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German Pages [425] Year 2012
Bauen und Ökonomie
Herausgegeben von Prof. Dr. Dietrich-Alexander Möller und Prof. Dr.-Ing. Wolfdietrich Kalusche
Bisher erschienene Titel: Kalusche,Wolfdietrich: Projektmanagement für Bauherren und Planer Möller, Dietrich-Alexander: Planungs- und Bauökonomie, Band 1: Grundlagen der wirtschaftlichen Bauplanung Möller, Dietrich-Alexander: Planungs- und Bauökonomie, Band 2: Grundlagen der wirtschaftlichen Bauausführung
Möller, Dietrich-Alexander: Übungsbuch zur Planungs- und Bauökonomie Oelsner, Uta: Praxis der Planungs- und Bauökonomie. Architektenaufgaben, Gebäudebetriebe, Anlagenerhalt
Projektmanagement für Bauherren und Planer von
Prof. Dr.-Ing. Wolfdietrich Kalusche
Brandenburgische Technische Universität Cottbus
3., überarbeitete Auflage
Oldenbourg Verlag München
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. © 2012 Oldenbourg Wissenschaftsverlag GmbH Rosenheimer Straße 145, D-81671 München Telefon: (089) 45051-0 www.oldenbourg-verlag.de Das Werk einschließlich aller Abbildungen ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Bearbeitung in elektronischen Systemen. Lektorat: Christiane Engel-Haas Herstellung: Constanze Müller Titelbild: thinkstockphotos.de Einbandgestaltung: hauser lacour Gesamtherstellung: Beltz Bad Langensalza GmbH, Bad Langensalza Dieses Papier ist alterungsbeständig nach DIN/ISO 9706. ISBN 978-3-486-70556-0 eISBN 978-3-486-71460-9
Vorwort der Herausgeber Mit dem vorliegenden Werk Projektmanagement für Bauherren und Planer erschien 2002 in erster Auflage ein weiterer Beitrag zur Schriftenreihe Bauen und Ökonomie im Oldenbourg Verlag. Diese Schriftenreihe soll ein Publikationsforum sein für die vielfältigen und sich durchdringenden Fragen des Bauens, des Organisierens und des Wirtschaftens. Entwickelt hat sich diese Reihe aus der ab 1983 bis 1988 gemeinsam von beiden Herausgebern getragenen Lehre im Fach Planungs- und Bauökonomie an der Architekturfakultät der Universität Karlsruhe. Das zunächst einbändige, seit 1996 zweibändige Lehrbuch Planungsund Bauökonomie sowie das dazugehörige Übungsbuch behandeln die Grundlagen der wirtschaftlichen Bauplanung und Bauausführung. Das bisherige Lehrwerk ist vorwiegend objektorientiert, während die projektorientierten Fragen eher im Hintergrund stehen. Insofern war es nur folgerichtig, dass das vorliegende Werk die Fragen des Projektmanagements behandelt, also eine projektorientierte Behandlung des Planungs- und Baugeschehens vornimmt. Hierfür ist Wolfdietrich Kalusche in besonderer Weise prädestiniert. Neben seiner wissenschaftlichen Auseinandersetzung mit diesem Themenkreis als Universitätsprofessor an der Brandenburgischen Technischen Universität Cottbus kann er auf eine langjährige praktische Berufserfahrung im Projektmanagement, insbesondere von Flughafenbauten, zurückblicken. Seine besonderen analytischen Fähigkeiten bei der theoretischen Durchdringung der komplizierten Sachverhalte und seine große praktische Erfahrung führen zu einer überzeugenden und leicht verständlichen Darstellung der verschiedenen Aufgabenfelder des Projektmanagements. Seine Darstellung reicht von der Projektentwicklung im engeren Sinne über die Projektsteuerung bis hin zur Inbetriebnahmeorganisation und umfasst damit alle wichtigen Aufgaben des Managements rund um das Planen und Bauen von Gebäuden. Die nun vorliegende 3. Auflage des Bandes Projektmanagement für Bauherren und Planer wurde aktualisiert und um viele neue Beispiele ergänzt. Zahlreiche weitere interessierte Leser werden dieses Werk mit großem Gewinn studieren. Dresden, im August 2011
Dietrich-Alexander Möller
Geleitwort Bei einem bereits mit der 1. Auflage (2002) in Fachkreisen als „Standardwerk“ klassifizierten Buch ist es wichtig und gleichzeitig eine Bestätigung der grundlegenden Qualität, dass der Verfasser zum geeigneten Zeitpunkt eine Überarbeitung und Ergänzung vornimmt. Nach Vorlage der 3. Auflage des AHO-Leistungsbildes „Projektmanagementleistungen in der Bauund Immobilienwirtschaft“ (Heft Nr. 9) und der neuen HOAI im Jahre 2009 bekommen wir nunmehr ein hochaktuelles Werk, das eine Reihe von Ergänzungen enthält, u. a. zu den Themen „Nutzungskosten“, „Kostensicherheit“ (mit Bezug zur neuen DIN 276-1) und „Verträge und Versicherungen“ (mit Bezug zum AHO-Leistungsbild). Der bisherige Leser – besser Nutzer, denn viele sehen hier eher ein Handbuch, in dem man gezielt nachschlägt – wird sich sofort wieder zurechtfinden. Die Kapitel 4-7 entsprechen den bisherigen Handlungsbereichen A-D der Projektsteuerung, ergänzt durch Kapitel 8 Verträge und Versicherungen (neuer Handlungsbereich E), der von der AHO-Fachkommission vom umfangreichen Handlungsbereich A als eigenständiger Bereich separiert wurde. Die weiteren Kapitel 9-12 bilden wiederum die Projektstufen ab, von der Projektentwicklung bis zur Inbetriebnahmeorganisation. Es ist erfreulich zu verfolgen, dass die vielen Erfahrungen, die der Unterzeichnete bei Seminar- und Lehrveranstaltungen sowie Diskussionen anlässlich von Fachtagungen über viele Jahre gemeinsam mit dem Verfasser erlebt und absolviert hat, in einer sehr gut aufbereiteten und den Kapiteln des Buches sachgerecht zugeordneten Weise eingeflossen sind. Als langjähriger 1. Vorsitzender des Berufsverbandes DVP und Mitglied der AHO-Fachkommission ist es auch wohltuend zu bemerken, dass ein dem Berufsstand der Architekten zugehöriger Verfasser mit diesem Werk Planern vermittelt, welche wesentlichen Aufgaben und Dienstleistungen ein externes Projektmanagement leisten kann bzw. zu leisten hat. Die Aufbereitung und systematische Bearbeitung des vollständigen ProjektmanagementThemenkataloges bleibt dabei durchgängig dem Buchtitel verbunden, nämlich der Darstellung der Inhalte für Bauherren und Planer, d. h. die Sicht des Auftraggebers und Empfängers von Projektmanagementleistungen einerseits und auf der anderen Seite die Ansprache der Planer, die Projektmanagementleistungen ggf. professionell anbieten und erbringen wollen bzw. in ihren Projekten mit externen Projektsteuerern interdisziplinär zusammenarbeiten. Es ist vor allem diese übergeordnete Betrachtungsweise der Rollen der Projektbeteiligten, die hier zu einem fundierten Verständnis der wesentlichen – unabhängig zu erbringenden – Projektmanagementleistungen beiträgt, aber auch deren Bedeutung im Kontext mit den Aufgaben aller Projektbeteiligten relativiert. Dies hebt sich wohltuend ab von vielen anderen Fachveröffentlichungen, die ausschließlich von der Sichtweise des Projektmanagements selbst geprägt sind und die Managementbeiträge der Planer und weiteren Beteiligten außer Acht lassen.
Geleitwort
VII
Nicht zuletzt ergibt sich der bisherige Erfolg dieses Buches auch aus der Tatsache, dass hier ein Architekt und Lehrstuhlinhaber für Bauökonomie für seine Berufskollegen schreibt und nachhaltig auf die Beachtung von Wirtschaftlichkeit und Einhaltung vorgegebener Projektziele bereits in der Planung hinweist. Die 3. Auflage dieses von Herrn Univ.-Prof. Dr.-Ing. Wolfdietrich Kalusche an Bauherren und Planer gerichteten Buches wird daher ohne Zweifel erneut großen Erfolg haben. Berlin, im August 2011
Rainer Schofer
Vorwort des Verfassers Der Weg von der Praxis bei großen Bauprojekten zurück an die Universität im Jahr 1996 war für den Verfasser Anlass zu einem Aufsatz mit dem Titel „Der Architekt als Projektsteuerer“, verbunden mit der Zielsetzung, unterschiedliche, selbst erlebte Rollen des Bauherrenvertreters und des Architekten gedanklich nachzubereiten. Es folgten Vorträge und Seminare zu den Themen Projektsteuerung, Projektcontrolling, Generalplanung und Bauprojektmanagement in Zusammenarbeit mit den Bildungswerken der Architektenkammern sowie der Immobilienakademie der European Business School (ebs) in Oestrich-Winkel. Verbunden mit wissenschaftlicher und praktischer Arbeit entstand die Vorlesung „Projektmanagement für Planer“ an der Brandenburgischen Technischen Universität Cottbus und wiederum hieraus im Jahr 2002 die erste Auflage des vorliegenden Buches „Projektmanagement für Bauherren und Planer“. Letztes wurde auch Grundlage der Vorlesungen „Projektmanagement“ für den Studiengang Bauingenieurwissenschaften an der Eidgenössischen Technischen Hochschule Zürich im Rahmen einer Gastprofessur am dortigen Institut Bauplanung und Baubetrieb im Jahr 2003. Weiterhin dient es als Grundlage des mehrtägigen Lehrgangs „Projektsteuerung“, der regelmäßig mit der Managementberatung der Architekten- und Stadtplanerkammer Hessen durchgeführt wird, sowie der mehrjährigen Projektleiterschulung des Landesbetriebes Liegenschafts- und Baubetreuung (LBB) in Rheinland-Pfalz in Zusammenarbeit mit Herrn Dipl.Ing. Wilfried Hoffmann (LBB). Der intensive Gedankenaustausch mit den Bauherrenvertretern des Landesbetriebes über die Funktion des Auftraggebers und die Betreuung der Leistungen freiberuflicher Architekten und Ingenieure bietet für die Entwicklung des Projektmanagements im Bauwesen im Allgemeinen und in besonderer Weise für das vorliegende Buch eine Vielzahl wertvoller Impulse. Seit Erscheinen der 2. Auflage wurden vom Verfasser zahlreiche Buch-, Zeitschriften- und Tagungsbeiträge veröffentlicht, die inhaltlich in die 3. Auflage Eingang gefunden haben. Sie sind im Literaturverzeichnis vollständig aufgeführt. Es handelt sich um folgende Texte: - Alternativen bei Planung, Leistungsbeschreibung, Vergabe und Bauvertrag (2006) - Nutzungskosten im Hochbau – Grundlagen und Anwendung (2006) - Projektentwicklung von Immobilien (2007) - Bemessen von Gebäuden – einfach aber richtig! (2007) - Die neue DIN 18960 – Nutzungskosten im Hochbau (2008) - Grundlagen und Gegenstand der Kostenplanung im Hochbau (2008) - Terminplanung: Aufgabe des Architekten (2009)
Vorwort des Verfassers
IX
- Kostensicherheit bei Bauprojekten – Bessere Voraussetzungen durch DIN 276-1:2008-12 - Die Nutzungskostenvorgabe bei der Immobilienprojektentwicklung (2009) - Was wollen wir bauen? – Bedarfsplanung im Bauwesen (2009) Der Verfasser dankt Herrn Dr.-Ing. Rainer Schofer, Geschäftsführender Gesellschafter der SMV Bauprojektsteuerung Ingenieurgesellschaft mbH, Berlin und Vorstandvorsitzender des Deutschen Verbandes der Projektmanager in der Bau- und Immobilienwirtschaft (DVP), für den langjährigen fachlichen Gedankenaustausch im Rahmen der DVP-Fachtagungen für das Geleitwort zur dritten Auflage. Die beiden in der Einleitung gezeigten Abbildungen „Bauherr und Baumeister einst“ sowie „Bauherrenorganisation und Planer heute“ stammen aus der Feder des Karikaturisten und Architekten Dipl.-Ing. Ernst Maria Lang, München (Bauinnung München (Hrsg.): Baufluchten – Karikaturen vom Bau, Rosenheim, 2. Auflage 1982). Er hat während langjähriger Planungspraxis seine Erlebnisse im Umgang mit Bauherren und Projektmanagern in unverwechselbaren Karikaturen verarbeitet und die Dinge auf den Punkt gebracht. Der Verfasser hat sich sehr gefreut, dass er dem Nachdruck seiner Zeichnungen spontan zugestimmt hat. Wie auch bei den bisherigen Auflagen des Buches wurde der Verfasser bei der 3. Auflage von seinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern am Lehrstuhl Planungs- und Bauökonomie bei der Entwicklung der Inhalte und der Erarbeitung des Manuskriptes nach Kräften unterstützt. Es seien Frau Dipl.-Ing. Ingeborg Dusatko und Herr Sebastian Herke sowie Frau Nina Vusatiuk M.Sc. (Promotionsstudentin) und Frau Roswitha Kutzner im Sekretariat genannt. Ihnen allen sei an dieser Stelle herzlich gedankt. Cottbus, im August 2011
Wolfdietrich Kalusche
Inhaltsverzeichnis Vorwort der Herausgeber Geleitwort Vorwort des Verfassers Inhaltsverzeichnis Abbildungsverzeichnis Einleitung
V VI VIII XI XV 1
1
Grundlagen des Projektmanagements
17
1.1
Management im Bauwesen ...................................................................................... 24
1.2
Projektarbeit im Umfeld eines Unternehmens ......................................................... 25
1.3
Der Projektmanager im Bauwesen – Generalist oder Spezialist? ............................ 28
1.4
Projektmanager – eine andere Rolle ........................................................................ 29
1.5
Handlungsbereiche des Projektmanagements .......................................................... 33
2
Bauherrenaufgaben und -organisation
2.1
Bauherr und weitere am Projekt Beteiligte .............................................................. 35
2.2
Aufgaben und Pflichten des Bauherrn ..................................................................... 38
2.3 2.3.1 2.3.2 2.3.3
Arten und Formen von Bauherren ........................................................................... 41 Private Bauherren .................................................................................................... 43 Erwerbswirtschaftliche Bauherren ........................................................................... 44 Öffentliche Bauherren .............................................................................................. 47
2.4
Bauherrenaufgaben im Spiegel der Kostenplanung ................................................. 54
3
Projektleitung und Projektsteuerung
3.1
Projektleitung ........................................................................................................... 57
3.2 3.2.1 3.2.2
Projektcontrolling .................................................................................................... 63 Projektcontrolling als Aufgabe des Bauherrn .......................................................... 65 Chartered Surveyor .................................................................................................. 66
3.3
Projektsteuerung ...................................................................................................... 70
3.4
Vergütung von Projektmanagementleistungen ......................................................... 76
35
57
XII
Inhaltsverzeichnis
3.4.1 3.4.2 3.4.3 3.4.4 3.4.5 3.4.6 3.4.7 3.4.8 3.4.9
Preis- und Leistungswettbewerb im Projektmanagement .........................................77 Leistungsbilder im Projektmanagement ...................................................................77 Abgrenzung von Projektmanagement und Planung ..................................................81 Rechtsberatung bei Bauprojekten .............................................................................82 Verträge für Leistungen des Projektmanagements ....................................................83 Vergütung von Leistungen der Projektsteuerung ......................................................85 Vergütung von Leistungen der Projektleitung ..........................................................93 Vergütung von Leistungen des Projektcontrolling ....................................................94 Zur Geschichte der Vergütung von Bauherrenaufgaben ...........................................94
4
Organisation, Information, Koordination und Dokumentation
4.1 4.1.1 4.1.2 4.1.3 4.1.4 4.1.5
Organisation............................................................................................................100 Aufbauorganisation.................................................................................................101 Ablauforganisation .................................................................................................104 Projektstruktur ........................................................................................................105 Organisationshandbuch........................................................................................... 113 Projektbüro ............................................................................................................. 115
4.2 4.2.1 4.2.2 4.2.3 4.2.4 4.2.5
Information ............................................................................................................. 116 Besprechungen und Protokolle ............................................................................... 118 Systeminterne und systemexterne Kommunikation................................................120 Kataloge..................................................................................................................121 Berichtswesen .........................................................................................................122 Datenbankanwendung ............................................................................................123
4.3 4.3.1 4.3.2 4.3.3
Koordination ...........................................................................................................124 Zuständigkeiten der Koordination ..........................................................................126 Entscheidungen.......................................................................................................129 Änderungsmanagement ..........................................................................................137
4.4 4.4.1 4.4.2 4.4.3 4.4.4 4.4.5 4.4.6
Dokumentation .......................................................................................................140 Erfordernis der Dokumentation ..............................................................................140 Dokumentation öffentlicher Bauvorhaben ..............................................................142 Dokumentation im Rahmen der Projektsteuerung ..................................................143 Dokumentation im Rahmen der Generalplanung ...................................................146 Dokumentation Objektplaner und fachlich Beteiligte ............................................147 Dokumentation durch ausführende Firmen ............................................................149
5
Qualitäten und Quantitäten
5.1 5.1.1 5.1.2 5.1.3 5.1.4 5.1.5
Qualität ...................................................................................................................153 Qualitätsmanagement .............................................................................................154 Bedarfsplanung im Bauwesen ................................................................................159 Raumbuch ...............................................................................................................171 Bemusterung ...........................................................................................................180 Qualitätsmängel und Prüfen der Zielkonformität ...................................................182
5.2 5.2.1
Quantitäten .............................................................................................................184 Art und Maß der baulichen Nutzung ......................................................................186
97
151
Inhaltsverzeichnis
XIII
5.2.2 5.2.3
Bemessung von Gebäuden vor der Planung........................................................... 192 Funktionen und Prozesse ....................................................................................... 193
6
Kosten und Finanzierung
6.1 6.1.1 6.1.2 6.1.3 6.1.4 6.1.5
(Investitions-)Kosten ............................................................................................. 201 Grundbegriffe der Kostenplanung und der Kalkulation ......................................... 201 Kostenrahmen, Kostenvorgabe und Kostensicherheit ........................................... 202 Die am Projekt Beteiligten und Aufgaben der Kostenplanung .............................. 206 Verfahren der Kostenermittlung ............................................................................. 214 Kostenbericht mit Kostenkontrolle und -steuerung ............................................... 224
6.2 6.2.1 6.2.2 6.2.3
Nutzungskosten im Hochbau ................................................................................. 228 Grundsätze der Nutzungskostenplanung ................................................................ 228 Nutzungskostenplanung der am Projekt Beteiligten .............................................. 231 Gliederung der Nutzungskosten und Hinweise zur Ermittlung.............................. 233
6.3 6.3.1 6.3.2 6.3.3
Finanzierung .......................................................................................................... 236 Arten der Finanzierung und Rentabilität ................................................................ 236 Finanzplanung bei Bauprojekten ........................................................................... 240 Mittelfristige Finanzplanung .................................................................................. 242
7
Termine, Kapazitäten und Logistik
7.1 7.1.1 7.1.2 7.1.3
Termine .................................................................................................................. 247 Terminplanung der am Projekt Beteiligten ............................................................ 247 Ebenen der Terminplanung .................................................................................... 255 Terminplanung als Regelkreis................................................................................ 270
7.2
Kapazitäten ............................................................................................................ 276
7.3
Logistik .................................................................................................................. 281
8
Verträge und Versicherungen
8.1
Verträge .................................................................................................................. 289
8.2
Versicherungen....................................................................................................... 293
9
Projektentwicklung
9.1
An der Projektentwicklung Beteiligte .................................................................... 301
9.2
Leistungsbild Projektentwicklung (i. e. S.) ............................................................ 305
10
Projektmanagement in der Planung
10.1
Objektplaner .......................................................................................................... 323
10.2 10.2.1 10.2.2 10.2.3
Fachlich Beteiligte, sonstige Projekt- und Planungsbeteiligte ............................... 327 Tragwerksplaner (Statiker)..................................................................................... 327 Fachlich Beteiligte für Technische Ausrüstung und weitere .................................. 329 Sonstige Projekt- und Planungsbeteiligte .............................................................. 331
10.3
Einzelleistungsträger in der Planung...................................................................... 331
197
245
287
297
323
XIV
Inhaltsverzeichnis
10.4 10.4.1 10.4.2 10.4.3
Gesamtleistungsträger in der Planung ....................................................................333 Generalplanung im Außenverhältnis ......................................................................335 Generalplanung im Innenverhältnis ........................................................................336 Vor- und Nachteile der Generalplanung aus Sicht der Beteiligten ..........................338
10.5
Leistungsbild und Vergütung der Generalplanung..................................................343
10.6
Erfolgsfaktoren der Generalplanung .......................................................................347
11
Projektmanagement in der Ausführung
11.1
Produktionsablauf und -organisation ......................................................................349
11.2
Voraussetzungen für die Ausführung ......................................................................354
11.3
Einzelleistungsträger in der Ausführung.................................................................355
11.4
Gesamtleistungsträger in der Ausführung...............................................................356
12
Inbetriebnahmeorganisation
12.1
Planung der Inbetriebnahme ...................................................................................364
12.2
Inbetriebsetzung .....................................................................................................364
12.3
Abnahme und Bauübergabe ....................................................................................366
12.4
Bauübernahme durch Bauherr und Nutzer .............................................................368
12.5
Umzug ....................................................................................................................371
12.6
Gebäudemanagement..............................................................................................376
349
363
Literatur
379
Index
397
Abbildungsverzeichnis Abb. 0.1: Abb. 0.2: Abb. 1.1: Abb. 1.2: Abb. 1.3: Abb. 1.4: Abb. 1.5: Abb. 2.1: Abb. 2.2: Abb. 2.3: Abb. 2.4: Abb. 2.5: Abb. 3.1: Abb. 3.2: Abb. 3.3: Abb. 3.4: Abb. 3.5: Abb. 3.6: Abb. 3.7: Abb. 3.8: Abb. 3.9: Abb. 3.10: Abb. 3.11: Abb. 3.12: Abb. 3.13: Abb. 3.14: Abb. 3.15: Abb. 4.1: Abb. 4.2: Abb. 4.3: Abb. 4.4:
Bauherr und Baumeister einst (Zeichnung E. M. Lang) 1 Bauherrenorganisation und Planer heute (Zeichnung E. M. Lang) 2 Die notwendigen Wissensgebiete für das Projektmanagement 17 Bauherrenaufgaben, Projektmanagement, Planung und Beratung 21 Aufgabenfelder von Projektmanagement und Objektmanagement 23 Projekte innerhalb einer Unternehmensorganisation – Beispiel 26 Unterschiede zwischen Projekt und Unternehmen 27 Bauherr und die weiteren am Projekt Beteiligten 36 Arten von Bauherren und Abgrenzung zum Erwerber 41 Aufbau der staatlichen Bauverwaltung Nordrhein-Westfalen 49 Regelwerke für die Durchführung öffentlicher Bauvorhaben 51 Bauherrenaufgaben gemäß DIN 276-1:2008-12 54 Nicht delegierbare und delegierbare Bauherrenaufgaben 57 Stellung der Projektleitung innerhalb der Projektorganisation 58 Stellungen des Chartered Surveyor innerhalb der Projektorganisation 69 Projektsteuerung nach § 31 HOAI:1977-01 bis 1996-01 (nicht mehr gültig) 70 Stellung der Projektsteuerung innerhalb der Projektorganisation 72 Das Verhältnis externer Berater und interner Verantwortlicher 74 Projektmanagement bei Bauprojekten, aufgeteilt in mehrere Funktionen 75 Projektstufen und Handlungsbereiche nach AHO 79 Das „Magische Dreieck der Projektziele“ im Projektmanagement 80 Möglichkeiten der Honorarvereinbarung für die Projektsteuerung 86 Honorare für die Projektsteuerung nach AHO § 207 in Prozent 87 Honoraranteile in v. H. für die Grundleistungen der Projektsteuerung 88 Verrechnungssätze für projektbezogene Einsatzzeiten nach AHO 90 Ermittlung des Monats- und Stundensatzes (netto) – Beispiel 92 Verwaltungskosten des Bauherrn nach II. BVO: 1963-08 95 Handlungsbereich A – Organisation, Information, Koordination [ … ] (1) 97 Handlungsbereich A – Organisation, Information, Koordination [ … ] (2) 98 Handlungsbereich A – Organisation, Information, Koordination [ … ] (3) 99 Grundform einer Linienorganisation 101
XVI Abb. 4.5: Abb. 4.6: Abb. 4.7: Abb. 4.8: Abb. 4.9: Abb. 4.10: Abb. 4.11: Abb. 4.12: Abb. 4.13: Abb. 4.14: Abb. 4.15: Abb. 4.16: Abb. 4.17: Abb. 4.18: Abb. 4.19: Abb. 4.20: Abb. 4.21: Abb. 4.22: Abb. 4.23: Abb. 4.24: Abb. 5.1: Abb. 5.2: Abb. 5.3: Abb. 5.4: Abb. 5.5: Abb. 5.6: Abb. 5.7: Abb. 5.8: Abb. 5.9: Abb. 5.10: Abb. 5.11: Abb. 5.12: Abb. 5.13: Abb. 5.14: Abb. 5.15: Abb. 5.16: Abb. 5.17:
Abbildungsverzeichnis Grundform einer Stablinienorganisation Grundform einer Matrix-Projektorganisation Grundform einer Ablauforganisation als Ablaufschema Projektstruktur für die Kostenplanung – Beispiel Erweiterte Kostengliederung nach DIN 277-3 für KG 410 – Beispiel (1) Erweiterte Kostengliederung nach DIN 277-3 für KG 410 – Beispiel (2) Kombinationen von Kostengruppen und Leistungsbereichen – Beispiel Mengen als Bezugsgrößen zur Verknüpfung von Informationen Schnittstellen im Bauprojekt – zwei Beispiele Zusammenhang von Organisations- und Projekthandbuch Organisation von Besprechungen – Beispiel Module und Verknüpfung von Datenbankanwendungen Zuständigkeiten im Bereich der Koordination (Empfehlung) Trassenkoordination – Beispiel Formblatt Entscheidungsliste Chancen und Risiken bei Entscheidungen mit mehreren Beteiligten Formblatt Änderungsmanagement Am Projekt Beteiligte und Dokumentation – Überblick Dokumentation im Leistungsbild Projektsteuerung nach AHO Leistungen und der Dokumentation nach HOAI:2009-08 Handlungsbereich B – Qualitäten und Quantitäten (1) Handlungsbereich B – Qualitäten und Quantitäten (2) Codex Hammurabi Unbestimmte Rechtsbegriffe zu technischen Sachverhalten Qualitätsanforderungen des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbandes RIBA Plan of Work/Project Plan, Auszug Leistungen A bis C RIBA Plan of Work/Project Plan, Auszug Leistungen A bis C Diogenes in der Tonne Prüfliste und Beispiele für Grundstück und Umgebung – Auszug Prüfliste und Beispiele für das Gebäude als Ganzes – Auszug Zusammenhang von Baubuch und Raumbuch Ausstattungsstandards von Gebäuden – Beispiel Struktur eines Raumbuchblattes – baulicher Ausbau Qualitative Anforderungen an Bankgebäude – Beispiel Struktur eines Raumbuchblattes – Technische Anlagen Struktur eines Raumbuchblattes – Ausstattung Grundfläche als Geschossfläche und/oder Brutto-Grundfläche
102 103 104 107 108 109 110 111 112 115 119 123 127 129 132 137 139 141 144 148 151 152 153 156 158 164 165 166 168 169 171 173 176 177 178 179 187
Abbildungsverzeichnis Abb. 5.18: Abb. 5.19: Abb. 5.20: Abb. 5.21: Abb. 5.22: Abb. 5.23: Abb. 5.24: Abb. 5.25: Abb. 6.1: Abb. 6.2: Abb. 6.3: Abb. 6.4: Abb. 6.5: Abb. 6.6: Abb. 6.7: Abb. 6.8: Abb. 6.9: Abb. 6.10: Abb. 6.11: Abb. 6.12: Abb. 6.13: Abb. 6.14: Abb. 6.15: Abb. 6.16: Abb. 6.17: Abb. 6.18: Abb. 6.19: Abb. 6.20: Abb. 6.21: Abb. 6.22: Abb. 6.23: Abb. 6.24: Abb. 6.25: Abb. 6.26: Abb. 6.27: Abb. 7.1: Abb. 7.2:
Grundflächen und Räume, numerisch/alphabetisch geordnet – Auszug Quantitative Anforderungen für ein Bankgebäude – Beispiel Gliederung des Krankenhauses – Auszug Richtwerte für Raumgrößen von Behördenkantinen (m² HNF) Grundflächen, Rauminhalte, Verhältniswerte eines Klinikums Funktionsprogramm für eine Wäscherei in einem Hotel – Beispiel Hauptnutzflächen (HNF) für eine Wäscherei in einem Hotel – Beispiel Planungskennwerte für Flächen und Rauminhalte – Beispiel Tiefgarage Handlungsbereich C – Kosten und Finanzierung (1) Handlungsbereich C – Kosten und Finanzierung (2) Handlungsbereich C – Kosten und Finanzierung (3) Handlungsbereich C – Kosten und Finanzierung (4) Handlungsbereich C – Kosten und Finanzierung (5) Wer, wann, wie, wofür – Kennwerte, Einheitspreise, Einzelkosten Gesamtkosten und die wesentlichen Bestandteile in zwei Varianten Allgemeine Ausstattung, Ergänzungen zu DIN 276:1993-06 Aufgaben der Kostenplanung sind in Planungsverträgen festzulegen Leistungen der Kostenermittlung nach HOAI:2009-08 Verfahren der Kostenplanung, Beispiele und Anwendungen Richtwertgruppen für I. Institutsbauten Richtwertgruppen für II. Weitere Hochschulgebäude Anwendung der KFA in der Grundlagenermittlung – Beispiel Kostenermittlung über Ausführungsarten – Beispiel Mengen- und Wertanteile in der ABC-Analyse ABC-Analyse – Beispiel Decken- und Bodenbeläge Muster für die Struktur des Kostenberichtes 12 Punkte zur vollständigen und transparenten Kostenermittlung Kostenermittlungen als Bestandteil der Planung von Hochbauten Die Nutzungskostengruppen in der 1. Ebene der Gliederung Formen der Subventionsfinanzierung im Überblick Mittelbeschaffung und Mittelverwendung bei einem Bauvorhaben Leverageeffekt – Beispiel Finanzierungskosten, 3. Ebene der Gliederung (DIN 276-1:2008-12) Aufbau eines Finanzierungsplanes Verlauf von Leistungen und Zahlungen bei Bauprojekten Handlungsbereich D – Termine, Kapazitäten und Logistik (1) Handlungsbereich D – Termine, Kapazitäten und Logistik (2)
XVII 188 189 190 191 192 193 194 195 197 198 199 200 200 201 203 204 207 213 215 217 218 218 221 222 223 224 227 230 234 237 238 240 241 241 243 245 246
XVIII Abb. 7.3: Abb. 7.4: Abb. 7.5: Abb. 7.6: Abb. 7.7: Abb. 7.8: Abb. 7.9: Abb. 7.10: Abb. 7.11: Abb. 7.12: Abb. 7.13: Abb. 7.14: Abb. 7.15: Abb. 7.16: Abb. 7.17: Abb. 7.18: Abb. 7.19: Abb. 8.1: Abb. 8.2: Abb. 8.3: Abb. 8.4: Abb. 8.5: Abb. 8.6: Abb. 9.1: Abb. 9.2: Abb. 9.3: Abb. 9.4: Abb. 10.1: Abb. 10.2: Abb. 10.3: Abb. 10.4: Abb. 10.5: Abb. 10.6: Abb. 10.7: Abb. 11.1: Abb. 11.2: Abb. 11.3:
Abbildungsverzeichnis Terminplanung einschließlich der Koordination und Integration Terminliste mit Soll- und (späteren) Ist-Werten – Beispiel Parkplatz Ebenen der Terminplanung nach AHO Projektstufen (AHO) und Leistungsphasen (HOAI) Terminrahmen mit 12 Meilensteinen Vorgänge der Terminplanung und Alternativen der Projektdurchführung Bekanntmachung eines Architekturwettbewerbes – Beispiel Terminrahmen für ein Bauprojekt, dargestellt als Terminliste Generalablaufplan als Balkendiagramm – Beispiel Flughafen Zürich Detailablaufplanung Planung der Vorplanung als Terminliste Detailablaufplan Planung der Ausführungsplanung als Terminliste Detailablaufplan Ausführungsplanung als Ablauforganigramm Terminkontrollbericht - Beispiel Objekt- und Fachplanungen Entscheidungsliste – Beispiel Ermittlung des zulässigen Zeitaufwandes bei erwartetem Honorar Baustellenordnung – Beispiel Maßnahmen der Baulogistik – Beispiel Potsdamer Platz, Berlin Handlungsbereich E – Verträge und Versicherungen (1) Handlungsbereich E – Verträge und Versicherungen (2) Varianten der Planungsorganisation und ihre Festlegung Leistungsbilder der an der Planung Beteiligten Vergabeeinheiten für Bau- und Lieferverträge – Beispiel Versicherungen vor und während der Bauzeit Faktoren der Projektentwicklung: Standort, Kapital und Projektidee An der Projektentwicklung und am Objekt Beteiligte Leistungsbild der Projektentwicklung in 14 Aufgabenfeldern Checkliste zur Standort- und Grundstückserfassung Planung aus Sicht des Objektplaners für Gebäude (Architekt) Planung aus Sicht des Tragwerksplaners Planung aus Sicht der fachlich Beteiligten (TA) Bauherr und Einzelleistungsträger in der Planung Der Generalplaner innerhalb der Projektorganisation Rechnungen und Zahlungen aus Sicht des Generalplaners Leistungen bei Einsatz eines Generalplaners Bauaufträge als Projekte bei den ausführenden Firmen Verschiedene Aufgaben des Controllings in Bauunternehmen Alternativen bei Planung, Leistungsbeschreibung, Vergabe, Bauvertrag
252 254 255 256 257 258 259 261 262 263 264 265 272 274 279 284 285 287 288 289 290 292 294 298 303 305 307 324 328 330 332 334 341 345 350 351 354
Abbildungsverzeichnis
XIX
Abb. 11.4: Abb. 11.5: Abb. 11.6: Abb. 12.1: Abb. 12.2:
358 359 361 372 374
Unternehmenseinsatzformen und ihre Funktionen Stellung des Generalunternehmers innerhalb der Projektorganisation Stellung des Totalunternehmers innerhalb der Projektorganisation Betriebsverlagerung und Umzug Flughafen München Mengenermittlung des Umzugsgutes – Beispiel Büroeinrichtung
Einleitung Viele Jahrhunderte wurden große Bauvorhaben, z. B. Festungsbauten, Kathedralen oder Schlösser, von Bauherren und mit der Unterstützung durch einen Baumeister geplant und durch eine überschaubare Zahl von Handwerksbetrieben ausgeführt. Die Zusammenarbeit der wenigen Beteiligten war eng, die Kommunikation einfach. Die Bauzeit betrug meist Jahrzehnte, teilweise auch länger.
Abb. 0.1: Bauherr und Baumeister einst (Zeichnung E. M. Lang) (Bauinnung München (Hrsg.): Baufluchten – Karikaturen vom Bau, 1982, S. 72)
Nicht nur die Bauaufgabe, auch die Organisation der Zusammenarbeit einer größeren Zahl von Projektbeteiligten hat sich im Laufe der Zeit grundlegend verändert. Fabrikanlagen, Bürokomplexe, Krankenhäuser und Flughäfen müssen in möglichst kurzer Zeit erstellt werden. Alle am Projekt Beteiligte bringen ihre unterschiedlichen Interessen ein. An die Stelle des Bauherrn ist die Bauherrenorganisation getreten, welche die Ziele der Investoren zu vertreten hat. Planen und Bauen zeichnet sich inzwischen durch die Zusammenarbeit von vielen Spezialisten aus. Somit fallen mehr als bisher Koordinations- und Führungsaufgaben an.
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Einleitung
Heute müssen bei möglichst kurzer Bauzeit, von vornherein begrenzten finanziellen Mitteln und unter Einsatz zahlreicher Projektbeteiligter komplexe Aufgaben unter Vorgabe hoher Qualität gemeistert werden. Erfahrungen in der Planung und Ausführung von Bauprojekten reichen allein nicht mehr aus. Vielmehr sind Kenntnisse im Projektmanagement in Verbindung mit persönlichen Eigenschaften notwendig, um die Führungs- und Koordinationsaufgaben übernehmen zu können, die für das Gelingen eines Projektes unverzichtbar sind.
Abb. 0.2: Bauherrenorganisation und Planer heute (Zeichnung E. M. Lang) (Bauinnung München (Hrsg.): Baufluchten – Karikaturen vom Bau, 1982, S. 73)
Eine erste Fassung des Leistungsbildes Projektsteuerung fand im Jahr 1977 mit dem gleichnamigen § 31 Eingang in die Verordnung über die Honorare für Architekten- und Ingenieurleistungen (HOAI). Allerdings genügte es auf Dauer den Anforderungen der Praxis nicht. Auch fehlte eine Regelung der Vergütung mangels ausreichender Erfahrungen. Es folgten vom Berliner Arbeitskreis Pfarr/Hasselmann/Will im Jahr 1984 empirische Untersuchungen zur Präzisierung des Leistungsbildes. Ebenfalls in diesem Jahr veröffentlichte der Münchener Arbeitskreis der Projektsteuerer unter Leitung von C. J. Diederichs ein differenziertes Leistungsbild, das die Unterscheidung der zunächst vier Handlungsbereiche A bis D beinhaltete, mit denen wir bis heute arbeiten. Anfang der 1980er Jahre etablierte sich die Projektsteuerung in der Bauwirtschaft als Berufsbild. Es bildeten sich Fachverbände wie die Gesellschaft für Projektmanagement (GPM) und 1984 für das Bauwesen der Deutsche Verband der Projektsteuerer (DVP). Ziel war die Entwicklung einer eigenen Leistungs- und Honorarordnung. 1993 wurde die Fachkommissi-
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on Projektsteuerung des Ausschusses für Ingenieurverbände und Ingenieurkammern für die Honorarordnung e. V. (AHO) gegründet. Diese veröffentlichte 1996 als Heft 9 der Schriftenreihe AHO die „Untersuchungen zum Leistungsbild des § 31 HOAI und zur Honorierung der Projektsteuerung“. Die aktuell vorliegenden Untersuchungen zum Leistungsbild, zur Honorierung und zur Beauftragung von Projektmanagementleistungen in der Bau- und Immobilienbranche – Heft 9 der Schriftenreihe der AHO-Fachkommission Projektsteuerung/Projektmanagement vom März 2009 – sind inzwischen eine unverzichtbare Grundlage für die Gestaltung von Verträgen entsprechender Leistungen in der Praxis. Folgerichtig wurden ihre Strukturen und zahlreiche Begriffe in die Kapitel zu Projektleitung und Projektsteuerung (Kapitel 3) sowie zu den Handlungsbereichen A bis E (Kapitel 4 bis 8) integriert. Das Kapitel 8 Verträge und Versicherungen wurde für die vorliegende 3. Auflage neu erarbeitet. Zur Übersicht und für den eiligen Leser werden alle zwölf Kapitel des Buches in einer jeweils einseitigen Kurzfassung angefügt.
Wolfdietrich Kalusche
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Einleitung
Grundlagen des Projektmanagements Ein für die individuelle Nutzung vollständig geeignetes Bauwerk (Objekt) kann man nicht wie viele andere Wirtschaftsgüter „einfach“ erwerben. Vielmehr sind eine sorgfältige Projektvorbereitung und für die Realisierung des Bauvorhabens (Projekt) eine umfangreiche Planung in Verbindung mit einer fachgerechten Ausführung unter Mitwirkung zahlreicher Fachleute erforderlich. Kenntnisse und Fähigkeiten im Projektmanagement sind bei allen damit verbundenen Aufgaben eine unverzichtbare Voraussetzung für den Erfolg. Das Projektmanagement umfasst die „Gesamtheit von Führungsaufgaben, -organisation, -techniken und -mitteln für die Initiierung, Definition, Planung, Steuerung und den Abschluss von Projekten.“ Ein Projekt ist ein „Vorhaben, das im Wesentlichen durch Einmaligkeit der Bedingungen in ihrer Gesamtheit gekennzeichnet ist. Beispiel: Zielvorgabe, zeitliche, finanzielle, personelle oder andere Begrenzungen, projektspezifische Organisation.“ (DIN 69901-5:2009-01) Management umfasst funktional die Gesamtheit dispositiver Aufgaben, deren Inhalte die Planung, Anordnung und Kontrolle sind. Die Ziele dieser Aufgaben können als Leistungsund Qualitätswerte, Termine und Kosten vorgegeben werden. Im Bauwesen hat das Projektmanagement eine große Bedeutung und lange Tradition, da jedes Vorhaben als Projekt im Sinne der genannten Definition verstanden werden kann. Aufgaben des Projektmanagements sind sowohl auf der Seite des Bauherrn als auch bei den Planern und ausführenden Firmen enthalten. Zu nennen sind zum Beispiel die Funktionen Projektleitung, Projektcontrolling, Projektsteuerung, Projektmanagement in der Planung, Projektwirtschaft in der Bauausführung sowie schließlich die Inbetriebnahmeorganisation. Diese unterschiedlichen Aufgaben werden ausführlich behandelt. In allen Fällen ist darauf zu achten, dass Projekte einerseits in Organisationen eingebunden sein müssen, andererseits auf eigene Ziele ausgerichtet sind. Hierfür sind die notwendigen Voraussetzungen zu schaffen und Freiräume zu gestatten. Als Handlungsbereiche des Projektmanagements (Projektleitung, Projektsteuerung, Projektcontrolling) werden unterschieden und ausführlich in eigenen Kapiteln behandelt: A – Organisation, Information, Koordination und Dokumentation (Kapitel 4) B – Qualitäten und Quantitäten (Kapitel 5) C – Kosten und Finanzierung (Kapitel 6) D – Termine, Kapazitäten und Logistik (Kapitel 7) E – Verträge und Versicherungen (Kapitel 8). Eine besondere Bedeutung kommt den Personen zu, die vorrangig oder ausschließlich als Projektmanager im Einsatz sind. Sie brauchen hierfür besondere Fähigkeiten, die weniger in fachlicher Qualifikation begründet sind als vielmehr in der Fähigkeit, konsequent die Projektziele zu verfolgen, andere Projekt- und Planungsbeteiligte zu koordinieren und zu führen. Dazu gehören als Voraussetzungen interdisziplinäre Kenntnisse, betriebswirtschaftliches Verständnis, Kommunikations- und Teamfähigkeit sowie die Bereitschaft, Entscheidungen zu treffen und Verantwortung zu übernehmen.
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Bauherrenaufgaben und -organisation Projektmanagement ist auf der Seite des Bauherrn unverzichtbar. Mindestens die Projektleitung muss im Grundsatz von ihm selbst wahrgenommen werden. Als Teil der Projektleitung oder als eigene Funktion ist bei größeren Bauvorhaben auch ein Projektcontrolling erforderlich. Zunächst aber stellt sich die Frage: Wer ist eigentlich der Bauherr? Bauherr ist derjenige, der selbst oder durch Dritte ein Bauvorhaben für eigene oder fremde Rechnung erstellt. Bauherren können auch Personenmehrheiten in unterschiedlicher Rechts- oder Gesellschaftsform, also Bauherrenorganisationen sein. Bauherren haben eine Vielzahl von Aufgaben, Pflichten und eine hohe Verantwortung. Diese ergeben sich aus ihrer Funktion als Auftraggeber und aus rechtlichen Rahmenbedingungen. Vor allem hat der Bauherr Projektziele festzulegen, Organisation und Rahmentermine vorzugeben, Verträge zur Verwirklichung der Projektziele zu schließen, Projektbeteiligte zu koordinieren, Ergebnisse zu prüfen, Zielkonflikte zu lösen und die Vergütung seiner Auftragnehmer sicherzustellen. Dabei müssen Bauherren nach Art und Form ihrer Funktion im Projekt unterschieden werden, ob sie als selbstausübende Bauherren ein Höchstmaß an Aufgaben selbst übernehmen, einschließlich Planung und Ausführung, oder ob sie nur noch Mittel für ein Projekt zur Verfügung stellen, um eine möglichst hohe Rendite zu erzielen, ohne die Bauherrenaufgaben aktiv ausüben zu wollen. Unterschiede und Veränderungen der Bauherrenrolle sind sowohl bei privaten, erwerbswirtschaftlichen als auch bei öffentlich-rechtlichen Bauherren festzustellen. Unabhängig von der Stellung des Bauherrn und der Rechtsform der Bauherrenorganisation sind Bauherren nach der aktiven Wahrnehmung ihrer Aufgaben und Pflichten in die Arten selbstausübende Bauherren, fungierende Bauherren und Bauherren als Investoren zu unterscheiden und vom Erwerber eines Objektes zu abzugrenzen. Darüber hinaus sind Bauherren im Sinne von Rechts- und Organisationsformen von Bauherren zu unterscheiden. Als grobe Aufteilung reicht die Unterscheidung in die Formen private Bauherren, erwerbswirtschaftliche Bauherren und öffentliche Bauherren. In vielen Fällen ist eine zeitliche und fachliche Entlastung des Bauherrn in Form einer Projektsteuerung notwendig oder sinnvoll. Die hier angesprochenen Funktionen lassen den großen Umfang von Bauherrenaufgaben erkennen, die ausführlich behandelt werden. Schwierig sind auf der Bauherrenseite, besonders bei größeren Bauherrenorganisationen, die einheitliche Meinungsbildung und das Treffen von Entscheidungen. Oft ist es hilfreich, wenn die Entscheidungen des Bauherrn fachlich und terminlich von einem Projektmanager vorbereitet und in Planungsbesprechungen moderiert werden. Zunehmend versuchen Bauherren Risiken an Auftragnehmer, also Planer und ausführende Firmen, zu übertragen und sich der Koordinationsaufgaben zu entledigen. Bauherren bedürfen also in größerem Umfang als bisher bei der Vorbereitung und Durchführung von Projekten einer kompetenten Unterstützung. Hierin bestehen Chancen für darin erfahrene Architekten und Ingenieure, soweit sie verstärkt im Projektmanagement tätig werden wollen.
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Projektleitung und Projektsteuerung Die Projektleitung und die Projektsteuerung sind Gegenstand der Bauherrenaufgaben. In Einzelfällen wird auf der Bauherrenseite auch ein Projektcontrolling eingerichtet. In diesem Zusammenhang stellt sich grundsätzlich die Frage, welche Aufgaben der Bauherr selbst wahrnehmen muss, diese werden der Projektleitung zugerechnet, und welche an externe Fachleute im Rahmen eines Projektcontrolling übernommen oder an eine Projektsteuerung delegiert werden können. Der Projektleiter hat die direkte Verantwortung für die Erreichung der Projektziele. In diesem Sinne hat er das Projekt zu organisieren, Aufgaben zu verteilen und die Vielzahl der Projekt- und Planungsbeteiligten zu koordinieren. Der Projektleiter übt innerhalb der Bauherrenorganisation eine durchaus schwierige Funktion aus. Indem er einerseits zahlreichen und oft widersprüchlichen Anforderungen durch die Bauherren- und Nutzerseite ausgesetzt ist, hat er andererseits gegenüber den Planern und ausführenden Firmen die Rolle des Bauherrn verantwortlich wahrzunehmen. Um dies zu ermöglichen, sind ihm notwendige Kompetenzen und Vollmachten zu erteilen. Ferner benötigt er die notwendige Unterstützung nicht nur auf der Bauherrenseite, sondern im Bedarfsfall zusätzlich durch externe Fachleute, z. B. einen Projektsteuerer oder ein entsprechendes Team. Die Leistungen, welche ein Projektsteuerer im Auftrag eines Bauherrn und damit zur zeitlichen und fachlichen Entlastung seines Auftraggebers übernehmen kann, richten sich nach dessen Erfordernissen. Zur Stellung und zum Leistungsbild des Projektcontrollings gibt es ganz unterschiedliche Auffassungen. Üblicherweise sind darunter Bauherrenaufgaben zu verstehen, welche vor allem auf die Kosten und Finanzierung des Projektes gerichtet sind. Sie sollen von den Leistungen des Architekten und der Ingenieure abgegrenzt werden. Daneben wird eine Einordnung des Baucontrollers beschrieben, deren Leistungsbild stark durch den im englischsprachigen Raum tätigen Quantity Surveyor beeinflusst ist. Verbindliche oder für unterschiedliche Projekte in gleicher Weise geeignete Leistungsbilder für das Projektmanagement gibt es nicht. Die Form des Vertrages, Grundlage und Höhe der Vergütung sind von Fall zu Fall zwischen den Parteien zu vereinbaren. Für die Leistungen des Projektmanagements herrscht sowohl Leistungs- als auch Preiswettbewerb. Leistungen im Projektmanagement unterliegen sowohl einem Leistungswettbewerb als auch einem Preiswettbewerb, da Leistungsbild und Leistungsumfang individuell geregelt werden können und keine verbindliche Honorarordnung als Preisverordnung besteht. Im Unterschied dazu bestehen ein Leistungswettbewerb für Architekten- und Ingenieurleistungen bei Beachtung der Honorarordnung sowie ein Preiswettbewerb für Bauleistungen auf der Grundlage einer erschöpfenden Leistungsbeschreibung. Es werden die unterschiedlichen Möglichkeiten der Honorarermittlung für die Leistungen der Projektsteuerung, für die in Einzelfällen an einen externen Projektleiter übertragenen Aufgaben und für das Projektmanagement im Umfang der Generalplanung für die Planungsleistungen hinaus behandelt. Hierzu gehört auch die Frage, ob die Vergütung auf Grundlage von anrechenbaren Kosten oder nach Aufwand kalkuliert werden soll, und was im Fall einer Pauschalierung des Honorars zu beachten ist.
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Organisation, Information, Koordination und Dokumentation Unter Projektorganisation versteht man die Gesamtheit der Organisationseinheiten und der aufbau- und ablauforganisatorischen Regelungen zur Abwicklung eines bestimmten Projektes. Die Projektorganisation besteht in der Regel aus Bestandteilen der vorhandenen Betriebsorganisation und ergänzenden projektspezifischen Regelungen. Im Rahmen der Projektvorbereitung sind entsprechend dem des Handlungsbereich A – Organisation, Information, Koordination und Dokumentation alle diesbezüglichen Regelungen zu treffen. Diese sind eine unabdingbare Voraussetzung für die erfolgreiche Durchführung eines Projektes dar. Dazu gehören sämtliche Organisationsvorgaben, Festlegungen für die Information der am Projekt Beteiligten. Diese beziehen sich auf die Kommunikation, teilweise unter Einsatz moderner Systeme und die notwendige Dokumentation für die Übergabe des Objektes an den Nutzer. Die hierbei zu treffenden Regelungen und Standards werden Teil der Leistungsbilder der Auftragnehmer des Bauherrn. Die Zielsetzungen für das Projekt und die Organisation der Zusammenarbeit sind vor dem Projektstart zu klären und darzustellen, z. B. in Form von Aufbau- und Ablaufdiagrammen. Die Ziele und die Organisation sind im Zuge der Projektarbeit regelmäßig zu überprüfen und gegebenenfalls fortzuschreiben. Für die Auswahl von Projektbeteiligten, für das Führen von Verhandlungen und die Beauftragung sowie für die Überwachung von Vertragspflichten sind Regeln zu entwickeln. Die laufende Information, Koordination und Abstimmung der Projektbeteiligten ist für alle Projektstufen sicherzustellen. Notwendig ist hierzu eine regelmäßige mündliche und schriftliche Berichterstattung in Verbindung mit einer koordinierten Datenverarbeitung, denn die Projektarbeit ist gekennzeichnet durch eine für den einzelnen Projektbeteiligten unüberschaubare Fülle von Informationen aus den zahlreichen benötigten Fachgebieten. Vor allem der Bauherr benötigt seinen Voraussetzungen und Anforderungen entsprechend aufbereitete Informationen zum aktuellen Projektstand sowie zur weiteren Entwicklung. Notwendig sind regelmäßige Projektberichte, die einheitlich aufgebaut, knapp und anschaulich sein sollen und zeitnah zugehen müssen. Projektberichte sollen Informationen enthalten über z. B. Planungsstand, Genehmigungsverfahren, Baufortschritt, Auftrags-, Abrechnungsund Zahlungsstand sowie die Inbetriebnahmevorbereitung. Es ist festzulegen, welche Informationen zum Projekt für welche Beteiligten zur Verfügung stehen sollen. Der Bauherr bzw. sein Projektleiter muss uneingeschränkte Kenntnis haben. Dagegen sind viele Informationen zwar für Auftragnehmer nützlich, dürfen aber nicht ohne Weiteres zur Verfügung gestellt werden, z. B. Vertragsinhalte, Kostendaten, Protokolle zu internen Gesprächen. Die Datenverarbeitung ist so zu strukturieren, dass erforderliche Informationen frühzeitig erfasst und fortlaufend aktualisiert werden können. Zur Koordination der Projektarbeit ist, gerade bei größeren Organisationen, zu klären, wie Entscheidungen vorbereitet, getroffen und dokumentiert werden sollen. Die Projektdokumentation entsteht auf der Grundlage der Projektstruktur und des damit festgelegten Ordnungs- und Kennzeichnungssystems. Es sind fortlaufend mindestens folgende Ergebnisunterlagen zu dokumentieren: Planunterlagen, Baubeschreibungen, Terminpläne, Kostenermittlungen, Leistungsbeschreibungen, Vertrags- und Abrechnungsunterlagen, Besprechungsprotokolle und Berichte.
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Qualitäten und Quantitäten Die Vorgabe der Quantitäten, angegeben in Leistungsdaten der geplanten Nutzung, z. B. Anzahl Arbeitsplätze, und geforderten Grundflächen oder Rauminhalte des Bauprojektes muss grundsätzlich durch den Bauherrn erfolgen. Kann dieser nur die Leistungsdaten angeben, sind diese durch einen entsprechenden Fachmann, z. B. Architekt, Betriebsplaner, Projektsteuerer, in ein Raumprogramm umzusetzen. Auf die Definition von Bezugseinheiten wie Nutzflächen, Wohnflächen, Mietflächen nach den geltenden Regelwerken wie Normen, Verordnungen oder Richtlinien ist in besonderer Weise zu achten. Entsprechendes gilt für die Qualitäten eines Projektes, soweit diese nicht bereits durch Normen und Vorschriften bereits vorgegeben sind. Letztere werden als Qualitätserfordernisse bezeichnet und sind von den darüber hinausgehenden Qualitätswünschen, die vom bzw. im Interesse der Nutzer in die Planung einfließen müssen, zu unterscheiden. Grundlage der Planung sind ein Nutzerbedarfsprogramm sowie ein Raum- und Funktionsprogramm einschließlich Raum-, Flächen- und Standardanforderungen. Diese sind vor Planungsbeginn abzustimmen und fortlaufend zu prüfen. Ergänzend werden Leit- und Musterbeschreibungen ausgearbeitet. Qualitätsstandards können z. B. in einem Pflichtenheft oder Raumbuch festgelegt werden. Der Begriff Qualität leitet sich aus dem lateinischen Wort „qualitas“ ab, was mit Beschaffenheit oder Zustand übersetzt werden kann. Obgleich das Wort Qualität keine Bewertung enthält, wird es im Alltag mit etwas Positivem assoziiert. Im Zusammenhang mit Qualitätsmanagement beschreibt der Begriff Qualität die Gesamtheit der Merkmale eines Produktes oder einer Dienstleistung bezüglich ihrer Eigenschaft, festgelegt und vorausgesetzte Erfordernisse zu erfüllen. Ein Qualitätsmanagement darf sich nicht nur auf das Produkt, also das Bauwerk beziehen, sondern es muss sich insbesondere auch als Voraussetzung dafür auf den Prozess beziehen, also die Planung und Ausführung von Projekten. Ein geeignetes Hilfsmittel für die Erfassung und Sicherung der Qualitäten eines Bauwerkes ist das Raumbuch. Dieses ist ein räumliches Gebäudeinformationssystem, in welchem die für das Gebäude relevanten Informationen strukturiert abgelegt und verwaltet werden können. Es besitzt zentrale Dokumentations- und Informationsaufgaben. Es ist deshalb für die Koordination und Kommunikation der Beteiligten bei der Vorbereitung der Planung und anschließend in der Planung und der Ausführung sowie der Nutzung des Gebäudes das geeignete Hilfsmittel. Das Raumbuch wird idealerweise mit wachsendem Informationsgehalt über alle Lebensphasen des Objektes geführt, und zwar als Anforderungsraumbuch ab Vorbereitung der Planung, Grundlagenermittlung bis einschließlich Vorplanung des Projektes, als Planungsraumbuch ab Entwurfsplanung bis einschließlich Vergabe der Bauleistungen bis zum Bestandsraumbuch ab Objektüberwachung bis in die Nutzung einschließlich der Beseitigung des Objektes. Abweichungen von der gewünschten Qualität eines Bauwerkes sind neben Ausführungsmängeln als Abweichungen von der geforderten Qualität oft auch auf Fehler in der Planung zurückzuführen. Hierzu zählen beispielsweise fehlende Erfüllung von Nutzungsanforderungen, unvollständige Planung, eingeschränkte funktionale Eignung, Wahl ungeeigneter Materialien, fehlende oder ungeeignete Details, mangelhafte Berücksichtigung von Maßtoleranzen und vieles mehr.
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Kosten und Finanzierung Die Kostenplanung besteht aus Kostenermittlung, Kostenkontrolle und Kostensteuerung zur Einhaltung der Kostenziele, diese können sich sowohl auf die Investitionskosten als auch auf die Nutzungskosten beziehen. Erst damit wird der Anspruch einer wirtschaftlichen Planung wirklich erfüllt. Zur Finanzierung eines Projektes müssen in der Regel Investitionsmittel beantragt und eine Projektbuchhaltung eingerichtet werden. Gegenstand einer mittelfristigen Finanzplanung ist die Abschätzung des Mittelbedarfs und des Mittelabflusses. Eine besondere Bedeutung bei Bauprojekten kommt dem Kostenrahmen als der ersten Kostenaussage zu. Der Kostenrahmen dient als eine Grundlage für die Entscheidung über die Bedarfsplanung sowie für grundsätzliche Wirtschaftlichkeits- und Finanzierungsüberlegungen und zur Festlegung der Kostenvorgabe. Grundlagen des Kostenrahmens sollen quantitative Bedarfsangaben, z. B. Raumprogramm mit Nutzeinheiten, Funktionselemente und deren Flächen sowie qualitative Bedarfsangaben, z. B. bautechnische Anforderungen, Funktionsanforderungen, Ausstattungsstandards, gegebenenfalls auch Angaben zum Standort sein. Im Kostenrahmen müssen innerhalb der Gesamtkosten mindestens die Bauwerkskosten gesondert ausgewiesen werden. Die Kostenplanung des Gebäudes bzw. für den Planungsumfang des Architekten gehört zu den Grundleistungen des Architekten. Wird der Architekt nicht mit dem vollen Leistungsbild beauftragt, kann er auch nicht für den Gesamtumfang der entsprechenden Leistungen die Verantwortung tragen. Darüber hinaus hat der Bauherr oder der Projektsteuerer die Kostenermittlungen der Planer, des Architekten und der fachlich Beteiligten, zu ergänzen, damit er die Finanzierbarkeit des Projektes auf der Grundlage der Gesamtkosten überprüfen bzw. optimieren kann. Wird die Kostenplanung statt vom Architekten vom Projektsteuerer aufgestellt, ist die von ihm durchzuführende Prüfung der Kostenermittlung gegenstandslos, die Kontrollfunktion der Projektsteuerung entfällt. Auch wird er bei der Ermittlung der Kosten nicht auf jeden Fall den vollen Planungsinhalt erfassen können, da er lediglich auf Planunterlagen und Beschreibungen zurückgreifen kann und niemals so gut in die Planung eingebunden ist wie der Architekt selbst. Die Mittelbeschaffung in Form von Eigen- und Fremdkapital ist Aufgabe des Bauherrn. Er benötigt zur Liquiditätsplanung Informationen auf Grundlage der Kosten- und Terminplanung über den Planungs- und Baufortschritt, Eingang, Bearbeitung und Zahlungsziele der Rechnungen in Form des aktuellen Standes sowie der Vorschau in Monats-, Quartals- und Jahresintervallen bis zum Abschluss des Projektes. Hierbei sind der Ablauf der Verjährungsfristen und die Freigabe von Sicherheitseinbehalten zu beachten. Gegenstand der Finanzplanung sind Prognosen zum Kapitalbedarf mit dem Ziel der Kreditbeschaffung zu möglichst niedrigen Kosten bei ausreichender Liquidität. Es sind, über die Kosten des Baugrundstücks hinaus, alle Planungsleistungen sowie die Kosten der Zwischenfinanzierung, alle Bauleistungen sowie sonstige Beschaffungen zu berücksichtigen. Der Zahlungsstand zum Zeitpunkt der Inbetriebnahme beträgt meist zwischen 75 und 85 % der Kosten. Die Gründe dafür liegen in den Terminen der Rechnungsstellung durch die ausführenden Firmen, der Dauer der Rechnungsprüfung durch die Planer, den Terminen der Zahlungen sowie dem Sicherheitseinbehalt durch den Bauherrn. Letztere sind u. a. von der Dauer der vertraglich vereinbarten Verjährungsfristen für Mängelansprüche bei Bauwerken, entweder vier Jahre nach VOB oder fünf Jahre nach BGB, abhängig.
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Termine, Kapazitäten und Logistik Die Termin- und Kapazitätsplanung stellt einen weiteren Handlungsbereich der Projektsteuerung bzw. des Projektmanagements dar. Für die Belange des Bauherrn sind ein Generalablaufplan und ein Kapazitätsrahmen abzuleiten. Die Inbetriebnahme des Gebäudes sowie die Verfolgung der Mängelbeseitigung müssen darin eingeschlossen sein. Ausgehend von den Vorgaben des Bauherrn entwickeln Planer und ausführende Firmen Terminplanungen bezogen auf die einzelnen Vertragsleistungen. Bauherr und Objektplaner koordinieren in Bezug auf den gesamten Bauablauf jeweils Teile davon. Die Terminplanung aus Sicht des Bauherrn umfasst die Gesamtdauer des Projektes von der Bedarfsplanung bis zur Inbetriebnahme einschließlich der Verfolgung der Mängelbeseitigung. In den meisten Fällen gibt der Bauherr den Termin der Inbetriebnahme vor. Für die Terminplanung gibt es unterschiedliche Techniken und Formen der Darstellung der Terminplanung: Terminliste, Balkenplan und Netzplan. Entsprechend dem Projektfortschritt muss auch die Detaillierung der Terminplanung immer mehr zunehmen. Ziel der Terminplanung ist die Ermittlung und Einhaltung einer optimalen Ausführungsdauer. Diese sollte natürlich – aus der Sicht des Bauherrn – so kurz wie möglich sein, denn während der Bauzeit fallen Zinsen an, die um so höher sind, je länger die Bauausführung dauert. Die Terminermittlungen sind Grundlage regelmäßiger Terminkontrollen und eventuell notwendiger Steuerungsmaßnahmen. Diese Maßnahmen sind gemeinsam mit den jeweils Beteiligten vorzunehmen und erfordern oft erheblichen Aufwand an Abstimmung. Die Terminplanung ist mit dem Ziel der kostengünstigen Baudurchführung unter Einhaltung des vorgegebenen Termins zu betreiben. Zur Terminsteuerung gehören alle Maßnahmen, welche erforderlich sind, um die bei der Terminkontrolle festgestellten Abweichungen zu beseitigen. Zu den häufigsten Abweichungen gehören Verzögerungen des Bauablaufes, zunächst im Bereich einzelner Fachbereiche oder Gewerke, schnell jedoch in Bezug auf den gesamten Bauprozess. In solchen Fällen sind Steuerungsmaßnahmen zur Beschleunigung des Ablaufs und zur Einhaltung der geplanten Fertigstellung meist unverzichtbar. Gegenstand des Projektmanagements ist auch eine Kapazitätsoptimierung. Sowohl in den Planungsbüros wie auch in den ausführenden Firmen wird eine gleichmäßige und möglichst hohe Auslastung der vorhandenen Kapazitäten angestrebt. Die Ziele der betrieblichen Optimierung entsprechen nur in den wenigsten Fällen gleichzeitig dem vom Bauherrn geforderten Einsatz von Kapazitäten bei seinem Projekt. Die Standort- und Rahmenbedingungen eines Projektes, z. B. Infrastruktur, mögliche Lagerflächen und Transportwege, können einen Einfluss sowohl auf die Bauplanung und Bauausführung als auch auf die Kosten, Termine und Kapazitäten des Projektes haben. Im Rahmen der Projektvorbereitung sind bei der Festlegung der Projektziele die Gesichtspunkte der Logistik zu berücksichtigen. Etwaige Änderungen der Logistik während des Projektfortschrittes sind auf Auswirkungen auf das Projekt zu untersuchen. Im Hinblick auf die Ausführungsvorbereitung ist es Aufgabe der Projektsteuerung, die Ausschreibungsunterlagen hinsichtlich logistischer Anforderungen zu überprüfen. Daraus sich ergebende Notwendigkeiten und Ablaufzwänge sind in die Kapazitäts- und Terminplanungen zu übertragen.
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Verträge und Versicherungen Die Zahl der Verträge, die ein Bauherr für die Realisierung eines Bauprojektes abschließen muss, kann aus seiner Perspektive nahezu unüberschaubar sein. So fallen hierfür bei Beauftragung von Einzelleistungsträgern zur Realisierung mittlerer Bauprojekte oft mehr als zehn Planungs- und Beratungsverträge sowie zwanzig bis dreißig Bau- und Lieferverträge an. Dabei ist die Summe aller Teilleistungen von der Bedarfsplanung bis zur Baufeinreinigung nahezu immer gleich. Welche Teilleistung von welchem Leistungsträger und in welcher Kombination von Einzelleistungen den gewünschten Projekterfolg erhoffen lassen, ist dagegen immer wieder von Neuem und völlig zu Recht Gegenstand lebhafter Diskussion. Die im Rahmen des Vertragskonzeptes definierten Leistungsbilder der Planung und die Vergabeeinheiten der Bau- und Lieferleistungen sind eine wesentliche Grundlage sowohl für die Termin- und Kapazitätsplanung als auch für die Kosten- und Finanzplanung. Werden sie bereits in der Projektvorbereitung gebildet, sollen die Vergabeeinheiten so bald wie möglich in die Kostenermittlung eingearbeitet werden. Spätestens in der Kostenberechnung setzten sich Vergabeeinheiten aus mindestens einem oder mehreren Bauteilen zusammen. Die im Rahmen des Vertragskonzeptes definierten Leistungsbilder der Planung und die Vergabeeinheiten der Bau- und Lieferleistungen sind eine wesentliche Grundlage sowohl für die Termin- und Kapazitätsplanung als auch für die Kosten- und Finanzplanung. Werden sie bereits in der Projektvorbereitung gebildet, sollen die Vergabeeinheiten so bald wie möglich in die Kostenermittlung eingearbeitet werden. Spätestens in der Kostenberechnung setzten sich Vergabeeinheiten aus mindestens einem oder mehreren Bauteilen zusammen. Bauprojekte sind nicht nur Investitionen erheblichen Umfangs, sondern auch mit zahlreichen Risiken verbunden. Vom unternehmerischen Risiko abgesehen, gibt es für die Mehrzahl der Fälle eine geeignete Versicherung. Ein Projektmanager soll die mit dem Projekt verbundenen Risiken einschätzen können und den Bauherrn beim Abschluss der notwendigen Versicherungen unterstützen. Hierbei sind nicht die Versicherungen angesprochen, die der Objektplaner, die fachlich Beteiligten und die ausführenden Firmen in Bezug auf ihr eigenes Risiko beim Planen und Bauen benötigen, z. B. eine Berufshaftpflichtversicherung. Der Projektmanager soll jedoch von diesen den Nachweis des ausreichenden Versicherungsschutzes vor Arbeitsbeginn einfordern. Hinsichtlich der Versicherungen des Bauherrn hat er in erster Linie eine unterstützende und koordinierende Funktion. Die Mehrzahl der versicherungsrechtlichen und haftungstechnischen Fragen tritt während der Baudurchführung und zum Projektabschluss auf. Auf der Grundlage einer umfassenden Dokumentation aller Beratungs-, Planungs-, Bau- und Lieferleistungen soll der Projektmanager in der Lage sein, dem Bauherrn die erforderlichen Zusammenhänge zu erläutern und die notwendigen Unterlagen wie Vertragsunterlagen, Schriftverkehr, Protokolle und anderes zusammenzustellen. In diesem Zusammenhang ist leider festzustellen: Im Zusammenhang mit Neubau, Veränderung oder dem Eigentumsübergang von Gebäuden werden unterschiedliche Versicherungen abgeschlossen. Die Bauherrenhaftpflichtversicherung, die Rohbaufeuerversicherung sowie die Bauleistungsversicherung, als die wichtigsten Versicherungen bei Bauprojekten werden kurz erläutert. Auf Versicherungen für den Zeitraum nach Inbetriebnahme des Objektes wird nicht weiter eingegangen.
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Projektentwicklung Wie die Projektleitung und die Projektsteuerung ist auch die Projektentwicklung eine Aufgabe aus dem Bereich des Projektmanagements. Sie umfasst im Wesentlichen die Vorbereitung von meist größeren Bauprojekten, kann zudem auch die Vermarktung der dabei entstehenden Immobilien zum Gegenstand haben. Bei den Projekten kann es sich um ein Baugelände, einen Neubau, wie auch um die Änderung einer Nutzung bzw. den Umbau eines vorhandenen Gebäudes handeln. Projektentwicklung kann entweder durch Baubetreuer und Berater, Bauträger bzw. Developer oder durch eigenes Personal eines Unternehmens als Bauherr für den eigenen Bedarf erfolgen. Erforderlich ist sie als eigenständige Aufgabe, wenn es sich um größere und komplexe Projekte handelt, wirtschaftliche Gesichtspunkte ein besonderes Gewicht haben und wenn die Vorbereitung des Projektes terminlich und organisatorisch von der nachfolgenden Objektplanung getrennt werden soll. Die Bandbreite von Aufgaben, die zu einer professionellen Projektentwicklung gehören, und das hohe unternehmerische Risiko, das damit verbunden ist, erfordert eine hohe Kompetenz des verantwortlichen Projektmanagements. Da es bei der Projektentwicklung um wirtschaftliche, rechtliche, soziale und technische Fragestellungen geht, trifft man auf diesem Gebiet in der Praxis neben Kaufleuten und Maklern auch ausgebildete Juristen, Architekten, Bauingenieure und Stadtplaner an, die zur Unterstützung des Bauherrn einzelne Aufgaben der Projektentwicklung oder auch umfassende Leistungen erbringen. Die im fremden Namen tätigen Projektentwickler, die also Projekte für Bauherren vorbereiten oder vollständig durchführen, werden als Baubetreuer im engeren Sinne verstanden. Diejenigen, welche Projekte im eigenen Namen und auf eigene Rechnung durchführen, werden zu den Baubetreuern im weiteren Sinne gezählt. Sie treten in der Praxis als Bauträger mit dem Schwerpunkt Wohnungsbau oder als Developer auf, welche überwiegend im Gewerbebau tätig sind. Durch die Projektentwicklung sind die Faktoren Standort, Projektidee und Kapital so miteinander zu verbinden, dass einzelwirtschaftlich wettbewerbsfähige, arbeitsplatzschaffende und -sichernde sowie gesamtwirtschaftlich sozial- und umweltverträgliche Immobilienobjekte geschaffen und dauerhaft rentabel genutzt werden können. Im Jahr 2004 hat die AHO-Fachkommission ein Leistungsbild der Projektentwicklung im engeren Sinne (i. e. S.) als eine spezifische Funktion des Projektmanagements in der Bauund Immobilienwirtschaft definiert. Somit steht für die Beauftragung entsprechender Aufgaben an unabhängige Dritte eine Grundlage für ein vertragliches Leistungsbild zur Verfügung. Dieses soll als Gliederung für die folgende Beschreibung und Erläuterung von Aufgabenfeldern der Projektentwicklung dienen. Dieses Leistungsbild enthält alle Aufgaben, die zu einer Projektentwicklung (i. e. S.) gehören, soweit sie von einem Auftragnehmer übernommen werden können. Diese Aufgaben werden umfassend erläutert. Dem Auftraggeber verbleiben die Übernahmen des unternehmerischen Risikos, Führungsaufgaben, Entscheidungen und der Abschluss aller mit den Aufgaben verbundenen Rechtsgeschäfte. Das sind neben der Beauftragung von Beratern, Planern und ausführenden Firmen vor allem der Grunderwerb und die Veräußerung oder Vermietung der durch die im Zuge der Projektentwicklung (i. e. S.) erstellte Immobilie.
Einleitung
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Projektmanagement in der Planung Der Einsatz von Einzelleistungsträgern sowohl für die Planung als auch für die Ausführung ist bisher die am weitesten verbreitete Form der Organisation von Bauprojekten. Sie ist besonders flexibel, bedingt aber für den Bauherrn einen hohen zeitlichen Einsatz und stellt an ihn zudem hohe fachliche Anforderungen. Nicht alles kann der Bauherr von seinen Planern verlangen, viele Voraussetzungen muss er selbst schaffen, damit diese ihre Verträge tatsächlich erfüllen können. In dieser Hinsicht herrscht bei Bauherren erfahrungsgemäß häufig Unklarheit und infolgedessen Beratungsbedarf. Für die Objektplanung und die Fachplanungen bedarf es grundsätzlich eines eigenen Werkvertrages zwischen dem Bauherrn und dem jeweiligen Planer, soweit diese als Einzelleistungsträger tätig werden. Es ist Aufgabe des Bauherrn, diese Verträge vorzubereiten und mit seinen Auftragnehmern zu schließen. Eine Alternative zur herkömmlichen Projektorganisation ist die Generalplanung. Bauherren beauftragen bei großen und komplexen Bauaufgaben einen Generalplaner. Unter einem Generalplanervertrag ist im Allgemeinen zu verstehen, dass der Auftragnehmer außer den Architektenleistungen zumindest die üblichen Fachplanungen, insbesondere die Leistungen der Tragwerksplanung und der Technischen Gebäudeausrüstung, mit erbringt. Dabei umfasst die Generalplanung mehr als die Addition der einzelnen Leistungsbilder, welche für das Projekt notwendig sind. Die im Rahmen der Generalplanung erforderlichen und damit über die eigentliche Planung hinausgehenden Leistungen werden nachfolgend als Projektmanagement bezeichnet. In den meisten Fällen erbringt der Generalplaner mindestens einen wesentlichen Teil der gesamten Leistung, wobei dieser bestehen kann in - der Objektplanung und dem Projektmanagement; die Fachplanungen werden von Subplanern erbracht; dies ist der häufigste Fall, - den Fachplanungen und dem Projektmanagement; der Objektplaner ist dann Subunternehmer; dies ist z. B. anzutreffen, wenn der Objektplaner wenig Erfahrung mit der Projektdurchführung hat, - dem Projektmanagement als ausschließlicher Aufgabe, dies kann durchaus bei sehr großen und komplexen Bauvorhaben sinnvoll sein. Grundsätzlich ist der Generalplaner nicht verpflichtet, die von ihm geschuldeten Leistungen durch eigenes Personal selbst zu erbringen. Generalplanung kann grundsätzlich als projektbezogene, flexible Form der Organisation, d. h. im vorübergehenden Zusammenschluss mehrerer selbstständiger Büros, oder als Büro mit dem notwendigen breiten Leistungsspektrum durchgeführt werden. Die Generalplanung hat sich über viele Jahrzehnte bei der Durchführung von Großprojekten entwickelt. Häufig sind es sehr spezifische Nutzungen, auf die sich Büros spezialisiert haben und die sie weitgehend mit eigenen Architekten und Ingenieuren bearbeiten, z. B. Bauten der pharmazeutischen und chemischen Industrie oder der Lebensmittelverarbeitung und Lagerung. Neben der umfassenden Planung in allen Fachbereichen und dem Projektmanagement sind ein hohes Maß an Sachwissen, z. B. über bestimmte Nutzungsanforderungen oder Betriebsprozesse sowie gute Organisation und ein hohes Maß an Routine in der Projektdurchführung der entscheidende Wettbewerbsvorteil gegenüber der herkömmlichen Planungsorganisation mit zahlreichen Einzelleistungsträgern.
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Einleitung
Projektmanagement in der Ausführung Das Leistungsspektrum und die Unternehmenseinsatzformen der ausführenden Firmen und ihre jeweiligen Funktionen haben sich in den letzten Jahren stark verändert. Dazu gehört vorzugsweise die Erweiterung der Fachleistungen um einen größeren Anteil am erforderlichen Projektmanagement, verbunden mit der Beauftragung wesentlicher Teile oder sogar der vollständigen Bauleistungen an Nachunternehmer, z. B. als Totalübernehmer. Das Projektmanagement auf der Seite der ausführenden Firmen wird auch als Projektwirtschaft bezeichnet. Projektwirtschaft, auf das einzelne Fachunternehmen und die von ihr üblicherweise erbrachten Bauleistungen bezogen, beinhaltet zunächst einmal das Verständnis, dass jeder einzelne Bauauftrag als eigenständiges Projekt angesehen wird. Da die Bauherren als Nachfrager von Bauleistungen sowohl den Ort, die Zeit, die Qualität als auch den rechtlichen Vertragsinhalt der Leistungen bestimmen, sind die Möglichkeiten der ausführenden Firmen, ihre Arbeit und Auslastung zu optimieren, eingeschränkt. Besondere Anforderungen an die Projektwirtschaft sind dann gestellt, wenn weitere Betriebe zu koordinieren sind. Um den schwierigen Bedingungen bei der Ausführung von Bauleistungen unter den oben beschriebenen Voraussetzungen zu entgehen und um in geringerem Maße von den Auftraggebern und ihren Planern abhängig zu sein, haben viele ausführende Firmen sich in den letzten Jahrzehnten verstärkt als Gesamtleistungsträger deren Aufgaben angenommen und sich auf Dienstleistungen ausgerichtet. Das bedeutet, dass sie über die Bauleistungen hinaus, teilweise anstelle von diesen, Aufgaben der Bauherren, Planer und Betreiber in ihre Verantwortung übernommen haben. In der Durchführung von Großprojekten erfahrene Firmen entwickeln gerade auf dem Gebiet der Projektwirtschaft ihre Kernkompetenz, sie bestehen im äußersten Fall aus einer Projektmanagement-Gesellschaft und haben fast nur noch für die Auftragsbeschaffung und das Projektmanagement eigenes Fachpersonal. Für jedes neue Projekt werden dann alle Bauleistungen und erforderlichenfalls auch Planungsleistungen durch Nachunternehmer erbracht. Die Funktion eines Generalübernehmers, welcher keine Bauleistungen selbst ausführt, sondern im vollen Umfang an Nachunternehmer vergibt, besteht ausschließlich im Projektmanagement der Bauaufgabe. Entsprechend handelt es sich bei einem Unternehmen, das abgesehen vom Projektmanagement alle Planungsleistungen und alle Bauleistungen an Nachunternehmer vergibt, um einen Totalübernehmer. Die grundsätzlichen Entscheidungen des Bauherrn bezüglich der Projektziele, die Prüfung und Abnahme der beauftragten Leistungen als Ganzes und die Pflicht der fristgerechten Mittelbereitstellung bleiben bestehen. Das unternehmerische Risiko, das er mit dem Bauvorhaben als Ganzes eingeht, bezogen z. B. auf die Vermietung, bleibt natürlich bestehen. Andererseits setzt er mit der Beauftragung eines Auftragnehmers mit großem Leistungsumfang alles „auf eine Karte“. Das alles hat der Bauherr zu bedenken, wenn er sich im Rahmen der Projektvorbereitung für eine bestimmte Unternehmenseinsatzform wählt. Die Fähigkeiten der ausführenden Firma im Projektmanagement, auch mit Rücksicht auf die entsprechenden Fähigkeiten des Bauherrn sind neben dem Vertrauen, das er dem Unternehmen entgegenbringt, ein entscheidendes Kriterium für die Beauftragung.
Einleitung
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Inbetriebnahmeorganisation Die Inbetriebnahme von Gebäuden und anderen Bauwerken ist Teil des Projektmanagements und bildet vorerst dessen Abschluss als Organisation des Betriebsgeschehens sowie Planung und Vorbereitung der Inbetriebnahme. Sie verläuft zeitlich parallel zur Planung und Ausführung des Gebäudes. Die Inbetriebnahme kann bei größeren Projekten als eigenständige Aufgabe angesehen werden, wobei entweder die Freistellung eines Bauherrenvertreters ausschließlich zu diesem Zweck angemessen ist oder die Beauftragung eines externen Inbetriebnahme-Fachmannes gerechtfertigt sein kann. Denn oft ist eine Betriebsunterbrechung von nur wenigen Tagen teurer als das Honorar für diesen Fachmann. Das Mitwirken des Personals der nutzenden Organisation sowohl bei der Vorbereitung als auch besonders bei der Durchführung einer Inbetriebnahme ist unverzichtbar. Bei der Erarbeitung von internen Abläufen kommt es sehr darauf an, inwieweit die Konzeption und die Größe des Betriebes im neuen Gebäude von denen im alten Gebäude abweichen. Bedingt durch den Bauablauf und die Notwendigkeit einer mindestens teilweisen Ver- und Entsorgung des Gebäudes während der Bauarbeiten und damit bereits vor Inbetriebnahme des Gebäudes muss eine teilweise Inbetriebnahme der benötigten Anlagen mit zeitlichem Vorlauf erfolgen. Dabei ist für jede einzelne Anlage zu klären, ob und für welche Dauer zwischen der baulichen Fertigstellung der technischen Anlage und der Inbetriebnahme des Gebäudes Verträge zu Stillstandswartung, Störbeseitigung und Instandhaltung abzuschließen sind. Zur Vorbereitung eines Umzuges gehört ein Konzept und für die Durchführung sind eine Reihe von organisatorischen Regelungen zu treffen. So ist zunächst durch die Leitung der nutzenden Organisation, z. B. durch die Geschäftsführung eines Unternehmens, ein Umzugsverantwortlicher einzusetzen, der mit den notwendigen Kompetenzen ausgestattet ist und für die notwendigen Maßnahmen verantwortlich tätig wird. Der Probebetrieb dient dem Erkennen der Eignung oder Funktionsfähigkeit bzw. der Mängel insbesondere der technischen Anlagen sowie der Erprobung und Überprüfung betrieblicher Abläufe und Betriebsprozesse. Zum Beispiel bei Hotels beginnt der Probebetrieb bereits mehrere Wochen vor der Eröffnung vor allem im Gastronomiebereich. Die funktionale Inbetriebnahme der Ausbaugewerke, der technischen Anlagen und Ausstattungen ist Teil der Abnahme. Sie ist damit Voraussetzung für die Übergabe an die Nutzer und elementar für die anschließende operative Inbetriebnahme. Der Zusammenhang zwischen Projektmanagement und Objektmanagement ist bereits bei der Projektvorbereitung zu bedenken. Im Hochbau wird das Objektmanagement üblicherweise als Gebäudemanagement bezeichnet. Darunter ist die Gesamtheit aller Leistungen zum Betreiben und Bewirtschaften von Gebäuden einschließlich der baulichen und technischen Anlagen auf der Grundlage ganzheitlicher Strategien zu verstehen. Gebäudemanagement muss bereits im Zuge des Projektmanagements, vor allem in der Projektvorbereitung, nicht nur berücksichtigt, sondern ganz wesentlich in den Grundzügen konzipiert werden.
