellung, die nach einer Rechnungsperiode, z. B. ein Jahr, erstellt wurde, regelmäßig wiederholt wird. Bei der Erhebung von Kostenkennwerten für die Instandsetzung ist es besonders wichtig, eine große Menge von vor allem unterschiedlich alten Objekten zu erfassen. Dabei tritt allerdings das Problem auf, dass Gebäude mit unterschiedlichem Baujahr (Baualtersklassen) unterschiedliche Konstruktionsmerkmale und Schadensbilder aufweisen. Eine ausführliche Beschreibung der Systemeigenschaften des Objektes als Ursache interner Kosteneinflüsse ist dabei von besonderer Bedeutung. Inwieweit der Eigentümer eines Objektes notwendige Maßnahmen auch durchführt, hängt zum einen von seinen finanziellen Möglichkeiten und zum anderen von der Strategie ab, die er mit seiner Investition verfolgt. Insofern sind statistische Kennwerte zur Instandsetzung sorgfältig zu prüfen. Ein privater Eigentümer, der an der langfristigen Werterhaltung seiner Immobilie interessiert ist, wird eine vorbeugende Instandhaltung betreiben und kurzfristig höhere Ausgaben haben. Ein öffentlicher Eigentümer hat häufig nicht genügend Haushaltsmittel, um mehr als das Allernotwendigste machen zu lassen. Seine Ausgaben sind dann entsprechend niedrig. Das Gleiche gilt für gewerbliche Eigentümer, denen vielleicht lediglich an der kurzfristig hohen Rendite ihrer Investition gelegen ist. Ermittlung KG 400 Instandsetzungskosten
410 420 430 440 490 400
Instandsetzung der Baukonstruktionen Instandsetzung der Technischen Anlagen Instandsetzung der Außenanlagen Instandsetzung der Ausstattung Instandsetzungskosten, sonstiges Instandsetzungskosten
Kostenkennwerte €/m² BGF p. a. gerechnet gewählt
8,30 6,23 4,16 2,74 21,43
9,70 7,30 4,80 3,20 25,00
Kostenstand 1. Quartal 2012, inkl. MwSt. Abb. 9.12:
Instandsetzungskosten (KG 400) des Kindergartens
Die statistisch erhobenen Kennwerte zur Instandsetzung bei öffentlichen Gebäuden sind je nach Finanzlage der Gemeinde oder des Landes sehr unterschiedlich. Der bauliche Zustand der im vorliegenden Band ausgewerteten Gebäude ist im Durchschnitt gut. Das liegt unter anderem daran, dass ein großer Teil der Objekte noch keine 10 Jahre alt ist, die Instandsetzung wird erst in einigen Jahren notwendig werden.
9.1 Nutzungskostenplanung nach DIN 18960
267
Bei den älteren Objekten ist wiederum in keinem Fall ein erheblicher Instandhaltungsrückstau zu erkennen. Es bleibt also abzuwarten, inwieweit sich die statistischen Daten an den betrachteten Gebäuden über die nächsten Jahre und Jahrzehnte entwickeln werden. Es wurden bisher die Instandsetzungskosten der Kindergärten über einen Zeitraum von nur drei Jahren erhoben. An einzelnen Objekten wurden in dieser Zeit keine Maßnahmen durchgeführt, in Einzelfällen waren die Kosten durchaus hoch. Vorbehaltlich einer langfristigen Datenerhebung wird empfohlen, einen höheren Wert anzusetzen als bisher statistisch ermittelt. Der Kostenkennwert wird deshalb auf 25,00 €/m² BGF p. a. aufgerundet, Kostenstand ist der Zeitpunkt der Ermittlung, also das 1. Quartal 2012. Die anteiligen Nutzungskosten für die Instandsetzung betragen jährlich im Durchschnitt 25,00 €/m² x 500 €/m² BGF = 12.500 € für das Bauwerk einschließlich Außenanlagen, Ausstattung und Baunebenkosten. Hierbei sind die zu erwartenden Preissteigerungen während der angenommenen Nutzungsdauer nicht enthalten. Die auf diesem Wege ermittelten Instandsetzungskosten sollen die Grundlage von Rücklagen sein, die es dem Eigentümer erlauben, spätere Maßnahmen zu finanzieren, ohne Fremdkapital aufnehmen zu müssen. Im günstigen Fall können die Rücklagen für die Instandsetzung so verzinst werden, dass damit die Teuerung entsprechender Bauleistungen ausgeglichen wird. Werden jedoch während der Nutzungszeit die Anforderungen an Gebäude weiter erhöht, z. B. in Bezug auf die Energieeinsparung, und will oder muss der Eigentümer diesen genügen, ist mit teilweise deutlich höheren Kosten zu rechnen, die dann nicht nur die Instandsetzung, sondern darüber hinaus die Verbesserung der entsprechenden Bauteile ermöglichen. Vergleiche hierzu die Entwicklung der „Allgemein anerkannten Regeln der Technik“ in den letzten Jahrzehnten und die aktuelle politische Diskussion zum Klimaschutz. Nutzungskosten gesamt - unterschiedliche Betrachtungsweisen
Bei der Zusammenfassung der Nutzungskostenarten werden unterschiedliche Sichtweisen berücksichtigt. Zunächst wird eine vollständige Nutzungskostenermittlung gemäß Norm gezeigt. Das ist auch die gängige Betrachtungsweise des gewerblichen Bauherrn (Investor). KG
Bezeichnung
110 + 120 Fremdmittel (Grundstück) 110 + 120 Fremdmittel (Gebäude) 130 Abschreibung (Gebäude) 100 Finanzierung 200 Objektmanagementkosten 300 Betriebskosten 400 Instandsetzungskosten Nutzungskosten gesamt
Nutzungskosten € p. a.
7.800 € 15.600 € 26.000 € 49.400 € 4.000 € 26.000 € 12.500 € 91.900 €
Prozentanteil
8,5 % 17,0 % 28,3 % 53,8 % 4,4 % 28,3 % 13,6 % 100,0 %
Kostenstand 1. Quartal 2012, inkl. MwSt. Abb. 9.13:
Vollständige Nutzungskosten des Kindergartens (KG 100 bis 400)
268
9 Nutzungskosten im Hochbau
Die kalkulatorischen Kosten aus Finanzierung (KG 110 + 120) und Abschreibung (KG 130) bilden die Bereitstellung des Objektes für die wirtschaftliche Nutzungsdauer, in diesem Fall 40 Jahre, ab. Im Jahresdurchschnitt sind bei diesem Objekt die Folgekosten (KG 200 - 400) mit etwa 50 % ähnlich hoch wie die Kosten aus der Erstinvestition (KG 100). In vielen Fällen wird das Grundstück nicht in die Nutzungskostenermittlung einbezogen. Das ist zulässig, wenn der Bauherr das Grundstück nicht erwerben muss und er auf eine kalkulatorische Verzinsung des Eigenkapitals im Umfang des Grundstückswertes verzichtet. Dies ist häufig bei privaten Bauherren der Fall. Das ist auch zulässig, wenn die Nutzungskostenermittlung dem Wirtschaftlichkeitsvergleich von Gebäudevarianten dient und der Grundstückswert hierauf keinen Einfluss hat, z. B. bei der Objektplanung des Architekten. KG
Bezeichnung
Nutzungskosten p. a.
110 + 120 Fremdmittel (Gebäude) 130 Abschreibung (Gebäude) 100 Finanzierung 200 Objektmanagementkosten 300 Betriebskosten 400 Instandsetzungskosten Nutzungskosten ohne Grundstück
15.600 € 26.000 € 49.400 € 4.000 € 26.000 € 12.500 € 84.100 €
Prozentanteil
18,5 % 30,9 % 49,5 % 4,8 % 30,9 % 14,9 % 100,0 %
Kostenstand 1. Quartal 2012, inkl. MwSt. Abb. 9.14:
Nutzungskosten des Kindergartens ohne Grundstück
Ist das Grundstück vorhanden und wird der Wertverlust des Gebäudes außer Acht gelassen, also auf die kalkulatorische Abschreibung verzichtet, dann entfällt KG 100 Kapitalkosten vollständig. Diese Betrachtungsweise einer Immobilie ist bisweilen bei öffentlichen Bauherren oder Eigentümern anzutreffen. Es handelt sich dabei um Objekte der technischen oder sozialen Infrastruktur. Zur letzten Gruppe zählen neben Rathäusern, Gerichtsgebäuden und vielen anderen eben auch Kindergärten. KG
Bezeichnung
Nutzungskosten p. a.
100 Finanzierung 200 Objektmanagementkosten 300 Betriebskosten 400 Instandsetzungskosten Nutzungskosten, hier nur Folgekosten
4.000 € 26.000 € 12.500 € 42.500 €
Prozentanteil
9,4 % 61,2 % 29,4 % 100,0 %
Kostenstand 1. Quartal 2012, inkl. MwSt. Abb. 9.15:
Nutzungskosten des Kindergartens, nur Folgekosten
9.2 Betriebskosten im Wohnungsbau
269
Alle drei unterschiedlichen Darstellungen der Nutzungskosten (vollständig, ohne Grundstück, nur Folgekosten) sind zulässig und kommen in der Praxis der Bau- und Immobilienwirtschaft vor. Werden Nutzungskostenermittlungen an Architekten und Ingenieure in Auftrag gegeben, z. B. Betriebskosten-Nutzen-Analyse, Nutzungskostenkennwerte dokumentiert oder veröffentlicht, ist auf den Grad der Vollständigkeit der Ermittlung zu achten. Das gilt für Kennwerte wie für Prozentangaben. Ansonsten sind Missverständnisse und Fehler vorprogrammiert.
9.2
Betriebskosten im Wohnungsbau
Die in Abschnitt 9.1 behandelten Nutzungskosten beinhalten alle kalkulatorischen und ausgabenwirksamen Kostenarten, die für die Bereitstellung und Nutzung eines Gebäudes einschließlich Grundstück und Außenanlagen anfallen. Die Nutzungskostenplanung ist ein wesentlicher Beitrag zur wirtschaftlichen Planung insbesondere in den frühen Leistungsphasen. § 1 Betriebskosten
(1) Betriebskosten sind die Kosten, die dem Eigentümer oder Erbbauberechtigten durch das Eigentum oder Erbbaurecht am Grundstück oder durch den bestimmungsmäßigen Gebrauch des Gebäudes, der Nebengebäude, Anlagen, Einrichtungen und des Grundstücks laufend entstehen. Sach- und Arbeitsleistungen des Eigentümers oder Erbbauberechtigten dürfen mit dem Betrag angesetzt werden, der für eine gleichwertige Leistung eines Dritten, insbesondere eines Unternehmers, angesetzt werden könnte; die Umsatzsteuer des Dritten darf nicht angesetzt werden. (2) Zu den Betriebskosten gehören nicht: 1. die Kosten der zur Verwaltung des Gebäudes erforderlichen Arbeitskräfte und Einrichtungen, die Kosten der Aufsicht, der Wert der vom Vermieter persönlich geleisteten Verwaltungsarbeit, die Kosten für die gesetzlichen oder freiwilligen Prüfungen des Jahresabschlusses und die Kosten für die Geschäftsführung (Verwaltungskosten), 2. die Kosten, die während der Nutzungsdauer zur Erhaltung des bestimmungsmäßigen Gebrauchs aufgewendet werden müssen, um die durch Abnutzung, Alterung und Witterungseinwirkung entstehenden baulichen oder sonstigen Mängel ordnungsgemäß zu beseitigen (Instandhaltungs- und Instandsetzungskosten). Abb. 9.16:
Betriebskosten
(§ 2 BetrKV, geändert durch Art. 4 G v. 3.5.2012 I 958)
Wie man am Beispiel der Nutzungskostenermittlung erkennen konnte, machen die Betriebskosten einen wesentlichen Teil der Nutzungskosten insgesamt aus. Die Betriebskosten haben in den letzten Jahrzehnten aufgrund der überdurchschnittlichen Teuerung von Energie und Wasser stärker zugenommen als die Lebenshaltungskosten insgesamt.
270
9 Nutzungskosten im Hochbau
Davon sind nicht nur Unternehmen, sondern vor allem die privaten Haushalte betroffen. Deswegen und weil der Wohnungsbau für viele Architekten ein wichtiges Betätigungsfeld darstellt, wird den Betriebskosten im Wohnungsbau an dieser Stell ein eigener Abschnitt gewidmet. Die Betriebskosten werden in der Regel im Mietvertrag gesondert ausgewiesen und zusätzlich zur Nettokaltmiete vereinbart. Für die Betriebskosten wird in der Regel eine angemessene Vorauszahlung zu vereinbart. Nach Ablauf eines Jahres werden vom Vermieter die tatsächlichen Betriebskosten abgerechnet und mit der Vorauszahlung saldiert. Grundlage dieser Abrechnung soll die Betriebskostenverordnung (BetrKV) sein. § 2 Aufstellung der Betriebskosten Betriebskosten im Sinne von § 1 sind: 1. die laufenden öffentlichen Lasten des Grundstücks […]; 2. die Kosten der Wasserversorgung […]; 3. die Kosten der Entwässerung […]; 4. die Kosten a) des Betriebs der zentralen Heizungsanlage einschließlich der Abgasanlage […] oder b) des Betriebs der zentralen Brennstoffversorgungsanlage […] oder c) der eigenständig gewerblichen Lieferung von Wärme […]; d) der Reinigung und Wartung von Etagenheizungen und Gaseinzelfeuerstätten […]; 5. die Kosten a) des Betriebs der zentralen Warmwasserversorgungsanlage […] oder b) der eigenständig gewerblichen Lieferung von Warmwasser […] oder c) der Reinigung und Wartung von Warmwassergeräten […]; 6. die Kosten verbundener Heizungs- und Warmwasserversorgungsanlagen […]; 7. die Kosten des Betriebs des Personen- oder Lastenaufzugs […]; 8. die Kosten der Straßenreinigung und Müllbeseitigung […]; 9. die Kosten der Gebäudereinigung und Ungezieferbekämpfung […]; 10. die Kosten der Gartenpflege […]; 11. die Kosten der Beleuchtung […]; 12. die Kosten der Schornsteinreinigung […]; 13. die Kosten der Sach- und Haftpflichtversicherung […]; 14. die Kosten für den Hauswart […]; 15. die Kosten a) des Betriebs der Gemeinschafts-Antennenanlage […] oder b) des Betriebs der mit einem Breitbandnetz verbundenen privaten Verteilanlage […]; 16. die Kosten des Betriebs der Einrichtungen für die Wäschepflege […]; 17. sonstige Betriebskosten. Abb. 9.17:
Aufstellung der Betriebskosten
(§ 2 BetrKV, geändert durch Art. 4 G v. 3.5.2012 I 958)
9.2 Betriebskosten im Wohnungsbau
271
Durch die stark steigenden Preise haben in vielen Fällen die Betriebskosten von Wohnungen die Marke von 3,00 €/m² WF überschritten. Die Betriebskosten werden deshalb häufig als „Zweite Miete“ bezeichnet. Auch wenn die allgemeine Teuerung, genauer der Verbraucherpreisindex für Deutschland in den letzten Jahren deutlich unter 3 % lag, so müssen erhebliche Preisschwankungen und -erhöhungen bei den Produkten festgestellt werden, aus denen sich die Betriebskosten von Wohn- und anderen Gebäuden maßgeblich zusammensetzen. Die Betriebskosten, welche im Abrechnungszeitraum, in der Regel ein Kalenderjahr, für ein Gebäude anfallen, werden auf die Mietparteien umgelegt. Als Maßstab für die Kostenumlage, welcher im Mietvertrag frei vereinbart werden kann, kommen grundsätzlich in Betracht -
Verbrauch und Verursacher, vorzugsweise über Zähler und Messeinrichtungen,
-
Wohnfläche, sofern keine andere Messung möglich ist, dabei Ermittlung nach der Wohnflächenverordnung (WoFlV:2004-01)
-
Anzahl der Personen, die in einem Haus wohnen, inzwischen nur noch dann gebräuchlich, wenn keine andere Ermittlung (siehe oben) möglich ist.
Ungenaue oder nicht nachvollziehbare Betriebskostenabrechnungen sind ein häufiger Grund für Streitigkeiten zwischen den Parteien. Die Abbildung 9.18 zeigt anschaulich die starken Schwankungen der Verbraucherpreise für Energie. Insgesamt steigen die Energiepreise (Heizöl, Gas und Strom) seit der Energiekrise in den 1970er Jahren im Durchschnitt um mehr als 6 % pro Jahr. Diese Entwicklung wird sich in den nächsten Jahren und Jahrzehnten voraussichtlich eher verstärken als abschwächen.
Abb. 9.18: Verbraucherpreisindizes für Energie (http://www.destatis.de, aufgerufen am 20.10.2012)
Zur Entwicklung der Bestandteile der Betriebskosten teilt das Statistische Bundesamt mit: „Die Inflationsrate wurde auch im August 2011 maßgeblich von der Preisentwicklung bei Energie bestimmt. Energie verteuerte sich insgesamt um 9,9 % gegenüber August 2010.
272
9 Nutzungskosten im Hochbau
Vor allem die Preise für Mineralölprodukte lagen mit + 13,6 % (leichtes Heizöl: + 22,1 %; Kraftstoffe: + 11,1 %) deutlich über dem Vorjahresniveau, obwohl sie gegenüber Juli 2011 rückläufig waren. Deutlich teurer gegenüber dem Vorjahr waren im August 2011 auch Umlagen für Zentralheizung und Fernwärme (+ 9,1 %), Strom (+ 7,1 %) und Gas (+ 4,7 %). Ohne Berücksichtigung der Energie hätte die Inflationsrate im August 2011 bei + 1,4 % gelegen.“ (http://www.destatis.de, aufgerufen am 20.09.2011). Damit wird deutlich, wie dynamisch der Rohstoffmarkt ist. Weiterhin ist zu erwarten, dass die Betriebskosten als Teil der Wohnkosten weiter steigen. Um diese Entwicklung einschätzen und belastbare Nutzungskostenermittlungen erstellen zu können, ist eine sorgfältige Beobachtung der Preise von Energie und damit verbundenen Leistungen geboten. Ferner sind möglichst umfangreiche Datensammlungen zu nutzen. Hierzu gehören insbesondere die Betriebskostenspiegel des Deutschen Mieterbundes (DMB). Dieser hat sich Folgendes zur Aufgabe gemacht: „Ziel des Betriebskostenspiegels ist es, Transparenz und Vergleichbarkeit sowohl für Wohnungssuchende als auch für die mehr als 21 Millionen Haushalte herzustellen, die jährlich Betriebskostenabrechnungen erhalten. Gleichzeitig soll der Betriebskostenspiegel Anhaltspunkte für eine Überprüfung der Abrechnung nach Wirtschaftlichkeitsgesichtspunkten liefern und Vermietern Hinweise geben, wo Einsparmöglichkeiten existieren und Maßnahmen eingeleitet werden sollten, um überhöhte Betriebskosten zu reduzieren.“ (http://www.mieterbund.de, aufgerufen am 30.09.2011) Alle Betriebskostenarten im Überblick Heizkosten Warmwasser Wasser / Abwasser Grundsteuer Hauswart Müllbeseitigung Aufzug Gebäudereinigung Sach- und Haftpflichtversicherungen Gartenpflege Gemeinschaftsantenne und Kabelfernsehen Straßenreinigung Allgemeinstrom Schornsteinreinigung Sonstige Kosten
0,84 Euro 0,25 Euro 0,41 Euro 0,19 Euro 0,18 Euro 0,20 Euro 0,13 Euro 0,15 Euro 0,14 Euro 0,10 Euro 0,13 Euro 0,07 Euro 0,05 Euro 0,04 Euro 0,06 Euro
gesamt
2,94 Euro
Abb. 9.19:
Betriebskosten pro m² Wohnfläche im Monat nach DMB
(http://www.mieterbund.de/ aufgerufen am 20.09.2011)
9.2 Betriebskosten im Wohnungsbau
273
Der DMB hat auf Grundlage der Abrechnungsdaten des Jahres 2009 den aktuellen Betriebskostenspiegel 2011 veröffentlicht. Demnach betragen die Betriebskosten für Mieter in Deutschland durchschnittlich 2,19 €/m² Wohnfläche und Monat. Je nach der Ausstattung des Gebäudes, wenn z. B ein Aufzug vorhanden ist oder wenn Leistungen wie Hauswart und Gartenpflege an Dritte beauftragt werden, kann die so genannte zweite Miete bis zu 2,94 €/m² Wohnfläche und Monat betragen. Darüber hinaus fallen für den Mieter noch Kosten für Haushaltsstrom, z. B. für die Beleuchtung, die Brauchwassererwärmung, den Betrieb von Haushaltsgeräten und die Freizeitgestaltung innerhalb der Wohnung, an. Der Stromverbrauch pro Haushalt beträgt im Durchschnitt 3.500 Kilowattstunden Strom im Jahr. Er unterscheidet sich je nach Haushaltsgröße, der Anzahl der Elektrogeräte und Region erheblich. In den neuen Bundesländern ist der Verbrauch deutlich niedriger als in den alten Bundesländern. Ein Singlehaushalt verbraucht mit etwa 1.500 Kilowattstunden weniger als eine mehrköpfige Familie. „Eine Kilowattstunde Strom kostet für Haushalte derzeit ca. 16 Cent einschließlich aller Steuern und Abgaben. Die jährliche Stromrechnung liegt also bei 560 Euro, das sind monatlich etwa 47 Euro. Jeden Tag werden im Schnitt zehn Kilowattstunden Strom im Haushalt verbraucht.“ (www.energieverbraucher.de) Bei 40,3 Millionen Privathaushalten in Deutschland, in denen durchschnittlich 2,03 Personen leben, und einer Wohnfläche pro Wohnung von 90,2 m² ergeben sich Kosten für Haushaltsstrom von 0,52 €/m² Wohnfläche und Monat. Dieser setzt sich in der Rangfolge mit abnehmendem Anteil zusammen aus: Kühlen und Gefrieren, Warmwasser, Beleuchtung, Kochen und Backen, Einsatz von Haushaltsgeräten, Personal Computer, Wäschetrockner, Musikanlagen, Waschmaschine und Geschirrspüler. (www.destatis.de und www.strom-prinz.de) Der Aufwand für Reinigung und Pflege einer Wohnung erfolgt im Unterschied zu anderen Nutzungen, z. B. Büro, in den meisten Fällen durch die Nutzer selbst. Er führt damit nicht zu Ausgaben und wird deshalb auch nicht statistisch erfasst. Eine vollständige Erfassung der Betriebskosten von Wohnungen kommt somit in der Praxis im Unterschied zu vielen anderen Nutzungen nicht vor. Bei den Angaben des Statistischen Bundesamtes und des Deutschen Mieterbundes handelt es sich um statistische Daten für Energie- und Betriebskosten. Für den Bauherren und Architekten stellen sich folgende Fragen: -
Wie ist die Preisentwicklung der Kostenbestandteile der Betriebskosten in den nächsten Jahrzehnten einzuschätzen und welchen Einfluss werden diese auf die Wohnkosten oder Nutzungskosten von Gebäuden voraussichtlich haben?
-
Welche Zielsetzungen im Hinblick auf die Betriebskosten (benchmarks) sollen für die Planung eines Neubaus oder einer Modernisierung formuliert werden? Gleichzeitig sind die allgemein anerkannten Regeln der Technik, insbesondere diejenigen, welche sich auf die Energieeinsparung beziehen, zu beachten.
-
Welche Untersuchungen und Ermittlungen, z. B. im Rahmen einer Betriebs-KostenNutzen-Untersuchung, sollen durchgeführt werden und welche Honorarkosten werden sich daraus ergeben?
10
Erträge und Erlöse
Wie schon in Abschnitt 6.1 ausgeführt, erfordert die Vorteilhaftigkeit einer Investition aus monetärer Sicht, dass der Investor die Anschaffungsausgabe sowie alle laufenden Ausgaben wiedergewinnt und er darüber hinaus eine von ihm als ausreichend angesehene Verzinsung erzielt. Dies setzt voraus, dass die Investition zu laufenden Erträgen und/oder zu einem gewinnbringenden Verkaufserlös führt. Je nach Planungshorizont erwartet der Investor einen kurzfristigen Verkaufserlös oder nachhaltig erzielbare Erträge. Dabei kann es sich um Miet- oder Pachterträge handeln. Beim Pachtvertrag kommt der Pächter neben dem Gebrauch des gepachteten Gegenstandes auch in den Genuss von dessen Früchten (BGB § 581). Pachtverträge kommen vor allem in der Landwirtschaft und in der Gastronomie zur Anwendung. Die folgenden Ausführungen beziehen sich nur auf Mieterträge.
10.1
Mieterträge
Als Ertrag wird jeder Geschäftsvorfall bezeichnet, der das Reinvermögen (Vermögen abzüglich Verbindlichkeiten) erhöht. Umgekehrt stellt jeder Geschäftsvorfall, der das Reinvermögen mindert, Aufwand dar. Die Differenz zwischen Ertrag und Aufwand ist der Erfolg, im positiven Fall der Gewinn, im negativen Fall der Verlust. Die Höhe der Miete kann von den Vertragsparteien – in den Grenzen von § 5 Wirtschaftsstrafgesetz (Verbot der Mietpreisüberhöhung) – frei vereinbart werden. Insoweit ist die Miethöhe abhängig von Angebot und Nachfrage. Lediglich im Falle der öffentlichen Förderung ist der Wohnraum gemäß den Förderbedingungen preisgebunden (Bewilligungsmiete, bei laufenden Förderungen auch Kostenmiete). Zur Orientierung über die Mietpreise für Wohnraum werden Mietspiegel aufgestellt (siehe Abbildung 10.1). In dem Dresdner Mietspiegel 2010 ist die so genannte Netto-Kaltmiete pro m² Wohnfläche und Monat angegeben. Bei der Netto-Kaltmiete handelt es sich um den Mietpreis ohne die als Nebenkosten zu erstattenden Betriebskosten. Außer den im Mietvertrag als Nebenkosten festzulegenden Betriebskosten müssen alle übrigen Kosten durch die NettoKaltmiete abgedeckt werden, wenn der Vermieter den Wohnraum ohne Verlust bzw. mit der erwünschten Mindestverzinsung vermieten will. Ein Investor wird daher prüfen, ob die unter Zugrundelegung seiner Investitionsziele erforderliche Mietpreisuntergrenze am Markt durchsetzbar ist.
276
Abb. 10.1:
10 Erträge und Erlöse
Dresdener Mietspiegeltabelle 2010 Netto-Kaltmiete in €/m² Wohnfläche und Monat (www.Dresden.de/de/03/080/mietspiegel.php)
10.1 Mieterträge
277
Wie schon erwähnt, wird ein Investor nur dann sein Kapital investieren, wenn er erwartet, dass 1. die Investition insgesamt laufende Überschüsse erbringt, die laufenden Einnahmen also die laufenden Ausgaben übersteigen 2. die Erstinvestitionsausgabe wiedergewonnen wird und 3. eine von ihm gewünschte Mindestverzinsung erreicht wird. Diese drei Anforderungen finden in der Mietpreiskalkulation Berücksichtigung: Anforderung
im Mietpreis zu berücksichtigende Gegenwerte für folgende Kostenarten
1. Deckung der laufenden Ausgaben
Verwaltungskosten Betriebskosten, soweit nicht umlegbar Instandhaltungskosten Mietausfallwagnis Fremdkapitalkosten
2. Rückgewinnung des eingesetzten Kapitals
Abschreibung
3. Mindestverzinsung
Eigenkapitalkosten
Abb. 10.2:
Im Mietpreis zu berücksichtigende Kalkulationsbestandteile
Diese Aufstellung entspricht der Vorgehensweise der Kostenvergleichsrechnung (siehe Abschnitt 6.2.1). Allerdings werden die Kapitalkosten in Anlehnung an die Kostenmiete nach § 72 des II. Wohnungsbaugesetzes und der II. Berechnungsverordnung abweichend behandelt. In § 21 (2) der II. BV heißt es: „Zinsen für Fremdmittel, namentlich für Tilgungsdarlehen, sind mit dem Betrag anzusetzen, der sich aus dem im Finanzierungsplan ausgewiesenen Fremdmittel mit dem maßgebenden Zinssatz errechnet.“ Bei den im Finanzierungsplan ausgewiesenen Fremdmitteln handelt es sich um das (oder die) Nominaldarlehen (von dem unvermindert die Kapitalkosten berechnet werden). Die an den Kreditgeber zu zahlenden Zinsen werden bei Tilgungsdarlehen aber nach dem kontinuierlich abnehmendem Restdarlehen berechnet. In analoger Weise nimmt das gebundene Eigenkapital infolge der Abnutzung des Gebäudes kontinuierlich ab, weswegen bei der Ermittlung der kalkulatorischen Eigenkapitalzinsen in der Kostenvergleichsrechnung im Mittel nur die halben Anschaffungskosten des abnutzbaren Anlagegutes angesetzt werden. Bei der Mietpreiskalkulation nach der Kostenmiete, die die laufenden Aufwendungen nach der II. BV decken muss, werden also sowohl die Eigenkapitalzinsen als auch die Fremdkapitalzinsen unter vollständiger Zugrundelegung des nominalen Eigenkapitals und des bzw. der Nominaldarlehen kalkuliert, weil sich bei einem hälftigen Ansatz anfängliche Liquiditätsprobleme beim Investor ergeben können. Dementsprechend ergibt sich die in Abbildung 10.3 dargestellte Mietpreiskalkulation.
278
10 Erträge und Erlöse
Die Kalkulation führt zu einer Netto-Kaltmiete von 6,54 €/m² Wohnfläche und Monat. Dieser Mietbetrag erfüllt bedingungsgemäß die Forderungen des Investors, insbesondere die von ihm gewünschte Anfangsrentabilität von 3 % p. a. (in diesem Beispiel angenommener Zinssatz, mit dem das Eigenkapital verzinst werden soll). Vergleicht man diese von dem Investor für erforderlich gehaltene Miethöhe mit dem Dresdner Mietspiegel 2010 in Abbildung 10.1, so erkennt man, dass dieser Betrag innerhalb der Spannbreite von 5,52 bis 7,00 €/m² WF für Neubauten ab 76 m² WF in guter Wohnlage mit zeitgemäßer Ausstattung liegt, so dass der erforderliche Mietpreis durchsetzbar sein dürfte, wenn die angegebenen Merkmale erfüllt sind. Gesamtkosten: Grundstücksanteil: Gebäudeanteil:
123.500 €
Wohnfläche:
80,00 m² WF
17.500 €
Eigenkapital:
28.500 €
106.000 €
Fremdkapital:
95.000 €
Kennwert pro Jahr
Bezugsgröße
pro Wohnung und Jahr
Eigenkapitalkosten
3,00 %
28.500 €
855 €
0,89 €
Fremdkapitalkosten
3,50 %
95.000 €
3.325 €
3,46 €
Abschreibung
1,00 %
Gebäudekosten
1.060 €
1,10 €
Verwaltungskosten
263,00 €
Wohnung
263 €
0,27 €
Betriebskosten
umlegbar
-
0€
0,00 €
Instandhaltungskosten
8,13 €
m² Wohnfläche
650 €
0,68 €
Mietausfallwagnis
2,00 %
Mietrohertrag
126 €
0,13 €
6.279 €
6,54 €
Mietrohertrag ohne umlegbare Betriebskosten Abb. 10.3:
pro m² WF und Monat
Mietpreiskalkulation einer Wohnung mit 80 m² Wohnfläche (WF)
Würde jedoch die kalkulierte Mietuntergrenze z. B. bei 7,50 €/m² WF liegen und am Markt nicht durchsetzbar sein, stellt sich für den Investor die Frage, ob er von der Investition Abstand nehmen will oder ob er z. B. in den ersten Jahren mit einer geringeren Anfangsrentabilität leben kann, zumal in den ersten vier oder fünf Jahren wegen der Verjährungsfrist für Mängelansprüche nach VOB/B §13 bzw. BGB § 634a mit keinen wesentlichen Instandhaltungskosten und daher mit deutlichen Liquiditätsüberschüssen zu rechnen ist. Bei einem steigenden Mietpreisniveau kann sich dann im Laufe der Zeit die gewünschte Rentabilität einstellen. Mieterhöhungen können bei Abschluss des Mietvertrages (Staffelmiete, Indexmiete; BGB § 557) und während der Laufzeit des Mietvertrages im gegenseitigen Einvernehmen vereinbart werden. Außerdem kann der Vermieter „die Zustimmung zu einer Erhöhung der Miete bis zur ortsüblichen Vergleichsmiete verlangen, wenn die Miete in dem Zeitpunkt, zu dem die Mieterhöhung eintreten soll, seit 15 Monaten unverändert ist.“ (BGB § 558) Weiterhin darf die Miete innerhalb von drei Jahren nicht um mehr als 20 % erhöht werden (Kappungsgrenze nach BGB § 558 Abs. 3).
10.2 Verkaufserlöse und Deckungsbeiträge
10.2
279
Verkaufserlöse und Deckungsbeiträge
Neben solchen Investoren, deren Augenmerk auf die langfristige Gewinnerzielung mit Immobilien gerichtet ist, verfolgen Projektentwickler und Bauträger das Ziel des kurzfristigen Verkaufs von neu errichtetem oder modernisiertem Wohn- bzw. Gewerberaum. Während die ersten sich bei ihrer Investitionsentscheidung vor allem an dem realisierbaren Mietpreis und nur untergeordnet an dem für einen späteren Zeitpunkt erwarteten Verkaufspreis orientieren, steht bei den Projektentwicklern und Bauträgern der realisierbare Verkaufserlös im Mittelpunkt der Investitionsentscheidung. Sie müssen ihre Wohn-, Büro- und Gewerberäume so anbieten, dass sie von den Kaufinteressenten als marktgerecht empfunden werden. Je nach Angebot und Nachfrage und den unterschiedlichen Baulandpreisen haben sich auf den verschiedenen Teilmärkten ganz unterschiedliche Preisniveaus eingestellt (siehe Abb. 10.4). Baugrundstücke für Eigenheime €/m² FBG
Reiheneigenheime Neubau Bestand €/Haus €/Haus
Eigentumswohnungen Neubau Bestand €/m² WF €/m² WF
Berlin
220
200.000
190.000
2.400
1.200
Dresden
150
220.000
170.000
2.100
1.200
Düsseldorf
390
290.000
260.000
2.925
1.800
Frankfurt/M.
550
340.000
350.000
3.300
2.500
Hamburg
365
270.000
245.000
2.840
2.545
Köln
335
260.000
240.000
2.550
1.800
Leipzig
110
140.000
140.000
2.000
1.000
München
780
660.000
510.000
4.050
3.250
Stuttgart
800
400.000
350.000
3.100
2.100
Abb. 10.4:
Verkaufspreise von Immobilien in ausgewählten deutschen Großstädten 2011 (häufigste Werte)
(Bundesgeschäftsstelle Landesbausparkassen 2011)
Als Vorteilhaftigkeitskriterium für Bauträgerprojekte ist die Rentabilität weniger geeignet. Zum einen müsste man hierzu die Kapitalbindungsdauer berücksichtigen, die schwer vorherzusagen ist und sich bei schleppendem Verkauf leicht vervielfachen kann. Zum andern gehören zu dem gebundenen Kapital nicht nur die direkten Projektkosten, sondern auch das Betriebskapital des Bauträgers. Und weiterhin müsste man von dem Projektüberschuss die anteiligen Fix-Kosten des Bauträgerbetriebes abziehen. Dies würde eine komplizierte Berechnung sowie Informationen erfordern, die der Inhaber auch aus Gründen der Diskretion lieber für sich behält. Deswegen arbeiten Bauträger und Projektentwickler gern mit einem anderen Ansatz: Sie prüfen, welcher Betrag vom erwarteten Verkaufserlös nach Abzug der variablen Projektkosten übrig bleibt, der dann zur Abdeckung der Fix-Kosten des Unternehmens beitragen kann.
280
10 Erträge und Erlöse
Dieser so genannte Deckungsbeitrag wird auf die direkten Gesamtkosten des Projektes bezogen und als Vorteilhaftigkeitskriterium verwendet. Der gewünschte Deckungsbeitrag hängt von den speziellen Bedingungen des Bauträgers ab, vielfach wird mit einer Größenordnung von 15 % gearbeitet. In Abbildung 10.5 ist ein einfaches Beispiel einer solchen Deckungsbeitragsrechnung wiedergegeben. Aufbauend auf den Grundstücks- und Erschließungskosten werden die Baukosten mit Hilfe eines Erfahrungswertes pro m² Brutto-Grundfläche ohne Berücksichtigung der zwischenzeitlich bis zur Kaufpreiszahlung der Erwerber anfallenden Zinsen ermittelt. Diese werden getrennt ermittelt, weil sie in dem Kostenkennwert für die Baukosten nicht enthalten sind und von der individuellen Dauer der Projektvorbereitung abhängen. In diesem Beispiel wird davon ausgegangen, dass die Ausgaben für das Grundstück zwei Jahre lang finanziert werden müssen. Kostenermittlung Grundstückskosten
8.500 m² FBG * 205 €/m² FBG =
1.742.500 €
Erschließung
8.500 m² FBG * 50 €/m² FBG =
425.000 €
Baukosten (ohne KG 762 Bauzinsen)
12.600 m² BGF * 850 €/m² BGF =
10.710.000 €
2.167.500 € * 2 a * 4 % p. a. =
173.400 €
10.710.000 € * 0,5 * 4 % p. a. =
214.200 €
Zinsen für das Grundstück Zinsen für die Baumaßnahmen Zwischensumme Vertriebskosten
13.265.100 € 7.650 m² WF * 2.100 €/m² * 3,57 % =
Gesamtkosten
573.521 € 13.838.621 €
Ermittlung der Deckungsbeiträge Erwarteter Verkaufserlös abzüglich Gesamtkosten
7.650 m² WF * 2.100 €/m² WF =
Deckungsbeitrag in Prozent der Gesamtkosten Abb. 10.5:
16.065.000 € 13.838.621 € 2.226.380 € 16,1 %
Deckungsbeitragsrechnung für eine Eigentumswohnungsanlage mit 100 Wohnungen von durchschnittlich 76,5 m² Wohnfläche
Die Bauausgaben verteilen sich – so die Annahme – gleichmäßig über ein Jahr, so dass sie im Mittel ein halbes Jahr lang zu finanzieren sind. Hinzu kommen noch Vertriebskosten, für die ein externer Makler 3 % des Verkaufspreises der Wohnungen zuzüglich 19 % MwSt. berechnet. Somit entstehen dem Bauträger direkte Projektkosten in Höhe von 13,84 Mio. €. Bei einem angenommenen Verkaufspreis von 2.100 €/m² Wohnfläche ist mit einem GesamtVerkaufserlös von 16,07 Mio. € zu rechnen. Dies ergibt einen Deckungsbeitrag dieses Projektes in Höhe von 2,23 Mio. € oder 16,1 %. Im Allgemeinen dürfte ein Bauträger diesen Deckungsbeitrag als zumindest ausreichend einschätzen und das Projekt weiterverfolgen.
10.2 Verkaufserlöse und Deckungsbeiträge Lage
281
Berlin
Karlsruhe
Dresden
Hamburg
Leipzig
Sehr gute Lagen
18,2 – 23,0
17,5 – 20,0
14,9 – 20,0
20,0 – 25,0
14,5 – 18,0
Gute Lagen
16,0 – 22,5
15,5 – 17,5
13,5 – 18,0
18,0 – 23,0
13,0 – 17,0
Mittlere Lagen
13,0 – 16,0
14,0 – 15,5
12,0 – 14,5
15,0 – 17,5
11,5 – 14,5
Einfache Lagen
10,5 – 13,0
12,0 – 14,0
9,5 – 11,0
12,0 – 14,5
8,3 – 11,0
Abb. 10.6:
Vervielfältiger (Kaufpreis /Jahresnettokaltmiete) bei Büro- und Geschäftshäusern im Jahr 2011
(Engel & Völkers 2011/2012, angegebene Städte)
Bei dem hinreichend transparenten Markt von Eigentumswohnungen ist es üblich, den Verkaufserlös über den Verkaufspreis pro m² Wohnfläche zu ermitteln. Bei Büro- und Gewerberäumen geht man von der Jahresnettomiete aus und multipliziert diese mit einem lageabhängigen Vervielfältiger (siehe Abbildung 10.6). Dieser entspricht i. d. R. dem mit dem Liegenschaftszinssatz ermittelten Rentenbarwertfaktor, ist aber stark nachfrageorientiert, d. h. je nach Marktlage wird der Vervielfältiger um bis zu 2 Punkte schwanken können.
11
Genehmigungsplanung
Ziel der Genehmigungsplanung ist es, die öffentlich-rechtliche Baugenehmigung, Zustimmung oder Genehmigungsfreistellung für das geplante Bauvorhaben zu erlangen. Dies erfordert die Beachtung der einschlägigen Vorschriften des öffentlichen Baurechts. Wie in unserem gesamten Rechtswesen unterscheidet man auch beim Baurecht eine öffentlich-rechtliche und eine privatrechtliche Sphäre. „Durch das öffentliche Recht werden die Rechtsbeziehungen des Staates und anderer öffentlicher Körperschaften und Anstalten sowohl untereinander als auch gegenüber unterstellten Einzelnen geregelt. Das öffentliche Recht ist das Recht der Träger hoheitlicher Gewalt und ihrer Organe. Im Privatrecht treten sich dagegen die Einzelnen auf gleicher Ebene gegenüber und gestalten im Rahmen der Vertragsfreiheit ihre Beziehungen nach ihrem Willen. […] Die Rechtsbeziehungen des Privatrechts sind also auf Koordination, die des öffentlichen Rechts auf Subordination aufgebaut. […] Unter Baurecht i. w. S. versteht man die Summe derjenigen Rechtsvorschriften, die sich auf die Ordnung der Bebauung und die Rechtsverhältnisse der an der Erstellung eines Bauwerks Beteiligten beziehen.“ (Locher, H. 2006, S. 1) „Das öffentliche Baurecht schränkt im öffentlichen Interesse die allgemeine Handlungsfreiheit des Bauenden und der am Bau Beteiligten ein und steckt den Rahmen für die Baufreiheit ab, die sich aus Artikel 2 und 14 GG ergibt. Im Rahmen dieser Baufreiheit stellt das private Baurecht ein Normensystem für die Planung und Errichtung von Bauwerken zur Verfügung.“ (ebenda) Das öffentliche Baurecht scheint die schöpferische Tätigkeit des Planenden zunächst einzuengen und zu reglementieren, jedoch muss man anerkennen, dass es der individuellen und der öffentlichen Sicherheit sowie der planvollen funktionalen und gestalterischen Entwicklung unserer Bauwerke und Städte dient bzw. dienen soll. Das öffentliche Baurecht umfasst -
das öffentliche Planungsrecht (einschließlich Bodenordnungsrecht), niedergelegt im Baugesetzbuch (BauGB vom 23.9.2004, zuletzt geändert durch Gesetz vom 22.07.2011) und in der Baunutzungsverordnung (BauNVO vom 23.1.1990, geändert durch Gesetz vom 22.4.1993)
-
das Bauordnungsrecht, niedergelegt in den einzelnen Landesbauordnungen und in den örtlichen Bauvorschriften, sonstige Rechtsvorschriften, wie z. B. Baustellenverordnung (BaustellV), Sächsisches Denkmalschutzgesetz (SächsDschG), Sächsisches Naturschutzgesetz (SächsNatSchG), Energieeinsparverordnung (EnEV) u. a.
284
11 Genehmigungsplanung
Die Nichtbeachtung und Verstöße gegen dieses Regelwerk können zu Umplanungen und Verzögerungen bis hin zu einer seitens der Bauaufsichtsbehörde angeordneten Einstellung der Bauarbeiten, untersagten Nutzung oder gar Beseitigung baulicher Anlagen führen. Ärger, Zeitverlust und zusätzliche Kosten sind die Folge. Durch das Bauordnungsrecht wird die Beschaffenheit von Bauwerken dahingehend geregelt, dass von ihnen keine Gefahren für die Nutzer, die Allgemeinheit und die Nachbarn ausgehen und Verunstaltungen z. B. des Ortsbildes vermieden werden.
11.1
Bauordnungen
Nach Erlass des Bundesbaugesetzes (das inzwischen mit dem Städtebauförderungsgesetz zum Baugesetzbuch zusammengefasst und weiterentwickelt worden ist) wurde eine Musterbauordnung von der Arbeitsgemeinschaft der für das Bau-, Wohnungs- und Siedlungswesen zuständigen Ministerkonferenz der Länder (ARGEBAU) aufgestellt, die als Grundlage für die Vereinheitlichung des Bauordnungsrechtes in den einzelnen Bundesländern dienen soll. Demzufolge sind die einzelnen Landesbauordnungen einander in allen grundsätzlichen Punkten ähnlich oder gleich; in Einzelfragen gibt es allerdings eine Reihe von Abweichungen. „Die nach der Musterbauordnung aufgestellten und erlassenen einzelnen Landesbauordnungen enthalten neben -
allgemeinen Vorschriften, in denen der Geltungsbereich, Begriffe, allgemeine Anforderungen geregelt sind, und
-
den Regelungen über die Bauaufsichtsbehörden und das bauaufsichtliche Verfahren
eingehende Vorschriften über -
die Grundstücke und ihre Bebauung,
-
Anforderungen an Baumaßnahmen (Bauausführung und bauliche Anlagen),
-
Bestimmungen über Baustoffe, Bauteile und Bauarten,
-
Bestimmungen über den Bau und seine Teile und
- Bestimmungen über besondere bauliche Anlagen und Gemeinschaftsanlagen.“ (Mantscheff, J. und Boisserée, D. 2004, S. 70) Ergänzend treten die örtlichen Bauvorschriften hinzu, die in Form einer Satzung erlassen werden. Über den Inhalt der Landesbauordnungen kann das folgende Inhaltsverzeichnis der Musterbauordnung in der Fassung vom November 2002 (zuletzt geändert im Oktober 2008) einen ersten Überblick geben:
11.1 Bauordnungen Erster Teil: Allgemeine Vorschriften § 1 Anwendungsbereich § 2 Begriffe § 3 Allgemeine Anforderungen Zweiter Teil: Das Grundstück und seine Bebauung § § § § §
4 5 6 7 8
Bebauung der Grundstücke mit Gebäuden Zugänge und Zufahrten auf den Grundstücken Abstandsflächen, Abstände Teilung von Grundstücken Nicht überbaute Flächen der bebauten Grundstücke, Kinderspielplätze
Dritter Teil: Bauliche Anlagen Erster Abschnitt: Gestaltung § 9 Gestaltung § 10 Anlagen der Außenwerbung, Warenautomaten Zweiter Abschnitt: Allgemeine Anforderungen an die Bauausführung § 11 Baustelle § 12 Standsicherheit § 13 Schutz gegen schädliche Einflüsse § 14 Brandschutz § 15 Wärme-, Schall-, Erschütterungsschutz § 16 Verkehrssicherheit Dritter Abschnitt: Bauprodukte, Bauarten § 17 Bauprodukte § 18 Allgemeine bauaufsichtliche Zulassung § 19 Allgemeines bauaufsichtliches Prüfzeugnis § 20 Nachweis der Verwendbarkeit von Bauprodukten im Einzelfall § 21 Bauarten § 22 Übereinstimmungsnachweis § 23 Übereinstimmungserklärung des Herstellers § 24 Übereinstimmungszertifikat § 25 Prüf-, Zertifizierungs-, Überwachungsstellen Vierter Abschnitt: Wände, Decken, Dächer § 26 Allgemeine Anforderungen an das Brandverhalten von Baustoffen und Bauteilen § 27 Tragende Wände, Stützen § 28 Außenwände § 29 Trennwände § 30 Brandwände § 31 Decken § 32 Dächer
285
286
11 Genehmigungsplanung
Fünfter Abschnitt: Rettungswege, Öffnungen, Umwehrungen § 33 Erster und zweiter Rettungsweg § 34 Treppen § 35 Notwendige Treppenräume, Ausgänge § 36 Notwendige Flure, offene Gänge § 37 Fenster, Türen, sonstige Öffnungen § 38 Umwehrungen Sechster Abschnitt: Technische Gebäudeausrüstung § 39 Aufzüge § 40 Leitungsanlagen, Installationsschächte und -kanäle § 41 Lüftungsanlagen § 42 Feuerungsanlagen, sonstige Anlagen zur Wärmeerzeugung, Brennstoffversorgung § 43 Sanitäre Anlagen, Wasserzähler § 44 Kleinkläranlagen, Gruben § 45 Aufbewahrung fester Abfallstoffe § 46 Blitzschutzanlagen Siebenter Abschnitt: Nutzungsbedingte Anforderungen § 47 Aufenthaltsräume § 48 Wohnungen § 49 Stellplätze, Garagen § 50 Barrierefreies Bauen § 51 Sonderbauten Vierter Teil: Die am Bau Beteiligten § 52 § 53 § 54 § 55 § 56
Grundpflichten Bauherr Entwurfsverfasser Unternehmer Bauleiter
Fünfter Teil: Bauaufsichtsbehörden, Verfahren Erster Abschnitt: Bauaufsichtsbehörden § 57 Aufbau und Zuständigkeit der Bauaufsichtsbehörden § 58 Aufgaben und Befugnisse der Bauaufsichtsbehörden Zweiter Abschnitt: Genehmigungspflicht, Genehmigungsfreiheit § 59 Grundsatz § 60 Vorrang anderer Gestattungsverfahren § 61 Verfahrensfreie Bauvorhaben, Beseitigung von Anlagen § 62 Genehmigungsfreistellung Dritter Abschnitt: Genehmigungsverfahren § 63 Vereinfachtes Baugenehmigungsverfahren § 64 Baugenehmigungsverfahren § 65 Bauvorlageberechtigung
11.2 Genehmigungspflicht und Genehmigungsfreiheit § 66 § 67 § 68 § 69 § 70 § 71 § 72 § 73 § 74 § 75 § 76 § 77
287
Bautechnische Nachweise Abweichungen Bauantrag, Bauvorlagen Behandlung des Bauantrages Beteiligung der Nachbarn Ersetzung des gemeindlichen Einvernehmens Baugenehmigung, Baubeginn Geltungsdauer der Baugenehmigung Teilbaugenehmigung Vorbescheid Genehmigung Fliegender Bauten Bauaufsichtliche Zustimmung
Vierter Abschnitt: Bauaufsichtliche Maßnahmen § 78 Verbot unrechtmäßig gekennzeichneter Bauprodukte § 79 Einstellung von Arbeiten § 80 Beseitigung von Anlagen, Nutzungsuntersagung Fünfter Abschnitt: Bauüberwachung § 81 Bauüberwachung § 82 Bauzustandsanzeigen, Aufnahme der Nutzung Sechster Abschnitt: Baulasten § 83 Baulasten, Baulastenverzeichnis Sechster Teil: Ordnungswidrigkeiten, Rechtsvorschriften, Übergangs- u. Schlussvorschriften § 84 § 85 § 86 § 87
11.2
Ordnungswidrigkeiten Rechtsvorschriften Örtliche Bauvorschriften In-Kraft-Treten, Übergangsvorschriften
Genehmigungspflicht und Genehmigungsfreiheit
Die Erläuterung des Genehmigungsverfahrens am Beispiel der Musterbauordnung erscheint wegen ihrer Unverbindlichkeit wenig sinnvoll. Als Beispiel wird stattdessen im Folgenden die Sächsische Bauordnung (SächsBO) herangezogen. Die Anforderungen bei der Errichtung, Änderung und Nutzungsänderung von Anlagen an ihre Gestattungsbedürftigkeit sind je nach Größe, Nutzungsart, Art des Bauherrn (privater Bauherr, öffentliche Baudienststelle) und einschlägigen Rechtsvorschriften sehr unterschiedlich. Abbildung 11.1 zeigt eine Übersicht über die verschiedenen Verfahrensarten.
288
11 Genehmigungsplanung
Verfahrensart
betroffene Vorhaben
Beispiele
Verfahrensfreiheit
festgelegte Gebäudearten geringer Größe, Anlagen der technischen Gebäudeausrüstung, Beseitigung bestimmter Anlagen, Instandhaltungsarbeiten
eingeschossige Gebäude ≤ 10 m² BGF, Solarkollektoren an Dach- und Außenwandflächen
Genehmigungsfreistellung
im Geltungsbereich eines Bebauungsplanes, nicht im Widerspruch zu dessen Festsetzungen, gesicherte Erschließung, keine gegenteilige Erklärung der Gemeinde
Wohnhäuser, soweit keine Sonderbauten, Verkaufsstätten, soweit Gesamtfläche einschl. Ladenstraße ≤ 800 m² BGF
Vereinfachtes Baugenehmigungsverfahren
keine Sonderbauten, nicht von der Genehmigung freigestellt
Vorhaben (soweit keine Sonderbauten) mit beantragten Abweichungen nach § 67 SächsBO
Baugenehmigungsverfahren
Sonderbauten
Hochhäuser, Krankenhäuser
Zustimmung der oberen Baubehörde
Leitung der Entwurfsarbeiten durch personell entsprechend ausgestattete Baudienststellen des Bundes oder Landes
Universitätsklinik, Schulgebäude
andere Gestattungsverfahren
nach anderen Rechtsvorschriften zulassungs- bzw. genehmigungsbedürftige Anlagen
Werbeanlagen (z. B. nach Straßenverkehrsrecht)
Abb. 11.1:
Überblick über die Gestattungsverfahren für die Errichtung, Beseitigung, Änderung und Nutzungsänderung von Anlagen nach SächsBO
Nach § 61 SächsBO gibt es eine Vielzahl verfahrensfreier Bauvorhaben, dazu gehören unter anderem: -
eingeschossige Gebäude mit einer Brutto-Grundfläche bis zu 10 m², außer im Außenbereich
-
Garagen einschließlich überdachter Stellplätze mit einer mittleren Wandhöhe bis zu 3 m und einer Brutto-Grundfläche bis zu 40 m² je Grundstück, außer im Außenbereich
11.2 Genehmigungspflicht und Genehmigungsfreiheit -
Gebäude ohne Feuerungsanlagen mit einer traufseitigen Wandhöhe bis zu 5 m, die einem land- oder forstwirtschaftlichen Betrieb dienen, höchstens 100 m² BruttoGrundfläche haben und nur zur Unterbringung von Sachen oder zum vorübergehenden Schutz von Tieren bestimmt sind
-
Gewächshäuser mit einer Firsthöhe bis zu 5 m, die einem landwirtschaftlichen Betrieb dienen und höchstens 100 m² Brutto-Grundfläche haben
-
Terrassenüberdachungen mit einer Fläche bis zu 30 m² und einer Tiefe bis zu 3 m
-
Gartenlauben in einer Kleingartenanlage im Sinne des § 1 Abs. 1 des Bundeskleingartengesetzes
-
Abgasanlagen in und an Gebäuden sowie freistehende Abgasanlagen mit einer Höhe bis zu 10 m
-
Solarenergieanlagen und Sonnenkollektoren in und an Dach- und Außenwandflächen sowie gebäudeunabhängig mit einer Höhe bis zu 3 m und einer Gesamtlänge bis zu 9m
-
Sonstige Anlagen der technischen Gebäudeausrüstung
-
Schwimmbecken mit einem Beckeninhalt bis zu 100 m³ einschließlich dazugehöriger luftgetragener Überdachungen, außer im Außenbereich
-
Nichttragende und nichtaussteifende Bauteile in baulichen Anlagen
-
Die Änderung tragender oder aussteifender Bauteile innerhalb von Wohngebäuden der Gebäudeklassen 1 und 2 (siehe SächsBO § 2 Abs. 3)
-
Fenster und Türen sowie dafür bestimmte Öffnungen
-
Beseitigung von freistehenden Gebäuden der Gebäudeklasse 1 und 3
-
Instandhaltungsarbeiten.
289
Neben dieser grundsätzlichen Freistellung von einem Gestattungsverfahren gibt es die Genehmigungsfreistellung. Nach Sächsischer Bauordnung § 62 ist die Errichtung, Änderung und Nutzungsänderung baulicher Anlagen – sofern es sich nicht um Sonderbauten handelt – unter folgenden Voraussetzungen genehmigungsfrei gestellt: „- das Bauvorhaben muss im Geltungsbereich eines Bebauungsplanes liegen -
es darf den Festsetzungen des Bebauungsplanes nicht widersprechen
-
die Erschließung im Sinne des Baugesetzbuches muss gesichert sein
-
die Gemeinde darf nicht innerhalb von drei Wochen nach dem von der Bauaufsichtsbehörde bestätigten Eingangsdatums erklärt haben, dass das vereinfachte Baugenehmigungsverfahren durchgeführt werden soll oder eine vorläufige Untersagung beantragt haben.“
Hat der Bauherr die erforderlichen Unterlagen jeweils einfach bei der unteren Bauaufsichtsbehörde und der Gemeinde (wenn diese nicht Bauaufsichtsbehörde ist) eingereicht und hat die Bauaufsichtsbehörde nicht binnen drei Wochen nach Eingang der vollständigen Unterlagen den Baubeginn untersagt, so kann mit dem Bauvorhaben begonnen werden. (SächsBO § 62 Abs.3).
290
11 Genehmigungsplanung
Natürlich müssen auch die verfahrensfreien und genehmigungsfreien Bauvorhaben die Anforderungen einhalten, die durch öffentlich-rechtliche Vorschriften an Anlagen gestellt werden. Das vereinfachte Baugenehmigungsverfahren ist durchzuführen, wenn das Bauvorhaben nicht zu den Sonderbauten gehört und nicht genehmigungsfrei gestellt wird, weil die Gemeinde die Durchführung des vereinfachten Verfahrens binnen drei Wochen nach bestätigtem Eingang der vollständigen Unterlagen verlangt oder weil es nicht „im Geltungsbereich eines Bebauungsplanes im Sinne von § 30 Abs. 1 oder §§ 12, 30 Abs. 2 BauGB liegt.“ (SächsBO § 62 Abs. 2 Nr. 1) Beim vereinfachten Baugenehmigungsverfahren prüft die Bauaufsichtsbehörde (außer bei Sonderbauten) „1.die Übereinstimmung mit den Vorschriften über die Zulässigkeit baulicher Anlagen nach den §§ 29 bis 38 BauGB; 2. beantragte Abweichungen im Sinne des § 67 Abs. 1 und 2 Satz 3 sowie 3. andere öffentlich-rechtliche Anforderungen soweit wegen der Baugenehmigung eine Entscheidung nach anderen öffentlich-rechtlichen Vorschriften entfällt oder ersetzt wird.“ (SächsBO § 63) Dem eigentlichen Baugenehmigungsverfahren sind nur noch die Sonderbauten unterworfen (SächsBO § 64). Bei ihnen sind zusätzlich zu den Prüfungen beim vereinfachten Baugenehmigungsverfahren die Anforderungen nach den Vorschriften der Sächsischen Bauordnung und aufgrund dieser Bauordnung zu prüfen. Bauvorhaben, bei denen die Leitung der Entwurfsarbeiten und die Bauüberwachung von einer Baudienststelle des Landes oder des Bundes wahrgenommen werden, bedürfen der Zustimmung der oberen Bauaufsichtsbehörde, sofern sie nicht verfahrensfrei sind. Diese Baudienststelle muss „mindestens mit einem Bediensteten mit der Befähigung zum höheren bautechnischen Verwaltungsdienst und mit sonstigen geeigneten Fachkräften ausreichend besetzt“ sein. (SächsBO §77 Abs. 1) Bauliche Anlagen, die geeignet und bestimmt sind, an verschiedenen Orten wiederholt aufgestellt und zerlegt zu werden (fliegende Bauten), bedürfen ab einer in § 76 SächsBO festgelegten Größenordnung einer Ausführungsgenehmigung und der Anzeige ihrer Aufstellung bei der Bauaufsichtsbehörde des Aufstellungsortes. Anlagen die nach anderen Rechtsvorschriften zulassungs- oder genehmigungsbedürftig sind – wie z. B. zur umweltverträglichen Beseitigung von Abfällen – bedürfen keiner Genehmigungsfreistellung, Baugenehmigung oder Zustimmung (SächsBO § 60: Vorrang anderer Gestattungsverfahren).
11.3
Baugenehmigungsverfahren und Bauaufsicht
(1) Der Bauantrag ist schriftlich bei der unteren Bauaufsichtsbehörde einzureichen (2) Mit dem Bauantrag sind alle für die Beurteilung des Bauvorhabens und die Bearbeitung des Bauantrages erforderlichen Bauvorlagen einzureichen. […]
11.3 Baugenehmigungsverfahren und Bauaufsicht
291
(3) In besonderen Fällen kann zur Beurteilung der Einwirkung des Bauvorhabens auf die Umgebung verlangt werden, dass es in geeigneter Weise auf dem Baugrundstück dargestellt wird. (4) Der Bauherr und der Entwurfsverfasser haben den Bauantrag, der Entwurfsverfasser die Bauvorlagen zu unterschreiben. Die von Fachplanern […] bearbeiteten Unterlagen müssen auch von diesen unterschrieben sein. […].“ (SächsBO § 68) Zum Bauantrag hört die Bauaufsichtsbehörde die Gemeinde und diejenigen Stellen, deren Beteiligung oder Anhörung vorgeschrieben ist oder deren Stellungnahme für die Beurteilung der Genehmigungsfähigkeit des Bauantrages erforderlich ist. Die Bauaufsichtsbehörde entscheidet über den Bauantrag innerhalb von drei Monaten, bei Vorliegen eines wichtigen Grundes in längstens fünf Monaten. (SächsBO § 69) „Die Baugenehmigung ist zu erteilen, wenn dem Vorhaben keine öffentlich-rechtlichen Vorschriften entgegenstehen, die im bauaufsichtlichen Genehmigungsverfahren zu prüfen sind.“ (SächsBO § 72 Abs. 1) Die Zulassung von Abweichungen von den Anforderungen der Bauordnung, von Ausnahmen und Befreiungen von den Festsetzungen eines Bebauungsplanes, einer städtebaulichen Satzung oder der Baunutzungsverordnung ist schriftlich zu beantragen. (SächsBO § 67) „Die Bauaufsichtsbehörden müssen die Nachbarn vor Erteilung von Abweichungen und Befreiungen benachrichtigen, wenn zu erwarten ist, dass öffentlich-rechtliche nachbarliche Belange berührt werden“, es sei denn, die Nachbarn haben Lageplan und Bauzeichnungen bereits unterschrieben oder der Erteilung schriftlich zugestimmt. (SächsBO § 70) „Mit der Bauausführung […] darf erst begonnen werden, wenn (1) die Baugenehmigung dem Bauherrn zugegangen ist und (2) die bautechnischen Nachweise nach § 66 sowie (3) die Baubeginnanzeige der Bauaufsichtsbehörde vorliegen.“ (SächsBO § 72 Abs. 6) Die Anzeige des Ausführungsbeginns eines genehmigungsbedürftigen Vorhabens hat seitens des Bauherrn mindestens eine Woche vorher schriftlich zu erfolgen. Das Gleiche gilt für die Wiederaufnahme der Bauarbeiten nach einer Unterbrechung von mehr als drei Monaten (SächsBO § 72 Abs. 8). Außerdem kann die Bauaufsichtsbehörde verlangen, „dass ihr Beginn und Beendigung bestimmter Bauarbeiten angezeigt werden. Die Bauarbeiten dürfen erst fortgesetzt werden, wenn die Bauaufsichtsbehörde der Fortführung der Bauarbeiten zugestimmt hat.“ (SächsBO § 82 Abs. 1) Die Abbildungen 11.2 und 11.3 zeigen das von der Stadt Leipzig bereitgestellte Bauantragsformular.
292
Abb. 11.2:
11 Genehmigungsplanung
Bauantrag nach § 68 Sächsische Bauordnung, Seite 1
(www.leipzig.de/buerger/formulare/Bauordnungsamt/Bauantrag.pdf)
11.3 Baugenehmigungsverfahren und Bauaufsicht
Abb. 11.3:
Bauantrag nach § 68 Sächsische Bauordnung, Seite 2
(www.leipzig.de/buerger/formulare/Bauordnungsamt/Bauantrag.pdf)
293
294
11 Genehmigungsplanung
Die Bauaufsichtsbehörde hat bei den in § 66 SächsBO festgelegten Gebäuden bzw. baulichen Anlagen den Standsicherheitsnachweis und/oder den Brandschutznachweis zu prüfen. Bei diesen Bauvorhaben obliegt der Bauaufsichtsbehörde auch die Überwachung der Bauausführung hinsichtlich der von ihr geprüften Nachweise. Darüber hinaus kann die Bauaufsichtsbehörde „die Einhaltung der öffentlich-rechtlichen Vorschriften und Anforderungen und die ordnungsgemäße Erfüllung der Pflichten der am Bau Beteiligten überprüfen.“ (SächsBO § 81) Den beabsichtigten Nutzungsbeginn einer nicht verfahrensfreien Anlage hat der Bauherr spätestens zwei Wochen vorher anzuzeigen. „Eine bauliche Anlage darf erst benutzt werden, wenn sie selbst, Zufahrtswege, Wasserversorgungs- und Abwasserentsorgungs- sowie Gemeinschaftsanlagen in dem erforderlichen Umfang sicher benutzbar sind […] Feuerstätten dürfen erst in Betrieb genommen werden, wenn der Bezirksschornsteinfegermeister die Tauglichkeit und die sichere Benutzbarkeit der Abgasanlagen bescheinigt hat.“ (SächsBO § 82 Abs. 3)
12
Ausführungsplanung
Grundlage der Ausführungsplanung sind die Entwurfsplanung, die Konstruktions- und Positionspläne des Statikers (Tragwerksplaners) sowie gegebenenfalls Auflagen aus der Baugenehmigung. Mit der Ausführungsplanung muss die vorhandene Planung so umgesetzt werden können, dass sie der Landesbauordnung und den „Allgemein anerkannten Regeln der Technik“ entspricht.
12.1
Aufgaben des Architekten bei der Ausführungsplanung
Im Leistungsbild Objektplanung für Gebäude, Freianlagen und raumbildende Ausbauten (§§ 33 und 38 HOAI:2009-08) sind als (Grund-)Leistungen der Leistungsphase 5. Ausführungsplanung angegeben: „a) Durcharbeiten der Ergebnisse der Leistungsphase 3 und 4 (stufenweise Erarbeitung und Darstellung der Lösung) unter Berücksichtigung städtebaulicher, gestalterischer, funktionaler, technischer, bauphysikalischer, wirtschaftlicher, energiewirtschaftlicher (zum Beispiel hinsichtlich rationeller Energieverwendung und der Verwendung erneuerbarer Energien) und landschaftsökologischer Anforderungen unter Verwendung der Beiträge anderer an der Planung fachlich Beteiligter bis zur ausführungsreifen Lösung, b) zeichnerische Darstellung des Objekts mit allen für die Ausführung notwendigen Einzelangaben, zum Beispiel endgültige, vollständige Ausführungs-, Detail- und Konstruktionszeichnungen im Maßstab 1:50 bis 1:1, bei Freianlagen je nach Art des Bauvorhabens im Maßstab 1:200 bis 1:50, insbesondere Bepflanzungspläne, mit den erforderlichen textlichen Ausführungen, c) bei raumbildenden Ausbauten: detaillierte Darstellung der Räume und Raumfolgen im Maßstab 1:25 bis 1:1 mit den erforderlichen textlichen Ausführungen; Materialbestimmung, d) Erarbeiten der Grundlagen für die anderen an der Planung fachlich Beteiligten und Integrierung ihrer Beiträge bis zur ausführungsreifen Lösung, e) Fortschreiben der Ausführungsplanung während der Objektausführung.“ (§§ 33, 38 HOAI:2009-08) In der Ausführungsplanung müssen also die Ergebnisse der vorangegangenen Leistungsphasen unter Berücksichtigung der vom Objektplaner integrierten Fachplanung durchgearbeitet werden. Grundlage für die spätere Bauausführung sind Ausführungs- oder Detailpläne. Diese sind mit allen zur Ausführung notwendigen Einzelangaben und den erforderlichen textlichen Erläuterungen zu fertigen.
296
12 Ausführungsplanung
Der Objektplaner schuldet dem Auftraggeber eine funktionsgerechte, wirtschaftliche, termingerechte und mangelfreie Planung. Gleichzeitig hat er die Bodenverhältnisse, die Umgebung und die örtlichen Gegebenheiten zu berücksichtigen. Hierher gehört eine zeichnerische Darstellung der Details mit schriftlichen Beschreibungen. Eigenplanung des Architekten bei der Ausführungsplanung
Anschaulich erläutert werden zudem diese Anforderungen anhand mehrerer Beispiele im HOAI-Leitfaden der Bayerischen Architektenkammer: „Dabei müssen Faktoren Berücksichtigung finden wie -
Städtebau und Gestaltung, zum Beispiel die Baukörperausformung, Fassadengliederung und Details, raumbildender Ausbau;
-
Funktion und Technik; zum Beispiel das Tragsystem, Einordnen der Energieversorgungsanlagen, Abwasserbeseitigung u. ä.;
-
Bauphysik, zum Beispiel alle Maßnahmen gegen Bewitterungsschäden, Schallschutzmaßnahmen in Fassaden- und Innenbereich;
-
Wirtschaftlichkeit, zum Beispiel durch Auswahl geeigneter Konstruktionen und Materialien;
-
Energiewirtschaftlichkeit, zum Beispiel durch Abstimmung der gesamten Außenflächen auf die gesetzlichen Anforderungen;
- Biologie und Ökologie, zum Beispiel Lebensbedingungen im Gebäude und im Freiraum.” (Bayerische Architektenkammer (Hrsg.) 1991, Seite 43) Es kommen gegenüber den bisherigen Planungsinhalten hinzu: -
genaue Maßangaben zu Räumen und Bauteilen
-
genaue Angaben der Materialien und der Konstruktionen, z. B. Türen und Fenster, Fußbodenaufbau, Anordnung von Schornsteinen
-
Verbindungen bzw. Anschlüsse verschiedener Materialien bzw. Gewerke, z. B. Dachabdichtungen und Fassade
- Produktangaben (Fertigteile, industrielle Erzeugnisse) - Angaben zu Durchbrüchen, d. h. Deckenaussparungen und Wandschlitzen für Heizungs-, Sanitär- und Elektroinstallationen sowie zu Aussparungen für Verankerungen von Türen, Fenstern, Geländern u. v. m. Die Ausführungsplanung ist weiterhin eine Grundlage der Mengenermittlung für die Leistungsbeschreibung mit Leistungsverzeichnis bei der Vorbereitung der Vergabe. Es ist bei der Terminplanung darauf zu achten, dass die abgestimmten Ausführungspläne rechtzeitig zur Verfügung stehen, dass die Mengenermittlungen von den Leistungspositionen erfolgen können, die als erste beauftragt werden sollen. Das sind beim Neubau die Baugrube, der Rohbau und sofern erforderlich die Aufzugstechnik. Aufmaß und Abrechnung der Bauleistung können auch auf Grundlage von Ausführungsplänen zur Mengenermittlung verwendet werden, sie sind dazu gegebenenfalls fortzuschreiben.
12.1 Aufgaben des Architekten bei der Ausführungsplanung
297
Koordination und Integration durch den Architekten
Die Ausführungsplanung für ein Bauwerk wird in der Regel sowohl vom Objektplaner, z. B. Architekt, als auch von den fachlich Beteiligten, wie dem Tragwerksplaner und den Fachingenieuren für die Planung der technischen Anlagen, erstellt. Damit obliegen dem Objektplaner umfangreiche Koordinations- und Integrationsaufgaben: -
Vorgaben und Hinweise für die Ausführungsplanung zu erarbeiten (insbesondere Rohpläne im Maßstab 1:50) und diese den fachlich Beteiligten (Statik, Haustechnik u. a.) zur Verfügung zu stellen
-
die Leistungen der fachlich Beteiligten terminlich zu koordinieren
-
die Beiträge der fachlich Beteiligten in die Ausführungsplanung zu integrieren und die einzelnen Planungen zu einer ausführungsreifen Gesamtplanung zu vervollständigen.
Leistungen der Tragwerksplanung bei der Ausführungsplanung
Die Koordination und Integration von Leistungen der an der Planung Beteiligten sei am Beispiel der Tragwerksplanung verdeutlicht. Für die Tragwerksplanung sind vom Objektplaner alle Informationen, also Zeichnungen, Erläuterungen usw. rechtzeitig zu Verfügung zu stellen, die es ihm ermöglichen, folgende Werkzeichnungen zu erstellen: -
Positionsplan; dient der Aufstellung und Prüfung statischer Berechnungen,
-
Fundamentplan; Grundriss im Fundamentbereich,
-
Bewehrungszeichnung; Ausführungszeichnung des Stahlbeton- und Spannbetonbaus mit den erforderlichen Angaben für das Ablängen, Biegen und Verlegen der Bewehrung einschließlich Stahl- und Stücklisten,
-
Schalplan; Ausführungszeichnung des Beton-, Stahlbeton- und Spannbetonbaus mit Darstellung der zu schalenden Bauteile,
-
Fertigteilzeichnung; Ausführungszeichnung zur Herstellung von Fertigteilen aus Stahlbeton- und Spannbeton,
-
Verlegezeichnung; Ausführungszeichnung für den Zusammenbau von Fertigteilen aus Stahlbeton, Spannbeton und Gasbeton. (nach Ehlers, M. 2006, S. 34-35) Arten, Inhalte und Grundregeln der Ausführungsplanung
Für die Objektplanung und die Tragwerksplanung ist die DIN 1356-1:1995-02, Bauzeichnungen – Teil 1: Arten, Inhalte und Grundregeln der Darstellung, zu beachten. Sie ist auf die notwendigen Übersichtspläne, Grundrisspläne, Schnittpläne Ansichten sowie Detailpläne anzuwenden. „Diese Norm legt Arten und Inhalte von Bauzeichnungen für die Objekt- und Tragwerksplanung sowie Grundregeln für die Darstellung in Bauzeichnungen fest. Bauzeichnungen im Sinne der Norm sind Zeichnungen für die Objektplanung und die Tragwerksplanung für Entwurf, Genehmigung, Ausführung und Aufnahme von baulichen Anlagen. Sie gilt für Bauzeichnungen, die manuell und computergestützt hergestellt werden.“ (DIN 1356-1:1995-02)
298
12 Ausführungsplanung
Hierzu ein Auszug aus der Norm zu den Werkzeichnungen sowie den Detail- und Teilzeichnungen: „2.4 Ausführungszeichnungen Ausführungszeichnungen sind Bauzeichnungen mit zeichnerischen Darstellungen des geplanten Objektes mit allen für die Ausführung notwendigen Einzelangaben. Ausführungszeichnungen enthalten unter Berücksichtigung der Beiträge anderer an der Planung fachlich Beteiligter alle für die Ausführung bestimmten Einzelangaben in Detailzeichnungen und dienen als Grundlage der Leistungsbeschreibung und Ausführung der baulichen Leistungen. 2.4.1 Werkzeichnungen („Werkpläne“) Als Maßstab ist im Regelfall 1:50 zu wählen, gegebenenfalls 1:20. 2.4.2 Detail- und/oder Teilzeichnungen Als Maßstab sind die Maßstäbe 1:20. 1:10, 1:5 und 1:1 zu wählen.“ (DIN 1356-1:1995-02) Übersicht zu den Planunterlagen der Ausführungsplanung Übersichtspläne:
Lageplan, Baustelleneinrichtungsplan, Schachtplan, Fundamentplan, Medienschachtpläne, Aussparungspläne, Sparrenplan, Dachaufsichtsplan, Fassadenabwicklungspläne, Verkehrsflächenplan, Wegeplan Grundrisspläne:
Allgemeine Grundrisse, Tiefgaragengeschosse, Kellergeschosse, Erdgeschosse, Obergeschosse, Dachgeschosse Schnittpläne:
Querschnitte, Längsschnitte, Fassadenschnitte Ansichten:
Nordansichten, Südansichten, Westansichten, Ostansichten Detailpläne:
Aufzüge, Innen- und Außentreppen, Rampen, Übergänge, Fenster, Türen, Schornsteine, Antennenanlagen, Einfriedung, Stellplätze, Nebengebäude, Dachausbildung, Balkone, Geländer, Brüstungen, Entwässerungen, Fassadenaufbauten, Medienkanalführung, Medienhauseinbindung, Fliesen- und Fugenpläne, Möblierungspläne, Grundstückseinfahrtsbereich, Unterfangungen, Abdichtung, Sperrung, Feuchteschutz, Wandaufbau, Wärmedämmung, Brandschutzwände, Schallschutzwände Abb. 12.1:
Übersicht zu den Planunterlagen der Ausführungsplanung
(Langscheidt, W. und Hancker, K. 2001, S. 75-89; Schneider, K.J. 2004, S. 14.20 ff)
12.1 Aufgaben des Architekten bei der Ausführungsplanung
299
Richtigkeit, Planungsbedürftigkeit und Kostensicherheit der Ausführungsplanung
Der Architekt hat ferner im Hinblick auf die Erfüllung seines Vertrages und bezüglich seiner vertraglichen Haftung die -
technische Richtigkeit
-
Planungsbedürftigkeit
bei der Anfertigung der Ausführungsplanung zu beachten. Die technische Richtigkeit der Ausführungsplanung bestimmt sich aus den verfügbaren Grundlagen in Form der technischen Standards, der Richtlinien, der Merkblätter und Arbeitsblätter. Als Beispiel seien genannt: Fachregeln für Dächer und Abdichtungen – Flachdachrichtlinien (Stand 09/2008). Bezüglich der Planungsbedürftigkeit stellt sich die Frage, was und in welchem Umfang bei der Ausführungsplanung bearbeitet werden muss. Fehlende Planungen oder fehlende Eintragungen in Planunterlagen, z. B. Dehnungsfugen im Estrich oder die Entwässerung eines Balkons, können als Planungsfehler ausgelegt werden. Zur Planungsbedürftigkeit, insbesondere bei den Detail- und Teilzeichnungen führen Hoffstadt/Koppe aus: „Es sind so viele Detailpläne zu erstellen, wie zur Klärung der Bauausführung notwendig sind. Dies sind vor allem solche Details, an denen mehrere Ausführungsfirmen beteiligt sind, z. B. Gebäudesockel, Fassadendetails, Fensterdetails, Treppendetails, Dachdetails etc.“ (Hoffstadt, H.-J.; Koppe, B. 2012) Der Architekt darf sich bei seiner Planung nicht auf die Verantwortung der ausführenden Firmen hinsichtlich der geschuldeten einwandfreien Leistung verlassen. Er muss sich vollständig über die Eignung und Fehlerfreiheit seiner Konstruktion sicher sein und sich im Zweifel dessen vergewissern. Bauherrenwünsche, welche zu Fehlern führen können, entheben den Architekten im Grundsatz nicht von seiner diesbezüglichen Planungsverantwortung. Die Ausführungsplanung ist auch eine Grundlage des Kostenanschlags (vgl. Abschnitt 8.1.1.). So heißt es in der Norm: „Der Kostenanschlag dient als eine Grundlage für die Entscheidung über die Ausführungsplanung und die Vorbereitung der Vergabe. Im Kostenanschlag werden insbesondere folgende Informationen zu Grunde gelegt: -
Planungsunterlagen, z. B. endgültige vollständige Ausführungs-, Detail- und Konstruktionszeichnungen;
-
Berechnungen, z. B. für Standsicherheit, Wärmeschutz, technische Anlagen;
-
Berechnung der Mengen von Bezugseinheiten der Kostengruppen;
-
Erläuterungen zur Bauausführung, z. B. Leistungsbeschreibungen;
-
Zusammenstellungen von Angeboten, Aufträgen und bereits entstandenen Kosten (z. B. für das Grundstück, Baunebenkosten usw.).
Im Kostenanschlag müssen die Gesamtkosten nach Kostengruppen mindestens bis zur 3. Ebene der Kostengliederung ermittelt und nach den vorgesehenen Vergabeeinheiten geordnet werden. Der Kostenanschlag kann entsprechend dem Projektablauf in einem oder mehreren Schritten aufgestellt werden.“ (DIN 276-1:2008-12)
300
12 Ausführungsplanung
Häufige Fehler bei der Ausführungsplanung
Als Fehler bei der Ausführungsplanung treten häufig auf (Auswahl): -
Die Anforderungen des Bauherrn (Beschaffenheitsvereinbarungen) werden in der Ausführungsplanung nicht umgesetzt.
-
Der Bauherr trifft wichtige Entscheidungen zur Ausführungsplanung nicht.
-
Die Ausführungsunterlagen werden nicht über Planungsinhalt der Entwurfsplanung hinaus weiterentwickelt, sondern lediglich in einem anderen Maßstab dargestellt.
-
Die Ausführungsplanung weicht von der vom Bauherrn freigegebenen Entwurfsplanung ab.
-
Die Ausführungsplanung weicht von der Baugenehmigung ab.
-
Die Ausführungsplanung wird nicht genutzt, um die Entwurfsplanung in technischer und wirtschaftlicher Hinsicht zu optimieren, zum Beispiel Bemessung von Bauteilen oder Möblierbarkeit.
-
Die Werk-, Detail- und Teilzeichnungen der Ausführungsplanung der Objektplanung werden nicht aufeinander abgestimmt und sind widersprüchlich.
-
Die notwendigen Planunterlagen werden fehlerhaft, widersprüchlich, unvollständig oder verspätet an fachlich Beteiligten weitergegeben.
-
Die Koordinierung und Integration von Beiträgen der an der Planung fachlich Beteiligten (zum Beispiel Baugrund, Brandschutz, Schlitz- und Durchbruchplanung hinsichtlich der technischen Ausrüstung und der Tragwerksplanung) wird vernachlässigt.
-
Notwendige Werk-, Detail- und Teilzeichnungen der Ausführungsplanung werden nicht gefertigt.
-
Die Maßketten sind unvollständig, falsch oder unübersichtlich.
-
Schraffuren, Farben, Symbole und anderes werden nach Belieben eingesetzt ohne standardisierte Vorgaben einzuhalten,
-
Die Darstellung der Planunterlagen und die Zuordnung von weiteren Informationen sind unübersichtlich.
-
Die Prüfung der Planunterlagen ist nur unter erschwerten Bedingungen möglich.
-
Es fehlt eine Darstellung der Ausführungsplanung als geschlossenes Ganzes.
-
Die Regeln der praktischen Ausführung werden nur unzureichend beachtet.
-
Eine Fortschreibung der Ausführungsplanung während der Bauausführung wird vergessen oder unterlassen. Die genannten Fehler müssen nicht zwangsläufig alle zu Mängeln am Bauwerke führen, soweit sie vom Aufraggeber – was eher die Ausnahme sein wird – oder von der ausführenden Firma rechtzeitig erkannt und durch diese vermieden werden. In vielen Fällen wird die ausführende Firma die Fehler der Ausführungsplanung zum Anlass nehmen, Nachforderungen zu stellen (vgl. Abschnitt 13.7).
12.2 Gegenstand der Ausführungsplanung
12.2
301
Gegenstand der Ausführungsplanung
Die Möglichkeiten der wirtschaftlichen Planung sind in den frühen Leistungsphasen besonders groß. Die Ausführungsplanung als eine wichtige Planungsleistung vor der Bauausführung soll nach den Grundsätzen der Planungsrichtigkeit und der Planungsbedürftigkeit erfolgen und bietet darüber hinaus die Chance einer erhöhten Kostensicherheit. Hierbei ist zu denken an: -
kostenbewusste Planung der Materialien, Details und Herstellungsverfahren
-
Variantenbildung und Bemusterung
-
Vermeidung von Unvollständigkeit und Unzulänglichkeit der Planung, als Folge wäre mit geänderten oder zusätzlichen Leistungen und einer entsprechenden Kostenänderung zu rechnen.
Soll ein Bauvorhaben teilweise oder ganz unter Verwendung von Fertigteilen ausgeführt werden, ist dies bei der terminlichen Koordination zu berücksichtigen. Auf der Seite des Planers ist ein größerer Zeitbedarf für die Planung der Fertigteile erforderlich. Spezielle Kenntnisse oder Fertigungsverfahren der ausführenden Firma sollen möglichst in die Ausführungsplanung integriert werden. Die Planung des Architekten und die Werk- und Montageplanung der zu beauftragenden bzw. der beauftragten Firma sind abschließend detailgenau abzustimmen. Soll die Beauftragung der Bauleistungen auf der Grundlage einer funktionalen Leistungsbeschreibung erfolgen, dann entfällt die zeichnerische Darstellung, wie sie üblicherweise im Rahmen der (Grund-)Leistungen der Leistungsphase 5. Ausführungsplanung erforderlich ist. Sie wird ersetzt durch das Aufstellen einer detaillierten Objektbeschreibung als Raumbuch zur Grundlage der Leistungsbeschreibung mit Leistungsprogramm. In Einzelfällen kann die Erstellung von Detailmodellen erforderlich sein. „Insbesondere bei großen Bauvorhaben kommt es vor, dass z. B. ein Fassadenelement, das für die Gesamtanlage von größter Bedeutung ist, im Maßstab 1:1 hergestellt wird, um z. B. dem Bauherrn oder auch genehmigenden Behörden sowie den Nutzern einen möglichst genauen Eindruck der späteren Erscheinung zu geben. Gleichzeitig dient eine solche Anfertigung von Detailmodellen auch der eventuell alternativen Entwicklung von technischen Details oder Produktionsmethoden. Die Entwicklung von Detailmodellen sollte im Allgemeinen mit ausführenden Firmen erfolgen, um auch gleichzeitig das technische Know-How mit einzubeziehen.“ (Laage, G. 1978, S. 115) Zum baulichen Ausbau von Gebäuden gehören alle raumbildenden Bauteile wie nichttragende Konstruktionen der Außenwände, Decken, Treppen und Dächer, davon insbesondere die Bekleidungen der Oberflächen tragender Konstruktionen. Sie ergänzen das Tragwerk und sind für die funktionale und gestalterische Qualität des gesamten Gebäudes sowie der Innenräume maßgebend. Um allen Planungsanforderungen insbesondere auch in wirtschaftlicher Hinsicht erfolgreich begegnen zu können, ist von vornherein auf die Einflussgrößen zu achten, die als Ursachen für Kosten in Frage kommen.
302
12 Ausführungsplanung
Dabei muss auch zwischen solchen Ursachen unterschieden werden, die „intern“ aus konstruktiven Gegebenheiten bzw. aus dem Planungsverlauf resultieren, und solchen, die „extern“ aus Marktsituationen entstehen können und damit vom Bauherrn bzw. vom Architekten oder Ingenieur nur unter Beachtung der Entwicklungen am Markt gesteuert werden können. Zu den Standards und den Planungsbedingungen und -möglichkeiten als interne Kosteneinflüsse gehören: -
Gebäudegeometrie
-
Anforderungen von Nutzern und Behörden
-
Gestaltungsqualität
-
Maßkoordination, Normen, Typen und Details sowie
-
Planungstiefe bei der Ausschreibung.
Weiterhin bestehen über die Planungsbedingungen und -möglichkeiten hinaus zahlreiche externe Kosteneinflüsse auf die Elemente, die im Rahmen der Leistungsphase 5. Ausführungsplanung durchzuplanen sind. Es sind allgemeine bauwirtschaftliche Entwicklungen, allgemeine und spezifische Preisentwicklungen oder spezifische Angebots- und Ausführungsbedingungen. Allerdings können auch diese Kosteneinflüsse bei der Planung, vor der Ausschreibung und im Zuge der Vergabe so berücksichtigt werden, dass dennoch für das Bauprojekt ein hohes Maß an Kostensicherheit erreicht werden kann. Einflüsse der Gebäudegeometrie
Die grundsätzlichen Entscheidungen hinsichtlich der Gebäudegeometrie werden im Rahmen der Vor- und Entwurfsplanung getroffen. Aber auch bei der weiteren Durcharbeitung der Planung stellen sich immer wieder Fragen nach der Geometrie des Gebäudes und einzelner Bauteile. Besondere Anforderungen an die Konstruktionsarbeit und die Gefahr erhöhter Kosten entstehen bei Abweichungen von einer einfachen Orthogonalität, Verläufen von Wandlinien in anderen Winkeln als 90 Grad (Dreiecksgrundrisse, amorphe Grundformen), Rampen mit unterschiedlichen Neigungen, unterschiedliche Raumhöhen, Dachschrägen und Gewölbe sowie deren Durchdringungen. Die Vielgestaltigkeit der Räume und Konstruktionen lässt die Zahl unterschiedlicher Bauteile überproportional ansteigen. Auswirkungen zeigen sich dann bei der Vielfalt von Bauelementen bei Fassaden, Innenwänden – besonders im Bereich der Wandanschlüsse – sowie abgehängten Decken und den Belägen von Treppen (zusätzliche Einzelelemente, Passstücke und Verschnitt). Anforderungen von Nutzern und Behörden
In den Leistungsphasen Vor- und Entwurfsplanung sind die speziellen Nutzeranforderungen gerade bei der Planung von Mietobjekten oft noch nicht vollständig bekannt bzw. es muss damit gerechnet werden, dass einmal getroffene Entscheidungen aufgrund späterer Nutzeranforderungen geändert werden müssen, im ungünstigen Fall auch während der Bauausführung.
12.2 Gegenstand der Ausführungsplanung
303
Baurechtliche und andere Auflagen (z. B. durch Berufsgenossenschaften) können erst bei Kenntnis der genauen Nutzung formuliert werden. Nicht nur durch unzureichende Beachtung von Bauvorschriften, sondern vor allem durch späte Planungs- und Bauänderungen entstehen ungünstige und damit meist Kosten erhöhende Bedingungen. Bei sehr großen und komplexen Bauvorhaben muss auch mit Auflagen gerechnet werden, die aus dem Studium der Gesetzeswerke allein nicht zu erkennen sind. Spezielle Anforderungen bei Labors, Kraftwerken, Flughäfen u. a. können zu einem erhöhten technischen Aufwand in der Sicherheitstechnik wie bei den bauphysikalischen Eigenschaften führen. Gestaltungsqualität
Neben der Gebäudegeometrie sind Materialwahl und Verarbeitungsqualität (Detailplanung, Leistungsbeschreibung) Gegenstand gestalterischer Arbeit. Innovative formale Ausbildungen sowie raumbestimmte Proportionen der einzelnen Bauteile harmonieren nicht immer mit den Abmessungen von Normen- und Typenbauteilen. Nach den funktionalen Eigenschaften des Gebäudes ist die Wahl der Materialien sowie der Oberflächenbehandlung und der Fügetechnik entscheidend für die gestalterische Wirkung. Stellvertretend für viele mögliche Gestaltungsbeispiele sollen nur einige genannt werden, die als besonders kostenwirksam anzusehen sind und trotz hoher Baukosten häufig zur Ausführung kommen: -
Metall-Glas-Fassaden, gegebenenfalls mit Erkerausbildungen und Zusatzfunktionen (Sonnenschutz, integrierte Heizung)
-
hochwertige und individuell ausgebildete Schutzelemente (Geländer, Rammschutz, Halterungen für Informationselemente)
-
technische Mehraufwendungen zur Gewährleistung von bauphysikalischen Anforderungen (Wärmeschutz, Schallschutz, Brandschutz), um eine bestimmte Entwurfsphilosophie (Licht im Raum, Innen-Außenraum-Bezug) umzusetzen
-
Mehraufwendungen zur Gewährleistung von Nutzer- oder Sicherheitsanforderungen, z. B. Klimatisierung von Räumen aufgrund temporärer Sonneneinstrahlung und Erwärmung bei hohem Verglasungsanteil der Fassaden aus architektonischen Gründen
-
bei Innenwänden und besonders Innentüren zusätzliche Mehraufwendungen in Wänden als Brandabschnitte durch gestaltete Flächen und Brandschutzverglasungen
-
ornamentale Gestaltung von Fußboden- und Treppenbelägen, erhöhte Verlegeplanung, erhöhtes Verschnittrisiko bei Rauten-, Rund- oder freien Formen
-
bei abgehängten Decken Mehraufwendungen bei integrierter Beleuchtung.
Es kann bei der Aufzählung solcher Beispiele nicht darum gehen, gestalterische oder funktionale Möglichkeiten einzuschränken. Wichtig ist es jedoch, die Kostenwirksamkeit von Planungsentscheidungen zu erkennen. Maßkoordination, Normen, Verordnungen, Typen und Details
Bei frühzeitiger Berücksichtigung von Normen und Typen besteht die Möglichkeit, Produkte serieller und industrieller Fertigung einzusetzen. Diese zeichnen sich in der Regel durch hohe Produktqualität aus und stehen meist im Preiswettbewerb mit zahlreichen gleichwertigen
304
12 Ausführungsplanung
Bauteilen. Andernfalls sind Sonder- oder Einzelanfertigungen notwendig, die aufgrund höheren Planungs- und Herstellungsaufwandes teurer sein können. Die Maßkoordination in der Planung ist eine Grundvoraussetzung für den Einsatz genormter und typisierter Bauteile. Hierzu gehört auch in der Ausführungsplanung die Berücksichtigung gewerkeüblicher Maßtoleranzen, die so auszulegen sind, dass geringe Maßabweichungen der Bauteile nicht zu Anschluss- oder überdurchschnittlichen Nach- oder Anpassungsarbeiten führen. Die Standardisierung von Details dient der Vereinheitlichung und Vereinfachung konstruktiver Elemente. Sie sollte das Ergebnis einer Optimierung unter gestalterischen, technischen und vor allem wirtschaftlichen Gesichtspunkten durch Bildung, Bewertung und Auswahl von Varianten sein. Die Entwicklung von Standarddetails beginnt zweckmäßigerweise direkt im Anschluss an die Entwurfsplanung und soll in Zusammenarbeit des planenden Architekten mit den Fachingenieuren, der Bauleitung sowie gegebenenfalls auch unter Hinzuziehung von Herstellern erfolgen. Hierbei ist sicherzustellen, dass -
die Zahl individueller Einzellösungen gering bleibt
-
marktübliche Konstruktionen zur Anwendung kommen
-
der Wettbewerb der Bieter nicht durch Produktvorgaben oder Einschränkungen begrenzt wird
-
durch eine große Zahl der Elemente eine Reduzierung der Stückkosten erreicht werden kann
-
durch einfache Verbindungs- und Fügetechnik soweit wie möglich Ausführungsmängel und aufwendige Bauunterhaltungsmaßnahmen ausgeschlossen werden können.
Bei welchen Konstruktionen sollen Standarddetails entwickelt werden? Ausschließen kann man keine, jedoch sollte man vorrangig folgende Bereiche prüfen: -
Anschluss von Wand an Decke
-
Wandbekleidungen
-
Installationsdurchführungen
-
Deckenbekleidungen
-
Ein- und Auslassöffnungen
-
Anschluss von Wand an Wand
-
Türen und Fenster
-
Dachaufkantungen
-
Fassadenbekleidungen
-
Schutzelemente (Treppen, Brüstungen)
-
Anschluss von Wand an Dach.
12.2 Gegenstand der Ausführungsplanung
305
Nach Abstimmung erfolgt die Einarbeitung der Standarddetails in die Ausführungsplanung sowie in die Leistungsbeschreibung. Die Vorgabe von Standarddetails über einzelne Bauwerke hinaus, d. h. für bauliche Anlagen oder aufeinander folgende Projekte bietet sich an. Dieses besonders deshalb, weil über die Entwicklung und mehrfache Anwendung der Details ein besonders hohes Maß an praktischer Erfahrung gewonnen werden kann. Planungshinweise zur Leistungsbeschreibung
Der vollständige Abschluss der Planung vor der Vergabe ist manchmal nicht gegeben. Ursachen hierfür können sein: -
Unvollständigkeit der Information über Nutzeranforderungen
-
schwebendes Baugenehmigungsverfahren
-
nicht ausreichende oder nicht ausreichend genutzte Planungszeit
-
Änderungen der Planung bis kurz vor Beauftragung bei ungenügender Abstimmung der Teilplanungen, insbesondere haustechnischer Planungen
-
mangelndes Problembewusstsein für die notwendige Planungstiefe, teilweise sogar Nichtbeauftragung ganzer Planungsphasen, z. B. Ausführungsplanung
-
Verkürzung der Planungs- und Bauzeit durch Überlappung von Leistungsphasen,
-
wissentliche Inkaufnahme von Änderungen über Nachträge zu beauftragten Leistungen.
Die Folgen solcher Umstände werden vor allem bei den Ausbaugewerken sichtbar. Sie führen zu Abweichungen von sinnvollen Abläufen. Mehrkosten infolge Unvollständigkeit der Planung zum Vergabezeitpunkt sind schwer zu bewerten. Meist ist sie jedoch der Beginn und die hauptsächliche Ursache für eine Kette von Beeinträchtigungen bis hin zur Bauzeitverlängerung. Mit der Bemusterung von Baukonstruktionen, wie Bodenbelägen, Decken- und Wandbekleidungen, Trennwänden u. v. m. besteht nicht nur die Möglichkeit, die funktionale Eignung oder die gestalterische Akzeptanz zwischen dem Planer und dem Bauherrn abzustimmen. Hierbei besteht vor allem auch die Chance, vor dem Versand der Leistungsbeschreibung zu prüfen, ob die Inhalte der Ausführungsplanung den zugehörigen Ansätzen in der Kostenplanung entsprechen. Dabei ist der Bemusterung von Varianten besonderes Gewicht beizumessen – und zwar nicht nur unterschiedlicher Ausführungsarten, sondern auch unterschiedlicher Standards und damit unterschiedlicher Kosten. Sofern auch nach Bemusterungen noch Unsicherheiten bezüglich der zu erwartenden Kosten bestehen, sollen bei der Leistungsbeschreibung auf jeden Fall Alternativangebote abgefragt werden. Prüfung der Ausführungsplanung
Im Bereich des sehr komplexen baulichen Ausbaus bestehen zahlreiche und sich größtenteils überlagernde und damit gegenseitig verstärkende Ursachen für Kostensteigerungen. Es liegt im Entscheidungsbereich des Bauherrn, beraten durch seinen Architekten, welchen Standard und welche Baukosten er zu finanzieren bereit und in der Lage ist. Entscheidend ist aber in jedem Fall – gleichgültig ob ein low-cost-building oder ein bewusst anspruchsvoll gestaltetes Bauwerk ausgeführt werden soll – dass mit der Planung ein möglichst hohes Maß an Kostenbewusstsein und Kostensicherheit erreicht wird.
306
12 Ausführungsplanung
Hierbei sind folgende Punkte zu berücksichtigen: -
einfache Geometrie (Orthogonalität) im Grundriss, des Raumes und der Ausbauelemente
-
Maßkoordination und Wiederholung von Maßen
-
Anwendung von Norm- und Typenbauteilen, Bausystemen
-
Berücksichtigung gewerkeüblicher Maßtoleranzen
-
möglichst vollständige Berücksichtigung von Nutzeranforderungen
-
möglichst vollständige Berücksichtigung von Behördenauflagen
-
Vermeidung arbeitsaufwendiger und für das Material untypischer Detailausbildungen
-
Entwicklung und Anwendung von Standarddetails
-
Anwendung von Materialien, die den Anforderungen am ehesten gerecht werden
-
Vermeidung von übermäßigen formalen Ausbildungen, Bemusterungen von Baustoffen und Konstruktionen
-
Vollständigkeit der Planung bei Ausschreibung (dies gilt insbesondere für die Erstellung und Integration der Leistungen anderer an der Planung fachlich Beteiligter: keine Ausschreibung auf der Grundlage der Entwurfsplanung!)
Teilung der Planung und Fortschreibung der Planung aufgrund Änderungen
Liegen die Nutzeranforderungen als wesentlicher Teil der Grundlagen einer Planung zu Projektbeginn noch nicht vollständig vor, soll aber dennoch so früh mit dem Bauen begonnen werden, kann die Planung zeitlich geteilt werden. Das trifft häufig auf Bauvorhaben mit vielen Eigentümern oder Mietern zu, zum Beispiel große Wohnanlangen oder Einkaufszentren. In solchen Fällen soll die Planung, insbesondere die Ausführungsplanung, zeitlich in zwei Teilprojekte aufgeteilt werden: -
Teilprojekt 1: Bauliche Hülle mit Tragwerk und Grundinstallation
-
Teilprojekt 2: Ausbau der zahlreichen individuellen Nutzungsbereich.
Dabei sind alle technischen Schnittstellen (Tragwerk/Ausbau), wirtschaftlichen Schnittstellen (Kostenplanung/Kostenübernahme), und rechtlichen Schnittstellen (Eigentum/Miete) zu beachten. Die Ausführungsplanung für Teilprojekt 1 wird erstellt und kann bereits Grundlage der Vergabe und Ausführung sein während noch Nutzeranforderungen für den Ausbau erhoben werden. Dabei ist zu berücksichtigen, dass das Teilprojekt nach der Vergabe an ausführende Firmen nicht mehr geändert wird. Bauherr und Architekt sollen grundsätzlich darauf achten, dass nach der Ausführungsplanung möglichst nicht oder nur geringfügig geändert wird. Änderungswünsche sind unter den Gesichtspunkten Kosten und Termine sorgfältig zu untersuchen, bevor sie durchgeführt werden. Für den Bauherrn muss stets Klarheit darüber bestehen, dass Änderungen nur in Ausnahmefällen ohne Kosten- und Terminauswirkungen möglich sind.
13
Vergabewesen
Unter Vergabewesen versteht man die Gesamtheit der Verfahren und Regelungen zur Vergabe von (Bau-)Leistungen. Hierzu gehören zum einen die Suche des Bauherrn nach dem geeignetsten Auftragnehmer und zum anderen die vertragliche Vereinbarung der beiden. Die Suche nach dem Auftragnehmer und die Festlegung der Vertragsbedingungen sind im Bauwesen insofern in besonderer Weise verknüpft, als es sich bei der Erbringung von Bauleistungen in den allermeisten Fällen um eine Auftragsproduktion handelt. Bauleistungen werden nicht für den anonymen Markt (Marktproduktion), sondern aufgrund eines erteilten Auftrags erbracht. Das zu beschaffende Gut kann also vor der Auftragserteilung nicht in Augenschein genommen und hinsichtlich seines Preis-Leistungs-Verhältnisses geprüft werden, sondern der Auftraggeber muss seine Anforderungen an dieses Gut formulieren, er muss die auszuführende Bauleistung so beschreiben, dass interessierte Unternehmer ein Angebot abgeben können. Allerdings wird der angebotene Preis nur dann Bestand haben, wenn der anbietende Unternehmer bei seiner Preiskalkulation die gesamten Rahmenbedingungen der Bauausführung (Ausführungsfristen, Verjährungsfrist, Verteilung der Gefahr, Vertragsstrafen, Fristen für Abschlags- und Schlusszahlungen u. v. m.) kennt. Ein einfacher Vergleich der von verschiedenen Unternehmen eingeholten Preisangebote ist daher nur möglich, wenn für jedes Angebot die gleichen Rahmenbedingungen gelten. Um dies sicherzustellen, müssen die Vertragsbedingungen seitens der ausschreibenden Stelle vorgegeben werden. Die im Bauwesen überwiegende Auftragsproduktion macht es daher erforderlich, dass bei der Suche nach dem wirtschaftlichsten Angebot die vorgesehenen Vertragsbedingungen Teil der Ausschreibungsunterlagen sind. Unvollständige Vertragsbedingungen können zu Nachverhandlungen mit dem Risiko führen, dass sich das ausgewählte Angebot am Ende nicht mehr als das wirtschaftlichste herausstellt. Die Vergabe von Bauleistungen ist also eng mit der Vertragsgestaltung verknüpft, was auch in dem neuen Titel der VOB – Vergabe- und Vertragsordnung – zum Ausdruck kommt.
13.1
Rechtliche Grundlagen des Vergabewesens
Die Art und Weise, wie der bzw. die Auftragnehmer gesucht werden, ist dem privaten Bauherrn weitgehend freigestellt, während der öffentliche Bauherr an eine Reihe von Regelungen gebunden ist, die insbesondere Chancengleichheit der potenziellen Auftragnehmer gewährleisten sollen. Diese Regelungen sind kaskadenförmig in der Richtlinie 2004/18/EG (bzw. 2004/17/EG) des Europäischen Parlaments und des Rates der Europäischen Union, im Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen, in der Vergabe- und Vertragsordnung (vormals Verdingungsordnung) festgeschrieben (siehe Abbildung 13.1).
308
13 Vergabewesen
Richtlinie 2004/18/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 31.3.2004 über die Koordinierung der Verfahren zur
Vergabe öffentlicher Bauaufträge, Lieferaufträge und Dienstleistungsaufträge gemeinschaftliche Koordinierung der nationalen Verfahren für die Vergabe öffentlicher Aufträge bei Erreichen oder Überschreiten der Schwellenwerte, um die Wirksamkeit der Grundsätze der Gleichbehandlung, Nichtdiskriminierung, gegenseitigen Anerkennung, Verhältnismäßigkeit und Transparenz sowie die Öffnung des öffentlichen Beschaffungswesens für den Wettbewerb zu garantieren Richtlinie 2004/17/EG zur Koordinierung der Zuschlagserteilung durch Auftraggeber im Bereich der Wasser-, Energie- und Verkehrsversorgung sowie der Postdienste
Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) Kartellverbot Diskriminierungsverbot Bußgeldverfahren Vergabe öffentlicher Aufträge Anwendungsbereich (Schwellenwerte) Arten der Vergabe Nachprüfungsverfahren Anrufung der Vergabekammer sofortige Beschwerde beim OLG Vergabeverordnung (VgV) § 2 Anwendung auf Vergabe öffentlicher Aufträge, die die EU-Schwellenwerte nicht unterschreiten (ohne MwSt) Bauaufträge ≥ 5.000.000 € Dienstleistungsaufträge ≥ 200.000 € § 16 Ausgeschlossene Personen § 17 Melde- und Berichtspflichten VOF Verdingungsordnung für freiberufliche Leistungen VOL Verdingungsordnung für Leistungen VOB Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen Teil A: Allgemeine Bestimmungen für die Vergabe von Bauleistungen Abschnitt 1 Basisparagraphen (§§ 1 - 22) Abschnitt 2 Vergabebestimmungen im Anwendungsbereich der EG-Richtlinie 2004 (VOB/A-EG) Abschnitt 3 Vergabebestimmungen im Anwendungsbereich EG-Richtlinie 2009 (VOB/A-VS)
Abb. 13.1:
Von der EU-Richtlinie 2004/18/EG bis zur VOB
13.1 Rechtliche Grundlagen des Vergabewesens
309
Die Entwicklung des Vergaberechts ist in den letzten Jahren wesentlich durch die fortschreitende Verwirklichung des europäischen Binnenmarktes geprägt, der u. a. einen europaweiten Wettbewerb um öffentliche Aufträge ermöglichen soll. Hierzu ist es erforderlich, dass in den einzelnen Mitgliedsstaaten der Europäischen Union ein weitgehend einheitliches Vergaberecht herrscht. Deshalb haben das Europäische Parlament und der Rat der Europäischen Union die Richtlinie 2004/18/EG, vom 31.3.2004, über die Koordinierung der Verfahren zur Vergabe öffentlicher Bauaufträge, Lieferaufträge und Dienstleistungsaufträge erlassen. Diese Richtlinie soll bei der öffentlichen Auftragsvergabe die Einhaltung der im Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft niedergelegten Grundsätze, insbesondere die der Gleichbehandlung, Nichtdiskriminierung, gegenseitigen Anerkennung, Verhältnismäßigkeit und Transparenz, gewährleisten. Im Sinne der Verhältnismäßigkeit gilt diese Richtlinie nur für öffentliche Aufträge in entsprechender Größenordnung, d. h. für solche, die die festgelegten Schwellenwerte erreichen oder überschreiten (siehe weiter unten). Die Umsetzung dieser Richtlinie in deutsches Recht ist zunächst dadurch erfolgt, dass in das Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) ein vierter Teil Vergabe öffentlicher Aufträge eingefügt wurde. In einem ersten Abschnitt sind die allgemeinen Grundsätze der Vergabeverfahren festgehalten sowie die Auftraggeber und öffentlichen Aufträge, der Anwendungsbereich, Besondere Ausnahmen und die Arten der Vergabe definiert. Der zweite Abschnitt behandelt das Nachprüfungsverfahren, das interessierten Unternehmen bzw. teilnehmenden Bietern die Möglichkeit eröffnet, die Einhaltung der Bestimmungen über das Vergabeverfahren nachprüfen zu lassen. Außerdem wird die Bundesregierung in diesem vierten Teil des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen ermächtigt, „durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates nähere Bestimmungen über das bei der Vergabe einzuhaltende Verfahren zu treffen, insbesondere über die Bekanntmachung, den Ablauf und die Arten der Vergabe, über die Auswahl und Prüfung der Unternehmen und Angebote, über den Abschluss des Vertrages und sonstige Fragen des Vergabeverfahrens.“ (GWB § 97 (6)) Von dieser Ermächtigung hat die Bundesregierung Gebrauch gemacht und die Vergabeverordnung (VgV, zuletzt geändert durch Verordnung am 12.07.2012) erlassen. Durch diese Verordnung werden nähere Bestimmungen getroffen über das bei der Vergabe öffentlicher Bauaufträge, Lieferaufträge und Dienstleistungsaufträge einzuhaltende Verfahren „bei der Vergabe öffentlicher Aufträge, deren geschätzte Auftragswerte ohne Umsatzsteuer die in § 2 geregelten Schwellenwerte erreichen oder übersteigen.“ (VgV § 1). Dieser Schwellenwert beträgt für Bauaufträge 5.000.000 € (Stand 2012). In § 6 VgV werden öffentliche Auftraggeber bei der Vergabe von Bauaufträgen verpflichtet die Bestimmungen des 2. Abschnittes des Teils A der Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen (VOB/A, siehe Abschnitt 13.1.1) in der Fassung der Bekanntmachung vom 19.07.2012 anzuwenden; für die in § 98 Nr. 6 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen genannten Auftraggeber gilt dies nur hinsichtlich der Bestimmungen, die auf diese Auftraggeber Bezug nehmen.
310
13 Vergabewesen
Gemäß VOB/A § 1 EG Abs. 1 Nr. 1 sind die Bestimmungen dieses „von Auftraggebern im Sinne von § 98 Nummer 1 bis 3, 5 und 6 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) für Bauaufträge und Konzessionen anzuwenden, bei denen der geschätzte Gesamtauftragswert der Baumaßnahme bzw. des Bauwerks (alle Bauaufträge für eine bauliche Anlage) mindestens dem in § 2 Nr. 3 der Vergabeverordnung (VgV) genannten Schwellenwert ohne Umsatzsteuer entspricht.“ (5.000.000 €) Ziel der EG-Paragraphen ist es, allen Anbietern aus dem Europäischen Binnenmarkt bei Aufträgen, deren Summen die genannten Schwellenwerte erreichen oder überschreiten, gleiche Wettbewerbschancen zu gewährleisten. Dies zeigt sich z. B. bei der Regelung der Zuschlagsfrist in § 18 VOB/A. Im Basisparagraphen § 10 Abs. 1 heißt es, dass eine ausreichende Angebotsfrist vorzusehen ist, die auch bei Dringlichkeit 10 Kalendertage nicht unterschreiten darf. Im § 18 EG ist dagegen beim offenen Verfahren eine Angebotsfrist von mindestens 48 Kalendertagen vorgeschrieben. (Für die anderen Vergabearten und im Fall einer Vorinformation sind kürzere Angebotsfristen vorgesehen.) Mit der längeren Angebotsfrist soll erreicht werden, dass ausländische Bieter trotz ggf. mangelnder Kenntnis der örtlichen Situation und möglicher Sprachprobleme ausreichend Zeit für die Angebotsbearbeitung haben. Auch die Bekanntmachung solcher Aufträge im Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften dient der Gewährleistung gleicher Wettbewerbschancen. In gleicher Weise wie bei der Vergabe von Bauaufträgen haben öffentliche Auftraggeber bei der Vergabe von Liefer- und Dienstleistungsaufträgen die Bestimmungen des 2. Abschnittes des Teils A der Vergabe- und Vertragsordnung für Leistungen in der Fassung der Bekanntmachung vom 20.11.2009 anzuwenden (VgV § 4). Entsprechendes gilt für die Anwendung der Vergabe- und Vertragsordnung für freiberufliche Leistungen (VOF), auf die hier aber nicht weiter eingegangen werden soll. Gemeinsam ist der VOB und der VOL, dass der Teil A jeweils die Allgemeinen Bestimmungen für die Auftragsvergabe und der Teil B die Vertragsbedingungen zum Gegenstand haben. Ergänzend kommen im Teil C der VOB Technische Vertragsbestimmungen hinzu. Im Sinne der oben angesprochenen Unterteilung in die Auftragnehmersuche einerseits und die Vertragsformulierung andererseits werden im Folgenden zunächst die Vergabebestimmungen der VOB und der VOL behandelt und danach die Vertragsbedingungen der VOB.
13.1.1
Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen (VOB) Teil A
Zur Vereinheitlichung der Regelungen bezüglich der Vergabe und Ausführung von Bauleistungen wurde die VOB geschaffen, sie erschien erstmalig 1926. Zwischenzeitlich wurde sie mehrfach überarbeitet und liegt derzeit in der neuesten Fassung – VOB, Ausgabe 2012 – vor. Die Bearbeitung der VOB erfolgt durch den Deutschen Vergabe- und Vertragsausschuss für Bauleistungen (vormals Verdingungsausschuss für Leistungen), in dem beide Vertragsseiten – Auftraggeber und Auftragnehmer – vertreten sind. Diese Zusammensetzung des Vergabeund Vertragsausschusses soll eine gerechte Abwägung der beiderseitigen Interessen gewährleisten. Die VOB ist seit ihrer Ausgabe 1958 in das Deutsche Normenwerk eingegliedert und in folgende drei Teile unterteilt:
13.1 Rechtliche Grundlagen des Vergabewesens
311
VOB Teil A - Allgemeine Bestimmungen für die Vergabe von Bauleistungen (DIN 1960) VOB Teil B - Allgemeine Vertragsbedingungen für die Ausführung von Bauleistungen (DIN 1961) VOB Teil C - Allgemeine Technische Vertragsbedingungen für Bauleistungen (ATV) (DIN 18 299 ... 18 459). Für die öffentlichen Auftraggeber ist die VOB bindend, aber auch in der privaten Wirtschaft findet die VOB weit verbreitet Anwendung. Dennoch ist die VOB weder Gesetz noch Rechtsverordnung, und sie gilt auch nicht als Gewohnheitsrecht. Sollen die Allgemeinen Vertragsbedingungen für die Ausführung von Bauleistungen (VOB Teil B) zur Anwendung kommen, so bedarf es in jedem Einzelfall der Vereinbarung zwischen den Vertragspartnern. Lediglich ein Teil der Allgemeinen Technischen Vertragsbedingungen für Bauleistungen (VOB Teil C), insbesondere die Bestimmungen über Stoffe, Bauteile und Ausführung sind allgemein anerkannte Regeln der Technik und besitzen somit Allgemeingültigkeit. Durch die Bestimmungen der VOB/A wird das Verfahren für die Vergabe von Bauleistungen durch die öffentliche Hand festgelegt. Für den privaten Bauherrn haben die Vergabevorschriften der VOB/A nur „Empfehlungscharakter“. Es liegt in seinem Belieben, ob er sich bei der Vergabe eines Bauauftrags an die VOB hält. Zur Vergabe gehören „alle notwendigen Vorbereitungen und vorvertraglichen Handlungen, die nach Eingang eines oder mehrerer Angebote zur Auftragserteilung, also zur eigentlichen Vergabe führen“ (Mantscheff, J. 2004, S. 100). Arten der Vergabe
Unter Ausschreibung versteht man die Aufforderung an einen oder mehrere Anbieter zur Abgabe eines Angebotes für die zu vergebenden Bauleistungen. Die verschiedenen zur Wahl stehenden Arten der Vergabe sowie ihre Anwendungsvoraussetzungen sind in der VOB/A § 3 bzw. § 3 EG bzw. § 3 VS beschrieben. Die VOB unterscheidet (für Baumaßnahmen, die unter dem EU-Schwellenwert liegen) folgende Vergabearten: (1) Öffentliche Ausschreibung (2) Beschränkte Ausschreibung ggf. nach Öffentlichem Teilnahmewettbewerb (3) Freihändige Vergabe. Hierzu führt die VOB/A § 3 Nr. 1 im Einzelnen aus: „Bei Öffentlicher Ausschreibung werden Bauleistungen im vorgeschriebenen Verfahren nach öffentlicher Aufforderung einer unbeschränkten Zahl von Unternehmern zur Einreichung von Angeboten vergeben. Bei Beschränkter Ausschreibung werden Bauleistungen im vorgeschriebenen Verfahren nach Aufforderung einer beschränkten Zahl von Unternehmern zur Einreichung von Angeboten vergeben, gegebenenfalls nach öffentlicher Aufforderung, Teilnahmeanträge zu stellen (Beschränkte Ausschreibung nach Öffentlichem Teilnahmewettbewerb). Bei Freihändiger Vergabe werden Bauleistungen ohne ein förmliches Verfahren vergeben.“
312
13 Vergabewesen
Nach den Grundsätzen der Vergabe (VOB/A § 2 Abs. 1 Nr. 2) soll bei der Vergabe von Bauleistungen der Wettbewerb die Regel sein und Wettbewerbsbeschränkungen sollen bekämpft werden. Dementsprechend genießt die Öffentliche Ausschreibung in der VOB Vorrang: „Öffentliche Ausschreibung muss stattfinden, soweit nicht die Eigenart der Leistung oder besondere Umstände eine Abweichung rechtfertigen.“ (VOB/A § 3 Abs. 2) Eine Beschränkte Ausschreibung kann nach VOB/A § 3 Abs. 3 erfolgen, „1. bis zu einem Auftragswert der Bauleistungen ohne Umsatzsteuer: a) 50 000 € für Ausbaugewerke (ohne Energie- und Gebäudetechnik), Landschaftsbau und Straßenausstattung, b) 150 000 € für Tief-, Verkehrswege- und Ingenieurbau, c) 100 000 € für alle übrigen Gewerke, 2. wenn eine Öffentliche Ausschreibung kein annehmbares Ergebnis gebracht hat, 3. wenn die Öffentliche Ausschreibung aus anderen Gründen (z. B. Dringlichkeit, Geheimhaltung) unzweckmäßig ist.“ (VOB/A § 3 Abs. 3) Weniger eingeschränkt wird der Wettbewerb, wenn der Beschränkten Ausschreibung ein Öffentlicher Teilnahmewettbewerb vorgeschaltet wird. Dies ist zulässig, „1. wenn die Leistung nach ihrer Eigenart nur von einem beschränkten Kreis von Unternehmern in geeigneter Weise ausgeführt werden kann, besonders wenn außergewöhnliche Zuverlässigkeit oder Leistungsfähigkeit (z. B. Erfahrung, technische Einrichtungen oder fachkundige Arbeitskräfte) erforderlich ist, 2. wenn die Bearbeitung des Angebotes wegen der Eigenart der Leistung einen außergewöhnlich hohen Aufwand erfordert.“ (VOB/A § 3 Abs. 4) Eine gravierende Einschränkung des Wettbewerbes stellt die Freihändige Vergabe dar. Sie ist daher nach VOB nur gerechtfertigt, wenn sowohl die Öffentliche als auch die Beschränkte Ausschreibung unzweckmäßig ist, insbesondere „1. wenn für die Leistung aus besonderen Gründen (z. B. Patentschutz, besondere Erfahrung oder Geräte) nur ein bestimmter Unternehmer in Betracht kommt, 2. wenn die Leistung besonders dringlich ist, 3. wenn die Leistung nach Art und Umfang vor der Vergabe nicht so eindeutig und erschöpfend festgelegt werden kann, dass hinreichend vergleichbare Angebote erwartet werden können, 4. wenn nach Aufhebung einer Öffentlichen Ausschreibung oder Beschränkten Ausschreibung eine erneute Ausschreibung kein annehmbares Ergebnis verspricht, 5. wenn es aus Gründen der Geheimhaltung erforderlich ist, 6. wenn sich eine kleine Leistung von einer vergebenen größeren Leistung nicht ohne Nachteil trennen lässt.“ (VOB/A § 3 Nr. 4)
13.1 Rechtliche Grundlagen des Vergabewesens
313
Überschreitet die Baumaßnahme den EU-Schwellenwert von 5.000.000 € (Vergabeverordnung § 2) so sind folgende Vergabearten nach VOB/A, Abschnitt 2, § 3 EG anzuwenden: 1. das offene Verfahren, das der Öffentlichen Ausschreibung (VOB/A § 3 Abs. 1) entspricht 2. das nicht offene Verfahren, das der Beschränkten Ausschreibung nach Öffentlichem Teilnahmewettbewerb (VOB/A § 3 Abs. 4) entspricht 3.
der wettbewerbliche Dialog, ein Verfahren zur Vergabe komplexer Aufträge, bei dem eine Aufforderung zur Teilnahme und anschließend Verhandlungen mit ausgewählten Unternehmen über alle Einzelheiten des Auftrags erfolgen
4.
das Verhandlungsverfahren, das an die Stelle der Freihändigen Vergabe (VOB/A § 3 Abs. 5) tritt. Beim Verhandlungsverfahren wendet sich der Auftraggeber an ausgewählte Unternehmer und verhandelt mit einem oder mehreren dieser Unternehmer über den Auftragsinhalt, ggf. nach Öffentlicher Vergabebekanntmachung.
Die Anwendungsvoraussetzungen für diese Vergabearten sind in VOB/A § 3 EG Abs. 2 bis 7 aufgeführt. Ferner enthält die VOB/A 2012 den Abschnitt 2 für Vergaben in den Bereichen von Verteidigung und Sicherheit nach der EU-Richtlinie 2009/81/EG.. Diese Regelungen der VOB/A in allen drei Abschnitten sind für die öffentlichen Auftraggeber bindend, für einen privaten Bauherrn jedoch nicht. Hat bei öffentlichen Auftraggebern die Öffentliche Ausschreibung entsprechend den Bestimmungen der VOB Vorrang, so dürfte bei privaten Auftraggebern – insbesondere bei kleineren Bauvorhaben – die Beschränkte Ausschreibung die häufigste Vergabeart sein. Dies liegt u. a. daran, dass die Beschränkte Ausschreibung eine gezielte Aufforderung der bevorzugten Unternehmen ermöglicht und nicht den etwas umständlichen Weg über die Öffentliche Bekanntmachung (VOB/A § 17) erfordert. Für den privaten Bauherrn, dessen Marktposition im Falle eines einmaligen kleineren Bauvorhabens sehr schwach ist, ist eine vertrauensvolle Zusammenarbeit mit dem Bauunternehmer besonders wichtig. Aus diesem Grunde wird er bzw. sein Architekt Unternehmen, mit denen sich die Zusammenarbeit schon bewährt hat, bevorzugt bei einer Beschränkten Ausschreibung zur Angebotsabgabe auffordern. Vergabeverfahren
Bei Freihändiger Vergabe werden Bauleistungen ohne ein förmliches Verfahren vergeben, dagegen sind bei Öffentlicher oder Beschränkter Ausschreibung die Bauleistungen im vorgeschriebenen Verfahren zu vergeben. Dieses vorgeschriebene Verfahren soll im Folgenden kurz vorgestellt werden. Im Fall der Öffentlichen Ausschreibung werden durch Öffentliche Bekanntmachung eine unbeschränkte Anzahl von Unternehmern zur Einreichung von Angeboten aufgefordert, während im Fall der Beschränkten Ausschreibung die ausschreibende Stelle die vollständigen Vergabeunterlagen an eine beschränkte Zahl von Unternehmern mit der Bitte um ein Angebot übermittelt.
314
13 Vergabewesen
Auch im Fall der Öffentlichen Ausschreibung sollten zum Zeitpunkt der Öffentlichen Bekanntmachung die vollständigen Vergabeunterlagen fertiggestellt sein, damit Anforderungen von interessierten Unternehmern postwendend nachgekommen werden kann. Zu den Vergabeunterlagen, die den nachfragenden bzw. dem/den ausgewählten Bewerber(n) zu übergeben sind, gehören: die Aufforderung zur Angebotsabgabe (Anschreiben) (VOB/A § 8 Abs. 1) ggf. die Bewerbungsbedingungen (VOB/A § 8 Abs. 1) und die Vertragsunterlagen. Die Vertragsunterlagen wiederum bestehen aus: den Vertragsbedingungen (VOB/A § 8 Abs. 3 bis 6; siehe Abschnitt 13.2) und der Leistungsbeschreibung (VOB/A § 7; siehe Abschnitt 13.3) Es ist eine ausreichende Frist für die Bearbeitung und Einreichung der Angebote vorzusehen, die auch bei Dringlichkeit nicht kürzer als zehn Kalendertage sein darf (VOB/A § 10 Abs. 1). Die Fristen zwischen Ausschreibung, Angebotsabgabe und Ausführungsbeginn sowie der Fertigstellung sind für die Selbstkosten des Bieters häufig mitentscheidend. Werden für die Angebotsbearbeitung der Firmen Fristen von drei oder vier Wochen gesetzt und sind noch Feiertage dazwischen, die die tatsächliche Bearbeitungszeit verkürzen, so bleibt dem Anbieter nicht die Zeit, eine vollständige Angebotskalkulation durchzuführen und eventuell notwendige Nachunternehmerangebote einzuholen. Die überschlägig kalkulierten Preise werden dann meist mit einem Risikozuschlag versehen, um eventuell nicht richtig eingeschätzte oder übersehene Leistungen über einen überhöhten Preisansatz auszugleichen. Somit entsteht ein zu hohes Angebotsniveau. Ungünstigenfalls geben auch weniger Firmen ein Angebot ab, da sie das Risiko einer Fehlkalkulation nicht eingehen wollen. Hierdurch wird der Wettbewerb vermindert, was tendenziell verteuernd wirkt. Es können also schon durch die Vorgabe ausreichender Zeiten Kostenrisiken vermieden werden. Die eingehenden Angebote bleiben bis zum Eröffnungstermin ungeöffnet und unter Verschluss. Zur Eröffnung zuzulassen sind nur Angebote, die dem Verhandlungsleiter bei Öffnung des ersten Angebotes vorliegen, es sei denn das Angebot ist nachweislich rechtzeitig eingegangen, hat dem Verhandlungsleiter aber aus nicht vom Bieter zu vertretenden Gründen nicht vorgelegen (VOB/A § 14). Zur Öffnung zuzulassen sind nur Angebote, die dem Verhandlungsleiter bei Öffnung des ersten Angebots vorliegen. Die schriftlichen Angebote müssen unversehrt und die elektronischen verschlüsselt sein. Nach Öffnung der Angebote werden Name und Anschrift der Bieter sowie die Endbeträge der Angebote oder ihrer einzelnen Abschnitte und andere den Preis betreffende Angaben (Nachlässe) verlesen. Hat ein Bieter ein Nebenangebot eingereicht, so
13.1 Rechtliche Grundlagen des Vergabewesens
315
wird dies mitgeteilt. Über den Eröffnungstermin ist eine Niederschrift (Schriftform oder elektronisch) anzufertigen, die der Verhandlungsleiter unterschreibt oder signiert. Die zugelassenen Angebote sind rechnerisch, technisch und wirtschaftlich zu prüfen (VOB/A § 14). Der Auftraggeber darf nach Öffnung der Angebote bis zur Zuschlagserteilung mit dem Bieter nur verhandeln, um sich über den Angebotsinhalt, z. B. über die technische und wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Bieters, zu unterrichten. „Verhandlungen, besonders über Änderung der Angebote und Preise, sind unstatthaft....“ (VOB/A § 15) Ein Grundsatz der Vergabe ist, dass Bauleistungen an fachkundige, leistungsfähige und zuverlässige Unternehmer zu angemessenen Preisen zu vergeben sind. (VOB/A § 2). Dementsprechend ist bei Öffentlicher Ausschreibung zunächst zu prüfen, ob die einzelnen Bieter geeignet sind. Bei der Beschränkten Ausschreibung ist dies nur erforderlich, wenn nach der Aufforderung zur Angebotsabgabe Umstände bekannt werden, die Zweifel an der Eignung eines Bieters begründen (VOB/A §16 Abs. 2). „In die engere Wahl kommen nur solche Angebote, die unter Berücksichtigung rationellen Baubetriebs und sparsamer Wirtschaftsführung eine einwandfreie Ausführung einschließlich Haftung für Mängelansprüche erwarten lassen. Unter diesen Angeboten soll der Zuschlag auf das Angebot erteilt werden, das unter Berücksichtigung aller Gesichtspunkte, wie z. B. Qualität, Preis, technischer Wert, Ästhetik, Zweckmäßigkeit, Umwelteigenschaften, Betriebsund Folgekosten, Rentabilität, Kundendienst und technische Hilfe oder Ausführungsfrist als das wirtschaftlichste erscheint. Der niedrigste Angebotspreis allein ist nicht entscheidend.“ (VOB/A § 16 Abs. 6 Nr. 3) „(1) Bieter, deren Angebote ausgeschlossen worden sind (VOB/A § 16 Abs. 1), und solche, deren Angebote nicht in die engere Wahl kommen, sollen unverzüglich unterrichtet werden. Die übrigen Bieter sind zu unterrichten, sobald der Zuschlag erteilt worden ist. (2) Auf Verlangen sind den nicht berücksichtigten Bewerbern oder Bietern innerhalb einer Frist von 15 Kalendertagen nach Eingang ihres in Textform gestellten Antrags die Gründe für die Nichtberücksichtigung ihrer Bewerbung oder ihres Angebotes in Textform mitzuteilen, den Bietern auch die Merkmale und Vorteile des Angebots des erfolgreichen Bieters sowie dessen Name.“ (VOB/A § 19) „Werden Erweiterungen, Einschränkungen oder Änderungen vorgenommen oder wird der Zuschlag verspätet erteilt, so ist der Bieter bei Erteilung des Zuschlags aufzufordern, sich unverzüglich über die Annahme zu erklären.“ (VOB/A § 18 Abs. 2)
13.1.2
Vergabe- und Vertragsordnung für Leistungen (VOL)
Die Vergabe- und Vertragsordnung für Leistungen (VOL) regelt entsprechend der VOB die Vergabebedingungen der öffentlichen Auftraggeber für die Lieferung und Montage von insbesondere maschinen- und elektrotechnischen Anlagen, für die im Übrigen keine Allgemeine Technische Vertragsbedingung (ATV) in VOB/C (DIN 18300 ff.) enthalten ist.
316
13 Vergabewesen
Bei diesen Leistungen handelt es sich in der Regel um solche Arbeiten, deren Fertigung zum überwiegenden Teil im Werk des Lieferanten erfolgt. Lieferung und Montage auf der Baustelle stellen einen vergleichsweise geringen Teil der gesamten Leistung dar. Dabei geht es um maschinen- und elektrotechnische Anlagen wie beispielsweise: -
Stromerzeugungsanlagen
-
Schalt-, Steuer- und Regeleinrichtungen
-
Fernmeldeanlagen
-
Feuermelde- und Alarmanlagen
-
Aufzugs- und Förderanlagen
-
Küchen- und Kühlanlagen einschließlich Kältetechnik
-
Raumlufttechnische Anlagen
-
Motoren- und Krafterzeugungsanlagen
-
Signalanlagen an Verkehrsbauten.
Aber es können auch Ausstattungen von Gebäuden dazu gezählt werden wie: -
Möbel und Textilien
-
Geldschränke und Tresore
-
Hochregallager.
„Bauleistungen sind Arbeiten jeder Art, durch die eine bauliche Anlage hergestellt, instand gehalten, geändert oder beseitigt wird. Darunter fallen auch alle zur Herstellung, Instandhaltung oder Änderung einer baulichen Anlage zu montierenden Bauteile, insbesondere die Lieferung und Montage maschineller und elektrotechnischer Einrichtungen. Einrichtungen, die jedoch von der baulichen Anlage ohne Beeinträchtigung der Vollständigkeit oder Benutzbarkeit abgetrennt werden können und einem selbständigen Nutzungszweck dienen, fallen unter die VOL/A. Daher sind im Zusammenhang mit einer Baumaßnahme nach VOB/A die Lieferung und Montage von beispielsweise Stromerzeugungsanlagen, Schalt-, Steuer- und Regeleinrichtungen, Aufzügen und sonstigen Förderanlagen zu vergeben, soweit die maschinellen oder elektrotechnischen/elektronischen Einrichtungen zur Funktion des Bauwerks als notwendig anzusehen sind.“ (VHB, Anmerkungen zu § 1 VOB/A) Durch die VOB werden also reine Lieferungsverhandlungen und Lieferverträge über Baustoffe und Bauteile nicht erfasst. In solchen Fällen gilt die VOL. Der Vergabeüberwachungsausschuss des Bundes legt jedoch den Begriff der Leistungen und Lieferungen weit aus. Grundlage sind daher alle Vertragstypen, mit welchen die öffentliche Hand ihren Bedarf deckt. Daneben liegt ein Bauauftrag im Sinne von § 1 EG Abs. 2 VOB/A auch dann vor, wenn bei einem Bauvertrag die Lieferung von Stoffen und Bauteilen überwiegt, aber die Einbringung in das Bauwerk oder das Verlegen oder Anbringen nur eine Nebenleistung darstellt.
13.2 Vertragsbedingungen
317
Bei so genannten „Mischleistungen“ gilt Folgendes: Hier muss in den Vergabe- und Vertragsunterlagen geregelt werden, für welche einzelnen Leistungen die VOB/B bzw. die VOL/B und die nach § 8 VOB/A bzw. § 9 VOL/A zu vereinbarenden Vertragsbedingungen sind. Es ist also eine klare Trennung in Bauleistungen und bloße Lieferleistungen zwingend erforderlich. Bei maschinellen und elektrotechnischen Einrichtungen steht die vertragsbezogene Funktionsfähigkeit des Bauwerks im Vordergrund. Es gibt aber Abgrenzungsschwierigkeiten, diese sind über die Erläuterungen zu § 1 VOB/A des Deutschen Vergabe- und Vertragsausschusses (DVA) zu lösen: „Nicht unter § 1 VOB/A fallen Einrichtungen, die von der baulichen Anlage ohne Beeinträchtigung der Vollständigkeit oder Benutzbarkeit abgetrennt werden können oder einem selbständigen Nutzungszweck dienen, z. B.: -
maschinelle oder elektrotechnische Anlagen, soweit sie nicht zur Funktion einer baulichen Anlage erforderlich sind, z. B. Einrichtungen für Heizkraftwerke, für Energieerzeugung und -verteilung,
-
öffentliche Vermittlungs- und Übertragungseinrichtungen,
-
Kommunikationsanlagen (Sprach-, Text-, Bild- und Datenkommunikation), soweit sie nicht zur Funktion einer baulichen Anlage erforderlich sind,
-
EDV-Anlagen und Geräte, soweit sie nicht zur Funktion einer baulichen Anlage erforderlich sind,
-
selbständige medizinische Anlagen.“
Wesentlich für die Abgrenzung ist also, dass die maschinellen Einrichtungen und/oder elektrotechnischen Anlagen im Rahmen der vertraglichen Leistungsverpflichtung denknotwendig für die Funktion des Bauwerks sind, dann fallen diese Einrichtungen und Anlagen unter die VOB. Nur die Lieferungen, deren Funktion sich nicht notwendigerweise auf das Bauwerk bezieht und die ohne Beeinträchtigung der Vollständigkeit oder Benutzbarkeit entfernt und einem jeweils eigenständigen Nutzungszweck dienen können, sind Leistungen, die unter die VOL fallen (Beispiel: EDV-Geräte, Laborgegenstände, mobile Ausstattungen, Herde, Waschmaschinen, Kücheneinrichtungen usw.).
13.2
Vertragsbedingungen
Die Vergabe von Bauleistungen findet ihren Abschluss in dem Bauvertrag zwischen dem Bauherrn und dem Unternehmer, der in der Regel ein Werkvertrag ist. „Durch den Werkvertrag wird der Unternehmer zur Herstellung des versprochenen Werkes, der Besteller zur Entrichtung der vereinbarten Vergütung verpflichtet.“ (§ 631 BGB). Grundsätzlich ist das Werkvertragsrecht im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) geregelt. Diese Regelungen im BGB sind jedoch (mit Ausnahme von § 648a) nicht zwingend, sondern gelten nur, wenn nichts anderes vereinbart oder das anderweitig Vereinbarte unwirksam ist.
318
13 Vergabewesen BGB W erkvertragsrecht
§ 12 Abnahme § 17 Sicherheitsleistung u.a.
VOB B Allgemeine Vertragsbedingungen für die Ausführung von B auleistungen § 633 Freiheit von Mängeln § 634 Nacherfüllung, Scha dense rsatz § 634a Verjähru ng der Mängelansprüche
VOB C Allgemeine Technische Vertragsbedingungen für Bauleistungen 0. Hinweise zur Leistungsbeschreibung 1. Geltungsbereich 2. Sto ffe, B auteile 3. Ausführung 4. Nebenleistungen, Besondere Le istungen 5. Abrech n ung
Bauwerke
Maßanzü ge, Sch iffe u.a.
Abb. 13.2:
Überlagerung des BGB-Werkvertragsrechtes mit VOB Teil B und C
Allerdings hat die Praxis gezeigt, dass die Bestimmungen des BGB, die für alle Arten von Werken gleichermaßen gelten, für die speziellen Bedürfnisse des Bauvertrages nicht ausreichen. Aus diesem Grunde hat der Deutsche Vergabe- und Vertragsausschuss für Bauleistungen Vertragsbedingungen entwickelt, die grundsätzlich auf alle Arten von Bauleistungen anwendbar sind. Dabei handelt es sich um die Allgemeinen Vertragsbedingungen für die Ausführung von Bauleistungen, die in der VOB Teil B zusammengefasst sind und um die Allgemeinen Technischen Vertragsbedingungen für Bauleistungen, die Gegenstand der VOB Teil C sind. Die teilweise Überlagerung des BGB-Werkvertragsrechtes mit den VOBVertragsbedingungen wird in Abbildung 13.2 ersichtlich. Nach VOB/A § 8 Abs. 3 sind die Allgemeinen Vertragsbedingungen für die Ausführung von Bauleistungen (VOB/B) und die Allgemeinen Technischen Vertragsbedingungen für Bauleistungen (VOB/C) in den Vergabeunterlagen zu Bestandteilen des späteren Bauvertrages zu erklären. Das Gleiche gilt gegebenenfalls für Zusätzliche Vertragsbedingungen, für Besondere Vertragsbedingungen und für Zusätzliche Technische Vertragsbedingungen.
13.2 Vertragsbedingungen
13.2.1
319
Allgemeine Vertragsbedingungen (VOB/B)
Die Allgemeinen Vertragsbedingungen für die Ausführung von Bauleistungen (VOB/B) müssen bei öffentlichen und können bei privaten Bauaufträgen angewendet werden. Sie sind so allgemeingültig formuliert, dass sie für jede Art von Auftraggebern und jede Art von Baumaßnahmen anwendbar sind. Sie enthalten die für die Ausführung von Bauleistungen wesentliche Teile eines Bauvertrages. Damit werden allgemein geregelt: -
Art und Umfang der Leistung
-
Vergütung, Abrechnung, Zahlung, Sicherheitsleistung
-
Ausführung, Ausführungsunterlagen, Ausführungsfristen
-
Kündigung, Haftung, Vertragsstrafe
-
Mängelansprüche einschließlich Verjährungsfristen
-
u. a.
Neben den das BGB ergänzenden Regelungen gibt es in der VOB/B auch abweichende Regelungen, so ist z. B. in der Regel die Verjährung von Mängelansprüchen für Bauwerke in der VOB/B § 13 Abs. 4 nach 4 Jahren, im BGB § 634 a dagegen erst nach 5 Jahren vorgesehen.
13.2.2
Zusätzliche Vertragsbedingungen (VOB/B)
Die Zusätzlichen Vertragsbedingungen enthalten über die Allgemeinen Vertragsbedingungen hinausgehende oder sie modifizierende Regelungen, die ein Auftraggeber oder Architekt verfasst hat, um sie bei all seinen Bauvorhaben (bzw. bei einem Teil seiner Bauvorhaben) regelmäßig zum Vertragsbestandteil zu machen. Zum Beispiel könnte sich der Auftraggeber grundsätzlich ausbedingen wollen, dass auftragnehmerseitig stets eine Person auf der Baustelle anwesend ist, die der deutschen Sprache mächtig ist.
13.2.3
Besondere Vertragsbedingungen (VOB/B)
Dagegen sind Besondere Vertragsbedingungen, die nun wiederum die Regelungen der Allgemeinen und Zusätzlichen Vertragsbedingungen und Technischen Vertragsbedingungen erweitern bzw. modifizieren, nur für jeweils ein bestimmtes Bauvorhaben vorgesehen. So beziehen sich Vertragstermine jeweils nur auf das vertragsgegenständliche Bauvorhaben. Aber auch verringerte Maßtoleranzen können Teil der Besonderen Vertragsbedingungen sein, wenn der Bauherr bei einem konkreten Bauvorhaben eine besonders präzise Arbeit wünscht.
320
13.2.4
13 Vergabewesen
Technische Vertragsbedingungen (VOB/C)
Neben der VOB/B wird die Ausführung von Bauleistungen auch durch die VOB/C - Allgemeine Technische Vertragsbedingungen für Bauleistungen geregelt, die wiederum durch Zusätzliche Technische Vertragsbedingungen ergänzt werden können. Die Allgemeinen Technischen Vertragsbedingungen (ATV) sind in VOB/C als DIN-Normen zusammengestellt. Sie beginnen mit der DIN 18 299 - Allgemeine Regelungen für Bauarbeiten jeder Art. In dieser Norm sind die technischen Vertragsbedingungen enthalten, die für alle bzw. die meisten der folgenden DIN-Normen gemeinsam gelten, wodurch der Text der folgenden Normen von Standardformulierungen entlastet worden ist. Für folgende Bauleistungen gibt es Allgemeine Technische Vertragsbedingungen in VOB/C: DIN 18 300 DIN 18 301 DIN 18 302 DIN 18 303 DIN 18 304 DIN 18 305 DIN 18 306 DIN 18 307 DIN 18 308 DIN 18 309 DIN 18 311 DIN 18 312 DIN 18 313 DIN 18 314 DIN 18 315 DIN 18 316 DIN 18 317 DIN 18 318 DIN 18 319 DIN 18 320 DIN 18 321 DIN 18 322 DIN 18 325 DIN 18 330 DIN 18 331 DIN 18 332 DIN 18 333 DIN 18 334 DIN 18 335
Erdarbeiten Bohrarbeiten Arbeiten zum Ausbau von Bohrungen Verbauarbeiten Ramm-, Rüttel- und Pressarbeiten Wasserhaltungsarbeiten Entwässerungskanalarbeiten Druckrohrleitungsarbeiten außerhalb von Gebäuden Drän- und Versickerarbeiten Einpressarbeiten Nassbaggerarbeiten Untertagebauarbeiten Schlitzwandarbeiten mit stützenden Flüssigkeiten Spritzbetonarbeiten Verkehrswegebauarbeiten - Oberbauschichten ohne Bindemittel Verkehrswegebauarbeiten - Oberbauschichten mit hydraulischen Bindemitteln Verkehrswegebauarbeiten - Oberbauschichten aus Asphalt Verkehrswegebauarbeiten - Pflasterdecken und Plattenbeläge in ungebundener Ausführung, Einfassungen Rohrvortriebsarbeiten Landschaftsbauarbeiten Düsenstrahlarbeiten Kabelleitungstiefbauarbeiten Gleisbauarbeiten Mauerarbeiten Betonarbeiten Naturwerksteinarbeiten Betonwerksteinarbeiten Zimmer- und Holzbauarbeiten Stahlbauarbeiten
13.2 Vertragsbedingungen DIN 18 336 DIN 18 338 DIN 18 339 DIN 18 340 DIN 18 345 DIN 18 349 DIN 18 350 DIN 18 351 DIN 18 352 DIN 18 353 DIN 18 354 DIN 18 355 DIN 18 356 DIN 18 357 DIN 18 358 DIN 18 360 DIN 18 361 DIN 18 363 DIN 18 364 DIN 18 365 DIN 18 366 DIN 18 367 DIN 18 379 DIN 18 380 DIN 18 381 DIN 18 382 DIN 18 384 DIN 18 385 DIN 18 386 DIN 18 421 DIN 18 451 DIN 18 459
Abdichtungsarbeiten Dachdeckungs- und Dachabdichtungsarbeiten Klempnerarbeiten Trockenbauarbeiten Wärmedämm-Verbundsysteme Betonerhaltungsarbeiten Putz- und Stuckarbeiten Vorgehängte hinterlüftete Fassaden Fliesen- und Plattenarbeiten Estricharbeiten Gussasphaltarbeiten Tischlerarbeiten Parkettarbeiten Beschlagarbeiten Rollladenarbeiten Metallbauarbeiten Verglasungsarbeiten Maler- und Lackierarbeiten – Beschichtungen Korrosionsschutzarbeiten an Stahlbauten Bodenbelagarbeiten Tapezierarbeiten Holzpflasterarbeiten Raumlufttechnische Anlagen Heizanlagen und zentrale Wassererwärmungsanlagen Gas-, Wasser- und Entwässerungsanlagen innerhalb von Gebäuden Nieder- und Mittelspannungsanlagen mit Nennspannungen bis 36 kV Blitzschutzanlagen Förderanlagen, Aufzugsanlagen, Fahrtreppen und Fahrsteige Gebäudeautomation Dämm- und Brandschutzarbeiten an technischen Anlagen Gerüstarbeiten Abbruch- und Rückbauarbeiten (ATV in VOB/C 2012-09)
Jede dieser DIN-Normen ist in die folgenden sechs Abschnitte untergliedert: 0 1 2 3 4 5
Hinweise für das Aufstellen der Leistungsbeschreibung Geltungsbereich Stoffe, Bauteile Ausführung Nebenleistungen, Besondere Leistungen Abrechnung.
321
322
13 Vergabewesen
J. Mantscheff (2004, S. 127 ff.) fasst Aussagen und Inhalt der VOB/C folgendermaßen zusammen: 0 Hinweise für das Aufstellen der Leistungsbeschreibung „richten sich an die ausschreibende Stelle oder den ausschreibenden Architekten. […] Speziell sind zu jeder Einzel-ATV fachspezifische ergänzende Hinweise zu den vorgenannten Bereichen enthalten.“ 1 Geltungsbereich „grenzt für Bauherr und Unternehmer den Geltungsbereich der betreffenden ATV ab.“ 2 Stoffe, Bauteile „legt die für eine Standardausführung zu verwendenden Baustoffe fest und bestimmt die normale Art und Güte. Der Bauherr wird mit diesen Festlegungen vor der Verwendung minderwertiger Materialien, der Unternehmer vor überspitzten Forderungen des Bauherrn bewahrt.“ 3 Ausführung „legt wie Nr. 2 die durch den Bauherrn vom Unternehmer zu beanspruchende ‘Standardleistung’ fest.“ 4 Nebenleistungen, Besondere Leistungen „Nebenleistungen werden als nicht gesondert vergütete, aber mit der in der Leistungsbeschreibung verlangten Leistung zu erbringende Leistungen festgelegt. (Dagegen gehören Besondere Leistungen nur dann zur vertraglichen Leistung, wenn sie in der Leistungsbeschreibung besonders erwähnt sind; Anm. d. Verf.) Es erfolgt eine Abgrenzung in der ‚finanziellen Auseinandersetzung‘ zwischen Bauherr und Unternehmer.“ 5 Abrechnung „regelt die zur ‚finanziellen Auseinandersetzung‘ zwischen Bauherr und Unternehmer notwendige Feststellung der tatsächlich ausgeführten Mengen.“
13.2.5
Reihenfolge der Gültigkeit der Vertragsbedingungen
Sollten in den Vergabe- und Vertragsunterlagen Widersprüche enthalten sein, so haben die speziellen Regelungen Vorrang vor den allgemeinen Regelungen. Dementsprechend gelten bei Widersprüchen im Vertrag gemäß VOB/B § 1 Abs. 2 nacheinander: 1. die Leistungsbeschreibung (LB) 2. die Besonderen Vertragsbedingungen (BV) 3. etwaige Zusätzliche Vertragsbedingungen (ZVB) 4. etwaige Zusätzliche Technische Vertragsbedingungen (ZTV) 5. die Allgemeinen Technischen Vertragsbedingungen für Bauleistungen (ATV – VOB/C) 6. die Allgemeinen Vertragsbedingungen für die Ausführung von Bauleistungen (VOB/B).
13.3 Leistungsbeschreibung
13.3
323
Leistungsbeschreibung
Die Leistungsbeschreibung ist das Kernstück der Vergabeunterlagen und des Bauvertrages, denn die darin beschriebene Leistung ist Gegenstand der Ausschreibung und des abzuschließenden Vertrages. Der mit der Ausschreibung verfolgte Wettbewerbszweck macht eine so eindeutige und erschöpfende Beschreibung der Leistung erforderlich, „dass alle Bewerber die Beschreibung im gleichen Sinne verstehen müssen und ihre Preise sicher und ohne umfangreiche Vorarbeiten berechnen können.“ (VOB/A § 7 Abs. 1). Die VOB unterscheidet die Leistungsbeschreibung mit Leistungsverzeichnis und die Leistungsbeschreibung mit Leistungsprogramm.
13.3.1
Leistungsbeschreibung mit Leistungsverzeichnis
Nach VOB/A § 7 Abs. 9 ist die zu erbringende Leistung „in der Regel durch eine allgemeine Darstellung der Bauaufgabe (Baubeschreibung) und ein in Teilleistungen gegliedertes Leistungsverzeichnis zu beschreiben.“ Weiterhin soll die Leistung – wenn erforderlich – durch Zeichnungen oder Probestücke dargestellt oder durch Mengen- bzw. statische Berechnungen erläutert werden (VOB/A § 7 Abs. 10). Die Bauleistung ist in solche einheitlichen Teilleistungen aufzugliedern, dass diese für die Preisbildung als einheitlich anzusehen sind. Für diese Teilleistungen werden dann auf Grundlage des Angebotes, das den Zuschlag erhält, Einheitspreise vereinbart (Einheitspreisvertrag nach VOB/A § 4 Abs. 1 Nr. 1). Aufbau eines Leistungsverzeichnisses
Als Gliederungsprinzip bietet sich für das Leistungsverzeichnis insgesamt die Untergliederung in Lose, Titel und Positionen an, wie sie in Abbildung 13.3 dargestellt ist, wobei sich diese Aufteilung an der Gewerkegliederung der Bauwirtschaft zu orientieren hat. Das Leistungsverzeichnis kann z. B. vierspaltig aufgebaut sein: In der ersten Spalte wird die Ordnungszahl (Position), in der zweiten die jeweilige Menge mit der Einheit der betreffenden Bauleistung, die in der dritten im eigentlichen Leistungstext beschrieben wird sowie der Einheitspreis (sofern für den Einheitspreis keine weitere Spalte vorgesehen wird) und in der vierten Spalte der Positionspreis und eventuelle Zwischensummen, die dann die Angebotssumme ergeben. Abbildung 13.4 enthält ein Beispiel für diesen Aufbau des Leistungsverzeichnisses, wie es bei der Übergabe an die Bewerber gegliedert sein kann, also ohne Preisangaben. Die Bieter (Bauunternehmen) geben dann diese Leistungsverzeichnisse mit eingetragenen Angebotspreisen und Unterschrift zurück. Auf diese Art und Weise kann sehr einfach geprüft werden, ob von den Bietern Änderungen an der Leistungsbeschreibung vorgenommen worden sind, was nach VOB/A § 13 Abs. 1 Nr. 5 unzulässig ist.
324
13 Vergabewesen
Bauwerk
Gesamtleistung, die zur Errichtung des Bauwerks erforderlich ist
Fachlos 1
Fachlos 2
Fachlos n
Untergliederung der Gesamtleistung unter Gesichtspunkt der fachlichen (handwerklichen) Einheit (anbieterorientiert)
Fachlos 2 Teillos 1
Fachlos 2 Teillos 2
Fachlos 2 Teillos o
ggf. Untergliederung des Leistungsumfanges in ähnliche oder gleiche Teilleistungen zur Vergabe an mehrere Anbieter (bei größeren Bauvorhaben)
Fachlos 2 Teillos 2 Titel 1
Fachlos 2 Teillos 2 Titel 2
Fachlos 2 Teillos 2 Titel p
Weitere Untergliederung in Abrechnungseinheiten (Zusammenfassen mehrerer Positionen, die eine gemeinsam abzurechnende Leistung darstellen)
Fachlos 2 Teillos 2 Titel 2 Position 1
Fachlos 2 Teillos 2 Titel 2 Position 2
Fachlos 2 Teillos 2 Titel 2 Position q
Untergliederung in Einheiten gleichartiger technischer Beschaffenheit
Abb. 13.3:
Aufgliederung der Gesamtleistung in Teilleistungen
Bei der Leistungsbeschreibung mit Leistungsverzeichnissen für eine Vergabe nach Fachlosen sollen die für das gesamte Bauwerk erforderlichen Leistungen so nach Branchenüblichkeit zu Fachlosen zusammengefasst werden, dass möglichst viele Unternehmer nach ihrer Fachkunde und Leistungsfähigkeit geeignet sind, die ausgeschriebenen Leistungen zu übernehmen. Entsprechend können bei mittleren bis großen Bauvorhaben 25 und mehr Einzelbeauftragungen erfolgen (z. B. Abb. 13.3). Die Ausschreibung der Leistungen für ein Bauvorhaben ist dabei so zu gliedern, dass eine Vielzahl von Vergabeeinheiten vorgegeben wird, um diese jeweils einzeln zu beauftragen oder nach Art und Anzahl der Bieter auch zusammenzufassen. Voraussetzung ist dann eine qualifizierte Planung (Leistungsphase 5. Ausführungsplanung), eine eindeutige Leistungsbeschreibung und insbesondere die Kenntnis und Beschreibung der Schnittstellen zwischen den Vergabeeinheiten bzw. den Vertragsleistungen verschiedener Auftragnehmer. Vertragspartner des Bauherrn sind bei Vergabe nach Losen mehrere oder viele Hauptauftragnehmer, wobei weitere Nachunternehmer nicht ausgeschlossen sind. Entscheidend ist, dass die inhaltliche wie zeitliche Koordination der verschiedenen Auftragnehmer dem Bauherrn
13.3 Leistungsbeschreibung
325
zusammen mit einem Architektur- oder Ingenieurbüro obliegt, zugleich mit dem Risiko von Leistungsstörungen, Kosten- sowie Terminabweichungen. Entsprechend umfangreich ist der zeitliche Aufwand für Besprechungen, Baustellenbegehungen, Baufortschritts- und Kostenkontrollen bis hin zu Abnahmen und Abrechnungen. Nr. Menge Einheit 1
2
72 m²
3
160 m³
4
440 m³
5
40 m³
6
160 m³
Bauleistung
Positionspreis (€)
Baugelände abräumen, von Aufwuchs einschl. Wurzelwerk. Das abgeräumte Material wird Eigentum des AN und ist zu beseitigen. pauschal: ............................ € in Worten: ........................................................ € Oberboden DIN 1830 0 abtragen, seitlich lagern und später auftragen EP: ............................ €/Einheit in Worten: ........................................................ € Boden der Baugrube profilgerecht lösen und seitlich lagern, Aushub nach Abtrag des Oberbodens, Abmessungen der Baugrube: 12 m x 20 m, Aushubtiefe bis 2,50 m, Bodenklasse 3 EP: ............................ €/Einheit in Worten: ........................................................ € wie oben, aber Boden wird Eigentum des AN und ist zu beseitigen. EP: ............................ €/Einheit in Worten: ........................................................ € Boden der Fundamente profilgerecht lösen, Boden wird Eigentum des AN und ist zu beseitigen , Aushub ab Baugrubensoh le, Breite der Fundamentsohle 0,50 m, Aushubtiefe bis 0,80 m, Bodenklasse 3 EP: ............................ €/Einheit in Worten: ........................................................ € Einbau von Füllmaterial mit seitlich gelagertem Boden, verdichten, einbauen in Baugrube, Einbauhöhe bis 3,50 m. EP: ............................ €/Einheit in Worten: ........................................................ € Summe: MwSt: Angebotssumme:
Abb. 13.4:
Aufbau eines Leistungsverzeichnisses
Mengenermittlungen zum Leistungsverzeichnis
Unter Mengenermittlung beim Bauen versteht man die Berechnung oder Feststellung von Massen der Bauleistungen, also eine Quantifizierung der zu erbringenden bzw. erbrachten Bauleistungen. Mengenermittlungen sind erforderlich für die Angebotskalkulation und Abrechnung von Bauleistungen.
326
13 Vergabewesen
Die Mengenermittlung für die Angebotskalkulation geht in das Leistungsverzeichnis ein und ist vom Architekten durchzuführen ((Grund-)Leistung in der Leistungsphase 6. Vorbereitung der Vergabe, HOAI). Hinsichtlich der Genauigkeit der Mengenermittlung in dieser Leistungsphase ist darauf hinzuweisen, dass die VOB/B § 2 Abs. 3 bei einer über 10 %-igen Abweichung der ausgeführten Menge der unter einem Einheitspreis erfassten Leistung von dem im Vertrag vorgesehenen Umfang auf Verlangen eine Neuvereinbarung des Preises vorsieht. Um dies zu vermeiden, sollte der Ungenauigkeitsgrad dieser Mengenermittlung in einem Bereich von höchstens ± 10 % liegen. Dies gilt für den Einheitspreisvertrag (siehe VOB/A § 2 Abs. 2). Ein höherer Schärfegrad sollte bereits in der Ausschreibungsphase bei einem Pauschalvertrag (Pauschalsumme) erwartet werden können, der nach VOB/A § 2 Abs. 2 zur Anwendung kommen kann. „Weicht jedoch die ausgeführte Leistung von der vertraglich vorgesehenen Leistung so erheblich ab, dass ein Festhalten an der Pauschalsumme nicht zumutbar ist (§ 313 BGB), so ist auf Verlangen ein Ausgleich unter Berücksichtigung der Mehr- oder Minderkosten zu gewähren.“ (VOB/A § 2 Abs. 7 Nr. 1) Die Mengenermittlungs- und Abrechnungsvorschriften sind detailliert in den Allgemeinen Technischen Vertragsbedingungen (VOB/C) – jeweils Abschnitt 5 Abrechnung – festgelegt. Wichtig sind dabei eine Reihe von Vereinfachungen, die zum Ziel haben, den Aufwand für die Mengenermittlung in einer vernünftigen Relation zu dem Wert der betreffenden Leistung zu halten. Für die Auslegung der Abrechnungsvorschriften nach VOB/C gibt es verschiedene Kommentare, so z. B.: Fröhlich, P. J. 2007; Damerau, H. v.d.; Tauterat, A.; Franz, R. 2007. Ein Beispiel für eine Mengenermittlung für Mauerarbeiten zeigt Abbildung 13.5. Standardisierte Leistungstexte
Die Forderung der VOB/A § 7 Nr. 1 nach so eindeutiger und erschöpfender Beschreibung der Leistung, „dass alle Bewerber die Beschreibung im gleichen Sinne verstehen müssen“, ist nicht leicht zu erfüllen, wenn man bedenkt, welch vielfältige Ausdrucks- und Interpretationsmöglichkeiten unsere Sprache bietet. Eine Hilfe hierbei kann eine „Sprachregelung“ durch standardisierte Leistungstexte sein. Unter Standardisierung von Leistungstexten ist eine Vereinheitlichung der Beschreibung von Leistungen in der Form zu verstehen, dass für eine bestimmte Leistung ein bestimmter Leistungstext als Standard-Leistungstext festgelegt wird. Damit entfällt die zeitraubende Neuformulierung von Leistungstexten weitgehend, denn für fast alle Bauleistungen liegen inzwischen Standardtexte vor. Ein weiterer Vorteil der standardisierten Leistungstexte besteht darin, dass sie eine wesentliche Voraussetzung für einen effektiven Einsatz von Datenverarbeitungsanlagen bei der Ausschreibung darstellen. Es gibt verschiedene Möglichkeiten der Standardisierung von Leistungstexten, von denen im Folgenden das Standardleistungsbuch beschrieben werden soll. Dieses ist vom Gemeinsamen Ausschuss Elektronik im Bauwesen (GAEB) in Verbindung mit dem Deutschen Vergabeund Vertragsausschuss für Bauleistungen (DVA) aufgestellt worden und wird vom DIN Institut für Normung e.V. herausgegeben.
13.3 Leistungsbeschreibung
327
Das Standardleistungsbuch gibt es inzwischen für rund 70 Leistungsbereiche (diese Leistungsbereiche entsprechen in etwa der Gliederung der Allgemeinen Technischen Vertragsbedingungen nach VOB/C). Beim Standardleistungsbuch sind die Leistungstexte in jeweils fünf Textteile zerlegt, wobei es für jeden Textteil eine Reihe von Varianten gibt. Neben dem zunächst entwickelten Standardleistungsbuch (STLB) findet heute das neue datenbankorientierte und dynamische Textsystem STLB-Bau vorrangig Anwendung. Es ist wie bisher in einzelne Leistungsbereiche und Leistungspakete unterteilt. Nr.
Nr.
Anzahl
1
Mengenermittlung
(m)
(m)
(m²)
Fläche (m²)
26,00
3,25
84,50
84,50
1,26
2,26
2,85
-2,85
m² Mauerwerk der Außenwände in MZ 36,5 cm dick 2 x 7,99 + 2 x 5,01 1
Tür
> 2,5 m² Einzelgröße
6
Fenster
1,01
1,26
(1 Fenster
7,64
-
< 2,5 m² Einzelgröße
1,27)
81,65 2
m² Mauerwerk der Innenwände in KSL 11,5 cm dick 2 x 5,01
10,02 3,51
3
Türen (1 Tür
13,53
2,51
33,96
33,96
0,885
2,01
5,34
-
< 2,5 m² Einzelgröße
1,78)
33,96 Abb. 13.5:
Mengenermittlung von Mauerarbeiten
Mit der Wahl eines Leistungsbereiches oder Schlagwortes werden die damit verbundenen Teilleistungsgruppen angeboten. Die in vorgegebener Rangfolge aufgelisteten Beschreibungsmerkmale und deren Ausprägungen werden durch Auswahl zu einem STLB-Bau-Text im Sinne von § 7 VOB/A zusammengefasst. Bei der computergestützten Erstellung der Leistungstexte wird gleichzeitig der Baupreis (Dynamische Bau Daten) ermittelt. Ein Beispiel für die Zusammenstellung von Leistungstexten auf der Grundlage des STLBBau ist in den Abbildungen 13.6 bis 13.8 wiedergegeben. Da im Standardleistungsbuch-Bau nicht alle denkbaren Sonderfälle von Leistungen berücksichtigt sein können, besteht für diese Fälle die Möglichkeit, die Standardleistungstexte durch frei formulierte Textvarianten zu ergänzen.
328
Abb. 13.6:
13 Vergabewesen
Aufbau STLB-Bau – 012 Mauerarbeiten, Mauerwerk in Kalksandstein (1)
(Gemeinsamer Ausschuss Elektronik im Bauwesen mit der Dr. Schiller & Partner GmbH)
13.3 Leistungsbeschreibung
Abb. 13.7:
Aufbau STLB-Bau – 012 Mauerarbeiten, Mauerwerk in Kalksandstein (2)
Abb. 13.8:
STLB-Bau, Musterausschreibungstext Position – 012 Mauerarbeiten
329
(http://www.stlb-bau-online.de/leistungsbereiche/012_mauerarbeiten.html) Anmerkung: Die Leistungstexte des STLB-Bau beinhalten neutrale, VOB-gerechte und DIN-konforme Ausschreibungstexte zur Beschreibung der Bauleistungen.
Prüfung von Leistungsverzeichnissen
Neben der Prüfung auf Vollständigkeit, sachliche Richtigkeit und Standard der ausgeschriebenen Leistungen im Vergleich zur Ausführungsplanung bietet sich unter dem Gesichtspunkt der Kostenkontrolle bei der Vorbereitung der Vergabe der Vergleich von geplanten zu den in das Leistungsverzeichnis eingegangenen Mengenansätze an. Wichtig ist hierbei, dass die Mengen der Kostenplanung zu den Mengenermittlungen der Ausschreibung eindeutig in Beziehung gesetzt werden. Das heißt, es sind Bezugseinheiten zu wählen, die von der Planung bis zur Abrechnung von gleicher Dimension sind und den gleichen Leistungsumfang beinhalten. Werden zum Beispiel Fassaden in der Kostenberechnung in m² ermittelt und anschließend in Stück mit gegebenenfalls auch noch unterschiedlichen Abmessungen ausgeschrieben, so ist die Mengenkontrolle nur mit zusätzlichem Aufwand, hier in Form von Flächenermittlungen, möglich.
330
13 Vergabewesen
Sind bestimmte Dimensionierungen (Bezugseinheiten) von Ausschreibungsinhalten aus abrechnungstechnischen Gründen erforderlich, so sind diese Elemente auf dimensionsgleiche Bezugseinheiten der vorangegangenen Kostenplanung umzurechnen. Dies geschieht im Leistungsverzeichnis durch die Unterscheidung von Normal- und Zuordnungspositionen. So werden, um beim obigen Beispiel zu bleiben, die für die Fassadenflächen erforderlichen und in der Kostenplanung meist nicht gesondert ermittelten Einzelbestandteile der Konstruktion als Zuordnungspositionen der Normalposition Fassadenfläche in m² zugeordnet. Der Vergleich der geplanten Mengen mit denen in den Leistungsverzeichnissen, multipliziert mit den Kostenansätzen der Kostenberechnung, ergibt Hinweise auf eventuell zu erwartende Kostenänderungen für ein Leistungsverzeichnis.
13.3.2
Leistungsbeschreibung mit Leistungsprogramm
Werden bei Ausschreibungen Leistungsbeschreibungen mit Leistungsverzeichnis verwendet, so muss – von u. U. zulässigen Alternativangeboten einmal abgesehen – die Leistung genau in der laut Leistungsverzeichnis festgelegten Form angeboten werden. Ob aber für ein Bauwerk(steil) in anderer, die Anforderungen in gleicher Weise erfüllender Form ein viel kostengünstigeres Angebot vorgelegt werden könnte, wird man bei dieser Art der Leistungsbeschreibung nicht erfahren. Um diesen Nachteil zu vermeiden und um ggf. auch den Gebäudeentwurf dem Ausschreibungswettbewerb zu unterwerfen, hat man eine andere Art der Leistungsbeschreibung entwickelt, die in der VOB/A § 7 Leistungsbeschreibung mit Leistungsprogramm, allgemein jedoch Funktionale Leistungsbeschreibung genannt wird. Entsprechend VOB/A umfasst das Leistungsprogramm „eine Beschreibung der Bauaufgabe, aus der die Bewerber alle für die Entwurfsbearbeitung und ihr Angebot maßgebenden Bedingungen und Umstände erkennen können und in der sowohl der Zweck der fertigen Leistung als auch die an sie gestellten technischen, wirtschaftlichen, gestalterischen und funktionsbedingten Anforderungen angegeben sind, sowie gegebenenfalls ein Musterleistungsverzeichnis, in dem die Mengenangaben ganz oder teilweise offen gelassen sind.“ (VOB/A §7 Abs. 14) Bei der Leistungsbeschreibung mit Leistungsprogramm „wird vom Auftraggeber nur der Rahmen oder das Programm der gewünschten Bauleistung angegeben, wobei er es den Bietern überlässt, bei der Angebotsbearbeitung den Rahmen oder das Programm dadurch auszufüllen, dass sie, jedenfalls zum Teil auch im Wege der Planung, die erforderlichen Leistungseinzelheiten nach ihrer Vorstellung erarbeiten und dann in ihrem Angebot angeben. Danach handelt es sich vom Ergebnis her gesehen nicht mehr um eine Leistungsbeschreibung, die in der erforderlichen vollständigen Form von Auftraggeberseite vor Beginn des Bauvergabeverfahrens in einer Weise ausgearbeitet wird, dass die Bieter bzw. Bewerber nur noch die von ihnen verlangten Preise einzusetzen haben.“ (Ingenstau, H. und Korbion, H. 1993, S. 423 f.)
13.3 Leistungsbeschreibung
331
Für die Leistungsbeschreibung mit Leistungsprogramm wird im Vergabehandbuch für die Durchführung von Bauaufgaben des Bundes im Zuständigkeitsbereich der Finanzbauverwaltung das folgende Schema vorgegeben, das auch bei anderen Bauaufgaben als Orientierungshilfe für Aufbau und Inhalt der Leistungsbeschreibung dienen kann (siehe Abbildung 13.9). Angaben des Auftraggebers für die Ausführung:
Beschreibung des Bauwerks/der Teile des Bauwerks Allgemeine Beschreibung des Gegenstandes der Leistungen nach Art, Zweck und Lage Beschreibung der örtlichen Gegebenheiten, wie z. B. Klimazone, Baugrund, Zufahrtswege, Anschlüsse, Versorgungseinrichtungen Beschreibung der Anforderungen an die Leistung; Flächen- und Raumprogramm, z. B. Größenangaben, Nutz- und Nebenflächen, Zuordnungen, Orientierung Art der Nutzung, z. B. Funktion, Betriebsabläufe, Beanspruchung Konstruktion: ggf. bestimmte grundsätzliche Anforderungen, z. B. Stahl oder Stahlbeton, statisches System Einzelangaben zur Ausführung, z. B. - Rastermaße, zulässige Toleranzen, Flexibilität - Tragfähigkeit, Belastbarkeit - Akustik (Schallerzeugung, -dämmung, -dämpfung) - Klima (Wärmedämmung, Heizung, Lüftungs- und Klimatechnik) - Licht- und Installationstechnik, Aufzüge - hygienische Anforderungen - besondere physikalische Anforderungen (Elastizität, Rutschfestigkeit, elektrostatisches Verhalten) - sonstige Eigenschaften und Qualitätsmerkmale - vorgeschriebene Baustoffe und Bauteile - Anforderungen an die Gestaltung (Dachform, Fassadengestaltung, Farbgebung, Formgebung). Abgrenzung zu Vor- und Folgeleistungen Normen oder etwaige Richtlinien der nutzenden Verwaltung, die zusätzlich zu beachten sind öffentlich-rechtliche Anforderungen, z. B. spezielle planungsrechtliche, bauordnungsrechtliche, wasser- oder gewerberechtliche Bestimmungen oder Auflagen. […] Abb. 13.9:
Angaben in einer Leistungsbeschreibung mit Leistungsprogramm
(Bundesministerium für Verkehr, Bau- und Stadtentwicklung (Hrsg.) 2008, Anhang 9)
332
13 Vergabewesen
Kern des Leistungsprogramms kann ein Raum- und Funktionsprogramm sein. In diesem sehr weitgehenden Fall wird der Gebäudeentwurf zum Bestandteil des Angebotes. Die Funktionale Leistungsbeschreibung muss aber nicht so weit gehen, sie kann auch nur die Konstruktion eines Bauteils, z. B. eine Außenwand, dem Wettbewerb unterwerfen. Dann werden Lage, Abmessungen, prinzipielle Gestaltung und bautechnische Anforderungen der Außenwand in dem Leistungsprogramm festgelegt, und der Anbieter kann Bauart und Material so wählen, wie er die Wand am preisgünstigsten anbieten kann. Anmerkung: Die Abbildungen 13.9 und 13.10 zeigen beispielhaft den Teil einer Leistungsbeschreibung mit Leistungsprogramm für die Fliesen- und Plattenarbeiten eines Parkhauses. Dabei wird deutlich, wie anspruchsvoll und aufwendig auch diese Form der Leistungsbeschreibung ist, wenn die Qualität der Bauleistungen umfassend beschrieben werden soll. Dadurch dass bei der Funktionalen Leistungsbeschreibung der Entwurf – zumindest teilweise – dem Wettbewerb unterworfen wird, kommt es zu einer Verbindung von Preis- und Qualitätswettbewerb. Denn selbst wenn von den Anbietern die technischen Anforderungen in gleicher Weise erfüllt werden, ergeben sich meistens funktionale oder zumindest doch gestalterische Unterschiede, die bei der Vergabeentscheidung zu berücksichtigen sind. Damit stellt die Funktionale Leistungsbeschreibung auch entsprechend höhere Anforderungen an die Wertung der Angebote als bei der Leistungsbeschreibung mit Leistungsverzeichnis. Der Bauherr kann sich jedoch – wenn er sich VOB-gerecht verhält – durch die Funktionale Leistungsbeschreibung keinen Kostenvorteil durch Einsparung des Architektenhonorars für den Entwurf verschaffen, denn nach VOB/A § 8 Abs. 8 Nr. 1 muss er – wenn er vom Bewerber Entwürfe, Pläne, Zeichnungen, statische Berechnungen, Mengenberechnungen oder andere Unterlagen verlangt – eine angemessene Entschädigung festsetzen, die jedem Bieter zusteht, der die Unterlagen vollständig und pünktlich einreicht. „Die Höhe der „angemessenen Entschädigung“ ist nach allgemein gültiger Auffassung in Anlehnung an die Honorarordnung für Architekten und Ingenieure (HOAI) zu ermitteln, wobei aufgrund der Tatsache, dass es sich um eine Aufwandsentschädigung handelt, ein gewisser Abschlag der Honorarsätze für den Gewinnanteil und auch dafür, dass der Bieter in erster Linie den Erhalt eines Bauleistungsauftrages im Wettbewerb erstrebt, zulässig sein wird.“ (http://web43.d2-1066.ncsrv.de/4-03/45_VOB_Blatt01.pdf) Daher muss die Zahl der Anbieter klein gehalten werden, weil andernfalls die durch die Funktionale Leistungsbeschreibung ggf. bewirkten Baukosteneinsparungen infolge der zu zahlenden Entschädigungen wieder zunichte gemacht werden können. Die VOB und die HOAI sehen die Leistungsbeschreibung mit Leistungsverzeichnis als Regelfall an. So ist das Aufstellen der Leistungsbeschreibung mit Leistungsverzeichnis eine Leistung in der Leistungsphase 6. Vorbereitung der Vergabe, während das Aufstellen der Leistungsbeschreibung mit Leistungsprogramm in der HOAI als Besondere Leistung aufgeführt wird.
13.3 Leistungsbeschreibung 1.
333
Allgemein
Alle zum Einbau kommenden Fliesen sind zu bemustern und mit dem Bauherrn und den Architekten abzustimmen. Die Dicke des Feuchtraumputzes ist den Erfordernissen des Produktes anzupassen. Sockelfliesen und /oder deren Träger sind gegen die Wand mit weichem Material so zu hinterlegen, dass keine Verbindung zur Wand entsteht. Alle sichtbaren Ränder der Wandfliesen müssen glasiert sein (sog. Randfliesen) Rand- und Anschlussfliesen sind zu schneiden und in das Raster einzupassen. 2.
Ausführung
2.1 2.2
Wandfliesen werden raumhoch verlegt. Zur Verwendung kommen Steingutfliesen gem. DIN EN ISO 10545-2, auf den Fußböden unglasiert., Rutschfestigkeit R 10, an den Wänden glasiert. Das einzubauende Material ist in Art und Größe vom AG freigeben zu lassen. Alle Fliesen und alle Fugen müssen säure- und putzmittelresistent sein. Fugen zwischen Fliesen und anderen (Metall-)Bauteilen, bzw. Wand- und Bodenbelag, sind mit dauerelastischem Material auf Silikonbasis auszubilden. (Fugenmasse grau gefärbt) Fugenunterfüllung und Fugenvorbehandlung nach Vorschrift des Dichtstoffherstellers; Fugenbreite: 5 bis 10 mm. Für die Anschlüsse an Fenster- und Türöffnungen sind Schienen vorzusehen. Die Oberkante Türzarge ist eine maßgebliche Fuge. Anschlussschienen aus nichtrostendem Stahl, winkelförmig in den Abmessungen 15/15/3 mm einschl. Befestigungsanker. Bei Pfeilerverkleidungen sind Teilfliesen stets in der Mitte der Fläche zu setzen. Ein zwei- bzw. vierseitiges Gefälle ist zu den vorgesehenen Bodeneinläufen herzustellen. Die Ausbildung von ein- oder zwei umlaufenden Wandfries-Streifen nach Wahl des AG ist einzukalkulieren.
2.3 2.4
2.5 2.6 2.7 3.
Materialien
3.1 Bodenfliesen Keramische Spaltplatten, unglasiert und durchgefärbt, 1. Wahl. Abmessungen ca. 240 x 240 mm, Dicke ca. 8 mm mit rutschhemmender Oberfläche R 10, Farbton grau, Verlegung in allen WC-, Vor- und Putzräumen. Bieterangaben über das vorgeschlagene Produkt: Hersteller ………. Erzeugnis ………. Ursprungsland ………. Abb. 13.10: Leistungsprogramm – Beispiel Fliesen- und Plattenarbeiten (1) (Unterlagen der Verfasser)
334
13 Vergabewesen
3.2 Wandfliesen Keramische Spaltplatten, unglasiert und durchgefärbt, 1. Wahl. Abmessungen ca. 240 x 240 mm, Dicke ca. 8 mm mit glasierter Oberfläche R 10, Farbton weiß + farbige(r) Fries(e) aus Fliesen gleichen Materials. Bieterangaben über das vorgeschlagene Produkt: Hersteller ………. Erzeugnis ………. Ursprungsland ………. 3.3 Sockelträger Bieterangaben über das vorgeschlagene Produkt: Hersteller ………. Erzeugnis ………. Ursprungsland ………. 3.4 Hydraulisch erhärteter Dünnbrettmörtel Gem. DIN 18157, Teil 1 Bieterangaben über das vorgeschlagene Produkt: Hersteller ………. Erzeugnis ………. Ursprungsland ………. 3.5 Verfugungsmaterial Die Fliesenfugen des Bodenbelages (Fugenbreite 6 mm) werden mit eingefärbtem, grauen Zementmörtel eingeschlämmt. Bieterangaben über das vorgeschlagene Produkt: Hersteller ………. Erzeugnis ………. Ursprungsland ………. 3.6 Dauerelastisches Verfugungsmaterial auf Silikonbasis Bieterangaben über das vorgeschlagene Produkt: Hersteller ………. Erzeugnis ………. Ursprungsland ………. Abb. 13.11: Leistungsprogramm – Beispiel Fliesen- und Plattenarbeiten (2) (Unterlagen der Verfasser)
13.4 Vergabe
13.4
335
Vergabe
Nach kostenbewussten Entscheidungen in den Planungsphasen und bei den Leistungsbeschreibungen können Bauherr und Planer auch noch im Zuge der Vergabe – also der Erteilung des Bauauftrags – Einfluss auf die tatsächlichen Baukosten nehmen. Wesentliche Voraussetzung ist die Kenntnis der Kosteneinflüsse bei der Vergabe von Leistungen und die zeitlich und sachlich richtige Reaktion auf die erkennbaren Entwicklungen. Die folgenden Empfehlungen helfen dabei: -
Reaktion auf die Marktentwicklungen bereits während der Planung, evtl. Verschiebung der Ausführung
-
Berücksichtigung spezifischer Preisentwicklungen durch Ausschreibung von Materialund Ausführungsalternativen
-
keine Einschränkung des Spielraumes für kostengünstige Alternativangebote durch Gestaltungsvorgaben
-
Nutzung des technischen und organisatorischen Fachwissens von Bieterunternehmern, Aufforderung zu Sondervorschlägen
-
Beachtung eventueller Patente, da diese den Wettbewerb einschränken; Förderung des Wettbewerbs durch zielgerichtete Losbildung z. B. bei einzelnen Trennwandsystemen
-
Berücksichtigung ausreichender Zeit für Kalkulation, Arbeitsvorbereitung und Bauausführung (Unternehmerseite)
-
zeitliche Reserven für den Fall von unvorhergesehenen Terminengpässen während der Ausführung
-
richtige Wertung von Kostenänderungen, echte und unechte Kostenänderungen unterscheiden.
Grundsätzlich stellt sich bei fast jeder Bauaufgabe die Frage – und dies häufig auch unabhängig von der Art der Ausschreibung –, ob die Vergabe -
in Fachlosen und damit an viele Auftragnehmer oder
-
an einen Generalunternehmer und damit einen Auftragnehmer für alle Leistungen
erfolgen soll. Ferner besteht grundsätzlich immer die Möglichkeit der Pauschalierung von Leistungen bei Vertragsabschluss. Diesbezügliche Entscheidungen sind frühestmöglich vorzubereiten, wobei alle damit verbundenen Vor- und Nachteile für den Bauherrn abzuschätzen und zu berücksichtigen sind. In den folgenden Abschnitten werden die damit verbundenen Fragen ausführlich behandelt.
336
13.4.1
13 Vergabewesen
Angebotsprüfung mit Kosten- und Terminkontrolle
Ab der Leistungsphase 6. Vorbereitung der Vergabe sind die Leistungsbeschreibungen bzw. die daraus folgenden Aufträge die geeignete Bezugsgröße für die Kosten- und Terminkontrolle. Es ist deswegen sinnvoll, die Angebotsprüfung mit der Kosten- und Terminkontrolle zu verbinden. Dies hat zugleich den Vorteil, dass einerseits dem Bauherrn die mit der Vergabeentscheidung verbundenen kostenmäßigen und terminlichen Auswirkungen des jeweiligen Auftrags frühzeitig aufgezeigt werden und andererseits die damit entstehenden Daten für die übergeordneten, auf ein oder mehrere Bauwerke bezogenen Kontrollen bereitgestellt werden können. Mit dem aus der Kostenberechnung ermittelten Kosten je Vergabeeinheit besteht eine Grundlage für die Kostenkontrolle der eingegangenen Angebote (Submission). Voraussetzung für eine Aufteilung der Planungsinhalte auf die einzelnen Vergabeeinheiten ist die Kennzeichnung der Einzelansätze mit der Leistungsbereichszuordnung (siehe Abschnitt 8.1.1). Ferner ist zu berücksichtigen, dass auch nach der Beauftragung noch weitere Kosten durch Nachbeauftragungen sowie eine eventuell zu vereinbarende Lohn- oder Stoffpreisgleitklausel entstehen können. Diese Angabe ist allerdings von Fall zu Fall sehr kritisch zu prüfen und hängt ganz entscheidend von der Qualität der Ausführungsplanung, der Leistungsbeschreibungen sowie von den Ausführungsbedingungen ab. Zudem sind eventuelle Mehrkosten aus Preiserhöhungen, Leistungsprämien, länger zu betreibende Baustelleneinrichtung, Wasserhaltung oder Winterbau besonders schwer vorab zu kalkulieren und können nur unter Berücksichtigung der Baustellenverhältnisse und der geplanten Ausführungstermine grob geschätzt werden. Für die bei den Leistungsbeschreibungen mit Leistungsverzeichnis eingehenden Angebote werden zur Kostenkontrolle auf der Ebene der Einheitspreise Preisspiegel erstellt. Vergleichsweise schwieriger ist die Kostenprüfung bei pauschalierten Angeboten bzw. Angeboten mit Pauschalpreis. Zur einheitlichen und raschen Durchführung von Vergaben sowie zur Dokumentation der damit verbundenen Prüfungen und Entscheidungen hat sich ein gewisser Grad der Formalisierung bewährt. Zweckmäßigerweise wird mit der Vergabe eine schriftliche Unterlage, der Vergabevorschlag oder eine Vergabemappe, ausgearbeitet. Diese Vergabe-Unterlage sollte nach den Gesichtspunkten Ausschreibung, Prüfung, Kostenund Terminkontrolle sowie Vergabevorschlag mit den Auftragnehmerdaten versehen sein und folgende Angaben enthalten: Ausschreibung
-
Nummer und Bezeichnung des Leistungsverzeichnisses (anzugeben sind das Bauwerk und die Art der Leistung sowie gegebenenfalls das Fachlos)
-
Datum für den Ablauf der Zuschlagsfrist
-
Festlegung der Ausschreibungsart durch den Bauherrn als öffentlich, beschränkt ohne Öffentlichen Teilnahmewettbewerb, beschränkt nach Öffentlichem Teilnahmewettbewerb sowie bundesweit oder europaweit
-
Angabe des Eröffnungstermins mit Uhrzeit und des Termins für die Angebotsabgabe.
13.4 Vergabe
337
Angebotsprüfung
-
Angaben zur Angebotseröffnung und zum Ergebnis der rechnerischen Prüfung der Angebote nach VOB/A § 16 bzw. VOL/A § 16 in Form einer übersichtlichen Tabelle und mit Bemerkungen zur Rangfolge
-
Angaben zum Ergebnis der technischen Prüfung
-
Angaben zum Ergebnis der wirtschaftlichen Prüfung
-
Wertung der Angebote nach VOB/VOL Teil A § 16 in Form einer übersichtlichen Tabelle unter Angabe der Rangfolge der geprüften Ergebnisse.
-
Hinweis auf eventuell erfolgten Ausschluss von Angeboten nach der Wertung gemäß VOB/VOL Teil A § 16 Abs. 1 mit Angaben des Grundes
-
Auflistung der Bieter der engeren Wahl mit geprüfter Angebotssumme (brutto)
-
Prüfvermerk zu Fachkunde, Leistungsfähigkeit, Zuverlässigkeit, ausreichenden technischen und wirtschaftlichen Mitteln der Bieter der engeren Wahl sowie zu eventuell weiteren Kriterien, z. B. Bevorzugtenrichtlinien.
Kostenkontrolle
-
Angaben zur Kostenkontrolle durch Vergleich der Kostenvorgabe je Vergabeeinheit auf der Grundlage der Kostenplanung mit dem Auftragswert unter Berücksichtigung einer Reserve für Nachträge je Bauauftrag
-
Berücksichtigung der Baupreisentwicklung seit dem Kostenstand der Kostenplanung (in der Regel Kostenberechnung) mittels Baupreisindex (besonders bei mehrjähriger Bauzeit) je Vergabeeinheit und Bauvertrag
-
Vergleich der Kosteninformationen in Form einer Tabelle (siehe Abbildung 13.11)
-
Ausweis der Über- und Unterschreitungen der einzelnen Bauverträge je Projekt. 1 Kostenplanung (Indexiert auf Jahr/Quartal)
…€
2 Kostenvorgabe (einschließlich Reserve für Nachträge)
…€
3 Vergabesumme
…€
4 Nachtragsreserve (2 abzüglich 3)
…€
5 Über- oder Unterschreitung (1 abzüglich 2)
…€ (alle Kostenangaben ohne Mehrwertsteuer )
Abb. 13.12: Kostenkontrolle im Zuge der Vergabe (Muster)
Die Kostenermittlungen, welche aus der Prüfung der Angebote resultieren, sind Grundlage des Kostenanschlags. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Submissionen und Angebotsprüfungen über einen oft längeren Zeitraum verteilt erfolgen. Demzufolge kann es notwendig sein, den Kostenanschlag mehrfach aufzustellen.
338
13 Vergabewesen
Terminkontrolle
-
Angaben zur Terminkontrolle unter Berücksichtigung von geplantem Ausführungsbeginn und geplantem Ende der Ausführung sowie eventuell notwendigen und mit dem Bieter vereinbarten Terminänderungen
-
Hinweis auf terminliche Abhängigkeiten zu anderen Aufträgen und diesbezügliche Vereinbarungen mit dem Bieter
-
Angabe zu notwendigen Korrekturen der Terminplanung anderer Ausschreibungen oder Aufträge sowie eventuell der Gesamtausführungsdauer von Bauwerken (Inbetriebnahme).
Vergabevorschlag
Vergabeempfehlung des überwachenden Architekten an den Bauherrn mit beispielsweise folgender Formulierung Vergabevorschlag für ein Leistungsangebot … (Nummer und Bezeichnung)
Nach Prüfung und Wertung der Angebote wird vorgeschlagen, die Leistungen auf der Grundlage des vorliegenden Angebots vom … (Datumsangabe) an den Bieter/ die Bietergemeinschaft zu vergeben. Firma/Bietergemeinschaft Adresse
… … …
Bankverbindung Kontonummer Bankleitzahl
… … …
zum Auftragswert (netto) zuzüglich gesetzliche Umsatzsteuer
…€ …€
zum Auftragswert (brutto)
…€
Abb. 13.13: Vergabevorschlag für ein Leistungsangebot (Muster)
Es sind zu ergänzen: -
Hinweis auf eventuelle zusätzliche Vereinbarungen, z. B. Zustimmung zu Subunternehmerleistungen u. a.
-
Vermerk der Weitergabe durch den Architekten an den Bauherrn mit Datum
-
Angabe eines eventuell späteren Termins für die Beauftragung mit Hinweis auf die Verlängerung der Zuschlagsfrist mit ausdrücklichem Einverständnis der Bieter
-
Unterschrift des Bearbeiters
-
Unterschrift des Bauherrn.
13.4 Vergabe
13.4.2
339
Vergabe von Bauleistungen in Fachlosen
Die Gliederung der Bauleistungen nach Gewerken oder Leistungsbereichen spiegelt sich in den Bauaufträgen bzw. Vergabeeinheiten nicht vollständig wider. Terminliche, organisatorische wie auftragnehmerspezifische Belange, z. B. Mängelbeseitigungsfragen, sind zu berücksichtigen und möglichst im Vorfeld zur Ausschreibung für alle Leistungen zu klären. Bei der Aufteilung der Bauleistungen vom Gesamtumfang in die verschiedenen Vergabeeinheiten ist darauf zu achten, dass keine Leistungen vergessen werden. Je nach Art und Größe eines Bauprojektes erfolgen bei der Fachlosvergabe etwa 25 bis 35 Ausschreibungen, d. h. es werden mit etwa so vielen Bau- und Lieferfirmen Verträge geschlossen. Somit sind entsprechend viele Auftragnehmer zu koordinieren. Noch in den fünfziger Jahren des letzten Jahrhunderts kam man bei den meisten Bauvorhaben mit 10 bis 15 Fachlosen aus. Die Gründe für diese Zunahme der Vergabeeinheiten sind unter anderem: -
Zunehmende Technisierung von Bauwerken: Hierzu gehören als eigenständige Systeme z. B. Brandmeldeanlagen, Fernsehsysteme für Betrieb und Überwachung, Betriebsfunk, Monitor- und Anzeigesysteme, Telefonanlagen, EDV-Verbundnetze, Mess-, Steuer- und Regeltechnik/Zentrale Leittechnik, Schaltanlagen und Transformatoren, Fernheizungsund Fernkälte-Übergabestationen, Parksysteme, Sicherheits- und Zutrittskontrollsysteme sowie Schließanlagen.
-
Höherer Anteil technischer Ausstattungen an den auszuführenden Leistungen: Dies trifft neben den oben genannten neuen Systemen insbesondere auch beim Ausstattungsgrad mit Elektroinstallationen, Raumlufttechnischen Anlagen, Aufzugs- und Fördertechnik sowie den betriebstechnischen Anlagen zu.
-
Zunehmende Arbeitsteilung der Planer: Konnten noch vor 40 Jahren die meisten Bauwerke durch ein oder vielleicht drei Büros geplant, ausgeschrieben und überwacht werden, so sind heute nicht selten fünf bis zehn Fachingenieurbüros neben dem Architekten tätig. Damit ist in der Regel auch die getrennte Ausschreibung der Leistungen verbunden. Ursächlich hierfür sind neben den erforderlichen Fachqualifikationen, die nur noch von mehreren Planern zusammen bereitgestellt werden können, auch die erhöhten Prüf- und Nachweispflichten (Wärmeschutznachweis, öffentlich-rechtliche Abnahmen u. a.).
-
Zunehmende Arbeitsteilung der Ausführenden in Handwerk und Industrie: Unter den Bedingungen der zyklisch auftretenden konjunkturellen Schwankungen und dem inzwischen auch europaweit herrschenden Konkurrenzdruck ist die Struktur des Baugewerbes durch ständige Veränderungen geprägt. Neben einzelnen großen Baukonzernen arbeitet eine kaum überschaubare Zahl kleiner und kleinster Lieferanten und Handwerksbetriebe, die sich zunehmend auf bestimmte Fachleistungen spezialisieren, z. B. Liefern und Einbau von Fenstern, Installation von Antennenanlagen u. v. m.
Hieraus wird deutlich, dass die Ausführung von Bauwerken wesentlich komplexer geworden ist. Demzufolge ist vor allem auch der Vorbereitung der Vergabe von Bauleistungen ein sehr hoher Stellenwert beizumessen. Mit der Zunahme der Vergabeeinheiten steigen die Anforderungen an die Schnittstellendefinition der einzelnen Lose untereinander sowie an die Koordination der Auftragnehmer in technischer wie terminlicher Hinsicht.
340
13 Vergabewesen
Es sind neuere Bauwerke bekannt, für die aufgrund der zahlreichen technischen Ausstattungen und ihrer Größe zwischen 60 und 80 Vergaben in Fach- und Teillosen erfolgten. Planung und Ausführung können unter diesen Umständen nur mit erheblichem Aufwand an Projektleitung termingerecht geleistet werden. Eine zu hohe Zahl von Einzelbeauftragungen ist stets – neben Termindruck und unvollständiger Ausführungsplanung – eine der wesentlichen Erschwernisse in der Ausführung. Somit ergeben sich für jede Baumaßnahme als grundsätzliche Fragen: -
Welche Fachlose sind für die Erstellung des Bauwerkes erforderlich?
-
Sind gegebenenfalls Fachlose in Teillose aufzuteilen?
-
Wie viele Vergabeeinheiten (Bauverträge) sind sinnvoll?
-
Welche Einzelleistungen können zweckmäßigerweise zu einer Vergabeeinheit zusammengefasst werden?
-
Welche Informationen, Planungen und Abstimmungen sind vor entsprechenden Entscheidungen notwendig?
Begriffserläuterungen zur Vergabe in Fachlosen
Im Zusammenhang mit der Vorbereitung der Fachlosvergabe werden Begriffe wie Los (Fachlos und Teillos), Gewerk und Leistungsbereich, Vergabeart, Vergabeeinheit und Auftrag gebraucht, die zum besseren Verständnis zunächst eindeutig beschrieben werden sollen. Die VOB/A fordert in § 5 Vergabe nach Losen, Einheitliche Vergabe: „(1) Bauleistungen sollen so vergeben werden, dass eine einheitliche Ausführung und zweifelsfreie umfassende Haftung für Mängelansprüche erreicht wird; sie sollen daher in der Regel mit den zur Leistung gehörigen Lieferungen vergeben werden. (2) Bauleistungen sind in der Menge aufgeteilt (Teillose) und getrennt nach Art oder Fachgebiet (Fachlose) zu vergeben. Bei der Vergabe kann aus wirtschaftlichen oder technischen Gründen auf eine Aufteilung oder Trennung verzichtet werden.“ „Als Bauleistungen im Sinn dieser Bestimmung sind nun nicht alle zu einem Bauwerk schlechthin gehörigen Leistungen in ihrer Gesamtheit zu verstehen, sondern speziell die Bauleistungen, die ihrer Art und Struktur nach zu einem bestimmten Gewerk gehören (z. B. Tiefbau-, Mauer-, Dachdecker-, sanitäre Installations-, Schreiner-, elektrische Installationsarbeiten).“ (Heiermann, W. u. a. 1986, S. 109) Gliederungen der Gewerke, welche die Fachgebiete bzw. Gewerbezweige des Bauhaupt- und des Ausbaugewerbes widerspiegeln, sind sowohl in den Allgemeinen Technischen Vertragsbedingungen (ATV) der VOB/C als auch in Form der Leistungsbereiche des Standardleistungsbuches Bau (STLB-Bau) angegeben. Als Fachlose gelten auch Bauleistungen verschiedener Fachgebiete oder Gewerbezweige, wenn sie üblicherweise – allgemein oder regional – von Unternehmern in einem Betrieb ausgeführt werden.
13.4 Vergabe
341
So heißt es auch in der Vergabe- und Vertragsordnung für Leistungen (VOL): „ Leistungen sind in der Menge aufgeteilt (Teillose) und getrennt nach Art oder Fachgebiet (Fachlose) zu vergeben. Bei der Vergabe kann auf eine Aufteilung oder Trennung verzichtet werden, wenn wirtschaftliche oder technische Gründe dies erfordern.“ (VOL/A 2009, § 2 Abs. 2) Eine räumliche Aufteilung von Bauleistungen führt zur Bildung von Teillosen. Dies ist insbesondere bei Linienbauwerken wie Eisenbahnstrecken, Autobahnen oder Kanälen zweckmäßig, jedoch auch bei größeren Hochbauten anzutreffen, nämlich dann, wenn infolgedessen weniger umfangreiche Leistungen je Fachlos und damit eine größere Zahl von Bietern (Wettbewerb) erwartet werden darf oder wenn durch gleichzeitige Ausführung mehrerer Teillose die Gesamtbauzeit verkürzt werden soll. Die Gesamtheit der Leistungen, die in einem Leistungsverzeichnis bzw. in einem Teillos zusammengefasst und im Verhältnis zwischen Auftraggeber und Auftragnehmer Gegenstand eines Auftrags sind, wird auch als Vergabeeinheit bezeichnet. Im Unterschied zur Fachlosvergabe ist die Leistungsbeschreibung mit Leistungsprogramm nach § 7 VOB/A in den meisten Fällen gewerkeübergreifend. Konzeption der Ausschreibung
Mit der vollständigen Ausführungsplanung und der Kostenberechnung sind die wichtigsten Grundlagen hinsichtlich Mengen und Standards für die Ausführung des Bauwerkes gegeben. Ziel der Ausschreibung muss es sein, die einzelnen Konstruktionen und Mengen so zu beschreiben und in Lose aufzuteilen, dass das Bauwerk in der gewünschten Qualität termingerecht und möglichst kostengünstig erstellt werden kann. Die im Vorfeld der Ausschreibungen notwendigen Überlegungen zur Erreichung dieser Ziele sollten stets die folgenden Punkte berücksichtigen: -
Terminplanung für die Erstellung der Ausschreibungen, der Vergabe, der Ausführung wie der Abnahme und gegebenenfalls der Mängelbeseitigung (Terminliste für jedes Leistungsverzeichnis)
-
Art der Leistungen (Bauleistungen nach VOB, Leistungen nach VOL)
-
Art der Vergabe nach VOB/A § 3 Abs. 1 (Öffentliche, Beschränkte Ausschreibung oder Freihändige Vergabe) bzw. VOB/A § 3 EG Abs. 1 (offenes Verfahren, nicht offenes Verfahren, Wettbewerblicher Dialog, Verhandlungsverfahren)
-
Art der Leistungsbeschreibung (Leistungsbeschreibung mit Leistungsverzeichnis oder mit Leistungsprogramm)
-
Umfang der Leistungen je Leistungsverzeichnis, hierzu gehören Gesamtumfang, Losbildung (Teillose, Fachlose) unter Berücksichtigung der Kapazitäten und Leistungsbilder in Frage kommender Unternehmen sowie unter Einschätzung der Wettbewerbssituation bei den geplanten Ausschreibungen
-
Einheitlichkeit und Zusammensetzung von Leistungen innerhalb eines Leistungsverzeichnisses bzw. der Lose (Gewerke, Materialien, Ausführungsqualitäten)
342
13 Vergabewesen
-
Verjährungsfragen (Vermeidung von uneindeutiger Verursachung und Verantwortlichkeit bei Mängeln)
-
Abfolge und Abhängigkeit von Leistungen, insbesondere der einzelnen Aufträge untereinander (Schnittstellen)
-
übergeordnete Zielsetzungen und Bedingungen (Mittelstandsförderung, Risiken von Preisabsprachen u. v. m.).
Gleichzeitig ist der gesamte Umfang der Arbeiten, also der Leistungsverzeichnisse, inhaltlich gegliedert darzustellen und zu bewerten. Am einfachsten geschieht dies in Form einer einfachen Liste, wobei – zumindest annähernd – für jedes Leistungsverzeichnis bzw. jedes Los die geplanten Kosten entsprechend der Kostenberechnung zu ermitteln sind, um rechtzeitig für die wirtschaftliche Angebotsprüfung einen Maßstab vorzugeben. Zweckmäßigerweise geschieht dies so, dass in der Kostenermittlung die Mengen und Einheitspreise nach Leistungsbereichen unterschieden werden. Im Falle der EDV-Anwendung empfiehlt sich hierbei die Selektionsmöglichkeit jedes einzelnen Datensatzes nach Leistungsbereichen sowie die Kennzeichnung von Datensätzen nach Vergabeeinheiten für die Kostenkontrolle in den Leistungsphasen ab Vergabe. Hierbei ist jedoch anzumerken, dass die DIN 276-1:2008-12, Kosten im Bauwesen – Teil 1: Hochbau neben der Gliederung der Kostenermittlungen nach Elementen auch eine ausführungsorientierte Gliederung zulässt. Der auf Kostensicherheit bedachte Bauherr wird seinen Architekten damit beauftragen, die Kostenberechnung zusätzlich ausführungsorientiert, also nach Leistungsbereichen und Leistungen zu gliedern. Denn der Vergleich mit Gliederungssystematiken wie z. B. der des Standardleistungsbuches Bau oder der DIN 276-1:2008-12 ist zur Kontrolle dafür hilfreich, ob alle Leistungen des geplanten Bauwerkes in den Leistungsverzeichnissen berücksichtigt wurden. Kostenüberschreitungen während der Ausführungen resultieren in sehr vielen Fällen auch daraus, dass bei der Ausschreibung Leistungen, obwohl sie für die Funktionsfähigkeit des Bauwerkes unverzichtbar sind, vergessen wurden. Kriterien der Losbildung
Für die wirtschaftliche Ausführung von Bauwerken kann die Trennung von gleichen oder ähnlichen Leistungen in zwei oder mehr Lose vorteilhaft sein, dies besonders bei sehr großen Bauten. Voraussetzung hierfür ist, dass entsprechende Leistungen von zwei oder mehr Firmen zeitgleich oder nacheinander ausgeführt werden können. Folgende Gründe legen eine Ausschreibung und Vergabe in zwei bzw. mehreren Losen nahe: -
Eine möglichst kurze Bauzeit (Beispiel: Die gesamten und sehr umfangreichen Mauerarbeiten sollen in möglichst kurzer Bauzeit ausgeführt werden, um noch vor dem Winter die Gebäudehülle fertig stellen zu können.)
-
Unterschiedliche Anforderungen an die Art und Qualität von Leistungen gleicher oder ähnlicher Leistungsbereiche (Beispiel: Ein Teil der Schlosserarbeiten umfasst die Innenausstattung, größtenteils in Edelstahl, einer repräsentativen Eingangshalle, der andere Teil feuerverzinkte Treppen, Geländer und Gitterroste der Technikräume.)
13.4 Vergabe -
343
Das Verhältnis vom Umfang der Leistung zu Größe und Leistungsfähigkeit der in Frage kommenden Firmen (Beispiel: Dem Auftraggeber ist kein Unternehmen bekannt, das den Gesamtumfang der auszuführenden Tischlerarbeiten in der gebotenen Kürze der Zeit und in der gewünschten Ausführungsqualität leisten kann.)
Auch die Aufteilung einer Leistung in zwei Lose bei der Vergabe an einen Auftragnehmer kann zweckmäßig sein, wenn die Gesamtdauer der Leistung besonders lang ist. So wird häufig z. B. zusätzlich zu Lieferung und Einbau von Aufzügen an den gleichen Auftragnehmer die Wartung der Anlagen oder zusätzlich zu Landschaftsbauarbeiten eine mehrjährige Pflege der Pflanzen beauftragt. Die Aufteilung der Erstinvestition und der nachfolgenden Arbeiten in getrennte Lose ist für den Auftragnehmer (und auch für den überwachenden Architekten) vorteilhaft, da so für den ersten und stets wesentlich größeren Teil der Arbeiten die Verjährungsfrist nach Abnahme beginnt und die Schlussrechnung frühzeitig gestellt werden kann. Dies sollte im Hinblick auf den bald möglichen Beginn der Verjährungsfristen des Auftragnehmers und auch des überwachenden Architekten sowie auf die damit verbundene Auszahlung von Sicherheitseinbehalten durch den Bauherrn geschehen. Für die Ausschreibung und Vergabe in einem Los sprechen die folgenden Gesichtspunkte: -
Das enge Ineinandergreifen von Bauleistungen (Beispiel: Die Fliesenarbeiten sowie Lieferung und Einbau von Gerät für eine Großküche sollen von einem Auftragnehmer übernommen werden, damit die Ausführung reibungslos verläuft und eventuelle Mängelbeseitigungsansprüche mit einer Firma geklärt werden können.)
-
Anforderungen an die technische und gestalterische Einheitlichkeit einer Leistung einschließlich der eventuell erforderlichen Mängelbeseitigung und Ersatzteillieferung (Beispiel: In mehreren Gebäudeteilen sind umfangreiche Natursteinarbeiten auszuführen, Farbton und Struktur des Steines sollen auf jeden Fall gleichartig sein.)
-
Die Kostendegression bei der Ausführung großer Mengen und demzufolge die Möglichkeit eines besonders günstigen Angebotes (Gilt für grundsätzlich alle Leistungen, sofern der Auftragnehmer ausreichend leistungsfähig ist.)
Vergabeeinheiten im Überblick
Die Auswertung einer großen Zahl von Bauaufträgen, ausgeschrieben und beauftragt von rund 20 Architektur- und Ingenieurbüros für rund 100 unterschiedliche Bauwerke, ergab eine entsprechende Menge von Vergabeeinheiten und dazugehörigen Fachlostiteln. Hieraus konnten 62 allgemein übliche Titel ausgewählt werden, die als weitgehend repräsentativ angesehen werden dürfen. Allerdings kommen sie in dieser Zusammensetzung bei einem einzelnen Bauvorhaben nicht vor. Sie bilden vielmehr einen Fundus für die Planung von Leistungsverzeichnissen bei der Vorbereitung der Vergabe. Als beispielhaft dürfen dagegen 30 Titel eines größeren ausgeführten Verwaltungsgebäudes angesehen werden, die den vollen Umfang aller Leistungen für ein Bauwerk beinhalten. Sie sind in dem nachfolgenden Überblick durch Fettdruck gekennzeichnet:
344
13 Vergabewesen
Titel der Leistungsverzeichnisse (Vergabeeinheiten) mit einigen Beispielen für den Sonderbereich Gastronomie: 1 o o o o 2 o o 3 4 o 5 o o o o 6 o o 7 8 o o o 9 o 10 11 o o 12 o o 13 o o 14 o o o 15 16 17 18
Rohbauarbeiten Baugrube Spundwände/Schmaldichtwände Mauerarbeiten Betonarbeiten Stahlbauarbeiten Zimmerarbeiten Restarbeiten, z. B. Kernbohrungen (nur im Ausnahmefall) Schlosserarbeiten Trockenbauarbeiten Nichttragende Mauerwände Fassadenelemente Fenster und Türen mit und ohne Brandschutz Sonnenschutzeinrichtungen, Jalousien und Rollladenarbeiten Putzarbeiten Beschichtungsarbeiten und Grobanstriche Anstrich- und Malerarbeiten Gipskartonwände (ggf. mit abgehängten Decken) Metall-Glas-Wände und -Wandbekleidungen Schrankwände und Bürotrennwände WC-Trennwände Innentüren und Zargen Stahltüren mit und ohne Brandschutz Schließanlagen Fliesenarbeiten (Wände mit Böden) Sonderbereiche (z. B. Küchenfliesen) Estrich- und Gussasphaltarbeiten Bodenbelagarbeiten 1 (Textilböden, Kunststoffböden, Fußmatten) Bodenbelagarbeiten 2 (Holz- und Parkettarbeiten, -pflasterarbeiten) Bodenbelagarbeiten 3 (Natursteinarbeiten, Kunststeinarbeiten) Doppelböden (mit Oberbodenbelag) Fliesenarbeiten Abgehängte Holzdecken (ggf. mit Einbauleuchten) Abgehängte Metalldecken (ggf. mit Einbauleuchten) Abgehängte Gipskartondecken (ggf. mit Einbauleuchten) Sonderbereiche (z. B. Küchenabluftdecken) Dachabdichtungsarbeiten Dachdeckerarbeiten Spenglerarbeiten Fenster (Dachfenster) Sanitärinstallationen (Wasser-, Abwasser- und Gasinstallationen) Heizung einschließlich Wärmedämmung Elektroinstallationen, Leuchten, Leuchtmittel, Blitzschutzanlagen Fernmeldetechnische Anlagen
13.4 Vergabe 19 20 21 22 23 o o o o 24 25 26 27 28 o 29 30 o
345
Lüftungstechnische und Raumlufttechnische Anlagen Personen- und Lastenaufzüge, Transportsysteme Sprinklerzentrale und Installationen Alarmierungsanlagen Müllentsorgungseinrichtungen Gebäudeinterne Baustromversorgung (nur im Ausnahmefall) Speisen- und Getränkeausgaben Thermische Geräte und Spülmaschinen Kühlraum- und Kältetechnik Beschilderungen Feuerlöscher, Erste-Hilfe-Kästen Sitzmöbel, Tische, Schränke, Betten u. v. m. Landschaftsbauarbeiten (mit Grundleitungen) Straßen, Wege und Plätze (mit Grundleitungen) Außenbeschilderungen, -möblierungen und -beleuchtung Baufeinreinigung Winterbaumaßnahmen und Winterbaubeheizung Baugrobreinigung und Bauschuttbeseitigung (nur im Ausnahmefall).
Anmerkungen zu ausgewählten Vergabeeinheiten
Wegen der Vielzahl und Unterschiedlichkeit möglicher Leistungsverzeichnisse und Vergabeeinheiten werden im Folgenden einige ausgewählte Beispiele erläutert, um grundsätzliche Aspekte der Ausführungsorganisation, branchentypischer Bedingungen wie auch die Mängelbeseitigungsansprüche aufzuzeigen. Dabei wird jeweils auf die Allgemeinen Technischen Vertragsbedingungen (ATV) mit Angabe der DIN sowie den zugehörigen Leistungsbereichen nach Standardleistungsbuch Bau (STLB-Bau) Bezug genommen. Als wichtigstes Leistungsverzeichnis ist das für die Rohbauarbeiten anzusehen. Es enthält gemessen an den Bauwerkskosten meist etwa ein Drittel aller Bauleistungen und wird unter Abstimmung aller Erfordernisse des baulichen und technischen Ausbaus meist als eines der ersten Leistungsverzeichnisse ausgeschrieben und als Bauauftrag erteilt. Sind im Bauwerk Aufzugsanlagen, Tankstelleneinrichtungen oder andere betriebliche Einbauten vorgesehen, die bedingt durch Produktionsstandards bestimmte Einbaumaße aufweisen (z. B. Schachtquerschnitt, Über- und Unterfahrtmaße bei Aufzugsanlagen), dann sollten diese Anlagen vor dem Rohbau vergeben werden. Die hiermit festgelegten Abmessungen, die in der Regel und insbesondere bei kostengünstigeren Standardprodukten herstellerabhängig sind, können so rechtzeitig in die Ausführungsplanung eingearbeitet und beim Rohbauleistungsverzeichnis berücksichtigt werden. In den meisten Fällen gehören zu den Rohbauarbeiten Leistungen aus DIN 18 300 Erdarbeiten
(LB 002 nach STLB-Bau)
DIN 18 330 Mauerarbeiten
(LB 012 nach STLB-Bau)
DIN 18 331 Betonarbeiten
(LB 013 nach STLB-Bau)
346
13 Vergabewesen
Dazu kommen gegebenenfalls Leistungen – im Hinblick auf den Bauablauf oft anteilig und in geringem Umfang – aus DIN 18 305 Wasserhaltungsarbeiten
(LB 008 nach STLB-Bau)
DIN 18 306 Entwässerungskanalarbeiten
(LB 009 nach STLB-Bau)
DIN 18 336 Abdichtungsarbeiten
(LB 018 nach STLB-Bau)
DIN 18 384 Blitzschutzanlagen
(LB 050 nach STLB-Bau)
DIN 18 382 Nieder- und Mittelspannungsanlagen mit Nennspannungen bis 36 kV
(LB 053/054 nach STLB-Bau)
Der Anteil der Baustelleneinrichtungen (LB 000 nach STLB-Bau) ist bei den Rohbauarbeiten naturgemäß sehr hoch. Es kann darüber hinaus zweckmäßig sein, in das Rohbau-Leistungsverzeichnis auch diejenigen Teile der Baustelleneinrichtung aufzunehmen, die für die Projektorganisation (Baubüros) und für andere Auftragnehmer (Baustraßen, Ver- und Entsorgungseinrichtungen, Unterkünfte, Gerüstarbeiten) erforderlich werden, um somit die reibungslose Bauausführung des Gesamtprojektes zu fördern. Nur wenige der zuletzt genannten Leistungsbereiche werden hierbei jeweils in vollem Umfang erfasst. Jedoch sollte beim Tragwerk, z. B. Mauerarbeiten und Betonarbeiten, eine Aufteilung auf mehrere Vergabeeinheiten vermieden werden. Teile des technischen Ausbaus wie z. B. die Gas-, Wasser- und Abwasserinstallationsarbeiten müssen bereits im Rohbauauftrag teilweise – weil bauablaufbedingt – berücksichtigt werden, was insbesondere bei den Leistungen zutrifft. Die Stahlbauarbeiten sind nur im Ausnahmefall, z. B. beim Stahlskelettbau, in einem Rohbau-Leistungsverzeichnis enthalten, da in der Regel die in Frage kommenden Auftragnehmer nicht beide Arten von Leistungen ausführen und die entsprechenden Rohbaufirmen einen Subunternehmer für die Stahlbauarbeiten unter Vertrag nehmen müssten. Der Grund hierfür ist in erster Linie in der Zugehörigkeit zu unterschiedlichen Tarifbereichen (Bau-SteineErden und IG Metall) und damit in unterschiedlichen Stundenlohnsätzen zu sehen. Ferner sind die Stahlbauarbeiten (DIN 18 335 - LB 017 nach STLB-Bau) von den Metallbauarbeiten bzw. Schlosserarbeiten (DIN 18 360 - LB 031 nach STLB-Bau) schon deswegen zu unterscheiden, weil hierbei unterschiedliche Anforderungen an die Qualität der Ausführung gestellt werden. Tragkonstruktionen wie Stützen, Fassaden- und Dachtragwerke werden als Stahlbauarbeiten ausgeführt, während die Ausbauarbeiten und nicht tragenden Konstruktionen als Schlosserarbeiten erstellt werden. Aufgrund der etwas geringeren Anforderungen an die Ausführungsqualität – so bei den Konstruktionsoberflächen und den sichtbaren Verbindungen (Schweißnähte, Verschraubungen) – sind Stahlbauarbeiten im Preisniveau etwas geringer anzusetzen als vergleichbare Schlosserarbeiten. Je nach Nutzung des auszuführenden Bauwerkes – Industriehalle, Wohnbau usw. – ist entsprechend der gewünschten Ausführungsqualität zu entscheiden, welche Leistungsbereichszuordnung erfolgen soll.
13.4 Vergabe
347
Die Zusammenfassung von Stahlbauarbeiten und Anstricharbeiten (DIN 18 363 Maler- und Lackierarbeiten – Beschichtungen, DIN 18 364 Korrosionsschutzarbeiten an Stahlbauten LB 034 Maler- und Lackierarbeiten – Beschichtungen nach STLB-Bau) ist häufig zweckmäßig, besonders dann, wenn Stahlbauteile bereits gestrichen oder beschichtet auf die Baustelle geliefert werden können oder wenn die gleichen Gerüste benutzt werden sollen. Bestandteil der Schlosserarbeiten können z. B. Gitterroste, Fenstergitter, Schutzplanken, Stoßabweiser, Leitern, Geländer, Wandbekleidungen, Türen, Fenster oder Deckenbekleidungen sein. Auch andere Materialien werden aus Fertigungsgründen und wegen der leichteren Durchsetzung von eventuellen Mängelansprüchen in der Regel zusammen beauftragt, wie z. B. bei Metall-Glas-Konstruktionen die zugehörigen Verglasungsarbeiten (DIN 18 361 - LB 032 nach STLB-Bau) gemeinsam mit den Schlosserarbeiten. Dabei sind durchaus regionale Unterschiede bei der Zusammensetzung der Leistungen anzutreffen. Auch zu den Schlosserarbeiten zählen Türen und Tore mit und ohne Brandschutz sowie Metallfenster. Für diese Elemente gibt es eine Reihe von spezialisierten Unternehmen, die z. B. ausschließlich Metallwendeltreppen oder Brandschutztüren mit den notwendigen brandschutztechnischen Zulassungen fertigen. Dementsprechend ist es zweckmäßig, unter Berücksichtigung der Branchenstruktur die Schlosserarbeiten in individuell gefertigte Handwerksarbeiten (Geländer) einerseits sowie in Lieferung und Einbau von Industrieerzeugnissen (Brandschutztüren) andererseits zu unterteilen. Die Trockenbauarbeiten gehören zum baulichen Ausbau, die zugehörigen Gewerke für Wandbekleidungen, leichte Trennwände und gegebenenfalls abgehängte Decken sind: DIN 18 340 Trockenbauarbeiten bzw.
(LB 039 nach STLB-Bau)
DIN 18 360 Metallbauarbeiten
(LB 031 nach STLB-Bau)
Technische wie klimatische Voraussetzung für die Ausführung dieser Arbeiten ist – soweit notwendig – die Fertigstellung von Tragwerk und Gebäudehülle sowie der von den Trockenbauarbeiten räumlich zu umschließenden Installationen, z. B. Elektroinstallationen, Raumlufttechnik, Sprinklerleitungen u. v. m. Besondere Sorgfalt in der Maßkoordination wie in der terminlichen Abstimmung der Ausführung ist bei Luftauslässen, Einbauleuchten und Sprinklerköpfen erforderlich. Es kann deshalb sinnvoll sein, den Teil der technischen Ausrüstung in die Trockenbauausschreibung aufzunehmen, der im sichtbaren Bereich der Konstruktionen liegt. Dabei ist besonders auf die Schnittstellen zwischen Gebäudetechnik und dem Trockenbau zu achten. So ist z. B. zu klären, wie lang Elektroleitungen sein sollen und durch welchen Auftragnehmer die in den Trockenbauarbeiten enthaltenen Einbauleuchten angeschlossen werden sollen. Bei den Fassadenelementen handelt es sich in der Regel um Metall-Glas-Konstruktionen. Nur der kleinere Teil der Architekturbüros hat ausreichend eigene Erfahrung auf diesem speziellen Gebiet. Deshalb werden von den übrigen Architekturbüros Hersteller oder Fachingenieurbüros bei der Planung und Ausschreibung zu Rate gezogen. Deren Mitwirkung und die notwendige Festlegung konstruktiver Details birgt natürlich die Gefahr in sich, dass damit der spätere Wettbewerb von vornherein eingeschränkt wird (Berücksichtigung von Patenten, Maßkoordination, Fertigungsverfahren).
348
13 Vergabewesen
Die Befestigung der meist nichttragenden Fassadenelemente an das Stahl- oder Stahlbetontragwerk des Gebäudes ist möglichst früh, das heißt in der Ausführungsplanung und bei der Erstellung der betroffenen Leistungsverzeichnisse, zu berücksichtigen (Einbetonieren von Flanschen, Anschlussschwertern für die Schraub- oder Schweißverbindungen zur Fassade). Deshalb und wegen der zeitintensiven auftragnehmerseitigen Werk- und Montageplanung wie auch der Vorfertigung sollte die Ausschreibung der Fassadenelemente möglichst früh erfolgen. In Deutschland hat sich eine geringe Zahl namhafter Unternehmen auf die Entwicklung und Herstellung von Metall-Glas-Fassaden spezialisiert. Diese fertigen auftragsbezogen jeweils Serien unter Verwendung industriell erzeugter Vorprodukte (Profile, Anschlusselemente, Beschläge, Dichtungsbänder, Gläser). Berücksichtigt man, dass der Transport der Elemente vom Hersteller zur Baustelle an den Kosten des Auftrags mehrere Prozentpunkte ausmacht, so wird deutlich, dass bei jeweils wenigen Herstellern im Umkreis von 200 bis 300 km Entfernung zum Einbauort der Wettbewerb unter den Fassadenherstellern gering ist. Die weitere und teilweise gegenseitige Abhängigkeit im Bereich der Zulieferer von Profilen, Beschlägen und Gläsern verstärkt dies noch. Auch aus diesem Grund ist eine möglichst frühe Ausschreibung anzuraten, damit im Falle überteuerter Angebote noch Zeit für konstruktive Änderungen und gegebenenfalls eine erneute Ausschreibung bleibt. Nach der Beauftragung wird seitens des Herstellers die Werkund Montageplanung erstellt, die Elemente werden vormontiert, in der Regel verglast, beschichtet oder lackiert, verpackt und bis zum Abtransport auf die Baustelle zwischengelagert. Hieraus ergeben sich hohe Anforderungen an die Terminplanung und Termineinhaltung auf der Baustelle. Entstehen nämlich Verzögerungen beim Einbau der Elemente, so kann der Auftragnehmer zusätzliche Lagerkosten für die Elemente sowie eventuell für die Zeit der Montage zusätzliche Kosten insbesondere für Gerüste und Hebezeuge erfolgreich geltend machen. Zusammenfassend seien die Leistungsbestandteile der Fassadenelemente genannt: DIN 18 357 Beschlagarbeiten
(LB 029 nach STLB-Bau)
DIN 18 360 Metallbauarbeiten
(LB 031 nach STLB-Bau)
DIN 18 361 Verglasungsarbeiten
(LB 032 nach STLB-Bau)
DIN 18 363 Maler- und Lackierarbeiten - Beschichtungen
(LB 034 nach STLB-Bau)
Die Fassadenelemente können auch Schrägverglasungen im Dachbereich, Dachoberlichter, Sonnenschutzeinrichtungen, Dach- und Fassadenentwässerungseinrichtungen, Schließanlagen und in Einzelfällen auch Fassadenheizungen enthalten. Grundsätzlich ist natürlich die rechtzeitige Erstellung der Gebäudehülle eine der wesentlichen Voraussetzungen für den gesamten Innenausbau (Schutz vor Witterung und Verhinderung unbefugten Betretens). Die Montage von Doppelböden verlangt spezielle Kenntnisse und Erfahrungen. Deswegen ist es zweckmäßig, eine hierauf eingerichtete Firma damit zu beauftragen. Um die einwandfreie Befestigung der Oberbodenbeläge – meist Teppichboden – auf den Doppelbodenflächen zu gewährleisten, sind die betreffenden Beläge in diesen Auftrag mit aufzunehmen.
13.4 Vergabe
349
Dabei ist sicherzustellen, dass für die sonstigen Bodenflächen die gleiche Qualität – insbesondere Farbgebung – der Bodenbeläge zur Ausführung kommt. Dies gilt insbesondere für Teppichböden aus Naturstoffen und mit gegebenenfalls besonders gefertigten Mustern. Notwendig ist die Verpflichtung der Firmen für die Verlegung des Bodenbelages und der Montage der Doppelböden auf den gleichen Hersteller des Bodenbelages, eventuell sogar auf die gleiche Charge. Somit gehören zusammen: DIN 18 360 Metallbauarbeiten – hier Doppelböden DIN 18 365 Bodenbelagarbeiten
(LB 031 nach STLB-Bau)
(LB 028 Parkett-, Holzpflasterarbeiten und LB 036 Bodenbelagarbeiten nach STLB-Bau).