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Grundlagen des Projektmanagements
Ein Bauwerk (Objekt), das für eine individuelle Nutzung geeignet ist, kann man nicht wie viele andere Wirtschaftsgüter „einfach“ erwerben. Vielmehr sind eine sorgfältige Projektvorbereitung und für die Realisierung des Bauvorhabens (Projekt) eine umfangreiche Planung in Verbindung mit einer fachgerechten Ausführung unter Mitwirkung zahlreicher Fachleute erforderlich. Auf der Seite des Bauherrn (Auftraggeber) ist ein hohes Maß an Initiative, Mitwirkung und Verantwortung unabdingbar. Er benötigt zudem Planer und ausführende Firmen (Auftragnehmer), welche in seinem Auftrag ihre Erfahrungen und ihr Leistungsvermögen in die Projektarbeit einbringen. Theoretische und praktische Kenntnisse sowie Fertigkeiten im Projektmanagement sind bei allen damit verbundenen Aufgaben eine unverzichtbare Voraussetzung für den Erfolg. Projektmanagement für Bauherren und Planer hat dabei zum Gegenstand: - das Prozesswissen über die Vorbereitung, Planung und Ausführung in Verbindung mit - das Sachwissen über die Nutzung und - das Fachwissen über die Planung und Ausführung von Bauobjekten auf der Grundlage von Theorie und Praxis. Prozesswissen
Fachwissen Abb. 1.1:
Sachwissen
Theorie und Praxis
Die notwendigen Wissensgebiete für das Projektmanagement
Projektmanagement umfasst die „Gesamtheit von Führungsaufgaben, -organisation, -techniken und -mitteln für die Initiierung, Definition, Planung, Steuerung und den Abschluss von Projekten.“ Ein Projekt ist ein „Vorhaben, das im Wesentlichen durch Einmaligkeit der Bedingungen in ihrer Gesamtheit gekennzeichnet ist. Beispiel: Zielvorgabe, zeitliche, finanzielle, personelle oder andere Begrenzungen, projektspezifische Organisation.“ (DIN 69901-5:2009-01, PM – Projektmanagementsysteme – Teil 5: Begriffe)
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1 Grundlagen des Projektmanagements
Projekte werden durch Ziele bestimmt. Sie gehören zur Definition des Projektes und dienen der Bewertung von organisiertem, praktischem Handeln. Ziele sind operational zu formulieren, damit die Verwirklichung der Ziele überprüft werden kann. Das ist nur möglich, „wenn - der Zielinhalt genau bezeichnet ist; - dieser Zielinhalt durch eine quantifizierte Skala spezifiziert ist, die die Messung des Zielerreichungsgrads zulässt; - auf dieser Skala ein bestimmtes zu erreichendes Zielniveau festgelegt ist; - die Zeit (ev. auch der Raum), innerhalb der dieses Zielniveau zu erreichen ist, festgesetzt ist; - die Ziele an den Handlungsträger „angepasst“ sind, d. h. wenn er einen entscheidenden Einfluß auf die Zielerreichung ausüben kann.“ (Hill, W.; Fehlbaum, R. und Ulrich, P.: Organisationslehre 1, 1994, S. 141) In der Regel werden für ein Projekt mehrere Ziele vorgegeben, wie zum Beispiel in Bezug auf die geforderte Kapazität, Funktion, Wirtschaftlichkeit, Gestaltung, Umweltverträglichkeit und Dauer. So sind die damit gegebenen Teilziele auf ihre Beziehungen zueinander zu überprüfen. Ziele können zueinander stehen bzw. „sind wie folgt definiert: - Komplementarität: durch die Erfüllung eines Zieles wird auch die Erfüllung eines anderen Zieles gesteigert; - Indifferenz: die Erfüllung eines Zieles übt auf die Erfüllung eines anderen Zieles keinen Einfluß aus; - Konkurrenz: die Erfüllung eines Zieles führt zu einer Minderung des Erfüllungsgrades des anderen Zieles.“ (Hill, W.; Fehlbaum, R. und Ulrich, P.: Organisationslehre 1, 1994, S. 142) Beispiel: Projektziele Terminal 2 Flughafen München Für die Ausbauplanung Flughafen München wurden im Jahr 1997 aus unternehmerischer Sicht Kapazitäts-, Kosten- und Terminziele gesetzt: - Kapazität: 15 Millionen Passagiere pro Jahr - Kostenziel: 1,7 Mrd. DM Gesamtkosten (Planung und Bau) - Terminziel: Inbetriebnahme im Jahr 2003. Nach Prüfung der Machbarkeit durch ein Team aus Betriebs- und Planungsspezialisten, sogenanntes Kernteam Terminal 2, wurden für den folgenden internationalen Architektenwettbewerb Planungsziele ausgearbeitet. Diese wurden als Anforderungen und spätere Beurteilungskriterien in die Auslobungsunterlagen für den Architektenwettbewerb aufgenommen: „- Nutzung des Planungsrechts: Nutzung des Baugrundstücks im Rahmen der Planfeststellung durch Erstellung eines Terminals mit rund 200.000 m² BGF zum frühest möglichen Zeitpunkt.
1.1 Management im Bauwesen
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- Flexibilität der Nutzung: offene Gestaltung im Inneren des Gebäudes, verbunden mit der Möglichkeit, Verkehrsflächen später in Nutzflächen für z. B. Läden, gastronomische Einrichtungen, Büros u. a. umwandeln zu können. -
Raum- und Funktionsprogramm: die zu Planungsbeginn nicht vollständig mögliche Einbeziehung aller späteren Nutzer, z. B. Handelsbetriebe, und die voraussichtlich unterschiedlichen Qualitätsanforderungen an die Ausstattung von Flächen muß bei der Konzeption des Gebäudes und bei der Flächenaufteilung berücksichtigt werden. Anfangs getroffene Annahmen sind fortlaufend zu überprüfen und mit späteren Nutzern so bald wie möglich abzustimmen.
- Erlöse aus Vermietung und Verpachtung: die Bereitstellung von Flächen und deren Ausgestaltung muß sich an der tatsächlichen Entwicklung der Nachfrage orientieren. Einfach gestaltete Flächenreserven werden anfangs den Verkehrsflächen zugeordnet und bei schrittweiser innerer Verdichtung des Gebäudes zu gewerblich nutzbaren Einheiten ausgebaut, z. B. Pavillons in der Abfertigungshalle. Der Leerstand von Flächen und ein daraus zwangsläufig entstehender Preisverfall bei den Mieten muß insbesondere in den ersten Nutzungsjahren vermieden werden. - Vertragliche Absicherung der Flächen Dritter: anzustreben sind die frühestmögliche Bindung von Nutzern durch Miet- oder Pachtverträge bzw. Verträge zur Übernahme von Baukosten, um Planungssicherheit zu erreichen und Erlöse zu sichern. Nur ausnahmsweise sollen Ausbaumaßnahmen auf „Verdacht“ erfolgen. - Minimierung von Flächen und Bauvolumen: die Reduzierung von Flächen und Bauvolumen zur Senkung der Baukosten soll nur insoweit erfolgen, als Funktionen und Vermietbarkeit des gesamten Gebäudes nicht eingeschränkt werden. Die Verkleinerung des Baukörpers wird grundsätzlich nicht in Erwägung gezogen: Die spätere Vergrößerung des Gebäudes in Form von An- oder Erweiterungsbauten soll vermieden werden. - Architektenwettbewerb: die Aufgabenstellung für den Architektenwettbewerb ist so zu formulieren, daß einerseits Funktionalität und Wirtschaftlichkeit der Bauwerke entsprechend den Zielen des Bauherrn sichergestellt sind. Andererseits darf durch die Aufgabenstellung nicht die Entwicklung neuer bzw. alternativer Ideen zum vorgegebenen Konzept (z. B. Layout) verhindert werden. - Wirtschaftlichkeit und Baukosten: Veränderungen innerhalb des Gebäudes, insbesondere die Intensivierung von Flächenreserven sowie Umbauten von Nutzungsbereichen werden langfristig wirtschaftlich vorteilhafter sein als anfangs geringere Baukosten.“ (Kalusche, W.: Vorbereitung der Planung…, in: Bautechnik 05/1998, S. 303) Unter Bedingungen bei der Projektarbeit sollen alle jene Variablen verstanden werden, die -
als unabdingbare Voraussetzung für die Realisierbarkeit des Projektes vorgefunden werden, z. B. die erforderliche Wirtschaftlichkeit des Objektes, bedingt durch den Wettbewerb eines Objekts mit der Verzinsung des eingesetzten Kapitals,
-
übergeordnet vorgegeben werden, z. B. als rechtliche, technische, gesellschaftliche oder politische Zielsetzungen, und damit außerhalb des Entscheidungsraumes eines Bauherrn oder weiterer Planungs- und Projektbeteiligter liegen, z. B. ein Bebauungsplan und die Normen im Bauwesen.
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1 Grundlagen des Projektmanagements
Für die Anwendung des Projektmanagements nennt Pfarr als wesentliche Kriterien: „1. die Größe des Projekts; Maßstäbe können sein: -
Umfang der benötigten Mittel
-
Anzahl der Einzelaufgaben
-
Zahl der beteiligten Institutionen und Fachdisziplinen
2. die Besonderheit des Projekts: -
Vertrautheit der an der Projektdurchführung Beteiligten mit dem Projekt (Erfahrungspotential)
-
Innovationsleistung, die gefordert wird (Neuheitsgrad des Projekts)
3. die Komplexität: Interdependenz aller Leistungen 4. der Schwierigkeitsgrad: ausgedrückt durch die Wahrscheinlichkeit, daß das Projektziel nicht erreicht wird; Kosten- und Terminkomponente 5. das Risiko: Höhe des Schadens, der entsteht, wenn das Ziel nicht erreicht wird: -
vergeblich investierte Mittel
-
Prestigeverlust
politischer Schaden.“ (Pfarr, K.: Honorarfindung nach HOAI – aber wie?, 1978, S. 107) Projektmanagement, insbesondere bei der Planung von Projekten, ist ein typisches Gebiet für Teamarbeit. „Dies hat vier wichtige Gründe: - Projekte sind interdisziplinäre Planungsaufgaben, die auf Zusammenarbeit verschiedener Fachleute und Spezialisten angewiesen sind. - Umfangreiche Planungsaufgaben können durch eine Person in angemessener Zeit nicht gelöst werden. - Die Durchführung eines Projektes steht in der Regel unter einem gewissen Zeitdruck, weil das Projekt in einer vorgegebenen (oft relativ kurzen) Zeitspanne gelöst werden muß. - Gewisse Mechanismen der Projektplanung erfordern eine Rollenteilung (...).“ (Aggteleky, B.: Projektplanung..., 1992, S. 34) Ein wesentliches Merkmal von Projekten ist deren Komplexität. Das in den Sozial- und Organisationswissenschaften systemtheoretische Verständnis der Beziehungen (Relationen) von Elementen in einem System bzw. auch mit der Systemumgebung gilt uneingeschränkt bei Projekten im Allgemeinen und besonders im Bauwesen. So formuliert Luhmann: „Als komplex wollen wir eine zusammenhängende Menge von Elementen bezeichnen, wenn aufgrund immanenter Beschränkungen der Verknüpfungskapazität der Elemente nicht mehr jedes Element jederzeit mit jedem Element verknüpft werden kann.“ Als immanente Beschränkung der Verknüpfungskapazität wirkt vor allem in sozialen Systemen, so auch bei Projekten, die zur Verfügung stehende Zeit. (Luhmann, N.: Soziale Systeme..., 1984, S. 46)
1.1 Management im Bauwesen
21
Bauherrenaufgaben (Bauherr bzw. Bauherrenvertreter)
P r o j e k t m a n a g e m e n t
Abb. 1.2:
Objektplanung für 1. Gebäude und raumbildende Ausbauten (Architekt/Innenarchitekt) 2. Freianlagen (Landschaftsarchitekt) 3. Ingenieurbauwerke 4. Verkehrsanlagen Leistungen bei der Technischen Ausrüstung (Fachingenieure) 1. Abwasser-, Wasser- und Gasanlagen 2. Wärmeversorgungsanlagen 3. Lufttechnische Anlagen 4. Starkstromanlagen 5. Fernmelde- und informationstechnische Anlagen 6. Förderanlagen 7. nutzungsspezifische Anlagen, einschließlich der maschinen- und elektrotechnischen Anlagen in Ingenieurbauwerken 8. Gebäudeautomation Leistungen bei Tragwerksplanungen (Statiker) Beratungsleistungen 1. Umweltverträglichkeitsstudie 2. Thermische Bauphysik 3. Schallschutz und Raumakustik 4. Bodenmechanik, Erd- und Grundbau 5. Vermessungstechnische Leistungen Sonstige am Projekt Beteiligte (Berater, Gutachter) Bauherrenaufgaben, Projektmanagement, Planung und Beratung
So ist auch für die erfolgreiche Zusammenarbeit der Projektbeteiligten das Projektmanagement entscheidend, besonders auf der Seite des Bauherrn als dem für das gesamte Projekt Verantwortlichen. Für die Projektorganisation, speziell im Hinblick auf das Projektmanagement, gibt es verschiedene Modelle. Diese lassen sich unter anderem danach unterscheiden, in welchem Maße der Bauherr Aufgaben selbst wahrnimmt bzw. in welchem Umfang er Leistungen des Projektmanagements von seinen Auftragnehmern erbringen lässt. Die Durchführung von Projekten im Bauwesen erfordert bereits in der Planung die Beiträge zahlreicher Fachbereiche. Als Beteiligte sind zu nennen: Objektplaner, Fachingenieure, Berater, Gutachter und Sonderfachleute. Um die Planungen zu koordinieren und die Beiträge zu integrieren, ist Projektmanagement unverzichtbar. Entsprechendes gilt für die Ausführung. Abbildung 1.2 zeigt die Vielzahl der notwendigen Aufgaben. Gegenstand der weiteren Ausführungen wird es sein, für das Projektmanagement verschiedene Zuordnungen in Form von Organisationsmodellen darzustellen, zu vergleichen und zu bewerten.
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1 Grundlagen des Projektmanagements
Die Arbeitsteilung nimmt in den letzten Jahrzehnten immer weiter zu. Ausgehend von den bekannten Leistungsbildern der HOAI werden Aufgabenbereiche in verschiedener Weise noch weiter unterteilt und es bilden sich Spezialisten für neuartige Aufgaben heraus. Beispielhaft seien im Sinne der horizontalen Aufteilung der Sicherheits- und Gesundheitskoordinator (SiGeKo) und der Fassadenplaner genannt. Eine vertikale Aufteilung liegt dann vor, wenn z. B. das Leistungsbild des Architekten in die Planung und Objektüberwachung zerfällt und von zwei Planungsbüros jeweils als Teilleistung erbracht wird. Allein schon durch die zunehmende Aufgabenteilung und die damit zusätzlich entstehenden Schnittstellen steigen die Komplexität von Projekten und die Bedeutung des Projektmanagements überproportional. Ein wesentlicher Teil des Projektmanagements ist Bauherrenaufgabe. So ist beispielsweise die Projektleitung dem Bauherrn zuzuordnen, es sei denn, er setzt einen Projektmanager ein, an den er Bauherrenaufgaben soweit wie möglich delegiert. Alternativ kann der Bauherr auch einen Planer, z. B. den Objektplaner, der ohnehin Koordinationsaufgaben hat, als Generalplaner über die eigentliche Objekt- und Fachplanung hinaus mit zusätzlichen Aufgaben des Projektmanagements beauftragen. Welches Organisationsmodell im Einzelfall besonders geeignet ist, lässt sich nicht allgemeingültig sagen. Zu viele Rahmenbedingungen des Projektes, zu unterschiedliche Möglichkeiten und Anforderungen des Bauherrn bzw. der Nutzer und weitere Faktoren sind beim Aufbau einer Projektorganisation zu berücksichtigen. Das vorliegende Buch soll hierzu nicht nur die Grundlagen bieten, sondern auch praktische Hinweise geben. Es werden die wichtigsten Funktionen des Projektmanagements im Bauwesen dargestellt. Zum Projektmanagement auf der Seite des Bauherrn zählen die Projektentwicklung, die Projektleitung, das Projektcontrolling und die Projektsteuerung. In Bezug auf die Planung, bestehend aus Objekt- und Fachplanungen, ist vor allem die Organisationsform der Generalplanung von Bedeutung. Für die Ausführung werden ausgewählte Unternehmenseinsatzformen, z. B. die des Generalunternehmers, behandelt. Den Abschluss des Projektmanagements bildet die Inbetriebnahme des Objektes. Bei der Nutzung von Bauwerken handelt es sich um Objekte, d. h. abgeschlossene Projekte. Managementaufgaben fallen dann bezogen auf Objekte als Gebäudemanagement bzw. als Teil des Facility Management an. Im Bauwesen hat das Projektmanagement eine große Bedeutung und lange Tradition, da jedes Bauvorhaben als Projekt im Sinne der genannten Definition verstanden werden kann. Die Beauftragung von zahlreichen Auftragnehmern sowohl für die Planung als auch für die Ausführung der Bauprojekte ist bislang die am weitesten verbreitete Organisationsform. Die Durchführung eines Bauvorhabens macht in einem solchen Fall für den Bauherrn den Abschluss von 30 und mehr Verträgen notwendig. Dies erfordert vom Auftraggeber Projektmanagement in Form der übergeordneten Planung, der Koordination und der Kontrolle seiner Auftragnehmer sowie die Übernahme damit verbundener Risiken. Andererseits entwickeln sich seit etwa drei Jahrzehnten verstärkt neue Leistungsbilder und Unternehmenseinsatzformen, welche im Wesentlichen in der Übernahme von Aufgaben des Projektmanagements bestehen und dem Bauherrn eine Entlastung bieten können. Insgesamt ist Projektmanagement beim Bauen sowohl auf der Seite der Auftraggeber wie auch der Auftragnehmer unverzichtbar.
1.1 Management im Bauwesen
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Projektmanagement
Objektmanagement
Projektentwicklung im weiteren Sinne Projektentwicklung im engen Sinne
Projektleitung (Bauherr) Projektsteuerung (und Projektcontrolling)
Projektmanagement der Generalplanung
Gebäudemanagement
Projektwirtschaft
Inbetriebnahmeorganisation
Vorbereitung – Planung – Ausführung Abb. 1.3:
Nutzung
Aufgabenfelder von Projektmanagement und Objektmanagement
Zu nennen sind beispielsweise als Funktionen des Projektmanagements im Bauwesen (vergleiche dazu nachfolgende Kapitel): - Projektleitung, Projektcontrolling oder Projektsteuerung beim Bauherrn oder in einer Bauherrenorganisation (Kapitel 3) - Projektentwicklung als Aufgabe des Bauherrn, die auch von externen Fachleuten erbracht werden kann (Kapitel 9) - Projektmanagement in der Planung des Objektplaners und der fachlich Beteiligten sowie in besonderer Weise als Generalplanung, gegebenenfalls auch als Projektcontrolling in der oder als Teil der Planung (Kapitel 10)
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1 Grundlagen des Projektmanagements
- Projektwirtschaft bei den ausführenden Firmen, also den Fachunternehmen, und in besonderer Weise beim Auftrag als Generalunternehmer oder anderen Unternehmenseinsatzformen mit erweitertem Leistungsumfang (Kapitel 11) - Inbetriebnahmeorganisation als Überleitung in die Nutzung, dabei Berücksichtigung der Belange des Gebäudemanagements (Kapitel 12). Projektmanagement ist auf ein in der Entstehung befindliches Objekt, z. B. ein Gebäude, gerichtet. Davon abzugrenzen ist das Objektmanagement als das Management von baulichen Anlagen, also Objekten, wozu auch Gebäude zählen. So ist das Gebäudemanagement als Teil des Objektmanagements zu sehen. Alle Funktionen des Projektmanagements im Bauwesen werden nach kurzer Darstellung der Handlungsbereiche der Projektsteuerung ausführlich behandelt, denn diese können auf das Projektmanagement insgesamt übertragen werden.
1.1
Management im Bauwesen
Management umfasst die Gesamtheit dispositiver Aufgaben, deren Inhalte die Planung, Anordnung und Kontrolle sind. Die Ziele dieser Aufgaben können als Leistungs- und Qualitätswerte, Termine und Kosten vorgegeben werden. Bei den für das Projekt zu leistenden Managementaufgaben stehen weniger technische als vielmehr organisatorische und soziale Aspekte im Vordergrund. Management kann aber auch als Institution verstanden werden. Hierbei sind die Träger dispositiver Aufgaben als Mitglieder einer Projektorganisation gemeint. Diese besteht aus der „Aufbau- und Ablauforganisatorischen zur Abwicklung eines bestimmten Projekts. [ … ] Die Projektorganisation kann aus Bestandteilen der vorhandenen Betriebsorganisation bestehen und wird dann lediglich durch projektspezifische Regelungen ergänzt.“ (DIN 69901-5:2009-01, PM – Projektmanagementsysteme – Teil 5: Begriffe) Projekte werden in allen Bereichen des Kultur- und Wirtschaftslebens durchgeführt, so zur Unternehmensgründung, Forschung und Entwicklung, Einführung neuer Verfahren und Produkte sowie natürlich zur Planung, Ausführung und Unterhaltung von Bauwerken und Anlagen. In zunehmendem Maße werden Aufgaben in großen Unternehmen aus herkömmlichen, meist hierarchischen Strukturen herausgelöst und in Form von Projekten erbracht. Oberster Projektmanager bei einem Bauprojekt soll grundsätzlich immer der Bauherr sein. Im einfachen Fall, also bei der Durchführung eines kleineren und einfachen Bauprojektes, z. B. eines Einfamilienhauses, kann der Bauherr leicht selbst „die Fäden in der Hand“ halten. Ist das Bauprojekt komplex oder versteht sich der Bauherr nur als Eigentümer des zukünftigen Objektes, zerfällt die Rolle des Bauherrn häufig in Managementfunktionen. Im Rahmen des Managements fallen bei einem Bauprojekt einmalige Aufgaben wie - Standortwahl - Bauprogramm - vorbereitende Organisation der Durchführung
1.2 Projektarbeit im Umfeld eines Unternehmens
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sowie Aufgaben an, die im Bereich der Koordination liegen und zu denen auch Motivation, Führung und Kontrolle gehören. Die Eigenschaft, Bauherr zu sein, wird in erster Linie durch das Eigentum am Grundstück bestimmt. Je nachdem, ob der Bauherr seine Aufgaben im Rahmen der Projektarbeit mehr oder weniger wahrnimmt, kann man unterscheiden: - den Bauherrn, der sich mit der Durchführung selbst intensiv befasst und als oberster Projektmanager die Planung und Ausführung durch Leitung und Überwachung nach Kräften selbst gestaltet, dieser kann als fungierender Bauherr bezeichnet werden - den Bauherrn, der in erster Linie an der Verzinsung seines eingesetzten Kapitals interessiert ist, und ausschließlich zur Erhaltung und Mehrung seines Vermögens baut, er wird auch als Investor bezeichnet - den oder die Vertreter einer Bauherrenorganisation, die bei oft hoher Arbeitsteilung einzelne Funktionen des Bauherrn wahrnehmen, also als Manager auf der Bauherrenseite in einer der beiden oberen Gruppen tätig sind. Davon zu unterscheiden ist der Erwerber, der ohne Bauherr zu sein, eine Immobilie z. B. von einem Projektentwickler erwirbt. Für den Erwerber selbst ist das Projektmanagement von untergeordneter Bedeutung. Wie in der Industrie, wo die Trennung von Eigentum und Management überall anzutreffen ist, hat sich auch im Bauwesen durch den Rückzug der fungierenden Bauherren eine Lücke aufgetan, die durch Projektmanager ausgefüllt wurde. Beispiele für die vollständige Trennung von Eigentum einerseits und Projekt- sowie Objektmanagement andererseits sind z. B. das Bauherrenmodell und die Immobilienfonds. Während die einmaligen Aufgaben wie die Standortwahl, das Bauprogramm oder die Vorbereitung der Durchführung aufgrund ihrer Bedeutung vom Eigentümer-Bauherrn selbst wahrgenommen werden sollten, können die laufenden Aufgaben durchaus an Vertreter des Bauherrn delegiert werden. So können ein Projektleiter, ein Projektsteuerer oder ein in der Planung bzw. Ausführung stehender Projektmanager einen erheblichen Teil der Bauherrenaufgaben übernehmen.
1.2
Projektarbeit im Umfeld eines Unternehmens
Zunehmend werden auch in anderen Bereichen, so in Unternehmen der Produktion und Dienstleistung, spezielle Aufgaben als Projekte verstanden und als solche organisiert. Das bedeutet einerseits eine teilweise Ausgliederung aus der ansonsten bestehenden Unternehmensorganisation, andererseits bleiben viele Abhängigkeiten zwischen der Unternehmensund der Projektorganisation erhalten. In vielen Fällen ist die Unterstützung des Projektleiters oder des Projektteams durch Abteilungen oder Fachleute des Unternehmens unverzichtbar, z. B. durch die Rechtsabteilung, oder den Einkauf. Dies gilt für Projekte jeder Art und so auch die für Bauprojekte. Die Projektorganisation einzelner Projekte, z. B. die Entwicklung eines neuen Produktes, die Entwicklung eines Werbekonzeptes, die Einführung eines DV-Systems oder der Neubau einer Werkhalle, besteht in Teilen aus der Unternehmensorganisation und wird durch die Zentralbereiche unterstützt, wie z. B. für die Beschaffung von Gütern und Dienstleistungen. Hierzu gehören ebenso die Beauftragung und Abrechnung von Planungs- und Bauleistungen.
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1 Grundlagen des Projektmanagements Unternehmensleitung (gleichzeitig Bauherrenorganisation)
Zentralbereiche - Personalwesen - Finanz- und Rechnungswesen - Beschaffung (Einkauf) - Marktforschung - Rechts- und Steuerfragen - Zentrale Forschung - und andere
Projekt: Entwicklung eines neuen Produktes mit eigener Organisation
Produktion oder Dienstleistung
Projekt: Einführung eines neuen DV-Systems in der Verwaltung
Projekt: Entwicklung eines innovativen Marketingkonzepts
Organisation der Betriebsprozesse, unterteilt in Produkte, Bereiche und Abteilungen Projekt: Planung und Bau einer Werkhalle für die Produktion
Abb. 1.4:
Projekte innerhalb einer Unternehmensorganisation – Beispiel
In Teilen besteht sie aus einer nur für das Projekt geschaffenen Organisation entsprechend den jeweiligen Erfordernissen, z. B. Ablaufplanung für das Projekt im Rahmen der Projektdauer. Wer als Projektsteuerer, vielleicht sogar als externer Projektleiter für ein Unternehmen tätig wird, muss sich mit den Grundzügen der Unternehmensorganisation befassen. Denn das Projektmanagement soll dem Unternehmen als Auftraggeber nützen und sich möglichst schnell in dessen Organisation einfügen. Zwischen der Projekt- und der Unternehmensorganisation treten Schnittstellen auf, die zu Problemen bei der Kommunikation, bei Entscheidungen oder einer scheinbar einfachen Aufgabe wie der Bearbeitung von Bauabrechnungen führen können, wenn die Projektorganisation nicht vollständig integriert wurde. Bei allen Bauprojekten geht es besonders in der Projektvorbereitung um die Anforderungen des Unternehmens an das Objekt als Ergebnis und genauso an das Projekt als Prozess der Zusammenarbeit zwischen Bauherrn und Nutzern einerseits und den Planern und ausführenden Firmen andererseits. Wer hier als Projektmanager tätig wird, steht immer „zwischen den Fronten“. Einen groben Überblick über die wesentlichen Unterschiede zwischen der Organisation eines Projektes und eines Unternehmens gibt die Abbildung 1.5.
1.2 Projektarbeit im Umfeld eines Unternehmens
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Projekt
Unternehmen
Folgerungen
befristet
auf Dauer eingestellt
bringt instabiles Element in Unternehmensorganisationen
für komplexe, relativ neuartige Aufgaben
insbesondere für Routine gedacht, Berechenbarkeit im Vordergrund
Konsequenzen der Arbeit schwer abschätzbar, nicht auf bestimmte Bereiche abgrenzbar
erfordert Spezialisten, bedingt Sonderressourcen
Spezialisten und Sonderressourcen sind in Organisationen nach anderen Kriterien auf verschiedene Bereiche verteilt
erhöht Konkurrenz zur Organisation und verstärkt für Projektteam den Bewährungsdruck
spezifisch zu verteilende Rollen, z. B. Lenkungsausschuss, Projektleiter, -mitarbeiter
tradierte Rollenverteilung nach Kompetenz, Aufgaben, Verantwortung
Probleme bei Eingliederung, Interrollenkonflikte
erfordert besondere Verfahren, z. B. Projektstrukturplan
benötigt vergleichbare bzw. anschlussfähige Verfahren
Gefahr der Formalisierung obwohl doch „Innovatives“ gefordert wird; bei Bewährung werden sie von der Basisorganisation übernommen
entwickelt eigene Werte, um Motivation/Identifikation der Projektmitarbeiter zu sichern
braucht allgemein verbindliche Werte
Probleme der Kompatibilität zwischen Projekt- und Unternehmenswerten; Freiraum zur Selbstorganisation von Projekten als Chance/Gefahr
arbeitet mit flexiblen, phasenspezifischen Kommunikationsformen, z. B. Startup, Close-down, Workshops
baut auf weitgehend standardisierte, formale Kommunikationsformen
spezielle Regelungen für Projekte kosten Geld, etc., erhöhen ebenfalls die Konkurrenz zur Unternehmensorganisation
Abb. 1.5: Unterschiede zwischen Projekt und Unternehmen (Gareis, R. und Titscher, S.: Projektarbeit und Personalwesen, 1992)
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1.3
1 Grundlagen des Projektmanagements
Der Projektmanager im Bauwesen – Generalist oder Spezialist?
Wer Aufgaben aus dem Projektmanagement im Bauwesen übernimmt, stellt sich die Frage, ob er als Generalist oder Spezialist gefordert ist und wie man sich optimal vorbereiten kann. Moderne, vor allem komplexe Arbeitsprozesse sind geprägt durch eine hohe Arbeitsteilung. Dies trifft in der Regel auf alle Arten von Projekten zu. Arbeitsteilung „tritt in zwei grundlegenden Formen auf: - als Berufsdifferenzierung (Job-Specialization) ist unmittelbar soziale Arbeitsteilung und damit weitgehend organisatorische Bedingung: sie führt zur Bildung wohl definierter Berufe, deren Inhaber über eine gewisse Expertenmacht verfügen und als echte Spezialisten bezeichnet werden können; - als Arbeitszerlegung (Task-Specialization) hingegen ist sie eine rein arbeitstechnische, systeminterne Arbeitsteilung. Ausgehend vom Prinzip der Arbeitsvereinfachung, spaltet sie Arbeitsprozesse in elementare, routinemäßig auszuführende Aktivitäten auf; sie schafft damit nicht echte Spezialisten (Berufsexperten), sondern bloß „Spezialisierte“.“ (Hill, W.; Fehlbaum, R.; Ulrich, P.: Organisationslehre 1, 1994, S. 298) Bezogen auf Projekte im Bauwesen kennen wir heute eine große Zahl von Spezialisten in der Planung, z. B. Architekt, Innenarchitekt, Landschaftsarchitekt, sowie von Fachingenieuren, ebenso in der Ausführung. Sie alle sind bei der Realisierung von Bauten erforderlich. Im Unterschied dazu gab es in früheren Jahrhunderten den Baumeister. Planung und Ausführung von Bauwerken wurden ursprünglich von weltlichen und kirchlichen Bauherren, letztere unterstützt durch Klosterwerkstätten, selbst wahrgenommen. Etwa um 1300 nach Christi Geburt „begann der Aufstieg der weltlichen Bauorganisation. (...) Typisierende Merkmale sind: die Tätigkeit am Ort, der Baumeister in der Funktion des Planers und realisierenden Handwerkers, der Baumeister beherrscht Kunst und Technik.“ Baumeister fertigten die Entwürfe und erstellten auf der Grundlage eines Kostenanschlags dem Bauherrn das Angebot für alle Planungs- und Bauleistungen; und vor allem was wir heute als Projektmanagement bezeichnen, lag in der Hand des Baumeisters. (Pfarr, K.: Planen und Bauen im Mittelalter, in: Bauwirtschaft 12/1991, S. 47) Die Bedeutung der Baumeister reicht bis weit in das 20. Jahrhundert. Praktisch der gesamte städtische Mietwohnungsbau, z. B. in Berlin, wurde von ihnen realisiert. Hinweise zum Berufsbild des Baumeisters und zu den Eingangsvoraussetzungen sind in der Verordnung über die Berechtigung zur Führung der Berufsbezeichnung Baumeister (Baumeisterverordnung) vom 1. April 1931 zu finden. Zum Baumeister wurden sowohl Absolventen der Technischen Hochschulen als auch besonders qualifizierte Handwerker zugelassen. Die Baumeisterverordnung wird erst im Jahr 1979 aufgehoben. (Bundesgesetzblatt I Nr. 18 – Tag der Ausgabe: Bonn, den 9. April 1979) „Den Generalisten – den alten Baumeister –, der dilletierend alle Wissensgebiete beherrschte, vom Wasserbau bis zur Sternenkunde, von Philosophie bis zur Kunst, von der Form bis zur Gestalt, gibt es nur noch bei Vitruv nachzulesen; sollte es ihn jemals wiedergeben wollen, würde jeder versucht sein, ihn zu verhindern.“ (Dokumentation zum Schinkelfest 1978 des Architekten- und Ingenieurvereins)
1.4 Projektmanager – eine andere Rolle
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So sollen doch die Fähigkeiten von guten Generalisten gar nicht in Abrede gestellt werden. Nur was ist heute darunter zu verstehen? Interessanterweise taucht der Generalist in der jüngeren Diskussion häufiger wieder auf, und zwar gerade im Zusammenhang mit den Aufgaben im Projektmanagement. Dabei ist der Projektmanager der Fachmann – wenn man so will auch der Spezialist – für die erfolgreiche Durchführung einmaliger und komplexer Aufgaben unter besonderen Bedingungen. „Seine Spezialkenntnisse sind jedoch weniger im traditionellen Fachbereich zu suchen, sondern im Bereich der Integration von interdisziplinären Teilaufgaben zu einer höheren Ebene, der Systemebene.“ (Madauss, B.: Handbuch Projektmanagement, 2000, S. 10) Auf der anderen Seite sind die traditionellen Aufgaben in der Planung und die dafür notwendigen Kenntnisse so komplex geworden, dass sie für den Einzelnen nicht zu bewältigen sind. Eine Konzentration auf bestimmte Gebiete ist inzwischen unvermeidbar.
1.4
Projektmanager – eine andere Rolle
Es muss allen Projekt- und Planungsbeteiligten klar sein, wie sich das Projektmanagement bei Bauprojekten von den anderen Aufgaben, z. B. im Bereich der Produktion oder der Verwaltung, aber auch der Praxis des Projektmanagements in anderen Branchen unterscheidet. Die manchmal vertretenen Auffassungen, man habe ja auch schon mal gebaut, z. B. das eigene Einfamilienhaus, und das sei doch nichts Besonderes oder es müssten nur die richtigen Verträge abgeschlossen werden, dann würde es doch ohne Probleme gehen, dürfen nicht unwidersprochen stehen bleiben! Ferner sind die planenden Architekten und Ingenieure aufgefordert, sich mehr als bisher üblich mit Projektmanagement nicht nur zu befassen, sondern gezielt zu qualifizieren. Es besteht bisher für Projektmanager weder eine allgemeingültige Ausbildungsordnung, noch gibt es eine verbindliche Zulassungsregelung für die Ausübung von Aufgaben des Projektmanagements. Zu erwähnen ist in diesem Zusammenhang die Arbeit des Deutschen Verbandes der Projektmanager in der Bau- und Immobilienwirtschaft e. V. (DVP), der Deutschen Gesellschaft für Projektmanagement (GPM) und der Bildungswerke der Architektenkammern der Länder, die Weiterqualifikationen für ihre Mitglieder zu Aufgaben aus dem Projektmanagement anbieten. Dabei ergibt sich die Frage, wie die erforderliche Qualifikation für das Projektmanagement erworben werden kann bzw. welcher Personenkreis besonders gute Voraussetzungen für ein erfolgreiches Projektmanagement mitbringt. Nachfolgend werden einige – aus Sicht des Verfassers – wesentliche Gesichtspunkte zur „anderen Rolle“ des Projektmanagers erläutert, die für diejenigen relevant sind, die zuvor als Architekt oder Ingenieur Erfahrungen gesammelt haben und sich stärker als bisher mit den Aufgaben des Projektmanagements befassen wollen. Ein Projektmanager ist insbesondere in der Projektvorbereitung hinsichtlich seiner Kommunikationsfähigkeit und seines Vermittlungsgeschickes gefordert. Das gilt dann um so mehr, wenn er innerhalb der Organisation in der er tätig ist, z. B. als Projektsteuerer auf der Seite des Bauherrn, häufig nicht mit allen erforderlichen Weisungsbefugnissen gegenüber den anderen Projekt- und Planungsbeteiligten ausgestattet ist.
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1 Grundlagen des Projektmanagements
Die von manchen Projektmanagern geübte Praxis der Vereinfachung von Planungsinhalten auf Kennwertbildung und Kennwertvergleiche führt zur Reduzierung der Planung auf Funktion, Kosten und Termine. Auch die EDV-gestützte Informationsverwaltung von Projektdaten kann nur ein Teil inhaltlicher und vorausschauender Projektsteuerungsarbeit sein. Deshalb ist eine Qualifikation, z. B. als Architekt oder Ingenieur, verbunden mit mehreren Jahren Praxis in der Planung bzw. Ausführung von Projekten im Grunde unverzichtbar. Dem als Architekt oder Ingenieur ausgebildeten Projektmanager fällt es vergleichsweise leicht, sich in die vom Architekten erstellte Planung oder die vom Ingenieur aufgestellte Berechnung hineinzudenken. Andererseits muss er eigene Vorstellungen – um nicht zu sagen Vorlieben – zurücknehmen und die Leistungen des Fachkollegen mit den Augen des Bauherrn ansehen und werten. Das Verständnis z. B. eines Architekten für Funktion und Gestaltung, die Fertigkeit, Planungsunterlagen zu lesen und erforderlichenfalls gedanklich ergänzen zu können, sind andererseits die beste Grundlage, um die Qualität des geplanten Gebäudes richtig einzuschätzen und gegenüber anderen Planungszielen, z. B. Kostenreduzierung, in einem ausgewogenen Verhältnis zu sehen. Das Tätigkeitsprofil und der Alltag eines Projektmanagers unterscheiden sich von dem des Architekten oder Ingenieurs deutlich, es überwiegen bei der Tätigkeit des Projektmanagers: - Kalkulation von Kosten und Terminplanung für das Gesamtprojekt - Prüfung von Planunterlagen, Aufstellungen und Berechnungen - Koordinationsbesprechungen - Kontrolle von Planungs- und Ausführungsprozessen - Analyse von Abweichungen und Ausarbeitung von Steuerungsvorschlägen - Zusammenfassung und Dokumentation der Projektentwicklung. Aus seinen Erfahrungen heraus kann der Baufachmann ableiten, in welchem Umfang und in welcher Weise ein Bauherr Beratung und Unterstützung benötigt. Er kennt den Zeitbedarf und die Komplexität der Planung aus eigener Tätigkeit und er kann dieses Wissen in Form realistischer Vorgaben in den Projektablauf einbringen. Der Wechsel von Architekten und Ingenieuren von der Planung in das Projektmanagement ist erfahrungsgemäß nicht ganz einfach, weil sie jetzt - von vornherein ihre persönlichen Zielsetzungen als Architekt oder Ingenieur hinter diejenigen des Bauherrn zurückzustellen haben - die Gestaltungsvorstellungen des beauftragten Architekten akzeptieren müssen, wenn diese dem Bauherrn zusagen - die Ausarbeitungen des Architekten sowie der fachlich Beteiligten nach bestem Wissen und nach Maßgabe des Bauherrn zu prüfen und gegebenenfalls Änderungsvorschläge auszuarbeiten haben - Termin- und Kostenvorgaben nicht nur vorzugeben haben, sondern auch für deren Durchsetzung sorgen müssen.
1.4 Projektmanager – eine andere Rolle
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Aus der Zusammenarbeit mit Bauherren kennt z. B. der Architekt deren Ziele und Möglichkeiten aus unzähligen Planungsgesprächen. Er kann vor allem deren Informationsbedarf bei der Projektarbeit sowie die Begrenztheit ihrer zeitlichen und finanziellen Möglichkeiten einschätzen. Bei den bisher in der Praxis tätigen Projektmanagern überwiegen von der Ausbildung her die Bauingenieure, gefolgt von Architekten. Dabei ist zu berücksichtigen, dass sich Projektmanagementaufgaben sowohl auf den Hochbau, den Ingenieurbau wie auch den Anlagenbau beziehen. Mindestens bei den Hochbauten dürfen sich Architekten besonders angesprochen und geeignet fühlen, da sie für diesen Bereich der Planung über umfassende Kenntnisse verfügen. Zur Vermeidung von Interessenkollisionen dürfen Projektmanager auf der Bauherrenseite bei ein und demselben Projekt keine weiteren Funktionen übernehmen. Überschneidungen von Leistungen zwischen den Planern und z. B. dem Projektsteuerer kommen bei der ungeteilten Beauftragung von Grundleistungen an den Objektplaner nicht vor. Nach dem Grundprinzip der strikten Trennung der Auftraggeber- und Auftragnehmerrolle verbietet sich die gleichzeitige Wahrnehmung von Projektsteuerungs- und Planerfunktionen bei einem Projekt durch eine Person bzw. ein Büro. Dies wird im Weiteren an ausgewählten Aufgaben verdeutlicht. Die Kostenplanung, z. B. für ein Gebäude, gehört zu den Grundleistungen des Architekten im Rahmen seines Auftrages (vgl. § 33 HOAI:2009-08 Leistungsbild Objektplanung Gebäude und raumbildende Ausbauten). Wird der Architekt nicht mit dem vollen Leistungsbild – zumindest im Rahmen der Grundleistungen – beauftragt, kann er auch nicht für den Gesamtumfang der entsprechenden Leistungen die Verantwortung tragen. Werden Objektplanung und Kostenplanung von verschiedenen Auftragnehmern erbracht und kommt es zu Kostenüberschreitungen, so wird es dem Bauherrn schwerfallen, den Verursacher hierfür zweifelsfrei festzustellen. Wird die Kostenplanung für die einzelnen Fachbereiche statt vom Objektplaner und den fachlich Beteiligten von einem Projektmanager auf der Seite des Bauherrn, z. B. Projektcontroller oder Projektsteuerer, aufgestellt, dann ist die von ihm durchzuführende Prüfung der Kostenermittlung gegenstandslos, die Kontrollfunktion des Projektmanagers auf der Seite des Auftraggebers ist hinfällig. Auch wird er bei der Ermittlung der Kosten nicht immer den vollen Planungsinhalt erfassen können, da er lediglich auf Planunterlagen und Beschreibungen zurückgreifen kann und niemals so gut in die Planung eingebunden ist wie z. B. der Architekt selbst. Zwischen der Ausführungsplanung und der Leistungsbeschreibung gibt es zahlreiche Übergänge, die am besten von einem verantwortlichen Planer, der auch die Objektüberwachung (Bauüberwachung) wahrnimmt, überbrückt werden können. Die Übertragung der Objektüberwachung an den Projektmanager, z. B. Projektcontroller oder Projektsteuerer, bedingt nicht nur einen Bruch in der Durchgängigkeit des Informationsflusses. Der auch mit der Objektüberwachung betraute Projektmanager müsste in diesem Fall seine eigene Arbeit kontrollieren. Die jeweils eindeutige und uneingeschränkte Verantwortung für Planung und Projektsteuerung ist zum Nachteil des Bauherrn nicht mehr gegeben. Wenn der Bauherr in seiner Funktion und bei der Wahrnehmung seiner Pflichten als Auftraggeber von einem kompetenten Projektmanager unterstützt wird, dürfen dadurch auch bessere
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1 Grundlagen des Projektmanagements
Voraussetzungen für die Arbeit des Architekten und der Ingenieure sowie anderer Beteiligter erwartet werden. So soll der Projektmanager des Bauherrn dem Architekten oder Ingenieur ein kompetenter Ansprechpartner sein, der ihn bei seiner Arbeit durch qualifizierte Vorgaben und kompetente Würdigung seiner Arbeit eine Hilfe ist, z. B. bei der Abnahme von Leistungen, bei der Prüfung von Honorarrechnungen oder bei der Finanzplanung. In Zeiten abnehmenden Bauvolumens und zunehmender Konkurrenz untereinander sowie mit anderen Unternehmensformen, z. B. Bauträger oder Generalübernehmer, muss es im Interesse der Planer sein, das Projektmanagement als Alternative oder Vervollständigung ihres bisherigen Leistungsbildes ernsthaft in Erwägung zu ziehen. Die Übernahme von Aufgaben des Projektmanagements bedeutet für Architekten und Ingenieure ohne Zweifel ein neues Erfahrungsfeld. Auch wenn sie sich nach Bearbeitung eines oder mehrerer Projekte wieder ihrer ursprünglichen Aufgabe, z. B. der Objektplanung, zuwenden, sind ihnen die neuen Kenntnisse von großem Nutzen für die Steuerung der eigenen Leistungen wie auch für das bessere Verständnis der Belange des Bauherrn und anderer am Projekt Beteiligter. Die wachsende Bedeutung von Projektmanagement für Planer hat auch das Bundesministerium für Bildung und Forschung unter dem Thema „Der Ingenieur von morgen“ ganz deutlich herausgestellt: „Das erforderliche Qualifikationsprofil des „Ingenieurs von morgen“ vereint viele Talente, vor allem das Zusammenspiel von „hard skills“ und „soft skills“. Zu den hard skills zählen: - ein breites, interdisziplinär angereichertes technisches Wissen - system- und problemorientiertes Denken - Verständnis der gesamten Wertschöpfungskette - betriebswirtschaftliche Kenntnisse - Beherrschung von Methoden des Projektmanagements und der Entscheidungsfindung - Marketingfähigkeiten - gute Fremdsprachenkenntnisse - Wissen um sozial-ökonomische Einbettung von Technik. Diese hard skills können ... allerdings nur dann effektiv angewendet werden, wenn sie kombiniert sind mit soft skills, die ... in Ingenieurstudiengängen gar nicht oder nur unzureichend vermittelt werden. Zu den soft skills zählen: - Kommunikations- und Teamfähigkeit - Führungstechniken und Verhalten - interkulturelles Verständnis und kulturelle Empathie - Lernfähigkeit und Bereitschaft zum „long life learning“ ... .“ (Bundesministerium für Bildung und Forschung (Hrsg.): Neue Ansätze für Ausbildung und Qualifikation von Ingenieuren. URL: http://www.bmbf.de, 2000)
1.5 Handlungsbereiche des Projektmanagements
1.5
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Handlungsbereiche des Projektmanagements
Es gibt schon längere Zeit eine Fülle von Informationen zum Projektmanagement. Diese waren in der Mehrzahl zunächst auf Projekte in der Luft- und Raumfahrt, im Maschinenbau, in der Datenverarbeitung oder in anderen Bereichen, jedoch weniger auf Projekte im Bauwesen gerichtet. Mit der Verbreitung der Projektsteuerung als Wahrnehmung delegierter Bauherrenaufgaben wurden in den etwa letzten dreißig Jahren geeignete Leistungsbilder sowie Methoden speziell auch für das Bauwesen entwickelt und einem größeren Kreis von Interessierten zugänglich gemacht. Daneben verfügen öffentliche Bauherren schon länger über vergleichbare Regeln, z. B. Handbücher und Verwaltungsvorschriften für die Durchführung von Investitionen im Bauwesen. Als Handlungsbereiche des Projektmanagements (Projektleitung, Projektsteuerung, Projektcontrolling) werden unterschieden: A – Organisation, Information, Koordination und Dokumentation (Kapitel 4) B – Qualitäten und Quantitäten (Kapitel 5) C – Kosten und Finanzierung (Kapitel 6) D – Termine, Kapazitäten und Logistik (Kapitel 7) E – Verträge und Versicherungen (Kapitel 8) und in jeweils einem eigenen Kapitel ausführlich erläutert. Grundlage ist § 205 Leistungsbild Projektsteuerung aus Untersuchungen zum Leistungsbild, zur Honorierung und zur Beauftragung von Projektmanagementleistungen in der Bau- und Immobilienwirtschaft, erarbeitet von der AHOFachkommission „Projektsteuerung/Projektmanagement“, Heft Nr. 9, Stand März 2009. (nachfolgend abgekürzt: AHO (Hrsg.): Heft 9:2009-03, Seitenangabe)
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Bauherrenaufgaben und -organisation
Projektmanagement ist auf der Seite des Bauherrn unverzichtbar. Mindestens die Projektleitung muss im Grundsatz von ihm selbst wahrgenommen werden. Als Teil der Projektleitung oder als eigene Funktion ist bei größeren Bauvorhaben auch ein Projektcontrolling erforderlich. In vielen Fällen ist eine zeitliche und fachliche Entlastung des Bauherrn in der Form einer Projektsteuerung notwendig oder sinnvoll. Die hier angesprochenen Funktionen lassen den großen Umfang von Bauherrenaufgaben erkennen. Diese werden ausführlich behandelt.
2.1
Bauherr und weitere am Projekt Beteiligte
Wenn vom Bauherrn gesprochen wird, ist damit nicht unbedingt der Bauherr als natürliche Person gemeint. Tatsächlich ist dieser Bauherr im herkömmlichen Sinne inzwischen die Ausnahme. Stattdessen haben es die anderen am Projekt Beteiligten mit Bauherrenorganisationen zu tun, die in der praktischen Zusammenarbeit aus mehreren Bauherrenvertretern bestehen. Worin besteht die Bauherreneigenschaft? Bauherr ist derjenige, der selbst oder durch Dritte ein Bauvorhaben für eigene oder für fremde Rechnung erstellt oder erstellen lässt. Der Bauherr ist nicht immer eine einzelne Person. Bauherr können auch mehrere Personen, z. B. eine GmbH oder eine Aktiengesellschaft, öffentlich-rechtliche Körperschaften oder Behörden sein. Bauherrenorganisationen zeichnen sich im Gegensatz zum Bauherrn als einzelne Person durch eine Vielzahl von Beteiligten auf der Seite des Auftraggebers aus, die bezogen auf das Projekt unterschiedliche Ziele verfolgen. Diese von Beginn an zu erfassen und zu koordinieren, ist eine schwierige und zeitaufwendige Aufgabe. Gegenüber den meist zahlreichen Auftragnehmern, insbesondere den Planern, sind die internen Abstimmungen für die Zielsetzungen auf der Bauherrenseite und deren eindeutige Formulierung, z. B. in Form des Raum- und Funktionsprogramms, im Hinblick auf einen störungsfreien Projektablauf unerlässlich. Abbildung 2.1 stellt zeigt in einem Organigramm den Bauherrn und die vertraglichen und sonstigen Beziehungen zu den weiteren am Projekt Beteiligten dar. Dieses Organigramm ist eines von vielen, die in den weiteren Kapiteln noch folgen werden. Je nach dem thematischen Schwerpunkt, z. B. Projektmanagement in der Planung, werden einzelne Beteiligte ersetzt und neu hinzugefügt, so kann z. B. ein Generalplaner anstelle des Objektplaners und der fachlich Beteiligten der Vertragspartner des Bauherrn für die Planungsleistungen sein. Mit dem Nutzer beginnend werden entgegen dem Uhrzeigersinn die im Organigramm genannten Beteiligten – Kreditinstitute, Sonderfachleute, Objektplaner, fachlich Beteiligte, ausführende Firmen und Träger öffentlicher Belange – kurz erläutert.
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2 Bauherrenaufgaben und -organisation
Kreditinstitute
Beraterverträge
Mietverträge
Bauherr
Planungsverträge
Objektplaner
Abb. 2.1:
Nutzer
Bauverträge
Fachlich Beteiligte
Ausführende Firmen
Träger Öffentlicher Belange
Sonderfachleute
Kreditverträge
Bauherr und die weiteren am Projekt Beteiligten
Als Nutzer werden alle natürlichen oder juristischen Personen bezeichnet, die im Objekt ihren Betrieb oder Haushalt führen, z. B. wohnen, Leistungen erbringen oder in Anspruch nehmen oder sich auch nur vorübergehend als Gäste oder Besucher im Objekt aufhalten. Nutzer sind also auch der Betreiber selbst, seine Mitarbeiter und Lieferanten, Kunden und Besucher. Vorrangiges Ziel der Planung eines Gebäudes ist es, dass es nutzungsgerecht ist. Dafür sind alle gestalterischen, technischen und wirtschaftlichen Anforderungen zu berücksichtigen. Der Begriff Bank wird heute gleichbedeutend mit Kreditinstitut gebraucht. Eine Bank versorgt private und öffentlich-rechtliche Haushalte und Unternehmen mit Zahlungsmitteln, handelt gewerbsmäßig mit Geldkapital und Kapitalrechten und betreibt auch andere mit dem Geldverkehr verbundene Geschäfte. Banken spielen über die Kapitalbereitstellung hinaus in vielen Fällen auch eine aktive Rolle bei Bauprojekten, denn sie investieren selbst oder in Kooperation mit Projektgesellschaften, z. B. in der Immobilienprojektentwicklung, in Bauprojekte. Zu den Sonderfachleuten gehören diejenigen für Umweltverträglichkeitsstudien, Thermische Bauphysik, Schallschutz und Raumakustik, soweit erforderlich. Untersuchungen zu Bodenmechanik, Erd- und Grundbau, insbesondere ein Baugrundgutachten sowie Vermessungstechnische Leistungen sind zumindest bei jedem Neubau unverzichtbar. Der Objektplaner – für den Hochbau ist das der Architekt – übernimmt die gestaltende, technische und wirtschaftliche Planung von Bauwerken. Anstelle der Berufsbezeichnung Architekt wird vielfach auch die Bezeichnung Entwurfsverfasser verwendet. Vom Bauherrn soll dem Architekten eine klar formulierte und umfassende Aufgabenstellung für die Objektplanung vorgegeben oder gemeinsam mit ihm erarbeitet werden. Im Rahmen seines Vertrages schuldet der Architekt eine technisch und wirtschaftlich einwandfreie Planung. Dabei ist er
2.1 Bauherr und weitere am Projekt Beteiligte
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verpflichtet, den Stand der Technik zu beachten und für ein von Mängeln freies Bauwerk zu sorgen. Von entscheidender Bedeutung für den Auftraggeber ist nach der Umsetzung des Nutzerbedarfs in den Entwurf die Objektüberwachung während der Bauausführung durch den Architekten. Der Architekt hat darüber zu wachen, dass die ausgeführten Bauleistungen mit der Baugenehmigung, den Ausführungsplänen und den Leistungsbeschreibungen übereinstimmen. Ferner hat er zu überprüfen, dass die Ausführung mit den allgemein anerkannten Regeln der Technik und den einschlägigen Vorschriften übereinstimmt. Neben dem Architekten sind vom Bauherrn die fachlich Beteiligten für die Planung und Überwachung zu beauftragen. Sie übernehmen Planungsleistungen insbesondere für die Tragwerksplanung und die Technische Ausrüstung. Gegenstand der Tragwerksplanung (Statik) ist die Standsicherheit des Bauwerkes. Hierfür erarbeitet der Tragwerksplaner (Statiker) Lösungen hinsichtlich der Baustoffe, der Bauarten, des Herstellungsverfahrens und der Art der Gründung auf der Grundlage der Objektplanung und unter Beachtung der in die Planung zu integrierenden Beiträge der weiteren fachlich Beteiligten, z. B. Ingenieure für Bodenmechanik und Technische Ausrüstung. Häufig haben sich diese auf einzelne Anlagengruppen wie Heizungs-, Klima-, und Lüftungstechnik oder Elektroplanung spezialisiert, sodass hierfür mehrere Büros unter Vertrag genommen werden müssen. Für die Ausführung von Bauleistungen stehen ausführende Firmen ganz unterschiedlicher Größe und Struktur zur Verfügung. Für die Beauftragung der Bauleistungen kommen im Fall großer Projekte vor allem Baukonzerne, für die Gewerke des Ausbaus ebenso kleinere Handwerksbetriebe in Betracht. Die Vergabe in Fachlosen an Bauunternehmer gilt grundsätzlich als Regelfall. Zu den Fachunternehmern zählen einerseits Handwerksbetriebe und andererseits größere Baufirmen. Während Handwerksbetriebe überwiegend kleinere bis mittlere Aufträge ihres Gewerkes in Einzelfertigung und mit geringem Maschineneinsatz ausführen, übernehmen größere Baufirmen regional und überregional Leistungen meist mehrerer Gewerke, z. B. den vollständigen Rohbau, und bedienen sich dabei anderer Firmen als Nachunternehmer. Die Vergabe von Bauleistungen in Einzelgewerken an zahlreiche Fachunternehmer wird als Fachlosvergabe bezeichnet. Je nach Art und Größe eines Bauprojektes erfolgen bei der Fachlosvergabe etwa 25 bis 35 Einzelausschreibungen, und es werden mit etwa eben dieser Zahl von Bau- und Lieferfirmen Verträge geschlossen. Zu den Trägern öffentlicher Belange (TöB) zählt jede Behörde oder Stelle, die einen öffentlichen Sachbereich verwaltet und entsprechend den jeweils geltenden gesetzlichen Bestimmungen bei der Planung zu beteiligen ist. Dies gilt z. B. für die Aufstellung von Bauleitplänen nach dem Baugesetzbuch oder für die Festlegung von Sanierungsgebieten und städtebaulichen Entwicklungsbereichen nach dem Baugesetzbuch (vgl. § 4 BauGB). Es können in Einzelfällen über die gesetzliche Verpflichtung hinaus auch Stellen und Personen zu beteiligen sein, die nicht als Träger öffentlicher Belange anzusehen sind, wenn von diesen sachdienliche Anregungen zu erwarten sind. Die Bauaufsicht z. B. des Landkreises, die Unternehmen der Elektrizitäts- und Gasversorgung, das zuständige Wasserwerk oder die Feuerwehr sollen nur als Beispiele dienen. Es gehört zur Projektvorbereitung, aller Behörden und Stellen, die berücksichtigt werden müssen, rechtzeitig zu erfassen.
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2.2
2 Bauherrenaufgaben und -organisation
Aufgaben und Pflichten des Bauherrn
Bauherren haben zum Gelingen eines Projektes durch die Wahrnehmung vielfältiger Aufgaben beizutragen. Hierzu gehören: - Festlegen der Projektziele, z. B. Qualitätsvorstellungen - Aufstellen eines Organisations- und Terminplanes für die Bauaufgabe - Abschluss von Verträgen zur Verwirklichung der Projektziele - Koordination und Steuerung der Projektbeteiligten mit mehreren Fachbereichen - Prüfen der Planungsergebnisse auf Einhaltung der Planungsvorgaben - Untersuchen von Zielkonflikten und Entscheidung zur Fortschreibung der Projektziele - Ergänzen von Kostenermittlungen, soweit die anderen Projektbeteiligten dafür nicht zuständig sind. Nach den öffentlich-rechtlichen Vorschriften hat der Bauherr weiterhin eine Vielzahl von Pflichten, die sich unter anderem aus den Landesbauordnungen ergeben. So hat er grundsätzlich - zur Vorbereitung, Überwachung und Ausführung eines genehmigungspflichtigen Bauvorhabens einen Entwurfsverfasser, einen Unternehmer und den verantwortlichen Bauleiter zu beauftragen. Außerdem obliegen ihm - die nach den öffentlich-rechtlichen Vorschriften erforderlichen Anträge, Mitteilungen und Nachweise an die Bauaufsichtsbehörde und - eine Verkehrssicherungspflicht. (Werner, U.; Pastor, W. und Müller, K.: Baurecht von A-Z, 1995, S. 173) Hierzu heißt es in der Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen (VOB): Der Auftraggeber hat für die Aufrechterhaltung der allgemeinen Ordnung auf der Baustelle zu sorgen und das Zusammenwirken der verschiedenen Unternehmer zu regeln. Er hat die erforderlichen öffentlich-rechtlichen Genehmigungen und Erlaubnisse – z. B. nach dem Baurecht, dem Straßenverkehrsrecht, dem Wasserrecht, dem Gewerberecht – herbeizuführen. (VOB/B 2010, § 4) Seit 1998 werden dem Bauherrn durch die Baustellenverordnung (BaustellenVO) zusätzlich arbeitsschutzrechtliche Maßnahmen aufgegeben. Diese oblagen bis dahin primär den ausführenden Firmen in ihrer Eigenschaft als Arbeitgeber insbesondere der gewerblichen Mitarbeiter. Die Aufgaben des Bauherrn definieren sich aus der BaustellenVO selbst, insbesondere aus den §§ 2 und 3 BaustellenVO. Danach hat der Bauherr die folgenden Pflichten: - Berücksichtigung der allgemeinen Grundsätze nach § 4 Arbeitsschutzgesetz bei der Planung und Ausführung des Vorhabens - Ankündigung des Vorhabens bei der Behörde bei Bauvorhaben, auf denen Beschäftigte mehrerer Arbeitgeber tätig werden
2.2 Aufgaben und Pflichten des Bauherrn
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- Bestellung eines Koordinators, wenn mehrere Arbeitgeber auf der Baustelle tätig werden - Erarbeitung eines Sicherheits- und Gesundheitsplanes bei größeren Baustellen und/oder bei besonders gefährlichen Arbeiten - Zusammenstellen einer Unterlage für spätere Arbeiten an der baulichen Anlage. (Umsetzung der EG-Baustellenrichtlinie (92/57/EWG) in die BaustellenVO mit Verordnung vom 10. Juni 1998 (BGL I S. 1283) Wer kann als Sicherheits- und Gesundheitskoordinator (SiGeKo) diese Aufgaben übernehmen, wenn der Bauherr selbst nicht in der Lage ist oder ihm die notwendige Zeit nicht zur Verfügung steht? „In § 4 BaustellenVO erhält der Bauherr die Möglichkeit, einen Dritten mit der Durchführung der Maßnahmen nach §§ 2 und 3 BaustellenVO zu beauftragen. Bei dem „Dritten“ kann es sich um einen Projektsteuerer, einen Architekten oder einen Generalunternehmer handeln.“ (Meurer, K.: Der Bauherr, der Dritte und der Koordinator..., in: DAB 04/2002, S. 52) Gegenüber den Planern und ausführenden Firmen hat der Bauherr in vertraglicher Hinsicht die Funktion eines Auftraggebers. Teilweise wird auch vom Besteller gesprochen. Im weiteren Text werden die Bezeichnungen Auftraggeber und Bauherr gleichbedeutend verwendet. Das Verhältnis zwischen dem Bauherrn und seinen Auftragnehmern, Architekten, Ingenieure, ausführende Firmen, lässt sich vereinfacht in Form der vertraglichen Beziehungen als Planungs- und Bauverträge darstellen (vgl. Abb. 2.1). Letztlich trägt der Bauherr eine hohe Verantwortung, denn „- Jedes Bauvorhaben einer nennenswerten Größenordnung wird von einer ganzen Reihe verschiedener Leistungsträger realisiert. - Alle Projektbeteiligten sollten möglichst zielorientiert und arbeitsteilig zusammenarbeiten. - Der Bauherr ist dafür verantwortlich, dass diese Zusammenarbeit effektiv geschieht. Deshalb hat er dafür zu sorgen, dass alle am Projekt Beteiligten optimal zusammenarbeiten, um das Bauvorhaben zu verwirklichen. -
Im Ergebnis kommt dem Bauherrn die Rolle des obersten Projektmanagers zu, die in der amerikanischen Managementliteratur allgemein wie folgt definiert wird: Managing is to get things done through others.“ (Will, L.: Vom Bauherrn zum Projektsteuerer, in: Bachmann, V.; Hasselmann, W.; Koopmann, M. und Will, L. (Hrsg.): Festschrift…, 1987, S. 96) Handelt es sich um eine Bauherrenorganisation, also um eine Vielzahl von Beteiligten auf der Seite des Bauherrn, können die Bauherrenaufgaben zwar auf die jeweils vorhandenen Fachleute aufgeteilt werden, aber es entsteht dadurch innerhalb der Bauherrenorganisation ein nicht zu unterschätzender Koordinationsaufwand. In diesem Fall ist das Treffen von Entscheidungen besonders schwierig, da in der Regel Interessengegensätze auftreten und im Innenverhältnis der Bauherrenorganisation zu klären sind, bevor diese an die externen Auftragnehmer, also Planer und ausführenden Firmen, weitergegeben werden können.
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2 Bauherrenaufgaben und -organisation
Soweit Entscheidungen in den Gremien der Bauherrenorganisation getroffen werden müssen, entstehen leicht Schwierigkeiten in Form von - langwierigen Entscheidungsprozessen auf der Suche nach einer einheitlichen Meinungsbildung - mangelndem Engagement des Einzelnen und dem Versuch weitgehender Delegation der Verantwortung auf andere Beteiligte - Reduzierung der Projektziele auf rein wirtschaftliche und funktionale Aspekte - Verbrauchermentalität und Funktionsverhalten - überhöhten und nicht erforderlichen Sicherheitsanforderungen. Entsprechend kritisch beschreibt Conradi die Arbeit von Gremien: „Die Gremien reden und wägen ab, die Bedarfsträger und Bedenkenträger suchen den Kompromiss, man sichert sich ab, vertritt das jeweilige Ressort – so entsteht Mittelmaß. Neues, Überraschendes, ja Revolutionäres entsteht selten aus Gremien.“ (Conradi, P.: Die Verantwortung des öffentlichen Bauherrn, in: BDA 10/1995, S. 32) Der Grund hierfür ist, dass letztlich einzelne Personen nicht die Verantwortung für notwendige Entscheidungen zu übernehmen bereit sind. Dabei handelt es sich in den meisten Fällen nicht einmal um die wirtschaftliche Verantwortung für die Mehrkosten oder Verluste aufgrund falscher Entscheidungen. Auch die Personifizierung solcher Probleme kann für den einzelnen Projektbeteiligten für seine weiteren beruflichen Chancen schädlich sein. Aus diesen Gründen versuchen zunehmend Bauherren, sowohl das Projektmanagement als auch damit verbundene Risiken auf Dritte zu übertragen. Die eigene Planung kann teilweise, die Koordination und die Kontrolle der Auftragnehmer weitgehend, delegiert werden. Die Formulierung der obersten Projektziele und das Treffen der für das Projekt wesentlichen Entscheidungen, z. B. zu Standort, Programm oder Freigabe von Leistungen, können in letzter Verantwortung nur durch den Bauherrn selbst erfolgen. Bauherren fordern deshalb häufig von ihren Auftragnehmern: „- volle Übernahme des technischen Risikos (z. B. durch erweiterte und verlängerte Gewährleistung) -
volle Übernahme des wirtschaftlichen Risikos (z. B. durch Erbringung einer gebrauchsfähigen Gesamtleistung möglichst zum Pauschalfestpreis einschließlich Zeitgarantie)
-
volle Übernahme des rechtlichen Risikos (z. B. durch vertragliche Bindung an nur einen Verantwortlichen durch Übernahme der Gefahrtragung für die Gesamtleistung bis zu deren Abnahme usw.)
-
volle Übernahme eigener Mitwirkungspflichten (z. B. durch Entlastung oder gar Übernahme von Koordinationsaufgaben).“ (Pfarr, K.: Trends, Fehlentwicklungen..., 1988, S. 98) Viele Auftragnehmer kommen diesen Anforderungen soweit wie möglich durch neue oder erweiterte Leistungsbilder bzw. Unternehmensformen nach: z. B. als Projektsteuerer, als Generalplaner, als Generalunternehmer oder als Totalunternehmer. In der Praxis sind auch häufig Mischformen anzutreffen. Auf die genannten Organisationsformen wird in den fol-
2.3 Arten und Formen von Bauherren
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genden Kapiteln ausführlich eingegangen. Die Bedeutung des Bauherrn als verantwortliche Führungsinstanz bzw. in seiner Funktion als Auftraggeber bleibt aber davon unberührt. Ebenfalls kritisch beschreibt Hobusch seine Erfahrungen mit Bauherren, die er bei der Realisierung von Krankenhausprojekten gewonnen hat. Er hat sie als Interessen der Bauherren zusammengestellt: „- das Interesse, Baukosten so zu gestalten, um das Projekt „in die Finanzierung zu bekommen“ - das Interesse nach einem schnellen Baubeginn aus Wahlkampfgründen - das Interesse, aufgrund fehlender Mittel den Bauablauf zu strecken - das Interesse, aus medizinischer Sicht oder auch aus Gründen ärztlichen Selbstbewußtseins, den modernsten Standard an Geräten und Ausstattung zu bekommen - das Interesse, aus regionalen Arbeitsmarktgründen möglichst ansässige Firmen einzuschalten.“ (Hobusch, R.: Was können Projektsteuerer leisten?, in: Der Architekt 04/1993, S. 230) Die vorher beschriebenen – teilweise karikierten – Verhaltensweisen von Bauherren oder ihren Vertretern lassen sich nicht vollständig ändern, weil sie in deren persönlichen Eigenschaften begründet sind. Gleichwohl entstehen hieraus Probleme und Störungen des Projektverlaufes. Abhilfe setzt die richtige (Selbst-) Einschätzung des Bauherrn bzw. der Vertreter der Bauherrenorganisation voraus. Lösungen werden durch die geeignete Form des Projektmanagements gesucht. Die Übernahme von Projektmanagementaufgaben durch andere Projektbeteiligte als Auftragnehmer des Bauherrn kann eine große Hilfe sein. Die Verantwortung für das Projekt als Ganzes kann dem Bauherrn allerdings niemand abnehmen. Die große Bedeutung der Bauherrenrolle hat der bekannte Architekt Hans Pölzig mit den folgenden Worten beschrieben: „[…] wo der Auftraggeber mit Passion, der Bauherr als zeugender und empfangender Gegenpol fehlt, ist eigentlich Hopfen und Malz verloren.“ (Will, L.: Vom Bauherrn zum Projektsteuerer, in: Bachmann, V.; Hasselmann, W.; Koopmann, M. und Will, L. (Hrsg.): Festschrift…, 1987, S. 96)
2.3
Arten und Formen von Bauherren
Unabhängig von der Stellung des Bauherrn und der Rechtsform der Bauherrenorganisation sind Bauherren nach der aktiven Wahrnehmung ihrer Aufgaben und Pflichten in die Arten selbstausübende Bauherren, fungierende Bauherren und Bauherren als Investoren zu unterscheiden und vom Erwerber eines Objektes zu abzugrenzen. Arten von Bauherren Selbstausübender Bauherr Abb. 2.2:
Fungierender Bauherr
Nicht Bauherr Bauherr als Investor
Arten von Bauherren und Abgrenzung zum Erwerber
Erwerber
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2 Bauherrenaufgaben und -organisation
Das ursprüngliche Bauen erfolgte durch selbstausübende Bauherren, die von eigener Hand selbst planten und ausführten, ohne im heutigen Sinne Planer und ausführende Firmen zu benötigen. Es handelte sich dabei national und international in der Regel um kleinere selbstgenutzte Wohngebäude und landwirtschaftliche Bauten (architecture without architects). Dieses Bauen beschränkt sich heute auf einen kleinen Teil von Gebäuden in ländlichen Gegenden und die Selbsthilfe bei Eigenheimen. Diese Bauherren vereinigen alle Funktionen, die man bei großen und komplexen Aufgaben benötigt, im Idealfall in ihrer eigenen Person. Die bei vielen Projekt- und Planungsbeteiligten notwendige Koordination ist insoweit nicht erforderlich. Der fungierende Bauherr (fungieren = ein Amt verrichten, tätig wirksam sein) nimmt alle Bauherrenaufgaben wie Ziele setzen, Entscheidungen treffen und Verantwortung übernehmen bewusst und uneingeschränkt wahr. Er beteiligt sich aktiv an der Planung im Zusammenwirken mit Planern und Nutzern und hat ein über die wirtschaftlichen Ziele weit hinausgehendes Interesse am Objekt selbst. Für den Bauherrn als Investor steht die zielorientierte, langfristige Bindung finanzieller Mittel in ein Objekt im Vordergrund. Der Investor ist vordergründig an der Erhaltung und Mehrung des eingesetzten Kapitals (Rendite) interessiert. Die Verwendung des eingesetzten Kapitals hinsichtlich Standort und Nutzung des Objektes ist zweitrangig. Der Investor hat am Objekt nur soweit Interesse, als seine wirtschaftlichen Zielsetzungen betroffen sind, er delegiert das Projekt und das Objektmanagement weitgehend an Dritte. In größerem Umfang werden heute Immobilien, z. B. Bürogebäude, Reihenhäuser oder Wohngebäude mit Eigentumswohnungen, vom Projektentwickler initiiert und nach Fertigstellung an Erwerber übereignet. Der Erwerber kann zwar unter Umständen während der Planung in geringem Umfang Einfluss auf die Planung nehmen, z. B. bei der Auswahl von Materialien im Innenausbau, ist jedoch kein Bauherr. Die Erwerber nehmen auf Planung und Ausführung nur insoweit Einfluss, als sie vor dem Erwerb an einer Immobilie Interesse bekunden oder mit dem Projektentwickler vertragseinig werden. Wie in der Industrie, wo die Trennung von Eigentum und Management überall anzutreffen ist, hat sich auch im Bauwesen durch den Rückzug der fungierenden Bauherren eine Lücke aufgetan, die durch Projektmanager ausgefüllt werden musste. Beispiele für die vollständige Trennung von Eigentum einerseits und Projekt- sowie Objektmanagement andererseits sind z. B. Bauherrenmodell und Immobilienfonds. Während die einmaligen Aufgaben aufgrund ihrer Bedeutung vom Bauherrn in seiner Eigenschaft als Eigentümer grundsätzlich selbst wahrgenommen werden sollten, können die laufenden Aufgaben durchaus ohne Probleme an Vertreter einer Bauherrenorganisation delegiert werden. So können der Projektleiter, ein Projektsteuerer oder in der Planung bzw. Ausführung stehender Projektmanager bei den unterschiedlichen Arten von Bauherren einen mehr oder weniger großen Umfang an Bauherrenaufgaben übernehmen. Darüber hinaus sind Bauherren im Sinne von Rechts- und Organisationsformen von Bauherren zu unterscheiden. Als grobe Aufteilung reicht die Unterscheidung in die Formen private Bauherren, erwerbswirtschaftliche Bauherren und öffentliche Bauherren.
2.3 Arten und Formen von Bauherren
2.3.1
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Private Bauherren
Unter den privaten Bauherren ist am ehesten noch der Bauherr als natürliche Person anzutreffen. In der Mehrzahl handelt es sich um Projekte für dessen eigenen Bedarf, vom Einfamilienhaus bis zu größeren Bauten unterschiedlicher Nutzung. Die Zusammenarbeit der am Projekt Beteiligten erfolgt meist im direkten Dialog zwischen dem Bauherrn und „seinem Architekten“ sowie den Ausführenden. Die Organisation hat in diesem Fall wegen der eher geringeren Größe und Komplexität des Projektes oft informellen Charakter. Grundsätzliche Anforderungen an das Projektmanagement gelten unabhängig davon natürlich auch hier. Im privaten Wohnungsbau steht der Bauwillige vor der Frage, ob er - selbst die Bauherrenaufgaben wahrnehmen und damit die Bauherreneigenschaft in vollem Umfang ausüben soll - sich für ein sogenanntes Fertighaus entscheiden soll, die Planung und Ausführung liegen dann weitgehend in der Hand eines Anbieters oder - lediglich von einem Bauträger ein Haus oder eine Wohnung erwerben soll, die Bauherreneigenschaft liegt hierbei beim Bauträger. Die beiden letzten Möglichkeiten haben in den vergangenen Jahrzehnten stark zugenommen. Nur noch schätzungsweise ein Drittel aller Bauherren entscheiden sich noch für die uneingeschränkte Bauherrenrolle. In Bezug auf die grundsätzlich auch hier erforderliche Projektorganisation hat der Architekt eine Beratungspflicht. Vergleiche dazu die Aufgaben des Objektplaners in der Leistungsphase 1. Grundlagenermittlung des § 33 HOAI:2009-08. Auf den Einsatz der fachlich Beteiligten, versuchen die privaten Bauherren aus Kostengründen oft zu verzichten. Insbesondere die Planung der Technischen Anlagen wird häufig den ausführenden Firmen überlassen. Daneben ist der Architekt in hohem Maße gefordert, indem er umfangreiche Leistungen des Projektmanagements erbringt, ohne dass dies ausdrücklich vereinbart wurde und ohne dass der Bauherr ihm dafür eine angemessene Vergütung zugesteht. Für kleine Projekte, wie ein Einfamilienhaus, sollte deswegen die Architektenleistung als Generalplanung beauftragt werden. Vergleiche hierzu Abschnitt 10.4 Gesamtleistungsträger in der Planung. Der Bauherr ist von seinen Koordinationsaufgaben weitgehend entlastet und darf davon ausgehen, dass alle Fachplanungen im erforderlichen Umfang und in der notwendigen Qualität vom Architekten selbst ausgeführt oder an Dritte vergeben und überwacht werden. Viele Bauherren entscheiden sich für ein sogenanntes Fertighaus. Der Begriff lässt den Einsatz von industriellen Produktionsmethoden vermuten. Meist herrscht jedoch Typisierung in Bezug auf Konstruktionssysteme, Ablauforganisation und mehrheitlich Grundrissgestaltungen vor. Die Wünsche der Bauherren nach möglichst individuellen Lösungen führen in der Regel zu einem mehr handwerklichem Bauen als dies technologisch sinnvoll wäre. Eine Sonderform der Bauherreneigenschaft, die länger als ein Jahrzehnt eine große Bedeutung gehabt hat, entstand mit dem Bauherrenmodell. Durch Änderungen im Steuerrecht boten sich für Bauherren Möglichkeiten der Steuerersparnis, welche im Unterschied hierzu der Erwerber eines Gebäudes oder einer Wohnung vom Bauträger nicht erreichen konnte. Diese
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2 Bauherrenaufgaben und -organisation
Bauherrenmodelle entstanden vor allem in den 1970er Jahren durch Zusammenschluss von mehreren Bauherren bei einem Bauvorhaben. Die gesamte Projektorganisation lag in den Händen eines Baubetreuers. „Die wesentlichen Steuervorteile wurden darin gesehen, daß Werbungskosten in erheblichem Umfange für den Bauherrn sofort abzugsfähig waren. Aufgrund dieser Werbungskosten und der sofortigen Abzugsfähigkeit konnte der Bauherr auch seine Steuervorauszahlungen sogleich herabsetzen lassen. Außerdem konnte der Bauherr nach den damals noch landesrechtlich geltenden Grunderwerbssteuergesetzen mit einer Grunderwerbssteuerbefreiung rechnen, die bei einer Grunderwerbssteuer i. H. v. damals 7 % erheblich ins Gewicht fiel. Schließlich hatte der Erwerber (soll heißen Bauherr im Bauherrenmodell, Anm. d. Verf.) die Möglichkeit, zum umsatzsteuerlichen Vorsteuerabzug nach Ausübung der entsprechenden Option. Der Bauherr vermietete dann das Vorhaben an einen gewerblichen Zwischenmieter, war allerdings an seine MwSt-Option für zehn Jahre gebunden.“ (Meincke, E.: Baubetreuung, in: Schulte, K.-W. (Hrsg.): Immobilienökonomie, 2001, S. 493) Zu den Werbungskosten konnten die Baubetreuungs- und Verwaltungsgebühren, die Kosten der Geldbeschaffung und Zwischenfinanzierung sowie die Kosten für Garantieleistungen, insbesondere für die Vermietungsgarantie, gezählt werden. Allerdings waren die Kosten für die Baubetreuung und die Zwischenfinanzierung in vielen Fällen stark überhöht. Im Unterschied zu einem konventionellen Projekt waren je nach Konstellation weitere Beteiligte wie ein Grundstücksmakler, ein Finanzierungsvermittler, ein Mietgarant, ein gewerblicher Zwischenmieter, der Verwalter des Wohnungseigentums sowie Steuerberater und Rechtsanwälte als Berater von Nöten. Allein die in Aussicht genommenen Steuervorteile dagegen waren bei den meisten Bauherren das entscheidende Motiv, zu investieren. Viele Objekte entstanden so überteuert und am Markt vorbei geplant. Das mit der Bauherrenfunktion verbundene Risiko wurde meist unterschätzt. Die Nutzung des Gebäudes oder der spätere Verkauf waren deshalb häufig nur mit Verlusten möglich. Schließlich wurden die gesetzlichen Grundlagen wieder geändert. Die Folge war ein starker Einbruch des Absatzes von Wohnungen nach dem Bauherrenmodell ab etwa dem Jahr 1985. Die bisherigen Anbieter von Wohneigentum nach dem Bauherrenmodell übernehmen seitdem vermehrt selbst die Funktion des Bauherrn und treten als Bauträger auf. Nach Möglichkeit wird mit der Baudurchführung erst dann begonnen, wenn ein Erwerber gefunden worden ist und dieser sich nach Billigung der Planung zum Kauf verpflichtet hat.