Dächer gehören zu den am meisten schadensanfälligen Baukonstruktionen. Undichtigkeiten treten häufig bereits wenige Jahre nach Fertigstellung auf. Bei der Ausschreibung und Beauftragung von Dachabdichtungsarbeiten sind neben den praktischen Gesichtspunkten des Bauablaufes vor allem Verjährungsfragen zu berücksichtigen. Sind als weitere Leistungen z. B. Klempnerarbeiten, Anschlussarbeiten an Dachfenstern oder Dachbegrünungen auszuführen, so ist im Hinblick auf die eventuelle Verfolgung von Mängelansprüchen die Beauftragung nur eines Auftragnehmers für den Dachbereich anzustreben. Werden aus Gründen einer zunächst kostengünstigen Vergabe zwei Firmen beauftragt und treten z. B. bei größeren begrünten Dachflächen innerhalb der Verjährungsfrist Undichtigkeiten der Dachabdichtung auf, so stellt sich dann die Frage, ob die Dachabdichtung mangelhaft ausgeführt wurde oder ob während der anschließenden Begrünung die einwandfrei ausgeführte Dachabdichtung durch die Gärtner beschädigt wurde. Der Nachweis einer eindeutigen Verursachung gelingt in der Praxis selten, und es besteht für den Bauherrn in hohem Maße das Risiko, dass er wegen der erforderlichen raschen Schadensbeseitigung bei langwierigen Auseinandersetzungen zunächst selbst für die Kosten der Instandsetzung aufkommen muss. Ob er diese später in voller Höhe erstattet bekommt, ist dann oft fraglich. Dies gilt sinngemäß für alle Arbeiten, die mit den Dachabdichtungen im unmittelbaren Zusammenhang stehen, so neben den Dachbegrünungen natürlich auch für Klempnerarbeiten an der Dachentwässerung, Attikaausbildungen aus Blech usw. Dementsprechend ist die Zusammenfassung der folgenden Leistungsbereiche sinnvoll: DIN 18 338 Dachdeckungs- und Dachabdichtungsarbeiten
(LB 021 Dachabdichtungsarbeiten nach STLB-Bau)
DIN 18 339 Klempnerarbeiten
(LB 022 nach STLB-Bau)
DIN 18 320 Landschaftsbauarbeiten (Teil Dachbegrünung)
(LB 003 nach STLB-Bau)
350
13.4.3
13 Vergabewesen
Gesamtgewerkevergabe
Architekten und Ingenieure stehen, wenn sie in freien Planungsbüros arbeiten, im Wettbewerb mit solchen Unternehmen, die neben Bauarbeiten auch Planungsleistungen erbringen (z. B. Generalunternehmer, Totalunternehmer). Für Bauherren stellt sich bei vielen Baumaßnahmen die Alternative, ob nach einer umfänglichen Planung eine Vergabe nach Fachlosen oder als Gesamtgewerkevergabe an einen Generalunternehmer erfolgen soll bzw. ob auch zumindest ein Teil der Planung von der mit den Bauleistungen beauftragten Firma erbracht werden soll. Die Frage, ob eine Gesamtgewerkevergabe der Fachlosvergabe vorzuziehen ist, kann nicht generell, sondern nur für den Einzelfall und nach sorgfältiger Prüfung beantwortet werden. Ein Generalunternehmer kann allerdings dann ein willkommener Partner insbesondere des freiberuflich tätigen Architekten sein, wenn dieser vorzugsweise in den ersten Leistungsphasen, also bis zur Entwurfsplanung, arbeitet und die späteren Leistungen ohnehin nicht gern selbst übernimmt. Diese Interessenlage ist z. B. in den Vereinigten Staaten von Amerika verbreitet und auch in Deutschland bei vielen Büros anzutreffen. Bei sorgfältiger Leistungsbeschreibung kann die Ausführung durch den Generalunternehmer auch unter gestalterischen Gesichtspunkten für den planenden Architekten zufriedenstellend erfolgen. Termintreue und frühzeitig überschaubare Kosten, wenn auch nicht immer niedriger, sind die häufig angeführten Argumente von Bauherren für die hier beschriebene Alternative der Generalunternehmerbeauftragung. Im Folgenden werden die Arbeitsweise und die Einbindung des Generalunternehmers in den Planungsprozess beschrieben, und danach werden übergeordnete Belange, Zielsetzungen von Bauherren und Selbstverständnis der Architekten sowie die Gesichtspunkte Qualitäten, Termine und Kosten diskutiert. Abschließend wird eine in der Praxis entwickelte Checkliste als Entscheidungshilfe zur Frage vorgestellt, ob für ein konkretes Bauvorhaben ein Generalunternehmer beauftragt werden soll. Die Gesamtgewerkevergabe wird hier als Alternative zur Fachlosvergabe behandelt. Die Arbeitsweise des Totalunternehmers, welcher ggf. den vollen Umfang der Planungsleistungen übernimmt, wurde bereits im Abschnitt „Schlüsselfertiges Bauen“ beschrieben. Arbeitsweise eines Generalunternehmers
Wie bereits in Abschnitt 3.3.8 ausgeführt wurde, hat der Generalunternehmer wesentliche Teile der beauftragten Bauleistungen selbst auszuführen. Dies sind in den meisten Fällen die Rohbauarbeiten, sie betragen wertmäßig etwa ein Drittel der beauftragten Gesamtleistung. Bei höherem technischen Ausstattungsgrad des Gebäudes nimmt dieser Anteil entsprechend ab. Der Generalunternehmer verkörpert in seiner Rechtsperson alle Zuständigkeiten und Verantwortlichkeiten für die ihm in Auftrag gegebenen Leistungen. Er ist der einzige Hauptunternehmer und trägt die volle Verantwortung für die von ihm eingesetzten Nachunternehmer hinsichtlich der Vertragsleistungen. Leistungsstörungen sind vom Generalunternehmer terminlich und kostenmäßig aufzufangen, sofern diese nicht durch Änderungswünsche des Bauherrn nach Beauftragung ausgelöst wurden oder sofern nicht Mängel der Leistungsbeschreibung offensichtlich vorliegen und diese die Leistungsstörungen verursachen.
13.4 Vergabe
351
Die Aufgaben des Bauherrn und des zuständigen Architektur- oder Ingenieurbüros sind, sofern es nicht zu Änderungen der Planung kommt, reduziert auf die Fortschrittskontrolle, die Abnahme und die Abrechnung nur eines, dafür aber vollumfänglichen Auftrags. Die Beauftragung eines Generalunternehmers kann auf der Grundlage unterschiedlicher Planungstiefen erfolgen. Es kommt als Voraussetzung für eine Beauftragung sowohl eine Leistungsbeschreibung mit Leistungsprogramm als auch eine Leistungsbeschreibung mit Leistungsverzeichnis in Frage. Als Mindestvoraussetzung ist eine vollständige und eindeutige Aufgabenstellung zu sehen, die in eine Leistungsbeschreibung mit Leistungsprogramm mündet. Auch nach Ausschreibung von Fachlosen ist die Generalunternehmerbeauftragung möglich, z. B. dann, wenn die erfolgreiche Beauftragung an mehrere Hauptauftragnehmer nicht gelingt oder wenn sich wesentliche Planungsbedingungen kurzfristig ändern. Für diejenigen Leistungen, die der Bieter nicht selbst erbringt, z. B. Ausbau- und Technikgewerke, muss dieser wiederum Angebote von Unternehmen einholen, die hierfür als Nachunternehmer in Frage kommen. Dies ist bei der Terminierung der Angebotszeit zu berücksichtigen. Je größer das Bauvorhaben ist und je höher der Anteil von Ausbau- und Technikgewerken ist, desto länger sollte die Angebotszeit bemessen werden. Eine kurze Angebotsbearbeitung seitens des Generalunternehmers ist nur dann möglich, wenn es sich um Bauten handelt, die er regelmäßig ausführt (z. B. bei Spezialisierung auf Tennishallen oder Werkstatthallen) und er sich bei deren Erstellung eines mehr oder weniger festen Stammes von Nachunternehmern bedient. Die Preisbildung kann hier seitens des Generalunternehmers aus den Daten der Nachkalkulation eigener Bauten gleicher Art verhältnismäßig schnell und mit geringerem Risiko für ihn erfolgen. Handelt es sich um größere oder solche Bauten, die der Generalunternehmer noch nicht ausgeführt hat, oder sind seine bisherigen Nachunternehmer ausgelastet, so benötigt er eine längere Zeit, um selbst Angebote einzuholen. Ist die Angebotszeit hierfür zu kurz bemessen oder liegen in der Angebotszeit Unterbrechungen durch Ferien oder Feiertage, so bleibt dem Generalunternehmer bei der Angebotskalkulation nichts weiter übrig, als die Nachunternehmerpreise zu schätzen. Die daraus entstehenden Risiken wird er durch Wagniszuschläge auszugleichen versuchen. Es ist deshalb zweckmäßig, bei der Ausschreibung den Bietern ausreichend Zeit für die Angebotsbearbeitung zu gewähren, um realistische und auf Nachunternehmerangeboten basierende Kalkulationen zu ermöglichen. Übergeordnete Belange und einzelne Zielsetzungen
Aus volkswirtschaftlicher Sicht wird die Generalunternehmervergabe als konzentrationsfördernd angesehen, weil kleinere Unternehmen als Nachunternehmer von Generalunternehmern schnell wirtschaftlich abhängig werden können. Allerdings haben bei Großprojekten kleinere Unternehmen als Nachunternehmer bessere Chancen, zum Zuge zu kommen, zumal auch bei Überschreiten der EU-Schwellenwerte eine EU-gemäße Ausschreibung der Nachunternehmerleistungen nicht erforderlich ist. Nach VOB/A § 5 Abs. 2 ist eine Vergabe an einen Generalunternehmer nur ausnahmsweise zulässig, wenn aus wirtschaftlichen oder technischen Gründen auf eine Aufteilung oder Trennung verzichtet wird.
352
13 Vergabewesen
Bei öffentlichen Auftraggebern ist die Mittelstandsförderung zu beachten, die am ehesten durch Fachlosvergabe gewährleistet ist. Dagegen beauftragen private, insbesondere gewerbliche Bauherren zunehmend gesamte Bauwerke an Generalunternehmer. Bei der Vergabe an einen Generalunternehmer wird wie bei allen Aufträgen grundsätzlich die Erstellung eines funktionsfähigen Bauwerkes nach Werkvertrag gemäß § 631 ff. BGB beauftragt. Allerdings wird der Auftragnehmer darauf verweisen, dass er nur kalkulieren kann, was in Form der Ausschreibungsunterlagen offen liegt. Er wird versuchen, Änderungen z. B. aufgrund von Behördenauflagen honoriert zu bekommen. Die Fachlosvergabe entspricht dem klassischen Berufsverständnis von Architekten und Ingenieuren. Hierbei besteht ein großer Einfluss der Freiberufler auf die Auswahl der ausführenden Firmen und die Ausführung selbst, wohingegen beim Generalunternehmer die einzelwirtschaftlichen Interessen im Vordergrund stehen. Architekten und Ingenieure arbeiten dann meist lohn- und weisungsabhängig im Auftrag des Generalunternehmers. Die Angebotsprüfung kann bei einer Leistungsbeschreibung mit Leistungsverzeichnis in der Regel anhand von Einheitspreisen erfolgen. Die Generalunternehmerangebote erfolgen jedoch in Form eines Gesamtpreises (Pauschalpreis). Zur vereinfachten Angebotsprüfung kann die Angabe von ausgewählten Einheitspreisen (z. B. €/t Bewehrung) oder Teilsummen der Leistungsbereiche (z. B. LB 017 Stahlbauarbeiten) vereinbart werden. Bei der Beurteilung von Angeboten im Vergleich mit der Kostenplanung ist zu berücksichtigen, dass bei der Fachlosvergabe die Trennung von Baukosten und Baunebenkosten einfach ist. Jedoch enthalten die Angebote eines Generalunternehmers die Kosten der Bauleistungen zuzüglich eines Generalunternehmerzuschlages (nach Kenntnis der Verfasser etwa 15 bis 20 % bei Beauftragung nach Vorplanung und etwa 6 bis 8 % bei Beauftragung nach Ausführungsplanung). Dieser Anteil der Baunebenkosten ist auch dann erheblich, wenn es darum geht, die anrechenbaren Kosten für das Honorar des Architekten zu ermitteln, z. B. bei Beauftragung eines Generalplaners nach der Leistungsphase 5. Ausführungsplanung. Wie ist in diesem Fall eine Kostenfeststellung aufzustellen, insbesondere wenn man berücksichtigt, dass nicht nur eine Pauschalierung erfolgt, sondern dass auch im Vertragsumfang ein Generalunternehmerzuschlag bzw. die häufig als Regiekosten bezeichneten Koordinationsleistungen des Generalunternehmers sowie Gewinn- und Wagniszuschlag enthalten sind? Die Architektenkammer Hessen merkt hierzu an: „Gewinn und Wagnis sind typische Gestehungskosten und gehören zu den anrechenbaren Kosten, während Bauleitung und Ausschreibungskosten typische Leistungen der HOAI sind und damit der Kostengruppe 7. Baunebenkosten unterliegen. Die Baunebenkosten gehören nicht zu den anrechenbaren Kosten. Es ist daher ratsam, immer dann, wenn der Architekt bei Vertragsschluss mit seinem Bauherrn zu der Erkenntnis kommt, dass ein Generalunternehmer eingeschaltet werden soll, die Frage der Regiekosten vorher zu regeln. Eine 50 %ige Teilung der Regiekosten dergestalt, dass 50 % den anrechenbaren Kosten zufließen und 50 % des Regieanteils außen vor bleiben, ist sicherlich in der Regel angemessen.“ (Architektenkammer Hessen 1993, S. 32)
13.4 Vergabe
353
Die Planungsleistungen des Generalunternehmers sowie die Risiken der Ausführungen sind in diesen Zuschlag (Gemeinkosten) einkalkuliert. Die Anteile der Baukosten und der Leistungen, die grundsätzlich zu den Baunebenkosten gehören, sind für den Auftraggeber nicht erkennbar. Die Einflussmöglichkeiten auf die Gestaltungsqualität sind bei herkömmlicher Ausführungsplanung und Leistungsbeschreibung mit Leistungsverzeichnis sehr groß. Allerdings sind auch bei der Generalunternehmervergabe Vorgaben durch Leitdetails und Produktoder Materialangaben möglich. Planungsänderungen nach Beauftragung sind in beiden Fällen möglich, bei der losweisen Vergabe erfolgt die entsprechende Nachtragsprüfung auf der Grundlage der Einheitspreise aus den vorangegangenen Aufträgen. Bei Pauschalverträgen ist eine Nachtragsprüfung sehr erschwert, da hier diese Voraussetzungen fehlen. Bauleistungen unterliegen grundsätzlich einem Preiswettbewerb. Die Qualität der Bauleistungen ist durch die Leistungsbeschreibung festgelegt. Die Planungsleistungen, die von Architektur- und Ingenieurbüros erbracht werden, unterliegen keinem Preis-, sondern einem Leistungswettbewerb. Im Gegensatz dazu unterliegt der vom Generalunternehmer zu erbringende Teil der Planungsleistungen wie auch seine übrigen Leistungen einem Preiswettbewerb, sofern die Zahl der Bieter ausreichend ist. Checkliste zur Gesamtgewerkevergabe
Zur kritischen Prüfung, ob ein Bauvorhaben nach Fachlosen oder als Gesamtgewerkevergabe an einen Generalunternehmer vergeben werden soll, und insbesondere zur Versachlichung dieser Diskussion wurde die Checkliste entworfen, die im Folgenden abgedruckt ist. Hierbei werden auch diejenigen Gesichtspunkte angesprochen, die vom öffentlichen Bauherrn zu beachten sind. Qualitäten
Bauten sind für die Vergabe an einen Generalunternehmer in Verbindung mit einer Pauschalierung dann besonders geeignet, wenn mit gar keinen oder nur wenigen Sonderwünschen der späteren Nutzer zu rechnen ist (z. B. Lagerbauten, Parkhäuser, Tennishallen und auch große Wohnanlagen). Aber auch bei Spezialimmobilien, wie z. B. Kraftwerken, hat sich die Vergabe an einen Generalunternehmer bewährt. Leistungen eignen sich je nach Leistungsbereich/Gewerk ebenfalls in unterschiedlichem Maße für eine Vergabe an einen Generalunternehmer. Betonarbeiten, Stahlbauarbeiten, spezielle Ausbauarbeiten, Fördertechnik sind meistens geeignet. Sind alle oder der überwiegende Teil der Leistungen für das vorliegende Projekt für eine Vergabe an einen Generalunternehmer geeignet? Eventuell ist ein Teil der Leistungen herauszulösen. Kann die erforderliche Qualität und Vollständigkeit der Ausschreibungsunterlagen (Zeichnungen, Beschreibungen) erreicht werden, um alle Leistungen eindeutig und unmissverständlich zu beschreiben? Kann bei der Vergabe an einen Generalunternehmer die gewünschte Qualität der Ausführung sichergestellt werden? Für öffentliche Bauleistungen ist die Vergabe nach Fachlosen vorgesehen. Inwieweit sind beim vorliegenden Projekt, wenn es sich um ein öffentliches Bauvorhaben handelt, technische und wirtschaftliche Vorteile zu erwarten, um eine Generalunternehmervergabe demgegenüber zu rechtfertigen?
354
13 Vergabewesen
Viele Generalunternehmer verfügen über spezielle Fachkenntnisse. Inwieweit lässt die Vergabe an einen Generalunternehmer beim vorliegenden Projekt ein entsprechendes Maß an technischen und organisatorischen Verbesserungen (Tragwerksoptimierung, Vorfertigung, Patente) sowohl gegenüber der Architekten- und Ingenieurplanung als auch im Vergleich zur Ausführung bei Vergabe nach Fachlosen erwarten? Kann man davon ausgehen, dass nach der Vergabe keine Änderungswünsche mehr vom Bauherrn oder Betreiber kommen? Andernfalls sollte man von der Vergabe an einen Generalunternehmer Abstand nehmen. Termine
In der Phase der Angebotsbearbeitung durch die Bieter wird wegen der Einholung von Nachunternehmerangeboten eine deutlich längere Zeit – besonders bei EU-offenem Ausschreibungsverfahren – als bei der Ausschreibung nach Fachlosen benötigt. Eine Frist von 100 Kalendertagen erscheint – im Gegensatz zu den 52 Kalendertagen bei der Ausschreibung nach Fachlosen – angemessen. Steht diese Zeit zur Verfügung? Inwieweit unterscheidet sich voraussichtlich die Gesamtbauzeit beim Generalunternehmer von der bei Fachlosevergabe? Ist bei der Ausführung durch einen Generalunternehmer hier eine eindeutig kürzere Bauzeit zu erwarten? Inwieweit können bei der Ausführung durch einen Generalunternehmer die Risiken des gestörten Bauablaufes gemindert werden? Kosten
Wie ist das Risiko der Kostenabweichung bei dem Projekt einzuschätzen? Kann man auf die Möglichkeit der Kostensteuerung bei den meist nacheinander folgenden Vergaben nach Fachlosen mit Änderungsmöglichkeiten der jeweils nachfolgenden Leistungsverzeichnisse verzichten? Inwieweit besteht die Möglichkeit, bei der Vergabe an einen Generalunternehmer gegenüber den Bietern bei der Preisgestaltung mitzuwirken (Alternativpositionen, Art der Vergabe)? Inwieweit mindert oder erhöht sich der Angebotspreis eines Generalunternehmers durch Nachunternehmerleistungen (Stellung des Generalunternehmers im Markt, Gemeinkostenzuschläge des Generalunternehmers)? In dem Angebotspreis des Generalunternehmers sind Baunebenkosten und auch Kosten für den eigentlich vom Bauherrn zu leistende Koordinationsaufwand enthalten. Daher muss der Generalunternehmer bei sonst gleichen Voraussetzungen einen höheren Preis verlangen, als der Bieter bei einer Fachlosvergabe. Stehen dem ein entsprechend verminderter Koordinationsaufwand des Bauherrn und eine Minderung des Architektenhonorars gegenüber?
13.4.4
Pauschalierung von Leistungen
Eine Pauschale ist eine geschätzte und abgerundete Summe. Sowohl in der Planung, Ausschreibung und Beauftragung als auch in der Abrechnung von Bauleistungen kann mit Pauschalen gearbeitet werden.
13.4 Vergabe
355
Ob im konkreten Fall eine Pauschalierung erfolgen soll, hängt von verschiedenen Gesichtspunkten ab. Stets sind Art und Umfang der Leistungen, Qualität und Zeit für die Planung sowie die Wahrscheinlichkeit, die gestalterisch, technisch und wirtschaftlich vorteilhafteste Leistung zu erhalten, von Fall zu Fall zu bewerten. Anwendungsbereiche der Pauschalierung
Für die Praxis von besonderer Bedeutung sind pauschalierte Beauftragungen. Man spricht hier von einer Beauftragung mit Pauschalpreis oder Pauschalsumme bzw. von einem Pauschalvertrag. „Im Gegensatz zum Einheitspreis ist beim Pauschalpreis die Vergütung von der erbrachten Menge unabhängig und bedarf daher keines Nachweises durch den Auftragnehmer. Pauschalsummen können nach § 2 Abs. 7 VOB/B sowohl für eine Gesamtleistung als auch für einzelne Positionen (Ordnungszahlen) eines Einheitspreisvertrages, wie z. B. für das Einrichten und/oder das Räumen der Baustelle, vereinbart werden. Im ersten Fall liegt ein Pauschalvertrag, im zweiten ein so genannter Mischvertrag vor.“ (Brüssel, W. 2002, S. 272) In der Kostenplanung und Ausschreibung werden dann Pauschalen angegeben, wenn -
noch keine genaue Kenntnis der Inhalte, z. B. der Standards, besteht,
-
eine genaue Gliederung der enthaltenen Leistungen, z. B. Mengenermittlung, Gewerkezuordnung, nicht erforderlich oder gewünscht ist oder aus Termingründen nicht möglich ist,
-
eine genaue Spezifikation der Leistungen eine Einschränkung bei der Auswahl der technisch oder wirtschaftlich vorteilhaftesten Lösung zur Folge haben könnte (im Gegensatz zu möglichen Vorteilen bei der Leistungsbeschreibung mit Leistungsprogramm). Wichtigste Anwendungsbereiche im Bauwesen sind unter anderem Tragsysteme, maschinentechnische Anlagen, betriebliche Einbauten.
Bei der Beauftragung und Abrechnung von Leistungen kommen Pauschalierungen ferner in Frage, wenn -
die Kalkulationszeit der Bieter sehr kurz bemessen ist und deswegen zu wenig Zeit bleibt, um Nachunternehmerangebote einzuholen, die genauen Mengen zu ermitteln oder zu prüfen
-
der Aufwand für Aufmaß und Abrechnungen verringert werden soll, indem auf die detaillierte Erfassung aller Mengen verzichtet wird.
Grundsätzlich kann ein Pauschalvertrag immer geschlossen werden, unabhängig davon, ob eine Leistungsbeschreibung mit Leistungsverzeichnis oder eine Leistungsbeschreibung mit Leistungsprogramm vorangegangen ist. Und auch unabhängig davon, ob ein Angebot mit Einheitspreisen oder mit einer Pauschalsumme angeboten wurde. Die Gewährung eines Nachlasses auf die Gesamtleistung seitens des Auftragnehmers ist häufig mit einer Pauschalierung verbunden und erfolgt dann im Gegenzug unter Verzicht auf ein Aufmaß und die Abrechnung nach Positionen. Ein solcher Nachlass beträgt bei den meisten Gewerken 1 bis 2 % der Auftragssumme. Dem verminderten Aufwand, der sich aus den oben beschriebenen Vereinfachungen ergibt, steht die erschwerte Prüfung der Pauschale bei der Angebotsbewertung gegenüber.
356
13 Vergabewesen
Auch für den Auftragnehmer bestehen Risiken aufgrund der vergleichsweise geringeren Kenntnis der auszuführenden Leistungen bei fehlenden Mengenangaben. Entsprechend werden seitens der Bieter – wenn Mengenunsicherheit besteht – bei der Angebotskalkulation Sicherheitszuschläge berücksichtigt, die allerdings nicht so hoch ausfallen dürfen, dass die eigenen Chancen im Wettbewerb beeinträchtigt werden. Gesondert sind solche Pauschalangebote zu sehen, bei denen nicht kalkulierbare Risiken auf den Auftragnehmer übertragen werden sollen, wie z. B. bei Winterbaumaßnahmen oder Wasserhaltungsarbeiten. Hierbei ist zu erwarten, dass der Auftragnehmer eine Pauschalsumme anbietet, bei deren Kalkulation er den Aufwand nach oben korrigiert hat. Allgemein ist die Pauschalierung von geringen oder geringwertigen Leistungsumfängen unkritisch, z. B. bei einer kleinen Umbaumaßnahme. Bei großen und hochwertigen Leistungsumfängen, z. B. einem vollständigen Bauwerk, sind die Prüfmöglichkeit und Transparenz der Leistungen für den Auftraggeber in der Regel unzureichend und die Beauftragung mit Risiken verbunden. Dies gilt insbesondere dann, wenn während der Ausführung die Planung geändert wird und damit von der Pauschalvergütung für die Gesamtleistung abgewichen wird. Von Bedeutung sind weiterhin Zeit und Sachkenntnis des Bauherrn bzw. seines beauftragten Architekten oder Ingenieurs. Fachkundigen Bauherren und erfahrenen Planern fällt die Beurteilung von Pauschalsummen leichter. Ihnen ist ferner bekannt, welche Kostenrisiken bei der nachträglichen Änderung berücksichtigt werden müssen und wie gegebenenfalls Preisprüfungen bei Nachtragsangeboten vorzunehmen sind. Prüfung von Pauschalangeboten
Die Prüfung von Pauschalangeboten erfolgt durch Vergleich der Angebotssummen mit dem entsprechenden Wert der Kostenplanung – unabhängig von deren Detaillierung – und gegebenenfalls ergänzend auf der Grundlage einer vom Bieter vorgelegten Gliederung des Angebotes nach Leistungsbereichen (Gewerken) mit jeweiligen Teilbeträgen bzw. den vom Bieter angegebenen wichtigsten Einheitspreisen. Diese sind im Leistungsverzeichnis ausdrücklich vom Bieter zu fordern. Dabei sind diejenigen Einheitspreise interessant, die für die Bildung der Pauschalsumme von Bedeutung sind. Meist ist es ausreichend, wenn auf der Grundlage grob überschlägig ermittelter Mengen, soweit nicht ein Leistungsverzeichnis mit Leistungsbeschreibung vorliegt, und unter Berücksichtigung der ausgewählten Einheitspreise der überwiegende Teil (ca. 70 bis 80 %) des gesamten Angebotes erfasst wird. Es ist klar, dass die Prüfung von Angeboten umso leichter ist, je mehr Angebote abgegeben wurden. Bei mindestens drei Angeboten kann unterstellt werden, dass hieraus der zurzeit marktübliche Preis für die ausgeschriebene Leistung zumindest annähernd zu erkennen ist. Dem Auftraggeber ist bei einer beabsichtigten Pauschalierung generell anzuraten, stets eine alle Leistungen umfassende Leistungsbeschreibung – in der Regel ein Leistungsverzeichnis – für die wichtigsten, wenn nicht für alle Teile des Vertrages erstellen zu lassen.
13.4 Vergabe
357
Vergütung von Pauschalleistungen und Zahlungsplan
Für die Vergütung der Pauschalleistung gilt nach VOB/B: § 2 Vergütung „(7) 1. Ist als Vergütung der Leistung eine Pauschalsumme vereinbart, so bleibt die Vergütung unverändert. Weicht jedoch die ausgeführte Leistung von der vertraglich vorgesehenen Leistung so erheblich ab, dass ein Festhalten an der Pauschalsumme nicht zumutbar ist (§ 313 BGB), so ist auf Verlangen ein Ausgleich unter Berücksichtigung der Mehr- oder Minderkosten zu gewähren. Für die Bemessung des Ausgleichs ist von den Grundlagen der Preisermittlung auszugehen. […] 3. Wenn nichts anderes vereinbart ist, gelten die Nummern 1 und 2 auch für Pauschalsummen, die für Teile der Leistung vereinbart sind; Absatz 3 Nummer 4 bleibt unberührt.“ (VOB/B § 2 Abs. 7 Nr. 1 und 3) Der angesprochene Ausgleich erfolgt über Nachbeauftragungen. Derartige Vereinbarungen setzen eine differenzierte Prüfung nach Art und Umfang sowie dem Grund der Änderungen voraus. Grundsätzlich gilt für die Abschlagszahlungen der erbrachten Bauleistungen, dass der Auftragnehmer zu den vereinbarten Zeitpunkten Anspruch auf Zahlungen „in Höhe des Wertes der jeweils nachgewiesenen vertragsgemäßen Leistungen“ hat. (VOB/B § 16 Abs. 1 Nr. 1) Die dabei über Mengenberechnungen nachzuweisende Leistung ist bei der Pauschalierung des Auftrags – insbesondere auf der Grundlage einer Leistungsbeschreibung mit Leistungsprogramm – nicht unmittelbar oder nur nach zusätzlichem Aufwand seitens des Auftragnehmers möglich. Wenn also diese Form des Nachweises entsprechend § 14 VOB/B nicht erfolgen soll, so kann ein überschlägiger Nachweis der erbrachten Leistungen ausreichen, damit der Auftragnehmer auch bei Pauschalverträgen Abschlagszahlungen erhalten kann. „Der Erstellung einer prüffähigen Abschlagsrechnung in obigem Sinne bedarf es nicht, wenn die Vertragspartner einen Zahlungsplan vereinbart haben, der bestimmte Zahlungen bei Erreichen festgelegter Bauzustände regelt.“ (Frikell, E. 1991) Für Abrechnung und Zahlungen bei Pauschalverträgen ist deswegen in der Praxis ein Zahlungsplan üblich. Dieser wird unter Beachtung der geplanten Ausführungsdauer sowie des zu erwartenden Baufortschrittes in Form von prozentual anteiligen Abschlagsrechnungen und Abschlagszahlungen vereinbart. Im Abschnitt 16.3.6 ist ein Beispiel für einen Zahlungsplan wiedergegeben, der bei einem Pauschalvertrag für die Erstellung einer Industriehalle vereinbart wurde. Die hierfür erforderliche Rahmenterminplanung, die Festlegung der einzelnen Bauzustände sowie die Höhe der einzelnen Abschlagszahlungen wurden notwendigerweise Bestandteil des Bauvertrages. Änderungen bei Pauschalvereinbarung
Werden Art und Umfang der beauftragten Leistung ab der Vergabe nicht mehr geändert, so stellt die Pauschalierung hinsichtlich der weiteren Abwicklung für beide Vertragsparteien eine Vereinfachung dar. Dies gilt insbesondere für die Abrechnung.
358
13 Vergabewesen
In der Praxis muss jedoch damit gerechnet werden, dass aus unterschiedlichen Gründen die Leistung geändert wird. Die daraus entstehenden Ansprüche der Vertragsparteien auf eine Änderung der Vergütung sind in der Vereinbarung vergleichsweise schwieriger als bei einem Einheitspreisvertrag. Die häufigsten Änderungen sind: -
Entzug eines Auftragsteils
-
Änderung des Bauentwurfes
-
zusätzliche Leistungen
-
Mengenmehrungen.
Zum Entzug eines Auftragsteils kann es dadurch kommen, dass z. B. der Auftraggeber sich nach dem Vertragsschluss dazu entschließt, Bau-, Hilfs- oder Betriebsstoffe selbst zu liefern oder gar Teile der Leistung selbst auszuführen. Hierbei erfolgt eine Teilkündigung des Vertrages nach VOB/B § 2 Abs. 4, und es besteht somit ein Anspruch des Auftragnehmers auf den so genannten entgangenen Gewinn, d. h. er hat Anspruch auf die vereinbarte Vergütung, muss sich aber anrechnen lassen, was er infolge der Teilkündigung „an Aufwendungen erspart oder durch anderweitige Verwendung seiner Arbeitskraft erwirbt oder zu erwerben böswillig unterlässt“ (§ 649 BGB). Änderungen des Bauentwurfes nach Beauftragung der hierzu gehörenden Leistungen, gehören aus unterschiedlichsten Gründen zum Alltag der Bauausführung. Zwar hat der Auftraggeber gemäß VOB/B § 2 Abs. 5 das Recht, Änderungen zu verlangen. Wenn sich dabei allerdings die Grundlagen der Preiskalkulation für die Pauschalsumme ändern, hat der Auftragnehmer gleichzeitig ein Recht auf die Änderung der Pauschalsumme. Änderungen der Leistung können sich schon aus folgendem Grund ergeben: „Nach Abschluss eines Pauschalvertrages werden dem Auftragnehmer Detailpläne ausgehändigt, die inhaltlich nicht mit dem der Preiskalkulation zugrunde liegenden Leistungsverzeichnis übereinstimmen. Der Auftragnehmer verlangt nun für diese Abweichungen eine gesonderte Vergütung, weil sie teurer seien als für die Ausführung nach dem Leistungsverzeichnis.“ (Pauschalverträge – Ungereimtheiten 12/89) Nach einschlägiger Rechtsprechung bezieht sich der Pauschalpreis nur auf diejenigen Leistungen, die bei Vertragsabschluss erkennbar waren. „Deshalb müssen Mehrkosten aus Detailplänen, die erst nach Vertragsabschluss vorgelegt werden, auch gesondert vergütet werden. Die Vergütung richtet sich bei Vereinbarung der VOB nach § 2.“ (Anmerkung der Verfasser: § 2 Abs. 5 und 6 VOB/B) Für die Mehr- oder Minderleistungen sind Nachtragsvereinbarungen zu treffen. Die Angebotsprüfung entsprechender Nachtragsangebote ist in der Regel deswegen sehr erschwert, weil der Pauschalvertrag grundsätzlich weder Mengen noch Einheitspreise enthält. Wurde aber eine Pauschalsumme auf der Grundlage einer Leistungsbeschreibung mit Leistungsverzeichnis vereinbart, so werden die im Angebot enthaltenen Einheitspreise in der Regel von den Vertragsparteien als Grundlage für die Nachtragsvereinbarungen akzeptiert.
13.4 Vergabe
359
„Erbringt der Auftragnehmer zusätzliche Leistungen, die der Auftraggeber nachträglich anerkennt, muss dieser sie selbstverständlich vergüten. Dies gilt auch für die Fälle, in denen die Leistungen für die Ausführung notwendig sind, dem mutmaßlichen Willen des Auftraggebers entsprechen und ihm unverzüglich angezeigt werden. Die Vorschrift ist der Geschäftsführung ohne Auftrag nachgebildet.“ (Der Vergütungsanspruch 12/92, S. 2009) Beim Pauschalvertrag trägt der Auftragnehmer das so genannte Mengenrisiko. Er kann also grundsätzlich keine Mehrvergütung verlangen, wenn die dem Pauschalvertrag zugrunde liegenden geschätzten oder gerechneten Mengen sich im Nachhinein als zu gering herausstellen. „Weicht jedoch die ausgeführte Leistung von der vertraglich vorgesehenen Leistung so erheblich ab, dass ein Festhalten an der Pauschalsumme nicht zumutbar ist (§ 313 BGB), so ist auf Verlangen ein Ausgleich unter Berücksichtigung der Mehr- oder Minderkosten zu gewähren. Für die Bemessung des Ausgleichs ist von den Grundlagen der Preisermittlung auszugehen.“ (VOB/B § 2 Abs. 7 Nr. 1) Honorarermittlung bei Pauschalsummen
Die Pauschalierung von Leistungen kann ganze Gebäude oder zumindest wesentliche Teile davon umfassen. In Bezug auf die Unterscheidung von Kostenbestandteilen unterbleibt bei der Vereinbarung eines Pauschalbetrages in der Regel die Differenzierung nach Kostengruppen (DIN 276-1), die für eine Ermittlung der anrechenbaren Kosten nach der Honorarordnung für Architekten und Ingenieure (HOAI), § 10 Grundlagen des Honorars vorausgesetzt wird. Dies trifft insbesondere – aber nicht nur – für die Erstellung einer Kostenfeststellung oder eines Kostenanschlags zur Honorarabrechnung z. B. der Leistungsphase 5. Ausführungsplanung zu. So werden nach § 4 HOAI:2009-08 Unterscheidungen dahingehend, ob Baukosten voll, teilweise oder nicht anrechenbar sind, neben den einzelvertraglichen Vereinbarungen auf der Grundlage von Kosten getroffen, die meist in zweistelliger, teilweise in dreistelliger Tiefe gegliedert sind. Wie kann also nach der Beauftragung einer Pauschale eine Honorarermittlung erfolgen? Hinweise hierzu sind in der Honorarordnung nicht enthalten. In der Praxis werden drei Wege beschritten: -
Pauschalierung auch des Honorars für Planung und/oder Überwachung als Festbetrag
-
Vereinbarung eines Prozentsatzes bezogen auf den Auftragswert der Bauleistungen oder
-
nachträgliche Aufgliederung der Pauschalsumme nach Kostengruppen in der notwendigen Gliederungstiefe.
In allen Fällen sollte von vornherein zwischen Bauherrn und Architekten oder Ingenieur die Vorgehensweise der Honorarermittlung im Vorfeld der pauschalierten Baubeauftragung abgestimmt werden. Schließlich können im Zuge der Beauftragung und Ausführung sowohl Änderungen der Baukosten wie auch Änderungen in Leistungsbild und Umfang auf Seiten des Honorarempfängers entstehen und im ungünstigen Fall zu langwierigen Auseinandersetzungen führen.
360
13 Vergabewesen
Die Festlegung einer Pauschalsumme ist sicher für den Honorarempfänger das größte Risiko, da zur Zeit der Pauschalvereinbarung bei den Bauleistungen Änderungen des Bauauftrags in der Regel ausgeschlossen werden. Tatsächlich fallen in den meisten Fällen aber auch hier Änderungen an, die die zeit- und arbeitsaufwendige Prüfung und Abrechnung von Nachtragsvereinbarungen zu eben diesen Änderungen auslösen. Eher geeignet ist sicher die gemeinsame Festlegung eines Prozentsatzes, so dass zumindest einem Teil des Mehraufwandes auf Seiten des Planers bei Kosten erhöhenden Nachträgen durch damit steigende anrechenbare Kosten entsprochen wird, wenngleich der zusätzliche Aufwand aus der Prüfung von Nachträgen hierbei nicht vollständig ausgeglichen werden kann. Eine Vergütung nach Zeitaufwand erscheint eher geeignet, eine leistungsgerechte Honorierung sicherzustellen. Bei der Aufgliederung des Pauschalvertrages nach Kostengruppen handelt es sich in der Regel um eine Nachkalkulation auf der Grundlage einer vorangegangenen Kostenberechnung oder Kostenschätzung, wobei unsicher bleibt, ob die darin enthaltenen Anteile und Gewichtungen den tatsächlich angefallenen Kosten auch wirklich entsprechen. Wesentliche Unsicherheitsfaktoren sind hierbei zu sehen im Anteil der Kosten für Technische Anlagen (Installationen und zentrale Betriebstechnik), für die betrieblichen Einbauten sowie solche Unternehmerleistungen, die grundsätzlich den im Pauschalvertrag enthaltenen Planungs- und Koordinationsleistungen entsprechen und auf Seiten des Planers nicht mehr erforderlich werden. Diese Leistungen gehen in die Angebotskalkulation und folglich entsprechend in den Auftragswert als Gemeinkosten des Auftragnehmers ein, sind aber in Art und Höhe in der Regel nicht zu erkennen. Besonders dann, wenn für mehrere Planer, z.B. Objektplaner, Tragwerksplaner, Fachingenieurleistungen für Gebäudetechnik u. v. m., die Honorarabrechnungen zu erstellen und zu prüfen sind, erscheint die Aufgliederung des Pauschalpreises nach Kostengruppen unumgänglich. Es ist deshalb auch zweckmäßig, von den Bietern diesbezügliche Hinweise bei der Angebotsabgabe zu fordern.
13.5
Bauverträge und Vergütung
Der Bauvertrag regelt die Rechtsbeziehung zwischen dem Bauherrn als Auftraggeber und der ausführenden Firma als Auftragnehmer. „Im Bauvertrag sollen der Klarheit wegen mindestens folgende wesentliche Punkte schriftlich geregelt werden: 1. die Leistungen des Auftragnehmers nach Art und Umfang, 2. […] Vergütung (Zahlungstermine, Abschlagszahlungen, Schlusszahlung, Sicherheitseinbehalt), 3. die Abnahme (schriftliches Abnahmeprotokoll, evtl. Vorbehalt der Vertragsstrafe), 4. Art und Umfang der Gewährleistung des Unternehmers und Zeitraum der Gewährleistung, (Anmerkung der Verfasser: Verjährungsfristen für Mängelbeseitigung) 5. die Bestimmung nach welchen Regeln der Bauvertrag sich richtet, ob nach BGB oder nach VOB/B.“ (Großhauser, M. 1993, S. 28)
13.5 Bauverträge und Vergütung
361
Die oben genannten Punkte sind bereits in der Leistungsbeschreibung und den Vertragsbedingungen so deutlich darzustellen, dass der Bieter eine klare und eindeutige Grundlage für seine Angebotskalkulation hat. Mit der Auftragserteilung, die im Zweifelsfall immer schriftlich zu erfolgen hat, soll dem Auftragnehmer möglichst auch ein vollständiges Auftragsleistungsverzeichnis übergeben werden, das zum Vertragsgegenstand wird. Dies ist deswegen erforderlich, weil es zwischen Ausschreibung, Angebotskalkulation und den beauftragten Leistungen zu Abweichungen oder Spezifizierungen kommen kann. Hierzu können -
Beauftragung von Alternativpositionen
-
Beauftragung von Eventualpositionen
-
Beauftragung von Sondervorschlägen des Bieters
-
Vereinbarungen zur Abrechnung, z. B. Pauschalierung statt Abrechnung nach Leistungspositionen
-
Nachlässe
-
Änderungen der Ausführungszeit
und andere relevante Bedingungen zählen, die zwischen den Vertragspartnern im Rahmen des Bietergespräches vereinbart wurden. Die Vergütung des Auftragnehmers kann ergebnisorientiert oder aufwandsorientiert erfolgen. Nach VOB/A § 5 Nr. 1 sind Bauleistungen „so zu vergeben, dass die Vergütung nach Leistung bemessen wird (Leistungsvertrag)“, also ergebnisorientiert. In bestimmten Ausnahmefällen kann aber auch ein Stundenlohnvertrag oder ein Selbstkostenerstattungsvertrag zur Anwendung kommen. Ein Nachlass kann durch den Auftragnehmer z. B. dann gewährt werden, wenn dieser mit der Ausführung von zwei Losen beauftragt wird, welche er getrennt angeboten und kalkuliert hat, dann aber diese mit geringerem Aufwand bei der Baustelleneinrichtung in einem Zuge ausführen kann und diesen Kostenvorteil an den Bauherrn weiterzugeben bereit ist.
13.5.1
Leistungsvertrag
Bei einem Leistungsvertrag orientiert sich die Vergütung am Ergebnis, am vom Unternehmer zugesagten und bewirkten Erfolg. Dabei kann die Vergütung nach den ausgeführten Leistungsmengen und den vereinbarten Einheitspreisen bemessen werden. In diesem Fall handelt es sich um einen Einheitspreisvertrag. Verständigen sich Auftraggeber und Auftragnehmer auf eine Pauschalsumme, so spricht man vom Pauschalvertrag. Eine Sonderform des Pauschalvertrages ist der Garantierte-Maximalpreis-Vertrag.
362
13 Vergabewesen
Einheitspreisvertrag
Der Einheitspreisvertrag setzt eine Leistungsbeschreibung mit Leistungsverzeichnis voraus. „Im Leistungsverzeichnis ist die Leistung derart aufzugliedern, dass unter einer Ordnungszahl (Position) nur solche Leistungen aufgenommen werden, die nach ihrer technischen Beschaffenheit und für die Preisbildung als in sich gleichartig anzusehen sind.“ (VOB/A § 7 Abs. 12) Für die Einheit dieser Teilleistungen wird ein Preis vertraglich vereinbart, der so genannte Einheitspreis. Die Menge dieser technisch und wirtschaftlich einheitlichen Teilleistungen ist vom Auftraggeber in den Vertragsunterlagen nach Maß, Gewicht oder Stückzahl anzugeben (VOB/A § 4 Abs.1 Nr.1). Die dort angegebene Menge ist die Kalkulationsgrundlage des Unternehmers für den Einheitspreis (Einheitspreisvertrag). „Weicht die ausgeführte Menge der unter einem Einheitspreis erfassten Leistung oder Teilleistung um nicht mehr als 10 v. H. von dem im Vertrag vorgesehenen Umfang ab, so gilt der vertragliche Einheitspreis.“ (VOB/B § 2 Abs. 3 Nr. 1) In diesem Fall ergibt sich der Vergütungsbetrag durch Multiplikation der tatsächlich ausgeführten Menge mit dem vertraglichen Einheitspreis. Bei einer über 10 v. H. hinausgehenden Abweichung von dem – der Beauftragung zugrunde liegenden – Mengenansatz ist auf Verlangen ein neuer Preis zu vereinbaren, soweit die Differenz nicht in anderer Weise ausgeglichen wird. (vgl. Abschnitt 13.7.1 Nachtragsarten bzw. VOB/B § 2 Abs. 3 Nr. 2 und 3) Der große Vorteil dieser Vertragsart besteht in seiner flexiblen Anpassung der Vergütung an sich ergebende Mengenänderungen – seien sie durch Entwurfsänderungen oder ungenaue Mengenermittlungen im Leistungsverzeichnis bedingt. Entscheidend ist, dass beim Einheitspreisvertrag die Einheitspreise und nicht die Angebotssumme Vertragsgegenstand werden. Aus diesem Grunde ist die rechnerische Prüfung der Angebote beim Einheitspreisvertrag besonders wichtig, denn ihre wirtschaftliche Bewertung erfolgt im Wesentlichen anhand der Angebotssumme, die aber nicht Vertragsgegenstand wird. Ein nicht erkannter Additionsfehler, der zu einer geringeren Angebotssumme führt, lässt das Angebot günstiger erscheinen, als es im Endeffekt ist. Pauschalvertrag
„Wenn die Leistung nach Ausführungsart und Umfang genau bestimmt ist und mit einer Änderung bei der Ausführung nicht zu rechnen ist“ (VOB/A § 4 Abs. 1 Nr. 2), kann vom Regelfall des Einheitspreisvertrages abgewichen und ein Pauschalvertrag abgeschlossen werden. Bei dieser Vertragsart wird die Angebotssumme pauschaliert und im Leistungsvertrag zum Vertragsgegenstand. Wie in Abschnitt 13.4.4 schon ausgeführt wurde, trägt der Auftragnehmer beim Pauschalvertrag das Mengenrisiko, sofern der Auftraggeber keine Änderungen verlangt. Ordnet der Auftraggeber dagegen Änderungen an, die zu Mengenmehrungen führen, so hat der Auftragnehmer Anspruch auf eine höhere Vergütung. Für die Bemessung der Vergütungserhöhung ist es sehr hilfreich, wenn die Pauschalierung der Angebotssumme auf der Grundlage einer Ausschreibung über Einheitspreis erfolgt ist (Detailpauschalvertrag).
13.5 Bauverträge und Vergütung
363
Schwieriger ist dagegen die Bemessung einer änderungsbedingten Vergütungserhöhung bei einer funktionalen Leistungsbeschreibung, bei der mangels Leistungsverzeichnis keine Einheitspreise, sondern nur ein Pauschalpreis angeboten und vereinbart wird (Globalpauschalvertrag). Dann ist auf Verlangen des Auftragnehmers ein Ausgleich unter Berücksichtigung der Mehr- oder Minderkosten zu gewähren. Dieser Ausgleich ist auf der Grundlage der Preisermittlung zu bemessen. Diese Vorgehensweise gilt in umgekehrtem Sinne bei änderungsbedingten Mengenminderungen. Garantierter-Maximalpreis-Vertrag
Das in dem letzten Jahrzehnt in Deutschland deutlich zurückgegangene Bauvolumen hat den Wettbewerb in der Bauwirtschaft erheblich verschärft. Dies hat „in der Praxis dazu geführt, dass Bauunternehmen gezielt Spezialisten mit dem Ziel einsetzen, sowohl in den Ausschreibungsunterlagen als auch im Verhalten des Auftraggebers Schwachstellen und Defizite zu suchen, um mit zusätzlichen, formal berechtigten Forderungen ihre unter starkem Wettbewerbsdruck erzielten, oft nicht auskömmlichen Preise zu verbessern.“ (Schach, R. (Hrsg.) 2004, Vorwort) Die daraus resultierende Konfrontation zwischen Auftraggeber und Auftragnehmer ist für die gemeinsame Erreichung der Projektziele hinderlich. Deswegen ist in den letzten Jahren nach partnerschaftlichen Vertragsmodellen gesucht worden. Ein solches Modell ist der Garantierte-Maximalpreis-Vertrag (GMP-Vertrag). Er stellt eine partnerschaftliche Alternative zur GU-Vergabe dar. Die beiden Vertragsparteien vereinbaren eine Preisobergrenze (Garantierter Maximalpreis) und zugleich eine Bonus-Regelung, wenn sich bei der Durchführung des Bauvorhabens Einsparpotenziale ergeben und das Bauwerk kostengünstiger als ursprünglich geplant realisiert werden kann. Dieses Einsparpotenzial steckt vor allem in den Nachunternehmerleistungen, wenn diese günstiger vergebenen werden können, als der GMP-Auftragnehmer ursprünglich veranschlagt hat. Die Einsparungen teilen sich Auftraggeber und Auftragnehmer nach einem vertraglich festgelegten Verteilungsschlüssel (siehe Abb. 13.13). Beide Vertragspartner sind an Einsparungen interessiert (Win-win-Situation). Infolge der garantierten Preisobergrenze gehen Mehrkosten bei der Vergabe der Nachunternehmerleistungen zu Lasten des Auftragnehmers. Zum partnerschaftlichen Miteinander gehört die Information des Auftraggebers durch den Auftragnehmer über die angefallenen Kosten und Verhandlungsergebnisse mit den Nachunternehmern (gläserne Taschen), wenn der Auftraggeber nicht selbst an den Vergabeverhandlungen teilnimmt. Neben diesem einstufigen Vertragsmodell gibt es noch ein zweistufiges Modell, bei dem der GMP-Partner bereits in der Entwurfsphase eingeschaltet wird, um durch sein Know-how zur Optimierung des Projektes beizutragen. Dadurch ergibt sich eine frühzeitige partnerschaftliche Zusammenarbeit von Auftraggeber und Auftragnehmer. Der Garantierte Maximalpreis kann noch nicht im frühen Planungsstadium festgelegt werden, sondern erst wenn das Projekt eine gewisse Planungsreife erlangt hat. Dann unterbreitet der zunächst beratende Auftragnehmer ein Angebot für einen Garantierten Maximalpreis, das der Auftraggeber annehmen, aber selbstverständlich auch ablehnen kann.
364
13 Vergabewesen
Können sich die bisherigen Partner nicht auf einen Garantierten Maximalpreis verständigen, so bezahlt der Auftraggeber seinem bisherigen Partner das für diesen Fall vereinbarte Honorar für die Beratung bei der Optimierung des Projektes und sucht sich einen neuen GMPPartner für die zweite Vertragsstufe
Garantierter Maximalpreis fixer Anteil
variabler Anteil
vom Unternehmer erbrachte Bauleistungen geschätzte Kosten für Nachunternehmerleistungen
Wagnis und Gewinn Managementund ggf. Beratungshonorar
Einsparungen tatsächliche Kosten für Nachunternehmerleistungen
x % AN y % AG
tatsächlicher Preis Abb. 13.14: Garantierter und tatsächlicher Preis beim GMP-Vertrag (Kochendörfer B. u. a. 2004, S. 69)
13.5.2
Stundenlohnvertrag
Beim Stundenlohnvertrag erfolgt die Vergütung aufwandsorientiert. So dürfen nach VOB/A § 4 Abs. 2 „Bauleistungen geringeren Umfangs, die überwiegend Lohnkosten verursachen, im Stundenlohn vergeben werden (Stundenlohnvertrag).“ Die Vergütung richtet sich dabei ausschließlich nach der angefallenen Arbeitszeit des Auftragnehmers, die entsprechend zu dokumentieren ist. Mit dem vereinbarten Stundenlohnsatz sind dann auch eventuelle Material- und Betriebsmittelkosten abgegolten. Bei dieser Vertragsart trägt der Auftraggeber das Risiko, dass die geleisteten Arbeitsstunden nicht ganz so effizient verlaufen, wie man hätte erwarten dürfen. Eine weitere Möglichkeit ist das Auf- und Abgebotsverfahren, „bei dem vom Auftraggeber angegebene Preise dem Auf- und Abgebot der Bieter unterstellt werden“, das „soll nur ausnahmsweise bei regelmäßig wiederkehrenden Unterhaltungsarbeiten, deren Umfang möglichst zu umgrenzen ist, angewendet werden.“ (VOB/A § 4 Abs. 4)
13.6 Grundverständnis baubetrieblicher Kalkulation
13.6
365
Grundverständnis baubetrieblicher Kalkulation
Nach erfolgter Ausschreibung der Bauleistungen und Vorliegen der Angebote der Bauunternehmen sind diese in rechnerischer, technischer und wirtschaftlicher Hinsicht zu prüfen. Für die wirtschaftliche Prüfung von Angeboten – und vor allem von Nachtragsangeboten, bei denen die Preisbildung nahezu ohne Wettbewerb stattfindet – ist es notwendig, Grundkenntnisse über die baubetriebliche Kalkulation zu besitzen. Ähnlich wie der Architekt gemäß HOAI-Leistungsbild stufenweise detailliertere Kostenermittlungen durchführt, stellen auch die Bauunternehmer zunehmend genauer werdende Kalkulationen von der Vorkalkulation bis zur Nachkalkulation auf. Während Zwischenkalkulationen und die Nachkalkulation der innerbetrieblichen Auftragskontrolle dienen und der Auftraggeberseite im Regelfall nicht zur Kenntnis gelangen, besteht die Aufgabe der Vorkalkulationen darin, dem potenziellen Auftraggeber ein für den Unternehmer auskömmliches Angebot zu unterbreiten – sei es im Rahmen einer Ausschreibung, im Rahmen von Auftragsverhandlungen oder im Fall von Nachträgen.
Lohn
Geräte
Fremdleistung
Einzelkosten der Teilleistung 1 Einzelkosten der Teilleistung 2 … Einzelkosten der Teilleistung n + Gemeinkosten der Baustelle =
Herstellkosten + Allg. Geschäftskosten (einschl. Bauzinsen) =
Selbstkosten + Wagnis und Gewinn =
Angebotssumme (netto) + Umsatzsteuer =
Angebotssumme (brutto) Abb. 13.15: Kalkulationsschema
Sonstiges (Baustoffe u. a.)
366
13 Vergabewesen
Die Vorkalkulation von Bauleistungen erfolgt im Allgemeinen mittels Zuschlagskalkulation. Dabei wird zwischen der Kalkulation über die Angebotssumme und der Kalkulation mit vorbestimmten Zuschlägen unterschieden. „Die Kalkulation über die Angebotssumme (Endsumme) ist das genauere Verfahren, da es die besonderen Verhältnisse jeder einzelnen Baustelle berücksichtigt. Nach der Ermittlung der Einzelkosten der Teilleistungen werden die Gemeinkosten der Baustelle für jedes zu kalkulierende Objekt gesondert erfasst. Diese Gemeinkosten der Baustelle werden mit den Allgemeinen Geschäftskosten sowie Wagnis und Gewinn zusammengefasst und nach Ermittlung der Angebotssumme den Einzelkosten der Teilleistungen anteilmäßig zugeschlagen, so dass sich die Einheitspreise für die Teilleistungen ergeben.“ (Keil, W. und Martinsen, U. 2004, S. 55; siehe auch Abbildung 13.14) Die Einzelkosten der Teilleistungen sowie die Gemeinkosten können getrennt nach den Kostenarten -
Lohnkosten
-
Gerätekosten
-
Fremdleistungskosten
-
Sonstige Kosten (Stoffkosten)
ermittelt werden. Das folgende Beispiel der Kalkulation für eine Stützmauer aus Ortbeton entspricht der Kalkulation über die Angebotssumme: (1) Einzelkosten der Teilleistungen (1.1) Lohnkosten (Arbeitskräfte und Polier) 290 h * 37,10 €/h (1.2) Kosten der Geräte (1.3) Fremdleistungskosten (1.4) Sonstige Kosten davon für 135 m³ Ortbeton für 200 m² Schalung + (2) Gemeinkosten der Baustelle
23.200,00 € 10.759,00 € 5.241,00 € 0,00 € 7.200,00 € 16.200,00 € 7.000,00 € 5.920,00 €
= + (3)
Herstellkosten Allgemeine Geschäftskosten (ca. 10 %)
29.120,00 € 2.912,00 €
= + (4)
Selbstkosten Wagnis und Gewinn (ca. 5 %)
32.032,00 € 1.608,00 €
= + (5)
Angebotssumme (netto) Umsatzsteuer (19 %)
33.640,00 € 6.391,60 €
=
Angebotssumme (brutto)
40.031,60 €
13.6 Grundverständnis baubetrieblicher Kalkulation
367
Zur Bestimmung der Lohnkosten ist zunächst der kalkulative Mittellohn, also der durchschnittliche Stundenlohn der produktiven Arbeitskräfte zu ermitteln. Unter Berücksichtigung der folgenden Zuschläge wird dann der Kalkulationslohn ermittelt, mit dessen Hilfe der Lohnanteil der Einzelkosten der Teilleistungen und der Gemeinkosten der Baustelle berechnet werden kann: Mittellohn + Lohngebundene Kosten (Soziallöhne und -abgaben) + Lohnnebenkosten (Auslösung, Fahrkosten, Verpflegungszuschuss u. a.) + Lohnabhängige Kosten (Mehrarbeits-, Erschwerniszuschläge u. a.)
90 %
18,10 €/h 16,29 €/h
5% 10 %
0,90 €/h 1,81 €/h
_____________________________________________________________________________________________
= Kalkulationslohn (mit Polier)
37,10 €/h
_____________________________________________________________________________________________
Zur Ermittlung der Gerätekosten sind in der Baugeräteliste Monatssätze für Abschreibung und Verzinsung sowie für Reparaturkosten angegeben. Die Allgemeinen Geschäftskosten betragen im Allgemeinen ungefähr 10 % der Herstellkosten; Wagnis und Gewinn können mit 4 bis 6 % der Selbstkosten veranschlagt werden. In dem obigen Kalkulationsbeispiel sind zu den 23.200 € Einzelkosten der Teilleistungen Ortbeton und Schalung insgesamt 10.440 € bzw. 45 % für Gemeinkosten der Baustelle, Allgemeine Geschäftskosten sowie Wagnis und Gewinn hinzugekommen. Diese müssen über die zu vereinbarenden Einheitspreise erwirtschaftet werden, sie müssen also auf die Teilleistungen umgelegt werden (siehe Abbildung 13.15).
EKT 1
EKT 2
EKT 3
EKT 4
EKT 5
Gemeinkosten + Wagnis/Gewinn
EKT 6
Zuschlag in %
EP 1
EP 2
EP 3
EP 4
EKT = Einzelkosten der Teilleistungen EP = Einheitspreis
Abb. 13.16: Grundprinzip der Kalkulation von Einheitspreisen (Leimböck, E. 2004, S. 83)
EP 5
EP 6
368
13 Vergabewesen
Unter Berücksichtigung der angenommenen Mengen und Einzelkosten der Teilleistungen (EKT) berechnen sich die Einheitspreise (EP) folgendermaßen: Menge Bauleistung 135 m³ Ortbeton 200 m² Schalung
EKT
Zuschlagssatz
16.200,00 € 7.000,00 €
45 % 45 %
Angebotspreis (netto)
Einheitspreis (netto)
23.490,00 € 10.150,00 €
174,00 €/m³ 35,00 €/m²
_____________________________________________________________________________________________
Summe
23.200,00 €
33.640,00 €
_____________________________________________________________________________________________
Bei dem einfacheren Verfahren der Kalkulation mit vorbestimmten Zuschlägen werden nur die Einzelkosten der Teilleistungen für jedes Bauvorhaben gesondert ermittelt. Die Gemeinkosten der Baustelle, Allgemeine Geschäftskosten und Wagnis und Gewinn werden durch einen vorbestimmten prozentualen Gesamtzuschlag (oder durch nach Kostenarten differenzierte Zuschläge) auf die Einzelkosten, berücksichtigt. Dieser Zuschlagsatz beruht auf Erfahrungswerte von abgerechneten Baustellen und berücksichtigt die speziellen Bedingungen der betreffenden Baustelle nicht. Bei Anwendung dieses Kalkulationsverfahrens müssen also durchschnittliche Baustellenverhältnisse vorliegen oder der Gemeinkostenanteil muss gering sein, damit gravierende Kalkulationsfehler vermieden werden.
13.7
Nachträge
Nachträge beinhalten Änderungen bestehender Bauverträge mit der Folge von Mehr- und bzw. oder Minderkosten. Sie können aus Mengenänderungen, Planungsänderungen, Erschwernissen der Ausführung, die der Auftragnehmer nicht zu vertreten hat, sowie aus Anordnungen des Bauherrn resultieren. Im Wesentlichen sind folgende Ursachen für diese Änderungen zu nennen: „1. unzureichende Statik 2. Behinderung durch Umplanung 3. unvollständige Ausführungsplanung 4. verzögerte Planbeistellung 5. unzureichende Regelung des Zusammenwirkens der verschiedenen Unternehmen 6. nachträgliche konstruktive Änderungen 7. nicht entsprechende Berücksichtigung anderer Gewerke 8. bauseitige Änderung des geplanten Bauablaufes 9. falsche Zeitvorstellungen im Netzplan 10. falsche Mengenangaben und unzureichende Beschreibungen in den Leistungsverzeichnissen.“ (Pfarr, K. 1984, S. 308)
13.7 Nachträge
369
Aus dieser Beschreibung ist zu erkennen, dass die Ursachen von Nachträgen häufig in der Vorbereitung der Ausführung liegen. Für den Bauherrn liegt es nahe, sofern er von seinem Architekten keine andere Erklärung erhält, den Umfang von Nachträgen als Bewertungsmaßstab für die Qualität der Planung zu verstehen. Viele Bieter prüfen Ausschreibungsunterlagen schon bei der Angebotskalkulation auf die Möglichkeit von Nachtragsangeboten, die den Auftragswert erhöhen und für Auftragnehmer wirtschaftlich von Vorteil sind. Insbesondere über Zusätzliche Leistungen mit vergleichsweise hohem Preisniveau und über Mengenmehrungen einzelner überteuerter Positionen besteht für den Auftragnehmer die Chance, nicht nur seine Erlöse, sondern vor allem seinen Gewinn zu verbessern. Das von vielen Architekten wenig geliebte Aufgabenfeld der Nachtragsbearbeitung ist unter dem Gesichtspunkt der wirtschaftlichen Bauausführung genauso wichtig wie z. B. eine sorgfältige und realistische Kostenplanung. Auf jeden Fall sollte bereits bei der Erstellung der Ausschreibungsunterlagen und bei der Angebotsprüfung auf mögliche spätere Nachträge geachtet werden. Auch bei sehr guter Planung und Ausführungskoordination lassen sich Nachträge kaum völlig vermeiden. Dies ist schon allein dann nicht möglich, wenn über Nachbeauftragungen Ergänzungen – gegebenenfalls über Beauftragung von Eventualpositionen des Leistungsverzeichnisses – oder Verbesserungen am Bauwerk erfolgen sollen. Gesondert sind solche Nachbeauftragungen zu sehen, die ausschließlich Mengenmehrungen für weitere Bauwerke – über den vorangegangenen Hauptauftrag hinaus – enthalten und als Ersatz für weitere Aufträge anzusehen sind. Darauf wird im Abschnitt 13.7.3 ausführlich eingegangen. Für eine geordnete und nachvollziehbare Auftragsverfolgung sowie die damit verbundene Kostenkontrolle haben sich über die fachtechnischen Regelungen der Vergabe- und Vertragsordnungen (VOB, VOL) hinaus Routinen zur praktischen Nachtragsbearbeitung und ihrer einheitlichen Dokumentation als zweckmäßig erwiesen. Hierzu gehören: -
Nachtragsprüfung und sachliche Begründung (rechnerische, fachtechnische und wirtschaftliche Prüfung)
-
Verwendung von Checklisten und Formblättern
-
Nachweis der Veranlassung und des Veranlassers
-
Kostenkontrolle auf Auftragsebene.
Mehr- und Minderkosten von beauftragten Leistungen aufgrund von Lohn- und Stoffpreisgleitklauseln, die mit dem Hauptauftrag vereinbart wurden, sind nicht Gegenstand einer Nachbeauftragung. Die hieraus folgenden Beträge werden mit der Abrechnung der zugrunde liegenden Leistungen ermittelt und vergütet.
370
13 Vergabewesen
13.7.1
Nachtragsarten
Es sind folgende Nachtragsarten zu unterscheiden, infolge von: -
Mengenänderungen
-
Änderungen des Bauentwurfs
-
Zusätzliche Leistungen
-
Stundenlohnarbeiten
-
Eventualpositionen
-
Wegfall von Positionen
Im Folgenden werden diese erläutert: Mengenänderungen
Bei vielen Produktionsprozessen kennt man das Phänomen der Mengendegression der Kosten, womit gemeint ist, dass steigende Produktionsmengen zu sinkenden Stückkosten führen und umgekehrt. Dies hat zur Folge, dass bei feststehendem Stückpreis und verringerter Absatzmenge der Stückgewinn abnimmt. Da eine Mengenänderung beim Einheitspreisvertrag weder zu einer wesentlichen Bereicherung noch zu einer wesentlichen Schlechterstellung von Auftragnehmer und Auftraggeber führen soll, bedarf es Regelungen zur Anpassung des Einheitspreises an Mengenänderungen. Diese befinden sich in VOB/B § 2 Abs. 3, wo es heißt: „1. Weicht die ausgeführte Menge der unter einem Einheitspreis erfassten Leistung oder Teilleistung um nicht mehr als 10 v. H. von dem im Vertrag vorgesehenen Umfang ab, so gilt der vertragliche Einheitspreis. 2. Für die über 10 v. H. hinausgehende Überschreitung des Mengenansatzes ist auf Verlangen ein neuer Preis unter Berücksichtigung der Mehr- oder Minderkosten zu vereinbaren. 3. Bei einer über 10 v. H. hinausgehenden Unterschreitung des Mengenansatzes ist auf Verlangen der Einheitspreis für die tatsächlich ausgeführte Menge der Leistung oder Teilleistung zu erhöhen, soweit der Auftragnehmer nicht durch Erhöhung der Mengen bei anderen Ordnungszahlen (Positionen) oder in anderer Weise einen Ausgleich erhält. Die Erhöhung des Einheitspreises soll im Wesentlichen dem Mehrbetrag entsprechen, der sich durch Verteilung der Baustelleneinrichtungs- und Baustellengemeinkosten und der Allgemeinen Geschäftskosten auf die verringerte Menge ergibt. Die Umsatzsteuer wird entsprechend dem neuen Preis vergütet.“ Abbildung 13.16 zeigt den Verlauf der Fixkosten, der proportionalen Kosten und des Wagnis- und Gewinnzuschlages in Abhängigkeit von der erbrachten Menge. Als proportional werden die Kosten bezeichnet, die proportional zur erbrachten Menge steigen. Weiterhin ist der Gesamtpreis dieser Bauleistung beim vertraglich vereinbarten (und noch nicht veränderten) Einheitspreis zu sehen. Der tatsächlich zu zahlende Gesamtpreis (Positionspreis) entspricht genau dem vom Auftragnehmer ermittelten Gesamtpreis, wenn die tatsächlich ausgeführte Menge dem im Vertrag vorgesehenen Umfang entspricht.
13.7 Nachträge
371
Ist die tatsächliche Menge um bis zu 10 v. H. größer als die Menge im Angebot, so führt dies zu einem gewissen Zusatzgewinn beim Auftragnehmer, den der Auftraggeber tolerieren muss. Umgekehrt muss der Auftragnehmer die Gewinnminderung akzeptieren, wenn die tatsächlich ausgeführte Menge um bis zu 10 v. H. kleiner als die Angebotsmenge ist.
Abb. 13.17: Kosten und Preis einer Bauleistung in Abhängigkeit von der Menge
Wird der vertraglich vorgesehene Umfang um mehr als 10 v. H. unterschritten, ist auf Verlangen der Einheitspreis für die betreffende Bauleistung anzupassen. Dabei geht es um den Fixkostenanteil des Einheitspreises, der umso größer ist, je kleiner die ausgeführte Menge ist, auf die er umgelegt werden kann. Bei den Fixkosten handelt es sich im Wesentlichen um die Baustelleneinrichtungs- und Baustellengemeinkosten und die Allgemeinen Geschäftskosten, die auf die veränderte Menge umgelegt werden müssen. Abbildung 13.17 zeigt den Verlauf der fixen und proportionalen Kosten je Einheit. Das Ansteigen - proportional zur erbrachten Menge - hat zur Folge, dass die proportionalen Kosten je Einheit konstant, d. h. von der Menge unabhängig sind. Dadurch kann man zugleich den Verlauf der gesamten Fixkosten umgelegt auf eine Mengeneinheit ablesen. Die Erhöhung des Fixkostenanteils ist, wie schon gesagt, vom Auftragnehmer bis zur Mengenminderung von 10 v. H. zu tolerieren. Bei einer darüber hinausgehenden Mengenminderung ist der Einheitspreis genau um diese Steigerung des Fixkostenanteils zu erhöhen. Innerhalb der Spanne ± 10 v. H. bleibt der Einheitspreis unverändert, außerhalb dieser Spanne soll er sich in gleicher Weise verändern, wie sich die Fixkosten je Einheit der tatsächlich ausgeführten Menge gegenüber dem Fixkostenanteil des vertraglichen Einheitspreises verändern.
372
13 Vergabewesen
Abb. 13.18: Veränderung des Fixkostenanteils gegenüber der Angebotskalkulation
Im Folgenden wird die Ermittlung der neuen Einheitspreise für Ortbeton an Hand des Kalkulationsbeispiels aus Abschnitt 13.6 erläutert. Zu beachten ist dabei die unterschiedliche Behandlung bei Mengenmehrungen und Mengenminderungen, die über ± 10 v. H. hinausgehen (siehe auch Abbildung 13.18). Bei Mengenmehrungen ist ein neuer Einheitspreis für die über 10 v. H. hinausgehenden Mehrmengen zu ermitteln. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die kalkulierten Baustelleneinrichtungs- und -gemeinkosten bereits durch die beauftragte Menge gedeckt sind. Deswegen werden bei dem Einheitspreis für die Mehrmengen nur die Zuschläge für die Allgemeinen Geschäftskosten sowie Wagnis und Gewinn berücksichtigt. In dem Kalkulationsbeispiel entfielen 16.200 € oder 120 €/m³ Einzelkosten der Teilleistungen auf 135 m³ Ortbeton. Daraus ergibt sich folgender Einheitspreis für die über 10 v. H. hinausgehenden Mehrmengen: (1) + (3)
Einzelkosten der Teilleistung Ortbeton 16.200,00 € Allgemeine Geschäftskosten (ca. 10 %)
120,00 €/m³ 12,00 €/m³
= + (4)
Selbstkosten Wagnis und Gewinn (ca. 5 %)
132,00 €/m³ 6,60 €/m³
=
Einheitspreis
(netto)
138,60 €/m³
13.7 Nachträge
373
Abb. 13.19: Einheitspreis bei Mengenänderung über 10 v. H.
Werden 148,5 m³ Ortbeton (bis zu 10 v. H. mehr) eingebaut, so gilt der vertraglich vereinbarte Einheitspreis von 174,00 €/m³ (siehe Abschnitt 3.6). Jeder darüber hinausgehende m³ Ortbeton wird dagegen mit dem neuen Einheitspreis von 138,60 €/m³ abgerechnet. Bei einer über 10 v. H. hinausgehenden Mengenminderung wird auf Verlangen für die gesamte tatsächlich erbrachte Leistung ein neuer Einheitspreis vereinbart. Dazu sind die kalkulierten Baustelleneinrichtungs- und -gemeinkosten sowie die Allgemeinen Geschäftskosten auf die tatsächlich ausgeführte Menge umzulegen. In dem Kalkulationsbeispiel fielen 5.920 € Baustellengemeinkosten und 2.912 € Allgemeine Geschäftskosten - zusammen 8.832 € Gemeinkosten - an. Bezogen auf 23.200 € Einzelkosten der Teilleistungen ergibt dies einen Zuschlagsatz von 38,07 %. Demnach entfallen auf den Ortbeton (16.200 € x 38,07 % =) 6.167 €, die über die geleistete Menge zu erwirtschaften sind. Daraus ergeben sich für die Abrechnung folgende Einheitspreise: Gemeinkosten- geleistete anteil Ortbeton Menge
kalkulatorischer Gemeinkostenanteil
6.167 € 6.167 € 6.167 €
51,39 €/m³ 47,44 €/m³ 45,68 €/m³
120 m³ 130 m³ 135 m³
Veränderung des EP 5,71 €/m³ 0,00 €/m³ 0,00 €/m³
Einheitspreis der Abrechnung (netto) 179,71 €/m³ 174,00 €/m³ 174,00 €/m³
374
13 Vergabewesen
Bei einer geleisteten Menge von 135 m³ bzw. 130 m³ bleibt der Einheitspreis unverändert, weil die Auftragsmenge eingehalten bzw. um weniger als 10 v. H. unterschritten wurde. Bei 120 m³ und damit einer Mengenunterschreitung von über 10 % muss die Erhöhung des Einheitspreises von 174,00 € auf 179,71 € dafür sorgen, dass die kalkulierten Fixkosten gedeckt werden. Wenn notwendig ist auch die in VOB/B § 2 daran anschließende Regelung zu beachten: „4. Sind von der unter einem Einheitspreis erfassten Leistung oder Teilleistung andere Leistungen abhängig, für die eine Pauschalsumme vereinbart ist, so kann mit der Änderung des Einheitspreises auch eine angemessene Änderung der Pauschalsumme gefordert werden.“ Änderung des Bauentwurfs
Nach VOB/B § 1 Abs. 3 ist es dem Auftraggeber vorbehalten, „Änderungen des Bauentwurfs anzuordnen.“ Da er das wirtschaftliche Risiko trägt, muss er auch ggf. erforderliche Konsequenzen ziehen können - wie z. B. eine teilweise oder vollständige Nutzungsänderung oder sogar die Einstellung des Bauvorhabens. Hierdurch soll der Auftragnehmer weder besser noch schlechter gestellt werden. Deswegen heißt es in VOB/B § 2 Abs. 5: „Werden durch Änderung des Bauentwurfs oder andere Anordnungen des Auftraggebers die Grundlagen des Preises für eine im Vertrag vorgesehene Leistung geändert, so ist ein neuer Preis unter Berücksichtigung der Mehr- oder Minderkosten zu vereinbaren. Die Vereinbarung soll vor der Ausführung getroffen werden.“ Zusätzliche Leistungen
Nach VOB/B § 1 Abs. 4 hat der Auftragnehmer nicht vereinbarte Leistungen, die zur Ausführung der vertraglichen Leistung erforderlich werden und auf die sein Betrieb eingerichtet ist, auf Verlangen des Auftraggebers mit auszuführen. Zur Vergütung dieser und anderer Zusätzlicher Leistungen führt die VOB/B § 2 Abs. 6 aus: „1. Wird eine im Vertrag nicht vorgesehene Leistung gefordert, so hat der Auftragnehmer Anspruch auf besondere Vergütung. Er muss jedoch den Anspruch dem Auftraggeber ankündigen, bevor er mit der Ausführung der Leistung beginnt. 2. Die Vergütung bestimmt sich nach den Grundlagen der Preisermittlung für die vertragliche Leistung und den besonderen Kosten der geforderten Leistung. Sie ist möglichst vor Beginn der Ausführung zu vereinbaren.“ Wird im Falle eines Bauverzuges der Auftragnehmer vom Auftraggeber mit Terminsicherungsmaßnahmen beauftragt, handelt es sich typischerweise um Zusätzliche Leistungen. Im Abschnitt 15.8 werden Terminsicherungsmaßnahmen und Mehrvergütungsansprüche bei Behinderung der ordnungsgemäßen Ausführung der Bauleistungen ausführlich behandelt.
13.7 Nachträge
375
Sonstige Nachtragsarten
Sind zunächst nicht vorgesehene Stundenlohnarbeiten erforderlich, so muss der Auftragnehmer seinen Anspruch auf besondere Vergütung dem Auftragnehmer vor Beginn dieser Arbeiten ankündigen (VOB/B § 2 Abs. 10). Für den Nachweis der Stundenlohnarbeiten (Stundenlohnzettel) und die Stellung der Stundenlohnrechnungen sind die Fristen nach VOB/B §15 Abs. 3 und 4 zu beachten. Auch Eventualpositionen sind entsprechend VOB/B § 2 Abs. 6 zu beauftragen. Da mit dem Angebot zum Hauptauftrag ein Einheitspreis auch zu den Eventualpositionen abzugeben war, welcher in der Regel auch Bestandteil des Bauauftrags wird, ist hier lediglich die Menge der Position im Nachtragsangebot zu prüfen. Beim Wegfall von Positionen ist grundsätzlich ein Nachtrag infolge Minderung erforderlich. Darin ist festzuhalten, auf welchen Betrag sich die um die ersparten Kosten verminderte Restvergütung beläuft. Im fortgeschriebenen Leistungsverzeichnis werden die Mengen auf Null gesetzt. Die Positionsbeschreibung bleibt zur Information im Auftrag enthalten. Dies gilt insbesondere für Leistungsverzeichnisse, die mit Hilfe der EDV erstellt und fortgeschrieben werden. Denn es kann nicht ausgeschlossen werden, dass einmal entfallene Positionen später doch wieder beauftragt werden müssen. Für diesen Fall ist für den Auftraggeber die Kenntnis des Leistungstextes mit Einheitspreis notwendig, um nicht versehentlich einen höheren Einheitspreis zu akzeptieren.
13.7.2
Bearbeitung eines Nachtragsangebotes
Die Prüfung von Nachtragsangeboten erfolgt, soweit möglich, auf der Grundlage des Hauptauftrags (Leistungsbeschreibung, Einheitspreise, eventuelle Rabatte, sonstige Vereinbarungen) und der Vertragsbedingungen. Nebenleistungen im Sinne der VOB/C dürfen nicht Gegenstand einer Nachbeauftragung sein, es sei denn, deren ausdrückliche Erwähnung ist geboten, weil die Kosten von erheblicher Bedeutung für die Positionsbildung sind (gesonderte Ordnungszahl). Der überwachende Architekt prüft das Nachtragsangebot rechnerisch, technisch und wirtschaftlich und gibt für den Bauherrn eine sachliche Begründung für die Beauftragung bzw. für die Ablehnung des Angebotes an. Die Zustimmung zur Beauftragung ist grundsätzlich durch den Bauherrn zu erteilen. Gegebenenfalls kann der Bauherr seinem Architekten Vollmachten zur Beauftragung erteilen. Hierbei sind auf jeden Fall Wertgrenzen festzulegen. Zur Abstimmung aller erforderlichen Prüfungen und zur Genehmigung von Nachbeauftragungen hat sich eine klare Abfolge einzelner Bearbeitungsschritte (Routine) – eventuell durch Formblätter unterstützt – bewährt. Der schriftlichen Stellungnahme ist das Nachtragsangebot des Auftragnehmers im Original mit allen Prüfbemerkungen beizufügen. Die folgenden Gesichtspunkte sind als Mindestanforderung an eine sorgfältige Nachtragsprüfung anzusehen. Bei der Prüfung, Erläuterung und Begründung der Nachbeauftragung ist darauf zu achten, dass diese auch für Dritte (Bauherr, Nutzer, Prüfbehörden bei öffentlichen Bauvorhaben) verständlich und vollständig nachvollziehbar sind.
376
13 Vergabewesen
Zur rechtzeitigen Erfassung und raschen Bearbeitung aller Nachtragsangebote für ein Bauvorhaben ist die klare und eindeutige Zuordnung (Nummer des Auftrags, Nummer des Nachtrages sowie Bezeichnung der Leistung und des Bauwerkes oder Bauteils) unabdingbar. Zur Nachtragsbearbeitung gehört auch die Prüfung der Auswirkungen auf die Termin- und Kostensituation. Bei Mehrkostenforderungen des Auftragnehmers gegenüber dem Bauherrn ist die Anspruchsgrundlage klar herauszustellen. Hierzu gehören insbesondere die Regelungen nach VOB/B § 2 Abs. 6. Ankündigung des Anspruchs vor Beginn der Ausführung bei Forderung einer im Vertrag nicht vorgesehenen Leistung sowie im Fall der nachträglichen Anerkennung von Leistungen bzw. im Fall der Notwendigkeit zur Erfüllung des Vertrags entsprechend dem mutmaßlichen Willen des Auftraggebers nach VOB/B § 2 Abs. 8. Aus der Begründung für die Berechtigung des Nachtrages muss eindeutig hervorgehen, durch welche Umstände die Nachtragsleistungen erforderlich wurden und wer der Verursacher ist. Sollten der Objektüberwachung vor Ort diesbezügliche Informationen zunächst nicht vorliegen, so sind diese vom Planer oder vom Bauherrn bzw. vom Auftragnehmer einzuholen. Es ist festzustellen, um welche Nachtragsart es sich handelt, d. h., ob bei den Leistungen des Nachtragsangebotes hauptsächlich -
Mengenmehrungen oder -minderungen entsprechend VOB/B § 2 Abs. 3
-
nachträgliche Änderungen des Bauentwurfs entsprechend VOB/B § 2 Abs. 5
-
nicht vorgesehene Leistungen gefordert entsprechend VOB/B § 2 Abs. 6
-
Beauftragung von Eventualpositionen entsprechend VOB/B § 2 Abs. 6
vorliegen. Es ist außerdem anzugeben, durch wen das Nachtragsangebot veranlasst wurde. Ein Beleg für die Veranlassung ist beizulegen (schriftliche Aufforderung, Besprechungsprotokoll u. a.). Es ist anzugeben, in welchem Zeitraum (Kalenderwochen) die Arbeiten ausgeführt werden sollen, d. h. in welcher Kalenderwoche die Arbeiten begonnen und in welcher Kalenderwoche sie abgeschlossen werden sollen. Weiterhin ist festzuhalten, ob sich die Vertragstermine des Hauptauftrags durch die Nachbeauftragung ändern. Wurde für den Hauptauftrag ein Nachlass vereinbart? Wird der im Hauptauftrag vereinbarte Nachlass auch auf das Nachtragsangebot angewendet? Die vereinbarten Vertragsbedingungen von Hauptaufträgen gelten grundsätzlich auch für die entsprechenden Nachträge. Hier sind insbesondere die vereinbarten Rabatte und Skonti zu beachten. Es ist deshalb bei der Nachtragsbearbeitung erforderlich, zunächst die Frage zu klären, ob und in welcher Höhe Rabatte und Skonti auch beim Nachtrag wie beim zugehörigen Auftrag zur Anwendung kommen sollen. Häufig ergeben sich aus Nachbeauftragungen Auswirkungen auf die Arbeitsbedingungen des Auftragnehmers. Angesprochen sind die Grundlagen des Auftragnehmers bei der Angebotskalkulation hinsichtlich Baustelleneinrichtung, Einsatz von Geräten und Personal. Kann die Nachtragsleistung mit der geplanten oder vorhandenen Baustelleneinrichtung bzw. den Geräten und dem Personal ausgeführt werden (bessere Auslastung, schlechtere Auslastung, kein Einfluss)? Kann der Nachtrag für entfallene Positionen als Ausgleich dienen?
13.7 Nachträge
377
Preisrelevant können Mengenänderungen über ± 10 v. H. sein (vgl. Abschnitt 13.7.1). Wird die gemäß Vertrag auszuführende Menge der unter einem Einheitspreis erfassten Leistung oder Teilleistung um mehr als 10 % überschritten oder unterschritten (entsprechend VOB/B § 2 Abs. 3)? Die angebotenen Mengen sind mit den vom Bauherrn genehmigten Planunterlagen zu vergleichen bzw. dahingehend zu überprüfen, ob sie den zu erwartenden Abrechnungsmengen entsprechen. Gegebenenfalls sind Korrekturen der Mengenangaben im Nachtragsangebot in Abstimmung mit dem Auftragnehmer vorzunehmen. Stimmen die Einheitspreise des Nachtragsangebotes mit den Einheitspreisen des Hauptauftrags überein? Bei Nichtübereinstimmung ist der neue Einheitspreis zu begründen (gegebenenfalls wird eine entsprechende Verhandlung erforderlich). Liegen für die Einheitspreise des Nachtrages Kalkulationsgrundlagen vor? Stimmen Basisdaten des Hauptauftrags (Mittellohn, Aufwandswerte, Materialpreise, Zuschlagssätze) mit denjenigen des Nachtrages überein? Für Abweichungen soll eine Begründung angegeben werden. Bei jedem Nachtragsangebot sind durch die Bauleitung Bewertungen der neu angebotenen Preise vorzunehmen, sofern diese nicht mit dem Hauptauftrag übereinstimmen. In diesen Fällen muss die Preisprüfung anhand aussagefähiger Kalkulationsnachweise des Auftragnehmers auf den Preisermittlungsgrundlagen des Hauptauftrags (z. B. Einheitliche Formblätter (EFB-Blätter) nach Vergabehandbuch) vorgenommen werden. Gegebenenfalls kann die Öffnung der Urkalkulation verlangt werden. Bei Mengenmehrungen nach VOB/B § 2 Abs. 3 ist von der Bauleitung zu prüfen, ob es sinnvoll und Erfolg versprechend ist, Verhandlungen mit dem Auftragnehmer über Reduzierungen der Einheitspreise zu führen. Wird der Einheitspreis unverändert belassen oder gar erhöht, so ist dafür eine Begründung anzugeben. Mengenänderungen bei Pauschalverträgen sind nach VOB/B § 2 Abs. 7 zu behandeln. Bei Schadenersatzansprüchen nach VOB/B § 6 Abs. 6 ist einerseits darauf zu achten, dass der Auftragnehmer dem Auftraggeber gegenüber eine Schadensminderungspflicht hat, d. h. er muss alles tun, um den Schaden für den Auftraggeber so gering wie möglich zu halten. Zum anderen ist unter dem „nachweislich entstandenen Schaden“ nicht der kalkulatorische, sondern der dem Auftragnehmer im eigenen Betrieb tatsächlich entstandene Schaden zu verstehen. Dieser ist vom Auftragnehmer prüffähig nachzuweisen. Mit der Nachtragsbearbeitung werden Prüfvermerke und Angaben zur Kostenkontrolle notwendig. Mit der Beauftragung des Nachtragsangebotes sind die Angaben zur Vergabesumme (Hauptauftrag), zu bisher genehmigten Nachträgen sowie zum vorliegenden Nachtragsangebot zu machen. Der aktuelle Auftragsstand sowie die Überdeckung (+) oder Unterdeckung (–) im Vergleich zu den geplanten Kosten sind auszuweisen. Änderungen des Nachtragsangebotes durch den überwachenden Architekten in Form von Mengen- oder Preisänderungen sowie Streichungen sind mit dem Auftragnehmer abzustimmen. Für die übergeordnete Kostenkontrolle wird das Nachtragsangebot durch den überwachenden Architekten im Hinblick auf das Preis-Leistungs-Verhältnis sowie in Bezug auf den betroffenen Hauptauftrag beurteilt. Die neuen Auftragsdaten werden zur übergeordneten Kostenkontrolle erfasst. Für spätere Auswertungen oder Kalkulationen (z. B. Kostenübernahme durch Nutzer) sind Angaben zur Verursachung der Nachtragskosten dienlich:
378
13 Vergabewesen
-
Bauherr/Selbstnutzer (z. B. Nutzungsänderung)
-
Dritte/Fremdnutzer (z. B. Behördenauflagen, zusätzliche Einbauten u. a.)
-
Bedingungen des Bauablaufes (z. B. Behinderung, Bauzeitverlängerung u. a.)
-
Erweiterung des ursprünglichen Auftragsumfanges in Form eines Nachtrages (z. B. weiteres Gebäude, anstatt eines neuen Hauptauftrags)
-
sonstige Verursachungen.
Vor der Nachbeauftragung soll der überwachende Architekt dem Bauherrn den vorgeschlagenen Nachtragsumfang im Zusammenhang mit der Planung, der Beauftragung und der wirtschaftlichen Gebäudenutzung dem Grunde und der Höhe nach, am besten in schriftlicher Form, erläutern. Der Bauherr soll über die Beauftragung des Nachtragsangebotes auf der Grundlage der schriftlichen Stellungnahme des Architekten entscheiden. Erforderlichenfalls werden zur weiteren Erläuterung der Nachtragsangebote und der Prüfungen regelmäßige Arbeitsbesprechungen eingerichtet. Der Bauherr beauftragt den Auftragnehmer schriftlich. Änderungen des Nachtragsangebotes durch den Auftraggeber, z. B. Mengenänderungen, Einheitspreisänderungen, werden dem Auftragnehmer mit der schriftlichen Beauftragung mitgeteilt. Dies geschieht am einfachsten durch Hinzufügung des korrigierten Angebotes sowie der schriftlichen Stellungnahme des Architekten. Diese soll in der Zweitfertigung vom Auftragnehmer bestätigt an den Bauherrn zurückgegeben werden.
13.7.3
Nachträge als Ersatz für Aufträge
Häufig dient das Nachtragswesen als Ersatz für weitere Ausschreibungen. Die Gründe hierfür sind unterschiedlich. Die Form der Nachbeauftragung von Leistungen für weitere Bauwerke wird oft dann gewählt, wenn -
durch eine vorangegangene Ausschreibung im Wettbewerb unter zahlreichen Bietern ein günstiges Preisniveau erreicht worden war (es werden dann weitere Leistungen bzw. Mengen zu bestehenden Vertragsbedingungen und einmal erzielten Einheitspreisen an den bestehenden Auftrag gehängt)
-
mit einer ersten Vergabe eine Systementscheidung verbunden war (angesprochen sind hier Mess-, Steuer- und Regelungstechnik/Zentrale Leittechnik, Gefahrenmeldeanlagen, Zutrittskontrollsystem, Fernsehüberwachung, Funk u. a.; da alle diese Systeme in der Regel innerhalb eines Bauvorhabens zentral gesteuert werden, ist auch die Einheitlichkeit bzw. die Verträglichkeit der Komponenten eine Voraussetzung für den zuverlässigen Betrieb des Gesamtvorhabens; in der Regel ist mit der ersten Beauftragung auch eine Festlegung auf einen Hersteller gegeben)
-
Leistungen zusätzlich erforderlich werden, die im Vergleich zum bisherigen Auftragsumfang geringer sind und im technisch räumlichen Zusammenhang mit einem Hauptauftrag stehen (der bisherige Auftragnehmer kann dann seine Arbeit bei gleichen Vertragsbedingungen, vorhandener Ortskenntnis und Baustelleneinrichtung fortsetzen)
13.7 Nachträge -
379
die Zeit für eine eigenständige Ausschreibung als nicht mehr ausreichend angesehen wird (die Ermittlung von Leistungen, insbesondere der Mengen, erfolgt mit der Aufstellung des Nachtragsangebotes durch den späteren Auftragnehmer; auch die Beschreibung der Leistungen erfolgt mit dem Nachtragsangebot).
Die Form der Nachbeauftragung für neue Leistungen größeren Umfanges anstelle des eigenständigen Auftrags bietet Vor- wie auch Nachteile. Zu den Vorteilen sind zu rechnen: -
Zeitersparnis bei der Beauftragung
-
Entfall der Ausschreibung.
Zu den Nachteilen können zählen: -
Verlängerung der Auftragsdauer und Verzögerung der Schlussrechnung
-
kein neuerlicher Wettbewerb bei der Beauftragung der neuen Leistungen aufgrund fehlender Leistungsbeschreibungen
-
viele Auftragnehmer versuchen bei Nachtragsangeboten, die gewünschten Leistungen so anzubieten, dass eine unmittelbare Vergleichbarkeit mit den unter Wettbewerbsbedingungen beauftragten Arbeiten nicht mehr gegeben ist; ein Vergleich von Einheitspreisen wird somit seitens des Auftragnehmers gezielt erschwert
-
in einzelnen Fällen werden die Nachtragsangebote erst dann eingereicht und können erst dann geprüft werden, wenn die Arbeiten bereits begonnen oder sogar schon fertig gestellt sind; Alternativbeauftragungen sind in diesen Fällen praktisch nicht mehr möglich; Preisvergleiche erfolgen nicht mehr auf der Grundlage von mehreren Angeboten unter Wettbewerb
-
der Vergleich von Kostenermittlungen für Beauftragungen mit den Auftragssummen, die sich aus ursprünglich geplanten und neu hinzugefügten Leistungen zusammensetzen, wird auf der Seite der Kostenkontrolle erschwert.
Die rechtzeitige Abstimmung zwischen dem Bauherrn und dem überwachenden Architekten ist Voraussetzung für eine sachgerechte Entscheidung, ob Nachbeauftragungen als Ersatz für Aufträge erfolgen sollen. Wie bei der Vorbereitung von Ausschreibungen sind für die Kostenkontrolle während der Bauausführung die geplanten Kosten für die einzelnen Nachbeauftragungen festzustellen. Die Kostenermittlungen für die zu erweiternden Hauptaufträge sind entsprechend neu zu fassen.
14
Baustelleneinrichtung
Baustelleneinrichtungen betreffen vorrangig die ausführenden Firmen, also die Auftragnehmer, bilden sie doch deren technische und organisatorische Voraussetzung für die Erstellung von Bauwerken. „Baustelleneinrichtung steht als Sammelbegriff für alle Produktions-, Lager-, Transport- und sonstigen Einrichtungen, die zur Errichtung eines Bauwerkes benötigt werden. Hierzu gehören Maschinen, Geräte, Unterkünfte und sanitäre Einrichtungen für Arbeitnehmer, Materiallager, Werkplätze, Verkehrsflächen sowie erforderliche sicherheitstechnische Einrichtungen.“ (Hausmann, K. 1979, S. 2) Doch auch der Bauherr kann in dieser Beziehung gefordert sein; so gibt die Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen (VOB) Folgendes vor: „Der Auftraggeber hat, wenn nichts anderes vereinbart ist, dem Auftragnehmer unentgeltlich zur Benutzung oder Mitbenutzung zu überlassen: 1. die notwendigen Lager- und Arbeitsplätze auf der Baustelle, 2. vorhandene Zufahrtswege und Anschlussgleise, 3. vorhandene Anschlüsse für Wasser und Energie. Die Kosten für den Verbrauch und den Messer oder Zähler trägt der Auftragnehmer, mehrere Auftragnehmer tragen sie anteilig.“ (VOB/B § 4 Abs. 4) Es obliegt den Beteiligten, in welchem Umfang sich der Bauherr bei den Fragen der Baustelleneinrichtung unmittelbar planerisch und finanziell beteiligt. Von Vorteil ist für den Bauherrn die räumlich zusammenhängende Unterbringung (Baubüros) der Projektorganisation. Hierzu zählen Bauherrenvertreter, von den Architektur- und Ingenieurbüros abgestellte Mitarbeiter für die Bauüberwachung und weitere Sonderfachleute. Diese sollen in unmittelbarer Nähe des Baugeschehens arbeiten können. Die Baustelleneinrichtung soll bereits in der Phase der Vorbereitung des Bauprojekts im Zusammenhang mit der Planungskoordination organisiert werden. Dabei gilt es den gesamten Bereich einer Baustelle zu beachten. So müssen Transport-, Produktions-, Lager- und Arbeitsstätten besonders gesichert werden. Zur Baustelleneinrichtung gehören unter anderem Maßnahmen zur ersten Hilfe, die Anlage von Flucht- und Rettungswegen sowie der Umweltschutz. In jedem Fall ist es „notwendig, die Behörden, Unternehmen und Institutionen zu kennen, bei denen Genehmigungen einzuholen oder Anzeigen zu machen sind. […] Soweit relevant, sollten dabei folgende Stellen berücksichtigt werden:
382
14 Baustelleneinrichtung
-
die Bauaufsichtsbehörde, bei der die Bauarbeiten angemeldet werden müssen und welche die Bauarbeiten überwacht;
-
das Wasserwirtschaftsamt, das bei Baustellen, die ins Grundwasser einbinden, Vorschriften bezüglich einer Grundwasserabsenkung macht. Außerdem ist mit dem Wasserwirtschaftsamt zu klären, wie Oberflächenwasser abgeführt werden kann und welche Maßnahmen zu beachten sind, wenn die Baustelle an offene Gewässer anschließt;
-
das Straßenbauamt, das Arbeiten an öffentlichen Straßen und Flächen überwacht und die Ausführung vorschreibt;
-
das Amt für öffentliche Ordnung, welches die Verfügbarkeit von öffentlichen Flächen regelt. Mit ihm müssen sämtliche Eingriffe in den öffentlichen Verkehrsraum abgestimmt werden;
-
das Vermessungs- und Katasteramt oder ein amtlich zugelassenes Vermessungsbüro markiert im Bereich der Baustelle Festpunkte und stellt Lagepläne zur Verfügung;
-
Versorgungsunternehmen für Elektrizität, Wasser, Abwasser, Gas, Heizung und Abfall;
-
bei einer Telefongesellschaft muss ein Telefonanschluss beantragt werden; bei der Deutschen Post AG muss für länger dauernde Baustellen eine Postanschrift gemeldet werden;
-
die Berufsgenossenschaft überwacht die Vorschriften bezüglich Arbeitssicherheit;
-
das Gewerbeaufsichtsamt oder die länderspezifische Behörde kontrolliert die Einhaltung der Vorschriften für die Arbeitsstätten; außerdem ist mit dem Gewerbeaufsichtsamt zu klären, ob Nachtarbeit oder Sonntagsarbeit möglich ist. Das Gewerbeaufsichtsamt überprüft außerdem die Einhaltung der Baustellenverordnung (BaustellV);
-
die Umweltämter bestehen auf Einhaltung von Lärmschutzmaßnahmen nach dem BlmSchG;
-
bei Einbau von Beton nach den Überwachungsklassen 2 und 3 gemäß DIN 1045-3 (früher B-II-Baustelle) muss eine Anmeldung bei der Güteüberwachung Beton oder anderen zugelassenen Stellen erfolgen.“
(Schach, R. und Otto, J. 2008, S. 310 bis 311)
14.1
Elemente der Baustelleneinrichtung
Ein Teil der Einrichtungen kann vom Auftraggeber vorgehalten oder ausgeführt werden. Das sind vor allem Maßnahmen, die von vielen Auftragnehmern genutzt werden und deren rechtzeitige Vorbereitung einem reibungslosen Baubetrieb dient. Einrichtung, Unterhaltung, Umbau und Abbau der Baustelleneinrichtung sind genehmigungsfrei. Oftmals ist bei größeren Baustellen für die Gewährleistung eines optimalen und funktionalen Bauablaufs die Erstellung eines Baustelleneinrichtungsplanes frühzeitig vor Baubeginn notwendig. Im Baustelleneinrichtungsplan sind die entsprechenden Lagen und Standplätze bestimmter Einrichtungen festzulegen.
14.1 Elemente der Baustelleneinrichtung
383
Dies betrifft vor allem: -
Gebäude (Unterkünfte, Magazine, Baustellenwagen, Container, Baracken)
-
Mischanlagen (Betonmischer, Putz- und Estrichmischer)
-
Bearbeitungsflächen (Flächen auf denen vor Ort Bauteile hergestellt werden müssen, z. B. Betonfertigteile)
-
Verkehrsflächen (Erschließungswege auf der Baustelle, sogenannte Baustraßen)
-
Wasserversorgung (Trinkwasser und Brauchwasser)
-
Stromversorgung (Lage und Kapazität der Baustromverteiler)
-
Kranstandplätze (Lage des Baustellenkrans)
(http://www.baulexikon.de/Bautechnik/Begriffe [...] am 27.02.2012) Die Verkehrswege zur Baustelle und auf dem Gelände sind, soweit vorhanden, auf Eignung zu prüfen und ggf. auszubauen, bzw. anzulegen. In vielen Fällen sind auf dem Gelände Baustraßen auszuweisen. Hierbei handelt es sich um Kies-, Beton- oder Asphaltstraßen sowie Rampen, Wendeplätze und Parkplätze, gegebenenfalls Brücken. Es sind die voraussichtlichen Verkehrslasten (Krane, Mischfahrzeuge u. v. m.) zu klären und die Flächen gegebenenfalls ausreichend zu befestigen, um insbesondere die Befahrbarkeit bei schlechten Witterungsverhältnissen (Regen, Schnee) zu gewährleisten. Zweckmäßig kann das Anlegen von Baustraßen auf solchen Flächen sein, die später ohnehin für den Verkehr befestigt werden sollen. Somit erfolgt bereits durch den Baustellenverkehr eine hohe Verdichtung des Untergrundes. Bereits für den Bauverkehr erforderliche Maßnahmen des Unterbaus können in die späteren Straßenbaumaßnahmen einbezogen werden. Ferner gehören dazu Verkehrsregelungen, eventuell Straßen- und Bürgersteigsperrungen, Baustellenbeschilderungen mit Hinweisen zu Einzelbaustellen, Firmen usw. sowie Verkehrszeichen und Signalanlagen entsprechend der Straßenverkehrsordnung. Bei umfangreichen Erdarbeiten, die zwangsläufig eine hohe Verschmutzung der umliegenden Verkehrsflächen zur Folge haben können, ist ein Waschplatz zum Abspritzen zumindest von Fahrzeugreifen, gegebenenfalls sogar eine Fahrzeugwaschanlage zur Reinigung von Baufahrzeugen vor dem Befahren von öffentlichen Straßen vorzusehen. Zäune und Tore dienen zur Abwehr von Personen und (Wild-)Tieren. Ferner gehören Schranken und Toranlagen sowie eventuell Pförtnerhäuschen (bauliche Anlagen z. B. in Form von Containern) dazu. Zu schützen sind in gleicher Weise unkundige Personen, die auf dem Baugelände verunglücken können, wie auch Baugeräte, Baustoffe und halbfertige Bauwerke vor Diebstahl, Beschädigung und Vandalismus. Dieses ist vor allem bei sicherheitsrelevanten Bauvorhaben zu beachten (z. B. Kernkraftwerke, Flughäfen und Startbahnen). Ein gesonderter Wach- und Sicherheitsdienst kann bei großen und damit schwer überschaubaren Baustellen notwendig werden. Hierfür wird ein Wach- und Sicherheitsunternehmen beauftragt, das ein- und ausgehende Personen sowie ein- und ausfahrende Fahrzeuge auf Berechtigung (Baustellenausweis) kontrolliert und diese auch stichprobenartig auf eventuell gestohlene Gegenstände (Werkzeuge, Bauteile u. a.) überprüft.
384
14 Baustelleneinrichtung
Nachts können Kontrollgänge erforderlich sein. Bereits weitgehend fertig gestellte und eingerichtete Räume (Mobiliar, EDV-Ausstattung, Fernsprechanlagen) sind, soweit nicht in ihnen gearbeitet wird, geschlossen zu halten. Bei Rundgängen ist der Verschluss der Räume zu prüfen. Bei notwendigen Arbeiten außerhalb der regulären Arbeitszeit – vor Inbetriebnahme können auch Nachtschichten erforderlich sein – ist die Zugänglichkeit von Räumen durch die Bauleitung zu gewährleisten. Ergänzend zu den vorgenannten Sicherungsmaßnahmen kann ein Notrufsystem erforderlich sein, um im Fall von Personenschäden und technischen Unfällen sowie im Brandfall schnell Hilfe herbeischaffen zu können. Zur Unterbringung der Projektorganisation sind Baubüros in angemieteten Räumen, provisorischen Bauten oder Baucontainern notwendig. Hierzu gehören auch die notwendigen Verund Entsorgungseinrichtungen für Wasser und Abwasser, Fäkalientanks, Elektro- und Telefonleitungen mit Anschlussstationen, Gas- und Öltanks für die Heizung der provisorischen Bauten und Container sowie Außenflächen in Form von Zugängen, Zufahrten und Parkplätzen. Ferner sind zu Informationszwecken Bautafeln aufzustellen. Wohnunterkünfte, die der Unterbringung von Bauarbeitern dienen, können notwendig sein. Mit dem Gesamtumfang der Leistungen nimmt der Anteil von auswärtigen Arbeitskräften überproportional zu. Es werden dann auch hierfür Behelfsbauten und die dazugehörigen Sanitäreinrichtungen erforderlich. Der Bauherr kann hier als Vermieter gegenüber ausführenden Firmen auftreten. Voraussetzung für praktisch sämtliche Bauarbeiten, aber auch für die Nutzung der Baubüros und Wohnunterkünfte ist die (Bau-)Strom-, Gas- und Wasserversorgung. Hierzu zählen Maste, Leitungen, Transformatoren und Übergabestationen für die Verteilung der Medien, die für den Betrieb von Kranen, Mischanlagen u. v. m. benötigt werden. Mit den ortsansässigen Versorgungsunternehmen sind entsprechende Lieferverträge zu schließen. Die Bauwasserversorgung (z. B. für die Mörtel- und Betonherstellung oder die Baureinigung) kann günstigstenfalls durch den frühzeitigen Bau eines evtl. für die spätere Nutzung erforderlichen Löschwassernetzes erfolgen. Hierdurch können provisorische Wasserversorgungsleitungen weitgehend entfallen. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass Löschwasser keine Trinkwassergüte hat, jedoch für die Bautätigkeit von ausreichender Qualität und kostengünstig ist. Der Bauherr stellt den Auftragnehmern, wenn das Baugelände dies zulässt, Flächen für Lager- und Arbeitsplätze unentgeltlich zur Verfügung, soweit diese zur Ausführung bestimmter Aufträge benötigt werden. Darüber hinaus erforderliche Lager- und Arbeitsflächen hat der jeweilige Auftragnehmer selbst zu beschaffen. Die Kosten hierfür sind durch die Vertragspreise abgegolten. Alle Einrichtungen sind zu planen, auszuführen, zu unterhalten und zurückzubauen; anschließend sind die Flächen wiederherzustellen.
14.2
Übergeordnete Baustelleneinrichtung und ihre Kosten
Die Kosten der bauherrenseitigen Baustelleneinrichtung sind gemessen an der Höhe der Gesamtinvestition vergleichsweise gering. Dennoch sollen sie bei der Kostenplanung berücksichtigt werden. Hierzu gehören als sonstige Maßnahmen folgende Kostenanteile: -
Kosten der Baustelleneinrichtung (KG 391/KG 491/KG 591): Einrichten, Vorhalten, Betreiben, Räumen der übergeordneten Baustelleneinrichtung, z. B. Material- und Geräteschuppen, Lager-, Wasch-, Toiletten- und Aufenthaltsräume, Bauwagen, Misch- und
14.2 Übergeordnete Baustelleneinrichtung und ihre Kosten
385
Transportanlagen, Energie- und Bauwasseranschlüsse, Baustraßen, Lager- und Arbeitsplätze, Verkehrssicherungen, Abdeckungen, Bauschilder, Bau- und Schutzzäune, Baubeleuchtung, Schuttbeseitigung -
Bewirtschaftungskosten (KG 772): Baustellenbewachung, Nutzungsentschädigungen während der Bauzeit; Gestellung des Baustellenbüros für Planer und Bauherrn sowie dessen Beheizung, Beleuchtung und Reinigung. (DIN 276-1:2008-12)
Auswertungen eines sehr großen Bauvorhabens in Süddeutschland mit einer langjährigen Ausführungsdauer und einer umfangreichen Baustelleneinrichtung ergaben einen Kostenanteil von knapp unter einem Prozent bezogen auf die Kosten der an die ausführenden Firmen vergebenen Leistungen in Höhe von ca. einer Milliarde Euro. Bei diesem Bauvorhaben verteilten sich die Kosten der bauherrenseitigen Baustelleneinrichtung folgendermaßen: Baustraßen Fahrzeugwaschanlage Zäune und Tore Notrufsystem Wach- und Sicherheitsdienst Baubüros Wohnunterkünfte Baustrom-, Gas- und Wasserversorgung
ca. ca. ca. ca. ca. ca. ca. ca.
Flächen für Lager- und Arbeitsplätze
ca. 0 %
übergeordnete Baustelleneinrichtung gesamt
15 % 1% 2% 1% 17 % 40 % 4% 20 % 100 %.
Die mit ca. 1 % vernachlässigbar gering erscheinenden Kosten der Fahrzeugwaschanlage machten bei diesem Bauvorhaben immerhin ca. 90.000 € aus. Bei der Ausschreibung von Leistungen ist auf die Maßnahmen des Bauherrn hinzuweisen, und es ist bei der Angebotsprüfung bzw. bei den Bietergesprächen zu überprüfen, ob die Bewerber dies bei der Angebotskalkulation in ausreichendem Maße berücksichtigt haben. Die Ausschreibung der übergeordneten Baustelleneinrichtung kann als eigenständige Leistung oder als gesonderter Bestandteil eines großen Leistungsverzeichnisses für den Rohbau erfolgen. Die Form der Leistungsbeschreibung mit Leistungsprogramm ist hierfür üblich und unter Qualitätsgesichtspunkten auch ausreichend. Die Unterscheidung der folgenden Positionen ist mindestens notwendig, um im Falle von zeitlichen Änderungen eine Grundlage für die Nachtragsvereinbarung zu haben: Position Bezeichnung 01 02 03 04
Mengeneinheit
Baustelleneinrichtung aufbauen Baustelleneinrichtung vorhalten Baustelleneinrichtung abbauen und räumen Baustelleneinrichtung über die vereinbarte Bauzeit hinaus vorhalten
psch. Monate psch. Monate
386
14.3
14 Baustelleneinrichtung
Baustelleneinrichtungsplan
Bei größeren Bauvorhaben wird für den Bauherrn wie für die zahlreichen am Projekt Beteiligten zur gegenseitigen Information eine schriftliche bzw. zeichnerische Unterlage benötigt, die jederzeit über den Stand und die geplanten Maßnahmen der Baustelleneinrichtung sowie ihre Benutzer Auskunft geben kann. Es hat sich hierfür ein eigener Baustelleneinrichtungsplan bewährt, der allerdings nicht nur zeichnerische Darstellungen, sondern auch alle anderen wichtigen Sachverhalte in Form von Anmerkungen oder Tabellen enthalten soll. In diesem Plan können auch die Dauern einzelner Aufträge eingetragen werden. Es werden im Baustelleneinrichtungsplan „die Lage und die Standflächen aller Elemente festgelegt. Die wichtigsten Elemente sind: -
Großgeräte: Krane, Autobetonpumpen, ggf. auch Geräte des Spezialtiefbaus, Bagger, Radlader sowie Misch- und Aufbereitungsanlagen;
-
Sozial- und Büroeinrichtungen, Magazine: Büro-, Unterkunfts-, Sanitär- und Sanitätscontainer, Unterkünfte sowie sämtliche Magazine;
-
Verkehrsflächen und Transportwege: Baustraßen, Zu- und Ausfahrten, Werk- und Bearbeitungsflächen, Lager- und Stellflächen sowie Bauaufzüge;
-
Medienversorgung und Entsorgung: Anschluss- und Verteilerschränke der Stromversorgung, Zapfstellen für Wasser, Abwasserentsorgung, einschließlich sämtlicher Leitungsführungen, Stellflächen für Abfallcontainer, ggf. mobile Tankanlagen, Kommunikationsanlagen sowie Druckluftversorgung;
-
Baustellensicherung: Baustellenbeleuchtung, Bauzäune, Zugangseinrichtungen, Gerüste, Absturzsicherungen, Baum- und Gewässerschutz, Winterbaumaßnahmen sowie Maßnahmen des Brand- und Lärmschutzes;
-
sonstige Elemente: Baugruben, Gräben, Verbaue, Böschungen, Grundwasserabsenkungsanlagen, bestehende Leitungen, Schächte usw.“ (Schach, R. und Otto, J. 2008, S. 316)
Die Verantwortlichkeit hierfür ist zu Beginn des Projekts festzulegen. Bei der Darstellung sind folgende Sachverhalte zu beachten: -
gesamte Fläche der Baustelleneinrichtung;
-
öffentliche und Baustellenstraßen (hierbei wird unterschieden, ob vom Auftraggeber oder vom Auftragnehmer erstellt) sowie Fahrzeugwaschplatz oder Waschanlage,
-
geplante, im Bau befindliche und fertig gestellte bzw. vorhandene Bauwerke einschließlich Baugruben,
-
geplante, im Bau befindliche und fertig gestellte bzw. vorhandene Ver- und Entsorgungsleitungen (Wasserleitungen, Telefonleitungen u. v. m., unterschieden danach, ob offen oder im Erdreich verlegt),
-
vorübergehende Bauten der Baustelleneinrichtung wie Zäune und Tore, Bautafeln, Baubüros, Kantine, Wohnlager soweit vorhanden,
14.4 Bereitstellung von Baubüros
387
-
Baustelleneinrichtungsflächen mit Hinweis auf den Auftrag (Auftragsbezeichnung) bzw. Auftragnehmer,
-
Deponien, Entnahmeflächen und Verfüllflächen, z. B. Deponieflächen für Oberboden, Flächen von Kiesentnahmen.
Zur Erläuterung der Planungsinhalte sind tabellarisch darzustellen: -
Legende der Zeichen und Symbole sowie eine
-
Auftrags- und Terminliste.
Die regelmäßige Fortschreibung des Baustelleneinrichtungsplanes und die Verteilung an die Beteiligten sind entsprechend den Veränderungen auf der Baustelle sicherzustellen.
14.4
Bereitstellung von Baubüros
Der Schwerpunkt der bauherrenseitigen Baustelleneinrichtung liegt meist in der Unterbringung der Projektorganisation. Auch nach der Baufertigstellung und der Inbetriebnahme ist die Projektorganisation noch Monate oder auch Jahre mit der Restabwicklung des Projekts befasst, bevor alle aus der Bauausführung resultierenden kaufmännischen und rechtlichen Aufgaben beendet sind (Nachtrags- und Rechnungsbearbeitung, Mängelbeseitigung, Kostenfeststellung und Honorarschlussrechnungen, Rechtsstreitigkeiten und Abschluss der Dokumentation). Die Verteilung der Planer, Bauleiter und Bauherrenvertreter auf zahlreiche, z. T. weit auseinander liegende Büros ist wegen der damit erschwerten Kommunikation (Besprechungen, Fahrten, Postwege) zeitraubend und für eine gute Zusammenarbeit hinderlich. Es ist zweckmäßig einen möglichst großen Teil der Beteiligten räumlich zusammenhängend unterzubringen. Grundsätzlich kommen hierfür die folgenden Möglichkeiten in Frage: -
Anmietung vorhandener Räume in der Nähe der Baustelle
-
Aufstellen von angemieteten Baucontainern oder
-
Aufstellen von gekauften Baucontainern auf der Baustelle und gegebenenfalls
-
Errichten von provisorischen Bauten.
Als Kriterien für eine diesbezügliche Entscheidung kommen die Verfügbarkeit von vorhandenen oder zu schaffenden Flächen, die Dauer der Baustelleneinrichtung, das Platzangebot auf oder in der Nähe der Baustelle, der erforderliche oder gewünschte Komfort der Räumlichkeiten sowie die Kosten der Unterbringung in Betracht. Auf jeden Fall ist die unmittelbare Nähe zur Baustelle notwendig. Die Anmietung von Büros in nahe gelegenen Gebäuden ist sicher die beste und auch oft eine kostengünstige Lösung. Besteht ein entsprechendes Angebot nicht, dann stellt sich die Frage, ob Container angemietet bzw. gekauft oder ob eventuell sogar für eine begrenzte Zeit provisorische Gebäude errichtet werden sollen.
388
14 Baustelleneinrichtung
Kostenvergleiche haben ergeben, dass bei einer voraussichtlichen Nutzungsdauer von zwei Jahren und mehr die Errichtung von vorübergehenden Gebäuden vorteilhaft sein kann. In diesen Fällen sind Genehmigungen einzuholen und technische Voraussetzungen wie Fundamente, Abwasser- und Wasserleitungen, Telefonanschluss u. v. m. zu schaffen. Aufgrund der gegebenen Platzverhältnisse ist zu entscheiden, ob die Unterbringung ein- oder mehrgeschossig erfolgen kann oder muss. Während Container sich zwei- oder dreigeschossig stapeln lassen, kommt für kostengünstige Behelfsbauten meist nur eine eingeschossige, selten eine zweigeschossige Bauweise in Frage. Andererseits ist die funktionale Gestaltung bei Containern wegen ihrer Grundabmessungen (Größe von 6,00 m x 2,50 m) begrenzt, wenn es z. B. darum geht, Gruppenraumbüros oder größere Besprechungsräume zu bilden. Da die Erschließung bei Containern meist jeweils von außen erfolgt, entfallen die bei größeren Flächen sonst üblichen Erschließungen, z. B. ein Mittelgang. Nachteilig bei Containern ist das häufig anzutreffende Barackenklima, sofern nicht zumindest im Sommer durch Zusatzkonstruktionen ein gewisses Maß an Beschattung gewährleistet wird. Während Container auch in größerer Stückzahl oft innerhalb von zwei Monaten, eventuell auch in kürzerer Zeit angemietet oder erworben werden können, muss für die Errichtung von provisorischen Gebäuden einschließlich Ausschreibung mit etwa sechs Monaten gerechnet werden.
14.5
Baustellenverordnung
Zum 01.07.1998 ist die Verordnung über Sicherheit und Gesundheitsschutz auf Baustellen (Baustellenverordnung – BaustellV, zuletzt geändert am 23.12.2004) in Kraft getreten. Die Pflichten aus der Baustellenverordnung treffen in erster Linie den Bauherrn. Dieser kann die daraus erwachsenden Verpflichtungen an einen Sicherheits- und Gesundheitsschutzkoordinator (SiGe-Koordinator, SiGeKo) delegieren. Der Architekt hat diesbezüglich gegenüber dem Bauherrn eine Beratungspflicht. Er hat den Bauherrn auf alle Aufgaben hinzuweisen, die sich aus der Baustellenverordnung ergeben. Die Baustellenverordnung gilt für alle Bauvorhaben, bei denen eine oder mehrere bauliche Anlagen errichtet, geändert oder abgebrochen werden. Die Aufgaben beziehen sich sowohl auf die Vorbereitung als auch auf die Ausführung des Bauvorhabens. Nachfolgende Abbildung 14.1 gibt einen Auszug aus der Baustellenverordnung wieder.
14.5 Baustellenverordnung
389
Baustellenverordnung (BaustellV) […] § 1 Ziele, Begriffe (1) Diese Verordnung dient der wesentlichen Verbesserung von Sicherheit und Gesundheitsschutz der Beschäftigten auf Baustellen. (2) Die Verordnung gilt nicht für Tätigkeiten und Einrichtungen im Sinne des § 2 des Bundesberggesetzes. (3) Baustelle im Sinne dieser Verordnung ist der Ort, an dem ein Bauvorhaben ausgeführt wird. Ein Bauvorhaben ist das Vorhaben, eine oder mehrere bauliche Anlagen zu errichten, zu ändern oder abzubrechen. § 2 Planung der Ausführung des Bauvorhabens (1) Bei der Planung der Ausführung eines Bauvorhabens, insbesondere bei der Einteilung der Arbeiten, die gleichzeitig oder nacheinander durchgeführt werden, und bei der Bemessung der Ausführungszeiten für diese Arbeiten, sind die allgemeinen Grundsätze nach § 4 des Arbeitsschutzgesetzes zu berücksichtigen. (2) Für jede Baustelle, bei der 1. die voraussichtliche Dauer der Arbeiten mehr als 30 Arbeitstage beträgt und auf der mehr als 20 Beschäftigte gleichzeitig tätig werden, oder 2. der Umfang der Arbeiten voraussichtlich 500 Personentage überschreitet, ist der zuständigen Behörde spätestens zwei Wochen vor Einrichtung der Baustelle eine Vorankündigung zu übermitteln, die mindestens die Angaben nach Anhang I enthält. Die Vorankündigung ist sichtbar auf der Baustelle auszuhängen und bei erheblichen Änderungen anzupassen. (3) Ist für eine Baustelle, auf der Beschäftigte mehrerer Arbeitgeber tätig werden, eine Vorankündigung zu übermitteln, oder werden auf einer Baustelle, auf der Beschäftigte mehrerer Arbeitgeber tätig werden, besonders gefährliche Arbeiten nach Anhang II ausgeführt, so ist dafür zu sorgen, daß vor Einrichtung der Baustelle ein Sicherheits- und Gesundheitsschutzplan erstellt wird. Der Plan muß die für die betreffende Baustelle anzuwendenden Arbeitsschutzbestimmungen erkennen lassen und besondere Maßnahmen für die besonders gefährlichen Arbeiten nach Anhang II enthalten. Erforderlichenfalls sind bei Erstellung des Planes betriebliche Tätigkeiten auf dem Gelände zu berücksichtigen. § 3 Koordinierung (1) Für Baustellen, auf denen Beschäftigte mehrerer Arbeitgeber tätig werden, sind ein oder mehrere geeignete Koordinatoren zu bestellen. Der Bauherr oder der von ihm nach § 4 beauftragte Dritte kann die Aufgaben des Koordinators selbst wahrnehmen. (1a) Der Bauherr oder der von ihm beauftragte Dritte wird durch die Beauftragung geeigneter Koordinatoren nicht von seiner Verantwortung entbunden. (2) Während der Planung der Ausführung des Bauvorhabens hat der Koordinator 1. die in § 2 Abs. 1 vorgesehenen Maßnahmen zu koordinieren, 2. den Sicherheits- und Gesundheitsschutzplan auszuarbeiten oder ausarbeiten zu lassen und 3. eine Unterlage mit den erforderlichen, bei möglichen späteren Arbeiten an der baulichen Anlage zu berücksichtigenden Angaben zur Sicherheit und Gesundheitsschutz zusammenzustellen. (3) Während der Ausführung des Bauvorhabens hat der Koordinator […] Abb. 14.1:
Baustellenverordnung - Auszug
(http://www.gesetze-im-internet.de/baustellv/ am 04.04.2012)
390
14.5.1
14 Baustelleneinrichtung
Baustellensicherheit, insbesondere Brandschutz
Auf Baustellen werden brennbare Materialien eingesetzt, und es werden brandgefährliche Arbeiten ausgeführt. Daraus ergibt sich eine große Brand- und Brandausbreitungsgefahr. Verantwortlich für die Einhaltung des Brandschutzes auf der Baustelle ist in der Regel der Bauleiter oder der Brandschutzverantwortliche. „Brandgefährliche Arbeiten sind vor allem -
Heißarbeiten, wie z. B. Schweißen, Schneiden, Löten, Trennschleifen, Flammstrahlen, Auftauen, Wärmen oder Farbabbrennen,
-
Arbeiten mit leichtentzündlichen Stoffen, wie z. B. Teer-, Asphalt-, Bodenlege-, Dachdecker-, Spengler- und Farbspritzarbeiten,
-
Elektroinstallationsarbeiten und
- Arbeiten mit mobilen Heizanlagen […].“ (Schach, R. und Otto. J. 2008, S. 240) Brandschutz und Brandbekämpfung sollen bei gefahrreichen Baustellen in einer Baustellenordnung geregelt sein. Sie wird vom Bauherrn veranlasst und ist Bestandteil der Verträge aller Auftragnehmer des Bauherrn. Abbildung 14.2 zeigt auszugsweise eine Baustellenordnung. Baustellenordnung, insbesondere Brandschutz – Beispiel DRK-Kliniken, Berlin 7. Brandschutz Jeder Auftragnehmer hat im Rahmen seines Wirkungsbereiches dafür zu sorgen, daß jegliche Brandgefahr vermieden wird. Darüber hinaus hat er ausreichende Maßnahmen für eine Brandbekämpfung zu treffen. 7.1. Brandverhütung Der Auftragnehmer hat dafür zu sorgen, daß auf der Baustelle, in Arbeitsräumen und in den Unterkünften die erforderlichen Feuerlöscher an den entsprechend gekennzeichneten Plätzen vorhanden sind. Der Einsatz brennbarer oder leicht entzündlicher Stoffe ist auf das unbedingt notwendige Maß zu beschränken. Die Höchstmenge am Arbeitsplatz ist auf einen Tagesbedarf zu begrenzen. Behälter mit brennbaren Flüssigkeiten sind entsprechend zu kennzeichnen.
Die Lagerung brennbarer Flüssigkeiten hat nach den „Technischen Regeln für brennbare Flüssigkeiten“ (TRbF) zu erfolgen. Die Lagerung brennbarer Gase hat nach den „Technischen Regeln Druckbehälter“ (TRB 610) bzw. den „Technischen Regeln Druckgase“ (TRG 280) an den dafür vorgesehenen Stellen unter Berücksichtigung der entsprechenden Rechtsvorschriften zu erfolgen. Gasflaschen für verschiedene Gase sind voneinander getrennt und nicht mit anderen brennbaren Stoffen gemeinsam zu lagern. Sie sind gegen Umfallen und liegende Flaschen gegen Wegrollen zu sichern. Es sind nur Gasschläuche nach DIN 8541 zu benutzen. Schläuche und Armaturen sind gegen Beschädigungen zu sichern (siehe GM = D 31). Ein Schweißerlaubnisschein ist grundsätzlich auszustellen. […].“ Abb. 14.2:
Baustellenordnung, hier Brandschutz – Beispiel DRK-Kliniken
(http://www.drk-kliniken-berlin.de [...], am 04.04.2012)
14.5 Baustellenverordnung
14.5.2
391
Umweltschutz auf Baustellen, insbesondere Baumschutz
Bei der Errichtung und beim Betrieb von Baustellen sind die Belange des Umweltschutzes zu beachten. Dazu gehören neben dem Brandschutz insbesondere der Lärmschutz, der Baumschutz und der Gewässerschutz. Auf der Grundlage der sehr umfangreichen einschlägigen Gesetze, Normen und Verordnungen sind für den Einzelfall Regeln aufzustellen, die für alle am Bau Beteiligten zugänglich und verständlich sind. Sie sollen Bestandteil der Verträge aller Auftragnehmer sein und werden damit verpflichtend. Die Stadt Heidelberg, vertreten durch das Amt für Umweltschutz, Gewerbeaufsicht und Energie, hat eine Verordnung für Baumschutz aufgestellt (vgl. Abbildung 14.3). Baumschutz auf Baustellen - Die wichtigsten Regeln und Hilfen
Grundsätzlich gilt: Der Kronenschirm von Bäumen entspricht der Wurzelfläche im Boden. 1. Es müssen vor Baubeginn Schutzzäune um den Bereich der Kronenschirmfläche erstellt werden. In begründeten Fällen können Abweichungen zugelassen werden. 2. Es dürfen keine Verdichtungen des Bodens im Kronenbereich durch Befahren oder Materialablagerungen stattfinden. Ist ein Befahren des Bereichs unter der Krone nicht zu vermeiden, muss eine Baupiste aus Schutzvlies, Kiesel oder Stahlplatte angelegt werden. 3. Bodenauftrag und Bodenabtrag sind im gesamten Wurzelbereich verboten. Ist ein Überfüllen des Bodens unter der Krone nicht zu vermeiden, darf nur luft- und wasserdurchlässiges Material aufgebracht werden. Der unmittelbare Stammbereich in einer Baumscheibe von mindestens 2,5 Meter Radius muss frei bleiben. Wurzelatmung muss gewährleistet sein. 4. Verunreinigungen des Bodens mit Öl, Chemikalien oder Zementwasser sind verboten. 5. Sämtliche Arbeiten an Bäumen sind von Fachfirmen des Garten- und Landschaftsbaus oder von anerkannten Fachfirmen der Baumpflege durchzuführen. 6. Grabarbeiten im Wurzelbereich dürfen nur in Handarbeit erfolgen. 7. Grundsätzlich sind Wurzelverletzungen zu vermeiden! Ist dies nicht möglich, müssen die Wurzeln fachgerecht abgeschnitten werden. Freigelegtes Wurzelwerk ist mit Jute oder Frostschutzmatten abzudecken und bei trockener Witterung zu bewässern. 8. Bei Baugruben in Baumnähe ist ein Wurzelvorhang (Schutzvorrichtung bei Wurzelabgrabungen) zu errichten. 9. Das Verlegen von Leitungen muss fachgerecht durch Unterfahren (Durchbohren) erfolgen. 10. Für Rückfragen steht Ihnen das Amt für Umweltschutz, Gewerbeaufsicht und Energie unter der Telefonnummer […] /Herr […], zur Verfügung. Abb. 14.3:
Baumschutz auf Baustellen - Beispiel Stadt Heidelberg
(Stadt Heidelberg: Baumschutz auf Baustellen, https://formulare.virtuelles-rathaus.de)
15
Ablauf- und Terminplanung
Wesentliche Voraussetzung für eine wirtschaftliche Baudurchführung ist eine sorgfältige Ablauf- und Terminplanung. Infolge der arbeitsteiligen Struktur der Bauwirtschaft ist in den meisten Fällen der Bauprozess so komplex geworden, dass eine zügige Baufertigstellung nur mit Hilfe einer detaillierten Ablauf- und Terminplanung sichergestellt werden kann. Das nahtlose Ineinandergreifen der einzelnen Unternehmerleistungen ergibt sich nicht von selbst, sondern muss im Voraus geplant werden. Die Planung, Kontrolle und Steuerung der Planung und Ausführung von Bauvorhaben ist eine Aufgabe, an der Bauherr, Planer, Bauleitung und ausführende Unternehmen gemeinsam beteiligt sind. Vorteilhaft ist insbesondere für die Auftragnehmer eine klar strukturierte und termingerechte Planung der Planung einschließlich aller vom Bauherrn selbst zu treffenden Planungsentscheidungen. Dies ist auch dann erforderlich, wenn die Nutzer noch nicht bekannt sind oder von den Nutzern nur schwer Angaben zu erhalten sind. Entsprechend dem Projektfortschritt muss auch die Detaillierung der Terminplanung immer mehr zunehmen. Ziel ist die Ermittlung und Einhaltung einer optimalen Ausführungsdauer. Diese sollte natürlich – aus der Sicht des Bauherrn – so kurz wie möglich sein, denn während der Bauzeit fallen Zinsen an, die umso geringer sind, je schneller das Gebäude in Betrieb genommen werden kann. Dem können allerdings Preisaufschläge der ausführenden Unternehmen für eine beschleunigte Bauausführung gegenüberstehen. In den meisten Fällen wird der Bauherr den Endtermin für die Bauausführung bzw. den Inbetriebnahmetermin vorgeben. An diesem Datum orientieren sich alle Zeitvorgaben für die übrigen Projektbeteiligten. Dabei ist es zunächst die Aufgabe des überwachenden Architekten, gegebenenfalls einer Projektsteuerung, die Terminvorstellungen des Bauherrn fachtechnisch umzusetzen und auf Durchführbarkeit, Risiken und Kostenauswirkungen zu prüfen. Aufgrund dieser Prüfung mittels eines ersten Rahmenterminplanes oder eines Generalterminplanes ist der Fertigstellungstermin zu bestätigen oder gegebenenfalls nach Korrektur zu beschließen. Hierbei sind nicht nur die technische Machbarkeit, sondern insbesondere auch wirtschaftliche Gesichtspunkte zu berücksichtigen (Baukosten, Betriebsplanung, betriebswirtschaftliche Aspekte). Die einzelnen Auftragnehmer sind im Allgemeinen auch daran interessiert, ihre Leistungen so zügig wie möglich zu erbringen. Allerdings ist es für sie vorrangig, die Gesamtheit ihrer Aufträge in einer für sie selbst kostenminimalen Weise abzuwickeln. Die Termineinhaltung der einzelnen Aufträge ist dagegen für sie zunächst zweitrangig. Vor einer zu starken Berücksichtigung dieses Eigeninteresses der Auftragnehmer muss sich der Bauherr durch vertragliche Terminvereinbarungen gegebenenfalls auch unter Androhung von Vertragsstrafen schützen. Dieser Schutz wirkt allerdings nur dann, wenn der zugrunde gelegte Terminplan hinsichtlich der Reihenfolge und der Dauer der einzelnen Bauleistungen
394
15 Ablauf- und Terminplanung
stimmig ist und die Termine im Wesentlichen eingehalten werden können. Kommt dagegen der ganze Terminplan ins Rutschen, so sind auch die vertraglich vereinbarten Termine hinfällig. Insofern ist die Einhaltung des geplanten Fertigstellungstermins auch in hohem Maße von der Qualität des Terminplanes abhängig. Das Aufstellen und Überwachen eines Zeitplans ist eine (Grund-)Leistung der Leistungsphase 8. Objektüberwachung (Bauüberwachung) gemäß HOAI (vgl. Kapitel 19.4). An ihre Stelle kann die Besondere Leistung Aufstellen, Überwachen und Fortschreiben von differenzierten Zeit-, Kosten- und Kapazitätsplänen treten. Aus der Tatsache, dass das Aufstellen und Überwachen eines Zeitplanes (Balkendiagramm) der Leistungsphase 8 zugeordnet ist, wird oft irrtümlich geschlossen, dass ein Terminplan nur für die Bauausführung erforderlich sei. Es werden im Leistungsbild weitere Aufgaben genannt, die zur Terminplanung zählen: -
Integrieren der Leistungen anderer an der Planung fachlich Beteiligter
-
Koordinieren der Leistungsbeschreibungen der an der Planung fachlich Beteiligten
-
Zusammenstellen der Leistungen der fachlich Beteiligten, die an der Vergabe mitwirken
-
Koordinieren der an der Objektüberwachung fachlich Beteiligten
-
Führen des Bautagebuchs
-
Abnahme der Bauleistungen unter Mitwirkung anderer an der Planung und Objektüberwachung fachlich Beteiligter und Auflisten der Verjährungsfristen für Mängelansprüche
-
Überwachung der Beseitigung der bei der Abnahme der Bauleistungen festgestellten Mängel, die innerhalb der Verjährungsfristen für Mängelansprüche auftreten.
15.1
Grundsätzliche Gesichtspunkte der Terminplanung
Erste Aussagen zur Terminierung eines Projektes gehen grundsätzlich von einem Idealablauf aus. Unabhängig von diesem möglichen oder gewünschten Ablauf sind eine Reihe von äußeren Projektbedingungen zu beachten, die wesentlich für die tatsächlich erreichbaren Dauern und daher zu berücksichtigen sind. Hierzu gehören die folgenden Fragen: -
Soll ein Architektenwettbewerb ausgelobt werden?
-
Wie steht es um die Art und Struktur und um die Entscheidungsfreudigkeit des Bauherrn? Je größer die Bauherrenorganisation ist, je stärker deren Arbeit formalisiert ist und sie außen stehenden Prüfinstanzen (Rechnungshof, Finanzministerium, Öffentlichkeit, Wirtschaftsprüfer) Rechenschaft schuldet, desto länger dauern oft die notwendigen Entscheidungen. Dagegen können bei privaten Bauherren, oft vertreten durch Einzelpersonen, Entscheidungen schnell erwartet werden.
-
Können innerhalb der Projektorganisation alle erforderlichen Terminvereinbarungen einvernehmlich und ohne unkalkulierbare Risiken getroffen werden? Dies gilt für Bauherren, Planer und beteiligte Nutzer in gleicher Weise. Der gemeinsamen Entwicklung mindestens des Generalterminplanes ist hohes Gewicht beizumessen.
15.2 Verfahren der Terminplanung
395
Zur Dokumentation diesbezüglicher Entscheidungen haben sich von den Beteiligten unterzeichnete Besprechungsprotokolle als zweckmäßig erwiesen. -
Welche Gliederungsmöglichkeiten bieten sich für eine erste Grobterminplanung (Generalterminplanung) an? Zweckmäßig ist die Orientierung an den Leistungsphasen der HOAI. Auch eine Unterscheidung von Leistungen nach den Aufgaben der Projektbeteiligten (Bauherr, Architekt u. a.) hat sich als hilfreich erwiesen.
-
Welche Vorgänge können zeitgleich erfolgen, um die Gesamtdauer zu verkürzen oder um Engpässe zu vermeiden? Sinnvoll ist z. B. die frühzeitige Abstimmung der Planung mit den zuständigen Genehmigungsbehörden über Voranfragen. Hierdurch kann häufig die notwendige Prüfungsdauer des Baugesuches verkürzt werden.
-
Wie lange dauert es bis zur Erteilung der Baugenehmigung? Nach § 69 SächsBO muss die Bauaufsichtsbehörde binnen drei Monaten nach vollständigem Eingang des Bauantrages und der Bauvorlagen über den Bauantrag entscheiden. Bei Vorliegen eines wichtigen Grundes kann die Frist um höchstens zwei Monate verlängert werden.
-
Ist ein Baubeginn vor der förmlichen Baugenehmigung möglich? Nach Abstimmung mit der Genehmigungsbehörde kann z. B. dann mit einzelnen Leistungen begonnen werden, wenn der Genehmigung grundsätzlich nichts im Wege steht und wenn Art und Umfang der begonnenen Arbeiten möglichen Änderungsanforderungen aus der Baugenehmigung nicht entgegenstehen (Erdarbeiten, Entwässerungskanalarbeiten, Baugrubensicherung).
-
Welche Art der Leistungsbeschreibung wird gewählt und wie groß sind die Leistungsumfänge? Die notwendige Dauer der Planung wie auch der Leistungsbeschreibung ist davon abhängig, ob die Bauleistungen in Fachlosen oder an einen Generalunternehmer vergeben werden sollen. Ferner hängt sie auch davon ab, ob die Ausschreibung öffentlich, gegebenenfalls sogar europaweit erfolgen soll.
-
Kann die erforderliche Dauer der Bauausführung unter Berücksichtigung jahreszeitlicher Bedingungen vorteilhaft gestaltet werden? Der Zeitpunkt des Baubeginns wird allgemein im März als günstig angesehen. Bis zum Spätherbst, etwa Anfang November, sollte das Gebäude winterfest sein, d. h. Dachabdichtung und Fassade müssen wind- und regendicht sein, erforderlichenfalls sind Schutzmaßnahmen vorzusehen.
15.2
Verfahren der Terminplanung
Die Erstellung eines Terminplanes für ein Projekt ist ohne vorherige Klärung der Ablaufstruktur dieses Projektes nicht möglich. Der Ablaufstrukturplan, in dem die Vorgänge und Ereignisse des Bauprozesses in ihrer logischen Abfolge dargestellt werden, ist daher Voraussetzung für die Terminplanung. Zunächst ist also der Ablaufstrukturplan zu erstellen und daraus der Terminplan zu entwickeln. Geht man etwas weiter in die Einzelheiten bei der Erstellung eines Terminplanes für ein Projekt, so sind folgende Schritte zu unterscheiden (siehe Abbildung 15.1):
396
15 Ablauf- und Terminplanung Projektdefinition: Ziele, Aufgaben, Randbedingungen
Projektaufgliederung
Arbeitspaket
Arbeitspaket
Arbeitspaket
Vorgänge, Ereignisse, Abhängigkeiten
Ablaufstrukturplan
Dauer der Vorgänge
Terminplan
Abb. 15.1:
Arbeitsschritte zur Erstellung eines Terminplans
(1) Projektdefinition: (2) Projektaufgliederung:
(3) Analyse der Vorgänge, Ereignisse u. Abhängigkeiten: (4) Ablaufstrukturplan:
(5) Vorgangsdauer:
Klären der Ziele, Aufgaben und Randbedingungen eines Projekts z. B. graphische Darstellung in Form eines Projektstrukturplanes (siehe Abbildung 15.2); dabei wird das Projekt über mehrere Strukturebenen mehr und mehr aufgegliedert bis es in einzelne gut überschaubare Arbeitspakete aufgeteilt ist Analyse aller im Projekt verzeichneten Arbeitspakete mit dem Ziel der Erfassung aller Vorgänge, Ereignisse und Abhängigkeiten Umsetzung der einzelnen Vorgänge und Ereignisse unter Berücksichtigung ihrer Abhängigkeiten in einen Ablaufstrukturplan Ermittlung der erforderlichen Dauer für jeden Vorgang und Erfassen aller übrigen zeitlichen Randbedingungen
15.2 Verfahren der Terminplanung
397
Projektziel: Erstellung eines Betriebsgebäudes
Planung
Vergabe
Ausführung und Überwachung
Inbetriebnahme, Objektbetreuung
Grundlagenermittlung
Vorbereitung der Vergabe
Erdarbeiten
Inbetriebnahme
Vorplanung
Mitwirkung bei d. Vergabe
Mauerarbeiten
Mängelbeseitigung
Entwurfsplanung
Betonarbeiten
Dokumentation
Genehmigungsplanung
Malerarbeiten
Ausführungsplanung
u.v.m.
Abb. 15.2: Projektstrukturplan mit Arbeitspaketen Anmerkung: Bei Bedarf kann der Projektstrukturplan weiter untergliedert werden, z. B. die Entwurfsplanung in Objektplanung, Tragwerksplanung, Planung der Technischen Anlagen oder die Vergabe nach den einzelnen Leistungsbereichen.
In der DIN 69 900 Netzplantechnik sind wesentliche Begriffe der Terminplanung definiert: Ereignis:
Eintreten eines definierten Zustandes im Projektablauf (Dauer = 0)
Vorgang:
zeiterforderndes Geschehen mit definiertem Anfang und Ende
Anordnungsbeziehung:
quantifizierbare Abhängigkeit zwischen Ereignissen oder Vorgängen laut DIN 69 900
Normalfolge (NF):
vom Ende des Vorgangs zum Anfang des Nachfolgers
Anfangsfolge (AF):
vom Anfang des Vorgangs zum Anfang des Nachfolgers
Endfolge (EF):
vom Ende des Vorgangs zum Ende des Nachfolgers
Sprungfolge (SF):
vom Anfang des Vorgangs zum Ende des Nachfolgers
Kritischer Weg:
Weg, auf dem die Ereignisse bzw. Vorgänge so angeordnet sind, dass die gesamte Pufferzeit ein Minimum ist.
398
15 Ablauf- und Terminplanung
Zur Ermittlung der Vorgangsdauern dienen Zeitbedarfswerte (siehe Greiner, P.; Mayer, P.E.; Stark, K. 2005, S. 152 ff.). Es gibt unterschiedlichste Darstellungsformen für Terminpläne: Balkendiagramm, Weg-Zeit-Diagramm, Netzplan (vgl. Abbildungen 15.3 bis 15.5).
Planung Ausschreibung Rohbau Ausschreibung Ausbau Ausführung Rohbau Ausführung Ausbau Inbetriebnahmeplanung 0
50
100
150
200
250 Arbeitstage
Abb. 15.3:
Balkenplan
Beim Balkenplan (Balkendiagramm) werden die einzelnen Vorgänge als Balken über der Zeitachse aufgetragen, wobei ihre Länge der Vorgangsdauer entspricht. Durch diese zeitproportionale Darstellung ermöglicht der Balkenplan eine gute zeitliche Orientierung, z. B. Identifizieren des momentanen Zeitpunktes und eine gute Ablesbarkeit der Vorgangsdauern, der Gleichzeitigkeit und des Zeitabstandes von Vorgängen sowie eine gute Darstellung von Soll-Ist-Abweichungen. Man kann auch die logischen Abhängigkeiten und Pufferzeiten im Balkenplan (vernetzter Balkenplan) ausweisen, allerdings leidet unter ihrer vollständigen Darstellung meistens die Übersichtlichkeit des Terminplanes. Beim Balkenplan wird als Zeitachse (Abszisse) eine Intervallskala verwendet, während die Ordinate nominal skaliert ist, an der die einzelnen Vorgänge und Ereignisse aufgetragen werden, ohne dass damit eine Reihenfolge festgelegt sein muss. Eine andere Darstellungsform eines Terminplanes arbeitet bei beiden Koordinatenachsen mit Intervallskalen, mit einer Zeitachse und einer Achse für den Baufortschritt. Die einzelnen Vorgänge werden dabei als Linien dargestellt, weswegen man diese Darstellungsform auch als Liniendiagramm bezeichnet. Der Baufortschritt kann als Weglänge (km beim Straßenbau), als Menge (Häuser bei Reihenhausanlagen, Prozentanteil) oder als Wert (Kosten) an der Abszisse oder an der Ordinate abgebildet werden. Die Bezeichnung für diese beiden Varianten ist in der baubetrieblichen Literatur nicht einheitlich. Greiner/Mayer/Stark (2005, S. 136 ff.) bezeichnen die Darstellungsform, bei der der Baufortschritt an der Ordinate nach oben hin abgetragen wird, als Weg-Zeit-Diagramm und sprechen vom V/Z-Diagramm (Volumen-Zeit-Diagramm), wenn der Baufortschritt an der Abszisse und die Zeit an der Ordinate nach unten abgetragen wird.
15.2 Verfahren der Terminplanung
399
Kochendörfer/Viering/Liebchen (2004, S. 95 ff) verwenden diese beiden Begriffe genau umgekehrt. Im Folgenden werden die Begriffe wie bei Greiner/Mayer/Stark verwendet.
Aus füh Aus rung bau
Aus füh Roh rung b au
Aus sch Aus reibun g bau
100%
Aus sch Roh reibun g b au
Baufortschritt
Plan ung
Dementsprechend wird das Weg-Zeit-Diagramm in einem Koordinatensystem dargestellt, bei dem an der Abszisse die Zeiteinheiten und an der Ordinate der Baufortschritt in %, in Geschossen (bei Hochhäusern) o. Ä. abgetragen wird (siehe Abbildung 15.4). Die einzelnen Vorgänge stellen sich dabei als nach rechts oben gerichtete Linien dar, die umso steiler sind, je schneller die Leistungen voranschreiten. Im Gegensatz dazu nehmen beim Volumen-ZeitDiagramm die voranschreitenden Vorgänge einen nach rechts unten gerichteten Verlauf.
80% 60% Inbetriebnahmeplanung
40% 20% 0% 0 Abb. 15.4:
50
100
150
200
250 Arbeitstage
Weg-Zeit-Diagramm
Das Linien-Diagramm ermöglicht ebenfalls durch die grafische, zeitproportionale Darstellung eine gute zeitliche Orientierung und eine gute Ablesbarkeit der Vorgangsdauern und der Gleichzeitigkeit der Vorgänge sowie eine gute Darstellung von Terminabweichungen. Besonders gut ablesbar ist der Baufortschritt. Die Darstellungsform des Netzplanes ist der Graph. „Ein Graph ist ein Netzwerk aus Knoten und verbindenden Strecken.“ (Müller-Merbach, H. 1973, S. 238) Die gerichtete Verbindung zwischen zwei Knoten wird in der Graphentheorie als gerichtete Kante (Pfeil) bezeichnet. Man unterscheidet Vorgangspfeil-Netzpläne, Vorgangsknoten-Netzpläne und EreignisknotenNetzpläne (DIN 69 900). Bei dem in Abbildung 15.6 dargestellten Netzplan handelt es sich um einen Vorgangsknoten-Netzplan.
400
15 Ablauf- und Terminplanung
Beim Aufstellen dieses Terminplanes wird zuerst auf der Grundlage der aufgelisteten Vorgänge und ihrer Anordnungsbeziehungen (vgl. Abbildung 15.5) die Ablaufstruktur in Form des Netzplanes dargestellt. Danach werden in einer Vorwärtsrechnung die frühestmöglichen Anfänge der Vorgänge einschließlich des frühestmöglichen Projektendes ermittelt. Danach werden in einer Rückwärtsrechnung die – bei Einhaltung des angestrebten frühestmöglichen Projektendes – spätestzulässigen Endtermine der einzelnen Vorgänge berechnet. Vorgänge, bei denen die frühestmöglichen und spätestzulässigen Termine gleich sind, liegen auf dem kritischen Weg. Liegt der frühestmögliche vor dem spätestzulässigen Termin, so verfügt der betreffende Vorgang über eine Pufferzeit. Der Netzplan ermöglicht durch seine ablauforientierte Darstellung eine gute Ablesbarkeit des Projektablaufes in seinen einzelnen Schritten und der Abhängigkeiten. In den Netzplänen werden so wichtige Informationen wie frühestmögliche und spätestzulässige Termine sowie Zeitreserven (Pufferzeiten) vermerkt. Außerdem lässt sich mit Hilfe eines Netzplanes der kritische Weg (die Vorgangsfolge, bei der die Gesamtpufferzeit minimal ist und Verzögerungen deswegen am ehesten den geplanten Endtermin gefährden) darstellen. Unter anderem dadurch werden Engpässe bzw. deren Konsequenzen frühzeitig erkennbar; die Konsequenzen von Steuerungsmaßnahmen sind einfach zu ermitteln. Ein Nachteil des Netzplanes besteht darin, dass die Darstellung nicht zeitproportional erfolgt und damit keinen optischen Überblick über den Stand der einzelnen Vorgänge und des Projektes insgesamt vermittelt. Nr.
Vorgang
0 1 2
4 5 6
Start Planung Ausschreibung und Vergabe Rohbauarbeiten Ausschreibung und Vergabe Ausbauarbeiten *) Ausführung Rohbauarbeiten Ausführung Ausbauarbeiten ***) Inbetriebnahmeplanung
7
Ende
3
Abb. 15.5:
*) **)
Dauer (Arbeitstage)
unmittelbarer Vorgänger
unmittelbarer Nachfolger
0 50 25
0 1
1 2,3,6 4
35
1
5 **)
75 100 20
2 3,4 1
5 7 **)
0
5,6
-
7
Dauern und Abhängigkeiten der Vorgänge eines Terminplans
Baukonstruktiver Ausbau und Technische Anlagen. z. T. überlappen sich die Ausbauarbeiten sowohl bei der Ausschreibung und Vergabe als auch bei der Ausführung (Aufzugsanlagen sollten wegen der Einbaumaße sogar vor den Rohbauarbeiten vergeben werden). ***) Mit der Ausführung des Ausbaus kann 50 Tage nach dem Beginn der Rohbauarbeiten begonnen werden (Anfangsfolge); für alle anderen Vorgänge gilt die Normalfolge.
15.3 Unterschiedliche Detaillierung der Terminplanung
401 50 70 6 / 20 In b e t r ie b nahm ep la n u n g 205 225
0 / 0
0
50 1 / 50
S ta rt
P la n u n g
0
0
0
0
0
50
50 85 3 / 35 A u ssc h reib u n g A u sb au 90 125
AF = 50
50 75 2 / 25 A u ssc h reib u n g R ohbau 50 75
fa i
fe i
N r. / D i T ä tig k e it sai
Abb. 15.6:
15.3
sei
N r. Di fa i fe i sai sei
125 225 5 / 100 A u sfü h ru n g A u sb au 125 225
225 225 7 / 0 Ende 225
225
75 150 4 / 75 A u sfü h ru n g R ohbau 75 150
= = = = = = =
N u m m e r d e r T ä tig k e it D a u e r d e r T ä tig k e it fr ü h e s tm ö g lic h e r A n fa n g fr ü h e s tm ö g lic h e s E n d e s p ä te s tz u lä s s ig e r A n fa n g s p ä te s tz u lä s s ig e s E n d e k r itis c h e r W e g
Netzplan und Darstellung
Unterschiedliche Detaillierung der Terminplanung
Eine wirksame Terminplanung beschränkt sich nicht auf die Bauausführung. Vielmehr beginnt sie mit den ersten Planungsphasen und beinhaltet eine abgestimmte Gliederung aller Leistungsphasen vom Planungsbeginn bis zur Inbetriebnahme und Mängelbeseitigung. Im Rahmen einer dem Projekt angemessenen Detaillierung sind alle Planungs- und Ausführungsleistungen in Ablaufplänen darzustellen, zu überwachen und zu steuern. Für die hierbei definierten Vorgänge, z. B. Ausschreibung der Rohbauleistungen, sind nicht nur die Dauern der einzelnen Vorgänge sorgfältig zu ermitteln, sondern es müssen alle Abhängigkeiten erfasst und berücksichtigt werden, z. B. Organisation der Ausführungsplanung, Fristen für die Angebotseinholung, geplanter Baubeginn u. v. m. Hierbei stützt man sich zunächst auf Erfahrungswerte (Kapazitäten, technische Abhängigkeiten u. a.), die bei ähnlichen Bauvorhaben gewonnen wurden und stimmt diese Vorgaben soweit wie möglich mit anderen Beteiligten ab.
402
15 Ablauf- und Terminplanung
Für die Gliederung der Abläufe gibt es keine verbindlichen Regeln. Entscheidend sind in jedem Fall Größe, Komplexität und voraussichtliche Dauer sowie die Organisation der Planung und Ausführung. Auch die Darstellung der Terminplanung bzw. ihrer Ergebnisse kann in unterschiedlicher Form erfolgen. Werden EDV-Programme für die Terminplanung eingesetzt, so kann meistens ein und derselbe Terminplan sowohl als Terminliste, als Netzplan, als Balkenplan oder auch in anderer Form (z. B. Weg-Zeit-Diagramm) auf der Grundlage derselben Daten und Verknüpfungen dargestellt werden. Bei der Darstellung und Detaillierung sollen in jedem Fall berücksichtigen werden: -
Wer wird mit dem Terminplan arbeiten?
-
Welche Darstellungsform ist für die Projektbeteiligten verständlich und übersichtlich?
-
Welche Detaillierung ist in welcher Projektphase möglich und notwendig?
-
Welche Terminvorgaben werden Grundlage der Terminkontrolle und der -steuerung sein?
-
Welcher Aufwand bei der Erhebung, Pflege und Darstellung der Termindaten ist sinnvoll?
In der Praxis sind auch bei großen Bauvorhaben in der Regel zwischen drei und fünf Ebenen der Terminplanung mit abgestufter Detaillierung ausreichend. Die hierfür verwendeten Bezeichnungen und Darstellungsformen sind nicht verbindlich geregelt. Üblich und verbreitet sind jedoch folgende: -
Rahmen- und/oder Generalterminplan
-
Grobterminplan
-
Detailterminpläne und Checklisten.
Rahmenterminplan (Terminrahmen)
„Durch den Terminrahmen werden – ausgehend vom gegenwärtigen Zeitpunkt – die Meilensteine Planungsauftrag, Baueingabe, Baugenehmigung, Baubeginn, Fertigstellung des Rohbaus und wetterfester Gebäudehülle sowie damit Möglichkeit zur Aufnahme der Bauheizung, Baufertigstellung, Abnahme-/ Übergabephase und Einzugsbeginn fixiert.“ (AHO Heft 9:2004, S .45) Bei baulichen Anlagen, die aus mehreren Einzelbauwerken bestehen, bei Großprojekten und Bauvorhaben mit sehr langer Ausführungsdauer ist ein Rahmenterminplan auf jeden Fall erforderlich. Dieser ist insbesondere auch für den Bauherrn anschaulich und gibt einen leicht verständlichen Überblick über den gesamten Terminverlauf. Generalterminplan (Generalablauf)
„Ziel des Generalablaufplans ist es, aus dem Terminrahmen in übersichtlicher Form den zeitlichen Ablauf so zu entwickeln, zu bewerten, festzulegen und darzustellen, dass darauf aufbauend die Entscheidungen über den weiteren Projektfortschritt getroffen werden können. Er ist Grundlage zur Entwicklung der weiteren Grob- und Steuerungsablaufpläne und muss bereits den „kritischen Weg“ (nach DIN 69 900) zur Erreichung des Terminzieles für das Projektende ausweisen.“ (AHO Heft 9:2004, S .45)
15.3 Unterschiedliche Detaillierung der Terminplanung
403
Mit dem Generalterminplan werden alle Projektphasen des gesamten Projektes erfasst. Es ist hierbei zweckmäßig, sich an den Leistungsphasen der HOAI zu orientieren (1. Grundlagenermittlung, 2. Vorplanung u. s. w.), und zusätzlich notwendig, die Inbetriebnahme des Gebäudes oder der Gebäude in die Terminplanung einzubeziehen. Die einzelnen Phasen auf der Generalebene sind Grundlage der weiteren Detaillierung von Planung und Ausführung hierauf aufbauender Grobterminpläne. Bei der Generalterminplanung sind zu berücksichtigen: -
wesentliche Leistungsbilder (Objektplaner, Tragwerksplaner u. a.) und Vergabeeinheiten (Rohbauarbeiten, Fassadenbauarbeiten u. a.)
-
überschlägig ermittelte Mengendaten, z. B. auf der Grundlage von Kennwerten
-
die wichtigsten Ablaufstrukturen
-
Generaltermine (Meilensteintermine)
-
der angestrebte Leistungsverlauf.
Für die weitere Planung sind, differenziert nach den verschiedenen Beteiligten, abzuleiten: -
terminliche Rahmenvorgaben für die Planung, die notwendigen Genehmigungen, die Vorbereitung der Ausführung, die Ausführung selbst sowie die Inbetriebnahme
-
kritische Wege und kritische Vorgänge
-
Leitbetriebe bzw. Leitgewerke (z. B. Rohbauarbeiten)
-
Anzahl und Kapazität der wichtigsten Vorgänge
-
Randbedingungen für die Baustelleneinrichtung.
Es ist zweckmäßig, nicht nur die Ergebnisse der Generalterminplanung als Terminplan darzustellen, sondern auch die Bedingungen, Voraussetzungen und eventuell notwendige Annahmen in einem Bericht festzuhalten und diesen vom Bauherrn gegenzeichnen zu lassen. Grobterminpläne (Grobablauf)
Grobterminpläne werden für einzelne Bauwerke oder Bauabschnitte aufgestellt. Die Planungs- und Ausführungsleistungen können in jeweils getrennten Grobterminplänen dargestellt werden. Die mit der Grobterminplanung vorgegebenen Anfangs- und Endtermine der einzelnen Vorgänge sind Grundlage der Planungs- und Bauverträge. Gegenstand eines Grobablaufplanes sind auf der Grundlage des Generalablaufes folgende Inhalte: -
für jedes Projekt oder Teilprojekt einzelne Leistungsbilder oder Gewerke
-
Mengendaten je Leistungsbereich oder Gewerk
-
Ablaufstrukturen
-
Grobtermine
-
Leistungsdaten und Aufwandswerte.
404
15 Ablauf- und Terminplanung
Auf dieser Ebene sind als Ergebnisse zu erwarten: -
Anfangs- und Endtermine von Leistungsphasen und Bauverträgen bzw. der Leitgewerke
-
Ausführungsfristen der berücksichtigten Vorgänge
-
überschlägige Dimensionierung der Kapazitäten
-
wesentliche Zwischentermine bezogen auf Bauabschnitte oder Teillose sowie das Ineinandergreifen verschiedener Leistungsbilder oder Gewerke.
Detailterminpläne (Detailablauf)
Detailtermine sind für die eigentliche Planungs- und Ausführungsorganisation erforderlich. Sie beziehen sich in der Planung auf einzelne Bauabschnitte, Geschosse oder Nutzungsbereiche und in der Ausführung auf einzelne Bauverträge. Die Ablaufgliederung des Detailterminplanes sollte vor allem auch die organisatorischen Regeln (z. B. Organisationshandbuch) berücksichtigen. Während der Planung wären dies z. B. Freigaben einzelner Planungsabschnitte durch den Bauherrn oder während der Vorbereitung der Vergabe Erstellung von Ausschreibungsunterlagen durch den Architekten, Freigabe und Versand jedes einzelnen Leistungsverzeichnisses durch den Bauherrn. Dabei können die Dauern einzelner Vorgänge wenige oder einen einzelnen Tag betragen. Als Darstellungsform haben sich einfache Listen bewährt. Im Zuge der Vergabe sollten die Detailtermine mit den Bietern durchgesprochen werden. Gegebenenfalls können von den Bewerbern Verbesserungsvorschläge bezüglich des Bauablaufes eingebracht werden. Diese werden dann nach Abgleich mit der Grobterminplanung sowie den Detailterminplänen anderer Gewerke Bestandteil des Bauvertrages. Ein Detailablaufplan in der Planung hat z. B. zum Gegenstand: -
die Freigabe der Planung, z. B. als Leistungsphasen, durch den Bauherrn
-
vor der Vergabe die Erstellung einer Leistungsbeschreibung durch den Architekten
-
die Freigabe und den Versand einer Ausschreibungsunterlage durch den Bauherrn.
15.4
Aufgaben der Terminplanung in den Leistungsphasen
Die Ermittlung, Kontrolle und Steuerung der Terminabläufe ist eine gemeinschaftliche Leistung vom Bauherrn sowie dem planenden und überwachenden Architekten und den Ingenieuren, die sich durch das gesamte Leistungsbild der Objektplanung durchzieht: Grundlagenermittlung
-
Vorgabe von Anfangs- und Enddaten für die Realisierung von Projekten
-
Erstellen des Rahmenterminplanes als Konzept
-
Prüfung und Abstimmung der Durchführbarkeit in technischer, organisatorischer, rechtlicher und finanzieller Hinsicht
-
Freigabe des Rahmenterminplanes
15.4 Aufgaben der Terminplanung in den Leistungsphasen
405
Vorplanung
-
Untergliederung des Rahmenterminplanes in die Leistungsphasen der HOAI und Darstellung als Generalterminplan
-
Abstimmung des Generalterminplanes mit den übrigen Beteiligten (Fachplaner und Behörden, eventuell Ausführungsfirmen, Generalunternehmer)
-
Freigabe des Generalterminplanes und Integration des Generalterminplanes in die Verträge (HOAI, VOB, VOL) der übrigen Beteiligten
Entwurfsplanung
-
Erstellung von Grobterminplänen für die jeweiligen Vertragsleistungen auf der Grundlage des Generalterminplanes
-
Koordination der Grobterminpläne
-
Freigabe der Grobterminpläne
Genehmigungsplanung und folgende Leistungsphasen bei Erfordernis
-
Aktualisierung der Grobterminpläne
-
Vorschläge zur Optimierung der Grobterminpläne
-
Freigabe geänderter Grobterminpläne
Ausführungsplanung
-
Erstellen von Detailterminplänen für die Leistungsphasen ab 6. Vorbereitung der Vergabe je Auftrag
-
Erforderlichenfalls Korrektur der Detailterminpläne
-
Freigabe der Detailterminpläne
Vorbereitung der Vergabe bis Objektbetreuung und Dokumentation
-
Fortschreibung der Terminpläne wie oben durch die übrigen Beteiligten (Planer, Generalplaner, Fachplaner, eventuell Ausführungsfirmen, Generalunternehmer)
-
Prüfung und – wenn notwendig – Korrektur der Terminpläne
-
Freigabe der fortgeschriebenen Terminpläne bei erheblichen Änderungen
-
Zusammenstellen der Ergebnisse der Terminplanung entsprechend den jeweiligen Verträgen (HOAI, VOB, VOL)
406
15.5
15 Ablauf- und Terminplanung
Terminplanung und Planungskennwerte
Eine optimale Terminplanung ist nicht durch die kürzest mögliche Dauer von Einzelvorgängen gekennzeichnet. Maßstab für die Qualität der Terminplanung sind Störungsfreiheit und geringe Gesamtkosten der Baumaßnahme. Die folgenden Gesichtspunkte sind jeweils bei der Fragestellung zu beachten, ob einer möglichst kurzen oder einer längeren Dauer des Projektes der Vorzug gegeben werden soll. Kürzere Dauern
Die folgenden Aspekte sprechen, soweit technisch oder organisatorisch möglich, für kürzere Dauern einzelner Vorgänge wie auch für die kürzere Gesamtdauer des Projektes: -
Die vorrangige Zielsetzung des Bauherrn besteht nicht in der Planung und Errichtung, sondern in der Nutzung eines Bauwerkes; deshalb strebt er eine möglichst kurze Bauzeit und einen frühzeitigen Nutzungsbeginn an.
-
Während der Ausführung sind im Baugrundstück und in den Bau- und Lieferleistungen Mittel gebunden. Über eine kurze Dauer der Vorgänge sind eine möglichst kurze Kapitalbindung und ein frühestmöglicher return on investment anzustreben.
-
Ausführungsdauern sind so zu gestalten, dass eine effektive Nutzung der Baustelleneinrichtung, anderer Vorhaltungen und begleitender Maßnahmen (provisorische Baustellenerschließung, provisorische Energieversorgung, Wach- und Sicherheitsdienst u. a.) gewährleistet ist.
-
Warte- und Leerzeiten von Personal und Geräten sind zu vermeiden, da hierdurch die Produktivität gesenkt wird.
-
Ausführungsdauern sind, soweit möglich, in die Jahreszeiten Frühjahr, Sommer und Herbst zu verlegen; die Ausführung im Winter ist nur dann gerechtfertigt, wenn die Vorteile einer dadurch verkürzten Gesamtbauzeit die Kosten von Winterbaumaßnahmen mindestens ausgleichen.
Längere Dauern
Die folgenden Aspekte sprechen für längere Dauern – soweit technisch oder organisatorisch möglich – bzw. für die Einplanung von zeitlichen Puffern: -
In den frühen Planungsphasen ist ausreichende Zeit für Programmabstimmungen und Grundlagenentscheidungen vorzusehen.
-
Bei den Planungen, Teilplanungen und Fachplanungen ist ausreichende Zeit für eine intensive Durcharbeitung, Abstimmung und Prüfung vorzusehen. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass durch Änderungen von Vorgaben und Teiländerungen erhebliche Zeitverzögerungen entstehen können.
-
Die Dauer für die Baugenehmigung kann nach SächsBO bis zu fünf Monaten ausmachen, allerdings kann der Beginn dieser Frist infolge fehlender und dann nachzureichender Bauvorlagen erheblich verzögert werden. Die Genehmigungsbehörde ist frühzeitig einzubeziehen, um später Änderungen aus Behördenauflagen möglichst gering zu halten.
15.5 Terminplanung und Planungskennwerte
407
-
Entsprechendes gilt für Prüfungen und technische Zulassungen von Baustoffen, Fertigungsverfahren und maschinentechnische Anlagen.
-
Den Bietern ist ausreichend Zeit für eine gründliche Angebotsbearbeitung zu gewähren; dabei sind Ferien- und Feiertagszeiten (Sommerurlaub, Weihnachten, Silvester u. a.) zu berücksichtigen. Unsicherheiten auf Seiten der Bieter infolge nicht ausreichender Zeit für die Angebotskalkulation wie auch die Einholung von Subunternehmerangeboten – besonders bei Generalunternehmerbeauftragungen – führen tendenziell zu einem höheren Preisniveau (Sicherheitszuschläge).
-
Entsprechendes gilt für die Zeit zur Angebotsprüfung und eventuelle Bietergespräche oder sogar erneute Ausschreibungen, wenn mit den Bietern nach einer ersten Submission kein befriedigendes Preisniveau erreicht werden kann.
-
Lieferzeiten für industriell gefertigte Produkte sind frühzeitig zu klären bzw. vertraglich abzusichern. Eine vorgezogene Beauftragung ist die beste Garantie für die Termineinhaltung, hierbei sind z. B. angesprochen: Aufzüge, Verbrennungsanlagen, Filteranlagen, Kommunikationssysteme, Hard- und Software.
Die Vorgänge der Ablaufplanung stehen in zeitlicher, technischer oder vertraglicher Abhängigkeit zueinander. Diese Abhängigkeiten sind nicht in jedem Fall eindeutig oder zwingend. In vielen Fällen besteht die Möglichkeit, mit Hilfe von Varianten eine Optimierung der Abläufe durchzuführen. Kriterien für die Optimierung können sein: -
frühzeitiger Baubeginn
-
Berücksichtigung der Witterung, z. B. Wintereinbruch
-
geringe Kapitalbindung
-
Flexibilität in der Durchführung, z. B. Planungsentscheidungen
-
geringe Ausführungszeit.
Grundsätzlich kann es auch sinnvoll sein, die Ausführung ganzer Bauwerke zu verzögern, um eine konjunkturell vorteilhaftere Phase abzuwarten. Die Auslastung der Bauwirtschaft ist erfahrungsgemäß durch erhebliche Schwankungen gekennzeichnet, Entsprechendes gilt für das Preisniveau. Einzelne Großbauvorhaben können vorübergehend das Preisgefüge ganzer Regionen beeinflussen. Günstig ist in der Regel die Beauftragung von Leistungen bei sich abschwächender Baukonjunktur (antizyklisches Verhalten). Demgegenüber sind Kosten aus Verzögerungen zu berücksichtigen wie z. B. Verzinsung der Kosten des Baugrundstücks oder berechtigte Mehrkosten für Architektenleistungen aus Verlängerung der Planungs- und Ausführungszeit. „Die Erfahrung lehrt, daß jeder Vorgang aber in allen seinen Reifestufen berücksichtigt und terminiert werden muß (Planung, Vergabe, Ausführung, Abrechnung). Dabei wird zuerst die Ausführung geplant und dann „rückwärts“ die Ausschreibung und Werkplanung davor gesetzt. Das kann dazu führen, daß Zeichnungen oder Aufträge an die Firmen nicht rechtzeitig fertig gestellt bzw. erteilt werden.
408
15 Ablauf- und Terminplanung
Erwünscht wäre demnach ein Zeitplan, der dafür sorgt, daß -
Zeichnungen termingerecht fertig gestellt werden,
-
dazu vollständig koordiniert sind und
-
als Voraussetzung für die Ausschreibungen vorliegen.
-
Leistungsverzeichnisse rechtzeitig fertig gestellt sind
-
Aufträge pünktlich erteilt werden können und
- möglichst wenig Nachträge erforderlich werden.“ (Rösch, W. u. Volkmann, W. 1994, S. 112) Welche Einflüsse auf die Dauer des Bauablaufs sind zu berücksichtigen? Die Bauablaufplanung kann im Bereich vieler Gewerke über die Grundflächen des Gebäudes ermittelt und in Bauabschnitten oder Taktfolgen in der Terminplanung dargestellt werden. Es sind zu berücksichtigen: -
Baustelleneinrichtung, Einarbeitung, Restarbeiten, Räumen der Baustelle
-
Einfluss und Anteil von Fundamentierungen bei Kellergeschossen sowie Baugruben und Wasserhaltung
-
Größe der verfügbaren Geschossfläche (Lagerfläche für Baustoffe und -teile), Lufträume, Anordnung von Innen- und Außengerüsten
-
Höhenlage des Einbauortes, Transportzeiten, Zufahrtsmöglichkeiten (Tiefgeschosse, Ober- und Dachgeschosse).
Für die Vorgänge der Terminplanung, z. B. Vorbereitung der Vergabe eines Rohbauleistungsverzeichnisses, sind nicht nur die Dauern der einzelnen Vorgänge sorgfältig zu ermitteln, sondern es müssen alle Abhängigkeiten erfasst und berücksichtigt werden, z. B. Organisation der Ausführungsplanung, Fristen für die Angebotseinholung und geplanter Baubeginn. Hierbei stützt man sich zunächst auf Erfahrungswerte, die bei ähnlichen Bauvorhaben gewonnen wurden und stimmt diese Vorgaben soweit wie möglich mit anderen Beteiligten ab. Für die Gliederung der Abläufe gibt es keine verbindlichen Regeln. Entscheidend sind in jedem Fall Größe, Komplexität und voraussichtliche Dauer sowie die Organisation der Planung und Ausführung. Bauzeiten von ausgewählten Objektarten
Das Baukosteninformationszentrum Deutscher Architektenkammern (BKI) Stuttgart, hat in den letzten Jahren über 2.000 Objekte (Gebäude und Freianlagen) ausgewertet und in zahlreichen Veröffentlichungen dokumentiert. In dem jährlich erscheinenden Band Baukosten Gebäude – Statistische Kennwerte werden nicht nur Kostenkennwerte und Planungskennwerte für Flächen- und Rauminhalte, sondern auch Bauzeiten einzelnen Objekte angegeben. Auf dieser Grundlage wurden die folgenden Auswertungen (Abbildungen 15.7 bis 15.12) erstellt. Sie mögen für eine erste Bemessung der Bauzeit ausgewählter Objektarten entsprechend Leistungsphase 8. Objektüberwachung (Bauüberwachung), eine Orientierung bieten.
15.5 Terminplanung und Planungskennwerte
409
Bauzeiten von Wohngebäuden - Beispiele
Die Auswertung von 10 ausgewählten Ein- und Zweifamilienhäusern, unterkellert, einfacher Standard, ergibt im Mittel eine Bauzeit von 46 Wochen oder rund 11 Monaten. Ein- und Zweifamilienhäuser (BKI-Objektart 6100-Objektnummer) 0513 0485 0445 0351 0166 0225 0247 0283 0138 0158
Wohnhaus (2 WE) Einfamilienhaus Einfamilienhaus Einfamilienhaus; Garage Einfamilienhaus Einfamilienhaus; ELW Einfamilienhaus; ELW Einfamilienhaus; Garage Einfamilienhaus Einfamilienhaus
Grundflächen und Rauminhalte BRI (m³) BGF (m²) NF (m²) 1.843 878 893 850 950 1.219 1.201 768 922 948
678 292 345 323 294 420 483 278 339 300
471 200 223 199 225 290 349 202 230 250
Mittelwert Abb. 15.7:
Bauzeit (Wochen) 56 30 39 30 65 39 47 74 39 39 46
Bauzeiten von Ein- und Zweifamilienhäusern - Auswahl
(BKI (Hrsg.) 2012, S. 264 bis 270)
Die Auswertung von 9 Mehrfamilienhäusern mit 6 bis 19 Wohneinheiten (WE), einfacher Standard, ergibt im Mittel eine Bauzeit von 51 Wochen oder rund 12 Monaten. Mehrfamilienhäuser, 6 bis 19 WE (BKI-Objektart 6100-Objektnummer) 0628 0701 0383 0341 0221 0251 0113 0128 0099 -
Mehrfamilienhaus (18 WE), TG Mehrfamilienhaus (8 WE) Mehrfamilienhaus (9 WE), TG Mehrfamilienhaus (2 x 6 WE) Mehrfamilienhaus (9 WE), TG Mehrfamilienhaus (9 WE) 2 MFH (14 WE, 21 Stp.) Mehrfamilienhaus (18 WE) Mehrfamilienhaus (16 WE) -
Grundflächen und Rauminhalte BRI (m³) BGF (m²) NF (m²) 8.057 2.282 3.358 4.645 4.379 4.655 5.525 5.910 6.129 -
Mittelwert Abb. 15.8:
Bauzeiten von Mehrfamilienhäusern, mit 6 bis 19 WE
(BKI (Hrsg.) 2012, S. 450 bis 456)
2.834 858 1.341 1.683 1.564 1.535 1.973 2.360 2.128 -
1.933 564 1.006 1.121 1.255 1.131 k.A. k.A. k.A. -
Bauzeit (Wochen) 56 56 39 26 52 39 48 74 69 51
410
15 Ablauf- und Terminplanung
Bauzeiten von Kindergärten und Pflegeheimen - Beispiele
Die Auswertung von 10 ausgewählten Kindergärten, nicht unterkellert, mittlerer Standard, ergibt im Mittel eine Bauzeit von 39 Wochen oder rund 9 Monaten. Kindergärten, nicht unterkellert (BKI-Objektart 4400-Objektnummer) 0162 0170 0145 0171 0175 0119 0128 0112 0115 0129
Kinderkrippe Kindertagestätte (6 Gruppen) Kindertagesstätte (5 Gr., 90 K.) Kindertagesstätte (4 Gruppen) Kindertagesstätte (1 Gr., 10 K.) Kindergarten (4 Gruppen) Kindertagesstätte (6 Gr., 72 K.) Kindertagesstätte Kindergarten (4 Gruppen) Kindertagesstätte (4 Gr., 68 K.)
Grundflächen und Rauminhalte BRI (m³) BGF (m²) NF (m²) 1.191 7.398 2.943 3.453 672 2.570 3.350 1.561 2.733 3.172
313 2.268 806 905 203 735 828 395 771 825
193 1.125 548 547 121 529 502 292 501 574
Mittelwert Abb. 15.9:
Bauzeit (Wochen) 34 43 39 52 30 34 48 30 34 47 39
Bauzeiten von Kindergärten - Auswahl
(BKI (Hrsg.) 2012, S. 200 bis 208)
Die Auswertung von 10 Pflegeheimen ergibt im Mittel eine Bauzeit von 102 Wochen oder rund 24 Monaten. Pflegeheime (BKI-Objektart 3400-Objektnummer) 0020 0019 0018 0016 0011 0012 0010 0007 0006 0005
Pflegeheim (90 Betten) Pflegewohnheim (60 Betten) Pflegewohnheim (82 Betten) Seniorenpflegeheim (72 Betten) Pflegeheim, seelisch Behinderte Pflegeheim, geistig Behinderte Pflegeheim (60 Betten) Seniorenpflegeheim (30 Betten) Seniorenpflegeheim (70 Betten) Seniorenpflegeheim (58 Betten) Mittelwert
Abb. 15.10: Bauzeiten von Pflegeheimen - Auswahl (BKI (Hrsg.) 2012, S. 144 bis 150)
Grundflächen und Rauminhalte BRI (m³) BGF (m²) NF (m²) 19.924 15.555 16.649 17.087 5.753 8.268 12.958 5.996 15.889 15.607
6.517 6.494 5.813 5.346 1.439 2.454 3.973 2.089 4.774 4.183
4.109 4.354 3.782 3.263 815 1.808 2.398 1.163 2.780 2.657
Bauzeit (Wochen) 69 121 147 122 130 130 87 60 74 82 102
15.5 Terminplanung und Planungskennwerte
411
Bauzeiten von Industriellen Produktionsgebäuden und Sporthallen - Beispiele
Die Auswertung von 10 Industriellen Produktionsgebäuden, überwiegend Skelettbauweise, ergibt im Mittel eine Bauzeit von 42 Wochen oder rund 10 Monaten. Produktionsgebäude, Skelettbauweise (BKI-Objektart 7100-Objektnummer)
Grundflächen und Rauminhalte BRI (m³) BGF (m²) NF (m²)
0026 0040 0027 0023 0022 0024 0033 0018 0015 0006
62.444 28.946 125.568 69.836 7.586 17.195 44.352 96.217 17.184 14.997
Produktions- und Montagehalle Produktionshalle m. Verwaltung Produktionsgebäude Produktionsgebäude Produktions-, Bürogebäude Produktions- und Lagerhalle Chemie Distributionsanlage Textilmaschinenfabrik Produktions-, Lager-, Bürogeb. Industriehalle, Bürogebäude
6.472 4.806 20.161 9.880 1.467 2.147 6.846 13.521 2.850 3.309
5.672 3.972 k.A. 8.769 1.115 2.112 5.164 12.205 2.2.367 2.790
Mittelwert
Bauzeit (Wochen) 43 65 56 35 26 30 65 47 56 26 42
Abb. 15.11: Bauzeiten von Industriellen Produktionsgebäuden - Auswahl (BKI (Hrsg.) 2012, S. 608 bis 614)
Die Auswertung von 10 Sporthallen (Dreifeldhallen) ergibt im Mittel eine Bauzeit von 75 Wochen oder rund 17 Monaten. Sporthallen (Dreifeldhallen) (BKI-Objektart 5100-Objektnummer) 0040 0037 0033 0035 0024 0026 0029 0017 0015 0016
Sporthalle (Dreifeldhalle) Sporthalle (Dreifeldhalle) Sporthalle (Dreifeldhalle) Dreifachsporthalle Sporthalle (Dreifeldhalle) Sporthalle (Dreifeldhalle) Schulsporthalle (Dreifeldhalle) Sporthalle (Dreifeldhalle) Sporthalle (Dreifeldhalle) Sporthalle (Dreifeldhalle)
Grundflächen und Rauminhalte BRI (m³) BGF (m²) NF (m²) 20.145 15.493 14.780 15.287 19.031 19.946 15.378 13.233 26.990 20.503
Mittelwert Abb. 15.12: Bauzeiten von Sporthallen (Dreifeldhallen) - Auswahl (BKI (Hrsg.) 2012, S. 244-252)
3.545 2.633 2.205 2.553 3.074 4.400 2.192 2.401 4.612 3.241
2.376 2.023 1.889 2.117 2.084 2.698 1.699 1.777 2.965 2.192
Bauzeit (Wochen) 78 74 78 78 25 104 ..47 74 91 104 75
412
15 Ablauf- und Terminplanung
Ermittlung von Ausführungszeiten und Aufwandswerten - Beispiele
Die Ermittlung von Bauzeiten kann erfolgen auf der Grundlage von: -
Gesamtdauer aus Auftragswert und Umsatz pro Mitarbeiter und Monat
-
Materialaufwand aus Brutto-Rauminhalt (BRI) oder
-
Bauzeit aus Brutto-Grundfläche (BGF).
-
Dauer der Rohbauarbeiten für ein Regelgeschoss
-
Leistungswerte pro Mitarbeiter oder Kolonne zu Menge/Arbeitstag oder Arbeitswoche. Leistung je Kolonne
Kolonnenstärke
m²/Tag
m²/Woche
Betonwerkstein
3
24
120
Zimmerarbeiten
4
160
800
Ziegel
3
18
92
Blech
3
24
120
innen
48
240
außen
20
100
Wand
11
53
Boden
16
80
Dachdeckung
Putzarbeiten
Fliesenarbeiten
2+1
2
Estricharbeiten
2+1
80
400
Malerarbeiten
4
107
533
Bodenbeläge
2 53
267
abgehängte Decke Gipskarton
43
213
Paneel-Decke
71
356
textil Trockenbau
4
Abb. 15.13: Leistungswerte je Mitarbeiter oder Kolonne - Auswahl (Greiner, P.; Mayer, P.E.; Stark, K. 2000, S. 153)
Die folgenden Aufwandswerte (hier als Richtwerte bezeichnet) werden mit dem Stundenaufwand (Ah) zu einer Mengeneinheit, z. B. m², je Bauteil angegeben.
15.5 Terminplanung und Planungskennwerte
413
Richtwerte für den Stundenaufwand von Mauerarbeiten 1.
2.
3.
4.
von/bis
Normwert
- Vollziegeln, Hüttensteinen, Kalksandsteinen
3,0 – 9,6
7,00 Ah/m³
- Hochlochziegeln
4,0 – 8,0
6,00 Ah/m³
- Leichtbeton-Vollsteinen
3,5 – 8,3
6,00 Ah/m³
- Leichtbeton- Hohlblocksteinen
3,0 – 7,3
5,00 Ah/m³
- Gasbeton-Blocksteinen
3,5 – 6,5
4,50 Ah/m³
Wände, NF, d = 36,5 cm aus
- Zulage für DF
1,0 – 2,5
1,50 Ah/m³
- Zulage für Stützen 36,5/36,5 cm
0,2 – 1,0
0,50 Ah/m³
Wände NF, d = 24 cm aus - Vollziegeln, Hüttensteinen, Kalksandsteinen
3,0 – 10,0
7,50 Ah/m³
- Hochlochziegeln
4,0 – 8,0
6,50 Ah/m³
- Leichtbeton-Vollsteinen
3,5 – 9,3
6,20 Ah/m³
- Leichtbeton- Hohlblocksteinen
3,2 – 7,5
5,30 Ah/m³
- Gasbeton-Blocksteinen
3,5 – 6,5
4,50 Ah/m³
- Zulage für DF
1,0 – 2,5
1,50 Ah/m³
- Zulage für Stützen 24/24 cm
0,2 – 1,4
1,00 Ah/m³
Leichte Trennwände, d = 11,5 – 17,5 cm aus - Vollziegeln, Hüttensteinen, Kalksandsteinen
0,6 – 1,4
1,20 Ah/m³
- Hochlochziegeln
0,6 – 1,2
1,10 Ah/m³
- Leichtbeton-Vollsteinen
0,6 – 1,2
1,10 Ah/m³
0,55 – 1,10
0,90 Ah/m³
Leichte Trennwände, d = 6 – 10 cm aus - Leichtbeton-Wandbauplatten
5.
6.
- Gas-, Schaumbetonplatten
0,55 – 0,95
0,80 Ah/m³
- Gasbeton-Planplatten
0,35 – 0,55
0,50 Ah/m³
- Vollgips-Platten
0,65 – 1,10
1,00 Ah/m³
- Gipskarton-Wände (zweischalig)
0,90 – 1,30
1,10 Ah/m³
- Verblendvorsatzschale mit Anker
1,40 – 4,45
2,50 Ah/m³
- Sichtmauerwerk als Zulage
1,20 – 2,20
1,70 Ah/m³
- Ausfugen von Sichtmauerwerk
0,50 – 1,30
0,70 Ah/m³
- Fugenglattstrich beim Mauern
0,20 – 0,60
0,30 Ah/m³
Verblendungen und Sichtmauerwerk
Fugen
Abb. 15.14: Richtwerte für den Stundenaufwand von Mauerarbeiten (Schub, A. und Meyran, G. 1982, S. 95)
414
15 Ablauf- und Terminplanung Richtwerte für den Stundenaufwand von Putzarbeiten
1.
2.
3.
4.
von/bis
Normwert
- Spritzwurf
0,15 – 0,30
0,15 Ah/m²
- Wisch-, Schlämmputz (Rapputz)
0,25 – 0,70
0,30 Ah/m²
- 1-lagiger Verbandputz
0,30 – 0,40
0,35 Ah/m²
Konventioneller Wandputz (innen)
- 2-lagiger Rauputz
0,45 – 0,80
0,60 Ah/m²
- 3-lagiger glatter Feinputz
0,60 – 1,10
0,80 Ah/m²
- Spritzwurf
0,15 – 0,30
0,15 Ah/m²
- Wisch-, Schlämmputz (Rapputz)
0,25 – 0,70
0,35 Ah/m²
- 1-lagiger Verbandputz
0,40 – 0,60
0,45 Ah/m²
- 2-lagiger Rauputz
0,40 – 1,10
0,80 Ah/m²
- 3-lagiger glatter Feinputz
0,45 – 1,0
1,00 Ah/m²
Konventioneller Deckenputz (innen)
Maschineller Innenputz - glatter Innenwandputz
0,30 – 0,60
0,45 Ah/m²
- glatter Innendeckenputz
0,40 – 0,70
0,55 Ah/m²
- 2-lagiger glatter Wandputz
0,70 – 1,40
1,00 Ah/m²
- 2 – 3-lagiger Edelputz
1,10 – 3,00
1,60 Ah/m²
Außenputz
Abb. 15.15: Richtwerte für den Stundenaufwand von Putzarbeiten (Schub, A. und Meyran, G. 1982, S. 96)
Richtwerte für den Stundenaufwand von Estricharbeiten von/bis
Normwert
0,40 – 1,0
0,70 Ah/m²
0,60 – 0,80
0,70 Ah/m²
- trocken verdichtete Schüttungen, d = 3 – 4 cm
0,20 – 0,50
0,35 Ah/m²
- Dämmstoffplatten, 1-lagig
0,15 – 0,30
0,20 Ah/m²
- Dämmstoffplatten, 2-lagig
0,25 – 0,40
0,30 Ah/m²
0,85 – 2,80
1,20 Ah/m²
1.
Zementestrich als Verbundestrich
2.
Zementestrich als schwimmender Estrich
D = 2 – 3 cm, abgerieben und geglättet D = 2,5 – 4 cm, abgerieben und geglättet 3.
4.
Dämmschicht für schwimmenden Estrich
Hartbetonestrich d = 3 – 4 cm
Abb. 15.16: Richtwerte für den Stundenaufwand von Estricharbeiten (Schub, A. und Meyran, G. 1982, S. 96)
15.6 Terminkontrolle und -steuerung
15.6
415
Terminkontrolle und -steuerung
Die oben beschriebenen Terminermittlungen sind Grundlage regelmäßiger Terminkontrollen und eventuell notwendiger -steuerungsmaßnahmen. Diese Maßnahmen sind zusammen mit den jeweils Beteiligten vorzunehmen und erfordern oft erheblichen Abstimmungsaufwand. Dabei finden Kontrollvorgänge in der Regel auf der jeweils mehr detaillierten Ebene statt. Dies ist z. B. während der Bauausführung der einzelne Bauvertrag, der gegebenenfalls in Lose oder Bauabschnitte gegliedert sein kann. Änderungen von Terminen und Dauern müssen stets in allen Terminplanebenen vorgenommen werden. Besprechungsprotokolle oder Aktennotizen zu den einzelnen Maßnahmen sollten in jedem Fall angefertigt werden. Zu den Aufgaben der Terminkontrolle gehören: -
regelmäßiger Soll-Ist-Vergleich durch Datenerhebung in Besprechungen sowie bei Baustellenbegehungen
-
Bericht an den Bauherrn sowie Information weiterer Projektbeteiligter
-
fortlaufende Aktualisierung der Terminplanung nach Abstimmung mit den Beteiligten
-
bei Abweichungen Entwicklung von Terminsteuerungsmaßnahmen
-
Dokumentation der Terminentwicklung.
Zur Auswertung der Terminkontrolle, bei der vor Ort zunächst der Leistungsstand mengenmäßig oder prozentual erfasst wird, sind als Bearbeitungsschritte je Vorgang erforderlich: -
Soll-Ist-Vergleich der bis zum Stichtag fertig gestellten Menge je Vorgang (bzw. Fertigstellungsgrad in %)
-
Umrechnung von der Menge (oder Prozentangabe) auf Dauer bzw. Teildauer je Vorgang
-
Ermittlung der Restdauer je Vorgang (Gesamtdauer abzüglich ermittelter Teildauer)
-
Ermittlung des nach dem Ist-Stand zu erwartenden Fertigstellungstermins je Vorgang (Stichtag der Terminkontrolle zuzüglich der ermittelten Restdauer)
-
Soll-Ist-Vergleich der Fertigstellungstermine und Angabe des Terminverzuges insgesamt bzw. bezogen auf den Gesamtfertigstellungstermin.
15.7
Bedingungen und Optimierung der Terminplanung
Die Terminplanoptimierung ist mit dem Ziel der kostenminimalen Baudurchführung unter Einhaltung eines gegebenenfalls vorgegebenen Endtermins zu betreiben. Denkbare Optimierungsansätze scheiden häufig aufgrund vorgegebener Randbedingungen aus, wie z. B.: -
Beschränkung der Finanzmittel: Wegen des Kapitals, das in der Baustelle bzw. in dem noch nicht nutzbaren Gebäude gebunden ist, sollte die Bauzeit möglichst kurz sein. Dies setzt voraus, dass das erforderliche Kapital rechtzeitig zur Verfügung steht. Während die Bereitstellung von Fremdkapital, wenn es einmal bewilligt ist, i. Allg. ohne Probleme dem Baufortschritt – sei er besonders zügig oder eher langsam – angepasst werden kann,
416
15 Ablauf- und Terminplanung
ist die Verfügbarkeit des Eigenkapitals oft weniger flexibel. So kommt es insbesondere bei öffentlichen Bauvorhaben häufig vor, dass die Bautätigkeit sich nach den Terminen der Mittelbereitstellung bzw. den Haushaltsjahren richten muss. -
Beschränkung der Planungs- und Ausführungskapazitäten: Zu Baubeginn ist die Planung von Architekten und Fachingenieuren häufig nicht völlig abgeschlossen. Es ist dann sicherzustellen, dass trotzdem alle Planunterlagen (Werkpläne, Bewehrungspläne u. a.) rechtzeitig vorliegen. Behinderungen der ausführenden Baufirmen durch fehlende Unterlagen führen zu Nachtragsforderungen für die zusätzliche Vorhaltung von Baustelleneinrichtung, Gerät und Personal bzw. für Beschleunigungsmaßnahmen, um Verzögerungen aufzuholen. Die erste grobe Terminplanung (Rahmenterminplan) ist mit den ausführenden Firmen abzusprechen und über Detailterminpläne pro Leistungsbereich oder Los zu ergänzen. Sind die Ausführungszeiten für einzelne Leistungen zu kurz bemessen, dann kalkulieren die an dem Auftrag interessierten Firmen bereits im Angebot zusätzlichen Aufwand für die Beschleunigung (Überstunden, erhöhter Geräteeinsatz u. a.) häufig mit 5 bis 10% der eigentlichen Leistung ein.
-
Beschleunigung der Baudurchführung: Beschleunigungsmaßnahmen können erforderlich werden, um die geplante Bauzeit zu verkürzen oder um einen drohenden Terminverzug zu verhindern. Durch die Inkaufnahme des hierfür erforderlichen Mehraufwandes (Beschleunigungskosten) sollen schwerwiegende Nachteile in Form von größeren Kostensteigerungen (Konventionalstrafen, Bauzinsen) oder Terminabweichungen (NichtEinhaltung des geplanten Eröffnungstermins eines Betriebes) vermieden werden.
Als Möglichkeiten der Beschleunigung bieten sich an, wobei diese im Allgemeinen zu den im Folgenden genannten Kostenauswirkungen führen: -
Überstunden bei gleicher kapazitiver Grundausstattung (Mannschaft, Geräte u. a.): Im Verhältnis zu den mehr erbrachten Leistungen steigen die Kosten überproportional, da Überstunden mit Zuschlägen bezahlt werden.
-
Kapazitätserhöhung: Damit ist ein Mehraufwand für zusätzliche Baustelleneinrichtung sowie Planungs- und Koordinationsaufwand verbunden, was kostenwirksam ist.
-
Losbildung bzw. stärkere Bindung des Auftragnehmers an das Projekt: In der Phase der Vergabe kann durch eine entsprechende Losbildung eine Verkürzung der voraussichtlichen Bauzeit erreicht werden. Dies kann auch durch eine verstärkte kapazitive Bindung des zur Beauftragung vorgesehenen Unternehmers an das Projekt bewirkt werden. In der Regel versuchen Unternehmer ihre Kapazität auf mehrere Aufträge zu verteilen, um Risiken zu vermindern und eine kontinuierliche Auslastung sicherzustellen. Durch eine verstärkte Bindung an einen einzelnen Auftrag mit dem Ziel der Beschleunigung der Bauausführung wird dies erschwert oder ganz verhindert. Zum Ausgleich für dieses Risiko setzen dann die Unternehmer im Allgemeinen höhere Wagniszuschläge in der Angebotskalkulation an.
Beschleunigungsmaßnahmen erhöhen tendenziell immer die Kosten, wenn man davon ausgehen kann, dass der ursprünglich geplante Bauablauf optimal gestaltet war. Zwar werden durch Beschleunigungsmaßnahmen auch Bauzinsen eingespart, jedoch können diese die Mehrkosten beim Abweichen vom optimalen Ablaufplan meistens nicht vollständig kompensieren.
15.8 Gestörter Bauablauf und Terminsicherung
15.8
417
Gestörter Bauablauf und Terminsicherung
Mit Größe und Komplexität des Bauvorhabens einerseits und mit kurzer Ausführungsdauer sowie ungenügender Planung oder Änderungen andererseits nimmt die Terminanfälligkeit überproportional zu. Wenn während der Bauausführung erkannt wird, dass terminliche Verzögerungen bereits eingetreten sind und dass die rechtzeitige Fertigstellung der Baumaßnahme nur durch besondere Anstrengungen erreicht werden kann, spricht man von einem gestörten Bauablauf. Abhilfe ist dann oft nur noch durch so genannte Terminsicherungsmaßnahmen möglich, die allerdings meist zu höheren Kosten führen. Die Inkaufnahme einzelner Terminsicherungsmaßnahmen insbesondere am Projektanfang stellt das kleinere Übel im Vergleich zu einer späteren umfänglicheren Terminunsicherheit und deren Folgen dar. Gestörter Bauablauf
Ein gestörter Bauablauf liegt vor, wenn auf der Baustelle der geplante und im Bauvertrag vereinbarte Baufortschritt ganz oder teilweise nicht mehr eingehalten werden kann, ohne dass Anpassungsmaßnahmen getroffen oder zusätzliche Mittel in Anspruch genommen werden. Hiervon ausgenommen sind die Fälle, in denen der Auftragnehmer den Terminverzug zu vertreten hat und ihn durch geeignete Anpassungsmaßnahmen auf eigene Kosten aufholt. Die Störungen des Bauablaufes können in die Verantwortlichkeit des Auftraggebers oder in die des Auftragnehmers fallen bzw. neutraler Natur sein. (Heilfort, Th. 2003, S. 53) Danach unterschieden treten als Ursachen für einen gestörten Bauablauf immer wieder auf: Zur Verantwortlichkeit des Auftraggebers gehören: -
Verzögerung des Ausführungsbeginns von ganzen Bauabschnitten oder einzelnen Bereichen durch fehlende Bauherrenentscheidungen
-
verspätete Planlieferung durch Architekten und Ingenieure
-
unzureichende Planungsabstimmung, insbesondere zwischen den Fachgebieten baulicher Ausbau, Tragwerksplanung, technische Gebäudeausrüstung, betriebstechnische Anlagen
-
unerwartete Planungsänderung durch den Bauherrn nach Beauftragung von Bauleistungen und während der Ausführung
-
Behinderung von Auftragnehmern untereinander in Form von fehlenden Vorleistungen, z. B. Behinderung von Bodenlegern durch verspätetes Einbringen des Estrichs oder durch fehlende oder mangelhafte Ausführung von Nebenleistungen, z. B. Zurücklassen von Bauschutt
-
mangelhafte Objektüberwachung.
418
15 Ablauf- und Terminplanung
Zur Verantwortlichkeit des Auftragnehmers zählen: -
unzureichende Förderung der Bauarbeiten infolge zu geringen Personaleinsatzes
-
vorzeitige Beendigung der Ausführung durch auftragnehmerseitige Kündigung des Bauvertrages oder durch Konkurs des Auftragnehmers
-
unzureichende Terminplanung und Terminkontrolle mit der Folge von Terminengpässen in der Ausführung
Als neutrale Störungen kommen vor: -
unvorhergesehene längere Unterbrechungen der Ausführung durch ungünstige Witterung
-
Arbeitsunterbrechung durch Streiks, z. B. der Lieferanten.
Als erschwerende Voraussetzungen oder Risiken des Bauablaufs sind ferner anzusehen: -
sehr kurze Planungs- und Ausführungsdauern wegen der Forderung nach frühestmöglichem Nutzungsbeginn
-
fehlende oder unzureichende Einbindung von Nutzern und deswegen fehlende Nutzeranforderungen
-
unzureichender Wettbewerb auf der Seite der ausführenden Firmen, hierdurch häufig Aufhebung der Ausschreibung aus wirtschaftlichen Gründen, verbunden mit zeitaufwendigen Nachverhandlungen oder erneuter Ausschreibung
-
unzureichende Kostenplanung und infolgedessen Zeitverzögerung bei der Vergabe (aus Unsicherheit bei der Prüfung der Angebote in wirtschaftlicher Hinsicht)
-
unerwartete Auflagen durch Behörden und andere Prüfinstanzen, die zu Verzögerungen oder Änderungen der auszuführenden Leistungen führen
-
unzureichende Leistungsbeschreibung und damit Unvollständigkeit der Angebotskalkulation und der Arbeitsvorbereitung im Hinblick auf den tatsächlich erforderlichen Umfang der Leistungen, festgestellt als Mengenänderungen erheblichen Ausmaßes während der Ausführung
-
erschwerte Ausführungskoordination aufgrund einer zu hohen Zahl von Einzelbeauftragungen als Hauptaufträge oder Nachunternehmerleistungen
-
unzureichende Bemessung der Baustelleneinrichtungsflächen, insbesondere der Lagerflächen für Baustoffe und Bauteile sowie der Stell- und Verkehrsflächen von Baugeräten
-
Diebstähle und Vandalismus an Bauleistungen, Baustoffen und Geräten
-
Unfälle auf der Baustelle, z. B. Transport- oder Personenunfälle
-
schwere Ausführungsfehler, z. B. Einbrechen einer Deckenschalung
-
Brände, z. B. bei der Bitumenverarbeitung einer Dachabdichtung
-
höhere Gewalt, z. B. Unwetterschäden.
Als Folgen des gestörten Bauablaufes können Terminverlängerung, Mehrkosten, z. B. in Form von Nachträgen, Ansehensverlust und bzw. oder Finanzierungsprobleme auftreten. Im äußersten Fall muss die Baustelle wegen unzureichender Finanzmittel eingestellt werden.
15.8 Gestörter Bauablauf und Terminsicherung
419
Terminsicherung
Abweichungen vom geregelten Ausführungsverlauf können unter Maßgabe der vorrangigen Termineinhaltung zur Beauftragung von Terminsicherungsmaßnahmen führen. Terminsicherungsvereinbarung zwischen ......................(AG) und .....................(AN) Zur abschließenden Regelung der durch die Bauzeitverschiebung und die Bauzeitverlängerung sowie der zur Einhaltung der mit heutigem Datum festgelegten neuen Fristen und Termine notwendigen Terminsicherungs- und Beschleunigungsmaßnahmen treffen Auftraggeber und Auftragnehmer auf der Grundlage des Angebotes vom ................... folgende Vereinbarung: Der Auftragnehmer sichert zu, sämtliche ihm mit Auftrag vom ............ beauftragten Leistungen in Abweichung von den ursprünglich vereinbarten Ausführungsfristen bis zum .……... fertig zu stellen. Vorstehender Termin wird als Vertragsfrist im Sinne von VOB/B § 5 Abs. 1 vereinbart. Die Einhaltung des vorstehend festgelegten Termins setzt ein behinderungsfreies und kontinuierliches Arbeiten des Auftragnehmers entsprechend dem vereinbarten Bauablaufplan voraus: Als Pauschalvergütung für die Durchführung der hiermit vereinbarten Terminsicherungsmaßnahmen und damit verbundener Mehrmaßnahmen erhält der Auftragnehmer einen Betrag von € .………,- (in Worten: …….....) zuzüglich gesetzlicher Mehrwertsteuer. Die dem Auftragnehmer gewährte Pauschalvergütung umfasst - sämtliche Mehrkosten einschließlich Materialmehrkosten bis zur Gesamtfertigstellung - alle erforderlichen Haupt- und Nebenleistungen auf der Grundlage der bekannten Planungsinhalte - die Abgeltung jeglicher Ansprüche des Auftragnehmers aus sämtlichen bis zum Abschluss dieser Vereinbarung angezeigten Behinderungen - keine zusätzliche Gleitung für Lohn- und Materialkosten. Die oben festgelegte Pauschalvergütung von € ……..,- wird folgendermaßen gezahlt: ..... % (meist 30 bis 50 %) am …... und der Rest in …. gleichen Raten zu jeweils …. % (meist 10 %) am ………... u. a. Soweit vorstehend keine besonderen Regelungen vereinbart sind, gelten die Bestimmungen des Auftrags vom ……….... uneingeschränkt weiter. Ort..........., Datum........ Unterschrift Auftraggeber ....................... Unterschrift Auftragnehmer ..................... Abb. 15.17: Vereinbarung einer Terminsicherungsmaßnahme - Muster
420
15 Ablauf- und Terminplanung
In den meisten Fällen dienen diese Maßnahmen dazu, einen geplanten Leistungsumfang bei verkürzter Ausführungszeit zu erbringen. Dabei geht es um Beschleunigungsmaßnahmen, also um erhöhten Arbeits- und Geräteeinsatz, um Überstunden, Sonntags- und Feiertagsarbeit oder auch um schnellere Verfahren wie z. B. Winterbau (siehe Abschnitt 16.4.1) Es kann sich aber auch um das Gegenteil handeln, wenn die Ausführung z. B. eines einzelnen Gewerks verlangsamt werden muss, um das Ineinandergreifen verschiedener Ausführungen bei nicht vermeidbaren anderen Verzögerungen zu gewährleisten. Werden aus Gründen, die der Auftragnehmer nicht zu vertreten hat, Beschleunigungsmaßnahmen erforderlich, so sollte er mit dem Auftraggeber eine Terminsicherungsvereinbarung treffen. Terminsicherungsmaßnahmen werden dann notwendig, wenn Vorgaben der Terminplanung vorrangig vor anderen Aspekten einzuhalten sind. Dies trifft für einen geplanten Fertigstellungs- oder Inbetriebnahmetermin des Objektes insgesamt in gleicher Weise zu wie für die Erbringung einer Einzelleistung (Planlieferung, Einzelgewerk). Entscheidend ist das Maß von gegenseitigen Abhängigkeiten. Je mehr eine Einzelmaßnahme als Voraussetzung für Beginn oder Fertigstellung anderer Arbeiten dient, desto größere Auswirkungen haben hier Terminabweichungen. Während in der reinen Terminplanung zunächst nur die zeitlichen Abfolgen und Abhängigkeiten dargestellt werden, muss bei ganzheitlicher Betrachtung von Planung und Ausführung vor allem auch auf die vertraglichen und kostenmäßigen Auswirkungen geachtet werden. In Einzelfällen ist sogar die Machbarkeit generell in Frage zu stellen (für jede Leistung gibt es materielle oder organisatorische Mindestdauern, z. B. Lieferung von sondergefertigten Bauteilen oder Abbinden von Beton). Zwischen- oder Abschnittstermine sowie Fertigstellungstermine sollten Vertragsbestandteil bei der Auftragserteilung des Bauherrn an die ausführende Firma werden. Sie sind natürlich ebenfalls bei der Angebotskalkulation in der Preisbildung zu berücksichtigen. Änderungen der Termine erlauben es, diese in Frage zu stellen. Mehrvergütungsansprüche bei Behinderung der Ausführung
Ist ein Auftragnehmer aus Gründen, die der Auftraggeber zu vertreten hat, nicht in der Lage, die in Auftrag genommenen Leistungen termingerecht auszuführen, so ist er im Falle eines VOB-Vertrages (VOL entsprechend) berechtigt und zur Sicherung seiner Ansprüche gehalten, Behinderung anzumelden (siehe Abbildung 15.18). Man muss davon ausgehen, dass der Auftragnehmer die in den Vergabeunterlagen ggf. angegebenen Ausführungsfristen seiner Angebotskalkulation zugrunde gelegt hat. Änderungen dieser Termine können das Kalkulationsergebnis in Frage stellen, so können Terminverschiebungen z. B. zu Leerstandzeiten und verminderter Produktivität führen. Nach VOB/B § 6 Abs. 6 hat der Auftragnehmer Anspruch auf Ersatz des nachweislich entstandenen Schadens, wenn der Auftraggeber die hindernden Umstände zu vertreten hat. Der Schaden ergibt sich aus der Differenz der Kosten des Auftragnehmers, die sich bei vertragsgemäßer Erfüllung eingestellt hätten bzw. sich nach erfolgter Störung des Bauablaufes eingestellt haben. (Bötzkes, F. 2005, S. 26)
15.8 Gestörter Bauablauf und Terminsicherung
421
Es ist in der baujuristischen Literatur strittig, ob sich das Anordnungsrecht des Auftraggebers nach VOB/B § 1 Abs. 3 auch auf die Bauumstände und damit auf die Bauzeit bezieht. Bejaht man diese Frage, dann ist der Auftraggeber befugt, eine Änderung der Bauzeit anzuordnen, was dann natürlich die Grundlagen des Preises für die vertragliche Leistung ändern kann und die Vereinbarung eines neuen Preises unter Berücksichtigung der Mehr- oder Minderkosten nach VOB/B § 2 Abs. 5 erfordern würde. Schreiben des Auftragnehmers an den Auftraggeber Auftrag:
............
Bauwerk:
............
Behinderungsanzeige gemäß VOB/B § 6 Abs. 1 Sehr geehrte Damen und Herren, hiermit möchten wir Ihnen gemäß VOB/B § 6 Abs. 1 mitteilen, dass wir in der ordnungsgemäßen Ausführung unserer Leistungen behindert worden sind. Die Behinderung wurde aus folgenden Gründen verursacht (Beispiel): Wegen fehlender bauseitiger Vorleistungen [...] können die Arbeiten nicht wie geplant aufgenommen werden. Die Fertigstellung dieser Arbeiten war für Ende der ... KW zugesagt. Nach den uns vorliegenden Informationen ist mit einem Abschluss nicht vor der ... KW zu rechnen. Wir möchten in diesem Zusammenhang nicht versäumen darauf hinzuweisen, dass gemäß VOB/B § 6 Abs. 2 eine Verlängerung der Ausführungsfristen aufgrund der vorbezeichneten Behinderung erforderlich ist. Die anfallenden Kosten teilen wir Ihnen separat mit. Ort ………………… ,
Datum: ………………..
Mit freundlichen Grüßen Unterschrift Auftragnehmer Abb. 15.18: Behinderungsanzeige - Muster
Grundsätzlich ist eine Änderung der vereinbarten Bauzeit nur durch Einigung beider Parteien, also Vertragsänderung zulässig (vergl. Kapellmann, K. und Schiffers, K.-H. 2006, Rd.-Nr. 1333). Der Auftraggeber kann die vereinbarte Bauzeit also nicht einseitig verkürzen. In jedem Fall darf der Auftraggeber aber "zeitliche Anordnungen" treffen, z. B. einen Baustopp verfügen, einen späteren Beginn einer Leistungserbringung anordnen, durch "Freigaben" den Bauablauf steuern usw. Dies sind "sonstige Anordnungen" im Sinne von VOB/B § 2 Abs. 5, die bei Durchführung zu geänderter Vergütung führen (Kapellmann, K. und Schiffers, K.-H. a.a.O.). Als Nachweis unterbreitet der Auftragnehmer ein entsprechendes Angebot unter Angabe der zusätzlichen Kosten. Wesentlicher Bestandteil dieses Angebotes (Nachtrag) ist die ausführliche Begründung für die dem Auftragnehmer zusätzlich entstehenden Aufwendungen.
422
15 Ablauf- und Terminplanung
Die Mehrkosten werden von den ausführenden Firmen im Allgemeinen folgendermaßen begründet: -
Baustelleneinrichtung: Es fallen beschleunigungsbedingte Zusatzleistungen für Baustelleneinrichtung und -räumung an. Entsprechendes gilt für das Betreiben und Vorhalten der Baustelleneinrichtung. Zudem verlängert sich die Dauer der Bauwesenversicherung.
-
Geräteeinsatz: Durch die Terminverschiebung stehen Geräte (Hebezeuge, Transportfahrzeuge, Gerüste, Bühnen, Schalungen u. a.) nicht im geplanten Umfang zur Verfügung bzw. es müssen Geräte zusätzlich bereitgestellt werden. Ungeachtet dessen werden bisher angefallene Leerzeiten für Geräte berechnet. Bei Intensivierung des Geräteeinsatzes ist gleichzeitig mit einem Leistungsabfall durch Wartezeiten zu rechnen.
-
Fertigung: Es treten erschwerte Ausführungsbedingungen auf in Form von Leistungsminderungen bzw. Zusatzaufwand aufgrund von Montageerschwernissen und gestörten Abläufen im Vergleich zur bisherigen Leistungsausführung. Hierzu können gehören: Beengte Arbeitsräume bei erhöhter Kolonnenstärke (Unterschreitung der notwendigen Mindestarbeitsfläche ist zu prüfen), verringerte Zugangswege, Bautätigkeit anderer Auftragnehmer an gleicher Stelle (Nachbar- bzw. Nachfolgegewerke), Verringerung der Abschnittsgröße mit ungünstigeren Anteilen für Wegezeiten sowie Vor- und Nachbereitungstätigkeiten, geändertes bzw. häufigeres Umsetzen des einzelnen Arbeitsplatzes in Form von höherem Zeitaufwand für Umsetzvorgänge, Winterbau mit Erschwernis der Ausführungsverhältnisse durch Schnee, Eis und Kälte, gegebenenfalls auch Mehraufwand an Arbeitsmitteln (z. B. Transport, Vorhaltung, Reinigung von Schalmaterial), Einsatz von Sonderwerkzeugen, bei Nachtarbeit zusätzlich Kosten für Beleuchtung.
-
Personaleinsatz: Zusätzliche Ingenieure für die Werk- und Montageplanung bzw. Arbeitsvorbereitung im Werk, zusätzliche Bauleiter und Poliere zur Koordination auf der Baustelle, Vergabe von Leistungen an Nachunternehmer, Überstundenleistungen mit Leistungsabfall durch Ermüdung, zweite Schicht mit minderer Leistung (z. B. bei Nachtarbeit), zusätzliche Personentransport- und Übernachtungskosten, Einarbeitung zusätzlicher Arbeitskräfte mit vergleichsweise geringer Anfangsleistung, Lohnzuschläge für Überstunden, Nacht- und Feiertagsarbeit, Prämien zum Ausgleich für Demotivationsund Desorganisationseffekte. Generell ist auch die Schwierigkeit zu sehen, kurzfristig gleichwertige Arbeitskräfte zu beschaffen, eine Erhaltung des Leistungswillens bei geändertem Ablauf und bei Neuorganisation wird meist vergütet.
Diese Begründungen können alle grundsätzlich berechtigt sein, müssen jedoch von Fall zu Fall so sorgfältig wie möglich geprüft werden. Da die Baumaterialien zu den bisherigen Vertragsterminen beschafft werden können, dürfte in dieser Hinsicht aus einem Terminverzug keine Mehrforderung ableitbar sein. Dagegen dürfte eine Anpassung der Lohnsätze im ungünstigen Fall schwer von der Hand zu weisen sein. Eventuell im Hauptauftrag getroffene Regelungen zu Lohn- und Materialpreisgleitung sind bei den Vereinbarungen von Terminsicherungsmaßnahmen einzubeziehen. Dieser Umstand geht allerdings meist eher argumentativ als rechnerisch in die Ermittlung einer Pauschalsumme für die Terminsicherungsmaßnahme ein. So hat auch die Angebotsprüfung meist kurzfristig (z. B. innerhalb von einer Woche) zu erfolgen. Eine detaillierte und vollumfängliche Prüfung der Angebotskalkulation ist somit sehr erschwert.
15.8 Gestörter Bauablauf und Terminsicherung
423
Verzugsbedingte Zusatzkosten
Aussagen zur Höhe der Kosten von Terminsicherungsmaßnahmen sind allgemein schwer möglich. In Abhängigkeit vom Lohnkostenanteil sowie der Schwere der vorangegangenen Terminverzögerung kann die Höhe der terminbedingten Zusatzkosten einen erheblichen Teil des zugrunde liegenden Auftragswertes ausmachen. Fälle mit bis 20 % des Auftragswertes sind bekannt. Durch die zusätzlichen Kosten aus der Terminsicherungsmaßnahme entsteht eine echte Bausummenüberschreitung. Gegenüber der ursprünglichen Objekt-, Termin- und Kostenplanung entsteht dem Bauherrn kein Vorteil, jedoch der Nachteil aus der Kostenerhöhung. Ferner bleibt die Frage zu beantworten, ob das Erfordernis der Terminsicherung vom Bauherrn zu vertreten und zu tragen ist oder ob dieser gegen einen Planer oder eine ausführende Firma Regressansprüche erheben und die Erstattung der Kosten durchsetzen kann. Alternativen zur Terminsicherungsmaßnahme
Sollte der Bauherr aus Kostengründung eine Terminsicherungsmaßnahme ablehnen, steht als einzige echte Alternative die Verlängerung der Ausführungszeit des einzelnen Auftrags und, wenn dieser auf dem kritischen Weg liegt, des Gesamtprojektes zur Verfügung. Steht man somit vor der Abwägung zweier negativer Möglichkeiten, so stellt sich die Frage nach der Bewertung. Welche Alternative ist das kleinere Übel, verursacht die geringeren Kosten für das Gesamtobjekt? Bei der Entscheidung für oder gegen die Verlängerung einer Ausführungsdauer sind u. a. zu berücksichtigen: -
Verlängerung der Kapitalbindung erbrachter bzw. bezahlter Leistungen und damit höhere Bauzeitzinsen. Sind die zusätzlichen Bauzeitzinsen höher oder niedriger als die Kosten der Terminsicherungsmaßnahme?
-
Fristen und Termine anderer bereits erteilter Bau- und Lieferaufträge, deren Ausführungsbeginn von der Entscheidung, ob die einzelne Terminsicherungsmaßnahme beauftragt wird, abhängt.
-
Fristen und Termine von Nutzer- und Betreiberverträgen, deren Ausführungsbeginn ebenfalls von der Entscheidung, ob die einzelne Terminsicherungsmaßnahme beauftragt wird, abhängt.
Wird bei enger Terminplanung das gesamte Termingerüst durch einen einzelnen Auftrag außer Ordnung gebracht, so kann ein Effekt wie beim Auslösen einer Lawine entstehen. Schadensberechnungen sind grundsätzlich möglich, jedoch mit großer Unsicherheit behaftet. In ungünstigen Fällen werden Ersatzmaßnahmen bei nicht termingerechter Fertigstellung erforderlich. Dies ist häufig der Fall, wenn Fassade und Dachabdichtung nicht vor Einbruch des regenreichen Spätherbstes bzw. des Winters fertig gestellt werden. Regen, Schnee und Eis können zu Schäden an erstellten Konstruktionen und Installationen führen. Als Abhilfe können nur provisorische Abdichtungen, z. B. in Form von Holzgerüsten und Folien in Frage kommen. Auch deren Kosten sind bei Alternativüberlegungen zu berücksichtigen.
16
Objektüberwachung (Bauüberwachung)
Der Ausführung eines Bauvorhabens ist in der HOAI die Leistungsphase 8. Objektüberwachung (Bauüberwachung) zugeordnet. Der Architekt hat dabei die Aufgabe, die Umsetzung seiner Planung in die dreidimensionale Wirklichkeit zu überwachen. In dieser Leistungsphase hat der Architekt u. a. Aufgaben der Koordination, der Terminplanung sowie der Überwachung der Ausführung bis zur Abnahme der Bauleistungen. Da es diesbezüglich auch Aufgaben im Rahmen einer gegebenenfalls beauftragten Projektsteuerung gibt, stellt sich die Frage nach der Abgrenzung. Hier ist Will zu folgen, wenn er verlangt, die Teilleistungen so zu interpretieren, „dass der Architekt objektorientiert und der Projektsteuerer projektorientiert tätig werden. Objektorientiert heißt, die materielle Gestalt des Bauwerks betreffend; projektorientiert heißt, die Absicht und das Bemühen von Leistungsträgern, gerichtet auf die Erstellung und Veränderung eines Bauwerks.“ (Will, L. 1985, S. 227) Die Bauausführung bringt eine Vielzahl unterschiedlicher und durchweg sehr anspruchsvoller Aufgaben mit sich, welche zeitgleich von Vertretern der Bauherrenseite, der Bauaufsichtsbehörde und vergleichbarer Institutionen sowie der ausführenden Firmen wahrzunehmen sind. Alle am Projekt Beteiligten verfolgen im Grundsatz die gleichen Ziele: die qualitäts-, kosten- und termingerechte Erstellung des Bauwerkes unter Einhaltung der notwendigen Sicherheitserfordernisse.
16.1
Die an der Bauüberwachung Beteiligten
Die am Projekt Beteiligten üben während der Bauausführung in unterschiedlicher Form eine Überwachung aus. Es sind drei Arten der Überwachung zu unterscheiden. Die jeweiligen Pflichten ergeben sich aus den Zielsetzungen der Parteien, vertraglichen Vereinbarungen und öffentlich-rechtlichen Pflichten. Letztere zu kennen, ist besonders für den Architekten notwendig, da er im Auftrag des Bauherrn vielfältige Aufgaben und große Verantwortung übertragen bekommt. Während für Bauherren die Nutzung des Gebäudes von Bedeutung ist, Architekten und Ingenieure an der Gestaltqualität des Gebäudes bzw. der funktionsgerechten Lösung ihrer Aufgabe interessiert sind, steht für die ausführenden Firmen der rationelle Einsatz von Personal und Gerät in Erfüllung des Bauvertrages im Vordergrund. Darüber hinaus verfolgt jeder der Mitwirkenden wirtschaftliche Ziele, vor allem zur Erzielung des eigenen Einkommens (z. B. Honorar, Gewinn) bei Auslastung seiner Kapazitäten und möglichst geringem Risiko. Einige Anmerkungen zu den Aufgabenprofilen der Objektüberwachung und der Bauleitung sind deswegen angebracht.
16.1 Die an der Bauüberwachung Beteiligten
16.1.1
425
Bauherr und Objektüberwachung
Der Bauherr hat zum einen Pflichten gegenüber der Öffentlichkeit, die vor allem in der Landesbauordnung geregelt sind. Er hat weiterhin Pflichten als Auftraggeber den für ihn tätigen Planern, also dem Architekten und den Fachingenieuren, sowie den ausführenden Unternehmen gegenüber. In den Landesbauordnungen wird anstelle des Architekten vom Entwurfsverfasser und in der HOAI vom Objektplaner gesprochen. Auf die hierin bestehenden Unterschiede wird an dieser Stelle nicht eingegangen, die Bezeichnungen werden insoweit als gleich behandelt als es sich um das Tätigwerden im Auftrag des Bauherrn handelt. Zu den Pflichten des Bauherrn heißt es in der Musterbauordnung für die Länder der Bundesrepublik Deutschland (MBO), die hier stellvertretend für die einzelnen Landesbauordnungen (LBO) herangezogen wird, unter anderem: „§ 53 Bauherr (1) Der Bauherr hat zur Vorbereitung, Überwachung und Ausführung eines nicht verfahrensfreien Bauvorhabens […] geeignete Beteiligte nach Maßgabe der §§ 54 bis 56 [§ 54 Entwurfsverfasser, § 55 Unternehmer, § 56 Bauleiter] zu bestellen, soweit er nicht selbst zur Erfüllung der Verpflichtungen nach diesen Vorschriften geeignet ist. Dem Bauherrn obliegen außerdem die nach den öffentlich-rechtlichen Vorschriften erforderlichen Anträge, Anzeigen und Nachweise.“ (MBO 11.02, zuletzt geändert 10.08) In den Verantwortungsbereich des Bauherrn fällt in Bezug auf die Baustelle und die Bauarbeiten weiterhin die Verkehrssicherungspflicht. Diese gilt nicht nur für die am Projekt Beteiligten, sondern ebenso für Dritte, die mit der Baustelle in Berührung kommen können, z. B. als Passanten, Lieferanten oder Besucher. Die rechtlichen Grundlagen der Verkehrssicherungspflicht sind im Bürgerlichen Gesetzbuch in den §§ 823 ff. geregelt. Gegenstand ist die außervertragliche Haftung im Fall eines Schadens. Der Bauherr kann zu Haftung herangezogen werden, da er mit der Baustelle eine Gefahrenlage schafft oder aufrechterhält, wenn die zur Vermeidung eines Unfalls notwendigen Absicherungsmaßnahmen nicht getroffen worden sind. Als Auftraggeber der Planer und ausführenden Unternehmen hat der Bauherr diesen gegenüber vertragliche Pflichten. Aufgrund der zwischen den Parteien geschlossenen Verträge, es sind überwiegend Werkverträge (vgl. §§ 631 BGB ff.), hat er gegenüber seinen Auftragnehmern unter anderem: -
Mitwirkungspflichten, z. B. Koordination und Steuerung der Projektbeteiligten,
-
die für die Ausführung nötigen Unterlagen rechtzeitig zu übergeben,
-
Lager- und Arbeitsplätze, Zufahrtswege und Anschlussgleise sowie Anschlüsse für Strom und Wasser zu überlassen,
-
Leistungen abzunehmen,
-
die vereinbarte Vergütung zu entrichten.