2.3.2
Erwerbswirtschaftliche Bauherren
Die erwerbswirtschaftlichen Bauherren können unterschieden werden in solche, die für den Eigenbedarf bauen, wie die meisten - Produktions- und Dienstleistungsunternehmen; Standort und Investitionsvolumen richten sich nach den Zielen und dem Bedarf des Kerngeschäfts, z. B. der Automobilproduktion, wobei eine Renditeerwartung allein für das Gebäude nicht gesetzt wird,
2.3 Arten und Formen von Bauherren
45
und solche, die Bauwerke ausschließlich oder zusätzlich als eine Form der Kapitalanlage wählen. Hierzu zählen Bauherren – auch als institutionelle Anleger bezeichnet – die für den Fremdbedarf bauen wie - die der Banken- und Versicherungswirtschaft; sie legen Kundengelder zum Zweck der Risikostreuung in Büro- und Geschäftshäuser sowie Hotels an, sie bevorzugen sehr gute Geschäftslagen für mittlere Investitionsvolumina von z. B. 20 Mio. € und haben eine eher niedrige Renditeerwartung - geschlossene Immobilienfonds; ihr Geschäftszweck ist die Erstellung von Büro- und Geschäftshäusern, Einkaufszentren und Einkaufspassagen sowie Selbstbedienungsmärkte in unterschiedlichen Lagen bei mittlerem bis hohem Investitionsvolumen und hoher, meist von der Möglichkeit der Steuerersparnis abhängiger Renditeerwartung - offene Immobilienfonds; zu den Objekten gehören vor allem Büro- und Geschäftshäuser sowie Einkaufszentren in sehr guten Geschäftslagen bei mittlerem bis hohem Investitionsvolumen und mittlerer Renditeerwartung - Leasing-Gesellschaften; sie realisieren vor allem Büro- und Geschäftshäuser sowie Produktionsgebäude und Spezialimmobilien an unterschiedlichen Standorten mit unterschiedlichem, teilweise sehr hohem Investitionsvolumen und eher niedriger Renditeerwartung - Ausländische Investoren; ihr Geschäftszweck ist in der Regel die Anlage von Kundengeldern in Büro- und Geschäftshäusern sowie Hotels in besten Lagen und mit sehr hohem Investitionsvolumen bei niedriger Renditeerwartung. (nach Amelung, V.: Gewerbeimmobilien, 1996, S. 8) Ferner wird ein Teil des Wohnungsbaus von gewerblichen Bauherren geschaffen. Sie werden in der Immobilienwirtschaft bezeichnet als - freie Wohnungsunternehmen; ihre Tätigkeit richtet sich vor allem auf die Herstellung und den Verkauf von Wohnungen, weniger auf die Vermietung. Viele Produktions- und Dienstleistungsunternehmen, insbesondere große Unternehmen wie z. B. Siemens, verfügen über eigene Bauabteilungen. Diese übernehmen neben Umbauten und Bauunterhalt auch Planungsaufgaben. Bei Neubaumaßnahmen führen sie als sachkundige Bauherren in der Regel die Grundlagenermittlung selbst durch und beauftragen anschließend externe Architektur- und Ingenieurbüros, häufig auch einen Projektsteuerer. Vorteile einer solchen Bauabteilung sind insbesondere die in der Regel sehr speziellen Kenntnisse über das Unternehmen sowie die diesbezüglichen Bedarfsanforderungen an die Bauwerke, z. B. Fabrikationsanlagen. Die Planungsaufgaben sind meist sehr spezifisch und erfordern einen hohen Aufwand für die Koordination durch die notwendige Mitwirkung eigener Fachabteilungen. Die Banken- und Versicherungswirtschaft verfügt über Kapital von Anlegern, Sparern und Versicherungsnehmern. Ein Teil dieser Mittel wird in Immobilien angelegt. In Einzelfällen fallen vor allem den Banken Objekte zu, wenn Kreditnehmer insolvent werden und Immobilien dann zur Konkursmasse gehören. Daneben haben diese Gesellschaften einen Eigenbedarf an Bürobauten, der im Durchschnitt schätzungsweise die Hälfte ihres Immobilienvermögens ausmacht. Soweit diese Bauherren gezielt in nicht selbst genutzte Immobilien investieren – so die Kenntnis des Verfassers – nehmen sie die Rolle des Bauherrn ungern wahr. So
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2 Bauherrenaufgaben und -organisation
werden Objekte eher von Projektentwicklern erworben und als Vermögenswerte übernommen, als dass sie selbst aktiv nach Standorten und Nutzungen suchen würden. Bei geschlossenen Immobilienfonds werden die Gelder in ein ganz bestimmtes, vorher bekanntes und im Verkaufsprospekt genau bezeichnetes, Objekt investiert. Manchmal ist es auch ein Ensemble aus zwei bis fünf verschiedenen Gebäuden, die zu einem Immobilienfonds zusammengefasst werden. Aber immer sind Investitions- und Finanzierungspläne solcher Fonds vorab festgelegt. Die Fonds bieten den Immobilienerwerbern die Vorteile der wirtschaftlichen und steuerlichen Behandlung der Objekte wie bei Bauherren, bei soliden Angeboten Renditen nach Steuern und geringen Verwaltungsaufwand. Offene Immobilienfonds sind hinsichtlich der Anzahl der Anleger und des einzusammelnden Vermögens nicht begrenzt. Die Fondsgesellschaft kann an Investoren beliebig viele Anteile verkaufen und das eingesammelte Kapital je nach Anlagepolitik und den Vorgaben im jeweiligen Verkaufsprojekt in unterschiedlichen Objekten investieren. Für das Immobilienleasing ist charakteristisch, dass die Leasing-Gesellschaften als Leasinggeber entweder ein bereits erstelltes Objekt anbieten oder nach den speziellen Anforderungen des Leasingnehmers das Bauvorhaben auf eigene Rechnung erstellen und finanzieren. Da neben der Durchführung des Bauvorhabens auch die Finanzierung eingeschlossen ist, kommt es oftmals zu einer engen Zusammenarbeit zwischen größeren Bauunternehmen und bestimmten auf Leasing spezialisierten Finanzierungsgesellschaften. Ein Nachteil für den Leasingnehmer besteht darin, dass vielfach eine Anhebung der Nutzungsentgelte für die gesamte Nutzungsdauer nicht ausgeschlossen werden kann, während andererseits der Leasingnehmer an den Wertsteigerungen des Bauobjekts nicht teilnimmt. Leasing ist eine spezielle Form der Finanzierung, bei der nicht gekauft, sondern gemietet wird. Nach dem Equipment-Leasing, z. B. Büromaschinen, und dem Konsumgüter-Leasing; z. B. Kraftfahrzeuge, entstand das Immobilien-Leasing, z. B. von Büro- und Verwaltungsgebäuden, Krankenhäusern, Supermärkten, Industrieanlagen und Kläranlagen. Je nach dem Verpflichtungscharakter des Leasing-Nehmers lassen sich Leasing-Verträge in Operate-Leasing und in Finance-Leasing einteilen. „Operate-Leasing stellt ein klares Mietverhältnis dar. Die Kündigungszeiten sind für beide Seiten relativ kurz. Der Leasing-Geber trägt somit das Investitionsrisiko. Im Operate-Leasing werden meist nur solche Anlagen zu haben sein, die zur Vermietung an mehrere oder viele Interessenten in Frage kommen (z. B. Autos). Die Gefahren des zufälligen Untergangs und die Kosten der Wartung, der Reparatur und der Versicherung trägt der Leasing-Geber.“ (Schweizer, M.: Industriebetriebslehre, 1990, S. 349-350) Die Form des Finance-Leasing „kommt in der Praxis häufiger vor als das Operate-Leasing. Beim Finance-Leasing wird eine feste Grundmietzeit vereinbart, während dieser Zeit kann in der Regel nicht gekündigt werden. Das Investitionsrisiko hat der Leasingnehmer. Je nach Ausrichtung des Vertrages erfolgt die Bilanzierung des Vermögensgegenstandes entweder beim Leasinggeber oder beim Leasingnehmer.“ (http://www.factoring-leasing.de/leasing/lexikon.html) Das Engagement von ausländischen Investoren lässt sich nicht allgemein zuordnen. Da sie aber oft nicht über ausreichende Erfahrungen im Land der Investition verfügen und vorwie-
2.3 Arten und Formen von Bauherren
47
gend an einer reibungslosen Projektdurchführung interessiert sind, liegt der Einsatz eines Projektentwicklers oder der Erwerb einer bereits fertigen Immobilie nahe. Die Herstellung von Ein- und Zweifamilienhäuser erfolgt entweder im Auftrag von privaten Bauherren oder durch Bauträger, welche die Objekte anschließend an Erwerber veräußern. Es überwiegt in beiden Fällen die Deckung des Eigenbedarfs der Nutzer. Der Geschosswohnungsbau liegt dagegen in den Händen von gemeinnützigen und genossenschaftlichen Gesellschaften oder freien Wohnungsunternehmen. Letztere sind in ihrer Tätigkeit keinen gesetzlichen Beschränkungen unterworfen. Für die freien Wohnungsbauunternehmen wie für Erwerber von z. B. Eigentumswohnungen wird über die Bedarfsdeckung hinaus die Wirtschaftlichkeit der Immobilien durch drei Komponenten bestimmt - Rentabilität des Objektes - steuerliche Vergünstigungen - erwartete Sachwertsteigerungen. (Jenkis, H.: Verstärkte Neubauinvestition..., in: Gemeinn. Wohnungsw., 02/1989, S. 62 ff) Damit besteht für die Wohnungsproduktion eine hohe Abhängigkeit von der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung und der Steuergesetzgebung. In den letzten beiden Jahrzehnten ist der Anteil der freien Wohnungsbauunternehmen an der Herstellung von Geschossbauten auf etwa die Hälfte der Bauproduktion gestiegen, nachdem in den alten Ländern der Bundesrepublik die Wohnungsnot nach dem Zweiten Weltkrieg zunächst durch gemeinnützige und genossenschaftliche Gesellschaften gelindert worden war.
2.3.3
Öffentliche Bauherren
Der öffentliche Bauherr hat eine andere Stellung als der private Bauherr, denn er ist Treuhänder des Geldes der Steuerzahler. Ferner hat der öffentliche Bauherr eine Schutzfunktion gegenüber den freien Berufen und den mittelständischen Unternehmen. Zu den öffentlichen Institutionen als Bauherr zählen Bund, Länder, Gemeinden, öffentliche Körperschaften sowie Sondervermögensträger. Zur Geschichte der Staatlichen Hochbauverwaltung sei erwähnt: Im Jahre 1723 wurde eine erste Einrichtung als „General-Oberfinanz-, Kriegs- und DomänenDirektorium“ von Friedrich Wilhelm I. eingerichtet. „Aufgabe der Staatlichen Hochbauverwaltung war es seit diesen Anfängen, in Preußen – grundsätzlich und losgelöst von zeit- und epochebedingten Abwandlungen in der Aufgabenstellung – die baulichen Anlagen des Staates baufachlich zu unterhalten, gegebenenfalls um- und auszubauen und staatliche Neubauten zu planen und zu bauen.“ (Pfeiffer, U.: PM in Bauprojekten …, in: Motzel, E. (Hrsg.): PM …, 1993, S. 36) „Die Zahl der öffentlichen Bauherren ist beachtlich. Am 31.12.1992 gab es im gesamten Bundesgebiet allein 543 Landkreise und kreisfreie Städte sowie 16.043 Gemeinden. Die öffentlichen Bauinvestitionen sind über die drei Ebenen der Gebietskörperschaften allerdings nicht gleichmäßig verteilt. Der größte Anteil an Bauinvestitionen wird von den Gemeinden und Gemeindeverbänden getragen und zwar häufig unter Beteiligungsfinanzierung von Bund und Ländern.“ (Leimböck, E.: Bauwirtschaft, 2000, S. 40)
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2 Bauherrenaufgaben und -organisation
„1. Öffentliche Auftraggeber besitzen häufig eine große Machtstellung, basierend auf ungenügender Trennung von Hoheitsgewalt und privatrechtlicher Auftragsvergabe, ihrer teilweisen Stellung als Nachfragemonopolist und einer weitgehenden Zentralisierung des Beschaffungswesens. 2. Öffentliche Auftraggeber haben andere Zielvorstellungen als private Kunden. Sie handeln nicht wie diese im Eigeninteresse, sondern sollen einen möglichst hohen Nutzen für die Allgemeinheit (z. B. durch Verbesserung der Infrastruktur) erwirtschaften. 3. Öffentliche Beschaffungsstellen disponieren über fremde Mittel, die im wesentlichen durch Steuern aufgebracht werden. 4. Die Beschaffungsorgane der öffentlichen Hand sind in ihrem Verhalten stark an Vorschriften (Gesetze, Rechtsverordnungen, Statuten, Dienstanweisungen) gebunden [....].“ (Aufträge, öffentliche, in: Handwörterbuch der Absatzwirtschaft, 1974, Spalte 228) Die Zuständigkeiten von Bund, Ländern und Gemeinden in ihrer Funktion als Baulastträger können in groben Zügen wie folgt dargestellt werden. Das Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung ist zuständig für die Bauaufgaben der Verfassungsorgane des Bundes, der obersten Bundesbehörden und die Bauangelegenheiten im Ausland, z. B. Verwaltungsgebäude. Sonstige Aufgaben des Bundes sind - Straßenverkehr; Bundesstraßen und -autobahnen - Eisenbahnverkehr; Bahnhöfe und Strecken - Wasserverkehr; See- und Binnenhäfen, See- und Binnenwasserstraßen - Luftverkehr; Flughäfen - Bauaufgaben des Bundesgrenzschutzes. Der Bund kann Bauaufgaben an die Finanzbauverwaltungen der Länder und im Bereich des Straßenbaus auf kommunale Bauverwaltungen delegieren. Das Bundesamt für Strahlenschutz ist ferner zuständig für Kernenergieanlagen, so den Bau von Atomkraftwerken sowie von Zwischen- und Endlagern, eine Delegation an die Länder ist möglich. Zu den Bauaufgaben des Verteidigungsministeriums gehören, gegebenenfalls übertragen an die Finanzbauverwaltungen der Länder, die eigenen Bauten sowie die der Stationierungsstreitkräfte der NATO und des zivilen Bevölkerungsschutzes. In den Zuständigkeitsbereich der Landesbetriebe – unterschiedlich als Finanzbauverwaltung, Bau- und Liegenschaftsmanagement o. ä. bezeichnet – fallen neben den eigenen Behördenbauten, wobei eine Delegation auf kommunale Bauverwaltungen möglich ist, - Straßenverkehr; Landstraßen - Küstenschutz - Energieanlagenbau und sonstige Kraftwerke - Bau von Hochschulen - Bau von Hochschulkliniken - Bauaufgaben der Polizei.
2.3 Arten und Formen von Bauherren
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Ministerium für Bauen und Wohnen des Landes Nordrhein-Westfalen
Oberfinanzdirektionen Düsseldorf Köln Münster – Landesvermögensund Bauabteilung –
Landes- und Bundesbau
Bezirksregierung Arnsberg Detmold Düsseldorf Köln Münster
Landesinstitut für Bauwesen und angewandte Bauschadensforschung
– Baudezernat –
Landes- und Bundesbau
Bau- und Liegenschaftsmanagement (früher: Staatliche Bauämter) Abb. 2.3: Aufbau der staatlichen Bauverwaltung Nordrhein-Westfalen (Anhang 7 zur RBBau (1995), S. 313)
Den kommunalen Bauverwaltungen obliegt in erster Linie neben den selbst genutzten Bürogebäuden die Errichtung sonstiger Infrastruktur - Straßenverkehr; Kreis- und Stadtstraßen, Parkeinrichtungen - Öffentlicher Nahverkehr - Abfallbeseitigungs- und -verwertungsanlagen - Wasserversorgungs- und Abwasserentsorgungsanlagen - Krankenhäuser, Alten- und Pflegeheime - Schulen und Kindergärten - Badeanstalten und Sportstätten - Büchereien, Museen, Theater - Wasserläufe, Wasserbau. (Kumlehn, F.: Ausschreibungs- und Vergabemodell ..., 2001, S. 36) Die Bauverwaltungen haben für die Durchführung ihrer Projekte die „Richtlinien der Staatlichen Bauverwaltung des Bundes“ (RBBau) bzw. entsprechend die Richtlinien der Länder (RLBau) anzuwenden. Vom Staat als häufig bauenden öffentlichen Bauherrn wird erwartet, dass er verantwortungsbewusst mit seinen Mitteln, nämlich den Steuergeldern, umgeht und sowohl die Planung als auch die Ausführung von Bauvorhaben vorbildlich organisiert. Aus diesen Gründen wurde für die vielfältigen Neubaumaßnahmen und zur Erhaltung der Bau-
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2 Bauherrenaufgaben und -organisation
substanz in allen Bundesländern eine fachkundige Bauherrenvertretung in Form der Staatlichen Hochbauverwaltung eingerichtet. Hierzu heißt es ausführlich in den Richtlinien für die Durchführung von Bauaufgaben des Bundes im Zuständigkeitsbereich der Finanzbauverwaltungen (RBBau): „Die Bauverwaltung ist als fachkundiges Organ der öffentlichen Hand Garant für die ordnungsgemäße Erfüllung der im öffentlichen Interesse durchzuführenden staatlichen Bauaufgaben. Dementsprechend hat sie alle Aufgaben des staatlichen Bauens, insbesondere die der übergreifenden Koordinierung und Steuerung wahrzunehmen. [...] Die Verantwortung der Bauverwaltung ist vor allem begründet durch die haushaltsrechtlichen Vorschriften, insbesondere § 7 BHO
Grundsatz der Wirtschaftlichkeit und der Sparsamkeit
§§ 24 und 54 BHO
Grundregeln für die Veranschlagung und den Beginn von Baumaßnahmen
§ 55 BHO
Grundsätze des Wettbewerbs und des einheitlichen Verwaltungshandels bei der Vergabe
§§ 63 und 64 BHO
Grundsätze für den Erwerb und die Veräußerung von Vermögensgegenständen bzw. Grundstücken.
Bei der Durchführung der Bauaufgaben hat die Bauverwaltung die Einhaltung der öffentlichrechtlichen Vorschriften auf der Grundlage der jeweiligen Bundes- und Ländergesetze sicherzustellen. Die Bauverwaltung hat dafür zu sorgen, daß die für die Erfüllung ihrer Aufgaben erforderlichen Fach- und Sachkenntnisse ihrer Beschäftigten allen Anforderungen der Technik und der Verwaltungsverfahren entsprechen.“ Anmerkung: BHO = Bundeshaushaltsordnung (RBBau, A Organisation und Aufgaben, 16. Austauschlieferung (Februar 1995)) Gegenüber der Neubautätigkeit überwiegt inzwischen die Erhaltung des umfangreichen Baubestandes. So sind allein im Land Baden-Württemberg über 12.000 Gebäude mit einem Wert in der Größenordnung von rund 28 Mrd. € zu erhalten. Fachkunde ist hierbei vor allem für die Instandsetzung erforderlich, die bei neueren Gebäuden zunehmend die Technischen Anlagen und bei älteren Gebäuden die Denkmalpflege zum Gegenstand hat. (Knödler, T.: Der öffentliche Bauherr, in: DAB 12/1999, S. 1616) Die Bauherrenaufgaben der Staatlichen Bauverwaltung seien an den Beispielen BadenWürttemberg und Hessen eingehender erläutert: Die Ämter der Staatlichen Bauverwaltung auf der Ebene der Oberfinanzdirektionen mit Landesbauabteilungen, Staatlichen Bauämtern und Universitätsbauämtern erbringen als fachkundige Bauherrenvertretung: - Bauherrenaufgaben mit Projektleitung und Controlling sowie in begrenztem Umfang - Fachleistungen in Form von Planung und Überwachung der Bauausführung. Für die Vorbereitung, Leitung und Durchführung von öffentlich-rechtlichen Bauvorhaben werden in der Regel nur solche Personen eingesetzt, die eine einschlägige Qualifikation als Architekt, Bauingenieur oder gleichwertig erworben haben und darüber hinaus für ihre Aufgabe durch besondere Maßnahmen vorbereitet wurden, z. B. Referendariat. Man spricht hierbei vom fachkundigen Bauherrn.
2.3 Arten und Formen von Bauherren
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Richtlinien für die Durchführung von Bauaufgaben des Bundes und der Länder Beispiel: Richtlinien des Sächsischen Staatsministeriums der Finanzen für die Durchführung von Bauaufgaben und Bedarfsdeckungsmaßnahmen des Freistaates Sachsen im Zuständigkeitsbereich der Staatlichen Vermögens- und Hochbauverwaltung – RLBau Sachsen Beispiel Rheinland Pfalz: Verwaltungsabkommen – AGB 1975-US vom 29.8.1982 (einschließlich der Ergänzungsvereinbarung vom 3.11.2003) Richtlinien für Planungswettbewerbe (RPW 2008), mittelfristig sollen diese auch die Regeln für die Auslobung von Wettbewerben (RAW 2004) ersetzen, welche als einfache Alternative zur GRW entwickelt worden war Honorarordnung für Architekten und Ingenieure – HOAI:2009-08. Verordnung über die Honorare für Architekten- und Ingenieurleistungen – 6. HOAI-Novelle 2009 Plankostendaten der Zentralstelle für wirtschaftliches Bauen des Landes BadenWürttemberg – PLAKODA Kostenflächenarten-Methode – KFA Verdingungsordnung für freiberufliche Leistungen – VOF 2006 Vertrags- und Verdingungsordnung für Bauleistungen – VOB 2009 Verdingungsordnung für Leistungen – VOL 2006 Vergabehandbuch für die Durchführung von Bauvorhaben des Bundes im Zuständigkeitsbereich der Finanzbauverwaltungen – VHB Sonstige, z. B. ein eigenes Organisationshandbuch Anmerkung: Die ABG 1975 regeln die Durchführung der in Artikel 1 definierten Baumaßnahmen, die mit Heimatmitteln der US-Streitkräfte finanziert werden. Baumaßnahmen sind Neu-, Um- und Erweiterungsbauten sowie die erforderlichen Erschließungsmaßnahmen und die Instandsetzungs- und Instandhaltungsmaßnahmen. Abb. 2.4:
Regelwerke für die Durchführung öffentlicher Bauvorhaben
In Abbildung 2.4 werden die wichtigsten Regelwerke (Verordnungen, Richtlinien, Verfahren) für die Durchführung von Bauvorhaben des Bundes und der Länder genannt. Die öffentlichen Bauvorhaben sind hinsichtlich der Form und des Ablaufes sowohl in der Planungsvorbereitung, der Planung, der Ausführungsvorbereitung, der Ausführung wie auch beim Projektabschluss an solche Vorgaben gebunden. Ein Projektmanager, der für den öffentlichen Bauherrn arbeitet, muss diese weitgehend beherrschen.
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2 Bauherrenaufgaben und -organisation
In Hessen müssen fachkundige Bauherrenvertreter, z. B. die Staatliche Bauverwaltung, als Kernbestand beispielsweise die folgenden nicht delegierbaren Aufgaben erbringen: „1. Definition des Baubedarfs (quantitativ und qualitativ im Rahmen der Baueinleitung) 2. Übernahme der Garantiepflicht für die sachgerechte Verwendung der Haushaltsmittel und demzufolge a) Wahrnehmung der Haushalts-, Kassen- und Rechnungsaufgaben b) Auftragsvergabe an Unternehmen (nach VOB) und Vertragsschluss mit Architekten/Ingenieuren (nach HOAI) c) Durchführung von Planungswettbewerben d) Überwachung von Qualität der erbrachten Bauleistungen und Endabnahme des Bauwerkes e) Bauaufsichtliche Verantwortung nach § 107 (7) HBO (hier: Hessische Bauordnung als Beispiel) f) Kontrolle der beauftragten Architekten- und Ingenieurbüros auf das Erbringen der Vertragsleistungen.“ (Pfeiffer, U.: PM in Bauprojekten der öffentl. Hand, in: Motzel, E. (Hrsg.): PM in der Baupraxis, 1993, S. 36) Ferner darf die Bezeichnung sachkundiger Bauherr für diejenigen Personen verwendet werden, die aufgrund einschlägiger Erfahrungen in Nutzung und Betrieb von Objekten besondere und für die Planung eines entsprechenden Projektes erforderliche Kenntnisse besitzen. Vom sachkundigen bzw. vom fachkundigen Bauherrn wird nicht nur im Zusammenhang mit dem öffentlich-rechtlichen Bauherrn, sondern auch bei den anderen Formen des Bauherrn gesprochen. In den letzten Jahren gibt es Bestrebungen, die Rolle des öffentlichen Bauherrn, der bisher selbst Aufgaben der Planung und Überwachung wahrgenommen hat, zu beschränken und auf die Funktion des Auftraggebers zu konzentrieren. „Kennzeichen hierfür sind allmähliche Verringerung der öffentlichen Planungsstäbe, die Ausgliederung der Planungsabteilungen der öffentlichen Hand in eigenständigen, privatrechtlich organisierten Gesellschaften, wie z. B. bei der Bahn, bei der Post, beim Bund. Dies hat zur Folge, daß das Verhaltensmuster des öffentlichen Bauherrn sich dem des Bauherrn der gewerblichen Wirtschaft nähert. Wirtschaftliche Komponenten des Baugeschehens stehen im Vordergrund.“ (Jochem, R.: Wie Berufschancen für Architekten sich ändern, in: DAB 10/1995, S. 1857) So werden auch die Aufgaben des öffentlichen Bauherrn seit einigen Jahren teilweise privatisiert. Dies geschieht in Form von - Unterstützung des öffentlich-rechtlichen Bauherrenvertreters durch freiberufliche Projektsteuerer - Beauftragung von Planungsleistungen einschließlich Bauüberwachung an freie Architektur- und Ingenieurbüros - Privatisierung von ganzen Bereichen der öffentlich-rechtlichen Aufgaben, z. B. Versorgungs- und Verkehrsbetriebe
2.3 Arten und Formen von Bauherren
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- Gründung einer Baudurchführungsgesellschaft in der Rechtsform einer GmbH, welche die Bauherrenaufgaben anstelle eines Bauamtes für die Durchführung eines Projektes übernimmt und anschließend aufgelöst wird - Durchführung von Projekten durch Investoren mit anschließender Nutzung der Objekte durch die öffentlich-rechtlichen Institutionen. Für die öffentlichen Bauverwaltungen gibt es derzeit drei Privatisierungsmodelle, die bei Bund, Ländern und Kommunen erprobt werden: „Materielle oder echte Privatisierung: Von einer materiellen oder echten Privatisierung spricht man dann, wenn mit einer vollständigen Übertragung bisheriger öffentlicher Aufgaben an ein privates Wirtschaftsunternehmen neben der geänderten rechtlichen Organisationsform auch die Eigentums- und Verfügungsrechte auf diese Unternehmen übergehen und die Leistungen durch dieses Unternehmen erbracht werden. Formelle Privatisierung: Bei der formellen Privatisierung oder auch Bildung von „Scheinprivatisierten Unternehmen“ (SPU) wird eine bisher von der öffentlichen Hand unmittelbar wahrgenommene Aufgabe auf eine privatrechtliche Gesellschaft übertragen (z. B. GmbH oder AG), die sich jedoch vollständig oder mehrheitlich im Besitz der öffentlichen Hand befindet. Bei einer solchen Scheinprivatisierung ändert sich lediglich die rechtliche Organisationsform, die Eigentums- und Verfügungsrechte werden aber nicht auf Private übertragen, der bestimmende Einfluss der öffentlichen Hand bleibt erhalten. Der Scheinprivatisierung sind Erweiterungen der erwerbswirtschaftlichen Tätigkeit öffentlicher Hände gleichzusetzen. Contracting out: Bei dem Contracting out handelt es sich um eine Teilprivatisierung öffentlicher Aufgaben. Hierbei wird lediglich die Ausführung der weiterhin bestehenden öffentlichen Aufgabe auf private Wirtschaftsunternehmen übertragen, ohne jedoch die rechtliche Organisationsform und die Rechtsposition der öffentlichen Hand zu verändern. Das private Wirtschaftsunternehmen erfüllt die Funktion eines Erfüllungsgehilfen für die öffentliche Verwaltung.“ (BAK: Die Lösung wird zum Problem, in: DAB 12/1999, S. 1619) Die Zielsetzung einer zunehmenden Privatisierung öffentlicher Aufgaben wird zu Veränderungen in der Zusammenarbeit zwischen dem öffentlichen Bauherrn und den freiberuflichen Architekten und Ingenieuren führen. Für beide Seiten sind damit nicht nur Chancen verbunden. So können freiberufliche Projektsteuerer delegierbare Bauherrenaufgaben und Architektur- und Ingenieurbüros die Planung und Überwachung übernehmen, die zuvor die Bauverwaltung selbst durchgeführt hatte. Mit der Reduzierung der Bauverwaltung auf die Funktion des Auftraggebers von Koordinations-, Planungs- und Bauüberwachungsleistungen entsteht die Gefahr abnehmender Fachkompetenz. Denn in der Rolle als fachkundiger Bauherr sollten die Mitarbeiter auch die wesentlichen Aufgaben der Architekten- und Ingenieurtätigkeit beherrschen. Melchers hat diesbezüglich die Erwartung: „Allerdings wird ein angemessener Anteil (durchschnittlich 30 % des Aufgabenvolumens) an Planungs- und Baudurchführungsaufgaben weiterhin von den Bauverwaltungen selbst erledigt, wobei dieser Anteil flexibel sein muss, um mit einem relativ konstanten Personalbestand wirtschaftlich arbeiten zu können. Die fachliche Kompetenz der Bauverwaltungen kann damit aufrechterhalten, qualifiziertes Personal gehalten und ersetzt werden.“ (Melchers, C: Plädoyer …, in: DAB 12/1999, S. 1622)
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2.4
2 Bauherrenaufgaben und -organisation
Bauherrenaufgaben im Spiegel der Kostenplanung
Bauherrenaufgaben verursachen einen Aufwand, der selbstverständlich auch bei der Kostenermittlung zu berücksichtigen ist. Denn es gilt der Grundsatz: „Kostenermittlungen sind in der Systematik der Kostengliederung zu ordnen. Die Kosten sind vollständig zu erfassen und zu dokumentieren.“ (DIN 276-1:2008-12) In der Kostengruppe 700 Baunebenkosten sind die Bauherrenaufgaben sind diese bis in die 3. Ebene der Kostengliederung wie folgt unterteilt. Kostengruppe
Anmerkungen
710 Bauherrenaufgaben 711 Projektleitung
Kosten zum Zwecke der Zielvorgabe, der Überwachung und Vertretung der Bauherreninteressen
712 Bedarfsplanung
Kosten für Bedarfs-, Betriebs- und Organisationsplanung, z. B. zur betrieblichen Organisation, zur Arbeitsplatzgestaltung, zur Erstellung von Raum- und Funktionsprogrammen, zur betrieblichen Ablaufplanung und zur Inbetriebnahme
713 Projektsteuerung
Kosten für Projektsteuerungsleistungen sowie für andere Leistungen, die sich mit der übergeordneten Steuerung und Kontrolle von Projektorganisation, Terminen, Kosten, Qualitäten und Quantitäten befassen
719 Bauherrenaufgaben, sonstiges
Baubetreuung, Rechtsberatung, Steuerberatung
Abb. 2.5:
Bauherrenaufgaben gemäß DIN 276-1:2008-12
Anmerkungen zu den Kostengruppen: KG 711 Projektleitung Wird die Projektleitung auf der Bauherrenseite als Eigenleistung erbracht, ist der Aufwand zu bewerten. Wird sie als Fremdleistung vergeben, ist neben dem Honorar für den externen Projektleiter zusätzlich der Aufwand des Bauherrn, welcher aus seiner Funktion als Auftraggeber und in der Regel als späterer Nutzer entsteht, zu berücksichtigen. Verfügt ein Bauherr über eine eigene Bauabteilung, welche die Projektleitung wahrnimmt, wie z. B. die Bauabteilung eines Industrieunternehmens oder wie im Falle eines Universitätsbauamtes, dann sind die Selbstkosten dieser Organisationseinheit auf die bearbeiteten Projekte aufzuteilen. Der Aufwand für die Projektleitung liegt hauptsächlich in den Personalkosten für die Wahrnehmung der Gesamtkoordination, die Vertragsgestaltung einschließlich der Inanspruch-
2.4 Bauherrenaufgaben im Spiegel der Kostenplanung
55
nahme einer Rechtsberatung, die übergeordnete Kosten- und Terminplanung sowie in vielen Fällen für Marketing und Vertrieb der Immobilie, wie zum Beispiel bei einem Bauträger. Die die Kosten der Projektleitung auf der Seite des Bauherrn werden nur in Ausnahmefällen mit der gebotenen Genauigkeit ermittelt. Das hat vor allem zwei Gründe. Zum einen sind viele Bauabteilungen und -ämter neben der Wahrnehmung der Projektleitung mit zahlreichen weiteren Aufgaben befasst. Häufig sind es Architekten- und Ingenieurleistungen wie z. B. die vollständige Grundlagenermittlung oder die Objektüberwachung. In der Regel gehören auch Aufgaben der Instandhaltung vorhandener Objekte dazu. Die mit der systematischen Ermittlung der Kosten verbundene Mühe wird gescheut. Auf der anderen Seite wird die damit mögliche Kostentransparenz von den unmittelbar Beteiligten manchmal auch gar nicht gewünscht. Denn hieraus können Einsparpotentiale abgeleitet werden, die dann meist zum Stellenabbau genutzt werden. Bei gewerblichen Bauherren, wie vor allem Bauträgern, werden Projekte durch eigene Gesellschaften betreut. Diese verfügen über eine eigene Rechtspersönlichkeit, dienen der Risikoabgrenzung und arbeiten auf eigene Rechnung. Die Ermittlung des Aufwandes für die Bauherrenaufgaben, so insbesondere für die Projektleitung, ist dabei besonders gut möglich. Siehe Kapitel 3 Projektleitung und Projektsteuerung.
KG 712 Bedarfsplanung Die Bedarfsplanung ist nach DIN 18205:1996-04, Bedarfsplanung im Bauwesen, die methodische Ermittlung der Bedürfnisse des Bauherren und der Nutzer, die zielgerichtete Aufbereitung als Bedarf und die Umsetzung in bauliche Anforderungen. Ergebnis ist der Bedarfsplan, auch als Nutzerbedarfsprogramm bezeichnet. Die Bedarfsplanung ist eine Bauherrenaufgabe, sie kann an einen entsprechenden Fachmann, den Bedarfsplaner delegiert werden, Siehe Kapitel 5 Qualitäten und Quantitäten, Abschnitt 5.1.2 Bedarfsplanung im Bauwesen. KG 713 Projektsteuerung Zu den Leistungen und zur Vergütung der Projektsteuerung siehe Kapitel 3 Projektleitung und Projektsteuerung. Entscheidend für die anteiligen Kosten sind das Leistungsbild und der Leistungsumfang eines gegebenenfalls eingesetzten Projektsteuerers. Anteilig an den Bauherrenaufgaben (KG 710) macht nach den Erfahrungen des Verfassers die Projektsteuerung meist ein bis zwei Drittel der Kosten für Bauherrenaufgaben aus. Siehe Kapitel 3 Projektleitung und Projektsteuerung. KG 719 Bauherrenaufgaben, sonstiges Als sonstige Bauherrenaufgaben nennt die DIN 276 die Baubetreuung. Darüber hinaus ist diese Kostengruppe geeignet, die Nebenkosten wie diejenigen für Vervielfältigungen, Porti, Fernsprechgebühren, Reisekosten der Bauherrenseite aufzunehmen. Seit einigen Jahren wird der Sicherheits- und Gesundheitskoordinator (SiGeKo) gefordert. Da es sich hierbei um Bauherrenaufgaben handelt, sollte die Gliederung der DIN 276 um eine Position für diesen Projektbeteiligten erweitert werden, z. B. um die Kostengruppe KG 714 Sicherheits- und Gesundheitskoordinator.
56
2 Bauherrenaufgaben und -organisation
Anmerkung zu den Bauherrenaufgaben Es ist zu hoffen, dass der Bedeutung der Bauherrenaufgaben und nicht zuletzt auch deren Kosten in Zukunft noch größere Beachtung beigemessen wird. Der Verfasser ist wiederholt mit der Ermittlung von Baunebenkosten für größere Projekte befasst. Die Schätzung des Aufwandes der Bauherrenaufgaben ist dabei immer besonders schwierig. Bauherrenorganisationen sind mit zunehmender Komplexität überproportional personalintensiv. Ihre Kosten sollten jedoch etwa ein Drittel der übrigen Baunebenkosten, dabei ist KG 760 Finanzierung ausgenommen, nicht überschreiten. Als übrige Baunebenkosten sind hier angesprochen 720 Vorbereitung der Objektplanung 730 Architekten- und Ingenieurleistungen (je volles Leistungsbild) 740 Gutachten und Beratung 750 Kunst ... 770 Allgemeine Baunebenkosten 790 Sonstige Baunebenkosten. Geschichte der Bauherrenaufgaben Abschließend gönnen wir uns noch einen kurzen Blick in die Geschichte der Bauherrenaufgaben als Teil der Kostenplanung: Diese wurden im Rahmen der Kostenplanung schon sehr früh berücksichtigt, so enthält DIN 276:1934-08, Kosten von Hochbauten und damit zusammenhängenden Leistungen, bereits unter III. Baunebenkosten den Gliederungspunkt c) Kosten der Verwaltungsleistungen: „Verwaltungsleistungen sind die dem Bauherrn durch den Bau unmittelbar und mittelbar verursachten besonderen und allgemeinen Verwaltungsarbeiten, [ ... ].“ Rund zehn Jahre später wird in DIN 276:1954-03 differenziert: Abschnitt 2.32 Kosten der Verwaltungsleistungen: „Hierzu gehören die Kosten der Verwaltungsarbeiten des Bauherrn oder einer betreuenden Stelle, soweit diese Kosten nicht unter Abschn. 2.31, 2.34, und 2.35 anzusetzen sind.“ (Hierbei handelt es sich um 2.31 Kosten der Architekten- und Ingenieurleistungen, 2.34 Kosten der Beschaffung der Finanzierungsmittel und 2.35 Sonstige Nebenkosten) In DIN 276:1971-09 werden die Bauherrenaufgaben vorübergehend nicht explizit genannt, können aber als Eigenleistungen bewertet werden. Im Jahr 1981 werden sie als KG 7.1.4.0 Verwaltungsleistungen von Bauherr und Betreuer wieder als eigene Position aufgenommen. Es wird hieraus und im Zusammenhang mit dem Ersatz der Gebührenordnung für Architekten und Ingenieure (GOA), Fassung vom November 1958, durch die Honorarordnung für Architekten und Ingenieure (HOAI) im Jahr 1976 und der Aufnahme des § 31 Projektsteuerung deutlich, dass die Bedeutung der Bauherrenaufgaben und deren mögliche Delegation an Dritte an Bedeutung gewonnen und damit bei der Projektorganisation wie bei der Ermittlung der Gesamtkosten einen wichtigen Stellenwert erlangt hat. (DIN 276 in den Fassungen von 1943-08, 1954-03, 1971-09 und 1981-04)
3
Projektleitung und Projektsteuerung
Im Zusammenhang mit der Projektkoordination, insbesondere der Zusammenarbeit des Bauherrn mit seinen Planern und ausführenden Firmen, wird von den Bauherrenaufgaben gesprochen. Diese können nach den delegierbaren und nicht delegierbaren Bauherrenaufgaben unterschieden werden, also danach, welche der Bauherr selbst wahrzunehmen hat und, welche er durch qualifizierte Dritte ausführen oder sich zuarbeiten lassen kann. In diesem Sinne sind die Funktionen Projektleitung auf der Bauherrenseite mit grundsätzlich nicht delegierbaren und die Projektsteuerung oder das Projektcontrolling als im Bedarfsfall delegierbare Bauherrenaufgaben zu verstehen (vgl. Abb. 3.1). Nicht delegierbare Bauherrenaufgaben
Bauherr mit der Funktion Projektleitung
Abb. 3.1:
Delegierbare Bauherrenaufgaben mit oder ohne Projektcontrolling
mit oder ohne Projektsteuerung
Nicht delegierbare und delegierbare Bauherrenaufgaben
Es handelt sich hierbei um grundsätzliche Alternativen für die Durchführung eines Projektes, welche im Zusammenhang mit der Einrichtung eines Projektcontrollings zu beurteilen sind. Einzelne Alternativen können miteinander kombiniert werden.
3.1
Projektleitung
Bauherren, die häufig oder ständig bauen – angesprochen sind größere private und öffentliche Institutionen – verfügen in der Regel über eigene Fachleute, deren Beruf – vereinfacht ausgedrückt – darin besteht, Bauherr zu sein. Es handelt sich hierbei in erster Linie um das Projektmanagement in Form der Projektleitung. Die Projektleitung vertritt die Bauherrenorganisation im Außenverhältnis gegenüber allen Auftragnehmern und sonstigen am Projekt Beteiligten (vgl. Abb. 3.2). „Der Projektleitung obliegt stets die direkte Verantwortung für die Erreichung der Projekt/Auftragsziele. Sie hat Linienfunktion und ist infolgedessen mit Entscheidungs-, Weisungs-
58
3 Projektleitung und Projektsteuerung
und Durchsetzungsbefugnis ausgestattet. Nach Ansicht des Bundesrechnungshofes dürfen Leistungen der Projektleitung von öffentlichen Bauherren im allgemeinen nicht an freiberufliche Fachbüros übertragen werden. Gewerbliche oder private Bauinvestoren dagegen verfügen vielfach über keine eigenen Bauabteilungen mit entsprechend fachkundigem Personal, so daß sie durchaus auch Projektleitungsaufgaben delegieren.“ (DVP e. V. (Hrsg.): DVP Informationen, 1996, S. 10)
Kreditinstitute
Beraterverträge
Mietverträge
Nutzer
Träger Öffentlicher Belange
Sonderfachleute
Kreditverträge
Bauherr wird im Projekt nach außen vertreten durch
Projektleitung
Planungsverträge
Objektplaner
Abb. 3.2:
Bauverträge
Fachlich Beteiligte
Ausführende Firmen
Stellung der Projektleitung innerhalb der Projektorganisation
Bei der Wahl des Projektleiters kommt es darauf an, dass dieser zu Beginn des Projektes und damit so früh eingesetzt wird, dass er den Projektablauf maßgeblich gestalten kann. Dabei ist besonders darauf zu achten, dass die Kompetenzen des Projektleiters den ihm übertragenen Aufgaben entsprechen. Er wird in vielen Fällen auch innerhalb der Bauherrenorganisation Unterstützung benötigen und muss dazu an bestehenden, meist hierarchischen Strukturen vorbei die Mitwirkung von Stellen oder Abteilungen einfordern können. Dies betrifft beispielsweise das Controlling, die Vertragsabteilung und die Organisationsabteilung. „Der Projektleiter sollte grundsätzlich dem jenigen einer Konzernorganisation unterstellt werden, der den Durchgriff auf alle am Projekt beteiligten Fachbereiche/Abteilungen hat. [ ... ] Schon die firmeninterne Gewichtung eines höheren Vorgesetzten reicht in der Regel aus, um bei Problemen in anderen Betriebszweigen unterstützen zu können.“ (Wischnewski, E.: Modernes Projektmanagement, 1996, S. 46) Deswegen ist es erforderlich, dass er förmlich eingesetzt wird und alle Stellen innerhalb der Bauherrenorganisation die Zielsetzungen des Projektes, die Aufgabe des Projektleiters und
3.1 Projektleitung
59
dessen Kompetenzen im eigenen Hause kennen muss. Manche Unternehmen bereiten dies durch einen sogenannten „Projektstartbrief“ vor, der rechtzeitig verteilt wird. So wird nach innen und außen die Unterstützung des Projektleiters durch die Unternehmensleitung erkennbar und sichergestellt. Die Projektleitung oder der Projektleiter hat die Zusammenarbeit der am Projekt Beteiligten während der gesamten Dauer des Projektes sicherzustellen. Er ist im Außenverhältnis der Vertreter des Auftraggebers und hat die Zusammenarbeit der Auftragnehmer über alle Projektstufen zu steuern. Gegenüber den Auftragnehmern ist er zu Weisungen befugt. Er muss Entscheidungen treffen und durchsetzen und trägt damit die Verantwortung für das Projekt insgesamt. In ihrer Eigenschaft als Projektauftraggeber wählt eine Bauherrenorganisation einen Projektleiter aus und definiert das Projekt. „In der Praxis der Projektarbeit ist es durchaus üblich, daß der Projektauftraggeber dem Projektleiter einen sehr unpräzisen, oft auch mündlichen Projektauftrag erteilt. In solchen Fällen sollte der Projektleiter versuchen, die Projektziele und -definition selbst zu formulieren und anschließend mit dem Projektauftraggeber zu vereinbaren.“ (Patzak, G. und Rattay, G.: Projektmanagement, 1996, S. 118) In Bezug auf die Stellenbeschreibung und die Aufgaben, die Pflichten und das Selbstverständnis des Projektleiters werden ganz bewusst einschlägige Auffassungen wiedergegeben, die das heutige Verständnis dieser wichtigen Funktion deutlich machen. Bereits mit der Ernennung zum Projektleiter muss dieser von seinem Vorgesetzten eine Stellenbeschreibung für die Tätigkeit als Projektleiter fordern. Die wesentlichen Aspekte einer solchen Stellenbeschreibung sind: „- Welche Funktionsträger der Linienorganisation sind weisungsbefugt gegenüber dem Projektleiter (disziplinarisch, fachlich)? - Wer ist dem Projektleiter direkt untergeordnet, und welche Weisungsbefugnis (disziplinarisch, fachlich) erhält der Projektleiter gegenüber diesen Personen? - Wer ist Vertreter? - Welche Vollmachten hat der Projektleiter? - Wofür ist der Projektleiter verantwortlich (im rechtlichen Sinne)? - Welche Aufgaben hat der Projektleiter durchzuführen? - Unterschriften des Vorgesetzten und des Projektleiters.“ (Wischnewski, E.: Modernes Projektmanagement, 1996, S. 55) Für die Dauer des Projektes benötigt der Projektleiter nicht nur die fachliche und persönliche Kompetenz, das Projekt zu führen. Sondern er benötigt auch ausdrückliche Vollmachten, um seiner Aufgabe und Verantwortung gerecht werden zu können. Die Stellung in der Hierarchie der Bauherrenorganisation, gleichgültig ob es sich um ein Privatunternehmen oder eine öffentlich-rechtliche Institution handelt, muss seiner Funktion entsprechen. Nur so kann er die von ihm verlangten Pflichten erfüllen und die notwendigen Maßnahmen durchsetzen.
60
3 Projektleitung und Projektsteuerung
Doch gerade in dieser Hinsicht treten in der Praxis häufig Probleme auf: -
Funktionsträger der Linienorganisation versuchen unter Missachtung der Projektorganisation auf den Projektleiter einzuwirken und eigene Interessen durchzusetzen
-
Mitarbeiter der Organisation erkennen den Projektleiter nicht an und leisten nur unzureichend Unterstützung
-
der Projektleiter scheut sich, ihm übertragene Kompetenzen voll auszuschöpfen, für seine Vorgesetzten „unangenehme“ Wahrheiten auszusprechen, weil er Konsequenzen für die berufliche Zukunft befürchtet.
Der Projektleitung obliegen im Wesentlichen folgende Aufgaben: „- Definition und Planung des Projektes mit Zeit- und Aufwandsschätzung (Kosten, Ressourcen) - Abgrenzung der Teilgebiete des Projektes und Aufgabenverteilung (Arbeitspakete) - Beeinflussung von anzuwendenden Methoden und Verfahren - Zielverfolgung - Koordination von Projektteam, Fachabteilungen und gegebenenfalls externer Beratung (Besprechungen, Gespräche) - Förderung und Unterstützung der Teammitglieder - Überwachung und Steuerung von Projektfortschritt/Leistungsumfang (Quantität und Qualität), Zeit (Termine), Kosten, Kapazität und Änderungen - Impulsgebung bei zu veranlassenden Aktionen - Wahrnehmung fachlicher Aufgaben entsprechend vorhandener Kenntnisse und Fähigkeiten, soweit möglich - Information und Kommunikation innerhalb des Teams, mit Fachabteilungen und beteiligtem Management - Dokumentation und Berichtswesen - Kontakthaltung und Zusammenarbeit mit dem Auftraggeber und gegebenenfalls mit externen Partnern.“ (Zielasek, G.: Projektmanagement, 1995, S. 75) So soll ausschließlich der Projektleiter gegenüber den Auftragnehmern als Vertreter der Bauherrenorganisation auftreten. Er soll Ihnen die erforderlichen Informationen und Weisungen geben sowie Leistungen entgegennehmen. Im Innenverhältnis der Bauherrenorganisation ist er unabhängig davon gegenüber der Geschäftsleitung weisungsgebunden und ihr gegenüber berichts- und rechenschaftspflichtig. Meinungsverschiedenheiten das Projekt betreffend innerhalb der Geschäftsleitung dürfen nicht an die Auftraggeber weitergetragen werden. Entsprechend darf es nicht vorkommen, dass ein Mitglied der Geschäftsleitung am Projektleiter vorbei mit einem Auftragnehmer, z. B. dem Architekten, Vereinbarungen trifft, die Auswirkungen auf das Projekt haben, z. B. Ausstattungselemente höherer Qualität und damit auch höherer Kosten.
3.1 Projektleitung
61
Das Leitungsbild Projektleitung ist umfassend. Es wird von der AHO-Fachkommission wie folgt beschrieben worden: „§ 206 Leistungsbild Projektleitung (1) Sofern seitens des Auftraggebers auch die Projektleitung in Linienfunktion beauftragt wird, gehören dazu im Wesentlichen folgende Grundleistungen: 1. Rechtzeitiges Herbeiführen bzw. Treffen der erforderlichen Entscheidungen sowohl hinsichtlich Funktion, Konstruktion, Standard und Gestaltung als auch hinsichtlich Organisation, Qualität, Kosten, Terminen sowie Verträgen und Versicherungen 2. Durchsetzen der erforderlichen Maßnahmen und Vollzug der Verträge unter Wahrung der Rechte und Pflichten des Auftraggebers 3. Herbeiführen der erforderlichen Genehmigungen, Einwilligungen und Erlaubnisse im Hinblick auf die Genehmigungsreife 4. Konfliktmanagement zur Ausrichtung der unterschiedlichen Interessen der Projektbeteiligten auf einheitliche Projektziele hinsichtlich Qualitäten, Kosten und Termine, u. a. im Hinblick auf •
die Pflicht der Projektbeteiligten zur fachlich-inhaltlichen Integration der verschiedenen Planungsleistungen und
•
die Pflicht der Projektbeteiligten zur Untersuchung von alternativen Lösungsmöglichkeiten
5. Leiten von Projektbesprechungen auf Geschäftsführungs-, Vorstandsebene zur Vorbereitung/Einleitung/Durchsetzung von Entscheidungen 6. Führen aller Verhandlungen mit projektbezogener vertragsrechtlicher oder öffentlichrechtlicher Bindungswirkung für den Auftraggeber 7. Wahrnehmen der zentralen Projektanlaufstelle; Sorge für die Abarbeitung des Entscheidungs-/Maßnahmenkatalogs 8. Wahrnehmen von projektbezogenen Repräsentationspflichten gegenüber dem Nutzer, dem Finanzier, den Trägern öffentlicher Belange und der Öffentlichkeit (2) Für den Nachweis der übertragenen Projektleitungskompetenzen ist dem Auftragnehmer vom Auftraggeber eine entsprechende schriftliche Handlungsvollmacht auszustellen.“ (AHO (Hrsg.): Heft 9:2009-03, S. 19) Unabhängig von vertraglichen Regelungen soll sich der Projektleiter darüber im Klaren sein, wie er seine Rolle zu verstehen hat. Zum Selbstverständnis des Projektleiters gehören: „- Loyalität besteht in erster Linie dem Projekt gegenüber, er denkt in Projektzusammenhängen. - Projektleiter übernehmen in erster Linie Führungsfunktionen. - Der Projektleiter akzeptiert, dass jemand anderes die Aufgabe erledigt, die er selbst vielleicht schneller und besser erledigt hätte.
62
3 Projektleitung und Projektsteuerung
- Der Projektleiter hat Interesse an den Ergebnissen und weniger daran, wie sie zustande gekommen sind. - Aufgaben werden nicht nur aufgetragen, er ergreift selbst die Initiative, setzt Ziele, bringt Dinge in Gang. - Der Projektleiter erledigt Aufgaben im Team.“ (Patzak, G. und Rattay, G.: Projektmanagement, 1996, S. 142) Bei größeren Projekten mit über hundert Millionen Euro Bausumme besteht eine Projektleitung nicht nur aus dem Projektleiter, sondern aus einem Projektleitungsteam. Je nach den Möglichkeiten der Bauherrenorganisation und den Anforderungen aus der Projektaufgabe setzt sich das Projektleitungsteam aus mehreren Personen zusammen, die - aus der Organisation des Auftraggebers für längere Zeit vollständig oder teilweise in das Projektleitungsteam abgestellt werden sowie - als externe Spezialisten für die Projektarbeit als Projektsteuerer in das Projektleitungsteam aufgenommen werden. Es kommt hierbei darauf an, dass sowohl das Wissen auf der Seite des Auftraggebers so gut wie möglich genutzt wird, als auch externe Mitarbeiter Erfahrungen in der Projektarbeit einbringen. Dies schließt ihre Kapazität, geeignete Methoden und Hilfsmittel, insbesondere für die Informationsverarbeitung, ein. Es ist bei sehr kleinen Projekten nicht zweckmäßig, einer Person zwei oder drei Projekte zuzuordnen, so dass diese gleichzeitig dreifacher Projektleiter ist. Sie wird sich immer nur einem Projekt mit der notwendigen Aufmerksamkeit widmen können. In diesem Fall ist es besser, dem Projektleiter einige Aufgaben aus dem Projekt selbst zu überlassen, so dass er außer Projektleiter auch gleichzeitig Mitarbeiter ist. (Wischnewski, E.: Modernes Projektmanagement, 1996, S. 42) Mitarbeiter des Auftraggebers, die für ein Projekt abgestellt werden, müssen grundsätzlich ihre bisherigen Aufgaben teilweise oder vollständig abgeben. Das ist insoweit nicht ganz unproblematisch, weil nach Abschluss des Projektes die bisherige Stelle des Projektleiters durch jemand anderes besetzt ist. Den sich aus der Projektarbeit ergebenden Chancen steht also auch eine gewisse Unsicherheit hinsichtlich der beruflichen Entwicklung gegenüber. Häufig wird eine Regelung dahingehend getroffen, dass die für das Projekt freigestellten Mitarbeiter einen Tag in der Woche in ihrem bisherigen Arbeitsgebiet tätig bleiben und vier Tage dem Projekt zur Verfügung stehen. Unter besonderen Umständen kann auch ein externer Fachmann als Projektleiter eingesetzt werden. Dies kann erforderlich sein, wenn auf der Seite des Bauherrn niemand bereit oder in der Lage ist, die unzweifelhaft schwierige Aufgabe der Projektleitung zu übernehmen. Auf die rechtzeitige Klärung der notwendigen Vollmachten und auch der Haftung des externen Projektleiters ist dann in diesem Fall in besonderem Maße zu achten. Bei der Überlegung, wie der Bauherr – nicht nur im Bereich der Koordination – eine Entlastung finden kann, bietet sich die Delegation von Aufgaben an einen Projektsteuerer an. Teile der Projektsteuerung finden sich auch in anderen Aufgabenfeldern wieder, so in einem Baucontrolling oder einem Projektcontrolling. Dazu gehörende Leistungsbilder werden in den folgenden Abschnitten ausführlich beschrieben.
3.2 Projektcontrolling
3.2
63
Projektcontrolling
Zum Controlling finden sich in Praxis und Theorie verschiedene Auffassungen. So formuliert z. B. Deyle zur Aufgabe des Controllings und zum Träger dieser Funktion: „Controller leisten begleitenden betriebswirtschaftlichen Service für das Management zur zielorientierten Planung und Steuerung. Das heißt: - Controller sorgen für Ergebnis- und Strategietransparenz. - Controller koordinieren Teilziele und Teilpläne ganzheitlich und organisieren unternehmensübergreifend zukunftsorientiertes Berichtswesen. - Controller sichern die Daten- und Informationsversorgung der Entscheidungsträger. - Controller tragen in aktiver sowie innovativer Mitarbeit zu mehr Wirtschaftlichkeit im System und müssen erreichen, dass jede Führungskraft in ihrer ökonomischen Verantwortlichkeit sich selbst steuern kann. - Controller sind die internen betriebswirtschaftlichen Berater aller Entscheidungsträger und wirken als Lotse zur Zielerreichung.“ (Deyle, A. et al.: Neue Formulierung Controller Leitbild, in: Contr. Magazin, 1996, S. 133) Diese auf das Controlling im Unternehmen bezogenen Ausführungen lassen sich grundsätzlich auf Projekte, so auch im Bauwesen übertragen. Vereinfachend und allgemein darf jedoch festgestellt werden: Controlling ist „das Bereitstellen und Verwenden von Informationen zum Setzen von Zielen, zum Messen der Zielerreichung und zum steuernden Eingreifen ..., wenn es zwischen Soll-Größen und Ist-Größen zu Abweichungen kommt.“ (Heinrich L. J. und Roithmayr, F.: Wirtschaftsinformatik-Lexikon, 1998, S. 6) Controlling ist eine Führungsaufgabe im Sinne des englischsprachigen Begriffs „control“ = Beherrschung, Lenkung, Steuerung und Regelung von Prozessen. Gegenstand des Controllings bei Bauprojekten können grundsätzlich alle Ziele für ein Projekt sein, die vom Bauherrn vorgegeben werden. Herkömmlich richtet sich ein Projektcontrolling vorwiegend auf die messbaren Größen wie Kosten und Finanzierung sowie Termine und Kapazitäten. Die Formulierung von Zielgrößen erfolgt nicht nur in absoluten Größen, z. B. Baukosten des Projektes, sondern vorwiegend in Form von Kennwerten, die als Vergleichswerte oder Richtgrößen dienen, z. B. €/m² BGF Gebäude oder Bauleistung/Arbeitstag. Kennwerte erlauben den Soll-Ist-Vergleich bei der Durchführung des Projektes und ebenso den Vergleich von Projekten unterschiedlicher Größenordnung oder Dauer. Im Bauwesen werden Begriff und Funktion des Controllings sehr beliebig verwendet. Um so mehr ist es wichtig, im Einzelfall die Aufgaben und Kompetenzen des Controllings zu beschreiben und innerhalb der Projektorganisation zu vermitteln. Darüber hinaus ist die Frage zu klären, durch wen, nämlich Bauherr, Berater oder Planer, und in welcher Form – sprich Leistungsbild und Vertrag – wird Projektcontrolling im Bauwesen wahrgenommen? Dazu werden auf der Grundlage eigener Tätigkeiten und unter Berücksichtigung weiterer Quellen zwei in ihren Grundzügen unterschiedliche Auffassungen dargestellt und bewertet.
64
3 Projektleitung und Projektsteuerung
Speziell für Projekte im Bauwesen soll gelten: Controlling „umfasst die Prozesse und Regeln, die innerhalb des Projektmanagements zur Sicherung des Erreichens der Projektziele beitragen durch - Erfassung von Ist-Daten - Soll-Ist-Vergleich - Feststellung und Analyse der Abweichungen - Bewertung der Konsequenzen und Vorschlagen von Korrekturmaßnahmen - sowie durch das Mitwirken bei der Maßnahmenplanung und Überwachung ihrer Durchführung. Das sind Prozesse, - durch die die Aufstellung der Bewertungskriterien und Bewertungsmaßstäbe festgelegt wird. Diese Bewertungskriterien sind für alle Phasen des Projektes aufgestellt und so gewählt, dass die damit ermittelten Größen objektiviert werden. - durch die ein ständiger Soll-Ist-Vergleich der definierten Kriterien gesichert wird. - aus denen Handlungsvorschläge abgeleitet werden.“ (DIN 69904:2009-01, Projektmanagement, Projektmanagementsysteme) Allgemein bestehen auch hinsichtlich der Verankerung eines Controlling in Projekten unterschiedliche Auffassungen. Steinle sieht folgende Möglichkeiten: „- Übernahme der Controllingaufgaben durch den Projektleiter im Wege eines SelbstControlling, - Wahrnehmung der Aufgaben durch den gesamtunternehmungsbezogenen, zentralen Controllingbereich, - Übertragung der Aufgaben an einen externen Controller, - Schaffung einer eigenständigen, projektbezogenen Controllingstelle oder -abteilung.“ (Steinle, C. et al. (Hrsg.): Projekt Management, 1998, S. 144) Diese Überlegungen beziehen sich vorwiegend auf Projekte im Unternehmen. Bei kleineren Bauprojekten sollte der Projektleiter das Controlling selbst wahrnehmen. Das Controlling eines Bauprojektes durch ein vorwiegend mit andersgearteten Projekten befasstes Unternehmenscontrolling kann sich lediglich auf Projektziele beziehen und muss wegen der Besonderheiten des Bauwesens allgemein bleiben, Projektleiter und gegebenenfalls ein Projektsteuerer müssen hierzu wesentliche Zuarbeiten leisten. Ein Beispiel für ein externes Controlling wird nachfolgend beschrieben. Eine eigenständige Controllingstelle für Bauprojekte oder eine entsprechende Abteilung ist inzwischen bei vielen Bauherren anzutreffen, die regelmäßig größere Projekte realisieren.
3.2 Projektcontrolling
3.2.1
65
Projektcontrolling als Aufgabe des Bauherrn
Als praktisches Beispiel für diese Form des Projektcontrollings, welches der Verfasser viele Jahre selbst ausgeübt hat, wird das Controlling für den Neubau Flughafen München herangezogen. Ein Auszug aus dem Organisationshandbuch zeigt in den wesentlichen Zügen nachfolgend das Leistungsbild. Die Flughafen München GmbH (FMG) hatte für Planung und Bau des Flughafens München in der 1. Ausbaustufe mit Inbetriebnahme 1992 ein eigenes (Projekt-) Controlling eingerichtet. Auftragnehmer war eine Ingenieurgemeinschaft, die im Rahmen eines Dienstvertrages das Projektcontrolling im Aufgabenbereich des Bauherrn über viele Jahre wahrgenommen hat. Die Planung der zahlreichen einzelnen Projekte der Flughafen München GmbH (FMG), nämlich Ingenieurbauwerke und Verkehrsanlagen, Hochbauten etc., war entsprechend den Leistungsphasen der Leistungsbilder der HOAI für die Objektplanung wie folgt organisiert: - Die Bauherrin FMG, insbesondere die Hauptabteilung Planung und Bau, erbrachte, unterstützt durch ein Controlling und einen Projektkoordinator, die Leistungsphasen 1. Grundlagenermittlung und 9. Objektbetreuung und Dokumentation selbst. - Die Leistungsphasen 2. Vorplanung bis 5. Ausführungsplanung wurden je Projekt an einen Generalplaner beauftragt. Neben dem vollen Umfang der Grundleistungen wurden auch Besondere Leistungen, insbesondere im Bereich der Kostenplanung, beispielsweise die Kostenermittlung nach Bauelementen, beauftragt. - Die Leistungsphasen 6. Vorbereitung der Vergabe bis 8. Objektüberwachung (Bauüberwachung) wurden, nach Bereichen aufgeteilt, von Ingenieurgemeinschaften erbracht. Diese Leistungen wurden im vorliegenden Zusammenhang als Baumanagement bezeichnet. Der Schwerpunkt des Controlling lag in der Kostenkontrolle und -steuerung, dem Betreiben eines AVA-Systems (AVA = Ausschreibung, Vergabe und Abrechnung) und dem Kostenberichtswesen. Die Aufgaben der Architektur- und Ingenieurbüros wurden im Umfang der Grundleistungen nicht gemindert, abgesehen davon, dass die Leistungsphasen 1. Grundlagenermittlung und 9. Objektbetreuung und Dokumentation vom Bauherrn erbracht wurden. Die Leistungsphasen 1. Grundlagenermittlung bis 5. Ausführungsplanung enthielten insbesondere die Aufgaben: „- Fachliche Begleitung und Durchführung der Kostenplanung - Kostenberichtswesen - Investitionsplanung und -abrechnung (Gesamtkostenschätzung) - Erstellen und Fortschreiben des Kostennetzes sowie des rollierenden Mittelabflussplanes - Erstellen und Freigabe des (von der FMG) freigegebenen Kostenrahmens - Kontrolle der Kostenvorgaben - Prüfen und Abgleichen der von den Planern erarbeiteten Kostenschätzungen/-berechnungen sowie von Wirtschaftlichkeitsberechnungen - Überprüfen des Terminplanes hinsichtlich Auswirkungen auf Bauzeitzinsen.“ (Flughafen München GmbH (Hrsg.): Projekthandbuch, Teil 1, 1987, S. 6)
66
3 Projektleitung und Projektsteuerung
In den Leistungsphasen 6. Vorbereitung der Vergabe bis 9. Objektbetreuung und Dokumentation wurden die folgenden Leistungen erbracht: „- Laufende Budgetierung auf Objektebene - Begleitende Kostenkontrolle - Kontrolle der Leistungsverzeichnisse - Mitwirkung bei der Vergabe - Betreiben des Systems zur Ausschreibung, Vergabe und Abrechnung sowie zur Kostenkontrolle (AVA-KK-System) - Herstellung des Vergabe-LV - Abrechnung - Nachträge - Belegwesen für Anlagenbuchhaltung - Beratung der FMG bei Sondervorschlägen - Kostenfeststellung - Kostenberichtswesen.“ (Flughafen München GmbH (Hrsg.): Projekthandbuch, Teil 1, 1987, S. 7) Es handelte sich bei diesem Projektcontrolling um Bauherrenaufgaben, die zur zeitlichen und fachlichen Entlastung des Auftraggebers an einen Dritten übertragen wurden. In Verbindung mit einer weiteren Institution, dem Projektkoordinator, welche Leistungen der Koordination und der Terminplanung für das Gesamtprojekt erbrachte, hatte die Bauherrin eine umfassende Projektsteuerung vergeben.
3.2.2
Chartered Surveyor
Der Projektsteuerung und dem Baucontrolling verwandt ist das aus Großbritannien stammende Leistungsbild des Chartered Surveyor im Bauwesen. Ursprünglich als Quantity Surveyor bezeichnet, war er zunächst ein „Fachberater für Baukosten“, seine Aufgabe lag in der Erstellung einer „bill of quantities“. Eine einfache, aber dem tatsächlichen Profil nicht gerechte Übersetzung des Berufsbildes wäre „Mengenermittler“. Der Beruf Quantity Surveyor ist seit dem 17. Jahrhundert bekannt, genauer seit dem großen Brand in London im Jahre 1666. Rund die Hälfte aller Bauten der Stadt wurde durch das Feuer zerstört. Es musste ein großes Aufbauprogramm organisiert werden. Die damit verbundenen Aufmaßarbeiten und Mengenermittlungen waren die Geburtsstunde eines neuen Berufes. Die Einsatzfelder des daraus weiter entwickelten und inzwischen geschützten Berufsstandes des Chartered Surveyor gehen weit über das Anfertigen von Mengenermittlungen hinaus. Zuständig für die Aus- und Weiterbildung dieser Fachleute ist heute die Royal Institution of Chartered Surveyors (RICS).
3.2 Projektcontrolling
67
Sie wurde als Berufsverband im Jahre 1868 als Zusammenschluss verschiedener Vorgängereinrichtungen, des Surveyors Clubs, des Land Surveyors Clubs und der Surveyors Association, gegründet und 1921 unter königliche Schirmherrschaft gestellt (Royal Patronage). Das Chartered Surveying umfasst nicht nur den gesamten Lebenszyklus einer Immobilie, sondern auch viele Aufgaben über das Bauwesen hinaus. Die insgesamt sechzehn Fachgebiete (Faculties) des Chartered Surveying sind: - Kunst und Antiquitäten (Antiques and Fine Art) - Baucontrolling (Building Surveying) - Gewerbeimmobilien (Commercial) - Baukonstruktion (Construction) - Alternative Konfliktbewältigung (Resolution) - Umwelttechnik (Environment) - Facility Management (Facilities Management) - Landvermessung (Geomatics) - Managementberatung (Management Consultancy) - Mineralien und Entsorgungstechnik (Minerals and Waste Management) - Planung und Entwicklung (Planning and Development) - Anlagen- und Maschinenbau (Plant and Machinery) - Projektmanagement (Project Management) - Wohnimmobilien (Residential) - Landwirtschaft (Rural) (RICS Deutschland (Hrsg.): Broschüre Chartered Surveyers [ … ], Stand September 2002) Ein Chartered Surveyor hat sich in wenigstens vier der genannten Fachgebiete zu qualifizieren. Nach einem akademischen Fachstudium bzw. praktischer Erfahrung, die durch einen erfahrenen Chartered Surveyor als Mentor (Counsellor) begleitet wird, ist die berufliche Kompetenz durch eine schriftliche und mündliche Prüfung (Final Assessment) festzustellen, es kann die Ernennung zum Professional Member of the Royal Institution of Chartered Surveyors (MRICS) erfolgen. Nach weiteren fünf praktischen Jahren als qualifiziertes Mitglied und bei fachlicher und persönlicher Eignung entsprechend den strengen Verhaltensregeln (Code of Ethics) ist auf Empfehlung anderer Fellows und durch Bestätigung des Education and Membership Committees die Höherstufung des Mitgliedes zum Fellow of the Royal Institution of Chartered Surveyors (FRICS) möglich. (Day, G. J.: Methodik und Praxis des Quantity Surveyor…, 1997) Etwa ein Drittel der Chartered Surveyor arbeiten im Bauwesen (building industry). Das entsprechende Leistungsbild wird vom Verfasser auf der Grundlage einer Beschreibung auf der Webseite des RICS wie folgt übersetzt:
68
3 Projektleitung und Projektsteuerung
- Best use of space and resources; Beste Nutzung von Raum und Einsatzmitteln: Beurteilung bestehender Bauwerke in Bezug auf Instandsetzung, Modernisierung oder Neubau und Zusammenstellung der notwendigen Maßnahmen, des Kostenrahmens und eines Zeitplanes. - Development appraisal; Beurteilung eines Bauvorhabens: Überprüfung der Machbarkeit und der Wirtschaftlichkeit unter Berücksichtigung der Projektrisiken und des NutzenKosten-Verhältnisses über den gesamten Lebenszyklus der Immobilie. - Design; konzeptioneller Entwurf: Vorbereitung der Objektplanung, Vorgaben zur Kostenplanung, Hinweise zu Planungs- und Baurecht sowie zu Planungserfordernissen. - Planning; Zusammenstellen und Einreichen der Planungsunterlagen: Verhandlungen mit Behörden, Begründung und gutachterliche Stellungnahmen bei öffentlichen Anfragen und Einsprüchen gegen Bauprojekte, Beurteilung der Umweltverträglichkeit. - Tendering and contract negotiation; Ausschreibung und Vergabe: Vorbereitung, Koordination und Mitwirkung bei der Vergabe, Führen der Vergabegespräche bzw. Vergabeverhandlungen. - Budgeting and cost control; Finanzierung und Kostenkontrolle: Aufstellen des Kostenrahmens, Kostenkontrolle während der Bauausführung und Planung des Mittelbedarfes, Liquiditätsplanung und Empfehlung zur Zahlungsfreigabe, Koordination der Bauabrechnung und Baubuchhaltung, Beratung zur Finanzierung und deren Anspruchsgrundlagen sowie zur Umsatzsteuer und der steuerlichen Abschreibung. - Building quality control; auf das Bauwerk bezogene Qualitätskontrolle: Objektüberwachung (Bauüberwachung) hinsichtlich der Qualität, Führen von Vertragsverhandlungen, Sachverständigentätigkeit und Schlichtung im Streitfall. - Facilities management/property care; Facility Management/Gebäudemanagement: umfassendes Management der Nutzung des Bauwerkes in wirtschaftlicher und ökologischer Hinsicht, Planung der Instandhaltung, Umlage der Nutzungskosten und Prüfung von Energiekostenabrechnungen. - Building surveys; Baugutachten: Analyse des Baubestandes für Erwerber, Verkäufer, Versicherer, Kreditinstitute und andere, Bauschadensanalyse, Erstellen von Bedarf und Zeitplänen für die Instandhaltung im Rahmen von Mietverträgen, Beratung zur Instandhaltung und entstehender Kosten. - Urban regeneration; Stadterneuerung: Beratung zur Planung und Gestaltung, Konzeption und finanzielle Beratung sowie Koordination von Projekten zur Verbesserung der städtischen Rahmenbedingungen. - Insurance; Versicherungsfragen: Beratung und Führen von Verhandlungen in Bezug auf Anspruchsgrundlagen und Kosten der Modernisierung und Sanierung. (www.rics.org)
3.2 Projektcontrolling
69
Der Einsatz des Chartered Surveyors im Bauwesen ist vielseitig. Abbildung 3.3 zeigt die Einsatzmöglichkeiten hinsichtlich der Projektorganisation.
Kreditinstitute
Kreditverträge
Mietverträge
Planungsverträge
Objektplaner
Planungsvertrag
Professional Surveyor
Bauverträge
Fachlich Beteiligte
Ausführende Firmen
Träger Öffentlicher Belange
Bauherr
Nutzer
Contractors Surveyor Abb. 3.3:
Stellungen des Chartered Surveyor innerhalb der Projektorganisation
Ein Chartered Surveyor im Bauwesen übernimmt sowohl Bauherrenaufgaben als auch Teilleistungen eines Objektplaners. In dieser Funktion wird er als Professional Surveyor bezeichnet. Daneben wird der Chartered Surveyor im Auftrag ausführender Firmen tätig, indem er diese bei der Kalkulation unterstützt, in diesem Fall wird er Contractors Surveyor genannt. Eine wichtige Einrichtung des RICS ist der Building Cost Information Service (BCIS), gegründet im Jahre 1961. Seine Aufgabe ist es, aktuelle und zuverlässige Informationen für die Bau- und Immobilienwirtschaft weiterzuentwickeln. Zu den Leistungen des BCIS gehört der monatliche Bericht an die Mitglieder über „- Kostenanalysen der laufend erhobenen Projekte, - Angebotspreis-Indices, - Studien über verschiedene Einflußgrößen auf die Preisbildung, - Studien über Vertragspreise, - durchschnittliche Quadratmeterpreise für Gebäudearten, - Prognosen über die Entwicklung von Angebotspreisen, - Informationen über aktuelle Lohnkosten.“ (Martin, J.: [ … ] Building Cost Information Service (BCIS), in: DAB 05/1998, S. 643)
70
3 Projektleitung und Projektsteuerung
Grundlage der Kostenplanung ist in Großbritannien, vergleichbar der DIN 276 Kosten im Bauwesen in Deutschland, der BCIS-Standard Form of Cost Analysis. Kostenwerte werden auf Elemente in mehreren Ebenen und auf eine „Brutto-Grundfläche innen“ bezogen. Wenn auch mit dem Chartered Surveyor dem Bauherrn ein Fachmann für Kostenplanung und Vertragswesen direkt zur Seite steht, so dürfen dennoch nicht der Objektplaner oder die fachlich Beteiligten aus der in ihrem vollständigen Leistungsbild enthaltenen Verantwortung entlassen werden.
3.3
Projektsteuerung
Zur zeitlichen und fachlichen Entlastung des Bauherrn bzw. des Projektleiters bedarf es nach Art, Komplexität und Dauer des Projektes häufig einer Unterstützung, die ebenfalls durch externe Fachleute erfolgen kann. Für die Wahrnehmung delegierbarer Bauherrenaufgaben hat sich die Projektsteuerung bewährt. Projektsteuerung ist die Wahrnehmung delegierter Auftraggeberfunktionen in organisatorischer, technischer und wirtschaftlicher Hinsicht. § 31 Projektsteuerung nach HOAI:1977-01 bis HOAI:1996-01 (1) Leistungen der Projektsteuerung werden von Auftragnehmern erbracht, wenn sie Funktionen des Auftraggebers bei der Steuerung von Projekten mit mehreren Fachbereichen übernehmen. Hierzu gehören insbesondere: 1. Klärung der Aufgabenstellung, Erstellung und Koordinierung des Programms für das Gesamtprojekt 2. Klärung der Voraussetzungen für den Einsatz von Planern und anderen an der Planung fachlich Beteiligten (Projektbeteiligte) 3. Aufstellung und Überwachung von Organisations-, Termin- und Zahlungsplänen, bezogen auf Projekt und Projektbeteiligte 4. Koordinierung und Kontrolle der Projektbeteiligten, mit Ausnahme der ausführenden Firmen 5. Vorbereitung und Betreuung der Beteiligung von Planungsbetroffenen 6. Fortschreibung der Planungsziele und Klärung von Zielkonflikten 7. laufende Information des Auftraggebers über die Projektabwicklung und rechtzeitiges Herbeiführen von Entscheidungen des Auftraggebers 8. Koordinierung und Kontrolle der Bearbeitung von Finanzierungs-, Förderungs- und Genehmigungsverfahren. (2) Honorare für Leistungen bei der Projektsteuerung dürfen nur berechnet werden, wenn sie bei Auftragserteilung schriftlich vereinbart worden sind; sie können frei vereinbart werden. Abb. 3.4:
Projektsteuerung nach § 31 HOAI:1977-01 bis 1996-01 (nicht mehr gültig)
3.3 Projektsteuerung
71
Zu § 31 Projektsteuerung heißt es in der amtlichen Begründung zum Text: „Mit steigendem Bauvolumen wachsen die Anforderungen an den Auftraggeber, seine Vorstellungen von der Bauaufgabe in die Praxis umzusetzen, wobei er die Geschehensabläufe in technischer, rechtlicher und wirtschaftlicher Hinsicht zu koordinieren, zu steuern und zu überwachen hat. Diese Tätigkeiten sind originäre Aufgaben des Auftraggebers und von den Leistungen des Architekten und Ingenieurs zu trennen. Infolge der zunehmenden Kompliziertheit der Geschehensabläufe, insbesondere durch Einschaltung von anderen an der Planung fachlich Beteiligten, sind Auftraggeber ab einer bestimmten Größenordnung des Projekts nicht immer in der Lage, sämtliche Steuerungsleistungen selbst zu übernehmen. In der Praxis werden in diesen Fällen Aufträge für Leistungen bei der Projektsteuerung erteilt. Die Aufträge umfassen insbesondere Beratungs-, Koordinations-, Informations- und Kontrollleistungen.“ (HOAI – Text mit Amtlicher Begründung und Anmerkungen zu § 31, 1976) Die in § 31 Projektsteuerung enthaltenen acht Punkte waren allerdings nicht ausreichend, um die im Einzelfall erforderlichen Leistungen der Projektsteuerung eindeutig und umfassend zu beschreiben. Sie konnten jedoch als Anhaltspunkte und als Grundlage für den Gegenstand einer Beauftragung dienen. Eine Vereinbarung in dem Sinne: „Der Auftragnehmer erbringt eine Projektsteuerung gemäß HOAI § 31“ war nicht ausreichend. Aufgaben und Ergebnisse mussten in Art und Umfang festgelegt und im Verhältnis zur frei zu vereinbarenden Vergütung geregelt werden. Im Jahre 1976 wurde der § 31 Projektsteuerung in die Honorarordnung für Architekten und Ingenieure (HOAI) aufgenommen (vgl. Abb. 3.4), jedoch mit der 6. Änderungsnovelle der HOAI im Jahr 2009 aus der HOAI gestrichen. Die Entscheidung, ob ein Projektsteuerer eingesetzt werden soll, kann nur der Bauherr selbst treffen. Aus Sicht des Bauherrn ist zu klären: - welche Kompetenz und Fachkenntnis er mitbringen kann - in welchem Umfang er zeitlich gefordert ist sowie - welche Stellung er als öffentlich-rechtlicher oder privater Auftraggeber hat und wie das Bauvorhaben finanziert wird. Immer ist zu berücksichtigen, dass der Bauherr zwar viele Aufgaben an einen Projektsteuerer delegieren kann, ihm jedoch auch nicht delegierbare Aufgaben verbleiben. Hierzu gehören - Setzen der (obersten) Projektziele - Treffen von Anordnungen - Abschluss von Verträgen zur Verwirklichung der (obersten) Projektziele - oberste Kontrolle der Verwirklichung der Projektziele - rechtsgeschäftliche Erklärung der Abnahme der Werke - letzte Verantwortung für die zeit- und mengengerechte Mittelbereitstellung. Die Projektsteuerung unterstützt die Projektleitung, bietet eine Entlastung und erhöht damit auch die Sicherheit für den Projekterfolg. Der Projektsteuerer steht in keinem Vertragsverhältnis zu anderen Projektbeteiligten außer dem Bauherrn. Er hat infolgedessen keine Weisungsbefugnisse gegenüber anderen Projektbeteiligten, außer wenn der Bauherr ihn ausdrücklich bevollmächtigt (vgl. Abb. 3.5).
72
3 Projektleitung und Projektsteuerung
Nicht zu vergessen: „Auch die Mitwirkungspflichten des Auftraggebers sind regelungsbedürftig. Für den Projektsteuerer hat dieser Regelungskomplex erhebliche Bedeutung, weil der Auftraggeber sich nicht selten hinsichtlich seiner eigenen Kompetenz zur Ausübung der ihm verbleibenden (Rest-)Projektleitung überschätzt und ein späterer Streit über die von dem jeweiligen Auftraggeber zu erbringenden Leistungen (Beiträge) vorprogrammiert ist.“ (Eschenbruch, K.: Recht der Projektsteuerung, 1999, S. 420)
Kreditinstitute
Beraterverträge
Mietverträge
Nutzer
Bauherr im Projekt nach außen vertreten durch
Projektleitung
Stabs-
Projektsteuerung
funktion
Planungsverträge
Objektplaner
Abb. 3.5:
Bauverträge
Fachlich Beteiligte
Träger Öffentlicher Belange
Sonderfachleute
Kreditverträge
Ausführende Firmen
Stellung der Projektsteuerung innerhalb der Projektorganisation
„Je nach Einzelfall kann es zweckmäßig sein, dem Projektsteuerer Vertretungsmacht für folgende Entscheidungen zu erteilen: - Planungs- und bauinhaltliche sowie organisatorische Anordnungen an die Projektbeteiligten im Rahmen der abgeschlossenen Verträge ohne Anordnungen solcher Maßnahmen, die zu Mehrvergütungen führen - Einforderung von Leistungen der Projektbeteiligten, einschließlich Inverzugsetzungen - Geltendmachung von Auskunfts- und Einsichtsrechten - Organisation von Baubesprechungen und Festlegung von Terminen und Qualitäten in Baubesprechungen - Entscheidungen zu Planungsfreigaben und Bemusterungen - Vertretung des Auftraggebers bei Abnahmen.“ (Eschenbruch, K.: Recht der Projektsteuerung, 1999, S. 420)
3.3 Projektsteuerung
73
Unabhängig von Bewertungsversuchen zum Nutzen der Projektsteuerung bietet eine qualifizierte Projektsteuerung nicht nur für den Bauherrn, sondern auch für andere Projektbeteiligte eine Reihe von Vorteilen. Hierzu gehören beispielsweise: - die fachlich und inhaltlich klare sowie umfassende Formulierung der Aufgabenstellung und damit eine größere Sicherheit für die Projektdurchführung - eine Entlastung des Bauherrn in zeitlicher und fachlicher Hinsicht - die Verbesserung der Transparenz und Kommunikation für alle Projektbeteiligten durch die professionelle Vorbereitung, Organisation und Dokumentation der Informationsflüsse und - zusätzliche Qualitäts-, Kosten- und Terminkontrollen im Interesse des Bauherrn. Bauherren sind insbesondere bei der Durchführung von großen und komplexen Bauprojekten gut beraten, wenn sie einen in der Bauplanung erfahrenen Berater und Koordinator, z. B. einen Projektsteuerer, hinzuziehen. Dieser hat unabhängig von den Fach- oder Abteilungsinteressen auf der Seite des Auftraggebers für klare und realistische Vorgaben gegenüber Dritten, z. B. dem Architekten, zu sorgen. „Der Platz für Projektsteuerung neben der Tätigkeit des planenden Architekten wird um so größer sein, das „Projekt“ umfassendere Leistungen erfordern als das „Objekt“, wenn es sich um Großbauvorhaben, Gesamtprojekte handelt, wo eine übergreifende Steuerung erforderlich ist und eine Koordination hinsichtlich des Projekts wird, die über die bauwerksbezogene Koordination des Architekten hinausgeht.“ (Locher, H; Koeble, W. und Frik, W.: Kommentar zur HOAI..., 1996, S. 595) Bei großen Organisationseinheiten ist die Entscheidungsfindung auf der Bauherrenseite und die fachgerechte Formulierung des Bauherrenwillens eine anspruchsvolle Aufgabe. Diese kann erheblich über die vom Architekten zu erbringenden Leistungen in der Leistungsphase 1. Grundlagenermittlung (§ 33 HOAI:2009-08) hinausgehen. Die Vorteile der Einschaltung eines externen Büros für Projektsteuerung zur Unterstützung der Projektleitung liegen nach Sommer in folgenden Punkten: „- Die externen Mitarbeiter sind unbelastet von internen Vorgängen. - Die externen Mitarbeiter werden nur projektbezogen eingesetzt und müssen anschließend nicht „versorgt“ werden. - Die externen Mitarbeiter sind von Beginn an in den Projektsteuerungsmethoden ausgebildet. - Ein externes Büro steht unter Erfolgsdruck hinsichtlich der Ergebnisse. - Der Projektleiter wird von Personalführungsaufgaben in diesem Bereich entlastet. - Der Projektleiter kann jederzeit weitere Leistungen abfragen, ohne sich um die Personalbeschaffung kümmern zu müssen.“ (Sommer, H.: Projektmanagement im Hochbau, 1998, S. 101)
74
3 Projektleitung und Projektsteuerung
Zu ähnlichen bzw. ergänzenden Ergebnissen kommt auch Steinle, der grundsätzlich die Unterschiede zwischen einem externen Berater, wozu der Projektsteuerer zählt, und dem intern Verantwortlichen, also dem Projektleiter, die folgenden Eigenschaften nennt: externer Berater
interner Verantwortlicher
Distanz
Nähe
Außen-Sicht
Innen-Sicht
Neutralität und Empathie
Identifikation, möchte ein Problem lösen
ist nicht Teil des Problems
kann Teil des Problems sein
Methodenkompetenz
Kenntnisse von Details und Historien
Erfahrungen mit Prozessen in verschiedenen Organisationen
Erfahrungen mit Lösungsstrategien in der eigenen Organisation
kann im System intervenieren
kann Entscheidungen initiieren
kann Nein sagen
muss im System handeln
Abb. 3.6: Das Verhältnis externer Berater und interner Verantwortlicher (Steinle, C. et al. (Hrsg.): Projekt-Management – Instrument effizienter Dienstleistung, 1998)
Projektsteuerer zählen zu den externen Organisationsspezialisten und Beratern. Ganz allgemein wird von Beratern erwartet, dass sie sich im Einzelnen auszeichnen „durch: - die Kenntnis einer Vielzahl ähnlicher Gestaltungsprobleme und ihrer Lösungen im Fall einer langjährigen Beratungspraxis, - einen reichhaltigen Erfahrungsschatz hinsichtlich der Methoden und Techniken des Organisierens, - ihre Überzeugungskraft als Fachautorität sowie - ihre weitgehende Interessenunabhängigkeit und Neutralität.“ (Grochla, E.: Grundlagen der organisatorischen Gestaltung, 1995, S. 257) Entsendet ein Büro für Projektsteuerung Mitarbeiter in ein Projekt und sind diese in der Projektorganisation des Auftraggebers mehrere Jahre tätig, so ist bei den Mitarbeitern häufig die Entfremdung vom eigenen Büro zu beobachten. Häufig verlassen gerade die guten Mitarbeiter eines Büros für Projektsteuerung nach erfolgreichem Abschluss des Projektes ihren bisherigen Arbeitgeber und suchen eine berufliche Verbesserung oder machen sich selbständig. Für die Einschaltung von Projektsteuerern durch die Bauverwaltung bei öffentlichen Bauvorhaben gilt: „- Die Bauverwaltung zieht für die Erledigung ihrer Aufgaben freiberuflich Tätige hinzu, wenn sie die erforderlichen Leistungen nicht selbst erbringen kann. - Die Beteiligung freiberuflich Tätiger ist dann wirtschaftlich, wenn die eigenen Kapazitäten ausgelastet sind oder wenn Art und Umfang der Leistung dies erfordern.