426
16.1.2
16 Objektüberwachung (Bauüberwachung)
Objektplaner sowie fachlich Beteiligte und Objektüberwachung
Architekten als Objektplaner und Ingenieure als fachlich Beteiligte nehmen die Objektüberwachung im Auftrag des Bauherrn (Auftraggeber) wahr. Die Aufgaben des Objektplaners bei der Bauüberwachung lassen sich am ehesten anhand der Leistungsphase 8. Objektüberwachung (Bauüberwachung) nach § 33 HOAI (Honorarordnung für Architekten und Ingenieure) beschreiben (vgl. Abschnitt 19.4). In diesem Zusammenhang sei jedoch darauf hingewiesen, dass die Honorarordnung „keine normativen Leitbilder für den Inhalt von Architekten- und Ingenieurleistungen“ enthält, sondern dass es sich bei der HOAI um eine Preisverordnung handelt und diese damit keine vertragsrechtliche Leitbildfunktion hat. (NJW 1997, Heft 9, S. 586) Die Objektüberwachung des Architekten ist in der Regel Teil des Architektenvertrages. Es handelt sich hierbei um einen Werkvertrag. Der Architekt schuldet daraus dem Bauherrn ein von Mängeln freies Werk (siehe §§ 631 ff. BGB). Darüber hinaus gibt es allerdings kein genaues Regelwerk, um zu einem mängelfreien Bauwerk zu kommen. Somit stellt sich die Frage, welche Leistungen auf jeden Fall erbracht werden müssen bzw. welche Leistungen die Voraussetzung für eine erfolgreiche Bauüberwachung darstellen. Vor allem der Architekt sollte seine Tätigkeit als eine umfassende Aufgabe verstehen und sie von Anfang bis Ende, einschließlich der Bauüberwachung, durchführen. Nur so hat er wirklich Einfluss auf die Qualität der Planung und die Chance, langfristig die notwendigen Erfahrungen für seinen Beruf zu sammeln. Bei der Überwachung der Ausführung als (Grund-)Leistung der Leistungsphase 8. Objektüberwachung unterscheidet die HOAI unter anderem die Besondere Leistung „Tätigkeit als verantwortlicher Bauleiter, soweit diese Tätigkeit nach jeweiligem Landesrecht über die Grundleistungen der Leistungsphase 8 hinausgeht“. Nach Jochem (Jochem, R. 1998) ist aber die Anwendung dieser Besonderen Leistung fast ausgeschlossen, da nach einer Entscheidung des Bundesgerichtshofes davon auszugehen ist, dass die Tätigkeit als verantwortlicher Bauleiter nach jeweiligem Landesrecht nicht über die Grundleistungen der Leistungsphase 8 hinausgeht (Ausnahme: § 60 Bauordnung von Niedersachsen - aufgehoben). Die Entscheidung des BGH beendete damit einen jahrelangen Meinungsstreit und trug erheblich zur Aufklärung des Pflichtenkreises eines überwachenden Architekten bei. Die bis dahin vor allem umstrittenen Probleme der Verkehrssicherungspflicht des Architekten, wie auch die Beachtung der Unfallverhütungsvorschriften sind vom BGH im folgenden Sinne geklärt worden: Der Architekt ist selbst verkehrssicherungspflichtig, d.h. er hat dafür zu sorgen, dass von der Baustelle und dem Bauvorhaben keine Gefahren ausgehen, durch die Dritte Schaden nehmen können. In erster Linie ist zwar nach wie vor der Unternehmer verkehrssicherungspflichtig, die Verkehrssicherungspflicht des überwachenden Architekten setzt aber ein, -
wenn Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass der Unternehmer in dieser Hinsicht nicht genügend sachkundig oder zuverlässig ist,
-
wenn er Gefahrenquellen erkannt hat,
-
wenn er Gefahrenquellen bei gewissenhafter Beobachtung der ihm obliegenden Sorgfalt hätte erkennen können.
16.1 Die an der Bauüberwachung Beteiligten
427
Bauherr (-enorganisation) Planungsverträge
Objektplaner (Architekt oder planender Ingenieur, hier HOAI § 33 LP 8)
Bauverträge
Ausführende Firmen (z. B. Rohbauarbeiten und andere Gewerke)
Fachlich Beteiligte (z. B. Ingenieure für Technische Ausrüstung, hier HOAI § 53 LP 8)
Objektüberwachung durch Objektplaner und die Fachlich Beteiligten (überwachende Architekten, Ingenieure) im Rahmen ihrer jeweiligen Leistungsbilder
Firmenbauleitung im Rahmen der Bauverträge, Einsatz von Fachbauleitern, Disposition der Faktoren
technische und terminliche Koordination durch den Objektplaner, z. B. Architekt
Objekt
Überprüfung ordnungsgemäßer Ausführung im Rahmen des Öffentlichen Baurechts
Bauaufsichtsbehörde (z. B. Landratsamt, vgl. MBO § 57 ff.)
HOAI LP 8 MBO Abb. 16.1:
= Honorarordnung für Architekten und Ingenieure = Leistungsphase 8. Objektüberwachung = Musterbauordnung, siehe auch Landesbauordnung (LBO) Objektüberwachung (Bauüberwachung) und Bauleitung
428
16 Objektüberwachung (Bauüberwachung)
Unfallverhütungsvorschriften hat der Architekt allerdings nur insoweit zu beachten, als sie der Sache nach zu den Regeln der Baukunst gehören und die Bauausführung unmittelbar betreffen. (nach Jochem, R. 1998) Somit ist der mit der Objektüberwachung beauftragte Architekt sowohl gegenüber seinem Auftraggeber, also dem Bauherrn, als auch der Öffentlichkeit, vertreten durch die zuständige Bauaufsichtsbehörde, in Bezug auf die ordnungsgemäße Ausführung des Objektes mit umfangreichen Pflichten versehen. Bei größeren, komplexen Bauvorhaben ist es für einen Architekten fast unmöglich, die gesamte Fachkunde für alle Gewerke mitzubringen. In diesem Fall hat er das Recht und die Pflicht, geeignete Fachbauleiter heranzuziehen, die in ihrem Aufgabenbereich an die Stelle des bauüberwachenden Architekten treten. Für das ordnungsgemäße Ineinandergreifen seiner Tätigkeiten mit denen der Fachbauleiter bleibt der objektüberwachende Architekt jedoch verantwortlich. Dementsprechend ist auch das Koordinieren der an der Objektüberwachung fachlich Beteiligten eine Grundleistung der Leistungsphase 8. Objektüberwachung (Bauüberwachung).
16.1.3
Ausführende Firmen und Bauleitung
Zu den Pflichten der ausführenden Firmen (Bauunternehmer, Handwerksbetriebe) als Auftragnehmer heißt es in der Musterbauordnung und gleichlautend in der Sächsischen Bauordnung im § 55 Unternehmer: „(1) Jeder Unternehmer ist für die mit den öffentlich-rechtlichen Anforderungen übereinstimmende Ausführung der von ihm übernommenen Arbeiten und insoweit für die ordnungsgemäße Einrichtung und den sicheren Betrieb der Baustelle verantwortlich. Er hat die erforderlichen Nachweise über die Verwendbarkeit der verwendeten Bauprodukte und Bauarten zu erbringen und auf der Baustelle bereitzuhalten.“ (§ 55 SächsBO) Auch gemäß VOB/B § 4 Abs. 1 Nr. 1 hat der Bauleiter des Auftraggebers für die Aufrechterhaltung der allgemeinen Ordnung auf der Baustelle zu sorgen, das Zusammenwirken der verschiedenen Unternehmer zu regeln sowie öffentlich-rechtliche Genehmigungen und Erlaubnisse, wenn nötig, herbeizuführen. Zur Gewährleistung der fachgerechten Durchführung der einzelnen Gewerke auf der Seite der Auftragnehmer werden Firmenbauleiter eingesetzt, die für die Organisation und Disposition der Leistungen des einzelnen Bauauftrags zu sorgen haben. Hierzu gehören auch die Sorgen um -
die Einhaltung von Arbeitsschutzvorschriften (Tragen von Schutzhelmen und Sicherheitsschuhen, Herstellen ausreichender Gerüstverankerungen u. a.) und
-
den Schutz der Leistungen vor Diebstahl und vor Beschädigung bis zur Abnahme (VOB/B § 4 Abs. 5) und während der Ausführung nachfolgender Gewerke.
16.1 Die an der Bauüberwachung Beteiligten
429
Je nach Organisationsstruktur des einzelnen Unternehmens werden geeignete Fachleute als Oberbauleiter mit einer Bausparte bzw. als Bauleiter mit der Leitung einer Großbaustelle oder mehreren kleineren Baustellen betraut. Sie verantworten den Einsatz von Personal und Geräten und wirken teilweise auch bei der Auftragsbeschaffung mit. Einzelne Abschnitte größerer Baustellen werden verantwortlichen Firmenbauleitern übertragen. Zu ihrem Aufgabenbereich gehören im Wesentlichen die Steuerung des Bauablaufes sowie das zugehörige Berichtswesen. Ferner erstellen sie das Aufmaß, soweit diese Tätigkeiten nicht ganz oder teilweise von den Polieren oder Schachtmeistern übernommen werden. Die von den ausführenden Firmen eingesetzten Poliere führen die Arbeitskolonnen, sind für den Einsatz der Arbeitskräfte, Tagesrapporte, Lohnzettel und Berichtswesen verantwortlich und überwachen die Bauausführung insbesondere hinsichtlich der Einhaltung von Abmessungen gemäß den Zeichnungen und technischen Angaben.
16.1.4
Bauaufsichtsbehörden und Bauleitung
Die Aufgaben und Befugnisse der Bauaufsichtsbehörden als Staatsaufgaben sind ebenfalls in den Landesbauordnungen bzw. grundlegend in der MBO geregelt: § 58 Aufgaben und Befugnisse der Bauaufsichtsbehörden (2) Die Bauaufsichtsbehörden haben bei der Einrichtung, Änderung, dem Abbruch, der Nutzung sowie der Instandhaltung baulicher Anlagen darüber zu wachen, daß die öffentlichrechtlichen Vorschriften und die aufgrund dieser Vorschriften erlassenen Anordnungen eingehalten werden. Sie haben in Wahrnehmung dieser Aufgaben nach pflichtgemäßem Ermessen die erforderlichen Maßnahmen zu treffen. [ ... ].“ (MBO 11.02, zul. geänd. 10.08) „Diese Tätigkeit enthält Rechte und Pflichten gegenüber der Öffentlichkeit und der Baurechtsbehörde. Der verantwortliche Bauleiter hat die ordnungsgemäße und den genehmigten Bauvorlagen entsprechende Bauausführung zu überwachen und darauf zu achten, daß die Arbeiten der Baubeteiligten ohne gegenseitige Gefährdung und ohne Gefährdung Dritter durchgeführt werden können.“ (Locher, H.; Köble, W.; Frik, W. 2006, S. 510) Auch die Bauaufsichtsbehörden verwenden den Begriff des Bauleiters. Hierbei handelt es sich um die Person, die für die Überprüfung der ordnungsgemäßen und der Genehmigung entsprechenden Ausführung der Bauvorhaben zuständig ist. In Sachsen obliegt der Bauaufsichtsbehörde die Überwachung der Bauausführung hinsichtlich der von ihr geprüften Nachweise, was sich auf die in § 66 SächsBO festgelegten Gebäude bzw. bauliche Anlagen – insbesondere Sonderbauten – bezieht. In der Musterbauordnung und gleichlautend in der Sächsischen Bauordnung werden die damit verbundenen Pflichten des überwachenden Architekten in § 56 Bauleiter bestimmt: „(1) Der Bauleiter hat darüber zu wachen, dass die Baumaßnahme entsprechend den öffentlich-rechtlichen Anforderungen durchgeführt wird, und die dafür erforderlichen Weisungen zu erteilen. Er hat im Rahmen dieser Aufgabe auf den sicheren bautechnischen Betrieb der Baustelle, insbesondere auf das gefahrlose Ineinandergreifen der Arbeiten der Unternehmer zu achten. Die Verantwortlichkeit der Unternehmer bleibt unberührt.
430
16 Objektüberwachung (Bauüberwachung)
(2) Der Bauleiter muss über die für seine Aufgabe erforderliche Sachkunde und Erfahrung verfügen. Verfügt er auf einzelnen Teilgebieten nicht über die erforderliche Sachkunde, so sind geeignete Fachbauleiter heranzuziehen. Diese treten insoweit an die Stelle des Bauleiters. Der Bauleiter hat die Tätigkeit der Fachbauleiter und seine Tätigkeit aufeinander abzustimmen.“ (§ 56 SächsBO)
16.1.5
Organisation der Bauüberwachung
Der Architekt sollte im eigenen und im Interesse des Bauherrn grundsätzlich das vollständige Leistungsbild erbringen, d. h. ohne inhaltliche Einschränkungen und über alle Leistungsphasen. Übernimmt der Architekt sowohl die Planung als auch die Objektüberwachung, hat er am ehesten die Chance, seine Vorstellungen umzusetzen und mit der eigenen Planung die notwendigen Erfahrungen zu gewinnen bzw. diese zu erweitern. Nur so können dem Bauherrn die erforderlichen Fachleute von Planungsbeginn bis zur Abnahme – und darüber hinaus für Mängelbeseitigungsansprüche – uneingeschränkt zur Verfügung stehen.
Bauherr (-enorganisation) Planungsverträge
Objektplaner (Architekt oder planender Ingenieur, bis LP 5 HOAI)
Fachlich Beteiligte (z. B. Ingenieure für Technische Ausrüstung, bis LP 5 HOAI) Planungsvertrag
Baumanagement (Objektplaner und fachlich Beteiligte ab LP 6 HOAI) Abb. 16.2:
Bauverträge
Ausführende Firmen (z. B. Rohbauarbeiten und andere Gewerke)
Baumanagement - Trennung von Planung und Überwachung
Bei vielen, vor allem größeren und sehr komplexen Bauvorhaben ist es dem Architekten allein nicht möglich, die gesamte Sachkunde für alle Gewerke mitzubringen. Deshalb muss der Bauherr für zusätzlich erforderliche Ingenieurleistungen die fachlich Beteiligten beauftragen. Dies sind für die Planung bzw. für die Fachbauleitung der unterschiedlichen Fachbereiche der Tragwerksplaner, die Fachingenieure für Heizung, Klima, Sanitär sowie eventuell weitere Fachleute.
16.1 Die an der Bauüberwachung Beteiligten
431
Die im Arbeitsleben zunehmende Arbeitsteilung ist auch im Bauwesen festzustellen. Viele Architekten haben sich inzwischen – entgegen der oben ausgesprochenen Empfehlung – entweder auf die Planung oder die Vergabe und Bauüberwachung spezialisiert. Die Teilung der Leistungen liegt in den meisten Fällen zwischen der Leistungsphase 5. Ausführungsplanung und der Leistungsphase 6. Vorbereitung der Vergabe. Daraus wird deutlich, an welcher Stelle des Planungsablaufes in besonderem Maße auf die einwandfreie Koordination von Leistungen und den lückenlosen Informationsfluss zwischen den Beteiligten geachtet werden muss. Architektur- bzw. Ingenieurbüros, welche sich auf die Bauüberwachung spezialisiert haben und dabei ab der Leistungsphase 6. Vorbereitung der Vergabe alle Fachbereiche abdecken, werden in der Praxis als Baumanagement bezeichnet (siehe Abbildung 16.2). Wird mit der Objektüberwachung ein anderes Büro, als für die vorangegangene Planung beauftragt, so sind zur Vermeidung von Fehlern und Informationsverlusten sowie für die reibungslose Fortschreibung der Planung über die genannte Schnittstelle hinaus erforderlich: -
Planungsunterlagen und Baubeschreibungen von besonders hoher Qualität und Aussagekraft
-
zusätzliche Besprechungen zur Klärung von technischen und gestalterischen Details
-
rechtzeitige Übergabe aller Unterlagen vom Planer und den fachlich Beteiligten an das Baumanagement und
-
eine durchgängige Kosteninformation.
Gründe für die gesonderte Beauftragung eines Baumanagements können sein: -
der Architekt, der die Entwurfsplanung durchgeführt hat, betreibt sein Büro in einer anderen Stadt oder im Ausland,
-
der Entwurfsverfasser verfügt bisher nicht im notwendigen Umfang über Erfahrungen in der Bauüberwachung und ist nicht bereit, einen oder mehrere Bauleiter für die Baudurchführung des Projektes einzustellen oder ein anderes Büro als Nachunternehmer zu beauftragen,
-
die Anforderungen an die Bauüberwachung sind einerseits besonders umfangreich und komplex, und es steht andererseits ein besonders qualifiziertes Baumanagement für diese Aufgaben zur Verfügung.
Bei Einsatz eines Baumanagements mit getrennter Planung und Objektüberwachung ist im Sinne der gesamtschuldnerischen Haftung der überwachende Architekt für die Mängelfreiheit der zur Ausführung kommenden Planung mit verantwortlich. Eine der unverzichtbaren Voraussetzungen für eine erfolgreiche Bauüberwachung – unabhängig davon, wie sie organisiert wird – ist eine einwandfreie und vollständige Planung. Bauherren vertreten bisweilen die Auffassung, dass die Bauzeit verkürzt werden könnte, indem Bauplanung und -ausführung überlagert werden. Durch diese die Bauausführung begleitende Planung können Planungsentscheidungen auch noch kurz vor der Nutzung getroffen werden. Was bedeutet dies für die Bauüberwachung?
432
16 Objektüberwachung (Bauüberwachung)
Sowohl für den Architekten als auch für die ausführenden Firmen sind die Termin- und die Kapazitätsplanung mit erheblichen Unsicherheiten behaftet. Die Angebotskalkulation der Bieter ist zusätzlich dadurch erschwert, dass der notwendige Umfang der auszuführenden Arbeiten bei Angebotsabgabe noch nicht ausreichend genau zu erkennen ist. Bei Bauvorhaben, für deren Ausführung nicht die notwendige Planungssicherheit und die ausreichende Bauzeit zur Verfügung stehen, sind erfahrungsgemäß Überschreitungen der Kosten und Termine aufgrund von berechtigten Mehrforderungen der ausführenden Firmen kaum zu vermeiden. Schon bei der Ausschreibung und erst recht während der Ausführung fehlen der Bauleitung die Grundlagen für eine geordnete Koordination und Überwachung. Es kann deshalb nur mit Nachdruck darauf hingewiesen werden, dass mit der Bauausführung erst dann begonnen werden soll, wenn die Planung abgeschlossen ist. Die ordnungsgemäße Herstellung des Bauwerkes ist durch die Überwachung der Bauausführung, aber auch durch die Qualitätsprüfung der Baustoffe zumindest stichprobenartig sicherzustellen. Dafür muss der Architekt nicht ständig, wohl aber bei wichtigen Bauabschnitten auf der Baustelle anwesend sein. So muss er sich zum Beispiel beim Stahlbetonbau davon überzeugen, dass der Bewehrungsstahl richtig verlegt ist und der Beton die geforderte Zusammensetzung hat, sofern diese Aufgabe nicht dem Statiker übertragen worden ist. Bei größeren Bauvorhaben führt die Fülle von Überwachungserfordernissen regelmäßig zu einer ständigen Präsenzpflicht des überwachenden Architekten auf der Baustelle, wobei er sich allerdings durch einen fachkundigen Erfüllungsgehilfen vertreten lassen kann. Bei häufiger oder ständiger Präsenz der Objektüberwachung auf der Baustelle ist rechtzeitig ein Baubüro einzurichten. Es dient u. a. -
als Arbeitsplatz zur Anfertigung der täglichen Aufzeichnungen,
-
für die Bereitstellung aller erforderlichen Planunterlagen,
-
für die Durchführung von Baubesprechungen,
-
zur Aufbewahrung von Mustern der Bauteile.
Üblicherweise werden für ein durchschnittliches Bauvorhaben 25 bis 30 ausführende Firmen für die verschiedenen Gewerke beauftragt (Fachlosvergabe). Die Überwachung und Koordination dieser großen Zahl von Auftragnehmern fordern den Architekten sowie die fachlich Beteiligten in hohem Maße. Eine Alternative stellt die Beauftragung aller Leistungen an einen Generalunternehmer dar. Die Aufgaben des Bauherrn und des Architekten sowie der Fachingenieure sind damit hinsichtlich der Objektüberwachung auf die Fortschrittskontrolle, die Abnahme und Abrechnung nur eines Auftrags (jedoch mit dem vollen Umfang aller Leistungen) reduziert. Ferner entfällt bei der Objektüberwachung die technische und terminliche Koordinierung durch den Planer weitgehend.
16.2 Die Leistungen der Objektüberwachung
433
Da diese Vergabeform anscheinend die Aufgaben des überwachenden Architekten vereinfacht, ist die Bereitschaft vieler Bauherren geringer, dem Architekten im Falle der Beauftragung an einen Generalunternehmer das Honorar in voller Höhe zuzugestehen. Gleichwohl besteht der Honoraranspruch jedes Planers uneingeschränkt, denn die HOAI unterscheidet hinsichtlich des Honoraranspruchs nicht nach der Form der Beauftragung von Bauleistungen (Fachlosvergabe oder Vergabe an einen Generalunternehmer). Der Bauherr darf jedoch nicht übersehen, dass der Generalunternehmer in der Regel die vertraglichen Grundlagen seiner Arbeit gut beherrscht. Verhandlungen über Mehrforderungen im Falle von Planungsänderungen erfordern besonders auf der Seite des Bauherrn viel Sachkunde und Geschick. Unter anderem sollte deswegen der Bauherr auf keinen Fall beim Einsatz eines Generalunternehmers auf die fachliche Unterstützung durch eine qualifizierte Bauüberwachung für alle Gewerke verzichten.
16.2
Die Leistungen der Objektüberwachung
Im Zusammenhang mit dem Leistungsbild des Objektplaners werden die darin enthaltenen Aufgaben mit der in diesem Zusammenhang möglichen Delegation von Pflichten des Bauherrn mit öffentlich-rechtlicher Wirkung an den Architekten erläutert. Dieser hat dann einerseits Pflichten gegenüber dem Bauherrn aus seinem Werkvertrag und andererseits im Rahmen seiner Aufgaben Pflichten gegenüber der Bauaufsichtsbehörde als staatlichem Organ. Zu den (Grund-)Leistungen der Objektüberwachung zählen: -
Überwachen der Ausführung des Objektes
-
Koordinieren der an der Objektüberwachung fachlich Beteiligten
-
Überwachung und Detailkorrektur von Fertigteilen
-
Aufstellen und Überwachen eines Zeitplanes (Balkendiagramm)
-
Führen eines Bautagebuches
-
Gemeinsames Aufmaß mit den ausführenden Unternehmen
-
Abnahme der Bauleistungen
-
Rechnungsprüfung
-
Kostenfeststellung
-
Antrag auf behördliche Abnahmen und Teilnahme
-
Übergabe des Objekts
-
Auflisten der Verjährungsfristen
-
Überwachen der Beseitigung der bei der Abnahme der Bauleistungen festgestellten Mängel
-
Kostenkontrolle.
434
16 Objektüberwachung (Bauüberwachung)
Als Besondere Leistungen können darüber hinaus vereinbart werden: -
Aufstellen, Überwachen und Fortschreiben eines Zahlungsplanes
-
Aufstellen, Überwachen und Fortschreiben von differenzierten Zeit-, Kosten- oder Kapazitätsplänen (Netzpläne, EDV-gesteuerte Ablauf- und Kostenpläne).
Daneben hat der überwachende Architekt – gemäß VOB/B § 4 für die Aufrechterhaltung der allgemeinen Ordnung auf der Baustelle zu sorgen, das Zusammenwirken der verschiedenen Unternehmer zu regeln sowie öffentlich-rechtliche Genehmigungen, wenn nötig, herbeizuführen. Eine erfolgreiche Objektüberwachung ist von vielen Voraussetzungen abhängig, welche in der Praxis leider nicht immer gegeben sind. Umso wichtiger erscheint der Hinweis auf diese: -
vollständige, ausgereifte und abgestimmte Planung (Ausführungsplanung und Erstellung der Leistungsbeschreibungen),
-
ausreichend bemessene Dauer für die Bauausführung,
-
angemessenes bzw. kostendeckendes Honorar,
-
Auswahl leistungsfähiger Baufirmen im Hinblick auf die fachgerechte Ausführung sowie die Vermeidung von Insolvenzen,
-
Berücksichtigung jahreszeitlicher Ausführungsbedingungen, Vereinbarung eventuell notwendiger Winterbaumaßnahmen,
-
Ausschreibung und Vergabe nur auf der Grundlage vollständiger und abgestimmter Planung und Leistungsbeschreibungen,
-
Vermeidung von Änderungen, die sich auf Termine und Kosten auswirken, andernfalls – wenn diese z. B. auf Grund von Bauherrnwünschen nicht vermeidbar sind – Fortschreibung der Termin- und Kostenpläne,
-
für alle Beteiligten nachvollziehbare und verbindliche Form der Vergaben und weiteren Vereinbarungen (Schriftform),
-
klare Regelung der Projektorganisation und insbesondere eindeutige Regelung von Vollmachten (was darf der Architekt im Auftrag des Bauherrn tun?),
-
Dokumentation des Bauablaufes bzw. lückenloses Berichtswesen, mindestens Schriftform, am besten Einsatz einer Datenbank,
-
Einsatz erfahrener Mitarbeiter,
-
gute Umgangsformen, Anerkennung der Fähigkeiten und Belange anderer am Projekt Beteiligter,
-
Vermeidung von Rechtsstreitigkeiten, Lösung von Interessenkonflikten im Vorfeld bzw. auf dem Wege der Verhandlung.
Der Bauherr und sein Architekt sollten im gemeinsamen Interesse anstreben, diese Voraussetzungen uneingeschränkt zu schaffen. Nur so kann auch die Objektüberwachung zur Zufriedenheit aller Beteiligten (Auftraggeber, Auftragnehmer, Bauaufsichtsbehörde) gelingen.
16.2 Die Leistungen der Objektüberwachung
16.2.1
435
Überwachen der Ausführung des Objekts
Das Überwachen der Ausführung ist die zentrale Aufgabe der Objektüberwachung. „Dabei muss auf die Übereinstimmung mit der Baugenehmigung, den Ausführungsplänen und den Leistungsbeschreibungen geachtet werden. Die Ausführung muss übereinstimmen mit den (Anm. d. Verf.: allgemein) anerkannten Regeln der Technik und den einschlägigen Vorschriften. Die anerkannten Regeln der Technik sind teils schriftlich niedergelegt, wie in den DINVorschriften, in den einheitlichen Technischen Baubestimmungen des ETB-Ausschusses oder in den technischen Richtlinien einzelner Bauverbände.“ (Locher, H.; Köble, W.; Frik, W. 2006, S. 457) Hierbei geht es vor allem um die ordnungsgemäße Herstellung des Bauwerks, die durch Überwachung der Bauausführung, aber auch durch zumindest stichprobenweise Qualitätsprüfung der Baustoffe und Bauprodukte sicherzustellen ist. Zur Überwachung der Ausführung durch den Architekten gehören auch Tragwerke mit geringem Schwierigkeitsgrad gemäß HOAI § 63 Abs. 1 Nr. 1 und 2 hinsichtlich der Übereinstimmung mit dem Standsicherheitsnachweis (vergleiche MBO § 12 Standsicherheit). Zu den Bewertungsmerkmalen des geringen Schwierigkeitsgrades steht in der HOAI § 63 Honorarzonen I und II: § 63 Honorarzonen für Leistungen bei der Tragwerksplanung „(1) Die Honorarzone wird bei der Tragwerksplanung nach dem statisch-konstruktiven Schwierigkeitsgrad aufgrund folgender Bewertungsmerkmale ermittelt: 1. Honorarzone I: Tragwerke mit sehr geringem Schwierigkeitsgrad, insbesondere -
einfache statisch bestimmte ebene Tragwerke aus Holz, Stahl, Stein oder unbewehrtem Beton mit ruhenden Lasten, ohne Nachweis horizontaler Aussteifung;
2. Honorarzone II: Tragwerke mit geringem Schwierigkeitsgrad, insbesondere -
statisch bestimmte ebene Tragwerke in gebräuchlichen Bauarten ohne Vorspann- und Verbundkonstruktionen, mit vorwiegend ruhenden Lasten,
-
Deckenkonstruktionen mit vorwiegend ruhenden Flächenlasten, die sich mit gebräuchlichen Tabellen berechnen lassen,
-
Mauerwerksbauten mit bis zur Gründung durchgehenden tragenden Wänden ohne Nachweis horizontaler Aussteifung
-
Flachgründungen und Stützwände einfacher Art ... .“ (§ 63 HOAI:2009-08)
Im Rahmen der Objektüberwachung hat der Architekt nach allgemeiner Meinung eine so genannte Wahrnehmungspflicht. Er muss dafür nicht ständig auf der Baustelle anwesend sein, hat aber wichtige und schadensträchtige Bauarbeiten mit gezielter Aufmerksamkeit zu überwachen und auch deren ordnungsgemäße Ausführung zu kontrollieren.
436
16 Objektüberwachung (Bauüberwachung)
Der Zeitaufwand für die Anwesenheit auf der Baustelle ist von der Größe und Komplexität der Baumaßnahme abhängig, er kann von vornherein nur schwer festgelegt werden. Einige Beispiele sollen die Notwendigkeit der Anwesenheit auf der Baustelle veranschaulichen. So muss sich der überwachende Architekt z. B. beim Stahlbetonbau davon überzeugen, dass der Bewehrungsstahl richtig verlegt ist und der Beton die geforderte Zusammensetzung hat, sofern diese Aufgabe nicht dem Statiker übertragen worden ist (siehe oben). Es sind als wichtige Bauarbeiten ferner von Bedeutung: -
Anwendung neuer Baumethoden und
-
Einsatz neuer Baustoffe
-
Abbrucharbeiten (OLG Oldenburg, Urteil vom 29.05.91 – 2 U 31/91, BauR 92, S. 258)
- Abdichtungsarbeiten (OLG Hamm, Urteil vom 24.10.89 – 24 U 27/89, BauR 90, S. 638). (Meissner, K., S. 19) Zu den Konstruktionen, die erfahrungsgemäß schadensanfällig sind und deren ordnungsgemäße Ausführung deshalb in besonderer Weise zu überwachen ist, sind beispielhaft zu nennen: -
Ausführung von Bodenbelagsarbeiten; hierbei sind Feuchtigkeitsmessungen durchzuführen, damit Parkettbeläge nicht quellen oder unter PVC-Belägen sich keine Blasen bilden,
-
Montage von leichten Trennwänden; hierbei ist auf die Vermeidung von Schallbrücken zu achten,
-
Fliesenarbeiten in Nassräumen; hierbei ist auf sauberes Verfugen von Boden- und Wandanschlüssen zu achten, um Feuchtigkeitsschäden vorzubeugen.
Das Überwachen der Leistungen birgt für den Architekten die vergleichsweise größten Haftungsrisiken. Wenn auch von vornherein nicht eindeutig festgestellt werden kann, welche Maßnahmen der Architekt im Rahmen seiner Überwachung zu ergreifen hat, so hat er doch auf jeden Fall Hinweisen auf mögliche Mängel nachzugehen. Dies wäre der Fall, wenn der Bodenleger Bedenken gegen die Estrichoberfläche anmeldet, da Risse in dieser erkennbar sind. In diesem Fall muss der Architekt die ausgeführten Estricharbeiten ganz genau untersuchen. (Reineke, P. 1994, S. 193) Siehe hierzu auch nachstehendes Urteil des BGH: „1. Der objektüberwachende Architekt darf angemeldete Bedenken ausführender Handwerker nicht achselzuckend übergehen. 2. Er ist vielmehr in diesen Fällen zu erhöhter Aufmerksamkeit und Überwachung verpflichtet. Reichen einfache Methoden zur Kontrolle der Bauausführung nicht aus, muss der Architekt etwa Materialprüfungen veranlassen.“ (BGH, Urteil vom 10.02.94 – VII ZR 20/93, BauR 94, S. 392) Es gehört auch zu den Aufgaben des überwachenden Architekten, bereits während der Bauausführung die Maße von Baukonstruktionen zu überprüfen. So ist die Einhaltung der Maße, Winkel und Ebenheit von zum Beispiel:
16.2 Die Leistungen der Objektüberwachung -
Geschossdecken,
-
Tür- und Fensteröffnungen im Mauerwerk und
-
Boden- und Deckenbeläge
437
auf ordnungsgemäße Ausführung und Übereinstimmung mit den freigegebenen Ausführungsplänen zu überprüfen. Nur so kann insbesondere das unbehinderte Ineinandergreifen der unterschiedlichen Gewerke, z. B. Türzargen und Türöffnungen im Mauerwerk, sichergestellt werden. Überschreitungen zulässiger Toleranzen müssen vom überwachenden Architekten festgestellt und deren unverzügliche Beseitigung von der ausführenden Firma gefordert werden. Bezug
Vertikale, horizontale und geneigte Flächen Abb. 16.3:
Stichmaße als Grenzwerte in mm in Abhängigkeit von den Nennmaßen der Öffnungen in m über 0,5 bis 1 m
über 1 bis 3
über 3 bis 6 m
über 6 bis 15 m
über 15 30 m
über 30
6 mm
8 mm
12 mm
16 mm
20 mm
30 mm
Grenzwerte für Winkelabweichungen nach DIN 18202:2005-10, Auszug
Bezüglich der Einhaltung der DIN-Vorschriften sei beispielhaft verwiesen auf: DIN 18 202:05-10, Toleranzen im Hochbau; Bauwerke DIN 18 203-1:97-04, Toleranzen im Hochbau; Vorgefertigte Teile aus Beton und Stahlbeton DIN 18 203-2:06-08, Maßtoleranzen im Hochbau; Vorgefertigte Teile aus Stahl DIN 18 203-3:08-08, Toleranzen im Hochbau; Bauteile aus Holz und Holzwerkstoffen. Die in DIN 18 202:2005-10 festgelegten Toleranzen (z. B. Grenzwerte für Winkelabweichungen, Ebenheitsabweichungen und Fluchtabweichungen) gelten baustoffunabhängig für die Ausführung von Bauwerken. So sind beispielsweise Stichmaße als Grenzwerte für Winkelabweichungen festgelegt; diese gelten für vertikale, horizontale und geneigte Flächen, auch bei Öffnungen. Art, Umfang und Termine der Leistungen müssen im Bauvertrag vereinbart werden. Abweichungen davon, Mängel oder Änderungen, welche häufig auch vom Bauherrn ausgelöst werden, bedürfen der schriftlichen Mitteilung an die betroffenen Firmen oder der schriftlichen Vereinbarung mit diesen. Hierzu gehören: -
Änderungen der Ausführungstermine, z. B. wegen geänderter Inbetriebnahme,
-
Terminabweichungen von solchen Gewerken, welche als Vorleistung für die Arbeiten der ausführenden Firma von Bedeutung sind, z. B. Terminverzögerungen der Rohbauarbeiten als Vorleistung für die Estricharbeiten,
-
Mängel, die von der Objektüberwachung schon vor der Abnahme erkannt werden. Für deren Beseitigung ist eine Terminsetzung erforderlich.
438
16 Objektüberwachung (Bauüberwachung)
Zu Änderungen, die durch den Bauherrn veranlasst werden, sei angemerkt, dass dieser in seiner Funktion als Auftraggeber das Recht hat, ändernd in die Planung und ebenso in die Ausführung einzugreifen. Hierzu heißt es in VOB/B § 1 Abs. 3: „Änderungen des Bauentwurfs anzuordnen, bleibt dem Auftraggeber vorbehalten“. „Der Auftragnehmer ist diesem Anordnungsrecht unterworfen und rechtlich verpflichtet, diesem zu folgen. Durch solche Änderung der Leistung verändert sich aber auch seine Gegenleistung: Der Auftragnehmer kann unter Berücksichtigung der Mehr- oder Minderkosten einen neuen Preis verlangen.“ (Franke, H.; Zanner, Chr.; Kemper, R. 2001, S. 21 und vgl. VOB/B § 2 Abs. 5) Die notwendigen Mitteilungen und Vereinbarungen zu den vom Architekten festgestellten Abweichungen oder vom Auftraggeber veranlassten Änderungen sind vom überwachenden Architekten in geeigneter Form und Methodik, z. B. Protokolle, Ablagesystem, Datenbank, zu dokumentieren. Dies betrifft vor allem die Beseitigung von Mängeln und die Berücksichtigung von Änderungen des Bauentwurfs und geänderter Termine. Denn gerade im Fall einer vom Auftragnehmer geforderten zusätzlichen Vergütung, ist für die Vertretung der Belange des Bauherrn eine eindeutige und umfassende Beweislage zu schaffen. (VOB/B § 1 und § 2).
16.2.2
Koordinieren der an der Objektüberwachung Beteiligten
Grundsätzlich hat der Bauherr in seiner Funktion als Auftraggeber die Pflicht gegenüber den ausführenden Firmen als seinen Auftragnehmern, Voraussetzungen zu schaffen, dass diese die von ihnen geschuldeten Leistungen reibungslos erbringen können. Es handelt sich hierbei um eine Mitwirkungspflicht in Form der Koordination. „Unter der Koordierungstätigkeit ist eine ordnende, den planungs- und termingerechten Ablauf aller Leistungsbereiche überwachende Tätigkeit zu sehen.“ (Locher, H.; Köble, W.; Frik, W. 2006, S. 459) Beauftragt der Bauherr einen Objektplaner mit der Objektüberwachung, nimmt dieser für ihn diese Koordination vor allem in Bezug auf die ausführenden Firmen in technischer und terminlicher Hinsicht wahr. Ein wesentliches Hilfsmittel hierfür, insbesondere in terminlicher Hinsicht, ist der Zeitplan (Balkendiagramm). Der Bauherr soll dabei nur im Ausnahmefall in die Koordinierung der bauausführenden Unternehmen durch den Objektplaner eingreifen. Genauso wenig darf sich der Architekt in die Disposition der Firmen, weder im Innenverhältnis noch gegenüber deren Nachunternehmern, einmischen. Darüber hinaus richtet sich die Koordination des Objektplaners auch auf Leistungen der an der Objektüberwachung mitwirkenden fachlich Beteiligten, also auf die der Fachingenieure für die Planung der Technischen Anlagen und erforderlichenfalls auf die der Tragwerksplaner und sonstigen Planungsbeteiligten. So hat der Objektplaner bereits vor Baubeginn dafür Sorge zu tragen, dass die Fachingenieure rechtzeitig ihre Ausführungspläne bereitstellen, die Firmen an der Baustelle einweisen und die angelieferten technischen Geräte und Einrichtungen auf Übereinstimmung mit dem Leistungsbereich prüfen.
16.2 Die Leistungen der Objektüberwachung
439
Die Koordination von Leistungen durch den Architekten hat aber auch Grenzen: „Der Architekt, der die Bauüberwachung übernommen hat, muss dafür sorgen, dass die verschiedenen Bauarbeiten bzw. Arbeiten der verschiedenen Gewerke sachdienlich und zeitlich aufeinander abgestimmt sind. Diese Koordinierungspflicht endet dort, wo es um die Abstimmung der Leistungen von mehreren Sonderfachleuten oder Spezialunternehmen geht, deren Fachgebiet der Architekt nicht beherrschen muss. Hier trifft die beteiligten Sonderfachleute die Koordinierungspflicht für ihren Tätigkeitsbereich.“ (BGH, Urteil vom 11.12.75 – VII ZR 7/74, BauR 76, S. 138) Abbildung 16.4 zeigt die Leistungen, welche vom Objektplaner bei der Objektüberwachung selbst zu erbringen und in Bezug auf das Mitwirken der fachlich Beteiligten zu koordinieren sind. Objektplaner für Gebäude, raumbildende Ausbauten, Freianlagen
Fachlich Beteiligte für technische Ausrüstung, Tragwerksplanung u. a.
Koordinierung der fachlich Beteiligten
Objektüberwachung
Mitwirkung im Rahmen des Leistungsbildes
Objektüberwachung
In Bezug auf: - Überwachung der Ausführung des Objekts und des Tragwerks - Aufstellen und Überwachen eines Zeitplans (Balkendiagramm) - Führen eines Bautagebuchs (mit den ausführenden Unternehmen) - Gemeinsames Aufmaß (mit den ausführenden Unternehmen) - Abnahme der Bauleistungen - Rechnungsprüfung - Kostenfeststellung - Antrag auf behördliche Abnahmen und Teilnahme daran - Übergabe des Objekts (Zusammenstellen und Übergeben der Revisionsunterlagen, Bedienungsanleitungen und Prüfprotokolle - Überwachen der Beseitigung der bei der Abnahme der (Bau-)Leistungen festgestellten Mängel - Kostenkontrolle Abb. 16.4:
Koordination fachlich Beteiligter durch Objektplaner (LP 8)
440
16 Objektüberwachung (Bauüberwachung)
Der Umfang von Leistungen, die zu koordinieren sind, ist je nach Art der Nutzung und nach dem Anteil der Technischen Anlagen am Gebäude unterschiedlich, entsprechendes gilt für das Tragwerk u. a. im Fachbereich des Tragwerksplaners. Der Anteil der Technischen Anlagen beträgt z. B. bei Parkhäusern um 10 %, bei Wohngebäuden um 20 % und bei Krankenhäusern bis zu 40 % der Bauwerkskosten. Der Aufwand des Objektplaners für die Koordination wird oft unterschätzt. Dieser steigt mit der Anzahl der Beteiligten, also der Fachingenieure und der ausführenden Firmen, überproportional. Die Zahl der Beteiligten sollte nicht nur im Hinblick auf den Koordinationsaufwand, sondern auch in Bezug auf die Schnittstellen und die damit möglichen Fehlerquellen von vornherein in Grenzen gehalten werden.
16.2.3
Überwachung und Detailkorrektur von Fertigteilen
Wenn es im Rahmen der technischen Koordination erforderlich ist, dass ausführende Firmen Montagezeichnungen für Fertigteile liefern, hat der Architekt diese auf Übereinstimmung mit der Ausführungsplanung zu prüfen. Hierzu hat die HOAI:1996-01 mit § 28 die folgende Definition geboten (Anmerkung: Diese Regelung ist mit HOAI:2009-08 entfallen, sie ist unabhängig davon für die Beschreibung der Architektenleistung hilfreich): „(1) Fertigteile sind industriell in Serienfertigung hergestellte Konstruktionen oder Gegenstände im Bauwesen. (2) Zu den Fertigteilen gehören insbesondere: 1. tragende Konstruktionen wie Stützen, Unterzüge, Binder, Rahmenriegel, 2. Decken- und Dachkonstruktionen wie Fassadenelemente, 3. Ausbaufertigteile, wie nichttragende Trennwände, Nasszellen und abgehängte Decken 4. Einrichtungsfertigteile, wie Wandvertäfelungen, Möbel, Beleuchtungskörper.“ (§ 28 HOAI:1996-01, entfallen) Bei der Überprüfung der Montagezeichnungen der ausführenden Firmen durch den Architekten kommt es insbesondere auf Befestigungen am Bauwerk, Ausbildungen von Details in Hinsicht auf die Bauphysik sowie den Ablauf der Fertigung an.
16.2.4
Aufstellen und Überwachen eines Zeitplans (Balkendiagramm)
Zur Koordination im Rahmen der Objektüberwachung gehört als (Grund-)Leistung das Aufstellen und Überwachen eines Zeitplanes (Balkendiagramm). Darin stimmt der Architekt nach den Vorgaben des Bauherrn alle für die ausführenden Firmen verbindlichen Terminvorgaben ab. Die fachlich Beteiligten wirken hierbei für ihre Fachbereiche, z. B. Elektroarbeiten, bei der Erstellung und Überwachung mit. Wie ein Zeitplan aufgebaut ist, hängt zum einen von den in den einzelnen Bauverträgen enthaltenen Leistungen ab und zum anderen von den Abhängigkeiten der Arbeiten untereinander. Dabei kann ein einzelner Bauvertrag auch mehrere Vorgänge im Terminplan bilden.
16.2 Die Leistungen der Objektüberwachung
441
Beispielhaft seien einige Arbeiten genannt, die bei den meisten Projekten in unmittelbarer Abhängigkeit zueinander stehen: -
Aufzüge sind zu beauftragen, bevor die Rohbaumaße für Beton- und Stahlbetonarbeiten festgelegt werden, denn die Abmessungen der Aufzugsschächte sind vom jeweiligen Hersteller abhängig, unnötig verteuerte Sonderanfertigungen von Aufzügen aufgrund nicht mehr veränderbarer Schachtmaße können somit vermieden werden.
-
Anstricharbeiten sollen in solchen Räumen frühzeitig erfolgen, in denen aufgrund von geplanten Einbauten, z. B. betriebstechnischen Anlagen, die für Anstricharbeiten erforderlichen Leitern oder Gerüste ansonsten nicht mehr aufgestellt werden können.
-
Türen und Tore mit funktionstüchtigen Schließanlagen sollen vor dem Einbau von solchen Ausbauten erfolgen, die gestohlen werden könnten, hierzu gehören z. B. hochwertige Sanitärobjekte, Telefon- oder Datenverarbeitungsanlagen.
Der Zeitplan ist Maßstab einer regelmäßig durchgeführten Termin- und Fortschrittskontrolle auf der Baustelle. Letztere erfordert die ständige Überprüfung der Bautätigkeiten. Werden bei einem Vorgang Störungen oder Verzögerungen von Terminen erkannt, welche die geordnete Baudurchführung gefährden, ist mit der Firma unverzüglich zu klären, wie die festgestellten Probleme gelöst werden können. Zur Bauzeitplanung siehe ausführlich Kapitel 15.
16.2.5
Führen eines Bautagebuchs
Das Bautagebuch dient dem lückenlosen Nachweis des Bauablaufes und besonderer Ereignisse im Zuge der Leistungserfüllung. Es zu führen, ist (Grund-)Leistung des mit der Objektüberwachung beauftragten Architekten. Wegen der besseren Verfügbarkeit vieler Informationen des Bauprozesses kann der Bauherr aber auch den Auftragnehmer, also die ausführende Firma, verpflichten, ein Bautagebuch zu führen oder entsprechende Bautagesberichte anzufertigen, welche ihm oder seinem überwachenden Architekten täglich oder in bestimmten Zeitabständen zur Einsicht vorzulegen sind. Für das Bautagebuch gibt es Formblätter, die im Fachhandel erhältlich sind. In das Bautagebuch sind insbesondere einzutragen: (1)
Wetter und Temperaturen am Arbeitsplatz
(2)
Beginn und Ende der Arbeitsschicht(en)
(3)
Leistung der Auftragnehmer (Zahl der Poliere, Facharbeiter, Hilfsarbeiter)
(4)
Geleistete Stundenlohnarbeiten
(5)
bei Großgeräten: Zugang, Einsatz, Abgang, Dauer und Ursache eines Ausfalls
(6)
Zugang von Stoffen und Bauteilen, von wem geliefert
(7)
Angaben über Beschaffenheit des Baugrundes
(8)
Beginn und Beendigung einzelner Bauarbeiten und Bauabschnitte
442 (9)
16 Objektüberwachung (Bauüberwachung) Grund und Dauer von Unterbrechungen und Verzögerungen
(10) außergewöhnliche Ereignisse (Unfälle, Rutschungen, Baueinstellungen usw.) (11) Notwendigkeit etwaiger Abweichungen von genehmigten Bauzeichnungen mit Begründung, Beantragung und Genehmigung solcher Änderungen (12) Vermerke über Aufmessungen (13) Eingang von Ausführungszeichnungen, Änderungs- und Berichtigungsblättern und Aushändigung an den Unternehmer (14) Hinweise auf Anforderungen der Bauüberwachung und auf wichtige Vereinbarungen mit dem Unternehmer (15) wichtige mündliche Weisungen an den Bauführer (16) Name und Tätigkeit des jeweiligen Bauleiters. (Döbereiner, W. und Liegert, F. 1977, Seite 40) Das Führen des Bautagebuches ist mit einem gewissen Aufwand verbunden und wird in der Praxis oft sträflich vernachlässigt. Das Bautagebuch soll im Streitfall zwischen den Parteien als Beweismittel dienen. Kommt es zu Streitigkeiten zwischen den Vertragsparteien, z. B. wegen Terminüberschreitungen, dann ist es nicht nur für den Auftraggeber, sondern vor allem für den überwachenden Architekten von unschätzbarem Wert. Voraussetzung der Beweisführung durch das Bautagebuch ist, dass dieses von den Bevollmächtigten beider Vertragsparteien täglich unterzeichnet wird. Es kann von Vorteil sein, das Bautagebuch durch Photographien zu ergänzen, z. B. zum Nachweis von Mängeln. Bei großen Bauvorhaben wird die Dokumentation des Bauablaufes bereits durch den Einsatz der Videotechnik unterstützt.
16.2.6
Gemeinsames Aufmaß mit den bauausführenden Firmen
Nach VOB/B § 2 Nr. 2 wird beim Einheitspreisvertrag die Vergütung nach den vertraglichen Einheitspreisen und den tatsächlich ausgeführten Leistungen berechnet. Es gilt: Einheitspreis x tatsächlich ausgeführte Menge = Preis der Position. Diese ausgeführten Leistungen sind nach VOB/C DIN 18 299 aus den Zeichnungen zu ermitteln. Sie sind jedoch dann aufzumessen, wenn die betreffenden Zeichnungen nicht vorhanden sind oder diese nicht der ausgeführten Leistung entsprechen. Die Aufmaßbestimmungen finden sich jeweils in Abschnitt 5 der DIN-Normen der VOB/C (DIN 18 299 ff.). Ein gemeinsames Aufmaß mit den ausführenden Firmen ist „in besonderer Weise geeignet, spätere zeit- und kostenaufwendige Streitigkeiten über die Mengenberechnungen zu vermeiden, da das gemeinsame Aufmaß mit seinen von beiden Vertragspartnern festgestellten und unterzeichneten Ergebnissen die Wirkung des deklaratorischen Anerkenntnisses im Sinne des § 781 BGB hat. (Vygen, K. 1997, S. 161)
16.2 Die Leistungen der Objektüberwachung
443
Nach Abschluss der Arbeiten sind zwischen dem Angebot des Unternehmers auf eine Leistungsbeschreibung mit Leistungsverzeichnis und den erforderlichen oder auf Grund von Änderungen ausgeführten Leistungen häufig Mengenabweichungen festzustellen. Beim Aufmaß der Bauleistungen wird deshalb der tatsächlich erbrachte Leistungsumfang festgestellt. Mengenänderungen werden also beim Einheitspreisvertrag zwangsläufig berücksichtigt und führen zur Änderung der zu zahlenden Vergütung. Zur Möglichkeit, im Fall von Mengenabweichungen von größer 10 v. H. einen neuen Preis festzulegen vgl. Abschnitt 13.5.1. Im Unterschied zum Einheitspreisvertrag ist beim Pauschalvertrag kein Aufmaß erforderlich, da die zu entrichtende Vergütung von vornherein in Form des Pauschalpreises vereinbart wurde. Dies ist solange unproblematisch, wie Art und Umfang der Leistungen nicht nach Vertragsschluss geändert werden. Gelegentlich bieten ausführende Firmen einen Preisnachlass für den Verzicht auf das Aufmaß beim Einheitspreisvertrag an, z. B. in Höhe von 2 v. H. der Auftragssumme, mit der Begründung ersparten Aufwandes für die Aufmaßarbeiten. Es handelt sich hierbei um eine Pauschalierung im Nachhinein. Ob dies für den Auftraggeber von Vorteil ist, muss im Einzelfall beurteilt werden. Es kann jedoch auch sein, dass sich bei ordnungsgemäßem Aufmaß für den Bauherrn ein größerer Vorteil aufgrund von geringeren Mengen im Vergleich zum Leistungsverzeichnis ergibt.
16.2.7
Abnahme der Bauleistungen
Eine weitere wichtige und rechtlich sehr bedeutsame (Grund-)Leistung im Rahmen der Objektüberwachung ist die Abnahme der Bauleistungen unter Mitwirkung anderer an der Planung und Objektüberwachung fachlich Beteiligter unter Feststellung von Mängeln. Dabei geht es um die Feststellung der ordnungsgemäßen Erstellung der Bauleistung und damit um deren Billigung und Übernahme. Nach VOB und BGB gibt es allerdings verschiedene Arten der Abnahme, hierbei handelt es sich zum einen um die tatsächliche (erklärte) Abnahme und zum anderen um die fiktive Abnahme (siehe Abbildung 16.5). Die erklärte Abnahme kann erfolgen als förmliche Abnahme, ausdrücklich erklärte Abnahme oder als stillschweigende Abnahme. „- Die förmliche Abnahme ist in [VOB/B § 12 Abs. 4] (…) im einzelnen geregelt; sie geschieht in der Regel durch eine gemeinsame Baubegehung beider Vertragspartner, als Auftragnehmer und Auftraggeber, und durch Anfertigung einer Niederschrift über diese Baubegehung und die darin erklärte Abnahme. Sie soll gemäß [VOB/B § 12 Abs. 1] (…) binnen 12 Werktagen nach entsprechender Aufforderung durch den Auftragnehmer erfolgen. - Die ausdrücklich erklärte Abnahme auf Verlangen des Auftragnehmers soll gemäß [VOB/B § 12 Abs. 1] (…) binnen 12 Werktagen nach entsprechender Aufforderung erfolgen; die Erklärung ist an keine Form gebunden, kann also auch mündlich erfolgen.
444
16 Objektüberwachung (Bauüberwachung)
- Die stillschweigende Abnahme - sie wird häufig auch als konkludente Abnahme oder Abnahme durch schlüssiges Handeln bezeichnet - kann z. B. durch Bezahlung der Vergütung oder durch Inbenutzungnahme oder Inbetriebnahme nach vollständiger Fertigstellung des Bauwerkes erfolgen [VOB/B § 12 Abs. 5].“ (Vygen, K. 1997, S. 258, Anmerkungen in eckiger Klammer von Verfassern ergänzt) Die Voraussetzungen für die fiktive Abnahme sind in VOB/B § 12 Abs. 5 geregelt. „Danach gilt eine Werkleistung als abgenommen, wenn a) nach schriftlicher Mitteilung über die Fertigstellung der Leistung oder nach Zugang der Schlussrechnung 12 Werktage vergangen sind [VOB/B § 12 Abs. 5 Nr. 1] (…), oder wenn b) nach Inbenutzungnahme der Leistung 6 Werktage vergangen sind [VOB/B § 12 Abs. 5 Nr. 2] (…), ohne daß der Auftraggeber innerhalb dieser Fristen entweder die Abnahme zu Recht gemäß § 12 Nr. 3 VOB/B wegen wesentlicher Mängel verweigert oder gemäß [VOB/B § 12 Abs. 4] (…) eine förmliche Abnahme verlangt hat.“ (Vygen, K. 1997, S. 258)
Abb. 16.5:
Formen der Abnahme
16.2 Die Leistungen der Objektüberwachung
445
Architekt und Fachingenieure führen bei der (förmlichen) Abnahme in Bezug auf die Bauleistungen die technische Abnahme durch. Sie beinhaltet die Überprüfung der vertragsgemäßen, insbesondere mängelfreien Ausführung der Bauleistungen. Sie dient der Vorbereitung der rechtsgeschäftlichen Abnahme im Sinne der Vertragserfüllung. Diese hat grundsätzlich durch den Bauherrn selbst zu erfolgen, sofern dieser nicht einen Vertreter, z. B. den Architekten, hierzu ausdrücklich bevollmächtigt hat. Dabei ist die Schriftform einzuhalten. Eine stillschweigende Abnahme ist auch im Allgemeinen darin zu sehen, wenn beim Vorliegen eines VOB-Vertrages der Bauherr ausdrücklich Minderung oder Schadensersatz geltend macht. Die Abnahme der einzelnen Bauleistungen erfolgt durch Inaugenscheinnahme der fertig gestellten Leistungen. Hierüber sowie über die festgestellten Mängel ist ein Abnahmeprotokoll (siehe Abbildung 16.6) anzufertigen. Danach ist die Beseitigung der festgestellten Mängel zu überwachen. Mit der Abnahme verbunden sind die Beweislastumkehr, der Gefahrenübergang und gegebenenfalls die Verwirkung von Vertragsstrafeansprüchen, nämlich dann, wenn sie bei der Abnahme nicht vorbehalten werden. Eine technische Kontrolle von Leistungen kann vom Architekten im Allgemeinen nicht oder nur im Rahmen seiner speziellen Kenntnisse und Erfahrungen erwartet werden. So wird er die Bewehrung bis zu einem geringen Schwierigkeitsgrad, also im Hinblick auf den Standsicherheitsnachweis, als erbrachte Leistung des Auftragnehmers im Sinne des Bauvertrages entgegennehmen. Die Abnahme in konstruktiver Hinsicht und dabei ab durchschnittlichem Schwierigkeitsgrad muss durch den Tragwerksplaner erfolgen. (§§ 33,38 LP 8 HOAI:2009-08) „Von einem Mangel spricht man, wenn die ausgeführte Bauleistung (der Ist-Zustand) in negativer Weise vom vertraglich vereinbarten Zustand (Soll-Zustand) abweicht. Grundsätzlich sind also die vertraglichen Vereinbarungen der wesentliche Maßstab für den mangelfreien Soll-Zustand.“ (Oswald, R. 2005, S. 12) Ob es sich im Einzelfall um einen Mangel handelt oder nicht, ist oft umstritten. Deswegen seien ergänzend noch einige Beispiele für Mängel angeführt: -
Fleckenbildung, Farbdifferenzen und Farbverlaufungen, Nachbesserungsarbeiten in Höhe von 5.000,00 DM (OLG Hamm, Urteil vom 29.03.93 – 23 U 17/92, BauR 93, S. 604)
-
Verwendung einer anderen, als der vertraglich vereinbarten Holzart (BGH, Urteil vom 24.05.62 – VII ZR 23/61, NJW 62, S. 1569)
-
nicht ausreichend tief angebrachte Bewehrungsstähle und Risse in einer Attikaplatte (BGH , Urteil vom 30.04.92 – VII ZR 185/90, BauR 92, S. 627)
-
eine entgegen dem Auftrag angebrachte Stärke und Höhe des Estrichs (OLG Karlsruhe, Urteil vom 30.06.94 – 18 a U 47/93, BauR 95, S. 246)
-
das Fehlen einer ausreichenden Dampfsperre des Warmdachs einer Lagerhalle für Textilien, das zu Wassertropfungen in der Halle und damit zu einem Mangel der Halle führt, der deren Gebrauchsfähigkeit wesentlich einschränkt (OLG Düsseldorf, Urteil vom 06.10.95 – 22 U 62/95, NJW-RR 97, S. 976) (Heiermann, W.; Riedl, R.; Rusam, M. 2000, S. 1590)
446
16 Objektüberwachung (Bauüberwachung)
Allgemeine Bauträger- und Baubetreuungs-GmbH, Neustadt Teilabnahme/Abnahme nach
O BGB
O VOB
Bauleistung:
Schlüsselfertige Erstellung des Gebäudes
Gebäude/Bauwerk:
Verwaltungsgebäude
Auftragnehmer:
Schnellbau-GmbH
Auftrags-Nr.:
94/123
vom:
Zum Zwecke der Abnahme fand am :
30.05.2011 12.06.2012
eine Prüfung der folgenden Leistungen statt: gesamtes Bauwerk, Technische Anlagen vorbehaltlich der Funktionsprüfung und Inbetriebnahme Teilnehmer:
Meier (AG), Müller (AN), Schulze (Architekt)
Ergebnis:
O
Leistungen werden als einwandfrei befunden und ohne Vorbehalt abgenommen.
O
Festgestellte Mängel sind so wesentlich, dass die Leistungen nicht abgenommen werden können.
O
Die Leistungen werden unter dem Vorbehalt abgenommen, dass der Auftragnehmer die festgestellten und im Folgenden aufgeführten Mängel bis spätestens 31.07.2012 beseitigt. Sofern dies nicht geschieht, ist der Bauherr berechtigt auf Kosten des Auftragnehmers die Mängelbeseitigung vornehmen zu lassen.
Mängelliste:
EG, Herren-WC
Gipskarton-Decke nacharbeiten (Trockenbauarbeiten) 2 Fliesen auswechseln (Fliesenarbeiten)
1. OG, Raum 103
Blasen im PVC-Boden (Bodenbelagarbeiten)
3. OG, alle Büros
Türpuffer fehlen (Bodenbelagarbeiten)
KG
restliche Anstricharbeiten (Anstrich- und Malerarbeiten)
Alle Ansprüche des Bauherrn auf Gewährleistung und Schadenersatz bleiben unberührt. Die Abnahme bedeutet nicht, dass der Bauherr auf eine bereits verwirkte Vertragsstrafe verzichtet. Der Bauherr behält sich vielmehr ausdrücklich vor, eine bereits verwirkte Vertragsstrafe auch weiterhin aufrecht zu erhalten. Ort, Datum:
Neustadt, 12.06.2012
....................
....................
....................
(Auftragnehmer)
(Auftraggeber)
(Objektüberwachung)
Abb. 16.6:
Abnahmeprotokoll – Beispiel
16.2 Die Leistungen der Objektüberwachung
447
Ist aber auch eine Unregelmäßigkeit schon ein Mangel? Oswald gibt hierzu einige Beispiele und macht Vorschläge zur Beurteilung: -
Unregelmäßigkeiten in der Vermauerung einer Ziegelverblendschale im 2. OG eines Hauses sind nicht vom Gerüst oder Hubwagen aus, sondern aus der Position eines von der Straße aus die Fassade betrachtenden Passanten – ggf. auch noch aus der Position eines Hausbewohners (z. B. auf dem Balkon stehend) – zu beurteilen.
-
Die Unregelmäßigkeiten einer Natursteinbekleidung eines Hauseingangs sind aus der Nähe, entsprechend der Position eines Benutzers der Tür zu betrachten.
-
Farbungleichheiten im Sichtbeton einer Tiefgaragendecke sind unter den Beleuchtungsverhältnissen der üblichen Nutzung der Tiefgarage auf ihre Störwirkung zu beurteilen.“ (Oswald, R. 2005, S. 17) Bei der Abnahme der Bauleistungen hat der Architekt die Bauarbeiten und Baustoffe auf Mängel zu überprüfen. Er ist ferner verpflichtet, im Rahmen seiner Koordinationspflicht, die Teilabnahmen von technischen Anlagen, z. B. Heizung, Klima und Lüftung, durch die Fachingenieure terminlich zu überwachen und erforderlichenfalls zu veranlassen.
16.2.8
Rechnungsprüfung
Der Architekt hat im Rahmen der Objektüberwachung für den Auftraggeber alle Rechnungen der ausführenden Firmen zu prüfen. Hierfür ist die genaue Kenntnis der Bauverträge und der Leistungsstände der einzelnen Bauarbeiten sowie der Kosten- und Terminplanung unverzichtbar. Zur Rechnungsprüfung siehe ausführlich Abschnitt 16.3.3.
16.2.9
Kostenfeststellung
Die vollständigen Unterlagen für die Kostenfeststellung liegen meist erst einige Zeit nach der Fertigstellung des Gebäudes vor. Viele Auftragnehmer stellen Nachforderungen (vgl. Abschnitt 13.7), deren Prüfung die Schlussrechnung verzögert. Dies ist ungünstig für den Architekten, da die Kostenfeststellung eine Voraussetzung für die Honorarschlussrechnung ist. Zur Kostenfeststellung siehe ausführlich den Abschnitt zur Kostenplanung (Kapitel 8.1.1).
16.2.10
Antrag auf behördliche Abnahmen und Teilnahme daran
Neben den Abnahmen der einzelnen Bauleistungen gab bzw. gibt es auch behördliche Abnahmen. Bei diesen handelt es sich um Maßnahmen nach dem Landesrecht. Gegenstand der Abnahme sind der fertige Rohbau und Dachdeckung in Form der Rohbauabnahme sowie das fertig gestellte Gebäude. Die Beantragung dieser behördlichen Abnahmen und Teilnahme daran sind Sache des überwachenden Architekten, denn sie gehören zu den (Grund-) Leistungen nach §§ 33 und 38 HOAI:2009-08.
448
16 Objektüberwachung (Bauüberwachung)
Allerdings wird in der Musterbauordnung und z. B. in der Sächsischen Bauordnung nur noch von einer Bauzustandsanzeige gesprochen, die die Bauaufsichtsbehörde mit der Maßgabe verlangen kann, dass die Bauarbeiten erst fortgesetzt werden dürfen, wenn die Bauaufsichtsbehörde dem zugestimmt hat. Hierfür sind die Fertigstellung des Rohbaus und die abschließende Fertigstellung der Bauaufsichtsbehörde jeweils zwei Wochen vorher anzuzeigen. (SächsBO § 82 Bauzustandsanzeige).
16.2.11
Übergabe des Objekts
Nach Beendigung der Bauarbeiten erfolgt die Bauübergabe an den Bauherrn. Die Übergabe des Objekts wird in der Regel in Form einer gemeinsamen Baubegehung von Bauherrn, Architekt und Fachingenieuren vorgenommen. Ferner gehört die Aushändigung von wichtigen Unterlagen wie Revisionsunterlagen, Bedienungsanleitungen und Prüfprotokollen dazu. Dies geschieht meist in Verbindung mit einer gemeinsamen Begehung des Objekts zur Feststellung von Mängeln. Zugleich werden die zur Nutzung notwendigen Unterlagen wie Verzeichnisse der Technischen Anlagen sowie die Auflistung der Verjährungsfristen übergeben.
16.2.12
Verjährungsfristen
Mit Abnahme der Bauleistungen beginnen die Verjährungsfristen für Mängelansprüche. Die so genannte Mängelhaftung (Gewährleistung) richtet sich nach der Schuldrechtsmodernisierung 2002 im Werkvertragsrecht nach BGB § 634 a und bei Bauverträgen nach VOB/B §13, denn der Auftragnehmer ist verpflichtet, das Werk bzw. die Leistung frei von Sachmängeln an den Auftraggeber zu übergeben. (vgl. BGB § 633 f. und VOB §13, Abs.1) Die Gewährleistungsfrist, genauer „Verjährungsfrist für Mängelansprüche“, ist die Zeitspanne nach der Abnahme, in der der Auftragnehmer die Verpflichtung für die vertraglich zugesicherten Eigenschaften und die Mangelfreiheit der Bauleistung übernommen hat. Die Frist beträgt nach VOB/B § 13 Abs. 4 : -
4 Jahre für Bauwerke,
-
2 Jahre für andere Werkleistungen (z. B. Arbeiten am Grundstück) und für die vom Feuer berührten Teile von Feuerungsanlagen, und
-
2 Jahre für Teile von maschinellen oder elektrotechnischen/elektronischen Anlagen bei denen die Wartung Einfluss auf die Sicherheit und Funktion der Anlagen hat (wenn der Auftragnehmer vom Auftraggeber nicht mit der regelmäßigen Wartung beauftragt wurde)
und nach BGB § 438 Abs. 1 abweichend davon: -
5 Jahre bei Bauwerken
-
5 Jahre bei einer Sache, die entsprechend ihrer üblichen Verwendungsweise für ein Bauwerk verwendet worden ist und dessen Mangelhaftigkeit verursacht hat
-
im Übrigen 2 Jahre (z. B. Erd- und Pflanzarbeiten).
16.2 Die Leistungen der Objektüberwachung
449
Die Abgrenzung für Bauwerke und dazugehörige Arbeiten an einem Grundstück richtet sich dabei nach der Schwere des Eingriffs. So können Arbeiten auf und im Erdboden, z. B. Errichtung eines Bauwerks, Brunnens oder eines Schwimmteiches, laut Rechtsprechung als Bauwerk klassifiziert werden. Dementsprechend beträgt die Verjährungsfrist für derartige Arbeiten nach VOB/B regelmäßig 4 Jahre bzw. nach BGB 5 Jahre. (http://www.bussmannfeckler.de/artikel-galabau_2006/maengelverjaehrung-im-galabau) Innerhalb dieser Gewährleistungsdauer hat der Bauherr das Recht auf kostenlose Mängelbeseitigung durch den Auftragnehmer. Je nach Sachverhalt gibt es drei Möglichkeiten für den Beginn der Verjährungsfrist für Gewährleistungsansprüche: -
Datum der Abnahme der Bauleistung
-
Datum der Teilabnahme eines in sich abgeschlossenen Teils der Bauleistung
Datum der Abnahmeverweigerung (Vygen, K. 1997, S. 282 ff.) Die Auflistung der Gewährleistungsfristen je Bauvertrag durch den überwachenden Architekten ist eine der organisatorischen Voraussetzungen für die rechtzeitige Geltendmachung von Gewährleistungsansprüchen, besser noch für die rechtzeitige Beseitigung von auftretenden Schäden im Zeitraum der Gewährleistungsdauer. Dazu werden in einer Übersicht der Beginn und das Ende der Gewährleistung für jeden einzelnen Vertrag mit Angabe des Tages festgehalten. Der Bauherr benötigt diese Unterlage auch für die termingerechte Auszahlung vertraglich vereinbarter Sicherheitseinbehalte an die Firmen wie auch für die Stornierung alternativer Bankbürgschaften.
16.2.13
Überwachen der Beseitigung der festgestellten Mängel
Abnahme und Mängelbeseitigung stehen mit der Verjährung in unmittelbarem Zusammenhang. Der Architekt hat dafür Sorge zu tragen, dass das Bauwerk entsprechend der Planung und frei von Mängeln errichtet wird. Die Mängelerhebung erfolgt in der Regel durch eine Baubegehung. Sie wird, soweit möglich, je Raum durchgeführt. Mängelfreiheit oder erkannte Fehler, Unstimmigkeiten und andere Abweichungen gegenüber dem Vertragsinhalt sind in einem Protokoll festzuhalten. Der Architekt hat gegenüber dem Bauherrn eine Hinweispflicht, und er hat ferner Maßnahmen zur Behebung der auftretenden Abweichungen zu benennen. Eventuell entstehende Mehrkosten oder mögliche Auswirkungen auf die vereinbarten Termine sind von ihm abzuschätzen und dem Bauherrn darzulegen. Im Hinblick auf eine später notwendige Beweisführung, insbesondere gegenüber der ausführenden Firma, ist das Abnahmeprotokoll vom Bauherrn, vom Architekten und vom Vertreter der Firma zu unterzeichnen.
450
16.2.14
16 Objektüberwachung (Bauüberwachung)
Kostenkontrolle
Im Rahmen der Objektüberwachung hat der Architekt die Leistungsabrechnung der ausführenden Unternehmen mit den Vertragspreisen und dem Kostenanschlag durchzuführen. Abweichungen, welche im Zuge der Kostenkontrolle zu erkennen sind, können zahlreiche Ursachen haben und rasches Handeln im Sinne der Kostensteuerung erfordern. Zur Kostenkontrolle siehe ausführlich den Abschnitt zur Kostenplanung (Kapitel 8).
16.3
Bauabrechung
Möchte der Unternehmer die vereinbarte Vergütung für seine Bauleistungen und Lieferungen erhalten, muss er diese dem Bauherrn in Rechnung stellen. Dazu bedarf es – außer bei Pauschalverträgen – einer Mengenaufstellung der tatsächlich erbrachten Bauleistungen und erfolgten Lieferungen. Dem überwachenden Architekten obliegt dann die Prüfung der eingereichten Rechnungen im Rahmen der Leistungsphase 8. Objektüberwachung (HOAI). Die Anweisung der Zahlungen wird der Bauherr in der Regel selbst besorgen.
16.3.1
Mengenermittlung zur Bauabrechnung
Die Ermittlung der geleisteten Mengen als Voraussetzung der Abrechnung ist Sache des Bauunternehmers. Lassen sich die Leistungen nicht aus Zeichnungen ermitteln, so haben der Unternehmer und der überwachende Architekt die Leistungen gemeinsam aufzumessen. Die Mengenermittlungs- und Abrechnungsvorschriften sind jeweils detailliert im Abschnitt 5 Abrechnung der Allgemeinen Technischen Vertragsbedingungen (VOB/C) festgelegt. Der Schärfegrad der Mengenermittlung muss bei der Abrechnung sehr hoch sein, denn jede Ungenauigkeit führt zu einer Veränderung der Abrechnungssumme und damit der Baukosten. Die Mengenermittlungen einschließlich aller hierbei erforderlichen Berechnungen und Abrechnungspläne müssen so aufgestellt werden, dass sie vom Bauherrn oder dessen Architekten zweifelsfrei nachvollzogen werden können. Dazu gehört auch, dass die Mengenermittlungen in denselben Einheiten wie in den vorangegangenen Leistungsverzeichnissen – eventuell geändert oder ergänzt durch entsprechende Nachtragsvereinbarungen – vorgenommen werden. Bei kleineren Aufträgen wird der Auftragnehmer in einem Zuge die Mengenermittlung durchführen und die Rechnung ausstellen. Bei größeren Aufträgen kann es zweckdienlich sein, dass der Unternehmer die Mengenermittlung mit dem Architekten abstimmt, bevor er die Rechnung einreicht. Werden bei dieser Abstimmung Fehler oder Abweichungen festgestellt, so sind diese einvernehmlich zu klären und zu korrigieren. Ist eine Übereinstimmung hergestellt, wird die Mengenberechnung vom Architekten und vom Auftragnehmer als richtig und vollständig mit Stempel und Unterschrift anerkannt und gilt für die spätere Rechnungslegung als Messurkunde. Bei Lieferaufträgen gelten die vom Architekten unterzeichneten Stücklisten, Lieferscheine oder Warenannahmescheine als Messurkunde.
16.3 Bauabrechung
16.3.2
451
Rechnungslegung
Nach Zusammenstellung und ggf. Abstimmung der Ergebnisse aus der Mengenermittlung bzw. der Lieferscheine stellt der Auftragnehmer unter Berücksichtigung der Gliederung des beauftragten Leistungsverzeichnisses die Rechnung auf. Diese muss übersichtlich sein, und ihr müssen zum Nachweis von Art und Umfang der erbrachten Leistungen die -
erforderlichen Mengenberechnungen, Zeichnungen, z. B. Ausführungszeichnungen, und Aufmaßzeichnungen des gemeinsamen Aufmaßes vor Ort
beigelegt werden. Die VOB/B 2012 führt dazu aus:„Der Auftragnehmer hat seine Leistungen prüfbar abzurechnen. Er hat die Rechnungen übersichtlich aufzustellen und dabei die Reihenfolge der Posten einzuhalten und die in den Vertragsbestandteilen enthaltenen Bezeichnungen zu verwenden. Die zum Nachweis von Art und Umfang der Leistung erforderlichen Mengenberechnungen, Zeichnungen und andere Belege sind beizufügen. Änderungen und Ergänzungen des Vertrages sind in der Rechnung besonders kenntlich zu machen; sie sind auf Verlangen getrennt abzurechnen.“ (VOB/B § 14 Abs. 1) Eine Rechnung hat, unabhängig davon, ob es sich um eine Abschlags-, Schluss- oder Teilschlussrechnung handelt, die folgenden Angaben zu enthalten: -
Absender einschließlich Steuernummer mit der Anschrift des Empfängers, Zeichen und Daten der Bestellung, Zeichen des Auftrags, Nummer und Datum der Rechnung
-
Kernangaben, wie Leistungs- oder Warenbezeichnung, Mengenangaben, Einzel-, Gesamtund Endpreis
-
zusätzliche Angaben, wie Zahlungsbedingungen, Eigentumsvorbehalte usw.
Werden größere Bauanlagen ausgeführt, so sind entsprechend der Projektstruktur frühzeitig eindeutige Bezeichnungen und Nummern für die einzelnen Bauwerke oder Bauabschnitte vorzugeben und bei Ausschreibung, Beauftragung und Bauabrechnung insbesondere auf den Unterlagen von Schriftverkehr und Bauabrechnungen von allen Beteiligten zu verwenden.
16.3.3
Rechnungsprüfung
Der Architekt und die fachlich Beteiligten prüfen jeweils für ihren Fachbereich die Rechnungen auf Richtigkeit und Übereinstimmung mit dem Vertrag. Im Vorfeld der Rechnungsbearbeitung prüfen sie selbstverständlich die Übereinstimmung von Rechnungsstand und dem Stand der Bauarbeiten sowie ihrer Mängelfreiheit ggf. durch Begehungen der Baustelle. Sie halten jeweils die Ergebnisse ihrer Prüfung, z. B. bezogen auf bestätigte oder korrigierte Einzelpositionen fest und leiten die Rechnungsunterlagen an den Bauherrn weiter.
452
16 Objektüberwachung (Bauüberwachung)
Die Rechnungsprüfung umfasst die fachtechnische und rechnerische Prüfung der Abschlagsrechnungen, Teilschluss- oder Schlussrechnungen ausführender Firmen und Lieferanten. Zur Abrechnung von Leistungen der Bauverträge enthält die VOB/B folgende Regelungen in: -
§ 14 die Prüfbarkeit der Abrechnung
-
§ 16 die Zahlung
-
§ 16 Abs. 1 die Abschlagszahlungen (Abschlagsrechnung)
-
§ 16 Abs. 2 die Vorauszahlungen
-
§ 16 Abs. 3 die Schlusszahlung (Schlussrechnung)
-
§ 15 die Abrechnung von Stundenlohnarbeiten.
Bei eventuellen Abweichungen zwischen den beauftragten Positionen und den Positionen der Bauabrechnung kann es sich grundsätzlich um folgende Fälle handeln: -
eine nicht beauftragte Alternativposition wurde abgerechnet
-
eine nicht beauftragte Eventualposition wurde abgerechnet
-
die abgerechnete Positionsnummer ist nicht oder noch nicht vorhanden (eventuell wurde ein Nachtragsangebot noch nicht beauftragt)
-
die abgerechnete Menge stimmt nicht mit der Menge im Bauvertrag überein.
Bei der Überprüfung der Rechnung des Auftragnehmers können Fehler oder Unstimmigkeiten zutage treten. Hierzu gehören vielfach: -
es liegt ein falscher Preis oder ein Rechenfehler des Auftragnehmers vor, dann ist das Original der Rechnung entsprechend richtigzustellen
-
die Objektüberwachung stellt einen Schreibfehler im abgezeichneten Mengenergebnis fest, der zu einer Unterzahlung führt, dann ist die Rechnung entsprechend abzuändern, der Fehlbetrag wird vom Auftragnehmer erneut in Rechnung gestellt oder bei der nächsten Abschlagszahlung berücksichtigt
-
die Objektüberwachung stellt einen Schreibfehler im abgezeichneten Mengenergebnis fest, der zu einer Überzahlung führt, dann sollte die Objektüberwachung zu einer Einigung mit dem Auftragnehmer gelangen, der die Korrektur gegenzeichnet; die Originalrechnung ist entsprechend den korrigierten Prüfungsunterlagen abzuändern.
Im Zuge der Rechnungsbearbeitung sind alle vertraglich vereinbarten Auftragskonditionen zu berücksichtigen, um im Ergebnis die zu leistende Zahlung zu ermitteln. Bei eventuell vereinbarten Rabatten werden im Auftrags-Leistungsverzeichnis für jede betroffene Position der Rabattsatz (Pauschalrabattsatz bzw. ein davon abweichender Einzelrabattsatz) sowie der angebotene Einheitspreis und der sich daraus ergebende Positions-Gesamtpreis jeweils ohne Rabattabzug ausgewiesen. Für den Auftrag insgesamt wird die Bruttosumme, d. h. ohne Abzug von Rabatten, die Rabattsumme und die Nettosumme, d. h. nach Abzug von Rabatten vor Umsatzsteuer ausgewiesen (vgl. § 14 Umsatzsteuergesetz). Bei sämtlichen Rechnungen ist mit dem genauen Betrag ohne Auf- oder Abrundungen abzurechnen.
16.3 Bauabrechung
453
Besonderes Augenmerk ist bei der Rechnungsprüfung auf so genannte Stundenlohnarbeiten zu richten. Stunden- oder Taglohnarbeiten fallen vor allem bei Umbau- und Modernisierungsarbeiten an. Als Voraussetzung für die Vergütung von Stundenlohnarbeiten wird in der VOB/B bestimmt: „Stundenlohnarbeiten werden nur vergütet, wenn sie als solche vor ihrem Beginn ausdrücklich vereinbart worden sind (§ 15).“ (VOB/B § 2 Abs. 10) Die Vereinbarung von Stundenlohnarbeiten muss sich sowohl auf einen Stundenlohnsatz, z. B. Vergütungshöhe je geleistete Arbeitsstunde, als auch auf den betreffenden Arbeitsinhalt beziehen, z. B. Verputzen von Löchern in der Treppenhauswand. Es geht hierbei um solche Leistungen, die nicht Gegenstand des vorliegenden Einheitspreis- oder Pauschalvertrages sind. Der Auftragnehmer wird mithin nach dem zusätzlichen Aufwand bezahlt. Zur Abrechnung siehe im Einzelnen VOB/B § 15, insbesondere die Fristen für die Einreichung der Stundenlohnzettel, ihre Rückgabe seitens des Auftraggebers und die Abrechnung der Stundenlohnarbeiten. Ergänzend hierzu ist noch folgendes Urteil zu beachten: „1. Taglohnzettel müssen die durchgeführten Arbeiten nachvollziehbar beschreiben. 2. Der Vermerk „Arbeiten nach Angabe“ ist nicht nachvollziehbar. 3. Nicht nachvollziehbare Taglohnzettel werden auch dann nicht berücksichtigt, wenn der Architekt sie unterzeichnet hat.“ (OLG Karlsruhe, Urteil vom 30.11.93 – 8 U 251/93, BauR 95, S. 114) Die geprüfte Rechnung ist Voraussetzung für die Zahlungen des Bauherrn an seine Auftragnehmer. Die Bauleitung darf die Zahlungsfreigabe dann nicht erteilen, wenn die Forderungen der Firmen noch nicht fällig sind. Dies ist auch der Fall, wenn z. B. die Schlussrechnung nicht prüffähig ist. „Die Abrechnung von Bauleistungen ist aufwendig; die Kosten kann man mit 1 bis 3 % der zugehörigen Bausummen schätzen. 70 bis 80 % dieser Kosten fallen auf der Auftragnehmerseite an. EDV-Unterstützung kann hier Zeit und Kosten sparen. Freie Ingenieurbüros erhalten z. B. etwa 0,8 % der abgerechneten Beträge als Honorar für Mengenermittlungen; bei Wiederholungen z. B. jedoch nur 0,4 %.“ (Hoffmann, M.; Kremer, P. 1992, S. 313) Bei der Bauabrechnung sind folgende Rechnungsarten zu unterscheiden: -
Abschlagsrechnungen
-
Schlussrechnungen
-
Teilschlussrechnungen.
Sie sind jeweils Voraussetzung für einen entsprechenden Zahlungsanspruch des Unternehmers. Bei Pauschalierung der Bausumme und bei Verträgen nach Vergabe- und Vertragsordnung für Leistungen sind Abrechnung und Zahlungen nach einem zuvor aufgestellten Zahlungsplan üblich. Ferner kann in Einzelfällen die Leistung von Vorauszahlungen vereinbart werden.
454
16.3.4
16 Objektüberwachung (Bauüberwachung)
Anzahlungen
Eine Anzahlung ist eine vertraglich vereinbarte Vorauszahlung, deren Höhe und Tilgung in den Auftragskonditionen zum Zeitpunkt der Vergabe festzuschreiben sind. Werden zu einem späteren Zeitpunkt Anzahlungen vereinbart (z. B. für Materialeinkäufe), so fließen sie über das Nachtragswesen in ihrer Höhe und Tilgungsart in die Auftragskonditionen ein. Der Auftragnehmer kann zu einem von ihm gewählten Zeitpunkt die vertraglich vereinbarte Anzahlung in Rechnung stellen. Wird durch den Auftraggeber eine Vorauszahlungsbürgschaft gefordert, muss diese spätestens bei der Rechnungsstellung (Anzahlungsanforderung) beim Auftraggeber vorliegen.
16.3.5
Abschlagsrechnungen
Bei Abschlagsrechnungen können nur die dem Baufortschritt entsprechenden Teilleistungen in Rechnung gestellt werden. Nach VOB/B § 16 Abs. 1 Nr. 1 kann der Auftragnehmer Abschlagsrechnungen in möglichst kurzen Zeitabständen fordern. Mit Vereinbarung der VOB im Bauvertrag ergibt sich somit automatisch ein Anspruch des Unternehmers auf Abschlagszahlungen unter den Voraussetzungen von VOB/B § 16. Dabei können grundsätzlich entweder nur diejenigen Leistungen aufgeführt werden, die seit der letzten Zahlung erbracht wurden, oder es können alle bisher ausgeführten und in Rechnung gestellten Leistungen in der Abschlagsrechnung aufgeführt sein (kumulierte Abrechnungen mit steigendem Aufmaß). Die folgenden Unterlagen sind beim Auftraggeber vorzulegen: - sonstiger Schriftverkehr - Aufmaße (Aufmaßblätter im Original, Abrechnungspläne in Kopie mit Eintragungen). Grundsätzlich sieht die VOB vor, dass die in Rechnung gestellte Leistung in vollem Umfang auszuzahlen ist, in der Praxis wird dies bei privaten wie öffentlichen Bauherren im Rahmen der Vertragsbedingungen oft dahingehend geändert, dass Einbehalte (z. B. von 10 % des Rechnungsbetrages) auch für Abschlagszahlungen gelten. Diese sind nach VOB/B § 16 Abs. 1 Nr. 3 innerhalb von 21 Tagen, also drei Wochen, ab dem Zugang der Abschlagsrechnung zu leisten.
16.3.6
Abrechnung nach Zahlungsplan
Die Abrechnung und die Zahlungen bei Pauschalverträgen sowie bei Aufträgen nach VOL erfolgen üblicherweise nach Zahlungsplan. Der Zahlungsplan wird unter Beachtung der geplanten Ausführungsdauer sowie des zu erwartenden Baufortschritts in Form von prozentual anteiligen Abschlagsrechnungen und Abschlagszahlungen im Zuge der Beauftragung vereinbart. Die hierfür erforderliche Rahmenterminplanung, die Feststellung der einzelnen Bauzustände sowie die Höhe der einzelnen Abschlagszahlungen sind vom Architekten vorzubereiten, mit dem Auftragnehmer abzustimmen und werden notwendigerweise Bestandteil des Vertrages. Das folgende Beispiel für einen Zahlungsplan wurde bei einem Pauschalvertrag für die Erstellung einer Industriehalle vereinbart (siehe Abbildung 16.7)
16.3 Bauabrechung Nr. AZ.
455
01
Leistungsnachweise als Voraussetzung der Rechnungsstellung für die Abschlagszahlung (AZ) Ausführungsplanung
01.03.12
02
Beginn der Gründung
01.04.12
10,0
15,0
991.400 €
03
Beginn der Fertigteilmontage
01.05.12
10,0
25,0
991.400 €
04
Abschluss der Fertigteilmontage
01.06.12
10,0
35,0
991.400 €
05
Abschluss Dachdeckung
01.07.12
10,0
45,0
991.400 €
06
Beginn Fassadenarbeiten
01.08.12
10,0
55,0
991.400 €
07
Beginn Haustechnik
01.09.12
10,0
65,0
991.400 €
08
Beginn Außenanlagen
01.10.12
10,0
75,0
991.400 €
09
Abschluss Haustechnik
01.11.12
10,0
85,0
991.400 €
10
Abschluss Fliesenarbeiten
01.12.12
5,0
90,0
495.700 €
11
Abschluss abgehängte Decken
01.01.13
2,5
92,5
247.850 €
12
Abschluss Innenausbau
01.02.13
2,5
95,0
247.850 €
13
Pflanzen Bäume
01.03.13
2,5
97,5
247.850 €
14
Abschluss Restarbeiten
01.04.13
2,5
100,0
247.850 €
Stichtag Rechnung
Prozent- Prozentanteile v. anteile Auftrag kumuliert 5,0 5,0
gesamt Abb. 16.7:
16.3.7
Abschlagszahlungsbetrag 495.700 €
9.914.000 € Zahlungsplan beim Pauschalvertrag – Beispiel
Schlussrechnungen und Teilschlussrechnungen
Nach Fertigstellung aller vertraglich vereinbarten Leistungen erfolgt – soweit nichts anderes vereinbart ist (siehe Abschnitt 16.2.7) – die förmliche Abnahme durch den Architekten, den Bauherrn und den Auftragnehmer. Hierbei ist ein Abnahmeprotokoll zu erstellen. Das Original des Abnahmeprotokolls sowie die eventuell erforderlichen Unterlagen der Technischen Dokumentation (Anlagen- und Gerätebeschreibungen usw.) erhält der Bauherr. Sind bei der förmlichen Abnahme Mängel festgestellt worden, ist der Schlussrechnung eine vom Architekten unterzeichnete Mängelbeseitigungsanzeige beizulegen. Insgesamt sind bei einer Schlussrechnung folgende Unterlagen vom Auftragnehmer beim Auftraggeber einzureichen: -
Schlussrechnung im Original
-
Abnahmeniederschrift in Kopie
-
sonstiger Schriftverkehr
-
Mängelbeseitigungsanzeige
-
Aufmaße im Original (Aufmaßblätter, Abrechnungspläne in Kopie mit Eintragungen)
-
Bautagebuch (nicht bei Aufträgen nach VOL)
456 -
16 Objektüberwachung (Bauüberwachung)
Technische Dokumentation (Ordner), hierzu wiederum gehören: - Anlagen- und Gerätebeschreibung - Schalt- und Funktionspläne - Bestandspläne - Bedienungsanweisungen - Wartungs- und Instandhaltungsanweisungen - Ersatzteillisten mit Bezugsquellennachweis. - Prüfprotokoll und Prüfzertifikate (z. B. TÜV, Lieferscheine prüfpflichtiger Materialien)
Im Zuge der Rechnungsprüfung sollte der Architekt Vergleichsberechnungen auf Positionsebene in Form von Schlussmengenberechnungen und Schlussbetragsberechnungen aufstellen, die dem Bauherrn mit der geprüften Schlussrechnung ebenfalls vorgelegt werden. Für diese Aufgabe hat sich in der Praxis die EDV-Anwendung bewährt. Voraussetzung für eine EDV-gestützte Schlussrechnungsprüfung ist die Erfassung aller Auftragsdaten (Hauptauftrag und gegebenenfalls Nachbeauftragungen) und Abrechnungsdaten mit Mengen, Einheitspreisen sowie eventuellen Nachlässen, Preisgleitungen usw. auf Positionsebene. Dies ist Voraussetzung, um über einen Soll-Ist-Vergleich eine Unterlage für eine sorgfältige und dennoch zeitsparende Schlussrechnungsprüfung zu erhalten. Als weitere Unterlagen, die dem Bauherrn in der Regel bereits vorliegen sollten, benötigt dieser zur abschließenden Schlussrechnungsprüfung: -
Vertragsunterlagen mit betreffendem Schriftverkehr und Auftragsleistungsverzeichnis
-
Gewährleistungsbürgschaftserklärung, sofern nicht ein Sicherheitseinbehalt erfolgen soll.
Der Bauherr überprüft, ob die Unternehmerschlussrechnung mit der Vergleichsberechnung der Bauleitung übereinstimmt und gibt die Vergleichsberechnung mit dem Ergebnis der zu leistenden Schlusszahlung mit Unterschrift frei. Der Bauherr wickelt den Zahlungsverkehr ab. Der Zahlungsträger erhält den Vermerk „Schlusszahlung“. Im Zuge der Schlussrechnungsprüfung sind insbesondere -
Mengenergebnisse der Restaufmaße
-
vertraglich vereinbarte Abzüge oder Einbehalte
-
sonstige notwendige Abzüge oder Einbehalte, z. B. aus Ersatzvornahmen
-
eventuell vereinbarte Gewährleistungsbürgschaften
-
eventuelle Zulagen aus zuvor vereinbarten Lohnpreis- und Stoffpreisgleitungen
sowie die bisher erfolgten Zahlungen – Ermittlung des Zahlungsstandes – zu berücksichtigen.
16.3 Bauabrechung
457
Die hieraus entstehenden Unterlagen, wie -
Schlussmengenberechnung als Zusammenstellung der Mengenergebnisse
-
vergleichende Schlussbetragsberechnung
-
Protokoll eventueller Abzüge sowie gegebenenfalls
-
Soll-Ist-Vergleichsberechnung auf Positionsebene,
werden zusammen mit allen anderen Unterlagen an den Bauherrn weitergeleitet. Die Mengenberechnungen und Abrechnungszeichnungen sind mit einem Prüfvermerk zu versehen. Bei entsprechender Vertragsgestaltung übernimmt das mit der Objektüberwachung betraute Architekturbüro mit diesem Prüfvermerk – auch in Fällen, in denen diese Bescheinigungen durch seinen Erfüllungsgehilfen ausgestellt werden – die Verantwortung dafür, dass -
die Leistungen und Lieferungen sowohl dem Grunde nach als auch hinsichtlich der Art ihrer Ausführung geboten waren
-
die Leistungen und Lieferungen sachgemäß und vollständig ausgeführt sind
-
bei der Durchführung nach den geltenden Vorschriften und den Grundsätzen der Wirtschaftlichkeit verfahren worden ist
-
alle Berechnungen richtig sind
-
Abschlagszahlungen, Vorauszahlungen, Nachlässe, gegebenenfalls vorliegende Pfändungen und Abtretungen sowie Rückhalte vollständig und richtig berücksichtigt sind und
-
die Verjährungsfrist in das Verzeichnis der Mängelansprüche aufgenommen ist.
Für Teilschlussrechnungen mit Teilabnahme gilt dies entsprechend.
16.3.8
Ersatzvornahme im Zuge der Bauabrechnung
Bei den Bauabrechnungen sind Ersatzvornahmen von Bedeutung, wenn -
die Beseitigung eines Mangels durch den Bauherrn oder eines von ihm beauftragten Dritten notwendig wurde. Die dabei entstandenen Kosten der Ersatzvornahme kann der Bauherr bei der Schlussrechnung des Unternehmers in Abzug bringen. Ein solcher Mangel kann vorliegen, wenn die Gebrauchsfähigkeit des Bauwerks wesentlich herabgesetzt ist, z. B. bei Undichtigkeiten von Dach oder Kellerräumen, oder bei grober Vernachlässigung oder Unterlassung von Nebenleistungen, infolge derer eine Behinderung oder Gefährdung der Bauausführung entsteht, z. B. Unterlassung der Bauschuttbeseitigung
-
der Auftragnehmer die Schlussrechnung auch nach wiederholter Aufforderung nicht stellt. In diesem Fall kann die Schlussrechnung durch den Bauherrn oder einen von ihm beauftragten Dritten aufgestellt werden (vgl. VOB/B § 14 Abs. 4).
Wichtig ist in jedem Fall die wiederholte Aufforderung zur Beseitigung des Mangels bzw. zur fristgerechten Erfüllung der Leistungen, einschließlich der Schlussrechnungsstellung. Bezüglich der Fristen gelten die Regelungen des VOB/B § 5 Abs 2.
458
16.3.9
16 Objektüberwachung (Bauüberwachung)
Wirtschaftsgüterzuordnung
Spätestens mit den Bauabrechnungen liegen dem Bauherrn Daten für seine steuerlichen oder kalkulatorischen Bewertungen vor. Es ist sicherzustellen, dass Informationen über die mit der Bauplanung und Bauausführung entstehenden Kosten und sonstigen investiven Beschaffungen für die Wirtschaftsgüterzuordnung der Finanz- und Betriebsbuchhaltung in der benötigten Form zur Verfügung gestellt werden. Überlegungen hierzu sollen allerdings nicht erst dann angestellt werden, wenn die Schlussrechnungen eintreffen, da die nachträgliche Aufgliederung der Bauabrechnungen nach den oben genannten Gesichtspunkten sehr zeitaufwendig sein kann. Auch die unveränderte Übernahme von Bauabrechnungen auf die Konten der Finanz- und Betriebsbuchhaltung ist aus verschiedenen Gründen nicht immer möglich, weil: -
Bauabrechnungen erst nach der Erstellung entsprechender Leistungen vorliegen
-
Bauabrechnungen anders gegliedert sind (in der Regel nach Aufträgen und Positionen)
-
Bauabrechnungen zu den vorangegangenen Planungsdaten (Kostenberechnungen für Bauplanungen u. a.) nur in Ausnahmefällen direkt in Beziehung stehen
-
Bauabrechnungen im Falle einer Pauschalierung der Bausumme keine Information über die anteiligen Kosten von Teilleistungen enthalten
-
die Auftrags- und Rechnungsbezeichnungen sowie die Positionstexte (kurz) für kaufmännisches Personal nicht immer eindeutig sind
-
die Wirtschaftsgüterzuordnung in diesem Fall nicht oder nicht ausreichend benutzerfreundlich durch die EDV verarbeitet werden kann.
Art und Tiefe der hieraus erforderlichen Gliederung werden in der Praxis sehr unterschiedlich gestaltet. Sie richten sich nicht nur nach dem Betriebszweck, sondern auch nach unternehmenspolitischen Zielsetzungen. Hierzu gehört zum Beispiel die Frage, welche Teile der Investitionen als Kosten- und Erlösträger angesehen werden und über welche Zeiträume die einzelnen Anlagen abgeschrieben werden sollen. Die frühzeitige Festlegung der Gliederung von Leistungen für jede einzelne Baumaßnahme ist Voraussetzung für die klare und einfache Wirtschaftsgüterzuordnung. Die im Bauwesen üblichen Gliederungen (Bauabschnitte, Kostengruppen, Leistungsbereiche, Aufträge, Positionen im Leistungsverzeichnis, Rechnungen u. v. m.) lassen sich nicht ohne weitere Änderungen in die Finanz- oder Betriebsbuchhaltung übernehmen. Einige Beispiele mögen dies verdeutlichen: Ein Bauwerk, gemeint ist hier die bauliche Hülle, wird, soweit es einem Betriebszweck dient und nicht in Kostenstellen oder Profit-Center aufgeteilt wird, unter dem Aspekt der Abschreibung als ein Wirtschaftsgut angesehen. Dies geschieht ungeachtet der Tatsache, dass hierfür in der Regel eine Vielzahl von Bauaufträgen sowohl für Baukonstruktionen als auch technische Anlagen erforderlich ist. Die Abschreibungsdauer beträgt zwischen 30 und 50 Jahre. Tragwerk, baulicher Ausbau sowie die Elemente der Technischen Gebäudeausrüstung wie z. B. Abwasser- und Wasserinstallationen, Heizungsanlagen, Elektroinstallationen werden dabei unabhängig von der technischen Lebensdauer gleich behandelt.
16.4 Besondere Bedingungen der Bauausführung
459
Betriebsvorrichtungen in den Gebäuden, mit denen ein Gewerbe ausgeübt wird, sind als eigene Wirtschaftsgüter anzusehen (z. B. eine Getränkeabfüllanlage in einer Brauerei oder die Küchentechnik in einem Hotel), zum einen, weil hierfür kürzere Abschreibungszeiten angesetzt werden, z. B. 8 Jahre, und zum anderen weil sie als eigene Kostenstelle gelten. Hierbei ist nicht entscheidend, ob oder wie die Betriebsvorrichtung mit dem Gebäude verbunden ist. Insbesondere Ver- und Entsorgungseinrichtungen dieser Anlagen sind zwar physikalisch mit dem Bauwerk fest verbunden, gehören jedoch von ihrer Funktion her zur Betriebsvorrichtung. (Beispiele: spezielle Energieversorgung, Ablufthauben, säurebeständige Abwasserleitungen zusätzlich zur allgemeinen Gebäudeentwässerung, Fettabscheider, Druckluftleitungen, Sonderfundamente für Maschinen, Kranbahnen u. a.). Auch kann eine Anlage, wie z. B. das Computersystem, nicht als eine einzelne technische Anlage, sondern als eine Gruppe mehrerer Wirtschaftsgüter angesehen werden und zwar, weil sie aus mehreren Komponenten wie z. B. Rechner, Monitoren und Drucker bestehen und diese unterschiedlich abgeschrieben werden können. Hieraus wird deutlich, dass eine sachgerechte, frühzeitige und EDV-gestützte Wirtschaftsgüterzuordnung bereits in der Phase der Bauplanung vorbereitet werden muss. Das heißt, es sind für die Bauinvestitionen festzulegen: -
Kontenrahmen nach dem Bilanzrichtlinien-Gesetz (bei Kapitalgesellschaften, bei anderen Gesellschaftsformen entsprechend)
-
Grundzüge der Abschreibung
-
weitere betriebswirtschaftliche Aufteilungen für die Kosten- und Erlösplanung (ProfitCenter, Vermietung, Produktionsbereiche)
-
Aufteilung von Bauanlagen und Bauwerken nach Außenanlagen, Hochbauten, Tiefbauten, Betriebsvorrichtungen usw. in Abschnitte (Zonen, Bauabschnitte, Geschosse, Räume) nach den Erfordernissen des jeweiligen Betriebszweckes
-
entsprechende Differenzierung der Kostenermittlungen (Kostengruppengliederung nach DIN 276-1:2008-12, Kosten im Bauwesen – Teil 1: Hochbau)
-
Unterscheidung der Bauleistungen nach Leistungsbereichen (Standardleistungsbuch)
-
Berücksichtigung steuerlicher Anforderungen bei Positionsgliederung in Aufträgen (Auftrags- und Abrechnungseinheiten)
-
Überprüfung der Leistungsbeschreibung (Bezeichnung der Fach- und Teillose, Kurz- und Langtexte von Leistungspositionen) unter dem Gesichtspunkt der Wirtschaftsgüterzuordnung und der Begriffe des Finanz- und Rechnungswesens.
16.4
Besondere Bedingungen der Bauausführung
Witterungsverhältnisse und Pflichtverletzungen während der Bauausführung erschweren die Bauarbeiten und stellen besondere Anforderungen an den überwachenden Architekten. Die Ausführungsbedingungen im Winter und das Bauschuttproblem sind zwei der häufigsten Probleme bei der Objektüberwachung.
460
16.4.1
16 Objektüberwachung (Bauüberwachung)
Winterbau
Die Witterung, insbesondere im Winter, stellt für die Baustellenfertigung ein nicht vollständig kalkulierbares Risiko dar. Anders als bei Werkstatt- und Fabrikfertigungen, die weitgehend in geschlossenen Räumen stattfinden, ist bei der Fertigung im Freien mit Beeinträchtigungen der Bauarbeiten im Zeitraum etwa von Anfang November bis Ende März durch Erschwernisse oder Behinderungen zu rechnen in Form von -
Feuchtigkeit (Niederschläge, Schnee)
-
Kälte (niedrige Temperaturen, Frost)
-
Zugluft (scharfer Wind).
Unterbrechungsfreie Durchführung der Arbeiten
Im Hinblick auf die Bauausführung sind grundsätzlich anzustreben: -
Abstimmung von Gewerken und Berücksichtigung der Jahreszeiten bei der Terminplanung
-
Verlagerung der Fertigung in Werkstätten und Fabriken, Bauen mit Fertigteilen
-
Nutzung der Winterzeit bzw. Winterbeheizung zur Bautrocknung. Dies war bei konventioneller Bauweise in Mauerwerk mit hohem Mörtelanteil unbestritten notwendig, wird jedoch in den letzten Jahren wegen zunehmenden Anteils an Trockenbaumaßnahmen und aus Termingründen seltener als erforderlich angesehen.
Im Idealfall werden alle Bauarbeiten so terminiert, dass störanfällige Leistungen, z. B. Betonarbeiten oder Abdichtungsarbeiten in den schnee- und frostfreien Monaten ausgeführt werden können. Sind bis zum Herbst eines Jahres Tragwerk, Fassaden- und Dachabdichtungsarbeiten abgeschlossen, d. h. ist die Außenhaut des Gebäudes erstellt und als Witterungsschutz tauglich, so sind nur noch Fragen der Arbeitstemperaturen für die nachfolgenden Gewerke des Ausbaus und der Gebäudetechnik von Belang. Für einzelne Leistungsbereiche sind Temperaturgrenzen definiert worden, z. B. für das Betonieren + 5 bis -3°C Lufttemperatur (DIN 1045-2:2008-08, Tragwerke aus Beton, Stahlbeton und Spannbeton), die aus bauphysikalischen Gründen bei konventioneller Fertigung nicht unterschritten werden dürfen. Liegen diese Voraussetzungen für den Bauablauf nicht vor und können witterungsempfindliche Arbeitsgänge nicht oder nicht vollständig in Werkstatt- oder Fabrikationsbetriebe ausgelagert werden, z. B. durch die Herstellung von Fertigteilen, dann sind Winterbaumaßnahmen zu ergreifen und bzw. oder Winterbaubeheizung vorzunehmen. Das Gleiche gilt, wenn in den Wintermonaten gearbeitet werden muss, weil vorangegangene Terminverzögerungen aufgeholt werden müssen, bewusst eine kurze Bauzeit – bezogen auf das Gesamtprojekt – gewünscht ist oder weil einzelne Leistungen auftragnehmerseitig nur noch in bestimmten Zeiträumen ausgeführt werden können (z. B. bei Beauftragung von Spezialfirmen mit bereits hoher Auslastung).
16.4 Besondere Bedingungen der Bauausführung
461
Winterbaumaßnahmen
Mit einer Winterbaumaßnahme muss erreicht werden, dass die Baustelle oder Teile der Baustelle vor unerwünschten Witterungseinflüssen geschützt sind und dass die Bauarbeiten in vollem Umfang termingerecht weitergeführt werden können. Im äußersten Fall wird eine provisorische und das ganze Bauwerk einschließende Hülle in Form eines Winterbauzeltes erstellt. Da es sich bei diesem Winterbauzelt praktisch um ein „fliegendes Bauwerk“ handelt, fallen entsprechende Arbeiten und Kosten an für -
Planung, insbesondere statische Berechnung
-
Baustelleneinrichtung
-
Liefern, Aufbau und Abbau eines Raumgerüstes, gegebenenfalls einschließlich Arbeitsbühnen und weiterer Sicherungsmaßnahmen. Bei großen Raumgerüsten sind eigene Gründungsmaßnahmen, z. B. in Form von Betonfundamenten, vorzusehen.
-
Abdichtung der Dachflächen mittels Blechkassetten oder Folien sowie der Außenwandflächen mittels möglichst lichtdurchlässigen Folien
-
Betrieb des Winterbauzeltes, insbesondere mit Heizung, Strom- und Wasserversorgung, Beleuchtung und Bewachung eingeschlossen.
Wird eine schützende Hülle bereits durch das Gebäude selbst gebildet, sind nur noch an den offenen bzw. undichten Stellen Maßnahmen zu ergreifen durch -
Abdichtung von Tür- und Fensteröffnungen mittels Folien
-
provisorisches Schließen von sonstigen Öffnungen wie Wand- und Deckendurchbrüchen durch Brettschalungen, Folien oder Ähnliches
-
Betrieb der Baustelle mit Heizung u. a. (wie oben)
-
Regulierung von Öffnungen, z. B. durch Betrieb einer Torluftschleieranlage.
Bei beiden Fällen – vollständige Einhausung oder Einzelabdichtung – ist zu prüfen, ob Winterbaumaßnahmen so dimensioniert werden können, dass durch Umsetzen und nachfolgenden Mehrfacheinsatz von Schutzvorrichtungen der Umfang und die Kosten insgesamt reduziert werden können. Der Aufwand für Liefern, Auf- und Abbau sowie das Umsetzen ist hier von Fall zu Fall im Vergleich zu kalkulieren. Ferner ist zu prüfen, ob -
eine Winterbaumaßnahme für mehrere Auftragnehmer oder Bauverträge zusammen vorzunehmen ist oder ob möglicherweise jeder einzelne Auftragnehmer eigene Vorkehrungen trifft
-
die Einhausung des Gebäudes die Bauarbeiten gegebenenfalls auch behindert. Können Hebezeuge nach wie vor eingesetzt werden? Sind die Arbeitsräume zwischen Bauwerk und Winterbauzelt ausreichend bemessen?
462
16 Objektüberwachung (Bauüberwachung)
Winterbaubeheizung
Ungeachtet dessen, ob Arbeitsräume durch das witterungsdichte Gebäude selbst oder durch eine Winterbaumaßnahme geschützt sind, bleibt die Frage der notwendigen Temperaturen zu klären. Die bauphysikalischen oder für Arbeitskräfte zumutbaren Mindesttemperaturen sind von Fall zu Fall zu prüfen. Es ist zu vermeiden, dass Arbeitskräfte durch ungünstige Klimabedingungen erkranken, und es ist sicherzustellen, dass Baustoffe temperaturgerecht verarbeitet werden können bzw. durch niedrige Temperaturen oder Frost keinen Schaden nehmen. Dies gilt sowohl für das unerwünschte Einfrieren von frisch verarbeitetem Mörtel wie für die mit Wasser gefüllten Heizungsleitungen. Für die Winterbaubeheizung kommen grundsätzlich in Frage: -
vorgezogene Inbetriebnahme der für das Gebäude vorgesehenen stationären Heizungsanlagen oder raumlufttechnischen Anlagen und bzw. oder
-
Installation einer eigens für die Winterzeit installierten Baustellenheizung, z. B. mit Feldgeräten.
Im Fall der vorzeitigen Inbetriebnahme der stationären Heizungsanlage sind die folgenden Punkte zu beachten: -
Fragen der Mängelbeseitigungsansprüche: Sechs Werktage nach Inbetriebnahme der Heizungsanlage erfolgt – sofern nichts anderes vereinbart ist – die fiktive Abnahme (VOB/B § 12 Abs. 5 Nr. 2) und damit der vorzeitige Beginn der Verjährungsfrist. Dadurch verkürzt sich der für den Test der Anlage besonders wichtige Zeitraum der Mängelhaftung nach Einzug der Nutzer. Zu einer ausgleichenden Verlängerung der vertraglichen Verjährungsfrist wird der Heizungsbauer ohne Mehrvergütung nicht bereit sein.
-
Voraussetzungen technischer und organisatorischer Art für den Betrieb der stationären Anlagen wie z. B. Energieversorgung (Strom, Heizöl u. a.), Betriebsbereitschaft der Zentralen (TÜV-Abnahme, Beleuchtung der Räume, u. a.), Einspeisung der Medien in die Anlagen (z. B. Wasser in Heizungsleitungen), Funktionsfähigkeit der Anlage durch vollständige Installation unter Berücksichtigung von Mess-, Steuer- und Regelungstechnik, Verkabelung sowie insbesondere Software für die zentrale Steuerung, Betriebspersonal für Inbetriebnahmen, Überwachung und Instandhaltung der Anlage.
Für diesen Fall des vorzeitigen Betriebes kann in der Regel unterstellt werden, dass mit der geschlossenen Gebäudehülle die vollständige Wärmedämmung gegeben ist. Alternativ oder auch ergänzend kann eine eigene Winterbeheizung als Provisorium installiert werden. Die Entscheidung hierfür ist neben den oben angesprochenen Fragen der Mängelhaftung sowie denen der Voraussetzungen für die stationäre Beheizung insbesondere unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten zu treffen. Insgesamt sind zu klären: -
Kosten der provisorischen Beheizung im Vergleich mit dem vorgezogenen Betrieb der stationären Anlage
-
zusätzliche Gefahren durch eine Feuerstätte. Besteht eine erhöhte Brandgefahr für die Baustelle beim Betrieb von z. B. Heizöfen?
16.4 Besondere Bedingungen der Bauausführung -
463
Wärmedämmung der Gebäudehülle. Besteht ein wirtschaftliches Verhältnis zwischen der aufgrund der Bauweise meist unzureichenden Wärmedämmung des unfertigen Gebäudes oder des Winterbauzeltes und dem zu erwartenden Energieverbrauch für die Feldgeräte?
Die provisorische Beheizung kann die folgenden Leistungen umfassen: -
Montage- und Werkstattplanung
-
Softwareerstellung
-
Verkabelung
-
Aufbau und Montage eines Schaltschrankes sowie Anschluss
-
Inbetriebnahme der provisorischen Regelanlage
-
Feldgeräte liefern, aufstellen und betreiben
-
Baustelleneinrichtung
-
Baustellensicherung.
Wirtschaftliche Gesichtspunkte des Winterbaus
Winterbaumaßnahmen erweisen sich bei näherer Betrachtung vielfach als vorteilhaft, stellen sich jedoch bei den am Bauprozess Beteiligten etwas unterschiedlich dar. Aus übergeordneter Sicht ist auch der beschäftigungspolitische Effekt von Winterbaumaßnahmen zu sehen. Sie erlauben eine weitgehend über das Jahr gleich bleibende Beschäftigung der Arbeitskräfte im Bauhauptgewerbe. Längere Unterbrechungen mit negativen Begleiterscheinungen in Form von Kurzarbeit, Arbeitslosigkeit oder der Zahlung von Schlechtwettergeld können somit zum Vorteil der Volkswirtschaft gemindert werden. Als Vorteile aus der einzelwirtschaftlichen Sicht der Baubetriebe können genannt werden: „- Kosteneinsparungen beim Gerätepark durch bessere Auslastung und Nutzung der Geräte -
Kosteneinsparungen beim Verwaltungsaufwand durch eine gleichmäßige Auslastung über das ganze Jahr
-
gleichmäßige Beschäftigung der Mitarbeiter
-
Verhinderung des Abwanderns qualifizierter Mitarbeiter in andere Berufszweige
-
Behebung des Nachwuchsmangels von Fachkräften durch ganzjährig gesicherte Arbeitsplätze unter zumutbaren Bedingungen.“ (Bundesminister für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau (Hrsg.) 1978, S. 7)
Aus der Sicht des Bauherrn sind die folgenden Ziele zu nennen, die mit dem Winterbau verfolgt werden können: „- Verminderung der Zinsbelastung durch frühere Nutzung des Bauwerkes bei Bereitstellung der Mittel vor Beginn der Ausführungsarbeiten -
frühzeitige Miet- bzw. sonstige Einnahmen durch eine frühere Fertigstellung des Bauwerkes bei Miet-, Geschäfts- und Industrieobjekten
464
16 Objektüberwachung (Bauüberwachung)
-
früherer Wegfall der Altbaumiete beim Erwerb von Eigentumswohnungen durch frühere Fertigstellung der Neubauwohnung
-
Vermeidung von Bauschäden durch Vollwetterschutz.“ (ebenda)
Aus Bauherrensicht sind folgende zusätzliche Vorteile erreichbar: „- durch die frühere Fertigstellung des Bauwerks bzw. von Teilleistungen werden Kostensteigerungen durch Lohn- und Materialpreiserhöhungen vermieden. Diese Steigerungen finden in Abhängigkeit von den Terminen der Tarifabschlüsse üblicherweise im Frühjahr statt -
durch den Schutz des Bauwerks gegen das Eindringen von Niederschlagswasser wird eine wesentlich kürzere Zeit für das Austrocknen des Bauwerks erreicht
-
der Schutz des Bauwerks gegen Kälte wird helfen, viele sonst entstehende Bauschäden zu vermeiden [...].“ (ebenda, S. 96)
Planung und Beauftragung der Winterbaumaßnahmen
Die Planung von Winterbaumaßnahmen kann durch den Architekten vorgenommen werden. Die HOAI:1996-01enthielt mit § 32 Winterbau hierzu folgende Regelung, die im Bedarfsfall sinngemäß frei vereinbart werden kann: „(1) Leistungen für den Winterbau sind Leistungen der Auftragnehmer zur Durchführung von Bauleistungen in der Zeit winterlicher Witterung. (2) Hierzu rechnen insbesondere: 1. Untersuchung über Wirtschaftlichkeit der Bauausführung mit und ohne Winterbau, z. B. in Form von Kosten-Nutzen-Berechnungen, 2. Untersuchungen über zweckmäßige Schutzvorkehrungen, 3. Untersuchungen über die für eine Bauausführung im Winter am besten geeigneten Baustoffe, Bauarten, Methoden und Konstruktionsdetails, 4. Vorbereitung der Vergabe und Mitwirkung bei der Vergabe von Winterbauschutzvorkehrungen. (3) Das Honorar für Leistungen für den Winterbau kann als Pauschalhonorar frei vereinbart werden. Wird ein Pauschalhonorar nicht bei Auftragserteilung schriftlich vereinbart, so ist das Honorar als Zeithonorar nach § 6 zu berechnen. (4) Werden von einem Auftragnehmer Leistungen nach Absatz 2, Nr. 4 erbracht, dem gleichzeitig Grundleistungen nach § 15 übertragen worden sind, so kann abweichend von Absatz 3 vereinbart werden, dass die Kosten der Winterbauschutzvorkehrungen den anrechenbaren Kosten nach § 10 zugerechnet werden.“ (§ 32 HOAI:1996-01) Schon vor Vertragsabschluss der Bau- oder Lieferleistungen sollte geklärt werden, ob eine Winterbaumaßnahme oder Winterbaubeheizung grundsätzlich in Betracht kommt.
16.4 Besondere Bedingungen der Bauausführung
465
Grundsätzlich heißt es in VOB/B § 6 Behinderung und Unterbrechung der Ausführung Abs. 2 Nr. 2: „Witterungseinflüsse während der Ausführungszeit, mit denen bei Abgabe des Angebots normalerweise gerechnet werden musste, gelten nicht als Behinderung.“ Dennoch kann das Witterungsrisiko nicht uneingeschränkt dem Auftragnehmer der vertraglich vereinbarten Standardleistung auferlegt werden, denn z. B. heißt es in VOB/C, DIN 18 336:2012-09 Abdichtungsarbeiten, Abschnitt 3.1.4: „Bei ungeeigneten klimatischen Bedingungen, z. B. nassen abzudichtenden Untergründen aus Beton, Mauerwerk, Putz oder Holz, Temperaturen unter +5 °C bei Klebearbeiten, sind in Abstimmung mit dem Auftraggeber besondere Maßnahmen zu ergreifen. Die Leistungen für zu treffende Maßnahmen sind Besondere Leistungen“ und als solche zu vereinbaren. Zweckmäßig ist die Berücksichtigung von Winterbaumaßnahmen und Winterbaubeheizung als Eventualposition im Leistungsverzeichnis mit der Möglichkeit der Beauftragung erforderlichenfalls. Die Beauftragung kann als Nachtrag oder als eigenständiger Auftrag erfolgen – dieses insbesondere dann, wenn die Maßnahmen zur Sicherung der Ausführung oder für die Dauer mehrerer Aufträge erfolgen sollen. Auch unter dem Gesichtspunkt der Abrechnung ist eine eigenständige Beauftragung zu empfehlen, da es sich um Leistungen eigener Art handelt und dann Bau- und Winterschutzmaßnahmen klar getrennt werden können. Kosten der Winterbaumaßnahmen
Über die Höhe der Kosten im Vorhinein Angaben zu machen, ist schwierig, wenn die genauen Bedingungen, insbesondere die Anzahl der Winterperioden, nicht näher bekannt sind. Es ist jedoch angeraten, für die Winterbaumaßnahmen in der Kostenplanung etwa 0,5 % als Zuschlag zu dem Auftragswert der betroffenen Fachlose anzusetzen. Sind die terminlichen und jahreszeitlichen Rahmenbedingungen jedoch sehr ungünstig, dann können die Kosten auch zwischen 2 % und 10 % einer Bauleistung ausmachen, sofern die Ausführungszeit weitgehend oder vollständig in der Winterzeit liegt. Winterbaumaßnahmen und Winterbeheizungen können nicht nur aus rein terminlichen Gründen gerechtfertigt sein, sondern auch aus Kostengründen – nämlich dann, wenn sich durch Verzögerungen der Fertigstellung die Bauzeitzinsen für das in der unfertigen Baumaßnahme gebundene Kapital mehr erhöhen würden, als diese Maßnahmen kosten. Die Beschreibung der Leistungen und ihre Abrechnung kann erfolgen über: -
Gesamtpauschale (funktional), Winterbaumaßnahme (ggf. differenziert nach Vorhaltung ohne Einsatz und Einsatz bei Erfordernis), pauschal zu ...,- € oder
-
Zeitpauschale (funktional), Winterbauüberdachung bzw. Winterbaubeheizung auf- und abbauen, pauschal zu ...,- €/Zeiteinheit oder m² Grundfläche zu ...,- €/m² sowie
-
Vorhalten der Winterbauüberdachung bzw. Betreiben der Winterbaubeheizung, Dauer zu ... €/Woche oder
-
Mengen und Einheitspreise (Einheitspreisvertrag), Maßnahmen auf der Grundlage von Einheitspreisen für Baumaterialien, Energie u. a. nach Aufmaß, Verbrauch und Abrechnung.
466
16 Objektüberwachung (Bauüberwachung)
Während die Vergabe von Pauschalaufträgen das Risiko, aber auch die Möglichkeit des sparsamen Mitteleinsatzes dem Auftragnehmer überlässt und der Bauherr mit einer festen Kostengröße arbeiten kann, dürfte die Abrechnung über Verbrauch und Aufmaß im Falle eines milden Winters günstig für den Bauherrn sein. Es soll jedoch nicht verschwiegen werden, dass die verbrauchsgerechte Abrechnung oft genug zu Streitigkeiten führt – einerseits, weil Mengenermittlungen nicht nachvollziehbar und Falschabrechnungen möglich sind, andererseits der Aufwand auch erlösorientiert gestaltet werden kann, indem z. B. unnötig viel geheizt wird.
16.4.2
Bauschuttbeseitigung
Bei jeder Baumaßnahme fallen Reste von Baumaterialien, Bauchemikalien, Bauhilfsstoffen und Bauzubehör sowie Verpackungen und Verschmutzungen an. Der Umfang dieser Materialien beträgt in Deutschland jährlich rund 200 Mio. Tonnen. Alle Auftragnehmer haben grundsätzlich dafür zu sorgen, dass sie ihre Leistungen einwandfrei, also ohne Reststoffe und Verunreinigungen, übergeben können. Unabhängig davon werden die meisten Gebäude vor der Übergabe an die Nutzer bzw. Eigentümer gereinigt. Die zunehmende Arbeitsteilung bringt es mit sich, dass meist mehrere verschiedene Firmen auf der Baustelle gleichzeitig tätig sind, so dass die Frage der Bauschuttverursachung sehr schwierig ist. Diese zunächst eher nebengeordnete Angelegenheit kann jedoch, insbesondere bei großen Baustellen, mit erheblichen Störungen, Ärgernissen sowie Kosten verbunden sein. Ferner wird durch den vermehrten Einsatz von Metallen, Kunststoffen und Chemikalien die Entsorgung von Materialresten schwieriger. Auch die gestiegene Umweltproblematik macht es erforderlich, diesem Thema eine größere Aufmerksamkeit zu widmen. Pflichten der Auftragnehmer und Baustellenpraxis
Die Bau- und Lieferfirmen sind nach der Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen verpflichtet, alle Verunreinigungen (z. B. Abfälle und Bauschutt), die von ihren Arbeiten herrühren, zu beseitigen. (VOB/C, DIN 18 299, Nebenleistungen, Nr. 4.1.11) Es handelt sich hierbei um Nebenleistungen. Diese gehören auch ohne Erwähnung im Vertrag zur vertraglichen Leistung. Solche Leistungen ergeben sich aus VOB/B § 2, Abs. 1, wonach durch die vereinbarten Preise alle Leistungen abgegolten werden, „die nach der Leistungsbeschreibung, den Besonderen Vertragsbedingungen, den Zusätzlichen Vertragsbedingungen, den Zusätzlichen Technischen Vertragsbedingungen, den Allgemeinen Technischen Vertragsbedingungen für Bauleistungen und der gewerblichen Verkehrssitte zur vertraglichen Leistung gehören.“ Die Praxis sieht teilweise allerdings anders aus. Die Auftragnehmer kommen diesen Pflichten vereinzelt nicht oder nur unvollständig nach. Sorgt die Bauüberwachung nicht ständig für Erfüllung dieser Pflichten, so finden sich nach Ausführung eines Auftrags und besonders kurz vor Übergabe des Bauwerkes auf der Baustelle immer wieder:
16.4 Besondere Bedingungen der Bauausführung -
Baustoffreste (Holz, Gips, Metall, Stein, Zement, Dämmstoffe, Elektrokabel u. v. m.)
-
Transport- und Verpackungsmaterialien (Paletten, Kartons, Folien, Dosen u. v. m.)
-
Bauschutt aus Änderungs- und Abbrucharbeiten (Beton- und Mauerreste u. v. m.)
-
Abfälle der Ausführenden (Bierflaschen, Brotzeitreste, Zeitschriften u. v. m.).
467
Gerade dort, wo mehrere Gewerke gleichzeitig bearbeitet werden, kann schon bei geringen Mengen eine schnell und fast unmerkliche Mehrung dieser Stoffe ausgelöst werden. Sind Erst- oder Einzelverursacher nicht mehr erkennbar, werfen noch viele andere ihren Abfall auf den schon vorhandenen Haufen. Zur Tarnung der eigenen Handlung werden sogar Verpackungsmaterialien mit Firmenaufdrucken Dritter darauf gelegt, um von der eigenen Vertragsverletzung abzulenken. Die Folge hieraus ist: -
nachfolgende Gewerke werden behindert, besonders sind die Ausbaugewerke und Einrichter betroffen
-
durch herumliegende Materialien wird die Unfall- und Brandgefahr stark erhöht
-
es treten hygienische Probleme auf der Baustelle auf
-
Ratten und Mäuse finden sich ein und sind auch nach Ende der Bauzeit nur schwer zu vertreiben. Häufig nisten sich diese Tiere in Installationsräumen, Doppelböden oder Dachräumen ein.
Über das eigentliche Ärgernis hinaus entsteht hierdurch die Gefahr, dass Vertragszeiten nicht mehr eingehalten werden und somit Terminverzögerungen auftreten. Weiterhin können verunreinigungsbedingt später Bauschäden auftreten – nämlich dann, wenn Reststoffe anderer Gewerke nicht entfernt, sondern eingearbeitet werden. So wird mitunter auch Bauschutt anstelle von Kies als Verfüllmaterial verwendet. Die Folge sind unzureichende Durchlässigkeit des Erdreiches und nachträgliche Setzungen über das angenommene Maß hinaus durch Verrotten der Stoffe. Begünstigend für derartige Verfehlungen sind unzureichende Anwesenheit oder Nachlässigkeit der örtlichen Bauüberwachung. Besonders schwerwiegend ist die fahrlässige Beseitigung von Abfallstoffen durch Abwerfen in Schächte oder Abwasserleitungen. Meist erst nach dem Nutzungsbeginn werden diese Verfehlungen z. B. durch Verstopfungen erkennbar. Ihre nachträgliche Beseitigung kann den teilweisen Abbruch neuwertiger Baukonstruktionen erforderlich machen. Eine Vermeidung dieser Erscheinungen kann neben der Auswahl zuverlässiger Firmen nur durch ständige Anwesenheit der Bauleitung und durch konsequente und unverzügliche Durchsetzung vertraglicher Pflichten erreicht werden. Die Entsorgung des Bauschutts durch den Bauherrn ist bei gut arbeitender Bauüberwachung nicht erforderlich. Bei Pflichtverletzungen der Auftragnehmer sowie der Bauleitung kann sich das Problem in der Praxis dennoch stellen. Da sich der Bauherr aufgrund der Rechtslage weigern wird, zusätzliche Bauschuttbeseitigungskosten zu tragen, auch wenn er vorübergehend hierfür in Vorlage getreten ist, bleibt der örtlichen Bauüberwachung nichts anderes übrig als
468
16 Objektüberwachung (Bauüberwachung)
-
durch erhöhte Anwesenheit und Aufmerksamkeit dieses Problem soweit wie möglich vermeiden zu helfen
-
im Falle angefallener Kosten im Einvernehmen mit den beteiligten Firmen die Übernahme der Kosten zu regeln (eine entsprechende Dokumentation und eine schlüssige Kalkulation sind hierfür zweifellos die Voraussetzung).
Es soll dabei aber nicht verschwiegen werden, dass die Bedingungen für eine geordnete Baudurchführung immer schwieriger werden, weil einerseits die erzielbaren Honorare nicht die ständige Anwesenheit eines entsprechend erfahrenen und damit teuren Bauleiters erlauben und andererseits der Anteil der fachlich qualifizierten Bauhandwerker abnimmt. Vorbeugung und Schadensminderung
Wie können derartige Probleme vermieden werden? Untersuchungen hierzu zeigen, dass in der Praxis drei verschiedene Wege beschritten werden. Die Regelungen der Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen werden von manchen Praktikern als nicht ausreichend bzw. als nicht konkret genug angesehen. Es finden sich deshalb in Ausschreibungsunterlagen Ergänzungen, die eine bessere Durchsetzung gegenüber den Auftragnehmern ermöglichen sollen. Dabei wird z. B. Folgendes formuliert und in die Zusätzlichen Vertragsbedingungen eingefügt: „- Der Auftragnehmer hat die Baustelle täglich von den anfallenden Schuttmassen bzw. Schuttresten, Abfällen, Verunreinigungen usw. zu räumen bzw. zu säubern. Dies gilt auch für nachträglich angeordnete Arbeiten. Die anfallenden Schuttmassen sind wöchentlich abzufahren. Eine gesonderte Vergütung hierfür erfolgt nicht, ebenso werden Deponiegebühren nicht erstattet. -
Kommt der Auftragnehmer einer mündlichen oder schriftlichen Aufforderung der zuständigen Bauleitung innerhalb von zwei Tagen nicht nach, so kann die Bauleitung die Baureinigung durch Dritte veranlassen. Eine besondere Nachfristsetzung ist nicht erforderlich. Die entstehenden Kosten gehen zu Lasten des Auftragnehmers. Entsteht hinsichtlich der Kostenverursachung und Kostenübernahme bei mehreren möglichen Verursachern keine Einigung, erfolgt eine Verteilung der Kosten entsprechend der Höhe der Auftragssummen.“
Die Absicht dabei ist klar. Haben sich trotz vertraglicher Regelungen größere Mengen von Bauschutt angesammelt und bestreiten Firmen die Schuttverursachung oder weisen sie auf andere Auftragnehmer als Verursacher hin, dann will der Bauherr – wie oben beschrieben – Dritte beauftragen, um den geordneten Bauablauf oder die rechtzeitige Inbetriebnahme sicherzustellen – und dies selbstverständlich auf Kosten der ausführenden Firmen. Entsprechende Vertragsinhalte wurden jedoch gerichtlich beanstandet, da sie mit dem Gesetz zur Regelung des Rechts der Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB-Gesetz) nicht vereinbar sind. So untersagte das Landgericht München mit Urteil vom 12.11.85 (Aktenzeichen 7014566/85) einer bekannten ortsansässigen Hausbaugesellschaft, nachstehende Klausel in Bezug auf Verträge über die Herstellung von Bauleistungen zu verwenden oder zu empfehlen: „Der Auftragnehmer ist verpflichtet, bis zur vorbehaltlosen Abnahme die Baustelle in ordentlichem und sauberem Zustand zu halten sowie Kosten für die Beseitigung verbliebener
16.4 Besondere Bedingungen der Bauausführung
469
Abfälle und Rückstände anteilmäßig zu tragen und sich der Kostenaufteilung der Objektüberwachung zu unterwerfen, wenn er nicht nachweist, dass er diese Kosten nicht oder nicht in dieser Höhe verursacht hat.“ (LBB Landesverband Bayerische Bauindustrie, 1/86-5) Ist der Bauherr gezwungen, zur Sicherung eines geordneten Bauablaufes Dritte mit der Bauschuttbeseitigung zu beauftragen, kann nur versucht werden, über Gespräche eine einvernehmliche Kostenbeteiligung durch die Firmen zu erreichen. Der Rechtsweg sollte erst die letzte Lösung sein, zumal die Beweisführung außerordentlich schwierig ist. Ungünstig ist auf jeden Fall der Umstand, dass der Bauherr die Reinigungsfirmen sofort bezahlen muss, die Forderungen gegenüber den verursachenden Firmen aber nur nach längeren Verhandlungen und meist nur teilweise durchsetzen kann, wodurch ihm zusätzlich Zinskosten entstehen. Alternativ wird auch vereinzelt die Auffassung vertreten, die Beseitigung des Bauschutts solle aus den Beauftragungen der Fachlose herausgenommen werden. Dies bedeutet, dass der Auftraggeber bewusst auf die nach VOB enthaltene Nebenleistung gegenüber den Baufirmen verzichtet und die Bauschuttbeseitigung selbst besorgt bzw. über einen gesonderten Auftrag besorgen lässt. Dies ist grundsätzlich möglich und widerspricht nicht dem AGB-Gesetz. Nach entsprechenden Hinweisen in den Ausschreibungsunterlagen sind die Bieter gehalten – wohl entgegen ihren Kalkulationsgewohnheiten –, Leistungen zu Einheitspreisen bzw. Pauschalen anzubieten, aus denen die Kosten der üblicherweise enthaltenen Schuttbeseitigung herausgerechnet sind. Entsprechend wird im Baurechts-Report der folgende Hinweis für die Praxis gegeben: „Der Auftraggeber lässt im Leistungsverzeichnis z. B. des Rohbauunternehmers die zentrale Schuttbeseitigung der gesamten Baustelle auf der Basis von Einheitspreisen anbieten. Auf der Grundlage dieses Angebots und der geschätzten Mengen wird dann mit den Ausbauhandwerkern im Rahmen der Vergabe verhandelt, in welcher Höhe sie sich an den Kosten der zentralen Schuttbeseitigung beteiligen.“ (Bauschutt […] : in: Baurechts-Report 3/93) Man muss jedoch davon ausgehen, dass in einer Vergabeverhandlung nicht genügend Zeit zur Verfügung steht, dass Auftragnehmer ausreichend genau entsprechende Minderungen angeben können. Wird bereits im Leistungsverzeichnis ein Hinweis auf den Entfall der Nebenleistung Bauschuttbeseitigung gegeben, kann ebenfalls unterstellt werden, dass ein Teil der Bieter hierfür nicht ausreichend Zeit findet und ein anderer Teil auch ohne diesen Grund auf entsprechende Minderungen verzichtet und daher mit unveränderten, d. h. dann zu hohen Preisen anbietet. Dabei nehmen sie in Kauf, dass sie damit ihre Chancen im Wettbewerb ggf. verschlechtern. Der damit erreichbare Nutzen für den Auftraggeber darf als zweifelhaft angesehen werden, da neben der Organisation und den Kosten eines weiteren Auftrags mit einem verminderten Wettbewerb und einer nicht entsprechenden Minderung der Kosten bei den eigentlichen Bauund Lieferaufträgen gerechnet werden kann. D. h. es besteht für den Bauherrn in besonderem Maße das Risiko, dass er die Bauschuttbeseitigung zweimal bezahlt.
470
16 Objektüberwachung (Bauüberwachung)
Es kann bei der zentralen Bauschuttbeseitigung auch passieren, dass die Bauhandwerker aus Zeit- und Kostengründen jede Art von Reststoffen und Schutt fallen und liegen lassen und dass somit unnötige und unnatürliche Mengen von Bauschutt entstehen. Die dritte und wohl theoretisch sicher einfachste Möglichkeit, die beschriebenen Probleme zu vermeiden, ist die Beauftragung einer erfahrenen und personell ausreichend besetzten Bauüberwachung. Nur durch ständige und aufmerksame Anwesenheit der Bauüberwachung und durch konsequente Durchsetzung der Vertragspflichten – hier die Bauschuttbeseitigung als Nebenleistung – kann ein reibungsloser Bauablauf ohne Mehrkosten und Ärgernisse sichergestellt werden. Voraussetzung hierfür ist natürlich, dass der überwachende Architekt oder Ingenieur im Rahmen der Objektüberwachung durch ein angemessenes Honorar für die Wahrnehmung seiner Aufgaben in vollem Umfang wirtschaftlich in die Lage versetzt wird. Bauschutt als Sondermüll
Unter abfallwirtschaftlichen und ökologischen Gesichtspunkten ist Bauschutt teilweise als schadstoffbelastet anzusehen. Zu den schadstoffbelasteten Materialien sind bei Neubauten und Instandsetzungen insbesondere zu rechnen: „1. Farb- und Anstrichmittel, Holzschutzmittel, Klebe- und Dichtungsmittel, Lösemittel, Mineralölerzeugnisse, soweit sie wassergefährdend sind, sowie andere wassergefährdende Stoffe, 2. Altöle, insbesondere Motorenöle, Hydrauliköle, Schalöle, Transformatoren- und Kondensatorenöle, 3. Abbruchhölzer, Steine, Erden, Kunststoffe, Metalle, die mit den in Nummer 1. oder 2. genannten Stoffen beschichtet, bestrichen, imprägniert oder in sonstiger Weise behandelt oder kontaminiert sind, 4. Abbruchhölzer, Steine, Erden aus der Sanierung von Altlasten (die Art der Sanierung und ggf. Entsorgung wird nach dem Grad der Belastung festgelegt), 5. Teer, Pech, Teerfolien, Teerpappen, 6. teerhaltiger Straßenaufbruch, soweit nicht wieder verwendbar […], 7. Asbest-Faserbaustoffe, 8. Altöle […] und nicht entleerte Treibgasbehälter […] müssen in jedem Fall jeweils von anderen Baustellenabfällen getrennt gehalten und getrennt entsorgt werden.“ (Behandlung von Bauschutt […] 1992 S. 130 f.) Auch im Hinblick auf die Entsorgung der schadstoffbelasteten Materialien gilt, dass die Leistungen gemäß VOB/A, § 9 Abs. 1 Nr. 1 eindeutig und so erschöpfend zu beschreiben sind, das die Auftragnehmer Lager-, Transport- und Entsorgungsbedingungen (z. B. Deponiegebühren) kalkulieren können.
16.4 Besondere Bedingungen der Bauausführung
471
Leistungsbeschreibung der Bauschuttbeseitigung
Die nachfolgende Leistungsbeschreibung für die Bauschuttentsorgung zeigt, welche Positionen berücksichtigt werden müssen, wenn die Beseitigung durch einen Dritten erfolgen muss. Pos. Positionslangtext Nr. (Positionskurztext)
Menge
Abrechn.einheit
EP
GP
01
Bauschutt und Sondermüll aufsammeln und zur Zwischensammel- und Sortierstelle bringen, transportieren, abkippen und sortieren. Im Einheitspreis sind die Gerätevorhalte- und Betriebskosten für die erforderlichen Hebe-, Lade- und Transportgeräte enthalten (Schutt transportieren)
…
h
…
…
02
Baggereinsatz: Aufladen des Bauschutts und des Sondermülls (Baggereinsatz)
…
h
…
…
03
LKW- oder Sattelschlepper: Abtransportieren des sortierten Bauschutts (LKW-Einsatz)
…
t
…
…
04
Deponieren von Sondermüll (Behördliche Kippgebühren)
…
t
…
…
05
Deponieren von Bauschutt (Kippgebühren)
…
t
…
…
…
…
…
…
…
…
Abb. 16.8:
Leistungsbeschreibung Bauschuttbeseitigung - Beispiel
Erschwerend für die Bauschuttbeseitigung sind die folgenden Umstände: -
Schutz von Bauteilen, z. B. fertigen Boden- und Treppenbelägen oder Aufzugskabinen mittels Folien, wenn Bauschutt aus nahezu fertig gestellten Gebäuden hinausgetragen werden muss.
-
Besorgen von Schlüsseln oder Ausbohren von Schließzylindern, wenn Räume nicht zugänglich sind. Das Ausbohren sollte nur bei sehr großem Termindruck und großen Bauschuttmengen vorkommen.
-
Arbeiten bei Nacht: Hierbei ist für ausreichende Beleuchtung zu sorgen. Ferner werden auf die Stundensätze Zuschläge berechnet.
17
Baunutzung
Die Nutzung ist die Phase, die dem Bauen erst seinen Sinn gibt. Bauten werden errichtet, um genutzt zu werden. Diese Nutzung kann im weitesten Sinne auch das ganz passive Einwirken auf den Betrachter sein, wie es z. B. bei einem Denkmal der Fall ist. Wenn weder die angestrebte noch eine anderweitige adäquate Nutzung erfolgt, liegt eine Fehlinvestition vor. Gebäude gehören zu den Einsatzfaktoren von Betrieben und – im übertragenen Sinne – auch von Haushalten. Sie sind ein Faktor unter anderen, die den Leistungsprozess im Betrieb und das gedeihliche Leben im Haushalt bestimmen. Sie stellen ein Nutzungspotenzial dar, das – je nach Betriebs- oder Haushaltsführung – gut oder weniger gut genutzt werden kann. Allerdings ist dieses Nutzungspotenzial wegen der Immobilität und der statischen Natur der allermeisten Gebäude relativ starr. D. h. mit dem fertig gestellten Gebäude werden Randbedingungen vorgegeben, die oft nur unter Inkaufnahme hoher Kosten verändert werden können. Dies unterstreicht noch einmal die Bedeutung der Planung mit ihrem besonders hohen Einfluss auf die Wirtschaftlichkeit der späteren Gebäudenutzung. Jedoch ist die wirtschaftliche Planung und Ausführung eines Gebäudes eine wichtige, aber keine hinreichende Bedingung für den wirtschaftlichen Erfolg seines Eigentümers oder Nutzers: Hierfür bedarf es darüber hinaus auch eines wirtschaftlichen Betriebes des Gebäudes bzw. in dem Gebäude. Es ist das Ziel des Objektmanagements, dass die Nutzung von Gebäuden bzw. Immobilien den größtmöglichen Beitrag zum wirtschaftlichen Erfolg eines Unternehmens leistet. Die Nutzung von Gebäuden beginnt mit ihrer Neueinrichtung bzw. dem Umzug und der Inbetriebnahme. Mit der Inbetriebnahme sind die Leistungen des Architekten nicht grundsätzlich abgeschlossen. Vielmehr reicht die Leistungsphase 9. Objektbetreuung und Dokumentation bis weit in die Zeit der Gebäudenutzung hinein.
17.1
Objektmanagement
Für das Bewirtschaften von Gebäuden bzw. das Wirtschaften mit Immobilien werden verschiedene Begriffe (mit nicht immer identischen Inhalten) verwendet: Gebäudeverwaltung, Objektmanagement oder Facility Management. In Anlehnung an den in der HOAI verwendeten Begriff der Objektplanung wird hier – auch in Abgrenzung zum Projektmanagement – der Begriff Objektmanagement verwendet. Aufgabe des Objektmanagements ist es, „ständig das Kosten-Nutzen-Verhältnis baulicher Anlagen durch geeignete Maßnahmen zu optimieren. Maßnahmen in diesem Sinne sind z. B. Planung und Errichtung, Umbau und Umnutzung, wirtschaftliche Verwertung (Vermietung, Verkauf), Abbruch.“ (Richter, P. 1988, S. 16)
474
17 Baunutzung
Eine wesentliche Voraussetzung für diese ständige Optimierung ist die Verfügbarkeit der erforderlichen Objektinformationen. Die aus wirtschaftlicher Sicht in der Nutzungsphase gewünschten Anpassungen an veränderte Marktbedingungen und den technischen Fortschritt sind vielfach wegen fehlender Gebäudedaten in Frage gestellt. Zum Beispiel kommt es vor, dass auf eine an sich günstige Raumnutzung als Archiv verzichtet wird, weil die Verantwortlichen keine Gewissheit über die Deckentragfähigkeit haben. Verwalten die Planungs- und Baubeteiligten ihre Projektinformationen allein – wie es bisher häufig der Fall ist – dann nimmt die Verfügbarkeit des gesamten Projektwissens nach Abschluss der Planungs- und Ausführungsleistungen sehr schnell ab (siehe Abbildung 17.1). Ein umfassender Überblick ist im Nachhinein kaum noch zu erreichen.
Informationen Projektwissen Verlauf bei Einsatz von Objektmanagement-Systemen
Herkömmlicher Verlauf
Start
Abb. 17.1:
Abbruch
Übergabe Planung Realisierung
Objektlebensdauer
Nutzung Betrieb
Verfügbarkeit von Informationen während der Objektlebensdauer
(Bastian, M. 1991, S. 32)
Durch einen integrierten Computereinsatz ist es jedoch möglich, bei Entscheidungen über die Nutzung oder Umnutzung von Gebäuden und Räumen einen für die Optimierung der Gebäudenutzung erforderlichen hohen Informationsstand zu erreichen. Neben den Fragen der Nutzung bzw. Umnutzung von Gebäuden und Räumen geht es aber auch um den wirtschaftlichen Gebäudebetrieb im Sinne der Betriebskosten und Instandsetzungskosten nach DIN 18 960:2008-02, Nutzungskosten im Hochbau. Hierzu gehören eine energiesparende Beheizung und Beleuchtung von Gebäuden, eine umweltverträgliche und kostengünstige Abfallentsorgung, eine Optimierung der Instandsetzungskosten durch vorbeugende Instandhaltung u. v. m.
17.2 Bauübergabe und Inbetriebnahme
475
Als Grundlage eines umfassenden Objektmanagements dient eine den Lebenszyklus begleitende Erfassung und Bereithaltung aller Objektinformationen. Mittels Computerunterstützung ist es möglich, die Objektinformationen laufend zu aktualisieren und abrufbereit zu halten. Dadurch kann eine zusammenhängende Verantwortung über den gesamten Entstehungs- und Nutzungsprozess eines Gebäudes erlangt werden.
17.2
Bauübergabe und Inbetriebnahme
Mit zunehmendem Baufortschritt wird immer mehr Kapital in dem Bauwerk gebunden, das zu einer immer höheren – kalkulatorischen oder tatsächlichen – Zinsbelastung führt. Erst nach der Inbetriebnahme stehen diesen Zinsen Einnahmen oder Ausgabenminderungen (z. B. Wegfall der bisherigen Miete) aus der Nutzung des Gebäudes gegenüber. Aus diesem Grunde ist jeder Bauherr bemüht, diese Phase hoher Kapitalbindung ohne Nutzung durch eine frühzeitige Inbetriebnahme möglichst kurz zu halten. Dies führt häufig dazu, dass es zu einer Überlappung von Bauausführung und Gebäudenutzung kommt. Üblich ist der Bezug des Gebäudes vor Fertigstellung der Außenanlagen, aber auch in den Gebäuden sind selten alle Bauarbeiten einschließlich Mängelbeseitigung zum Abschluss gekommen. Wichtig ist eine möglichst hohe Verfügbarkeit der Medien und Energien bei Bezug eines Gebäudes. Ein sukzessives Fertigwerden von Bauteilen bzw. Geschossen kann durchaus korrespondieren mit der Anlaufphase eines neuen Betriebes. So benötigen z. B. Hotels eine Anlaufphase von oft mehr als einem Jahr bis die geplante Auslastung erreicht wird. Aus diesem Grunde braucht mit der Eröffnung des Hotels auch noch nicht die gesamte Übernachtungskapazität zur Verfügung zu stehen. Allerdings müssen die abschließenden Bauarbeiten in einer hotelverträglichen Form durchgeführt werden können. Wenn die Hotelgäste durch Lärm oder Schmutz von Bauarbeiten erheblich belästigt werden, kann durch den Imageverlust mehr verloren werden, als durch die frühzeitige Inbetriebnahme gewonnen wird. Die Inbetriebnahme und der Ein- oder Umzug – als Teil der Inbetriebnahme – bedürfen der sorgfältigen Planung. Dies gilt schon für das Einfamilienhaus, aber umso mehr für größere Betriebsgebäude. Vereinfacht wird der Umzug, wenn dieser während der Betriebsferien (z. B. Einzug in ein neues Schulgebäude während der Sommerferien) erfolgen kann. Besonders hohe Anforderungen werden gestellt, wenn bei laufendem Betrieb umgezogen werden muss. Ein Beispiel hierfür war der Umzug des Münchener Flughafens von Riem nach Erding, der in den entscheidenden Bereichen binnen einer Nacht erfolgte. Dieser erfolgreiche Umzug war nur mit einer generalstabsmäßigen Inbetriebnahmeplanung möglich. Aufbauend auf dem Bau- und Nutzungskonzept des neuen Flughafens ergaben sich für jede Funktion folgende Inbetriebnahmeaktivitäten: -
Anpassung der bisherigen Betriebsanweisung
-
Beschaffung von zusätzlichem Gerät
-
Beschaffung von zusätzlichem Personal
-
Schulung des zusätzlichen Personals
476 -
Qualifizierung des vorhandenen Personals
-
Funktionsproben (Technische Inbetriebnahme)
-
Abnahmen
-
Umzug aus vorhandenen Bereichen
-
Einweisung des Personals
17 Baunutzung
- Betriebsaufnahme. (nach Kerski, M.P. und Howanietz, R. 1993, S. 278) Bei großen Gebäuden bzw. Betrieben kommt es vielfach zu einer stufenweisen Inbetriebnahme. Dies gilt auch für Gebäude mit mehreren oder vielen voneinander unabhängigen Einzelnutzern (Eigentümer und Mieter von Wohnungen und Büros u. a.). Allein aus Platzgründen (Parkplätze vor dem Hauseingang, Aufzugskapazität) verbietet sich ein gleichzeitiger Einzug mehrerer Parteien. Hier bedarf es einer terminlichen Abstimmung. Zusätzlich erschwert wird die Inbetriebnahme bei einem größeren, arbeitsteilig organisierten Betrieb, wenn dieser nahezu unterbrechungsfrei weiterlaufen muss. Ein besonders anspruchsvolles Beispiel hierfür war die Inbetriebnahme des Klinikums der RheinischWestfälischen Technischen Hochschule in Aachen. Erschwerend kam dabei die Umstellung von einem weitgehend dezentral organisierten Krankenhaus (Einzelkliniken) zu einem zentral organisierten Großklinikum hinzu. Hier war eine detaillierte Inbetriebnahmeplanung erforderlich, die zu jedem Zeitpunkt des sich über Monate erstreckenden Umzuges die Funktionsfähigkeit aller Teilbereiche gewährleisten musste. In der Übergangsphase zwischen Ausführung und Nutzung können besondere Aufgaben anfallen, für die organisatorische und vertragliche Regelungen vorgesehen werden müssen. Hierfür sind im Folgenden einige Beispiele genannt: Häufig ist ein Probebetrieb einzelner Anlagen und Bereiche erforderlich. So werden z. B. in einem Rechenzentrum Hard- und Software vor der eigentlichen Betriebsaufnahme getestet. Bei Hotels beginnt oft mehrere Wochen vor der Eröffnung der Probebetrieb im Gastronomiebereich, in der Verwaltung und beim Room-Service. Mitarbeiter, Geschäftsfreunde und ausgewählte Gäste wohnen dann schon in dem Hotel und lassen sich dort verpflegen. So hat das meist neu zusammengestellte Personal ausreichend Zeit, um sich einzuarbeiten und sich aufeinander abzustimmen. Für den Probebetrieb und um die Funktionsfähigkeit durch Stillstand nicht zu beeinträchtigen, werden auch einzelne Technische Anlagen wie insbesondere die Heizung des Gebäudes vorzeitig in Betrieb genommen. Bei größeren Gebäuden ist es deshalb erforderlich, dass nach Abschluss eines Betreibervertrages das Unternehmen, welches die Anlage eingebaut hat, entsprechendes Fachpersonal zur Verfügung stellt. Die notwendige Energie (Strom, Gas, Heizöl u. a.) wird in der Regel der Bauherr oder der spätere Betreiber zur Verfügung stellen. Stillstandverträge sind dann abzuschließen, wenn z. B. Rolltreppen, Aufzüge oder Brandschutzrolltore eingebaut und abgenommen worden sind, jedoch bis zur Inbetriebnahme gewartet werden müssen (Wartung von Antrieben und mechanischen Teilen). Der Auftragnehmer überprüft hierbei in regelmäßigen Abständen die Anlage und führt Probeläufe durch.
17.2 Bauübergabe und Inbetriebnahme
477
Zwar sollten Stillstandzeiten von Anlagen im Rahmen der Terminplanung von vornherein vermieden werden, z. B. durch entsprechende Ausführungs- und Vertragszeiten. Ist aber dennoch eine Stillstandwartung nicht zu umgehen, so kommt für diese Leistungen wegen der Fachkenntnis und auch wegen der notwendigerweise einheitlichen Mängelhaftung nur der Auftragnehmer in Frage, der die Leistungen eingebaut hat. Für Anlagen, die für den (Probe-)Betrieb und die Sicherheit von Gebäuden eine besondere Bedeutung haben, können Störbeseitigungsverträge notwendig werden. So ist z. B. bei einem Ausfall der raumlufttechnischen Anlagen zu gewährleisten, dass kurzfristig eine Störbeseitigung erfolgt. Es sind hierfür Zuständigkeit und Abrufbereitschaft zu klären. Wartungs- und Instandhaltungsverträge sind zwar grundsätzlich für den regulären Betrieb ab dem vollumfänglichen Nutzungsbeginn abzuschließen, sollten aber erforderlichenfalls für den Zeitraum des Probebetriebes vorgezogen oder erweitert werden. Die Frage, ob für die Zeit zwischen der Fertigstellung einzelner Leistungen bzw. deren Abnahmen und dem Beginn der Nutzung bzw. der Inbetriebnahme des Gebäudes Wartungs-, Betreiber- und Störbeseitigungsverträge abgeschlossen werden sollten, ist für folgende Technische Anlagen zu prüfen: -
Heizungsanlagen (Brenner und Wasseraufbereitung)
-
Aufzugs- und Förderanlagen
-
Brandmeldeanlagen
-
Sprinkleranlagen
-
Raumlufttechnische Anlagen (Geräte, Kälteanlagen, Feuerschutzklappen)
-
Sanitäranlagen (Wasseraufbereitung für Enthärtung, Druckerhöhungsanlagen für Kaltwasserversorgung und Löschwasser)
-
Müllentsorgungseinrichtungen
-
Stromversorgung (Notstromaggregat)
-
Telekommunikationsanlagen
-
Schließ- und Überwachungsanlagen (einschließlich Schlüsseldienst und Erteilung von Zutrittsberechtigungen)
-
Mess-, Steuer- und Regelungstechnik/Zentrale Leittechnik (Signalisierung)
-
Versorgungsanlagen für medizinische Gase (Verdichter- und Vakuumanlagen, Sauerstoffund Lachgaszentralen).
Abzustimmen sind die oben genannten Verträge auch auf die notwendigen Reinigungsarbeiten (Baufeinreinigung und die spätere Gebäudereinigung). Verunreinigungen im Gebäude dürfen nicht zu einer Beeinträchtigung der Funktionsfähigkeit von Anlagen kurz vor oder während der Inbetriebnahme führen. Zur Preisfindung notwendiger Leistungen sollen die Vertragsbedingungen von Wartungs-, Betreiber- und Störbeseitigungsverträgen bereits mit der Ausschreibung der Hauptleistungen abgefragt und gewertet werden.
478
17 Baunutzung
Bei größeren und komplexen Neubauten von Betrieben kann die Beauftragung eines Inbetriebnahmefachmannes zweckmäßig sein, denn oft ist eine Betriebsunterbrechung von nur wenigen Tagen teurer als das Honorar für diesen Fachmann.
17.3
Objektbetreuung
Die Leistungsphase 9. Objektbetreuung und Dokumentation kommt erstmals in der HOAI vor. Sie hatte in der bis 1976 gültigen Gebührenordnung für Architekten (GOA) keine Entsprechung. Folgende (Grund-)Leistungen sind hierfür in der HOAI aufgeführt: -
Objektbegehung zur Mängelfeststellung vor Ablauf der Verjährungsfristen der Ansprüche auf Beseitigung der Mängel gegenüber den ausführenden Unternehmen;
-
Überwachung der Beseitigung von Mängeln, die innerhalb der Verjährungsfristen der Gewährleistungsansprüche, längstens jedoch bis zum Ablauf von 5 Jahren seit Abnahme der Bauleistungen auftreten;
-
Mitwirken bei der Freigabe von Sicherheitsleistungen;
-
Systematische Zusammenstellung der zeichnerischen Darstellung und rechnerischen Ergebnisse des Objektes.
Der mit der Leistungsphase 9 beauftragte Architekt ist also verpflichtet, rechtzeitig vor Ablauf der Verjährungsfristen (nach VOB/B § 13, Abs. 4 bzw. BGB § 634a) eine Objektbegehung vorzunehmen, um ggf. zwischenzeitlich eingetretene Mängel festzustellen und den betreffenden Unternehmer zur Mängelbeseitigung aufzufordern. Die Beseitigung dieser Mängel hat der Architekt dann ebenfalls zu überwachen. Aus Sicht des Architekten ist bei vollständiger Beauftragung des Leistungsbildes Objektplanung in Erwägung zu ziehen, ob die Leistungsphasen 1 - 8 einerseits und die Leistungsphase 9 andererseits im Hinblick auf die Fälligkeit der Honorarzahlungen vertraglich getrennt werden sollen. Dies wäre insofern vorteilhaft, als dann der Architekt mit der Stellung der Schlussrechnung für 97 % seiner Leistung (Leistungsphase 1 bis 8) nicht noch jahrelang warten muss. Bestehen schließlich keine Ansprüche auf die Beseitigung von Mängeln mehr, so sind die Sicherheitsleistungen der einzelnen Unternehmer freizugeben. Auch hieran hat der Architekt mitzuwirken. Für den Architekten und sein Büro ist die (Grund-)Leistung Systematische Zusammenstellung der zeichnerischen Darstellungen und rechnerischen Ergebnisse des Objektes von Wert; denn ein wirtschaftlicher Planungsbetrieb setzt voraus, dass Erfahrungen und Planungsergebnisse ausgeführter Bauvorhaben für die weiteren Planungen verwendet werden kann. Das ist nur möglich, wenn sich dieser Erfahrungsfundus im schnellen Zugriff befindet und seine Nutzung kein zeitraubendes Suchen erfordert. Dazu müssen die Unterlagen eines Bauvorhabens vollständig und systematisch geordnet, d. h. nach einem einheitlichen Ordnungsschema, zusammengestellt werden. Insofern liegt diese (Grund-)Leistung nicht nur im Interesse des Bauherrn, sondern auch des Architekten, wie überhaupt wirtschaftliches Planen und Bauen ohne einen wirtschaftlichen Planungsbetrieb kaum möglich ist.
18
Baufinanzierung
Im Gegensatz zur Investition als Mittelverwendung versteht man unter Finanzierung die Mittelbeschaffung. Die Beschaffung der erforderlichen finanziellen Mittel ist eine unabdingbare Voraussetzung für die Durchführung jeder Investition, jedes Bauvorhabens. Insbesondere der „Einmal-Bauherr“ kennt sich vielfach nicht ausreichend in Finanzierungsfragen aus. Er muss sich dann beraten lassen, gerät dabei aber häufig an Mitarbeiter von Kreditinstituten, die bei dieser Beratung immer ihr Ziel, den Vertragsabschluss, im Auge haben. Dagegen könnte er beim Architekten, dem es nach seiner Berufsordnung untersagt ist, Provisionen anzunehmen, einen unabhängigen Rat bekommen. Hierfür sieht die HOAI in der Leistungsphase 2. Vorplanung als Besondere Leistungen das Aufstellen eines Finanzierungsplanes und die Mitwirkung bei der Kreditbeschaffung vor. Grundlage der Finanzierungsplanung ist die Kostenermittlung für das Bauvorhaben, aus der sich der Kapitalbedarf ableitet. Leistungsphase nach HOAI
Kostenermittlung
Finanzierungsplanung
Grundlagenermittlung
Kostenrahmen (Klären der Aufgabenstellung)
Überschlägige Prüfung, ob Bauwunsch finanzierbar
Vorplanung
Kostenschätzung auf der Grundlage eines Planungskonzepts mit skizzenhaften, zeichnerischen Darstellungen
vorläufige Grundlage für Finanzierungsüberlegungen HOAI: Aufstellen eines Finanzierungsplanes
Entwurfsplanung
Kostenberechnung auf der Grundlage eines vollständigen Entwurfs
Grundlage für die erforderliche Finanzierung; ggf. Darlehensantrag stellen, um Konditionen zu fixieren
Mitwirken bei der Vergabe
Kostenanschlag auf der Grundlage verbindlicher Unternehmerangebote
Festschreibung der Finanzierung, spätestens jetzt Darlehensverträge abschließen
Objektüberwachung
Kostenfortschreibung und Kostenkontrolle, Kostenfeststellung
Nachfinanzierung im Falle einer Bausummenüberschreitung
Abb. 18.1:
Kostenermittlung und Finanzierungsplan
Dementsprechend muss die Finanzierungsplanung auf die schrittweise detaillierter werdende Kostenermittlung abgestimmt sein. Dieses Zusammenspiel von Kostenermittlung und Finanzierungsplanung ist in Abbildung 18.1dargestellt.
480
18 Baufinanzierung
18.1
Grundlagen der Baufinanzierung
Als Grundlage für die weitere Behandlung der Baufinanzierung sind zunächst einige Grundbegriffe zu erläutern und Formeln für die Berechnung wichtiger Größen anzugeben. Darlehen sind im Regelfall zu verzinsen und zu tilgen. Die Zinsen sind in regelmäßigen Zeitabständen (monatlich, vierteljährlich, jährlich) zu zahlen. Das gleiche trifft in den meisten Fällen für die Tilgungsleistungen zu. Es gibt aber auch Darlehensformen bei denen das Darlehen am Ende der Laufzeit auf einmal – z. B. durch eine fällige Lebensversicherung – getilgt wird (Festdarlehen). Die regelmäßig zu leistende Jahreszahlung, die Zinsen und ggf. Tilgung umfasst, wird als Annuität bezeichnet. Normalerweise werden Darlehen mit konstanter Annuität vereinbart. Dies führt – wenn die Annuität einen Tilgungsanteil enthält – zu einer progressiven Tilgung, da der Zinsanteil infolge des abnehmenden Restdarlehens von Jahr zu Jahr geringer wird (siehe Abbildung 18.2).
Zinsen (7 %)
Tilgung (1 %.; zzgl. ersparter Zinsen)
9 8
Annuität (%)
7 6 5 4 3 2 1 0 1
3
5
7
9
11
13 15
17 19
21
23 25 27
29
31 33
35
Zeit (Jahre)
Abb. 18.2:
Zins- und Tilgungsanteil bei Darlehen mit konstanter Annuität
Neben Zinsen und Tilgung verlangen Kreditinstitute fallweise eine einmalige Bearbeitungsgebühr, die sie gleich vom Nominaldarlehen einbehalten. Diesen Abzug bezeichnet man als Disagio (Abgeld). Ausgezahlt wird also der um das Disagio verminderte nominale Darlehensbetrag. Darlehen werden auch mit einem über die i. Allg. bis zu einem Prozent betragende Bearbeitungsgebühr hinausgehenden Disagio angeboten (z. B. 5 % Disagio und 95 % Auszahlung). Ein solch hohes Disagio enthält dann nicht nur die Bearbeitungsgebühr, sondern auch vorgezogene Zinsen. Dies war bis Ende 1995 vor allem für selbst nutzende Bauherren und Wohneigentumserwerber steuerlich interessant, weil sie Darlehenszinsen nicht (oder nur in beschränktem Umfang) vom zu versteuernden Einkommen absetzen konnten, das Disagio mit den darin enthaltenen vorgezogenen Zinsen jedoch auch für Selbstnutzer absetzbar war. Diese Regelung wurde aber mit der Einführung der Eigenheimzulage im Jahre 1996 zunächst durch den pauschalen Vorkostenabzug ersetzt. Seit 1. Januar 1999 ist dieser Vorkostenabzug vollständig gestrichen, so dass Selbstnutzer ein
18.1 Grundlagen der Baufinanzierung
481
Disagio steuerlich nicht mehr geltend machen können. Der Kreditnehmer muss – wenn so vereinbart – neben den laufenden Zinsen vorab einen Betrag in Höhe der Bearbeitungsgebühr bzw. des Disagios verkraften. Er muss also mehr bezahlen als den vertraglich vereinbarten Nominalzins, aus dem sich die laufenden Zinsen errechnen. Wie viel der Kreditnehmer im jährlichen Mittel tatsächlich bezahlen muss, gibt der Effektivzins an. Dies ist der interne Zinsfuß des Darlehens (siehe Abschnitt 6.2.2). Die Höhe des Effektivzinses bei einer Zinsfestschreibungsdauer von 5, 8 und 10 Jahren kann der Abbildung 18.3 entnommen werden. Vom Effektivzins ist der Realzins (siehe Abschnitt 6.2.2) zu unterscheiden, bei dem es sich um den inflationsbereinigten Nominalzins handelt. Die Darlehenslaufzeit (bei unverändertem Zinssatz) und das vielfach auch interessierende Restdarlehen während der Laufzeit können nach den in Abbildung 18.4 angegebenen Formeln ermittelt werden. Dauer *
Nominalzins (%)
95
Auszahlungskurs (%) 96 97 98
5
3,00 4,00 5,00 6,00 7,00 8,00 9,00 10,00
4,15 5,18 6,22 7,25 8,29 9,32 10,36 11,39
3,91 4,94 5,97 7,00 8,02 9,05 10,08 11,11
3,68 4,70 5,72 6,74 7,76 8,78 9,80 10,82
8
3,00 4,00 5,00 6,00 7,00 8,00 9,00 10,00
3,76 4,80 5,83 6,86 7,90 8,93 9,97 11,01
3,61 4,63 5,66 6,69 7,71 8,74 9,77 10,80
10
3,00 4,00 5,00 6,00 7,00 8,00 9,00 10,00
3,63 4,67 5,70 6,74 7,77 8,81 9,85 10,89
3,50 4,53 5,56 6,59 7,61 8,64 9,67 10,70
99
100
3,45 4,46 5,48 6,49 7,50 8,52 9,53 10,55
3,22 4,23 5,24 6,24 7,25 8,26 9,26 10,27
3,00 4,00 5,00 6,00 7,00 8,00 9,00 10,00
3,45 4,47 5,49 6,51 7,53 8,55 9,57 10,60
3,30 4,31 5,33 6,34 7,35 8,37 9,38 10,39
3,15 4,15 5,16 6,17 7,17 8,18 9,19 10,20
3,00 4,00 5,00 6,00 7,00 8,00 9,00 10,00
3,38 4,40 5,42 6,44 7,46 8,48 9,50 10,52
3,25 4,26 5,28 6,29 7,30 8,32 9,33 10,35
3,12 4,13 5,14 6,14 7,15 8,16 9,16 10,17
3,00 4,00 5,00 6,00 7,00 8,00 9,00 10,00
* Dauer der Zinsfestschreibung (in Jahren) Tilgungssatz 1 % p. a., Zahlungsweise: jährlich nachschüssig
Abb. 18.3:
Effektivzins in Abhängigkeit vom Nominalzins und Disagio
Abb. 18.4:
(ohne Zinsanpassung)
Restdarlehen RDn = D · (1 - 100t0 · ((1 + p/100m)m · n - 1) / p) Laufzeit nn = log (a/t0) / (m · log (1+p/100m))
Laufzeit nv = log (t0/a) / (m · log(1 - p/100m))
Laufzeit nn = log (a/t0) / log q
Laufzeit nv = log (a/t0) / log v Restdarlehen RDv = D · (1 - 100t0 · ((1 - p/100m)-m · n - 1) / p)
Restdarlehen RDn = D · (1 - t0 · (qn - 1) / (q - 1))
Restdarlehen RDv = D · (1 - t0 · v · (vn - 1) / (v - 1))
Nachschüssige Darlehen *)
= (Nominal-)Darlehensbetrag
= Anfangstilgung (vertraglicher Tilgungssatz als Dezimalzahl, z. B. 0,01) q = 1 + p/100
m = Unterjährlichkeitsfaktor (Anzahl der jährlichen Zahlungen)
= 1/(2 - q)
= to + p/100
t0
v
a
p = Zinssatz in %
= Laufzeit bei vorschüssiger bzw. nachschüssiger Zahlungsweise
nv, nn
RDv, RDn = Restdarlehen bei vorschüssiger bzw. nachschüssiger Tilgungsverrechnung
D
*) maßgeblich ist der Zeitpunkt der Tilgungsverrechnung, nicht der Zahlungszeitpunkt
Unterjährliche Tilgungsverrechnung
Jährliche Tilgungsverrechnung
Vorschüssige Darlehen *)
482 18 Baufinanzierung
Restdarlehen und Laufzeit von Tilgungsdarlehen mit konstanter Annuität
18.2 Eigen- und Fremdfinanzierung
18.2
483
Eigen- und Fremdfinanzierung
Die zentrale Frage der Baufinanzierung ist die nach der Beschaffung der für ein Bauvorhaben erforderlichen Mittel. Dabei ist grundsätzlich zwischen Eigenmitteln und Fremdmitteln zu unterscheiden. Selten ist ein Bauherr in der glücklichen Lage, dass er ein Bauvorhaben vollständig aus eigenen Mitteln finanzieren kann, und selbst diejenigen, die dieses könnten, ziehen es vielfach vor, Fremdmittel aufzunehmen, um einen Teil der eigenen Mittel für weitere Investitionen zur Verfügung zu haben. In den meisten Fällen übersteigt aber der für die Durchführung des Bauvorhabens erforderliche Mitteleinsatz die derzeitigen Eigenmittel des Bauherrn. Daraus resultiert die Notwendigkeit, durch die Aufnahme von Fremdmitteln die Belastung aus dem Bauvorhaben auf einen längeren Zeitraum zu verteilen. Aus Sicherheitsgründen verlangen die Fremdkapitalgeber im Regelfall einen bestimmten Eigenkapitalanteil (ca. 15 - 30 %). Nur in seltenen Fällen – z. B. bei hervorragender Bonität des Kreditnehmers – verzichten sie auf diesen Eigenkapitalanteil. Dementsprechend handelt es sich bei Baufinanzierungen im Regelfall um gemischte Eigen- und Fremdfinanzierungen und nur im Ausnahmefall um reine Eigenfinanzierungen bzw. reine Fremdfinanzierungen.
18.2.1
Eigenleistungen
Zu den Eigenleistungen gehören das vom Bauherrn eingesetzte eigene Kapital und andere Eigenleistungen, wie Arbeitsleistungen, ein vorhandenes Baugrundstück, vorhandene Baustoffe und -teile. Diese anderen Eigenleistungen werden entsprechend ihrem Verkehrswert bzw. zu Marktpreisen bewertet und aus finanzplanerischer Sicht wie Eigenkapital behandelt. Das Eigenkapital begründet einerseits einen Anspruch auf den ggf. anfallenden Gewinn im Vermietungs- bzw. Veräußerungsfalle, andererseits ist es aber auch mit der Verpflichtung zur Voraushaftung im Falle eintretender Verluste verbunden, d. h. das Bauherrenrisiko muss zuerst mit dem Eigenkapital abgedeckt werden, bevor Fremdmittel dazu herangezogen werden. Das Eigenkapital hat den Vorteil, dass es keine laufende Belastung nach sich zieht (von Kapitalgesellschaften, die um eine Dividendenzahlung bemüht sein müssen, abgesehen). Durch erhöhten Eigenkapitaleinsatz kann also die laufende Belastung aus der Baufinanzierung gesenkt werden. Der Ausweitung des finanziellen Eigenmitteleinsatzes ist insbesondere bei den EigenheimBauherren meistens eine enge Grenze gesetzt. Um dennoch zu einer weiteren Senkung des Fremdkapitaleinsatzes zu gelangen, können Eigenleistungen als Arbeitsleistungen im Rahmen der Selbsthilfe und Gruppen-Selbsthilfe eingebracht werden. Architekten, die ihr eigenes Wohnhaus oder Bürogebäude planen, werden selbstverständlich die Planung dieses Gebäudes als Eigenleistung einbringen. Dabei wird diese Art der Selbsthilfe keinen erheblichen Eingriff in das Privatleben des Architekten darstellen. Anders kann es aber sein, wenn ein nicht baufachlich ausgebildeter Arbeitnehmer versucht, durch manuelle Selbsthilfe zu einer erheblichen Aufstockung des Eigenkapitalanteils zu gelangen. Dies mag folgende Überlegung verdeutlichen:
484
Abb. 18.5:
18 Baufinanzierung
Übersicht über den möglichen Umfang der Selbsthilfe
(Glücklich, D. 1985, S. 95)
18.2 Eigen- und Fremdfinanzierung
485
Um bei einem Objekt mit einem Gesamtkapitalbedarf von 250.000 € eine Eigenkapitalerhöhung um 10 % zu erreichen, müssen Eigenleistungen mit einem Marktwert von 25.000 € erbracht werden. Nimmt man an, dass der Bauherr pro Stunde einen Marktwert von 12,50 € im Mittel schaffen kann, was für jemanden ohne Fachkenntnisse schon sehr viel ist, so muss er insgesamt 2.000 Stunden einbringen. Dies ist mehr als die normale Jahresarbeitsleistung eines Arbeitnehmers (unter 1.800 Stunden bei einer 40 Stunden-Woche). Überlegt man sich weiter, wie diese 2.000 Stunden binnen 2 Jahren unter Ausnutzung von Feierabenden, Feiertagen, Wochenenden und Urlaub und unter Berücksichtigung von Schlechtwetter und durchschnittlicher Krankheitsanfälligkeit zusammenkommen können, so wird deutlich, dass ein solcher Selbsthilfeanteil mit einer gewaltigen Umstellung des Privatlebens während der gesamten Bauzeit verbunden sein muss. Neben dieser rein quantitativen Überlegung sind dem Selbsthilfeeinsatz natürlich auch qualitative Grenzen gesetzt. Peters gibt an, dass die Einsparungsmöglichkeit durch Selbsthilfe für Laien mit besonderen Fachkenntnissen
ca. 45 %
für Laien mit geringen Fachkenntnissen im gemeinsamen Einsatz mit Fachkräften der Selbsthilfe
ca. 35 %
für Laien als Hilfskraft mit untergeordneten Arbeiten
ca. 5 %
der Baukosten betragen (Peters, H. 1984, S. 15). Diese Werte scheinen etwas hoch gegriffen zu sein. Realistischer dürften die in Abbildung 18.5 angegebenen Werte sein, die die Grenzen der Selbsthilfe ohne Anleitung bei ca. 10 % und mit Anleitung bei ca. 20 % der Baukosten sehen.
18.2.2
Fremdkapital
Unter Fremdkapital versteht man bei der Baufinanzierung die Mittel, die der Bauherr von Außenstehenden aufnimmt, um die aus dem Bauvorhaben resultierenden Forderungen begleichen zu können. Dabei muss sich der Bauherr im Regelfall zur Verzinsung und Tilgung des Darlehens verpflichten. Insbesondere die institutionellen Gläubiger machen die Darlehensgewährung davon abhängig, dass der Darlehensnehmer mit hoher Sicherheit diese Verpflichtung erfüllen wird. Hierbei spielt zum einen die Bonität des Bauherrn eine Rolle, d. h. die Frage, ob aufgrund seiner bisherigen Finanzgebarung sowie aufgrund seiner derzeitigen und zukünftig zu erwartenden Einkünfte damit zu rechnen ist, dass er den aus der Baufinanzierung resultierenden Kapitaldienst leisten kann und wird. Zum anderen gehört dazu die Eintragung eines entsprechenden Grundpfandrechtes im Grundbuch. Dadurch wird eine dingliche Sicherheit begründet, die nicht an die Person des Bauherrn gebunden ist. Auch wenn der Bauherr das Grundstück veräußert, bleibt dieses mit dem Grundpfandrecht belastet und als dingliche Sicherheit des Darlehensgebers erhalten. Kommt der Grundstückseigentümer den Verpflichtungen aus dem Darlehensvertrag nicht nach, so kann der Gläubiger bei Vorliegen bestimmter Voraussetzungen das Grundstück versteigern lassen und seine Forderungen aus dem Versteigerungserlös – sofern dieser hoch genug ist – befriedigen.
486
18 Baufinanzierung
Reicht der Versteigerungserlös nicht aus, um alle Forderungen zu befriedigen, so erfolgt die Verteilung des Erlöses nicht anteilig auf alle Gläubiger, sondern in der Rangfolge der Eintragungen im Grundbuch. Danach wird zunächst das erststellige Pfandrecht befriedigt und erst nach dessen vollständiger Befriedigung wird das nachfolgend abgesicherte Darlehen bedient. Bei den Fremdmitteln sind grundsätzlich Privatdarlehen und solche von Kreditinstituten zu unterscheiden. Bei den Privatdarlehen, die aus dem Verwandten-, Freundes- und Bekanntenkreis stammen, werden die Zins- und Rückzahlungsbedingungen individuell vereinbart. Arbeitgeberdarlehen werden häufig zins- und tilgungsfrei gewährt und gelten nach einer festgelegten Anzahl weiterer Jahre der Betriebszugehörigkeit des Schuldners als getilgt. Die Darlehen der Kreditinstitute lassen sich prinzipiell nach der Refinanzierungsart unterscheiden, d. h. nach der Frage, wie die Kreditinstitute selbst die finanziellen Mittel für die Darlehen beschaffen. Dabei gibt es sogenannte offene und geschlossene Systeme. Bei den offenen Systemen kommt es nur in Einzelfällen und keineswegs zwingend vor, dass ein Darlehensnehmer vorher als Refinanzierer aufgetreten ist. So kann es gelegentlich zutreffen, ist aber keineswegs der Regelfall, dass ein Erwerber von Pfandbriefen anschließend bei dem die Pfandbriefe herausgebenden Kreditinstitut ein Hypothekendarlehen aufnimmt. Bei den Hypothekenbanken ist daher die Masse der Darlehensnehmer nicht identisch mit der Masse der Refinanzierer, also der Pfandbrieferwerber. Anders ist es bei den geschlossenen Systemen, wie z. B. beim Bausparen. Hierbei handelt es sich um ein Kollektivsparen, bei dem erst durch das Ansparen ein Darlehensanspruch erworben werden muss, d. h. die Bausparer müssen erst für eine bestimmte Zeit Refinanzierungsmittel zur Verfügung stellen, bevor sie in den Genuss des Bauspardarlehens kommen. Erststellige Tilgungsdarlehen mit konstanter Annuität (Hypothekendarlehen)
Wenn von Hypothekendarlehen gesprochen wird, sind meist erststellige Tilgungsdarlehen mit konstanter Annuität gemeint und zwar auch dann, wenn sie nicht durch eine Hypothek, sondern durch eine Grundschuld gesichert sind. Ausschlaggebend für die hier vorgenommene Zuordnung ist die grundbuchliche Sicherung im ersten Rang und die Begrenzung auf 50 % des Beleihungswertes (80 % mit zusätzlicher Bürgschaft), was auch bei langen Darlehenslaufzeiten (ca. 30 Jahre) noch eine ausreichende Sicherheit bietet. Mit Tilgungsdarlehen ist gemeint, dass das Darlehen in regelmäßigen Monats-, Quartalsoder Jahreszahlungen getilgt wird. Dabei hat es sich eingebürgert, gleichbleibende Zahlungen über die gesamte Laufzeit, also konstante Annuitäten zu vereinbaren. Die Annuität wird ermittelt aus dem Nominalzinssatz und dem Anfangstilgungssatz. Dieser Anfangstilgungssatz beträgt meistens 1 % p. a. des Darlehens, was sehr niedrig ist und sich günstig auf die laufende Belastung auswirkt. Bei einem niedrigen Zinsniveau von unter 5 % p. a. empfiehlt sich eine Erhöhung der Anfangstilgung auf 2 % p. a., um allzu lange Kreditlaufzeiten zu vermeiden. Die erststelligen Tilgungsdarlehen mit konstanter Annuität sind die am weitesten verbreiteten Baufinanzierungsdarlehen von Geschäftsbanken. In Verbindung mit der ca. 30- bis 40jährigen Tilgungsdauer ergibt sich eine sehr niedrige jährliche Belastung, was dieses Darlehen zu einem vielfach verwendeten Finanzierungsbaustein macht.
18.2 Eigen- und Fremdfinanzierung
487
In der Betriebsfinanzierung gibt es den Grundsatz der Fristenkongruenz, der besagt, dass man finanzielle Mittel nicht langfristiger aufnehmen soll, als die Mittel in der entsprechenden Anlage gebunden sind. Übertragen auf das Bankengeschäft heißt das, man soll Kredite nicht länger gewähren bzw. die Kreditkonditionen nicht länger festschreiben, als man die Refinanzierungsmittel aufnehmen kann. Oder anders ausgedrückt: Wenn Pfandbriefe nur mit einer Laufzeit bis zu 10 Jahren vom Markt akzeptiert werden, dann darf man diese Mittel nicht für Darlehen mit einer Zinsfestschreibungsdauer von über 10 Jahren verwenden. Denn nach 10 Jahren müssen die Pfandbriefe zurückgezahlt werden, und wenn dann die Darlehen noch nicht (voll) zurückgezahlt sind, wird eine Anschlussfinanzierung benötigt, die teurer sein könnte, als die vor 10 Jahren vereinbarten Darlehenskonditionen. Aus diesem Grunde bekommt man nur ausnahmsweise bzw. nur zu erhöhtem Zinssatz erststelligen Darlehen mit einer Anfangstilgung von 1 % p. a. zu festen Konditionen über die gesamte Laufzeit. Vielmehr werden variable Zinsen oder feste Zinsen für einen begrenzten Zeitraum vereinbart. Die ggf. fälligen Zinsanpassungen machen – wenn überhaupt – nur wenige Prozentpunkte aus, aber diese wenigen Prozente können einen knapp kalkulierenden Bauherrn in erhebliche Schwierigkeiten bringen, denn bei einem Darlehen von z. B. 120.000 € führt eine Zinserhöhung von 2 % zu einer monatlichen Mehrbelastung von 200 €. Bei niedrigem Zinsniveau (das in absehbarer Zeit eine Zinserhöhung erwarten lässt) empfiehlt sich eine möglichst lange Zinsfestschreibung (z. B. 10 Jahre). Das nach 10 Jahren erheblich verminderte Restdarlehen und der dadurch entsprechend erhöhte Tilgungsanteil gibt dem Darlehensgeber dann einen gewissen Spielraum, um eine eventuelle Zinserhöhung innerhalb der vereinbarten Annuität aufzufangen (natürlich mit der Folge einer Verlängerung der Darlehenslaufzeit). Besondere Beachtung sollte in diesem Zusammenhang auch die Kombination von (hohem) Disagio und (kurzer) Zinsfestschreibungsdauer finden. Wie in Abschnitt 18.1 ausgeführt wurde, beinhaltet ein hohes Disagio vorgezogene Zinsen, die zu einer Ermäßigung des Nominalzinses führen. Während der Effektivzins in etwa dem Kapitalmarktniveau entspricht, liegt der Nominalzins infolge des Disagios unter dem Kapitalmarktzins. Diese Ermäßigung des Nominalzinses ist umso größer, je höher das Disagio und je kürzer die Zinsfestschreibungsdauer ist. Nach Ablauf der Zinsfestschreibungsdauer wird das Kreditinstitut den Zinssatz auf das Kapitalmarktniveau anheben, denn die Zins senkende Wirkung des Disagios, die während der Zinsfestschreibungsdauer gegeben war, entfällt. Auch ohne Zinsbewegungen am Kapitalmarkt muss der Bauherr damit rechnen, dass der Zinssatz von dem ursprünglichen Nominalzinssatz auf die Höhe des anfänglichen Effektivzinses angehoben wird. Festdarlehen
Im Unterschied zum Tilgungsdarlehen wird das Festdarlehen nicht laufend, sondern endfällig, d. h. auf einen Schlag am Ende der Darlehenslaufzeit getilgt. Da es sich dabei um hohe Beträge handelt, verlässt sich der Darlehensgeber nicht auf die Zusage, dass der Darlehensnehmer „irgendwie“ das Geld am Fälligkeitstage zusammenbringt. Vielmehr verlangt er, dass dieser Tilgungsbetrag planmäßig angespart wird, z. B. durch eine Lebensversicherung auf den Todes- und Erlebensfall, die bei Fälligkeit das Darlehen in einem Zuge tilgt.
488
18 Baufinanzierung
Um Festdarlehen handelt es sich auch bei den so genannten Bankvorausdarlehen, durch die z. B. Bausparverträge vorfinanziert werden. Die Eigenart des Festdarlehens bringt es mit sich, dass als laufende Belastung nur Zinsen (aber keine Tilgung) anfallen. Für die Vergleichbarkeit mit anderen Darlehensformen unter dem Aspekt der laufenden Belastung ist es erforderlich, die Belastung aus dem ergänzenden Vertrag (Lebensversicherungsprämie, Bausparbeitrag) hinzuzuzählen. Je nach Vertragsgestaltung ist die laufende Belastung ähnlich hoch oder wesentlich höher als bei erststelligen Tilgungsdarlehen. Kann der Bauherr die Lebensversicherungsprämie zur Hälfte (oder bei alten Verträgen sogar vollständig) von dem zu versteuernden Einkommen absetzen, so kann das Festdarlehen zu einer niedrigeren Belastung (nach Steuern) führen als das Tilgungsdarlehen. Bauspardarlehen
Wie oben schon gesagt, handelt es sich beim Bausparen um ein geschlossenes System. Ein Bauspardarlehen kann nur erhalten, wer vorher in entsprechendem Umfang Sparbeiträge auf dem Bausparkonto angelegt hat (oder den Darlehensanspruch von einem anderen Bausparer erworben hat). Das Bauspargeld stammt von dem Bausparkollektiv und kann in diesem geschlossenen System (weitgehend) unabhängig vom Kapitalmarkt geliehen und verliehen werden. Allerdings sind natürlich der Haben- und der Soll-Zinssatz aneinander gekoppelt, wobei der Soll-Zinssatz zur Abdeckung der Verwaltungskosten höher sein muss als der Haben-Zinssatz. So wurden in den letzten Jahrzehnten 4,5 oder 5,0 % p. a. Sollzinsen verlangt und 2,5 bzw. 3,0 % p. a. Habenzinsen gewährt. Da diese Sollzinsen in der derzeitigen Niedrigzinsphase dem Image des zinsgünstigen Bauspardarlehens widersprechen, haben die Bausparkassen darauf mit günstigeren Sollzinsen und ungünstigeren Habenzinsen reagiert. Infolge dieser Kopplung von Soll- und Haben-Zinssätzen werden die Zinssätze für die gesamte Vertragsdauer fest zugesagt. Damit das Bausparsystem im Gleichgewicht bleibt, muss auch eine bestimmte Abhängigkeit zwischen Spardauer und Darlehenslaufzeit gegeben sein. Lange Darlehenslaufzeiten sind natürlich nur bei langen Ansparzeiten möglich. Da aber lange Ansparzeiten für potentielle Bauherren unattraktiv sind, muss auch die Darlehenslaufzeit entsprechend begrenzt sein. Will man die durchschnittliche Dauer bis zur Darlehenszuteilung beim Regelsparen (Ansparen von monatlich 0,4 % der Bausparsumme) auf ca. 8 Jahre begrenzen, so kann auch die anschließende Darlehenslaufzeit nicht 15 oder 20 Jahre betragen, sondern muss auf ca. 10 bis 11 Jahre limitiert werden. Infolge dieser vergleichsweise kurzen Darlehenslaufzeit und des entsprechend geringeren Risikos begnügen sich die Bausparkassen mit der Eintragung ihres Grundpfandrechtes im zweiten Rang. Voraussetzung für eine kurze Darlehenslaufzeit ist natürlich eine hohe Tilgungsrate von anfangs mindestens 7 % p. a. der Darlehenssumme. Zusammen mit einem Soll-Zinssatz von 5 % p. a. macht das eine Annuität von mindestens 12 % p. a. der Darlehenssumme aus. Gelingt es einem Bauherrn, das maximal mögliche Bauspardarlehen in Höhe von 60 % der Bausparsumme (40 % müssen i. Allg. mindestens angespart sein) zu erreichen, so macht die Darlehensannuität bezogen auf die Bausparsumme (100 %) 7,2 % p. a. oder 0,6 % monatlich
18.2 Eigen- und Fremdfinanzierung
489
aus. Der vertraglich festgelegte Kapitaldienst von i. Allg. monatlich 0,6 % der Bausparsumme ergibt dann eine Annuität von mindestens 12 % p. a. bezogen auf das Bauspardarlehen (ca. 60 % der Bausparsumme). Daher führen Bauspardarlehen zu einer relativ hohen laufenden Belastung – natürlich verbunden mit dem Vorteil der schnellen Tilgung. Eine Baufinanzierung ausschließlich mit Bausparverträgen scheitert daher regelmäßig an folgendem Sachverhalt: -
die Zuteilungsvoraussetzung von 40 % Sparguthaben führt zu einem ziemlich hohen Eigenkapitalanteil von mindestens 40 %
-
die hohe Annuität bedingt eine insgesamt hohe laufende Belastung.
Diesen Nachteilen des Bausparens sind die Bausparkassen in den letzten Jahrzehnten durch eine Anpassung ihrer Angebotspalette begegnet und bieten Finanzierungskombinationen an, die auch hinsichtlich der laufenden Belastung mit den erststelligen Tilgungsdarlehen vergleichbar sind. Im Übrigen hat sich in den letzten Jahrzehnten eine Kooperation zwischen den verschiedenartigen Kreditinstituten durchgesetzt, die dem Bauherrn eine „Finanzierung aus einer Hand“ bietet, gleichgültig ob er sich an eine Geschäftsbank, eine Bausparkasse oder eine Versicherungsgesellschaft wendet. Öffentliche Baudarlehen
In der Wiederaufbauphase nach dem 2. Weltkrieg war der Wohnungsbau eine der wichtigsten sozialpolitischen Aufgaben in Deutschland. Dabei wurde in Westdeutschland darauf verzichtet, staatlichen Wohnungsbau im eigentlichen Sinne zu betreiben, d. h. die öffentliche Hand ist nicht als konkurrierender Anbieter auf dem freien Wohnungsmarkt aufgetreten. Lediglich durch Gemeinden getragene (gemeinnützige) Wohnungsunternehmen engagierten sich bei der Bereitstellung von Wohnraum für besondere Bedarfsgruppen (Heuer, J. 1991, S. 28 f.). Im Übrigen beschränkte sich der Staat darauf, durch entsprechende Fördermaßnahmen Wohnungsneubau zu induzieren. Und zwar wurde der Wohnungsbau öffentlich gefördert – als sozialer Mietwohnungsbau und als Eigentumsprogramm. Auch heute noch gehört der Wohnungsbau zu den wichtigsten sozialpolitischen Aufgaben und bedarf deswegen der öffentlichen Förderung. Als Beispiel für die öffentliche Förderung der Bundesländer werden im Folgenden die sächsischen Förderprogramme wie auch Förderprogramme der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) vorgestellt. Dabei werden einzelne Fördermöglichkeiten und Bedingungen ohne Anspruch auf Vollständigkeit dargestellt. Weitere Informationen enthalten die bei der Sächsischen Aufbaubank und der KfW-Bank erhältlichen Merkblätter. Folgende Ziele werden mit der öffentlichen Förderung von Baumaßnahmen in Sachsen verfolgt: - Klimaschutz - Energieeinsparung - verstärkte Nutzung erneuerbarer Energien - Schaffung selbst genutzten Wohneigentums
490 -
18 Baufinanzierung Sanierung und Modernisierung von Wohneigentum Stärkung der Innenstädte durch Schließung von Baulücken Reduzierung von Barrieren in Wohnimmobilien Anpassung von innerstädtischem Wohnraum an generationsübergreifende Wohnformen.
Im Wesentlichen sind für 2012 folgende Förderprogramme zu nennen: (1) Energie und Klimaschutz – Wohnraum-Lüftungsanlagen mit hocheffizienter Wärmerückgewinnung (2) KfW: Energieeffizient Bauen (3) KfW: Erneuerbare Energien (4) KfW: Energieeffizient Sanieren (5) KfW-Wohneigentumsprogramm mit zusätzlicher SAB-Förderung (6) Wohneigentum (Innerstädtisch Wohnen) (7) Energetische Sanierung (Energiespardarlehen) (8) Mehrgenerationenwohnen (9) Altersgerecht Umbauen Gefördert werden im Wesentlichen Privatpersonen, die durch Bau oder Erwerb selbst genutztes Wohneigentum schaffen (5) Eigentümer von Wohnraum oder Bauherren, die eine Immobilie kaufen und sanieren (4, 6) oder umbauen (8, 9) wollen Antragsteller, die ein KfW-Effizienzhaus errichten oder erwerben wollen (2) Träger von Investitionsmaßnahmen (Wohnraumentlüftungsanlage mit hocheffizienter Wärmerückgewinnungsanlage (1), Photovoltaikanlage (3) u. a. (7)). Die Förderungen bestehen aus Zuwendungen oder zinsgünstigen Darlehen. So werden z. B. Wohnraum-Lüftungsanlagen mit hocheffizienter Wärmerückgewinnung bezuschusst: „Die Förderung beträgt für Erstinstallationen von Lüftungsanlagen mit Luftkanalverteilnetz 25 Euro pro m² be- und entlüfteter Wohnraumfläche in Wohngebäuden. Für die anderen Fördertatbestände beträgt die Förderung 25 Euro pro m² be- und entlüfteter Wohnraumfläche in Wohngebäuden, maximal jedoch 75 Prozent der zuwendungsfähigen Kosten.“ (www.sab.sachsen.de/de/p_immobilien/) Die Soll- und Effektivzinsen variieren in Abhängigkeit von der Laufzeit in Verbindung mit der Anzahl der tilgungsfreien Anlaufjahre und der Dauer der Zinsbindung. Für die Kombination 20 Jahre Laufzeit / 3 tilgungsfreie Anlaufjahre / 10-jährige Zinsbindung galten im Februar 2012 folgende Soll-Zinssätze (Effektivzinssätze): KfW: Energieeffizient Sanieren
1,25 % (1,26 %) p. a.
KfW: Altersgerecht Umbauen
2,30 % (2,32 %) p. a.
KfW: Energieeffizient Bauen
2,50 % (2,53 %) p. a.
KfW-Wohneigentumsprogramm
3,20 % (3,25 %) p. a.
18.3 Steuervorteile, Lastenzuschüsse und Sparförderung
491
Aufgrund der dargestellten Zinsverbilligung bei öffentlichen Darlehen sind diese insbesondere im Hinblick auf die belastungsmindernde Wirkung in den tilgungsfreien Anlaufjahren vielfach den Kapitalmarktdarlehen vorzuziehen. Jeder Bauherr sollte daher sorgfältig prüfen, ob er zu dem Kreise der Berechtigten zählt, und ggf. öffentliche Darlehen in die Finanzierung einbeziehen. Einschlägige Informationen und Merkblätter sind bei der Sächsischen Aufbaubank, der Kreditanstalt für Wiederaufbau oder den entsprechenden Institutionen der einzelnen Bundesländer erhältlich.
18.3
Steuervorteile, Lastenzuschüsse und Sparförderung
Die öffentliche Förderung des Wohnungsbaus erfolgt außer durch vergünstigte Darlehen auch durch die Gewährung von Einkommensteuervorteilen, Lastenzuschüssen und Sparzulagen bzw. -prämien.
18.3.1
Steuervorteile
Die Förderung über die Einkommensteuer erfolgt derart, dass ein bestimmter Betrag vom zu versteuernden Einkommen des Bauherrn abgesetzt und dadurch die zu entrichtende Einkommensteuer gemindert werden kann. Um wieviel die Einkommensteuer gemindert werden kann, hängt von dem Steuertarif ab, der zunächst das Existenzminimum (8.004 € bei Ledigen bzw. 16.007 € bei Verheirateten) von der Besteuerung freistellt und dann eine Progressionszone mit einem von 15 % auf 42 % steigenden Grenzsteuersatz aufweist. Der Steuersatz von 42 % wird bei 52.882 € bzw. 105.764 € erreicht und geht dann über in die zweistufige Proportionalzone (42 % bis 250.730 € bzw. 501.460 € und 45 % darüber). (siehe Abbildung 18.6). Zurzeit (2012) erhöhen sich die abzuführende Steuer und damit umgekehrt auch ein Steuervorteil noch um den Solidaritätszuschlag in Höhe von 5,5 % der zu entrichtenden Einkommensteuer. Bei Kirchenangehörigen kommt außerdem die (Ersparnis der) Kirchensteuer (8 bzw. 9 % der Einkommensteuer, nach Bundesländern verschieden) hinzu. Wichtig für die Finanzierungsüberlegungen des Bauherrn ist die Höhe des Steuervorteils. Liegt das zu versteuernde Einkommen des Bauherrn auch nach Durchführung der Baumaßnahme und Wahrnehmung der Absetzungsmöglichkeit in der Proportionalzone (über 52.152 € bzw. 104.304 €), so beträgt der Steuervorteil 42 % bzw. 45 % zuzüglich Solidaritätszuschlag und ggf. Kirchensteuer. Liegt dagegen das zu versteuernde Einkommen nach Wahrnehmung der Absetzungsmöglichkeit nicht (mehr) in der Proportionalzone, so muss man ermitteln, wie viel der Bauherr zu versteuern hat, wenn dieser die Baumaßnahme unterlässt und wenn er sie durchführt. Dabei darf man nicht das Brutto-Einkommen zugrunde legen, sondern man muss zunächst alle ohnehin möglichen Abzüge wie die Vorsorgeaufwendungen, Arbeitnehmer-Pauschbetrag, Werbungskosten u. a. abziehen.
492
18 Baufinanzierung 50% 45% 40%
G r e n z s te u e r s a tz
35% 30% 25% 20% 15% 10% 5% 0% 0€
50.000 €
100.000 €
150.000 €
200.000 €
250.000 €
300.000 €
zu versteuerndes Einkommen
Abb. 18.6:
Grenzsteuersatz der Einkommensteuer (Grundtabelle)
Andernfalls geht man von einem zu hohen Grenzsteuersatz aus und ermittelt einen höheren Steuervorteil, als nachher im Einkommensteuerbescheid herauskommt. Die Ermittlung des Steuervorteils infolge von Verlusten aus Vermietung und Verpachtung in Höhe von 10.000 € mag das folgende Beispiel erläutern: Lediger mit einem Brutto-Jahreseinkommen von 50.000 € im Jahre 2011: Brutto-Jahreseinkommen 50.000 € ./. Vorsorgeaufwendungen 1.334 € ./. Steuerberatungskosten 500 € ./. Unterstützung eines Bedürftigen 7.680 € ./. Arbeitnehmer-Pauschbetrag 920 € ./. Spende für gemeinnützigen Zweck 2.000 € ————————————————————— zu versteuerndes Einkommen (ohne Verluste aus Vermietung) 37.566 € ./. Verluste aus Vermietung 10.000 € ————————————————————— zu versteuerndes Einkommen (nach Abzug der Verluste aus Vermietung) 27.566 € ————————————————————— Einkommensteuerersparnis im Jahr 2011 infolge Absetzung der Verluste aus Vermietung und Verpachtung
Steuerschuld: 8.142 €
Steuerschuld: 4.871 € 3.271 €
18.3 Steuervorteile, Lastenzuschüsse und Sparförderung
493
Wäre man fälschlicherweise bei der Ermittlung des Steuervorteils für das Vermietungsobjekt von dem Brutto-Jahreseinkommen von 50.000 € (Steuerschuld: 12.847 €) ausgegangen und hätte davon die 10.000 € Verluste aus Vermietung und Verpachtung abgezogen (Restbetrag: 40.000 €; Steuerschuld: 9.007 €), so hätte man einen vermeintlichen Steuervorteil von rund 3.840 € (Einkommensteuer jeweils zuzüglich 5,5% Solidaritätszuschlag) ermittelt. Eine besondere Rolle spielte seit Jahrzehnten die steuerliche Förderung selbstgenutzten Wohneigentums – allerdings mit stark abnehmender Tendenz in den letzten Jahren. Bis 1995 war diese Förderung infolge unseres z. T. progressiven Einkommensteuertarifs progressionsabhängig, d. h. je größer das zu versteuernde Einkommen war, desto höher war – in der Progressionszone – der Spitzensteuersatz und desto höher war der Steuervorteil bei gleichem Absetzungsbetrag. 1996 wurde dann die progressionsneutrale Eigenheimzulage eingeführt und 2005 auf solche Eigenheime und Eigentumswohnungen begrenzt, die vor dem 1. Januar 2006 genehmigt bzw. erworben wurden. Diese Zulage war an Einkommensgrenzen gebunden und wurde bzw. wird – ebenso wie die früheren Steuervorteile – im Jahr des Erwerbs bzw. der Fertigstellung und in den folgenden sieben Jahren gewährt, so dass die Förderung der letzten, noch in 2005 genehmigten Objekte im Jahre 2012 ausläuft (bei verzögertem Baubeginn spätestens 2015). Die Grundförderung betrug zuletzt jährlich 1 % der Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten, höchstens jedoch 1.250 € zuzüglich einer Kinderzulage von 800 €/Kind. Unabhängig von der Einführung der Eigenheimzulage gibt es die progressionsabhängige Förderung auch heute noch über den Sonderausgabenabzug für Kosten von Baumaßnahmen an selbst genutzten Baudenkmalen und Gebäuden in Sanierungsgebieten und städtebaulichen Entwicklungsbereichen (§ 10f EstG). Hierbei können im Jahr der Herstellung und in den neun folgenden Jahren jeweils 9 % der Sanierungskosten vom zu versteuernden Einkommen abgesetzt werden. Vermietete Objekte führen zu Einkünften aus Vermietung und Verpachtung. Die dabei erzielten Einkünfte – Einnahmen abzüglich der entstandenen Werbungskosten – unterliegen der Einkommensbesteuerung. Verluste aus Vermietung und Verpachtung, die sich insbesondere bei der Anwendung der erhöhten Absetzung für Abnutzung nach EstG § 7h und 7i ergeben können, führen zu progressionsabhängigen Steuervorteilen. Im Regelfall sind vermietete Gebäude über 50 Jahre, also mit jährlich 2 % abzuschreiben. Nur wenn der Investor einen Altbau erwirbt, der vor 1925 fertig gestellt wurde, können die beim erneuten Kauf angefallenen Anschaffungskosten des Gebäudes über 40 Jahre, also mit jährlich 2,5 % abgeschrieben werden. Bei Gebäuden in förmlich festgelegten Sanierungsgebieten und städtebaulichen Entwicklungsbereichen sowie bei Baudenkmalen können von den Herstellungskosten für Modernisierungs- und Instandsetzungsmaßnahmen bzw. für den Erhalt des Baudenkmal im Jahr der Herstellung und in den folgenden 7 Jahren jeweils bis zu 9 % und in den darauffolgenden 4 Jahren jeweils bis zu 7 % abgesetzt werden (bis 2003: 10 % über 10 Jahre). Die Anschaffungskosten des Grundstücks sind grundsätzlich nicht abschreibbar.
494
18.3.2
18 Baufinanzierung
Lastenzuschüsse
Bei dem Lastenzuschuss handelt es sich um das so genannte Wohngeld, das nicht nur Mietern in Form eines Mietzuschusses, sondern auch Wohneigentümern in Form des Lastenzuschusses gewährt wird. Die Höhe des Lastenzuschusses richtet sich nach der Haushaltsgröße und nach dem Haushaltseinkommen sowie nach der Höhe der monatlichen Belastung bzw. dem in den Wohngeldtabellen festgelegten Höchstbetrag. Die monatliche Belastung ergibt sich aus den Aufwendungen für den Kapitaldienst und den Bewirtschaftungskosten des Wohneigentums. Der Lastenzuschuss beträgt z. B. bei einem Haushalt mit vier zu berücksichtigenden Mitgliedern in Dresden (Mietenstufe III) maximal 506 €/Monat. Dieser Höchstbetrag wird erreicht, sofern das monatliche Gesamteinkommen (nach Abzug der Steuern, der Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge sowie der Rentenversicherungsbeiträge) nicht mehr als 320 € und die zu berücksichtigende monatliche Belastung über 550 € beträgt. Mit steigendem Gesamteinkommen sinkt der Lastenzuschuss. Überschreitet das monatliche Gesamteinkommen bei dieser Konstellation den Betrag von 1.780 €, besteht kein Anspruch auf Wohngeld bzw. auf einen Lastenzuschuss mehr. Weitere Auskünfte zum Wohngeld und zum Lastenzuschuss erteilt das zuständige Amt für Wohnungswesen.
18.3.3
Sparzulagen und Wohnungsbauprämien
Der Staat fördert das Sparen auf Bausparverträgen durch Sparzulagen und Wohnungsbauprämien. Nach dem Vermögensbildungsgesetz erhalten Arbeitnehmer auf vermögenswirksame (Bauspar-)Leistungen bis maximal 470 € pro Jahr eine Sparzulage von 9 %. Außerdem gibt es eine Wohnungsbauprämie auf Bausparleistungen. Diese beträgt jährlich 8,8 % der Bausparleistung bzw. des Höchstbetrages von 512 € bei Alleinstehenden und 1.024 € bei Verheirateten. Voraussetzung für die Gewährung der Sparzulage bzw. der Wohnungsbauprämie ist, dass das zu versteuernde Einkommen folgende Höchstbeträge nicht übersteigt: Sparzulage
Wohnungsbauprämie
Alleinstehende
17.900 €/a
25.600 €/a
Verheiratete
35.800 €/a
51.200 €/a
18.4
Finanzierungsplan
Ein vollständiger Finanzierungsplan besteht aus drei Teilen: - Ermittlung des Kapitalbedarfs - Zusammensetzung der Finanzierungsmittel mit dem Nachweis der Deckung des Kapitalbedarfs und - Ermittlung der monatlichen Belastung.
18.4 Finanzierungsplan
495
ERMITTLUNG DES KAPITALBEDARFS Kosten des Baugrundstücks Kosten der Erschließung Kosten des Bauwerks Kosten der Außenanlagen und der Ausstattung Baunebenkosten ohne Disagio Gesamtkosten ohne Disagio Disagio
25.000 € 6.000 € 100.000 € 5.000 € 12.000 € 148.000 € 940 €
Gesamtkosten nach DIN 276
148.940 €
FINANZIERUNGSMITTEL UND MONATLICHE BELASTUNG Finanzierungsmittel
Konditionen Nominal- Disagio Auszah- Monatliche Belastung a) Auszahlungskurs betrag lungsb) Zinssatz betrag c) Tilgungssatz 1.-8. 9.-19. 20.-27. d) Regelsparbeitrag (EUR) (EUR) (EUR) Jahr Jahr Jahr
Hypothekendarlehen (ohne Zinsanpassung)
a) b) c)
99,0% 4,5% 2,0%
Bausparvertrag Ansparphase 25.000 EUR
d)
4,8%
Bankvorausdarlehen
a) b) c)
100,0% 4,5% 0,0%
Bauspardarlehen
a) b) c)
100,0% [15.000] 5,0% 7,0%
Eigenmittel Bargeld/Sparguthaben Grundstück (Eigentum) Selbsthilfe
.
Summe Über-/Unterdeckung
Abb. 18.7:
Finanzierungsplan
94.000
25.000
5.000 20.000 5.000 149.000 60
940
509
509
509
100
-
-
25.000
94
-
-
0 [15.000]
-
150
-
-
5.000 20.000 5.000
-
-
-
940 148.060 60
703
659
509
0
93.060
496
18 Baufinanzierung
In Abbildung 18.7 ist ein Beispiel für einen Finanzierungsplan wiedergegeben. Bei der Ermittlung des Kapitalbedarfs können zunächst nur die Gesamtkosten ohne Disagio ermittelt werden. Ein mögliches Disagio, das einen Teil des Kapitalbedarfs darstellt, ist mitzufinanzieren, d. h. die Summe der Nominalbeträge aller Finanzierungsmittel muss die Gesamtkosten einschließlich Disagio decken. Bei der monatlichen Belastung ist es wichtig, nicht nur die Anfangsbelastung zu ermitteln, sondern auch die Veränderungen in den folgenden Jahren zu berücksichtigen. Nur so kann dem Bauherrn ein vollständiger Überblick über die auf ihn zukommende Belastung gegeben werden. Beim in Abbildung 18.7 dargestellten Finanzierungsplan setzt sich die Fremdfinanzierung aus einem erstrangigen Tilgungsdarlehen mit konstanter Annuität (Hypothekendarlehen) in Höhe von 94.000 € und einem vorzufinanzierenden Bausparvertrag über 25.000 € zusammen. Das Hypothekendarlehen führt zu einer monatlichen Belastung von 509 € über 27 Jahre, wenn es sich um einen Festzins über die gesamte Laufzeit handelt. Hinzu kommen in den ersten acht Jahren (Vorfinanzierungsphase der Bausparsumme) 194 € monatlich. Vom neunten bis zum neunzehnten Jahr (Darlehensphase des Bausparvertrages) beträgt die Mehrbelastung gegenüber dem Hypothekendarlehen nur noch 150 €, so dass die Gesamtbelastung im Monat von 703 € (1. bis 8. Jahr) über 659 € (9. bis 19. Jahr) auf 509 € (20. bis 27. Jahr) sinkt.
18.5
Finanzierungsoptimierung
Wie die vorangegangenen Abschnitte gezeigt haben, gibt es eine Vielzahl unterschiedlicher Finanzierungsmittel, die sich zu einer noch größeren Anzahl von Finanzierungsvarianten kombinieren lassen, so dass der Bauherr am Ende vor der Aufgabe steht, die für ihn beste Finanzierungsvariante herauszufinden. Eine notwendige Bedingung für die Finanzierungsoptimierung ist die Liquiditätswahrung. Die Zahlungsfähigkeit des Bauherrn muss – soweit sich das im Vorhinein für einen so langen Zeitraum beurteilen lässt – während der gesamten Kreditlaufzeit gesichert sein. Solange dies fraglich erscheint, ist jede Finanzierungsmaßnahme, die zu einer Senkung der Spitzenbelastung führt, zu befürworten. Ist diese notwendige Bedingung gesichert und gibt es weiterhin Gestaltungsspielräume bei der Finanzierungsplanung, so ist als hinreichende Bedingung der Optimierung das Ziel der Vermögensmaximierung anzustreben. Durch Bilden neuer Finanzierungsvarianten, Bewerten mittels Barwert oder Annuität und Auswahl der günstigsten Variante erreicht man näherungsweise das Finanzierungsoptimum. Am vorteilhaftesten ist die Finanzierungsvariante, deren Vermögensbarwert (Kapitalwertmethode) oder deren mittlere Belastung bzw. das dem Bauherrn verbleibende mittlere Einkommen (Annuitätenmethode) am günstigsten ist. In Abbildung 18.8 werden zwei Finanzierungsvarianten mit Hilfe der Kapitalwertmethode verglichen. Dabei stellt sich unter Zugrundelegung eines Kalkulationszinssatzes von 4 % p. a. die Finanzierungsvariante A (Hypothekendarlehen und vorfinanziertes Bauspardarlehen, siehe Abbildung 18.8) wegen ihres günstigeren Kapitalwertes als vorteilhaft im Vergleich zur Variante B (Hypothekendarlehen über 119.000 €) heraus. Bei der Variante B wurde wegen des höheren Beleihungsauslaufes ein um 0,4 % p. a. höherer Zinssatz angenommen.
18.5 Finanzierungsoptimierung
Abb. 18.8:
Barwertvergleich von zwei Finanzierungsvarianten
497
498
18 Baufinanzierung
Der Beleihungsauslauf gibt das Verhältnis der Fremdmittel zum Beleihungswert (vielfach 90 % des Verkehrswertes) einer Immobilie an. Der ungünstigere Barwert der Variante B ist auf den höheren Zinssatz und darauf zurückzuführen, dass das Hypothekendarlehen B eine Laufzeit von fast 26 Jahren hat und damit rund 8 Jahre länger abgezahlt werden muss als der Bausparvertrag mit Vorfinanzierung. Zwar ist es beim vorfinanzierten Bausparvertrag nachteilig, dass in der Ansparphase die nur mit 2 % p. a. verzinsten Bausparbeiträge zunächst nicht für die Tilgung des mit 4,5 % p. a. zu verzinsenden Bankvorausdarlehens verwendet werden können, aber dieser Nachteil wird durch den Vorteil der kurzen Laufzeit mehr als ausgeglichen. Der geforderte vollständige gegenseitige Ausschluss der Vergleichsalternativen wird durch die implizite Wiederanlageprämisse, also die Annahme, dass freies Differenzkapital zum Kalkulationszinssatz von 4 % wiederangelegt wird, sichergestellt. In erster Annäherung wird man sich bei der Auswahl der Fremdfinanzierungsbausteine von der Höhe des (Effektiv-)Zinssatzes leiten lassen. Dementsprechend kommen zinsvergünstigte oder sogar zinslose Darlehen (z. B. von Verwandten) bevorzugt zum Einsatz. In diese erste Gruppe gehören auch zuteilungsreife Bausparverträge – also Bausparverträge, bei denen die ungünstige Ansparphase (relativ niedriger Habenzinssatz) bereits abgeschlossen ist. Die weitere Auswahl der Finanzierungsbausteine hängt vom Einzelfall ab. Vielfach sinnvoll ist die Ausschöpfung des erstrangigen Beleihungsraumes durch ein Tilgungsdarlehen mit konstanter Annuität (Hypothekendarlehen). Hat der Bauherr dagegen eine Lebensversicherung auf den Todes- und Erlebensfall von entsprechender Höhe bereits abgeschlossen, so dürfte für ihn ein Festdarlehen vorteilhaft sein, das durch die später fällige Lebensversicherungssumme getilgt wird. Auch der Neuabschluss eines Bausparvertrages mit Vorfinanzierungsdarlehen kann im Hinblick auf die spätere Zinssicherheit interessant sein. Welche Finanzierungsvariante für den einzelnen Bauherrn am vorteilhaftesten ist, muss unter Berücksichtigung aller Einzelumstände einschließlich der Einschätzung von Einkommensund Zinsrisiken und unter Einbeziehung der zu erwartenden Vermögensauswirkungen (Kapitalwertmethode) beurteilt werden.
19
Honorarordnung
Die Verordnung über die Honorare für Architekten- und Ingenieurleistungen (HOAI) ist eine Rechtsverordnung der Bundesregierung mit Zustimmung des Bundesrates. Sie ist dem Preisrecht zuzuordnen. Es wird mit der 6. Änderungsnovelle den Vorgaben durch das „Gesetz zur Verbesserung des Mietrechts und zur Begrenzung des Mietanstiegs sowie zur Regelung von Ingenieur- und Architektenleistungen“ vom 4. November 1971, zuletzt durch Artikel 209 Absatz 5 des Gesetzes vom 19. April 2006 geändert, entsprochen. Hintergrund der Novelle war die Forderung des Bundesrates, die HOAI zu vereinfachen, transparenter zu gestalten und Anreize für kostensparendes Bauen aufzunehmen. (Beschl. d. BR v. 6.6.97 u. 14.7.95, BR-Dr. 399/95) Der Statusbericht HOAI 2000plus zeigte einen Bedarf nach wesentlichen strukturellen und inhaltlichen Veränderungen auf und unterbreitete hierzu Vorschläge. (http://www.a.tu-berlin.de/hoai2000plus/) Im Februar 2008 wurde ein erster Referentenentwurf vorgelegt, der vor allem wegen der verringerten Anzahl der Leistungsphasen und der Senkung der Honorar-Tafelendwerte, z. B. im Fall der Objektplanung von 25,5 Mio. € auf nur noch 5,0 Mio. €, wieder zurückgezogen wurde. (http://www.ibr-online.de/IRBMaterialien/pdf/HOAI2009.pdf) Die HOAI 2009 hat eine neue Bezeichnung erhalten, sie heißt jetzt: Verordnung über Honorare für Architekten- und Ingenieurleistungen (Honorarordnung für Architekten und Ingenieure). Die bisherige Bezeichnung ist als Klammersatz beibehalten worden. Hierdurch wird deutlich, dass sie sich auf die entsprechenden Leistungen und nicht ausschließlich auf die genannten Berufsgruppen bezieht. Sie gilt, wie schon zuvor, für alle, die Leistungsbilder der HOAI bearbeiten. Zahlreiche Regelungen bleiben mit der neuen HOAI 2009 erhalten, insbesondere die Leistungsbilder für die preisrechtlich geregelten Architekten- und Ingenieurleistungen mit allen bisherigen Leistungsphasen, einschließlich Leistungsphase 9. Objektbetreuung und Dokumentation. Auf die Einführung neuer Leistungsbilder wurde verzichtet. Die Aktualisierung der Leistungsbilder bleibt der nächsten Novellierung vorbehalten. Die Berechnung des Honorars wird weiterhin durch die bekannten Faktoren bestimmt: -
die anrechenbaren Kosten des Objekts, alternativ Flächengrößen oder Verrechnungseinheiten bei Flächenplanungen
-
das jeweils einschlägige Leistungsbild
-
die Honorarzone nach dem Schwierigkeitsgrad der Planungsanforderungen
-
die Honorarvereinbarung nach Mindest- und Höchstsatz
-
die den jeweiligen Leistungen zugeordnete Honorartafel
-
Zuschläge für Leistungen im Bestand und für Instandhaltungen und Instandsetzungen
-
Abschlagszahlungen ohne besondere vertragliche Vereinbarungen.
500
19.1
19 Honorarordnung
Entstehung der Honorarordnung und heutiger Stand
Noch im Mittelalter wurden Planung und Ausführung von Bauwerken durch Baumeister, also aus einer Hand erbracht. Baumeister waren in erster Linie Handwerker, die sich auch für die Planung qualifiziert hatten. Der Aufwand für die Planung und Überwachung von Bauleistungen war Teil der Gesamtleistung bei der Herstellung von Bauwerken. Die Notwendigkeit einer Honorarordnung für Architektenleistungen ergab sich aus der Trennung von Planung und Ausführung und geht einher mit der Entwicklung des sogenannten Künstlerarchitekten. Wir sprechen heute von freiberuflich Tätigen oder freien Architekten. Eine kleine Zahl von Ihnen gab es bereits im 17. und 18. Jahrhundert. Aus dieser Zeit sind auch erste Gebührentafeln und Gebührenordnungen überliefert. Interessanter Weise findet sich bereits im Bau-Anschlagbuch von J. F. Penther aus dem Jahre 1765 (3. Aufl.) die Abhängigkeit des Honorars von den Baukosten und die Degression der Honorare. „Er schlägt eine Staffelung des Honorars für die Fertigung von Rissen und Voranschlägen und die Bauleitung in der Weise vor, daß für das erste 1.000 der Baukosten ein fester Satz, für das zweite 1.000 zwei Drittel dieses Satzes und für das dritte und jedes weitere 1.000 die Hälfte dieses Satzes als Honorar genommen werden sollte.“ (Pfarr, K. 1999, S. 17) „§ 1. Prinzip der Berechnung Das Honorar für architektonische Arbeiten wird im Allgemeinen als ein Prozentsatz von der Bausumme berechnet. Zur näheren Bestimmung desselben dienen folgende drei Gesichtspunkte: a. Der höhere oder niedere Rang der betreffenden Bau-Ausführung. So zwar, dass für ein Bauwerk höheren Ranges ein höheres Honorar zu berechnen ist als für ein solches von niederem Range, das dieselben Baukosten erfordert. b. Der Umfang der betreffenden Bau-Ausführung, bestimmt durch die relative Höhe des Kostenanschlags. So zwar, dass für ein Bauwerk kleineren Umfanges ein höheres Honorar zu berechnen ist, als für ein größeres Bauwerk derselben Rangklasse. c. Die Art und der Umfang der aufgewendeten architektonischen Thätigkeit. So zwar, dass das Honorar für die bei einer Bauausführung aufzuwendende Gesammtleistung des Architekten sich zusammensetzt aus Theilbeträgen, welche den einzelnen Leistungen desselben entsprechen.“ Abb. 19.1:
Das Prinzip der Berechnung des Architektenhonorars im Jahr 1869
(Architekten-Verein zu Berlin 1869)
19.1 Entstehung der Honorarordnung und heutiger Stand
501
Der in Abbildung 19.1 ausschnittsweise wiedergegebener Entwurf zur Vergütung von Architektenleistungen, der „Berliner Vorschlag zum Honorar für baukünstlerische Arbeiten“ im Jahr 1868, koppelt ebenso das Honorar an die Baukosten. Auch die Honorardegression bei steigenden Baukosten ist schon enthalten. Die Entwicklung einer Gebührenordnung für Architekten (GOA) geht mit der Herausbildung des Berufsstandes freiberuflicher Architekten einher. Abbildung 19.2 gibt eine Übersicht zur Entwicklung von den Vorschlägen zu einer Norm für die Vergütung baukünstlerischer Leistungen (1855), die Norm zur Berechnung des Honorars für architektonische Arbeiten (1868) über zahlreiche Fassungen der Gebührenordnung der Architekten (GOA) bis zur Zusammenführung mit den entsprechenden Gebührenordnungen der Ingenieure zur Honorarordnung für Architekten und Ingenieure (HOAI) einschließlich aller folgenden Änderungsverordnungen bis in die Gegenwart. Die Honorarordnung für Architekten und Ingenieure (HOAI), wie wir sie heute kennen, trat am 1.1.1977 in Kraft und löste damit unter anderem die Gebührenordnung für Architekten (GOA) ab. Ab 1.1.1996 war die HOAI in der Fassung der 5. Änderungsverordnung gültig, unter Berücksichtigung des Neunten Euro-Einführungsgesetzes zum 1.1.2002. Ab August 2009 ist die Verordnung über die Honorare für Architekten- und Ingenieurleistungen (Honorarordnung für Architekten und Ingenieure – HOAI) als 6. Änderungsverordnung in Kraft getreten. Die nächste Änderungsverordnung ist bereits in Bearbeitung. Im Umgang mit der derzeitigen HOAI:2009-08 sollen Auftraggeber wie Architekten und Ingenieure besondere Aufmerksamkeit auf die folgenden Punkte verwenden: -
Die rechtlichen Grundlagen der Vergütung von Architekten und Ingenieuren stehen zunehmend in einem Spannungsfeld von Marktfreiheit und verbindlichem Preisrecht.
-
Die Verhandlung von Vertragsinhalten und Honorarbestandteilen gewinnt durch den Wegfall von Preisregelungen an Bedeutung.
-
Auf die Beschreibung des Leistungsbildes sollen die Vertragspartner noch größere Sorgfalt verwenden als bisher.
-
Die Schriftform ist in jedem Fall anzuraten; Änderungen von Vertragsinhalten sind zu dokumentieren.
-
Die Anforderungen an das Objekt und damit an die Planung sind in den letzten Jahrzehnten durch die Entwicklungen in der Bautechnik, die rechtlichen Rahmenbedingungen, insbesondere die sich ständig weiter entwickelnden „Allgemein anerkannten Regeln der Technik“, fortwährend gestiegen.
-
Der Kosten- und Termindruck, auch bei geringerem Bauvolumen, ist größer geworden.
-
Für das Objekt (Ergebnis) wie auch für das Projekt (Prozess) sind die in Frage kommenden Alternativen der Planungs- und Ausführungsorganisation frühzeitig zu untersuchen und zu entscheiden.
Im Folgenden werden nicht nur die HOAI 2009 als neue Fassung (abgekürzt n. F.), sondern auch die wesentlichen Änderungen gegenüber der HOAI 1996/2002 als alter Fassung (abgekürzt a. F.) mit dem Schwerpunkt Objektplanung Gebäude und raumbildender Ausbau, teilweise auch Freianlagen, behandelt.