3.3 Projektsteuerung
75
- Die freiberuflich Tätigen können nur dann richtig eingesetzt werden, wenn die Bauverwaltung deren Leistungsfähigkeit zuverlässig beurteilen und sie qualifiziert beaufsichtigen kann. - Die volle Verantwortung bei der Durchführung der Baumaßnahme muss bei der Bauverwaltung verbleiben, da die Entscheidungskompetenz nicht übertragbar ist.“ Dabei sollen so viele Eigenleistungen bei der Bauverwaltung verbleiben, dass sie durch die ständige Beschäftigung mit diesen Fragen ihre Sicherheit als fachkundiger, erfahrener und qualifizierter Partner bei der Überwachung von Freischaffenden erhalten kann. (Schnoor, C.: Projektsteuerung ..., 1994, S. 188) Projektleiter und Projektsteuerer sind also Bauherren auf Zeit. Allen weiteren Beteiligten sollten sie kompetent entgegentreten und als qualifizierte Ansprechpartner willkommen sein. Dass dies nicht immer so ist, hört man in der Praxis bisweilen auch. Gründe dafür sind oft mangelnde Führungsqualifikation, ungeklärte Zielkonflikte oder mangelhafte Vorgaben. Im ungünstigen Fall gibt es auch Überschneidungen bei den Leistungsbildern oder die fehlende Beauftragung von Planern. Ein gutes Projektmanagement hat gerade auf der Seite des Bauherrn eine hohe Bedeutung mit Wirkung auf alle anderen Projektbeteiligten. „Viele Auftraggeber unterscheiden kaum zwischen den Aufgaben der Projektleitung und der Projektsteuerung. Dennoch ist es aus Gründen der Haftung und Verantwortung wichtig, die Unterschiede zu kennen und zu beachten. Nicht selten wurden in der Vergangenheit Aufträge für Projektsteuerung erteilt mit der Erwartungshaltung des Auftraggebers, dass der Auftragnehmer selbstverständlich auch die Projektleitung wahrnehmen werde.“ (Schulte, K.-W.: Handbuch Immobilien-Projektentwicklung, 1996, S. 38) 1. Projektmanagement = Projektleitung (alle Aufgaben umfassend) 2. Projektmanagement = Projektleitung (anteilig) und Projektsteuerung 3. Projektmanagement = Projektleitung (anteilig), Projektcontrolling und Projektsteuerung Abb. 3.7:
Projektmanagement bei Bauprojekten, aufgeteilt in mehrere Funktionen
Abbildung 3.7 zeigt, dass die Projektleitung grundsätzlich alle zuvor beschriebenen Aufgaben umfasst. Diese Aufgaben können im Bedarfsfall auch auf zwei oder maximal drei Funktionen aufgeteilt oder als Teilleistungen an Dritte beauftragt werden. Dann verbleiben der Projektleitung die nicht delegierbaren Bauherrenaufgaben. Setzt der Bauherr sowohl einen Projektsteuerer als auch einen Generalplaner (vgl. Kapitel 10) bei ein und demselben Projekt ein, dann verringern sich zwangsläufig die Leistungen der Projektsteuerung ganz wesentlich. Während der Generalplaner für die vollständige Koordination der fachlich Beteiligten zu sorgen hat, wird sich der Projektsteuerer auf die Projektvorbereitung auf der Bauherrenseite, die Unterstützung des Auftraggebers im Bereich der Bauherrenorganisation und die übergeordnete Kontrolle und erforderlichenfalls Steuerung des Projektes als Ganzes konzentrieren. Für diese Teilfunktion der Projektsteuerung wird häufig auch die Bezeichnung Projektcontrolling gewählt.
76
3.4
3 Projektleitung und Projektsteuerung
Vergütung von Projektmanagementleistungen
Im Unterschied zu den Architekten- und Ingenieurleistungen gibt es für die Leistungen im Projektmanagement kein Preisrecht. Die Verordnung über die Honorare für Architekten- und Ingenieurleistungen (HOAI) ist eine Rechtsverordnung der Bundesregierung mit Zustimmung des Bundesrates. Sie enthält Leistungsbilder für die bei Bauprojekten erforderlichen Leistungsbilder als Grundlage für die Honorarermittlung. Die Projektmanager in der Bau- und Immobilienwirtschaft verdanken der HOAI den Beginn einer intensiven Diskussion über ihr Leistungsbild und dessen Vergütung. Mit der damals neuen HOAI:1977-01 wurde in Teil III Zusätzliche Leistungen mit dem § 31 Projektsteuerung der Bedeutung des Projektmanagements bei Bauvorhaben Rechnung getragen. Im § 31 Projektsteuerung hieß unter Absatz 2: „Honorare für Leistungen bei der Projektsteuerung [ … ] können frei vereinbart werden.“ Das ist damit zu erklären, dass man in den 1970er Jahren noch nicht ausreichend Erfahrungen sowohl mit dem Leistungsbild als auch der Vergütung der Projektsteuerung hatte, um eine verbindliche Preisregelung zu treffen. Ob Projektsteuerung als Managementleistung in der HOAI überhaupt zu regeln wäre, war lange Zeit umstritten. Pfarr äußerte sich damals kritisch über den § 31 in der HOAI: „An der tatsächlichen Bedeutung der Projektsteuerung für die Abwicklung von Bauvorhaben gemessen, ist die Beschreibung des § 31 spärlich ausgefallen [ … ]. Zunächst wäre daran zu denken, ob die Bezeichnung Projektmanagement nicht die umfassendere wäre, denn [ … ] Management umfaßt die Planung, Steuerung und Überwachung.“ (Pfarr, K.: Honorarfindung nach HOAI – aber wie? …, 1978, S. 103) Es folgten vom Berliner Arbeitskreis Pfarr/Hasselmann/Will im Jahr 1984 empirische Untersuchungen zur Präzisierung des Leistungsbildes. Ebenfalls in diesem Jahr veröffentlichte der Münchener Arbeitskreis der Projektsteuerer unter Leitung von C. J. Diederichs ein differenziertes Leistungsbild, das die Unterscheidung der vier Handlungsbereiche A bis D beinhaltete, mit denen wir bis heute arbeiten. Anfang der 1980er Jahre etablierte sich die Projektsteuerung in der Bauwirtschaft als Berufsbild. Es bildeten sich Fachverbände wie die Gesellschaft für Projektmanagement (GPM) und 1984 für das Bauwesen der Deutsche Verband der Projektsteuerer (DVP). Ziel war die Entwicklung einer eigenen Leistungs- und Honorarordnung. 1993 wurde die Fachkommission Projektsteuerung des Ausschusses für Ingenieurverbände und Ingenieurkammern für die Honorarordnung e. V. (AHO) gegründet. Diese veröffentlichte 1996 als Heft 9 der Schriftenreihe AHO die „Untersuchungen zum Leistungsbild des § 31 HOAI und zur Honorierung der Projektsteuerung“. (Eschenbruch, K.: Projektmanagement …, 2009, S. 20) Die Regelungen des AHO (Heft 9:2009-03) sind heute in der Praxis der Bau- und Immobilienwirtschaft eine unverzichtbare Grundlage für die Definition von Leistungsbildern im Projektmanagement und deren Vergütung. Mit der 6. Änderungsnovelle der HOAI im Jahr 2009 ist der § 31 Projektsteuerung ersatzlos gestrichen worden.
3.4 Vergütung von Projektmanagementleistungen
3.4.1
77
Preis- und Leistungswettbewerb im Projektmanagement
Verbindliche Leistungsbilder für das Projektmanagement gibt es also nicht, nicht nur weil es keine der HOAI entsprechende Verordnung gibt, sondern weil die an Dritte beauftragten Leistungen des Projektmanagements in dem Umfang Bauherrenaufgaben sind, die der Bauherr nicht selbst wahrnehmen kann oder will. Art, Umfang und Dauer, Bemessungsgrundlage und Höhe der Vergütung sind von Fall zu Fall zwischen den Parteien zu vereinbaren. Für die Leistungen des Projektmanagements herrscht sowohl Leistungs- als auch Preiswettbewerb. Damit unterscheiden sie sich sowohl von den Planungs- als auch den Bauleistungen wesentlich. So unterliegen Architekten und Ingenieure, die Anwendung der HOAI vorausgesetzt, ausschließlich dem Leistungswettbewerb, z. B. bei Architekturwettbewerben. Ausführende Firmen müssen sich bei beschränkter oder öffentlicher Ausschreibung bei Leistungsbeschreibung mit Leistungsverzeichnis dem Preiswettbewerb unterwerfen. Für den Auftraggeber hat beides den Vorteil, dass für die Wahl des geeigneten Auftragnehmers im Wesentlichen nur ein Unterscheidungsmerkmal zu beurteilen ist, entweder die Leistung oder der Preis. Entsprechend schwieriger ist es sowohl für den Auftraggeber als auch den Anbieter von Leistungen des Projektmanagements. Bauherren sind oft nicht in der Lage oder nehmen sich nicht die Zeit, die erforderlichen Leistungen und die dazu gehörenden Rahmenbedingungen so zu beschreiben, dass der Bieter erkennen kann, was und zu welchem Preis er anbieten soll. In der Vergangenheit konnte man zum Beispiel Ausschreibungen lesen wie: Leistungen nach § 31 HOAI für Umbau und Erweiterung eines Klinikums. Der Bieter ist in so einem Fall gezwungen, bei unzureichenden Informationen ein möglichst geeignetes Leistungsbild zu formulieren und dazu noch ein Preisangebot zu machen. Vor allem der auf diesem Gebiet wenig erfahrene Auftraggeber ist dann überfordert, aus vielleicht zehn oder mehr Angeboten eine Auswahl zu treffen. Im ungünstigen Fall versucht er dann, das aus seiner Sicht beste Angebot auf den niedrigsten angebotenen Preis zu verhandeln. Ein Standard wie die Untersuchungen zum Leistungsbild Projektsteuerung/Projektmanagement, wie von AHO erarbeitet, ist für beide Parteien eine große Hilfe.
3.4.2
Leistungsbilder im Projektmanagement
Die nachfolgenden Überlegungen zu den Leistungsbildern und zur Vergütung von Leistungen des Projektmanagements, soweit sie vom Bauherrn an Dritte, also entsprechende Personen oder Büros, beauftragt werden, gehen von der Projektsteuerung als der am häufigsten beauftragten und hinsichtlich der angesprochenen Fragen am weitesten strukturierten Leistung des Projektmanagements in der Bau- und Immobilienwirtschaft aus. Die Wahrnehmung der Projektleitung, also aller dispositiven Bauherrenaufgaben einschließlich des Treffens von Entscheidungen und Anordnungen gegenüber weiteren Projektbeteiligten, oder eines Projektcontrolling als Teil einer Projektsteuerung oder die Übernahme der umfangreichen Aufgaben des Projektmanagements im Rahmen der Generalplanung lassen sich von der Projektsteuerung durchaus ableiten. Die hier angesprochene Generalplanung, also das Projektmanagement auf der Seite der Architekten und Ingenieure, wird im Kapitel 10 Projektmanagement in der Planung umfassend behandelt.
78
3 Projektleitung und Projektsteuerung
Der gesamte Umfang aller Teilleistungen im Bereich des Projektmanagements kann in fünf Handlungsbereiche und weiterhin in ebenfalls fünf Projektstufen unterschieden werden. Die Handlungsbereiche sind: A – Organisation, Information, Koordination und Dokumentation (vgl. Kapitel 4) B – Qualitäten und Quantitäten (vgl. Kapitel 5) C – Kosten und Finanzierung (vgl. Kapitel 6) D – Termine, Kapazitäten und Logistik (vgl. Kapitel 7) E – Verträge und Versicherungen (vgl. Kapitel 8). Diesen Handlungsbereichen werden die folgenden Kapitel 5 bis 8 gewidmet. Deshalb brauchen an dieser Stelle die Leistungsbilder nur in den Grundzügen, soweit es für den Vertrag und die Vergütung von Bedeutung ist, behandelt zu werden. Wichtig ist noch zu erwähnen, dass die in den Handlungsbereiche B, C und D genannten Aufgaben besonders gut geeignet sind, um die Projektziele zu definieren. Der Handlungsbereich B – Qualitäten und Quantitäten thematisiert die wesentlichen Anforderungen an ein Objekt hinsichtlich der Zahl der Nutzeinheiten, des Raum-, Funktions- und Ausstattungsprogramms sowie besonderer Nutzeranforderungen. Daraus soll die Messlatte für die Planung, Kontrolle und Steuerung des Projekts abgeleitet werden. Gegenstand des Handlungsbereichs C – Kosten und Finanzierung sollen der Kostenrahmen oder gegebenenfalls eine Kostenvorgabe für die Erstinvestition, häufig auch die Nutzungskosten im Rahmen eines bestimmten Betrachtungszeitraums sein. Finanzwirtschaftliche Ziele, z. B. die Wirtschaftlichkeit des Objektes mit einer vom Auftraggeber als angemessen betrachtete Rendite, oder ein Verkaufserlös nach Fertigstellung sind als Zielgrößen üblich. Unter dem Handlungsbereich D – Termine, Kapazitäten und Logistik stehen der Terminrahmen oder die Terminvorgabe mit dem Fertigstellungstermin eindeutig im Vordergrund. Dabei zählen die zur Verfügung stehenden Kapazitäten, z. B. das Personal des Bauherrn, und die Baustellenlogistik zu den wichtigsten Rahmenbedingungen eines Projekts. Die Teilleistungen der Handlungsbereiche A – Organisation, Information, Koordination und Dokumentation sowie E – Verträge und Versicherungen dienen insbesondere der Projektvorbereitung und der Verpflichtung der am Projekt Beteiligten auf die Wahrnehmung der ihnen zugewiesenen Aufgaben. Die Handlungsbereich A und E sind eine unabdingbare Voraussetzung (conditio sine qua non) für eine geordnete und dadurch erfolgreiche Projektarbeit. Die Projektstufen (in der Klammer die Leistungsphasen nach HOAI) dienen der Gliederung des Projektablaufs und der entsprechenden Aufteilung der Vergütung über die Projektdauer. 1 Projektvorbereitung 2 Planung (Vor-, Entwurfs- und Genehmigungsplanung) 3 Ausführungsvorbereitung (Ausführungsplanung, Vorbereiten der Vergabe und Mitwirken bei der Vergabe) 4 Ausführung (Objektüberwachung) 5 Projektabschluss (Objektbetreuung, Dokumentation).
3.4 Vergütung von Projektmanagementleistungen
79
Projektstufen
A
B
Handlungsbereiche C
D
E
1
A1
B1
C1
D1
E1
2
A2
B2
C2
D2
E2
3
A3
B3
C3
D3
E3
4
A4
B3
C4
D4
E4
5
A5
B3
C5
D4
E5
Abb. 3.8:
Projektstufen und Handlungsbereiche nach AHO
Abbildung 3.8 zeigt als Matrix die Gliederungsstruktur der umfangreichen Teilleistungen unter Berücksichtigung der fünf Projektstufen und der fünf Handlungsbereiche, die als Grundleistungen nach § 205 Leistungsbild Projektsteuerung beauftragt werden können. Die Matrix dient damit als eine Grundlage für einen individuellen, nach den Anforderungen des Bauherrn „maßgeschneiderten“ Vertrag. Je nach den Vorstellungen des Bauherrn können auch Teilleistungen der Projektsteuerung als Einzelleistung beauftragt werden, z. B. nur der Handlungsbereich C – Kosten und Finanzierung. Für das Projekt notwendige Leistungen, die nicht an den Projektsteuerer beauftragt werden, sind entweder vom Bauherrn selbst oder von einem anderen am Projekt Beteiligten wahrgenommen werden. Oder sollten Teilleistungen nicht erforderlich sein? Das ist auf jeden Fall mit großer Sorgfalt zu prüfen. Entsprechend der Matrix können Beauftragungen in Projektstufen gegliedert werden. Oft wird der Projektsteuerer zunächst nur mit den Projektstufen 1 Projektvorbereitung und 2 Planung beauftragt. Zeigt sich die Projektidee in der Planung Erfolg versprechend, wird die Baugenehmigung ohne nennenswerte Probleme erteilt und ist der Auftragnehmer mit den Leistungen der Projektsteuerung zufrieden, werden die weiteren Projektstufen beauftragt. Die Kunst des Projektmanagements Hinsichtlich der Ziele, die bei einem Bauprojekt erreicht werden sollen, liegt der Vergleich mit denen einer Volkswirtschaft nahe. Dort wird im Zusammenhang mit den Zielen Vollbeschäftigung, Geldwertstabilität und Gleichgewicht der Leistungsbilanz vom „Magischen Dreieck„ gesprochen. Das grundsätzliche Problem besteht darin, dass aufgrund wechselseitiger Abhängigkeiten der gesamtwirtschaftlichen Variablen die verschiedenen Ziele nicht alle gleichzeitig und in vollem Umfang erreicht werden können. Grundsätzlich gilt das Gleiche für die Ziele eines Bauprojektes (vgl. Abb. 3.9). Zunächst gelten die Handlungsbereiche A – Organisation, Information, Koordination und Dokumentation sowie E – Verträge und Versicherungen als ein „muss“. Sie sind im Rahmen der Projektvorbereitung vollständig zu erarbeiten. Denn insbesondere die von den Architekten, Ingenieuren und ausführenden Firmen zu erbringenden Leistungen und Ergebnisse müssen vollständig und eindeutig Bestandteil der mit ihnen geschlossenen Verträge sein.
80
3 Projektleitung und Projektsteuerung
Hohe Qualitäten und Quantitäten, niedrige Kosten und günstige Finanzierung sowie kurze Termine, einfache Logistik und geringe Kapazitäten lassen sich nicht gleichzeitig uneingeschränkt erreichen. Somit besteht die „Kunst des Projektmanagements“ darin, Zielkonflikte zu lösen: die Interessen und damit die Ziele der Beteiligten in Bezug auf das Bauprojekt so zu steuern, dass eine insgesamt gute Lösung erreicht wird. Diese besteht zwangsläufig in einem Kompromiss, jedoch mit einer möglichst hohen Akzeptanz der Beteiligten. A –Organisation, Information, Koordination und Dokumentation E – Koordination und Dokumentation
B – Qualitäten und Quantitäten
Unabdingbare Voraussetzung für das Projektmanagement
„Magisches Dreieck der Projektziele“
C – Kosten und Finanzierung Abb. 3.9:
D – Termine, Kapazitäten und Logistik
Das „Magische Dreieck der Projektziele“ im Projektmanagement
Das grundsätzliche Problem der Projektziele besteht für die am Projekt Beteiligten, insbesondere den Bauherrn, in der Regel darin, dass diese aufgrund wechselseitiger Abhängigkeiten nicht alle gleichzeitig und in vollem Umfang erreicht werden können. Hohe Qualitäten und Quantitäten, niedrige Kosten und günstige Finanzierung sowie kurze Termine und geringe Kapazitäten lassen sich nicht gleichzeitig uneingeschränkt erreichen. Die Projektziele stehen in Konkurrenz, das heißt, die Erfüllung eines Zieles führt zu einer Minderung des Erfüllungsgrades des anderen Zieles. Somit besteht die „Kunst des Projektmanagements“ darin, Zielkonflikte zu lösen: die Interessen und damit die Ziele der Beteiligten in Bezug auf das Bauprojekt so zu steuern, dass eine insgesamt gute Lösung erreicht wird. Sind im Projektablauf Verzögerungen eingetreten und muss der Fertigstellungstermin aus bestimmten Gründen dennoch unbedingt eingehalten werden, kann dies zwar durch zusätzlichen Aufwand, z. B. Überstunden, erhöhter Einsatz von Geräten, in den meisten Fällen erreicht werden. Gleichzeitig müssen aber dafür Mehrkosten hingenommen werden. Es sei denn, es können zum Ausgleich noch Qualitäten, z. B. durch einfachere Materialien, oder Quantitäten, z. B. durch Wegfall von Flächen, verringert werden.
3.4 Vergütung von Projektmanagementleistungen
3.4.3
81
Abgrenzung von Projektmanagement und Planung
Bei den Leistungen der Projektsteuerung handelt es sich um delegierbare Auftraggeberfunktionen. Sie sind nicht in den Grundleistungen anderer Leistungsbilder enthalten. § 33 HOAI:2009-08 Leistungsbild Gebäude und raumbildende Ausbauten (15 HOAI:1977-01 Leistungsbild Objektplanung für Gebäude, Freianlagen und raumbildende Ausbauten) enthält (Grund-)Leistungen und Besondere Leistungen. Nach § 2 HOAI umfassen die (Grund-)Leistungen die Leistungen, die zur ordnungsgemäßen Erfüllung eines Auftrags im Allgemeinen erforderlich sind. Dagegen können die Besonderen Leistungen zu den (Grund-)Leistungen hinzu oder an deren Stelle treten, wenn besondere Anforderungen an die Ausführung des Auftrages gestellt werden, die über die allgemeinen Leistungen hinausgehen oder diese ändern. Anders verhält es sich bei einzelnen Besonderen Leistungen (HOAI Anhang), die sich in Aufgaben zur Ergänzung der Planung, Mitwirkungsaufgaben und Aufgaben, welche die Grundlagen der Planung und Entscheidungsvorbereitung betreffen, einteilen lassen. Es kommt dann zu Überschneidungen von Leistungen des Objektplaners und des Projektsteuerers, wenn der Objektplaner mit folgenden Leistungen beauftragt wird: - Aufstellen eines Zeit- und Organisationsplanes (Leistungsphase 2) - Aufstellen eines Finanzierungsplanes (Leistungsphase 2) - Wirtschaftlichkeitsberechnung (Leistungsphase 3) - Aufstellen, Überwachen und Fortschreiben von differenzierten Zeit-, Kosten- und Kapazitätsplänen (Leistungsphase 8) - Ermittlung und Kostenfeststellung zu Kostenrichtwerten (Leistungsphase 9). „Der Projektsteuerer darf [ ... ] keine Grundleistungen der Planer übernehmen, dies würde sowohl dem Sinn und Zweck des § 31 HOAI als auch den Auftraggeberinteressen insgesamt widersprechen. Projektsteuerungsaufgaben sollen in nicht unerheblichem Maße Kontrollaufgaben in Bezug auf die werkvertraglichen Arbeitsergebnisse der übrigen Projektbeteiligten sein. ... Daß an seiner Loyalität zum Auftraggeber bei einer Doppelfunktion als Planer und eigenständiger unabhängiger Auftraggebervertreter erhebliche Zweifel bestehen mußten, ergibt sich von selbst.“ (Knipp, B.: Rechtliche Rahmenbedingungen ..., 1995, S. 28) Das Bemühen des Verordnungsgebers, die Leistungen der Projektsteuerung von zumindest den (Grund-)Leistungen des Objektplaners eindeutig abzugrenzen und Überschneidungen zu vermeiden, erkannte man beim Studium der ehemaligen §§ 31 und 15 möglicherweise erst auf den zweiten Blick. Das gilt im Übrigen für die aktuelle HOAI 2009-08 und die Projektmanagementleistungen in der Bau- und Immobilienwirtschaft (AHO Heft 9:2009-03) entsprechend. Wichtige Leistungen wie Koordination oder Überwachung kamen beiden Leistungsbildern vor. Deutlich wird der Unterschied im Zusammenhang mit der Unterscheidung Projekt in Bezug auf Bauherrenaufgaben und Leistungen des Projektmanagements einerseits und in Bezug auf Objekt als Aufgabenbereich des auch so bezeichneten Objektplaners.
82
3 Projektleitung und Projektsteuerung
So richtet sich die Koordination des Projektsteuerers auf die am Projekt Beteiligten, also auf der Bauherren- und Nutzerseite. Die Koordination des Objektplaners bezieht sich auf die Zusammenarbeit mit den an der Planung fachlich Beteiligten in der Objektplanung, z. B. der Vorbereitung der Vergabe. Sie ist weiterhin auf den Einsatz und die Zusammenarbeit der ausführenden Firmen gerichtet. Über solche Unterschiede muss vor Projektbeginn Klarheit herrschen. In der Praxis sind allerdings im Bereich der Projektsteuerung zahlreiche Grenzüberschreitungen zu beobachten. Die Vermischung der gegebenen Leistungsbilder ist mindestens für den Auftraggeber von Nachteil. Denn die Verantwortung für die Leistungsinhalte ist häufig nicht mehr erkennbar. Verbindliche Festlegungen zu Art und Umfang des Projektmanagements bestehen nicht, weder für den Auftraggeber noch für den Auftragnehmer. Die Aufgaben, welche ein Projektmanager bzw. Projektsteuerer übernehmen sollte, sind von Fall zu Fall zwischen dem Bauherrn und seinem Auftragnehmer zu vereinbaren. Kriterien für die dabei zu treffenden Festlegungen sind - erforderliche zeitliche und fachliche Entlastung des Bauherrn - Komplexität des Projektes in Bezug auf Größe, Dauer, Zahl der Beteiligten u. v. m. - notwendige Prüfungen und Nachweise gegenüber Aufsichtsorganen - Nutzen-Kosten-Verhältnis des Projektmanagements für den Bauherrn.
3.4.4
Rechtsberatung bei Bauprojekten
Rechtsberatung ist häufig als Teil des Projektmanagements erforderlich, und zwar als Rechtsberatung, die vorbeugend gewährleisten soll, dass der nötige juristische Sachverstand rechtzeitig in das Baugeschehen einfließt. „Das macht den Unterschied zum „Einschalten“ des Rechtsanwalts nach selbstgefühltem Bedarf aus. Denn das ist kein organisatorisches Konzept, sondern das Gegenteil davon. Die Qualität der Leistung liegt zunächst einmal in der Qualität des organisatorischen Konzepts, das die Rechtsberatung immer da, wo sie nötig ist, „automatisch“ (das ist wichtig) präsent hält und damit nicht nur juristische Fehler im Projektablauf vermeidet, sondern – das müsste jedenfalls die Zielsetzung sein – die juristische Seite des Projektablaufs durch Integration in das Projektmanagement optimiert.“ (Quack, F.: Verträge über Projektmanagement ..., 1999, S. 15) In der amtlichen Begründung zu § 31 HOAI hieß es 1977: „Projektsteuerung ist die Wahrnehmung delegierter Auftraggeberfunktionen in organisatorischer, rechtlicher, technischer und wirtschaftlicher Hinsicht im Sinne von § 31 HOAI. Wird die Projektsteuerung von externen Fachbüros erbracht, so müssen diese neutral und unabhängig sein.“ Die darin enthaltene Wahrnehmung delegierter Auftraggeberfunktionen auch in „rechtlicher Hinsicht“ ist aus heutiger Sicht nicht mehr vertretbar. Denn die gelegentliche Rechtsberatung durch den Projektsteuerer hat zu Einsprüchen der Vertreter der Juristen geführt. Bei Bauvorhaben soll erforderlichenfalls ein im Baurecht fachkundiger Jurist eingeschaltet werden, der im Wege der baubegleitenden Rechtsberatung den Bauherrn und damit auch den Projektsteuerer in rechtlicher Hinsicht berät.
3.4 Vergütung von Projektmanagementleistungen
83
Bei den rechtlichen Aufgaben ist zwischen der Rechtsberatung und der sogenannten Rechtsbesorgenden Tätigkeit zu unterscheiden. „Rechtsbesorgende Tätigkeit ist nur erlaubt, wenn ohne die Einbeziehung der Rechtsbesorgung eine ordnungsgemäße Erledigung der eigentlichen Aufgaben des Unternehmers nicht möglich ist. Es muss sich um eine Hilfs- oder Nebentätigkeit handeln, die sich im Rahmen der eigentlichen Berufsaufgabe vollzieht und deren Zweck dient, ohne daß sie untergeordnet zu sein braucht.“ (Kniffka, R.: Die Zulässigkeit rechtsbesorgender Tätigkeit ..., in ZfBR 06/1994, S. 254) Unabhängig von der Rechtsberatung enthalten auch die Leistungsbilder der HOAI (z. B. § 33 HOAI:2009-08) Tätigkeiten, die zur Rechtsbesorgung zu zählen sind: - Prüfen der Umwelterheblichkeit - Prüfen der Umweltverträglichkeit - Durchführen der Voranfrage (Bauvoranfrage) - Vorverhandlungen mit Behörden und anderen an der Planung fachlich Beteiligten über die Genehmigungsfähigkeit - fachliche und organisatorische Unterstützung des Bauherrn in z. B. Widerspruchs- und Klageverfahren - Zusammenstellen der Verdingungsunterlagen für alle Leistungsbereiche und - Antrag auf behördliche Abnahmen und Teilnahme daran. Wünscht oder benötigt der Auftraggeber eine baubegleitende Rechtsberatung, dann kommt diesbezüglich eine Mitgestaltung oder juristische Begleitung zu u. a. folgenden Punkten infrage: - vertragsrechtliche Fragen und Vergaben - Prüfung von Unternehmerforderungen, beispielsweise Nachtragsforderungen - Darlegungen des Rechtsstandpunktes des Bauherrn gegenüber seinen Vertragspartnern - Verhandlungen des Auftraggebers mit seinen Vertragspartnern - rechtsgeschäftliche Abnahmen.
3.4.5
Verträge für Leistungen des Projektmanagements
Die Frage nach dem Vertrag kann nur im Zusammenhang mit dem Leistungsbild und der Art der Tätigkeit bzw. dem daraus geschuldeten Erfolg behandelt werden. Eine allgemeingültige Form „des Vertrages“ gibt es im Projektmanagement genauso wenig wie ein entsprechend einheitliches Leistungsbild. Bei den Architekten- und Ingenieurleistungen handelt es sich im Fall der üblichen Beauftragung von Leistungen der Planung bzw. Bauüberwachung um einen Werkvertrag. Ob es sich beim Projektsteuerungsvertrag um einen Dienstvertrag (BGB § 611) oder einen Werkvertrag (BGB § 631) handeln soll, ist schon lange umstritten. Abgesehen von individuellen Vereinbarungen wurden durch Gerichte folgende Einzelentscheidungen getroffen:
84
3 Projektleitung und Projektsteuerung
- beim Projektsteuerungsvertrag handelt es sich um einen Geschäftsbesorgungsvertrag mit werkvertraglichem Einschlag (Urteil des OLG München 1994) - der Projektsteuerungsvertrag ist kein Werkvertrag (Urteil des BGH 1995). Diese Auffassung wird von Mantscheff durch die folgende Argumentation unterstützt: „Abweichend vom üblichen Architekten- und Ingenieurvertrag wird aber der Auftrag zur Erbringung von Leistungen der Projektsteuerung als Dienstvertrag anzusehen sein, weil der Auftragnehmer mit den dem Auftraggeber obliegenden Koordinierungs-, Steuerungs- und Überwachungsleistungen und der damit verbundenen Beratung Dienstleistungen erbringt und keinen Erfolg schuldet ...“ (Mantscheff, J.: Honorarordnung für Architekten und ..., 1996, S. 882) Entscheidend ist die Art der vereinbarten Leistung. So heißt es sinngemäß auch in einem Urteil des OLG Düsseldorf: „Werden in einem Projektsteuerungsvertrag in erster Linie Beratungs-, Informations- und Koordinierungsleistungen übertragen, so handelt es sich um einen Dienstvertrag.“ (Urteil des OLG Düsseldorf 1998) Die Diskussion, ob es sich bei der Projektsteuerung um einen Dienst- oder Werkvertrag handelt, wird seitdem immer wieder aufgegriffen. In vielen Fällen werden Projektsteuerungsverträge als Werkverträge interpretiert. Zu dieser grundsätzlichen Frage können Anhaltspunkte gegeben werden. Für einen Dienstvertrag sprechen: -
Leistungsbild nach § 31 HOAI (alte Fassung)
-
Leistungsbild nach AHO Heft 9:2009-03
-
Koordinierungs- und Steuerungsleistungen als wesentliche Aufgabe
Um einen Werkvertrag handelt es sich, wenn -
Erfolgshonoraren, z. B. in Bezug auf die Einhaltung von Kosten- und Terminvorgaben, vereinbart werden
-
gleichzeitige die Übernahme auch nur einzelner HOAI-Leistungen, z. B. von Kostenermittlungen, der vollständigen Terminplanung, der Objektüberwachung (Bauüberwachung) oder der technischen Abnahme von Bauleistungen, erfolgt.
Auftraggeber und Projektsteuerer müssen sich, um falsche Erwartungen oder gegebenenfalls einen späteren Rechtsstreit zu vermeiden, darüber klar werden, was ein Projektsteuerer überhaupt leisten kann. Dies gilt vor allem dann, wenn man sich darüber im Klaren ist, dass er den Bauherrn zwar in vielfältiger Weise unterstützt, z. B. durch Beratungsleistungen, nicht aber ohne Weiteres die dem Bauherrn – in seiner Eigenschaft als Projektleiter – vorbehaltenen Entscheidungen treffen und Weisungen gegenüber den weiteren Projektbeteiligten erteilen darf. Letztere sind für den Projekterfolg ausschlaggebend. Die Erwartungen vieler Bauherren gehen – häufig stillschweigend – bei der Beauftragung einer Projektsteuerung davon aus, eine Projektleitung zu erhalten. Viele Anbieter von Leistungen des Projektmanagements erklären sich – zumindest bei ihren Bemühungen um einen Auftrag – zur Übernahme der Projektleitung in der Lage. Die schwierigen Fragen von Garantien und Haftung werden zu diesem Zeitpunkt sehr häufig nicht mit der erforderlichen Sorgfalt besprochen.
3.4 Vergütung von Projektmanagementleistungen
85
Es muss dann gefragt werden: - Unter welchen Bedingungen können vom Auftraggeber gesetzte Zielvorgaben, z. B. die Einhaltung einer Kostenobergrenze, überhaupt eingehalten werden? - Welchen Anspruch könnte ein Auftraggeber gegenüber einem Projektmanager im Fall einer erheblichen Abweichung durchsetzen, wenn z. B. das Kostenziel für ein Projekt um ein Mehrfaches der Honorarsumme für das Projektmanagement überschritten wird? Übernimmt ein Auftragnehmer die im Grunde dem Bauherrn obliegende Projektleitung, so sind neben den zu erteilenden Vollmachten, z. B. im Rahmen eines Werkvertrages, auch der zumutbare Umfang der Haftung zu klären. Wird ein Teil der Bauherrenaufgaben an einen Generalplaner beauftragt, welcher dann allerdings dem Umfang einer Projektsteuerung nicht voll entspricht, dann ist das Projektmanagement üblicherweise Teil des Architekten- und Ingenieurvertrages und damit eines Werkvertrages, welcher durch den überwiegenden Teil der Architekten- und Ingenieurleistungen bestimmt wird. Im Einzelfall ist die Frage des Vertrages und der Haftung unter Mitwirkung eines im Bauwesen kundigen Juristen zu klären.
3.4.6
Vergütung von Leistungen der Projektsteuerung
Leistungen im Projektmanagement unterliegen sowohl einem Leistungswettbewerb als auch einem Preiswettbewerb, da Leistungsbild und Leistungsumfang individuell geregelt werden können und keine verbindliche Honorarordnung als Preisverordnung besteht. Im Unterschied dazu besteht - ein Leistungswettbewerb für Architekten- und Ingenieurleistungen bei Beachtung der Honorarordnung sowie - ein Preiswettbewerb für Bauleistungen auf der Grundlage einer erschöpfenden Leistungsbeschreibung. Eine Vereinbarung der Vergütung von Leistungen im Projektmanagement kann nur dann für beide Parteien ohne größeres Risiko erfolgen, wenn ein entsprechendes Leistungsbild zugrunde gelegt wird. In der Vergangenheit war der § 31 HOAI diesbezüglich keine große Hilfe, da das Leistungsbild nur wesentliche Teilleistungen enthielt und eine Vergütung nicht geregelt war. Auch wenn § 205 Leistungsbild Projektsteuerung wesentlich differenzierter ist, bleibt sowohl die individuelle Leistungsbeschreibung als auch die entsprechende Regelung der Vergütung Aufgabe der Parteien. Die Honorarvereinbarung für die Projektsteuerung und vergleichbare Leistungen kann - auf der Grundlage anrechenbarer Kosten - als Aufwand nach Mann-Monatssätzen oder -Tagesverrechnungssätzen oder - als Gesamtpauschale erfolgen. Alle drei Wege sind grundsätzlich möglich (vgl. Abb. 3.11). Von einer frühzeitigen Vereinbarung einer Gesamtpauschale ohne Vergleichsrechnung ist allerdings abzuraten. Ferner ist zu regeln, inwieweit Nebenkosten enthalten sind oder gesondert auf Nachweis abgerechnet werden.
86
3 Projektleitung und Projektsteuerung
Grundlage sind die anrechenbaren Kosten (vgl. § 206 AHO)
Vergleich
Honorarvereinbarung nach Aufwand über MannMonatssätze oder Tagesverrechnungssätze
Vergleich
Vergleich
Honorarvereinbarung als Gesamtpauschale vom Auftraggeber als Kostenrahmen vorgegeben oder auf Grundlage einer Honorarermittlung nach anrechenbaren Kosten oder einer Aufwandsermittlung zur vereinfachten Abrechnung vereinbart
Abb. 3.10:
Möglichkeiten der Honorarvereinbarung für die Projektsteuerung
Der Verfasser vertritt folgende Auffassung: Zur Honorarfindung für Leistungen im Projektmanagement sollen im Idealfall parallel mehrere Ermittlungen in Abstimmung zwischen dem Auftraggeber und dem Auftragnehmer bzw. den Bewerbern der engeren Wahl erstellt werden: - Aufwandskalkulation für die Projektsteuerung auf der Grundlage der notwendigen bzw. gewünschten Leistungen und des dafür erforderlichen Personals - überschlägige Honorarbemessung anhand von Honorartafeln, z. B. AHO-Fachkommission § 207 auf der Grundlage der Projektkosten - Vergleichsrechnung für den Aufwand bei gleichen Leistungen im Fall der Eigenleistung durch den Bauherrn mit eigenem Personal bei gleicher Qualifikation. Damit verbundene Ermittlungen und Abstimmungen bieten am ehesten die Grundlage dafür, die Erwartungen des Bauherrn einerseits und die wirtschaftlichen und fachlichen Möglichkeiten des späteren Auftragnehmers zur Sprache zu bringen. Leistungsbild und Vergütung kommen also gleichzeitig zur Sprache. Honorarermittlung nach anrechenbaren Kosten In Ermangelung einer Regelung der Vergütung von Leistungen im Projektmanagement, speziell in der Projektsteuerung, wurden verschiedene Vorschläge von einzelnen Autoren und von der AHO-Fachkommission Projektsteuerung/Projektmanagement aufgestellt. Viele der Vorschläge entsprechen in der Vorgehensweise grundsätzlich der Honorarermittlung für die Objektplanung (vgl. HOAI, Teil 3). Um eine Vergütung für Leistungen des Projektmanagements- bzw. der Projektsteuerung nach den anrechenbaren Kosten vereinbaren zu können, ist es wie bei der Ermittlung eines Planungshonorars, z. B. für den Objektplaner, erforderlich, dass sowohl die anrechenbaren Kosten zumindest überschlägig als auch das Leistungsbild in den Grundzügen bekannt sind oder festgelegt werden können. Vorteile der Vergütung auf der Basis anrechenbarer Kosten sind: - die Nachvollziehbarkeit der Honorarfindung
3.4 Vergütung von Projektmanagementleistungen
87
- die Bekanntheit des Ermittlungsverfahrens, nämlich entsprechend HOAI - die Möglichkeit der Beauftragung nach Projektstufen - die Ermittlung der Honorarsumme zu Projektbeginn. Zu den Nachteilen zählen: - die Erhöhung des Honorars bei Erhöhung der anrechenbaren Kosten und - der daraus verminderte Anreiz, die Projektkosten zu senken. Aufgrund des daraus entstehenden Konfliktes kann das Vertrauensverhältnis zwischen Auftraggeber und Auftragnehmer belastet werden. (nach Borchardt, H.: Vergütung von Projektsteuerungsleistungen, 1996, S. 16) Die älteste dem Verfasser bekannte Honorarfunktion zur Vergütung der Projektsteuerung entsprechend dem damals neuen Leistungsbild § 31 HOAI stammt von Karlheinz Pfarr, veröffentlicht im Jahre 1978. Sie sieht eine Vergütung über „prozentuale Projektkosten am Projektvolumen vor.“ Es werden Grenzen von etwa 2,4 bis 0,8 % bei kleinem Projektvolumen von 2 Millionen DM bis rund 0,3 % bei einem großen Projektvolumen von 100 Millionen DM gesetzt. (Pfarr, K.: Honorarfindung nach HOAI – aber wie?, 1978, S. 115) Anrechenbare Kosten Euro
Honorare in Prozent (Mittelwerte aus Von-Bis-Werten) Zone I
Zone II
Zone III
Zone IV
Zone V
500.000
3,66
4,59
5,66
6,55
7,47
5.500.000
2.35
2,92
3,59
4,15
4,73
10.500.000
2,00
2,48
3,04
3,50
4,00
20.500.000
1,63
2,01
2,46
2,83
3,23
30.500.000
1,41
1,74
2,12
2,44
2,78
40.500.000
1,26
1,54
1,87
2,15
2,46
51.000.000
-
-
1,67
-
-
100.000.000
-
-
1,52
-
-
200.000.000
-
-
1,35
-
-
300.000.000
-
-
1,26
-
-
400.000.000
-
-
1,19
-
-
500.000.000
-
-
1,14
-
-
Abb. 3.11: Honorare für die Projektsteuerung nach AHO § 207 in Prozent (AHO (Hrsg.): Heft 9:2009-03, S. 21-23, vom Verfasser gekürzt und umgerechnet)
88
3 Projektleitung und Projektsteuerung
Von praktischer Bedeutung ist die Honorartafel der AHO-Fachkommission Projektsteuerung/Projektmanagement, allerdings hat diese nicht die Verbindlichkeit einer Preisverordnung. Die Darstellung der Honorartafel zu § 207 (1) für die Grundleistungen der Projektsteuerung (AHO) wurde gekürzt und die Honorarwerte wurden in Prozentwerte umgerechnet (vgl. Abb. 3.11). Sie zeigt damit vereinfacht das Verhältnis von Honorar zu anrechenbaren Kosten. Ähnlich wie in der HOAI werden Honorarzonen unterschieden. Die Bewertung eines Projektes nach § 204 AHO:2009-03 folgt anderen Kriterien als die Bewertung eines Objektes nach § 5 HOAI:2009-08). Die „anrechenbaren Kosten“ im Zusammenhang mit der Projektsteuerung unterscheiden sich vom gleichlautenden Begriff in der Objektplanung (vgl. § 4 HOAI:2009-08) durch die zusätzliche Berücksichtigung von Planungsleistungen. So diese in § 202 Grundlagen des Honorars in AHO:2009-03 wie folgt definiert: „(2) Bei der Honorierung nach anrechenbaren Kosten, auch zur Plausibilitätsprüfung der Honorarermittlung nach Zeitaufwand, richtet sich das Honorar für Grundleistungen der Projektsteuerung nach den anrechenbaren Kosten des Projektes gemäß DIN 276 (2008) mit den Kostengruppen 100 bis 700 ohne 110, 710, und 760, nach der Honorarzone, der das Projekt angehört, sowie nach der Honorartafel in § 207.“ (AHO (Hrsg.): Heft 9:2009.03, S. 5) Nach AHO Heft 9:2009-03 werden ausgehend von einem umfassenden Leistungsumfang der Projektsteuerung die auf die Projektstufen entfallenden Teilleistungen wie folgt bewertet: Projektstufen
Bewertung der Grundleistungen in v. H. des Grundhonorars nach § 207 (1)
1 Projektvorbereitung
26
2 Planung (Vor-, Entwurfs- und Genehmigungsplanung)
21
3 Ausführungsvorbereitung (Ausführungsplanung, Vorbereiten der Vergabe und Mitwirken bei der Vergabe)
19
4 Ausführung (Objektüberwachung)
26
5 Projektabschluss (Projektbetreuung, Dokumentation) Summe
8 100
Abb. 3.12: Honoraranteile in v. H. für die Grundleistungen der Projektsteuerung (AHO (Hrsg.): Heft 9:2009-03, S. 9)
Die Grundleistungen der Projektsteuerung sollen in allen Handlungsbereichen und Projektstufen beauftragt werden. In begründeten Fällen können aber auch nur Teilleistungen der Projektsteuerung Gegenstand des Vertrages sein. Dabei kann es sich um einzelne Projektstufen, aber auch um einzelne Handlungsbereiche handeln. Bei der Ermittlung der Vergütung von Einzelleistungen soll der Aufwand für die Einarbeitung und die laufende Informationsbeschaffung berücksichtigt werden. Zur Minderung des Honorars werden in § 209 (3) entsprechende Prozentsätze vorgegeben:
3.4 Vergütung von Projektmanagementleistungen
89
„(3) Werden nur nicht alle Handlungsbereiche der Projektsteuerung übertragen, so werden die Grundhonorare der Honorartafel gemäß § 7 (1) wie folgt gemindert: •
nur für Handlungsbereiche Kosten und Termine (C + D)
um 25 v. H.
•
nur für Handlungsbereiche Qualitäten und Kosten (B + C)
um 25 v. H.
•
nur für Handlungsbereiche Qualitäten und Termine (B + D)
um 25 v. H.
•
nur für Handlungsbereich Kosten (C)
um 40 v. H.
•
nur für Handlungsbereich Termine (D)
um 40 v. H.
•
nur für Handlungsbereich Qualitäten (B)
um 50 v. H.
•
nur für Handlungsbereich Verträge und Versicherungen (E)
um 40 v. H.“
Genau so wichtig wie die aufgeführten Vorschläge und Entwürfe ist die tatsächliche Vergütung der Projektsteuerung in der Praxis. Hierzu liegt eine, wenn auch aufgrund der geringen Menge statistisch verwertbarer Daten zwar nicht repräsentative, jedenfalls aber zur Orientierung dienliche Auswertung vor: „Im Frühjahr 1995 wurde seitens der AHO-Fachkommission eine Fragebogenaktion zur Projektsteuerung von Hochbauten durchgeführt. Aus 30 Fragebogenrückläufen konnten 47 Hochbauprojekte ausgewertet werden. Die wesentlichen Auswertungsergebnisse waren: ... Die erzielten Honorare betrugen im Durchschnitt 453 T€ (Umrechnung durch den Verf.). Als gewichteter Mittelsatz ergab sich jedoch ein Honorar von 1,5 v. H. der anrechenbaren Kosten. Im Vergleich zu den Honorartabellen gem. Honorartafel zu § 206 (1) sind die erzielten Honorare häufig niedriger, teilweise jedoch auch deutlich höher.“ (AHO (Hrsg.): Heft 9:1998-08, S. 87) Projektsteuerung war bis in die späten 1990er Jahre hinein sehr lukrativ. Der Bau von Infrastrukturmaßnahmen und Großprojekten vor allem auch im Zusammenhang mit der deutschen Wiedervereinigung bot vielfältige Einsatzmöglichkeiten zu sehr guten Honoraren. Die seitdem nachlassende Baukonjunktur und eine wachsende Zahl der Anbieter von Leistungen der Projektsteuerung führten inzwischen zu einem harten Wettbewerb. Honorarermittlung nach Aufwand Alternativ kann das Honorar für Leistungen im Projektmanagement, speziell auch im Bereich der Projektsteuerung nach dem tatsächlichen oder dem geschätzten Aufwand ermittelt werden. Besteht die Absicht, die Vergütung nach dem Aufwand zu vereinbaren, sind einige Voraussetzungen zu prüfen, denn diese Art der Berechnung soll nur erfolgen, wenn - die Leistung nicht genau beschrieben werden kann - der Leistungsumfang nicht bekannt ist - es sich um eine weisungsgebundene, unterstützende Leistung handelt und - der Einsatz kurzzeitig erfolgt. Es sind mindestens festzulegen: Stundensätze oder Mann-Monatssätze der Mitarbeiter, ihre Qualifikationen, Einsatzzeiten und Einsatzort, Nebenkosten und eventuell eine Regelung zur Preisgleitung.
90
3 Projektleitung und Projektsteuerung
Von Vorteil sind: - die Bindung der Leistungen an Personen, die meistens beim Auftraggeber eingesetzt werden - die Kontrollierbarkeit sowie - die individuelle Dispositionsmöglichkeit. Zu den Nachteilen zählen: - anfangs nicht bekannte Kosten, - ein hoher Verwaltungsaufwand, - fehlende Verantwortung für die Vollständigkeit der Leistung und ungenügende Kalkulierbarkeit. Es besteht ferner die Gefahr, dass die Höhe der Vergütungssätze nicht angemessen ist und dass die Kosten überschritten werden. (nach Borchardt, H.: Vergütung von Projektsteuerungsleistungen, 1996, S. 16) Auch hierzu werden in AHO Heft 9:2009-03 Angaben gemacht. Die im Zusammenhang mit § 203 Honorierung über Kalkulation und Zeitaufwand enthaltene Tabelle „beinhaltet Mitarbeiterverrechnungssätze mit drei unterschiedlichen Qualifikationen für projektbezogene Einsatzzeiten. Die Werte entsprechen Verrechnungssätzen ohne Mehrwertsteuer und ohne projektspezifische Nebenkosten (gemäß § 7 HOAI), die von DVP-Mitgliedern im Jahre 2007 durchschnittlich vereinbart werden konnten.“ (AHO (Hrsg.): Heft 9:2009-03, S. 6 – Anmerkung: vgl. § 14 Nebenkosten HOAI:2009-08) Funktion
Monatsverrechnungssatz
Tagesverrechnungssatz
Projektleiter/in
15.000 – 18.000 €/Mon.
700 – 900 €/Tag
Projektbearbeiter/in
12.000 – 15.000 €/Mon.
600 – 700 €/Tag
8.000 – 12.000 €/Mon.
400 – 600 €/Tag
Technisch-wirtschaftliche/r MA
Abb. 3.13: Verrechnungssätze für projektbezogene Einsatzzeiten nach AHO (AHO (Hrsg.): Heft 9:2009-03, S. 6)
Der Auftragnehmer soll eine Schätzung des personellen Aufwandes vornehmen und gegenüber dem Auftraggeber erläutern. Dies kann beispielsweise wie folgt aussehen: Voraussetzung für die Projektsteuerung eines größeren komplexen Bauprojektes kann z. B. den Einsatz einer Projektsteuerungsgruppe erfordern, bestehend mindestens aus: - dem leitenden Projektsteuerer: Dipl.-Ing. Architekt oder Bauingenieur mit zehn Jahren einschlägiger Berufserfahrung und - zwei Mitarbeitern mit grundsätzlich gleichwertiger Qualifikation, z. B. Wirtschaftsingenieur mit mindestens fünf Jahren einschlägiger Berufserfahrung.
3.4 Vergütung von Projektmanagementleistungen
91
Die Gruppe wird durch ein Sekretariat vor Ort oder durch das Stammhaus im Bereich von Organisations-, Schreib- und Dokumentationsaufgaben und der EDV-Anwendungen unterstützt. Die Brutto-Gehälter der Mitarbeiter dieser Gruppe können wie folgt angenommen werden: - leitender Projektsteuerer
:
rund 64.000.- € p. a.
- Mitarbeiter
:
rund 52.000.- € p. a.
- Mitarbeiter
:
rund 40.000.- € p. a.
Alle weiteren Kosten können über einen Faktor (Gemeinkostenzuschlag, hier angenommen mit dem Faktor 2,78) ermittelt werden: Organisations- und Schreibarbeiten, Erstellung der Dokumentation, EDV-Anwendungen, Büroausstattung, Fahrzeuge etc. Es ergeben sich auf dieser Grundlage rund 435.000.- € durchschnittliche jährliche Gesamtkosten für die Gruppe bei ausschließlicher Bearbeitung des Projektes und voller Auslastung durch das Projekt. Bei einer Projektdauer von fünf Jahren ergibt sich ein notwendiges Honorar von 2,175 Mio. €. Ein Großprojekt mit rund 145 Mio. € anrechenbaren Kosten und einem Vom-Hundert-Satz von 1,5 % für ein umfangreiches Leistungsbild im Bereich der Projektsteuerung würde ein entsprechendes Honorar gestatten und sicher auch rechtfertigen. Ermittlung der Verrechnungssätze für einen leitenden Projektsteuerer Eine wesentliche Grundlage des Preisangebotes für Leistungen des Projektmanagements ist die Selbstkostenkalkulation. Entscheidend sind hierbei die Personalkosten. Die Fachkommission Projektsteuerung des Ausschusses für Ingenieurverbände und Ingenieurkammern für die Honorarordnung e. V. (AHO) stellt mit dem AHO-Stundensatzrechner (vgl. Abb. 3.14) eine einfache Kalkulationshilfe zur Verfügung. Der AHO führt in Verbindung mit dem IFB – Institut für Freie Berufe, Nürnberg, jährlich einen Bürokostenvergleich durch. Im Zuge dieses Bürokostenvergleichs wird auch der Gemeinkostenfaktor ermittelt. Mit dem Bürokostenvergleich werden auch die Gemeinkostenfaktoren nach Bürogrößen festgestellt, sie liegen zwischen dem Faktor 2,36 für allein arbeitende Freiberufler, dem Faktor 2,79 für eine mittlere Bürogröße (11 – 50 Personen und einem Faktor von 2,71 für große Ingenieurunternehmen (über 100 Personen). Die Berechnungsbasis der hier ausgewiesenen Faktoren ist ohne Leistungen an Dritte ermittelt worden. Folgende weitere Größen werden im Kalkulationsschema angesetzt: -
-
10% Unternehmerbedarf: Dieser Beaufschlagungsprozentsatz des Unternehmerbedarfs (Wagnis + Gewinn) ist in Abhängigkeit der Projektdurchführungsrisiken in Höhe von 10 v. H. in den GFK berücksichtigt (Laut Bürokostenvergleich 2008 beträgt das durchschnittliche Wagnis ca. 5,5 v. H.)
Monats- und Stundensatzkalkulation: In den Faktoren ist die erhöhende Wirkung der Netto-Arbeitszeiten nicht berücksichtigt. Es wird einer Jahresarbeitszeit im Umfang von 10,5 Monaten (= 12 Monate abzüglich 30 AT Urlaub) und 169 Arbeitsstunden im Monat (= 4,33 Wochen/Monat x 39 Std./Woche) ausgegangen. (http://www.aho.de/hoai/praxishilfe.php3)
92
3 Projektleitung und Projektsteuerung
Die Beispielrechnung wird für einen leitenden Projektsteuerer mit einem Brutto-Jahresgehalt in Höhe von 63.600 € durchgeführt. Der Gemeinkostenfaktor beträgt 2,78 für ein Ingenieurbüro mittlerer Größe (11 – 50 Personen). AHO – Stundensatzrechner (mit einer Beispielrechnung durch den Verfasser) Monatsgehalt (Brutto)
4.700 €
Weihnachtsgratifikation
4.700 €
Sonderzahlungen
2.500 €
Jahresgehalt
63.600 €
/ 12 = 5.300 €
AHO-Gemeinkostenfaktor inkl. 10% Unternehmerbedarf, ohne Leistungen an Dritte, Büros mit (bitte ankreuzen): 1 Person
2,36
0€
2 – 5 Personen
2,72
0€
6 – 10 Personen
2,79
0€
11 – 50 Personen (x)
2,78
14.734 €
51 – 100 Personen
2,86
0€
> 100 Personen
2,71
0€
10,50 Mo
16.838,86 €
169,00 h/Mo
99,64 €
Verrechnungssatz Projektmonat bei: Stundensatz bei:
Abb. 3.14: Ermittlung des Monats- und Stundensatzes (netto) – Beispiel (http://www.aho.de/hoai/praxishilfe.php3)
Die Verrechnungssätze betragen somit rund 16.900 €/Monat und rund 100 €/Stunde oder umgerechnet rund 800 €/Arbeitstag. Diese einfache Ermittlung kann eine Kosten- und Leistungsberechnung im Büro nicht ersetzen. Der Gemeinkostenfaktor kann je nach Arbeitsorganisation und Kostenstruktur variieren und soll im Einzelfall über eine Nachkalkulation ermittelt werden.
3.4 Vergütung von Projektmanagementleistungen
93
Pauschalierung des Honorars Eine Pauschalvergütung für Leistungen des Projektmanagements bzw. der Projektsteuerung sollte nur dann vereinbart werden, wenn - das Leistungsbild bekannt ist - der Leistungsumfang bekannt ist und - der Auftragnehmer eine umfassende und in sich abgeschlossene Leistung erbringt. Kritisch ist die Pauschalvergütung insbesondere im Fall einer sehr langen Projektdauer und beim Risiko von Änderungen des Projektes oder der Bearbeitungszeit zu sehen. Von Vorteil bei einer Pauschalierung sind: - die Festlegung der Honorarsumme bei Projektbeginn - die Möglichkeit der Honorarermittlung über den geschätzten Aufwand oder auf der Grundlage der anrechenbaren Kosten - die Verantwortung des Auftragnehmers für den vollen Leistungsumfang und - die Möglichkeit der Beauftragung nach Projektstufen. Als Nachteile stehen entgegen: - die zeitaufwendige Vorbereitung durch Ermittlungen und Vertragsgespräche - die notwendige Berücksichtigung eventueller Leistungsänderungen - die Abhängigkeit des Auftragnehmers vom Auftraggeber und anderen Projektbeteiligten in Bezug auf seine Verantwortung und deren Arbeitsqualität. (Borchardt, H.: Vergütung von Projektsteuerungsleistungen, 1996, S. 17) Die vorangegangenen Überlegungen für die Leistungen der Projektsteuerung gelten im Grundsatz auch für die verwandten Leistungsbilder Projektleitung, jedoch mit einem deutlich größeren Umfang an Leistungen und Verantwortung, und für das bei der Generalplanung erforderliche Projektmanagement, letzteres mit einem geringeren Anteil an den Bauherrenaufgaben im Vergleich mit der Projektsteuerung.
3.4.7
Vergütung von Leistungen der Projektleitung
Unter besonderen Umständen kann ein externer Fachmann als Projektleiter eingesetzt werden. Dies ist erforderlich, wenn auf der Seite des Bauherrn niemand bereit oder in der Lage ist, die unzweifelhaft schwierige Aufgabe der Projektleitung zu übernehmen. Auf die rechtzeitige Klärung der notwendigen Vollmachten und auch der Haftung ist dann in besonderem Maße zu achten. Der Aufwand des Bauherrn kann in die Projektleitung und in die delegierbaren Bauherrenaufgaben in Form der Projektsteuerung zerfallen. Einerseits sind brauchbare Auswertungen über den Aufwand des Bauherrn bzw. der Projektleitung kaum verfügbar, andererseits steht über den delegierbaren Teil, also die Projektsteuerung, ausreichend Information zur Verfügung. Rückschlüsse gestatten es, den Aufwand des Bauherrn für die verbleibende Projektleitung zu ermitteln.
94
3 Projektleitung und Projektsteuerung
Zur Bewertung der Projektleitung, die in besonderen Fällen auch an Dritte vergeben wird, kann herangezogen werden: § 208 Honorar für die Wahrnehmung der Projektleitung. „(1) Das Honorar für die Wahrnehmung der Projektleitung mit dem Leistungsbild gemäß § 206 beträgt bei gleichzeitig beauftragter Projektsteuerung mit den Grundleistungen nach § 205 ca. 50 v. H. des vereinbarten Honorars für die Projektsteuerung. (2) Wird die Projektleitung ohne gleichzeitige Wahrnehmung der Projektsteuerung beauftragt, so kann auch ein höheres als das in § 208 (1) festgelegte Honorar frei vereinbart werden.“ (AHO (Hrsg.): Heft 9:2009-03, S. 23) Daraus wird gefolgert: Der Umfang der Bauherrenaufgaben lässt grob sich in 1/3 Aufwand Projektleitung und 2/3 Aufwand Projektsteuerung aufteilen. Ein höherer Aufwand auf der Seite des Bauherrn trotz Projektsteuerung ist dann zu rechtfertigen, wenn innerhalb der Bauherrenorganisation eine Vielzahl von schwierigen Aufgaben zu lösen ist wie z. B. die Koordination von Nutzeranforderungen oder die Integration bestehender komplexer technischer Systeme in die Planung der neuen Anlagen. Untersuchungen des Verfassers zum Aufwand für Bauherrenaufgaben in der Praxis ergeben teilweise sehr hohe Werte. In vielen Fällen betragen die Kosten der Bauherrenaufgaben bei Neubauten um 4 v. H. der anrechenbaren Kosten (nach § 202 AHO) oder zwischen einem Viertel bis zu einem Drittel der Kosten für die Honorare der Architekten- und Ingenieurleistungen (KG 730 nach DIN 276-1).
3.4.8
Vergütung von Leistungen des Projektcontrolling
In den vorangegangenen Abschnitten waren verschiedene Formen des Projekt- und Baucontrolling vorgestellt worden: Projektcontrolling als Aufgabe des Bauherrn, Projektcontrolling als Aufgabe des Planers und Aufgaben des Chartered Surveying. Die notwendige Abgrenzung zwischen den Bauherren- und den Planeraufgaben ist hierbei vor allem in der Praxis meist nicht gegeben. Handelt es sich bei beauftragten Leistungen um delegierte Bauherrenaufgaben, so kann eine Vergütung wie bei der Projektsteuerung erfolgen. Es liegt dann meist eine Teilleistung mit dem Schwerpunkt im Handlungsbereich C – Kosten und Finanzierung vor. Vergleiche hierzu auch Fachkommission AHO Heft 9:2009-03 § 209 Teilleistungen der Projektsteuerung als Einzelleistungen. Handelt es sich aber um Leistungen, die der Objektplanung im Sinne der HOAI zuzurechnen sind, dann unterliegen diese dem geltenden Preisrecht.
3.4.9
Zur Geschichte der Vergütung von Bauherrenaufgaben
Bauherrenaufgaben sind selbstverständlich auch schon vor dem uns heute geläufigen Verständnis des Projektmanagements und der detailliert beschriebenen Bauherrenaufgaben erforderlich gewesen. Beschreibungen und Ermittlungen hierzu sind zumindest dem Verfasser bisher nur in geringem Umfang bekannt. Erwähnenswert ist die folgende Quelle.
3.4 Vergütung von Projektmanagementleistungen
95
Als „Kosten der Verwaltungsarbeiten des Bauherrn oder einer betreuenden Stelle“ ... enthielt die Verordnung über Wirtschaftlichkeits- und Wohnflächenberechnung für neu geschaffenen Wohnraum (Berechnungsverordnung), Fassung vom August 1963 (abgekürzt BVO) die folgende Tabelle, ähnlich den heutigen Honorartafeln. „Nach § 8 der II. BVO dürfen im Wohnungsbau die Kosten der Verwaltungsleistungen des Bauherrn für Vorbereitung und Durchführung des Bauvorhabens höchstens mit folgenden Beträgen angesetzt werden, sofern er diese Leistungen auf Grund seines Berufes – z. B. als Architekt – im Rahmen seiner unternehmerischen Tätigkeit und bei Ausführung durch Dritte erbringt: Verwaltungskosten in % der Baukosten ohne Baunebenkosten Baukosten
Verwaltungskosten
bis
50 000 DM
3,00 %
bis
100 000 DM
2,75 % (mind. 1 500 DM)
bis
200 000 DM
2,50 % (
„
2 750 DM)
bis
350 000 DM
2,25 % (
„
5 000 DM)
bis
550 000 DM
2,00 % (
„
7 875 DM)
bis
800 000 DM
1,75 % (
„ 11 000 DM)
bis
1 100 000 DM
1,50 % (
„ 14 000 DM)
bis
1 500 000 DM
1,25 % (
„ 16 500 DM)
über
1 500 000 DM
1,00 % (
„ 18 750 DM)
Abb. 3.15:
Verwaltungskosten des Bauherrn nach II. BVO: 1963-08
Diese %-Sätze erhöhen sich um je 0,5 % (in jedem der folgenden Einzelfälle) a)
bei Eigenheimen, Eigentumswohnungen, Eigensiedlungen,
b)
wenn besondere Maßnahmen der Bodenordnung notwendig sind,
c)
wenn besondere Verwaltungsschwierigkeiten auftreten.
Die %-Sätze erhöhen sich um 1,5 %, wenn bei Familienheimen Selbsthilfe von mehr als 10 % der Baukosten geleistet wird. Bauherren, welche die Verwaltungsleistungen nicht auf Grund der oben genannten Voraussetzungen erbringen, dürfen nach der II. BVO nur die Hälfte dieser Sätze geltend machen.“ (Mittag, M.: Normengerechtes Bauen, 1971, S. 20-21)
4
Organisation, Information, Koordination und Dokumentation
Es werden in den Abbildungen 4.1 bis 4.3 Teilleistungen des Projektmanagements genannt, wie sie in den „Untersuchungen zum Leistungsbild, zur Honorierung und zur Beauftragung von Projektmanagementleistungen in der Bau- und Immobilienwirtschaft“ für den Handlungsbereich A – Organisation, Information, Koordination und Dokumentation in der 3. Auflage, Stand März 2009, dargestellt sind. Das sind die aktuellen Standarddefinitionen, welche vom Ausschuss der Verbände und Kammern der Architekten und Ingenieure für die Honorarordnung e. V. erarbeitet wurden, im Folgenden abgekürzt: AHO Heft 9:2009-03. Im Einzelfall werden sowohl die Leistungen als auch die Vergütung von Projektmanagementleistungen, insbesondere die Projektsteuerung, verhandelt. Die Untersuchungen des AHO Heft 9:2009-3 bilden eine gemeinsame Grundlage mit hoher Akzeptanz sowohl bei den Auftraggebern als auch den Auftragnehmern. Es handelt sich hierbei im Unterschied zur Honorarordnung für Architekten und Ingenieure – HOAI nicht um eine Preisverordnung, sondern um eine Empfehlung der AHO-Fachkommission. Deswegen werden im Kapitel 4 und in den folgenden Kapiteln 5 bis 8 die Leistungsordnungen des jeweiligen Handlungsbereiches, insgesamt A bis E, vorangestellt, damit diese eine Struktur und den Ausblick auf entsprechende Verfahren und Beispiele bieten. Leistungsordnung Projektmanagement nach AHO – Handlungsbereich A Grundleistungen 1. Projektvorbereitung 1 Entwickeln und Abstimmen der Projektorganisation durch projektspezifisch zu erstellende Organisationsvorgaben 2 Vorschlagen und Abstimmen des Berichtswesens 3 Vorschlagen, Abstimmen und Umsetzen des Entscheidungsmanagements 4 Vorschlagen, Abstimmen und Umsetzen des Änderungsmanagements 5 Mitwirken bei der Auswahl des Projektkommunikationssystems
Besondere Leistungen 1 Unterstützen der Koordination von speziellen Organisationseinheiten des Auftraggebers 2 Erstellen von Vorlagen und besondere Berichterstattung in Auftraggeber- und sonstigen Gremien 3 Einrichten eines eigenen Projektkommunikationssystems
Abb. 4.1: Handlungsbereich A – Organisation, Information, Koordination [ … ] (1) (AHO (Hrsg.): Heft 9:2009-03, S. 10)
98
4 Organisation, Information, Koordination und Dokumentation
Die in der Projektstufe 1 Projektvorbereitung des Handlungsbereichs A – Organisation, Information, Koordination und Dokumentation enthaltenen Aufgaben stellen eine unabdingbare Voraussetzung für die erfolgreiche Durchführung eines Projektes dar. Dazu gehören sämtliche Organisationsvorgaben, Regelungen für die Information der am Projekt Beteiligten. Diese beziehen sich auf die Kommunikation, teilweise unter Einsatz moderner Systeme und die notwendige Dokumentation für die Übergabe des Objektes an den Nutzer. Die hierbei zu treffenden Regelungen und Standards werden Teil der Leistungsbilder der Auftragnehmer des Bauherrn. Leistungsordnung Projektmanagement nach AHO – Handlungsbereich A Grundleistungen 2. Planung 1 Fortschreiben der Organisationsvorgaben 2 Dokumentieren der wesentlichen projektbezogenen Plandaten 3 Regelmäßiges Informieren und Abstimmen mit dem Auftraggeber (Berichtswesen 4 Vertreten der Planungskonzeption mit bis zu fünf Erläuterungs- und Erörterungsterminen 5 Verfolgen und Steuern des behördlichen Genehmigungsverfahrens 6 Überwachen des Betriebs des Projektkommunikationssystems 7 Umsetzen des Änderungsmanagements 8 Umsetzen des Entscheidungsmanagements 9 Mitwirken bei der Einschätzung der technischen Risiken 3. Ausführungsvorbereitung 1 Fortschreiben der Organisationsvorgaben 2 Fortschreiben der Dokumentation der wesentlichen projektbezogenen Plandaten 3 Regelmäßiges informieren und Abstimmen mit dem Auftraggeber (Berichtswesen) 4 Umsetzen des Änderungsmanagements 5 Umsetzen des Entscheidungsmanagements 6 Mitwirken bei der Einschätzung der technischen Risiken
Besondere Leistungen 1 Vertreten der Planungskonzeption gegenüber der Öffentlichkeit unter besonderen Anforderungen und Zielsetzungen sowie bei mehr als fünf Erläuterungsund Erörterungsterminen 2 Betreiben eines eigenen Projektkommunikationssystems
1 Betreiben eines eigenen Projektkommunikationssystems
Abb. 4.2: Handlungsbereich A – Organisation, Information, Koordination [ … ] (2) (AHO (Hrsg.): Heft 9:2009-03, S. 12–14)
4 Organisation, Information, Koordination und Dokumentation
99
Weiterhin sind die Projektziele des Bauherrn zu definieren, an denen sich die Leistungen der Auftragnehmer auszurichten haben. Die Aufgaben des Handlungsbereichs A, von denen der größte Teil bereits in der Projektvorbereitung anfällt, werden mit 26 von Hundert des Honorars für die Grundleistungen der Projektsteuerung ihrer Bedeutung entsprechend bewertet. Leistungsordnung Projektmanagement nach AHO – Handlungsbereich A Grundleistungen 4. Ausführung 1 Fortschreiben der Organisationsvorgaben 2 Fortschreiben der Dokumentation der wesentlichen projektbezogenen Plandaten 3 Regelmäßiges informieren und Abstimmen mit dem Auftraggeber (Berichtswesen) 4 Unterstützen des Auftraggebers bei der Einleitung von selbständigen Beweisverfahren 5 Umsetzen des Änderungsmanagements 6 Umsetzen des Entscheidungsmanagements 7 Mitwirken bei der Einschätzung der technischen Risiken 5. Projektabschluss 1 Mitwirken bei der organisatorischen und administrativen Konzeption und bei der Durchführung der Übergabe/Übernahme bzw. Inbetriebnahme/Nutzung 2 Veranlassen der systematischen Zusammenstellung und Archivierung der Projektdokumentation 3 Regelmäßiges informieren und Abstimmen mit dem Auftraggeber (Berichtswesen) 4 Umsetzen des Entscheidungsmanagements 5 Mitwirken bei der Einschätzung der technischen Risiken
Besondere Leistungen 1 Mitwirken bei der Umsetzung der Betreiber/-Nutzerorganisation bei besonderen Anforderungen 2 Betreiben eines eigenen Projektkommunikationssystems
1 Gesamthaftes Prüfen der Projektdokumentation der fachlich Beteiligten 2 Organisatorisches und baufachliches Unterstützen bei Gerichtsverfahren 3 Organisieren des Abschlusses des eigenen Projektkommunikationssystems
Abb. 4.3: Handlungsbereich A – Organisation, Information, Koordination [ … ] (3) (AHO (Hrsg.): Heft 9:2009-03, S. 16–18)
Die in der Projektstufe 1 aufgestellten Organisationsvorgaben zum Handlungsbereich A werden in den folgenden Projektstufen fortgeschrieben und erweitert. Das Augenmerk des Projektmanagers liegt auf der Kontrolle der Leistungen Dritter, der Information des Auftraggebers und der Dokumentation. Aus den Organisationsvorgaben, zuvor oft als Organisati-
100
4 Organisation, Information, Koordination und Dokumentation
onshandbuch bezeichnet, entwickelt sich die Projektdokumentation durch systematisches Zusammenstellen und Archivierung der wesentlichen Teile von Berichten, Erläuterungen und Projektdaten. Die darin enthaltenen Informationen sollen auch dem Betreiber/Nutzer des Objektes eine wertvolle Grundlage für das Gebäudemanagement sein.
4.1
Organisation
Mit der Größe, Dauer und Komplexität von Projekten steigen die Zahl der Beteiligten und damit das Erfordernis der Organisation. Diese bringt mit sich, dass - Arbeitsteilung und Kompetenzregelung - Formalisierung von Abläufen - Kontrolle von Arbeitsergebnissen und - Abstraktion der Informationen (EDV) notwendig wird. Unter einer Projektorganisation ist die „Aufbau- und Ablauforganisation zur Abwicklung eines bestimmten Projektes“ zu verstehen. Anmerkung: „Die Projektorganisation kann aus Bestandteilen der vorhandenen Betriebsorganisation bestehen und wird dann lediglich durch projektspezifische Regelungen ergänzt.“ (DIN 69901-5:2009-01, PM – PM-Systeme – Teil 5: Begriffe) Die Organisationswissenschaften sind Teil der Betriebswirtschaftslehre. Entsprechend sind auch hier die in Frage kommenden Definitionen zu finden. In den meisten Fällen wird nicht das Projekt, sondern die Unternehmung als Gegenstand der Organisation gesehen. „Das System der Unternehmung bedarf der integrativen, gefügehaften Strukturierung seiner Elemente und Beziehungen in einer dynamischen und variablen Umwelt. Diese formale Struktur der Unternehmung lässt sich als ein eigenes System, als Organisationssystem betrachten. Es betrachtet als Elemente Aufgaben, Personen und Sachmittel, die durch die Gestaltung besonderer organisatorischer Beziehungen miteinander verbunden werden. Diese lassen sich als Verteilungs- und Arbeitsbeziehungen kennzeichnen. Die einzelnen Organisationselemente werden durch sie formal, räumlich und zeitlich strukturiert.“ (Sellien, R. und Sellien, H. (Hrsg.): Dr. Gablers Wirtschaftslexikon, 1979, S. 581) Für die praktische Anwendung stellt sich die Frage, wie eine Organisation dargestellt und vermittelt werden kann. Hierzu gehört neben den Beschreibungen vor allem die „grafische Darstellung organisatorischer Tatbestände. Durch Visualisierung sollen Organisationsschaubilder meist sehr komplexe Zusammenhänge einsichtig machen.“ Dabei ist eine Unterteilung möglich in: „1. Strukturschaubilder: typisch Organigramm als Abbild der Funktions- und Abteilungsgliederung. 2. Ablaufschaubilder (Flußdiagramme o. ä.) ...“ (Sellien, R. und Sellien, H. (Hrsg.): Dr. Gablers Wirtschaftslexikon, 1979, S. 593) Demzufolge wird auch bei der Projektorganisation im Bauwesen zwischen der Aufbauorganisation (vgl. Abb. 4.4 bis 4.6) und der Ablauforganisation (vgl. Abb. 4.7) unterschieden.
4.1 Organisation
4.1.1
101
Aufbauorganisation
Im Rahmen der Aufbauorganisation sollen die notwendigen projektbezogenen Aufgaben geeigneten Funktionsträgern als Projektbeteiligte zugeordnet werden und deren Verantwortungsbereiche und Weisungsbefugnisse sowie ihr gegenseitiger Informationsaustausch geregelt werden. Die Liste der Projektbeteiligten ist laufend mit dem Projektfortschritt zu erweitern: In schriftlichen Unterlagen, insbesondere Organigrammen, sollte die Art der Beziehung zwischen den Projektbeteiligten dargestellt werden, und zwar insbesondere im Hinblick auf die Vertragsverhältnisse, Weisungs- und Entscheidungsbefugnisse und Informationspflichten. Für Projekte im Bauwesen kommen folgende Formen der Aufbauorganisation in Betracht: - Linienorganisation - Stablinienorganisation - Matrixorganisation. Die Linienorganisation (vgl. Abb. 4.4) ist bei den meisten Bauherrenorganisationen anzutreffen. Sie ist gekennzeichnet durch - hierarchische Gliederung der organisatorischen Einheiten wie Stellen, Abteilungen, Bereiche usw. zueinander und - einheitliche Abläufe hinsichtlich Weisungsbefugnis, Verantwortung und Mitteilungen. Die Linienorganisation ist bei kleineren Organisationen zweckmäßig, sie schafft klare und übersichtliche Verhältnisse und eindeutige Abgrenzungen. Bei großen Organisationen wie Unternehmen, aber auch bei großen Bauvorhaben „bringt die Einhaltung des Dienstweges unter Umständen eine erhebliche Arbeitsbelastung der einzelnen Zwischeninstanzen mit sich, die nach oben immer größer wird.“ (Wöhe, G.: Einführung in die ABWL, 1990, S. 188) Gesamtleitung
Abteilung 1
Stelle 1.1 Abb. 4.4:
Stelle 1.2
Stelle 1.3
Abteilung 2
Stelle 1.4
Grundform einer Linienorganisation
Stelle 2.1
Stelle 2.2
Stelle 2.3
Stelle 2.4
102
4 Organisation, Information, Koordination und Dokumentation
Mit der Zahl der hierarchischen Ebenen wachsen die Nachteile der Linienorganisation. Große Industrieunternehmen verfügen in Einzelfällen vom Vorstand bis zum Sachbearbeiter über bis zu sieben Ebenen. Allein Ergebnismeldungen von „unten nach oben“ können deswegen nicht nur Tage, sondern im ungünstigen Fall auch Wochen dauern. Für die Projektarbeit sind solche Verhältnisse, bei der es auf schnelle Information und Reaktion ankommt, ungeeignet. In großen Organisationen wird deswegen die Zahl der hierarchischen Ebenen zunehmend verringert und geeignete Aufgaben werden als Projekte mit entsprechend abgewandelter Organisation bearbeitet. Gesamtleitung
Abteilung 1
Stelle 1.1 Abb. 4.5:
Stelle 1.2
Stelle 1.3
Stabsstelle
Abteilung 2
Stelle 1.4
Stelle 2.1
Stelle 2.2
Stelle 2.3
Stelle 2.4
Grundform einer Stablinienorganisation
Ist die für die Bauaufgabe zuständige Stelle oder Abteilung innerhalb eines großen Industrieoder Dienstleistungsunternehmens in einer unteren Hierarchieebene angesiedelt und hat sich die Unternehmensleitung vorbehalten, auch an weniger wichtigen Entscheidungen maßgeblich mitzuwirken, so ist dies dem Projektfortschritt eher hinderlich. Häufig werden spezielle Aufgaben aus der Linienorganisation herausgenommen und einer Stabsstelle oder -abteilung zugeordnet. Die Aufgabe einer Stabsstelle (vgl. Abb. 4.5) besteht darin, „Teilaufgaben einer Leitungsinstanz zu übernehmen im Sinne von Vorbereitung und Unterstützung dieser Instanz bei der Wahrnehmung ihrer Leitungs- und Ausführungsaufgaben. So kann eine Instanz für bestimmte Funktionen Spezialisten einsetzen, die bestimmte Fragen untersuchen und bearbeiten und der übergeordneten Instanz, der sie beigegeben sind, Vorschläge zu unterbreiten bzw. für sie bestimmte Aufgaben erledigen. Stabsstellen haben nur beratende Funktion.“ (Wöhe, G.: Einführung in die ABWL, 1990. S. 190) Als Stabsstellen findet man in großen Organisationen z. B. „Sekretariat, Rechts-, Organisations-, Revisions-, Presse-Abteilungen.“ (Sellien, R. und Sellien, H. (Hrsg.): Dr. Gablers Wirtschaftslexikon, 1979, S. 1340) Typische Stabsfunktionen der Bau- und Immobilienwirtschaft sind Bau- oder Projektcontrolling und die für die Dauer eines Bauprojektes eingerichtete und in der Regel durch externe Fachleute besetzte Funktion der Projektsteuerung.
4.1 Organisation
103
Im Zusammenhang mit der Projektorganisation besonders häufig anzutreffen ist die Matrixorganisation, sie wird daher auch als Matrix-Projektorganisation bezeichnet (vgl. Abb. 4.6). Die Matrixorganisation entsteht durch Überlagerung von fachlichen und projektbezogenen Organisationsstrukturen. Die einzelnen Aufgaben sind dadurch gekennzeichnet, dass sie in der Schnittmenge dieser Strukturen liegen und damit die Form einer Matrix ausfüllen. Dies trifft auf Projekte in Unternehmen und in besonderer Weise auf Bauprojekte zu. Bei Bauprojekten sind immer auch externe Fachleute beteiligt, die mit aus Bauherrensicht internen Stellen oder Abteilungen zusammenarbeiten müssen: Projektleitung des Bauherrn, Einkauf auch von Planungs- und Bauleistungen, Rechts- und Vertragsabteilung, Abteilungen durch ein Bauprojekt betroffener Nutzungsbereiche u. v. m. Insofern bietet sich nicht nur für Projekte ganz allgemein, sondern für Bauprojekte ganz besonders die Matrixorganisation an. Gesamtleitung
Abb. 4.6:
Leitung Fachbereich 1
Leitung Fachbereich 2
Leitung Fachbereich 3
Projektleitung Projekt 1
Stelle 1.1
Stelle 2.1
Stelle 3.1
Projektleitung Projekt 2
Stelle 1.2
Stelle 2.2
Stelle 3.2
Projektleitung Projekt 3
Stelle 1.3
Stelle 2.3
Stelle 3.3
Grundform einer Matrix-Projektorganisation
Die Führungsaufgaben sind im Fall der Matrix ganz besonders anspruchsvoll, weil - immer eine doppelte Zuständigkeit gegeben ist - die Planung der Kapazitäten erschwert ist - Verantwortung und Erfolg oder Misserfolg oft nicht eindeutig zugeordnet werden können - Projektleitung und Projekte im Wettbewerb stehen.