502
19 Honorarordnung
Jahr
Bezeichnung
1855
Hannoveraner Vorschlag zu einer Vergütung für baukünstlerische Leistungen
1864
Stuttgarter Vorschlag zu einer Norm für Belohnung der Architekten
1868
Berliner Vorschlag zum Honorar für baukünstlerische Arbeiten (24.08.1868)
1868
Norm zur Berechnung des Honorars für architektonische Arbeiten (nach dem Versammlungsort als sogenannte „Hamburger Norm“ bezeichnet)
1871
Annahme und Bestätigung der o. g. Norm von der I. AbgeordnetenVersammlung des Verbandes deutscher Architekten- und Ingenieur-Vereine
1888
Norm zur Berechnung des Honorars für Arbeiten des Architekten und des Ingenieurs (Mai 1888)
1901
Gebührenordnung der Architekten und Ingenieure (Januar/Februar 1901)
1920
Gebührenordnung der Architekten (ab 01.01.1920)
1921
Gebührenordnung der Architekten (ab 01.10.1921)
1923
Gebührenordnung der Architekten (vom 01.07.1923)
1926
Gebührenordnung der Architekten (ab 01.07.1926)
1932
Gebührenordnung der Architekten (ab 01.07.1932)
1935
Gebührenordnung der Architekten (ab 15.07.1932)
1937
Gebührenordnung der Architekten (ab 01.06.1937)
1942
Neue Gebührenordnung der Architekten (GOA, vom 15.08.1942)
1950
Gebührenordnung für Architekten (GOA, vom 13.10.1950)
1977
Honorarordnung für Architekten und Ingenieure (ab 01.01.1977)
1985
HOAI, 1. Änderungsverordnung (ab 01.01.1985)
1985
HOAI, 2. Änderungsverordnung (ab 14.06.1985)
1988
HOAI, 3. Änderungsverordnung (ab 01.04.1988)
1991
HOAI, 4. Änderungsverordnung (ab 01.01.1991)
1996
HOAI, 5. Änderungsverordnung (ab 01.01.1996)
2009
HOAI, 6. Änderungsverordnung (ab 18.08.2009)
2011
Evaluierung der HOAI: Aktualisierung der Leistungsbilder (Bericht 02.09.2011)
20xx
HOAI, 7. Änderungsverordnung (im Jahr 2012 in Bearbeitung)
Abb. 19.2:
Gebühren- und Honorarordnungen für Architekten von 1855 bis heute
(nach Schramm, C. 2003, S. 80)
19.2 Aufbau der Honorarordnung
19.2
503
Aufbau der Honorarordnung
Die Straffung der neuen HOAI von ursprünglich 103 jetzt auf 56 Vorschriften konnte unter anderem dadurch erreicht werden, dass die so genannten Beratungsleistungen und die Besonderen Leistungen in den Anhang (Anlagen 1 und 2) verschoben wurden und nicht mehr verbindlich sind. Ebenfalls „hinter die Klammer“ wurden die nach wie vor verbindlichen Objektlisten zur Bestimmung der Honorarzonen (Anlage 3) und die Leistungen zu den Leistungsbildern (Anlagen 4 bis 14) gesetzt. Weiterhin erhielt sie eine neue Struktur. Ein großer Teil der Vorschriften wurde „vor die Klammer“ in den Allgemeinen Teil (Teil 1) gezogen. In den Teilen 2 (Flächenplanung), 3 (Objektplanung) und 4 (Fachplanung) sind nur noch die speziell auf die betreffenden Leistungsbilder bezogenen Regelungen zu finden. Die Benutzung der HOAI wird dadurch nicht einfacher, die Objektplanung Gebäude ist nun sowohl den §§ 32 bis 36 HOAI (Teil 1) als auch der Anlage 11 zugeordnet. (Alverhaus, R. 2009, S. 473). Die besonderen Leistungen der Objektplanung sind in Anlage 2 zu finden. Die HOAI 2009 ist in fünf Teile gegliedert: Teil 1 enthält Allgemeine Vorschriften (§§ 1 bis 16), die grundsätzlich für alle Planungsleistungen in Teil 2 bis 4 gelten. Teil 2 regelt die Flächenplanung, untergliedert in Abschnitt 1 und Abschnitt 2 -
Bauleitplanung und
-
Landschaftsplanung.
Teil 3 regelt die Objektplanung untergliedert in Abschnitt 1 bis 4 für -
Gebäude und raumbildende Ausbauten,
-
Freianlagen,
-
Ingenieurbauwerke und
-
Verkehrsanlagen.
Teil 4 regelt die Fachplanung untergliedert nach Abschnitt 1 und 2 für die -
Tragwerksplanung und
-
die Technische Ausrüstung.
Teil 5 enthält Übergangs- und Schlussvorschriften. Die vorliegende HOAI 2009 enthält keine Befristung der Geltungsdauer. Sie soll gemäß der amtlichen Begründung nach einer ersten Erprobungsphase überprüft werden. Als ausreichende Erprobungsphase im Umgang mit den Neuregelungen der HOAI wird ein Zeitraum von maximal fünf Jahren angesehen.
504
19.3
19 Honorarordnung
Die Allgemeinen Vorschriften der Honorarordnung
Im Folgenden werden die Allgemeinen Vorschriften (§§ 1 bis 16), die grundsätzlich für alle Leistungsbilder gelten, in den Grundzügen erläutert und kommentiert. Anwendungsbereich der Honorarordnung (§ 1 HOAI)
Die HOAI galt bisher für alle Auftragnehmer entsprechender Leistungen, die für ein Objekt im Geltungsbereich der Bundesrepublik Deutschland erbracht wurden. Die HOAI kam in folgenden Fällen zur Anwendung: -
Ein inländischer Architekt plant und überwacht ein Objekt im Inland. Das ist nach wie vor der häufigste Fall. Ein ausländischer Architekt mit Sitz im Ausland führt in seinem Büro im Ausland die Planung eines Objektes durch, das in Deutschland gebaut werden soll. Ein ausländischer Architekt übernimmt die Objektüberwachung (Bauüberwachung) eines Objektes in Deutschland, nachdem er ein Büro in Deutschland gegründet hat.
Andererseits hatten vor und haben nach der Novellierung der HOAI deutsche Architekten und Ingenieure, die für ausländische Bauherren Objekte im Ausland planen und überwachen keinen Anspruch auf die Anwendung der HOAI. Neu ist ab 2009, dass ausländische Auftragnehmer entsprechender Leistungen bei Projekten im Inland die HOAI nicht mehr anwenden müssen. Man bezeichnet deshalb die HOAI 2009 als „Inländer-HOAI“. Im Wortlaut der Verordnung heißt es wie folgt: „§ 1 Anwendungsbereich Diese Verordnung regelt die Berechnung der Entgelte für die Leistungen der Architekten und Architektinnen und der Ingenieure und Ingenieurinnen (Auftragnehmer oder Auftragnehmerinnen) mit Sitz im Inland, soweit die Leistungen durch diese Verordnung erfasst und vom Inland aus erbracht werden.“ (HOAI:2009-08) Dies bedarf einer weiteren Erläuterung. Sitz bedeutet in Übereinstimmung mit anderen Vorschriften, die ebenfalls an den Sitz anknüpfen, grundsätzlich: „Als Sitz gilt der Ort, an dem die Verwaltung geführt wird“ (vgl. § 24 BGB; § 17, Abs. 1, Satz 2 ZPO), nicht aber der Ort der Leistungserbringung. Darüber hinaus herrscht überwiegend die Auffassung, dass die HOAI in vollem Umfang auf alle, also auch berufsfremde Personen, anzuwenden ist, die Leistungen nach der HOAI erbringen. „Folgende Personen oder Personenzusammenschlüsse haben die HOAI zu beachten: -
freiberufliche Architekten und Ingenieure, nebenberuflich tätige, verbeamtete Architekten und Ingenieure, Personen, die auch ohne Ingenieur oder Architekt zu sein, Leistungen nach der HOAI ausführen, - Zusammenschlüsse der genannten Personen, gleichgültig, ob es sich um eine BGBGesellschaft, eine Partnerschaft oder eine GmbH handelt, - Baubetreuer, wenn sie im Rahmen ihrer betreuenden Tätigkeit auch Leistungen nach der HOAI erbringen.“ (Motzke, G. und Wolf, R. 2004, S. 112)
19.3 Die Allgemeinen Vorschriften der Honorarordnung
505
Begriffsbestimmungen (§ 2 HOAI)
Die Honorarordnung bezieht sich auf unterschiedliche Objekte und Maßnahmen an diesen. Eine Unterscheidung der Objekte in vor allem Gebäude, raumbildende Ausbauten, Freianlagen, Ingenieurbauwerke und Verkehrsanlagen ist eine unverzichtbare Voraussetzung für die Zuordnung der entsprechenden Leistungsbilder auf den Gegenstand (Objekt) der Bearbeitung. Dabei nehmen die Definitionen der HOAI Bezug auf die Begriffe der Musterbauordnung (MBO) sowie einschlägiger Normen, Verordnungen und Richtlinien, z. B. hinsichtlich baulicher Maßnahmen an Objekten wie Instandhaltung oder Modernisierung. Für die Beschreibung der Leistungen von Architekten sind insbesondere die folgenden Begriffsbestimmungen nach § 2 HOAI:2009-08 von Bedeutung (Auswahl): „2. „Gebäude“ sind selbständig benutzbare, überdeckte baulich Anlagen, die von Menschen betreten werden können und geeignet oder bestimmt sind, dem Schutz von Menschen, Tieren oder Sachen zu dienen; 3. „Neubauten und Neuanlagen“ sind Objekte, die neu errichtet oder neu hergestellt werden; 4. „Wiederaufbauten“ sind vormals zerstörte Objekte, die auf vorhandenen Bau- oder Anlagenteilen wiederhergestellt werden; sie gelten als Neubauten, sofern eine neue Planung erforderlich ist; 5. „Erweiterungsbauten“ sind Ergänzungen eines vorhandenen Objekts; 6. „Umbauten“ sind Umgestaltungen eines vorhandenen Objekts mit Eingriffen in Konstruktion oder Bestand; 7. „Modernisierungen“ sind bauliche Maßnahmen zur nachhaltigen Erhöhung des Gebrauchswertes eines Objekts, soweit sie nicht unter Nummer 5, 6 oder Nummer 9 fallen; 8. „raumbildende Ausbauten“ sind die innere Gestaltung oder Erstellung von Innenräumen ohne wesentliche Eingriffe in Bestand oder Konstruktion; sie können im Zusammenhang mit Leistungen nach den Nummern 3 bis 7 anfallen; 9. „Instandsetzungen“ sind Maßnahmen zur Wiederherstellung des zum bestimmungsgemäßen Gebrauch geeigneten Zustandes (Soll-Zustandes) eines Objekts, soweit sie nicht unter Nummer 4 fallen oder durch Maßnahmen nach Nummer 7 verursacht sind; 10. „Instandhaltungen“ sind Maßnahmen zur Erhaltung des Soll-Zustandes eines Objekts; 11. „Freianlagen“ sind planerisch gestaltete Freiflächen und Freiräume sowie entsprechend gestaltete Anlagen in Verbindung mit Bauwerken oder in Bauwerken; […]“ Zur weitergehenden Begriffsbestimmung und inhaltlichen Ergänzung wird auf die folgenden Regelwerke hingewiesen: DIN 31051:2003-06, Grundlagen der Instandhaltung (derzeit gültig) DIN 31051:2011-12, Grundlagen der Instandhaltung (Norm-Entwurf) DIN 276-1:2008-12, Kosten im Bauwesen – Teil 1: Hochbau Modernisierungsrichtlinien (ModR) der Länder.
506
19 Honorarordnung
Leistungen und Leistungsbilder (§ 3 HOAI)
Die in § 3 HOAI n. F. aufgeführten Leistungen wurden in der HOAI a. F. als Grundleistungen bezeichnet, im folgenden Text wird vereinzelt zum besseren Verständnis die Schreibweise (Grund-)Leistungen verwendet. „§ 3 Leistungen und Leistungsbilder […] (2) Leistungen, die zur ordnungsgemäßen Erfüllung eines Auftrags im Allgemeinen erforderlich sind, sind in Leistungsbildern erfasst. Andere Leistungen, die durch eine Änderung des Leistungsziels, des Leistungsumfangs, einer Änderung des Leistungsablaufs oder anderer Anforderungen des Auftraggebers erforderlich werden, sind von den Leistungsbildern nicht erfasst und gesondert frei zu vereinbaren und zu vergüten. (3) Besondere Leistungen sind in der Anlage 2 aufgeführt, die Aufzählung ist nicht abschließend. Die Honorare für Besondere Leistungen können frei vereinbart werden.“ (HOAI:2009-08) Werden zum Beispiel „Leistungsbeschreibungen mit Leistungsprogramm unter Bezug auf Baubuch/Raumbuch“ als Besondere Leistung beauftragt (vgl. Anlage 2 (zu § 3 Abs. 3)), dann treten diese ganz oder teilweise an die Stelle der entsprechenden (Grund-)Leistung. Die Vergütung ist hierfür individuell zu vereinbaren. Die Leistungsbilder nach der Verordnung gliedern sich in folgende neun Leistungsphasen, diese gelten für alle in der HOAI geregelten Leistungsbilder der Objekt- und Fachplanung (Teile 3 und 4): 1. Grundlagenermittlung 2. Vorplanung 3. Entwurfsplanung 4. Genehmigungsplanung 5. Ausführungsplanung 6. Vorbereitung der Vergabe 7. Mitwirkung bei der Vergabe 8. Objektüberwachung (Bauüberwachung oder Bauoberleitung) 9. Objektbetreuung und Dokumentation. Die Bearbeitung der Leistungsphasen erfolgt zu Beginn der Planung meist phasenweise aufeinander folgend, ab der Ausführungsplanung jedoch meist überlappend, um die Projektdauer zu verkürzen. Unabhängig davon ist Folgendes von Bedeutung: „Das Ergebnis jeder Leistungsphase ist mit dem Auftraggeber zu erörtern.“ (§ 3 Abs. 8 HOAI:2009-08) Hierzu wird in der amtlichen Begründung der HOAI erläutert: „Die Abstimmung der Ergebnisse einer jeden Leistungsphase soll kontinuierlich erfolgen und damit zu einem transparenten Vertragsablauf führen. Sie stellt keine Teilabnahme der Leistung dar.“ (Amtl. Begr. zu § 3 HOAI:2009-08) Wegen des Werkvertragscharakters des Architektenvertrages kommt es allerdings für den vollen Honoraranspruch, der sich aus der Honorartafel ergibt, auf den geschuldeten Erfolg und nicht auf die gewissenhafte Erbringung aller (Grund-)Leistungen an. Denn die Leistungsbilder der HOAI sind keine normativen Leitbilder, sondern Preisrecht. Ein schriftliches Leistungsbild ist im Architektenvertrag unverzichtbar.
19.3 Die Allgemeinen Vorschriften der Honorarordnung
507
Anrechenbare Kosten (§ 4 HOAI)
„§ 4 Anrechenbare Kosten (1) Anrechenbare Kosten sind Teil der Kosten zur Herstellung, zum Umbau, zur Modernisierung, Instandhaltung oder Instandsetzung von Objekten sowie den damit zusammen hängenden Aufwendungen. Sie sind nach fachlich allgemein anerkannten Regeln der Technik oder nach Verwaltungsvorschriften (Kostenvorschriften) auf der Grundlage ortsüblicher Preise zu ermitteln. Wird in dieser Verordnung die DIN 276 in Bezug genommen, so ist diese in der Fassung vom Dezember 2008 (DIN 276-1:2008-12) bei der Ermittlung der anrechenbaren Kosten zugrunde zu legen. Die auf die Kosten von Objekten entfallende Umsatzsteuer ist nicht Bestandteil der anrechenbaren Kosten. (2) Als anrechenbare Kosten gelten ortsübliche Preise, wenn der Auftraggeber 1. selbst Lieferungen oder Leistungen übernimmt, 2. von bauausführenden Unternehmen oder von Lieferanten sonst nicht übliche Vergünstigungen erhält, 3. Lieferungen oder Leistungen in Gegenrechnung ausführt oder 4. vorhandene oder vorbeschaffte Baustoffe oder Bauteile einbauen lässt.“ (HOAI:2008-09) Zu den in Absatz 1 angesprochenen Verwaltungsvorschriften (Kostenvorschriften) als Alternative zur DIN 276-1 gehören: Richtlinien für die Durchführung von Bauaufgaben des Bundes (RBBau) Richtlinien für die Durchführung von Bauaufgaben der Länder (RLBau) Verordnung zur Berechnung der Wohnfläche (Wohnflächenverordnung - WoFlV) als Ersatz für die §§ 42 – 44 der Verordnung über wohnungswirtschaftliche Berechnungen nach dem Zweiten Wohnungsbaugesetz (Zweite Berechnungsverordnung - II. BV). Letzte sind im Verordnungstext ausdrücklich angesprochen, wenn es vor allem im Leistungsbild Gebäude und raumbildende Ausbauten in den Leistungsphasen 2 und 3 zu Kostenschätzung und Kostenberechnung heißt: „nach DIN 276 oder nach dem wohnungsrechtlichen Berechnungsrecht“ (Anlage 11 (zu den §§ 33 und 38 Abs. 2)), gemeint ist hier die Wohnfläche (WF) nach der WoFlV als Bezugseinheit für die Kostenermittlung. Die in Absatz 2 aufgezählten Lieferungen und Leistungen fallen nach DIN 276-1 unter Eigenleistungen, welche jedoch im Rahmen der Kostenermittlung vollständig und zu marktüblichen Preisen zu bewerten sind. Wortlaut der Norm: „Der Wert von Eigenleistungen ist bei den betreffenden Kostengruppen gesondert auszuweisen. Für Eigenleistungen sind die Personal- und Sachkosten einzusetzen, die für entsprechende Unternehmerleistungen entstehen würden.“ (DIN 276-1:2008-12) Damit ist bestimmt, dass die anrechenbaren Kosten nicht dadurch verringert werden, dass Lieferungen und Leistungen als Eigenleistungen erbracht werden, für die keine oder unvollständige Kostenansätze oder -nachweise vorliegen. Eigenleistungen sind also Gegenstand der Kostenermittlung und damit nach den Grundsätzen der HOAI anrechenbare Kosten. Vergleiche hierzu Erläuterungen zu § 16 Umsatzsteuer (Ausweise der Umsatzsteuer) und zu § 32 Besondere Grundlagen des Honorars (Kosten für Technische Anlagen) sowie § 35 Leistungen im Bestand (Umbau- und Modernisierungszuschlag) auf den folgenden Seiten.
508
19 Honorarordnung
Bestimmung der Honorarzone (§ 5 HOAI)
Die Planungsanforderungen sind eine wesentliche Grundlage der Honorarermittlung. Für die Mehrzahl der Leistungsbilder werden fünf Honorarzonen unterschieden: Honorarzone I Honorarzone II Honorarzone III Honorarzone IV Honorarzone V
: sehr geringe Planungsanforderungen, : geringe Planungsanforderungen, : durchschnittliche Planungsanforderungen, : überdurchschnittliche Planungsanforderungen, : sehr hohe Planungsanforderungen.
Für die Leistungsbilder Landschaftsplan und Planung der technischen Ausrüstung werden z. B. die Planungsanforderungen in drei und für den Grünordnungsplan sowie den Landschaftsrahmenplan in zwei Honorarzonen aufgeteilt. Bewertungsmerkmale nach Planungsanforderungen
Bewertung der Planungsanforderungen nach Schwierigkeitsgrad
sehr gering gering durchschnittlich überdurchschnittlich sehr hoch Einbindung in die Umgebung
X
Anzahl der Funktionsbereiche
X
Gestalterische Anforderungen
X
Konstruktive Anforderungen
X
Technische Gebäudeausrüstung
X
Ausbau
X I
II
III
IV
V
Honorarzone Abb. 19.3:
Vereinfachte Bewertung der Planungsanforderungen und Honorarzone
(Eich, R. 2009, S. 63)
Einzelne Arten von Objekten, z. B. Wohnbauten, können in bis zu drei Honorarzonen eingeordnet werden. Um die Honorarzone zu bestimmen, soll eine Bewertung nach Bewertungsmerkmalen erfolgen. Abbildung 19.3 zeigt eine solche Bewertung nach den Bewertungsmerkmalen für Leistungen bei Gebäuden nach § 34 Absatz 2 HOAI. Die Honorarzone soll vor Beginn der Planung bestimmt und im Vertrag ausdrücklich vereinbart werden.
19.3 Die Allgemeinen Vorschriften der Honorarordnung
509
Grundlagen des Honorars - Entkoppelung Honorar und Baukosten (§ 6 HOAI n. F.)
„§ 6 Grundlagen des Honorars (1) Das Honorar für Leistungen nach dieser Verordnung richtet sich 1. für die Leistungsbilder der Teile 3 und 4 nach den anrechenbaren Kosten des Objekts auf der Grundlage der Kostenberechnung oder, soweit diese nicht vorliegt, auf der Grundlage der Kostenschätzung und für die Leistungsbilder des Teils 2, nach Flächengrößen oder Verrechnungseinheiten, 2. nach dem Leistungsbild, 3. nach der Honorarzone, 4. nach der dazugehörigen Honorartafel, 5. bei Leistungen im Bestand zusätzlich nach den § 35 und § 36. (2) Wenn zum Zeitpunkt der Beauftragung noch keine Planungen als Voraussetzung für eine Kostenschätzung oder Kostenberechnung vorliegen, können die Vertragsparteien abweichend von Absatz 1 schriftlich vereinbaren, dass das Honorar auf der Grundlage der anrechenbaren Kosten einer Baukostenvereinbarung nach den Vorschriften dieser Verordnung berechnet wird. Dabei werden nachprüfbare Baukosten einvernehmlich festgelegt.“ (HOAI:2009-08) Die Kritik, dass der Architekt von steigenden Baukosten profitiert und deswegen an einer wirtschaftlichen Planung ein geringes Interesse hätte, ist nicht neu. Vor der 6. Änderungsverordnung der HOAI wurde deswegen nicht zum ersten Mal gefordert, die Honorare von den Baukosten, genauer von den anrechenbaren Kosten, zu trennen. Leistungsphasen nach § 15 HOAI:1996-01
Kostenermittlungen nach DIN 276:1981-04
1. Grundlagenermittlung
-
2. Vorplanung
Kostenschätzung
3. Entwurfsplanung
Kostenberechnung =
4. Genehmigungsplanung
-
5. Ausführungsplanung
-
6. Vorbereitung der Vergabe
-
7. Mitwirkung bei der Vergabe
Kostenanschlag =
8. Objektüberwachung (Bauüberwachung)
Kostenfeststellung =
9. Objektbetreuung und Dokumentation Abb. 19.4:
Anrechenbare Kosten nach HOAI:1996-01
Anrechenbare Kosten nach § 15 HOAI:1996-01
-
Anrechenbare Kosten für Leistungsphasen 1 bis 4 Anrechenbare Kosten für Leistungsphasen 5 bis 7 Anrechenbare Kosten für Leistungsphasen 8 bis 9
510
19 Honorarordnung
In der alten Fassung der HOAI war die Ermittlung der anrechenbaren Kosten für die Teile des gesamten Leistungsbildes, zum Beispiel der Leistungsphasen 1 bis 9 der Objektplanung für Gebäude nach § 15 HOAI a. F., oft als Vollarchitektur bezeichnet, wie folgt geregelt: Die anrechenbaren Kosten werden ermittelt für die Leistungsphasen 1 bis 4 nach der Kostenberechnung, solange diese nicht vorliegt, nach der Kostenschätzung; für die Leistungsphasen 5 bis 7 nach dem Kostenanschlag, solange dieser nicht vorliegt, nach der Kostenberechnung; für die Leistungsphasen 8 und 9 nach der Kostenfeststellung, solange diese nicht vorliegt, nach dem Kostenanschlag (vgl. Abbildung 19.4). Nach § 6 Absatz 1 HOAI n. F. ist im Unterschied dazu die Kostenberechnung, ersatzweise die Kostenschätzung, die ausschließliche Grundlage für die gesamte Honorarermittlung. Abweichend davon kann nach § 6 Absatz 2, auch wenn noch keine Planung vorliegt, eine Baukostenvereinbarung für die Honorarermittlung getroffen werden. „Damit kann auch bereits in einem sehr frühen Stadium, in dem noch keine Planungen als eine Voraussetzung für eine Kostenschätzung oder Kostenberechnung vorliegen, eine Honorarvereinbarung getroffen und im Sinne einer verbindlichen Kostenobergrenze festgelegt werden. Um keine unrealistischen Baukosten und hieraus resultierenden Honorare zu fixieren, sind nachprüfbare Baukosten Voraussetzungen für eine solche Honorarvereinbarung, die anhand vergleichbarer Referenzobjekte oder einer Bedarfsplanung zum Beispiel auf Basis der DIN 18205 ermittelt werden kann.“ (Amtl. Begründung zu HOAI:2009-08, S. 143). Leistungsphasen nach § 3 HOAI:2009-08
Kostenermittlungen nach DIN 276-1:2008-12
1. Grundlagenermittlung
Kostenrahmen
2. Vorplanung
Kostenschätzung
3. Entwurfsplanung
Kostenberechnung =
4. Genehmigungsplanung
-
5. Ausführungsplanung
-
6. Vorbereitung der Vergabe
-
7. Mitwirkung bei der Vergabe
Kostenanschlag
8. Objektüberwachung (Bauüberwachung)
Kostenfeststellung
9. Objektbetreuung und Dokumentation Abb. 19.5:
Anrechenbare Kosten nach HOAI:2009-08
Anrechenbare Kosten für alle Leistungsphasen
-
Anrechenbare Kosten nach dem Baukostenberechnungsmodell
Ohne auf alle Überlegungen einzugehen, die in den letzten Jahren angestellt wurden, ist als Ergebnis festzustellen: Für die Abkoppelung der Honorare von der tatsächlichen Bausumme stehen jetzt zwei Möglichkeiten zur Wahl. Die Honorare für Planungsleistungen werden entweder durch die Einführung des Baukostenberechnungsmodells von der tatsächlichen Bausumme (bisher anrechenbare Kosten auf der Grundlage der Kostenfeststellung) abgekoppelt oder das Honorar wird frühzeitig durch die Baukostenvereinbarung festgelegt.
19.3 Die Allgemeinen Vorschriften der Honorarordnung
511
Die Honorarermittlung beim Baukostenberechnungsmodell (vgl. Abbildung 19.5) erfolgt auf Grundlage der anrechenbaren Kosten der Kostenberechnung als Teil der Leistungsphase 3. Entwurfsplanung. Die Vergütung für die Leistungen der Leistungsphasen 5. Ausführungsplanung bis 9. Objektbetreuung und Dokumentation wird also ebenfalls auf der Grundlage der Kostenberechnung ermittelt. „Es ist aber darauf hinzuweisen, dass dieses Modell nicht völlig überraschend kommt. Nach § 4a HOAI (a.F.) war es auch bisher schon möglich, eine Vereinbarung zu treffen, wonach das Gesamthonorar auf der Grundlage der Kostenberechnung oder des Kostenanschlags zu ermitteln gewesen wäre. Allerdings setzte die Wirksamkeit einer solchen Vereinbarung voraus, dass sie schriftlich bei Auftragserteilung getroffen wurde. Diese verbindliche Vorgabe war sicherlich ein wesentlicher Grund dafür, dass von dieser Vereinbarungsmöglichkeit – soweit erkennbar – wenig Gebrauch gemacht wurde.“ (Matuschak, H. 2009, S. 32) Im Unterschied zur bisherigen HOAI wird auf die Anpassung der anrechenbaren Kosten auf Basis des Kostenanschlags bzw. der Kostenfeststellung verzichtet. Diese beiden Kostenermittlungsarten sind also nicht mehr maßgeblich für das Honorar des Architekten. Damit soll eine Abkopplung des Honorars von den tatsächlichen Baukosten erreicht werden. (Werner, U. 2009, S. XXXIV) Nur im Ausnahmefall wird ein Bauprojekt ohne Planungsänderungen ausgeführt. „Änderungswünsche des Bauherrn und die damit verbundenen Umplanungen wirken sich oft auf die Kostenberechnung und damit auch auf die Grundlage des Honorars aus. Eine Anpassung ist erforderlich. Umstritten ist die Frage, ob die Kostenberechnung nach § 7 Absatz 5 HOAI nur für die noch zu erbringenden Architektenleistungen anzupassen ist oder auch rückwirkend für die bereits erbrachten Leistungen. Weder der Wortlaut der HOAI noch die Begründung klären dies eindeutig. Im Grundsatz soll nach der neuen HOAI die Kostenberechnung für alle Leistungsphasen einheitlich gelten. Dieses systematische Argument spricht für eine rückwirkende Anpassung. Für sie spricht auch, dass der Architekt das Honorar unstreitig auf Basis der höheren anrechenbaren Kosten erhält, wenn der Bauherr die Leistung bereits von Anfang an beauftragt hat. Entscheidet sich der Bauherr erst später für die Zusatzleistung, muss die Situation genauso bewertet werden. Sonst wäre durch die Wahl des Änderungszeitpunktes das (Mehr-)Honorar weitgehend ins Belieben des Bauherrn gestellt.“ (Prause, M. 2009, S. 31) Jedoch kann die Regelung angepasst werden. „Bei Änderungen des Leistungsumfangs auf Veranlassung des Bauherrn kann die Kostenberechnung als ein Teil der Honorarvereinbarung geändert werden. Bei vermindertem Leistungsumfang findet keine nachträgliche Kürzung des Honorars für bereits erbrachte Leistungsphasen statt. Werden lediglich Qualitätsstandards geändert (Änderung des Leistungsziels siehe § 3 Absatz 2 HOAI), ist das für die dann eventuell zusätzlichen Planungsleistungen erforderliche Honorar gesondert zu vereinbaren (Beispiel: Änderung der Fassadendämmung bei ansonsten gleichbleibendem Wandaufbau auf Wunsch des Bauherrn, Änderungsaufwand in den Plänen). Die Kostenberechnung darf dagegen nicht bei konjunkturbedingten Änderungen innerhalb der vereinbarten Projektlaufzeit geändert werden.“ (Post, R. u. a. 2010, S. 36)
512
19 Honorarordnung
Bei Vereinbarung des Baukostenberechnungsmodells ist davon auszugehen, dass der Auftragnehmer alle Leistungsphasen erbringt. Wie ist jedoch zu verfahren, wenn zum Beispiel die Objektüberwachung (Bauüberwachung) von einem anderen Architekten oder Ingenieur übernommen wird? Bisher konnte dieser seine Honorarrechnung auf der Grundlage der Kostenfeststellung aufstellen. Gilt für ihn auch die Baukostenvereinbarung, die der Auftraggeber mit dem Architekten getroffen hat, welcher die Entwurfsplanung mit der Kostenberechnung ausgearbeitet hat? „Es ist zu erwarten, dass die Praxis sich so behelfen wird, dass anfangs nach § 6 Abs. 2 geschlossene Baukostenvereinbarungen aufgehoben werden, wenn der Bauherr Änderungen fordert, die zu einer Erhöhung der anrechenbaren Kosten führen, um dann zu einer Abrechnung nach § 6 Abs. 1 zurückzukehren, die nach der Vorstellung des Verordnungsgebers der Normalfall sein soll.“ (Voigt de Oliveira, V. 2009) Hierzu stellt Motzke fest: „Das rechtfertigt die Frage, ob es nicht sinnvoll ist, das Kostenberechnungsmodell bei Teilbeauftragungen dahin aufzuweichen, dass dann das Kostenermittlungsverfahren maßgeblich ist, das für den Teilauftrag kennzeichnend ist. […] Eine solche Vereinbarung scheitert nicht an § 6 Abs. 1,2 HOAI, weil diese Regelung nach dem Verständnis des BGH nicht als Verbotstatbestand zu qualifizieren ist.“ (Motzke, G. 2010, S. 14) Die alternative Möglichkeit einer Baukostenvereinbarung „setzt in der Regel eine fachkundige Auftraggeberin oder einen fachkundigen Auftraggeber voraus. Aus diesem Grund ist diese Regelung nur als alternative Möglichkeit aufgenommen worden.“ (Amtl. Begründung zu HOAI:2009-08, S. 143). Zum Baukostenvereinbarungsmodell heißt es im Verordnungstext: „Wenn zum Zeitpunkt der Beauftragung noch keine Planungen als Voraussetzung für eine Kostenschätzung oder Kostenberechnung vorliegen, können die Vertragsparteien abweichend von Absatz 1 schriftlich vereinbaren, dass das Honorar auf der Grundlage der anrechenbaren Kosten einer Baukostenvereinbarung nach den Vorschriften dieser Verordnung berechnet wird. Dabei werden nachprüfbare Baukosten einvernehmlich festgelegt.“ (§ 6 Abs. 2 HOAI:2009-08) Nach Möglichkeit sollen die Fachlich Beteiligten für die entsprechenden Planungsinhalte mitwirken, wenn eine Baukostenvereinbarung getroffen wird. Je nach Umfang der anteiligen Kosten, insbesondere für KG 400 Bauwerk – Technische Anlagen, ist zu überlegen, ob entsprechende Regelungen wie beim Objektplaner auch in deren Verträgen getroffen werden. Die Baukostenvereinbarung ist eine alternative Grundlage der Honorarermittlung. Sie ist nicht mit der verbindlichen Kostenobergrenze zu verwechseln. Auch wenn es in beiden Fällen im Interesse des Auftraggebers liegt, ein möglichst hohes Maß an Kostensicherheit zu erreichen. Durch die Baukostenvereinbarung wird die gesamte Honorarabrechnung vereinfacht. Eine Kostenobergrenze als Beschaffenheitsvereinbarung im Planungsvertrag ist ein von der Baukostenvereinbarung unabhängiger Sachverhalt. Die Baukostenvereinbarung zur frühen Festlegung des Architekten- oder Ingenieurhonorars ist grundsätzlich der in DIN 276-1 eingeführten Kostenvorgabe für das Bauwerk verwandt, jedoch getrennt voneinander zu regeln. „Ziel der Kostenvorgabe ist es, die Kostensicherheit zu erhöhen, Investitionsrisiken zu vermindern und frühzeitige Alternativüberlegungen in der Planung zu fördern. […] Eine Kostenvorgabe kann auf der Grundlage von Budget- oder Kostenermittlungen festgelegt werden. Vor der Festlegung einer Kostenvorgabe ist ihre Realisierbarkeit im Hinblick auf die weiteren Planungsziele zu überprüfen.
19.3 Die Allgemeinen Vorschriften der Honorarordnung
513
Leistungsphasen nach § 3 HOAI:2009-08
Kostenermittlungen nach DIN 276-1:2008-12
Anrechenbare Kosten nach HOAI:2009-08
1. Grundlagenermittlung
Kostenrahmen =
2. Vorplanung
Kostenschätzung
Anrechenbare Kosten für alle Leistungsphasen
3. Entwurfsplanung
Kostenberechnung
4. Genehmigungsplanung
-
5. Ausführungsplanung
-
6. Vorbereitung der Vergabe
-
7. Mitwirkung bei der Vergabe
Kostenanschlag
8. Objektüberwachung (Bauüberwachung)
Kostenfeststellung
9. Objektbetreuung und Dokumentation Abb. 19.6:
-
Anrechenbare Kosten nach dem Baukostenvereinbarungsmodell
Bei Festlegung einer Kostenvorgabe ist zu bestimmen, ob sie als Kostenobergrenze oder als Zielgröße für die Planung gilt. Diese Vorgehensweise ist auch für eine Fortschreibung der Kostenvorgabe – insbesondere auf Grund von Planungsänderungen – anzuwenden.“ (DIN 276-1:2008-1) Wird die Baukostenvereinbarung (vgl. Abbildung 19.6) nach § 6 Absatz 2 als Grundlage der Honorarermittlung getroffen, sind „folgende Voraussetzungen festzuhalten: -
Zum Zeitpunkt der Beauftragung darf noch keine Planung als Voraussetzung für eine Kostenberechnung oder -schätzung vorliegen.
-
Die Honorarvereinbarung muss schriftlich getroffen werden.
-
Es muss im Rahmen der Honorarvereinbarung gleichzeitig eine Baukostenvereinbarung getroffen werden. Auf ihrer Grundlage ist das gesamte Honorar für die beauftragten und in den Leistungsbildern geregelten (Grund-)Leistungen anhand der weiteren, auch sonst entscheidenden Berechnungsfaktoren (s. o.) bis zur Schlussrechnung zu ermitteln.
-
Mit der Baukostenvereinbarung müssen realistische und nachprüfbare Baukosten einvernehmlich festgelegt werden. Die Verständigung über die Baukosten darf also nicht dem Ziel dienen, auf diese Weise eine „künstliche“, den tatsächlich zu erwartenden Baukosten nicht entsprechende Basis für eine Honorarvereinbarung zu schaffen.“ (Matuschak, H. 2009, S. 33) Schon in den Anmerkungen zum Referentenentwurf hat Scholtissek darauf hingewiesen, dass es praktisch unmöglich ist, bei Auftragserteilung auf der Grundlage einer Kostenschätzung oder einer Kostenberechnung das Honorar zu vereinbaren, wenn der Architekt seine Leistungen erst erbringen soll. Die Lösung dieses Problems darf nicht darin liegen, dass der Architekt diese Leistungen zunächst ohne schriftlichen Vertrag erbringt, um die Honorarvereinbarung erst dann zu treffen, nachdem er die Kostenschätzung oder Kostenberechnung erarbeitet hat. (Scholtissek, F.-K. 2007)
514
19 Honorarordnung
Die in § 6 Abs. 2 vorgesehene Baukostenvereinbarung soll nur von Auftraggebern gefordert werden, wenn diese über die nötige Fachkenntnis verfügen. Sie ist für den privaten Bauherrn weniger geeignet, da er in der Regel die Angemessenheit der zu vereinbarenden Baukosten nicht beurteilen kann. An die Kostenplanung sind erheblich höhere Anforderungen zu stellen als bisher. -
Die Kostenvorgabe im Fall des Baukostenvereinbarungsmodells und die Kostenberechnung beim Baukostenberechnungsmodell müssen auf jeden Fall vollständig sein. Weiterhin ist die Kostenermittlung tiefer zu gliedern. Eine Kostenberechnung, die bis in die 3. Ebene gegliedert ist, wie es die Norm mindestens verlangt, ist nicht ausreichend.
-
Planungsziele und Planungsinhalte müssen vor dem Beginn der Objektplanung feststehen sowie auf ihre Machbarkeit und Angemessenheit geprüft sein.
-
Planungsänderungen, die praktisch immer Kostenänderungen nach sich ziehen, müssen nach klaren Regeln entschieden, hinsichtlich ihrer Auswirkungen bewertet und dokumentiert werden.
-
Die grundsätzlich unverzichtbare Kostenkontrolle muss in ihrer Struktur über alle Leistungsphasen durchgängig sein und besonders im Übergang von Planung zu Ausführung in regelmäßigen Abständen wiederholt werden.
Der höhere Aufwand bei der Kostenplanung ist nicht nur als Grundlage der Honorarvereinbarung nötig. Er dient zusätzlich der Kostensicherheit des Auftraggebers. Ob das damit verbundenen Mehr an Leistungen des Auftragnehmers zusätzlich vergütet wird, ist gesondert durch die Beteiligten zu regeln. Stundensatzvereinbarung (§ 6 HOAI a. F. und RifT)
In der bisherigen HOAI wurde mit § 6 Zeithonorar die Vergütung von Leistungen nach Zeitaufwand geregelt. Dieser Paragraph wurde ersatzlos gestrichen, „um den Planern mehr Flexibilität bei der Vertragsgestaltung zu ermöglichen.“ (Amtl. Begr. zu HOAI 2009-08, S. 144) „Die bisher in der HOAI geregelten Zeithonorare sind allgemein in der Praxis als wesentlich zu niedrig angesehen worden. Es wird das Marktgeschehen abzuwarten bleiben. Solange keine statistischen Werte vorliegen, lassen sich übliche Stundensätze noch nicht ausmachen. Mit der HOAI 2009 wird sich dies allerdings nicht ändern. Es kann erwartet werden, dass die Architekten- und Ingenieurkammern ebenso wie die Rechtsanwaltskammern wissenschaftlich belegte Daten aufgrund empirischer Umfragen künftig vorlegen werden, die Grundlage für die Festlegung für die Beurteilung üblicher Stundensätze sind. Angemessen sind je nach Aufgabenstellung Stundensätze jedenfalls von 100,00 € bis 300,00 €. Maßgebender Faktor ist die Anforderung der gestellten Leistung und die Qualifikation des Leistungserbringers.“ (Jochem, R. 2009, S. 312) Vergleiche hierzu das Kalkulationsschema von Frank Siegburg. (Siegburg, F. 2009) Bei der Diskussion um die Angemessenheit der Stundensätze ist zu beachten, dass die in § 6 HAOI a. F. enthaltenen Von-bis-Werte im Jahr 1995 festgelegt wurden. Seitdem ist der Lebenshaltungsindex (www.destatis.de) bis 2011 um 110,7 / 87,1 = 1,27, also um etwa ein Viertel gestiegen. Berücksichtigt man, dass die Stundensätze auch im Jahr 1995 als nicht ausreichend angesehen wurden, kann eine Anhebung bis zu 50 % vertreten werden (vgl. Abbildung 19.7).
19.3 Die Allgemeinen Vorschriften der Honorarordnung
515 HOAI:1996-01 HOAI:2002-01
Vorschlag des Verfassers 2010
Leistungen werden erbracht durch Auftragnehmer
38 – 82 €
60 – 120 €
Mitarbeiter, die technische oder wirtschaftliche Aufgaben erfüllen
36 – 59 €
55 – 90 €
Technische Zeichner oder sonstige Mitarbeiter mit vergleichbarer Qualifikation
31 – 43 €
45 – 65 €
Zeithonorare und Stundensätze
Abb. 19.7:
Zeithonorare nach HOAI und ein Vorschlag für Stundensätze ab 2010
Für die Vergütung von Leistungen freiberuflich Tätiger hat die Staatliche Vermögens- und Hochbauverwaltung Baden-Württemberg die Richtlinien (RifT) herausgegeben, die folgende Stundensätze enthalten (vgl. Abbildung 19.8). Sie werden von dieser vergleichbar dem § 6 HOAI a. F. für die Abrechnung nach Zeitaufwand herangezogen. Freiberuflich Tätige und Partner
Mitarbeiter
Gruppe I
Gruppe II
Gruppe III
z. B. Diplomingenieure Bautechniker
z. B. Technische Zeichner
i. d. R. 55.-- €
i. d. R. 43.-- €
i. d. R. 75.-- € Abb. 19.8:
RifT-Stundensätze
Leider ist die Mehrzahl der Architekten und Ingenieure mit der Angebotskalkulation nicht ausreichend vertraut. Die bisherigen Stundensätze bei Zeithonorar nach § 6 HOAI a. F. haben vielfach dazu verleitet, sie ohne die Überprüfung durch eine Kosten-Leistungs-Rechnung im Planungsbüro anzuwenden. Bonus-Malus-Regelung (§ 5 HOAI)
Unter Bonus-Malus-Regelung ist im Allgemeinen ein System zu verstehen, das mit positiven und negativen Anreizen das gewünschte Verhalten fördern und somit eine Steuerungsfunktion ausüben soll. Es gibt zum Beispiel seit einigen Jahren in Deutschland eine Bonus-MalusRegelung im Bereich der Arzneimittelverordnungen im Gesundheitswesen, beruhend auf dem Arzneimittelversorgungs-Wirtschaftlichkeitsgesetz (AVWG). Bisher enthielt § 5 Abs. 4a HOAI a. F. die Möglichkeit, für Kostenunterschreitungen ein Bonus-Honorar zu vereinbaren. Eine ähnliche Regelung wird in § 7 Abs. 7 S. 1 HOAI:2009-08 aufgenommen. Für Kostenunterschreitungen kann, wie bisher ein Bonus von bis zu 20 Prozent des Honorars schriftlich vereinbart werden. Neu ist, dass nun auch für Kostenüberschreitungen ein Malus-Honorar von bis zu 5 Prozent vereinbart werden kann. „Architekten sollten genau überdenken, ob sie im Einzelfall das Risiko einer solchen Malusabrede eingehen wollen.“ (Maibaum, Th. 2009, S. 31)
516
19 Honorarordnung
Die wirtschaftliche Planung von Bauwerken ist bereits in den Architektengesetzen der Länder verankert. Sollte von der Regelung dennoch Gebrauch gemacht werden, empfiehlt Prause folgende vertragliche Vereinbarung: „Für Kostenunterschreitungen, die unter Ausschöpfung technisch-wirtschaftlicher oder umweltverträglicher Lösungsmöglichkeiten zu einer Kostensenkung des nachstehend genannten Betrages um mehr als … % ohne Verminderung des vertraglich festgelegten Standards führen, erhält der Architekt ein Erfolgshonorar in Höhe von … % des vereinbarten Architektenhonorars. Maßstab für die Berechnung der Kostenunterschreitung ist ein Baukostenbetrag in Höhe von … EUR (netto) bezogen auf die Kostengruppen … der DIN 276-1.“ (Prause, M. 2009, S. 33) Die Verantwortung der Auftragnehmer für die Baukosten ist gegenüber dem Bauherrn größer geworden. „Positiv an der neuen Regelung ist sicherlich, dass Bauherr und Architekt bezüglich der Baukosten nun identische Interessen haben. Dies kann zusätzlich durch eine individuelle Baukostenvereinbarung unterstützt werden, die für den Fall der Baukostenunterschreitung (im Vergleich zur Kostenberechnung) einen Bonus für den Architekten vorsieht, für den Fall einer Überschreitung aber einen Malus, der geeignet ist, den Gewinnanteil des Honorars schnell aufzuzehren. Es gehört nicht viel Phantasie dazu, davon auszugehen, dass vor allem Bauherren auf solche Regelungen drängen werden, um den Architekten mehr als bisher in die Mitverantwortung für die Kosten zu nehmen.“ (Heintzenberg, J. 2009, S. 2) Die Gesamtkosten von Projekten und die oft nicht zu vermeidenden Kostenänderungen hängen von einer Vielzahl von Einflüssen ab. Die Ursache-Wirkungs-Beziehung der unterschiedlichen Parameter eines Projektes lediglich auf die Kosten zu fixieren ist allerdings zu einseitig. Bei Vereinbarung einer Bonus-Malus-Regelung stehen die Kosten eines Projektes vor allen anderen Projektzielen. Der Architekt oder Ingenieur hat in diesem Fall eines von vielen wichtigen Zielen zu favorisieren. Gelingt es den Auftragnehmern, die Anforderungen des Bauherrn zu erfüllen und sogar die Kostenvorgabe zu unterschreiten, haben diese über einen Bonus einen finanziellen Vorteil. Ob damit der Wirtschaftlichkeit des Objektes gedient ist, muss zusätzlich geklärt werden. Wird das Projekt teurer, müssen zunächst einmal die Ursachen festgestellt werden. Kosteneinflüsse wirken immer zu einem Teil von außen (extern). Das können unerwartete Preisentwicklungen auf dem Markt für Bauleistungen, witterungsbedingte oder von Firmen ausgelöste Störungen des Bauablaufs sein. Auch der Bauherr oder seine Nutzer lösen durch geänderte Bedarfsanforderungen Kostenerhöhungen aus. Eine Malus-Regelung kann sich für einen Architekten sehr nachteilig auswirken, wenn er die Änderungswünsche nicht richtig bewertet und die Folgen daraus nicht aufgezeigt hat. Anders verhält es sich, wenn er durch mangelnde Sorgfalt oder eigenmächtige Änderungen der Planung die Mehrkosten selbst verursacht hat.
19.3 Die Allgemeinen Vorschriften der Honorarordnung
517
Berechnung des Honorars in besonderen Fällen (§ 8 HOAI)
Es kommt vor, dass nicht das gesamte Leistungsbild, z. B. Objektplanung Gebäude, beauftragt oder erbracht wird oder dass Teilleistungen wiederholt werden. Grund kann sein, dass der Auftraggeber, z. B. ein öffentlicher Bauherr, Leistungen selbst erbringt und nur Teile des Leistungsbildes von einem freiberuflich tätigen Architekten benötigt, Einzelleistungen wiederholt werden, z. B. bei Änderung der Aufgabenstellung, oder ein Planungsvertrag vorzeitig gekündigt wird. Dann ergibt sich die Frage, wie Leistungsanteile zu bewerten sind, die nicht zu erbringen oder erbracht worden sind. Entsprechen die Leistungsanteile einzelnen Leistungsphasen, z. B. LP 9. Objektbetreuung und Dokumentation, die mit 3 v. H. des gesamten Leistungsbildes nach § 33 HOAI bewertet ist, ist das einfach. Handelt es sich aber um Teile einer Leistungsphase, sind diese im Einzelfall zu bewerten. Hierzu der Wortlaut der HOAI: „§ 8 Berechnung des Honorars in besonderen Fällen (1) Werden nicht alle Leistungsphasen eines Leistungsbildes übertragen, so dürfen nur die für die übertragenen Phasen vorgesehenen Prozentsätze berechnet und vertraglich vereinbart werden. (2) Werden nicht alle Leistungen einer Leistungsphase übertragen, so darf für die übertragenen Leistungen nur ein Honorar berechnet und vereinbart werden, das dem Anteil der übertragenen Leistungen an der gesamten Leistungsphase entspricht. Das Gleiche gilt, wenn wesentliche Teile von Leistungen dem Auftragnehmer nicht übertragen werden. Ein zusätzlicher Koordinierungs- und Einarbeitungsaufwand ist zu berücksichtigen.“ (HOAI:2009-08) 2.
Vorplanung (Projekt- und Planungsvorbereitung)
2.1 2.2 2.3 2.4 2.5 2.6 2.7 2.8 2.9 2.10
Analyse der Grundlagen Abstimmen der Zielvorstellungen (Randbedingungen, Zielkonflikte) Aufstellen eines planungsbezogenen Zielkatalogs (Programmziele) Erarbeiten eines Planungskonzeptes […] Integrieren der Leistungen anderer an der Planung fachlich Beteiligter Klären und Erläutern der wesentlichen städtebaulichen […] Vorverhandlungen mit Behörden und anderen an der Planung […] bei Freianlagen (hier nicht zutreffend) Kostenschätzung nach DIN 276 oder […] Zusammenstellen aller Vorplanungsergebnisse
1,0 – 1,5 0,4 – 1,0 0,8 – 1,0 0,1 – 0,5
volle Leistung
7,0
Abb. 19.9:
v. H.
0,2 – 0,6 0,2 – 0,3 2,8 – 3,5
Bewertung von Teilleistungen § 33 HOAI:2009-08 nach Siemon
(Siemon, K.-D.: http://www.architektenhonorar.de/index.php?page=tabelle15)
Für die Bewertung gibt es keine allgemein gültige Grundlage. Im November 1980 erschien in „Der Gemeindebrief“ die später nach dem Verfasser Herbert Steinfort benannte Steinforttabelle. Sie enthält eine Prozentbewertung von Teilleistungen des Leistungsbildes Objektplanung für Gebäude, Freianlagen und raumbildende Ausbauten nach § 15 HOAI:1977-01. Die Tabelle hat keinen normativen oder Rechtscharakter.
518
19 Honorarordnung
Allerdings hat der Bundesgerichtshof vor einigen Jahren festgestellt: Für die Bewertung nicht erbrachter Architektenleistungen eignen sich die Steinfort-Tabelle oder andere Bewertungstabellen als Orientierungshilfe. (BGH, Urteil vom 16.12.2004, Az. VII ZR 174/03) Abbildung 19.9 zeigt eine aktualisierte Fassung der Steinfort-Tabelle für LP 2 § 33 HOAI:2009-08 von Siemon. Mehrere Vorentwurfs- oder Entwurfsplanungen (§ 10 HOAI)
Voraussetzung einer Objektplanung soll eine zwischen dem Architekten und dem Auftraggeber abgestimmte Aufgabenstellung sein. Hierzu gehören mindestens die Festlegung des Baugrundstücks, die Art der Nutzung und dazu das Raum- und Funktionsprogramm sowie ein Kosten- und ein Terminrahmen als Ergebnisse der Leistungsphase 1. Grundlagenermittlung. Zur Vorplanung des Architekten gehört das „Erarbeiten eines Planungskonzepts einschließlich Untersuchung der alternativen Lösungsmöglichkeiten nach gleichen Anforderungen […]“ (HOAI:2009-08, Anlage 11 zu den §§ 33 und 38 Abs. 2). Darin sind jedoch keine zusätzlichen Vorentwurfs- und Entwurfsplanungen nach grundsätzlich verschiedenen Anforderungen enthalten. Um dem damit verbundenen erhöhten Aufwand Rechnung zu tragen, bestimmt die Verordnung Folgendes sowohl für die Vorplanung als auch die Entwurfsplanung: „§ 10 Mehrere Vorentwurfs- oder Entwurfsplanungen Werden auf Veranlassung des Auftraggebers mehrere Vorentwurfs- oder Entwurfsplanungen für dasselbe Objekt nach grundsätzlich verschiedenen Anforderungen gefertigt, so sind für die vollständige Vorentwurfs- oder Entwurfsplanung die vollen Prozentsätze dieser Leistungsphasen nach § 3 Abs. 4 vertraglich zu vereinbaren. Bei der Berechnung des Honorars für jede weitere Vor- oder Entwurfsplanung sind die anteiligen Prozentsätze der entsprechenden Leistungen vertraglich zu vereinbaren.“ (HOAI:2008-08) Der § 10 HOAI n. F. ersetzt § 20 HOAI a. F., dabei ist die Minderung „für jede andere Voroder Entwurfsplanung (um) die Hälfte dieser Vomhundertsätze“ entfallen. Hierzu führt Morlock aus: „Hinsichtlich der Abgrenzung gleicher Anforderungen zu „grundsätzlich verschiedenen“ ist auf die Rechtsprechung zu § 20 HOAI alter Fassung zu verweisen. Danach wird unterschieden zwischen Planungen nach gleichen Anforderungen und solchen Wiederholungsplanungen, die in Bezug auf die gestellte Aufgabe „eine eigenständige geistige Lösung“ darstellen. Planungen nach gleichen Anforderungen sind z. B. Varianten, die im Rahmen der Vorplanung im Grundleistungshonorar enthalten sind. Eine Variante nach „gleichen Anforderungen“ liegt in der Regel dann vor, wenn sie gleiche konstruktive, gestalterische, funktionale und wirtschaftliche Merkmale aufweist, die Größenordnungen und das Volumen im Wesentlichen gleich sind. Dagegen liegen „grundsätzlich verschiedene Anforderungen“ bei Wiederholungsplanungen vor, die in Bezug auf die gestellte Aufgabe „eine eigenständige geistige Lösung“ darstellen. Das gilt zum Beispiel, wenn das neue Leistungsziel durch geänderte Nutzung, wesentliche Konstruktionsänderungen oder ein verändertes Raum- bzw. Funktionsprogramm bestimmt ist. Um eine solche Wiederholungsplanung handelt es sich etwa, wenn zuerst eine Arztpraxis geplant ist, danach eine Umplanung für Filialen der Post und der Volksbank erfolgt (OLG Düsseldorf, IBR 2000, 504).“ (Morlock, A. 2010, S. 28 )
19.3 Die Allgemeinen Vorschriften der Honorarordnung
519
Auftrag für mehrere Objekte (§ 11 HOAI)
Der § 11 HOAI n. F. entspricht der Regelung des § 22 HOAI a. F. und gilt nicht nur für die Objektplanung, sondern auch für die Fachplanungen. „§ 11 Auftrag für mehrere Objekte (1) Umfasst ein Auftrag mehrere Objekte, so sind die Honorare vorbehaltlich der folgenden Absätze für jedes Objekt getrennt zu berechnen. Dies gilt nicht für Objekte mit weitgehend vergleichbaren Objektbedingungen derselben Honorarzone, die im zeitlichen und örtlichen Zusammenhang als Teil einer Gesamtmaßnahme geplant, betrieben und genutzt werden. Das Honorar ist dann nach der Summe der anrechenbaren Kosten zu berechnen. (2) Umfasst ein Auftrag mehrere im Wesentlichen gleichartige Objekte, die im zeitlichen oder örtlichen Zusammenhang unter gleichen baulichen Verhältnissen geplant und errichtet werden sollen, oder Objekte nach Typenplanung oder Serienbauten, so sind für die erste bis vierte Wiederholung die Prozentsätze der Leistungsphase 1 bis 7 um 50 Prozent, von der fünften bis siebten Wiederholung um 60 Prozent und ab der achten Wiederholung um 90 Prozent zu mindern. (3) Umfasst ein Auftrag Leistungen, die bereits Gegenstand eines anderen Auftrags zwischen den Vertragsparteien waren, so findet Absatz 2 für die Prozentsätze der beauftragten Leistungsphasen in Bezug auf den neuen Auftrag auch dann Anwendung, wenn die Leistungen nicht im zeitlichen oder örtlichen Zusammenhang erbracht werden sollen.“ (HOAI:2009-08) Beispiele für gleiche oder im Wesentlichen gleichartige Objekte (vgl. § 11 Abs. 2) können spiegelgleiche Gebäude, z. B. zwei Doppelhaushälften, Serienbauten oder Objekte nach einer Typenplanung sein. Als Serienbauten gelten Gebäude, die nach einem im Wesentlichen gleichen Entwurf ausgeführt werden, z. B. Reihenhäuser. Mit gleichen baulichen Bedingungen sind zum Beispiel der Baugrund und die räumliche Umgebung angesprochen. Im Unterschied zu § 11 Absatz 1 Satz 1 wird man nach Weber von einer einheitlichen Honorarberechnung für mehrere Objekte durch Addition der anrechenbaren Kosten (vgl. § 11 Abs. 1 Satz 2) nur nach folgender Faustformel ausgehen können, „wenn -
mehrere Objekte der gleichen Honorarzone unterliegen
-
die Funktion der Objekte die gleiche ist
-
Baugrund und Anforderungen an die Einordnung in die räumliche Umgebung zumindest vergleichbar sind
-
keine wesentlichen Unterschiede bei Grundriss, Tragwerk, Ausrüstung und Ausstattung vorliegen.“. (Weber, F. 2010 , S. 9) Die Abminderung bezieht sich auf die Leistungsphasen 1 bis 7, nicht jedoch auf die Leistungsphasen 8. Objektüberwachung (Bauüberwachung) während des materiellen Herstellungsprozesses des Objekts sowie 9. Objektbetreuung und Dokumentation, welche insbesondere hinsichtlich der Mängelbeseitigung für den Architekten mit einem sehr hohen Zeitaufwand verbunden ist.
520
19 Honorarordnung
Interpolation (§ 13 HOAI)
Die Honorartafeln enthalten Von-bis-Werte der anrechenbaren Kosten, z. B. enthält die Honorartafel zu § 34 Absatz 1 Gebäude und raumbildende Ausbauten anrechenbare Kosten ab 25.565 € bis 25.564.594 € mit 27 Zwischenwerten. „§ 13 Interpolation Die Mindest- und Höchstsätze für Zwischenstufen der in den Honorartafeln angegebenen anrechenbaren Kosten, Werte und Verrechnungseinheiten sind durch lineare Interpolation zu ermitteln.“ (HOAI:2009-08) Die Formel für die lineare Interpolation innerhalb der Honorartafel lautet: H =
H N + (H H - H N) x (AK - AK N) / (AK H - AK N)
H=
Honorar für die zugrunde zu legenden anrechenbaren Verrechnungseinheiten
HN =
Honorar für den nächst niedrigeren in der Honorartafel angegebenen Wert der anrechenbaren Verrechnungseinheiten
HH=
Honorar für den nächst höheren in der Honorartafel angegebenen Wert der anrechenbaren Verrechnungseinheiten
AK =
zugrunde zu legende anrechenbare Kosten
AK N = nächst niedriger in der Honorartafel angegebener Wert der anrechenbaren Kosten AK H =
nächst höherer in der Honorartafel angegebener Wert der anrechenbaren Kosten
Die Ermittlung des Honorars mit Hilfe der Honorartafel erfolgt auf Grundlage der anrechenbaren Kosten (AK), z. B. 480.000 €. Der Betrag entspricht in diesem Fall nicht einem der in der Tafel angegebenen Werte, sondern liegt zwischen dem nächst niedrigeren in der Honorartafel angegebenem Wert der anrechenbaren Kosten (AKN), z. B. 450.000 €, und dem nächst höheren in der Honorartafel angegebenem Wert der anrechenbaren Kosten (AKH), in diesem Fall 500.000 €. Es wurden Honorarzone III und der Mindestsatz vereinbart. Die Differenz zwischen den Tafelwerten entspricht dem Honorarsprung zwischen dem Mindest- oder Höchstsatz des nächst niedrigeren und dem Mindest- oder Höchstsatz des nächst höheren Tafelwertes. Daraus wird die Differenz des Honorars zwischen dem Mindestsatz (HN) und dem Honorar für die zugrunde zu legenden anrechenbaren Verrechnungseinheiten (H) errechnet. H = H N + (H H - H N) x (AK - AK N) / (AK H - AK N) H = 41.362 € + (44.243 € - 41.362) x (480.000 € - 450.000 €) / (500.000 € - 450.000 €) H = 41.362 € + 2.881 € x 30.000 € / 50.000 € H = 41.362 € + 1.729 € H = 43.091 € Der Honoraranspruch beträgt bei anrechenbaren Kosten von 480.000 €, Honorarzone III und Mindestsatz 43.091 € (netto). Es ist die gesetzliche Umsatzsteuer hinzuzurechnen.
19.3 Die Allgemeinen Vorschriften der Honorarordnung
521
Nebenkosten (§ 14 HOAI)
Bei Architekten- und Ingenieurleistungen, für die das Honorar nach der Verordnung ermittelt wird, fallen weitere Aufwendungen an, die unter dem Begriff Nebenkosten zusammengefasst werden. „§ 14 Nebenkosten (1) Die bei der Ausführung des Auftrags entstehenden Nebenkosten des Auftragnehmers können, soweit sie erforderlich sind, abzüglich der nach § 15 Absatz 1 des Umsatzsteuergesetzes abziehbaren Vorsteuern neben den Honoraren dieser Verordnung berechnet werden. Die Vertragsparteien können bei Auftragserteilung schriftlich vereinbaren, dass abweichend von Satz 1 eine Erstattung ganz oder teilweise ausgeschlossen ist. (2) Zu den Nebenkosten gehören insbesondere: 1. Versandkosten, Kosten für Datenübertragungen, 2. Kosten für Vervielfältigungen von Zeichnungen und schriftlichen Unterlagen sowie Anfertigung von Filmen und Fotos, 3. Kosten für ein Baustellenbüro einschließlich der Einrichtung, Beleuchtung und Beheizung, 4. Fahrtkosten für Reisen, die über einen Umkreis von 15 km um den Geschäftssitz des Auftragnehmers hinausgehen […], 5. Trennungsentschädigungen und Kosten für Familienheimfahrten […], 6. Entschädigungen für den sonstigen Aufwand bei längeren Reisen nach Nummer 4 […], 7. Entgelte für nicht dem Auftragnehmer obliegende Leistungen, die von ihm im Einvernehmen mit dem Auftraggeber Dritten übertragen worden sind. (3) Nebenkosten können pauschal oder nach Einzelnachweis abgerechnet werden. Sie sind nach Einzelnachweis abzurechnen, sofern bei Auftragserteilung keine pauschale Abrechnung schriftlich vereinbart worden ist.“(HOAI:2009-08) Eine Pauschalierung der Nebenkosten soll nur dann erfolgen, wenn die zu erwartenden Aufwendungen, vor allem für Vervielfältigungen und Reisen, gering sind und die Abrechnung per Einzelnachweisen einen verhältnismäßig hohen Verwaltungsaufwand verursacht. Die Höhe einer Kostenpauschale liegt in solchen Fällen zwischen 2 und 8 Prozent, meist 4 bis 6 Prozent, des eigentlichen Architekten- oder Ingenieurhonorars. Eine schriftliche Vereinbarung der Nebenkostenerstattung ist in jedem Fall anzuraten. Werden die Nebenkosten im Vertrag pauschaliert, sollen der Umfang und die Dauer der darin enthaltenen Leistungen beschrieben werden. -
Anzahl der Originale, Kopien oder Datenträger von Planungen, Berichten sowie sonstiger schriftlicher Unterlagen
-
Anzahl der Fahrten zu Besprechungen, Behörden und Baustelle bei größerer Entfernung (pro Monat, Leistungsphase oder die gesamte Vertragsdauer, gegebenenfalls Angabe der Kilometerleistung gesamt)
-
Regelung für den Fall der Verlängerung der Projektdauer oder bei Änderung der Planung (alternative Aufgabenstellung)
Nachträglich vorgebrachte Forderungen, insbesondere bei unvollständigen Belegen oder anderer Form des Nachweises, z. B. Kilometerleistungen, sind schwierig und oft erfolglos.
522
19 Honorarordnung
Zahlungen (§ 15 HOAI)
Die Leistungen des Architekten, die er im Rahmen eines Auftrags mit allen Leistungsphasen erbringt, erstrecken sich in der Regel über mehrere Jahre. In dieser Zeit fallen Personal- und Sachkosten an, deren Finanzierung er sicherzustellen hat. Deswegen ist mit Vertragsschluss zu regeln, auf welcher Grundlage dem Auftraggeber Rechnungen vorgelegt werden können. Eine prüffähige Honorarschlussrechnung kann, wenn nichts anderes vereinbart wurde, erst nach Abschluss der Leistungsphase 9. Objektüberwachung und Dokumentation, also mehrere Jahre nach der Abnahme und Übergabe des Objekts erfolgen. Die Regelung von Abschlagsrechnungen ist deshalb für die Liquidität des Auftragnehmers unverzichtbar. Deshalb enthält § 15 HOAI die entsprechenden Hinweise. „§ 15 Zahlungen (1) Das Honorar wird fällig, soweit nichts anderes vertraglich vereinbart ist, wenn die Leistung vertragsgemäß erbracht und eine prüffähige Honorarschlussrechnung überreicht worden ist. (2) Abschlagszahlungen können zu den vereinbarten Zeitpunkten oder in angemessenen zeitlichen Abständen für nachgewiesene Leistungen gefordert werden. (3) Die Nebenkosten sind auf Nachweis fällig, sofern bei Auftragserteilung nicht etwas anderes vereinbart worden ist. (4) Andere Zahlungsweisen können schriftlich vereinbart werden.“ (HOAI:2009-08) Diese Regelung ergänzt § 641 [Fälligkeit der Vergütung] und § 646 [Vollendung statt Abnahme] im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB). Hier auszugsweise der Wortlaut: „§ 641 Fälligkeit der Vergütung (1) Die Vergütung ist bei der Abnahme des Werkes zu entrichten. Ist das Werk in Teilen abzunehmen und die Vergütung für die einzelnen Teile bestimmt, so ist die Vergütung für jeden Teil bei dessen Abnahme zu entrichten. […].“ (BGB 2009) Die Bestimmung der Vollendung von Teilen des Werkes ist bei den planerischen Leistungen (LP 1 - 4), den die Ausführung vorbereitenden Leistungen (LP 5 - 7), den die Ausführung überwachenden Leistungen (LP 8) und der Objektbetreuung (LP 9) nicht in gleicher Weise ohne weiteres möglich. Grundlage von Abschlagsrechnungen sollen deshalb vorzugsweise definierte Teilleistungen sein, die sich an Leistungsphasen orientieren. Werden z. B. eine abgeschlossene Vorplanung (LP 2) oder Entwurfsplanung (LP 3) als Grundlage einer Rechnungsstellung vereinbart, so kann der Architekt diese verhältnismäßig einfach nachweisen und zeitnah mit Einnahmen rechnen. Andere Leistungsphasen erstrecken sich jedoch meist über längere Zeiträume und überschneiden sich im Ablauf. Allein die Objektüberwachung (LP 8) dauert schon bei Einund Zweifamilienhäusern wenigstens ein halbes Jahr, oft wesentlich länger. Für die auf die Ausführung bezogenen Leistungsphasen (LP 5 - 8) soll auf der Grundlage einer entsprechenden Grobablaufplanung die Rechnungsstellung z. B. monatlich vereinbart werden. Dabei soll der Leistungseinsatz des Architekten erkennbar sein.
19.3 Die Allgemeinen Vorschriften der Honorarordnung
523
Eine frühzeitige differenzierte Terminplanung für das Bauvorhaben, eine Kapazitätsplanung für das Planungsbüro, eine zumindest überschlägige Honorarermittlung sowie die Definition der Leistungsnachweise sind für den Zahlungsplan eine notwendige Voraussetzung. Umsatzsteuer (§ 16 HOAI)
Kostenwerte und Kostenermittlungen im Bauwesen, z. B. eine Kostenberechnung, können grundsätzlich mit Umsatzsteuer (Brutto-Angabe) oder ohne (Netto-Angabe) aufgestellt werden (DIN 276-1:2008-12). Hierzu ist im Einzelfall eine Angabe bezüglich der Umsatzsteuer unverzichtbar. Für den privaten oder gewerblichen Bauherrn ist die Umsatzsteuer Bestandteil der Baukosten, die er finanzieren muss. Ebenso ist der Architekt mit seinem Planungsbüro umsatzsteuerpflichtig, in den Honorarrechnungen ist deswegen die Umsatzsteuer enthalten und gesondert auszuweisen. Hierzu heißt es in der Verordnung: „§ 16 Umsatzsteuer (1) Der Auftragnehmer hat Anspruch auf Ersatz der gesetzlich geschuldeten Umsatzsteuer für nach dieser Verordnung abrechenbare Leistungen, sofern nicht die Kleinunternehmerregelung nach § 19 des Umsatzsteuergesetzes angewendet wird. Satz 1 gilt auch hinsichtlich der um die nach § 15 des Umsatzsteuergesetzes abziehbare Vorsteuer gekürzten Nebenkosten, die nach § 14 dieser Verordnung weiterberechenbar sind. (2) Auslagen gehören nicht zum Entgelt für die Leistung des Auftragnehmers. Sie sind als durchlaufende Posten im umsatzsteuerrechtlichen Sinn einschließlich einer gegebenenfalls enthaltenen Umsatzsteuer weiter zu berechnen.“ (HOAI:2009-08) Nach § 16 (2) HOAI:2009-08 ist die auf die Kosten von Objekten entfallende Umsatzsteuer nicht Bestandteil der anrechenbaren Kosten, denn derartige Auslagen sind „als durchlaufende Posten im umsatzsteuerrechtlichen Sinn einschließlich einer gegebenenfalls enthaltenen Umsatzsteuer weiter zu berechnen.“ Die Umsatzsteuer, häufig auch als Mehrwertsteuer bezeichnet, ist in Deutschland nach der Einkommen- und Lohnsteuer die vom Aufkommen her wichtigste Steuer. Ausschließlich Unternehmen, also auch selbständige Architekten und Ingenieure, sind dazu verpflichtet, Umsatzsteuer abzuführen. Der Steuersatz der Umsatzsteuer beträgt seit dem 01. Januar 2007 im Allgemeinen 19 %, also auch auf Architekten- und Ingenieurleistungen. Daneben gibt es einen ermäßigten Steuersatz für einzelne Leistungen und Produkte, der sich auf 7 % beläuft. Bei den Sachkosten des Architekten, insbesondere den Nebenkosten im Sinn des § 14 HOAI, ist darauf zu achten, dass die unterschiedliche Höhe der Umsatzsteuer richtig ausgewiesen wird. Folgende Aufwendungen fallen beispielsweise beim Architekten an: -
Arbeitsmittel, z. B. Vervielfältigungen von Zeichnungen und Berichten Reisen mit der Deutschen Bahn Beherbergungsleistungen, z. B. Hotelübernachtungen, (erst seit 01.01.2010) Öffentlicher Nahverkehr, z. B. Straßenbahn, und Taxifahrten
19 Prozent 19 Prozent 7 Prozent 7 Prozent.
Ermittelt der Architekt die anrechenbaren Kosten für die Honorarermittlung, muss er die Umsatzsteuer, soweit sie in der Kostenermittlung enthalten ist, aus dieser heraus rechnen: Brutto-Angabe x 100/119 = Netto-Angabe.
524
19 Honorarordnung
Beim ermäßigten Steuersatz tritt an die Stelle von 119 der Wert 107. Dem Netto-Honorar, sei es nach Aufwand und Stundensatz oder nach Leistungsbild, Honorartafel und Leistungsphasen ist die Umsatzsteuer hinzuzurechnen: Netto-Angabe x 119/100 = Brutto-Angabe. Die Hinweise sind erforderlich, weil Umsatzsteuerberechnungen oft falsch gemacht werden.
19.4
Ausgewählte Leistungsbilder der Objektplanung
Das Leistungsbild Gebäude und raumbildende Ausbauten im § 33 HOAI:2009-08 umfasst Leistungen für Neubauten, Neuanlagen, Wiederaufbauten, Erweiterungsbauten, Umbauten, Modernisierungen, raumbildende Ausbauten, Instandhaltungen und Instandsetzungen. Das gilt für das Leistungsbild Freianlagen nach § 38 HOAI entsprechend. Besondere Grundlagen - Anrechenbarkeit (§ 32 HOAI)
So wichtig wie die Ermittlung der anrechenbaren Kosten für die Honorarermittlung ist, so ärgerlich war es, dass bis zur letzten Novellierung die bis dahin gültige HOAI:1996-01 in § 10 Grundlagen des Honorars auf eine alte Fassung der DIN Norm Bezug genommen hat: „(2) Anrechenbare Kosten sind unter Zugrundelegung der Kostenermittlungsarten nach DIN 276 in der Fassung vom April 1981 (DIN 276) zu ermitteln.“ (HOAI:1996-01) Die Ermittlung der anrechenbaren Kosten für die Honorarermittlung war, wenn die DIN 276:1993-06, Kosten im Hochbau, angewendet wurde, sehr mühsam. Vor allem die Gliederung der Kostengruppe 400 Bauwerk – Technische Anlagen, vorher Kosten für Installationen, zentrale Betriebstechnik und betriebliche Einbauten nach DIN 276:1981-04 mit den Kostengruppen 3.2 bis 3.4 und 3.5.2 bis 3.5.4, hatte sich den technischen Entwicklungen folgend grundlegend geändert. Die Koordination der Beiträge der an der Planung fachlich Beteiligten im Bereich der technischen Anlagen durch den Objektplaner fand durch § 10 (4) HOAI:1996-01 bei der Ermittlung dessen Vergütung ihre Berücksichtigung. Sie findet sich in HOAI:2009-08 in § 32 Besondere Grundlagen des Honorars wieder. Zur neuen HOAI führt Jochem aus: „Die für die Honorarermittlung anrechenbaren Kosten sind stets Bestandteil der Baukosten. Welche honorarfähig sind, ist je nach Planungsgegenstand unterschiedlich. Eine Darstellung der anrechenbaren Kosten nach der längst überholten DIN 276 in der Fassung 1981, wie es die HOAI 1996 noch verlangt hat, ist aufgegeben. Es ist künftig nicht mehr erforderlich, dass die anrechenbaren Kosten nach DIN 276 gegliedert sind. Sie können vielmehr nach fachlich allgemein anerkannten Regeln der Technik, nach Verwaltungsvorschriften (Kostenvorschriften) oder auch nach der DIN 276 gängigen Fassung und bei Fortschreibung der DIN 276 auch künftiger Fassungen aufgestellt werden. (Jochem, R. 2009, S. 308)
19.4 Ausgewählte Leistungsbilder der Objektplanung
525
„§ 32 Besondere Grundlagen des Honorars (1) Anrechenbar sind für Leistungen bei Gebäuden und raumbildenden Ausbauten die Kosten der Baukonstruktion. (2) Anrechenbar für Leistungen bei Gebäuden und raumbildenden Ausbauten sind auch die Kosten für Technische Anlagen, die der Auftragnehmer nicht fachlich plant oder deren Ausführung er nicht fachlich überwacht, 1. vollständig bis zu 25 Prozent der sonstigen anrechenbaren Kosten und 2. zur Hälfte mit dem 25 Prozent der sonstigen anrechenbaren Kosten übersteigenden Betrag. (3) Nicht anrechenbar sind insbesondere die Kosten für das Herrichten, die nicht öffentliche Erschließung sowie Leistungen für Ausstattung und Kunstwerke, soweit der Auftragnehmer sie nicht plant, bei der Beschaffung mitwirkt oder ihre Ausführung oder ihren Einbau fachlich überwacht.“ (HOAI:2009-08) Zu § 32 Besondere Grundlagen des Honorars stellt Eich die anrechenbaren Kosten der Objektplanung Gebäude und raumbildende Ausbauten übersichtlich dar (vgl. Abbildung 19.10). Er beantwortet damit die Frage, welche Kosten und Kostenbestandteile wann und wie zu den anrechenbaren Kosten zählen. Im Einzelfall ist zu berücksichtigen, dass Eigenleistungen gemäß § 4 (2) HOAI zu marktüblichen Preisen zu bewerten sind. Das können Eigenleistungen und Eigenlieferungen des Auftraggebers, nicht übliche Vergünstigungen, Lieferungen oder Leistungen in Gegenrechnung, vorhandene Baustoffe oder Bauteile sein. Eich bezeichnet diese als fiktive Kosten (E). Mit der Novellierung der HOAI hat sich die Streitfrage erledigt, ob nur von einer prüffähigen Honorarrechnung gesprochen werden kann, wenn die Kostenermittlung für die anrechenbaren Kosten nach DIN 276 in der Fassung 1981 dargestellt wurde. Außerdem ist inzwischen DIN 276-4:2009-08, Kosten im Bauwesen – Teil 4: Ingenieurbau, in Kraft getreten. Grundlage ist die bekannte DIN 276-1:2008-12; Kosten im Bauwesen. Der neue Teil Ingenieurbau beschränkt sich auf die spezifischen Festlegungen zum Ingenieurbau. Er gilt für Ingenieurbauwerke sowie Verkehrsanlagen und regelt die Gliederung deren Bauwerkskosten. Im Bereich der anrechenbaren Kosten haben sich für den Objektplaner (Gebäude, Ingenieurbauwerke, Verkehrsanlagen) und für die Fachlich Beteiligten (Technische Anlagen, Tragwerkplanung) Änderungen bei den anrechenbaren Kosten ergeben (vgl. Abbildung 19.11). Bei den Baukonstruktionen (KG 300) sind einige honorarrelevante Änderungen vorgenommen worden. So ist der Ansatz für Baukonstruktive Einbauten (KG 370) jetzt Bestandteil der unbeschränkt anrechenbaren Kosten. In der HOAI a. F. waren die vergleichbaren Kosten (KG 3.4) beschränkt anrechenbar. Die Fragen zu Baureinigungskosten und Materialentsorgungskosten, z. B. beim Bauen im Bestand mit Abbrucharbeiten, sind nach der neuen HOAI ebenfalls einfacher zu lösen. Diese Kosten sind Bestandteil der anrechenbaren Kosten. Die mit der HOAI 2009 geänderten Grundlagen zur Ermittlung der anrechenbaren Kosten sind uneingeschränkt zu begrüßen. Grundsätzlich ist die bei Vertragsschluss geltende Fassung der DIN 276 anzuwenden. Die in der Vergangenheit notwendige Konvertierung der Kostengruppen von zuletzt DIN 276:2008-12 auf die Systematik der Norm von 1981 entfällt.
526
19 Honorarordnung
HOAI
KoGr.
Bezeichnung
wie anrechenbar
F
100
Grundstück
grundsätzlich nicht
§ 32 (3) C
210
Herrichten
bedingt, aber wenn ja, dann voll
F
220
öffentliche Erschließung
grundsätzlich nicht
§ 32 (3) C
230
nicht öffentliche Erschließung
bedingt, aber wenn ja, dann voll
F
240
Ausgleichsabgaben
grundsätzlich nicht
F
250
Übergangsmaßnahmen
grundsätzlich nicht
§ 32 (1) A
300
Baukonstruktionen
immer, und immer voll
§ 32 (2) B
400
Technische Anlagen
immer, aber ggf. voll, ggf. gemindert
§ 32 (4) D
500
Außenanlagen
wenn < 7.500 € ja wenn ≥ 7.500 € nein
§ 32 (3) C
610
Ausstattung
bedingt, aber wenn ja, dann voll
§ 32 (3) C
620
Kunstwerke
bedingt, aber wenn ja, dann voll
F
700
Baunebenkosten
grundsätzlich nicht
§ 4 (1)
F
Mehrwertsteueranteile
grundsätzlich nicht
§ 4 (2)
E
Eigenleistungen o. -lieferungen des Auftraggebers
zu ortsüblichen Preisen
§ 4 (2)
E
nicht übliche Vergünstigungen
zu ortsüblichen Preisen
§ 4 (2)
E
Lieferungen und Leistungen in Gegenrechnung
zu ortsüblichen Preisen
§ 4 (2)
E
Einbau vorhandener Baustoffe oder Bauteile
zu ortsüblichen Preisen
Legende:
A: B: C: D: E: F:
immer und immer voll anrechenbar immer, aber ggf. voll, ggf. gemindert anrechenbar bedingt anrechenbar, aber wenn ja, dann voll unter bestimmten Voraussetzungen voll oder nicht anrechenbar fallen nicht direkt an, sind aber als fiktive Kosten anrechenbar grundsätzlich nicht anrechenbar
Abb. 19.10: Welche Kosten sind wann und wie anrechenbar? (Eich, R. 2009, S. 61bis 62)
Das betrifft zum Beispiel § 10 Abs. 4 HOAI a. F. Die Honorarermittlung und die Erstellung einer prüffähigen Rechnung werden vereinfacht und für den Auftraggeber transparent. Für den Auftragnehmer entfällt unnötiger Aufwand. Es sind jetzt weniger Streitfälle über formale Fragen der Honorarabrechnung zu erwarten. Da die Leistungsinhalte des Architekten- und Ingenieurvertrages in Zukunft genauer zu beschreiben sind, ist eine angemessene Vergütung zu erhoffen.
19.4 Ausgewählte Leistungsbilder der Objektplanung
527
Die Kostenberechnung im Leistungsbild Objektplanung Gebäude und raumbildender Ausbau wird gemäß § 32 HOAI unterteilt in: 1. Stets anrechenbare Kosten nach § 32 Abs. 1 HOAI: Kosten der Baukonstruktionen, dies entspricht der Kostengruppe 300 nach DIN 276-1:2008-12 2. Beschränkt anrechenbare Kosten nach § 32 Abs. 2 HOAI: Kosten für Technische Anlagen, dies entspricht der Kostengruppe 400 nach DIN 276-1:2008-12 3. Bedingt anrechenbare Kosten nach § 32 Abs. 3 HOAI: dies entspricht den Kostengruppen 200 und 600 nach DIN 276-1:2008-12 Bezeichnung
KG
anrechenbar
HOAI
Herrichten des Grundstücks
210
bedingt
§32 (3)
Altlastenbeseitigung
213
bedingt
§32 (3)
z. B. auf dem Baufeld
Roden von Bewuchs
214
bedingt
§32 (3)
zur Baureifmachung
Baugrundverbesserung
310/320
anrechenbar
§32 (1)
z. B. Bodenaustausch
Wasserhaltung Baugrube
313
anrechenbar
§32 (1)
Baukonstruktive Einbauten
370
anrechenbar
§32 (1)
Materialentsorgung
396
anrechenbar
§32 (1)
Baureinigung vor Inbetriebnahme
397
anrechenbar
§32 (1)
z. B. Bauschlussreinigung
prov. Baukonstruktionen
398
anrechenbar
§32 (1)
z. B. Schutzmaßnahmen
ortsfeste Beleuchtung
445
beschränkt
§32 (2)
470
beschränkt
§32 (2)
Medienversorgung, z. B. Druckluft in Laboren Nutzungsspezifische Anlagen
470
beschränkt
§32 (2)
Waschanlagen an Tankstellen
479
beschränkt
§32 (2)
Krananlagen
465
beschränkt
§32 (2)
Hebebühnen
465
beschränkt
§32 (2)
ortsfeste medizinische Anlagen 474
beschränkt
§32 (2)
ortsfeste labortechnische Anlagen
474
beschränkt
§32 (2)
Datenübertragungsnetze
485
beschränkt
§32 (2)
Photovoltaikanlagen
442
beschränkt
§32 (2)
Werbeanlagen, Hinweistafeln, Schilder
619
bedingt
§32 (3)
Abb. 19.11: Änderungen bei anrechenbaren Kosten nach HOAI:2009-08 (http://www.vordruckverlag.de, am 12.04.2011)
Hinweise
z. B. Tresen einer Bank
im Gebäude
528
19 Honorarordnung
Welche Kostenberechnung gilt im Zweifelsfall für die Honorarermittlung? „Es gilt nur die vom Architekten im Rahmen der beauftragten Leistungen im Rahmen der Entwurfsplanung erstellte Kostenberechnung. Da sie neben der Entwurfsplanung die Grundlage für die weiteren Planungsleistungen und die Honorarermittlung ist, muss sie mit dem Bauherrn besprochen werden. Um sicherzustellen, dass sie vom Bauherrn zur Kenntnis genommen und akzeptiert ist, sollte man sich den Empfang der Kostenberechnung vom Bauherrn bestätigen lassen. Um Auseinandersetzungen über die Höhe der Kostenberechnung und des damit verbundenen Honorars zu vermeiden, ist die frühzeitige Absteckung des Kostenrahmens [ … ] von entscheidender Bedeutung.“ (Post, R. u. a. 2010, S. 35) Leistungsbild Gebäude und raumbildender Ausbau, Freianlagen (§§ 32 und 38 HOAI)
Die Honorarordnung gliedert einheitlich für alle enthaltenen Leistungsbilder in die in Abbildung 19.12 angeführten neun Leistungsphasen. Sie wurden hinsichtlich der Struktur sowie der in den einzelnen Leistungsphasen enthaltenen Teilleistungen aus der alten Fassung übernommen. Deren Überprüfung und Weiterentwicklung soll Gegenstand der anstehenden 7. Änderungsnovelle (im Jahr 20XX) sein. Die Leistungsphasen werden in Prozentsätzen der Honorare je nach Leistungsbild unterschiedlich bewertet. Die in Abbildung 19.12 angegebenen Vomhundertsätze gelten einerseits für das Leistungsbild Objektplanung Gebäude und raumbildende Ausbauten (vgl. § 33 HOAI) sowie andererseits für das Leistungsbild Freianlagen (vgl. § 38 HOAI). Die einzelnen Leistungen jeder Leistungsphase sind in Anlage 11 (zu den §§ 33 und 38 Abs. 2) geregelt. In den Leistungsbildern sind die Leistungen erfasst, die zur ordnungsgemäßen Erfüllung eines Auftrags im Allgemeinen erforderlich sind. Leistungsphasen der Leistungsbilder und Vomhundertsätze (Auswahl)
Gebäude und raumbildende Ausbauten
Freianlagen
1. Grundlagenermittlung
3 v.H.
3 v.H.
2. Vorplanung
7 v.H.
10 v.H.
11 v.H.
15 v.H.
6 v.H.
6 v.H.
5. Ausführungsplanung
25 v.H.
24 v.H.
6. Vorbereitung der Vergabe
10 v.H.
7 v.H.
4 v.H.
3 v.H.
31 v.H.
29 v.H.
3 v.H.
3 v.H.
3. Entwurfsplanung 4. Genehmigungsplanung
7. Mitwirkung bei der Vergabe 8. Objektüberwachung (Bauüberwachung) 9. Objektbetreuung und Dokumentation
Abb. 19.12: Leistungsphasen und Vomhundertsätze nach §§ 33, 38 HOAI:2009-08
19.4 Ausgewählte Leistungsbilder der Objektplanung
529
Es wird eine Übersicht über die Leistungsphasen 1 bis 9 und darin enthaltene Teilleistungen gegeben. Leistungsphase 1: Grundlagenermittlung a) Klären der Aufgabenstellung, b) Beraten zum gesamten Leistungsbedarf, c) Formulieren von Entscheidungshilfen für die Auswahl anderer an der Planung fachlich Beteiligter, d) Zusammenfassen der Ergebnisse; Leistungsphase 2: Vorplanung (Projekt- und Planungsvorbereitung) a) Analyse der Grundlagen, b) Abstimmen der Zielvorstellungen (Randbedingungen, Zielkonflikte), c) Aufstellen eines planungsbezogenen Zielkatalogs (Programmziele), d) Erarbeiten eines Planungskonzeptes einschl. Untersuchung der alternativen Lösungsmöglichkeiten nach gleichen Anforderungen mit zeichnerischer Darstellung und Bewertung, z. B. versuchsweise zeichnerische Darstellung, Strichskizzen, gegebenenfalls mit erläuternden Angaben, e) Integrieren der Leistungen anderer an der Planung fachlich Beteiligter, f) Klären und Erläutern der wesentlichen städtebaulichen, gestalterischen, funktionalen, technischen, bauphysikalischen, wirtschaftlichen, energiewirtschaftlichen (z. B. hinsichtlich rationeller Energieverwendung und der Verwendung erneuerbarer Energien) und landschaftsökologischen Zusammenhänge, Vorgänge und Bedingungen, sowie der Belastung und Empfindlichkeit der betroffenen Ökosysteme, g) Vorverhandlungen mit Behörden und anderen an der Planung fachlich Beteiligten über die Genehmigungsfähigkeit, h) bei Freianlagen: Erfassen, Bewerten und Erläutern der ökosystemaren Strukturen und Zusammenhänge, zum Beispiel Boden, Klima, Wasser, Luft, Pflanzen- und Tierwelt, sowie Darstellen der räumlichen und gestalterischen Konzeption mit erläuternden Angaben, insbesondere zur Geländegestaltung, Biotopverbesserung und –vernetzung, vorhandenen Vegetation, Neupflanzung, Flächenverteilung der Grün-, Verkehrs-, Wasser-, Spiel- und Sportflächen; ferner Klären der Randgestaltung und der Anbindung an die Umgebung, i) Kostenschätzung nach DIN 276 oder nach dem wohnungsrechtlichen Berechnungsrecht, j) Zusammenstellen aller Vorplanungsergebnisse; Leistungsphase 3: Entwurfsplanung (System- und Integrationsplanung) a) Durcharbeiten des Planungskonzepts (stufenweise Erarbeitung einer zeichnerischen Lösung) unter Berücksichtigung städtebaulicher, gestalterischer, funktionaler, technischer, bauphysikalischer, wirtschaftlicher, energiewirtschaftlicher (z. B. hinsichtlich rationeller Energieverwendung und der Verwendung erneuerbarer Energien) und landschaftsökologischer Anforderungen unter Verwendung der Beiträge anderer an der Planung fachlich Beteiligter bis zum vollständigen Entwurf, b) Integrieren der Leistungen anderer an der Planung fachlich Beteiligter, c) Objektbeschreibung mit Erläuterung von Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen nach Maßgabe der naturschutzrechtlichen Eingriffsregelung, d) Zeichnerische Darstellung des Gesamtentwurfs, z. B. durchgearbeitete, vollständige Vorentwurfs- und/oder Entwurfszeichnungen (Maßstab nach Art und Größe des Bauvorhabens); bei Freianlagen: im Maßstab 1:500 bis 1:100, insbesondere mit Angaben zur
530
e) f) g) h)
19 Honorarordnung
Verbesserung der Biotopfunktion, zu Vermeidungs-, Schutz-, Pflege- und Entwicklungsmaßnahmen sowie zur differenzierten Bepflanzung; bei raumbildenden Ausbauten: im Maßstab 1:50 bis 1:20, insbesondere mit Einzelheiten der Wandabwicklungen, Farb-, Licht- und Materialgestaltung), ggf. auch Detailpläne […] Verhandlungen mit Behörden und anderen an der Planung fachlich Beteiligten über die Genehmigungsfähigkeit, Kostenberechnung nach DIN 276 oder nach dem wohnungsrechtlichen Berechnungsrecht, Kostenkontrolle durch Vergleich der Kostenberechnung mit der Kostenschätzung, Zusammenfassen aller Entwurfsunterlagen;
Leistungsphase 4: Genehmigungsplanung a) Erarbeiten der Vorlagen für die nach den öffentlich-rechtlichen Vorschriften erforderlichen Genehmigungen oder Zustimmungen einschließlich der Anträge auf Ausnahmen und Befreiungen unter Verwendung der Beiträge anderer an der Planung fachlich Beteiligter sowie noch notwendiger Verhandlungen mit Behörden, b) Einreichen dieser Unterlagen, c) Vervollständigen und Anpassen der Planungsunterlagen, Beschreibungen und Berechnungen unter Verwendung der Beiträge anderer an der Planung fachlich Beteiligter, d) bei Freianlagen und raumbildenden Ausbauten: Prüfen auf notwendige Genehmigungen, Einholen von Zustimmungen und Genehmigungen; Leistungsphase 5: Ausführungsplanung a) Durcharbeiten der Ergebnisse der Leistungsphasen 3 und 4 (stufenweise Erarbeitung und Darstellung der Lösung) unter Berücksichtigung städtebaulicher, gestalterischer, funktionaler, technischer, bauphysikalischer, wirtschaftlicher, energiewirtschaftlicher (z. B. hinsichtlich rationeller Energieverwendung und der Verwendung erneuerbarer Energien) und landschaftsökologischer Anforderungen unter Verwendung der Beiträge anderer an der Planung fachlich Beteiligter bis zur ausführungsreifen Lösung, b) Zeichnerische Darstellung des Objekts mit allen für die Ausführung notwendigen Einzelangaben, z. B. endgültige, vollständige Ausführungs-, Detail- und Konstruktionszeichnungen im Maßstab 1:50 bis 1:1; bei Freianlagen […] c) bei raumbildenden Ausbauten: detaillierte Darstellung der Räume und Raumfolgen im Maßstab 1:25 bis 1:1, mit den erforderlichen textilen Ausführungen; Materialbestimmung, d) Erarbeiten der Grundlagen für die anderen an der Planung fachlich Beteiligten und Integrierung ihrer Beiträge bis zur ausführungsreifen Lösung, e) Fortschreiben der Ausführungsplanung während der Objektausführung; Leistungsphase 6: Vorbereitung der Vergabe a) Ermitteln und Zusammenstellen von Mengen als Grundlage für das Aufstellen von Leistungsbeschreibungen unter Verwendung der Beiträge anderer an der Planung fachlich Beteiligter, b) Aufstellen von Leistungsbeschreibungen mit Leistungsverzeichnissen nach Leistungsbereichen, d) Abstimmen und Koordinieren der Leistungsbeschreibungen der an der Planung fachlich Beteiligten;
19.4 Ausgewählte Leistungsbilder der Objektplanung
531
Leistungsphase 7: Mitwirkung bei der Vergabe a) Zusammenstellen der Vergabe- und Vertragsunterlagen für alle Leistungsbereiche, b) Einholen von Angeboten, c) Prüfen und Werten der Angebote einschl. Aufstellen eines Preisspiegels nach Teilleistungen unter Mitwirkung aller während der Leistungsphasen 6 und 7 fachlich Beteiligten, d) Abstimmen und Zusammenstellen der Leistungen der fachlich Beteiligten, die an der Vergabe mitwirken, e) Verhandlung mit Bietern, f) Kostenanschlag nach DIN 276 aus Einheits- oder Pauschalpreisen der Angebote, g) Kostenkontrolle durch Vergleich des Kostenanschlags mit der Kostenberechnung, h) Mitwirken bei der Auftragserteilung; Leistungsphase 8: Objektüberwachung (Bauüberwachung) a) Überwachen der Ausführung des Objektes auf Übereinstimmung mit der Baugenehmigung oder Zustimmung, den Ausführungsplänen und den Leistungsbeschreibungen sowie mit den allgemein anerkannten Regeln der Technik und den einschlägigen Vorschriften, b) Überwachen der Ausführung von Tragwerken nach § 63 Abs. 1 Nr. 1 und 2 auf Übereinstimmung mit dem Standsicherheitsnachweis, c) Koordinieren der an der Objektüberwachung fachlich Beteiligten, d) Überwachung und Detailkorrektur von Fertigteilen, e) Aufstellen und Überwachen eines Zeitplanes (Balkendiagramm), f) Führen eines Bautagebuches, g) Gemeinsames Aufmaß mit den bauausführenden Unternehmen, h) Abnahme der Bauleistungen unter Mitwirkung anderer an der Planung und Objektüberwachung fachlich Beteiligter unter Feststellung von Mängeln, i) Rechnungsprüfung, j) Kostenfeststellung nach DIN 276 oder nach dem wohnungsrechtlichen Berechnungsrecht, k) Antrag auf behördliche Abnahmen und Teilnahme daran, l) Übergabe des Objektes einschl. Zusammenstellung und Übergabe der erforderlichen Unterlagen, z. B. Bedienungsanleitungen, Prüfprotokolle, m) Auflisten der Gewährleistungsfristen, n) Überwachen der Beseitigung der bei der Abnahme der Bauleistungen festgestellten Mängel, o) Kostenkontrolle durch Überprüfen der Leistungsabrechnung der bauausführenden Unternehmen im Vergleich zu den Vertragspreisen und dem Kostenanschlag; Leistungsphase 9: Objektbetreuung und Dokumentation a) Objektbegehung zur Mängelfeststellung vor Ablauf der Verjährungsfristen der Gewährleistungsansprüche gegenüber den bauausführenden Unternehmen, b) Überwachen der Beseitigung von Mängeln, die innerhalb der Verjährungsfristen der Gewährleistungsansprüche, längstens jedoch bis zum Ablauf von 5 Jahren seit Abnahme der Bauleistungen auftreten, c) Mitwirken bei der Freigabe von Sicherheitsleistungen, d) Systematische Zusammenstellung der zeichnerischen Darstellungen und rechnerischen Ergebnisse des Objektes.
532
19 Honorarordnung
Hierzu ist anzumerken: „Die HOAI enthält keine normativen Leitbilder für den Inhalt von Architekten- und Ingenieurverträgen. Die Auslegung des Werkvertrags und der Inhalt der vertraglichen Verpflichtungen des Architekten oder Ingenieurs können nicht in einem Vergleich der Gebührentatbestände der HOAI und der vertraglich vereinbarten Leistungen bestimmt werden.“ (BGH VII ZR 91/97 vom 22.10.1998) Honorartafel Leistungsbild Gebäude und raumbildender Ausbau (§ 34 HOAI)
Seit der 5. Änderungsnovelle der HOAI, die zur Fassung von 1996 geführt hat, sind die Lebenshaltungskosten in der Bundesrepublik Deutschland um fast 25 Prozent gestiegen. Der Baupreisindex wie auch die Kosten des Architektur- oder Ingenieurbüros haben sich vergleichbar entwickelt. (www.destatis.de) Eine Anpassung der Honorare für Architekten ist grundsätzlich dadurch gegeben, dass sich mit der Teuerung der Bauleistungen auch die anrechenbaren Kosten und damit die Honorare erhöhen. Die den Honorartafeln zu Grunde liegenden Honorarfunktionen zeigen einen degressiven Verlauf. Dadurch verringern sich die Honorare bei höheren Kosten relativ. Die Degression der Honorarfunktion ist darin begründet, dass mit der Größe eines Bauprojektes, ermittelt als anrechenbare Kosten, der Aufwand der Planung unterproportional steigt. Aus diesem Grund wurden in der Vergangenheit (angesprochen sind auch die Gebührenordnung für Architekten (GOA) und die Gebührenordnung für Ingenieure (GOI) vor 1977) die Honorartafeln mehrfach angepasst. Hierzu Pfarr seinerzeit: „Der Degressionsverlauf der Honorare bei ansteigenden Baukosten liegt darin begründet, daß mit zunehmender Objektgröße in sich Wiederholungen auftreten können, man denke nur an „gestapelte Grundrißlösungen“. Andererseits nimmt bei sehr großen Projekten, insbesondere bei solchen mit anrechenbaren Kosten jenseits der Tafelwerte der Koordinationsaufwand häufig überproportional zu. Eine linearere oder gar degressive Fortschreibung der Honorarfunktion wird in solchen Fällen dem tatsächliche Aufwand nicht gerecht.“ (Pfarr, K. 1978, S. 128) Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage, ob die aktuelle Erhöhung der Tafelwerte für verbindlich geregelte Leistungen um 10 Prozent angemessen ist oder nicht. Dabei ist die Honorarhöhe die eine Seite des Sachverhalts, die andere ist das Leistungsbild, für das ein Honorar ermittelt wird. Mit der 6. Änderungsverordnung der HOAI sind die Leitungsbilder unverändert geblieben. Sie sind nur neu geordnet worden. Wichtiger als die Leistungsbilder, welche lediglich als Kataloge von allgemein als erforderlich angesehenen Teilleistungen zu verstehen sind, ist der mit Planung und Überwachung verbundene Aufwand. Die Leistungen der Architekten und Ingenieure folgen unter anderem den „Allgemein anerkannten Regeln der Technik“. Die Energieeinsparverordnung (EnEV) ist nur eine von zahlreichen Veränderungen, die in den letzten Jahren den Aufwand für die Planung erhöht haben. Dies hat noch nicht Eingang in die Leistungsbilder gefunden. Die Notwendigkeit einer Anpassung vor dem Hintergrund veränderter Anforderungen an die Planung ist unstrittig, sie bleibt einer nächsten Novelle vorbehalten. Des Weiteren ist das Haftungsrisiko für Planungsfehler größer geworden.
19.4 Ausgewählte Leistungsbilder der Objektplanung
Abb. 19.13: Honorartafel zu § 34 Absatz 1 - Gebäude und raumbildende Ausbauten Anmerkung: Alle Kostenangaben sind Netto-Werte
533
534
19 Honorarordnung
Hierzu zählt auch die gesamtschuldnerischen Haftung zum Beispiel des Architekten bei Verschulden und Insolvenz eines Handwerkers oder Bauunternehmens. Dafür ist die erfolgte Honoraranhebung nicht ausreichend bemessen. Aufgrund der degressiven Honorarfunktion vermindern sich die Honorarsätze relativ zu der allgemeinen Baupreisentwicklung, so dass trotz der steigenden Baukosten die Honorare für Planungsleistungen mit der allgemeinen Teuerung nicht mithalten. Infolgedessen wurden im Zuge der Novellierung bereits mehrfach die Tafelwerte erhöht. Man kann auch sagen: Die Honorarkurven wurden angehoben. Die bisherigen Tafelwerte sind seit 1977 zwar mehrmals, jedoch seit 1996 nicht mehr erhöht worden. „Vor diesem Hintergrund ist eine pauschale 10%ige Anhebung der Honorare geboten. (Amtl. Begr. zu HOAI:2009-08, S. 143) Die Tafelwerte reichten in der Vergangenheit zum Beispiel bei der Objektplanung Gebäude und raumbildende Ausbauten von 50.000 bis 50.000.000 DM (Honorartafel zu § 16 Abs. 1 HOAI:1977-01) oder nach Umstellung auf den Euro im Jahr 2002 von 25.565 € bis 25.564.594 € (Honorartafel zu § 34 Abs. 1 HOAI:2009-08). Damit waren und sind heute noch große Bauvorhaben erfasst. „Kennzeichnend für die Bauherreneigenschaften für solche Bauvorhaben ist, dass die Bauherren in diesen Fällen über genaue Kenntnisse von Planungsabläufen und damit den Leistungsinhalten von Architekten und Ingenieuren verfügen.“ (Jochem, R. 2009, S. 296) Wenn die anrechenbaren Kosten für Architekten- und Ingenieurleistungen über den Höchstwerten der Honorartafeln der HOAI liegen, kann das Honorar frei vereinbart werden. Eine Bindung an die Höchst- und Mindestsätze sowie an die Einordnung in die verschiedenen Honorarzonen der HOAI besteht in diesen Fällen nicht. Haben sich die Parteien nicht über die Höhe des Honorars geeinigt, so gilt gem. § 632 Abs. 2 BGB die übliche Vergütung als vereinbart. Bei sehr großen Bauvorhaben und der „Überschreitung der Tafelwerte haben sich in der Vergangenheit in der Praxis Referenzwerte gebildet. Gängige Hilfsmittel sind für die fortgeschriebenen Honorarwerte die in Baden-Württemberg eingeführten RifT-Tabellen, die dort bei öffentlichen Vorhaben beachtet werden. Fehlt es an Honorarvereinbarungen, so können diese als Ausgangspunkt für die Honorarberechnung als üblich angesehen werden. Die RifTTabellen werden nämlich im gesamten Bundesgebiet auch von privaten Auftraggebern benutzt.“ (Jochem, R. 2009, S. 312) Die „Richtlinien der Staatliche Vermögens- und Hochbauverwaltung Baden-Württemberg für die Beteiligung freiberuflich Tätiger“ - RifT - werden als ständig fortgeschriebene Textausgabe […] vom Finanzministerium amtlich herausgegeben. Sie gelten für die Beteiligung freiberuflich Tätiger an Baumaßnahmen des Landes. Bei Baumaßnahmen des Bundes gelten sie ergänzend zu den Regelungen der Richtlinien für die Bauaufgaben des Bundes im Zuständigkeitsbereich der Finanzbauverwaltungen der Länder (RBBau). Somit regelt die RifT das Vertragswesen bei der Beauftragung freiberuflich Tätiger von Planungs- und Ausführungsleistungen für staatliche Baumaßnahmen.“ (RifT 2009, S. 2) Das Landgericht Nürnberg-Fürth hat im Urteil vom 27. April 1992 (Az.: 12 0 10202/90 nicht veröffentlicht) festgestellt, dass die erweiterte baden-württembergische Honorartafel für Architektenleistungen bei anrechenbaren Kosten über 50 Mio. DM bis zu 100 Mio. DM als übliche und zutreffende Honorarermittlungsmethode anzuwenden sei. (RifT 2009, S. 2)
19.4 Ausgewählte Leistungsbilder der Objektplanung
535
Die Auftraggeber interpretieren die Anhebung der Tafelwerte möglicherweise als eine Verteuerung der Architekten- und Ingenieurleistungen ohne Mehrwert. Dabei sind die Anforderungen an Planung und Überwachung und damit der entsprechende Leistungsumfang in den letzten Jahren ständig gestiegen. Die Auftragnehmer werden weiterhin auch mit der neuen HOAI in vielen Fällen zu nicht kostendeckenden Honoraren arbeiten. Die Folge kann der Einsatz von wenig geübten Mitarbeiten bei Aufgaben sein, die eine langjährige Erfahrung erfordern. Unvollständige Planung und ungenügende Überwachung sind zu befürchten. Honorarzonen Gebäude
Durch die Honorarzonen wird die Schwierigkeit eines Bauvorhabens, z. B. eines Gebäudes, bewertet. Die für eine Planung zutreffende Honorarzone, z. B. für ein Wohnhaus, soll im Rahmen der Grundlagenermittlung festgelegt werden. Der Architekt hat dem Bauherrn die Bedeutung der Honorarzone im Hinblick auf die Höhe des Honoraranspruchs zu erläutern und die Zuordnung zu begründen. Diese erfolgt, z. B. für Gebäude, auf Grundlage der in § 34 HOAI genannten sechs Bewertungsmerkmale und einer Bewertung mit Punkten, welche die Anforderungen an die Planung zum Ausdruck bringen (vgl. Abbildung 19.14). Bewertungsmerkmale für Gebäude (auch Wohnbauten)
Punkte je Merkmal
1. Anforderungen an die Einbindung in die Umgebung
bis zu 6 Punkte
2. Anzahl der Funktionsbereiche
bis zu 9 Punkte
3. Gestalterische Anforderungen
bis zu 9 Punkte
4. Konstruktive Anforderungen
bis zu 6 Punkte
5. technische Gebäudeausrüstung
bis zu 6 Punkte
6. Ausbau
bis zu 6 Punkte
Abb. 19.14: Bewertungsmerkmale zur Festlegung der Honorarzone – Gebäude
Bei Wohnbauten kommen je nach Anforderungen an die Planung grundsätzlich drei Honorarzonen (HZ) in Betracht, wie Abbildung 19.15 zeigt. HZ
Zuordnung von Gebäuden, hier unterschiedliche Wohnbauten
Punkte gesamt
I
Einfache Wohnbauten mit gemeinschaftlichen Sanitär- und Kücheneinrichtungen
11 bis 18
II
Wohnhäuser […] mit durchschnittlicher Ausstattung
19 bis 26
III
Wohnhäuser mit überdurchschnittlicher Ausstattung
27 bis 34
Abb. 19.15: Unterschiedliche Honorarzonen am Beispiel Wohnbauten
536
19 Honorarordnung
1. Prüfung der vertraglichen Grundlage gemäß § 7 Abs. 6 HOAI (Honorarvereinbarung): Im Architektenvertrag wurde ein Honorar nach HOAI § 33 Objektplanung Gebäude vereinbart. Da nichts Weiteres vereinbart wurde, gelten die Mindestsätze der entsprechenden Honorartafel. 2. Prüfung der Grundlage des Honorars nach § 6 HOAI (Grundlagen des Honorars): 1. Die anrechenbaren Kosten des Objekts liegen als Kostenberechnung, die als Grundlage der Ermittlung der anrechenbaren Kosten dient, vor. Beachte: anrechenbar sind nur die Kosten ohne Mehrwertsteuer (§ 4 Abs. 1 HOAI) Kostenberechnung:
KG 100 200 300 400 500 600 700
Kosten [€] inkl. MwSt. 260.000 15.000 550.000 125.000 50.000 40.000 260.000 1.300.000
(462.184,87 € ohne MwSt.) (105.042,02 € ohne MwSt.)
2. Es wurden Leistungen in den Leistungsphasen 1 bis 4 vollständig erbracht. Dies entspricht (LP 1-4 = 3+7+11+6) 27 % v. H. 3. Die Kindertagesstätte wird mit durchschnittlichen Planungsanforderungen der Honorarzone III zugeordnet (vgl. § 5 HOAI (Honorarzone) bzw. lt. Objektliste in Anlage 3 zu § 5)
HZ III
3. Berechnung der anrechenbaren Kosten nach § 32 HOAI (Besondere Grundlagen des Honorars): KG 300: vollständig anrechenbar
=
462.184,87 €
KG 400: vollständig anrechenbar bis zu 25 v. H. der sonstigen anrechenbaren Kosten: 462.184,87 € x 0,25 = 115.546,22 € > 105.042,02
=
105.042,02 €
Summe der anrechenbaren Kosten aus KG 300 + 400
=
567.226,89 €
KG 100, 200, 500, 600, 700: nicht anrechenbar (vgl. § 32 Abs. 3 HOAI (Besondere Grundlagen des Honorars)
4. Ermittlung des anteiligen Honorars (ohne MwSt.) nach § 34 HOAI (Honorartafel): Mindestsätze laut Honorartafel zwischen 500.000 und 1.000.000 (HZ III) Lineare Interpolation § 13 HOAI (Interpolation): H = HN + (HH - HN) x (AK - AKN) / (AKH - AKN) H = 48.667 + ((87.112 - 48.667) x (567.226,89 - 500.000) / (1.000.000 - 500.000)) (100% Honorar) LP 1 bis 4: 27% 14.535,74 € x 1,19 Abb. 19.16:
= = =
53.836,08 € 14.535,74 € 17.297,53 €
Beispiel für eine Honorarermittlung Objektplanung Gebäude
Anmerkung: Das Honorar des Architekten für LP 1 bis 4 beträgt 17.297,53 € (inkl. MwSt.).
(ohne MwSt.) (inkl. MwSt.)