104
4.1.2
4 Organisation, Information, Koordination und Dokumentation
Ablauforganisation
Grundlage einer Ablauforganisation ist deren Ablaufstruktur. „Eine Ablaufstruktur beschreibt den logischen und/oder zeitlichen Ablauf von einzelnen Vorgängen oder Ereignissen in Prozessen. Typisch für eine Ablaufstruktur ist die symbolische Darstellung von Vorgängen und Ereignissen über einer absoluten oder relativen Zeitachse. Die Anordnung dieser Elemente ergibt sich aus den Anordnungsbeziehungen zwischen ihnen.“ (Angermeier, G.: PM-Lexikon…, 2005, S. 25) Am Projekt Beteiligter 1
Am Projekt Beteiligter 2
Am Projekt Beteiligter 3
Aufgabe 1
Aufgabe 2
Aufgabe 3
Aufgabe 4
Aufgabe 5
Aufgabe 6
Abb. 4.7:
Grundform einer Ablauforganisation als Ablaufschema
Für die Ablauforganisation sind Regelabläufe zu schaffen. Die Beschreibung und Vorgabe von Regelabläufen soll z. B. erfolgen für „- Verfahren bei Architektenwettbewerben - Verfahren zur Optimierung der Planung - Verfahren für die Ausführungsplanung, Rohbau, Technische Gebäudeausrüstung und Ausbau
4.1 Organisation
105
- Verfahren für Ausschreibungen und Vergaben - Verfahren für die Rechnungslegung, -prüfung und Zahlungsanweisung - Verfahren für die Dokumentation von Projektunterlagen während der Projektabwicklung und für die Archivierung.“ (AHO (Hrsg.): Heft 9:2004-01, S. 26)
4.1.3
Projektstruktur
Unter einer Projektstruktur ist die „Gesamtheit aller Elemente (Teilprojekte, Arbeitspakete, Vorgänge) eines Projekts sowie der wesentlichen Beziehungen zwischen diesen Elementen“ zu verstehen. (DIN 69901-5:2009-01, PM – PMS – Teil 5: Begriffe, S. 15) Begrifflich bedeutet „Struktur [lateinisch] die, Anordnung der Teile eines Ganzen zueinander; innere Gliederung, Aufbau; Gefüge (z. B. in Sprache, Literatur, Volkswirtschaft). In wissenschaftlichen Definitionen wird außerdem zwischen Struktur als Beziehungsgefüge und dessen Eigenschaften, als Ordnungsgefüge oder als ein System von Zwecken unterschieden.“ (http://lexikon.meyers.de/wissen) Einfacher ausgedrückt lässt sich Struktur auch als die „unsichtbare Ordnung“ bezeichnen. Im Grundsatz geht es um die von vornherein vollständige und einheitliche Gliederung des Bauprojektes in sachlicher, zeitlicher und organisatorischer Hinsicht. Erforderliche Hilfsmittel sind ein Projektstrukturplan, Leistungsübersichten sowie Ordnungs- und Kennzeichnungssysteme. Ein Projektstrukturplan (PSP) ist eine „vollständige, hierarchische Darstellung aller Elemente (Teilprojekte, Arbeitspakete) der Projektstruktur als Diagramm oder Liste“ Anmerkung: „Jedes darin übergeordnete Element muss durch die ihm untergeordneten Elemente jeweils vollständig beschrieben sein. Das kleinste Element des Projektstrukturplans ist das Arbeitspaket.“ (DIN 69901-5:2009-01, PM – PMS – Teil 5: Begriffe, S. 16) „Zur Projektstrukturierung können [ … ] Tätigkeiten und Methoden gezählt werden: - Strukturierung des Projektergebnisses bzw. Produkts (Produktstrukturplan) - Projektumfeldanalyse (insbes. Stakeholderanalyse) - Strukturierung der Projektaufgaben - Festlegung von Teilobjekten - Abgrenzung von Projektphasen - Setzen von Meilensteinen - Definition und hierarchische Anordnung von Teilaufgaben und Arbeitspaketen - Erstellung des vollständigen Projektstrukturplans - Festlegung der Ablaufstruktur des Projekts (meist ohne Ressourcenzuordnung).“ (Angermeier, G.: PM-Lexikon, 2005, S. 361)
106
4 Organisation, Information, Koordination und Dokumentation
Bei der Bildung von Strukturen für ein Bauprojekt sollte auf die bekannten, teilweise in Normen enthaltenen Gliederungen zurückgegriffen werden. Diese sind in der Praxis erprobt und bekannt und werden von den Projekt- und Planungsbeteiligten deswegen auch am ehesten akzeptiert. Strukturen, insbesondere Informationsstrukturen, sind eine wesentliche Voraussetzung für ein erfolgreiches Projektmanagement. Sie bilden den Aufbau und die Abläufe der Projektorganisation ab. Gleichzeitig können sie Bestandteil einer Datenbankanwendung sein, welche zur Informationsverarbeitung bei größeren Projekten heutzutage praktisch unverzichtbar ist. Informationsstrukturen sind aus projekt- und objektspezifischen Erfordernissen zu entwickeln. Die Informationsstrukturen eines Projekts oder Objekts werden - spezifisch aufgebaut; sie müssen auf die Besonderheiten des Projektes selbst wie auch für die speziellen Anforderungen der Projektleitung in besonderem Maße abgestimmt sein, andererseits sind im Umgang mit - allen weiteren Projektbeteiligten möglichst viele Standardlösungen für einen Teil der Projektstrukturen vorzugeben. Hierzu gehören die im Bauwesen üblichen Gliederungen von Normen, Verordnungen u. a., mit welchen Planern, Behörden und ausführende Firmen umzugehen gewohnt sind. Für die Mengenermittlung, die Kostenplanung, die Leistungsbeschreibung und die Abrechnung von Leistungen bei Planung und Ausführung, für das Vertragsmanagement und das Gebäudemanagement dienen - die geometrische Projektstruktur, beispielsweise Bauteile oder Nutzungseinheiten - die funktionale Projektstruktur wie Layout, Funktionsbereiche und Betriebsprozesse - das Qualitätsmanagement in Form der Anwendung des Raumbuches, Schnittstellen und Standards - die Bauelemente und Ausführungsklassen - die Ablauf- und Kapazitätsplanung wie Projektstufen, Leistungsphasen und Bauabschnitte - die Verträge, Leistungsbilder und Pflichtenhefte für Planung, Ausführung und Nutzung - die Kontengliederungen des Finanz- und Rechnungswesens sowie der Anlagenbuchhaltung - die Berücksichtigung von Sonderaspekten wie Steuern oder Zuschüsse sowie - die Gliederungen für die Abrechnung von Dienstleistungen, z. B. der Reinigung. Diese sind in die Gesamtheit der Informationsstrukturen aufzunehmen. Für den Informationsaustausch und die Datenbankanwendung sind Kataloge mit Standardklassifikationen, Bauelementen, Vergabeeinheiten u. v. m. aufzubauen oder von anderen Projekten zu übernehmen und miteinander nach den Anforderungen des Bauherrn bzw. Betreibers sowie den Belangen der weiteren Projektbeteiligten zu verknüpfen. Grundlagen der Informationsstrukturen sollen soweit wie möglich auf allgemeingültige Regelwerke aufbauen. Zur Mengenermittlung, Kostenplanung, Leistungsbeschreibung und Abrechnung von Bauleistungen dienen folgende Regelwerke (Auswahl):
4.1 Organisation
107
- DIN 277-1:2005-02, Grundflächen und Rauminhalte von Bauwerken im Hochbau - DIN 276-1:2008-12, Kosten im Bauwesen – Teil 1: Hochbau - DIN 276-4:2009-08, Kosten im Bauwesen – Teil 4: Ingenieurbau - DIN 18960:2008-02, Nutzungskosten im Hochbau - Richtlinie zur Berechnung der Mietfläche für gewerblichen Raum (MF-G), Fassung: November 2004 - Verordnung zur Berechnung der Wohnfläche (Wohnflächenverordnung – WoFlV), Fassung: Januar 2004 - Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen (VOB), Fassung Juni 2010 - Verordnung über die Honorare für Architekten- und Ingenieurleistungen (Honorarordnung für Architekten und Ingenieure – HOAI), Fassung: August 2009 Diese sind in die Gesamtheit der Informationsstrukturen aufzunehmen. Für die Datenbankanwendung notwendige Kataloge sind teilweise vorhanden oder vorzubereiten. Sie werden nach Bedarf miteinander verknüpft. Informationsstrukturen können danach unterschieden werden, ob sie in erster Linie für das Qualitätsmanagement oder das Kostenmanagement geeignet sind. Die Verknüpfung ist allerdings unverzichtbar. Elemente zum Aufbau einer Projektstruktur für die Kostenplanung Phase(n)
KG
LB
VE
AA
AE
LV-Pos.
Sonst.
1
2
-
-
-
1
-
-
2
3
(3)
-
(2)
1
-
-
3/4/5
3
3
-
2
1
-
-
6/7/8/9
3
3
3
2
1
4
(1)
10
3
3
3
2
1
4
(1)
Abb. 4.8:
Projektstruktur für die Kostenplanung – Beispiel
Erläuterungen: Phasen
Leistungsphasen (1 bis 9) nach HOAI sowie Phase 10 Nutzung
KG
Kostengruppen nach DIN 276-1 bis in die 3. Ebene der Gliederung
LB
Leistungsbereich nach Standardleistungsbuch im Bauwesen (StLB)
VE AA
Vergabeeinheit, z. B. Fachlose, Teillose oder eine Kombination daraus Ausführungsart, Berücksichtigung unterschiedlicher Qualitäten, z. B. Materialien
AE
Abrechnungseinheit für Mengenermittlungen der Kennwerte und Einheitspreise, z. B. in m, m², m³, h, St. u. a.
LV-Pos.
Position des Leistungsverzeichnisses, hier vierstellig
Sonstiges kann erfolgen, ist fallweise festzulegen.
108
4 Organisation, Information, Koordination und Dokumentation
Geeignet für die Verknüpfung von Informationen sind Schlüssel für Bauelemente mit mehreren Stellen, die aus Teilschlüsseln für Kostengruppen (KG), Leistungsbereiche (LB), Vergabeeinheiten (VE), Abrechnungseinheiten (AE), z. B. m³, qualitative Unterscheidungen nach Ausführungsarten (AA) und weiteren Zuordnungen, z. B. Leasing, bestehen. Die Schlüssel bilden eine Ebene der Zusammenfassung für Ermittlungen und Auswertungen von der Kostenberechnung an bis zur Fertigstellung des Projektes mit der Kostenfeststellung. Die Bauelemente des Projektes sind, soweit für die Nutzung des Objektes erforderlich, in das Gebäudemanagement zu überführen. Darüber hinaus sind sie wesentlicher Bestandteil der Projektdokumentation, weil über diese der Zugriff auf weitere Informationen möglich ist. Zur erweiterten Gliederung nach Kostengruppen und zur Festlegung geeigneter Mengeneinheiten wird die DIN 277-3:2005-02 empfohlen (vgl. Abb. 4.9 und 4.10). Erweiterte Kostengliederung KG Nr
MengenEinheit
Mengen-Benennung
Mengen-Ermittlung
411 Abwasseranlagen 1
Abwasserleitungen/ Abläufe
m
Abwasserleitung
Länge der AW-Leitungen
2
Grundleitungen/Abläufe
m
Grundleitung
Länge der Grundleitungen
3
AW-Sammel- und -Behandlungsanlagen
St
AW-Sammel-, Behandlungsanlage
Anzahl der AW-Sammelund -Behandlungsanlagen
4
Abscheider
St
Abscheider
Anzahl der Abscheider
5
Hebeanlagen
St
Hebeanlage
Anzahl der Hebeanlagen
412 Wasseranlagen 1
Wassergewinnungsanlagen
St
Wassergewinnungsanlage
Anzahl der Wassergewinnungsanlagen
2
Wasseraufbereitungsanlagen
St
Wasseraufbereitungsanlage
Anzahl der Wasseraufbereitungsanlagen
3
Druckerhöhungsanlagen
St
Druckerhöhungsanlage
Anzahl der Druckerhöhungsanlagen
4
Wasserleitungen
m
Wasserleitung
Länge der Wasserleitungen
5
Dezentrale Wassererwärmer
St
Dezentrale erwärmer
Anzahl der dezentralen Wassererwärmer
6
Sanitärobjekte
St
Sanitärobjekt
Anzahl der Sanitärobjekte
7
Wasserspeicher
St
Wasserspeicher
Anzahl der Wasserspeicher
Wasser-
Abb. 4.9: Erweiterte Kostengliederung nach DIN 277-3 für KG 410 – Beispiel (1) (DIN 277-3:2005-02, [ … ] Tabelle 2 – Ergänzungen zu „Technische Anlagen“ - Auszug)
4.1 Organisation Erweiterte Kostengliederung KG Nr
109 MengenEinheit
Mengen-Benennung
Mengen-Ermittlung
413 Gasanlagen 1
Gaslagerungsund Erzeugungsanlagen
St
Gaslagerungs- und Erzeugungsanlage
Anzahl der Gaslagerungsund Erzeugungsanlagen
2
Übergabestationen
St
Übergabestation
Anzahl der Übergabestationen
3
Druckregelanlagen
St
Druckregelanlage
Anzahl der Druckregelanlagen
4
Gasleitungen
m
Gasleitung
Länge der Gasleitungen
414 Feuerlöschanlagen 1
Sprinkleranlagen
St
Sprinklerkopf
Anzahl der Sprinklerköpfe
2
CO2-Löschanlagen
St
Löschdüse
Anzahl der Löschdüsen
3
Löschwasserleitungen
m
Löschwasserleitung
Länge der Löschwasserleitungen
4
Wandhydranten
St
Wandhydrant
Anzahl der Wandhydranten
5
Feuerlöschgeräte
St
Feuerlöschgerät
Anzahl der Feuerlöschgeräte
419 Abwasser-, Wasser-, Gasanlagen, sonstiges 1
Installationsblöcke
St
Installationsblock
Anzahl der Installationsblöcke
2
Sanitärzellen
St
Sanitärzelle
Anzahl der Sanitärzellen
Abb. 4.10: Erweiterte Kostengliederung nach DIN 277-3 für KG 410 – Beispiel (2) (DIN 277-3:2005-02, [ … ] Tabelle 2 – Ergänzungen zu „Technische Anlagen“ - Auszug)
Die Verknüpfung von Information, z. B. der Kostenkennwert für einen geplanten mit einem vermieteten Quadratmeter Bürofläche oder der Einheitspreis einer geplanten Bauleistung mit einer abgerechneten Bauleistung, erfolgt, soweit möglich, über Mengeneinheiten, die über alle Projektstufen durchgängig vorhanden sind. Vorgänge mit einer höheren Auflösung als der von Bauelementen werden unter diese subsumiert. Hierzu gehören insbesondere die Leistungspositionen der Ausschreibung, Vergabe und Abrechnung. Dabei sollen diejenigen Mengeneinheiten benutzt werden, die sowohl in der Planung als auch in der Nutzung gebraucht werden. Die Erstellung von mehrstelligen Schlüsseln kann nicht einfach durch die beliebige oder vollständige Kombination aus Teilschlüsseln erfolgen. Dies hätte zur Folge, dass nicht benötigte Kombinationen entstehen könnten, wichtige Kombinationen fehlen und im Zweifelsfall der Vorrat an Schlüsseln zu umfangreich ausfiele.
110
4 Organisation, Information, Koordination und Dokumentation
Am Beispiel der Abwasser-, Wasser- und Gasanlagen zeigt Abbildung 4.11, welche Kombinationen von Kostengruppen, hier 4. Ebene, und Leistungsbereichen möglich sind (in der Tabelle durch ein x gekennzeichnet). Bei anderen Kostengruppen und Leistungsbereichen, z. B. Baukonstruktionen (KG 300 nach DIN 276-1), sind mehrfache Zuordnungen möglich. Kostengliederung, 4. Ebene 410 Abwasser-, Wasser-, Gasanlagen (Auszug) 4111 Abwasserleitungen/Abläufe 4112 Grundleitungen/Abläufe 4113 AW-Sammel- und Behandlungsanlagen 4114 Abscheider 4115 Hebeanlagen 4121 Wassergewinnungsanlagen 4122 Wasseraufbereitungsanlagen 4123 Druckerhöhungsanlagen 4124 Wasserleitungen 4125 Dezentrale Wassererwärmer 4126 Sanitärobjekte 4127 Wasserspeicher ... 4141 Sprinkleranlagen 4142 CO2-Löschanlagen 4143 Löschwasserleitungen 4144 Wandhydranten 4145 Feuerlöschgeräte 4191 Installationsblöcke 4192 Sanitärzellen Abb. 4.11:
011
042
Leistungsbereiche 044 045 046
x
-
x x -
-
-
-
x -
x -
x x -
x x
x x x -
-
-
-
x -
x
-
x x x x x -
Kombinationen von Kostengruppen und Leistungsbereichen – Beispiel
Legende zu den Leistungsbereichen nach Standardleistungsbuch im Bauwesen: LB 011
049
Abscheideranlagen, Kleinkläranlagen
LB 042 Gas- und Wasserinstallationsarbeiten: Leitungen und Armaturen LB 044 Abwasserinstallationsarbeiten: Leitungen, Abläufe LB 045 Gas-, Wasser- und Abwasserinstallationsarbeiten: Einrichtungsgegenstände, Sanitärausstattungen LB 046 Gas-, Wasser- und Abwasserinstallationsarbeiten: Betriebseinrichtungen LB 049 Feuerlöschanlagen, Feuerlöschgeräte
4.1 Organisation
111
Durch die Aufgabenteilung in Planung und Ausführung von Projekten und im Hinblick auf die Belange der Nutzung von Objekten entstehen Schnittstellen. Diese sind frühzeitig zu identifizieren. Schnittstellen treten z. B. auch dann auf, wenn ein Projekt in mindestens zwei Teilprojekte oder das spätere Objekt in Nutzungsbereiche aufgeteilt wird. Das ist der Fall, wenn das Objekt an eine Vielzahl unterschiedlicher Nutzer vermietet werden soll. Diese wollen voraussichtlich ihre Flächen vom Bauherrn und späteren Betreiber nach eigenen Erfordernissen oder Wünschen ausbauen und ausstatten lassen. Planungs-, Bau- und Mietverträge
Qualitäten, z. B. Raumbuch
Mengen, z. B. Bauelemente, Positionen
Bauwerkskosten nach DIN 267-1
Nutzungskosten nach DIN 18960
Abb. 4.12:
Mengen als Bezugsgrößen zur Verknüpfung von Informationen
Alternativ ist auch die Übernahme von Flächen im Zustand als „erweiterter Rohbau„ denkbar, verbunden mit der Möglichkeit, diese selbst durch eigene Planer und ausführende Firmen fertigstellen zu lassen, z. B. eigenes Corporate Design. Diese Flächen sind hinsichtlich ihrer Qualitäten sehr genau zu beschreiben. Für die Mietkalkulation oder den Verkauf nicht vollständig ausgebauter Flächen sind gesonderte Kostenermittlungen eine notwendige Voraussetzung. Besonderheiten ergeben sich in der Regel auch für die Terminplanung, da häufig hierfür die vollständigen Nutzeranforderungen erst später vorliegen und die Planung und Ausführung entsprechend nachläuft. Die damit unvermeidbaren Schnittstellen in technischer, wirtschaftlicher und rechtlicher Hinsicht sind so früh und so genau wie möglich festzulegen und zu beschreiben. Die Schnittstellenkoordination soll in der Projektvorbereitung beginnen und hat eine besondere Bedeutung für den Abschluss von Mietverträgen, die Aufteilung von Planung und Ausführung in Nutzungsbereichen bzw. die Kostenübernahme für Leistungen sowie das Gebäudemanagement im Betrieb des Objektes (vgl. Abb. 4.13). Wesentliche Schnittstellen müssen sich in der Projektstruktur widerspiegeln und in den Informationsstrukturen der Datenbankanwendung wiederfinden. Für die Qualitäten und Quantitäten, Kosten und Finanzierung sowie für das Vertragsmanagement ist die Schnittstellenkoordination eine notwendige Voraussetzung.
112
4 Organisation, Information, Koordination und Dokumentation
Leistung
Bauherr
Dritte
Abgrenzung nach DIN 276-1:2008-12
Bestandteil der baulichen Hülle
Eigenleistung (1) oder Kostenübernahme (2)
Innenwände (Beispiel)
tragende Innenwände, Innenstützen, Türen in Brandwänden oder Bauabschnitten, Türen zu anderen Bereichen als Teilflächen
nicht tragende Innenwände, Innentüren und -fenster, Innenwandbekleidungen, elementierte Innenwände innerhalb der Teilflächen und zwischen den Teilflächen und -bereichen, z. B. Warteräume
Fernmelde- und Informationstechnische Anlagen (Beispiel)
Telekommunikationsanlage vollständig mit Tertiärnetz und Endgeräten
Kostenübernahme der Telekommunikationsanlage über Leistungsabrechnung
Informationsanlage für allgem. Informationen im öffentlichen Bereich
Informationsanlagen für allgemeine Informationen in Nutzerräumen Türsprech- und Türöffneranlagen (1), Uhrenanlagen, Zeiterfassungsanlagen (1 oder 2), Gegen- und Wechselsprechanlagen (1 oder 2) nach technischer Abstimmung mit dem Bauherrn
Fernseh- und Antennenanlage bis zur Anschlussdose
Kostenübernahme gegen Monatsgebühr
Zentrale Einrichtungen und Schlitzkabel für Funkanlagen mit übergeordneter Funktion
Anmietung der Endgeräte
Übergeordnete GMA (Gefahrenmeldeanlagen)
nutzereigene GMA innerhalb der Nutzerräume (z. B. Bankalarm)
Übergeordnete Übertragungsnetze
nutzereigene Netze innerhalb eines Raumes (1)
Übergeordnete Datensysteme
nutzereigene Netze übergreifend (2)
Abb. 4.13: Schnittstellen im Bauprojekt – zwei Beispiele (1) Planungsinhalte werden vom Nutzer als Eigenleistung erbracht. (2) Planungsinhalte müssen seitens des Bauherrn vollständig erbracht und zur Ausführung beauftragt werden. Für vom Nutzer gewünschte Zusatzausstattungen erfolgt eine Kostenübernahme. (Kalusche, W.: Vorbereitung der Planung ..., in: Bautechnik 05/1998, S. 308)
4.1 Organisation
4.1.4
113
Organisationshandbuch
Ein Organisationshandbuch ist eine unverzichtbare Voraussetzung für ein erfolgreiches Projektmanagement. „Direkt nach seiner Einschaltung hat der Projektsteuerer auf Basis der vorgefundenen Grundlagen und gegebenen Randbedingungen in Abstimmung mit dem Auftraggeber die organisatorischen Rahmenbedingungen für die Projektabwicklung zu formulieren, abzustimmen und anschließend den Projektbeteiligten vorzugeben. […] Eine wesentliche Aufgabe des Projektsteuerers liegt neben der Erstellung in der Kommunikation der Organisationsvorgaben zwischen Bauherr und Planungsbeteiligten. Hier gilt es auch sinnvolle Vorschläge von Planungsbeteiligten zur Vereinfachung der Organisationsprozesse aufzunehmen und mit dem Bauherrn abzustimmen. Die Ergebnisse der Organisationsvorgaben sind rechtzeitig und in abgestimmter Form […] in den Projektablauf zu integrieren und im Projektverlauf ggf. fortzuschreiben.“ (AHO (Hrsg.): Heft 9:2009-03, S. 25) Öffentliche wie private Bauherrenorganisationen, beispielsweise Staatsbauverwaltungen oder Industrieunternehmen, verfügen üblicherweise über interne Organisationshandbücher für ihr Kerngeschäft. Ein Teil der darin enthaltenen Regeln gilt meist auch für die Zusammenarbeit mit externen Dritten, also auch bei Bauprojekten, z. B. Investitionsanträge, Beauftragung und Abrechnung von Leistungen Dritter. Zur reibungslosen Projektdurchführung werden die vorhandenen Teile der internen Regeln, welche auch auf das Bauprojekt zutreffen, durch spezifische Organisationsunterlagen ergänzt und speziell für das Projekt als Organisationshandbuch zusammengestellt und den Beteiligten ihre Aufgaben betreffend vorgegeben. Die Beschränkung auf das Wesentliche und die Wahl einer übersichtlichen Form ist dabei besonders zu beachten. Das Organisationshandbuch sollte die folgenden Gliederungspunkte beinhalten: 1. Projektstruktur 2. Projektbeteiligtenliste 3. Informationsstrukturen 4. Aufbau- und Ablaufdiagramme 5. Besprechungs-, Protokoll- und Berichtswesen 6. Qualitätsmanagement durch Raumbuchanwendung 7. Kostenplanung und mittelfristige Finanzplanung 8. Termin- und Kapazitätsplanung 9. Schnittstellenkoordination 10. Vertragsmanagement und Pflichtenhefte 11. Ausschreibung, Vergabe einschließlich Nachträge, Abrechnung 12. Entscheidungsmanagement 13. Änderungsmanagement 14. Dokumentation und Projektkennwerte 15. Projekthandbuch mit Projektchronik.
114
4 Organisation, Information, Koordination und Dokumentation
Das Organisationshandbuch sorgt für klare Organisationsstrukturen, einfache und effektive Ablauf- und Informationssysteme und enthält deshalb insbesondere Vorgaben und Muster für - Verantwortung, Entscheidungs-, Weisungs-, Kontroll- und Informationsbefugnisse - Regelabläufe in Form einer Aufbauorganisation und einer Ablauforganisation. Ein Organisationshandbuch bietet für die Projektbeteiligten, insbesondere aber für den Auftraggeber bzw. Projektleiter, folgende Vorteile: - für den Auftraggeber die beste Möglichkeit, die Projektziele und die Erwartungen und Anforderungen gegenüber den Projektbeteiligten darzustellen - bereits gemachte Erfahrungen aus anderen Projekten einzubringen - klare Vorgaben für alle Mitarbeiter und Auftragnehmer durch die schriftliche Festlegung von Regeln in der Projektbearbeitung - allgemeine Gültigkeit, weil Bestandteil interner Anweisungen und der Verträge mit Dritten - Verfügbarkeit durch die Schriftform, die gegebenenfalls auch im Intranet einsehbar ist - einheitliche Form und damit höhere Qualität der Projektbearbeitung aufgrund von Vorgaben, z. B. Abläufe, Vertragsteile, Formblätter, Datenformate u. a. - Zeitersparnis durch zentrale Datenpflege, z. B. Adressen der Projektbeteiligten - Vereinfachung der Kommunikation durch vorgegebene Strukturen, Terminologie und Standards der Informationen wie EDV, Akten, Pläne u. a. - bessere Möglichkeiten für die Information des Auftraggebers bzw. Projektleiters und für Auswertungen, Prüfungen, Berichte sowie zur Steuerung - Voraussetzung für Projektdokumentation, Inbetriebnahme und Gebäudemanagement. Das Organisationshandbuch ist eine Grundlage für das Projekthandbuch (vgl. Abb. 4.14), dieses nimmt fortlaufend alle wesentlichen Projektdaten auf. Im Projekthandbuch sollen entsprechend der Struktur des Organisationshandbuches mindestens dokumentiert werden: - Erläuterung der Projektziele - Darstellung der Projektstruktur - Liste der Projektbeteiligten - ausgewählte Übersichtspläne - Kurzfassung der Baubeschreibung - Flächen und Rauminhalte - Terminablaufplan und -daten - Kostenverlauf und -daten - ausgewählte Planungskennwerte - sonstiges.
4.1 Organisation
115
Organisationshandbuch
Projekthandbuch
Abb. 4.14:
4.1.5
Das Organisationshandbuch regelt den Projektablauf für alle am Projekt Beteiligten. Es wird z. B. vom Projektsteuerer im Rahmen der Projektvorbereitung aufgestellt und bei Bedarf fortgeschrieben.
Das Projekthandbuch geht aus dem Organisationshandbuch hervor. Es nimmt alle wesentlichen Projektdaten auf und bildet mit Abschluss des Projektes auch die Projektchronik. Es wird laufend z. B. vom Projektsteuerer aktualisiert.
Zusammenhang von Organisations- und Projekthandbuch
Projektbüro
Um die Zusammenarbeit der Projektbeteiligten zu fördern, ist ein eigenes Projektbüro von großem Vorteil, hierbei kommt es auf folgende Gesichtspunkte an: - Das Projektbüro sollte möglichst zentral bzw. möglichst nahe am Gegenstand der Projektarbeit liegen, also anfangs beim Auftraggeber und später auf der Baustelle. - Im Projektbüro arbeiten nicht nur die Projektleitung und gegebenenfalls das Projektcontrolling, sondern auch externe Projektsteuerer mindestens vier Tage in der Woche zusammen, denn die räumliche Nähe fördert die Kommunikation innerhalb der Projektgruppe am ehesten. - Alle Auftragnehmer, Architekten, Ingenieure und ausführende Firmen haben eine Anlaufstelle und können im Projektbüro zahlreiche Aufgaben erledigen: Einholen von Auskünften, Teilnahme an Projektbesprechungen, Abgabe von Planungen, Angeboten u. v. m.
116
4 Organisation, Information, Koordination und Dokumentation
- Das Projektbüro benötigt alle technischen sonstigen Einrichtungen wie ein Büro einer Abteilung des Auftraggebers bzw. wie ein Planungsbüro: Sekretariat, Arbeitsräume für die Projektleitung sowie weitere Mitarbeiter, Besprechungsraum, Archiv, Informations- und Kommunikationstechnik und verfügt möglichst über ein eigenes Telefonnetz und eine eigene Poststelle. - Das Projektbüro soll mit unterschiedlichen Verkehrsmitteln einfach zu erreichen sein und über genügend Parkplätze verfügen. „Zu den Aufgaben des Projektbüros gehören im Einzelnen: - zentrale Stelle für eingehende und ausgehende Post - Registrierung, Verteilung und Aufbewahrung aller Dokumente - Erstellung der Dokumente [ ... ] (Schreibdienste) - Registrierung und Verfolgung von Materialanforderungen, Bestellungen, Reisekostenabrechnungen usw. - Verteilung der Vordrucke für die Berichterstattung - Erfassung der Fortschrittsberichte - Zusammenstellung der Projektberichte - Dienstleistungen jeder Art für das Projekt (Beschaffung von Räumen, Telefonanschlüssen, Büromaterial usw.).“ (Wischnewski, E.: Modernes Projektmanagement, 1996, S. 60) Auftraggeber sind gut beraten, wenn die Arbeitsplätze aller Mitglieder eines Projektteams, z. B. Projektleitung und eine zusätzliche externe Projektsteuerung, räumlich zusammengefasst sind. Der Informationsfluss wird durch räumliche Nähe, auch durch zufälliges Zusammentreffen von Projektbeteiligten, erheblich gefördert. Die Miete für das Projektbüro oder der Ansatz kalkulatorischer Selbstkosten und die dafür anfallenden Betriebskosten gehen in die Baunebenkosten, Kostengruppe 772 Bewirtschaftungskosten nach DIN 276-1:2008-12, und damit in die Gesamtkosten des Projektes ein.
4.2
Information
Die laufende Information der Projektbeteiligten muss für alle Projektstufen jederzeit sichergestellt sein. Notwendig ist hierzu eine regelmäßige mündliche und schriftliche Berichterstattung in Verbindung mit einer koordinierten Datenverarbeitung, denn die Projektarbeit ist gekennzeichnet durch eine für den einzelnen Projektbeteiligten unüberschaubare Fülle von Informationen aus den zahlreichen benötigten Fachgebieten. Zu den notwendigen Vorbereitungen und zur erfolgreichen Durchführung gehören: - Information und Schulung aller am Projekt Beteiligten einschließlich des gesamten Management bezüglich der anzuwendenden Methoden bzw. der „Philosophie“ des Projektmanagements
4.2 Information
117
- Schaffung eines Informationssystems, das den Bedürfnissen von Projektplanung und -controlling gerecht wird - laufende Information aller am Projekt Beteiligten über den Projektverlauf, insbesondere bei Projektschwierigkeiten - regelmäßiger Dialog zwischen Projektleiter und Auftraggeber über das Projektgeschehen - Förderung der Kommunikation zwischen den Projektmitarbeitern - Einführung der „Informations-Bring- und Holschuld“ und schnellstmögliche Information an die Betroffenen (Bewußtsein der Kunden-Lieferanten-Beziehung).“ (Zielasek, G.: Projektmanagement, 1995, S. 200) Vor allem der Bauherr benötigt seinen Anforderungen entsprechend aufbereitete Informationen zum aktuellen Projektstand und zur weiteren Entwicklung. Zweckmäßig sind vierzehntägige oder monatliche Projektberichte, die einheitlich aufgebaut, knapp und anschaulich sein sollen und zeitnah zugehen müssen. Bereits mit der Projektvorbereitung ist zu klären, welche Informationen über das spätere Gebäude (Objekt) für das Gebäudemanagement einschließlich Inbetriebnahme benötigt werden. Erfahrungsgemäß gehören hierzu: - technische Informationen für die Ermittlung von Flächen, die Raumbelegung, die Erhaltung und die Veränderung von Flächen sowie für den Betrieb von Anlagen und Einrichtungen wie Planunterlagen, Bauverträge, Betriebsanweisungen u. a. - kaufmännische Informationen für die Selbstkostenrechnung sowie die Kostenumlage von Abschreibung, Kapitalkosten und den Kosten aus laufenden Maßnahmen auf die Nutzungsbereiche. Zum Teil sind detaillierte Abrechnungen von Bauleistungen erforderlich, in vielen Fällen genügen auch Kennwerte. - Vertragsmanagement mit Regelungen zur Schnittstellendefinition und für die Abrechnung von Verbrauchs- und Serviceleistungen im Rahmen des Gebäudemanagement, beispielsweise Verwaltung, Steuern, Gebäudereinigung, Abwasser und Wasser, Strom, Bedienung, Wartung und Inspektion, Verkehrs- und Grünflächen, Sicherheitsdienst und Bauunterhalt. Ferner ist festzulegen, welche Informationen zum Projekt für welche Beteiligten zur Verfügung stehen sollen. Der Bauherr bzw. sein Projektleiter muss uneingeschränkte Kenntnis haben. Dagegen sind viele Informationen zwar für Auftragnehmer nützlich, dürfen aber nicht ohne Weiteres zur Verfügung gestellt werden, z. B. Vertragsinhalte, Kostendaten, Protokolle zu internen Gesprächen. Hinsichtlich der Verteilung von schriftlichen Unterlagen bzw. der Vergabe von Zugriffsrechten auf die Datenbank oder das Intranet sind Festlegungen durch den Projektleiter zu treffen. Die Zusammenarbeit der Projektbeteiligten ist wesentlich durch den Austausch von Informationen gekennzeichnet. Diese findet im Projekt in Form von Besprechungen und informellen Gesprächen, Koordinationssitzungen, Berichten, Protokollen, Dokumentationen und in anderer Form statt. Um die Fülle von Informationen zu übersehen und um die für den Bauherrn wichtigen Informationen von den anderen zu trennen, sind Regelungen zu finden.
118
4 Organisation, Information, Koordination und Dokumentation
Diese betreffen: - Besprechungen und Protokolle - Berichtswesen - Austausch von Informationen mit DV-Anwendung. „Information besteht aus strukturierten und in einen definierten Kontext eingebetteten Daten. Zu Wissen wird Information erst dann, wenn Menschen sie zur Kenntnis nehmen und sich merken. Umgekehrt entsteht Information, wenn Menschen ihr Wissen dokumentieren. Das Zusammenspiel von Daten und Information kann durch Datenbanken und Informationsmanagementsysteme gestaltet werden. Die wechselseitige Umwandlung von Wissen und Information ist Gegenstand des Wissensmanagements.“ (Angermeier, G.: PM-Lexikon…, 2005, Seite 167)
4.2.1
Besprechungen und Protokolle
Die Information der Projektbeteiligten findet bei Bauprojekten zu einem großen Teil in Besprechungen statt. Diese sind von vornherein so zu strukturieren, dass einerseits nur alle in fachlicher Hinsicht erforderlichen Beteiligten teilnehmen und andererseits alle interessierten und berechtigten Beteiligten über die Ergebnisse der jeweiligen Besprechung informiert werden. Bei Besprechungen mit vielen Teilnehmern besteht die Gefahr einer zu langen Dauer, jeder der Teilnehmer möchte sich äußern nach dem Motto: „Es ist schon alles gesagt worden, nur noch nicht von allen.“ Karl Valentin, Kabarettist und Autor (1882-1948). Die notwendigen Besprechungen sind zu unterscheiden in Projektbesprechungen bzw. Nutzerbesprechungen auf der Seite des Bauherrn und der Nutzer oder eines Erwerbers. Weiterhin werden Planungsbesprechungen durchgeführt, die im Zuständigkeitsbereich vor allem des Objektplaners liegen. Das gilt ebenso für die Baubesprechungen, die vom Architekten oder Fachingenieur, je nach Art der auszuführenden Leistung, einberufen, geleitet und protokolliert werden. In jedem Fall ist im Grundsatz zu regeln und vorzugsweise im Organisationshandbuch vorzugeben, welcher am Projekt Beteiligte die Besprechung vorbereitet, die Einladung zur Besprechung ausspricht bzw. versendet, die Besprechung leitet und an der Besprechung teilzunehmen hat. Schließlich ist noch festzulegen, welcher am Projekt Beteiligte das Protokoll anfertigt, wer das Protokoll anschließend erhalten soll und zu welchem Zeitpunkt und an welchem Ort die Besprechungen regelmäßig stattfinden sollen. Die Projektbesprechungen bzw. Nutzerbesprechungen dienen auf der Seite des Bauherrn der Koordination der Projektbeteiligten und der Verfolgung des Projektfortschritts im Hinblick auf die Projektziele. Die Anforderungen der Nutzer und Änderungswünsche, die häufig noch bis in die Bauausführung reichen, sind im Rahmen der Nutzerbesprechungen auf Vereinbarkeit mit den Projektzielen zu prüfen. Häufig werden die Projektziele aufgrund von geänderten Nutzeranforderungen fortgeschrieben. Im Fall von Änderungswünschen der Nutzer, wenn z. B. andere Qualitäten gewünscht werden, sind mit Unterstützung der Planer die Auswirkungen auf Kosten und Termine zu bewerten. Vorzugsweise ist eine Kostenübernahme durch den anfordernden Nutzer zu vereinbaren. Die Vorbereitung dieser Aufgaben obliegt in der Regel dem Projektsteuerer.
4.2 Information Projekt- bzw. Nutzerbesprechungen Projektbeteiligte(r)/Zuständigkeit - Vorbereitung der Besprechung - Einladung zur Besprechung - Leitung der Besprechung - Teilnehmer an Besprechung - Anfertigung des Protokolls - Verteilung des Protokolls Häufigkeit der Besprechung Ort der Besprechung Planungsbesprechungen Projektbeteiligte(r)/Zuständigkeit - Vorbereitung der Besprechung - Einladung zur Besprechung - Leitung der Besprechung - Teilnehmer an Besprechung - Anfertigung des Protokolls - Verteilung des Protokolls Häufigkeit der Besprechung Ort der Besprechung Baubesprechungen Projektbeteiligte(r)/Zuständigkeit - Vorbereitung der Besprechung - Einladung zur Besprechung - Leitung der Besprechung - Teilnehmer an Besprechung - Anfertigung des Protokolls - Verteilung des Protokolls Häufigkeit der Besprechung Ort der Besprechung Abb. 4.15:
119
NU
PL
x
x x x
PS x (x) x x
OP
FB
BH
(x)
(x)
(x)
AF
alle
x nach Bedarf Büro des Bauherrn
NU
PL
PS
x
x
OP x x x x x
FB
BH
(x)
(x)
AF
(x) (x) 14-tägig, jeweils am Dienstag um 9.00 Uhr Büro des Bauherrn
NU
PL
PS
x
OP x x x x x
FB (x) (x) (x) (x) (x)
BH
AF
alle
x
alle
x
(x) x (x) x 14-tägig, jeweils am Donnerstag um 9.00 Uhr Baustellenbüro der Objektüberwachung
Organisation von Besprechungen – Beispiel
Legende: NU Nutzer (Erwerber, Mieter, Mitarbeiter, Kunde) PL Projektleitung des Bauherrn PS Projektsteuerer OP Objektplaner (Architekt/planender Ingenieur je nach Objekt) FB Fachlich Beteiligte(r) je nach Fachbereich AF Ausführende Firma/ausführende Firmen je nach Bauvertrag (Gewerk) BH Behörde(n) alle alle Teilnehmer an der Besprechung x Zuständigkeit bzw. Teilnahme und (x) entsprechend im Bedarfsfall
120
4 Organisation, Information, Koordination und Dokumentation
Im Rahmen der Planungsbesprechungen koordiniert der Objektplaner, z. B. der Architekt, im Rahmen seines Vertrages die fachlich Beteiligten in wirtschaftlicher, technischer und terminlicher Hinsicht. Der Bauherr oder sein Projektsteuerer nehmen bei Bedarf an diesen Terminen teil, um sich über den Fortschritt der Planung zu informieren und die Einhaltung der Projektziele zu überwachen. Gegenstand der vom Architekten oder in speziellen Fällen vom zuständigen Fachingenieur geleiteten Baubesprechungen sind die technische und terminliche Koordination der ausführungsorientierten Planungsleistungen und die terminliche Koordination der ausführenden Firmen auf der Grundlage der Bauverträge und des abgestimmten Zeitplanes für die Bauausführung. In Bezug auf Protokolle zu Besprechungen kann der Auftragnehmer, z. B. der Architekt, im Vertrag verpflichtet werden: „Von Besprechungen mit dem Auftraggeber hat der Auftragnehmer unverzüglich Niederschriften in dem Besprechungsinhalt angemessenem Umfang zu fertigen. Widerspricht der Auftraggeber diesen Niederschriften nicht binnen 10 Arbeitstagen nach Zugang schriftlich, so gelten die Besprechung und ihr Ergebnis als in der Niederschrift richtig niedergelegt. Entsprechendes gilt für Niederschriften, die dem Auftragnehmer vom Auftraggeber zugeleitet werden.“ Und sinngemäß kann für die Zusammenarbeit zwischen dem Auftragnehmer und z. B. den fachlich Beteiligten geregelt werden: „Der Auftragnehmer ist verpflichtet, über Besprechungen mit fachlich Beteiligten und sonstigen Projektbeteiligten Niederschriften in einem dem Besprechungsinhalt angemessenen Umfang anzufertigen und dem Auftraggeber zu übermitteln.“
4.2.2
Systeminterne und systemexterne Kommunikation
„Der Austausch von Informationen zwischen den Projektbeteiligten, insbesondere innerhalb des Projektteams, ist einer der entscheidenden Erfolgsfaktoren des Projektmanagements. Trotz aller technischen Hilfsmittel, die Kommunikation erleichtern, bleibt ausschlaggebend, in wie weit die einzelnen Projektbeteiligten bereit sind, Ihre Erfahrungen mitzuteilen und bei Problemen die anderen zu fragen.“ (Angermeier, G.: PM-Lexikon…, 2005, S. 190) Ein besonderes Augenmerk ist bei der Projektvorbereitung auf die Einrichtung zeitgemäßer DV-Anwendungen zu legen. Der Bauherr in seiner Funktion als Auftraggeber hat die Chance, die Projektarbeit als Prozess und damit auch die Ergebnisse für das Gebäudemanagement in seinem Sinne zu strukturieren. Das gilt für die Informationsverarbeitung mit einem eigenen DV-System genauso wie für die Kommunikation mit den Auftragnehmern des Bauherrn wie Architekten, Ingenieure u. a. Es werden die systeminterne und die systemexterne Kommunikation unterschieden. Die systeminterne Kommunikation bedingt das Zusammenwirken der Module des Systems im Bereich der Bauherrenorganisation und wird an dessen Projektzielen ausgerichtet: Worauf kommt es dem Bauherrn in erster Linie an? Hier sind zu nennen: Kostensicherheit, Terminsicherheit, Einhaltung der vorgegebenen Qualitäten.
4.2 Information
121
Bei der systeminternen Kommunikation kommt es darauf an, dass - Eingaben von neuen Daten und die Pflege bestehender Daten nur einmal zentral erfolgen - Informationen nach vorgegebenen Strukturen mit einem Minimum an Aufwand durch Vergleiche, Auswertungen u. a. verknüpft werden - die Informationsverarbeitung mit möglichst kurzer Bearbeitungszeit erfolgt - jederzeit der aktuelle Stand des Projektes in geeigneter Form über Zielgrößen oder Kennwerte abgebildet werden kann, z. B. durch den Vergleich der Vorgaben mit dem jeweiligen Projektstand bzw. den neuesten Prognosen. Für das Projektmanagement und das Gebäudemanagement maßgebliche Daten legt der Bauherr selbst fest, z. B. den Kostenrahmen. Während der Bauplanung und Bauausführung benötigt der Bauherr Informationen von seinen Auftragnehmern, z. B. die Kostenschätzung des Architekten, welche er in sein eigenes DV-System einliest, um diese zu prüfen oder mit ihnen weitere Ermittlungen aufzustellen, z. B. Wirtschaftlichkeitsberechnungen. Eine Aufgabe, welche der Bauherr nur mit Hilfe von Daten seiner Auftragnehmer wahrnehmen kann, ist z. B. die Finanzplanung. Sie erfolgt auf der Grundlage von Zahlungsstand und Prognose in Form eines Kostenberichtes, welche vom Planer zugearbeitet werden müssen. Insofern sind die Regelungen für die Kommunikation sowohl aus den Anforderungen des Bauherrn an das DV-System einerseits und aus den Erfordernissen in der Zusammenarbeit mit den Auftragnehmern des Bauherrn und den branchenüblichen Regelungen, z. B. GAEB, und den Verfahren andererseits zu entwickeln. Zur systemexternen Kommunikation beim Projektmanagement gehört in erster Linie, dass Arbeitsergebnisse von Auftragnehmern des Bauherrn, z. B. Kostenermittlungen, Mengenermittlungen, graphische Informationen u. a., in ein geeignetes DV-System eingelesen werden. Diese Informationen, welche die vom Bauherrn beauftragten Architekten und Ingenieure und Sonderfachleute aufstellen, sind so zu strukturieren, dass die Übernahme der Daten in das DV-System des Bauherrn ohne Weiteres erfolgen kann, genauso wie der Austausch der Planer untereinander möglich sein muss. Zur Vorbereitung des Informationsaustausches in der Kommunikation sind für die Informationsträger wie Schriftstücke, Planunterlagen, Datensätze und die Klassifikation nach Standards, z. B. bei der Unterscheidung von Qualitäten, einheitliche Kennzeichnungen erforderlich. Dies erfolgt üblicherweise in Form von Katalogen.
4.2.3
Kataloge
Neben den Katalogen mit Standardklassifikationen sind auch solche mit Projektdaten anzulegen. Besonders die DV-gestützte Bearbeitung der Informationen setzt eine eindeutige und möglichst vollständige Strukturierung sowie Kennzeichnung von Informationen voraus. Dies ist erforderlich, um die im Projekt umfangreichen vorhandenen Informationen - einfach ablegen - schnell wiederfinden und - gezielt auswerten zu können.
122
4 Organisation, Information, Koordination und Dokumentation
Folgende Kataloge von Projektdaten sind zu empfehlen: - Adressen der Beteiligten - Verzeichnis der Nutzungen bzw. Nutzer, individuell - Flächen- und Rauminhalte der Projekte - geometrische Gliederung nach Grundstücken, Bauwerken, Bauabschnitten - ausgewählte Kostendaten der Projekte - Nummernkreise und Bezeichnungen der Vergabeeinheiten/Leistungsbeschreibungen, Aufträge, Nachträge und Rechnungen - ausgewählte Leistungsdaten der Projekte.
4.2.4
Berichtswesen
Die Projektarbeit ist gekennzeichnet durch eine Fülle von Informationen aus den unterschiedlichen Fachgebieten. Der Bauherr benötigt eine seinen Voraussetzungen und Anforderungen entsprechende Kenntnis des Projektstandes sowie der weiteren Entwicklung in Form von Prognosen. Es können Berichte auch ausschließlich mündlich erfolgen, für den für das Projekt oder eine Aufgabe Verantwortlichen ist aber die Schriftform immer von Vorteil, denn sie - dient dem Nachweis der Information - kann besonders gut in wichtige und Detailinformationen gegliedert werden - kann über den mündlichen Bericht an weitere Stellen verteilt werden - zwingt in der Vorbereitung am ehesten zur Berücksichtigung der Vorgaben. Gegenstände von regelmäßigen Berichten sollen mindestens - Planungsstand einschließlich Änderungen - Genehmigungsverfahren - Baufortschritt - Auftragsstand - Abrechnungs- und Zahlungsstandstand - Vorbereitung der Inbetriebnahme sein. Das Gebot der Sachlichkeit und Kürze eines Berichtes war einmal Gegenstand einer Kabinettsorder von Friedrich II. an seinen Minister von Görne: „Hiernechst erinnere Euch nachmalen, in Euren Berichten nicht so abscheulich weitläufig zu seyn, sondern gleich ad rem zu kommen, und nicht 100 Wörter zu einer Sache zu gebrauchen, die mit 2 Wörtern gesagt werden kann. Ihr werdet daher solches künftig beobachten.“ (lat. ad rem = zur Sache) (Piltz, G.: Friedrich II..., Berlin 2002, S. 7)
4.2 Information
4.2.5
123
Datenbankanwendung
Ein Datenbanksystem für die Projektdurchführung kann aus mehreren handelsüblichen Modulen zusammengefügt werden. Wesentlich für seine Funktion sind einheitliche Strukturen. Projektmanagement
Objektmanagement
Module der Projektdatenbank Bau- und Raumbuch, Qualitätsmanagement
Weitere Anwendungen gleiche Grundflächen
Marketing und Vertrieb (Verkauf, Vermietung)
gleiche Bauelemente Planung der Kosten und Nutzungskosten
gleiche Bauelemente gleiche Positionen
Finanz und Rechnungswesen
gleiche Bauelemente Ausschreibung, Vergabe und Abrechnung (AVA)
Abb. 4.16:
gleiche Grundflächen gleiche Positionen
Gebäudemanagement
Module und Verknüpfung von Datenbankanwendungen
Die Abbildung zeigt vereinfacht ausgewählte Verknüpfungen von Modulen über abgestimmte Strukturen und deren Elemente, z. B. Mengen hier in Form der Grundflächen, Bauelemente und Positionen. Hierbei ist von Fall zu Fall zu überprüfen, - ob alle Anforderungen bereits im Grunde enthalten sind - welche Möglichkeiten und Grenzen durch die Datenverarbeitung wie den Einsatz einer relationalen Datenbank technisch gegeben sind - inwieweit Kosten- und Terminvorgaben eine wirtschaftliche Begrenzung für den Umfang eines denkbaren Datenbankeinsatzes darstellen? „Die Verwendung einer speziellen Projektmanagementsoftware auf einem Internetserver als Projektsekretariat wird als Internetbasiertes Projektmanagement bezeichnet. Im Wesentlichen erfüllt ein solches System, je nach Leistungsfähigkeit, drei Funktionen: - Dokumentenmanagement - Kommunikationsplattform - Abbildung von Prozessen.
124
4 Organisation, Information, Koordination und Dokumentation
Der Vorteil von internetbasierten Werkzeugen liegt in der Unterstützung zeitlich und räumlich versetzt arbeitender Projektbeteiligter. „Die marktüblichen Projektplattformen bieten umfangreiche Funktionen, wie die folgende Liste zeigt. In der Regel sind die Plattformen modular aufgebaut, sodass die benötigten Module einzeln hinzugefügt werden können: - Kommunikation (inkl. SMS, E-Mail und Fax) - Kalenderfunktionen - Planmanagement - Dokumentenmanagement - Mehrsprachigkeit, Berichte und Reports - Pepro-Service (Planbestellung via Internet) - Protokolle und Aufgaben - Workflow- und (Plan-)Freigabeprozesse - Mängelmanagement - Bautagebuch online - Fotos und Webcam, Online-Meeting - Aufgabenmanagement - Ausschreibung und Vergabe - Baufortschrittsdokumentation - Digitales Archiv.“ (Sturm, E.: Teamarbeit im Netz, in: DAB 12/07, S. 53)
4.3
Koordination
Die Koordination ist eine immer wieder genannte Tätigkeit in den Aufgabenbereichen sowohl des Bauherrn, der Planer als auch der ausführen Firmen. Insofern ist es notwendig, das Verständnis für die Bedeutung, den Gegenstand sowie die Methoden und Werkzeuge der Koordination zu verdeutlichen. Koordination ist ein unverzichtbarer Bestandteil der Arbeitsorganisation. Sie kann wie folgt zusammengefasst werden: „Koordination ist das systematische, zielgerichtete Abstimmen von Absichten, Maßnahmen, Aufgaben und Tätigkeiten, die zueinander irgendwie in Beziehung stehen. Dadurch erreicht man ein geordnetes, zielgerichtetes und wirtschaftliches Zusammenwirken aller beteiligten Stellen.“ (Brandenberger, J.; Ruosch, E.: Projektmanagement ..., 1996, S. 71) Ziel der Koordination muss es sein, die verschiedenen Aktivitäten im Projekt und im Projektumfeld aufeinander abzustimmen, um damit die Zusammenarbeit der am Projekt Beteiligten unter Berücksichtigung aller wesentlichen Gesichtspunkte, insbesondere im Hinblick auf die Projektziele zu ordnen und optimal aufeinander abzustimmen.
4.3 Koordination
125
Anlass zur Koordination besteht immer dann, wenn zwischen den arbeitsteiligen Handlungen der organisatorischen Einheiten Abhängigkeiten zueinander bestehen. Koordination kann dazu führen, dass - die Projektziele in der täglichen Arbeit deutlich gemacht und auf Verbesserungs- und Änderungsmöglichkeiten hin überprüft werden - Verteilungskonflikte gelöst werden. - Arbeitsabläufe so gestaltet werden, dass Doppelarbeit vermieden wird und sich eine optimale Reihenfolge realisieren lässt, und - Wissens- und Wahrnehmungsunterschiede unter den am Projekt Beteiligten ausgeglichen werden. Gleichzeitig müssen die Grenzen der Koordination beachtet werden. Der Einsatz von Regeln und Werkzeugen zur Koordination verursacht Kosten und kann den Einzelnen einschränken und demotivieren. Ein Verzicht auf Koordination hingegen verursacht vermeidbaren Aufwand für redundante oder überflüssige Arbeiten. Im Hinblick auf die Effizienz der Organisation stellt sich stets die Frage nach dem optimalen Koordinationsgrad. (nach http://wirtschaftslexikon.gabler.de/Definition/koordination.html) Die Notwendigkeit der Koordination ergibt sich insbesondere bei Bauprojekten aufgrund der Arbeitsteilung und der Spezialisierung auf Teilaufgaben sowohl bei der Planung als auch der Ausführung von Baumaßnahmen. Die Aufgabenteilung kann erfolgen als - horizontale Aufgabenteilung; bei Projekten im Bauwesen ist dies sowohl in der Planung wie Objektplanung, Tragwerksplanung und Planung der Technischen Ausrüstung unterteilt nach Anlagegruppen als auch in der Bauausführung mit einer Aufteilung nach Gewerken üblich - vertikale Aufgabenteilung; entsprechend dem Planungs- und Bauablauf ergeben sich Aufgabenschwerpunkte, häufig Aufteilungen zwischen der Vorbereitung der Planung durch den Bauherrn, die Entwicklung der Planungsidee im Rahmen eines Architektenwettbewerbes, der Objektplanung, der Leistungsbeschreibung sowie der Objektüberwachung durch unterschiedliche Architekten und Ingenieure, um nur die häufigsten Fälle zu nennen. Die umfassende Wahrnehmung der Koordinationsaufgaben, die gerade bei Bauprojekten wegen der Aufgabenteilung zunehmend an Bedeutung gewinnt, ist inzwischen zu einem entscheidenden Faktor für den Erfolg eines Projektes geworden. Es muss festgestellt werden, dass die Bedeutung der Koordination und der damit verbundene Aufwand häufig unterschätzt werden. Oft wird eine Koordinationsleistung von Projekt- und Planungsbeteiligten stillschweigend erwartet und nicht von Anfang an eindeutig und für alle am Projekt Beteiligten verbindlich geregelt.
126
4.3.1
4 Organisation, Information, Koordination und Dokumentation
Zuständigkeiten der Koordination
Es ist bei einem Bauprojekt die Pflicht des Auftraggebers für eine funktionierende Organisation zu sorgen. Der Projektleiter oder ein ihm zur Seite gestellter Projektsteuerer übernimmt es, die Voraussetzungen für eine erfolgreiche Organisation durch Festlegungen zur Koordination zu schaffen. Hierzu gehören die Definition der Leistungsbilder, die Festlegung der Arbeitsabläufe unter Berücksichtigung von Schnittstellen sowie die Verdeutlichung von Zielen und Werten in Organisationsanforderungen und Verträgen. Hierzu formuliert Pfarr bereits vor dreißig Jahren: „Zur Koordination braucht es einen „geistigen Leitfaden“, der in der Zielsetzung des Bauherrn zu finden ist. Wie notwendig Koordination ist, kann man am ehesten dann feststellen, wenn sie fehlt, wenn nicht alle „an einem Strang ziehen“. Der Anteil der Koordinationsaufgaben wird nicht selten unterschätzt.“ (Pfarr, Karlheinz: Honorarfindung nach HOAI – aber wie?, 1978, S. 105) Bei Projekten im Bauwesen fallen vielfältige Aufgaben in der Koordination an, die in die übergeordnete, rechtliche, wirtschaftliche, technische und terminliche Koordination unterschieden werden können. Für welche Aufgaben in der Koordination sind vor allem Bauherr und Objektplaner grundsätzlich zuständig und verantwortlich? Aufgaben der Koordination sind in bestimmten Fällen Leistungen des Objektplaners, diese umfassen aber keinesfalls die Aufgaben aller am Projekt Beteiligten in allen Projektstufen bzw. Leistungsphasen. Als mit der Zusammenfassung der Gebührenordnung für Architekten (GOA) und der Gebührenordnung für Ingenieure (GOI) im Jahre 1977 die Honorarordnung für Architekten und Ingenieure (HOAI) entsteht, wird in diesem Zusammenhang der Bedeutung des Projektmanagements bei Bauprojekten Rechnung getragen, indem mit § 31 HOAI die Projektsteuerung aufgenommen wird. Im dort noch sehr grob beschriebenen Leistungsbild wird mehrfach die Koordination als Teilleistung genannt. Auch wenn der § 31 HOAI mit der 6. Änderungsnovelle im Jahr 2009 entfallen ist, so ist die Frage nach den Zuständigkeiten im Bereich der Koordination weiterhin aktuell. Hierzu stellt Locher seinerzeit fest, dass die Klärung der Aufgabenstellung, Erstellung und Koordinierung des Programms für das Gesamtprojekt (§ 31 Abs. 1 Nr. 1 HOAI:1977-01) über die Leistungspflichten des Architekten hinausgehen können, und dass die Koordinierungspflichten für das Gesamtprojekt umfassender sein können als die, die der Architekt zu erbringen hat. (Locher, H.; Koeble, W. und Frik, W: Kommentar zur HOAI ..., 1996, S. 594) Die damit verbundenen Fragestellungen machten es erforderlich, das Leistungsbild Projektsteuerung eindeutig zum Leistungsbild Objektplanung abzugrenzen. Beispielhaft wird für die seinerzeit gültige HOAI:1977-01 angeführt: - Projektsteuerer: Koordinierung und Kontrolle der Projektbeteiligten, mit Ausnahme der ausführenden Firmen oder Koordinierung und Kontrolle der Bearbeitung von Finanzierungs-, Förderungs- und Genehmigungsverfahren (§ 31 HOAI:1977-01) und beim - Objektplaner: Koordinieren der an der Objektüberwachung fachlich Beteiligten (§ 15 Abs. 2 Nr. 8 HOAI:1977-01).
4.3 Koordination
127
Aufgaben der Koordination
Kompetenz für die Koordination
Gegenstand der Koordination (ausgewählte Beispiele)
Übergeordnete Koordination
Bauherr (Projektleiter bzw. Projektsteuerer)
Koordinierung des Programms für das Gesamtprojekt (Projektziele)
Rechtliche Koordination
Bauherr (Projektleiter bzw. Projektsteuerer)
Koordinierung und Kontrolle der Projektbeteiligten mit Ausnahme der ausführenden Firmen, Koordinierung und Kontrolle des Genehmigungsverfahrens
Wirtschaftliche Koordination
Technische Koordination
Bauherr (Projektleiter bzw. Projektsteuerer)
Koordinierung und Kontrolle der Bearbeitung der Finanzierungs- und Förderungsverfahren
Objektplaner (Architekt)
Koordination der an der Planung fachlich Beteiligten bei der Kostenplanung (Kostengliederung)
Objektplaner (Architekt)
Koordinierung der an der Planung fachlich Beteiligten in der Entwurf- und Ausführungsplanung, bei der Vorbereitung und Mitwirkung an der Vergabe sowie bei der Koordinierung der an der Objektüberwachung fachlich Beteiligten sowie Koordinierung und Kontrolle der ausführenden Firmen
Terminliche Koordination
Bauherr (Projektleiter bzw. Projektsteuerer)
Koordinierung und Kontrolle der am Projekt Beteiligten mit Ausnahme der ausführenden Firmen
Objektplaner (Architekt)
Koordination und Integration von Leistungen der an der Planung fachlich Beteiligten Koordinierung und Kontrolle der ausführenden Firmen
Abb. 4.17:
Zuständigkeiten im Bereich der Koordination (Empfehlung)
128
4 Organisation, Information, Koordination und Dokumentation
Der zeitliche Aufwand der Koordination, z. B. in Form von Planungsbesprechungen, kann sehr hoch sein. So wird insbesondere der Koordination und Integration durch den Objektplaner von Beiträgen der an der Planung fachlich Beteiligten in der Form Rechnung getragen, dass die Kosten der Technischen Anlagen (KG 400 nach DIN 276-1), die er nicht selbst plant und überwacht, nach § 32 Abs. 2 HOAI:2009-08 vollständig oder zur Hälfte als anrechenbaren Kosten der Objektplanung Berücksichtigung finden. Zur Beantwortung der Frage, welcher am Projekt Beteiligte im Einzelfall welche Aufgabe der Koordination übernehmen soll oder sich darauf verlassen kann, koordiniert zu werden, sind von grundlegender Bedeutung: - die Leistungsbilder in Verbindung mit der einschlägigen Rechtssprechung und - die Festlegung von Aufgaben von Projektsteuerer, Architekt und sonstigen am Projekt Beteiligten im Einzelfall. Wer Koordinationsaufgaben wahrnimmt, muss, soweit es nicht zu seinen üblichen und allgemein bekannten Leistungen gehört, das Recht haben, von Dritten Informationen oder Leistungen einzufordern sowie Weisungen zu erteilen. Hierzu hat der Auftraggeber seinem Projektleiter oder Auftragnehmern Kompetenzen zu erteilen. Unter Kompetenz ist eine inhaltlich und zeitlich abgegrenzte Zuständigkeit und Befugnis mit Verantwortung im Rahmen einer Aufgabe oder Funktion zu verstehen. Sie wird in der Regel mit einer Stelle verbunden bzw. an eine Person oder Gruppe vergeben bzw. delegiert. Die ungenaue oder unvollständige Beschreibung oder Zuweisung einer Kompetenz birgt die Gefahr der Wirkungslosigkeit oder Kompetenzüberschreitung. Es ist notwendig, am Anfang eines Projektes zu überlegen und rechtzeitig verbindlich festzulegen, wann und wo Aufgaben der Koordination anfallen, und welcher am Projekt Beteiligte dies zu übernehmen hat. Es werden dabei die übergeordnete, die rechtliche, die wirtschaftliche, die technische und die terminliche Koordination unterschieden. Nachfolgende Abbildung stellt bei den Überlegungen und Festlegungen eine Empfehlung und Hilfestellung dar. Trassenkoordination Beim Neubau des Flughafen München, dessen Inbetriebnahme 1992 erfolgte, wurde z. B. vom Bauherrn ein Projektkoordinator eingesetzt, der unter anderem für Planung und Baudurchführung der Trassen für die Ver- und Entsorgung folgende Aufgabenbereiche hatte: - Anweisen der Trassen - Vergabe von Regelquerschnitten - Koordinierung der verabschiedeten Planungen - Überwachen der Optimierungsmaßnahmen. Nur so konnten für die im Erdreich verlegten Leitungen (Abwasser, Trinkwasser, Löschwasser, Mittelspannung, Fernwärme, Informationstechnik, Außenbeleuchtung und weitere) eine optimale Zuordnung, ein reibungsloser Bauablauf und nach der Inbetriebnahme eine einfache Instandhaltung sowie die Nachrüstmöglichkeit sichergestellt werden. Abbildung 5-18 zeigt die Zuordnungen und die Regelquerschnitte für die geometrische und funktionale Koordination von Trassen der Ver- und Entsorgung im Außenbereich.
4.3 Koordination
129
Abb. 4.18: Trassenkoordination – Beispiel (Flughafen München GmbH (Hrsg.): Projekthandbuch Teil 16 ..., 1989, S. 6)
Die Grundsätze der Koordination sind schriftlich zu regeln. Zu nennen sind - Aufbau- und Ablauforganigramme - Kompetenzregelungen und - Handlungsanweisungen. Diese sind wiederum Teil von Organisationsvorgaben (Organisationshandbuch) und dabei vollständig oder auszugsweise Gegenstand interner Arbeitsanweisungen sowie von Planungs-, Beratungs- und Bauverträgen. Weitere Voraussetzung für die erfolgreiche Koordination ist die Überwachung einer konsequenten Anwendung.
4.3.2
Entscheidungen
Was macht eine Entscheidung aus? „Die Notwendigkeit der Entscheidung reicht weiter als die Fähigkeit der Erkenntnis.“ (Immanuel Kant, 1724 – 1804) Die Planung ist unabhängig von ihrem Gegenstand stets auf die Zukunft bezogen. Für die damit verbundenen notwendigen Entscheidungen sind Informationen, d. h. Wissen über Bedingungen unterschiedlicher Art notwendig. „Als Entscheidung bezeichnet man die Auswahl einer von zwei oder mehreren Handlungsmöglichkeiten (Alternativen), die dem Entscheidungsträger zur Realisation eines Ziels zur Verfügung stehen. Eine Entscheidung liegt sowohl bei einer bewußten als auch bei einer unbewussten Auswahl einer von mehreren Handlungsmöglichkeiten vor.“ (Wöhe, G.: Einführung in die Allgemeine Betriebswirtschaftslehre, 1990, S. 154)
130
4 Organisation, Information, Koordination und Dokumentation
Die Entscheidungen sind je nach Kenntnis vom Bauherrn oder einem seiner Auftragnehmer durch die Untersuchung der Rahmenbedingungen und Zielsetzungen vorzubereiten und für alle betroffenen Projektbeteiligten nachvollziehbar zu dokumentieren. „Ein Entscheidungsproblem liegt vor, wenn mehrere Möglichkeiten zur Auswahl stehen. Bei einfachen, in ihren Folgen gut überblickbaren Fällen verursacht die Entscheidung keine besonderen Probleme. Sie kann – bewusst oder unbewußt – gewissermaßen auf Anhieb vorgenommen werden. Wesentlich anspruchsvoller sind komplexe, schwer überschaubare Fälle, die mit Imponderabilien und Annahmen stochastischen Charakters belastet sind. Hier ist ein systematisches Vorgehen bzw. ein vorheriger Meinungsbildungsprozeß erforderlich. Die Güte der Entscheidungen aus der Sicht des Entscheidungsträgers ist von zwei Aspekten abhängig, nämlich vom Urteilsvermögen und von der Entscheidungssituation, in der die Entscheidung gefällt wird. Das Urteilsvermögen ist weitgehend personengebunden und individuell unterschiedlich. Es hängt in erster Linie von den kreativen und intuitiven Fähigkeiten des Entscheidungsträgers und seinen fachlichen und managementmäßigen Qualifikationen und Erfahrung ab. Auf die Güte der Entscheidung haben auch die Informationstiefe und die sachliche Ausgewogenheit als Grundlage der Meinungsbildung einen beträchtlichen Einfluß. Sie hängen vor allem von der Bereitschaft ab, die Entscheidungsgrundlagen gründlich zu studieren und objektiv auszuwerten und keine vorgefaßten Meinungen und Wunschdenken aufkommen zu lassen. Dafür empfiehlt es sich, die Entscheidungsgrundlagen im Team oder unter Mitwirkung von neutralen Spezialisten zu erarbeiten.“ (Aggteleky, B.: Projektplanung …, 1992, Seite152) „Der Unterschied zwischen einer Entscheidung und einer Berechnung liegt darin, dass für eine Entscheidung nicht alle Fakten, die zu einer Berechnung erforderlich wären, erhoben werden können. Entweder, weil die Erhebung unwirtschaftlich wäre oder weil die Faktoren, die einfließen, so verschieden sind, dass sie sich nicht vergleichen lassen. Verkürzt kann man sagen: Eine Entscheidung beruht immer auf Unsicherheit. Daher sind Entscheidungen oft umstritten, da jeder die verbleibende Unsicherheit mit anderen Annahmen belegt. Die wichtigste Regel zum Fällen von Entscheidungen ist, dass die Entscheidung umso leichter fällt, je kleiner die Unsicherheit ist – jede Entscheidung fällt leichter, wenn mehr Informationen zum Entscheidungsbedarf vorliegen.“ (http://entscheidung.lexikona.de/art/Entscheidung.html) Es ist zu klären: - Welche Bedingungen bestimmen die Planung, z. B. Auflagen einer Behörde? - Gibt es Alternativen, z. B. Ablösung geforderter Stellplätze? - Welche Varianten bestehen bei der eigenen Planung und wie sind diese unter Berücksichtigung der Aufgabenstellung zu bewerten? - Liegen alle notwendigen bzw. erreichbaren Informationen vor? - Welche Auswirkungen haben Planungsänderungen auf die Projektziele? - Welche Risiken bestehen grundsätzlich und wie ist mit ihnen umzugehen?
4.3 Koordination
131
Aus Sicht des Bauherrn bei einem Bauprojekt sind folgende für die Planung wesentlichen Projektbedingungen beeinflussbar: - Wahl des Standortes und Erwerb des Baugrundstücks - Aufstellen des Raum- und Funktionsprogramms - Festlegung des Kostenrahmens und des Terminziels - Art und Weise der Bauplanung und Bauausführung wie Organisation der Planung und Wahl der Unternehmenseinsatzform für die Ausführung. Der Bauherr kann folgende für die Planung als wesentliche Bedingungen nicht beeinflussen: - Beschaffenheit des Baugrundes wie Tragfähigkeit des Bodens, Vorkommen von Altlasten, Munition oder Gebäuderesten - Angebotspreise ausführender Firmen auf dem Markt für Bauleistungen - Witterungsbedingungen während der Bauausführung wie Regen, Schnee, Eis, Sturm u. a. - Insolvenzen von Baufirmen, Streiks, Vandalismus - bei Vermarktung des Gebäudes die Erlöse aus Verkauf oder Vermietung durch den Immobilienmarkt und die Mietpreisentwicklungen. Aus nicht beeinflussbaren Handlungsmöglichkeiten entstehen Risiken. Damit aus Risiken keine Nachteile entstehen, ist es notwendig, - die Risiken zu vereinzeln und hinsichtlich ihrer Wahrscheinlichkeiten und ihrer Auswirkungen einzuschätzen - Handlungsalternativen zu entwickeln, um auch bei Verschlechterung der Handlungsbedingungen das gesetzte Ziel mit geringst möglichen Nachteilen zu erreichen. Um erkannten Risiken zu begegnen, sind in der Planung Varianten zu entwickeln, zum Beispiel: - variable Grundrisse für Bürogebäude zur Senkung von Absatzrisiken - Planung von Realisierungsabschnitten bei größeren baulichen Anlagen wie Wohnsiedlungen, Gewerbezentrum zur Senkung von Absatz- und Finanzierungsrisiko - Ausschreibung von Alternativpositionen zur Senkung von Baupreisrisiken - Puffer in der Terminplanung oder Vorbereitung von Maßnahmen zur Senkung von Witterungsrisiken, wie beispielsweise die Planung von Winterbaumaßnahmen. Hierbei ist der Projektmanager gefordert, den Bauherrn zu informieren, ihn auf die Notwendigkeit rechtzeitiger Entscheidungen sowie die Konsequenzen von fehlenden oder verspäteten Entscheidungen hinzuweisen. Ein erfolgreiches Projektmanagement beruht auf der guten Vorbereitung von Entscheidungen. Folgende Fragen sind zu beantworten: - Welche Entscheidungen müssen wann und von wem getroffen werden? - Welche Informationen müssen zur Entscheidung durch wen und bis wann beschafft, vorbereitet und vorgelegt werden?
132
4 Organisation, Information, Koordination und Dokumentation
- Besteht das Risiko, dass die notwendige Entscheidung, z. B. durch den Bauherrn, nicht oder nicht rechtzeitig getroffen wird? - Welche Auswirkungen auf Planung und Ausführung, besonders in Bezug auf Kosten oder Termine, sind bei Fehlen einer Entscheidung zu erwarten? - Wie können dem Entscheidungsträger, i. d. R. ist es der Bauherr, die Auswirkungen fehlender Entscheidungen verdeutlicht werden? - Werden fehlende Entscheidungen oder nachträgliche Änderungen von Entscheidungen ausreichend dokumentiert? Entscheidungsliste Nr. ... Gesamtprojekt/Teilprojekt: Notwendige Entscheidungen zur Projektbesprechung am ............. mit Nr. ............... des Bauherrn vom: ............ Vorgang
Abb. 4.19:
Bezeichnung
Veranlassung
Termin
Bemerkung
Zuständigkeit
Formblatt Entscheidungsliste
Wenn der Bauherr Entscheidungen zu treffen hat, sind diese vom Projektmanager vorzubereiten; in der Regel wird dieser eine schriftliche Entscheidungsvorlage verfassen. Diese soll in Bezug auf den jeweiligen Sachverhalt folgende Punkte enthalten: - Problemdefinition - Festlegung der Entscheidungskriterien - Gewichtung der Entscheidungskriterien - Darstellung der Varianten - Bewertung der Varianten - Entscheidungsvorschlag - Darstellung der Konsequenzen bei Annahme des Entscheidungsvorschlages. Die Terminvorgaben der Entscheidungsliste müssen ausreichend Zeit zur Bearbeitung der einzelnen Planungs- und Bauphasen gestatten. Dies betrifft nicht nur Leistungen der Planer
4.3 Koordination
133
und der ausführenden Firmen, sondern auch die Aufgaben des Bauherrn selbst. Der Bauherr benötigt für seine Entscheidungen – in jeder Phase des Projektes – ausreichend Zeit, um Informationen einholen und um Risiken von Entscheidungen einschätzen zu können. Andererseits müssen Termine gesetzt werden, zu denen die fälligen Entscheidungen rechtzeitig getroffen werden müssen. Ein geeignetes Hilfsmittel ist hierfür eine Entscheidungsliste, in der alle offenen Punkte sowie alle getroffenen Entscheidungen geführt werden. Bei der Gewichtung können Entscheidungskriterien wie Funktion, Konstruktion, Investition, Betriebs- und Unterhaltungsaufwand sowie Gestaltung von Bedeutung sein. Hilfreich sind zur Vorbereitung von Entscheidungen am besten schriftlich vorbereitete Wirtschaftlichkeitsermittlungen sowie Bemusterungen, welche die genannten Gesichtspunkte berücksichtigen. Als Hilfsmittel haben sich die Entscheidungslisten (vgl. Abb. 4.19) bewährt. Fallbeispiele Der Verfasser hat in den letzten Jahren mehrfach Planungen von größeren Bauvorhaben begutachtet. Dies wurde notwendig, weil zwischen dem Bauherrn, den Planern und den an der Planung beteiligten Nutzern Meinungsverschiedenheiten zu klären waren. Im Zuge der Schlussrechnung von Bau- und Planungsleistungen waren gegenseitige Vorwürfe erhoben worden. Unterschiedliche Auffassungen zu Kostenermittlungen, Abrechnungen, Vertragsauslegungen und Planungsfehlern – auf der Seite des Bauherrn wie der Planer – hätten fast zu Rechtsstreitigkeiten geführt, konnten aber durch die erfolgten Untersuchungen und Klärungen vermieden werden. (Kalusche, W.: Planungsentscheidungen ..., in: DAB 07/1998, S. 931-936) Um die Notwendigkeit rechtzeitiger und abgestimmter Entscheidungen zu verdeutlichen, sollen also die folgenden ausgewählten Beispiele dienen. Bei diesen wurden z. B. Entscheidungen ohne die notwendige Vorbereitung, mit Risiko oder zu spät getroffen oder zu einem späteren Zeitpunkt wieder geändert, jedes Mal mit erheblichen Auswirkungen. Die aufgetretenen Folgen in Form von Verzögerungen bei der Planung, gestörtem Bauablauf, Terminund Kostenüberschreitungen werden beschrieben. Der Zusammenhang von Ursache und Wirkung, soweit sich dies im einzelnen Fall erarbeiten ließ, wird aufgezeigt. Fallbeispiel 1: Grundrissaufteilung von Büroflächen In einem größeren Gebäude wurden mehrere Geschosse für die Büronutzung geplant. Die Vorgaben für die Aufteilung der Büroflächen in Einzel- oder Gruppenbüros und Aktenlager sollten gemäß getroffener Vereinbarungen mit dem Bauherrn, einem Großunternehmen, rechtzeitig erfolgen. Es war bekannt, dass der Architekt spätestens für die Ausführungsplanung ein abgestimmtes Nutzungskonzept für die Büroflächen benötigte, andernfalls nach bestem Wissen planen musste. Es gelang dem Bauherrn im eigenen Unternehmen nicht, das Bürokonzept rechtzeitig zu erstellen. Die Verspätung der Angaben um fast sechs Monate hatte folgende Auswirkungen auf die Bauausführung: - im Bereich der bereits eingebauten Doppelböden und Bodenkanäle mussten zahlreiche Bodenöffnungen geändert werden
134
4 Organisation, Information, Koordination und Dokumentation
- ein Teil der leichten Trennwände musste anders an die Fassade angeschlossen werden als geplant, Folge war die uneinheitliche Detailausbildung - die Mengen der bereits beauftragten Bodenbeläge mit jeweils unterschiedlichen Materialien und Qualitäten änderten sich erheblich - schon eingebaute Steuerungen für den Sonnenschutz mussten an die Raumaufteilung angepasst werden, damit von jedem Raum der dazugehörige Sonnenschutz bedient werden konnte - die Schaltkreise der Elektroinstallationen mussten an die einzelnen Räume angepasst und die Lichtschalter in tragenden Wänden entsprechend der neuen Lage der Bürotüren verändert werden, die Montage der abgehängten Decken und der Deckenleuchten verzögerte sich infolgedessen um mehrere Wochen - gleiches betraf die Regelkreise und die Lage von Heizkörpern - durch die verzögerte Fertigstellung von Planunterlagen und Stücklisten verspätete sich die Bestellung und Lieferung der Türzargen - die nachträgliche Herstellung von Türöffnungen in tragenden Wänden machte statische Nachuntersuchungen und Abbrucharbeiten erforderlich. Der Planer hatte den Bauherrn rechtzeitig darauf hingewiesen, dass auch verspätete Angaben, hier zur Raumaufteilung, erhebliche Auswirkungen auf die Bauausführung haben würden. Dies wurde in den Protokollen zu den Planungsbesprechungen ausreichend dokumentiert. Der Bauherr hatte später erhebliche Mehrkosten für die Einhaltung des Fertigstellungstermins zu akzeptieren. Anfängliche Vorhaltungen gegenüber dem Planer musste er zurücknehmen. Fallbeispiel 2: Auswahl eines Ingenieurbüros für die Elektroplanung Bei der Planung eines Betriebsgebäudes wurde für den Fachbereich Elektrotechnik ein nicht ausreichend besetztes und fachlich qualifiziertes Ingenieurbüro beauftragt. Der Bauherr hatte die Bedeutung der Planung unterschätzt und es unterlassen, sich von mehreren Büros Referenzen vorlegen zu lassen, um daraufhin das leistungsfähigste Planungsbüro auszuwählen. Dem mit der Objektplanung betrauten Architekten konnten vom Elektroplaner in der Vorund Entwurfsplanung die Angaben für die Technikflächen und in den weiteren Leistungsphasen die erforderlichen Informationen zu den Installationsschächten, z. B. Abmessungen, nicht gemacht werden. Der Objektplaner war wegen der kurzen Planungszeit gezwungen, die Technikflächen so zu bemessen, dass alle Installationen und Anlagen auf jeden Fall untergebracht werden konnten. Schließlich geriet auch die Ausführungsplanung des Architekten in Verzug. Es entstanden infolgedessen auch bei den anderen Fachbereichen Verzögerungen, die technische Koordination konnte nicht mehr vollständig gelingen. Über dabei aufgetretene Planungsmängel ist in einem Protokoll nachzulesen: - erhebliche Koordinationsmängel bei der Trassenplanung
4.3 Koordination
135
- Rohr- und Kabelnetzberechnungen fehlen - die aktualisierten Berechnungen fehlen, z. B. Betriebskosten, Wärmebedarfs-, Luftmengen- und Wirtschaftlichkeitsberechnungen sowie Variantenvergleiche - umfangreiche zeichnerische Fehlbestände auf den Plänen, beginnend bei dem Prüfvermerk bis hin zu fehlenden Schnitten und Schemata - die Angaben zur Elektroverteilung sind nicht ausreichend, um mit der Ausschreibung zu beginnen (interne Aufzeichnung). Als Auswirkung der deswegen unzureichenden Fachplanung im Bereich der gesamten Gebäudeausrüstung konnten die Flächen des Gebäudes vor allem in den Technikgeschossen nicht optimiert werden (frühe Leistungsphasen). In Ermangelung der notwendigen Informationen und um die Terminvorgaben für die Planung nicht zu gefährden, wurden die angenommenen, damit aber letztendlich zu großen Flächen beibehalten. Infolgedessen entstanden nicht benötigte Räume oder Bereiche, für die eine funktionsgerechte Nutzung nicht möglich war. Die bezeichneten Planungsmängel konnten bis zur Vergabe der Bauleistungen nicht behoben werden. Aus den gleichen Gründen wurden erheblich mehr Kabelrinnen für die Elektroversorgung eingebaut als erforderlich waren. Ein Teil der Kabelrinnen war zur Inbetriebnahme gar nicht oder mit nur wenigen Kabeln belegt. Der Bauherr hatte sich bei der Auswahl eines fachlich Beteiligten nicht ausreichend vorbereitet und sich gerade bei einem so wichtigen Fachbereich wie der Elektroplanung für ein wenig geeignetes Planungsbüro entschieden. Fallbeispiel 3: Ausschreibung der Rohbauarbeiten nach der Entwurfsplanung Für ein Verwaltungsgebäude hatte man mit der Standortsuche und der Programmplanung bereits viel Zeit verloren. Der Termin für die Inbetriebnahme (Inbetriebnahmetermin) wurde dennoch nicht infrage gestellt. Der Bauherr und die an der Planung beteiligten Nutzer sahen zur Termineinhaltung die vorgezogene Ausschreibung der Rohbauarbeiten auf Grundlage der Entwurfsplanung (M 1:100) als geeignetes Mittel an, trotz des verspäteten Planungsbeginns, das gesetzte Terminziel durch einen vorgezogenen Baubeginn sicherzustellen. Ein Teil der Nutzeranforderungen und damit der Verkehrslasten waren noch nicht ausreichend geklärt. Die Ausführungsplanung der Technischen Gebäudeausrüstung war gerade begonnen worden, die Lage der Installationsschächte und der Durchbrüche war zur Ausschreibung nur teilweise bekannt. Auch die Bemessung des Tragwerks war gerade überschlägig erfolgt. Die ausführende Firma für die Rohbauarbeiten hatte nur den erkennbaren Leistungsumfang für die vorgegebene Ausführungszeit kalkulieren und anbieten können. Die Summe der Schlussrechnung des Rohbauauftrages lag erheblich über der Vergabesumme. Die aufgrund der geänderten Kalkulationsgrundlagen (Stahlmengen, Verdichtungsgrad der Bewehrung, Baustellengemeinkosten) entstandenen und vom Auftragnehmer geforderten Mehrkosten mussten nach sorgfältiger Prüfung vom Auftraggeber anerkannt werden. Die Entscheidung des Bauherrn, auf der Grundlage einer unvollständigen Planung einen Auftrag zu erteilen, hatte ihren Preis. Den entstandenen Mehrkosten (teilweise Sowieso-
136
4 Organisation, Information, Koordination und Dokumentation
Kosten und teilweise echte Mehrkosten) stand als Vorteil die Erreichung des geplanten Inbetriebnahmetermins gegenüber. Die Entscheidung der vorgezogenen Beauftragung war in diesem Fall wissentlich unter Risiko getroffen worden. Der Projektsteuerer und der Architekt hatten den Bauherrn auf die zu erwartenden Probleme rechtzeitig hingewiesen. Schlussfolgerungen Die gewonnenen Erfahrungen wurden in verallgemeinerter Form dargestellt, mit der Absicht, dadurch für zukünftige Planungen hilfreiche Anregungen zu geben. Es war und es ist bei neuen Aufgaben stets zu fragen: - Haben Bauherr oder Bauherrenorganisation ihre Pflicht, Entscheidungen zum richtigen Zeitpunkt vollständig und verantwortlich zu treffen, erfüllt? - Waren die Terminvorgaben für Planung, Ausführung und Inbetriebnahme realistisch? - Wurden leistungsfähige und erfahrene Planer beauftragt? - Wurden die ausführenden Firmen richtig ausgewählt und überwacht? - Wie sind Kosten- und Terminabweichungen entstanden und zu bewerten? - Wo lagen die Ursachen für zusätzliche Beauftragungen (Nachträge)? - Wer von den Beteiligten muss sich Terminüberschreitungen und Mehrkosten anrechnen lassen und wer ist gegebenenfalls haftbar zu machen? Entscheidungen durch mehrere Entscheidungsträger Sind Entscheidungen durch mehrere Entscheidungsträger in Form von Gremien, Ausschüssen und ähnlich zu treffen, so ist es vorab oft schwierig, das notwendige Maß an Meinungsbildung und Abstimmung zu erreichen. Wenn die Auffassungen und Verhaltensweisen nicht an den Projektzielen, sondern an individuellen Zielsetzungen orientiert sind oder Gesichtspunkte einseitig vertreten werden, ist ein Konsens oder wenigstens ein Kompromiss bei der Entscheidungsfindung erschwert. Auch ein persönlicher Konkurrenzkampf zwischen Beteiligten wird manchmal am Gegenstand des Projektes ausgetragen, ohne dass dies unmittelbar erkennbar ist. Es ist Aufgabe des Projektleiters des Bauherrn, die notwendigen Entscheidungen zu erkennen und herbeizuführen. Die Voraussetzungen hierfür waren schon erläutert worden. Darüber hinaus ist für die Moderation der Entscheidungsfindung große Erfahrung im Umgang mit Menschen erforderlich. Wenn die Entscheidungsfindung schwierig war und vielleicht nur unter größtem Zeitdruck zustande gekommen ist, fühlen sich einzelne Entscheidungsträger nicht wirklich gebunden und sehen sich subjektiv nicht verantwortlich. Dennoch sind alle Entscheidungsträger an eine einmal getroffene Entscheidung zu binden. Der Projektleiter muss jedoch die Entscheidung in die Projektarbeit umsetzen. Er soll sich selbst gegen spätere Kritik schützen. Die beste Möglichkeit ist eine umfassende Begründung und Dokumentation der Entscheidung in schriftlicher Form.
4.3 Koordination
137 Entscheidung durch mehrere Entscheidungsträger
Konsens
Kompromiss
Nichtverantwortlichkeit
als
als
als
eine nach Diskussionen notgedrungen relative Verständigung auf eine Lösung als den kleinsten gemeinsamen Nenner als suboptimale Lösung
eine Abstimmung auf eine von vielen nicht gewünschte Lösung, subjektives Gefühl, nicht verantwortlich zu sein, als schlechteste Lösung
Berücksichtigung unterschiedlicher Interessen und Einigung nach letztlich einheitlicher Meinungsbildung als optimale Lösung
Abb. 4.20:
Chancen und Risiken bei Entscheidungen mit mehreren Beteiligten
Abbildung 4.20 zeigt die Entscheidungsfindung und das Ergebnis nach den drei wichtigsten Möglichkeiten beschreiben. Entscheidungen werden immer in einem gewissen Maß an Unsicherheit getroffen. Für denjenigen, der die Entscheidung herbeiführen muss, da sonst der Projektfortschritt gefährdet wird, ist eine diesbezügliche Einschätzung von größter Bedeutung. Der nachvollziehbare Weg der Herleitung und der Abgleich mit den einmal abgestimmten Projektzielen sind weitere Voraussetzungen für die notwendigen Entscheidungen.
4.3.3
Änderungsmanagement
Die Verursachung von Änderungen durch nur einen der Beteiligten allein ist in der Praxis selten. Meist sind es mehrere Beteiligte, Forderungen oder Gründe, die gleichzeitig wirken und dazu führen, dass Änderungen auftreten. Es muss auf jeden Fall vermieden werden, dass die Verursachung der Änderung und damit natürlich auch die Verantwortung aller damit verbundenen Folgen wie Qualitäts-, Kosten- und Terminabweichungen nicht anonymisiert werden. Es besteht das Risiko, dass schließlich niemand für eventuelle Folgen zur Verantwortung gezogen werden kann. Durch die frühzeitige Erfassung von gewünschten oder nicht zu vermeidenden Änderungen, durch die Mitwirkung und Entscheidungen von Nutzern wie Genehmigung oder Ablehnung sowie die Dokumentation aller Vorgänge kann ein wirkungsvolles Änderungsmanagement geleistet werden (vgl. Abb. 21). Die Kostensicherheit des Projektes wird entscheidend verbessert. Kosten- und Terminüberschreitungen oder Qualitätsminderungen sind in der Praxis häufig auf Versäumnisse oder das Fehlverhalten von Beteiligten zurückzuführen. Dazu gehören unter anderem: - unzureichende Integration von Planungsleistungen anderer Planer - Änderung von Planungsinhalten ohne ausreichende Abstimmung mit dem Bauherrn oder Nutzer und ohne ausreichende Information über die Folgen der Änderungen, z. B. bei Kostenerhöhungen
138
4 Organisation, Information, Koordination und Dokumentation
- Nichtbeachtung von Kostenvorgaben, z. B. bei Kosten erhöhenden Material- oder Detailänderungen - Nichtbeachtung serieller, industrieller und normengerechter Bezugs- oder Fertigungsmöglichkeiten, besonders im Ausbau, mit der Folge von teuren Sonderanfertigungen - unklare oder unvollständige Leistungsbeschreibungen - Ausschreibung und Versand von Leistungsverzeichnissen mit vom Bauherrn oder Nutzer nicht freigegebenen Planungsinhalten - Standardänderungen nach Beauftragung ohne Abstimmung mit dem Bauherrn oder Nutzer - verspätete Planlieferung an die ausführenden Firmen mit der Folge von Behinderungen und Ausführungsverzögerungen. Mit der Objektbeschreibung, z. B. als Raumbuch, ist sicherzustellen, dass die Qualitäten, z. B. von Bodenbelägen, eindeutig sind. Spätere Varianten und daraus folgende Kosten- und Terminabweichungen müssen frühzeitig erkannt und z. B. dem Bauherrn rechtzeitig zur Entscheidung vorgelegt werden. Zum einfachen und schnellen Informationsaustausch und zur Entscheidung über die Genehmigung von Änderungen durch den Bauherrn oder Nutzer haben sich Formblätter und Listen bzw. Dateien bewährt. Diese sind an einer Stelle beim Projektleiter oder Projektsteuerer zu sammeln, auszuwerten und an ausgewählte Projektbeteiligte weiterzugeben. (vgl. Kalusche, W.: Kostenänderungen ..., in: DAB 07/1995, S. 1321-1325) Nachträgliche Planungs- und Ausführungsänderungen stellen für den Projektablauf grundsätzlich ein besonderes Risiko dar. Sie müssen vollständig auf alle zu erwartenden Auswirkungen hin untersucht werden. Die formalisierte Prüfung und Abstimmung von Änderungen haben sich bewährt. Folgende Punkte sind zu berücksichtigen: - laufende Nummer und Bezeichnung des Sachverhaltes sowie der Bearbeiter - Ursache bzw. Verursacher der notwendigen oder gewünschten Änderung - Auswirkungen der Änderung auf Qualitäten, Kosten, Termine und Verträge - Übernahme der Folgen; Frage: Wer übernimmt z. B. Mehrkosten? - Erörterung der Änderung, z. B. Untersuchung von Varianten - Vorgabe einer Entscheidungsfrist und Aufnahme in die Entscheidungsliste - Erörterung, Zustimmung oder Ablehnung und Kenntnis der Projektbeteiligten, erforderlichenfalls Fortschreibung der Planung bezüglich aller Auswirkungen - Dokumentation aller zugestimmten und abgelehnten Planungsänderungen.
4.3 Koordination
139
Formblatt Änderungsmanagement Projekt ... Antrag auf Änderung Nr. ... Absender/Verfasser
: ...
Sachverhalt
: ...
Gebäude/Bereich/Raum
: ...
Fachbereich(e)
: ...
Kostengruppe(n)
: ...
Leistungsbereich(e)
: ...
Die Änderung ist bezogen auf Planungsstand/Unterlage .... vom: ... 1) Die Änderung wird beantragt/verursacht durch Projektbeteiligte(n): Ο Bauherr
: ...
Ο Nutzer
: ...
Ο Behörde/Institution
: ...
Ο Sonstige(r)
: ...
2) Sachverhalt, es handelt sich dabei hauptsächlich um: Ο Mengenänderungen : ... Ο Standardänderungen : ... Ο Gestaltung
: ...
Ο funktionale Eignung : ... Ο technischen Komfort : ... Ο Sicherheit/Umwelt
: ...
Ο sonstiges
: ...
3) Begründung und Erläuterungen: ... (Kosten- und Terminänderungen, Kostenübernahme u. a.) ... ... 4) Bearbeitung, Genehmigung und Anlagen: Ο Vermerk und/oder Anlage zu Stellungnahme Bauherr: ... Ο Vermerk und/oder Anlage zu Stellungnahme Planer/Firma: ... Ο freigegeben oder Ο nicht freigegeben durch Nutzer: ... In die Objekt-/Kosten-/Terminplanung aufgenommen: am: ... Abb. 4.21:
Bearbeiter: ... Formblatt Änderungsmanagement
Unterlage/Datei: ...
140
4.4
4 Organisation, Information, Koordination und Dokumentation
Dokumentation
Eine Dokumentation beinhaltet die langfristige Sicherung von wesentlichen Informationen über ein Projekt. Weiterhin besteht eine Aufbewahrungspflicht, die Auswertung der Projektarbeit dient darüber hinaus der Nutzung des Objekts und der Gewinnung von Kennwerten für weitere Planungen. Dazu ist es erforderlich, bereits zu Projektbeginn die wichtigsten Kennwerte zu definieren und die dazugehörenden Mengeneinheiten festzulegen, die, wenn möglich, in der gesamten Lebensdauer des Gebäudes vorkommen bzw. benötigt werden. Dabei ist besonderes Augenmerk auf die Kennwerte und Mengen während der Nutzung des Objektes, dem Gebäudemanagement, zu richten. Die Zusammenstellung von Planunterlagen und Bauakten, die Dokumentation der wesentlichen projektbezogenen Plandaten in einem Projekthandbuch sowie die Sicherung von Informationen in Archiven oder Datenbanken müssen auf der Grundlage einer einheitlich abgestimmten Projektstruktur fortlaufend sichergestellt sein.
4.4.1
Erfordernis der Dokumentation
Vorrangiges Interesse an einer guten Dokumentation haben die Nutzer eines Objekts. Ist der Nutzer nicht gleichzeitig Bauherr, dann sind die Anforderungen mit diesem abzustimmen, da der Bauherr in seiner Funktion als Auftraggeber bereits bei Beginn des Projekts für die Erstellung der Dokumentation zu sorgen hat. Hierfür ist ein Konzept zu erstellen und es sind die notwendigen Aufgaben an die verschiedenen am Projekt Beteiligten zu beauftragen. Zu diesen gehören grundsätzlich alle Planer und zahlreiche ausführende Firmen. Bei der Konzeption und bei wesentlichen Teilen der Dokumentation kann ein Projektsteuerer einen entscheidenden Beitrag leisten. Öffentliche und viele andere Bauherren verfügen über eigene Regeln für die inhaltliche und formale Gestaltung einer Dokumentation. Eine Dokumentation ist aus Sicht des Projektmanagements die Grundlage für: „- spätere Rationalisierungsmaßnahmen bei anderen Bauaufgaben - Kostenrichtwerte - wirtschaftliche Vergleiche - Entwicklung von Einflussgrößen - Erfolgskontrolle (d. h., ob die oben gestellten Aufgaben erfüllt sind und den Zielvorgaben des Bauherrn entsprechen und in welchem Umfang Abweichungen vorgekommen sind).“ (Pfarr, K.: Handbuch der kostenbewussten Bauplanung, 1976, S. 238) Es ist Aufgabe des Projektmanagements, vor der schriftlichen Beauftragung von Fachleistungen die Dokumentation in ihren Strukturen und grundsätzlichen Anforderungen festzulegen. Diese werden Bestandteil aller Planungs, Bau- und Lieferverträge sein. Wenn möglich soll zu diesem Zeitpunkt auch schon eine Abstimmung mit dem Nutzer (Betreiber, Gebäudemanager) des späteren Objekts erfolgt sein.
4.4 Dokumentation
141
Die folgende Abbildung gibt einen Überblick der unterschiedlichen Aufgaben der am Projekt Beteiligten (Bauherr und Projektmanager (Projektleiter, Projektsteuerer), Objektplaner (Architekt/Ingenieur), fachlich Beteiligte (Fachingenieure für die Planung der Technischen Anlagen, Tragwerksplaner) und sonstige (z. B. Bodengutachter) sowie ausführende Firmen und Lieferanten in Bezug auf die Dokumentation. Am Projekt Beteiligte
Aufgaben der Dokumentation
Bauherrn und Projektmanager; die Dokumentation ist auf die Projektdurchführung gerichtet
Vorgabe von Art und Umfang der Dokumentation für das Gesamtprojekt, Dokumentieren der wesentlichen projektbezogenen Plandaten, Veranlassen der systematischen Zusammenstellung und Archivierung der Projektdokumentation, Dokumentation der Protokolle von Projekt- und Nutzerbesprechungen
Objektplaner (Architekt); die Dokumentation ist auf den eigenen Fachbereich gerichtet, es wird darüber hinaus die Dokumentation für das gesamte Bauwerk koordiniert
Systematische Zusammenstellung von der zeichnerischen Darstellung und rechnerischen Ergebnissen für den eigenen Fachbereich, Dokumentation der Planungsbesprechungen, der Vergabe, der Baubesprechungen, des Bautagebuchs, der Abnahmeprotokolle für das gesamte Bauwerk, dabei Koordination und Integration der an der Planung Beteiligten
fachlich Beteiligte, sonstige, die Dokumentation ist auf den eigenen Fachbereich gerichtet
Systematische Zusammenstellung von der zeichnerischen Darstellung und rechnerischen Ergebnissen für den eigenen Fachbereich, Mitwirkung bei der Dokumentation der Planungsbesprechungen, der Vergabe, der Baubesprechungen, des Bautagebuchs, der Abnahmeprotokolle für das gesamte Bauwerk, dabei Koordination durch den Objektplaner
Ausführende Firmen und Lieferanten; die Dokumentation wird durch den Vertrag bestimmt
Die Dokumentation wird, durch Gesetze, Normen, Verordnungen, durch die VOB oder VOL, soweit Bestandteil des Vertrages sowie Anforderungen des Auftraggebers bestimmt
Abb. 4.22:
Am Projekt Beteiligte und Dokumentation – Überblick
Bei vielen Projekten wird die Dokumentation vernachlässigt oder unvollständig durchgeführt. Dies liegt daran, dass - Konzeption und Strukturen für eine geordnete und vollständige Dokumentation zu Beginn des Projektes nicht erstellt wurden - die Dokumentation vom Bauherrn weder beauftragt noch von ihm selbst in der notwendigen Sorgfalt durchgeführt wird
142
4 Organisation, Information, Koordination und Dokumentation
- die Dokumentation nur als das nachträgliche Zusammenstellen von Unterlagen verstanden wird, die zwangsläufig während der Projektarbeit anfallen - die für eine vollständige und einheitliche Dokumentation erforderlichen Informationen von zahlreichen Projekt- und Planungsbeteiligten (dezentral) geschaffen werden, diese aber nur dann für alle Zwecke brauchbar sind, wenn sie aufeinander abgestimmt und zusammengefasst werden (zentral) - während der Projektarbeit die Zeit fehlt, Unterlagen von der Projektvorbereitung bis zum Projektabschluss für die Dokumentation zusammenzustellen - Projektbeteiligte den Wert einer Dokumentation nicht erkennen, intellektuell nicht in der Lage sind, wesentliche von unwesentlichen Informationen zu unterscheiden, oder aufgrund ihrer formalen Qualifikation, z. B. Akademiker, sich für überqualifiziert halten, an einer Dokumentation aktiv mitzuarbeiten - während der Projektdauer Mitarbeiter wechseln oder so hohe Arbeitsteilung herrscht, dass nur wenige einen Überblick über das gesamte Projekt haben - unmittelbar nach oder teilweise schon vor Projektabschluss die Bearbeiter mit dem besten Wissen über das Projekt sich neuen Aufgaben zuwenden oder aus anderen Gründen nicht mehr zur Verfügung stehen, beispielsweise durch den Wechsel des Arbeitsplatzes. Bauprojekte werden heutzutage häufig von Rechtsstreitigkeiten begleitet, es werden Schlichtungen, Gutachten oder sogar Prozesse notwendig, weil Baukosten- oder Terminziele nicht eingehalten wurden. Die Ursachen von Änderungen oder Mängeln müssen untersucht werden. Diesbezüglich hat die Dokumentation des Projektablaufes, z. B. in Form eines Bautagebuches im Rahmen der Leistungsphase 8. Objektüberwachung (Bauüberwachung) eine nicht zu unterschätzende Bedeutung. So sind Gutachter auf umfangreiches Schriftgut und auf Berechnungen und Zeichnungen angewiesen, um die relevanten Entwicklungen im Projektgeschehen nachvollziehen und schließlich Aussagen und Interpretationen stützen zu können. Die Anfertigung von schriftlichen Unterlagen hat deswegen bei praktisch allen Projekt- und Planungsbeteiligten in den letzten Jahren erheblich zugenommen.
4.4.2
Dokumentation öffentlicher Bauvorhaben
Besonderes Gewicht auf die Dokumentation wird bei den öffentlichen Bauten gelegt. Genaue Anforderungen enthalten die die RBBau-Vertragsmuster. So wird in Bezug auf die Baubestandszeichnungen bzw. Baunutzungspläne bei der Dokumentation von Bauwerken des öffentlichen Bauherrn gefordert: „Das Bauamt hat für die normengerechte Erstellung der Baubestandszeichnungen, zugleich Baunutzungspläne, zu sorgen. Im Rahmen seiner baufachlichen Verantwortung regelt es auch Art und Umfang der Unterlagen. Diese haben im Regelfall zu enthalten: 2.1.1 Lageplan im Maßstab 1 : 500 oder 1 : 1000, soweit ausreichend, mit Grenzen des Baugrundstücks; bauliche Anlagen mit Höhenordinaten der Oberkanten Erdgeschoßfußboden; Nutzung; Geschosszahl und Dachform; Außenschutzbauten; Einfriedungen; Flächen für Fußgänger und Fahrzeugverkehr mit ihren Hauptabmessungen, wichtige Versorgungsleitungen.
4.4 Dokumentation
143
2.1.2 ... 2.1.3 Baupläne – Grundrisse aller Geschosse und des nutzbaren Dachraumes, alle Ansichten, Dachaufsichten und die erforderlichen Schnitte (auch durch Treppenhäuser) für jedes Gebäude in der Regel i. M. 1 : 100. Diese Pläne sollen, damit sie zugleich als Benutzungspläne benutzt werden können, folgende Angaben enthalten: -
Kennzeichnung der Räume mit Nummern; die Zweckbestimmung ist nur einzutragen, wenn sie voraussichtlich unverändert bleibt (WC, Bad usw.)
-
Rohbaumaße für Raumfläche und -umfang, Raumlängen und -breiten, Wanddicke, Öffnungen von Fenstern und Türen, für Querschnitte von Kanälen, Schächten, Schornsteinen usw., Treppen und Rampen mit Steigungsverhältnis,
-
Materialangaben über die Art des Fußbodenbelages, über die Behandlung der Decken und Wände,
-
Eintragung der Zentralen Betriebstechnik mit ihren wesentlichen technischen Daten.
2.1.4 Pläne für Technische Anlagen, bestehend aus je einem weiteren Satz Grundrisse der Ausführungspläne als Bestandszeichnungen (Installationspläne, Ausführungspläne) -
Lüftungstechnische Anlagen – DIN 18379
-
Heizungs- und Brauchwassererwärmungsanlagen – DIN 18380
-
Gas-, Wasser- und Abwasser-Installationsarbeiten innerhalb von Gebäuden – DIN 18381
-
Elektrische Kabel- und Leitungsanlagen in Gebäuden – DIN 18382
-
Blitzschutzanlagen – DIN 18384
2.1.5 Brandschutzpläne -
Pläne mit Darstellungen aller brandschutztechnischer Anlagen und Einrichtungen der Liegenschaften/des Gebäudes wie:
-
Lageplan mit Zufahrten für Löschfahrzeuge, Löschwasserentnahmestellen,
-
Grundrisse und Schnitte mit Darstellung der Fluchtwege, der Brandabschnitte und aller Einrichtungen für den vorbeugenden Brandschutz.“ (RBBau – Bauübergabe ..., Abschn. 2.1.1 bis 2.1.5, 16. Aust.-Lfg. Febr. 95, S. 35)
4.4.3
Dokumentation im Rahmen der Projektsteuerung
In den Untersuchungen zum Leistungsbild, zur Honorierung und zur Beauftragung von Projektmanagementleistungen in der Bau- und Immobilienwirtschaft, Heft 9, Stand März 2009, herausgegeben von der AHO-Fachkommission Projektsteuerung/Projektmanagement, wird der Notwendigkeit der Dokumentation eines Bauprojektes grundsätzlich Rechnung getragen. So werden im Handlungsbereich A – Organisation, Information, Koordination, Dokumentation als Teilleistungen genannt:
144
4 Organisation, Information, Koordination und Dokumentation
§ 205 Leistungsbild Projektsteuerung
Grundleistungen
1. Projektvorbereitung
Entwickeln und Abstimmen der Projektorganisation durch projektspezifisch zu erstellende Organisationsvorgaben (einschließlich der Regelungen zur Dokumentation)
-
2. Planung
Dokumentieren der wesentlichen projektbezogenen Plandaten
-
3. Ausführungsvorbereitung
Fortschreiben der Dokumentation der wesentlichen projektbezogenen Plandaten
-
4. Ausführung
Fortschreiben der Dokumentation der wesentlichen projektbezogenen Plandaten
-
5. Projektabschluss
Veranlassen der systematischen Zusammenstellung und Archivierung der Projektdokumentation
Besondere Leistungen
Gesamthaftes Prüfen der Projektdokumentation der fachlich Beteiligten
Abb. 4.23: Dokumentation im Leistungsbild Projektsteuerung nach AHO (AHO (Hrsg.) AHO Heft 9:2009-03, S. 8-18)
Die Projektdokumentation ist nach DIN 69901-5:2009-01 die „Zusammenstellung ausgewählter, wesentlicher Daten über Konfiguration, Organisation, Mitteleinsatz, Lösungswege, Ablauf und erreichte Ziele des Projektes.“ Bei Bauprojekten gehören dazu die regelmäßigen Projektberichte und der Projektabschlussbericht, gegebenenfalls die Zusammenstellung der wesentlichen Informationen in Form des Projekthandbuches. Zuständig hierfür ist der Projektleiter, er lässt es gegebenenfalls von einem Projektsteuerer bearbeiten. (DIN 69901-5:2009-01, Gesamtheit von Führungsaufgaben [ … ] Abschluss von Projekten) Nach AHO soll die wichtige Aufgabe der Dokumentation weniger vom Projektleiter oder Projektsteuerer selbst wahrgenommen werden, sondern es sollen im Grunde nur die Strukturen festgelegt werden, um die erforderlichen Leistungen von den an der Planung Beteiligten einzufordern. So heißt es im Kommentar zum Handlungsbereich A – Organisation, Information, Koordination und Dokumentation, Projektstufe 1. Projektvorbereitung, wie folgt: „Der Projektsteuerer hat darauf hinzuwirken, dass rechtzeitig auftraggeberseitig bestehende Vorgaben zur Planerstellung (z. B. Layerstrukturen) abgestimmt werden, so dass nicht in späteren Planungsphasen Schwierigkeiten durch zu spät formulierte Vorgaben entstehen. Gleiches gilt für Anforderungen an die von Ausführungsfirmen zu liefernde Bestandsdokumentation.“ (AHO (Hrsg.): Heft 9:2009-03, S. 27)
4.4 Dokumentation
145
Für die Projektstufe 2 Planung die Dokumentation der wesentlichen projektbezogenen Plandaten gefordert. Im Wortlaut heißt es da: „Dem verantwortlichen Projektleiter bzw. Projektsteuerer müssen alle relevanten Projektunterlagen in der jeweils aktuellen Fassung vorliegen. Dazu gehören regelmäßig: - Organisationsvorgaben - Nutzerbedarfsprogramm - Liste der vorhandenen und noch zu erstellenden Planungsunterlagen, Planeingangs-/ausgangsliste gemäß Organisationsvorgaben - Überblick über den Stand sowie die weitere Entwicklung sämtlicher Genehmigungsverfahren - Zusammenstellung der Flächen und Kubaturen nach DIN 277 bzw. gif - vorliegende Erläuterungsberichte zur Planung, Projekt-/Baubeschreibung und ggf. Gebäude- und Raumbuch - jeweils aktuelle Kostenermittlung mit zugehörigem Erläuterungsbericht - jeweils aktuellen Terminpläne mit Erläuterungsberichten - aktueller Maßnahmen- und Entscheidungskatalog - Änderungs- und Entscheidungslisten.“ (AHO (Hrsg.): Heft 9:2009-03, S. 54) Hierzu ist anzumerken: Die genannten Unterlagen sind unbestritten wichtig. Entscheidend ist allerdings auch, wer die Strukturen frühzeitig festlegt und wer es schließlich bearbeitet. Wesentliche Teile davon wir der Projektsteuerer ausarbeiten müssen, einige Informationen werden der Architekt und die weiteren an der Planung Beteiligten nach zuvor abgestimmten Organisationsvorgaben der Auftraggeberseite zuarbeiten. Hierbei geht es wesentlich um Fragen des vertraglichen Leistungsbildes und einer zusätzlichen Vergütung von erforderlichenfalls zu vereinbarenden Besonderen Leistungen. Ein wichtiges Instrument zur Dokumentation ist das Projekthandbuch. Es wird im Leistungsbild der Projektsteuerung als das zusammenfassende und hauptsächliche Instrument der Dokumentation gesehen, es wächst auf der Grundlage früh angelegter Strukturen als Bestandteil des Organisationshandbuches in der Projektstufe 1 Projektvorbereitung. Unbestritten von Vorteil ist, dass - ein Medium die wesentlichen Informationen über die gesamte Projektdauer aufnimmt und schließlich Vorgaben, Ablauf und Ergebnis beinhaltet - auf der Seite des Auftraggebers, vertreten durch Projektleitung bzw. Projektsteuerung, alle Informationen vorhanden sind bzw. von den Auftragnehmern wie Planern und ausführenden Firmen eingefordert werden können; dies ist im Vertrag ausdrücklich zu regeln - die inhaltliche und formale Auswertung und Darstellung der Projektdokumentation von einer Stelle, z. B. dem Projektsteuerer, vorgegeben wird und dabei auf die Verständlichkeit, z. B. in Form von Tabellen, Diagrammen und Erläuterungen, geachtet werden kann, sodass auch Nichtfachleute etwas damit anfangen können.
146
4 Organisation, Information, Koordination und Dokumentation
Für den Bauherrn ist aus übergeordneter Sicht ohne Zweifel das Projekthandbuch die ideale Form der Dokumentation, da es kompakt und auf das wesentliche beschränkt, gleichzeitig aber auf alle Fachbereiche bezogen ist oder sein muss. Für den Projektsteuerer, Objektplaner oder Fachingenieur sind Informationen auf einer Datenbank gute Grundlagen für Auswertungen und weitere Planungen. Im Fall von Prüfungen durch externe Instanzen, z. B. Rechnungshof, und zum Nachweis von Tatbeständen im Fall von Streitigkeiten sowie als Arbeitsunterlagen für Gutachter, ist das geordnete Archiv nach wie vor unverzichtbar, abgesehen davon, dass die am Projekt Beteiligten zur Aufbewahrung verpflichtet sind.
4.4.4
Dokumentation im Rahmen der Generalplanung
Vergleichbare Aufgaben finden sich auch im Leistungskatalog Generalplanung für Gebäude unter 4. Besondere Generalplanerleistungen, Teil III Berichtswesen/Dokumentation/EDV, nachfolgend ein Auszug der die Dokumentation betreffenden Einzelleistungen: „- Festlegen eines Berichts- und Dokumentationssystems ... - Dokumentation der Verhandlungen mit Behörden und anderen an der Planung fachlich Beteiligten über die Genehmigungsfähigkeit des Projektes unter besonderer Berücksichtigung aller einschlägigen öffentlich-rechtlichen Vorschriften ... - Dokumentation der Planungsergebnisse in den jeweils vom Generalplaner festgelegten terminrelevanten Planungs- und Leistungsabschnitten ... - Gewerkeweise Zusammenfassung der Ausschreibungsunterlagen in Bezug auf Besonderheiten des Objektes und unter Berücksichtigung der besonderen Auftraggeberbelange - Vorbereitung und Mitwirkung an sowie Dokumentation der Vertragsverhandlungen mit den ausführenden Unternehmern und sonstigen Projektbeteiligten - Zusammenstellung aller Vertragsunterlagen und Vertragsanlagen zu Auftrags-Leistungsverzeichnissen betreffend der vom Auftraggeber eingesetzten Projekt-, Planungs- und Ausführungsbeteiligten - Erfassung, Prüfung und Bewertung sowie Dokumentation des projekt-relevanten Schriftverkehrs gegenüber den Fachplanern, den Projektbeteiligten (einschließlich Sonderfachleuten des Auftraggebers) und gegenüber Dritten (Behörden etc.) - Prüfung und Auswertung der Protokolle von Projekt- und Baubesprechungen auf technisch relevante Anordnungen und Aussagen - Besondere Dokumentation der Überwachung des Baufortschrittes (detailliertes Bautagebuch über die durchgeführten Bauleistungen und die erbrachten Überwachungsleistungen) - Projektabschluss mit Zusammenfassung und Dokumentation aller Unterlagen und Daten des Projektes.“ (AKU und BYAK (Hrsg.): Generalplanung – Ein Leitfaden für Architekten, 2000, S. 49) Die oben aufgeführten Teilleistungen ergänzen die nach AHO Heft 9 für das Projekthandbuch erstellte Dokumentation in Form von Kennwerten und Erläuterungen.
4.4 Dokumentation
4.4.5
147
Dokumentation Objektplaner und fachlich Beteiligte
Die Dokumentation ist in mehreren Leistungsbildern der HOAI enthalten. Als Teil der Leistungsphase 9. Objektbetreuung und Dokumentation sind die in der folgenden Abbildung genannten Leistungen enthalten (vgl. Abb. 4.24). Die Vergütung der Leistungsphase 9. Objektbetreuung und Dokumentation in den Leistungsbildern der §§ 33, 42, 46, 49 und 53 beträgt für die (Grund-)Leistungen jeweils 3 v. H. des vollständigen Honorars. Die Objektdokumentation ist unter anderem Gegenstand von Leistungsbildern in der Verordnung über die Honorare für Architekten- und Ingenieurleistungen (HOAI). Die Leistungsbilder der HOAI sind keine normativen Leitbilder, sie ersetzen die notwendige Beschreibung von Leistungen im Architekten- und Ingenieurvertrag nicht. Deshalb sind auch für die Dokumentation die vom Auftragnehmer erwarteten Ergebnisse frühzeitig, eindeutig und vollständig zu beschreiben. Dabei sind auch die fachlich Beteiligten für die Technischen Anlagen verpflichtet, einen Beitrag zu leisten: „Mitwirken bei der Systematischen Zusammenstellung von der zeichnerischen Darstellung und rechnerischen Ergebnisse ist für die Nutzung des Objekts bzw. der betreffenden Anlagen oder Anlagenteile von wesentlicher Bedeutung und erleichtert die Beurteilung von Planung und Ausführung künftiger Anlagen, Erweiterung oder Umbau der ausgeführten Anlagen. Hierunter sind jedoch nicht die Revisions- oder Bestandspläne zu verstehen, die entweder eine vertragliche Leistung des ausführenden Unternehmens sind oder dem Ingenieur als Besondere Leistung in Auftrag gegeben werden.“ (Locher, H.; Koeble, W. und Frik, W: Kommentar zur HOAI, 1996, S. 966) Die in der Objektbetreuung enthaltene Objektbegehung zur Mängelfeststellung und das Überwachen der Beseitigung von Mängeln sind wegen des hohen Zeitaufwandes für den Auftragnehmer wie Objektplaner und fachlich Beteiligte erfahrungsgemäß im Rahmen der Grundleistungen nicht kostendeckend zu leisten. Aus diesen und anderen Gründen, z. B. Ende des Werkvertrages in Verbindung mit Schlussrechnung und Haftung, wird auch vonseiten der Planer auf die Leistungsphase 9 häufig verzichtet. Damit entgeht dann sowohl den Planern wie auch dem Bauherrn die Chance, wertvolle Erkenntnisse aus dem Projektablauf und notwendige Informationen für die Nutzung zu gewinnen. Eine umfassende Dokumentation ist im Allgemeinen gesondert zu beauftragen und zu vergüten. „Eine wichtige Besondere Leistung ist das Erstellen von Bestandsplänen. In den Bestandsplänen sollen die wichtigsten Maßangaben, Angaben über Technische Anlagen, zulässige Lastannahmen, und über Materialien enthalten sein. [ ... ] Der Bestandsplan wird in der Regel im Maßstab 1:100 gefertigt. Es können hierzu aber auch die fortgeschriebenen und ergänzten Pläne der Ausführungsplanung im Maßstab 1:50 verwendet werden. [ ... ] Eine wichtige Besondere Leistung ist das Erstellen von Bestandsplänen. In den Bestandsplänen sollen die wichtigsten Maßangaben, Angaben über Technische Anlagen, zulässige Lastannahmen, und über Materialien enthalten sein. [ ... ] Es können hierzu aber auch die fortgeschriebenen und ergänzten Pläne der Ausführungsplanung im Maßstab 1:50 verwendet werden.“ (Locher, H.; Koeble, W. und Frik, W: Kommentar zur HOAI, 1996, S. 528)
148
4 Organisation, Information, Koordination und Dokumentation
Leistungsbilder HOAI:2009-08
(Grund-)Leistungen i. V. m. Anlagen 11-14
Besondere Leistungen i. V. m. Anlage 2
§ 33 Leistungsbild Gebäude und raumbildende Ausbauten
systematische Zusammenstellung Erstellen von Bestandsplänen, der zeichnerischen Darstellungen Aufstellen von Ausrüstungs- und und rechnerischen Ergebnisse des Inventarverzeichnissen, Objekts Aufbereiten des Zahlungsmaterials für eine Objektdatei, Ermittlung und Kostenfeststellung zu Kostenrichtwerten
§ 42 Leistungsbild Ingenieurbauwerke
systematische Zusammenstellung Erstellung eines Bauwerksbuchs der zeichnerischen Darstellungen und rechnerischen Ergebnisse des Objekts
§ 46 Leistungsbild Verkehrsanlagen
Systematische Zusammenstellung Erstellung eines Bauwerksbuchs der zeichnerischen Darstellungen und rechnerischen Ergebnisse des Objekts
§ 49 Leistungsbild Tragwerksplanung
keine Angabe
Baubegehung zur Feststellung und Überwachung von die Standsicherheit betreffenden Einflüssen
§ 53 Leistungsbild Technische Ausrüstung
Mitwirken bei der systematischen Zusammenstellung der zeichnerischen Darstellungen und rechnerischen Ergebnisse des Objekts
Erarbeiten der Wartungsplanung und -organisation, ingenieurtechnische Kontrolle des Energieverbrauchs und der Schadstoffemission
Abb. 4.24:
Leistungen und der Dokumentation nach HOAI:2009-08
Die Bestandspläne werden auch als Benutzungspläne bezeichnet. „Benutzungspläne sind Baubestandszeichnungen oder Bauaufnahmen, die durch zusätzliche Angaben für bestimmte, baurechtlich, konstruktiv oder funktionell zulässige Nutzungen ergänzt sind (z. B. zulässige Verkehrslasten, Rettungswege).“ (DIN 1356-1: 1995-02) Ein besonders wichtiger Bestandsplan ist der Feuerwehrplan, der den anrückenden Kräften der Feuerwehr bereits bei der Anfahrt als Orientierung dient. Er ist zudem eine wichtige Voraussetzung für eine Vielzahl von taktischen Maßnahmen der Brandbekämpfung.
4.4 Dokumentation
149
Nach DIN 14095 Teil 1 Absatz 2 hat ein Feuerwehrplan Angaben zu enthalten über die - Anbindung des Objekts an öffentliche Verkehrsflächen und somit den Anfahrtsweg - Zufahrten und befahrbare Flächen auf dem Grundstück - Löschwasserentnahmestellen - Lage der Brandmeldezentrale oder der ständig besetzten Stelle - Gefahrenschwerpunkte wie Trafostationen, Gasanlagen und Gefahrgutdepots - begehbare Treppen und Rettungswege - Einrichtungen für die Brandbekämpfung wie Steigleitungen und Löschwassereinspeisestellen. (DIN 14095 Teil 1: Feuerwehrpläne) Darüber hinaus werden Anforderungen an die Dokumentation von Technischen Anlagen vom Verband Deutscher Ingenieure (VDI) gestellt, vergleiche hierzu: VDI 6026 Blatt 1: 2008-05, Dokumentation in der Technischen Gebäudeausrüstung – Inhalte und Beschaffenheit von Planungs-, Ausführungs- und Revisionsunterlagen. Diese Richtlinie stellt die Anforderungen an die inhaltliche Beschaffenheit der Unterlagen dar, die im Rahmen der Durchführung eines Bauprojektes hinsichtlich der Technischen Anlagen zu erstellen sind. Dabei werden Planung, Ausführung und Betrieb der Anlage berücksichtigt. Die Unterlagen sind für die am Projekt Beteiligten (Bauherr, Architekt, fachlich Beteiligte, ausführende Firma, Betreiber) jeweils unterschiedlich zu verfassen. Die zu verwendenden Begriffe berücksichtigen die bekannten Definitionen der HOAI wie der VOB. Ziel der Richtlinie ist es nicht, neue Aufgaben zu definieren. Vielmehr beschreibt sie den Informationsgehalt und die Beschaffenheit der Unterlagen in der jeweiligen Planungs- oder Ausführungsphase und zeigt die auftretenden Schnittstellen im Planungs- und Bauablauf wie auch zwischen den daran Beteiligten. Gegenstand der Beschreibung sind die folgenden Bauteile: Abwasser-, Wasser-, Gasanlagen, Wärmeversorgungsanlagen, Raumlufttechnische Anlagen, Kälteanlagen, Starkstromanlagen, Fernmelde- und informationstechnische Anlagen, Förderanlagen sowie die Gebäudeautomation. Dem Auftraggeber obliegt de Prüfung auf Übereinstimmung mit den von ihm gestellten Anforderungen. Vergleiche hierzu: VDI 6026 Blatt 1: 2008-05, Dokumentation in der Technischen Gebäudeausrüstung – Inhalte und Beschaffenheit von Planungs-, Ausführungs- und Revisionsunterlagen. (http://www.vdi.de/401.0.html)
4.4.6
Dokumentation durch ausführende Firmen
Teile der Dokumentation werden von der jeweiligen ausführenden Firma erbracht. Entsprechende Leistungen der ausführenden Firmen sind jedoch nicht ohne Weiteres Gegenstand des Bauvertrages: „Verlangt der Auftraggeber Zeichnungen, Berechnungen oder andere Unterlagen, die der Auftragnehmer nach dem Vertrag, besonders den Technischen Vertragsbedingungen oder der gewerblichen Verkehrssitte, nicht zu beschaffen hat, so hat er sie zu vergüten.“ (VOB/B: 2010 § 2 Nr. 9 (1))
5
Qualitäten und Quantitäten
Der Handlungsbereich B – Qualitäten und Quantitäten im Leistungsbild Projektmanagement in der Bau- und Immobilienwirtschaft nach AHO (Ausschuss der Verbände und Kammern der Ingenieure und Architekten für die Honorarordnung e.V.). enthält umfangreiche Leistungen. Diese werden in Grundleistungen und Besondere Leistungen unterschieden sowie nach Projektstufen gegliedert. Die Abbildungen 5.1 und 5.2 zeigen die Teilleistungen. Leistungsordnung Projektmanagement nach AHO – Handlungsbereich B Grundleistungen 1. Projektvorbereitung 1 Überprüfen der bestehenden Grundlagen zum Nutzerbedarfsprogramm auf Vollständigkeit und Plausibilität 2 Mitwirken bei der Festlegung der Projektziele 3 Mitwirken bei der Klärung der Standortfragen, Beschaffung der standortrelevanten Unterlagen, der Grundstücksbeurteilung hinsichtlich Nutzung in privatrechtlicher und öffentlich-rechtlicher Hinsicht 2. Planung 1 Überprüfen der Planungsergebnisse auf Konformität mit den vorgegebenen Projektzielen 2 Mitwirken bei der Konzeption der erforderlichen Bemusterungen
Besondere Leistungen 1 Erstellen und Abstimmen eines Nutzerbedarfsprogramms 2 Durchführen einer differenzierten Anfrage bezüglich der Infrastruktur (Verund Entsorgungsmedien, Verkehr etc.) und Beschaffen der relevanten Informationen und Unterlagen 3 Vorbereiten und Durchführen von Ideen-, Programm- und Realisierungswettbewerben
Abb. 5.1: Handlungsbereich B – Qualitäten und Quantitäten (1) (AHO (Hrsg.): Heft 9:2009-03, S. 10-12)
Bei der Projektvorbereitung steht die Definition der Projektziele, soweit sie sich als Qualitäten und Quantitäten beschreiben lassen im Vordergrund. Die hierfür notwendigen Grundlagen, z. B. Begriffe, und geeigneten Verfahren, z. B. die Bedarfsplanung im Bauwesen, werden in den folgenden Abschnitten erläutert und mit Beispielen veranschaulicht. Die Projektziele werden Teil der Aufgabenstellung des Architekten und der fachlich Beteiligten. Die Ergebnisse der Vor- und Entwurfsplanung werden vom Bauherrn, häufig vertreten durch den Projektsteuerer auf Zielkonformität überprüft: Entspricht die Planung den Projektzielen?
152
5 Qualitäten und Quantitäten
Leistungsordnung Projektmanagement nach AHO – Handlungsbereich B Grundleistungen 3. Ausführungsvorbereitung 1 Überprüfen der Planungsergebnisse auf Konformität mit den vorgegebenen Projektzielen 2 Überprüfen der unmittelbaren und mittelbaren Auswirkungen von Nebenangeboten Konformität mit den vorgegebenen Projektzielen 3 Überprüfen der Angebotsauswertungen in technisch-wirtschaftlicher Hinsicht 4 Mitwirken bei den erforderlichen Bemusterungen 4. Ausführung 1 Kontrollieren der Objektüberwachung sowie Vorschlagen und Abstimmen von Anpassungsmaßnahmen bei Gefährdung von Projektzielen 5. Projektabschluss 1 Prüfen der Mängelhaftungsverzeichnisse
Besondere Leistungen 1 Versenden der Ausschreibungsunterlagen
1 Veranlassen, Koordinieren und Steuern der Beseitigung nach der Abnahme aufgetretener Mängel
Abb. 5.2: Handlungsbereich B – Qualitäten und Quantitäten (2) (AHO (Hrsg.): Heft 9:2009-03, S. 14-18)
Die Prüfung auf Zielkonformität findet ihre Fortsetzung in den folgenden Leistungsphasen. Dabei sind in Bezug auf die Ausführungsplanung und die Leistungsbeschreibung aufgrund des großen Umfangs an Informationen nur Stichproben möglich. Der Projektsteuerer kann hierbei fachliche Überprüfung aller Planungsinhalte leisten. Für die Planungsbedürftigkeit, die technische Richtigkeit und Fehlerfreiheit und die Kostensicherheit sind der Architekt und die fachlich Beteiligten im Rahmen ihrer Fachkompetenz und ihres Vertrages verantwortlich. Projektsteuerer mit einem baufachlichen Hintergrund tun sich oft schwer, sich auf ihre Projektmanagementaufgaben zu beschränken, wenn sie selbst eine abweichende Auffassung zu einem Planungsinhalt haben, der z. B. im Verantwortungsbereich des Architekten liegt. Auf eine klare Aufgabenteilung ist in jedem Fall zu achten. Die regelmäßige Überprüfung der Planungsergebnisse hat auch Vorteile für Auftragnehmer der entsprechenden Fachbereiche. Sie erhalten mit der Feststellung einer vertragsgemäß erbrachten Leistung durch den Projektsteuerer gleichsam eine Abnahme von Teilleistungen. AHO Heft 9 enthält im Kommentarteil einige Checklisten zur Prüfung von Planungsleistungen auf die Konformität mit den Projektzielen. Sie werden in Abschnitt 5.1.5 im Zusammenhang mit dem Begriff des Qualitätsmangels wiedergegeben und erläutert.
5.1 Qualität
5.1
153
Qualität
Der Begriff Qualität leitet sich aus dem lateinischen Wort „qualitas“ ab, was mit Beschaffenheit oder Zustand übersetzt werden kann. Obgleich das Wort Qualität keine Bewertung enthält, wird es im Alltag mit etwas Positivem assoziiert. Im Zusammenhang mit Qualitätsmanagement beschreibt der Begriff Qualität die Gesamtheit der Merkmale eines Produktes oder einer Dienstleistung bezüglich ihrer Eigenschaft, festgelegt und vorausgesetzte Erfordernisse zu erfüllen. Qualitätsanforderungen sind so alt wie das Bauen selbst. Wird die vom Auftraggeber verlangte Qualität nicht erfüllt, kann die Folge für den Auftragnehmer eine Belohnung oder eine Strafe sein. Ein historisches Beispiel für eine entsprechende Regelung ist der Codex Hammurabi, hieraus ein Auszug:
Abb. 5.3:
Codex Hammurabi
„Wenn ein Baumeister ein Haus baut für einen Mann und es für ihn vollendet, so soll dieser ihm als Lohn zwei Shekel Silber geben für je einen Sar (1 Shekel = 360 Weizenkörner = 9,1g, 1 Sar = 14,88 m). Wenn ein Baumeister ein Haus baut für einen Mann und macht seine Konstruktion nicht stark, so dass es einstürzt und verursacht den Tod des Bauherrn: dieser Baumeister soll getötet werden. Wenn der Einsturz den Tod eines Sohnes des Bauherrn verursacht, so sollen sie einen Sohn des Baumeisters töten. Kommt ein Sklave des Bauherrn dabei um, so gebe der Baumeister einen Sklaven von gleichem Wert. Wird beim Einsturz Eigentum zerstört, so stelle der Baumeister wieder her, was immer zerstört wurde; weil er das Haus nicht fest genug baute, baue er es auf eigene Kosten wieder auf. Wenn ein Baumeister ein Haus baut und macht die Konstruktion nicht stark genug, so dass eine Wand einstürzt, dann soll er sie auf eigene Kosten wieder aufbauen.“ (Harper, R. F.: The Code of Hammurabi…, 1904)
154
5.1.1
5 Qualitäten und Quantitäten
Qualitätsmanagement
„Qualität ist der zentrale Begriff des Qualitätsmanagements und wird dort äußerst differenziert diskutiert. Für die Praxis im Projektmanagement ist es wichtig zu verstehen, dass Qualität durch vier Aspekte beschrieben ist: 1. Die Einheit (engl.: entity), d. h. der Gegenstand der Betrachtung 2. Die konkrete Beschaffenheit der Einheit (engl.: totality of characteristics and their values) 3. Die Anspruchsklasse, nach der die Einheit bewertet wird 4. Die Qualitätsforderung, an der die Beschaffenheit gemessen wird.“ (http://www.projektmagazin.de/glossar/gl-0642.html, am 15.05.2009) Unter Qualität wurde bisher nach DIN EN ISO 8402: „Die Gesamtheit von Merkmalen einer Einheit bezüglich ihrer Eignung, festgelegte und vorausgesetzte Erfordernisse zu erfüllen“ verstanden. (DIN EN ISO 8402:1995-08) Man kann zum Beispiel verhältnismäßig einfach die Qualität eines Apfels über Merkmale wie Größe, Farbe oder Festigkeit und draus abgeleitete Erfordernisse oder Forderungen beschreiben: „Wenn z. B. ein Apfel die zu beurteilende Einheit ist, muss zunächst die angestrebte Güteklasse festgelegt werden. Dort werden die Forderungen an messbare Kriterien wie z. B. die Freiheit von Faulstellen oder die Größe quantitativ genau beschrieben. Je nachdem, ob die Beschaffenheit des betrachteten Apfels diese Forderungen erfüllt oder nicht, ist seine Qualität gut oder schlecht. (http://www.projektmagazin.de/glossar/gl-0642.html, am 15.05.2009) In der aktuellen Fassung der Norm heißt es: „Qualität: Grad, in dem ein Satz inhärenter Merkmale Anforderungen erfüllt. [ … ] Die Benennung „Qualität“ kann zusammen mit Adjektiven wie schlecht, gut oder ausgezeichnet verwendet werden. [ … ] „Inhärent“ bedeutet im Gegensatz zu „zugeordnet“ „einer Einheit innewohnend“, insbesondere als ständiges Merkmal.“ (DIN EN ISO 9000:2005-12, Qualitätsmanagementsysteme – Grundlagen u. Begriffe) Diese Formulierungen sind für das allgemeine Verständnis zu abstrakt. In der praktischen Anwendung bei Bauprojekten bedeutet dies: - Zunächst sind Vorgaben zu machen und möglichst genau in Merkmalen und Eigenschaften zu beschreiben. - Die Erreichung der getroffenen Vorgaben muss so weit wie möglich messbar sein und soll im Grad der Erfüllung ausgedrückt werden können, z. B. in Prozent. - Der Grad der Erreichung getroffener Vorgaben ist zu dokumentieren, um die Qualität gegenüber z. B. dem Auftraggeber oder den Nutzern vermitteln zu können. Ein Qualitätsmanagement darf sich nicht nur auf das Produkt, also das Bauwerk beziehen, sondern muss sich auch auf den Prozess erstrecken: die Planung und Ausführung von Projekten. Deswegen wenden zunehmend auch Bauunternehmen sowie Architektur- und Ingenieurbüros die Qualitätsmanagementnormen der DIN ISO 9000-9004:2000-12 an. Sie führen Qualitätsmanagementsysteme ein und lassen sich deren ordnungsgemäße Anwendung durch autorisierte Organisationen zertifizieren.
5.1 Qualität
155
In Bezug auf das Bauwesen unterscheidet Diederichs Qualitätserfordernisse und Qualitätswünsche: „Qualitätserfordernisse sind ... durch technische Normen und Vorschriften festgelegt, die den allgemein anerkannten Stand der Technik repräsentieren. Darüber hinausgehende Qualitätswünsche liegen allein im Zuständigkeitsbereich des Nutzers, der diese zu verantworten, für deren Erfüllung zu sorgen und deren Bezahlung sicherzustellen hat.“ (Diederichs, C.-J.: Qualitätsmanagement und Qualitätssicherung ..., 1992, S. 5) Die Qualitätserfordernisse sind gleich zu setzen mit „allgemein anerkannte Regeln der Technik“. Sie sind in den Landesbauordnungen, im Werkvertragsrecht und in der Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen (VOB) verankert. Dieser unbestimmte Rechtbegriff entspricht dem im Baurecht ursprünglich benutzten Begriff „allgemein anerkannte Regeln der Baukunst“. Man versteht darunter Regeln, die auf wissenschaftlichen Grundlagen oder auf fachlichen Erkenntnissen beruhen, sich in der Praxis bewährt und allgemein durchgesetzt haben und damit Gedankengut der auf dem betreffenden Fachgebiet tätigen Personen geworden sind. Von dort gelangen sie über Fachausschüsse und Sachverständigengremien in die vielfältigen technischen Regelwerke und finden Eingang in Rechts- und Verwaltungsvorschriften. Beispiele für die „allgemein anerkannten Regeln der Technik“ sind: „- DIN-Normen des Deutschen Instituts für Normung e. V., - VDE-Richtlinien (Bestimmungen des Verbandes Deutscher Elektrotechniker), (Urteil des OLG Hamm 1990), - Internationale Normen der International Organization for Standardisation, - Bestimmungen des Deutschen Ausschusses für Stahlbeton, - Unfallverhütungsvorschriften der Berufsgenossenschaften, - Bestimmungen des Deutschen Vereins der Gas- und Wasserfachmänner (DVGW), - Fachregeln des Zentralverbandes des Deutschen Dachdeckerhandwerks, - Fachregeln des Zentralverbandes des Deutschen Baugewerbes, - Technische Baubestimmungen des Deutschen Instituts für Normung e. V., die von den Bauaufsichtsbehörden eingeführt sind, - Allgemeine Technische Vorschriften der VOB/C.“ (Großhauser, M.: Baurecht ..., 1993, S. 35) Von den „allgemein anerkannten Regeln der Technik“ ist der Begriff „Stand der Technik zu unterscheiden. Der „Stand der Technik“ stellt gewissermaßen die Spitzenposition der technischen Entwicklung dar. Er wird durch fortschrittliche Verfahren bestimmt, auch wenn diese sich noch nicht in der Praxis allgemein durchgesetzt haben. Es genügt, wenn die Eignung festgestellt wurde, beispielsweise dadurch, dass vergleichbare Verfahren, Einrichtungen und Abläufe bereits mit Erfolg in einem Betrieb erprobt worden sind. „Stand der Technik“ stellt damit ein höheres Anforderungsniveau dar, als die „allgemein anerkannten Regeln der Technik“. (http://tu-darmstadt.de/pvw/dez_iv/a/info/regel.tud, am 08.04.2007)
Abb. 5.4: Unbestimmte Rechtsbegriffe zu technischen Sachverhalten (Bauer, C.-O.: Rechtliche Anforderungen ..., 1994, S. 16)
neuester Stand wissenschaftlicher und technischer Erkenntnisse; - wissenschaftlich nachprüfbar begründet, - technisch als durchführbar erwiesen - auch ohne praktische Bewährung - allgemein zugänglich - ohne räumliche Grenzen (weltweit) (EG-Richtlinie Produkthaftung) Fachleuten verfügbares Fachwissen - wissenschaftlich begründet, - praktisch erprobt und - ausreichend bewährt (BVG Kalkar) Von der Mehrheit der Fachleute anerkannte - wissenschaftlich begründete, - praktisch erprobte und - ausreichend bewährte Regel zum Lösen technischer Aufgaben ( BVG Kalkar)
Stand von Wissenschaft und Technik
Stand der Technik
Anerkannte Regeln der Technik
Unbestimmte Rechtsbegriffe zu technischen Sachverhalten
Inhalt
Begriff
DIN, DIN-EN-Normen, VDI-Richtlinien, VDE Vorschriften, UVV, Regeln techn. wissenschaftlicher Vereine wie VDEh, DGZfP, DGO, DGQ u. a. m. Zentraler Nachweis: DIN-Katalog techn. Regelwerke (Stand 01.01.92, 130 Regelsetzer mit 211 Regelwerken)
Zeitpunktbezogener Einzelnachweis aus - Fachzeitschriftenbeiträgen - Sachverständigengutachten - Verfahrens-/Produktvergleiche nach übereinstimmenden, zeitkonformen Bewertungskriterien
Zeitpunktbezogener Einzelnachweis unter Auswerten allgemein zugänglicher Veröffentlichungen, Schutzrechtschriften, Kongressberichte, Zeitschriften usw.
Beispiele
156 5 Qualitäten und Quantitäten
5.1 Qualität
157
Darüber hinaus sind auf jeden Fall Stand der Technik und Stand von Wissenschaft und Technik zu beachten. Erläuterungen zu Inhalt und Beispiele sind in der Zusammenstellung der unbestimmten Rechtsbegriffe zu technischen Sachverhalten enthalten. Welchen Inhalt die „allgemein anerkannten Regeln der Technik“ haben, ist eine „Frage, die nur von Fall zu Fall zu entscheiden ist. Entgegen einem weitverbreiteten Missverständnis lassen sich diese Regeln nicht isoliert anhand von technischen Normen entscheiden, d. h. die Einhaltung von DIN-Normen ist zwar ein Anhaltspunkt für die Einhaltung der „anerkannten Regeln der Technik“ aber kein Beweis. Auch wenn die DIN-Normen (noch gerade) eingehalten wurden, kann ein Verstoß gegen die „anerkannten Regeln der Technik“ vorliegen. DINNormen sind keine Rechtsnormen, sondern lediglich private technische Regelungen mit Empfehlungscharakter. Ausnahmen sind bauaufsichtlich eingeführte Normen. Sofern keine anderweitige vertragliche Vereinbarung getroffen wurde, ist nicht der Stand der Technik zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses, sondern einzig und allein der „Qualitäts- und Komfortstandard“ zum Zeitpunkt der Bauabnahme maßgebend.“ (http://www.ing-stoeckel.de/baurecht/Stand_der_Technik.html) Die Aufgabe eines Projektmanagers ist hierbei in der Moderation zu sehen. Er soll den Bauherrn dabei unterstützen, seine Anforderungen an die Gestaltqualität des Gebäudes so früh wie möglich und so gut er es eben kann, zu artikulieren. Von Bauherren so empfundene Merkmalsausprägungen der Gestaltqualität machen sich nicht selten an Materialien, z. B. Glas, Edelstahl, Naturstein fest und die haben natürlich auch „ganz einfach ihren Preis“. Die Interpretation der Anforderungen des Bauherrn erfordert häufig ein großes Einfühlungsvermögen und bedarf einer intensiven Auseinandersetzung. Wie kann folgende Unternehmensphilosophie eines namhaften Hotelkonzerns für den Beherbergungsbereich umgesetzt werden? „Das Wichtigste in einem Hotel ist die Qualität des Schlafes. Insoweit sind an die Konditionen besondere Anforderungen gestellt. Dies betrifft: - das Bett - die Ruhe - das Raumklima - das Ambiente - das Gefühl der Sicherheit und Geborgenheit.“ (Kempinski AG (Hrsg.): Planungshandbuch Kempinski-Hotels, 1990, S. 12) Es handelt sich hierbei um Qualitätswünsche, die am Besten durch Besichtigung von vorhandenen Lösungen und Bemusterungen konkretisiert werden können. Hilfreich ist darüber hinaus eine Standardklassifikation, die unabhängig vom einzelnen Programm formuliert worden sind, denn für die Qualität einer Nutzung bestehen häufig Kriterien, die von den Betreibern aufgestellt werden. Die Merkmale (Mindestkriterien) und Merkmalsausprägungen für die Sternenkriterien des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbandes (DEHOGA), die 1996 im Rahmen der Deutschen Hotelklassifizierung eingeführt wurden, sind am Beispiel der Kategorie 4 Sterne in Abbildung 5.5 abzulesen.
158
5 Qualitäten und Quantitäten
Mindestkriterien 1 Rezeption 2 Frühstücksservice 3 Getränkeservice 4 Speiseservice 5 Telefon 6 Zimmergröße
7 Suiten 8 Sanitärkomfort
9 Zimmerausstattung 10 Gästeartikel
11 Waschen und Bügeln der Gästewäsche 12 Safe/Depotmöglichkeit 13 Empfangsbereich 14 Unterhaltungselektronik im Zimmer 15 Bargeldlose Zahlung
16 17 18 19
Telefax Hotelbar Restaurant Mindestanzahl Bewertungspunkte
4 Sterne separate, eigenständige Rezeption; 16 Stunden besetzt; 24 Stunden telefonisch von innen und außen erreichbar Frühstücksbüfett mit Roomservice a) Minibar oder b) 24 Stunden Roomservice zusätzlich zu den Kriterien im 3-Sterne-Bereich: Speisenangebot im Roomservice bis 22 Uhr 100 % der Zimmer mit Telefon samt mehrsprachiger Bedienungsanleitung und Direktwahlmöglichkeit Einzelzimmer 16 qm, Doppelzimmer 22 qm (Mindestgröße für 75 % der Gästezimmer unter Einbeziehung der Nasszelle und des Flures) keine zusätzlich zu den Kriterien im 3-Sterne-Bereich: Shampoo, Fön, großzügige Ablagefläche, separat regulierbare Heizmöglichkeit, Gesichtstücher, Kosmetikspiegel, Bademantel auf Wunsch zusätzlich zu den Kriterien im 3-Sterne-Bereich: 1 Sessel/Couch mit Beistelltisch Hotelinformation (Serviceleitfaden), Schreibgerät und Notizblock, Korrespondenzmappe, Nähzeug, Schuhputzutensilien Abgabe vor 9.00 Uhr, Rückgabe innerhalb von 24 Stunden Safe im Zimmer oder zentraler Safe (z. B. am Empfang) Lobby mit Sitzgelegenheit und Getränkeservice 100 % der Zimmer mit Radioprogrammen und Farbfernseher samt Fernbedienung, Programmbelegungsübersicht und aktuellem TV-Programmheft zusätzlich zu den Kriterien im 2-Sterne-Bereich: Akzeptanz von Kreditkarten oder EC-Cash oder Elektronischem Lastschriftverfahren am Empfang 1 1 270 Punkte bzw. 250 Punkte Hotel garni
Abb. 5.5: Qualitätsanforderungen des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbandes (www.hotelsterne.de)
5.1 Qualität
159
Viele Mindestkriterien beziehen sich auf Dienstleistungen im Hotelbetrieb, z. B. 11 Waschen und Bügeln der Gästewäsche. Dies hat nur in geringem Umfang Auswirkungen auf das Raum- und Funktionsprogramm, ein einzelner Raum und gegebenenfalls ein Rahmenvertrag mit einem Reinigungsunternehmen reichen aus. Die Größe eines Doppelzimmers mit 24 m² oder der Sanitärkomfort stellen Anforderungen an die Größe und die Ausstattung des Hotelgebäudes dar. Damit wird die Sternekategorie eine Grundlage des Raum- und Funktionssowie des Ausstattungsprogramms. Schwer zu fassen ist weiterhin die Gestaltqualität eines Gebäudes im ästhetischen Sinne. Auch hier sind Referenzen von Gebäuden und Ausstattungen eine große Hilfe. Denn diesbezüglich liegen die Vorstellungen von Bauherren und Architekten oft weit auseinander. Rösel macht einen Vorschlag zur Klassifikation der ästhetischen Qualität von Architektur über Merkmale wie: „- Originalität als Ausdruck der schöpferischen Kraft des Architekten oder der konstruktiven Stärke des Ingenieurs - Maßstäblichkeit hinsichtlich der Bauwerksgliederung oder der Einfügung in die Umgebung und - Repräsentation als Ausdruck der gesellschaftlichen, politischen, kulturellen oder wirtschaftlichen Bedeutung des Bauherrn.“ (Rösel, W.: Baumanagement ..., 1987, S. 194)
5.1.2
Bedarfsplanung im Bauwesen
Über viele Jahrzehnte war in der Bundesrepublik Deutschland die Nachfrage nach Immobilien größer als das Angebot. Die Investition in Immobilien galt als sichere Anlage. Die Wertsteigerung von Immobilien lag an vielen Standorten über der allgemeinen Teuerung. Seit Mitte der 1990er Jahre trifft dies nicht mehr zu. Das Angebot an Wohnungen, Büro- und Gewerbeflächen übersteigt inzwischen die Nachfrage in vielen Städten und Regionen bei Weitem. Bisher konnte man davon ausgehen, dass die Nachfrage nach Neubauten stabil ist. Heute ist dies nicht mehr der Fall. Die Risiken einer Bauinvestition sind vergleichsweise hoch. Zu den Risiken in der Planung und Ausführung, wie z. B. Kosten- oder Terminüberschreitungen, ist vor allem die Vermarktung der Immobilie mit Unsicherheiten verbunden. Der Investor muss beim Verkauf oder der Vermietung des Objektes einen angemessenen Preis erzielen. Die veränderten wirtschaftlichen Rahmenbedingungen machen eine umfassendere Planung erforderlich. Durch die geringere Nachfrage ist es noch wichtiger als bisher, die Anforderungen der Nutzer zu erfüllen. Das Besondere an der Planung von Bauinvestitionen im Vergleich zu anderen Maßnahmen besteht darin, dass es sich bei Immobilien um eine - einmalige - standortgebundene - langfristige - kapitalintensive
160
5 Qualitäten und Quantitäten
- nutzungsspezifische und begrenzt veränderbare - weitgehend handwerklich hergestellte Investition handelt. Neben den aufgeführten Rahmenbedingungen haben sich die Anforderungen an die Finanzierung und die Wirtschaftlichkeit erhöht. Es wird von Investoren und Kreditinstituten bei einer Immobilie eine hohe Rendite und eine schnelle Amortisation erwartet. Damit wird den gestiegenen Risiken der Realisierung und Vermarktung Rechnung getragen. Deswegen wird einem Bedarfsplan, in AHO Heft 9 auch als Nutzerbedarfsprogramm bezeichnet, im Projektmanagement, insbesondere bei der Projektvorbereitung, ein sehr hoher Stellenwert beigemessen. Bedarfsplanung als Grundlage einer guten Planung Planung ist die gedankliche Vorwegnahme zukünftigen Handelns. Auch bei der Planung eines Bauwerkes, gleich ob Gebäude, Freianlagen, Ingenieurbauwerke oder Verkehrsanlagen, muss dieses frühzeitig bemessen, optimiert und bereitgestellt werden, auch wenn sich der Bedarf langfristig nur schwer abschätzen lässt. Bisher konnten sich Investoren und Planer darauf verlassen, dass die Nachfrage nach Objekten durch Bevölkerungs- und Wirtschaftswachstum ausreichend groß ist. Heute zeigt der Markt, durch die demographische Entwicklung ein ganz anderes Bild. Die Zahl der Nutzer nimmt in allen Industrieländern ab, die Nachfrage sinkt. Das Wirtschaftswachstum stagniert oder geht zurück. Das bedeutet, dass bei einem hohen Angebot an Immobilien der Erfolg eines Bauprojektes nur dann erwartet werden kann, wenn dieses besser ist als bereits vorhandene Objekte. Besser bedeutet zum Beispiel eine sehr gute Lage, mit geeigneten Grundrissen, mit überdurchschnittlicher Ausstattung und mit geringeren Investitions-, Miet- und Betriebskosten. Planung ist, unabhängig vom Gegenstand, immer auf die Zukunft bezogen. Bei Neubauten ist mit einer wirtschaftlichen Nutzungsdauer von 40 oder mehr Jahren zu rechnen. Bei Umbauten oder Modernisierungen mit 15 oder mehr Jahren. Hinsichtlich der Rentabilität eines Objektes geht der Trend heute eher zu möglichst kurzen Betrachtungszeiträumen. Unabhängig davon sind die sicheren Informationen über die zukünftigen, für eine Immobilie bedeutsamen Entwicklungen gering. Die Erwartungen diesbezüglich sind meist größer als das Wissen. Dennoch sind Bauherren und Planer gezwungen, ständig Entscheidungen zu treffen. Diese beziehen sich auf praktisch alle wesentlichen Eigenschaften eines Objektes. Dazu gehören unter anderem der Standort, das Raum- und Funktionsprogramm, die Grundrisse oder die Auslegungen der technischen Anlagen. Oft werden Planungsentscheidungen intuitiv getroffen oder man orientiert sich an Entwicklungen der Vergangenheit. Unsicherheit im Fall einer notwendigen Entscheidung kann leicht als Unfähigkeit ausgelegt werden. Im Zweifelsfall verlangen Bauherren vom Planer Entscheidungen, die sie aber nur selbst treffen können. Der Planer wird dann kritisiert, wenn die Entscheidung sich im Nachhinein als nicht richtig erweist.
5.1 Qualität
161
Dabei geht es bei einer Entscheidung grundsätzlich nur um die Auswahl einer von wenigstens zwei Alternativen oder mehreren Handlungsmöglichkeiten (Varianten), die dem Entscheidungsträger zur Verfügung stehen. Eine Entscheidung liegt sowohl bei einer bewussten als auch bei einer unbewussten Auswahl von Handlungsmöglichkeiten vor. Entscheidungen kann ein Bauherr in vielen Fällen nicht ohne Unterstützung seiner Planer und Berater treffen. Selbst wenn er klare strategische Ziele für sein Projekt hat, fehlt ihm doch häufig die baufachliche Kenntnis. Zum Verantwortungsbereich und zu den Pflichten eines Bauherrn gehören Überlegungen und Festlegungen zu mindestens folgenden Sachverhalten: - Wahl des Standortes und Erwerb des Baugrundstücks - Aufstellen des Raum- und Funktionsprogramms - Kostenrahmen, grundsätzliche Überlegungen zur Finanzierung und Wirtschaftlichkeitsermittlung - Terminrahmen - Betrachtungszeitraum für die Wirtschaftlichkeitsbeurteilung des Objektes - Art und Weise der Bauplanung und Bauausführung wie Organisation der Planung und Wahl der Unternehmenseinsatzform für die Ausführung. Wie kann ein Bauherr die Chancen eines Bauvorhabens verbessern? Grundsätzliche Entscheidungen, welche die Eigenschaften des Objektes auf Dauer bestimmen, sind bereits in der Projektvorbereitung zu treffen. Mit einer sorgfältigen und umfassenden Bedarfsplanung kann hierzu ein wesentlicher Beitrag geleistet werden. Als gutes Beispiel kann die folgende Funktionsbeschreibung für eine Verkaufsfläche angeführt werden. Sie enthält differenzierte Anforderungen, die von dem späteren Betreiber auf der Grundlage langjähriger Nutzung vergleichbarer Gebäude formuliert wurden. Es wird für die zu planende Verkaufsfläche unter anderem gefordert: „6.
Organisation des Marktes
6.1 Einkaufswagen: separater Wagenbahnhof vor den Kassen sowie zwei Stationen im Außengelände 6.2 Mehrweggut: Leergutkasse mit direkter Verbindung zum Lager 6.3 Verkaufsraum: -
nur eine Mittelstützenreihe
-
freie Bereichseinteilung innerhalb des Verkaufsraumes für Parfüm/Kosmetik, Wein/Sekt, Non-Food, Getränke, Lebensmittel, da die Entwicklung der Bereiche nicht vorhersehbar ist.
6.4 An- und Auslieferung: -
Rampe mit 1,20 m Unterfahrt, überdacht
-
ebenerdige Andienung
-
Rampenbreite mindestens 3,00 m (Arbeiten auf überdachter Rampe muß möglich sein).“ (Lufthansa Service GmbH: Grundlagenermittlung ... Supermarkt MUC 2, 1990)
162
5 Qualitäten und Quantitäten
Notwendigkeit der Bedarfsplanung Bauprojekte zeichnen sich durch Komplexität aus, sollen langfristig zahlreichen Anforderungen genügen und ihre Realisierung ist mit Unsicherheit behaftet. Um sie erfolgreich durchzuführen, ist eine sorgfältige Vorbereitung unverzichtbar. Die Bedarfsplanung soll zum einen die Frage beantworten: Was wollen wir bauen? Und zum anderen: Kann man diese Vorstellungen im Rahmen des Projektes auch umsetzen? Die Bedarfsplanung ist eine Bauherrenaufgabe. Der Bauherr hat damit die Möglichkeit und die Pflicht, durch eine Beschreibung das Soll der Planung zu definieren. Da er als oberster Projektmanager einer Bauinvestition für deren Erfolg insgesamt verantwortlich ist, muss er die Projektziele definieren. In seiner Eigenschaft als Auftraggeber von Planern, ausführenden Firmen und sonstigen am Projekt Beteiligten hat er die Pflicht, die Voraussetzungen für eine erfolgreiche Projektbearbeitung durch die Auftragnehmer zu schaffen. Er ist somit zur Bedarfsplanung – auch im eigenen Interesse – verpflichtet. „Wenn es beim Bauen Probleme gibt, liegt das oft an einer ungenügenden Bedarfsplanung. Das heißt, die Bauaufgabe ist ungenügend definiert, die Bedürfnisse von Bauherren und Nutzern werden nicht ausreichend ermittelt und vermittelt. Das Planen und Bauen wird immer komplexer, die Anzahl der Beteiligten, wie die der technischen Möglichkeiten, steigt. Das macht es erforderlich, zu Beginn einer Planung die Bauaufgabe umfassend zu definieren.“ (DIN 18205:1996-04) Bedarfsplanung ist nicht an eine bestimmte Qualifikation gebunden. Als Bedarfsplaner können erfahrene Praktiker, Architekten, Ingenieure oder Ökonomen hinzugezogen werden. Bedarfsplanung ist also interdisziplinär. Sie ist deswegen vorzugsweise als Teamarbeit zu verstehen. Oft werden Planungsaufgaben mit solchen oder ähnlichen Aufforderungen gegenüber Architekten begonnen: „Wir brauchen ein Objekt, wie es aussehen soll, wissen wir noch nicht, aber fangen Sie doch schon einmal an. Wir werden dann bald wissen, was wir brauchen.“ Damit ist die Aufgabenstellung für den Planer unklar und unvollständig. Seine Bemühungen gleichen vielmehr einer unsicheren Suche als einer zielgerichteten Umsetzung einer Planungsaufgabe. Erste Lösungsansätze werden zurückgewiesen und oft kommentiert mit: „Also, so hatten wir uns das nicht vorgestellt, das muss irgendwie anders aussehen.“ Der Aufwand für diese Planung ist bald wesentlich größer als der erreichte Fortschritt. In der Diskussion über die Planung werden wenigstens die Widersprüche unterschiedlicher Ziele der Beteiligten deutlich. Besser ist es, zunächst die mit dem Projekt verfolgten Ziele zu definieren und dessen Randbedingungen zu erfassen. Vor der Objektplanung sind die angestrebten Eigenschaften des späteren Objektes zu klären und wesentliche Prozesse der Durchführung zu bestimmen. Dazu gehören unter anderem folgende Fragen: - Welche betrieblichen Prozesse müssen im Gebäude unter welchen Vorgaben ablaufen können, z. B. der Transport eines Gepäckstückes in einem Flughafenterminal von A nach B innerhalb von 20 Minuten? - Welche am Projekt Beteiligten, insbesondere Nutzer, müssen hierbei einbezogen werden, z. B. der Betreiber einer Hotelgastronomie?
5.1 Qualität
163
- Welche Abhängigkeiten und (Nachbarschafts-)Beziehungen gibt es zwischen den Flächen und Nutzern? - Mit welcher Anzahl von Nutzeinheiten oder Vorgängen (Mitarbeiter, Besucher, Pkws, Besprechungen, Post, Akten, Essensteilnehmer usw.) ist zu rechnen? Bedarfsplanung findet nicht nur einmalig im Rahmen der Projektvorbereitung statt. Die mit dem Bedarfsplan definierten Vorgaben sind während der weiteren Planung und Ausführung des Projektes regelmäßig zu überprüfen und gegebenenfalls anzupassen. Bedarfsplanung erfolgt aus der Sicht des Bauherrn und des Nutzers und ist auf die Lösung einer Planungsaufgabe gerichtet. Die Lösung muss nicht zwingend ein Neubau sein. Der Bedarf kann gegebenenfalls auch durch die Anmietung, den Erwerb oder den Umbau eines vorhandenen Objektes gedeckt werden. Somit bezieht sich die Bedarfsplanung auf den gesamten Lebenszyklus einer Immobilie. Wird in der Planung festgestellt, dass ein Objekt nicht das Potenzial besitzt, um durch einen Umbau die gestellten Anforderungen zu erfüllen, muss über eine andere Nutzung oder über Abbruch und Beseitigung entschieden werden. Das anglo-amerikanische Verständnis von Planung Bedarfsplanung gehört schon seit vielen Jahrzehnten in Großbritannien und den Vereinigten Staaten von Amerika zur guten Praxis des Bauens. Die in Deutschland bekannten Grundlagen gehen darauf zurück. Nach anglo-amerikanischer Auffassung müssen der Bedarfsplaner und der Entwurfsarchitekt unterschiedliche Personen sein. „Wenn Bedarfsplanung das Aufstellen des Problems ist, ist der Entwurf die Lösung des Problems“ Die Bedarfsplanung (oder briefing in building design) und die Objektplanung werden als zwei verschiedene Leistungen angesehen. Sie verlangen unterschiedliche Kenntnisse und Arbeitsweisen. „Es ist ein Merkmal einer guten Bedarfsplanung, offen zu sein; der Erfindungsreichtum des Entwerfers soll stimuliert werden, nicht beschränkt werden.“ (Blyth, A.; Worthington, J.: Managing the Brief for Better Design, 2001) Ein großer Verdienst um die Entwicklung und Verbreitung der Bedarfsplanung in Deutschland kommt dem Architekten Reinhard Kuchenmüller zu. Er hat durch Veröffentlichungen und seine Arbeit beim Deutschen Institut für Normung e. V. entscheidende Impulse für die erste Fassung der DIN 18205:1996-04, Bedarfsplanung im Bauwesen, gegeben. So berichtet er seinerzeit über entscheidende Entwicklungen im europäischen Ausland: „Im Herbst 1979 starteten englische und skandinavische Fachleute erfolgreich eine internationale Initiative zur Entwicklung einer ISO-Norm über die Bedarfsplanung im Bauwesen (Briefing in Building Design). Es wurde daraufhin im Jahre 1981 eine internationale Arbeitsgruppe gebildet, die „Working Group 6“ des Technischen Kommitees ISO/TC 59/SC3 der International Organization for Standardization. [ … ] 1984 stand der Rohentwurf […] und im Dezember 1994 wurde [er] unter dem Titel ISO 9699 „Performance standards in building – Checklist for briefing – Contents of brief for building design“ in der gültigen Fassung publiziert. (Kuchenmüller, R.: DIN 18205 – Bedarfsplanung …, in: DAB 8/97, S. 1175)
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5 Qualitäten und Quantitäten
A Appraisal
Identification of client´s needs and objectives, business case and possible constraints on development. Preparation of feasibility studies and assessment of options to enable the client to decide whether to proceed.
B Developed Brief
Development of initial statement of requirements into the Developed Brief by or on behalf of the client confirming key requirements and constraints. Identification of procurement method, procedures, organisational structure and range of consultants and others to be engaged for the project.
C Concept
Implementation of Developed Brief and preparation of additional data. Preparation of concept design including outline proposals for structural and building services systems, outline specifications and preliminary cost plan. Review of procurement route.
Abb. 5.6: RIBA Plan of Work/Project Plan, Auszug Leistungen A bis C (http://www.pure-architecture.co.uk)
Wesentliche Grundlagen der Bedarfsplanung sind Checklisten, so wird von der Internationalen Organisation für Normung (ISO = englisch International Organization for Standardization) in ISO 9699:1994-12, Performance standards in building – Checklist for briefing – Contents of brief for building design, formuliert: Describes the content of a brief for building design. Can be used from the time when the client first considers the possible need for a building project. Applies to all kinds and sizes of design project. Can also apply whatever the chosen function or purpose of the brief, for example instructing, promoting discussion, recording, as a basis for evaluation or in a formal competition to select consultants. (ISO 9699:1994, Performance standards in building – Checklist for briefing) Die Unterscheidung von Bedarfsplanung und Objektplanung findet im offiziellen Leistungsbild des Architekten (Plan of Work) durch das Royal Institute of British Architects (RIBA) ihre Entsprechung zum Briefing durch einen Bedarfsplaner. Die Leistungen Appraisal (A) und Developed Brief (B) werden dort wie folgt beschrieben: Es ist zweckmäßig, die Bedarfsplanung nicht nur als selbständige Leistung zu verstehen. Kann der Bauherr sie aus zeitlichen oder fachlichen Gründen nicht selbst erstellen, muss sie einem geeigneten Fachmann übertragen werden. Dieser soll nicht gleichzeitig der Objektplaner sein. Welche Qualifikation ist erforderlich? „Der Bedarfsplaner als Berater des Bauherrn muss in der Lage sein, Notwendigkeiten rechtzeitig im Dialog mit Bauherr und Nutzer zu erarbeiten und zu formulieren. Dies erfordert von ihm interdisziplinäres Denken und Handeln. Er muss fähig sein, sowohl die Sprache des unerfahrenen Bauherrn als auch die des Planers zu sprechen.“ (Adlhoch, A. et al.: Genuine Hilfe …, in: DIB 06/2008, S. 46)
5.1 Qualität
165
Ein Pionier der Bedarfsplanung ist der amerikanische Architekt William M. Peña. Er hat in den 1950er Jahren eine Methode für das Zusammenwirken von Laien und Architekten bei der Konzeption und Planung komplexer Bauaufgaben entwickelt. Seit ihrer Veröffentlichung im Jahr 1969 unter dem Titel „Problem Seeking„ gilt sie als Standard für die systematische Bedarfsplanung. Er hat darin die vierundzwanzig wichtigsten Aspekte der Bedarfsplanung in neun Themengruppen sowie die entsprechenden Entscheidungs-, Gestaltungs- und Optimierungspotenziale beschrieben. Abbildung 5.7 zeigt einen Ausschnitt aus dem von Peña entwickelten Programm. Gruppierung Gruppierung von Prozessen: Dabei gilt es zwischen Abteilungs- und Prozessanforderungen abzuwägen: Organisationseinheiten gegen Störungen von außen abzugrenzen und Abläufe über die Grenzen der beteiligten Abteilungen hinweg zu optimieren. Gruppierung von Diensten: Für manche Dienste kann eine Zentralisierung kostengünstiger sein [Gruppen- statt Arbeitsplatzdrucker, Zentral- statt Abteilungsarchiv], für andere eine Dezentralisierung die bessere Lösung, um Rüstzeiten einzusparen [dezentrale Besprechungsräume] oder den Zugriff zu vereinfachen [Gruppenarchiv]. Gruppierung von Personen: Arbeitsgruppen und Teamstrukturen funktionieren besser, wenn das Gefühl der Zusammengehörigkeit auch räumlich unterstützt wird. Überschaubare kleine Gruppen funktionieren besser als große. Gruppierungen, die Prozessen entsprechen, sind besser als räumliche Abbilder des Organigramms. Abb. 5.7: RIBA Plan of Work/Project Plan, Auszug Leistungen A bis C (Peña, William M.; Parshall, Steven A.: Problem Seeking, 2001)
Die Grundlage des „Briefing in Building Design„ oder „Problem Seeking“, wie Peña es nennt, ist in Deutschland die DIN 18205:1996-04, Bedarfsplanung im Bauwesen. In ihr wird die damit verbundene Zielsetzung entsprechend dem anglo-amerikanischen Vorbild beschrieben: „Bedarfsplanung im Bauwesen bedeutet - die methodische Ermittlung der Bedürfnisse des Bauherren und der Nutzer; - die zielgerichtete Aufbereitung als „Bedarf“ und - die Umsetzung in bauliche Anforderungen.“ (Literatur siehe unten)
166
5 Qualitäten und Quantitäten
In der Anwendung besteht der Prozess der Bedarfsplanung „darin, - die Bedürfnisse, Ziele und einschränkenden Gegebenheiten (die Mittel, die Rahmenbedingungen) des Bauherrn und wichtiger Beteiligter zu ermitteln und zu analysieren. Hierzu gibt es unterschiedliche Methoden und Verfahren, die nicht Gegenstand dieser Norm sind; - alle damit zusammenhängenden Probleme zu formulieren, deren Lösungen man vom Architekten erwartet.“ (DIN 18205:1996-04) Ein Bedürfnis ist das „Gefühl eines Mangels und der Wunsch, diesem abzuhelfen. Das Bedürfnis kann durch Instinkt, Tradition, Bildung, soziale Stellung und [ … ] durch Bedürfnislenkung (Werbung), geprägt sein. Für die Wirtschaftswissenschaft stehen diejenigen Bedürfnisse im Vordergrund, die am Markt als effektive Nachfrage wirksam werden. Unterschieden werden existenzielle Bedürfnisse oder Grundbedürfnisse (z. B. Nahrung, Kleidung) von Wohlfahrtsbedürfnissen, Luxusbedürfnissen und Prestigebedürfnissen sowie Individualbedürfnisse von Kollektivbedürfnissen (z. B. öffentliche Sicherheit).“ (http://lexikon.meyers.de/wissen/Bedürfnis, am 20.10.2008)
Abb. 5.8: Diogenes in der Tonne (Müller-Baden, E. (Hrsg.): Bibliothek…, 1904)
Nur wenige Menschen haben keine Bedürfnisse. Bekannt als solcher ist Diogenes aus Sinope (391/300-324/325 v. Chr.). Er ist der wichtigste Vertreter einer antiken Philosophenschule und als provozierend unkonventionelle Persönlichkeit berühmt geworden. Diese philosophische Richtung predigte extreme Bedürfnislosigkeit, Verachtung des Körpers und Verzicht auf Besitz. Auf die Frage von Alexander dem Großen, was er sich von ihm wünsche, soll er geantwortet haben: „Geh´ mir aus der Sonne!“ Dafür sind die Bedürfnisse oder Wünsche der Bauherren im Allgemeinen umso größer. Bedürfnisse unterscheiden sich von Bedarf. Bedarf ist das, was benötigt wird, um gewisse An-
5.1 Qualität
167
forderungen zu erfüllen. Soll dieser Bedarf durch den Neubau oder die Veränderung eines Gebäudes erfüllt werden, sind unter anderem ein Raum- und Funktionsprogramm und eine Baubeschreibung aufzustellen. Bevor diese Angaben Teil einer Aufgabenstellung für den Architekten werden, ist unter anderem deren Wirtschaftlichkeit zu überprüfen. Soll das Objekt verkauft oder vermietet werden, muss vorher die Nachfrage ermittelt werden. Nachfrage ist Ausdruck für „die Absicht von Haushalten, Güter und Leistungen auf Märkten zu erwerben. Die Nachfrage eines privaten Haushaltes wird von verschiedenen Kriterien beeinflusst. Dazu gehören die Bedürfnisstruktur, der Nutzen des Gutes, das Einkommen des Haushalts und der Preis. Grundsätzlich gilt der Zusammenhang, dass bei steigendem Preis eines Gutes die Nachfrage fällt. Umgekehrt führt ein sinkendes Einkommen zu sinkender Nachfrage der Haushalte. (Duden Wirtschaft von A bis Z. …, 2004) Dient das Objekt einer öffentlichen oder privaten Bedarfsdeckung, ist mindestens die Finanzierbarkeit zu überprüfen. „Bund und Länder [haben] für Baumaßnahmen, die nach § 44 BHO/LHO gefördert werden sollen, die Verpflichtung zum Einsatz einer „Bedarfsplanung“ mittelbar festgeschrieben. In der „Richtlinie für die Durchführung von Zuwendungsmaßnahmen“ (RZBau) wird für den Zuwendungsantrag u. a. auch die Vorlage einer Bedarfsplanung verlangt. [ … ] In welcher Form eine solche „Bedarfsplanung“ zu erstellen sei, sagt die RZBau jedoch nicht. Ein ausdrücklicher Bezug auf die DIN 18205 fehlt.“ (Preussner, M.: Bedarfsplanung …, in: RZBau 11/2006) Anmerkung: BHO = Bundeshaushaltsordnung, LHO = Landeshaushaltsordnung. Methoden der Bedarfsplanung, insbesondere Verwendung von Prüflisten „Die Bedarfsplanung ist Ausdruck der Ziele und Visionen des Bauherrn und der Nutzer und steckt den Rahmen ab, innerhalb dessen dafür planerische und bauliche Lösungen erwartet werden.“ (Kuchenmüller, R.: DIN 18205 Bedarfsplanung …, in: DAB 08/1997, S. 1177) Die Form der Bedarfsplanung ist frei und wird in der Praxis unterschiedlich gehandhabt. Als Methoden kommen grundsätzlich in Betracht: - Literatursichtung - Brainstorming (Denkrunden, Ideensammlung) - Benchmarking (Referenzwert-Verfahren, Maßstäbe setzen) - Marktanalyse - Interview und Fragebögen - Gebäudebegehungen und -analysen - Analyse von Vergleichsobjekten - Datenerhebungen mit Hilfe von Formularen und Raumblättern - Beziehungsdiagramme.