19.4 Ausgewählte Leistungsbilder der Objektplanung
537
Nachstehende Gebäude werden nach den in Anlage 3 (zu § 5 Abs. 4 Satz 2) genannten Merkmalen folgenden Honorarzonen zugerechnet: Honorarzone I: Schlaf- und Unterkunftsbaracken und andere Behelfsbauten für vorübergehende Nutzung; Pausenhallen, Spielhallen, Liege- und Wandelhallen, Einstellhallen, Verbindungsgänge, Feldscheunen und andere einfache landwirtschaftliche Gebäude; Tribünenbauten, Wetterschutzhäuser. Honorarzone II: Einfache Wohnbauten mit gemeinschaftlichen Sanitär- und Kücheneinrichtungen; Garagenbauten; Parkhäuser; Gewächshäuser; geschlossene, eingeschossige Hallen und Gebäude als selbständige Bauaufgabe; Kassengebäude, Bootshäuser; einfache Werkstätten ohne Kranbahnen; Verkaufslager, Unfall- und Sanitätswachen; Musikpavillons. Honorarzone III: Wohnhäuser, Wohnheime und Heime mit durchschnittlicher Ausstattung; Kinderhorte, Kindergärten, Gemeinschaftsunterkünfte, Jugendherbergen; Grundschulen; Jugendfreizeitstätten, Jugendzentren, Bürgerhäuser, Studentenhäuser, Altentagesstätten und andere Betreuungseinrichtungen; Fertigungsgebäude der metallverarbeitenden Industrie, Druckereien, Kühlhäuser; Werkstätten, geschlossene Hallen und landwirtschaftliche Gebäude, soweit nicht in Honorarzone I, II oder IV erwähnt, Parkhäuser mit integrierten weiteren Nutzungsarten; Bürobauten mit durchschnittlicher Ausstattung, Ladenbauten, Einkaufszentren; Märkte und Großmärkte, Messehallen, Gaststätten, Kantinen, Mensen, Wirtschaftsgebäude, Feuerwachen, Rettungsstationen, Ambulatorien, Pflegeheime ohne medizinisch-technische Ausrüstung, Hilfskrankenhäuser; Ausstellungsgebäude, Lichtspielhäuser; Turn- und Sportgebäude sowie -anlagen, soweit nicht in Honorarzone II oder IV erwähnt. Honorarzone IV: Wohnhäuser mit überdurchschnittlicher Ausstattung, Terrassen- und Hügelhäuser, planungsaufwendige Einfamilienhäuser mit entsprechendem Ausbau und Hausgruppen in planungsaufwendiger verdichteter Bauweise auf kleinen Grundstücken, Heime mit zusätzlichen medizinisch-technischen Einrichtungen; Zentralwerkstätten, Brauereien, Produktionsgebäude der Automobilindustrie, Kraftwerksgebäude; Schulen, ausgenommen Grundschulen; Bildungszentren, Volkshochschulen, Fachhochschulen, Hochschulen, Universitäten, Akademien, Hörsaalgebäude, Laborgebäude, Bibliotheken und Archive, Institutsgebäude für Lehre und Forschung, soweit nicht in Honorarzone V erwähnt; landwirtschaftliche Gebäude mit überdurchschnittlicher Ausstattung, Großküchen, Hotels, Banken, Kaufhäuser, Rathäuser, Parlaments- und Gerichtsgebäude sowie sonstige Gebäude für die Verwaltung mit überdurchschnittlicher Ausstattung;
538
19 Honorarordnung
Krankenhäuser der Versorgungsstufe I und II, Fachkrankenhäuser, Krankenhäuser besonderer Zweckbestimmung, Therapie- und Rehabilitationseinrichtungen, Gebäude für Erholung, Kur und Genesung; Kirchen, Konzerthallen, Museen, Studiobühnen, Mehrzweckhallen für religiöse, kulturelle oder sportliche Zwecke; Hallenschwimmbäder, Sportleistungszentren, Großsportstätten. Honorarzone V: Krankenhäuser der Versorgungsstufe III, Universitätskliniken; Stahlwerksgebäude, Sintergebäude, Kokereien; Studios für Rundfunk, Fernsehen und Theater, Konzertgebäude, Theaterbauten, Kulissengebäude, Gebäude für die wissenschaftliche Forschung (experimentelle Fachrichtungen). Beispiel einer Honorarermittlung
Für den Neubau einer Kindertagesstätte in Berlin, im Stadtteil Prenzlauer Berg, liegt eine Kostenberechnung vor. Der Architekt hat die Leistungsphasen 1 bis 4 übernommen. Seine Leistungen entsprechen dem Leistungsbild Gebäude und raumbildende Ausbauten nach § 33 HOAI:2009-08. Im Planungsvertrag ist die Vergütung der Architektenleistung nach HOAI:2009-08 schriftlich vereinbart worden. Die Honorarermittlung am Beispiel ist in Abbildung 19.16 dargestellt. Bauen im Bestand (§ 35 HOAI)
Die Leistungen (Maßnahmen) im Bestand (vgl. Abbildung 19.17), insbesondere bei Umbauten und Modernisierungen, wurden in der HOAI n. F. gebündelt. Die Berücksichtigung von Änderungen an der vorhandenen Bausubstanz und die Vereinbarung des Umbauzuschlages haben in der Vergangenheit häufig zu Streitigkeiten geführt. Der Begriff „vorhandene Bausubstanz“ ist entfallen. Der bisherige Zuschlag, der von 20 bis 33 v. H. betragen konnte, wurde auf 20 bis 80 v. H. erweitert, er „kann vereinbart werden.“(HOAI:2009-08) Maßnahmen im Bestand
Instandhaltungen
Modernisierungen
Umbauten
Erweiterungen
Wartung
Inspektion
Instandsetzung
Verbesserung
Abb. 19.17: Maßnahmen im Bestand nach HOAI:2009-08 und DIN 31051:2003-06
19.4 Ausgewählte Leistungsbilder der Objektplanung
539
Es wurde schon oft der Vorwurf erhoben, die HOAI sei nur für Neubauten geeignet, für das Bauen im Bestand jedoch nicht. Das ist nicht ganz von der Hand zu weisen und ist sicher damit begründet, dass das Bauen im Bestand lange Zeit einen geringen Teil der Bauleistungen ausgemacht hat, soweit Architekten und Ingenieure mit der Planung und Überwachung von Baumaßnahmen im Bestand befasst waren. Seit Jahren werden in Deutschland mehr als zwei Drittel der Bauleistungen im Bestand erbracht. Die Aufgaben der Architekten und Ingenieure unterscheiden sich dabei von denen bei Neubauten in vielfacher Hinsicht: -
die vorhandene Bausubstanz ist bei der Planung in besonderer Weise zu berücksichtigen,
-
den Bauleistungen gehen in der Regel Abbruch und Entsorgung schadhafter oder nicht mehr benötigter Bauteile voraus,
-
genaue Mengenermittlungen sind nicht immer möglich,
-
die Kalkulation von Baupreisen erfolgt auf anderer Grundlage als beim Neubau.
In HOAI:1996-01 waren folgende, inzwischen geänderte Regelungen enthalten: -
§ 3 Begriffsbestimmungen; z. B. Nr. 5. „Umbauten sind Umgestaltungen eines vorhandenen Objekts mit wesentlichen Eingriffen in Konstruktion oder Bestand.“
-
§ 10 (3a) „Vorhandene Bausubstanz, die technisch oder gestalterisch mitverarbeitet wird, ist bei den anrechenbaren Kosten angemessen zu berücksichtigen; der Umfang der Anrechnung bedarf der schriftlichen Vereinbarung.“
-
§ 24 Umbauten und Modernisierungen von Gebäuden, Auszug: „Bei durchschnittlichem Schwierigkeitsgrad der Leistungen kann ein Zuschlag von 20 bis 33 vom Hundert vereinbart werden. Sofern nicht etwas anderes schriftlich vereinbart ist, gilt ab durchschnittlichem Schwierigkeitsgrad ein Zuschlag von 20 vom Hundert als vereinbart.“
-
§ 27 Instandsetzungen und Instandhaltungen, Auszug:„ […] daß eine Erhöhung des Vomhundertsatzes für die Bauüberwachung (Leistungsphase 8 des § 15) um bis zu 50 vom Hundert vereinbart werden kann.“
-
Verweise auf § 10 Absatz 3a an vielen Stellen.
-
Verschiedene gesonderte Regelungen, z. B. § 66 Auftrag über mehrere Tragwerke und bei Umbauten, Auszug: „Bei durchschnittlichem Schwierigkeitsgrad der Leistungen kann ein Zuschlag von 20 bis 50 vom Hundert vereinbart werden.“
Zur Unterscheidung von Maßnahmen beim Bauen im Bestand sind die betreffenden Begriffe und Inhalte in HOAI:2009-08, in DIN 31051:2003-06, Grundlagen der Instandhaltung, sowie in den Modernisierungsrichtlinien der Länder geregelt. Die Regelungen zum Bauen im Bestand sind in drei Paragrafen zusammengefasst worden: -
§ 2 Begriffsbestimmungen, Abs. 6, erklärt den Begriff Umbauten: „Umbauten sind Umgestaltungen eines vorhandenen Objekts mit Eingriffen in Konstruktion oder Bestand.“
-
§ 35 Leistungen im Bestand. Die Leistungen im Bestand, insbesondere bei Umbauten und Modernisierungen, werden zusammengefasst. Die Berücksichtigung von Änderungen an der vorhandenen Bausubstanz und die Vereinbarung des Umbauzuschlages (vgl. § 10 Abs. 3a, § 24, § 25 Abs. 2, § 59, § 66 Abs. 5 und § 76) hat in der Vergangen-
540
19 Honorarordnung
heit häufig zu Streitigkeiten geführt. Der Begriff vorhandene Bausubstanz ist entfallen. Der bisherige Zuschlag, der bislang in den meisten Fällen in Höhe von 20 bis 33 vom Hundert betragen konnte, wurde auf 20 bis 80 Prozent erweitert, er „kann vereinbart werden“. Der Zuschlag bis zu 80 vom Hundert gilt für Ingenieurbauwerke und Verkehrsanlagen nicht. -
§ 36 Instandhaltungen und Instandsetzungen, entspricht dem § 27 HOAI:1996-01, wobei die Möglichkeit der Erhöhung des Honorars für die Leistungsphase 8. Objektüberwachung (Bauüberwachung) um bis zu 50 vom Hundert erhalten geblieben ist.
Hierzu folgert Alverhaus: „Mit der Neuregelung hat der Verordnungsgeber die Honorarermittlung beim Bauen im Bestand vereinfacht. Dies bedeutet aus Sicht der Auftragnehmer zunächst einmal einen faktischen Honorarverlust, der im Einzelfall – je nach dem Wert der mitverarbeiteten Substanz – trotz der erfolgten Anhebung der Tafelwerte um zehn Prozent beträchtlich sein kann. Aufzufangen ist dies nur über einen höheren Honorarsatz (beispielsweise Mittelsatz statt Mindestsatz) oder Zuschlag. Bei durchschnittlichem Schwierigkeitsgrad müsste der Umbauzuschlag über 20 Prozent liegen. Ob solche bislang unüblichen Zuschlagssätze im Wettbewerb durchsetzbar sind, darf bezweifelt werden.“ (Alverhaus, R. 2009, S. 477) Im Unterschied zu Umbauten und Modernisierungen mit einem Zuschlag für alle Leistungsphasen ist bei Instandhaltungen und Instandsetzungen ein Zuschlag von bis zu 50 vom Hundert lediglich für die Leistungsphase 8. Objektüberwachung (Bauüberwachung) vorgesehen. Hierbei wird unterstellt, dass der Planungsaufwand (LP 1 bis 7) nicht höher ist als bei einem vergleichbaren Neubau. Dies ist jedoch wohl in der Regel nicht der Fall. Hierzu argumentiert Stannek mit einem höheren Aufwand im Vergleich zu Neubauten bei: -
Ausführungsplanung
-
Aufstellen der Leistungsbeschreibungen
-
Objektüberwachung (Bauüberwachung), insbesondere Aufmaß,
und einem höheren Haftungsrisiko. Viele Leistungen im Bestand weichen von den üblichen Neubauleistungen und von den geltenden, allgemein anerkannten Regeln der Technik ab. (Stannek, N. 2010, S. 33) „Während die Begründung von einem Zuschlag „von 20 bis 80 Prozent“ spricht und damit wohl meint, dass es einen Mindestzuschlag von 20 Prozent in allen Fällen geben soll, in denen ein Umbau nach § 2 Nr. 6 HOAI 2009 vorliegt, ist in der Verordnung von „bis zu 80 % Prozent“ ausgeführt. Das bedeutet, dass ein vereinbarter Umbauzuschlag von 10 % verordnungskonform ist, allerdings nicht konform mit der Begründung. Faktisch bedeutet das, dass die Verordnung gerade keinen Mindestumbauzuschlag vorgibt.“ (Kalte, P. und Wiesner, M. 2009 b, S. 54) Die HOAI 2009 unterscheidet sich in ihrer Definition des Umbaus gegenüber der HOAI 1996 nur in einem einzigen Wort: „wesentlich“. Das hat der Verordnungsgeber in der neuen HOAI 2009 gewollt und ganz bewusst gestrichen und damit deutlich mehr Aufträge dem Umbau zugeordnet […]. Den Parteien ist – wie viele Anfragen bei der Gütestelle für Honorar
19.4 Ausgewählte Leistungsbilder der Objektplanung
541
und Vergaberecht in Ludwigshafen gezeigt haben – grundsätzlich zu empfehlen, immer dann, wenn kein reiner Neubau vorliegt, über einen Umbauzuschlag zu verhandeln. […] Der Wegfall des Begriffs wesentlich in der Definition des Umbaus in Paragraf 2 Nr. 6 HOAI 2009 gegenüber Paragraf 3 Nr. 5 HOAI 1996 führt in der Praxis dazu, dass regelmäßig ein Umbau vorliegt. Folglich haben die Parteien in allen Fällen, in denen nicht abschließend ein Neubau betroffen ist, über einen Umbauzuschlag zu verhandeln und diesen angemessen zu vereinbaren. Sonst wird grundsätzlich der Auffangtatbestand des Paragrafen 35 Absatz 1 HOAI 2009 greifen und ein Zuschlag von 20 Prozent anfallen.“ (Kalte, P. und Wiesner, M. 2009 b, S. 52 und 53) Viele Auftragnehmer sind sich der zahlreichen Besonderheiten beim Bauen im Bestand nicht bewusst: Fehlende Bestandspläne, der notwendige Umgang mit nicht mehr zeitgemäßen Konstruktionen bei veränderten „Allgemein anerkannten Regeln der Technik“, Anforderungen aus dem Denkmalschutz, Mengenrisiken bei der Kostenplanung und Leistungsbeschreibung, um nur einige zu nennen. Die Frage, in welchem Umfang die vorhandene Bausubstanz bei der Ermittlung der anrechenbaren Kosten berücksichtigt werden soll, war schon in der Vergangenheit nicht einfach. In Zukunft stellt sich die schwierige Frage, welcher Zuschlag bei Leistungen im Bestand angemessen ist. Welcher Bauherr wird einen Zuschlag in Höhe von 80 vom Hundert akzeptieren? Unzureichende Planung und eine unter Kostengesichtspunkten geringere Bauüberwachung wird zu mehr Planungsfehlern, Bauschäden und Streitigkeiten führen als bisher. Für den Auftragnehmer ist das Risiko, Fehler in der Planung und Überwachung zu machen erheblich größer als beim Neubau. Besondere Leistungen Gebäude und raumbildende Ausbauten sowie Freianlagen
Die Leistungsbilder Gebäude und raumbildende Ausbauten sowie Freianlagen können folgende Besondere Leistungen umfassen, vgl. Anlage 2 (zu § 3 Abs. 3), die Aufzählung ist nicht abschließend. 2.6.1 Grundlagenermittlung Bestandsaufnahme, Standortanalyse, Betriebsplanung, Aufstellen eines Raumprogramms, Aufstellen eines Funktionsprogramms, Prüfen der Umwelterheblichkeit, Prüfen der Umweltverträglichkeit; 2.6.2 Vorplanung (Projekt- und Planungsvorbereitung) Untersuchen von Lösungsmöglichkeiten nach grundsätzlich verschiedenen Anforderungen, Ergänzen der Vorplanungsunterlagen aufgrund besonderer Anforderungen, Aufstellen eines Finanzierungsplanes, Aufstellen einer Bauwerks- und Betriebs-Kosten-Nutzen-Analyse, Mitwirken bei der Kreditbeschaffung, Durchführen der Voranfrage (Bauanfrage),
542
19 Honorarordnung
Anfertigen von Darstellungen durch besondere Techniken, wie zum Beispiel Perspektiven, Muster, Modelle, Aufstellen eines Zeit- und Organisationsplanes, Ergänzen der Vorplanungsunterlagen hinsichtlich besonderer Maßnahmen zur Gebäudeund Bauteiloptimierung, die über das übliche Maß der Planungsleistungen hinausgehen, zur Verringerung des Energieverbrauchs sowie der Schadstoff- und CO2-Emissionen und zur Nutzung erneuerbarer Energien in Abstimmung mit anderen an der Planung fachlich Beteiligten. Das übliche Maß ist für Maßnahmen zur Energieeinsparung durch die Erfüllung der Anforderungen gegeben, die sich aus Rechtsvorschriften und den allgemein anerkannten Regeln der Technik ergeben; 2.6.3 Entwurfsplanung (System- und Integrationsplanung) Analysen der Alternativen/Varianten und deren Wertung mit Kostenuntersuchung (Optimierung), Wirtschaftlichkeitsberechnung, Kostenberechnung durch Aufstellen von Mengengerüsten oder Bauelementkatalog, Ausarbeitung besonderer Maßnahmen zur Gebäude- und Bauteiloptimierung, die über das übliche Maß der Planungsleistungen hinausgehen, zur Verringerung des Energieverbrauchs sowie der Schadstoff- und CO2-Emissionen und zur Nutzung erneuerbarer Energien in Abstimmung mit anderen an der Planung fachlich Beteiligten.
Das übliche Maß ist für Maßnahmen zur Energieeinsparung durch die Erfüllung der Anforderungen gegeben, die sich aus Rechtsvorschriften und den allgemein anerkannten Regeln der Technik ergeben; 2.6.4 Genehmigungsplanung Mitwirken bei der Beschaffung der nachbarlichen Zustimmung, Erarbeiten von Unterlagen für besondere Prüfverfahren, Fachliche und organisatorische Unterstützung des Bauherrn im Widerspruchsverfahren, Klageverfahren oder Ähnliches, Ändern der Genehmigungsunterlagen infolge von Umständen, die der Auftragnehmer nicht zu vertreten hat; 2.6.5 Ausführungsplanung Aufstellen einer detaillierten Objektbeschreibung als Baubuch zur Grundlage der Leistungsbeschreibung mit Leistungsprogramm *), Aufstellen einer detaillierten Objektbeschreibung als Raumbuch zur Grundlage der Leistungsbeschreibung mit Leistungsprogramm *), Prüfen der vom bauausführenden Unternehmen aufgrund der Leistungsbeschreibung mit Leistungsprogramm ausgearbeiteten Ausführungspläne auf Übereinstimmung mit der Entwurfsplanung, Erarbeiten von Detailmodellen, Prüfen und Anerkennen von Plänen Dritter nicht an der Planung fachlich Beteiligter auf Übereinstimmung mit den Ausführungsplänen (z. B. Werkstattzeichnungen von Unternehmen, Aufstellungs- und Fundamentpläne von Maschinenlieferanten) soweit die Leistungen Anlagen betreffen, die in den anrechenbaren Kosten nicht erfasst sind;
19.4 Ausgewählte Leistungsbilder der Objektplanung
543
2.6.6 Vorbereitung der Vergabe Aufstellen von Leistungsbeschreibungen mit Leistungsprogramm unter Bezug auf Baubuch/Raumbuch *), Aufstellen von alternativen Leistungsbeschreibungen für geschlossene Leistungsbereiche, Aufstellen von vergleichenden Kostenübersichten unter Auswertung der Beiträge anderer an der Planung fachlich Beteiligter; 2.6.7 Mitwirkung bei der Vergabe Prüfen und Werten der Angebote aus Leistungsbeschreibung mit Leistungsprogramm einschl. Preisspiegel *), Aufstellen, Prüfen und Werten von Preisspiegeln nach besonderen Anforderungen. 2.6.8 Objektüberwachung (Bauüberwachung) Aufstellen, Überwachen und Fortschreiben eines Zahlungsplanes, Aufstellen, Überwachen und Fortschreiben von differenzierten Zeit-, Kosten- oder Kapazitätsplänen, Tätigkeit als verantwortlicher Bauleiter soweit diese Tätigkeit nach jeweiligem Landesrecht über die Grundleistungen der Leistungsphase 8 hinausgeht; 2.6.9 Objektbetreuung und Dokumentation Erstellen von Bestandsplänen, Aufstellen von Ausrüstungs- und Inventarverzeichnissen, Erstellen von Wartungs- und Pflegeanweisungen, Objektbeobachtung, Objektverwaltung, Baubegehungen nach Übergabe, Überwachen der Wartungs- und Pflegeleistungen, Aufbereiten des Zahlenmaterials für eine Objektdatei, Ermittlung und Kostenfeststellung zu Kostenrichtwerten, Überprüfen der Bauwerks- und Betriebs-Kosten-Nutzen-Analyse. 2.6.10 Besondere Leistungen bei Umbauten und Modernisierungen Maßliches, technisches und verformungsgerechtes Aufmaß, Schadenskartierung, Ermitteln von Schadensursachen, Planen und Überwachen von Maßnahmen zum Schutz von vorhandener Substanz, Organisation von und Mitwirkung an Betreuungsmaßnahmen für Nutzer und andere Planungsbetroffene, Wirkungskontrollen von Planungsansatz und Maßnahmen im Hinblick auf die Nutzer, beispielsweise durch Befragen *). __________
*) Diese Besondere Leistung wird bei Leistungsbeschreibungen mit Leistungsprogramm ganz oder teilweise Grundleistung. In diesem Falle entfallen die entsprechenden Grundleistungen dieser Leistungsphase soweit die Leistungsbeschreibung mit Leistungsprogramm angewandt wird.
544
19 Honorarordnung
Vergütung der Besonderen und Beratungsleistungen
Seit 2009 gibt es verbindliche Honorare nur noch für Planungsleistungen. Die Preisbindung der Wertermittlung und Gutachten, bisher §§ 33, 34, der Beratungsleistungen für Thermische Bauphysik, bisher §§ 77 bis 79, für Schallschutz und Raumakustik, bisher §§ 80 bis 90, für Leistungen für Bodenmechanik, Erd- und Grundbau, bisher §§ 91 bis 95, sowie für Vermessungstechnische Leistungen, bisher §§ 96 bis 100, entfällt. Damit sind Freiräume für die Vertragsgestaltung entsprechender Leistungen geschaffen worden. Für die Vereinbarung Besonderer Leistungen besteht die Schriftformerfordernis seit HOAI 2009 nicht mehr. Bezüglich der „Besonderen Leistungen“ regelt die HOAI künftig nur noch, dass diese in der Anlage 2 als nicht abschließend aufgeführt sind. Das Honorar hierfür ist nicht festgelegt und bedarf deshalb einer vertraglichen Vereinbarung über Inhalt und Vergütung. Es besteht somit die Möglichkeit ein Zeithonorar mit auskömmlichen Stundensätzen zu vereinbaren. Insoweit ist es jetzt für Auftragnehmer noch wichtiger als bisher, den eigenen Bürostundensatz zu kennen und durchzusetzen. „Als Begründung für diese Deregulierung wird darauf hingewiesen, dass die vielfältigen Beratungsleistungen im Wirtschaftsleben auch in anderen freien Berufen, so dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz, nicht mehr aufgeführt werden. Für den Wegfall der Wertermittlung fehlt allerdings die Begründung.“ (Jochem, R. 2009, S. 301) Der Bundesrat hat die Bundesregierung aufgefordert, gegebenenfalls zur Verbindlichkeit der Honorare für die betreffenden Beratungsleistungen zurückzukehren. (Beschl. d. BR, BR-Dr 395/09 v. 30.4.2009, S. 2) Das Ziel einer schlanken HOAI wird unter anderem dadurch erreicht, dass die Teile X bis XIII mit der Umweltverträglichkeitsstudie, den Leistungen für Thermische Bauphysik, den Leistungen für Schallschutz und Raumakustik, den Leistungen für Bodenmechanik, Erd- und Grundbau und den Vermessungstechnischen Leistungen in die Anlage 1 Beratungsleistungen verschoben werden. Für Beratungsleistungen gilt der Allgemeine Teil der HOAI nicht mehr. Damit sind die Honorare für Beratungsleistungen nicht mehr verbindlich geregelt. Das hat für die Auftragnehmer oben genannter Aufgaben zur Folge, dass Verträge ausschließlich nach dem BGB verfasst werden. Ein weiterer Nachteil für den Auftragnehmer besteht darin, dass neben der Grundlage zur Ermittlung der Vergütung auch noch weitere wichtige Regelungen der Vertragsgestaltung entfallen. Das sind insbesondere die Regelungen zu den Nebenkosten, den Zahlungen und der Umsatzsteuer, welche im Einzelfall ausdrücklich zu vereinbaren sind. - Die Inhalte der Umweltverträglichkeitsstudie zählten bisher als Prüfung der Umwelterheblichkeit und der Umweltverträglichkeit zu den Besonderen Leistungen der Objektplanung in § 15 Abs. 2 HOAI 1996 in Verbindung mit den §§ 48a und b. Die Umweltverträglichkeitsstudie ist jetzt eine Beratungsleistung und damit nicht hinsichtlich der Vergütung geregelt. Entsprechendes gilt für die Leistungspflichten. - Bei Ingenieurverträge für Thermische Bauphysik oder Schallschutz und Raumakustik, bisher §§ 77 bis 90 HOAI 1996, sind bei Änderungsleistungen oder eine mögliche Unterbrechung der Planung die Abrechnungsgrundsätze wie Abschlagszahlung, Teilschlusszahlung und Schlusszahlung sowie Abnahme und Verjährungsfristen im Einzelfall neu zu regeln.
19.4 Ausgewählte Leistungsbilder der Objektplanung -
545
Das gilt für Leistungen für Bodenmechanik, Erd- und Grundbau sowie für Vermessungstechnische Leistungen entsprechend.
Hierzu führt Motzke aus: „Ohne Vereinbarung der Erstattung der Nebenkosten entfällt eine solche. Vereinbarte Honorare oder Honorierungsgrundlagen decken die Nebenkosten ab, wenn eine Nebenkostenvereinbarung nicht abgeschlossen wird. Eine Erstattung der Umsatzsteuer entfällt, wenn in dem Vertrag eine diesbezügliche Regelung nicht vorgesehen wird; denn die Preise oder vereinbarte Honorierungsparameter führen nach BGB-Regeln zu Brutto- und nicht zu Nettopreisen. § 15 HOAI n. F. wird ersetzt durch §§ 632a und 641 BGB [ … ]. Abschlagszahlungen können nicht einfach nach § 15 Abs. 2 HOAI n. F. gefordert werden, vielmehr müssen die Voraussetzungen des § 632a BGB erfüllt sein. […] Die Fälligkeit der Schlusszahlung hängt von der rechtsgeschäftlichen Abnahme der erbrachten Leistungen ab und nicht mehr davon, dass die Leistung vertragsgemäß erbracht worden ist, was § 15 HOAI n. F. vorsieht.“ (Motzke, G. 2010, S. 10) Die Auftragnehmer von Beratungsleistungen erfahren Nachteile dadurch, dass mehrere Allgemeine Vorschriften der Honorarordnung, die der Vereinfachung und Vereinheitlichung von Planungs- und Beratungsleistungen dienen, nicht mehr für sie gelten. Das birgt Gefahren für Auftragnehmer mit unzureichenden Kenntnissen im Vertragsrecht und bei der Abrechnung von Vertragsleistungen. Sie können trotz guter fachlicher Arbeit im Fall unklarer oder unterlassener Vereinbarungen spürbare Honorareinbußen erleiden sowie Liquiditätsprobleme erfahren. Auftraggeber erhalten möglicherweise kurzfristig Leistungen zu geringeren Honorarkosten, wohl aber langfristig mit geringerer Qualität, sofern die gewollte Deregulierung zu einem verschärften Preis-Leistungs-Wettbewerb führt.
Literatur A
Ausschuss der Verbände und Kammern der Ingenieure und Architekten für die Honorarordnung e. V. (AHO): Projektmanagementleistungen in der Bau- und Immobilienwirtschaft. Schriftenreihe Nr. 9. Bonn: Bundesanzeiger, 2004 AHO-Fachkommission Projektsteuerung/Projektmanagement (Hrsg.): Untersuchungen zum Leistungsbild, zur Honorierung und zur Beauftragung von Projektmanagementleistungen in der Bau- und Immobilienbranche. Bonn: Bundesanzeiger, 2009 Alverhaus, R.: Die neue HOAI 2009. In: Neue Zeitschrift für Baurecht und Vergaberecht, 8/2009 Architektenkammer Hessen (Hrsg.): HOAI-Orientierungshilfe, Informationsreihe für Hessische Architekten Nr. 11. Wiesbaden 1993 Architekten-Verein zu Berlin (Hrsg.): Deutsche Bauzeitung, Jahrgang 3, Nr. 15 vom 8. April 1869 Aule, O.: Bauinvestitionen und Volkswirtschaft. Braunschweig u.a.: Vieweg-Verlag, 1982 B
Bastian, M.: Facility Management-Architektur (FM-A). In: Computer Spezial 1991 Baugeräteliste (BGL) 2007: Technisch-wirtschaftliche Baumaschienendaten: Bauverlag Bv GmbH Baukosteninformationszentrum Deutscher Architektenkammern (Hrsg.): Baukosten 2011. Teil 1: Statistische Kostenkennwerte für Gebäude, Stuttgart 2011 Baukosteninformationszentrum Deutscher Architektenkammern (Hrsg.): Baukosten 2012. Teil 1: Statistische Kostenkennwerte für Gebäude, Stuttgart 2012 Baukosteninformationszentrum Deutscher Architektenkammern (Hrsg.): BKI Objektdaten NK1 – Nutzungskosten, Stuttgart 2010 Baukosteninformationszentrum Deutscher Architektenkammern (Hrsg.): Objektdaten Neubau N10, Stuttgart 2011 Bayerische Architektenkammer (Hrsg.): HOAI - Ein Leitfaden aus der Praxis für Architekten und Bauherren. München 1991 Beesley, M. E. und Foster, C. D.: Estimating the social benefit of constructing an underground railway in London. In: Journal of the Royal Statistical Society, Serie A, Vol. 126, Teil 1, London (1963) Betriebswirtschaftliches Institut der Westdeutschen Bauindustrie: Bauwirtschaftliche Informationen 2004. Düsseldorf 2004 Binswanger, H. C.; Frisch, H.; Nutzinger H. G. u. a.: Arbeit ohne Umweltzerstörung. Frankfurt am Main: S. Fischer, 1983
548
Literatur
Bötzkes, F.: Gestörter Bauablauf: So kann der Nachweis der Mehrkosten gelingen. In: Baumarkt + Bauwirtschaft. Gütersloh, 10/2005 Brehmer, E. und Beckmann, H.-W.: Baukosten senken: Sparkonzepte Für Bauherren. 5. Aufl. Braunschweig u.a.: Vieweg-Verlag, 2000 Brüssel, W.: Baubetrieb von A bis Z. Düsseldorf: Werner Verlag, 2002 Brych, F. und Pause, H.-E.: Bauträgerkauf und Baumodelle. München: Verlag C. H. Beck, 1996 und 2004 Bundesamt für Bauwesen und Raumforschung: Wohnungsmarktprognose, www.bbr.bund.de Bundesgeschäftsstelle Landesbausparkassen (Hrsg.): Markt für Wohnimmobilien. Berlin 2011 Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung: Bericht zur Lage und Perspektive der Bauwirtschaft 2011. Bonn 2011 Bundesminister für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau (Hrsg.): VHB, 2002 Bundesminister für Verkehr, Bau- und Stadtentwicklung (Hrsg.): VHB, 2008-Stand 2012-08, Anhang 9 Bundesminister für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau (Hrsg.): WinterbauSchutzmaßnahmen bei verschiedenen Witterungsbedingungen, Bonn 1978 Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung BMVBS (Hrsg.): Strukturdaten zur Produktion und Beschäftigung im Baugewerbe, Berechnungen für das Jahr 2010. BMVBS-Online-Publikation 19/2011 Bundesministerium für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen (Hrsg.): PPP im öffentlichen Hochbau, Band I-III, Berlin 2002 Bundesregierung: Perspektiven für Deutschland – Unsere Strategie für eine nachhaltige Entwicklung, 2002, www.bmu.de C
Creifelds, C.: Rechtswörterbuch. 5. Auflage. München: Verlag C. H. Beck, 1978 D
Damerau, H. v. d.; Tauterat, A.; Franz, R.: VOB im Bild. Wiesbaden u.a.: Bauverl., 2007 Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung: Strukturdaten zur Produktion und Beschäftigung im Baugewerbe - Berechnungen für das Jahr 2010. Berlin 2011 Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung: Wochenberichte (diw.de), Berlin 1995 und 1999 Diederichs, C. J. und Hepermann, H.: Kostenermittlung im Hochbau durch Kalkulation von Leitpositionen (Rohbau und Ausbau). In: Schriftenreihe 04 „Bau- und Wohnforschung“ des Bundesministers für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau, Nr. 04.115. Bonn/Wuppertal 1986 Diederichs, C. J.: Kostensicherheit im Hochbau. Essen: Dt. Consulting Verl., 1984 DIW und Hauptverband der deutschen Bauindustrie: Neubau - versus Bestandsmaßnahmen, http://hvb.epgmbh.de/seiten/wohnungsbau.html Döbereiner, W. und Liegert, F.: Baurecht für Praktiker. Wiesbaden u.a.: Bauverl., 1990
Literatur
549
Duden Wirtschaft von A bis Z. Grundlagenwissen für Schule und Studium, Beruf und Alltag. 2. Aufl. Mannheim: Bibliographisches Institut & F.A. Brockhaus, 2004 Dusatko, I. und Kalusche, W.: „Kostensicherheit bei Bauprojekten - Bessere Voraussetzungen durch DIN 276-1:2008-12“. In: Forum der Forschung, BTU Cottbus, Heft 22/2009 E
EDITION AUM GmbH: SIRADOS-ELEMENTEplus, Element-Kostenkennwerte auf CD, Dachau 1999 Eich, R.: HOAI 2009. Textausgabe mit Erläuterung der Neuerungen, Musterrechnung und Interpolationstabellen. 4. aktualisierte und erweiterte Auflage. Köln: Verlag Rudolf Müller, 2009 Ehlers, M.: Ausführungsplanung im Bauprozess, Hannover: Inst. f̂ür Baubetrieb und Baubetriebswirtschaft, 2006, Diss. Engel & Völkers: Wohn- und Geschäftshäuser, Marktreport 2011/2012 Enquete-Kommission „Wachstum, Wohlstand, Lebensqualität“ des Deutschen Bundestages: Arbeitsbericht Projektgruppe 2 „Entwicklung eines ganzheitlichen Wohlstands- bzw. Fortschrittsindikators“ Stand 05.03.2012 F
Finanzministerium Nordrhein-Westfalen: Public Private Partnership im Hochbau, Düsseldorf 2003 Franke, H.; Zanner, Chr.; Kemper, R.: VOB/B kompakt - Grundlagen, Handhabung, Entscheidungshilfen. Köln: Müller, 2001 Frikell, E.: § 16 Nr. 1 VOB/B - Anspruch auf Abschlagszahlungen auch beim Pauschalvertrag, in: Baurechts-Report 3/91 Fröhlich, P. J.: Kommentar zur VOB/C. Wiesbaden: Vieweg-Verlag, 2007 G
Gabler Wirtschafts-Lexikon. Wiesbaden: Gabler, 1997 und 2000 Gemeinsamer Ausschuss Elektronik im Bauwesen in Verbindung mit der Dr. Schiller & Partner GmbH – Dynamische BauDaten: CD zum STLB-Bau Glücklich, D.: Energie- und kostenbewußtes Bauen von Wohnhäusern. Köln-Braunsfeld: Müller, 1985 Gornig, M. und Hagedorn, H.: Bauwirtschaft: Stagnation nach starkem Wachstum, in: DIW Wochenbericht Nr. 48.2011 Greiner, P.; Mayer, P. E.; Stark, K.: Baubetriebslehre - Projektmanagement. Wiesbaden: Vieweg-Verlag, 2000 und 2005 Großhauser, M.: Baurecht - leicht gemacht - Leitfaden für Architekten, Ingenieure, Bauuternehmer und Bauherren. 3. Aufl. Freiburg i. Br.: Haufe, 1993 Gutenberg, E.: Einführung in die Betriebswirtschaftslehre. Wiesbaden: Gabler, 1958 und 1990 Gürtler, V.: Stochastische Risikobetrachtung bei PPP-Projekten. Renningen: Verlag expert, 2007
550
Literatur
H
Hauptverband der Deutschen Bauindustrie e. V.: Wichtige Baudaten 2011; http://www.bauindustrie.de/media/attachments/baudatenkarte_2011.pdf Hausmann, K.: Handbuch der Baudurchführung. Dreieich-Sprendlingen: Zeittechnik-Verl., 1979 Heiermann, W.; Riedl, R.; Rusam, M.; Schwaab, F.: Handkommentar zur VOB - Teile A und B. Wiesbaden u.a.: Bauverl., 1986 und 1994 Heiermann, W.; Riedl, R.; Rusam, M.: Handkommentar zur VOB. Wiesbaden u.a.: Bauverl., 2000 Heilfort, Th,: Ablaufstörungen in Bauprojekten – Einflussfaktoren für die Terminsicherung im Bauprojektmanagement. Renningen: expert-Verl., 2003 Heinen, E. (Hrsg.): Industriebetriebslehre. Wiesbaden: Gabler, 1983 und 1993 Heintzenberg, Jörg: Die HOAI 2009 bringt Chancen, Risiken und neue Aufgaben für Auftraggeber und Architekten. Information der Dr. Schiller & Partner GmbH (www.dbd.de) Heix, G.: Wohnflächenberechnung. 3. Aufl. Essen: Verl. für Wirtschaft und Verwaltung Wingen, 2004 Heuer, J.: Die Wohnungsmärkte im gesamtwirtschaftlichen Gefüge. In: Jenkis, H.(Hrsg.): Kompendium der Wohnungswirtschaft. München: Oldenbourg, 1991 Höbel, P. und Friess, A.: HOAI : Praxis bei Architektenleistungen. 6. Aufl. Berlin, Wiesbaden: Bauverlag GmbH, 1996 Hoffstadt, H.-J. und Koppe, B.: Abwicklung von Bauvorhaben. Köln: Müller, 2012 Hofmann, O. und Frickell, E.: Die Vergabe öffentlicher Bauleistungen. Köln: Verlag Rudolf Müller, 1985 Hoffmann, M. und Kremer, P.: Zahlentafeln für den Baubetrieb. 3. Aufl. Stuttgart: Teubner, 1992 I
Ingenstau, H. und Korbion, H.: VOB Verdingungsordnung für Bauleistungen, Teile A und B, Kommentar. Neuwied: Werner Verlag, 2007 J
Janssen-Timmen, R., H. D. von Loeffelholz: Gesamtwirtschaftliche und fiskalische Implikationen der Städtebauförderung, RWI-Projekberichte. Hamburg: HVH, Hammonia-Verl., 2004 Jochem, R.: HOAI 2009 - Eine Zusammenfassung der Neuregelung mit kurzer Erläuterung. In: Kapellmann, Klaus; Vygen, Klaus (Hrsg.): Jahrbuch Baurecht 2009. Neuwied: Werner Verlag, 2009 Jochem, R.: HOAI-Kommentar zur Honorarordnung für Architekten und Ingenieure. 3. Aufl. Wiesbaden u.a.: Bauverl., 1998 Jochem, R.: HOAI Gesamtkommentar, 1140 S., 4. Auflage. Berlin, Wiesbaden: Bauverlag 1998, Vorauflagen von 1977, 1982, 1991 Joedicke, J.: Angewandte Entwurfsmethodik für Architekten. Stuttgart: Krämer, 1976
Literatur
551
K
Kalte, P. und Wiesner, M.: Aktuelles über Honorar und Vergabe. Bedarfsplanung im Bauwesen / Honorarfragen. In: Deutsches Ingenieurblatt 07 – 08/2006 Kalte, P. und Wiesner, M.: Systemfehler in der neuen HOAI. In: Deutsches Ingenieurblatt 12/2009 Kalusche, W.: Zur Ermittlung der Baunebenkosten bei der Planung von Gebäuden. In: BKI Handbuch Bauökonomie. Baukosten - Folgekosten - Kosten des Architekturbüros. Fachbeiträge zum 10-jährigen Bestehen von BKI. Selbstverlag Baukosteninformationszentrum Deutscher Architektenkammern. Stuttgart: Selbstverlag, 2006 Kalusche, W.: Bemessen von Gebäuden – einfach aber richtig! In: Liebchen, Jens; Viering, Markus G.; Zanner, Christian (Hrsg.): Baumanagement und Bauökonomie: Aktuelle Entwicklungen. Wiesbaden: Teubner, 2007a Kalusche, W.: Instandsetzung und Modernisierung im Wohnungsbau. In: Altinger, Gernot; Heegemann, Ingo; Jurecka, Andreas (Hrsg.): Festschrift Hans Georg Jodl. Wien: Selbstverlag Institut für interdisziplinäres Bauprozessmanagement TU Wien, 2007b Kalusche, W. (Hrsg.): BKI Handbuch: Kostenplanung im Hochbau, Selbstverlag Baukosteninformationszentrum Deutscher Architektenkammern Stuttgart, 2. Auflage, Stuttgart: Selbstverlag, 2008a Kalusche, W.: Grundlagen und Gegenstand der Kostenplanung im Hochbau. In: Kalusche, Wolfdietrich (Hrsg.): BKI Handbuch: Kostenplanung im Hochbau. 2. Aufl. Stuttgart: Selbstverlag, 2008b Kalusche, W.: Optimierung von Baukonstruktionen unter Beachtung der Lebenszykluskosten. In: Detail 04/2009a Kalusche, W.: Terminplanung: Aufgabe des Architekten. In: Oelsner, Uta (Hrsg.): Praxis der Planungs- und Bauökonomie. 1. Aufl. München: Oldenbourg Verlag, 2009b Kalusche, W.: Was wollen wir bauen? - Bedarfsplanung im Bauwesen. In: Motzko, Christoph (Hrsg.): Festschrift anlässlich des 30-jährigen Bestehens des Instituts für Baubetrieb der Technischen Universität Darmstadt - Baubetriebliche Aufgaben. Fortschritt-Berichte VDI Reihe 4 Bauingenieurwesen Nr. 211. Düsseldorf: VDI Verlag, 2009c Kalusche, W.: Einführung in die Nutzungskostenplanung. In: Baukosteninformationszentrum Deutscher Architektenkammern (Hrsg.): BKI Objektdaten NK1 - Nutzungskosten. Stuttgart: Selbstverlag, 2010a Kalusche, W.: HOAI 2009 - Relevante Änderungen aus Sicht des Projektmanagements. In: Deutscher Verband der Projektmanager in der Bau- und Immobilienwirtschaft e. V. (Hrsg.): Projektmanagement-Standards in Deutschland 2010 - Auswirkungen der HOAI-Novelle und des AHO-Heftes 9 (2009). Veröffentlichung zur Fachtagung am 30. April 2010 in Berlin. Berlin: DVP-Verlag, 2010b Kalusche, W.: HOAI 2009 - Risiken und Nebenwirkungen. In: Univ.-Prof. Dr.-Ing. Zimmermann, J. (Hrsg.): Tagungsband zum 2. Forschungs-symposium der Baubetriebs- und Immobilienwissenschaften. München: TU Verlag, 2010c Kalusche, W. und Herke, S.: Ermittlung der Grundflächen von Gebäuden - ganz so einfach ist es nicht. In: Jehle, P. (Hrsg.): Festschrift zum 60. Geburtstag von Herrn Univ.-Prof. Dr.Ing. Rainer Schach. Dresden: TU Verlag, 2011a
552
Literatur
Kalusche, W.: Grundflächen und Planungskennwerte von Wohngebäuden. In: Gralla; Sundermeier (Hrsg.): Innovation im Baubetrieb. Köln: Werner Verlag, 2011b Kalusche, W.: Differenzierung anerkannter Begriffe bei Baumaßnahmen im Bestand. In: Baukosteninformationszentrum Deutscher Architektenkammern (Hrsg.): BKI Baukosten Statistische Kostenkennwerte für Altbau, 2. Auflage, Stuttgart: Selbstverlag, 2012a Kalusche, W.: Nutzungs- und Personalkostenermittlung am Beispiel eines Kindergartens. In: Baukosteninformationszentrum Deutscher Architektenkammern (Hrsg.): BKI Objektdaten NK3 – Nutzungskosten. Stuttgart: Selbstverlag, 2012b Kalusche, W.: Projektmanagement für Bauherren und Planer. 3. Auflage. München, Wien: Oldenbourg, 2012c Kapellmann, K. und Schiffers, K.-H.: Vergütung, Nachträge und Behinderungsfolgen beim Bauvertrag, Band 1: Einheitspreisvertrag. Köln: Werner Verlag, 2000 Keil, W.; Martinsen, U.; Vahland, R.; Fricke, G.: Kostenrechnung für Bauingenieure. Düsseldorf: Werner Verlag, 2004 Kerski, M. P. und Howanietz, R.: Flughafeninbetriebnahme und Inbetriebnahmeplanung für Neu- und Ausbaumaßnahmen. In: Motzel, E. (Hrsg.): Projektmanagement in der Baupraxis bei industriellen und öffentlichen Bauprojekten. Berlin: Ernst, 1993 Kochendörfer, B.; Viering, M.; Liebchen, G.: Bauprojekt-Management. Wiesbaden: Teubner, 2004 Kohnke-Wensing, T.; Bachmann, S.; Kinne, H.: Flächen und Mietverträge. Berlin: Grundeigentum-Verl., 2008 Kommunalverband für Jugend und Soziales (Hrsg.): KVJS Jugendhilfe - Service. Der Bau von Tageseinrichtungen für Kinder. 3. Aufl. Stuttgart: Selbstverlag, März 2011 Konferenz der Vereinten Nationen für Umwelt und Entwicklung: Agenda 21, Rio de Janeiro, 1992 Korbion, H. In: Hesse; Korbion ; Mantscheff; Vygen: Honorarordnung für Architekten und Ingenieure - Kommentar. 5. Aufl. München : C. H. Beck’sche Verlagsbuchhandlung, 1996 Kruschwitz, L.: Investitionsrechnung. Berlin, New York, München: Oldenbourg, 1985 und 2005 Kuchenmüller, R.: Bedarfsplanung und die Renaissance des Bauherrn. In: Deutsches Architektenblatt 9/1995 L
Laage, G.: Handbuch der Architekturplanung. Stuttgart u.a.: Kohlhammer, 1978 Landesbetrieb Vermögen und Bau Baden-Württemberg - Grundlagen Wirtschaftliches Bauen: Kurzinformation LAGDAT (Objektdatenbank der Länderarbeitsgemeinschaft Hochbau), Freiburg 2000 Landesinstitut für Bauwesen und angewandte Bauschadensforschung: Kosten im Hochbau Untersuchung über Aufwand und Nutzen von Kostenermittlungsverfahren, Düsseldorf 1990 Landesverband Bayerische Bauindustrie (LBB), 1/86-5 Langscheidt, W. und Hancker, K.: Bauzeichnungen, 17. Aufl. München: Augustus Verl., 2001 Leimböck, E.; Klaus, U. R.; Hölkermann, O.: Baukalkulation und Projektcontrolling. Braunschweig u.a.: Vieweg-Verlag, 2007
Literatur
553
Leimböck, E. und Iding, A.: Bauwirtschaft. Stuttgart: Teubner, 2005 Leimböck, E. und Heinlein, K.: Recht und Wirtschaft bei der Planung und Durchführung von Bauvorhaben. Wiesbaden, Berlin: Bauverl., 2004 Lisowski, A.: Grundprobleme der Betriebswirtschaftslehre. Zürich/St. Gallen 1954 Locher, H.: Das private Baurecht. München: Beck, 1976 und 1996 Locher, H.; Koeble, W.; Frik, W.: Kommentar zur HOAI. 8. Aufl. Düsseldorf: Werner Verlag, 2002 Locher, H.; Koeble, W.; Frik, W.: Kommentar zur HOAI. Neuwied: Werner Verlag, 2006 M
Maibaum, Th. und Schulz, U.: HOAI kompakt. Oft gestellte Fragen zur neuen Honorarordnung – und die Antworten. In: Deutsches Architektenblatt 08/09 Mantscheff, J., Boisserée, D. und Helbig, W.: Baubetriebslehre. 5. Aufl. Düsseldorf: Werner Verlag, 2004 Matuschak, H.: Honorarermittlung. Das Kostenberechnungsmodell und weitere Neuerungen der HOAI. In: Deutsches Architektenblatt 08/09 Meissner, K.: Haftung und Gewährleistung im Architekten- und Ingenieurvertrag, Seminar der Spezial Seminare Bau GmbH, o. J. Meyer, P.: Wohnbauten im Vergleich - Aumatt II, Zürich: Verl. der Fachvereine, 1992 Meyer-Meierling, P. und Bundesamt für Wohnungswesen, Grenchen: Wohnungs-Bewertungssystem (WBS) - Ausgabe 2000 - Wohnbauten im Vergleich. Gesamtbericht Bände 1-50 Morlock, A.: Das Honorar für Mehrfachplanungen. In: DAB 2010/4 Motzke, G.: HOAI 2009 – Anmerkungen, Anfragen, Rätsel, Aussichten. By Wolters Kluwer Deutschland GmbH, 2010 / werner-baurecht.de Motzke, G.; Wolff, R.: Praxis der HOAI. 3. Aufl. München: Verlag C.H. Beck, 2004 Möller, D.-A.: Chirurgische Klinik Dresden – Beurteilung der Wettbewerbsarbeiten unter wirtschaftlichem Aspekt. In: Deutsche Bauzeitschrift 5/1998, S. 87 ff. Möller, D.-A.: Planen, Bauen und Nutzen aus wirtschaftlicher Sicht. In: Rösel, W. (Hrsg.): Baumanagement in den neuen Bundesländern, Stuttgart 1995, S. 159 ff. Möller, D.-A.: Planungsökonomie und Kostenplanung in der Architektenausbildung. In: Deutsches Architektenblatt 11/1994, S. 1863 ff. Möller, D.-A., E. Möller: Ökologie und Ökonomie am Bau. In: Deutsche Bauzeitschrift 6/1989, S. 787 ff. Möller, D.-A., Schmieg, P.: Die ganzheitliche Erneuerung bestehender Krankenhausanlagen und die Probleme der Kostensicherheit bei Sanierung am Beispiel des Städt. Klinikums Karlsruhe. In: Krankenhausumschau 11/1989, 12/1989 und 1/1990, S. 16 ff. Möller, E.: Unternehmen pro Umwelt, München 1989 Müller-Merbach, H.: Operations Research. München: Vahlen Verlag, 1973 N
Neue juristische Wochenschrift (NJW) 1997, Heft 9
554
Literatur
O
Oswald, R.: Hinzunehmende Unregelmäßigkeiten. Wiesbaden: Vieweg-Verlag, 2005 P
Peters, H.: Selbsthilfe am Bau. Wiesbaden, Berlin: Bauverlag, 1984 Pfarr, K.: Grundlagen der Bauwirtschaft. Essen: Deutscher Consulting Verlag, 1984 Pfarr, K.: Handbuch der kostenbewußten Bauplanung. Wuppertal: Dt. Consulting Verl., 1976 Pfarr, K.: Honorarfindung nach HOAI - aber wie? Der Honorarfindungsprozeß bei Planungsleistungen aus ökonomischer Sicht. Düsseldorf: Werner Verlag, 1978 Pfarr, K.: Geschichte und Zukunft der HOAI. Festschrift 75 Jahre AHO. Köln: Bundesanzeiger Verlag, 1999 Post, R.; Lenzen, Th.; Blomeyer, F.: Die Feinheiten der Kostenberechnung. In: Deutsches Architektenblatt 05/10 Prause, M.: Neues Recht - neuer Vertrag. In: Deutsches Architektenblatt 09/09 Preussner, M.: Bedarfsplanung nach DIN 18205: Der Schlüssel zur erfolgreichen Architektenplanung. In: BauR 03/2009 R
Reineke, P.: Objektüberwachung ernst nehmen!, in: Immobilien- & Baurecht, Mannheim 1994; www.ibr-online.de Reinhardt, W. und Trudel, H.: Wohndichte und Bebauungsformen. Stuttgart: Dt. Verl.-Anst., 1979 Rheinland-Pfalz (Hrsg.): Entschädigung für die Bearbeitung einer Leistungsbeschreibung mit Leistungsprogramm (VOB/A § 20 Nr. 2) - Arbeitsblatt 01, 3. Auflage, ohne Datum (http://web43.d2-1066.ncsrv.de/4-03/45_VOB_Blatt01.pdf am 14.04.2012) Richter, P.: Entwicklung einer integrierten Informationsstruktur für relationale Datenbanken im Bauwesen. Kassel, Gesamthochsch., 1988, Diss. Rösch, W. u. Volkmann, W.: Bau - Projektmanagement. Terminplanung mit System für Architekten und Ingenieure. Köln: Verlag Müller, 1994 Ruf, L.: Kostenermittlungsverfahren im Überblick. In: DAB Deutsches Architektenblatt 07/1994 Rußig, V.; Deutsch, S. und Spillner, A.: Branchenbild Bauwirtschaft. Schriftenreihe Nr. 141 des ifo-Instituts. Berlin: Duncker & Humblot GmbH, 1996 S
Schach, R. (Hrsg.): Ablaufstörungen in Bauprojekten - Einflussfaktoren für die Terminsicherung im Bauprojektmanagement. Renningen 2004 Schach, R. und Otto, J.: Baustelleneinrichtung. Grundlagen - Planung - Praxishinweise Vorschriften und Regeln. Wiesbaden: B. G. Teubner Verlag, 2008 Schneider, K.-J.: Bautabellen für Ingenieure. 16. Aufl. München-Unterschleißheim: Werner Verlag, 2004 Schmidt, Th.: Baukostenrichtwerte - Anforderungen und Aussagewert, Essen: Wingen, 1992
Literatur
555
Scholtissek, F.-K.: Anmerkungen zur beabsichtigten Änderung der HOAI. In: NZBau 2007 Schramm, C: Störeinflüsse im Leistungsbild des Architekten. Berlin: DVP Verlag, 2003 Schub, A. und Meyran, G.: Praxis-Kompendium Baubetrieb. Band 1. Wiesbaden: Bauverl., 1982 Schulte, K.-W.: Rentabilitätsanalyse für Immobilienprojekte. In: Schulte, K.-W. und BoneWinkel, St. (Hrsg.): Handbuch-Immobilien-Projektentwicklung. Köln: Müller, 2002 Schweizer, M.: Industriebetriebslehre: Das Wirtschaften in Industrieunternehmen. München: Verlag Vahlen, 1990 Sellien, R. und Sellien, H. (Hrsg.): Dr. Gablers Wirtschaftslexikon. 10. neubearbeitete Aufl. Wiesbaden: Gabler, 1979 Siegburg, Frank: Objektive Ermittlung der Höhe von Stundensätzen für Architekten und Ingenieure, 2009, [http://www.ibr-online.de/IBRNavigator/dokumentenanzeige-body.php] Siemon, K.-D.: http://www.architektenhonorar.de/index.php?page=tabelle15 Stadt Heidelberg, Amt für Umweltschutz, Gewerbeaufsicht und Energie: Baumschutz auf Baustellen, https://formulare.virtuelles-rathaus.de Stannek, Norbert: HOAI: ungenügend für Bestandsbauten. In: Deutsches Architektenblatt 07/10 Statistisches Bundesamt: Fachserie 18, Reihe 1.4 Volkswirtschaftliche Gesamtrechnungen Inlandsproduktberechnung - Detaillierte Jahresergebnisse 2011, Wiesbaden 2012 Statistisches Bundesamt: Statistische Jahrbücher 1981 - 2005 für die Bundesrepublik (bzw. für das vereinte) Deutschland, Stuttgart/Mainz 1981 - 2005 Statistisches Bundesamt: Wirtschaftszweige 2003 Stobbe, A.: Wirtschaftskreislauf und Sozialprodukt. In: Ehrlicher, W.; Esenwein-Rothe, I.; Jürgensen, H.; Rose, K.: Kompendium der Volkswirtschaftslehre, Göttingen: Vandenhoeck und Ruprecht, 1975 Streit, M. E.; Umbach, D. C.; Bartlsperger, R.: Wie funktioniert das?: Die Wirtschaft heute, Mannheim/Wien/Zürich: Bibliogr. Inst., 1980 und 1984 T
Tonne, W.: Chancen und Grenzen beim Entwerfen langfristig brauchbarer Wohngebäude, untersucht am Beispiel eines Architekten und einer ökonomischen Methode: Walter Gropius und die Investitionsrechnung, Stuttgart: Inst. f. Bauökonomie d. Univ., 1987, Diss. V
VEB Bibliographisches Institut Leipzig (Hrsg.): Bi-Lexikon A - Z. in einem Band, 3. Aufl. 1982 Voigt de Oliveira, Vicente: HOAI 2009 - Ein erster Überblick - Görg News. Berlin. 30.06.2009, www.goerg.de Volkmann, W.: Projektsteuerung für Architekten, in: DAB Deutsches Architektenblatt 11/96 Vygen, K.: Bauvertragsrecht nach VOB und BGB. 3. Aufl. Wiesbaden u.a.: Bauverl., 1997
556
Literatur
W
Wagner, H.: Problemfelder der Makroökonomie. München: Vahlen, 2003 Weber, F.: Honorarberechnung bei mehreren Objekten […], werner-baurecht.de 2010 Werner, U.: Beck-Texte, Einführung zu VOB/HOAI. 26. Aufl. München: Dt. TaschenbuchVerl. [u.a], 2009 Werner, U.; Pastor, W. und Müller, K.: Baurecht von A-Z. 6. Aufl. München: Verlag C. H. Beck, 1995 Wiegand, Jürgen: Leitfaden für das Planen und Bauen mit Hilfe der Wertanalyse. Wiesbaden und Berlin: Bauverlag GmbH, 1995 Wiegand, J.; Aellen, K.; Keller, Th.: Wohnungs-Bewertungs-System - Ausgabe 1986. In: Schriftenreihe Wohnungswesen des Bundesamtes für Wohnungswesen, Bern 1994 Wildmann, L.: Einführung in die Volkswirtschaftslehre, Mikroökonomie und Wettbewerbspolitik. München: Oldenbourg, 2010 Will, L.: Die Rolle des Bauherrn im Planungs- und Bauprozess. Frankfurt/M., Bern, New York: Lang, 1985 Wöhe, G.: Einführung in die Allgemeine Betriebswirtschaftslehre. München: Vahlen, 2000 Wöhe, G.: Übungsbuch zur Einführung in die Allgemeine Betriebswirtschaftslehre. München: Vahlen, 2000 Z
Zwicky, F.: Entdecken, Erfinden, Forschen im morphologischen Weltbild, Glarus: Baeschlin, 1989
Ohne Verfasserangabe Behandlung von Bauschutt, Baustellenabfällen, Erdaushub und Straßenaufbruch im Bereich der Staatsbauverwaltung, in: Deutsches Architektenblatt 7/92, Regionalteil Bayern, S. 130 131 Der Vergütungsanspruch des Werkunternehmers insbesondere der Pauschalpreisvertrag im VOB-Vertrag - Architektenrechts-Report, in: Deutsches Architektenblatt 12/92 Pauschalverträge - Ungereimtheiten zwischen Leistungsverzeichnis und Ausführungsplänen, in: Baurechts-Report 12/89
Gesetze, Normen, Verordnungen und sonstige Regelwerke Allgemeine Bestimmungen für die Vergabe von Bauleistungen (VOB/A) Allgemeine Vertragsbedingungen für die Ausführung von Bauleistungen (VOB/B) Allgemeine Technische Vertragsbedingungen für Bauleistungen (VOB/C, entspricht DIN 18 300 bis DIN 18 459) Allgemeinen Technischen Vertragsbedingungen (ATV)
Literatur
557
Amtliche Begründung zur Verordnung über die Honorare für Architekten- und Ingenieurleistungen (Honorarordnung für Architekten und Ingenieure - HOAI), Stand August 2009 Arbeitsschutzgesetz Baugesetzbuch (BauGB) vom 8. Dezember 1986 (BGBl.I, S. 2253), zuletzt geändert am 23. November 1994 (BGBl.I S. 3486) BaustellenVO mit Verordnung vom 10. Juni 1998 Beschluss des BR vom 30.4.2009, BR-Dr 395/09 Beschluss des BR vom 6.6.1997 und 14.7.1995, BR-Dr. 399/95 Betriebskostenverordnung (BetrKV), geändert durch Art. 4 G v. 3.5.2012 I 958 Brandenburgische Bauordnung vom 17.9.2008, zuletzt geändert am 13.4.2010 Bundesministerium für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen 2003 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB), 53. überarbeitete Auflage, Stand: 1. Januar 2003 DIN 276:1934-08, Kosten von Hochbauten und damit zusammenhängenden Leistungen DIN 276-1:1981-04, Kosten von Hochbauten - Teil 1: Begriffe DIN 276-1:2008-12, Kosten im Bauwesen - Teil 1: Hochbau DIN 276-4:2009-08, Kosten im Bauwesen - Teil 4: Ingenieurbau DIN 277:1934-08, Umbauter Raum von Hochbauten DIN 277-1:1973-05, Grundflächen und Rauminhalte von Bauwerken im Hochbau; Begriffe, Berechnungsgrundlagen DIN 277-2:1973-05, Grundflächen und Rauminhalte von Bauwerken im Hochbau; Gliederung der Nutzflächen, Funktionsflächen und Verkehrsflächen (Netto-Grundrissfläche) DIN 277-1:1987-06, Grundflächen und Rauminhalte von Bauwerken im Hochbau; Begriffe, Berechnungsgrundlagen DIN 277-2:1987-06, Grundflächen und Rauminhalte von Bauwerken im Hochbau; Gliederung der Nutzflächen, Funktionsflächen und Verkehrsflächen (Netto-Grundfläche) DIN 277-1:2005-02, Grundflächen und Rauminhalte von Bauwerken im Hochbau - Teil 1: Begriffe, Ermittlungsgrundlagen DIN 277-2:2005-02, Grundflächen und Rauminhalte von Bauwerken im Hochbau - Teil 2: Gliederung der Netto-Grundfläche (Nutzflächen, Technische Funktionsflächen und Verkehrsflächen) DIN 277-3:2005-02, Grundflächen und Rauminhalte von Bauwerken im Hochbau - Teil 3: Mengen und Bezugseinheiten DIN 1045 Beton- und Stahlbetonbau DIN 1356-1:1995-02, Bauzeichnungen – Teil 1: Arten, Inhalte und Grundregeln der Darstellung DIN 4109:1989-11, Schallschutz im Hochbau DIN 13080:2003-07, Gliederung des Krankenhauses in Funktionsbereiche und Funktionsstellen DIN 18040-1, Barrierefreies Bauen - Planungsgrundlagen - Teil 1: Öffentlich zugängliche Gebäude. Ausgabe: 2010-10
558
Literatur
DIN 18205:1996-04, Bedarfsplanung im Bauwesen DIN 18960:1976-04, Baunutzungskosten von Hochbauten DIN 18960:1999-08, Nutzungskosten im Hochbau DIN 18960:2008-02, Nutzungskosten im Hochbau DIN 31051: 2003-06, Grundlagen der Instandhaltung DIN 69 900, Netzplantechnik Energieeinsparverordnung (EnEV) Fachregeln für Dächer und Abdichtungen - Flachdachrichtlinien (Stand 09/2003) Finanzministerium NRW 2003 Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) Gesetz über das öffentlich-rechtliche Kreditwesen im Freistaat Sachsen vom 13. Dezember 2002 Gesetz über das Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) Gesetz zur Förderung der Stabilität und des Wachstums der Wirtschaft (StabG) vom 8. Juni 1967 Gesetz zur Neuordnung des Pfandbriefrechts vom 22. Mai 2005, zuletzt geändert durch Art. 12 G v. 9. Dezember 2010 Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland, zuletzt geändert durch Art. 1 G v. 11.7.2012 HOAI:1996-01, Honorarordnung für Architekten und Ingenieure HOAI:2009-08, Honorarordnung für Architekten und Ingenieure ISO 9699:1994-12, Performance standards in building - Checklist for briefing - Contents of brief for building design Landesbauordnungen (LBO) Landesbauordnung des Landes Sachsen (SächsBO), Fassung: Juni 2010 Modernisierungsrechtlinien (ModR) der Länder Musterbauordnung (MBO), Fassung: November 2002, zuletzt geändert 2008 Richtlinie 2004/18/EG (bzw. 2004/17/EG) vom 31.3.2004 über die Koordinierung der Verfahren zur Vergabe öffentlicher Bauaufträge, Lieferaufträge und Dienstleistungsaufträge Richtlinien der Staatlichen Vermögens- und Hochbauverwaltung Baden-Württemberg für die Beteiligung freiberuflich Tätiger (RifT) Richtlinien für die Baukostenplanung (RBK) Richtlinien für die Durchführung von Bauaufgaben des Bundes (RBBau) Richtlinien für die Durchführung von Bauaufgaben des Bundes - RBBau, Herausgegeben vom Bundesministerium für Verkehr, Bau und Wohnungswesen, 1970 Richtlinien für die Durchführung von Bauaufgaben des Bundes - RBBau, Herausgegeben vom Bundesministerium für Verkehr, Bau und Wohnungswesen, 1995 Richtlinien für die Durchführung von Bauaufgaben des Bundes - RBBau, Herausgegeben vom Bundesministerium für Verkehr, Bau und Wohnungswesen, 2003
Literatur
559
Richtlinien für die Durchführung von Bauaufgaben des Bundes - RBBau, Herausgegeben vom Bundesministerium für Verkehr, Bau und Wohnungswesen, 2005 Richtlinien für die Durchführung von Bauaufgaben der Länder (RLBau) Richtlinie für die Durchführung von Zuwendungsmaßnahmen (RZBau) RZBau (Stand 11/2006), Anh. 2 „Liste der dem Anhang beizufügenden Unterlagen“, Allgemeine Unterlagen Nr. 1.2.) Richtlinie zur Berechnung der Mietfläche für Gewerblichen Raum (MF/G:2012-05). Richtlinie zur Berechnung der Verkaufsfläche im Einzelhandel (MF/V: 2012-05) Richtlinie zur Berechnung der Mietfläche für Wohnraum (MF/W: 2012-05) Richtlinie zur Berechnung der Mietfläche für gewerblichen Raum (MF-G), Fassung: November 2004 Richtlinie zur Berechnung der Mietfläche für Büroraum (MF-B), Fassung: April 1996 Richtlinie zur Berechnung der Mietfläche für Handelsraum (MF-H), Fassung: Juli 1997 Sächsisches Architektengesetz (SächsArchG) Sächsisches Denkmalschutzgesetz (SächsDschG) Sächsisches Naturschutzgesetz (SächsNatSchG) Staatliche Vermögens- und Hochbauverwaltung Baden-Württemberg: Erweiterte Honorartabellen zur HOAI - RifT. Richtlinien der Staatliche Vermögens- und Hochbauverwaltung Baden-Württemberg für die Beteiligung freiberuflich Tätiger. MB 56 AKBW - RiftHonorartabellen, Stand 08/2009 [http://www.rift-online.de] Standardleistungsbuch für das Bauwesen (STLB) VDI 4500 Blatt 1:2006-06, Technische Dokumentation - Begriffsdefinitionen und rechtliche Grundlagen; VDI 4500 Blatt 2:2006-11, Technische Dokumentation - Organisieren und Verwalten; VDI 4500 Blatt 3:2006-06, Technische Dokumentation - Erstellen und Verteilen von elektronischen Ersatzteilinformationen; VDI 4500 Blatt 4:2009-12, Technische Dokumentation - Dokumentationsprozess: Planen Gestalten - Erstellen. Vergabe- und Vertragsordnung für Leistungen (VOL) Vergabehandbuch 2002 (VHB) Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen (VOB), Fassung Juni 2010 Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen (VOB), Fassung 2012 Vergabeverordnung (VgV, zuletzt geändert durch Verordnung am 23.10.2006) Verordnung über die bauliche Nutzung der Grundstücke (Baunutzungsverordnung - BauNVO) in der Fassung der Bekanntmachung vom 23. Januar 1990 (BGBl.1 S. 132), zuletzt geändert am 22. April 1993 (BGBl.1 S. 466) Verordnung über wohnungswirtschaftliche Berechnungen nach dem Zweiten Wohnungsbaugesetz (Zweite Berechnungsverordnung - II. BV), Fassung: Oktober 1957 Verordnung über wohnungswirtschaftliche Berechnungen (Zweite Berechnungsverordnung) (II.BV) zuletzt geändert durch Art.3 des Gesetzes vom 25.11.2003
560
Literatur
Verordnung zur Berechnung der Wohnfläche (Wohnflächenverordnung - WoFlV), Fassung: Januar 2004 Wohnraumförderungsgesetz (WoFG) vom September 2001 Wohnungsbau- und Familienheimgesetz - II. WoBauG Wohnungsbindungsgesetz – WoBindG
Rechtsprechung Urteil des BGH vom 24.05.1962 - VII ZR 23/61, NJW 1962, S. 1569 Urteil des BGH vom 11.12.1975 - VII ZR 7/74, BauR 1976, S. 138 Urteil des BGH vom 30.04.1992 - VII ZR 185/90, BauR 1992, S. 627 Urteil des BGH vom 10.02.1994 - VII ZR 20/93, BauR 1994, S. 392 Urteil des BGH vom 12.10.1995 - VII ZR 195/94, in: BauR 1996, S. 138 Urteil des BGH vom 09.01.1997 - VII ZR 48/96, in: NJW 1997, Heft 25, S. 1964 Urteil des BGH vom 22.10.1998 - VII ZR 91/97 OLG Düsseldorf, Urteil vom 06.10.95 - 22 U 62/95, NJW-RR 97, S. 976 OLG Düsseldorf, 21.10.97 - 21 U 32/97 OLG Hamm, Urteil vom 29.03.93 - 23 U 17/92, BauR 93, S. 604 OLG Karlsruhe, Urteil vom 30.11.93 - 8 U 251/93, BauR 95, S. 114 OLG Karlsruhe, Urteil vom 30.06.94 - 18 a U 47/93, BauR 95, S. 246
Internet de.wikipedia.org/wiki/Europäische_Zentralbank http://lexikon.meyers.de/wissen/Bedarf, am 20.10.2008 http://lexikon.meyers.de/wissen/Bedürfnis, am 20.10.2008 http://web43.d2-1066.ncsrv.de/4-03/45_VOB_Blatt01.pdf http://www.aho.de/hoai/praxishilfe.php3, am 09.09.2010 http://www.a.tu-berlin.de/hoai2000plus/ http://www.baulexikon.de/Bautechnik/Begriffe_Bautechnik/b/BAUlexikon_baustelleneinrich tung.htm, am 27.02.2012 http://www.bbr.bund.de http://www.bki.de/fragen-und-antworten-zu-baukosten/items/standardzuordnung.html http://www.bundesregierung.de/Webs/Breg/DE/Themen/Nachhaltigkeitsstrategie/1-dienationale-nachhaltigkeitsstrategie/indikatoren/_node.html http://www.bussmann-feckler.de/artikel-galabau_2006/maengelverjaehrung-imgalabau_campos-11_2006.html, am 15.10.2012 http://www.bwo.admin.ch/wbs/00212/index.html?lang=de
Literatur
561
http://www.destatis.de, am 10.09.2010 und 25.04.2012 https://www.destatis.de/DE/Publikationen/Thematisch/Preise/Verbraucherpreise/PreiseAufEi nenBlick.html, am 20.10.2012 https://www.destatis.de/DE/ZahlenFakten/GesamtwirtschaftUmwelt/Preise/BauImmobilienp reise/AktuellBauleistungspreise.html, am 22.08.2012 http://www.destatis.de/jetspeed/portal/cms/Sites/destatis/Internet/DE/Content/Statistiken, am 20.09.2011 http://www.destatis.de/jetspeed/portal/cms/Sites/destatis/Internet/DE/Presse/pm/2011/09/ http:/www.Dresden.de/de/03/080/mietspiegel.php http://www.drk-kliniken-berlin.de/uploads/media/LV_Anlagen_BSO_Los3.pdf, am 04.04.2012 http://www.energieverbraucher.de http://www.energieverbraucher.de/de/site/Hilfe/Daten-und-Statistiken/Erlaeuterung-derEnergiedaten__1081, am 30.09.2011 http://www.gaeb.de http://www.gesetze-im-internet.de/baustellv, am 04.04.2012 http://www.gesetze-im-internet.de/woflv/BJNR234610003.html, am 16.08.2010 http://www.ibr-online.de/IRBMaterialien/pdf/HOAI2009.pdf http://www.juraforum.de/lexikon/umweltvertraeglichkeitspruefung, am 05.06.2012 http://www.leipzig.de/buerger/formulare/Bauordnungsamt/Bauantrag.pdf http://www.mieterbund.de, am 30.09.2011 http://www.mieterbund.de/pressemitteilung.html, am 20.09.2011 http://www.nachhaltigesbauen.de/bewertungssystem-nachhaltiges-bauen-fuerbundesgebaeude-bnb.html, am 19.08.2012 http://www.nachhaltigesbauen.de/bewertungssystem-nachhaltiges-bauen-fuerbundesgebaeude-bnb/bnb-bewertungsmethodik.html, am 19.08.2012 http://www.ppp.niedersachsen.de http://www.sab.sachsen.de/de/index.jsp http://www.sab.sachsen.de/de/p_immobilien/ http://www.sachverstaendigenrat-wirtschaft.de http://www.sachverständigenrat-wirtschaft.de/zr_deutschland.html http://www.sirados.de/ http://www.stlb-bau-online.de/leistungsbereiche/012_mauerarbeiten.html, am 10.10.2012 http://www.strom-prinz.de http://www.strom-prinz.de/Stromverbrauch, am 30.09.2011 http://www.tagesspiegel.de/berlin/art270,1921829, am 05.04.2010 http://www.vordruckverlag.de, ab 2010, am 12.04.2011 http://www.wirtschaftslexikon24.net/d/risiko/risiko.htm, am 11.09.2010 http://wirtschaftslexikon.gabler.de/Definition/baupreisindex.html, am 31.12.2011
Stichwortverzeichnis A ABC-Analyse 212 Abfall 467 Abkoppelung der Honorare 510 Abläufe Optimierung 407 Ablaufstrukturplan 395 Abnahme(n) ausdrücklich erklärte 443 behördliche 447 der Bauleistungen 443 förmliche 443 rechtsgeschäftliche 445 stillschweigende 444 technische 445 Abnahmeprotokoll 449 abnehmender Restbuchwert 133 Abrechnung 450 Abschlagsrechnungen 454, 522 Abschreibung 16 lineare 131 Absetzung für Abnutzung 493 Absicherungsmaßnahmen 425 Absprachen 56 Agio 149 Allgemein anerkannte Regeln der Technik 266, 295, 435, 541 allgemeine Geldentwertung 140 allgemeine Geschäftsbedingungen 468 allgemeine Geschäftskosten 366, 367 allgemeine Vertragsbedingungen 319 Alternativposition 452 Alternativpositionen 361 Amortisationsdauer 136 dynamische 157 Amortisationsrechnung 158 Amt für öffentliche Ordnung 382 Änderungen 358, 438 Änderungen des Bauentwurfs 374 Änderungswünsche 306, 516 Anfangsrentabilität 134, 156, 278 Anforderungen gleiche 518 grundsätzlich verschiedene 518 Angabe der Brutto-Grundfläche 235 Angebot 12
Angebotsfrist 310, 314 Angebotskalkulation 314, 326, 360 Angebotspreis 354 Angebotsprüfung 336 Anlage(n) bauliche 294 technische 440, 525 Annuität 480, 486 Annuitätenmethode 150 Anordnungsrecht 438 anrechenbare Kosten 507, 509, 524 Anrechenbarkeit Schwimmbäder 184 unbeheizbare Wintergärten 184 von Balkonen, Loggien und Terrassen 184 Anschaffungsausgabe 153 Anschaffungsauszahlung 151 Anschaffungskosten des Grundstücks 493 Anstricharbeiten 441 Anzahlung 454 Arbeit 21 Arbeitsbesprechungen 378 Arbeitsgemeinschaft 56 Arbeitslosigkeit 21 strukturelle 22 Arbeitsmarktpolitik 23 Arbeitsteilung 37 Architekt(en) 49, 369 Aufgabe 247 Berufsbezeichnung 51 Berufsverständnis 352 freie 500 Sachkosten 523 Architektengesetze der Länder 516 Architektenhonorar 332 Architektenkammer 50 Architektenleistungen 30 Architektenliste 50 Architektenvertrag 74, 247, 426 Architektenwettbewerb 394 Art der Kennwertermittlung 207 Aufgabe(n) des Architekten 247 des Bauherrn 47 Aufmaß 442 gemeinsames 442 Auftragsdauer 379
Stichwortverzeichnis Auftragsproduktion 307 Aufwandswerte 412 Aufzüge 441 ausführende Firmen 428, 438 Ausführungsfristen 420 Ausführungskapazitäten 416 ausführungsorientierte Gliederung 195, 207, 232, 342 Ausführungspläne 296, 438 Ausführungsplanung 295, 300, 530 Ausführungsqualität 346 Ausführungszeiten 412 Ausgaben 191 ausgabenwirksam 252 Ausschreibung 311, 336 beschränkte 312 öffentliche 311, 313 Ausschreibungsunterlagen 369 Auszahlungsströme 142 B Balkendiagramm 394 Balkenplan 398 Bankbürgschaften 449 Barwert- und Summenformeln 142 Barwerte der Zahlungssalden 149 Barwertfaktoren 141 Basisjahr 219 Bauablauf gestörter 417 reibungsloser 470 Bauablaufplanung 408 Baualtersklassen 259 Bauantrag 290 Bauaufsichtsbehörde 284, 382, 429 Bauaufsichtsbehörden 65 Baubegehung 449 Baubeginnanzeige 291 Baubetreuer 59 Baubetriebslehre 2 Baubüros 384 Baudienststelle 290 Baudurchführung Beschleunigung 416 Bauen im Bestand 538 nachhaltiges 29 schlüsselfertiges 72 Bauentwurf Änderung 374 Baufinanzierung 480 Baufortschritt 398 Baugenehmigung 395 Baugenehmigungsverfahren vereinfachtes 290 Baugesetzbuch 163
563 Baugewerbe 30 Baugrundbeschaffenheit 246 Bauhauptgewerbe 463 Bauherr(en) 39, 46, 425 fachkundiger 205 öffentliche 262 private 9, 311 Bauherrenaufgaben 47 delegierbare 49 Bauherreneigenschaften 534 Bauherrenschaft 46 Bauherrenvertreter 46 Bauinvestitionen 459 Bauinvestitionsquote 34 Baukonstruktion 525 Baukosten 1, 192 Baukostenberechnungsmodell 510, 512 Baukostendateien 222 Baukosteninformationszentrum Deutscher Architektenkammern 222, 225, 249, 408 Baukostenvereinbarung 512, 516 Bauleistungen Abnahme 443 im Bestand 36 Bauleistungshändler 59 Bauleiter 52, 428, 429 bauliche Anlage 294 baulicher Ausbau 301 Baumanagement 431 Baumasse 163 Baumeister 38, 500 Baumschutz 391 Baunebenkosten 230 Baunutzungsverordnung 163 Bauordnung 65 Bauordnungsrecht 284 Baupreise 204 Baupreisentwicklung 219, 534 Baurecht 283 öffentliches 283 Baureinigungskosten 525 Bauschäden 464 Bauschutt 466 Bauschuttbeseitigung 466, 469 Nebenleistung 469 Bauschuttbeseitigungskosten 467 Bauschuttentsorgung 81 Bausparen 486, 488 Bausparkassen 67, 489 Baustelle(n) 466 Gemeinkosten 367 Ordnung 434 Baustelleneinrichtung 78, 346, 381, 422 Kosten 384 Baustelleneinrichtungsplan 386 Baustellenfertigung 69
564 Baustellenordnung 390 Baustellenverordnung 52, 388 Baustraßen 383 Baustromversorgung 384 Bausubstanz vorhandene 539 Bausummengarantie 245 Bausummenüberschreitungen 245 Bautagebuch 441 Bauträger 59 Bauträgergeschäft 61 Bauträgerprojekte 279 Bauvermessung zentrale 78 Bauvertrag 317, 360, 437 Bauvolumen 32 reales 33 Bauvorhaben verfahrensfreie 288 bauvorlageberechtigt 51 Bauvorlagen 51 Bauwasserversorgung 384 Bauwerk Gebrauchsfähigkeit 457 Bauwerks-Analyse 158, 247 Bauwerkskosten 230 Bauwirtschaft 29, 69, 407 Bauzeit 342 Bauzeiten 408 Kindergärten 410 Pflegeheimen 410 Produktionsgebäuden 411 Sporthallen 411 Wohngebäude 409 Bauzeitzinsen 423 Bauzustandsanzeige 448 Bebauungsform 162 Bebauungsplan 68, 163 Bedarf 84, 90 Bedarfsplanung 37, 83, 84, 186, 196, 510 Bedürfnis 84 Befreiungen 291 Belastung 9, 488 Beleihungswert 498 Bemessung von baulichen Anlagen 164 Bemusterung 301, 305 Bepreisen von Leistungsverzeichnissen 202 Beratungsleistungen 544, 545 Berechnungsverordnung Zweite 183 Berufsgenossenschaft 382 Berufsverständnis von Architekten 352 Beschaffenheit 244 Beschaffenheitsvereinbarung 196
Stichwortverzeichnis Beschilderungen von Bauanlagen 79 Beschleunigung der Baudurchführung 416 besondere Leistungen 86, 88, 200, 249, 541 besondere Vertragsbedingungen 319 Bestandsaufnahme 86 Beteiligte 45 an der Planung fachlich 88 Betrachtungsweise inflationsbereinigte 131 Betrachtungszeitraum 252 Betreiberverträge 477 Betriebsbuchhaltung 458 Betriebskosten 256, 264, 269 Betriebs-Kosten-Nutzen-Analyse 158, 247 Betriebskostenspiegel 272 Betriebskostenverordnung 270 Betriebsplanung 87 Betriebsvorrichtungen 459 Betriebszweck 458 Beurteilungskriterien 110 Beweismittel 442 Bewertungsmerkmale 508, 535 Bewertungssystem Nachhaltiges Bauen 104, 106, 110, 115 Bewirtschaftungskosten 385 Bezugseinheit(en) 168, 179, 232, 329, 507 Bezugszeitpunkt 144 BGB-Werkvertragsrecht 318 Bietergemeinschaft 56 Boden 162 Bodenbelagsarbeiten 436 Bodengutachten 78 Bonität 485 Bonus 516 Bonus-Honorar 515 Bonus-Malus-Regelung 515 Branchenüblichkeit 324 Brandschutz 390 Brandschutznachweis 294 Bruttobauland 162 Brutto-Grundfläche 164, 168, 170, 171 Angabe 235 Brutto-Jahreseinkommen 492 Bruttonationaleinkommen 16 Brutto-Rauminhalt 176 Brutto-Werte 193 Bruttowertschöpfung 30 Bürgerinitiativen 68 Bürgerliches Gesetzbuch 522 C CAD-Marktrecherche 101 ceteris paribus 3 Computerunterstützung 101 Container 388
Stichwortverzeichnis D Dachabdichtungsarbeiten 349 Darlehen 480 zinsgünstiges 490 Darlehenslaufzeit 488 Darlehensvertrag 485 Datenschnittstellen 80 Dauer(n) der Ausführung 72 kürzere 406 längere 406 Deckungsbeitrag 280 Degressionsverlauf der Honorare 532 Deregulierung 544 Detailmodelle 301 Detailpläne 298 Detailterminpläne 404 Deutsche Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen 113 deutsche Wiedervereinigung 32 Deutscher Mieterbund 272 Deutscher Normenausschuss 179, 181 Deutscher Verdingungsausschuss für Bauleistungen 310, 326 Deutsches Institut für Normung e. V. 179 Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung 33 Dezentralisation 77 Disagio 480, 487, 496 Disziplin wissenschaftliche 1 Dokumentation 478, 531 technische 81, 456 Doppelböden 348 E echte Bausummenüberschreitung 423 Effektivzins 481 Eigenheimzulage 35 progressionsneutrale 493 Eigenkapitalzinsen kalkulatorische 277 Eigenleistungen 193, 253, 483, 507, 525 Eigenmittel 483 Eigentumsübergang 63 Einflussfaktoren 243 Einheitspreis 371, 377 Einheitspreisvertrag 326, 362, 442 Einkommensentwicklung 9 Einkommensteuer 491 Einkommensteuervorteile 491 Einkünfte aus Gewerbebetrieb 149 Einrichtungen maschinelle 317 Einsatzfaktoren 38 Einzahlungsströme 142
565 Einzelinvestition ohne Rückflüsse 156 Einzelkosten der Teilleistungen 366 Endvermögen 153 Energieeinsparverordnung 260, 532 Energiekrise 251 Energiepreise 9 Energieproduktivität 28 Entscheidung 9 Entscheidungsfreudigkeit 394 Entscheidungsprozess 109 Entwerfen 95 systematisches 95 Entwurf 37 Entwurfsplanung(en) 529 mehrere 518 Entwurfsverfasser 50, 51, 291 Erdbau großräumiger 79 erforderliche Sachkunde 52 Erhardt, Ludwig 13 Erhebung statistischer Kostenkennwerte 203 Erkenntnisobjekt 2 Ermittlung Vollständigkeit 269 von Grundflächen 162, 167 Eröffnungstermin 314 Ersatzinvestition 105 Ersatzmaßnahmen 423 Ersatzvornahmen 457 Erstausgaben 191 Ertrag 5, 275 Erweiterungsbauten 505 Erwerbermodell 64 Eucken, Walter 13 Europäische Zentralbank 66 europäischer Binnenmarkt 309 EU-Schwellenwert 313 Eventualposition 361, 375, 452, 465 externe Effekte 5 externe Vergleichswerte 160 F Fachbauleiter 52 Fachingenieure 53 Fachkunde 428 Fachlosvergabe 339 Fachunternehmer 54 Facility-Management-Leasingmodell 64 Faktorkombination 38 Fälligkeit der Vergütung 522 Fassadenelemente 347 Fehlerquellen 440 Feinelemente 223 Fertighaus 73 Fertigstellungstermin 61, 75, 420
566 Fertigteile 440 Fertigung 422 anonyme 70 industrielle 70, 71 Festdarlehen 487 Festpreis 61 Finanzbuchhaltung 458 Finanzierung Mittelbeschaffung 479 Finanzierungsplan 277, 494 Finanzierungsplanung 479 Finanzierungsvarianten 496 Finanzmittel 415 Finanzplanung 264 Firmen ausführende 428, 438 Fixkostenanteil 371 Flächenbezeichnungen 162 Flächengrößen 509 Flächennutzungsplan 163 Flächenwirtschaftlichkeit 175 fliegende Bauten 290 Fliesenarbeiten 332, 436 Fließfertigung 70 Folgekosten 34 Förderprogramme 490 Freianlagen 505 freiberuflich Tätige 500 freie Architekten 500 Freigabe von Sicherheitsleistungen 478 Fremdkapital 485 Fremdmittel 483 Funktionalausschreibung 57 Funktionsprogramm 91, 94 G Garantierter-Maximalpreis-Vertrag 363 Gasversorgung 384 Gebäude 505 öffentliche 266 Wertverlust 254, 268 Gebäudegeometrie 302 Gebäudekatalog Neubau-Wohnungsbau 223 Gebrauchsfähigkeit des Bauwerks 457 Gebührenordnung für Architekten 85, 501 Gegenwartswert 149 Gemeinkosten 366 der Baustelle 367 Gemeinsamer Ausschuss Elektronik im Bauwesen 326 gemeinsames Aufmaß 442 Genehmigungen öffentlich-rechtliche 434 Genehmigungsfreistellung 289 Genehmigungsplanung 283, 530
Stichwortverzeichnis Genehmigungsverfahren 287 Generalterminplan 403 Generalunternehmer 53, 57, 433 geometrische Zahlungsreihen 140 Geräteeinsatz 422 Gerätekosten 367 Gesamtbauzeit 354 Gesamtgewerkevergabe 350 Gesamtkosten 199, 230 von Hochbauten 192 Gesamtpreis 352 gesamtschuldnerische Haftung 431 Geschosse 166 Geschossfläche 163, 165 Geschossflächenzahl 162, 164 Geschosshöhe durchschnittliche 177 Gesellschaft für Immobilienwirtschaftliche Forschung e. V. 185 Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen 309 gestalterischer Anspruch 75 Gestaltungsmängel 244 Gestaltungsqualität 303, 353 Gestaltungsrichtlinien 79 Gestattungsbedürftigkeit 287 gestörter Bauablauf 417 Gesundheitskoordinator 52 Gewässerschutz 391 Gewerbeaufsichtsamt 382 Gewerbebetrieb 74 Gewerk 340 Gewerkegliederung 323 Gewinn 133 gläserne Taschen 363 Grenzsteuersatz 492 Grobelement(e) 223, 230 Grobterminpläne 403 Grund 162 Grundfläche(n) Ermittlung 162, 167 Rampen 172 Treppen 172 überbaubare 164 Grundlagen für die Kostenschätzung 197 Grundlagenermittlung 83, 529 Grundrissebenen 169 Grundrisspläne 298 Grundstück 86, 268 Anschaffungskosten 493 Güter 10 knappe 10
Stichwortverzeichnis H Hauptkostengruppen 195 Hauptnutzfläche 170 Hauptunternehmer 55 Haushaltsgröße 35, 494 Haushaltsstrom 273 Heizölpreise 271 Heizungsanlage 462 Heizwärmekosten 145 Hinweispflicht 449 Hochbauten Gesamtkosten 192 Höchstsätze 520 Honorare Degressionsverlauf 532 Honorarermittlung 359 Honorarordnung für Architekten und Ingenieure 499 Honorarrechnung prüffähige 525 Honorarvereinbarung 513 Honorarzonen 508, 535, 537 Hypothekenbank 66 Hypothekendarlehen 486 I Immobiliarkredit 24 Immobilien 473 Immobilienwirtschaft 129 Inanspruchnahme des Bauherrn 74 Inbenutzungnahme 444 Inbetriebnahme 81, 473, 475 Inbetriebnahmetermin 393 Indikatorenbericht 2012 28 indirekte Steuern 16 induktive Methode 3 Inflation 23 Inflationsrate 271 Inhabermodell 64 Inländer-HOAI 504 Instandhaltungen 505, 539 Instandsetzung 257, 505, 539 Instandsetzungskosten 144, 267 Instandsetzungsstrategie 257 Integration 297 interne Zinsfuß-Methode 151 interner Zinsfuß 481 Interpolation 520 Intervallskalen 116, 120 Investition Mittelverwendung 479 Investitionsdauer 141 Investitionsrechnung Verfahren 103, 126, 156
567 J Jahreszeiten 460 jährliche Preissteigerungsraten 144 K Kalkulationszinsfuß 128, 149, 150 Kalkulationszinssatz 141, 144 kalkulativer Mittellohn 367 kalkulatorische Abschreibung 253 Kapazitätserhöhung 416 Kapital durchschnittlich gebundenes 133 Kapitalanlagen 128 Kapitalbindung 407 durchschnittlich halbe 254 Kapitalkosten 250, 252, 255 Kapitalmarkt 158 Kapitalmarktverzinsung 157 Kapitalwertmethode 142 kardinale Bewertung 109 Kartierung von Altlasten 78 Kellergeschosse 166 Kindergarten 261 Klären der Aufgabenstellung 85 Kommunalverband für Jugend und Soziales 92 Kommunikation 44 Konjunkturpolitik 22 Konjunktursteuerung antizyklische 34 konkludentes Handeln 245 Konkurrenz vollständige 13 Konstruktionsflächenanteil 175 Konstruktions-Grundfläche 175 Konsumgüter 14 konventionelle Bauausführung 71 Koordination 297, 438 Ex-ante- 14 Ex-post- 14 Koordinationspflicht 447 Koordinierung 432 Koordinierungspflicht 439 Kosten 130, 191 anrechenbare 507, 509, 524 ausgabenwirksame 256 der Baustelleneinrichtung 384 kalkulatorische 264 Kostenanschlag 202, 299, 337, 510 Kostenberechnung 199, 510, 527 Kosteneinflüsse 258, 302, 516 externe 260 interne 259
568 Kostenermittlung 192, 342 elementweise 208 nach Leistungspositionen 212 Stufen 193 Verfahren 206 Vollständigkeit 205 Kostenfeststellung 203, 447, 510 Kostenflächenarten-Methode 209 Kostengliederung 195 bauteilorientierte 249 Kosteninformationsdienst der Architektenkammer Nordrhein-Westfalen 225 Kostenkennwerte 197, 222, 266 Kostenkontrolle 193, 203, 337, 377, 379, 450, 514 kostenlose Mängelbeseitigung 449 Kosten-Nutzen-Analyse 105, 106 Kostenobergrenze 244 verbindliche 512 Kostenplanung 226, 514 Kostenrahmen 86, 196, 228, 235, 528 Kostenrisiken 204 Kostenschätzung 197, 510 Grundlagen 197 Kostensicherheit 215 Kostensimulationsmodell 233 Kostensteuerung 193 Kostenüberschreitung 204 Kostenunterschreitungen 516 Kostenvergleichsrechnung 130, 252, 261, 277 Kostenvorgabe 196, 512, 513, 514 Kosten-Wirksamkeits-Analyse 106, 118 Kreditanstalt für Wiederaufbau 66, 489 Kreditinstitut 66, 486 Kreditinstitute des Genossenschaftswesens 67 kritischer Weg 400, 423 Künstlerarchitekten 500 L LAG-Datenbank 236 Landesbauordnung(en) 284, 295, 425 Landesbetrieb Vermögen und Bau BadenWürttemberg 236 Landesinstitut für Bauwesen und angewandte Bauschadensforschung 215 Lastenzuschuss 491, 494 Leasing 61 Finanzierungs- 62 operatives 61 Lebenszyklus 113 Lebenszyklusansatz 64 Lebenszyklusaspekt 80 Leistungen 506 besondere 86, 88, 200, 249, 541
Stichwortverzeichnis im Bestand 539 unentgeltliche 18 zusätzliche 374 Leistungsbedarf 86 Leistungsbereiche 339 nach Standardleistungsbuch 231 Leistungsbeschreibung 64, 323, 395 funktionale 301, 332, 363 Leistungsbild(er) 506 des Objektplaners 433 Leistungsphasen 506 HOAI 395 Leistungsprogramm 330, 351 Leistungstexte standardisierte 326 Leistungsvertrag 361 Leistungsverzeichnis 323, 332 Leistungswettbewerb 49 Leitfaden Nachhaltiges Bauen 113 Lieferscheine 450 Lieferverträge 316 Liegenschaftszinssatz 157 Liquidität 496 Lohn- und Materialpreisgleitung 422 Lohn- und Stoffpreisgleitungen 369 Lohnerhöhungen 244 Lohnkosten 367 Los-Begriffe 340 Fachlose 340 Teillose 340 Losbildung 342, 416 Lose 324 M Machbarkeit 420 magisches Sechseck 20 magisches Viereck 19 Makler 280 Makroelemente 223 Malus 516 Malus-Honorar 515 Mangel 438, 445 Mängelansprüche Verjährungsfristen 448 Mängelbeseitigung kostenlose 449 Mängelbeseitigungsansprüche 430 Mängelerhebung 449 Mängelfeststellung 478 Markt 11 Monopol- 12 Polypol- 12 Marktpreis 13 Markttransparenz 12
Stichwortverzeichnis Marktwirtschaft 11, 13, 216 ökologische 13 soziale 13 Maße 436 Maßkoordination 304 Maßnahmen 505 Materialentsorgungskosten 525 mehrere Entwurfsplanungen 518 mehrere Vorentwurfsplanungen 518 Mehrkostenforderungen 376 Mehrwertsteuer 523 Mengenermittlung(en) 296, 325, 450 Mengenmehrungen 369, 372, 377 Mengenminderung 371 Mengenrisiko 359 Merkmalsausprägungen 97 Mieterhöhungen 278 Mietfläche 186 für Gewerblichen Raum 186 für Wohnraum 186 Mietflächenschema 188 Mietpreis 180 Mietpreiskalkulation 277 Mietpreisuntergrenze 275 Mietspiegel 275 Mietuntergrenze 278 Mietvertrag 186, 270 Mindest-Qualitätsstandard 101 Mindestsätze 520 Mindestverzinsung 144 Mineralölprodukte 272 mitverarbeitete Substanz 540 Mitwirkung bei der Vergabe 531 Modellrechnungen 128 Modernisierungen 505, 539 Montagezeichnungen 440 Morphologischer Kasten 95 Multiplikatoreffekt 21, 34 Musterbauordnung 46, 284, 429, 505 N Nachbarn 68 Nachfrage 12, 84 Nachhaltigkeit 10 Nachhaltigkeitsindikatoren 28, 29 Nachhaltigkeitsstrategie 25, 101 Nachkalkulation 365 Nachlass 355 Nachtrag 368, 421 Nachtragsangebot(e) 358, 365, 452 Nachtragsarten 370 Nachunternehmer 55, 351 Nationaleinkommen 15 Nebenkosten 521, 545 Nebenleistung(en) 466, 469 Nettobauland 162
569 Nettobaulandanteil 162 Netto-Grundfläche 169, 171, 172 Nettoinlandsprodukt 16 Netto-Werte 193 Netzplan 399 Netzplantechnik 397 Neuanlagen 505 Neubauten 505 nicht-monetäre Größen 100 Nominalskalen 116 normative Leitbilder 506 Nutzeinheiten 228 Nutzen 5, 105, 120 Nutzenermittlung 100 ordinale 120, 121 Nutzen-Kosten-Analyse 118 Nutzen-Kosten-Untersuchungen 105 Nutzen-Kosten-Vergleich 126 Nutzen-Kosten-Verhältnis 100, 103 Nutzer 49, 353 Nutzeranforderungen 71, 302, 306 Nutzfläche 90, 170, 172 Nutzung 45, 424, 473, 476 Nutzungsbeginn 294 Nutzungsdauer 150 angenommene 267 unterschiedliche 158 Nutzungsentgelt 63 Nutzungskosten 191, 474 im Hochbau 247 Nutzungskostenarten 267 Nutzungskostenermittlung 265 Stufen 248 Nutzungskostengliederung 252 Nutzungskostenkennwerte 259 Nutzungskostenplanung 251 Nutzwert 109 Nutzwertanalyse 106, 116, 118 O Objektbegehung 478 Objektbeschreibung 261 Objektbetreuung 531 Objektdokumentation 45 Objekte 505 Objektmanagement 264, 473 objektorientiert 424 Objektplaner Leistungsbild 433 Objektüberwachung 426, 531 öffentliche Auftraggeber 311 Öffentlichkeit 68 öffentlich-rechtliche Genehmigungen 434 ökologische Steuerreform 23 ökologisches Gleichgewicht 20
570 Optimierung der Abläufe 407 der Planung 250, 258 Ordinalskalen 116 Ordnung auf der Baustelle 434 Organisation 39 Organisationshandbuch 404 Organisationsschaubilder 40 Organisationswissenschaften 40 P Paarweiser Vergleich 120, 126 Pauschale 354 Pauschalierung 521 Pauschalpreis 336, 355 Pauschalvertrag 57, 355, 362, 443 Personaleinsatz 422 Personalkosten 71 Planung 37 nutzungsgerechte 75 Optimierung 250, 258 wirtschaftliche 95, 247 Planungsänderungen 511, 514 Planungsanforderungen 508 Planungsbedürftigkeit 299 Planungsentscheidungen 303, 431 Planungsinhalte 44 Planungskapazitäten 416 Planungskennwert(e) 172 statistische 93 Planungskosten 71 Planungsleistungen 353 Planungsziele 514 Planwirtschaft zentrale 14 Plattenarbeiten 332 Poliere 429 Positionsbeschreibung 375 Prädikate des Teilurteils 100 Präsenzpflicht 432 Preisbildung 12 Preiserhöhungen regelmäßige 140 Preisindex 24, 216, 219 Preiskalkulation 72, 307 Preisniveaustabilität 23 Preisprüfung(en) 59, 356 Preisrecht 499, 506 Preissteigerungssatz 141 Preiswettbewerb 49, 303, 353 Privatdarlehen 486 private Haushalte 15 private Lebensqualität 103 privater Eigentümer 266 Privathaushalte 273
Stichwortverzeichnis Privatrecht 283 Probebetrieb 476 Problem(e) 37 soziale 18 Produkt 38 Produktivität 4 Produktivitätsfortschritt 23 Prognose 160 prognostizierte Ausschüttungen 149 Programm PLAKODA 236 progressionsneutrale Eigenheimzulage 493 Projekterfolg 39 Projektleiter 48 Projektleitung 47 Projektmanagement 49 Handlungsbereiche 49 Projektorganisation 39, 42, 76, 387 projektorientiert 424 Projektsteuerung 47 Projektstruktur 451 Projektstrukturplan 397 Projektwissen 474 Projektziel 40 provisorische Beheizung 463 Prüfvermerk 457 Public Private Partnership 62 Pufferzeiten 400 Q Qualitätsprüfung der Baustoffe 432 R Rabatte 452 Rahmenterminplan 393, 402 Rahmenterminplanung 454 Rangfolgen 120 Rationalprinzip 4 Raum- und Funktionsprogramm 83, 90, 162, 170 raumbildende Ausbauten 505 Raumprogramm 210 Realverzinsung 255, 264 Realzins 481 Realzinssatz 142 Rechenfehler 452 Rechnungen 450, 451 Rechnungsarten 453 Rechnungsprüfung 447, 452 Rechnungsstand 451 Recht öffentliches 283 Rechtspersönlichkeit 56 Referentenentwurf 499, 513 Reinigungsarbeiten 477 Reinigungsfirmen 469
Stichwortverzeichnis Rentabilität 5, 133 variierende 133 Rentenbarwert 137 Rentenbarwertfaktor 140, 281 Rentenendwert 137 Rentenendwertfaktor 140 Rentenrechnung 136, 137 Restdarlehen 487 Restwert kalkulatorischer 254 Richtigkeit technische 299 Richtlinien für die Baukostenplanung 209 für die Beteiligung freiberuflich Tätiger 515, 534 für die Durchführung von Bauaufgaben der Länder 507 für die Durchführung von Bauaufgaben des Bundes 89, 507 für die Durchführung von Bauaufgaben des Landes 89 Risiken 356, 394 Rohbauarbeiten 345 Rohstoffmarkt 272 Rücklage 266 Rückwärtsrechnung 400 S Sachkosten des Architekten 523 Sächsische Aufbaubank 66 Schäden 18 Schadenersatzansprüche 377 Schadenersatzforderung 244 Schätzverfahren 221 Schlosserarbeiten 347 Schlussrechnung 455 Schlussrechnungsprüfung 456 Schnittstellen 44, 306 Schreibfehler 452 Schutz des Grundwassers 78 Schutzmaßnahmen 395 Schweizer Wohnungs-Bewertungs-System 104 Schwellenwert(e) 309, 310 Sektoren 15 selbstgenutztes Wohneigentum 493 Selbsthilfe 485 Selbstkostenerstattungsvertrag 361 Sicherheitseinbehalte 449 Sicherheitskoordinator 52 SIRADOS-Baudaten 222 Sitz 504 Sonderabschreibungen 32 Sonderbauten 289, 290 Sondermüll 470
571 Sondervorschläge 361 sozialer Mietwohnungsbau 489 Sparkasse 67 Sparzulagen 491, 494 Staat 11, 25 Staatsverschuldung 20 Stahlbauarbeiten 346 Standard 228 Standarddetails 304 standardisierte Leistungstexte 326 Standardisierung 304 Standardleistungsbuch 327 Standortanalyse 87 Standsicherheitsnachweis 294 statistische Kostenkennwerte 203 Statusbericht HOAI 2000plus 499 Steinfort-Tabelle 518 Steuertarif 491 Steuervorteil 492 Stillstandverträge 476 Störbeseitigungsverträge 477 Straßenbauamt 382 Stromversorgung 384 Stufen der Kostenermittlung 193 der Nutzungskostenermittlung 248 Stundenlohnarbeiten 453 Stundenlohnvertrag 361, 364 Stundenlohnzettel 453 Stundensätze 514 Subunternehmer 55 Subventionen 16 System(e) 40 projektübergreifende 80 Systementscheidung 378 Systemumgebung 260 T Tafelwert 520 Tageseinrichtungen für Kinder 92 Tarifverhandlungen 23 Tauschbeziehungen 15 technische Anlagen 440, 525 technische Dokumentation 81, 456 Technische Funktionsfläche 173 technische Lebensdauer 252 Technische Normen, Gütevorschriften und Lieferbedingungen 179 technische Richtigkeit 299 technische Vertragsbedingungen 320 technischer Fortschritt 221 Teilleistungen Einzelkosten 366 Teilschlussrechnungen 457 Telefongesellschaft 382 Temperaturgrenzen 460
572 Terminkontrolle(n) 338, 415 Terminplanebenen 415 Terminplanung 341, 348, 393, 477 Terminrahmen 86 Terminsicherung 419 Terminsicherungsmaßnahmen 374, 417, 419, 423 Terminsteuerung 415 Terminverzögerungen 467 Teuerungsrate 142 Tilgung 480, 485 Tilgungsanteil 487 Tilgungsdarlehen 277, 486, 496 tilgungsfreie Anlaufjahre 490 Tilgungsrate 488 Totalunternehmer 58, 75 Träger öffentlicher Belange 89 Tragwerke 435 Tragwerksplanung 297 Trennwände 436 Treuhänder 2 Trockenbauarbeiten 347 Türen und Tore 441 Typenplanung 73 U Übergabe 448 Übersichtspläne 298 Überstunden 416 Überwachung 424 Umbauten 505, 539 umbauter Raum 168 Umbauzuschlag 538, 541 Umlaufrendite von Wertpapieren 152 Umsatzsteuer 193, 507, 523 Umweltämter 382 Umweltbewusstsein 78 Umwelterheblichkeit 87 Umweltschutz 391 Umweltverträglichkeit 87 Unfallverhütungsvorschriften 428 UN-Konferenz in Rio de Janeiro 25 Agenda 21 25 Unternehmenseinsatzformen 55, 89 Unternehmer 53, 428 Unternehmung 38 V Variantenbildung 95, 301 verbindliche Kostenobergrenze 512 Verdingungsordnung für Leistungen 315 Verdingungsunterlagen Widersprüche 322
Stichwortverzeichnis Verfahren der Investitionsrechnung 103, 126, 156 der Kostenermittlung 206 dynamische 127, 135 statische 127, 129, 255 Verfüllmaterial 467 Vergabe 311, 315, 335 freihändige 312, 313 Vorbereitung 339 Vergabe- und Vertragsordnung 38 Vergabeeinheiten 232, 324, 344 Vergabeunterlagen 314 Vergabeverordnung 309 Vergabevorschlag 338 Vergabewesen 307 Vergleichsobjekten 124 Vergütung 522 Fälligkeit 522 Verjährungsfristen der Mängelansprüche 448 Verkaufserlös 275, 279 Verkaufsfläche im Einzelhandel 186 Verkehrsfläche 174 Verkehrsflächenanteil 175 Verkehrssicherungspflicht 425, 426 Vermessungs- und Katasteramt 382 Vermietungsmodell 64 Verordnung(en) über wohnungswirtschaftliche Berechnungen des Zweiten Wohnungsbaugesetztes 181 zur Regulierung des Wohnungsmarktes 182 Verrechnungseinheiten 509 Versicherungsgesellschaften 67 Versorgungsunternehmen 382 Vertragsabschluss 358 Vertragsbedingungen 376 allgemeine 319 besondere 319 technische 320 zusätzliche 319, 468 Vertragstermine 376 Vertriebskosten 280 Verunreinigungen 466 Vervielfältiger 281 Verwaltungskosten 256 Verzinsung 485 Videotechnik 442 virtuelle Realität 102 Vitruv 1 VOB-Vertragsbedingungen 318 VOFI-Rentabilität 153 Volkswirtschaft 11, 13 Vollbeschäftigung 21 Vollgeschoss 164, 166
Stichwortverzeichnis Vollständiger Finanzplan 127, 153 Vollständigkeit der Ermittlung 269 einer Kostenermittlung 205 Vorbereitung der Vergabe 339, 530 Vorkalkulation 365 Vorplanung 529 Vorteilhaftigkeit 5, 103 Vorteilhaftigkeitskriterium 131, 142, 256 Vorwärtsrechnung 400 W Wach- und Sicherheitsdienst 79, 383 Wagnis und Gewinn 366 Wahrnehmungspflicht 435 Warenannahmescheine 450 Wartungsverträge 477 Wasserhaltung 79 Wasserversorgung 384 Wasserwirtschaftsamt 382 Wegweisungen 79 Weg-Zeit-Diagramm 399 Werkstattfertigung 70 Werkzeichnungen 298 Wertverlust des Gebäudes 254, 268 Wettbewerbsfähigkeit 68 Wiederanlageprämisse 134 Wiederanlagestrategie 154 Wiederaufbauten 505 Wiedergewinnungsfaktor 150 Windkraftanlage 147 Winterbau 460 Winterbaubeheizung 462 Winterbaumaßnahme 461 Winterbauzelt 461 winterliche Witterungsverhältnisse 72 Wirtschaft 10 wirtschaftliche Nutzungsdauer 252, 253 Wirtschaftlichkeit 4, 76, 103, 464 Wirtschaftlichkeitsbegriffe 5 Wirtschaftlichkeitsbeurteilung(en) 157, 251 Wirtschaftlichkeitsprinzip 4 Wirtschaftlichkeitsvergleich 64 Wirtschaftseinheiten 11 Wirtschaftsgüterzuordnung 458 Wirtschaftskreislauf 14 Wirtschaftsordnung dezentralisierte 11 zentralisierte 11 Wirtschaftspläne 14 Wirtschaftspolitik 20 Wirtschaftswachstum 17 Wirtschaftszweige 20 Witterung 407 Witterungsrisiko 465 Wohlstand 20
573 Wohnfläche 180, 182 Wohnflächenverordnung 507 Wohngebäude Bauzeiten 409 private 73 Wohngeld 494 Wohnraumförderungsgesetz 182, 183 Wohnung(en) 124 frei finanzierte 36 Wohnungsbau 199 öffentlich geförderter 36 Wohnungsbaugesetz Erste 181 Zweite 183 Wohnungsbauprämie 494 Wohnungsbauserien 180 Wohnungs-Bewertungs-System 108, 109 Wohnungsmarkt 35 Wohnungsnachfrage 35 Wohnungswirtschaft 34 der DDR 180 Wohnwert 110 Z Zahlungen 126, 255, 522 Zahlungsplan 357, 454 Zahlungsstand 456 Zahlungsverkehr 456 Zäune und Tore 383 Zeit 126, 255 Zeithonorare 514 Zeitplan 394, 440 Zentralisation 77 von Aufgaben 76 Zentralisieren 43 Zentralstelle für Bedarfsbemessung und Wirtschaftliches Bauen 210 Zertifikat für Nachhaltiges Bauen 116 Zielbaum 108 Zielerreichungsgrad 108 Zielgröße 513 Zielsetzung 43 Zins 255, 480 Zinsbelastung 463 Zinseszinsformel 136 Zinseszins-Rechnung 136 Zinsfaktor 151 Zinsfestschreibungsdauer 487 Zinsfuß 126, 151 interner 481 zinsgünstiges Darlehen 490 zulässige Toleranzen 437 zusätzliche Vertragsbedingungen 319, 468 Zuwendungen 490 Zweite Miete 271