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5 Qualitäten und Quantitäten
Diese Vorgehensweisen und Hilfsmittel umfassend zu erläutern, würde zu weit führen. Auszugsweise wird aber auf die der DIN 18205 als Anhang beigefügten Prüflisten eingegangen. Mit Hilfe der drei Prüflisten A, B und C können die Interessen aller am Projekt Beteiligter erfasst und in schriftlicher Form ausgedrückt werden. Dazu wird in der Norm folgender Hinweis gegeben: „Die Prüflisten erlauben es, den anfänglichen Bedarfsplan fortzuschreiben und zu modifizieren, wenn dies als Antwort auf Entwurfslösungen oder im Entwurfsprozess sich ändernde Prioritäten erforderlich wird. Die Entwicklung des Bauplanens muss an den dynamischen Prozess gekoppelt sein, in dem Kreativität und systematische Analyse sich verbinden, um Konflikte im anfänglichen Bedarfsplan aufzulösen. Die Prüflisten dürfen nicht als mechanisches Werkzeug verwendet werden.“ (DIN 18205:1996-04) Sie haben zum Gegenstand: Anhang A (informativ)
Bedarfsplanung, Prüfliste A: Projekterfassung
Anhang B (informativ)
Bedarfsplanung, Prüfliste B: Rahmenbedingungen, Ziele und Mittel
Anhang C (informativ)
Bedarfsplanung, Prüfliste C: Anforderungen an den Entwurf und an die Leistungen des Objekts
Anhang D (informativ)
Literaturhinweise.
Die Prüfliste A steht am Anfang der Bedarfsplanung. Sie hilft dem Bauherrn bei der ersten Definition des Projektes hinsichtlich Zweck und Umfang. Weiterhin werden die möglichen am Projekt Beteiligten identifiziert und ihre Aufgaben umrissen sowie andere Einflussgruppen benannt. Prüfliste und Beispiele C.1
Grundstück und Umgebungen
C.1.1 Räumliche Beziehungen - Umgebung; - andere Gebäude; - weitere Eigenschaften des Grundstücks; C.1.2 - Schutz; - Hochwasser;
C.1
Die meisten Projekte umfassen auch Arbeiten außerhalb der Gründstücksgrenzen. Dies kann in unerschlossenen Gebieten sehr umfassend und wesentlich sein. Dieser Abschnitt beginnt mit der Lösung von Konflikten, welche unter B.5 aufgetreten sind, und kann ferner helfen, ein geeignetes Grundstück auszuwählen.
- Wetter; - Erosion. …
…
Abb. 5.9: Prüfliste und Beispiele für Grundstück und Umgebung – Auszug (DIN 18205:1996-04)
5.1 Qualität
169
Die erforderliche Projektorganisation, die Gesetze, Normen und Verordnungen sind Gegenstand der Prüfliste B. Weiterhin sind der finanzielle und der zeitliche Rahmen des Projektes zu bestimmen. Der Projekthintergrund, geschichtliche Einflüsse, das Grundstück sowie die Umgebung des Standortes sind zu erfassen. Schließlich wird die beabsichtigte Wirkung des Projektes definiert. Prüfliste und Beispiele C.2
Das Gebäude als Ganzes
C.2.1 Eigenschaften des Baukörpers - Abmessungen; - Volumen; - Zahl der Stockwerke;
C.2
Zuerst sollten Entscheidungen getroffen werden, die das gesamte Gebäude betreffen. Ausnahmen, die örtliche Variationen bewirken, müssen später behandelt werden. Dieser Abschnitt dient zur Beantwortung der Anforderungen in B.8.
- Bauabschnitte; - Lastannahmen; - Energie; - Flexibilität für zukünftige Nutzungen. …
…
Abb. 5.10: Prüfliste und Beispiele für das Gebäude als Ganzes – Auszug (DIN 18205:1996-04)
Bei den Abbildungen 5.9 und 5.10 handelt es sich um Auszüge aus Anhang C, Bedarfsplanung, Prüfliste C: Anforderungen an den Entwurf und die Leistungen des Objekts aufgeführt. „Diese Prüfliste befasst sich [ … ] mit Entscheidungen über physische Aspekte von Grundstück(en) und Gebäude(n). [ … ] In dieser Phase sollten sich Aussagen des Bauherrn auf wesentliche Dinge konzentrieren wie Kosten von Energie und Material, technische und organisatorische Fragen, Grundstückszwänge, die Form der Bauausführung sowie die Anpassungsfähigkeit und Dauerhaftigkeit des Projekts.“ (DIN 18205:1996-04) Für die Prüfungen und Entscheidungen im Rahmen der Bedarfsplanung gibt Gunter Henn Hinweise zur Darstellung der Inhalte. Er verwendet dabei den in den USA gebräuchlichen Begriff Programming. „Architektur wird visuell kommuniziert. [ … ] Die ProgrammingSprache benutzt eigens entwickelte Piktogramme und Diagramme, mit denen die Aufgaben in Bilder umgesetzt werden. Programming bringt einen kontinuierlichen Entwicklungsprozess in Gang, der nicht linear zu verstehen ist, sondern Innovationssprünge zulässt und forciert. [ … ] Die Programming-Methode und die daraus entwickelten Strukturbilder schaffen eine Plattform des Dialogs zwischen Bauherr und Architekt. Je anschaulicher die Aufgabe dargestellt ist, desto besser gelingt es, die Anforderungen in ihrer Komplexität frühzeitig in den Planungsvorgang einzubeziehen.“ (Henn, G.: Programming – …, in: Schürer, O. (Hrsg.): Architektur Cons., 2004, S. 43 u. 44)
170
5 Qualitäten und Quantitäten
Viele der in der Bedarfsplanung erörterten Sachverhalte sind komplex, diese in Worte oder Berechnungen zu fassen ist möglich, aber nicht immer zweckmäßig. Erfahrungsgemäß sind bei Bauherren bildhafte Darstellungen, die schnell erfassbar sind, immer willkommen. Ergebnis: Bedarfsplan oder Nutzerbedarfsprogramm (NBP) mit Kostenvorgabe Die Bedarfsplanung führt zu einem oder besser zu mehreren Lösungsansätzen. Diese sind im Hinblick auf ihre Realisierbarkeit zu überprüfen. Man spricht in diesem Zusammenhang auch von einer Machbarkeitsstudie. Dabei ist zu berücksichtigen, dass das Ergebnis einer solchen Untersuchung auch zu einer Überarbeitung der Projektziele führen kann. Das Ergebnis der damit verbundenen Aufgaben soll der Bedarfsplan sein. Als Zusammenfassung der vorangegangenen Arbeiten enthält er „alle dem Architekten übermittelten Unterlagen wie Aufgabenbeschreibung, Raumprogramm oder Raumlisten mit Erläuterungen, Raumblätter mit Einrichtungsvorgaben, Funktionsprogramm, Visualisierungen, Wege- und Kommunikationsbeziehungen, vorgegebene Standards, Termine, Finanzrahmen, Lageplan, Erschließungsangaben usw..“ (Kuchenmüller, R.: DIN 18205 …, in: DAB 08/1997, S. 1177) Oft ist die Festlegung auf Nutzungsanforderungen langfristig schwierig, wenn voraussichtlich das Gebäude nach einigen Jahren, und damit innerhalb seiner technischen Lebensdauer, einer anderen Nutzung zugeführt werden muss. Hierbei soll berücksichtigt werden, dass ein zu planendes Briefzentrum nach einigen Jahren, wenn das übergeordnete Logistikkonzept sich ändern sollte, an eine Spedition verkauft oder vermietet wird. Deswegen sollen alternative Nutzungsanforderungen, z. B. bezüglich Deckenlasten (Gabelstapler), Raumhöhen (LKW), Raumlufttechnik (Abgase), Brandschutz (Lagerung von Papier oder anderen Gütern) berücksichtigt werden. Es ist folglich ein multifunktionales Bauwerk zu planen. Der Bedarfsplan wird im Leistungsbild Projektmanagement nach AHO als Nutzerbedarfsprogramm (NBP) bezeichnet. Hierbei wird besonderer Wert darauf gelegt, die „Messlatte der Projektziele“ zu schaffen, die Projekt begleitend über alle Projektstufen hinweg verbindliche Auskunft darüber gibt, ob und inwieweit mit den Planungs- und Ausführungsergebnissen die Projektziele erfüllt werden.“ (AHO (Hrsg.): Heft 9:2004-01, S. 133) Die Bedarfsplanung hat eine besondere Bedeutung für die wirtschaftliche Planung. Deshalb wird auf sie als Grundlage einer ersten Kostenermittlung in der DIN 276-1 ausdrücklich Bezug genommen. Dort heißt es: „Der Kostenrahmen dient als eine Grundlage für die Entscheidung über die Bedarfsplanung sowie für grundsätzliche Wirtschaftlichkeits- und Finanzierungsüberlegungen und zur Festlegung der Kostenvorgabe. Beim Kostenrahmen werden insbesondere folgende Informationen zu Grunde gelegt: - quantitative Bedarfsangaben, z. B. Raumprogramm mit Nutzeinheiten, Funktionselemente und deren Flächen; - qualitative Bedarfsangaben, z. B. bautechnische Anforderungen, Funktionsanforderungen, Ausstattungsstandards; - gegebenenfalls auch Angaben zum Standort.“ Im Kostenrahmen müssen innerhalb der Gesamtkosten mindestens die Bauwerkskosten (KG 300 + 400 nach DIN 276-1) gesondert ausgewiesen werden.“ (DIN 276-1:2008-12)
5.1 Qualität
171
Anforderungen, wie für die Kostenplanung, gibt es für die sonstigen Sachverhalte und Festlegungen im Rahmen der Bedarfsplanung, z. B. das Raum-, Funktions- und Ausstattungsprogramm oder Terminrahmen, nicht. Es ist zu empfehlen, die Systematik der DIN 276-1 auf die übrigen Inhalte der Bedarfsplanung zu übertragen. Dazu gehören definierte Zielgrößen (Benchmarks) und deren Erläuterung als Grundlage für deren regelmäßige Ermittlung, Kontrolle und Steuerung im gesamten Projektablauf. Die Risiken einer Bauinvestition in Bezug auf den längerfristigen Bedarf sind in den letzten Jahren deutlich gewachsen. Eine umfassende Projektvorbereitung in Form einer systematischen Bedarfsplanung durch entsprechend ausgewiesene Spezialisten soll nach Möglichkeit die Grundlage für die Beauftragung eines Architekten sein. Der Bedarfsplaner formuliert die Aufgabenstellung für den Architekten, ohne dessen gestalterische Möglichkeiten einzuschränken. Durch eine Machbarkeitsstudie wird festgestellt, dass die Planungsaufgabe unter Einhaltung der vom Bauherrn gesetzten Ziele umgesetzt werden kann. Der Architekt kann mit der Objektplanung auf der Grundlage umfassender und abgestimmter Überlegungen beginnen, die Häufigkeit und der Umfang von Planungsänderungen durch den Bauherrn und die Nutzer sollte sich auf ein geringes Maß beschränken.
5.1.3
Raumbuch
Geeignete Hilfsmittel zur Vorgabe, zum Erreichen und zur Dokumentation der Qualitäten eines Gebäudes sind das Baubuch und das Raumbuch. Ein „Raum- oder Gebäudebuch ist ein räumliches Gebäudeinformationssystem, in welchem die für das Gebäude relevanten Informationen strukturiert abgelegt und verwaltet werden können. Es besitzt zentrale Dokumentations- und Informationsaufgaben.“ (GAEB, 1999, S. 53)
Baubuch Beschreibung des Gebäudes, wird ergänzt durch das Raumbuch
Raumbuch Beschreibung der technischen Anlagen, des baulichen Ausbaus und der Ausstattung der Räume, soweit vom Bauherrn gewünscht
Abb. 5.11:
Zusammenhang von Baubuch und Raumbuch
172
5 Qualitäten und Quantitäten
Während ein Baubuch die Beschreibung des Objektes als Ganzem enthält, bezieht sich das Raumbuch auf die einzelnen und in der Regel unterschiedlichen Räume eines Gebäudes. Letztes ist für die Information und Koordination der Beteiligten während der Vorbereitung der Planung, der Planung und der Ausführung sowie der Nutzung hilfreich. Sowohl das Baubuch als auch das Raumbuch dienen zur Beschreibung der Eigenschaften von Gebäuden und Räumen. Es wird dadurch die Präzisierung der Vorgaben des Bauherrn, des Betreibers sowie der Nutzer möglich. Zudem werden eine gemeinsame Informationsbasis für alle Projektbeteiligten und eine sehr gute Grundlage für die Planung des Architekten und der fachlich Beteiligten geschaffen. Ein Bau- und Raumbuch kann erstmals im Zusammenhang mit dem Nutzerbedarfsprogramm aufgestellt werden. Gegenstand des Raumbuches sind über die Qualitätserfordernisse hinaus vor allem die Qualitätswünsche. Die Qualitätswünsche werden von den Nutzern bzw. dem Bauherrn des Gebäudes vorgegeben. Zu den Eigenschaften eines Raumbuches zählen: - Dokumentation der Qualitäten und Materialien von Wänden, Decken, Böden, Sanitär-, Elektro- und Raumlufttechnik, der Inneneinrichtung sowie teilweise der Fassade - frühzeitige Erörterung der Raumeigenschaften mit allen Beteiligten - fehlende Nutzerangaben werden früh erkannt - hoher Aufwand für die Aktualisierung - gute Grundlage für die Objektplanung - kann Ausführungsplanung nicht ersetzen - gute Grundlage für die Gebäudenutzung und das Gebäudemanagement - mögliche Besondere Leistung des Architekten und damit Honoraranspruch - Festlegung der Gebäudestruktur, z. B. Raumliste, ist Voraussetzung und - Bearbeitung mit EDV ist bei großen Projekten unerlässlich. Das Raumbuch soll zu Beginn der Planung aufgelegt werden. Es muss eine durchgängige Gliederung in der jeweils erforderlichen Detaillierung aufweisen. Diese hat die Projektstruktur hinsichtlich Funktion, Geometrie, Kosten und Terminen widerzuspiegeln. Das Raumbuch kann mit ständig verbessertem Informationsgehalt über alle Lebensphasen des Objektes in drei Versionen in Form von Anforderungsraumbuch, Planungsraumbuch und Bestandsraumbuch geführt werden. Angaben zur Raumbelegung sind insbesondere bezüglich der technischen Anlagen von Bedeutung. In diesem Zusammenhang sind Anforderungen vor allem an Sanitär, Heizung, Lüftung/Klimatisierung, Frischluft, Kühlung, Befeuchtung, Raumtemperatur, Schallschutz, Strahlenschutz sowie Nutz- und Verkehrslasten bereits zu Beginn der Planung mindestens grob zu ermitteln und anschließend weiter zu entwickeln. Über eine Standardklassifikation kann sowohl die Festlegung der Qualität des Objektes insgesamt, als auch die Unterscheidung von Qualitäten einzelner Räume oder Bereiche bereits zu Beginn der Planung erfolgen, z. B. durch die Einstufung in einfachen, mittleren und hohen Standard. Im Zuge der Planung wird diese Klassifizierung ersetzt durch die Angabe von Materialien und andere Beschreibungen, welche durch Kennwerte zu ergänzen sind.
5.1 Qualität
173 Ausstattungsstandard
Kostengruppe
einfach
mittel
gehoben
F Skelett-, Fachwerk-, a Rahmens bau s Massivbau
einfache Wände, Holz-,
Leichtbetonwände mit Wär-
Schwerbetonplatten, Ver-
Blech-, Faserzementbeklei-
medämmung, Beton-
blendmauerwerk, Spaltklin-
dung
Sandwich-Elemente, Aus-
ker, Ausfachung bis 30 cm
Mauerwerk mit Putz oder mit
Wärmedämmputz, Wärme-
Verblendmauerwerk, Me-
a
Fugenglattstrich und Anstrich
verbundsystem, Sichtmauer-
tallbekleidung, Vorhangfas-
fachung 12 bis 25 cm
werk mit Fugenglattstrich und sade, hoher Wärmedämm-
d
Anstrich, mittlerer Wärme-
e
Fenster
Dächer
standard
dämmstandard Holz, Stahl, Einfachvergla-
Kunststoff, Holz *, Isolier-
Aluminium, Rollladen,
sung
verglasung
Sonnenschutzvorrichtung, Wärmeschutzverglasung
Wellfaserzement-, Blechein-
Betondachpfannen, mittlerer
Tondachpfannen, Schiefer-,
deckung, Bitumen-, Kunst-
Wärmedämmstandard
Metalleindeckung, Gasbe-
stofffolienabdichtung
tonfertigteile, Stegzementdielen, hoher Wärmedämmstandard
einfache und wenige Toilet-
ausreichende Anzahl von
Großzügige Toilettenräume
Sanitär
tenräume, Installation auf
Toilettenräumen, Installation
in guter Ausstattung
Putz
unter Putz
Innenwandbekleidung der Nassräume
Ölfarbenanstrich
Fliesensockel (1,50 m)
Fliesen raumhoch
PVC, Linoleum, Holzdielen
beschichteter Estrich,
Fliesen, Holzpflaster, Be-
Nassräume: PVC
Gussaspalt, Nassräume:
tonwerkstein, Nassräume:
Fliesen
großformatige Fliesen
Einzelöfen, elektr. Speicher-
Lufterhitzer, Lufterhitzer mit
Zentralheizung/Pumpen-
heizung, Boiler für Warm-
Anschluss an zentrale Kessel-
heizung mit Flachheiz-
wasser
anlage, Fernheizung
körpern, Klima- oder Lüf-
Bodenbeläge
Heizung
tungsanlage, Warmwasseraufbereitung zentral
Elektroinstallation
einfache Installation auf Putz
ausreichende Installation
aufwendige Installation,
unter Putz
Sicherheitseinrichtungen
* nur Ausstellungsgebäude Abb. 5.12: Ausstattungsstandards von Gebäuden – Beispiel (WertR 2002, S. 128, hier Einkaufsmärkte, Kauf- u. Warenhäuser, Ausstellungsgebäude)
174
5 Qualitäten und Quantitäten
Abbildung 5.12 zeigt ein Beispiel für unterschiedliche Ausstattungsstandards oder Qualitäten wesentlicher Bauteile, wie sie bei der Wertermittlung von Gebäuden, z. B. Einkaufsmärkten, Kauf- und Warenhäusern, Ausstellungsgebäuden, Berücksichtigung zu finden sind. Die Beschreibung der Eigenschaften von Räumen oder Bereichen muss entsprechend der Projektstruktur und den üblichen Regelwerken erfolgen. Hierzu gehören DIN 276-1:2008-12, Kosten im Bauwesen – Teil 1: Hochbau sowie DIN 277:2005-02, Grundflächen und Rauminhalte von Bauwerken im Hochbau. Daneben sind bei Investitionen durch Dritte, z. B. im baulichen Ausbau, Regelungen zu den Schnittstellen zu berücksichtigen. Die Beschreibung ist zu untergliedern in baulicher Ausbau, technische Anlagen und Ausstattung. Hinsichtlich Kommunikation und Information, speziell zur Anwendung des Raumbuches, sind bei der Entwicklung der Projektstruktur auch die nachfolgenden Phasen zu berücksichtigen. Es bestehen je Phase im Lebenszyklus einer Immobilie unterschiedliche Anforderungen. Das Anforderungsraumbuch ist von seiner Struktur her für die Erweiterung und die Ergänzung mit Informationen für das Bestandsraumbuch offen zu halten. Erst mit der Fertigstellung des Gebäudes wird die endgültige Zahl und Größe aller Räume feststehen, da erfahrungsgemäß bis kurz vor Inbetriebnahme Änderungswünsche der Nutzer berücksichtigt werden müssen. Die eindeutige Bezeichnung von Räumen wird erfahrungsgemäß während der Planung bis in die Inbetriebnahme aufgrund von Anforderungs- und Planungsänderungen nicht durchgehalten. Es werden üblicherweise vom Bauherrn oder Nutzer vorgegebene Bezeichnungen oder Funktionsbezeichnungen nach DIN 277 verwendet. Als Raumidentifizierungsschlüssel ist für die gesamte Projektdauer und das Gebäudemanagement ein Code vorzusehen, der zur eindeutigen Identifizierung des einzelnen Raumes dient. Es ist zu empfehlen, für den gesamten Lebenszyklus einer Immobilie, angefangen mit der Projektvorbereitung bis in die Ausführung und das Gebäudemanagement, das Raumbuch als durchgängigen Informationsträger einzusetzen. Damit kann insbesondere auch die Verknüpfung des Qualitätsmanagements mit der Kostenplanung durch eine gemeinsame Gliederung sichergestellt werden. Zusätzlich sind für das Gebäudemanagement Nutzercodes aufzustellen. Diese basieren auf den Planungsunterlagen wie beispielsweise dem Raum- und Funktionsprogramm oder der Lay-Out-Planung, auf Angaben aus der betrieblichen Kosten- und Leistungsrechnung, z. B. Definition von Kostenstellen und Kostenträgern, Profit-Center sowie auf Angaben aus Mietund Pachtverträgen, z. B. Mietflächen. Auch in diesem Fall sollte die Gliederung der Codes möglichst auf die DIN 277 abgestimmt werden. Das Aufstellen eines Baubuches und eines Raumbuches kann vom Objektplaner als Besondere Leistung erbracht werden. Die Vergütung ist frei zu vereinbaren. Dienen Baubuch und/oder Raumbuch als Grundlage einer Leistungsbeschreibung mit Leistungsprogramm, dann entfallen die entsprechenden (Grund-)Leistungen der Leistungsphase 5. Ausführungsplanung, soweit die Leistungsbeschreibung mit Leistungsprogramm angewandt wird (vgl. § 33 HOAI:2008-09). Die Anwendungen des Raumbuches als Anforderungsraumbuch, Planungsraumbuch und schließlich als Bestandsraumbuch können sehr umfassend und aufwendig sein. Die in der HOAI erwähnten Teilleistungen sind im Vergleich dazu nur ein kleiner Teil der Möglichkeiten, das Raumbuch anzuwenden.
5.1 Qualität
175
Anforderungsraumbuch Das Anforderungsraumbuch ist beginnend mit der Vorbereitung der Planung bis einschließlich Leistungsphase 2. Vorplanung zu erstellen. Die Zusammenstellung von Nutzflächen (NF) nach DIN 277, früher Hauptnutzflächen (HNF), dient als Planungsvorgabe. Andere Flächen können als Zuschlagsätze oder als Mengen angegeben werden. Bei Verkehrsflächen kann die Breite des Verkehrsweges oder die Gebäudetiefe vorgegeben werden. Die Angabe in Quadratmetern kann durch die Angaben in Rastereinheiten ersetzt werden. Die Mengen und Arten der Flächen sind Gegenstand von Prüfungen, z. B. der Flächenwirtschaftlichkeit als Verkehrsflächenanteil (VF/BGF). Bei einzelnen Nutzungen, z. B. Parken, ist auch die Angabe der Geschosshöhe erforderlich. Im Anforderungsraumbuch sind in Bezug auf die Raumbelegung alle Angaben der Nutzer zu erfassen, Ergänzungen sind durch den Bauherrn bzw. den Planer vorzunehmen. Die sich daraus ergebenden Vorgaben aus der Statik und Anforderungen an technische Anlagen sind, soweit möglich, zu ermitteln und fortzuschreiben. Besonders die Qualität von Gebäuden, Bereichen und Räumen sollte bereits im frühen Planungsstadium soweit wie möglich erfasst und mit einer kurzen Beschreibung versehen werden. Dabei sind Angaben zum baulichen Ausbau im Anforderungsraumbuch noch nicht bzw. nur bedingt erforderlich. Zu den erforderlichen Angaben, die technischen Anlagen betreffend, zählen neben den Endgeräten auch die erforderlichen Raumkonditionierungen bezüglich Abwasser-, Wasser- und Gasanlagen, Wärmeversorgungsanlagen sowie der weiteren technischen Ausstattung (vgl. KG 400 nach DIN 276-1:2008-12). Bezogen auf die Ausstattung einzelner Bereiche oder Räume sind Art und Anzahl der Elemente zu benennen. Ein Code zur Identifizierung von Räumen muss im Anforderungsraumbuch festgelegt und dann über die gesamte Lebensdauer des Gebäudes beibehalten werden. Für das Raum- und Funktionsprogramm sind Raumbezeichnungen notwendig, durch die Raumidentifikationen so genau wie möglich erfolgen sollen, auch wenn in vielen Fällen nur Gruppen- und Teilsummenbildungen wegen noch ungenauer Planungsvorgaben möglich sind. Planungsraumbuch Ein Planungsraumbuch wird von der Leistungsphase 3. Entwurfsplanung an bis einschließlich Vergabe erstellt und fortgeschrieben. Die Vervollständigung sämtlicher Angaben erfolgt mit dem Planungsfortschritt. Hierzu gehören vor allem: - Raumangaben, - Angaben zur Raumbelegung und - Anforderungen aus der Statik und an die technischen Anlagen. Die Klassifikation der Standards ist im Planungsraumbuch in Verbindung mit der Kostenplanung nach der Kostenflächenarten-Methode zweckmäßig, dabei muss eine weitere Unterscheidung von Nutzungsarten oder Funktionsbereichen erfolgen. Die Beschreibung der Eigenschaften des baulichen Ausbaus von Gebäude, Bereich oder Raum ist im Zuge von Nutzergesprächen bzw. Mietverhandlungen zu ergänzen. Ebenfalls fortzuschreiben und zu ergänzen sind die Angaben zum technischen Ausbau und zur Ausstattung. Abbildung 5.13 zeigt die Struktur eines Raumbuchblattes für den baulichen Ausbau.
176
5 Qualitäten und Quantitäten
Raumbuchblatt, Teil: baulicher Ausbau __________________________________________________________________________ Raumnummer/Bereichsnummer/Bezeichnung: ........................................ Raum-/Bereichsgröße: ….. m² NGF; …... m³ NRI; ….. m lichte Raumhöhe Raum-/Bereichslage: …... Geschoss Nutzer und Kapazität: …... (... Arbeitsplätze für .........................................) __________________________________________________________________________ Innenwände sowie Bekleidungen und Fenster in Außenwänden (innen) 334 Außentüren und -fenster 336 Außenwandbekleidungen, innen 342 Nicht tragende Innenwände 343 Innenstützen (in 333 Außenstützen enthalten) 344 Innentüren und Innenfenster 345 Innenwandbekleidungen 346 Elementierte Innenwände 349 Innenwände, sonstiges Decken und Deckenbeläge 351 Deckenkonstruktionen (mit Treppen, Rampen) 352 Deckenbeläge (mit 325 Bodenbeläge) 353 Deckenbekleidungen (Einbauleuchten siehe 445 Beleuchtungsanlagen) 359 Decken, sonstiges 371 Allgemeine Einbauten (Einbauten, die einer allgemeinen Zweckbestimmung dienen, z. B. Einbaumöbel wie Sitz- und Liegemöbel, Gestühl, Podien, Tische, Theken, Schränke, Garderoben, Regale) 372 Besondere Einbauten (Einbauten, die einer besonderen Zweckbestimmung dienen, z. B. Werkbänke in Werkhallen, Labortische in Labors, Bühnenvorhänge in Theatern, Altäre in Kirchen, Einbausportgeräte in Sporthallen, Operationstische in Krankenhäusern) 379 Baukonstruktive Einbauten, sonstiges __________________________________________________________________________ Abb. 5.13:
Struktur eines Raumbuchblattes – baulicher Ausbau
Zur Raumidentifizierung erfolgt im Planungsraumbuch die Vervollständigung der Kennzeichnungen entsprechend dem Planungsfortschritt. Oft können jedoch nicht alle Daten durchgängig geführt werden, da es in Einzelfällen zur Teilung oder Zusammenlegung von Räumen oder Flächen im Verlauf der Planung kommt. Eindeutige Raumbezeichnungen auf Grundlage der im Anforderungsraumbuch eingeführten Codes sind für die Planung und die
5.1 Qualität
177
Optimierung der Planung notwendig, insofern muss eine schrittweise Verfeinerung der Raumklassifikation entsprechend dem Planungsfortschritt vorgenommen werden. Einmal verwendete Raumbezeichnungen oder Schlüssel dürfen ein zweites Mal nicht vergeben werden, da sonst Verwechslungen nicht ausgeschlossen werden können. Qualitative Anforderungen
Kriterien
Es besteht eine eindeutige Eingangssituation. Der Eingang orientiert sich an der städtebaulichen Situation.
Orientierung im Freiraum, äußere Erschließung
Die Orientierung ist so gewählt, dass die Schallimmissionen minimal sind.
Schallschutz gegen Außenlärm
Alle Büroräume weisen die gleiche Qualität bezüglich Ausblick, Ruhe und Tageslicht auf.
Behaglichkeit
Die Raum- und Gebäudetiefen sind optimal bemessen für die natürliche Belüftung und die Tageslichtnutzung.
Belichtung – natürlich Belüftung – natürlich
Das Ausbauraster erlaubt die wirtschaftliche Umsetzung von Zellen- und Gruppenbüros.
Flexibilität, Raum-/Gebäudetiefen
Im Raummodul ist das Zusammenspiel von Fassade und Raum Behaglichkeit bezüglich natürlicher Lüftung, Tageslicht, sommerlichem und winterlichem Wärmeschutz erkennbar. Die Fassade ist einfach gebaut und ohne Fensterbefahranlage zu reinigen.
Reinigungskonzept
Die Fassade wurde durch eine Ökobilanzierung (Betriebs- und Herstellenergie) bewertet.
Graue Energie
Eine flexible und modular aufgebaute Gebäudetechnik ist deut- Modulares Gebäudelich erkennbar. Insbesondere sind die vertikalen und horizonta- technikkonzept len Erschließungszonen sowie Technikflächen ausreichend vorgesehen. Das Gebäude wurde durch eine Energiebilanzierung bewertet.
Dimensionierung
Abb. 5.14: Qualitative Anforderungen an Bankgebäude – Beispiel (HVB (Hrsg.): Gesundes Büro …, 2002, S. 38)
Abbildung 5.14 zeigt beispielhaft die Ergebnisse einer Planung für ein Bankgebäude hinsichtlich der qualitativen Anforderungen (linke Spalte) und die Zuordnung dieser Eigenschaften zu den entsprechenden Kriterien (rechte Spalte). Im Rahmen der Grundlagenermittlung oder eines Architektenwettbewerbes sind Kriterien zur Beurteilung von Planungsbeiträgen erforderlich. Um die Erfüllung von qualitativen Anforderungen zu prüfen, sind funktionale und gestalterische Kriterien aufzustellen, an denen sich die Bewertung orientieren soll.
178
5 Qualitäten und Quantitäten
Raumbuchblatt, Teil: Technische Anlagen __________________________________________________________________________ Raumnummer/Bereichsnummer/Bezeichnung: ........................................ Raum-/Bereichsgröße: ….. m² NGF; …... m³ NRI; ….. m lichte Raumhöhe Raum-/Bereichslage: …... Geschoss Nutzer und Kapazität: …... (... Arbeitsplätze für .........................................) __________________________________________________________________________ Technische Anlagen (Installationen mit/ohne/oder Zentrale Betriebstechnik) 410 Abwasser-, Wasser- und Gasanlagen (Art, Anzahl und Leistung der Anschlüsse von Warmwasser, Kaltwasser, Sprinkleranlagen und Gas; z. B. Abläufe, Abscheider, Sprinklerung, Feuerlöschgeräte, Sanitärobjekte, Sanitäreinrichtungen, Installationsblöcke, Angaben zu belastetem Abwasser/Giftstoffen) 420 Wärmeversorgungsanlagen (Art und Anzahl der Raumheizflächen, Angabe der Raumtemperatur in °C im Winter/Sommer, Art der Regelung, z. B. zentral/dezentral, Anschluss an MSR/ZLT) 430 Lufttechnische Anlagen (Art und Anzahl der Zuluft- und Abluftöffnungen, Kühldecken und Raumgeräte für Wärme und Kälte und Entrauchung; Angabe der Frischluftrate in cbm/h, der Abluftrate in m³/h und der Luftfeuchtigkeit der Zuluft in %; zur Gestaltung der Ein- und Auslässe siehe Baulicher Ausbau) 440 Starkstromanlagen (Elektroleitungen, Elektroschalter, Elektroleerrohre, Unterverteiler, Schaltschränke; Anzahl und Lage der Anschlussdosen 220 V/380 V/sonstige, Batterien; Notbeleuchtung, Einbauleuchten, Aufbauleuchten, Hängeleuchten, Sonderleuchten; Angabe von Art, Zahl und Leistung der Leuchten; Blitzschutz- und Erdungsanlagen; eventuell besondere Anforderungen aus der Nutzung,) 450 Telekommunikationsanlagen (Tertiärnetz und Endgeräte von Türsprech- und Türöffneranlagen, Uhrenanlagen, Zeiterfassungsanlagen, Gegen- und Wechselsprechanlagen, Gefahrenmeldeanlagen; Personenrufanlagen, Anschlüsse an Empfangsantennenanlagen, Angabe von Art, Anzahl und Leistung der Elemente) 460 Förderanlagen (Art und Anzahl der Personenaufzüge, Lastenaufzüge, Fahrtreppen, Fahrsteige, Hebebühnen, Angabe von Kabinengröße und der Tragfähigkeit in kg und Personen) 470 Nutzungsspezifische Anlagen (Wäscherei- und Reinigungsanlagen, Medienversorgungsanlagen, Medizintechnische Anlagen, Labortechnische Anlagen, Badetechnische Anlagen, Kälteanlagen, Entsorgungsanlagen und sonstige Nutzungsspezifische Anlagen) 480 Gebäudeautomation (MSR/ZLT) (Angaben zu den an die MSR/ZLT angeschlossenen Elemente, z. B. Sonnenschutz) 490 Sonstige Anlagen ___________________________________________________________________________________ Abb. 5.15:
Struktur eines Raumbuchblattes – Technische Anlagen
5.1 Qualität
179
Die Abbildungen 5.13, 5.15 und 5.16 zeigen beispielhaft die Struktur des Raumbuches. Die dargestellten Muster sind entsprechend DIN 276-1:2008-12, Kosten im Bauwesen – Teil 1: Hochbau, in die Teile baulicher Ausbau, Technische Anlagen und Ausstattung gegliedert. Raumbuchblatt, Teil: Ausstattung (und Kunstwerke) __________________________________________________________________________ Raumnummer/Bereichsnummer/Bezeichnung: ........................................ Raum-/Bereichsgröße: ….. m² NGF; …... m³ NRI; ….. m lichte Raumhöhe Raum-/Bereichslage: …... Geschoss Nutzer und Kapazität: …... (... Arbeitsplätze für .........................................) __________________________________________________________________________ Ausstattung und Kunstwerke (jeweils Art und Anzahl) 611 Allgemeine Ausstattung Sitz- und Liegemöbel Schränke Regale Tische Vorhänge Wandbehänge lose Teppiche Haus-, Wirtschafts- und Reinigungsgeräte 612 Besondere Ausstattung (Ausstattungsgegenstände, die einer besonderen Zweckbestimmung dienen wie z. B. wissenschaftliche, medizinische, technische Geräte) 619 Ausstattung, sonstiges (Wegweiser, Orientierungstafeln, Farbleitsysteme, Werbeanlagen) 620 Kunstwerke (Kunstwerke zur künstlerischen Ausgestaltung des Raumes, z. B. Bilder, Reliefs, Modelle oder Plastiken) 690 Weitere Ausstattungen des Nutzers __________________________________________________________________________ Abb. 5.16:
Struktur eines Raumbuchblattes – Ausstattung
Bestandsraumbuch Das Bestandsraumbuch entsteht in der Ausführungsphase und wird während der Nutzung bis zur Beseitigung des Objektes gepflegt. Grundflächen und Raumhöhen sind vollständig zu erfassen, sie bilden die wesentliche Grundlage für das Gebäudemanagement. Dies gilt ebenso für die Angaben zur Raumbelegung und die Anforderungen aus Statik sowie an den technischen Ausbau. Die Notwendigkeit der Anforderungen ist im Einzelfall zu überprüfen.
180
5 Qualitäten und Quantitäten
Die Angabe von Standardklassifikationen ist im Bestandsraumbuch nicht erforderlich, gegebenenfalls können für die Erfordernisse der Nachkalkulation die raumbezogenen Herstellungskosten angegeben werden. Für das Gebäudemanagement unbedingt erforderlich sind jedoch Angaben zum baulichen Ausbau, zu den technischen Anlagen und zur Ausstattung. Für das Bestandsraumbuch erfolgen die Überarbeitung und die fortlaufende Aktualisierung der raumbezogenen Kennzeichnungen bis zur Inbetriebnahme. Der Raumidentifizierungsschlüssel dient ab Nutzungsbeginn als Adresse für alle weiteren Informationen. Dabei sind Raumbezeichnungen aus Sicht von Bauherren nicht in jedem Fall notwendig, denn Raumidentifizierungsschlüssel sind oft für die Nutzung ausreichend. Eine raumgenaue Klassifikation und deren Fortschreibung während der Nutzung ist Voraussetzung einer Optimierung der Nutzung.
5.1.4
Bemusterung
Durch eine Bemusterung kann die Qualität von Baukonstruktionen und Baustoffen, von Bedienelementen und Einrichtungsgegenständen vorgegeben und dokumentiert werden. Bei der Beurteilung der Qualität eines Musters sind auch die Bau- und Folgekosten zu berücksichtigen. Werden z. B. Bodenbeläge bemustert, dann sind neben der gestalterischen Wirkung, der möglichen Beanspruchung und Rutschsicherheit auch die Bau- sowie die Folgekosten aus Instandsetzung und Reinigung anzugeben und in die Auswahlentscheidung einzubeziehen. Bemusterungen erfolgen häufig auf folgende Weise: „1. Die Ausstattung eines anderen Bauwerkes als Referenzbauwerk 2. Herstellerkataloge mit Beschreibungen und Abbildungen 3. Vom Architekten angefertigte Musterbücher mit Ausschnitten aus Katalogen und meist kleinformatigen, dünnen Originalmustern von z. B. Stoffen, Furnieren mit Oberflächenbehandlung, Farbaufstrichen usw. 4. Tafeln/Kästen mit Originalmustern 5. Musterraum/Musterfassade mit Originalmustern.“ (Volkmann, W.: Bemusterungen, in: DAB 01/2001, S. 34) Bei der Bemusterung sind auch alle technischen Anforderungen zu berücksichtigen. Grundlage kann zum Beispiel eine Türliste sein. Sie wird durch ein Türverzeichnis zu ergänzt, das pro Ebene eines Gebäude geführt wird. Die Türliste ist für die Festlegung von Qualitäten, für die Leistungsbeschreibung und als Ergänzung eines Raumbuches sehr gut geeignet. Die Türliste soll ferner Gegenstand der Dokumentation und den Anforderungen des Gebäudemanagement genügen und sie soll „folgende Punkte beinhalten: - Türnummer (zur eindeutigen Zuordnung zwischen Beschreibung, Zeichnung und Ausführung) - Raumbezeichnung (zur Information) - Baumaße (Baurichtmaß, Durchgangsmaß, Wandstärken usw.) - Türanschlagrichtung nach DIN 107 (sehr wichtig für die Anordnung der Beschläge, Einbaukomponenten usw.; in Verbindung mit der Zeichnung wird die Lage der Tür eindeu-
5.1 Qualität
181
tig); bei zweiflügligen Türen empfiehlt es sich, den Gehflügel nach DIN 107 zuerst zu benennen. - Sonderanforderungen (Brand-, Rauch-, Schall-, Wärmeschutz, Klimabeständigkeit, Widerstandsklassifizierung (Einbruch-, Durchschuss-, Sprengstoffhemmung) - Anforderungen an das Türblatt (Material, Oberflächen, Dicke usw.) - Anforderungen an die Türzarge (Material, Oberfläche, Zargentyp, Wandbeläge [innen, außen] usw.) - Beschläge (Türbänder [Aufschraub-, Einbohrbänder], Türgarnituren [Türgriffe, -drücker mit Einbaurichtung], Türschließer [obenliegende, innenliegende, Boden-Türschließer; Schließfolgeregelung usw.]) - Schlösser (Schlosstyp, Panikfunktion, Zylinderart usw.) - Türenzubehör (Türstopper, -spione, Sockelbleche, Dichtungen usw.)“ (o. Verfasser: Sicherheitsplanung …, 2005, S. 158) Gegenstand von Bemusterungen sind im Allgemeinen die Eigenschaften von - Böden (Naturstein, Fliesen, Teppichboden, Parkett) - Wänden und Türen (Sockelleisten, Wandbekleidungen, Rammschutz, Handläufe und Geländer, Beschläge) - Decken (abgehängte Decken einschließlich Beleuchtung und Luftausströmöffnungen) - Fassaden einschließlich Sonnenschutz - Sanitärobjekte (Waschbecken, Armaturen) - Möblierungen (Stühle, Tische) - sonstige Ausstattungen (Stelen, Beschilderung und vieles mehr). Die Bemusterung als Teil der Planung und Vorbereitung der Bauausführung sind zweckmäßig im Zuge der - Ausführungsplanung und - Erstellung der Leistungsbeschreibungen als Bemusterung durch den Architekten - Vergabe der Leistungen und - Beginn der Bauausführung als Bemusterung durch ausführende Firmen. Muster können Gegenstand eines Bauvertrages werden, wenn ihre Wirkung auf andere Weise schwer zu beschreiben ist. Damit helfen sie, die vorgegebene Qualität zu erreichen. Der Bemusterung kommt eine besondere Bedeutung zu bei Baustoffen und Bauteilen, die entweder zu den Naturprodukten zählen, aus zeitlich oder räumlich unterschiedlichen Chargen kommen und nicht anders zu beschreiben sind. Bemusterungen sind in der Entwurfs- oder Ausführungsplanung und im Zuge der Beauftragung von Bauleistungen Gegenstand von Entscheidungen des Bauherrn.
182
5 Qualitäten und Quantitäten
Deshalb sollte sehr früh vom Projektsteuerer oder vom Architekten in einer Bemusterungsliste festgelegt werden, welche Bauteile, Materialien oder Ausstattungen zu welchem Termin bemustert werden sollen. Um dem Bauherrn die Entscheidungen zu erleichtern, sind vorab alle notwendigen Informationen in Form einer schriftlichen Unterlage zusammenzustellen. Eine Bemusterung soll die spätere Wirklichkeit möglichst genau abbilden. Dazu reicht es nicht, z. B. Armaturen einfach vorzulegen, Musterstücke sollten in einem Bemusterungsraum oder mindestens im eingebauten Zustand besichtigt oder besser noch probeweise benutzt werden können. Hierbei können auch die Lichtverhältnisse für die Wirkung eines Musters, z. B. Textilien, eine erhebliche Rolle spielen. So werden z. B. bei Hotelprojekten eigene Musterzimmer errichtet. Hat sich der Bauherr, oder in vielen Fällen der Nutzer, für ein bestimmtes Material oder Produkt entschieden, sind dessen Eigenschaften in Form eines Protokolls umfassend zu dokumentieren. Hierzu gehören im Fall von industriell gefertigten Produkten der Hersteller und die genauen Produkteigenschaften. Bei Naturprodukten wie Stoff, Naturstein oder Holz bilden gerade die Musterstücke ergänzend zur Leistungsbeschreibung den Maßstab für die vom Bauherrn beauftragte Qualität. Alle Musterstücke sind deswegen sorgfältig bis zur Abnahme der Leistungen aufzubewahren. Eine besondere Bedeutung kommt der Bemusterung im Fall der Beauftragung eines Generalunternehmers zu, wenn eine Leistungsbeschreibung mit Leistungsprogramm zugrunde liegt. Die Bemusterungen sollen vom Architekten oder Innenarchitekten vorbereitet werden. Dabei sind die Bemusterungskosten (KG 773 nach DIN 276-1:2008-12) zu berücksichtigen, die bei z. B. Fassaden in der Größe von sechs bis zehn Quadratmetern oder einem Musterzimmer nicht selten jeweils Beträge von rund 10.000,00 € ausmachen können.
5.1.5
Qualitätsmängel und Prüfen der Zielkonformität
Ein Mangel liegt vor, hier stimmen § 633 (1) BGB und § 13 Nr. 1 VOB/B inhaltlich weitgehend überein, wenn die Leistung eines Auftragnehmers - nicht die zugesicherten Eigenschaften hat - nicht den anerkannten Regeln der Technik entspricht - mit Fehlern behaftet ist, die den Wert oder die Tauglichkeit zu dem gewöhnlichen oder nach dem Vertrag vorausgesetzten Gebrauch aufheben oder mindern. Qualitätsmängel an einem Bauwerk sind neben Ausführungsmängeln als Abweichungen von der geforderten Qualität häufig auf Fehler in der Planung zurückzuführen. Treten Qualitätsmängel bei Gebäuden auf, deren Ursachen in der Planung liegen, so handelt es oft um: - Nichterfüllung von Nutzungsanforderungen - unvollständige Planung - eingeschränkte funktionale Eignung - Wahl ungeeigneter Materialien - fehlende oder ungeeignete Details und - mangelhafte Berücksichtigung von Maßtoleranzen.
5.1 Qualität
183
Vorgaben für die Planung im Hinblick auf die funktionale Eignung eines Gebäudes oder dessen nachträgliche Bewertung sind grundsätzlich schwierig. Denn es besteht bei jedem Objekt, auch bei sorgfältiger Planung die Möglichkeit, dass ein Bauwerk nach einigen Jahren, und damit innerhalb der technischen Lebensdauer, gewollt oder ungewollt, einer anderen Nutzung zugeführt werden muss. Deswegen sollen alternative Nutzungsanforderungen, z. B. Deckenlasten für den Tresor einer Bank, Raumhöhen z. B. Zu- und Durchfahrten, Raumlufttechnik, z. B. Diskothek, Brandschutz, z. B. Lagerung von Textilien, berücksichtigt werden. Oft ist es zweckmäßig, ein multifunktionales Bauwerk zu planen. Auch eine solche Anforderung kann Gegenstand des Raumbuches sein. Ebenso kommen Qualitätsprobleme bei der Bauausführung vor. Hierzu zählen z. B. Maßabweichungen, Schallbrücken statt Schallschutz oder Kältebrücken statt Wärmeschutz, Undichtigkeit von Dachabdichtungen, Einbau ungeeigneter oder fehlerhafter Materialien bis hin zur Vernachlässigung von Nebenleistungen vertraglicher Leistungen. Die Konsequenzen aus mangelhafter Leistung sind mit hohem zeitlichen Aufwand, Streitigkeiten und häufig zusätzlichen Kosten verbunden. Treten Mängel auf, dann führen sie entweder zur Verweigerung der Annahme bzw. Abnahme der Leistung, zur Forderung nach Beseitigung oder nach Schadensersatz bei schuldhaft verursachtem Mangel oder Minderung der Vergütung oder zur Zahlungsverweigerung. Die Ziele, die zu Beginn des Projektes vom Bauherrn gesetzt wurden, sind während der Planung und Ausführung zu überprüfen. Im Rahmen der Konformitätsprüfung der Vorplanung ergeben sich folgende „Fragestellungen, die ggf. noch zu erweitern sind: 1. Werden die Vorgaben des Nutzerbedarfsprogramms sowie des Funktions-, Raum- und Ausstattungsprogramms erfüllt? 2. Ist die Kostenschätzung nach DIN 276 vollständig? Sind die Mengen- und Wertansätze plausibel? 3. Besteht Konformität zwischen den Planunterlagen, der Baubeschreibung und der Kostenschätzung? 4. Hat der Planer alle beauftragten Leistungen bis zum Abschluss der Leistungsphase 2 HOAI vertragsgemäß erbracht? 5. Ist die Grundkonzeption des Tragwerks durch den Planer geklärt? 6. Ist die Grundkonzeption der TGA durch den Planer geklärt? 7. Wurden Möglichkeiten der Optimierung der Planung genutzt?“ (AHO (Hrsg.): Heft 9:2009-03, S. 57) Die Prüfung der Vorplanung durch den Projektsteuerer soll in einem Prüfbericht zunächst dem Auftraggeber vorgelegt werden. Die Prüfung orientiert sich an den definierten Projektzielen des Auftraggebers. Die sind soweit das möglich ist als messbare Größen (Benchmarks) vorgegeben worden. Zusammen mit erforderlichen Änderungs- oder Optimierungswünschen des Bauherrn wird sie anschließend dem Planer zu Kenntnis gegeben werden. Das gilt für die anschließende Prüfung der Entwurfsplanung entsprechend.
184
5.2
5 Qualitäten und Quantitäten
Quantitäten
Qualitäten und Quantitäten eines Projektes lassen sich nur schwer trennen. Deshalb ist es unverzichtbar, folgende Regeln zu beachten: - Nutzerbedarfsprogramm sowie Raum- und Funktionsprogramm einschließlich Raum-, Flächen- und Standardanforderungen sind vor Planungsbeginn abzustimmen und fortlaufend zu prüfen. Ergänzend werden Leit- und Musterbeschreibungen ausgearbeitet. Qualitätsstandards können z. B. in einem Pflichtenheft oder Raumbuch festgelegt werden. - Notwendige Entscheidungen des Bauherrn sind soweit zu formalisieren, dass sie mit geringem Aufwand nachvollzogen und hinsichtlich ihrer Auswirkungen bewertet werden können. Es haben sich in der Praxis hierfür Entscheidungslisten und Entscheidungsvorlagen bewährt. - Anhand von verbindlichen Vorgaben werden Planungsergebnisse, Ausführungsbedingungen sowie Angebote in Bezug auf die Projektziele überprüft, erforderlichenfalls fortgeschrieben. Im Falle umfangreicher Planungsänderungen ist ein Änderungsmanagement unverzichtbar. - Behördliche und rechtsgeschäftliche Abnahmen, Endkontrollen und Funktionsprüfungen, z. B. TÜV sowie die Fragen der Mängelbeseitigung sind für das gesamte Projekt zu koordinieren und zu steuern. Die Planung von Gebäuden setzt eine Aufgabenstellung voraus, die den Nutzeranforderungen gerecht wird und alle Rahmenbedingungen berücksichtigt. Gegenstand der Aufgabenstellung sollen Informationen sein, die bereits vor der Erarbeitung eines Planungskonzepts und zeichnerischer Darstellung eine erste Bemessung des Gebäudes erlauben. Es soll überprüft werden, wie groß das Gebäude unter Berücksichtigung aller weiteren Grundflächen nach DIN 277-2:2005-02, Grundflächen und Rauminhalte von Bauwerken im Hochbau – Teil 2: Gliederung der Netto-Grundfläche (Nutzflächen, Technische Funktionsflächen und Verkehrsflächen) einschließlich der Konstruktions-Flächen, sein muss, um die geforderten Nutzungen aufnehmen zu können. Hierfür ist lediglich eine Berechnung der Gebäudegröße auf der Grundlage ausgewählter Mengeneinheiten und Verhältniswerte zu erstellen. Die Gebäudegröße wiederum ist mit den städtebaulichen Rahmenbedingungen, insbesondere dem Bebauungsplan, und den finanziellen Möglichkeiten des Bauherrn abzugleichen. Schließlich können aus einer solchen Überprüfung messbare Zielgrößen, z. B. Brutto-Grundfläche (BGF) in m² und Kostenkennwerte in €/m² BGF, für die Steuerung der Objektplanung abgeleitet werden. Die Angabe der Räume oder Bereiche und Flächen ist Grundlage für Kostenermittlungen, z. B. für den Kostenrahmen. In der weiteren Planung dient die Brutto-Grundfläche (BGF) der Kostenschätzung und der Beurteilung der Flächenwirtschaftlichkeit einer Planung, z. B. BGF/Nutzungseinheit. Für die Nutzung, insbesondere die Vermietung eines Objektes sind die Netto-Grundflächen (NGF), Nutzflächen (NF) oder die Mietflächen von Bedeutung. Die Grundflächen sind im Zuge der Planung zu entwickeln, einem Soll-Ist-Vergleich in jeder Planungsphase zu unterziehen und nach wirtschaftlichen Erfordernissen zu bewerten (z. B. Kennwertbildung).
5.2 Quantitäten
185
Die Bemessung von Gebäuden kann auf der Grundlage von Nutzeinheiten, z. B. Arbeitsplätze in einem Bürogebäude, Nutzungsprozessen, z. B. Übernachtungen in einem Hotel, oder Grundflächen, z. B. Lagerflächen in einem Speditionsgebäude, erfolgen. Ausgehend von der jeweiligen Bemessungsgrundlage kann die Größe eines Gebäudes über eine einfache Verhältnisrechnung ermittelt werden. Voraussetzung hierfür sind eindeutige Vorgaben, z. B. die Menge der Grundflächen nach einer entsprechenden Norm oder Verordnung, und ein auf diese Mengeneinheit bezogener Verhältniswert. Dieser kann durch statistische Erhebungen vergleichbarer Gebäude gewonnen werden. In manchen Fällen wird ein solcher Verhältniswert auch vom Bauherrn vorgegeben. Die Bemessung von Gebäuden und das daraus abgeleitete Raum- und Funktionsprogramm finden ihre Begrenzung durch städtebauliche Vorgaben. Das ist der Fall bei Vorhandensein einer verbindlichen Bauleitplanung in Form eines Bebauungsplanes. Durch die bestehende oder voraussichtliche Nachfrage, bezogen auf die jeweilige Nutzung und durch die finanziellen Möglichkeiten des Investors, wird das Gebäude ebenfalls begrenzt. Die zur Bemessung notwendigen Ermittlungen sind im Grunde recht einfach. Sie werden erfahrungsgemäß dennoch sehr oft nicht oder nicht richtig gemacht. Welche sind hierbei die häufigsten Fehler der Bemessung? - Es wird bereits mit der Objektplanung begonnen, bevor der Bedarf ausreichend sorgfältig ermittelt oder das Raum- und Funktionsprogramm vollständig aufgestellt worden ist. - Bei den Flächenangaben im Raum- und Funktionsprogramm handelt es sich nicht nur um die Nutzflächen (NF), sondern es werden auch entwurfsabhängige Flächen, z. B. Verkehrsflächen (VF), in das Raum- und Funktionsprogramm aufgenommen. - Die voraussichtliche Brutto-Grundfläche (BGF), die aus den Flächen des Raum- und Funktionsprogramms abgeleitet werden kann, wird vor der Objektplanung nicht ermittelt. - Die bei der Objektplanung zu beachtenden Flächenarten, insbesondere die Geschossfläche und die Brutto-Grundfläche, werden nicht unterschieden oder sie werden verwechselt. Anmerkung: Es gibt sogar „Experten“, die mit einer „sogenannten Brutto-Geschossfläche“ arbeiten, diese gibt es jedoch als definierte Fläche nicht. - Die Ermittlung der Brutto-Grundfläche erfolgt mit ungeeigneten Verhältniswerten oder es werden Verhältniswerte falsch angewendet. Anmerkung: Verhältniswerte können auf unterschiedliche Flächenarten bezogen werden und als Auf-Hundert- oder Von-HundertWerte angeben werden, z. B. BGF/NF = 151,0 entspricht NF/BGF = 66,2. Bei der Berechnung ist deshalb auf die Bezugsgröße, insbesondere BGF oder NF, zu achten. - Der erforderliche Umfang entwurfsabhängiger Flächenarten, insbesondere der Technischen Funktionsfläche (TF) und der Verkehrsfläche (VF) wird unterschätzt. - Die Nutzeinheiten oder Nutzungsprozesse werden während der Objektplanung geändert, aber die Auswirkungen auf die Grundflächen werden nicht festgestellt. Zur Vermeidung der aufgezählten Fehler, die zu Flächen- und damit Kostenüberschreitungen, zu nachträglichen Planungsänderungen und zu Terminüberschreitungen führen können, ist die Kenntnis des Baugesetzbuches sowie der Normen und Verordnungen für die Flächenermittlung unverzichtbar. Hierzu folgen die notwendigen Hinweise, die insbesondere auch beim Aufstellen des Raum- und Funktionsprogramms zu beachten sind.
186
5 Qualitäten und Quantitäten
Vorgaben und Ermittlungen von Mengen im Sinne von Quantitäten sind in allen Projektstufen erforderlich. Hierzu gehört von der Projektidee mit der Überprüfung des Baugrundstückes, der Erstellung des Nutzerbedarfsprogramms bzw. des Raum- und Funktionsprogramms, eine Vielzahl von Ermittlungen als Teil der Planung und zum Projektabschluss unter anderem die Abrechnung von Bauleistungen. Es wird ein Überblick gegeben: -
Der Flächennutzungsplan und der Bebauungsplan bestimmen das zulässige Maß der baulichen Nutzung, ausgedrückt durch die Geschossflächenzahl (GFZ) und/oder die Baumassenzahl (BMZ) als Bestimmung für das Maß der baulichen Nutzung. Grundlage ist die Verordnung über die bauliche Nutzung von Grundstücken (Baunutzungsverordnung – BauNVO) in der Neufassung 01.90, zuletzt geändert 04.93.
-
Flächenvorgaben als Teil des Raumprogramms im Rahmen der Projektvorbereitung; die Grundflächen von Nicht-Wohnbauten werden in der Regel als Nutzflächen nach DIN 277:2005-02, Grundflächen und Rauminhalte von Bauwerken im Hochbau, angegeben und die Grundflächen von Wohnbauten können alternativ als Wohnflächen nach der Verordnung zur Berechnung der Wohnflächen (WoFlV) (01.04) angegeben werden.
-
Daneben gibt es seit einigen Jahren eine spezielle Richtlinie zur Berechnung der Mietfläche für Gewerblichen Raum (MF-G:2004-11). Diese Richtlinie wurde von der Gesellschaft für immobilienwirtschaftliche Forschung e. V. (gif), Wiesbaden, aufgestellt. Diese Richtlinie zur Ermittlung der Mietflächen hat den Charakter einer Empfehlung und soll für gewerblich genutzte Flächen zur Anwendung kommen.
-
Die Ermittlung von Grundflächen und Rauminhalten von Gebäuden ist Gegenstand der Leistungsphasen 2. Vorplanung und 3. Entwurfsplanung nach den gleichen Grundlagen wie oben, auch die Vorlagen zur Baugenehmigung enthalten Angaben zu Grundflächen und Rauminhalten.
-
Die Berechnung der Mengen von Bauleistungen ist Teil der Leistungsbeschreibung mit Leistungsverzeichnis im Rahmen der Leistungsphase 6. Vorbereitung der Vergabe. Die VOB/C mit den Allgemeinen Technischen Vertragsbedingungen für Bauleistungen enthält Normen für die Mengenermittlung und Abrechnung von Bauleistungen auf Positionsebene als kleinste Einheit einer Leistungsbeschreibung.
-
Im Rahmen des Projektmanagements sind Quantitäten, insbesondere Grundflächen und Mengen von Bauleistungen oder daraus gebildete Verhältniswerte schon zu Projektbeginn zu schätzen oder vorzugeben und während der Planung zu überprüfen und zu bewerten. Mit Projektabschluss ist dafür Sorge zu tragen, dass wesentliche Mengen zur Bildung von Kennwerten aufbereitet und für das Gebäudemanagement zur Verfügung gestellt werden.
(vgl. hierzu auch Kapitel 5.4 Dokumentation)
5.2.1
Art und Maß der baulichen Nutzung
Die Geschossfläche ist Gegenstand des Bau- und Planungsrechts. Sie ist Ausdruck für das Maß der baulichen Nutzung auf dem Grundstück und im Baugesetzbuch definiert. Siehe dazu § 20 Baunutzungsverordnung (BauNVO) in Verbindung mit der Geschossflächenzahl
5.2 Quantitäten
187
(GFZ). Die Geschossflächenzahl gehört im Regelfall zu den Feststellungsinhalten eines qualifizierten Bebauungsplanes. Die Geschossflächenzahl ist ein dimensionsloser Verhältniswert für die zulässige Geschossfläche auf einem Baugrundstück. So bedeutet zum Beispiel eine GFZ von 0,8, dass ein Baugrundstück mit einer Fläche von 1.000 m² zu 80 %, d. h. bis zu 800 m² Geschossfläche des Baugrundstücks, bebaut werden darf. Die Geschossfläche wird nach den Ausmaßen aller Vollgeschosse eines Gebäudes berechnet. So werden Geschosse im Erdreich, zum Beispiel Kellergeschosse oder die Geschosse einer Tiefgarage sowie in vielen Fällen auch Flächen von Dachgeschossen unter Dachschrägen nicht zur Geschossfläche gezählt. Auch Balkone, Loggien und Terrassen bleiben bei der Geschossfläche unberücksichtigt. Mehrgeschossige Gebäude Dachgeschoss, nicht begehbar Dachgeschoss, z. B. Trockenboden
Geschossfläche
Brutto-Grundfläche
nicht angerechnet bedingt angerechnet 3) angerechnet
1. Obergeschoss, z. B. Wohnen
angerechnet
Erdgeschoss, z. B. Ladengeschäft
angerechnet
Kellergeschoss, z. B. Tiefgarage Kriechkeller, nicht begehbar
nicht angerechnet 1+2) angerechnet nicht angerechnet
Anmerkungen: 1) soweit die Deckenoberkante im Mittel nicht mehr als 1,40 m über die Geländeoberfläche hinausragt 2) Im Bebauungsplan kann festgesetzt werden, dass die Flächen von Aufenthaltsräumen in anderen Geschossen, z. B. in einem Kellergeschoss, einschließlich der zu ihnen gehörenden Treppenräume und einschließlich ihrer Umfassungswände ganz oder teilweise mitzurechnen oder ausnahmsweise nicht mitzurechnen sind (BauNVO § 20 Vollgeschosse, Geschossflächenzahl, Geschoßfläche, Abs. 3). 3) Ist im Bebauungsplan die Höhe baulicher Anlagen oder die Baumassenzahl nicht festgesetzt, darf bei Gebäuden, die Geschosse von mehr als 3,50 m Höhe haben, eine Baumassenzahl, die das Dreieinhalbfache der zulässigen Geschossflächenzahl beträgt, nicht überschritten werden (BauNVO § 21 Baumassenzahl, Baumasse, Abs. 4). Abb. 5.17:
Grundfläche als Geschossfläche und/oder Brutto-Grundfläche
Die genaue Definition der Vollgeschosse ist in der jeweils geltenden Landesbauordnung zu finden. So heißt es beispielsweise in der Bauordnung für Berlin (BauO Bln): „§ 2 Begriffe [ ... ] (11) Vollgeschosse sind Geschosse, deren Oberkante im Mittel mehr als 1,40 m über die festgelegte Geländeoberfläche hinausragt und die über mindestens zwei Drittel ihrer Grundfläche eine lichte Höhe von mindestens 2,30 m haben. Ein gegenüber den Außenwänden
188
5 Qualitäten und Quantitäten
zurückgesetztes oberstes Geschoss (Staffelgeschoss) und Geschosse im Dachraum sind nur dann Vollgeschosse, wenn sie die lichte Höhe gemäß Satz 1 über mindestens zwei Drittel der Grundfläche des darunter liegenden Geschosses haben.“ (Bauordnung für Berlin (BauO Bln) vom 29. September 2005 (GVBl. S. 495)) Beim Vergleich mit der Definition der Brutto-Grundfläche (BGF), welche entsprechend der DIN 277-2:2005-02 aus der Summe der Grundflächen aller Grundrissebenen zu ermitteln ist, wird deutlich, dass sich ähnlich klingende Flächenarten wesentlich voneinander unterscheiden. Das Raum- und Funktionsprogramm für die Objektplanung wird in der Regel vom Bauherrn erstellt. Es ist ein Ergebnis der Bedarfsplanung und dient der Klärung der Aufgabenstellung für den Architekten. Nach DIN 18205 bedeutet Bedarfsplanung im Bauwesen „die methodische Ermittlung der Bedürfnisse von Bauherren und Nutzern, deren zielgerichtete Aufbereitung als Bedarf und dessen Umsetzung in bauliche Anforderungen“. RC
Grundflächen Räume/Beispiele
RC
Grundflächen Räume/Beispiele
...
...
...
...
200
Büroarbeit
210
Büroräume
341
Nachrichtentechniklabor
211
Büroräume allgemein
328
Nähraum
212
Schreibräume
354
Nährbodenraum
213
Büroräume mit experimentellem Arbeitsplatz
355
Nährbodenraum
352
Naßanalytisch-chemisches Labor
Büroräume mit Archivfunktion
412
Naßlagerraum
- Büroraum mit Handarchiv
536
Naßpräparative Übungsräume
- Büroraum mit Handbibliothek
674
Neugeborenenpflegebettenräume
- Büroraum mit Registratur
623
Neuphysiologische U+B-Räume
215
Büroräume mit Materialausgabe
642
Neuroradiologisches Röntgen
...
...
...
...
214
N
Abb. 5.18: Grundflächen und Räume, numerisch/alphabetisch geordnet – Auszug (DIN 277-3:2005-02)
Eindeutige und der jeweiligen Nutzung entsprechende Gliederungen und Flächenarten sind die Voraussetzung für Erstellung von Raum- und Funktionsprogrammen und deren Überprüfung. Allgemein gilt DIN 277-2:2005-02, Grundflächen und Rauminhalte von Bauwerken im Hochbau – Teil 2: Gliederung der Netto-Grundfläche (Nutzflächen, Technische Funktionsflächen und Verkehrsflächen).
5.2 Quantitäten
189
Für den Wohnungsbau ist vorzugsweise die Wohnflächenverordnung – WoFlV:2004-01 anzuwenden. Für den Krankenhausbau die nutzungsspezifische DIN 13080:2003-07, Gliederung des Krankenhauses in Funktionsbereiche und Funktionsstellen. DIN 277-3:2005-02, Grundflächen und Rauminhalte von Bauwerken im Hochbau – Teil 3: Mengen und Bezugseinheiten, gliedert die Grundflächen bis in die dritte Ebene und enthält einen Raumzuordnungskatalog. Dieser ist eine Ergänzung zur DIN 277-2 und bietet über die weitergehende Gliederung Beispiele sowohl in numerischer (RC = Raumcode) als auch in alphabetischer Reihenfolge Beispiele an (vgl. Abb. 5.18). Ein Raum- und Funktionsprogramm soll deshalb in einer dafür vorgesehenen Spalte ausschließlich Nutzflächen (NF) enthalten. Die Räume und Flächen sind vorzugsweise nach DIN 277-3:2005-02, Grundflächen und Rauminhalte von Bauwerken im Hochbau – Teil 3: Mengen und Bezugseinheiten, zu bezeichnen. Anforderungen und Bemerkungen zu den Räumen und Flächen, z. B. besondere Anforderungen an den Schallschutz oder gewünschte Mindestabmessungen für die Erschließung, sind in einer gesonderten Spalte zu erwähnen. Grundlage der Planung sollen ein Raum- und Funktions- und Ausstattungsprogramm sein, die im Zuge ihrer Entwicklung fortlaufend überprüft und aktualisiert werden. Ergänzend sind Leit- und Musterbeschreibungen hilfreich, um die gewünschten Qualitäten festzulegen. Derartige Programme beinhalten die erforderlichen Mindestflächen für einzelne Räume oder die Anzahl entsprechender Nutzungseinheiten. Fachkundige Bauherren, Industrieunternehmen oder Banken, mit einer eigenen Bauabteilung formulieren häufig Vorgaben zu Quantitäten in Form von Richt- oder Leitwerten. Quantitative Anforderungen
Richt-/Leitwert
Verhältnis Hüllfläche/Gebäudevolumen
< 0,4
Verhältnis Höhe zu Breite von Innenhöfen
1:1
Gebäudetiefe bei Zweibund-Grundrissen
12-15 m
Raumtiefe für Standardbüros
< 5,5 m
Geschosshöhe (OK Rohboden – UK Rohdecke)
>3m
Kommunikationswege zu Teeküchen oder Kopierräumen
< 30 m
Glasflächenanteil in der Fassade bei Büroräumen
< 60 %
Tageslichtquotient am Arbeitsplatz (3 m von der Fassade)
>3%
Abb. 5.19: Quantitative Anforderungen für ein Bankgebäude – Beispiel (HVB (Hrsg.): Gesundes Büro …, 2002, S. 39)
Solche Richt- oder Leitwerte beruhen auf den Erfahrungen und Einschätzungen des Bauherrn. Sie werden der Projektentwicklung zugrunde gelegt und dem Architekten als quantitative Anforderungen vorgegeben. Bei der Planung ist darauf zu beachten, dass die Gesamtfläche des Gebäudes (Brutto-Grundfläche) immer deutlich größer als die Programmfläche als Summe aller Nutzflächen ausfällt. Ein funktionsfähiges Gebäude über die Programmfläche hinaus noch aus z. B. Verkehrsflächen und Grundflächen für die Konstruktionen besteht.
190
5 Qualitäten und Quantitäten
Neben der Gliederung und den Begriffen nach DIN 277 gibt es Grundlagen für die Bedarfsplanung und die Ermittlung der Gebäudefläche als Brutto-Grundfläche (BGF). Für Krankenhäuser gelten, herausgegeben vom Normenausschuss Rettungsdienst und Krankenhaus (NARK) im Deutschen Institut für Normung e. V. (DIN), nutzungsspezifische Gliederungen und Begriffe für die Nutzflächen von Krankenhäusern sowie Hochschul- und Universitätskliniken. Sie gelten auch für andere Einrichtungen des Gesundheitswesens. Benennung 1)
Schlüssel-Nummer 1.00
Untersuchung und Behandlung
1.01
Aufnahme und Notfallversorgung
1.02
Arztdienst
1.03
Funktionsdiagnostik
1.04
Endoskopie
1.05
Laboratoriumsmedizin
1.06
Prosektur/Pathologie 2)
1.07
Radiologische Diagnostik
1.08
Nuklearmedizinische Diagnostik
1.09
Operation
1.10
Entbindung
1.11
Strahlentherapie
1.12
Nuklearmedizinische Therapie
1.13
Physikalische Therapie
1.14
Ergotherapie
1.15
Bereitschaftsdienst
1)
Funktionsbereiche sind fett gedruckt. Funktionsstellen sind mager gedruckt.
2)
Die Benennung der Funktionsstelle mit der Schlüsselnummer 1.06 ist „Prosektur“, wenn keine Pathologie vorhanden ist.
Abb. 5.20: Gliederung des Krankenhauses – Auszug (DIN 13080:2003-07)
Sie dient der Bedarfs- und Bauplanung sowie der vergleichenden Auswertung und Beurteilung von Krankenhäusern sowie Hochschul- und Universitätskliniken. DIN 13080:2003-07, Gliederung des Krankenhauses in Funktionsbereiche und Funktionsstellen, bildet die Grundlage zur Verständigung der an der Planung beteiligten Behörden, Institutionen und Personen.
5.2 Quantitäten
191 Richtwerte für die Raumgrößen von Behördenkantinen
1. Raumgrößen des Küchenteils* Gesamtfläche der Betriebsräume - Annahme / Stauraum - Leergutraum - Tagesvorrat - Vorrat Lebensmittel - Lager Verkaufswaren, Cafeteria - Lager Geschirr, Wäsche - Vorkühlraum - Molkereiprodukte Kühlraum - Obst- und Gemüsekühlraum - Fleischkühlraum - Tiefkühlraum - Getränkekühlraum - Kartoffel- / Gemüsevorbereitung - Fleischvorbereitung - Kalte Küche - Garküche - Speisenausgabe - Cafeteriaausgabe - Geschirreinigung - Topfspüle - Abfallraum - Büro Küchenleiter - Aufenthalt Küchenpersonal - Putzmittelraum - Lager ungekühlte Getränke - Umkleideraum männlich - Umkleideraum weiblich - Regalwagenabstellplatz - Kartoffellager - Liegensch. Materiallager
Anzahl der Verpflegungsteilnehmer (n) ** 100-200 250 m² 11 4 6 7 10 6 5,5 1,2 1,5 2,5 2,5 2 10 53 27 15 10 4 10 10 3 6 6 8 10 20
201-400 380 m² 21 10 8 20 10 6 8 3 2 3,5 3,5 3,5 18 19 48 22 19 31 10 4 10 12 5 12 6 10 12 15 26
401-600 580 m² 32 17 10 26 20 9 10 5 5 5 5 8,5 30 14 21 86 30 20 50 16 55 10 22 7 15 13 18 17 23 32
Summe der Einzelansätze 252 m² 379 m² 582 m² In den Richtwerten sind Räume für den Bedienungsgang der Essenausgabestellen (auch bei Selbstbedienung), die Einrichtung zum Aufwärmen mitgebrachter Speisen und der Kaffeestube nicht enthalten. Abb. 5.21: Richtwerte für Raumgrößen von Behördenkantinen (m² HNF) (RBBau Ausgabe 2003, 18. Austauschlieferung, Muster 13 – 13/03, Anlage 3, S. 190)
192
5 Qualitäten und Quantitäten
Für Behördenkantinen – diese werden in größeren Dienststellen eingerichtet und versorgen die Bediensteten mit einer warmen Mahlzeit – wurden vom Bund und von den Ländern Flächenrichtwerte aufgestellt. Grundlage der Bemessung ist, wie Abbildung 5.21 zeigt, die Anzahl der Verpflegungsteilnehmer. Für jeden Raum wird eine funktional bedingte Mindestgröße festgestellt. Das folgende Beispiel wurde aus den Richtlinien für die Durchführung von Bauaufgaben des Bundes (RBBau) entnommen. Die Bemessung der einzelnen Räume oder Flächen orientiert sich an der Zahl der Nutzer, in diesem Fall der Verpflegungsteilnehmer. Die Flächenentwicklung ist hierzu nicht unbedingt proportional, wie man am Beispiel Büro Küchenleiter erkennen kann.
5.2.2
Bemessung von Gebäuden vor der Planung
Das Verhältnis von unterschiedlichen Flächenarten, die einerseits als Output und andererseits als Input verstanden werden, wird als Flächenwirtschaftlichkeit bezeichnet. Bei Bauvorhaben liegen die zwei folgenden Betrachtungsweisen nahe: Das Klinikum Schnarrenberg an der Universität Tübingen wurde nach folgenden Verhältniswerten auf seine Flächenwirtschaftlichkeit überprüft (vgl. Abb. 5.22). Grundflächen
Menge
NF
Nutzfläche (alle Bereiche)
NF
Pflegebereich
12.400 m²
-
NF
Untersuchung und Behandlung
16.300 m²
-
NF
Gemeinsame Einrichtungen
10.900 m²
-
FF
Funktionsfläche
12.600 m²
0,15 FF/BGF
VF
Verkehrsfläche
22.400 m²
0,27 VF/BGF
74.600 m²
0,90 NGF/BGF
8.000 m²
0,10 KGF/BGF
NGF Netto-Grundfläche KGF Konstruktions-Grundfläche BGF Brutto-Grundfläche
39.600 m²
Verhältniswerte
82.600 m²
0,48 NF/BGF
-
Rauminhalte BRI
Brutto-Rauminhalt
399.000 m³
4,83 m BRI/BGF 160,70 m²/NE
Nutzungseinheiten NE
Bettenzahl (alle Bereiche)
514 Betten
NE
Bettenzahl Normalpflege
389 Betten
-
NE
Bettenzahl Intensivpflege
73 Betten
-
NE
Bettenzahl Spezialpflege Kinder
43 Betten
-
Abb. 5.22: Grundflächen, Rauminhalte, Verhältniswerte eines Klinikums (FM BW (Hrsg.): Klinikum Schnarrenberg – Univ. Tübingen, 1989, S 44)
5.2 Quantitäten
193
Bei der Flächenwirtschaftlichkeit einer Bebauung wird das Verhältnis der Gebäudefläche als Output, in der Regel die Brutto-Grundfläche, zur Fläche des Baugrundstücks als Input ermittelt. Je größer der Verhältniswert ausfällt, desto größer ist die Flächenwirtschaftlichkeit, z. B. Verhältniswert 3,0 bei mehrgeschossiger Bebauung. Von der Flächenwirtschaftlichkeit ist die Geschossflächenzahl (GFZ) zu unterscheiden, da hierbei nur Vollgeschosse berücksichtigt werden, nicht aber z. B. die Nutzung eines Tiefgeschosses als Parkgarage. Die GFZ ist als ein städtebaulicher Grenzwert, nicht aber als ein Kennwert zur Beurteilung der Wirtschaftlichkeit einer Bebauung zu verstehen. Die Flächenwirtschaftlichkeit eines Gebäudes hat das Verhältnis unterschiedlicher Grundflächen zueinander zum Gegenstand, z. B. Verhältnis der Nutzfläche zur Brutto-Grundfläche (NF/BGF) eines Gebäudes. Je größer dieser Verhältniswert ausfällt, z. B. 0,70 für die Nutzfläche im Verhältnis zur Brutto-Grundfläche als Gesamtfläche, desto höher ist die Flächenwirtschaftlichkeit. Ein solcher Wert ist bei einem geringen Anteil von anderen notwendigen Flächenarten wie Konstruktionsgrundfläche, Technische Funktionsfläche oder Verkehrsfläche möglich. Im Fall der Vermietung oder des Verkaufs eines Gebäudes wird in der Regel mit der Mietfläche oder der Wohnfläche anstatt mit der Nutzfläche gerechnet. (Siehe dazu auch Kapitel 9 Projektentwicklung)
5.2.3
Funktionen und Prozesse
Im folgenden Beispiel werden auf der Grundlage von Prozessen und Leistungsdaten für eine Wäscherei in einem Hotel die Raumanforderungen hergeleitet. Der Wäschebedarf im Hotel ist von der Belegung der Zimmer und vom Umsatz im Gastronomiebereich abhängig, d. h. der Anzahl der angefallenen Gedecke. Bereiche
Arbeitsgänge
Personenanzahl
Wäscherei
Waschen der Bett-, Frottee-, Tisch- und Küchenwäsche
Wäscher/innen 15
Büro Wäscherei
Verwaltung, Abrechnung, Kontrolle der Wäscherei
Wäschereileiter 1
Chemische Reinigung
Reinigen von Gästekleidung und Hoteluniformen
Wäscher/innen 3
Gästewäsche
Bügeln und Flicken von Gästewäsche
Wäscher/in 1
Wäsche Valet
Verpacken und Aufbereiten der gereinig- Wäscher/innen 1 ten Gästekleidung
Büro Wäsche Valet
Auftragsannahme und Verwaltung
Abb. 5.23: Funktionsprogramm für eine Wäscherei in einem Hotel – Beispiel (Kempinski: Planungshandbuch Kempinski-Hotels, 1990, S. 43)
Leiter 1
194
5 Qualitäten und Quantitäten
Hierzu wird in einem Planungshandbuch für Kempinski-Hotels erläutert: „Bei einer 100 %igen Belegung der Zimmer ist mit folgendem Wäscheanfall zu rechnen: Bettwäsche mit ca. 2,5 kg pro Bett und Frotteewäsche mit ca. 2,7 kg pro Bett. Bei einem 400-Zimmerhaus fallen also bei voller Belegung ca. 1.300 kg Bettwäsche und 1.400 kg Frotteewäsche täglich an. Aus dem Gastronomiebereich fallen je Gedeck ca. 0,700 kg Tischwäsche und gesamt täglich ca. 0,600 t Tischwäsche an. Der gesamte Wäschebedarf beträgt pro Tag: ca. 3,300 t.“ (Kempinski: Planungshandbuch Kempinski-Hotels, 1990, S. 141) Der Wäschebedarf in einem Hotel ist generell abhängig von der Belegung der Zimmer, wie dem Umsatz im Gastronomiebereich, d. h. Gedeckzahl. Aus dem Aufkommen der Wäsche, Bett-, Frottee-, Tisch- und Küchenwäsche, Gästekleidung und Hoteluniformen und den Mengen der anfallenden Wäschestücke werden zunächst die Arten der Arbeitsgänge, schließlich der Personalbedarf und anschließend der Flächenbedarf abgeleitet. Aus der so ermittelten Programmfläche als Hauptnutzfläche (HNF) oder Nutzfläche (NF) kann bereits in der Grundlagenermittlung über einen geeigneten Verhältniswert die am Hotelgebäude anteilige voraussichtliche Brutto-Grundfläche (BGF) errechnet werden. Es kommt also von Anfang an auf die richtige Bemessung von Flächen und Rauminhalten an, die später als Maßstab zur Beurteilung der Planung dienen. Diese Vorgaben erlauben es natürlich auch, eventuelle Programmänderungen einzuschätzen: Welche Auswirkungen hätte die Vergabe der Wäschereiarbeiten eines Hotels an ein Reinigungsunternehmen? Grundflächen Wäscherei
Hauptnutzflächen (HNF)
- Schmutzwäschelager - Wäscherei
16 m² 283 m²
- Chemische Reinigung
44 m²
- Gästewäsche
50 m²
- Wäsche Valet
24 m²
- Büro Wäsche Valet
15 m²
- Büro Wäscherei
12 m²
- Chemikalienlager zusammen
6 m² 450 m²
Abb. 5.24: Hauptnutzflächen (HNF) für eine Wäscherei in einem Hotel – Beispiel (Kempinski: Planungshandbuch Kempinski-Hotels, 1990, S. 31)
Zur Vorbereitung der Planung gehört deshalb auch die kritische Überprüfung aller Anforderungen seitens der Nutzer, z. B. nach folgenden Fragen: - Welche Flächen sind unverzichtbar und welche sind wünschenswert? - Welche Nutzungen können zusammengefasst oder überlagert werden?
5.2 Quantitäten
195
- Wie groß muss die Fläche oder Breite eines Raumes sein, damit dieser den funktionalen Anforderungen genügt? - Welche Flächen können gegebenenfalls später ergänzt werden? - Welche Bauverfahren oder Konstruktionen können der Einsparung von Flächen dienen? Wünsche und Möglichkeiten hinsichtlich Planungs- und Baurecht, Finanzierung und Zeit klaffen bei der Realisierung von Bauprojekten oft weit auseinander. Dabei unterscheiden sich derartige Vorhaben im Grunde überhaupt nicht von anderen Lebenssituationen. Die Ermittlung der notwendigen Grundfläche lässt sich auch an einer Tiefgarage anschaulich darstellen. Zum Abstellen eines Personenkraftwagens (PKW) in einer Tiefgarage wird pro Stellplatz eine Nutzfläche (NF) von mindestens 2,50 m x 5,00 m = 12,50 m² ermittelt. Grundflächen und Rauminhalte
NF
Nutzfläche
TF
Technische Funktionsfläche
VF
Verkehrsfläche
von Menge/NF (%) bis
100,0
von Menge/BGF (%) bis
51,9
51,7
69,1
2,6
2,6
2,7
1,2
1,4
1,2
49,3
79,3
92,8
20,2
41,0
42,7
150,7
181,9
195,2
91,4
94,1
94,5
10,4
11,4
13,8
5,5
5,9
8,6
BGF Brutto-Grundfläche
165,1
193,3
210,0
Brutto-Rauminhalt
von BRI/NF (m) bis
NGF Netto-Grundfläche KGF Konstruktions-Grundfläche
BRI Brutto-Rauminhalt Sonstige Planungskennwerte Nutzeinheit: Stellplätze
4,88
5,77
6,31
100,0 von BRI/BGF (m) bis 2,75
2,97
3,07
von NF/Einheit (m²) bis von BGF/Einheit (m²) bis 14.17
14,60
16,94
25,41
27,01
27,90
Abb. 5.25: Planungskennwerte für Flächen und Rauminhalte – Beispiel Tiefgarage (BKI (Hrsg.): BKI Baukosten 2010 Teil 1: Statistische Kennwerte für Gebäude, S. 613)
Im Programm wird ferner nur die Anzahl der Stellplätze angegeben. Bei der Planung sind aber noch als Einflussfaktoren die Erschließung und Technik zu berücksichtigen. Dies betrifft beispielsweise Ein- und Ausfahrten, Rampen, Wendeln, Fahrgassen, Treppenräume und Technikflächen. Auch die Konstruktion des Gebäudes ist zu beachten, insbesondere Außenwände, Innenwände und -stützen sowie die damit verbundenen erforderlichen Flächen. Die notwendige Brutto-Grundfläche kann über den Verhältniswert BGF/NF = 193,3/100,0 oder vereinfacht Faktor 2,0 ermittelt werden. In vielen Fällen beträgt die Brutto-Grundfläche bis zu 30 m², in Ausnahmefällen mehr nach Grundriss und Konstruktion des Gebäudes. Wurden diese Einflussfaktoren zu Beginn der Planung nicht ausreichend berücksichtigt, wird oft erst verhältnismäßig spät, z. B. bei der Vorplanung, festgestellt, dass sich das Bauprogramm nicht auf dem Grundstück unterbringen lässt oder das Projekt nicht finanziert werden kann. Das Gedicht „Das Ideal“ von Kurt Tucholsky macht dies deutlich. Es kann die alltäglichen Situationen, wie sie in der Projektarbeit vorkommen, kaum besser charakterisieren.
196
5 Qualitäten und Quantitäten
Kurt Tucholsky (1927)
Das Ideal
Ja, das möchste: Eine Villa im Grünen mit großer Terrasse, vorn die Ostsee, hinten die Friedrichstraße; mit schöner Aussicht, ländlich-mondän, vom Badezimmer ist die Zugspitze zu sehen – aber abends zum Kino hast dus nicht weit. Das Ganze schlicht, voller Bescheidenheit: Neun Zimmer, – nein doch lieber zehn! Ein Dachgarten, wo die Eichen drauf stehn, Radio, Zentralheizung, Vakuum, eine Dienerschaft, gut gezogen und stumm, eine süße Frau voller Rasse und Verve – (eine fürs Wochenend, zur Reserve) –, eine Bibliothek und drumherum Einsamkeit und Hummelgesumm. Im Stall: Zwei Ponies, vier Vollbluthengste, acht Autos, Motorrad – alles lenkste natürlich selber – das wär ja gelacht! Und zwischendurch gehst du auf Hochwildjagt. Ja, und das hab ich ganz vergessen: Prima Küche – erstes Essen – alte Weine aus schönem Pokal – und egalweg bleibst du dünn wie ein Aal. Und Geld. Und an Schmuck eine richtige Portion. Und noch ne Million und noch ne Million. Und Reisen. Und fröhliche Lebensbuntheit. Und famose Kinder. Und ewige Gesundheit. Ja, das möchste! Aber, wie das so ist hienieden: manchmal scheints so, als sei es beschieden nur pöapö, das irdische Glück. Immer fehlt dir irgendein Stück. Hast du Geld, dann hast du nicht Käten; hast du die Frau, dann fehln dir Moneten – hast du die Geisha, dann stört dich der Fächer: bald fehlt uns der Wein, bald fehlt uns der Becher. Etwas ist immer. Tröste dich. Jedes Glück hat einen kleinen Stich. Wir möchten so viel: Haben. Sein. Und gelten. Daß einer alles hat: das ist selten.
6
Kosten und Finanzierung
Der Handlungsbereich C – Kosten und Finanzierung wird in drei Abschnitten behandelt: - Kosten im Sinne der Erstinvestitionsausgabe entsprechend den Gesamtkosten gemäß DIN 276-1:2008-12, Kosten im Bauwesen – Teil 1: Hochbau, - Kosten nach der Fertigstellung eines Projektes, auch als Folgekosten bezeichnet, gemäß DIN 18960:2008-02, Nutzungskosten im Hochbau, und schließlich die - Finanzierung als Beschaffung von erforderlichen Mitteln für die Erstinvestition, vor allem die Zinsen vor Nutzungsbeginn, welche auch Bestandteil der Gesamtkosten sind. In AHO (Hrsg.): Heft 9:2009-03 werden für den Handlungsbereich C – Kosten und Finanzierung, unterteilt nach Projektstufen sowie Grundleistungen (GL) und Besondere Leistungen (BL), Einzelleistungen genannt, die an einen Projektmanager beauftragt werden können. Diese sind auf den Rahmen für die Investitionskosten und gegebenenfalls die Nutzungskosten, die Prüfung der Kostenermittlungen vom Objektplaner und von den Fachlich Beteiligten gerichtet. Die Mitwirkung bei der Finanzierung kann sich auf die Planung des Mittelbedarfs und des Mittelabflusses sowie auf die Beantragung von Investitions- und Fördermitteln beziehen. Leistungsordnung Projektmanagement nach AHO – Handlungsbereich C Grundleistungen 1. Projektvorbereitung 1 Mitwirken bei der Erstellung des Rahmens für Investitionskosten und Nutzungskosten 2 Mitwirken bei der Ermittlung und Beantragung von Investitions- und Fördermitteln 3 Prüfen und Freigeben von Rechnungen der Projektbeteiligten (außer bauausführenden Unternehmen) zur Zahlung 4 Abstimmen und Einrichten der Projektspezifischen Kostenverfolgung für den Mittelabfluss
Besondere Leistungen 1 Verwenden von auftraggeberseitig vorgegebenen Programmsystemen mit besonderen Anforderungen
Abb. 6.1: Handlungsbereich C – Kosten und Finanzierung (1) (AHO (Hrsg.): Heft 9:2009-03, S. 10)
198
6 Kosten und Finanzierung
Alle Regeln für die Projektarbeit, z. B. der Kostenplanung und des Rechnungswesens, sind für die Mehrzahl der am Projekt Beteiligten als Organisationsvorgaben verbindlich zu regeln (vgl. Handlungsbereich A). Nur so hat der Projektmanager die Möglichkeit, unverzüglich die notwendige Kostenkontrolle auszuüben und erforderliche Vorschläge zur Kostensteuerung zu unterbreiten. Jede Art von Kontrolle macht Vorgaben inhaltlicher und formaler Art erforderlich. So setzt die Prüfung einer Kostenermittlung, die vom Objektplaner oder von einem fachlich Beteiligten als Teil des jeweiligen Leistungsbildes aufgestellt worden ist, ein Kostenziel, eine Gliederungssystematik, eine Schnittstellendefinition und in der Regel auch ein EDV-Format voraus. Hierauf ist in allen Projektstufen zu achten, deswegen wiederholen sich viele Prüfungen in allen Projektstufen. Leistungsordnung Projektmanagement nach AHO – Handlungsbereich C Grundleistungen 2. Planung 1 Überprüfen der Kostenschätzung und -berechnung der Objekt- und Fachplaner sowie Veranlassen erforderlicher Anpassungsmaßnahmen 2 Kostensteuerung zur Einhaltung der Kostenziele 3 Prüfen der Nutzungskostenschätzung/ -berechnung der Objekt- und Fachplaner sowie Veranlassen erforderlicher Anpassungsmaßnahmen 4 Planen von Mittelbedarf und Mittelabfluss 5 Prüfen und Freigeben von Rechnungen der Projektbeteiligten (außer bauausführenden Unternehmen) zur Zahlung 6 Fortschreiben der projektspezifischen Kostenverfolgung für den Mittelabfluss
Besondere Leistungen 1 Erstellen einer Kostenschätzung/Kostenberechnung nach DIN 276 2 Erstellen einer Nutzungsschätzung, -berechnung sowie Nutzungskostensteuerung
Abb. 6.2: Handlungsbereich C – Kosten und Finanzierung (2) (AHO (Hrsg.): Heft 9:2009-03, S. 12)
Die Aufgaben im Bereich der Kosten sind bei Bauprojekten immer in etwa gleich. Sie unterscheiden sich geringfügig, je nachdem ob es sich um ein Projekt eines privaten, öffentlichen oder gewerblichen Bauherrn handelt. Die Verantwortung für Investition und Finanzierung des Projektes liegt letztlich beim Bauherrn. Die Kostenplanung für das Objekt einschließlich der Koordination und der Integration von Beiträgen der an der Planung fachlich Beteiligten ist Aufgabe des Objektplaners. Nach der Systematik der DIN 276-1:2008-12 machen das Herrichten und Erschließen (KG 200), das Bauwerk (KG 300 + 400) und die Außenanlagen (KG 500) den Leistungsumfang des Objektplaners aus. Hierfür hat er mindestens die Kostenplanung zu erbringen. Für die Aufgaben, die über seine Eigenplanung hinausgehen, z. B. die technischen Anlagen, hat er die Kostenermittlungen der Fachbereiche zu koordinieren und in die Objektplanung zu integrieren.
5.2 Quantitäten
199
Im Einzelfall wird die Kostenplanung für das Objekt an einen Projektmanager beauftragt. Diese weitere Schnittstelle innerhalb der Objektplanung erfordert zusätzlichen Koordinationsaufwand. Die Kostenplanung wird aus dem Vertrag des Objektplaners herausgenommen und der Projektmanager wird mit der Besonderen Leistung Kostenplanung beauftragt. Leistungsordnung Projektmanagement nach AHO – Handlungsbereich C Grundleistungen
Besondere Leistungen
3. Ausführungsvorbereitung 1 Vorgeben der Soll-Werte für Vergabeeinheiten auf der Basis der aktuellen Kostenberechnung 2 Überprüfen der vorliegenden Angebote im Hinblick auf die vorgegebenen Kostenziele und Beurteilen der Angemessenheit der Preise 3 Vorgeben der Deckungsbestätigungen für Aufträge 4 Überprüfen des Kostenanschlags der Objekt- und Fachplaner sowie Veranlassen erforderlicher Anpassungsmaßnahmen 5 Kostensteuerung zur Einhaltung der Kostenziele 6 Prüfen und Freigeben von Rechnungen der Projektbeteiligten (außer bauausführenden Unternehmen) zur Zahlung 7 Planen von Mittelbedarf und Mittelabfluss 8 Fortschreiben der projektspezifischen Kostenverfolgung für den Mittelabfluss Abb. 6.3: Handlungsbereich C – Kosten und Finanzierung (3) (AHO (Hrsg.): Heft 9:2009-03, S. 14)
Die Investitionsplanung kann um ein Änderungsmanagement und ein Nachtragsmanagement erweitert werden. Werden beim Bauprojekt nach der Ausführungsplanung und nach Vergabe der Bauleistungen vom Bauherrn oder mit (hoffentlich) dessen Zustimmung vom Nutzer Planungsänderungen durchgesetzt, sind in der Regel Nachtragsforderungen der ausführenden Firmen gegenüber dem Auftraggeber die Folge. Projektmanager sollen auf diesem Gebiet Erfahrung haben, um sowohl den Bauherrn als auch den Objektplaner durch die Vertretung der Auftraggeberseite in der Nachtragsverhandlung entlasten zu können. Die Bauabrechnung ist immer eine (Grund-)Leistung des Objektplaners und der fachlich Beteiligten jeweils für den eigenen Fachbereich. Der Projektmanager soll jederzeit Kenntnis über den Abrechnungsstand haben, damit er die Investitionsplanung sowie die Planung des Mittelbedarfs und des Mittelabflusses überprüfen und aktualisieren kann.
200
6 Kosten und Finanzierung
Leistungsordnung Projektmanagement nach AHO – Handlungsbereich C Grundleistungen 4. Ausführung 1 Kostensteuerung zur Einhaltung der Kostenziele 2 Plausibilitätsprüfung und Freigeben der Rechnungen zur Zahlung 3 Vorgeben der Deckungsbestätigungen für Nachträge 4 Fortschreiben der Mittelbewirtschaftung 5 Fortschreiben der projektspezifischen Kostenverfolgung für den Mittelabfluss 6 Prüfen des Nutzungskostenanschlags der Objekt- und Fachplaner sowie Veranlassen erforderlicher Anpassungsmaßnahmen
Besondere Leistungen 1 Kontrollieren der Rechnungsprüfung der Objektüberwachung 2 Erstellen des Nutzungskostenanschlags
Abb. 6.4: Handlungsbereich C – Kosten und Finanzierung (4) (AHO (Hrsg.): Heft 9:2009:03, S. 16)
Der Bauherr kann die über die Rechnungsprüfung hinausgehenden kaufmännischen Aufgaben des Rechnungswesens für das gesamte Projekt, angefangen von der Plausibilitätsprüfung bis zur Freigabe zur Zahlung, an den Projektmanager übertragen. Eine zusätzliche Kontrolle der Bauabrechnung ist als Besondere Leistung des Projektmanagers zu vereinbaren. Leistungsordnung Projektmanagement nach AHO – Handlungsbereich C Grundleistungen 5. Projektabschluss 1 Überprüfen der Kostenfeststellung der Objekt- und Fachplaner 2 Plausibilitätsprüfung und Freigeben der Rechnungen zur Zahlung
Besondere Leistungen 1 Erstellen des Verwendungsnachweises 2 Fortschreiben des Nutzungskostenanschlags sowie Hinweise zur Nutzungskostensteuerung
3 Prüfen des fortgeschriebenen Nutzungskostenanschlags der Objekt- und Fachplaner sowie Veranlassen erforderlicher Anpassungsmaßnahmen 4 Freigeben von Schlussrechnungen sowie Mitwirken bei der Freigabe von Sicherheitsleistungen 5 Abschließen des Rechnungswesens für den Mittelabfluss Abb. 6.5: Handlungsbereich C – Kosten und Finanzierung (5) (AHO (Hrsg.): Heft 9:2009-03, S. 18)
6.1 (Investitions-)Kosten
6.1
201
(Investitions-)Kosten
Mit dem im Bauwesen so verwendeten Begriff Kosten sind die (Investitions-)Kosten eines Bauprojektes gemeint, welche im Wortlaut der Norm als Gesamtkosten bezeichnet werden. Die Vorgabe und die Einhaltung der Kosten und die auf lange Sicht wirtschaftliche Nutzung des Gebäudes liegen im Interesse des Bauherrn. Der folgende Abschnitt ergänzt die umfangreiche Fachliteratur zur Kostenplanung im Aufgabenbereich des Architekten und der fachlich Beteiligten um die Kostenplanung des Bauherrn. In diesem Zusammenhang sind die Kostenvorgabe durch den Bauherrn und die übergeordnete Kostenkontrolle durch ihn vorrangige Aufgaben. Hierzu und als Grundlage der meist unverzichtbaren Kostensteuerung ist ein zeitnahes Kostenberichtswesen einzurichten. Zu den hier nicht oder nur grundsätzlich angesprochenen Leistungen in der Kostenplanung sei auf den Band der Reihe „Bauen und Ökonomie“ Möller, D.-A.: Planungs- und Bauökonomie – Band 1 hingewiesen.
6.1.1
Grundbegriffe der Kostenplanung und der Kalkulation
Die Begriffe der Kostenplanung und der Kalkulation werden in der Umgangssprache und oft auch bei Bauprojekten ungenau verwendet. Missverständnisse sind die Folge. In Abbildung 6.6 werden deshalb die wichtigsten Begriffe erläutert. Darüber hinaus wird die Frage beantwortet: Wer arbeitet wann, wie und wofür mit Kennwerten, Einheitspreisen, Einzelkosten? Fragen
Kennwerte
Einheitspreise
Einzelkosten
Wer?
Bauherr und Planer (Architekt, Fachingenieure)
Auftraggeber (Bauherr) und Auftragnehmer (ausführende Firma)
Bieter (ausführende Firma)
Wann?
in der Planung (Kostenrahmen, Kostenschätzung und Kostenberechnung) sowie für die Dokumentation
von Angebotsabgabe und Beauftragung (gegebenenfalls nach Preisverhandlung) bis Schlussrechnung
im Rahmen der Angebotskalkulation und Angebotsabgabe, häufig Nachforderungen
Wie?
statistische und empirische Ermittlungen (Bezugseinheiten sind Nutzeinheiten, Flächen, Rauminhalte oder Bauelemente)
Kalkulation beim Bieter zur Angebotsabgabe (Einheitspreisvertrag), Berücksichtigung von Gemeinkosten, Gewinn und Wagnis
Ermittlung der Einzelkosten (kein einheitliches Verfahren)
Wofür?
Überprüfung der Wirtschaftlichkeit und der Finanzierbarkeit, Optimierung der Planung im Hinblick auf die Nutzung
Preisbildung zwischen Auftraggeber im Vergabeverfahren
Grundlage der Angebotskalkulation
Abb. 6.6:
Wer, wann, wie, wofür – Kennwerte, Einheitspreise, Einzelkosten
202
6 Kosten und Finanzierung
Ein Kennwert in der Kostenplanung ist ein Wert, der das Verhältnis von Kosten zu einer Bezugseinheit darstellt. Als Bezugseinheiten dienen beispielsweise Flächen oder Rauminhalte nach DIN 277-3:2005-02, Mengen und Bezugseinheiten, Nutzungseinheiten wie Arbeitsplätze oder Betten sowie Bauelemente. Kennwerte werden in der Planung und beim Gebäudemanagement angewendet. Unverzichtbar ist eine möglichst ausführliche Erläuterung des Kennwertes, um die Vergleichbarkeit unterschiedlicher Projekte zu gewährleisten. Ein Einheitspreis gibt die Vergütung pro Position des Leistungsverzeichnisses als Preis je Mengeneinheit in Form eines Maßes, eines Gewichtes, einer Zeiteinheit oder eines Stückes an. Der Vergütungsanspruch des Auftragnehmers errechnet sich aus dem Produkt von Menge und Einheitspreis. Zu den Einzelkosten gehören die Lohn-, Material-, Geräte-, Schalungs-, Transport- und Fremdleistungskosten, auch als Nachunternehmerleistungen bezeichnet. Baustellen- und Allgemeine Geschäftskosten sowie Wagnis und Gewinn werden jeweils eingerechnet oder per Zuschlag der Summe der Positionspreise aufgeschlagen. Zur Abrechnung eines Einheitspreisvertrages sind die ausgeführten Mengen nachzuweisen (vgl. § 2 Nr. 2 VOB/B). Jeder am Projekt Beteiligte verfolgt wirtschaftliche Ziele und nimmt Aufgaben der Kostenplanung wahr. Häufig sind es Einzelaspekte, individuelle Zielsetzungen und unterschiedliche Verfahren und Begriffe, die es erschweren, die notwendigen Aufgaben zu koordinieren. Der Kostenrahmen als erste Kostenermittlung geht von anderen Voraussetzungen aus als die Kalkulation einer einzelnen Leistung als Grundlage eines Angebotspreises für ein Bauteil.
6.1.2
Kostenrahmen, Kostenvorgabe und Kostensicherheit
Mit Überarbeitung der DIN 276-1 wurde der Kostenrahmen neu als die erste Kostenermittlung in den Planungsablauf neu aufgenommen. Der Kostenrahmen wurde bereits in den Kommentaren zum Architektenvertrag und im Bereich Projektsteuerung als unverzichtbar angesehen. Die Kosten und Finanzierung eines Objektes gehören neben den Qualitäten und Quantitäten, den Terminen und Kapazitäten nicht nur zu den Handlungsbereichen des Projektmanagements im Bauwesen (AHO, Heft 9:2009-03). Diese sind sehr gut geeignet, die Projektziele, die mit einem Bauvorhaben erreicht werden sollen, zu definieren. Der Normenausschuss folgte damit der guten Praxis in der Bau- und Immobilienwirtschaft. „Der Kostenrahmen dient als eine Grundlage für die Entscheidung über die Bedarfsplanung sowie für grundsätzliche Wirtschaftlichkeits- und Finanzierungsüberlegungen und zur Festlegung der Kostenvorgabe. Bei dem Kostenrahmen werden insbesondere folgende Informationen zu Grunde gelegt: -
quantitative Bedarfsangaben, z. B. Raumprogramm mit Nutzeinheiten, Funktionselemente und deren Flächen;
-
qualitative Bedarfsangaben, z. B. bautechnische Anforderungen, Funktionsanforderungen, Ausstattungsstandards;
-
gegebenenfalls auch Angaben zum Standort.
Im Kostenrahmen müssen innerhalb der Gesamtkosten mindestens die Bauwerkskosten gesondert ausgewiesen werden“ (DIN 276-1:2008-12).
6.1 (Investitions-)Kosten
203
Gesamtkosten Projekt A und Anteile (%)
Gesamtkosten Projekt B und Anteile (%)
KG
Bezeichnung
KG
Bezeichnung
100
Grundstück
100
Grundstück
300
Bauwerk mit Herrichten und Erschließen sowie Ausstattung und Außenanlagen
200 300 400 500 600
30 %
60 %
Bauwerk mit Herrichten und Erschließen sowie Ausstattung und Außenanlagen
700
400 500 600
20 %
Gesamtkosten von Projekt A = Abb. 6.7:
20 %
100 %
700 Gesamtkosten von Projekt B =
40 %
30 %
100 %
Gesamtkosten und die wesentlichen Bestandteile in zwei Varianten
Abbildung 6.7 zeigt die Gesamtkosten einer Bauinvestition in zwei Varianten. Der physische, aus Bauleistungen bestehende Teil der Investition ist bei A mit 60 % und bei B mit nur 40 % angenommen worden. Es wird damit zum einen gezeigt, dass bei der Festlegung eines Kostenrahmens von den zu finanzierenden 100 % Gesamtkosten auszugehen ist und dass der Bauherr einschätzen soll, wie sich die Bestandteile der Investition zusammensetzen. Die hierbei gewählten Kostenanteile Grundstück (KG 100), Objekt (KG 200-600) und Baunebenkosten (KG 700 einschließlich Bauherrenaufgaben und Finanzierung) der Varianten zeigen die Von-Bis-Werte für die meisten Bauinvestitionen im Neubau auf. Diese Sichtweise wird auch als Top-Down, also vom Großen ins Kleine bezeichnet. Der Ausweis mindestens der Bauwerkskosten (KG 300 + 400), wie die DIN 276-1 es fordert, ist immer notwendig. Es ist aber auch zu berücksichtigen, dass bei vielen Bauprojekten Herrichten und Erschließen (KG 200) oder die Außenanlagen (KG 500) einen wesentlichen Teil der Kosten ausmachen können. Die Kostenanteile beeinflussen sich teilweise gegenseitig. Wenn z. B. das Bauwerk teurer wird, erhöhen sich in der Regel die Architekten- und Ingenieurhonorare, verlängert sich die Bauzeit, fallen bei gleichem Zinssatz höhere Kosten für die Finanzierung an. Die Gesamtkosten sind aber die entscheidende Zielgröße, die es einzuhalten gilt. Die Kosten der Ausstattung (KG 610), Baukonstruktiver Einbauten (KG 370), werden zu Projektbeginn oft unvollständig oder nicht mit der erforderlichen Genauigkeit ermittelt. Die Ursache dafür sind fehlende oder ungenügende Anforderungen der Nutzer, ungeklärte Zuständigkeit hinsichtlich der Planung und Überwachung oder der Beschaffung. Im Einzelfall ist zu klären, mit welchem Ausstattungsgrad das Objekt übergeben wird. Bei Wohngebäuden ist die Ausstattung meist sehr gering, Hotelgebäude werden häufig vollständig ausgestattet.
204
6 Kosten und Finanzierung
611 Allgemeine Ausstattung Möbel, z. B. Sitz- und Liegemöbel, Schränke, Regale, Tische; Textilien, z. B. Vorhänge, Wandbehänge, lose Teppiche, Wäsche; Haus-, Wirtschafts- und Reinigungsgeräte (Anmerkungen der (alten) DIN 276:1993-06) Enthalten in dieser Kostengruppe (Ergänzungen des BKI): 1. Ausstattung mit Hygienegerät wie Spiegel, Handtuchhalter und -spender, Händetrockner, ortsfester Haarföhn, Papierrollenhalter, Spiegelschrank, Duschabtrennung, -vorhang usw. 2. Sitzmöbel wie Stühle, Hocker, Sessel, Sitzcouch usw. 3. Liegemöbel wie Sofa, Schlafcouch, Betten einschl. Matratzen, Bettenumbau, Nachtkästchen usw. 4. Tische wie Schreib-, Ess-, Eck-, Beistell-, Arbeitstische, Stehpulte usw. 5. Kastenmöbel wie Truhen, Schränke, Sideboards, Buffets usw. 6. Regale, Ablagen 7. Garderobenständer mit Schirm- und Hutablagen 8. Sonstige Möbel wie Schließfächer, frei stellbare Wände für Ausstellungen, Großraumbüros, transportable Pflanzbehälter 9. Fensterbehänge wie Dekorationen, Gardinen, Vorhänge, „Auf-Putz“-Vorhangschienen usw. 10. 11. 12. 13. 14. 15.
16.
17. 18. 19. 20. 21. 22.
Wandbehänge wie Wandteppiche, Türvorhänge usw. Bodenbeläge wie lose aufgelegte Teppiche, Brücken, Läufer usw. Wäsche wie Tisch- und Bettwäsche usw. Fahnen Sonstige Textilien wie besondere Arbeits- und Anstaltskleidung Ausstattung mit Wirtschafts- und Hausgerät wie Abfallbehälter, Aschenbecher, Reinigungs- und Bodenpflegegerät, Gartenpflege- und Schneeräumgeräte, Küchengerät usw. Ausstattung mit sonstigem Arbeitsgerät wie Geräte für Büroarbeit (Schreib-, Rechenmaschinen, Kopiergeräte, Zeichenmaschinen), für Werkstätten, Produktionsanlagen, spezielle Fördertechnik, Lehre und Information, Tierhaltung und Landwirtschaft, Verkauf und Vertrieb Sonstige allgemeine Ausstattung Unterkonstruktionen wie Stand-, Hängegerüste, Wandkonsolen, Verankerungen Versorgung mit Starkstrom Oberflächenbehandlung wie Anstrich, Korrosionsschutz u. ä. Frei aufstellbare Möbel für den Außenanlagenbereich Textilien für den Außenanlagenbereich
Abb. 6.8: Allgemeine Ausstattung, Ergänzungen zu DIN 276:1993-06 (BKI (Hrsg.): BKI Bildkommentar DIN 276, 2002, S. 328)
6.1 (Investitions-)Kosten
205
Es kommt hinzu, dass die Erläuterungen der DIN 276-1 in diesem Bereich sehr knapp gehalten sind. Jedoch im Bildkommentar zur Norm, herausgegeben vom Baukosteninformationszentrum Deutscher Architektenkammern GmbH, werden Ergänzungen und ein Stichwortverzeichnis für die Zuordnung dieser Elemente angeboten (vgl. Abb. 6.8). Da Ausstattung und Einbauten in vielen Objekten, z. B. in Hotelgebäuden oder Gaststätten einen erheblichen Teil der Gesamtkosten ausmachen können, sollten bereits in der Grundlagenermittlung wenigstens eine Zusammenstellung der voraussichtlich notwendigen Ausstattungen und Einbauten sowie ein ausreichender Ansatz für die Kostenanteile berücksichtigt werden. Der Bezug dieser Ergänzung zur aktuellen DIN 276-1:2008-12 ist vollständig gegeben. Wird das Kostenziel als Kostenvorgabe verstanden, dann gilt: „Ziel der Kostenvorgabe ist es, die Kostensicherheit zu erhöhen, Investitionsrisiken zu vermindern und frühzeitige Alternativüberlegungen in der Planung zu fördern. [ … ] Eine Kostenvorgabe kann auf der Grundlage von Budget- oder Kostenermittlungen festgelegt werden. Vor der Festlegung einer Kostenvorgabe ist ihre Realisierbarkeit im Hinblick auf die weiteren Planungsziele zu überprüfen. Bei Festlegung einer Kostenvorgabe ist zu bestimmen, ob sie als Kostenobergrenze oder als Zielgröße für die Planung gilt. Diese Vorgehensweise ist auch auf eine Fortschreibung der Kostenvorgabe, z. B. bei Planungsänderungen, anzuwenden“ (DIN 276-1:2008-12). Die Kostenvorgabe entspricht dem Gedanken der Zielkostenrechnung (englisch = Target Costing), wofür in den 1970er Jahren durch Toyota die Grundlagen geschaffen wurden. Die Zielkostenrechnung geht der Frage nach: Was darf ein Produkt kosten? Im Sinne einer Rückwärtsrechnung werden vom Zielwert ausgehend, dessen Kostenbestandteile bestimmt. Die Ermittlung der Bauwerkskosten und der Nutzungskosten stellt herkömmlich eher die Addition von Kostenbestandteilen dar. Als Ursachen für eine Kostenabweichung kommen immer wieder vor: - Planungsänderungen durch den Bauherrn - Sonderwünsche der Nutzer - Auflagen durch die Genehmigungsbehörden - Unzureichendes Verständnis oder Fehler des Architekten oder der Fachingenieure bei der Objektplanung, speziell der Kostenplanung und der Objektüberwachung - Bauablaufstörungen aufgrund von Witterung, Behinderungen oder Insolvenz von Auftragnehmern - Teuerungen auf dem regionalen oder internationalen Markt für Bauleistungen, Preisabsprachen Bei der Kostenermittlung sollen deshalb vorhersehbare Kostenrisiken nach ihrer Art, dem Umfang und der Eintrittswahrscheinlichkeit erkannt und es sollen geeignete Gegenmaßnahmen eingeleitet werden. So kann schon die Reduzierung oder Vermeidung bestimmter Risikofaktoren zum Erfolg führen. Oft werden zusätzliche Kosten durch außergewöhnliche Bedingungen, wie z. B. der Standortfaktoren Gelände oder Baugrund verursacht. Diese sind gesondert bei den betreffenden Kostengruppen aufzuführen, um diese schnell zu lokalisieren und um Gegenmaßnahmen einzuleiten.
206
6 Kosten und Finanzierung
Kostensicherheit setzt nicht nur klare Anforderungen an die Planung im Vertrag des Objektplaners voraus. Kostenplanung muss vor allem in jeder Leistungsphase der Planung vollständig, transparent und so genau wie möglich sein. Um dies zu erreichen, sind Kostenermittlungen und deren Grundlagen ausführlich zu erläutern. Eine Kostenvorgabe kann als Beschaffenheitsvereinbarung im Vertrag verstanden werden. Was ist unter einer Beschaffenheitsvereinbarung zu verstehen? Ein Werk ist gemäß § 633 Abs. 2 BGB mit einem Sachmangel behaftet, wenn -
das Werk nicht die vereinbarte Beschaffenheit hat oder
-
es sich nicht für die nach dem Vertrag vorausgesetzte, oder falls diese fehlt, die gewöhnliche Verwendung eignet.
Welche Beschaffenheit eines Werkes die Parteien vereinbart haben, ergibt sich aus der Auslegung des Werkvertrags. Hierzu gehören alle Eigenschaften des Werkes, die nach der Vereinbarung der Parteien den vertraglich geschuldeten Erfolg herbeiführen sollen. Vor der Definition des Begriffes Kostenvorgabe in der DIN 276-1 wurden bislang auch andere Formulierungen gebraucht, z. B. Kostengrenze, Kostendeckel, Kostenlimit. Unabhängig davon ist „immer zu prüfen, ob sich die Vertragsparteien auf eine bestimmte/strikte Kostengrenze im Sinne einer „Beschaffenheitsvereinbarung„ („Kostenobergrenze“, „Kostenhöchstgrenze“, „Baukosten nicht mehr als … €“ usw.) konkret geeinigt haben oder ob die angesetzten Baukosten nur einen gewissen Kostenrahmen als Orientierung darstellen sollen, also dem Architekten ein gewisser Spielraum eingeräumt wurde. Nur im letzten Fall kommt für den Architekten ein Toleranzrahmen in Betracht, während die Überschreitung einer konkret vereinbarten Kostenobergrenze (Kostenlimit) bereits als Pflichtverletzung des Architekten anzusehen ist“ (Werner, Pastor 2005). So formuliert die Norm als einen Grundsatz der Kostenplanung: „Ziel der Kostenplanung ist es, ein Bauprojekt wirtschaftlich und kostentransparent sowie kostensicher zu realisieren. Die Kostenplanung ist auf der Grundlage von Planungsvorgaben (Quantitäten und Qualitäten) oder von Kostenvorgaben kontinuierlich und systematisch über alle Phasen eines Bauprojekts durchzuführen. Kostenplanung kann gemäß folgenden Grundsätzen erfolgen: - Die Kosten sind durch Anpassung von Qualitäten und Quantitäten einzuhalten; - Die Kosten sind bei definierten Qualitäten und Quantitäten zu minimieren.“ (DIN 276-1:2008-12)
6.1.3
Die am Projekt Beteiligten und Aufgaben der Kostenplanung
Alle am Projekt Beteiligte, der Bauherr, der Projektsteuerer, der Architekt und die fachlich Beteiligten, haben entweder Erwartungen an die Kostenplanung oder Aufgaben im Bereich der Kostenplanung zu übernehmen. Kostenplanung ist der Oberbegriff für Kostenermittlung, Kostenkontrolle und Kostensteuerung. In den folgenden Abschnitten steht die Verteilung der Aufgaben im Vordergrund. In Abschnitt 6.1.4 werden die Verfahren der Kostenermittlung, der Kostenkontrolle, die Kostensteuerung und der Kostenbericht behandelt.
6.1 (Investitions-)Kosten
207
Der Bauherr und die Kostenplanung Die Einhaltung der vorgegebenen Kosten ist für den Bauherrn ein wesentlicher Gesichtspunkt für den Erfolg seines Bauprojektes. Es ist weiterhin unbestritten, dass Bauprojekte termingerecht fertiggestellt werden und frei von Mängeln sein müssen. Die Mängel können auch nach Fertigstellung beseitigt werden. Mehrkosten belasten den Bauherrn jedoch auf Dauer. Umso wichtiger ist es, von Anfang an nicht nur auf die Kostensicherheit zu achten, sondern sie auch durchzusetzen. Gesamtkosten (Kostenrahmen, Kostenvorgabe) Bauherr, Projektmanager Grundstück, Herrichten und Erschließen Baumaßnahme (Projekt)
Wirtschaftlichkeit der gesamten Baumaßnahme unter Berücksichtigung aller Kosten und Erlöse während Planung, Ausführung und Nutzung (Lebenszyklus des Bauwerks)
Bauwerk (Objekt) Wirtschaftlichkeit des Bauwerks Objektplaner für Gebäude (Architekt/Ingenieur) Außenanlagen (Objekt) Wirtschaftlichkeit der Außenanlagen Objektplaner für Außenanlagen (Landschaftsarchitekt) Objektplanung im Rahmen des Vertrages, Koordination und Integration der Leistungen der an der Planung Beteiligten, insbesondere bei der Kostenplanung
Ausstattung und Kunstwerke soweit nicht vom Objektplaner geplant und überwacht Baunebenkosten auf die vollständige Ermittlung der Baunebenkosten, einschließlich der Kosten für Bauherrenaufgaben und Finanzierung, ist besonders zu achten Abb. 6.9:
Tragwerk und technische Anlagen Wirtschaftlichkeit des Tragwerks und der technischen Anlagen Fachlich Beteiligte (Fachingenieure für Tragwerk und technische Ausrüstung) Fachplanungen im Rahmen der Verträge, Mitwirkung bei der Objektplanung, insbesondere bei der Kostenplanung
Aufgaben der Kostenplanung sind in Planungsverträgen festzulegen
Die Kosten des Grundstücks (KG 100) sind meist mit Projektbeginn bekannt. Die Bauwerkskosten (KG 300 + 400) werden auf der Grundlage einer Bedarfsplanung oder mindestens eines Raum- und Funktionsprogramms durch die Multiplikation der Bezugseinheiten mit einem geeigneten Kostenkennwert ermittelt. Hierfür stehen verschiedene Verfahren der Kostenermittlung zur Verfügung. Die Kosten von Herrichten und Erschließen (KG 200), Außenanlagen (KG 500), Ausstattung und Kunstwerken (KG 600) sowie die Baunebenkosten (KG 700) werden, soweit keine weiteren Angaben vorliegen, mit Hilfe von Erfahrungswerten beaufschlagt, um mit den in der Regel vorgegebenen Gesamtkosten verglichen zu werden.
208
6 Kosten und Finanzierung
Der Kostenrahmen kann auf der Grundlage von Leistungsdaten wie insbesondere Nutzeinheiten, betrieblichen Kennwerten, Grundflächen und Rauminhalten sowie Kosten-Kennwerten als erste Kostenermittlung aufgestellt werden. Dafür verwendete Vergleichsobjekte und Kennwerte sind zu dokumentieren. Als erste Kostenermittlung kann der Kostenrahmen auch nach der DIN 276-1 bis in die 2. Ebene gegliedert sein. Nicht immer sind Bauherren bereit, einem ihrer Auftragnehmer, wie dem Projektsteuerer oder dem Architekten, diejenigen Kosten zu nennen, die über das geplante Bauwerk hinaus anfallen: z. B. die Kosten des Grundstücks oder der von ihm selbst beschafften Einrichtungsgegenstände, im Bauwesen als Ausstattungen bezeichnet. Auch über die Honorare für die Planer, die Gebühren oder die Kosten der Finanzierung bis Nutzungsbeginn werden die erforderlichen Informationen nicht immer weitergegeben. Damit läuft der Bauherr Gefahr, dass eine Ermittlung der Gesamtkosten durch die Auftragnehmer nicht vollständig sein kann und der Bauherr die Wirtschaftlichkeit des Objektes falsch einschätzt. Der Bauherr hat, erforderlichenfalls unterstützt durch einen Projektmanager, über die Finanzierung hinaus die Wirtschaftlichkeit der Bauinvestition zu vertreten und zu verantworten. Er legt die Gesamtkosten fest und gibt dem Objektplaner den Kostenanteil für dessen Leistungsumfang vor. Der Objektplaner soll in der Lage sein, insbesondere den Anteil für die technischen Anlagen einzuschätzen, damit auch für die dazu gehörenden Fachbereiche, z. B. die Planung der Wärmeversorgungsanlagen, ebenso ein Kostenanteil definiert werden kann. Der auf diese Weise definierte Kostenrahmen stellt, unabhängig von seiner Herleitung, eine erste Kostenermittlung dar. Sie ist noch nicht verbindlich, sondern wird für die Entscheidung über die Grundlagen der Planung und das weitere Vorgehen benötigt. Es kommt deswegen häufig vor, dass die formulierten baulichen Anforderungen in der Vorplanung umgesetzt werden. So z. B. um eine Kostenschätzung anfertigen zu können und um unter Berücksichtigung weiterer Überlegungen, z. B. hinsichtlich der Erlöse aus Verkauf oder Vermietung des Objektes, die Wirtschaftlichkeit des Vorhabens beurteilen zu können. Erst wenn die Bauinvestition als Erfolg versprechend angesehen werden kann, alle Rahmenbedingungen geprüft und die Kostenrisiken analysiert sind, soll das Kostenziel gesetzt werden. Die Kostensicherheit bei einem Bauprojekt ist für fast alle Bauherren das oberste Projektziel. Für die Bauherren von Gewerbeimmobilien, die diese überwiegend mit Fremdkapital finanzieren, ist Kostensicherheit das oberste Gebot. Es verwundert deshalb nicht, wenn Bauherren statt in einer herkömmlichen Projektorganisation mit Einzelleistungsträgern, d. h. der Planung mit einem Architekten und mehreren Fachingenieuren sowie der Ausführung mit zahlreichen Fachunternehmen, diese Projekte weitgehend vollständig an komplexe Unternehmenseinsatzformen, z. B. Anbieter für Schlüsselfertigbau, übertragen. Mit der Kostenvorgabe kann der Auftraggeber seine wirtschaftlichen Anforderungen an die Planung eindeutig zum Ausdruck bringen. Die Kostenvorgabe gilt, wenn sie nicht aufgrund von Planungsänderungen angepasst wird, während der gesamten Planung. Sie ist für die wiederholte Kostenkontrolle zu verwenden. Sie ist weiterhin ein wesentlicher Maßstab für die Beurteilung der vom Objektplaner erbrachten Planungsleistung. Eine Kostenvorgabe kann sich nicht nur auf die Bauwerkskosten (DIN 276-1:2008-12), sondern auch auf die Nutzungskosten eines Objektes beziehen. In der DIN 18960, Nutzungskosten im Hochbau, ist hierfür der Begriff Nutzungskostenvorgabe zu finden.
6.1 (Investitions-)Kosten
209
Der Projektmanager (Projektsteuerer) und die Kostenplanung Die Aufgaben der Projektsteuerung im Handlungsbereich C – Kosten und Finanzierung sind in den Abbildungen 6.1 bis 6.5 im Einzelnen und nach Projektstufen gezeigt worden. Sie erfordern ein umfangreiches Fachwissen über die Art des Projektes und den Planungs- und Bauprozess. Bauherren können an einen Dritten, z. B. den Projektsteuerer, folgende Aufgaben delegieren (Aufzählung ohne Angabe der Projektstufen): - Mitwirken beim Festlegen des Kostenrahmens für das Bauprojekt (Baukosten) sowie der Baunutzungskosten (Folgeaufwand) - Mitwirken beim Ermitteln und Beantragen von Investitionsmitteln - Einrichten und Fortschreibung sowie Abschluss der Projektbuchhaltung - Mittelfristige Finanzplanung, Planung von Mittelbedarf und Mittelabfluss - Überprüfen der Kostenermittlungen der Objektplaner und der fachlich Beteiligten - Kostenkontrolle durch Vergleich von Kostenermittlungen mit dem Kostenrahmen sowie der Kostenermittlungen der verschiedenen Leistungsphasen - Kostensteuerung zur Einhaltung der Kostenziele - Zusammenstellen und Aktualisieren der Baunutzungskosten oder Veranlassen der Aktualisierung - Vorbereitung bei der Vergabe, dabei insbesondere Vorgabe der Soll-Werte für Vergabeeinheiten auf der Basis der Kostenberechnung - Mitwirkung bei der Vergabe, dabei insbesondere Überprüfen der Angebote im Hinblick auf die vorgegebenen Kostenziele und Beurteilung der Angemessenheit der Preise sowie Vorgabe von Deckungsbestätigungen für Aufträge - Beurteilung der Prüfung von Nachträgen, die durch die Planer im Rahmen der Objektüberwachung erfolgt, und Vorgabe von Deckungsbestätigungen für Nachträge sowie - Prüfen und Freigeben von Abschlags- und Schlussrechnungen zur Zahlung sowie Mitwirken bei der Freigabe von Sicherheitsleistungen. (AHO (Hrsg.): Heft 9:2009-03, S. 10-18) Ein Teil dieser Aufgaben kann als Besondere Leistung auch an einen Planer beauftragt werden. Allerdings gilt dies nicht für die Überprüfung seiner eigenen Kostenermittlungen sowie das Prüfen von Nachträgen und Honorarrechnungen für Planungsleistungen. Die Aufgaben des Projektsteuerers liegen hauptsächlich in der Kostenkontrolle und der Kostensteuerung. Grundlage hierfür sind vollständige und aktuelle Kostenermittlungen des Architekten und der weiteren an der Planung Beteiligten. Um aus allen Informationen ein genaues Bild über die Kosten des Projektes zu erhalten und um die Kostenkontrolle durchführen zu können, sind Voraussetzungen zu schaffen, die ein Projektsteuerer im Auftrag des Bauherrn zu prüfen hat. Welche einzelnen Aufgaben der Bauherr selbst übernimmt oder an einen Projektsteuerer überträgt, ist im Einzelfall zu regeln. Überschneidungen mit der Kostenplanung des Architekten und der fachlich Beteiligten sind zu vermeiden.
210
6 Kosten und Finanzierung
Es ist jeweils zu überprüfen: - Einhaltung der vom Bauherrn vorgegebenen wirtschaftlichen Planungsziele, insbesondere die Einhaltung der Kostenvorgabe - Vollständigkeit und Überschneidungsfreiheit der einzelnen Kostenermittlungen durch Vergleich mit der Aufgabenstellung für das Bauwerk und mit dem jeweiligen Leistungsbild des Planers - Übereinstimmung der Kostenermittlung mit der Baubeschreibung und anderen Leistungen des Objektplaners und der fachlich Beteiligten, z. B. Deckenstärke in den Planunterlagen mit der Bemessung in der statischen Ermittlung - Richtigkeit der Mengenermittlung durch Berechnung einzelner Mengen (Stichproben) aus den Planunterlagen bzw. der Baubeschreibung, Wahl der Mengeneinheit, z. B. m² BGF - Angemessenheit der Einheitspreise durch Vergleich mit anderen Einheitspreisen oder Kennwerten - Erläuterungsbericht des Planers zur Kostenermittlung auf Vollständigkeit und Übereinstimmung mit der Ermittlung und den Planunterlagen - Aktualität der Kostenermittlung durch Vergleich mit dem aktuellen Planungsstand - Kostenrisiken unter Berücksichtigung voraussichtlicher Preisentwicklungen und sonstiger Projektbedingungen - regelmäßiges Erstellen eines Kostenberichtes, z. B. monatlich nach Vorgaben oder in Abstimmung des Aufbaus mit dem Bauherrn. Die vom Architekten aufgestellten Kostenermittlungen müssen auf der Bauherrenseite geprüft werden. Werden aber Kostenermittlungen von einem Projektsteuerer durchgeführt, ist deren unabhängige Prüfung nicht mehr möglich. Die Kontrollfunktion des Projektsteuerers ist dann in diesem Bereich praktisch überflüssig. Auch wird er bei der Ermittlung der Kosten nicht auf jeden Fall den vollen Planungsinhalt erfassen können, da er lediglich auf Planunterlagen und Beschreibungen zurückgreifen kann und niemals so gut in die Planung eingebunden ist wie der Architekt selbst. In Bezug auf das Objekt muss sich der Projektsteuerer auf die Überprüfung der Kostenplanung beschränken. Die Kostenkontrolle wird durch Vergleich der Kostenermittlungen, z. B. Kostenschätzung und Kostenberechnung, mit dem Kostenrahmen erleichtert. Eine gegebenenfalls auch über die 2. Ebene hinausgehende Gliederung des Kostenrahmens kann zweckmäßig sein, wenn - Definition von Aufgaben, wie Leistungsbilder und Leistungsbeschreibungen, welche vollständig und gleichzeitig frei von Überschneidungen sind - die Objektplanung in mehrere Planungsaufträge aufgeteilt wird, um Schnittstellen mithilfe der Kostengliederung zu definieren und Kostenanteile für die Teilplanungen vorzugeben, z. B. für den Architekten und den Innenarchitekten - Teile eines Bauwerkes unterschiedlich finanziert oder genutzt werden sollen, beispielsweise Gewerbeflächen und Wohnungen oder
6.1 (Investitions-)Kosten
211
- Anteile der Gesamtkosten gesondert zu behandeln sind, z. B. Ausstattungen, welche der Bauherr selbst beschafft. Die Kostensteuerung hat im Aufgabenbereich des Projektsteuerers ein besonderes Gewicht, sie ist das gezielte Eingreifen in die Entwicklung der Kosten, insbesondere bei Abweichungen, die durch die Kostenkontrolle festgestellt werden. Voraussetzung für die wirksame Kostensteuerung sind: - angemessener Kostenrahmen als Vorgabe für einzelne Bauwerke und einzelne Planungsaufträge, wobei die Wirtschaftlichkeit zu prüfen ist - Möglichkeit der durchgängigen Kostenkontrolle von der Grundlagenermittlung bis zur Ausführungsplanung, wofür eine einheitliche Kostenstruktur unabdingbar ist - vollständige Erfassung, Bewertung und Entscheidung von gewünschten oder notwendigen Planungsänderungen mit Fortschreiben der Kosten - Gliederung der Kostenermittlungen nach Vergabeeinheiten - frühzeitiges Feststellen von Mengenabweichungen der Bauelemente und Bezugseinheiten in jeder Projektphase - fortlaufende Prüfung der Planungs-, Angebots-, Auftrags- und Abrechnungswerte im Sinne des regelmäßigen Kostenanschlages zur Kostenkontrolle - Zuordnung von Kosten, insbesondere Kostenänderungen aufgrund von Zusatz- und Sonderausstattungen nach Nutzungsbereichen mit Fortschreiben der Kosten - Gliederung von Kostenermittlungen entsprechend den Erfordernissen des betrieblichen Rechnungswesens - Dokumentation der Kostenermittlungen als Kostenfeststellung zum Nachweis entstandener Kosten für bestimmte Bauteile oder Nutzungsbereiche - Definition von Schnittstellen in der Planung und Vertragsgestaltung. Im Rahmen der Kostensteuerung sind vom Projektsteuerer dem Bauherrn Alternativen geringeren Umfangs oder einfacheren Standards und damit geringerer Kosten aufzuzeigen. Dabei ist zu berücksichtigen, inwieweit die Standardvorgaben vom Bauherrn, von Nutzern oder durch andere Einflüsse bestimmt werden. Besonderes Gewicht ist auf rechtzeitige Entscheidungen zu legen, da die Kostensteuerung einen Planungs- und damit Zeitaufwand erfordert. Nach Beurteilung und Abstimmung von Maßnahmen zur Kostensteuerung ist eine Aussage über den erwarteten Erfolg zu treffen. Dabei sind eventuell gegensätzliche Wirkungen einzelner Maßnahmen möglich. Gegebenenfalls arbeitet der Projektmanager mit Programmsystemen des Auftraggebers oder er setzt eine besondere Struktur oder Gliederungstiefe nach den Anforderungen des Auftraggebers, z. B. für dessen Anlagenbuchhaltung, in der Kostenplanung des gesamten Projektes um. Soweit die Rechnungsprüfung nicht Aufgabe des Objektplaners oder der fachlich Beteiligten ist, übernimmt diese Aufgabe der Projektmanager, z. B. Prüfen von Honorarrechnungen der Architekten, Ingenieure und Berater.
212
6 Kosten und Finanzierung
Der Architekt, die fachlich Beteiligten und die Kostenplanung Der Architekt schuldet im Hinblick auf die Kostenplanung die entsprechende Leistung im Rahmen seiner Möglichkeiten. Dazu gehört auf jeden Fall die Beratung des Bauherrn hinsichtlich der Voraussetzungen der Kostenplanung, z. B. Festlegungen zum Planungsinhalt. Zur erforderlichen Sorgfalt der Planung gehören unter anderem die Identifikation und die Analyse von Kostenrisiken. Gemeint sind damit Unwägbarkeiten und Unsicherheiten bei Kostenermittlungen und Kostenprognosen, z. B. Preisentwicklungen auf dem Markt von Baustoffen. Wird im Vertrag des Objektplaners eine Kostenvorgabe ausdrücklich vereinbart, dann ist der Auftragnehmer, verpflichtet, die Planung so durchzuführen, dass die Kostenvorgabe eingehalten wird. Der Planungsvertrag ist ein Werkvertrag. Die Objektplanung ist gemäß § 633 Abs. 2 BGB mit einem Sachmangel behaftet, wenn es nicht die vereinbarte Beschaffenheit hat. Dies gilt auch, wenn sie sich nicht für die nach dem Vertrag vorausgesetzte, oder falls diese fehlt, die gewöhnliche Verwendung eignet. Welche Beschaffenheit des Architekten- oder Ingenieurwerkes die Parteien vereinbart haben, ergibt sich aus der Auslegung des Vertrages. Hierzu gehören alle Eigenschaften des Werkes, die nach der Vereinbarung der Parteien den vertraglich geschuldeten Erfolg herbeiführen sollen. Bereits in der Leistungsphase 1. Grundlagenermittlung (HOAI:2009-08) hat der Objektplaner eine umfassende Beratungspflicht. Er hat dabei die finanziellen Möglichkeiten des Bauherrn auszuloten und einen Kostenrahmen aufzustellen. Dies gilt grundsätzlich, kann aber entfallen, wenn es sich um einen fachkundigen Bauherrn handelt, z. B. einen Landesbetrieb, oder wenn der Auftraggeber selbst oder mit Unterstützung, z. B. eines Projektsteuerers, einen Kostenrahmen aufgestellt hat. Der vertraglich geschuldete Erfolg bestimmt sich also nicht allein nach der zu seiner Erreichung vereinbarten Leistungs- oder Ausführungsart, sondern auch danach, welche Funktion das Werk nach dem Willen der Parteien erfüllen soll. Der Bundesgerichtshof hat deshalb eine Abweichung von der vereinbarten Beschaffenheit und damit Sachmangel angenommen, wenn der mit dem Vertrag verfolgte Zweck der Herstellung eines Werkes nicht erreicht wird und das Werk seine vereinbarte oder nach dem Vertrag vorausgesetzte Funktion nicht erfüllt. (BGH 08.11.2007 – VII ZR 183/05). Die fachlich Beteiligten, dies sind Fachingenieure für die Tragwerksplanung und die Technische Ausrüstung, wirken bei der Kostenplanung für ihren jeweiligen Fachbereich mit. Aufgabe des Architekten ist die Integration der Beiträge der fachlich Beteiligten und die Zusammenfassung der Kostenplanung, bezogen auf das Bauwerk. Entscheidend für die erfolgreiche Koordination und Integration der Beiträge der an der Planung fachlich Beteiligten (hier der Kostenplanung) ist die rechtzeitige Beauftragung des Tragwerksplaners, der Fachingenieure und der sonstigen Projekt- und Planungsbeteiligten bereits in der Projektvorbereitung. Fragen des Baugrundes, der Bauphysik und andere Gesichtspunkte können bei vielen Projekten schon für einen Kostenrahmen von Bedeutung sein. Vom Architekten kann nicht verlangt werden, dass er allein für alle Fachbereiche, z. B. Lufttechnische Anlagen, die notwendigen Kostenaussagen treffen kann. Die Abbildung 6.10 zeigt die für die Kostenplanung erforderlichen (Grund-)Leistungen der wichtigsten Fachbereiche.
6.1 (Investitions-)Kosten
213
§ 33 Leistungsbild Objektplanung Gebäude und raumbildende Ausbauten i. V. m. Anlage 11
§ 48 Leistungsbild Tragwerksplanung i. V. m. Anlage 13
§ 53 Leistungsbild Technische Ausrüstung i. V. m. Anlage 14
1. Grundlagenermittlung
Klären der Aufgabenstellung (Aufstellen des Kostenrahmens)
Klären der Aufgabenstellung (Mitwirken beim Aufstellen des Kostenrahmens)
Klären der Aufgabenstellung (Mitwirken beim Aufstellen des Kostenrahmens)
2. Vorplanung
Kostenschätzung nach Mitwirken bei der Kostenschätzung nach DIN 276 oder nach dem wohnungsrechtli- DIN 276 chen Berechnungsrecht
3. Entwurfsplanung
Kostenberechnung nach DIN 276 oder nach dem wohnungsrechtlichen Berechnungsrecht
Mitwirken bei der Kostenberechnung, bei Gebäuden und zugehörigen baulichen Anlagen nach DIN 276
Mitwirken bei der Kostenberechnung, bei Anlagen in Gebäuden nach DIN 276
7. Mitwirkung bei der Vergabe
Kostenanschlag nach DIN 276 aus Einheitsoder Pauschalpreisen der Angebote
Beitrag zum Kostenanschlag nach DIN 276 aus Einheitspreisen oder Pauschalangeboten (Besondere Leistung)
Mitwirken beim Kostenanschlag aus Einheits- oder Pauschalpreisen der Angebote, bei Anlagen in Gebäuden nach DIN 276
8. Objektüberwachung (Bauüberwachung)
Kostenfeststellung nach DIN 276 oder nach dem wohnungsrechtlichen Berechnungsrecht
Mitwirken bei der Kostenfeststellung, bei Anlagen in Gebäuden nach DIN 276
Leistungsbilder
Leistungsphasen
Mitwirken bei der Kostenschätzung bei Anlagen in Gebäuden nach DIN 276
4. Genehmigungsplanung 5. Ausführungsplanung 6. Vorbereitung der Vergabe
9. Objektbetreuung und Dokumentation Abb. 6.10: Leistungen der Kostenermittlung nach HOAI:2009-08 (HOAI:2009-08)
214
6.1.4
6 Kosten und Finanzierung
Verfahren der Kostenermittlung
Unter Verfahren der Kostenermittlung werden die unterschiedlichen praktischen Anwendungen bei der Kennwertbildung und Mengenermittlung verstanden. Für die Verfahren in der Kostenplanung enthält die DIN 276-1 keine Regelung. Es wird ein Überblick zu den Verfahren gegeben, die sich in der Praxis entwickelt haben: - Einwert-Verfahren - Mehrwert-Verfahren - Nutzungsbezogene Verfahren - Gebäudebezogene Verfahren - Bauelement-Verfahren - Ausführungsorientierte Verfahren und - Kombinierte Verfahren. Die Verfahren unterscheiden sich hinsichtlich der notwendigen Kenntnisse über den Gegenstand der Planung, den Grad der Detaillierung, den jeweiligen Bezug auf die Planung oder die Ausführung, den Aufwand bei der Bearbeitung und die dafür angemessene Vergütung. Die Vergütung ist davon abhängig, ob es sich um eine (Grund-)Leistung oder Besondere Leistung handelt. Es werden, unterschieden nach Einwert-Verfahren und MehrwertVerfahren, das Nutzungsbezogene Verfahren, das Gebäudebezogene Verfahren, das Bauelemente-, das Ausführungsorientierte und das Kombinierte Verfahren und zur Optimierung der Planung zusätzlich die ABC-Analyse erläutert. Einwertverfahren Bei den Einwert-Verfahren kann die Bezugseinheit sein: - Nutzeinheit, z. B. Anzahl Kfz-Stellplätze - Brutto-Rauminhalt, z. B. m³ BRI Parkhaus - Brutto-Grundfläche, z. B. m² BGF Bürogebäude - Nutzfläche, z. B. m² NF Büroraum - Wohnfläche, z. B. m² WF Wohnraum. Die Kostenermittlung nach einem Einwert-Verfahren wird aus den Mengen der Bezugseinheit und einem Kennwert (z. B. 460 €/m² BGF) gebildet und bezieht sich auf die Baukosten (KG 300 bis 600) oder auf die Bauwerkskosten (KG 300 + KG 400). Sie ist einfach und erfordert einen geringen Arbeitsaufwand, hat aber folgende Nachteile: - häufig stehen geeignete Kennwerte nicht zur Verfügung - die Geometrie des Gebäudes wird nicht im erforderlichen Umfang berücksichtigt - Änderungen der Planung lassen sich nicht ausreichender Genauigkeit abbilden und - sie bieten keine ausreichenden Voraussetzungen für die Kostenkontrolle.
6.1 (Investitions-)Kosten Verfahren
Beispiele
Nutzungsbezogene Verfahren - Nutzeinheiten (Einwert-Verfahren) - KFA-Methode (Mehrwert-Verfahren)
€/Kfz-Stellplatz €/KFA 03 BTK
215 Anwendungen
Bemerkungen
Kostenrahmen, Kostenrichtwerte, Grundlage kann das Raum- und Funktionsprogramm sein
Grundleistung der Objektplanung, geeignet für erste Kostenaussagen, ungeeignet für das Bauen im Bestand
Gebäudebezogene Verfahren (Einwert-Verfahren, nur eine Art der Nutzung und eine Bezugseinheit)
€/m² BGF oder €/m³ BRI von Bürobauten nach DIN 277, €/m² WF nach WoFlV von Wohnbauten
Kostenschätzung (§ 33 HOAI, Grundleistung LP 2), Kostenberechnung (§ 33 HOAI, Grundleistung LP 3)
Grundleistung der Objektplanung, Planung, ungeeignet für Ausführung und Bauen im Bestand
BauelementVerfahren - Mengengerüste - Bauelementkatalog - Ausführungsarten (Mehrwert-Verfahren)
€/m² Dachfläche, (Grobelement), €/m² Abdichtung (Unterelement), Standardvarianten
Optimierung der Planung durch Variantenbildung, bereits in der Kostenberechnung möglich
Besondere Leistung der Objektplanung, vor allem beim, Bauen im Bestand
Ausführungsorientierte Verfahren - Vergabeeinheiten - Teilleistungen - Leitpositionen (Mehrwert-Verfahren)
€/Vergabeeinheit Estricharbeiten, €/m² Spachtelarbeiten, €/m³ Erdarbeiten
Kostenanschlag, Kostenkontrolle in der Ausführung, Berechnung von Alternativen, ABC-Analyse
Besondere Leistung der Objektplanung, vor allem beim Bauen im Bestand
Kombinierte Verfahren - Kombination aus den Verfahren 1 bis 4 (vgl. oben) (Mehrwert-Verfahren)
differenzierte Ermittlungen mit z. B. KGLB-AE in Verbindung mit Nutzeinheiten, Flächen, Räumen
Kostenanschlag, Kostenkontrolle in der Ausführung, Kalkulation von Alternativlösungen und ABC-Analyse
Besondere Leistung der Objektplanung, vor allem beim Bauen im Bestand
Abb. 6.11:
Verfahren der Kostenplanung, Beispiele und Anwendungen
Abkürzungen: AE Abrechnungseinheit BGF Brutto-Grundfläche BTK Kosten des Bauwerks - Technische Anlagen BRI Brutto-Rauminhalt KG Kostengruppe
KFA Kfz LB LP WF
Kostenflächen-Arten-Methode Kraftfahrzeug Leistungsbereich (StLB) Leistungsphase (HOAI) Wohnfläche (WoFlV)
216
6 Kosten und Finanzierung
Mehrwertverfahren Bei den Mehrwert-Verfahren wird die Bezugseinheit des Einwert-Verfahrens durch mehrere Bezugseinheiten ersetzt. Es kommen in Frage: - Nutzeinheiten - Flächenarten - Bauelemente - Ausführungsarten sowie - Leistungsbereiche. Die Kostenermittlung über ein Mehrwert-Verfahren erlaubt bereits in frühen Leistungsphasen der Planung, sogar bereits auf der Grundlage eines Raum- und Funktionsprogramms, die Berücksichtigung der Nutzung, der Geometrie des Bauwerkes, des Grades der technischen Ausrüstung, z. B. lufttechnisch versorgte Flächen, sowie unterschiedlicher Qualitäten des Bauwerkes, beispielsweise nach Ausführungsarten. Durch die Unterscheidung in Leistungsbereiche (LB) werden die Kosten ausführungsorientiert gegliedert. Dies ist für die Kostenkontrolle bei der Vergabe und der Bauausführung von Vorteil. Die Gliederung von Kostenermittlungen in der Planung unterscheidet sich grundsätzlich von der Gliederung in der Ausführung. Während in der Planung üblicherweise die Kostenschätzung und die Kostenberechnung entsprechend der Gliederung der Kostengruppen nach DIN 276-1 aufgebaut werden, erfolgen der Kostenanschlag und die Kostenfeststellung vorrangig nach Vergabeeinheiten bzw. Aufträgen. Die Durchgängigkeit der Kostenplanung wird durch dieses Verfahren möglich. NutzungsbezogeneVerfahren Bei den Nutzungsbezogenen Verfahren, für die Ein- oder Mehrwertverfahren angewandt werden, steht die Art der Nutzung im Vordergrund. Es wird unterstellt, dass diese auf die Art und den Umfang der Baukonstruktionen und der technischen Anlagen einen maßgeblichen Einfluss hat, welcher sich in den Baukosten der gewählten Bezugseinheiten niederschlägt. Zu den Nutzungsbezogenen Verfahren zählen - die Kostenermittlung nach Nutzeinheiten, z. B. das Kostenrichtwertverfahren, und - die Kostenflächenarten-Methode. Für die Planung von öffentlichen Bauten geben der Bund und die Länder Kostenrichtwerte vor, z. B. für den Hochschulbau. Gemäß Rahmenplanung für den Hochschulbau wurden für Institutsbauten Kostenrichtwerte eingeführt, die als Obergrenze bei der Bundes-Mitfinanzierung dienten. Die Institutsbauten wurden entsprechend dem Bauwerkzuordnungskatalog nach den Nutzungen (Fachbereichen) in fünf Richtwertgruppen gegliedert. Grundlage ist der voraussichtliche Technikanteil des Gebäudes (Anteil der Kosten für Technik an den Gebäudekosten in %). Es wurden ein Kostenrichtwert I (Gebäudekosten = KG 300 + 400) und ein Kostenrichtwert II (Gesamtbaukosten – ohne Ersteinrichtung, einschl. 15% Baunebenkostenpauschale) festgelegt. Den Kostenrichtwerten des 35. Rahmenplans (2006-2009) liegt der Baupreisindex November 1995 zugrunde. (http://www.baudialog-ingenieure.de/glossar/glossar.htm am 12.03.2011)
6.1 (Investitions-)Kosten
217
I. Institutsbauten Richt- Gebäudenutzung
Bauwerks-
Gesamtbau-
Bauwerks-
Gesamtbau-
Technik-
wert-
kosten
kosten
kosten
kosten
kosten in %
grup-
KG 300+400
KG 200-700
KG 300+400
KG 200-700
der Bauwerks-
pe
€/m² NF
€/m² NF
€/m² NF 1-6
€/m² NF 1-6
kosten
(vormals HNF) (vormals HNF) 1
Geisteswissenschaften,
2.370
3.160
2.630
3.500
23
2.490
3.310
2.790
3.720
27
2.570
3.420
2.970
3.950
19
2.990
3.970
3.270
4.350
30
3.510
4.670
4.030
5.360
32
3.860
5.140
4.210
5.600
39
Wirtschaftswissenschaften 2
Agrar- und Forstwissenschaften, Tierhaltung
3
Erziehungswissenschaften, Kunst und Design
4
Allg. Ingenieurwissenschaften, Elektrotechnik, Bauwesen, Maschinenbau/Verfahrenstechnik, Informatik, Mathematik
5
Allg. Naturwissenschaften, Geowissenschaften, Ernährungswissenschaften, Sportwissenschaften
6
Klinische Medizin, theoretische Medizin
7
Musikwissenschaften
4.070
5.410
4.960
6.600
27
8
Chemie, Physik, Bio-
4.460
5.940
4.940
6.570
41
5.580
7.420
5.980
7.950
44
7.360
9.790
8.180
10.880
52
logie / Pflanzenforschung, Pharmazie 9
Medizinische Forschung, Vorklinische Medizin
10
Physikforschung, Tierforschung/ Biologie [ … ]
Indexstand Mai 2008 Abb. 6.12: Richtwertgruppen für I. Institutsbauten (Bauministerkonferenz. Konferenz der für Städtebau, Bau- und Wohnungswesen zuständigen Minister und Senatoren der Länder (ARGEBAU) Ausschuss für Staatlichen Hochbau – Stand 7. August 2008)
218
6 Kosten und Finanzierung
II. Weitere Hochschulgebäude Richt-Gebäudenutzung
Bauwerks-
Gesamtbau-
Bauwerks-
Gesamtbau-
Technik-
wert-
kosten
kosten
kosten
kosten
kosten in %
grup-
KG 300+400
KG 200-700
KG 300+400
KG 200-700
der Bauwerks-
pe
€/m² NF
€/m² NF
€/m² NF 1-6
€/m² NF 1-6
kosten
(vormals HNF) (vormals HNF 1
Sporthallen
1.830
2.440
2.200
2.930
21
2
Verwaltungsgebäude
2.220
2.960
2.690
3.580
20
3
Bibliotheksgebäude
2.390
3.170
2.560
3.400
26
4
Seminargebäude
2.550
3.390
2.840
3.780
26
5
Mensen
3.680
4.900
4.160
5.530
33
6
Rechenzentren
4.060
5.400
4.490
5.970
36
7
Hörsaalgebäude
4.120
5.480
4.800
6.390
25
Indexstand Mai 2008 Abb. 6.13: Richtwertgruppen für II. Weitere Hochschulgebäude (Bauministerkonferenz [ … ] der Länder (ARGEBAU) – Stand 7. August 2008)
Die Kostenflächenarten-Methode (KFA) wurde von der Staatlichen Bauverwaltung BadenWürttemberg für die Bauvorhaben der Länder entwickelt. Raum- RaumNutzungsart Nr. bezeichnung
NC
Nutzfläche
KFA
Kennwert Index 5/90=100 BBK
BTK
1
Büro
techn./kaufm. Leitung
21120
35 m²
04
820,-
240,-
2
Lager
Teilelager Halbzeuge
41410
30 m²
03
600,-
105,-
3
Werkstatt
Motorenbau
32130
63 m²
05
1.035,-
575,-
4
Montage
Montage roh
31200
240 m²
02
380,-
55,-
5
Umkleide
Umkleide Männer
71320
12 m²
03
600,-
105,-
Abkürzungen: BBK Kosten des Bauwerks - Baukonstruktionen (€/m² NF a) BTK Kosten des Bauwerks - Technische Anlagen (€/m² NF a) KFA 01 - 09 neun Arten von Nutzflächen (m² NFa) NC Nutzungs-Code (siehe hierzu den Nutzungs-Code-Katalog mit rund 1.500 Nutzungen z. B. NC 71320 Umkleideraum Männer = KFA 03) Kennwert
Kostenkennwert in €/m² Nutzfläche.
Abb. 6.14: Anwendung der KFA in der Grundlagenermittlung – Beispiel (Bayer, W.: Kostenplanung mit Kostenflächenarten, in: Die Bauverwaltung und Gemeindebau 06/1996, S. 363 f.)
6.1 (Investitions-)Kosten
219
Diese Methode erlaubt es, bereits in der Leistungsphase 1. Grundlagenermittlung auf der Grundlage des Raum- und Funktionsprogramm eine erste Kostenermittlung, der Kostenrahmen, ermittelt. Dabei wird jeder Nutzfläche „eine Kostenflächenart (KFA 1-9) gemäß ihrer spezifischen Nutzung und entsprechenden Ausstattung zugeordnet. Die Funktions- und Verkehrsflächen – letztere aufgeteilt in horizontale und vertikale Flächenanteile (Treppen) – müssen ebenfalls berücksichtigt werden (KFA 10-12). Die aufgrund unterschiedlicher Raumgeometrien entstehenden Kosten werden über den Bruttorauminhalt (BRI) in die Berechnung mit einbezogen (KFA 13). Da die Flächen der KFA 10 bis 13 üblicherweise nicht im Raumprogramm ausgewiesen werden, ist für diese Flächen eine Prognose über Planungskennwerte notwendig.“ (http://www.baudialog-ingenieure.de/glossar/glossar.htm) Es sind rund 1.500 Nutzungen standardisiert worden, die unterschiedlichen Kostenflächenarten zugeordnet werden. GebäudebezogeneVerfahren Bei den Gebäudebezogenen Verfahren handelt es sich in der Regel um Einwert-Verfahren. Sie sind in der Praxis noch häufig anzutreffen, obwohl sie durch folgende Kosteneinflussfaktoren verhältnismäßig ungenau sind: - Konjunktur (regional und überregional) - Standort - Anzahl der Nutzungseinheiten - Menge der Grundflächen und des Rauminhaltes - räumliche Konzeption, Grundriss und Tragkonstruktion sowie - Organisation der Planung und Ausführung. Nur bei Beachtung dieser Kosteneinflüsse, gleichen Rahmenbedingungen und im Fall von großer Routine lassen sich so Kostenermittlungen aufstellen, die ausreichend sicher sind. Kostenermittlungen über eine Bezugseinheit wie den Brutto-Rauminhalt oder die BruttoGrundfläche zählen sowohl zu den Gebäudebezogenen Verfahren als auch zu den EinwertVerfahren. Bei der Kostenermittlung über den Brutto-Rauminhalt oder die BruttoGrundfläche werden die Gesamtkosten des Objektes aus der Bezugsmenge und einem geeigneten Kosten-Kennwert ermittelt. Dieses Verfahren wird in der Regel nur bei Kostenermittlungen in den frühen Leistungsphasen angewandt, z. B. für die Kostenschätzung. Bei der Kostenermittlung über die Nutzfläche (DIN 277-1:2005-02) oder die Wohnfläche (WoFlV) ist insbesondere die Art der geplanten Nutzung vorrangig zu berücksichtigen. Bauelementverfahren Bei den Bauelement-Verfahren können drei Ebenen unterschieden werden. Die hier gezeigte Gliederung kommt bei unterschiedlichen Verfahren vor: - Grobelemente - Unterelemente/Gebäudeelemente/Funktionselemente/Bauelemente, ergänzend - Ausführungsarten/Ausführungsklassen/Konstruktionselemente.
220
6 Kosten und Finanzierung
Die Elementmethode gliedert das Gebäude über seine Grob- oder Unterelemente in seine konstruktiven Bestandteile. Dadurch wird insbesondere die Geometrie des Gebäudes berücksichtigt. Entsprechend den Arten der Kostenermittlungen sieht die Elementmethode eine hierarchische Gliederung vor. Die weitere Gliederung des Bauwerkes in Ausführungsklassen und Ausführungsarten kann ergänzend vorgenommen werden. Bei den Kostenermittlungen über Grobelemente handelt es sich um eine Alternative zu Kostenermittlungen über den BRI oder die BGF. Durch die Unterteilung des Bauwerkes in Grobelemente fließen bei gleichem Planungsstand erheblich mehr Informationen in die Kostenermittlung ein. Dies bietet eine höhere Kostensicherheit. Ausführungsorientierte Verfahren Weiterhin sind die Ausführungsorientierten Verfahren zu nennen. Abweichend von der vorgegebenen elementorientierten Gliederung in der DIN 276-1 können die Kosten in solchen Verfahren auch ausführungsorientiert gegliedert werden. Soweit es die Umstände des Einzelfalles zulassen, z. B. im Wohnungsbau, oder erfordern, z. B. bei Modernisierungen, können die Kosten ab der ersten Ebene der Kostengliederung nach herstellungstechnischen Gesichtspunkten unterteilt werden. Als Beispiel für eine ausführungsorientierte Gliederung nennt die Norm die Gliederung nach den Leistungsbereichen entsprechend dem Gemeinsamen Ausschuss für Elektronik im Bauwesen (GAEB). Weiterhin kann nach Vergabeeinheiten, Einzelleistungen oder erteilten Aufträgen gegliedert werden. Dies erleichtert die Kostenkontrolle in den späten Leistungsphasen. Aus diesen Verfahren können weitere entwickelt werden. „Hingegen ist eine zweckmäßige Kostenplanung in frühen Planungsphasen mit diesen Verfahren wegen fehlender Detailinformationen und der Vielzahl der Kostenbestandteile nicht oder nur sehr schwer möglich. Es werden jedoch die sichersten Kostenaussagen erteilt, da stets mit marktgängigen Werten gerechnet wird und Anpassungen über Indexrechnungen entfallen. Als Verfahren seien hier genannt: - Verfahren mit Teilleistungen - Verfahren über Kalkulation - Verfahren mit Leitpositionen.“ (Ruf, L.: Kostenermittlungsverfahren im Überblick, in: DAB 08/1994, S. 1230) Eine sehr gute Möglichkeit der Kostenkontrolle und -steuerung gestattet die Erweiterung der Gliederung um Ausführungsarten (vgl. Abb. 6.15). Ausführungsarten sind Varianten einer Baukonstruktion oder einer technischen Anlage in einer hohen Detaillierung und unter Berücksichtigung von grundsätzlich infrage kommenden Varianten hinsichtlich - Funktion - Gestaltung - Wirtschaftlichkeit im Rahmen des Bauprogramms. Die Mengen und Kennwerte der Elemente möglicher Ausführungsarten erlauben die gezielte Optimierung von Qualitäten und Quantitäten unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten bereits in der Planung.
6.1 (Investitions-)Kosten
221
KG 325 Bodenbeläge und KG 352 Deckenbeläge Ausführungsarten
Ebenen (E) des Bauwerkes und Mengen der Ausführungsarten (m²)
Kennwerte
Kosten
E 01
E 02
E 03
E 04
alle E
€/m²
€
AA 01
0
10
0
0
10
10
100
AA 02
50
10
10
10
80
20
1.600
AA 03
0
30
40
20
90
35
3.150
AA 04
300
30
10
0
340
45
15.300
AA 05
50
10
20
0
80
50
4.000
AA 06
0
80
240
400
720
60
43.200
AA 07
90
60
40
50
240
95
22.800
AA 08
0
20
20
0
40
135
5.400
AA 09
10
250
120
20
400
175
70.000
500
500
500
500
2.000
ca. 83
165.550
Summe
(Kostenstand 2. Quartal 2011, ohne Umsatzsteuer) Abb. 6.15:
Kostenermittlung über Ausführungsarten – Beispiel
Legende zu Abbildung 6.15: Ausführungsarten mit Beschreibung und Teilbeträgen AA 01 Anstrich auf Beton (10 €/m²) AA 02 Anstrich auf Beton (10 €/m²) mit Abdichtung (10 €/m²) AA 03 Estrich (25 €/m²) mit Anstrich (10 €/m²) AA 04 Estrich (25 €/m²) auf Beton (10 €/m²) mit Abdichtung (10 €/m²) AA 05 Gumminoppen (25 €/m²) auf Estrich (25 €/m²) AA 06 Teppichboden (35 €/m²) auf Estrich (25 €/m²) AA 07 Fliesen (60 €/m²) auf Estrich (25 €/m²) mit Abdichtung (10 €/m²) AA 08 Teppichboden (35 €/m²) auf Doppelboden (100 €/m²) AA 09 Natursteinboden (150 €/m²) auf Estrich (25 €/m²)
Kennwerte 10 €/m² 20 €/m² 35 €/m² 45 €/m² 50 €/m² 60 €/m² 95 €/m² 135 €/m² 175 €/m²
Kombinierte Verfahren Alle Kombinierten Verfahren erfordern einen erhöhten Aufwand nicht nur bei der Kostenplanung durch Architekten und Ingenieure, sondern besonders in der Vorbereitung eines Projektes. Dazu zählen - die Beschreibung des für das Projekt anzuwendenden Verfahrens im Organisationshandbuch - das Aufstellen eines Element-Kataloges, um die Einheitlichkeit der Kostenermittlungen zu erreichen - die Überprüfung des Kataloges auf die Erfüllung aller Erfordernisse aus Projektdurchführung und späterer Nutzung
222
6 Kosten und Finanzierung
- die möglichst vertraglich geregelte Verpflichtung aller Projektbeteiligten zur einheitlichen und vollständigen Anwendung sowie - die Regelung und technische Vorbereitung der Datenverarbeitung auf der Seite des Bauherrn oder eines dafür verantwortlichen Auftragnehmers. Mit zunehmender Tiefe der Gliederung steigt nicht nur der Arbeitsaufwand bei der Kostenplanung. Darüber hinaus nimmt die Fehlerhäufigkeit zu und es werden nicht benötigte Informationen gesammelt. Letztere werden als Datenfriedhof bezeichnet. Der sorgfältigen Projektvorbereitung kommt in dieser Hinsicht eine besondere Bedeutung zu. Gute Möglichkeiten der Optimierung einer Planung, gleich in welchem Fachbereich, bietet eine ABC-Analyse. Die ABC-Analyse kommt aus der industriellen Materialwirtschaft. „Basis des Verfahrens sind empirische Untersuchungen des Mengen-Wert-Verhältnisses von Materialien, die zeigen, daß auf einen mengenmäßig geringfügigen Anteil der Materialpositionen ein hoher Wertanteil entfällt.“ (Schweizer, M.: Industriebetriebslehre, 1990, S. 476) Mit Hilfe der ABC-Analyse lassen sich komplexe Probleme gliedern und in ihren quantitativen Strukturen sichtbar machen. Grundlage sind empirische Untersuchungen des MengenWert-Verhältnisses von Teilen eines Ganzen. Diese zeigen häufig, dass auf einen mengenmäßig geringen Umfang der Teile ein hoher Wertanteil entfällt. Dagegen machen die anderen Teile einen geringeren Wert aus (vgl. Abb. 6.16).
Abb. 6.16: Mengen- und Wertanteile in der ABC-Analyse (Schweizer, M.: Industriebetriebslehre, 1990, S. 476)
Die Gesamtmenge wird in A-Güter, B-Güter und C-Güter unterschieden. Erfahrungsgemäß haben die A-Güter einen geringen Mengenanteil, z. B. 10 %, jedoch einen hohen Wertanteil, z. B. 50 %. Dagegen haben die C-Güter einen hohen Mengenanteil, z. B. 50 %, dabei aber nur einen geringen Wertanteil, z. B. 20 %. Die Verteilung der dabei betrachteten Materialien oder vergleichbarer Güter lässt sich als Funktion darstellen. Durch die damit geschaffene Transparenz und die relative Bedeutung der Mengenanteile und der Wertanteile wird eine Optimierung des Ganzen wesentlich erleichtert.
6.1 (Investitions-)Kosten
223
Die ABC-Analyse wurde von dem italienischen Ingenieur, Sozialwissenschaftler und Soziologen Vilfredo Pareto (1848 – 1923) entwickelt. Die Anwendung der ABC-Anlayse ist unter anderem in der Materialwirtschaft, der Lagerhaltung oder im Zeitmanagement verbreitet. Sie kann auch in der Kostenplanung bei Bauprojekten nach den folgenden Kriterien erfolgen: - Mengen, z. B. Grundflächen oder Bauteile - Kosten, z. B. Positionen in der Leistungsbeschreibung mit Leistungsverzeichnis - Erlöse, z. B. Verkaufs- oder Mieterlöse von Wohnungen. Vor allem für die Planung von Maßnahmen im Bestand ist es hilfreich, nicht nur die Mengen, sondern vor allem frühzeitig die Wertanteile von z. B. Bauteilen zu kennen. Im Fall der Deckenbeläge und Bodenbeläge sind neben dem durchschnittlichen Kennwert aller Deckenund Bodenbeläge die Kriterien Menge und anteilige Baukosten geeignet, um die Kosten des Gebäudes zu überprüfen und um gegebenenfalls Maßnahmen zur Kostensteuerung vorzubereiten. Ferner kann man für eine Kostenermittlung durch die besondere Berücksichtigung der wichtigen Elemente (A-Elemente) die Kostensicherheit verbessern. Das Beispiel der ABC-Analyse von Decken- und Bodenbelägen (Abb. 6.15) zeigt, dass AA 09 Natursteinboden auf Estrich AA 06 Teppichboden auf Estrich und AA 07 Fliesen auf Estrich mit Abdichtung zusammen einen Kostenanteil von deutlich über 80 % haben. Diese machen dabei zwar nicht 20 % der Mengen betrachteter Elemente aus, wie es in theoretischen Abhandlungen angegeben wird. Dennoch wird deutlich, dass die Kostenermittlung mit besonderem Augenmerk auf die drei Ausführungsarten hinsichtlich Preisabfragen und Kostensteuerung besonders Erfolg versprechend ist. ABC-Analyse der KG 325 Bodenbeläge und KG 352 Deckenbeläge AA
Bezeichnung
Flächen in m² und in %
Kosten in € und in %
AA 09
Natursteinboden auf Estrich
400 m²
20 %
70.000 €
42 %
AA 06
Teppichboden auf Estrich
720 m²
36 %
43.200 €
26 %
AA 07
Fliesen auf Estrich, Abdichtung
240 m²
12 %
22.800 €
14 %
AA 04
Estrich auf Beton, Abdichtung
340 m²
17 %
15.300 €
9%
AA 08
Teppichboden auf Doppelboden
40 m²
2%
5.400 €
3%
AA 05
Gumminoppen auf Estrich
80 m²
4%
4.000 €
2%
AA 03
Anstrich auf Estrich
90 m²
5%
3.150 €
2%
AA 02
Anstrich auf Beton, Abdichtung
80 m²
4%
1.600 €
1%
AA 01
Anstrich auf Beton
10 m²